Skip to main content

Full text of "Die Seide, ihre Geschichte, Gewinnung und Verarbeitung"

See other formats


Die  Seide,  ihre  Geschichte, 
Gewinnung  und  Verarbeitung 

Henri  Silbermann 


\0 


J?arbarli  College  ILibraro 

FROM  TUE 

J.  HUNTINGTON  VVOLCOTT  FUND. 


EaUblUhed  by  Rookr  Wolcott  (H.  U.  1870).  in  inctnory 
of  hia  fnüier,  for  "thc  parchase  of  book«  nr  per- 
manent vajoe,  tiie  prcfcrencc  to  be  Kiven  to 
works  i>f  Ilistory,   Polltical  Ecooomy, 
utd  Sociology."    (Letter  of  RoKcr 
Woico«.  June  1,  iSoi.) 


Received..._5:.^..^^>UmJ^.-.l  *8i.HH  '  


0 


HENRI  SILBERMANN 

^  D I  E  S  E I  D  E 

IHRE  GESCHICHTE,  GEWINNUNG 
UND  VERARBEITUNG 


1^  ERSTER  BAND 


m  DIB  GESCHICHTE 
DER  SEIDENKULTUB, 
DES  SEIDENHANDELS 
UND  DBB  8EIDENWE- 
BEZUNST  VON  IHBEN 
ANFÄNGEN  BIS  AUF 
DIE   GEGENWABT  W 


m  NATUHGESCHICH- 
TE  DEB  SEIDE  ^  DIE 
WILDEN  SEIDEN  m 
m  DIE  GEWINNUNG 
DEB  BOHSEIDE  m 
UND  ZUBEREITUNG 
DEB    GESPINSTE  m 


MIT  273  ILLUSTRATIONEN 


DRESDEN  1897 

VERLAG  VON  GERHARD  KÜHTMANN 


Digitized  by  Google 


All«  Mwkt«  T«rb«b»ll»ii. 


Digitized  by  Google 


Vorwort 


IMo  vnrliVgoiKlp  Arl)rit.  (l;is  Iicsultat  lang- 
i:i!iri<:t'r  und  ^'i'\vi>s»'iili:itt<T  StiKÜcn,  vt-nlankt 
liir  KntstrliOM  vor  allem  dein  licilürliiissf  uach 
iiiciii  in  (Itjutschcr  Spnichc  gescluiebenen  aus- 
tdlii  liciiiu  Weike  über  die  Seide,  deren  Ge- 
schichte, Gewiimimg  und  Verubeitang,  ivie  an- 
dere LSnder,  z.  B.  England  und  Fhuknfoh, 
solche  berdts  in  mehr  oder  weniger  an8flUu> 
licher  Fom  besMien. 
Die  Sddenindnalne  hat  ad^ürt,  Mtnuipol  einnliior  Linda-  zu  sein, 
wie  dies  beispiebweiBe  nooli  vor  dnem  Menschen  alter  beztt^ich  Frankreichs 
der  Fall  war,  und  gerade  in  Deutsdlland  hat  sie  einen  gewaltigen  und 
vielverspi-echenden  Aufech^^Ting  genommen,  der  sich  naturgemäss  in  rein 
praktischen  Bahnen  vollziehen  musste.  Kine  wissenschaftliche  F-r- 
Ört<'ning  der  (lewinnung  des  Koliinuterials,  der  Mittel  und  lioultatc  scim  r 
Verai'beituni;,  sowie  der  fioscliiclitiiclien  P'ntwickelung  des  Seidengewtrbcs 
zu  einer  (jrossinduhlric  dürfte  daher  als  zeitgeniiisse  Veröffentlichung  gerecht- 
fertigt erscheinen,  zugleich  aber  auch  den  Praktiker  auf  das  lebhafteste  interes- 
sisrai  imd  top  that^AKchem  Warte  auch  ftr  diesen  sein.  Im  Gcgcnsata  za  den 
anslindischep  Weiicenf  die  sich  meist  anf  halbpopalXrem  Gebiete  bewegen  und 
widitige  flieorelische  und  pnddiecsbe  Themata  nur  flttchtig  berOhren,  ist  das 
Totliegende  Werfe  unter  BerUdniclitigaag  alles  Wissenswerten  auf  strsng 
wissenschaftlicher  Basu  angebaut  und  dementsprechend  ancb  der  tedmische 
Teil  behandelt 

Obwohl  di<  Seideuiudustrie  eine  ausserordmitlioh  entvickdte  ist,  so  tritt 
dies  doch  dem  derselben  Fenierstehenden  weniger  War  vor  Augen,  als  dies  be- 
treffs anderer  Textilgewerbe  der  l'all  ist,  wo  alle  wiclitigeren  technischen 
Fragen  sowohl  in  Bücheni,  wie  auch  in  Zeitschnt^en  ausnahmslos  l  ingcheiul 
besprochen  werden.  Im  (iegensatzo  hicr/u  steht  in  den  meisten  Zweigen 
der  Suideiiindusthe  die  grösste  GehciniUmerei  auf  der  Tagesordnung.  Auch 


Digitized  by  Google 


IV 


Vorwort 


ist  die  GewiimuDg  und  Verarbeiiiing  der  Seide  nicht,  wie  dBe  anderer 
Geefiinet&sem»  fast  aUomten  TnrbcBtet,  sondem  konzentriert  aidi  yiä- 
mebr  auf  einige  wenige  LKuder»  und  in  diesen  wiedv  eind  es  ein- 
zelne Zentren»  die  gewisse  Fabrikationegefaiete  ganz  besonders  pflegen  und 
beherrschen,  und  in  denen  allbekannte  Hänser  ihre  weltberühmten  Spe- 
zialitäten produzieren.  Endlich  aber  dürfle  kein  anderes  TextUgcwerbe  so 
mnnni^alti«?  und  reichhaltig  sein,  wie  peradc  die  Sf^idcnindustrie.  Aus  alle- 
dem pihcllt,  dass  die  der  Ablassunr;  eines  solchen  Werkes  sich  entceeron- 
f.U.'llendeu  Schwierigkeiten  uuglcicli  grössere  waren,  als  dies  bei  üehaadiung 
der  übrigen  Textihen  der  Fall  gewesen  wäre. 

Vielleicht  erscheint  dem  einen  oder  audorcu  Lesacr  dieser  oder  jener  Ab- 
acfanitt  des  Buches  zu  ausführlich  behandelt  Eingedenk  jedoch  des  Goethe- 
sehen 'Sproches:  »Wer  vieles  bringt»  wird  mancheni  etwas  bringen''  Raubte  ich, 
bei  den  wichtigeren  Gebieten  moghdut  erecUtpfiand  sein  su  sollen;  freilich  war 
idi  stets  danwf  bedaeht,  die  Übersichlifidikeit  und  AJIgemeinversUindlichkeit 
des  Wei^  dadnrdi  in  kdaer  Weise  an  beeintrilditigBn.  So  darf  ich  lurfSen, 
dass  das  Buch  nicht  allein  dem  bereits  in  der  Pnude  stehenden  technisch 
Gebildeten,  der  sich  über  diesen  oder  jenen  Punkt  zu  unterrichten  wünscht, 
von  Nutzen  sein  werde,  sondern  ebenso  auch  dem,  für  den  die  Seide  nur  ein 
allgemein  wissenschaftliclics  oder  technologisches  Interesse  hat. 

Bei  dieser  Gelegenheit  sei  mir  noch  die  Bemerkung  gestittet,  dass  mir  — 
einem  Xichtdeutsclien  —  die  ÜehemiciuiiiL'  der  Sprache  besondere  Schwierig- 
keiten bot  Wenn  mir  nun  auch  die  Veiiagsliuudlung  in  anerkennenswertester 
Weise  und  in  mehrfaclter  Richtung  zur  Seite  stand,  um  dem  Werke  eine  ge- 
wisse spcMhUcifae  Letditii^t  nocb  naehMglich  sn  ferieihen,  so  glaube  vät 
dodi  um  freundliche  Nachncht  in  stilistisehfir  und  spraoMidwr  ffiasieht  bitten 
au  sollen. 

EndUdi  aber  mQge  noeh  sn  dieser  SNdle  henüdier  Dank  an^ieepmchen 
werden  idlen  denen,  welche  mir  durch  Bat  utd  That  an  die  Hand  gingen:  ins^ 
besondere  den  Maschinenfabrihen  lllr  bereitwillige  Erteilung  von  Auskünften 
und  Förderung  der  Sache  nach  den  verschiedensten  Kiditnngen  hin,  sowie 
den  Verfassern  der  von  mir  henutzten  Weilte  und  Abhandlnnfen  ftr  die  mir 
dadurch  gewordene  Unterstützung. 

Möge  das  Werk  Jedem,  der  es  in  Cichrauch  ninmit,  die  gewünschte 
Auskunft  ertdlen  und  bald  als  bewährter  Batgeber  allseitig  anerkannt  werden. 

Berlin,  im  Uta  IMT. 

Der  Verfasser. 


Digitized  by  Google 


Einleitung. 


Die  Seide  rauss  unhpstrittpn  als  die  schönste  und  kosttjai-ste  aller,  dem 
^^e^schen  von  der  Natur  gegebenen  tiespinstfasoni  bezeichnet  werden.  Die 
Beschäftigung  mit  dieser  Faser  gewährt  dem  Textiltechmker  schon  deswegen 
du  beMmdnes  Bitewo»  weil  wwM  dte  ganae  Umck&t  und  Evfiilinmg 
in  der  Behaadlnng  von  Teitilniateriali  ab  anch  die  Kenntnu  der  beeonderen 
und  trefflichen  Eigenschaften  der  Seidenftter  dazu  gehöno,  um  dieselbe  durch 
Erhöhung  dieser  ihrer  Eigenschallen  zu  veredeln  und  dadiircli  für  Wche- 
zwecke  u.  s.  w.  erst  verwendbar  zu  machen.  Bietet  auch  die  mechanische  und 
chcnmche  Verarbeitung  vom  technologischen  Standpimkte  aus  keine  besonderen 
Sdiirierigkeitem,  bo  triid  dieeelbe  docb  durch  die  delikate  Natur  imd  Kostbar* 
keit  des  Bto&eä  m  einer  der  kompUziertesten  und  daher  auch  interessantesten. 
Auch  für  die  geschichtlichen  Studien  auf  dem  Gebiete  der  Textihndustrfe 
bildet  die  Seide  schon  deshalb  eine  der  wichtigsten  Cirundlagen,  weil  sie  — 
abgesehen  vom  Leinen  —  bereits  viel  früher  praktische  Verwendung  tand,  als 
alle  anderen  TextUran.  Denn  obwohl  die  eigetttiidie  Sddcngewdonuug  erst 
um  das  Jsia  3000  t.  Chr.  so  war  doch  die  Seidenraupe  8clu>n  in  den 
TingesduchtUchen  Zeiten  bekannt  und  wurde  ihr  flüssiges  Sekret,  das  Fibroin,  in 
Fadenform  atiBgpzogen,  zu  Saiten  und  Angelschnüren  verwendet.  Jedoch  nur 
ein  einziges  Volk,  die  Chinesen,  war  im  Besitz  dieser  kostbaien  Faser,  und  erst 
nach  Christi  Geburt  beginnt  deren  eigentliche  fintwickelungsgesdiidite.  Über- 
all naihm  die  Seide  unter  den  Teictiiien  den  ereten  Plate  ein,  und  andi  auf  die 
geschichtUcbe  Entwickelung  vieler  Nationen  war  dieselbe  von  unverkennbarem 
Einfluss.  Fast  alle  wichtigeren  Pha»;cn  der  Weltgeschichte  fanden  in  dem 
Schicksal  der  Seide  ihr  Spiegelbild,  und  umgekelirt  sjnelte  in  der  Geschichte 
die  Seide  als  Bekleidung»-  und  Handelsartikel  nicht  selten  eine  pohtische  liolle. 

Der  ente  Abecknitk  des  TorHegenden  Weikes  bdiaadelt  die  geechicbtlicbe 
Entwickelung  des  Seidenbaues,  der  Seidenwebeknnst  und  des  Weltverkehrs  im 
Seidenhaiidel  von  ihren  Anfängen  bis  auf  die  Jetztzeit,  während  die  Geschichte 
der  einzelnen  Gewerbe  der  t"'bersichtlichkeit  halber  am  Eingang  des  be- 
treffenden Kapitels  besprochen  wird.  Diesen  ersten  Abschnitt  habe  ich  mit 
besonderar  Sorgfalt  beaibeitstr  und  wenn  andt  die  Sohilderung  notgedrungen 
eine  sebr  gedilingle  aeni  mnesto,  so  boib  ich  dennocb  keine  widittgeren 
Momente  und  QneUenangaben  übersehen  zu  haben,  welche  für  denjenigen,  der 
sich  dem  Studium  einTielner  Gebiete  eingehender  widmen  möcht*^,  von  Wert  sf>in 
könnten.  Alsdann  folgt  die  naturgescliiclitliche  Beschreibung  der  J?eiden- 
raupe,  ihrer  Zucht  und  Thysiologie,  sowie  die  Anatonüe  der  i>eidenerzeugenden 


Digitized  by  Google 


VI 


Einleitung. 


Organe.  Nach  Besprednuig  der  von  der  RtitqM  gelieferten  GMpinste,  der  Ko> 
kons,  wird  die  Gewinnung  der  Seidenfaser  aus  den  letzteren,  daa  Abhaspeln 
und  die  weitere  \'prarbeitung  des  einfachen  Rohseidenfadens  zu  Seidengamen 
eingehender  erörtert  Der  maschinelle  Teil  der  tedmologischen  Behandlung 
der  Seide  mMsbt  gegenwärtig  taob  Obergangs-  und  I^itaricMimgsperiode 
dnrch.  Neue  Maachmeii  und  Apparat»  irerd«i  «ng^lhrt  in  diese  Indnstrie- 
zwägRf  die  wäbrond  Jahrhunderten  unwandelbar  an  ihren  nlton  überHeferten 
Geräten  festhielten.  Ks  erschien  mir  daher  notwendig,  neben  den  Maschinen  und 
Verfahren,  die  allerorts  und  bereits  in  grösserem  Mafsstabe  sich  in  der  l'nixis 
eingeführt  haben,  auch  solche  aufzuführen,  die  sich  erst  Balm  brechen;  ein 
aufinerkflamer  Leeer  mtd  dieee  Neuaimgen  von  den  in  der  Pnude  bereite  ver- 
'wendeteii  Systemen  leicht  unterscheiden  können. 

Neben  der  echten  Seide  erfahren  auch  die  sogenannten  wilden  Seiden  wegen 
ihier  Wichtigkeit  und  des  Interesses,  das  diese  faserhefernde  Insektenklasse  in 
neuerer  Zeit  wachgerufen  bat,  eine  ausführlichere  Besprechung.  Der  Vollständig- 
kttt  halber  und  auch  die  künstlichen  Seiden,  sowie  Spinnen«  und  Muschd- 
seiden  hier  behandelt  worden.  Ein  beeondeies  Gewicht  wurde  anf  die  in  der 
Neuzeit  so  mächtig  aufgeblühte  Industrie  der  Seidonabfälle  gelegt  Dem 
Konditioniereji  und  Titrieren  der  ('Tespin(5te  und  der  Unteisuclmn^'  derselben 
auf  ihre  Gleicbniüssigkeit,  Fertigkeit  und  Üuktilität  sind  mehrere  Seiten  ge- 
widmet, jedem  Zweige  der  Seidenge\vinuung  und  -Verarbeitung  eine  Sta- 
tistik bei^^gt  wonten.  Als  eine  Art  Übergang  von  der  mechanischen  aur  dioni- 
sehen  Technologie  dient  der  Abschnitt  Uber  die  physikalischen  und  chemi- 
schen Kifjenschaften  der  Srideiifaser.  Die  eigentlichen Veredelungsgcschäfte, 
das  Abkochen,  JUeichen,  Fiirbeu  etc.  hudeu  eingebende  Besprechung.  Nicht 
auf  möglichst  detaiihtsrte  Angaben  Uber  dieses  oder  jenes  VcrÜDdireu  und  auf  die 
Anfiählung  einer  möglichst  groeeeo  Anzahl  von  Rezeptm  worde  dabei  das 
Hauptaugenmerk  geridttet,  sondern,  ausgehend  von  dem  Standpunkte,  dass 
niu-  das  Verständnis  einzelner  Vorgange  beim  Färben,  Erschweren  etc.  den 
Färber  über  den  Wert  eines  Verfahrens  und  die  dabei  titattfindenden  Re- 
aktionen aufzuklären  vermag,  wurde  versucht,  deren  rationelle  Erklärung  auf 
chemischer  Basis  zu  geben.  Kcninte  dies  auch  öfters  nur  in  Perm  einer 
aemlieh  vagen  HypoUiese  erfislgen,  so  mödite  idi  immerhin  dodi  dm  empi- 
rischen Versuch:  die  praktischen  Ergebnisse  der  in  der  Seidenfarberei  erzielten 
Wirkungen  mit  der  wissenschaftlichen  Begründung  von  deren  Ursachen  in  Ein- 
klang zu  bringen,  nicht  als  verfehlt  angesehen  wissen.  Als  Anhang  sind  einige 
Methoden  zur  Untersuchung  der  erschwerten  Seiden  beigegeben.  Jedem  Ka- 
pitel ist  ausserdem  die  einsddägige  Jonrnal-,  BUcher-  und  Patentlitte- 
ratur  beigefügt  worden,  und  in  einem  beeonderen  Anhang  wird  die  Geschichte 
der  SeidenzüUe  bis  auf  die  Gegenwart  geschildert  Am  Schluss  des  Werkes 
endlich  befinden  sich  speziellere  statistische  Tabellen,  die  batiptsüchlich 
auf  die  neueren  Daten  Bezug  iiaben  und  vorzugsweise  iUr  ökonomisch -kauf- 
mannische Betracbtungoi  von  Wert  sein  dürften. 


Dlgitized  by  Google 


Inhaltsverzeichnis. 


Erster  Alnelinitt. 

9k  flgwMehto  to  SeMeBlnütnry  des  SeldenhAndete  oni  d«r  ficMwtrobflkait 
TOB  Ihren  Anfltaigwi  Ms  Mf  die  Gegenwart. 

Kliili-itunp  p.  1.  —  Dil-  A1ti;i's<  hIr)<wnhoit  t!i*r  rillfrciiii  inf  ii  Kultur  und  de«  Scidcngcwerl»«« 
im  iM-ctuiulvren,  iwi  den  Volkeni  des  Orient»  im  Altertum.  Die  echte  Si'ide  der  ('liinei«en 
und  die  natoneldeiMii  TextUien  der  Tndier  nod  Assyrier  etc.  8.  —  Aufkoiiiineo  des  Ver- 
kehrs Chinni«  mit  Arm  xhendhrndt:  Anrnni;''  drr  Seidenwrbdtmiig  in  dem  letsMmi.  Vet- 
pflauzung  der  ^>eidenkultu^  nadi  Zentratuien  14. 

Seidenkaltar  in  "Bjwm  and  win  8rfden((eiverbe  28.  —  Omunentstile  d«r  Seideowebe- 
kunst  U»  auf  die  altbvmntinTwhf  Ptriode.  Der  Ptirpur  33.  —  An\  df>s  nrabischen 
EinQuMtf«.  Ilinfaii  Byxaatiecs.  Seidengewerbe  im  Orienu  tlandelKniacht  der  Araber.  Aul- 
MühwoDg  Bynatten.  Varpaaomng  des  Sektenginrerbeii  dnrdi  die  Aimber  mm3i  dm  AVeod- 
lande.  AraMsrhr  Oniamentik  und  ihre  Naehklfinf^  45.  —  I>if'  Stüde  in  Mitlele"r(>p;i.  Die 
Kmuxüge..  Mittelalterliclie  Stütfe  und  ihre  bis  auf  un«  gekommenen  Überruate.  Die  An- 
&o|^  der  Seidendniekerd.  OoMgcapinM«.  Tepiiidnrelwrei  im  Orient  61.  —  Vertall  der 
Andwr  und  die  Vfi-pflanzuriK  des  St  idiMiRewerlKw  nach  »icn  nonlitiiHinisrhpn  StadtrrinihHkcn ; 
seine  Blüte  in  Florenz,  Venedig,  Lucca.  .Vnläoge  der  Seidtinverarlwitung  im  übrigen  Kuroita. 
S^enhandd  diinn,  Rwalaad«  ele.  8Ö. 

Ttnliciiische  KunotwelnTei  und  AofM-hwung  der  frnnrÖBiBrhpn  >fninifnllur.  Flünili  rti. 
England.  S{iaiiieii.  Deutschland  87.  —  iuilieniach-fnuutöfliach-fUndriiichc  Periode  der  Ue- 
webeonunnentUc  98.  —  Dt«  Aoftlilhen  der  Seidenlniltnr  in  ItaUen  nnd  der  Bridenmeaoftktnr 
in  Mitteleuropa:  Hachsen,  ÜBterreich,  l'n  u-s.-n  uml  rim  Xirtl.-crlic'iii  103.  —  Dir  Knlwicke- 
luDg  der  ^ddenioduatrie  im  XiX.  Jalirh.  115.  —  Bibliogiu{)hic  zum  ersten  Abachnitt  150. 


Stellung  de«  Seidensjunners  im  Tierreiche.  Die  Reidenraascn.  Der  Maulbeerbaum, 
■eine  Abarten  und  EraAUftflanzen  163.  —  Des  Kanpenei.  Dm  Audiraten.  Die  Seiden- 
zncht  178.  —  AnKtomiseh«  BeMchreibung  der  SeidennittpCs.  Die  SeldendrOMB  und  deren 
feinerer  Bau.  Physiologie  und  IlistoUtgie  der  Bildnng  der  Seidensubstanz.  Da«  Spiunen 
183.  —  Farbstoffe  der  echten  nnd  der  Yamamarseide  200.  —  Daa  Einsfiinnen  und  die  Um- 
wandlung zum  Schmetterling.  Die  ZellengminierunK.  Kn>utung  der  Raeaen  205-  —'  IKe 
KranUieiten  der  Seidcnrau{>e  und  ihre  .Schniarulzer  213.  —  GeM-hiebte,  (ieogntiliin.  und 
Statistik  der  S>  ;.!.>nlcnllur  in  «inselnen  Lindem  222-  —  Bibliograiiliiacfaer  Anhang  sum  cwd* 
ten  Abachnitt  270. 


ZwfiÜBr  Abschaitt. 

Wt  MlA  fai  ifttnsMtfhkhtllciw  UMlohU 


VIII 


Inh«ltaTeR«icfanii. 


Driflir  AbschnHL 

Die  wIMtB  SddM. 

Oeadücihto  der  VenrarMog  der  wilden  Seiden.  duuralcMriidk  der  wOdeii  Seidemmipiier 

und  ihrer  Produkte.  Klasüfizlerung.  Wilde  Maulbeernpinner  und  verwandte  Insekten.  Der 
Yamamayspiiuier  279>  —  D&r  indische  TuBaabspinner  292.  —  I>er  chin&ioche  TuMÜiipiatier. 
Die  übrigen  Vertreter  der  AnthereeafainHi«  SOS.  —  Die  ArtlMfiimnie  SIS.  —  Die  AtteeuB- 
fuinlli.'  .^14.  —  V^enschiedene  Satumiden  Asiens  324.  —  Salumiden  Afrikim  327.  Satur- 
nlden  Euro(MU,  AtuUmlieDs  und  mtoatige  nicht  definierte  fe'piaaer.  Die  Uemuutproduktion 
wilder  Seiden  SSS.  —  Die  BpiitnenMide  8S3.  —  Die  Moedulicide  887.  —  BiUiognipiiiecber 
Aolmng  znn  dritten  Abeduit»  889. 

Vierter  Abschnitt 

Ms  Amrtmaf  iir  RäMU  mi  BaktnltoBg  der  Gespinst«. 

Der  Kokon  and  sdne  StrukturverhiltniMe.  KokonrMeen.  Beschaffenheit  dee  KokoD- 

fadens  341.  —  Dna  Dörren  der  Kokons  349.  —  Das  Ilnspeln  der  Kokons  und  £e  TOT- 
bereitenden  Arbeiten  855.  —  Die  Hohaeide,  ihre  fägeneduiften  und  Fehler  879.  —  Me- 
chaniaeh  -nntonmtiiichee  Verfdiren  dea  Kokonhupelns  888.  —  Du  Wueer  In  der  Sdden- 
ha«pler«i  896.  —  CJeographie  und  Statistik  der  RohM>iden|>ro<luktiun  in  verschiedenen  Län- 
dern 401.  — •  Die  Zubeteitang  der  8cidengc«tHne(e  durch  das  Mulinieren  487.  —  Die  Arten 
der  gezwirnten  Geapinat»  471.  —  GeugraiiÜe  and  fitntiadlc  der  Knümerindnattie  475.  — 
Das  Konditionleren  484-  —  Das  Titrieren  495.  —  BiUiQgE8|ibiaclter  AjdiMg  inai  rierten 
Abecbnltt  507. 


Seite  llZrilelO  t.  ck 

atatt  bomlijdnBa,  Uea  bomlijciMi. 

17 

ti 

8  n. 

statt  (1o|HX'ti'iit  i-um  a  Serie,  liea  depeetant  (euu 

» 

18 

w 

t  » 

atatt  Aclia«,  Uea  Adiac. 

»» 

•8 

n 

und  9  V.  0.  atatt  Ilm-FiMilar,  liea  Hm-Foarian. 

W 

«4 

» 

i  » 

ftatt  I'Me,  lies  Di". 

n 

71 

10  „ 

statt  plantiores  lies  plautiorea. 

H 

71 

» 

10  » 

atatt  mnooanB  lies  munnoiBio. 

n 

71 

M 

u  „ 

«tatt  severe  lies  screrc. 

M 

85 

» 

s  » 

atatt  Bealin,  lies  Bealn. 

»» 

IIS 

19  u 

itatt  600000000,  liea  650000000. 

136 

t» 

17  „ 

8t«tt  TiK-liigi,  lies  Tot«chi^ 

it 

150 

n 

7  V.  o. 

atatt  Mona,  liea  .Moroa, 

n 

28» 

n 

4  n. 

atatt  4581,  Um  7581. 
alatt  Sclinijt,  liea  Sduiijt 

M 

881 

» 

SO  a 

Digitized  by  Google 


Sach-Register. 


^ctiuspinner  212  f. 
Alkaloidc,  deren  Wirkung  auf  die 

Seidenmnpe  222. 
Amerika,  Vcr,  St.,  Gesch.  131  f. 

—  Seidenkultur  2£ä> 

_  Süd-,  Heidenkullur  ififi. 

—  Gr^produktion  iSä. 

—  Mulinicrindostrie  iä2. 
Anleger,  Faden-  SfiS  f. 
Anatomie  der  Seidenraupe  183. 

21SL 

.\.ntheraea  Yamamay  2ML 

—  mylitta  223  ff. 

—  Pemn  308  f- 

—  awama  310  f. 
Anvbisches  Seiden  |{ewcrbe,Ge8ch. 

45j  ifl  f,  as  f.  ai  f,  an 

Archäologie  der  S.  16^  81  f, 
37j  40,  52  .  54  .  60  ,  65,  IL 
1L2  f. 

AttacuB  ricini  311  f- 

—  cynthia  Sil  f. 

—  atla*  a2IL 

AufiuchtderMaulbcerraupe  llfif. 
Auabriiteti  Uiu 
Automatifichea  Kukonhosin'ln 

831  ff. 
Aylanthuaaeide  312  f- 

Balkanstaaten,  Ge«ch.  IM. 

—  Seiflfnktiltur  21L 
Bast,  BLUlaiigaweise  121L 
Belgien,  Gesclt.  lS2i  2i<2i  133. 
Benennungen  der  alten  Seiden- 

gewcbe  41.  54.  59,  63_,  35^ 

fia  fL 
Bombydden  IM. 
Bombykia  11^  13,  2JL 
Borooer«apinner  827. 
Byianz,  Gesch.  20,  29  f,  82,  44i 

45,  52. 


Oalignlafamilie  322L 
Callosamiafamilic  822. 
Centralasieu,  Soidenkultur  212. 

—  G^^geproduktion  121  f,  123. 
China,  (Feschichte  1  ff,  11  f,  19, 

46i  50,  85,  135. 

—  Hcidcnkultur  252. 

—  Gr^gopniduktion  4Ü1  f. 

—  Muliniorindustrie  432. 
Co«,  Geschichte  18,  25. 
Cricula  trifenortr.  821; 

Deutschland,  Gesch.  65  f.  87. 
92,  IM  f,  lül  ff,  119  f f ,  233. 

—  Seidenkultur  232. 

—  (fr^geproduktion  483. 

—  Mulinierindustrie  479. 
Dürren  der  Kokons  319  f- 
Driisen,  scidenerzeugcnde  134. 

—  von  Filippi  1^7. 
Dublieren  447  f. 

"Ei  des  Maulbeerspinncrs  178. 

Ein8}>inncn  205. 

EngUnd,  Gesch.  65^  91,  121. 

—  Seidenkuhtir  2AL 

—  (ir^pnxluküou  432. 

—  Mulinierinduslrie  ihLL 
Erhärten  des  Seidenfadens  199. 
Eriaseide  3U  f. 

Fagaraaeide  320. 
FarbsKrffe  der  S.  2QQ  f. 

—  der  Yamamayseide  201. 
Fehler  der  (Jrt^ge  SU  f. 
FeuchtigkeiUtgehalt  der  8.  431  f • 
Rbroin  123. 
Filaturegr^  403  f. 

Filieren  446. 
Fleckkruukheit  211. 


Frankreich,  Gesch.  33  f,  lOSj 
114,  115.  ff,  223. 

—  Seitlfnkultnr  222  ff- 

—  (irtgeprudukliüii  422  f. 

—  Mulinierindustrie  41fi  f. 
Frauenarbeit,  (iesch.  85,  112. 

Oedichte  über  H.  1. 
Gleichmässigkeit  der  Gr^ge  323. 
Goldgespinst«  13  f. 
Clrübcrfunde  16,  84i  1^ 
(Wge  318,  101 .  s.  a.  Prüfung, 
Titrieren  etc. 

—  Wcltproduktioii  434- 

—  Preise  433. 

Griechenhind,  Seidenkultur  243. 

—  Gr^gep^oduktion  423. 

Handelagcschichte  der  8.  7.  14, 
19  ff ,  28,  ai  f ,  4L  49  f,  52, 
fig  f,  66  f,  S2,  85  f.  89,  116. 
III  f,  121  f,  12L  129  ff,  Iii. 

Haspehi  der  Kokons  355  f,  332 ff, 
372  f. 

Histologie  der  Seidendrüsen  132  f. 
Holland,  Geach.  ItS,  182,  211. 

.  Ja(>an,  Gesch.  8, 4L  135  ^  112. 

—  Scidenkultur  233  f- 

—  Gri^geprodoktion  112  ff. 

—  Mulinicrindustrie  132. 

Ideen  (Iber  S.  iL 
Indien,  Geschichte  9.  19,  28. 
&L  85,  131. 

—  Seidenkultur  252  t 

—  Ori>geproduktion  419  f. 

—  Mulinierindustrie  481. 
Indochina,  Scidenkultur  2Üi  L 

—  Gr^eproduktion  AI  l. 


d  by  Google 


X 


Bodi-BcgUtcr. 


Italien,  GoAchirhte  68, 54,  80  f , 

96,  103,  ISO,  tu. 
»  flddenlnltiir  tt«  CL 

—  (.rr^grproduklion  427  f. 

—  Mulinienndiutrie  475  f. 

Bjükmclit  215. 
Ka^rhrnir,  f^ciduiikutttir  252. 
Khotan,  (ic«ch.  15,  27,  80,  47. 
KIcinuUiB,  Geaeb.  ISA. 
Kochen  Acr  KnkoM  859  L 
Kokou  841  ü. 
^  PniM  188. 
Kokonfai»  r.  Titcr  der  483. 
KokoDspinnen  206. 
Kaaditigiii«i«ii  485  IL 
Korea,  Oetdu  o.  BeidwÜHiHttr 
263. 

—  Ortgeproduktlcn  419. 

KrinkfuMUn  218,  273. 
Kreuzung  der  RwuHon  210. 
EieiKiiBg  in  SddetdMqMl  864, 
874  f. 

X.«vvajiU; ,  b.  Türkei,  (rricchen- 
Und. 

Lyon ,  Mnnnfnktur,  s.  Ffiokrckh. 

—  .S«-id(>nhan(lcl  410. 

Slaulbcerlioum  167  f. 
Haolbeenpiimer,  «ilda  886  i. 
Mexiko,  Seldniknltiv  888. 

MezankoorieniK'ide  311. 
iUtteleurapti,  CJeacb.  28,  61,  65, 
67. 

Mucoidin  196. 
Mngaseidc  310  f. 
Mulinieren  437  f,  451  f. 
MiiM'lit'liM>ide  71  f,  3S7  L 
Mjrthen  über  S.  8. 

rraarpfliinmn  der  Mudbeor- 

raupe  172. 
NiederlEode,  Uescb.  65,  91,  112, 
488. 

NamiMUiieii  54,  80^  81. 


Ornamentik  d'^r  S.ödi'nfjow fix" 
11,  14,  16,  33,  36  f,  46,  48, 
55  {,  80,  78,  78,  84  ff,  144  f, 
156  f. 

OMindiacbe  Kolonien ,  8eideu- 
kaltur  856. 

Oavn'o«  471  f. 

—  FreUo  484. 

(iMemldi,  a«aeh.  108,  IIS,  181, 

235. 

—  Seidenkultur  235  f. 

—  GrtigqiiodiiktioQ  488. 
^  MnlinioiiidiMtrie  478. 

FMeundie  Auhtichtmethod« 

217. 

Temen,  Geschichte  11,  28,  26, 
81,  41,  48,  88. 

—  s.  i.l.  ukoltur  251. 

!  —  Gr^KeprodvktiOD  422  f. 
:  PhyitiologiedcrSeidcmmupo  179, 
I  270. 

Pktywimiahtinilie  888. 
PortaKtl,  Oewh,  188,  384. 

—  Hcidenkullur  234. 

—  <tr{>Kepm<hiktion  432. 
Prüfung  der  KohKide  381  f. 
Pupi»'  207. 

;  Purpur  42  ff,  59. 
Putzen  489,  443  f. 

Hj««s»*ii  i1.MaiilKi'<r-|uTiner8l66. 
'  Kom,  ( ics^hitlitv  16,  20,  22,  26, 
2T. 

.  Kuv.1  iiui,  CiMcb.  «2  f,  118, 188, 
'  247. 

—  Seidenkullur  247  L 

—  Gr^eprodoktion  488. 

Saturaiden  165. 

Schlagen  der  Kokona  857  f> 

SchlalMicht  215. 

8clunarotMrderBMipea«ie.S18L 

Schmetterlliif;  v.  B.  innri  208. 
Schweden,  (iescb,  114,  182,  241. 
Bdiweis,  GcMk  84,  185. 

840. 


Schwei/,,  firt  t'eyirriiliilctirin  429. 

—  MuUnicrindiwtric  478  f. 
Seid«akaltar,  Gcwhidite  8,  6  f^ 

17  f,  87,  80,  45,  46  f,  51,  53, 
81,  88,  85  f,  lOS.  104,  110, 
118,114,150^898,888,8881; 
288,  241,  219.  255,888,888. 

—  Litlemtur  274  f. 
Sdd«iw|4niM«)de  InektCB  164. 
Spanien,  Oeach.  58,  84,  98, 

188,  288. 

—  Sndebkahar  988. 

—  (fr^gcproduktion  481. 

—  Muliuierinditfltrie  478. 
Hpuuien,  dt«  Art  dciMlbeii  197. 
.'^pinnenseide  338  L 
tipinnrüHel  185. 

Spulen  489  f,  470. 

!  XeB|iicbw«beret  79. 
I  Titrieren  495  tt. 

Torsionfiiii -;*<T  454. 
TsatloegrJ^gc  408. 
Turkommieo,  (ieech.  47. 
Türkd,  Beidenkultitr  242  f. 

—  Gr^geproduktiun  424  L 
Tuflsab,  indische  293  fL 

806  f. 


I  Verarbeitung  der  S.,  Gesell.  5  f, 
9,  11,  24  f,  29,  32,  35  f,  89, 
40,  -13,  45  f.  49.  52.  54.  58. 
64,  68,  81  f,  88  i,  103,  106  i, 
Ulf,  118  ff,  150,  155. 

"Wiw»er  in  der  Ilosplerei  896  t 
Wilde  .Seiden  879  il,  889. 
—  I^roduktionKinengen  888. 
Winden  465  L 


890. 


ZeUengndiderang  800. 

Zeugdruek  auf  8.  76. 
Zwirnen  437,  451,  455,  461  f. 
—  kombiniert  mit  Dublieren  ete. 
457  f. 


Digitized  by  Google 


Erster  Abschnitt. 


Die  Geschichte  der  SeideiikuHur,  des  Seidenhandels  und  der 
Seideuwebekanst  von  ihren  Anfängen  bis  auf 
die  Gegenwart 

Die  äeide  ist  eine  Gespiuättaser,  welcher  luehr  aU  jeder  audereu  bc> 
Nihi«i«B  war,  im  Kaitarleben  der  Ucnaebheit  eine  bervmagende  Rolle  eiu- 
sonehmeD,  und  als  die  edelste  anier  dea  sar  textilen  Verarbeitung  gelangten 

Stoffen  sehen  wir  sie  sowohl  zu  königlichen  und  liturgischen,  wie  zu  den 
würdeab'/eichprukii .  üpiiigiMi  iukI  rcn-lieii  profaiifn  flewüudern  Verwrntlnni; 
finden.  Jede  Kunstepuciie,  jede  .Strumung  der  Kultur  und  jede«!  lahrliniKltM  t, 
ja  sogar  die  eltgeschichte  spiegelt  sich  in  ihrer  Entwickclung  wieder,  und 
ihre  Existenz  «owie  die  Art  ihrer  Verarbeitnng  ist  viel  ir»nf;er  bekannt,  als  bei 
jeder  anderen  Textilt'aser.  Die  Seide  weckte  überall  hei  ihrem  Auftauchen, 
sowolil  im  Orient,  wie  im  jngendfrischen  Knlturleben  des  Abendlandes,  den 
Ertiudungsgeist  auf  technischem  und  kihistlerisrhem  Gebiete;  dio  allgemeine 
Kunstgeschichte,  und  nicht  nur  die  der  Textilkunst,  musste  mit  diet>em  hoch- 
geiicbfttaten  Material  reebnen. 

Und  welcher  Wert  nnd  Einflaas  wurde  den  Seidengeweben  beigelegt! 
Alexander  ward  durch  ein  medisches  Seidengewand  besiegt,  Julius  Caesar 
durch  Seide  von  seiner  .Mnrle«tia  abgelenkt,  und  in  der  späteren  Geschichte 
bildet  die  Seide  nicht  selten  den  Brennpunkt,  um  den  sich  politische  and 
wirtschaftliche  Staatsinteresseu  zu  konzentrieren  pflegen.  Es  ist  daher  be- 
greiflich, wenn  aneh  die  Dichter  die  Seide  zam  Gegenstand  einer  liebe*  und 
pietätvollen  Betraehtang  machen.  In  pomphaften  Satsen  bebt  der  geistliche 
Dichter  iltT  „Momnnentn  nioguntiua"  seinen  Lobgesant^  der  Seide  an,Vida 
widmet  dem  Seidenwnrm  ein  «xnn/ps  Opdicht  ..Honibvx";  Tonelli  da  Castel 
Frauco  schildert  iu  beredter  W  eise  und  hochtrabendem  Stil  das  Leben  und 
Sehaifen  des  kidnen  Wurmes.  Tesanra  besingt  im  Epos  „La  sereide"  die 

Silb«rai»iiii,  DI«  S«M«.  1 


Digitized  by  Google 


Ge*cbichte  der  SeidenkuLtur  etc.  Einleitung. 


Seide  uud  Seidenraupe.  Frauz  v.  Traucat,  Cellius  und  Uacine,  sowie 
viele  andere  italienische,  französische  und  dent.^che  Dichter  widmeu  deiu 
kleineu,  injsteriöseu  Insekt  die  erbabeusteu  Gedichte. 

Die  numnig&ltige  Art  nnd  Weise,  wie  das  Seidengewn-be  bei  den  yansdiie- 
denen  Vdlkera  gepflegt  warde,  iat  ein  ßar  die  betreffende  Nation  nnd  ibren 
Kulturgeiet  höchst  cliarakteristisches  Merkmal.  Bei  den  Chinesen  galt  es 
als  obligatorisclie  Industrie  für  die  Banein,  <]-a  (lif  f.r^iidbcvnlkernng  Tur  den 
Hof  und  Staut  arheitsptiichtig  war;  deiugemäss  selieu  wir  siie  hier  von  kleiueu 
Anfangen  an  in  demselben  Mafse,  wie  die  Alleinherrschaft  uud  »Staatsgewalt 
immer  mehr  en  Anadebnung  gewannen,  sa  «ner  eminenten  nati<ma1en  Industrie 
heranwachsen ;  das  Wohl  und  Webe  Chinas  war  mit  den  Brfolgen  der  Seiden- 
kiiltur,  der  Seidenweberei  und  des  Seidenhandels  eng:  verknüpft,  und  die 
leisesten  politischen  Unruhen  inmitten  des  Landes  vermochten  diesen  auf 
eine  absolute  Ruhe  angewiesenen  Kulturzweigen  in  kurzer  Zeit  einen  sehr 
füblbaren  Selnden  anzufügen.  In  Bynnz  wurde  das  Seidengewerbe  durch 
die  lelbstsachtige  Pracbtliebe  Jaetinians  nnd  «onstige  Ursachen  staatsdko- 
nomisclier  Natur  zum  fast  ausschliesslichen  Vorrecht  der  Krone  und  vei^ 
mochte. sich  unter  der  drückenden  Last  des  ararischen  Hernie  hier  ebeniK»- 
wenig,  wie  ein  Jahrtausend  später  in  westeuropäibcheu  'Stauten,  durch  ähnliche 
Wirtschaftspolitik  beeinflnsst,  zu  einer  wirklich  lebensfähigen  Industrie  zu 
entfalten.  Bysans  mit  seiner  seidengewerblichen  Thttigknt  liefert  einen  der 
schlagendsten  Beweise  dafür,  dass  eine  Industrie  rieh  weder  durch  staatliehe, 
noch  private  Mafsre^eln  ebensowenig  gewaltsam  wie  aus  freien  Stücken  ein- 
lübren  lässt,  sondern  viehnelir  aus  natürlichen  LTmständen.  die  durch  den 
Kulturzustand,  das  materielle  und  geistige  Verniügeu  der  Nutiuu  und  ihre 
Handelsbesiehnngen  bedingt  werdoi,  entspriesst  nnd  in  langsamer  aber  sicherer 
Entwiokelnng  aus  dem  Gewerbe  zum  Groesbetrieb  wird.  Bei  den  Römern  er- 
freute sich  die  Seide  eines  nngewohnlick  grossen  Verbrauchs  und  kaum  ein 
zweites  Volk  hat  seitdem  diesen  Seidenlnxns  7.n  überschreiten  vermocht;  nichts- 
destoweniger findet  die  geringe  Entwickelung  einheimischer  Seidenindustrie 
ihre  Erklftrung  darin,  dass  die  Amübnng  des  Gewerbes  der  geistlosen  Sklaren- 
arbeit  fiberlassen  nnd  nicht  von  einem  so  lebensvollen,  nationalen  Drang  be- 
seelt wurde,  wie  dies  beispielsweise  bei  den  Arabern  der  Fall  war.  Dexa  kam 
noch,  da«s  die  Fiömer  die  Viilker  ausserhalb  der  engeren  Reichsgrenzen,  als 
Barbaren,  des  Tragens  seidener  Prachtgewäuder  für  unwürdig  hielten  und 
obwohl  sie  auch  damit  dem  Konsum  des  eigenen  Landes  einen  nationalen 
Charakter  yerliehen  hatten,  so  beraubten  sie  die  Industrie  eines  mächtigen 
ihre  Lebensfähigkeit  bedingenden  Impulses,  des  auswärtigen  Handels \  erkehrs* 
Wesentlich  anders  verhielt  es  sich  mit  dem  charaktervollen  Aral>erstamra, 
der  dein  Soidengewerbe  auf  religiöser  Basis  einen  hocbknlturellen  Charakter 
verliehen  hat. 

Die  Seide,  obwohl  ein  Luxusartikel,  vereinigt  mit  dem  Sch5nen  zugleich 
das  Nfitzliche;  that^hlich  giebt  es  kein  anderes  Webmaterial,  das  ein  so 
einnehmendes  uud  glänzendes  Äussere  neben  ebenso  wertvollen  inneren  Eigen- 


Digitized  by  G( 


Mytb«!!  Uber  Seid». 


S 


Schäften  aufweisen  könnte.  Es  lässt  sich  nicht  verhehlen,  dass  das  in  der 
ganxeu  Oeflobiehte  der  Seide  henrortretende  Streben  der  Völker  nach  dem 
Bents  dieses  wertrollen  Materiab  mebr  denen  ftnaserer  Pracht  gegoltm  bat 

und  demnach  nnr  luxuriöse  Begierde  war;  dieser  Luxus  trat  aber  /ugleidi 
mit  der  Kultur  ein  uutl  gab  später  Venmlasssung  7nr  iiulustriellen  Thätig- 
keit.  E«t  in  neuerer  Zeit  hat  man  auch  die  inneren  guten  Kigeiiscliaften 
der  Seide,  ihre  Dauerhaftigkeit  u.  s.  w.  erkiuint  und  bestrebt  sich,  dieselbe 
als  BelclridiingsmatMrial  den  breiten  Sebicbten  der  Bevölkerung  luögliobst 
snganglicb  za  maebeu.  Die  Seidenknltar,  sowie  die  Gewinnung  und  Ver- 
arbeitung der  Seide,  besch&ftigen  heutzutage  viele  Millionen  Menschen  und 
zählen  für  viele  Länder  an  den  wichtigsten  Mitteln  zur  Förderung  des 
Wohlstandes  der  Völker. 

Mytholo'gtsehe  Angaben  über  den  Ursprung  der  Seide  und  die  Ani&nge 
der  Sndenknltur  nnd  des  8eidengewcri>es  giebt  es  in  sablloser  Mengen  doch 
mSgen  hier  nur  die  interessantesten  Erwähnung  iindeii.  Eine  der  chine- 
sischen OKerliefernngen  erzillilt  xo")  Tschin,  dem  Sohn  des  Japhets,  welcher 
seine  Kinder  unterric Ilten  sollte,  Kleiderstoffe  aus  Seide  uuzuferiigeu ').  Eine 
andere  Legende  schreibt  die  iScliöpfung  des  Seideuwurmes  einer  japanischen 
Jongfran  xa«  ans  deren  Augenbrauen  er  entstanden  sein  soll.  Nach  ^er 
öfters  wiedagegebenen  romantisdten  Überlieferung  Japans  warde  ein  von 
seiner  Stiefmutter  Kuang-ki  ("Pnrcht  der  Strahlen)  verstossenes  Künigskind 
des  Lin-i  (Hass  des  Regen.s)  aus  Indien,  das  „ju'>R^'  Mädchen  mit  goldenen 
Haaren",  nachdem  es  wilden  Löwen  und  Adlern  preisgegeben  und  von 
diesen  nnber&hrt  geblieben,  auf  eine  einsame  Insel  Terbannt,  von  der  es  ein 
Fischer  mit  seinem  Sahne  befrnte.  Alsdann  wurde  es  lebendig  im  Schloss- 
bofe  vergraben,  wobei  es  jedoch  stets  unversehrt  blieb  und  schliesslich  in 
einem  hohlen  Maulbeerbaume  dem  Meere  iiherla«f?>en ,  durch  welches  ep  an 
die  Küste  Japans  verschlagen  uud  hier,  indem  es  gleich  darauf  seinen 
Qewt  aufgab,  in  eine  Seidenraupe  verwandelt  wurde  Durch  die  alle- 
gorisch dargestellten  Qualen  und  den  Schlaf  des  jnogen  hUdchens,  aus 
-welchem  es  wieder  trotz  des  scheinbaren  Todes  OTWachte»  wild  in  dieser  Fabel 
der  Lebensgang  der  Seidenraupe,  ihre  vie--  TTnnfungPperioden,  angedeutet. 
Damit  öbereiustimmend  werden  in  .lai)an  di«  Häutungen  der  Maulbeerraupe 
als  die  Zeiten  des  Löwen  (sischi-no-oki),  des  Adlers  oder  des  Falken  (taka- 
no-oki),  des  Kahnes  (fune-no-oki)  und  des  Hofes  (niwapno^bi)  beiMchnet. 
Es  scheint,  dass  diese  Allegorie  die  Herkunft  der  Seidenraupe  mit  einem 
königlichen  Nymbus  zu  umgeben  sucht  und  gleichzeitig  Anspielung  auf  die 
Schwierigkeiten  macht,  welclie  die  Seidenxneht  zu  i'iberwindeu  hatte,  be- 
vor sie  nach  Japan  gelangen  kouute.  Verlassen  wir  indessen  das  Geidet  deä 
Fibelhaften  nnd  wenden  uns  den  geschichtlichen  Thatsacben  zu. 


')  d'Herbciot,  BiliUolLetiue  orieuuie,  i'aris,  l(i97  (Kiipilel  Sin). 
■)  Uekaki'Morikuni,  Jo-äan>li-rok  (Die  Seidenzucht  in  Japan),  L'art  d*Aev«r 
les  vers  k  loie  au  Japon.  üben.  Uoffoiann-Bonafou«.  Paris  k  Turin  16*9. 


4 


Seid»  im  Altertum.  Cbin«. 


Die  GMcbicbtsforschung  hat  der  gewerblichen  Th&tigkeit  alter  Kultar« 
Völker,  namentlich  der  Cliinespii,  Indier,  Perser,  Ägypter  u.  A.  erst  in  der 
jüngeren  Zeit  grüsst-re  Beachtaug  geschenkt.    Von  diesen  Völkern,  unter 
welchen  viele  ausgedehnte  technologische  Kenntnisse  besassen,  haben  einige 
in  den  Gribern  und  DenbmUenit  andere  in  ihrer  lAtteratar  Sidrittse  Innter^ 
leieon,  die  der  NaelikiHnmenKbaft  ein  Bild  nber  deren  Knlturznetand  ver^ 
schaffen;  doch  sind  hier  leider  fast  dnicbgehends  nur  spftrliobe  Angaben 
iUo-r  die  Textilindustrie  im  allgemeinen,  nnd  das  Seidengewerbe  im  speziellen 
vorbanden.  Umso  wichtiger  und  bezeichneuder  ia  dieser  Hinsicht  ist  die  techno- 
logische Litteratur  der  alten  Chinesen,  deren  Studinm  erat  ganz  neuerdings  auf- 
genommen wurde')  und  die  namentlich  für  die  Geaehichte  der  Seidenindustrie 
deswegen  von  bedeutendem  Interesse  ersdteini«  ynil  unter  aUen  Völkern  des 
Altertums  es  ausschliesslich  die  Chinesen  waren,   denen  die  Hcidenzuclit 
seit  fiUerlängster  Zeit  bekannt  war  und  welche  allein  die  Kunstfertigkeit  der 
Seideuv^rbeitung  besassen.    Es  sei  damit  nicht  ges^t,  das.s  die  Natur  in 
der  Verteilung  •  der  Flora  und  Fauna  andere  L&ider  mit  Mautbeerbanm 
und  Sjudenr^fta^  Qbemeben  bat,  aondem  nur  forauflacbickend  betont,  dasa 
die  TOn  den  Chinesefrr.  verarbeitete  Seide  keine  andere,  als  die  echte  weisse 
Maulbeerseide  war,  da?.«?  tlie  letzt<»re  ansschliesslich  in  China  ilirt?  Heimat 
gehabt  zu  haben  scheint  und  das^  sie  von  hier  aus  nach  allen  übrigen 
L&ndera  Terhr^tei  irorden  ist.    Schon  aus  der  citierten  Überlieferang  vom 
„MSdcben  mit  goldenen  Haaren",  worunter  awetfellos  die  gelbe  Se^enrasae 
au  verstehen  ist,  und  aus  seiner  chinesischen  Bezeichnung  „kin-kuNtsen'^ 
—  da?;  Kind  der  goldenen  Fahne  —  geht  mit  Sichorlitit  hervor,  dass  die 
gelbe,  damals  wohl  nur  liaibkultivierte  oder  gar  wilde  Seideurass»-  eher  in 
Indien,  ald  in  China   ihre   urspräugliehü   iieiuiut   besass,   und  dass  «^ie 
in  China  nicht  seit  so  vielen  Jahrtausenden,  wie  die  weisse,  mit  vieler 
Sorgfalt  geanchtete  Rasse  bekannt  war;  denn  die  Bezeichnnng  und  daa 
Signum  der  goldenen  Fahne  (kin)  ist  erst  im  VIII.  Jahrhundert  vor  Chr. 
aufgetaucht  und   festgestellt   worden').     Wie   geschichtliele  Korschnngen 
ergeben  haben,  ist  China  im  allgemeinsten  tiinne  des  ^Vortes  als  das  Hei- 
uMtland  der  ediien  weissen  ManlbeetMHde  anfimfassen,  und  dem  ehinesis^en 
Volke  gebührt  das  Verdienst,  den  Anfang  an  einer  regelmässigen  und  mit 
Kunst  betriebenen  Seideczucht  und  Seidenindustrie  gelegt  au  haben.  Es  möge 
daher  in  erster  Linie  die  Geschiclite  der  Seide  in  Chin«  erörtert  WL-rden. 

Der  Maulheerbauni  und  die  Seidenraupe  erscheinen  in  den  ailerältesten 
Deukuitileru  der  chiueüischeu  Nationallitteratur.  Die  Seidenzucht  und  die 
Verarbeitung  der  Seidenfaser  hat  im  Kulturleben  der  Chinesen  stets  einen 
so  wichtigen  Plata  angenommen,  da^s  hierüber  nicht  nur  die  Gescbicht- 
schreiber  Chinas  die  genauesten  Angaben  geliefert  haben,  sondern  auch  die 

Die  Kollektion:  .Memoire«  des  missionairee  rar  la  Chine.'  Paatbier,  Lliiitoiie 

de  lu  Chine.    KUiproth,  Lea  tabk-aux  historiqr.<'^  •]•   '.'Asie.   The  ClliDeee  BUBCeUaiiy 
OD  tbe  Bilk  uiaoufacture  auU  cuUivation  of  tb«  nnilberry.  Shanghai. 
*)  Pariset,  Lliittoite  de  la  wie. 


Digitized  by  Google 


Seide  im  Aitertum.  China. 


6 


'  Yolksritten  und  Keligionagebriittelie  dnreh  die  A^uafibnng  des  Seidengewerbe» 

beeinflusst  wordeu  sind. 

Schon  vor  dem  Jahre  3000  vor  Chr.,  Iiericlitet  das  gescliiobtUche  Werk 
Techn>kiug*),  war  Sbin-uong,  der  Naclifolger  Kaisers  Fobi,  bet^trebt,  die 
Knltiir  dar  Haalbeerbäame  uod  die  Seidenraupenzucbt  möglichst  zu  verbrei- 
teo,  um  des  Gewerbe  der  Anfertigung  ?oa  Angelscbnfiren  zu  fördern,  die 
aus  dem  Darminhalt  der  H;tn|ien.  etwa  wie  Glasfödeu,  gezogen  wurden. 
Fohi  selbst  liattt'  die  auf  diese  Art  erzenjjten  Seideiifildeii  als  Saiteu  Hir 
ein  Tnnsikaüsclies  I iii-trunieiit  ..kin"  verwendet,  dessen  klangvoller  Ton  be- 
riibmt  war.  Die  eigeutliclie,  gegenwärtig  übliche  Verarbeitung  der  Eokou- 
gespiuste  vennittdat  des  regebreehten  Abhaspeins  sali  dnreb  die  Eeiierin 
Si-lnng-shi,  Gemahlin  des  Hoang-ti,  nach  anderen  Angaben  dnreli  dessen 
Tochter  Lui-tseu,  im  Jahre  2698  vor  Chr.  eingeführt  worden  sein,  die,  nach- 
dem 5ie  eine  «pinnendf  Spidenrnupe  heobachtet,  auf  den  Gedanken  kam,  den 
Seidentadon  von  dem  Kokon  in  umgekehrtem  Sinne  wieder  a)</.tnvindeu  und 
sie  Textilfaser  sa  Twweben.  Diese  Idee  wurde  alsbald  mit  ausgezeidineiem 
Erfolg  verwirklicht;  die  erfinderisehe  Kaiserin  warde  in  Anerkennung  ihrer 
Yeidieuste  gleich  nach  ihrem  Tode  in  die  Reihe  der  Gottheiten  aufgenom- 
men und  nh  ..Geist  dps  Maulbeerbaumes  und  der  Seidenraupe"  geweiht; 
eiu  Sternbild  (Konstellation  des  Skorpions),  in  welchem  Si-lnng-shi  als 
Protektorin  der  Seidenzucht  ver&imiliclit  wird,  ist  ihr  uuter  dem  Namen 
„tsan-fnng"  (SeidenhSnschen)  geheiligt  worden*).  Alsbald  ist  die  Seiden- 
nebt an  einem  regelmässigen  Gewerbe  geworden,  bestimmt,  in  der  ganzen 
politischen  und  ökonomischen  Geschichte  Chinas  eine  unverkennbar  bedeu- 
tende KoUe  zu  Spieleu.  indem  sie  dazu  geeignet  schien  „die  Sittlichkeit  des 
Volke«  zu  erhöhen  und  die  Armut  zu  bekämpfen"^),  als  auch  in  den  spä- 
teren insserliehen  Beaieknngwt  C9ü,ii«s  tarn  Broinpnnkt  der  poUtiedmi 
FVagen  und  snr  Grundlage  des  Handelsverkehrs  au  wM^eo. 

Die  zusammenhängende  Geschiebte  der  chinesischen  Seidenindnstrie  ist 
in  einem  besonderen  Werke  .,Haw:u-nan-tst'",  Klassik  des  Seidenwarmes, 
aufgezeichnet.  Eine  Menge  von  Citaten  ül>er  die  Seide  in  den  geschieht^ 
lieben  Werken  Chinas  zeugt  von  der  Wichtigkeit  des  emporblühenden  Seiden* 
gowerbes.  So  berichtet  Konfncius  über  die  Erbauung  grossartiger  Seiden- 
hinaer  im  Jahre  2357  sowie  über  die  Anlage  der  Schntsdämme  g^en  Uhei^ 
schwemninnpen  des  Flu.sse.s  Vao,  an  dessen  Ufern  ^nsgedelintc  Maulbeer- 
plantagen la<^eu.  Der  chinesisclieu  Seidenstotfe  tindet  man  zuerst  im  Jabre 
•22ÖÖ  vor  Chr.  Erwiilnning  ^ethan,  zu  welcher  Zeit  sie  von  der  Provinz  Shan- 
tnng,  die  auch  als  eigentliche  Hdmat  der  Seide  im  engeren  Sinne  be- 
trachtet wird,  als  Gabe  und  Hnldignng  au  den  kaiserlichen  Exit  des  Shnn* 
tien  geliefert  winden  sind*).  Im  Jahre  2200  erscheint  im  Buche  Tsehu- 

*)  .Tilra-king'',  Über»,  von  de  Guigncs,  Paria  1T70. 
»)  .To->.an-ri-rok,  S.  135. 

*)  Wardle,  The  wild  lilkü  of  India,  nach  Romj. 
*)  de  Geigne«,  Tibn-king,  S.  14. 


Digitized  by  Google 


6 


Seide  im  Altertum.  China. 


kinp  die  ernte  Nrtclirleht  üVier  die  Seidenfärberei,  in  welcher  iüp  Verwendung 
gefärbter  Seidenstoii'e  beschrieben  ist;  auch  schildert  uns  Kunfucius  die 
roten  und  schwarzen  Seidenzenge,  die  als  Tribut  au  den  Kaiser  Ju  (2022) 
geliefert  wurden.  Die  Hanptrerwendnng  der  Seidengewebe  jener  Zeit  bestand  in 
der  Anfertigung  von  Fahnen  und  Schirmen,  welche  als  Abzeielien  der  Würde 
dienten,  iudeiii  vor^-chiedene  Farben  beptiinmtcn  Rangstufen  entsprachen. 
Das  Gelb  war  die  ausschlie«sHdie  Farbe  des  Kaisers,  das  Violett  die  seiner 
Nebenfrauen,  Blau,  Roth  und  Schwarz  wurden  dem  verschiedenen  Hange  der 
Bitter  beigelegt ').  Ana  den  geschiehtliclien  Schilderungen  dieeer  Epoche  gebt 
mit  Sieberbeit  hwvor,  da«e  da»  Seideogew^rbe  nnd  der  Oebranch  der  Seide 
wahrend  seines  ersten  Aufblühens  ciulgermassen  das  Vorrecht  des  kaiser- 
lichen Hofes  (der  Kaisersfraupii)  und  der  Adeligen  war.  Audi  die  Auf- 
zählung der  den  Seidenbau  betreibenden  Provinzen^)  lässt  darauf  schliessen, 
dase  der  der  Seidenzucht  zugewiesene  Banm  ziemlich  spärlich  und  ihr  Be> 
trieb  noch  gering  war;  unter  dem  Volke  war  sie  noch  gar  nicht  verbreitet. 
Die  Herrscher  nnd  der  Adel  haben  dagegen  tmtn  Luxus  mit  Seidengeweben 
entwickelt,  der  ganz  kolossale  Dimeni^ionen  annnhm  und  gerade/,u  in  die 
Geschicke  Chinas  einzugreifen  auting;  wer  die  (Jeschicbte  des  chinesischen 
Seidenbaues  schreibt,  erzählt  fast  zugleich  die  Geschichte  der  chinesischen 
Dynastien.  Erst  durdi  die  liberalen  Verordnungen  des  weisen  Kaiseis  Jn 
(2206)  bat  die  Seidenknltnr  auch  unter  dem  chinesischen  Volke  Plata  ge- 
griffen, indem  durch  Bepflanzung  weiter  Strecken  mit  Maulbeerbäumen 
und  Verteilung  von  Raupeneiern  ftir  ihre  weitere  Verallgemeinerung  Sorge 
getragen  wurde.  Das  seit  dem  XII.  Jahrhundert  in  China  auftauchende 
Lehensf&iBimtnm  venntttelte  in  hohem  Grade  die  Verlweitang  der  seiden» 
gewerblichen  Tbitiglrait,  indem  jeder  von  den  f&rstliehen  Höfira  (aur 
Zeit  des  Konfncius  125)  dem  Beispiel  des  kaiserlichen  folgte  und  den 
Seidenbau  bei  sich  einführte.  Mit  der  Zeit  entfaltet  das  Gewerbe  einen 
immer  höher  steigenden  Luxus;  es  erscheinen  Goldbrokate  (VIII.  .lahrh. 
vor  Chr.)  und  ähnliche  kostbare  Seidenstoffe,  in  welciie  mau  als  Schmuck 
sogar  bunte  Vogelfedem  einsuweben  pflegte.  Eine  poetische  Sammlung  „Sbi* 
king'^  schildert  die  Schönheit  broschierter  und  anderer  Gewebe  in  überschweng- 
licher Weise.  Die  nationale  Seidenindustrie  nimmt  indessen  nur  beschränkte 
Dimensionen  an,  indem  noch  immer,  dem  Bei.spiel  der  Königin  und  der  Hof- 
damen folgend,  sich  ^nur  die  höheren  Volksklassen  an  ihr  beteiligten  und 
der  Seidenbau  nur  in  der  eanenProvina  Shantung  sur  Bntwickelung  gelangte. 
Das  „Boeh  der  Vorschriften^*  (Tscheu-  Ii)  enthftlt  eine  Schildemng  der  Seiden- 
sucht,  wie  sie  sa  jener  Zeit  (XII.  Jahrb.)  you  der  Kaiserin  und  den  Fiin- 
sesrinnen  ausgeübt  wnrde. 

In  dieser  Weise  verflossen  über  zwanzig  Jahrhunderte,  ohne  dass  das 
Seidengewerbe  die  Grenzen  seiner  Heimatstätte  Shantung  überschritten  hätte; 
es  ist  im  Grössen  und  Gänsen  auf  derselben  Höhe  geblieben,  wie  sur  Zeit 

I)  de  Guignes.  a.  a.  0.   S.  339. 

^  Pantbier,  Üben,  dss  .lUra-ldng"  in  Psntb^  Utt^raire. 


Digitized  by  Google 


Seide  im  AUertam.  China. 


7 


d«r  Eiufilbruug.    Wenn  Mch  seit  dem  XL  Jahrhnndo't  vor  Cbr.  eiu  toi^ 

überstehender  Aufschwung*  wahrzunehmen  ist,  so  hemmten  doch  der  unter 
Jeu-bang  (7^1  vor  Cbr.)  entstandene  Anarchismus,  jtolitische  Zwiespälte 
uod  grenzeulo8e  ;Sittenlosigkeit  während  der  ganzen  Zeitjieriode  vom  VIII. 
bi»  sam  III.  Jahrhandert  vor  Chr.«  das  Emporkommen  des  Seidengcwerbes» 
eine  Zeit,  welche  treffend  als  „das  Mittelalter  Chinas''  bezeichnet  worden 
ist  Weder  die  Seideniodustrie  noch  irgend  welcher  UaudeLsverkehr  mit 
Seidenstoffen  kamen  znr  Geltung  nur  folefende  Eroir;nisse  sind  von  einiger 
Bedeutung.  806  gab  Uientong  die  Veiordnung,  dass  jede  Provinz  des 
Bekslws  eine  bestimmta  Ans^l  Manlbeerbiume  «i  pflnisffii  mid  zn  erhalten 
lial»  —  nnd  Hiawnti  (Abi}  und  Wnti  (265)  sorgten  für  die  Erbanong 
grosser  Seidenzucbtereieu. 

Gerade  iu  diese  luitrnstliclu'  Periode  fiel  die  epochem;u-!iciide  gesetz- 
geberische Thätifjkeit  des  Küufucius  (551 — 478  v.  Chr.)  und  anderthalb 
Jahrhunderte  »päter  die  des  Mencius.  Der  eräteie  erwälmt  einmal  in 
mnem  Bjiohe  Longo,  dass  er  Keber  seidene  Mfitsen  trage,  als  die  leinenen, 
weil  die  Seide  ein  Vorrecht  der  Patrizier  sei,  obwohl  sit?  billiger  ist,  als 
Leinen.  Wenn  sich  aus  dieser  Angabe  auf  eine  zur  Zeit  bereits  ausgedehnte 
Seidenknltur  schliessen  lässt,  die  aller  Wahrscheinlichkeit  nach  von  den  Hauern 
als  Froudienst  geleistet  wurde,  so  lag  es  uicht  iiu  Öiune  des  Eoufucius,  diese 
nun  freien  nationalen  Gewerbe  in  erheben  nnd  der  Seide  ihre  privilegierte 
Stdlnng  za  neifamen.  Menoius  scheint  dagegen  mehr  von  der  demokratischen 
Idee  des  Gemeinwohls  durchdrungen  gewesen  zn  sein;  er  empfahl  den  Landes* 
fursten,  mit  denen  er  /uwammcnkaiii ,  Maallieerbnnme  am  Gehege  der  i^anern- 
güter  pflanzen  zu  lassen,  damit  die  Altereu  sich  niil  tSeideutuch  wann  und 
bequem  bekleiden  können^/ ,  und  die  künftige  Bedeutung  des  Seideugewerbes 
f&r  China  mit  khirem  BUek  erkennend,  förderte  er  es  dnreh  ansgedehnte 
Privilegien  und  Schutzgesetze.  Seit  diesem  Zeitpunkt  scheint  demnach 
die  volkstiimlicl'e  Verbreitung  der  Seidenkultur  festen  Fuss  gcfasst  zu  Indien, 
so  dass  nunmehr  jegliche  Natural?te>ier  in  Seide  erhoben  werden  konntet 
ein  Gebrauch,  der  sich  bis  iu  das  XIII.  .iahrhundert  erhalten  hat. 

Über  den  Aunaligen  Seidenbandel  finden  sich  in  den  Genehiditrimohem 
Chinas  nnr  spKrliehe  Angaben,  ans  welehen  jedoch  mit  Siclierheit  hervor- 
geht, dass  bis  zum  III.  Jahrhundert  vorchristlicher  Ära  weder  ein 
Handelsverkehr,  noch  an<l('i-f  Hf'-/ieliinigcn  zwisr-hon  Cliina  und  den  übrigen 
Kulturvölkern  Asiens  bestanden  haben.  Die  durch  natürliche  und  politische 
Hindernisse  und  sittliche  Originalität  bedingt«  Absonderung  Chinas  wurde 
auf  die  Dauer  dadurch  b^rftfligt,  dass  die  mittelasiatist^en  Barbaren  dem 
weltertn  ümsicligreifeu  der  fortschreitend'  :  :liinesischen  Kultur  unüber- 
windlichen Widerstand  leisteten*}.  Die  allgemeine  Kultur  nnd  im  speziellen 

*)  de  Gnignea,  Hutoire  d«8  Um»,  Bd.  I,  S.  79. 

')  Ed.  Biot,  .Tournal  asiatique  184&. 

^)  Mentse,  Bd.  I.  cap.  1,  S.  8. 

*)  Psathier,  Hwtoire  de  1a  Chine»  S.  <t. 


Digitized  by  Google 


8 


EiDfQhntng  der  Seidenlniltur  naeb  Jitpap« 


die  Seidenindostrie  der  Chiueseu  waren  bis  zum  Beginn  uuserer  Zeitrecfa* 
Dung  vou  der  übrigen  Welt  vollstüudig  abgeschlossen,  iiud  so  kam  es,  dass 
der  Bfteitz  imd  dit»  Kenntnis  d«»r  Seide  fast  ganze  drei  Jahrtausende  das 
Privilegium  eiQe^«  einzigen  Volkes  geblieben  sind. 

Die  infolge  poUtiieber  Unralien  entitandene  Anewanderong  der  cbine» 
sieeben  Bevölkerung  brachte  diesem  Monopol  den  ersten  TerHngnisvollen 
Sehlag.  Auf  diese  Weise  wurde  der  Seidenbau  einfach  durch  chinesische 
Ansiedler,  tHo  (la.^  fTiMninfland  nach  dem  Fall  der  D\  nastie  Thein  Terlie»* 
seu,  nach  der  Hiill>insel  Korci  f'20(>  vor  Chr.)  übertragfii. 

I  ber  die  Zeit  der  Eiuiulauug  der  Seideukultur  nach  Japan  sind  die 
Angaben  japanischer  Oeaehiehtsebreiber  widerspreehend;  nur  das  ist  fesV 
gestellt,  das-s  ihr  Ursprung  daselbst  erst  .s]iätert'n  Datums  ist  (jedenliUtf 
nicht  vor  Chr.)  und  dass  sie  nach  Japan  durch  Vermitteluug  der  Koreauer 
gelangte.  Nach  der  chinesischen  Cberlieferung  de«  Historikers  Mau-tua-liu 
bestand  der  Seidenbau  in  Japan  bereits  im  ersten  Jahrhundert  vor  Chr., 
nachdem  der  Kaiser  Won-Ti  die  kriegsgefnugcnen  koreftnisehen  Seidenznchter 
nach  Japan  fibersiedeln  liess.  Nach  einer  anderen  Überlieferung  kanti  dieser 
Zeitpunkt  auf  das  Jahr  199  nach  Chr.  verlegt  werden,  wo  ein  chinesischer 
l'rinz  Kolinian  bei  einem  l^c^tich  am  japanischem  Iltif«'  unter  Anderpm  auch 
lianpeneier  als  Huldigungstribut  dargebracht  haben  soille.  Die  verbreitetste 
und  zuverlässigste  Ansicht,  die  von  Nippon-ki,  besteht  indessen  darin,  dass 
cbinemsche  und  koreanische  Einwanderer  im  Jahre  289  unserer  Zritrech- 
uung  die  Seidenzucht  nach  der  Insel  Sin-Sitt  eingeführt  haben  iiuil  *lani> 
im  Jahre  310  durch  Hinzu/iehiing  verwandter  t  liin*  sisoliiT  lliindwerker 
der  Anfang  japanischer  Seiden weheroi  gelegt  wurde,  8ehon  im  fünften 
Jahrhundert  unserer  Ära  hat  Japan  einen  mächtigen  Aufschwung  der  sei- 
dengetrerblichen  Thätigkeit  eu  Terzeidinen  gehabt.  Der  r^erende  Mikado 
Y  Uli  ab  (472)  förderte  in  jeder  Weise  die  Setdenkultnr;  an  seinem  Hofe 
ßell'si  wurde  dieselbe  in  grossem  Mafsstabe  betrieben.  Er  befahl,  dass  die 
im  Laiulf»  zerstreuten  Einwanderer  fortan  ihre  Steuer  in  Seide  zu  entrichten 
hätten.  Im  VI.  Jahrhundert  wurde  die  japanische  Seidenzucht  allgemei- 
nes, nationales  Gewerbe,  das  von  der  Kegierung  aufs  eifrigste  unterstütst 
ni^  gefördert  wurde  und  immer  mehr  an  Ausdehnung  gewann.  Der 
Seidenbau  soll  in  einigen  TeiU-n  Japans  sogar  so  mächtige  Verhältnisse 
erreicht  haben,  «lass  die  hierdurch  vernrsaehte  Vernachlässigung  anderer 
Kulturen,  besonders  der  Reiskultnr,  das  Ausbrechen  einer  Hungersnot  befurch- 
ten Hess,  wodurch  zeitweise  iu  entgegengesetztem  Sinne  wirkende  Mafs- 
nahmen  xur  Geltung  gebracht  wurden*).  In  einigen  Fürstentümern  wurde 
dann  die  Seidenracht  gana  ausgegeben  und  das  Tragen  seidener  Kleider 
dem  gemeinen  Manne  untersagt;  in  anderen  Provinzen  wurde  das  F^eiden- 
gewerbe  monopolisiert  und  die  erzeugten  Gewehe  ausschliesslich  für  den  Ge- 
brauch des  Hofstaates  und  als  Geschenke  für  befreundete  Herrscher  ver- 
wendet. 

Bavier,  .iapaas  Seidenzucbt,  Seideahaadel  und  Seideninduatrie.   Zfirich  187i. 


Dlgitized  by  Google 


Seid«  der  Riten  Indier. 


9 


Befftssen  wir  uns  jetzt  mit  dem  Ursprung  der  Gewinnung  und  Ver- 
arbeitung der  Seide  I)ei  Asiens  übrigen  Völkern  jener  Zeiten.  Der  !Maul- 
beerbanin  existierte,  obwolil  nur  in  wildem  Zustancle,  in  ganz  ^\'(.■^.til■^ien. 
seit  allerält«sieu  Zeiten;  ebenso  waren  die  Seidenmupeu  iu  den  östlichen 
Talen  Indkm  nnd  in  Pennen  lieimiseb  und  sogar  sehr  verbreitet;  doch 
waren  ihre  Rassen  und  daher  ancli  ihre  Eigenadiaftcn  Ton  denen  Chinas 
sehr  verschieden ;  auch  worden  sie  keiner  so  regelmässigen  und  soirgi- 
fSltigen  Zucht  untern orfen,  wie  bei  den  Chinesen.  Diese  Seidenraupen 
lieferten  nur  miuderwertige  Produlite  in  Form  vun  unabwickelbaren  oder 
durcblöcherteu  Kokons,  die  von  den. Eingeborenen  gesammelt  und  wie  Flaobs 
Terznpft  nnd  Terqwnnen  wnnlen,  ein  Ver&hren,  das  natflrlich  im  Verglich 
zu  dem  Glans  nnd  der  unübertroffenen  Gleich mässigkeit  der  abgehaspelten 
Beidenfiiser  nnr  ein  minderwertiges,  unan«elnib'ches  Gespinst  ergal).  Wie 
schon  aus  der  l  berlieferung  vom  „Mädchen  mit  goldenen  Haaren"  und 
seiner  Herkunft  am  Indien  hervorzugehen  scheint,  besass  die  gelbe  äeiden- 
ranpe  ihre  Hdmat  in  Westasien;  geschichtUehe  Forsehang^n  der  neueren 
Znt  haben  auch  thatsäcblich  bewiesen,  dass  vorwiegend  in  Persieu,  in 
geringerem  Mafse  in  Indien  nnd  Syrien,  die  gelben  Kokons  der  Maul«- 
beerranpe  in  oben  geschilderter  Weice  seit  allerältesten  Zeiten  verwertet 
wurden.  Als  im  VI.  Jahrhundert  unserer  Ära  auch  die  weisijeu  Öeiden- 
wOrmer  nach  Weatasien  verpflanzt  wurden,  war  die  Art  der  Veraiheitnng 
einbeimisdier  Kokons  immer  noeh  die  alte,  d.  i.  nicht  die  dnreb  Abhaspeln, 
n^ch  chinesischer  Art,  sondern  darch  Veranpfen,  und  zwar  erst  nach  dem 
An.-*schlnpfen  der  Schniptterlinge.  Soweit  nnsere  Kenntnis  reicht  (die  si.li 
iil)er  dreiz.ehn  .lalirhnnderte  erstreckt),  ist  in  Indien  liei.spielswei>e  <lie  Seide 
oder  im  wahrem  Öiuue  des  Wortes  die  abgehaspelte  Kokonfa.ser,  vor  ilirer 
dirdcten  Einffihntng  ans  China  nie  xnr  Anwendung  gekommen.  Einige 
Onginalangabcn  über  das  Seidengew^be  Indiens  sind  seit  dem  Erseblieswn 
der  San.«krit>prache  für  das  Studium  zugänglich  geworden,  doch  verbreiteten 
sie  immerhin  so  wenig  \Ach\  iiher  den  Ursprung  de«  Seidengewerbes  nnd  die 
Art  des  verwendeten  Kohmaterials,  da^  hierül)er  noch  heutzutage  Meinungs- 
^Seremen  der  Geehrten  bestehen  blmben*).  Wenn  aoeh  i.  R  die  bei  der 
Sehildernng  der  Festgeeehenke  in  den  religiSsen  Ueldendiehtnngen  Karnap 
yana  und  Mahahharata  das  eine  bestimmte  Ge^^pinsifaser  bezeichnende  Wort 
„kuiiceva"',  kaum  anders  alg  durch  „Seide"  übersetzbar  ist,  so  kann  sich 
dasselt>€,  wie  die  Forschung  ergeben  hat,  entweder  auf  die  durcli  Verspinnen 
der  darchbrochenen  Kokons  gewonnene  minderwertige  Florettseide  der 
Hanlheerranpe,  wie  dies  auch  in  Assyrien  und  auf  der  Insel  Kos  der  Fall 
war,  beziehen,  oder  auf  die  noeh  weniger  sehöoe  Seide  wilder  Seidenspinnw, 

mit  denen  Indien  reichlich  begabt  war. 

Nach  zuverlä,«»jjigen  Nachricliten  be.sass  Indien  (Himalaya)  bereits  in 
den  frühesten  Zeiten  eine  seitdem  im  Laufe  der  Zeit  ausge.otorbeue  ein- 


*}  Paria  et,  Lliistoire  de  ia  loie.  6d,  L  89. 


10 


beimische  gelbe  MtnlbflenranpMinne,  die  «ir  Sddengewiimiiiig  wolil  dareli 
Verzapfen  nach  dem  Ausfliegen  dee  Schmetterlings  und  Verspinuen  dieser 

Watte  am  SpiuilelraJe  verwertet  wurcle.  Die  Gesetzgeljung  Manu  (12 — 8. 
Jalirli.  vor  Chr.)  erwähnt  sogar  eine  regelmässig  und  mit  grosser  Sorgfalt 
betriebene  Seidenzucht,  von  welcher  jedoch  mit  Gewissheit  anzaoehmen  ist, 
dftn  dftbei  des  Tdten  der  Pappen,  des  Dörren  der  Kokons  und  eoinit 
eneh  des  Abhaspdn  nicht  stattfinden  konnte,  de.  zur  Zeit,  als  das  EK^rr- 
verfaliren  durch  die  Chinesen  zur  allgemeinen  Kenntnis  gelangte,  dasselbe 
als  durch  die  Keligion  verjiont,  uiclit  angewendet  werden  konnte.  Ein  in 
Sakuntala^)  uu/.weifelhaft  die  echte,  glanzvolle  Manlbeerseide  bezeichnender 
Aosdrack  „Tschina  amsnta'^  (Chinas  Seide)  weist  darauf  hin,  dass  das  At- 
tribut der  Sosseren  Praeht  inm  Unterschied  von  dem  weniger  besteobenden 
einheimischen  Produkt  lediglich  der  chinesischen  Seide  beigelegt  wurde  und 
dies  zu  einer  Zeit,  wo  das  von  den  Cliinesen  monopolisierte  Verfahren  der 
Seidengewionnng  bereits  aufgehört  hatte,  ein  Geheimnis  zu  sein. 

Die  Verarbeitung  wilder  Kokons  durch  Spinnen  zu  Fäden  und  zu 
Geweben,  d^  xwar  nicht  den  Glans  nnd  die  blendende  Weisse  der  echten 
Seide  besessen,  aber  sich  durch  ihre  Danerhaftigkeit  and  Weichheit  ansseich- 
neten,  war  in  Indien  (Bengal)  seit  Urzeit  im  Betriebe*).  Bei  den  regen 
Beziehnngcn  Indiens  zu  den  alten  Ägyptern,  Römern  und  Phöniziern  würde 
es  übrigens  autfallend  erscheiuen,  wenn  ein  so  prachtvoller  und  wichtiger 
Textilstoff,  wie  Seide,  in  Indien  verarbeitet  und  verwendet  worden  wäre, 
ohne  so  anfmerksamen  Schriftstelleni,  wie  Herodot,  aufzufallen  nnd  von 
diesen  beschrieben  worden  zu  sein.  Diese  Thatsache  wird  in  den  Angaben 
chinesischer  Pilger  erwähnt,  welche  Indien  bereisten  und  in  ihren  l)e- 
riohten  unter  den  Landeserzeugnis-sen  die  indische  .,kiao-tsh('-Te",  die  ..wilde 
Seide"  autühreu,  eine  Bezeichnung,  die  übrigens  unfehlbar  auf  das  saus* 
kritische  „Kftncdya**  hindentet  nnd  anr  Genüge  die  Art  der  indischen 
Seidenfaser  charakterisiert*).  Noch  im  II.  Jahrhundert,  als  die  echte  chi- 
nesische Seide  bereits  grossen  Absatz  in  Westasien  erlangt  hatte  und  somit 
die  Möglichkeit  eines  Vergleichs  des  prachtvollen  chinesischen  Produktes 
mit  dem  unansehnlichen  einheimischen  gegeben  war,  kam  es  den  ludiera 
nicht  in  den  Sinn,  ihren  einhmmisehen  wildnn  Manlbeerspinnern,  als  einer 
Quelle  des  Nationalreichtnme,  mehr  Anfmerksamkdt  nnd  Soir|^alt  aniawenden 
nnd  durch  regelmisstge  Seidenzucht  nnd  entsprechende  Behandlang  der  Kokons 
ein  dem  chinesischen  ebenbürtige;?  Gespinst  zu  erzeugen.  Dies  geschah 
aus  sehr  einfachen,  weiter  nuten  angegebenen  Gründen,  nnd  so  ist  es 
nicht  zu  verwnuderu,  dass  Indien,  trotz  seines  Db«rtlusses  an  Seiden- 
raupen und  trete  seiner  thatsichlichen  Seid^winnnng  in  allen  geschieht- 

>)  K&lid&SB,  Dichtaagen  (6.  Jahrh.  nach  Chr.). 

■)  Latreille,  Dietioe.  dliitt.  nator.  appl.  aox  mtit  (Kap.  Bombyx).  Forbev-Wataon, 

^le  t«xtile  nianufactures  and  the  costumcs  of  the  people  of  India.    London  1S67. 

Xoynge  des  p^lerins  bouddhisteg,  I.  üt.  2.    Yie  de  Hiouen-tsang ,  S.  253.  Ab. 
R^musat,  Nouveaux  melanges  aeiatiqnes.  1.  254.  Giraud,  Les  originea  de  la  soie. 


Digitized  by  Google 


Seid«  bei  den  alUm  Petsem.  11 

liehen  Angaben  als  ein  die  Seide  xwar  TerbTauehendeHf  nicht  aber  enengen« 

dee  Land  ciiiert  wird').  Bei  dem  frappanten  Unterschied,  der  zwischen 
der  echten  Maulbeerseide  Chinas  und  der  indischen  wilJen  Seide  bpstaml, 
greift  nämlich  die  ffanr.  natürliche  Krklarnnjr  Platz,  dass  die  Indier  in  der 
blendend  weissen ,  glänzenden  Faser  der  Chinesen  nichts  weniger  als  ein 
Produkt  einer  Seidenraape  ahnten,  nmeomehr  als  die  Chinesen  selbst  den 
Ursprung  und  die  Gewinnung  der  Seide  verheimlichten  und  die  letztere 
meist  in  entliaptetem,  d.  i.  niclit  mehr  p;anz  natürlichem  Zustande  auf  den 
Marict  bracliten.  Die  von  den  indiem  durch  Verznpfen  der  Kokons  und  Ver- 
spinnen angefertigten  Gespinste  and  Gewebe  trugen  den  Namen  „bombycinas'*, 
;iofi.^vx.ia,  und  mrden  in  maonigfalt^eter  Weise  verwendet^.  Wie  die 
assyristthen  und  namentlich  koiaehen  Bombykien,  so  seiehneten  ridi  die  in- 
dtechen  durch  eine  besondere  Leichtigkeit  ihrer  Textur  a  is,  welche  beinahe 
an  Dtirclisicliti^keit  p^renzte").  Ein  derartijfes  Gewebe  indischer  Herkunft 
scheint  meiner  übrigens  mit  allem  Vorbehalt  vertretenen  Ansicht  vorzuliegen 
in  dem  einer  ägyptischen  Grabstätte  entnommenen  durchsichtigen  Bjssus- 
gewebe  mit  rdzend  atylisierten  PflansenmotiTen,  Bosetten  nnd  Vogelchen^), 
über  dessen  textile  Beschaffenheit  bis  jetzt  noch  nichts  näheres  bekannt  ist. 
Die  urspraugliche  indische  Ornamentik  war  von  durchaus  selKständigem  ori- 
ginellen Gepräge  und  ebenso  scliwungvoll  uiul  reichhaitig,  wie  die  weiter 
unten  besprochene  assyrische,  mit  welcher  sie  wenigstens  in  der  textileu 
Industrie  der  Bombjkien  viel  gemeinnmea  besass.  Erat  nachtrigUch  «nrde 
sie  durch  die  formell  konventionelle  nnd  lebenakae  Kunstireaae  der  Ägypter 
und  die  verzerrt  phantastische  Ornamentik  der  Chinesen  entstellt. 

Alles  Gesagte  zusammenfassend,  kommt  man  zii  dem  Ergebnis,  dass 
eine  regelmässige  Seidengewinnnng  verbunden  mit  Seidenbau,  im  Altertum 
weder  in  Indien  noch  in  den  benachbarten  Ländern  bestanden  hat,  und  dass 
die  echte  Manlbeeraetde,  wenn  man  darunter  den  abgehaspelten  Faden  Tecatehen 
will,  vor  dem  IIL  Jh.  v.  Chr.,  also  bis  zur  Zeit,  wo  die  Beziehungen  Chinas  zu 
Indien  begannen,  wederdaselhst  noch  im  übrigen  westlichen  Asien  bekannt  w^ar-''). 

Wie  den  Indiern,  so  ist  auch  den  Persern  die  echte  tfeide  niclit  eher 
bekannt  geworden,  als  bis  sie  dieselbe  von  den  Chinesen  erhallen  haben. 
Zwar  giebt  uns  Dtehter  Firdnsi  im  Buohe  dar  Könige  (Schach-Nam^)  dne 
Sehilderang  der  Seidengewebe,  die  von  Dsehemsehid  (30 — 23.  Jahrhundert 
vor  Chr.)  angefertigt  sein  sollten;  es  lässt  sich  aber  leicht  nachweisen,  dass 
dies  nur  auf  der  phantastischen  Einbildung  des  im  X.  Jahrb.  nach  Chr. 
lebenden  Dichters  beruht,  der  mit  dieser  prunkvollen  Schilderung  seinen  Oe« 
bieter,  Schach  Mahmud,  zu  erfreuen  iMffte*).   Aus  vielen  Gründen  mns» 


*)  d'Herbelot,  KbUoth^ue  Orientale. 

*J  Ariitot.  Hiet.  animal.  lib.  V.  cap.  19. 

Adam,  The  Roman  Antiquitya,  üben.  v.  Meeyer.  ErUngen  DBOti.  Bd.  II. S.  179. 
*)  Karabacek,  Xatalof  der  Theodor  Orafteben  Funde  in  Ägypten.  Wien  1883. 

")  Parisct,  L'bistojre  de  hi  *oI*".  I,  62.  ■ 
*)  Martin,  Le«  civilisaüons  primitive«  en  Orient.   S.  333. 


Digitized  by  Google 


12  Seide  der  übrigen  Vöiktt  det  Altertuma. 

man  ebenfalls  auf  die  Oberlieferangen  griechischer  Gescbichbchreiber  ver- 
zichten, wenu  njan  geuau  verbürgte  Augabeii  über  die  Seidengewebe  Mittel- 
asiens zu  gewinnen  ?^ncht.  Die  von  Herodot  vielfach  erwälinten  „medischon 
Gewäuder'^  und  die  Bezeichnung  „sericum'%  worunter  man  beide  hat  ver> 
•tehen  wdlen,  bestanden  rielmehr  ans  pflanslicben  Gespinstfaseni*);  flbri- 
gena  maobt  Herodot  über  die  Natnr  und  Beschaffenbeit  der  Geirebe  keioer- 
lei  Mittciluugcn  und  beschäftigt  »ich  ausschliesslich  mit  deren  äusserer 
Form').  Das  hebräische  Wort  „serikojs".  tias  unwjllknrHch  an  <H"  rliine- 
sische  Bezeichnung  der  Seide  erinnert,  und  einer  äg.vptisdiea  W  eljvrkrtst© 
beigelegt  war,  wird  wohl  mehr  die  Operationen  des  Kämmens  („ma-serik^*  s 
Kamm)  oder  Hecbelus  bedenten,  oder,  wie  Andere  haben  wollen,  ober  auf 
baute  Leinwand  and  überhaupt  auf  sehr  feines  LeittMl,  als  auf  die  Seidenfaser 
zuriick/u führen  sein'),  obwohl  u.  A.  auch  Fnllcr*)  die  Beclentnnsj  des  Wortes 
mit  dem  uraliischen  „al  serik"  =  Seide  ideutifiziert.  Der  (ie.schichtschreil>er 
Procop  legt  den  medischen  Gewändern  mit  Bestimmtheit  den  isameu  „Seiden* 
Stoffe**  bei'^J.  Salmasins  stimmt  damit  fiberein,  indem  er  sagt,  dass  die  Perser 
ihre  Seide  aas  Indien  belogen  haben*),  ülan  ist  indessen  über  di«e  An- 
gaben noch  nicht  im  klaren  nnd  dflrfle  es  schwer  fallen  ihre  Richtigkeit 
20  prüfen,  obwohl  ps  andererseits  wieder  Tiiö;^licli  und  so^ar  wabrsclieinlich 
ist,  dass  darunter  die  aus  wilden  »"beiden  hergestellten  Bombykiagewebe  zu 
verstehen  sind. 

Forschen  wir  nan  nach  dem  Vorkommen  der  Seide  bei  den  Sbr^n 
Kultnrrölkem  des  abend lämlisclien  Asiens,  so  lässt  sich  leicht  beweisen, 
dass  auch  hier  weder  der  R(tli.stoff.  nocli  die  Seidengew  ehe  bekannt  waren. 
Es  würde  zu  weit  füiiren,  wenn  wir  alle  Unlersucliungen  nuf  diesem 
Gebiete  wiedergeben  würden;  kurz  gefasst:  es  wurde  ieätge.<<itellt,  dass 
alle  im  alten  Ägypten  und  Babjlon  gebfftnchliehen  Gewebe  lediglich  aus 
Baumwolle  und  Leinen  bestanden').  Übrigens  sollen  die  beiden  leicteren 
Gespinstfasern  in  so  vollkommener  Weise  zubereitet  gewesen  sein,  das$  sie 
im  äusseren  der  Seide  wenig  nachstanden").  Es  ist  auch  nicht  wahrschein- 
lich, dass  das  in  der  Bibel  zitierte  mosaische  Wort  „schesch'' welches 
Lttther  ndt  Seide  fibersetit,  «twaa  anderes  ata  nnr  ein  feines  LeinmgswdM 
beaeiehnet,  denn  schon  bebrftiwhe  Propheten '**)  unterscheiden  zwischen  soh esoh 
(Leinen,  Bjssns)  und  mesehi  (Seide).   Unter  der  letzteren  wird  wohl  die 


')  Forster,  Liber  Kingularis  de  bjsco  antiquorum.   London  1776.   S.  28. 
>)  H«rodot,  lib.  VI,  VIL  Xeiioi>lM»,  Cjrap.  üb.  VIII. 

«)  I.-ai;ih,  XIX,  C.  9. 

*;  Miscellanca  meta,  II.  c  U. 

De  bello  penrieo.  lib.  I.  De  bello  vandat.  lib.  II. 
«)  In  Tertullium  libruin  Dt-  i-allio  Nota.-.    Puiis  1622.    S.  195. 
Herodot,  lib.  II,  cap.  Üü,  Rouelle,  Mtim.  de  i'Acad.  d«s  aciencea  1750.  JTorater, 
De  b7«M>  antiq.  8s  8.  71.  Wiemer.  Robttoffe  des  Pflansenrsiekei  8.  850. 
")  Pliiuub^,  Wist.  nal.  Hb.  XIX.  Herad.  lib.  III.  cap.  47. 
»i  Exodus,  Cap.  XXXV. 
*«)  Eseebiel,  XVI.  10. 


Digitized  by  Google 


KoSwhe  und  aityriteb»  Bonbjkia. 


13 


naKjnaoh»  Bombykia  sa  ventehen  sein.  Es  mdge  hier  beiläufig  bemerkt 
werden,  daas  alch  das  Wort  „scbesch'*  ebenso  gut  aaeb  auf  die  Zahl  Sechs 
beziehen  kann,  und  dass  die  in  allen  Geschiclitsquellen  gewöhnlich  citieria 
Stelle  (Cap.  XXVI.)  gerade  die  letztere,  unrichtige  Bedeutung  auffa«>»t. 

ludessen  besass  VVestasien  so  gut  wie  Indien  eine  Textilfaser,  die  der 
eohtra  Seide  «dir  nahe  stand  und  der  nulisehen  Booibylda  analog  war.  Es 
waren  dies  die  assyrischen  wilden  und  hall^ezücbteten  Mattlfaeeiteideiiarten, 
die  in  ähnlicher  Weise,  wie  die  indischen  durch  Verzupfen  der  Kokons, 
Spinnen  und  Weben  verwertet  wtirdeu.  Ausser  «Inr  nssyrischen  kam  anf 
der  Insel  Cos  noch  eine  von  dem  wilden  Seideuiii)4uner,  Bombyx  Utus, 
erzeugte  Bombykia  vor,  weldie  da«  Rohmaterial  der  vielverbreiteten  nud 
berühmten  koisohen  Gewftnder  bildete,  die  Tonnigeweise  mit  Pnrpor  geflirbt, 
xar  ausschliesslichen  Bekleidung  vornehmer  Römerinnen  dienten').  Die  An- 
sicht, dass  auf  der  Insel  Cos  bereits  in  vorchristlicher  Zeit,  und  zwar  seit 
Jahrhunderten  eine  re|.'elniä<si;^e  Ven\'ertnnf:  einheimischer  Seidenraupen 
stattfand,  hat  iu  Pariäet  und  Vulu  würdige  Vertreter  gefunden,  denen 
sieh  indessen  Boek  nnd  Hirtfa*)  mit  aller  Bestimmtheit  entgegenstellen. 
Bock  stimmt  mit  dem  geirrten  Braanius  überein,  der  noh  dafür  ausspricht'), 
dass  auf  Cos  keine  Seidenkultur  betriebeu  worden  ist,  sondern  dass  durch 
syriwhe  Kauflente  Kokons  ans  Indien  gebracht  und  hier  verarbeitet  Avtirden*). 
Ziemlich  unwahrscheinlich  erscheint  die  Annahme,  dass  die  regelmässige 
Kultur  des  koisehen  Bombyx,  wdehe  Aristoteles  uerst  auaföhrlieh  er» 
wibnt  nnd  deren  Alter  bis  In  die  frühesten  Zeiten  reichen  mag,  im 
Mafsc  der  steigenden  Eiufuhr  chinesischer  Prachtgewebe  an  Bedeutung  ab- 
nahm und  nur  bis  zur  Zeit  des  Plinins  betrieben  wurde '1,  denn  die  kui>ehen 
Bombykien  besasscn  nach  der  Aussage  der  Zeitgenossen  frappante  Abulichkeit 
mit  den  chinesischen  »Seidenarten  und  ihr  Aussehen  und  Gebrauch  machten 
noch  eine  geramne  Zeit  hindurch  der  echten  Maolbeerseide  Eonkurrena*). 
Mit  weniger  Bestimmtheit  liis-st  -ieh  über  tlir  vdu  PIi:nii.s  cit ierte  assyrische 
Bombykia  berichten;  aller  Wahrscheinlichkeit  nach  wurde  dieselbe  nicht  aus 
wilden,  sondern  aus  den  durchbi«5senen  Kokons  des  gelbeu,  ungezüchteteu 
Maulbeerspinners  angefertigt  —  eine  Annahme,  die  dadurch  ihre  Bekräf- 
tigung findet,  dans  gerade  in  Assyrien  diese  Beidennisse  ihre  Heimat  bcsass, 
und  «eil  b»eits  von  Plinins  angedeniet  wurde,  dass  die  assyrische  Bomby- 
kia be^leutend  feiner  war,  als  die  koisolie.  Der  Handel  mit  assyrischen 
Bombykiageweben  wurde  schon  im  LV.  Jahrb.  Yor  Chr.  äusserst  'rege 

'i  Mich«le  ßu^a,  Ütille  porpore  e  dello  materie  mtiari«  preno  gli  untichi,  S.  035. 

*)  China  and  the  Roman  Orient,  p.  258. 

')  De  vcjstibiis  sacenlotuui  Heliraoorum,  Hb   I.  cup.  VIII. 

*J  Bock,  Gt^ch.  der  liturgischen  Gt'wan<ler,  I.  cap.  I.  S.  27. 

•|  Tothida,  Entwiekelun«!  dca  .'t^eidcnhanilels  und  der  Seidenindustric  vom  Altcr- 
tom  bi»  zum  Ausgang  de^  MitteUilter«.    lleidelb^^r^  l^^'j.    S.  22. 

*)  Mahudel,  M<5»oire  Sur  l'ori^e  de  la  soie.  (Acad.det  ioacript  et  Belles-Lett» 
res,  Bd.  V.) 


Digitized  by  Google 


Aasytuohfl  Bombjrkia.  HkndtteTerkeht  Cbmta. 


betrieben').    Die  Berichte  über  die  Hentelltuigsweise  und  Onumeiktik  der 

Bombykiagewebe  sind  äusserst  spärlich  uod  beruhen  auf  nicht  immer  ver- 
bürgten Angaben.  Aller  Wahrscheinlichkeit  nach  besitzen  wir  in  den  Samm- 
lungen Ton  Originalgeweben  auch  nicht  ein  einziges  8tück  davon;  es  liegt 
jcdodi  die  Yemnitiii^  mhe,  dus  einige  nieltt  b^timmt  ale  Seide  beseii^ 
neten  Gewebereete  bei  ihren  Rbweichenden  chemischen  und  phynkalitehen 
ISgenachitften  ans  Bombykiafaser  bestehen  können,  da  aocli  ihr  äusseres 
weniger  glanzvoll  ist.  Die  Ornanientik  der  Bombyoinas  war  allem  An- 
schein nach  der  assyrisch -persischen  resp.  der  !ig;yj)ti.sclien  Stilrichtnng 
augepasst  und  dürfte  mit  Vorliebe,  wenn  nicht  beiuaiie  auäscbliessiich,  die 
dtireh  Religion  geheiligten  Pflanxen,  Thiere  und  geometriiehen  MotiTe  ge- 
wählt haben.  Die  asByrieehe  Ornamentik,  deren  Glaniperiode  in  dae  Tl. 
l)is  VII.  Jahrhundert  vor  Chr.  fiel  und  bekanntlich  grosse  Prachtliebe  ver- 
riet, äusserte  sich  weniger  in  der  geläuterten  Form  des  Omaments,  als 
in  der  Anwendung  reichen  Farbenscbinucks,  in  der  Verwendung  von  Öternen, 
Kreiaen,  Linien,  Zidnacks  n.  9.  w.  verbimden  mit  dm  Tier-  nnd  Pflamen- 
lekihe  cDtliebeaen  Fignren.  Die  etwas  matte  Bfleehaffenheit  der  Bombykiap 
gewebe  eignete  sich  zur  farbenreichen  Ans-schmüclvung  ganz  besonders  und 
!*rr\r!itp  infolge  der  besonderen  Feirilu  if  der  Textur  Effekte  zustande,  deren 
bchüuheit  uns  iu  deu  überschweuglicheu  Auiädrücken  indischer  und  griechi- 
eebw  Dichter  geschildert  wird.  Im  speriellen  weisen  einzelne  Motive,  wie 
die  hinfig  geBcbilderten  Palmetten-  nnd  Vointenformen,  anf  die  grosse  N«- 
gung  für  lebensvolle  schwellende  Dekoration,  im  Gegensatz  zur  strengen  Ge- 
bundenheit anderer  gleiclizeitiger  Ornaraentwci.<?en.  lieispielswei.se  der  Ägyp- 
ter, und  der  gezerrten,  schwunglosen  Musterung  der  Chinesen.  Die  in  Rede 
stehenden  Stoffarteu  kommen  als  ostasiatische  Bastgewebe  in  neuerer  Zeit 
wieder  «i  Ehren,  nnd  es  wire  intoessant  nnd  von  praktischem  Wert«  sie 
mit  den  originellen  Bssyrisob-penisehen  Ornamenten  wumstatten. 

• 

Der  Anfang  des  III.  Jahrhunderts  vor  Chr.  bat  in  China  eine  po* 
Htisehe  Umgestaltung  mit  ^icb  gebracht,  die  auch  für  die  Geschichte  der 

Seide  von  folgenschwerer  Bedeutung  war.  TTntcr  der  gewaltigen  Hand  de> 
Shi-hoang-ti  (249  vor  Chr.),  de?  Uriimler.s  der  Dyna.stie  Thsin,  welcher  nach 
der  Vereinigung  der  sieheu  eiuzelueu  Küuigreiche  das  \V  erk  der  Civilisier\nig 
der  das  damalige  China  umgebenden  wilden  Stämme  begonnen  hat,  fangen 
sowohl  die  innere  Ruhe  und  Ordnung,  wie  auch  der  regelmässige  Handels- 
verkelir  an  Platz  zu  greifen.  Erst  seit  diesem  Zeitpunkte  findet  man  iu 
der  schriftlichen  Hiuterlassenscliaft  der  Chinesen  die  ersten  Andeutungen 
über  fremdländischen  N'erkehr  und  die  Völker  Westiuieus-). 

•)  Menander,  Exccrpt. 
Klaprotb,  Tableaux  bistoriques  de  l'Asie,  S.39.   Kömusat,  Recherche«  Bur 
reittniioii  de  Fempire  cbioois  etc.  (Aead.  des  inacr.  et  BeU.-Lettr.  Bd.  Vin.) 


Digitized  by  Google 


Indotkjtheo.  Seid«  in  £aropa. 


15 


Etwa  ein  Jahrhundert  später  wurde  ein  den  C'hiaMeil  verwandter  Volks- 
stamni,  der  Skythische  (Yuetscliii,  durch  die  Hunnen  ans  i?Lnnou  Wohn- 
sitzen verdranrft  (165  v.  Chr.).  Nachdem  dersoHte  noch  durch  dit^  Hordoti 
der  Oufiun  weiter  gegen  Westen  verschoben  wordeu  war  und  Länder  in  Be- 
at* nafam,  die  dea  Nuaeti  Baetria  fährten,  gründete  w  an  den  Ufern  dee 
Indus  ein  neoee,  Ton  den  Grieeben  und  Römern  indoskythiech  benanntee 
Reich  in  unmittelbarer  Nähe  der  Perser^).  Dieses  von  den  Hunnen  stets 
bedrohte  Volk  war  bestrebt  mit  Cliiim  gute  Beziehungen  aufrecht  er- 
halten, wodurch  auch  die  Erzeugnisse  der  Chinesen,  namentlich  die  Seide, 
aam  eratenmal  in  Mittelasien  bekannt  and  alsdann  durch  Vermitteinng  der 
parihasohen  Eanflente  naeb  Europa  gebracht  wnrden. 

Um  dieselbe  Zeit  (Ende  des  II.  Jahrh.  vor  Chr.)  begannen  die  Be- 
ziehungen Chinas  mit  Kotban*),  die  für  die  weitere  Verbreitung  der  Seiden- 
zticht  vrm  der  grössten  Bedeutung  zu  werden  bestimmt  waren,  und  gleicli- 
zeiug  ward  der  Handelsverkehr  mit  Indien  angeknüpft 

Ober  die  Zeit,  wann  die  ersten  Seidenstoffe  nach  Europa  gebnMsbt 
worden  sind  (denn  nur  in  Form  von  Geweben  gelangte  anfänglich  chinesiadie 
Seide  nach  dem  Äbendlande),  lässt  sich  nichts  Bestimmtes  behaupten.  Zwar 
berichtet  nns  Salmasius,  dass  schon  znr  Zeit  Alexanders  des  Grossen 
unter  der  Kriegsbeute  persischer  Feldzüge  sich  Seidenzeuge  befanden,  jedoch 
nieht,  weloher  Art  dieselben  waren.  Anllsslich  des  AlezanderxngaB  nach 
Csntralaaien  b5ren  wir  nSmlieh,  das»  einer  seiner  Feldherren,  Kearehos 
(IV.  Jahrlmudert  vor  Clir.),  die  „serischen'*  Seidenstoffe  erwähnt,  welche 
von  Indien  und  zwar  aus  dessen  nördlichen  Gegenden  kommen.').  Aus 
dieser  Thatsache  auf  ein  Bestehen  seiden{2;ewerbHclier  Thütifj:keit  in  Noi-d- 
indieu  und  Ceutnilasieu  schliessen  zu  wolku,  wobei  uatürlieh  die  echten 
Seidengewebe  gemeint  sind,  wire  xn  gewagt,  da  soldie  Stoffe  wohl 
auch  als  durch  Barbaren  in  chinesischen  Grentprovinzen  eroberte  Kriegs^ 
beute  nacii  Indien  <;elangen  konnten.  Nach  den  Angaben  von  Aristo- 
teles resp.  Flinius  sollten  chinesische  SeideJigcwebe  in  der  ersten  Zeit  ihres 
Auftauchcus  wieder  aufgetrennt,  die  Faden  m  einzelne  Fädcheu  gespalten 
nnd  die  letiteren  an  umfangreicheren,  feineren,  beinahe  dnrebnehtigen  Ge- 
weben verwoben  worden  sein.  Zieht  man  die  Seltenhmt  nnd  den  damaligen 
enormen  Preis  der  echten  Seide  in  Betracht,  so  kann  msn  dieser  Oberliefe- 
rung eine  gewisse  Wahrsclieinlichkeit  nicht  absprechen.  Mit  voller  Sicherheit 
li^t  steh  der  Gebrauch  chinesischer  SeideustoiTe  in  lium  aus  den  Angaben 
von  Tacitns  fiBststcUen,  der  ansfnhrlich  den  hohen  Luxus  schildert,  welcher 
mit  den  als  Kri^hente  nach  Rom  gelangten  Sddengeweben  getrieben  wurde*). 
Die  Bemnstemng  chinesischer  Seidengewebe  bestand  in  einer  zügellosen  Phan- 


*)  KUproth.  a.  a.  0.  8.  182. 

•)  Aliei  R.'iii  ;i -<i  i ,  Ili-t.jire  du  Khofan. 
•|  v.  Uicbthofen,  China,  I,  .S  44 
*)  Tacit.  ÄDoal.  lib.  II,  cap.  33. 


Digitized  by  Google 


16 


Seide  in  Rom. 


tftrie  and  ohne  zu  grosse  Geschicklichkeit  in  der  Eriiudung  und  Ausfuh- 
nin^  f.tiH<(ierter  Motive.  Eine  höhere  Veredeluug  und  künstlerisclie  Dorch- 
lühraug  der  in  dtT  Aussen  weit  vorhandenen  oninmentalen  Vorbilder  zu  er- 
reicbeu,  dazu  war  die  chinesische  Oruaiiientik  uieiuals  befähigt,  und  auch  ihre 
modernen  knustgewerblichen  LeiRtuugen  zeigen  bekuintlieb  nnr  einen  ge- 
ringen Fortschritt  in  dieser  Richtung.  In  ihrer  erstftrrten  Form  Temoehte 
sie  daher  weder  den  »lich  regenden  Geist  der  abendländischen  Kulturwelt 
zn  haunen,  noch  die  sich  Bahn  brechende  Musterung  zu  beeinflussen.  Diese 
Erwägung  giebt  eine  Aufklärung  darüber,  warum  trotz  der  Oberflutong 
mit  ehineriaehen  Vorbildern  die  abendlindiedie  Ornamentik  eelbetalindige 
Wege  betreten  konnte. 

Bei  ihrem  Anftnuehen  in  Rom  riefen  die  prächtigen,  glanzstrotzenden 
Seideugewel)e  unfjemeines  Aufsehen  hervor  und  wurden  eine  Zeit  lang 
ausschliesslich  zu  den  Prachtgewändern  verwendet.  Der  Kiiiser  Helioga- 
bal  erscheint  bei  seiner  Thronbesteigung  im  J.  217  auch  Chr.  als  8uuuen- 
priester  in  prächtigem  Porpnnnantel.  Sfriiter,  als  der  fiberhandnehmende 
Luxus  anfing  ge^hrlich  zu  werden,  erachtete  man  das  Tragen  der  Beide 
als  Verweichlichung  und  verbot  den  Männern  deren  übermässigen  Gebrauch. 
Dem  schwelgerischen  Caligula,  der  sich  ausschliesslich  in  Seide  kleidete, 
wurde  der  S(>ottoame  „der  Seideue'',  sericatus,  beigelegt.  Nach  und  nach 
griff  der  allgemeine  Lnxns,  und  im  speziellen  mit  den  koetbarsien  Seiden- 
stolfen in  solcher  Weise  nm  eioh,  dass  der  Senat  aieh  Teraulasst  sah  Verbote 
SU  erlassen;  den  Männern  wurde  der  Gebrauch  der  Seidenzenge  ganc  uater^ 
«Igt  und  Tacitns  k  unite  nicht  oft  geniii?  wiederluilen:  ..ne  vestis  serica 
viros  foedaret*'.  Die  strengsten  Erlässe  vermochleu  aber  dein  fortwährend 
steigenden  Konsum  der  Seide  keinen  Einhalt  mehr  zu  thun.  Schon  in 
der  ersten  Hälfte  des  I.  Jahrhunderts  ISset  meh  der  grosse  Laxus  und 
der  Oberlluss  an  kostbaren  Seidengewebeu  aus  den  übcrschwänglichen 
8ehilderuTipen  di  r  lü  liunons-  mal  Nationalgebräuche  ersehen^).  Neben  der 
originell  rhiuesischen  Seide  liudei  die  nssyn'scho  Bonibvkia  ausgedeluite  Ver- 
wendung-j.  Wie  die  Lebenden  so  öchmückte  die  römische  Üppigkeit  anch 
die  Toten  nud  setste  «te,  wenigstens  bei  den  hShereu  Volksklassm,  in  prieh- 
tige  Bestattnngsgewänder  (Foneralstoffe)  eingehüllt  \m.  Man  ward  da- 
durch gezwungen  gegen  die  Leichenschänder,  für  die  das  Ausgraben  der  im 
Preise  dem  Golde  gleiclikouHuenden  Seidenzenpe  zn  riiKiu  ausserordentlich 
lohueudeu  Geschäft  geworden,  mit  strengen  Gesetzen  vorzugehen').  Bekannt- 
lieh bestand  diese  Sitte  anefa  bei  den  alten  Kopten  «nt  den  frubeeten  SSeiten, 
und  die  zahlreichen  Orftberfnnde  n.  A.  in  Koptua  (Obeiigjpten)  förderten 
anch  eine  gewisse  Anzahl  von  seidenen  Leichentüchern  zu  Tage,  anscheinend 
persischer  Herkunft  (IV. — V.  Jahrb.)*).  Wir  werden  später  auf  diese  Funde 

^  Dio  Ca»a.  Hb.  XIX. 

*)  Plinius,  Hist.  nat.  'Ib,  VI,  XI, 

*J  Lex  salica,  tit.  17.   Lex  Wi^ügoth,  lib.  XI.  tit.  2. 

*)  Bock,  Katalog  frfUichnstlieher  Textilfunde  de«  Jahres  1886.  S.  73. 


Digitized  by  Google 


UnpruBgiteir"'*  Seide. 


17 


ausführlicher  zunickkomiiieii.  Trotz  des  steigenden  V  erbrauchs  behalten  die 
SeMoBtextili«!  za  gewuMn  Zritperiodeii  derart  unersehwiugliche  Pr«M^  dan 
es  iiielit  befremdet,  wenn  selbst  Kaiser  Anrelianns  s^ner  Gemahlin,  die  ibn 

um  einige  Seidenmäutel  bittet,  die  Antwort  giebt,  er  sei  weit  entfernt  davon, 
die  Seide  mit  Gold  aiifznwipgpn  falwit  ut  auro  fila  pensentur)  und  auch  Vopis- 
cus  sagt  lil^ra  auri  tunc,  libra  serici  fuit".  Niicb  einer  Ausrechnung 
Pariset's  stellte  sich  ein  Kilogramm  Purpurseide  zu  jeuer  Zeit  auf  5107 
Fres.^)  Übrigens  waren  die  Seidenpreise  in  Rom  stets  sebon  deswegen 
grossen  Sehwankungen  unterworfen,  weil  China,  nanieaÜieh  seit  dem  Schluss 
des  zweiten  .laln-huiKlt^rts,  als  die  Macht  der  Hun's  ihrem  Ende  nahtt*.  mit 
kurzen  ruterlirechungen  bis  zur  Gründung  der  ordnungsscbatienden  Dymistit; 
Tang  (Anfang  des  VII.  Jahrb.)  zum  Schauplatz  inuerpolitiscber  Wirreu 
wnrde,  die  den  regelmässigen  HandelsTerkehr  störend  beeinflossien. 

Brst  naeh  der  Anknfipfimg  des  direkten  Verkehr«  mit  China  nnken 
die  Preise  allmählich,  und  im  IV.  Jahrh.  giebt  es  keine  Völkerkla-sse  mehr 
in  Rom.  die  sich  den  Lvixus  seidener  Ge^rilmler  nicht  erhuibt.  hätte"'). 

Kelireu  wir  zu  den  Aufängeu  des  Vorkoujiueiis  von  beide  im  Abend- 
iaude  zurück,  &o  erscheint  es  von  Interesse,  nachzuforschen,  welche  Begriffe 
die  enropiisehen  Vftlker  sieh  von  deren  Ursprung  und  ihrer  Herknnfb  ge- 
bildet haben  könnten. 

Im  dritten  Buche  spricht  Tlerodot  l)eziii^h'ch  der  Bombykia  von  der 
Wolle  eines  wilden  Baume-*  in  Indien,  rheuphrust  hält  die  Seide  für  das 
Erzeugnis  einer  Pflanze;  ebenso  hat  .sich  vermutlich  auch  Servius  geirrt, 
wenn  er  bei  einem  Vers  des  Virgil*)  die  Seide  nut  der  Wolle  Terweebseln 
läask  Strabo^)  glaubte  die  Abstamnmng  der  Seide  von  der  roten  Binde 
eines  Baumes  ableiten  zu  können;  Aristoteles*)  giebt  zuerst  die  Beschrei- 
bung eines  Insektes,  das  mit  dem  Btnnliv-T  einigernrnfsen  übereinstimmt  und 
sich  auf  die  nahe  verwandte  Öpecies  des  koischen  Sieidenspinners  I)e7,ie)it; 
vierhundert  Jahre  später  wiederholt  Plinins')  dieselbeu  Angaben:  „...anf 
der  Insel  Cos  werden  die  vom  Regm  abgeschlagenen  Bifiten  der  Cypiesse, 
Terebinthe  und  anderer  Oewichse  beseelt  und  so  in  Seidenwurmer  ver- 
wandelt." Die  Beschreibung,  welche  einige  Jahre  später  von  Pausanias 
geliefert  wurde,  ist  in  einigen  Stücken  verschieden:  Clemens  von  Alexan- 
diien^),  i'ollux*),  Servius'')  und  Tertullian '^j  scheinen  über  die  Ver- 
wandlungen der  Seidenraupe  besser  unterrichtet  gewesen  m  sein,  als  Pan- 

')  L'histoire  de  la  toie,  I.  142. 

^  Nmsians,  De  leboi  niU  fiannina.  Part«  16S0.  II.  82. 
^)  Georg.  B.  II.  «VeUeraque  ut  folüs  depectent  tenw  a  Serii*. 
*)  Strab.  üb.  X7. 
•)  HM.  AninaT.  e.  18  v.  217. 

'}  Bd.  XL  cap.  22. 

*j  Clem.  Alex.  Faedagog.  Ub.  II.  cap.  10. 

■)  OnonniliooB,  Ub.  VÜ.  17. 

")  Tertull,  De  vt-stiLas  feminarom. 

Comment  Virg.  Georg,  lib.  II. 
Sllbanaftaa,  m*  SiMt.  2 


Dlgitized  by  Google 


18 


Begriffe  fiber  8dd«. 


atsan;  nntenlessen  sprechen  Heia,  Senek»,  Silins  Italikus,  PHnias 
aelWt  Solinns  sein  Kopist,  Arrian,  Ammianns  Mareellinas,  Virgil 

und  gar  Claudius  im  vierten  Jahrhundert  u.  Chr.  immer  noch  Ton  sehr 
feinem  WollgewUclis,  das  :uif  den  Biiumblättern  herrorkorame  mid  das  man 
mit  Wasser  aiifeuchie,  uiu  e«  los  zu  wickelu.  AcliiUe»  Tatiauus  ist  der 
Kiu/.ige,  der  eiue  übrigens  ziemlich  originelle  Vorstellung  von  der  auiraali» 
sehen  Herkunft  der  Seide  geftuefe  hat;  sie  sei,  nach  seiner  Aussage,  da 
feiner  Flaum,  den  die  Vögel  auf  den  Blattern  aurückliasen  und  den  die 
Iiiderinnen  sehr  sorgßltig  sanjine!u.  Im  grossen  nnd  ganzen  galt  somit 
die  Seid»:  fino  «rt-rHUtne  Zeitlaug  hindurch  als  ein  baumwollartiges  Gewächs: 
die  danu  autgetaucbten  dunklen  Nachrichieu  über  die  an  Maulbeerbäumen 
hangenden  Koktnis  bekrSftigtcn  die  Annahme,  daes  die  letateren  fBr  Frftchte 
gehalten  worden.  Man  darf  auch  nicht  ausser  Acht  laven,  dass  sowohl  die 
Chinesen,  wie  die  handelvermittelnden  Völker  es  absichtlich  nicht  unter- 
lassen hatten,  derartigp  Fal>eln  und  falsche  Narhrichtpn  "iher  die  Her- 
kunft der  Seide  zu  verbreiten,  um  das  Geheimnis  der  iiaupeuzucht  m 
wahren.  FolgeudermaCseu  berichtet  Amuianoa  (214  n.  Chr.)  über  die  Seiden- 
gewinnung bei  den  Chinesen:  „...unter  den  Bftnai«i  sitsend,  welche 
Flm^H  der  feinsten  Wollt'  hervorbringen,  die,  nachdem  sie  mit  Wasser 
hesprengt  worden  sind,  abgestreift,  gesponnen  nnd  zu  den  feinsten  Gewehen, 
den  serischen  Gewändern  verarbeitet  werden.'*  Die  Meiiinn;];^,  »Irrs  die  seriscbe 
Seide  von  einem  spinnenden  Insekt  geliefert  werde  uud  durcliaus  animali- 
schen, nicht  pflandichen  Ursprungs  sd,  bDrgert  sich  erst  im  IL  Jahrh.  end- 
giltig  ein.  Die  Homilien  des  hl.  Basileus  enthalten  die  ersten  wahrheits- 
getreuen Angaben  über  den  Seidenwurra.  Einige  vergleichen  die  Tbätigkeit 
der  Manlbeerranpe  mit  der  einer  gewöhnlichen  Spinne').  Der  hl.  Bp-silens 
uud  Job.  Chrysostomua  vergleichen  die  Metamorphosen  der  Seidenraupe,  ihre 
Verwandlang  in  den  Sehmetterling,  mit  der  irdisdien  nnd  der  ew^^en  Wan- 
delung der  Henscheneede.  Einer  der  ersten,  der  die  Seidenraupe  als  an 
wichtiges,  nutzbringendes  Insekt  erkannt  liat.  war  Pausanies  (zweite  Hälfte 
des  II.  Jahrb.),  der  auch  eine  rierolich  umfängliche,  wenngleich  au  Irr- 
tiaiieru  reiche  Beschreibung  der  chinesischen  Seidenkultur  hinterla-ssen  liat*): 
„...es  giebt  bei  den  Sereru  ein  Tierchen,  von  dem  die  Seide  herrührt, 
welches  den  Spinnen  gleicht  nnd  von  den  Serera  emihrt  wird,  indem  sie 
iliiu  passende  Häuser  im  ^Vinter  und  im  Sommer  einrichten.  Seine  Arhett 
offenbart  sich  in  einem  feinen  Ge.^spinst,  welches  e.s  mit  .seinen  Füssen  zu- 
dreht. Mau  zielit  e.s  vier  Jahre  (lies  rÄ^benspericKien  d.  i.  Häutungen)  mit 
Hirsenahrung  gross.  Im  füufteu  —  deuu  man  weiss,  dass  sie  nicht  länger 
leben  —  giebt  man  ihm  grüne  Zweige  zu  fressen;  dies  ist  des  Tieres 
liebste  Nahmng  nnd  ToUgeetopft  damit,  platat  ee  vor  Dicke;  in  dem  abge- 
storbenen Tiere  findet  man  dann  reichlich  FUd^" 


<)  Heliod.  Aethiop.  Hb.  X. 
*j  Aeliae.  IIb.  VI.  26. 


Digitized  by  Google 


Anftngt  dtt8  StiduhuMl«!«. 


19 


Nachdem  wir  nan  die  C^biehte  der  Eiufiibniog  der  Seide  sack  dos 
AbendUuide  atndierl  heben,  wenden  wir  nne  m  einer  pregmfttiaehen  Er^ 

Srterung  der  Wege,  vermittelst  welcher  die  Seideneneiignisse  des  Orieuta 
()f>n  Völkeru  tles  klassischen  Altertum«?  tx\  j^elangen  pflegten,  einer  Be- 
traciitung,  die  im  Gaug  der  Weltgeschichte  jener  Zeit  eine  notwendige 
StüUe  finden  soll. 

Man  wird  kann  fehlgehen,  wenn  man  annimmt,  dan  die  Botnbylden 
Westasiens  schon  in  den  hcmerischen  Zeiten  durch  Phönizier  nach  Enropa 
gebracht  wurden,  denn  assyrische  nnd  indische  EIrzengnisse  bildeten  einen 
der  ältesten  nnd  bpdentendsten  Artikel  des  plionizischen  Handels'). 

Wie  man  mit  Sicherheit  auoehmeu  dar),  daw  chinesische  Seiüenwareu 
notth  hl  randnMlieher  Zeit  nach  Enropa  gebraeht  woiden  lind,  ao  iafc  es 
«nderermtB  ncher,  daas  eie  hierher  durch  Vennittelnng  Indiens  gdaagten. 
Durch  bequeme  Laudstraaian  mit  dem  PartbeneidM  and  dnrch  Indus 
und  Ganges  mit  dem  Meere  verbunden,  sowie  von  sonstigen  natiirlicliPii 
Verhältnissen  begünstigt,  wtrden  die  nordliclien  Gegenden  Indiens  alsbald 
nach  dem  lukrafttreteu  der  Haudeläbeziehuugeu  mit  China  zu  einem  Stapel- 
platx  der  Seidenerzeugnisse.  Jedoeh  war  der  Ibbstab  diceee  Sddenvericehrs 
▼erfa&ltnismässig  nur  gering.  Erst  unter  der  Dynastie  der  Han's  (II.  v.  Ohr. 
— II.  n.  Chr.)  kommt  die  Seideiiproduktion  Chinas  derart  in  Aufschwang, 
dass  sie  nicht  nur  dem  Lnxns  im  Innern  des  Landes  einen  bis  dahin  un- 
erreichten Mafsstab  verleiht,  sondern  zum  Suchen  nach  Absatzgebieten  und 
xnr  Anknfipfui^  neaer  E^ndelsbesiehnngen  mit  den  Y5lkero  Westaaiens 
direkte  Veranlassnng  giebt  Im  Jahre  114  Chr.  ging  die  erste  Handds- 
karawane  von  China  nach  dem  Lande  der  An-si  ab,  eines  Volkes,  unter 
welchem  man  mit  grosser  Wahrscheinlichkeit  die  spater  so  gefälirürhen 
Nachbarn  des  Kömischen  Reiches,  die  Parther,  vermuten  kann.  Der  Han- 
delsverkehr scheint  indessen  in  nichts  weniger  als  gesicherte  Bahnen  ge- 
treten XU  sein«  indem  die  vereinzelten  chinesischen  HandelssSge  nicht  selten 
den  Raubanföllen  anm  Opfer  fielen  nnd  gewiss  auch  solche  verübt  haben. 
Erst  zu  Beginn  unserer  Zeitrechnung  gewinnt  der  Verkehr  der  siegreich 
nach  dem  Wej^ten  Asiens  vorrückenden  Chinesen  mit  den  i^artheru  den 
Charakter  eines  regelrechten  Handels.  Wenige  Jahrzehnte  nach  dem  Ei^ 
scheinen  der  Chinesen  anf  den  östlichen  lUirkten,  nachdem  im  J.  64  t.  Chr. 
das  mit  den  Beichtflmem  des  Orients  so  reich  Tersefaene  Syrien  dnreb  Pom- 
pejus  römische  Provinz  wurde,  ist  es,  dass  bei  den  klassisohen  Schriftstellern 
die  erste  direkte  Kunde  von  einem  Volke  der  ?erer  auftaucht,  über  deren 
Wohnsitze  jedoch  zur  Zeit  noch  fast  vollstaudiges  Dunkel  herrscht.  Laut 
Fiorus  soll  zur  Zeit  Augustus  eine  chinesische  Geaandtsehaft  am  römischen 
Hofe  erschienen  sein,  mit  welcher  ein  Handelsvertrag  abgesehloesen  wnrde; 
doch  darf  man  dem  im  allgemeinen  wenig  glaubwürdigen  Flora»  um  so 


')  Herod.  (  1.    ITT.  1<j7. 
Hüllmaon,  Uandeltgescbicbte  der  Griechen.   94  ff. 

2* 


Digltized  by  Google 


20 


Erfonehnag  der  HsnddattnuMn. 


weniger  tränen,  ab  sowolil  die  Schrifiateller  des  klesstaeben  Altertama,  wie 

aach  später  die  GeaefaichtsBchreiber  des  byzantinischen  Zeitalters  den  Namen 
Serer  irrtümlich  nicht  nur  den  Erzeuffcrn  tlor  Seitie  allein,  sontleni  auch 
den  damit  handelt leibcmlcn  \'i"»lkf'ru  beizulegen  ptiegteu.  Die  ersten  An- 
gaben über  Chinas  Land  uud  Erzeugnisse  findet  mau  bei  den  Griechen  um 
das  Jahr  46  t»  Chr.,  wo  es  als  Serikien,  das  Volk  all  Serer,  Sf^pe;,  citiert 
wird^),  Aasdrücke,  die  dem  cbinesiicbeii  ese  and  koreaaiicbeu  sir,  wahr- 
ecbeinlicher  aber  dem  mandschurischen  sirghc  und  mongolischen  sirket  offen- 
bar nachgebildet  wurden.  Dit  Ilauptartikel  der  Serer,  die  Seide  und  ihre 
Fabrikate,  wurden  dementsprecheud  mit  «rr^p'.xcv  benannt  und  in  dieser  letz- 
teren Form,  als  sericam,  serica  vellera,  gelaugte  die  Benennung  aacb  an  die 
Weströmer. 

Die  Bniebnsgen  der  Parther  zu  den  Chinesen  gestalten  sich  mit  der 
Zeit  rn  einem  rejrelrechten  Handelsverkehr;  für  die  letzteren  sind  die  Perser 
die  V  ertreter  des  müclitigen,  mit  Reichtümern  gesegnettni,  grossen  Römischen 
Reiches,  von  dessen  .Metropole  die  Chinesen  wohl  etwas  Näheres  zu  ertahreu 
g^womdit  haben  niügeu,  wenn  nieht  die  Parther  alte  Krftfte  daran  gesetsi 
hfttten,  die  ausscbUeasliche  Vermittelang  des  gewinnbringenden  Seiden* 
Verkehrs  mit  Europa  in  ihren  Händen  zu  behalten.  Wenn  daher  die  nach 
Asien  vorrnckenden  Römer  schon  im  I.  Jahrb.  v.  Chr.  mit  der  Herkunft  des 
bestechenden  Textils  vertraut  wurden  und  das  Bestreben  zeigten,  mit  China  in 
munittelbaien  Veikehr  an  tretm,  so  ist  ea  mderersaits  begreiflich,  wenn  diese 
Bemfibongen  von  den  Parthem  mit  anermftdliohem  Eifer  Tereitelt  worden. 
Sogar  mit  den  letzteren  sebanen  die  Römer  keinen  unmittelbaren  Verkehr 
gepflegt  /u  haben,  denn  in  misstranischer  Vorsicht  verweigerten  sie  jedem 
Fremden  den  Eintritt  in  ihr  Territorium*).  Aber  schon  im  I.  Jahrb.  n. 
Chr.  trieb  der  Drang  nach  Ruhm  und  Gewinn  zwei  griecbiscbe  Eaufleute, 
nnier  Oberwindnng  vieler  Oeiabren,  die  Erfondboog  der  Verkebnrw^  mit 
China  zu  unternehmen.  Oer  ESne  von  ihnen  ist  Maes  Titianos,  der  «ne 
Schilderung  der  Ilaudelsstras.«;e  von  den  Euphratthälern  bis  Baktrien,  von 
da  n])er  einen  der  CJletscherpässe  des  Jaxartesthales  quer  durch  Centraiasien, 
das  er  bereits  als  Serica  bezeichnete,  bis  iu  daä  eigentliche  China,  entworfen 
bat*).  Bemerkenswert  ist  es,  dass  die  geographiaeben  Namen,  die  Maes 
Teraeichnet,  tailweiae  indiaehen  Klang  haben.  Der  sweite  Kanfmann  ist  der 
nubekannte  Verfasser  de^^  ..Periplas  maria  Erjtbraei*\  der  aneb  nierst  den 
Namen  Chinas  Hauptstadt,  Oiv«».,  nennt,  unter  welchem  Klaproth  das 
heutige  Canton  vermutet^),  und  weiter  berichtet,  ii&äs  viel  Seide,  Game 
and  Gewebe  nach  Bat7gaza  über  Baktrien  zu  Land  geführt  werden.  Wie 
onbadentend  die  Eigebnisaa  dieser  Reisen  in  kommermeller  HinMtht  anch 


>)  Klaproth,  TablMVx  historiqoes  de  VAakp  |».  SA. 

',1  Münte^qu^eu,  E«prit  de-  Ioik,  Ii».  XXL 

*}  T.  Ricbtbofeo,  Cbiaa,  I.  488  ff. 

*)  Uteeire  rar  ka  nttBis  de  la  Chiae  (Jearaal  atiatiqne  1827). 


Digitized  by  Google 


Der  »tumme  Handeiaverkebr. 


21 


aeän  mocbten,  so  bracbten  no  naeh  Europa  die  erstea  verbürgten  Angaben 
%ber  das  «eadementengende  Land.    Das  früher  übliche  ^r.p  wird  dorch  <^'.vix, 

im  lateinijichen  slnes,  ersetzt,  welcher  Wortstamm  chinos'ischen,  nach  rich- 
tigerer Ansicht  Schräders^)  sanskritischen  Ursprungs  sei  und  eine  ^ach- 
bildnng  von  Thsin  =  China  bedeute.  Wenn  Sirabo  und  IMiuius  nur 
nnbeetiminte  B^riffis  über  die  geograpbieebe  Lage  und  ungef&hre  Entfernung 
Chinas  besossen,  so  giebi  nns  Ptoloraüus  im  IL  Jahrb.  schon  weit  genauere 
Auskunft.  Von  den  Sprcrn  selbst  hericlitft  Pliuius*),  dass  sie  p^ross  seien, 
rötliche  Haarfarbe,  lihiue  Autien  und  eine  raulie  Stimme  hätten.  dasa  mau 
fast  iu  Versuchung  kommen  möchte,  zu  bezweifeln,  ob  die  eigentlichen 
Chineeeiit  deren  Äasieres  kaum  dem  geschilderten  gleiebt,  da&  weeUicben 
Handelflvölkem  jemals  zn  Gesicht  gekonnnen  sind.  Schon  Seneka^ 
nimmt  au,  dass  mit  den  Serern  kein  unmittelbarer  Handel  betrieben  wurde; 
auch  wird  von  neueren  Forschern*)  die  Vermutung  ausgesprochen,  dass  die 
Benennung  äeres  andere  ostasiatiache  Völker,  wahrscheinlich  die  Vue-tschi 
oder  Indoekjtheii  betrefEen  dürfte.  Über  die  Anadebuuug  des  Sererlandea  meint 
Hüll  mann*),  daes  es  dnreh  das  tranagangetische  Indien  südlicb,  das  Sstliebe 
Tibet  und  die  kleine  Bucharei  westlich  l)egrenzt  war.  Der  Ort,  wo  der 
Hnndelsverkelir  !^tattfand,  befand  sich  in  der  heutigen  kleinen  Bucharei,  auf 
der  0.>tseite  des  Ivi  ttengebirges  Mus-tag,  etwa  96"  östl.  L.;  hier  waren  Vor- 
kehraugeu  getrotl'eu,  denen  es  anzusehen  ist,  dass  sie  auf  einen  daselbüt  vor 
ach  gegangenen  Vötkerrerkehr  zorOekanftthren  aindt  indem  in  dem  hoben  stei- 
nernen Gebäude,  welches  ganz  verdnaelt  stand,  eines  von  den  nicht  seltenen 
morgenländischen  Karawan-Seiai's  zu  erkennen  ist*).  Der  Verkehr  fand  im 
Gebiete  der  Saker  statt,  die  von  d  Zu*4aramenkiinften  gewis<?e  Abrraln'n  be- 
zogen haben;  der  Ort  war  von  Ciiiua  sieben  Monate  weit  entfernt*),  was 
jedodi  übertrieben  ersoheint.  Die  Art  nnd  Weise,  wie  der  Warenaostanseh 
vor  sieb  ging,  war  die  primitiTste  Form  des  HandelsTerkelirs,  der  sogenannte 
stumme  Handel,  wie  ihn  schon  Herodot')  zwischen  den  Karthagern  und 
den  Ureinwohnern  der  Nordwestkii.-^te  Libyens,  dann  Plinius  und  Pom- 
ponius  Mela  auf  Taprobanis  (Ceylau)  und  im  Sererlaude  jenseits  üet> 
Himalaia,  schlienlicb  in  viel  späterer  Zeit  Abvlfeda  beim  Pelzbandel  der 
sibirtseben  Wilden  mit  den  Bossen gesehildert  baben.  Von  dem  Handel 
der  Serer  wird  berichtet,  dasa  sie  ihre  Waren  anf  Treue  und  Glauben  aus- 


*)  LingviitiMih-hiatotiaehe  Fonohnngen  sar  Haadri«geioli!chte  und  Warsnkond«. 
Jena  1886.  S.  235. 

^  üiat  nat.  VI.  22,  24. 

•)  De  benef.  YIL  9. 

«)  Schräder,  a.  a.  0.  S.  324. 

*)  Hand«l%«achicbt;e  d«r  Gnecheo,  ä.  2U7. 

•J  Ptoloai.  L  lt.  Yl.  IS. 

«)  Ptolom.  I.  2. 

^  Berod.  IV.  196. 

«)  AbalMa,  4ä.  Brnka. 


Digitized  by  Google 


22 


Kfimiadie  (?)  Geaaadtachait  nach  China. 


IcgteD,  nachdem  sie  jeden  Ballen  luit  einem  Zeichen  des  Inhalts  uucl  Wertes 
verschen  hatten;  hierauf  zogen  sie  !^ioh  zurück.  Nnn  traten  die  Einkäufer 
herbei,  beurteilten  die  Forderung  und  die  Ware,  legten  den  dafür  gebotenen 
Gegeuwert  daneben  und  zogen  sich  ihrerseits  zurück.  Waren  die  Serer  mit 
dem  Tausch  einventanden,  so  nahmen  sie  ihn  nnd  liessen  ihre  Ladnagen 
daför  snrflck.  Ale  Obwbleibsel  des  stammen  Handels  ist  der  spraebloee 
Verkehr  mit  Hilfe  von  Fingern  zu  betrachten,  wie  er  nachträglich  auch  bei 
den  Serern  stattfand  und  der  nocli  l(i52  von  dem  Reisenden  Tavergnier 
in  Golcouda  und  vor  200  Jahren  von  Schardeu  um  Ispahan  beobachtet 
wurde.  Die  Kanfleate  hielten  dabei  ihre  rechten  Hände  mit  einem  Gnrt 
verdeckt,  nnter  welchem  dnreh  Anfassen  und  Druck  bestimmter  Finger 
Zahlen«  wie  Tausende,  Hunderte  u.  s.  w.  ausgedrückt  wurden« 

Das  römi?clie  Kaisertum  entwickelte  einen  bis  dsifMii  unerreichten  Sei- 
denluxuis;  das  Hestrebeu,  in  unmittelbaren  Verkehr  mit  China  7.n  treten, 
wird  immer  Unuglicher  uud  nachhaltiger,  und  die  Geldsuiumeu,  die  au  die 
handelsvermittelnden  Parther  nnd  Skythen  gezahlt  werden,  wachsen  zn' 
immer  grösserer  Höbe  heran.  So  wurden  zur  Zeit  Plinius  des  Ältereu 
jährlich  Beträge  von  ca.  50  Millionen  Sesterzien  (10  Millionen  Frcs.)  nach 
Indien  allein,  und  über  100  Millionen  Sesterzien  nach  Indien,  China  und 
Arabien  ver^^usgabt Nach  den  Angaben  des  chinesischen  Geschicht- 
aehreihow  Han-tna-lin  gelangte  im  J.  165  die  erste  rQmisebe  Gesandte 
sehaft  im  Anftrage  des  Kaisers  An-tan  (Marens  Anrelios)  an  den  Hof  von 
Hnanti^).  Nach  einer  langwierigen  nnd  gefthrvoUen  Reise  landeten  die 
kühnen  Seefahrer  in  Kattigara,  welche«»  von  den  neueren  Forschern*)  als 
mit  Kiautschi  (Tonkiu)  identisch  erkannt  worden  ist.  Über  die  Schicksale 
der  Mission  ist  mau  ohne  Nachrichteu  geblieben,  denn  die  römischen  An- 
nalen  schweigen  merkwfirdigerweise  ftber  dieses  wichtige  Ereignis;  es  ist  fast 
sicher,  dass  die  Expedition  nach  Uom  nicht  mehr  zarückgekehit  ist.  Nach 
einer  sehr  plausiblen  Meinung  Ilirths  war  diese  angeblich  kaiserlich  rö- 
mische üesaudtscliaft  nichts  anderes,  al.s  eine  Anzahl  verkleideter  hvr»i*cher 
Kautieute.  Die  damals  ausgebrochene  Epidemie  —  die  schrecklichste,  von  der 
die  Geschichte  des  Altertums  an  beriiditen  weiss,  dnreb  welche  der  mittel- 
asiatttehe  Verkehr  gestü^  worden  ist  — ,  das  Fsblen  jeglidier  Angaben  in  den 
römischen  G^hichtsqnellen  und  die  sonst  bewuluhcitete  Unternehmungslust 
{syrischer  Handelsleute  und  Seefahrer,  laj?pen  diese  Vermutung  thatsächlich 
gerechtfertigt  erscheinen.  Kurze  Zeit  darauf  kommt  der  Seidenliandel  auf  dem 
Seewege  über  Ägypten  nach  dem  Abendlande  uud  gelaugt  zu  grosser  Blüte* 

In  dem  Mafre,  wie  sich  die  Beziehungen  der  Serer  zu  den  handeltrei- 
benden Nationen  zu  immer  umfangreicheren  und  gesicherteren  gestalten, 
gewinnt  auch  der  Seidenhandel  an  Mannigfaltigkeit  und  GWiese.  i^aeh  nnd 


')  Plitiiu.?,  VII.  Ift. 

'J  Geschichtliche  Annaleo  „Ven-hien-tusg". 
•)  V.  Bicbthofen,  China,  I.  503. 


Digitized  by  ÜOOgle 


Die  Stxassflo  des  SeidenhiuMlels. 


23 


nach  werden  niehrfaclu'  ^^'ege  eingeschlagen  und  die  Zahl  der  llaiulels- 
vermittler  nimmt  allmählich  zu  Kurze  Zeit  nach  der  Anknüpfung  des 
(lirt'kten  Verkehrs  mit  China  crlanijte  Indien  oiue  Horainierendc  Stellung 
im  Seidenhaudel,  die  es  hauptsächlich  seiner  geographischeu  Lage  zu  vei- 
danken  hatte;  die  Häfen  Hinnagora  (heate  Almnnaom  an  der  Inda»- 
mündung),  Mnciria  (heute  Maogalore  an  der  Malabarlroste)  und  Barygaxa 
(im  Cambaygolf)  Avaren  eiue  geraume  Zeit  lang  die  wichtigsten  Seidenmijrkte 
für  den  äusseren  Vorkehr.  Mit  dem  AufkdiumiMi  der  regelmässigen  chine- 
sischen Seefttiirt  gewinnt  Taprobams  (Ct'vhui)  an  Bedeutung  und  geniesst 
in  der  Zeitperiode  vum  IV.  bis  VI.  Jahrh.  ununterbrochen  den  Ruhm  des 
wichtigsten  neutralen  Mittelpunktes  för  den  Tanschhuidel  mit  China  nnd 
des  bedentendsteu  Stapelplatz^  für  Seide  Eine  der  ersten  Laudhandela- 
strassen  für  Heide  war  der  Karawanen  weg  durch  die  Thalebene  Sogdinna 
und  Turkestaii  bis  Marakanda  (Samarkand),  wo  sie  von  Partheru  in  Kmr 
pfaug  genommen  uud  weiter  ül>ermittelt  wurde.  Üeu  wichtigsten  Anteil  an 
diesem  Verkehr  hatten  naturgemä»  die  Sogdianer,  wdcbe  ihre  Vertrage 
hanptsKehlieh  in  den  Handelsstidten  am  Nordrand  des  pnaisehen  Erans 
und  in  den  Iläfen  Artaxata,  Kallinieum  imd  Nisibis  abschlössen').  Zu  diesen 
letzteren  gelangte  die  Steide  sowohl  duroli  r.iuulkarawanen,  wie  auf  dem 
Wasserwege  veiaiittels  den  persischen  Golics  uud  Euphratus,  und  zwar  ent- 
weder von  der  indischen  Küste  oder  unmittelbar  von  Ceylon.  Die  Parther 
behaupteten  die  Hanptronte  der  Landkarawanen  über  Pendsehah  nnd  die 
Pässe  Ilindukusch  und  dominierten  ausserdem  über  die  Segelfahrt  des  Eu- 
phratus und  Tigris;  ihre  wichtigsten  Handelsstädte  waren  OboUah  tmd  Kte- 
siphon.  Andere  Hundelsstrassen  sind  in  späterer  Zeit  durch  clni-tliche 
Aethiupier  und  Ci  riechen  von  Abduiis  uud  Uufeu  Klisnta  am  Uoten  Meer 
(jetst  Kolaam  hei  Sues)  aus  nach  Indien  eröffnet  worden;  ihre  Bedentang 
tritt  jedoch  weit  hinter  den  anderen  znrüek.  In  Persiai  war  die  Provinz 
Mesena  mit  ihrer  Hauptstadt  Schiraz  am  Küst«ulande  des  persischen  Golfes 
für  den  Seidenhandel  von  Wichtigkeit;  dureh  ihre  Vermitteln ng  Ivezogen  die 
Römer  während  des  Zeitraums  vom  II.  bis  zum  iV.  Jahrh.  die  Seide  fast 
unmittelbar  von  den  Serern  Im  IV.  Jahrhundert  bemächtigen  sich  die 
siegreiehen  Sassaniden  auch  der  Seefahrt,  nnd  mochte  nnn  die  Seide  anf 
dem  einen  oder  anderen  nach  den  Stapelplätzeu  des  abendländischen 

Seiden  Verkehrs  gelangen,  so  waren  es  stets  die  Parther,  die  sie  zuerst  in 
Empfang  nahmen  und  streng  darüber  wachten,  das?  die  Römer  sie  aus- 
schliesslich nur  durch  ihre  Vermittelung  erhielten.  An  der  Monopolisierung 
nahmen  auch  teilweise  die  Syrer  Teil,  die  mit  dem  westromisehen  Reiche 


')  Oeogr.  graeci  minores,  Ed.  Müller,  1&55. 
^  Oonii.  Indioopl.  Opin.  de  lunndo,  IIb.  XL 
*)  Ammian.  Marcoll.,  14,  3. 

Frocop.  De  bello  perüco.   2,  12. 
*)  Pariiet,  L'histoire  de  1«  mi«,  I.  94. 


Digitized  by  Google 


24 


h^eidensfoffe  und  Seiden.:! -pmuhte. 


rege  Bezieliuugeu  uuterbieliea  uud  die  HandelsvermitteluDg  für  Seideuwaren, 
die  nach  Rom  geführt  werden  sollten,  übernommen  ha)>eu  Die  «<Hsaani- 
dische  Herrschaft  des  Seideuhundels  dauert  mit  kurzen  Unterbrechuugeii 
vom  IV.  bis  iu  das  Yll.  Jalirb.,  wo  das  Abendland  dnrah  den  far  die  Neu- 
geataltuDg  der  westaaiatiscben  Welt  so  bedentnngSTollen  arabischen  Ein- 
brach von  den  gewinnsüchtigen  Rivalen  unabhängig  gemaeht  wurde. 

Anf  Ol  und  ziemlich  weitgehender  Forschungen  i'^t  mau  zu  dem  Er- 
f^plmis  ifekoiunieu.  <l!is.v  alle  Seidcutcxtilien  während  des  bt'inahp  «pch«  .Fahr- 
Luudeiie  iaugeu  Zeitraums  von  ihrer  Einiühruug  nach  dem  Abeudlaude 
bis  zum  IV.  Jabrh.,  im  Handelsverkehr  lediglich  inf  verwobenen,  znm  gr8w- 
teu  Teil  auch  im  entschälten  oder  gefSLrbten  Zustande  vorkamen.  Es  hat 
inrlfssHii  (Ipii  Anschein,  als  ob  schon  seit  dem  II.  Jahrh.,  namentlich  seit 
der  Eröffnung  der  Sceronten,  auch  die  Straiigseide  zum  Handelsartikel  «ge- 
worden sei;  sie  verliess  jedoch  nicht  den  asiatischen  Boden,  sondern  wurde  in 
babylonisobea  uiid  phSniziseben  Webereien,  als  ein  nenw  unsehitdiarei 
Material  mr  Endelang  prächtiger  Effekte  anf  bnntfarbigeu  Decken  and 
^^'andta|)eteu  verwendet.  Kine  Benennung,  mit  welcher  die  Seideugespioste 
der  Alten  gewöhulich  bezeichnet  werden,  ist  [xira^a,  metaxa  oder  mataxa. 
Während  jedoch  mataxa  im  lateinischen  und  auch  den  übrigen  romanischen 
Sprachen  (ital.  matasse,  franz.  mateau)  nur  allgemein  den  Strang,  strähn- 
artig gewundene  Fiden  bedeutet  nnd  in  diesem  Sinne  bereits  vom  Diebtor 
Lncilius  (II.  Jabrh.  t.  Chr.)  erwähnt  wird  so  hat  es  dem  gegenüber  im 
ganzen  Osten  des  römischen  Reiches  direkt  die  T'edentung  Strangseide 
inid  wirtl  auch  in  Justinian?  Pandekten  unter  den  anslündipchen  steuer- 
baren Waren  verzeichnet,  während  es  in  den  römisclien  Anualen  schon  im 
IV.  Jahrh.  erwihnt  wird.  Was  die  Herkunft  des  Wortes  anlangt,  so  soll 
es  sich  nach  Schräder  auf  das  persische  mat-shin  =  Gross-China  be- 
aidieil,  woraus  uiatassht  hervorging;  anderer  Meinung  mck  hängt  seine 
innere  Bedeutung  mit  der  ;ius>:eren  Form  des  Seidenstranges  zusammen,  der 
cv iiuderfürmig  zusammengewunden  war,  eine  Form,  die  noch  heutzutage  in 
den  persischen  Elohseiden  vorzokommeu  pflegt.  In  den  späteren  Angaben 
findet  sich  noch  eine  andere  Beseicbnnng  für  Seidengespinst,  vij|xa  ai)ptxov, 
aus  welcher  dentlich  hervorgeht,  dass  es  am  Zwirugestell  zubereitet  wurde, 
80  da.»?f  von  Einigen  der  Sehlu!<s  gezogen  worden  ist,  mit  [leTO^a  wäre 
lediglich  die  ungezwirnte  Koliseide  ((irege^  bezeichnet  gewesen. 

Fragen  wir  nach  den  Aufaugen  der  Seideuverarbeituug  ausserhalb  der 
Greusen  Chinas*  so  bestand,  wie  wir  sahen,  sowohl  in  Indien,  wie  in 
Syrien  nnd  auf  Cos  einheimische  Seidenweberei  seit  den  allerältesten  Zeiten. 
Von  diesen  nrsprauglicheu  Gewerben  wäre  iu  erster  Linie  das  der  Insel  Cos 
zu  erwähnen,  nicht  weil  es  dem  Umfang  nach  beileuteuder,  als  die  anderen 
war,  souderu  weil  seine  Erzeugnisse  der  echten  Maulbeerseide  am  uächatea 


*)  Zonaras,  Axnial. 

<|  La«.  Satnr.  tdi«.  Ed.  Malier,  8.  16. 


Digitized  by  Google 


Anftage  der  Seid«overarbeitniig.  25 

afonden.   Ober  den  Zeitpankt  winer  Entitehiing  können  nnr  Vennutnngen 

uusgesprocben  werden,  sehr  wahrscheinlich  ist  e.s  jedoch,  dass  6»  dabin  durch 
die  Phönizier  oder  vieltiielir  tlurch  die  Karier  während  der  grossen  Völker- 
wanderung vutn  aramäischen  Hochland  um  die  Jahre  2000 — 1500  v.  Chr. 
rerpflanst  worden  ist.  Ebenso  wäre  es  nicht  unmöglich,  dass  die  als 
einheimisch  erkannte  wilde  VarietKt  Bombyx  (Paehypoea)  Otns  von  dem 
assyrischen  Manlbeerspinner  herstammt.  Laut  Movers')  Stand  die  Fabri- 
kation cliT  BoTiibTkit'ii  auf  der  Insel  Cos  im  Zusammenhang:  mit  dem  da- 
selbst vert'hrteii  phihiizisch-aj^syrisclieti  Herakles,  dem  die  Mythe  ein  aus 
durchsichtiger  Bonibykia  gefertigtes  Kleid  beilegte,  uud  den  sie  sonst  in 
mehrfiieher  Weise  mit  der  Firbnng  der  Oewinder  zneammenbraehte.  Die 
ersten  Neebrichten  aber  die  koisehe  Sridenindostrie  giebt  nn»  Aristoteles, 
dessen  Angaben  von  Plinius  wiederholt  und  yerrollständigt  werden*);  sie 
berichten,  dass  das  Ivi>limaterial  zn  Fäden  aVtr^ewickeU  wurde,  um  zu  feinen 
Geweben  verarbeitet  zu  werden,  in  sprachlicher  Hinsicht  besteht  unter  den 
Gelehrten  noch  insofern  eine  Unricherbeit,  als  mau  nicht  weiss,  ob  das 
besagte  Rohmaterial  Kokons  oder  fertige  serisehe  Gewebe  waren,  die  man 
wieder  in  einselne  Fäden  auftrennte.  Während  Heeren')  und  Yates*) 
sich  iTir  das  Abhaspeln  der  Kokons  erklärt  lialien,  tritt  Semper'*),  der  sich 
dafür  auf  audere  Quellen  stützt*),  für  das  Auftrennen  von  Geweben  ein. 
Muiner  Ansicht  uadi  ist  die  letztere  Auffassung  die  richtigere,  denn  mau 
beutst  keinerlei  Anhaltqnmkte  dafi&r,  dan  das  Verfahren  des  regelrechten 
Kokonhaspeins  vor  dem  VI.  Jahrb.  n.  Chr.  bekannt  wSre.  Vielmehr  geschah 
die  Gewinnung  der  Faser  durch  Verzupfen  der  Kokons  zu  Watte  und  Ver- 
spinnen der  letzteren  am  Spimirade.  Die  koisehcn  8eidenf;toffe,  sogenannte 
Coae  vestes,  waren  von  äusserst  feiner  Textur,  beinahe  durchsichtig,  wa.^ 
hti  den  mttenstrengen  Kritikern  jener  Zeit  nicht  wenig  Anstoss  erregte; 
sehr  oft  worden  sie  mit  Parpar  odinr  Scharlach')  gefb'bt  nnd  mit  Gold, 
durchwirkt').  Ebenso  fein  und  durchscheinend  waren  die  Bombykien  (bom- 
byciuae  vestes),  was  jedoch  nicht  ausseliliesst,  dass  sie  in  anderer  Weise, 
und  zwar  aus  der  einlieimischen  Seidenart,  hergestellt  wurden.  Es  scheint 
nämlich,  dann  die  Bezeichnung  Coa  vestis  sicli  auf  eine  bestimmte  Art 
deijenigen  Gewebe  belogen  hat,  die  ans  dsn  serisehen  Halbseidenatoff»n 
dnrdli  Tnmnnng  der  Seide  von  der  BanmwoUe  nnd  nochmaliges  Verweben 


»)  Phönizier  II.  3.,  S.  266. 

*)  Aristot.  Bist,  aniin.  V.  17.  6. 

Plin.  XI.  26.  76. 
*)  Ideen  Ober  die  Politik  etc.   I.  1.,  8.  III. 
*)  Testr.  antiquoram.   S.  163  tf. 
*)  Der  Stil  in  tecbn.  und  tekt.  Künsten,  L  149. 
*)  Lnoan.  Phart.  X. 
')  Propert   Tl.  1,  5. 
*)  Horat.  Od.  Carm.  IV.  13,  13. 
TibntL  II.  8,  58. 


Digitized  by  Google 


26  Anfänge  der  Seidenverarbeitang. 

der  ersteren  erzeugt  wurden.  Denn  «rqide  dieser  GattongSIMUne  alle  der 
fiisel  Cos  entstamtneuden  .Sciilcnfabrikate  nmfasst  haben,  so  niüssten,  da  das 
Bomlivkieagcwerbe  seit  uralten  Zeiten  betrieben  wurde,  auch  die  Angaben 
über  die  koiscbeu  ätoü'e  viel  älter  sein;  man  hielt  aber  allem  Anschein  nach 
die  koitchen  Bombylaen  für  mgenaiinteii  Byitns,  d.  i  tdir  feines  Ldiien. 
Dimt  Annahme  erklärt  die  Thatsache,  da»  —  bti  mt  die  erwähnte  Notiz 
des  Aristoteles  —  die  koischen  Stoffe  erst  von  römischen  Schriftstellern  des 
I.  J;ihrh.  n.  Chr.,  besonders  v«)n  IMchtern  des  augusteischen  Zeitalters,  er- 
wähnt werden'),  wohl  weil  das  Kohmaterial,  d.  i.  die  serischen  Stoffe,  vor 
die«en  ZtStpankt  nnbekaimt  waren.  Plinins  der  Ältere  iit  dar  ktate,  der 
der  koisdien  StoffiB  gedrakt,  anBeheinend,  iveil  dadnreh,  das»  die  ehi- 
IWlischen  Ge\vebi>  billig;er  und  weniger  selten  wurden,  zu  der  spaisamen, 
ausserdem  aber  sehr  zeitraubenden  Fabrikation^iart  koine  Vpra-il  i^^simg  mehr 
ge^j^eben  wsir;  doch  3:<?igt  der  hohe  Preis,  den  die  koischcn  dewändcr  bis 
£ur  Einführung  der  Stiideukultur  nach  l:]uropa  unter  Justiuian  beibehalten 
haben,  dass  ihre  Erlangung  stets  mit  bedeatosden  Schwierigkmten  verkn&pft 
war.  Die  eigentlichen  ßombykien  wurden  dagegen  nucli  wie  vor  in  grüneren 
Mengen  fabriziert  und  erfreuten  .sich  eines  ausgedehnten  Verbrauchs. 

Der  Anfang  der  Seiden  Verarbeitung  uuf  dein  römischen  Boden  kann  iu 
das  IV.  Jabrh.  verlegt  werden,  nachdem  die  Seideugespinste  den  Römeru 
zugänglich  worden.  Wenn  man  aber  anderen  Angaben  Glauben  schenken 
will,  eo  bestand  bemte  am  die  liBtte  dee  I.  Jahrh.  eine  als  vieos  Tueeoe 
oder  Toeco  serica  bezeiehnete  Ortschaft  in  Rotii,  wo  die  Seidenwirkerei  be- 
tnel>(>n  werden  sollte*),  aller  Wahncheinliclikeit  nach  war  dies  jedoch  eine 
Ansiedelung  der  Seidenhändler. 

Wenngleich  im  Laufe  der  Zeit  sich  die  Anzahl  chinesischer  Ausfohr- 
arUkel  vergrSssert  and  von  den  Rohmaterialien  nieht  nnr  die  entechftlten, 
.sondern  auch  rohe  Seidmige-spinste  in  die  Handhabung  nliendlandiseher  FEr^ 
her  und  Weber  gelangen,  so  bleibt  doch  die  Bezugstiuelle  für  solche  stets  eine 
und  dieselbe:  \r«"it  liinans  in  das. Mittelalter,  als  die  al)endläudischen  Seiden- 
manufakturen bereits  iu  hoher  Blüte  staudeu ,  behauptete  China  das  Monopol 
in  der  Seidenprodnktiou.  Die  Beiiehungen  mit  dem  weit  enttontm  Lande 
sind  aber  anch  nach  der  Einfahrang  des  unmittelbar«!  Yerkehn  nidtt 
wesentlich  vereinfacht  worden  und  der  sonst  infolge  der  langwierigen  und 
gefahrvollen  Reise  unbequeme  Seidenliandel  war  durch  die  damit  verbuiulfn.'u 
Unkosten  nicht  Jedermanns  Sache.  .Stellen  wir  uns  die  (liiniulige  V  er- 
kehrsweise  abendländiscber  Eanflente  vor,  wie  diese  nach  Zurückl«guug  einiger 
tausend  Meilen  bei  tropischer  Hitce  und  nater  Lebensgefahr  durch  die 

'j  .Maniuardt,  Rfim.  PriTiitalterl.    iL  103  tf. 

Propcrt.   L  2,  II.  1. 

O^iJ.  Alt.  amnt    IL  298. 

PerBiu«,  V.  inb. 
>)  Martial.  libu  ZI.  epig.  27.  IL 


Digitized  by  Google 


äaide&kultor  ia  Kbotu.  Luua  im  AbencUande. 


27 


NomadenviSlker  MHtelamena  oder  die  Finileii  eodlieh  moh  dem  Hanptnuirkt, 

Sera  metropolis  *)  (Kna-tflcheu,  aMh  anderer  Meinung  Siu-gau-fu  in  der 
I'rovinz  Sheasi)  gelangen  und  vergef^en wäl  tigen  wir  uns  die  Scliwiorigkeiten 
de->;_ Verkt'lirs  mit  den  nnzngänglichou  Sereru,  so  darf  es  nicht  W'iijuler  nfhineii, 
weuu  die  Kaufleute  für  ihre  Mühe  grüäsereu  (iewiuu  beauspruchteii  und  um 
S^e  anf  den  abendlftndisehen  Märkten  fiberbohe  Preise  erlangte.  Da  die 
Chinesen  jedem  Fremden  das  weitere  Vordringen  in  ihr  geheinmisvoUes  Land 
verweigerten,  so  wird  es  andererseits  erklärlich,  wie  es  China  möglich  war, 
das  gewin ubringendo  Geheimnis  der  regehn3s??igen  ^Seidenraupenzucht  während 
der  vielen  Jahrhunderte  seines  unmittelbaren  Verkehrs  mit  anderen  Kaltar- 
▼51kem  attfe  «fcrengete  bewahren  zn  können. 

Was  indemen  gansen  Generationen  kluger  Eanflente  und  forBchender 
Reisenden  nicht  gelingen  wollte,  ▼ermochie  ein  .schlauer  Mädchenkopf:  China 
den  Vorrang  uuf  immer  zu  entttisscn,  lin  TV.  .Tabrlmnfl«rt  unserpr  Zeit-  ^ 
rechnung  gelaug  nämlich,  deu  regelri'L'htfn  St'idcnljau  mich  dem  un- 
mittelbar an  China  grenzenden,  kleinen  in  Buchara  gelegenen  Fürüteutum 
Kbotan  m  Terpflanaeni  und  ihm  hier  alsbald  «nen  miehügen  Anftchwung 
za  geben.  Zu  dieser  Zeit  wurde  die  Ehe  des  khotanischen  Fürsten  mit 
einer  chinesiitchen  Frin/f.ssiu  gf schlössen,  die  im  geheimen  benachrichtigt 
wurde,  dass  die  Hauptbeschüftigung  chiue^fisebpr  Damen,  die  eintriiirliche 
Öeidenzucht,  iu  ihrer  neuen  Heimat  nicht  ausgeübt  werde.  Um  sich  dennoch 
die  gewohnte  Zenrtrenung  un^  dm  nnbesefaiinkten  Gebntneh  an  SeidenstdEm 
sa  ermdgliehen,  entaohloss.sieh  die  jnnge  Prinieann,  die  Banpeneier  des  Maul- 
beentpinners,  deren  Ausfuhr  aus  China  bei  Tudeestrafe  verboten  war,  in  den 
Blumenkelchen  ihres  Kopfputzes  nach  Khofaii.  einzuschnuiggeln  und  dHst'jK-.t 
den  ensteu  Sitz  ausserchinesischer  Öeidenkultur  zu  gründen-).  Dieses  Er- 
eignis ist  tur  die  Elutwickelung  derselben  von  weitgehendster  Bedeutung 
geworden,  denn  Ton  Khotan  ans  verbreitete  sich  die  Seidenzacht  allmihlich 
über  ganz  Centraiasien  und  von  hier  gelaugte  sie  nach  Europa. 

r>er  Verljrauch  an  Seidengewebeu  wuchs  unterdessen  in  Rom,  Byzanz 
und  Persien  in  allen  Volksklassen  in  lietrachtlichem  Grade,  wie  dies  ans 
den  Schilderungen  zeitgenössischer  Schriftsteller  ^Eude  des  IV.  Jahrh.)  er- 
achtlieh ist*).  Vergebens  haben  die  Pipete  den  übertriebenen  und  verderb- 
lichen Seidenluus<  gebrandmarkt,  doeh  dte  Mahnungen  hatten  nur  eine  eni» 
gegengesetate  Wirkang*  da  jeder  nicht  in  Seide  Gekleidete  als  meneehen- 
sdieuer  M5neh  angesehen  wurde*). 


>)  Plin.  lib.  Vi.  -  Alun.  Marc  )ib.  XXIII. 

4  AU  R€nnflat,  Hwi  de  Ia  vitte  de  Khotan.  8.  34,  S5. 

•)  Amin.  Marc.  lib.  XXII,  XXIII. 
Panegjrieir  Tiwodos.  cap.  IS,  14. 
Naslanc,  De  rebm  aou  canaina,  II. 

Willem  in,  Costumei  des  anciens  peeplca^ 
Lebeau,  Hist.  du  Bat.  £iap.  liv.  26. 
*)  Hieron.  epist.  XIX.  ad  llarcellum. 


Digitlzed  by  Google 


28 


Seide  in  Mittoleuropa.  Seideogewerb«  in  Penien. 


Seit  dieser  Zeit  worden  «ndi  die  Barbare»  des  mittleren  Earopaa  mit 

der  Seide  bekunut. 

Dip  $rro<*sen  N'^ilkerwanderniif^nii  am  Ausijanfi  de«  Altertums,  die  eine 
viel-  uud  inuuuigtache  Beriiiiruug  der  liarbareu  mit  den  Kulturvölkern  Eu- 
ropas nnd  Asiens  su  stände  bnushten,  waren  für  die  Verbreitung  der  Seide 
nnter  den  erateren  Ton  Wiehtigkeit.  Schon  gegen  Mitte  des  IL  Jabrh. 
u.  Chr.  erfolgten  die  Bewegungen  der  deutsdten  Stütnme  gegen  Rom,  dann  die 
d^r  Hunnen  im  IV.  .Jahrb.:  di.'  Wanderungen  der  ki'Uischt-n  Stämme  nach 
den  Douaulündern,  Italien  uud  Kleinasieu  und  weit  aieiir  noch  die  Züge 
der  Cimbern,  Teutonen  und  Goten  vermittelten  die  erste  Bekanntschaft  des 
heidniseliaL  Europas  mit  dem  neuen,  glanzstrotzenden  BeUeidongsmaterial 
Wievvulil  es  soch  nur  um  vereinzelte  Gewänder  handelt,  also  um  einen  Lnzus* 
den  sicli  mir  die  Voiiit'lirnstcn  fjjo^tatteteii,  sn  ^clit  daraus  doch  hervor,  dass  die 
Kenntnis  un.serer  1  uM;r  im  mittleren  iijuropa  ebenso  alt,  wenn  nicht  älter  i-^t, 
als  die  aller  anderen  textileu  Erzeugnisse  derzeitiger  Kulturvölker.  Für  die 
Germanen  mochten  die  prächtigen  Seidenzeuge  zu  den  kostbarsten  Bestand- 
teilen der  Bente  gehftren,  die  sie  im  SOden  maditen.  So  forderte  Alaridi 
im  J.  409  ftlr  seinen  Abzug  von  Rom  ausser  Gold  die  Lieferung  von  4000 
Seidenfjewiindern.  ^lan  lindet  des  öfteren  Anga''^^!!  über  dip  Seidentjewobe 
der  Huuueu,  die  zwar  nur  als  KriegsWnte  mid  (»»clienke  in  ihren  Besitz 
kamen');  doch  gewann  immerhin  der  regelmässige  ^eidenhandel  des  inneren 
hi^dnisdieii  Europa  mit  politiseh  friedlichen  und  efaristlteh  cinltsatorischen 
Völkern  mehr  nnd  mehr  an  Umfang. 

*  * 
« 

Beacbtut  man  die  Rnuton  des  Seidenhandels  und  die  Länder  der  Seiden- 
gewininiiig  und  -Verarbeitung,  so  springt  ebenso  in  frühesten,  wie  in  s)iS- 
teren  Zeiten  die  Tbatsache  ins  Auge,  dass  die  Seidenmanufaktur  stets  den 
Hanpbtrassmi  des  Seidenhandels  gefolgt  ist '  Wie  kmne  andere  Industrie, 
war  und  bleibt  sie  aoeh  hentsutage  auf  das  Rohmaterial  des  fernen  Orients 
angewiesen ;  ihre  GrAndungi  ihr  Bastidien  und  Fort<;chntt  bleiben  zam  gross- 
ten  Teil  von  den  rpgelmli<»sigen  nnd  gesicherten  Handelsverbältnissieu  ab- 
hängig. Aus  diesem  Grunde  ist  die  Entwickelung  dieser  beiden  Kultur- 
zweige,  des  Handels  nnd  der  Verarbeitung,  in  der  Geschichte  der  Seide  eng 
miteinander  Terknflpft  und  steht  diesdbe  mit  diesen,  den  internationalen  Yei^ 
kehr  beeinflassenden  Faktoren,  d.i.  mit  der  allgemeinen  Volker-  und  Kultar- 
geschichte, in  engerem  Zusammenhange,  wie  in  joder  anderen  Industrie. 

Durch  einen  ungewöhnlich  starken  Konsum  begünstigt,  entwickelte  sich 

•)  V.  Wietersheim.  Ge*cliirht«  der  Völkerwanderung,  Leipeig  1899—64. 

Dahn,  Gesch.  der  Völkerwanderung,  Leipsig  1900—81. 
«J  Priflci  HiKtoria  8.  171. 


Digitized  by  Google 


Bjnntimiehe  Mamifftktar. 


29 


•  dM  Biiavercliinesische  8eid«iigewerbe  in  enter  Linie  im  parthiicKen  Reiche 

rar  «eUberfihmten  GhrQcn*).  Die  erste  StStte  dieeer  Inditatrie  war  Pb5nikieii 

und  später  auch  Persien,  ^vo  nlch  die  Weberei  noch  umfangreicher  gestaltete, 
da  das  Rohmaterial  durch  die  anfWnbende  einheimische  Seidenzncht  in 
grosseren  Quantitäten  bescbatl't  werden  konnte.  Im  oströmischen  Reiche 
bestanden  schon  im  IV.  Jabrh,  einige  Seidenwebereien,  die  nach  phönikiscber 
Art  eingerichtet  und  betrieben  wurden;  die  bjiantimsehe  Seidenindustrie 
hatte  dai^egen  von  Anfang  an  mit  Mangel  an  Robmaterial  zu  kämpfen,  weil 
die  handelvermittplnden  Parther  e«f  vorzogen,  die  an  sie  gelangende  Roh- 
seide in  iliien  eigenen  Webereien  vf'i;irheiteu  zu  lassen.  Die  Seidenniann- 
lakturen  Ton  Bjzanz,  sogenannte  Frauenhäoser  (Gynäceen),  wurden  vom 
Staate  bevomniüSet  und  unt«r  Aufsieht  der  Iniswlidien  Schatsrndetw  (co- 
mitee  largitionnm)  geateüt^.  Einer  gut  begrfindeten  Ansicht  Bnchers 
gero'isv  durften  die  Gynäceen  nicht  als  im  modernen  Sinne  eingerichtete  und 
verwHlt«  te  Fabrikanlagen,  sondern  als  oin  vom  Staate  begründeter  Weber- 
verein der  S klares familien  aufzufas.seu  »ein. 

Kaiser  Jnstinian  hatte  die  grosse  Bedeutung  der  Seidanindnsirie 
fftr  Bjians  erkannt  und  sie  dareh  allerlei  Mittd  an  ftrdem  gesucht,  aber 
indem  er  dieselbe  als  Kronmonopol  erklärte,  gab  er  ihrer  Entwickelung 
von  vornherein  eine  en^'bt^sch rankte  Riclitnnt^.  THo  Privatindustrie  hatte 
unter  diesen  Umständen  sowohl  infolge  der  diückeuden  Konkurrenz  bevor- 
zugter staatlicher  Manniaktureu,  aU  auch  uuter  dem  grossen  Steuerdruck 
SU  leiden  und  schritt  nur  langram  voran.  Bereits  in  der  ersten  HSlfte 
des  TL  Jahrhunderts  traten  die  Folgen  ärarischer  Spekulationen  Jus- 
tini ans  herrnr,  die  den  Wohlstand  vieler  Stätten  des  Seidengewerbes  in 
Frage  stellten. 

Infolge  ungeheuerer  Ausgaben  für  Kriegszwecke  und  der  dadurch  her- 
vorgerufenen flnansiellen  Krise  wurde  unier  anderen*  aueh  die  syrtseh- 
phSnihische  Srndenindustrie  mit  so  hohen  Stenern  bekgt,  dass  ihr  Fort- 
bestehen emstlich  in  Frage  gestellt  wurde;  aus  dieser  hoffnungslosen  Lage 

und  dem  sie  bedrrdieuden  Ruin  wurde  sie  aher  dnrcli  den  arabifichen  Ein- 
bruch und  dessen  weitere  Kolgen  gerettet.  Die  Weber  wanderten  aus  den 
blühenden  Sitzen  des  Seidengewerbes,  von  Tyrus  und  Berytus  zu  Tausenden 
nach  Penien  aus*),  wo  zuniehst  keine  Bssehrfüikangen  obwalteten;  spftter 
ahmten  auch  die  sassanidischen  Perserkönige  das  Beispiel  römischer  Cäsaren 
nach  und  suchten  die  Privatindustrie  i]nrrh  ilrarisches  Monopol  stark  einzu- 
schränken. Justiuian  kannte  die  traurige  Lage  byzantinischer  Seiden- 
weberei, aber  er  führte  sie  auf  Schwierigkeiten  in  der  Beschatfuug  der 
Rohseide  snroek  und  sann  bestandig,  aber  vergebens  nach  Abhilfe. 
i  Der  Bedarf  nach  Rohmaterial  iftr  die  bjsantinische  Seidenmannüdctar 


*)  Reinaud.  Meai.  sar  l'Inde  (Aesd.  dts  laNript  et  B«Ua»>L6tirw,  Bd.  XTUL) 

*)  Cod.  Theodor  üb.  .X. 

')  Procop.  Hill.  Aicana,  cap.  XXV. 


Digitized  by  Google 


30 


und  der  fortwihreiid«  Mangel  deeeelben  war  ein«  HftnpforMohe  der  binfigen 

Kri^e,  welche  das  Reich  mit  den  Partheru  zu  führen  genötigt  war.  Die 
V.rsiicbo  Justinians,  die  Seide  darch  Verraittelnng  der  befreundeten 
Äetbiopier,  in  deren  Besitz  sich  die  alten  Handelswege  über  das  rot« 
Meer  befanden,  aas  indischen  Häfen  za  beliehen «  schlagen  grimtenteils 
fehl,  da  die  Parther  als  altgewohnte  Kunden  die  Seidenmirldie  volletindig 
beherrschten.  Der  Hanptzweck,  den  Jnetinian  auf  dem  Gebiete  der 
Seidenpolitik  verfolgte:  die  Eniancipation  vom  persischen  Seidenmonopol, 
konnte  insofern  also  von  ihm  nicbt  erreicht  werden.  Ausserdem  brach  infolge 
der  Kriege  im  Seidenhandel  eine  wirtschaftliche  Krise  aus,  wodurch  die 
wenden  Webereien  wegen  gänsliehen  Uangele  an  Bohmaterial  in  Stillstand 
gerieten  nnd  die  Sndenpreise  nnerachwinglieh  hohe  wurden.  Nach  einer  Um- 
rechnung der  damaligen  Geldwährung  auf  unsere  heutigen  Verhiltnirae 
betrug  der  Preis  eines  Kilogramm  Seide  zur  Zeit  Jnstinians  nicht  weniger 
als  17190  frcs. für  die  purpurfarbige  dürfte  er  das  vierfache  betragen 
haben.  Ihrer  Kostbarkeit  wegen  wnrde  die  Seide  daher  jetst  selten  allein, 
sondern  mit  wohlfieileren  Teztilfasem  Terwoben,  so  dass  in  den  Urkunden 
jener  Zutperiode  die  reinseidenen  „hotoserica**  beinahe  gar  kerne  Erwihnnng 
finden. 

Unter  solchtMi  Umstündfii  wird  es  leicht  erkliirlioh.  mit  welcher  Be- 
geisterung Justinian  deu  Vorschlag  zweier  Perser  eutgegeuuimmt,  die  ihm 
den  kShnen  Plan  ent&lten«  die  Seidenkaltnr  naeh  Bytan«  einsufAhren  nnd 
das  letstere  dadurch  hinsichtlich  der  Rohseide  nicht  nur  von  Parthem, 
Fondern  auch  von  China  selbst  unabhängig  zu  raachen  *).  Diese  beiden  Perser, 
angeblich  Mönche  vom  Orden  des  hl.  Basileus,  die  dnrcli  ihre  mis^sionären 
Reisen  in  Ostasien  mit  der  Seideozucbt  bekannt  geworden  waren,  kannten 
die  nnttnesdiehen  Vtnieile  einw  Yer|daninng  dar  Seidoikaltnr  nach 
Europa  nnd,  nadidem  rie  dem  Kaiser  die  An&ueht  des  Sddeospinnen  ans 
den  Raupeneiem,  die  Verspinnnng  der  Raupe  und  die  !l  Ij  .ndlung  der 
Kokons  beschrieben  hatten,  waren  sie  erbötig,  die  Eier  der  Maulljeerraupe 
nach  Byzauz  zu  briogeu  und  hier  aufzüchten  7.u  lassen.  Der  Kaiser  ent- 
liess  die  Perser  mit  den  weitgehendsten  Versprechungen,  und  schon  im  fol- 
genden Jahre  (652)  kehrten  die  kShnen  Unternehmer  naeh  Byzanz  surnck 
und  brachten  in  hohlen  Bambosstöcken  eine  grosse  Menge  Raupeneier.  Es 
ist  nicht  mit  Sicherheit  festgestellt,  ans  welcher  Gegend  die  Mönche  ihre 
Hatipeueier  entnahmen ;  Procop  bezeichnet  das  Land  als  Serindia,  worunter 
Forst-er  mit  Recht  Kleinthibet  (Khotan)  vermutet,  wo  zu  jener  Zeit  nach 
chinesischer  Art  betriebene  Sddensucht  in  ToUer  Blüte  stand.  Die 
mit  Aufsucht  anatiseher  Raupeneier  angestellten  VersBche  berechtigten 
zu  den  schönsten  Hoffnungen  und  erölBiieten  die  Ausnchten  auf  eine  voll- 
standige  Unabhängigkeit  vom  Orient;  es  verging  indessen  noch  manches 


')  Pariset,  L'histoire  <lc  la  soie,  I.  LSI. 

■)  ?rocop.  De  bello  gotluco,  IIb.  IV,  cap.  IS. 


Digitlzed  by  Google 


Neue  QaettM  DTaatieu. 


31 


Jfthmhnt,  bevor  die  Seidenmdortrie  der  Giiechen  ihren  gewftltigen  Bedarf 
gun  daroh  einheiimsehe  Rohseide  ta  deekm  Termochte.    Aiuserdem  beging 

Jastiaian  von  neaera  den  Fehler  einer  Verstaatlichnng  der  Seidenkultor 
und  hemmte  ihre  freie  Entwickelun^  unter  den  breiteren  Volksmassen. 
Immerhin  nahm  die  byzantinische  Seidenzncht  im  Laufe  der  Jahre  genügend 
an  Umfiing  za,  nm  dem  fmrtbeetehenden  Afangel  an  Bobende  einigermessen 
ftbsalielftn.  NameniUeli  im  Peloponnes  nahm  aie  einen  bedeatenden  Anf- 
schwang,  der  dadurch  gekennzeichnet  ward,  daSS  dieses  Land  infolge  der 
vielen  Mnn1)M>f'r|i1nntagen  seinen  Nainfn  in  Morea  umwandelte. 

Kacii  dem  Emporschwingen  des  umclitigen  tiirkischen  von  den  Chi- 
nesen Tu-kiu  geuauaten  Sogdianerstamuieä  veränderte  sich  die  Situation 
im  Bohseidenhandel  insofern  an  Gunsten  der  bysanünisolien  Indnutrie«  aie 
diese  dadurch  von  den  Parthern  unabhängig  wurde.  Jenes  Volk«  welches  fast 
ganz  Tarkestan  bis  zu  den  Grenzen  Chinas  beherrschte*),  besass  eine  nicht 
unbedetitende  KnUnr  und  übernahm  mit  Erfolg  die  Vermittlerrolle  im 
Seidenhaudel  Chinas  mit  dem  Abendlande.  Wie  die  Türken  diese  Be- 
ziehungen augeknüpft  haben,  gslit  ans  dem  FolgendcD  harror.  Hanander*) 
eniUt  nna  den  Besnch  Haniakhs,  dee  Geeandten  des  TDrkenhanese  Di- 
zabul  am  persisclion  Hofe,  wo  er  eine  sdur  nnfreundliche  Aufnahme  ge- 
fanden  haben  soll:  der  Perserkönig  Chosroes  erkanfte  bei  der  türkischen 
Gesaudtscliatt  den  grämten  Seidenvorrat  und  Hess  ihn  öffentlich  ver- 
breuueu,  um  den  Beweis  zu  lieferu,  dass  Persieu  der  türkischen  Rohseide 
nicht  bedflrfSe.  Der  wiricliehe  Thatbeetand  lag  jedoch  darin,  dass  dw  sassa^ 
nidi.%hen  Konige  in  jeglichem  Verkehr  mit  jenem  erobwnngsnchtigen  Volke 
eine  Gefahr  für  da.s  Bestehen  ilu-pr  Herrschaft  erblickten;  sie  verboten 
daher  den  ünterthanen  irgend  welche  Beziehungen  mit  den  Sogdianeni  zu 
unterhalten,  wodurch  ihr  eigener  Seidenhaudel  in  Stockung  geriet.  Die 
leiatnngRfähigeu  Sogdianer  suchten  nach  diesem  Misserfolge  andere  Abssta- 
gebiete  auf  nnd  so  gelangten  sie,  wie  Menander  addldert,  naeh  mner 
mfibevollen  Reise  über  den  Kaukasus  und  dnroh  das  slldliehe  Rti<!sland  (die 
Seewege  hatten  die  Parther  überall  für  sie  vnr'^ehlo.'^n)  nach  Byzanz 
(568).  Es  sind  Anzeichen  vorhanden,  dass,  eutgegeu  der  Meinung  Klap- 
roths'),  der  von  Mauiakh  befolgte  Weg  über  das  sfidliche  Russlaud,  trotz 
seiner  Dnbeqnemlichkeit,  spiter  als  wichtiger  Handelsweg,  Termittels 
dessen  die  Seide  nach  Europa  gelaugte,  während  längerer  Zeit  benutzt 
wurde*).  Mit  stolzem  Selbstbewusstscin  konnte  -Inf^tiniau  dem  Maniukh, 
zum  grossL'u  Erstaunen  des  letzteren,  Seide  eigener  Zucht  vorzeigen 
und  vou  ihm  das  Zugeständnis  ihrer  vollkommenen  Güte  erlangen.  Der 
HandebT«rtng  wnrde  abgeschlossen  nnd  längere  Z^t  hindnrch  führten 


')  Klaprotb,  Tabloaiiz  bistoriques  de  l'Äsie,  S.  112. 

»)  Men.  Excerpl.    Ed.  Niebubr.    S.  295. 

*)  Klaprotli.  Tableaux  hiBtori'Hie-  il.i  Taucaw,  Paris  1827. 

*)  Ctamba,  Vgyage  dana  la  Rusi«ie  incridionale,  Poris  lS2fi. 


Dlgltized  by  Google 


32 


ByxantiDMehe  äeidenkoUar  and  •induBtrie. 


die  Sogdianer  ehiDeaisefae  Rohseide  und  Seidengewelie  auf  dem  Karawanen^ 
wege,   ohne   Persien    zu    berühren,    durch    Russland    den  By/^ntinem 

zu.  Fr<'il:i-li  wurde  dieser  Verkehr  öfters  diireh  politische  I''nrnhen  der 
Nütuadenvölker  Mittelasiens  gestört,  doch  schon  der  6cl»luss  des  VI.  Jahr- 
hunderts brachte  den  politischen  Verfall  der  Sassaniden  und  gleichzmtig 
das  Ende  ihres  Handelsmonopols. 

Die  byssantinische  Seidenknltur  entwickelte  sich  unterdessen  zu  immer 
hulieror  Blute,  besonders  als  sie  nach  der  (lurcli  geeignetes  Klima  be- 
günstigten Insel  Cos  verlegt  wurde.  Auch  die  byzantinische  Seidenweberei 
bietet  zu  Beginn  des  VII.  Jahrhunderts  ein  vielversprecheudei>  Bild,  ob- 
wohl sie  sieh  fast  ansschliesslieh  anf  Konstaatinopel  hesehiSnfcte,  wo  die 
antike  Pnrpnrförberei  eine  Statte  der  Wiedergebart  gefonden  hatte.  Die 
Technik  entwickelte  sich  fortgesetst,  nnd  strebte  mau  den  Preis  su  Ter- 
billigen,  indem  man  andere  Fasern  mit  verwebte.  Reinseidene  Stoffe 
werden  Holoserica  genannt,  im  Gegensatz  zu  Tramoserica  (Dramioserica;, 
in  denen  Leinenkette  mit  seidenem  Einsehlag  verwoben  war').  Die  Sab* 
seriea  •  (Stamoserica)  enthidten  seidene  Kette  und  leinenen  oder  baum- 
wollenen Einitchlag.  Der  Gebrauch  dieser  letxtem  Gewebe  war  wegen 
ihre5^  bedeutend  billigeren  Preises  nach  der  Aosh^  von  Ammianos  Mar- 
celinus  sehr  ausgedehnt. 

In  der  Zeitperiode  vom  VII.  bis  zum  XI.  Jahrhundert  behauptete  iu 
kommersieller  Bexiehang  Konstantinopel  die  weltber&hmte  Rolle  des  Stapel- 
platzes for  Seidengewebe  und  als  der  bedeatendste  Seiden  markt  des  Kon- 
tinents, im  Austauschhandel  des  Abend-  und  Morgenlandes.  Konstantinopel, 
sagt  Montesquieu,  betrieb  einzig  und  allein  den  Welthandel  zur  Zeit,  als 
die  eindringenden  Goten  and  Araber  überall  den  Verkehr  unmöglich 
machten*).  Zur  gleiehen  Zeit  bemichtigten  sich  die  Griedien  der  Seewege 
nnd  fahrten  den  Gebraoeh  der  Seide  bei  den  Völkern  nnd  wilden  Stimmen 
ein,  mit  denen  sie  in  dieser  Zeitperiode  in  politischen  Verkehr  traten. 
I*  dessen,  so  weit  Byzanz  auch  in  kommerzieller  Hinsicht  vorgeschritten  war, 
seine  industrielle  Entwickelnng  stand  weder  in  technischer  noeli  (juantitativer 
Leistung  auf  der  Höhe  der  Zeit,  und  es  wäre  ein  Irrtum,  anzunehmen, 
die  Znfnhr  orientaliseher  Eraeognisse  sei  entbehrlieh  gewesen.  Zwar 
lieferten  die  Gynäceen  in  Konstantiuupel  eine  beträchtliche  Menge  Seiden- 
stoffe für  den  Bedarf  des  Ilol'es  und  des  Staates,  aber  die  reichsten  nnd 
besten,  z.  B.  die  zur  Ausschmückung  der  Paläste  verwendeten  Gewebe  waren 
orientalischer  Herkunft,  wie  dies  deutlich  ihre  Benennungen  beweisen*). 
Der  Lnsns  des  kaiserlichen  Hofes  nnd  ^  Adels  nahm,  wie  einst  im  wesfc- 
romiseken  Reiche,  mit  der  2Seit  immense  Dimensiimen  an  nnd  wenn  auch 

*)  Itidor.  Ong.  Üb.  XIX.  eai>.  21. 

'  Par<le>.su«,  Mem.  eur  le  commerce  de  la  mIo  cbCS  ISS  Bodeni.  pb  16. 

*}  Graodeur  et  d^cad«nce  de«  ßomaina,  chap.  23. 
•}  CoaaUat.  Ftepbyr.  De  osnoittBi».  S.  4M.  70e. 


Digltized  by  Google 


Vorllufcr  der  Onanentik.  33 

die  Umgestalinag  der  ftlimi  Welt  eine  momeittiuie  Stockung  im  Verbranch 

der  Seide  mit  sich  brachte,  die  SeideDiudustrie  und  der  Seidenhandel  findet 
Haid  einen  mächtigen  neschützer  und  Absatz  im  Christenttmi,  d.  i.  in  der 
Kirche.  Wenn  die  Laieuwelt  der  byzantinischen  und  romanisch-gerinauisohen 
Linder  iu  den  ersten  Jahrhunderten  des  Mittelalters  sich  den  kostbaren 
Lnxiu  der  Seideogewebe  nur  spärlich  gestattete,  so  entfaltete  die  Kirche 
und  Geistlichkeit,  wie  in  anderen  so  auch  iu  dieser  Beziehung  eine  pom- 
pöse Pracht  in  liturgisdipn  Gewriiulern.  Sclion  unt«r  den  crston  Päpsten 
besass  Rom  Seidenstoffe,  deren  Prarht  seither  kaum  übertroffeu  wurde. 
Während  hh  dahin  der  lauge  iaiar,  die  Stola  etc.  nur  auä  feiner  Lein- 
wand beetand,  wurden  dicM  nmimebr  ai»  den  kostbarsten  Seidensengen 

hergestellt.  .     *  « 

* 

Beim  vergleichenden  Studium  klaspiselier   Ornamentstile  eraiebt  sich 
ein  last  stauneuerregender  Synchrouisuius  und  wunderbarer  Zusanimeuhaug, 
«nnal  wenn  man  die  s^tKeben  und  rinwlicb^  Grenzen,  durch  welche  die 
Völker  des  Altertums  getrennt  waren,  hierbei  in  Be  tracht  siebt;  denn  die«» 
mnssten  der  nch  unabhängig  von  einiinder  äussernden  ('iKTeinstininiun*;  nicht 
nur  einer  so  verfeinerten  Ausdrncksweise  des  knltur-  lli  u  I.f»beus,  wie  der  Orna- 
mentik, sondern  sehen  der  gleieliartigen  Hntwii  k-  hm-r  der  weit  prägnanteren 
Sj  mptomeeines  solchen  entschieden  hin(lerlieli»«  iii.  Die  altgriecliisciieuStilrich- 
tungeu,  der  pelasgisebe  Stil  bis  anr  Einwanderung  der  dorischen  Stamme  (1000 
Chr.),  und  der  dorische  bis  zur  Unterjochung  Oriecbcnlands  durch  liom 
(150  V,  Chr.)  haben  für  uns  kein  speeielles  Interesse,  da  sie  iu  der  Seidcn- 
webekunst  nicht  zum  Ansdnick  «xclanfTt  «ind:  niehtsdestoweuiger  mag  her- 
vorgehoben werden,  dass  die  wenigen  erliultenen  Überreste  Irühgriechischer 
Omameotiki  durch  die  Scbildenmgen  griechischer  Dichter  ergänzt,  nns 
dahin  belehren,  dass  sie  mit  der  Zierweise  Asiens  und  namentlich  Assyriens 
viel  nemein-sanies  besass.    P'b  'uso  zeigt  die  etruskische  SfilrichtuBg  Mittel- 
italiens  (1000  v,  Chr.)  in  ihrer  ersten  Perinde  einen  entscliit  den  assyrischen 
Charakter,  wenn  auch  iu  der  zweiten  Epoche  der  griechische  Eintiuss  zur 
Geltung  gelangt  ist.    Diese  nahe  Yerwaudtscbal't  räumlich  weit  entfernter 
Knnstweisen  bei  dem  dazomal  rerbSltnismäRsig  f«;hwachen  Völkerverkebr  findet 
ihre  Erklärung  iu  dem  stark  entwickelten  Nachabmuiigssinn  der  dauialigcu 
Welt,   iiuf  di'"   alles  Fremde  Weitcutfernle  auch  in  den  Einzelstiicken 
holjen  lieiü  ausgeübt   und  ihre  Kiinstwei^e  beeinflnsseu  mochte.    Bei  Be- 
.«iprechung  der  Grauatapfelmusterung  des  Mittelalters  werden  wir  noch  Ge- 
tegeahcdt  haben,  die  Verwandtschaft  der  indischen  und  der  neuitalieniscben 
llnstemngsweise  an  konstatieren. 

Von  kulturell  hober  Bedeutung  ist  fiir  uns  das  ^^tndimn  des  dritten 
di'r  klassischen  Ivunststile.  des  römi>!chen,  der  aus  den  lieiden  iinderen 
hervorging.  Wie  die  »pätgriechisjche  Oiuaiueutik  ein  bewusstes  Streben 
Eum  Ausdruck  brachte,  die  Natnrforuien  mit  freiem  künstlerischen  Schwung 
m  stilvoller  Sch5nheit  an  entfalten  nnd  die  etruskische  ein  gewisses  phan- 

St1b«TiBSBa,  Die  SiJdt.  3 


Dlgitized  by  Google 


34 


Die  Gräberfunde. 


tastiscb  frivoles  Element  enthielt,  so  vereinigte  der  römische  Stil  die  l>eideu 
Grundsätze  und  zeitigte  eine  Hiebtang,  die  sowohl  in  der  Zeichnung,  wie 
im  Farbensinn  als  künstlerisch  vollendet  bezeichnet  werden  mag.  Die  Mo- 
tive aus  den»  Ptlanzenreiche  wurden  mit  figürlichen  Elementen  von  ent- 
weder naturalistischem  oder  sinnbildlichem,  symbolisch-allegorischem  Cha- 
rakter vereinigt  und  zu  einer  höchst  eigentümlichen,  zarten,  von  feinerem 
Form-  uud  Farbengefühl  geleiteten  Zierweise  ausgebildet. 

Über  die  Herkunft  uud  Stilisierung  der  Seidengewebe  jeder  Epoche 
liegen  in  kultur-  und  kunstgeschichtlichen  Werken,  Urkunden  und  öchil- 
derungon  umfassende  und  detaillierte  Angaben  vor  und  zwar  schon  über 
die  ältesten  Seidengewebe.  Die  für  uns  zuverlässigsten  Forschungsquelleu, 
die  Gräberfunde,  brachten  uns  indessen  nur  Gewebereste,  deren  Alter 
das  V.  und  höchstens  das  III.  Jahrh.  unserer  Ära  nicht  überschreitet. 
Doch  scheint  man  in  einem  dem  Domkapitel  der  Valeriakirche  zu  Sitten 
(Schweiz)  entnommenen  Gewebefragment '),  das  eiue  auf  einem  seehuud- 
artigen  Untier  sitzende  weibliche  Figur  vorstellt,  einen  aus  der  vorchrist- 


L'rtprung*.   i)rlgln>l  zu  Sittrii,  ErgäiKung  Dach  IV.  Jabrli.)  au«  den  ägyptiarben  Fanden.  Original 

Semper  .Der  Stil'.  ta  Krefelil  (KüDigl  Orwrbeaaiiimlung). 

liehen  Zeit  stammenden  SeidenstofiT  von  angeblich  römischer  Herkunft  zu 
besitzen.  Desgleichen  wird  von  einigen ')  die  einer  südrussischen  Gräber- 
fitätte  (bei  Kertsch)  im  Jahre  1842  entnommene  seidene  Totenhülle  in 
das  III.  .lahrh.  v.  Chr.  zurückversetzt.  —  Die  Seideutextilien  der  alt- 
römischen Zeit  sind  äu.sserst  selten.  Ausser  den  liturgischen  Gewändern 
besitzt  man  eine  Wirkerei,  welche  die  Anbetung  des  Bacchus  vorstellt'). 
Die  ganze  im  echt  römischen  Geiste  vollendete  Komposition  ist  mit  klas- 
sischem Rankenornament  von  Löwen,  Panthern  und  Hasenfiguren  umrahmt 
und  verrät  durchaus  klassischen  Ursprung.    Es  giebt  nur  wenige  Orte,  wo 

>)  Dietes  sowie  die  nacbfolgenden  Stoffmuster  sind  der  interessanten  Abhandliingr 
Ton  P.  Schulze  „Über  Gewebemuatcr  früherer  Jahrhnnderte",  I>eiprig  1893,  entnommen. 

■)  Stephani,  Corapt.  rend.  pour  le«  anni^es  1878—75.    St.  Petershonrg  1881. 

'}  Forrer,  Römische  und  bjzantinische  Seidentextilien  aus  den  Gräberfunden  Ton 
Acbmim-Panopolis.   Strasburg  1891.   Taf.  I. 


Digitized  by  Google 


Die  Gräberfunde. 


35 


4w  GrUberfelder  uebeu  den  anvenrOitlielieii  thönernen  und  metallenen  Ge- 
genstäuden  auch  noch  Stoffreste  enthalten,  welche  gewöhnlich  schon  in 
wenigen  Jahrzehnten   nach  der   Bestattung  dem   vernichtenden  i']intlu«^e 
der  Feuchtigkeit  auheimfalleu;  die  Gegenden  über,  wo  trockene  und  soudtige 
BodmbMdmflfeiiheit  mt  Komsnrienuig  von  Textilien  besonders  geeignet  ist, 
sind  sehr  selten  und  —  wenn  man  von  vorgeschiohtlielMn  Fanden  aus  den 
schweizerischen  Pfalilhauten   nnd  keltischen  Grübern,  wo  selbstredend  von 
Seideutcxtilien  nicht  die  Rede  sein  kouut«,  absieht  —  bis'  jetzt  nur  in 
Ägypten,  Peru  und  Sudrussland  (Krim  u.  a.  0.)  angetroäeu  worden.  Im 
J«hn  180  t  wurden  Stol&eate  nnd  Oewandtdie  mb  dnem  LeiehenfeUe 
idehst  SnkkArnh  in  der  PfOTins  El-fni-jam  in  HitleUlgypIeii  nnagpgnben, 
sn  denen  dann  qnantitativ  sehr  bedentöide  Fände  des  Jahres  1881  biusn- 
kamen,  ilie  jedoch  eine  äusserst  geringe  Menge  von  Seidennberresten  er- 
geben haben.    Die  Funde  aus  dem  Gräberfelde  von  Äkmin  oder  Aciimmi 
in  Oberägyptea,  einer  au  den  Katarakten  am  rechten  Ufiur  des  Nils  an 
4er  Stitte  des  alten  Paaopolis  gelegenen  Stadt,  ergaben  ebenfitlls  eine 
Msnge  von  Textilien,  worunter  sich  jedoch,  der  geringen  lAixnslicbe  der 
Ägypter  entsprechend,   Seidengewebe   nur  in  niäs'i.iger  Anzahl  vorfandi^n, 
hauptfciiclilich  d:ic:''fTi>n  als  Funeraltücher  dienende  Decken,  Überzüge,  Ober- 
gewänder, iumkeu  u.  s.  w.  aas  der  Zeitperiode  vom  V.  bis  VIII.  Jahrb.'),  die 
meisten  dem  VI.  nnd  VII.  Jahrh.  entstammend,  darunter  anch  Pnrpurgewebe. 
Im  speciellen  ergab  die  Statte  siidlich  von  der  eJgeniliehen  Nekropole  bei 
dem  koptischen  Kloster  Deir,  wo  sich  die  Graber  aus  byzantinischer  Zeit 
b'^fi!r1ea  und  wo  wahrscheinlich  hauptsächlich  Priester  beigesetzt  worden 
iiiuü,  reiche  Ausbeute  au  Beidentextilien.    Die  Musterungsart  dieser  Seideu- 
textilien  entspricht  Jeweilig  iiirer  Herkunft,  mithin  der  byxantintwlien, 
alexandriniscben  oder  sassanidiseben,  nnd  besteht  ans  inmitten  radfiSrmiger 
Xrsise  angeordneten  Jagdscenen,  Romben  mit  Yögelgestalten,  achtblättrigen 
tlosen  u  s.  w.    Durch  dip  HnU  rrfnn*1o  von  Achmim  Panopolis  nnd  ander- 
wärts in  Oberägypten  sciieinen  sicherer  Forschung  nach  auch  die  Seiden- 
gewebe des  III.  Jahrh.  n.  Ohr.  entdeckt  worden  zu  sein  -).    Die  Textur- 
nntacsnchnng  dieser  der  Zeitperiode  vom  IIL  bis  TII.  Jahrb.  entsUmmenden 
Fnnde  ergiebt  eine  bemerkenswerte  Unsicherheit  in  der  Ausführung;  zieht 
man  daher  also  in  Betracht,  auf  welch  hoher  Stufe  die  Textilkunst  der 
hellenistisch-römischen  Zeit  in  der  Verarbeitung  anderweitijrer  Rohstoffe 
stand,  80  darf  mau  aus  der  geringen  technischen  VoUkouimeuheit  jener 
Ateifcen  nns  erhaltenen  SeidenstolTe  die  natfirlicbe  Sehtnssfolgerung  ziehen, 
daas  man  es  in  der  Seidenweberei  mit  einem  gans  neuen  Rolwtofie  au  thnn 
hatte,  der  eine  Terinderte,  noeh  nicht  genOgend  studierte  Technik  er- 
heischte. 

Bock,  Katalog  frDluilunatlieber  TcxtUfond«  des  Jahna  1886  an  der  AaMteUaog 

zu  Dümeldorf  1^87. 

■)  FoTter,  Die  Oillier-  and  Tcxtilfnade  Ton  Aelmiim-PaiMiwUi.  Strsttbnig  1891. 

8* 


Digltized  by  Google 


39 


Die  Technik  der  Seidenornamentik. 


Aus  dem  eiugeheudereu  Studium  der  Ornamentik  ägyptischer  TextiH'unde 
geht,  wif  beiläufig  vorimsbemerkt  werden  niair,  aucli  unzweifelhaft  hervor, 
dtm  nicht  uur  die  spätasaanidiscbe,  sunderu  auch  die  arabieclie  Gewebe- 
urasfeemng  too  der  belleniidi-fpfttitaiiMlien  Antike  ahralriteii  aei  ^)  und  dais 
der  dtireh  die  Entwickelnog  der  Seidenwebeknnst  hervorgerufene  Stilweeheel 
bereits  vor  der  Eonsolidiemng  der  arabischen  Weltmacht  wenigsteiw  ük 
allem  wesentlichen  angebahnt,  wo  nicht  vollzogen  war. 

Es  ist  als  sicher  auzanehmen,  dass  sich  in  der  Zeit  vom  IV.  bis  VIII. 
Jnhrii.  jener  ünwehwung  in  der  Geediidite  der  TeztiHninit  Tolkogen  bnt^ 
dw,  wie  Riegl  beiSgUeh  der  tanriedien,  ans  dem  IIL  Ine  T.  Jalirli. 
vorchristlicher  Ära  stammenden  Fnnde  dargethan  hat'),  vom  Wirkereietil 
des  Altertnms  zum  Seidenstil  gefuhrt  hat.  Die  Knnstweberei  alwTitf^  nr- 
eprfinglich  nnwillkiirltrh  die  eingefrihrte  Handhabung  der  Wirkereiteehnik 
nach  und  erzeugte  Effekte,  die  eher  an  eine  mit  der  Nadel  als  mit  dem  Weber- 
Mhifibhen  erfolgte  BindnngMurt  mnert  Daet  man  bei  der  Herstellnng 
der  Musterung  iu  Gewetten  ttber  die  Taffetbindung  hinausschntt,  ist  leicht 
begreiflich,  dnch  ging  man  «<p5ter  nach  einigen  Versuchen  mit  anfänglich 
unregelmässigem  Atlas  zu  der  Köperbindung  über,  der  auch  die  Rolle  an- 
fiel, bis  weit  in  die  gotische  Zeit  eine  dominierende  äteliung  zu  behaupten. 
Bs  ist.IiervomdtelMi,  da»  die  C^namoitik  der  alteeleo  Sflädenatoffe  kein  An- 
aeiolien  des  ostasiatisclien  Einflusses  »igt  und  dneo  stieng  individnellen  Gha- 
rakter  trugt;  es  ist  also  sicher,  dass  durch  das  gesamte  römische  TT<  icli  von 
Spanien  bis  Mesopotamien  zur  Zeit  des  Unterfriniff'«  iles  \s  eströraischt  n  h'richr-4 
und  drüber  hinaus  bis  ins  VII.  Jabrh.,  eiu  einheitliches  tSystem  der  Textil- 
Ornamentik  verbreitet  war'). 

melfaek-wird  die  Frage  er5rtert,  ans  welchem  Gmnde  sich  insbesondere  die 
Eunstweberei  der  Seide  bemächtigt  hatte,  während  die  Wirkerei  die  Erzielung 
komplizierter  Mnsterungseffekte  in  weit  einf'aoliei  er  Weise  gestattete.  Trotz  der 
auftretoinlpii  Scliwierigkeiten  iu  der  Behandlung  des  neuen  TextiliiKitcrial-i 
war  man  stets  und  überall  bestrebt,  die  Wirkerei  mit  der  Weberei  zu  ver- 
iMuchen.  Die  Beantwortang  dieew  Frage  ist  liemlich  einfach.  Die 
-Wirknng  rinee  Sddengiwdies  ist  bekanntlieh  um  so  prtgnantmr.  Je  gleich- 
massiger  und  voller  die  Fäden  nebeneinander  liegen,  je  einheitlicher  sie 
da«!  auffallende  Licht  zur  Ausst rn);l^ir;<^'  zu  bringen  vermögen;  die  Er- 
zeugung solcher  Flächengebilde  war  aüer  schlechterdings  mit  der  Wirkerei 
nicht  got  zu  erreichen.  Bezüglich  der  Frage,  in  welchem  Teile  der  aus- 
gedehnten byzanüniseh-westasiatiseheo  Knltnrwelt  der  oben  geschilderte 
Übergang  von  der  Wirkerei  zur  Seidttlkinistweberei  sich  vollzogen  hat, 
war  man  geneigt,  das  heapersische  Sassanidenreich  als  die  Wiege  der  aosser- 


')  niegl,  Die  figyptischen  Teztilfamlc  im  k.  k.  Olteneieb.  Uuassm.  Wien  18St. 
*)  Bucher,  ti(«cb.  der  tecbnitchm -Künste. 

')  Riegl,  Die  Teitilknntk  in  Bochen  Geschichte  der  teobnisehea  Kflnste.  Statt-^ 
gart  1899.  .  . 


Digitized  by  Google 


SMMttidiwlM  StOriehtang. 


87 


«hinesiscben  Seidenwebekanst  auzasehen,  doob  ist  man  eher  zu  der  Ansicht 
beveehtigt,  daw  namentlidi  Sjrien  (Antioehien),  die  Orandstltte  war,  Ton 
■der  HOS  bereits  im  IV.  Jahrh.  eiue  grosse  Auzulil  von  Seidenweberu  als 
koatban  Kriegsl>eute  von   Sapor  I.  ins  persische  Reich  vernetzt  wurden. 

Kommen  wir  nun  auf  das  archäolo^'sche  Thema  alter  .Seidentextilien 
zurück.  Das  lireslauer  Museum  scblesiscber  Altertümer  verwahrt  die  Gräber- 
Arndt  ana  Saaran,  di«  wahtaeheinlieh  am  der  iltcsten  Eisenieit  SehleneDS 
herstammen  (Aa&og  bis  Ende  des  III.  Jahrb.)  nnd  in  einem  mit  Stoff- 
resten umwickelteu  Kästchen  bestehen.  Nach  den  Untersachnngen  von 
Cohn  enthält  dieses  Gewebe  Seide,  wenigstens  gleicht  sein  chemisches 
Verhalten  dem  der  Seide*),  anderer  Ansichten  nach  dag^n  der  Wolle*). 
Sehr  selten  stösst  man  auf  die  Über» 
reste  der  saseanidiaekeii  Periode,  doren 
Höhepunkt  in  das  VI.  Jahrhundert 
fallt,  übereinstimmend  mit  der  poli- 
tischen Glanzperiode  des  uenpersi- 
schen  Reiches.  Kbosroes  1.  (531 — 
679),  der  mit  Indien  rege  Benehim> 
gen  nnterbielt,  förderte  die  Seiden- 
weberei des  eigenen  Landes  in  hohem 
Mafse.  Von  sassanidischen  Geweben 
jener  Zeit  sind  noch  Überbleibsel 
Torbanden,  welche  als  UmhüUnngen 
von  Beliqnien  ans  dem  Morgenlande 
gebracht  wurden.  Die  unter  den 
Sassaniden  ausgebildete  neubabylo- 
uisohe  Ausdrucksweise  des  Ornaments 
lässt  sich  zwar  unschwer  von  der 
«rientaliaeh-byaantiniBehen  Stillich- 
riehtnng  nntersebeiden,  aber  sie  wird 
irotadem  öfters  mit  der  letzteren  ver- 
wechselt. Die  sassanidische  Musterung  zeigt  ein  originelles,  rein  orienta- 
lisches Gepräge,  indem  Löwen,  Adler,  Strausse  und  andere  phantastische 
Figuren  der  biaamn  Tiarwalt,  raweilm  anch  menschliche  Bildfonnen  in 
einer  Ansdmekawnae  auftreten,  indehe  die  nenpersiscben  WebekSnatler  dem 
alten  assyrischen  Ornamentennachlass  entnommen  haben. 

Der  Sieg  des  Christentums  fiel  mit  dem  Verfall  der  röiiii:<chen  Kunst 
zusammen,  und  da  ein  überreicher  und  verfeinerter  dekorativer  ISchmuek  das 
Kennzeichen  der  letzteren  war,  so  verlangte  die  mehr  auf  das  Gberirdiecbe 


»tllMI»Ob—  Gewebe  koa  dem  IV.— T. 
Dl^  Semper  .Der  SUl'-. 


'}  Ber.  der  Antropol.  zu  Stettin  unU  Nürnberg  im  Korretpondensblatt,  Jahrg.  XVll 
und  XYIII. 

*)  Busehaa,  Über  pdUiistomch«  Oewsbe  und  Oetpinste.   Biaaawhweif  1M9 

S.  Ii,  30. 


Digitized  by  Google 


38 


FriHiolinitliebe  nod  mHtjynBtiiiiidie  PeriodaD. 


gerichtete  Christmlehre  groMtniöglicbe  8ehmiicklongkeit.  Die  gesunte  früh- 
chrisUidie  Yenieningailcniist  tiSgt  den  Chenikter  de«  Streben«,  beitimmte 
Hindentnngen  auf  das  Leben  und  den  Opfertod  des  KeileDds,  femer  di» 

von  der  neuen  Lebre  geheiligten  Glaubenspützp  durch  dem  Tier-  und  Pflan- 
zenreiche entnommene  Zeichen  zu  versinnlichen  und  mit  ibreit  gcheimnis-  > 
voll  symbolischen  Beziehungen  auf  die  Seele  der  Gläubigen  zu  wirken.  Die 
allegofteehen  Symbole  sind  demnach  das  Krens,  dnreh  Tcrsehiedenartige- 
Motive  gebildet,  z,  B.  vier  um  eine  grosse  Mittelscheibe  gereihte  Kreise,  von 
welchen  die  kleineren  die  vier  Evangelisten,  der  grosse  Mittelkreis  den  Heiland 
symbolisierten.  Der  gute  Hirt,  das  Lamra,  der  Hirsch,  Pfau,  Fisch,  dieSchlauge, 
Aureole,  der  Weinstock  u.  s.  w.  wurden  als  beliebte  Symbole  des  Heilands, 
die  Bilder  dee  Engels,  Löwen,  Ochsen  nnd  Adlers  als  eolobe  der  Evaugeliste» 
verwendet.  Der  inneren  Bedentnug  nach  hat  die  frühchristliche  Omamentik 
mit  der  ägyptischen  Ähnlichkeit;  wie  bei  dieser  wnrde  die  FonuensohÖDheit 
dem  symbolischen  Inhalte  der  angewendeten  dekorativen  Elemente  unter-- 
geordnet  nnd  auch  sie  bevorzugte  einzelne  in  das  allgemeine  Verständnis 
nbergegaugene  Symbole.  Das  im  XL  Jahrh.  eintretende  Schisma,  die  Spal- 
tung der  bas  dahin  einheitlichen  Kirche,  fUhrte  alsdann  sn  jener  beson- 
deren Entwickelung  der  Künste  im  byzantinischen  Reiche,  die  lierufen  war, 
die  Seiden  Weberei  de.-i  we«.f  römischen  nicht  nur  quantitativ  zu  überflügeln, 
sondern  ihr  eine  trau/c  Epoche  hindorch  einen  stark  individualisiisoben  Cha- 
ruktür  auiüuprügeu. 

Li  der  Übergangsperiode  von  der  klassischen  rar  altbjzantiniseheii 
Knnstweberei  (vom  IV.  bis  VL  Jahrh.)  sehen  wir  wfthrend  eines  laugen 
Zeitraumes  Anklänge  an  die  römische  Periode  hervortreten.  Da  auch  die 
byzantinische  Kunst  ursprünj^lich  nichts  anderes  war,  als  eine  auf  dem  ost- 
römiscbeu  Boden  ond  iu  seinen  besonderen  Verhältnissen  aufgewachsene 
spitantike  Stilrichtung,  so  wurde  ihr  tob  einigen  jegliche  Selbständigkeit 
der  ürspmngsfonnen  abgesprochen  *).  Die  grosse  Praditliebe  der  ersten  oeA- 
romischen  Kaiser,  welche  die  TOrsüglichsten  Seiden wcbekünstkr  des  Horgen- 
und  Abendlandes  nach  ihrer  neuen  Residenz  z^fren,  ferner  die  geographische 
Lage  ihres  Reiches  und  insbesondere  KonstantiQ02)els,  die  es  zum  Uaupt- 
verkehrsplatz  für  die  Völker  des  Westens  und  Ostens  eignete  —  nnd  das  er- 
kttrt  die  lahlreiehen  orientaliseheD  AnkUnge  im  byzantinischen  Knnststil  — 
begünstigten  ungemein  die  rasche  Entvrickelnng  der  neuen  eigenartigen 
Stilrichtung.  Die  byzantinische  Ornnnipntik  versuchte  in  erster  Linie  die 
weitere  Entwickeln nc;  der  anfänglich  eingetubrtca  wesirömisch>antikisierenden 
Formen  in  eigeutüuiiicher  Weise;  zu  den  römischen  Omamentmotiveu  traten 
hinta  orientalische  nnd  spedell  symbolisch  christliehe  Elemente,  anch  geo- 
metrische einfache  nnd  w&rfelfltamige  Figuren,  Krense,  Kreise  u.  a.  w.  Da- 
gegen war  die  Farhenwahl  eine  durchaus  selbst&ndige  und  glückliche;  das 
am  häufigsten  TerwMidete  Bot  hob  sich  mit  Blau  nnd  Qrfin  prachtToU  kon- 

>}  Uiegl,  Stilfrageo,  S.  273. 


Digitized  by  ÜOOgle 


Byzantinischer  Stil. 


39 


trastierend  vom  hellen  Goldgruude  ab.  Za  Beginn  der  justiniuuischcn 
Epoche  ist  das  vorherrschende  Merkmal  altbyzantiuischer  KuustweWrei  eine 
erhöhte  Stilisierung  der  Zeichnung.  Die  Verstaatlichung  der  Seidenweberei 
ist  auch  auf  die  Geweberausteruug  nicht  ohne  Einfluss  geblieben,  indem  die 
letztere  einen  eigenartigen  Charakter,  sogar  eine  gewisse  Einförmigkeit  er- 
hielt. Stets  ist  es  die  Kleinomamentik,  welche  Rhomben,  Kreise,  Herzen, 
Kreuze  u.  s.  w.  in  Form  von  Streumustern  und  in  den  verschiedcusteu  Kom- 
binationen verwendete.  Schon  bei  den  alten  Griecheu  war  die  Streuorna- 
mentik ihrer  Gewänder  sehr  im  Gebrauch,  wie  die  alten  Vasengemälde 
veranschaulichen;  von  ihnen  ging  sie  auf  die  Römer  über.  Ausserdem  macht 
sich  das  Netzornament  geltend,  das  durch  seine  Einförmigkeit  in  die  ganze 
Richtung  vortrefflich  passte  und  in 
seltsamer  Weise  von  der  phantasie- 
vollen Musterung  der  vorherigen  und 
nachfolgenden  Kunstperiodeu  absticht. 
Allerdings  wurden  die  Streu-  und 
Netzmotive  mit  grosser  Virtuosität,  so- 
wohl im  Kolorit  wie  in  der  Form  be- 
handelt, 80  dass  diese  frühbyzantini- 
schen Muster  noch  heutzutage  für  die 
modernen  Stoffe  kopiert  werden. 

Die  Glanzjieriode  altbyzantiuischer 
Seidenweberei  erstreckt  sich  vom  VI. 
bis  zum  IX.  .lahrh.  unserer  Ära;  sie 
verleiht  der  Gewebeornamentik  die  alt- 
orientalische Darstellung  der  auf  my- 
steriös stilisierten  fabelhaften  Tierwelt 
beruhenden  .Musterung,  obwohl,  wie 
gesagt,  anfänglich  die  Netzzierweise 
mit  eingesetzten  Streumustern  noch  in 
der  uachjustinianischeu  Periode  einen  ^  B,«»nunuch«  ocweb«.  vu.-viii.  j.hrh. 
lebhaften  Anklang  fand  und  weiter  origin»i  tu  chnr. 

ausgebildet  wurde.  In  der  Stilisie- 
rung findet  mau  den  sich  schon  regenden  Geist  der  neuen  Welt;  die 
Figuren  sind  mehr  dem  wirklichen,  als  dem  phantastischen  Leben  augepasst; 
Löwen  mit  kraftvollen  Kopfwendungen,  geflügelte  Drachen,  Adler  und  flat- 
ternde Pfauen  zeugen  von  der  sich  entwickelnden  Selbständigkeit.  Die 
specielle  Ausführung  der  Musterung  und  ihrer  Gruppierung  beruhte  mit 
wenigen  Ausnahmen  auf  einer  symmetrischen  Anordnung  ornamentaler 
Grundformen,  obwohl  die  absolute  Symmetrie  dorn  Sinne  der  klassischen 
Antike  nicht  entsprechen  mochte  und  eines  der  Elemente  war,  die  aus  dein 
Orient  in  die  hellenistische  Kunst  eingedrungen  sind.  Doch  kam  der  Seiden- 
webekunst das  System  der  symmetrischen  Anordnung  sehr  zu  statten,  da  da- 
durch die  Technik  ungemein  erleichtert  wurde. 


Digitized  by  Google 


40 


Bjruuitiniicbe  MotiTe. 


In  DentochlftDil  werden  altbvzantinische  Seidengewebe  in  einigen  älteren 
Kirchen  anfbewahrt,  so  im  Doinscliatze  zu  Chur,  der  ein  aus  dem  VI.  bis 
VII.  Jahrh.  stainniendes  Gewebe  mit  Löwenkarapfern  besitit*).  Natürlicher- 
weise übten  auf  die  Musteruugsart  aach  die  tecbniMhen  FortMiiTitte  der 
Weberei  gtotten  Einflan,  uii4  die  EotwiekelnDg  der  letsteren  erraiebte  be- 
reits beim  Nachfolger  JuatiniaiUt  Jnstinus  II.,  einen  solchen  Grad  der  Voll- 
kommenheit,  dass  Gewebe  dieser  Epoche  in  ihrer  techuischen  Vollendung 
dea  chiuesiseben  Erzeagnisaen  kaum  nachstanden.  So  verfertigte  mau  z.  B. 

Sioä'e  mit  einem  durchsichtigen 
Einsehlag,  dnreh  «elehea  effekt- 
volle Tierfignren  derart  einge- 
webt waren,  dass  sie  beim  Fal- 
tenwurf besonders  wirksam  her- 
vortraten. Öfters  wurden  in  die 
Mugtermig  orientriiaeb  lUliaierte 
Arabciken  eingeeebaltet;  die  nna 
erhaltenen  Überreste  zeigen  ameh 
nicht  selten  biblische  und  sym- 
bolisch-christliche Darstellungen. 
Am  Ende  der  Epoche  nehmen 
neben  den  religidsen  Sceneiien 
auch  profane,  aus  dem  Leben 
und  der  Geschichte  n;pgriffene 
Motive  Platz  in  der  (Jrnanientik 
ein.  Im  Germanischeu  Museum 
sa  Nnmberg  befindet  sich  ein 
.teppiebartiger,  im  Grabe  des 
Bischofs  Günther  zu  Bamheig 
vorgefundener  StottVest,  wahr- 
scheinlich eiu  Geschenk  def  Kai- 
sers Konstantin  XI.  Dukas 
Jahrb.);  das  Ornament  nigtdie 
Figur  des  Kaisers  zu  Ross,  um- 
geben von  zwei  weihliclien  Figuren*).  Eine  .'<elir  oft,  besonders  in  Priester- 
gewändeni  wiederkehrende  Musterung  bestand  iu  der  Verbildlichung  eines 
griechischen  Kreuzes  im  Kreise.  Die  iu  zahlreich  vorgefundenen  Kircben- 
omamenteo  vauL  Priestergewindeni  stark  auftretende  TiersjmboUk  Übst 
andererseits  insofern  keine  bestimmte  Sehlnssfolgening  über  den  speddktwi 
ürspmng  an,  da  dieses  Geprige,  wie  erörtert,  sowohl  den  rein  orimtaluehen, 


Oairab*,  Z.,likrh.  Oilgiul  ra 


•)  Bock,  Gescbichto  der  Hturgiachen  Gewänder.    Bonn  1858,  Bd.  I,  Tafel  2. 
*)  KaUsse,  Die  Ueachichte  der  Seidenwebekniut  vom  Mittelalter  bi«  sam  Rokoko. 
Leipiig  I8ft3. 


BADwniaiigMi  der  Oeweb«. 


41 


wie  attbjzaatiniaehen  EneagtusBen  xnlniii  *)•  ^  Benntxnng  des  Goldes  in 

Brokaten  erscheint  iu  byzantinischen  Qewebeu  erst  nsoh  dem  X.  Jahib. 
durch  Unnvickplii  des  Leinens  mit  vergoldeter  .Menihrane.  nachdem  eine  neue 
Fabrikätiousart  der  Goldfäden  die-e  <Te?pinstiirt  in  ungemeineren  Gebriuich 
gebracht  hatte.  Was  die  Techmk  des  Verwebens  anlangt,  eo  ist  cbarak- 
teristiseb,  dsas  die  Mnsteniiig  stets  YenulUelst  des  Einschings  auf  dem 
Kettengrnnd  hervoigebneht  winde. 

In  das  konstantiniache  Jahrhundert  fiel  der  Einbruch  der  Sassaniden 
unter  Sfiimr  II.  in  das  römische  Reich  und  die  Entfülirung  der  Seidenweber 
aus  Mt^oputaiuien  nach  Susa;  ob  hierdurch  die  partbische  Seidenweberei  in 
ihrer  Kunstrichtung  beeinflosst  worden  ist,  wie  einige  bemerkt  haben  wollen, 
ISsit  sieh  nicht  beweisen.  Dagegen  ist  festgestellt  wordm,  dass  die  bj- 
tantinische  Stilrichtuug  einen  grossen  Einflnss  auf  die  arabische  nahm, 
welche  durch  die  bilderfeindliche  Lehre  Mohiimmeds  beeinflu-st.  sich  zu  eigen- 
tiimlicber  Selbständigkeit  entwickelte  nnd  ihrerseits  wieder  die  spütere  by- 
zantinische Ornamentik  vieler  Länder  zu  neuer  phautasievoUerer  Kutwicke- 
Inng  begeistert  hat. 

Ober  die  Textur  der  alten  Seidenstoffe  haben  wir  durch  damalige 
Schriftsteller  nur  ungenaue  Kunde  erhalten,  aber  desto  reichhaltiger  liegen 
uns  die  mannigfaltigen  Benennungen  vor,  die  ihre  Herkunft  mit  Dentlich- 
keit  bezeichnen.  Wenn  man  in  den  Namen  aurociavurn,  chrysoclaTum  (Gold- 
brokat), stcnraeinttm,  Uatthiu,  imizillos,  fundatum  (Synonym  des  blatthin, 
goldgewebtes  Purpurgswand),  triblattbin,  dimitnm,  tri-  und  hsxamitnm  stc. 
sweifelloe  die  griechisch- byzantinischen  Be/.eichnungeu  erkennt,  so  sind 
andererseits  solche  Gewebe,  wie  catu-samituni,  cata-blatthin,  cataafittulum 
unstreitig  chinesischer  lierkunft(('ataV,  damaliger  Name  des  westlichen  Chinas), 
aus  welchen  sich  wenig  über  ihre  Besehalteubeit  besstiuimeu  lässt.  Anderer- 
seits besieht  sieh  aber  die  Benennung  des  Seidengewebes,  abgesehen  ron  der 
Verwendungsart,  ausschliesslich  auf  seine  Musterung.  Der  Presbyter  Btblio- 
thekarius  Anastasius  liefert  in  ^seiuen  Berichten  über  die  Seidengewe1)e  der 
Päpste,  mit  deren  Lebensgesclnchte  *)  er  sich  befasst  hat,  die  Namen  der 
byzantinisch-stilisierten  Stoffe,  welche  deutlich  ihre  Ornamentik  hervorbeben. 
IMe  TCB  ihm  citSetten  Qewebe:  pallia  leonina  (LBwengewand)*  cum  historia 
de  elepbantis  (die  Gassi  mit  den  Elefanten),  vela  ssrica  aquilata  (Adlw«- 
gewand),  velum  pavonatile  (Pfauengewand)  n.  s.  w.,  deuten  auf  Ornamentik 
ans  Löwen-,  Adler-,  Pfanengestalten  n.  s.  w.  Je  nach  der  Umrahmung  der 
Tierfigureu  oder  für  die  polygonisch  gemusterten  Gewebe  findet  mau  die 
Beseichnangen  quadmplum  (viereckiges  Ornament),  hexapulum,  octa- 
pnlnm  etc. 

Unter  allen  farbigen  Geweben  behaupten  die  sogenannten  Puqmr^ 
gewiadar  unstreitig  die  hervorragendste  Rolle.   Der  Purpur  nimmt  in  der 


>)  Book.  Gesch.  der  litorg.  Uew&nder,  I.  S.  9. 

*)  Ub.  pontif.  wo  de  geitia  Bonaa.  PonÜfio.  (Rer.  itsl.  aoript  HL). 


Digitized  by  Google 


42 


Fbipurllrberd. 


G«Mbiehte  der  Seide  eine  harorragende  Stelle  ein,  die  eeine  nähere  Be- 
sprechung rechtfertigt.  Schon  die  alten  Phönizier  betrieben  Pnrpurfarberei 

timl  gelten  anch  als  Erfinder  des  Verfahrens,  die  Purpurfarbe  vermittelst 
der  drei  Färbemittel  zu  erzieleu:  der  Purpnrscbnecke  (purpura,  :top9upa), 
der  kleinen  Trompeteuscbnecke  (niurex,  buccinum,  x^fu^)  and  der  Scharlach- 
beere (ooecm)»  die  nichte  anderes  als  ^raiee  war  nnd  von  den  Alten  f3r 
ein  'Vegetabilisches  Prodakt  gebalteu  warde.  Die  Purpurrarbci  ei  der  Alten 
tHUe  sich  in  zwei  Arten,  in  die  Herbarien-  und  die  Conchylienfärlterei.  Die 
erstcre  benutzte  die  Färbemittel  ans  den  vegetabilischen  Substanzen  de.s 
Landes,  die  zweite  entnahm  die  Farbstoffe  ausschliesslich  dem  iMeere.  Ebenso 
ani  diesem  Umstand,  wie  femer  ans  der  apraebliehen  Terwiming  nnd  der  nm- 
faogreichen  Nomenklatur  der  Pmrporfarbe  geht  hervor,  dass  sie  keinen  ein* 
heitlichen  Farbenton  hatte,  sondern  dass  es  üblich  war,  durch  Nuancieren 
des  eigentlichen  Pnrpnrfarbstoffs  mit  anderen  Fär]>emitteln  eine  ganze  chro- 
matische Skala  von  Blau  bis  Viotettrot  zu  erzeugen.  Schon  die  Alten  haben 
es  verstanden,  dreizehn  einzelne,  scharf  definierte  Töne  des  Purpors  henn- 
stellen;  merkwardigerweise  werden  aneh  gr&ne  nnd  gelbe  Pnrpnrs  erwKhnt'), 
doch  scheint  dies,  wie  weiter  unten  erklärt  werden  wird,  auf  der  Identifi- 
zierung des  Gcwi  bf.»  mit  der  Farbe  (blatta)  zu  bernlu  n.  Es  existierten 
demnach  die  manaigtaitigsten  Bent'UUUMgen  für  den  Purpur ;  es  gab  lyrischen, 
tarentiuisehen,  lakädemouischeu  u.  s.  w.  Purpur,  welche  sich  iu  ihrer  Uer- 
stellnngaart  Ton  einander  nntersdiiedeii  und  solehe,  wie  color  eonehylins, 
co«n1ens,  welche  lediglich  die  Nnanoe  kennzeichneten  etc. 

Ks  scheint  endgültig  festgestellt  zu  sein,  dass  die  Purpurförberei  mit 
der  Indigokilpe  identisch  war').  Schon  Aristoteles,  Plinius  nnd  Plu- 
tarch*)  erwähnen  öfters  die  „Blarae",  welche  die  Oberfläche  des  Pnrpar- 
bades  leigte.  Weiter  wnrde  einaMits  der  Znsats  von  alkalisehen  M ilteltti 
wie  fanlem  ürin^)  nnd  Bohnen  %  nar  ihres  Ammoniakgehaltss  halb«  henatxb, 
und  andererseit.s  wurden  Reduktionsmittel,  wie  Honig  und  Ol,  empfohlen'). 
Eine  Untersuchung  der  purpurfarbigen  Totenhülle  des  im  IX.  Jahrhundert 
beigesetzten  hl.  Aiubrosius  führte  zu  dem  Ergebnis,  da.«s  zur  Färbung  des 
Gewandes  Indigo  nnd  ein  Kermes- oder  Luc-d^e-abulicber  Farbstoff  benutzt 
worden  nt^).  Schon  frühor  ist  von  Bisio  darauf  hingewiesen  worden,  dass 
Kwisehen  Indigo  nnd  Purpur  Besiehangen  vorhanden  rind,  welohe  die  Iden- 


')  Codinn«,  De  officialibtu.  id.  Niebohr,  8.  18. 

»)  Witt,  Chem.  Technologip  der  Gcspinstfaiwii,  S,  17.  —  BehuBok,  Berichte  der 
deatKhea  cbem.  GeMUwbaft.   1879,  S.  1358. 
•i  Plvtarch,  Üb.  de  Oneal. 
*1  Boerhaave,  Chimiea.    Bd.  2,  S.  2. 
^1  Ualler,  Elementi  della  Fiaiologia,  üb.  36,  aer.  8,  §  7. 
^  Cavaltteei,  IM  nodo  di  tingers  la  peifeia.  Piraiifo  17M. 

Frapolli.  Lepetit  u.  Padalli,  Ossstta  ehifldea  1872,  U,  78. 

A.  und  G.  de  Negri,  ibid. 

Caraelntti,  Sendieoati  ddrinttitolo  Loiabardo,  18U,  918. 


Digitized  by  Google 


PorparfarbMi. 


43 


titat  der  beiden  Farbstoffe  kaum  niebr  bezweifela  lassen Auch  die  l'rü- 
fang  Rodcrer  PrieatergewSnder  ond  vei^^leieheiide  Yerraehe  tnit  den  einge- 
trockneten Safte  einiger  Schneckenarten  et]gabcD,  dm  das  Pigment  des  der 
dunklen,  anu'tliystfarljcnen  Art  des  autikon  Purpurs  entsprechenden  Murex 
truncnlus  (Punicin)  in  allen  Stücken  <h'n  vegetabilischen  Indigofarbstoffen 
(Indigoblau  mit  geringer  Menge  des  ludigorot)  gleichkommt. 

Der  alte  pli5nik1aehe  Purpur  war  doe  Miaebfarbe  des  echten  'Ftxhi/Mh 
der  PaTparsehneeke  mit  Terachiedenen  noeeliteii«  nmat  roten  Pigmenten. 
Der  höchste  Aufschwung  und  sogleich  das  leiste  Stadium  der  antiken  Par- 
purförberei  trat  ein.  als  man  durch  Vereinigung  der  l-an  l  und  Seefarben, 
der  sogen.  Purpur-  uud  Kräuterfarberei  im  Hysginischen  i'urpur  (u57ivcv) 
den  Gipfel  der  Kombination  erreichte.  Zu  den  Griechen  gelangte  der  Pur- 
pur ab  blatta  (ßXeCTxi}),  da«  im  wdteren  Sinne  der  „pnrpnra",  d.  i.  den  ans 
reinem  Purpursaft  entstandenen  Farben  entsprach,  nnd  diese  Be/eiclinang 
wurde,  wie  das  adjektive  „hiattens",  mit  allen  fiblichen  sprachlichen  Varia- 
tionen den  purpurfarbenen  Seidengeweben  beigelegt.  Dass  die  byzantinische 
Porpurfarbekaust  direkt  von  der  phöuikischen  abstammte,  dürfte  die  durchaus 
boreehtigte  Vermutang  beweisen«  dait  das  Wort  blatta  phdnildich«r  nnd  Qber- 
hanpt  anatiaeher  Herknnft  sei  nnd  als  Naancenbezeichnnng  etwa  der  Farbe 
des  geronnenen  Blutes  entspr  r!  ph  würde*).  Die  innere  Bedeutung  des 
,,hlatta"  begreift  ein  parasitisches,  Farl>stoff  lieferndes  In?sekt  nnd  diese  Be- 
zeichnung wurde  lediglich  als  solche  in  die  färberiscbe  Terminologie  auf- 
genommen Es  liegt  UQD  der  Gedanke  nahe,  dass  in  der  nenbyzastiniscbeu 
Parpnrfilrberet  nieht  die  Parpnfschneeke,  sondern  der  Kermes,  bekanntUeh 
eine  auf  dem  Kaktus  lebende  parasitische  Schildlaus,  die  Hauptrolle  spielte, 
und  das.s  im  Xlf.  Jahrh.  die  antike  dunkel  violette  Purpnrnnance  überhaupt 
durch  ein  tWt  reines  Rot,  du-  byzantinische  Lieblingsfarbe,  verdrängt  wurde. 

Die  weissen  chinesischen  Seidenstoffe  wurden  alsbald  nach  ihrem  Auf- 
tandten  im  Abendfainde  mit  Purpur  gefärbt  and  stellten  als  solehe  nieht 
nur  die  kostbarsten  Gewebe  vor,  sondern  sie  wurden  schon  unter  den  römi- 
schen Cäsaren  zum  Regal  und  Al)/.eichen  der  höchsten  Staatswürden  er- 
hoben. Zur  Zeit  Diokletians  betrug  der  Preis  der  purpurfarbigen  Strang- 
seide ((UTO^a  ßXamj),  wie  ans  einem  seiner  Kdikte  vom  Jahre  301  hervor- 
geht« 160000  Denare,  gleidi  3700  Hark  pro  PAud^.  Aneh  in  Byaans 
war  der  Porpor  ein  Prinleginm  des  kaiserliche»  Hofes  und  alle  Purpur^ 
fiUbereien  standen  unter  der  strengsten  Staatskontrolle.  ludessen  sdieini 
nur  der  Purparmantel,  das  „indnmentnm  regale",  welchem  später  in  Ostrom 


')  Biiio  teil.,  La  porpora  degli  antichi  etc.  Venesia  1SS2.  —  Scoperia  del  pris* 
cipio  porpareo  etc.   Ann.  delle  Sclenze  dcl  H.  Lomh.   Yeneto.  1633. 

*)  Sehmidt,  Foncbangen  auf  dem  Gebiet«  des  Altertums.  Die  griecb.  l'apjruaark. 
der  K.  BiUieth.  tn  Berlin.    Berlin  1842,  S.  139-143. 

*)  Kar^hncek,  Susandecbird ;  die  peniacbe  Nadel  maierei,  Wien. 

Becker  und  Marquardt,  Handbueb  der  römischen  AltertOnier.   S.  123. 


44 


Pmpixqpwtli«. 


„pnrpnr  imperialii^S  aueli  „ostram  tmpemle**,  «ntapneh     «1«  Ainridieii 

der  Kaiserwurde  gedient  zu  haben,  während  andere  purpurfarbene  Onrioder 
auch  im  privaten  Verkehr  vorkamen*).  Spatere  Gesetze  vfrUotpn  nur  ge- 
wisse Gattuugeu,  uämlich  das  sogenauute  oxyblatta  (tyriscbes  Purpur)  und 
hyacinthina';,  welche  Farben  den  Namen  des  heiligen  Purpurs  (sacer  mu- 
res)  tragen*).  Eine  als  „dibapba^*  (doppelfarbig)  bekannte  Abart  des  kauei^ 
liehen  Purpurs  wurde  durch  wiediwrlwltes  Anfiarbeu  in  besonders  tiefen, 
(luukelvioletfeu ,  fast  ins  Blauschwarze  spielenden  Tönen  herges^tollt,  wozu 
vorwiegend  der  S.ift  des  iMnrex  regnis  verwendet  wurde.  Mit  der  Zeit  ver- 
schmilzt sich  die  Idee  des  bktta  als  der  Nuance  mit  dem  Ausdruck  der 
„Farbe**  derart,  daee  man  dm  atu  mehrfarbigen  Garnen  verwebten  Seiden- 
tltofSm  die  Namen  dibUttion,  triblattion  u.  s.  w.  zuteilt.  So  beaehreibt  n.  a. 
Konstantin  Porphyrogeuetus  ein  solches  Seidengewebe,  den  kaiserlichen 
Purpurmautel,  aii'<  inupurfarbiger  Kette  und  grünem  Einschlagt).  Spilter 
hat  sich  die  Idee  den  Purpurs  überhaapt  mit  der  des  äeidengewebes  iden- 
tifiziert and  bestand  nun  kein  sprachlicher  Untendüed  iwiecben  den  Sei- 
dmwebem  und  ParpnrflLrbem  (bombydnare,  gleichbedentend  mit  par- 
pnram  facere)*). 

tieiläufig  mag  erwähnt  werden,  class  .schnn  zur  Zeit  der  llömerherrscljaft 
in  Deutschland,  namentlich  in  Bayern  und  zwar  zu  Regenshurg,  dem  alten 
Katiäbou,  eine  Art  Purpurfärberei  betriebeu  worden  i^t,  allem  Anschein 
nach  mit  einheimischen  Coccnsarten  (Kerroee)'). 

In  Byzanz  gelangte  die  Parpurftrberei  seit  dem  IX.  Jahrhundert  lur 
neuen,  weltberühmten  Blüte.  Die  Korperachaft  der  PnrpurRirber  (murile- 
guli)  genos»  weitgehende  Privilegien,  ihr  Gewerbe  war  indessen,  wa.s  da^i 
echte  Purpurverfahren  anlangt,  verstaatlicht  und  das  Geheimnis  des 
letileran  streng  bewahrt.  Trots  des  regen  Verkehrs  iwisoheu  den  beiden 
Metropolen,  konnten  sogar  fertige  Pnrporgewebe  nnr  auf  nngesetslicbem 
Wege  des  Schmuggab  nach  Rom  eingeAhi^  werden*).  Lant  dem  mssisch- 
griechischen  Vertrag  von  944  war  den  rnssischen  Knuflenten  streng  unter- 
lagt, Seideustoffe,  wohl  Purpurgewäuder,  deren  Preis  bO  Goldsoldi  überstieg, 
um  die  es  sich  stetü  hauptsächlich  handelte,  auszuführen.  Infolge  solch 
stranger  Mafenabmen  nnd  des  dnrch  das  Regal  beschrankten  Abeatiee  Ter* 


*)  Aaastas.  Biblieth.  lOS.  V.  Benediet.  lU. 

")  Ammian   lact.  divin.  Ju«t.  IV.  7. 

*i  Cod.  Justinian.  IV.  40. 

«)  Cod.  Jutt.  de  Tcrt.  hol.  11.  8. 

*)  De  ceiem.    S.  440. 

*)  Francis^ue'Micbel,  Hecherches  aar  le  comiaeroe,  1«  fabrication  et  Taatge 
dM  dtoffM  de  ade,  d'or  et  d'argent  et  anln»  tmm  pr^eieax  en  Ooddeot,  principtüeoMnt 
•B  France  pendant  le  nio.veti  ige.    Paris  1352,  II.  17. 

1)  Qampolzheimer,  Gesohicbte  von  Rageosbuig,  ä.  240. 

^  Apod;  Maratori  (Mript  nam  KaL  O.  487). 


Digltized  by  Google 


Bjnu  rar  Zait  der  At»ber. 


45 


liert  ilie  tyMMitiniaehe  PtarporArbenn  nadi  und  nach  »d  üm&Dg  und  Be- 
daatnng,  um  Mhliesdiclt  im  XIL  Jfthrhundert  punlieb  zu  «rldtohoi. 

«  « 

Auf  den  Trümmera  der  peisischeu  Maolit  erhebt  sich  um  die  Mitte 
des  VII.  Jahrhunderts  die  ucuc  politische  Welt  der  Araber,  jenes  am  die 
Verbreitung  der  Kultur  8o  hochverdienten  Volkes.  Dank  den  Arabern  ist 
die  Seideuindosirie  Mittelasiens,  die  zur  Zeit  des  Einbruchs  dieses  Volks- 
«tAimiie»  in  Tollster  Bitte  stand,  vm  ilinen  in  dem  fbrtMhnttend  degralohen 
Znge  nnoli  dem  Westen  Terpflanst  nnd  hier  auf  eitropÜsdiem  Boden, 
zugleich  mii  der  alten  Kultur  iir  !  Kunst  anch  das  Seidengewerbe  durch 
<Trr:ndiin'4  neuer  IndustriestStt^  n  r.f  die  jugendfrische  AVelt  des  Abend- 
landes übertragen  worden.  Die  ^eidenzucht,  die  Seidenindustrie  und  der 
Seidenhaudel  haben  durch  die  Araber  seit  dem  VII.  Jahrhundert  eineu 
aolehen  Umsehwnng  erhalten,  da»  es  notwendig  erscheint,  ihren  Stand  aar 
Zeit  des  arabischen  ESnbraclis  sn  besprechen,  hezw,  etwas  weiter  zurücksn- 
greifen,  und  dies  x\m  so  mehr,  als  der  letstere  eine  neue  Ära  ihrer  ge- 
schichtlichen Kntwickelung  eröffnet  hat. 

In  Byzanz  ist  nach  vorübergebender  Blütezeit  ein  Ötillstand  des  Öeiden- 
gewerhes  za  Terseiehnen.  Die  bis  in  das  X.  Jahrb.  fortdanernde  Ver- 
stesllichnng  Ave  Setdenindnstrie  hemmte  deren  Emporkommen  und  die  freie  ^ 
Initiative;  nicht  nur  die  Seidenzncht  nnd  -Weberei,  auch  die  Purpurfarberei  ' 
wunlft,  wie  erwtihnt,  durch  Staatsnionnpol  eingeschränkt.  Stand  da-s  by- 
zantinische äeideugewerbe  iu  seiner  Verstaatlichung  und  sklavischen  Be- 
schränkung mit  der  freien,  nationalen  Industrie  des  Orients  in  starkem 
Kontrast,  so  k<mnten  die  Polgm  der  fortwährend  anwachsenden  asiatischen 
K<mknrrens  noch  vor  dem  arabischen  Einbrach  nicht  ausblcihen.  Rechnet 
man  noch  die  nllfTcmpino  Arniut  dr-r  BeviMkerung  und  die  politischen  Unruhen 
hinzu,  so  i.st  ersie  ht  lieh ,  dass  der  \  erfall  der  byzantinischen  Seidenindustrie 
nur  eine  Frage  der  Zeit  war.  infolge  der  arabischen  Invasion  verlor  Byzauz 
das  den  Rohstoff  enengende  Land  Syrien,  wo  die  Scidemrocht  damals 
schon  in  beträchtlichem  Umfange  betrieben  wurde.  Bei  der  «llg^einen 
Schwäche  vermochte  Byzanz  auch  nicht  aus  dem  Yerfidl  der  konkurrierenden 
parthischen  Seidenindu<itrie  den  gehörigen  Nutzen  zu  ziehen.  Wenn,  wie 
mehrere  Geschichtsschreiber  anführen,  im  IX.  Juhrh.  in  Morea  Seidenzucht 
'und  Industrie  g^lüht  haben  soll,  so  liegt  hier  offenbar  eine  Verwechslang  der 
S^e  mit  sehr  feinen  leinenen  nnd  banmwollenen  Geweben  vor').  Anderer- 
seits stimmen  die  araltist  hen  Schriftsteller  darin  übcrein,  dass  Griechen- 
land noch  im  X.  .Jahrh.  aus  Spanien  die  Seide  bezogen  hatte').  Auch 
Anastasius  der  Bibliothekar,  der  äusserst  sorgfältig  und  gewissenhaft  die 

Patiset,  ybi«toire  de  la  «oi^  II.  26. 
*)  FrftBO.>Mi«bel,  Bcdtensbet  tur  h  coamieRe  «le.  SL  S91. 


Digitized  by  Google 


46 


Verfall  byzantiniacher  Stilriebtang. 


Herkunft  der  Seitlen.stoffe  seiuer  Epoche  studiert  hat,  erwilhut  uirgeuds  der 
peloponnesiscbeu  Gewebe Byzanx  veräuebt  zwar  Syrien  durch  die  kleiu- 
asiatiscbea  Produktionsläuder  zu  ersetzen,  es  verbleibt  indessen  betreffs  des 
Robmftteriab  in  beinabe  f^buliober  AbbiDg^;keit  Ton  China,  und  «war 
fortdauernd  bis  zum  XL  Jabrb.,  einem  Zeitpunkt,  wo  Moh  Mine  Seiden- 
maniifiiktur  nach  der  Aufbebung  der  VerstaatUcbattg  znr  nngeabnten 
epocheraacbendeii  Gröswe  eniporschwin^t. 

Der  später  zum  tj^pischen  Ausdruck  gelangten  spätsaraiteuiscben  Muste* 
rnngeweiae  bot  die  frisch  auf bl9bende  Webeknnat  Bytaatiene  nneebatebare 
Belehrnng  nnd  brnebte  eie  im  X  und  XI.  Jahrh.  in  volle  Abbängigkeit 
von  den  sputrümisch-byzantiuiscbeu  Vorbildern.  Erst  vom  XII.  Jabrb.  ab 
übernimmt  das  persische  Element  die  FuhrenoUe,  die  e«  während  der  nichsten 
zwei  .Jahrhunderte  vollauf  behauptet. 

Der  Zurückgaug  der  byzantinischen  Kuustweberei  ist  durch  die  steifen 
nnd  plnniien  Formen  eharakterisiert  Der  Verfall  der  Feinheil;  nnd  Leichtig- 
keit der  Zeichnung,  der  sein  Heil  in  immer  bedeutenderer  Vergrosserung  der 
Muster  und  Verstiirkun«^  der  Koti^iren  surlite,  läsat  sich  besonders  auf- 
fallend im  IX.  und  X.  Jahrh,  wahrn*  li um  h  itid  (hiiiert  bis  in  das  X].  .Tahrh. 
fort.  Dieser  Verschlechterung  der  Zeichnung  wurde  durch  Krhübung  der 
Farbenefiekte  abgdiolfan,  die  sieh  aniknge  dnrcb  eine  trabrbaft  fibermlaeige 
Ordlbeit  anszeichnete.  Die  Form  galt  nichts  mehr,  die  Farbe  ailee;  man 
könnte  diese  Ornamentik  mit  Recht  die  textile  Farbenmosaik  benennen.  In 
der  Epoche  des  Wiedereraporblühens  byzantinischer  Seidenweberei  lag  da- 
gegen eine  besondere  Kunst,  denn  die  wunderbaren  Nuancen,  wie  auch  die 
eigenartig  geschmaekvoUea  Farbenaneammewtelhii^ien  Termten  eine  YoU- 
konunenbeit,  wie  ne  noch  hentsniage  kanm  ericiehi  wird.  Dieee  merk- 
würdige Erscheinung  findet  ihre  natürliche  Erklärung  im  Auftreten  der 
Araber,  deren  jugendfrische,  orientalisch  orif^iiielle  KunstKppriffp  in  befruch- 
teuder  Weise  die  alter.s.sch\vach  gewordene  abundläudi.sche  .Seidenweberei  be- 
einflnsst  haben.  Das  Vorherrschen  der  gelben  Farbe  (Liebliugsfarbe  Allahs) 
iet  für  diese  bynuitiniaeh-arabieebe  Periode  eharakteristiecb,  obglmeh  ancb 
Rot,  Grün  and  Blan  vorkommen  nnd  sich  hier  und  da  Schwarz  bemerkbar 
macbf.  Die  Ornamentik  seibat  beiteht  haoptmchlieh  in  myitiseh-kiunpli-  ' 
zierten  Linienverschliufruugen. 

Der  Aniaiig  dss  VII.  Jahrh.  wurde,  wie  for  Westasien,  &o  auch  für 
China  mr  Epoche;  es  gelang  Lijueu,  dem  OrOnder  der  müchtigen  Dynastie 
Tang  (617),  endlieh  in  dem  dnreh  Bfirgerkriege  serrOtteten  BxAAn  innere 
Ordnung  einzurühren.  Die  Seidenkultur  nnd  -weberm  «rillelt  dorch  ihn 
einen  so  starken  Antrieb,  dass  im  Zt'itranm  vom  VH.  bis  zum  X.  Juhrli, 
chinesische  Kohseide  und  Seidengewebe  (kn  wichtigsten  Artikel  im  mittei- 
asjatiflohen  Handel  bildeten.  Um  sich  eine  Vorstellung  davon  zu  machen, 
welchen  MaDntab  der  Verbraneh  von  SeidenetoAm  in  China  aelbet  erreichte. 


>}  De  Vit.  Romas.  Pont  (Rer.  Uel.  affipi  HI,  S31). 


Digitized  by  Google 


1 


Chin«.  Japan.  MitUluieii.  47 

genügt  es,  einiije  geschichtlich  cnv5e?ene  Ereif»ni<5se  zu  citiereu.  Im  Jahre 
819  bringt  der  ätatthalter  der  Provinz  Uouan  dem  Kaiser  Hieu-Tsang 
8000  Stück  Seideugewebe  als  Holdiguug  des  Volkes  and  bietet  ihm  die 
nooh  vorbundenen  100000  fSr  sptter  aa^).  825  aehenki  ein  Mandarin 
dem  Kaiser  King-Tsong  eiue  Million  Seidenieage*).  Das '  verscbweu- 
derische  Umgehen  mit  der  Seide  las'ät  auf  ihre  nnermesslicheu  VorrSte  und 
den  üppigen  Luxus  damaliger  Zeit  schliesüeu,  da  die  Seideiizeuge,  wie  wir 
hüreu,  sowohl  beim  boheu  Adel  wie  im  geuieiueu  Volke  zu  etwas  alltäg- 
lichem geworden  sind.  „In  einem  Ftetan&oge",  beriektei  Hinen-Teang*), 
„s&klte  man  über  1600  Wagen,  die  mil  goldgestickten  Smdenbrokaten  be- 
deckt waren,  300  kostbare  Seidenschirme  n.  s.  w."  Die  seideuge werbliche 
Tbatigkeit  wurde  von  der  Regierung  in  jeder  möglicbeu  Weise  unterstützt 
und  durch  öffentUobe  Ausstellougen  und  Prämiieraogeu  der  besten  Erzeug- 
nisse dem  Portsekritt  freie  nnd  anasiehtBreiehe  Bahn  erftffnet. 

Aneh  in  Japan  entwidtelt  sich  das  Setdengewerbe  in  der  gleicken  Zeit- 
periode zu  immer  höherer  Blüte.  Wie  jedocb  bei  den  römischen  und  hf' 
lantiniscbeu  Herrschern  das  Intf^re-^p  hei  der  Einfi'iliruug  der  Seidenknltijr 
und  Seidenindnstrie  sich  um  den  dadurch  ermöglichten  Prunk  des  Hofes 
bewegte,  so  meinten  die  japanischen  Kaiser  dadurch  deu  Wohlstand  den 
Volkes,  vor  allem  aber  des  Banemstandes  zu  fdrdem,  nnd  tbatsiehlieh  be- 
weist eine  ^fengc  von  Verordnungen  der  japanischen  Oesetzgebnngsperiode 
vom  VII.  bis  VIII.  Jahrb.,  dass  für  die  Verallgemeinerung  der  Seidenzucht 
die  grösste  Sorge  getragen  wurdet  ja*  sogar  Zwaugsgesetxe  in  Anwendung 
gekommen  sind. 

Im  V.  Jahrb.  eriiielt  Mittdasien  die  naeh  ohinenseber  Art  gebandbabte 
Seidensncht  durch  Vermittelnng  des  Khotans;  welclie  EntwtekeInng  die- 
selbe kurz  darauf  genommen  hat,  lässt  sich  daraus  ersehen i  dase  in  Khotan, 

Kuscham,  Kaotscbang  n.  a.  Gegenden  Kleintbi'iet'^  <V\t'  Seide  schon  im  VlI. 
Jahrb.  dos  ausschliessliche  Bekieiduugsmaterial  der  Uevulkerung  bildete*). 

Bei  deu  Turkomaueu  kommt  die  Seide  ebenfalls  seit  dem  VII.  Jahrb. 
in  allgemeineren  Gelnaneh;  der  Volkntamm  Hakae  steht  als  eine  Roliseide 
erzeugende  Nation  im  IX*  Jabrh.  mit  Arabern  im  regen  Verkehr.  Die  zwi- 
schen Kbornssnn  und  China  ihren  Wohnsitz  eiunelunendeu,  kulturell  vor- 
geschrittenen Stämme  der  Uigureu  (Hei-hii)  betrieben  sowohl  die  Seidenzucht 
wie  die  Seidenweberei,  besonders  Fabrikation  kostbarer  Brokate.  Sie  stand  in 
ibreni  Lande  anf  hober  Stnfe  der  VoUkommenhmt,  als  es  im  X.  Jahrb.  dnreb 
den  Oesandten  CbinaSi  Sam-y^-t^,  beretsl  wnrde*).  Durch  Vermittelnng 
alter  dieser  Völker  gelangte  mit  der  Seidenweberei  auch  die  ebinesiaehe 


')  Mem.  d«8  Mitsioiiair«i  snr  la  Cliiiie.  SVI,  178. 

•)  ibid.,  S.  !98. 

•)  Vie  de  Uiouen-Tiiang,  Übers.  Stan.  Julien. 

*}  Documenta  g^gr.  sur  la  dvnastie  de  Thang,  überaetsoBg  tob  Stan.  Julien. 
*)  d'H^rbfllot,  BiUiotbiqiM  oiientale.  Suppl. 


Digitized  by  Google 


48  Seidenkaltut  ia  WestaBien. 

Seidenkakar  nach  dem  abendländischen  Asien,  wo  sie,  darck  geeignetes 
Klhiiii  und  ausgedehnte  Maulbeeiwälder  begäustijrt,  zur  Hliitf  kam.  Wie 
schon  erwähnt,  besa&s  Persieu  (gebirgige  Umtregend  des  Kaspiscben  Meere») 
einbeioiiscbe  gelbe  Seidenarteo.  im  Vii.  .Jahrb.  wurde  die  chiueaidche 
Methode  der  Seidengewinnung  waA  auf  dieee  bisher  nur  in  primitiver 
Weise  Terarbmieten  Kokons  ausgedehnt,  und  idt  jener  Zeit  eneheint  sodi 
die  persische  gelbe  Rohseide,  wie  von  Theophilaktes  angegeben  wird, 
im  allgeraeiueu  Handelsverkehr.  Das  nördllclie  Persien  erwies  sich  für  die 
Seidenzucht  vorzüglich  geeignet.  Der  alten  Uandelsstnuse  vüu  der  Bucharei 
nach  Persien  folgend «  hatte  lididie  IMdenknltor  in  Merv  eingebürgert,  ans 
welehem  die  Bewohner  anderer  perdeeher  Ortacballen  die  dnreh  ihre  Oftte 
berühmt  gewordenen  Ranpeneier  bezogen.  Von  da  verbreitete  sie  sich 
unter  dem  sarazenischen  Kiriflusse  nach  den  reichen,  das  Kaspische  Meer 
umgehenden  Gegenden,  wie  Tiibari<8tan ,  Kinnän,  Dschordschau  und  Djebah 
Die  Geographen  lätakri  »ud  Ibu-Üaukal  beschreibeu  uns  diese  Gegenden 
Peraiens  nnd  Syriensi  wo  die  Setdensneht  vortrefBich  gedieh.  Daehordeehan 
führte  nach  den  benachbarten  S'eidenzüchtereien  Kaupeneier  aus,  Tabaristan 
Wfir  nach  der  Aussage  Tbn-Haukjils  das  prodnktionsfiihigste  Land  des 
Erdballs.  Amul  H<  rflfllia"a  und  Astcnibad  waren  die  wichtigsten  Märkte 
für  Rohseide,  die  lievvoiuier  der  letzteren  Stadt  galten  ausserdem  für  sehr 
geschickte  Vorarbeiter  der  Floekwide*). 

Die  XInterjoehnng  pmiiBefaer  Provinsen,  wo  anner  der  Seidenaneht 
anch  überall  die  Seidennianufakturen  rege  Thätigkeit  entwickelten,  brachte 
die  Araber  mit  einem  Schlag  in  den  Besitz  von  Webereien,  nach  deren 
glänzenden  Erzeugnisi«eu  sich  die  »chon  damals  der  einfachen,  patriarcha- 
lischen Lebensweise  entwöhnten  Wüstensöhne  gesehnt  hatten.  Die  Araber 
b^nsUgten  die  povisehe  Indnetrie  dnreh  regen  Seidenhandel  und  Be- 
freiung der  Seidenz&ebter  von  jeglichen  Abgaben,  so  dam  sich  ihr«;  Thätig- 
keit auf  pDlitiseh- geographischem  Gebiete  auch  daliiu  geäussert  hat.  das3 
die  Hauptstätte  der  Seidenverarbeitnng  von  Syrien  narh  Mesopotamien 
(Bagdad)  und  Persieu  verlegt  worden  ist.  Seit  dem  iX.  .lahrh.  tritt  sowohl 
peraische  wie  eyneehe  einfache  und  gezwirnte  Bohaeide  in  aolAhem  Dherfioaa 
auf  den  Seidenndukten  auf*  daes  sie  mit  der  chinemaehen  in  Eonkanenz 
eintritt.  Die  persische  Seidenweberei,  welche  nunmehr  gänzlich  unter  dem 
arabisclien  Einflnss  steht,  produziert  die  weltberühmt  werdenden  Atlas-  und 
Sammetgewebe.  Die  Maoufakturen  von  Cbüzistun  und  Farä,  welche  schon 
unter  den  Sarazenen  kraftvolle  Entwickelung  genommen  haben,  dann  Tuster 
und  8us  bewahren  auch  fernerhin  den  Rahm  der  besten  Atlae-  nnd  Sammet- 
fabrikatiou.  Damaskus  erzengt  die  atilToll  gemusterten  SeidenstofTe  i^eiues 
Namens,  Antiochien  die  prachtvollen  glatten  uml  moirierten  Gewe))e  und 
Goldbrokate'}.   Mit  den  berühmten  süsischeu  Fabrikaten  dürfen  indessen 


*)  Hnkkadaii,  Oeogr.  S.  358. 
>)  Bdrttl,  ToL  II,  S.  181. 


Digitized  by  Google 


Anbiiehcr  WirkmigtkreM  im  Sodengewerbe. 


49 


nicht  die  gleiehnKttigen  Enengntsse  der  aordafrikaniNlien  Siksa  (TanU) 

verwechselt  werden,  die  ebenfalls  sebr  zarte  und  kottbare  Seidenzengc  lie- 
ferte. Während  «las  persische  Süs  zugleich  mit  seiner  politi.'S<  hpn  Redfiifnng 
aach  die  seideugewerbliche  Tbätigkeit  verlor,  behauptete  luäter  seinen 
Rnhm  auch  dann  noch,  als  bereits  der  grösste  Teil  seiner  AtlasMrbeiter  nach 
Bagdad  Tersogen  war.  Eft  iftt  nicht  deher  bekannt,  wann  der  Anfang  zu  der 
späterso  mächtig  aufgeblühten  bagdadischen  Seidenindnstrie  gelegt  wurde;  doch 
lilsst  sich  aus  einigen  uns  erhaltenen  biographischen  Daten  mit  Bestimmtheit 
auf  eine  Bagdader  Kolonie  tusterisflier  Seidenweber  schon  im  X.  lahrh. 
schhessen Die  Bedeutung  Tusters  dauert  fort  bis  in  die  Mitte  des  XiV. 
JahrbnndeitB. 

Die  arahMeh-perMaehe  Stilricbtung  zeigt  einen  weniger  racken  K(ini~ 
binationageist,  als  die  spätere  arabisch-spanische.  Das  Ranken  werk  neigt 
fieh  einer  mehr  naturalistischen  Richtung  zti  und  die  Tierge.stalt  wird 
häufiger  als  Motiv  verwendet,  was  seine  Erklärung  darin  tiudet,  da&>  die  per- 
sischen Schiiten  das  arabiftck«  BiMerrerbot  niekt  anerkannt  haben.  Die 
Farben  aind  mit  Vorliebe  sekundär  gewfthlt  and  aowobl  in  Ton  wie  in 
Znianinienatellung  mit  viel  Gefühl  bebandelt. 

Bei  Betraclitnr-si;  des  anihischen  Kinflnsses  nur  für»  Knt wickelnnf^s- 
pcschichte  des  Seitleugewerbes  lassen  sich  im  ailgeineiuen  zwei  Perioden 
unterscheiden.  In  der  unruhigen  Eruberungszeit  und  infoige  des  Glaubens- 
fuiatiamna  Termochte  die  Seide«  ala  dnreb  den  Koran  untersagter  Lnzna, 
nnr  schwer  Eingang  in  das  soziale  Leben  des  Arabervolkes  zu  gewinnen, 
fand  ji  'lodi  eine  um  so  freundlichere  Aufnahme  nach  der  im  VIII.  Jahrb. 
erfolgten  Umwandehing  sowohl  der  Sitten ,  \\  ie  der  der  Kultur  der  er- 
oberten Länder  nachgeahmten  staatlichen  und  gewerblichen  Verfassung. 
Dadnreb  wird  das  bei  politiadiM'  Rnke,  «Mkiendetti  Wofabtand  ond  Lnxna 
emporblfihende  Seidei^^ewerbe  anr  Nationalindoatrie  der  Araber.  Aber  ikre 
Obörwiltigende  politiadie  nnd  aittliche  Macht  lenkte  nicht  nur  die  !^e!den- 
verarl>eitunfr  Westasien?«  in  neue,  fruchtbarere  Bahnen,  sondern  brachte 
auch  im  beiden liaudel  eine  gänzliche  Umgestaltung  hervor.  Die  Araber  bo- 
ten alles  auf,  um  ihren  christlichen  Rivalen  im  Abendlande  auch  auf  mer- 
kantilen) Gebtete  den  Rang  absnlanfbn.  Ihren  Webereien  enraokaeni  ab- 
geaeken  von  dem  Aufschwung  der  eigenen  Seidenknltur,  ans  der  Anknüpfung 
des  nnmittelharen  Handelaverkehrs  mit  China  auf  dem  Land-  und  Seewege 
unermessliche  Vorteile. 

Gleich  bei  Beginn  ihrer  Herrschaft  zeigen  die  Araber  rege  Beteiligung 
am  Sddenbaiidel  Bjrnntlena  nnd  Pernena  mit  China  und  erringni  darin  eine 
allndUilicfa  launer  grSaaere  SelbstSndigkeit  Nach  dem  Verfall  der  grieebfadien 
Seefahrt  behaupten  di^  Ainber  auf  ihren  anfänglich  ausseiet  primitiven 
Fabrseugen  die  altgewohnte  UaadeUroate  und  dringen  mit  nneraebroekener 


*)  Karabaeek,  Übar  emige  Beaennutigen  mittelaUsrliehar  Qswebe*  S.  tt. 
ailli«rM»ii«,  Die  ScUte.  4 


Digitized  by  Google 


60 


Seidenbandel  der  Araber. 


KfllmheH  Dach  einer  gefahrvolleu  Seereiee  bu  ati  die  Oatgestade  des  chiue- 

sischpn  Meeres  vor,  wo  sie  in  Kanfu  einen  Ilandrlsverkehr  zu  stände 
briDgeii,  Uer  eiuen  ebeuäo  kuios^aleu  Mafsstab  auuitiimt,  wie  der  auf  dem 
bis  dahin  üblicben  Seideuiuarkt  KaU'-tscheu  im  Westen  Chinas'). 

Eine  besonden  glückliche  Sehickaakwenduiig  für  die  Araber  war  es, 
daäs  der  Anfang  ihrer  Be/.ielmngeu  mit  China  mit  der.  gegen  die  Mitte  de^ 
YII.  Jahrh.  eingetretenen  Blütezeit  politisclur  und  kultuit  ller  M;icht  des 
letzteren  zusimimenfiel.  I>je  sicli  zu  gleicher  Zeit  in  Centralasicn  ein- 
bürgernde innere  Ruhe  und  der  friedliche  Handelsverkehr  küuuii.-u  die 
Sehloarfolgernng  miaaeen,  dass  der  Seidenhandel  auf  den  altgewohnten  par- 
thiwhen  Landw^n  hierdnreh  einen  besonderen  Anfachwong  erhalten  habe« 
Mrelclif  Ausiclit  aiuli  durch  Pariset  vertreten  wird;  indes  kt  man  zu  der 
Annahme  berechtigt,  dass  sich  der  Peidenliiindel  nunmehr  vorwiej^end  dem 
Seeverkehr  zugewendet  halH.' Die  Verauiassuug  hierzu  lag  eniteus  darin, 
dass  »ich  der  Schwerpunkt  chinesischer  Seidenlculiur  immer  mehr  von  den 
Nordweatprovioxen  nach  den  uatUeheu  nnd  sfidiSetltchen  Yerachob,  ans 
Granden,  die  sich  ohne  weitere»  nicht  angeben  lassen:  dass  dazu,  wie 
einige  belmujiten,  die  Kiötfiuin^  der  Heeroute  beigetr^eu  haben  sollte, 
ist  nicht  erwiesen.  Alsdann  kiini  der  mächtige  Anfschwung  arabischer 
Handelskolonieu  uud  Hüleu  au  der  Malabarküste  dem  Seebandel  speciell 
sn  gute.  Ton  den  Zielpunkten  fr&herer  panischer  Seefahrer  wissen  wir, 
doüs  von  der  Zeit  der  sogenannten  irOmisehen  Gesandtschaft  bis  zum  III. 
Jahrh.  diese  Rolle  dem  Tonkiu  zufiel,  bis  gegen  das  IV.  Jahrh.  Kanton 
dem  fremdlSndiiär'hen  Verkehr  zugänglich  wurde').  Dass  dann  der  friedliche 
Handel  durch  Ausschreitungen  seitens  der  Perser  uud  Araber,  denen  es 
doek  auf  mSgUehst  gesidierte  Bnhe  ankommen  sollte,  dnrdi  Obormmpelung 
nnd  Beranbnng  einhelmieeher  Stadteinwobner  gestört  worden  am*),  erscheint 
eigentlich  schwer  begreiflich,  vielmehr  würde  dieses  verbSngnisvoUe  Er» 
eignis  als  ein  Akt  der  Notwehr  «seitens  der  den  Chicauen  eifersüchtiger 
C'bineseu  ausgesetzten  Fremdlinge  anfznfas.sen  sein.  Infolge  dieser  Tumulte 
verUessen  758  die  arabischen  uud  peittibcheu  und  «96  sämtliche  ausländischen 
Kanflente  Kauton  und  gründeten  in  Kaafn  einen  nenen  Stapelplata  f&r 
überseeiHchen  Seiden  verkehr.  sTS  fiel  auch  Kanfu  der  Baohencht  cbine» 
Bischer  Rel>ellen  zum  Opfer,  nachdem  sie  seiue  Beviilkerung  niedergemetzelt, 
die  Maulbeerjilantagen  in  der  ümgegeud  vernichtet  '')  und  m  einen  regei- 
mässigeu  Verkehr  mit  dem  Abendlande  auf  .Jahrhunderte  hinaus  zum  guten 
Teil  lahmgelegt  hatten.  Als  endlich  im  X.  Jahrh.  die  den  Fall  der  Dynastie 
Tang  begldtenden  poliiisehen  Unrnhen  in  China  den  freien  Zutritt  an  die 


')  Beinaud,  Introduction  h  la  (^eo^apbi«  d'Aboutfeda,  S  393. 

*)  T.  Rieht hofen,  Ciiina,  I,  jTS. 

*)  Hirtb,  Chinesisch«  Studien.  S.  23  «. 

*)  V.  Bichthüfen,  China,  I.  S.  570. 

•)  T.  Biohthofen,  Verb,  der  Gcselliebaft  jßlr  Erdkunde.  HI.  »5. 


Digitized  by  Google 


Verlegung  der  Handelseentren.    Seidenbau  Westasieoi. 


61 


Meeresküste  iiiul  den  Seeverkehr  überhaupt  ganz  unmöplich  machten,  erlitt 
■der  arabische  Handelsverkehr  insofern  eine  Umgestaltung,  als  der  Haupt- 
stapelplatz für  Seide  von  iieueai  uach  der  Iiutel  Ceylon,  die  seit  dem  YII. 
Jfthrli.  von  ihrer  frQhatn  Bedentoag  itark  emgeboHt  h^e,  verlegt  wurde. 
Nwifatraglich  wird  der  Seidenhandel  Cejlon«,  wie  fltierhanpt  der  Inteln 
des  Sunda-Ärcbipels,  noch  reger  betrieben  nnd  erreicht  im  XII.  Jabrh.  den 
Höhepunkt  seiner  Bliite.  In  der  weiteren  Folcre  der  nrabiscben  Periode 
des  Seideubandels  lässt  sich  indessen  eine  laugsume,  aber  stetige  Abnahme 
des  Seeverkehrs  wahrnebmen.  Die  seit  dem  X  Jabrh.  sicher  gewordenen 
Kanwaoenwei^  Mittelasiens  aehen  den  Sdiwerpnnkt  von  Chinas  Seiden» 
iiandel  an  sieb  und  übertragen  durch  Yeimittelung  der  Araber  die  Märkte 
nud  Stape]|diitze  allmählich  von  den  Grenzen  Chinas  nach  dem  "Westen 
und  so  nach  und  nach  l)is  an  die  Gestade  des  Kaspisclicn  und  des  Schwarzen 
Meeres.  Schon  im  Vli.,  und  besonders  im  VIII.  Juhrh.  blühten  die  ara- 
iNsefaen  Handelskolomen  an  derWestkOste  Indiens*).  Vielbesnohte  Statten 
waren  Bassora  (Basra)  und  Syrüf,  sowie  Hormuz-Syräf,  der  bequeme  Hftfen 
lieaasB  und  die  Rolle  des  die  einheimische  Weberei  versorgenden  Robseiden- 
marktes*)  einnahm;  auch  als  Hauptstapelplatz  für  chinesische  Seide  und 
Seidenstoffe  beeinflusste  er  seiner  Zeit  den  gesamten  europäischen  Seiden- 
verkehr.  In  Avt  Stadt  Bam  war  es  snerst,  daas  gegen  das  dentlich  aa»* 
gesproehene  Verbot  des  Propheten  ein  Araber  seidene  Kleider  ananlegen 
wagte').  Im  gleichen  Zeitraum,  vom  VII.  bis  zum  XII.  .Tabrb.,  verliert  der 
nördliche  Teil  Indiens  s'^ine  tViihere  Bedeutung  im  Seidenbandel ,  indem  die 
altgewohnten  Hundeiswege  über  Hindukuäch  und  Kabul  gänzlich  in  Ver- 
gessenheit geraten;  das  südliche  Indien  dagegen  erlaugt,  obwohl  es  seine  Be- 
riehnngen  an  den  Arabern  anfredht  erhalten  hatte,  erst  im  neuen  Zeitalter 
Interesse  fBr  die  Geschiebte  des  Seidenhandels.  Aden,  dessen  Hafen  von 
dem  vielgereisten  Mnkkadasi^i  (985)  als  die  Vorhalle  Cliinas  (dehliz-es- 
Sin")  be/eiehnet  wurde,  behielt  wie  l)islier  stets  besondere  Bedeutung  als  Rin- 
gangnpuukt  in  das  Rote  Meer  für  den  Seidenhandel  auf  dem  Seewege. 

In  dem  Mafee,  wie  sieb  Westasiens  Smdenban  so  hamtr  höherer 
Bifite  emporsdiwingt,  werden  die  koromersieUen  Bemdinngen  des  Abend- 
landes mit  China,  als  natürliche  Folge  des  kleineren  Bedarfs,  immer  unbe- 
deutender. Nicht  nur,  da'^s  die  Seidenmärkte  nach  den  Häfen  Trapezunts 
verlegt  werden,  wonach  sich  die  chinesischen  Kautieute  richten  müssen, 
sondern  auch  was  den  Haudelsgegenstand,  die  Seide,  anlangt:  es  taucht 
seit  dem  IX.  Jabrh.  die  kImnasiatiBcbe  Rohseide  in  ungekeneren  Mengen 
anf  and  Terdringt  das  seit  fast  einem  Jahrtansend  den  Seidenkandel  nnd 

')  V.  Kremer,  Kultuigeachicbto  des  Orient«  unter  den  Cbalifen.  Wien  1875—77. 
Bd.  U,  8.  276. 

Reinaud,  Rel.  de  vojages  faits  par  leg  Arabes  etc.    S.  81. 
*)  Karabacek,  Über  einige  Beaennujigen  mittelalterlicher  Gewebe.  Wien  18»2. 
8.  18. 

«)  Unkkadasi,  ^d.  de  Goeje,  8.  85,  426. 

4* 


Dlgltlzed  by  Google 


52 


Wiedergebart  Bjrsantiene.  Israeliten. 


die  ladusirie  beherrsduDide  «diinesische  Produkt.  Ira  XII.  Jahrb.  endlkh 
verschwindet  die  chinemdie  Robseide  ginzlieh  wag  dem  abeodländiscbeu 
Verkehr. 

Begansiigt  darch  dm  Verfall  des  Siaatsmonopols  und  doreb  bequem» 
Besebaffnng  des  Rohmaterials,  erhebt  dch  die  aeMeogewerbliobe  Thätigkeit 
T<m  Bjzanz  im  XI.  Jabrh.  wieder  ra  gewaltiger  Grösse.  Die  Mannbk» 
taren  von  Koriuth,  Athen  uud  Theben  werden  weltberühmt.  Die  kommer- 
zielleu  Beziebungeü  mit  den  Xomadenvülkern  Südnisslands,  den  Khasaren, 
Uzen,  Petscbeuiegeu,  Bulgaren  uud  deu  civilisierten  Völkern  Asiens  einer- 
seits, soirie  den  Venetianem  andererseita  maebten  ans  Konstantinopel  un- 
mittelbar vor  der  folgenden,  für  die  Geschichte  der  Seide  im  Abendlande 
bedentangsTollen  Epoche  der  Kreuzzage,  den  wichtigsten  Stapelplatz  und 
das  Handelsceutrura  für  Rohseide  wnd  Seidengewebe.  Der  Anfang  dieser 
zweiten  Blute  Byzantieus  beginnt  unter  Theophilus  (829 — 847)  nud  Kon- 
stantin Porphjrogenetus  (911).  Um  fficsa  imd  die  nachfolgend» 
Blftteseit  d«r  bysantiniseben  Seidenwobekonst  gelangten  dnreh  die  Bisebftfo 
von  Mainz,  Köln,  Salzburg  n.  a.  zahlreiche  byzantinische  Stoffe  nach 
Dentschland ,  wie  z.  B.  das  Seidengewebe  der  Ciisula  de.>  Biscliofs  \VilIigi» 
von  Mainz,  welches,  al<?  die  im  Jahre  1011  beigesetzte  Leiche  später  exhu- 
miert wurde,  nach  Jahrhunderten  noch  völlig  neu  erschien.  Die  Ver- 
mahlung Ottos  II.  mit  der  grieebisehen  Prinxesiin  Tbeopbanie  fikhrie 
den  byzantinischen  Luxus  auch  nach  Deutschland  ein;  Otto  schwärmte  fSr 
alles  griechische,  und  so  erklärt  sich  das  unverhältnismässig  häufige  Vor- 
kommen orientalischer,  speciell  byzantinischer  Seidenprachtgewebe  in  den 
dentschen  Kircbenschätzen  und  Museen.  So  stellt  z.  B.  eine  Anzahl  Blätter 
des  in  Trier  als  W^bgesohenk  der  Kaiserin  angrfertigten  ETaogeKan  von 
Edktemaeh,  jebt  in  Gotha,  geradesn  Kofäen  grieehiseher  Geirebe  jener 
Zeitperiode  vor.  Eine  besonden;  rege  Thätigkeit  byzantinischer  Gynäceen 
tritt  ein,  als  die  ersten  Nnzt-ichen  des  bevorsteheuden  Falle''  des  Reiches  sich 
bemerkbar  machen.  Einerseits  war  diese  Periode  durch  allgemeines  Aufblühen 
aller  technischen  Künste  und  des  Handelsverkehrs  ausgezeichnet,  anderer- 
seits aber  benötigten  die  Kaiser  för  ihre  Hilftktmtingente  und  dk  ans 
allen  Teilen  Nord  Westeuropas  herbeiströmenden  Söldner  vieler  kostbarer 
Geschenke,  unter  denen  die  Seidenstoffe  eine  Hauptrolle  spielten. 

Als  sehr  thatige  Vermittler  im  Seidenhandel  kommen  sowolil  bei  den 
Arabern,  wie  in  Byzanz  die  Israeliten  vor,  die  vorwiegend  seit  dem  VIIL 
Jahrb.  in  den  Vordeigmnd  treten.  In  allen  Vitien  des  SeidenTM-kehts, 
sowohl  in  Khanfi)  und  auf  Ceylan,  wie  in  den  Stapelpifttien  jEleinarims» 
ebenso  unter  den  Kulturvölkern,  wie  unter  den  Barbarm  betreiben  sie  ihre 
ausgedehnten  (ieschäfte.  Sogar  in  Bordeaux,  Tours  und  Orleans  besassen 
sie  Geschäftshäuser,  die  die  Kirchen  und  den  Hufstaat  des  merowingischeu 
Enropas  mit  Seide  versorgten. 

Die  siegreieh  nach  dm  Westen  fortschreitenden  Araber  tragen  in> 
awisehen  aneh  die  morgenlSndiscfae  SeideokuHnr  in  die  eroberten  Linder«, 


Digitized  by  Google 


SddsDtaeht  «od  •gewwlM  in  N«rd«fri1n»  Itelim  oad  Sponicn.  53 


sie  dieselbe  anf«  sorgföltigste  pfiegen.   So  wird  sie  nach  der  Ber^ 

berei  eingeführt,  welebe  die  erste  Etappe  bildet;  tob  hier  ans  Terbretiet 
sich  der  Seidenbau  rasch  ül)«r  Algerieu,  Tripolis  nntl  Marokko,  wo  er  von 
mildem  Klima  und  den  BüUfnvfr'iiiltnissen  begünstigt  winl  Dass  diese  Sei- 
den im  Verkehr  Mitteleuropas  vorkamen,  davon  zeugen  die  Stelleu  in  den 
Epen*  wie  s.  B.  im  Nibelangenlied,  wo  die  sehneeweiMen  anbisdien  Seiden 
erwUint  werden: 

Die  atftbiJchtT  ^!<1en  wiz  aleO  der  ^n«" 
Und«  TOD  Zazamäoc  der  grueaen  sA  der  kli 

(Nibelungen  Not,  ttr.  8M.)t 

ebenso  wie  die  noch  genauer  bezeiclinetett 

Von  Mnrroch  dem  lande  \mi  ruicli  von  Libi&n 
Die  aller  benten  sidon  die  ie  luer  gewnn. 

Bereits  itii  XI.  Jahrh.  wird  von  Edrisi  das  blühende  üedeilicn  der 
Seidenzocht  in  der  Provinz  Kabes  ge^hiidert.  Auch  Italien  hat  iu  dieäem 
Jalirhniidefft,  oder  naoh  einigen  Antoren  sogar  noeh  früher*)  die  Seiden- 
2aoht  durch  Vermittelnng  von  Kabes  erhalten ,  aus  welcher  Provinz  sie  von 
den  Arabern  nach  Sicilien  übertragen  wurde.  l)ie  Meinung  von  Fr-Miclicl 
wird  dadurch  bestätigt,  dass  in  Kalabrien  schou  im  IX.  .lahrh.  der  Seiden- 
bau  betrieben  wurde  naobdeoi  er  dorthin  durch  Morgeuiiiuder  (artefici 
orientali)  eingeführt  worden  war.  Nach  der  Bepublik  Teoedig  hat  die  Seiden» 
sucht  unter  dem  Dogen  Dandolo  (1204)  Eingang  gefundoi,  dar  gxiechiaehe 
■Seidenzüchter  and  Webekunatler  herbeizogt).  Welche  Entwickelung  sie 
im  Süden  Italien.s  genommen  hat,  lässt  sich  daraus  en5chcn,  dass  schon 
im  XIII.  Jahrb.  die  Produktion  ivalabriens  die  äeidenvrebereieu  von  Lucca 
versorgte '').  In  Bologna  (im  XIII.)  und  iu  Modena  (im  XIV.  Jahrh.)  sollen 
wichtige  Kokonmarkte  und  Haspelanstalien  bestanden  haben'). 

Ebenfalls  durch  arabische  Vermittelung  gelangte  die  Seidanknltur 
nach  Spanien'')  (Almeriii  und  Sevilla),  wo  sie  iu  Andalusien  zur  raschen 
Entwickelung  kam,  so  dass  bereits^  im  X.  .lalirli.  unter  der  Dynastie  der 
Omejjaden  die  spanische  Seide  ein  wichtiger  Exportartikel  war*).  Im 
XII.  Jahrb.,  nur  Zeit  ihrer  MSdntco  Blüte,  wird  die  ahneiriaciie  Sddenxueht 
nnd  die  sieh  in  gleiehem  MaÜM  entwickelnde  Seidenmannfiiktur  nach  Mur> 
zia,  Malaga  nnd  Granada  verpflanzt;  gleichzeitig  wird  nach  den  arabischen 
Kolonien  Spaniens  der  originelle,  kraftvolle  Ton  der  orientalischen  Seiden- 
webekunst ubertragen,  um  hier  eine  grossartige  Entwickelung  zu  erreichen 


')  Stüwe,  HandalszOge  der  Araber. 
*)  Frano.>Miehel,  Reeberelifli  etc. 

')  Marincola,  Statut!  Jell' arte  dclla  seta  in  Catanzaro.  1990» 
*)  Coroalia,  Monographia  del  Bombyce  del  Gelw.  &  19. 
*i  Bini,  Sa  i  Laoeberi  a  Vmeria,  8.  49. 

*)  Boiigi.  Deila  mercatura  dei  Lucchesi  nei  lecoli  XIII  e  XIV.  1884. 
*)  Abu-Zacbaria,  Libto  de  agricoltura  ed.  Banqaeri.  JU«drid  1802. 
^  Cond«,  Hnlsria  dn  löt  Arabst  de  EspaAo. 


Digitized  by  Google 


54 


SSeilkaisehe  Koiutireberet. 


und  der  »ehoo  tictteliendol  abendlftudiaelieii  Webekncst  tm  nene«,  eharakier- 

volles  Gepräge  zo  verleihen.    Almeriaa  berühmtesie  Fabrikate  waren  gold- 

durchwirkte  Seidenbrokate  und  sogenanntes  „bolol'S  ein  iiii!v<;erst  dünnes 
Gewebe,  danu  ,,I.«pahn"  und  „Iskulivtou".  Als  Ei<fentiini!iLhkeit  der  Orna- 
mentik ist  Lervorzuhehen,  dass  die  Farben  uieiät  kräftiger  auitreieu,  als  in 
den  orientatiselien  Urmnetern»  und  daw  das  Scfaaehttrettqnadrat  die  weiteste 
Verwendung  findet.  Edrisi  seUldert  uns  den  mächtigen  Anfsehwnng  der 
Seidenindustrie  in  Spnnien  vrührend  des  XTIT.  Jahrh.*)  und  sein  ungewöhn- 
licher Reichtum  an  Prachtj:;ewelK'n  iTisi^t  sich  aus  den  zahlreichen  litterari- 
schen und  geschichtlichen  Überlieferungen  des  XIV.  und  XV.  Jahrh.  er- 
sehen *). 

Naeh  d«r  Eroberung  Siciliena  durch  die  Normannen  (Anfang  des  XII. 
Jahrb.)  wurde  die  daselbst  bestehende  maurisclie  Seidenraauufaktur  von 
Ro«2;pr  in  <^rof!«!artiger  Weise  gefordert,  fto  dass  dadurch  selbst  der  mäch- 
tige bj^aiitiuische  Seidenhandel  in  eine  Krise  geriet  und  einen  Krieg  zwischen 
Normannen  und  den  mit  den  neidischen  Venetianeru  verbundenen  Griechen  zur 
Folge  hatte.  Roger  ging  ans  demselben  riegreieh  herTor«  nahm  die  besten 
Seidenweber  aus  Theben  und  Eorinth  nach  Palermo  mit  (1 146)  nnd  verlieh  so 
der  mtiselumiinisclicn  Soidonwobcrei  neuen  Zuwachs  und  Verjün^innp^ Es 
scheint  indessen,  d;uss  auch  Hoger,  der  hyzantinischen  SeidenpoUtik  nach- 
ahmend, die  Seidenmanufaktur  verstaatlicht  hat*). 

Die  siciKanischen  Webeanstalten,  die  ihrem  Charakter  naeh  mehr  als 
Hofliebbaberei,  denn  als  indastridt-kommeraiene  Etablissonents  anfgefasst 
werden  kdnnen,  trugen  den  Namen  „thirazza"  oder  „hoiel  de  Tira?/'  und 
zerfielen  in  ein^^elne  Abteilungen  oder  Werkstätten.  Die  eine  befasste  sich 
mit  der  Herstellung  einfachster  Gewehe,  der  glatten  und  buntfarbigen  Taf- 
fete (amita,  dimita,  trimita);  eine  andere  fertigte  Samraete  und  Atlasse  au; 
die  dritte  die  geblfimten  Zeuge  tod  grüner  Farbe,  die  vierte  Brokate,  Gold- 
stoffe nnd  reiche  Bantgewebe.  Speciell  gewann  die  Sammetweberei  hier 
eine  grosse  Ausdehnung.  Die  Kittliedralen  in  Le  Pny,  Ilalberstadt,  Braun- 
schweig, Danzig  n.  a.  besitzen  zahlreiche  überre>,te  dieser  prächtigen  Stoffe. 
Die  Sammele  wurden  ausserordentlich  schwer  und  dicht  in  einfacher  Hindung 
liei^esteltt;  die  Fabrikate  alten  Datums  sind  doppelfarbig,  die  jüngerm 
pnrpurrot,  violett  oder  grun  und  meist  mit  Golddun^wirkung. 

In  diese  Zeitperiode  füllt  auch  der  höchste  Aufschwung  und  zugleich 
die  letzte  Blntc  der  rein  arabischen  SeidenweUfknnst,  die  schon  seit  dem 
Anfang  ihres  Bestehens  mit  so  glänzender,  eonneustrahlender  Poljchromie 


I  Mrlsi,  ed.  Doiy,  5!-  2in 
^)  Fraaoitque-Michel,  Reeherchet  «tc   8.  297. 
Haalde-RenoQ,  Introdaetfon  de«  proeMft  fdatifit  \  1a  fabricaüoD  det  Aoff«» 
de  Nie.   Paris  1A38. 

■)  Oitoni«  Fiienog.  epUc  (G«rmaniae  bütor.  iUottr.  Bd.  I.  Francofurdi  1585.) 
•)  Fr.-If  iebel,  Beeberefaes  et«.  8.  T«. 


Digitized  by  Google 


Arabiicb«  Ornanientik. 


55 


ihm  MfutemngMurt  auf  dem  Selwnplatxo  der  Textilknnst  eraehienen  ut, 

(lass  selbst  die  Byzantiner  sie  eifrig  m  kopieren  begannen.  Die  arabisdie 
Stilrichtung  ist,  wie  bereits  früher  fin^;i'deiitet,  aus  den  frühlivzantinischon 
und  orientalisclien  Vorbihlern  ]iervor^i'{j;iiu<^Hii.  Das  streiiij«'  (leset/,  der  Lehre 
Mohammeds,  welche  auf  dem  poetischen  und  ungleich  sinnlichen  Volkscbarak- 
ter  der  Araber  ausgebildet,  die  Naehbildniig  beseelter  Gestalten  verbot  und 
90  die  üppige  Phantasie  des  arabischen  Volkes  znr  reichen  und  höchst 
eigentamlieben  Ansbildang  der  Pflsnzenfonnen  föhrte,  bedingte,  dass  das 


malerinhe  Prinsipi  ▼erhnnden  mit  dem  Farbensehmnek,  das  ursprüngliche 
Omameiit  belwmeliai  nrasste;  Die  Chrnnddemaite  arabischer  Omanwntik 
sind  an  und  für  sich  ziemlich  gering;  nur  ihre  anssergewohnlich  reiche 
Variierung  brachte  eine  bis  dahin  fast  unlwkannte  Mannigfaltigkeit  in  der 
Behandlung  der  Stoffldache.  Im  specielleu  unterschieden  sich  die  geometri- 
schen Motive  der  BandrerschlinguDg  tou  dem  europäischen  Romauisrnna 
dmoh  mehr  geliroehene,  ab  rande  Kontoren.  Die  Eintdlnng  grosser  Fliehen 
durch  gerade  und  wellenförmige  Linien  in  regelmässig  wiederkehrende, 
grösstenteils  geometrische  Felder,  deren  Füllungen  mit  symmetrisch  ange- 
ordneten Arabesken  durchzogen  wurden  —  unter  dieser  Bezeichnung  ver- 
steht man  ein  streng  stilisiertes  Kaukeuwerk  mit  bei  aller  Symmetrie  reich- 
ster Anordnung  der  Motive  —  verlieh  der  Omanentik  bei  aller  Eänf5rmigkeit 


Digitized  by  Google 


66 


Arabiicbe  StUricbtang. 


«in  dnrebaitt  wirk^iimes  und  gefälliges  Geprage.  Neben  geometrischen  Fi- 
guren verwendet  die  MiiJ<ternTig  grösstenteils  Pflanzenmotive,  Blätter,  Kuos- 
pm,  Finienzapteu ,  Oraugenkuospen,  (iranatapfel,  Farren,  f?chliugptlanzen- 
formeu  u.  a.  w.,  iu  der  Uaaptsache  jedoch  bewegt  sich  die  Fflanzenverzierang 
in  den  mumigfndien  Wellenrankeu,  lappig  gegliedertem  Akantlieiliktt  nnd 
dem  ungegliederten  Herxblntt,  ferner  swei-  oder  dreifaltigen  lenxet^rmigen 
Ansläufern  der  Ranken,  worunter  als  grOssere  Einheit  eine  kelchförmige 
Blüte,  umgeben  voti  ^til-'-ierten  Blättern,  vorherrscht.  Sehr  selten  tmd  erst 
später  triiVt  mau  Tiergestalten  an.  Ein  wesentliches  Element  bildete 
dann  die  ornamental  stilisierte  Schrift,  welche  in  das  liaukeuwerk  verwebt 
wurde  oder  Qber  demedben  hinlief  und  io  poetiaehen  Spr&cben  die  Beatim- 
rnong  dee  Gewebes  verdeutlichte.  Die  arabiwshe  Ornamentik  befolgte  im 
allgemeinen  das  Prinzip  einer  vom  Mntterstamme  ausgehenden  Strahlung 
uud  tangentenfönuigen  Krümmung  der  Linien,  sie  foli/t«'  also  gänzlich  dem 
Geiste  der  klassischen  Stile.  Die  Farbe  erfüllte  eine  iiochwichtige  Aufgabe, 
denn  ihr  war  sum  Teil  die  harmonische  LQning  dee  oft  Ikberreiciien  und 
eehr  Terwickelten  Bankenwerkea  übertragen.  G^en  Ende  Her  Epoche  über- 
wiegt im  Oruament  die  Tierwelt,  wie  Pferde,  Elefanten,  l'fauen  etc.,  wo- 
mit auch  die  Benennungen  der  (xewebe  (mochajjai,  motawwn«)  überein- 
stunmten.  Aucli  hier  traten  symbolische  Darstellungen,  Inschriften  und 
Namen  der  Kbalifen  (tiraz)  auf. 

Bei  den  Arabern,  deren  Hang  tarn  Myatiadien  nnd  Geheimnisvollen  in 
tausendfältigen  Erscheinungen  zu  Tage  trat,  gelangten  die  Ideen  vermittelst 
der  Lebensformen  in  eigenartig  tiefsinniger  Ornamentik  zum  Aiisdrutk.  Tu 
ihrer  Weliekunst  war  sell>st  die  Idpi»  d»^r  Musterung,  d.  i.  das  Erzeugen  der 
Zeichuung  auf  dem  Gruude  schon  au  uud  für  sich  eine  symbolische  Dar- 
stellung. In  den  fiir  Knltumwecke  verwendeten  Geweben  war  der  Grund 
des  Stoffes  als  die  Idee  des  Raumes  versinnlicht,  über  welchen  sich  das 
Muster  als  Symbol  der  Zeit,  des  U'^nermesslicben  hervorhebt.  Unter  den 
tierischen  tjymbolen  war  u.  a.  da«:  ,,khi-lin"  (augenfcheinlich  cliinesi«(]v^r 
Abstammung),  das  „vom  Hirsche  ein  Leib,  vom  Ochsen  den  Schweif  uud 
ein  Bcm  hatte"  die  Veninnbildliohai^f  der  Kftnigiwarde,  dfe  in  Staatskleidem 
auftrat.  Die  J^hnnde  haben  noch  in  der  Sassanidenperiode  ihren  Ursprung 
und  deuten  die  Idee  des  Ruhms  und  der  Ehre  an  (izz) Unter  den  pflanz- 
lichen Motiven  spielt  die  noch  von  den  alten  Parthern  überlieferte  Symbolik  de«? 
heiligen  Hauuies  (honi),  des  paradiesischen  Baumes  des  Lebens,  die  hervor- 
ragendste Rolle').  Unter  den  Blumen  haben  die  Darstellungen  von  Veil- 
dien,  Anemonen  nnd  Wasserlilien  ihren  tiefgedaehten  Sinn.  « 

Attch  in  die  indische  Sddenwebekonst  brachten  die  Araber  den  Geist 


■)  8aiDiiilaDg«n  de«  Berliner 

Hl »7,  Die  Scbatzkammcr  der  Marienkirche  Itt  Danüg. 
Fiüchbacb,  Ornamente  der  Gewebe, 
ffarabaeek.  Die  pcniaeh«  Nadelmalersi,  S.  153. 


laro,  II.  Tat  4«. 


Digitized  by  Google 


IndiMhe  Webeknnat.  PMudoarabiscb«  Muatecuog. 


57 


ihrer  symbolisch  verklirtea  MuteraDgaart,  die  sich  mit  der  einheimiaeheii 

mystisch  fabelhaften  Zierweise  711  einem  höchst  originellen  Ganzen  ver- 
schmolz. Diese  niauriscli- indische  Stilrichtiuij?  datiert  seit  der  endgiltigen 
Unterjochung  Indiens  im  XU.  Jahrh.;  ioi  Grundprinzip  der  maurischen  fol- 
gend, entwielEdte  sie  die  natunliatiMhe  Riehtnng  in  noeh  «ebftrferem  MaCw, 
ab  die  nenpernaehe,  und  brachte  eeliwetleiidere  Formen  sum  Anadmelc.  In  den 
ehamkteristischen  indischen  Palmetten  mit  nmgebogeneu  S[5itz  .  owie  tm 
p^anzen  Gernnkp,  wie  dies  noch  heutzutage  nn  äcu  Bordüren  der  Kü-selimir- 
shawls  beobaciitet  werden  kann,  wie  endlich  überhaupt  im  gesauiteu  indischen 
Flacbomament  herrschte  zn  jener  Zeit  ein  bewunderungswürdiger  Reichtum 
an  Erfindung  nnd  hannoni«chem  Farbensinn,  an  dessen  ESutwickelnng  die 
fippige  Pflanzenwelt  des  indischen  Bodens  gewiss  nicht  geringen  Anteil 
nahm.  Diese  äusserst  leichte  und  dennocli  wunderbüi-  komplizierte  Miistening 
von  farbenreichster  Ausschmfickung  ist  bis  auf  den  heutigen  Tag  von  keiner 
anderen  auch  nur  annähernd  erreicht  worden;  nur  einzelne  Motive  wurden 
hie  nnd  da  verwertet,  ohne  jedoch  die  Wirkung  des  Gesamteindrueks  in- 
discher Originale  erreidhen  su  können.  Man  könnte  jene  Zierweise  ein 
Linienornament  nennen,  indem  glatte  einfarbige  Flächen  so  gut  wie  gar 
nicht  vorzukommen  pflegen.  Um  solche  schwierige  Mnsternng  zn  ^.tamle 
zu  bringen,  war  eine  Torzüglich  ausgebildete  Webereitechuik  notwendig. 

Wie  angenebm  die  sinnige  Ausdmeksweise  und  technieehe  Vollkom- 
menbeit  der  arabischen  Ornamentik  den  Sachkundigen  auch  von  jeher 
berabren  mochte,  so  liegt  doch  das  schwerwiegendste  Werk  der  Araber 
weniger  in  dem  Verdienst,  neue  Kunst  weisen  geschaflPen  zu  haben.  —  denn  der 
Umschwnng  and  die  Ausbildung  antiker  Formen  wären  auch  ohne  ihre  Da- 
zwisehenkunft,  freilich  in  anderer  iiichtung,  erfolgt,  —  ul.s  darin,  duss  durch 
eie  ftberall,  wohin  sieh  ihre  Weltherrschaft  erstreckte,  ein  fast  einheitlieher 
KnnstsUl  eingeführt  worden  ist.  Es  ist  daber,  wie  mehrmals  betont,  beut- 
zutage  nicht  mehr  leicht,  syrische  und  persische  von  ägyptischen,  spanischen 
oder  sicilianischen  Gewelien  zu  untersciieideu,  WO  nicht  etwa  besondere  Ab- 
zeichen oder  ln.schriften  vorhanden  sind. 

Die  stetige  Naohfr^p  nach  den  Enteugnissen  aralnseher  Kunstweberei 
im  Abendlande  brachte  ihre  Mnsterungsart  in  Flues  und  machte  alsbald  die 
l^^achahmnng'  derselben  zu  einem  einträglichen  Industriezweig,  der  speciell 
in  den  Webereien  Norditaliens  seinen  Sit*/  hatte.  Solche  im  orientalischeu 
Stil  gewebten  Stoffe  kamen  u.  a.  auch  im  kirchlichen  Gebrauch  vor,  uud  öfters 
ereignete  es  sich,  dass  ein  katholischer  Priester  den  Gottesdienst  in  Mess- 
gevriindem  voUxog,  die  mit  orientalischen  Knltuesjmbolen  nnd  Namen  der 
Sultane  geschmückt  waren.  Die  Beklddangen  der  Altare  zeigten  ebenfiills 
arabische  Löwen,  Greifen.  Drachen  u.  s.  w.  Die  auf  uns  überkommenen 
imitierten  sarazenischen  Gewebe  lassen  sieb  von  Orientalisten  unschwer  von 
den  echten  uuterscheideu,  da  die  augeweudeieu  arabischen  Scliriltzeicheu  von 
der  Spraohe  nicht  kundigen  Webeimehnem  entweder  ginzlich  falsch  oder 
in  inkorrekt  symmetrisclier  Weise  angeordnet  wurdra. 


Digitized  by  Google 


58 


Arabisches  Seidengewerbe. 


Mit  dem  XIIT.  Jahrb.,  dem  Hühepuukt  der  politischen  und  kulturellen 
Mis.sion  des  .\rabervolkes,  unmittelbar  vor  dem  Beginn  seines  Niederganges, 
hat  die  Seidenwcbekiinst  bereits  eine  hohe  Stufe  technischer  Vollkommenheit 
erreicht.  In  fft(;onnierten  Stoffen  und  Goldbrokaten  tritt  die  Doppelkette 
auf,  von  dem  Köper  ging  man  vorwiegend  zn  der  strahlenden  Atlasbinduug 
über  ttnd  die  Sammetkuustweberei,  sowie  das  Brochieren  (Weben  mit  unter- 
brochenem Einschlag)  finden 
immer  mehr  Verbreitung.  Diese 
Blütezeit  islamitischer  Seiden- 
maunfaktur  im  XIII.  und  XIV. 
■lahrh.,  die  so  sehr  in  die  Lebens- 
verhältnisse aller  Volksklnssen 
eingriff,  war  begleitet  von  einer 
strengen  polizeilichen  Aufsicht 
der  beteiligten  Arbeiter,  Fabri- 
kanten und  Händler,  eine  Ge- 
werbeeinrichtung, welche  die  Ara- 
ber von  den  Griechen  homerischer 
Zeit,  wo  die  Agoranoraen  die  be- 
treffende Aufsicht  führten,  über- 
nommen zu  haben  scheinen.  Eine 
Erklärung  hierfür  findet  sich  in 
einem  auf  der  Wiener  Hofbiblio- 
thek  aufbewahrten  handschrift- 
lichen Werk').  Die  Ateliers  und 
Lüden  unterlagen  häufigen  Revi- 
.sionen  seitens  der  Muhtesib,  d.  i. 
Polizeibeamten,  diedarüber  wach- 
ten, dass  mit  dem  Käufer  nicht 
auf  betrügerische  Weise  verfah- 
ren würde,  denn  gar  häufig 
wurde  die  Seide  durch  Zube- 
reiten mit  präparierter  Stärke, 
Fett,  Butter  oder  Olivenöl  vor  dem  Kochen  (Entschälen)  im  Gewicht  er- 
schwert 

Unter  den  arabischen  Bezeichnungen  für  Seide  in  ihren  verschiedenen 
Zubereitungsarten  sind  folgende  von  Interesse.  Unter  Ibrisara  verstehen  die 
Quellen  entweder  die  einfache  oder  die  gezwirnte  Rohseide,  die,  je  nachdem 
sie  schwächer  oder  stärker  gedreht  war,  die  Namen  sadä  (Kette)  oder  lühme 
(Einschlag)  fiihrte.    Der  heutzutage  übliche  Name  Organzin  stammt  vom 


Fig.  7.   l'teudoarablKhei  Gewebe  (Italien),  XIV.  Jahrb. 
Oiiginil  XU  Krefeld. 


*)  Scheich  cn-Nabrawi,  NihÄjet  etc.  Bl.  2Sa,  citiert  von  Kftrabacek,  Die  li- 
turgischen Gew5n<ler  mit  arabischen  Inschriften  atis  der  Marienkirche  in  DanziK-  Wien 
1870.    S.  21. 


Digitized  by  Google 


ArabiKliet  Seidengeverbe. 


Seidenmarkt  Urgendsdi  in  Chioai  der  in  Ewopa  im  Mittelalter  ab  Organsi 
bekannt  war.  Rs  scheint,  daa  die  Beseichnung  Ibriiftni  sowohl  für  gchas- 
l>elte,  wie  fiir  aus  den  Abfällen  gewonnene  Seidengarne  gegolten  hat.  Eni- 
hastete  Ibrisatus  nannte  man  harir.  Um  die  zahlreichen  Benennungen  der 
Erzeugnisse  der  Kaustweberei  einigermafsen  genan  erörtern  zu  köuueu, 
würde  man  eich  gldchteitiif  anf  orientalieebe  Spraehetadien  einlaasen  mfieeen; 
begnttgen  vir  nns  also  damit,  nur  die  typiacfaen  Gewebe  herauszugreifen. 

Fntcr  den  reinseidenen  Gew<"bpn  war  ..dybäg",  »  i'i  rlnveres  Poideu- 
•(  •:-!:,  durcli  seine  bunte  Musterung  ausgezeichnet,  deren  btil  (grosshluniige 
\  er/.ieruiigen)  sich  bis  in  die  Jetztzeit  in  den  liturgischen  Gewändern  erhalten 
hat.  „Cathifak^*  waren  Sammete  und  „comaeh**  brochierte  Gewebe  orieu- 
taliaeber,  d.  i.  rein  arabiieher  Herkunft.  Ein  leicbteres  Zeng  war  Mehan", 
das  unserem  Atlas  entsprochen  zu  haben  scheint  und  speciell  in  Armenien 
erzeugt  wnrd*»').  iVr  Anfwund.  welclier  in  der  mohammedanischen  Welt 
mit  Dyl'iig  (lies  Üibudschj,  diesem  ko8ti)areu  Atlasgewebe,  getrieben  wurde, 
ist  fast  uiiglati blich;  fiir  golddurchwirkte  Tapeten,  Vorhänge,  Zeltbeklei- 
dangen  etc.  betrug  er  jilhrlieh  Hunderttaneende.  So  lieas  eich  der  CbaKfe 
el-Mu'izz  li-dln  im  Jahre  964  eine  immense  buntfarbige  Seidentapete 
(makta)  aus  Tusterseide  anfertigen'').  Wie  aus  der  Auseinandersptznng  im 
„Buch  der  \'urrüte''  (Kitub  eds  d.eaebä'ir)  hervorgeht,  stellte  diese  Tapete  eine 
grosse  Landkarte  vor,  auf  welcher  die  Abbildungen  der  Krde,  ihre  Gebirge, 
Meere,  Südie,  fl9asef  Straaeen  etc.  nnd  die  beiden  heiligen  Städte  Mekka 
and  Medina  mit  enteprecbenden  pietätvollen  Wandemngslegenden,  alles  in 
Gold  und  Seide,  vorhanden  waren.  Sie  war  in  der  kostbarsten  blauen 
Farbe,  der  sogen.  Asmandschunij j  oder  Hjacinthenfsirbe  (Himmelsfarbe) 
ausgeführt  und  erreichte  ihr  Herstellungspreis  die  enorme  Summe  vou 
22000  Din&r,  nach  hentlgem  Goldwert  ungefähr  286000  Free.  Die  blaue  Farbe 
wurde  aneh  Ton  den  saasanidiiehen  Pemem  vorsngsweise  an  den  kdniglicben 
Prunkstoffen  verwendet.  Um  eine  Nuance  verschieden  war  die  gleich- 
geschätzte A  rdsehevrrmijj.  Sehr  IwgrUndeten  Vermutungen  nach  sind 
diese  Farben,  die  zuweilen  von  schwärzlichem  Ton  waren  und  ins  Violett- 
rote  spielten,  mit  Purpur  nahe  verwandt  und  wurden  auch  von  Einigeu  mit 
dem  eyrieoben  baltin  nnd  dem  griechtscbcn  ^Xamov,  blattin,  Identifiziert*). 

Bei  d«n  regen  Verkehr  der  Araber  mit  dem  Abendlande  und  der  da- 
durch gewissemiafscn  vereinigten  Seidewebekunst  des  Orients  und  des  Oeci- 
dents  ist  es  gekommen,  diiss  die  Originalben ennnngeii  arabischer  Seidenge- 
webe,  die  in  die  europäische  Geschäftssprache  aufgenommen  wurden,  mancher- 
lei Spraehmodlfikationen  durchmaehen  muarten,  welche  oft  nnr  iiehwer  auf 
ihre  unprflngliehe  Abrtammmig  hindeuten«  und  diee  um  so  mehr«  als  die  am  ^ 
eicilianiaob-nianritanieelien  Seidenmannfakturen  heratammenden  Gewebe  h&ufig 

>)  KretniT,  fvulturgescbichte  des  Ori«nii  «tc.  II,  290. 
*)  HakrizI,  GbiUt  etc   I.  &  417. 

*i  Karabaeek»  tUm  elaige  B«n«nanngtB  aiittdalt  Oewsbe.  8.  SB. 


Digitized  by  Google 


60 


SidUaniieh-arabiMbe  Periode. 


nicht  nur  arabische,  sondern  öfters  ansschliesslich  gricebttohe  Beoeniiongen, 
wie  diniit;i,  eximltii.  diiipisti  etc.  erhielten Solche  Erzengnisse  von  nicht 
genau  bestinnnter  Herkunft  werden  wir  bei  der  allgemeinen  Besprechang 
mittelalterlicher  Gewebe  kennen  lernen. 

Im  XII.  JAhrh.  beginnt  eine  B«ie  glftniende  Äm  abeDdlindteober  Sei- 
denwebekuDst,  die  sicilimiiadiHurabMcbe  Epoehe,  welebe  bw  tief  in  das  XIV. 
.Jahrhundert  die  Herrschaft  bebanptet  und  die  spanische,  sowie  die  sü<1- 
italienisclie  Webekunst  uinfasst.  Alle  Vorriip:?  dpr  arabischen  Ornamentik 
gelaugten  bei  den  spanischen  Mauren  zur  höchsten  und  i>ewus.sten  Ent- 
wickelung;  die  Dekoration  überrascht  durch  den  Reichtum  geometrischer 
Eom1nnati<aen;  die  Fflansoielemente  bekunden  bei  aller  idealen  Stilurfemng 
die  sorgfältigste  Beachtung  der  Priu/ipieu.  welche  die  Entwickelung  des 
vegetabilen  Lebens  liediugen.  denn  alles  Blattwerk  entspriesst  orfrum'srli  dem 
Mutterstamme ;  uiemals  stösst  man  auf  willkürlich  einüjeschobene  Schnörkel. 
Die  Schrift  ersetzte  auch  hier  das  sj^mbolisKche  Element  der  Ägypter,  Bj- 
lantiuer  nnd  Perser.  Die  Orandfiirben  Blau,  Rot  nnd  Gelb  (Gold)  wurden 
in  einer  d«r  Yerwendang  und  Katar  dw  StoAM  •agepasst«!  Weise  rasam- 
mengestellt:  das  Rot,  als  die  stSrlate,  in  die  Tiefe  resj)  den  Grund,  Blau 
für  mein-  dunkle,  das  Gold  dagegen  filr  die  hervortretenden  Kunturen  ge- 
wählt, die  zartesten  Verzierungen  wurden  mit  Purpur,  Grün  und  Orange 
koloriert. 

In  Sieilien  worden  die  normannisclien  Eltoige  die  Erben  der  arabischen 

Manufakturen,  und  so  vereinte  sich  die  wraienische  und  griechische  Webefei- 
teobnik.  In  der  Kunst  TerscbafFten  sich,  wie  dies  früher  in  Bvzanz  der 
Fall  war,  zuerst  die  arebaistischen  Tiermotive  den  Eingang,  weiche  aber 
zeitgemäss  freier  und  prankvoller  stilisiert  wurden.  Die  Sjmbolik  der  Ge- 
webenrasterang  dieser  Zeitepoehe  ist  die  nwnliebe  wie  bei  den  Arabern,  denn 
ca  worden  teils  dnreh  Unwissenheit  der  Webekünstler,  tnls  absichtlich  Sym- 
bole nnd  psendoarabiscbe  Inschriften  eingewebt,  nm  dem  Gewebe  das  viel- 
begehrte orientalische  Gcpraire  zu  verleiben.  Wie  der  Löwe  als  Herrscher- 
symbol in  fürstlichen  Uewaudero  auftritt  und  der  im  Ornament  mit  weit  ao»- 
gebreiteten  Flögeln  aofsteigende  Adler  als  eine  Yersinnbildltchniig  desGlBokes 
bd  Festlichkeiten  gegolten  hat,  so  war  wiedemm  d«r  fallende  Adler  das  Symbol 
des  Todes  und  ünglocks  und  fand  für  Fnneralstoffe  nnd  Totentücher  (k&fan) 
Verwendung*).  Die  .lagdscenericn  sind  in  entsprechender  Stilisierung  ein  öfters 
benutztes  Motiv,  so  z.  B.  auf  den?  ?ii  l'alernio  im  Jahre  1134  von  arabischer 
Hand  gewebten  äeidenstutf,  der  aU  Kruiiaugsmantel  der  römisch -deutschen 
Kaiser  diente  nnd  anf  dem  Pnrpuigronde  dnen  Lftwen  darstellt,  der  ein 
Kamel  zerreisst.  Aneh  das  Breshioer  Mosenm  scblesischer  Altertümer  be- 
sitzt ein  derartiges,  ans  dem  XIII.  Jahrb.  stammendes  Seidengewebe  mit 
Jagdscenen.  «  • 

*)  Hugo  Falcandus,  Del  Be  croD.  •crittori.  Napol.  I.  SSO. 
*)  Fiichbach,  Ornamente  der  Oewelie,  Taf.  45. 


Digitized  by  Google 


8dd«  in  llitt«l>  vnA  NordenropA.  Noraummn. 


61 


Während  im  südlicheu  Europa  das  Seidengewerbe  immer  mehr  an  Ans- 
dehnaog  gewann  und  die  Seide  allmälilich  sich  in  immer  breitere  Kreiso 
Eingang  verschafiTte,  bleibt  sie  in  den  übrigen  Teilen  Europas  noch  eine 
Selienliät.  Ale  enteVennkasimg  sn  ihrer  Oburtragang  und  VerMtang  traten 
hier,  wi«  oftnnkf  dk  Kriege  und  Bulienfllle  der  NonedeiiTÖlker  Hittelenro- 
pas  in  das  römische  Reich  in  den  Vordergrund  und  vermitteln  das  enste  Be- 
kanntwerden mit  der  auffnlleiulen  Schönheit  unserer  Tcxtilfaser.  Mit  der 
Entwickehmg  des  politischen  Verkehrs  auf  friedlichem  Wege  und  der  kommer- 
ziellen sowie  der  kirchlichen  Beziehungen  durch  Vermittelnng  der  Missionare, 
vereebeifen  tkAt  die  S^engewebe  ale  Pllratengeeelieoke  und  Insignien  der 
Staats-  und  Religions würde  eine  in  der  Geschichte  anerkannte  Beden- 
tnng.  Welchen  Preis  sie  immerhin  behaupten,  laast  sich  B.  erscheu,  dass 
als  der  hl.  Benediktus  (674)  König  Egfried  zwei  Stück  tjeidenstoff»  uns 
Rom  mitbringt,  er  dafür  im  Tausch  ein  beträchtliches  Grundstück  erhalt, 
anf  dem  dae  berttbmte  Kketer  gründet Unter  den  Festgaben  nnd  Ge- 
fichenken  nahmen  die  Seidenstoffe,  die  stete  in  erster  Reihe  gniannt  wwdoi, 
den  wieh^sten  Piste  ein  und  haben  in  mancher  geschichtlichen  Angelegen» 
heit  wichtige  Rollen  spielen  müssen.  So  ist  die  Bitte  des  Kaisers  Alexius 
an  Heinrich  III.  (lOBl),  den  er  um  Hilfe  gegen  die  >iormanneii  ersuchte,  da- 
durch bekräftigt  worden,  dass  er  derselben  hundert  Stück  byzantinische  Pur-> 
purgewebe  beifilgen  liess').  Unter  den  Geechoiken,  welche  von  Tankred  sn 
Richard  Löwenhers  (1191)  überliefert  varden,  waren  die  Seidenstoffe  die 

koetbarstcu 

Man  ist  bisher  weni<:(  geneigt  gewesen,  den  ^iorraannen  irgendwelche 
grössere  Wichtigkeit  in  der  Entwickelnngsgeschichte  des  Seideuliandels  etc. 
beisumessen,  doeh  weisen  alle  ÜmstiLnde  daraaf  hin,  dass  die  sich  swisehen 
diesem  eroberangriaBtigmi  Volke  nnd  den  Arabern  in  Tielfaeher  HInaieht 
ergebende  Parallele  auch  auf  unser  specielles  Gebiet  ausgedehnt  werden 
kann.  Ihre  Kriectc-  nn  !  Riiubeinfiine  im  IX.  Jahrb.,  spater  regelmässige 
Beziehungen  mit  den  Ländern  des  Mitteluieeres,  Spanien,  Italien,  Öicilien 
nnd  Griechenland,  und  dem  Norden  Europas  andererseite,  konnten  nur  zur 
Folge  haben,  dam  die  splendiden  Seidmigewftnder  in  ihren  Bedte  gelangten 
nnd  durch  sie  nach  allen  nördlichen  Ländern  verbreitet  wurden.  Es  ist 
geschichtlich  festgestellt  word  -n,  Anm  die  BeTiiehungen  der  russischen  Städte 
Nowgorod  und  Psko'iv  711  den  \\  ariigern,  d.  i.  skandinavischen  Normannen, 
noch  vor  der  Gründung  des  russischen  Reiches  zu  stände  gekommen  sind; 
viele  tkandtnaTtsehe  Sagen  enthalten  sablreiche  Andentungeu  dieses  Ver- 
kehrs. Woin  wir  nnn  «nnehm«i  wollen,  dam  sich  nnter  den  von  den  Noi> 


»i  Vit«  S.  Ben.  (.\cttt  »ancta  ord  ,  g.  B.  II.  1007). 

*)  Gib'jon,  GcBcbicbU-  dtb  VerfuU»  des  rCmiBchen  Weltreicbs,  S.  2129. 
'j  Bogeri  de  Uoveden,  Ann.  (Her.  Angiic.  acript.  A.  1601,  &.  6«$8). 


Dlgitized  by  Google 


€2 


Seidenmkebr  in  RaatliuuL 


ntauuen  im  Miiteltneere  erbeuteten  Waren  auch  .Seidenzeuge  befanden,  80 
hiltten  die  Völker  des  nönllichen  Europas  und  insbesondere  de.s  nördlichen 
Ruaslands  (um  diis  Vmltiscbe  Meeri  ihre  er>-te  Bekanntschaft  mit  dem  neuen 
Textil  den  Normannen  schon  jener  Zeit  zu  verdanken,  wo  die  sich  bildende 
Verbindang  nusiaeher  Stämme  nnterdiMktid«r«  mit  Byxaui  und  dem  wtiteren 
Oriente«  die  Stadenmirkte  naeh  Kiew  nnd  Nowgorod  verl^e  und  dem 
Headelemkekr  eine  umgekehrte  Richtung  gab:  von  Rnmland  ue  nneh  Nord- 
westeuropa nnd  Skandinavien.  Im  Jahre  1 822  ist  im  Houvernement  Mo- 
bylew  eine  grosse  Austahl  arabischer  Münzen  aus  den  Jahren  639 — 810 
vorgefunden  worden,  unter  anderen  viele  afrikanischer  nnd  spanischer  Jier- 
kunft,  wetohe  Thatseclie  kanm  enden  bu  deoten  ist,  als  dast  die  Mttnsen  dort- 
hin dnrdi  Normannen  gebracht  worden  sind.  Gewissen  Vermutungen  niich  war 
der  erste  russische  Fürst  Oleg,  den  es  mit  nnwidersteblicher  Gcwüit  nach 
Byzanz  und  seinen  Reichtümern  zog,  kein  anderer  als  ein  normannischer 
Häuptling.  Die  kulturhistorische  Bolle  der  Normaouen  durfte  uocb  weiter 
gegangen  sein,  indem  sie  allem  Anschein  nadi  ihnlieh  wie  die  Araber  —  wenn 
wir  von  der  aidlianiiehen  Indnitrie  gftnslieh  absehen  wollen  —  anch  fir  die 
Yerbreitang  der  Seidenverarbeitung  Sorge  trugen  und  indem  die  ersten  An- 
fange seiden^ewerblicher  Thätigkeit  in  den  nördliehen  Tmlen  unseres  Erdteils 
durch  ihre  Yenuittelung  entstanden  sind 

Ober  das  Vorkommen  der  Seide  im  sp&i-  nnd  frühmittelalterlichen 
Basdand  giebt  ee  leider  keine  gesehiehtlieh  Torbfirgten  Angaben  wie  bei 
den  Völkern  Westeuropas,  haben  doeh  das  Christentnm  nnd  die  allgemeinere 
Kultur  liier  erst  im  X.  Jahrb.  einigermaTsen  Eingang  gefunden.  Wir  luiben 
bereits  weiter  oben  die  Thatsache  beleuchtet,  dass  der  zuerst  von  den  Soj?- 
dianeru  im  ü.  Jahrb.  befolgte  Uaudebweg  nach  Byzanz  über  den  Kaukasus 
nnd  das  sQdliehe  Bnssland  während  der  niel»tea  Jahrhunderte  von  grosser 
Wichtigkeit  war.  Da  es  nun  adhr  wahrscheinlich  ist,  dase  diese  HandeleiGge 
teils  nicht  selten  von  den  Barbaren  Sndrusslands.  den  Chasaren,  Petschenie- 
gen  XI.  a.  angegriffen  und  der  Seidenstoffe  berauht  worden  sind,  andererseits 
auch  mit  denselben  in  friedlichen  Tanschverkehr  traten,  so  kann  mit 
einiger  Gewiasheit  auf  das  VorkommMt  der  Seide  in  Rassland  schon  im 
TL  Jahrh.  gesohlossen  weiden.  SSs  ist  anaserdem  bekannt«  dass  die  in 
den  grossen  Ländereien  Südmsslands  an  der  Wolga  snratreuten  Bulgaren 
schon  im  frühesten  Mittelalter  mit  Indien  und  Persieu  in  Handelsvf  i hindmipr 
standen  und  orientalische  Reidengewehe  haupt<;achlich  »ik  Persien  gebracht 
haben.  lui  V.  und  VI.  Jahrh.  haben  sich  einige  ihrer  c^täiume  nach  blutigen 
Kriegen  mit  Byzans  in  dem  heutigen  Bulgarien  niedergehasen  und  damit 
den  deutsch-griechieehen  Handelsverkehr  der  Donau  vermittelt.  Be- 
eondere  Bedeutung  erlangt  ihre  Vermitteiang  cur  Zeit,  wo  die  Araber  den 


•)  Depping,  Histoire  des  pxpi'ilitloji'i  iuar-*:;]ii-  iles  Normunds.    Paris  I'^^^. 
Dondorff,  Die  Nonuannen  und  ihre  UtiiJöutiing  far  das  europäische  Kultur- 
leüSB  im  Mittelalter. 


Digitized  by  Google 


UandeiaBtnuneu  Bunlasda. 


65 


nmnitielbarm  VeriEehr  Earopw  mit  dw  Levwite  abschnitten  und  der 

asiatisch-europäische  SeidonluuMlfll  über  EonstantiuopeU  Donau  uud  Rom« 
land.  oder  nnt  üragehnng  von  Byxanz  in  gerader  Liuie  vom  Kaspischen 
Meere  i'iber  Kiew  und  Nowgorod  uach  der  Ostsee  geführt  wurde.  I^ieser 
letztere  Uaudelsweg  bestaud  bis  zum  XL  Jahrb.,  uud  dasä  er  vou  uieht  ge- 
ringer Bedentnng  war,  besangt  die  grosse  Menge  der  immer  uen  auf- 
tauchenden Fände  arabiacher  Munien  aus  dem  VIII. — XI.  Jahrb.  Durch 
die  Existeuz  dieser  Uandelsstrasse  wird  femer  die  Thatsache  erklärlich, 
dass  der  arahis«che  Reisende  Ibn-Foszlar  bei  den  Slaven  um  das  Jahr 
900  mitten  in  den  barbariflclisteu  Zuständen  Goldbrokate  (Djbüg)  an- 
geblich griechischer'),  wahneheinUcber  aber  syrischer  Herbmft  vorfindMi 
konnte,  obwohl  wir  wissen,  dass  die  Ausfuhr  der  kostbareren  Sadengewebe 
auB  Byzanz  nach  dem  Norden  zu  jeuer  Zeit  untersagt  war.  Vermittelst 
dei>?elben  Ilandelswegs  gelangte  die  Seide  zu  den  Litauern,  Pdlcu.  Ostpreus- 
seu,  Finnen  uud  Skaudinaviern ,  welche  \  idker  mit  den  Eiuwulineru  ^l0rd- 
weeirusslandü,  dem  Gardarikeu^tunau ,  sehr  frühzeitig  Tauschverkehr  ange- 
knfipft  hatten.  Die  nat&rlichaten  und  daher  Sltesten  HandeUwege  des 
wei^tlicheu  Russlands  nach  dem  Sftden  waren  die  Flüsse  Dniepr  (seit  dem 
IX.  .labrh.  in  gesichertem,  regelmässigem  Verkehr),  ferner  Duiestr,  der 
namentlich  seit  Swutoslaw  (X.  lahrh.)  als  Verbindung  mit  den  Donaustädten 
grosse  Bedeutung  erlangt  bat,  uud  schliesslich,  aber  erst  in  späterer  Zeit 
(XIII.  Jahrb.)  der  Don,  an  ämm  MOndung  die  Handelsatadt  Tan*  (jetst 
/  ^  Aaojr)  und  weiter  in  der  Krim  Soldaia  (Sudak)  namentlich  für  den  Transit- 
Terkehr  von  erster  Bedentnng  waren.  Trotzdem  die  geschichtlich  verbürgten 
Angalwn  das  Aufkommen  des  Seidenhaudels  in  das  IX.  Jahr!'  verlegen, 
so  glaube  ich  die  Vermutung  aussprechen  zu  dürfen,  dass  iuew  bereite 
im  VI.,  spätestens  VII.  Jahrh.  ein  Stapelplatz  für  orientalische  uud  byzan- 
tinische Oewebe  war,  welch  letztere  allerdings  nur  durch  Raub  und 
Schmuggel  dorthin  gelangen  mochten.  Eiuen  erheblichen  Auftchwnng  or- 
hielt  der  Seidenlumdel ,  als  der  Grossfürst  Oleg  iui  Vertrag  von  Konstau- 
tinopel (944)  den  Hussen  freien  Handelszutritt  erzwungen  hatte.  Die 
Seidenzeuge  kamen  nun  massenhaft  auf  die  Märkte  von  Nowgorod  uud 
Kiew;  am  meisten  in  Gebraneh  waren  sogenannte  Pawoloki  in  verschie- 
denta  Farben,  auch  in  Porpor*),  die  sogar  als  Werteinhak  bdm  Sklareii» 
liaudel  gedient  haben;  ferner  Kanilca,  eiu  persisches  (Aleppo)  oder  grie« 
chisches  Damastgcwebc,  dann  gold-  uud  silberdurchwirkte  Sammete,  schliess- 
lich -  fiir  den  kirchlichen  Gebrauch  — Atlasse,  Tattete  und  Doppeltaffete. 
Man  bedtat  noch  ans  dem  JsJire  1108  eine  aus  hantgewirktem  blauen 
Seidenseng  gefertigte  Kopfbedeckung  des  Ersbisehofs  Nikita.  Nicht  selten 


>)  Frfthti,  Ihn  FonUn  vad  anderer  Artben  Beriebte  Aber  di«  HiuMa  Uterec 

Zeit   St.  Peteriiburg.   S.  13. 

*)  Aristo w,  Promjttleiuioct'  drewoi«;)  Raa«i.  (Die  Indiutrie  Uusslanda  im  Alters 
tum.)  8.  IM. 


Digitized  by  Google 


Hnndehverkehr  mit  den  Hussen. 


kamen  aus  Bjzanz  sehr  bedeutende  Trausporte  kostbarer  Seidpn;2;cwebe 
an  den  grossfürstlieh  russisclieu  Hof;  so  schickte  Manuel  I.  dem  Kostis- 
law  im  Jahre  1164  eine  Menge  Öammeie  und  Pawoloki.  Die  färstlicheu 
Höfe  nnd  Edelkate  (Bojaren)  lunen  rieh  wie  ihre  bynntintsdien  Vor- 
bilder de»  fipl^gaten  Gebrrach  d«r  8eidei^;ewSiider  angelegen  aeiii,  und  der 
Jiierin  getrieb«M  Anfwand  seUle  sogar  die  Gesandten  Heinrichs  IV. 
(1075)  in  nicht  geringes  Erstannen.  Wiewohl  von  der  Kirche,  dom  Staat 
und  den  Bojaren  sehr  beträchtliche  Mengen  Seideusto£Pe  verbraucht  wurden, 
80  blieb  doeb  nocb  ein  guter  Teil  für  den  auswärtigen  Handel  übrig.  Die 
Bedentang  des  nusiaehen  Seidenhandela  in  der  Zdiperiede  vom  IX.  Jahib. 
bia  anm  Anftdawang  der  venetianischen  Handelsmacht  ist  bisher  noch 
nicht  genügend  gewürdigt  worden.  Zur  Zeit,  wo  die  Haudelsrepublil;«  n 
Italiens  mit  Syrien  keinen  direkten  Verkehr  betreiben  koiintfn?.  wm  die 
Haudei&strasse  aus  dem  Orient  nach  Italien  über  Astrachan  und  iana  vuu 
grosser  Bedentnng;  eine  andere  für  die  Völker  an  der  Ostsee  nnd  Skan- 
dina?ien  wicbtige  Verbindung  mit  Asien  war  die  fianddaronte  über  Now- 
gorod und  Pskow.  Die  Blütezeit  dieses  Verkehrs  war  die  Periode  vom 
XI.  bis  zum  Schluss  des  XlV.Jnhrh.;  erst  nach  der  Zerstörung  von  Astrachan 
durch  Tamerlan  (1395)  wurde  von  den  Venetianern  der  Weg  nach  Indien 
über  Ägypten  und  Syrien  angebahnt. 

Von  nicht  geringerer  Wichtigkeit  war  der  Seidenverkehr  über  Noi^rod. 
Schon  zur  Zeit  von  SwStoslaw  und  Wladimir  kamen  «kandinavische  Kauf- 
leute nach  Nowgorod,  um  sich  mit  Seidenzeugen  zu  versehen.  Im  XTT. 
.lahrh.  (1158)  knüpften  die  Bremer  Seidenhiindler  Verbindung  mit  Pskow  , 
nnil  dauu  mit  Nowgorod  au.  Es  ist  aber  sehr  wahrscheinlich,  das»  bereits 
im  Jabre  1060  eine  Aneiedelnng  dentceher  Kavflente  in  Nowgorod  bestanden 
hat,  die  eebon  eine  eigene  Kirche  besamen  Die  Vermittlerrolle  msaiBcha: 
Hainlelsstädte  zwischen  dem  extremen  Orient  und  Westeuropa  erreicht 
während  der  gemiesisch-venetianischen  Fehden  im  XIII,  Jahrh.  ihren  Höhe- 
punkt; während  jedoch  die  Bedeutung  der  südlichen  Städte  mit  der  end- 
giltigen  Befestigung  der  Tenetianiseben  Hemohaft  nnd  der  Invaeion  der 
Mongolen  an  Ende  war,  bleibt  Nowgorod  nnter  dem  Sehotxe  der  mSditigen 
Hansa  in  seiner  kommerziellen  Wichtigkeit  fortbestehen. 

Ober  die  Anfänge  des  Seidengewerbes  bei  den  mittelalterlichen  Slaven 
la«äeu  sich  genaue  Daten  nicht  aufstellen;  nur  ist  es  sicher,  dass  die  öei- 
denwirkerei  und  -Stickerei,  namentlich  aber  die  Goldstickerei  auf  Seide,  im 
Zeitraum  awisehen  dem  X.  nnd  XII.  J^rh.  Eingang  gefunden  habmi,  und 
dass  sie  sich  bald  zn  einer  beliebten  Hansindastrie  entwickelte,  die  sowohl  als 
Kleingewerbe  wie  in  den  Nonnenklöstern,  haupt'^"ichlich  /.n  kirchlichen  Zwecken, 
betrieben  wurde.  Auch  in  Privathiiuseru,  namentlich  den  Tereuien  (  Frauen- 
räumen),  wurde  die  Seidenweberei,  vermutlich  auch  -Wirkerei,  mit  vielem 


■)  Behrmane,  Di«  Skia  tsd  Neagarden.  Oopenb.  1828.  &  88. 


Digitized  by  Google 


Sdde  iHii  d«n  SlftTtn,  SkMidinaTierii,  Drattclwn  «te. 


65 


Eifer  gepflegt^  wozu  hanpUftehUdi  die  völlig  abgesehlosBeae  Lebensweise 
der  Kranen  beigetragen  hnben  mag.    Dass  'namentlich  die  Sndslaven  aehr 

frühzeitig  mit  den  Seidengespinsten  bekannt  wurden«  beweist  die  Bezietch'- 
nung  svila  =  Seide,  von  svivat'  =  winden  ahgelett/^t.  ein  alter,  im  Mittelalter 
weitverbreiteter,  noch  jetzt  im  serbischen  üblicher  und  durchaua  unver- 
{alfvbter  Aiaedmck. 

Im  gansen  gennaniseb-slaTisehen  Norden  Europas  kamen  die  Seiden- 
gewebe  zuerst  anter  dem  allgemeinen  Namen  „gotaweppi''  (althochdeutsch) 
in  Aufnahme,  nnd  da  sie  in  ersttr  f.ini*'  wolil  7.11  kirchlichen  Zwecken  Ver- 
wendung gefunden  liaben,  so  kam  man  zu  tler  wolil  annehmbaren  Vermu- 
tung'), dass  es  von  „Uottesgewcbe"  abzuleiten  sei.  Von  den  Deutschen  scheint 
das  Idiom  dann  m  allen  ihren  Nachbarn,  namentlich  den  westlichen  Slaren, 
fibergegangen  zn  f*eiu,  denn  die  Seidengcwebc  hcistcn  im  altfriesischen 
godwob,  im  altslavischen  godovabU,  im  tschechij^chen  hedbav,  im  slo» 
valciscben  hodbah,  im  polnischen  jcdwab'  u.  «5.  w. 

In  den  Niederlanden  «oll  die  Seide  bereits  vor  dem  VII.  Jahrh.  be- 
kannt gewesen  sein,  wohin  sie  durch  die  einen  anügedehnten  Handel  be- 
treibenden Friesen  gelangte')  und  durch  deren  Vermittelung  wurde  sie  aaeh 
nach  England  und  nach  den  das  balttSClM  Meer  umgebenden  Lündern  ein- 
geführt. Mit  Sicherheit  ist  nachgewiesen,  da^s  die  Seide  im  nördliclicn 
Franlcreich  und  in  Kngland  schon  im  VIII.  Jahrb.  bekannt  war;  ebenso  er- 
scheint dies  für  Norddeutschland  nnd  Skandinavien  wahrscheinlich.  Die 
Eddalieder,  welche  «war  im  XIII.  Jahrh.  verfasst  wurden«  ihrem  Thema 
naeh  aber  in  das  weit  frühere  Mittelalter  zurückgreifen,  erwähnen  die  Seide 
an  zwei  Steifen.  Ii-,  rillen  Fällen  verschufFto  sich  die  Seide  g|picli7.piti<^  mit 
dem  Christentum  weiteren  Kin}^:infj,  nml  im  Laufe  des  X.  .iabrii.  l)edien- 
ten  sich  fast  alle  Völker  Mitteleuropas  schon  der  Seidengewebe  zu  kirchlichem 
Oebmnch,  bei  Festlichkeiten  nnd  feierlichen  Akten.  Die  Überreste  des  Skan- 
dinavierkönigs Olaf  II.  (gegen  1030  pest.)  wurden  in  purpurseidene  Ge- 
wander eingehüllt').  In  den  Königsgräbern  bei  .TelHnge  in  Jntlaud  (um  das 
.Iah  r  950)  ftinden  sich  u.a.  kostbare,  meist  in  kr^perartiger  Bindung  herge- 
stellte SeideustoÖe  mit  Gold-  und  Silberfäden  vor*). 

Die  ersten  Nachrichten  über  die  Bdßinntschaft  der  Deutsehen  mit  der 
Seide  reichen  bis  in  das  V.  Jahrh.  xuriick.  Die  regen  Handelsverbindungen 
der  Deutschen  an  der  Ostsee  mit  dem  Morgimlande,  hauptsüohlich  mit  By- 
zanz,  nnf  Land-  nnd  \Vas.serwegen,  bracliten  i>attirfTomasR  einen  so  Vrchnten- 
den  und  k«»sthareri  Artikel,  wie  die  SeidengewUndur,  iu  allgemeineren  Verkehr; 
dass  vielfache  Wünsche  rege  wurden,  dieselben  direkt  aus  dem  fernen  Orient 
bestehen  zu  kSnnen,  beweist  die  Sage»  dass  Ingo,  EQnig  von  Mannheimi 

«)  Srli,,,!..,  WCrf erblich  I.  2.  ;^|:5. 
Pariiet,  Ilififoire  de  la  «oie,  II. 

Koonng  Oläf  Helges  IbiraldMiia  Snjja,  cni>.  218.  Biatorin  regia  Glan  (Scripta 

hicL  Islnmlonim  V^I   V.    Hafnifte  1833). 

♦J  Arch.  f.  Anthropologie.   XIV.    S.  393. 

SI1b«rn«iiB,  Ote  Sdda.  ft 


Digitized  by  Google 


66 


Anficbwvng  dci  d«atfl«lMB  8«id«DliMi4d>. 


seinem  Sohm  cfine  Flotte  «ugerfiaiafc  haben  aoll,  um  damit  Arabien  und 
dae  Serikienland  zn  eneieben  nnd  Sdde  sn  holen').   Kaxl  dem  Qroseen 

scheinen,  seinem  Prinxip  der  peinlichsten  Einfachheit  entipreehend,  die  prunk« 
volleu  Seillenzenge  ?»ehr  wpiiig  gefallen  zu  haben,  denn  er  soll  gelegentlich 
einer  Hofjagd  mit  Pnrpnr  und  Seide  gescbraiickte  Italiener  nur  ihrer  Tracht 
halber  allerlei  Chicauen  ausgesetzt  luiWu.  Im  IX.  Jahrh.  wurden  iu  Deuttich- 
land,  wie  in  FVankreieh,  wdeee  Seidenzeuge  gefftrbt,  nnd  im  Bnntift  Mains 
müde  im  X.  Jahrh.  bereite  Seide  verwebt').  Freilich  handelt  es  sich  hier  vorerst 
nur  um  Hans-  bezw.  Klosterarbeit  für  private  und  kircliHche  Zwecke.  Bis 
dabin  waren  die  Seidengewänder  Geschenke  morgenländischer  Fürsten 
an  deuteche  Könige  gewesen  und  wurden  als  seltene  Kostbarkeiten  den 
Sebatekamnmni  einverleibt.  AU  jedoch  Heinrich  IL  d«i  denftieheii  Han- 
del dnreh  Erteilung  eines  SehntsrediteB  in  BÜhere  Bahnen  lenkte,  nnd 
Papst  Urban  II.  (1095)  «leb  zum  obersten  Scliutzherrn  der  Kanfleute  er- 
kirirte,  wodurch  'i»Mn  kommerziellen  Verkehr  juit  Itulii-n,  Frankonien  und  den 
JSiederhiuden  grosser  Vorschub  geleistet  wurde  und  die  HandeLsstrasseu  von  Ve- 
nedig nach  Regenebnrg  und  Augsburg  ausserordentliche  Belebtheit  annainnen, 
kamen  Seidenitofife  in  eoleben  Mengen  anf  die  dentaeben  Märkte«  daes  niebt 
nur  geschichtliche  Chroniken,  sundern  unzahlige  Stellen  in  Gedichten  nnd 
Minnegesängen  der  Seide  Erwähnung  thun').  So  fehlen  bei  Hartmann 
von  der  Aue  in  jener  reizenden  Scene,  wo  Iwein  schlafend  im  W  alde  von 
drei  Frauen  gefunden  wird  und  diese  für  ihn  Sorge  irt^en,  anch  die  seidenen 
Kleider  nicht.  Ottokar  von  Horueek  erwSbnt  bei  Schilderung  der  Hoeh^ 
seit  Wenzels  von  Böhmen  mit  höchster  Bewunderung  und  glänzender  Be- 
redsamkeit den  Ankauf  prachtvoller  Seidenzeuge.  Seit  dem  X.  Jahrh.  för- 
dern die  Züge  Ottos  des  Grossen  die  Beziehungen  mit  Italien,  wie  den 
reichen  Zofioss  von  Seidenge  weben.  Unter  Heinrich  IL  (1000)  wird  der 
Kanfmannwland  Tom  Krimer  streng  nntersehieden^).  Man  berittt  eine  ge- 
naue Vorschrift  hierUb^r  in  der  KrimerroUe  von  Anklam,  die  der  Bat  iSmec 
Stadt  1330  ausgegdwi  bat,  ein  Verzeichnis,  das  i'ibrigens  nur  eine  Wieder- 
holung damals  schon  alter  Rollen  darstellt.   Danach  kann  „Ton  den  Kauf- 


')  Gervaiius,  Otia  imperialta  Dm.  UL  C  55. 

Ottoni.s  diiil.  a.  STü. 

Benecke.  Anm.  zum  WOrterbnch  zu  Wigalois  der  BittW. 

•|  Finohor,  ne.^ch.  iler  Jeutüohcn  Tlunil-]  i'üift.  I. 
')  Hartiuann  von  der  Aue,  Tristan  und  Inoldc. 

Nibelungenlied. 

Wigalois  der  Ritter. 

Weiss,  Kostfimkunde,  III. 

Zenne,  Erdkondlicbes  im  NibduDgmlied  (Der  Seidenbandel  im  Ißtfeolalftsr). 

Schultz,  Dos  höfische  Leben  zur  Zeit  des  Minnesangs.  Leipzig  18S0,  L  149. 
Weinhold,  Die  deut«chen  Frauen  im  Mittelalter.  Wien  1882,  II.  247. 
Sefaaeht,  Ober  und  an«  0.     HonisokV  Beindncfiiik.  Mi^  1821.  8.  MO. 

Klemm,  Kulturgeschichte  T,  l'>3 
*)  Fischer,  Gesch.  der  deutschen  UandeUchaft.   I.  327. 


Sflid«iiTeirleebr  MtttelMuopMi.  KreoBflg«. 


67 


leuten  niemand  KöUDische  Waare  oder  Gut  von  Seide  oder  flämisch  Garn 
gemacht,  and««  «1t  w  ganssn  Stöekm  hSL  lultai,  ....  «iMnio  Sammet, 
Damast,  Zindei,  Tafll,  Arras ....  Sek!«  tmd  Seidenband  nnr  in  ganian 

Pfunden/' 

Ein  regelmässiger  Seidenhandel  varde  im  mittler'-n  wv]  nordwestlichen 
Europa  in  der  Zeitperiode  vom  VI.  Jahrh.  bis  zu  den  Kreuzziigen  nur  iu 
dem  MaT^ie  betrieb«u,  soweit  es  der  politisch-friedliche  Verkehr  uud  die  Laades- 
rnhe  gestatteten.  Die  HSfen  des  Mittelmeeres,  beeonders  Haraeille,  Narbonne  * 
und  die  italienischen  Sicstlldte  spielen  in  diesem  Verkehr  die  wichtige  Boll« 
der  Stapel  platze.  Seit  Kroi)ening  cU'^  nördlichen  Italiens  dnrcli  die  Xormannen 
und  Franken  tritt  im  IX.  Jahrh.  ein  regerer  Verkehr  ein,  der  indessen  durch 
die  nachfolgende  Lehusherrschaft  beeinträchtigt  wird.  Zur  gleichen  Zeit  er- 
ftfiheten  sidi  den  italieniaehen  Seidenmannfalctnren  und  dem  Handel  neae  Be- 
anf^uellen«  die  sie  einigennaben  nnabbangig  vom  Orient  maebten:  im  X. 
Jalurh.  be^nnt  der  direkte  Verkehr  der  Genueser  und  Pisaner  mit  den  seiden-  • 
erzeugenden  Provin/fn  (V^r  Levante  nnd  die  Monopolisierung  der  für  den 
Seidenhandel  so  liedeutungsvollen  Heefahrt  des  Schwarzeu  Meeres.  Alsbald 
tritt  auch  Venedig  als  eine  Seemacht  ersten  Ranges  in  Konkurrent,  und 
als  Besiegeria  (Gennas  bemSehtigt  sie  sieh  des  Seidenhandels  aaf  dem  Mittel- 
ländischen Meere  nnd  in  der  Levante.  Was  die  Handelsweg*  Mitteleuropas 
anlangt,  so  muss  in  erster  Linie  der  Verkehr  auf  dem  Landwege  durch 
Pilgerziige  uud  Messen  erwähnt  werden;  die  letzteren  waren  schon  im 
XI.  Jahrb.  in  Mainz,  Köln  uud  Nürnberg  als  Seidenmärkte  weit  und  breit 
bekannt  ¥it  die  sndSstlichen  V5lker  war  es  die  Donan,  die  einen  bequemen 
nnd  sehr  hiafig  benntcten  Weg  bildete,  auf  dem  die  Seidenstoffs  Byian- 
tiens  durch  Griechen  und  Bulgaren  in  das  innere  Europa  eingeführt  «nrden. 
Die  unmittelbar  vor  den  Kreuzzügeu  iu  Mitteleuropa  sich  beraerklich 
machende  Bewegung  trug  als  neuer  Faktor  des  inneren  Verkehrs  xar  all- 
gemeineren Verbreitung  der  Se^  in  bedentendem  Hafte  bei. 

Die  Epoche  der  KrenssSge  ward  f8r  die  Gesehiehte  der  Seide  im 
Abendlande  von  höchster  Bedeutung.  Schon  in  rein  materieller  Hitwicht  er- 
hielt die  italienische  Seideiiindiistrie  einen  bedeutenden  Zuwaclis.  als  nach 
der  Eroberung  Konstantinopels  durch  die  Kreuzfahrer  und  Venetianer  die 
letzteren  als  Lohn  für  ihre  Beihilfe  Epirus  uud  deul'eloponueä  erhielten(l204) 
nnd  so  in  den  Besita  der  wichtigsten  Centren  griechiseher  Seidenindnstrie 
gelangten.  Der  christliche  Kultus«  ^der  infolge  der  Kreuzzuge  eiuMi  ge- 
waltigen Aufschwung  nahm,  benutzte  die  Gelegenheit,  die  prunkvollen  orien- 
talischen Seidengewander  in  noch  grösserem  Mafsstabe  anzuwenden.  Die 
Kirche  gebrauchte  in  dieser  Periode  für  die  Ausschmückung  der  Altäre 
nnd  Priestergewänder  durch  den  TotschrifUicb  gebotenen  Farbenwechsel  an 
Tersehtedenen  Fasttagen  grosse  Vorrtte  bunter  Seidenstoffe.  Die  durdi  die 
Kreuzzüge  hervorgerufene  innige  Berührung  des  Abendlandes  mit  den 
blühenden  Stritten  der  niorgenländischen  Seidenzucht  und  der  Seideuintlustrie 
zog  in  der  Folge  einen  so  weitgebenden  Seidenkultus  gross,  dass  nicht 

6* 


Digitized  by  Google 


68 


Mittdalterlich«  Sddeottdfo.  Damait. 


nnr  an  den  Fflntenhöfen  und  in  den  Ritterborgea,  sondern  nach  in  den 
Bargerbftasern  ein«  Lnxusentfaltang  in  Seidengewiiidwn  xn  Ti^e  trat,  die 

der  orientalischen  kaum  nachstand;  dadurch  nahm  der  Seidenhaudel  mit  der 
Levante  einen  Mafsatab  au,  wie  ihn  die  külmste  Pluuita.sie  zuvor  sich  kaum 
hätte  ausmalen  können.  Die  llauptsitze  der  beideuiudubtrio  während  der 
Kreuxzüge  waren  Konstautinopel,  Antiochien,  Damaskus,  Beyrut,  Tjrus, 
Bagdad,  Tanns,  Satalia,  Aleppo«  Tammagosta  und  vor  allm  Alexandrien. 
Was  nnn  die  Webeknmt  und  den  flfaadel  anlangt,  to  %par  Alexandrien  mit  sei- 
ner für  das  Morgen-  und  Abendland  gleich  tonangehendeu  Stellung,  in  Ver- 
bindung mit  seinem  Weltmarkte  und  den  benachbarten  syrischen  und  ober- 
ägjptischeo  Manufakturen,  ein  liauptknoteupuukt  für  die  reichsten 
orientalischen  Gewebe.  Über  Alexandrien  und  syrische  Häfen  fahrten  auch 
die  Handelsvege  ans  dem  weiterm  Orient,  ans  Indien  nnd  China,  deren 
eigenart^e  Enengnisse  dem  Abendlande  Ton  den  Arabern  nigef&hit 
wnrdf^n. 

Die  Herknuft  und  bisweilen  auch  die  Art  niiHf'nUt'rliclier  Seidengewebe 
lassen  sich  am  genauesten  aus  den  damaligen  kaulmäuuisclieu  Notizbüchern, 
Zolltarifen  nnd  Schatrinveniarien  ersehen.  Überaus  reiche  Belege  hierfür 
finden  ^ich  in  dem  schon  öfter  angefahrten  Werke  von  Fr.-Micbel*).  Unter 
dessen  teilweiser  Benutzung  gebe  ich  nachstehend  verschiedene  Citate  ans 
mittelalterlichen  Epen,  \Tinnpgedicbteu  nnd  Ritterrnmanen,  welche  zeigen 
sollen,  wie  einige  der  wichtigeren  Seidenstotfe  iiier  vou  deutschen  und  frau- 
tischen  SSngem  namentlich  gepriesm  werden. 

Das  Urbild  mittelalterliehm*  Webeknnst,  die  arabisehe  Seidenweberei, 
prodnsierte  kostbare  StoflFe,  deren  eigenartiges,  unübertrefflich  schönes  Ge- 
präge noch  heutzutage  als  Mnster  gilt.  Bagdad  und  Pamaskna  lieferten 
die  häutig  erwiihiiteu  nnd  beliebten  ,.baldacs"  (baldachino),  einen  meist 
mit  Gold  durchwirkten  reichen  Seideu.«toä\  vou  welchem  auch  aus  Lucca 
sahlreiebe  Imitationen  in  den  Handel  kamen  nnd  der  sidi  speeiell  in  Frank- 
reieh  und  England  grossen  Ansehens  erfreute. 

Die  Damaste  (daniascliino,  diap  de  Daiiias)  waren  nrsprnnglieli  die 
vielbcrühmten  bunten  und  scliweren  Gewebe  daniascenischer  Herkunft.  Das 
Prinzip  byzantinischer  Webekunst,  die  sich  eitrig  dieses  Stoffes  bemächtigte, 
um  mehr  durch  Farbeneffiskte  als  durch  Zeiehnnng  an  wirken,  rerhalf  dar 
griechnehoi  Damastindnstrie  su  bemerkenswvniem  Anisehwnng,  sodass  die- 
selbe ihre  Urspmngsstätte  Damaskus  weit  fiberiroflbn  hat.  Es  fehlt  übrigens 
nicht  an  Anzeichen,  dass  die  Bezeiehnnng  Damast  spater  auch  halbseidenen 
Geweben  beigelegt  wurde,  denen  die  originelle  Masteraugsart  der  Dama- 
sch inos  eigen  war. 

Eine  Hauptspedalitit  der  Araber  war  Saromet  (sciamito),  syrischen 
Ursprungs,  der  seinor  Pracht  und  Kostbarkeit  halber  den  privilegierten 


')  Fr.-Mii.'hel.  TTocbcrcbos  stir  le  oommeroe ste.  des  <toffM  de  aoie ete.  e»  FVaaee 
peodaot  le  mojen  &ge.   Paria  li>h2. 


Dl 


Mittelalterliche  ^dcotttoffü.  Samuiet. 


69 


Stoff  der  Kirclie  und  des  Staates  bildete.  Er  wurde  später  aucL  in  Grie- 
cbeulantl  fabriziert  uud  kam  nach  Deutschlanti  nh  Geschenk  des  kaiserlich 
bjrzautiui^cheu  Hofes.  Ausser  dem  echt  arabischen  Saminet  von  Beyrut, 
Damaskus  nnd  AlnaudrieD  kamen  aueh  andere  unter  der  Beaeiclinang 
„Sanne  de  Romanie**  im  Handel  vor.  SpecieU  erfreute  sieb  die  grBne  Farbe 
des  Sammets,  die  durch  die  matte  Beschaffenheit  denelben  besonders  mild 
zvm  Aosdroek  gelangte,  grosser  Beliebtheit 

Sin  wafenrok  von  Inirtcn  was. 

Ein  Samtt  grütii^  al»am  fin  gras')- 

Eine  Abart  von  Sammet  war  Tiniit,  ebenfalls  von  grüner  Farbe: 

Ein  timit  grün  alsiin  ein  prat 
Was  gebuD'K'ti  an  sli;  s}>ei  '). 

Ausser  dem  Cirüu  war  das  Rot  eine  l>eliobt.-  Färbung  und  scheint,  der  Ver- 
wendung solcher  Stoffe  nach  zu  urteilen,  al»  S^-mWl  der  Liebe  gedient  zu 
haben.  Die  Biateseit  der  Sammetweberei  lallt  in  die  Periode  vom  XIL 
bis  XV.  Jahrhundert,  doch  lässt  sich  aus  der  Beschaffenheit  einiger  in 
der  Theodulfusbibel  erhaltenen  Gewebereste  auf  die  hohe  Entwicke- 
!uu^  der  Technik  schon  im  IX.  Jahrhundert  s'chlte.«.seii.  Es  ist  die  Mei- 
nung ausgesprochen  worden,  dass  die  Bezeichnung  Samuiei  nicht  aus- 
Bchliesslieh  reinseidenenf  sondern  auch  gemisehten  Geweben  ankam,  wie 
ims  der  Redensart:  „in  Sammet  und  Sejde  eyubergehen**  herrorsugelMHi 
scheint^).  Beiläufig  mag  auch  erwähnt  werden,  dass  das  Ilexaraitum 
(s;a;j.'-c;),  de.s.sen  Herstellung  in  Palermo  (XII.  lalirh.)  zuerst  von  Fal- 
caudus  ge.'äcliildcrt  wirtP),  mit  dem  Sammet  uichta  gemein  hat'). 
Unter  dem  allgemtiueii  Aufdruck  polymita  verstund  mau  buntgemusterte 
Gewebe,  deren  Fabrikation  namentlich  in  Alexandrien  geblOht  hat;  als 
Hexamitum  dürften  daher  in  seehsfarbiger  Mosternng  ausgeführte  StoflEe 
aufzufassen  sein. 

Ein  äusserst  seltener  Seidenstoff  wur  iii;ir<iin!ito  (nrrama."?).  ein  Gold- 
brokat arabischer  Fabrikation,  das  aus  Bjzanz  durch  Venetianer  und  Ge- 
nueser  nach  Uittelenropa  gelaugte.  Im  SchafiinTentare  Karls  V.  wt  ma- 
ramato  ab  Möbelstoff  ▼eraeichuet. 

Ein  allgemein  zur  Horst^^lluug  von  Waffenrücken,  Mänteln,  Vorhängen 
u.  dergl.  .mfTPWiindtrs  (iowebe  bildet^«  der  goldgewirkte,  meist  roto  Sif^laton 
(Siklät),  ein  damastartiges  Stoff  mit  gleichsam  gravierten  Grundlinien, 
der  sowohl  in  Bagdad,  Tauris  uud  Alexandrien,  wie  in  Almeria  fabriziert 
wurde. 


')  Wigaloit  der  Ritter  mit  d«in  Bede.  Berlin  1819,  8.  18. 

*)  ibid.  S.  146. 

•)  Fr.-Michol,  Becherohe»  ete.  1.  170. 

*)  ApaA  UmL  Ber.  üal.  8fir.  TU.  ooL  2fi6. 

•)  Pariiet,  a.  a.  0.  II.  876. 


Digitized  by  Google 


70 


Mitteklterlicbe  SloA.  Siklitttii. 


Oucb  fürt  diu  maget  rein« 
Einm  tok  tob  pliftte. 

Von  rotem  Piglato 
Fflrte  ei  ma  kappen  an '). 

Das  Wort  Siklit  ist  iu  allen  Scliriften  des  mittelalterlichen  Orients 
und  Occideuts,  .sowohl  prosaischen  wie  poetiscbeu  Inhalts,  sehr  verbreitet 
Im  Mitteldeutschen  siglät,  sigilöt  oder  cyclat  geuaunt,  kommt  es  in 
den  romaniielien  SpncNn  ftk  aigUton,  oisolato,  in  dw  britiKlian  ab 
syelatowne,  cbekelatonn  vor.  Daa  orientalittbe  n«i1cI6tAii**  tritt  in 
verschiedenen  Schriften  früher  auf,  ab  seine  abendländischen  Bildang^iformen. 
Das  ebenfalls  als  vermutliches  Synonym  des  Siglat«  auftretende  sidschil- 
lät  bat  etymologisch  mit  dem  eräteren  nichts  zu  thun').  Siklät  und  äig- 
lätün  nnd  zweifello«  identisch;  dies  geht  schon  daraus  hervor,  dasa  dar 
,^lfttftn  bai^dadijj"  d.  i,  Bagdad«  Sikifttftn  im  Orient  ebenao  geach&tit  wurdet 
iria  im  Occident  „von  Babil6ne  ein  Sigilut'").  Der  Bagdader  persisch- 
arabische Siklütüu  hat  sicli  trotz  der  Konkurrenz  der  snhr  geschickt  imitie- 
renden Seidenniaunfakturen  Almerias  den  besten  Rut  bewahrt,  ächon  im 
IX.  iahrh.  sind  seine  Manufakturen  iu  Tebriz  berühmt,  von  wo  aus  er  über 
Bagdad,  Alexandrien  nnd  Kairo  länen  W  eg  nach  Spanien  fand,  nnd  dort 
wahiacheinlich  bereits  im  X.  Jahrb.,  sicher  aber  zur  Zeit  Edrisis  fabriiiart 
wurde*).  In  Bezug  auf  seine  stoffliche  Beschaffenheit  scheint  der  Sikiät  eine 
Art  Vorläufer  des  Damastes  zu  sein,  was  auf  seinen  ürsprnng  mm  China  hin- 
weist £r  war  durch  grosse  Festigkeit  und  Dauerhaftigkeit  ausgezeichnet; 
häufig  bealand  die  Ketta  ana  nngehleichtem  Leinen,  der  Einachlag  ana 
Sddo.  Daa  Dearin  daa  Sikl&ta  war  Tertioft  anf  «inem  Atlasgmnde.  Dia 
filbUchen  Farben  scheinen  aanrblan,  pistazienfarbig  und  ainnoberrot  gewesen 
zu  sein,  mit  welcher  letzteren  zumeist  Goldbroschiernng  verbnuden  war. 
Erst  nachträglich  treten  buntfarbig  gemusterte  Siklatüns  auf.  Zuerst  nur 
für  kirchliche  Zwecke,  wie  bischöfliche  Messgewäuder  (casulae)  augeweudet, 
▼enobaflfte  er  rieh  raaeh  Eingang  in  alle  BaTdIkemngsklaasen,  waa 
um  so  begreiflicher  erscheint,  wenn  man  die  nngew&hntiche  Mannigfaltig« 
keit  seiner  Verwenduugsarten  in.s  Auge  fasst.  Es  mag  auch  beiläufig  er- 
wähnt werden,  dass  von  Einigen  die  Vermutung  ausgesprochen  worden  ist, 
äiklatün  wäre  kein  mustergewebtes,  sondern  ein  nach  dem  Zeugdruckver- 
fahm  hafgestelltes  Geweb«. 

Daa  citt&ehate  Sridangewebe,  äet  Tnifet  (taltab),  perasoben  Uiapninga, 
war  besondexa  gegen  den  Seblnsa  des  XIT.  Jahrk  im  Abendlande  sehr 
verbreitet. 

Von  rein  arabischer  Herkunft,  wie  sicher  festgestellt,  war  der  im  Verkehr 


»)  WigaloiB  der  Ritter,  S.  91. 

*)  Karabacek,  Ober  einige  Benennungen  etc.  S.  5. 

*)  Apollonias  von  Tjrland  V.  225.,  Gedicht  von  Heinrieb  von  Nengtadt. 
•)  Edrisl,  DsBcriptiOD  d«  l>friqa«  et  de  rBqpagne.  6d.  Doiy  &  Qoctje,  S.  197. 


Digitized  by  Google 


Mittelalterlicbe  Stüffä.    riullt;!.  Muschclseide. 


71 


als  „pfellel*^  bezeichnete  Seidenstoff,  welcher  nut  dem  französischen  viel- 
erwäbuteu  „paile''  identisch  ist. 

. .  .  ein  iuncfrouwe  in  do  nMlte 
in  einen  rok  pfellio'}... 
«..dis  man  tü  wol  bedeoliefc  ntoi 
mit  pfellc  von  Aleiandrie'). 

Wolfram  von  Escbenbach  erwähnt  eines  Pfelleb,  das  so  heiss  an 
Glans  WMT,  dass  ein  Strann  seine  Eier  daran  fa&tte  ansbr&len  kOnnea. 

Pfeile],  das  im  Grunde  mit  Atlas  identisch  war,  hiess  auch  „Salamander*', 
weil,  wie  uns  der  Dichter  des  „VVigalois"  berichtet  ,  dieser  ko.stltiire  Mantel- 
stoff im  Feuer  von  Salamandern  gewirkt  sein  sollte'):  ,,die  würme  Sala- 
mandre  worhten  in  in  dem  viure/^  Die  Pfellel  galten  uns  diesem  (.irunde 
für  ottTOTbrennlieb,  wie  ans  folgendem  Citai  hervorgeht 

...  ich  stach  vor  AgremuBtio 
gein  dm«  itter  fiinln: 
waii  min  kurslt  Salamander, 
Mpind6  min  sofaiU  der  ander, 
ich  waer'  verbrnnoeD  an  der  ^osi 

Einige  Autoreu  liabeu  nun  aut  Grund  des  Vorstehenden  die  Pfellel  als 
„Salamander'\  „Salamander-Häute''  resp.  als  ,^g6geu  Feuer  geschützt"  oder 
ola  ein  „Asbestpfellel^*  definiert.  Lant  Earftbaeek*)  nnd  daninter 
vielmehr  die  ans  der  Haechelseide  oder  Mnsdielbärten  der  Pinna  ma- 
rinn  (P.  nobilis)  angefertigten  Gewebe  zu  verstehen.  Nach  anderer 
Meinung  verdankte  dieMi?  I'fellelgattuug  ihre  Benennung  der  Mustenmge- 
aii,  die  aus  saiauiauderähnlichea  Tiergestalten  bestanden  haben  soll. 

Die  Anwendung  der  Steckmuschel  für  Webereizwecke,  speciell  zur 
Hentellvng  der  X^^f^^C  (Reitennintel)  war  sehon  im  Altertum  bekannt 
So  bespricht  nnter  anderem  anch  der  Talmnd  die  Mnacbelsndengewebe 

(kochlo )  «). 

Von  den  Klassikern  erwähnt  zuerst  TertuUian ')  diese  Seidenart,  in- 
dem er  die  Gespinstfasern  aufzahlt:  „uec  fuit  satis  tonicam  pangere  et 
eoTere,  ni  etiam  piscari  veetitnm  oontigiaeet:  nam  et  de  mari  vellera,  qno 
mneosae  lannritatis  plantiores  conchae  eomani"  Prokop^  boriehteti  dam 
nnter  den  von  lOmiscben  Kaisern  den  armeniseben  Satrapen  ertnlten  In- 


Wigatois  der  Ritter,  &  29. 

*)  ibid.,  S.  380. 

»)  Wigaloii  der  Bitter,  7135. 

*)  ParsiTat,  ed.  Bartseb.  tVI,  769. 

^1  tjher  einige  Benonnuni^en  etc.   &  28. 

Traktat  Kilaim,  cap.  9. 
f)  De  Fallio,  lU  p.  II»,  Rigaltn. 
■)  De  Edif.  üb.  III  e.  L 


Diqitized  by  Coogle 


72 


lluschelaeide.   KimUbu.  ZenJel. 


signien  sich  aus  Pinna  aiifrrfritif^fc  C!il;i:riYs  Ijefandcn.  Der  hl.  Ba'^ilins*) 
bewundert  das  goldene  „Vliess"  der  Öee.seide,  das  durch  küuätlicbe  Färbung 
nicht  ersielt  werden  kihin«.  Im  frühesten  Alteitum  aii^  die  Mueehebeideii«. 
gewebe,  wenigstens  die  feinsten«  in  Indien  angefertigt  nnd  dann  nach 
Griechenland  exportiert  worden  *).  Der  unbekannte  Verfasser  von  „Periplus 
maris  Erythraei"  l»on*c1it<jt,  dass  Pinna  in  der  Gefj;<=nil  von  Oolchi  (Süd- 
Indieu)  verarbeitet  wurde.  Auch  die  Araber  (istachri,  Mukkaddu-^i)  bprecben 
darüber  und  nennen  sie  „Meereswolle'';  die  Griechea  sagen  für  vtc/y.o;  aneb 
t^ia  x»  T^;  ^aXatn]^  oder  ictvvixoy  ejptoy,  nnd  die  Italiener  lana  penna. 
JHa  onuuaijadischen  Kalifen  Spaniens  Hessen  aus  der  bei  Sautareni 
woiinencn  Miisi lu/lseide  Stoffe  anfertigen,  die  sif  iii.tfr  Monopol  stellten 
und  von  denen  ein  Stück  „wegen  seiner  l'racbt  und  ilerrlichkeif'  1 000  bis 
10000  Goldstücke  kostete.  Deren  Aosfuhr  war  verboten.  Die  Annahme, 
dass  die  im  Parsifal  angerührten  Salamander  bes.  Pfellel  mit  der 
Mnschelseide  identisch  seiu  köiiueu,  gewinnt  iiucli  dadurch  an  Wahrschein- 
liciikeit,  das.-,  .,Afirpn)iiiitii;"  Wiilnsr-hciiilich  den  üer-^  Acreninrite  lt>ei  Pa- 
lazzuolii  in  Sicilieu  zn  bedeutin  hat,  wo  ibatsüchUch  die  ^uscbelseide 
regelmässig  gewonnen  und  verarbeitet  wurde. 

Von  den  Geweben  morgenländischer  Herkanfti  deren  Fabrikatioos- 
iiFspmng  jedoch  im  weitesten  Oriente  an  suchen  ist,  mögen  folgende  Er- 
wähnung finden. 

Unter  dem  Namen  Kimklia  (kitu-chä)  kam  aus  China  lan^'e  Zeit  hin- 
durcii  ein  damast artigem  Gewebe  in  den  Ilaadel,  das  spater  »owohl  in  per- 
sischen nnd  bagdadisehen,  wie  alezandrinischen  und  griechischen  Manu&k- 
tnren  mit  vielem  Geschick  nachgeahmt  wurde  und  sich  im  Abendlande 
jrro.ssen  Verbrauchs  erfreute.  Im  griechischen  als  xa[j.c'jxä;,  gelangte  es 
als  Camocato  nach  West-  und  als  Kanika  naih  Oslrnropa,  namentlich 
Uusslaud,  wo  es  einen  der  am  häutigsten  erwähnten  Stoii'e  bildete.  Seiner 
Webart  nach  sdieint  Camocato  mit  Atlas  nahe  verwandt  gewesen  m  sein*). 

Die  Cendels  (tendado),  lachte,  taffetähnlidie  8eidengewebe  ebenfalls 
chioesischen  Ursi)rungs,  wurden  in  Alexandrien  nnd  dann  in  Mailand  in 
erheblichen  Quauiitätr^n  anr^eferti^t  nnd  fanden  in  Europa  sn  Fahnen, 
Decken  und  uh  Futterstuir  Verwendung: 

. . .  der  trüe  einea  tchappenin 
{^esaiten  von  fritscbalej 
mit  rotem  sendale 
WS«  er  gcfoirieret*). 

Syndonus  war  die  vorxüglicliste  Galtunj?  des  Cendals,  wahrscheinlich 
indischer  Herkunft,  wogegen  dieser  Ausdruck  nach  anderem  Dafärhalten*) 

'J  Hexiit-o).  VII 

*)  Yate«,  Textrinum  auLiquorum,  Lootloa  ISiS.  S.  15b. 
*)  Karsbseek,  Ob«r  eisige  BenentmogeD  ete.  S.  12. 

*i  Wigalois  der  Uitter,  S..  55. 

*j  Brande»,  Jabiesb.  d.  Ver.  v.  Fr.  il.  ErUkuade  in  Leipzig.    Iä65.   S.  91  ff. 


Digitized  by  Google 


AUm.  Naceo.  Palmet 


73 


nicht  ein  bestimmtes  Textil,  sondern  ohne  Unterachied  manteUrtige  Klei- 

dnngsstücke  bezeichnete. 

Cadas,  Carda  oder  Carduus  war  eiu  wahi"schein!icli  ans  Si»idenab- 
fiüleii  hergestellter  Stoff  geringerer  Qualität,  der  für  Priestergewäuder  Yer- 
wenduug  l'aud 

Die  BeceiehnoDg  des  byzantinischen  Gammadions  bes«^  sieh  auf  sein 
aas  vier  Bachstaben  (Grossgamma)  kreuzförmig  gebildetes  MnsterangAmotiv. 

Das  ursprünglich  zweifeltos  aus  China  iraportieite  Atlasgewebe,  Zetani 
(satin),  \sai<le  in  uniVüscluMi  und  griechischen  SeidenwelKTt'ifn  iu  quantitati- 
ver Hinnicht  zum  wicht)^'>ti  ii  Erzenfjnis  nm\  erfreute  sich  wegen  seines  präch- 
tigen Glauxes  uud  der  VoUkouiuienlieit,  uiit  welcher  e.s  erzeugt  wurde,  eines 
vielverbreiteten  Rufes.  Seine  Natur  gebt  ans  der  italienischen  Beseiehnang 
„zetani  raso^*  hervor,  was  ein  ,.glatte.s"  Gewebe  andentet  und  dem  arabischen 
„atla-i"  c^leirhbedeutend  ist.  Die  Bezeichnung  „satin"  stammt  von  dem 
N'ami'ii  der  Kxportstadt  T.seutnng  (jetzt  T'.swan-tscheu-fu),  woraus  die  Araber 
Zeitün  bildeten,  das  als  „Aceituui"  uud  „Setuui''  uuch  Spanien  und  „Za> 
toain'*  oder  „Satin*'  nach  Frankreksh  kam. 

Im  Spanischen  hiess  der  Atlas  auch  raso,  im  Englischen  rash,  im 
Deutschen  Rasch,  im  Franzöeischeu  ras.  ür.spriinglich  war  er  iu  den 
weitverzweigten  Absatzlüudern  nur  a's  dibadsch  bekannt,  die  arabisierte 
Form  des  persischen  dibäh  (dip  =  glänzen).  Im  christlichen  Kuropa  ist 
dieaer  Name  nur  von  den  Veuetiaueru  für  ihre  reichen  Goldstoffe  ange- 
nommen worden*). 

Nacco  (nacchctto)  war  ein  Goldbrokat  chinesischer  Herkunft  (uachiz), 
auch  von  Arabern  fabriziert.  Mit  dem  Nacco  nn<^c]ieiaend  idcntisdi  war 
eiu  als  Acca  bL-kunntt-r  Ooldstoff  den  XIV.  Jahrh. ^) 

Schon  der  Name  des  Gewebes  Tartaricus  paunus  weist  auf  .«*eine 
centralasiatiaehe  Herkunft  bin.  Es  war  ein  goldgestreifter,  kostbarer 
Seidenstoff,  der  in  Italien  nnd  England  für  kirchliche  Zwecke  verwen- 
det wurde'). 

Von  rein  grieclii.-clior  Alr-rammung  war  „diaspre",  vorzugsweise  von 
weisser  Farbe.  Eine  Abart  derselben,  die  sogenannten  „draps",  fabrizierte 
Lncca  im  XIV.  Jahrh.  in  grossem  Mafsstabe. 

Ein  speciell  in  Deutschland  gangbares  Gewebe  war  Palmet  (palmftt 
side),  der  an  unzuhligt'U  Stellen  deut.seher  Miniiegedichte  vorkonnnt;  so  er- 
wähnt Wf>  Ifta  III  von  Eschenbach  des  Palmets,  indem  er  daa  Bettzeug 
von  Gänan  schildert: 


')  Kock,  Textile  fabrics  foriuin;^  that  wctton  of  the  8outb>KeoMiiigton  MuMam. 
(Descriptive  CatalüK'  u  l     I.nndon  lS7o.    S.  44. 

r«^#50iiel,  Ti.iUc  «ur  le  coiuni'.Tce  de  l.i  nier  iioiie.    1.  3ü.  40. 
*)  Rook,  a.  a.  0. 

*i  Book,  Geaobiebte  der  liturgitchea  Gewftador. 


74 


Bljant  FaDdttitten  der  Smd«oaltertümer. 


. . .  mit  einem  prellel.  sundtr  golt 
venre  in  beideotchafl  geholt« 
gaitepp«!  ftf  p»!mftt^. 

und  weiter: 

palmäts  ein  dicke  matras 

Gottfried  von  Strassburg  deutet  die  nnvetgleieUidie  Weiehlieit  des 
Palmets  an«  indem  er  des  Fell  des  HttndleinB  Isoldens  beacfardlii: 

nn  diebta  Triftaiideii 

dö  er  er  handeln  Vi^^n 
er  grifte  palm&talden  an 
e»  Und«  war  «s  flbenl"). 

Uber  die  eigentliche  Natur  und  üerktmft  des  Palmets  ist  ebenso  sebwer 
za  arteilen,  wie  Uber  das  noch  öfter  erwSbnte  Seidenseng  Blyant  (blyat, 

pliat),  welches  in  einem  deutseben  Wörterbuch  aus  dem  Jolire  1482  als 

..iiys^^uH  jarintluis,  odol  scvtlfiifrowaiidt**,  aufgeführt  und  in  deu  spüteren 
Komment unn  der  Miunegedichte  kurzweg  als  „kostbarer  ISeidenätofl'"  be- 
zeichnet wird. 

I&ie  bflbsebe  Zusammenst^ung  mittelalterlicber  Stoffgattung«i  liefert 
Heinricb  von  Yeldeeken  in  seiner  Eneidt*); 

...die  colten  Ton  satnite 
dii>  iihello  vnd  von  tiinite 
...Eyattt  liciites  baidekio 
Vad  off  vfn  kfttebUtin*). 

Vou  ulleu  diesen  pntchtigen  Seidengeweben  des  Mittelalters  sind  nur 
wenige  bis  auf  uns  gekommen.  Es  sind  dies  in  den  Bibeln  und  Manaskrip- 

ten  eingeklebte  Schon-  uud  Schiveisstficher  (sudariola,  .sudarium),  liturj^.sche 
Gewrindi  r  und  TotenhüUen.  Im  ganzen  dürfti  n  250  -300  Orii,nn:ili;f'W(dN3 
aus  ilrr  Pi  riodc  vom  VlII.  bis  XII.  Juhrli.  vorliandcn  soin  *)  und  /wiir  in 
den  Domen  zu  Metz,  Aadien,  Chur,  Mainz,  Avignou,  Le  Puy,  Paris,  Bam- 
berg, Danzig,  Stralsund,  Prag,  Wien,  Brombeig,  Iblbefstadt  u.  s.  w.,  femer 
in  d^  Sebatzkammem ,  Museen  und  Privatäammlungm.  Von  den  Seiden- 
stoCFen  aus  der  Frühzeit  des  Mittelalters,  also  ans  der  Zeit  vom  V.  bis  X. 
Jahrb.,  sind  uns,  wenn  man  von  den  neueren  noili  wpnifj  studierten  Fumlen 
absieht,  nur  geringe  Reste  erhalten  geblieben,  nämlich  kleine  Sto£fstUckc 
in  den  Handschriften,  rar  Schonung  der  gemalten  Initialen;  dann  die  Toten- 
bullen  (n.  a»  im  Pariser  Lounre  Fragmente  eines  Gewebds  aus  dem 


^)  Parzival,  ed.  Lacbmann,  S.  261. 

*)  Triitan  und  Isolde.  DichtuPKf'"  des  deutschen  Mittelalters.    Bd.  Tl..  fol.  899. 
»)  Sammlang  deutscher  Gedichte  etc.  ed.  Mjller,  Berlin  178ä— tt4.   I.  S.  »8. 
*|  Chinesischer  Purpurstoff. 

»)  Boek,  Oeechichte  der  litaig.  Qewaoder.  I.  Sw  71. 


i^iy  u^cd  by  Google 


Kircheniohätw. 


76 


VII.  Jahrh.,  und  ein  in  der  Kathedrale  zu  Sens  aufbewahrtes  Schweisstuch 
der  lieiligen  Kolumba,  Yll.  JiiluliV,  sclilicssHcli  das  bekatiTitc  Gewebe  mit 
dttiu  Gladiator  (wohl  Samson),  dtr  die  Löwen  erwürgt,  aus  dem  VII.  Jahrh., 
dessen  einzelne  Stücke  sich  im  South  Kensington-Museum  zu  London,  im 
DomachatB  m  Chwr  und  im  Gomanischen  NationalimiBeiini  su  NOmlterg 
befinden.  Eine  unschützbiu:«  Sauuulung  mittolaUerlicher  Gewebe  ist  in  Tona 
Ton  Schontüclurn  in  dpr  zu  Le  Puy  nnfluwulirtLn  IJiUl  des  Theodulfus 
(IX.  Jahrh.)  enthalten,  dir  .^)3  cliinesisihi',  arabisol'.«'  und  irriecliische  seidene 
und  halbseidene  Gewebe  enthält*).  Merkwürdigerweise  haben  sich,  wie  bei- 
läufig «rwSlmt  werden  mag,  Bancel  in  S»int-Chamond  (1817),  BesuTaiB 
in  Lyon  (1820)  und  G rangier  in  St  Cliamond  (1835)  die  MuatenmgHui 
einiger  in  tlicser  Bilwl  vorliandenen  Gewebe  patentieren  lassen. 

In  Holland  bf^sitzt  u.  a.  der  Maostrirhtor  Dotnschat/  ein  "fut  erhal- 
tenes Pontiiikalgewand  des  hi.  Servatius  (XIL  Jahrb.),  de,ssen  Ornamentik 
memchliche  Figuren  (Kaatofr  und  PoUuz)  zeigt*).  iSin  ziemlich  seltenes 
Stfldc  ist  in  der  eliemaligen  Abi«  Siegburg  dem  gx^eren  Reliqnionsch  reine 
entnommen  wordra;  es  ist  dii  s  da?;  Totengewand  des  Erzbischofs  Anno  II. 
von  Köln:  auf  einem  (innulc  von  kai.si'rlirliem  Purjmr  sind  in  der  natür- 
lichen gelben  Farbe  der  Kohseide  mch^  st  Ii  reitende  Löwen,  mit  einer  griechi- 
Bchen  Ludirift  swisehen  «ich,  eingewebt,  die  auf  snnen  Ursprung  ans 
der  ersten  HMlfte  des  X.  Jalixli.  hindeutet^.  Diesem  seltenen  Falle  der 
Erhaltung  eines  inschriftlich  datierten  byzantinischen  Stoffes  gesellen  sich 
wenige  nur  entfernt  äbnlidic  T^tispiolo  zn.  Gonannt  wird  ein  den»  Papst 
Nikolaus  I.  (t  867)  gescheukttü  reich  tigurierles  Seidenzeug  mit  Inschriften 
und  griechischen  Kaiscrnameu  *).  Das  scharlachrote  mit  Elefanten  in  bun- 
ten Medaillons  geschmtlckte  Gewand  im  Sarkophage  Karls  des  Qroasen  su 
Aachen,  nach  dem  Charakter  dir  Buchstaben  wohl  dem  XII.  Jahrh.  ange- 
hörig,  führt  in  sr  incr  lustlirift  nur  zwei  in  ihrer  Lebenszeit  bi.slier  nicht 
«jt'nau  lu  stimmte  kaist  rliclK-  Ik-anite  an.  Auch  in  Aachen,  Eichstadt,  Qued- 
linburg, Brauuschweig,  Maestriciit,  Lüneburg  (goldene  Kammer  des  ehe- 
maligen ESnigs  TOn  Hannover),  femer  in  Brauwdiw,  das  eine  wohlerhaU 
tene  Casula  (o1>erstes  Priestergewand)  aus  dem  Jahre  1143  hentzt'^),  und 
atuli  iwiu  ts  werden  ältere  Gewebe  auflx'Wahrt.  Ein  genaues  Verzeichnis  der- 
jenigen KirL  lu  nschiitze,  Museen  und  Sanmdungen,  in  donen  sich  die  Seiden- 
stoffe in  einem  für  das  Studium  geeigneten  Zustande  und  in  grösserer 
Anzahl  vorfinden,  kt  am  Ende  dieses  Absduiitts  beigefügt  worden. 


*|  H«dde,  Notiee  rar  le  manvierit  de  TModtklpIw  (Ana.  de  1«  8oe.  d^Agrio.  cte* 

da  Piiy,  1837-38,  189). 

*)  Bock  und  Willemson,  MittelalterUcbe  Kunst-  und  Reiiquienachiiue  au  Mae- 
•trielit.  ffsln  1872.  &  2». 

E  aus'm  Weerth,  Jalirb.  d.  Teretos  von  AUvtamifireoodea  im  Bbeialande. 
Beft  XLVl. 

«)  Libw  poBtif.  ni.  167.  182. 

^  Boek,  Geidi.  d.  litnrg.  Gevinder. 


Digitized  by  Google 


76 


Di«  Aniftnge  der  Öeid«!ndruckereL 


Ks  unterliegt  keinem  Zweifel,  das»  seit  den  nllerältcsten  Zeiten,  nunientlit-li 
Ix'i  ck-ri  Kultnrv<)!k''m  Astt't>K  niul  spcrii  l!  il n  (']nni*Hftt,  flio  Si  iilri.-^t'welic  mit 
farbif^on  .\ru.sUiii  IdUruckt  \sMi>it  ii  ^iml;  aiici»  im  Oceuk'ut  war  «iit-so  Manier 
schon  früh  bekannt  und  für  niiiuierwurtige  Stoffe  gebrüuchlicb,  während  die 
kostbaren  sieh  natui^pemüM  für  diese  Art  der  Bearbeitung  weniger  eigneten, 
und  noch  heutzutage  findet  di  r  Zcugdrack,  t  bu  ohl  er  auf  der  llidie  steht  und 
ilim  so  fiu^-tr^/firbnete  Hilfsmittel  zur  Seite  stehen,  wie  <hi<  nattfrictfii  f^tc. 
mit  den  durch  Musterwehcn  i  erzif  heti  KtVfktcn  nur  als  minderwertiger  Ersatz 
Verwendung.  Die  verhüll uismii.ssige  Hequenüielikeit,  mit  welcher  selljwt  sehr 
koniph/ierte  Ornamente  durch  Aufdruck  mittelst  Formen  dargestellt  werden 
konnten,  wurde  aufjfewoj^t'n  durch  die  geringe  Beständigkeit  der  Farben. 
Dass  au«'h  das  Bemalen  der  .Seidenzeuge  .seit  frühesten  Zeiten  im  Gebrauch 
war,  bedarf  keiner  K  snrilcn-n  Erwähnung.  Dii-  ältesten  uns  erhaltenen 
Zeuydrucke  reicheu  nicht  über  das  VI.  Jaluhuudert  u.  Chr.  hiuaus;  be- 
kannt ist  ein  Seidenseng  der  romonisehea  Epoche  (VIII.  Jahih.)  mit  einem 
Mctster  nach  sarasenischem  Vorbilde^).  Aasgedehnten  Verbraueha  erfreuten  sich 
soit  dem  XVI.  .Tahrh.  die  auf  Seide  gedruckten  Marienbilder  als  Wallfahrts- 
Hinlonkcn;  nocli  liciit/iitntre  \vpp1< n  snlrlir-  SciiliM.lniclco  an  Wallfahrtsorten 
an  die  Pilger  verkauft,  ohne  dass  deren  Zeichnung  oder  Ausführung  eine  der 
fortgeschrittenen  Zeit  entsprecheudere  geworden  wäre.  Im  XVI.  Jahrh.  war  es 
ausserdem  Sitte,  von  etnsEelnen  Kupferstidiplatten  die  lürstabzOge  auf  Seide 
herzustellen  ximl  (\u-so  Seidendrucke  als  besondere  Geschenke  zu  verwenden. 
Dir  nii-is'i'ii  Ui'kiUü'.tcn  Si-iilcn/ciiifitnickf  striTumen  aus  dem  XJl»— XIV. 
Jalirli..  ilitc  .^tlli>)rrun<i  trägt  kfim  n  juiNgr prägten  Charakter. 

Zaliht'iclif  alti.'  uud  mittt-lalttrliciie  Seidengewebe  entliallen  Gold- 
gespinsi,  so  dos«  das  Studium  des  letzteren  eigentlich  su  unserem  Thema 
gehart;  es  sei  daher  hier  eine  kurze,  alier  genaue  Beschreibung  dessen  ge- 
geben, was  heutzutage  Uber  diesen  Gegenstand  Ix'kannt  ist. 

Die  Idi  c,  dif<  prarhtTollste  aller  Textilfasern  mit  dem  schönsten  und 
edeläten  aller  Metalle  in  einem  Gewebe  zu  kombiuiereu,  lag  ganz  besonders 
nahe  in  einem  Lande,  wo  die»e  beiden  Stoffe  si^lekh  bekannt  waren,  und  so 
sehen  wir  namentlidi  bei  dem  Eu1tur?olke  Oätasiens,  den  Chinesen,  feine 
Gold-  uiul  Silbi  rnult  n  .seit  uralten  Zeiteu  als  ein  besonders  effektvolles 
Ti  xtilniiitt  1  in  deu  Seideiig'-wben  auftreten.  Ihr  Gi-bniuch  vi  rlin  itete 
sich  alsdanu  Dach  Japau,  sowie  den  Läuderu  Wei>tasien.s  und  gelaugte 
anch  bald  nach  Europa,  wo  sich  der  verfeinerte  Geschnnck  nnd  Luxus 
mit  besonderem  Eifer  dieser  Gespinstart  annahm. 

Die  Art  und  Weise  der  Auwendung  von  Gold  snr  Zubereitung  von 
Gespinstt-n  war  «»^lir  manuigfaltig  nntl  bis  vnr  knr7»'ni  nwli  in  ein  Dunkel 
gehüllt,  das  emigermafseu  zu  lichten  er^t  iu  neuerer  Zeit  gelungen  i&t; 


*)  Forrer,  Die  Zeu^'dracke  der  lij&intiniicbea,  vomssisebea,  geUscheu  and  spt* 
fsreo  Konstepochsn.  Strasaburg  Iii*.  8.  15. 


Digitized  by  Google 


Mittelalterlicbea  6oMge«piD»t 


77 


iiide&«on  macht  sich  selbst  heule  noch  eine  /ieinlich^  Vorworrenheit  in  der 
betreffenden  Tenninologie  lienierkbar.  So  weit  unsere  Kenntnisse  reichen, 
bestand  in  der  ersten  Fabrikationsepoch(> .  bei  Griechen,  Rnniem,  IJyzan- 
tineru  bis  zur  Mitte  des  XI.  Juhrh.,  der  Ihm  allen  Kulturvölkern  gcbräucli- 
lidie  Goldfaden  mm  »inaa  Leinen-  oder  Seidenfaden  von  starker  Drelmug, 
der  mit  einem  echten  Goldlamell  in  ein^  Brdte  von  0,2—0,75  imn  nm- 
sponnen  war.  In  der  /.weiten  Epoche  von  der  Mitte  des  XI.  .lahrh.  Iiis  za 
den  Tagen  der  itulioiitschen  Renais.«ance  (Mitte  des  XIV.  .lahrh.)  tritt  aus 
dem  Orient,  zmiaclist  von  der  Insel  Cypern  lierriihreud,  eia  uenes, 
hilligeroe  Goldgespinst  auf,  desseu  innerer  Kern  aas  gezwiratem  Ldnen- 
oder  Seidenfiulen  hestehi,  nm  welchen  ein  stark  vergoldetes  Darmh&ntcheo 
in  der  Breite  von  0,3 — 2.0  mm  aiemlich  unn'gelmlissig  gesponnen  isi.  In 
der  dritten  riTior'.t',  die,  hrrvnrgerufen  ilmcli  das  Anfblnlien  der  nor«l- 
italieuiselien  ^jeideiiindustrii',  ihren  Ursprung  in  Italien  nahm  und  sich  von 
den  Tagen  Dantes  bis  in  die  neueste  Zeit  erstreckt,  setzt  sich  der  Gold- 
faden an«  emer  Seele  in  Form  eines  goldgelben  Seidenladens  zusammen,  nm 
welch  letzteren  ein  mehr  oder  weniger  vergoldeter  feiner  Silb«'rdraht  ge- 
sponnen ist.  Nach  Entdeckung  des  neuen  Seeweges  nacii  Indien  und 
China  k;uji  ein,  ans  ein^ni  platt<'n  vergoldeten  Papiei-streifen  tf-büdeter 
Eiüsclilagsfaden  vorüiiergeheud  iu  Mode,  im  merovingischen  Kuropa  war 
aosfierdem  eine  Art  feiner,  dem  Master  entsprechend  geschnittener  Goldblätt- 
chen, die,  sei  es  durch  Randstickerei,  sei  es  vermittelst  de«  heissen  Eisens 
odvr  (Vs-  „Aasschlagens"  an  das  Gewebe  befestigt  worden,  vielfach  in  (tc- 
brauch  —  ein  Verfahren  byzantinischen  Ursprungs.  Schmale  Goldblätt- 
chen unter  den  Einschlag  des  Gewebes  meliert,  wie  nolche  im  {Seiden- 
stoff an  den  Gebeinen  Karls  des  Grossen  in  Aix-la-Chapelle  zn  finden 
sind,  kamen  in  besonders  kostbaren  Geweben  vor.  Unter  den  nns  Aber- 
kommenen  Seidentextilien  trifft  man  auch  eine  Art  dei  Goldarl>eit,  die 
zwar  in  ein  anderes  (lebiet  gehört,  doch  *l'r  Vollständigkeit  hall)er  hier 
nicht  unerwähnt  bleiben  darf.  Es  ist  dies  das  gezogene  Gold  in  Form  feiner 
Drähte,  zuweilen  irrtümlich  als  cyprisches  Gold,  „aarum  cyprium",  be- 
zeiehnei*),  de^en  Indaetarie  im  mittelalterlichen  Italien,  bemnders  in  Lncca 
(XIV.  Jahrb.),  Genua  (XV.  Jahrb.),  dann  Mailand  nnd  Florenz  (XVL 
Jaliili  i  tu  Blüte  stand.  Die  aus  gezogenen  Metalldrähten  oder  d:iniit  über- 
zogenen Fäden  aus  Seide  etc.  bestehenden  Gespinste  trugen  nacii  der  Stadt 
Leon  in  Spanien,  wo  sie  zuerst  in  Aufnalune  gekommen  sind,  den  Namen 
leoniscfaer  FSden;  ihre  Fabrikation  ist  na«h  Dentsehland  (Nürnberg)  1570 
von  Fonroier  übertragen  worden.  AI«  leonische  Gespin-ste  werden  aber  von 
Einigen  irrtümlicherweise  auch  andere  Gteldfadenarten  bezeicliuet,  von  denen 
gleich  weiter  unten  die  Bede  sein  winl.  --  Die  Mailänder  Fäden,  die  sich 


*)  Unter  dem  »cyprigchen  Golde*  verstand  man,  wie  Karntiacek  laut  IJock  ricbtig 
aafllhrt  (Die  litnrg.  Oew.  der  Marienkirche  zu  Danzig,  S.  II),  aberhanpt  ds«  an«  desa 
Oriontfi^  im  speeiellsa  ans  igTpten  eisgef&hrte  Ooldgstpinit 


Digrtized  by  Google 


78 


MembnuiTtrfOilduig. 


im  JLVL  Jahrh.  eines  ebensolehou  Rnfes  erfreuten ,  wie  die  leoniMhen, 
bestanden  ans  bloss  vergotdetem  ffilberdraht,  welchem  rieh  in  der  «weiten 

fißlfte  dieses  Jahrhunderts  der  Lyuner  Goldfaden,  l^esteliend  aus  einem 
nach  Mailänder  Art  durch  „Schlagen"  vt  r<^'..ld.  t<  n  Seidenfaden  an  die  Sritf 
stelltfe.  Diese  letztere  Bereitungsart  ist  lichon  irUhzeitig  l)ekauat  gevresen, 
wie  uns  mne  Schilderung  des  Goldspinneus  in  den  Oynaceen  rva  Pontius 
Leontins  bn  Sidonius  Appolinarins  vorfahrt  Der  LSsong  der  frage: 
nach  welcher  Methode  die  mittelalterlichen  J'äden  hergestellt  wurden  —  ob 
durch  unniittt'Unin'  A]tplizierang  dos  weichgeiuachten  Goldes,  oder  ob  durch 
das  Verfahren  der  Schlagarbcit  (or  buttn),  nm\  zwar  im  letzteren  Falle  wie- 
der, ob  auf  kalteui  Wege  unter  Anwendung  von  ChlorgoUkuudcr  oder  durch 
Amalgamiemng  —  vermag  ich  für  meine  Person  nieht  näher  zn  treten. 

Der  hei  weitem  grösste  Teil  tiiittt  lalterUcher  Seiilt  ngcwclK'  zeigt  die 
o1>t  u  /iifrst  erwälintc  Goldfadenart,  die  zweifelsohne  chinesischen  Ursprungs 
war.     I)ies(»  GoldfiUl<  u  bestehen  ans  rinem  Seiden-,  Leinen-  oder  Hauf- 
faden, der  n)it  einem  schmalen  mit  Blattgold  überzogenen  Pergamentpapier- 
streifen oder  tierisehen  Hftntchen  nbersponnen  wurde;  in  den  Ooldf&den  chi- 
nesischer Herkunft  trat  als  Grondfadeu  anaschliesslich  nur  die  Seide  auf.  Zn 
welcher  Zeitepoche  die  Perser  und  Araber  die  Membranvergolduug  von  den 
Chinesen  übernommen  hal)en,  ist  nicht  bekannt;  man  findet  sie  aber  schon 
in  Geweben,  die  sicher  vor  dem  X.  Jahrh.  angefeiligt  worden  sind.    In  der 
Penode  v<Hn  XI.  bis  au  Ende  des  XIH.  Jahrh.  ist  der  Gebrandi  diesor  Ge- 
spinste ein  so  allgemeiner,  dass  sie  £ast  in  allen  byaanttnlschen,  arabischen, 
ridtianischen,  luccht  slschen  und  spanischen  Seidengeweböl  jener  Zeitepoche 
anzutrefifen  sind.    Die  in  Wien  aufljewabrtcn  Krönnngsgewänder  der  d<  ut- 
schen  Kaiser,  welche  in  Palermo  fabriziert  wordeu  sixul  (1133),  enthalten 
davon  prachtvolle  Muster.   Seit  dem  XIY.  Jahrh.,  als  die  gezogenen  Metall- 
difthte  stark  in  Aufnahme  gekommen  waren,  sog  sich  das  Gewerbe  der 
cypriachen  Gespinste  nai  ':  H  ut«cbland  zurück.    Die  Köri)cr-;cliiift  „Fabrices 
capparura  et  cli{)eorum  colouienses"  vnhm  >icli  dcssidlM  n  mit  s.ilobera  Eifer 
an,  dass  die  Erzeugnisse  rheinischer  Seideuweber  und  -sticker  jener  Zeit- 
epoche kaum  andere  Goldfaden  enthalten.    Zu  Beginn  des  XVI.  Jahrh. 
erlischt  in  Europa  ihre  Verwendung  und  dadurch  auch  die  Fabrikation,  um 
erst  in  neuerer  Zeit  ihrer  Biegsamkeit  und  DaiD  iliaftigkeit,  lowie  ihres  ange- 
nehmen, niaH<  :i  niiin/.e.s  lialbcr,  wieder  mit  Erfolg  aufgenommen  zu  wei"den. 
Noch  vor  Jiihr*  !!  war  man  »  ilVi^  Ix'itviibt.  das  Fabrikationstirlii'iinnis  cypri- 
sclier  oder  irukauisclu  r  Fäden,  das  sogenannte  „mjstenum  ann  ülati"  zn 
ergründen,  jedoch  vergeblich;  erst  1882  gdungten  die  Mflnchner  Professoren 
W.  V.Miller  and  Harz  zu  dem  Ergebnis,  dass  bei  den  cyprisehen  Gold- 
fSden  eine  tierische  Membrane  die  Unterlage  des  Goldes  bildete.  Dieses 
Häntph<'n .  <\m  in  seinem   anatomischen  Bau  als  Peritoneum  oder  ühnliche 
Membrane  Ijezcichnet  werden  konnte,  erwies  sich  nach  einiger  Zeit  als  die 
Sobmnoosa  der  tierischen  Därme.    Die  Vergoldung  ergab  rieh  als  eine 
Blattvergoldung  und  zwar  in  der  Art,  dass  man  Gold  auf  Silber  im 


Digrtized  by  Google 


AltofiMttaliNlie  Teppiebe^ 


79 


Yerb&ltnii  ron  1 ;  2  an^geichli^^  li«tto.  Auf  Onind  diMsr  ThitMehen  ist 

es  auch  bald  gelungen,  diese  Goldfadenart  synthetiadi  ZQ  enengon  und  «ie 
mit  Erfol<f  in  «lif  Praxis  eiiizufülin  ii.  Auch  hat  man  neuerdin<»'s  hfcronnen, 
SeideniädtMi  auf  ^alvanoplastiscln  in  Wrire  zn  vorjjoldpn  resp.  überhaupt  za 
metallisiereu,  worauf  wir  später  noch  zu  rück  kommen  werden. 

Um  mit  den  EnseagniHaen  mittelaHerlieher  und  spBterer  Webekanst 
abzuschliessen,  wäre  noch  der  charaktervollen  Teppiche,  meist  orientalischer 
Herkunft,  zu  ^'((lenken,  obwohl  dieije  KnUpfnrlx  itt'n  oiffi'uthCh  nicht  in  das 
Bereifli  tlcr  Wi-Ijckunst  f^phörrn.  Dio  nn.s  (•rhalt«Mi  gi'blicbencn  Seiden- 
teppiche reichen  nicht  über  das  Ende  des  X\  .  Jalirh.  hinaus,  da  der  von 
^inT»eek  ab  eine  sfldpenische  Arbeit  des  XIV.  Jahxli.  erkUrte  Teppich  ^) 
eioh  als  viel  spateren  Unpnmges  erwiesen  hat.  Nicbt  nur  Persien, 
sondern  auch  die  Länder  der  osmanischen  Türkei  hft1)en  sicher  im  XVI. 
dahrh.,  walirst  lielnlich  schon  früher,  t^irh  rm  der  orientalischen  Knüpfteppich" 
Produktion  in  ausgiebiger  Wei*e  beteiligt. 

Die  Muster ong  tOrkieeher  Luzusteppiche,  die  von  Gold«  und  Silberiftden 
durcliwirkt  sind,  beruht  auf  dem  als  prasiseh  erkannten  Rankenweilc,  dessen 
Kennzeichen  eine  palmettenartige  Blflte  und  gezacktes  Lunzettblatt  sind.  In 
diespn  ArlM-itcn  tritt  es  aber  in  einor,  dei>  enropäischrn  Einfltis^  vorratendon 
Anordnung  und  in  einer  eigenartigen  Umbildung  auf,  die  den  Uedanken  un 
rein  persische  Herkunft  ausschliesst.  Man  hat  diese  trefflichen  Seidenteppiche 
mit  den  venig  TerbUzgten  Nachrichten  Aber  das  KnOpfgewerbe,  das  im 
XVIL  Jalirli.  in  Polen  geblüht  haben  soll,  in  Zusanmii  nliang  gebracht  und 
sie  darauf  hin  die  Prtlt'iit.'ppirlic  ffpmmnt;  walirMlirinlicht  r  i^t  «-s  dagegen, 
dass  sie  als  Nachuliinuiiyf  der  dainals  am  Hoie  zu  Ispalmn  vielfach  ver- 
wendeten Originalteppiciie  für  den  Huf  von  Stambul  angefertigt  worden 
sind.  Die  originell  persischen  Seidenteppiche  lassen  sich  ebeaaow«iig  Uber 
das  XVI.  Jahrb.  zurückverfolgen.  Die  Grundlage  ihrer  Omanit  nük  ist 
gleichfalls  vegetabilen  Charakters,  wenn  aucli  vermengt  mit  animalischen  Mo- 
tiven. Das  schön  geschwtmgene  Rankenwerk,  das  die  ganze  iruni.sche  Kunst 
des  neuen  Zeitalters  zu  beherrscheu  scheint,  Ijesteht  aus  gezacktem  Blatt 
und  pahnettenartiger  Blftte,  die  der  stilisierten  Seitenansicht  emer  Distel- 
blttte  nicht  unKhnlich  ist  Das  Motiv  herrscht  entweder  allein  in  emheit- 
lieh  entwurfciii  r  Zeichnung,  von  einem  spitzovalen  Feld  ausgehend,  oder  es 
verbindet  --icli  mit  menschlichen  und  weit  häufiger  tierischen  Figuren,  wie 
Drachen,  ivliilins  und  Paradiesvögeln,  deren  phantastische  Gestalten  der  chi- 
nesischen Kunst  entlehnt  worden  sind,  welch  letztere  Peiaien  Tom 
XVIIL  Jahrh.  stark  beeinflusst  hat;  das  Übrige  sind  einxelne  JagdmotiTe, 
Löwen,  Panther,  Hasen,  Adler  u.  s.  w.  *).  Von  Riegl  ist,  wie  bsnits 
Irflher  erwähnt,  die  Ansicht  ausgesprochen  worden,  dass  die  neupersische 


*)  Die  persische  Kadelmalerei.  Süaaodsebird. 
>)  Biegl,  AltorientaliwiM  Tt/pfiAa.  Wien  1881. 


Digrtized  by  Google 


80 


Vcrfftll  d«r  Antber.  Aufbiaben  BPiditalieniietaM  Webeknati 


und  insbesondere  die  arabische  Fiachoraamentik  sieh  nicht  aus  orientaltadien, 
d,  i.  assyrischen  und  acliiinHMiitlist-lifn  Anfünpjen  entwckolt  halw»,  sondern 

dass  die  «^psainto  islaniitisclu'  Miistcning  t-ine  fo1g<  ri(  liti<ri'  Au'-lüldtint;  der 
um  die  Üiadochenzeit  (Anf.  HI.  dalirh.  v.  Chr.)  eingeführten  byzantinischen 
Zierweise  Ist.  Inwieweit  diese  Ansicht,  die  hauplsächlich  aus  dem  Studium 
der  Sgypttschen  Textilfunde  hergeleitet  wurde,  hegrttndet  ist^  werden  hofient- 
lich  weitere  Forschungen  auf  diesem  G««l)I('fr  ergeben  können*,  immerhin  trügt 
diesell)e  stdion  ji  t/t  nlrht  wenig  dazu  !'<  i,  ili<"  vnrorwfihnte  Eigen! tlmlielilveit 
in  der  Musterung  der  persischen  Teppiclie  iu  gewis5:er  Uin.<«icht  zu  erklären. 

♦  ♦ 

Der  Verfall  und  Niedergang  der  arahischen  Macht  (XIII.  bis  XIV. 

Jahrh.)  sind  naturgeniiiss  nicht  ohne  Kinfluss  auf  die  fJt^sdiidjte  der  St  i  lc 
gt'hli(>l)en.  Die  Bahn*  ii,  in  welclie  diese  Nation  den  Seidenhandel  und  die 
Seidenindustrie  gelenkt  hat.  hehaupten  zwar  ihn>  Geltung  noch  einige  Zeit, 
aljer  der  Aufschwung  der  abendländisch -christlichen  Seideukultur  uud  We- 
berei  einenteits,  und  die  Entdeckung  des  Seeweges  nach  Indien  andereiseita 
haben  doch  das  Ende  der  maurischen  Herrschaft  auf  diesem  Gebiete  wesent- 
lieh  Ix'schleunigt.  So  sr!;.'ii  wir,  wie  die  europäische  Seiden webekunst  das 
ori*^ntfiHsc]ie  Gepräge  altmiihlich  abstreift  uiul  ilt  ii  ('harakter  oinor  freien 
unabliängigen  Entwickeluug  anninuut.  Ks  beginnt  eine  neue  Epoche  der 
Seidenweberei,  die  gotisch^italienische,  welche  vom  XIV.  bis  in  das  XVII. 
Jahrh.  hineinreicht. 

Im  Ursitze  der  abendländischen  Seidenwebekunst,  in  Palermo,  ent- 
wickelte sich  diesellM'  in  einer  Weipe,  welche  uns  IIni»o  P^alcandus  schil- 
dert, indem  er  mit  Begeisterung  von  Brokaten,  weiclien  Samnieten,  feuer- 
roten I>tairhodons,  matten,  grünlichen  Diapistis  und  von  Exarentamas  er^ 
athlt,  die  mit  kreisförmigen  Mustom  versehen,  die  grSsste  Fertigkeit  im 
Weben  erforderten').  Von  Palermo  wurde  die  \V.  Irkiinst  nach  Norditalien 
verpflnnzt,  um  hier  Statfin  .in-  liniftvollstcn  Entwickelniit,'-  zu  finden,  die 
.Taiuiuiuderte  lang  in  vollem  Glänze  erstrahlten,  und  von  hier  ans  hat  fast 
die  ge^mte  europüiscbe  Seideuwel)erei  der  neuen  Zeitepoche  iu»  allgetnein- 
sten  Sinne  des  Wortes  ihre  Kenntnisse  und  Gleschieklichkeit  geholt. 

l)']!-  trstcii  ilin  r  Sit/r  waren  Florenz  und  namentlich  Lucoa,  dessen 
Initiativ»'  tiir  die  italiciiistlie  Iinlustrie  balinbn'cln  inl  wnr.  Man  pflt^ift  «bi- 
her  gewis«ermafsen  Lucca  als  die  Wiege  itaiii-iiiselur  Seidenkunstweberei 
zu  beliehnen,  obwohl  man  mit  einiger  Sicherheit  annehmen  darf,  dass 
seine  Industrie  nicht  durch  die  eigenen  Landslente,  sondern  durch  Pisaner 
begründet  worden  ist,  sowie  dass  die  Florentiner,  nachdem  sie  HeiTen  des  die 
Bolle  des  Hauptstapeiplutzes  ffir  Rohseide  einnehmenden  Planer  Hafens 


■)  Hiit.  de  rebus  gest.  in  Sidlia.  Paridis  1550.  &  9. 


ä«id«og«werb«  in  Looea,  norei»,  Venedig. 


81 


Warden,  diesen  Vorteil  zar  BegirUidimg  ihrer  eigenen  Mannfakfciir  ait^e- 

nutzt  hal>en.  Bini  liefert  zwar  urkundliclie  Beweise'),  wonacli  die  seiden- 
gewerUUclif  Thiltiirkfit  Luccas  ben'its  im  VIII.  .IhItI'  b«:'stan<len  halten 
80II,  doch  war  sie  auf  einen  Ma&staU.  beschninkt,  «ier  kaum  den  Nameu 
einer  Indiutne  Terdient.  Dngegm  steht  unbedingt  fert,  du»  die  mit- 
tetalterlielie  Seidenmannfiiktw  schon  froher  anf  dem  italienischen  Boden 
festen  Pom  gefasst  hatte,  denn  schon  im  VUI.  Jahrh ,  zur  Zeit  des  Bilder- 
sturmes in  By/nti7.  knmen  hrntlns  crpwf>rdene  ffriechischr  Seidenweber  naeli 
Rom  und  gründeten  hier  lianpbäcliiich  der  Herst^^lhingvon  kirchlichen  Paranieu- 
ten  gewidmete  Kanstwebereien.  Bereits  im  XII.  Jahrh.  ist  eine  beträchtliche 
XSntwickelang  Incchesiseher  Seidemnannfakturen  m  veneiehnen,  die  im  XIII. 
Jahrh.  ihre  höchste  Hliit.  /<  it  errri^te.  Die  Eraenj^niase  Luccas,  das  mit 
Kngland  nrid  FraiiknMcli  r'mpn  amrrrdchnU'M  Handel  führte*),  V)esa«seM 
Weltruf  und  tifnuttu  sicii  auf  «Icii  Messen  zu  Champa>fne,  London  und 
aodererorts  einer  «ehr  regen  Natlifrage.  Aller  Waljrscheiulichkeit  nach 
stammten  die  deotsehen  Seidengewehe  meistenteils  ans  Lncea«  was  in  seinem 
engen  politischen  Verbände  mit  Deutschland  8eine  Erklärung  findet.  Durch 
politiFolif  l^inili.'ii  1>eriiiflns?f!t,  verliert  j<'«lo<'li  die  Seidenweberei  Luccas  im 
Laufe  des  .\i IL  .jahrh.  an  liedciit uiul  anfangs  des  XIV.  siefleln  hicche- 
sische  Handwerker  nach  Florenz,  Venedig,  Bologna,  Mailand  und  L>on 
fiber,  wo  sie  die  Webelranst  entweder  einfShren  oder  ihr  fraehtbare  An- 
regung geben. 

Nach  Florenz  wnrde  die  Seidenverarbeitung  um  d.  .J.  1204  ein<ri  fülirt  und 
erreichte  im  XIV.  Jahrh.  •rlf'f'hzeitig  mit  der  politischen  BedeutuiiLC  der  Stadt 
ihre  Blütezeit,  wäiirend  weicher  sie  alle  übrigen  italienischen  Städte  übertraf. 
Im  XV.  Jahrh.  wnrde  der  toeeanischen  Mannfaktnr  die  Unterstützung  der 
knnsisiiniigen  Mediei  va  teil.  Man  besitzt  einen  interessanten  Aufsatz  der 
florentini.sehen  Seidenweber  des  XIV,  und  XV.  .lahrh.').  der  meist  in  Form 
eine.-^  DialoirM  «gehalten,  nns  j/enaue  Aii'j:alwn  «iowoh!  ül  er  MTilinioron  rnid 
Fürben  der  Strangseide,  wie  über  die  Technik  nmi  \VeiH«kun.Ht  der  Sei<len- 
stoffe  (Damaste,  bnldacs,  Brokate  n.  a.)  liefert. 

In  Venedig  Teimoohie  die  nrsprin^iche  Seidenindnstrte  nicht  mit  dem 
kommerziell  mSehtigeren  Genua  zu  konkurrieren;  als  aber  1204  Dandolo, 
der  nofli  in  •trinnm  05.  Lt  lx'iisjalir«-  K'^nstantinop-'l  cntlM'rfp.  j;eübte  grie- 
chisthe  Seiderdiandwerker  und  -/.üehter  lieinibrachte  und  den  wegen  seiner  Er- 
seugung  von  Rohmaterial  wichtigen  Peloponne«  der  venetianischen  Seidenwebe- 
rei enehloesen  hatte,  ist  derselben  dadurch  ein  m&chtiger  Voraehnb  geleistet 
worden,  dem  nachtriglieh  (1314)  die  Einwandemng  der  vor  dem  Usnr« 


')  I  Loeebesi  a  Venstia. 

*)  Ue;d,  Dm  OsKbicbte  d«a  Lsvaiitebanilels  im  Hittalalter.  Stattgart  187».  II, 

S.  698. 

>)  L'arte  della  teta  In  Pirente.  Tirattalo  n«i  mooK  XV.  ed.  6.  Oaxfioni,  Flo- 
renz IFRS. 

Silbermtnn,  Di«  Seid*.  9 


Digitized  by  GoOglc 


82 


HaDdela«  nod  Gewer bejp«litik  Veoadigi. 


pfttor  und  Ghibellinen  Castruccio  fliehenden  Lacc)»e.sf»r  zu  stets  waclisendem 
Aufschwnnji^  vorliolfcn  liat.  r>!P  Ansiedelun«^  flüclilitjfi'r  hicclK  sisclicr  Si  iilen- 
hanclwerker  in  V  oneiiig  gab  der  Industrio  des  letzteren  eine  ^anz  andere 
innere  Einrichtung  und  Verwaltung;  .statt  der  früher  obwaltenden  liaus- 
indiistriellen  Arbeitsteilung  ward«  ihr  ein«  nach,  dem  Vorbilde  Lnocaa  ge- 
sehaffene  Zonftorgai  !  ai' oa  zu  teil,  die  sowohl  der  Produktion  wie  dem 
Handel  zu  £rnti'  kam.  Du;  l\Taiiiifaktnren  kamoii  uritor  St<ial8kontrolle, 
jedos  8fidf']r/.i'ng  wurde  auf  srin«'  (iütr  geprüft  und  mit  amtlichem  Sipt^rl 
vei-sehen').  Im  Zunftstatut  von  1278  findet  sich  ein  genaues  Kt;glemeut 
über  die  Breite  der  Stoffe  und  die  einzuhaltende  Zahl  der  Gänge,  welche 
Einseiirankungen  jedoch  infolge  der  stets  wachsenden  Konkurrenz  1410  teil- 
weise aufgehoben  wurden,  dann  wieder  in  Kraft  iiatoii  und  erst  1507  end- 
giltig  annulliert  wurden.  Selbst  die  Ausübung  der  Kunstweberei  wurde  mit 
grasser  Strenge  guhandhAbi  und  überwacht;  diese  Maisregeln  lassen  ins- 
gesamt daranf  aehlieseeut  dan  Venedig  emattich  bestrebt  war,  sich  im 
Wettkampf  mit  den  SdiweiterstSdien  die  Palme  au  erobern.  Eigene  vene- 
tianische  Seidenzeuge  kamen  indessen  während  des  XIII.  Jahrh.  auf  den 
ausländischen  Märkten  noch  wenig  vor,  obwolil  die  venetianisclien  Kauf- 
leuie  luit  orientalischen  und .  sonstigen  Seidenwaren  im  nördlichen  £uropa 
regen  Handel  betrieben.  Das  XIV.  Jahrii.  brachte,  aweer  dem  bereiia 
wBhnten  Impalae  durch  länwanderung  luocheaiicher  FlQditlinge,  noch  das 
günstige  Ereignis,  dass  das  letzte  Bollwerk  der  Kreaxf&hrerstaaten  Akka  am 
Knrlc  des  XIII.  Jahrh.  in  die  Hände  der  Türken  fiel,  wodurch  die  Stapelplätzc 
des  Rohmaterials  uumuehr  eine  Verschiebung  von  Antiochien  und  Tjrus 
nach  Tana  (AaowadlMS  Meer)  und  Tmpeannd  (Sdiwanm  Meer)  erfuhren, 
und  mit  diesen  G^nden  stand  Venedig  in  regem  Handelsrerkehr.  Lei» 
der  nahm  die  schutzzöllnerisehe  PärdiibitiTpolitik  Venedigs  seit  dem  XV. 
Jahrh.  immer  mehr  überhand;  es  wurde  u.  a.  verboten,  ausländische  Gewebe 
zu  importieren  und  zu  tragen,  der  Zwischenhandel  wurde  untersagt,  ferner 
wurde  verordnet,  dass  alle  Rohseide  von  den  Ortschaften  der  „Terra  firma**, 
d.  i.  des  Festlandes,  zuerst  nach  Venedig  gebradit  werden  sollte  und  nur 
diis,  was  hier  nicht  verkauft  wurde,  stand  für  die  Ausfuhr  frei*).  Diese 
einseitigf  Prohibitivpolitik  hat  sich  an  Venedig  selbst  in  bitterer  Weise  ge- 
rächt, weil  die  Unterdrückung  jeglicher  freien  Konkurrenz  eine  Abnaluue 
des  gegenseitigen  Austausches  und  des  Zwischenhandels  nach  sich  ziehen 
muRste.  "Ein  Mericantilsystem  f3r  ein  so  kleines  auf  den  Export  angewie» 
senea  Gebiet,  wie  die  venetianisehe  Republik,  war  überhaupt  schwer  an- 
M'endbar;  an55<5erd(>m  war  es,  wenn  ancli  in  <ler  löbliclien  Ab.'iiclit,  die  lieinii'-cho 
Industrie  zu  liehen,  xu  überstürzt,  als  das.*«  es  die  Früelile  einer  ifesunden, 
ungezwungenen  Eut Wickelung  hätte  zeitigen  können.    Daraus,  dass  «iuige 


•)  Marin,  Storia  del  commcrcio  de  Veneziani. 

■)  Broglio  d'Ajano,  Die  venetianische  Seidenindastris  und  ihxe  Olgaaiiatioti  Ws 
.snm  Auagaac  dea  Miiielälten.  Stattgart  1898,  8.  86. 


Genna  p  Bologiia.  Saideiikattiir  Ttaliena. 


83 


Seid^Mtofife,  wie  die  neapolitaniactien  „canevM^^  nnd  fl<ii«ntiiiiadien,„onnedn'^ 
Ton  Eingangszöllen  befreit  waren,  liast  «ich  indessen  der  Sdilnn  ziehen, 
daas  der  Seidenhandel  Venedigs  grösser,  als  seine  Produktion  war.  Italit  iii- 
sclu'  Sannnoto,  (toWbrokato  und  Damaste  fanden  seit  dem  XIII.  Julirli., 
seitdem  Venedig  das  iSeidenhandelmonopol  hatt«),  e'uieu  gros«ien  Absatz  im 
Orient. 

Zq  gleicher  Zeit  mit  der  Ansiedelang  der  WehelcBnstler  in  Venedig 

entstanden  in  dem  reichen  Gcuaa  die  ersten  Anfinge  des  SeidengewerWs, 
und  sclion  im  Laufe  des  XIII.  Jahrh.  kommen  genaesiseho  Stoffe  unter 
dem  Naniea  „panuus"  iu  deu  V&rkelir  und  finden  zu  kirchlichen  Zwecken 
Verwendung').  Wählend  des  XV,  Jahrh.  teilt  Genna  mit  Venedig  die  Fahrer- 
rolle in  der  ilalientsehMi  Weheknnst. 

In  Bologna  blühte  die  Seiden  in  dustrie  schon  im  XU.  Jahih.,  sie  wunle 
durch  VervoUkonimnnnjron  anf  rltin  (lebiete  der  Seidenspinnerei  wdt- 
berühiiit.  Nach  Sienna  wurde  sie  erat  1438  durch  deu  unternehmenden 
Nello  di  Francesco  übertragen  und  gelaugte  bald  za  einer  derartigen  Blute, 
dass  es  mit  Florenz  sn  rivalisieren  begann.  Naoh  Padua,  Verona,  yisenia 
nnd  Bergamo  wurde  dos  Seidengewerbe  während  des  XIV.  Jahrh.  durch 
wandernde  Seidenhandw  i  rk<^r  verpflanzt  *). 

l>if>  Seidenindustrie  gehört  nicht  zu  den  Kulturerruntjt  iisi  haften,  welche 
die  rümischen  Natioueu  den  Völkern  des  Abeudlandes  iiinterlassen  haben; 
daher  Dank  nnd  Ehre  den  norditalieniechen  Staaten,  welche  die  mittel- 
elterliche,  von  antikem  ^i*  ist^  durchwehte,  farbenstrotaende  Webeknnst  auf 
die  Neuzeit  üljertm^'on  IuiImmiI 

Wie  die  Seideiiindustiir  di  oi  Scidenhandel,  so  folgtr  stets  der  Seiden- 
bau der  ersteren  nach,  und  wo  nur  immer  die  seidengewerbliche  Thätigkeit 
in  etwas  breiterem  Mafietabe  sich  sn  entwidceb  begann,  da  wurden  aneh 
<—  vorausgesetzt,  ilass  die  Boden-  und  Klimaverluiltnisse  der  Kinfohrnng  der 
Seidenkultur  niclit  hennnend  im  Wege  standen  —  Versuche  unteniommen, 
die  Bopcliaffnnsf  dos  Rohmaterials  vom  Auslande  unabhätigig  zu  ge5?tfilten. 
Die  .Seideuzueht  Oberitaliens  ist  aber  wahrscheinlich  viel  älter,  als  seine 
Seidenmanu&ktnr;  denn  schon  unter  Karl  dem  Orossen  sollen  daselbst 
anagedehnte  Maulbeerplantagen  bestanden  haben.  Die  Stadtrepnbliken  för- 
derten zwar  die  Seidenkultur,  alxir  dass  ihre  Handelspolitik  der  allgemsiiieTen 
Verbreitnntr  dor  (ndustric  nicht  gerade  günstitr  war,  rrsphen  wir  aus  einer 
Verordnung  Venedig»  (^1410),  welche  die  Kokon-  und  itaupeneierausfuhr 
gänzlich  verb«^,  und  obgleich  das  Oeeets  einige  Jahre  spater  i^weise  auf- 
gehoben  wurde,  so  trat  es  doch  1475  wieder  in  Kraft.  Das  Anpflanaen  der 
Maulbeerbäume  im  Staate  selbst  erfoIgt(  itidessen  nur  spärlich  und  auch 
deren  Ausfuhr  wurde         streng  nntersagt^J.   Die  emporkommenden  mo- 


»)  Boele,  Gesch.  der  liturg.  Gewander.   I,  S.  47. 

*)  Daru,  Hittoiro  de  la  r^publique  de  VenUc.   Pari«  lti21. 

•)  Bigatti,  Gsadiidite  der  SetdeDiadiistne  Oslerrsiolii.  -Wien  1808,  fi.  SO. 


84 


Mniluid  and  Tnria.  SpAniaa.  Schwoi. 


nsrehiadieii  Staaten  Italiens,  namentlidi  Neapel«  Mailand  nnd  Tarin,  ver- 
mögen den  Stadtrepubliken  des  XV.  nnd  XVT.  Jahrli.  bald  eine  stets  wach- 
sende KnnknrrPiT/  zu  bieten,  nnter  deren  Druck  ilic  letzteren,  namentlich 
Venedig,  Lacca  und  Florenz  sich  zu  einem  industriellen  Hinge  im  modem- 
•ten  Sinne  dea  Worlet  alliierten.  Freies  Handirerk,  ungebnndene  Kon- 
knnenx,  üntemehmangsgent  nnd  freier  Handel  der  neuen  KSnigreiebe 
boten  dem  inmier  festeren  Boden  fassenden  Seidengewerbe  manehe  Vorteile, 
die  namentlich  zu  Tage  traten  und  den  Schwerpunkt  der  «eidenindnstriellen 
ThÄtigkcit  nach  Piemont  nnd  der  Lombardei  zu  verlegen  im  stanrle  wacen, 
als  die  italienische  Knnstweberei  seit  dem  Aufkommen  von  Lyon  und  Toms 
wenigstens  fSr  den  Weltmarkt  ihr»  frBhere  Bedeutung  verlor  nnd  ge> 
swnngen  war,  ihr  Hril  in  der  Seidenzncht,  sowie  dem  Haspel-  und  Mn1i> 
niergewprbe  zu  suchen.  Dii'  Mitttlpniikf»'  «b  r  letzit  rcii  Ot  wcrlK'  waren 
Mailand  und  Turin,  wo  durch  eine  stn  iiifi'  ulx  r  t  iiisichtiijf  <M'\vfrlH']iolizei  für 
die  Verbesserung  der  Technik  und  Hebung  des  Hantleisverkehrs  Sorge  ge- 
tragen wurde'). 

Di«;  spanische  Seidenwelx^rei  behielt  am  längsten  den  orientalischen 
Charakter.  Li.s.sabon,  Granada,  Sevilla  und  Saragossa  waren  dauernd 
die  wichtigsten  Sitze  der  abendländisch- maurischen  Webekunst.  Alnierias 
Seidenstoffe  sind  durch  ihre  Schönheit,  wie  uns  Otto  von  Freising 
berichtet'),  fast  spridiwOrtUdi  geworden.  Im  XIH.  Jähxh.  nimmt  hier  die 
Seidenindnstrie  einen  solchen  Aulschwnng«  dass  die  inländische  Rohseiden- 
luroduktion  nicht  mehr  ausreicht.  Krital«  i  '  i  mit  seiner  Hiuiptstadt  Barce- 
lona, dem  Sitze  der  spanischen  \\"<'l.t  kunst ,  tritt  mit  il<  iii  rJ82  (Toberten 
Sicilien  in  regen  Verkehr  und  bezieht  von  ihm  tlaa  itohraateriai  in  grossen 
Quantitäten  V. 

Auch  nach  der  Schweis  gelangten  die  Keime  der  Mch  flberall  regenden 

S^dengewerblichen  Thätigkeit  und  fassten  hier  fnichtl>aren  Boden.  Schon 
gegen  die  Mitte  des  XIII.  Jahrb.  sind  die  Anfänge  des  S<  iil.  iiir(>w('r1>es  zu 
finden,  das  sich  im  Laufe  des  XIV.  Jahrh.  mit  Erfolg  zu  einer  ziemlich 
ausgedehnten  Industrie  emporschwingt,  mit  Beginn  des  XV.  Jahxh.  jedoch 
den  schweren  ZeitverhSItnissNi  der  Freiheitskriege  unterliegen  mnss,  nm 
erst  in  der  zweiten  Hälfte  des  XVI.  Jahrh.  durch  die  Lneainer  wieder  ins 
Leben  gerufen  zu  werden. 

Wio  fseit  uralten  Zeit  i  n  bei  den  Chinesen  daä  Seidengewerbe  eine  meint 
den  Frauen  zufallende  Beschättigung  bildete,  so  sehen  wir  auch  in  Europa 
die  Frauenarbeit  gleich  von  Anfang  an  in  den  Vordergrand  treten,  und  swar 
in  allen  Zweigen  des  Gewerbes:  der  Weberei,  dann  der  Zwirnerei  und 
schliesslich,  als  die  Seidenkoltur  £ingang  gefunden  hat,  in  der  Uaaplerei.  So 


')  Eine  Sammlung  derartiger  Verordnongen  (18.  Jahrb.)  besitzt  die  K.  Kbliottadr 
m  Berlin  unter  dem  KoUektivütel  .lodtutna  di  Mt«  1701—173«'. 
*)  De  geii  IVederici  I.  tib.  IL  aap.  11. 

*i  Deppisg,  Iiltittoirs  da  oonrnsras  eatrs  )e  Lmat  «t  ITiitoite  «te.  Paris  tSia 


Digiii^uu  by  ^OOgle 


lUe  FnfttMiuurbeit.  Cbin»  und  Indien  «m  Aoagang  dm  Uittolalten. 


86 


spriclit  das  Luccheser  Statut  vom  Jalire  1308 ')  nur  von  Weberinnen  und 
Hasplerinncn;  im  älteren  Züricher  Seidengewerbe  sind  urkundlicli  vom  XIII. 
bis  XV.  .lahrh.  mir  Frauen  und  Mädcbpn  verwendet  worden  -),  in  Piiris  ist 
im  XIII.  Jahrh.  nur  von  Soidcnzwimerinnea  die  Rode,  und  die  Zunft  der 
„ouTriireB  de  Iubus  de  Boie*^  ist  Sita',  als  die  der  „ouvriMs  de  dzftp  de 
•oie**');  in  England  ist  das  gleiche  der  Fall*).  Dieee  Endkeinung  findet 
ihre  Erklärung  darin,  dass  die  Ausübung  des  Seidengewerbes  als  eine  zwar 
körperlich  wenig  anstrengende,  aber  dcnnocli  geschickte  und  leichte  Hände 
erfordernde  Arbeit,  seit  jeher  fast  ausschliesslich  eine  Obliegenheit  der  IVauen 
bildete.  Ab  nun  im  Lmfe  der  Zeit  der  Übergang  der  Hiwnindiiftrfo  warn 
r^lmiang  betriebenen,  geachSitllchen  Qeworbe  stattAuid,  waren  die  Unter» 
nehmer  zunächst  lediglich  auf  weibliche  werkverstündige  Arbeiter  angewiesen. 
Erst  im  XIV.  und  XV.  .Tahrh.  gewinnt  die  männliche  Arbeit  ullmühlich 
die  Oberhand,  als  der  hohe  Aufschwung  der  Hautelisseweberei  eine  Iwsouders 
Bach  verständige  und  künstlerische  Behandlung  orf  orderte  und  an  die  Selb- 
sOndigkeit  des  Weben  die  grösaten  AnsprOehe  gestellt  werden*  mnssten« 
In  den  Zubereitungsgewerben  behielt  dagegen  die  Frauenarbeit  ihre  Geltung 
bis  auf  unsere  Zeit.  Wir  werden  übrigens  auf  die  Stellung  der  Frau  in 
der  modernen  Si'idenindustrie  noch  ?püter  kurz  zurückkommen. 

Trotz  der  mächtigen  Entwickeluug  abendländischer  Seidenweberei  spielen 
die  ttberseeiBciien  Sddengewebe  nooh  eine  2iemlich  bedeutende  Rolle,  und  es 
dflrfto  wohl  am  Phitse  sein,  einen  Blick  auf  den  derzeitigen  Seidenverkehr  im 
weiteren  Orient  zu  werfen.  China  verblieb  immer  noch  auf  der  iilten  Höhe 
der  ma.ssenhuften  Produktion,  die  jedoch  seit  dem  XII.  Jahrh.  zum  grinsten 
Teil  im  Lande  selbst  aufgebraucht  wird.  Der  Schwerpunkt  des  chinesischen 
Sddenbandels,  der  woU  aussdiliesslich  auf  fertige  Gewebe  beschr&nkt, 
aber  inunerhin  bedeutend  war,  ist  nach  dem  Norden  übertragen  worden,  wo 
die  Stadt  Kanbaligh  zum  Stapelplatz  wurde.  Der  berühmte  italienische  Ileisende 
Marco  Polo  (Ende  des  Xlii.  Jahrh.)  veranschlagt  in  seinen  Berichten  das 
Quantum  der  Seide,  welches  tägUcli  zu  den  Thoren  Kanbalighs  eingeführt 
warJe,  auf  tausend  Kaxrenladungen. 

Seit  diesem  Zeitpunkte  (Ende  des  XUL  Jabih.)  fibenümmt  Indien  Chi- 
nas VennittlerroUe  mit  dem  Abendlande  in  einer  so  vollständigen  Weise, 
dass  mnn  die  Reise  nach  China  füglich  uiiterlaa.sen  konnte,  da  Seide  und 
alle  anderen  chineisischen  Produkte  in  Indien  in  Hülle  und  Fülle  su  haben 
waren.  Die  BlUteaeit  der  mongolischen  Dynastie  in  China  (Ende  XIII.  und 
Anfimg  XIV.  Jahih*)  war  das  Periode  des  regsten  koinmegniellen  Verkehrs 
awischen  China  und  Vorderindien*);  in  diMer  Zeit  ist  wahisoheinlioih  audi 

>J  Arcb.  storioo  itaL  X.  58  £ 

n  BUtkli-Meyer,  Die  OrnL  dar  SeUniiiduifam  in  dnr  Bdiwoii,  8. 16. 
*)  Deppiag.  BtglatBents  des  arlt  et  uAiert  de  Paris  iddigds  aa  XOl^  aiMe. 
Pari«  1837. 

«)  Statutes  of  tha  fiealia.  IS,  874. 

^  Heyd,  GeMhiebta  dn  LBraatehaadBla. 


Digitized  by  Google 


86 


ä«idenbaiidel  im  Morgenlande.   Seidenbau  in  Persien. 


die  regelmiis-sige  Zucht  <les  Maulbeerspinncrs  nach  Indien  eingeführt  wonlen. 
Die  Seestiiilt«"  ilr-r  Malaharknste  wxirden  zu  Stapel  platzen  chinesisclier  Roh- 
seide und  kostbarer  Gewebe.  Das  damalige  Calicut  führte  einen  aus- 
gedehnten Seidenhaudel  einerseits  mit  China,  andererseits  mit  Alexandrien 
und  Bysana.  Die  ersten  Euiopaer,  die  1496  nach  Calicut  gelangten,  fanden 
zu  ihrem  Erstaunen  lucchesische  Damaste  und  Sammete  vor ').  Kandmye 
betrieb  lebhaften  TTütulrlMMTkt  iir  mit  Thina  niul  (loii  'MoIulil<rnirisr'1n,  die  in 
kommer/.ieller  Hin.siclit  sich  zu  besoiuierer  W  ichtigkeit  zu  erlit  lK  n  Ix  ginnen. 
In  den  ersten  Jahrzeluiten  des  XV'.  Jalirh.  ist  die  Malabarküstc  «len  ("In- 
nesen  infolge  eines  Konflikts  mit  dem  Kftnig  Ton  Oalicnt  unzugänglich  ge- 
worden, die  Inseln  Molultka,  Java,  Hamla  i  tc.  lun^<  n  unter  solchen  Um- 
stündi'ii  zu  rirdfutiing  niiil  werden  8tii|Ml{)l;it/.c  cliiiu-sisc-her  Soidon.  Abfr 
neben  der  kdiiiiin-iv.irlk-ii  (irösse  besass  Kiunbayi'  auch  Miiiuit'aküireu  für 
Tatfete  und  amlere  reiche  Seidenstoffe  Aden  galt  als  Berührungspunkt 
des  Abendlandes  mit  dem  Orient:  chinesische,  raolnkkische  und  liengalische 
Schiffe  füllten  seine  Lager  mit  S<>ide,  die  der  Beförderun«^  nach  Kuropa  harrten. 
Seit  dem  XV.  .falirh.  gelangte  der  Seidenliamlel  Aden.s  zu  einer  solchen  Blüte, 
dass  die  neidischen  und  gewiiinsiicbtigen  ägyptischen  Herrscher  die  Schiffe 
mit  (jewalt  zwangen,  Adens  Hafen  zu  umgehen  und  bis  in  das  Hote  Meer 
weiter  Twaudringen.  So  kamen  chinesische  Schiffe  bis  an  den^Hal«! 
Dschidda,  den  äussenten  Punkt,  den  sie  auf  ihien  Seefahrten  nach  dem 
Ahendlande  erreichten.  Die  entfernteren  Staindplätze  für  diesen  Seiden- 
verkehr waren  Alexandrien,  Schiras  und  die  syrischen  Häfen  Beyruth  und 
Tripolis. 

Der  durch  den  ungeahnten  Au&chwung  der  abendlKndischen  Seiden* 
Weberei  her?orgerufene  erhöhte  Bedarf  an  Rohmaterial  trieb  die  unter' 

nehiTirnilt'ii  Italiener  zur  Auffindung  neuer  Bezugsquellen«  Bereites  im  X. 
Jahrh.  erforschen  sie  das  (Mnct  Kleinosiens  und  Syriens.  Zu  Kinlr  des 
XIH.  Jahrh.  berichtet  Marco  Polo  ülx;r  das  Auftreten  der  Uenueser  in 
Tuuris,  auf  dem  E^aspisohen  Meere  und  desaen  Südgestaden:  „uiid  von  daher 
kommt  die  ghilanische  Sdde*S  ein  Beweis,  dass  die  persische  Seide  too  den 
Italienern  beaogen  wurde.  Ob  die  letzteren  noch  weiter  in  das  innere  Klein* 
asien  vorgedrungen  nritl,  niiifss  bt  i  di  r  Alt^^  si  lilossf  iilu  it  jene.s  kaspiMclien 
Landes  von  dem  übrigen  Persien  bezweifelt  werden.  Im  XV.  Jahrh.  kam 
der  Verkelir  mit  der  Levante  zu  einer  Entwickelmig,  die  sich  aus  dem  grossen 
Terbrauch  kleinasiatiaeher  Seiden  im  Abendlande  ersehen  Uast.  Die  toe* 
canische  Seidenindustrie  verarbeitete  in  reichlichen  Mengen  «lie  ghilanische 
Foliscide  fs>'ta  pliella),  dif  von  Mazanderan  (seta  masandroni)  und  Amol 
(seta  amoli).  (>1>  die  virllarli  angefülirte  ,,seta  stravagi"  ans  Strava  (Aste- 
rabad)  herstanniite,  ist  nicht  sicher  festgestellt.  Die  von  der  Westküste  des 
Kaspischen  Meeres  bezogenen  „seta  taVna*'  (Taliaeh),  „seta  canare**  and 


')  Navigat.  de  Vaaco  de  Oau«»  OoH.  ds  BamosCo.  Vol.  L 
*)  Livio  de  Dnarte  Barbota. 


HauüelsTerkebr  der  DeuUcben.  Seidenpreise. 


87 


Liioca  v<rarb<itftf  ,,srtii  gangia*'  kaui  aus  (iauiiscliii  (ietzt  Klisabetlipol); 
die  in  Bnissa  erzeugte  iloliseide  wurik  iu  deu  Saminetlabriken  bevorzugt.  Die 
,^eta  nierdaeascia**  staminte  ans  Baehu«;  die  ««seta  roldania**  (Saltaniah?), 
„seta  colusmiu"  und  „seta  colozani"  war»  ii  (n  r.sischen  Ursprungs.  Die  „sota 
soriaTia''  lu  ilcutet  in  den  pisam  r  und  lucehesisclif  n  T^rkinnlcn  wahrschflulirli 
dir  syrisch«-  .Seide.  „Seta  turci"  iiüd  ,,st'ta  di  Kriniauia"  \v<i«!pn  firutlieii 
aul"  ilireii  levantiui.schen  Ursprung  liiu.  „.Seta  ciuittuja"  stammte  otteidjar 
ans  China  (chatte,  kat«  =s  China). 

Schon  o\m\  ist  erörtert  worden,  dass  die  Norddeutsehen  n)it  Nowgorod 
bereit.s  im  X.  Jalirh.  in  reger  Handt  lsvi  ihindung  standen,  l)ei  den  Süd- 
deutschen dürfte  indes  die  Vermittlerrolle  im  Seiden vcrlc dir  mit  dem  Orient 
vor  dem  XIII.  Jalirh.  den  italienischen  Kaufleuten  zugelalien  sein.  Seit  dem 

Jahrh.  entwickelt  «ich  auch  der  direkte  Verkehr  der  Dentflchen  mit 
Sftdnttstaud;  die  Regensbnrger  beBuch«!  regelmäßig  das  politisch  und  kom- 
Tiier/io1l  wichtige  Kiew,  wo  sie  den  Schutz  des  Grossfiirsten  genif  <><  n;  seit 
dem  Xlll.  Jaltrli,  ge«.ellt<^n  steh  rlazn  tmrh  die  Breslaner  Kaut!«  ntt'  und  er- 
warben grosse  Mengen  griecliischer  Seideuzeuge.  Ks  ist  ferner  bekannt,  dass 
schon  im  XII.  Jahrh.,  cur  Blütezeit  der  byzantinischen  Knuatweberei,  in 
Konstantinopel  eine  Ansiedlnng  deutscher  Kanfleute  bestanden  hät  und  es 
ist  wolil  müglicli,  dass  die  Seidenwaren  von  hier  ab  öfaer  die  Handelsstädte 
an  der  Donau,  mit  denen  die  Metzer,  Kö!n<  r,  Aa<  lH>n»>r  niid  Pns«an«'r  regen 
Verkehr  unterhielten,  ihren  Weg  nach  Süd-  und  Mittt  l(k  utsehland  naiuneu. 

üm  einen  EittUusk  in  die  Seidenpreise  am  Ausgang  des  Mittelalters  za 
gewinnen»  mögen  einige  Daten  angeführt  werden.  Im  Jahre  1281  kostete 
ein  6  Pfund  18  Den.  schwerer  Zendäl  in  Italien  nach  dem  heutii^en  Geld- 
wert 254,27  [,ire,  im  .T.  1333  fin  gestreiftes  Zeug  -/ii  Hott vorliang  221,28 
Lire,  1365  ein  rotes  Seidengt-uand  123,99  L.,  136b  eine  ünze  <rrüner  Sei- 
üenfransen  (36  venet.  äoldi)  12,09  L.,  1371  8  Denar  Kaupeueier  1,19  L.'J, 
1378  eine  Unse  roter  Seide  14,08  L.«  1380  1  Pfund  Seidenflocken  (borra 
di  seta)  1,23  L.,  ebensoviel  1  (Iran  gnlne  Cordonnets  zum  Anliängen  der 
Siegel.  Xa'  h  n'ner  polnisdien  H<  <  luning  des  X.V.  .lahrh.  kamen  3  Gran 
farVti;;«  Stide  auf  6  poin.  Grosehen  oder  72  Pfg.,  ein  Pfund  schwarze  Seide 
aul  41,40  Mark  za.  stehen. 

*  « 
« 

Mit  liohmaterial  iui  Lbertiuss  versorgt  und  durch  steigenden  Konsum 
ihrer  Eneugnisse  gefördert,  ninunt  die  norditalienische  Knnstweberei  immer 
mehr  an  Umfang  zu.  Die  awischen  einzelnen  Staaten  nnd  Republiken  be- 
stehende politische  und  kommensieUe  Konkurrenz  regte  sie  snr  eifrigeren 


')  Cibravio,  Deila  «osnosBia  politioa  del  nedio  stsi.   Toriso  1842.  Bd.  III. 

S.  855  ff. 


88        Italieniische  Kunstwuberei,    AntUuge  de«  Seidciigcwerbe:!  in  Frankruieh. 


T!i;ltiuflv»'it  an  und  v(»raTila<?5>t(\  wv-  wir  sahen,  strcnj^p  Vi  rbotv  iIpjj  intimeren 
Zwischfüverkehrs  Die  Kritgf  der  liuelfcn  und  (ihibelliiien  und  die  Auf- 
stäudc  vertrieben  indessen  die  friedlicben  Wcberfatuilien  von  Stadt  zu  Stadt, 
und  ao  verbreitete  sieb  die  anfSngUcb  ohne  Rifalen  bestehende  Seiden- 
indastrie  Luccm  nflch  und  nach  Aber  gmmt  Norditalien  nnd  atu  h  lun  Ii  ausser- 
halb. Immerhin  kann  man  behaupten,  dass  bis  zum  Schlüsse  lii  s  .  .I.ihrh. 
die  Kunst  Weberei  sich  ansschlie.s.slich  auf  die  i»  alienischen  Manufakturen  l>e- 
schränkte.  Sie  hatten  sogar  einen  gewL^en  politischen  Kinfloss;  so  siebt 
man  s.  B.,  da»,  je  tiefer  Lncca  in  seiner  Bedeutung  sank,  desto  mehr  hob 
sich  Florenz,  dess. n  Mac  Iii  wi  s<  utlicb  durch  die  Ansdebnnng  seiner  Seiden- 
manufakturen im  XIV.  .lahrh.  bedingt  wurde'). 

Die  italienische  VVobfkunst  orfrr-nte  sich,  wie  gesa^jt,  nicht  lange  Zeit 
ihres  Monopols,  Die  fortdauenideji  politischen  Unruhen  halien  ara  meisten 
daasn  beigetragen,  die  Aoswanderting  geübter  Seidenwebfflr,  welche  in  wohl- 
Terstandraer  Absicht  von  einzelnen  Indttsttiestidten  ontersagt  war,  m  bo- 
gflnstigen.  Die  freundliche  Aufnahme  und  der  politische  Schutz,  Irr  ilon 
Auswanden-rn  in  ilcn  benachbarten  Stsmten  zu  teil  wurde,  beförderten  den 
«eiteren  Zuwachs  italieoiächer  Ansiedelungen,  die  in  ihren  neuen  Ueiroat- 
Httdem  lebhafte  webekänsUerüche  Th&tigkeit  ent&lten.  Schon  im  Laufe 
des  XIV.  Jahrh.  sehen  wir  xahlreiche  Weberfiiroilien  ibr  Gewerbe  in  der 
Schweiz,  Flandern  und  Frankreich  ausüben. 

Auf  französischem  Bodm  ist  das  St'idengewtrbf'  eigentlich  schon 
um  die  Mitte  des  XIII.  Jahrb.  1k trieben  worden,  w<»  t-s  in  Avignon,  das 
noch  zum  Kirchenstaat  gehörte,  von  Papst  Gregor  X.  unter  Zuhilfenahiue 
laeehesischer,''  neapolitanischer  nnd  sicilianischer  Weber  gegrSndet  wurde. 
Die  richtige  nnd  fraehtbringende  Grundlage  wurde  demselben  ab^  eist  iin 
XV.  cTahrb.  «^e^fben,  als  die  sich  hild»'ndcn  WebcrlvonjiDratioiien  von  der 
Kefri<"ruiiif  Autuiuiitfiim^,  ki'niii^'-liche  Freibriefe  urul  PrivilfLricn  i'rliitdtcn. 
So  befreit  Ludwig  XI.  I4öü  alle  Seidenweber,  die  nach  L^on  äl>er8iedeln, 
wahrend  der  ersten  2w5If  Jahre  von  jeglidhen  Abgaben').  Im  J.  1470  sog  «e 
viele  italienische  Seidenweber  an  sich  und  errichtete  in  seinem  Sohiosso 
Plessis-les-Tours  eine  grossartige  Seidenmanufaktur.  Seclis  Jahre  später 
folgte  Franz  II.  seinem  Beispiele  und  gab  den  zu  Vitre  von  den  Floren- 
tinern angelegten  VNeljereien  ausgedehnte  Privilegien"').  Tours  und  i.<yon 
streiten  um  den  Vorrang  in  der  Prioritit;  schon  im  J.  1470  sollen  die 
Webereien  in  Tonrs  thStig  gewesen  sein'),  wodnrdi,  wenn  dies  geschicht- 
Edi  bewiesen  worden  iribe,  Lyon,  die  heutige  stolae  Metropole  der  Seidoi- 


>)  Hallmann,  St&dteweten  des  Ifittelalten.   Bonn  1S86/2». 

*)  Pagnini,  L'arte  dclla  sofa  in  Firenie. 
Barret,  Notes  poor  lervir  U  l'bistoira  de  la  graade  manafacture  de  Lyou,  etc. 
Lyon  18SS. 

*)  Lobineau,  Hi»t.  de  Bretagne.    XIX.  cap.  184. 
■  ^}  Vie-Vaiseette,  Ui«t.  gäa.  de  Languedoc,  II,  279. 


Digrtized  by  Google 


Ljon  und  Tours.    Aufschwung  der  Lyoner  llanofaktor. 


89 


wi  lx  kunst,  Tours  ^^^tceniibrr  im  Alter  nachstellen  würde.  Der  Streit  hier- 
über ist  noch  heute  iiiolit  endgiltig  entschieden,  nm^s  jodoch  als  ziemlich 
gegeastandslos  erscheinen,  da  es  sich  hier  höchstens  um  einige  oder  ein 
Dataend  Webatfihl«  handelt,  die  noch  kerne  Indiutne  ABanwehfin.  Am 
Sehlon  des  XI IL  and  anfangs  de«  XIV.  Jahrh.  lentrenton  «i«h  die  italie* 
nischcn  Flfichtlinge  in  viele  gri>ssere  und  kleinere  Stiidte  Europas,  nament- 
lich Franki-ei'chs ,  so  dass  nmn  dasclh^rt  nu  hn  ri'  Orti'  finden  wunli-,  wo  der 
lJfsi»ruDg  seidengewerblicher  Tbätigkeit  denjenigen  von  Tours  und  Lyon 
im  Alter  weit  Qberragen  wiude.  Die  Ehre  des  letzteren  hat  man  awar  d^ 
dnrch  gerettet,  dan  man,  anf  Grand  anfgefondener  Patente  Ludwige  XI., 
die  Errichtung  der  ersten  Lyoner  Webereien  auf  vier  Jahre  früher,  als 
der  von  Tour?  festzusetzen  bereihti^^t  ist*),  obwohl  es  wieder  einigen 
audereu  Urkunden  nach  ziemlich  wahrscheinlich  ist,  Aiv^a  loura  bei*«!!» 
1340,  Lyon  aher  er^t  1417  die  ersten  Seiden wel)stü hie  besas.«. 

Nach  Nimes  nm  1441  eingeffthii,  erhielt  die  dortige  Seidramanafiüctnr 
unter  Ludwig  XII.  U98  durch  Aalegang  grosser  Fahnken  bedeatenden 
Ziiwiich-i.  Unter  Karl  VII!.  ^^ediehen  die  Manufakturen  von  Lyon  und 
TtMirs  vortrefflich,  und  als  er  bei  seiner  Rückkehr  aus  Neaiiel  eine  pur/e 
Kolonie  italienischer  Seidenhandwerker  mitbrachte,  nahm  die  Seidenmanulak- 
tar  einen  aolohen  Umfang  an.  da«,  wie  ans  dem  Erlasse  von  1494  (Uitehtlieb, 
alle  in  Lyon  angefertigten  Stoffe  behnf«  Kontrolle  mit  dcMn  Stadtriegel  Ter^ 
sehen  wurden  und  keine  Seidengewel>e  getragen  wenlen  dnrfteri,  die  nicht 
im  Lande  selbst  hergestellt  worden  waren.  Ancli  in  Tmirs  kiiiuen  Schutz- 
maf}*regcln  in  Anwendung;  die  14H4  versammelten  Etats  Ueneraux  setzten 
mnfangreiche  Statuten')  fest,  die  den  Seidenhandel  regelten  und  im  alU 
gemeinen  anf  Hebnng  der  heimiseben  Indnatrie  durch  das  ProbibitiTsystem 
gerichtet  waren').  Aas  Tours  kamen  Imld  die  berühmten  Gros-dc-Tours 
und  Oros- de- Naplcs  in  den  Handel.  Franz  I.  war  eifrif?  Iwstrebt,  die 
eiatrilgliche  liründung  seiner  Ahnen  durch  aot^gedehnte  Privilegien  zu  für» 
iem,  1036  führte  er  mriira»  WebekBnstlw  ans  Pidnontt  die  die  Kunst 
des  Webens  von  Damasten  und  Sanuneten  behemchen,  naeh  Frankreich  Aber. 
Eine  Charte,  vom  Parner  Parhmient  im  J,  1537  registriert,  befreit  alle 
Seidenweber  Lyons  von  jeglichen  AVx^aben.  Solche  Privilegien  konnten 
nicht  umhin,  Lyon  bt-reits  in  der  ersten  iiütfte  des  XVI.  Jahrb.  zu  einer 
Lidustriestütte  ersten  Ranges  zu  erheben,  die  den  italienischen  Vorbildern 
gleiehkam;  zu  gleicher  Zeit  wird  es  ein  Hauptstapelplalz  fSr  in«  und  au^ 
läodische  Seidenfabrikate.  Die  Handelspolitik  der  Lyoner  Si'idenmanufaktur 
glich  einigermafsen  der  der  ol)eritalieni.srlien  Stadtri  puldikeii ,  doch  wurde 
hier  das  Schutzzoll-  und  Prohibitivsystem  unter  wesentlich  anderen  Um- 


»)  NoUT.  .Archiv,  du  <K-p   du  RhAnc.  II,  13.3, 

*)  Depping,  CoUectiou  du  Ducumeds  inedita  sur  l'histoire  de  ia  France. 
*)  Caaesttiui,  L'arte  della  wta  portata  in  Rmasia  degli  Italiaai  (Arehirio  sto- 
riee  italiaac,  llereBB  1857,  N.  8.  .BiL  6,  p.  2). 


Digrtized  by  Google 


90  Seidengewerbe  und  -kultur  in  Frankmch. 

gtändon  angewandt,  als  dies  in  jenen  kleinen  Staaten  geschehen  konnte:  denn 
dip«o  warrn  :^nm  ffrofssen  Teil  anf  «sicli  «»«IVist  nnifewie.sen  und  mit  ihrrnti  »iorch 
die  Konkurrenz  Ix'schränkten  Absatzgebiet  standen  sie  im  schärfsten  Gegensatz 
ni  der  mm  XadostriecentTam  gewählten  freien  Stadt  eines  gronen  Staatci. 
Bei  Fesiliehkeiten  jeder  Art  eotfattete  daa  Lyoner  Bnigertnm  den  giteeten 
Prunk  in  Seidengewändem ;  heim  Einznge  Heinrichs  II.  und  seiner  Ge- 
mahlin Katharina  von  ^f-  dif  i  in  Lyon  (154S)  sah  ninTi  einen  Znir  von  446 
Seidenfiirbem ,  die  in  grauen  und  schwarzen  Sanimetkleidem  einhergingen. 
Bei  einem  späteren  Aufzuge  kommt  es  Tor,  dasa  die  Florentiner  und  Lne- 
dieser  mit  den  in  Lyon  ansissigen  Oennesem  und  MailSndem  wegen  des 
Vortrittes  in  Streit  geraten.  Bereits  zu  Anfatig  des  XVI.  .lahrli.  LiM.ten 
dif  in  f^rns^n  7.,\h\  zu  Lyon  angesiedelten  Seidenhandwerker  einzelne  Zünfte; 
so  wurde  die  Fürlterzunft  im  .1.  1501,  die  BandweWr/unft  1542  gegründet. 
Mit  der  Seidenmnnufaktur  zu  Lyon  wetteiferte  die  Weberei  i|i  der  Touraine, 
die  1470  aal  Anregung  Ludwigs  XI.  nenen  Znsag  italienischer  und  grie- 
chischer Welx'künstler  erhielt Wie  ausgedehnt  indessen  die  Privilegien 
di  r  Seidenweber  in  Tours  und  aiiii«  i  t  n  )><  nadibarten  Städten  auch  waren, 
mit  Lyon  vernnichten  sie  dorli  nicht  rm  lir  zu  rivalisieren,  dem  von  fran- 
zösischen Königen  im  XVL  Jahrh.  das  alleinige  Recht  der  Niederlage  aus- 
landiseher  Rohstoffe  und  Seidenfahrikate  anerkannt  wurde.  Im  Jahre  1664 
waren  in  Lyon  hereits  12000  Webstühle  im  Gange.  Als  Mailand  1623  er- 
obert wurde,  wirkte  sein  Fall  ähnlich  wie  der  Lnccas  im  J.  1314;  die 
dortigen  Weliekünstler  zogen  mas.'^cnhaft  nach  Franicil  ich  und  verbreiteten 
die  Kunst  nach  Paris,  Orleans,  Montpellier  und  Marseille;  in  Marseille 
wnrde  die  Seidenweberei  indes  schon  im  XIII.  Jahrh.  gepflegt,  ab  es  noch 
«um  sicilianischen  Reiche  gehSrte.  Die  Bürgerkriege  und  nicht  snletstt  die 
Intnguen  der  auf  ihr  lukratives  Monopol  eifersüchtigen  Lyoneser  tliaten  indes 
der  Entwickelung  der  nordfran^^itsischett  Wcbelciiii-t  F-iiihalt.  Heinrich  II. 
erlässt  Statuten  üWr  die  Fabrikation  der  Seidetistolfe  und  gewährt  auch 
Unterstützung  der  immer  mehr  aufblähenden  Seidenkultur,  die  unter 
Heinrich  IV.  in  eine  neue  EntwickelnngRperiode  tritt  ond  anfangt,  sich  zu 
einem  wichtigen  Zweig*  der  LaiKlr-,kultur  zu  entfalten.  Der  König  soll  den» 
jeiiitfi  iL,  welche  nachwiesen,  die  Si  id, n/uclit  /.wülf  .hilire  hindurch  Ix-trieben 
zu  haben,  das  Adt  Ixliploni  verliehen  hal>en.  Um  diesrlbe  Zeit  erscheinen 
zahlreiche  Anleitungen  über  das  Anlegen  der  Mau ll»eerplan tagen  und  die 
Seidenknltnr.  Unter  Louis  XIV.  erkannte  Colhert  mit  scharfem  Blick 
die  Bedeutung  der  Si'idenkultur  namentlich  für  die  südöstlichen  Teile  des 
Reiches  und  forderte  sie  in  jeglicher  Weise;  sein  Werk  wurde  von  den 
s|>ätt  n  n  Regenten  fortgesetzt.  Wahrend  bis  zum  Sehhiss  des  letztverflos- 
senen Jahrhunderts  Europa  lediglich  die  652  eingeführten  gelben,  grün- 


■)  Champoiisan,  Sur  roripna  d«  riadvstri«  i^rifiol«  sa  Tburain«.  Toun  1848. 
8.  484. 


Digitized  by  Google 


Seidenhandel  und  -gewerbe  in  Flandern  und  in  der  Schweis. 


91 


liehen  und  weisslichon  Rassen  kaltiviortc,  ;rebührt  der  Anrefjfung  seitens 
Louis  XVI.  das  Verdienst,  die  vorzügliche  weisse  Originalziisse  „öina** 
direkt  aas  China  eingetührt  und  verbrettet  zu  haben. 

Neben  Lyon,  widehes  im  XVL  Jahrh.  den  rnbinvotlen  Namen  der  Me^ 
tropole  der  fransSnsolien  Sddenindnetrie  erwarb,  war  Brügge  in  Flandern 
am  Tueißten  vorfjescbritten.  Die  Kunst weljerei  gelanfi^te  in  den  industrie- 
reichen Städten  Bröp-jfe,  Uriis?«  ! ,  Ofnt  u.  a.  ht  reit.«  im  XV.  Jahrb.  zu 
hoher  Blüte.  FjS  waren  hier  wieder  Italiener,  vorzugsweise  Venetianer  und 
Florentiner,  die  den  Ghmnd  an  dem  Seidengewerbe  gelegt  hatten.  Wie  überall, 
gmg  avcli  bier  ein  reger  Seidenbandel  d«r  Indintrie  Toran;  Brügge  war  schon 
imXIII.  .Talirh.  Station  für  die  Inccheriscben  Kaufleutc,  Gent  eine  solche  im 
XTV.  hh  XV.  .Iiiluh.;  ein  Hauptpliitz  war  jcdnch  Antworp»^n,  das  im  XJII. 
Jabrh.  mit  Venetianem  iu  lebhaften  Beziehungen  stand  und  im  XIV. 
Jahrb.  einer  der  besncbteaien  Stapelplätze  für  Bobseide  war.  Einigen 
Autoren  zofolf^')  soll  die  Seidenwebekonst  Flanderns  auf  das  XIII.  Jahrb. 
zurückzufTiliK  ii  sein,  zu  welcher  Zeit  sie  ihren  Ursprung  in  Ypern,  Brügge, 
(rent  unil  Mtclifln  nahm  tni»l  pomit  liirr  älter  wäre,  als  in  Fratikrcich. 
Diese  Angain.'  soll  durch  die  .Schilderung  des  Math,  von  West niinster *) 
ihre  Bekräftigung  finden;  er  beschreibt  uumlich  die  Beziehungen  Englands 
ZU  Flandern  und  bezeiebnet  das  letxtere  als  das  Land,  welches  den  „Rob- 
aloff  EiiLrliinds"  verwebt;  hierunter  bat  man  Soide  verstehen  wollen, 
wa«?  jf.locii  i<  (li  r  B<'gründung  entbehren  dürfti'.  .Aber  erst  im  XVT.  .Tahrh., 
zur  Zeit  Karls  V.,  err«'iehto  die  tlandrischo  Scidt  ii Weberei  der  Atlasse, 
8aiumete  und  Ooldbrokate  iliien  Glanzpunkt,  der  mit  der  grossartigen, 
durch  die  dominierende  Stellung  des  spanieohen  Welthandels  bedingten 
Entwickelang  anderer  Textilgewerbe  Hollands  zusamux  nt  illlt. 

Wie  in  der  Schweiz,  m  l>eatanden  auch  in  I'ngland  sehr  frühzeitig 
(Xni.  .Fnhrh.)  Anfiingp  dos  aus  Oberitalien  vt  rpflaiiztrii  Seidengewerbes; 
unter  Eduard  III.  (,1363)  werden  seine  Statuten  in  l'arlamentsakten  er- 
örtert; 1456  werden  schon  grosse  Londons  Seidenwebereien  citiert*),  die  eine 
bedeutende  Flrodulctionsfahigkeit  besessen  haben  mflfleen,  da  laut  Beschloss  des 
Parlamenis  (1454)  die  Einfuhr  jeglicher  Seidenfabrikate  verboten  worden 
war.  Henry  VI.  und  .lacob  I.  widnv  tt'ii  dem  pinheimischen  SeidengewerHf» 
grosse  Sorgfalt;  unter  Iluury  VIII.  bildeten  die  .Seidenzwimer  eine  Zunft- 
verelnigung  (1529);  unter  Carl  I.  sorgte  man  (1630)  durch  Konfiskation 
aller  fremden  Seidenzenge  f3r  eine  strenge  Dnrehftlhnmg  des  Prohibitiv'- 
systems.  Wilhelm  III.  verlieh  den  Seidenhandwerkem  aus^pedehnte  P!ri- 
vilegien. 

Die  Seideuwe Ijerei  Spaniens  entwickelte  »ich  iuzwitscheu  in  ihrer  eigen- 
tOmUeh-andiaiBtischen  Art  und  1»ldete  eine  der  Quellen  des  Nationalwohl- 


■)  liock.  Geflch.  der  Itt  Oewtnder.   I,  77. 
')  Flore»  historiarum  etc.  s.  :i.  r26,'j. 
*)  Uadoz,  Finna  Boigi,  Cap.  I,  p.  93. 


.  ij,  i^  jd  by  Google 


92         *  Verfall  Öpaoieos.  Seidengewerbe  in  Deatsclil«od. 

Standes.  Die  Entdcckang  Amerikas  nnd  die  Reichtümer,  welche  Spanien 
von  dorther  erwuchsen,  zogen  aber  eine  fast  ^n/Jiche  Vomachlassigunfr  der 
einheimischen,  seinerzeit  von  Arabern  geschaffenen  und  grosügezogenen 
IndiiDtrie  naeh  sieb,  und  dio  Folge  davon  war  auch  dar  Verfall  d«*  S«den- 
webekdnat  und  der  einst  so  blnhraden  Seidenkaltar.  Ab  eebliesBlicb 
Karl  V.,  entgegen  den  wiit-chaftlichni  Mafsnahmen  alK  r  iiinlt  ii'n  Staaten, 
die  Ausfuhr  dfr  ppanTschcii  Rohseide  und  die  Kinfnhr  auHÜindischer  Er7<'iif- 
nisse  freigab,  konnlt^  hi«  infolge  des  massenhaften  Imports  nicht  mehr  be- 
stehen und  kam  bald  (Anfang  des  XYIL  Jahrb.)  ^nxlich  in  Verfall.  Eist 
anter  den  boarbonisehen  Hemcbem,  die  nach  fransSsisehem  YiHrlrild  m 
der  alten  ScbnispoUtik  zarücku'*  ki  hrt  waren  und  streng  mwbantilische 
Mafsregeln,  u.  a.  ein  strt  ii^n  s  Vt  rl>nt  all<  r  TTohKcidonausfuhr,  ergriffen, 
bo'sortc  sich  dor  Znstand  dt-r  spanischen  Scideiiimlnstrir  von  nenem.  Zu 
Ausgang  des  XV  Iii.  Jahrh.  tritt  Valencia  sogar  mit  der  Ljoner  Manufaktur 
in  einen  Konknrrenzkampf*).  « 

In  die  Zeitepoche  vom  XLI.  bis  XV.  Jabrb.  fällt  die  Haaptentwickelung 
des  deutschen  Handels  und  der  Manufaktur,  die  von  Änfias  Sylvins*) 
(Pins  II.)  in  so  beredter  Weise  fjeschildert  wirtl.  Die  /ur  seihon  Zint  erfol- 
gende Aufhebung  der  Frauen-  und  Sklavenarbeit  und  Begründung  den  freien 
Znnftr  und  Kuidwericerwesena  —  welcb  letetere  sociale  Unabbängigkeit  w 
rangen  —  beförderte  a.  a.  aacb  das  nnter  den  aafUflbenden  Stfidtegewerben 
einen  der  bedeutendsten  Plätze  einnehmende  Seidcn«^'ewerbe  in  hervorragender 
Weis<>.  »Schon  im  XIV. . Jahrh. lx?gegnet  man  der  8eidenwel>ekunst  in  den  reichen 
Handelsstädten  Augsburg,  Ulm,  welche  schon  seit  Anfang  des  Mittelalter» 
mit  Italien  in  Geschäflsverbindnng  standeoi  femer  Begensborg  und  Niimbei|ff 
wohin  sie  nach  dem  Fall  yon  Laeca  (1314)  durch  Ügaeeio  Fageolano 
eingeführt  wurde*)  (mid  nicht,  wie  Einige  haben  wollen,  ans  Mailand,  da  das 
letztere  nach  dem  Zeugnis  des  Oalveano  de  hi  Flamma  erst  um  das  .Talir 
1341*)  Kunstwel)erei  erhalten  hat),  und  schliesslich  in  den  wendischen 
Städten.  In  Augsburg  beatand  bereits  eine  freie  Zunft  Vereinigung  der  Sjrde- 
nSer  oder  Seidenwirker*).  Unter  Karl  V.  begOnstigte  der  ZnrSd^ang  sp»* 
niscber,  des  Vorwärtästrebens  entwöhnter  Industrie  die  deutsche  Seiden- 
manufaktur in  nicht  geringem  MaTse.  NiiniUerfr  zog  157?i  italieni.sch<' 
Sridenfiirbpr  in  noine  Mauern.  In  Augsburg  traten  die  Fugger,  die  aller- 
dings zunächst  nur  Leinenwel)vr  waren,  bald  auch  an  die  Spitze  des  lukra- 
tiren  Seidenhandels  und  der  Seidenmanafiüctnr.  Bodin  (XVI.  Jahrh.) 
rühmt  die  Kunst  nnd  den  GewerbefleisB  deutsdier  Städte  nnd  sagt,  doss  sie 


»)  Pariset,  CUaaibrc  de  commerce  de  Ljon  (1750j.    I.  57. 
*)  de*  Picolom.  de  mor.  Oertn.  c.  29. 

*)  Kic.  Tf^rin.  in  Vita  Caatruccii.  Huratori  iGiipt.  ler.  Ital.  XL  1821. 
*}  Muratori  »cript.  rer.  Ital.    XI.  1037. 

Paul     Stetten,  Oeecb.  Augsburg«,  I.  213. 

Qaletti,  AUgem.  WeltgeMhidite.  Tb.  56,  p.  421. 


Digitized  by  Google 


Seilleogewerbe  io  Deutschland.  Seidenlasiu. 


93 


dftrin  alle  europäischen  Völker  übertrafen.  Köln  wird  als  eine  Stadt  citiert,  wo 
die  SeidenfSrben'i  blühte  und,  wi<'  Galctti  1>ilianptet,  von  der  Bihürde 
beaufsichtigt  wunlt'.  In  Berlin  hat  die  rege  Tliätigkeit  der  Scidciunuiiu- 
fftktaren  iu  nicht  geringem  ]VIa£$e  daza  beigetragen,  dass  (158Ü;  ^^-^^t^n  den 
flberhuidnelinieDden  Lnnw  polizef  liehe  MafeiMihmen  ergriflfon  werden  mnesben. 
Um  divs  .Tiilir  IfiTO  gründet  Langensalza  seine  Halbst  itlomiianufaktaren;  die 
Raschmachor  Forinfeist  und  Schreiber  Ivanicii  im  .J.  1668  von  ilii-rr  Wan- 
derung tkxi^  (\or  i^chweiz  zurück,  wo  sie  sich  viele  Kenntnis«'  in  der  Hall>- 
seidcnfabrikatiou  erworljen  hatten,  und  verwerteten  ihre  Kunst  in  ilirer  Vater- 
stadt Langensalza  dnrdi  Hentellnng  von  gebl&mien  Tafieten,  Ailaseen 
und  anderen  Seidenzengen  mit  baumwollenem  oder  leinenem  Einschlag. 
Ihre  Solnil.  r  und  Nachkommen  errichteten  im  Linifo  des  XVII.  Jahrh. 
weitere  AIaiiufaktnr»'n.  \md  so  kam  da«  (tcwitK»  zu  immer  höherer  BlQto 
im  J.  1720  war  die  Zalil  der  Seiden liand werker  Langensalzas  bereits  so 
betiSohilieh,  den  ne  vom  Eurianl  Attgttst  IIL  ein  Lwnngsstaint  «kiel- 
ten^), fiottlieb  Grftser  tShrU»  daaelhet  auch  die  Fabrikatioti  ntn- 
seidener  Gewebe  ein. 

♦  ♦ 

Nachdem  wir  in  knraen  Umrissen  die  S^twiekelnng  des  Seidengewedwe 
in  Enropa  bis  zum  .Schlüsse  des  XVIL  Jahih.  gezeigt  haben,  wird  es  von 
Interesse  sein,  sich  einen  Überblick  über  den  Verbranch  nnd  Charakter  der 

Seidengeweb«'  dirsrr  Zcitepoche  zu  ver«phaffpn. 

Der  sich  unaufhörlich  steigernde  Verbrauch  kostbarer  St  idt  iigewünder,  so- 
wohl bei  dem  hoh^  wie  bei  dem  medereo  Adel  nnd  dem  Bui^erstande,  veran- 
lasste, wie  Sil  Zeiten  Roms,  strenge  ISriisse  g^en  den  ebenso  üppigen 
wie  unnötigen  Aufwand.  Ein  Bild  mittelalterlicher  Üppigkeit  und  Vrr- 
schwendnng  liefert  a.  a.  das  reich  illnstri«rfi'  Wrrk  der  Kostünikunde 
Hefuers*).  Welchen  unglaublichen  Konsum  an  Seidenstoflfen  die  Kaiser- 
lidfe  aa&Qweisen  hatten,  lässt  sich  aus  zeitgeuöäsischen  Beriditen  ersdiea; 
bei  Hoffesten  mnssten  a.  B.  alle  Oiste  in  gr&nseidenen  Oewindem  ei^ 
fldieinen  und  grosse  Säle  waren  ganz  mit  Sammet  ausgeschl^en Ein 
venetiatii'if'her  fusaiidtor  berichtet  (1664),  dass  Frankreich  alloin  mehr 
Seide  und  Onld.stntrt'  verbranche,  als  Konstantinopel  und  ein  grosser  Teil 
der  Levante  zu.-*aiiimen.  Gleiehüi  itig  nahm  die  Verwendung  von  Seide  für 
die  litnigisehen  Gew&nder  nnd  fttr  den  Eirehenschmnck  sa,  nnd  fiber  welche 
Reichtümer  man  verfügte,  lässi  sich  ans  den  mittelalteHicfaen  Sehatainven- 
taveo  grösserer  Kirchen  ersehen. 


M  Hapenbnich,  Jotimal  für  Fabrik  etc.    LHpzij^  1S02,  Bd.  •??,  .313. 
'i  IViicbteo  des  christlichen  Mittelalters  nach  gleichzeitigen  Kimatdenkmälern. 
Uasaheiin. 

*)  Jbnnal  eko.  d»  Hsnrj  III.  <d.  1720.  L  &  17. 


» 

Digitized  by  Google 


94 


Itttlieniscb-fraaz&tisch-flandriBclie  Epoche  der  Ornamentik. 


Fragoii  wir  nach  der  .Stilisiernn}^  der  Gewebeornaim'iitik  der  it4li«lli8ch- 
frnn75si>(  ]i-flruHlns(  licri  Kpor-lif  (Irr  SoMcnwehj-kunnt,  so  können  hi^r  einisjo 
Perioden  miterschieden  werden.     Wie  in  jeder  Übergangszeit,  so  machten 
»ich  auch  in  der  jungen  itiilieuischen  Weberei  zuerst  mehrere  Richtungen 
geltend,  bevor  sie  einen  definitiven  Charakter  annahm.  Die  &eazs&ge  hsJban 
bei  aller  den  Seiden  Handel  fördernden  Kraft  die  üble  Nachwirknng  gehabti 
dass  die  Webeknn.st  trotz  des  sich  regenden  Geistes  ihren  orientalischen 
Typus  nicht  so  ra.sch  uljstreifen  konnte.  Die  Reisen  nach  dem  Orient  brachten 
tliü  morgenlündischeu  Gewebe  so  in  Mode,  dass  die  abendländischen  We- 
bereien gezwungen  waren,  dieselben  alsYorbitder  in  der  Ornamentik  an  ba- 
nutzen.    Die  Kirchenschätze  von  Danzig,  Stralsund,  Brandenburg,  Halber- 
stadt, Brannschweig  etc.  Ijcsit/cn  ziihlreiche  Kx^mpliir«'  solclit  r  Gi  webe  aus 
dem  Xlfl.  und  XIV.  .Jahrb.,  meist  oHcntalisrh*!-  lli  ikiinft,  oder  italienische 
imitierte  Kompositionen.  Bis  tief  in  das  XiV.  Jahrh.  Ijiuein  macht  sich  die 
Vorliebe  fSr  Baraceniselie  Tieromamentik  ond  Symbolik  geltend,  und  pbantap 
stischfi  Tiergestalten  wiederholen  sich  in  tausendfältigen  Formen  untl  Modi- 
fikationen.   Einen  stark  orientalischen  Charakter  trugen  auch  die  im  XTII. 
.Jahrh.  aufgenommenen  gestreiften  Gewebe.    Ein  \'ergleicli  mit  der  vori^fen 
Epoche  ^igt  indessen  sowohl  in  der  Bemust«^>rung  dieser  Arabeiikeu  (in- 
einander verschlungene  Tier>  und  P&mzenmotive),  wie  in  der  Faibenkompo- 
sitton  und  Technik  des  Oewelies  grot^e  Fortschritte.   Die  Tieronuunentik 
beherrscht  die  ganze  ei-ste  Hälfte  dieser  Kan.stperiode ,  die  sogi'nannte  ro- 
manische, und  setzt  sich  noch  oinit»t'  Zeit  in  <lip  ^otisclu-  fort.    Da  die  ro- 
uiauiäche  Stilrichtung  (seit  Beginn  des  Xli.  Jahrb.)  aus  römisch-ciiristlichen, 
bjsantinisehen  und  mohammedanischen  Elementen  im  germanischen  Geiste 
aufgebaut  worden  ist,  so  wurde  sie  lange  Zeit  mit  der  rein  byzantinischen 
verwechselt.  Die  Bemusterung  ihrer  eisten  Erzeugnisse  weist  auf  eine  wenig 
gliUkliclii'   Xiiclialimnng   antiker   Kunst   hin:   den  gricchi.schen  Paltiictten 
ähnlich  sind  die  breiten  romanischen  Blätterformen,  und  sind  der  Mäander,  das 
Akantbusblatt  u.  s.  w.  in  anderen  Yenieningm  Idcht  an  ericennen.  Die 
^Ornamentik  nabm  einen  steifen  und  dabei  willkürlieben  Charakter  an,  der 
Phantasie  war  der  freieste  Spielraum  gelassen,  und   fabelhafte  Tier-  und 
Menschengestalten,  Drachen,  Scblaiifff  n,  Vöm  l  etc.  dun  hznrren  nllf-  TJaiiken- 
werk.   Erst  gegen  Ende  des  XIL  .Jahrh.  erhielt  die  ixjuiajiische  Ornamentik 
ihre  stilvolle  Ausbildung,  die  auf  eine  selbetäudigere,  genauere  Natur- 
beobaehtung  gerichtet  war.  Das  befolgte  Prinxip  bestand  darin,  dem  Gewebe 
nie  durch  malerische  Schattierung  deK  Ornaments  den  Charakter  einer  ebenen 
Flilohc  zu  nehmen,  und  die  Naturvorl)il(ler  juis  dem  Pflanzen-  und  Tierreiche 
niclit  in  naturalistischer  Nachahmung,  somlern  in  fivier  künstlerischer  Sti- 
lisierung zu  verwenden.    Man  befolgte  hier  die  glückliche  Idee  der  Araber, 
die  auch  gegenwärtig  wieder  allgemein  anerkannt  wird.   Ein  prschtvolles 
Werk  romanischer  Webekunst  ist  die  Dalmatik  des  Kaiseis  Heinric Ii  II.  im 
Nationalmuseum  zu  Müncln  ii,  deren  lirt  itf  lionliircii  in  snrfizf 'ni>clu  r  ^\  eise 
kleine  und  grössere  Medaillons  mit  Greifen  zicrcu.    Erst  iu  der  Mitte  des 


AUgemeiiier  Charakter  denelben. 


95 


XIV.  Jahrb.,  als  Kiui>tweber©i  Italiens  einen  solchen  Aufschwung  nahm, 
(lass  sie  ihrer  L»-lirmi'iNttTinnen  entbehren  konnte,  hört  Au-  konvtiitioiitllf 
Nachahmung  der  phnnta-tiNrlien  Tierornaracntik  iinf;  mu  h  und  nach  finden 
eiuheiuaüche,  mehr  zeitgeraüsse  Motive  endgiltig  Kingaug.  Bei  Beginn  der 
gotbchen  Eunatperiode  erliseht  der  Elnfims  orientaliselier  Vorbilder  hiiuieht- 
lich  der  Muaterung  und  Farbenkomposition  auf  immer,  und  die  volle  Hin- 
wirkung neuer  germanisch-christlicher  Fonuenbildungen  auf  das  seitherige 
romanische  Omatiictit  tnapht  sich  geltend.  Die  Weljekiinst  verlii'^st  teilweise 
das  Gebiet  der  Aral^eskenmotive  und  wendet  sich  von  neuem,  aber  in  er- 
h&htem  Siime,  der  Symbolik  lu.  Iwige  Zeit  hindurch  ist  die  historisch 
figtinerte  Dustellung  biblischer  und  profaner  Motive,  allegorischer  Figuren, 
von  Sci'ii-  ri<M>  aus  dem  Leben  des  Heilandes  in  den  für  kirchliche,  wie  für 
profane  Z'ivt  t  ke  bestimmten  Seidengeweben  vorherrschend.  Bei  der  VorlielM^ 
für  die  bildhche  Musterung  finden  grosse  figurierte  Ornamente,  Wappen, 
Eampftcenen  u.  s.  w.  rasch  Blingung  in  diese  moderne  Kunstweise. 

Auf  jene,  bis  zum  Scfaluas  des  XV.  Jahrb.  andauernde  Periode  der 
B&ckkehr  zur  figürlichen  Ornamentik  folgt  nun  die  zweite,  die  dem  sieb 
überall  Bahn  Vncthenden,  rein  dekorativen  Pflünzengeranke  (surazenischen 
Vorbilde.s  nach  Semper)  ilen  Platz  einrüiuut.  Gewöhniich  zeigt  sich  die 
einer  gewissen  Kumtperiode  eigene  Zierweise  auch  in  der  Gewebeoma« 
mentik;  es  ist  daher  als  sehr  b^iehnend  anzusehen,  dass  sie  das  arehitek« 
tonische  Prinzip  nun  fernhielt,  so  .sehr  da.sselbe  auch  die  übrigen  Künste  üWr- 
wnchrrfp,  und  ebenso  verschmähte  sie  den  ül)erall  eiiulrin<4« mlrn  Niitnmlis- 
mus;  es  war,  als  oh  sich  eitie  ganz  ei<,r,  iir,  vollHtandig  un:il)luuigige  und 
isolierte  (iewebemusterung  entwickele  un(i  ilire  eigenen  Balitien  verfolge, 
deren  Ursprung,  wenn  man  von  den  reichen  und  wirkungsvollen,  aber  sti- 
listisch verschieden«!  arabisch -matirischen  Stoffen  absieht,  beinahe  als  spo- 
radisch l>ezeichnet  werden  könnte.  Die  Element«  sind,  wie  erwähnt,  <lie 
Pflnnzenmntive,  dir  jedoeli  in  «o  miinni'jffarher  Weise  ausgebildet  werden 
und  zur  Ver^vendung  gelangen,  dass  maji  kamu  nocli  <las  Urbild  zu  ent- 
decken vermag.  Dies  gilt  z.  B.  von  der  typi.Hcben  Qranatapfelmusterung, 
deren  mannigfaltige  Wiedergaben  dem  Original  in  d«r  Natur  so  unähnlich 
sind,  dass  sich  ihre  Benennung  etwa  wie  eine  Tradition  unter  d«'n  Archäo- 
logen fortpflanzt.  Mit  dem  Auftauchen  der  durch  die  medicäische  Anregung 
wieder  zu  Ehren  gelaugten  antik -kla.ssischen  Kunstformen,  weicht  im  XV. 
Jahrb.  der  frühere  italienisch-germanische ')  oder  richtiger  itaKeniscb-cbrist- 
liche  Typus  der  sogenannten  neuitalieniseben  Eunstweise  zurück;  die  Ge- 
webe zeigen  vorwiegend  einen  auf  <ler  antik.ni  Ornamentik  beruhenden  Stil. 

Nachdem  wir  »mn  den  allL'eineinen  Charakter  der  ganzen  italienüsch- 
&:auzöälsch-tiandrischen  Epoche  flüchtig  berüiiri  haben,  wenden  wir  uus  ihren 
speciellen  Ornamentmotiveu  zu. 


>)  Bock,  Qesob.  d.  lit  Oewtoder.  L  S.  96. 


96 


Gnnfttepfdimiitorinig. 


Mit  der  Gotik  (seit  dem  XV.  Jahrh.)  vetNcliafft  sich  <ler  Granatapfel, 
„pomme  (Vamoiir",  als  Mustcninsrsmotiv  Einfj;anjT  in  die  Soidonwcberci ,  ein 
Motiv,  dessen  Ursprmij»^  aller  W  ahrscln  inlichkeit  nach  im  weiteren  Orient 
(Indien  oder  China)  zu  suchen  ist.  Ein  indisches  aus  dem  XI.  Jabrh.  her- 
Btammendes  Gewebe  zeigt  k.  B.  ein  Ornament«  das  lebhaft  an  die  Granat- 
apfelmustening  erinnert  und  auch  im  allgemeinen  den  CbaraVter  der  apat- 
italienischen  Kunstperiode  trägt.  Wenn  somit  der  Granatapfel  nach  einiger 
Meinung,  und  mich  ich  bin  dieser  Ausicht,  als  Avesta-siati'cViPn  ri-vpmnjTf«! 
anzusehen  ist,  so  ist  er  nach  Anderen*)  das  letzte  Glied  einer  Entwicke- 
luttgsreihe,  die  von  der  selbständigen  Blattfigur  der  spaten  Antike  aumekend, 
diese  letztere  in  der  Zeitperiode  vom  X,  bis  XII.  Jahrb.  in  sfareng  geban- 
denor  Weise  vervielfältigt,  und  im  XV.  Jahrh.  innerhall)  dieses  Vervielfal- 
tigungsschema'*  don  ovalen  Kern  mit  einer  Anzahl  radinler  Blütpn  mritft'>)An 
hat.  Ein  genaueres  Studium  der  gleichzeitigen  Üruamentstile  Italiens  und  Indiens 
f&hrte  den  Verfesaer  m  der  Üb»rieugung,  da»  das  letztere  auf  die'Entwicke- 
Inng  der  gotischen  Oewebemusterung  Ton  unmittelbarem  Einflüsse  war;  dazu 
mag  der  rege  Handelsverkehr  nach  der  epochemachenden  Weltreise  Vasco 
deGanias  oder  sonstig'  !?f>/.ifl)iin<;en,  oder  sch!i^■^s]ich  dio  Vorwandtschaft 
der  Kunstan^ichauungen  und  der  ,,  V  ölki  i<fi  ilanken'*  l)eigetragen  hal)en  — 
die  Analogie  der  spitzen  LinienTerschlingaiigen  l&sst  sich  nicht  verleugnen, 
wenn  auch  in  Europa  unter  dem  Eindruck  der  klassischen  Überbleibeel  eine 
gewisse  R^lmissigkelt  und  Symmetrie  der  Kunstfbnnen  Plats  gegriffen 
haben. 

Das  Granatapfelmuster  behauptet  sich  mit  dauerndem  Erfolg  in  un- 
endlich vielen  Modifikationen  und  bei  aller  Mannigfaltigkeit  mit  erstaun- 
licher Stilstrenge  d^  Form  das  gsnse  Jahrhundert  hindurch  und  wird 
meist  mit  gotisch-stilisiertem -Itlätterwerk,  im  Stil  einer  vielblattrigen  Rose» 

nrnfTflun.  T)ii'<e  Darstellnnir  soll  an. 'Ii  rintT  sym])oIisch-c1iristliehon  Bedeu- 
tung nicht  iiitliohrpn.  indem,  wie  einige  haben  sehen  wollen,  der  (iranat- 
apfel  heiäse,  autopfenide  Liebe  versinnbildlicht,  welche  Früchte  bringt  zum 
ewigen  Leben;  diese  letstere  wird  in  Form  einer  sehwebenden  Krone  sym- 
bolisiert. Wie  bei  den  Griechen  die  Palmette,  sagt  Eiachbach'),  sO 
iisl  der  (iraiiat;iy)fi'l  das  typi.scln'  Ornament  dts  Mittelalters.  Bei  beiden 
Ornamenten  ist  die  strahlende  Kiittaltimt,'  ans  und  um  oinen  Kern  das  We- 
sentliche; aber  während  bei  den  Griechen  nur  die  Schönheit  der  Bewegung 
der  schwankenden  Ranke  ▼orbenscbt,  so  ist  bei  dem  gmnanischen  Ornament 
der  gesunde,  kraftstrotzende  Kern  und  das  reiche  Blühen  betont.  Um  den 
blühenden  Apfel  bildet  das  Schema  der  Rose  die  Einrahmung.  Alle  Teile 
stehen  rn  einander  in  Beziehnntjf,  alles  ist  nach  dfrn  Prinzip  der  gotischen 
Konstruktion  geordnet  und  durchdacht.    Wie  die  Filialen  an  einem  Dome 


*)  Fischbach,  Ornamente  der  Gewebe,  Taf.  XIIL 

Bieg!  in  Boebm  GeMb.  der  tediabdten  Kflwite.  Stuttgart  18M,  8.  37«. 
1  Die  GeMsbichte  der  TextUkunst,  Hasaa  188S. 


Digiii^uu  by  ^OOgle 


Stilisierung  dn  Granatapfels. 


97 


die  Steinmasse  zu  einem  scheinbar  wachsenden  Organismus  gestalten,  so 
wächst  auch  in  dem  Granatapfel muster  eine  Form  aus  der  anderen,  Uber- 
ali ist  blühendes,  reich  sich  entfaltendes,  ja  oft  iÜK'rquellendes  Leben. 
Knospe,  Blüte,  Blatt  und  Frucht  ordnen  sich  in  reichster  Fülle. 

In  den  Sammlungen  verschiedener  Museen  j^iebt  es  viele  mor^enländi- 
sche  Seidengewebe  mit  (iranatapfelmusterung  meist  aus  dem  XII.  .lalirh. 
In  den»ell>en  soll  dieses  Ornament  die  Königs-  und  Herrscherwürde  sym- 
lx>lisiert  haben  und  Geschenke  in  der- 
art Iwrau-sterten  Stoffen  galt<'n  al.s  Zei- 
chen der  ehrfurchtsvollsten  Huldigung. 
Als  die  eigentliche  Heimat  des  Granat- 
apfels auf  europäischem  Boden  sind 
aus  zahlreichen  altkölnischen  Bil- 
dern des  XIV.  und  XV.  Jahrb.  der 
Niederrhein  und  Brabant  ermittelt  wor- 
den, wo  der  Granatapfel  zu  jener  Zeit 
die  mannigfaltigste  Anwendung  fand. 
In  seiner  Stilisierung  gingen  fol- 
gende Metarmophosen  vor  ^ich.  Zu 
Anfang  des  XVI.  Jahrb.  erfährt  das 
ursprünglich  einfache  Motiv  eine  Wei- 
terau.sbilduiig  dadurch,  das.s  die  Zweige, 
weiche  früher  die  Zwischenräume  der 
einzelnen  Blumen  ausfüllten,  Ik'sou- 
ders  stark  betont  und  als  sell»stän- 
digcre  Omamentstreifen  ausgebildet 
werden.  Im  späteren  Verlaufe  (XVI. 
.) anrh.)  werden  aus  diesen  btreifen  reich  i>*nxi(.  , 

oniamentierte  Bänder,  welche  die  Mu- 
sterung schräg  durchziehen;  in  noch  späterer  Zeit  nehmen  diese  Bänder 
einen  noch  vorherrschenderen  Platz  in  der  Gruppierung  ein.  In  dieser 
Form  erhält  sich  das  Motiv  bis  in  das  XVII.  .lahrh.  Auffüllend  schön  und 
stilistisch  rein  tritt  der  Granatapfel  in  den  kostbaren.  rarl>enreichen,  gold- 
durchwebten  Seiden-  und  Samraetgeweben  der  burgundischen  Epoche  auf. 
Die  moderne  Industrieomamentik  brachte  das  Oniainent  in  dieser  Form 
wiederum  zu  Khren;  sowohl  in  den  Wandliekleidungen,  Tapeten,  wie  in 
den  MülK'lstoffen  findet  es  die  häufigste  Verwendung.  Zu  B<>ginn  des  XVI. 
Jahrb.  verliert  der  Granatapfel  seine  Sellwtändigkeit  des  Auftretens  und 
macht  nach  und  nach  dem  zuerst  in  Nonlitalien  aufgetauchten  Streublnraen- 
omament  Platz. 

Abgesehen  von  dem  Granatapfelraotiv  zeichnet  sich  die  gotische  Orqa- 
raentik  dadurch  aus,  dass  ihre  Motive  nicht  einem  fremden,  dem  römischen 
oder  byzantinischen  Stile,  sondern  grös.stenteils  und  oft  unter  dem  Eiufluss 
symbolischer  Beziehungen  der  heimatlichen  Pflanzenwelt  entnommen  wurden, 

Bllbermkon,  Dl«  Beide.  7 


Digitized  by  Google 


98 


Oodk.    Aufkommen  der  Koloristik. 


80  das  Kicht'ublatt  mit  oder  oline  Eichel,  Buchenlaub,  Weinblatt,  Klee, 
Epht'u,  .Stt'fhpalme,  Roso,  Distel,  Cichorie,  (leranium,  Veilchen,  Malve,  lla- 
nunkfl,  Mohn,  »dU'ere  »i.  s.  w.  Erst  in  der  Sjjätzeit  der  gotischen  Stil- 
periode traten  antikisierende  Elemente  im  Blattwerk  auf,  die  ihren  Ver- 
fall kennzeichneten.  Der  konventionell-phantastische  Stempel  der  romanischen 
Kunstrichtung  ist  entschwunden  und  der  treuen  Nacbahniung  der  Natur- 

niotive  gewichen.  Das 
figürlicheElementin  Form 
einzelner  (iestalten  oder 
ganzer  Scenen  tritt  jetzt 
Uberwiegend  hervor.  Im 
XV.Jahrh.cndlichschwin- 
«let  die  treibende  Kraft, 
welche  die  Werke  der 
Blutezeit  durchzog,  mehr 
und  mehr,  und  an  Stelle 
emster  und  stilvoller  Kom- 
bination treten  Willkür, 
Erstarrung  und  trockener 
Schematismus  auf. 

Die  gewaltigen  Fortr 
schritte  der  Kultur  infolge 
der  Reformation,  sowie 
(iutenbergs  Erfindung  und 
des  dadurch  geweckten 
Geisteslebens,  der  Ent- 
deckung Amerikas  und 
des  dadurch  hervorgerufe- 
nen Wohlstandes  zeitigten 
eine  Umwälzung  auch  auf 

Fl«.  9.   OruiBUprelmaaleranR  >iu  dem  XVI.  Jkbrb.   Orlgloa)  sa  ,  .  7  n 

Krefeld.  dem  Grcbiete  der  allge- 

meinen lind  speciell  der 

Textilornamentik,  die  in  stark  realistischer,  kraftstrotzender  Färbung  im 
Gegensätze  zu  jenem  mysteriös-religiösen  Zug,  welcher  die  gesamte  mittel- 
alterliche Kunst  und  namentlich  die  Werke  der  Gotik  kennzeichnete,  zam 
Ausdruck  kam.  In  dnrchans  prägnanter  Weise  äusserte  sich  der  Ein- 
fluss  des  uen  erwachenden  Lebens  ebenfalls  in  der  Wahl  und  Zusammen- 
stellung der  Farben,  wozu  auch  die  technischen  Fortschritte  der  Färberei 
beigetragen  haben  mögen.  Mit  matten,  gebrochenen  Farben  ist  keine  Pracht 
zu  erzielen,  sagt  mit  Recht  Jacob  Falke  aber  auch  lebhafte  und  kräf- 
tige Farben  vermögen  nicht  den  imposant  erhebenden  Eindruck  hervorzu- 
rufen, wenn  sie  in  zu  kleinen  Teilen  räanilicb  durcheinander  gemengt  sind. 


')  Geschichte  des  modernen  Geschmacks.    Leipzig  1866,  S.  33. 


9% 


Sie  irerden  wohl  so  einen  zarten,  anter  Umstanden  hOdut  liArmoDischen 
Scliininier  büdon,  wie  die  indi^^chen  Kaschmirgewohe,  einon  ]?ro.ssen  Eindruck 
ahKT  n!(  ht  hervorrufen.  In  derselben  Weise  wird  ein  zu  zart  gezeichnetes 
Ornameut,  wenn  aach  von  vorzüglicher  Ausbildang,  aat  dem  breiten  Grunde 
vendiwindai  nnd  tob  dar  Farbe  gedrfiekt  irwd«D.  Eine  ilbaxvielM  KombiBa- 
tioo,  T<m  beflondm  grellen  Nnancen,  kami  begiafliekerweiM  bei  dem  von  Bmm 
ans  glänzenden  Seidengewebe  kaum 
zur  Erzielung  der  Harmonie  beitra- 
gen ;  vielmehr  ist  es  notwendig,  dass 
wenige  kräftige  Farben,  die  leb> 
baft  Toneinander  abheben«  aber 
miterstOtzt  von  entsprechend  gewähl- 
ten matteren  und  trüberen  Tynen, 
in  verschiedenen  Schattierungen  in 
Terhältnismüs^ig  i>reiten  Flächen  ge- 
geneinander gestellt  werden,  nnd  «war 
in  der  Weise,  dass  weder  der  Grand 
noch  das  Ornament  einen  überwiegen- 
den Einfluss  erreicht.  Dann  i.st  es 
Sache  des  Künstlers,  das  Ornaiuent 
•elbet  in  eebwnng-  nnd  anadmek^ 
Tollen  Formen  zu  zeichnen,  nnd  da- 
rauf verstanden  sich  die  Omaraen- 
tisten  des  XV.  Jahrh.  in  einer  Weise, 
die  noch  heutzutage  ak  mustergiltig 
nnd  auaehlaggebend  beniehnet  wei^ 
■den  darf.  Sie  Terwendeten  sn  den  rein 
•omamentalen  Geweben  selten  mehr 
als  zwei  Farben,  meistens  Gold  otler 
Silber,  entweder  als  Grund  oder  als 
Mwtenmg  einer  anderen  Farbe  gegen- 
ftbergeaiellt,  nnd  sie  wuaslen  das 

oben  angedeutete  Verhältnis  in  solcher  Weise  anzuwenden,  dass  weder  das 
Gold  die  Farbe,  noch  die  letztere  das  Metall  beeinträchtigen  konnte.  Uni 
jedoch  den  Effekt  der  Faser  zum  besseren  Ausdruck  zu  bringen  und  das 
Imponierende  des  Kolorits  su  Terstärken,  bedurfte  es  der  grandiosen  Be- 
bandlnng,  wie  wir  sie  in  der  Orosnnistemng  der  ^maKgea  Brokate,  8am- 
mete  und  Damaste  finden  kOonen. 

Oer  \virhti;4e  Tbergang  mittelalterlicher  Kunst  zur  Renaissance  vollzog 
«ich  zu  Beginn  des  \V.  .Jahrh.  in  Süditalien  (Florenz)  und  bedeutete  das 
Wiederaufleben  der  antiken,  heidnisch-klassischen  Kunstweise,  vorzugsweise 
der  rtmiseben  Periode.  Die  Knnatrichtong  der  Fr&bieitaiisaiiee  von  der 
Itfitte  bb  zn  Ende  des  XV.  Jahib.  ebaiakterisiert  neb  daher  im  Beitreben, 
4ie  UaisiseheB  Traditionen  der  nenoi  QaiitssBtrSmnng  anxnpassen  nnd  die 

7* 


»»IQ.  nifl 


Digitized  by  Google 


100 


Perioden  der  Renaissance. 


antiken  Formen  in  wecbselvoUer  Weise  geistig  zu  verjüngen;  der  Symbolia- 
mu8  wird  gänzlich  verlassen,  das  klassische  Ornament  realistischer  gestaltet  — 
Bestrebungen,  welche  jedoch  vom  stilistischen  Standpunkte  aus  nicht  immer 
von  Erfolg  begleitet  waren. 

Die  Epoche  der  Renaissance  hat  somit  die  Grundidee  der  voraufgegan» 
genen  weiter  verfolgt,  aber  zugleich  in  der  Ornamentik  eine  gewisse  Verwirrung 
verursacht;  denn,  wenn  man  auch  in  der  zweiten  Hälfte  des  XVI.  und  im 
XVII.  Jahrh.  die  früher  üblichen  Püanzenmotive  iu  Form  von  den  Gewebe- 
grund durchstreifenden  Umrandungen  beibehalten  sieht,  so  lässt  sich  an- 
dererseits in  denselben  kein  reiner  Stil  entdecken.  Unter  dem  EinBusse  der 
Renaissance  schwand  aus  der  Gewebeornamentik  das  rein  gotische  Prinzip, 

um  nicht  selten  geistlosen,  nachgeahm- 
,'V^C|Mg^"'^^^J^r  ^      tenoder  unverstandenen  Bildformen  den 
jr^^jf^jK^flLS^tf^K^jk      Platz  einzuräumen.  Zwar  erkennt  man 
^^flEi3r^*^^r  *J^rjt^^  klassischen  Renaissancemuster 

&^^^^jB^fi^^^|i^^L^^  dem  Pflanzengeranke,  einen  Nachklang 

y^«^yW^r'*«<^^M^P»^y  aus  der  vorhergehenden  Epoche;  im 

.^jJ^JV            i'V^rt^^^'  allgemeinen  ist  aber  das  Ornament 

J^^^WPV^  ^^amH^^^^  entstelltes  Blumen-  und  Laubwerk, 

dlWfyTiljm:  9^*^m  welchem  eine  im  antiken  Stile  ab- 

P^^^-^JjTlUfCrf^^^rf^J  gefasste  Ptlauzenmusteruug  mit  meist 

misslungenen  Nachbildungen  mauri- 

•  — *   •      -  gelt.    Gleichzeitig  greift  aber  eine  in 

ng.  11.  8tr«aor„.««M.r..e  Hilf.« d.,  xvu.  Jahrh)  ^„derem  Sinne  bessere  Richtung  Platz; 

statt  der  gross  entworfeneu  Zeich- 
nungen bricht  sich  die  Kleinmusterung  Bahn,  die  speciell  auf  dem  Gebiete 
der  Pflanzenornamentik  sehr  erwünscht  war,  so  dass  die  zweite  Hälfte  des 
XVI.  und  die  erste  des  XVII.  .lahrh.  die  alleinige  Herrschaft  des  Streu- 
ornaments mit  sich  brachte,  das  meist  in  stilisierten  Blüten  und  Blätter- 
zweigen,  auch  iu  kleinen  konventionellen  Verzierungen  ohne  naturalistisches 
Vorbild  zum  Ausdruck  kam;  daneben  bleibt  der  grosse  regelmässige  Granat- 
apfel in  gebundener  Vervielfältigung,  häufig  in  akanthisierenden  Umbil- 
dungen andauernd  in  Gebrauch.  Die  zweite  Periode  der  Renaissance,  vom 
Beginn  bis  zu  Ende  des  XVI.  Jahrb.,  die  sogenannte  Hochrenaissance  (Cin- 
quecento), verfolgte  dagegen  die  Idee  der  grössten  Stilreinheit,  und  dieses 
Streben  nach  der  Erreichung  höchster  ästhetischer  Schüuheit  tritt  iu  den 
Geweben  gerade  dieser  Periode  unverkennbar  hervor.  Die  vielfach  gewundene 
und  verschlungene  Arabeske  mit  stilisierten  Blüten  bildet  das  Hauptmotiv 
der  Ornamentik,  und  durch  freie  Behandlung  und  hohen  Schwung  erreicht 
sie  eine  uuül)ertroflFene  Ausbildung. 

Von  der  Mitte  bis  /um  Schluss  des  XVII.  Jahrh.  geht  die  Stilisierung 
voUstHudig  verloren,  und  die  Musterung  italienischer  wie  französischer  Seiden- 


Barock  und  Rokoko. 


101 


stofife  zeigt  in  freiester  Behandlung  von  Frucht-  und  Bhimenmotiven  beinahe 
•ein  naturalistisches  Ornament.  Man  nimmt  gleichzeitig,  unter  Tberwindung 
technischer  Schwierigkeiten,  darauf  Bedacht,  den  Glan/,  durch  Atlashindung 
mehr  zur  Geltung  zu  bringen,  während  früher  nur  Taffet  und  Köper  ab- 
wechselten. Vorübergehend  tritt  in  der  zweiten  Hälfte  des  Wll.  Jahrb. 
die  Spitzenmusterung  auf;  sie  wurde  hervorgerufen  durch  das  schwungvolle 
Aufblühen  der  durch 
Oolbert  gefonlerten 
Spitzenindnstrie. 

Die  Renaissance  ent- 
artete zuerst  in  Italien ; 
Prunksucht  und  Willkür 
verdrängten  die  vor- 
nehnu'  Regelmässigkeit 
aus  der  auf  der  Antike 
basierenden  Ornamentik 
des  Cinquecento.  Das 
Streben  nach  malerischer 

Wirkung  und  nach 
überraschenden  Effekten 
verband  sich  mit  einem 
Hange  zun» Bizarren  und 
führte  endlich  zum  Ba- 
rockstil und  Rokoko, 
d.  i.  zur  gänzlichen  Ent- 
artung der  Kunstan- 
schauungen. 

Mit  dem  Aufkom- 
men des  Barockstils 
(Ende  des  XVII.  Jahrh.) 
unterwirft  sich  auch  die 
Musterung  der  Seiden- 
gewebe dieser  üppigen 
Ornamentik.  Der  Ba- 
rockstil war  mehr  auf  grossen  Effekt,  als  auf  harmonischen  Eindruck 
berechnet.  Obenschwengliche,  sehr  komplizierte  IMumenrankcn,  Guirlanden, 
reiche  Rosensträusse,  welche  fast  den  Fond  des  Gewebes  verschwinden  lassen, 
behalten  den  Vorrang,  um  in  der  nachfolgenden  Rokokoperiode  einer  Um- 
gestaltung in  das  kleiumusterige  Blumenoruanient  anheira  zu  fallen,  das  in 
Form  von  zerstreuten  unzähligen  Rosen,  Blättern  und  Knospen  zur  Geltung 
kommt.  Dem  Barock  gehören  die  besseren,  an  die  Epoche  der  Reuaissance 
erinnernden  Gewebe  der  letzten  Hälfte  des  XVI.  und  aus  dem  Beginn  des 
XVII.  Jahrb.  an.  Die  Rokokostilrichtung  entstand  in  der  zweiten  Hälfte 
<le8  XVII.  Jahrh.  in  Frankreich  und  wird  wegen  ihrer  Unwahrheit  und  Ge- 


Flg.  12.    SpItMnmiutcrnng,  XVII.  lalirh.    Original  zu  Krefeld. 


Digitized  by  Google 


102 


AnfUnge  des  Naturalismus. 


schmacklosigkeit  als  Perücken-  oder  Zopfstil  bezeichnet.  Wohl  wurden  im 
Rokoko  wie  in  der  Renaissance  viele  antike  Motive  verwendet,  die  Mehrzahl 
derselben  aber  zu  laupgewundenen  Schnörkeln  und  willkürlichen  Figuren  ver- 
zerrt, mit  welchen  mau  in  phantastischer  Weise  Frucht-  und  Blumengewinde, 
reichen  Schild-  und  Baud.schmuck,  Fackeln,  Füllhörner,  Vasen,  Muscheln, 
Draperien  mit  Qua^^ten  und  Fransen,  Genien.  Masken  u,  s.  w.  verband.  In 
der  Ubergangsperiode  zwischen  dem  Barock  und  Rokoko  (zweites  Viertel 


Flg.  la   BarockmaatcrnDg,  XVn.  Jthrh.    Orlgin«!  FIk  14.    N»tarnliiitt»chc  Mu-tcrunt;,  XVIIl.  Jshrb. 

XU  Krefeld.  OrlRlnal  za  Krefeld. 


des  XVII.  Jahrb.)  kam  eine  Zeit  lang  die  chinesische  Musterung  in  Mode, 
die  outer  Ludwig  XV.  Eingang  gefunden  hat.  Dann  folgte  dsis  Muschel- 
motiv, von  einem  Lyoncr  Künstler  ausgeführt.  Nach  und  nach  aber  ge- 
langte wieder  das  Blumenornuinent  zur  Geltung,  jedoch  schon  in  einer  aus- 
gesprochen naturalistischen  Weise,  welche  es  der  Lyoner  Industrie  verdankt. 

Mit  dem  XVII.  Jahrh.  büsst  die  italienische  Seidenweberei  ihren  Nim- 
bus als  Schul nieisterin  der  modernen  Webekunst  ein  und  tritt  den  Vorrang 
an  Frankreich  ab,  wo  sowohl  ihre  iechniKchen  wie  künstlerischen  Fort- 
schritte der  Lyoner  Industrie,  die  l)ereits  im  XVI.  Jahrh.  namhafte  Be- 
deutung erlangt  hatte,  eine  bis  auf  unsere  Zeit  tonangebende  Stellung  ver- 
schafft haben.  Die  mächtige  Kntwickelung  der  französischen  Seidenmuuu- 
faktur,  sowohl  durch  das  Aufblühen  der  Seideukultur,  wie  durch  die  tech- 
nischen Fortschritte  auf  allen  Gebieten  der  Seidenverarbeitung  gefordert» 


Seidenbau  Italien*.    Answandcrung  der  Uugcuotten. 


103 


sog  alle  iMMeren  iodividaelten  Kräfte  naiL  der  französischen  Metropole. 
In  ornamentaler  Hinsicht  versucht  sich  die  französiftchfi  We'*Mknii<t  tmter 
Louis  XIV.  in  den  buschigeo,  lilrmendeu  Mustern  der  italieuischea  Barock- 
weise  in  konveiitioiieUer  ZiMaiiimeDsetzang,  sie  gemniit  vaA»  nkbftld  ihre 
Sellwt&Qdigkeit  des  spedfiseli  franx9flischeD  Charakters  drsX  VIII.  Jahrh.  «rieder, 
und  zwar  iu  den  bunten,  hellen,  naturalistischen  Blunii-n.  die  sie  entweder 
in  Straafschen  ül>pr  tlie  FÜirhe  zcrÄtuTit  nder  in  jresciiläu'jilten  fJuirlanden 
uneinanderreiht.  lu  technischer  liezieiinuf^  ^'ilt  diese  Suile  als  der  Höhe- 
punkt der  Seidenkunst n-eherei  vor  der  Heranziehung  der  Mu^cbine.  Das 
Hanpl^biet  bebaaptet  die  Damsetweberei  mit  banter  Broscbierang,  wojr^gen 
Saromet  mit  seinen  kräfti<ren.  liefon  Farl>entönen  in  weit  «geringerem  Mafse 
zur  Änwendnn<;  jrclatiirf.  \)vv  (träcismus  der  nachfoljfenden  lilassischen 
Periode  konnte  dt-r  KunslwclM'n'i  ueuiij;  bieten,  und  dadurrh  fiel  die  Kr- 
Andung  des  Jacquardstuhles  zeitlich  mit  einer  uu  uud  für  .sich  uniVuiht* 
baren  Periode  der  Textilornaraentik  zusammeu.  Die  Kleinmui^ternnif  des 
dritten  und  vierten  Decenniums  unseres  Jahrlmuderts  unterscheidet  sich  von 
derjenifi^en  der  unnntt«lbar  nachfolj^'enden  .luiir/ehnte  durch  ihn»  iiiitütllche, 
gefällijjfe  Fürbuntj.  Die  .lacqnardinascliiuc  hat  ali*^r  nnf  dir  1;  än-t  U  risclie 
Seite  der  Seidenweberei  bis  heute  uoch  keinen  jirügnanten  Eniiius.s  aus- 
zuüben rermocht. 

« 

In  gleichem  Schiütt  mit  dem  Verfall  seiuer  Kunst wel)eici  gewinnt  Ita- 
lien in  der  Produktion  der  Bohsekle  den  Vorreug.  Seit  dem  XVI.  JsvhHi. 
ist  die  Seidenaucht  allmShlieh  «u  einem  nationalen  Oewerlic  heraugewnchsen, 
das  Ix'rafen  ist,  eine  immer  •rrüsscrc  Ausdehnung  und  in  den  wirtschaftlichen 
Vi  rliältnissen  Italiens  eine  bedeutende  Holle  zu  gewinnen.  Im  XV.  faliih. 
werden  schon  vielfache  Hassen  der  grünen,  gelben  und  weissen  Kokons  ge- 
zogen ')  Später  wandt«  man  sich  vorzugsweise  der  gelben  Rasse  ?.»,  weldie 
auch  im  Laufe  des  XVII.  und  des  XVUL  Jahrb.  (ausser  einigen  Gegenden 
in  Piemont  und  Ligurieri)  ausschlieeslteb  kultiviert  worden  ist-). 

Die  Wicltrrufung  des  F,dikte,s  vfn  Vinfps  (108.^)  gali  tbr  1ms  dahin 
in  stetigem  V\  achstum  begriffeneu  Seiüeinudustie  Frankreichs  einen  heftigen 
Stoss.  Über  80000  geübte  Handwerker  siedelu  uach  England  und  Deutsch- 
land Aber,  wo  sie  namentlieh  in  Berlin,  Stuttgart,  Crefeld,  Dresden,  Hanau 
und  anderwlrts  dem  daselbst  bestehenden  Seideufrcwcilic  fi  uclitbuie  Anr*-<4iing 
mitbringen.  Es  mag  an  dieser  Stelle  bei  vorgehoben  werden,  da.>^s  die  land- 
läufige Meinung:  Deutsciiland.  Hoihnul,  England  ntul  dif  nordischen 
Reiche  hätten  ihre  Seidenindujttne  erst  durch  die  iVauzosiselieu  Ueiugies 
erhalten,  nach  meinen  früheren  AnsfShrnngen  keineswegs  haltbar  und  nur 


*)  Lazzurelli,  Bombjz.  A.  I50O. 

*)  Coraalia,  Itoi.  del  fiombjM  <i«l  geUo. 


Digitized  by  Google 


lO-l 


Seideokultur  in  deutechen  Landen. 


insofern  riclitig  ist,  als  die  Auswanderer  der  einhehiiisclicti  TTultisiiu  quan- 
titative Stärkung  und  Anii  irnnn;  in  Bezug  auf  neue  Artikel,  guteu  (iescbmack 
und  verbesserte  Teclmik  verlieheu  Laben. 

Um  dieselbe  Zeit  (XVI.  Jahrb.)  sehen  wir  die  Anfänge  deutscher  S«d«n- 
knltnr  auflanchen.  Oroase  Sorgfalt  verwendete  W  a  1 1  e  n  .'^  t  < -  i  ti  a  u  f  d  i«  .selbe ,  u  ud 
man  darf  annehmen,  dfis?  narli  meinem  Beispiel  viele  andere  Edelleute  sie 
ant"  ihren  Gütern  eingeführt  haben.  Er  schrieb  an  seinen  Inspektor  in 
Gitscbiu:  „n)U$.set  sctiauen,  wie  alle  Artes  auf  Gitschin  introducirt  werdeu 
Ton  Seiden-  ond  WoUarbeiten;  ehe  die  ManlbearhSitnie  gross  geworden, 
■o  kann  man  Seda  cmda  ans  Welsdilaad  kommen  hmem**^),  1696  hefuat 
sich  Prinzessin  EliHabeth,  Tocht!  r  Joachims  II.  von  Brandenburg  mii 
der  Seidenzucht,  wolil  mehr  au.s  Liebhaberei,  als  in  «ernsterem  Sinne.  159B 
baut  Liebauf  in  Kothenburg  an  der  Tauber  mit  gutem  Erfolg  Seide. 
1601  errichtet  Friedrich  I.,  Herzog  von  Württemberg,  in  Stuttgart  gt^ssere 
Knitnranlagen.  Naeh  dem  dreissigjährigen  Kriege  fingt  der  Sädenban 
von  ncuini  au  fe.steren  Hoden  zu  fa'-sen.  Bae.sins  lehrt  uns  in  seiner 
Scliwesier  Martha,  die  er  eine  ..aUera  I'allas"  nennt,  eine  eifrige  Beför- 
üeriu  des  Seideubaue.s  kennen  und  l>erichtet  über  ihre  Versuche,  die  Seiden- 
raupeu  mit  Salatblättern  zu  iüttern-j.  Maria  Sibjlla  Graetia  schreibt 
ein  Werk  fiher  die  vnnderharen  Verwandinngen  der  Seidraranpe *).  Jo- 
hannes Coleru.s  und  Salmasins  empfehlen  die  Seidenkultur  aufs  unge- 
legentlich.ste.  In  Bayern  wurden  nnter  Kurfürst  Max  I.  (1598  — 1651) 
ausgedehnte  Maulbeerpinntngen  antjelegt.  Schon  ans  den  Zeiten  Wil- 
heUns  VI.  (1608— iö59j  und  Albrechts  V.  (lööO— 1579)  existieren 
Gartenreclmnngen,  in  denen  Manlheerhanmo  erwähnt  sind.  Max  I.  beab- 
sichtigte auch  die  Seidencncht  einznftthren  und  erknndigte  sich  im  Lande 
Ol>erall  nach  MaulVitierplantagen;  die  verheerenden  Kriege  der  damaligen 
Zeit  verhiiidt  rten  jpdf>ch  die  weiteren  Versuche.  Unter  dem  Kurfürsten 
Ferdinand  Maria  (1651 — 1679)  war  mau  wieder  bestrebt,  die  äeidenzucht 
an  heben  nnd  dnrch  materielle  Unterstützung  zu  fördern.  Im  Jahre  1664 
entstand  nnter  Joaebim  Beeher  ein  ausgedehnter  SeidenbanTerein«  der 
jedoch  ans  Nebcngriinden  bald  auseinander  ging.  Kurfürst  Max  rnmnuel 
(1G79 — I7*2r.)  errichtete  in  Miinehen  eine  Seidenfabrik  und  Ma.\  11.  Uesa 
1740  daselbst  ein  am  Hofgurten  ^fele;^f(  nes  Schloss  für  eine  Seidenmanu- 
faktur einricbteu.  Al>er  erst  unter  Max  lü.  (^1746 — 1777)  begann  eine 
allgemeinere  Verbreitung  de«  Seidengewerbes.  1759  ward«i  avf  fltntlidi^ 
Befehl  unter  vielen  Geldopfem  in  MOnchen,  Straubing,  Landshnt,  Bnr|^ 
hausen  Plaiita<;en  an;;ele<rt  nnd  aus  dem  Auslände  SeidenzUchtcr  nnd 
-haspler  berufen.  1760  wurde  eine  soiri  nannte  Seidenkommis-sion  ernannt 
und  andere  Anstalteu  getrotien,  um  den  Seidenbau  zu  fördern;  das  ganze 


>)  Valeotini,  Hist.  simpl.  ref.  III.  42.  1. 
•)  BoMii  Uber  de  re  vsetitiaria.  V. 

*i  Sibjitft  Oraefia,  nota  Mariaaa,  L.  d«  Editearan  nirabüs  tnunmitatum«. 


flndanVollnr  in  dcatalicB  Landw. 


105 


UQteruebQien  scheiterte  iadessen  aus  fiuaazielleQ  Gründen,  da  die  private 
InitiatiTe  dabei  in  tbonliobater  Weise  e»g«idirlnkt  wnnie.  Der  Regierunga- 
«ntiitt  Karl  Theodors  brachte  keine  Bessernng,  die  rerheereuden  Kriege 
trugen  vielmehr  dazn  liei,  das  unrühmliche  Kiule  der  lj:iyerisclu"ii  Seidon- 
zucht zu  beschleunigen.  Es  wunleti  zu  dieser  Zeit  ül)er  üOOOOO  Stück 
Maolbeerbaume  gepflanzt,  aus  deiKu  uur  eiu  klagliches  Quantum  Rohseide 
hervorging.  Zu  gleicher  Zeit  rief  das  Mieslingen  der  Seidenemte  in  der 
Pfalz  den  üuwillen  der  Bevölkerung  gegen  die  Seidenkultur  hervor,  ao  dass  in 
der  Erbitterung  samtliche  Mauilieerbiliinie  zerstört  wunleii.  Eine  neue  Periode 
begann  für  Bayern  1823 — 1834  unter  der  He^ierung  des  Königs  Maximi- 
lian I.  und  baute  sieb  unter  König  Ludwig  1.  weiter  aus.  Eine  lieiLe  von 
Staftitnuinnern,  n.  a.  von  Hassi«  nahmen  sich  der  Seidenmeht  eifrig  an, 
Oesellaohalten  fnr  wdtere  Kreise  (SeidenbanTereine)  wurden  gegrttndet 
und  Prilinien  ausgesetzt.  Die  Beteiligung  war  eine  äusseret  lebhallA.  Im 
Jahre  1832  sollen  in  Bnyeni  {Iber  4  Millionen  Maulbeerbäume  gestanden 
haben,  indessen  entsprachen  die  pekuniären  Kesnltate  des  Unternehmens 
nicht  alten  Ansprflehen,  so  dass  der  J^fer  bald  beiriditlkh  nachHess;  1838 
waren  nnr  noch  400000  ^nme  vorhimden.  1843  wnrde  in  Regensburg 
eine  Sddeninspektion  nnter  dem  um  die  Sache  wohlverdienten  Premier 
Ziegler  errichtet;  forner  wurden  Pflanzungen  und  unter  Aktienbeteilipnng 
Raupen ÄÜchtereieii  augelegt.  Trotz  der  interessanten  Vorträge  und  Bro- 
schüren war  das  allgemeine  Interesse  nach  den  gemachten  Erfahrungen  nur 
noch  ein  sebriebwaehes;  1844  standen  noch  24674  Binme,  1845  nnr  8006  im 
ganzen  Königreiche*).  Ebensowenig  Tcnnochte  der  1847  ins  Leben  ge» 
rufene  mit  grösstem  Eifer  betriebene  „Frauen -Verein  für  Seidenzucht"  dieses 
Gewerbe  nnfznrichten;  mit  wechselndem  Erfolge  be.stand  der  Verein  10  Jahre 
iaug,  die  l'roduktion  sank  inzwischen,  von  ö  Centneru  Kokons  im  An- 
fangsjahre, naeh  nnd  nach  aaf  ein  Minimum  und  erlosoh  in  den  allgemeinen 
Krankbeitsjahren  der  8eidenrau}>e  (1866—1860)  gänzlich.  Der  Hauptgrund 
des  Mi.sslin;(ens  der  Seidenzucht  in  Bayern,  sowie  überhaupt  in  ganz  Deutsch- 
land, lie^t  in  einem  zu  i^^rossen  WobLstand  der  läudlieben  Bevölkerung  einer- 
seits, dem  zu  kleinen  Ertrag  und  zu  grosi^er  Mühe  des  Seidenbaues  andererseits; 
auwerdem  andi  in  den  nngflnstigen  EHma-  und  BodenverhaitnisBen,  da  der 
Maulbeerbaum  10 — 20  Jahre  alt  sein  mnss,  um  gute  Blätter  su  liefern. 

In  Sachsen  wurden,  obwohl  man  auf  ein  viel  früheres  Bestehen  der 
Seidenkultur  als  häusliches  (Je werbe  schliessen  kann,  erst  zu  Beginn  des 
XVlli.  Jahrb.  Maulbeerplantagen  in  grüäserem  Mafsstabe  angelegt,  nament» 
lieh  in  den  Gegenden  von  Leipzig,  Grimma,  Wölkau,  Meies«!,  Rochlita, 
Torgan  n.  a.  0. 

Sowohl  hier  wie  in  Brandenburg  fanden  die  auslandischen  Seiden- 
handwerker seit  jeher  jepliebe  Unterstützung;  die  viel  verheissenden  An- 
.   fange  wurden  jedoch  durch  den  30jährigen  Krieg  zerstört,  und  was  davon 


•)  Dr.  Hari,  Bajr.  Ind.-  a.  OewerMilatl^  1892  B.  58S. 


Diglized  by  Google 


106 


fiflidcBgmrarbo  in  danlMlMn  Landaa. 


ttbrig  blieb,  wftT  Hiebt  lebentfftbig  genug,  um  neb  von  neuem  aufniriebten. 

Als  sicli  in  deutschen  Landen  die  Anacbaiiuiig  zu  verbreiteD  anfing,  es 
sei  Aufgabe  dos  Staates,  die  Industri»»  rn  nnterstilt/-en ,  fand  der  Na- 
tionalökonom Ht.'cher,  in  dessen  Plänen  die  Seidenkultur  und  -industrie 
eiue  bedeutende  Kolle  spielteu,  Auklang  bei  dem  KuriUrsten  Karl  Ludwig 
TOB  der  Pfals:  die  guten  Pline  sebeiterten  jedecb  an  den  unglüeldiehen 
Kriegsircignissen.  Auch  der  Kurfürst  Johann  Philipp  von  Mainz  betrieb 
liei  ^Vnr7,burg  mit  Erfolg  die  Seidenzucht.  Alsdann  rief  P.ccher  in  Wien 
und  München  Seidcnntanufaktnrconipa«?!''^'^!  in"  Lehen,  die  anlünglich  zwar 
gut  gediehen,  bald  jetloch  infolge  der  mangelhaften  iSubsistenzmitlel  ein- 
gingen. In  Saebaen  batte  dagegen  das  Sddengewerbe  festen  Fuss  gefaast, 
wie  beispielsweise  in  Langensalsa,  und  der  Hauptmarkt  zu  Leipzig  1>esa88 
schon  allein  de>lialb  Leben.srähigkeit,  weil  man  damals  die  französischen  Fa- 
brikate aus  politischen  Gründen  sorgfältig  mied.  Zu  Beginn  des  XV'fIT.  .Tahrh. 
wurde  auch  in  Leipzig  von  Apel  und  Böttcher  die  erüte  gro8.se  Seiden- 
manofaktur  errichtet. 

Neben  der  sacbsiscben  and  bamburgiscben  lnduBtrie  arbeiteten  etcb  die 
wflrtterobeigischet  die  hessische  in  Hanau  und  die  pfalzische  Industrie  em- 
por und  erfuhren  durcli  die  An-ietle!nn«^  französiscber  Auswanderer  (der  • 
Hugenotten  und  Waldenser)  krätiigen  Zuwadis. 

Die  .VufuQge  der  Hamburger  Öeidenmunufaktur  reichen  an  da.s  Knde 
des  XVI.  Jahrb.,  wo  niederl&ndiscbe  Reformierte  die  Sammet-  und  Taf- 
fetfabrikation nach  der  charakteristischen  Antwerpener  Art  eingeriebtet 
haben.  Der  dreissiLrjriliii'^r  Krieg,  def  da<  üliri^'e  Deutschland  in  wirt- 
schaftlicher Eutwickelung  um  ein  lulubundert  zurückwarf,  iierührte  die 
Hamburger  Industrie  nicht  oder  kam  ihr  vielmehr  zu  gute,  weil  gerade 
infolge  des  Krieges  die  Ansfnbr  naeb  den  nbrigm  deatsoben  Landern 
einen  bedeutenden  Aufschwung  erhielt;  in  das  Ebude  des  XYII.  und  die 
erste  Hälfte  des  XVIIL  Jahrh.  fällt  die  Zeit  ihrer  höchsten  Blüte. 

In  Österreich  hatte  Pochcr  in  Wien,  wohin  er  in  Sachen  der  bnveri- 
scheu  Compaguie  gekommen  war,  die  Oriindung  einer  österreichischen  Sei- 
dencompagnie  fibwnonnnenf  was  man  ibm  indesien  in  Bayern  aebr  ver^ 
fibelte,  so  dass  man  sich  sogar  dasn  binreissen  liess,  seine  Bandmnhle  au  ler- 
stören.  Becher  blieb  in  Osterreich  und  errichtete  (1666)  in  Walpersdorf 
die  erste  ,,seydeiie  Fabrica  und  Manufactur".  In  dem  sogenannten  Mann- 
fakturenhaus auf  dem  Tabor  iu  Wieu,  das  1676  angelegt  wurde,  bestaod 
auch  eine  Abteilung  für  Seidenmanufaktar,  zwei  liaudmühleu  für  „puren 
Seidenbandt"  nnd  «ine  ISr  „Floretgladtbandt**;  das  Qana  ist  bei  dw  swelten 
Belagerung  Wiens  (1683)  niedergebrannt  und  ist  seitdem  jede  Spur  too 
ibm  verloren  gegangen. 

In  Preusseu  hatten  die  Hohenzollern  mit  richtigem  Scharfblick  die  Bedeu- 
tung der  Seideuindustrie  für  den  Staat  und  die  demselben  hieraus  erwachsenden 
pekunüren  Torteile  mrkannt;  ihre  ßinfObrung  wurde  als  eine  bandelapolitiaeha 
Pflicht  erachtet,  der  sich  der  fortscbreitende  Staat  nioht  eataiahen  durfte.  Dnveh 


Digitized  by  Google 


Pr«iiai«ii.  Ni«<leiTb«iii. 


107 


das  Beispiel  Frankreiehs  and  Sacbsens  angeregt,  neliin  nch  der  Groew  Enrfllnt 

des  Gewerbes  eifrig  an;  doch  blieben  die  Uniemebmungen  der  eiubeimischen 
Indastriellen  lange  Zeit  ohne  Erfolg  und  erst  die  Einwanderung  französi- 
scher llefugies  16Ö6  brachte  eiue  entscheidende  Wendung.  Zwar  fehlte  es 
den  ISnwMidemii  fatt  ateti  an  Kapitalf  doch  seheate  dar  Kurftlnt  ndi  nbht, 
neue  Anlagen  financlell  zn  nnterrtfitaen  nsd  hald  blfihten  in  den  hngenotii- 
acben  Zofluchtsstätten,  besonders  in  Magdeburg,  neue  Fabriken  aaf.  Die 
seideugewerbliche  Tbätigkeit  fand  in  PreiJ!«sen  allerdings  nur  in  Herlin  einen 
fruchtbaren  Boden,  wo  der  Pariser  Jean  Biet  18  Stühle  uutstellte.  Neben- 
bei traten  viele  kleinere  Betriebe  ins  Leben,  denen  es  jedoch  an  Kapitalien 
fehlte  and  die  dadnrcb  niebt  über  das  Kleingewerbe  emporkamen.  Brst 
unter  Friedrich  Wiliicliu  I.  trat  seit  1713  insofern  eine  Besserang  ein, 
als  derselljL'  der  Seidenziiclit  selbst  einen  t^rösseren  Werf  liei/ulepen  p;ewillt 
war.  Ausserdem  suchte  der  König  durch  Einfuhrvcrb<tte  und  hohe  l'iotek- 
tionszüUe  die  iuläudiäcbe  iudu.strie  nach  Möglichkeit  /m  .HcliUt^en;  es  gelang 
ihm  jedoeh  nicht,  trotz  der  einigen  grösseren  Fabriken  in  Potsdam,  Berlin  nnd 
Magdeburg  erteilten  Privilegien,  derselben  eine  dauernde  Fortentwickelnng  zu 
sichern.  „Die  AusfSliranrr  des  Werkes  erwies  sich  doeli  für  die  Kräfte  des 
jungen  Staates  zu  sclnvierig,  nur  sehr  langsam,  Schritt  für  ächritt,  konn- 
ten die  vorgesteckten  Ziele  erreicht  werden"  *). 

Ünter  wesentlich .  anderen  Verhältnissen  entwickelte  sich  das  Seiden^ 
gewerbe  unterdessen  in  einem  entl^enen  Winkel  des  Staates,  nSmUch  in 
dem  damals  nur  1900  Einwohner  zählenden  Städtchen  Crefekl.  Zuerst  wurde 
hier  die  durch  Niederländer  eingeführte  Leinenweberei  betrieben;  nünmlich 
aber  verlor  diese  bei  der  krattvollea  initiative  der  Begründer  der  Crefelder 
Seidenindastrie,  der  Ton  der  Lejen,  immer  mehr  an  Boden.  Heinrich 
von  der  Lejen,  ein  hoUkndiacher  Hennonit,  erwarb  im  J.  1668  das  Bttrgar^ 
recht  in  Crefeld;  im  J.  1670  wurden  schon  Gallons,  ein  Jahrzehnt  später  auch 
Sammefbruider  gewebt;  von  Heinrichs  Bruder  wurde  alsdann  eine  Zwirnerei,  von 
anderen  Brüdern  Sammetfabriken  angelegt.  Der  Betrieb  war  huusindustriell, 
jedem  Meister  wurden  Gesellen  zugeteilt.   Im  Jahre  1721  wurde  die  erste 


')  Acta  boruasico.  DenkniMer  der  pr«>iissi^n}iPii  Rt  iut-verwaltung  im  XVIII. Jahrb. 
Die  prenwische  äeideniadtwtrie  im  XVlli.  Jahrb.  und  ihre  Begründung  durch  ftiedriob 
den  0ranea.  Bearbsitat  von  O.  Behmoller  ond  0.  Hintte.  Berlin  ISftS.  8  Bde.  — 
1.  Band:  Urkunden  uiul  .\ k  t  s t  ii eke:  I.  Von  der  Aufnafame  der  Kefugi^a  bis  zum 
RegierangaaDtritt  Friedricba  II.  (l  68b -1  740).  II.  Vom  Regierangaantritt  Friedriclu  U. 
bis  sum  Ansbmeh  dM  aieben jährigen  Krieges  (1740— 1766).  III.  Von  Beginn  de«  «iebeii« 
jlbriRon  lvrii>,'<;-(  Iii-  r-)ir  tiberwindung  der  n  Abaatikriais  nach  dem  Kriege  (1756 

—  1768).  —  2.  Baad:  IV.  Von  Überwindung  der  grooen  Kriai«  bi»  mm  Tode  Friedridu 
im  OroaMO  (17<9— ITU).  T.  Tom  Tode  Th'edriebt  des  Oromn  Im  lum  Ende  des 
allen  Systems  ft  7SG  — 1  80(51.  VI.  StatistiBche  Beilagen.  VII.  Zur  Entwickelung  der  Cre- 
felder Seulenindustric  im  XVIII.  Jahrb.  —  8.  Band  stand  mir  arsprangUoh  nicht  sor 
Verruguiig;  idi  war  daher  auf  die  flkiae  in  der  .Leipi.  Honateebrift  iOr  Teititind.*  Hell 
1,  2.  8  (1898)  vorwifiMii. 


108 


CraMder  Indastrie. 


SeidenfiLrberei  errielitet  *}.  1750  gelang  ea,  im  rheinprauriieben  Gebiet  die 

Befreiung  der  Robseide  von  allen  ZSllen,  Lioenten  und  Ac^nn  za  erwitlran. 

Ans  Frankreich  und  Itfiltfn  wurden  gewandte  Handwerker  verschrieben,  und 
als  einmal  Audreae  in  Miillieim  den  Versoch  machte,  einen  solchen  auf- 
zuhalten, wandte  sich  von  der  Lejen  an  Friedrich  d.  Gr.,  derdiekate- 
gorisohe  Epistel  erlicw:  „wofern  die  Mfilheimer  dea  Kerl  nicht  ireilaaaen, 
tollen  meine  Soldaten  ihn  holen".  Auch  Maschinen  nnd  Geräte  Hessen  die 
von  der  Leven  aus  Holland  und  Frankreich  kommen.  1759  erhielt  die 
Firma  ein  Monopol  auf  Hand-  und  Zwirnmühlen,  während  sie  auf  Fonlards 
schon  früher  ein  Patent  erhalten  hatte.  Nach  dem  siebenjährigen  Kriege 
wandten  sieh  die  Konkarrenten  an  den  König  mit  der  Bitte  nm  Freibandel- 
erlass,  indem  sie  anfahrten,  dass  durch  „viele  Fabriken  die  Aemalation  nnd 
die  liiitt»  der  Arbeit  verbessert,  das  Land  penplirt,  Accisen  nnd  Zidle  ver- 
mehrt werden";  dio  Oe^nche  blieben  j^^doch  erfolglos.  Erst  nach  dem  Ein- 
marsch der  Franzosen  im  J.  1794  waren  die  Monopole  von  selbst  gefallen 
nnd  viele  neue  Fabriken  wandten  eich  deren  nnnm^r  freigelanenen  Ana- 
bentnng  w.  In  den  eeehriger  Jahren  beieULftigte  von  d«r  Leyen  15—18 
Zwimmuhlen  mit  300,  200  Hancbnühlen  mit  lOOO  und  500  Webstühle  mit 
l.iOO  Arbeitern,  wovon  140  auf  Saraniet,  IIS  auf  faronnierto  Tücher,  102 
auf  einfache  Tücher,  97  kleinere  Stühle  auf  Bänder,  43  auf  Soesjes  etc. 
Gehr.  Floh  hatten  100  Sammet-,  und  Preyers  &  Co.  30  Sammet-  und 
209  Sammetbandsttthb.  Es  wnrde,  um  die  seitweilige  Answandemng  der 
Weber  zu  verhüten,  auch  in  den  .<ichlechten  Jahren,  wenn  auch  auf  LagW« 
gearbeitet,  so  z.  Ii.  im  .T.  17^7,  wo  die  Krhöbnnp  der  Hobseidenpreise  uro 
^0%,  eine  Stockung  des  liclrRbes  herbeigeführt  hatte.  Das  Städtchen  hob 
«ich  Ton  866  im  J.  1722  auf  4500  meist  in  der  Seideniudnstric  beschäftigte 
Einwohner  and  cfthlte  1787  deren  5928:  eine  grosse  Anzahl  Werkstätten  ar- 
beitete  ausserdem  in  der  Umgegend  im  Dienste  der  Firma  von  der  Leyen. 
Der  Verfall  der  Seidenindustrie  in  Holland  braclite  der  Crefelder  einen  nnschätz- 
baren  Vorteil.  Ganz  im  (iegensatz  zu  Prenssen  henihte  liier  die  Industrie, 
ohne  staatliche  Unterstützung,  auf  privatem  Luteruehmungsgeist  uud  ver- 
fügte fiber  ausgedehnte  Terbindangen  im  Anslande,  besonders  in  Holland 
and  Polen. 

I  ber  Viersen  finden  .'(ich  Xachrichten  aus  dem  J.  1 7><() -)  über  Samraet- 
bandwelier  ( Lindwirkor);  sie  verdienten  viel  und  profzten  ^^ern  mit  ihren 
Kroneuthalern,  zum  grossen  Ärger  ihrer  ländlichen  Nachbarn;  als  aber  1812 
das  Samroetband  ausser  Mode  kam,  h5rte  der  Wohlstand  anf  nnd  die  Weber 
serstrenten  sieh  überallhin  in  andere  Fabriken. 

Inzwischen  waudte  sich  in  Preussen  gleich  beim  Antritt  der  Regierung 
Friedrich  d.  Gr.  der  Seidenindustrie  zu,  ,,da  itzo  alle  auswärtigen  Staaten 
und  fast  die  ganze  Welt  sich  auf  Manufacturen  beüeissigen".    Der  Chef 


*)  Keusaen,  Gescbicbte  der  Stadt  Crefeld.  186&. 
SehrOteUr,  Bentiehlrait  und  Stadt  Vimsb.  IWl.  S.  92B. 


L.iyui^cd  by  Google 


Piflaa«iMhM  S«id«Bgewtrbe. 


109 


d€B  BOgeii.  „fttnflen  Departements  für  Comtnercieu  und  Manufacturen^S 
V.  Marschall,  versuchte  die  AViederbelebung  der  Seidenzucht,  die  er  unter 
anderem  in  den  Waisenhäusern  1>etreiben  Hess.  Freilich  gaben  diese  MaPs- 
nahmeu  nnd  auch  die  pekuniäre  Unterstatzung  des  Staates  dem  Öeideugewerbe 
sieht  den  erhoften  Aafrebwung,  doeh  wftr,  ab  t.  Mftneliall  1749  starb,  ein 
liedeatender  Forlndintt  m  verzeichnen.  In  Berlin  arbeiteten  schon  ca.  iOOO 
Sttihle,  in  Potsdam  100 — 200.  Der  Seidenbau  erstreckte  sich  zuerst  nur 
auf  die  Kunnark,  seit  1750  dehnte  er  sich  anch  aaf  Pommern,  die  Neu- 
nuurk,  Magdeburg  und  Ualberstadt  au»,  wo  zumeist  Geistliche  nnd  ScbnJ- 
lefarer  eich  damit  befanten.  Fttr  bciodbre  Erfolge  wurden  FAmieu  wie- 
gesetst,  nnd  eine  Anxahl  von  „Plantageninspektoren"  beanCnebtigte  die 
in  stetigem  Wachstum  begriffene  Knttnr.  So  gab  es  zn  Beginn  des 
siebeniährigen  Krieges  lOOOOO  erfrat^sfähifre  Banrae;  die  Sridenproduktion  be- 
trug 1754  scbou  '2G37  Pfund,  von  welchen  die  Kurmark  allein  1835  Pfund 
geliefert  hatte.  Die  einbünuaebe  Seidenweberei  wurde  gleudkzeitig  durdi  11  ar- 
scball,  Gotxkowsky  und  sebliesslich  den  Kdnig  selbst  untentütet  nnd 
durch  grosse  Zölle,  sowie  1756  durch  das  endgiltige  Einfuhrterbot  aller  frem- 
den Seldrnwaren  und  die  Ausfahrprämien  von  4 — B%  in  anssergewOhnliebw 
Weise  zu  fordern  ^osnrht. 

Der  siebenjtiiirige  Krieg  berührte  naturgemäsa  auch  die  Seidenindostrie, 
welcher  noeb  schlimmerer  Sebeden  dnrob  finanzielle  Krisen  im  Auslande 
und  die  Bankerotte  inländischer  Beidenmanufaktureii  zugefügt  wurde.  Die 
durch  den  König  veranlasstiu  Miirsriiihiiun  hinderten  jedoch  ihren  ijiinz- 
lichcn  Stillstand.  Diese  Mulsnahnieu  be-stiinden  in  der  liegelnnff  des  Wrhült- 
nisseü  zwischen  den  Verlegern  und  den  Meistern,  der  Kiuriuhlung  eines  Ge- 
werbegeriobtee  sowie  der  Geweriwpolisei,  der  Arbeiterenttassnngsscbeine  und  der 
Anfetellnng  eineM  Reglements  für  die  Seidenfuliriken,  d&a  nach  dem  Yorbilde 
des  in  Lyon  geltenden  entworfen  war.  Auch  jiekuuilire  Unfersfitr-inf^on 
Hess  der  König  dem  Seidengewerbe  zu  teil  werden;  dahin  gehört  zunächst 
ein  ZuschoBS  von  10%  für  alle  auf  der  Frankfurter  Messe  verkauften 
Waren,  und  spater  «ne  PrKmie  Ton  8  des  Wertes  für  die  prodnsierten 
im  „burean  dn  poids  des  smeries"  gewogenen,  auf  ihre  Güte  geprüften 
Seidenzeuge.  Die  Konterbande  und  sogar  die  Einfuhr  der  Hamburger  und 
Crefelder  Waren  wurde  streng  uberwacht.  Durch  Einrichtnng  sogenannter 
Seidenmagazine  sollte  der  Fabrikation  die  Beschaffung  des  Eohmaterials, 
das  vom  Staate  aas  Hallen  belogen  wurde,  erleiobtert  werden.  Unter  den 
Staateminnem  bestand  snr  Zeit  eine  scharfo  Meinnngsrenehiedenheit,  die 
durch  die  dabei  beteiligten  Parteien  der  Fabrikanten  einerseits,  nnd  der 
Seidenkaufleute  andererseits  zn  einem  erbitterten  Kampfe  geschürt  wurde. 
Es  wurde  vorgeschlagen,  die  Einfuhr  fremder  öeidenfabrikate  freizugeben, 
dieselbe  jedoch  mit  hohen  Abgaben  zu  belasten;  die  Unzulässigkeit  dieser 
Mabregel  unter  den  ^maligen  V^rbaltniaeen  wurde  jedoeh  bald  ev« 
kennt,  denn  bei  hoher  Vwanseblagnng  der  Einfuhrzölle  würde  der 
Sehmnggri  betraehUicb  gef5rdert,  b«  niedriger  ihr  eigentlicher  Zweck  Ter* 


Digitized  by  Google 


110 


FtmmKbm  Seidcogewwb«. 


feliU  worden  seia.  Die  andere  Partei,  welcher  mehr  Erfoljif  bMChi€den  wmr« 
verfocht  die  Erlangtmcf  eines  gäii^lirb  'n  Einfulirverbots 

Das  Verbot  dt>r  Kiiiluhr  fremder  Fabrikate  rief  uatiirlicli  auch  in  den 
Nochbarstaatea,  beäouUers  iu  Sachsen  uad  Osterreich,  gleiche  Mafsregela 
hmor.  Ostorreich  Terboi  1766  die  Ehifabr  fimnder  SddeDwaren,  weil 
Maria  Theresia  damals  in  ähnlicher  Weise  wie  Preoaieii«  die  inländiaelie 
SeidL-niiidustrie  ZU  fördern  suchte.  Die  andauernde  Fürsorge,  welche  Fried- 
rich der  (.iro,<so  dem  Seidengewerbe  widmete,  war  jedoch  kciue  Nach- 
ahmnng,  sondern  ein  Ausdruck  der  allgemein  merkantiiischen  Bestrebungen 
und  Ziele  «einer  Gewerbepolitik,  die  mf  die  EnreekiiDg  und  AtunfttcaDg 
aller  prodnktiTen  Krlfte  des  Landes  en^ng.  Seine  hendelqpolitisehmi 
Mafsnahmen  zeitigten  eaoh  AUbald  die  Erscheinung,  den  die  fremden  Fe« 
brikate  nUmählich  vom  Markte  verschwanden.  1772  waren  anf  den  Mejiseil 
noch  au  660 OOü  Elten  fremder  Fabrikate  verkauft  wordeu,  z&hn  Jahre 
ep&ter  war  es  nicht  mehr  ein  Drittel  davon,  während  der  Absatz  einbdiui-> 
aeher  Waren  von  236000  Ellen  anf  466000  geeUegen  war.  1776  warm 
in  Potadam  118  Seiden-  und  55  Sammetwebstuhle  in  Thitigkeit,  1780 
144  und  73;  in  Berlin  arbeiteten  1783  deren  ^'ilG. 

Zu  Beginn  der  achtziger  Jahre  geriet  der  Absatz  und  somit  auch  die 
Fabrikation  am  mannigfachen  politiKchen  Gründen  (u.  a.  Verbot  Dänemarks, 
fremde  Seidenfkbrikate  einntfilhren  nnd  Tenninderter  Absats  nach  Bnadand 
und  Polen),  sowie  infolge  von  Arbeiterunruhen  in  Stockung. 

Trotz  aller  staatspolitischen  Miir>^nabmen  Friedrichs  des  Grossen 
konntfu  die  Prei.st-  der  Seidenstoffe  info[(^e  des  tenrfn  !N>hmaterialä  und  der 
hohen  Arbeiterlöhne  mit  den  französischen  nicht  lu  Konkurrenz  treten.  Nach 
nnd  nach  entwickelten  sidi  jedoeb  zugleich  mit  der  Falnikation  teurer  Gewebe 
auch  die  Halbseidenindastrie  nnd  die  Specialgewerbe,  wie  die  Qamnlabrilnn« 
Strompfwirkereien,  Bandwebereien,  Blonden-  nud  Spitcenfabriken,  Stickereien 
u.  s,  w.  In  den  Seidenmanufaktun  ii  der  Kurmark  waren  f^egen  Ende  der 
Regierung  Friedrichs  des  Gros&cu  (1785)  2935  Stühle  thätig,  auf  denen 
for  2197734  Tbaler  produziert  wurde;  in  deueu  der  Mlieben  Provin- 
aeii,  anndtliestlidi  Soblenens,  3122  Stahle  mit  einer  Produktion  tod 
2302507  Tfaaleni.  Das  rit  r/ocrtam  Mafjdebarg  kam  mit  152  Stühlen  und 
einer  Produktion  von  93691  Tl  .ili  rn  in  Betracht.  In  den  anderen  Provin- 
zen war  das  Seidengewerbe  unbedeutend:  in  Stettin  xind  Königsberg  wurden 
Bänder,  in  Schidlitz  bei  Dan^ig  seidene  Schärpen,  in  Schlesien  Bänder  nnd 
Posamente,  nnd  in  Beiün  specielle  nach  dem  Crefelder  Muster  gewebte 
Binder  gefertigt. 

Die  S'idenknltur  wurde  weiter  in  jeglicher  Weis«-  gefordert,  sowohl 
durch  Anlognntr  von  Manlbeerftlantagen,  wie  durch  Prämien,  so  dass  der 
Ertrag  von  2öiü  iluud  i.  J.  1766  auf  llöOO  Pfund  i.  J.  17Ö2  süeg.  1773 
wurden  in  Pkeomen  663329  Maulbeerbftome  i«r  Seidenknltnr  heraage- 


*)  Mayet,  Übrne  die  SMdeafcbväeB  im  BiaadenboifiMlMa.  Biriin  1716. 


Digrtized  by  Google 


Süd-  nnd  mitteldeataoh«  StMten. 


III 


sogen*),  nachdem  1768  cLt  et-ste  Damast  aus  preussischer  Seide  gewebt  wor- 
den wnr.  In  Btrliii  wardt-  eine  CVntnilhiispolanstult  iini^clogt  sowie  eine  Zwir- 
nerei, die  uameutlich  Nüliscidp  herNtcUtMi  soUto,  iind  im  .Jahre  1781  wurde 
ao»  Preossen  bereits  Seide  im  Werte  von  1  137043  Thalem  ausgeführt. 

NmIi  Friedrichs  des  Grossen  Tode  blieben  *mr  im  grossen  and 
gansen  seine  trefflichen  ISiniiohtnngen  bestebeo,  obmhl  sich  schon  Gegen- 
stromnngen  geltend  machten.  Besonders  sorgte  Struensee  noch  einige 
Zeit  für  die  Erhaltung  des  Seidenbaues  und  erlioss  1792  eine  Schrift  zur 
Belehrung  der  Seidenzüchter;  aUmälicb  über  schwand  das  Seidengewerbe 
wie  die  Seidenknltnr  immer  mehr  nad  mehr,  nnd  nnr  Toeinidt  sah  man 
Frsoen  mid  Kinder  in  Baaemgehftftea  ihre  freie  Zeit  der  Pfleupe  Ton  Seiden- 
würmern  zuwenden.  Friedrich  Wilhelm  IIL  temacbrassijrte  die  Seiden- 
industrie. Indesppn  kam  sie,  dank  den  schweren  wirtsclmftlichi  n  Verhält- 
nissen in  Lyon,  trotzdem  nochmals  wieder  in  Aa&chwung,  um  jedoch  nach 
koraer  Zeit  sehon  wieder  abznnehmen. 

In  den  sftddenlsehen  Staaten  schritt  das  Seidei^owerbe  inswiochen 
langsam,  :iher  in  sicheren  Bahnen  Torwirts,  und  wenn  auch  die  Produktion 
rar  Au.st'iilinmj^  von  Fiil>rik;itpn  zu  gerinpf  war,  so  genügten  die  letzteren 
doch  voUkonimeii  für  den  iiiliindischon  Vi  rbniucli.  In  Aiijji?1>arg  wollte  man 
1713  das  Seiden  kämmen,  also  die  Verurbfitung  der  hich  bei  Kultur,  üas- 
iderei  n.  s.  w.  ergebenden  AbfUlle  einfuhren,  wogegen  jedodi  die  Borten- 
wirker Einsprache  erlioben,  weil  sie  die  Konkurrenz  des  neuen  Rohmaterials 
und  Verbilligung  der  Fabrikate  befürchteten.  Getreu  die  Mitte  des  XVIII. 
Jahrh.  erhielt  Augsburgs  S^'idenmannfaktur  durch  Anlage  neuer  Webereien 
unter  Hmzuziehung  von  tiroler  und  italienLschen  Handwerkern  einen  niciii  un- 
bedeutenden Vorsprung*,  obwohl  bald  nach  dem  Tode  des  Begründer«  Hünob 
die  neoen  Fabriken  eingingen,  so  worden  1793  von  Pellonx  nnd  Bren- 
tano dafür  andere  gegründet,  die  von  sehr  gntem  Erfolg  begleitet  waren. 

Nicht  80  erfreulich  erging  es  dem  niitteldentschen  Seidengewerbe,  das 
einesteils  weniger  unabhängig  war  und  unter  dem  nagünstigen  Einfloss 
preossisalier  Merkantilpolitik  stand,  andererseits  aber  nnto*  den  Wirren  der 
Sjiegsaeit  an  leiden  luitte.  In  Saehsm,  nnd  iwar  ra  Meitsehen  bei  Toigan, 
war  iuich  während  des  siebenjährigen  Krieges  eine  sehr  grosse,  nach  italie- 
nischer Art  betriebene  Seidenhivaplerei  und  -zwimerei  von  Rabe  im  Betrieb, 
die  der  König  durch  Miiitärbesatzung  schützen  musste.  Sie  ging  jedoch 
ebenso,  wie  viele  andere  Manufakturen,  zu  Leipzig,  Langensalza,  Chemnitz, 
Dresden,  Meissen  n.  a.  0.,  gans  wie  in  Berlin,  in  demsdben  Habe  rar&ck, 
wie  sieh  das  Seidengewerbe  in  Grefdd  nnd  Elberfeld,  nnd  im  Sfldeo  in  Wien, 
10  immer  höherer  Blüte  emporschwang. 

Die  Verhältnisse  in  Crefeld,  das  seit  1794  sich  in  den  Händen  der 


*)  Bozhora,  Iiut  polii. 
Beekmann,  Gescb.  d.  Brlnd. 
Poppe,  OcMb.  d.  TBcknolepe, 


Digitized  by  Google 


112 


Preuuen.   Crefeld.   Andere  deutsche  Lftnder. 


Franzosen  befand,  bewirkten,  dass  die  Crefelder  Wiiron  nur  schwer  Ein- 
gang in  jmdfrp  Provinzen  fanden,  so  duss  ihre  Konkurrenz  dir  anderen 
deutschen  Manufaktaren  nicht  gerade  oninittelbar  druckend  beeinilusste.  Die 
stfwtlichen  Unteratatzangen  Preu»^  erfalire&  onterdetten  bedeuimide  EiiH 
achrinkuitg,  und  auch  der  Seidenbau  litt  unter  den  Miaiemten  und  man- 
gelnder Pthnoqgie  des  Königs.  Die  Katastfophe  von  1806  bradite  die  bran- 
denburi^ische  S«»idf»nindu>tri('  <filwpi"ip  in  ^än/lifhen  Verfall  und  in  den 
siebziger  Jahren  hat  sie  schliesslich  endgültig  aufgehört  zu  existieren.  Nur 
die  Färberei  ist  geblieben.  SpecicU  die  Franaoeen  und  (Israeliten  erwarben 
eicht  wenn  auch  in  Belbatsttchilger  Absiebt,  um  die  Emporbringong  der 
prettssischen  Seidenmnnufaktur  nicht  geringe  Verdienste. 

Während  die  Ereignisse  von  1806  die  Berliner  Industrie  zu  Grunde 
richteten,  entwickelte  f^irh  die  Crefelder  Fabrikation  imter  fninzösischer 
Herrschaft  immer  mehr  und  gelangte  unter  dem  Walten  der  alles  gleich- 
machend«! Bepablik,  dank  der  Beseitigung  der  Monopole,  alsbald  au  einer 
glänzenden  Existenz  und  nach  und  nach  zu  ihrer  gegen wSrtigen,  in  der 
deutschen  8*  idenirulustrit'  dominierenden  Stellung. 

j^oit  1845  kiini  in  Pronsisen  ein  regeres  Interesse  für  Seidenkultur  zum 
Ausdruck,  das  auf  jede  mögliche  Weise  durch  Verteilung  von  Raupeneiera 
und  Maulbeenamen,  Hoausgabe  unafthliger  belehrendw  Sehriften  Aber  den 
Seidenbau,  Üffentliebe  VortrSge  n.  s.  w.  gefördert  wurde  und  von  Ramm- 
low,  T.  Türk,  Friedheim,  Waa^ner,  Bolzani,  Töpfer,  Heese  u.  a. 
mit  ppltener  Ausdauer  jTpl,  it(  t  wurde  Noch  bis  vor  einem  .lahrzehnt  be- 
standen zu  Potsdam,  Stegtitz  bei  Berlin,  Trebbin,  Paradies,  Buuzluu,  Prettin 
und  a.  0.  nieht  unbedeut^ide  Haspel-  und  Mulinieranstalten,  ebenso  in  der 
Rheinprovins  au  Crefeld  nnd  Barmen,  die  aber  sbntlich  der  aur  Gnw»- 
industoie  emporwachaeuden  ausländischen,  namentlich  der  ftanaftsischen  und 
italienischen  Konkurrenz  nntcrlingen  mussten. 

in  den  übrigen  deutsciien  Ländern  bestand  zu  i^ilang  unseres  Jahr- 
hunderts noch  hie  und  da  die  Seidenmanufaktur,  welche,  wie  alle  Industrien, 
sich  der  modem«i  Untwiekelung  ansnpassen  suchte;  in  einigen  Städten 
fasste  sie  auch  festeren  Boden  und  brachte  es  in  einigen  Specialitäten 
zu  einer  nicht  gt  rlngen  Voltkoinmenhcit.  1852  waren  in  Augshur|j;  "iber 
200  Webstühle  in  Thäligkeit,  die  ausser  den  einfachen  Stoffen  auch  Da- 
maste, Sammete  und  moirierte  Gewebe  erzeugten,  in  der  bayerischen  Pfalz 
(Kaiserslautem)  wurde  1858  eine  grosse  Seidenweberei  gegründet,  die  Atlaaae 
und  geblümte  Zeuge  anfertigte.  1875  waren  in  Bajem  insgesamt  154 
Webereien  in  Thätigkeif. 

In  Ostorrcich  wnrdrn  die  Hestrfbnnj»(*n  um  die  Hebung  der  Seiden- 
industrie seit  dem  Beginn  des  Jahrhunderts  sehr  energisch  aufgenommen, 
wobei  sich  bauptsichlich  das  Seidenhaua  Chwalla  nicht  geringe  Verdienste 
erworben  hat. 

Auch  nach  den  Niederlanden  brachten  die  franzSaischen  Auswanderer 
dem  Seidengewerbe  fruchtbare  Anregung  und  erhoben  es  in  kurzer  Zeit 


Digitized  by-Google 


Niederlande 


113 


sur  hohen  Bläte.  Zwar  wuixle  schon  früher  (1682)  m  Amaierdani  eine 
Weborci  mit  einer  für  jcnf  Zeit  des  hausindustriellen  Betriebs  svhr  erheb- 
lichen Anzahl  von  110  VVeljsLiihlen  errichtet,  doch  gelang  es  erst  mit  Unter- 
stützung der  Refugies,  in  Utrecht  eine  Fabrik  anzulegen,  die  500  Arbeiter 
nnterhiali  und  «uamrhalb  noch  ilOO  WebstShlen  Bewbiftigiuig  g»b,  sowie 
für  eigenen  Bedarf  82  Seidenuittblen  betrieb;  erst  IB16  ging  dieselbe  ein  >). 
In  Tlaarlcm  wurden  grosse  Sciilon-,  Halb-seidon-  nnJ  (ia/.efaliriken,  in  Utrecht 
und  Naardfii  Samraetwebereien  angelegt.  ,,1  )ic  HoUin'l'  r,  sagt  Davenant 
(1697),  haben  eine  äolche  Seidenmauutaktur  in  ibri.in  Laude,  cla.^.s  wir  von 
d<Hrt  mehr  Seide  importieren,  als  wir  von  Indien  hierherbringen; ....  der 
grSflste  Teil  der  Sunmete  kommt  aas  Holknd"').  Auf  dem  spanischen 
Markt  vermochten  die  holländischen  Seidenstoffe  sogar  die  französischen 
Fabrikate  zu  verdrängen').  Dir-  Sciib  nindustrie  Haarlt'itw  gab  noch  zur 
Zeit  ilires  s|>äterea  Verfalls  löOOO  Menschen  Beschüft igimg.  Wie  gross  der 
Vorteil  war,  den  die  neuen  Muiufektmren  dem  Lande  brachten,  zeigt  u.  a. 
eine  Berechnung,  daaa  von  1688—96  der  Nationalreiehtum  der  Nicderiande 
ach  um  7700000  /  vermehrt  hat*).  Die  Gewerbeverfassung  hat  durch 
.strenge  Gesetze  auf  die  Güte  der  Fabrikate  hingearbeitet;  u.  a.  mussten  die 
SeideuTairber  iu  Amsterdam  die  Versicherung  abgeben»  dass  sie  die  äeide 
nieht  erschweren  würden*).  Die  Gewehe  wnrdm  amtlieh  nntemnoht  und 
mit  dem  Stadiaiegel  versehen,  welches  bei  der  Tonugsweise  entwiekelten 
Hausindustrie  dem  Käufer  dieselbe  Garantie  bot,  wie  ein  renoiniiiit  rti  i 
Firmenst*»nipel  in  jftzigoii  Zi  itt  n.  .Mm  r  t^chon  im  ersten  Viertel  tl.  s  X\  III. 
Jahrb.  blasen  sich  sichere  AnzciLhcn  des  bevorstehenden  Verfalls  der  Seiden- 
manufaktur, wie  Uberhaupt  der  gt  .sarateu  niederländiscbeu  Gewerbeth&tig> 
keit  konstatieren;  auf  dessen  Ursachen  will  ich  hier  nicht  naher  ein- 
gehen: hohe  Arbeitslöhne,  drückende  Steuer,  Verbot  des  Betriebs  auf  dem 
flachen  LainL',  nti/.w-'cluuüsM^'*'  Zollpolitik  und  schliesslich  mangelhafte  Zu- 
fuhr des  Hobnuiterials  liurth  die  ostindische  Compagnie  (seit  1760)  können 
als  solclie  genannt  werden.  In  der  Denkschrift  eines  Seidenfabrikanten 
von  1774  heittt  es:  „Früher  erhielten  dureh  die  Seiden-  und  Seidenstoff* 
fabriken  mehr  .Menschen  ArW'it,  als  durch  die  ganze  ostindische  Com- 
pagnie"*). Zwar  wurden  am  li  Milfcl  in  Vorschlag  gebracht,  um  dii'  mitcr- 
gehcTide  Seidenindtistrif  y.u  iirlu  n,  ilocli  zu  spät,  um  mit  der  von  Frank- 
reich, England  und  dem  Niederrliem  erwach.seneu  Konkurrenz  einen  irgend- 
wie aussichtsreichen  Kampf  aufnehmen  zu  künnen. 

In  Rnssland  liest  Peter  der  Grosse,  dureh  das  Beispiel  Preussens  an- 


M  rtrecht-ch  tijMx'hrift,  183'.,  S.  226. 

■)  Essay  OQ  tbs  £a«t  lodia  tiade.   Works  I.  109. 

*)  Bottlitle,  Oorretpondanee  dM  contrftleors  gen^raox  I.  Ho.  It06. 

*)  Davenaiit,  a.  a.  0.  II,'). 

Wagenaar,  Amsterdaia,  IV,  1,  442. 

•)  Stnkken  betreffende  da  Zqdrfahrieken  te  Anstsrdam.  1774  (Stadtaiehir 

Amst  L  Z.  9  No.  8,  citiert  TOB  Friagiheint  m  Schmollen  Fonohnagsa  1890). 

SUbcrnianD,  Ol«  8«idaL  g 


lU 


lluBtlaad.  Niederrbcin. 


g«regt,  ausgbdebnte  MaulbeerpUntageQ  anlegen,  ein  Werk,  das  von  Katha- 
rina, Paul  und  den  Rpätcren  Regonten  furtpcsotzt  wurdr.  Dk*  rn?si.«ichen 
Bauern  zeigten  jedocli  für  dieses  gros.se  Saulxrktii  uud  umsiclitige  Behand- 
lung erheischende  Gewerbe  wenig  Verständnis,  und  obwohl  1807  ca.  sieben 
Millionen  Maulbeerbftume  Toriianden  waren,  gewann  man  nicht  mehr  ala 
14560  Pfund  Rohseide.  Auch  die  Seideninanufaktur  fand  unter  Pett  r  I. 
unter  Hinzuziehung  französisch»  r  Kräfte  wieder  lebhafteren  Kinj^anjr;  1714 
war  r-mo  stattliche  Anzahl  von  ^^ammft-  und  Brokat  weben- im  m  M(wkau, 
Wladimir  und  .faroslaw  im  Betrieb,  löOy  waren  194  mit  4yö6  .Stühlen 
thatig  und  produaerten  7110000  If.  Arwliin  (1  Arech.  =  0,71  m)  Seiden- 
stoffe, 505  Stück  andere  kostbare  Gewelx-,  400000  If.  AxBChin  Seidenbänder, 
6400  Stück  Tüllgewebc  und  12000  Paar  Handschuhe.  1812  ist  die  An- 
zahl der  Webereien  infolge  d<  r  Kriegswirren  auf  105  berabgrsunken,  um 
jedoch  1818  wieder  auf  210  zu  steigen.  1823  fand  der  Jacquardstuhl  Ein- 
gang. In  der  Zeitpoiode  18S6--89  eneugte  man  jährlich  ca.  5  Millionen 
If.  Aradiin  Stoffe  und  115000  Stflek  Goldbrokate,  1846  belief  «ich  der 
Produktionswert  auf  wcbs,  1B50  auf  sedbaundeinhalb  Millionen  Rubel. 

Ulx'r  die  Seidenmanufaktur  anderer  nordischer  Länder  Kuropas  im 
XVIII.  Jahrh.  lässt  sich  nicht.s  Erspriesslichea  berichten.  .Schweden  erhielt 
dieselbe  gegen  Ende  des  XVIL  Jalurh.;  im  Jahre  1751  waren  2474  Web- 
atShle  thätig.  um  1768  auf  962  heralwasinken  i). 

Die  im  letzten  Viertel  des  vorigen  Jahrhunderts  Sberhandnelimende 
sociale  Gährung  in  Frankreich  war  der  Etitwickelung  und  Stärlninj^ 
der  Seidenindustrii*  wenig  günsti}^,  und  so  si  licii  wir  aoch  die  von  der 
Lyoner  Industrie  beschäftigte  Anzahl  Webstühle  von  8381  (1739)  aaf 
12000  (1765)  und  15000  (1786)  heranwaefaaeii,  bald  jedoeli  durch  die  Re- 
Tolution  beeinflusst  auf  9  335  (1788)  und  2500  (1800)  herabsinken.  Die 
politi.schen  Wirnii  Frankreichs  kamen  anderen  Staaten  zu  gnto;  so  füllt 
in  das  Jalu  iTliO  der  Urspnin<^  der  Elberfelder  Seidt  niiiunufaktur  und  t-nt- 
fulteten  seitdem  auch  die  übrigen  rbeiuischen  Seidenmanufakturen  über- 
haupt eine  sehr  rege  Thätigkeit.  In  Elberfeld  wurden  hauptslchlidi  die 
Stapelartikel  fflr  Nationaltracbtoi  aufgenommen.  In  Mülheim  existiertoi 
schon  weit  früher  einige  Seidenfabriki  ]i ;  >.n  wurde  hier  im  Jahre  1744 
ein^r  Firma  dns  Mono|)ol  auf  Florettseideuband,  1764  auf  Sammet,  dann 
einer  anderen  auf  alle  Arten  Seide  erteilt.  Die  Fabrikanten  waren  von 
Steuern  hefiwit  und  mit  Prinlegien  ausgestattet;  1782  wurde  die  Etnfia^hr 
der  OnMdm  Ware  untersagt. 

Das  XVITI.  -Tahrh.  hat  auch  in  der  Technik  der  Seidenweberei  g*  wäl- 
tige Fortschritte  gezeitigt,  die  für  die  Ueschichto  der  iillgemeincn  Webekunst 
von  Bedeutung  geworden  .sind.  Duugnou,  fJalaiitit  r,  Hlache,  Fiilcon, 
Regnicr,  Vaucanson,  Kay,  Ponsoii,  lievel,  Lasalle,  Kartwright 


>)  Flintbecg»  Braks  Idkarat^  Stookbolm  1789. 


Digitized  by  Google 


CMdsnioduitria  des  XU.  Jtlirh.  nanknioli. 


115 


md  aehlMnlieh  Jacquard  (1805)  beschäftigten  sich  specieU  mit  der  We- 
berei und  hahen  sieh  um  dieselbe  in  hohem  Grade  Terdinit  gemacht;  nicht 
nur  in  der  Geschichte  der  Seidcninduitriet  mmdem  «atk  in  der  Teztil- 
indnslrie  sind  dieselben  unsterblich  gewcndMi. 

•  e 

Zu  Beginn  des  XIX.  Jahrh.  ist  die  Seidenindustrie  ztun  Gemeingut  fiut 

aller  Länder  Enropa«?  jjpvrorden  nnd  in  t'iiug"n  dcrsiclbpn  zu  hohrr  Rlüte 
^langt,  doch  l>fhiilt  Frinikrcii-li  und  im  sprciellen  Lyon,  diT  ;iUe  Sitz  der 
Seidenmanofaktur,  dtw  üU hergebrachte  Scepter.  Im  Nachstehenden  findet 
man  die  Entwickelimg  der  Seidenindvstrie  im  XIX.  Jahrh.  und  ihre  gegen- 
wärtige Lage,  zumeist  auf  Grand  statistischer  Daten,  erörtert. 

I)if  Mi-tropole  der  ScidciiiiKliistric,  Lyon,  weist  seit  dem  Beginn  der 
neacn  Epoche  folgenden  Zmvaclis  »einer  Weber4>i  auf: 


Handätühle 

Kraftst 

laoo 

2500 

1812 

12000 

1827 

27000 

1852 

65000 

1861 

116000 

1872 

115000 

5000 

1876 

105000 

10470 

1881 

100000 

18828 

1888 

70000 

20000 

1890 

72000 

20000 

Der  Charakter  der  Ljoner  Manufaktur  war  von  jeher  hauptsächlich  auf 
die  PraditeneagnisBe  der  Webekumit  gerichtet,  und  als  um  die  Mehdger 

Jahre,  wo  die  Produkt ionsföhigkeit  ihren  Höhepunkt  erreicht  hatte  und  Aber 

3,5  Millionen  kg  Rohseide  verarbeitet  wurdm ,  ni-iip  Moderichtnnfrpn  auf- 
kamen, welche  die  grossblumig  fa^onnierten  Ge  webe  gänzlich  zu  verdrängen 
schienen,  geiiet  sie  eine  Zeit  lang  in  ernste  Stockung.  Mit  bewundernswerter 
iSeschieklichkeit  und  Ausdauer  hat  sie  sich  jedoch  den  neuen  EonsumTer- 

hältnis.sen  angepasst  und  die  Krisis  Uberwunden.  Die  Umgestaltung  ging 
hauptsächlich  auf  dem  Gebi<>l<-  der  fa^onnierten  Gewebe,  Fnilles,  sowie  der 
reinseidenen  Atlasse  vor  sich,  die  stetig;  ziirückffinofpn,  während  die  Amnires 
ein  Uauptartikel  wurden.    Diese  VVendun;^'  lässt  sich  aus  den  Produktions- 

^rerten  einiger  wichtigeren  Artikel  Terfolg«-!!: 

1879  1SR9 


Bchwarzp  und  farbige  FaiUes 

90 

Müi. 

Free. 

25,6 

MiU. 

Fres. 

Reinseidene  Fa(;'onnes  . 

30 

1» 

1» 

17 

»1 

11 

Reinseidene  Atlasse     .    .  . 

üb 

11 

11 

15 

II 

11 

Hslbeeidene  Atlasse    .   .  . 

24 

n 

it 

38 

11 

ti 

4 

n 

n 

59 

n 

n 

n  n 
8* 


Üigmzed  by  Google 


116 


S«id«imdaatri«  das  2UX.  Jahrh.  FtanknMh. 


Noch  deutlicher  gebt  der  Verfall  der  Fabrikation  von  Pnchigawebtn 
am  folgeiMlien  AusfolmahlAii  Fronkreielu  (in  Mill.  Fks.)  hervor: 


1855 

1867 

1872 

ülatte  Stoffe    .  . 

U2 

294 

308 

Qamiuterte  Stoffe . 

39 

9 

1J5 

Oemiiehto  Gewebe 

49 

18 

17 

Binder  .... 

U7 

61 

110 

Beutsertikel    .  . 

11 

40 

51 

358 

422 

488 

Zu  dea  vorübergehenden  Krisen  der  L joner  MuaufHktur  mus8  auch  die 
sum  Teil  infolge  de«  Erfrierem  der  IbulbeerhSiiine  in  gaax  Sttdeura|Mi  (am 
14.  April  1876)  enfstuiHleae  Kalamität  genannt  werden.    Trotz  der  enorm 

gestiegpnen  Roliseidcnprt-ise  wurde  allerorts  tin verhält uisraässig  viel  produ- 
ziert, und  als  infolge  der  alltrerneitien  wirtschaftlichen  und  politischen  Ver- 
hältnisse dea  Jahres  1876  die  Moderichtung  den  Seiden  verbrauch  ausüer- 
ordentlieh  berahsetste,  Vam  ee  su  einer  aebweren  Kxiais,  die  banpiracUicb 
Ober  Lyon  (1877)  hereinlmich  und  dunb  «elebe  15—20000  Websfc&ble  in 
Stillstand  gesetzt  wurden. 

Der  Produkt ion>w.Tt  der  Lyoner  Industrie  zeigt  foltrende  Evolution: 
1872    460000000  Frcs.  1887    377000000  Frcs. 

1876   454000000    „  1892   382400000  „ 

1882   371000000    „  1894   366350000  „ 

Zur  richtigen  Beurteilung  dieser  Zahlen  darf  jedoch  nicht  anaeer 
Acht  gelassen  werden,  dass  d«r  Preis,  sowohl  des  Rohmaterials,  wie  der 
der  fertigen  Fabrikute,  ganz  bedeutend  ge^aukeii  i.st,  lieispielsweise  Organzin 
▼on  116  Frcs.  im  J.  1871  auf  58  im  J.  1887.  Was  daher  die  Produktions- 
menge anlangt«  so  hat  «ie  eher  su»,  ala  abgenommen,  namcatlieh  in  den  bil" 
ligeren  Gewebea.  Ober  die  speciellere  Jiinteilung  der  Lyoner  Seiden fabrikat© 
sowie  die  anderer  Industriestantcr-  mögen  die  am  Knde  des  Werkes  bei- 
gpfngten  statistischen  Tubellen  Autklaning  geben,  liier  sei  nur  im  grossen 
und  guüiien  der  gegenwärtige  Produktionswert  der  Lyoner  Industrie  m  ein- 
seinen Stoffarten  angeführt  und  hervorgehoben,  welehe  tlbo^egende  Roll» 
den  glatten  Geweben  ankommt. 


1890 

1891 

1892 

1893 

1894 

(Millionen  Francs) 

Glatte  Reinseidenstoffe  .  140,5 

131,7 

156,0 

165,0 

105,56 

Fa^oBnierte    ,«  38,7 

37,1 

36,5 

30,8 

36,0 

Glatte  gemieebie  Stoff»  .  131,3 

113,5 

123,3 

125,3 

116,05 

Fa^onnierte  „        „  24,45 

24,0 

24,0 

21,1 

18,25 

Cr^es,  Gazen,  MonmeBnea  1 7,9 

17,7 
14,6 

28,6 

24,0 

26,7 

Posamente,  Goldstickereien  13,0 

13,0 

10,6 

7,5 

8,0 

Orientatofie  mit  Oold  3,9 

5,8 

4,6 

5,5 

6,8 

384,95  857,6    382,4  379,2  865,35 


Digrtized  by  Google 


Seideniadufhrie  des  XIX.  Jabrb.  Fraoktvicli.  H? 

Die  Lyoner  Manufaktur  b«ediSftigi  gegenwärtig  bis  zu  65000  Handstühlen 
<12000  in  d<T  Stjidt  und  53000  in  der  Cmg.'fr.  nd)  und  25000  Kraftstiililc : 
dii  die  i'rüduktioni5t'iihi«?keit,  d*>r  letzteren  dn  ifiicli  so  gross  ist,  als  die  der 
HandstUblc,  so  verfügt  sie  im  ganzen  über  140000  ytühle,  eint  Zahl, 
4ie  bereits  1870  erreicht  war.  Lyon  Terbr»aelit  2700000  kg  gezwirnte 
Gcspiaste,  980000  kg  Robeeide  (Ordge)  und  860000  kg  AbfaUaeide 
<S(üiappe). 

Die  Lyouer  Nacbbarstadt,  Saint-Etienne,  >>etrnht  »h  Specialität  die 
Uaudfubrikatiou,  die  bis  vor  wenigen  Jahrzehnten  in  buber  Blüte  stand, 
aber  nach  und  naeh  infolge  dar  immer  stärkeren  Konkurrens  sobweiaeriBoher 
und  rbeinisclier  Fabriken  betrSebtlieh  anrOckgegangen  ist.  Der  Prodnk- 
täonswert  belief  sich: 

1805    auf      17000000  Free. 
1834     „        50000000  „ 
1872    „     120000000  „ 
1886    „       80000000  „ 

1891  M       79191000  „ 
1893  «0540000 

Namentlich  hat  die  Schutzzollpolitik  der  Vtreiuigten  Staaten  Amerikas 
die  Saint- Etieuner  Industrie  stark  beeinflusüt,  wie  folgende  Äusfuhrzablen 
beweisen; 

1872  21000000  FicB. 

1873  9300  000  „ 
1885  2400000  „ 
1890             13000000  „ 

1892  6  340000   „  (Mae  Kioley  Bill). 

In  sehr  deutlicher  Weise  tritt  auch  hier  dw  Umschwung  der  Seiden- 
indu-strit'  der  nmu'rn  Zt  it   lirrvor  und    ihr  Bf-streben.  die  Fabrikat*'  durch 
Vermengung  mit  anderen  Fasern  zu  vt  ibilligen.    Ks  \vurdeu  produziert: 
halbseidene  Bänder  reinseidene  Bänder 

1888       18988000  Fres.  68962000  Free. 

1891       30430000    ^  40796000  „ 

1893       33214  000    „  37727000  », 

Die  Zahl  der  Wehstflble  betrügt  m.  22O00. 

Saint-Chiiinond  besitzt  700000  Mulinierspindeln  und  15000  Webstühle 
und  erseugt  jährlieh  fOr  15  MiU.  Free.  Potementieneiden,  wovon  (zots 
■der  immer  atiiker  werdenden  deutschen  Konkuzras  drei  Viertel  txpor^ert 
werden.  Oahtts  flidet  in  der  Verarbeitung  der  lU^Meid»  BU  Tüll-,  Gaze- 
und  Spit7;eTij»eweben  seine  Specialitfit.  Paris  er7.pnf»t  seine  eigenartigen,  mit 
clen  Kicbtungen  der  Mode  verknüpften  Fabrikate,  die  sogenannten  „articles 
de  Paris'S  wie  Gazen,  Beeatzartikel,  Fantasiebftndo'  etc.,  die  einen  Pro- 
duktionswert  von  80  Mill.  Fres.  leprSsentieren.  In  Nimes,  Avignim,  Bou- 
bsix,  Tours  (Möbebtoffe)  werden  einige  unbedeutende  Specialartikel  für  den 
inl&ndisehen  Konsum  ausfertigt.   Die  gesamte  fimnaOsisohe  Indnstrie  tir- 


Digitized  by  GoOglc 


118 


Seidenindustrie  des  XIX.  Jahrb.  Frankreich. 


arbeitet  ca.  ö  500000  kg  Sfidenge-spinste.  Naclifolgende  Zublen  veranschau" 
liehen  im  allgemeinen  den  Gang  der  SeideoTerarboitung  in  Frankreich. 

Import  1894  Ex  i  »ort 

Rohstoffe  und  Gespinste    25fi20*=t000  Frcs.  146  13G000  Frcs. 

Gewebe  und  Fabrikate       4rtör)',)0(iO    „  _  235  4:'.!  000  „ 

aOOTCTOOO  Frcs.  38lb67  0(K)  Frcs. 

Der  Gewichtsmenge  nach  l)eiief  sich  (1893)  der  Uandelsverkebr  Frank- 
reichs in  Seideageweben  auf: 

Import  Exp(Hi 

aus  Europa       aus  Asien 

414156  kg     736884  kg      2697063  kg. 

Nach  den  Angaben  des  Ministeriums  für  Handel  und  Gewerbe  belief ' 
sich  (1889)  der  Produkt ions wert  einzelner  Indu-^^trie^if ntteii  in  den  Seiden- 
fabrikaten,  welche  Zahlen  auch  für  die  Gegenwart  gelten,  auf: 

Lyon   400000000  Frcs. 

Saint-Etienne  ....  103000000  „ 
Calais,  Gandiy  ....  93000000  „ 
Roubaix,  Bolniin,  Amtens  25000000  „ 
Saint -Chamond  ....     120n()00()  „ 


Troyes   120ÜÜOüO  „ 

Toms   7000000  „ 

Nime«   4000000  „ 

Le  Fny   4000000  „ 


Im  ganien  600000000  Fns., 

wovon  ca.  260  Mill.  dem  Export  zufallen.  Der  Tlaupt vorteil  d<  r  französwchtti: 
Seiden indu>.fn.'  li.gt  darin,  das^  Lyon  der  Weltmarkt  für  Rohseide,  und 
Pari.s  der  für  Soidenfiibrikate  ist.  so  dass  die  französischen  Industriellen  das 
Robmateria)  zu  billigeren  Preisen  haben  können,  als  ihre  ausländischen 
Eonkunenten  und  mit  den  Richtungen  der  Mode  stets  FflUung  haben. 
Trots  der  ftanzösischen  Konkurrenz  erhob  sidi  die  Seidenindustrie  nament- 
lich im  letzten  Vierteljahrhundert  sowohl  in  euro]>iii.scheii  wie  überseeischen 
Staaten  zu  immer  höherer  BUite,  so  dass  die  Zeiten,  wo  Frankreich  das  fast 
austichliessliche  Monopol  der  Grossindustrie  innehielt,  als  lüagst  entschwun- 
den SU  beidobnen  sind.  £b'  lEsst  aidi  niebt  Terkennen,  daas  in  gewissen 
Genres  da*  Fabrikation,,  namentlich  da,  «o  ea  nioht  auf  Massenproduktion 
mkoauni,  die  fran/ösische,  im  speciellen  die  Lyoner  Industrie  den  Vortritt 
nicht  so  bald  eiubiissen  wird,  doch  tritt  ihr  die  ausländische  Konkurrenz 
bereits  auf  vielen  (iebieteu  mit  Erfolg  entgegen.  In  einigen  Riebtungen 
ist  man  ihr  schon  überlegen,  wie  die  deutsche  Sammet-  und  Plüschweberei 
und  die  sebweixerttehe  Taffet&brikation.  Die  Handelspolitik  I^okreüdui, 
die,  um  den  zeitweise  auftretenden  Industriekrisen  vorzubeugen,  zu  streng 
merkantilisehen  Maianahmen  greift  und  bereits  su  Zollkriegen  (in  leteterer 


Digrtized  by  Google 


Seidenbdustrie  de«  XIX.  Jahrb.  DeuUckland. 


119 


Zeit  mit  Italien  und  der  Schweiz)  gefUhii  hat,  sdtad«t  in  nieht  geringen 
Mafsc  der  einheimischen  Sfideuiadustrif. 

Naraentiich  im  letzten  Viorteljahrhundert  hat  der  lraii/üsi.scl)e  Export- 
handel grosse  ilinbusi>en  erlitten,  wie  aus  folgenden  Zahlen  zu  ersehen  ist. 


Einfuhr 

Ansfnhr 

(Millionen  Francs.) 

18  CO 

3,9 

454,8 

186Ö 

11,2 

428,5 

1870 

27,4 

485,1 

1875 

37,2 

376,7 

IdSO 

42,3 

234,3 

1885 

41,2 

221,9 

1890 

63,9 

273,9 

1B92 

60,6 

254,0 

THe  deatschft  Sädenmdiatrie  nAhm  im  XIX.  Jidurh.  einen  ruhigen,  aber 
atetigen  Entwiokelungsgaog.  Im  Jahre  1809  zahlte  Grafeld  11  Fabriken 
fdr  Seidenstoffe,  die  6264  Arbeiter  beschäftigten  und  für  5  ''^  Millionen 

Frcs.  produzierten;  im  gesamten  übrigen  Roerdeparteraent  gab  es  21  kleinere 
Fabriken  mit  2000  Arbeitern  und  einem  Umsatz  von  2  Mill.  Frcs. 
Nach  anderer  Atechätzung  waren  in  C'refeld  (1804)  12000  Seidenarbeiter 
tbStig^. 

Die  Industrio  des  VVupjwrthals  beschäftigte  1809  im  Elberfelder  Bezirk 
14  Seitlpn-  nnd  eine  PI  lisch  fabrik ,  in  ilcni  T?:irmev  und  R^'m-^chpider  Hr/irke 
je  eine  H;mdtalji ik.  Im  Herzogtum  Üerg  (Elberfeld,  Üunuen  und  beide 
Mülheim)  wurden  von  7 — 8000  Arbeiten»  für  7 — 8  Mili.  t'rcs.  Seidenwaren 
und  für  etwa  10  Mill.  Seidenband-  und  Sammetstoffe  produuert,  die  nach 
Polen,  Russland,  Italien,  Frankreich  und  Deutschland  gingen').  Im  Kreise 
Elberfeld  waren  1816  thätig:  1541  Stiililo  für  Seide  und  Halbseide, 
gegenüber  945  für  Baumwolle,  im  .lahrr  1^12:  5206  für  Seide  und  1245 
für  andere  Stotie.  Durch  politische  Ereignisse  m  dem  wichtigen  Absalz- 
gebiet  Polen,  und  durch  Konkuirens  anderer  Stidte  faeeinflusi,  verliert  die 
Elbwfelder  Manufaktur  seit  der  Mitte  des  Jahrhundert«  von  ihrer  früheren 
Blüte;  1852  wurde  hier  die  erste  mechanische  Weberei  anjii  le<:;t,  doch  fällt 
die  Zahl  rlrr  Wohstülile  von  '2H59  HutkI-  und  430  Kraftstühlen  im  .Jahre 
1861,  auf  I6l7  Stühle  im  .T.ilwf  iHlö.  Immerhin  blieb  Elberfeld  ein  Cen- 
tmm  fdr  diese  Industriezweige,  und  in  neuerer  Zeit  nimmt  die  Seittenfabri- 
kation  daselbst  wieder  an  Umfang  su. 

In  Crefeld  blieb  die  Seidenv  >  "  i  i  trotz  zeitweise  auftretender  Kri-seji 
in  ungeschwächteni  Fortschreiten.  Im  .Jalire  1840  gingen  3000  Stühl'  für 
Seidenstoffe  imd  Halbseide,  löOO  für  Sammele,  1000  fUr  Plüsche,  800  tür 


')  Dorsch,  Statist,  du  04p.  de  )a  Ro&. 

*)  Thon,  Die  Indtwtrie  am  lllederrhein,  in  Sehmol lert  Fonebujigcn,  1879.  II, 
3,  SSO. 


Digitized  by  Google 


120 


Seidenindattrie  des  XIX.  Jahrb.  Deutschland. 


Bammet-  und  150  für  Si'idcnbänder,  insgesamt  6450  Webstüblei  im  Ja)m> 
1S62  siiul  <■>  sflion  15000.  Um  das  Jahr  1845  trat  aus  verschiedenen 
Gründen  eine  Indu-striekrise  ein,  deren  Folgen  durch  die  Unruhen  den 
JftbreB  1848  w«H«iitU«Ii  vcnefalimmerb  worden.  Gegen  Ende  der  eedi- 
ng«r  Jahre  (seit  1868)  hat  sich  die  Mode  der  ghitten  Ware,  einer  Speeiali- 
tjit  Crefclds,  zugewandt;  unerwartet  grcMser  Bedarf,  vorübergehende  Kala- 
nutiit  dfT  Lymicr  FnhrikeTi,  sowip  all<icmefn  fjiinstige  Verhältnisse  vi  ilit  lion  der 
Crefeldor  Industrie  i'inen  gewaltigt-it  Iui}»uls;  xahlreiclie  EtablisHcments 
wui-den  ueugegründet,  die  jedoch  zwar  viel,  aber  in  geringer  QiuiUtüt  pro- 
duzierten. Die  gUnntige  Konjunktur  erreichte  um  das  Jahr  1872  ihren 
Höhepunkt,  schlug  dann  aber  pl&tzlich  um  und  schien  bei  der  Krise  um  das 
Jalir  ISTS  in  ihrem  Rückgang  endlich  zum  StilLstiiiul  pelnnc^t  zu  sein. 
In  dieser  Hlüt<  zt;it  mag  die  rheinische  St-idenwcberei  inln(l<  -tfn>;  50000 
\VebslübIe  nut  150000  iVrbeitern  bescljültigl  haben,  in  dem  Maft>e,  wie 
die  Grefelder  Manufaktur  an  Auadehnung  gewann  und  zum  Growbetrieb  wurde, 
hat  sie  diesel)>c  Erscheinung,  wie  seiner  Zeit  die  Lyoner,  auf/.uwetsenf  namlieb, 
da.ss  sich  der  Sit/  Ips  hausindiistrii  l1t-n  Betriebs  weit  nach  au.sserhalb  der 
Stadt  verh'pt.  Schon  1750  wurden  von  v.  d.  Leyen  in  (tehhm  und  Alde- 
kerk Filialen  eröffnet;  zu  Beginn  uusereü  Jahrhunderts  werden  die  Sammet- 
binder  schon  allgemein  auf  dem  Lande  gewebt'),  wahrend  SammetstoHi» 
in  der  Stadt  seihst  gemacht  werden.  In  den  yierziger  Jahren  kommt  aueb 
der  Sammetstoff  aufs  Land.  In  Viersen  ist  die  Zahl  der  Fabriken  von  3 
im  JahR>  1838  auf  IG  im  Tiihre  1H51  gestiegen;  nneh  und  nach  bevölkerten 
sich  Dülken,  Süchteln,  Uretrath,  Kempen,  St.  Tönis,  Vorst,  Anrath,  Hühi 
n.  a.  mit  Weherfamilien,  ünt^  dem  Drucke  der  schweizerisehm  Kon- 
kurrenz bat  die  Weberei  ihre  einfachsten  Gewebe  bis  an  die  Mosel  und 
illxTdie  holländische  Grenze  an  das  Landvolk  verteilt;  diese  Strömung  hat  nun 
löO  Jahre  gedauert,  doch  wnlil  hnhl  Ihre  fin-nzcn  rm-icht,  denti  ä'w  wesent- 
lich anderen  Bedingungen  der  modernen  indxtstrie  und  das  Umsichgreifen 
der  mechamseben  Weherei  haWn  tichou  jetzt  eine  teilweise  Centralisierung 
in  der  Gtcaastadt  berbeigefShrt. 

Die  deut.sche  Seidenindii>f  rii  hat  Iluen  Tomebmlicfaen  Sitz  am  Nieder^ 
rhein,  wo  fHe  Städte  Crefeld,  Elberfeld,  Barmen  uud  Umgegend  iu  gewi.s.sen 
Zweigen,  wie  in  der  Sammet-,  Plüsch-  und  Halbseidenfabrilciition  sich  einen 
Weltruf  vei-sclmffl  haben.  Die  Fal)rikeu  befinden  sich  iu  CivlVld  uud  Burmen- 
Blberfeld  selbst,  dann  in  Weisen,  Ronsdorf,  Ohlig,  Langenberg;  die  Mdir- 
zahl  der  Stühle  ist  bis  ins  Siegener  Land  zerstreut,  nach  Bielefeld  und  auf 
dem  linkfMi  R]ii/ii)ufiT.  Trcfohl  fabri/iert  reinsfiileue  und  gemischt«  Stoffe, 
bedruckte  Zeuirf,  Fardimi-s  auf  .lacquiirds,  ehitte  und  gennisterte  Sammete 
und  Plüsche,  alle  Gattungen  Bänder,  sowie  Möbel-  und  Kirchenstotfe.  Elber- 
feld erzeugt  glatte  seidene  und  halbseidene  Qewebe  und  Fafonnäi  für  Möbel, 


*)  LadoDcette,  y<9«gs  dana  le  pajt  antre  Mean  et  Rhin.  1818. 


SeidooiBdiutria  dai  XIX.  J«brh.  DentNbkad.  121 

Bannen  gemiselite  Stoff»  und  Blinder,  Mfilheim  Sammete  nnd  Binder,  Chem* 

nitz  Wirkereien,  Langenberg  Stoffe  und  einige  BSnderBorlen,  Vienea  und 

Dülken  "^ammete  nnd  Bänder;  reinsei(l(»in»  Oexrebe  werden  auspcrfloiii  in 
Braudeliburg  uud  Stuttgart,  gemischte  ätuife  in  Rheydt,  Sammete  m 
Süchteln,  Bänder  in  Lobberich,  Eonsdorf  und  Wermelskirchen,  bedruckt« 
Zeuge  in  Mfllhnneen  i  B.  nnd  Hilden  bergeetellt  Ortaere  Etabfinement« 
finden  sieh  ancb  zerstreut  im  Fabrik ruyon  des  Wupperthals,  im  Rlsaw 
nnrl  Raden,  wo  Miiunlu'ini  seine  Specialität  der  Tüll-,  Spitzen  und  Posa- 
mentenfabrikatiou  zur  grosseu  Blüte  gebracht  hat.  Als  Hausindustrie 
wird  das  Seidengewerbe  namentlich  in  den  süddeiit^clien  Staaten  ausgeübt. 
Naeb  den  am  1.  Januar  1876  nnd  6.  Jnni  1982  votgenommenen  Gewerbe- 
sdUilnngen  waren  im  Denteehen  Beicbe  th&tig: 

lb7(;  1882 
Anstalten   Personen  Anstalten  Personen 


Konditionieraustalten  .... 

3 

133 

4 

65 

Seidenfilanden  (Haspelaustalteu) 

2463 

6642 

601 

1074 

Ab&lt-  nnd  Shoddyepinnerden 

162 

4738 

3443 

9408 

Webereien  

32982 

63992 

41091 

7ß2r,4 

farbereien  nnd  Dniokereien 

200 

2919 

248 

3293 

Der  haiuindnBfcrielle  Gewerbeetand  beimg  (1882): 

Öeidenhaspelanstaiteu     .    .    .  420,  wovon 

in  Elsen -Lotbringen  146, 

in  Baden  ....  137, 
in  Berlin     ....  44. 

Seiden-  und  Shoddyspinnerden     4780,  woToa 
im  Rheinlande  .   .   .  4415. 

Seidenwebereien   53286,  wovon 

im  Rheinlande  .    .    .  49022. 

Die  Entwickelung  der  faan8gewerbticb«a  Seidenweberei  ergiebt  aicb 
folgenden  Zahlen.   Sie  beechiftigte: 

1797  23ir)  Webrtflble 

1850  34000  „ 

1855  42000  „ 

1873  68000 

1881  72000 

Diese  statistiscbeu  Angaben  erscheinen  jedoch  auf  alle  Fälle  als  in 
boch  gegriffen,  abgesehen  davon,  dase  äcb  die  Zablen  seitdem  ohnelnn 
atark  reimindert  babeu  nnd  Ar  die  Weberei  Tielleiebt  8^10000  Stüble 
begNsfen  wfirden.   In  dem  Haw^werbe  wiegt  die  Franenarbeit  vor,  in 


Diglized  by  Google 


122 


Seidsniaduktrie  d««  iUL  Jobrh.  Deutcdiland. 


der  Spinnerei  9%%,  der  Ha«plerd  97,9 nur  in  der  Web«rei  nmeht  n« 

23,8  0,,  aus»). 

Die  maschinellen  Fortscbritte  der  Seidenweberei  tatulen  bis  vor  zwei 
J«liis«hiiteii  in  die  rhdiiiache  Indosfarie  nur  «ehr  laugsain  Eingang,  wäh- 
leoi  sie  in  anderen  Staaten  bereite  in  gronartigem  Umfange  Anwen- 
dung gefunden  Laben.   Namentlich  hti  den  Sammeteu  und  den  gemusterten 

Stofffiii  wird  die  Haiuliirlicit  vorgp7,ogen,  weil  das  mechfinisclie  Anfsclineiden 
des  Flor»  den  ülauz  verdirbt,  bei  den  anderen,  weil  die  Vorrichtung  der  Jac- 
qoardmaachine  im  Verhältnis  zur  Länge  der  Kette  viel  Zeit  in  Anspruch 
nimmt,  besondere  bei  oft  wechselndem  Mniter.  Dagegen  bat  sieh  die  Band- 
fabrikatiou  der  mechanischen  Webstühle  bemächtigt.  Die  wirtschaftlichen 
Verliültnisse  und  die  immer  wachsende  Koiikiirrenz  flmn  alu^r  n-;cli  liier 
das  ilni^a'.  um  tlic  Zahl  der  Handstühie  von  Jahr  zu  Jahr  henibzuniindeni, 
umso  mehr,  als  die  iiauptspecialität  des  Grossbetriebs,  die  Sammetweberei, 
an  Bedeatnng  fBr  den  Eiporfc  von  Jahr  sa  Jabr  almimmt.  Am  besten 
wird  dieser,  vielleicht  Yorübergehende  Rückgang  ans  den  Verhältnissen 
der  Cit  ft  lilcr  Iiidiistrip  ersichtlich,  die  ausführlicher  angegeben  werden  soll. 

Im  .lahre  \<lb  verarbeitete  Crefeld  auf  30000  Webstühlen  3'220(iO  k«^ 
Seidengespin.ste  und  180000  kg  Sciiappe.  In  den  let/.itn  Jahren  war 
folgende  Aniahl  Ton  Etablissements  tbätig,  wobei  «war  einige  answartige 
Fabriken  von  Crefetder  Ifilnsem,  nicht  aber  die  Webereien  in  Crefeld, 
welche  für  auswBrtige  H&aaer  arbeiten,  angegeben  sind: 


1890 

1893 

1894 

Sammetfabriken 

41 

34 

33 

Stoffwebereien  . 

76 

70 

77 

SiiniitK  t-  und  Stoffiabriken 

10 

6 

31 

49 

46 

fende  Anzahl  von  WebstflbleD  beschäftigten: 

Sanimet 

Stoffe  Sammetbänder  B&nder 

Total 

1867  11551 

6498 

2111 

280 

20449 

1870  11774 

10613 

2472 

354 

28213 

1872    19  lU 

12371 

1410 

415 

33310 

1873  13857 

10992 

1336 

351 

26535 

1876  17010 

11648 

709 

377 

29674 

1877  14794 

11667 

406 

277 

27043 

rUr  Sauimet 


1887  1890 
iHandettthle   14438  6920 
'  i  KiaftstQhle     2261  2907 


1893  1894 
3092  1  608 
2781  2212 


■}  Stied»,  Die  deotacbe  Bamtndaslrie,  io  Schnflen  dw  yertuw  fVr  SocialpoKtik 
im  Bd.  M-42.  * 


Digitized  by  Google 


I 


Seidenindustrie  de«  XIX.  Jahrb.  Deotachlud. 


123 


Für  SammetbBoder 


Fflr  Stoffe 


Je'ür  Bänder. 


I  TTaiidstUhle 
\  KmttstUhle 

(UuudsiUhIc 
Knftst&hle 
I  Handstfllile 


1887 

1890 

1893 

1894 

329 

964 

570 

282 

37 

197 

180 

162 

11729 

U263 

9607 

9211 

1522 

24S4 

3316 

3463 

106 

337 

HO 

ö 
85 

Folgende  Mcu;^'<mi  an  Rohinateml  wurden  am  Webstnfal  Terarbeitet  (kg): 

Rohseide  Schuppe  iimim  wolle 

1867    228000  34000  193000 

1370   280000  81000  394000 

1871    365000  101000  509000 

1874    312000  141000  434000 

1877    283065  150  .VJ8  536657 

Ib84    432 335  355529  1018751 


Seide  . 
Scibappe  . 

Baumwolle 
Wolle.  . 


I  für  Sammet 
i    n  Stoffe 

{fOr  £bkininet 

I  fllr  Sammet 
1    „  Stoffe 
für  Snminet 
iSUtlle 


1890 
75131 
400964 
465202 
1349 
637000 
699059 


1R93 
()t;.")63 
431247 
366636 
6408 
590699 
490016 
31000 
4  778 


) 


1894 
494828 

272448 

991766 

68607 


Im  Jabre  1845  warpn  in  (Jrefeld  20  Sf*idf-tif?ul»preien  tliiitig,  dif  405000 
Pfund  verarbeitrt  Lahi  n:  iliro  Zahl  stieg  dann  auf  29  (1864),  34  (1870), 
44  (1876)  uud  49  (ib93).  In  der  Fäiberei  wurden  veredelt  (Seide  und 
Scbappe): 

für  Oreftld  nach  auswärts 


1870    350000  kg 


239000  kg 


1872    482000  „ 

317000 

»» 

1875    455000  „ 

320000 

1877    420000  „ 

275000 

«1 

1887 

l8^»o 

1893 

1894 

Seide 

369276 

421 412 

3y:'.y67 

430225 

für  Crefeid   .  . 

Scbappe 

490256 

392883 

339321 

293738 

Baumwolle 

1071027 

1007883 

815533 

704458 

Seide 

228958 

276411 

319861 

354218 

nach  auswärts  . 

Schappe 

265804 

227183 

149981 

136454 

Baumwolle 

261506 

247901 

319796 

263696 

Digitized  by  Google 


Seidenindoitrie  de«  XIX.  Jabrb.  Deuticbland. 


In  stllolcgttflLrbteii  StoSSan: 

189S  1894 

Oaosieiden   14314  kg  12692  kg 

Halbseiden  396314  425028  „ 

Die  rbeinisehe  Seidenindiutri«  entwiefeBlte  sieh  in  kommenieller  Be- 
ziehung nnter  ganz  eigenartigen  Verhftltninen,  indem  s.  B.  Crefeld  erst  in 
neuerer  Zeit  den  Absatz  seiner  Waren  selbst  in  die  Hand  genommen  bat  Die 
von  der  Leyen  vprkaufteii  ihro  Zeuge  nur  nelien  anderen  Waren  auf  den 
Me.s.sen,  auch  das  reiche  und  durch  vielseitige  JHandekbeiuehungen  ausge- 
zeichnete Elberfeld  fahrte  Crefdder  Waaren.  WSlurnnd  4«r  ersten  Hilfte 
unserefl  Jahrh.  waren  für  den  Abeats  nach  Osten  die  Leipciger,  naeb  Süd- 
deutschland  die  Frankfurter  Messen,  naeb  Skandinavien  und  für  den  ri1)er- 
sroischeii  Ve?ke]ir  Hamburg  und  Bremen  von  Wiclitipkeit;  für  Amerika 
spielte  Pari«  die  Vermittlerrolle,  erst  seit  1838  besitzt  man  dort  eine  eigene 
Vertretung,  Gegenwärtig  ist  Crefeld  Uberall  bekannt,  es  fehlt  indessen  an 
einem  tonangebenden  und  kauffähigen  Markt  im  Inlande;  aasseidem  ist 
Deutschland  seit  jeher  auf  Pariser  Moden  an  (gewiesen.  In  engerem  Sinne 
liegen  die  HamieUveTliiilf iiis>se  Crefelds  ^<),  da-vs  dort  der  Seidcnfabrikant  von 
jpder  rein  techui^clieii  Tliiitiüfkeit  durcli  allerhaiul  L^hna^^talt^n  vidlig  ent- 
lastet ist,  sein  Wirken  erstreckt  sich  auf  den  Vertrieb  der  fertigen  Ware, 
Wesentlioh  andere  VerhftltniBse  liegen  in  Lyon  Tor,  wo  der  Fabrikant  ein 
Fachmann  i^t,  der  bestimmte  Artikel  als  seine  Specialitüt  betreibt  und  die 
Ware  an  Pariser  Kommissionshäuser  absetzt.  I>ie  Voreinigung  von  Fabri- 
kant und  Kaufmann  in  Crefrld  hat  den  Vorteil,  dass  die  jeweilig  gang- 
barsten Artikel  mit  grosser  Leichtigkeit  aufgegriffen  werden  können,  eine 
hol»  techniaohe  Vollendung  wird  unter  dieoen  Umstanden  jedoch  schwer 
erreiehbar.  Die  Handelsuneätie  Crefbids  beaifferten  sich  im  J.  1864  auf 
31  Mill.  Mark,  wovon  die  Hülfte  auf  den  Zollverein,  ein  Drittel  auf  Knp 
land  und  der  Rest  luif  Amerika  und  Frankreich  entfiel.  Im  J.  1872  be- 
lief sich  der  Wert  aut  7  7  Mill.,  wovou  31  Mill.  auf  Deutschland,  25,4  auf 
England,  11,7  auf  Qbeiseaaebe  LBnder,  3,4  auf  Fraakreidi  und  5,6  auf 
das  Ohrige  Earopa  kamen.  In  den  letzten  Jahren  stellten  sich  die  Zahlen 
auf  (Mark): 


Absatzgebiet 

DeutseUand  . 
Osterreich  .  . 
England    .  . 


•{ 
•I 


Sammete 
Stoffe 
Sammete 
Stoffe 

Sammete 
Stofife 


1890 
14652 262 
24146079 
127700 

1309606 
11475900 

10658479 


Transport  62470026 


1893 
9136321 
23918946 
124600 

1291  318 
8642  664 
8  709828 

51833678 


8«id«MBduitri«  da  XU[.  Jtiuh.  DflatwhlAnd. 


Andore  «mop. 
Linder 

Aussero  11  rnpiliscbe 
Länder 


1890 

1893 

62470026 

51833678 

2050727 

2014  302 

1  710673 

:i09C»4G-l 

1243991 

1194693 

299B807 

2690764 

10514  922 

115^5328 

12088  3B1 

7  889296 

79173513 

U bertrag 
f  Sammete 
i  Stoffe 
r  Saminete 
i  Stoffe 
(  Sammete 
\   Stoffe  _ 
Zusammen 

Im  Julire  1891  iH'lirf  sich  der  Gesamt imibatz  auf'  ßti()ir)849  M.,  (Ins 
ui<  (irigste  Niveau  seit  1878.  Der  Rückgang  ist  hau£)t.säubiich  auf  Summete, 
weniger  tmt  Stoffe  znrQoksuftthrBn;  einem  ümmts  in  Sanmeten  von 
22546400  M.  stehen  3267790611  im  J.  1893,  in  Stol&n  43469449  gegen 
46495605  im  J.  1893  entgegen. 

In  EUwrfpld  und  Unij»t'<;pnd  (Barmen,  Ronndorf),  sowie  im  Grossb. 
Baden  beläuft  sich  der  Produktions  wert  bei  einer  Zahl  von  15000  Web- 
atahleo  anf  ca.  46  Mill.  Mark  j&hrlieh. 

Die  Entwickelung  des  dentaelien  Handelsverkehn  in  Südenfahrikaten 
liMt  sieh  aus  folgenden  Daten  eraeben: 


Import  kg 

Export 

reinspidpn 

halbseiden 

1864 

279950 

169250 

1697250 

1868 

27U60 

207760 

1 904060 

1872 

422006 

274900 

1990100 

1876 

425300 

304200 

1696950 

1H94 

365000 

143000 

3799000 

Im  Jahre  1892  .stand  der  Einfuhr  von  (;*Npiij.sten  und  Geweben  von 
5604000  kg  im  Werte  von  6423000  M.,  eine  Ausfuhr  von  6423000  kg 
im  Werte  von  180412000  M.  gegenüber.  Die  ^tiptartikel  des  Exporte 


sind  (1894): 


Halbeeidenzeugc  einschl.  Sammete 
BUbseidenbaiider  . 
Seidenstoffe  .   .  . 

Hiilbsf«idenposuraente 
St'idtiiwtrkereien 
HuUweidenwirkereien 
Seidenbander    .  . 


kg 
2663000 
491000 

171000 
290000 

61000 
114000 

70000 


Wert  in  Mark 
69200000 
9800000 

7  700000 
5200000 
3300UÜ0 
3000000 
2600000 


Die  Entwickelungsgeschiclite  dfi  schweizerisolien  Seidenraanufaktur 
in  der  ncurn  ii  Zt  it  lillngt  mit  der  Handelspolitik  Frankreichs  zu  Bet^imi  des 
XIX.  .lahrh.  eng  zusammen.  Napoloons  orfolrrl ose  Versuche,  Knglaudi:»  Han- 
del zu  zerstören,  trugen  nämlich  zu  ihrem  Aufblühen  bei:  die  neu  entstan- 
denen Fabriken  am  Züricher  See  waren  ans  Mangel  an  Baumwolle  genötigt, 
mr  Seidenverarbeitung  an  gnüftn,  nnd  sie  thaten  dies  mit  Energie  und  Er- 


Digitized  by  Google 


126 


Seid«iun(lintrie  de«  XIX.  Jahrh.  Scbweii. 


folgf  80  daas  «e  in  wenigen  Jahren  mit  den  dentsolieii  in  Konkunens 
tnten^).  Nach  der  Restauration  des  bourbonlschen  Thrones  in  Frankreich 
siedelten  viele  flnditi^^i'  Sintlfuhand werker  nach  der  Schweiz  Uber.  Der 
Aufschwung  der  schweizerischen  Seidenindustrie  im  XIX.  Jahrb.  lüsst  sich 
ans  folgenden  Daten  ersehen;  8ie  bescbii fügte  im  industriellen  Baydin  Zflzidi: 

HiindätUhle  Knift^tühle  Jacquards 
1812  7  000  —  — 
1856  26290  400  (1867)  — 
1871  27531  927  — 
1883  29716  4007  — 
1^85  20724  412d  193 
1891  20977  7178  — 
1893   20472     8626  1209 

« 

OegenwSrlig  durfte  die  Industrie  Ztlriebs  nnd  der  Umgegend  Uber  ea. 
36000  Webstühle,  wovon  10000  mechanisch»',  vcifü^'m. 

Als  Folge  (]e>  Uiiisichgreifeus  der  mechanischen  Weberei  tritt  auch  liier, 
wie  Uberall,  ein  stetiger  liUckgang  der  Arbeiterzabl  ein;  sie  betrug 

1883  1893 

Webereiarbeiter   43266  36967 

In  der  gesamten  SeidenTerarbeitung  be- 

«ehä£^  Penquen   61461  45690 

Das  VerhlUtma  der  Zahlen  von  iveiUiehen  und  männlichen  Ärbeitetn 

ist  3,12  :  1. 

Der  Verbrauch  un  Bohmateriaiieu  belief  eich  im  Fabrikrayon  Zürich 
auf  (kgj: 

1886      1891  1893 

GrÄge  und  Ouvrees  .  .  .  88064  j  111740 
Gefärbte  Seide  und  Schappe  660994  P*^^"^  »67466 

Baumwolle   —        420184  — 

Wolle   —         22  290  — 

Die  Produktion  war: 

1881    28421263  kuf.  m. 
1889   32802031  „ 
1893   33539204   „  „ 
Sehr  bedeutende  Fortschritte  zeigt  seit  dem  XIX.  Jahrh.  die  Band- 
weberci  Basels*).  Ihre  Produktion.«zahlen,  deren  bedeutende  Schwankungen 
mit  der  Handeläpolitik  der  Absatziändcr,  namentlich  Amerikas,  zusammen- 
hingen, waren  ^9]gende: 


*)  Bürkii-Mejer,  Die  Geachicbte  der  Seidenindiutrie  in  der  bcbweiE  Tom  »Scblaaae 
d«  Xni.  Jabib.  Ui  in  die  nenere  SSeit  Zarieh  1884. 

*)  KOohlia-Oeigj,  Die  fintwiekelnag  der  SadenbmdfkbriketMa  in  BueL  1884. 


Digitized  by  Google 


8eid«oindiittrie  dM  XIX.  Jahrb.  Sebwen. 


127 


1846  20000000  Free. 

1859  45000000  „ 

1864  31000000  „ 

1Ö72  57  101000  „ 

1678  39187000  „ 

1880  83752000  „ 

Neben  den  beiden  wichtigsten  Centren  Zttrieh  und  Basel  bestehen  in 

den  benachbarten  S[aDtODL>n  Zug,  Schwjz,  Unterwalden,  Bern,  Glarus  t-tc, 
namcntlicli  in  Brm,  SchatFhauseu  uml  St.  Gallen  ziemlich  bedi  utendt;  Manu- 
fakturtu  für  Florence,  Crepe,  Taffete  und  Schinnstoffo.  lu  den  Taffeten, 
sowohl  glatten,  wie  gestreiften  und  gemusterten,  hat  sich  die  iichweizcrische 
Sadenwebem  in  votxagHcher  Weise  verrdlkomiBnet  In  der  ganaen  llnnu* 
hMm  flberwi«^  die  hausindusirielle  Unternehmungsform,  und  in  der  Fabri- 
kation des  Beuteltuchfi  für  MUllereizwecke  geht  dieselbe  aa<«ichliess1ich  in 
häuslichem  Betrieb'  vor  sich.  \m  grosiscn  uml  ganzeu  dürfte  man  den  Pro- 
duktiooswert  der  Öcbweiz  in  Cjeideufabrikaten  auf  160000000  Frcs.  beziffern 
Mnnen.  INe  Handebrerliiltnisse  ergeben  eieb  ans  folgenden  Zahlen  (kg): 

Import  Export 


1893 

1892 

1893 

1892 

Reinseidene  Stoffe 

.    38  400 

64000 

966700 

1  106500 

Halbseidene  „ 

.  29000 

48500 

507200 

486700 

MuUcrbeutclgaae 

200 

24800 

30400 

Reinseidene  Bind«  . 

.  19100 

84900 

89600 

94400 

Halbseidene  „ 

.  23100 

44100 

1080400 

1282100 

Stickcrpien  .    ,    .  . 

900 

1500 

20200 

64200 

Spitzen  

.  5500 

8200 

1700 

3700 

116 00" 

191400 

2690500 

3058000 

Im  leisten  Yierie^ahrhnndert  schwankten  die  Auafuhrsahlen  folgender- 

maCsen: 

kg       Wert  in  Frcs. 

1871    8740000  — 

1875    3165000  — 

1880    3243000  — 

1885    2384000       Ü9 157 000 

1890    2898000  12Ü269000 

1892  3058000  187693000. 
Die  J&uptabsatzgehiete  sind  England,  Ver.  Staaten  Amorikaa,  Deutschland 
nnd  Frankreich. 

Dif  Hfidpfimritiufaktur  Englands  orliirlt  durch  die  Ansiodolnnj»  dpr  Re- 
fugies  erheblichen  Zuwachs.  Ihre  Zutluchtstätten  waren  das  Herzogtum  von 
Norfolk,  wo  800  flSmisehe  EamiUen  noh  niedolieasen,  tmd  Spitalfields,  wo- 
hin die  Fniusoeen  sogen;  später  l^nd  ein  Zusng  von  Flamftndern  und  Hu- 
genotten nach  London,  E«it  und  Bmes  statt.  Der  Zeitraum  Ton  1778  bis 


Digrtized  by  Google 


128 


Seidenindiiatiie  tlei  XIX.  Jobrh.  Eogland. 


1824  kann  als  die  clgcntlicliL'  EntwickolungKperiotle  der  englisclK'u  Seiden- 
industrie  bt  tnichtct  werden,  die  durch  Protektioos-  und  sogar  Prohibitiv- 
system, Ausfuhrprämiea  uod  MoQopoliäierung  des  Koloniulliaudels  unterstützt 
wurde.  Ihre  Yomehmliehen  Sitae  waren  London,  Spitalfields,  CoTentrjr, 
Dublin,  Derby,  Maodesfield,  Manchester  und  Middletoo.  Gegen  Ende  des 
XTIII.  Jahrb.  waren  in  London  und  Umgegend  8000  Webstühle  thätig. 
Seit  Anfang  des  XIX.  Jabrh.  beginnt  der  durch  politische  Verhältnisse  des 
Kontinent»  und  Schutzzölle  begünstigte  gewaltige  Aufschwung  englischer 
Seidenmiumfiiktur  zu  «Iner  GroBBindustrie,  die  mit  der  iranzSeisehen  &st 
gleidieii  Sdiritt  hielt  nnd  «e  wihrend  der  Wirren  der  BevolutioDBieit  und 
der  Kontinentalkri^e  sogar  ilberflUgelt  bat.  1861  verfügte  sie  über  die 
enormp  Anzahl  von  ca.  90000  Stühlcu  (10709  mechanisebe)  und  verarbeitete 
1870000  kg  Eobieide.  Nach  Arles  Dufour  belief  sich  die  Zahl  der  Web- 
sttthle  auf: 

1860  1865  1861 

100000  110000  150000 

Die  grossartige  Ent Wickelung  des  überseeischen  Handelsverkehrs,  wo- 
durch einerseits  der  Bezug  des  Kohmaterials,  andereraeits  der  Absatz  der 
Fkhriknto  in  den  fernsten  LBndem  erleichtert  wird,  nod  die  stnanenewerte 
ümgefltAltnng  der  Teehnik,  sowie  endlieh  die  nberhnndnehmende  EinflÜinnig 
schnellarbeitender  Kraftwstühle,  haben  statt  der  [nntmafslichen  günstigen  Folgen 
die  ganz  entgegengi»sc'tzte  Wirkung  gehabt,  indem  sich  diiselben  einer  gesund 
fortschreitenden  Entwickelnng  hemmend  in  den  Weg  steilten.  Die  uameutlich 
durch  das  übeisturste  und  unverhSltniamissig  rasche  Umsichgreifen  der  mecha- 
nischen Seidenweberei  (1870  waren  sdion  123780  Kraftstahle  im  Betrieb) 
berrorgebrachte  Massenprodnktioii  und  die  dadnreb  Terarsacbte  \'ei  scblech- 
terung  der  Fabrikate  haben  die  englische  Heidenweberei  in  Misskredit  ge- 
bracht, aus  dem  sie  kaum  so  leicht  winl  lieraMskomnien  können.  Uni  die  Mitte 
unseres  Jahrbuudtirts  erfolgte  auf  Aureguug  ätaaUükonomischer  Ivefurmeu 
▼on  Peel  nnd  Bussel  eine  Rüelckebr  sur  Politik  des  freieren  Handeü»* 
Torkehrs,  nnd  die  Herabmindernng  der  Zölle  auf  16%  beachte  der  Seiden- 
mannfaktnr  den  ersten  Schlag,  Die  socialen  Verhältnisse  und  teuere  Hand- 
arbeit, sowie  der  Mangel  au  selbständiger,  künstlerischer  Anschauungsweise, 
vor  allem  aber  das  von  Cobdeu  weiterverfolgte  Prinzip  des  Freihandels 
(systeoi  of  libre  exobange),  und  die  gäniliebe  Avfbebnng  der  Einfnbni5Ue 
auf  franriMsche  Fabrikate  tfaaken  das  fibrige,  nm  die  Indnstrie  von  ihrem 
Höhepunkt  um  die  sechziger  Jahre  in  raschem  Schritt  einem  unaufhaltsamen 
Niedergange  anheimfallen  zu  lassen.  Der  Import  französischer  Seidenfabri- 
kat«, der  gegen  1859  ca.  37  Mili.  betrug,  stieg  auf  220  Hill.  1870.  Im  J.  1872 
waren  noch  Tornbergehend  62000  Webstühle  thätig,  wo^on  12000  mecba- 
nieahe;  1886  ist  deren  Zahl  auf  ein  Zdintel  der  früheren  herabgesunken,  in 
Omakf  z,  B.,  «inem  firnber  blühenden  Sita  engliseber  SeidenmanuCsktur 


1)  Hin.  italktici  of  Um  Uaitsd  Kingdom.  18».  Part  YHI. 


Digitized  by  Google 


Seidcnindttitri«  de«  XIX.  JAA.  England. 


129 


betrag  sie  IGOO  gegen  9000,  in  Spitalfields  2000  gegen  24000  im  Jnhte 
1826.    Erat  in  nenerer  Zeit  iat  man  in  England  eifrig  bestrebt,  der 

Seidenweberei  eine  industrielle  Bedeutnng  im  grösseren  Stil  zu  verleihen  und 
der  beträchtlichen  Einfuhr  za  gunsten  der  heiini^tchen  Tmlnstrio  Einhalt  zu 
than.  Um  den  Konsum  inliindischer  Fabrikate  zu  fördern,  {sind  die  „Ladies 
National  Silk  Association*'  und  „Silk  Association  of  Oreat  Britain  and 
Ireland**  gebildet  worden«  die  einen  möglichst  ausgiebigen  Verbraaeh  ein- 
heimischer, und  die  Verpönung  ausländischer  Fabrikate  verfolgen.  Permanente 
Ansstelluugen  führen  seit  1890  (London,  SfafTmc],  Miuicliosttr)  tlio  Erzeug- 
nisse heimischer  Seidenindustrie  dem  Publikum  vor  Aii<^en,  u.  a.  die  mit 
vielem  Pomp  lui  Mai  189-1  eröffnete  „National  Silk  I>xliibili(»u'%  welcher  im 
April  1895  eine  solcbe  in  Haeelesfleld  gefolgt  ist;  sie  beeiflsm  sieb,  die 
Konsumenten  von  der  Güte  und  Billigkeit  der  Fabrikate  zu  überzeugen. 
Tmtzclem  ist  fs  sehr  wahrscheinlich,  duss  die  Ali'urmgi^^'kcit  Englands  von 
den  Industriestaaten  des  Kontinents  (Schweiz,  l'iunkiLMch,  Deutschland)  und 
ebenso  der  Import  von  12  Mill.  dem  nur  1,5  Miii.  Export  gegenüberstehen, 
in  absehbarer  Z^t;  keine  nennenswerte  Einbnase  erleiden  werden.  1891 
besebiftigte  die  Fabrikation 

der  Failles,  Atlasse,  Sammete  und  Binder  47882  Arbeiter 

die  Seidenfärberei     ........      i  760 

diü  Cröpe-  und  (slazeweberei   915  „ 

und  _     880  Kaufleute 

liii  ganzen    51  427  Personen. 

Eiu  Ceulnim  cUt  Stfidpninflnstrie  girlit  e»  iu  Kiigland  nicht,  vieliaelir  ist 
diese  in  vielen  Induatriestiidten  zer^ttreut,  hauptsüclilicb  in  MuccIe^Guld  (Fou- 
lards,  Fa^nn^  Krawattenstoffe),  S])italfie1ds  (Sehirmstoffe)  und  Manchester; 
Tüll,  Spitzen  und  Posamenten  werden  in  Nottingham,  Bänder  in  Coventry, 
Crepe  in  Norwicb,  Plüsche  in  Iloclulule,  BuitiMi  in  Leek,  Suuiiiiete  iu  Bratlfmd 
und  Foulards  iu  Glasgow  erzeugt.  Der  gesamte  Produktiooswert  beläuft 
sich  auf  yO  000  000  Frc». 

Folgende  Zahlen  liefern  nnen  Aofschlusi  flbw  den  Seidenhandel  Eng- 
lands, wobei  nicht  nur  Fabrikate,  sondern  aneh  Rohprodukte  roitangefuhrt 
werden,  um  über  den  Umfang  der  Verarbeitung  urteileu  au  können  (f3r 
1894  in  4^). 

Import     Export  und  Reexport 
Gespinate  und  Abfälle     1856628  476188 
Gewebe  und  Fabrikate   1 1 749035         _1 22 1^(51^ 

13605663  1698149, 

mithin  ein  Mehrimport  von  11907514  £  =  297687840  Frcs. 

Für  die  seit  dem  XVII.  Jahrh.  fast  im  Erlöschen  hcgriliene  »Seiden- 
weberei Italiens  ist  im  letzten  Viertel  des  XIX.  Jahrh.  enie  neue  Ära  der 
Entwiekeinngsgesohiebte  eingetreten.  Namentlieh  in  der  Lombardei  und 
den  benaehbarten  Provinswn  hat  oie  festen  Boden  gefasst.   In  ihrem  Hanpt- 

8ll««rai»as,  Sto  SiM«.  9 


Digrtized  by  Google 


130 


8ei(l«iiiiidtMlrie  d«a  ZIX.  Jabrh.  Itolim. 


nt«,  Corao,  stieg,  die  Zahl  der  Webetühle  allm&hKoli  ym  60  im  Jabre  1714 
anf  276  im  Jahn  1772,  1333  im  Jahre  1795,  2450  im  Jahre  1836,  2600 
im  Jahre  1852,  3000  im  Jahre  1860,  6500  im  Jahre  1872,  7600  (700  Kiaft- 
stühle)  im  Jahre  1R86  uml  8500  im  Jahre  18'Ji»  —  wie  mau  ersielit,  eine 
zwar  langsame,  aber  sieiig  furtäckreiteade  Entwickelung.  lusgesamt  wurden 
]  860  von  der  Indortrie  8000  Stflhle  bescbiftigt,  weiche  Zahl  nm  die  siebziger 
Jahre  TOrftbergehend  auf  12—13000  stieg,  um  dann  wieder  anf  8—10000  m 
sinken,  auf  welcher  H5he  ne  sieh  bis  auf  die  neuere  Zeit  erhalten  hat,  wo 
ein  kräftiger  Aufschwung  seideuf^ewerbliclier  Thätigkeit  stattfand.  Nach 
einigen,  übrigens  nicht  zuverlässigen  Angaben  soll  ihr  ehemaliger  Umfang 
grösser  gewesen  sein,  als  gegenwärtig;  so  waren  laut  der,  anlSsslieh  d«r 
Landesansstellang  1861  Teröffentlichten  Statistik  an  jener  Zeit  in  Italien 
30756  Weh^tiihle  im  Betrieb,  thatsächlich  aber,  das  Hausgewerbe  inbegriffen, 
18  —  20000.  1872  waren  in  Italien  und  auf  Sicilien  2-3000  Webstühle 
thiitig,  wovon  14000  im  (irossbetrieb  (8000  in  der  Lotnlianlei,  3500  in 
Piemout  und  2500  in  Venedig).  Eiuer  verbürgten  Aufzeichuuug  nach  waren 
im  Jahre  1890  179  Webereien  in  Betrieb  und  besehaftigten: 


Handstiihle    Kraftstühle  Jacquards 


Lombardei  .   .  • 

8253 

2330 

1166 

Ligarien    .   .  . 

1264 

2 

29 

Carapagua  ... 

463 

65 

81 

Piemont     .    .  . 

320 

72 

232 

Andere  Provinzen 

533 

83 

Im  ganzen 

10823 

"^469" 

1591 

Sie  produzierten  tiTöOOO  kg  Gewebe  im  Werte  von  65  Mill.  Lire. 
Nach  amtlichem  Ausweis  waren  1890  14959  Wubst&hle  mit  20214  daran 
beschftftigteD  Personen  thStig*),  wovon  etwa  die  HaUle  dem  haas- 
industriellen Betrieb  zufallen  soll.    Trotz.  der..billigen  Arbeitskraft  böigem 

sich  die  Kraftfitiihle  immer  rrn-lir  <'iu,  und  von  einigen  wird  sogar  ange- 
nommen, dass  die  italienische  Seidenweberei  in  der  Anwendung  motoriseher 
Kraft  hinter  derjeuigeu  vou  Crefeld  oder  Zürich  nicht  wesentlich  zurück- 
stehe *).  O^nwSrtig  dürften  im  gansen  20 — 22000  indostridl  betriebene 
Webstühle  vorhanden  sein,  wovon  4000  mechanische.  Die  Hausindustrie 
verfügt  über  10000  TTiind.stühle.  In  Como  arbeiten  9—10000  Stühle,  in' 
Mailand  ISOD  Kraft-  und  1200  Mandstühle  für  istoffweberei,  und  500  Kraft- 
nnd  600  IJaudstühle  für  Bandfabrikatiou;  Genua  beüitzt  1500  Haudstühle 
n.  8.  w.  Como  enteugt  glatte  Gewebe,  Schirm-  and  Krawattenstoffe,  Sehbpen 
u.  dergl.;  Hailuid  ausserdem  Möbelstoffe,  Bänder  und  Besatzartiket; 
Genua  ansser  glatten  Stoffen  Sammete  und  Plüsche;  Turin  teuere 
Kleiderstoffe,  Paramenten,  Möbelstoffe  und  Wirkereien,  Caserta  {ß,  Leaeio) 


')  StaÜKtica  industriale  etc.   Roma  1S91.   Faao.  37. 

•)  Sombart  Im  AfduT  f.  Mcisle  GMetag.  usd  StstuUk.  18»S.  IV.  18». 


Digrtized  by  Google 


Seidcaindoitrie  des  XiX.  JAhidu  Oatacreieli.  131 

• 

Brokate,  Damaste  und  reiehe  Möbelstoffe;  auf  Sfeilien  werden  Bänder  anp 

gefertigt.  Neapel,  Venedig,  Viccnza,  Florenz,  üdino  und  Sienna  besitzen 
eim'fre  iinhedentende  Webereien.  Die  Seidennianufaktar  wird  iu  Italien  aus- 
scbiiesslicb  im  Grosabäadlertum  betrieben.  Von  der  Produktion,  die  sich  auf 
70—75000000  Ltra  boiffimi  IM,  werden  60%  im  Lande  Tezbnneht»  der 
Rest  (ca.  350000  kg)  baaptsSeblidi  nach  der  Schweis  und  Engtand  eiportiert. 
Folgende  Tabelle  zeigt  die  Entwicklung  dee  Handelsverkehrs  Italiens  in 
Seidenstoffen  und  seine  JSnianaipatioo  von  der  ausländischen  Etnfnhr. 


Import 

Expurt 

1865 

279630  kg 

24ttOy  kg 

1870 

185994  „ 

68694  „ 

1875 

289956  „ 

78360  „ 

1880 

280  729  „ 

101 COÖ  „ 

484764  „ 

174034  „ 

1890 

270  784  „ 

262380  „ 

1891 

250880  „ 

270101  „ 

Ans  der  Geschichte  des  ö.stcrri>ichiscfaen  S<.'idengewerbes  in  der  zweiten 
Hilfte  nnsere»  Jahrb.  liest  sieh  der  Übergang  des  Handwerks  in  den  motori- 

üchen  Ma-scbinenbotrieb  kapitalLsti-schor  Unti>rnohmor  insofern  in  anschaulicher 
Wf^js.'  vcrfiilgen,  aLs  hier  die  Sfidfiiiiiamifaktur  <inc  von  den  grmscn  Str">- 
tnung*'n  d'  s  Welthandels  und  den  lndu.Htriekrisvn  unbeeinHiLsstc  Entwickeluug 
genomiufii  bat.    Die  gesamte  Weberei  Österreichs  beschäftigte'): 

1841  dagegen  1890 

Handwerksmissige  Webemen  40444  WebetfiUe     7709  Webstuhle 
Fabrikbetriebe  401       „         1068  „ 

Die  Zahl  der  Betriebe  in  Wien*)  belief  sich  anf: 

1852    1866  1860 

.Seiden-  und  Sammetfabriken  —  406  340 
äeidenzeugmuchcr  allein  .  .  386  260  — 
Die  Seidennninufaktur  hat  in  östareieh-üngarn  keinen  TOmehmlieben 
Sits,  sondern  wird  in  mehreren  Indnstriestidten  betrieben.  ^  Itef^  ein%e 
SpeeiaUt&ten,  hat  aber  fiir  den  ifmarkt  keine  Bedeutung.  Im  J.  1872 
waren  in  Wien  im  Betritb  2600  Wcbstnhb«,  wovon  500  mpchanischn  fiir 
Bänder,  die  für  22  Mill.  Frcs.  produzierten  und  6500  Hand-  und  200  Kratt- 
«tllhle  ffir  Stoffe,  die  250000  kg  Seide  Terbrauohten  und  für  35  fifilL  Free, 
enengten.  1886  arbeiteten  ea.  6000  Hand-  und  3600  meebanisehe  Stflhle, 
1892  4423  Hand.stUhle,  wovon  3145  für  glatte  und  1278  für  fufonnierte 
Gewt  ht^.  sowie  1892  Kraftstühle,  wovon  415  Jacquards  und  1477  für  glatte 
Stoff«;  der  Produktionswert  belief  sich  auf  12047400  11.,  wovon  7  258 700 


')  Scbwiedland,  Kleingewerbe  und  Bausinduttrie  ia  Öitcrreiob.  Leipzig  1894. 
8.  tV. 

*J  Ber.  der  Wieonr  HasdelikaaniDer.  1161. 


.  j  ^od  by  Google 


132 


Seidsnimltutne  d«t  XIX.  Jabrh.  BonlaDd,  Sebweden  etc. 


niif  gemischte  Gewebe  entfiillt.  Die  Sitze  sind  ausser  Wien  und  Umgegend 
(St.  Pölten):  Bölinicii  (Rciclicnberg,  Eger.  Pilsfii,  Budweis),  Mähren 
(Brünn  und  Olmütz)  und  zum  geringertn  Teil  mich  Tirol  (Innsbruck,  Ro- 
veredo),  Vorarlberg  (Feldkircben),  Bezirk  Troppau  in  Schlesien  und  Galizien 
(Lemberg).  Bander  werden  in  Wien,  Linz,  Innsbrack,  Reichenberg,  Pilsen, 
Brunn,  OlmUtz  und  Troppjiu  fabriziert.  Die  Gesamtproduktion  belief  sich 
auf  40000000  Vic^.  im  .1.  18S0,  50000000  Frcs.  im  J.  1890,  mifl  rltirfte 
gegenwärtig  (jO()t)(iOOU  Frcs.  nicht  übersteigen.  Der  Handelsverkehr  Öster- 
reich-Uugums  in  8eidenfabrikafceu  ergiebt  sich  au»  folgender  Tabelle: 


Import 
kg       Wert  in  fl. 
1881   379600  18671000 
1865   288900  12634000 
1890  296600  12230000 


Export 
kg        Wert  in  fl. 
190800  2801000 
382000  4240000 
608300  6115000 


Das  rnsaische  Reich  leigt  in  der  letzten  Zeit  ein  eifriges  Bestreben, 

der  beimischen  Seiden industrie  durch  Merkantilpolitik  zu  einer  zeitgemüs-sen 
Entwickelung  7.n  verbelfen.  Tn  Moskau,  St.  Petersburg,  Riga.  Bialystok, 
Warschau  und  Lodz  lu-steln  ii,  niei.sfc  unter  linnzösi^cher  Leitung,  bedeutende 
Stoff-,  füll-,  Spitzen-  und  Bandfubrikou.  Mockau  allem  besitzt  15000  Stühle 
und  eneogt  neben  anderem  auch  reiche  Brokate  und  golddurehwirkte  Ge- 
webe. Die  Gesamtproduktion  Rus^lan(l-,  be/.iffert  sich  auf  120000000  Frcs., 
wovon  96  Mill,  auf  StotiV,  14  Mill.  auf  Bänder  und  10  ^lill.  auf  Posament«! 
entfallen.    Über  den  Fortschritt  der  Indnstrie  belebreu  folgende  Zablea: 


Wert  der 
Be^atzurlikel  Fabrikate  iu  Rs. 


Einfuhr 
in  Pud  von  16,38  kg 
(irenpinste        Ganz-u.  Halb-    Wirkereien  u 
(Gregen.  Ourrees)  seidengewebe 
10227  2500 
25786  3100 
234S2  3400 
3y3'.>r,  3100 
44^00  2500 
47356  2137 
69000  ? 

Andb  in  Schweden  eniwiekelt  aich  rar  Zeit  eine  rege  Tb&tigkeit  in  der 
Gründung  von  Seiden manufaktuieR.  In  Sto^holm  sind  gegenirörtig  ca.  lOOO 

Webstuhle  in  Betrieb. 

In  Holland  stand  die  noch  aus  dem  XIV.  Jahrb.  stammende  Seideii- 
manutuktur  bis  zum  Ausgang  des  XVIll.  Jahrh.  in  ziemlich  hoher  Blute, 
irt  aber  seitdem,  von  der  »ualandiai^en  Eonkurrens  fiberftfigelt,  fast 
lidl  in  Verfall  geraten.  Sie  beachSftigt  heutz\itage  kaum  noch  500  Webstuhl«. 

Belgien  betreibt  in  nomenswertem  Ma&e  nur  die  Siütsenfabrikatioii» 


1877 

1881 
1885 
1889 
1891 
1892 
1894 


700 

2300 
1200 
1300 
iUOO 

? 

? 


1627000 

2239000 
1955000 
1821000 
1368000 

? 

? 


Digitized  by  Google 


Smdeiiiiidti«trie  im  XIX.  Juhrb.  Spanien.  BftlknnstMten. 


133 


Die  I'linfuhr  der  Fabrikat«  Ubenldgt  die  Ausfuhr  um  ein  Bedeutendes;  sie 
betrug  im  J.  ISST  152R38  kg  gegrn  I3G05  kg  der  Ausfuhr. 

nif>  einst  so  blühende  seidengewerbliche  Thätigkeit  Spaniens  lag  bis 
unluugät,  infolge  der  allgemeinen  wirtschaftlichen  Schwäche  des  Landes, 
gftnxlieh  darnieder;  erat  in  neuerer  Zeit  liest  aieb  ein  Aufleben  der  Sdden- 
manufaktur  konstaiienn,  und  alles  weist  darauf  hin,  dass  Sptmien  dem 
Heispiel  Ttaliena  folgen  und  in  absehbarer  Zeit  wieder  nicht  nnr  seinen  in- 
ländischen Bedarf  decken,  sondern  nach  am  Export,  namentlich  nach  seinen 
Kolonien,  regen  Anteil  nehmen  dürfte.  Die  altherkömmlichen  Webstühle 
englisdien  Ursprungs  werden  niieh  und  nach  abgeschafft  und  dnreh  moderne 
•ehweisetisebe  ersetit.  In  der  an  meisten  in  Betraeht  kommenden  ProTini 
Katalonien  werden  hauptsächlich  schwarzfarbige  glatte  Stoffe,  Atlasse,  Fail- 
lea.  r!;if>heniircs,  weniger  die  Faronin's.  hergestellt.  Barcelona  erzeugt  Stoffe 
and  i'usamenten,  Saragossa  Bänder,  Valencia  und  Murcia  Tülle,  leichte  Mode- 
artikel, Fonknls  etc.  Die  Weberei  Terfügi  über  10^12000  Stfible,  wovon 
1600  meebantsebe,  und  produriert  fBr  90—35000000  Free.  Der  Handels- 
▼erkehr  Spaniens  in  Seidenfabrikaten  lüsst  nch  ans  folgender  Tabelle  er- 
sehen (für  1893,  Wert  in  Pesetas  =  Francs). 

Einfuhr  Auftfiibr 

Gewebe   3779000  1518000 

Tüll,  Spitzen    .   .   .   2166000  76000 

Sammete  1468000  — 

Halbseidcnfabrikate   .   2687000  — 

lOOOOOOO  1594000 

Portugal  Terwebt  Seide  in  Lissabon  und  Oporto  und  verfOgt  über 

«a.  800  Stuhle. 

In  den  Balkan-Staaten  bildet  die  Seidenweberei  ein  ziemlich  verbrei- 
tetes (rewerbe,  über  dessen  Ausdehnung  »ich  jedoch  eine  genaue  Aufstel- 
lung nicht  geben  lässt;  doch  dürfte  die  mutmafsliche  Anzahl  von  16000  Web- 
stSblen,  wovon  6000  dem  Fabrikbetrieb  angeboren,  der  WirUicibkeit  wohl 
annähernd  entsprechen;  mechanische  Stühle  fanden  bis  yor  kurzem  nnr 
schwer  Eingang,  doch  steigt  ihre  Zahl,  dank  den  immer  regeren  Be- 
ziehungen mit  DentMihland  und  England,  stetig  und  dürfte  gegenwärtig 
3 — 500  betragen. 

Es  fftUt  sobww,  über  die  Seidenweberei  Asiens  ebenso  lahlenmSssig 
SU  beriehten,  wie  über  die  abendländische,  weil  dieselbe  hier,  wie  die  Seidon- 
zncbt,  zur  vielverbreiteten  Hniisindustrie  gehört,  deren  Produkt ionsgrösse 
sich  jeder  genaueren  statistisclien  Schätzung  entzieht.  Dies  gilt  in  erster 
Linie  für  die  kleinasiatische  Seideumaoufaktur,  deren  Dimensionen  gewöhn- 
lieb untetsobatat  werdm;  dass  ibre  Produktionsb5he  indessen  keineswegs 
gering  iit,  ttsst  sidi  daraus  ersehen,  dass  im  Tilayet  Diatbekir  allein  ca. 
3000  Webstflhle  thätig  sind.  Die  kleinasiatisohen  Seidengewebe  zeigen  die 
«genartige,  bonte  Kleinmnstemng  und  werden  meist  mit  Gold  and  Silber^ 


134 


SflideiÜDdastrie  des  XIX.  Jahrk  Kleioanen.  Indien. 


flden  brOMbiert  und  lanciert.  Die  eogenanuten  „kaffiehs"  (Kopfbedeckung)^ 
dann  Ahnjas  (syrisplie  Mäntel),  Shawls  etc.  von  Bejruth,  DftffiMkoB  und 
Aleppo  ertreaen  sich  auch  in  Europa  grosser  Beliebtheit. 

Indien  erzeugt  einige  Speelftlitftten,  die  hinriehilieh  ibrer  Technik  niebt 
ohne  Intereaae  sind.  Die  reieben,  mit  edlen  Metallf8den  dnrebwirkten 
Seidenstoffe  Bengals  weiden  in  Benares,  Ahinodabad  und  r>elbi  (Stickereien) 
erzeagt  und  kommen  öfters  unter  der  IJczrifltünng  „trinkhalls"  auf  den 
enrnpaischen  Alürkteu  vor.  Die  bedruckten  UewelK;  „««ri"  (surah),  „patolo", 
„bandannas''  n.  a.  sind  zuweilen  von  musterhafter  Au.sfübrung.  In  Labore 
nnd  Mnltan  werden  fagonnierte  Crewebe  angeferlogt  Die  Tnaealiweberei 
bat  in  Raipore,  Godavery  und  Sambal|K*re  ibre  industriellen  Sitze.  Nadi 
Europa  werden  vnrztifrcweise  die  Corüli«,  Suralis,  Chnppalis,  I'omals  und  Tiissores 
exportiert,  nur  wciiij;  bi'.stochi'iiilt'  uml  <'iiitarlif,  taffctart i^r.  al«»r  selir  dauer- 
hafte Gewebe,  die  übrigens  in  Europa  duntb  Fürben  uud  Bedrucken  weiter 

Teredelt  werden.  Folgende  Zablen  geben  einigen  AufKblnas  über  den  ana» 
wfirtigen  Handel  Indiens  mit  Seidengeweben  (in  engl.  Pfund  Ton  0,463  kg): 

Export  Import 

reinseidene     gemieebte  reinieidene  gemieebte 

1879—80       1983574        117120  (•12\0:)?>  932079 

1884—85       3120578         108363  i)  1 'J.i  723  ir.72560 

1887—88       3170276         189  704  100»4361  30733Ö5 

Die  Ausfnhr  der  Bengalgewebe,  Pongees,  TossoreSt  Sarabs  nnd  Coraba 
beiief  sich  laut  den  Handelskanimerbericbten: 

1878  auf  1481000  Vards 

1880    „  2203  791  „ 

1886    ^  3728213  „ 

1888    „  3522528  „ 

1890    „  2330360 

Im  Gesob&ftsjabre  1892/93  wnrden  Stückgüter  tiu  Wert«  von  1660000 
Rupien  (1  Rupie  =  2,05  M.)  verschifit,  was  der  Quantität  nacb  eine  Ab- 
nahme von  37  im  Verfjleich  zum  Durchschnitt  der  letzten  10  Jahre  be- 
deutet. Die  Ausfuhr  1892/i^3  betrug  1  768166  Yards  gegenüber  einem  Dnreb<- 
aobnitt  von  3469807  Tarda  in  den  Jabren  1884—88.  Naeb  England  ging  für 
flaue  Ifi11i«n,  naeb  Fraakreieb  für  800000  Rupien,  fie  aei  bier  beilanfig 
bemerkt,  dass  die  Ezportabuahme  indischer  Fabrikate,  beispielsweise  nacb 
China,  als  Folge  der  Einführung  der  Goldwährung  in  Indien  zti  betrachten 
iat.  Dieser  Umstand,  welcher  dem  eoropäiscben  Handel  und  der  Industrie 
an  Nntsen  kommt,  indem  er  Indien  anf  weetliebe  Absatzgebiete  verweist 
nnd  in  grSaeere  Abbingigkait  von  Europa  bringt,  war  andenvaeita  Iria  anf 
die  jüngste  Zeil  auch  für  die  japanische  Seidenindnatrie  Ton  Vorteil,  da 
sich  China  nnn  genutigt  sali,  sich  der  letzteren  zuzuwenden.  Es  sni  l  all»* 
Anzeichen  vorhanden,  dass  nun  jetzt,  wo  der  japanisch-chinesiscbe  isuri^ 


Seidenindiutrie  dtt  XI>I.  Jahrb.   Indien.  China. 


135 


und  seine  Folgen  eine  engere  tommer/idle  Verbindung  dieser  beiden  Liiiukr 
zur  Cnmi^licbkeit  gemacht  hat,  die  ehinesii^clic  Seideninrlnsf rie,  der  wohl 
ganz  gewaltige  Produktionsmittel,  nicht  aber  die  uioderneu  kunstgewerb- 
lidien  und  tcohuischeii  Fortschritte  za  Qebote  stehen^  nnter  dem  etwaigen 
anr^nden  fSnflnss  europäischer  Staaten  auch  in  dieser  Richtoiig  den  Weg 
einer  seitgemussen  Entwickelnng  wird  ein.schlagen  können. 

Die  Abnahme  des  indi.echen  Exports  nnch  Europa  lii^-^t  sii  h  auch  da- 
durch erklären,  dm»  man  die  jetzt  so  modern  gewordenen  Ba^tgewebe  iu 
Enropa  ans  Indiachem  Gespinst  in  Tiel  ToUkonnienefer  Weise  selbet  er- 
leogt.  Die  aoaseitndeDtlielie  Höbe  des  V«>braQches  auslfindiseher  Seiden- 
fabrikute auf  den  indischen  Markten,  ein  Unistand,  der  nicht  gerade  dazu 
bfitrugt,  die  einheimische  Seidenindiistrie  zu  fönliTii,  ist  an?  der  ersten  Tabelle 
ersichtlich.  Dia  Einfuhr  der  iStitckgiiter  übersteigt  die  Austuhr  um  das  Zehn- 
fache und beiinft  nnf  ca.  15  MilL  Rupien;  die  Menge  stieg  von  10,5  Mill. 
Yards  in  lekien  Deoenninm  anf  12,6  Mill.  im  Jahre  1893,  also  nni  21%. 
Die  H&lfte  dieser  QoaniitiLt  liefert  Cliina.  ein  Drittel  England  und  ein  Zehntel 
Frankreich.  Halh'^eidenwarpn  wnrdf-n  lH9_*i93  fiir  'J  750000  Rnpi'^^  Min.Tp- 
führt;  der  weitaus  giüsste  Teil  dieses  iitdarfs  wird  durch  Frankreich  ge- 
deckt. Wir  haben  der  Besprechung  obiger  Verhältnisse  aus  dem  Grunde 
mehr  Raum  gewidmet,  weil  die  indisehen  und  ostasiatischen  Verhältnisse  in 
letsterer  Zeil  il;is  Interesse  der  eurDpäisciimi  Industriestaaten  vielfach  auf  sieh 
gezogen  liabon,  und  wt-il  angesichts  des  inunt-r  schwerer  werdenilen  .Mi-iitzes 
niicli  den  anierikiiuischen  Staateu  die  \\  alirsclidnlichkeit  vorliegt,  dass  sicli 
dort  der  AbÜuss  europäischer  Überproduktion  in  überwältigender  Weise 
konsentrieren  nnd,  mit  technischer  Tollkommenhelt  ansgerüstet,  in  einen  sieg- 
reichen Konkurrenzkampf  mit  den  einheimischen  Erzeugnissen  nicht  nar  be- 
züglich der  Qualität,  sondern  auch  bez.  des  Preises  eintreten  wird. 

Cbina  be.sit/.t  eine  sehr  bedeutende  An?ahl  Seidenwebstühle.  Speciell 
im  Norden  blüht  die  Kunstweberei,  wo  iu  Schen-si  und  Ss'-tschuen  Sam- 
mete  tob  hohem  Werte  enengt  werden.  Atlasse  und  Crepes  webt  man 
in 'Shanghai,  Houpeh,  Hn-tscben-fu  und  Ningpo;  linder  in  Honpeh 
nnd  Shanghai,  schliesslich  broschierte  und  fa^onnierte  Gewebe  in  Kiangsn, 
speciell  im  Departement  Kiang-nin-fn  (Nnnkin).  Die  meisten  der  fabri- 
sieiteu  Gewebe  werden  im  Lande  selbi^t  verbraucht,  nur  wenige  finden  im 
Export  Absatz,  wie  x.  B.  die  „pongees'',  leichte  fonlardiUniliehe,  taffetartige 
Stoffe.  Die  Ansfnhrwerie  in  Geweben  beliefen  sich  anf: 

1875  29900000  Fns. 

1&78  33600000  „ 

1881  34500000  „ 

1883  33300000  „ 

Die  Seidenweberei  Japans  bildet  im  eigentlichen  Sinne  des  Wortes 
eine  Nationalindustrie,  d.  i.  ein  allgemeines  Hausgewer))?.  indem  jede  Weber- 
familfe  eigene  Webstühle,  übrigens  von  ziemlich  primitiver  Bauart,  besitzt 


Digrtized  by  Google 


136  ,      Seideninduätrie  des  XiX.  .Iiihrh.  Japan. 

tmd  ihre  Fabrikate  uiiniittelbiir  au  Kiiunoute  iibgieht.  Nur  für  fa9onnierte 
iStotfe  kommen  Jacquardmaschinen  Wereits  stark  in  Anwendaug*).  Die 
technische  Unvollköinuteuheit  dtr  Werkzeuge  wird  jedoch  aufgewogen  durch 
die  Hingabe,  mit  welcher  die  Weber  ihrem  Handwerk  oUiegen  uoA  die 
ihnen  ermöglicht,  die  Ausführung  der  schwersten  und  kompliziertesten 
Werke  der  Kunslwelienn  zu  liL'wiiltigon.  Tu  Kinfo.  dem  H;uipt.sil/.c  japani- 
scher Seidenmauufaktur.  sind  einige  industrielle  Ktablisscmentä  grösseren 
Mafsstahs  vorhanden.  Kioto  erzeugt  Fa^onu^,  Brokate,  sciiwere  Crepes, 
Taffete  nnd  Foii1»rd»i  in  Kirin  mad  Dsehoehia  werden  leichte  glatte  nnd 
gertreifte  Stoffe^  in  Nagahama  Sammete  gewebt,  Saitama,  Fukushinia 
n.  a.  fabrizieren  Atlasse,  Pongees,  leichte  gekreppte  und  bedruckte  Fonlards 
u.  s.  w.  Die  glatten  taffetartigen  Pongees  werden  Habutai  genannt  ,  von 
deren  Abarten  „tirilled'*  Habutai  (Köper)  und  „figured''  oder  gemusterte 
Hahatai  (Mon)  an  bemerken  riod.  Eaiki  «ind  Stoffe  ans  Ab&llaeide.  Die 
Stoffi»  haben  gewShnUch  mne  Lftnge  von  11,36  m  nnd  eiae  K«ite  von 
37,8  cm;  bei  gemischten  Geweben  ist  die  Länge  in  der  Regel  geringer. 
Die  Gürtel  werden  in  Rollen  in  den  Verkehr  geljraeht.  die  für  Manner 
d,63  m  laug  und  20 — 30  cm  breit  sind,  tiir  Frauen  3,lö  ni  und  70 — HO  cm 
Dessen«  Im  Jahre  1887  worden  3192777  Tan  (StQck)  reinseidener  Gewebe, 
d.  i.  reichlich  36  Mill.  Meter  im  Werte  von  7908621  Ten  enengt,  woton  anf 
den  Bezirk  Kioto  676996  Tan  im  Werte  von  2477880  Yen,  auf  Yamanashi 
600512  Tan  im  Werte  von  1  211540  Yen  nnd  anf  Onmma  510658  Tan 
im  Werte  von  1  1H2116  Yen  entfallen,  in  geniij-chteu  Stollen  belief  sich 
die  Produktionsmenge  auf  2423546  Tan  (26  Mill.  Meter)  im  Werte  von 
3638680  Yen,  wovon  Xioto  592692  Tan,  im  Werte  von  1 768699  Yen,  und 
Tachigi  620  777  Tan,  im  Werte  von  619353  Yen  fabrizierten.  Von  den  nflrteln 
wnrden  in  reiner  Seide  für  Männer  162570,  für  Frauen  193974  Rollen 
im  Werte  von  zn?amraeu  1  893220  Yen  produziert;  halbseidene  58()279 
Rollen  (die  Hälfte  für  Männer)  im  Werte  vun  'tibü ü'tl  Yen  (alles  für  d&a 
Jahr  1887).  Der  PTodaktionswert  belief  eich  dann  in  Reivseidnutoflieii 
anf  (1  Yen  =  1  Piaster  =  1  Dollar  =  4,18  M.): 

KleiderstofTe  Gürtel 

18R6            5639000  Yen  1  l'JBOOO  Yen 

1889          10263000    „  2049000  „ 

1891         12644000   „  2681000.  „ 

in  Hslbaeidensloffen  anf: 

1886           2156000  Yen  406000  Yen 

1889           4154000    „  1591000  „ 

1891           5168000   „  2790000.« 
Si  hat  jedoch  den  Anschein,  daes  der  wirkliche  Qeeamt^odnktiona- 

wert  mit  Einredinnng  der  Hanabetriehe  ein  hedentend  grosserer  ist.  An« 


')  Meyer,  Die  iunerikani«che  Seidenindustrie  und  die  Sflideniodaitri«  anf  der  Welt- 
aoMteUung  in  Oueago  1&9S.  Bern  1894.  8.  M. 


Setdenindostrie  doi  XIX.  Jahrb.  Japan.  137 

folgenden,  ilen  amtliehen  Berichten  entnommenen  Zahlen  ergieht  sicli  die 
EntwickehiDg  und  der  jetzige  Umfang  des  japanischen  Handels  in  Seiileu- 
geweben.  Am  meisten  in  Betracht  kommen  hierbei  die  1  uulard.H  ((Jacbeuez), 
die  zam  grteten  Teil  (90%)  nacb  Amerika  gehen,  und  die  Hebataistoib. 
Et  wurden  espetlieii  im  Werte  tod: 

Fonlerds  SeidoiBtoffe 

mi          lU6280  YeD  135224  Yen 

1890           25tR946    „  1167868  „ 

1893  3899646    „  4074993  „ 

1894  3628128    „  8  4  30000  „ 

Der  Menjre  nach  waren  ea  (1894)  570  774  Stück  n<"wehp  frpfjen  25.5109 
im  Vorjahre,  und  1436674  Dutzend  Foulards  gegen  G434hU  im  Vorjahre. 
BaB  nnverbältnismässig  rasche  Wachstum  der  japanischen  Seidenroanufaktur 
im  letcten  Deeennivm  isi  die  direkte  Folge  der  earopftiseheo  Modertebtnngen. 
Die  staunen-swerte  Prodnktionsfähigkeit  dieses  Landes  ergi'ebt  sich  aus  der 
Thatsache,  d»iss  es  ninglich  ^var,  in  einem  Zeitraum  von  vier  Jahren  (1884 
bis  1888)  die  Ausfuhr  von  Gespinsten,  Abfällen  und  Fabrikaten  von 
2516464  kg  auf  6967038  kg  zu  steigern.  Die  Weherei,  die  *ich  bisher 
▼onngsweise  anf  die  oben  beieiehneten  Stofl^jattungen  hcsehrSukt  hat,  f&Dgfc 
an,  auch  reiche  Damaste  nnd  Fafonn4a  von  feiiuitem  Geschmack,  Atlassei 
Brokiite  und  kleingeransterte  Gewebe  xn  exportieren.  Bei  der  anerkannten 
Fiiliifrkeit  der  Japaner  für  die  Zeichenkunst  und  angesichts  der  .««tetigen  Fortr 
schritte  der  Technik  lässt  es  sich  voraussehen,  dam  Japan  auch  in  den- 
jenigen Artikeln,  die  jetzt  ein  Monopol  der  europäischen  Indnetrie  rind, 
mit  der  ktsteren  in  einen  nieht  zu  nnterschät/enden  Konkurrenzkampf 
wird  eintreten  können.  Die  grossartige  Entfaltung  des  Seidenverkebrs 
Japans  im  letzten  Vierte^ahrhandert  ergiebt  sich  aos  folgenden  Zahlen: 

Export  Import 

ISfiO  15553473  Yen  10693072  Yen 

1880  2839Ö387    „  36626601  „ 

1890         56603M1$  „  Sl  728680  „ 

1894        113246086   „  117481956  „ 

Der  Aufschwung  der  Seidenverarbeitung  und  die  Überflutung  aller 
Weltteile  mit  deren  Ersengntssen  ist  aneh  die  Folge  der  niedrigen  Arbeite- 
IlUine  in  Japan,  sowie  des  steigenden  Mis^verlilUtntöses  zwischen  dem  Wert 
von  Gold  nnd  Silber,  da<<  einen  billigen  Absata  japanischer  Fabrikate  in  den 

Ländern  irestattet,  die  (iuldwiüirung  hahen. 

W  euu  mau  von  deu  ludubtneen  «ler  l^übseidenfahrikatiou  und  ver- 
wandter Zweige,  die  in  den  betreffenden  Kapiteln  ihre  Besprechung  finden 
werden,  absieht,  so  fallen  die  ersten  beaehtenawerten  Versuche,  die  Band-  und 
Stofifweberei  in  den  V er.  Staaten  Amerikas  einzuführen,  In  die  fünfziger 
Jahre,  obwohl  schon  friUier  (1836)  kleinere  Betriebe  bestanden  haben.  Der 


Digrtized  by  Google 


138 


Seidenindmtrie  des  XIX.  Jahrh.    Ver.  Staaten  Amerikas 


JSeces>iim.skrieg  vnii  ISGl  —  fi.')  und  die  im  Lauft'  de.<iselbeu  ia  die  Höhn  ge- 
gRnö;fnen  Seliutzzitlk'  verhaU'en  der  jungen  Industrie  zu  ra?chem  Aufschwung; 
da^u  kamen  noch  die  ^'rüi!a8saIlg  der  Einfuhr  von  Ruhseide  und  ein  unge- 
w&hnlioh  hohes  Goldagio,  da»  die  Importartikel  Tertemrt«.  Folgende  Zahlen 
seigen  die  Steigerang  der  EingangasOlle  im  lettten  halben  Jahrhundert ; 


Grege 

1841—42  -iO^o  V.  Wert 

1843—45  50  Cents  pro  Pfund 

1846—56  15'7o  V.  Wert 

1857—60  frei  (asiatiflche) 

1861-63  „ 
18G4-80 
1881—94 


Ouyr^ea 


Fabriltate 


n 


2  8  pro  Pfund 
30  "  o  V.  AVert 

300;, 

30"/„ 


w 
11 

1» 


30% 

60% 
50% 

45% 


V. 


Wert 


n 


Gleich  von  Anfang  an  wandte  sich  die  amerikanische  Weberei  den  asiati- 
BohMi  Rohseiden  m  und  btachte  namentlich  China  dazu,  da»  ee  immer 
sorgKlUger  gehaspelte  und  leichter  su  windende  Gespinste  lieferte;  der 

grösste  Teil  der  „rereelid*.  d.  i.  amgehaspelter  Grege,  sowie  Cantoii  filature 
und  bessere  Qualitäten  Tsatleef  werden  stt'i>  von  Amerika  aurgt^l^nuft.  Der 
Import  chinesischer  Grege  betrug  im  Jabre  1876  9244  Ballen  und  stieg 
dann  rasch  1880  auf  19201.  Die  Japanische  Rohseide  kam  erst  seit  den 
aehtuger  Jahren  in  namhafter  Menge  in  Aufnahme  und  hildet  gegenwärtig 
den  Hauptanteil.  Im  J.  1876—78  wurden  durchschnittlich  jährlich  556  Bal- 
len importiert,  1S7S  — 81  Vitnits  437t  u.  s.  f.  Nach  dem  Americmi  Silk 
•lournnl  belief  üch  die  itohseideueinfuhr  nach  den  Ver.  Staaten  im  letzten 
l>eceuuiuuK 

1883/84 


Herkqnfb 
Europa,  Balleii  k  100  kg  , 
Af\e\\   über  Kuropa,  Ballen 

ä  50—60  k.r  .  .  .  . 
Yokohama,  B.  ä  60  kg  . 
Shanghai,  B.  I  60  kg  .  . 
Cantoo,  B.  ik  60  kg    .  . 


1886/87    1880/90  1892/93 


.  3803 

6793 

6480 

9921 

327 

476 

3 

452 

.  10097 

14150 

20860 

27360 

.  3468 

6096 

7626' 

8396 

.  5382 

5449 

8898 

8766 

Im  gansen  Ballen  23067     31 974     43766  64894 
In  den  letzten  drei  Jahren  wurden  importiert  (Ballen  a  ca.  60  k^: 

1892  r,K^16  im  Werte  TOn  37  610767  DoU. 

1893  ;}UUS1   „  „    19  491968  ., 

1894  54  9J4  „  „    24728163  „ 

Vergleiclit  mau  den  gegenwärtigen  Konsum  von  über  3,3  Mü]^  kg  Roh- 
seide, die  900000  kg  Ab£»lledde  nicht  mitgereeluiet,  mit  dem  von  tot 
26  Jahren,  im  gansmi  600000  1^,  so  muss  man  zugeben,  dies  Amerika  in 

riesigen  Schritten  rorwarts  ging  und  einielne  Lander.  Europas  in  quanti- 
tativer Hinsicht  bereits  überflügelt  hat. 


SeideoindiMtrie  des  XIX.  Jahrb.  Ver.  Staaten  Amenkaa. 


139 


Die  wid)tig6tea  Sitze  der  Seidenindustric  befiit  I  i  ich  aoNeblieaBlicll 
in  den  nordöstlichen  Staaten,  nanif-ntlicli  N('n-.Ter>f\ ,  l'eunsylvanien,  New- 
llorkt  Connecticut  (Soutb-Manchester)  und  Maat^achusetts,  weniger  in  Maine 
und  Virgiuien.  Das  Charakteristische  amerikanischer  Webereien  ist,  da» 
die  meüteii  keine  Spccialartikel  Iteflern,  aondeni  ncbai  den  Sammeten  auch 
Atlasse,  neben  den  Bundern  Besaizartikel  anfertigen  u.  s.  w.  Die  meisten 
betreiben  ferner  zugleich  die  Zwirnerei  und  stellen  iliren  Beilarf  an  Organzin 
nnd  Trame  selbst  her.  Ähnlich  wie  iu  Eugland  besteht  eine  „Silk  Associa- 
tion of  America^',  deren  Aufgabe  es  ist,  die  Schutziiollpolitik  iu  dem  nötigen 
Sinne  zu  bminflnsBen.  Infolge  der  teueren  Handarbeit  ▼erwendei  die  We« 
berei  fast  ansschliesslich  die  meehaniMlien  Stuhle.  Nach  einer  amtlieben 
Anfatellnng  waren  im  Betriebe 

lur  .Stoffe  für  Bänder     für  Posamenten  etc. 

18S0    18"J0        1880    1890        1880  1890 
HandrtGhle     1629      413        —  1624  1334 

Enftetnble     S103  14866     2218')    4389      —  1667 

4732  16279     2218     4389     1  624  2901 

Die  Stoffliandetfihle  «ind  in  fortw&brend«r  AbDahme  liegriffen.  Gegen- 
wärtig dürften  im  ganzen  25 — 28000  Kraftstühle  be(riel>en  werden,  von 
denen  18 — 19000  der  StoflVebert'i,  der  Rest  der  Hand-  uml  Lit/.pnf:il)rikatinn 
zufallen,  neben  etwa  3—4000  Ilandwebstühlen ,  die  fUr  Besatzartikel  noch 
einige  Bedeutung  beibehalten  haben. 

Der  Charakter  der  amerikaniechen  Seidenmannfaktur  iet  von  dem  der  enro- 
pÜaehen  in  vieler  Hin8i(  ht  verschieden.  Infolge  hoher  Arbeitsföhne  wer- 
den ans  ökonomischen  Rucksichten  gröbere  Gespiustuummcrn  verwendet ;  es 
wird  auch  weniger  dicht  gewebt.  Die  zeitraubende  Operation  des  Stoff- 
reibens wird  nur  selten  ausgeübt.  Die  Stoffe  werden  stark  gutuniiert,  wo- 
dnreb  sie  an  Geftthl  nnd  Schftnheit  des  Faltenwarfs  verHeren.  Die  G«^ 
:^pinsfe  werden  in  der  Regel  nicht  unbetrSchtlieh  ersehwert  Die  Qualität 
der  Arlieit  .so1b5>t  ist  weniger  sorafältig,  als  in  Enrnpa;  im  allgemeinen  sind 
die  Fabrikate  von  «iemUch  guter  Qualität,  aber  nuTerbältnismässig  hohem 
Preise. 

Der  Produktionswert  belief  sieb  1890  auf  69154699  $  (Hasebinen- 

Näh-  nnd  Stickseiden  mit  8917844  .$  mitgerechnet)  ge^en  34519723  im 
J.  1880.  Die  wichti^Bten  Artikel,  deren  Fabrikation  im  Anfeehwnng  be- 
griffen ist,  sind 

Bänder  mit  ...  17081447  $ 
Kleiderstofle  mit     .   16183134  „ 

Besatzartikel  mit  R  32 1966  „ 

Sammcte.  PKisclie  mit  3141026,, 
Fiitterstotfe  mit  .  .  3011437  „ 
Litzt'U   2771382  „  u.  8.  w. 


FQx  Bftnder  and  Poiamentra 


140 


Seideninductrie  des  XIX.  Jahrh.   Ver.  Staatvo  Amerikas. 


Im  J.  1890  worden  Terarbeitet: 

Grege   6376881  Pfund 

Abfallseide  ...  1357618  „ 
Andere  Seideu  .    .       744  223  „ 

>^  478  722  Pfaud  und  z.  T.  daraus  erzielt: 

Organzin  und  Tranie    ....  3305372  Pfund 

Maschinen-  und  Nähseide  .    .    .  1  119  825  „ 

Stick-,  Wirk-  und  Florettsride  .  3-29637  „ 
D«m  Prodaktionswwt  von 

Seidenfabrikaten  nnd  Nabseide     69154699  $ 

Oarr^   16880366  n 

Florettseide   1263489  „ 

87298454 

gleich  43G  472270  Pres,  im  J.  1890,  stehen  folgende  Zahlen  des  J.  1872 
gegenüber: 

Seidenfubrikate  .    .    .    27130000  Frcs. 

N&hseide   30600000  „ 

Posanentseiden  .  .  .  16610000  „ 
Ottvr&«    ....   .   17200000  „ 

91640000  F^., 

d.  i.  die  Produktion  bat  während  eines  Zeitranmes  von  nieht  ^ni  20  Jahren 
eine  Steigerung  von  375%  erfahren. 

Wie  bereits  erwähnt,  ist  in  Amerika  eine  Arlieiisteilung  in  Weberei 
nnd  Zwirnerei  nnr  in  wenigen  Fallen  m  konstatieren  nnd  fallt  es  daher  schwer, 
eine  gnan  getrennte  Statistik  sn  f&hren;  die  nachfolgenden  Daten,  welche 
die  innere  Entwiekeinng  amerikaniseher  Setdenmanafaktar  zeigen,  umfassen 
sowohl  die  Weberei,  w5p  auch  die  Zwirnerei  nnd  verwandte  (bewerbe,  d.  i. 
die  gesamte  Seidenindustrie,  während  bei  den  statistischen  Angaben  betrefiis 
anderer  Linder  in  dieeem  Teile  des  Werkes  lediglieh  die  Yerarheitnng  im 
Webstnbl  ber&cksiehtigt  wurde.   Es  waren  ih&tig: 

Fabriken  Arbeiter  Trodoktion  in  $ 


1860 

67 

1723 

1809406 

1  ^70 

139 

Rf.OTTTl 

6H4y 

l-2-JlO«;tj2 

Im  J.  1880  wnrf-n  382  6eidenfftl)rikeii  im  Hetriel),  die  mit  8474  Web- 
stühlen und  ca.  425 üOO  Spindeln,  bei  einem  Betriebskapital  von  95626500 
Fres.  arbeiteten  nnd  fSr  205165226  Frcs.  prodwnerten;  ein  Deeenniam 
später  arbeiteten  472  Fabriken  (121  Webereien,  52  Färbereien  etc.)  mit 
22569  Webstühlen  nnd  ca.  1055000  Spindeln  bei  255037685  Frcs.  Be- 
triebskapital und  436492270  Frcs.  Produktionswert,  1880  entsprach  ein 
Frank  Betriebskapital  2,14  Frcs.  Produktion,  im  J.  1890  trotz  der  vorge- 


u\^u\^cö  by  CiOOgle 


Seidflnindnitn«  des  XIX.  Jahrb.  Ver.  Staaten  Amerikaa 


141 


schrittenen  Technik  nur  1,71,  eine  Abnahme,  welche  sich  darch  den  RSdcgang 
der  Rühseidenpreise,  utul  i^er  Werte  infolge  der  steigenden  Konkurrenz,  er- 
klären lassen  dürfte.  JJieÄrbeiterzabl  stieg  im  gleichen  Zeitabschnitt  von  31  337 
auf  60913,  d.  i.  um  70"/o,  wahrend  der  Zuwachs  der  Webstühle  280%  be- 
tragt  eine  Folg«  d«r  teehntaehan  VemlUnnnminiiigeii,  welche  einem  Ar- 
beiter gestatten,  2 — 3  lud  nebr  St&hle  gleiolueitilg  sn  bemMehtigen. 

Die  Produktionskosten  beliefen  sich  1890  auf  74^44366  Doli.,  wovon 
auf  Rohmaterialien  66%,  Arbeitslöhne  23,7  und  allgemeine  Spesen  11,3*7» 
entfallen. 

Ba  lag  in  der  Nator  der  Dinge,  da»  angleieh  mit  dem  Anfsehwnng 
der  inlftndieehen  Indnetrie  die  Eiofnhr  fremder  Fabrikate  allmAhlieh  aank; 
während  Frankreich  in  den  sechziger  Jahren  fftr  130  Mill.  Pres,  importierte 
(gegen  35  Mill.  in  den  dreissiger  Jahren),  so  waren  es  1870  nur  85  Mill.,  und 
in  Durchschnitt  des  verflossenen  Uecenuiums  öö  Mill.  Frcs.  Anders  verhält 
ee  eich  freilich  mit  der  Gesamt«nfahr  der  Fabrikate,  die  nicht  nar  zähe  sich 
auf  deieelben  H51fe  erhielt,  eondem  eogar  noch  etetig  weiter  annimmt. 
Geigen  25350000  Doli,  im  J.  1866/66  und  ca.  21  Mill.  im  J.  1870/hO,  be- 
trog der  Durchschnitt  im  verflossenen  Decenuium  32  Mill.  Doli.  Nach  den 
Liericht«u  der  Silk  Association  of  America  stieg  der  Import  von  23087000 
Doli,  im  J.  1870  auf  33305000  Doli,  im  J.  1880  und  38515000  Doli,  im 
J.  IS90,  ein  Bewma,  daae  die  atnerikauieehe  Indnatrie  nicht  alle  Artikel  sn 
bewältigen  imstande  war.  In  Kleidt  rstolTen  und  Bandern  ist  die  Einfahr 
in  den  Jahren  1880/90  von  19,3  auf  15,3  Mill.  Doli,  gemmfepn,  dagegen 
in  Ilalbspidenstoffen,  Plüschen,  Sarameten,  Spitzen,  Wirkerei»'n  ttc.  von 
10  Mill.  auf  19,7  gestiegen,  immerhin  lüsst  sich  voraoasehen,  dasa  Amerika 
in  absehbarer  Zeit  sich  nnglekh  mehr  emanzipieren  wird,  als  es  dies  bis  jetat 
gi'tliaii  hat,  namentlich  in  Artikeln  der  mechanischen  Fabrikation,  während 
die  Zufulir  von  Prachtgeweben  und  andererseits  von  leichten  StofTen  und 
Halbseidenatla-ssen  Knropa  und  vielleicht  Japan  wird  überlassen  bleiben, 
da  deren  Herstellung  am  Platze  in  Rücksicht  auf  die  teueren  Arbeits- 
krftfte  wenig  lohnend  erseheint.  Der  Import  fiel  anf  3130B399  Doli,  im 
J.  1892,  hob  sich  anf  32440036  DoU.  im  J.  1893  nnd  fiel  abermals,  infolge  der 
derzeitigen  Krise  Amerikas,  auf  22783696  Doli,  im  J.  1894.  Die  Beteiligung 
einzelner  eiiropäi.schcr  Indnstriebe/.irke  an  der  amerikanischen  Einfuhr  er- 
giebt  sich  aus  folgender  Tabelle  (für  1 1592/93) : 

Lyon    ....  62979797  Free. 

Grefeld  ....    19866734  „ 

Zürich  .    .    •    .    12772253  ,» 

Barmen,  Elberfeld    1 1 6 1 8  590  „ 

llorgen  ....     7522771  „ 

Basel   7022711  „ 

St.  Gallen,  Bern.     1419146  „ 

113202002  Fn»., 

gleich  22640600  Dollan. 


142 


Seidflnindtutrie  da«  XIX.  Jahrb.  Di«  Frauenarbeit 


Gelegentlich  der  Eroiiernng  dar  ArbdtsverbXttiinM  im  Mittelalter  sabeo 

wir,  dass  die  Frauenarbeit  fast  iu  allen  lAndern  der  Mänuerarbeit  voranging, 
und  dass  erst  in  dein  Mafse,  wie  die  Seidenindustrie  ans  dem  Hausgewerbe 
zam  regeloiässigeu  Betriebe  herauwachs  nud  au  die  Belbstiiadigkeit 
Webekfinfttlers  grössere  AolordeniQgeu  geatdlt  werden  nrasstoit  die  letdere 
wieder  Oberhand  gewann.  Dasn  kam  femer,  dass  die  Ansflbang  der  Webe- 
arbeit am  Haudstahl,  als  sich  seine  Konstruktion  wiederum  der  horizontalen 
Kette  7nwandtp,  grössere  pliysisclie  KrSfte  erforderlich  machte.  Erst  im 
XIX.  Jahrh.  tritt  ein  Umschwung  resp.  liuckschritt  zur  weiblicbeu  Arbeit 
ein,  infeige  der  maschinellen  Fortschritte  namentlich  bei  der  Weberei,  welche 
die  Hmuixiehnng  von  Personen  mit  geringerer  toehmaeher  Ausbildung  und 
physischer  Kraft  ermöglichen,  und  infolge  des  immer  schwerer  werdenden 
Konkurrenzkampfes,  der  die  wesentlich  Mlli'^'^ren  weiblichen  Arbeits- 
kräfte unumgänglich  nötig  macht.  Ausserdem  i^t  die  weibliche  Arbeit  in 
vielen  Produktionszweigen  der  Seideniudustrie  vou  besonderem  Wert,  weil 
die  lißdehen  sieh  anfmerlsanier,  gelelirig«r  nnd  gesebiektef,  als  die  mlnnlioheD 
Arbeiter  erweisen;  so  können  dieselben  e.  B.  in  der  Seidmhasplerei  durch  die 
letzteren  Icanm  ersetzt  werden.  Namentlich  aber  ist  die  verheiratete  Frau,  die  in 
Hncksiclit  auf  ihre  Familie  b»hnfs  Hrwerb  des  notwendigen  I>ebeu.suti*pr}i altes 
zur  äu&üeräteu  Kraftunstreuguug  gezwungen  ist  für  die  peinlich  autmerbsame 
und  eanbere  Behandlung  dee  Materiak  bei  der  SddenTerarbeitnng  besonders 
geeignet.  Auch  die  jüngeren  Kräfte,  die  im  Vollbesitz  ihrer  körperliclien 
und  geisti^i^r.  Fähigkeiten,  dcH  nötigen  Scharf bliclc?<,  der  Geschicklichkeit 
und  Ge^vaudheit  sind,  werden  iu  der  Seideniudustrie  l>eschäftigt.  in- 
folge der  neuen  Gewerbeordnungsbestimmungeu  fast  aller  Kulturstaaten'), 
weldie  die  Arbeitsceit  jogendliober  Arbeiterinnra  einadirKnken  nnd  die 
Fabrikarbeit  schulpflichtiger  Kinder  gans  nnteraagen,  ist  dem  in  socialer 
und  hygienischer  Beziehung  nicht  unbedenklichen  Umsichgreifen  der  Aus- 
beutung weiiilicher  Arbeit  Einhalt  gethan.  Laut  Angaben  des  „Rund" 
waren  im  Jahre  1Ö86  iu  der  schweizerischen  Seidenindustrie  11771  Miiuuer 
nnd  51862  Frauen  beeehSftigi.   In  der  «merikanisdien  Industrie  waren 


*)  Marx.  Dm  Kafiilal.  4.  Anfl.  I.  Band. 

Bebel,  Die  Fruu  und  der  Sozialismus,  1895.  S  203. 
*)  Deutsches  HeichsgeeeU  t.  18.  VIL  1878  und  die  Novelle  v.  1.  YL  1891. 
FnnsMsebas  8teat«geeets  vem  S.  Koveoiber  1892. 

Anterik.  Staatenfeaet«  (fiMtoiy  aete),  Zfliiob.  Antonalff.  t.  18.  VI.  18M,  ele.  ele. 


Frauen  Kinder 
1880  16396  5566 

1890  29049  2866 


Männer 
9375 
18998 


In  Italien  stellt  sich  das  Verhältnis  auf  (1891): 

Frauen  nnd  Kinder  .  106  972 
Männer  15384 


Digitized  by  Google 


Seideoiadiutne  de«  XIX.  Jahrb.  Allgemeiner  Überblick. 


143 


Jh»  italienische  Oesets  vom  1 1.  Februar  1886,  welches  gleieh&Ils  den  Kindern 
unter  9  Jahren  die  Fabrikarbeit  verbietet  und  iTir  solclie  unter  12  Jahren  auf 
8  Stunden  beschrankt,  hat,  wie  es  (scheint,  nur  dahin  j^ewirkt,  dass,  soweit 
nicht  die  allgemeiue  VermiDderung  der  At-beiterznhl  durch  Ausschluss 
kkbutar  ffinder  liewirlct  irt,  mehr  «^aehaene  Frauen  dngeetellt  werden. 
Fflr  die  Provini  Como«  den  Hanptnts  der  Sttdenweber»,  ergeben  sieh  fol- 
gende Ziffern: 


Die  gesamte  Seidenweberd  nnaeres  Erdballe  dflrftet  die  hausindoatriellen 

Betriebe  eingerechnet,  zur  Zeit  800000  Wdiafefifale  beschäftigen,  wovon 
8ü— 90000  niechatiisclie.  Folgende  Tabelle  venrnschaulicht  die  Mengen  des 
von  der  Seidenindustrie  aller  Länder  verarbeiteten  Rohmaterials,  (wobei  je- 
doch lediglich  die  echte  Maulbeerseidc  gerechnet  wird)  sowie  den  Produktions- 
wert  der  eneugten  Seidenfabrikate. 


Asiatische  Länder  . 

Gsnoooo  kg 

820000000 

Kl«, 

Fr:n:k  reich    .    .  . 

3900000 

n 

560000000 

»1 

Ver.  St.  Amerikas  . 

3200000 

n 

420000000 

n 

Deutschland  .    .  . 

2 100000 

»t 

320000000 

n 

Sehweis  .... 

1700000 

n 

170000000 

n 

Rnssland  .... 

1000000 

t» 

120000000 

II 

England  .... 

900000 

it 

110000000 

« 

Italien  .... 

700000 

1» 

85000000 

M 

Österreich-Uogam  . 

500 ÜOO 

«« 

65000000 

11 

Spanien  .... 

200000 

n 

36000000 

w 

DiT.  enrop.  Staaten 

600000 

60000000 

II 

Alle  übrigen  Lftnder 

900000 

80000000 

11 

Im  gansen  22600000  kg    2 8B6 000000  Free. 


Die  europäischen  Länder  produzieren  für  1516000000  Frcs.  und  expor> 
tieren  für  500  Mül.  Folgende  Tabf'!»-  zeigt  die  Anafuhrsableo  der  Seiden- 
fabrikate  verschiedener  &>taaten  Europas: 


1879 
1891 


Kinder 
22  152 
9603 


Fruueu 
14852 
20696 


Miinner 
3103 
2070 


(Wert  in  Millionen  Mark.) 


Frankreieh  .  . 

Deutschland 
Schweiz  .    .  . 
England  .    .  . 
Österreich-Ungarn 
Belgien  ... 


195,8  37,6  »/o  201,5  40,4 

179,7  34,7  „  142,0  28,6  „ 

87,2  16,9  „  105,4  21,2  „ 

4i,6  8,7  „  33,1       6,6  „ 

10,2  2,0  „  IM  2|9i, 

0|4  0,1 «  liO      0,8  „ 


618,0   100,0*/e  497,0  100,0«;« 


Digiii^uu  by  ^OOgle 


144 


Soideniodustrie  des  XIX  Jahrb.  Oewebeornamentik. 


Sehou  früher  sind  die  Oroamentstile  der  Seidengewebe  jeder  Kniistepoche 
und  bei  allen  in  Betracht  kommenden  Völkern  so  eingehend,  wie  irtreud 
angängig,  erörtert  wurden;  es  möge  desball)  utir  noch  eine  allgemeinere  Be- 
•pnohong  deaaea  folgen,  ww  in  nneerer  Epoche  d««  siribewoisieii  Strebttu 
bei  Musterung  der  Seidenstoffe  za  berflcknehtigen  ist. 

Die  Mnsterung  dee  Gewebee«  »ti  einee  Gegenstatub  s,  der  sowohl  für 
Bekleidungszwecke  des  Mpnseh**Ti,  als  auch  für  die  Ausschmückang  seiner 
Wohnräume  dient,  bat  sich  seiuer  künstlerischen  Fürsorge  von  jeher  mehr 
denn  allee  uidera  zu  erfreaeu  gehabt  und  spie<jelte  gleichseitig  dfts  Cbaimk» 
terisiieelie  seines  £nltnr«istendee  und  der  Eanstriehiiing  anf  das  Getreneste 
wieder.  Ja,  der  Gevebeniusterung  wird  von  vielen  eine  hochkniturelle  Be- 
dentimrr  '>pigome«?f5en ;  uiul  der  Gruudt^eJiiiikf  des  jetzt  rwar  veralteten,  aber 
für  seiue  Zeit  bahnbrechenden  W  erkes  liottfried  Sempers  „Der  Stil  in 
teclinisohen  und  tektonischeu  Küiisteu  ':  die  Theorie  vom  Bekleidangsweflen 
als  den  Ursprung  aller  monnmentalen  Banbinst  annueben,  deckt  mcb  mit 
obiger  Anriebt,  obwohl  wieder  von  anderer  Seite  der  folgensolkwere  Lehr- 
satz von  der  ursprünglichen  Tdenfitäl  der  Fläolienver/iernng  und  Textil- 
omamentik  in  Abrede  gestellt  wird  Wie  dem  auch  sein  mag,  so  lässt 
sich  uicht  leugnen,  dass  in  der  Gewebemusterung,  uud  namentlich  in  der 
dar  Seidenstoffe,  das  bdcbste  Streben  der  Webekanst  zam  Ansdmek  ge- 
langt; nicht  nur  der  Zeitgeist  und  Charakter  der  Nation,  sondern  auch  ihr 
Rclij^iousknltns  spiegelt  sicli  wit^der.  So  erkennen  wir  in  der  spärlichen, 
hieroglyphischen  Zierweise  der  ägyptischen  Gewebe  die  mystische  Auffassung 
der  PÜauzen-  und  Tierwelt  uud  ihrer  Beziehungen  zum  Kultus;  in  den 
altpersischea  Ornamentformen  nnd  Ihrer  grafititasidien  Regelmassigkett 
weht  nns  an  der  Geist  der  in  Setbstbewandemng  Twsanfcenen  lischt,  sowie 
der  tiefen  und  zugleich  starren  ReligioDsideen ;  und  welch'  hohe  symbolistische 
Bedeutung  endlich  lüsst  sieh  der  arabischen  Gewebemnsterntig  beimessen! 

Fragen  wir  nach  den  UrsprungsqueUett,  aus  denen  die  Uewebe- 
mnstemng  hervorgegangen  ist,  so  ist  die  gewöhnlich  erfolgte  Antwort, 
deas  dies  die  Natnrfomien  seien,  also  lebende  oder  bewegungslose  Nator- 
erzeugnisse.  Das  ist  u1)er  nur  insolem  richtig,  als  einerseits  das  vorherrschende 
Streben  der  Menschheit  dahin  ging,  die  tüchtigste  und  vielseitigste  Muster- 
zeicbneriu  der  Allwelt,  die  Natur,  in  allen  ihren  sichtbaren  Erscheinungen 
an  kopieren,  nnd  als  andererseits  dem  Kulturmenschen  von  altersher  jede 
EOnstelei  favlag.  Im  Gegentril,  es  darf  gesagt  werden,  dass  die  Phantasie 
nnd  Schaffenskraft  scheu  zu  jener  Zeit,  uud  gerade  dann  anm  stärksten 
Ausdruck  gelangt  sind,  als  von  einem  Kopieren  der  immerhin  ziemlich 
komplizierten  Naturiormeu  aus  technischen  Grüudeu  nocli  Abstand  ge- 
nommen werdeu  musste.  Geometrische  gerade  und  krumme  Linien,  später 
cinfncbe  tnid  susammengesetste  Figuren,  Dreiecke,  Zweige,  dann  Surven- 
tersdilingnngen  n.  s.  w.,  als  Natnrkontnren  gar  nicht  denkbar,  treten  nns 


>)  Biegt,  Stiifragen.  Berlin  189». 


Digitized  by  Google 


EatwiokeluQgsgdug  der  GewebeornameoUk. 


146 


in  den  allerprimitivsten  Gewebeverzierungeu  entgegen.  Einen  rascheren 
Schritt  als  ilio  Weberei  tLat  aus  erklärlichen  Griiiuleu  die  Stickerei,  da 
ihr  die  Erzeugung  eines  gewissen,  anch  verwickilten  Musters  1i^i  weitem 
leichter  tiel;  über  auch  liier  sehen  wir  zuerst  die  geometrischen,  regel- 
mässigen MotiTe  den  freier  stiUrierten  Natarformen  Toraogeben,  Der  Ent' 
wickeln ngs<^riing  der  Ornamentik  unterlag  nämlich  gewissen  Qesetten,  die 
nun  einmal  sowolil  in  der  Ideenrichtuug  einer  gewissen  Zeitperiode,  wie  in 
der  ün«geübteu  Technik  begründet  waren,  und  deren  Vorhandensein  aus 
der  frappanten  Analogie  der  ursprüngliclieii  OriiHmentik  der  verschiedenen 
Länder  UDverkennbar  henrorgeht.  So  xeigt  z.  B.  die  ftltpemaniBcbe  Ge- 
webenraatemng  ^)  grosse  ÄhnliehkMt  mit  der  altgrieohischen,  —  vos  einige 
(Fiflcbbach)  yeranlasst  bat«  auf  eine  Länderverhindung  Europas  mit  Ame- 
rika, und  Ruf  eine  zu  jener  Zeit  genicin^ame  Zierweise  rn  schlieswn  — ,  und 
iu  noch  stärkerem  Mafse  mit  der  ägyptischen  des  I.  Jahrb.  unserer  Zeit- 
redinang').  Hier  imd  da  siebt  man  den  Übergang  TOn  den  «nfaebatoi 
geometriadien  Figoren  an  den  komplizierteren  Togelkopi&bnlicben  Viel' 
ecken,  sowie  das  Bestreben,  die  letzteren  durch  das  Hinzufügen  gewisser 
lebenschaffender  Attribute,  z.  1?.  aii^enarti<;^er  Punkte,  in  tieriscbe  Formen 
umzuwandeln.  Die  Vorliebe  der  Kulturvölker  für  die  tierische  Ornamentik, 
im  Gegensatz  zu  der  pflanzlichen,  mag  vielleicht  darin  ihre  Erklärung 
finden,  dass  diese  als  lebendige  Darstellnng  mehr  an  fesseln  vermocbte, 
und  ausserdem  die  Formen  als  symholiscbe  Ideenversinulichung  deutlicher 
und  kräftiger  zum  Ausdruek  zu  bringen  gestiiKete.  Mit  Ausnahme  der 
Afjypter,  bei  denen  l)ekanntUeh  die  Lntosblnnie  als  Motiv  eine  hervorragende 
Kollo  spielte,  und  aUeiu  Anschein  uuub  der  Altiudier,  die  sich  vorwiegend 
anf  das  Pflanzenomament  gelegt  hatten,  findet  man  in  der  Drornamentik 
der  A.lten  meist  nur  tierische  Motive  vor,  deren  Ausdrucksweise,  wie  bereits 
erwähnt,  jeweilig  Hin m  Kulturzustand  ents])iac]i,  imleni  sich  beispielsweise 
die  phantastiseb  unitiersnlnveifenden,  last  überinlisclien  (lestalten  bei  dpn 
Chinesen  mit  ihrer  Lehre  von  den  bösen  und  guten  himmlischen  Geistern  ebenso 
deekteui  wie  die  ernsten,  verbeiaaenden  Figuren  der  Anbänger  Zoroasters. 
In  engerem  Sinne  war  die  Aosdrocksweise  den  Mitteln  der  Webereitechnik 
überlassen  und  von  dieser,  da  die  Gesamtwirkung  des  Musters  iu  gleichem 
Mafse  sowohl  aus  der  beabsichtigten  Zeirhnnng,  ah  .mich  ans  ihrer  Aus- 
führung hervorging,  auf  dos  prägnanteste  beeinilusst,  derart,  duss  dadurch 
niebt  selten  die  eigentlicbe  Stilriebtnng  in  diese  oder  jene  Bahnen  einzn- 
lenken  genötigt  war.  Die  zn  gewissen  Zsitepocben  benntxten  BindnngS" 
arten  trugen  nicht  minder  dazu  bei,  die  Musterung  mehr  oder  weniger  natur- 
nad  stilgetreu  zu  gestalten,  abgesehen  davon,  dass  selbst  die  Wahl  der  rela- 
tiren  Figureugrijsse  davon  abhing;  zur  Zeit,  wo  nur  wenig  Bindungsaiteu 
bdianttt  waren,  bedurfte  es  zur  Herrorbriugung  eines  gewissen  Effektes  be- 


«)  Beiti  tmd  Siftbel,  Das  Totenfetd  tod  Ancoa.  Beriia  1880. 
*)  Hol  Dies,  Teztile  Uä/net  of  aaeieot  Peru.  Wsabiiigton  1889. 

BllbermanB,  Dt«  Mdt.  JO 


Digitized  by  GoOglc 


146 


Bedeatang  der  Färberei  und  der  haute  lUae. 


deatend  grösserer  Oestalten,  deren  Eontnren  sozusagen  in  die  Angen 
ppmüpen,  wahrend  man  später,  nachdem  zo  der  Taffetbindnn^  noch  Atlas, 
Küper  uml  baniroet  hinzugekommen  waren,  selbst  kleine  Fiächeugehilde 
lediglich  darch  eine  andere  Textur  scharf  Toneinander  abzugrenzen  yermochte. 

Die  Bebaoptttng,  dass  die  F&rberei  vat  die  Ari  der  Huatenin|f  nnd 
auf  die  Stilisiemng  Einfla.<is  geübt  habe,  wäre  wohl  etwas  gewagt;  da««  ne 
aber  eines  der  wichtigsten  Hilt'sinittel  zur  r!.'>talfunjj  der  letzteren  bihlete,  ist 
imbesiritten  und  ebenso  erklärlich,  wie  dass  der  zielbewussten  Polychromie 
iu  den  Zeiten  des  Stilverfalls  die  Retterrolle  zufiel,  ist  der  Umstaxid, 
das»  unter  der  YonMusetsniig  der  Möglichkeit  einer  nataralietiscbeo  Biebtmkg 
in  der  Anfaogsperiode,  dieselbe  ans  dem  einfiuhen  Omnde  nicbt  eingeschli^n 
werden  konnte,  weil  die  zu  solcher  Darstellung  nnentbehrlichen  zahlreichen  nnd 
lebhaften  Farbennuancen  nicht  znr  VerfuLfung  standen.  Als  nun  im  Laufe 
der  Zeit  und  durch  die  stetig  fortschreitende  Technik  der  Webe-  nnd  Furbe- 
kanst  beliebige  Linien-  nnd  Ton^Gskta  herrcMrgabmdit  werden  konnten,  trat 
allmiblieh  eine  der  natfirlicben  Ersebeinnngswelt  tnebr  ongepasste  Stilrichtnng 
hervor,  besonders  als  die  ,hanic  lisse'  an  Stelle  der  schematisierenden,  ein 
Knnft Verständnis  weniger  erfordernden  Weberei  mit  der  horizontalen  Kette, 
specit'U  für  die  Meisterwerke  getreten  war  und  in  der  Gobelinwey)erei,  die 
sich  ein  getreues  Kopiereu  der  Natur  zur  Aufgabe  stellt,  ihren  Gipi'elpunlct 
erreichte.  Man  wird  mit  einer  gewissen  Bestimmtheit  als  «rwiesen  behaupten 
können,  dass  die  ('twebeutttft^ng  einen  Entwickeluugsgang  durchgemaeht 
hiitte,  der  darauf  hiiian<?ginp,  unter  Beibebaltiinp  der  tonangebenden  Stil- 
richtung  der  Epoche  in  der  realistischen  Ornamentik  anfzngehen.  In  dem 
Mafse,  wie  die  Textiltechnik  furtschreitet,  zeigt  sich  der  merkwürdige  Ober- 
gang von  der  »war  lebendigen,  aber  fomraDsehwmn  Tieromamentak  cur  ziei^ 
lieberen,  farbenreicheren  Pflanzenwelt,  die  schon  deswegen  ein  willkommenes 
Oljjekt  bot,  weil  sich  ihre  Motive  für  eine  freier  stiliderende  Schaffenskraft 
der  Oruamentkünstler  ganz  besonders  eigneten. 

Wir  gelangen  nun  zu  der  Frage,  was  als  charakteristisches  Merk- 
mal unserer  eigenen  Ennstepoche  anfinfossen  sei,  und  welche  Grandregeln 
für  eine  teitgemasse,  stilgerechte  Musterung  an  befolgen  wären.  Es  m^ 
gleich  bemerkt  werden,  dass  dieses  Thema  insofern  keinen  dankbaren  Gegen- 
stand für  ästhetische  Krörteningen  bietet,  als  es  zu  vielfachen  Kontrorersen 
geführt  hat.  Wie  wenig  aber  überhaupt  eine  Theorie  für  <>dpr  gegen  eine 
bestimmte  AnfEusnog  der  Stilgerechtigkeit  zum  Ziele  führen  kann,  geht 
schon  daraus  hervor,  dass  sie,  als  der  Phantasie  und  Natur  zugleich  ent- 
stammend, auf  unser  Empfinden  wirken  soll  und  sicli  keinesfalls  für  eine 
kleinliche  Zerfasemng  mit  dem  Verstände  eignet.  Die  Heali.sten  sprechen  den 
früheren  Stilricbtungen  jedes  Reclit  auf  Herück-sichtigung  in  der  niuderneu 
Ornamentik  ab  und  erstreben  lediglich  die  Verwendung  von  iNaturvorbil- 
dern.  Wiewohl  dies  auch,  ab  gewiasermarsen  hervoigehend  ans  dem  Geiste 
der  jeden  Rückblick  auf  die  Vergangenheit  und  ihr  anbeholfenes  SehafliBn 
verpönenden,  rastlos  vorwärts  strebenden  Epoche  eigentlich  berechtigt  w 


Digitized  by  Google 


Alto  Oraammtrtito  uod  Naftonluarai. 


147 


«dh«Dt|  «0  darf  dooli  dem  Natniftliniitt*  nicht  dai  »Ueinig»  Mcmopol  rnngariLaint 
«erden.   Zwar  gdien  die  Bestrebungen  geg«Dw8rlag  überall  dabin,  dae 

■oninmentale  Stadinm  auf  ein  möglichst  eingebende«  Anschaaen  der  Natar- 
formen  zn  lenken;  die  Erkenntnis,  dass  die  grossen  Slilperioden  der  Kunst, 
die  Antike,  das  Mittelalter  und  die  Renaissance,  einen  weseutlicbeu  Teil  der 
Seh&nheit  and  Eigenart  ibrej  ornamentalen  Motive  der  tieferen  Auffassung 
der  Naiarfonnena|>raebe  in  Terdanken  batten,  IBset  tbataiehlicb  dieses 
naturaliätische  Streben  erklärlich  erecbeinea 

überlieferten  alten  Stile  zu  verwerfen,  wär>^  jedoch  schon  deswegen 
•unpraktisch,  weil  der  Naturalismus,  abgesehen  von  der  notwendig  stilgetreueu 
Aosfahrang  vieler  Auäsiuttuugsgewehe,  nicht  überall  angebracht  ist,  wie 
beiapielsweise  in  den  kircblieben  Parainenton.  Es  liest  neb  immerbin  nicht 
leugnen,  daes  eine  ein&ebe  Übenahme  vnd  Weiterausbildnng  der  bis  anf 
uns  gekommenen  Ornamentstile  unseren  heutigen  Schaffensbestrebungen  allein 
noch  nicht  jene  Ausdrucksfahigkeit  und  Originalität  7.n  gewahren  vermag, 
deren  jede  Kunst«poche  f&r  ihre  besonderen  Bedingungen  und  wechselnden 
Formgednnkem  bedarf,  nnd  wenn  in  allen  Stilperioden  stets  viel  S«di9nes 
:gefnnden  werden  bann,  was  in  neuer  AusfÜhrang  (unter  der  letsteren  f er- 
stehe man  nicht  nur  die  aus<;ere  Form,  Farbe  und  Zeichnung,  sondern  auch 
die  Textur,  d.  i.  die  Bindungsart  und  Webeeffekte)  vorzügliche  Wirkung 
haben  könnte,  so  muss  hier  eben  au  der  Hand  des  Naturstudiunis  die  idea- 
lisierende Beeinflussung  vor  eich  gehen.  Aus  dieeem  Grunde  ist  eine  genaue 
Kenntnis  der  Eigenarten  alier  Mnsterungsweisen  nicht  nnr  vom  nrcbio- 
logischen,  sondern  auch  vom  rein  praktischen  Standpunkte  aus  von  besonderem 
Wert;  zahlreiche  Musterwerke,  Vorlagen,  Museen  und  Privatsammlungen 
bieten  für  ein  derartiges  Studium  auFgiebiges  Material.  Die  stilisierten  Or- 
namente alter  Webekunstperioden  sind  in  neuerer  Zeit  infolge  der  grossen 
Fortsobritte  der  Textilteobniken  leichter  und  verroUkommneter  hersuetelltti« 
sowohl  in  der  den  Stoff  wie  die  Farbe  und  Zeichnung  beherrschenden  Aus- 
führung. TiCtzt^Tc  ist  nun  in  den  Staud  gesetzt.  Kontraste  und  Analogien  des 
Flächengebildes,  d.  i.  der  Biudungsarten,  des  Kolorits  und  der  Musterung 
Auf  das  Vorteilhafteste  auszunützen;  die  alten  Stile  sind  schon  deswegen  vuu 
Wttt,  weil  sie  hDehst  originell  rind  und  sich  in  einer  nneerer  heutigen 
EnnBtBnBeiMnnng  dnrehans  angepassten  Weise  modifizieren  laeeen.  Hieran 
tritt  noch  ein  Umstand  von  besonderem  Reiz,  nämlich  die  Erwägung,  dass  die 
überlieferten  Motive,  als  an  eine  noch  unbeholfene  Textiltechnik  gebunden, 
notwendigerweise  nicht  in  der  von  den  Webekünstlern  beabsichtigten  Idecn- 


Unter  den  nenereo,  auf  die  AnweiraBg  denvn,  wie  die  KatarferaieB  anftafiHMnii 

•ind,  wie  man  am  sicberHtet»  «ur  Erkenntnis  und  ncmitrang  ihres  ornnmentulcri  Go- 
haltea  gelangen  kann,  gerichteten  Vorlugewerkan  Terdienen  die  j^FflanxenformeD,  vor- 
bddliebe  Mepiele  cur  BafObning  in  das  onaneniale  Stodiou  der  maaie*  von 
Meurer,  besondere  Beachtung,  da  ihr  Grundgedanke  sn  der  rilmrfuis  engen  neziebung 
des  techniichen  liatarstndioBui  sa  einer  verständnisinnigen  Auffassung  der  Qberiieferten 
XimetronBea  gipfelt. 


148 


FMUam»  der  OewebMcaamentik. 


reinbelt  ausgeführt  w«nlefi  konnUn,  wodurch  vielfacheEffi^e  Terloren  ging«^ 
die  moderne  Webelniiut  da^0K<-n  üborwinilet  alle  techniaehen  Schwierigkeiten 
spielend  nnd  heherrBcht  sowohl  den  St«>fT,  wie  Zpichuuug  nnd  Kolorit  bis  auf 
das  Gerinfrste.  Als  spricht  nd<  s  Beispiel  dafür,  wie  ausserordentlich  fördernd 
die  Fortschritte  der  Weberei  und  Appretur  auf  die  Musteruugseflfekte  zu  wirken 
Tenn{)geD,  mag  das  MoirienrerfiUireii  dienen:  wie  nneDdlidi  Torteilhafter 
sticht  ein  aus  Tierfflotiven,  z.  ß.  Vögeln,  gebildetes  Ornament  von  einem 
bellen  moirierten  Grunde  ab,  als  vom  platten,  uml  wieviel  Leben  verleiht 
dieser  gleichsam  bewpj^fHchp,  luftige  (iruud  dtiii  ;^of^;uiitcn  Fläelienijehüde! 
Machen  wir  daher  unser  heutiges  Winsen  und  Köuuen  der  Textilteclinikeu 
der  Gewebemiutening  an  Nntsen,  nm  auf  Grand  des  AHuberlieferten  Nene» 
an  achaffen.  Eben  aas  dem  Grande^  daae  man  durchaus  etwas  Originelles 
za  bringen  bestrebt  ist,  vergisst  man,  dem  Altbewährten  i^eniigend  Phit/, 
einzuräumen  nnd  nelwn  dem  Schönen  auch  das  Zwet•k!nii.s^ige  zu  ptir^rcu.  Es 
ist  undenkbar,  dass  einer  oder  mehrere  Omamentküustler  eine  neue  istil- 
riehtung  aafsastellen  TermSehten,  die  dann  voUgiltig  wire.  Dw  Stil,  und. 
im  prilgnantestea  Sinne  der  der  Gewebeomameniilc,  beruht  auf  einem  stetigen 
Wandel  des  Geeehmacka  and  ist  begründet  in  den  grossen  allgemeinen  W'and- 
lungen  der  Kultur;  er  kann  somit  nicht  mit  einem  Male  «rescbuffen  werden  cdcr 
dem  Kopte  Einzelner  eutfipringeu;  audererseits  unterliegt  aber  die  Gewebe- 
ninsierung  luehr,  wie  jede  andereKunsiweise  den  Launen  weehselsUchÜger  Mode 
und  wurd  oft  aar  Sklavin  dner  Terdorbenen  Gesehmadnriehtung.  F8gen  wir 
nodi  hinan,  dass  unsere  heutige  Seidenwebeknnst  nicht  selten  darauf  an- 
gewiesen ist,  nicht  nur  einheimische,  sondern  verschiedene  Völker  mit  ganz 
anderen  Kuustunschauungea  durch  ülierseeische  Märkte  zu  versorgen  und  für 
dieselben  eine  eigene  Musterungsart  zu  übeu,  so  wird  es  klar,  dass  eine 
einheitliche,  allgemeine  Stilweise,  wie  eine  solche  in  früheren  Jahrhunderten, 
auB  dem  Zeitgeist  und  der  technischen  Vollkammaiheii  der  Völker  ent- 
sprungen, in  durchaus  charakteris^i  r'-er  Weise  zum  Ausdruck  gelangte, 
heutzutage  eine  das  Gesamtgehiet  um  lassende,  Terallgemeiuerude  Geltang 
nur  schwierig  uud  langsam  erreichen  kanu. 

Der  allgemeine  Charakter  der  beuteten  Seidrawebekunst  bat  sidi  der 
Zeit  Tollstandig  angepasst;  audi  hier  that  die  Iran^sische  Revolution  das 
ihrige  und  hat  eine  neue  Ära  eröffnet.  T^nter  ihrem  Einfluss  schwand  die 
überschwengliche  Kostbarkeit  uud  bunte  Praclit  der  Seidengewebe,  um  sich 
dem  Geschmack  der  neuen  Kulturströmung,  der  anfangs  jede  Pruukent&l- 
tung  fernstand,  ammpaasen  und  um  einer  strengen  Geradlinigkeit  der  Ennst^^ 
formen,  Terbanden  mit  einem  dorchaos  matten  Kolorit  in  der  Gewebeoma^ 
mentik,  zu  weichen.  Unter  dem  belebenden  Einflass  des  neuen  Jahrhunderts, 
seiner  technisehen  und  künstlerischen  Fortschritte,  hat  alsdann  die  tintnra- 
listische  Richtung  Eingang  gefunden.  Die  Euiwickelnng  der  Farbeuiudustri« 
ermüglichte  es,  die  glänzendsten  T^ne  leicht  darzustellen;  dies  hat  gleich« 
falls  dasn  beigetragen«  dem  Ornament,  das  sieh  vorwiegend  auf  dem  Ge- 
biete des  Pflantentums  bewegte,  einen  natargetrenen  Charakter  an  verleihen» 


Digrtized  by  Google 


ScUlusaUetraobtuug. 


149 


Die  licntigen  Knnstwerke  der  Seidenweberei  gleichen  den  gernalten  Bildern, 
(lleichzeiticr  mit  dit'ser  Strömung  nucli  vorwärts,  ist  auch  eiue  Rückkehr  zur 
frühereu  Kuustepoche  bemerkbar,  und  liunderte  von  stilisierten  Seidengeweben 
werden  absichtlich  mit  den  getreu  wiedergegebenen  Ornamenten  vergangener 
Jabrhandeiie  vemb«n.  In  anderer  Hinsieht  mnnte  die  Seidenindnatrie  gans 
anderen  wirtsebaftlichen  und  socialen  Verhältoitten  Reclnumg  tragen.  Wie 
vor  der  Revolution  die  Seide  in  Europa  gcwissermafsen  diis  privilegierte  B<'- 
kleidonp^material  l)ildete,  so  ist  sie  int  XTX.  Jahrh,  zum  Allgcmeinu'at  ge- 
wordeu.  Die  Kunstweberei  bat  vou  iliren  Truditioueu,  von  jlirvr  künstieriüich 
tonangebenden  Bedeutung  sebmerKlicben  Abschied  nehmen  müssen,  nm  IBr 
die  Znknnfb  in  der  alltäglichen,  fabriksniüssigen  Massen produktion  ange- 
sichts neuer  wirtschaftlicher  Verhältnisse  und  Moderichtungen  Ersatz  zu 
suchen.  Und  wenn  auch  noch  heutzutage  kostbare  go!ddiireh\virlrte  Fagonnes, 
die  Meisterwerke  der  Kunstwel>erei  uud  Ornameutik,  königliche  Brukute 
und  Sammete  erzeugt  werden,  so  gilt  doch  der  MenUerbronoh  der  Seide 
den  einfachen  seidenen  und  halbseidraen  Geweben,  dem  alltigliehen  Konsum. 
Neben  den  Seidengeweben,  deren  Preis  dem  des  Goldes  gleichkommt,  produnerfc 
•man  Stoffe,  deren  Fabrikation  in  den  ah  erziger  Jahren  nm-h  nicht  bekannt  war; 
sie  sind  dem  Aussehen  nach  den  seidenen,  und  im  Prei>je  beinahe  den  baum- 
wolleneu gleich.  Sowohl  iiifolge  der  techuiacben  Yervollkofumnungen ,  wie 
durch  die  Hinznsiehung  massenhafter  Produktion  asiatischer  Rohseide  und 
der  wilden  Seidenarten,  sind  die  Preise  der  Seiden&brikate  derart  gefallen, 
dass  deren  Verbrauch  ein  ganz  allgemeiner  wurde,  und  ist  wohl  anxonehmen, 
4ass  derselbe  auch  fernerhin  sich  noch  weiter  sitiigero  werde. 


Digitized  by  Google 


Bibliographischer  Anhang. 


1.  C^eschiehte  einzelner  Zweige  des  Seideiigewerbes. 

Salmasius  in  Koment.  Tertull.  do  P;»llio.  Lngd.  Bat.  16564 

—  Ezercitatioaes  Fliniasae  in  Solinutu.    Patü  1629. 

—  NTotae  ad  Historia  Angustae  Seriptons.   Farn  1620. 
Johannes  Coleras,  De  ßombyce.    Glessen  168ft. 

Godüfr.  Dan.  Hofftnanni,    OLservationes  cirra  Rorabjces»  Sericnm  et  Mon» 

et  antiquitatam,  historiarum  elc,    Tubingae  1757. 
Nene  Seidenmannfaktar  ete.    hüpüg  1698. 

Betti,  Dissertayione  istorica  mtorno  la  seta  fll  baco  da  ?etn\  Verona  1765. 

Bertholon,  Du  commerce  et  des  manufactures  distinctives  de  la  ville  de  Lyon, 
Montpellier  18S7. 

Lardners  Cabinet  Cyclopaedia,  Silk  manafacture.    London  1831. 

Beaulieu,  L'histoiro  da  commerce,  de  l'indnstrie  et  des  fabriqaee  de  Lyon  de- 
pnis  leur  origine  juäqa'ä  nos  jonrs.    Lyon  1838. 

Cecchetti,  Dell'  introduzione  dell'  arte  della  seta  in  Venetia.    Yaneiua  1866. 

Champion,  Industries  de  l'empire  chinoLs.    Pari«  1869. 

Bacbofen-Merian,  Kurze  Geecbicbte  der  Bandweberei  in  Basel,  zusammen- 
gestellt an«  den  ürkondai.    Basel  1862. 

Dolder,  Die  Fabrikation  von  Seidenstoffen  im  Kanton  Ztlrirh.    Zürich  1S51. 

Grothe,  Bilder  und  Studien  zur  Geschichte  der  Industrie  des  Spinnens  und  We- 
bens etc.    Berlin  1875. 

Grand  Paul,  Notiea  aar  la  falnication  des  dtoffte  de  eoie  ponr  manUea  4  Lyon. 
Lyon  1867. 

Hehn,  Kulturpflanzen  und  Haustliierö  in  ihrem  Übergang  aus  Anien  nach  Grie- 
chenland und  Italien,  sowie  in  das  übrige  Europa.    Berlin  1874. 

BlUmner  und  v.  Sciiorn,  Oeeduobte  des  KDOstgewerbeB.  Bd.  IIL  Die  TexUl' 
kunst.    Leipzig  1885;  8  8. 

Oirand,  Lee  ori^ee  de  la  wie,  eon  bistoire  dies  les  penples  d*Ori«ntt  Lyon  1888.. 

Gli  Incuuabuli  dell' arte  della  seta  in  Verona.    Veneziü  1886, 

Zamboui,  Monografia  del  Setificio  Veronese.    Verona  1885. 

Canestrini,  Llndnstria  della  seta  poitata  inTtaneia  d^li  lialiaai  (Areh.  sto* 
rico  itiiliano  N.  S.  II.  1,  VI.  2). 

Latreille,  Eclaircissemcnt  de  quelques  passage?  d'antenrs  anciens,  relatifa  ä  des 
vers  b  8oie  (Annale«  de»  scieuce«  naturelles.    Pari«  XXUl  (1881J  p.  58 — 84. 

T.  Canwenberghs,  L'industrie  de  la  aoie  Anvers  depnis  1582  jnaqii^lk  noa 
jonrs  (Bnll.  de  la  Soo.  royale  de  giSogr.  d'AnTsn  1887,  p.  105—146). 


Aibliognphia  lum  L  Abtteluitt. 


151 


Grothe,  Die  Gesch.  der  Seidenzucbi  vu3i  der  Sddeiuiwnafikktnr  (DttuUcbe  Viertal- 

jahrsschritt  18G4,  S.  -14-120). 
AVolowski,  Sur  l  introdiKtion  de  rindustrie  de  la  ooie  en  France  (Compt.  rend. 

de  l'Ac.  Sc.  XXXIV,  33  flF.). 
Rosa,  Histoire  de  la  culture  des  vers  n  soie  cn  Europe  (Jonrn.  de  TAf^iic  1870). 
Ott,  üisioriMbes  Uber  die  äeidenzacbt  in  Amerika  (Wiecks  Deutsche  illu&tr. 

Gewerbeitg.  1870). 

Swfiyno,  The  silk  culture  in  England  (The  technical  lopositöry  by  GiU|  1,9). 
Quatrefages,  Essai  sor  Tbistoire  de  la  sericolture,  Paris  1860. 
Dnseigneur,  L^bistoii«  des  tnugformatioDi  du  copon  du  Tcr  k  toit  du  XTI* 

»itele  aa  XIX*  si&da.  1867. 
Cobb,  Manafoctaring  indnstries,  Silk. 

Donot,  £tade  historiqne  üur  les  origines  Ue  la  fubrication  den  rubau&,  des  la- 

eeta  eio.    Lyon  1889. 
Oreef,  Mitth.  Uber  dir>  Iav^b  der  deut^clu-n  Halbsetdenindnitrie.  Vi«neil  1885. 
Cluguet,  G^raphie  de  la  soie.    Lyon  1877. 
Do  Gatparin,  ffistoire  de  llntrodnction  da  ver  ä  Boie. 
Hedde,  Fpbemerides  de  la  production  de  la  lOie» 
Liotard,  Memorandum  on  Silk  in  India. 
Lomönie,  Mömoire»  aar  les  Ten  k  soie. 

Morand,  La  fabriqm  lyonoaiM  de  soierics  et  rindnetrie  de  I»  loie  eu  Fnuiee 

1789-1889. 

Rondot,  L'iodiuitrie  de  la  soie  en  France.    Lyon  1894. 

Pinchetti,  L'indiuiria  ddla  aeta  ml  finira  del  secolo  XIX.    Cono  1894. 

Storck  et  Martin,  Lindusfric  de  la  Boie  ä  traven  lea  Age«.    Lyon  k  VEx- 

poutioQ  universelle  de  1889.    Paris  1890. 
Parieet,  Les  indostcies  de  la  «oie.   Lyon  1890. 

8e1inioUer,  Die  prenn.  Seideniodustrie  in  XVIII.  Jahrb.    MOneben  1892. 

2.  Geschlclito  d«s  Seidenluindels. 

Fagriini,  Deila  dtcima,  della  moMta  e  della  mercatnra  de*  liorentini  fino  al 

äecolo  XVI.    Lnccu  1765  RR. 
Fiseher,  Geschichte  .des  teutscben  tiandels,  Hannover  1793,  1875. 
'^Lüdersott,  Origin  of  oommeree  ete.    London  1801. 

Jackson,  Roflrctions  on  tho  commerce  of  Ihe  Meditcrranenn.    London  1804. 
UUllmanu,  Gesch.  des  byzantinischen  Handels  bis  zu  Ende  der  Kreuzzflge. 

Frankfart  a.  0.  1808. 
Morean,  Hise  and  progress  of  tbe  silk  trade  tu  Eogia&d  from  tb«  earliest  pe- 

riod  to  tbe  present  time.    London  1826. 
Nischwitz,  Handels-  und  Indnstriegeschichte  von  der  älteren  Zeit  bis  auf  unsere 

Tage.    Leipzig  1855. 
Kiesselbach,  Der  Hang  des  Welthaiideli-  etc.  im  Mittelalter.   Sttittfrnrt  1860. 
Dngewitter,  Gesch.  des  Handels,  der  Industrie  und  Schifffahrt  von  den  Ulteste]^ 

Zeiten  Ue  auf  die  Gegenwart.  Leipiig  s.  a. 
Handelsstatisttk  der  Vertragshiifen  Chinas.  1888—72. 
China  imperial  maritime  cottoms.  Silk.  8  ser. 

POblmann,  Die  Wirtadiafbpofittk  der  Florentiner  Benaiisuiee.  Leipaig  1678. 

Ri  eilt  er.  Handel  und  Verkehr  der  wicbtigvten  V6lkw  dM  Mittelmeere»  im 
Altertbume.    Leipzig  1886. 


Digrtized  by  Google 


l.>2 


HibUograjihie  zum  I.  AUschnilt. 


Uondot,  Lft  commerce,  rindnsJri--  <  (  1.«  prix  flrs  mati^res  lextilei.  Pari«  1880. 
s^liiitb,  China  and  tbe  Roman  Orient.    Leipzig  ibüb. 

9.  Altertümer,  Eostfimkande,  6ewe1i«uiiiiiilaiig«ii« 

Bock,  Catalo^^ns  pannalomin  bolosencoram  textora  et  antiqoitate  memorabilium. 

Colo&iac  1809. 
Otte,  Handbuch  der  christlichen  KunstarchHolojne. 

Oci^'f>r,  Notizen  Uber  den  Stoff,  Gestalt  nnd  GrCsM  der  hL  Qerätbe  und  Oe« 

wiinder. 

^Pagiut  Glossaiy  of  eeelesiaKlieal  Ornament  and  Co»tnme,  rer.  von  Smith. 
Schmidt,  KirehenmSbel  und  Utensilien  aas  dem  Mittelalter  nnd  der  Renaimnoe. 

Trier  1851. 

Beek  er  nnd  v.  Hefner- Alteneok,  Knnitwerke  nnd  Gkrliliaebartctt  des  Mittel- 

alterg  und  der  lienaissnnce.     Frankfurt  185'2. 
Bock,  Heli()uienM*batz  des  Liebfranenniflnsters  zu  Aachen. 

—  Karls  des  Grossen  l'lal/.kapelle  und  ihre  Kunsfschfitze.    Aachen  1866. 
Falke,  Die  deutsche  Trachten-  und  Modenwelt. 

Floss,  Gesch.  N.n  hili  hteu  über  die  Aaclieiier  AlterthUmer. 
Waagen,  Vornehmste  Kunsldenkiuäter  in  Wien,  II.  406. 
Jaqnemin,  leonograpfaie  dn  Coatame  da  4"^  an  19*^  sitele. 
Malliot  und  Martin,  Gallerie  der  Sitten,  Gcrllt^rhaften  n.  s.  f.  der  vornehmsten 
Vülker  des  Alteribbms  und  der  Franzosen  bis  auf  da»  XVII.  Jabrb.  (Cbers.) 
Siegel,  Handbncb  der  ehristl.  AltertbQmer. 
Wagner,  Trachtenbuch  des  Mittelalter». 

Weiss,  Ko^tümkunde,  Ge$eh.  der  Trachten  und  des  Gertttbes  im  Mittelalter  TOm 

IV.  hk  zum  XIV.  Jahrh.    Stuttgart  1881—83. 
Bock,  Goldstickerei«>n  und  •Webereien  alter  nnd  nener  Zeit.    Nürnberg  1884. 
Pab.st,  Die  Saimtiinnrf^n  fics  Knn-tr^owerbpmnFPnnis  zu  Berlin.    Tiei]i/ig  1884. 
Essenwein,  Krnist-  und  kulturgeschichtliche  Denkmale  des  Germanischen  Ma- 

ücnalronsennie.    Leipzig  1877. 
Robin;^on,  ICasitiii  carpet«.    London  1882. 
Laäson,  Indische  AJtertbumskunde,  I,  317—  322. 
Marquardt,  BSmiscbe  PriTataUeHhOmer,  II,  85 — 159. 
Hinz,  Die  Schatzkammer  der  Marienkirche  zu  Dan/ig.    Danzij;  1870. 
Aii>^'ni  Wccrth,  KunstdenkmOler  des  Mittelalters  in  den  Kheinlanden,  Bd.  III. 
Karabaeek,  Katalog  der  Theodor  Grafscfaui  Funde  in  Ägypten.   Wien  1883. 

—  Die  Tb.  Orafsefaen  Funde  in  Ägypten  «tc,  die  textllen  Grtberfnnde. 
Wien 

Longperier,  Le  Must5e  Napoleon  III.    Faris  1864. 

Riegl,  Die  «gjptiscben  Teztilfitnde  im  k.  k.  Seterreich.  Museum.    Wien  1889. 

Gersl.ach,  Lea  tappisseries  coptes.    Paris  1890. 

Forrer,   Die  frtibcbristlichen  Altertbümer  ans  dem  Gräberfelde  von  Aebmim" 
Panopolis,  nebet  analogen  unedirten  Fanden  ans  K6ln  etc.  Strasburg  1893. 

—  Hein  Besuch  in  EI-Achmim,  Rcisebriefe  aus  Ägypten.    Strassbnrg  1895. 

—  Versuch  einer  Classißcalinn  der  antik-koptischen  Textilfonde.  Stnmb.  1889. 
Klein,  Handbuch  der  germanischen  AUertbum»kande. 

Saeken,  Über  die  logenaanten  burgnadiaehen  Kirdiengewlader  in  der  K.  K. , 
Schnt/.kammer  an  Wien«  in  HtltheÜ.  der  K.  K.  CeniralkommiMion,  1868i 
Maiheft. 


Digitized  by  C'oogle 


Bibliographie  tum  1.  Abschnitt, 


Es^en^eist  SiAtklassisebe  Seidengeweb«  im  Aiudger  d«s  Germwi.  Natioiwl- 

maseumi.    II.  8.  9. 
Cabier  n.  H«rtiii,  M^get  d'Ard)«ologie,  II,  PI.  X  €.  (Ober  di«  Seidentflober 

aas  dem  Grabscbreine  Karls  des  Oro-srn  zu  Aachen). 
FlosB,  Aachener  Heiligthamer,  p.  190  (Ub«r  dia  ätoffraate  in  der  Sakristei  des 
Aachener  Domes). 

Bock,  Organ  (Br  cbriitl.  Kunst,  1864«  p.  175,  285  (aber  dia  Oewebe  an«  dam 

Dreikönigenschrein  zu  Köln). 
Mitth.  der  aotiquar.  Oesell&cbaft  iu  Zürich,  Dd.  XL  1.  7  (Uber  die  ßeliquien 

des  Domes  m  (Jhar). 
de  Lin:i^.  Mdmoiree  Im  b  la  Sorbonne  an  186Ö  (aber  die  BeliqniaiicobitM  von 

Verdun). 

Stabe!,  Über  altpemaniadie  Oawebemntter.    Dresden  1888. 
Armbruster,  Sptfeimena  des  aoieries  et  tinae  faisant  partie  dea  oollectioas  da 
Uaa&o  Lyoonaü.    Paria  1890. 

KiMiMiiMaifttie 

Der  Mansteraehats  m  Aaohen  bemtzt  »Uilreiebe  Oewebe  aas  dem  VIII. — XV. 

Jahrb. 

Die  Marienkircbe  m  Daniug  verwahrt  ägyptische  OrigioalgeweLe  uad  ihre  nord* 
itafienMCben  Nacbabmnngen  ans  dar  ersten  HiÜfte  des  XIV.  Jabrb.,  palermi- 

tanipcbe,  Ir.ccho^isrlie  und  norditalienische  Stoffe  aus  ili  in  XIII. — -XV.  Jabrb. 
Citer  der  ehem.  Domkircbe  zu  Halberstadt,  XI. — XV.  Jabrb. 
Dom  CQ  Brandenburg,  Sammele,  XIII. — ^XV.  Jahrb. 

8k.  Servatius- Kirche,  ebem.  Stiflskircbe  »IIittMer  Lieben  Ftran"  an  Haeetrieht, 

mittelalterliche  Stoffp. 
Ebem.  Stiftskirche  zu  Tongeru  (Ltulgieu). 

Kirehe  der  <3alandsbrOder  zn  Stralsund,  norditalienische  Qewebe. 

Domschatz  zu  Humber;,',  Pur]turstoffe  niid  Goldstickereien  dee  XI.  Jahrb.*}* 

Dom  zu  Kegensburg,  orientalische,  altägjptische  Qewebe. 

Dom  von  St.  Veit  zn  Prag,  mittelalterlicha  StoSb. 

Pfarrkirche  zu  Cornelyniün-tcr  lici  Aachen,  genuesische  Stoße. 

Sakristei  der  Pfarrkirche  zu  Siegbnrg,  byzantinische  Stoffe,  X. — XII.  Jahrh. 

Ebem.  Stiftskirche  des  hl.  Victor  zu  Xanten  am  Niederrhein,  XIV. — ^XV.  Jahrb. 

DiOoese  Munster'). 

Dom  7u  I^rixeii  frirol),  byzantinische  und  mittelalterlioha  Qawebe, 

Dom  zu  Augsburg,  orientalische  Stoffe. 

SehlosskapeUe  an  Ascboiffmbnrg. 

Dom  zu  Hildesheim,  XVII.—XVIII.  Jahrb. 

Dom  zu  Mainz,  XVL— XVIII.  Jahrb. 

Abtaildrehe  St.  Jobann  Baptist  zu  Burtscheid  b«i  Aaeben,  vaneiianiseha  Stoflb 

des  XIV.    XV.  Jahrb. 
iSiem.  Abtei  Michelsbarg  zu  Bamberg. 


*)  V.  SL'hulz.c,  Vfldsiebnis  von  (^naneai-  und  Vorlagavarkcn  für  die  Teztü- 
industrie.    Berlin  1886. 

*)  Book,  Die  Kleinodien  des  heiUge»  tOmiseben  Reiches  deatsdisr  Nation.  Wien 

1864. 

*)  Katalog  der  AnssteUnng  wastphilisdiar  AltertbOmer  ond  Knaststsengnisse, 
Monster,  Joai  1879. 


151 


Bibliographie  cum  I.  Abtehaitt 


Abtei  zu  BeD<dictbeom  (Oberbayem),  vidfkrbiger  Parparstoff  mit  Samaoa  ond 

Löwen. 

Ehem.  Abteikircbe  za  Braoweiler,  XII.  Jahrb. 
Haupt pfiirrkircbo  St.  Columba  zn  0"ln  a.  Rh.,  XV.  Jahrb. 
Stiftskirche  zu  FUsseo  bei  Hobeoscbwangau,  orientalifiche  ätoffe. 
PAmrkirdM  St.  Stephan  m  Maiiu,  XL  Jabrli. 

Dom  zu  Metz,  hoclinthfl«  tafratiniieb«»  ParpnrgeiralM  TOm  Kaiaennaiital  Kurls 

des  Oroesen. 
AVtmlcirehe  m  Iburg,  DiBcMe  OraBbrOflk. 

Sakristei  der  ehem.  SLi^.^ki^(:hc  zu  Maaseyk. 

Kirche  sa  Haaaelt  (Belgien),  Ljroner  Gewebe  des  XVL — XVIII.  Jehrh. 


Dos  KQiuglidie  Kanatgewerbemmenm  tu  Beriin  Iweitit  die  uiwireitigr  reieh- 

haltigste,  ca.  10  000  Nummern  umfassende  Sammlung  der  FeidengeweLe  aus 
dem  IV.^ — XIX.  Jahrb.,  die  zum  grössten  Teil  der  Thfitigkeit  Prof.  Lessings 
zn  verdankea  ibt.  Den  Uaapt£cbatz  bilden  die  frühmittelalterlichen  Biofh  tor 
dem  ErblOheiii  der  Webereien  in  Ägjpieti  und  Sicilien :  während  das  eine  and 
das  andere  Museum  dtivnn  itnr  vertin/elte  Sttlcke  besitzt,  finden  sich  hier 
handerte  z.  T.  vonOglicb  erhaltene  Muster.  Überaus  zahlreich  sind  die  ara- 
Inadien  Sadengewebe  venebiedener  Perioden  und  ihi«  itaKenisdien  Naeh- 
abrouDgen ,  meist  in  grossen  Stücken  vertrftcn,  cVit'nso  die  italienischen  des 
XV.  und  XVI.  Jahrb.  Grössere  Grappen  bilden  die  chinesischen  andjapani* 
sehen  Stoffe,  denen  sich  kostbare  Stiokereien  nnd  oiientalisehe  Tepptdie  an- 
reihen. 

Das  Sonth- Kensington  Museum  zu  London  enthalt  die  zweitgrösste  Sammlung 
meist  der  Zeitepoche  vom  X.  bis  XVIII.  .iahih.  angehörenden  Seidenstoffe. 

Königliche  Gewebesammlun^'  /.n  Crofeld  um&sst  ca.  5000  Emmplan  ans  der 
Zeitepoche  vom  XL  bis  XVI IT.  Jahrb. 

Teztilsammlang  im  BörsenpalaLs  zu  Lyon. 

E.  K.  Oewebesamnlanf^  ta  Wien. 

Must'e  pour  r.\rt  et  rindustiif  zu  Paris. 

Bayerisches  Kunstgewerbemuseam  zu  NQmberg  entbilt  mittelalterlicbe  und  Ke- 
naiisaneegewebe. 

Oermanisi  h«  s  Xationalmu^eum  7.u  Nürnberg.  Hier  befindet  sich  ein  Bruchstück 
des  mehrt'uch  er^viihnten  tpSf innii.schcn  Seidenp»»webtH  (V.  VI.  Jahrb.),  Gla- 
diatoren oder  Samson  im  Kampfe  mit  Löwen  darälelieud,  dann  ein  sassani- 
discbes  Gewebe  (VI._vn.  Jahrh.)  mit  Strannen  an  Palmb&amen,  streifsn- 
wolse  in  buiift-n  Faibon  anssfeftlhrt.  Clewebe  mit  Papageien,  Löwen  aus  dem 
IX.  Jahrb.,  orientalische  Stoüe  mit  stehenden  Drachen  (XIII.  Jabrb.)  and  viele 
andere  Seidenteztüicn  der  Zeiiperiode  XIV.— XVL  Jahrb. 

Klm.-^t^rewerl)CIllllscuul  zu  Dresden,  meist  italienische  Mwier. 

Uerzoglicbes  Museam  za  Braunschweig. 

Ifaseom  fClr  Knnst  und  Tndastrie  zu  Rom. 

Stidtisches  Museam  an  Bologna. 

Pnermondt-Miisenm  7.n  Aachen,  XII.    XVllL  Jahrh. 
Museum  schleüiacher  Altertümer  zu  Breslau. 
Kunstgewerbemaseam  zn  Leipzig. 
Teztilsammlang  im  Hrttel  Chliiy  zn  Paris. 

Toztilsammlaog  der  Webeschule  zu  ZUricb,  italienische,  Benaissance  a.  Lioais  XIV. 


• 


Lungen. 


Biblio^phie  zum  L  AbKbnitt. 


165 


M''£eum  von  Castle  zu  Nottingham  (Spitzergewebe). 

Erzbiscböfliohes  Jüaseam  m  Cölu  a.  Bb.,  mittelslterlicbe  Gewebe. 

TttEtHnnunfaiiig  d«r  Chonhenogl.  Centnüstelle  ilUr  Oewerlw  in  Dtrinrtadl. 

Mnseam  ttm  Porte  de  Hai  zu  Hi  U.^sel,  I^onar  Oew«1>e  des  XVIL — ^XVIII.  Jahrh. 

Gewerbemnsenm  rn  Düsseldorf,  Uenaissancegewebe. 

Sammlung  der  Kuostgewerbeficbole  zu  Frankfurt  a.  M. 

HambargMchee  Mneeuoi  fttr  Kunst  nnd  Gewerbe. 

Pfalzischfs  Gewerln'ii)u«enm  zu  Kaiserslautern. 

TextilsammluDg  des  Kunstgewerbevereins  zu  Karlsruhe. 

KBnigL  Maximilianeam  m  Mflnohen,  XII. — ^XIII.  Jabrb. 

HischöBicbes  Museum  zu  Münster. 

Biscböflicbea  Moseom  zu  Trier. 

NordbShmiaefaeB  Oewerbemuseum  zu  Reicbenberg  i.  B. 
Stttdtiscbes  MuMOin  /u  Miuuliester. 

Gewerljemuneum  zu  Edinburgh.  —  Gewerbemtuenm  xa  Dablin. 

Mosde  du  Louvre  zu  Pari«. 

Teitflnmseam  ni  Ftorein,  XIY. — ^XVin.  Jafarli. 

Museum  Poldi  Peizoli  zu  Mailand,  spHtitalieniFche  Gewebe. 
Kunstgewerbemuseum  zu  Turin,  mittelalterlicbe  Stoße. 
Hiatoriaehee  Museum  m  Bern. 

Kunst-  und  Gowcrbpuiuseum  zu  Genf. 

Auch  7.ahlreicbe  Privati^ammlungcn  sind  vorhanden,   worüber  meistens  MoDO" 
gra()bien  veröffentlicht  worden  sind,  auf  die  wir  vei  wuiscu. 

4.  Allgemeine  OoscUeiite  der  Kaltnr  und  bewerbe. 

Lancellotti,  l'Hoggidi  ovvero  II  inondo  dt.    VLtitv.iii  IHSG.    IT.  lüT. 
Meister,  Beiträge  zur  Qescbichte  der  Künste  und  Gewerbe.    Zliricb  1774. 
Bftwliuson,  Tbe  fiw  greet  monarobies  cf  tlie  sneient  eostem  worUL  London 

1862—67. 

P()l)pe,  GKScbicbte  aller  Erfindungen  eto.  von  den  frühesten  Zeiten  bis  «nf 

um^ere  Tage.    Stuttgart  1h;}7. 
Meseher,  Das  dentsehe  Oewerbeweeen  Ton  der  frShesten  Zeit  bis  auf  die  Oegeii<- 

wart.     Potbiliun  1866. 
Kiegl,  Die  Textilkunst    Berlin  1Ü93. 

Berlepsch,  Dentsohes  StKdtewesen  nnd  Bttrgertbnm  in  Besiehuig  an  den  Oe- 

werken  und  deren  Innungen. 
Hüll  mann,  Städtewesen  des  Mittelalters. 
Klein,  Kalturgeschicbte  des  christlichen  Europas. 

Schräder,  Allgemeine  Chronik  der  Handwerke,  Zünfte  nnd  InnnngSII. 
Marquardt,  Das  Privatlt-ben  der  Puiner,  II.  477. 

BlQmner,  Technologie  und  Terminologie  der  Gewerbe  und  Künste  bei  Griechen 

nnd  BOmem.    Leiinig  1B75/87. 
Da.^  KunRfgcwerbp  im  .\lterthuTTi.     Leipzig  If^R.'i. 
Darcel,  Lea  arte  industriels  du  mojen  &ge  en  Allemagne.    Paris  1863. 
Labarte,  Hiittnre  des  arte  indnstrids  an  moyen  &ge  et  h  T^poque  de  la  re- 

naissance.    Paris  1864  —66. 
Bücher,  Geschichte  der  technischen  Künste.    Stuttgart  und  Berlin  1875 — 86. 
Karmarscb,   Geschichte  der  Technologie  seit  der  Mitte  des  XVIIl.  Jahrb. 

München  1872. 
Bonrdean,  Histoire  des  aria  utile«.   Paris  1884 — 98. 


156 


Bibliographie  zum  1.  Abscbnitt. 


Poppe,  GesclÜL'lite  der  Techaolor^ie  soit  der  Wiederlierstellung  der  WiiMBiolMf* 
ten  bie  an  das  Ende  des  XVII  .  Jahrb.    Güttingen  1Ö07 — 10. 

Trantmann,  KuMt*  ttiid  KiiiiKtg«werT>e  vom  frflbesten  Bfittelalter  Via  Sud«  d« 
XVIII.  Jahrh.    Nörtllingen  1869. 

filümnor,  Die  geiworUicbe  TbAtigkeit  der  VGlker  des  kla«8uoben  AlterUmma. 

Leipzig  laeö. 

Bttebeeitechfltz,  Die  Hanptattttten  des  G«werbefleiase8  im  UB8tiwb«i  Alter> 

thnm.    Leipzig  1869. 
Beblen,  Geschichte  der  Gewerbe.    Leipzig  1855.  c 

Poppe,  ÄIphabetiBch  -  cbroDologiscbe  Übenicbt  der  Erfittdnngea  etc.  Fmk- 

furt  1881. 

T.  Scherzer,  Die  AnfAnge  menschlicher  Industrie.    Berlin  188.'). 

Cochausen,  Das  Spinnen  and  Weben  bei  den  Alten.    Aachen  188 1> 
TN  senthal,  Litteratur  «ler  Tedm'  lijune.    Berlin  1795. 
Thcile,  Bibliothek  der  Technologie,    liclii/if  '  ^  '  7. 

Gracklauer,  Verzeichniss  säuiuitlicher  Scbtuun  über  Oewerbelitteratur  etc. 
Leipdg  1881. 

Bleuuatd.  Hi'-toire  g<5n6rale  do  l'indnstrie.    Paris  1'<04. 
ComptcB  rcnduä  de  TExposition  universeilo  de  Iblü.    Paris  1879.    Bd.  23. 
Leonorif  Le  indnstri«  itttlüme  alla  eeposidone  natioDale  di  Mtiuio  sei  1881. 
Roma  1882. 

Ksposizione  generale  italiana  di  Torino  1884.    Milane  18Ö6/88. 
Colonial  and  Indian  Exhibition  1886.    London  1886. 
Sitter,  Erdkunde,  VIII.  679—710. 
MoTers,  Phönkier,  II.  3,  1  p.  263  ff. 

Ouiffrej,  MQntz,  Pincbart  &  Vidal,  L'histoire  g^ndrale  de  la  tapieserie. 
Ftoi»  1878  ff. 

Ueierli,  Die  Anfänge  der  Weberei,  im  Auie^r  ftlr  MbweiMtiselie  Altertbams- 

künde.    V.  423,  455. 
Palke,  Über  Weberei-iind  Stickerei  bei  den  Alten  vom  SUndpnnkt  der  Kiwitt 

in      Ltttsowi  Zeitsebrift  für  bildende  Knnet,  III.       H.  8.  4. 

6.  IMe  Sttllelire  nad  Ornamentik. 

Lobke,  KuBstgeecbiebte. 

Burt\',  Cbefs-d'ii'uvre  d&a  ariä  imluslrielH.  Paris. 
Uoffmann,  Les  arts  et  rindustrie.    Paris  1854. 
Dnyioud»  L*ait  et  rindnstrie.    Parie  1874. 
Fenchöre,  L'art  industricl.     Paris  1857. 

WvnM,,  The  indnsfrial  arte  of  the  ninctoentli  cctifnry.  London. 
V.  Fiilkti,  Ge«ch.  dö6  dentschen  Kuiibtge werbe».    Berlin  1888. 
Oirnnd,  Lea  indnstriee  d'ert  k  hyoa.    Lyon  1890. 
Riegl,  Stilfragen.    Herlin  1893. 
Gbampeaux,  Les  arts  du  tissu.    Paris  1891. 
y.  Fatlke,  Geaebicilite  dee  raodeitien  Ckechmackg.   Leipzig  1886. 
Heero,  Stillebre  für  da.n  Kun>>t)^'ewerbe.    Berlin  1808. 
Honaix,  Lts  styles.    Paris  1886. 

Gaillaume,  L'histoire  de  Part  et  de  Pomement.    Paris  1886. 
Bonllemier  &.  Develly,  Ornements  de  difft^rents  stjles.    Paris  1885> 
Metsmncher»  Portefeuille  bistortque  de  romement.   Paris  1842. 


Digitized  by  Google 


Biblugmphie 


I.  Abtehaitt. 


157 


Sailen) hier,  PrinetpM  d*onMin«iits.  Pkrit. 

Zahn,  OnMm«iit«  aller  klattifleben  Kuiittepoebe».  Berlin  1882— 4&,  1858  und 

1870. 

Li^vre,  Lea  arts  d^rattfc  k  tontM  Iw  <poqQM»    Fkcis  18(8. 

Wornam,  Analjsis  of  ornatnent.   An  mtrodootioii  to  the  «tndj  of  the  hutovy 

of  ornatnental  art.    London  1882. 
Jones,  The  Grammar  of  ornatnent.    London'  1856. 

—  Gianini;itik  der  Oruamente.    Leipzig  1865. 
Kanit/,  Kiitecliistmis  der  Ornamentik.    Leipzig  1870. 
Fiscbbach,  Ornamente  der  Gewebe.    Hanau  1874. 
Dnponi  d'Avberville,  L*oni«m«ntB  dM  tiaans.   Paris  1877. 

Schulze,  Über  (lewebemu.^tcr  früherer  .Talirhnnderte.     Lr-ipzig  1893. 

—  History  and  developmeut  of  pattem  designing  in  textiles.    London  1893. 
Meyer,  Handbuch  d«r  Omame&tik.    Leipzig  1888. 

Hnlme,  The  birth  and  development  of  ornainent,    London  1898* 
Shftw,  The  Encyclopaedia  of  ornanient.     London  1^42, 
Chel'si-d' Oeuvre  de  l'art  antique.    Pariüi,  Levy,  18Ö7. 
6«n  and  Gaiidy,  Pompeiana.   London  1824— 8S. 
Leconte,  Mt^langes  d'ornemcntn  divers.    Paris  1888» 
Engelhoru,  Fiacbomamente,  Stutt|^art. 

Baeinot,  Bas  polychrome  Ornament,  fiben.      Reinhardt  n.  MeokUabnrg. 


Cbenavard,  Album  de  rornemanisie. 

Javet,  Dessin  industriel. 

Christy,  Motifs  des  döcorationB  nsnett«. 

Dresscr,  Studie-s  in  dej^ign. 
Plaquet,  (Jompositiooä  döcoratives. 
Han,  Ck>m|Kwition8  omenentales. 
Prignot,  La  lenture  moderne. 
Bey,  Choiz  de  compositiou». 

Uartln,  Riester  fte.,  Omements  tir^  des  qnatre  deolaa. 

Um<5,  L'art  döcoratif  (XV.— XVIII.  Jahrh;). 

Polisch,  Dekorationen. 

—  Nene  Dekoratiom>motivc. 
Loir,  Ornamente. 

Beunat,  Recueil  de  dessins,  d'ornemente  etc.  Paris. 
Boetticher,  Omamentenscbule,  Berlin  1888  sq. 
Bratin,  Reeneil  de  dessins.    Paris  1842. 
Cbenavard,  Kccucil  de  dessins,  Paris. 

—  Nouveau  recueU  de  d^rations.    Paris  1885. 

—  Album  de  romemaalBte.   Pnris  1845. 
Hilaire-Guesnu,  Nonveau  recueil  d'omement^.    Puri.s  1841. 
Jrc(j}i-»  lüU,  Dif!  Grammatik  der  Ornamente.    Berlin  1874. 

' —  Oruaaieatale  ötndien.    Berlin  1883. 
Kolb,  Der  Omauentrasehats.   Stattgart  1888. 
Leconte,  .\lbum  de  l'ornemaniste.    Paris  1886. 

—  M^langes  d'ornements  divers.    Paris  1838. 

▼.  Maneb,  KbssiBohe  Vemerungen.   Berlin  1887. 

Jouhort  do  l'Hiberderie,  Le  dessinateor  ponr  les  labriques  d'dtofles  d*or« 
d'argent  et  de  soie.    Paris  1765. 


2  Serien. 


168  BibUograpbi«  nun  L  Abaohoitt 

Cravant  et  Dessaif^ne,  lupintiana  dn  deMinateiir  d«^  &briqiiM.  Futl. 

r>ay,  Tnstances  of  acccssory  art. 

Lienard,  Specimens  der  Decoration  nnd  Ornamentik  im  XIX.  Jabrh. 
—  Oraftmentale  Entwflrfe  und  Motive. 
Peqaegnot,  Vieilles  dteontioBi. 
Petit,  Motifi»  Tarifs. 

Rfljebeand  &  Oy  ex,  Album  du  dessinatear. 

O.  ßoetticher,  Originalkompositionen  zu  Flacbmufitem.    DiMdoi  1877/76. 
Andel,  Das  polychrome  Flachomament.    Wien  1840. 
Uerdtle,  Biermann  u.  Kolb,  Schule  des  Musterzeichnen. 
Kolb  II.  H5gg,  VorbUder  für  das  Ornamantaeiobneiu 
Meyer,  Ornamentnle  Portnenlebre. 
Petit,  Üollection  de  dessins  d'omements.  Paris. 
Ploek»  Ornamente  im  nenen  Stil.    Karlntdie  18&S. 
Poppe,  Sammlung  von  OrDamentcn.    Berlin  1845. 
Kacinet  n.  Reinhardt,  Das  i).ilychromo  Ornament.    Stattgaii  1880. 
T.  Zahn,  Vorlagen  für  Ornaaitsnimaierei.    Leipzig  1873. 
ThtlrlemaBii,  270  ori|pnalla  Daeoratioosmottv«  aus  allen  Knnstspodbea.  Ztt* 
rieh  1889. 

Ungewitter,  Sammlung  mittelalterlicher  Ornamentik  in  gascbichtlicber  und 

qrstematiMher  Anordnimg^.    Leipag  1866. 
Hoideloff  u.  Giirgel,  Die  Ornaiuentik  des  Mittelalters.    Nürnberg  1888. 
HSfling  u.  Merckel,  Die  Kanat«  des  Mittelalten.    Bonn  1857—62. 
Drabam,  GeometiisiA«  Ornamente  fBr  di«  Zweck«  der  FllefaeodeooratioB,  mit 

besonderer  Berflcksishti^ng  der  Teztilindostri«.    Wien  1888. 
Herdtie.  Flachornamcntc,    Wien  1892. 

Fisühbach,  Stilistische  Flachornamente,  entlehnt  den  Sammlungen  des  K.  K. 
Seterr.  Ifttseoms  iQr  Kunst  vnd  Industrie.   Wien  1866. 

Christiansen,  Neue  Flachornamente.    Altona  1892. 

£genolff,  Modelbacb  aller  Art  Nehewerks  und  Stiokens,  Frankenfort  am  MaTtt. 
Nene  Aull.    FkcnmU»  1880. 

Graff,  Schtilerarbeiten  der  K.  Kunstgewerbeschule  zu  Dresden.    V.  Abtb. 
Alte  kunstgewerbliche  Arbeiten  der  Leipz.  Kunstgewerbe- Ausstellung  1879. 
Pbotogr.  Aufnahmen  aus  der  Dresdener  Ausstellung  alter  kunstgewerblicher  Ar> 
beiten.    VII.  Abth. 

Lessing,  Altorientalinobe  Teppichmaster  naob  Bildern  und  Origioalen  des  XV. 

bis  XVI.  Jahrh.    Berlin  1877. 
Robinson,  Eastem  Oarpets. 
Les  c-toffes  anciennes.   8  Serien.    186  Tafsln. 
Le  mus<Se  de  Milan. 
Le  miiaäe  de  Mnnich. 

Darcel  &  Guichard,  Les  tapisaeries  döcoratiTSS  da  Garde  Meuble.  Gobelins. 
Sammlung  Ongonia  (Stiokereten,  Brttsseler  Spitien«  —  L'art  ancien  k  l'Exp.  de 

Bruxelles  1884). 
Dentelles  anciennes. 

Sammlung  von  Sjritzenmustern. 

Cahier  &  Martin,  Suite  aux  m^langes  d'Arcb^logie  (vgL  Abth.  3). 
Ornamente,  geieidiBet  von  Heinrieh  Aldegrever  1508 — 1586. 
Quentel,  Musterbuch  ft}r  Ornament*  und  Stiekmostsr.  1587. 
Fiechbacb,  Albam  für  SiickereL 


Digrtized  by  Google 


Bibliogr»phi«  snm  I.  Abwliiiiti 


159 


Hirtli»  Albam  fttr  Frmneoarbeit. 

Antonini,  Manuale  di  Tui  onuMBcati  tratti  dalle  fiibbrklM  •  fbtmnwti  antiehi. 

Roma  178i— 90. 
Boneli«t,  ConipositioBB  aotiqoM.    Piris  1851. 
Bnssler,  Verzierungen  aus  dem  Altorthttni«^    B«rliil  1B05, 

Guichard,  Lea  i\mm  anciens. 

Clerget  &  Mariel,  Encyclopddie  univer^^eUe  d'oraemenU  etc.  Paris. 
Ewald,  Farbige  Dekorationen  alier  und  n«iier  Zeit  Berlin. 
8mith,  A  eoUection  of  onuunentnl  dengne  afler  ibe  aMumer  of  the  entiqne. 
IioodoQ. 

Magaszari,  Raeoolte  de*  pin  weHi  omati  epani  per  la  citU  di  Bologna.  Bo<- 

logna  182". 

Trseschtik,  Katechismu«  der  Farbenharmonie.  Wien. 

ClieTreiiil,  De  la  loi  dn  eomtinale  «unnltani  dee  «onleitn  «fc  de  aea  »piiliea- 

tions.    Paris  1839. 
Guichard,  Harmonie  der  Farb«n. 

LecoDte,  Ornements  gotbiqaes  et  de  la  renuibtiance.    Paris  lbd6. 

Sclireibert  Gemalte  fothiedie  Ornamente  im  Farbendruck:   l^lsnihe  1671. 

Bchatz  u,  Ungewittcr,  (rothifcVies  Mtisterbucb.    Leipcig  1856»  1661, 

Thomas,  Specimeus  of  Gothic  Umament.  Loudon. 

üngewitter,  Entfrarfe  ta  gofbieohen  Ornamenten.  Ologau. 

Dupont  d'Auberville,  Saramlnng  von  Decorationen,  Stickereien  und  Stoff- 
mustern aus  der  BiUtheseit  der  Itenaiwanoe  (Aben.  Beinhardi).  Stutb- 
gart  1881. 

Bock,  Der  Musterzeichner  des  Mittelalters. 

Teirich,  Ornamente  aus  der  Bitithezeit  italienischer  Ilenaissance.    Wien  1873. 
M eurer,  Italienische  Flachornamente  aus  der  Zeit  der  Renaissance.  Karlsruhe. 
Laeroix     8er4,  Le  moyen  Age  et  In  Benaiaaaniie.  Varia  1848—51. 
Labai  tc,  Ili^toire  des  arte  indnstriela  an  moyen-ftge  et  k  rdpoqne  de  la  renaia- 

sance.    Paris  1864 — 66. 
Arnold,  Die  Benaimnca.   Iieipzig  1860. 

Herdtie,  FllehenTevsioningaa  des  Mittelalters  und  der  BenaisBanoe.  Btnttgarfc 

!«69— 75. 

^Nicolai,  Das  Ornament  der  italitjuiscben  Kuusl  des  XV.  Jabrli.  Dresden 
1882. 

Clerget,  Dnpnie  &  BreTiöre,  Moti£i  d'omements  da  XVI*  sitele.  Fteis 

1840. 

Jessen,  Das  Omauent  des  Roooeo  und  asine  YoratofiNi.    Leipzig  1894. 
Pillement  iV  Eoucher,  Panneaux  n?ee  figovss  eblttflisaries.  Boeoctk 

Pille ment,  Fleurs  baroqnes. 

Bbe,  Alomthns,  Handbuch  der  omamentalen  Akantbneformen  aller  Stilarten. 

Berlin. 

GRllet,  Pleurs  cbinoises,  indiennes,  amliea  et  de  fantaisie.  Paris. 
Gallet,  Bail  ic  Bouis  j.,  Anthologie  des  deurs  de  la  renaissance  et  du  moyen 
Age.  Paris. 

Herdtie,  Stilisirtc  Blnmen  aus  allen  Kunstcpocbeu.    Stuttgart  1870. 
Maucberat  de  Long-Prö,  Beaaissanoe  de  la  fleur.  Paris. 
Krnmbliolt,  Das  Tsgetabile  Ornament.  Dresden. 
Ho  ff  mann,  Blätter  und  Blumen  fQr  Flächendekoration.  Laipiig. 
Gerlacb«  Die  Pdanse  in  Knnst  und  Gewerbe.    Wien  1887. 


Digitized  by  Google 


160 


Bibliographie  sam  I.  AbceboitU 


Oerlaeb,  Blumen  und  Pflanzen  zur  YvnnoAvng  fttr  ImnvtgewerblieliA  Dmo- 

rntionsmotive.    Wien  1892. 

Cuguiard  iic,  Fleurs  k  la  luani^re  large.  Btaw. 

Metzger.  OrnMiieiite  wo»  dentscben  GewleliMa.   Hflndien  1841. 

Page,  Hiätory  and  ^lii^r  for  drawing  the  Aeantbiu  and  «TMy  oiber  diapodtimi 
of  oroamentul  foliago.    London  1839. 

Herdtie,  BlSiter,  Bltunen  und  Oraameat»  auf  der  Onmdlage  «nfkober  geo- 
metrischer Formen.    Stuttgart  1870. 

Woenig,  Pflanzenformen  im  Dienste  der  bildenden  Künste.    Leipzig  1881. 

Menrer,  Pflanzen  formen.  Vorbildliche  Beispiele  zur  Einführung  in  das  orna- 
mentale Studium  der  PflaBMO.   Dreaden  Ibüb. 

Moser,  Ilandbuch  der  l'i'!anzenornamf;ntik.     Leipzig  1893. 

Luthmer,  BlUtbenformen  als  Motive  lür  Flächenoroament. 

Dopff,  Croqnia  et  bonquets. 

Dumont,  Flours. 

Dasurgej,  Flears. 

Favart,  Flowers  and  Ftaote. 

Oiacomelli,  Ailes  et  ßtnn. 

Haife,  Plnnt  st n dies  for  artitts. 

iJuime,  Plant  form. 

—  Planta  tbeir  natural  growU)  and  onianMiital  tmatment. 

- —  Suggesilions  in  flonil  Jesign« 
Leloug,  Etadea  de  Üeurs. 
Lionce,  Plantes  et  OiBeaaz. 
Marchese,  La  fleur  döcorative. 

Moanoyer,  Le  livre  de  toutes  softe«  de  fleois  daprte  natura. 
11  tili  er,  La  Flore  pittoresqae. 
Picard,  L'ornementation  fleorie. 
Capcinick,  Farbige  Blumen. 

—  Tableaux  et  Panneaux  döcorati&  de  fleurs. 
Vovfra,  Flore  du  midi,  Lee  cbaaps  ei  lee  bob,  fte. 
Keirhelt,  Blumenstudien. 

Kedout^,  Le  oours  de  fleurs.    Paris.    Groupes  des  fruits  &c 

—  Alphabet  €ore.  Pari*. 

Vincent,  Fleurs  et  fmita. 

Bödmet,  Fanne  et  Flore. 

Berthault,  Attribute  (Musik,  Jagd  etc.). 

Watteau,  Vier  Panneaux. 

Lasinio,  F](irentinis(.'lic  Anibcskcn. 

Ilg  u.  Gerlach,  Allegorien  und  Embleme.  Wien. 

Demengeot,  Dietaonnaire  du  GbÜtre  Ifonogramnie. 

Le  Nürmand,  Nouvean  recueil  en  diver.^  genres  d'arabesqaes  tco,  Faiit. 
Queverdo,  Panneaux,  fri.se9  et  sujets  arabesques.  Paris. 
Didier,  Oahier  de  foailU«,  de  d^ratioos,  oieeaux,  fleurs  Ae.  Parii, 
Schubert  v.  Soldern,  Dae  Stiliriren  der  Tbiw-  und  MenadienfoiiBea.  Leip- 

zig  1892. 
Heiden,  Motive.    Leipzig  1892. 
Priesa  d'ATeaaet»  L'art  arabe  und  La  dto»ration  aiaba. 

Botirgoin,  Lea  arts  arabes.    Paris  1868. 
Simakoff,  Lea  arts  d^oraiiüs  de  l'Aaie  centrale. 


BiUiognplne  mm  L  Abaebiiitt. 


161 


Collinot  A  Beftamont,  Encyciop^du  das  ftito  d^omtifi)  d»  l*OriMii.  250  Taf. 
Jones,  Exampli»  of  Chinese  ornament  Mleetsd  firom  obj«cts  III  tlie  Soulh  K«a- 

eington  Museum.    London  1  867. 
Cutler,  A  Grammar  of  Japanese  Ornament  and  Design. 
Praipont,  L'albam  japonais. 

Japanischer  Ortiainentenschata. 
Japanisches  VVappenbuch. 

Stasaoff,  L'orneiiieBt  slare  et  oiirataL   St  Petenrtmrg  1884. 
de  Bontowakj,  Histoiie  de  ronement  nuae  du  X*  aa  XVI*  diele.  Fkuria 
1870. 

Simakoff,  L'otatmuA  ram  daai  laa  anöutt  ftfodoita  de  Tairt  ikdioiriel. 

St  Petersburg  1882. 

Stassof't',  L'ornement  national  nisse. 

Lay,  Uruumenti;  jjUd&luviscber  nationaler  Haus-  und  Kuosiiuduätrie. 
Lay  u.  Fischbach,  Sudslaviaebe  Orsamente« 
Fiachbach,  Sudslavische  Ornamento.    Hanau  1871« 
—  ÜDgariBcbe  HaoBindusirie. 

Onuuneiito  rntheniicfaer  Hanaiiidnairie.   Lembeig  1880. 


e 


ailb«rinkas,  Dto  Balte 


11 


Zv^eiler  Abschnitt. 


Die  Seide  in  naturgeschiclitlicher  Hinsieht 

Die  Seit!«  ist  ein  AI)Soiuleriui{fspro(lnlvt  verschiedener  Arfen  von  Soideu- 
ranpen,  deren  UmwaHdlnng  in  die  provisorische  Lebensform,  dir  Puppe, 
mit  dem  Eiaspiuucn  in  ein  Gehäuse,  dcu  Kokon,  verbunden  ist.  Die  Seide 
ist,  morphologiseh  betrautet,  die  einfaebste  aller  Teztilfasera,  deon  sie  ist 
ihrem  Ursprünge  nach  eine  erhärtete  Flüssigkeit.  Du  es  eine  ganze  Reibe 
seideuspinnriiili  r  Raupen  ^ielit,  so  i.st  es  natürlich,  dass  auch  dif  Speiden 
unter  sich  in  verschiedenem  .\!afse  Unterscbiede  ihrer  äassereu  und  inneren 
Eigenschaften  zeigen  raiUseu. 

Die  seidenenBeagenden  Ravi|  eii  gehören  der  umfangreieheii  Gattung 
der  NftehtselinietterliDge  (Lepidoptera  noctara»)  an,  im  speciellen  einigen 
Familien  der  letzteren,  den  Bomhyciden  und  Suturuiden,  deren  Stellung  im 
grossen  Klassi&tiernngssystem  des  Tierreichs  aas  folgender  Übersicht  her- 
vorgeht: 

Tjpus  III.  Ärtteulata 
Abteilung  IL  Arthropoda 
Klasse  VIII.  Jnsecta 

Unterklasse  III.  Metabola 
Gattung  X.  Lopidopteru 
Untergattung  I.  Heterocera 
Gruppe  Bombycina 
Familie  VIII.  Satumidae 
Familie  X.  Bombycidae. 

Alle  Satnmiden  sind  Seidenspinner,  nicht  aber  alle  Bombyctdeo.  So- 
wohl die  eine  wie  die  andere  Familii-  i.st  sehr  zahlreicb.    Das  Britische 

Hnseum  besitzt  allein  ca.  300  Specie.s  der  Saturniden. 

Unter  dem  Namen  Seide"  (holländisch  zijde,  italienisch  seta,  lateinisch 
serica,  spanisch  seda,  englisch  silk,  französisch  soie,  dänisch  silke,  ungarisch 


Digitized  by  Google 


164 


SaidaiinnneDdc  loisktcn. 


seljem,  poluisch  jedwab\  böbmiscb  hedvabi,  scbwediseh  nlke,  russisch  szeolk, 
grieehiidi  Tenteht  man  indessen  fiblieherweiM  nar  das  Prodakt 

eines  Insektes  aus  der  Familie  der  BomVyciden,  der  gewölmlicLeu  Manl- 
beerranpc,  Bonibyx  mori.  Ihr  Lebensgaag  ist  wie  der  der  anderen  seide- 
spinueudoii  Infekten,  kurz  fo1ß;ender.  Ans  dem  Ei  entwickelt  sich  die 
Seidenraupe,  eine  nugeschlecbtliche  Form  des  Tieres,  welclic  liire  Nähr* 
pfl&nse  in  grossen  Mengen  yenebrt  und  das  fftr  die  späteren  Lebensformen 
nötige  Material  in  ihrem  durch  schnelles  Wachstum  sich  auszeichnenden  Körper 
aufspeichert  In  ihrer  Keife  verwandelt  sie  sich  in  die  Puppe,  eine  Uber- 
gangsform zum  Schmetterling,  wobei  sie  diese  als  vollständig  unbeweg- 
lich und  wehrlos  in  vorsorglicher  Weise  mit  einem  festen  Gehäuse^  dem 
Kokon,  umspinnt.  Im  Innern  des  Kokons  nnn  geht  die  Metamorpbooe  weiter 
▼or  sieh,  nnd  nadi  einiger  2^it  kriecht  nos  demselben  ein  Sehmetterling 
ans  —  die  geschlechtliche  Lebensform  — ,  dessen  kurze  Lebenadnii^  nne* 
schliesslich  dem  Kortpflanzungsgeschaft  gewidmet  ist.  Die  seide!»pinnenden 
Lepidopteren  unterscheiden  sich  von  einander  durch  ihre  Grosse,  sowie 
durch  Farbe  und  Zeiehnnng  ihm  Flügel,  die  in  den  meisten  FUlen  mit 
solcher  Ptaeht  «nsgeststtet  sind,  dase  das  Stndinm  und  Kollektionieren  mt 
diesem  Gebiete  der  Natnrgeschic!  t  abgesehen  vom  wissenschaftlichen  Nutzen, 
schon  vom  ästhetischen  und  künstlerischen  Standpunkte  aus  besondere 
Reize  i>ietet.  Ausser  dem  Bombyx  niori  gehören  derselben  Familie  der 
Bombycideu  noch  die  folgenden  Seideuäpiuuer  au,  deren  Erzeugnisse 
versnehsweise  zw  Smdengewinnnng  herangezogen  wnrden.  Emige  von 
ihnen  sind  in  unseren  Wäldern  und  Gärten  heimisch  und  schädigen  vielfach 
die  B;iume.  Diese  ziemlich  unifangreiclie  Fiimilie  wird  mit  detn  allgemeinea 
Namen  Gastropucha  bezeichnet,  (»astropacha  (Lasiocampa)  ist  die  Glucke 
oder  Felzspinuer.  Bombyx  (wie  die  folgenden  auch  Gastropacha  genannt) 
neostrin  (Fabrizius) ')  oder  der  gewöhnliche  Bingelspinner  ist  eine  gsaellige 
Art  der  Seidenrnnpen,  die  weiche,  eif5rmige,  gelbliche  Kofams  üdert  und  sich 
zur  Seidengewinnung  eignet.  B.  rnbi  L.,  der  Brombeerspinner,  B.  lanestris 
L.,  der  Birkenspinner,  B.  quercus  L.,  der  Eichenspinner  und  B.  pini  L., 
der  Kiefemspinner,  die  als  schädliche  Insekten  allgemein  bekannt  sein 
dürft«!,  hnben  keine  technische  WiehtigWIt.  Die  Eupferglucke  (Gastra- 
pachn  qnercifoUa)  schliesst  sich  den  Torigen  an,  ebenso  der  Weissdom» 
spinner  (G.  crataegi)  und  der  Pappelspinner  (G.  populi).  Eine  Unterfamilie 
der  Bombyciden,  Liparina,  enthält  einige  interessante  Aliarten,  wie  Liparis 
dispar  (Fabr.),  die  geitellige  Art  Cuethocampa  processiouea,  den  Prozessions- 
spinner, B.  pythiocampa,  Porthesia  auriflua  und  P.  cbrysorrhoea,  schone 
Insekten,  jedoch  cor  Seidengewinnnng  ungeeignet;  «ne  andere  Unteigattang 
ist  Daaychira,  au»  welcher  der  Rotsehwanz,  auch  Buchenspinner  genannt 
(D.  podibiuidft),  schöne  wdsse  Smde  liefert.  Der  Lasttriger  (Oigyia  anti* 


1)  Cavier,  Ls  Bkgne  aniiuü  (In«ecU).  S.  M7. 


Digitized  by  Google 


8«id«i|iiinflade  butlitni.  166 

^aa  L.)  erzeugt  klein«  Kokons,  anf  denen  das  aas^e.<!chl&pfbe  flügellose 
Weibchen  titsen  bleibt,  um  hier  nach  der  Begattung  Eier  za  legen  und  au 

sterben.  T"'nter  anderen  Boinbyciden  liefern  noch  der  gemciue  Sackspiniier 
(Ps^-che  uuicolur  Hfn.),  die  Nonne  oder  der  Fiebtenspinner  (Ocneria  mouacha), 
ferner  die  Dicranura,  der  Bucheiupisner  (btauropus  fagi;  etc.  Gespinste, 
die  indessen  kein  weiteres  Interesse  beenepraeliai. 

Einen  anderen  Typns  der  seidespinnenden  Insekten  bildet  die  Omppe 
der  NiM^htpfaeenangen,  deren  Abkömmlinge  aoeh  wesentlich  von  denen  des 
B.  mori  und  seiner  Abarten  ntitor>clieitlen.  Schon  bez.  ihres  An<»eren  sind 
die  Tiere  im  Vergieicb  zu  den  letzteren  ungewöhnlich  gross  uud  buntfarbig; 
ihre  Flügel  sind  meist  mit  charakteristischen  runden,  äugen-  oder  halb- 
moBdfdrmigen  Zsidmnngen  versehen.  Auch  die  Plfigelsehttj^eni  d.  i.  die- 
jenigen siaabäbnlichen  Teilehen,  welche  sich  vom  Flügel  dnrch  Berührung 
ablösen,  sind  in  ihrer  Form  charakteristisch,  so  das«  man  unter  dem 
Mikroskope  iiicrnacb  die  Species  des  Insektes  imtersclieidon  kann.  Wäh- 
rend nun  die  Schuppen  des  B.  mori  schmal  uud  ^ubarf  zugespitzt  sind,  zeigen 
dieselben  bei  den  Satomiden  eine  rnndtiob  dreieckig  Form.  Die  Satamiden 
sind  über  die  ganse  Erde  verbratet  nnd  aucli  in  unseren  Wäldern  heimisch. 
Ohne  näher  anf  dieses,  im  Kapitel  der  wilden  Seiden  ausfülirlich  erläuterte 
Thema  eingehen  zu  wollen,  müclite  icli  eüiige  einheimische  Nachtpfauen- 
augeu  erwähnen,  die  zwar  zur  äeideugevvinuung  nicht  geeignet  sind,  doch  als 
seidespinnende  Insekt«!  immerhin  angefahrt  mrden  müssen.  Das  grosse 
Nachtpfaaenauge  (Atteens  pavonia  major  L.)  und  das  kleine  Nachtpfanenange 
(At.  p.  minor  L.)«  brännliehe  Sohmetterlioge,  sind  in  Mitteleuropa  wohl- 
bekannt Das  erstere,  auch  Satnrnia  pyri  (Borkh.)  genannt,  liefert  im 
aüdoetlicheu  Deutschland  und  in  Österreich  umfangreiche,  harte  Kokons,  die 
an  dnem  Ende  eine  Öffnung  beettsen.  Des  andere  (Sat  carpini)  liefert  ein 
iholiches  Produkt  Der  Nagelfleek  (Aglia  tan)  gehSrt  ehen&Ue  so  den  Satni^ 
niden.  Auf  andere,  technisch  sehr  wieht^  Nachtpfanenangen  kommen  wir, 
wie  gesagt,  später  zurück. 

Unter  alku  bekannten  Seideuwürmeru  iietert  nur  der  B.  mori  ein 
Produkt,  das  schon  in  natürlichem  Zustande  den  Glanz  und  die  Pracht 
der  SeidenCiaser  besitsi  Ob  diese  Yortreffliohe  Eigwisehaft  ihm  von  Natnr 
ans  stets  eigen  gewesen  oder  erst  durch  sorgfältige  und  geeignete  Zneht 
be!<^td)racht  und  entwickelt  worden  ist,  lässt  sich  nicht  sicher  bestimmen. 
J^ur  so  viel  scheint  festzustellen,  dass  die  Heimat  der  ■weissen  Rasse  im 
östlichen,  die  der  gelben  dagegen  im  westlicbeu  Asien  zu  tiucheu  ist, 
woraof  schon  bei  Betrachtung  der  geschiohtliehen  Entwiekelung  hinge- 
wiesen wurde.  Es  darf  nicht  aosser  Aeht  gdassen  werden,  dass  die 
Eigenschaften  eiuer  bestimmten  RiLise  wesentlich  von  der  Nälirpflanze,  dem 
Boden  tmd  dem  Klima  abhängig  sind  uud  sich  den  let^.teren  anpassen,  ein 
Umstand,  der  bei  den  Saturnidea  noch  lebhafter  zu  Tage  tritt,  Bei  einigen 
Rassen  lassen  sieh  dnrch  geeignete  Zuoht  mehrere  Qenerationen  re^p.  Ernten 
in  ein«n  Jahre  enielen;  ee  sind  dies  die  eogenannten  mehrerntigai  Bsssen, 


Digitized  by  Google 


166 


Der  Maalbenspinner  and  wioe  Bmmb. 


und  liegt  es  nur  der  Fai8(nge  des  Mtnaclieii  ob,  bei  Mleber  Znebtart  Inr 

genfigcnde  und  geeignete  Nahrung  zu  0Oi:gen.  Aber  auch  bei  den  TÖltighl 
freiem  Zustande  lebenden  Seidfnwnrmern  ciitwirkelt  sich  nur  dann  eine 
zweite  Generation,  wenn  die  betreffende  Isährpfl.inze  im  gleichen  Jahre  noch 
eine  zweite  Blute  trügt  oder  ihre  Blatter  so  lauge  anhalten,  dam  davon 
noch  die  nachfolgende  Oeneration  ernährt  werden  kann;  diee  trifft  s.  B. 
bei  der  zweierntigen  Varietät  der  Theophila  Hnttoni  in  einigen  Gegenden 
Himalajas  zu Diese  Anpassungsfähigkeit  an  die  natürlichen  Lokalver- 
hältnisw  iiiis.sert  .«ich  auch  in  anderer  Hinssicht.  \N  ie  hckanni  erliielt  Japan 
seine  Muulbeeräpiuuer  aus  China;  übereiu^tiiumend  mit  dem  Gesagten  habet! 
dieselben  im  Lanfe  der  Jahrhunderte  Eigeuschaften  angenommen,  die  von 
den  nrsfnrBnglicheu  sehr  verschieden  aind.  Diese  That«achen  beweisen  anderer- 
seits, wie  empfindlich  die  Manlheerraupe  ist,  und  wie  Natnr  nnd  Eigen- 
schaften der  Kasse  sowie  ihrer  Produkte  durch  geeignete  Zucht  beeinllusst 
werden  können. 

Ananr  den  beiden  typischen  Hanlbeer^innem,  dem  weinen  chine- 
risdien  nnd  don  getben  assTriaehen,  aehant  noch  eine  dritte,  ebenfalls 
gelbe  Art  in  Himalaya  ihre  Heimat  gehabt  zu  haben.  Bezüglich  der  erstereu 

mnss  übrigens  erwähnt  werden,  da«s  ihr  nri»prnnfrHcher,  geschichtlich  fest- 
gestellter Typus  lediglich  auf  ziemlich  späten  Überlieferungen  beruht,  und 
es  wohl  mißlich  sein  dürfte,  dass  dM  nrsprüngliche  Art  des  Hanlbeer- 
spinaers  auch  in  China  nidit  weiss,  sondern  faring  war,  vm  so  mehr  als 
man  bewiesen  bat,  dass  die  natürliche,  ungezüchtete  Urart  des  Manlbeer^ 
Spinners  hla'«*!jrelhe  Seide  przenjjt  hatte*).  Andererseits  schreilien  einifre 
Gelehrte  die  vollständige  Farblossigkeit  der  echten  Maulbeerseide,  als  eines 
Katurprodukt^tf,  der  Degenerierung  und  Abschwächung  der  Rasse  zu^j. 
Was  diese  diineeisehe  Originalrasse,  Sina,  anbetrifft,  so  seheint  sie  ana  einem 
beetimmten  Orte,  namlieb  ana  ^r  Umgegend  des  Sees  TaT-bn  in  der  Pro- 
vinz Tschekiang  hervorgegangen  zu  sein,  wo  sie  noch  heutzutage  in  wildem 
Zustande  lebt  und  ,,tien-.senfj-t-5an"  (Haupe  des  Himmels)  genannt  wird*). 
Der  Wurm  ist  kleiner,  als  der  Bombyx  mori  und  erzeugt  zweimal  jährlich 
grane  oder  weiasUche  Sdde,  die  den  Namen  „tien-«hin-«se"  (naturliche 
oder  wilde  Seide)  fnhrt.  Ob  die  jetrige  gelbe  Rasse  Chinas  origineU,  d.  i. 
einheimischen  Ursprungs  sei,  kann  dagegen  nicht  bewiesen  werden;  man 
hat  sogar  festgestellt,  dass  gelbe  Seideuwürmer,  nach  einigen  Gegenden 
Chinas  eiogeführt,  beinahe  farblose  Nachzucht  ergaben,  und  es  geht  daraus 


')  Hutten,  Notr-s  on  tbc  silkworms  of  Iiuha,  S.  -IS. 

')  fiutioa  and  lloore,  On  tbe  a«iatic  silk  prodncing  motba  (The  Traos.  of  tbe 
Eutom-  Soo.  of  London  1862—84,  Bd.  T.). 

*)  du  Sauv.kge''.  Moni,  sur  Fililuc.  de«  vfr^     eoic  i7().'j. 

Pommier,  Trait4  «ur  la  maoi^  d'tflever  le»  len  a  sote.  1763. 
Hütten  and  Moore,  a.  a.  0. 
*)  Rondot,  L*aTt  de  la  ioie,  I,  laut  KleSawiehter. 


Digrtized  by  Google 


Der  Maalbaenpinnsr  und  (eine  EaiMii. 


167 


hervor,  dass  die  klimatimhen  und  Nahrangitverh&ttiiiaae  GhiBas  der  Etlialtimg 

einer  gelbeo  Rasse  angünstig  sind*);  die  Aunabme,  die  chinesische  gelbe 
Originalra«55c  konnte  sieb  wiUirend  der  Jahrtau>;t'nfk'  dort  rrhnUfn  haben, 
erscheint  deshalb  ziemlicli  uuwahrscheinlicb.  Dagegen  könnte  wohl  zntretFend 
aeiitt  duB  China  aeine  gelben  Seidenwürmer  in  Form  einer  primitiven  aber 
lebeiuikrftftigeii  Rasse  ans  den  Qsilielien  Glegendeo  Indiens  lieaogen,  und 
nnter  günstigen  Klima-  und  Äufzuchtverhilitnissen  zu  einer  so  vollkommenen 
Gattung  ausgebildet  hnt.  wie  sie  fjf jj;en\vrirti;^  in  Ss-tschiien.  Shnntnnp, 
Schen-si  etc.  kultiviert  wird.  Die  ursprüngliche  hiiualuv;u?(  h<'  Ka>;se  Tadiens 
ist  entweder  infolge  verschiedener  Umstände  ganz  verscii wunden,  oder  sie 
ist  im  ganzen  Ton  den  Chinesen  naeh  China  nnd  Assam  Terpflanzt  worden. 
Dagegen  hat  Indien,  nnd  airar  nicht  vor  dem  II.  Jahrb.  onserer  Ära*), 
seiiK'rr^cits  (He  Seidenranpen  aus  fremdem  Lande,  wie  Einige  behaupten,  aus 
China  durch  Verraittelung  von  Assara*),  oder  auch  die  Ra'^spn  Bactrias 
and  Kaschmirs,  erhalten^).  Es  nn<t.scrdem  sicher,  dass  die  heutige  so- 
genannte Bengalrasse  kdne  urbprüugliehe  nnd  reine  ist,  wmn  man  andi 
ihre  gans  originale  ftnssere  Form  anerkennen  moss;  sie  ut  st^ar  nicht  rein 
asiatischer  Herkunft,  denn,  wie  man  annimmt,  «nrde  die  Bengalrasse  von 
Engländern  nnd  Italienern  mit  einigen  nns  Europa  mif  ixcbriK  littm  Rassen 
gekreuzt.  Die  Rasse  der  Seidenrau[)e  im  allgemeinen  und  der  Maulbeer- 
ranpe  im  specielleo  ist  zahlreicher  nnd  mannigfaltiger  Modifizierungen 
flhig  nnd  nSgt  tbatdlchlich  in  jedem  einzelnen  Prodnktionslande  nieht 
nnbedentende  specifisebe  Eigenschuften,  die  noch  mehr  zu  Tage  treten 
würden,  wenn  man  nicht  von  Zeit  zn  Zeit,  wie  es  Jet/t  üblicli  ist.  die 
Verjün^nni^  der  Rassen  durch  Ereaztmg  miteinander  vorzouehmen  ge- 
kwungeu  wäre. 

Es  ist  selbstventindlich,  dass  nieht  nur  die  Art  der  Anfauoht,  sondern 

hauptsächlich  auch  die  Nahrpflanze  auf  die  Eigenschaften  der  Seidenwürmer 
nnd  ihrer  Erzeugnisse  von  zweifellosem  Eiufluss  sind.  Der  Spinner  der 
echten  Seide,  R.  mori,  nährt  sich  vorwiegend  von  den  Blättern  des  Maul- 
beerbannies,  Morus,  von  welchem  mehrere  Varietäten  existieren. 

Die  Hdmat  des  Manlbeerbaames  ist,  wie  die  der  Seidenraupe,  Asien; 
wahrend  jedoch  im  ganaen  Osten  dieses  Erdteiles,  in  Indien,  Aasam  nnd  China, 
die  weisse  Varietät  verbreitet  ist,  kommt  in  den  westliehen  Ländern  ausschliess- 
lich der  schwarze  Maulbeerbaum  vor.  Die  ürsprung-sstätte  dost  letzteren 
scheinen  die  Regionen  südlich  vom  Kaukasus  und  schwarzen  Meere  zu  bein  ); 
jedenfalls  ist  der  Banm  aber  auch  in  Babylonieu  frühzeitig  heimisch  ge- 
wesen, da  er  in  der  bekannten  Sage  von  Pyramns  nnd  Thisbe  erwShnt  wird. 


>)  Pariaet,  Lliistoire  de  la  wie,  I.  S.  75. 

')  Hutton,  Notes  on  tbe  Rilhworms  of  Indis,  &  11. 

*}  Oeoghegan,  Some  uoooant  of  «ilk  in  India. 

*)  Helfer,  Jonmal  of  the  Anatio  Sodetf  «f  Bsagal.  IV.  40. 

^  De  CandoHe,  Unpnag  der  Knltarpflauen.  1884.  19a 


Digitizeo  L>y  google 


168 


Der  Maulbeerbaum. 


Dagegen  ist  es  nicht  gelungen,  die  ürheunat  des  weissen  Maulbeerbanmes 
zu  finden.  Das  Wort  tut,  welches  vorwiegend  diese  Varietät  bezeichnet, 
scheint  von  den  armenisch-iranischen  Ländern  auszugeben,  doch  kommt  ea 
auch  im  Indischen  vor.  Fragen  wir,  wann  der  Manlbeerbaam  aus  seinem 
asiatiaehen  Vaterlande  snent  naeh  Enropft  terpflanat  wnxde,  m  verwNaen 
uns  einige  zufällig  aufbewahrte  DiohieEstiellen  auf  die  Zeit  der  attiaehen 
Tragiker,  an.ltre  ein  Jahrhundert  spater  anf  die  der  mittleren  und  nenen 
Komixlie.  Im  weiteren  Verlauf  der  Zeiten  ist  die  un?prnnj»Hch  eingeführte 
Varietät  Morus  uigra,  womit  die  Seidenraupe  gefüttert  wurde,  durch  eiueu 
ap&teren  AbkoanaUng  ans  dem  centralen  nnd  ostliehen  Arien  eraetat  wordm, 
die  M.  alba,  einen  Schwesterbaum  von  kleiueiera  Wndise  und  zarteren 
BHütern,  di-r  gerben  Ende  des  Mittelalters  in  Kuropa  erscheint').  Kine 
noeh  zweckdienlicliere  Art  Morus,  M.  alba  multicaulis,  ist  in  neuerer  Zeit 
aus  Manilia,  wohin  sie  aus  China  gekommen  war,  in  Europa  eingeführt 
worden. 

Die  Gattung  Manlbeerbaom  (Homa)  »tekt  nadi  dem  Unnteben  Pflansen- 
System  in  der  vierten  Ordnung  der  21.  Klasse  (Monoecia  Tetrandria)  und 
gehört  dem  natürlichen  System  zufolge  in  die  Familie  der  ürticeen  (nach 
Jasaieu)  oder  der  Artocarpeen  (nach  Bartliug).  Bekannt  sind  gegenwärtig 
folgende  fthnibeerarten: 

h  Der  weispe  Maulbecrliaum  (M.  alba). 

1.  Der  gemeine  oder  wilde  Maulbeerbaum  ist  die  ursprüngliche 
Form,  ans  welcher  alle  anderen  herrorgegangeu  sind. 

2.  M.  rosea,  mit  rosenrotem  BlattstileL 

3.  M.  moretti. 

4.  M.  elatii  oder  hoher  Maulbeerbaum. 

5.  M.  romaua  vei  ovaiifolia,  der  römische  Maulbeerbaum. 

6.  M.  macropbjlla  vel  latifolia,  der  groasbl&itrige  Maulbeerbaum. 

7.  M.  pnmila  vel  nana,  der  Zwergmanlbeerbanm. 

8.  M.  collumbassa. 

9.  M.  multicaulis,  der  vielstengliche  Maulbeerbaum. 

10.  M.  venosa,  M.  nervosa  vel  subalba  nervosa,  der  Maulbeerbaum 
mit  stark  gerippten  Blättern. 

11.  M.  italica,  (M.  i.  rubra). 

II.  Der  schwarze  Maulljeerbaum  (M.  nigra)  nnd  seine  Spielart  der  ge- 
schlitztblättrige Maulbeerbaum  (M.  lacioiata). 
m.  Der  rote  Maulbeerbaum  (M.  rubra,  M.  virginica  od«r  M.  pennsjl- 
vanica  und  M.  caroliniana). 

IV.  Der  tatarische  Maulbeerbaum  (M.  tatariea). 


*)  Hehn,  KottupiaaiiiB  nsil  Hanifieve  in  ünen»  Übengaag  ans  Aden  nadi  Orie« 
«beDlaod  and  Italiea,  «owie  in  das  abrige  Barapa.  Bedin  1874.  8.  884. 


Digitized  by  Google 


Der  Maolbeerbaam. 


169 


V,  Der  indische  ^^^llllbee^baam  (M.  indica). 

VI.  Der  türkische  .Maulbeerbaum  (M.  constantinopolitana  vel  byzantica). 
VII.  Der  scharf  blättrige  Maulbcerbauiu  (M.  scabra  vel  canadensis). 
YIII.  Der  breitblättrige  Maulbeerbaum  (M.  latifolia  rubra). 
IX.  Der  maskareniaehe  Maalbeerbaam  (M.  latifolia  rabra). 

X.  Morus  australis. 

XI.  M.  insnlaris  (Polynesien). 

XII.  -M.  HalincnsporQ  (M.  calcar  galli,  N.-S.» Wales). 

XIII.  M.  celtidii'ulia. 

XIV.  M.  corylifolia  (8.*  Amerika). 

China  besitzt  einige.  Abarten  des  Mauibeerbaames,  der  hier,  ebenso 
wie  die  SeidenwfinDer,  entweder  knlüneri  oder  in  wildem  Ziutande  v«^ 


riK  21— S&  BUttrormrn  ct«r  I.  M  nlgn,  1.  M.  rnbr»,  3.  M.  maUlcMiUa. 


wendet  wird.  Unter  den  Oattunpjen  der  ersteren  Art  .sind  M.  a.  latifolia 
(vielstielig)  und  M.  a.  indica  die  üblichen;  andere  iu  China  vorgefun- 
dene AlMurten,  wie  M.  nigriformi«,  M.  etyloea  rind  nicht  ehineaiichen 
Ursprungs').  Die  Terbreiteteten  Gattungen  werden  in  Cbina  MlQ~*ang** 
und  f,king-Mng**  genannt,  wovon  die  erstcre  ausschliesslich  für  die  jungen 
Ranpen  bis  rnr  dritten  Häutung  reserviert  wird.  Andere  Arten  de.s  Maul- 
beerbaumes, die  deshalb  von  Interesse  sind,  weil  die  Seide  danach  benannt 
wird,  sind  nach  Kleinwachter  die  folgenden.  Unter  den  gezüchteten: 
„pA-pi-aang**,  nachan-sang*N  „hien-lin-eang**,  ntring-pi-sang**  ete.;  unter 
den  wilden  (y^h-mng):  „tse-pi-sang''  (M.  latifolia),  „ki-kio-eang^,  „mn- 
sang"  u.  a.  Den  wilden  Abarten  gehören  aneli  die  M.  bungeana  und 
M.  mongolica  an.  Awam  und  Indochiua  besitzen  den  weissen  Maalbeerbaam 


*)  Bondot»  L'ari  de  la  aoi«b  I.  8.  918. 


uiyiiized  by  Google 


170 


Der  Maulbeerbaam. 


und  seine  Varietät  M.  a.  indica.  In  Indien  i-«t  der  Manüieerbaum  zweifellos 
ursprüuglicb  einheimisch  und  sehr  verbreitet.  Am  liiiufigsteu  trifft  man 
M.  alba  and  seiae  Abarten  M.  a.  indica,  serrata,  cut>pidata  etc.  an.  Aosser- 


FlrSI-».  TtncihMm  Atem  te 


■Ita. 


dem  aistiert  hier  eine  dritte  Honuart,  die  M .  rabn.  In  Italien  nnd  Frank- 
reieh  wird  Tonngsweise  der  wmsse  Manlbeerbanm  kaltivierL 

Der  Manlbeerbaam  wächst 
GO  Jahre  und  liefert  das  beste 
Futter  iu  seiner  Reife,  vom  20. 
bis  zum  40.  Jahre  des  Wacbs- 
tmiM,  in  einer  Qaantiiit  von 
dnrcbsclinittlich  100  bis  125  kg 
l?lätt<'r  pro  .Talir  und  Baum.  Die 
zwergige  Gattung  liefert  etwa 
10000  kg  pro  Hektar  der  An- 
pflanzang.  Er  wird  ans  Schto- 
lingen  gezogen,  die  reihenwdse 
gepflanzt  werden.  Da  die  aus 
einer  Unze  Kaupeneier  hervor- 
gehenden 36000  «Stück  Seiden- 
wnrmer  ca.  700  kg  Manlbeei^ 
blätter  vetbranehen,  so  sind,  un 
ohne  Schädigung  der  Bftame 
über  dieses  Futterquantum  ver- 
fügen zn  können,  etwa  1000  elf- 
jährige, oder360dreizehnjährige, 
oder  120  fÜnftehnjIUirige,  oder 
90  siebzehnjährige,  odcr20zwan- 
zigjäbrißp.  rnler  18  fünfundzwanzigjäliri^o,  oder  Midlich  16  dreissig-  bis 
vierzig;iährige  Maulbeerbäume  erforderlich. 

Frische  Maulbeerblüttor  enthalten  80  einige  Tage  nach  dem  Pflücken 
65  %  Wasser;  die  ehemische  Zosammensetzang  ihrer  Asche  hingt  wesentlich 
vou  ihrem  Alter  ab  und  enthalt  Kieselsäure,  Kalk,  phoephorsanre  Magnesia, 
Phoephorsaiirei  Eohlensänre  etc.   Während  die  jungen  Blitter  vorwiegend 


FIf.  n.  XdtMnter  WanlbccrtHUD. 


Digitized  by  Google 


Der  MaalbeerbMm. 


171 


Phosphorsaare  und  phosphorsaure  ^laguesia  enthalten,  sind  die  alten  m 
Kieselsiinre  und  Kalk  reich.  Da  nnii  die  Kaupon  liaiiiifsilcliliili  l'liosphor* 
süare  und  Magnesia  uebeo  Kali  assimilieren,  so  sind  jucge  Blätter  vorteil- 


ng:a&  Wilte  MkSlbMtbKan. 


hafter.  Das  Pflücken,  Sammeln  und  Aufbewahren  der  Manlljeerhlatter  er- 
fordert gewisse  Vorsiehtsmalaregelu  in  Besag  anf  die  Verbütang  über- 


S.  (MiMit  «iflobt. 


miaiigw  Feaolitigiceit  v.  dergl.,  die  ledigKeh  Sache  der  Erfahnmg  sind  nnd 
hwt  fibergangen  wurden  müssen. 

Anner  dem  Manlbeerbanme  l&set  sich  nooh  eine  game  Reihe  anderer 


172 


Die  flbrigen  ünUnpSaami  des  B.  mori. 


NKbrpflftnnB  rar  Ffitterung  der  Havlbeemmpe  Terwenden.  Lnriefem  alier 

diese  Surrogate  auf  die  Eigenschaften  der  Rasse  und  der  SeidenfMer  «in- 

wirken,  ist  bis  jetzt  noch  nicht  allgemein  festgestellt  worden. 

Ifnarti')  f;in<].  dass  Jie  Blätter  der  Rose,  des  Wciss^doriies,  der  Brenn- 
nessel und  der  ljhne  geeignet  sind  den  Maulbeerbaum  zu  ersetzen,  jedoch 
nur  für  eiuige  Zeit,  während  auf  die  Dauer  die  Rasse  der  Seidenrau]>e  dadurch 
geschwächt  wird.  In  Lyon  lint  man  snerat  SftiatUitter  all  Surrogat  bei  einem 
verfrühten  Anakrieehen  der  Ranpen  angewendet').  Diese  Ersatzmittel  sind 
indessen  unzulänglich,  wie  Dandolo  und  Bonafous,  zwei  berühmte  Seiden- 
ziichter,  bald  ermittelt  haben').  Hnnafons  fand  ferner,  das?  der  Papierliaum 
(Br.  papjrifera),  obwohl  nicht  allzu  nahrhaft,  doch  im  altgeracineu  geeignet 
iit,  die  Seidenraupe  im  fünften  Lebensalter  an  enahren.  In  Dentaehland 
wurde  «Ine  UnmasBe  tod  N&hrpflanzen  Tersncht^),  so  unter  anderem  die 
Acerarten,  mehrere  Salix,  Tilia,  verschiedene  Bibes  etc.  Naeh  Hassi*) 
soll  mnn  in  Schweden  in  den  Ijlüttern  des  weissfriiehtii^pn  FTimbeer- 
straucht'^;  ein  passendes  Surrogat  entdeckt  haben.  Infolge  einer  journalisti- 
scheu  Fabel,  nach  welcher  ein  Barou  in  Riga  mit  Rosenblättern  gute 
Kokons  erhalteu  baben  soll,  fingen  überall  die  Versuche  Ton  neuem  an; 
es  wurden  Llnvenzabn,  Endivi*>,  l^chwarzwurzel ,  Vop;elkoot^ch  u.  s.  w. 
gefüttert,  dotli  stets  blieb  der  Erfolg  ein  negntivi  r.  In  allerjüngster  Zeit 
erschien  wiederum  eine  Zeitung;snachricht,  laut  welcher  die  Manibeerraupe 
ausschliesslich  durch  die  Blätter  der  Orange,  sowie  des  in  Südeurupa  eiuhei- 
mischen  immetgranen  Krenxdomes  (Rhamnus  Alatemus)  ersogen  werden 
könne.  Es  mag  dies  für  das  südliche  Europa  von  Belannf  sein,  für  Deniaeh- 
laud  und  nördliche  Länder  hat  es  kein  Interesse.  Der  asiatische  Seiden- 
wurnidorn  (Cudruuia  triloba).  ein  7 — ^  Meter  hoher  Mannt,  seit  1872  in 
England  eingel'ührt,  dürfte  sich  infolge  seiner  aoangenehmen  Dornen  eben- 
falb  nicht  gut  eignen  Nach  nelen  Versnchen  mit  einheimischen  Pflanzen, 
wie  Löwenzahn  (Taraxaenm  offieinale),  Ulme,  Spinat,  Endivie  ete.,  ist 
Prof,  Hars^  in  dem  Ergebnis  gekommen,  dass  die  Schwarzwurzel  (8cor- 
zonera  hispauica)  bei  systematischem  Verfahren  den  Maulbeerbaum  zn  er- 
setzen vermag.  r>ie  Zachtversucbe  in  Bayern  und  Baden  haben  zu  aus- 
sichtsreichen Erfolgen  geführt.    Auch  in  Fenerbach  hat  Schräder  mit  der 


*)  Naeb  einem  anonymen,  im  J.       bei  Nioolai  in  Berlin  eraoldeBeBeD,  aoi  den 

I^Dt^isischen  fibersetzten  Werke. 

*)  Compt  r«nd.  de«  trav.  de  la  Soc  d'agria   Lyon  1820.   S.  148. 
^  Daadolo,  L'art  d'derer  les  Ten  Ik  wie,  trad.  Fovlaasilk«.  Lyon 

Bonafoua,       rt^dnration  de«  vors  a  soie.    Paris  18t4. 
*l  Wocbeiwcbr.  d.  landw.  Ver.  in  Bayern,  1825,  ä.  3lO. 
*)  l>hrba«h  des  fletdaabaaeak  Mtadiea  tStS. 
*)  Chcmn.  Tageblatt,  7.  Dez.  1890. 

')  Dr.  Hars,  Eine  neue  Zficbtangsmethodo  des  Mauibeertpinners  Bomb.  mor.  U 
mit  daer  kiantartigSD  Pliasts.  Stat^put  1890. 


Digitized  by  Google 


Die  flbrtg«n  N&hrpflanun  dei  B.  mori. 


113 


Sehwftnwnrzel  eine  zufriedenstellende  Ernte  erzielt*),  desgl.  Schule  in 
Winnenden.  Im  Dresdener  Zoologischen  Garten  erhielt  Scliöi»ff  mit  dfrsellien 
Pflanze  neben  der  Salsifie  Resultate,  die,  trotz  des  ziemlich  unbedeutenden 
Mafsstabes  der  damit  gemachten  Versuche,  durauf  hinweisen,  dass  die  Seiden- 
knltiir  von  den  Maalbeerplaotagen  imabliäiigig  geomcbt  werden  kran  und  dua 
ihrer  allgemeinereu  Einführung  nech  den  mitielearop&iscben  Landern  niehta 
im  Wege  steht.  Wenn  auch  damit  der  europäischen  Seidenkaltur  keine  neue 
Ära  eröffnet  wird  nnd  Deutschland,  sowie  andere  Länder  des  mittleren 
and  nördlichen  Kuropas  wohl  nie  die  Seideuzuobt  in  grösserem  Mafisstabe 
bei  «ich  önfabran  wwden,  m  Inum  doeh  in  dksen  VemiebeB  der  Bewds 
erUickt  werden,  der  ffir  die  Fftbigkeit  des  tieriicben  Orguiisnrae,  aidi  den 
NahrungsverhSltnissen  aninpaesen  spricht;  damit  wäre  die  Ansicht  widerlegt, 
die  Maulbeerranpe  könne  ohne  Maulbeerbaum  nicht  bestehen.  In  den  Ver- 
einigten Staaten  Nordamerikas  nährt  man  B.  mori  von  den  Ulätt^rn  der 
Maclara  aarantiaca  and  erzielt  eine  der  gewöhnlichen  durchaus  ebenbürtige 
Snde*).  In  Kolnmbien  iefc  die  dortige  VarietBt  der  Ramie  «la  N&hrpflanae  mit 
günstigem  Erfolg  Terinebt  worden.  Aneb  in  Frankreich  ergaben  die  mit 
dieser  Nülirpflanze  angestellten  Versuche  vortreffliche  Resultate  In 
der  englischen  Provinz  Birmah  (Indien)  ersetzt  man  zuweilen  den  Maul- 
beerbaum durch  den  Papierbaum  (Urous^netia  papyrit'era)  die  erzielte 
Seide  aoll  indeaaen  minderwertiger  Qnalitftt  sein.  Daa  ebineaiicbe  Surrogat 
«ftaehe",  mit  welchem  die  Zucht  vielfach  betrieben  wird,  ist  Cudrania  trilobft 
(Hance)  ^).  Nach  gewissen  Angaben  wird  unter  Anwendung  dieser  Nähr- 
pfianze  die  weisse  Kasse  in  die  gelbe  verwandelt*).  Laut  Kleinwächter 
ist  diese  Seide  sphide,  so  dass  sie  nicht  zum  Verweben,  sondern  nur  zu  Be- 
Mtiartikdn  nnd  Saiten  benatst  werden  kann.  SeUieaatioh  kann  die  Seiden- 
mnpe  nodi  mü  ^wn-kin**  (Stillingin  aebifei»)  nnd  mit  dem  in  Nordehina 
bdmiaohen  wilden  OttMUun  nta^^  (^yplraa  Lotua)  gen&brt  werden« 

♦  ♦ 
« 

Daa  Ei  dea  Seiden wnrmes  iat  ein  ovnlea,  biraeförmigea  K6mcben,  deaaen 
Gewieht  soviel  beträgt,  dass  etwa  40000  Stück  eine  Unze  von  31  ^  aoih 
machen.  Gelblich  im  Moment  des  Legens,  wechselt  es  seine  Farbe  bis  zum 
nächsten  Frühling,  wo  das  Auskriechen  stattfindet,  und  geht  in  bliiulichviolctt, 
ins  gelbliche  und  grauweisse  über;  die  violette  Farbe  des  Eies  geht  unter  der 


»}  Oewerl^blatt  nti*  Wörttemberg  1894,  Hr.  1. 

')  Riley,  Tbe  silkworm,  1879,  S.  2». 

*)  BoBafons,  Tnit4  de  r^jdno.  daa  ven    soie,  IMO. 

«)  Qeoghegaii.  ?omo  Ancount  of  I^ilk  in  Indiu,  ISTf,  S.  106. 

Boitard,  Traitö  do  la  cuUure  du  marier  elc,  1(J2H,  S.  136. 
•)  Eondet.  Bapport  snc  rSspot.  «idtatMll«  de  1878.  Jfwu  1885,  &  873. 
•}  Heorhead.  Repert,  Silk,  1881. 


iU 


Diu  HaapoMi. 


EinwirkDiig  des  Kleinenberg*8ehen  Reifens  (Schwefelsaare,  Pikrinaftiirtt 

und  Kreosot)  in  eine  rote  über Physiologisch  ist  das  Ei  ein  Embryon- 
organismus,  an  welchem  die  Funktionen  des  Atmens  leicht  wahrnehmbar 
sind;  sein  (Jewicht  wird  infolge  der  ständigen  bauerstoffabsorption,  die 
■eine  orgftntMhen  Beetandteile  in  flüchtiges  Wsaeer  nnd  Kohlenainre  o^die- 
reud  Terwsndelt,  immer  kleiner,  so  dus  es  dnroh  Liegen  in  10  Hon»ten 
über  12  — 13%  an  Gewicht  verliert  und  zwar  im  ersten  Monat  2%,  im 
zweiten  Pq,  in  den  nächsten  sechs  1%  und  im  zehnten  'J"\,.  Duclanx 
veranstaltete  eingehende  V  ersuche,  um  die  Hespirationsfähigkeit  der  Raapen- 
eier zu  bestimmen  und  kam  za  dem  Ergebnis,  dan  die  erzeugte  Kohleosiitre> 
menge,  die  als  Mafs  der  Lebensfnnktionen  des  Embryo  gelten  kann,  bw 
snm  siebenten  Monat  nnr  gering  ist  und  fast  konstant  bleibt,  am  alsdann 

beträchtlich  zu  steigen  nnd  im  neunten 
Monat  ihr  Maximum  zu  erreichen.  Es  ist 
bemerkenswert,  dass  das  llaupeuei  vor  dem 
Aaskriechen  der  KUteeinwirknng  nnter- 
worfon  werden  niuas,  mit  anderen  Wor- 
ten, der  Kntwickelungsprozess  des  Embryo 
erf<u'tlert  eine  l 'herwinteruui^f :  bei  den  Chi- 
nesen sind  die  Eiskammeru,  in  welchen 
die  Raupeneier,  speeiell  die  der  eineratigen 
nf.  S4.'  Dw  itnip«Mi  4«  Bombyx  nort  Rasse  aufbewahrt  werden,  in  stetigem  Ge- 
CBiaift  nigiSiMfft).  brauch.  Auch  in  der  I^ombardei  existieren 

grosse  Et:il)lissements,  wo  das  Überwintern 
der  Eier  vermittelst  kSiteerzeugeuder  Maschinen  verunstaltet  wird.  Die  künst^ 
liehe  Oberwintemng  gestattet,  das  Ansbrüten  der  Ranpeneier  in  16—20  Tagen 
nach  dem  Legen  durch  nachträgliche  passende  Erhöhung  der  Temperatur 
zu  bewirken;  ein  anhaltendes  Bearbeiten  der  frisch  gelegten  Raupeneier 
mit  steifen  Biirsten  soll  das  Auskriechen  hinnen  kurzer  Frist  (15  Tagen) 
ermöglichen.  Es  erheilt  daraus,  dass  man  die  Raupeneier  beliebig  lange 
Zeit  konservieren  kann,  um  sie  dann  im  passenden  Momrat  snm  Ausbrüten 
sn  bringen.  Dieser  Umstand  ist  von  grosser  Wichtigkeit,  denn  er  ermög- 
licht es,  nicht  nnr  einerattge,  sondern  aneh  swei-  und  mebremtige  Rassen  zu 
züchten,  oder  richtiger  gesagt,  aus  einer  einerntigen  Rasse,  wie  es  die 
meisten  europäischen  sind,  in  einem  Jahre  zwei  oder  mehrere  Brüten  resp. 
zwei  Kokonernteu  zu  erhalten,  was  in  ökonomischer  Beziehung  ungeheuren 
Vorteil  bietet  Ferner  liest  sich  aber  anch,  wie  Dr.  Crivelli  dargethan  hat, 
im  Falle  ungünstiger  Witterang  oder  schlechter  Blättert  rute,  das  Aus- 
kriechen auf  eine  günstigere  Zeit  verlegen.  l)iese  Methodu  wird  bereits 
mit  grossem  Erfolg  liei  .Mailand  in  Via  liomagnosi  in  der  Aufzüchterei 
von  Filippo  Antongiui  angewendet.  • 


*)  A.  Tiehomiroff,  IMreloppement  du  ver  k  sme  dn  nftxier  dans  Tcrof.  (Dulls- 
tins du  Labor,  de  Lj<ni).  1891,  &  159. 


uiyiii^ud  by  Google 


Dm  Antkttodiwi. 


176 


Verson  beobachtete  1874  die  Einwirkmig  der  Elektriritit  ab  Be- 

schlenniguDgsmittel  des  Aaskriechens;  Daclanx  bewies  dann,  dass  die 
Wirkung  ledi^licli  der  elektrostatischen  Entlailnnt?  und  nicht  etwa  der 
dynamischen  Klektrizitiit  zukommt.  Er  zeigte  ebeufnlls,  dass  das  künst- 
liche Uberwiatern,  starkes  Bürsten  und  Elektrizität  genau  dieselben  physio* 
logischen  Veribidetiiiigeii  im  Embryo  ▼eraraaebeD,  and  dass  ein  Bad  ana  Ter- 
dünnter  Schwefelsäure  in  dieser  Hinsicht  noch  wirksamer  ist.  1877/78 
bewiesen  Bolle,  Verson  und  Quajat,  dass  Salzsäure,  Salpetersäure  und 
sogar  destilliertes  Wasser  bei  50"  dieselbe  Kigenschaft  besitzen;  in  allen 
diesen  Fällen  wird  die  Karbeunietamorphose  des  Eies  in  der  natürlichen  Reihen- 
folge (yioleit,  blan  ete.)  beobachtet.    Schliesslich  hat  Bollat*)i  indem  er 


rifi  Ab  An*birtlMppaMk  Hg.  M.  AaMehtmi  SralMB*  DumI  <1.  B«lior«ii,  1.  Lnfteng, 

4.  lAfÜaall«)  b.  Vwtllator,  6.  Abrag,  7.  Bratnan). 


die  Ranpeneier  einige  Tage  einem  Lnftdmok  von  3—4  Atm.  bei  26 — ^28^ 
aussetzte,  die  Bemerkung  gemacht,  dass  ein  derartiges  Komprimieren  im 

Enihrvo  dieselben  physiologischen  Veränderungen  hervorrufe,  wie  alle 
früher  genannten  Mittel.  Am  geeignetsten  erwies  sich  ein  Druck  von 
6 — 8  Atm.  während  lä  Tagen,  bei  einer  Temperatur  von  15 — 16  ;  unter 
diesen  Yerhiltnissen  gelingt  der  Vmach  zn  jeder  Jahreszeit. 

Das  specifische  Gewicht  eines  gesunden  Raupeneies  ist  nach  Haber- 
landt  1,08;  die  mangelhaften  sind  leichter  als  Wasser.  Nach  Peligot 
enthalten  100  g  Raopeueier  1  g  285  Asche  and  zwar: 


*)  Oompt  read.  I8H  P- 


üiymzea  by  Google 


U6 


Die  Aafsudit  der  Uaalb«erraupe. 


PhosphonAnre 
Kali  .  .  . 
Magnesia  .  . 
Kalk    .    .  . 


533% 

29,5% 
10,3% 

M% 


Diese  ÄschenzusammensetzuDg  stimiut  mit  der  der  Getreidekönier  fiber- 
ein  und  zeigt  die  wichtige  Rolle  der  Pliosj)liorsiuire.  Es  würde  za  weit 
führen,  hier  eine  "feiiaue  Kirihryologie  des  Haupeneies  geben  zu  wollen; 
mau  begnüge  sich  daher  mit  einem  Hinweis  tiuf  die  hierauf  bezüglichen  all- 
gemeinen nnd  apeeiellen  Stadien  (aidie  bibliographieohen  Anhang). 

Das  Auskriechen  der  Eier  findet  statt  bei  20 — 26"  Warne  und  wird 
in  paaeend  angerichteten  Brntkammem  vollzogen.  In  den  neueren  vervoll- 
kommneten Apparaten  wird  die  Hei- 
zung durch  Wasserdampfröhren  be- 
wirkt, nnd  ein  beständiger  bequem 
regnlierbarar  Lnftstrom  erbllt  die  At- 
mosphäre  auf  dem  nötigen  Fenchtig- 
keitsgrade;  die  Gasheizung  wird  häufig 
mit  dem  Schlesiugschen  liegulutor 
versehen,  der  die  Temperatur  inner- 
halb bestimmter  Grenien  antomatiaeh 
auf  konstanter  Höhe  erhält.  Der 
Feuchtigkeitsgehalt  wird  nahe  bei  70 
Hygrometergradeu  erhalten,  die  Tem- 
peratur von  17,3°  am  ersten  Tage 
gani  aUmShlich  anm  Steigen  gebracht; 
am  f&nften  Tage  betrigt  sie  21 1/4% 
am  achten  25°  nnd  am  idinten  27,5^ 
Bereits  am  fünften  Tage  werden  die 
Eier  weiäslicb  und  bedecken  sich  mit 
kleinem  sehwarsen  Pankten«  am  zehnten  beginnt  das  Anskriechen  nnd  ist 
wibrend  der  fiitgendeo  drei  Tage  am  lebhaftesten  (von  4  bis  10  Uhr  Tormit^ 
tags).  Eine  Unze  vou  25  g  liefert  36000  junge  Raupen,  die  im  ganzen  etwa 
17  g  wiegen,  nebst  5  g  leeren  Eipr?;r!mlen  und  3  g  des  verdnnstoten  Wassers. 
Die  frisch  ausgekrochene  Raupe  misst  etwa  2 — 3  mm  und  wiegt  0,000  45  g. 
In  der  Lebenadaner  der  Manlbeerraupe  werden  mehrere  Perioden  unter- 
schieden, welche  dnrch  je  eine  HSntong  Ton  einander  getrennt  täadi  der 
gemeine  MaulbecEBirinner  (Bombyz  mori)  erlebt  vier  BSntnngen  besw.  fonf 
Lebensperioden. 

Sofort  nach  dem  Auskrieclieii  werden  die  jungen  Kaupeu  auf  Geflechte 
übertragen,  dereu  Rauminhalt  genau  der  Anzahl  der  Raupen  entsprechen 
mnss.  In  der  ersten  Lebensperiode  Tsrlangen  die  ans  einer  Ume  von  31  g 
ausgebrüteten  Raupen  einen  Raum  von  1,3  Qnadratmeter.  Die  nachfolgende 
Tahelle  Tcneichnet  die  üblichen  Temperatur»,  Banm-  nnd  Fenehtic^t^ 


ng.S7.  HMragwMU»  Mr. 


uiyiii^ud  by  Google 


Die  Aofsucht  der  Maulbeerraupe. 


177 


Verhältnisse  in  allen  fünf  Lebensperioden  der  Maulbeerraupe,  deren  Nicht- 
beachtung zu  einem  vollntändigen  Misslingen  der  Aufzucht  führen  kann. 


Periode  Daner  Temperatur  Feuchtigkeit 

I.  6  Tage  19'  C.  75—80° 

IL  ö    „  20°  C.  75° 

HL  6    „  22"  C.  80' 

IV.  8    „  23°  C.  75—80° 

V.  7    „  21°  C.  — 


Fläcbenraum 
1,3  qm 
3  „ 
5  „ 

12  „ 

25  „ 


Nahrung  in  kg 
5,5 
15,5 
75 
150 
850 


Unverzüglich  nach  der  ersten  Häutung  werden  die  Raupen  auf  frische 
Hürden  gebracht,  wobei  die  peinlichste  Sauberkeit  beobachtet  werden  muss,  da 


oo.oc 
oooc 
c  ooc 
oooc. 


Tig.  SU— 39.   Aoabebeantcrlage  Dkch  der  I.  and  4.  Hintoog. 

dieselbe  zur  gedeihlicheu  Entwickelung  der  Seidenraupe  von  grösster  Bedeu- 
tung ist.  Um  die  Ausdünstungen  der  Exkremente  und  eine  Fäulnis  der  toten 
Raupen  nach  Möglichkeit  zu  verhüten,  ist  von  Lavolard  der  Vorschlag 
gemacht  worden,  die  Hürden  mit  trockenem  Torfpulver  zu  Ix-streuen,  das 
bekanntlich  die  Eigenschaft  besitzt,  alle  Abgangsstoife  geruchlos  zu  machen 
und  ihren  Zersetzungsprozess  aufzuhalten,  indem  alles  zu  einer  kompakten 
Masse  eintrocknet.  Während  der  nachfolgenden  Periode  werden  die  Unter- 
lagen einigemal  gewechselt,  wobei  der  für  die  Aufzucht  einer  bestimmten  Menge 
Raupen  zugemessene  Raum  durch  Hinzuschaltung  frischer  Hürden  stets 
vergrössert  wird,  wie  in  der  obigen  Tabelle  angegeben  ist.  Eine  ge- 
hörige Ventilation  der  Aufzuchträume  ist  eine  Hauptbedingung;  man 
bedenke,  dass  die  Maulbccrblätter  über  65 ''/o  VV^asser  enthalten  und  der 
ganze  Dunst  samt  der  erzeugten  Kohlensäure  abgeführt  werden  muss. 
Die  Miniraalwerte  für  die  nötigen  Luflmeugen  sind  folgende:  für  etwa 
30000  Raupen  104  cbm  reiner  Luft  pro  24  Stunden  in  der  ersten  Periode, 
390  cbm  in  der  zweiten,  866  cbm  in  der  dritten,  2080  cbm  in  der  vierten 
und  8736  cbm  in  der  fünften  Periode. 


Silbermknii,  Die  Beide. 


12 


Google 


178 


dei  B.  morL 


Das  Wachstom  der  Ranpe  im  VerUUtnu  nur  Tenfthrten  Nahnuig  er- 
giebt  neh  ans  folgender  Tabelle: 

Grtoe  Gewicht 
3  mm  0,00045  g 
0,00675  „ 
0,04230  „ 
0,18000  „ 
0,7326  „ 
4,0000 


Nach  dem  Auskriechen 

Eude   I.  Per.  8 

11.    „  18 

H  IlL   „  28 

nr.  „  45 

V.   „   reif  87 


11 
ti 


1* 
ti 


11 
1» 


11 


Venehrtes  Onaatam  Blätter 

0,104  g 
0,312  „ 
1,036  „ 

3,110  „ 
1S,720  „ 


Eiaer  anderen  üntcrsuchuug  zufolge  weisen  nachstehende  Zahlen 
selbe  Eigebnis  ftuf;  36000  Stück  (25  g)  Ranpeneier  liefern: 


8.  vor  wtA 


Ansgei^rütete  R:iii]ien 
Nach  der  1.  Ilüutuug 
2. 
3. 

n      11   4.  ,, 
Während  „   5.  Periode 
In  der  Heifo 

Sie  liefern  Kokons 


I.M,  I. 


4. 


11 

11 


11 

11 


1» 
♦1 


1.  «ad  S.  vor  vU : 

17  g  schwer  und  verzehren: 
•  ^'ib  „ 
1,598  kg 
6,800  „ 
27,676  „ 
161,500  „ 
131,920  kg. 

(472  im  kg)  76,250  kg  .schwer, 


11 
II 
II 


11 
»1 
II 
1» 


11 
1» 


)  3,6  kg 

9,8  „ 

32,2  „ 

95,2  „ 

&60  „ 


II 
11 


1» 


n 
»1 


Puppen  66,300  „ 

Sehmefcterlinge  99,865  „ 

Nach  dieser  Berechnung  akatim»  sonnt  36000  Stftdr  Banpen  bas  sn 
ihrer  Beife  700,7  kg  Bl&tter;  thetsichlich  werden  aber  nnr  c».  860  kg 
venehrt  (Dandolo).  OUge  Zahlen  stellen  gewissermaften  die  phjsblogisebe 


Digitized  by  Google 


Lebensigang  des  B.  morä. 


179 


Ökonomie  des  Raupenlebens  dar.  Vergleiclien  wir  miteinander  die  elemen- 
tare Ziisammpnsetznng  der  Seidenraapen,  sowie  der  Exkremente  einerseits, 
und  der  Maulbeerblätter  andererseits,  so  erhält  man  folgende  Zuiiatunien> 
sielluug 


Blätter 

Raupen 

Exkremente 

Kohlenstoff 

43,73 

48,10 

42,00 

Wasserstoff 

5,91 

7,00 

5,75 

Stickstoff 

3,32 

9,60 

2,31 

Saaenloff 

35,44 

26,30 

36,14 

lGii«i«l«toffi» 

11,60 

9,00 

13,80 

Verrechnen  wir  diese  ^(hlen  auf  die  einer  bestimmten  Menge  Ranpen 

entsprechen  den  Quantitäten  von  Blättern  nnd  Exkrementen,  so  ergiebt  sich, 
dass  folgende  xMengen  einzelner  Elemente  aus  dem  Lebeosprozess  hervor- 
gehen: 


Bliiter 

Raapen 

Exkremente 

c 

56,41 

9,69 

41,16 

H 

7,63 

1,41 

5,62 

N 

4,28 

1,93 

2,26 

0 

45,62 

6,30 

36,41 

Minenilstoffe 

14,93 

1,81 

13,62 

128,87 

20,14 

97,97 

Ein  groeaer  Teil  des  Kohlenstoffs  wird  also  als  Kohlensäure  beim 
Ätmnngsprozess  ausgeschieden,  ebenso  der  Wasserstoff  und  Sauerstoff  in 
einem  der  Wasoer/.nsatntnensetzung  entsprechenden  Verhältnis;  auch  ersieht 
uiau,  dass  sich  eine  beträchtliche  Menge  Stickstoff  im  Körper  der  Uau|)e 
anfiqpeiehert.  Von  den  Mineralatoffen  anuniliert  die  Seidenreope  hanpt^ 
sächlich  phospbonanren  Ealk  und  Magnesia,  während  Kieselsäure  und 
Kali  exkretiert  werden.  Nach  der  Ansicht  von  Peli(,'ot  erfolgt  der 
Ätmnngsprozess  der  Seideuraupe  ohne  Mitwirkung  des  atmosphäri.Qchen 
Stickstoffs.  Der  Eutwickelungsprozesa  der  Baupe  geht  gleichzeitig  mit  der 
Asmmilierang  einea  besUmmten  Anteib  der  in  den  BlanlbeerUättern  befind- 
lidien  «tiekatoffhaltigea  Snbetansen  ror  eich,  wobei  jedoah  die  cbemieehe  Zn- 
sammensetznug  ihres  Organiamna  w&hrend  der  ganzen  Lebensdauer  fast  unver- 
ändert bleibt.  Es  wurde  seiner  Zeit  auf  die  wesentliche  Bedeutung?  des  Stick- 
stoffgehalts der  Maulbeerblütter  für  eine  hinreichende  Ernährung  der  lianpen 
hingcwieaen  und  die  Mdglichkeit  ausgesprochen,  daaa  die  Raupenkrankheiten 
infolge  nnznreiebenden  Stiekstofigehaltes  der  Bl&Uer  eniatehen  kdnnen*). 
Die  Untersuchung  turkestanischer  MaulbeerMätter  erwies  in  denselben  einen 
genügenden  Prozentsata  (3,5 — 4%)  Stickstoff^);  daawlbe  war  bei  den  cht- 


«)  Pdligot,  rorapt.  rcnd  LXl.  866. 

*)  i.  Lieb  ig,  bucbners  Kepert.  XVI.  290. 

Eeiehenbaeh,  Ann.  d.  Cbenie  u.  Pharm.  CUIL 
■)  —  Aon.  d.  Cbenie  a.  Pharm.  CLVIIL  92. 

12* 


Digiii^uo  L>y  Google 


180 


Die  Raupenbaut.   Zucbtm^thode  von  Bonoric 


nesischen  und  japanischen  Blütieru  der  Füll,  und  bekanntlich  traten  iu 
diesen  Gegenden  die  Raupenkrankheiien  nnr  aasäserst  seUeii  jinf.  Nitch 
eiaem  Vorschlage  Liebigs  soll  daher  der  Manlbeerbaum  mit  stark  stickatoff- 
hftltjgeD  Stoffra  gedingt  werden.  Nnch  neueren  Untersuchnngen  üt  d»> 
gegen  der  Stiekstoffgehdt  der  Blätter  allein  fiir  ihre  Nährlorafb  nieht 
mdiigebeitd '). 

Um  mit  der  Chemie  iler  Seidenraupe  abzuscliiiesseu,  möf^e  noch  die 
Zosainmeusetzuug  der  H;mpeuhaut  angofiihrt  werden.  Peligot  ana- 
lysierte die  Haut  einer  normalen  äeideuraape  und  hat  mittelst  d» 
Schwelle rsehen  Beizens  Cellnlose  vom  Chitin  getrennt;  er  betmobtei 
Alis  Chitin  als  eine  Verbindung  der  Cellaleee  mit  Protei nsto^en,  wobei  er 
8i(  Ii  auf  die  von  Berthollet  bewirkte  Umwandlung  des  Cliitius  iu  Trauben- 
zucker stützt ''j.  Nach  Staedeler  ist  da'^  ('hitin  ein  Gljcosid,  welches 
beim  Kochen  mit  ^üuren  in  Zucker  uud  Lactauiid  gespalten  wird;  uacb 
anderen  ITnterracbangen  ist  dai  Chitin  ein  qnatmilree  ladiridnum  (eathftit 
C,  H,  N  und  0).  Da  Peligot  im  Chitin  freie  Cellnloae  &nd,  so  ist  man 
der  Ansiebt,  dass  die  Haut  des  B.  mori,  zuerst  von  Odier  als  Chitin  be- 
zeichnet, ein  der  Cellnlose  nahe  verwandter  Körper  ist,  von  der  er  sich 
dadurch  uuterscheidet,  dass  Schwefelsaure  keine  Glycoee  liefert,  und  dass 
mit  SalpeterMore  keine  dmi  Nitrolthem  der  Cellidflie  analog«  Produkte 
erhalten  werden. 

Der  Wasi^ergehalt  der  !\r;it5l!jeerbl;itter  übt  einen  grossen  Einfluss  anf 
das  Eudr«"snl<ut  der  Zucht,  weil,  je  uachdem  die  Raupe  mit  trocknen  oder 
nassen  Blättern  gefüttert  wurde,  die  Puppe  uud  somit  der  Kokon  dement- 
sprechend leicht  oder  schwer  ausfallen  wird.  Die  Kokonhülle,  d.  i.  die 
Sudenfaser,  ist  jedoeh  in  allen  Fullen  von  demselben  Wassergehalt. 

Das  Übertragen  der  Banpen  auf  frische  Hürden  behufs  Erweiterung 
der  Fläche  und  im  Interesse  der  Reinlichkeit  ist  mit  viel  Zeitverlust 
und  Unbequemlichkeiten  verbunden,  die  dem  praktischen  Seidetizücbter 
allzugut  bekannt  sind.  In  einigen  Gegenden  Peraiens,  Friaulä  und  Italiens 
wird  infolgedessen  die  Zndit  anf  Manlbeerzweigen,  die  in  geeigneter  Weise 
nntergebracht  und  befestigt  werden,  vollzogen.  Auch  war  man  in 
neuerer  Zeit  bemüht,  die  Seidenzucht,  was  die  Zeit  und  Ausnutzung  des 
Raumes  anlangt,  ökonomischer  zu  gestalten.  L)ie  Methodeu  von  Bonoris 
and  Cavallo  sind  am  besten  geeignet,  sich  iu  der  Praxis  einzubürgern; 
die  entere  besteht  ans  einem  dnreh  einige  gleiohlanfende  Stöcke  £  ga* 
hildetoi  ha]bkreisf5rmigen  Sehwibhogen  ABC,  der  an  den  Ketten  R  anf- 
gehängt  wird;  die  letzteren  tragen  in  radialer  Richtung  Ringe,  in  denen 
die  Stöcke  befestigt  werden  können.  Das  Gewölbe  wird  oberhalb  mit 
Zweigen  und  Blättern  bestreut  und  den  Raupen  überlassen.  Dem  Wachstum 
der  letzteren  entsprechend  werden  vorrätige  Stöcke  oberhalb  der  ersten  Wöl- 

>)  Qunjnt  &  Jordanoff,  Monit(>ur  an»  MlSlb  1891,  Nr.  ItSt  ff. 
*)  Ann.  de  cbim.  et  de  pbjs,  LVIU.  83. 
Compi.  lend.  XXXm,  XXXIV. 


Digitized  by  Google 


ZadiimeUiodt  von  Oavall«.  181 


bang  an  den  Ringen  befestigt  und  mit  fiieebem  Lrab  reneben;  die  Ran- 
pen klettern  dann  von  selbst  auf  die  neue  Hürde.   Da  die  Ketten  und 

Ringe  radialförmig  angeordnet  sind,  so  ist  e=;  klar,  dass  der  Flacheninhalt 
des  Gewölbes  von  selbst  immer  grösser  wird.  Das  Entfernen  der  unteren 
Wölbung  samt  Inhalt  wird  rasch  und  bequem  durch  Au^einauderaehmen 
der  Stöcke  bewirkt  In  der  Einriehtuug  von  Cavallo  aind  die  StSeke 
«af  leDkreehten  Geetellen  a,  b,  e,  d,  e  ventellbar,  das  Oberkiiechen  der 
Raupen  geschieht  von  selbst,  und  der  den  Ranpen  zugewiesene  Flachenranm 
kann  von  Etage  an  Etage  allmählich  yergrossert  werden.   Das  rasche 


Kf.«.  nnpmnuM  BMh  SgfMun  aomnte.  »f.  «IX  auvimdi»  bmIi  Sfrt«  CMiOla. 


Wachstum  der  Seidenraupe  und  der  nicht  ansdehnnngsfuhige  Charakter 
ihrer  Haut  bilden  beide  einfache  physiologische  Ursachen  der  Häutung;  dieser 
Frozess  greift  jedoch  derartig  in  die  allgeineiue  Physiologie  der  Raupe  ein 
und  erbdseht,  ta  seiner  vollen  Erklärung,  Hinweis  anf  so  viele  anatmnisebe 
Einielheaten,  dass  wir  uns  damit  begnftgn  müssen,  anf  die  Specialwerke 
(s.  bibliogr.  Anhang)  zu  verweisen. 

Wie  erwähnt,  erfordert  der  gewölinliohe  Oanj»  der  Seidenzucht  vom 
Auskriechen  bis  zur  Keife  der  Raupe  etwa  einen  Munat.  Die  Kutwickelung 
steht  uaturgemäss  in  direktem  Verhältuis  zur  Menge  der  aufgenommenen 
Nabntngt  und  diese  hingt  ab  von  der  grBsseren  oder  geringeren  Winne  in 
den  Zaobtränmen.  Man  hat  es  demnach  in  der  Hand,  durch  Erhöbung  der 
Temperatur  die  Fressinst  der  Raupe  zu  steigern;  die  Dauer  der  Lebens- 
perioden wird  abgekürzt,  eine  Häutung  folgt  in  wenigen  Tagen  der  anderen, 
uud  etwa  20  Tage  nach  dem  Auskriechen  ist  die  Raupe  reif  und  spinu- 
fthig  Nach  der  Methode  von  BeanTais  kann  die  Znchtdaner  sogar 
bis  anf  24  Tage  abgekartt  werden.  Die  Temperatnr,  die  am  Tage  des 
Anskiiechetta  24"  B.  betrigt,  wird  mit  jedem  folgenden  um  1**  vermindert, 


*)  Lnppi,  ^uoaUon  hiMe  des  Tsn  k  loic. 


üiyitizeü  by  Google 


182 


Bctthleanigte  Zacht.  SeicUnbaa  in  China  und  Japan. 


•0  da«B  rie  in  der  eisten  Periode  20*  ist  nnd  anf  dieser  WBlht  komtMit 

erhalten  bleibt.  Die  nach  dieser  Art  aufgezüchteten  Raupen  sollen  kräf- 
tiger sein  inul  seidenreichere  Kokons  liefern.  In  Spalato  (Dalraatien)  werdon 
jährlich  Ub«r -4000  Unzen  Raupeneier  nach  der  Schnellzuchtniethode  erzeugt; 
die  Temperatur  wird  konstant  auf  26°  erhalten;  fast  jede  Stunde  wird 
friiehe  Kahnmg  ▼erabreieht,  eo  dus  die  Ranpen  snieliends  waehsen. 

In  China  und  Japan  ist  die  Seidenzucht  ein  nationales  Gewerbe,  das 
in  nngeheuercm  Mafsstabe  iiikI  rnif  der  grössten  Sorgfalt  betrieben  wird. 
Es  ist  hier  iiblich,^die  Raupeueier  vor  dem  Ausbrüten  in  kocbsalzbaltiges 


Fl«.  M.  AiMoMmI  Is  OUiM.  Hg.  a&  BAilnag  MF  ZMtetam*  In  Ohtn. 


Was.ser  einzutauchen,  eine  Bohaudlung,  die  sien-tsan  (Üad  der  Seidenraupe) 
genannt  wird.  Das  Auskriechen  wird  durch  Einlegen  der  Eier  in  warme 
Bettdecken,  Kkidangsstfioln,  Kiehenrilnme  n.^e.  w.  1)ewirkt.  Die  jungen 
Raupen  werden  mit  äaeeerster,  bis  an  Pedanterie  grensender  nnd  Sfters 
geradezu  lächerlicher  Sorgfalt  gezogen,  die  indessen  im  Interesse  der  Reinlich- 
keit gerechtfertigt  erscheint.  Eine  Anleitung  zur  Seideir/.iicht,  Nong-Sang-' 
Thong-Kiue,  giebt  uns  ein  klares  Bild  über  das  Verhalten  des  Seideu- 
aflehters;  so  dflrfim  s.  B.  mit  dem  Stampfen  des  Reises  bssdiSftigte  Per^ 
sonen«  unlängst  entbundene  Franen,  Trunkenbolde  ete.  eich  niebt  in  derNlhe 
der  Raupen  aufhalten.  Als  erste  Bedingung  gilt  die  peinlidi.ste  Beobaeh* 
tnng  der  Mafsregeln,  die  zur  Erhaltung  der  Sauberkeit,  frischer  Luft,  reinen 
Futters  u.  f.  w.,  dienen  und  durch  quantitativ  ausgezeichnete  Resultate  der 
chinesischen  Seideuzucht  ihre  Bewährtbeit  zeigen. 


Anatooii«  der  Seidenraupe. 


183 


Die  ausgewachsene  reife  Seidenraupe  ist  von  milcb  weisser  l'arbe  und 
besteht  aus  10  bis  12  Leibtöringen,  deren  vorderster  einen  grauen  oder 
briimlicheii  Eopf  and  3  Pur  lohuppiga  Vorder föase  txSgt;  die  letsteren  beritien 
die  gleiche  Farbe,  wie  die  von  der  Banpe  gelieferte  Seide,  Bind  also  wein, 
gelblich  oder  gräulich.  Die  vier  mittleren,  Bowie  der  letzte  Ring  tragen  die 
Kim  Ansaugen  eingerichteten,  biegsamen  und  hiiutijj;en  Fiisse,  auf  äem 
vorletzten  erhebt  sich  ein  hornartiges  (iebilde,  wie  bei  den  meisten  Schwär- 
merraapen.  Die  Form  des  Kopfes  ut  ovoidal,  v<m  oben  nach  unten  abge- 
plattet; adne  GfSsse  betrügt  3  mm  Linge,  3 — 3,6  mm  Breite  und  2,5—3  mm 
Dicke.  Es  wBrde  den  Rahmen  des  vorliegenden  Werkes  abersehreiten, 
wollte  man  eine  genaue  Anatomif  der  J-^eidenraupe  gehen;  eine  Anfziililnng  der 
betreffenden  Litteratur  möge  genügen.   {S.  Bibiiogr.  Aulmug  t>.  2t>8  u.  tf.) 

Unmittelbar  unter  der  liückeuhaut  liegt  das  röbreafurmige  Blutgefäss 
und  eehlSgt  normal  etw»  40 — 50  Mal  pro  Minute,  indem  es  durch  das  Hin^ 
nnd  Zurückziehen  das  gelbliche  Blut  nach  der  Kinnmer  beiordert,  die,  durch 
DnrmfeUmembrane  gebildet,  den  Yerdanongskanal  nmgiebt.  Die  Pnlsiemng 


des  Gefaä8e8  üchwaukt  je  nach  der  Lulilempertitur  und  beträgt  6 — 8  Schlüge 
bei  12— 16^  nod  30—40  pro  Minute  bei  ^^--^5^  oder  wenn  die  Raupe 
viel  Bewegung  macht;  die  Zahl  steigt  auf  60 — 65  im  Moment  des  Ein- 
Spinnens.  Die  an  lieidcn  St'iten  der  Körperringe  sichtbaren  18  sibwarien 
Punkte  sind  Öffnungen  der  Respirationsorgano  (Atemlöcher,  Stigmata), 
durch  deren  Verzweigungen  die  Luft  in  das  Innere  der  Raupe  eindringt, 
nm  mit  dem  Blute  in  Verbindung  sn  treten.  Die  Banpe  knnn  fAa»  Schaden 
eini^  Stnnden  im  Wasser  Terbrtngen;  besireieht  man  indessen  die  Atem- 
iSofaer  mit  Ol,  so  erstickt  sie  in  wenigen  Minuten.  Nach  der  Berechnung 
von  RepnauU  und  Reiset  (1849)  absorbiert  1  kg  spinnreifer  Seiden- 
raupen 0,763  g  Sauerstoff  pro  Stunde.  Das  motorische  System  der 
Ranpe  ist  ausserordentlich  zahlreich  und  besteht  aus  über  6000  bekannten 
Muskeln. 

GleioUAnfond  mit  dem  Datmknnal  liegen  an  beiden  Unterseiten 
des  Körpers  der  Maulbeerraupe  zwei  geidenerzeufrende  Drusen,  die 
einen  beträchtlichen  Ranminhalt  einnehmen,  lu  denselben  lassen  sich 
drei  Teile  unterscheiden:  der  bildende  oder  sekretiereude  Teil,  der  sam- 
melnde odw  resenrierende  Teil  nnd  der  idiBondemde  oder  exkretierende 
Teil*  Im  allgemeinen  besitzen  die  SeidendrSsen  der  Msnlbeerraupe  und 
anderer  analoger  Insekten  in  physiologischer  Beziehung  grosse  Analogie 
mit  den  Speicheldrusen.   Der  sekretierende  Teil  besteht  ans  einem  U  bis 


Digm^uü  L>y  Google 


184 


BaidenerzeugeDde  Organe, 


15  cm  laugen  nud  1  mm  dickeu,  stark  gewundenen  KtauX  und  geht  nach 
12  bis  15  UnibiVpiingon  oline  merkliche  Abgrenzung  in  den  sammelnden 
Teil,  die  sogenannte  bamnieldruse  (lieservoir)  über.  Wenngleich  in  anato- 
mischer Benflhnng  kein  icharfer  Übergang  zn  bemerken  iet,  lo  tefe  doch 
infolge  der  physiotogieehen  Uoterachiede  ein  aehwacbes  inaeerai  Merkmal 
an  der  Stelle  ivahrznuelnnon ,  wo  die  der  Sammeldritse  eigentümliche  Fär- 
bung ihren  Anfang  nimmt   Die  aar  Anfspeicherong  der  anogten  Seiden* 


Tt$.  54.  SaideudrflM  de*  B.  morl  <1.  SdnttlMMI,  Flg.  U.  SeidcndrÜM  der  Aathenea  Peroyl  (PS  B*- 
S.aunMMiflM,  aaslintiaitaU,4.  nUyptoDrtM».     knOouttfl,  T  TttUaduiiikaaal,  B  aunmaldcflM, 

OB  likntloMtaaL) 

Substanz  bestimmte  äanuueldrüse  bat  eine  Länge  von  6 — 7  cm  and  einen 
Dnrehmeeser  Ton  2,6 — 3  mm,  der  bis  sw  swilten  Biegung  irikihat  nnd 
dann  abnimmt.  IDen  exkretierenden  endlich  bildet  ein  6  cm  langor 
nnd  0,3 — 0,4  mm  dicker  Kanal,  d«  i  v  n  der  Summeldrüse  ohne  merkliche 
Orenze  Rusmiitulet.  Nach  einigen  schwachen  welleurörniigen  Biegungen  dringt 
er  in  den  Kojit  der  Seidenraupe  und  nähert  sich  seinem  Doppelgänger,  um  sich 
an  ihn  anzulegen,  ohne  eich  jedoch  mit  ihm  in  einen  Kanal  zu  Terschmelzen. 
Der  gebildete  Doppelkanal  biegt  eich  sdiarf  nnd  mfindet  in  die  Spinn- 
murse,  deren  anatomischer  Bau,  der  ftbrigens  noch  nicht  ▼öUig  aufgeklärt 
ist,  weiter  nnten  beschrieben  wird;  es  mag  aneb  vorlftafig  bemerkt  werden, 


Digitized  by  Google 


Seidenerzeugende  Organe. 


185 


dass  hier  die  beiden  exkreiierenden  Kanäle  zu  einem  einzigen  ver» 
schmelzen.  Der  seidenerzeugende  Apparat  nimmt  infolge  der  vielfachen 
Biegungen  trotz  seiner  bedeutenden  Länge  (ca.  40  cm)  einen  verhältnis- 
mässig geringen  Raum  ein;  sein  Volumen  beträgt  etwa  1  cc.  oder  des 
Gesamtvolumens,  ein  Verhältnis,  das  nur  bei  der  Maulbeerraupe  auftritt, 
während  andere  Seidenraupen  ein  beträchtlich  kleineres  zeigen.  Das  speci- 
fische  Gewicht  der  Seidendrüse  ist  nur  wenig  grösser  wie  1,  ihr  Gewicht 
beträgt  etwas  über  1  g,  gleich  '5  des  Gesamtgewichts  der  Raupe.  Das 
Verhältnis  der  Seidendrüse  zu  dem  übrigen  Organismus  der  Raupe  ist 
folgendes.  Der  Anfang  des  Sekretierungsorgans,  das  ein  feines  Netz  vor- 
stellt, verzweigt  sich  unter  den  Luftkanälen  unweit  der  Nervenkette;  die 


Fig.  56.  Qaenchnilt  dtr  Seldendr&M  tod  B.  morl.      Flg.  bl.  Qaenchnllt  der  Seldendnia«  von  A.  ptnyi. 

Drüse  selbst  ist  mit  Abzweigungen  der  Tracheen  (Luftkanüle)  umflochten 
und  wird  durch  ein  fettähnliches  Gewebe  an  der  inneren  Wandung  des 
Körpers  festgehalten;  die  grosse  Zahl  von  Luftgefässen,  die  von  den 
Stigmaten  aus  sich  in  zahlreichen  Verzweigungen  an  der  Oberfläche  der 
Drüsenzellen  ausbreiten,  ohne  jedoch  in  das  Innere  der  Wandzellen  zu  ge- 
langen, führt  eine  bedeutende  Menge  Luft  hinzu,  die  für  die  rege  physiolo- 
gische Thätigkeit  des  seideuerzeugenden  Apparates  unumgänglich  nötig  ist. 

Der  für  uns  interessanteste  Teil  der  Seidendrüsen,  die  Spinmlrüse, 
ist  erst  vor  kurzem  gründlich  erforscht  worden  Die  Vorstellung  früherer 
Naturforscher  über  die  Art,  in  welcher  der  Seidenfaden  erzeugt  wird, 
entsprach  durchaus  nicht  immer  den  Thatsachen.  Das  Spinnen  sollte,  wie 
das  erste  grössere  Werk  über  den  inneren  Bau  der  Seidenraupe  von  Aldro- 
vandi  besagt,  durch  den  Mund  der  Raupe  geschehen.  Fünfzig  Jahre 
später  widerlegte  Goedartius')  diese  Meinung,  ohne  jedoch  über  das  Wesen 
der  Bildung  des  Seideufadeus  Aufklärung  geben  zu  können.  Malpighius  ge- 
bührt das  Verdienst,  zuerst  die  Spinnrüssel  erkannt  zu  haben;  Reaumur  und 
Linne')  bestätigten  später  diese  Entdeckung.    Rösel  von  Rosenhof  be- 


*)  Blanc,  Bulletin  du  Laboratoire  de  Lyon,  1889/90. 

')  Qoedartius,  MetamorphoR)8  inaectorum  etc.,  Medioburgi  1662. 

*)  Amoenitatcs  Arademicae,  Erlangiae  1788. 


j  ^  .  y  Google 


186 


Die  Spinnwane. 


zeichnet  genau  die  Stelle  deiMlben  in  d«r  Mitte  der  inneren  Lippe:  „  . .  , 
in  der  Mitte  ist  die  Waxse,  ans  welelier  der  Seidenfsden  beniisbniimt. 


Mg.  M.  Kopf  dir  BaMaamp«  B.  atail,  Oktw  flg.  SS.  Kopf  4w  StMtmnvp«  II.  aori,  Obu- 

mm  Uk.  IMr«  ante     Upp*  B  humuMMä.  mMb  (A  Kiefer,  B  Upp«D.  O  rahlhdraer,  D  Zvt^ 

O  linabadtcB,  D  VUilMnMr,  B  Aa««n.  V  Tordtrw  MliMia&alw  dw  TorderbMpto  B). 
grBD(lRi<-b«  de*  OnadMms,  1<  Orandbeln, 
I  /oogenbela,  K  TwrtwIuniitwiiDde). 


welche  ich  Zieh-W;ir/.e  nenne,  gleich  wie  man  bei  dennen  Dratziehem 
dasjenige  Eisen,  durch  welches  der  Drat  gezogen  wird,  das  Zieh-Eisen 
heisset'^    Ljonnet  studiert  den  Spinnapparat  des  Gossas  ügniperda,  der 


llg.«l>-«aBto8viBartnelaodilireCmt»bang(A«Qlpfel  Hg.  «3.  Pm  Tb—w  im  Moptm  top  Bl  wmA 
im  BSwl,  b  MIaivud,  o  Baela,  d  Leier.  •  Kiefer,  (A SpefaerAlue,  B  BikNilouliaiMl der  redrtn 
ttmlfm,  Be  OlpfU  der  Böeeel,  b  Mteatrud,  e  Dlit«r>  BcidoodriUr,  C  rntcrllppc,  D  Kinnbacken,  B 
matt  4  Baeie,  e  Obenmlet,  Oft  üntexwead,  bb  BaUaa-  FüblbArner,  F  ÜDl«r*elt«  Jer  Vorderheupt- 
Viod*).  Wknd,  H  Dnisen  von  Flllppl,  I  NerTenknoten 

e,  f,  Ii,  k  Zlehmnakal  de«  Ktnnheekeai, 
S,SKnnMTn)L 

d«n  fon  Bomb,  mori  sebr  abatidi  M.  ünter  den  neneren  Fbnebem  b^ 
ÜMsten  dch  Bobinei,  Ansonz,  Filippi,  Cornalia,  Helm,  Bartb^- 
lemy,  Gilson  vnd  Blano  mit  dem  Stadium  d«r  SpinnSfibnng. 


Digitized  by  Google 


Die  Spiniirfliwl.  DrBien  toh  Filippi.  187 

Die  bnden  eylindritohen,  den  swei  Seideiidrfleeii  entepreehenden  Ejutile 
Fmit  einem  äusseren  Durcbmes.'^er  von  0,8iiiin  nnd  einen  inneren  von  0,23imn 

gelangpii  eitjzeln  in  den  Kopf  der  Seidenraupe  und  vereinigen  sich  hier  zu  einem 
gemeinsaiucn  Kanal  D,  der  in  die  Spinnriissel  ausmündet.  Alle  diese  Ka- 
näle zeigen  den  üblichen  histologiscben  Bau,  von  dem  sf^ter  die  Bede  lein 
wird.  An  der  GrensBtelle  ergiessen  sich  die  dnreh  KanUchen  E  v<m  den 
Filippischen  Drflsen  kommenden  Säfte.  Die  Spinnwarze  ist  eine  bimoii- 
förmige  Masse  von  0,65  mm  Länge,  deren  Bau  aus  der  Fig.  64  flF.  zur  Ge- 
nüge erhellt.   Mit  den  Exkretionskanälen  verbindet  die  Spinnwsrse  G  der 


A 


»•4iepiaBw«tamf»T.B. WHl(&8vlm'  ft«.  «ft.  IAhimiImiIH  4m  flvteavttkiMgM  t.  B.  mwrf  (&  fl»lBB> 

aefenag,  B  TMUndaaeiktua,  O  8ptoB>  wo»,  B  Bptamrf—al,  O  P  Ulm,  ftaat»,  B  itmriMMaarKa- 

WWM.  D  (reneiBMuar  BKkMdoulüad,  aal,  ft  ob«rw  fl^asaMuM,  •  BM«n*.  •  lutaidlbataiB,  4  Ca> 

BKhi»1      Kllippl  Drüsen,  F  recbtorEx-  ttOBta,  eh  KpithoUun  dM  KhiIs  K,  ef  Bpltbelftn  dm^gtaa- 

kntknukinal,  l),  r.  i1.  c,  f  (>ffnanR«ii  der  WWW,  tt  £pldernlawiilit  der  BüimI,  fl  XpidenalB  4»  I^ttar, 

KiaAle.l  Rückgrn'.  k  inriiti  iibuiuin.  I  Ana-  o  OfltHtng  das  9plBiik>D«iH  oi>  Ccntr«llnMl  dtr  Lttot ud dar 

flOM  der  KiU]  ptachtQ  i'  lÜMilfikeit).  Uümi-I). 

Kanal  1),  sie  mündet  ihrerseits  durch  die  Spinnrnssel  in  die  Spinnöffiuinir  A. 
Der  Spinnrüssel  besteht  aus  der  vorderen  Wand  A,  der  unteren  B  und  der 
seitlichen  C;  durch  einen  Zwischenraum  von  der  insseren  Hülle  getrennt, 
sieht  der  innere  Kanal  D,  in  welehem  denilieh  die  Teilung  des  Seiden- 
fkdeos  wahrzunehmen  ist  (Fig.  66). 

Von  (h'u  liii  r  in  Frage  kommenden  Muskeln  des  Exkretionsorgans  sind 
die  der  Spiuinv.  i kzenge  hervorzuheben,  die  in  Form  kontraktiler  Bündel 
den  seitlichen  W  andungen  des  Kaupeukopfes  entatammeu  und  den  Spiuu^ 
apparati  Shnfieh  wie  die  Sehlieaamnakeln,  derart  hethätigen,  dass  «ie  den- 
•elben  im  Moment  der  Ezkretion  dnreh  Eontraktion  abplatten  nnd  Ter- 
atopfen* 

Das  Drüsenpaar  von  Filippi  sind  Organe,  deren  anatomische  Struktur 
zwar  genau  bekannt,  deren  physiologische  Bedeutung  jedoch  noch  nicht 
▼öllig  aufgekiftrt  ist;  ne  sind  klein,  kugelförmig  nnd  übermitteln  ihren 
Inhalt  Tennittelst  knncer  Kanilchen  an  die  Exkretionsstelle  des  Snden- 


Digitized  by  Google 


188 


Die  RoUe  des  Filippiadien  Sekrets. 


fadens.  Ihre  Anordnung  seigt  die  Fig.  66,  in  welcher  E  die  beiden  Ex- 
kretioiiskanüle,  F  dip  i^pinnwarze  und  G  Filippis  Drüsen  sind.  Die  Zellen 
der  letzteren  zeigen  ilie  EigentüniHchkeit,  dass  ihr  Protoplasma  durch  zahl- 
reiche Yacuolen  ausgehöhlt  ist,  die  ein  flüssiges  Sekret  enthalten,  welches  Ton 
Q&belmiiiter  ZoaaninienMtiang  und  daher  aneb  Ton  unbestimmter  Wirkung 
iet.  Gornalia  war  der  irrigen  Aneidlt,  daes  Filippis  Drüsen  der  Seidenfaser 
den  wachfiartigen  Uberzng  zu  liefern  Iniben.  Helm  feilt  der  Filippischen 
Flüssigkeit  die  Rolle  zu,  die  Seidcutäden  mit  einander  zu  verbinden;  Au- 
zoux  und  mit  ihm  Giisou  meiueu,  sie  koaguliert  die  Seidenflüssigkeit 


«Ukd,  sBAUoBf  dssSBknUoBflksnala,  bBAekgnt  rtsiil,  O  IMppli  ttttam,  •  lApp^hn,  i  Itot  Mfr 
4«r  liimx-h  ale,  B  obwer  Mnakal.  0  MlUieheT  Um-       kMtfaufeSBlU,  e  dbanr,  b  mutttn  aad  o  mUHUtmr 


und  macht  die  Faser  unlöslich.  Diese  letztere  Meinung  scheint  die  wahr- 
scheinlichste zu  sein,  und  die  Fi  lippische  Flüssigkeit  den  Zweck  zu  haben, 
an  dw  ErbSrfcnngsfähigkeit  dea  Fibrötna  (Sodenaabakana)  an  der  Lnft  bei- 
sutragen;  naeb  Blane  soll  ale  di^egen  nnr  den  Darchgang  des  Fadens 

erleichtern.  So  lange  indessen  ihre  Zusammensetaang  nicht  bekannt  ist, 
sind  alle  Hypothesen  über  ihre  Funktionen  gewagt.  Die  Filippische 
Flüssigkeit  ist  in  den  Zellen  wasferliell,  farblos  und  besitzt  keine  passiv 
tinktoriellen  Eigenschaften;  man  begeguet  jedoch  öfters  in  dem  Kanal,  der 
naeb  der  Spinnöflbiing  {Bbrt«  einaelnen  FSdebeo,  die  ans  diesw  Fl&ssigkeift 
durch  Koaguliernug  bsTTorgegaugen  sind  und  im  Ganaen  die  Eigwnadiaftsn 
der  Seidenfaser  /eigen,  n.  a.  sich  gut  färben  lassen. 

Wenden  wir  uns  jetzt  dem  histologischen  Stuiliuni  der  Seideiidrüsen  zu. 

Bereits  iiobiuet  gab  1844  einige  Notizen  über  die  mikroskopische 
Anatomia  des  asidenflneagsiiden  Apparatea').   Vor  ihm  haben  aehon  Ly- 


*)  ForaiBtNB  de  U  HnSh  1844. 


kel,  DK  EpIdaniilMableht  voa  A  Mkrtttert). 


SptauuBoaktl). 


Digltized  by  Google 


Hiatologw  d«r  SM'dCDdzOMii. 


189 


onnet*)  nnd  Andonia*)  diese  DrÜeen  bei  enderea  Inaekten  nntmaeht. 

Jedoch   vermochten  diese  Forseber  «l)ensoweDigt  wie  «{mter  Oornalia 

(1850)  in  (\pn  fiusceren  Wandungen  cVr  PtMrIfnidrüsen  eine  zellenartige 
Struktur  UHcbauweiseu,  obwohl  sie  schou  zehn  .fahre  früher  von  Meckel 
angedeutet  worden  ist.  Auf  Grnnd  der  vergleicheudea  lüstologie  gelangten 
die  Ntttaiforaeher  twer  mr  Erkenntnia  der  Zellen  »neh  bei  dem  Bomb, 
roori,  ohne  jedoch  positive  Beweise  dafür  zu  bringen;  urst  den  Studien  von 
Raulin  nnd  Sicard,  Helm  und  Bhinc  gt'bührt  das  Verdienst,  den  liisto- 
logischen  Bau  der  Seidendrnsen  anf'geklärt  zu  haben ^J.  Die  Wandung  der 
Drüse  besteht  aus  drei  übereinander  liegenden  Membranen:  die  äuHserste 
(tnnicft  propria)'i8t  sehr  dttnn  and  fixiert  Farbelolfe  nnr^iusserst  icbwer; 


die  innerete  (eaticala  inten»  rel  intima)  verhSlt  sieb  wie  die  «tetei  und 
ist  Ton  cbitinark^^  Sirnktor  nnd  alkalibestftndig;  die  mittlere,  von  be> 

triiclitlich  grSiserer  Dicke,  ist  zellenartiger  Struktur  nod  zeigt  im  Mikroskop 
(nach  der  Aiisfjirbnng)  ein  körniges  Protoplasma  mit  radialer  Streifnng. 
Sie  enthält  eiue  Unmasse  von  Kernen  mannigfaltigster  Gestalt,  zwischen 
denen  jedoch  keine  abgrenzenden  Linien,  welcbe  aaf  die  Anwesenheit  von 
Zellra  sobliessen  lassen  wüiden,  an  beobaebten  sind;  bei  oberfiSchlieber  Unter- 
eaebnng  konnte  bier  somit  die  Ansiebt  entsteben,  daas  dne  Symplasto 
Torliege. 

Die  Membraue  der  äeidendrüse  besteht  aus  zelleDartigeu  Schuppen 


>)  Tr^iite  unut.  de  ^t  c^enille,  qui  lODge  1*  boii  da  laolfl,  1760. 

»)  Uistoire  de  l;i  l  yr.ilu,  lSt'2. 

*)  F.  R.  Helm,  Zeitschr.  für  wiaB.  Zoolo|pe  1876. 

Sicard  &  Baalin,  De  1*  Mte  daoa  l^tfrieur  de  r<»|aiiina«  (BulL  da  I*bor. 
de  Ljon  1887). 

L.  Blaue,  ifilade  aar  la  iMioa  de  la  wie  (iUd.  t88T/M). 


Digitized  by  Google 


190 


Die  Gestalt  der  Zellen. 


Ton  sechseckig  liiDglicher  Gestalt;  dieselben  Mnd  Mhr  regelmSssig  an- 
einander gereiht  und  bilden  die  Wandung  in  einer  einzigen  Schicht.  Es 
genügen  zwei  solcher  Zellen,  um  das  Organ  völlig  zu  umhüllen,  so  dass 
■n  den  beid«  Seiten  der  Seidendrüse  und  »kanäle  eine  zickzackartige 


Mi.  71  BM  «er  Zellm  Im  Pankt«  Ute  >%.  13.  BIM  dar  MIm  toi  takte  10  te 

BtldtaMM  <■.  Hg  M».  8«U«sdrtst. 

Bindungslinie  entsteht,  die  nach  einer  kurzen  Heliandlung  der  Organe  mit 
konzentrierter  Essigsäure  äogar  mit  blossem  Auge  beobachtet  werden  kann. 
Die  GrOsBe  der  Zellen  TnrUerk  nntfirlieh  je  naeh  ihrer  Stellung  in  der 
Drfiae;  in  dem  Exkreliontkannl  lietrigt  sie  0,8  mm  in  der  Unge  und 


0,1  mm  in  der  Bn-ite,  während  sie  in  der  Saninn'klrü'ii?  :>,7  mm  .inf 
0,5  mm  mis.st.  Die  Dicke  der  Zelleuelemeute  ist  natürlich  ebenfalls  schwan- 
kend; in  der  Mitte  der  SanuneldrSae  beträgt  eie  23  {t  (mtkromilUmeter 
SB  0,001  mm),  ist  aber  betrSebtlich  grosser  gegen  das  Ende  derselben« 
sowie  im  Sekretionioignn  nnd  erreiebt  duelbst  60 — 70      Wie  sehon  er» 


Die  StnUiur  d«t  ZaUmlnnfli. 


191 


tribnt,  dad  die  Zdleii  kernartig,  der  Kern  wdcht  indcMen  Tom  der 
Straktar  aUer  übrigen  intracellnlaren  Gebilde  ab.  Die  Zellenkeme  Ter- 
echiedener  spinneoder  Insekten  sind  nicht,  wie  gewöhnlich,  rnud,  oval 
etc.,  sondern  zeichnen  sich  dxirch  zweigartige  Aiislas-suugen  aus');  bei 
Bombyx  mori  zeigen  sie  eine  ansserordeutlicb  stark  entwickelte  Verästuug, 
die  snweQen  Ua  rar  giulkhen  Znsplitlenuig  lührL  Die  KompUiiertheit 
der  Windnngen  steigt  in  der  Biebtnng  Tom  Abaooderangeoigan  nteh  dem 
anderen  Ende  des  Apparates  ra  nnd  ist  im  Sekretionsteil  am  grössten.  In 
den  Zellen  des  Exkretionsorgans,  und  besonders  bei  der  Mündung  der  Drüse 
besteht  der  Kern  aus  einem  uuterbrocheneu,  honiogeueu,  lichtbrecheuden 
Faden  von  variabler  Dicke  inmitten  eines  Protoplasmas,  in  welchem  er  in 
Form  Ton  Tenweigungen,  die  dnrch  keine  Membrane  von  dem  letsteren 


Wl§.  n.  CaUMlA  te 


dtr  Oollenla,  •  Catleata.  f  fUm). 


gesoudert  sind,  in  ganzer  Ausdehnung  der  Zelle  sich  hindurchzieht.  In  ande- 
ren Teilen  des  Organs  besitzen  die  Kerne  analoge  Gestalt  und  weichen  nur 
insofern  tob  einander  ab,  ab  die  einselnen  Elemente,  je  nftber  die  Zelle 
dem  Ursprung  des  Organa  liegt,  kürzer  und  gedrängter  werden  und  die 
Gestalt  von  Knoten  annehmen.  Im  Sekret ionskanal  z.  H.  sind  dies  schon 
einzelne  gekrümmte  im  Protopliij^ma  eingebettete  Fragmente,  aber  auch  in 
solcher  Zerteiluug  zeigt  der  Kern  keine  Nucleola.  Wie  sonderbar  auch  diese 
Einrichtung  erscheinen  mag,  so  steht  doch  fest,  dass  sie  sowohl  in  d«r 
Jngend,  wie  in  der  Reife  der  Seidenraupe  zu  finden  ist  und  immer  darauf 
sielt,  eiue  möglichst  intime  Berührung  zwischen  dem  Kernp  und  dem  Pro- 
toplasma herbeizuführen.  Welche  Rolle  dabei  die  sich  verzweigenden  Kern* 
iaden  spielen,  ist  dagegen  noch  nicht  aufgeklärt  worden. 

Wir  kommen  nun  au  den  beiden  anderen  Sehiditen:  der  ftuaseren  und 
und  inneren  Umhflllong  der  jetit  bescbriebenMi  Zellensehieht.  Die  ftuasere 
HuUe  ist  durchsichtig  und  sehr  d&nn,  sngleich  aber  sehr  fest  und  dastisdi. 


>)  Leydig,  Traitd  d'hiBtologie,  1866. 
Robin,  Anatomie  et  phjiiologie  oellnlaire,  1878. 
Lsaesisa,  Ls  lliomiaopa^  1876. 


Digitized  by  Google 


192  ^  Bau  der  Amwotcbiditeii. 

Sie  ist  gänzlich  struktarloe,  homogen  und  stark  Hchtbrechend.  Die  innen 
Haut  besitzt  einen  interessanten  Ban.  indem  sie  vom  nllgemeinen  Typus 
der  Cuticulii,  einer  liouipakteu  und  gleichförmigen  Beschaffenheit,  wenigstens 
zum  grossen  Teil  abweiohi.  Diese  Membrane  xeigt,  flach  betrachtet,  das  in 
Fig.  77  wiedergegebene  Bild;  es  siiid  dies  einselne  ijlindrische,  dfinne 
I%den  (0,7  |x),  die  in  Form  von  Spiralen,  ähnlich  wie  die  Tracheen,  her- 
umgehen; ihre  Entfernung  von  einander  beträgt  dnrchscbnitth'ch  3 — 4  |i, 
in  Wirklichkeit  aber  ist  sie  aosserst  gering,  da  die  Verzweigungen  einzelner 


Faden  sich  mit  den  benachbarten  kreuzen,  ohne  jedoch  Verbindungsstellen 
zu  besitzen.  Ans  dem  Yerbalteu  gegen  Farhstc^e  und  Alkalien,  gegen 
welehe  sieh  sowohl  die  HfeapiAden  der  Catienla,  wie  die  Veraweigiingalste 

sehr  inaktiv  verhiiUen,  ist  abgeleitet  worden,  daSB  beide  desselben  Urspmngs 
sind.  Die  erwähnte  Disposition  liisst  sich  mit  grosser  Klarheit  nur  in  der 
Cnticula  der  äammeldrüse  erkennen,  während  in  dem  sekretierenden  Teile  die 
Verzweigungen  durch  eine  Schicht  des  Fibroins  teilweise  verdeckt  sind.  Am 
entgegengesetzten  Ende  des  Organs  erleidet  die  Cntieala  iusofem  dne  Umge- 


Hg.  81    Qaanwlinltt  de«  Eskrctlonakuikl*  im  Hg.  81  LlngUeber  (Joencliiütt  dorch  41«  S*> 

tankte  2  '»  Wiifi'..  1<  rrnto]i!a'.i;ia,  i   Vmirtt  lUltolMfllflM  Hill  i  fllBj! 

gungen  der  /elit'nkprne,  <i  CuUi  uIa). 

staltung,  als  sie  sich  von  der  Grenzstelle  der  Sarameldrüse  und  des  Exkre- 
tionskanals  ab  -immer  mehr  dem  allgemeinen  Typus  nähert  und,  indem  sich 
die  einzelnen  Verzweigungen  miteinsmder  verschmelzen,  eine  homogene,  nur 
durch  die  Hanptföden  durehsf^^ene  Besdiaffenheit  ennunmi.  Die  Dicke  dar 
Ifomlffaue  nimmt  gleichzeitig  zu,  erreicht  im  Anfang  des  Exkretiunskanals 
15  |JL  und  bleibt  bis  zur  Absondernngsstelle  konstant.  Diese  Einrichtang 
ist  physiologisch  leicht  erklärlich.  Wie  wir  später  sehen  werden,  geht  auf 
dem  ganzen  Umfang  der  Seidendrüse,  im  sekretierenden  Teil  und  in  der 
Sammeldrttse  ein  Diffniioiisprosess  vor  sieh,  (Ar  wdehen  die  Msmbrene  eine 
durchlässige  siebartige  Struktur  besitzen  mnss. 

Die  flftssige  Masse,  aas  der  die  Seidenfaser  gesponnen  wird  oder 


Digitized  by  Google 


BUdnngawfliM  dM  Fibioiiu. 


193 


dw  w^{eiuuiDte  Fibroin,  wird  auasehUenlich  vuu  deui  sekretierenden  Teil 
da  Or^aa  erzeagt,  und  swar  nur  toh  der  zelligen  Sehioht  der  ümbüllang. 

Es  ist  sogar  möglich,  auf  den  durch  FUrbaug  mit  pikrokarminsanrem  Am- 
moniak oder  ]\IetliYljxriiii  ('iitsj)rechend  präparierten  (Juerschnitten  die  Bildung 
des  Fibroins  zu  beobachten;  man  bemerkt  einzelne  Kiigelclien,  die  zwischen 
deu  Kanülen  der  Nucleola  entstehen  und  sieb  zu  traubeufürmigen  Gruppen 
▼efeinlgen;  die  GrOeee  dieser  Fibromelemente  ist  meiefc  änseerai  gering,  doch 


Hf.  flL  QneiaofaHttt  dar  lekretinnidrat«,  die  BildonK     FIC.IA.  OwHBMbiitU  der  BeknttonadrftM  (o  Wud, 
iH lAiOlin  nifmd  feWuid.  p  fnitopUtm»,  D  Kerne,       d  Odtalantldeht,  h  aliiaftai*  nitioi]ik6fner). 
g  nbfabkkOvyerchcn.  a  anrt  b  FibrolllMlilltklaB, 

f  KibroinmkMc). 

erreichen  manche  eine  Dicke  von  6  -9  \x.  Die  einzelnen  Ivri<;id(  iit  n  ver- 
•ebmelzen  sich  untereinander  zu  grösseren,  indem  gleichzeitig  eiue  Hewegiing 
der  letzteren  in  der  Richtung  nach  der  Mitte  des  Suinals  zu  stattfindet,  wo 
aieb  nun  alle  ansammeln,  bestandig  miteinander  Terscbmelzen  und  seblieselich 

als  homogene  Masse  in  den  Kann!  eintreten.  Entsprechend  dem  vorhandenen 
I)rnck  gcstalttn  sich  die  Kugeln  nach  und  nacli  zu  flachen  F,llip?oiden, 
deren  einzeiue  Schichten  mau,  bevor  sie  vom  Inhalt  des  Kanals  aut'genom- 


Flbrotna.)  LaMiliMbeB). 

men  w-tiili'u,  leiclit  iintfischeiden  kann.  In  einigen  gut  gelungtiicn  Prä- 
paraten, in  denen  die  Hülle  vom  inneren  Kanal  getrennt  worden  ist, 
laeeen  sieb  einzelne  Konglomerate  des  Fibroins,  am  Centralkanal  haftend, 
beobachten.  Das  erseagte  Fibroin  flieset  in  die  Sammcldräse,  in  welcher  es 
Ton  einer  frischen,  in  der  letzteren  selbst  entstehenden  Substanz  umhüllt 
wird.  Der  Ursprung  dieser  letzteren  Materie,  des  .«fogi-nanntcn  Rostes  oder 
Sericins,  liegt  an  der  Stelle,  wo  der  sekretierende  Kanal  in  die  ^amuiel- 
drSse  ausmündet.  Der  Bast  der  SammeldrOse  besteht  aus  einer  das  Fibroin 

SUbarmMB,  Dto  Saite.  18 


Digitized  by  Google 


194 


Der  Seidenbast. 


umgebeDclen  Schicht,  deren  Dicke  bis  zur  Mitte  der  Drüse  (Nr.  5,  6,  7  der 
Fig.  69)  ständig  wächst  und  dann  bis  zur  Mündung  des  Exkretionskauals 
ebenso  ständig  abnimmt.    Nachfolgende  Tabelle  zeigt: 


Tig.  87.    FlbroiniDkMc  de»  MaulbrcrsplDDerm         FIr.  88.    Ptbroininaue  tlea  wilden  ScideoipiODare. 

Gegend  des  Orgaas    Dicke  der  Basthülle     Durchiu.  des  Fibroiukanals 


1 

9  IJL 

76  ft 

2 

19  „ 

512  „ 

3 

47  „ 

998  „ 

4 

47  „ 

1024  „ 

5 

66',, 

1330  „ 

6 

66  „ 

1520  „ 

7 

66  „ 

■     1804  „ 

8 

46  „ 

1424  „ 

9 

28  „ 

1174  „ 

10 

9  „ 

1140 

11 

4  „ 

1040  „ 

yig.  89.  Qo«r*ehniU  dur  brMenftser  Ton  B.  mori      Flg  90.    Qucncbnitt  Oer  äcidtufaMr  ron  A.  Pernjri. 

Das  Verhältnis  der  beiden  Elemente  ist,  wie  mau  sieht,  un  verschie- 
denen Stellen  der  Drüse  durchaus  nicht  gleich,  vielmehr  überwiegt  nach 
dem  Vorderteil  des  Organs  zu  die  Dicke  der  Ba.sthülle,  woraus  sich  die  That- 
fiuche  erklären  läs.st,  dass  der  zuerst  von  der  Raupe  gesponnene  Teil  des 
Kokonfadens  verhältnismässig  am  meisten  liast  enthält. 


u.iujui^uj  L.y  Google 


Mikrotkopneli  betraehtet  uAgen  But  und  FÜbnnB  keinen  aMrkHehMi 

Unterschied,  obwohl  der  erstere  nicht  ganz  so  durchsichtig  wie  Fibroiu 
ist.  Die  Eigenschaft  des  Bastes,  für  die  künstlichen  Farbstoffe  mehr  Affini- 
tät zu  be.sitzLMi,  als  das  Fibroin,  lässt  sich  hier  behnfs  genauerer  Präcisie- 
ruug  benutzen;  nur  die  Pikrinsäure  zeigt  das  umgekehrte  Verhalten.  Diecop 
sMumMigeBetstni  Färbst«^,  wie  das  pikroknrminaavre  Ammoniam  oder 
besser  das  Pikroeooeinin  eind  in  dieser  Hinsicht  besoodors  wertvoll,  da  dw 
Bast  nur  das  rote  Pigment  fixiert,  während  das  Fibroin  durch  die  Pikrin- 
säure gelb  gefärbt  wird.  Das  Methylgrün  ergieht  ebenfalls  gute  Resultate; 

man  färbt  damit  den  Querachnitt  der  Drüse  nnd  be- 
^^^^         handelt  ae  dann  mit  Alkohol.   Znent  eniftrbt  «eh 
^^^•^V        das  Fibroin,  dann  der  Baefe  nnd  endlieh  die  ümhiU- 
M  §r      \\        langsmembrane.  Ibn  kann  such  das  Mi  llonsche  Re- 
M^l         *  *        agens  benutzen,  um  eine  üoppelfarbung  des  Bastes 
und  des  Fibroins  zu  erzielen.    Schli^licb  kann  der 
rersehiedene  L&diohkeitsgrad  in  AHnlwn  mr  Unter- 
seheidang  und  Trennung  der  beiden  Bestandidle  der 
Seidendrüse  dienen. 

Die  Fra<:re,  wie  der  Bast  physiologisch  erzengt 
wird,  lässt  sich  kurzer  Hand  nicht  beantworten, 
um  so  genauer  dagegen  der 
Ort  angeben,  wo  seine  Sekre- 
tion stattfindet.  Die  Sammcl- 
driise  sondert  das  Sericin  iu 
ihren  hinteren  zwei  Drittei- 
len ab,  während  das  vordere 
Drittel  anderen  Zwecken 
dient.  Merkwürdigerweise  zeigt 
die  Hülle  der  Samraeldrüse 
keine  absf>nderliche  Zellenstruktur,  der  man  die  Kr/engnnp  des  Baste«,  als 
einer  vom  Fibroiu  verschiedenen  Cjubstauz<  zoschreiben  künote;  vielmehr 
scheint  die  Boll«  der  SammeldrSsen  nidat  «ne  erzeugende,  sondern  eine 
modififtierende  ca  sein.  Wie  man  bei  Besprechnng  der  chemischen  Zn*- 
sammeusetzung  des  Bastes  und  des  Fibroins  sehen  wird,  unterscheidet  sich 
der  Bast  vom  Fibroin  chemisch  nur  durch  den  Mehrgehalt  an  Sauerstoff, 
was  Bollcy  seiner  Zeit  zur  Aaftitelluug  einer  Hypothese  veranlasste,  laut 
welcher  der  Bast  durch  Oxydation  an  der  Luft  ans  dem  Fibroin  hervor- 
gehen  sollte.  Dass  diese  Voranssetsnug  irrtSmlich  ist,  durfte  bereits  ans 
dem  Vorstehenden  einleuchten;  es  ist  jedoch  nicht  unwahrscheinlich,  dass 
der  Ba<it  ans  dem  Fibroin  dennoch  durch  einen  Oxydationsprozess  im 
Innern  des  Organs,  und  zwar  auf  folgeude  Weise  hervorgeht. 

Bei  seinem  Eintritt  in  die  Saninieldrüse  kommt  das  Fibroin  mit 
einer  gerSnmigen,  dünnen  Membrane  io  Berührung,  welcher  eine  grosse 
Anzahl  Tracheen  ununterbrochen  frische  Luft  sufUhreo.  Unter  der  Ein- 


Flg.  91.    Läti^'N.-i-liniu  der  Ko- 
dang  der  Sanmu'ldrAM 

(c  Cuticula^ 


Tis  LingBKbnitt  de«  Ex- 
krctloiuluuMla  4*r  A.  Pani}-!. 

bnMt,OltMlD. 


Digitlzed  by  Google 


196 


SflidaBbMt  Unwidio. 


Wirkung  des  LaftMurantofib,  mit  welehem  das  Fibroin  fast  in  nnmtttelbaren 
Kontakt  kommt,  nnd  nnter  dem  direkten  Einflass  des  Zelleulebeus  wird  es  iu 
dem  Mafse,  wie  es  in  die  Sammeldrüse  einfliesst,  oberflächlich  und  teilweise 
in  eine  Substanz  verwandelt,  die,  weil  der  Lufteinwirkung  bereits  aus- 
gesetzt und  eiaigermafsen  durch  die  nochmalige  Zelieuarbeit  koudeuäiert, 
für  dne  naelitriigliche  Wirkung  der  Atmospharenlofl  nmmipfindlich  ge- 
macbt  wird.  Diese  Hypothese  dw  Btetentstehnng  trigt  saglMeh  sowoU 
dem  chemischen  Ver)ialtui.s  der  beiden  Komponenten  der  Seidenfaser,  wie 
der  Anatomie  und  Histologie  des  Organs  Rechnuni/.  Zuweilen  lassen  sich 
in  der  Bast^bicht  einzelne  Bruchteile  des  Fibroms  entdecken,  die  vom 
Zmtrmlkanal  getrennt  im  Bast  heramsehwimmen  (Fig.  85)  nnd  später  rar  Bil- 
dung seknndärer  Seideni&den  Veranlassung  geben.  Das  quantitatiTe  Yer- 
hSUnis  des  Bastes  znm  Fibnun  ist  in  der  SammeldrSse  ein  grosseres,  als  im 


n«.  n.  UnaiMInltt  donh  dl«  0«et|Hi«Mtitt»  te  aammOMm  1b  daii  MurUBB^tMl  (»  yhaitaa§, 

h  Mwxridla,  •  Bwli  «  fiteola). 

fertigen  Kokonfaden:  wahrend  der  letztere  durchschnittlich  25%  Bast  ent- 
hält, verlieren  die  Drnsen  beim  Entschälen  (Entbasten)  über  35%  ihres 

Gewichtes  *). 

Ausser  dem  Fibroin»  Seriein  und  der  Filippisohen  Flfissigkeit  gesellt 
sieb  bei  der  Absondemng  der  Seidenfaser  noeh  eine  vierte»  erst  in  neuerer 

Zeit  ermittelte  f^ubstanz  hiniu,  die  den  Namen  Mncoidin  erhalten  hat'). 
In  den  Teilen  2,  l),  4  <h'^  seidenerzeugendeu  Organs  lässf  sich  auf  vorlier  mit 
Methylgrün  entsprechend  präparierten  Querschnitten  zwischen  der  Bast- 
schicht  qnd  der  äusseren  Holle  ein  Körper  beobachten,  der  sich  von  dem 
Bast  nnd  dem  S^broin  spedell  dadurch  nnterscfaeidet,  dass  er  die  Farbstoff» 
bedeutend  energischer  aufnimmt  und  von  stark  schleimiger  Konsistenz 
ist.  Ursprünglich  als  eine  Art  Körner,  tritt  dieser  Stotl'  weiter  gegen  das 
Kude  ili's  Organs  als  homogene  Schicht  auf,  welche  den  Seideni'aden  bis 
zu  dessen  Austritt  aus  der  Spinnüifnung  begleitet.  Die  Dicke  der  Mucoidiu- 
sehieht  Terbalt  sieb  folgendermaCsen: 


')  Raulin  &  Sicard,  Rull,  du  Labor,  de  Lyon,  48. 
*)  Bianc,  L'hiatologie  de  l'appareii  säricig^ne,  Ljon  Ibtt^. 


Mucoidin.  VorgaBg  bei  dar  Bildung  der  FM«r. 


197 


Gegend  de«  Organs    Mneoidin    Bast    DDrchmeaaer  des  Ftbroins 


4(i 

9 

76 

¥• 

4  » 

9 

n 

76 

2«  „ 

47 

»1 

988 

äpureu 

47 

ti 

1021 

»1 

Der  Mucoidinscbleim  ist  «ne  ziemlich  dicke,  homogene  Kiweifssubstanz; 
konzentriorte  Essigsaure  quellt  ihn  nnf  und  lost  ihn  spater;  durch  Alkoliol 
wird  er  koaguliert.  Seine  Bildung  bei  ulit  spheinbar  auf  einer  direkten  Ab- 
sonderung: an  entsprechenden  Stellen  uehiueu  die  Zellen  an  Umfang  be« 
triebtlieb  su,  was  auf  ihre  sekretierende  Tbäügkeii  acbliessen  lisst'  Das 
Mucoidin  bildet  sich  im  Moment  der  Entleerung  der  Seidcndrüse  nnd 
hat  wahrscheinlich  die  Bpstimuiuug,  indem  es  die  inneren  Wandungen 
des  Exkretionskanals  benetzt,  die  Absonderung  des  Seidenfadeos  za  er- 
leichtern. 

Naeh  diesen  physiologiseben  Betraebtangen  möge  der  rein  meebanisebe 
Pnwess  beim  Spinnen  Erörternng  finden. 

Über  die  Art  der  Bildung  des  Seiden fadens  als  solchen  galten  Iiis 
vor  kurzem  verschiedene  irrige  Aneichten;  so  behaupteten  der  berühmte 
Entomolog  Strauss- Darckbeim  und  dann  Versen,  dass  der  Faden 
bereits  als  soleber  in  der  Sana  meld  rnm  vorbänden  sei,  was  jedoeb  von 
Robinet  widerl^  wurde.  Es  sieht  jetst  fest,  dass  das  Fibroin  im  In- 
nern der  SeidendrSae  vollständig  bomogen  Ist,  mit  Ausnalune  einiger 
wilden  -Seidenspinner,  deren  Fibrninma<^se  mit  T.nftbläschen  durchfüUt  ist. 
Im  Innern  der  Mautbeerraupe  besteht  die  i^eide  aus  einer  ziemlich  dick- 
flüssigen Masse.  Durch  die  komprimierende  Wirkung  der  Cuticula,  sowie 
dnreb  die  altgemeineu  Bewegaugen  und  Kontraktionen  der*  spinnenden 
Raupe  wird  diese  Masse  durch  Vermitt^lung  des  Blutdrucks  nach  aussen  ge» 
drängt  und  gelangt  dann  in  die  Exkretiou.ikaniile  und  die  «Tpmeins-.une  Leitung, 
wo  sie  das  Produkt  der  F'ili j>piseben  Drüsen  erhält  und  wo  sich  die  Ha;>t- 
hülleu  der  beiden  Füdcbeu  mileiuauder  ver8chmelzen.    Zwar  i^t  schon  jetzt 

d«r  Seidenfaden  gebildet,  docb  bat  er  noeb  keine  bestimmte  bnsera  Form 

nnd  kein  inneres  Gefnge.  Beim  Obei^ng  in  die  SpinnSffniung  erleiden 
die  den  Spinnfaden  zusammensetzenden  Teile  infolge  ihrer  verschiedenen 
Dichten  eine  Kontraktion;  am  l^^mle  der  Saninieldrüse  beträgt  die  Stärke 
der  Mucoidin-  und  Sericiuschichten  und  des  Fibroius  18,  19  und  128  |i, 
im  Absondemngskanal  nur  4,  9  und  19  (l;  die  Kontraktion  beträgt  so- 
mit für  das  Mneoidin  das  4,5fache,  für  den  Bast  das  1,2  fache  nnd  für  das 
Fibroin  das  6,7  fache. 

Die  Fädchcn  passieren  den  j^emeinsamen  Kanal  und  gelangen  zur 
Spinuwarze,  die  durch  eine  Kiickgratkante  iu  zwei  Furoheu  geteilt  ist. 
Hier  onterliegt  der  Seidenfaden  lHxmpliid«rtfla  Ifoskelbew^gm^en  der  Spinne 
wano,  die  den  Zweek  haben,  die  Öfltaong  der  letstersii  an  erweitern  nnd 
10  den  Dorebgang  des  Fad«»  in  ermOglieben,  und  die  teils  t<»i  der  Raupe 


198 


Vorgang  bei  der  Bildang  der  FaMr. 


abbSugig,  teils  reflektorisch  siod.  D*  jedes  der  Seidenfadehen  bedentend 
dicker  ist,  ah  dio  Kanalöffnung  der  ?»pinnwar7.e.  so  folgt  daraus,  daas  sie 
hier  unter  allen  Umstanden  einen  Druck  /u  erleiden  haben,  der  ihre 
äussere  Form  beeinflussen  muss.  Die  Muskelkontraktionen  sind  indessen 
sieiDlieb  unregelmSssig,  bald  rascber  nnd  rtirker,  bald  langwuier  und 
aehwächer,  und  so  wird  auch  die  Form  den  Querschnitts  des  Seidenfadens 
nnregelmässig  und  wechselnd:  bald  dreiecki«^,  bald  oval,  bald  rnehreckig^ 
Tl.  s.  w.  Der  in  der  Spinnwarze  vorhandene  I>ruck  ermöglicht  der  Raupe, 
den  Kokonfaden  kontinuierlich  nnd  entsprechend  gespannt  auszuziehen. 
Durch  atftrkere  Eontraktion  der  Wanenmukeln  hM  das  Spinnen  der 
Banpe  auf.  Von  der  Spinnwante  siebt  der  Seidenfaden  in  die  Spinnrasse) 
und  die  AustrittsöflPnung  hinüber;  der  /nm  A-rfritt  nötige  Impuls  wird 
ausser  dem  inneren  Drnck  noch  durch  die  Art  des  Spinnens,  während 
dessen  die  Ranpe  den  Faden  anzieht  nnd  dehnt,  auterstützt 

Nahe  an  der  AnatrittflSffiiung  gesellt  «eb  die  ans  den  DrSsen  Tnn 
Filippi  kommende  Flfiangkeit  sn  dem  gebildeten  Faden.  Dan  dieSeidra;- 
tVi  sigkeit  teilweise,  d.  i.  obeiflicblich  bereits  vor  der  Vereinigungsstelle  der 
beiden  Exkretionskanale  koaguliert,  d.  i.  erhärtet  wird,  geht  daraus  hervor, 
dass  die  beiden  Fibroinfadcheu  im  gemeinsamen  Kanal  sich  nicht  ver- 
schmelzen. In  der  Austrittsöffnnng  selbst  sind  die  beiden  sich  fast  on- 
mittelbar  berübrenden  Fibroinf&den  too  cjner  gemeinsamen  Baa^  xuid 


Tig.  94.  Ent(e«j>oi>Mrn«  KokofifM«r. 


Mneoidinidikht  umgeben.  Bdm  Anatritt  an  die  Lnft  erstarrt  das  noch 
flSmige  Fibroin  momentan  nnd  bildet  die  fertige  Seidenfaser;  der  Bast  dagegen 

erliSrtet  nicht  plötzlich,  wie  dav  Fibroin,  sondem 
bleibt  einige  Zeit  hatbflüssig,  was  ihm  ermöglicht, 
neb  im  Kokon  mit  den  benaehbarten  Fäden  zn  einem 
festen  Gewebe  an  verbinden.  Das  Seriein  spielt  des- 
halb, ab  eine  Substanz,  welche  das  znm  Aufbau  des 
Kokons  nötige  Fasemiaterial,  dn?  Fibroin,  umhüllt 
nnd  unter  einander  verbindet,  eine  tür  das  Gefüge 
des  Kokongespinstes  wichtige  Rolle.  In  industrieller 
Besiehnng  iat  dat  Saricin  anaeheinend  wertlos,  da  es 
als  sine  brüchige  und  trübe  Substanz  die  Oescbmei- 
digkeit  und  den  Glan/,  der  Seidenfaser  beeintriiebtigt  ;  nichtsdestoweniger  ist 
seine  Anwesenheit  beim  Haspeln  der  Kokons  äusserst  nützlich,  da  es  die 
Festigkeit  des  Fadens  erhöht  und  die  einzelnen  für  Verwebnngszwecke  an- 
geeigneten Kokonfldelien  m  einem  simdgsn  Bobsaidsnlhdsn  snanmmsnflgL 
Die  SeidenllQsaigksit  Im  Innern  der  Raup«  md  die  ms  ihr  geapooBMi* 
lasst  sind  awei  flnbstanssa,  dis  sowohl  pbyaikalisBh  wis  ehsmiadi  moht  so 


ri<J  Sl^.  K<ili'iBr»s?r  Ii  Flhr(>lD, 
2  Hericin,  ä  äptimriiait«l>. 


Digiii^uu  L>y  Google 


Erhärten  im  FibioiiMalMtoi». 


199 


jdcotisch  sind,  wie  dies  auf  den  ersten  Blick  scheinen  möchte.  Die  der  Dnis«' 
entnommene  Seideoflässigkett  löst  sich  zum  grösaten  Teil  im  Wa?;=er,  Sulz- 
wasser (5 — 10  "/j)  und  in  alkaliscben  Flüssigkeitou,  z.  B.  in  einer  zehn- 
proMntigen  Potasohelösung;  maceriert  man  daher  die  Seideudrilse  in  frischem 
Zutande  «rührend  2i — 18  Stunden  mit  der  letsteren  LSsang,  so  bleibt  nnr 
dii'  ^femhrane  and  der  Bast  zurück,  während  bekanntlich  im  fertigen  Seiden- 
fadeu  bei  solcher  Behandlung  das  üni<rekelirte  stiittfiiidt  t.  ijeht  somit 
bei  der  Umwandlung  der  Seidennia.«so  iu  den  Seidenfadeu  eiiu;  \'eriintlerang 
des  Fibroins  vor  sich,  welche  auf  die  Einwirkung  verschiedener  Nebensekrete 
nnd  die  Koagnliernng  des  enkerea  snraekBuföhren  ist  Dmb  diese  Koaga- 
liemng  nicht  aosschliesslich  durdi  die  Drosen  von  Filippi  bewirkt  wird, 
geht  daraus  hervor,  dass  der  flüssige  Inhalt  der  Seiilciulrüse  von  selbst  er- 
härten kann,  wenn  man  ihn  dt-r  KVupe  entniiinut;  ilio  Fabrikation  der 
Angelschnüre  beruht  anf  dieser  Timtsüclie.  Das  Ötarrwerden  des  flussigen 
Fibroins  kann  sogar  inmitten  einer  alkalischen  Flüssigkeit  vor  sich  gehen 
und  somit  nicht  nnr.  wie  bei  den  fibrigen  Eiweibstoffen,  darch  eine  %are 
bewi^  w  enh  n.  Die  oben  erwähnte  LSeong  des  Fibroins  in  Potasche  sehet* 
det  an  der  Luft  ht-i  20 — 22  nach  einiger  Zeit  geronnene  Klümpchen  ans, 
ähnlich  wie  sich  das  Fibrin  (Ulutfaserstoff)  ans  der  Hlutliüssigkeit  aus- 
scheidet, sobald  dieselbe  aus  dem  lebenden  Organismus  ausgetreten  ist');  die 
Aosseheidnng  kann  nnmitielbar  stattfinden,  wenn  man  diese  dem  Semm 
analoge  FibroinlSsang  kräftig  schüttelt.  Begreiflieberweiae  gleieht  der  Niuder> 
schliij;  iti  seinen  Eij^enschaften  dem  koagulierten  Fibroin,  d.  i.  der  Seidenfa^er. 
In  Bualoger  Weise  koagulieren  die  w.it^srige  und  die  Kochsalzlösung  des 
Filiroins.  Es  existiert  somit  eine  ausgesprochene  Analogie  zwischen  dem  Fibroin 
nnd  dem  Blutplasma  oder  dem  Plnsmin  Ton  Denys,  d.  i.  swiseben  dem 
Fibroin  und  einem  Gemenge  von  Globalinen.  Im  Inftverdfinnten  oder  Infbleeren 
Rannte  geht  eine  partielle  Eoagnliernng  vor  rieh,  d.  i.  nur  insofern,  als  die 
vom  Niederschlag  abfiltrierte  Fibroinlösnnj»  an  der  Luft  nochmals  eine  Aus- 
scheidung liefert.  Man  könnte  also  annehmen,  dass  die  Luft  insofern  dazu 
bdtragt,  das  Fibroin  starr  nnd  unlöslich  zu  machen,  als  sie  in  ihm  vielleicht 
schon  in  der  Seidendrttse,  ^enfails  im  Innern  dar  EUrape,  VerSndemngen  her^ 
vorruft  und  dundi  Oxydation  einen  Teil  der  Su1)stanz  in  Prodakte  Qberffthrtf 
welche  den  im  Blutplasnü«  vermutlich  vorliandenen  .Siinren  nnd  fibrinogenen 
Fermenten  analog  sind.  Schon  in  der  Seidendrüse  unterliegt  die  Fibroiumasse 
der  Wirkung  des  atmosphärischen  Sauerstoffs,  die  m  ihrem  Uulü»lich werden 
b«m  Anstritt  ans  der  SpinnAffnang  wesentlieb  beiträgt  ;  das  erste  Stadinm 
dieser  Einwirkung,  freilich  unterstützt  durch  die  Zellenarbeit,  sahen  wir  bei 
der  Bildung  des  Sericins  in  der  Sammeldrüse.  Auch  ist  es  nicht  ansge- 
ffchlossen,  dass  dem  Bast  seinerseits  die  Rolle  zukommt,  auf  das  von  ihm 
umschlossene  Fibroin   katalytisch  koagulierend  einzuwirken.     Es  dürfte 


■)  Bsbois»  Boll  dn  Labomteiie  de  I^oo,  1909/90. 


Diglized  by  Google 


200 


NatOrliebor  Farbitoff  der  echten  Seide. 


den  Thatsacheii  wohl  so  ziemlich  »entsprechen,  wptm  man  annimmt,  die  Er- 
härtung des  Fibroius  sei  in  analoger  Weise  auf  die  Anwesenheit  einer 
fibroinogenen  waA  einer  fibrdnofilaBtiscIieD  Mfttme  rarfiekmfSlireD,  wk  die 
Koagalierang  des  BlatMtnitna  auf  die  Vereinigung  von  sweierlei  Eiweinsnb* 
stanzen,  der  fibrinogenen  und  der  fibrinoplastiieben. 

♦  ♦ 

Die  reine  Seidenfaser,  das  Fibroin,  ist  «ein,  dnrchtiehtig  nnd  glineend, 

der  sie  umgebende  Bast  ist  indessen  stets  mehr  oder  weniger  mit  natür- 
lichen IMjrmpnl  ln'liaflt'f .  IHcsc  Färbung  «rhwimkt  vom  lu'il'^lcn  gelblichen 
bis  zum  starken  orangegelben  Tou  und  bäiifrt  mit iiri icherweise  sowohl 
von  der  liasse  der  Seidenraupe,  wie  von  ihrer  Nülirpthinze  ab.  Es  gi'bt 
weifise,  grGnltche  und  gelbe  Seidenranjien.  Die  Frage  nach  dem  Urspmng 
des  natürlichen  Farbstoft  der  Seide  ist  lange  Zeit  unbeantwortet  geblieben, 
und  erst  die  Arbeiten  von  Blaue')  und  Dobois  brachten  darüber  einige 
Aufklärung. 

Auch  die  Sürgfiiltigste  Untersuchung  des  uiiaiduiijiohen  Baues  der  weifs- 
uud  gelbspinaenden  Baupen  ergiebt  nicht  den  geringsten  Untenchied  swi- 
sehen  den  beiden;  ebenso  ist  die  histologische  Struktur  der  seidenensen- 
genden  Organe  völlig  id'Miti^ch:  also  nicht  in  dieser  Richtung  muss  die  Her- 
ktmft  des  IMgniciits  ^esuclit  werden,  sondern  im  Blut»»  der  Seidenraupe. 
Wird  das  Blut  einer  gelben  liaupe  durch  Fällung  mit  Alkohol  vom  Kiweiss 
befreit,  so  erhält  luau  eine  gelbe  Flüssigkeit,  die  alkoholische  Lösujig  des 
Pigments;  sieht  man  andererseits  eine  frisch  ezstirpierte  SeidendrSse  mit 
Alkohol  aus,  so  erhält  man  ebenfalls  eiue  gelbe  Flüssigkeit;  schliesslich 
liefert  ein  gelber  Kokon  mit  Alkotu)!  extrahiert  eine  gelbe  Lösung.  Die 
chemische  rnte rjsttchmi^  aller  drei  Lösungen  zeigt  die  vollständige  Identität 
dieser  i'igmeate,  ebenso  absorbieren  alle  drei  gleich  dm  Viulett  und  Indigo 
des  Spektrums,  womit  dargethan  wird,  dass  es  lediglich  der  Bluifarbstolf 
ist,  der  der  Faser  die  Färbung  verleiht.  Ober  die  Art  und  Weise,  wie  das 
Blntpijrment  .«elbst  erzeugt  wird,  liegen  zwei  n\i>(ilhesen  vor.  Die  eine  fasst 
seino  i>l)\ siolnf»itchr  Bi1dnnf:f  in  der  Weise  auf,  wie  ?..  das  Haemojrlobin 
der  Wirbeltiere  aus  dem  Lebeusprozeäs  der  roten  Blutkörperchen  hervorgebt. 
Die  sweite  fuhrt  seinen  Ursprang  auf  den  Nahrungsstoff,  die  Uanlbeer- 
blätter,  soruek,  aus  welehen  der  Farbstoff  fertig  gebildet  in  das  Blnt  der 
Raupe  übergehen  soll;  als  Bestätigung  der  letateren  Vermutung  ffthrt  man 
Experimente  an,  die  mnn  mit  künstlich  gefiirbten  Maulbeerbliittern  ansgeführt 
bat.  VV'eii'sspiunende  Raupen,  welche  mit  durch  Krapp  gefärbten  Blättern  ge- 
füttert wurden,  lieferten  gelbe  Kokons,  Indigopräparation  ergab  blaugrüne,  ein 
Gemisch  Ton  Krapp  und  Indigo  rebgrSoe  KdEons,  schliesalich  Cochemlle 


•)  BalL  du  Labor,  d'^tadee  de  la  aoie  de  L700,  1S86.  S.  SS. 


Digitized  by  Google 


Natürlithw  Fiirt)stoif  iler  echten  Seide. 


201 


eine  oranp^e  Fiirtmnp  dor  Kokoi)f;iser,  Man  liat  auch  versuclit,  die  Blätter 
mit  künstiicht'ii  l'tiL'ori'iirlistoffcn  zu  präparieren,  die  luiupen  unterlassen 
jedoch  dieser  allzu  stark  „nüancierten"  Lebensweise.  Wo  das  Pigmeot  nun 
attch  eeiDen  Ursprung  hiib«ii  mi^,  es  iteLt  fest,  daaa  e«  mit  dem  Blnte  in 
das  seidenerzeugende  Organ  eindringt,  wo  es  das  Fibroin  anförbt,  nnd  zwar 
ausschliesslich  in  der  Aasdehnung  der  Sammeldrnse.  Die  mikroskopische 
Untersuchung  der  Zellen  in  der  letzteren  «:chUef;st  die  Mövrlirbkeit,  dass 
der  Blutfarbstoff  durch  sie  modifiziert  werden  könnte,  aus  und  lässt  vielmehr 
annebmen,  dass  der  Übergang  ans  dem  Blnte  in  das  Fibroin  nnr  anf  einem  < 
OsmoseproMss  beruht  Die  Qnerschnitte  Atr  Sammeldrfise  aeigen  andererseitsi 
dass  der  Farbstoff  die  Fibroinmasse  gleich milssig  durchtrankt  und  sicbidebt 
etwa  rin<;<;nni  nh1»<rert;  die  Zonen  an  der  l:*eripherie  xeigen  indessen  «ne 
etwas  stärkere  Fürljung. 

In  chemischer  Beziehung  ist  der  Farbstoff  der  gelben  Seide  in  Wirk- 
lichkeit kein  so  einfacher  Körper,  wie  dies  ^on  Roard  und  Mvlder  an- 
gegeben nnd  später  von  anderen,  freilich  ohne  weitere  Xiuhforschnngen, 
citiert  wurde.  Zwar  bczeicbnett-n  Rnard  und  MnUler  den  färbenden  Be- 
standteil der  Rohseide  als  ..eine  ;;iinmiiartige  braunrote  Masse",  doch  entliiilt 
dieselbe  u.  a.  auch  mehrere  krystallisierte  Körper  einheitlichen  Charakters. 
Um  die  letsteren  ans  der  Seidenfaser  systematisch  m  gewinnen,  ist  T(m  Dnhois 
folgendes  Verfahren  eingesehlagen  worden.  Die  von  den  Lar?en  befreiten 
£okons  werden  mit  einer  Potaschelüsung  von  8*/o  in  einem  luftleeren 
Ranme  einige  Stunden  marericrt,  wobei  die  Lösung  eine  graue  Färbung 
annimmt.  Mit  Essigsäure  auget>äuert,  scheidet  sie  nach  einigen  Stunden 
einen  Niedorsehlag  aus,  der  ans  goldgelben  Blättehen  nnd  farblosen  Kiystallen 
besteht  Der  im  Kokon  naeh  dieser  Behandlung  surockgebtiebene  gtSssere 
Teil  des  Pigments  wird  durch  eine  mehrstündige  Behandlnii<^'  mit  Alko- 
hol von  Ol'  hfl  gewöhnlicher  Temperatur  au'?f»ezof!;en,  wodurch  die  gelben 
Kokons  nun  vollständig  entfärbt  werden,  währeiid  die  alkoholische  Lösung 
eine  goldgelbe  Färbung  annimmt.  Durch  Verdampfen  dua  Lösungsmittels 
gewinnt  man  den  Farbstoff  als  mnen  gelbbraunen,  in  Benaol,  Chloroform 
und  Äther  mit  gelber  Farbe  löslichen  Körper;  um  ihn  in  seine  einzelnen 
Be«ttandteile  zu  zerlegen,  wird  seine  Lösung  in  Schwefelkohlenstoff  ver- 
dunstet, der  Rtick>?tand  mit  absolutem  Alkohol  aufgenommen,  tiltriert  und 
die  Flüssigkeit  der  Krystallisierung  überlassen.  Nach  einiger  Zeit  bildet 
dch  ein  Niederschlag,  der  neh  ans  folgenden  Elemraten  ansammensetst: 

1.  brannrote  KvjBtalle,  die  gegen  das  Licht  gehalten  hmnngelb  sind 
(Fig.  97  No.  2), 

2.  oktaedrische  Krystalle,  die  in  ihrer  Form  nnd  Farbe  den  Schwefel- 
krystuUeu  ähneln  (Fig.  96  No.  1), 

3.  hellgelbe  Körperchen  mnder  Form  (Fig.  99  No.  4), 

4.  eine  gelbliche  Blasse,  wohl  ein  Gemisch  der  vorherigen  Körper,  deren 
äusserste  Verteilung  ihre  Form  nicht  erkennen  lässt  (Fig.      No.  3), 

5.  farblose  ranteniftrmige  nnd  hezagonale  Krystalle  (Fig.  100  No.  6), 


Digitized  by  Google 


202 


Natflrlicber  Farbstoff  der  echten  Seide. 


6.  prismatische  Nadeln  eines  dnnlcelblaugrünen  Farbstoffs  ^Fig.  101  No.  6). 

Nach  der  Untersuchnng  von  Duhois'J  besitzt  dus  (reiiiisch  aller  dieser 
Körper  mit  dem  P^aiizenfarbstoff  Carotin  (C,^  H,,),  das  aus  der  gelben  Rübe 
(Dnieiu  Carola)  oder  den  Blftttern  anderer  Nniiai  durch  Extraktion  mit  Schwe- 
feUEohleniioff  gewonnen  wird,  eine  weitgehende  Analogie.    Der  Färbet«^ 


12  9 


7  8  9 


Hf.  96— tM.  raiMoeiAip«  Amt  Mhtoi  und  d«r  YaaHMgrwUAi 

bildet  rothrauie  Krystalle  tom  Schmp.  168"  nnd  Utot  aieh  nicht  im  Waeser, 
aehwnr  in  Alkohol.  Das  Oerotia  ist  im  Pflaasenreiche  bwerrt  Terbreitet; 

es  kommt  fast  in  jedem  Gewächs  vor,  wo  es  infolge  seiner  Oxydierbarkeit 
im  Beq^rattoniprosen  eine  wichtige  Bolle  enunnehmen  aefaeint.  Ob  dem  mit 


0  Boll  da  lAbonlobe  de  Ijm»  1889/10»  a  847. 


Digitized  by  Google 


Natarlicber  Furtaitoff  der  ecbtea  Seid«. 


203 


ihm  fast  identischen  gelben  Seidenpigment  dieselbe  Rolle  des  SftDentoff- 
trägers  zulcommt,  lilsst  sich  bezweifeln,  du  tlie-*  ju  nicht  in  jeder  Ranpenrasse 
vorzukouimeu  pfl'  gt.  Das  Seidcnpii^ment  ist,  wie  das  Cimtin,  au  Luft  und 
Licht  veränderlich  und  be^it^t  dieselben  Lüsung:»verhaitQis8e.  Spektro- 
akopifldk  ▼«rbalten  sieh  beide  Snliataiueii  gleich:  Spektnm  obne  Streifen 
oder  Binder  ron  A  zu  F,  wie  das  d«»  Xenthophjlinfl.  Aach  andere  Reik- 
tionen,  die  im  folgenden  behnfa  Charakterisiemng  des  Seidenpigments  an- 
geführt werden,  wei??™  darauf  hin,  dass  das  letztere  und  das  Carotin 
—  sowohl  das  pflanzliche,  wie  das  tierische,  dessen  Vorkommen  u.  a. 
beim  Diaptomns  beeeilifer  ImbnAtafc  wnrde  —  banehe  identieeh  eind^X 
Der  einnge  ünteracbied  smeeben  den  beidesi  bestebt  denn,  dass  dw  Cwotin 
in  krystallisiertem  Zustande  einen  aebönen  metelliaeben  91ans  bentst,  dar 
dem  Seidenpiu;ment  abgeht. 

Folgende  iieaktionen  sind  dem  Sf  uh  n|i;gmnnt  und  dem  Carotin  gemein. 
Mit  Schwefelsäure  giebt  das  erstere  eine  iudigoblaue,  naclitrüglich  grüne 
FSrbang,  die  mt  die  Dnaer  Tenehwindet;  dnreb  Znaats  von  Waner  erfolgt 
diea  angenblieklieb.  Lasat  man  die  Möhren  oder  die  gelben  Kokona  mit 
solutem  Alkohol,  dem  '  konzentrierter  Salzstiure  zugesetzt  wurde,  mace- 
rieren,  so  erhält  man,  sowohl  bei  Licht  wie  im  l)unkeln,  schön  gnine  Lö- 
sungen. Im  Spektroskop  ergeben  die  beiden  das  oben  erwähnte  Bild.  Wird 
dieae  alkoboliaebe  LSeang  im  Vaonnm  inm  Trocknen  verdampft ,  ao  erblH 
man  etnen  in  Schwefelkoblenatoff  mit  grfiner  Farbe  Utelicben  grfinliehen 
Rftckstaud.  Wird  die  letztere  Lösung  mit  Alkohol  im  Oberschnss  behandelt 
nufl  !in>jrr<.schüttelt,  so  erhält  man  zwei  Schiebten;  die  imtere  Schwefel- 
koblüustoüiichichi  ist  gelblich,  die  obere  alkoholische  Lösung  farblos;  sänert 
man  jetzt  mit  Salcaftnra  nn  nnd  aebflttelt  kräftig,  so  eneheint  die  grilne 
Fftrbnng  wieder,  serteatt  aieb  aber  bald  in  eine  hellblane  obere  Sebidit 
nnd  in  eine  goldgelbe  untere.  Bei  Verwendung  von  Äther  statt  Schwefel- 
kolilen^tolT  erhält  man  dasselbe  Resultat,  nur  ist  die  Onlinuig  der  Schichten 
eine  umgekehrte.  Für  die  Seide  specicll  empfiehlt  sich  die  Anwendung  von 
Äther.  Eine  andere  Reaktion  iät  nicht  miuder  charakteristisch.  In  ver« 
aebloeeenen  Geftaaen  mit  etwaa  Ammoniek  oder  AmmoniomkariNwat  ent- 
haltendem Alkobol  maoeriert,  liefern  sowohl  daa  Carotin  wie  das  Seiden- 
pigment einen  sehr  angenehmen,  an  die  Blüten  von  Cheirauthus  erinnernden 
Geruch,  der  wahrsclieinlieh  auf  die  Bildung  einer  Amidoverbiodung  zurück- 
zuführen ist.  Wie  erwähnt,  ist  das  Seidenpigment  mit  dem  Blutfarbstoff 
der  Beape  identisoh}  ob  nnn  d«r  letitere  direkt  u»  dem  in  Maolbeer^ 
blittem  enthaltenen  Carotin  herrorgefat,  oder  erat  dnreb  den  Lebanapronaa 
der  Seidenraupe  errengt  wird,  ist  nicht  genau  bekannt. 

Nach  anderer  Ansicht  seheini  das  Seidenpigment  dem  Pflanzenfarb- 
stoff,  dem  Chlorophyll,  sehr  nahe  zu  stehen.    Wie  bekannt,  ist  durch  die 


>)  Blanebaril,  UAm.  de  la  soe:  lOoL  Bd.  III.  1S90. 


Digitized  by  Google 


204 


Natürlicher  FiiibfstofF  der  YiimaniaysfiJe. 


Arbeiten  von  Fremy  und  Cloetz  festgestellt  worden,  dass  das  Chlorophyll 
kein  einh<>itl!cher  KurbstnfF  i>!t.  peind^-rn  ans  zwpi  einzelnen  Pigmenten,  dem 
Phjlocj'auin  und  dem  Ph^j  luxanibin  (Xanthophyliuj  besteht-  Das  Fhylo- 
cyanin  ist  wenig  bestündig  nni  kann  an  Licht  nnd  Luft  farblos  oder  gelb 
«erden,  indem  ce  in  das  Pbyloxanthein  amgewandelt  wird;  da»  Pbylo- 
xanthin  ist  dagegen  sehr  beständig.  Werden  frische  Blätter  mit  einer 
Mischung  von  reiner  SnV/siinrf  (1  Yol.)  und  Äther  f'2  Vol.)  ans'Tpachnttelt, 
so  färbt  sich  die  Salzsäure  blau  (Lösung  des  Phylocyanin.sj  und  Äther  gelb 
(PbyloxaDthin).  Die  gelbe  Rohseide  liefertt  in  dieser  Weise  bebandeli,  durch- 
aus identische  Erseheinangen.  Anaaerdem  .bat  das  Seidenpigment  mit  dem 
Chlorophyll  noch  die  Eigenschaft  gemeio,  das«  sie  beide  darch  Sa!xsaore, 
Eisensalze  mul  Köni'^fwji'^ser  ijrün  werden. 

Das  f?eidenpigmcnt  sclnnilzt  bei  ;iü',  i&t  rotbraun,  trocken  und  gelb- 
grünlich in  Lösuttg.   Seine  Lü^junguu  werden  am  Lichte  schnell  entfärbt. 

Der  natfirliche  Farbstoff  der  der  echten  ibnlbeerseide  in  morpho- 
logischer nnd  chemischer  Beziehung  sehr  nahe  stehenden  8«  ide  des  Yaina- 
niayspinners  (Antheraea  Ynnianiay)  Jiipnns,  pclirini  wi  iii<r-.t(  iis  in  rinmi  Tfil«- 
und  in  den  ausgesprocl  i  n  griiuliclieu  Kokons  einen  gan^  luidtr»  n  Urs])ruiig 
zu  haben,  als  der  der  Maulbeorseide.  Die  griinu  Färbung  der  Vanianmy- 
hokons  ist  Dicht  gleichförmig  fiber  die  ganze  Fläche  derselben  Terbrettet; 
sie  ist  sehr  aasgesprochen  an  Stellen,  die  dem  Sonnenlicht  zagek^rt  wareni 
dagegen  fast  unmerklich,  wo  der  Kokon  am  Blatte  befestigt  war;  ausser- 
dem i.st  sie  dermafsen  oberflächlich,  dusa  schon  die  zweite  Fadenschicht  im 
Kokon  gelblich  ist,  und  den  folgenden  oft  jegliche  Färbung  abgeht,  was 
bestimmt  darauf  hinweist,  dass  die  Raupe  einen  farbtoseu  Faden  ge- 
sponnen bat,  IKe  dem  gellrbten  Teil  des  Kokons  angebSrende  Faser  zdgt 
besonders  in  ihrer  axialen  Richtung  kleine,  grüne  Krystalle  parallelepipe- 
discher  Form,  einzeln  (a)  oder  in  Oruppen(p)  (Fi;:^.in3No.8).  Der  Staub,  welcher 
den  mit  der  Hand  gedrückten  Kokons  entsteigt,  besteht  aus  dieser  mikro- 
skopisch krystallinisehen  Hasse.  Neben  der  letzteren  haften  an  den 
änssenten  Fadenachichten  des  Kokons,  doch  in  kleinerer  Quantitit,  auf  den 
Fasern  A  einzelne  runde  Körperchen  B  (Fig.  104  No.  9)  mit  ziemlich  dicker 
^!pmbrane  und  -iclitbun  in  Kern  von  blauprüner  Farbe.  Sie  scheinen  den 
Schmarotzeralgen  aus  der  Guttim<^  der  Protococcen  oder  Cyanophyseen 
anzugehören ');  auch  haften  an  ihnen  /.uweilen  die  oben  gedachten  Kryätalle. 

Waa  die  Bigensdiaften  des  grBnen  Tamamajfarbstoffes  anlangt,  so 
scheint  er  elienso,  wie  der  der  Manlbeerseide,  kein  einheitlicher  Körper  zu 
sein.  Behandelt  man  die  Yaraaniavkukoii.s  mit  l<()clienJ<'t7i  Wiisst-r,  Ijesoiulers 
im  Autoklaven  bei  TJO  .  so  löst  sich  der  grösste  Teil  des  FarlxstoflFes  schon 
nach  einigen  Minuten  auf;  durch  einige  successive  Behandlungen  mit  Waaser 
b«  100**  werden  die  Kokons  voUsULndig  entfärbt»   Man  eiliilt  anf  diese 

M  Doboii,  Bull,  da  Labor,  de  Lron,  1889/90,  S.  a&9. 


Digitized  by  Google 


Om  EimpinMii.  206 

Weiae  eine  aebftn  grfine  Ldsimg,  die  beim  Verdampfen  Krystalle  aosaeheiden 
Ueat,  welche  mit  den  direkt  aaf  der  Faser  beobachteten  identisch  sind.  Die 

Krystallforni  kann  indessen  dadurch,  dass  die  Lösung  von  dt'r  erstmaligon 
BehaudluDg  herrührt  uud  mit  Bast  gesättigt  ist,  eiue  vou  der  obigeu  abwei- 
ekende  amn.  Werden  die  Eokona  nieht  gtnslieb  dureli  kodienden  Alkobol 
anagezogen,  eo  erh&lt  man  eine  blaugrfine  L9snng,  welche  hellgrüne  KrystaUe 

uud  oincn  blauen  kry^tallinischen  Körper  ausscheidet.  In  reinem  Zoatande 
erhält  man  das  blaue  Pigment  durcb  Hehandlung  der  mit  Wasser  vom 
grünen  Farbstoff  befreiten  Kokons  mit  Alkohol;  aus  der  alkoholischen 
Li'>saug  scheiden  sich  nach  einiger  Zeit  hellblaue  Krystalle,  zuweilen  iu 
Form  langer  prismatischer  Nadeln  ans  (Fig.  102  No.  7).  Zieht  man  den  Um- 
stand in  Betracht,  dass  diese  FarhRiofTe  in  (vemeinschaft  mit  den  Algen 
auftreten,  so  läxst  sich  die  Frage  uufwerfeu,  ob  nicht  auch  dir'  Bildung  des 
grünen  FiirlistolTs  Pcliiuaiot/rnirtigen  I  r-^prungs  .sei,  d.  i.  ob  er  denn  wirklich 
iu  der  Seideudrüse  des  Autberaea  Yamamay  vorhanden  sei,  um  so  mehr,  als 
viele  Kokons  eine  rein  orongegelbe  Rbrbnng  beratxen.  Die  spektroekopisehe 
üntersuchuDg  der  LSsnngen  «rjgpebt  keine  charakteristisehen  Abeorpti<ms- 
streifen  des  Chlorophylls,  anch  ist  der  Yamamayfarbstoff  in  Äther  nnlöeUch. 

•  ♦. 
* 

Die  herangereifte  .Seidenraupe  sucht  sich  einen  zum  Spinneu  geeigneten  Platz 
iu  den  dürren  Maulbeerreisem  oder  dem  Gezweige  des  Ginsters,  der  Weide 
etc.,  welehe  ihr  sn  diesem  Zwecke  von  dem  SeidensSehter  dargeboten  werden. 
Nach  langem  Umherkriechen  findet  sie  eine  zum  Kokouspinnen  geeignete 
Spinnhüttc  und  sondert  jetzt  «unige  Tropfen  einer  Flüssigkeit  ab,  welche  viel 
Kali,  Harnsäure.  -  Iwus  Ammoniak  und  iSpureu  VOU  Chlor,  Schwefel-  und 
Phosphorsäure  enthält.  Nach  den 
Analysen  von  Earmrodt')  weist  die 
Flüssigkeit  9,4%  Kohlensaure  n.45,5% 
Kali  auf;  das  Sekret  besteht  somit  in 
der  Hauptsache  aus  harnsaurem  Kali 
uud  rutiische.  Es  mag  erwähnt  wer- 
den, dass  eine  kanm  ausgekrochene 
Raupe  schon  eine  geringe  Menge  von 
Seiden faser  exkretiert  und  dasselbe  bei 
jeder  Häutung  wiederholt;  die  Seiden-  ri|.  lOA.  Svlnliflttm  (1  iMt^  t  mtt  Xokooa). 
Substanz  scheiut  daher,  allerdings  in 

sehr  minimaler  Menge,  bereits  durch  den  Embryonalprozess  gebildet  zu  wer- 
den. Mit  Hilfe  des  Reichert* sehen  Mikroskops  sind  die  Durchmesser  dieser 
Seidenfesera  ermittelt  worden,  und  zwar: 


*)  Chem.  Centiatblatt  lt89,  a  1039. 


Üiyitizeü  by  LjüOgle 


S06 


Dm  EliwpiaaMi. 


gtlbe  einheimiadw  Baaie    woiie  JitanniMe 


ansgekrochene  Raupe  . 

1,06 

iß- 

—  v- 

nach  der  ersten  Häutung 

»1 

1,37 

„          zweiten  „ 

2,01 

11 

2.22  „ 

M    1t  dritten  ^ 

8«92 

»t 

3,92  „ 

„  Tiarten 

12,72 

M 

9,64,1 

27,46 

n 

24,80  „ 

Bevor  die  Raupe  zur  Anfertiguug  des  eigentlichen  Kokons  schreitet,  legt 
lie  den  Seidenfaden  mehrere  Male  sicksaekartig  hemm,  Ue  ans  dieeen  «inen 


Flg.  106.   iUngcm»tte  de»  Kokon*.  Hg.  107.   l'ideoDeU  der  KokunbiDgemait«. 

Fiden  eine  Art  Hingemaite  (boiorrette,  Flocitseide)  ale  Untwlage  für  den 
Kokon  gebildet  wird.  Dann  wird  der  Kokon  selbst  in  höchst  regelmässigen 

Windungen  ^e.sponnen,  indem  die  Ruupe  ihren  Kopf  in  schwingender  Be- 
wegung hin-  und  herzieht  und  den  Faden  wellenförmig  anordnet.  Sie  sucht 
dabei  ihre  Lage,  mit  dem  Kopf  nach  oben,  möglichtt  aenkreeht  an  halten. 
Das  anfangs  dmnhriehtiga,  neliartige  Kokongewebe  wird  nach  nnd  naeh 
dichter  und  schUeselieh  verbirgt  sich  die  Raupe  den  Blicken  des  ßeobaebten. 
Der  Spinnpro7.ps<?  peht  unnnterbrocheu  weiter  vor  .sich;  wird  die  Raupe  inmit- 
ten de.-5  bpinut'us  gestört,  so  stirbt  sie  kurze  Zeit  darauf.  Die  Temperatur 
Boll  während  des  £inspiunens  konstant  auf  17%  und  die  Luft  möglichst 
trocken  erhalten  werden.  Nach  3 — i  Tagm  ist  der  Kokon  fertig,  das  durch 
den  Spinnproze.ss  znsammengoscbrumpfte  Tier  wirft  seine  faltig  gt  wnnlrne 
Raupenhaut  ab  und  v<  rwandi'lt  sich  in  eine  gelbbraune  Puppe.  Nach  der 
ISIctiiniorphose  souih  rt  dif  Puppe  eine  l'liissiirkeit  ab,  die  njich  einigen  Stun- 
den erhärtet.  Die  für  die  weitere  Aufzucht  bcstimniteu  Kukuns  werden  am 
beeten  am  10.,  11.  nnd  12.  Tage  nach  dem  Einsfnnnen  von  den  Zweigen 
abgenommen,  weil  an  dieser  Zeit  die  Lebensthat^keit  der  Puppe  am  ge- 
ringsten ist 


Digitized  by  Google 


Die  Veqpuiipung. 


207 


Der  aus  Ringen  bestehende  Körpfrteil  der  Puppe  ist  bowej^lich ;  am 
vierten,  fUnften  und  seclistfn  Ringe  sind  flügelartige  Gebilde  wulirneliinl)ar, 
und  lassen  sich  au  allen  di»'  nffnuiij^en  der  Stypmata  deutlich  erki'nnt-n.  Ent- 
gegen der  allgemeiueu  Aleinuug,  dass  die  Puppe  leblc»  sei,  vollzieht  »ich  in  ihr 
ein  physiologischer  Froacttt  des  Blni  etrkidiert,  die  Pnppe  atmet  und  lebt. 


Hg.  tos  bhOB  dei  B.  mort  mit  tut  Inmif  tt^  tW.  Mwllwaiim*  Wik       Wim jIiwiib 

riookMida. 

Naeh  einer  Berechnung  von  Regnault  und  Reiset  verbraucht  1  kg  Pap> 
pen  0,242  ^  Sauei-stotT  j)ro  Stunde.  Unter  Umständen  gellt  dieser  pliysio- 
lo^^sche  Prozes-s  mit  iiusM  iNter  Langsamkeit  vor  sich,  so  dass  die  Pupj)e  jahre- 
lang in  diesem  Katwickeluugsstadiuui  verbleiben  kann;  dies  ges>chieht  z.  B., 
wenn  sie  bei  konstant  niedriger  Temperatur  (bei  etwa  2**)  aufbewahrt  wird; 


Wlg.  tlO.  Sclmltt  darch  Kokon  nacli  der     Flg.  III.  Schallt  durch  Popp«  (I  Blntgeliaa,  1  NermkaolM, 


bei  30—35"  erfolgt  das  AnsscUttpfen  des  Scihmetterlinga  schon  nach  10  bis 
15  Tagen.   Raulin  benbaehtete  eine  natariiche  Überwinterung  der  Puppen 

beim  wilden  Äylanthusspinner  (Antb.  Cyntliia).  l's  besteht  somit  hier  und 
auch  in  andep  r  Hinsieht  eine  weitgeheiulr  Analogie  zwischen  der  Puppe 
und  dem  liaupenei,  und  iiiuti  könnte  wohl  sagen,  die  Puppe  sei  da-s  für  den 
Sdmiettcrling.  was  das  Ei  für  die  Raupe  ist. 

Eine  Unse  (25  g)  Raupender  liefert  etwa  35 1^  EokonSf  d.  i.  ungefthr 
18— 1«000  Stuck.  Theoretisch  sollten  sich  3G()00  Stflck,  also  etwa  50  kg, 
prjr('})cii ;  r-iu<-  Auslieute  von  60 — 70"',^  kann  indr.-jspn  stets  als  eine  he- 
friedigeutle  lit  t niclitct  werden.  Uni  «len  Verlust  zu  veriiiiten,  den  man  dadurch 
erleidet,  dass  die  Raupe  einen  Teil  ihres  Seidenvorrats  unnützerweise  zur  An- 
fertigung der  HiDgematte  ▼eischwendet,  benutzen  Delprino  und  Sartori 
statt  der  Spinnhütten  eine  Reihe  von  Kartonzellen  (5  cm  lang  und  hoch), 
in  welchen  die  Raupen  das  Einspinnen  Tollziehen  können,  ohne  die 


Digitized  by  Google 


208 


Sebnetterlingaforai  dw  VanlbeenpinDen. 


Flockföden  ansschdden  so  mfinen;  dteaes  Gellnlanystem  soll  10%  mehr 

Äusbento  liefern.  Die  Fonn  des  Kokons  lä.<«t  aooh  das  Goschlecbt  dos  künftigen 
SchiiH'tt('rlii>ir-<  «Tkennen;  der  weiblidie  Kokon  ist  oifünnitr  rund,  der  etwas 
kleinere  luünuliclie  ist  in  der  Mitte  schwach  eingescbuilrt.  Zur  Aufzucht 
wwden  die  schönsten,  gleichmässigsteu  Kokons  ausgelesen  und  in  einem  gut 
▼entilierien,  troekeneiif  aehwaeh  belichteten  Ramne,  der  anf  18—20**  C.  er^ 
ha|ten  wird,  aufbewahrt.  Etwa  2  Wochen  nach  Fertigstellung  des  Ko- 
kons streift  der  Sehmetterling  die  PnppenhüUe  ab  und  erweicht  den  Ko« 


ng.  11%  WalMhoi  te  Bornim  aori.  n«.  11t.  BHBtyx  noH  (IftaaekM). 


rsg.  tu.  SchBiU  Amth  cUMD  walblIctMD  Behm«tt«rling  <1  BlntReOw.  S  Nerruiayalein,  3  SpciaerAhre, 
4  SHgbtaM,  ft  MagM.  •  BlmMM«b  1  tUaMatm). 

kon  an  der  Stelle,  wo  er  anssehlQpfen  will,  mittete  einer  Flftoigkat,  die 
ans  zwei  orangefarbigen,  an  den  Seiten  des  Magens  gelegenen  Drüsen  her- 
stammt (Filippi)  und  folgende  Zosammensetinng  besitzt:') 

Harnsäure   66,830% 

Kali,  Natron,  Magnesia,  Eisenoacyd,  Kohlensftnre, 

Schwefebäure  uu.l  Chlor   21,054% 

Schleim  und  Farbstoti'   22,116% 

Durch  diese  flüssige  Entleerung  verliert  der  Schmettorling  30 — 4ö'*(,  an 
Gewicht.  Nach  einigen  Minuten  schiebt  der  iScbiiielterliiig  die  Kokonfäden 
mit  den  Vorderfiisseu  auseinander  und  tritt  an  das  Tageslicht;  die  nach  dem 
Aossohlüpfon  noch  wenig  entwidcelten  Flügel  ratlalten  sieh  nntor  fort- 
wibrender  sittemder  Bewegung  in  wenigen  Stunden  nur  vollen  Grösse. 


*)  Karmrodt,  Ber.  der  LsadwiittBli.  VenndiMlBtion.  1869. 


Digitized  by  Google 


Zailengniinierasg. 


209 


Wahnnd  die  Raupe  die  nngeschleehtliche  Form  des  Tieres  yontellt,  ist  der 
Sehmetterling  aoBsehliesslich  daia  bestimmt,  die  Fortpflannrag  des  Ge- 
schlechtes zu  bewirken,  und  obwohl  er  mit  Verdanangfiorgnneu  vorsehen 
ist,  nimmt  er  wiihreiul  spiner  ganzen  Lebeusdaner,  die  freilich  nur  kurz  ist, 
keine  Nahrang  zu  sich.  Ihr  mittlere  Teil  seines  Kürpers  (tboraxj  besteht 
ans  drei  einaelnen  Ritigen:  protbonz  mit  einem  Paar  FQasea  und  Stigmaten, 
mesothorax  nnd  metathoraXf  je  mit  einon  Paar  Flügel  nnd  FSssen  Twsehen; 
der  ontere  Körperteil  (abdomeu)  setzt  sich  ans  9  Ringen  zusammen,  von 
denen  die  7  ersten  Stigiii!iteiili>ch<T  aufweisen.  D'  r  an^irphiUlete  Schmet- 
terling hat  40 — 45  mm  Flugweite,  ist  weiss,  an  der  l)oj)i)elreihe  der  Fühler- 
zähne schwarz.  Die  Augen  beetehen  aus  etwa  10000  mikroskopisch  kU  iueu, 
0,3  |t  messenden  H<»nh&ntcben.  Das  Weibchen  besitzt  8  EierstBeke,  deren 
jeder  80 — 90  Eier  enthält.  Man  lisst  die  Scbnietterliuge  sich  paaren  und 
unterbricht  den  ßegattungsprozess  nach  6  bis  10  Stunden,  da  dadurch  er- 
fahruDgsgemäss  die  beste  Ausbeute  erreicht  wird  (Cornalia  und  lialbiaui). 


Flg.  115    OraiiiierscU«  wUuaad  dM  BarlegcM.  Flg.  116.  CiraiiiienteUe. 

Etwa  10  stunden  später  legt  das  Weibehen  4 — 500  Hanpeneier  nieder; 
90  Weibeben  lieteru  eine  Unze,  1  kg  Kokons  ergiebt  somit  durchscUnittlich 
2  bis  2,6  ünzen  Raapoieier. 

Fortsehritt  von  grOnter  Bedentnng  war  die  EinfUining  der  Zellen- 

grainierung  nach  der  Methode  von  Pastcur.  Da  die  Ursache  zu  etwaigen 
Krankheiten  Ix  n  its  im  Schmetterling  sicii  vorfindet,  so  wird  der  letztere  nach 
dem  Legen  der  Uaupeneier  mikroskopisch  untensncht,  desgleichen  die  (iraine 
selbst  Zu  diesem  Zwecke  wird  jedes  Weibchen  in  eine  Zelle  aus  Karton 
eii^legt,  wo  es  bas  sn  Ende  verbleibt  nnd  biemaeb  in  ^ne  Boke  der 
Zelle  eingeklemmt  wird  (Fig.  IIB).  Die  infizierten  Zellen  werden  scngfiU- 
tigst  ausgelesen  und  samt  ihrem  Inhalt  vernichtet. 

Wenn  aucli  der  allgemeine  (iang  der  Seidenkultnr  an  dieser  Stelle 
nur  kurz  geschildert  werden  konnte,  so  lUäät  sieb  doch  ersehen,  dass  ihre 
praktische  Ausübung,  als  die  eines  aooteehnisdien  Gewerbes,  sehr  viele  üm- 


Digitized  by  Google 


210 


KTearav  d«r  SadanniMii. 


•iebt  and  Erfahnmg  benötigt«  um  nielit  nnr  ein«  Iddfidie  Ernte,  «ondern  auch 
gewissermafsea  Fovtaehritie  zu  erzielen:  das  Ideal  aller  wenschlicben  Arbeit. 
Uber  die  Richtnnj^en,  in  welchen  die  Vervollkomfunung  der  Scidonkultnr 
Tor  sich  gehen  soli,  mag  Folgendes  bemerkt  werden.  Mau  ist  iaestrebt, 
die  Rassen  durch  zeitweilige  Krenzang  untereinander  gegen  die  fireakheiten, 
namentlieh  Sehlftftndit,  weniger  empfibaglieb  tu  naehen,  oline  jedoch  der 
Gleiclifl'.rmigkeit  der  Rasse  Eintracht  zu  thun.  Als  weitere  Ziele  sind  die 
Erhöliung  der  Ausbeute  der  Kokons  an  Fasi  rniaterial,  und  flie  Verminderung 
der  Anzahl  von  Doppelkokons,  sowie  des  <ielialtes  an  Bast  anzusehen.  Von 
den  Mitteln  zu  dieser  Vervollkommnung,  der  Rasseukreuzung  und  indi- 
Tidndlen  Znchtwahl,  wird  »ogleieh  die  Bede  sein. 

Man  bat  sich  Tiel£M»b  und  eingehend  damit  beschäftigt,  die  Heimat 
der  T?aiipt  M]irau]<lieit«^n  zu  ermitteln  und  l<ani  zu  dem  Ergtlmis,  dass  sie 
an-  dem  Orient  (  Indien  und  China)  mit  den  nach  Europa  eiugeftihrten 
Raupeneieru  verschleppt  worden  pind.  Wenn  auch  die  Keime  der  Raupen- 
seneben in  Asien  stets  Torbanden  sindt  nnd  die  letzteren  von  Zeit  zn  Zeit 
nodi  jetast  anftietcn,  eo  beaobrinken  sieb  dieselben  doeb  nnf  sporadiscbe  FftHe 
uud  üben,  bei  der  bekannten  Staodhaftigkeit  nnd  Gesundheit  der  asiatischen 
Rassen,  auf  die  Seidenzucht  keineu  merklich  schädlichen  Etnfln???  aus.  Anders 
verhält  sich  die  iSache  in  Europa,  wo  der  Bomb,  mori  zwar  ein  ausge- 
seiehnetes  Produkt  liefert,  sieb  aber  siebt  mebr  in  kräftigem  Natnrsn- 
etande  befindet  nnd  daber  den  Sencben  in  Unmassen  zam  Opfer  fitlt 
Aus  diesem  n  nullit  wurde  auch  nacb  dem  Aufhören  der  Raupenkrankbeiten 
die  Frage  fiintirt,  «s  zulässitr  sei.  niislänrlisThe  keimhaltig«'  Raupeneier, 
die  l)ehufs  ihrer  Kreuzung  mit  europäisclien  importiert,  wurden,  zu  verwenden. 
Wenn  es  einerseits  beinalie  unmöglich  ist,  von  eiuem  Raupeuei  von  vom- 
berein  zu  sagen,  ob  es  gesunde  Nacbkonunenscbaffc  erzeugen  werde  und  so- 
mit Vonsichtsmafsrt'Lr*In  in  diesem  Sinne  fast  ii1«  rflUssig  erscheinen,  so  laset 
sirli  anflcnnsrif s  iH'hauptru,  da-^s  der  Tiuport  asiiif iM-lu-r  Kaujinn  itT  im  aücje- 
meinen.  also  «lie  KreuzuuL,'-  riiiojKiisrluT  Kassen  mit  di'U  avisliiudisclicii ,  aus 
fulgeudeu  Gründen  gem  litfertigt  sein  düi'fte.  Es  ist  begreiflich,  dass  iu  der 
Zttcbt  einer  so  engbegrenaten  Rasse,  wie  der  tod  B.  mori,  die  Blut?ex^ 
wandtM'haft  im  Laufe  der  Zeit  in  ibren  Folgen  nachteilig  hervortreten 
muss.  Die  Frage  nach  dit  st  r  F^lnt Verwandtschaft  ist  schon  vielfach  von  ver- 
schiedenen Gesichtspunkten  aus  erörtert  worden;  im  allgeirtpinen  aber  sind 
lunitzutagc  zwei  Ansichten  vorherrschend.  Die  eine  von  Sanson  bestreitet  die 
Schadlidikeit  der  Au&ueht  unter  blnlTerwandten  Individu«!,  giebt  jedoeb 
au,  dass  dadurch  die  EmpfSngliebkeit  für  Krankheiten  gefördert  wird'). 
Andere  Naturfoi-s( lier,  wie  Baron,  fuhren  dagegen  aus,  dass  das  fortge- 
si'tzfc  Paaren  der  blutvenvandtcn  Schmett<'rlini?e.  wie  es  in  der  Seidenzncht 
wirklicli  stattfindet,  dazu  fährt,  dat^s  der  Tolyniorphismus  Überhaupt,  und 
sogar  der  sexuelle  DimoipbMmua  naeh  und  nach  zum  Tcrsdurinden  ge- 


0  Traittf  de  sooteobnie,  Fkris  liM, 


Digitized  by  Google 


Ertwuig  der  WUrnnmm. 


811 


braolit  werden,  und  dus  dann  ProduktionswifShigkeit  eii^reien  mUsse.  Die 
Kretuung  flinseincr  Rassen  uiiton  uiander  irt  somit  unnlibelirlieh  und  swar, 

wie  Coiitaf^'ne  richtig  ausführt,  eine  energische  Krevi/iing  zwischen  top- 
schii-dt-nartigfii  Rassen  von  vorstliifdi'non  änssprfn  Ki;^a'usc'haften.  Wenn 
die»  aucli  vom  rein  theoretiitchea  ;:3Laudpuukte  der  ßa^seureiniieit  aub  nicht 
gaox  olme  Nachteil  enchdnt,  eo  muae  man  doeh  zugeben,  deas,  da  bei  der 
Srensang  lediglich  auf  die  Hanpteaclifi,  d.  i.  auf  die  KokonhUlIe  in  quali- 
tativer und  quantitativer  Hinsicht  gesehen  wird,  d'njsi:  Mt'tliodt'  die  einzig 
rationelle  ist,  die  den  europäischen  Soidenrasson  ihre  ursprüngliche  Lebens- 
t&higlceit,  wenn  auch  mit  einiger  üngleichmäsüif^'keit  verbunden,  zu  er- 
balten  im  etende  iet.  Die  Befttvchtung,  die  aonst  jahraus  jahrein  gleich« 
filnmgen  enropliidien  Baasen  dnem  Folymoriäusmus  anesasetcen,  d.  i.  die 
äusseren  Fonnen  der  Produkte,  die  Gestalt  und  Farbe  der  Kokons  ungleich- 
formifj  z»  «restulteii,  thut  bis  jetzt  der  allgemoineren  Verbreitung  der 
Kreuzuugi>methude  Eiuiialt.  Übrigens  ist  es  seiu-  walirscheiniich,  dass  der 
B.  mori  iu  seinem  ursprünglichen  Zustande  polymorph,  d.  L  in  Temdiiedenfin 
Snaeegren  Gestalten  Torfcam,  welche  noch  hentsntag«  in  den  Urwildem 
Indiens  nud  Cliinas  als  Abarten,  H.  croesi,  B.  sinensis  etc.  sich  finden. 
Durch  natürliche  Unist.'lnde  und  äusserst  sorgfältige  künstliche  Aufzucht 
i5;t  sriiie  i{u.sse  melir  homogen  im  allgemeinen,  weniger  einheitlich  und 
charakteristisch  im  einzelnen  geworden,  indem  gleichzeitig  seine  Wider* 
stiindsföhigkeit  nnd  Fraehtbarlceit  verringert  worden.  Es  ist  eine  erwiesene 
Thatsache,  dass  im  Kampfe  unis  Dasein  der  wilden  Seidenrasstti  die  Ursache 
ihrer  Kraft  liegt;  auch  sind  sie  zcugungsfahitrer  uml  dies  selbst  in  den 
Rassen,  die  mehrere  Brüten  im  Jahre  hervorbrinj^eii  (melirenitige  Kassen 
des  B.  mori);  in  den  letzteren  sind  sogar  einige  i'üiie  der  Parthenogeuesis 
(Selbeibefhichtung)  beobachtet  worden.  Es  lisat  steh  mit  einiger  Siohei^ 
heit  behanpten«  daas,  wenn  die  ZeUeugrainienmg  hm  mikroskopischer  Unter- 
sucljung  der  Sehmetterlinge  fast  Tolle  Garantie  betreflb  der  FIcckkrankheit 
liefert,  die  Kassenkrenznnjr  ivahrscheinlich  die  Bekämpfung  der  Schlaf- 
sucht ermöglichen  wird.  Es  wurde  aus  diesem  Urande  die  Kreuzung  der 
enn^pUacheiL  Bassa  mit  Tendnedanan  aabtiaohee  Toiganommen  vaaA  an- 
scheinend mit  gntem  Erfolge  dnrehgeltthrt;  bald  aber  stellte  sieh  hcrana, 
daas  die  gekreuzten  Rassen  von  ihren  asiatischen  Grosseltem  die  at^tnda 
Eigenschaft  geerbt  hatten,  doppelte  Kokons  (donppions)  zu  spinnen,  sowie 
ferner,  dass  diese  Mestizen  wohl  in  der  ersten  Generation  verschmolzen 
blieben,  in  den  nachfolgenden  aber  der  Atavismus  jeder  einzelnen  scharf 
henrortrat  Thatalehlich  ist  dorch  diese  Ymnche  bewiesen  worden«  daas 
bei  der  Krenanng  einfacher  Bassen  eine  unter  dem  Namen  „Rücksoblag 
zum  Ursprongstypiis"  (retour  aux  types)  bekannte  zoologische  Erscheinung 
zu  Tage  tritt,  laut  welcher  ein  Teil  der  ersten  ( ieueration,  wie  hvi  der 
Kreuzung  der  gelbeu  frauzüsischeu  Kasse      oder  die  ge^aiute  zweite,  dritte 


*)  Haillott  Lefoctt  aar  lea  vect    toie  du  mflrisr,        p.  261. 


Digitized  by  Google 


212 


Botiooelle  SnditiraU. 


und  die  mebfolgenden  Binfon  (gelbe  Mailandnsse  mit  der  weusen  Japan) 
nicht  mehr  die  verscbrnnlzenen  Eigenschaften,  sondern  die  jedes  einzelnen 
Typus  znm  Vorscliein  bringt,  wodurch  nncrw Tiiiscbtc  Mannigfaltigkeit  (Poly- 
morphismus) Platz  greift.  Nun  hat  man  zur  Kreuzung  unter  nur  europäi- 
schen Rassen  Zuflucht  genommen  gemäss  der  bekannten  Thutsache,  dass 
eine  oft  wiederliolte  nnd  leteht  durehsaführende  ^euzung  endgiltig  beflaen 
Bemltafte  ergiebt*  als  eine  energisclie,  aber  seltener  ausgeführte*).  Eine 
pelcrenzte  Rasse  erzeugt  erfahrungsgemäss  bessere  Ausbent«  an  Kokons,  als 
eine  reine;  die  einzelnen  verwendeten  Kassen  müssen  indessen  an  sich  vor- 
wurfsfrei sein;  denn  sonst  tritt  leicht  eine  Yerschlhumerung  ihrer  Eigen- 
sdiaften  ein.  Leider  ist  es  nnmSglieh«  sich  bebnfs  Ermittelung  der  Gate 
«ner  Basse  naeh  dem  Äusseren  der  Kokons  etc.  in  richten,  da  eine  Menge 
schöner  und  grosser  Kokons  nicht  immer  im  gleichen  Verhältnis  seidenreich 
sind,  und  auf  den  letzteren  Punkt  kommt  es  do<*h  huapt.sf'ichlich  an.  Nach  dem 
Vorschule  von  Coutagne^)  ist  eine  rationelle  Auswahl  der  Kokons  die 
einaige  Methode  der  Melioration  in  diesem  Sinne;  sie  scheint  von  ein^n 
fortsdirittliehen  Zttehtem,  die  aof  der  Weltansstollnng  1889  ansgeaeichnete 
Resultate  derselben  vorführten,  schon  praktisch  erprobt  worden  zu  sein 
und  besteht  in  folgendem.  Von  jcd^^r  Partie  Kokon.*!  wird  ein  gew-isser 
Anteil  abgeha.s|)«It  und  die  Partien,  die  bei  dieser  Prüfung  die  besten 
Resultate  liefern,  werden  für  die  weitere  Aufzucht  verwendet.  Es  ist  selbst- 
TentSndlich,  dass  man  in  diesem  Falle,  statt  ganse  Partien  einer  be- 
stimmten gemeinsamen  Auf/.acht  oder  Rasse  sor  Prüfung  zu  verwenden,  zur 
Vcrriiifacliung  der  Sache  einige  von  jeder  einzelnen  Brut  herstammende 
Kokons  prüft  und  alsdann  die  ganze  Brut  verwendet,  angesichts  des  bereits 
weiter  ol>en  angedeuteten  ümstandes,  dass  die  Eigenschaften  der  Kokons 
einer  und  denelbm  Brat  stets  fast  identisch  sind.  Eine  noeh  weitergehende, 
aber  naturgeinä.s.s  umständlichere  nnd  in  grösserem  Mafsstabe  kaum  ans- 
föhrbare  Methode  ist  die  sogenannte  individuelle,  wie  sie  mit  gros.sem  Er- 
folge im  Pflanzenreiehp  in  der  Riibenproduktion  angewendet  worden  ist'). 
Die  individuelle  Zuchtwahl  geht  in  diesem  Falle  darauf  aus,  beiden- 
raupeu  mit  mOglichst  grossen  SeidendrBsea  und  sonut  erhShter  Ausbeute 
an  Gespinst  sn  erzielen  nnd  gelangt  in  der  Weise  praktisch  aar  Anwen- 
dung, dass  jeder  einzelne  durch  seine  äusseren  Eigenschaften  hervor- 
ragende Kokon  mit  Vorsicht  geöffnet,  dir-  Seidenschale  gewogen,  die  Puppe 
wieder  eingelegt,  der  Kokon  mit  einer  feinen  Ötetkuadel  wieder  geschlossen 
und  zum  Ausscblflpfen  gebracht  wird.  Da  zum  Paaren  abdann  Schmetterlinge 
▼erwendet  werden  klSnnen,  die  den  seidenreichsten  Kokons  entstammen,  so 
ergiebt  sich  bei  dem  mehrfach  erwiesenen  Atavismus  der  Seidenrasse  die 
Aussicht,  auf  diese  Weise  eine  langsame,  aber  stetige  VervoUkommnong 


*)  Baron,  MäthodM  de  reprodootion  en  sootechnie. 

*)  Ball,  da  Labor,  «le  Ljon  1889/90. 

■)  Yilmorin,  Oompt.  leod.  «te.  1896,  871. 


Digiii^uu  by  ^OOgle 


Kronkbeitea  der  Seidenraupe. 


213 


der  Ertragsfähigkeit  zu  erreichen.  Die  praktische  Anwendung  dieser  Me- 
thodf  während  eines  Zeitabschnittes  von  sechs  .Jahren  ergab  eine  Zunahme 
der  Foserausbeate  um  15 — 20%,  ein  ßesultat,  das  an  und  für  sich  in- 
temaaiit  irt  und  dieser  ZtichtmeUiode  eine  auaridittreiche  Zakanft  sn  er- 
öffnen acheint')« 

• 

Die  Seidenzucht  ist^so  mancherlei  Gefahren  unterworfen  und  erfordert  daher 
vielseitige  Erfahrungen  und  die  peinlichste  Sorgfalt.  Schon  in  diu  Raupen- 
eieru  liegt  die  eventuelle  Ursache  eines  schlechten  Erfolges:  zweifelhafte  Her- 
kunft, dflrftige  Ventilierung  beim  Transport,  ungünstige  TemperaturrerbSlt- 


»f.  Itr  int  nMktankh^  MhtAM*  BMP«. 


nine  fiben  suf  die  QHte  der  Naebkommenaebaft  groesen  Einflusa  ans.  Eine 
unpanende  Einrichtung  der  Znchtanstalt,  mangelhafte  Lnftung,  zu  trockenes 

oder  zn  feuchtes  Futter,  Unsauberkcit  der  Räume  u.  s.  w.  führen  leicht  zu 
Krankheiten  der  Seidenraupen,  welche  ihre  Untauglichkeit  zum^Einspinnen 


ng.  tia  VtoAknHOMI  (TSMh  VM|aaM«Oi 


und  somit  gänzliches  Misslingen  der  Zucht  nach  sich  ziehen  können.  Ausser 
diesen  naturgemässen  Folgen  einer  mangelhaften  Znobt  sind  in  Earopa  in 
den  seebsiger  Jabren  Ranpeokrankbmtan  an^i;etreten,  die  als  wabrbafle 

Seuchen  bezeichnet  werden  müssen.  Die  zahlreichen  Untersuchungen  von 
Crivelli,  Bellotti,  Susani,  Cantoni,  Cornalia,  Filippi,  Osimo,  Vla- 
covich,  Quatrefages,  üaeriu-Meneville  und  schliesslich  von  Pastenr 


^  Cotttagnet  Lalwr.  ffAndsa  de  la  toia,  Ljen  1995,  p.  41,  TS. 


uiyiiized  by  Google 


214 


Fleckkrankheit. 


haben  einiges  Licht  Uber  dieses  gebeimnisToUe  Obel  verbreitet  und  zu  dem 
Resultat  geführt,  dass  die  meisten  Raupenkrankheiten  auf  Pilzwucherungen 
zurückzuführen  sind.  Auch  in  China  und  Japan  sind  die^ie  Seuchen,  wie 
n.  a.  die  Fleckkrankheit,  festgestellt  worden;  im  allgemeinen  aber  erleidet 


Fl«.  119.   Körpercben  der  Flerkkruikbcit.  Fig.  120.   Onin«,  frei  ron  KnnkbviUpiUen. 

hier  die  Seidenzucht,  infolge  der  grösseren  Widerstandsfähigkeit  der  Rassen 
gegen  infizierende  Körperchen,  keine  namhafte  Einbusse. 

Von  diesen  Krankheiten  sind  es  nam<5nttich  zwei,  die  Fleckkrankheit 
nnd  die  Schlafsucht,  die  wegen  ihrer  Ansteckuugskraft  und  Erblichkeit 


rif.  III.  Knnkc  Würmer  (Fleckkrankbeit)  Tlg.  IIJ.  Oeannde  Raapen  nach  der  *  HtntanR 

die  grösste  Gefahr  bieten.  In  vielen  Füllen  entwickeln  sich  die  Infektions- 
orgnnisiuen  schon  auf  den  Maulbeerbliittern  und  gelangen  mit  der  Nalirung 
in  die  Raupe. 

Die  Fleckkrankheit  (pebrine,  gattine,  Körperchenkrankheit)  ist  die  Folge 
der  Infizierung  innerer  Organe  der  Seidenraupe  durch  den  mikroskopischen 
Pilz  Nosema  bombyci;  er  wurde  zuerst  i.  J.  1849  von  Guerin-Meneville 
signalisiert  und  als  Angehöriger  der  einzelligen  Algen  (psorosperniatischen 


L-iyilizuu  Ly  Google 


Sdllafsucbt. 


216 


Mikrosporidien  Balbiani)  festgestellt.  Sein  Durchmesser  beträ^'t  3  4  \l. 
Nach  deu  Untersuchuugou  von  Haiauer  in  Nizza  8i)ll  die  Fleckkranklieit 
durch  Flechten  (Lichenes)  aus  der  Gattung  der  Antherozoiden,  die  auf  den 
Blamen  nnd  Blfttten  selbst  waehsen,  henwigerafeii  irardfln.  Die  mit  Fledc- 
krankheit  behaftetem  Banpen  veriieMii  die  Freaslttit  nnd  Lebhaftigkeit,  be- 
decken sich  vorwiegend  nahe  am  Kopfe  mit  schwarzen  Flecken  und  sterben 
binnen  wenigen  Tagen.  Die  Krankhoit  ist  nicht  heilbar  und  es  bleiht  nichts 
anderes  übrig,  als  im  Falle  ihres  AuttreteHü  die  Zuchtrüuuie  mit  Chlor  und 
Kalkmilch  zn  desinfiziereii,  um  wenigsten»  die  gesunden  Raupen  zu  retten. 


WImn  (MdataMshU.  ««.IM  Kekoand»a|»p*««fwnwB.  biftato  RMpa. 


Die  andere,  nicht  weniger  gefürchtete  Krankluit,  die  Schlafsucht 
(flftcherie),  befftUt  die  Banpen  unmittelbar  vor  der  Spinnreife  nnd  ist  die 
Folge  Ton  Mhlecbter  Verdauung  nnd  ^bmnSsriger  Warme  wahrend  der 

letzten  Lebensperiode.  Im  Ibgeninhalt  lassen  sich  zahlreiche  vibriononartige 
Mikrokokkeu  (Cordyct'ps,  Microzyma  bonibycis  Hi-clinnip)  nachweisen.  Die 
Krankheit  ist  ebenfalls  ansttckend  und  erblich;  die  Vibrionen  können  der 
Külte,  Trockenheit  und  hoher  Temperatur  ausgesetzt  werden,  ohne  etwas  von 
ihren  symolnBehen  Eigeneehaften  einznbfissen.  Es  ist  wahrseheinlich,  dase 
die  Ursache  zur  Schlafsucht  bereits  im  Futter  gelagert  ist;  thaisäclilii  h 
hat  Guboni  1890  einen  durch  schwarze  Blütterflecke  gekennzeichneten 
Schniarot/cr  dis  Maulbet>rbauraes  entdeckt,  welcher  der  Schlafisucht  sehr 
ähnliche  Krankheitssymptome  verursacht 

Eine  dritte.  Krankheit,  die  indessen  minder  gef^lich  nnd  in  ihren  Fol- 
gen weniger  Terheerend  ist,  ist  die  sogenannte  Kalksucht  (Verkalkung, 
Calcino,  Mnseardine).   Bereits  1726  signalisierte  Vallisneri  die  Seuche. 


*)  Garbiai,  Bn  vaa  malatiaa  dd  gdao.  Rena  18M. 


Üiyitizeü  by  LjüOgle 


216 


Verkalkung.    Fettsacht,  etc. 


Sk-  ist  die  Vi>]<^f  fil-.'nii;Usitr<  r  Hit/.c  und  Feiiclitiirkcif .  unter  flrrrn  Ein- 
wirkung sich  iiti  Ini'.i  III  dt  r  Uaupe  ein  Si  himmr-lpilz  eutw iclielt ;  dii*s>er  treibt 
seiue  Sporen  von  etwa  2  jx  Dicke  iu  den  gauzm  Körper  der  Raupe,  um  erat 
nach  ihrem  Tode  «n  Lufb  und  Licht  am  ^'elangen  und  ein  üppiges  Gewebe 
weisser,  mit  zalillosen  Sporen  bedeckter  Fäd<  n  iiafeutreilx>n Dies«  r  wtMssc 
Überzug  wurde  früher  filr  CalciuniphoNiiliüt  g<:'halten,  bis  Bassi  (Mailand 
nachwies,  dass  derselbe  das  Gewebe  des  S<'hinimelpilzes  pfi.  der  im 
J.  1836  von  BaUamu  Crivelli  aW  Botrytis  Bassianae  bezeichnet  wurde. 
Derselbe  ist  dem  Kartofielt5ter  (Peronospom  devastatrix)  nahe  verwandt.  I^e 
Pnlsiernng  wird  bei  dieser  Kranlcheit  Sitssmt  heftig,  indem  gleichseitig  das 
Blnt  saure  Reaktion  und  rosige  Farbe  annimmt.  Am  besten  wirkende 
Präservativ-  imd  Desinfektionsmittel  sind  ridi>r.  xlnv*  fli:.^.  Si!nn\  Kalk- 
\vaü;>er  und  Kupfervitriol.  Eiue  öfters  vorgetioiunione  Dureliräuciieruiig  der 
ZuchtrSume,  als  Pr&senrativmiitel  gegen  die  Ealksueht,  übt  jedoch,  wie  nenete 
Unterauchungen  gezeigt  haben,  anf  die  Entwickelung  der  SeidntidrQsen  einen 
nngCmstigen  Einflusis  aus  und  befordert  auch  die  Bildung  Yon  Bast.  Die 
an  der  01>«'rtläcln  di  Kaupenkörp'  rs  siizeiulen  Sporen  werden  vom  leisesten 
Winde  fortgeführt  iiiul  verursachen  die  Verbreitung  dieser  verwüsteuden 
Senche.  In  leichteren  Fällen  gelingt  es  der  Raupe  noch,  ihren  Kokon  zu 
^nnen,  die  Puppe  verwandelt  eidi  indessen  in  ein  pulveriges  Gebilde;  solche 
Kokons  (cocons  plaires)  werden,  weil  leiditer,  teurer  beaahlt,  als  die  ge- 
wöhnlichen. 

Ivi  giebt  noch  eine  andere  Art  der  Ka!ksn<ht,  bei  welcher  die  luiupe 
nicht  den  weissen  Spoivn  des  Botrytis  B.,  sondern  roten  Wucherungen  des 
von  Prilleux  und  Delaeroix  als  Botiytis  tenella  benannten  Pil»»  anheim- 
fallt »). 

Sf*blic<?slirh  sei  uo<li  die  Fettsucht  (grasserie)  erwähnt,  welclie  nuist 
während  der  H-Iiitimt,''  auf  tritt;  die  kranken  Raupen  sondcni  eine  trübe 
Flüssigkeit  aus,  welche  mit  unjuibligen  polyedrischen  Körperchen  von  4  {i 
.Dicke,  die  den  AlbnminoidsubsiamEen  angehören,  gefBIlt  ist.  Die  Krankheit 
ist  nicht  ansteckend.  Von  anderen  minder  gefährlichen  KanUidt^  seien 
genannt :  die  Gelbsucht  (jaunisse),  infolge  des  Wechselns  in  der  Qualität  des 
Futters,  ferner  die  Wassersucht,  die  Schwindsucht  und  der  Durchfall,  letz- 
terer infolge  zu  ua^u  Falters  uud  dumpfer  Luft,  wobei  die  Raupe  einen 
grflnlichen  Saft  absondert,  n.  s.  w. 

Es  ist  erst  seit  den  epochemachenden  üntetsuchungen  von  Pastenr 
und  mit  seiner  Metliode  des  Ausbrütens  in  Zellen  (grainage  cellnlaire)  mög- 
lich geworden,  die  Seidenranpenkrankheiteu  einigermafsen  zu  beschränken 
und  schliesslich  ganz  zu  verhüteii.  Da  der  Ursj)rung  aller  Seuchen  be- 
reit« im  £i  vorhanden  ist,  so  werden  die  von  jedem  einzelnen  Weibchen 


')  Ciooose,  Oompt  rend.  Ac.  Sc  1856. 
*)  Boll,  da  la  Soe.  d'agrio.  1892. 


Digitized  by  Google 


Methode  von  P»«teur. 


217 


gelegten  Ranpeueicr  so  lange  abgesondert  aufbewahrt  und  nicht  verwendet, 
bis  äic  mikroskopische  Uiitcrsucbung  dos  betrefFendeu  SclHiietterlingsweib- 
cbens  ein  Freisein  von  joglichen  Alikroorgauisnien  ergeben  hat.  Die  Regel 
TOD  Paste ur  ist:  bedient  eaoh  der  Banpeneier,  die  von  den  mit  Behendig- 
keit auf  Spinnhütten  anfgekrochenen  Baupen  vesp.  ibrai  Schmetterlingen 
bentammen  und  sich  bei  nukronkopischer  Untei^ticlmnj^  frei  von  Körperchen 
(corpnscules)  erweisen').  Dein  N'or.-chlafjf  vnn  Kaulin-)  eiitsproclii'n-l  wird 
die  Zelleumethode  von  Pa--teiji-  ;iuch  auf  <lie  weitere  AiilV.ticht  au.sgedi'hnt, 
indem  man  die  aas  einzelnen  Brüten  hervorgegangenen  Kuupen  in  Gruppen 
attfisSohtet  nn^  die  Gruppen  von  einander  ieoliert  hKIt  Hinrichtlieh  der 
Krankheiten,  nainentlicli  der  Schlafsucht,  hat  di<  sl>  Methode  in  der  Praxis 
vorzügUelie  Ke.siiltüte  ergeben,  indem  gleichzeitig  beobachtet  wurde,  dass 
die  Nat  likomuiensehaft  einer  Brnt  unter  sich  sehr  ähnlich,  und  von  den 
Baupen  und  Kokons  der  anderen  Brut  derselben  Kasse  ziemlich  ver> 
Bobieden  war.  Anf  diese  Weise  kSnnte  man  darch  empirische  Auswahl  dw 
Bruteier  in  einer  bestimmten  Rasa«  die  gegebenen  erb^eben  Eigeneebaften 
der  letzteren,  nach  der  Art  der  Darwin. sehen  Versuche,  in  immer  ausge- 
sprochenerem Mafse  hervortreten  lass»  ii Wir  haben  übrigens  auf  dissa 
Verhältnisse  bereits  weiter  oben  hingewiesen. 

Znfo^  der  stetig  wachsendeni  Foiisehritle  ist  der  Bett^  einer  Seidcib* 
anchtanstalt  heutznti^  bei  weitem  rationeller,  als  er  noch  vor  dreisrig 
Jahren  war.  Die  richtige  Zubereitung  des  Futters  durch  Schneidemaschinen, 
ferner  pas.«ende  luftige  Räume  zur  Aufljew  uhrung  grös5:erer  Mengen  Maulbeer- 
blätter,  sorgfältige  Ventilierung  der  iiäume,  peiulicliste  Beobachtung  der 
Sauberkeit  n.  s.  w.  haben  dazu  beigetragen,  dass  Raupcnkrankhciteu  in 
bedeutend  geringerem  ItfaTse  auftreten,  ab  vor  Jahren.  Dank  der  Zellen- 
grainierung  ist  die  Fleckkrankheit  nur  in  Ausuahmef&lleu  zu  befürcliten, 
die  Kalksueht  und  andere  auf  Luft-  und  l^ahrungsverh&ltuisse  aorftekzu" 


n«.  m.  OwteM  boBh.  Mur  te  nenye  Her  lifnd. 

Ahrraden  Krankheiten  lassen  sieh  leicht  TeihUten;  nur  Terumeht  die 
Schlafsucht  noch  immer  ziemlich  bedeutende  Yerheenuigen.  Die  Gewin- 
nung wie  die  Verarbeitung  der  Seide  ist  nun  ebenfalls  Gefahren  Wim 
Seiten  verschiedener  Schmarotzer  unterworfen,  die  entweder  lebende  Baupen 


M  litiKles  Biir  lea  maUdi«  des  vers  k  eoie.  1870.  t  L  S.  232. 
')  Siizungaprotokolle  des  Kongrenee  an  üdino  1871. 
•)  Maillot,  lUtfaodet  dee  aileotiene,  187e,  &  19. 


Digiii^uu  by  ^OOgle 


218 


Scbmarotser  der  Seidentpinner. 


angreifen,  oder,  indem  sie  ea  auf  die  Puppen  absclion,  die  Kokons  bcscliädigen, 
oder  endlich  fertige  Produkte,  Gospinstp  iiud  (iewebe,  auffrfssou.  Dieae 
schädlichen  Insekten  können  in  folgende  Klassen  eingeteilt  werden. 

I*  Bftnpen«er  fmaend«  HjraeuoptereD.  Fkoctoirupea  sp.  (A.  Yaiiiuiuijr)^ 
II.  Hymenopteren,  Schmaroteer  der  Beideiirftnpeii: 


1.  Kunii iif'^  pt'tiolatus  (Fabririns)  *).  Tn  Hri'/aribagh  als  „Bhonze"  be- 
kannt und  zu  den  Hviuenopt^reu,  der  Familie  der  Vespidae  go- 
liftrend;  {riast  tob  A.  inylitta. 

2.  Icaria  fermginea  (Fabr.);  in  Indien  „Paschoya";  frisst  von  A.  my- 
litta;  zur  Familie  geselliger  Wf  sp<  ii  g<  hörig,  ruft  .«sie  bei  der  Ver- 
folgung seitens  Pfidrny.iKlitcrs  eine  Menge  anderer  Wespen 
herbei,  welche  hilfsbereit  den  Verfolger  angreifen*). 

3*  Pimpla  pedator  in  Bengal;  wie  die  vorige  ein  Fdnd  des  Tnasah« 
Spinners. 

Ausserdem  Pelopoeiis  violaceos,  Ophion  mAerurmn«  Panisens 
testaicens,  Ophion  sp. 


Flg.  129.  Tote  8«id«nriup«  (Mcli  dam  AuMciilüpftn      Flg.  130.  Di*  Anstaöhlang  doicb  Otttnw  boatb, 
4m  OMtraa  bomlh}. 

III.  Dipten'n,  Sdininrotzi  r  dir  Si'idenranppn.  Tachina  (B.  raori  —  Bengal). 
In  Kotschinchilla  l»^>t  eine  i'liegeuart  der  Gattung  Tachina,  welche 
der  bcngalischeu  äkniich  ist;  sie  verwundet  und  tötet  die  Raupen 
oder  Terdirbi  die  Kokons  naeh  der  Art  der  japanischen  üdschifliege.  — 
Ttichinii  der  ^laulbeerraupe  in  Frankreich.  In  Japan  ist  die  Seiden- 
sncbt  der  Plage  eines  pansitisehen  Insektes,  der  Scklnpfwespe  ans 


*)  Fabricini,  Speo.  Ina.  1.  1781. 

—  Spt.  Pietatorum,  ISOl 

Laireiiie,  Uiat.  nat  des  insectoa,  1S08. 

Sa  ossäre,  MoiMgr.  de  getpes  lol^k.  18S2. 
*)  Sanstnrep  Umogr.  de  getpei  aodalss.  1858/58. 


Digiii^uu  by  ^OOgle 


Schmarotier  der  £>eiden«pinner. 


der  Gattung  dar  Dipieren,  Chmppe  Taekbidaftt  von  Japanern 

„üdschi"  genannt,  ansgesettt;  dit^selbe  bohrt  junge  Stidturaupon 
an  und  legt  iu  ihr  laueres  ihre  Eier  ab;  die  sich  daraas  eotwickelu- 
den  Raapen  leben  im  Innern  des  Seidenwunues  bis  zar  Verpappang 

Flg.  lAl.  Oeatnu  Boml>y«slt.  lUape.  Flg.  ISi.  Puppe  d«s  0«aU.  bomb. 

dMsellwn  pftraritaaeh  und  dnrdiboliren  alsdann  den  fertigen  Kokon, 

nm  an  das  Tageslicht  za  gelangen.  Auch  in  Bengal  bat  die  Seiden- 
raupe ihren  Frind  im  „Silkwomi  fly",  Oestrus  Bombycis,  dessen 
Lebensweise  sich  mit  der  der  TJd.schifliege  d*»ckt.  Neuerdings  ist 
Doria  lueditabuuda  (Meiuert),  ein  der  Tiichiuii  verwandtes  Dipter, 
ugnalislot  worden,  daa  Ina  jetat  swar  nur  in  vereinadten  FSUoi  toi^ 
kam,  jedoclt  grosse  Aoeliniatiaienin[^f)Üiigkeit  aeigt  nnd  daiher  ge- 

fiilirlicli  werden  "kihinto. 

IV.  Myriapoden,  Sclnnarützer  der  öeidenraapea.  Scolqpendra  sp.  des 
Malaischeu  Archipels. 

V.  Hemipteren,  Scliniarotaer  der  Seidenianpen, 

1.  ErUieaina  falla  (Thonberg)  Im  EHstrikb  Haaaribagh  (Bengal) 
iat  sie  unter  dera  Namen  „Schipree"  bekannt;  sie  kommt  auch 
in  Chinn  und  .Tupan  vor  und  gehört  dor  Klasse  der  Hemipteren- 
Heteropteren,  der  Familie  der  Pentatomiden  ( Schild wanzen)  an; 
firiaafc  die  Tnaaenaiipcu  (A.  mylitta). 

2.  Pieromema  bidena  (Linn^^  in  Frankreich  und  Italien,  iat  Ton 
demalbeu  Specias,  wie  Xylopertha  picea  (X.  3);  Terheert  die  Bielieii- 
plautagen  nnd  frisst  die  chinesische  Tn?serraupe  (A.  pemvi)*). 

3.  Canthecona  furcellata  (Wolf) ').  In  Hazaribagh  (iieugul)  als  „Snn- 
rine**  bezeichnet,  auch  im  übrigen  Indien  und  Java  bekauut;  ge- 
h5rt  an  derselben  Speciea,  wie  der  Torige;  fnaat  die  Tuaaerranpe. 
Femer  Reduvius  personatus,  Lyctocoria  domestica. 

VI.  Coleojttert'u,  Schmarotzer  der  Kälirptlanzen.  Pt  ritrlus  LTi'f^"i',  Melo- 
lontha  sulcipennis,  Xylotnipe»  dichotomus,  i'opilia  japonica,  Passalus 
dentanus,  Aristobia  clatlirator. 

VIL  Hemipteren,  Schmarotaer  dea  Maulbeerbanma.   Diaspiä  sp.  (Japan). 


')  Thunberg,  Nov.  ins.  Spec 
Wolff.  leon.  Cim.  V. 

Fabricins,  Syst.  Rhyrg. 

Rej.  Ball,  du  Labor,  de  Lyon,  1887/68. 
*)  Paton,  Synopri«  Pentatonud«;  Malsant,  Pentatoinid««. 
*)  Wolff,  leon.  (ÜB.  Y.  Herr.  Sehaef.  Waaa  Ina.  7. 


Digiii^uu  by  ^OOgle 


220 


Sclimarotzer  des  Maulbeerbaumes  ftc 


Ein  neuerdings  in  Europa  (Italii  n)  aufpfetauchter  Schmarotzer 
des  Manlboerbaumes  (Diaspis  peutagouu)  liut  allgemeine  Anfmerk- 
samkeit  erregt.  Es  iat  dies  ein  der  Gattung  der  Schildläose  an- 
geböriges  Insekt,  das  drei  Graentionen  jährlich  erlebt,  sieh  in 
SMner  Fruchtbarkeit  der  Schildlans  des  Cochenillebaumes  (Mytilas- 
pis  ovnnymi)  uinl  <1er  Plivloxera  an  die  Seite  stellt  und  zu  di^r  \rt 
Hemiptera  oder  Hliyncbotes,  ilor  üuttung  l'hytophtires,  der  Familie 
der  Schildläu.se zu  rechnen  ist.  iSeine  Exist^uit  wurde  1Ö8Ö  zu- 
erst in  der  ümg^nd  von  Gomo  festgestellt,  Tcm  wo  es  sieh  rasch 
in  der  Ober-Lombardei,  beson^rs  in  den  Gegenden  Ton  Mailand, 
Como,  Varest',  T-ccco,  Sereguo  und  in  der  ganzen  Provinz  Brianza 
verbreitete.  Die  jungen  Raupen  dieses  Insektes  werden  durch  den 
Wind  fortgetragen,  was  ein  rasches  Uuisichgreiten  der  Seuche  zur 
Folge  hat.  Das  Insekt  wirkt  in  schädlichster  Weise  anf  den  Hanl- 
heerbftnm  ein,  der  schon  nach  einem  Jahre  dem  Tode  aoheimfittlt. 
Als  Gegenmittel  empfiehlt  und  verwendet  man  in  Italien  Mischungen 
von  Soda  mit  Petroleum,  das  phenolsanre  Natrium,  8oda  mit 
schwerem  Teeröl,  eiueLösuug  von  Bastseife  iu  Amylalkohol  (Fuselöl), 
ein«  solche  von  Seife  mit  Tahaksaft  u.  s.  v.  Durch  Miuisterial- 
«rlasse  vniden  besondere  Vorsichtsmafsr^ln  voigeschrieben,  mn 
durch  energische  Mittel  dem  Umsichgreifen  der  Senche  vorsnbengen, 

was  auch  von  Erfoli,'  1,'ekront  war. 

Ein  Aveiterer  gleichfalls  neuerdings  signalisierter  Schmarotzer 
des  Maulbeerbaums  ist  Bacillus  Morl'). 
YIIL  Lepidopteren,  Schmarotzer  des  Manlbeerbaomes.    Lenooma  similia, 
Spilosoma  lubricipeda,  Ilypercompa  caja,  Redoa  marginalis. 

IX.  Coleopteren,  schädlich  fQr  Kokons.   Verschiedme  Spedes  Dermeetes, 
nnter  anderen: 

1.  Dermestes  cadaveannus  (Fabricius)  Kr  ist  aus  dem  fernen  Orient 
(Indien  und  China)  mit  den  Kokons  des  A.  mylitta,  B.  teitor, 
B.  mori  n.  a.  nach  Europa  imporlaert  worden  nnd  fnsst  Banpen, 
Puppen  und  Schmetterlinge. 

2.  Dermestes  lardarius  (Linne).  Kommt  iu  Kokons  nnd  Kokon- 
abfällen  vor.  Dann  Megatoma  undata,  JSecrophoros  vespillo,  Atta- 
genus, Anthrenns  nnd  andere. 

X.  SchSdllehe  Insekten  vetsohiedener  Ordnungen: 


>)  Coutagne,  Bull,  du  Laboratwt«  de  IjOD  1991. 
*J  Honitear  des  toiet,  1894. 
^  Fabrieiu«,  Bjtt  eot. 

Panzer,  Faun.  Germ.  1797. 
Ltnnä,  Sjst  natar.  Faun.  Soecic. 
OHvier,  fotom.  1795. 

Rey,  Bull,  du  Labor,  de  Lyon  1886. 

Yatco,  Obfarrsttoui  «or  rioMet«  ^oi  roiuge  lea  coooiw  ate.  IViria  1790. 


Y«nohiednte  icbädlicbe  Intekten.  221 

1.  Alphitolttiia  diaperiotts  (Puiser).   Eben&l]«  ans  dem  Orient  «n* 
gefihrt.  1      1  3 


ng.  MS-m.  VmMtm  «damtaw  et  «aap«,  S  ftpt^  S  lamm. 

2.  Ptanos  ktro  (Fabr.). 

3.  Xylopertlia  pkea  (Olmer).   In  Afrika  und  im  Orient. 

4.  AnoÜnm  paniceam  (Linn«.')  *).    Kommt  nberall  Tor  und  riditet 

grosse  VerhciTUngen  in  Knkonspeichera  an. 

5.  Trogoderma  sp.    In  Kokons  der  iiaapeu  Caligula  japooica  and 
Gononieta  postica. 

6.  Bmohns  ep.   Am  Kap  der  guten  Holfonng,  wo  er  von  Hlmosa 
caffia  frint*)' 

7.  ManttP  sp.    Frisst  in  Ikugal  die  Tusspminpru. 

b.  Ichneumon.    Frisst  von  der  Raupe  riatvsanna  Cecropia. 
9.  Uudeiiiiicrter  äctimarotzer  der  Raape  Cricula  trifeuestrata. 

10.  Fteromaliu.  Frisst  ren  der  Raupe  Satnmia  pjrL  Anmerst  froditbar. 

11.  Udschifliege  der  Raupe  Gonometa  postica;  am  Kap  der  guten 
Hoffnnng.  Dieser  Schmarotzer  wird  seinerseits  von  einem  anderen 
aus  der  (»attung  der  Hynienoptorfn  angegriffen. 

12.  .Motten,  die  zwar  meist  die  Kokons  angreifen,  aber  aucii  in  Seidea- 
g&spinsten  Yerheerungen  anriebten.  In  den  aus  dem  Orient  Icmn- 
menden  Transporten  liest  sieh  ihre  Anwesenheit  schon  beim  öffiiea 
der  Ki.stpn  entdecken.  Unter  dieser  Art  ist  die  Tinea  pellionella 
die  gefiihrlicliste,  dann  die  gewöbnliche  Motte,  Tinoa  orinella. 

13.  Trogosita  mauritanica  (Linne)  kommt  zuweilen  in  Ballen  vor, 
wohin  sie  mit  den  Schmarotzern,  mit  denen  sie  Kunpfe  fulirt, 
gelangt. 

14.  Cremastogaster  scutellaris  ist  eine  Ameisenart,  sehr  gefftbriieh  für 

Ruupenzucli  tereien . 
16.  La.siu.s  emarginatus,  L.  unibratus,  Pbeidole  paUiduIn  niul 

16.  Monomorium  Fharaouis  (Linne)  fressen  die  Kokons  und  Seide  mit 
Vorliebe. 

17.  Nach  einigen  Angaben  soll  der  Znekerworm  (Lepisma  saeebarina  L.) 

in  SeitlcnjTespinstcn  Verheerunsxrn  verursachen!. 
Um  mit  ilen  krunklicitlichen  Fakturen  der  Seidenzncht  nbzuschliessen, 
möge    noch    folgender    Fall    Erwähnung   finden.     Kokons,    welche  der 


')  Panzer,  Faun.  Genn.  pl.  VL 

Stnrin,  Dent.  ¥mm.  1837. 
*)  Bey,  Boll,  du  Labor,  d«  L70D  1887/88. 


Digiii^uu  by  ^OOgle 


222  Beidearaape  und  di«  Alk&loide. 

Feochtigkeii  ausgesetzt  sind,  werden  von  einem  Pilz  befallen,  der  wahr- 
scheinlich ein  drr  Gattung  Ascomycetes ,  der  Familio  der  P'  ri^püriaceen 
angt'hörifjfer  Aspergillus  ist*).  Kr  teilt  sich  ziuTst  der  Puppt-  mit  und  ge- 
langt danu  an  die  Hülle  dus  Eokouü,  dessen  Oberllüche  echwarze  and  gelbe 
Flecke  anfweiat.  Dareh  den  biologiMihen  Procen  des  Pilaes  iritd  die  E^on- 
fa^er  derart  affiliert,  da«  sie  weder  anm  Haspeln  noch  anin  Verapiiuieii 
hrauebbar  wird. 

In  allen  Stadieu  des  Lebens  besitzt  B.  Uiori  grosse  Eiiij)findlichkeit  gegen 
gasförmige  Gifte,  dagegen  um  so  weniger  gegen  feste  and  gelöste  aud  sogar 
•ehr  energisch  toziBehe  Salxe;  fUe  kleinsIeD  Sparen  einea  Alkaloi^  fatteen  d^ 
gigea  ihre  unndttelhare  Einwirktmg  auf  den  Organinniia  der  Seidenranpe 
sofort  erkennen.  Bei  der  ftossersten  Verdünnung  solcher  Lösnngen,  wo 
manchmal  die  Peststellunfj  der  cbemischen  Reaktion  unmöglich  oder  unsicher 
ist,  könnte  mau  sich  daher  der  Seidenraupe  bedienen,  um  aus  verschiedenen 
Wirkungsgraden  der  Injektionsflüssigkeit  den  ungefähren  *6ehalt  an  Gifb 
hestimmen  au  kSnnen,  u.  a.  in  geriehtlich-ehemischen  üntenuchongen.  Als 
Beispiel  der  Elmpfindlichkeit  dieses  lebenden  Mediums  möge  erwähnt  werden, 
dass  Lösungen  von  2  cg  Atropin,  1  cg  Strycbninsulfat,  l  mg  .\konitinsalz 
und  V»  nig  Nikotinsak  in  einem  Liter  Wasser,  eine  noch  äusserst  ener^sche 
physiologische  Wirkung  ausUben.  Da  zur  Untersuchung  indessen  nur  einige 
Tropfen,  etwa  0,2  eem  genügen,  so  lassen  sich  folgende  GKftmengen  mit 
Sicherheit  konstatieren,  die  durch  chemische  Analyse  schwerlich  zu  entdecken 
wären:  0,004  mg  Atropin,  0,002  mg  Strycbninsulfat,  0,002  mg  Akonitin 
und  0,0001  mg,  d.  i.  ein  Zehnmillionstel  g  des  Nikotins.  Merkwflrdifj;«'rwei8e 
hängt  die  Wirkongsiahigkeit  von  der  chemischen  Konstitution  des  Reagens 
ab  nnd  ist  ha  Isomeven  eine«  und  deeaelhen  Körpers  öfters  vendiieden  ')\ 
so  wirken  c.  B.  die  Qrthodiamine  und  Orthodiphenole  bedeutend  hefdger, 
ab  die  ParaTerlnndnt^en,  and  diese  wiedenun  stStker,  als  die  Metatsomere. 


Bevor  wir  zur  geographisch -statistischen  Betrachtung  der  Seidcnkultur 
ttherg^en,  möge  eine  auf  gesdiiebtlidier  Gnindlage  ruhende  Tabelle  die 
Epodien  angeben,  in  weldien  die  legelmlssige  An&adit  der  Seidenranpe 
in  die  Yenebtedenen  Länder  Eingang  gefbnden  hat: 

China  (Shensi)  XXVL  Jahrii.  t.  Chr.  1  Knu ton  I V.  -V.  Jahrh. 


Korea  II.     „  „ 

China  <  Ss'tschnen)  L — III.  Jahrh. 

Indien  (Kasclimir)  IL  „ 

Japan  III. — ^lY.  „ 


Khotan  V.— VI. 

Byzanz  VI. 

Syrien  VIL 

Feisien  (Gbilan)  VIL— VnL 


>)  Roux,  BnlL  dn  Labor,  de  Lyon.  1891. 
*)  Baalin,  Ball,  da  Labor,  de  I^cnn,  IStl.* 


Digitized  by  Google 


Geogaphie  und  Statistik  der  Öeideakaltiir.  Italisn. 


SS3 


Kleinasiea 

Kaukasus 
Macedonien 
j^cilien 
Spanien 

Italir  II  ! < 'sUabri«n) 
Griechenland 
Indien  (PendschAb) 


VIT.-IX.J»hrh. 

vm.— X.  „ 

IX.  ,. 

IX.  „ 

XI.  „ 

XI.  „ 

XIU.  „ 


Kainbodsclt»  XlV.Jalilli. 

Mittelitalien  XXV.  „ 

Frankreich  CXllLJahrh.)  XVI. 
Piemont  XVI. 
DeniBBhlaad  XVI. 
Birmah  XVII. 

Bengftl  XVUL 


11 


11 


it 


BelisMn  wir  uns  nun  mit  dem  Stadium  des  Vorkonimeii»  und  der 
Verbraitnng  der  ManllMerranpe  auf  der  ErdobeifiScihe,  ilirer  Bassen  und 
Abarten,  sowie  mit  der  Statistik  der  Seidenkultur.  Da  im  geschicht- 
lichen Abschnitt  dieses  Werkes  dw  Seidenknltur  nur  oberflächlich  Iwhandelt 
worden  ist,  so  tmi  hier  bei  jedem  Lande  eine  znsammengefasste  Besprechung 
der  Entwiekelung  dieae«  Oewerbee  gegeben. 

Die  Anfinge  der  SeideDsnolit  Italiens  fallen  in  das  IX.  Jtlhth.  sorflck. 
AUem  Anschein  nach  waren  es  klein  asiatische  Bassen,  die  durch  Aralter  zuerst 
nach  Nonl-Afrika,  dmin  nnrl!  Sicilien  verpflanzt  wnrdtii.  Durch  Dan<lolo 
sind  dann  im  J.  12Ui  j,Ticchische  Rassen  hinzugekommen.  In  über- 
itaÜen  werden  die  Maulbeerbäume  im  XIU.  und  XIV.  Jahrh.  nur  wenig  er- 
lAhnt,  da  ne  riemUeli  selten  und  die  Seidenknltur  nur  beeelirinkt  war. 
Der  ecbwar/i  Maulbeerbaum  (il  rooro)  ist  im  VIII.  Jahrh.  beobachtet  wor> 
den;  im  \I.  .Talirh.  wiirrlf  (It'r.selbt'  fillfrenK'in  d'lm  oder  Gelso  grnaimt. 
Dir  Seidenkultur  imi.ss  gegen  Mitte  des  XIII.  .lahrli.  im  (Ttlnete  von  Bo- 
logna schon  ziemlich  ausgebreitet  gewesen  sein,  da  man  1249  in  dieser 
Stadt  den  Handetsvedkehr  in  betreff  der  Eokom  geregelt  hatte.  Pietro 
Crescenzio,  der  berBhmie  italienisclie  Landwirt,  sagt  in  adner  Beschreibung 
der  bolognesischen  Campagna  vom  Maulbeerbaum:  „er  ist  ein  gewöhnlicher 
und  wolilliekannter  Baum  .  .  .  die  Zweinfe  werden  von  den  Weibern  gesam- 
melt, um  die  Würmer  zu  ernähren,  damit  sie  Seide  machen  . .  Im 
J.  1306  erging  an  das  Volk  Ton  Modena  ein  Aufruf,  Qber  die  Einführung 
einer  Eokonstener  au  beratedilagai.  In.  einigen  Beairken  waren  die  Plan- 
tagen zahlreicher,  in  anderen  seltener.  Im  Gebiete  Ton  Modena  bestand  im 
XIV.  Jalrrh.  der  Zwang,  Maulbeerbäume  zu  pflanzen;  {jlridie  Verpfliclituiig 
wurde  den  Landwirten  zu  Florenz  im  .J.  1440  und  in  der  Lombardei  im 
J.  1470  auferlegt.  Gegen  £ndc  des  XIV.  Jahrh.  war  der  Seidenbau  bereits 
ein  verboreitetes  Gewerbe,  dooh  nieht  in  allen  Orten  gIddunSsng.  In  Lneea 
war  er  vor  1336  Tiielit  liekannt,  während  die  Bewohner  des  benachbarten  Val- 
dinirvola  nnd  Pcscia  ilin  zu  dieser  Zoit  scbon  lebliaft  Ix  trii'bcn  hatten.  I^RO 
schrieb  Fa<;aiiino  in  l)oln!,nicsischem  Dialekt  ein  kleines  Buch  über  den  Seiden- 
wurm: „Tesoro  dei  rustici".  Wir  wissen  aus  den  llechnungen  des  Schatz- 
meutenuntea  von  Bologna,  dass  1364  die  Steuer  auf  Bbulbeerblatter  einen 
aiemlidi  hohen  Ertrag  ergab.  Lncca  belegte  die  Kokons  im  J.  1373  mit 
einem  ISngangsioU  und  1399  ausserdem  noch  mit  AuBgangssoll;  sebliesslich 


i 


224  tieographie  uail  »taüätik  der  SeidenktiUur.  Italien. 

verbot  man  14*^5  dii'  Ausfuhr  ilcr  Maulbeerbliitter,  di  r  Kokons  und  Seide; 
1488  vri|)lliLht(  {r  rimn  alle  Züchter,  fU*n  Ertrag  ihrer  Ernte  anzugeben. 
Der  weisse  Maulbeerbaum  ist,  wie  uns  Bongi  berichtet,  im  XV.  Jahrh. 
durch  Bnonvicino  nach  FesiHa  in  der  Pl'oviiiz  Lucca  gebndit  worden. 
Da»  die  Seidttikoltiir  betrofibnde  ProhibitiTBjiteiB  wurde  »nch  in  Florens 
1443  angewandt.  Alle  diese  MafHn  L'dii  '^owie  holie  Abgal)en  hatten  zur 
Folge,  das«!  sich  (Vw  Bauern  der  Einfühnin;,'  (U  r  Kultur  hünß^  widersetzten. 
Man  beklagt  sich  über  dieae  Gleicligiltigkeit  noch  im  XVI.  Jahrh.;  andere, 
wie  Mercuriali  uud  de  Forli,  berichten  in  einem  im  J.  1670  puhlisier- 
ten  Buche,  dan  die  Fortsehritte  infolge  Mangels  an  Maulheerplantag«!  nur 
langsame  seien.  Dagegen  wurde  von  Casola  in  dem  Berlclitc  ül>er  seine 
Reise  nach  .TiTusrvlem  im  XV.  .Jahrli.  <lor  Aulschwunri  <1('^  Si  idenbaaes  zu 
Vicenza  hervor-.r*  l}ol)en.  Es  mag  auch  heiläutig  erwähnt  werden,  da-ss  man 
im  XVI.  Jalirli.  in  Calabrien  SeideuwUnncr  wilder  Rasse  fand  uud  ihre 
Kokons  abhaspelte.  Erst  gegen  Ende  des  XVI.  und  im  XTII.  Jahrh. 
^ng  die  allgemeine  Verbreitung  der  Kultur  vor  sich,  die  Ernteerträgnisse 
wuchsen  fortwährend.  Le  Teil  mm  ,  Vt  i  fasser  eiru  r  kur/in  Ablmndhing 
über  dio  Art  und  Woise.  SHdf'nwürMirr  zu  nähren,  s;i^(  UiU2:  „Die  Italicin  r 
haben  sich,  ia  Erkenntni.s  iles  hieraus  erwachsenden  Nutzons,  dieser  Kultur 
dwart  hingegeben,  das»  sie  sieh  wie  SchwiUnme  mit  Gold  und  Silber  ange- 
fllllt  haben,  und  andere  Länder  durch  die  bei  ihnen  erzeu<rti'  üU-  beglücken!'^ 
Seit  diesem  Zeitpunkt  hat  der  Seidenbau,  der  eine  der  reichsten  Quellen 
des  Niitiniuilwoldstiindr*  werden  sollte,  t'ine  stotiife  Entwickelung  gonominen, 
jedoch  nicht,  oiiiie  von  Zeit  zu  Zeit  auch  wieiler  einen  liückschlag  zu  erleiden. 

Unter  den  europäischen  Landern  ist  Italien  für  die  Seidenzudit  am 
wi<ditigaten.  In  der  Provina  Lombardei^  wo  dieselbe  am  meisten  heteieben 
wird,  konzentriert  sie  sich  um  Mailand,  Pavia,  Cretnona  und  Brescia,  in  der 
Provinz  Venedig  hauptsächlich  um  Vfrona  und  Udine;  speeifll  ist  es  die 
Umgegend  von  letzterem  (italieuiüchcs  Friaulj,  die  sehr  geschützte  Produkte 
liefert;  Kokoumärkte  haben  ihrm  Sita  in  Mantoa,  Udine  und  Feltre.  In 
Hemont  ist  die  Zucht  der  Seidenraupe  ein  allgemeines,  haasliches  Gewerbe,  und 
die  Zahl  der  Markt«'  ist  sehr  zahlreich :  Turin,  Alessandria,  Novara,  Racconigi, 
Cuneo,  Cannagnrda.  Salu/zo  ti.  fi.  Auf  Sicilien  liegen  die  wichtigeren  Centren 
in  der  Umgegend  von  iMessina,  l'aiernio  und  Catania,  namentlich  um  Mes- 
sina, Castroreale  und  Miatretta.  Die  Provinzen  Marken,  Ümbrieu  uud  Cala- 
brien haben  ihre  KokonmSrkte  in  Fossombrone,  Osinto,  ürbino,  Spoleto, 
Reggio,  Neapel,  Cost  iiziv.  Ijenevento  u.  s.  w.  In  Toscana  sind  die  Thäler 
Arno.  Chiana,  Mu^jt^llo  uml  Si'pna  von  Brdfutuii^';  Flnrcuz .  Pisa,  Siena 
und  Lucca  sind  ihre  .Mark»'  Hie  itaiienisciie  .Seidenkultur  erstreckt  sich 
auf  etwa  12000  von  zusamuiLu  17000  Gemeiuden;  haupthüchlich  befa.sst  man 
sieh  mit  den  einheimischen  Rassen,  sowohl  für  Kokonproduktion,  wie  aur 
Aufzucht,  worüber  folgende  Tabellen,  welche  tlie  Mmgen  der  ausbrüteten 
Baupeneier  darstellen,  Aufschluss  geben  (in  Unzen  von  27  g): 


■ 


Digitized  by  Google 


G«cgimphm  und  Staliitik  dw  Bcadcnkoltiir.  Italien. 


22b 


Erute 

umbeimiscbe 

Aasläudisehe  BAssen 

lotal 

Rnsen 

im  Inlandie 

importiert 

reproduziert 

1880 

368483 

637  147 

710960 

1 716590 

1883 

547  533 

229  429 

667317 

1 441279 

1886 

612i)47 

124919 

508  748 

124Ö614 

1B88 

765226 

116519 

457991 

1339736 

1891 

1008782 

24197 

174791 

1207770 

1894 

1021947 

17309 

99274 

1138530 

Dm  flpectell«re  Emteiiung  eigiebt  sich  ans  folgenden  Zahlen  (1893): 

Reine  Rassen,  Frankreich  and  Italien,  gelb  und  weiasi  666019 

GelErenzte  Ranen,  g«lb   472659 

Gekreuzte  Hassen,  Japan  ninl  China,  repiodosieTt  .    .  120930 

Reine  japanische  Rassen  (Kartons)   20976 

Im  gansen   .    .  1 180584 

Vor  der  Kranlcbeilsperiotle  war  Italien  mit  dnrehsoliniitlich  55,  in  guten 
Jahren  65  Millionen  kg  Kokon«  vertreten;  infol^^e  <ler  Kaiamitat,  welche 

ilurch  die  Ranpensenehen  }^e;^en  Anfanjjf  der  clizij^er  Jahre  verursacht 
wurde,  sank  die  jährliche  Produktion  jedoch  auf  die  Hiilftr  und  betrug 
1863  35620000  und  1865  nur  noch  26430000  kg.  Dank  der  grossen 
Sorgfalt  in  der  Rassenvahl  nnd  Einf&hrung  der  Paste nrschen  Cellnlar' 
grainierunf?,  hob  sieh  die  Ernte  auf  47  700000  kg  (1870)  und  1874  sojLfar 
auf  51450000  kg.  Die-<e  forcierte  Produktion  erfolgte  indessen  auf  Kosten 
der  guten  Qualität  und  anrh.  wie  spätere  KrTi<»'n  V)ewiesen  haben,  zura 
Nacliteil  der  llasseustärke,  denn  bereits  1875  sank  die  Menge  auf  46095000 
kg.  Erst  im  letzten  Decenniom  »eigt  die  italienische  Seidenknltur  wieder 
hoieutende  Fortsehritte  in  qualitativer  Hinsicht,  neben  dem  erfolgzeiohen 
Bestreben,  sieh  von  ^^i•r  Einfuhr  anslandisclier  Raupeneier  za  emanzipieren. 
Folgende  Zahlen  mögen  diesen  Umschwung  darl^en: 


Ernte 


1880 
1883 
1886 
1868 

1890 
1892 
1893 
1894 


Gelbe  einhei- 
mische Rassen 

11 117923 
17145139 
21930962 
26138634 


Grüne  repro-      Grüne  ori- 

dosierte»  Ka.ssen    gineile  Rassen 

(kg  Kokons) 


Total 


16386861 
18692449 
15690656 
14181559 


140615  405 
5787711 
3775705 
3579250 


41573189 
41625299 
41397323 

43899  443 
40774410 
34641  491 
47624398 
43124606 


8ilb«rm«Ba,  Di«  SaUto. 


1& 


Digitized  by  Google 


226 


In  speciellerer  Einteilung  (1893): 

Reine  Rassen,  wvisa  oder  gelb    .    .  23  337  183  kg 

Gekrenste  Bassen,  gelb   19348242  „ 

Reproduzierte  Rüssen,  grün     ...  4243671 

Originelle  (ausländische)  Rassen,  grun  695302  „ 


47624398  kg 

Hinsichtlich  der  Rassen  finden,  wie  crwfibnt,  die  Raupeneier  inländischer 
Provenienzen,  rein  oder  miteinander  gekreuzt,  immer  mehr  Eingang,  und 
gewisse  Au^icheu  la8»eu  darauf  scblieüsen,  dass  sie  die  ausläudiscben  mit 
der  Z«t  völlig  Terdrangen  und  die  enro]m8che  Seidenknltm-  namentlich  ron 
Japan  unabhängig  machen  werden.  Wie  aus  oinger  Tabelle  herrorg^dit,  belief 
sich  der  Prozentsatz  der  ersteren  gegenüber  1 3,8  70  Talire  1877  anf 
41,2%  1883.  Va.  fiO«^,;  tS<^ft  mu\  ca.  W/p  1893.  n:inr1„.n  fiiidm  .lir  Uaupeu- 
eier  japanischer  Hussen,  welche  jedoch  im  Lande  sei bs^t  erzt  ugt  werden,  ihrer 
Rassenstärke  halber  entsprechende  Bt!achtung,  obwohl  auch  sie  in  letzterer  Zeit 
yemadilassigi  werden.  Am  meistm  hervonEnheben  ist  jedoch  der  Umstand, 
dass  die  Ausbeate  in  stetigem  Wik  hs»  n  I  i  griffen  ist;  während  1878  etwa 
20  kg  Kokons  pro  Unze  Raupeneier  erzielt  wurden,  stieg  die  Ausbeute  fol- 
geudermafeen : 

1880       1883       1886       1888       1893  1894 
24,22      28,82      33,21      32,77      40,34  37,H8 

Die  einlieiniischen  Rassen  zeitrcn,  wie  aus  raclifolgender  Tabelle  er- 
ei-sichtlich,  eine  rebitiv  geringere  Zuiialune,  nh  die  ausländischen  (mit  Aus- 
uahme  des  Jnlires  1893,  wo  eiue  bis  dahin  unerreichte  Ausbeute  erzielt 
wnrde),  was  auf  die  Notwendigkeit  der  zeitweiligen  Krenzung  mit  anslln- 
dischen  Bassen  anr  Genflge  hinweist. 

Ernte     Iiiläudische  Rassen     Japan,  originell   Japan,  reproduziert 


gelb  und  weiss  gelb  grOn  grün 

rein  gekreuzt 

1880                30,2  22,1  23,0 

1883                 31,4  25,6  28,1 

1888                34,2  30,7  31,0 

1890       33,31  31,92  29,03  29,61 

1893       41,23  40,93  33,16  35,09 


Im  allgemeinen  steht  die  italienische  Seidenkaltor  gegenwärtig  auf 
der  HSlie  der  Zdt  mid  wird  in  durchaus  rationeller  Weise  betrieben;  zwar  sind 

Üire  Produkte,  die  Kokons,  im  grossen  und  ganzen  von  keiner  so  ausge- 
zeichneten Kassenreinlieit  und  Zartlieit,  wie  die  franzüsiscbeu,  doch  sprechen 
alle  Anzeichen  dafür,  dass  italienische  Rassen,  wenn  auch  vorübergehend 
etwas  meliert,  dennoch  robuster  sind  und  einer  weiteren  Yeredelnng  entgegen- 
gehen. Teilweise  ist  dies  durch  die  BodenTerhattntsse  reranlasst;  die  Rassen  von 


Digrtized  by  Google 


OMgrapU«  und  Statialik  dttr  8«id«Dkiiltar.  ItaÜMi. 


227 


Piemont  nnd  Brianza  sind,  weil  auf  gutem,  trocknem  Boden  kultiviert,  den 
MuliQRscheii  «brabürtig.  Daf&r  beaitst  Italien  im  Vergleich  mit  Franko 
nidi  bedeutend  mebr  bakologiache  Versuclisaiistalten  und  Stationen,  wo 

eine  mustergiltige  Aufzucht  und  mikioskopische  Untersuchung  der  Raupeneier 
stattfindet.  In  Turin  Iw^strlit  v'm  sporiellfs  bakologisches  Musonm,  wie  über- 
haupt die  Bevölkerung  Italiens  sich  der  Seideukultur  mit  Sorgfalt  und 
Saeblmintnk  widmet.  IKe  Aufirochtperiode  {Uli  in  eine  Zeit,  wo  der  ita- 
lieniacbe  Bauer  keine  anderen  wichtigen  Feldarbeiten  an  beeoigen  hat.  Ob- 
•  wohl  die  Kokonpreise  in  den  letzten  Jahren  stark  gesunken  sind*  80  ist 
der  Seidcnztichtot  dennoch  so  an  die  Raupenkultur  gewöhnt,  dass  er,  wenn 
auch  mit  geringen  Aussichten  auf  pekaoiüren  Erfolg,  doch  st^ets  etwas  Samen 
anlegen  wird.  Zur  Erntezeit  der  Kokons,  im  Monat  Juni,  werden  in  jedem 
italienisdien  StSdtehen,  das  in  Mner  Gegend  tob  Maulheerplantagen  li^t, 
Kokonmürkte  abgehalten.  Schon  am  frühen  Jlorgen  ist  da  alles  in  leb- 
haftf'tii  Verkehr;  die  zum  Städtchen  führenden  Strahn  sind  von  Karren 
und  l>;iiu't>|euten  überfnllt.  die  ihr  Eruteerträgnis  luif  'len  Markt  brin<»en. 
Dieser  wird  gewöhnlich  um  ü  Uhr  morgen«  erüti"ueL  uml  ist  um  7 — 8  Uhr 
schon  zu  Ende. 

Im  Jahre  1894  gab  es  in  5231  H. meinden  671522  Seidenzuchter. 
Nachstehende  Taljelle  liefert  ein  Bild  von  der  Verteilung  einzelner  Rassen 
in  den  Seidenbau  betreibenden  Proviuzeu  Italiens  zu  dieser  Zeit  (kg  Kokons): 


Reine  gelbe 

Gekrenate 

Japan 

Japan 

nnd  weisse 

gelbe 

nnd  China 

originell 

europ.  Rjjvsen 

Rassen 

reproduziert 

Total 

Piemont    .    ,  . 

4321042 

1 929759 

575547 

338668 

7 165006 

Lombardei     .  . 

5108849 

10103086 

1892862 

100847 

17205644 

Venedig    .    .  . 

3147000 

4586960 

682591 

41338 

8457889 

liignrien  ... 

170323 

38660 

6774 

2394 

218051 

Emilien     .    .  . 

2247007 

705513 

26160 

9165 

29.S7  83.J 

^Tiulveti,  Umbrien 

1 «33056 

379698 

19440 

6  703 

2238 8ü7 

Tuäcaua 

1 366029 

456071 

10969 

2420 

1 835989 

Latium  (Rom)  . 

160622 

15976 

176598 

Afamzae&tApnlien 

97893 

33078 

5945 

325 

137241 

Neapel,  Calabriai 

1841404 

506 376 

107310 

32027 

2487117 

Sicilien     .    .  . 

170756 

23963 

11605 

6367 

212  691 

Sardinien  .    .  . 

1648 

16  4  S 

lux  ganzen 

2Ü  465  629 

18779540 

3339203 

540234 

^3124606 

Allgemein  beziehen  sieh  die  Eintezahlen  auf  inseh  gesammelte  Kokons 

vor  dem  Backen;  um  die  Mengen  der  trockenen  Produkte  zu  ermitteln, 
diviiliert  man  die  entsprechenden  Gewichte  durch  3,33.  r>if  im  Handel  vor- 
kommcndeu  Aufzuchtkokons  werden  üblicherweise  nach  dem  Trockengewicht 
heredmet,  obwohl  sie  dem  Trocknen  nicht  unterworfen  werden;  bei  den 


Digitized  by  Google 


228 


O«ofnptiie  und  Statiilik  dw  Soidaulraltiir.  FntnlENicb. 


fär  Seidengewiimiuig  bestiiiimten  Kokons  wird  deren  Gewicht  nadi  dem 

Backen  und  Trocknen  ab  Handels^o  wlclit  tVst<,'i'Sflzt.  Nach  den  Berichten 
der  Ttirinor  TTaii'Ii  Iskamraer  gestaltete  sich  der  Verkehr  der  Solconmirkte, 
iiu  Trocküiigewidit  aoägedriickt,  folgendermalseu  (1Ö92): 

Gelbe  einheimische  Bassen   9210570  kg 

Griinlich-weisse  „  998110  ^ 

Gekreuzte  gelhliclio     „       1071  820  „ 
„        grünliche     „  168610  „ 

Verkalkte  Kokons  (plätres)  1195510  „ 
Im  Frivatverkehr  281600  „ 

Nicht  registriert  '_    711 310  „ 

Im  ganzen  18637530  kg, 

üuUprecheud  ^5412965  kg  frii>chgeerutetcr  Kokons. 

Der  answirtige  Handel  Italiens  mit  Baapeneiem  und  Kokons  helief 
sidi  nach  Beriehtm  der  Direzione  generale  dell*  Agricoltuia  auf  folgende. 
Mengen  (in  1^: 

Import  Export 
1890         1891  1890  1891 

Raupeueier  8860  11600  2400  3380 
Kokons        1315300    1094400      S367      2  650 

Die  Kokon  preise  schwanken  je  nacli  lernte  und  Rasse  und  betnigen  1893 
3,2  Lire  für  grüne  und  weisse  Japan,  3,7  Lire  für  gekreuzte  weisse  und 
gelbe,  und  4,2  Lire  für  gelbe  einheimisdbe  Bassen. 

Um  die  Ocsehichte  der  französischen  Seidenkultur  kurz  zu  wieder* 
hol^  sd  erwähnt,  daaa,  wie  de  Gasparin  bewiesen  hat,  zuerst  die  Ph>vence 

den  Maulbei.'rbuuni  und  die  Seich'ni-aupe  erhielt.  \n\  XIV.  .Talirh.  wurde 
dieses  Land  vom  Prinzen  Vfni  Atijou  regiert,  der  mit  dmi  vi  rsvandten 
Königshauäe  Neapel  rege  Beziehungen  unterhielt  und  da.s  Gewerbe  der 
Seidffiigewinnung  bef5rderte.  Es  ist  jedodi  wahizdieinlieh,  dass  schon  hn 
XIII.  Jahrh.  Kokons  geemtet  wurden,  so  in  der  Grafschaft  Venasque.  1340 
richtete  Philipp  VI,,  vf  rtiinflich  an  den  S.  i  ,  chall  von  Beaucaire,  eine 
die  Seidenzucht  befrf  iVriiiir  X'crortlrsung.  Der  Köni«;  intervenierte  auch, 
um  gewissen  JSeidenhaspleru  die  Beobachtung  der  früher  erlassenen  Ver- 
ordnungen ins  Gedächtnis  zu  rufen.  Im  Jahre  1345  wurden  für  die 
Königin  Johanna  von  Buxgui^  zu  Montpellier  12  Pfund  ProTeneer 
S<  i'Ii  ^'rkauft.  In  der  zweiten  Hälfte  des  \V'.  Jalirh.  hatte  die  Seidenkultur 
in  >1'  1  JVi)vence,  Lauguedoc,  Dauphine  und  Touraine  schon  einip"!'  Bedcu- 
tuiii:  LTt'Wonnen;  nach  den  anderen  Proviir/fm  verbreitete  sie  sirli  jiilocb 
nur  ausserordentlich  langsam.  De  Camprieu,  Konsul  der  Stadt  Vigan, 
brachte  sie  gegen  1650  in  die  Cevennen.  Unter  Ludwig  XIV.  betrug  die 
gesamte  Kokonernte  Frankreichs  nicht  über  100000  kg.   Erst  im  XVIII» 


Üigitizeü  by  LiOO^lc 


Geographie  qad  StaUitik  d«r  8eid«nkaltnr.  fVaakreieb. 


229 


Jahrb.  befSsstigte  rieh  der  Seidenbau  im  Sfiden  und  nahm,  dnich  die  Ent> 
Wickelung  der  Manafaktiir  begfinstigt,  einen  selineUea  und  betxSchtlidien 

Aufscliwunjjf. 

Frankreich  \nt  für  den  Seidenbau  das  zweitwichti*;<ite  europäisiche 
Laud.  Die  Kultur  ist  fast  im  ganzen  Süden  verbreitet,  doch  haben  eigent- 
lidi  nur  das  Departement  der  Rhöne  und  die  Naehbargegenden  industrielle- 
Bedeutung;  Gard,  Ardeclie,  l)röme  nnd  Vanehiso  sind  die  am  m^steo 
(80%)  er7.eu^'enden  Provinzen,  Die  bedeutendsten  SamnK-lputjkte  («entre« 
serinrnles)  s<n>]  Mais,  Uzes,  Nimes.  \'alence,  (.'liomerae.  Viviers,  CavaiiUui, 
Avignon,  ,lonf:f|uieres,  Kochcuiaure  u.  a.  Im  Dejmrtenient  Herault  wird  in 
der  Umgegend  Ton  Montpellier,  am  Fasse  des  Oerennengebirr^es  die  toi^ 
zügliche  Cevennesrasse  geauehtet.  Solche  Erfolge  in  quantitatirer  Hin- 
sicht, wio  Italien,  hat  Frankreich  freilich  nicht  aufzuweisen;  die  Raapen- 
krankheiten haben  hier  ein*'  Wirknnir  aus-ffeüM,  welche  es  der  Seidenkultur 
auf  Jahrhunderte  hinaus  uumüglich  machte,  die  IlöUe  wieder  zu  gewinnen, 
die  ihre  Produktion  vor  der  Krankheitakrisis  erreicht  hatte. 

G^n  die  fSnfsiger  Jahre  erntete  Frankreich  über  30  Millionen  kg, 
1856  nicht  mehr  als  10  Millionen  und  1^65  nur  6  Millionen  kg  Kokons, 
obwohl  ein  Jahr  später  ansnahnr^wrU.  IG  ir>r;00O  ktr  erzeiiift  wordfn  sind. 
Zur  Zeit  der  Ansstellun«;  ISC»?  wurdi  n  ^<«*iir  Ix-deuteiide  Meiij^en  Kaupeneier 
(1 200000  Unzen)  zum  Ausbrüten  verwendet  mit  der  Absicht,  wenigslcua 
einen  guten  Teil  davon  vor  der  Seuche  au  beschützen;  die  Ausbeute  stellte 
sich  jedoch  auf  nur  *^  kt;  Kokons  pro  ünae,  im  «,'anzen  auf  9 — 10  Mil- 
lionen g<'?^'en  21  Millionen,  die  ans  nur  700000  Unzen  in  den  Jahren 
1840/50  erzielt  worden  waren.  Hin  merklicher  Umschwung  zum  Besseren 
ist  seit  1h71  eingetreten,  1871;T5  schwankte  die  Ernte  zwischen  9 — 11  Mil- 
lionen kg  jährlich.  Nach  genauen  An&tellungen  belief  sich  die  Produktion 
Frankreichs  auf: 


kg  Kokons 


184954  . 

31800000 

1870   .  . 

10186000 

1855/60  . 

UOÜOOOO 

1873/78  . 

7200000 

1861/66  . 

6656000 

187&  .  . 

1077056$ 

186S  .  . 

6500000 

1876   .  . 

2396385 

18G6    .  . 

16436000 

1879    .  . 

4797  700 

1867/72  . 

8184000 

1880  .  . 

6488496 

Wie  in  Italien,  so  ist  auch  hier  das  Stix'bcu  ersichtlich,  ausländische 
Baupeneier  zu  verdifingen,  obwohl  die  Erfolge  weniger  günstig  ausfallen. 
Die  Menge  der  zum  Ausbrüten  verwendeten  lUnpeneier  konnte  dank  der 
Fortschritte  in  der  AttfiEucbi  und  der  Zellengratniemng  bedeutend  vNrmiuderi 
werden  nnd  zwar: 


üigmzed  by  Google 


230 


Q«ograpbM  and  StattoUk  der  Seidraknltur.  Frankreidi. 


Tor  der  Krankheit  944000  Unten 

1869/71  859098  » 

1871  711209  „ 

1875  65901?  „ 

1880  462893  „ 

1885  256951  „ 

1890  ^ri915  „ 

1894  240796  „ 

Di«  ftnalliniliBchen  Rassen  werden  nturafbaltsam  innh  die  inlftadiscbea 

Terdriuiift,  welch  letztere  auch  qualitativ  im  Fortschritt  hegriffen  sind.  Fol- 
gende Zahlen  zeigen  ihr  gegenseitiges  prosentnales  Verhältnis: 

1872  74  1878/80  1883 

Einheinn'sclie  Ras^;*^!!  (xlor  reproduziert  31,6  88,3  94,2 

Japanische  Kartons,  ori<j;ineU               58,2  7,5  1,6 

Andere  ansländische  Rassen                 10,2  4,2  4,2 


In  Unzen  ausgedrückt: 


1885 

1888 

1891 

1894 

1895 

Inländische  Bassen    .   .  . 

232876 

254568 

220200 

230987 

203855 

Japan  n>produziert    .    .  . 

7332 

7011 

5  473 

5r»40 

Japan  orifjiiiell      .    .    .  . 

5718 

2852 

1746 

l  jOS 

Andere  auslündiüchc  Ilai«>en 

11025 

10793 

6401 

2590 

1624 

BezogUdi  der  Ansbeute  lasst  sich  auch  hier  ein  stetiger  Fortschritt 
wahmehnicMi,  und  zwar  belief  sich  dieselbe  in  1^  Kokons  ans  einer  ün»e 

Baupeueier  auf: 


1857  G2  1871/76 

1880 

1884 

1888 

1893 

12,46  12,1 

14 

22,2 

34,7 

38,47 

Hinsieht  auf  die  Rassen  gestaltete  sich  die  Ausbeute  wie  fi 

1887 

1890 

1892 

1894 

Japan  orig.  Kartons . 

38,25 

23,72 

28,46 

29,46 

Japan  reprofhi/iert 

32,19 

25,07 

27,98 

27,00 

Andere  auslüridische 

32,48 

22,27 

29.08 

29,81 

Eiuheixniscbe  Bassen 

33,31 

31,31 

34,14 

44,63 

Im  Durchschnitt 

33,28 

30,72 

33,81 

32,72 

Dil'  oben  anfrcfülii-ten  Departement-  f>rzrnpen  vorwicfjfend  Kokons,  welche 
zur  tiewiimuii;^'  tl-  r  Kobwidp  Verwenduiig  tinden,  während  die  Basseg-Alpes, 
Ost-Pyrenäen,  Korsika  und  vor  allem  V  ar  sich  mit  der  Produktion  besserer 
Qaalitftim  befassen,  die  speciell  für  die  weitere  Aufzacht  bestimmt  sind; 
ihr  Preis  ist  der  drei-  bis  Tierfaehe  der  anderen.  Die  Baupeneier  £rans5- 
sischer  Herlninft  behaupten  unausgeselat  eine  ziemlieh  wichtige  Bolle,  so- 


Digrtized  by  Google 


Geographie  und  Statistik  der  Seidenkultur.  Frankreicb. 


231 


wolil  im  fnlauile,  wie  prösstontoils  (-3)  zur  Deckung  des  ausläuiliscluMi 
Bedarfs  (.Spanien,  Levante,  Italien).  Nachstehende  Zahlen  lassen  die  ünt- 
wickeluDg  dieses  Industriezweiges  ersehen : 


Zar  Aufzucht  ver- 

Er/euf^te Riiupeneier 

wendete  Kokons  kg 

in  Unzen  (25  g) 

1884 

156 9yi 

474635 

IH86 

168344 

429 383 

1888 

307790 

903374 

1890 

304172 

876996 

1892 

262481 

663877 

1894 

2$1 736 

700  Of)') 

im 

307846 

903129 

Folgende  Tabelle  steUt  die  Eokoneraten  Fmnkreid»  in  den  letcten 
«ndertliBlb  Deomnien  dar: 


1879 

4  <y?  7l'0 

1888 

9549  906  kg 

1881 

9276400 

«1 

1891 

6883587  „ 

1883 

7669836 

1» 

1893 

9987  UO  » 

1885 

6!M71G7 

t' 

1896 

9300727  „ 

1887 

8576673 

ti  1 

1 

Nach  Rassen  eingeteilt  (kg): 


Japan  nriLriuell  . 

„  reproduziert  . 
Andere  aaalilndisehe 
Inlindnche     *   .  . 


1887 
111616 
258890 
369974 
7845193 


IH90 
107  70R 
16Ü69Ö 
183003 
7339019 


1892 
73466 
181211 
120396 
7305086 


1894 
5144H 
147  759 
77200 
10308084 


1895 
50300 
219614 
62391 
8968422 


8576673  7799423  7680169  105844»!  9300727 


Die  Bedeutung  eiuiteluer  Departements  ergiebt  sich  aus  folgender 
Tabelle: 


1892 

1894 

kg  Ausbeute 

kg  Au.sbeute 

2263119 

39,1 

2842140 

45.4 

1653366 

32,2 

2249718 

43.6 

Dröme  .... 

1 145597 

30,7 

1796897 

40,2 

.  1082187 

36,2 

1421650 

47,8 

297464 

16,9 

667921 

39,6 

Var  

413946 

49,3 

636335 

50,0 

Boacbe.s-du-Hh6ne  .  . 

231448 

30,6 

334370 

39,8 

Za  Übertragen  7087127 

9738931 

Digitized  by  Google 


232 


Geographie  und  Statistik  der  Seidt-nkultur.  Frankreich. 


1892 


1894 


Ausbeute 

Ausbeute 

Übertrag 

7087  127 

— 

9  738931 

— 

Heranlt  ..... 

191109 

42,7 

251401 

46,7 

97668 

36,9 

105394 

34,6 

Basses- Alj  »'S  ,    ,    ,  , 

113204 

30,4 

159094 

49,4 

Alpes-Maritinieft     ,  . 

19  552 

32,4 

32(;i4 

"^5.3  . 

31768 

34,3 

Ö7  44Ö 

46,0 

10084 

23.2 

24246 

31,6 

Pyi^nSes'OricnUles 

23776 

60,9 

40959 

67,6 

Tarn>etrGarciinie    .  . 

24062 

31,2 

15770 

28,9 

2570 

6961 

46,7 

Huntts  Alpes 

14  955 

Ö0,0 

20847 

61,1 

Aiu  

26982 

32,9 

48314 

51,0 

3996 

27,5 

5109 

29,5 

31073 

48,5 

70416 

51,6 

Übrige  Departementa  . 

2243 

6  990 

Im  ganzen 

7680169 

33,8 

10584491 

43,9 

Die  Zahl  der  Scidenziiclitcr  hat  sich  von  297130  im  Jahre  1868  suc- 
cossiv«>  auf  1G5617,  «U  r  DurohachuittszaM  der  Jahre  1881—85,  und  154733 
im  .Ta1n>   181)4  vermiiulert. 

Zur  Förderung  der  Seideukultur  trat  in»  Jaiire  1892  eiu  Gesotz  in  Kraft, 
lant  welchem  für  jedes  kg  geemteter  Kokons  seitens  des  Staates  eine  PiSmie 
TOD  50  Centimes  gewährt  wird.  Die  Staatsprämie  belief  sieh  im  Jahre 
1892  auf  3S40084  Frcs.,  im  Jahi«  1894  auf  5  292246  Fres. 

D<  r-  Handelsverkehr  Frankreichs  in  Kokons  ergiebt  sich  aas  folgenden 
Zalilett. 


Kokons 


Es  wurrlfii  iitipoi  liert: 

um  Itulifu  .... 
aus  anderen  Läuderu 
dagegen  exportiert: 

I  nach  Italien    .   .  . 

Kokons  {  . 

l  im  ganzen      .    .  . 


1890 

1  'JOO  kg 
68100  „ 


1892 
130ÜO  kg 
169500  „ 


1894 

600000  kg 
1788380  „ 


165100  „ 
166100  „ 


754480  „ 
938000 


.  .  135600  „ 
.   .  159600  „ 

Der  raselie  Aufsidiwung  seit  1892,  namentlich  der  Einfuhr,  beruht  auf 
d«  i  s{a:itli<  Iii  n  Priuniierung  der  Kokonverarbeitnng  (Hasplerei),  wovanf  wir 
noch  zuriiikkommon  werden.  ' 

Die  Ausfuhr  der  Raupeueier  bewertete  sich  (1894)  auf  1623000  Pres, 
nach  der  Türkei  nnd  3468000  Frcs.  nach  Italien.  Die  Preise  der  Ranpen- 
eier  schwanlctoi  folgendermarieD  (pro  Uoie): 


1883 

1886 
1888 


13,4  Fn». 

12,47  „ 
11,26  „ 


1890 

1892 
1893 


10,8  Fn». 

9,97  „ 
10,37 


(ieograpkie  und  Statistik  der  SeidenkuUur.   Spanien.  233 


Die  Eokonpreise  bewegten  sich  in  den  Gienzen: 
1SS3        3,88  Pn». 
1«H6        3,69  „ 
1888        3,44  „ 
1890       4,10  „ 


1892  3,25  Fn». 

1893  4,36  „ 
1895        2,82  „ 


der  für  die  Aufzaclit  bcsiimmtcn  dagegen: 

1891  4,1T  Fn».       1       1893       5,09  Ywva. 

1892  3,95    „  I        1895  3,53 

Spanien  ist  das  erste  Lufui  Kuropas,  welclics  lUu  Maulbterbauiii  kuUi- 
TiM,  die  Seidenraupe  <^^ziiehtet  und  die  Seide  gehaspelt  hat.  Dnich  die 
yetninitischen  Araber  eiiijnrofiihrt,  blühte  die  Seid^kultur  bereits  im  X.  .lalirh., 
ViesoMfl.  r,  unter  deiu  Kalifen  Abder-Rhania n  III.  der  Dynastie  Omaijaden, 
ferner  im  XII.  .lahrh.  unter  rl-  n  \lmohadt n  im  l  den  maurischen  Königen 
von  Granada.  Edriai  spricht  von  Djiaii  (^Jaen):  „es  hängen  3000  Dorf- 
Hchaften  daron  ab,  in  denen  man  Seidenwunner  aufzieht**.  Abu  Abdallah 
Mohammed  L  förderte  den  Seidenbau  und  unter  seiner  Regierung  (XHI. 
Jahrlj.)  wurden  Seiden  von  Granada  höhtr  gesehatzt,  als  diejenigen  von 
•Syrien.  Die  Sr idf  nkuUnr  war  innig  mit  dem  spanischen  VoIksh'Vien  ver- 
vvacbütiu,  und  so  konnte  .sie  auch  den  mannigfacheji  Ursachen  des  staat- 
lichen Ruines:  der  Vertreibung  der  Juden  mid  der  Mauiou,  den  Härten  der 
Inquiaitionneeit,  der  Maesenauswandernng  nach  Amerika  und  dem  unerhlM«n 
Steuezdrucke  erfoIgreichcMi  \Vider.stand  entgegenaetxen,  ja  eogRr  wahrend  der 
ganzen  Zeit  noch  stetiir^n  <iV'\vinu  abwrrrrii. 

Die  Kokonernten  .Sj  uni«  ns  boliefen  nrli  voi-  der  Krankheitsjieriotlf  auf 
etwa  10 — 12  Millionen  kg  jiilu  Hch,  die  fatale  Krisis  brachte  aber  auch  den 
»panischen  Seidenbau  «um  Wanken;  die  schönen  und  gcschätsten  Rassen  von 
Cordora,  Esiramadura,  Aragon  und  Katalonien  sind  gänzlich  versehwunden. 
Italienische,  später  levantini.sche,  schliesslich  japani.sche  Ranpeneier  vcnnoch- 
ten  we<ler  die  Ra.«aen  zu  .stärken,  noch  za  hinein  lu  nnenswerten  Aufschwung 
beizutragen,  obwohl  die  gegenwärtig  eingefülirten  tran^ösisehen  sehr  günstige 
Resultate  ergeben.  In  der  am  meisten  in  Betracht  kommewto  Fkovinc  Va- 
lencia haben  die  Züchtereien  ihren  Sit«  in  Aleira,  wo  auch  mehrere  Haspel- 
anstalten thatig  .sinil  •  -wiegend  wenlrii  dint  gelbe  Rassen  gezüchtet. 
Die  Kokonproduktion  bcliel  .sich  auf  4.')OUüOU  kg  i.  .).  1861  und  810000  kg 
im  J.  1881.  Seit  einem  Jahrzehnt  wendet  die  Regieinuig  dem  Seidenbau 
besondere  Fürsorge  zu,  1883  stieg  die  Ernte  auf  1200000  kg  und  belief 
aich  auf: 

1885  673000  kg 

1887  905000  „ 

1889  745000  „ 

1891  1026000  „ 

1893  903000 

1894  1100000 


Digitized  by  Google 


234  Geographie  und  Statistik  der  Seidenkultur.  Portugal. 

Die  einzelnen  Provinzen,  lieferten: 

Yalenel«,  Angon  .   .  B75000  kg 

MoTcim  Orihuek    .   .  450000 

Sien-a-Segura    ...  1*^000  „ 

Alnieria,  Granada   .    .  40000  „ 

Estraniadura  ....  20000  „ 

Die  s-pnnische  üruni  riing  ist  eifrig  bcmiilit,  der  Scidpiiknltur  durch 
Präuiicnverteilung  und  Anlegen  bakologiüchtT  StatioiKU  ihre  l'rüiicro  Be- 
deninng  wiedereugeben,  vor  allem  aber  ihrem  Verfall  entgegenzuwirken;  der^ 
selbe  ist  auf  dio  in  steliigeni  Sinken  begriffenen  Prein  der  Kokons  zurückzu- 
führen, was  die  BevCdkerung  veranlasst,  sich  anderen,  lukrativeren  Kulturen 
zuzuwenden.  I'if  Kokonansfulir  Spaniens  gewinnt  allmählich  einige  Be- 
deutung, namentlich  nach  Frankreich,  und  b<?|ief  sich: 

IhyO  1894 
Gewicht  iu  kg  58  299  816186 

Wert  in  Pes.  62583  630996 

Nach  Portugal  ist  die  Stiideukuitur  durch  die  Araber  eingeführt 
worden,  doch  erfrMte  sie  neb  m  keiner  Zeit  der  Qnntt  des  Volkes. 
Die  Ursache  davon  mag  in  den  übemAssigen  Anforderungen,  die  von  jehw 
an  die  Bauern  gestellt  wiuilen,  b<>grün<let  sein.   So  untersagte  1233  der 

Erzbisrhof  von  Brnff«  den  Laiidlcuti  n  vrm  Krvotlrilo,  ^fanlhcorWätter  ausser- 
halb der  (iren/ea  des  Lehensj^utes  zu  verkaufen;  er  bestimmte  selbst  die 
Pi-eise  und  befahl  den  Züchtern,  eiueu  Teil  ihrer  Steuern  nach  einem  von 
ihm  festgesetzten  Tarif  in  Kokons  zu  entrichten.  Gegen  Ende  des  XV.  Jahrh. 
erlangte  der  Seidenbau  einige  Bedeutung,  um  dann  l)is  zur  Mitte  des 
XVIII.  .liilulj.  gänzlich  ^rach  zu  lir^t  n.  S','it  dfr  Glitte  ih'>  XIX.  Jalirh. 
hilf  iiiiui  iir  den  Provinzen  Trazos- Monte»  und  li(  ira  in  rationeller  Weise 
Oruiiiierungsanstalten  augelegt.  Portugal  soll  nach  Duseigueur  1^59 
150000  kg  Kokons,  1870  480000  kg  geemtet  haben;  in  der  Periode  1871 
bis  1681  schätzte  man  die  Produktion  auf  durch.schnittlich  45000  kg  trockner 
Kokons  jährlich,  heutzutage  dürfte  die  Emte  noch  unbedeutender  sein.  Die 
diri  Seidenbau  betrcihpuden  Ortschaften  sind  Braganza,  Villareal,  Vizeu, 
Guarda  uud  Lissabon,  wo  gute  gelbe  Rassen  gezüclitet  wenlen.  Früher 
wurde  mit  den  Kokons  ein  ziemlich  umfangreicher  Exportliandel  getrietjeu,  1866 
betrug  die  Ausfuhr  71520  kg  trockner  Kokons,  1872/74  28070,  1878/80 
15360  und  1H81  nur  noch  7170  kg.  Trotzdem  scheint  die  Seidenkultur  in 
Portugal  ^utcii  iJoden  und  sonstige  gflnstige  Voranssetznngen  zu  bt'sit/.on  und 
nur  zeitweise  unter  den  obwaltenden  socialen  uud  ökonomisclieu  Verhältnissen 
«u  leiden* 

Die  Seidenkultur  Englands  ist  durch  einen  im  Jahre  1608  dataerten 
Brief  Jakobs  I.  an  den  Lord -Lieutenant,  in  welchem  er  die  Seidenzncht 
ausserordentlich  eingehend  behandelt,  jeder  Gra&cbaft  verbürgt.  £s  müssen 


Digitized  by  Google 


Ofloignphie  und  8t«tutik  der  Sddenkiittar.  Eagtond.  örterMieh-tFngarD.  236 

aber  Mhon  firvher  Yennche  TOK^gwioiniiisn  worden  mn,  denn  das  Buch  von 
Oeffe*),  das  bereit«  1607  erBcbienen  ist,  spricht  von  dem  Segen  der  Seiden- 
zucht für  Envrlaiid.  Der  Konicr  Icitotr-  die  Zuchten  auf  seinen  Besitzunjjen 
persönlich  und  versandte  1620  die  Kaupeneier  seiner  Aufzucht  nach  Ame- 
rika. In  den  Gärten  von  Oatlands  wurden  Maulbeerbäume  gui>tlanst  and 
seit  1606  Seidenraupen  gesüchtet.  Karl  L  lieas  1629  in  einem  gromen 
Garten  zn  Saint-James,  der  ganz  mit  Maulbeerbäumen  1)epi!anzt  war,  Zuch- 
ten vomehnipn.  Alle  diese  Vprsnclir  siml  von  vor/iii^licln'iu  Erfoltr  begleitet 
gewesen.  In  letzten  Zeilt-n  sind  sie  in  LiIhiuI  in  der  Urafschaft  Cork,  in 
England  in  Cornwallis,  Devon,  liauip  und  Kent  wiederholt  worden.  Im 
J.  1858  bat  man  bei  Haidstone  (Kent)  in  den  GeatrSnohen  Kokons  des 
Maulbeerwurmes  entdeckt,  die  in  freier  Luft  auf  den  Brombeerstauden  ge* 
lebt  haben,  ein  Beweis,  dass  das  Klima  die  Kultur  begünstigt.  I^ie  eigen- 
artigen socialen  Vi»rViä1tni<<?p  En'_f1finds  hiptrn  jrdnrh  der  Seidenkultur  keinen 
Anhalt.  Nur  vereinzelt  widmen  sich  die  Landleute  den»  Seidenbau  für  ihren 
eigenen  Bedarf  und  uit  die  Prodnktion  kaum  nennenswert. 

Obwohl  die  dsterreiehiseh-ungarisehen  Linder  von  sokhen  Gegenden 
begrenzt  sind«  in  denen  die  Seidenknltnr  seit  mehr  als  sechs  Jahrhunderten 
betrieben  wird,  so  gewann  in  dem  «-»«»fntHchen  Österreich,  den  cisleithani- 
schen  Provinzen,  erst  in  den  letzten  zwei  .Jahrhunderten  eine  iudustriello 
Bedeutung.  Kaiser  Ferdinand  III.  ermunterte  den  Seidenbau  in  seinen 
Staaten  und  Graf  von  Zinzendorf,  sein  Minister,  Teröffentliehte  1663  Be- 
lehrungen  für  die  Seidenzüchter.  LeoptiM  L  ahmte  diesem  Bei.spiele  nach. 
Ein  Jahrhundert  .siiilter  wiilinete  Muria  Thert  siiv  der  Seideiikultnr  Itffon- 
dere  Aufmerlorimkeit  und  gewiihiie  den  Züchtern  .Staat.shilfe,  und  nicht 
minder  der  ihr  folgende  Jose p Ii  iL  Die  politischen  Ereignisse  machten 
jedoch  alle  diese  Bestrebungen  zu  niehte  und  erst  seit  185(^  wird  em  neues 
Aufblühen  bemerkbar.  Nach  Ungarn  ist  die  Seidensncht  in  der  ersten 
Hiilfte  rlr  s  vorigen  Jahrhundert.s  durch  einen  Fran/.nfon,  de  Mercy,  ein- 
geführt Word™  und  ergab  1783  ööOOO  kg,  1785  100000  und  Iö2ö  bereits 
800000  kg  Kokons. 

Htnsicbtliefa  der  Seidensuebt  lähmte  mau  Osterreieh-Ungam  in  zwei 
Teile  abgrenzen:  Italieniseb-Tirol,  das  Österreich.  Küstenland  (GSrz,  Gradisea» 
Istrien),  Ungarn  >f)\\  ie  Iiahnati»  n  einerseits,  wo  sieh  die  Seidenkultur  zu  einer 
gewissen  industrielltii  He<ieutung  aufgeschwnn^on  hat,  und  andererseits 
die  übrigen  Provinzen,  wo  sie  nur  ein  hauslich' <  <iewei-be  bildet.  In 
Ungarn  worden  1825  über  800000  kg  Eokou»  erzeugt,  im  J.  1845  belief 
sieh  die  Ernte  noch  auf  eine  halbe  Million,  sank  jedoch  infolge  der  Krank- 
heiten und  Bürgerkriege  auf  4 — 6000  kg  in  den  Jahren  1867/72.  Dank  den 
eifrigen  Beniühungf-n  dor  Rpcri^niTif»  erholte  s-w  «^Iclt  jedoili  wieder  und  er- 
gab im  Jahre  1876  schon  ca.  löOOÜ  kg.  Die  Scidenzucht  bildet  iu  Ungarn 


Tb»  ptrfBotns  lilk  Wormw.  London  1607. 


Üigitizeü  by  LiOOglc 


236 


Oeofraphw  and  Statutik  der  Seidenkoltor.  Öatemicix-UogArB. 


fjewissermafscn  ein  8taatsinonopol,  indem  die  Rtuipoi*eii>r  fast  ansschliessHoh 
durch  Vermitteluiig  der  RfgicruD^^  aus'_;-i  t-  i|t  werden  und  die  Kokonenite 
an  di<'  ].tztrn  abgeliefert  wird.  18X1  wurden  10132  kg'),  1883  schon 
72  243  kg  gt'siiiiumell.  Im  letzten  Deceunium  belief  sich  die  Produktion 
ünguns  auf  folgende  Mengen : 

Raupeueier  iu  Uuzeu  (26  g)     Kokons  kg  Ausbeute 


18B6  8623  176337  20.7 

1887  14  029  451511  30,2 

1889  29H69  815  659  27,3 

1891  39910  1  10.S44fi  27,8 

1893  412G2  873440  21,2 

1894  60973  1,127617  22,1 


Trots  des  Rückgungs  iu  einzelnen  der  letzten  Jahre,  ist  die  Seidenzueht 
in  Ungarn  nnd  Krofttien  im  grossen  und  ganzen  im  Fortschritt  hegtUSea.  Die 

l\i*k'Mi>  werden  zuiji  grossen  Teil  von  der  Kcgiemng  angekauft  und  in  den 
ila-spelanstaiten  zu  Neusatz  frjvitlpk)  uii'l  T'attfvovn  vcrai  lri  if  (  t ;  ilif  Siaiiolo- 
gisclie  Station  zu  Szekszanl  beiasst  sicli  mit  der  Kaupeni  ierproduktion  und 
ihrer  mikroskopischen  Untersuchung.  Die  meiste  Bedeutung  haben  die  Ko- 
mitate  von  Bacs-Bodrogh  und  Tolna. 

In  Baiersdorf  (bei  Eggenberg,  8t}  l  iin  )  existiert  eine  bakologische  Ver» 
Suchsstation,  welche  viel  zur  Hebung  der  inländischen  Seidenkultur  —  dereu 
Hauptsitze  sich  in  der  Umgegend  von  (iraz,  K^LffTibcriif ,  KriUiicbsfrld. 
Marburg  und  Luttenberg  betiuduu  —  beiträgt.  In  Kürniiieu  beireibt  man  die 
Zudit  bei  Elagenfnrt,  Wolftbeig  und  Feldkirchen.  In  der  Bukowina,  Böh* 
men,  Mahren  und  Galizien  war  man  bestrebt,  die  Seidenzucht  einzufähien; 
leider  ohne  Erfolg:  nach  Harpke*)  betrug  die  Ernte  in  diesen  Länd<^rn  zu- 
sammen nur  etw;i  75000  kg  im  Jahre  1873.  DaLfrupn  ist  die  Produktion  Ti- 
rol» uud  der  augrenzendeu  (iegeuden  eine  bedeutende.  Im  südlichen  Tirol 
aidit  die  Seidenknltnr  in  hoher  Blüte;  besonders  im  Thal  von  Adigo  sowie 
in  Trentino  wird  dieselbe  mit  grossem  Eifer  betrieben.  Vor  vier  Deemr 
nien  sollen  iilier  3  Millionen  kg  Kokons  gesammelt  worden  sein,  im  Laufe 
der  Zeit  ist  dir  Ernte  auf  900000  tcefallp»  fl<^73).  Hauptsächlich  wird 
die  einheimische  gelbe  Rasse  und  die  grüne  japanische  eigener  Reproduk- 
tiou  gezüchtet;  der  griiiiäte  Teil  der  Ernte  wird  nach  Italien  versandt.  In 
Göns  und  Istaien  sind  die  wiehtigsten  Centren  Capo  d 'Istria,  Gl8n,  Pisino, 
Parenco,  von  wo  aus  ein  lebhafter  Handel  mit  dem  italienischen  Frianl  l>e- 
trieben  wird.  Das  nstt'rreiehische  Kü<;to?il:in(l  ucisi  in  l?t'/.ug  auf  Klima  und 
Boden  einen  ^Mo^^^  n  Unterschied  im  Vergleich  mit  Timl  auf.  Während  das 
letztere  in  den  Jvrunkheitsjahren  uur  wenig  gelitten  hat,  hat  hier  die  Epidemie 


■)  Bezercdj,  L'iacreai«iito  della  bachicoltura  nell'  Uiigberia  negli  anni  1880/82. 
*)  Beitrage  lat  Ckschichte  der  Qeirerb«  und  Erfind.  Oitsrr.-Ung.  Ton  der  Httte  d«a 
XVIL  Jahrb.  bii  mr  Qsgeawart  187S. 


Digitized  by  Google 


Q«ogrB|^e  und  Statiatik  der  Seidenkultur.  Österreicli«UDgarD. 


237 


grosse  Verlieeruiigen  angerichtet  ;  seine  gelben  Rassen  ergaben  übrigens  stete 
eine  haarige  Srid  .  Di.  l'nt\viL]<pliiiif:j  der  Seidenkultor  in  den  obigen  Pro- 
vinzen ergiebt  »ich  aus  folgcudeu  Zahlen: 


Produktion  der  Kokons  in  kg 

Tirol 

Kübtenknd 

Totol 

Vor  der  Bj^nkheitsperiode 

3600000 

700000 

4200000 

1860 

2400000 

700000 

3100000 

1873 

•2600000 

700000 

3300000 

1879/81 

1210000 

440000 

1 650000 

1881 

1 400000 

620000 

20200U0 

1883 

1600000 

1600000 

1884 

1300000 

1300000 

Die  Produktion  des  südlichen  Tirols  belief  sioh  auf: 
tirüne  Bassen     Uelbe  Baasen 


1888 
1890^ 
1893' 
1894 


1000000 
1260000 
1130000 


700000 
400000 
400000 


Total 
2150000 
1700000 
1660000 
1530000 


L)er  weitere  Fortechritt  des  iSt  ideiibaue»  wiixl  hier  haupt^üchlieh  durch 
das  niedrige  Niveau  der  Kokonfireise  g^emmt. 

In  Daloiatien  tind  Isirieu  ist  die  Seidenkultur  infolge  der  Bestrebungen 
der  dort  angelegten  Versachsstatiou  in  blähendem  Zostandei  die  Produktion 
betrug*): 

42000  kg  Kokoiis  gelber  Basse 
93000 


1870173 
1878/81 
1881 
1883 
1889 
1891 
1894 


114000 
120000 

88300 
116640 

92000 


M 
1» 


n 


n 


♦1 


( Istrien) 


1* 


20000  kg  (Oalumtieu) 
30000  „  „ 
8000 


1« 


In  Friaul  ((lörz,  Gradisca),  wo  nn^^schliesslich  gelbe  französische  Bassen 
kolÜviert  werden,  belief  sich  die  Kokonemte  auf; 


1888 
1890 
1893 
1894 


960000  kg 
422300  „ 
375000  „ 
474000  „ 


Die  Uesaiiitproduktiou  von  Usterreich-Ungarn  schwankte  in  deu  letzten 
drn  Decenmen  folgendermaßen: 


^)  Bolle,  LlDcmmento  delU  baobiooKiira  n«U'  Istria,  t88S. 


Digitized  by  Google 


238  Ueographie  uud  Statietik  dar  Seideakultur.  Deutsehland. 

1866  68  1 732  880  kg  Kokons 

1872/74  1841  «30  „ 
1876  994120 

1878  1576680 

1881  2124000 

1886  2840000 

ma  3873000 


»1  u 

n  II 

M  1« 

n  W 


1» 


grün 

golb 

Total 

1889 

1 20 1000 

207.')nOO 

33r»,6000  kg 

1891 

950000 

244'JOUU 

3399000  „ 

1893 

1 2Ü0O0O 

1723000 

2973000  „ 

1894 

1 130000 

2102000 

3232000  „ 

Die  Einteilung  nach  P; 

[■oviii/rii  war 

folgonde  (1893): 

Süd-Tirol    .    .  . 

1250000 

40iM)0O 

1650000  kg 

Friaal  .... 

37ÖOUO 

375000  „ 

Istrient  Dalmfttien       —  75000         71(000  „ 

Ungarn,  Knwitii>n         —  873000  873000 

Im  ganxen  1250000    1  723000      2973000  kg 

Nack  OaleniuB  bmchtet  GoruAlia,  dikss  d.«r  ente  Mattlkeerbaom  in 
Mttel-EaiopR  dnrcb  den  Pfialsgrafen  Hermftnn  im  Guten  der  AVtei 

Brauweiler,  gelegentlich  der  Vermählung  dessellMm  mit  Mathilde,  Schwester 
des  Kaisers  Otto  III.,  im  .lahr»»  988  gepflanzt  wiirdcn  ist.  Kinm'fiihrt 
wurde  die  Seideukultur  al)er  erst  im  XV. — XVI.  Jahrh.  Weiter  oten  haben 
wir  die  Schickaale  der  deutschen  Seidenkttltor  aosführlicher  behandelt  und 
dabei  gesehen,  dass  wahrend  der  Freibeiiiikriege  «i  Anfang  unaeres  Jabi^ 
liiMMlerts  das  Werk  Friedrichs  des  Grossen  gänzlich  vernichtet  wurde.  Die 
1><  ;4i(  nHiLf  hal)  ilic  (Jcsft/p,  welche  es  ]jegiiii>i iLrhMi,  unf,  iiinl  dii'  l'uneni  rissen 
die  iMuulbeerbiiunie  aus.  Aber  seit  1820  werden  durch  einen  Zeitraum  von 
mehr  als  vierzig  .Jahren  die  lebhaftesten  Anstrengungen  gemacht,  die  zum 
Teil  auch  toh  Erfolg  hegleitet  waren.  Die  Ernte  von  80-^90000  kg  Kokons, 
in  den  Jahren  1774  —1784')  gesammelt,  ist  jedoch  seitdem  nicht  wieder  er- 
reicht wurden.  Man  /.iilili»  in  Pnnissen  i.  .T.  1^10  nahe  an  500  Seiden- 
züchtereit'u ;  1844  in  ih  r  i'.rrliüt-r  Ausstellung  liiitton  24  deutsche  Seiden- 
züchter  »ehr  gute  Qualitäten  Kokons  und  Roh.seide  ausgestellt,  im  Jalire 
1856  helief  sich  die  Prodaktlon  in: 

Brandenburg  auf  21900  Metxen  Kokons 

Posen  „     1682     „  „ 

Sachsen  „     1 483       „  « 

bcblesien  „     1471      „  „ 


*)  Majet,  Du  mannfaeture»  de  aoie  et  da  nfirier,  1810. 


Digitized  by  Google 


Geograpbie  und  Statistik  iler  Seidcukultur.  Deutscblaad. 


Klu-inland     auf    1 158  Metxea  Kokons 

Westfalen        ,,         yy  „ 
Preussen  60 


11  11  11 


3H61  wunlrn  1*4 000  Knknns  <;esaiiiineU,  von  flenon  fiOOO  für  dir  wei- 
tere Aufzucht  verwemlet  wurtleii.  Die  gegenwärtige,  banptsücblicli  mit 
i<ialieni»c1ier  Basse  betriebfene  Zachi,  bedtzt  keine  industrielle  Bedeutung;  aie 
biblet  ein  häusliches  Gewerbe  in  Brandenburg,  Posen,  Sohlflsien,  Schlesirig» 
Holstein  u.  a.  In  der  Mark  Brandenburg  sollen  gegenwSrtig  im  Südwesten 
von  Berlin,  auf  Amt  Barnim  boi  Piitsdnin,  foriipr  iji  Bleskow  und  Fürsten- 
berg Öeidenzücbtercien  in  grosserem  Malsstabe  betrieben  werden.  In  der 
Phivins  Posen  sind  Meserits,  in  Pommern  Stettin,  in  Schlesien  QUtz,  Neine 
und  Gfirlits,  in  Pr.  Saehsffia  Witterda  and  Mersebnig«  v"-  Westfaloi  ünna, 
schliesslich  in  der  Rbeinprovina  Aachen  nnd  Düren  die  wicbtigjsteu  Ortschaften 
der  Siidi'ukult ar.  Auf  StawwHder  bei  Neujitadt  wird  Rohseide  in  guter, 
für  8aiiinietfabrikation  geeignt-ler  (iuulität  erzeugt.  Reichenbacher  Züch- 
tereieu  liefern  eine  der  Mailänder  ebenbürtige  Seide In  Mecklenburg 
sorgt  der  Landesbanverein  fSr  Hebung  nnd  Verbrdtnng  des  Seidenbaues, 
der  in  Rostock  (im  siiultiscben  Armenhaus)  und  in  vielen  anderen  Städt- 
chfn  (Irr  rniLji'L^end  betriebi'ii  wird;  ninn  '/ncbtit  ^^(dsse,  ^^cIIh'  und  cfrnn- 
litdic  liassen.  Um  die  MaulbeerfülU  runLr  zu  uni^^i  ,  sind  in  Deutsch- 
land vieU'ach  Versudie  gemacht  worden,  dieselbe  ilureh  andei-e  Pflanzen 
zu  enetaen.  In  Bayern  hat  man  dureh  schrittweises  Vorgehen  erreidit, 
die  Maulbeerrau|ie  aasschHessIich  mit  Löwenzahn  und  Schwarzwurzel  fSttern 
zu  können,  ohne  die  Eigenschaften  der  Produkt«'  zu  verschlechtern.  Nach 
den  Aniraben  des  Königl.  Stat.  I^nreaus  zu  JBerlin  betrug  die  Produktion 
der  Kokouü  im  preussischen  Staate  (1873): 

Preussen  (Danzig,  Orandenz,  Fir.kenstein)    lOö  Pfund 
*  Brandenburg  (üekermark,  Templin,  Tel- 

tow, ^iederbamim,  Anger  münde, 
Bleskow,  Jüterbog,  Beizig,  Bran- 
denburg, Bnppin,  Osthavelland)   .3106  „ 

Schlesien   2055  „ 

Sachsen  1203  „ 

Ponunem  613  „ 

Bbeinprorinz   277  „ 

P.-s.n  148  „ 

Diverse   •    •  "'4 

Total  4581  Pfund, 

gegen  6307  im  Jahre  1871.  Gegenwärtig  dürfte  die  Kokonj^roduktion 
Preussois  8000  kg  nicht  übersteigen.   Die         far  Brandenburg  und  1851 


1}  Landw.  Wochenblatt  fQr  Schleawig'Hokteia,  1888. 


Digitized  by  Google 


240 


Geographie  und  »»tatistik  der  SeidenkuUur.   Schweis.  Belj^ien. 


für  b<'i(le  Meckl«'nbur^  ^ef^riiiuleU'ii  Soidciilxinverpine  trujjcn  nicht  \vi ni^ 
zur  Verbreitung;  der  Seidenknltur  bei.  Im  Köni«;reich  .Sachsen  wurden 
i.  J.  18G4  Versuclic  angestellt,  die  Seidenzucht  in  grösserem  MafsstaW 
etiutufAhren,  doch  musste  man  nach  einigen  Jahren  die  Hoffnung,  ans 
Sachsen  ein  Beidfmeneugendes  Liand  zu  maclten,  aufgeben  >).  1873  wurden 
einige  hundert  Pfund  gesammelt,  in  der  Umgegend  von  Zwickau,  Gi-oe,s- 
nanndorf  (bei  Pulsnitz^  [.einzig.  I>resden,  Weissonburg  a.  n.  In  Bayern 
dürfte  die  gegenwiirf Produktion  nicht  mehr  als  5000  kg  i)etrageu. 
Auch  in  Württcmb«  i  g  wurde  (gegeu  1848)  die  Seidenaudit  veo^uchsweise 
nnd  mit  gutem  Erfolge  betrieben,  doch  iat  dieselbe  (1860)  infolge  der 
Krankheiten  in  Verfall  geraten.  Endlich  betreibt  man  auch  in  Hessen,  Braun» 
gfbwrtg,  Mecklenburg  und  Schleswig  die  Sei<lf  ;i/.ui  ht,  allerding«?  in  <jnm. 
nnbedeutendein  MaCsstabe;  iibf^r  ihre  Produktionsliölie  lüsst  sich  jedoch 
etwa-s  bestimmtes  nicht  .saj^en. 

Die  Seidenzncht  der  Schweiz  konzentriert  sich  in  den  beiden  an  der 
italienisclu  n  (»renze  liegenden  Kantonen  Tes.sin  (Ticino)  und  ( i  i  iiultilnilrn  (Gri- 
ziiiiii).  In  dem  letzteren  war  die  Raupenoierproduktion  zur  Zeit  der  Kaupen- 
kranklieiten,  von  d<'ni''i  -He  Schweiz  verschont  geldiclx'M  i«t.  ziemlich  be- 
trächtlich; ihre  l^rodukte  wurdm  nacl»  der  LomUai'dei  exportiert.  .Muyeu&feld, 
Zizers,  Haldenstein,  Felsberg  waren  die  wichtigsten  Centren,  Orte,  denen 
heute  nm*  noch  wenig  von  ihrer  früheren  Bedeutung  TCrUieben  ist.  Im 
sudlichen  Tt  ile  des  Kantooa«  im  Thale  von  Mirax,  scheint  die  Seidenknltur 
re<,n'r  'i'  it  icli.  n  zu  werden;  so  in  Roverf-do,  Leggio,  St.  Virhorn,  Verdabbio, 
der(?n  Produktion  etwa  80000  kg  Kokons  betragen  dürfte.  Im  Kauton 
Tessin  gewinnt  die  Seidenzucht  indu-strielle  Bedeutung;  die  Aufzucht  er- 
folgte hier  früher  mit  Baupeneiem  japanischer  Herkunft,  von  denen  1873 
über  S600  Kartons  eingefiihrt  wunU-n  und  die  jetzt  durch  die  im  Lande  selbst 
reproduzierten  eisetzt  werden.  Im  J.  1871  be  trug  die  Pro  luktion  d<  r  Ko- 
kons 253007  kg,  im  J.  1872  war  sie  infolge  ungünstiger  Witterung 'auf 
187  943  gefalleu*),  uui  im  uüchsten  .fultre  wieder  zu  steigen  nnd  so  mit 
wechselndem  Erfolg  bis  auf  den  heutigen  Tag.  Gegenwärtig  beirilgt  die 
Produktion  Tessius  etwa  300000  kg  Kokous. 

Die  Kult  ,11  des  Munibeerbaumes  und  der  .Seidenbau  waren  na«'Ii  ili  in 
Zeugnis  von  (.» ii i  ceiard i ni ,  df'v  gegen  1565  .schrieb,  (i egenstand  aufmerk- 
bauier  Sorgfalt  zu  Antwerpen  und  dew&eu  Umgebung;  bald  wurden  sie  aber 
aufgegeben.  Im  J.  1607  machte  Qramaye,  einer  der  Seh5ppen  im  Brügge, 
erfolglose  Versuche  mit  der  EinfOhrung  der  Seidenzncht.  Spater,  1769, 
wurde  di»'  Seidenkultur  versuelisweise  im  Brabantischen  eingeführt  und  die 
österreichische  Regierung  gewährte  Prämien  für  die  besten  ErzeugniKse. 
1830  wu^dc  iu  Belgien  von  neuem  verbucht,  dem  äeideubau,  durch  die 


>)  Denkschrift  über  die  Eutwickeluag  der  Seidenzucbt  ia  nOrdlicbeu  Ländern. 
Wien  ItU.  8.  43. 

*)  Ann.  du  oommercs  estArienr  Na  1692. 


Digitized  by  Google 


Geographie  und  SImttalik  der  SeidenkoltOT.  Hollaiid.  Schweden.  Bulgarien.  241 


Unterstützung  sseitens  der  kgl.  Soi»lpnznchliinstalten,  in  U'  clc,  einen  volkstüni- 
lichen  Charakter  zu  verleihen;  trutzilera  wurden  1850  nur  noch  2600  kg  Ko- 
kons genmindt.  finfolge  veraehiedener  5koiwiiiiadier  Einftflase  kfc  der  Sei- 
denbaa  Belgiens  beinahe  gun/licli  versdiwandeti  und  darfte  trotas  des  ge* 
ägoeten  ICliinas  kaum  je  wied'  i-  aul"<^pnonnnen  werden. 

Auch  Holland  Hess  sich  niolit  abhalten,  V*^rsnchf'  mit  der  Seidonkultur 
auzusteilen.  Oiivier  de  Serres  liat  sie  aU>  Beispiel  citiert,  wie  „verschie- 
dene fiiemde  Tiere  und  Pflanzen  liei  zureichender  Soi^filt  unter  uns  leben 
können".  „Das  Hess  sieh  künUdi**«  ragt  er  weiter,  „in  der  Stadt  Leydra  in 
Holland  erkennen,  wo  1583 — 85  di^  V/wu  Herzogin  von  Äscot  njit  Glück 
Seidenwfiniur  niifzielien  und  von  ikv  daraus  fjewonnt'jipn  Seide  Kleider 
machen  liess,  welche  die  Fräuleins  getragen,  zuoi  Plrätauuen  Derjenigen,  die 
ne  galten,  in  Anbetraeht  der  Kälte  des  Landes.**  Gegenwärtig  sollen  in 
den  Niederlanden  steltenweise  Maulbeerplantagen  vorkommen  und  die  Seiden- 
sncht  als  ein  häusliches  Gewerl^e  betrieben  werden. 

Wie  biTroMidcnd  es  auch  orscliein»Ti  mag,  so  besitzt  Schweden  trotz 
seim-s  kalt^'U  und  .scharfen  Klimas  doclt  Maulbeerplantagen,  und  wird  die 
SeidenkoUur  an  der  Südseite  der  lusel  Gottland  (bei  Visby),  dann  in 
d^  Umgegend  von  Stockholm  and  in  Gripeholm  gepflegt.  Die  Produktion 
dürfte  jedocli  2—3000  kg  Kokons  nicht  übersteigen. 

Untrr  ilmi  Xanit-n  Lcvaiiti'  werden  im  Sei'lt'üliandcl  <lif  piirnpaisrho 
und  die  aNiatisi^lu'  Türkei,   die  Halkan>staateu  und  (irifchenland  bezeichnet. 

Man  erntete  gegen  lb57  in  den  Ländern,  die  das  Ottomanischu  ßeidi 
▼on  Österreich  trennen,  360000  kg  Kokons.  Der  Haolbeerbaum  kommt 
hitt  allerorten  vor;  man  findet  ihn  selbst  in  wildem  Zustande  auf  den 
Donaainseln.  In  den  Jahren  1859/63  wurden  diese  Länder  von  Graineurs 
durchzogen,  und  die  Industrie  der  Grainierung  (stet«?  ein  Unglück  für  die 
Gegend,  wo  sie  vorübergehend  betrieben  wird),  wurde  auf  eine  solche  Höhe 
geschraabfc,  dass  im  Jahre  186B  mehr  als  26000  kg  Eaupeneier  eraeugt  wor- 
den sind.  Die  Folge  davon  war  der  Untergang  der  rationellen  Seidenkultur, 
und  trotz  aller  seither  gemachten  Anstrengungen  gelang  es  nicht,  sie  wieder 
auf  ilire  frühere  Höhe  zu  bringen.  Allerdings  haben  j^ich  die«!f'  Bemühungeji 
bis  auf  die  neueste  Zeit,  wo  sich  die  Regierungen  der  Sache  annaluueu, 
nur  auf  das  Bansgewerbe  beschränkt  In  Bulgarien  giebt  es  einige  grossere 
SeidenzUohtereien  in  der  Umgegend  von  TimoTs«  Widdin  und  Wratsa.  Die 
Regierung  hat  sich  oftmals  ins  Mittel  gelegt,  mannigfache  Malsregeln  aur 
Wiederbelebung  der  Seidenkultur  ergriffen  nnd  Züchtungsversucbe  tiaeli 
verschiedenen  Systemen  vornehmen  lassen,  die  Resultate  waren  aber  nichts 
weniger  als  günstig.  Zur  Förderung  der  Seidenkultur  hat  das  Sobranje  in 
einer  seiner  Sitzungen  1895  ein  Gesets  votiert,  laut  welchem  die  Grainie- 
rung nach  dem  Zellensystem  von  Pasteur,  sowie  der  Bezug  von  Samen  aus 
dem  Ausland«-  nur  unter  Kontrolle  der  Re^^-ieninfj  ^»schehen  darf.  Behufs 
Aufmunterung  der  Seidenzücliter  wurden  ver.scliiedene  Privilegien,  wie  Be- 
freiung von  allen  Abgaben  und  Kin-  und  Ausfulirzölleu,  Gewälirung  von 

eUbariBkiiB,  U*  SMd«.  16 


Digitized  by  Google 


242    Geographie  und  StatbUk  der  Sddenkultar.  Banftnien.  Enrop.  Titrkd. 


Bonifikfttion,  Prämien  etc.  fest|{esctat.  Die  bereits  ennelten  Fortaehritte 
ksiscii  sich  aus  folgenden  Ernteergebnissen  konstatieren: 

1890     60174  kg 
1892  222170 
1894  500000  „ 

In  Rnminien  i^hlte  man  vor  einem  Jahneebnt  500000  B&ume  und 

enitftf  110000  k«,'  Kokons,  vornchmlidi  in  der  Walachei.  Gegenwärtig 
dürft»'  die  Enitt-  250000  k<(  ülM'r.stoi<;i'ii. 

L'ntrrdtn  an  der  .Scidenzuclit  am  nieiston  lK>tt  iÜLjti  :i  PTovitr/i  ii  d-  r  eiiro- 
Itäisclien  Türkui  ist  Mact'douieu  die  wichli^te;  liau[)t>äclilu'ii  werden  hier 
japanische  Raosen  gezQchtet,  welche  sich  gegen  die  launenhaften  Wittemng»- 
einHüs<«e  beständi^'er,  als  die  ilbrij^eu  erwiesen  liabeu.  Die  wichtijfsteu  Di- 
strikte sind:  Avret-hissar,  Kulanieria,  Pnsaika  nnd  ^Vilrilar;  der  bedeutendste 
Kokonniarkt  und  gleichzeitig''  Kxporthafen  ist  Saloniki.  Im  J.  1874  belief 
sieb  die  Ernte  Macedunieus  ani  »85000  kg  Kokons. 

In  Tmkien  datiert  das  Anfbltthen  der  Seidenkultnr  seit  1836  nnd 
nahm  letctere  eine  stetig  wachsende  Entwickelung  bis  an  denn  Zeitpunkte, 
wo  die  verheerende  Wirkung  der  Seidenranpenseacben  (1856)  anch  hier  sich 
geltend  niachte.  Im  1^56  erzeugte  Trakien  nur  noch  214000  Oken  treck- 
ner  Kokons  und  im  J.  l^GÖ  nar  54000.  Die  Zucht  konzentriert  sich 
hanpl^hlich  bd  Adrian«^.  Die  Adrianopelkokona,  die  dnn^  Aufzucht 
der  im  J.  1836  importierten  Brassakokons  erseagt  werden,  sind  tod  ans- 
nehmend  guter  Qualität  und  worden  mehr  jjfeschützt,  als  die  von  Smynia 
und  Saloniki.  Den  adrianopelschen  in  der  Güte  nahestehend  sind  die  sogen. 
Gebirgskokons  (montaLinards),  von  sehr  bestüudiger  und  kräftiger  Rasse, 
deren  Zucht  nur  wenig  Sorgfalt  beansprucht;  ihre  Farbe  variiert  von  gelb- 
liehweiss  bis  tieforange.  Man  exportiert  die  Adrianopelkokons  hauptaiehlieh 
nach  Frankreich.  1874  eraengten  Adrianopel  nnd  Umgegend  etwa  950000  kg 
Kokons. 

Die  der  Produktionshöhe  nach  in  di  itt«  r  Linie  stehende  Provinz  Tlipssalien 
hat  ihre  Hauptsit^ui  der  Seideuzucht  iu  Vulu,  Larissa  und  FLar.saiu;  ihre 
Frodoktion  betrug  526000  kg  im  J.  1874. 

Zur  Zeit  der  Raupenkrankheiten  war  die  Seidenzncht  Albaniens  im 
AnfMiilien  l>egrifiPen,  weil  die  albanesische  Rasse  sich  äusserst  widerstands- 
lilbig  erwies;  hentzutage  jedoch  ist  sie  wenig  belangreich.  Auf  der  Insel 
Kaudia  ist  der  Seidenbau  dagegen  in  regelmässigem  Betriebe;  die  Produk- 
tion wild  teils  im  Lande  selbst  Toarbeitet,  teils  werden  die  erzeugten  Raupen- 
eier  nach  Syrien  Tersandti 

Im  .Jahre  IST/?  betrug  die  Gesamtproduktion  der  enropäischen  Tftrkei 
7470000  kg  Kokon«  (Kondot);  iu  der  Zeitperiode  von  1872  bis  18H2 
schwankte  die  Ernte  von  einer  bis  zu  anderthalb  Millionen  kg  jährlicli; 
1883  erzeugte  man: 


oiyiuzcd  by  Google 


GMgnphie  und  Statistik  d«r  Beidenknlior.  Europ.  TOrkei. 


24S 


gelbe  Rasse       grüoe  Rasae  Total 

AUrianopel   160000  300000  460000 

flaloDiU   300000  570000  870000 

Volo,  Bmuelien,  Bnlgarien   40000  130000  170000 


Im  ganam  500000 


1000000 


1500000 


Au  «Stelle  der  t'rüherea  Rasse^  japanischer  ilerkunit  werden  gegeu- 
iriütig  in  Aidrianopel,  Volo  und  Bumelien  fast  allgemein  franzSsiaclie  Bassen 
gei&ehtet.  Die  Produktion  troekener  Ec^nns  war  fiolgendermaleen  naeh 
den  FroTinaen  verteilt: 

1^S9  1891 
24lHK)0  kg  250000 
100000  „  120000 
100000  ^  110000 


Saloniki.  .Macedonieu 
Volo,  Thessalien  .  . 
Adrianopel,  RameUen 


1893 
426000  kg 
130000  „ 


Im  ganiten   440000  kg     480000  kg     555000  kg, 

i'ntsproclienfl  13^*0001)  k^'  frischer  Kokons.  Im  Vilayet  Saloniki  sind  1893 
ööOOO  üuzeu  liaupcueier,  wovon  35000  importiertfr  französischer,  5000 
italienueber  nnd  10000  inli&ndiscber  Prodnktion,  ansgebrStet  worden  nnd 
swar  86''/o  gelbe,  10%  weisse  und  b%  grüne  Rasse.  1894  betrug  die 
Ernte  1650000  kg  frisdi(  r  Kokons  '^c^au  1  530000  im  Vorjahr.  Im  Rayon 
von  Adrianopel  verteilt  sich  dio  Enite  in  75—^0%  weisse  bagdadische  Rasse 
inländischer  Aufzucht,  15 — 20%  gelbe  französische  und  5**/^  grüne.  Uie 
Oeeamtenite  Adriauopels  nnd  Bumeliens  Ton  ca.  5—600000  kg  trmkemst 
Kokons  wird  nach  Mailand  nnd  NbisiHlle  exportiert. 

Die  Gesamtproduktion  Europas  belauft  sich  gegenwärtig  auf  50 — 55 
Millionen  kg  frisober  Kokons.  Folgende  Tabelle  läast  ihren  früheren  Um- 
fang ergehen: 

Dnrehsehnitt  der  letaten   Maximum  im  laufenden 
SO  Jahre  des  lauf.  Jabrh.  Jahrb. 
QdilUonen  kg^ 


Italien  

40 

65 

Frank  rricli  .... 

10 

26 

Österreich  -  Ungarn 

2,5 

4 

Enrop&isehe  TUrkei  . 

1,6 

7 

Spanien  ..... 

14 

10 

Griechenland    .    .  . 

0,1 

1 

0,25 

0,5 

0,18 

0,3 

Eamelien,  Bulgarien  . 

0,18 

0,27 

Im  ganzen 

56,21 

113,07 

Die  asiatische  Türkei  hat  erst  iu  neue  rer  Z<  it  das  bedeutende  Interesse 
für  die  öeidenkultur  wiedergewonnen,  das  dieselbe  im  Mittelalter  für  sich  in  An- 

16* 


Digitized  by  Google 


244  Q«og»plii6  and  St«tutik  4«r  8ai4«[ikiatwr.  Aidatiacta«  Türlmi. 


sprudi  nahm.  Naeh  jabtiehiitelMiger  DAadam  idgi  aeh  hür  du  nemw  Auf» 
■ohwQog.  Die  relativ  grösste  Sieigerang  hat  der  SeidentMin  im  EzploatatioiM' 

gebiet  der  anatoHsclien  Eisenbabnen  prfnhmi.  Die  Regierang  bekundet  grosses 
Interesse  für  deu  Seidenbau,  der  auch  für  die  StaatseiDDahmen  von  Wichtig- 
keit geworden  ist  In  den  hanplaidiHclien  Centren  der  Kaltnr  werden  Master^ 
gnüirienmgianstalten  etabliert  und  in  Brnssa,  Iimid  und  Adrianopel  finden 
jährlich  Preigaoflscfamben  afcatt  Der  allgemeine  Anfschwung  ist  aua  der 
Handilsstati.^tilv  /n  ersehen.  Einer  Einfuhr  von  Kokons  im  Werte  von 
MiU.  Piastern  stehcu  40  Mill.  Ausfuhr,  dem  Import  der  Rohneidc  vod 
30  Mill.  Piaäteru  ein  Export  von  103  MiU.  gegeuüber.  Allerdings  werden 
nooh  f&r  23  Ifill.  Seidenfkbrikate  importiert  und  nur  für  30000  Piaater 
anage  führt. 

Vor  dreisc^ig  .lahren  belief  sich  die  Kokonernte  der  Levante  auf  16  his 
17  Mill.  kg;  die  Hassen  waren  weiss,  zum  L'eringeren  Teile  auch  gelb,  und 
zeichneten  sich  durch  ihren  äeideureichtuui  aus.  Im  J.  1883  belief  sich  die 
Ernte  auf  1}6  Hüll,  kg  in  der  europäischen,  6,4  Mill.  in  der  aaiAtiadien 
Türkei  und  400000  kg  in  Grit  chenland. 

In  Anatolien  ist  die  Umgegend  von  Brusi«a  fiir  die  Seidenkultur  Ton 
Bedeutung;  ausser  Brussa  selbst  kommen  in  Betracht  Gueiulek,  Bazar-Kuevi, 
Sohenisbir,  Sügüd,  iu  weiterer  Entfernung  Biiedschik,  Bergamo,  Erdek  und 
Kiatachia.  Die  wiehtigaten  Eipodiwfen  aind  Gnemlek,  Panoimo,  Imld 
nnd  Mttdaaia,  Termittebt  weielier  der  Handelararkahr  mit  Frankroieh  nnd 
Italien  gepflegt  wird.  Im  J.  1863  belief  aiefa  die  Produktion  Ton  Bruan 
auf  1200000  Okeu  (1663000  kg)  Kokona,  1874 

in  Bnusa  anf  1622196  kg  Kokons 
Umgegend  „  1426904 

2949100  kg  Kokona. 

Die  Zuaammenaetenng  der  Ernte  betrug  90%  der  originellen  odw  eigena 
an^eaftehteten  bagdadiaehen  Baase,  9,3%  einkeimiadittr  gelber  Raaae  und 

0,7°„  Japan i.*icher.  Im  Vilajet  Äidin-Smyma  wird  der  Seidenbau  bei 
Smyrna,  Aidin  und  Palitinipoi  ausj^enbt  nnd  hauptsachlich  inpnni>che  Rasso 
gezüchtet.  Die  Produktion  des  Vilajets  Karaiuan  wird  grüsstenteils  Ter> 
mittelst  der  HKfen  Adalia,  Meeona  nnd  einea  der  wichtigsten  Seidenmiikte, 
Tarsus  (in  Sfldauatolien,  Vilajet  Adana),  naeh  Italien  exportiert.  In  den  übrigen 
Teilen  Anatoliens,  wie  in  den  Vilajeten  Samenn,  Trapeannt  und  Diarbokir,  be- 
sitzt die  Scidi'nzucht  nur  lokales  Interesse,  während  die  im  Paschalyk  von 
Mossul  und  Bagdad  produzierten  Ra.ssen  als  typisch  sehr  geschützt  und  nach 
Syrien  exportiert  werden.  Die  Entwickelung  und  der  Znstand  der  Seiden- 
sueht  Anatoliena  o'giebt  sieb  aus  folgender  IVibeller 


1881  1020000  kg  {  ^JJJJJ 
1886  2560000  „ 


Digitized  by  Google 


Osographi*  and  Statiitik  der  Sttdeakoltnr.  AnatiMbe  Tfirltfli. 


245 


II 

1» 


1888  2091000  kg 

1890  2343000 
1893  2643000 
Die  vorwiegende  RRuponpirrrasse  Anatoliens  ist  die  weisse  bagdadische, 
die  1888  nur  20\  ausmachte,  in  raschem  Schritt  aber  alle  anderen  ver- 
diftngt  hat,  wie  nachstehende  Zahlen  ertantem: 


1888 

1890 

1893 

Wmssc  Bagdad  reproduziert 

200/0 

65°/o 

930/0 

GrSne  Japan 

5« 

5« 

(Diarbekir) 

Geihe  Frankreich 

reproduz. 

15,, 

10  „ 

0 

-  »» 

originell 

55  „ 

20  „ 

„  Italien 

II 

5„ 

Folgende  Mengen  Raopeneiar  nad  zum  Ausbrüten  verwendet  worden 

(Unzen): 

Ausländische  Inländisdie 

1892       1894  1R91 

Brussa         2686       278  83234       76  992 

Isniid           1621        525  21533       25  995 

PiUldermu     4801        575  11  609        13  150 

Nach  den  Angaben  der  YerMaltung  öifentlicber  i:^chulden  l^elief  sich 
die  Ernte  Aaatoüens  anf  kg  Kokom: 

1892 


Brussa 

Lsmid 

Pauderma 


3267171 

269020 
798479 

4333870 


1893 
8459992 
892698 

257894 

4610584 


1894 
3404844 

89G606 
2796öö_ 

4081105 


II 
II 


Die  Ausbeute  betrug  (in  kg  Kokons  pro  Unze)  im  Jahre  1894  44 
bezw.  20,4  und  33,8  ofoffpn  50,2  Viczw.  17,9  und  35,5  kg  im  Vorjahre. 
Auch  dieRaupeneierpi  üduktioQ  nimmt  Aufschwung  und  wurden  exportiert: 

1892  20317  Unzen 

1893  41947 

1894  44179 

Die  Kokons  bagdadischer  Rasse  dnd  wdss  und  gross,  jedoch  wenigo: 
seidenreicb,  als  die  der  gelben  Bassen,  nnd  ytm  ihrem  Urspmngstypua  Tidl- 

st&ndig  degenfrifrt. 

Die  Zeiten,  wo  (Hf  S«'i(lenzuclit  Anatoliens  in  altlR-rgcbrachter,  primi- 
tiver Art  betrieben  ward,  sIikI  längst  vorüber  und  man  kann  heutzutage 
dasenist  Banemhonehen  begeguca,  die  die  Handhabang  des  MikroBkops 
nach  dem  Pastenr seihen  Vorgang  TorzBglieh  bdierrschen.  Die  1888  er- 
öffiuie  Unierrichtsanstalt  fBr  den  Seidenbau,  sowie  die  seit  1893  einge* 


Digiii^uu  by  ^OOgle 


2-4Ö    Geographie  und  Statistik  der  SeidtjnkuUur.    Asiiat.  Türkei.  Griechenland. 


fiihrt<^Ti  Pr;imi(  !i  t'iir  di«  hosten  Erfüljje,  traf^eii  nicht  wniig  dazu  boi,  clü'sein 
Kalturawcig  eine  immer  grössere  Ausdehnung  zu  gelj< n.  I  >er  Aufschwung  ist 
bcsondei-s  der  Förderung  seitens  der  Staatsschuldenverwaltang,  au  deren  Spitze 
Engl&nder  Cftillard  steht,  zn  Terdanken,  die  daraas  ein  niebt  ge- 
ringes Kinkomraen  zieht;  sie  erhalt  eine  Abgabe  von  ll,5°'o  »"f  Kokoiif. 

Die  Provinz  Syrien  hat  für  die  Seidenzucht  der  Türkei  die  grösste 
Hrdeutung.  Die  am  meistfii  daran  bttcili^'tcn  Oefjenden  ^ind  die  von 
Beyruth,  Tripolis,  Sai'da,  Damaskus  iiml  im  nördlichen  Teile  Syriens  Aiek- 
sandretto  nüt  dessen  Kokomnarkt  AkpiK».  In  kleinerem  Mafiwtalie  wird 
die  Zneht  anf  der  Insel  Cypem  und  auf  dem  Arehipel  des  üg^scfaen  Meeres 
betrieben.   Die  Produktion  Syriens  betrug: 

18S1  1883 
Grüne  Rasse    ....    1350000  1110000 

Oelbe  oder  weisse  Rasse     900000  2ö9')()()0 

•i250000~kg       3700 UÜO  kg 

Dicsi'  Zahlen  zeigen  das  Vc^rst-hwinden  der  japanischen  Kasse,  welche 
heutzutage  auch  gänzlich  durch  die  französische  (Var,  Korsika)  ersetzt 
wurde.  Die  Raupeneiereinfuhr  belief  sich  auf  200000  Kartons  von  25  g  über 
Beyratb  und  26000  über  Tripoli.  Die  Ernte  der  leisten  Jabie  stellte 
sich  auf: 

1886  3742126  kg 

1888  2651961  „ 

1890  4636467  „ 

1892  4102000  „ 

1894  6889000  „ 

Im  Jabre  1893  worden  anch  hier  nm  d«  Hohen  Pforte  Piamien  för 
dio  qoalitatiT  und  quantitativ  besten  Erzengnisse  der  einheimischen  Seiden- 

zucht  ausgesetzt.  Man  unterscheidet  dnn  Rayons  der  SeidenknUar  in 
Syrien:  die  übene  (plaine),  welche  die  Distrikte  Kesruan,  Dschebail,  Batrun 
nnd  ^tf»  nmüust  md  Vt  der  Ernte  «raeagt ,  femer  die  qnalitaiiT  und 
quantitativ  wichtigste  Ebene  Bekaa  (hasse  montagne)  und  «ehlMSslieh  die 
demlich  primitive  Seidenzncht  der  Eingeborenen  in  den  .Beigen  bis  zur 
Höhe  von  1500—1800  ni  (haute  montagne);  die  letstere  ergiebt  Vi  ^ 
Gesamterute  und  weniger  geschätzte  Produkte. 

In  Griechenland  betrieb  man  die  Scidenzncht  gegen  die  fünfziger 
Jahre  in  liemlieh  bedeutendem  Umfange;  der  Export  allein  betrog  1857 
1-193934  Okcn  trockner  Kokons  und  die  Produktion  dürft«  2500000  kg 
überstiegen  haben;  wahrnnd  der  Seucht  iizoit  erlitt  ^ie,  wie  fibemll  in  Europa, 
grosse  Verluste,  und  1864  belii  f  sich  die  Ausfuhr  auf  nur  32 '.'63  kg.  Die 
Ernte  l)etrug  1872  102000  kg,  1874  cu.  200000;  nach  anderen  Angaben 
schwankte  sie  in  diesen  Jahren  awisehen  310 — ^320000*).  G6geniHM% 


*)  Bepovis  fifooi  her  Mi^estgr  eoasat«;  Fatras.  1874. 


Go  jgv.iphle  ttnd  StAtiatik  der  Seidenkaltnr.  Rugaland. 


247 


haben  nocli  du»  südlichen  Provir!z<"n  Mon  ns,  wie  Mcssenu,  Lukonit'ii  und 
Pelopouncs  eine  {gewisse  iiKluslru-lle  Betk'utung;  die  Märkte  befiudea  sich 
in  Kalanaatft,  Sparta,  Lepante  und  Pairaa.  Ausfuhr  der  Kokons  wird 
mit  der  Zeit  infolge  der  Anlage  von  inlfindiscben  Haspelamttaltcn  immer 
Uiibedeotender;  sit-  ist  von  100000  kg  trockner  Knkoris  1867  auf  7600  kg 
1877  gefallen.    Der  Export  (nach  Marseille)  belicf  sich  auf: 

1880  23078  kg 

1885  •27628  „ 

18S7  48219  „ 

hat  ehvr  dann  wieder  ubgeiiouiuien.  Man  sohät/t  die  gegenwärtige  Pro- 
duktion Griecheolunds  auf  ca.  200000  kg  trockner  Kokons. 

In  Rusaland  wird  die  Seiderameht  in  allen  südlichen  Provinzen  ansseiw 
ordentlich  durch  die  kllmuti-^ein  ii  ^^•rhilItnisse  unterstöt»t;  hauptsächlich  be- 
treil^t  niiiu  «lirsellx'  mit  iM-folg  in  vielen  Orten  der  (Jouvfrnrmciif s  Bf>sara- 
bien,  Volvnicn,  Podolieu,  Iview,  Ekaterinosluw,  der  Krim  und  im  Konigreicii 
Polen,  industrielle  Bedeutung  bc^t/t  im  europäischen  Uutisliiud  iudes^en 
nur  der  Kaukasus.  Die  eisten  Nachrichten  flher  die  Seidenkaltar  der  nSrd- 
lichen  Gegenden  des  Kaukasus  CsUen  in  die  Regierungsscit  Aleksiej  Mi- 
chajlowitsch's  (XVI[.  .lahrh.),  der  di<  SeulenzÜcliter  aus  Astrachan  und 
T*nk  nach  Moskau  koninifu  Hess.  Peter  der  l» rosse  Hess  der  Seiden- 
kultor  grosse  Fiü-sorge  zu  teil  worden,  die  numeutlich  in  den  liuyon» 
Terskaja«  dann  StawroiNd  in  stetigem  Fortschritt  begrüllBn  wari  bis  SU  den 
flechsiger  Jahren«  wo  die  Seuchen  alles  su  nichte  machten.  Die  Ernte* 
ergebnisse,  infidge  der  geringen  Sorgfalt  meistens  von  der  Witterung  ab- 
hUn<rig,  wanm  von  jeher  grossen  Schwankungen  nnterworfen,  wie  folgende 
Zahlen  beweisen: 

1864  1050000  kg  Kokons 

ld67  206000  „  „ 

1B70  618000  „  „ 

1872  1166000  „ 

Die  wiclitigt  n  II  n.  ireiulen  der  Seidenkultur  im  Nordkaukasus  sind  Terskaja 
oMast'  mit  d<  r  Stadt  Kizlar,  weniger  das  Gnnv.  Stawropol.  Im  Tran«^kankasus 
blickt  die  8ei«lenzucht  auf  eine  zehn  .Jahrhunderte  alte  Vergangenheit. 
Trotzdem  wird  sie  hier  noeh  in  sehr  primitiver  Weise«  meistoas  von  den 
Frauen,  anagenbt;  an  die  Zucht  knüpfen  sich  unzahlige  phantastische  Ober- 
lieferungen und  abetglaubiscbe  Gebräuche. 

Die  Sitze  der  transkaukasischen  Sei-l'  u/ncht  befinden  sich  im  Fluss- 
thal Kura,  in  den  Ebenen  lukretiens  (Kutais),  au  den  Gestaden  des  Schwarzen 
«nd  KiaB|nioI»n  Meeres  und  in  der  Umgegend  von  Baku.  Die  bedeutendsten 
Mftrkte  sind:  Tiilis,  Nukha,  Erivan«  Kutais,  Kars,  Dagestan,  Poti,  Blisa* 
bethpol,  Baku,  Schuncha  und  Zakatal.  Im  vorletzten  Decenniutn  stand  die 
Seidenzneht  im  Kaukasus  in  hoher  Blüte,  und  wenn  sir  ^priti  r  infolge 
politischer  Ereignisse  fast  gänzlich  in  Verfall  geriet«  so  beäudet  sie  sieb 


Digitize<j  by  Google 


248 


OMgraplit«  and  Sfaitbtik  dar  8e!d«ilraltiir.  Anai  Rmdinid. 


gegenwärtig  dank  dt-r  ihr  m  Teil  werdeutleii  Üuterstützung  der  ru8sii»chen  Re- 
gierung, die  zahlreiche  bakologische  Stationen  anlegt  and  den  Unterricht  im 
Seidenbau  in  den  Volkndiiilen  yorninunt,  wieder  auf  dem  Wege  zum  Foitsebritt. 
Auch  die  Bestrebungen  energischer  und  bemittelter  Priratindustrieller,  sowie 
(lif  hakologiscbo  Versnchsanstalt  und  Aufziiolitcii'i  zu  Tiflia  befördern  das 
Aufkoinnien  der  Öeidenkiiltur,  der  auch  die  klim;iti«:hen  \'(  rliintnj.s>c  zn  stat- 
ten kommen.  Der  Maull*e<'rbauiu  ist  üWruU  in  wildem  Zustünde  zu  tindeu, 
und  nur  selten  steht  man  kflnetlich  angelegte  Phmtagen.  Zum  gifteten 
Teil  sind  es  Kunnitiscbe  Mahomedaner,  die  sieh  der  Seidenzucht  gewidmet 
hallt  n.  —  Dil  (tc-^i  Iiii  lite  der  Ras>ienveründerung  ist  sehr  lehrreich.  In  alten 
Z'  itpu  zog  man  im  l\ai;kasus  nichrerr-  Rassen  kräftiger  WUmier  mit  sfll^en 
und  weisseil  Kokons  und  Üaumiger  Seide,  unter  anderen  tatarische  und 
lesghiBclie  (georgische)  Rainen  roa  Sdiirraii  und  Dagestan.  Die  Kokons 
der  tatarischen  Rasse  waren  sehr  groes;  sie  hatten  6,36  cm  Länge  und 
3,2  cm  Durchmesser.  Indea  wollte  man  reichlichere  Erträge  und  acclima- 
tisierte  eine  mailiinder  Russe.  Man  kreuztf  dir^ell)o  mit  den  einheimischen 
und  widmete  sich  Ende  1860  der  (irainiernng,  die  bald  einen  solchen  Mafsstab 
erreicht  hatte,  das»  sie  im  Jahre  1864  eine  Höhe  von  40000  kg  Raupen- 
eier ergab.  Aber  schon  1866  war  diese  Quelle  Tersi^  und  die  alten 
Rassen  verloren;  die  Epidemie  wütete  allerorts.  Man  wandte  sich  nun,  wie 
iilierall,  der  japanischen  Kasse  zn.  Di<  hauptsachlic  Ii  kultivierte  H  i«  ^  ist 
die  im  l.nndi'  r»  produzierte  grüm-  japanische,  der  sieh  die  gelben  franzö- 
sischen und  italieniscben,  jedoch  nur  zum  geringen  Teil,  anreihen.  Auf  die 
einheiraisebe  legt  man  kein  besonderes  Gewicht  und  die  typische  weisse 
Korassenrasse  sebeint  dureh  fbrt^brende  Kreuaung  mit  der  japanischen 
vollständig  degeneriert  zu  sein.  Seit  einigen  Jahren  hat  aber  auch  die 
weisse  bagdadischc  I?as«r'  sehr  VM-trächtliche  Aufnahme  gefunden.  Nukha- 
distrikt  im  Gouvernement  Elisabethpol  ist  das  wichtigste  Centrum  kauka- 
sischer Seidensudit.  In  den  Jahrsn  1868 — 1865  bat  dieser  Rayon  Fnmk- 
reich  und  Italien  mit  Raupeneiem  gelber  Rasse  versehen;  aber  30000  "kg 
Raupeneier  sind  im  Jahre  1863  allein  ausgefillvrt  worden.  Von  1850  bis 
1863  wurden  im  Kankasnv  durchschnittli.  h  560—600000  Pud,  =  9 
— 10000000  kg  Kokons  geenitet.  Von  diesem  Zeitpunkt  an  verfiel  die 
einheimische  Rasse  stetiger  Dekadenz,  trotz  der  Bestrebungen,  sie  dureh 
ftansSsiscbe  Bassen  an  verstärken.  Nach  a^lglossn  Vetsnchen  mit  den 
Rassen  Ton  Khiwa  und  Vardanzy  wandte  man  sich,  wie  gesagt,  der  japa- 
nischen zu.  die  auch  mit  Erfolg  ri-produziert  wurde,  doch  wird  jetzt  die 
letztere  allmählich  durch  die  gelbe  und  weisse  Iwigdadische  ersetzt,  von 
denen  speciell  Brussa  sich  besonderer  Beliebtheit  erfreut.  Die  Produktion 
des  Kaakasas  belief  aich,  gegen  «ne  Duiehschnitfcsemte  von  3,2—3,6  Uil- 
Uonen  kg  in  dar  Periode  von  1870—1880,  auf: 


1886 

1888 


2457000  kg 
1820000  „ 


Digitized  by  Google 


Geographie  und  ätatittik  der  Seidünkultur.  CentralMieiu 


249 


1890  2780000  kg 

1893  2  800000  „ 

Nach  gewuBeDbalteii  Erbebtmgen  wird  die  gegeowSitige  Dttrchsebnittih 

produktion  drs  Kaukasus  auf  300 — ^360000  Puds  oder  5 — 6  Millionen  kg 
Kokons  geschützt,  die  indessen  eine  nur  geringe  Ansbetitc  an  Grege  (30:  1) 
liefern.  Die  Ernte  wird  teils  im  Lftude  verarbeitet,  teilü  nach  Moskau  au»- 
geführt. 

Die  Wicbtigkeit  Centralasiens  fttr  die  Seidenknltnr  wird  meistens 

sowohl  in  qualitativer  wie  quantitativer  Hinsieht  nnterächätzt.  Die  hier  in 
Betracht  koinmriidcn  Iiiiii<ltr  umfassen  einen  Ranin,  der  das  zehnfaclie  des 
von  der  Scifknlciiltur  in  Kuropu  ein^'enommeuen  betrügt.  Sowohl  im  rus- 
äi^hen  und  im  chinesischen  Turkestan,  wie  in  den  kleineren  Staaten  Mittel- 
asiene,  wird  die  Seidenzodit  r^lmJbaqp  und  eifrig  betrieb«!.  Zablreiehe 
?Müsse  zieh«!  von  den  Gebirgen  hinab  und  bilden  weite,  sehr  fruchtbare 
Thäler.  Man  findet  hier  fast  ül;erall  den  wilden  Maulbeerbaum,  die  M.  alba 
nnd  M.  nigra,  vorwiegenderweise  den  letzteren.  Auch  wilde  Maulbet^rranpen 
waren  in  deu  ceutralasiatischea  Gebieten  einheimisch.  W  ir  wissen,  dass  die 
regeUDaerige  SeideoknUnr  anerst  nadi  Ebotaa  gebracht  wurde;  die  weitezen 
Oesehieke  der  Seidemucht  dSeeer  Linder  eind  vau  ^doeh  grüestmiteik  unbe^ 
kannt;  wahrscheinlich  ist,  du.ss  bis  tarn  Au^ngc  des  XIII.  Jahrh.  die  politi- 
schen Wirren  auf  dieselbe  störend  einwirkten.  Unter  dem  Einflns.s  des  italieni- 
schen und  russischen  Handeis  kuoi  das  (iewerbe  empor,  behau]ttete  sich  einige 
Zeit,  bis  zum  Aufkommen  der  abendländischen  Seidenkultur,  und  sank  dann 
auf  die  frOhore  H3he  der  Bauaindaatrie  aarOek.  Erat  im  XYIII.  Jahrh. 
aind  erneute  Versuche  gemacht  worden,  die  Knitaren  zu  erweitern.  Unge- 
achtet der  Unsicherheit  uud  der  Armut,  winl  fast  in  allen  Thalem,  die 
inj  allgemeinen  sehr  fruchtbar  sind,  der  Maulliverbaum  gepflegt  und  der 
Seidenwurm  aufgezogen.  Die  europäischen  Graineurs  unternuhiueti  mehrere 
Expeditimen  in  diese  fruchtbaren  Gegenden,  und  1863  worden  belnnntlieh 
drei  solche  Italiener  zu  Bukhara  dreizehn  Monate  in  Gefangenschaft  ge- 
halten. Trotz  der  Krüftigkeit  der  Rassen  crtraben  dir  turkestanischen 
Ranpeneier  in  Europa  keine  guten  He.sultate.  Für  die  (irainiernng  werden 
diejenigen  Kokons  reserviert,  deren  Form  als  die  regelmtlssigste  und  deren  Ober- 
fläche mdriert  «scheint,  weil  diese  am  s^denreiehaten  sind.  Nicht  nur  in  Tur- 
kestan allein}  «mdem  fast  bei  allen  TSlkem  Centralasiens  befolgt  man  die  auf 
einer  alten  Überlieferung  liegründete  Gewohnheit,  alle  drei  oder  vier  .Tahre 
die  Rauiwneier  zu  erneuern  und  frische  Onüns  aus  entfernten  Orten  zu 
beziehen.  Man  züchtet  liauptsüchiich  einjährige  Rassen  mit  gelben,  weissen 
und  grünen  Kokons,  von  denen  einige  italienischwi  Ursprungs  sind.  Die 
ehemalige  Bukhanurasse  ist  noch  nicht  gSnalich  eingegangen;  hei  der  Aus- 
stellung in  Wien  1873  war  dieselbe  durch  gelbe  Seiden  vertr^n.  Diese  etn- 
erntijie  Rasse  unterscheidet  sieh  von  r\,'n  Ra'vsen  Chinas  und  Ka.schmirs. 
im  Khanat  von  Khiwa  erntet  mau  gel  Ix;  und  weisse  Kokons  zweierlei  Kassen, 


250  Geographie  und  Stotittik  der  SeidenkiiUar.  Ceotratsaien. 


'IV-luiliu  Ulli]  Mixliriii;  die  gfllie  Rasse  wird  jpilocli  ln'vnry.u^'t.  In  einigen 
(jogenden,  wie  iti  Kaschmir,  /lichtet  man  auf  türkischf  Art,  d.  i.  auf  Zwcigeu 
des  wilden  NAnlbeerbaomcs.  Die  n5rdlieh  von  IChotaUf  in  der  frucbibaren 
Kiedernug  dos  Iii  gelegene  D/ungarei  ist  eine  der  fflr  die  Seidenkultur  ge- 
oigtu'tsten  Regionen  CentraliLsiens;  früher  war  die  letztere  sehr  verbreitet  and 
gedieh  vortrefflich,  wurde  aber  infolge  der  Kriege  mit  China  in  den  Jahren 
1863 — 67  vernicktet.  Trotz  des  rauhen  Klhuas  wird  der  Seidenbau  in 
einigen  Thälem  Thibeta,  die««  Eünigreiclis  des  Scbneea,  betrieben.  In 
einer  Ton  svei  Chinesen  gescbriebeaen  Sobildemng  dieses  Landes  liest  man, 
dass  (l-T  Seidenwurm  in  einer  der  siidlit  hi n  Provinzen  gez(^n  wird.  Das 
Auskriechen  der  Raupeneier  wird  durch  die  menschliche  Wärme  bewerk- 
stelligt. Dieser  alte  Gebrauch,  kleine  Söckchen  von  den  Frauen  tragen  zu 
lassen,  war  nbrigens  aneh  in  Frankreicb  nnd  Italien  im  XVI.  bis  XVIII. 
Jabrb.  sebr  Sblich.  Die  Kokons  Centralasiens  sind  cwar  von  weniger  tarier 
Natur,  als  VOSk  feinkörniger  und  gleichniilssiger  Bescbaflenhf  it,  namentlich 
diejenigen  von  Khnk.iiul  iiiul  Bnkluira;  auch  sind  5)e  meist  sehr  seidenreich. 
Man  betreibt  damit  einen  ziemlicii  ausginlchnten  Handel  nach  Kussland  und 
Indien,  und  es  ist  nicht  au.<igeschlo8seii,  duss  die  im  Verkclir  unter  anderen 
Namen  vorkommenden  Kokons  und  Abfälle  ans  diesen  Gegenden  herstammen. 
Ks  fällt  schwer,  die  Produktionszahlen  aufzustellen,  da  eine  Kontrolle  aus 
leicht  erklüilielirii  (Jriiiulen  niimöglich  ist.  An  anderer  Stelle  i-^t  dii'  tipprnxi- 
raative  Produktion  der  riis.';isch«'ii  Gebiet«  üiigcgelMni  wonlm,  für  «las  gf- 
samtc  Centralasieii  dürfte  die  Menge  der  geernteten  Kokons  jenes  (Quantum 
um  60*/«  übersteigen. 

über  die  Gesamtproduktion  Russlands  sowie  Gentraiasiens  liegen  fol- 
gende statistische  Daten  vor,  welche  die  bereits  ausgesprochene  Ansicht,  dass 
hier  die  Seidenknliur  !;ehr  geeigneten  Boden  besitzt  und  weiterer  Entwioke- 
luog  entgegensieht,  bestätigen. 

Sfldgonveniemenia,  Polen   2000  Pud 

Kaukasus,  Transkankasien   320000  n 

Bns<%{$ch  Tnrkestan,  Bnkha»,  Khiwa,  Trans* 

kaspien   960000  ., 

Im  ganseil   .   .  1282000  Päd 

EokoDs  entsprechend  ca.  210ÜOOO0  kg. 
Im  speeielkD  erzeugen  (approodmativ); 

Bakhara  ....  lOOOOOOO  kg 

Ferghanah    ...  3000000  „ 

Ko^ohend    .  .   .  2000000  „ 

Kascbgar  ....  1 900000  „ 

Khiwa   600000  „ 

Tascbkeot    .   .   .  400.000  „ 


Geographie  und  Statistik  der  SeidenkuUur.  PerMcu. 


251 


In  dem  unbedeutenden  Gebiet  von  Sainarkand  werden  allein  250000  kg 
geeratet,  die  von  etlichen  hniulerten  1< leiner  Ha^^pelcien  mit  einer  (Tesamt- 
produktion  von  25ÜÜ0O  Rubel  verarbeitet  werden.  Trotz  des  bedeutenden 
Um&nges  wird  der  traoakaspiscbe  nod  turkeatanwehe  Seideobnn  noch  in 
sehr  primitim  Art  betriebüi.  Hauptsüchlich  befassen  nch  Wdber  nnd 
Kinder  mit  demselben  und  zwar  werden  Ställe  nnd  Speicher  zur  Aufzucht 
bestimmt,  worunter  froilicli  di»'  iTfonk'rliclio  Reinliclikeit  leidet,  und  Ranpen- 
krankbeiten  nicht  selten  den  Krtrag  aut  ein  Dritteil  reduzieren.  Dabei  besteht 
eine  Menge  abergläubischer  Qebilaehe;  es  darf  z.  B.  nuter  keinen  Um- 
stinden  ein  Fremder  die  Wiirmer  sehen.  Die  nissieehe  Regierang  ist  eifrig 
bostnbt,  dem  Fortschritt  freie  Bahn  zu  ;>fTiien  und  errichtete  1885  eine 
(Taschkent),  nachträglich  noch  drei  andere  hakologisclie  Stationen,  die  zur 
Aufgabe  hatten,  die  einheimischen  Hassen,  haiipf^iichlii  Ii  Hukhara,  Kliiwa 
und  Vardanzy  zu  verbreiten,  welche  Uestrebungeu  jedoch  iufolge  der  aaf- 
geiretenen  l^nkheiten  misaglückten.  Nacbtrftghch  kaltivierte  man  eine 
Mischnngsraase  der  franaOsischen  mit  der  itatienisehen;  gegenwartig  wiegt 
die  japanische  neben  der  korsikanischen  vor. 

Persien  erfnnit  sich  in  einem  Teile  seines  Reiches  der  Scidcnkultur 
besonders  günstiger  Verhültuisse.  Früher  kam  der  scliwarze  Maulbeerbaum 
in  wildem  Zuatande  in  grosser  Zahl  tot,  wurde  abor  bald  durdi  den  weissen 
ersetat,  der,  wenn  nicht  in  Persien  selbst,  so  doeb  gewin  in  den  Nachbar- 
ländern einheimisch  war.  Persieu  war  eines  der  ersten  seidener/.etigenden 
Länder  We.sfasiens,  da  die  Seidenkultnr  hier  bereits  im  VII.  Jahrhundert 
Eingang  gefiimlen  hatte.  Di«  Kokonernten  waren  von  jeher  sehr  be- 
deuteud  und  ntan  kann  annehmen,  dass  sie  im  Laafe  des  XV. — XVIII. 
Jahrh.  die  H5he  von  30—40  Millionen  kg  erreicht  haben.  SpSter,  nnd 
zwar  nooh  vor  dem  Auftreten  der  Raupenkraukheiten,  ist  die  Produktion 
gefallen;  man  erntete  1850  lö  Mill.,  ein  Jahrzehnt  später  ntir  H  Miil.  und 
1865  3,6  Mill.  kg  Kokon.«.  Persien  besa.'^s  ursprünglich  gerande  Kassen,  welche 
zwar  Kokons  von  grosser  Form  ergaben,  nach  und  nach  aber  schwächer  wurden 
nnd  der  Efndemie  nicht  widerstehen  konnten.  Nach  ihrem  Anssterben  worden 
diese  Rassen  dureh  ^e  von  Japan  und  Khorassan  ersetzt,  die  jedoch  nur  mittel- 
mS-ssige  Produkte  ergaben.  Da«  Sinken  der  .Seidenpreise  und  lokale  Ur- 
sachen haben  schliesslich  das  Fällen  zahlreicher  Manlbeerbünme  veranliisst.  An 
Tieleu  Orten  haben  sich  die  Bauern  statt  dessen  der  Kultur  des  Mohnes  be- 
hnfe  Opiumprodnktion  gewidmet  Die  Zuchten  werden  in  den  Oebiigen  noch 
in  einer  HShe  Ton  2000  Hetem  betrieben  nnd  findet  man  hierselbst  ganze 
WUda*  MaiillmwihUniii«  In  den  Ebenen  der  Central  pro  vi  nzen  wird  der 
Seidenbau  nur  an  vereinzelten  Punkten,  die  Maulbeerbaum-Oasen  inmitten 
der  äaudwQste  darstellen,  ge^Üegt,  so  in  der  üt&dt  Jezd  und  den  um- 
gebenden Dörfern. 

Die  Seidenmeht  wird  im  wesentlichen  in  den  gebirg^en  Gegenden 
Ghilans  und  Khoras-sans  und  an  den  Ufern  des  Urmiahsees  betrieben.  Persieii 
besitzt  die  für  den  Seidmhandel  mit  Rnssland  wichtigen  Häfen,  ßeeht  und 


Digiii^uu  by  ^OOgle 


252      Geographie  und  Statistik  der  äeidenkaltur.    beladachistan.  Ka&cbnilr. 


Laid^chan;  dagejrpn  gelaogeu  die  nnch  Enropa  fxportit'rten  Kokons  nnd 
Hoh^ide  auf  dem  Landwege  nach  Trapezunt.  Ober  die  Produktion  Per- 
siens  liegen  keine  statistischen  Angaben  vor;  die  nachstehenden  Zahlen 
konneD  aioht  ttbi  vnbediogt  niAlfigebend  gelten. 

GLilan    .    .    .    .    32O00OU  kg  Kokons 
Mazanderan     .    .  280000 


Adserbeidschen         240000  „ 

Khorassan   .    .    .      126000  „  „ 
Knsistan,  Fan     .       9^000  „ 

Im  gUBsen  3944000  kg  Jjj^okons 


Die  Si'idenkuitur  ßeludschistans  ist  ron  geringer  Bedeutung,  da  das 
Land  wenig'  kultivieii  wird,  und  nur  in  den  «n  &ea  Abhängen  der  Gebirge 
gelegenen  Dörfchen  sind  Maulbeerbäume  in  grösserer  Menge  vorhanden.  In 
Afghanistan  wird  der  St'idenwurni  in  den  n'drdlichen  und  westlichen  Tei- 
len, die  man  aff^hanisclus  Tiirk"^t;m  oder  Khora»<an  nennt,  kultiviert.  Im 
Norden  des  Uindukuscii  »md  dn'  weiten  und  fmchtbaren  Tliäier  des  Aiuu- 
dari»  Sitae  der  Seidenkultur,  weniger  die  Ebenen  des  Herirud  and  Fermbrud 
nnd  dtt  Thal  von  Herat.  Die  Prodnktionsliftbe  erreiebt  2,6  Sltllionen  kg 
Kokons. 

In  Kascliinir  soll  die  St  idt  nkultur  ehemals  in  grüsscnm  Umfuiii»e  be- 
trieben worden  sein,  sie  ging  jedoch  im  Laufe  der  Zeit  ein.  Erst  in  letzter 
Zeit,  und  zwar  seit  den  siebziger  Jahren,  lüsst  sich  ein  erneuter,  bedeutender 
AnÜMikwung  Terceiebnen,  der  aller  Wabnebeinlid)keii  nach  danernd  sein 
wird.  1879  ist  dieses  Gewerbe  vom  Staate  übernommen  worden,  dar  ei  in 
wirksamster  Weise  fiinlert  und  konfrdlliert. 

Britisch- lud  ieii  scheint  auf  den  ersten  Blick  der  fcJeidenknltur  günstige 
Bedingungen  zu  bieten,  giebt  es  ja  auf  der  ganzen  Oberfläche  de.s  Landes  ein 
doppeltei  Nets  von  Gebirgen  und  WaaMrIiufen  und  weite  Hocbebenen,  die  sieh 
durch  ein  verhältnismässig  mildes  Klima  auszeichnen.  Der  Maulbeerbaum,  und 
iwar  die  weisse  Varietät,  wächst  in  wildem  Zustande  am  Tlinmlaya  in  aus- 
gedehnten Wäldern.  Man  weiss,  dass  die  Bevölkerung  zubireich  nnd  arheit- 
sam  ist,  die  Handarbeit  billig  und  geschickt  ausgeführt  wird.  Und  doch 
hetreebi  in  Indien,  mit  Ausnahme  einer  klemen  bergigen  Region,  wahrend 
des  Sommers  eine  brasnende  Httse  und  nur  anf  den  Ausliofem  nnd  end- 
lichen Abhängen  des  Himalaja,  auf  den  Hochebenen  der  niedrigen  Gebirgs- 
züge im  Osten  und  Westen,  trifft  man  eine  missigere  Temperatur,  die  der 
Seidenknltur  günstig  ist.  Die  Bevölkerung  ist  daselbst  ziemlich  spär» 
lioh  gesäet;  die  Mohammedaner,  die  sieh  in  Indim  der  Sddsnkattar  am 
willigsten  widomi,  ünA  hier  nur  aehwaoh  T«airefcen.  Wie  man  ersieht, 
steht  Indien  in  eigenartigen  klimatischen  nnd  ethnologischen  Verhältnissen, 
die  auch  auf  die  Seideu7nrht  einen  nnverkeunbaren  Einflues  ausüben.  Die 
in  Indien  am  meisten  verbreitete  Kasse  ist  die  „Desei-polu**  mit  kleinem, 


Digitized  by  Google 


0«ogxaphi«  nad  Statistik  der  8dd«idnilbtr.  BritiMli-IadieD.  253 

^üldgclbem  Kokon,  die  drd  bb  (duf  Ernten  liefert  Übrigens  ist  diese 
Rasse  nicht  miii,  denn  1771  worden  KnusDl^n  mit  ineiirerntigen  chine- 
sischen Rassen  vorgenommen.  Hondert  Jahre  spater,  1879,  siuil  Zuchten 
mit  einerntigen  Rassen  Frankreichs,  Italiens  und  Ja]uiiis  durch;,'« führt  worden. 
Die  Aufzucht  der  Maulbeerraupe  ist  nur  in  einigeu  Gegenden  Indiens 
m^Iioh«  dft  dtt  sehr  nnbestindige  und  ngneriiebe  Klima,  wie  i&  Oenttnl- 
indien  s.  B.  in  der  üngegnid  von  Bombay  and  llfadns,  eine  regelmfisrige 
Seidenkultur  unmöglich  macht.  Deshalb  ist  dieselbe,  im  Gegensatz  zu  ande» 
ren  Ländern  Asiens,  fiLst  ausschliesslich  auf  eine  Ttegend  beschränkt,  nnd  zwar 
in  Beugal  au  der  Mündung  den  Ganges,  in  Assam  läugs  des  Bramaputra, 
dann  in  Mussorieu  und  iu  einigen  Teilen  der  „Lower  provinces";  Mns- 
sorien  besitzt  flbrigens  nar  wenig  Bedeutong.  In  anderen  Ptavinzmi  In- 
diens, wie  Kaschmir,  wird  die  Produktion  an  Ort  und  Stelle  yerbraucht  und 
kommt  gar  nicht  iu  den  Verkehr.  Ausser  den  klimatischen  Verhältnissen, 
fallen  die  Vorurteile  der  Buddhisten  störend  ius  Gewicht,  welche  z.  B.  das 
Backen  der  Kokons  nicht  gestatieu,  wodurch  jeder  Grossbetrieb  unmöglich 
wird.  Dftnk  den  Bemflhungen  der  indischen  Begiening  verBchwinden  jedoch 
diese  Vorarteile  nach  nnd  naeh.  Es  ist  bemerkenswert,  dass  weder  in  Indien, 
noch  in  Assam  Kokonraärkte  abgehalten  werden;  die  Versorgung  der  ziem- 
lich zahlreichen,  teilweise  schon  nach  europäischer  Art  eingerichteten  Ifaspfl- 
anstalten  erfolgt  durch  Vermittler,  die  sogen,  „gumastas",  welche,  von  Dorf 
an  Dorf  lieheiid,  den  ehndnen  S^htnn  den  Vorrafe  abkanfon,  dar  selten  mdir 
ab  einige  „Kahans"  (Kahan  =  1280  Stück)  betragt.  In  qnanütatiTer  Hin- 
sieht war  die  indische  Seidenkultur  ehemals  von  nicht  geritq^  Bedeutung, 
wenn  auch  ihre  Kr/tnifxnissp  v\p\  tu  -wünschen  übrig  liessen;  zu  Bt'ginn 
unseres  Jahrhunderts  belief  sieb  die  Kokonproduktion  auf  20 — 25  Mill.  kg. 
Erst  seit  einigen  Decenuien  verfiel  sie  einem  unaufhaltsamen  Niedergang, 
der  Ttelfaeh  erOrtert  wurde  und  dem  entgegensuwirken  die  indisehe  Regie- 
nmg  ernstlich  bestrebt  ist.  Der  gegenwärtig  von  der  regelmässigen  Seiden- 
kultur in  Bengal  eingi-nommcno  Fllichcniulialt  hotriigt  284000  Acres,  d.  i. 
ungefähr  11.5  Mill.  Hektar,  während  vor  dreiNsiir  .Tahren  noch  35  Mill. 
bepflanzt  waren.  Als  huuptjiiicbliche  Ursache  des  Verfalls  wird  die  Kost- 
spieligkeit des  Areals  angegeben,  neben  dem  Umstand,  dass  sur  erfolgreichen 
Zucht  das  zarte  Futter  des  Zwergmaulbeerbaumes  erfordi  rlich  ist,  der  natar- 
gemüss  viel  Flächeninhalt  einnimmt;  die  Strauchvarietät  hat  dafür  den  be- 
sonderen Vorteil,  das'^  nie  bereits  drei  Monate  nach  der  Anpflanzung 
der  Ableger  ertrugstähig  ist.  Indien  besitzt  mehrere  (6)  Hauptra.ssen  des 
B.  mori,  in  ihrer  Mehrheit  yielemtiger  YatietSL  In  den  niedrig  gelegenen 
wannen  Distrikten  liefert  die  Maulbeemupe  gdbe,  auoh  grQnliche  KokonB» 
drei-  bis  fünfmal  jährlidi;  die  beste  QuftUtilt  wird  iu  der  kalten  Jahreszeit, 
vom  Oktober  bis  Fchninr  geenitet.  In  manchen  (legenden  heriMiht  die  ein- 
erntige Varietät  mit  j^^elben  und  weissen  l\ukt>u>  vor,  der  überwiegende  Teil 
der  Produktion  guliürt  jedoch  deu  mebrerut;geu  Itosseu  au,  die  seht  bis  neun 
Ernten  ergebim,  aber  nur  drei-  bis  viermal  aulgetttchtet  werden.  Die  Zeit* 


Digitized  by  Google 


254 


6eogra|ilii«  und  St«tUUk  der  SeidenkuUnr.  Brititch«  Indien. 


dauer  Tom  Auskriechen  lüs  sum  Eiaspinnen  betriLgi  20 — 22  TAgfi  im  Som- 
mer uud  45    50  im  Winter,  doch  kann  sie  nach  Alipt're*)  auf  16  bozw. 

Tnfjc  mluziert  wr-nlrn.  wrldiei-  Uni-fiiriil  hmiptsächliph  für  clif^jenigeii 
iUstrikie,  wo  die  J"'leckkranki»eit  nocii  stark  hervortntt,  von  Wichtigkeit  ist, 
da  di«8e  Zeitdauer  zu  kurz  ist,  um  ein  irgeudwie  uaiubaftes  Umsichgreifen  d«r 
Seuehe  zu  ermögliebea.  Die  Kaftieneinteilimg  der  indtsehen  Bevölkening  ist 
das  Haupthindernis  fttr  die  erfolgreiclie  Kinfiilirun^^  der  iinemiigen  R;t.sse, 
weil  sie  dem  SeidenzOchter  nur  voriiborgelioiidc  1).sili;il(itT(jnfT  iff-stattet. 
Nach  gotiauen  lk'rechiiunf,'«*n  erjfii'bt  ein  Acre  .Maulbferiiiaiituge  sechs  Muunds 
(1  Mauud  =  33,6  kg)  frischir  Kokons  jULrlieli,  was  eine  Totak-rnte  von 
1704000  Maunds  oder  57000000  kg  Kokons  ausniBcbeD  sollte;  thatsSehUch 
crfiit'bt  dersellH-  aber  nur  den  fiUiftfu  Teil  davon.  Ausbeute  beträgt  30  kg 
K'ikdiis  ju  r  Unze  Raupeiicit-r,  100  kg  frischer  KokoiiN  Ii.  fern  37,50  trockner 
und  11*0  kg  der  let/tt-n-n  1  5  kp  R»»h*^pide,  ein  sehr  ungünstiges  Vi-rhältnis. 
Aus  dem  üe^gteu  erhellt  zur  iieuUge,  dass,  bei  den  gegenwärtigen  uiedrigeu 
Preisen  der  Rohseide,  die  indische  Seidenkultur  so  lauge  kein  lukrativer 
Erwerbszweig  werden  wird,  als  es  nicht  geliogt,  die  Ras^  und  deren  £r- 
zeugni>se  in  qualitativer  Hinsicht  bedeuti'ud  zu  verbessern.  Man  befasst  sich 
"thrigeus  jetzt  damit,  die  Strtinohviinctflt.  ^T,  indica,  diireli  die  grosse  M.  ser- 
rat«  zu  ertk!tzeu,  im  aiigemiMneu  auch  andere  öfters  vorkommeude  Nähr» 
pflanzen  heranzuziehen,  beispielsweise  die  M.  aurantaaea,  Bodhmeria  l^irea 
(Bhea),  Ficus  religiosa  und  andere,  am  die  Kultur  wohlfeiler  und  allge- 
meiner zu  gestniteu. 

IHe  wirbt i<.;>ten  Distrikte  der  regelmässig  betriebenen  Seidouzucht  be- 
fiudeu  sich  gegenwärtig  in  Rajshahi,  Moorshidabad ,  Midnapoore,  Mnidah, 
Bardwan,  Birbbum,  Bogru,  Schissore  uud  iu  Aäsam  —  iu  der  Umgegend 
Too  Goalpara.  Wie  hereits  ohen  erwähnt,  besitzt  Indien  (Bengal)  keine  ur- 
sprünglich einheimische  Kasse;  die  jetzt  gezüchtete  wurde  aus  «ien  nörd- 
lichen Gegenden  Hindustaus,  wahrscheinlich  über  Bactria  uud  Kaschmir  -), 
oder  aus  China  importiert.  Dagegen  besitzt  Indieti  zahlreiche  Abarten  der 
gewöhnlicheu  ^luulixerraupe,  die  weiter  uuleu  aufgeführt  werden  sollen.  Die 
regelmissig  gezflckteten  BÜsen  Bengals  sind  meist  mehreratig,  nur  selten  ein- 
erntig;  die  ersteren  können  durdi  geeignete  Aufzucht  bis  auf  6  -8  Ernten 
jährlich  gebracht  werden,  docli  wi  rd»  n  üblichersveise  nur  3  -1  gesammelt. 
Das  lieste  Prndukt  st  heineu  die  Ernten  im  Oktober,  November  und  Februar 
zu  liefern,  dann  die  Märzemte  und  schliesslich  die  minderwertigste  Qualität 
die  Juli-  und  Augustemt«  (indisdie  Regenzeit). 

In  Bengal,  China,  Annam,  sowie  in  einigen  anderen  Distrikten  Indiens 
sind  nielirere  im  Freien  lebende  Bombyxarlen  heimisch,  die  ebenfalb  vom 
Maolbeerbanm  fressen  uud  ihrer  Lehensweise  und  entomuiogischen  Anzeichen 


')  The  text.  Munufucturer,  tBi>4,  p.  518. 

■)  Hutten,  Note»  oa  tbe  ladian  silkwonni.  B.  11. 


Oeognpbi«  mä  Statutik  dar  Smdenkaltar.  Britiidi-IiidieD. 


255 


nach,  als  Abatten  resp.  Prototypen  des  B.  mori  betrachtet  werden  köuaen. 
Die  Seide  dieser  Seid<H»piiiner  kommt  aawdleii  mit  der  eehteo  ISeide  ver- 
mischt in  den  Handel,  und  anch  die  Hassen  selbst  werden  öfters  gekreazt. 

Bs  ist  walirscbeinÜch.  c]a«s  gewisse  Gattnn^if'ii  der  chinesisciion  Gn-ircn,  die 
nnt(!r  der  H*>zeichntvng  Canton,  Tsatb'i's  im  N  crkt-lii-  vorkoiuincn  uml  stiiikor 
sind,  als  gewöhnlich,  von  diesen  Abarten  des  Maulbeerspinnera  herstammen. 

Die  dem  B.  mori  am  nächsten  verwandte  Theophila  Hnttoni  (West- 
wood), welche  in  wildem  Zustande  nnd  einerntiger  Varietät  lebend,  in  Moe- 
sorien  und  Simla  vorgefanden  worden  ist,  wurde  einige  Zeit  für  die  indische 
Urform  der  Maulbeerranpp  jjehnlten;  spätere  l'ntersuchunpc*  n  «tollten  in- 
desseu  fest,  dasä  die  iudiächen  Mnulbeerspiuner  (auch  die  in  halbwildem  Zu- 
stande lebende)  mtht  einbeimiscb,  sondern  importiert  sind. 

Bombyx  textor  (Hutton)  ^)  wird  von  den  Eingeborenen  in  Oonatea,  Se- 
ramporo,  Hughli  als  „boro  jioloo"  (grosser  Wurm)  bezeichnet,  was  tbat- 
Siicbüch  nnrichtig  ist,  denn  i  r  Ist  kleim  r,  a's  tlie  «n^hte  M^aulbeerruiipe. 
derselbe  liefert  ein-,  unter  ümstäufleii  zweimal  jührlii  Ii  in  Hengal  und  Assam 
weisse  zugespitzte  Kokons.  Diese  iiaupenart,  welche  ni  Bengal  weisse  Ko- 
kons spinnt,  ersengt  in  kälterem  Klima  Musaoriens  indessen  nur  dann  weisse 
Kokons,  wenn  die  Raupeneier  ans  Bengal  herstammen,  dagegen  gelbe,  wenn 
die  Aufzucht  in  Mussorien  selbst  erfolgt  ist. 

Im  eigoiitlichen  Sinne  des  Wortes  r^gelmBssig  gesfichtet  werden  fol- 
gende Varietäten: 

Bomb,  fortnnatos  liefert  inSardab  und  Kajshuhi  uiebruials  im  Jahre  kleine 
goldgelbe  Kokons  und  wird  von  den  Eingeborenen  Desai  oder  Cbata  poloo 

genannt,  was  den  eiuh»  heu  resp.  kleiiieii  Wann  bedeuten  solL  Trotz 
dieses  Präilikats  ist  fiueh  diese  K.iupenart  nicht  indischen  Ursprungs,  sondern 
stammt  mi'^  Af;5!;ui)  in  r.  Dass  «ich  die  Seidenrassen  in  Indien  im  Zustande 
der  Dekadtui  behiideii,  geht  aus  dem  Umstände  hervor,  das«  mit  dem  B. 
fortunatus  gegetiwärtig  bei  höchster  Sorgfalt  nur  3—4  Ernten  enielt  wer- 
den, wahrend  früher  sieh  mit  Leichtigkeit  6 — 8  G'enerationen  aufsüohten 
liessen. 

B.  meridionalis  iit  in  Cuddapah,  Madras  und  Koimbatore  heimisch. 

B.  Oroesi  (Hutton)  ist  chiueaischer  Herkunft  und  wird  in  ziemlich  aus- 
gedehntem Maßstäbe  in  Bengal,  Rajshaht,  Birbhum,  Serumpore  und  Assam 
gesOchtet;  er  ist  mit  dem  assamesisehen  kleinen  „pat"  identisch  und  wird 
als  nistry  oder  madrassee  poloo  —  auslruKlischer  Wurm  —  in  Bengal  und 
als  chota  poloo  in  Assam  bezoichnct.  Nach  Indien  wurde  er  um  die  .Jahre 
1820 — 30  eingefilhrt  *).  B.  Croesi  liefi  rt  iu  gänzlich  wild.-uj  Znstande  atif 
dem  Maulbeer-  und  Feigenbaum  mehnnuls  im  .Jahre  (zuweilen  7 — 8)  kleine, 
goldgelbe  Kokons,  die  eine  sehr  fäne  Faser  lieftnn  (0,016 — 0,018  mm). 


')  Button,  Notes  on  the  Indian  Bombjcidae,  1871* 
*)  Hut  ton,  Notes  od  tbs  ailkwoniM  of  India. 


Digltized  by  Google 


256 


0«(i!gi»pbie-  imd  Statkfcik  d«r  Sflidenknltor.  Biiü«eli>iiidi«D. 


Ettltiviffit  dauert  seine  Bnitseii  8 — 9  Monate,  weshalb  ihn  die  Eingeborenen 
lehemia-pftt  —  Ua^fuaoet  Wnnn  nennen. 

B.  arracantM)si«i,  in  Birma  einheiini^tch,  ist  mehrerntig  und,  Uefeit 
weisse  oder  gellie  kokuim  mit  feinfadiger  Seide. 

Von  den  in  Assam  Torkommeaden  maulbeerfressenden  Seidenspinnern 
liast  sieh  nicht,  wie  Ton  den  indiaehoi,  mit  Sicherheit  behaupten,  ob  sie 
originell  oder  importiert  sind.  Der  grosse  oder  langsame  Wurm  (lehemia- 
pit)  ist  walirsclit'inlich  eine  Abart  des  R.  raori;  während  Button  u.  A. 
denselben  für  B.  textor  erklärt  haben  halten  ihn  Anden*  für  di(^  ori<;iaeU 
assanteüische  Ursprungsform  des  B.  mori.  Der  „boropuluo''  vuu  Assam 
^innt  gelbe  Kokons,  welche  aber  nach  Eintauchen  in  alkaHsche  Lö- 
sungen weis.s  werden.  Der  kleine  „I^t''  von  Assam  oder  „chota  poloo", 
B.  Croesi  nach  llutton,  !i»^fort  weisse  Kokons,  deron  Seide  minderwertiger 
ist,  als  dii'  (.h-r  vorherigen  Seidenraupen;  er  ist  mehrerntig. 

Trotz,  oder  richtiger  infolge  des  grossen  lUichtiuns  an  halbwilden  Maul- 
beerraupen, fehlt  es  der  noch  sehr  unvollständig  ausgebildeten  und  mangel- 
haft geleiteten  indischen  Seidenknltur  an  der  nötigen  Vollkomnienhnt,  um 
sowohl  ihre  natürlichen  Reichtümer  auszunutzen,  als  diese  in  passender  Weise 
zu  verwerten  Die  Gesamtprodoktion  Indiens  dfirfte  auf  folgende  Mengen 
abgeschätzt  worden: 

Bengul    .    .  . 
Mussorien  . 
Aiisam    .    .  . 
Lower  Provinoes 
Im  ganzen 

Auf  der  indochinesischen  Halbinsel  ist  die  Seidenzucht  beinahe  übprall 
verbreitet.  In  Tonkiu  gcbüren  die  Maulbeerplantagen  fast  zu  jeder  Haus- 
wirtschaft; infolgedessen  ist  die  Seide  eines  der  hanptsieblichsten  Eneng- 
nisse.  Man  zSchtei  fiberall  ansschliesslich  gelbe,  mehremtige  Rassen.  Die 
wiebtig.sten  Distrikte  sind  in  Tonkin:  Kescho,  Bintbuang  und  Tnran. 

Die  toukinesischeii  Kokons  werden  iti  beträchtlicher  Mengen  nach  Tliina 
exportiert.  Die  Entwickelung  der  ^>eidenkultur  in  Tonkin  schreibt  man 
dem  Umstände  za,  dass  die  Bevötherung  bei  der  Entfernung  vom  Hofe 
Ton  IIu4  imd  infolge  der  Widerstandskraft,  welche  sie  sich  —  als  Nachbarvolk 
Chinas  —  angeeignet  hatte,  weniger  unter  den  Equ'essungen  zu  leiden  hat 
und  sich  einer  gesicltcrtcn,  von  Gewinn  begleiteten  Arbeit  wiilnien  kann. 
Die  anoamitiscben  Provinzen  weisen  minder  günstige  Verhältnisse  aul;  die 


■)  Stack,  Silk  in  Assam,  1884. 
*)  Liotard,  Memorandam  on  Silk  in  ludia,  I    Caloitta  1883. 
Geoghegan,  Some  aeeooat  ef  Silk  fnbidia,  Mpecially  ot  the  varioos  attsmiits 
to  sneovrsfs  aad  eitend  serisitltare  in  thaft  eonntry.  LimdoB  1B74. 


480OU00  kg  Kokons 

400000  „  „ 
2900000  „ 

sooooo  „  „ 

8400000  kg  Kokons. 


Digitized  by  Google 


Ocographi«  und  Statistik  d«r  Mdcnkvliar.  Indiwb-Chuia. 


257 


Bevölkerung  ist  weuiger  dicht  uud  mit  Abgaben  belastet.  Man  züchtet 
hier  mebremtige  Rassen,  sammelt  jedoch  nur  eine  oder  zwei,  selten  drei 
Kolnmeniteii.  Die  Sdde  ist  sumeist  gelb.   In  Kambodaoba  ist  der  Boden 

fruchtbarer  als  in  Annum  und  die  Maulbeerplantagen  hSuflger,  man  erntet 
hier  jedocli  viel  weniger.  Die  Kokons  sind  die  kleinsten,  rlie  man  In  Indisch- 
China  erntet  (25  mm  Länge),  von  gelber  Farbe.  Die  Znchtt?n  haben  ihren 
Sitz  in  den  £beneu  nördlich  von  Penum-pengh;  auf  der  lusel  Ksach>Kondiil 
gewinnt  niftn  gute  Seide  und  vemrbeitefc  de  in  Battambong  und  Aogkor, 
wo  die  sehr  gesuchten  Langatis,  eine  Art  SehSrzen,  fabriziert  werden. 

In  Siani  ist  die  SeidoMOcht  von  wenig  Belang.  In  der  Mitte  des 
XVIII.  Jahrb.  waren  hier  grosse  Fortschritte  zu  verzeichnen,  die  seit  dem 
unglücklichen  Krieg  gegen  die  Birmanen  aufgehört  haben.  Die  gezüchteten 
Rassen  sind  dnrchgehends  gelb  und  mehrerniig;  die  Aufzucht  dniMWi  30 
Tage.  Der  Kokon  wird  in  einem  Tage  fertiggesponnen;  noeh  9—10  Tagen 
krieeht  der  Sehmetterling  aus  und  bereits  9  Tage  nach  dem  Kierlegen 
kon^mt  die  neue  Ranpengeneration  an  diis  Tagesliclit.  Da  die  Kokons 
sofort  anfgearheitet  werden,  so  keimt  mau  dos  Dörren  niclit. 

Dm  warme  und  leuchte  Klima  den  französischen  Nieder- koL»chmchiuu.s 
macht  die  Seidenknltur  besondere  leicht  und  mflheloB.  Zahlreiche  Maul- 
heerplantagen gewahren  fQnf  und  sechs  Blätteremten  im  .Tahr.  Man 
züchtet  eine  kleine,  gelbe,  mehrerntige  Kasse,  die  mau  für  die  r)e8si-Polu 
von  Bcngal  hält.  Die  Kokonliülle  ist  sehr  zart.  Tut  Kreise  Chandra 
Kotschinchinos  züchtet  man  drei  \  arietäteu  des  eiuheiniiscben  B.  mori:  tam- 
se«  baü-diefl  nnd  hafi^U,  wovon  die  erstMW  blnsgelbe,  die  anderen  dunkel- 
gelbe  Kokons  ensengen.  Alle  mnd  mehrerntig,  können  bis  seehs  Generationen 
jährlich  erleben,  werden  jedoch  nur  dreimal  gebrtttet.  Da»  Backen  erfolgt 
mittels  kochenden  Wa.ssers,  das  Haspelverfahren  ist  i^ohr  ^irimitiv.  Ko- 
kons, Abfsille  und  Gewebe  werden  nach  (jhalon,  Singapore  und  China  ex- 
portiert; der  grösste  Teil  wird  jedoch  im  Lande  selbst  verbraucht.  Der 
Seidenbau  Kotsebinehinas  wird  gew5hnlieh  untersehatat;  unter  richtiger  Fflr* 
eotge  würile  derselbe  durchaus  zu  einem  umfangreichen  nnd  gewinnbringenden 
Gewerbe  erblühen.  Im  Kreise  Loug-Xuyen  giebt  es  zwei  Hassen:  täm- 
liem  (gelber  Wnrm)  nnd  tam-nna  oder  bau-bi,  deren  dreierntige  Kokmis 
bei  blatiser  Farbe  von  niiuderer  Qualität  sind.  Die  Eingeborenen  versuchen 
▼ielbeh  eine  Kreuaung  der  beiden  Rassen  miteinander,  jedoeh  ohne  be- 
sonderen Erfolg.  Da  die  Weherei  Long-Xuyens  in  «iemlieh  bedeutendem 
üm£ange  betrieben  wird,  so  findet  keine  Ausfuhr  der  Rohstoffe  statt,  Ober- 
dic"  werden  noch  K'nkons  und  Rohseide  aus  benachbarten  Kreisen  und 
ans  China  eingeführt. 

Im  et^lischen  Birma  ist  die  Scideuzucht  ziemlich  verbreitet  uud  hat 

ihre  Sitae  in  Pegn,  Assam,  Arracan  und  Tenasserim;  ihre  Erzeugnisse 

sind  jedoch  TOn  minderwertiger  Qualität.    Im  unabhängigen   ßirma  ist 

der  SeidenLan   wenig  entwickelt.    Mau  züchtet  mehrerntige  Würmer  an 

den  Uferu  des  irawaddi.  Dagegen  iat  die  i^eideoweberei  in  blühendem  Zu- 
SilberBBim,  nie  Seid«.  ]7 


Digitized  by  Gov  . 


258  Gaognphi«  nnd  Statistik  dar  Mdmlciütar.  Birm*.  CMindiMlM  Kolonien. 


standet  vcaA  ihn  Eraengnitie  werden  in  ChiiMh  Indien  nnd  Slam  aoger  den 

europöischeu  vorgezogen. 

Bei  den  uaabbängigen  Völkern,  dlo  das  womV  •  rforsdite  Territorinm 
zwischen  Annam,  Kambodscha  und  Siain  einnelmieu,  scheint  die  Seiden- 
kaltur  ein  verbreitetes  Hausgewerbe  ae'm.  Die  Laos  und  Khäs  suchten 
gelbe  Raaten  und  Terkanfen  einen  Teil  ihrer  Seiden  in  Slam  nnd  IKmia. 

Im  gnmen  nnd  giansen  heBttct  Indisch -China  nur  lokale  Bedentnng, 
da  seine  Erzeugnisse  nur  mittlerpr  QualitJit  sind;  es  ist  aber  nicht  ansge- 
scblosson.  dass  dieses  Gebiet  iu  Zukunft  auch  l'ilr  den  iut^irnationalen  Han- 
del üocli  von  Wichtigl<eit  werden  wird.  Die  Gesamtproduktion  kann  auf 
1 4600000  ]Kg  Kokona  geaetölst  weiden  nnd  «war: 


Tonkin  .  .  .  12000000 
Kotschinchinft,  900000 
Annam  .  .  .  500000 
Kambodscha  .  300000 
Binna  .  .  .  200000 
Übrige  Pw>nnien  700000 
14600000 


Sowohl  die  Holländer,  wie  die  Spanier  liabeu  versucht,  die  Spideu- 
kultnr  in  iliren  ostindischen  Kolonien  einzuführen^  jedoch  ohiu  günstige 
Endreanitale.  Die  niederlSndisebe  EolonialTerwaltnng  unternahm  1718  die 
Zuchten  und  verfolgte  sie  wShiend  anderthalb  Jahrhunderten  mit  grosser 
Ausdauer;  im  J.  1735  konnte  man  schon  3000  Pfund  Spidp  nr\rh  Holland 
versenden.  In  spaterer  Zeit  tmt  jedoch  eine  Defrenerierung  der  Hassen  ein, 
die  sich  nicht  aufhalten  lie&s.  Auf  Java  wurden  nm  das  Jahr  185ö  muster- 
hafte ZOchtereien  eingerichtet,  die  namwüich  »ir  Zeit  der  Seidenkmok- 
heiten  in  Europa  wertvolle  Dienate  leisteten,  aber  aneh  tie  unterlagen 
nachtraglich  den  Ranpenseuchen  (1866),  und  die  javanische  Seidenzucht 
vermochte  sich,  trotz  der  vielfach  versuchten  StSrkuncr  durch  Kreuzungen 
mit  italienischen  nnd  chinesischen  Rassen,  nicht  wieder  zur  früheren 
Biate  emporantairingen.  Immerhin  ▼erfUgen  Java  und  andere  der  Snnda- 
Ineeln  nher  Snaaeret  geeignete  Boden-  nnd  EHmaTwhAltniaae,  waa  schon 
daraus  hervorgeht,  dass  hier  eine  Menge  halbgezQchteter  und  wilder 
Seidonspinnt  r  heimiscli  ist,  die  nicht  einmal  entoniologisch  hezeichnf^t  sind; 
von  deu  belvuunteren  leben  hier  Act.  inoenaS|  Bomb.  Horsficldüi  Bomb.  Wa- 
riugi,  B.  Teysmaui  und  viele  andere. 

Anf  den  Inseln  Sumatra  nnd  Borneo  ist  der  Seidraban  nie  in  grüs- 
aerem  Mafse  gepflegt  worden,  er  besteht  jedoch  seit  geraumer  Zeit  nnd  ee  ist 
sehr  wahrscheinlicli,  dass  sowohl  der  Maulbeerbaum,  wie  die  Seidenraupe 
daselbst  einheimisch  sind.  Die  Klimaverhältnisse  der  beiden  Inseln  sind  der 
Seidenzucht  besonderti  günstig,  die  gelben  und  weissen  Kokons  sind  von 
guter  Qualitftt  nnd  ezportf&hig. 


Digitized  by  Google 


Oeogmplii«  und  Stefäitik  dar  Sflidanknltor.  Ghina.  269 


Nieli  dfln  Pliilippilieninteln  ist  die  Sddennape  nnd  ihn  NKlirpflam* 

gegen  das  Jabr  1593  eiDgefQbrt  worden,  nämlich  nach  den  Prorinzen  Bia- 
<iaya  nnd  Lazon.  Man  wpiss  nichta  über  die  Erfolge  der  Znelttt  M  r^a  keiner- 
lei Öpuren  derselben  zuriickgebliebeu  sind.  1780  erneuerte  man  die  Versuche, 
«Ua  yoq  den  Eingeborenen  anfanglich  mit  Freude  uufgcnommen  wurden, 
■spftter  abor  f^slieh  eingingen. 

Auf  der  loiel  Taiti  hat  man  frUhar  die  Seidenkoltur  in  geringen  Um- 
fange betrieben. 

Wir  tcommeri  jotzt  zur  Besprechnnf»;  Chinas,  einfs  Land^  des&en  Be- 
deuiuQg  für  die  Seidenlcuitur  von  ausschlaggebender  Wichtigkeit  igt.  Die 
Seidenmeht  befindet  eich  in  China  in  beeonders  günstigen  YerhUtniMen; 
geeignetes  Klima,  billige  Handarbeit  nnd  Erfalmiiig  von  Jabrtawenden  haben 
derselben  eine  Ausdehnung  verliehen,  die  als  die  bedeutendste  unter  allen  seiden- 
erzeugenden Ländern  zu  bezeichnen  ist.  Ungoheure  Vollcsniajaen,  die  ihren 
Unterhalt  in  der  Zucht  des  Maulbeerspinuer»  suchen,  wenden  ihre  ganze 
Fttnoi]ge  nnd  allen  Flein  dieeero  nationalen  Gewerbe  an.  Millionen  Ton 
Familien  leben  nur  von  nnd  Ar  die  Sei^knltnr.  Man  mnm  die  Verhilt- 
nisse  Chinas  kentitn,  um  zu  ersehen,  wie  tief  die  Gewinnung  und  Verar- 
beitung  der  Seido  in  die  Sitten  und  den  Wohlstuud  der  Bevölkerung  ein- 
greifen und  zugestehen,  dass  sie  in  keinem  iindercn  Lande  der  Welt  in  so 
«usgeprügteiu  Sinne  volksiumlicbe  Gewerbe  bilden.  Der  Uauptvorteil  chine- 
«iaeber  SeidenkvUnr  li^  in  dem  miaalgen  Klima;  die  Jabieneiten  entp 
«i^ln  sieh  regelmässig  und  die  Ausfälle  in  der  Produktion  lind  geringor, 
als  anderwärts.  Der  Seidenworm  ist  das  einzige  Tier,  das  in  China  kulti- 
viert wird.  Der  Maull)eerbuum  nimmt  wenig  Platz  ein  und  »'iitzieht  der 
Reis-  and  Theekultur  am  wenigsten  Boden.  China  hat  in  den  Krankheit»- 
jähren  Ininarln  Hilfe  geleistet;  die  FkndnlHmn  hat  daher  keine  grossen 
Yerlndemngen  in  QnanlitU  nnd  Banen  er&bren.  Die  letateren  laaaen 
■ieh  übrigens  nur  schwer  modifizieren  nnd  Terharren  beatSiidig  in  ihren 
£^|enschaften.  Die  in  China  durch  Italiener  und  Franzosen  unternommenen 
Orainiemngen  haben  keine  besseren  Produkte  ergeben,  als  die  einheim!.scben. 
lu  Europa  zeigten  die  chinesischen  Würmer  gegen  Krankheiten  nur  ge- 
ringe Widerstandekraft.  Es  giebt  in  China  keine  ünterriehtsanstalten  für 
Seidenkultur,  es  besteht  aber  seit  undenklichen  Zeiten  in  Peking  eine  durch 
dfü  Kaiser  uuterliiiltene  Zuchtanstalt  mit  Maulbeerplantagen.  Mehrere  der 
dem  Geiste  od<-r  der  Güttin  der  Seidenraape  geweihten  Tempel  sind  wahr- 
hafte E)eidenraupenhiiu8er. 

Der  nftrdlidie  Teil  Chinaa  nmfaasi  Linder,  deren  Bedeutung  für  die 
Seidensneht  infolge  dee  wen%  gOari^en  Klimas  im  Yeigleieh  sn  den  anderen 
Teilen  des  Reiches  verschwindend  klein  ist.  In  der  Mongolei  werden  weisse 
Hassen  gezüchtet.  In  Sehen -kinj^  (cliinesi-^che  Maudschurei)  ist  die  8eiden- 
xncht  verbreiteter,  die  Seiden  besitzen  aber  wenig  Glanz,  obwohl  sie  äussei-st 
'elesHieh  sind.  In  Pe-tschi-Ii,  Schcn-si,  Schan-si  und  Kansu  ist  die  Seiden- 
kttitnr  nur  toh  geringer  Bedeutung.  Die  Seiden  der  ProvinsShantung  zeiehnen 

17* 


Digitized  by  Google 


260 


Gwgr^phM  ond  Statirtik  d«r  Seidookaltur.  Qüda. 


flidi  durch  ihre  prachtvolle  wei^  Farhe  aus.  Im  Westen  dieser  Provinz  (Ping- 
ta-tsclun,  Teng-taclien)  werden  auch  gelbp  K'ol-ous  nrzpugt,  ebenfalls  von 
bcsondertT  (^rüte;  ein  guter  Teil  der  Produktion  wird  im  I. finde  selbst  ver- 
braucht. Die  Maulbeerplantagen  sind  in  der  Mandschurei  überall  zerstreut; 
imder  fbr  Zneht,  noeb  fBr  das  Happeln  giebt  es  grössne  Anstelteo. 
Der  „SddMunmn  des  Himmels",  tien-Iu-tsan,  wie  es  sefaeint,  an  Proto- 
tvpus  des  B.  mori  (Theophila  niandarina),  ist  in  dieser  Provinz  originell 
und  heimisch  und  liefert  eine  sehr  feinet  gÜnsende  Faser,  die  8ang-«hien-«e 
genannt  wird*). 

Der  centrale  Teil  Chinas  ist  f&r  die  Seidenkol  tur  am  wichtigsten.  Die 
Provinz  t  welebe  als  die  meisteneugende  flr  den  answirtignn  Handel  das 
giQsste  Interesse  biet^  ist  Tsche-kiang,  dessen  Produktion  den  Besden- 

niarkt  von  Shanghai  versorgt;  indessen  nicht  die  ganze  Provinz,  son- 
dern nur  die  dicht  an  Shanghai  gr^nzpudon  Distrikte  sind  an  dem  aus- 
wärtigen \erkehr  beteiligt.  Die  wiclitig^teu  (Vutren  sind  Tai-tscheu 
nnd  Tslin-tsebea.  Äneh  die  Provinz  Kiang-Su  hat  nennensw^e  Pl&tze 
der  Seidenkoltar,  die  hauptsächlich  längs  des  „greisen  Kanals**  gelegen 
sind.  Die  hervorragendsten  Ortschaften,  wo  die  klassischen  Rassen  ge> 
zogen  werden,  sind:  Hu-tscheo,  Li-yang,  Yang-tschtu,  Su-tscheu,  Sn- 
tsien  u.  a.  Der  grösste  Teil  der  in  Kiang-Su  produzierten  Seiden  wird 
Aber  Shanghai  nach  Europa  versandt.  Kiang-Su  ist  die  Heimat  der  (1772) 
nach  Fcankrsoeh  verpflanzten  aasgezeiehnetai  Rasse  Sina.  Die  geMr^pge 
Provinz  Ss-tschuen  im  Westtn  Chinas  betreibt  die  Seidenzucht  im  Noid- 
Westen  nnd  Südosten  in  folgenden  Distrikten:  Laug-fu,  Fung-tscheu-fu, 
Paoning-fu,  Tscimng-tscheu-fu  und  Shim-king-fn.  Die  IJassen  sind  gelb 
nnd  weiss;  die  letzteren  werden  speciell  iu  Kia-tiug,  Kien- tscheu  und  .Sin- 
ischen  enengt.  Der  Verhraneh  an  Seide  ist  im  Lande  selbst  nngehewr 
gross,  doch  gelangt  auch  ein  Teil  der  Produktion  ülier  Yan-tse-kiang  nach 
Shanghai.  In  der  Provinz  Honan  hat  der  S^-idenban  seinen  Sitz  in  den 
o?rtHchen  Distrikten,  in  Tnole-ki^n  und  Hoai'-king;  dn-j  wirlitiggte  Centrum 
ist  öi-hien.  Die  iVovjaz  Hupeh  betreibt  die  Seideuzucht  in  ihrem  öst- 
lichen Teil,  in  Maishing,  Hoang-tscbea  nnd  an  «odereD  Orten.  Die  Stadt 
Hoang-kao,  die  eine  grosse  Rolle  im  Seidenhandel  spielt,  liegt  in  dieser 
Provinz.  In  Ngan-hoei  sind  am  wichtigstm  die  sfidltstliehen  Distrikte,  nnd 
swar  Tntonir  und  TsJii-t.s'chen-fn. 

Der  südliche  Teil  Uhnias  besitzt  eigentlich  uur  eine  wichtig'''-  Provinz, 
Kuang-tung,  dessen  Produktion  einen  grossen  Teil  der  Ausiubr  deckt  und  das 
die  beiden  wiebtigsten  Exporthifen,  Kanton  nnd  Hoog-kong,  zn  den  seinigen 
zählt.  Distrikte  westlich  von  Kanton,  die  nm  Koong^ning-hi  und  Kuan^ 
tscheu-fu  herum  liegen,  pro<iuzi.  r.  n  :im  mcistrn :  dir»  übrigen  Distrikte 
sind  Lao-liog-tscbea,  Hoei-tscbeu,  Lieu-tschea  u.  a.   Die  geschätztestoif 


')  Hugues,  China  ailk  Catture.   Shaagboi  1S31. 
filatistieal  departsmeoti  of  the  iaspect.  gsn. 


Digitized  by  Google 


0«Qgrftpbje  «od  Stetbtik  d«r  Scidettkoltur.  China. 


261 


weisMii  Kokon«  «tammen  ans  Lang-ldang  und  Lnng-tsohan.  Gitatanteib  (%) 
sind  es  mehrerntige  Russen,  die  „lun-yaP*  genannt  werden.  Diese  zerteilen 
sich  in  Tajsani  und  Lundscheut;  die  erste  rJoneration  dt-r  Taysamkokons 
wird  nur  selten  vt  i  haspfllt,  sondern  sofort  7ur  weiteren  Autzucht  verwendet. 
Dasselbe  geschieht  mit  Loudscheat,  nur  dass  »ich  hier  die  Procedur  sechsmal 
wwdediolt,  ehe  Uie  Ernte  Ittr  die  Seidengewunmig  beitimmt  wird. 

Die  Qxaporftiiglielie  Form  der  ohineaiiehen  ManllieernHipe  aokdlnt  in  der 
Provin»  Twbe-kiang  ihre  Heimat  gehabt  zu  haben,  wo  dieselbe  noch  heut- 
zutage in  wüdom  Zustande  lebt  und  Tien-seng-tsan  (Wurm  des  Himmels) 
genannt  wird.  Die  betreffende  Seidenmupe  ist  kleiner,  als  B.  mori  und 
liefert  zweimal  jährlich  graue  Kokons,  welche  Tien-shin-sse  (natürliche 
Bode)  geben.  Naeh  der  Ansieht  Ton  Moore  enseugt  der  nrsprttngliehe 
llaulbeerwnim  im  allgemeinen  keine  weisse,  sondern  eine  naturfarbene  Seiden- 
faser;  die  weisse  Farbe,  welche  nrst  duich  geeignete  Znclit  erzielt  wird« 
dürfte  als  Abschwächungsmi  rkmal  der  Rasse  betrachtet  werden. 

Fast  jeder  seideuerzcugende  Bezirk  kaon  seine  eigene  Rasse  aufweisen, 
so  werden  s.  B.  im  W«rl»  nTia-hn-hingHdni**  niefat  weniger  ab  13  Äxten 
-dei  BlaalbeNTwarmee  nntereebiedea;  in  Tach^kiang  allein  dnd  i  Gattangm 
bekannt Ks  s(  beint,  dass  ausser  dem  B.  moxi  im  Norden  Chinas  in  der 
Torgeschichtliclieii  Zeit  noch  eine  Manlboerrftn|)e  vorkam,  die  mehrenitig 
und  verschieden  von  der  gewöhnlichen  war^);  dieselbe  soll  thatsächlich  von 
Castellaui  in  Tschekiang  vorgefunden  worden  sein,  wo  sie  als  „nize"  be- 
kannt ist  und  weisse  oder  grfinliohe  Kokons  liefert.  Gkgenwftrtig  werden 
in  China  folgende  wieht^jere  Abarten  des  B.  mori  unierschieden: 

1.  Peb-pi-t.san,  eine  zwei-  oder  dreiemtige  Art,  die  weisse  Kokons 

und  gelbliche  Seide  liefert. 

2.  Hoang'kiao-tsau,  mehrerutig,  erzengt  gelbliche  Seide  und  ist, 
nach  der  Anaiefat  von  Moore«  eine  intermed^re  Art  zwischen 
B.  mori  und  B.  sinensis. 

3.  San-tsan,  erji^ebt  weisse  Eokons. 

4.  Lnng-kiao-tsan  und 

5.  Hoa-tsan. 

Ausser  diesen  kommen  hie  und  da  noch  einige  Ton  den  bei  den  indi- 
schen Maulbecrraupen  erwähnten  Bombyxarten  vor,  sowie  die  den- 
selben nahosteli enden  Arten:  Tien-tseug-tsan  (Theophila  mandarimi  nach 
Moore)  und  Ta^en-tsan  (B.  meucius  nach  ßondot),  welche  zweierntig 
und.  Im  aUtl^liohen  Verkdir  d«r  Chinesen  werden  den  Sddeninssen  noeh 


■)  Moorhead,  Report,  Silk,  1881. 
Hütt  OH,  rt,,  the  reveroon  sod  iMtontkui  of  tke  «Ukwocm  (Tbe  Ina»,  «f  th« 
Entom.  Soc.  ot'  London  III.  2). 


Dlgltlzed  by  Google 


262 


GMgcapbie  and  Statwtik  4er  S«id«&lniltiir.  Ciäa^ 


die  maniiigfalt%sten  Bmemmngeii  beigegeben,  weldbe  nadt  üiTer  Lebentwe»«^ 

ihrem  Äusseren,  ihrer  Herkunft  etc.  gewählt  werden,  z.  B.  Tschin-stan,  der 
sweiemtige  Wurm;  Lao-hiai-cul-tsau,  der  Wurm  des  späteren  Herbste«; 
Thsn-tsan,  der  Wurm  aas  Thsu  (Hu-kuaog)  herstaaioiend,  u.  s,  w.  Uber 
die  Ertragslahigkeit  der  chinesischen  mehrerntigen  Rassen  geben  nach- 
sfcdieiide  Zeblen  AufiMtUoM  und  kaini  wm  deneelboi  auth  ngleicb  die  Zn* 
sammenntcimg  der  Kokons  des  Sbing-pi-tsan  in  ihren  einidnen  Beetend- 
teilen  ^  mg)  eiaeben  werden: 


Haspelbwer 

Flock- 

Innere 

Faden 

seide 

Kokonhant 

Puppe 

Ziieite  Ernte  61 

26 

12 

186 

Dritte     „  44 

22 

11 

189 

ViiTte     „  26 

2d 

11 

97 

Fünfte    „  31 

12 

9 

118 

Sechste    „  20 

13 

12 

96 

Die  Ausfuhr  cliiiiesi.scher  Kokons  hatte  früher,  trotz  der  derselben» 
seitens  der  Regierung  gemachten  Schwierigkeiten,  eine  nidit  geringe  Be- 
deutung. Die  Au^giebi^kat  der  Eokons  beim  Verbaqpeln  Tenninderte  sieh 
aber  von  Jahr  zu  Jahr;  m»  betrug  durchscbnittlich  12' ^  kg  Kokons 

pro  k^'  Kollseide,  gegen  nur  10  kg  1860.  1883  wurden  161000  kg  Ko- 
kons exportiert. 

Was  die  Ausdehnung  und  Produkt ionsgrusse  chinesischer  Seidenkultur 
anlangt,  so  kSnneii  nur  annähernde  Werte  aufgestellt  werden,  da  bei  einem 
in  so  ungeheurem  Mafsstabe  und  auf  so  w^ten  Strecken  betriebenen  GeWttrbe 

genaue  statistische  Daten  nicht  gesammelt  werden  l<önnen.  Es  mag  anch 
bemerkt  wirdcii,  dfiw  die  Prodtiktiuii  Chinas,  uhgestheu  von  geringen 
Schwankungen  von  Jahr  zu  Jahr,  seit  einem  Decennium  durchschnittlich 
auf  gleicher  Hdhe  stehen  bleibt  IKes  ist  aber  eine  unmittdibare  Folge  des 
strengen  Konservatismus  der  Chinesen,  die  zühe  an  den  Znchtmethoden  ihrer 
Vorfahren  festhalten  und  alle  in  Japan  und  iu  Europa  bereits  vor  Jahrhunder- 
ten eingeführten  Verbesserungen  verjiönen,  wie  z.  B.  das  rationelle  Dörr- 
verfabren.  Die  Züchter  bauen  genau  nur  soviele  Kokons  au,  als  sie  gewiss 
nnd,  in  ungedorrtem  Zustand«,  d.  i.  in  der  knnen  Zeit  von  etwa  2  Woohen, 
selbst  Terarbnten  su  kftnnen.  Die  Ernte  wird  somit  quantitaü?  durch  cBe 
Zahl  der  vorhandenen  Haspelapparate  beeinflusst.  Es  ist  zweifellos,  dass  atl- 
mablicli,  vor  üIIi  :n  aber  mit  Einftihrnng  der  europäischen  DSrrverfahren, 
die  Kokonernteu  Chinas  eine  sehr  beträchtliche  Steigerung  erfahren  dürften.. 
£s  werden  geemtet  in: 

Tsch^-kiang:  Hu-tscheu-fu    .    .    .    37000000  kg 
Hang-teeheu-fu  .   .   .   14600000  „ 
Kia-hittg-fn     .   .   .     9600000  „ 

61100000  kg 


Digiii^uu  L>y  ^üOgle 


Qflogn^plue  and  StattatUc  der  Setdnknttor.  Koie».  Japan. 


263 


Tscb^-ldaag   61000000  kg 

Kuang-tung   43000000  „ 

Kiang-Su   21200000  „ 

Ss-tschuen   19800000% 

Hönau   8500000  „ 

HupA   6100000  H 

ShsDtung   2700000  „ 

Np^nii-liaei   1800000  „ 

Hunau   löOOOOO  „ 

Übrige  Provinzen,  Mongolei, 

Mandseliiird,  diin.  Tnrkestan  A 300000  „ 


Im  gansen  ITOOOOOOO  kg 

Nach  Korea  ist  die  Soideukultur  ungefähr  anf  dieselbe  Weise  gebracbt 
worden,  wie  nacli  Khotan.  Der  Kaiser  Ou-ouang  fiberliess  seinem  Minister 
Kitsse  das  Fürstentum  von  Tschao- Sien .  wclcliea  den  grössten  Tf^il  der 
koreanischen  Halbinsel  ausiuachte.  Nach  dem  Bericht  deä  Historikers  Man- 
t«a-Hn  übartnig  Eitaae  die  Seideainclit  heimlich  in  sein  Land  und 
hai  das  neue  Gewerbe  hanpisBchlich  in  dem  Slaale  Mahan  rasche  Verbrei- 
tuu!^'  gefunden  (XIT.  Jahrb.  v.  Chr.).  T^m  das  Jahr  206  v.  Chr.  lej^en  die 
nach  dem  Fall  der  Dynastie  Thsin  flüclitigen  Stamme  Chin  in  Korea,  in 
der  Landschaft  Cbin-Ra,  ausgedehnte  Kulturen  an.  Im  J.  202  n.  Chr.  wurde 
durch  koreanische  Seidensacbter  ihre  Kunst  nach  Japan  verpflanzt.  Die 
koraanisehen  Sassen  sind  grau,  weiss  und  gelb.  Das  Klima  ist  von  dem 
Shantttngs  nicht  venehieden.  Die  gegenwärtige  Proluktion  hat  von  ihrer 
früheren  Bedontnng  verloren  ttnd  bi  trägt  jetzt  4  —  (iOOOOO  kg  Kokons. 

Der  AnfänfT»'  Japan  isc  Ii  er  Seidenkultur  ist  im  ersteu  Alischiiitt  dieses 
iiuehes  gedaclit  worden.  Die  Seideukultur  dieses  Lande»  hatte  einen  ruhigen 
Entwickhingsgang  genommen  und  geiuigti  zu  gewissen  Zeiten  nicht  einmal  dem 
inländischen  Bedarf,  so  «lass  Ende  des  XVIL  Jabrh.  die  Seide  einen  Import- 
artikel l)ild''te.  Erst  im  XIX.  Jabrh.  nahm  die  Seidenzucht  einen  durch  die  Ver- 
hältnisse herbeigeführten  und  durch  die  natürlichen  Eigenschaften  der  japa- 
ui^hen  Rassen  unterstützten  Aufschwung.  In  den  «siebziger  Jahrm  bclief 
Steh  die  Ernte  auf  nngefihr  20 — ^25  llliU.  kg  Kokons,  in  den  achtziger  bereita 
anf  35—40  BGH.  1^.  Die  Seidenlntltar  war  bis  zu  den  sechiiger  Jahren 
qaalitatir  zu  hoher  Vol)k9mmenheit  gelangt,  eirst  die  übormässigc  Grainie- 
rung  in  den  Krankbeit.sjiibren  bat  fhe  Rassen  verschlecbtt  rt.  Duseigneur 
hat  ÜB  Widerstandskraft  japuiiischcr  Rassen  der  Ernährungsweise,  und  haupt- 
sSehlieb  den  Erenaungen  zugeschrieben.   Trotzdem  die  Fleckkrankbeit  in 


M  'S&ch  den  Angaben  TOn  Riclithofen  {L<?ttt!r  of  the  provinces  of  Chi-li,  Shan- 
•i,  Shen-ii,  Ss'chwao)  und  Morgan  (Report,  Silk,  188S)  beiiuft  aich  die  Kokoopro- 
dnklioii  in  Meboen  »ef  Uber  85000000  kg. 


Digitized  by  ÜOOglc 


264 


üeograpbie  und  Statistik  der  Seidcnkultur.  Japan. 


Japan  heimisch  i.st,  verursacht  dit-soH^e  keine  Verboenincf(?n,7tifol<rt"  der  stetit^en 
Ernearntn'^  der  Gniins,  der  Art  des  Ausbrütens,  dem  ;^r<>s.<eii  Zwisc  h<  nriium 
zwischen  den  eiu^ehieu  Zucbteu  u.  s.  w.  Die  guten  (iewohnheiten  bei  der 
Seidenzttcht  sind  Getd«ingnt  iiUer  Beteiligten  geworden,  und  die  Voncbrifteii 
eines  WerkdiMU  „Gebetme  Gesehiehte  der  Anfmcbt  der  Seidenwfinner^*  wer^ 
den  Uberall  befolgt.  Das  japanische  Ackerbau -Ministerium  veranlasst  alljähr- 
lich eingehende  Erhebungen  über  di^  Krtrebnisse  der  Knkoi!»  rnt<';  in  Tokio  ist 
1874  eine  Stndienanstalt  für  Raupenzucbt  „Jo-san-kakaii"  gegründet  wor- 
den. Oberhaupt  legt  die  Regierung  für  dieses  Gewerbe  dea  griSesle  In- 
teresse an  den  Tag,  und  bat  dnrcb  enei^^bea  Eingreifen  in  den  secbilger 
Jahren  einer  all/ugroesen  Verbreitung  der  Grainierongen  nnd  der  wdieren 
Schwächung»  di  r  Rassen  erfol<4reii  li  vorgebeugt. 

Die  Seideuzucht  ist  in  Ja}>;ui  eine  Art  Hausindustrie,  die  jedoch  uül 
staunenswerter  Sacbkeuntuis  uud  Sorgfalt  gepflegt  wird*);  nur  in  Ma- 
sashi  und  Sin-shiu  sind  grosse  industriell  augele^e  RaujienzQehtereiett  im 
Betriebe.  Die  Seideukullur  unterliegt  gewissermafsen  der  staatlichen  Auf- 
si(  ht,  iiidi  111  die  Seidenprodnzenten  verpfliolitet  sind,  gemeiudeweise  zu  Gilden 
«usanmieuzutreteu  *);  aus  den  Prnvinziaiau>.^cliiis*.cn  der  letzteren  ist  ein  €en- 
tralanit  gebildet,  das  die  oberste  Aufsicht  füiirt.  Die  inneren  Angelegen- 
heiten der  Gilde  betreffen  die  Vervollkommnung  der  Maulbeerkaltur,  dar 
Raupenfutterung,  Einriebtung  ton  Kokonmagastnen  n.  s.  w.  Da  die  Seiden- 
zOchter  ihre  Ernte  gewöhnlich  selbst  verarbeiten,  so  befasst  sich  das  Amt 
auch  mit  der  Normierung  der  Gespinste,  sorgt  fUr  die  Einheitlichkeit  Wim 
Winden  nud  Zubereiten  der  Stränge,  Markieren  etc.  und  stellt  gewissennaisen 
den  Yennittler  dar  zwischen  den  ausländischen  Konenmentm  mid  den 
heimischen  Produsenten, 

Der  Aufschwung  japanistdier  Seidenzucht  datiert  eigentlich  seit  der  Raupen- 
krankheitsperiiirle  in  Enropa;  ISHO  wurden  die  ereten  japanischen  Raupen- 
eier hier  eingeführt,  deren  gute  Kigeusehaften  alsbald  die  Aufmerksiimkpit 
aller  eui'opäiscbea  Öeidenzücliter  auf  »ich  zogen.  Es  scheint,  dass  die  ja- 
panischen Raupenei«  für  die  europäische  Aufsneht  gerade  besonders  geeignet 
waren,  weil  die  kliuatiaehen  Verhältnisse  Japans  mit  denen  Europas  fast 
vollständig  ültereinstimnien;  speciell  haben  die  aus  Musashi  und  Dsthosbiu 
herstanimeuden  Ramsen  in  dem  diesen  Provinzen  in  allen  Bezieiiungeu  gleich- 
kommenden italienischen  Briauza,  ausgezeichnete  Resaltate  geliefert  Ob- 
wohl der  Export  der  Raupeneier  naeh  dem  Auslände  bei  Todcartrafe  Ter- 
boten  war,  nahm  die  Auafubr  seit  1864  einen  derartigen  Anftehwnng,  das» 
die  Regierung  .sich  genötigt  sah,  das  Verbot  aufzuheben.  1865  wurden 
bereits  2450000  Kartons  ausgeführt.  Japanische  Kartons  sind  36  cm  lange  und 
25  cm  breite,  aus  den  Fasern  der  Broussonetia  papyrifera  augefertigte  Pa- 


■)  de  Besay,  Tiait<  de  rMasatiea  des  vsr*  ü  soie  an  Japon. 

^  TetoidauBs  des  Hia.  t  Handel  uad  Oewarba  N«.  41  too  1  Nor.  18S&. 


Digitized  by  Google 


OaonnphM  nad  Statiftik  dar  Seidcokultar.  Japan. 


266 


|»eilK)gpiii,  die  etwa  26  g  Raupender  angeUebt  tragen.  In  dem  Mafim,  wie 

sich  die  europäischen  Prodoktionslander  von  den  Krankliritrii  erliolt  haben,  fiel 
in  .lapandie  Aa-sfuhr  auf  1 018000  Kartons  im  J.  1876  und  75060  im  J.  1883. 
In  (h-  Zeitperiode  1864  IftnO  veransgabte  Earopa  an  Japan  im  ganzen 
für  il  (50000  Kiirtoii»  eine  Summe  von  365  iJill.  Frcs.  Von  den  uraprüng- 
lidien  Raaeen  Japans  existieren  gegenwärtig  noeh:  eine  einemtige  Raae 
(gelbe  Kokons),  eino  ebensolche  weisse  und  eine  zweiemtige  werase  Kas<>e. 
Die  grüne  Rasse  ist  lediglich  ein  Kreuzungsprodokt ;  der  ,,kakeaäe'S  ein  ein- 
emtiger  Wurm,  welcher  priine  Kokons  spinnt,  ist  aus  der  weissen  und  gel- 
ben iia.säe  durch  Kreuzung  hervorgegangen,  und  der  „kanassu'*,  der  zwei- 
emtige  Wurm  grüner  Raiie,  iet  ein  Heetise  der  sweierutigeu  weissen  Raaae 
mit  der  Torherigen  grünen.  Die  japanischen  Raasm  waren  ehemab  KoBserst  * 
lel>eiiskr;lftig,  sind  indessen,  infolge  der  übermässig  forcierten  Aufzucht  zum 
Zweck  der  (iraineproduiction  während  der  Krankheitfljjahra,  beträchtlich  ab- 
geschwächt wordfn. 

Um  eine  Uberaichl  über  die  äfideükultur  Japans  zu  gewinnen,  teileu  wir 
danelbe  in  drei  Zonen  dn,  die  ndrdlichei  die  mittlere  nnd  die  ettdliche. 

Im  Norden  Japans  hat  die  Seidenkttltor  ihren  Site  in  den  gebirgigen 
Gegenden  der  Provinz«  n  Iwashiro,  özen,  Ugo,  Matsu  und  iu  einigen  Di- 
strikten, die  man  unter  dem  allgemeinen  Namen  Oshiu  bezeichnet  (Jong, 
Akita  u.a.)-  der  rroviu^  l  zeu  nimmt  die  äeideakultur  einen  beträchtlichen 
Umfang  ein;  Jamagata,  Kamiuo3'aBa  nnd  Faknshim«  aind  die  widtttgstm 
Mirkte,  anf  welehen  vorwi^nd  einjährige  grflne  bui  grBnIichgelbe,  groeee 
und  grosskurnige  Kokouqualtliten  fO^omueu.  Eine  bedeutende  Ausdehnung 
hat  die  Kultur  in  Iwashiro  gewonnen,  dessen  Osten  forniiich  eine  ununter- 
brochene Maulbeerplantage  bildet;  die  Städte  Fukushinia  und  Wakaniatsu 
siod  die  Märkte,  wo  der  Handel  mit  Kokons  weisser  Rasse  und  von  aus- 
geieiehiieter  Gflte  betrüben  wird.  In  der  Umgegend  von  Wakamatan  wird 
auch  eine  weisse  Rasse  von  geringerer  Qualität  gezogen,  die  durch  Kreuzung 
der  ein-  mit  der  zweicmtigcn  herrorgegangcn  ist.  Die  Gegenden  vou  Oshiu 
(Etshigo,  Ilikuzeu  etc.)  liefern  wenig  in  quantitativer  Hinsicht,  aber  quali- 
tuÜT  sehr  geschätzte  grüne  nnd  weisse,  längliche  Kokons.  Auch  iu  der 
Provins  Iwaki  ist  die  Srndmaueht  toü  Bedeutimg;  an  Stelle  der  frtther 
geaflehtetea  iweiemtigen,  minderwwli^eii  Raaee  ist  jetcfc  die  efamntige  mit 
Erfo^  eingeführt  worden.  Die  jährliche  Gesamtproduktion  der  uordlicheti 
Zone  Japans  dürfte  sieh  gegoiwärtig  auf  etwa  18  Millionen  kg  Kokons 
belaufen. 

In  den  Provinzen  der  mittleren  Zone  werden  hauptsächlich  grüne, 
mmeist  Mnerntige  Basaen  kultiviert.  In  Dsehoahin  produaiert  man  in  groeser 
Menge  feinkSmige  Kokons,  wovon  die  von  Maybash  und  Takasaki  die  am 

meistr-n  geschätzten  sind.  In  Musushi  (östlich  von  Dschoshin)  werden  be- 
HOüders  gute  Qualitäten  in  seinen  nördlichen  Gegenden  erzeugt.  iSin-shiu 
betreibt  im  Norden  die  Zucht  grüner,  im  Süden  weisser  Rassen  von  guter 
Qualität.  Die  in  der  Frorina  Koahiu  produiierten  Kokons  aind  dagegm 


Digitized  by  Google 


266  Oaogimphie  and  Stotiaük  der  Seidenkultar.  Ver»  St.  AsMciKa. 


von  minderwertiger  Güte,  was  allerdings  aaf  di6  ungünstigen  KUmMinflllBB» 
ziirückzuführeu  ist.  Tu  Etshin  und  Hida  -worden  tun  Takayama  weisse, 
geschätzte  Rassen  erzeugt;  Kodzuke,  JShimozuke  und  Hitafshi  schliess- 
lich betreiben  die  beidenzucbt  in  weniger  beträchtlichem  Mafestabe.  Die 
GMBmtpradttktton  dieMr  Zone  betriigt  in  mndcr  Zahl  40  Millionen  kg 
emtefnschcr  Kokonti 

Im  S&dw  Ji^MUMi  wird  der  Seidenbau,  unterstützt  durch  das  besonden 
■rünstige  Klima,  in  nosgedehnterem  Mafsstribp  in  Gosbiu,  Ktschizen,  Mino, 
Yamashiro  und  Owari  gepflegt.  Die  durch^ünittlicbe  Produktionshöhe  er- 
reicht hier  15  Millionen  kg. 

Aueh  anf  den  Ineeln  Lia-kin  bildet  die  Seid«uac1it  «n  demlich  rege 
betriebenes  Gewerbe. 

Die  Aiifünge  no'  d  q  it'erikanischer  Seidenknltur  reiclien  in  den  Keginn 
des  XVII.  .lahrh.  zurück.  Wie  in  allen  seinen  Kolonien,  so  war  England 
eifrig  bemüht,  auch  in  Amerika  die  Produktion  der  Rohstoffe  einzuführen» 
w&hrend  es  di^egen  jede  Indnttndle  Tb&tigkdt  veraSgerte.  Im  Staate 
Viiginten  war  der  Maulbeerbaum  einheimiach  ni^  vielfaek  Terfareitet.  Die 
Getu  raWerRammlung  der  Kolonie  verordnete  1619  die  Anpflanzung  der 
Plantagen  und  die  Aiifzucbt  der  Seidenranpc,  und  in  einer  Note  aus  diesem 
Jahre  findet  man:  „dass  es  eine  Unzahl  der  bebten  Maulbeerbäume  in  Vir> 
ginien  giebfc  und  dass  man  SeidoiwQrmer  im  Naturzustände  vorfindet**. 
Später  bat  man  den  wdmwwm  Maulbeerbaum  durch  den  weissen  ersetit; 
eine  andere  Varietät,  die  M.  rubra,  die  im  wilden  Zustande  YOn  Kanada  bia 
Mexiko  wSelist,  b;it  je<loch  nie  zur  Ernährung  der  Seidenraupo  gedient.  Durch 
Jacob  1.  von  England  zuerst  nach  Louisiana  eingeführt,  um  dadurch  den 
Tabaksbau  zu  ersetzen,  nahm  die  Seidenkultur  einen  ziemlich  bedeu- 
tenden Anfsefawnng  und  verbreitete  rieb  bald  nach  den  audlichen  Kolonial, 
namentlich  Virginien.  Durch  königliche  Erla.sse  und  Parlamentsakte  wurde 
beschlOKsen,  den  Seidenzilchtern  unentgeltlich  Maulbeersamen  und  Rauiien- 
eirr  7m  verabfolgen  und  auf  die  Unterlassung,  Maulbeeri»lantag;en  anzulegen, 
hohe  i^trafen  zu  verhäugen,  fUr  gute  Erfolge  dagegen  Priimien  auäzusetaen. 
Indess  war  es  den  Züchtern  mehr  um  die  Ftrimien,  ala  um  die  Sddenenil» 
m  thnn,  eo  dass  die  Kultur  Viiginieiia  aus  Mangel  an  poeitiven  Erfolgten 
nanh  und  nach  einging.  Digge.s  teilte  zuerst  eeine  Erfahrungen  Uber  die 
Seiden^ucht  m  X'irginien  und  Karolina  mit,  wo  er  in  Gemeinschaft  mit 
Jason  eingehende  Vers\iohe  anstellte*).  Ein  Jahrhundert  später  wurden 
die  Versuche  in  Öüdkarolma  uud  Georgien  mit  viel  bes»ei-eni  Erfolg 
wieder  aufgenommen,  doeb  aueh  hier  mangelte  es  der  Seidenkultar  an 
LebeosfUhigkeit,  sobald  die  Seideapramien  aufhörten.  Um  die  Mitte  dsa 
XVIII.  Jahrb.  wurde  die  Anpflanzung  in  Pennsylvanieu  (auf  Anregung 
Franklins),  Indiana  und  Mexiko  versucht,  später  auch  in  den  nördlichen 
Staaten,  New-Jeisey,  Connecticut  undMassacbusett«;  besonders  in  Kalifornien 


*)  Boyal  Aeademy  «f  London,  n.  7M. 


Digitized  by  Google 


CtoQgnpU«  vnd  Stetitlik  der  Sddenlniltiin  T«r.  8t  Amerika. 


267 


Imreehtigte  sie  sn  seliftnen  Hoffnungen      dooh  kam  es  hier  nie  zn  einer 

nenneuswerten  Produktion.  Politische  uud  sociale  Y<  rhältnisse  drängten 
bald  darauf  das  Tnteresso  für  «lif  Seidenkultur  in  den  Hint^rprimd  Erst 
seit  den  zwanziger  Jahren  machte  sich  eine  neae  Bewegung  auf  rein  spe- 
kulativem Boden  geltend,  die  jedoch  wieder  weniger  die  Robseidenprodok- 
Uankf  als  rielmelir  den  Maiülieerbanm  zu  ihrm  Objekfc  erwShlt  bat.  Im  Jabre 
1820  irarde  in  Mansfi«1d*K  dann  1886  in  Baltfanofre  von  Smitb  die  viel- 
fkenglicho  IMaulbeerrariet&t,  Monis  mnltieanlis,  mit  vielem  ISxiolg  ange- 
wendet. Die  Vorzüge  der  neuen  Nährpflanze  wurden  nun  überschwenglich 
gepriesen,  die  ß^ienmg  setzte  Prämien  aus,  man  schrieb  onzüblige  Bücher 
miÄ  Anleitungen  zum  Seidenbau,  reranstalteie  Kongresse  nnd  Vorträge  und 
sebien  der  ernsten  Absieht  xu  sein,  Amerika  mit  einem  Seblage  tod  den 
seidenerzeugenden  Ländern  unabhängig  zu  machen.  Und  so  kann  es  nicht 
▼erwundem,  wfnn  im  Zfitraura  von  1830  10  nber  vierzig  Äktiengesell« 
schatten  zum  Betneb  der  äeidenkultur  gegründet  worden  sind;  aber  statt 
der  nitiouelleu  Aufzucht  blieb  es  lediglich  bei  Anpdau^^uug  uud  Uaudei 
mit  Mnltieanlisbinmen,  wShraid  die  Zneht  der  Seidenraupe  gar  niebt 
in  Betracht  kam.    Die  Bäume  erdelten  febelhafte  Preise,  es  gab  Pflan- 


zungen mit 


1  Million  Üüuincn,   alles  stürzte   sich    in  die  Multicanlis- 


spckulation,  und  als  1839  die  Krisis  hereinbrach,  gingen  viele  Ka]»italipn  ver- 
loren, während  das  Resultat  nur  winzige  Mengen  »Seide  bedeutete.  Mit  Hoff- 
nung auf  sdiliessUeben  Erfolg  blieben  die  Knltnranlagen  weitor  besteben,  vnd 
die  Ernte  stieg  1842  auf  ca.  150000  kg  Kokons;  erst  als  1844  ein  starker 
Meltau  die  Bftnme  vernichtete,  wurden  weitere  Versuche  auf  lingere  Zeit 
hinaus  nnterhissen.  Die  Vereinigten  Staaten  produzierten^): 


1850  4928  ^  trockn.  Kokons 
1860  5423 


n 


It 


1870  1788  kg  tmekn.  Kokons 
1880  2600 


II 


II 


II 


Im  Jabre  1889  belief  sieh  die  Ernte  auf  18745  engl.  Pfund  fnseher 

Kokons  gegen  11739  im  Jahro  1888.  Trotz  der  früheren  Misserfolge 
scheint  man  die  Hoffnung,  die  Seidenknltnr  namentlich  in  den  südlichen 
Staaten  dauenul  ein/ufilhren,  nicht  ganz  aufgegeben  zu  hüben,  vielmehr  ist 
mau  neuerdings  bestrebt,  diu*ch  Anisen  mehrerer  bakologiächer  Stationen 
ftr  ihre  aukttnftige  Entwickelung  eine  geeignete  Grundlage  Tonubereiten; 
dass  diese  Beinttbni^{eti  von  Erfolg  gekrönt  ireiden  li^nen,  ist  keineswegs 
ausgeschlossen,  denn  die  ganze  Zone  von  Florida  bis  Kalifoniien  ist  snfolge 
ihres  billigen  und  fruchtbaren  Bodens  d»  n  Maulbeerplantagen,  und  dureb  ihr 
geiuässigteh  Klima  der  Seideuzucht  besonders  förderlich;  nur  die  Arbeits* 


Wjekoff,  Beport  of  the  nllc  manofactahng  induBtty  of  the  United  Statei. 
New  Toik  1887. 

*i  Leander  Bisbop,  History  of  Amer.  Manuf.  froai  1808  to  1888.    ToL  III. 

*)  Lilly,  Tk«  8Uk  Indutty  of  tbe  United  SUtes. 

•)  The  sistislics  of  tbs  wsalth  snd  indsstiy  of  tbe  TJ.  S. 


Digitized  by  Google 


268    Geogruphiti  und  Statistik  der  Seidenkultur.  Me:tiko.  Centrui-  uud  Südamerika. 

kräfte  sind  zu  selti  n  und  teuer.  Uber  dm  Seidenbau  in  Kansas  z.  B.  lagen 
8,  Zt.  sehr  gilii>tige  Berichte  vor'). 

In  Mexiko  blühte  noch  im  vorigen  Jahrhundert  eine  regelmässig  betrie- 
bene Sddenkultttr,  die  indessen  im  Laufe  der  Zeit  aurnckging.  Gerade  hier 
adieint  aber  die  Seidensueht  eine  gewisse  Znlninft  au  haben;  die  NSba  des 
grossen  Absatzgebiete^i,  der  Vereinigten  Staaten,  wo  sich  dieselbe  trotz  aller 
Vprsuche  nicht  recht  einzuführen  vermag,  geeignetes  Klima  und  ausgedehnte 
Maulbeerwüldor  begünstigen  ihre  Entwickelang.  In  den  letzten  Jahren  sind 
die  Vetsnobe  wieder  in  grösserem  Malkstahe  aufgenommen  worden  und  soll 
sich  die  Produktion  auf  60000  Pfand  belaufen  haben. 

Central-  und  südamerikanische  Staaten  bieten  der  Seidenkultur  sehr 
güii>tige  kliiuiif  ische  Verhält iiisKe  dnr.  Die  Versuche  waren  seiner  Zeit  durch 
die  Nuclifragc  nach  anierikauischeu  Ciraiiis  angeregt  worden:  du  dieselben 
jedoch  nicht  die  gehegten  Erwartungen  erfüllt  hatten,  lies.s  man  die  Zuchten 
bald  wieder  eingehen.  Die  auf  die  Eraengung  von  Seide  gerichteten 
Unternehmungen  waren  dagegen  nicht  gewinnbringend  genug.  Es  fehlt  in 
Amerika  an  den  zahlreichen,  in  gesicherten  Verhältnissen  lebenden,  billigen  und 
zufriedenen  Arbeitskräften,  wie  solche  in  der  nesshaften  bäuerlichen  Bevrilke- 
rung  anderer  Länder  anzutreffen  sind.  Guatemala  ist  das  einzige  Land  Central- 
Amerikas,  wo  die  Yersuehe  energisch  vorgentnunien  wurden;  1858  begonnen 
und  1862  erneuert^  hOrten  sie  1863  jedoch  sebon  ginslkh  aof.  Um  dieselbe 
Zeit  fing  man  auch  mit  Venmdien  im  Archipel  der  Antillen  ao:  so  z.  B. 
auf  Cubti,  .Tamaikn.  Guadeloujie  und  Martin iqne;  die  Seidenraupe  wurde  hier 
überall  im  Freien  gezüchtet.  Kolumbien,  Ecuador,  Peru  und  Bolivien  haben 
in  verschiedenen  Funkten  Zuchten  angelegt;  die  eincmtigen  Rai^eu  irank- 
reidis  und  Italiens  ergaben  in  diesen  Breit^niden  mehrere  Ernten  im 
Jahre.  Die  Raupeneier  Eeuadore  haben  zum  Studium  der  kttnstliehen  Über- 
winterung der  Grains  angeregt,  da  im  Juni  gelegte  und  alsdann  im  Eiskeller 
aufbewahrte  Eier  im  November  zum  Auskriechen  gebracht  werden  konnten. 
In  Chili  finden  sich  zahlreiche  Maulbeerbäume;  die  ßegiening  unterhielt  früher 
dne  MusteraufitSchterei,  und  da  die  BarBIkeruDg  hier  sehr  aorgsam  ist,  so 
'  erntet  man  bis  10000  kg  Kokons  ^brlich.  Untw  den  Staaten,  die  vom  Atlanti- 
>chr  T  Ol  ean  bespult  werden,  beaitsen  Venezuela  und  die  Guyanen  keine  Seiden- 
kultur. [!t  i  iiien  produziert  nur  wenig,  nämlich  Rio  de  Janeiro,  Santa 
Katharina  etc.,  im  ganzen  bis  zn  20000  kg.  In  Uruguay  und  Argentinien  wird 
die  Seidenzucht  von  den  eingewanderten  Italieneru  au  vielen  Orten«  jedoch 
nur  in  geringem  Umfang  als  Hanaarbeit,  betrieben.  Die  Kokons  italieniseher 
ftaase  sind  gelb  und  weiss,  und  feinkörniger,  guter  Natur.  Gegeu  die  fünf* 
ziger  Jahre  war  die  PrrHluktion  am  Fusse  der  Anden  SinnUQh  belangreioh, 
durch  die  E|iideiuie  ging  sie  jedoch  zu  Grunde. 

in  Afrika  betreiben  nur  die  liänder  an  den  Gestaden  des  Mitteiländi- 


1)  The  texlile  ColofM,  18M,  6.  154. 


Digitized  by  Google 


9 


Geogra^hia  und  Statistik  d«r  8«idMi)raltar.  Afrika.  AoitralisD.  269 

aehen  Meeres  die  regelmSaeige  Kultur  des  Mftnlbeenpmnera.  In  Tripolie  sdieint 

dieselbe  einen  ziemlich  bedeutenden  Umfang  zu  erreichen;  der  Export  von  Ge- 
spii)<ten,  Kokon«,  Abfallen  etc.  enLspricht  einor  Produktion  von  350000  kg 
Kokons;  die  Gesamterate  durfte  eine  halbe  Million  erreichen.  In  Tunis 
kftnnte  d«r  Sddeiibtii  vonl^di.  gedeihen,  da  eidi  nUe  euopiyBelieik  Banea 
d<nt  wh  beate  aoelimatinereD,  die  nonuidieiAe  Lebeneweiae  der  Eingeborenen 
verhindert  indcttsen  seinen  weiteren  Fortschritt.  In  Algerien  konzentriert 
sich  die  Soidenkultur  nra  ßatna.  In  Deutscli-Ost  ifrika  liod  TOr  kurzem 
mit  der  Mtiul beerraupe  und  dem  Eriaspinner  Versuche  mit  günstigem  Er> 
folge  durchgeführt  worden,  so  doss  die  R«giernng  den  Anbau  des  Maulbeer- 
banmes  nntemommen  hat. 

Australien  madlt  eeit  einem  halben  Jahrhundert  im  lir  oder  mindtf 
erfolgreiche  Anstrengungen  in  der  Seidenkultiir.  Di»^  Weltausstellungen 
des  letzten  Decenniums  brachten  gute  Proben  aus  dt  ii  Staaten  Neu-Seeland 
und  Victoria  und  sind  namentlich  in  diesen  letzteren  neuerdings  wieder  er- 
folgreiehe  Verauche  angebahnt  worden. 


oiyiiizcd  by  Google 


Bibliograpliisclier  Anhang, 


1.  Emhrjrolog^ic,  Anatomie  und  Pliysiolosie  der  Seidenraupe. 

Kirbj  and  S])euce,  Tntroduction  to  flotomology. 
Hägen,  Biblioteca  entomologica. 
G«rmar«  Disaert  «fst.  Bonbyenm. 
Schrank,  Fauna  Boica. 
Fabricins,  Eatomologia  systeniatica. 
Hllbnar»  Sammlung  europ.  Schmetterlinge. 
Laaaia,  Qj^opsü  der  Tierkunde.    Hannover  1880. 
Selvatico,  Jonmal  der  Mikrographie,  1882. 
Ticbowiroff,  Zool.  Anzeiger,  1h79. 

T.  0  raber,  Yerglaidianda  Stadien  am  Keimetririf  der  baaktan.    Wien  1890. 

Stein,  Vergleichende  Anatomie  und  Physiologie  der  Insekten. 

Meyer,  Über  die  £nt Wickelung  des  Fettkörpers,  der  Tracheen  und  der  keim- 

bweiienden  OeecUachtstafla  hta  Lepidopteren  (Zeitsduift  fOr  wteaHchafU. 

Zoologie,  Bd.  I). 

Leydig,  Der  Eierstock  und  die  b'amentasche  der  Insekten,  1866* 
Ladwig,  Über  die  Eibildung  im  Thierreicbe. 

Httklay,  On  the  A<  a  nie  Reprodnetiaa  and  Jforpbologia  Dt  Apbie  Cl^anMct  of 

Lmnean  Society,  Vol.  22). 
Claus,  Beobachtungen  Uber  die  Bildung  des  Insecteneies  (Zeitsobr.  f.  wiss.  ZooL). 
Bassala,  Stadien  flbar  die  Entwiekelong  dar  SanaldrOeeo  bei  den  Lepidoptaran 

(Zeitschr.  f.  wissenschaftl.  Zool.  Bd.  17). 
Sieboid,  Über  die  Spermatozoen  der  Cmstaoeea  und  Inaecten  (Mtill.  Archiv, 
1886). 

Landois,  Die  Entwiekelong  dar  bnacbelfiirmigan  SpetmatotUMB  bei  den  Lepi- 
dopteren (Moll.  Arch.  1866). 

Schweizer-Seidel,  Über  die  Samenkörpercben  und  ihre  tnt-WKkeluüg  (Arcb. 
f.  m.  Anat  Bd.  I). 

Balbiani,  Merri.  sur  la  gdnöration  des  Apbides  (Ann.  des  Scienc.  Nat.  '>). 

Butscbli,  Mitth.  Uber  Bau  und  Bntwickeluog  der  Samenfäden  der  Insecteo  u. 
Onutaeeaa  (2t.  ftr  wiss.  Zool.  Bd.  21). 

Herold,  Entwickelnngsgeschicbte  der  Schmetterlinge. 

Kölliker,  Observationes  de  prima  insectorum  geneeL 

Zaddaeh,  Untersuchungen  Uber  die  Entwickelung  u.  den  Bau  dar  Oliedarthiare. 
Leuckart,  Zur  Kenntnis»  des  Generationswechsela  und  dar  Parthanoganaiil  bei 
den  Inaecten  (Moleaebott'a  Untara.  Bd.  IV). 


Digitizeo  by  Google 


Bibliographie  sum  IL  Abtcbiiitt. 


271 


Uetschnikoff,  EnlwydogiMslM  Siudien  ta  iDBeeten  ^«ii>  für  %riawiiBeh.  Zool 

Bd.  16). 

Gonin,  Über  die  EmbryonalhUUea  der  Hjmeoopteren  uad  Lepidopteren  (Möm. 

de  rAcadömie  dat  adfincas  de  St.  Petersboorg,  YII). 
Gonin,  Beitrage  zar  Kamitiiin  der  Enfcwidnlaiigvgafldiiehte  bei  InnetoD  (Zeti. 

f.  wias.  ZooL  19). 

Bobretiky»  Über  die  Bildtmg  der  Bketodetmis  «ad  der  KeimbUttter  bei  den 

Insecten  (ibid.  81). 

Mayer,  Über  Autogenie  and  Phylogenie  der  Insecten  (Jen.  Zeitschrift  Bd.  10). 
Gräber,  Vorläufige  Ergebnisse  einer  grosseren  Arbeit  Uber  die  vergleichende 
Bmbryologie  der  Insekten  {Ardi>  für  mikr.  Anat.  Bd.  15). 

—  Die  Insecten,  II.  Theil. 

0.  &  K.  Hertwig,  Die  Coelomtheorie,  1881. 

Hntsobak,  Beitxige  nur  Eatwiekeloag  d.  Lepidopteren  (Jen.  Zeiteeiirift  Bd.  11). 
Dorn,  Notizen  rar  Kenntniei  der  Ineeetenentwiii^wig  (Zeit.  f.  wiei.  ZooL 

Bd.  26). 

Melnikoff,  Beitrage  zur  Embiyonalentwickelnng  der  Insecten  (Arob.  f.  Natnr^ 

geschichle  1869). 

Angelo  Maestri,  Framraenti  «Mttomiei,  fisiologiei  et  patologiei  «nl  faaeo  da 

aeta,  Pavia  185ti. 
Leydig,  Hudboeb  der  Histologie. 

Graber,  Bindegewebe  der  Insectenhaut  (Arcli.  für  mikr.  Anat.  Bd.  10). 
Semper,  Über  die  Bildung  der  Flugekchappen  und  Uaare  bei  den  Lepidopteren 

(Zeit.  f.  wies.  Zoologie,  Bd.  VII). 
Land  eis,  Beitrige  nr  Bntimfceluigageecliidite  der  fidunetterlingelllgel  in  der 

Ranpe  nnd  Papp«. 

Tichomiroff,  L'eubryologie  du  B.  mori  (Bull,  du  Labor,  üctudes  de  la  soiej. 
LgroB  1891. 

Allgemeine  Unter^ncliungen   von   Cornalia.    Lubbock,  ätobold«  Hnxlejt 

Leuckart,  Leydig,  Waldejeti  Brandt  u.  A. 
Blane,  La  tete  dn  B.  mori  (BolL  d«  Labor,  de  Ljon  8.  188). 

Malpighi,  Dissertatio  epwtoUca  de  Bombyce.    London  1889. 

Blasias,  Anatome  animalinm,  Amsterdam  1681. 
Swammerdam,  Biblia  natarae,  Leyden  1737. 

Böanmnr,  SMmoires  poor  eervir  k  l'histoire  des  insectes,  Bd.  L    Parte  1784. 

Beschreibung  eines  Seidenwurmes  in  gebiTndcncr  }?ei^r.    hripiÄg  1744. 
Bösel  von  Hosenhof,  Insekten- Bei aatigungen.    Bd.  III.    Nürnberg  1755. 
Lyonet,  TnÜd  aaatoniiqae  de  la  dieniUe  «lo.  Haag  1780. 
B  0  b  i  n  e  t.  IMnk.  enr  la  etetdtion  de  la  aoie  (Ann,  da  la  Soe.  d*agrie.  de  hnnc» 

1844). 

AnzoQx,  Ver  k  soie  (B.  eerienria).   Fune  1849. 

Cornalia,  Monografia  del  bombyce  del  gebo  (Men.  del  Inet.  Lonbardo  1B&6). 

Milano  1856. 

Bartb«ilemy,  Kec.  d'anatomie  et  de  pbysiologie  sur  la  classe  des  Lepidoptörea. 
Tonlonee  1864. 

Aldrovandus,  De  anininlibns  insertis  libri  septem.  Bologna  1602. 
JonstoUt  Historiae  naturalis  de  ioaectis  libri  III.    Frankfurt  1653. 

—  Thealnini  nnifereale  omnittB  animatiam  ineeotomm.   Heilbrona  1757. 
Platner,  Über  die  Respiiationsorgnne  und  die  Haut  bei  den  Seidemanpen 

(MiÜlera  Archiv  1844). 


Digitized  by  Google 


272 


Bibliographie  zum  II.  Abacbnitt. 


Meyer,  Über  cHq  KiioolMiikfifp«vdi8ii  in  dar  Htiitt  dw  Seidannuipe  (Z«iL  L  «in. 

Zool.  1849). 

Hollard,  Snr  les  caract^res  anatomiques  etc.  (ReTue  zoolog.  1851). 
Filippi,  Brieve  riassnnto  de  alcune  ricercbe  aoatom.  finolog.  buI  Imm  dft  a«te 

(Ann.  del  Soc.  della  Sc.  Zool.    Turin  1853). 
Sirodot,  Becherobes  sor  les  s^rötions  cbez  les  iosectes  (Ann.  des  sc.  natur. 
1858). 

Leydig,  Zum  feineren  Buti  der  Arthropoden  (Müllers  Archiv  1855). 
Viallanes,  Becbercbes  rar  Thistologie  et  le  developpement  cbes  les  inMctw 

(Ann.  des  sc  nat.  1882). 
Leydig,  Bemerkungen  Ober  Farben  der  Hantdeckaa  und  Nerreii  der  BrQsm 

bei  Insectcn  (Arch.  f.  mikroskop.  Anat.  1876). 

—  Die  Hanisinnegorgane  der  Arthropoden  (Zoolog.  Anzeig.  1886). 

Odier,  Xote  sar  la  compositioa  ehimiqiM  des  pafties  eomiee  des  inseoies  (H^m. 

de  la  Soc.  d'hist.  natur.    Paris  18231. 
Lassaigne,  Sur  le  ti^su  tiigumentaire  des  insectes  (Compi.  rend.  de  l'Acad.  des 

Sdeneas  1843). 

Peligot,  Snr  la  eompositioii  chimtqne  d«  la  pean  dn  ver  k  aoi«  (Compt.  rtnd. 

1858). 

Fremy  et  Pelonze,  Traitä  de  Cbimie  generale,  1857. 

Yarsoii,  Di  ona  Serie  di  miOTi  orgaoi  eaerettori  aooperti  nel  filagello  (Bend,  dal 

Staz.  barol.     Padovrt  1890). 
Leeuwenboeck,  Arcana  naturae  detecta,  Delphis  1695. 
Gilson,  La  soie  et  les  appareils  sdricig^nes  (La  Celliile,  Bd.  VL  1890). 

Snckow,  Ree.  anat.  et  pbysiol.  sar  les  crustaudss.    Heidelberg  1818. 

Brandt,  Medizinische  Znolog-ic.    Berlin  1831. 

—  Ketuarques  sur  les  nerfs  stuaiato-gasln({aea  cliez  lea  uuluiaux  inveitwbrös 
(Bf im.  Ac.  Sc.  de  St  P^tonboorg,  1836). 

Newport,  On  the  nervons  System  of  the  8pb.  Lignstri  (Pbil.  TnniSMsi.  o£  tbe 

E.  S.  of  London  1832). 
Grmber,  Die  loseeten,  1877. 

Landois,  Die  Kaupenaagen  (Z.  f.  wiss.  Zool.  1866). 

Pankratb,  Das  Aoge  der  Kaapen  und  Pbryganiden-Larven  (Zeit.  f.  wiss.  Zool. 

1890). 

Lowve,  On  the  compound-Tision  and  the  morpbotogie  of  the  Eye  in  InS6«ta 

(Tr.  of  the  Linnean  Society  of  London.  1884). 
Carriäre,  Die  Sehorgane  der  Thiere.    München  1885. 
Patten,  Ejres  of  MoUnsks  and  Arthropods  (Mittb.  ans  der  zoot  Station  xa 

Neapel  1886). 

Dujardin,  Miimoire  sur  les  yeux  simples  des  Arthropodes  (Aon.  Sc.  Natur. 
1867). 

Platenn.  Recherobee  snr  la  vision  dies  las  Arthropodes  (Bnl.  Ac  Royale  Bel- 

pitjue,  1888). 

Boissier  de  Sau  vages,  Uim.  sar  l'iiducation  des  vers  k  soie,  1768. 

Helni,  Über  die  Sptnndrilsen  der  Lepidoptsre»  (Z.  fOr  wiss.  Zool.  1876). 

Lidth  vrtn  Jeude,  Zur  Anatomie  und  Physiologe  der  Sj^oBdrOsen  der  Seiden- 
raupe (Zoologisch.  Aoiteig.  1878). 

Tiebomiroff,  Die  Entwiekdongsgescfaicbte  der  Seidenranpe  (im  rassisoben). 
Moskau  1892. 

Bartbelemy,  Ktade  snr  la  töte  et  la  boache  des  larres  inseots  (Compt.  rend. 

Ac  Sc  1885). 


Digitized  by  Google 


BibiiograpU«  mn  U.  AlMdwitt 


87S 


ViallaBea,  La  morpbologie  da  eqnelette  cAphaliqite  des  intectfls  (Ball.  8oc. 

Philom.    Paris  1885). 
Blaac,  Emde  snr  la  söcrätion  d«  la  «oia  (ÜalL  du  Itabor.  de  Lyon  1890). 
Pöligot,  Chemigche  und  phyriologisohs  Reiraehtangea  dar  Seidenraupt^.  (Compt. 

rend.  33,  34.) 

—  Über  die  ZaaammaiiMtcaiig  der  Uaut  de«  Seidanwarmaa,  (Ann.  d.  Cbim.  8. 

8.  V.  58.) 

—  Gbembch«  und  pbji^olog.  Untamdrangen  der  Seideanmpen.  (DingL  Pelyt. 

.Tourn.  Bd.  173,  124,  Bd.  182,  411.) 
Daclaux,  Über  den  Eiofluss  der  VVinterkälte  auf  die  Kol  wickelang  det  Embryo 

da»  Seidcnwnme».    (Polyt  CentrbL  1870.) 
Lenz,  Cbainiscbe  Analyse  der  Seidenraäpen.    (Ann.  d.  Landir.  WoebbL  1868  ) 

Duclanx,  über  Hesfiiration  der  Bier.    (Compt.  rend.  fi7.) 

Duboib,  Die  Absouderutig  der  i>tiidensul>:$UtD£  bei  B.  inori.  (Compt.  r.  III,  206.) 

—  über  deo  natttrlichen  Farb&toff  der  Seide.    (Compl.  r.  III,  488.) 
Helm,  Entstehung  der  Seide.    (Zeit.  f.  wiss.  Zoalo-ie,  1876.  4?^4.) 

T.  Uöbnel,  Über  die  Bildung  der  Seide.  (Zentralorgun  fUr  Waarenkaode, 
189t,  98.) 

Hueff,  Ventilirung  der  Banponaiffir  nach  dam  Systam  BonTiar.  (Pol^  Cantnl- 

bUtt.  1856.  1408.) 

Vgl.  ausserdem  die  Litteraturungaben  in  Tabcbenbergä  Bibliutbeca  /.oologica  II, 
BBade  II  und  III.  Leipzig  1889/90,  untar  dan  Stiebwortan  Bombyz  etc.» 
autterdem  8.  2151— &6  und  8078—81. 


8.  Knmklielteii  der  Seldennuipe. 

Targioiti>Tozzetti,  Sul  pidoccfaio  dagli  Agmmi  in  Sicilia  (BnU.  dalla  See* 

entom.  ttal.  lYj.  1862. 
—  Sulla  cocciniglia  del  fico  (Acad.  doi  geogr.  di  Firenze).  1863, 
Tarati»  Snlla  Dta«pit  pentagona.  (RW.  di  Baebie.  19.  1889.) 
n-aneeschini,  ^ull;i  <li.>spida  del  ge1s<>     (Hiv.  di  Badiie.  21,  25.  1889.) 
Vinaasa,  Le  piogrös  agricole,  Novembro  1891. 
Maaqaard,  Las  maladiee  dea  van  h  soia. 
Qnajat  et  Rossinski,  Recberches  snr  la  moecardina. 
Rocheblare,  Maladies  de-  vers  Ii  ^oie. 
Cornalia,  Compt.  rend.  LXIX.  629. 
Paetaar,  Compt.  rend.  LXVIII.  1889  (morta-flto). 

Etudes  snr  lea  maladies  des  rers  ä  soia. 
Bolle,  Dia  Krankheiten  der  Seidenraupe. 
Haberlandt,  Zar  Kanntniaa  der  Seidenspinnerkrankbeiten. 
Quatrefages,  Etu^e  mr  les  maladies  actuelles  >iu  ver  k  toia. 
Haberlandt       Verson,  f^'tudlen  tllier  die  Köriierchen  des  Comalia.  Wien  1870. 
Pasteur,  La  muladie  de  la  ilächoiie.  (Compt.  reud.  1869.) 
Rayband-Lange,  Sur  la  maladie  des  morta-üftts.    (Ciompt.  r.  1868.) 
Büchanip,  Sur  rorigina  de  la  mabidia  mioroi^mateDae  dee  Ten  A  apia.  (Compt. 
rend.  1869.) 

Oieeone,  8al  corpo  grasso  dal  baeo  da  aeta.    Firenze  1861. 

Bordono,  Organismes  de.s  moru-flAts.   (Compt.  r.  1870.) 

Nysten,  Rechercbes  sur  les  maladies  des  vers  k  soia.  ' 

VgL  auch  Taschen berg,  Bibl.  zool.  S.  2135 — 51. 

8llb«rMaDB«  m»  Saite  1$ 


Dlgitlzed  by  Google 


27-4  Bibliogxmpltte  mm  II.  AbMüitiHL 


3.  Die  beldenkiUtiir. 

Barth,  Anieituiig  zam  Seidenbftu.  1897. 

Haumann,  Das  Ganze  des  Seidenbaues.    Ilin«iuui  1829. 
Uazzi,  Lebrbucb  des  Seidenbaues.    München  1826. 

Hoffmann,  Handbnch  der  frKnkischen  Seideneneugung.    Wficdiiti]^  1889. 

Hont,  Aufmunterung  zur  Seidenzncht  in  Deut£cb1and.    &Iannli«im  1832. 

Jnillien,  I  ber  Maulbeerbaumzncbt  nnd  ErtMkong  dar  Seidenranpen»  Ubers.  Ton 
Lindner.    Stuttgart  1837. 

Wranttxkjr,  Anleiinng  znr  prakttaefaea  Seidenknlhir.    Fraakftiri  a.  U.  1840. 

Krut/-rli.  n.itr'ige  zur  Förderung  des  Ffidenbaues.    Leipzig  183**. 

MOgling,  Ankituag  zor  Maulbeerpflanzung  und  Seidenzucht.    Tübingen  1841. 

Ketz,  Anleitung  zur  Kultur  der  HanlbeerbBume  und  der  Seidenranpen.  Darm- 
stadt 1840. 

Schutze,  Anleitung  mm  praktischen  Seidenbau  und  inr  Ifanlbeerbannutnebt. 

Leipzig  1838. 

Tnrk,  VoUetlndfg«  Anleitung  tur  «weeknilaaigen  Beliattdhing  des  Seidenbane» 
und  de?  Ilaspelns  der  Seide,  sowie  xttT  EmeboBg  ttttd  Behandlung  der  Maul* 

beerbäame.    Potsdam  182l>. 

—  Die  neneaten  Erfithrungen  hinsichtlich  dee  deutieben  Seidenbaues  und  d«- 

ESmebang  und  Bebandlang  der  MaulbeerbSume.    Tioipzig  1887. 

—  Anleitung  zur  Pflege  und  Er/ichnng  der  Maulbeerbäume,  nebst  Nachtrag 
betießend  die  Behandlung  und  Aufbewahrung  der  Seidenwurmeier.  Pots- 
dam 1838. 

Zieten,  Anweisung-  zum  Seidenbau.    Stuttgart  IS^^l. 

Zinken,  genannt  Sommer,  Anweisung  zum  Seidenbau.  Braanschweig  1829. 
Boitard,  Tt«it4  de  la  cnlture  du  mflrier  et  de  T^dneation  dea  rers  k  soie. 

1828. 

Loiseleur'Deslongchamps,  Müriers  et  vers  ä  aoie,  1832. 

—  Xonrellea  consid^rations  Bur  les  müriers  et  les  vers  u  soie.  1889. 
Oobin,  MAriers  et  vers  k  aoie.  1874. 

Haas,  Die  deutsche  Seidenzocht.    Leipzig  1852. 

Netz,  Anleitung  zur  Zucht  der  Seidenraupen.    I^mnstadt  1865. 

Sein,  Der  gegenwSrtige  Stand  dea  Seidanhaua.   Brankfinrt  a.  M.  1868. 

Brinkmeier.  Der  Seidenbau,  eine  Quelle  dee  TolkawoUstaadea  und  National- 

reichihums.    Leipzig  1882,  1888. 
Haberlandt,  Dtst  Seidanapinaer.    Wien  1871* 

Welssweilar,  Die  Zneht  daa  Ifonlheerbanmea  und  der  Sndcuranpe.  Barfiik 

1  KT."). 

Gotthard,  Die  Seidenraupe.  Erfurt. 

Högling,  Die  Seidenianpensudit 

Steven,  Unterricht  über  den  Seidenbau. 

De  Sau  vages,  L'art  d'^ever  lea  vers  k  soie. 

D'Areet,  Deaeription  d^une  magnanerie. 

Bavier,  Japans  Seidenzucht  ein.   Zllrich  1874. 

Reicbenbach,  Ülier  Seidenranpenzucht  in  Cbina. 

Landgrebe,  Die  Seidenzucht  in  Deutschland,  ihre  Behaudiung  und  Vortheile. 
Kaaael  185S. 


Digitized  by  Google 


BiUBogtk|dite  mm  IL  Alnebnitt. 


Hliillot,  Le«;oBS  «ir  le  Ter  k  soie  dn  mürimr.    HoiiipelU«r  1885. 

Boitiier  de  Sauvages,  M^moires  sar  T^ucation  dM  v«n  k  aoie.  .  1768* 

Dn««7ean,  Notes  d'nn  magnanier  franrais  1S82. 
Hubner,  Kate^^hismus  der  Seidenraupenzucht.    Prag  1865. 
Baisi,  II  meglio  govarno  dei  .bachi  da  seta. 
Dandolo,  Dell' arte  di  govemare  i  badii  da  seta. 
Crivelli,  Imtrazione  per  allevare  i  bachi  da  set&. 
Lomdnie,  BMnK^rw  rar  let  Ten  h  eoie. 

Ouekaki-Morikuni,  L'art  d'elever  les  vers  ä  soie  an  Japon. 
Keynaud,  De  leducation  des  7«n  h  «oie  du»  les  CöTennes. 

Roman,  Le  magnanier. 

Caspar  in,  Müriers  et  vers  ä  soie. 

A.  M.  Villon,  La  soie.    fiducation  des  vers  k  ^oie.     Paris  IS 90. 
St.  Jnlien,  K^sum^  des  principaux  trait^  cbinois  sur  la  culture  du  mürier  ei 
r^nea^  des  Ters  ik  soi«.    Paris  1887. 

De  l'ArlM)u>.vtit.  Les  C.' Vennes  S^ricoles» 

—  Conrs  de  Stiricaltare  praliqae. 

Beynand,  Les  rera  k  soie.    Pbris  1812. 

Stellamoath,  Katecbiemus  des  Seidenbaues.    Leipzig  1827. 

Thomü,  Mr'uinire  sur  la  cultare  do  mürier  blano  et  I»  muiüre  d'^ver  les  vert 

ä  soie.    Amuterdam  1771. 
DeTilltere,  'Swnm.  mairael  eomplet  sw  k  soterie.   Paris  1889. 

Dnhet.  La  MOrioinetrie.     Lau.sanne  1770. 

Finescbi,  Dissertaiioiie  sopra  la  maniera  di  colÜTare  i  moii  gelsL  Sieua 


Adams,  Rapport  sur  la  s^riculture  au  Japon  (lH), 
de  Francheville,  Le  Bombyx.    Berlin  1754. 

Uoffmanni  Observatiooes  circa  bombyces,  sericum  et  moros.    Tubingae  1757. 
Kolenati»  Die  Verwaadltuigab  der  Setdenmpe.   Prag  1842. 
T.  Liehtenstem,  Über  den  Setdenban  in  den  prepstfsebsn  StasteiL  Berliii 
1827. 

—  ünterridit,  eelbst  in  den  kleinsten  Hanshaltnngen  dm  BeidiiibBtii  nnf  die 

nützlichste  Weise  zn  betreiben.    Berlin  1827. 
PffMffer,  Der  deut.scbe  Peidonban.    Berlin  1748. 
itammlow,  Scidenzucbt  and  Maulbeerbaum.    Berlin  1840. 
Bolzani,  Wegweiser  zum  Seidenltan  fllr  NocddevtedilMd  und  insbeeoadere  fibr 

Preossen.  lüf^rlin 

Brunet  de  Lagrange,  Tableaa  siTnopUque  pour  l'^diication  bätive  des  rers  4 
soie.  Pkris. 

de  Castellet,  Inatmzioni  circa  il  modo  di  coltivwe  i  getiif  de  aDerwe  i  bnehi 

da  seta  et  di  filare  le  sete.    Torino  1778. 
Dandolo,  L'art  d'elever  les  vers  k  soie.    Lyon  1825. 
Berce,  Guide  de  lV>leveur  des  chenilles. 

Quärin-MöneTiUet  Xnüi^  special  de  Vidncation  des  cbenilles  prodnieut  de 

la  soie. 

Holdhans  vnd  Panser,  Denlcsobrift  Aber  die  Gnfcwidalnng  der  Seideomciii  in 

Oesterielcli- Ungarn.    Wien  1866. 
Oroguier,  Recbercbes  historiques  et  stati&tiqaes  snr  le  mOtier,  lee  vers 

h  soie  etc. 
DypUt,  Simple  m^tbode  d*4dn«fttioii. 


1788. 


18» 


276  HUbenvU*  «OB  a  AbMhiiitt. 


Lnppi,  La  paaspaniua  appl^iite  k  !■  adrioaltor«  ru  priiw  me  k  itaF- 

tietiqae. 

InventRire  de  stiriculture,  soiefl  et  soiories. 

(^uatreiagea,  Essai  sur  l'lnstoire  de  la  s^riculture.    Paris  1860. 
De  Gaaparia,  Histoir«  de  rintroduction  dn  ver  k  soie. 

Dnseignenr,   TTistoire         imuCaroMtiMIB  dn  COOOn  da  TOr  k  «010  dv  ZIV*' 

sidde  au  XIX«-  1867. 
BonllAikoia,  GoiimÜs  laa  hoqtwvx  MneateoxB  des  Ten     aoi».    Ftuii  1842, 

1875. 

Bolle,  ATufÜhrlicto  Anleitnag  zur  rationellen  Aofsncbt  der  Seideurat^e.  Berliiii 
1898. 

Bitter,  Die  japaniBohe  Seidenzucbt.    Berlin  1894. 

Francescbini,  Gnida  pratica  del  eolÜTiitre  di  bachi  da  eeta.    MOaim  1895. 

Yerson  &  Qaajat,  II  fiingello  e  l'arte  sericola.  Padoa 

8wa7ne,  Barrington,  Bartasan,  Dar  SeidaBlNHi  in  Bsflaad.  (Gill^  tJtlmlfal- 

repoeitory,  7,  9.) 
Patbe,  Das  Ganze  der  Maulbeerbaumzucht  etc.    Berlin  1^65. 
Chavaaier,  Eratiekaii  der  Eokone  mit  TerpenttnOl.  (Dmgl.  poiyt.  Jonm.  7,  49.> 
V.  Viebahn,  Nachweisung  Uber  den  Stand  and  die  Ertrttge  des  Seidenbaues  ia 

Preonen  1853 — bb.  (Zeitacfar.  d«  Vareina  anr  Bafikd.  d.  GewarbeflaiaHa  in 

Preussen.  103.) 

Verwendung  der  Seidendärme  aar  Bereitnug  dar  AngaJadi&flra  dniah  EialegeB. 

in  Weinessii,'.     fPirj;:^-!    p.  J.  141.) 
Polli,  Trinken  d«»r  Mauibeerzweige  in  Hyposnliit  als  Mittel  gegen  Baupen* 

kraiiUheitaii.    (DingL  p.  Joani.  1888.) 
Sflchslacher  Seidenbiiuverein  zu  Leipzig.     Deutsche  Iiidustrieztg.  1869.  146« 
Brouzet,  Surrogate  des  Maulbeerbaumes.  (Compt.  read.  68.) 
Ott,  Historisches  tlW  die  Saideimielii  in  Amerika,  (Wieck*«  d.  illuttr.  Ga> 

werbeztg.  1870.) 

Die  1860er  Seidenmeht  in  dar  Proviaz  Braiidanbaig.  (Ann.  d.  LaadwirtaclMft« 

Berlin,  36.) 

Lnppi,  BeaaUeniügte  Znoht.   (Testile  da  Lyon,  1.  1880.) 

Wiu^'e  Im  oller,  Pcidenitichtversuclie  in  den  nSrdlidwn  Qebielett  Oatatteifiba. 

(Osterr.  Landw.  Wocbenbl.  1885.) 
Bnchwald,  Seidenzueht  in  DentaeUand.  (Landw.  W.  f.  Sebleaw.-Hobtetn.  88 

(1^88).  573.) 

Stawedder,  Norddontsche  Seidenkuitor.  (Das  d.  Wollengewerbe,  20,  1209.) 
Ganthier,  Dampfdürrofen  für  Kokons.  (Moniteur  des  soiea.  1889  (28),  1462.) 
Hort,   Deutsche  Seideiikultur.    (Leipz.  Monatsschrift  f.  Textilind.  1891.  503.) 
Qautbier,  Dörren  der  Kokons.   (L'Industrie  textile.    Paris  17,  1  59  (1891).l 
Beschreibung  einer  SeidenauizUchterei  (Magnanerie).  ^Joum.  d'agricait.  1891.  bb.) 
Setdensnebt  in  Amerika.    (Haanf.  Review.  17.  801.) 

Brouzet,  Anwendung  vou  mit  Kupfervitriol  getriinktem  Kiefern-  und  Pucheu- 
holz  als  Schutzmittel  gegen  Kaupenkrankbeiten.  (Dingi.  polyt.  Joui-nal,  165.) 
Die  Zucht  der  Sddennttpe  auf  der  Insel  Cbios.    (Dingl.  p.  J.  1857.  145.) 
Der  Seidenbau  in  Assam.    (Dingl.  p.  J.  1865.  176.) 

Rosa,  Histoira  da  la  calture  des  vera  h  aoie  en  Enrope.  (Jonm*  de  TAgrie. 

1870.) 

Sanvageon,  Applieation  de  l'dleetrieitö  den»  la  a^ricnltore.  ((Tompt.  rend. 
1850.) 


Digitized  by  Google 


Bibliogra^a  zan  IL  Atwehnitt  277 
-Silk  caltare  in  America.  (Ibmif.  Bev.  1884.  301.) 

Schawrow,  Gewinnnnjf,  Verarbeitung  und  Absatz  der  Seide.    St.  Petenborg 

1890.    (Eine  umfassende  Darstellung  in  russisciier  Sprache.) 
Blau*  Bueslands  Seidenbau.    St.  Petersburg  1886. 

Je?ierski,  .Tedwabnictwo  polskie  (Die  fiaidbwniiht  Polwu).   Wumwa  i&38. 
Bogacki,  Jedwabnictwo.  1871. 

Kozvboirsici.  Jedwabnikf  (Die  Seidempinner).   KnMw  1878,  1177. 

Vgl.  auch  die  Uberaus  ausfQlirlicben  Litteraturangabrn  in  Taschenbergs  Bibl. 
zool.  S.  2062—72  und  2081—135;  fUr  die  altere  Litterat  auch  Garns  & 
Bagelmann,  Bibl.  zool.  (1861),  Bd.  I  8.  697—608. 


Patente. 

'Sohertz,  Ao&heben  der  SeidenwOrmer,  1827. 
•de  Lttbae,  (JerSai  ftlr  Seidenirnnpen,  1887. 

Vassenr,  Ausheben  der  Ranpen,  1838. 
Richard,  Fütterung  der  Ranpen,  1842. 
Blain,  FQttemngspappe,  1843. 
•de  Lnbac,  Aufzuchten  der  Würmer,  1848. 
Lux,  Ausleser  fUr  Seideiirail|MB,  1844. 
Repelin,  Aushebetafal,  1846. 
•de  Lnbao,  AnaliebeTorrichtaBg,  1848. 
Duverger,  Fntterungsmethode,  1??50. 
Srugoi^re,  Bebeizungsapparat,  1854. 
Aresas,  AnftnehtverMiTen,  188&. 
Jeaa»  Anfzuchtverfahren,  1855. 
B^ranger,  Aushehetafel,  1850. 
Fonteynea,  FUltemngsmethode,  1856. 
Bozzi,  TrantportaUe  AvGttlditflfei,  1886. 
Salles,  Ra'ippr.picraicht,  1856.  , 
Evesque,  iiaupeneierzucht,  1854. 
Heynard,  BanpeneieRvebt,  1854. 
Kremer,  Aufzuchtappiirat,  18.')6. 
üonrgnet,  GerOat  für  Uaupenzucbt,  1857. 
Taurigna,  RaupenzucbtTerfabren,  1858,  1861* 
M4tifiot,  RanpenzucbtTCriUmn,  1859. 
Blanc,  Ofrüst  für  Raupenzucht,  1859. 
MatboD,  KaupeuzucbtTerfahren,  1860. 
Hebrard,  RanpenmchtTerfahren,  1861. 

■Oar.:1nn,  An?!ip1ietafel,  1861. 

Sauvageon,  Elektrotberapeatiaebe  AufzUcbterei,  1861. 
Blanebon,  NentnHsiren  der  Banpene^ierstture,  1864. 
Mare,  Ranpensieb,  1866. 

Meynard,  Aufbewahren  der  Ranpeneior,  1866,  69,  70. 
Carzet,  Verhütung  der  Raapenkrankheiten,  1867. 
CftValie,  Verhütung  der  RaupenkVBoUieitflB,  1868. 
Maeiet,  Oelesiraktioa  ana  Banpeiienreiiieiiten,  1868. 


Digitized  by  Google 


278 


Bibliographie  sam  11.  Abachnitt. 


Ricon,  Vorrichtang  zum  Grainleren,  1872. 
ColUueaaz,  Vorrichtang  fUr  Raapea,  1873. 
Rfeon,  Behnidliiiig  der  Bsap6n«i«r«  1873. 

Bay,  Eisernes  Gerüst  für  Raapen,  1873. 
Naquet,  Verwerthun^  ilfr  Puppen,  1874. 
Kevoul,  Zellenapparat  tUr  Itaupeaeier,  1874. 
Textor,  AashebMrorriolitnng,  1^75. 
Chenivesse,  Futtefrschneidezeug,  187fi. 
SanriQ,  EntfleckungsvorrichtoDg  (186  294;,  1893. 

Itallenlflolies  Patent. 

Mftggi,  BiAologüohe  Vorriebtang,  No.  800,  i886. 


Dritter  Abschnitt. 


Die  wilden  Sbidbn. 

Es  ist  schon  früher  i  rwiihnt  worJfii,  duss  es  ausst-r  th  tu  B.  iiiori  tiiid 
st'iuen  Abarten  uoch  «-in«*  ^mue  Reihe  von  Seidenspinuorn  gitut,  die  das 
ZQ  ihrer  Venrandlniig  in  die  Puppe  ndtige  Gebiuse  ebenfalls  mm  einer 
seidenen  Hülle  herstdltn,  in  ihrer  Lebensweii^e  aber  wie  in  ihren  Erzeug- 
nissen von  dvr  gewidmliilirii  Maulbeerraupe  ziemlich  verschifMlcn  sintl.  Ks 
sind  ilies  die,  vorwiegcndtrweise  iu  den  tropischen  Ländern  zahlreicii  vor- 
kommeoden  seideiiüpinnendeu  lusekteu,  welche  m  naturwildem,  uugezüuhteteni 
Ziutende  leben  und  deswegen  im  GegenssU  va  dem  echten  B.  mori  den 
I7«nen  ^^nlder  Seidenspinner**  führen.  Ihr»  &u8»erai  Unteisebiede  sind 
bereits  früher  erwähnt  worden.  In  auatoniischer  Beziehung  ist  der  Bau 
der  S'eidenilrüse  bemerkenswert;  derselbe  unterscheidet  sich  von  dem  fies 
H.  mori  dadurch,  dass  die  8ainmeldruse  stark  zusammengewunden,  und  die 
BxkretioDüorgane  bedeutend  umfangreicher  and  znsammengesetztcr  sind, 
worauf  auch  der  eigenartige  Bau  der  wilden  Seide&fasw  snr3ckcnf11hren  ist. 

DaSB  die  wilden  Seidenspinner  seit  uralten  Zeiten  verwertet  wurden, 
geht  nus  di'ii  Forscliungen  auf  dem  Gebiete  der  orirntalischen  Littcratur 
hervor.  Die  im  .Sanskrit  hiiiitig  als  Festgpscbenke  angeführten  Gewebe  er- 
klärten einige  der  Übersetzer,  wie  Schlegel,  für  eine  Art  Seide,  „bomby- 
cina'S  die  wahnchetnlich  von  einer  wilden,  möglieh^rweise  Mautbeerranpe 
herstammte.  Aach  Heeren  stimmt  damit  nberein,  indem  er  sagt,  dass  in 
Indien  seit  uralten  Zeiten  andere  Seidenraupen  als  B.  mori  aur  Seiden* 
gewinnuDg  verwertet  wurden.  Dass  die  Kokons  dieser  Spinner  nicht  ver- 
haspelt, sondern  verzapft  wurden,  lässt  sich,  der  Erörterung  im  geschicht- 
lichen Teil  dieses  Werkes  noch,  kaum  mehr  bezweifeln;  dass  es  lediglich 
wilde  Seiden  waren,  wird  Ton  Hinen-Tsang'  bestiitigt,  der  die  indtecbe 
Seide  unier  der  Beieiohnuag  „Kiao-tsh^j^'*  (wilde  Seide)  anf&hrt').  Aoaeer 

')  Vojage  des  pUarini  boddhista  I.  Uh.  2. 
Tie  de  HiaaeB^lhsiig,  S.  IM.  Übe».  Staa.  Jnlien. 


Digitized  by  Google 


280 


IM«  wilden  MdM  in  AlterlaiD  und  in  d«r  N«asrit 


dea  in  der  gesi Inclitlicbcu  Skizze  erwähnten  Schilderungen  von  Aristoteles, 
kann  der  Verbrauch  wilder  Seiden  im  kluHsiüchen  Altertame  mit  voller  Sicher- 
heit  ancb  den  Angaben  von  Plinivs  naeli  aiigenoiiiiiie&  ifCfden  Er  unter- 
scheidet zwei  Arti'n  der  „Bomhykia" :  eine  assyrische,  von  welcher  aber  nicht 
sicher  festgestellt  ist,  nV>  sie  nicht  einer  Abart  derMauUx  crx  ifli  angehörte, 
und  die  der  iusel  Kos,  wo  aus  den  Kokons  der  Lasiocampa  Otus  (Drury)  nach 
ADäkriechen  der  Schmetterlinge  »eidene  Gewänder  angefertigt  wurden,  schon 
bevor  nwn  nodi  eine  Ahnung  TOn  einer  regelmüssigeD  Seideosocbt  hatte.  Aber 
anch  aar  Zeit  der  Eänfnhruag  chineBiteheff  Seiden  nach  Enrc^,  erfreuten 
rieh  die  Bombjkiagewebe,  besonders  bei  den  Fraaen  Roms,  stets  eines 
grossen  An'^f'hens;  (\v-  Bonibykiiii,  bemerkt  Ferrarinn*),  warm  mehr  be- 
gehrt und  verbreitet,  als  rlie  echten  Seidengewebe.  Sie  waren  von  bewun- 
demewerter  Feinheit,  l>einahe  dorebsichtig,  was  bei  den  sittenütrengeu  Kri» 
tikero  jener  Zeit  nieht  wenig  Anstosi  erregte  *).  Da»  die  Bonbjkieeeide 
sireng  von  der  echten  unterschieden  wurde,  beweist  ein  Sata  Muratoris 
(gepfen  das  Jahr  209)  in  Antiquitates  Italicae:  „vestirnrntomm  snnt  omnia 
ianeu  lineaqm*  vel  serica,  vel  bombvcina".  Auch  in  Chii\;i  utul  .Japan 
haben  die  wililcn  Seiden  neben  tU-r  echten  schon  seit  dem  Altertum  ihren  Platz 
va  behau|itea  gcwussL  In  dem  Werke  „Tsebn-kiug''  erwShnt  Eonfnsiai, 
de»  bereits  im  XXII.  Jahrb.  t.  Chr.  die  Kokons  aaf  der  Eiche  gesammett 
worden;  es  handelt  sich  hier  wahrscheinlich  nm  den  chinesischen  Eichen- 
««pinner,  Antb.  p«myi.  Im  Jahre  39  Ohr,  erreichte  die  Ernte  wilder 
Kokons  über  600000  kg*). 

Als  die  ersten  indisehsii  Stoffe  ans  wilder  Seide  von  braunlicher  Farbe 
in  Europa'  auflauchten,  wurde  man  auf  diese  SsidengattuBg  aufmerksam 
und,  ohne  weiter  deren  Ursprung  naduufotsehen ,  bezeichnete  man  sie  ab 
„raw-silk",  rohe  S«»i(le,  obwohl  man  genau  wusste,  dass  dieselbt  nicht  in 
eine  Kategorie  mit  der  Rohseiile  tlcs  MauUieerspinners  zu  stellen  war.  Es 
waren  zuerst  Boilarü,  Gobiii  uud  Loi.seleur- Deslongchamps,  die 
auf  die  Hdgliohkeit  hinwiesen,  dass  Seide  wuk  von  anderen  bisekten  ge- 
wonnen werden  konne'^);  es  big  indessen  in  Europa  damals  keine  Veranlas- 
sung vor,  der  Sache  nälier  zu  tretm.  Eröt  als  gegen  Ende  der  fOnfziger 
Jahre  die  iJaupeukrankheiten  auftraten,  fing  man  an,  sich  mit  dem  Studium 
der  wilden  Seiden würmer  eifriger  zu  befassen,  in  der  Hoffnung,  einen  Ersatz 
fOr  die  eebta  Manlbe«rraupe  zu  finden.  Wenn  andi  die  Erwartungen  derer,  die 
europSisehe  Wälder  mit  den  Eichenspinnem  Asiens  bevölkern  und  die  eohte 
Seide  durch  die  wilde  erset/en  wollten,  sich  nidit  erfüllt  haben,  so  hat 
doch  das  Stadium  dieser  Gruppe  von  Seidenspinnern  au  dem  unenfarteten 


>)  ri^niu«,  HUt.  nat.  Ub.«XI.  cap.  23,  26. 
>)  De  ra  TMtiaria,  IIb.  I. 

*)  Horax,  Marti&H«:  .Femineum  lucct  sie  per  bombycina  corpus".  Mar'.  Iii  VlU 
*|  Fauvel,  The  wild  silk  worme  of  tbe  province  of  Shaotang.   Hoogkoog  lüll. 
Seite  6. 

*)  Boitard,  Traitä  de  ia  cuUora  du  mArier  «to.  &  149. 


Digitized  by  Google 


Die  wildmi  Seiden.  Vorkoiniiicii  und  Lebeanraiae. 


281 


Aai^hwange  beig(?tragen,  welchen  der  Verbrauch  wilder  Seiden  seit  jener  Zeit 
aafzuwoisen  liat.  Die  Industriellea  wandten  sich  alsbald  mit  Interesse  der 
Verwertung  dieses  schönen,  bei  weitem  bilHj^eren  FaKerstoff"??  /-i,  von  di  tn  sie 
annahmen,  daäs  er  die  Vorherrschaft  der  echti  ri  äeide  bald  uielir  oder  we- 
niger TerdrSngen  w&rde^  Die  KluuEsierung  der  wiMeo  Seideovpimier  in 
der  EDtomdlogie,  die  Zneht  derselben  and  die  Vermmduiig  ihrer  Produkte 
wurden  studiert,  um  deren  Einführung  in  die  Industrie  zu  erleichtern. 
Namen  wie  Rondot,  Rnxburgh,  Wailly,  Hutton,  Wardle,  Guerin- 
Meaeville,  Moore,  Birdwood,  Personnat,  Geogliegan,  Girard, 
Mayne  u.  A.  sind  mit  deu  Verdieiuteu  um  die  industrielle  Verwertung 
wilder  Seiden  vntertreimbAr  verkttSpft.  Diese  Fotaeher  wandten  eineraeiie  den 
echon  bekannten  Seidaupinnem  ein  unermüdliches  Interesse  zu,  und  suchten 
andererseits  nach  neuen  Oattunfren,  di<'  in  den  iiioist  natürlich  und  kultarell 
nnzngäng!'  Itrn  liegenden  der  neuen  und  alten  Welt,  in  den  einsamen 
Wäldern,  ihr  iNaturprodukt,  die  wertvollen  Kokons,  erzeugten,  welche  unter  der 
Eiawirlcong  der  NSaee  ^wölinlieb  der  Fanlnis  enheimfielen.  Uniere  Kenntniis 
ftber  den  Gegenstend  iat  swar  noeh  siemlieh  mangelhafti  allee  ai>er  aeheint  da- 
rauf hinzudeuten,  dass  in  dem  Studium,  sowie  in  der  Anfiraehi  wilder  Seidenspin» 
iier  nnrl  der  Verarbeitung  ihrer  Produkte  einer  der  aussichtsreichsten  Zweigeder 
niodernea  Textilindustrie  gesehen  werden  kaun.  Auf  der  Pariser  Ausstellung 
1878  wurde  in  der  indischen  Sektion,  neben  den  von  Gold  uud  Edelsteinen 
atrotsenden  Seidenbrokaten,  eine  bescheidene,  wenig  Auftehen  erregende  Kol- 
lektion indischer  wilder  Seidens|)inner  und  ihrer  Produkte  zuerst  der  OfTentlich- 
kelt  vorgefiilirt ;  der  Aussteller,  Th.  Wardle.  war  einer  der  ersten,  der  die 
])raktische  Bedeutung  dieser  Klasse  der  Text il fasern  vorausgesehen  und  sich 
um  deren  Einführung  in  die  Industrie  verdient  gemacht  hat. 

Die  wilden  Seidenqnnner  werden  im  eigentlichen  Sinne  des  Wortes 
niemals  gesachtet,  nnr  einige  besonders  gesebitcte  Arten  werden  dnreh  vorsorg- 
liclie  IMafsregeln  oder  doroh  Uberwachen  der  durch  das  Verweilen  im  Freien 
drohenden  f;iliren,  gepen  die  Witterung,  Raubtiere  und  Vögel  geschützt; 
diese  Arteu  werden  als  halbwilde  oder  auch  halbgezUchtete  bezeich- 
net. Die  meisten  leben  dagegen  in  den  Wäldern  in  volbtüudig  natur- 
wildnn  Znstande  und  sind  im  allgemeinen  an  keine  bestimmte  Nihrpflanse 
gebunden,  obwohl  bekannt  i^t,  dass  von  deu  letzteren,  je  nach  der  Gegend,  die 
eine  oder  die  andere  von  der  l>etre(Ti'nden  Raupe  bevorzugt  wird;  so  frisst 
z.  B.  Actias  »elene  in  Pondiclierrv  mit  Vorliehe  von  Odina  wodier,  in  Mus- 
sorien  dagegen  von  Coriaria  nipaieusis.  Merkwürdigerweise  kann  sich  der 
Attaens  atlas,  ein  in  der  Auswahl  seiner  Nahrung  wenig  anspmchavoUer 
Wwm,  in  Moasorien  nicht  an  die  Berbaris  asiatiea  gew3hn«i,  ▼on  weldier 
er  in  EonuMm  mit  Vorliebe  friaet').  Andereraeite  kann  wieder  der  Aylan- 


*)  flattoo,  On  tbe  Rerenioo  and  fiestoratioo  of  tbe  silkwmnn  (The  Traut,  of  tbe 
EaloBolag.  Bse:  ef  Lendon.  ItH,  B.  t66). 


Digitized  by  Google 


282 


Diu  wildtii  .Süldon.  Eigenschaften. 


thusspinnpr  Ohinnf,  welcher  dfi^ellist  anssrhliei-slicii  von  Aylaiithus  ^liindn- 
losa  frisst,  im  Hiiiialaynjjül)iijj;(.'  mit  vit-len  aoderea  Füaazeu,  u,  a.  mit  Cori- 
aria  und  Xantoxylum  genährt  werden. 

Die  Erzeugnisse  cler  wilden  Seidenspinner,  die  Kokons,  weilen  in  ihrw- 
Stmktnr  selten  die  Regelroässigkeit  der  Manlbeerkokons  auf.  Die  meirten 
Raupen  unterbrechen  wiederholt  den  Spinnprozess  nnd  erzeugen  w  mehrere 
F'iülen,  die  sie  miteinander  unentwirrbar  verkreuzen;  auch  werden  von  ihnen 
Zweige  und  Blätter  mit  in  die  Gespinste  ein^eflüchten.  Es  entsteht  auf 
aolehe  Weise  «in  Kokon,  der  sich  nur  schwer  abhaspeln  lasst  oder  aneb 
gSnalieh  unentwirrbar  blmbt  nnd  ans  diesem  Grunde  frUher  als  snr 
Seidengewinnnng  durchaus  unbrauchbar  erklärt  wurde.  Dieser  voreilige 
Schluss  war  um  so  befrcmdlic^lier.  als  man  sich  leicht  davon  hätte  über- 
zeugen können,  dass  solche  wilde  Kokons  in  ilirer  Heimat  verwertet,  d.  i. 
in  den  meisten  J'üUen  wie  Hanf  verzupft  und  versponnen  werden.  Krst 
die  Ansdebttung  des  Listerschen  Verfidhrens  der  Verwertung  von  AbfU^* 
len  ecbter  Manibeerseide,  dorcb  Krempeln  oder  Kimmen  nnd  Vevqnnnen, 
auch  aaf  die  wilden  Kokons,  brachte  die  schon  in  Stockung  geratene  In- 
dustrie der  letzteren  auf  ganz  andere  Wege,  welche  auch  bald  zn  be- 
achtenswerten licsultaten  führten.  Man  kann  behaupten,  d&m  der  Ver- 
braneb  dw  wilden  Kokongespinste  snm  Zweek  ^ks  Verznpfen»  grösser  ist, 
als  die  Abliebe  Verarbeitung  dureb  das  Abhaspeln.  Ein  grosser  Tnl  des 
in  der  heutigen  Florettspinnerei  verarbeiteten  Rohmaterials  besteht  aus 
wilden  Kokops,  welche  sich  so  völlig  für  diese  Verarbeitungsweise  eignen, 
dn«;s  der  Prei.s  der  ge<«ponne!ien  wilden  Seide  mit  dem  der  gehaspelten 
gleichsteht  und  ihn  sogar  übertriüt. 

Die  wceenUicben  VorsOge  der  wilden  Seiden  sind,  folgende: 

1.  ihre  Dauerhaftigkeit  infolge  der  «genartigen  Stmkturverbält- 

nisse,  auf  die  wir  noch  zurückkommen  weiden, 

2.  ihr  verhaltnisniilssig  billitjer  Preis  und 

3.  die  grosse  Ausgiebigkeit,  bedingt  durch  die  Grösse  nnd  Üppig- 
keit der  Kokons,  sowie  durch  die  sobnelle  nnd  billige  Aufsucht. 

Annerdem  haben  sieb  die  wilden  Seiden  fttr  gewisse  Zwecke»  wie  Fan- 
tasie-, Posamentier-  und  Möbelartikel  niidit  nur  als  leidlicbes  Surrogat  für 

die  echte  Seide,  sondern  als  g^eradezu  unersetzbar  erwiesen.  Aber  auch 
hier,  wie  überall,  ^i«lit  es  Nachteile,  die  jetzt  zwar  grS^sstenteils  über- 
wunden sind,  auiang.s  aber  wohl  kaum  holfeu  liesä4^n,  die  wilden  Seiden, 
was  Gllana  und  SehÖnbeit  anbetrifft,  der  editen  Maulbeeneide  jemals  an 
die  Sate  stellen  zu  dürfen.  Fast  alle  wilden  Seiden  sind  von  Natmr 
aus  dunkel  gefiirbt;  diese  Färbun(<  lilsät  sich  indessen,  im  Gegensatze 
zu  der  echten  Seide,  durch  Abkoclien  mir  teilweise  entfernen  und  kann 
nur  durch  einen  ziemlich  kostspieligen  Bleichprozess  beseitigt  werden. 
Ausserdem  enthatteo  die  untw  dem  allgemeinen  Namen  Tussafa  voikmn* 
menden  Seidenarten  snweilen  einzelne  Stringe  Ton  sehr  Tersebiedeoer  Hw 
knnll,  welidie  sich  gegen  die  Entbastnngs-  und  Bleiolunittel  Terse]nBdenaH% 


Digltized  by  Google 


Di«  wilden  Seiden.    Besondere  Merkmale. 


283 


verhalten  und  besonders  bei  bellen  Farbennataeen  Streifen  (marinage) 
verursachen.  Als  ein  Nachteil  wilder  Seideu  muss  ferner  difc  Schwie- 
rigkeit erwähnt  werden,  mit  welcher  sie  sich  in  den  dunklen  Nuancen  ans- 
ftilien  lassen.  Ein  von  dem  der  gewöbulicbea  Seide  abweichender  morpho- 
logiseher  Bau  und  ihre  eheniiaehe  Znaammensetiang  bewirken,  daas  «ich  die 
wilden  Seidenarten  gegen  Beizen  und  Farb»ito£Fe  äusserst  widerstandsfähig, 
d.  i.  gewisserrnnfspii  undurchdringlich  und  inaktiv  verhalten.  Andererseits 
bedingt  die  bandartige  Flachheit  der  stets  etwas  um  ihre  Achse  gedrehten 
Faser  und  der  Umstand,  dass  das  Liclit  von  derselben  unter  verschiedeneu 
Winkeln  znraekgestrahlt  wird,  den  glasartigen  Glau  und  das  Flimmern,  wo- 


Fig.  136.  8cliopp«n  vou  Antti.  mjrlttU  TIg.  ISI.  nflgtlacliappcn  von  AnUi.  myllUa 

ffWMh.  SMtoB  «rtmuMD). 


durch  die  tieferen  Nuancen  und  selbst  das  Schwans  nicht  voll  und  ge- 
deckt genug,  oder,  wie  eich  der  Fachmann  amdrockt,  uMet^  ansfallen. 
Unter  Umständen  ist  dies  Flimmern  jedoch,  namentlich  in  den  mittleren 
Tönen  bei  der  Ordge  und  in  Phantasiegeeyniten,  von  anenehmend  aehönem 

£ffekt. 

Als  charakteristisches  Unterscheidungsmerktual  für  die  einzelnen  wilden 
Seidensdimetterlinge  kSnnen  nntnr  DmalBiid«!  die  atanbilmKciiai  EBrperdwn 
oder  Schuppen  benntrt  werden,  die  am  Finger  haften  hleibmi,  wenn  man 

den  Flügel  der  Motte  berührt  liat.  Die.ser  Staub  erweist  sich  bei  mikroa- 
kopischer  Untersuchung  al.s  dreieckig  gestaltete  Blättchiu,  die  mit  ihrem 
spitzen  Ende  am  Flügel  befestigt  sind,  sich  am  entgegengesetzten  Ende  er- 
weitem nnd  entweder  einen  dicht  gezackten  Rand  zeigen,  wie  z.  B.  bei  Antb. 
yamamay,  oder  lange,  nadelkhnKehe  Spitaen  beeitaen,  wie  bei  Aeiiaa  aelene. 
Die  Schuppen  form  ist  ebenso  mannigfaltig  und  zeigt  interessante  Umrisae 
von  einer  schiiiaien.  spindeliihnlichen  (lestalt  bi'i  Anth.  Cyuthia,  bis  zur 
breiten,  tlederinausbrennerartigeu  bei  Autli.  niylitta.  Die  Schupjven  sitzen 
auf  dem  Flügel,  mit  der  grössteu  ßegelmässigkeit  sich  dacbziegelähnUch 
aberdeekmid,  nnd  etwa  den  WoUcehnppen  Shnlich;  ihre  Oeatalt  iat  bei  einer 
nnd  denelben  Speeles  nieht  immer  nbcolnt  flberdnatimmend,  ea  iat  indessen 


Digitized  by  Google 


284 


Die  wilden  Seiden.    Besondere  Merkmale. 


möglich,  auf  diese  Weise  die  Art  Attacas  von  Antheraea  nnterscheiden  zu 
können.  Die  Griisse  entspricht  nicht  immer  der  SchnK'tterlings|i;^msse,  wie 
mau  aus  der  Zeichnung  der  Tusserschuppeu,  welche  breiter  als  die  von  At. 
«Um  aind,  enehen  kann;  dagegen  telicint  sie  mit  der  Dieke  der  Feier  im 


l'lg  IM.    8claupp«n  von  Bomb,  mort 


Flg.  139.  Sehappeo  von  Antb.  myUtU. 


Zasammenhang  zn  stehen,  wie  aus  einem  Vergleich  zwischen  Tusser  und  Bom« 
hjx  hervorgeht.  In  einer  unrl  derselben  Species  ist  el>enfnll3  ein  geringer  Unter- 
schied zwischen  den  Schuppen  de»  Männchens  nnd  denen  des  Weibchens  bemerk- 
bar, am  meisten  bei  Sat.  carpini.    Die  abgebildeten  Mottenscbuppen  sind 


Flg.  MO.   Hobappen  von  AtU  »Um. 

vom  oberen  Flügel,  oberhalb  des  Fensteranges  entnommen  worden;  die 
Fig.  136  zeigt  Sehappen  ans  renehiedenen  Gegenden  eines  und  desselben 

Flügels. 

Die  nur  irg«sdwie  dnreh  ihre  Prodokto  in  qnalitat  oder  qoantit.  Hinsieht 
temerhemsuerten  Arten  haben  in  dieesm  Ahsdin^eme  enigehenders  Beipreohni^f 

gefunden;  nu.s.serdem  aber  giebt  ee  efass  unftblige  Menge  anderer  Bsidenspin- 

nendcr  Insekten,  die  in  Sammlungen  msisfe  nur  m  wenigen,  oft  nnr  in  Eintet* 

» 


Digitized  by  Google 


Dia  wfldMi  Saidea.  KlaMilscnmg. 

ezemplaTen  mtnfiiMleD  und  aoeh  aniolUaglich  chankierisieri  rind,  mdhts- 
destoweniger  aber  in  ihrer  Heimat  tiaeh  UnikderttainnBclen  zahkn  and  früher 
oder  s])Hter  eine  industrielle  Bedeutung  erlangen  können;  sie  mögen  daher  der 
Vollstämligkeit  halber,  wenn  auch  nur  dem  Namen  nach,  angeführt  Werden. 
Eine  genaue  Systematik  der  wilden  Seidenspinner  aufzustellen,  ist  beinahe 
unmöglich;  die  gegenwärtig  giltige  ist  nemlieh  ▼«rmnniit  mid  entweder 
bqgranit  w»  die  ^nxelnen  Arten  ungenau,  od«  sie  belegt  eine  und  dieselbe 
Spedei  mit  renchiedcnen  Namen.  Im  Nachfolgenden  sind  sie  gruppen* 
^asammen^pptellt,  wobei  im  wesentlichen  Natur  des  TOn  ihnen 
gelieferten  Gespinstes  als  mafsgebend  angenommen  wurde. 

I.  Gruppe.  Seideniaopen  mit  gescllIL  ^^<'nea^  verhältnismässig  regel- 
mässi^r  goHponnenem,  nnd  ohne  besondere  Scbwieiigkeiten  abha«- 
l)elbarem  Kokon. 

1.  Wilde  Maulbeerraupen. 

2.  Antfaeraea  Yamamay. 

3.  TanerfamiUe. 

4.  MooDgafamilie. 

5.  Artifv-füniilip. 

II.  (iru)i{)e.    >Seidenwürmer  mit  offenem,  nicht  hattpelbarcm  Kokon. 

1.  Attacuäfamilie. 

2.  Gemiechte  Untergruppe. 

IIL  Onippe.  Venehiedene  Speeles  der  Satnmiden,  vorläufig  ohne 
technisehe  Wichtigkeit. 

Die  erste  Urupp«  umfas-st  die  Angehürigtu  der  (jiattuug  Autlieraea 
mit  Ausnahme  der  ersten  Familie,  welche  ein  in  sieh  gesehloesenes  Ganses 
Inldet  und  gewissermafsen  ein  Dheigangsglied  von  den  getnchteten  in  den 
wilden  Seidenspinnern  vorstellt.  Es  sind  die8  die  halbgezüchteten  oder 
ganz  wilden  Maulheermupen,  von  denen  wir  bereits  einipfe  Repräf^entanten 
bei  Besprecbong  der  indischen  und  cbiaesischen  Seidenspinner  keuneu  gelernt 
haben.  kommen  sowohl  in  Indien,  wie  in  China  und  Japan  vor,  wo 
sie  unter  dem  allgemeinen  Namen  yen-sse  (wilde  Seide)  bekannt  sind'). 

Die  dem  echten  Maulbeenvurm  sehr  nalie  stehende  Theophila  Huttoni 
(Westwood)  *)  ist  in  N.W.'Himalaya,  qpedell  in  Maseorien«  Simla,  Aimorah 


')  Bretschneider,  On  Chinese  ailkworm  trces.    Peking  1881. 

*}  Horsfield  and  Moore,  A  Catalogue  of  th«  lepidopteront  inteett  in  the  Mu- 
wam  of  tbe  hon.  Enat  India  Company  ItöT'^SS. 

Moore,  On  fb»  ssiatie  «Uk  prodacuig  uoths  (Tb*  tnuis.  «f  ths  Eni.  8oe.  8  fi. 
1S«2— 64). 

Moore,  Synopsis  of  tfae  known  asiaiio  tpecies  of  lilk  producing  motbs  (Pro* 
ceediagR  of  the  zoological  Society  uf  London.  XXVIII.  185;)). 

Hntton,  Remarka  on  the  cultivation  of  »ilk  in  India  (Joam.  of  ths  Hgrio.  Soc 
of  India.  K  S.  1869);  Nolea  on  the  Indiao  Bombycidae,  1S71. 


Digitized  by  Google 


296 


Tbeopbila  Uuttoni.   Th.  manJarino. 


und  Govindpore  heimisch,  WO  ^  swei  Generationen  jährlich  liefert.  Im 
.1.  \H'M  wurde  sif  in  Mussorien  in  einerntiger  Variftät  von  Hutton  ent- 
deckt und  anfänglich  für  den  wilden  ß.  niori  gehalten.  Die  Raupe  liefert 
f(Bine  weisse  oder  gelhliciie,  besonders  aber  gniue  Seide  von  sehr  guter  Qualität. 
Es  ist  «ahncbdnlieh,  da»  die  wdaae  Seide  der  Th.  Hnttoni  diejei^  isfc, 
welche  anter  dem  Naiben  „kanSeya**  im  Sanskrit  erwähnt  wird'). 


Uff.  141.  TtaMpbils  ■wateriw  (WtlbduB).         Iis»  US.  Ttupplilte  ■aadarfna  oamaOmH. 

Die  nnt«'  der  Bezeiehnnng  tien-asl  in  China  bekannte  Seidenart  stammt 

von  der  insbi-sondore  in  Tschekiung  (N.-China),  dann  in  Naasin  aad  Sboaag> 
lin  einliL-inaischen  Theophila  mandarina  (Moore)*).  Die  hellbraune  Ranpei 
die  der  Maulbeerraupe  sehr  ähnlich  ist,  spinnt  einen  mit  leichter  Bourrett«- 
hUUe,  manchmal  mit  eiaem  Maulljcerblatt  bedeckten,  eiförmigen,  fabt  weissen 


VIffL  MS.  KokM  4m  ThMipMta  anotetu.  Wig.  144.  Xotoa  dar  Thao»Uk  BaiidwlM. 

Kokon,  dessen  Abhaspeln  unter  gewöhnlichen  Umständen  nur  nach  lang- 
wierigem Einweicheu  und  bchlageu  möglich  ist,  in  einem  beifeubade  da- 
gegen mit  Leiehtigkmt  vor  sieh  geht  Der  Eobm  hat  eine  Qtüm  m  27x 


*)  Rondot,  L'art  de  la  aoie,  2.  6d.   Paris  1886. 

*)  Moore,  Daaeiiptiea  oT  aew  hcDaa  Lai^doptira  ^koossdiBgs  of  fbe  Zoolagkai 
Soeielijr  of  London  for  tbe  y«ar  1872.  &  ST^ 


V 


üiyiiizeü  by  Google 


BondotU  mendftna. 


287 


10  mm  nnd  ein  mittleres  Oewidit  Tom  25—30  cg«  ia  trocknen  und  leerem 

Zustande  von  5,5  cg.  In  einem  Kilo  sind  UBgcfiibr  5800  Kokoas  enthalten, 
wovon  23')  g  Sf'iil»'  und  das  übrige  Puppen  sind.  Ein  Kokon  liefert  45  mg 
Seide;  somit  benötigt  man  222*22  Stäck  ev.  4,666  kg  trockner  oder  13  kg 
ftiseber  Kokons  für  1  kg  Grege.  Eia  Kokon  liefert  150 — 210  m  einer 
hellgelben  Faser  vom  Durchmesser  26  (jl,  ihr  Titer  variiert  toq  0,09  bis 
0,108  g,  Klastizitiit  l)elrägt  S  12%,  Festigkeit  8  g.  Verlast  beim  Ent- 
bauten  'iS",,.  l)ie  «iolhliche,  fVine  Seide,  welche  >ich  durch  grosse  Schön- 
heit aiiszficliiiet.  wird  zur  Anfi  rtiming  ;iu-^-er>t  leichter  (iewebe,  in  der  Art 
von  (iaze  und  iMus.selin,  verwendet.  Die  Tb.  maudariua  liefert  zwei  Eruleu 
jShrlich:  im  Juni — Juli  and  August— September.  Auch  in  Japan  kommt 
dieee  Seidenart  zuweilen  Tor  und  wird  „naraoko*^  oder  „knwago**  genannt. 
In  absolut  wildem  Znstande  ist  dieser  Seideuwurm  in  Indien  angetreten 
worden 


Fig.  Hb.   BondoUa  menc.  tMÄuucheo).  l'lg  Uti.   HoudotU  aieoc.  OVelticheD). 


Ein  ebenfalls  in  China  (Ningpo,  Hupeh  etc.)  vorkommender  Seiden- 
wurm, Rüiidotia  nienciana  (peh-yen-tsan),  ist  grösser,  als  der  vorherige, 
zeichnet  sich  durch  seine  lebhaften  Bewegungen  aus  und  lebt,  gleich  die- 
sem, ausschliesslich  von  Maulbeerblättem.  Der  glatte  26  mm  lange  Körper 


Fl«.  14T— l«w  mUktma  4ot  WauL  mmetaaM,  I.  Knrta.  M«.  141.  dtou  1  Bnl*. 

der  Raupe  ist  von  rötlich-brauner  oder  gelb-oliver  Farbe  und  mit  einem  schwar- 
zen Honi  versehen.  Kr  liefert  jährlich  zweimal  locker  gesponnene  Kokons, 
die,  in  BIfitter  eingewiekelt,  sehr  viel  Floekseide  enthalten  nnd  sieh  nieht 
leicht  abhaspeln  lassen;  ihre  Farbe  ist  gelblieh,  die  Form  r^pelmSstig  ovaL 

Die  Länge  d*  i  Kokons  der  ersten  Ernte  betrigt  15 — 18  mm,  die  Breite 
7—11  mm,  die  der  zweiten  Ernte  sind  kleiner  und  messen  12 — 16  mm 
Länge  auf  8 — 9  mm  Breite;  ein  trockner  und  leerer  Kokon  der  ersten  Ernte 
wiegt  60«-70  mg,  der  zweiten  30  rag;  um  1  kg  Gr^ge  zu  erzeugen,  sind 


')  Liotard,  Memorandum  on  sük  in  India,  part  I. 


Digitized  by  Google 


288 


Theoiihiia  bengalexni». 


15300  Stück  erforderlich.  Die  tichuisclio  Verwendung  dieser  Seide  ist 
zur  Zeit  uoch  nicht  sehr  l)edeutencl,  obwohl  sie  für  die  Zukunft  nicht  nur 
wissenschaftlich  interessant  zu  bleiben  verdpnclit.  L)ie  Lunge  der  Kokon- 
faser beträgt  77  m,  wovon  etwa  40 — 60  m  im  Gewicht  yon  4  mg  abhaspelliar 
nnd.  Im  Voigleieh  mm  Titer  der  Seide  von  Theophils  muidMina  (0,100  g) 
betragt  es  bei  der  Rondotiafaser  0,044,  d.  i.  ein  „denier"  wenigi  r.  Die 
Faser  ist  äusserst  regelrailsaig,  wie  zwei  gleichlaufende  ('vlinder,  und  kom- 
pakt, wie  die  echte  Maalbeerseide;  sie  verliert  40%  beim  Eatbasteu.  Im 


Flg  ISO.  Kokona  ron  Bondotl«  neneiaiia,  t.  Bmle. 


all^^emeinen  stehen  (li»>  Seiden  von  Rondotia  menciana  und  Tlieophila  OUM' 
darina  niorpbologisci:  und  chemisch  der  echten  Seide  sehr  uuhe. 

Die  nachfolgenden  beidenarteu  sind  mit  den  indischen  lialbgezüch- 
teleo  Bombyddan  nahe  terwandt,  so  ist  i.  B.  der  assamisclie  „pftt" 
oder  nlchomia-pat'^  (der  lai^iMiie  Warm),  der  ausser  yon  dem  Maalbeer- 
bäum  noch  von  den  Blättern  des  indischen  Feigenbaumes  lebt,  aller  Wahr- 
scheinlichkeit nach  mit  dem  unten  bpsprochenen  liombyx  Croesi  identisch. 

Der  Bombyx  (Theophila)  bengaleuäis ^)  ,von  Hutton  lebt  im  unteren 
Bengal  (in  der  Umgegend  von  Kalkutta)  yon  „diophal'S  Artocarpns  1a> 
coocha,  ipinnt  aneh  in  Ranehee  nnd  Chota- Nagpore.  Dia  Form  der  weissen 


0  OeoghegEB,  8Uk  in  lodia  (Tcana.  of  tbe  EntoBi.  Soe.  oT  London,  SSer.  L  819^ 
U.  828). 


uiyiiizcd  by  Google 


Tbcopliilft  iifBiiis  «tc  Ooiaan. 


289 


Kokons  erimnit  an  die  von  Th.  mandaHna;  sie  ^d,  wie  die  Kofa>OB 

Ton  Ron<iotia  mencmna,  am  Blatte  diirdi  AnhingBel  befestigt. 

B.  (Theophila)  affinis*)  wurde,  über  ganz  Bengal  verbreitet,  1869 
durch  Kingi  in  Chotii  Nagpore  entdeckt  und  lebt  tou  Art.  lacoocha  imd 
Morus  iDdicu  (Hut ton). 

6.  (Tlieophik)  ShenrilK  (Moore)  in  8.-0.-HimRlaja.  Der  Sehmefcter- 
ling  gleicht  vollständig  der  Th.  Hattoni. 

B.  (Theophila,  Ociuara)  religiosa ')  von  Helfer  ist  die  grusste  aller 
Seiden raa[)eD,  von  Helfer  auch  als  „Yoree"^  (.Isaam),  vou  Hngon  als 
„Deomooga**  (Katscharj  der  Eiugeboreneu  bezeichnet.  :^ie  lebt  in  Assum, 
KatMshar,  Sylhei  in  halbgeiüohtetem  Znetande  anf  dem  heiligeu  Feigeo- 
baune  der  indiacbeii  Tempelbaitie  (Fiem  iiriigioea,  {äp^Ot  wf  dn  Ficna 
indica  (bor  in  Katschar)  und  auf  SbeUliu  odoratissima  („sum**  nach  Bucking- 
ham)  und  entwickelt  sich  zu  einem  Schmetterling  von  f:px>s«inrtiirer 
Farbenpracht.  Der  Deomo(^uwurm  lebt  30  Tage  und  spinnt  einen  harten, 
eebr  au-sgiubiguu  Kokon,  der  eine  feste  and  glänzende  Seide  liefert;  seine 
SeidendrSie  wird  in  Bengal  an^  xnr  Anfertigung  von  Angdsehnfixen  venrendet. 

An  Bombyx  religiosa  BcMieanen  sieb  folgende  Sddenarten  an,  die 
indessen  in  iinregtlmäasiger  Weuae  gesögen  nnd  nur  veiiiSltnismisaig  wenig 
verwendet  weiden. 

Ociuara  lactea  (iiuttuu),  vüu  emigeu  aU  Allucuä  1.  bezeichnet,  ist 
eine  mehreraiige  Seidenart  Hassoriene,  N.-W.- Himalaya.  Die  volbtibidig 
haarlose  Raupe  lebt  vun  Ficus  veuosa  und  liefert  i-lwn  kh  ineni  ovalen, 
schwefelgelben  oder  wei.ssen,  in  Blätter  eingewickelteu  Kokon,  der  mit  einer 
schönen,  gelben,  spitzenartigen  Hülle  imigeHen  ist. 

Ociuara  lida  (Moore),  auf  Java  und  in  MusM>rieu  auf  Ficos  veuosa. 
Die  haarige  Raupe  spiimt  einen  kleinen  weisnen  Kokon,  der,  laut  Untton, 
sur  Seidengewinnung  nicht  herangesogen  wird. 

0.  comma  (Hotton),  in  den  Th&lern  vun  Dehradoon.  Ein  weisser 
Sehmetterling  mit  kommaartijyem  Bildnis  auf  den  Flügeln. 

Ocinara  diaphana  (Moore)  des  Kbasiagebirges. 

0.  moorei  (tiutton)  in  Mossorien,  N.-VT.  Himalaja,  spinnt  auf  der 
FiouB  venosft  nnd  der  wilden  Feige  mehrmals  im  Jahre  kleine  weisse 

Kokons. 

0.  dilectula  (Walker)  anf  der  hwelJaTa,  spinnt  gelbe,  fast  kugebrunde 

Kokons,  und  sciilii^sslich 
Ocinara  Waringi. 


>)  Froceed.  of  the  ZooL  äoc.  of  London,  .XXVIIl.  242. 

TVaiMSGi  of  ibe  EuiomoU  Soe.  «f  LoodoD*  8.  sar.  II.  329. 
')  GeoghegaB,  Bilk  in  India»  Tnuti.  of  tlie  Bstooi.  Soe.  of  LoodoB,  S.  lar.  I, 
815,  II»  322. 


Sllb«rn»sii,  Wm  SM«. 


1» 


290 


Alle  Oeinaroarieti  liefern  sehr  feinflUiige  Seide*}. 

Trilocha  varians  (Walker,  Moore).  N.- und  S.-Indien  (E[allnittft, 
Assara,  Kanar)  auf  dem  l'eigeobanm');  liefert  ftnsserrt  kleinet  onlei  gelb- 
liche Kokons. 

Gastropaclia  quercilolia.  G.  popuUfolia.  G.  tremulifolia.  G.  ilicifolia. 
Libetbra  Cajaiii. 

Ein  durah  eeine  Lebensweise  and  Eneagniiae  d«n  B.  mori  neheeteiieiL- 

der  Seidenwann  der  japeuischfii  Eiclie.  Antheraea  Yamamay ist  iu  Japan 
seit  1487  btkaout,  wo  er  auf  tkr  lusi  1  Fatsitsj'o  entdeckt  und  nach  Nippon 
verpflanzt  wurde;  seine  urejirüngUche  Heimat  scheint  dagegen  China 
gewesen  zu  seiu,  woselbst  er  im  Gebirge  in  völlig  wildem  Zustande 
gefonden  worden  ist.  In  Japan  irird  er  daher  „Yama'inayu"  (Sddenwvmi 
der  Gebirge)  genannt,  und  ist  die  von  ihm  gelieferte  Seide  hoch  genchätzt. 
In  früheren  Zeiten  war  diese  Seidenarf  ausschliesslich  für  den  Gehrauch 
japanischer  Herrscher  reserviert  und  die  Ausfuhr  der  Raupeneier  bei  Todes- 
.strafe  verljoten;  trotioieui  gelaug  es  einem  gewissen  Van  Meerdevroortf 
durch  Anwendung  übrigens  wenig  Kiblicher  Mittel,  sie  im  Jahre  1862  nadi 
Borapa  an  Tweenden,  wo  erfolgreiebe  AcelimatiaieniDgerasnehe  aagestdlt 
wurden,  die  noch  gonstiger  ausfielen,  als  man  durch  Krensang  mit  dem 
chinesischen  Eichenspinner,  Anth.  Pernyi,  eine  unter  flen  europäischen 
KlimaTerhältnissen  vortrefflich  gedeihende  Rasse  erzeugte.  Auch  die  in  In- 
dien angestrebte  Acciimatisierung  ergab  gute  Resultate,  doch  wurde  die 
Zneht  ^  Yamamayspinners  hier,  wie  aneh  in  Europa,  Asien  und  Ameiikaf 
ans  verschiedMien  Gründen  nieht  lange  fortgesetzt;  trotzdem  ist  ee  nicht 
ausgeschlossen,  da^^s  sie,  früher  oder  später,  in  diesen  Weltteilen  noch 
wieder  aufgenommen  \verdeu  wird,  da  die  Yamamayseide  an  Schönheit  der 
Faser  der  echten  Seide  vollständig  ebenbürtig,  an  Festigkeit  sogar  weit 
Qberl^en  ist  —  und  die  Klima«-  und  Bodenverhiltnisse  Uittelenropas  und 
AmeriloM  stimmen  mit  denen  Japans  Tollkommen  überein.  In  Japan 
wird  die  Anth.  Yamamay  in  mebieren  Provinien  ges&ditet  und  zwar  in 
(ioshiu,  Tango,  Rtshigo,  Koshiu  nv<]  Owari,  in  grösserem  Mafsstabc  in 
Siuschiu,  wo  mehrere  Ortschaften,  die  einen  Kollektivnamen  ,,Matsukawa- 
gumi'*  führen  uud  ibr  Ceutrum  in  Furumaya  haben,  ausschliesslich  die  Zucht 
des  Yamamayspinners  betreiben^). 

Das  runde,  etwa  3 — 4  mm  messende  Raupenei  des  Yamamayspinners  ist  iu 
mannigfacher  Hinsiebt  interessant.  Znnst  gehört  »eine  brenne  Farbe  niebt  ihm. 


'j  Uutton,  On  the  revergion  and  rettoration  of  the  wild  silks  of  India.  iTrans. 
Of  the  Kntom.  Soo.  II.  326). 

')  Moor«,  The  Lepidoptera  of  Ceylon,  II.  136.  Tram,  of  the  JSntom.  8oc.  8  aer. 
U.  Taf.  19. 

*)  Hoffmann,  Bull,  de  la  Soc.  d'acciim.  1864.  523. 

5?ir;i-kawa  ,1'  de  Rosny,  Trait^  de  l'educ.  d«'^  vers  a  eoie aa  JapOB,  ISiM.  1S4. 
*)  Adams,  Third  Report  on  Silk  Culture  in  Japan.  lt>70. 


Digitized  by  Google 


Antheraea  Tamama}*. 


291 


sondern  einer  ihn  umgebenden  gummiartigen  Hülle  an,  welcli  letztere,  weil 
sehr  hygroskopisch,  die  Oberfläche  des  Eies  stets  in  feuchtem  Zustande  erhält 
*  und  dadurch  beim  Ausbrüten  sehr  günstig  wirkt.  Aus  diesem  Grunde  glaubte 
man  eine  Zeitlang  fülschlich,  die  von  dieser  Hülle  befreiten  weissen  Raupeneier 
als  uubranchbar  erklären  zu  dürfen.    Eine  andere  Merkwürdigkeit  ist  phy- 


Flc-  IM-   Scbmetterling  der  Anth  Tamunty. 


Biologischer  Natur;  die  junge  Raupe  ist  nämlich  im  Ei  schon  3 — 4  Wochen 
nach  dem  Legen  gebildet  und  überwintert  ohne  Gefahr  in  diesem  Zustande, 
während  bei  dem  B.  mori  und  den  übrigen  einenitigen  Seideuwürmeru 
der  Embryonalprozess  bekanntlich  erst  im  folgenden  Frühling  stattfindet. 


Flg.  Ibl.   Die  Ranpe  de«  TiiiiAin>;ap<nnen. 


Die  Yamamayraupe  wird  ausschliesslich  mit  Eichenblättem  gefüttert, 
in  Japan  und  Cliina  frisst  sie  hauptsächlich  von  den  Eicheuvarietä^en 
Quercus  serrata  und  Q.  dentata.  Ihr  Lobenslauf  ist  mit  dem  von  B.  niori 
beinahe  identisch.  Der  Kokon,  von  länglicher  Gestalt  und  häufig  mit 
Blättern  umwickelt,  ist  von  schön  goldgelber  oder  blassgrüner  Farbe  und 
regelmässiger  Struktur;  er  uiisst  45  bis  &3  mm  Länge  bei  23  bis  27  mm 

19' 


Digitized  by  Google 


292 


AaÜMraca  Yammnaj. 


Breite;  die  grössten  sind  die  weiblichen,  welche  7  mid  8<^r  8  wiegen» 
während  der  Maulbeerkokon  durchschnittlich  nur  3  g  wie^.  12  kg  Kokons  ^ 
liefern  1  kg  Orege,  lOüO  Kokons  800  g  Rohseide.  Der  Faden  ist  mit 
Seidenleim  amgeben  und  tou  beinahe  weisser  Farbe.  Das  Abhaspeln  geht 
mit  Laiehtigkeit  tot  neh.  Die  at^ehaspelte  Kokoofraer,  in  einer  Liag» 
von  800  m,  ist  aoföoglich  grünlichgelb  nnd  wird  im  loneni  det  K(Aon» 
allmihlich  weisser  und  dünner.  Der  Schmetterling  der  Autli.  Yamamay  ist  von 
schön  goldgelber  Farbe  mit  weiiiaer  Kreazbinde  und  rotiafarbenen  Pfaueu- 
aagen. 


Hf.  159.  Kokon  dar  AaUiene»  YkiMioftr.  t'ig.  IM.  Mikraak.  BUd  d«r  ITmct  tob 


Sehr  gebrüuchlicli  ist  in  Japan  das  Verweben  der  Varaama}.seide 
mit  der  ecbt«n  zur  Herstellung  gemusterter  Gewebe  von  ausnehmend 
sdiSnem  Effekt«  Von  allen  wilden  Seiden  eteht  die  Yanuunayfaser  in 
morphologischer  und  chemischer  Beziehung  der  echten  Seide  am  nächsten; 
in  Europii  tindet  sie  jedoch  nur  beschränkte  Anwendung,  weil  sie  beim 
Färben  oft  ein  ^any.  abnormes  Verhalten  zeigt,  das  möglicherweise  auf 
künstliche  Erschwerung  zurückzuführen  sein  dürfte. 

An  Antli.  Tanuunay  reihen  sieh  einige  andere  Seidonurten,  welche 
ebenfalle  auf  der  japanisehen  Eiehe  Torkommen  nnd  eu  fthnliehes  Pro- 
dukt Uefenit  aber  nar  irrtümlicherweise  als  Yamamayspinner  bezeichnet 
werden.  Es  sind  dies:  Anth.  fentoni  (grauer  Schmetterling),  Anth.  hazina 
(roter  Schmetterliug),  Autb.  calida  (brauner  Schmetterling)  und  schliesslich 
Anth.  maroisa. 

«  « 
« 

Die  nachfolgend  zur  Hesprechung  gelangende  Spidenart  war  eine  der 
ersten,  die  den  Namen  der  „wilden"  führte  und  mit  welcher  Europa 
aneh  aaerrt  bekannt  wurde.  Es  ist  dies  die  Tasar-  oder  Tasserseide,  ein 


Digitized  by  Google 


Anthernea  inylitta. 


293 


Produkt  des  indischeD  Tusserspinners,  Anth.  mylitta  (Drury)'),  welche  im 
Handel  kurzweg  als  Tnssah  bezeichnet  wird.  [)ie  Synonymen  der  Tussah- 
seide  sind  sehr  zahlreich,  auch  die  Bf-zeichuungeu  in  verschiedenen  Sprachen, 
wie  Taisar  oder  Tusser  in  Indien,  Tussah,  Tiissa,  Tnssar,  Tiisseh  in  England, 
tus-sore  in  Frankreich  u.  s.  w.,  Namen,  die  von  dem  indischen  Worte 
„tusuru",  das  Weberschiffchen,  abgeleitet  worden  sind.  Die  Raupe  der 
Anth.  mylitta  ist  über  ganz  Indien  mit  Ausnahme  von  Rajpootaua,  Kaschmir 
und  Butan  verbreitet  und  wird  von  den  Eingeborenen  verschiedener  Distrikte 


Tig.  Ibi-   DIt  R«ape  «Im  TuwkbipionKn. 


mit  den  mannigfaltigsten  Namen  bezeichnet:  tasare,  tnsseh,  guti,  bughy,  kolis- 
sura,  ksatkuri  etc.  sind  die  gebrüuch liebsten,  unter  denen  man  wieder  einzelne 
Varietäten,  wie  punjab,  hazaribagh,  schibassu  u.  s.  w.  unterscheidet.  Für 
die  entomologische  Bezeichnung  der  Tussahraupe  existieren  folgende  Syno- 
nyme: Phalaena  Attacus  mylitta  (Drury),  Anth.  mylitta  (Hübner),  Bombyx 
m.  (Fabricius),  Attacus  m.  (Blanchard),  Saturuia  m.  (Westwood),  Pha- 
laena paphia  (Roxburgh)  und  Saturuia  paphia  (Helfer).  Über  die  Tusser- 
seide,  die  seit  undenkbaren  Zeiten  in  Indien  verarbeitet  wird,  gelangten 


')  Wardle,  Monographies  du  tussore  et  d'aiitre«  soie«  siiuvaf^es  de  l'Inde  etc. 
London  1878. 

—  The  wild  silks  of  India,  principallj  tusMr.    London  1879.  1880.    S.  16  ff. 

—  Handbook  of  the  collection  illustrative  of  t)ie  wild  siiks  of  India.  London 
1881.   S.  13  ff. 

Geogbegan,  Eaat  India  product«,  II.  Silk  in  India,  S.  110. 
Drurjr,  Procceding«  of  the  Zoologie.  Soc.  of  London.  S.  247. 
Hutton,  Note«  on  the  Ind.  Bombycidae.    S.  4. 

Wailly,  Catalogue  raioonnt^  de  s^ricigbnes  Kauvages.  Extr.  du  Bull,  de  la  Soc. 
d'aodim.    Paris  1882.  1886. 


Digitized  by  Google 


294 


die  enton  Nachrichten  nach  Earopa  in  neacrar  Zeit  durch  Bamphintt 

der  in  seinem  Prachiwerke  „Herbarium  Amboineiuae'',  sowohl  den  Schmet- 
terling und  seine  Eotwickelnngsgeschichte,  wie  auch  den  Kokon  and  dessen 
Verwendung  zur  Fasergewinnung  schildert  Auch  in  China  wnrde  die 
Tuäserranpe  seit  läogerer  Zeit  in  einigen  Gegenden  von  Ss-tschueu,  Kuei- 
tadiea«  Shantnog  und  Honan  in  nidit  nnerheblieher  Menge  gezBclitet')r 
intofern  man  das  Sammeln  der  Kokons  als  Zocht  bezeichnen  will. 

Die  Raupe  der  Anth.  mylitf;i  frisst  von  ciuigen  Dutzend  Pflanzen, 
hauptsächlich  von  Duiyeti  (Lugerstroemia  iudica),  Asun  oder  Saj  fTermi- 
nalia  touientosa),  Ai>i»uiu  (Terminalia  alata  glabra),  Sal  (Chorea  robasU;, 
Sidara  (Terannalia  arjona),  Nindnik  (Fiens  beiganiina)«  Karond»  (CariM 
earandaa)  nnd  Bher  iJBuj^vm  j^jnba),  tuieb  von  Sonneratia  aeida,  Bombaac 
Malabaricnm  u.  s.  w.  Die  Banpen  hftnteu  sich  fOnfinal,  dnd  in  ihrer  Reife 
etwa  14 — 15  cm  lang  und  3  cm  dick  und  Iwginnen  nach  »  iuer  viensig- 
tiigigen  Lebeuszeit  mit  dem  Spinnen  des  eiiönuigen,  braun  farbigen  Kokons, 
den  8ie  mittels  eines  Anhüngscls  am  Zweige  befestigen.  Den  Lebenslauf 
der  Tnsseminpei  sotrie  einiger  anderen  wilden  Seidenspinner  erllnlert  fol- 
gende Tabelle*). 


Satdeaart 

Lebsatdamr 

Scbmetter- 
liagi 

Seii  vom 

Eierlegen 
bis  zum 
AaslMrfitea 

Lebensdauer 
der  Kaupe 

2»eit  vom  Ein- 
spinnen bis 
züUi  Reif- 
werden  der 
lairre 

Zeit  Tom  Keif- 
werden der 

Larve  bis  mm 
Auskriechen 

de«  SchnettsrL 

AntL  mylitta 

3 — ITage 

.9  Tage 

36  Tage 

15  Tage 

6  „ 

10  „ 

30  n 

5-6  „ 

16—20  Tage 

a        •   •  « 

A.  neini 

Nicht  genan  bdnnnt.  Der  komplette  Kreislauf  »ird  in 
43  Tkgen  bia  2  Uonaian  Tolliogen. 

B.  teztor 

B.  croesi 

js— 4Tage 

10  Monate 

30—40 
Tage 

5— 6  Tage 

20—25 
Tage 

In  total  wildem  Zustande  ist  A.  mylitt»  ^oenrilg  mnd  liefert  Eokona, 

die  weniger  gat  ausgebildet  sind,  als  die  halbgezfichteten;  erst  durch  ge- 
eignete Aufzu  lit  ist  man  dazu  geknnitii»in,  mehrere  Generationen  jährlich  «u 
ensielen;  gewühnljch  werden  3  Ernten  gesammelt.  In  verschiedenen  Dintrikten 
finden  die  letzteren  zu  bestimmten  Zeiten  statt  und  werden  Qualität 
nnd  Herkunft  dar  Kokons  ilb]idier«reise  nach  der  enti^rechenden  Be* 


>)  0.  E.  Bamphias,  Herbariom  Atnbomensa«.  Am«t«rdam  1748.  Bd.  III.  8.  IIB^ 
Tar.  75. 

*)  Straass,  La  Chine,  son  bistoire  et  res  ressources. 

*)  Wardle,  Handbook  of  the  Collection  illostratiTe  etc.  S.  68. 


Digitlzed  by  Google 


Antheraea  mjiitta. 


295 


neoDung  der  Knitczt  it  uiiterscVii  ii-n:  sr»  sind  z.  B.  in  der  Gt.'gend  Jabal- 
pooro  flif  Kokons  der  Oktolnrernte  ,,katkabai*',  in  anderen  Distrikten  die 
„sbadra"  (Augü^i-  uud  .^eptemberernte)  die  gescUätztesteu ;  in  Ciiota  NagiHire 
werdsn  die  Aagusfckokoiw  ndsUw"  genannt.  Unter  den  anderen  im  indi- 
schen Kokonfaandel  ttUiehen  Namen  sind  zu  bemerken:  ,,agben"  (Norember- 
nnd  Dezemljorernte)»  «tsheyt**  (Mai-Janiernte),  „maga"  (Janienite)  o.  e.  w. 
Die  Eingeborenen  nnterwbeiden  folgende  bestimmte  Biissen  des  Tnasete: 

1.  Dabab,  spinnt  ExAota  von  uDgewöhnlicher  GrOne  (60  mm  Länge) 
nnd  dankelgraner,  last  echiriltsKcher  Farbe;  sie  liefert  V»  der 

Gesamterntc.  Die  sehr  starke,  nicht  besonders  seidenreicbe  Faser 
\-\  U^irht  nMia^^pelliar.  Der  Kokuii  fj;ie}>t  unter  dem  Drucket 
den  mau  auf  seint'  St  ileutvile  mit  dein  Finger  ausübt,  nach. 

2.  Monga.  Hellgrau,  kleiner  ab  der  vorige  (38  mm),  aber  seideu- 
reieker,  daber  aueb  mebr  gesebBtxt;  widersteht  dem  Fingerdmek. 
Liefert  '/»  der  Gesamternte. 

3.  Bogai.  Der  kleinstt  Kokon,  liellgrau  oder  weisslicli,  sehr  seidcn- 
reich,  obwohl  billiger  wie  Mouga;  die  feine,  leicht  baspclbare 
Faser  ist  ebenso  hart  wie  Monga;  ergiebt  %  der  Ernte. 

4.  Laria,  Laringa.  Es  sind  dies  keine  einkeitlieheti  Bassen,  sondern  ein 
Gemiseh  aller  mSgliehtti;  die  dominierende  Färbung  ist  gran;  die 
Anhängsel  sind  dünn,  die  Kokons  selbst  weich  nnd  seideuarm. 
Die  Art  stammt  wahrscheinlich  von  den  kranken  Raupen  aller 
Rassen  her  und  macht  '/«  *^^>^  Ernte  aus. 

5.  Dscbyri.    Eine  ziemlich  seltene  Rasse,  erzeugt  helle  Kokons  . 
mii  dünnem,  knnem  Anhängsel  Das  Abba^In  ist  mit  einigen 
Sehwiengketten  verbunden;  '/«  Ernte. 

Die  Indier  selbst  unterscheiden  mit  Leichtigkeit  diese  :Sorteu,  sie  haben  je- 
doch dk  libJa  Gewohnheit,  die  Kokoos  nntwainander  ni  mtsdiw,  wodm& 
rieh  sehr  nngloebmSssige  Pkodnkte  ergeben.   Im  allgemeinen  kennt  man 

nur  drei  typische  Kassen:  die  von  Kalkutta«  die  Tcm  Bombay  nnd  die  von 
Ceylan.  Die  beiden  ersten  unterscheiden  sich  wenig  von  einander;  hi  'i  der  Rasse 
Ceylanistder  männliche  Schmetterling  dnnkelrotbraun  uud  der  weibliche  gold- 
gelb. Die  Erzeugnisse  hängen  indessen  weniger  von  der  Rasse  ab,  als  von  der 
Jahresieit,  der  NahmngspAanae,  dem  Boden  nnd  Klima.  Der  TasBabspinner 
ist  ein  einerntiger  Warm  und  dies  namentlich  im  wilden  Zustande,  wahrmd 
erder  Aufzucht  unterworfen  zwei,  drei  und  mehr  Brüten  im  Jshre  ergeben 
kann;  im  Süden  Indiens  soll  er  immer  niebrerntig  sein. 

Etwa  fünf  Wochen  nach  dem  Verspinnen  erfolgt  das  Auskriechen  des 
Tussersobmetterlings,  von  schmutzigbraunroter  Farbe  beim  Männchen  und  von 
bnwngalber  bmm  Weibeben.  Derselbe  misst  in  der  Fingweite  etwa  18  reqp. 
20  cm;  quer  über  beide  Flügel  verläuft  dlM  violette  Bbde;  jeder  FlBgel 
ist  mit  einem  transparenten,  glashellen,  gelb  nnd  Tiolett  oder  purpurrot 


Digitized  by  Google 


296 


Antheraea  mjlitta. 


iimrancleten  Fenslernnge  Teraehen.  Yorn  am  Kopfe  ntseo  die  goldgelben« 
kftmmartigen  Fühler. 

Die  zuerst  gespuuneneu  Lageu  des  Kokous  beuetzt  die  Tusserraupe 
mit  dner  dicken,  kBrnigen,  vorwiegend  aus  sanren  kanuanren  Sätzen  bfr> 


Hg.  IM.  Xofeon  d«r  Anfb.  nylttbL 


stehenden  Masse,  wobei  sie  durch  Drücken  und  Bewegungen  des  Körpers 
bewirkt,  dass  diese  Verkittuug  in  die  Fugen  des  Gespinstes  hiueindringt 
nnd  dnreh  nachträgliches  Entanen  die  ungewöbnlidie  HIrte  der  Eokona 
hervorraft   Hiemaeh  eebreitet  die  Aiuecheidang  dex  Seiden£uer  Lage  fBr 


f1(r-  157.  KotoB  vbA  Pappt  4m  ^UMtophiinw. 


Lage  iu  kleineu  Schlei fengebildeu,  die  ebenfalls  durch  das  Cement  zu- 
aammengekittet  werden,  Yorwärt«,  bis  der  Vorrat  erschöpft  ist.  Das  Au- 
hingeel,  dnreh  ^elehea  der  Kokon  am  Zweige  befeetigt  HM»  itt  ein«  weise 
Ebriehhmg  der  Natnr,  denn  würde  die  Raupe  ihren  Kokon  spinnen  nnd  ihn 


Digitized  by  Google 


Anth«n«a  mylitta.  297 

irar  An  ein  Blatt  bSngen,  wie  dies  bei  denjeDigeu  Arten  gesohiebt,  die 
nur  «inige  Wooben  im  Pnppensnstand«»  verbleiben,  so  wurde  er  mit  dem 

Blatte  abfallen  und  von  Insekten  und  Witterung  zerstört  werden.  Der 
wilde,  d.  i.  einerntigr  Tnssahschmetterling  lieanspiuclit  jedoch  mehr  als 
acht  Monate  für  seinen  Schlaf  und  durch  einen  wundcjrbariM)  Instinkt  windet 
die  Raope  den  Beidenfadea  /.nerst  einige  hundertaial  uiq  den  Zweig  und 
▼erlSngert  dann  diese  Anordnung  dareb  Aoflscbeidang  der  Seidenmaaw  sn 
einer  dicken,  sebnenartigen  Schnor,  an  deren  Ende  sie  den  Kokon  bildet. 
Das  Ganze  ist  von  überraschender  Konstruktion  und  Schönheit  der  Form. 
Der  Kokonfaden  ist  äusserst  regelmässig  zickzackrormiff  abgelpjjt:  scIiih 
Länge  beträgt  1200 — 1400  ni,  wovon  Jedoch  nur  5 — 600  m  abhaspeibar 
sind.  Dia  Edronbüll«,  von  moer  hart«),  nndnrobdringlieben  BewbaffiNiheit} 
iat  derart  widerstandsfäbig,  dan  die  Bbeele  nnd  andere  in  den  Hainen 
lebende  Stämme  den  an  einem  niimljnsiöhrchen  befestigten  K'nknn  als 
Lichthiitcheu  iM-nntron,  in  lieni  sie  ilire  ..lalitii"  oder  Zünder  auf bewali rcn. 
In  spiralförmig''  laufende  Bäiidcheu  zerschnitten,  dienen  die  Kokons  /um  An- 
binden der  Lunten,  weil  sie  weder  von  Feuer,  noch  von  Wasser  zerstört 
werden.  Der  Kokon  enthalt  zweierlei  Arten  Seide:  da»  Anbingsel  und  das 
Süssere  Netzwerk  besteben  ans  der  Xtterst  gespomneoen,  rötlichen  Faser; 
während  dieser  Teil  des  Kokoufadens  mehrmals  unterbrochen  ist,  ist  dies 
für  den  übrigen,  eiginitliclicn  Kokonfaden  nicht  der  Fall.  Die  übliche  Grösse 
der  Tof^erkokons  beträgt  öO  um  Länge  bei  30  mm  Breite,  ihr  Gewicht 
obn»  Puppe  120  mg.  Im  Handel  kommen  aber  dfters  kleinere  Kokons 
spftterer  Ernten  vor,  s.  B.  36x23  mm  grosse,  deren  600  im  kg  entbalten 
sind,  wovon  400  g  Seide  und  600  g  Pnppec.  1*2 — 15  kg  frischer  oder 
4 — 6  kg  trockner  Kokon.«  sind  erforderlich,  nm  1  kg  Orege  /n  haspeln.  Wfi« 
nini  die  ,\rt  der  \  erkittuug  anbelangt,  welche  dem  Kokon  eine  so  uugewülin- 
liche  iiurtc  verleiht,  so  besteht  dieselbe  nach  den  Analysen  von  Tajlor 
und  Lyon  im  wesentUcben  aus  saurem  bamsanrem  Ammmüum,  das  von 
der  spinnenden  Bsnpe  als  Exkrement  ausgeschieden  wird.  Nach  der  Be- 
obachtung von  Conssmaker  sondert  die  Raupe  beim  Beginn  des  Spinnens 
die  in  dfr  Speiseröhre  verbliebene  Nahrung  in  Form  einor  mehr  oder  minder 
dicken,  dankelgerärbten  Flüssigkeit  ab;  nach  dem  Einspinnen  aber  bestehen 
die  Eikremente  ans  einer  hell«!  Flüssigkeit,  deren  Farbe  und  Konsistens 
von  dem  Gebalt  des  Nabrungsstoffes  an  natfirliehem  Farbstoff  und  Gerb- 
stoff und  an  anorganischen  Bestandteilen,  Kalk,  Ammoninmsalze  etc.  ali- 
bängt.  Die  Zn^amniensetznng  dieser  Bp.standtei!e  variiert  je  naeh  Xähr- 
pflanze  und  Wett erstand  w.Hhrend  de»  Einspinueos,  und  der  Kokon  wird 
um  so  härter  und  dunkler,  je  langsamer  die  Kanpe  die  Fadenlage  anfein- 
anderachiebtei  Wfirde  es  gelingen,  diese  Verkittung  aus  der  Raupe  vor 
dem  Einspinnen  zu  entfernen  oder  passende  Nibrpflanzen  zu  wählen,  die 
z.  R.  wenig  (ierbstoff  enthalten,  so  könnte  man  weichere  und  weniger  ge- 
färl)te  Kokons  erzielen,  statt  der  grösstenteils  bräunlich  oder  schwärzlich  und  nur 
selten  gelb,  grau  oder  rötlicbweiss  aussehenden.  Die  Seidensubatanz  der  Tusser- 


Digltized  by  Google 


298 


AntlierMa  wjUttft. 


nnpe,  und  «ahrseheinlieli  aller  Übrigen  wilden  Seidenepinnw  uberheoiit,  iefc* 

wenn  sie  das  Tier  verlasst,  stets  farblos');  sie  iriid  enfci  wie  wir  sahen, 
durch  andere  Sekrt  te  getarbt,  w(>lche  den  fertig  gesponnenen  Faden  be- 
netzen. Diese  Fürbuug  hangt  wesentlich  von  der  ^'iihrptiauze  und  von  dem 
Boden  ab,  auf  welchem  die  letztere  wächst;  so  liefert  z.  B.  der  auf  Termi- 
nalia  tomentom  lebende  Tusenphiner  je  nach  der  Gegend,  ob  gebirgig 
oder  sandig,  dnnkelgeftrbte  grosse  oder  helle  kleine  Kokmis').  Je  mebr 
die  Nährpflauze  Körper  enthält  (Gerbstoffe  n.  dergl.),  welche  bei  der  Oxy- 
diening  an  der  Luft  dankelgefarbte  Derivate  liefern,  desto  dunkler  wird 
die  Färbung  der  wilden  Seide  sein,  deren  kittartiger  Uberzug  direkt  aas 
den  Ton  der  Banpe  aanmilierten  Nährstoffen  herforgeht  und  naebtrigtieh 
an  der  Lnft  ozjdierfc  nnd  gebrSnnt  wird.  Diese  Ansieht  wird  dadurch  be- 
stätigt, dass  man  durch  jiusseude  Wahl  der  Nährpflanzen  dazu  gekommen 
ist,  eine  nur  sehr  wenig  gefärbte  Knser  rn  erzipU'n  -.  einp  derart  geregelte  Zucht 
würde  auf  um  so  grösseren  Erfolg  rechnen  koiiueu,  als  die  wilden  Seiden- 
spinner bekanntlich  au  eine  besliuiuite  Ttiauze  nicht  gebnnden  and  in 
der  Nahrung  wenig  wählerisch  ebd. 

Etwa  8 — 9  Monate  nach  der  Yerpuppnng  bemerkt  man  bei  der  wilden 
Varietät  am  Ende  des  Kokons  einen  feuchten  Fleck,  der  darauf  hinweist, 
dass  der  Sclimettcrliug  nunmehr  seiner  Hülle  entschlüpfen  will.  Er  sondert 
zu  diesem  Zweck  eine  saure  Flüssigkeit  ab,  die  den  Klebstoff  erweicht  and 
ihm  ermöglicht,  die  Paserlagen  beim  Ansktieeihen  genügend  aoseband^ran 
schieben,  ohne  sie  jedoch  an  serrdssen.  Zuerst  erscheint  der  Kopf,  breit 
heim  Männchen  und  schmal  beim  Weibchen;  man  ersieht  also  schon  beim 
Beginn  des  Auskriechena  die  zum  Paaren  nötige  Anzalil  Kokons  von  jedem 
(leschlecht.  Das  Weibchen  bleibt  nieii*teu8  unbeweglich  sitzen,  während  der 
männliche  Schmetterling  umherflattert;  das  erstere  legt  wähi-end  der  ersten 
drei  Tage  beträehtliehe  Mengen  Banpenmer,  die  nach  12  Tagen  auskriechen. 
Die  I^bensdauer  des  Schmetterlings  beträgt  nicht  über  elf  Tage. 

Die  Gewinnung  der  Tus-serseide  wird  in  Indien  von  wohlorganisierten 
Kasten  mit  grosser  Sorgfalt  und  verknüpft  mit  Religiunsgebräuchen,  be- 
sonders rege  in  den  Centraidistrikten  Cbanda  und  Bilaspoore,  Ijetrieben. 
Der  Zfiebter  (Dheemnr)  bant  sich  ein  tragbares,  dnfaehes  Zelt  im  Frrien, 
das  ihm  wlhrend  dir  60  Tage  der  Zoehtdaner  gegen  die  Witterung  g^ 
nSgenden  Schutz  bieten  soll.  Da  die  Sitte  dem  Dheemur  sein  Hausbett  la 
benutzen  verbietet,  so  stellt  er  sich  im  Zelt  ans  Stroh  ein  einfaches  Lager 
zusammen.  Unter  seiner  Bekleidung  zeichnet  sich  besonders  eine  müchtig- 
grosse  Kopfbedeckung  von  über  1*/«  m  Durchmesser  aus,  welche  die  Form 
eines  flachen,  spitzen  Korbes  hat  nnd  ab  solcher  snm  Obertragen  der  fian- 
pen  von  einem  Baum  mm  anderen  Verwendung  findet.  Als  Hauagerit  besitift 


')  Witt,  Chem.  Tecbnologto  U«r  Getpinatfuaem,  S.  64. 
*)  Rondol,  Rapport  sar  nSspositum  umvsti.  1878. 


Digitized  by  Google 


Antherua  mylitt». 


29» 


der  Züchter  in  aeinem  Zell  unr  einen  Kng  (khany),  eine  irdene  SchOseel 

(lotiab)  uad  einen  aus  einigen  zneMmoeDgeDübten  Blättern  beatebeudeu  Teller; 
das  Essen  bringt  man  ibm  ans  seinem  Hause.  Als  einzige  Waffe  gegen 
Schlangen  und  Raubtiere  dient  dem  Dbeeraur  ein  Bambnsatock  von  2J0  m 
Lange  und  5—7  cm  Breite.  Bei  Beginn  der  Zacbt  versieht  rieh  der  Dhee- 
mnr  mit  einer  Annhl  am  Zweigen  gebildeter  Bogen  mm  AnfhSngen 
der  reifen  Kokons.  Die  befruchteten  Weibchen  werden  in  birnenförmige 
Körbcben  aus  den  Orüseru  der  Pollinia  eriopoda  zum  Eierlegen  ein- 
geschlossen, aus  denen  am  neunten  Tage  die  ansgekrochenen  jungen  Raupen, 
da  die  „mohers"  (so  bezeichnet  man  die  Körbchen)  an  Zweigen  aufgehäugt 
werden,  Ton  eelbet  raf  die  Nihipflanze  fibergeben;  dn  somit  das  Futter  den 
Ranpen  nicht  verabreicht  m  werden  bnmcht,  beaehrfinkt  rieb  die  Thfttig- 
keit  des  Dheemurs  auf  die  Obhnt  der  Spinner  gegen  Vi^el  und  Insekten; 
die  crsteren  bekämpft  der  Dheemnr  mittels  der  aus  einem  Bogen  (gnllail) 
gescho^nen  Thoukugelu,  womit  er  den  Stürer  noch  in  einer  Entfernung  von 
50 — 60  m  tödlich  trifft  Gegen  Insekten  verfährt  er  auf  eine  mehr  hinterlistige 
Weise:  er  bestreicht  das  Ende  riner  langen  Stange  mit  einem  an»  dem  Baume 
Ficus  indica  gewonnenen  dicklichen  Saft,  berührt  damit  das  bemerkt»  In- 
sekt, das  auf  diese  Weise  haften  bleibt,  und  bebt  es  aus. 

Während  der  ganzen  Zucbtdauer,  vom  Auskriechen  der  Raupen  h\< 
zum  Satumeln  der  Kokons,  widmen  sich  die  Dbeemars  der  strengsten  Ab- 
stiDMia  nnd  vcrwmdm  ihre  ganze  Sorgfalt  aaf  die  Seidenwfirmer,  denn 
dem  Olanben  der  Hindu  nach  ist  der  Tnssahsehmetterling  die  irdische  Vei^ 
körperung  ihrer  Gottheit  Mabadeo  uud  .seiner  zerstörenden  Natarkraft  Qiva; 
die  Fensterangen  an  seinen  Flügeln  werden  als  ,,chakra".  dns  geheiligte 
Zeichen  des  Wischnu,  verehrt.  Erst  nachdem  der  letzte  Kokou  gesponnen 
ist  vnd  dem  Gotte  Mabadeo  ein  Ziegenbock,  ein  Schwein  oder  em  Hohn 
geopfert  nnd  mit  dem  Binte  derselböi  die  Kokons  besprengt  worden  sind* 
kehrt  der  Dheemnr  zu  seiner  gewohnten  Lebensweise  zurück. 

Der  Knkonhandel  liegt  in  den  ITanden  der  „pattuab'.s",  die  ihre  Agen- 
ten, die  sogenannten  „paikars",  das  Liiml  bereisen  lassen.  Man  kauft  nnd 
verkauft  lediglich  nach  Stück  uud  zühlt  nach  karry  (1280),  puus  (80)  uud 
grbdahs  (4  Kokons).  Vor  dem  Verkanf  sehneidet  der  Dheemnr  die  An* 
bingral  ab,  nm  sie  besonders  za  vergeben.  Das  Backen  der  Kokons  wird 
als  eine  Entweihung  nnd  Sunde  betrachtet;  nnter  keinen  Umständen  werden 
jnnge  Leute  dies  Geschäft  übernehmen,  sie  würden  sonst  vom  Wischnn,  der 
s^enbringenden  Gottheit  des  Lichten  und  Lebens,  mit  Unfruchtbarkeit  und 
vonEeitigem  Tode  bestraft  werden;  unr  alte  Wmber  und  Greise  venrichten 
dasTSten  der  Pappen,  nnd  auch  diese  nnr  dnnn,  wenn  rie  dnrehElcmd  sn  diesem 
Verdienst  getrieben  werden.  Das  Dorren  selbst  wird  in  piimitivster  Weise 
in  Urdgmbeu  mit  Wiiaserdampf  vollzogen. 

Die  Gewinnung  der  Tu.'iserseide,  welche  früher  von  den  Eingeborenen 
in  der  rohesten  Weise  ausgeübt  wurde,  wird  nach  uud  nach  vervollkommnet; 
das  enropUsobe  Haspdverfshreu  gewinnt  immer  mdir  Boden  nnd  ent  da- 


Digitized  by  Google 


300 


Antheraea  mylitta. 


darch  wird  eine  Verbesserung  des  (lespinste?  erzielt,  welches  alle  guten 
Eigenschatten  der  Tussahfaser  zu  Tage  fördert.  Es  geschieht  indessen  noch 
öfter«,  dass  die  Kokons  in  einem  (lemisch  von  Asche  und  Kuhkot  or- 
weicht  und  in  primitivster  Weise  gehaspelt  werden.  Ober  die  letztere  giebt 
Kapitän  Hrookes  folgende  Details.  In  Chanda  nnd  Saniboolpoor,  den 
Centralproviuzen,  besuchen  die  Koshtas,  eine  Weberkaste,  nachdem  die 
tarnte  gesammelt  worden  ist,  die  Dörfer  und  kaufen  die  Kokons  von  jedem 
einzelnen  Züchter  auf.  Die  Gespinste  werden  nun  so  bald  wie  möglich  in 
einer  Abkochung  der  Asche  der  Jungui- Stengel,  einer  Pflanze,  die  wegen 
ihres  Samenöls  gezogen  wird,  erweicht;  dadurch  wird  einerseits  durch  die 
Wärme  das  Backen  der  Puppen  bewirkt,  andererseits  löst  sich  ein  Teil  des 


FlK.  l&ti    8rbn)etlerliDii  der  Aoth.  nijlltta. 


Klebstoff»  auf.  Das  Haspel  verfahren  ist  sehr  primitiv;  die  Hasplerin  sitzt 
auf  dem  Hoden  und  hat  zu  ihrer  linken  Seite  ein  dickwandiges,  irdene.« 
Geföss,  das  zum  dritten  Teil  mit  einer  Mi.schung  von  Potasche  und  Pflan- 
zenabkochung gefüllt  ist  und  als  Haspelbecken  dient.  Es  werden  gewöhn- 
lich 7  Kokons  zusammen  verhaspelt  und  der  gebildete  Rohseidenfaden  wird 
auf  eine  improvisierte  Art,  nämlich  auf  dem  linken  nackten  Knie  der  Has- 
plerin, das  vorher  mit  der  sauren  Abkochung  der  Tamarinde  befeuchtet 
wird,  mit  der  Hand  zusammengedreht,  analog  der  Kreuzungsvorrichtung 
im  europäischen  Seidenhaspel.  In  anderen  Distrikten,  wie  in  Bengal, 
werden  die  Kokons  behufs  des  Backens  mit  kochendem  Wasser  behandelt; 
in  don  (iegendcn  von  Nizam  werden  sie  mit  Abkochungen  der  ,,dhobee"-Erde 
und  Afcho,  und  in  Midnapore  mit  Kuhdünger  zum  Haspeln  vorbereitet. 
Die  in  dieser  Weise  erzielten  Gespinste  kommen  im  Handel  nicht  vor,  wohl 


301 


«ber  roh«  Tunerkolwiu,  weld»  Ali  Bobmaterial  für  die  Florett^inuerei 
naeh  Europa  Tenehicki  werden.  Von  der  Vorbehandlung  der  letzteren  wird 
wriler  unten  bei  der  Äbfallseide  die  Rede  sein,  hier  in(ige  nur  ein  Ter^ 

voUkommuetes  Verfahren  der  Vorbereitung  wilder  Kokons  zum  Haspeln  er- 
wähnt werdeu.  Nach  dieser  Methode  wird  jeder  Kokon  mit  Kattun  oder 
Papier  umwickelt  und  in  je  eiue  Zelle  eiues  iSiedekessels  eiiige-sleekt,  wo  er 
der  fibliehen  Behandlung  mit  einer  kochenden  Mischung  von  Soda  und 
Glycerin  unterworfen  wird;  der  Kessel  ist  hermetiwh  venchloaaen,  man 
ufiuet  Ilm  von  Zeit  zu  Zeit,  um  den  Prozess  zu  kontrollieren.  Auf  diese 
Weise  werden  keine  Verluste  des  haspelbaren  Fudeus  verursacht,  wie  dies 
beim  einfachen  Kochen  in  ofi'euer  Pfanne  der  Füll  i<t Tn  der  Neuzeit 
haben  «owqhl  enropuMdie  Oeaettaehaften,  wie  die  Regieiuug  selbit,  die  £in- 
fühmng  einer  rationdien  Haspelmethode  unter  die  Eingeboren«!  in  die 
Band  genommen  und  awar  mit  einigem  Erfolg;  es  wurden  sogar  an  den 
wichtigsten  Prodnktionscentren  grössere  Etal^»lisseuieiits  gepründet,  die, 
mit  erheblichen  Kapitalien  nud  uneiraiid'ichei-  Sorgfalt  betrieben,  bedeu- 
tend bessere  Produkte  lieferteu,  jedoch  aus  verRchiedeneu  Gründen,  naiuent- 
lieh  infolge  des  allgemeinen  Rückgangs  der  Preiaei  den  Betrieh  einau- 
stellen  genStigt  waren.  Auch  hat  man  das  Haspeln  in  Europa  seihst  Tor- 
zunelimeii  vorsucht,  doch  ist  einerseits  der  Trau^ort  der  Kokons  noch  zu 
teuer,  andererseits*  werden  die  Puppen  dabei  zerdrScJct  und  die  Kokons  durch 
deren  braunen  Säfte  verunreinigt. 

Die  Tussahseide  wird  hentautage  in  grossen  Quantititen  verbraudit.  ■ 
Einer  der  «rsten  Artikel,  so  welchem  sie  Verwendung  fimd,  war  die  in  Bng^ 
land  t880  eingeführte  Imitation  der  Halbseidenpliische,  der  sogenannte 
,,se.il-cloth",  ein  Name,  der  dem  echten  Seahkin  entnommen  ist.  Die 
Tiissah  wird  zur  Herstellung  der  ,,sealcloth's''  niolit  gfiuisjielt,  sondern  ver- 
spouuea.  Infolge  des  eigentümlichen  Glanzes,  der  Steifheit  und  Dauerbaf* 
tigkeit  der  Faser,  eignet  sieh  dieses  Gespinst  besonders  fBr  besagte  Art  lang- 
faseriger PIttaehe.  Ebenso  hat  sich  der  Tossahsammet,  infolge  adnes  sanfteren 
Flores  und  grossen  Glanzes,  als  Ersatz  für  den  Utrechter  Sammet  vorzüglich 
bewährt.  Für  Teppiche  nnd  dicke  Tisch-  nnd  andere  Deckenzenge,  hei  wel- 
chen die  Steifheit  der  Faser  sehr  zu  statten  kommt,  ist  die  Tassah  geradezu 
mtenllMhrlich  geworden.  Ihre  Teihiltniamässige  Billigkeit  hat  ihr  in  den  In- 
dnstrieen  der  Fellimitation,  Beeata-  und  Phantaiaeartikel  ein  weites  Anwen- 
dnngsfeld  eröffnet. 

Die  Tn«sahfaser  VtP'  it  -t.  abgesehen  von  ihrer  weit  steiferen  und  härteren 
Beschaileuheit  im  Vergleicl»  zn  der  weichen  und  biegsamen  Maulheerseide, 
einen  eigenartigen  glasähnlichen  Glanz  und  Schimmer,  die,  wie  bereite  er- 
wShut,  mit  ihrer  Struktur  als  flaehe  Faser  im  Gegensata  «u  der  runden 
Maulbeersdde  im  Znsammenhang  stehen;  denn  ne  strahlt,  wdl  ausserdem  noeh 

')  Pepp^»  Engl.  Patent  ^937  (1^). 


Dlgitized  by  Google 


302 


Antheraea  nebuloRa  etc. 


schwach  gedreht,  das  Licht  nicht  in  allen  Richtungen,  wie  die  echte  Seide, 
sondern  nur  in  Form  von  leuchtenden  Pimkton  und  kurzen  Linien  zarück. 
Obwohl  diese  Eigenschaft  als  eiu  ><aciiteil  angesehen  wird,  so  erbalten 
doch  dadurch  besondera  die  Phantaisiegespinil«^  wie  die  ana  wilder  Seide 
angefertigte  Schappe,  besonders  in  den  mittleren  Farbtönen  ein  gef&lUg 
schimmerndes  Aussehen.  In  den  Tussabgeweben  wird  der  Glanz  infolge  der 
Flachheit  der  Faser  bedeutend  erhöht.  Ihre  Festigkeit,  Glätte  und  der 
milde  (ilauz  machen  die  Tussahgespinste  für  Stickereien  besonders  ge- 
eignet; aellMt  in  hellen  Ttaeo  emieht 
man  bei  Eirehen-  und  anderem  Shn- 
liehen  Stickereien  infolge  ihres  nicht 
zu  grellen  Glanzes  sehr  gute  Etfekte. 
Die  Tus8ahphantaisiege8j)inste  wer- 
den auch  znsammen  mit  der  Maulbeer- 
adde  auf  einem  Grande  ane  anderem 
Material,  wie  Wolle,  oder  auch  nm  die 
KfFekte  der  wollenen  Striclvgarne  zu 
erhöhen,  mit  gutem  Erfolg  angewendet. 
Eine  andere  Art  der  Stickerei,  in  wel- 
dier  besonders  die  Japaner  Vorzüglichee 
kiaten,  beetdit  darin,  daae  die  Zeidi- 
fi»  laa  lOtoeak.  nu  te  T«nta0Mw.      nung,  teils  in  Tus^ah,  teils  in  flachem 

Farbendruck  ausgeführt  wird. 
Ausser  der  echten  Tussah  kommen  im  IlandelsTerkehr  noch  ihre  Ab- 
arien  tot«  die  von  den  der  Anth.  mylitta  anyerwandten  Speeiea  gewonnen 
werden.  Dieee  Seidenranpen,  welche  dme  Unterschied'  an  Stelle  des  Toseer* 
afnnners  zur  Seidengewinnung  herangezogen  werden  und  deren  Faser  kaum 
von  der  echten  Tussah  zu  unterscheiden  ist,  sind  folgende: 

Autb.  uebulosa  (Hutton)  iu  Centralindieu,  Deccan,  Bengal,  Maun- 

bhttm,  Sonthal  (Colgong;,  Singbhoom,  Cbota  Nagpore. 
Anth.  kasanlia  (Moore)  nnd  Anth.  sinilentis  (Hntton)  in  N.-W.- 
Himalaya. 

Anth.  Frithii  (Moore)  und  Anth.  Helfer!  (Moore)  in  den  heissen 
Thülern  von  Sikkim  (Himalaya),  Fendschab  uiul  Darjeeling  sind 
gesellige  Raupenarten;  sie  erzeugen  dem  Tusser  ähnliche 
Kokons  von  etwas  feinerer  IVtferbeschaiiniheit 

Anth.  paphia  (Linnd),  genannt  „aalthi**  in  westlichen  Dtstrikten 
Indiens. 

Anth.  andamana  (Moore)  des  gleichuamigen  Archipels. 
Anth.  Perrotteti  (Gueriu-M6 neville)  in  Poudicherry  auf  Zizyphus, 
Syzygium  jamb.  nnd  Odina.    HSntet  sieh  viermal  und  liefert 


')  Wnrdte,  Handbook  of  the  ooUectieii  etc.  8.  6. 


Üiyitizeü  by  LjüOgle 


AotbarMa  F«rnji. 


803 


vier  Bratan  jfthrlieh.  Die  «tarke  glinsen^«  Vtamt  vi  jedoch 
nar  zum  Verspinneu  geeignet.  In  Dimgepoor  werden  aus  dieser 

Seide  Angelschnüre  verfertifrt. 
Antb.  Cingalesa  (Moore)  eine  grüne,  volistÄndig  wilde  Ranpenart, 
liefinl  Gespiuete,  die  den  Toaserkokone  ToUkommen  gleichen*). 

« 

Unter  dem  Namen  „chinesischer  Tussah"  küinmen  in  den  Handel  jjrosse 
Mengen  gehaspelter  wilder  Seide,  welche  iiirem  iiuüfereu  Ansehen  nach  der 
indiiebeii  xwar  uhnlieh  siebt,  in  ihren  Eigenaebaflen  indeewn  denelben 
OMihetebt  und  auch  billiger  ist.  Sie  ist  das  Produkt  einer  unter  dem 
Namen  Antheraea  l'crnyi  ])ekannten  Seidenraupe*)  und  kommt  aus  j'^nem 
Teile  Nordchiuas,  von  wel ehern T8chitu((Jhet'oo) die  südöstliche  Ofrenze  bildet,  im 
ganzen  vom  27°  bis  42  nördlicher  Breite.  Antb.  Pernyi  soll,  obwohl  selten, 
aoeh  in  Indien  vorkommen,  so  hat  sie  Hntton  in  Darjeeling  nufge- 
fanden*),  wohin  sie  aber,  wie  dies  aaeb  Inr  Ceylan  der  Fall  ist,  impor- 
tiert wurde. 

In  China  befassen  sich  haaptsäcbllcli  die  Provinzen  Schenking  (Man- 
dschurei), dann  Chefoo  und  Newchwang  mit  der  Gewinnung  der  chinesischen 
Ttttsah^),  die  Gegenden  des  Flussbeckens  Liao  sind  anschliesslich  der  Zucht 
der  Eielienranpe  jsjewidraet,  w&brend  ein  anderer  Teil  (Liao-dii)  der  Pro- 
vinz ausKerdeni  noch  die  Gewinnung  der  Aylanthusseide  betreibt.  Die 
Städte  Tuchow  (1.  Tutscheu),  Siiiveii,  Kaichow  im  Süden  und  Haichen<7  im 
Norden  sind  die  Mittelpunkte  und  zugleich  Kokonmürkte;  die  letzteren  sind 
indessen  dem  iVemdländisclieu  Verkehr  nicht  zugäuglich.  Unter  diesen  Um- 
ständen  wftre  Sebtaking  (Mandaehorei)  wohl  imstande,  das  Tierfadie  der 
jetzigen  Produktion  zn  liefom;  es  mangelt  hier  aber  an  richtiger,  strebsamer 
Fülirini;,',  da  die  Ein^jfeboretien  nur  soviel  Kolions  sammeln,  als  zn  ihrem  Unter- 
halt gerade  notwendig  ist  und  jeden  Fortschritt  in  der  Verarbeitung  der 
Gespinste  grundsätzlich  verpönen.  In  der  Provinz  Shantung  betragt  die 
Produktion  der  Eiobanteide  jibrlieh  ea.  10000  pienlB  Grege  (1  picnl  ^ 
60,16  kg),  die  anm  Teil  ansgelBhrt  wird,  teils  aar  Anfertigung  der  „pongee*'^ 
Gewebe  verwendet  wird.  In  Cbefoo  eiistiert  bereits  ein  specielles  Eta- 
blissement, das,  nach  t-nropäiscb Tervollkommnetem  Verfahren  betrifheii.  ?iim 
Haspeln  und  Zwirnen  der  für  den  Export  bestiuimten  Eicheuseide  dient. 
Shantung  produziert  ca.  8000  piculs  mulinierter  Eichenseide. 

Ibrer  Herknnft  entoprecbcnd  nnterMheidet  man  mdirere  Arten  der  ESehen- 

*)  Hoore,  The  Lepidopt  of  Cejrlou,  S.  1S2. 

*)  Psrny,  Uönogntj^e  da  vor  a  sola  du  cbtai«  (Bell*  de  la  So«.  d'Aedini.  T. 

Notes  «n  the  ladiaa  Bowbjciclae,  1871.  8.  S. 
«)  Heb,  China  silk  ctdtare,  SkaagiMi  1881. 


Digitized  by  Google 


304 


Antiiera«a  Fernji. 


seide  aus  der  Mandbehaiei  (ShtokiDg),  der  Mongoln,  Shuttung,  Chefoo* 
Newehwang  u.  s.  w. 

Wie  die  Aatberaea  Yamaraay  der  Seidenspinner  der  japanischen  Eiche 
iai,  80  wird  Aath.  Pemyi  als  Eicheiwpinuer  Chinas  beseichnet  Er  wird 
auf  den  vefsehiedensten  Eiehsouten  im  Fnisn  gesogm  oder  lebt  in  voll* 
standig  onbewachteni,  wildem  Zustande  auf  „Siao-y^tso"  (Querens  niongo- 
lica),  „siang-wa-tse"  (Q.  siuensis),  ,,tso-shu"  (Q.  serrata),  ,,hu-polo"  (Q. 
dentata),  i).  castaneaefolia  oder  Q.  aliena  und  wird  auch  u.  u.  mit  Ciulrania 
triloba  (tscbej  gefüttert,  iu  welch  letzterem  Falle  er  bedeutend  bessere  i'ro- 
dnkto  zu  liefeni  befähigt  wird')*  Aneh  friist  er  tob  nYang-mei*'  (Mjrica 
B^nda).   In  Earopa  worden  frfiher  lahlreielie  Veisnche  angestellt,  den 


Flg.  l«a  Bup«  TO*  AMtk.  PmjL 


cbinesisclien  Eichenspinner  zu  accliniutisiereii,  so  u.  a.  in  Italien  (A.  Pan- 
toui),  Fraukreich,  Spanien,  Belgien,  Österreich- Uugarn  und  Deutschland. 
Id  Reiehoibaeh  (Scblesien)  worden  in  letsterer  Zeit  auf  40  Morgen  l^chen- 
schSlwald  einige  Jalire  hindurch  sowohl  chineeisehe,  wie  japanische  Eiclieu- 
spinner  gezüchtet,  welche  Gespinste  Ton  grosser  Weichheit  und  Gleich- 
mässigkeit  lieferten. 

Die  Motte  der  Auth.  Peruyi  besitzt  vier  transparente  Flecke,  welche 
klein«'  sind,  als  die  des  indischen  Tnssersehmetterlings.  Anch  ist  die  Eiohen- 
raupe  in  ihrem  Auaadien  weit  nnseheinharer,  als  die  Antii.  myütta,  die 
mit  einer  schönen,  grünschimmemden  HflUe  bededct  ist;  die  erstere  be- 


■)  Hance,  On  the  nilkwom  oakt  of  Norilieni  Gbiaa  (The  Jonen,  of  tbe  Liaaeau 
Soc.  Botan.  vol.  X,  XIU). 

—  Od  silkworm  oaki  (Tbe  China  HeHsw,  187T). 
Brettebaeider,  Ca  Chineie  sflkworm  trseib  1881. 


Digitized  by  Google 


AbÜmtm»  Perayi. 


305 


findet  sich  thatsächlioh  in  ganz  anderen  Lebensverhältnissen  und  zeigt  aach 
eine  von  den  äbrigen  Tnaserapinnera  abweichende  Färbung.  Die  seiden- 
eneagende  DrSse  «eist  bei  Antii.  Pernyi  einige  Eigentümliehkeiteii  »nf;  ne 
besteht,  wie  gewühnlich,  aus  drei  Teilen,  die  jedoch  in  eigenartiger  Weise 
gnippiert  sind.  Das  Sekretionsorgan  besitzt  hier  eine  äu.sserst  stark  ge- 
wundene Form,  ist  aber  bedeutend  dicker,  als  die  Samnieldrüse,  mit  welcher 
es  vermittelst  eines  besonderen,  sehr  dünnen  Kanals  verbanden  ist;  die 
SnonneldrBee  ist,  statt  die  SUidhe  S-Form  zu  heben,  ebenfalb  stark  ge- 
wunden und  ähnelt  in  dieser  Hinsicht  dem  Sekretionsorgan ;  aus  der  Sammel- 
driise  fuhrt  ein  langer  Kanal  aum  üzkretioneteil  von  fthnlieher  Stroktor, 
wie  bei  B.  mori. 


Fig.  161.   Kukon  <ler\\iith.  rernyl. 


Die  Eiehenranpe  liefert  swei  Braten  im  Jahre;  die  Fr&hlingsemte 

(tschu-kien)  ergiebt  quantitativ  nur  die  Hälfte  der  Herbsternte  (tsin-kien), 
deren  Kokons  ausserdem  seidenreicher  sind.  Die  „tsc}iukien"-Kokon.s  liefern 
dagegen  Seide,  die  feiner,  heller  und  glänzender  ist,  als  die  „tsinkien",  welch 
letatere  Kx/kom  banptrtdifidi  fBr  den  Export  beelaraiat  nnd.  Der  Eichen- 
kokon  ist  weicht  von  keiner  beetimmten  Gestalt,  mit  einem  knnen  An- 
hängsel versehen  nnd  zwischen  einigen  Eiehenblittem  eiugespouuen ;  mit- 
unter kommen  auch  eiförmige,  helle  Kokons  vor,  die  mit  üppiger  Flockseide 
umhüllt  sind  und  nur  au  einem  Blatte  haften.  Die  Kokons,  welche  durch- 
schuittlich  40x25  mm  messen,  wiegen  im  trocknen  Zustande  etwa  430  mg 
und  liefern  6-~700  m  abhaspelbaren  Fadens  vom  Titer  7Vt — 8Vt  ^m«; 
tausend  Kokons  wiegen  10,5  kg  and  liefern  GOO  g  Seide.  In  tausend 
Teilen  Kokon«  sind  685  Teile  Puppen  und  315  Teile  Seidenmatcrial  ent- 
halten, %vniiiiit«-r  45  Teile  Flockseide,  195  Teile  Seidenfaser  und  75  Teile 
inueres  uuhaspelbares  Gewirr. 

Sllb«rni»B«,  Sta  Stüto.  20 


Dlgltlzed  by  Google 


306 


Antlitrac»  Pcrnji. 


Dos  Bftcken  der  KokoDS  gesebieht  in  fiUieber  Weise  durch  Waaeer- 
dampf,  wonach  sie  sofort  abgehaspelt  werden;  die  trocken  gewordenen 

werden  vor  der  Verarbeitung  nochmals  in  warmem  Wasser  aafgewcicht,  was 
allerdings  fast  steis  «^psclieheu  niuss,  «lenn  Mengen,  Avie  hier  zur  Ver- 
arbeitung gelangen,  können  nicht  auf  einmal  verhaspelt  werden.  Die 
Puppen,  welcbe  nacb  dem  Abhcspeln  niraokbleiben,  dienen  den  ärmeren 
Volksmaasen  als  Nabrangsmittel;  deren  Preis  betrigt  ca.  10  Pfennig  fBr  das 
halbe  kg. 

Di  r  allgcmoiiif^u  Ansicht  entireg<'n  sind  die  Eichenkokons  nicht  gänzlich 
geschlossen;  gegen  das  Kude,  wo  der  Kokon  am  Blatte  l>efestigt  ist,  lässt 
die  Raupe  beim  Spinnen  eine  kleine  Öffnung  frei,  die  ihr  das  spätere  Aus- 
sehlflpfen  erleiehiem  soll;  diese  öffiinng  wird  in  der  Weise  erzeugt,  dass 


rig  162.   Kokon  <ler  Aoth  Pernyi  Tlff.  16S.  Mlkroak.  Bild  der  ElchenMlde. 


die  Eichenraupe,  ähnlich  wie  die  Attacus-,  Actias-  und  Philosamiaarten,  in 
jeder  Fadenlage  des  Gespinstes  an  dc-isen  oberem  Ende  ein  Loch  zurück- 
lüs-st,  indem  sie  den  Fudeu  in  Form  von  Maschen,  die  mit  ihrer  konvexen 
Seite  der  Öffnung  zugekehrt  li^n,  znsammenwindet  und  die  letctere  in  Gestalt 
eines  Trichters  anordnet.  Bd  oherffiteblieba  Betrachtung  Terrat  sich  die  Öff- 
nung nicht,  derKokon  zeigt  aber  an  der  betreffenden  Stelle  eine  rohe  nnd  fisltige 
Be.scliaHenheit ;  unter  Umstünden  ist  das  Loch  indessen  so  gross,  dass  das 
Abhaspeln  in  der  sonst  gebräuchlichen  Art,  d.  i.  im  Haspeliieckeu,  infolge 
des  Untersinkens  der  Kokons  unmöglich  wird.  Die  Frittilingskokons  be- 
sitzen dagegen  nur  eine  kleine  oder  gar  keine  öffiinng  und  weiden,  nachdem 
sie  durch  Kochen  in  Wasser,  welchem  etwas  Buchweisenasche  angesetzt 
wird,  erweicht  worden  sind,  wie  üblich,  auf  dein  \Vasspr  sphwimmeiid  al)- 
gehaspelt.  Das  Abhaspeln  geschielit  infolgedessen  iu  den  beiden  Provinzen 
Shautung  und  Shenkiug  auf  verschiedene  Weise,  trocken  und  nass,  wobei 
das  entere  Verfahren  bei  weitem  öfters  angewendet  wird^). 


*)  Fanve),  The  wild  ailkwomit  vi  the  provioee  of  Sbantimg.  1877.  8.  18. 


Digitized  by  Google 


AnüiMac*  Pwnyi.  307 

Das  trockene  Abhaspeln  beatebt  dariu,  ilaäs  die  Kokous  kuv^Q  Zeit  in 
«iner  starken  LSsanf^  von  Sod«  oder  Sslpeter  und  Asehenlange  ein^^ewefohi 
und  dann  auf  einer  sogenannten  »»nso  doppio"-Tafel  (zum  Abhaspeln  der 
Doppelkokons)  ohne  Amvenilnng  von  Flüssigkeit  abgewickelt  werden.  Nach 
einem  anderen  Verfahren  erweiclit  niiin  die  Kokons  in  einer  Eiclien- 
risdeuabkochnng,  was  ullerding»  die  natürliche  Farbe  des  l'rudaktes  noch 
mebr  Terdnnkelt,  nnd  aetxt  sie,  nachdem  rie  in  KSrbe  eingepackt  worden 
sind,  heissen  WatserdSnipfen  aus,  die  den  But  nnd  Klebstoff  ao  eorweieben, 
dass  das  nachträgliche  Abhaspeln  oder  Abwickeln  des  Kokonfadens  auch 
in  trockenem  Zustande  leicht  vor  sich  geht.  Die  in  Frankreich  in  dieser 
Richtung  angestellten  Versuche  ergaben  ebenfalls  sehr  befriedigende  iiesal- 
tnte,  80  dsM  man  &a8  Abhaspeln  adfenw  Kolnm«  ala  in  Prinzip  gelSat  be- 
traehten  kann.  Der  Sttdenhaapel  zeigt  in  Shenking  die  anereinfaehste 
Konstruktion,  auch  das  Spinnrad,  welches  snr  Yerarbeitong  der  Flockseide 
und  Abfälle  dieut,  hat  die  nhlicho  primitire  Form,  wie  sie  bis  aar  Erfin« 
dang  der  Spinnbänke  für  Leiueu  etc.  überall  üblich  war. 

Die  Gregen  (Rohseiden)  bester  Qualität  werden  aus  8 — 12  Kokons  er- 
zeugt, gute  Sorten  sind  ana  16  sasammengesetat,  wihrend  die  minder- 
wertigsten Prodnkta  aus  20 — 26  und  mehr  Kokonfaden  bestehen.  Die  rohe 
Grege  rnweilen  mit  Salpeter  ersoliwert.  in  dessen  Lösung  die  Kokons 
bekanntlich  gekocht  werden,  und  enthält  die  GerbstofFe.  i'';irbstolTe  und 
Leim  slus  den  zu  demselben  Zweck  angewuudteu  Tiiauzeulaugeu;  der  in 
der  Faser  enthaltene  Salpeter  Terleiht  ihr  als  ein,  nebenbei  bemerkt,  sehr  hy- 
groskopisches Salz  während  der  feuchten  Witterung  eine  nicht  unbedeutende 
Gewichtszunahme.  Die  rohe  chinesische  Tnssah  verliert  beim  Abkochen 
nur  weniii-  von  ihrer  dunklen  Färbung  und  nimmt  ausserdem  nur  schwer 
eine  daueriiuiie  Nuance  an,  vielleicht  aas  dem  Gruude,  weil  die  bei 
der  Einweiehnng  der  Kokons  benutsten  alkaliseb«i  nnd  salahalttgen  Lösungen 
die  Abaorptionsffthigkeit  der  Faser  beeintriehtigt  haben.  Indessen  ergeben 
die  Kokons,  nach  europäischem  Verfahren  in  mer  Mischung  von  Soda 
und  Glyc(>rin  vnrbehandelt  and  Terhaq)el(,  nach  dem  Abkochen  ein  bedeu- 
tend helleres  Produkt. 

Wie  schon  erwähnt,  liefert  die  Frühlingsernte  Produkte  von  bedeutend 
besserer  Besebaffisnheit  nnd  erfolgt  aus  diesem  Gmnde  das  Abhaspeln  im 
Frühling  und  Sommer»  wahrend  die  Verarbeitung  minderwertiger  Kokons  anf 
dem  Spinnrade  rorwiegend  im  Herbst  vor  sich  geht. 

Die  Tiissahha^plerei  hat  in  t^henkintf  einen  specitisch  hausgewerblichen 
Charakter,  wülireud  grimere  litabliaüumtntM  nur  auf  Anregung  und  Kosten 
der  Enroj^r  angelegt  werden.  Die  Zubereitung  von  mnlinierten  (gezwirnten) 
Seiden,  Trame  und  Organ/Jn,  ist  noch  sehr  mangelhaft«  weil  die  meisten 
inländischen  Gewebe  mit  einfachon  (Iregegespinsten  erzengt  werden.  Die  Farbe 
der  fertigen  Ge.spinste  cliinesisclier  Tnssah  ist  «ehr  niannii^falt lg;  von  einer 
ganz  hellen  (wie  die  Seide  aus  der  Provinz  Honan)  augetiiiigen,  variiert  sie 
zwiacben  grau,  brSunlichgelb,  dankelbrann  bis  schwarz.  Diese  letstere  merk- 

20* 


Digltized  by  Google 


308 


wfirdige  QualitSt  der  EidieiiMid«  iriid  in  de&  ftn  Kaiehow  grenzenden 
Qag8iid«n  eneagt  nnd  von  einer  Varietit  d«:  Antli.  Fvnyi  getpooneii,  die» 
wie  111»n  sa^,  die  Eichenblätter  samt  den  Stielm  «nfßressen  soll.  Die  ab- 
gehaspelte Seide  (reeled)  wird  „koang'',  die  j]^sponnonf  (symn)  „fang*'  und 
die  <?P7wimte  „nia"  oder  „nien"  «»enannt.  Die  allrjemeine  Bezeichn'nti^ 
für  Eichenseide  bt  „icht-sau-sse".  Morphologiiich  und  chemisch  gleicht 
m  der  indiseben  TuMah  yollkoinmen.  Der  wichtigste  Sddenmerkt  fikr 
ebinesische  Tussah  ist  La-schan  im  Distrikt  Yu-tscheu-fa. 

Die  erste  Sendung  chinesischer  Tussali  nacli  Frankreich  erfolgte  im 
Jahre  1873  nnd  konnte  diese  brilunliche,  grobe  (150 — 300  den.)  nnd  nnreine 
Seide  nur  für  besondere  Zwecke  Verwendung  finden;  sie  verlor  beim  £nt* 
iMileii  30—36%.  Seitdem  bat  aieb  aW  die  Qoalttit  bedanloia  wbeMerfe, 
M  daas  man  die  Tnmah  f&r  Mftbelth^  Posamenten,  Stidmeien  nnd 
Phantasieartikel  verwenden  konnte,  üm  das  Jahr  1886  wurde  in  Chefo» 
eine  Filande  nach  europäischer  Art  gegründet,  die  den  Namen  Filatnre 
Imperiale  VVhafong  erhielt.  Nach  dem  Beispiel  dieser  Musterliiispelanstalt 
wurden  alsdann  viele  andere  £tablissement8  errichtet,  und  heutzutage 
kommt  mindeetem  ein  Drittel  der  Produktion  in  Form  yoo  Filatnres  oder 
Imitation  Filatnre  in  den  Handel.  Die  (  irt  ^'e  l>esteht  aus  4,  6,  8,  zuweilen 
12  Kokonfäden  nnd  i.«t  durchau.s  hellfarbi«; ,  fein  und  regelmässig,  80  dass 
sie  auch  für  feim-re  (iewebe  Anwendung  findet.  Der  £xport  der  cbine* 
sischen  Tussah  belief  sich  auf: 


18R1 

1230  Ballen 

1884 

4  »87  „ 

1886 

10424  „ 

1888 

8607  ^ 

1«89 

12200  „ 

1891 

11170  „ 

1893 

7557  „ 

Uber  die  Tussahweberei  iu  Shenkintj  licireu  foli,a'iide  AngaVien  vor*). 
EiS  öind  im  Durchschnitt  4500 — 5000  Kokons  der  Frühlinpr.«:-  oder  4200 
der  Herbsternte  erforderlich,  um  ein  Seideuzeug  vuu  nngefiihr  16x0,44  m 
En  weben.  Ein  Seidenweber  verwendet  ca.  zwei  Tage,  am  ein  Zeug  fertig 
sa  bringen,  wofür  er  pro  Stück  mit  1,25 — 2,5  Frcs.,  je  nach  der  Qualität 
seiner  Arbeit,  belohnt  wird.  Die  Gewebe  werden  nach  Gewicht  verkauft, 
das  von  *25— 40  taels  (1  tael  =  38  g)  betrapjen  kann.  Die  sogenannten 
„pongees**  ans  chinesischer  Tussah  der  Provinz  öhautung  sind  in  Europa 
bereite  allbekannt;  im  Inlande  werden  eki  als  Bekleidungssictf  in  ana- 
gedehnteetem  Mafae  verwendet,  weil  sie  den  Yormg  grosser  Danerhaftig- 
keit  besätcen');  ne  lassen  sieh  waacheUf  ohne  etwas  von  ihrem  G'lanae 


«)  Man.  <"hina  sük  TnUnr*',  Shanghai  1S81. 
Httgues,  China  ailk  Culture. 


Digitized  by  Google 


Antheraea  Pernyi. 


309 


za  verlieren,  werden  aber  schlecht  durchgefärbt  und  sind  deshalb  oft  streifig. 
Die  rohen  Pongees  werden  in  der  Seidenmauufaktnr  zu  Chefoo  vor  dem  Ver- 
sand einer,  uns  geheimgehaltenen  chemischen  Behandlung  unterworfen,  welche 
ein  Verhalten  der  Tussah  beim  Fürben  gleich  dem  der  echten  Seide  Wzweckt 
und  erzielt.  Die  schönsten  Gespinste  verbleiben  indessen  in  der  Provinz; 
blaue  und  dunkle  Gewebe  werden  von  den  Männern  getragen,  während  Weiber 
und  Kinder  mit  Vorliebe  bunte  Nuancen  wählen.  Die  Seidenzeuge,  welche 
in  Shenkiug  aus  der  Tussah  angefertigt  werden,  stehen  den  „pongees'^  von 


Flg.  164.   Schinett«rUu)i  der  Anth.  «Mkin*. 


Shantong  nicht  nach.  Sie  verdienen,  was  ihre  Herstellungsweise  anlangt, 
ebenfalls  volle  Beachtung;  der  Fortschritt  in  der  Herstellung  der  Gespinste 
inn»s  aber  auch  hier  das  seinige  thun.  Der  Gehalt  an  Bast,  Gummi  etc. 
in  diesen  Geweben  beträgt  durchschnittlich  20  "/q. 

An  die  Anth.  Pernyi  schliessen  sich  die  ihr  nahe  verwandten  Seiden- 
spinner Anth.  Roylei  (Moore)  uud  Anth.  Coufucii  (Moore).  Die  letztere 
Sp«cies  ist  nach  Hughes  nur  eine  Varietät  des  chinesischen  Eichenspinuers, 
der  in  Kiang-su,  .sowie  in  der  Umgegend  von  Shanghai  heimisch  ist. 

Die  Anth.  Roylei '),  der  Eichenspinuer  Indiens,  lebt  ansschliesslich  von 

»)  Proceed.  of  the  Zoolog.  Soc  of  London,  1859. 
Transactiont  of  tbe  Entom.  Soc.  of  London,  3  scr.  I.  S.  319. 


Digitized  by  v^jt^jo^le 


310 


Antb.  Roylei.    Äntb.  aasama. 


Quercus  Tncaua  im  Hinialajaf?ebir^:e  (Sikkitn),  Mussorien,  Darjeeling,  SImla 
und  Peiidschab,  Kr  unterscheidet  sich  von  Anth.  Pernyi  durch  den  Kokou, 
dessen  Härte  hei  dem  indischen  Eichenspiuner  j^anz  aus^serj^e wohnlich  ist. 
Derselbe  ist  ziemlich  jjross  (etwa  60x30  mm),  unref^elmässij^,  nicht  sehr 
seidenhaltig,  und  mit  einer  dichten,  zwischen  den  Blättern  ein^csponnenen 
Flockhi'ille  versehen.  Diese  Seidenart  ist  vielversprechend,  aber  ziemlich  selten. 
Die  Anth.  Roylei  liefert  2  3  Ernten  jährlich;  auch  findet  häufig  eine  Kreu- 
zung denselben  mit  Anth.  Pernyi  statt. 

Einen  ziemlich  wichtij^en  Seidenspinner  besitzt  Indien  in  der  Anth.  as- 
sams  (Helfer)'),  welche  halbgezüchtet  (d.  i.  im  Freien  gezogen)  in  Assara, 
Darrong,  Lakhimpore,  Dhurumpore,  Dehra-doon  vorkommend,  Moonga-, 
Mooga-  oder  Mugaspinuer  genannt  wird  und  im  völlig  wilden  Zustande 


in  Katschar  den  Namen  „bau  raunga"  führt.  Der  Name  „muga"  bedeutet 
Bernstein  und  ist  ihr  wegen  der  gelben  Farbe  ihrer  Kokons  beigelegt  wor- 
den. Der  Mugaspinner  nährt  sich  von  verschiedenen  Pflanzen,  am  liebsten 
von  „sum^*  (Machilus  odoratissima),  „sunaln''  (Tetranthera  monopetala), 
„tschampa"  (Michelia  chanipaca),  T.  diglottica  und  anderen  Gewächsen. 
Die  auf  der  „t^ichanipa"  gezogene  hellfarbige  Moongaseide  ist  von  der  aller- 
besten Qualität  und  Feinheit  und  trägt  den  Namen  „tchampa  pattea  nuinga'', 
eine  Gattung,  die  ausschliesslich  von  Rajahs  und  Vornehmen  getragen  wird. 
Die  zweitbeste  Art  ist  die  sogenannte  ,,Maizankuria"  oder  „adda-knrry", 
entsprechend  den  Namen  der  NährpHauzen.  Die  feinste  (lattung  der  zwei- 
ten Art,  die  sogenauute  „Soom "-Seide  (auf  Sarcostemma  brachyst.),  hat 
eine  schöne,  rehfarluge  Faser;  geringere  braune  Sorten  sind  „Soonhalloo" 
(auf  Tetranthera  macroph.)  und  „Digluttee"  (auf  Tetr.  diglottica),  schliess- 


*)  Horsfield,  A  Catalogue  of  the  lepidopteroua  etc-  S.  393. 
Proceeil.  of  the  Zoolog.  Soc.  of  London,  1859.  S.  258. 
Geoghegan,  Silk  in  India,  1872.  S.  119. 
Wardle,  Handbook,  S.  '^b. 


Flg.  t$5.   Kokuii  de«  UagaapiDiKra. 


Fig.  166.    Hlkrotk.  Bild  der  FMcr  von  A.  Mum». 


Digitized  by  Google 


Antb.  assama.   Anth.  oieiankoorm. 


311 


lieh  die  „Patees  hoondft**  TOn  dem  auf  dem  Lorbeerbaum  (Laiirus  obtusi- 
♦'oHa)  l»>liv!vleri  Mugaspinüer.  Aotli.  a^sania  erlebt  im  Jahre  drei  hh  ninf 
(«eueratioiit'u;  jede  Ernte  führt  ihren  eigenen  Namen,  der  gleichzeitig 
Aach  der  aas  derselben  hervorgegangenen  Seide  zukommt.  Die  lierbst- 
nnd  Wiatererate  (Oktober  and  Febnwr),  „Icada"  und  „dscbama**  be- 
nannt, sind  die  er^iebigsiten ,  wüIid  ikI  die  Januar^  and  Maitrnte  die  ge- 
schätztesten rrntliikto  liefern,  her  öO  X  25  mm  «(rosse,  obwuhl  diinne, 
eiförmitre  iiiul  mit  tiiu'iii  kleinen  Loch  versehene  Kokon  von  gelber, 
roter,  grauer  oder  weisser  Farbe  lässt  sieb  unschwer  abiiaspelu,  wird  aber 
trotsdem  in  nidit  geringen  Mengen  na«^  dem  Desintegrieren  mit  Pot- 
aschelösung  (Pflanzenasche)  verzupft  und  Tenpounen.  1000  Kokons  liefen 
220  g  Seide.  Die  Mugasoide  bildet  einen  starken  Exportartikel  Assams 
und  verÜLsst  die  Provinz  hauptsächlich  in  Orshilt  von  Gespinsten.  Die 
mugaseideucn  Gewebe  wider&teben  dem  Wascheu  weit  besser,  als  die  maul- 
beenrndeuen  and  bewahren  ihren  naturlielieD  Glans  TOllBtilndig Der 
leinengraue,  hellbraune  oder  weisse  Sddenfaden  ist  Yon  erstaunlicher  Festig- 
keit. Nach  den  Vermutungen  von  Hodgson  wurde  die  Mugaseide  schon 
im  Altortnme  von  deu  Römern  zur  Anfertigung  der  Schuürc  verwendet,  mit 
denen  sie  die  Decken  ihrer  ausserordentlich  tjeräumigen  Cirkusse  angespannt 
hatten.  Die  Mugakokons  eignen  sich  vorziiglieii  für  die  Verarbeitung  auf 
den  modernen  Spinnmaschinen  and  liefern  praehtToHe  Pbaoiaisiegespjnste. 
Im  rohen  Zustande  sind  sie  dunkelfarbig  und  zwar  noch  dunkler,  als  die 
Eriaseide  von  Att.  ricini,  doch  scheint  die?e  FärhmiLr  melir  auf  der  nn<re- 
eignetcn  Vorbereit titiii:  der  Kokons  in  tlen  Siiininelorten  zu  benilieii,  nicht 
aber  ori^jirünglich  zu  sein.  Alorphologisch  ist  die  Mugaseide  der  Tus^ah  üimlicb, 
beim  Farben  iMigt  sie  sieh  rar  Anfnahme  der  Beiien  und  Farbstoffe  weit 
geeigneter,  als  diese  und  die  &iasdde,  und  Torhält  sich  beinahe  wie  die 
echte  Manlbeerfaser. 

Die  indif?chp  Mezankoorienseido  stammt  von  Anth. mezankooria  (Moore)*), 
die  in  British-Birma  und  Assam  (^äibsagar)  auf  „addakurry*'  (Tentrautbera 
polyaotha)  regelmässig  gewonnen  wird.  Die  schone«  ins  Graae  spidende 
weisse  Seide  ist  bedeutend  gUnsender,  als  die  besten  QaaKtftten  der  Mnga^ 
seide,  welcher  sie  auch  von  den  Eingeborenen  vorgezogen  wird.  Der  Wert 
der  Mezankoorienseide  ist  um  50^',,  hölier,  als  der  «ler  Mui^aseide.  Den 
FarbstoÜen  gegenüber  verhält  sie  sicli  ebenso,  wie  die  echte  Maulbeerseide. 

An  die  Gattung  Antheraea  schliesst  sich  die  Telea  poljphemos  (Hub« 
noTf  Gramer)  an,  der  Repräsentant  nordamerikantscher  Seidenspinner. 
Die  zuerst  weisse,  in  der  Reife  grünliche  Raupe  frisst  hauptsächlich  Eichen- 
bl&tter  und  liefert  fablfarbige,  runde,  sehr  seidenreiche  Kokons  in  ein«r 


))  Geoi^hegan,  Silk  Indu»trj  of  ladia,  S.  15. 
*)  —  Silk  in  India,  &  119. 

Httttter»  A  stetiitioal  aoconnt  of  Anan,  187»,  8.  260. 

Wardle,  Bandbook^  8.  5,  &&.  M. 


Digitized  by  ÜOOgle 


312 


Telea  poljpb.  Anfb.  banhiniae  «ic.  Aetias  leleii«. 


Grösse  von  40x25  lam,  sowie  vine  weittM  Seidenfaser,  welche  der  Tnssah 
in  vielen  i^ziehun^eu  gleichkommt. 

Anth.  bralniiiM  (Gn^rin-M^neTille) ')«  anoh  Antli.  Faidheil^ii  ge- 
nannt, ein  ftusgejsacbneter  Seidei»|)inner  SenegamUeits,  lebt  auf  «^lidden^* 
(Zizjphus  ortbocaniha)  nnd  ist  ein  üliernanvsglied  zu  der  weiter  nntaa  be- 
sprochenen Attacusgmppe.  Soino  j^raufjirbiLfi'n,  45x25  mm  grossen  und 
80  cg  schweren  Kokons,  dit«  mitnnter  oö'en  .sind,  ergeben  eine  glänzende, 
rosafarbeue  und  seltr  geschützte  l'uner. 

Als  Anfb.  Laarentt  int  eine  s&dafrikaniadie  Seidenart  bekannt,  deren 
8i11>er;;raue  Kokon.s  von  ziemlich  unregelmiLisiger  Form  grupp>en weise  von  einer 
geraeinsiinu-n,  jedoch  so  leicliten,  mit  jeJeni  Stück  diclit  verbundenen  Seiden- 
hülle derart  umgeben  sind,  dnss  sich  Form  und  Anzahl  der  Kokons  von  aussen 
erkennen  lassen.  Das  Erzeugen  solcher  Kollektivkokons  liUst  übrigens  be- 
sweifeltt,  ob  diese  Species  als  der  Antberaeafamilie  zngebdrig  betrachtet 
werden  darf,  denn  in  der  letateren  ist  das  gemeinsame  Einspinnen  ansaer- 
dem  sonst  nicht  beobachtet  worden. 

Au  diu  Viruppe  der  Seidenspinner,  welche  einen  geschlossenen  Kokon 
erzeageu,  .scbliessak  steh  noch  die  Angehörigen  der  Gattung  Aetias,  deren 
Gespinste  indessen  iMcht«ege1mSssig  und  nidit  nnnnteibroehen  gesponnen,  und 

deshalb  auch  raeist  schwer  abhaspelbar  sind.  Der  Schmetterling  besitzt  an 
den  Hinterflögeln  {  liarakteristisclte  hinge,  scliwalben.soliwanzartige  Auswüchse. 
Die  Kokons  der  Actiasgruppe  sind  weniger  seideurt-ich,  als  die  der  Anthe- 
raea;  die  Seide  ist  aber  stark,  elastisch  und  glänzend'). 

Eine  der  wichtigsten  Species  dieser  Gattung  ist  Aetias  selene  (Hftb- 
Der)'),  die  in  China  (hau]  i  i  l  lich  in  Kiangsu),  Indien  (Madras),  Assam, 
Pendschab  und  aufCeylan  hoiinisch  ist.  DicstT  Spideu'^jiinner  niilirt  sich  daher 
begreifüclierweise  von  don  verschieden. ii  tiirsten  Pflanzen,  u.  a.  von  Coriaria  nijta- 
lensis,  üradleia  ovala,  Andromeda  ovaiiioliu  etc.  und  wird  hautig  auf  der  von 
ihm  beTorzngten  Nährpflante,  Odina  wodier,  regelmiLssig  gezogen;  er  lieftrt 
alsdann  4  Broten  jlUirlieb.  Die  Ranpe  foa  apfelgruner  Farbe  spinnt  einen  ei- 
förmigen,  unregelmMssigen,  /ietniich  seidenarmeu,  mit  Blättern  umwickelten 
Kokon  in  einer  Grosse  von  60x40  mm,  welcher  eine  fable,  mitunter  brenne 


*)  Loiieleur-Deslongehaaipt,  Noovalles  eonridAatioai,        S.  180. 
*)  Hut  ton,  Remarks  on  the  cvltivslion  of  lilk  in  Ittdia  (Joern.  of  tb«  Agxic  Soc 
of  lodia,  1869.  S.  345). 

Hortfield  A  Moore,  A  Cotalsgue  etc.  &  400. 

Proceeditigs  etc.  S.  261. 

TmwactioDB  etc.  S.  SIT. 

Hntten,  TSMn  on  tbe  Indian  BmobjeidAe.  &  6. 

Moore,  Lepidoptem  of  Ceylim»  II,  183. 


Digitized  by  Google 


AetiM  Mira«.  A.  ningpaana»  A.  Iuia  cto. 


313 


Farbe  mit  metattkehem  Sobimmer  faentit  und  aieh  uuehwer  abhaspeln 
lässt;  indessen  wird  er  meistens  verzapft  und  versponnen.  Die  <iiis  Madras 
herstamnienden  Kokons  sind  besonders  dicht  und  fest.  Seine  Seide  ist  grau 
und  glänzend,  und  soll  unter  der  liezeichnuog  Tussah  im  Handel  vorkommen. 
Der  grflnbeflügelte  Sehmetterling  ist  von  aosnebmender  SohBnbeit. 


Wlg.  167.  lUkrcNdL  UM  dar  Vhw  «ob  JMSm  Stint. 

Actias  uin^peana  in  China  (Ninj^-po,  Tsche-kiang)  auf  „fn-yuiig" 
(Hibiscus  mntabilis)  und  Salix  babylonicu.  Die  eiförmigeu,  66x35  mm 
grossen  Kokons  liefern  die  geschützte  „tuyiuig-sse''-Seide. 

Die  nordamerikanische  Actias  lana  (Linne)  in  Mexiko,  Earolina  und 
Florida  auf  Storaxbaam,  Joglana  cinerea,  Oaiya  etc.  wüd  oder  in  halbgv 


Tif.  IM.  Keton  v«d  AeUat  Brttet. 


zuchtetem  Ziisiiinde  lebend,  ist  der  ludisiclion  Ac.  selene  ähnlich.  Der 
eiförmige,  meist  un regelmässige,  braune  oder  rötliche  Kokon  liefert  starke, 
nemlich  hellfarbige  Seide,  welche  zur  industriellen  Verwertung  geeignet  ii>t. 

Aetias  Sinensis  (Walker).   China  (Shantong). 

Actia.s  Ignescens.  Andamaninseln. 

Actias  (Argema)  Mimosae. 

Actias  (Argema)  Leto  (l)oubleda y).  lu  gebirfxi<^eii  Ortschaften  Sik- 
kinis  und  des  Kbasiugebirges.  Gro&ier,  prüchtiger  Schmetterling  mit  grUnen, 
branngefleekten  Flfigeln. 


Digitized  by  Google 


3U 


Actias  iiioonas  «tc.    Attacus  riciai. 


Äctias  Moenas  (DouMeilay)  in  Sikkim,  Darjeeling  und  Assam,  scheint 
mit  der  vorigen  Species  identisch  7.n  ^cin.  indem  Ac.  Leto  das  MänncbeOf 
Ac.  Moenas  dagegen  das  Weibchen  derselben  eein  dürfte. 

SehHenlieh  Aetias  (Tropaea)  laa^Uae;  lebt  «of  der  Fichte  (PiiMU  ail^ 
▼eetria)  in  Spanien 

Der  Actiasfamilie  gleichfalls  angehorig  ist  die  kleine  Species  der  Goinea- 
kÜBte,  JüadaeoioDia  Argus  (Fabr.),  deren  Kokons  indessen  nnfaekannt  sind. 

*  • 
« 

Wir  gehen  nnn  za  der  swetten.Gmppe  der  8«den8)unner  Aber,  die  Ko- 
kons anfertigen,  welch  letztere  jedoch  mit  wenigen  Ausnahmen,  teils  weil  offen, 
teils  weil  höchst  nnrpgelmassig  jrpsponnen,  gänzlich  unentwirrbur  sind;  da- 
gegen eignen  «ich  diese  wilden  Seideuarten  vorzüglich  als  Rohmaterial  für  die 
FlorettspinnereL  Die  Angehörigen  dieser,  meist  aus  der  Familie  Attacos 
smammeDgesetsteD  Crrappe  sind  doreh  Orfiase  und  anasergewfthnliehe  F«rbMi- 
praeht,  sowohl  als  Schmetterlinge,  wie  auch  schon  im  Stadium  der  Raupe, 
ausgezeichnet.  Die  meisieii  Attacus  bauen  ihren  Kokon  (h  rarr.  dass  sie  in 
jeder  einzelnen  Öchicht  durch  Versph1intj;ung  cUt  Kiiden  eine  Öffnung  frei- 
lassen, welche  sie  dann  mit  einem  bündelartig  zusanimeugeknoteten  Faden 
▼erstopfen.  Sie  fertigen  demnach  keine  nnnnterhroehene  Faser  an;  andere 
Abarten  s|uonen  dagegen  kontinni«rlich*)  und  liefern  Kokons,  die  sieh 
ohne  grosse  Muhe  abhaspeln  lassen,  wie  z.  B.  Attacus  »nrota  in  Amerika. 

Die  in  qnantitativer  Hinsicht  wichtigste  Eriaseide  i<f  das  Produkt 
des  Kicinusspinuers,  Attaens  ricini  (Hoisduval,  Jüuos)^),  welcher  in  Indien 
und  Ajs»ftm,  in  Darroug,  Nowgoug,  Lakhimpore,  Raugpore,  Dinagepore, 
Goalpara,  Katsdiar,  Nepanl,  Knraaon,  engl.  Birm»,  !&i8chmir  (Ladakh) 
und  auf  Ceylan  teils  im  wilden,  meist  aber  in  halbgezüchtetem  Zustande 
zu  finden  ist*).  Diese  Si  idenranpe  (auch  aN  Att.  arrindia,  Philnsamia  ricini 
bezeichnet)  stammt  aus  Assam,  wo  sie  „eri"  genannt  wird,  und  wurde  später 
auch  nach  anderen  Teilen  Indiens  verpflanzt,  in  Beugal  nennt  mau  sie 
„arrindi*'.  Ihre  bevonngten  NährpHaoMi sind  „arrindi'S  Rleinns  commnnia  und 


*)  Mieg,  Aanal.  de  la  Soo.  e&toaio1<v.  1850.  S.  241. 

>)  de  la  Roeha  &  Givelet,  Boll,  de  U  Soc.  d'aceUn.  t  t^r,  TI,  M7.  VII,  156, 
271.    3  s^r.  I,  618. 

*)  Horsficld,  A  Catabgu«  ete.  8.  407. 

IVoceedinga,  S.  267. 

Tranaactioni«,  8  ser.  I,  317. 

Boiturd,  Trait^  de  rdducation  etc.  151. 

Loiaelear-Deslongchamps,  Mrn'ierM  etc.  183l',  69. 

Wardle,  Handbook,  S.  48. 
♦}  Hunter,  Tlic  Iniperiiil  Gtirettoor  of  InJi.i,  1881.  VIII.  328. 

—  A  Btatiatioal  account  of  tiengal,  läiti.  Vil.  304.  1679.  I.  II. 

EobintoD,  Aeeoont  of  Amdi. 


Digitized  by  Google 


Ättacus  ricini. 


315 


„kissiru",  Heteropanax  fragans,  seltener  ,.gaiuari'*,  Gmelina  arborea  und 
„bogri",  Zizyphus  jujuba.  V^on  der  Nährpflanze  hängt  bekanntlich  die 
Farbe  des  fertigen  Produktes  ab;  so  liefert  die  auf  assamesischer  Varietät 
des  Ricinusbaumes  gezogene  Kiinpe  eine  vollkonnnen  weisse  Seide,  während 


\ 


rig.  169.  Sobmrttorting  von  Att.  rielnl. 


das  Erzeugnis  der  auf  anderen  E^flan/.eu,  z.  B.  in  Bengal  lebenden,  dunkel- 
braun ist.  Die  Raupen  häuten  sich  viermal,  ihre  Lebensdauer  beträgt 
6  Wochen  im  Sommer  und  12  Wochen  im  Winter;  sie  liefern  7  oder  noch 


Fig.  170.  Kokon  d«a  Att.  rldst. 


mehr  Brüten  jährlich  (12  nach  Angabe  Helfers),  in  Assam  hingegen 
nur  5. 

Das  Weibchen  des  Att.  ricini  legt  die  Hier  auf  den  Blättern  nieder,  worauf 


Digitized  by  Google 


316 


Attacos  ricini. 


es  bald  daraaf  stirbt;  diese  mit  Eiern  und  daran  hängeudeu  Motten  bedeckten 
Zweige  haben  ein  merkwürdiges  Aussehen  und  bilden  einen  Handelsartikel. 

Die  Kokons  der  November-,  Februar-  und  Maierute  werden  zani  \'er- 
spinnen,  die  vom  Jnni  und  September  Ar  die  weitere  Aafracht  verwendet 
Ihie  Ortne  ist  40x20  mm,  und  ihr  Fasergehelt  beträgt  16<Vo;  12  kg 
Kokons  liefern  t  1^  Gespinst.  Die  Kriakointns,  deren  Farbe  sehr  ver- 
schieden ist,  orange,  rot  und  braun  (Dinagepore)  oder  weiss  (Assinn),  werden 
von  den  Kiugeboreiieu  teils  in  roher  Weise  geha-spelt  teils  xei  zupft  uud 
wie  Flachs  versponnen.  Zu  diesem  Zweck  werden  sie  lauge  in  Wasser 
gekoebt,  dann  in  eine  Abkoehung  von  Feigeubanmrinde  eingelegt  and  längerer 

Gäbrnng  unterworfen,  oder  die  £h^^ 
borenen  erweichen  die  Kokons  in  Pott- 
asche nud  zupfen  dann  die  Seide  in 
Flocken  mit  den  Fingern  heraus.  In 
Dinagepore  soll  die  ganse  KokoiMmte 
Terhaspelt  werden.  Naeh  den  An- 
gaben von  Hugon  kann  das  Ab- 
haspeln liin'4e<;eu  infolge  Mimgels  an 
einem  ijeeii^iieten  I.ösuiiL^smittel  für 
den  Kukouba^t  nicht  bewirkt  werden; 
es  scheint  jedoch,  als  ob  nur  die 
Weichheit  und  Unregelmissif^t  des 
Kokons  die  Ursache  seines  schlechten 
Verhaltens  beim  Haspeln  ist,  weil 
»ich  seine  Fädeo,  die  locker  und  uuverkittet  miteinander  versponnen  »ind, 
beim  Abwickeln  verwirren.  In  Katschar  «rw^ht  man  die  Kokons  in  einer 
Misehnng  Ton  Knbdttnger  mit  Wasser  nnd  Terarbeitet  sie  anssehliesBlidi 
am  Spinnrade.  Die  Gespinste  werden  hier  mit  Lac,  Munjeet  und  Indigo 
gefärbt,  doch  sind  die  erzielten  Nuancen  iiifo1;^e  der  Uuvollkommenheit  der 
Färbenietlioden  ziemlich  unansehnlich.  Die  \  erarbeituug  der  Eriaseide  findet 
in  Indien  seit  undenkbaren  Zeiten  statt').  Die  ludier  verwenden  sie  zur 
Anfertigung  folgender  Gewinder:  borl»por,  meklas  (ünterroek),  rhiba 
(Sdiirpen)  und  gonrsha.  Die  Gewebe  ans  Eriaseide  sollen  geradesn  un- 
verwüstlich sein,  so  dass  dieselben  generatiousweise  von  der  Mutter  auf 
die  Tochtor  vererbt  werden.  Als  Rohmaterial  für  die  mechanische  Seiden- 
spinnerei bat  die  Watte  der  Eriakokons  einen  grossen  Wert,  während  die 
gehaspelte  Eriaseide  für  die  earopSiscbe  Industrie  vorläufig  ohne  Bedeatnng 
ist  Die  beim  KSmmen  der  Eriafimera  rieh  ergehenden  Stapel  rind  gliniend, 
fein  nud  langfiaserig  uud  die  flespiuste  kiSnnen  mit  dem  feinsten  Florett- 
gam  ans  Abfftllen  der  schönsten  MaolbeerMide  wetteifern.  Die  Wichtigkeit 


vir  171-  WlmMk.  »M  der  KilaMMe. 


')  Eveleiph,  .loum.  of  the  Agric.  and  Hort.  S.  of  India,  IL  61. 

Transacttons  of  tbe  Eatom.  iäoc.  of  London,  libi,  Dez. 
*)  Forbes  Watson,  The  testile  naaoflMtiireB  ete.  of  the  pso|^e  of  ladia. 


Digitized  by  Google 


317 


dieser  SpedcB  irt  infolgedeawn  lingrt  «rinnnt  wonlen;  e«  wudm  auf 

Verunlasmuig  der  indischen  Bcgiernug,  auch  von  den  europaischen  IlH 
dustriellen,  grosse  Eriaplantagen  nn^relcgt,  und  der  Eriasneht  der  Eingebo- 
renen wird  nijüiniixfuclu'  AufniuntLTUug  zu  tt»il. 

Die  Eriaseide  ist  gewöhnlich  von  grauer  oder  rötlicher  Farbe;  man  be- 
huptet  (Wailaee),  die  wdase  Bidnnsraupe  spinne  mim  rStUehe  Faser, 


ng.  171  Ute       a«  AyiwUh—ptiMw. 


während  die  grüne  Varietät  eine  weisse  Seide  erzeugen  soll'),  in  morpho- 
logischer und  chemischer  Beziehung  verhält  sich  die  Eriaseide  wie  die 
Toasah;  das  IHrben  dieser  Imden  SeideDarten  erfolgt  nadb  gleicher  Methode. 
Wie  hei  der  letateren,  so  ist  aach  das  Verhalten  dw  Eriaseide  g^(en  Farl^ 


rig.  IIS.  Kokon  dei  AjIaBUinMptaBon. 


stoffo  infeige  ihres  morphologischen  Baues  und  der  ehemisehmi  Natur  xm  den 

der  echten  Seide  weit  entfernt;  Wärme  und  Mineralsalze  sind  die  heslen 
Vermittler  beim  Anfrürben;  die  Farbeliiidor  müssen  viel  konzentrierter  ge- 
halten werden,  und  der  Verbraudi  an  Farbstoff  ist  doppelt  so  gross,  als  bei 
der  echten  Seide. 

Dem  Eriaspinner  ahnlieh  und  von  einigen  Entomologen  nur  fBr  eine 
Variettt  desselben  gehalten,  ist  der  ilylanthussinnner  Asiens,  Attacus  (Phi- 
kwamia)  cynthia  (Drury),  dessen  Acciimatisierung  und  Zucht  in  Europa 
gegen  1860  mit  vielem  Erfolge  versucht  worden  ist.   Ans  China  herstam- 


*)  Wardle,  Haadbodk,  &  48. 


uiyiiizud  by  Google 


318 


Attaeni  Cjntbi«. 


mend,  wo  er  in  Shantong  nod  Honiui  r^Imiarig  gesogen  wird  ,  wurde 
er  als  eine  Kreuznugsart  zwischen  der  cbiuesischen  nnd  bengalisclien  Sj)ecies 
unter  dem  Niimen  A ylanthnfSHpiuner  dnrch  Fantoni  nach  Knrnpa  eingeführt 
und  erwies  axchy  sowohl  iu  Frankreich  wie  in  Eugland^  als  eiue  sehr  lebens- 
nnd  prodsktioiufthige  Art.  üm  ihre  weitere  Yerbieitnng  uech  enderen 
WdtgegendeD,  wie  i.  B.  nach  Ajgenfinien,  naobte  eicb  besondere  Gn^rin- 
Meneville  verdient;  seine  grossen  Ricinnsw&lder  nnd  ein  geeignetes KHiiia 
berechtigen  hier  ?.n  den  schönsten  lloffnunf^en  *).  Der  A  vltuithusspinner  wird 
in  grossem  Mafs-stube  fast  in  ganz  Nonlehina,  sowie  in  Sikkim  und  Near-Almora 
in  Indien  mit  vieler  Sorgfalt  gezogen.  Zwischen  dem  Eria-  nnd  Ajlautboe» 
«pinner  eiintiert  eine  ziemlieb  weitgebende  Analogie,  die  eine  nabe  Verwandt- 
schaft beider  miteinander  vermuten  läs<it.  Beide  Schmetterlinge  sind  orange- 
farben nnd  zeigen  ähnliche  P'lügelzeichuungen,  wiewohl  die  Motte  von  Att. 
arrindi,  wie  aiicii  die  Produkte  ihrer  Raupe  eine  dunklere  Färbung?  hfihen. 

Die  Raupe  des  Att.  cynthia  erlebt  in  etwa  5  Wochen  vier  Häutuugeu 
und  wird  in  ihrer  Reife  achSn  amaragdgrQn  mit  goldgelber  Streifnng.  Der 
Kokon  beiitct,  wiewohl  der  Faden  nnunterbrocben  ist,  eine  Öffnung,  über 
welche  ein  leichtes,  durchsichtiges  Spinngewebe  angebracht  ist,  da»  ilen 
Zweck  hat,  das  Kindrinfren  kleiner  Infekten  in  den  Kokon  zu  vcrhinileru. 
Seine  Form  ist  länglich,  an  den  i'Jndeu  zugespitzt;  er  misst  40  hin  50  auf 
16  mm  nnd  wiegt  3  g.  wovon  ca.  4,6 °o  üosseres  Gespinst,  1*2,3%  Faser 
und  83,1%  Pnppe.   lu  eineoi  kg  sind  2400  leere  Kokons  enthalten. 

Die  hauptsächlichste  NährpHanze  des  Att.  cjnthia  ist  Aylanthus  glan- 
dulosa,  in  China  ..tschu",  in  .lapan  ,,t'-c]in'*  genannt;  ansserflein  wird  er 
häufig  auf  Xantoxjlum  Aviceunue  (Fagaru  Avic.)  gezogen  'j.  Mau  uuter- 
scheidet  demnach  in  China  verschiedene  Gattungen  der  Ajlanthnsseide:  „naO' 
kien"  (kleine  Kokons),  „tscbn-kien**  nnd  „yn-kien"^  die  auf  eini^  Ay- 
lanthusarten  gezogen  werden  und  „tschao-kien",  von  der  auf  Xanto^lam- 
hostile  lebenden  Raupe.  I)ic  1-tzfere  Gattung  der  Seide  ist  seltener,  von 
dnnkelgrauer  bis  schwarzer  Farhe  und  so!!  von  ausgezeichneter  Schönheit 
sein 'J,    Die  auf  Ajlauthus  gl.  gezogene  Seidenart  ist  hellgrau  oder  bräun- 

li^.  In  China  wird  sie  in  vielen  Provinsen,  n.  a.  in  Tsch^kiang,  Kiangsn, 


<}  Horafield.  A  Cutalogoe,  S.  407. 
Tnotaetions,  3  s .  I.  914. 

HttttOD,  itemarka  on  tiie  cultiv.  etc.    N.  H.  h  1869.  847. 
—  Koti»  OQ  the  Indian  Bombjc.  1^1 1,  S.  6. 
Wardle,  Handboolc.  S.  50. 

Pryer,  Entomology  of  Shangbai  (Joun.  ef  tbe  K.  China  braaeb  of  tbe  B.  Anatio 

8oc.  N.  S.  10t>7.  S.  781. 

QiTelet,  T/Ailante  et  son  Bonibyx.  1866. 
»)  Compt.  rend   .le  l  Ac.  Sc.  186.'.  812. 
•)  Bretscbncider,  On  Cbinetie  tilkworm  tree?,  1881,  S.  6. 
*)  Mao  Cartee,  On  &ome  wild  silkworma  of  China. 

FaoTsl,  Tbe  wild  nlkwonns  of  tbs  praviuea  of  Shinietig,  8.  20, 


oiyiuzcd  by  Google 


AttacDi  atlas. 


319 


Shansi,  Shantung,  Honan  regelmässig  gewonnen  und  allein  oder  in  Ver- 
bindung mit  der  Eichenseide  zu  schönen  und  äusserst  dauerhaften  Gewel>en 
verarbeitet.  In  Indien  ( Assara,  Darjeeling,  Kuraaon)  nährt  sich  Att.  cynthia 
von  Aylanthus  gland.  und  Ayl.  excelsa,  Coriaria  nipalensis  und  verschiedenen 
Xanioxylumarten.  Das  Verfahren,  desseu  sich  die  Chinesen  bedienen,  um  ihre 


Flg.  171.    SrhmvtlerllDS  dei  Attacai  Atlu. 

schönen  Aylanthusseidengespinste  zu  gewinnen,  ist  uns  unbekannt;  die  in 
Europa  angestellten  Versuche  des  Ilaspelns  und  de.s  Spinneus  der  Kokons 
führten  zu  keinen  günstigen  Resultaten,  sondern  ergaben  vielmehr  eine  nur 
wenig  glän/.onde  Fa.ser. 

Als  eine  Abart  der  Phil.  Cyutbia  kann  die  Phil.  Insularis  betrachtet 
werden. 

Die  Fagaraseide,  welche  uameutlich  in  China  beheimatet  gewesen  zu 


320 


Attocns  atla«. 


sein  scheint,  stammt  von  Attacus  atlas  (Linn  •')<),  dem  zweitgrössten 
aller  bekannten  Schmetterlinge.  Dieses  Insekt,  dessen  grossartige  Pracht 
die  Aufmerksamkeit  aller  Reisenden  erregt,  ist  in  g;in/.  Ostasien  verbreitet,  so 
in  China  (^Koaug-tung,  kiang-si,  iSs-t«chaen),  Indien  (Madras,  Musüorieo, 

DtthndoofD,  Knnutoii,  Sikkim,  Dmjeo- 
Hng,  Sylhet,  Catshar  etc.),  im  eng- 
lischen Birrau,  anf  Ceylan  und  dem 
Snndschen  Archipel.  Att.  ntlas  lebt 
von  den  verschiedensten  Pflanzen,  u.  a. 
von  „nildtt"  (ExeoeeaiUk  aefaifen)  in 
OhhiAiTon  „dona^CArteminn  Tolgvni), 
„loj^*  (Symplocos  crata^oides)  und 
„knpn  gaja"  (Phyllanthns)  in  Indien,von 
Lauras  cinnamomum  auf  Ceylan,  PhjU 
lanthus  emblica  Auf  Java  n.  a.  w.  Die 
Anfcoeht  ist  Mch  in  Enrapa  unter 
Anipendung  von  ßerberitie  NShi^ 
iit.1».  iiikHHk.BiidtefHavvMAtt.AtiM.  pflanze  mit  Krfol^r  versncht  worden. 

Dif  Ptliin/enart  übt  auch  hier  einen 
un verkenn ljuren  hiuliuss  auf  die  natürliciie  Färbung  der  Faser;  so  liefert 
die  md  „VMA*^  (Oebeekin  vel  CelMton»  malabathrieam)  {gezogene  Ranpe. 
ein  Tonkomnran  wdesee  Produkt,  während  die  von  anderen  Pflanzen  fressende 
Banpe  natnrfarbige  8«de  eneogt.  Die  Ranpe  hftntei  sich  aeefaemaL  Ghaiakt^ 


VIg.  U«.  Kakao  4«  Att.  Atta» 


ristisoli  Ar  den  Schmrtlerliug  sind  die  anf  jedem  sainw  Flügel  befindlichen 
Pfanenangen«  die  grSaaer  oder  kleiner,  mfaeb  oder  doppelt»  snr  Unfter- 


•)  Gosse,  Lif<'  hifsfory  of  Attacus  atla«.    Entoinolof^ist  1879. 
Froceedings  of  the  Zoologie.  Soc.  of  London,  XXVUI,  216. 
Ttennetioiw  of  Bntomolegie.  See.  of  Londmi,  S  aer.  I»  M6. 
Wardle,  Handbook  of  ibe  eoUaetion  iliatfcraliveb  &•  68. 


uiyiii^ud  by  Google 


Alk.  OMwr.  Ait  ftorota,  ete. 


321 


scheidaag  einzelner  Abarten  der  SpeoiM  dienen  können.  Der  grosse,  in 
Blatter  eingewickelt«,  bellbraune  Kokon  ist  an  beiden  Enden  offen  und 
scheint,  »ihn lieh  wie  bei  Att.  cynthia,  mit  einer  weissen,  mehlartigen  Snb- 
stans  unbesummter  Herkunft  bestreut  zu  sein.  Die  Farbe  des  80x30  mm 
groHam  Ktftom  vA  ftoeh  soweiliii  hellgrau,  seiM  ObM^he,  abgesehen  von 
den  BlStteniiidraekeii,  grob  gekörnt  mid  weii%  seidenurtig,  aaner  an  der 
Mfindungsstelle;  die  Wandung  ist  pergamentorlig,  dflnn  und  sehr  fest,  in- 
wenHi'T  sehr  mnf\.  ludeasen  ist  es  kaum  möglich,  die  Kokons  abzuhaspeln, 
nach  Abkochen  mit  Essig  soll  dies  jedoch  gelingen.  Die  l'ugarafaser 
eignet  sich  dagegen  vorzüglich  zum  \' erspiuuen ;  in  Indien  und  China 
wodeo  die  Kolron«  awth  menteni  TerspoDnen  und  dnnerhnfte  Gewebe  da- 
fMs  gefertigt.    Morphologisch  thneit  die  Fagaraseide  der  Tussah. 

Als  eine  Abart  von  Att.  atla.s  Mrird  von  einigen  Scbmetterlingskundigen 
der  Att.  Kdward.sii  (Moore,  White)  betrachtet,  der  in  l>;irjeeliug,  Sikkini, 
Charroh  imd  im  Khasiagebirge  vorkommt ')  und  von  deu  Eingeborenen  „bCin 
muga''  genrant  niid. 

Die  Annahme,  daas  die  Grtee  des  Sdimetterlings  von  Att.  atlaa  von 
keiner  anderen  verwandten  Species  erreieht  werde,  ist  durch  die  Aufßndung 
des  Att.  Caesar  (Maas,  und  We  vni.)  widerlegt  worden  ;  derselbe  ist  dop{»elt  .so 
gross,  wie  Att.  atlaa  und  als  der  grösste  aller  .Salurnideu  zu  verztiichnen. 

Zwei  vielversprechende,  dieser  Gruppe  angehörende  Seidenspinner  Ameri- 
kas sind  Att.  anrota  (Cramer)  nnd  Att.  hesperas  (Fabricius).  Der  eretere*) 
kommt  in  Centraiamerika,  den  beiden  Guyana,  Guatemala,  Paraguay 
nnd  Brasilien  (Att.  «fppcnlifer) .  ah  gesellige  Raupcuitrt  iuif  dem  T?i(Mi!n.s- 
bäum,  Jatropha  muniliot.  Andu  (iotnesii  u.  ;i.  vor  und  liefert  nielirni;ib  im 
Jahre  eiförmige,  60  X  2b  mm  gro.s.^e,  schön  gmugeibc  Kokons,  die  sehr 
seldmreidi  nad  den  Fagarakokons  Shnlich  srad.  Die  daraus  dareh  7er- 
spüinen  gewonnene  Seide  ist  gUinsend  and  iowerst  fest  nnd  elastisch*). 

Att.  hespeniä  ist  kleiner,  als  der  vorige  und  frisst  in  Guyana  vor- 
wiegend von  Rhi/.niihora  mangle.  Er  liefert  oTj  >:  20  mm  groüsp,  nITorie, 
regelmässig  ge.sj»oniu'ne,  zugespitzte,  bräuniichgeibe  oder  gelblichweisse  Ko- 
kons, denen  du^  äussere  Fadengewirr  (Flockseide)  Tollstündig  fehlt  und  die 
eine  sehr  glBnzende  Faser  ergeben. 

Att.  aricia,  (Guatemala. 

Att.  sillieticH  (llelfrri  in  Sylhet,  ist  .'iiie  Abart  des-  Att.  nflas. 

Att.  Taprobanis  (Moore)  auf  Ceylan,  ebenfalls  eine  Abart  des  A.  atias, 


^)  Wailly,  Bolletra  mem.  de  la  8oe.  d'aoelim.  1886. 

Procccilint^s  of  th.-  '/fM>l.  etc.  1859. 

Butler,  Iltu9trat)OD8  of  tjrpical  »pecimeu«  of  Lepidopt.  beteroc.  in  the  coli,  of 
Üw  Brit  Hut.  1881,  60. 

»)  Girard,  Bull,  de  la  Soc.  d'accllm.  3        I  183. 

*)  Macbado  do  Oliveira,  Memoria  sobro  o  biuho  da  seda  indigena  da  proviacia 
do  Bzpbto  Santo. 

SIlbavBKBa,  Dto  Saida.  21 


Digitized  by  Google 


322 


Ati.  Cecropiü.   Flatjtamia.  Calloeamia. 


frisst  von  Zimtntblüttera.  Die  scb5ne  griine  Raupe  spinnt  einen  grossen, 
mit  stielartigem  Anlirmpsd  Tersehenen  Kokon  von  birnenförmiger  Gestalt 
und  schmutzigbrauuer  Farbe.    iJie  äeide  wird  in  ('olonibo  verarbeitet*). 

Att.  Ceeropia  (Linne),  auch  Platysamia  cecropia  genannt,  ist  die 
grSeste  nordamerilnmmhe  B«apenart  (Eaiwda);  sie  lebt  anf  vieleii  Pflanzen^ 
am  hiluiigsten  auf  der  Eiche,  der  Weide  iitid  dein  Hollunder.  Dkeer  Sei- 
densiiiuner  liefert  einen  ib^n  Fagaragespinst  älinlieben,  sehr  grossen  (75  X 
30  mm),  länglichen,  nnregeliniissigpn,  seideureicheu,  braunroten  Kokon  mit 
duokelgrauem  Anhängsel,  der  von  iiu.sserguwülinlich  üppiger  Flockseide  um- 
hfillfe  ist  nnd  eine  fliehe,  dicke,  giuufarbige  Fner  Uefeti;  snweilen  eind 
am  Eolcon  starke  BlittmilKirSeke  bemeikliar.  Der  Schmetterling  ist  groes 
nnd  von  bramuroterf  goldpchimmemder  Farbe.  Man  trifft  auch  silberglän- 
zende graue,  fast  weisse  Kokons.  Die  helle,  der  AylanthnsBeide  ähnliche 
Faser  ist  technisch  gut  verwendbar. 

Att.  luuula  (Walker),  Sylhet,  eine  Abort  des  A.  ridni.  Att  obscnnu 
(Butler),  Katachar,  kommt  auf  einer  „lood**  genannten  Pflanae  siemlieh 
selten  vor.   Att.  Oo^rini  (Uoore),  östliches  Bengal. 

Den  vorigen  nahe  mwandte  Seidenarten  werden  von  folgenden  Species 
geliefert: 

Plntysauiia  Ceauothi  (Behr),  identisch  mit  Att.  (Samia)  califomica 
(Grote),  eine  kleinere  Ranpenact  als  Att.  Ceeropia,  lebt  in  Kalifornien 
anf  Ceanothns  calif.  nnd  liefert  kleine  branne,  mit  einem  grauen  Flock- 
geepiust  umhüllte  Kokon.s.  Platjsamia  Gloveri  (Strecker)  bildet  eine  Über- 
gangsforn»  zwischen  den  beiden  soeben  besprochenen;  sie  kommt  in  Utah  und 
Arizona  (N.- Amerika)  vor  und  liefert  einen  dem  F.  Ceanothi  ähnlichen 
Kokon  v<m  der  Grösse  60  x  18  mm. 

Callonunia  Columbia  (Smith)  sebeint  nnr  eine  Abart  der  PI.  Gieren 
lu  sein  nnd  liefert  einen  schwärzlichen,  55  X  10  mm  grossen,  zugespitzten 
Kokon,  der  von  'goldgelben  und  wei.ssen,  nietalli.^ch  scbiinniernden  Streifen 
überzogen  ist.  Callosainia  Promethea  (Drury)  ist  eine  nordanierikanisclie 
auf  Laurus  benzoica,  Sassafras,  Berberitze  uud  Liriodendron  lebende  Seiden- 
raupe; sie  erzeugt  oflRsne,  hellbranne,  zugespitzte,  60x15  mm  grosse  Ko- 
kon.s  und  hat  im  allgemeinen  eine  weitgehende  Ähnlichkeit  mit  dem  asiatisehen 
Aylanthusspinner.  Calloeamia  angulifera  (Walker),  lebtauf  dem  Tulpenbaum. 

An  die  oingen  reihen  sich  noch  die  nordamerikanischen  Seidenarten 
von  Att.  splendidus  B.,  äatumia  galbina  (.Schrank)  und  iSaturn.  mendocino 
(Behrens),  die  indesesB  kmie  indnstrielle  Wichtigkeit  haben. 

Psendohads  eglanterina  (Boisd.),  Kalifornien.  Pseud.  Hera. 

Ebenfalls  amerikanischer  Herkunft  sind  folgende  Seidenspinner,  welchen 
freilich  zur  Zeit  noch  wenig  Jniere<:se  geschenkt  wird,  obwohl  sie  sur  Seidoi« 
gewinnung  durchaus  geeignet  sind. 


')  Moore,  Th«  Lepidoptera  of  Cejloti,  21.  S.  124. 


Digitized  by  Google 


Vencbiedene  Satumidea  Amerikas. 


323 


AatomeriB  Janeira  (West),  Brasilien.  Nach  der  Form  der  Oberflügel 
zu  urteilen,  scheint  diese  Spcries  illiripfii  -  nicht  der  TorsteheDden  FamÜM 
•nzugehöreu,  vielmehr  eine  sL'lbst."uulif?e  Abart  /n  hildeu. 

Automeriä  Montczuma  (Boisd.),  Brasilien.  Aut.  Irene.  Aat.  tridcrui. 
Aut.  virideieeiu.  Ant.  rabnaceiis.  Aut.  illnstrii.  Ant.  Nyctineme.  Ant. 
hnmerAlü.  Aut.  Liberia.  Min  Cristophi.  TeratoptcriB  angolat».  Dr»» 
COnipteris  mirahilis.    Oxytenis  hone.sta. 

Hyperchiria  (.\utnineri<?)  io  (Fabricius).  Die  mit  ne>sehirtifTem.  steifea 
und  dichten  Haar  bedeckte  Raupe  nährt  sich  von  C^rasus  Virgiuiaua,  Cor- 
nus  florida  u.  a.  Byperchiria  incua. 

Vor  knnmn  ist  in  Kalifornien  «ne  neue  Banpanart  auf  der  giftigen 
Species  Rhaninus  Californieas  (R.  Porebianus)  gefunden  worden,  die  eine 
der  echten  ebenbürtige  Faser  liefert;  ebenso  soll  in  Yucatau  ein  dem  Muulbeer- 
wunn  ahnlicher  Spinner  entdeckt  worden  sein,  desi^u  tieide  bläuliche  Farbe 
hat  und  schwer  vom  li&at  zu  befreieu  ist. 

Unter  den  meiiVaniii«hen  Seidenarien  bemerken  wir: 

Satamia  orizata  (Westwood),  Satumia  Vomlla,  Sal.  Laventera,  Sat» 
Gelleta,  Eaeheria  socialis  und  Sat.  zacateca  in  Bogota  *)i  femer  A.  madruno 
nnd  A.  Psidii  in  Tnexikanischen  Gebirgen. 

Sagana  bapato7.a  (Wal leer),  Mexiko. 

In  der  mexikanisdien  Abteilung  der  Anartelltti^  1889  waren  seh&ne, 
von  Zapoteeaindianem  gewebte  Sto£Fe  ans  wilder  Seide  votgeAhrt,  die  Ton 

einer  geselligen  Raupenart  herrührt,  welche  ihre  Kokons  geineinschafUich 
in  i^'iner  80  cm  langen  Hängematte  einspinnt.  Eine  Abart  frisst  von 
,,goy;ilK)"  fPsidinm  pyriferum),  ist  behaart  und  f^raiigelb  mit  weisslichen 
Streifeu;  eine  audere  bpeuics  lebt  vou  deu  Kicheu  der  Alihüage  der  ^sierra 
Zongoliea  (Veraeras)  nnd  Sierra  Oaxaea.  Nadi  den  Aussagen  eines  Bei- 
senden,  der  die  Walder  dieser  Gegenden  durchwanderte,  waren  die  Binme 
meilenlange  Strecken  weit  mit  jenen  Hängematten  von  blendender  Weisse  dicht 
behängen.  Eine  andere  (üattung  der  mexikanischen  Kiehennnipe  ist  schwarz 
mit  brauneu  Streifen.  lu  Siualoa  lebt  eine  Seidenraupe  uuf  „madrono",  einer 
in  l^erra  Madre  wild  wachsenden  Erdbeevart;  ihre  Hangematten  sind  grau. 
AlsRohmaterial  fttr  die  Schappeindnsirie  dürften  diese  Seidenarten  von  grossem 
Wert  sein.  Übrigens  hat  schon  Humboldt  über  die  Seide  der  Misteinn 
t)erichtet,  die  znr  Zeit  des  Montezuma  (XV.  Juhrh.)  ein  wichtiger  TTnndeb- 
artikel  war;  auf  seiner  Reife  von  Acapnlco  naeii  (  liilpiincingo  erwarb  er 
einige  solcher  Gewebe,  die  sich  durch  ihre  rauhe  Beschaü'euheit  aus- 
ancbneten. 

Copaxa  canella  (Walker)  Brasiliens,  auf  dem  Zimmtbaum.  Copaxa 
Lavanderae  (Westw.),  ^f- xiko.  Copaxa  decrescens  (Walk.),  Brasilien.  Co- 
paxa Uliapata  (Westw.),  ist  nach  der  Ansicht  von  Butler  eine  vielmehr  der 
Gattung  Antheraea  augehurige  .Speeles. 


<)  Westwood,  Tnnu.  of  tbe  Eatoin.  8oo>  of  Londoo,  1884,  1.  88. 

81* 


Digitized  by  Google 


824 


Sataraiden  Amerikas.  Cricala  trifenMtrata. 


Baihyplilebia  Äglia  (Feld.)«  Eolambieo. 
Poljthysana  ApolHna  (Feld.),  Chili.    Pol.  rabroaoeni. 
Arsenara  Romaloa  (Maass.),  Brasilien. 
Araenara  Armida,  Ars.  Xanthoptu. 

TtvptMk  Lmia  (LinaQ,  in  Flwida,  KuoUm  und  Lairiaiift  auf  Liqni- 
dambar  styracifolia. 

Tropaea  Artemis  (Bremer),  in  Mexiko,  d«ren  Abart  Tropaea  G&oiiia 

(Häbner)  in  Japan  vorgefaudeo  wurde. 

Saturnia  specalum  ist  eine  gesellige  Art  Brasilieus,  welche  vou  deu 
ISngebomien  anf  dem  Hilebbanm  „paodo  lote"  gezogen  wird;  rie  »t  mehr» 
amtig  and  liefert  sehr  üppige  Kokons. 

Sat.  Orbignyana  Boliviens  ist  dem  Att.  Cecropia  ihnlieh* 

Titaea  Orsinome  (Hühner),  Südamerika. 

Cercophana  Frauen tieldii  (Feld.)  ist  eine  kleine  chilenische,  dem  B.  mori 
idcht  «BÜnfiehe  Species,  die  graugelbe,  starke  Kokon»  von  glddier 
BehaflRmheit,  wie  Anth.  Pemyi,  erzeugt. 

*  « 

Unter  deu  asiatischen  Seideuspiuncm  von  geringerer  technischer  Wich- 
tigkeit sind  die  nachsteluiiden  ron  Interem. 


»ff.  177.  lUkMilk.  MM      Wiam  tu«  er.  IcMuMlnta.         n«  178   Sokoo  dtr  Oitoato  trtfeawtnU. 

Die  in  grosser  Menge  vorkommende  Cricula  trifeuestratu  (Helfer)'), 
eine  gesellige  Iv'iiiipenart,  in  Assam,  engl.  Birma,  Bombay,  Coorg,  M\il- 
mein,  Chota  Nagpore  und  auf  Java  heimisch  und  unter  verschiedenen 
Bezeichnungen,  wie  „aniluri",  „tayet-po",  „haumpoitonee'*  etc.  bekannt. 
Sie  friaet  hanptsaeblicb  von  „eam"  (MaehUae  odoratisrima),  von  „tbayet** 
(Blangofaamn),  too  Anacardinm  orioitale  in  Birma  und  Mnimdn,  Ton 


0  Horifield.and  Moore,  A  Oatelegoe  of  the  lepicUqptaraiia  iueeti  «to.  &  884. 


üiyitizeü  by  Google 


Odigolft.  Rhodia.  Tmbala. 


325 


Aeaeia  Ofttaefan  ete.  Die  .tioleitaoliwane,  mii  goldgelben  Paukten  baatraotei 

dicht  Hehaarie  Raupe  lebt  in  vollständig  wildem  Zustande  ond  apinnt  gold- 
gelbe, glänzende,  firörmige,  tietziirtige,  (lurchbrocliene  Kokons,  deren  fünf, 
sechs  und  mehr  zu  einem  Knäuel  %'erpinigt  sind.  messen  50  X  30  mm 

und  wiegen  1,3  g  bezvr.  leer  ü,23  g.  in  englisch  iiiruia  ist  die  Produktion 
ao  üppig,  dsM  dnaelne  Binme  bia  Sber  36  kg  Kokons  tragen;  der  grOaila 
Teil  deraelben  kann  jedooh  nidit  gesanknelt  wnrden,  aondam  fiUlt  der  F&alnia 
anheim.  Die  Kokons  lassen  sich  nar  Terspinnen;  das  gewonnene  Gespinst  ist, 
wie  die  Versacke  in  England  geieigt  haben,  Ton  henrorragenden  Eigen- 
schaften. 

Grienla  drepanoides  (Moore),  Sikkim. 

Eine  besondere  Familie  bilden  die  ai^nannten  Oalignia. 

Die  von  den  Eingeborenen  „Shira^ra-mushi"  genannte  Caligula  japonica 
(Moore),  der  i;ipnni -die  Nufssjiiuner,  lebt  auf  dem  Kampferbaum  und  liefert 
einen  grossen,  braunen  Kokon,  der  niaschenartig  gesponnen  i^^t  und  eine  Art 
von  darcb»ichtigera  Netzgewebe  bildet.  Unter  Anwendung  des  gewöhnlich 
üblieben  Einweiehena  beim  Haspeln  erbilt  man  eine  »Mnlieh  miasfarbige 
Sttdeafaser,  naeh  dam  Abkochen  der  Kokone  im  Eiseeiig  dagegen  ein  fast 
weisses  Gespinst. 

Caligula  simla  (Westwood),  in  N.-W.-Himalaja,  Simla,  Mus!?orien  und 
Kumuon,  lebt  auf  der  Weide  (Salix  babylonica)  und  liefert  offene,  netzartig 
gesponnene  Kokons,  in  ihrer  äusseren  Form  denen  von  Cricula  trif.  ähnlich, 
Ton  sehr  dnnkler,  banahe  schwarser  Farbe.  Sie  werden  irie  Hanf  rersponnen. 

Caligula  Tb ibeta  (Westwood).  in  Thibef,  Mussorien  und  Kumaonauf  An- 
dromeda  ovalifolia  lebend,  liefert  leichte,  otfene,  netaartig-dorchaiohtigeKokona» 
Caligula  Cacbara  (Muore),  Katschar. 
Caligula  Laplacei  (White). 

Eine  interessante  Scidenart  Indiana  ist  die  Rhodia  Newara  (Moore)  in 
Nepal  (Kathmandoo),  die  sieh  meist  anf  der  Trauerweide  aufhält.  Die 
grflnen,  glänzenden,  an  den  Zweigen  hängenden  Kokons  sind  ihrer  Farbe 
und  Form  wegen  von  den  Blättern  der  Nährpflanze  kaum  zu  unterscheiden; 
am  oberen  Ende  sind  sie  mit  einer  engen  Spalte  versehen,  durch  welche 
der  Schmetterling  ausschlüpft;  am  entgegengesetsten  Ende  ist  ebenfihlb  aina 
kleine  Oflhnng  Toibanden,  die  aller  Wahraehemliehkeit  nach  aar  Ventiliernng 
des  Kokons  dienen  soll. 

Rhodia  .lankoskii  (Oberth.),  Askolü. 

Philopiiroi;i  ('üuniugi  in  N.-W.-Himalaja  anf  Coriaria  und  Xantoxylura, 
erzeugt  einmal  im  Jahre  harte,  dicht  gesponnene  orange-  oder  graufarbene 
Kokons. 

Eine  »emlioh  adtene,  der  Gattung  Lasiocampa  angehSdge  Species  ist 
die  Trabala  Leorina,  bekannt  unter  dem  landläufigen  Namen  ,,blsclia"  der 
A^amesen,  die  in  ganz  Indien,  wenn  auch  nur  spärlich,  auftritt  u.  rötlichbraune, 
filzige,  längliche,  mit  Ästeben  durchsetzte  Kokons  liefert  Die  nahe  verwandte, 
ebenfalls  indische  Abart,  Trabala  Unshnn  (Moore),  spinnt  blassere  "Kxkasa 


Digitized  by  Google 


326 


TencbMdene  SatorDiden  Au«ni. 


Ton  dendben  Beflchaffenheit,  aber  mehr  gedri&ngter  FonD  und  mit  iwei 
horoartigMl  Ansätzen  un  beiden  Enden. 

Philosamia  insularis  des  Sunda- Archipels  aof  Erytbrina  indica  ist  eine 
Varietüt  des  chinesi^ben  Ajlanthusspinners. 

Za  den  jsTimiaehen  Seidenerzengem  ^hlen  noch  folgende  klebe  Bom- 
byeiden: 

Eapterote  Amaena  (Walker)  spinnt  2,5  cm  lan^e,  duokelbranne  Kokons 
aus  grober  Faser  mit  üppiger  Halle,  die  als  Unterlage  und  snm  Anheften 
an  die  Baumrinde  dient. 

Redoa  marginalis  (Walker),  Kokons  nnhekannL 

l^ianft  Baswana  (Moore),  Kokons  unbdnnnt. 

Nyctnnera  mandipicta  (Walker),  Kokons  unbekannt. 

Eine  ziemlich  seltene  Art  ist  die  Philosamia  ^Vall^<'ri,  welche  in  den 
Provinzen  Chinas  Knan^tung,  Yang-lu,  Tschekianf^,  Ningpo  und  auf  der 
lusel  Formosa  vom  Kampferbaume  friest  und  zwei  Brüten  jährlich  erzeugt. 


fi«.  179.   Kokon  der  Fhiloaaiui»  Wtlkerl. 


Die  6 — 6  cm  lange  Raupe  spinnt  einen  offenen,  rotlichm,  ovalen,  zn^'e- 
spitzten,  öftt  rs  in  Blätter  eingewickelten  Kokon  in  der  firoFse  von  30  bis 
50  mm  /u  15  mm,  und  leer  350  mg  schwer,  worin  H3  des  äiissertn,  92 
de»  innersten  Gespinstes  und  ITö  mg  der  eigentlichen  Faser  eulLulteu  sind. 
Die  letztere  isfe  Ätiieh,  gestreift  nnd  mit  einem  gegen  Soda  ftnssexst  wider> 
standsftbigen  Bast  überaogen.  Der  Verlost  beim  Entbasten  betrügt  ca.  12 
Die  Seide  wird  tsebang-ischn-ssä  (Kampferseide)  genannt. 

Raturnia  pyrctnrnm,  (Heniocha  p.,  Saturnia  pyretum)  von  Westwood, 
kommt  in  S.-Cbina  (Hainau,  Kuaugtuug)  und  Indien  (Darjeeling,  Katscbar) 
Tor;  sie  lebt  von  Liqaidambar  formosana  nnd  vom  Kampferbaum*)  nnd 
erMogt  eilBrm^e,  lange,  dnrchbroehene  Kokons  von  graner  Seide,  die  in  siem- 
lidi  grossen  Quantitäten  verarbeitet  wird.  Sie  ist  dick  und  fest  und  wird 
zur  Anferti^un«?  grolxT  («ewebe  verwendet.  Der  Inhalt  der  Seidendrüseu 
von  S.  pyretum  wird  auch  zur  Aufertignnjf  von  Anif«lscbnüren  verwendet, 
deren  mehrere  tau:>eud  Kilo  jährlich  aus  Kang-tscheu  exportiert  werden. 

Satumia  Thlbeta  auf  Alhagt  camelomm. 

Satunia  Oxotei  (Moore),  Daijeeling,  Sikkim,  Mnssorien. 


*)  Breiaehneider,  Qn  Ohineie  nlkwonn  he«^  8.  7. 


uiyiiizüd  by  Google 


äataroidMi  Aimiu.  fioroo«»  C%jani.  327 

Sat.  Lindu  (Moor«),  Darjeeliiig,  leVt  in  Gemeiiuefaftft  mit  d«r  vorig«! 

Speciis. 

Sat.  Anna  (Moore),  öikkim. 

Sttt.  cidosii  (Aioore),  N.-O.- Indien.  L»er  Sat.  pyretum  ähnlich,  jedoch 
mit  weiesen  üot^ageln.   Kokon  ttnbekftniii. 

Saiurnia  fenestralia.   8.  Hamboldti,  S.  Larisa,  S.  Galbina. 

Dii>  Gattungen  Rinaca  zuleika  (Hope),  Salass»  lola  (Westwood)  and 
Ni'oris  llnttoni  (Moore),  auf  wilder  Birne  im  Himalaja,  Mussorit'U  und 
bikkim  lebend,  sind  von  keinerlei  tecbmsober  Bedeutung.  Sie  spinnen  dünne 
und  weidie,  netefönnige  Kokons,  die  jedoeh  knne  Verwendung  iioden.  Der 
Kokon  der  letsteren  Speeles  eieht  dem  unserer  enropKiachen  S.  Piri  aum  Ver- 
wechseln  Uinlich,  nur  ist  die  gelbe  Farbe  etwas  beller  und  die  Textur  fuder. 

Neoris  ShaduUa  (Mootl)  in  Yarkand  und 

Neoris  Stoliczkana  (Felder)  in  Ladak  Mud  iiuhe  verwandte  Öpecieh. 

Loepa  Katiuka  (Westwood)  ist  ein  wunderschöner  ächmetterling  Nie- 
derlftndisch-IndienB,  Sikkims,  Asmms  und  HuBsoriens  und  lur  Seidengewinnung 
geeignet. 

Lot'pa  Sivalica  (Hutton)  liefert  in  Mn^soripti  mv\  \^«mn  einen  läng- 
lichen, /ngpspitzten,  weichen,  an  jedem  Ende  offeueu  Kokou  von  dunkel 
graugrüner  Farbe. 

Loepa  mimnda  (Moore)  und  L.  sikkimensis  (Atkinson),  oder  L.  aik- 
kimft  von  Moore,  sind  zwei  schöne  Arten  DarjeeKngs. 

Loepa  Dogniuia  ist  eine  noch  wenig  bekannte  Speeles.  Gynanisa  Mi^a. 
Hemilenca  Maja. 

*  « 

Die  wilden  Seidenarten  Afrikas  werden  in  den  meisten  Fällen  von  den 
Eingeborenen  regelmässig,  obwohl  in  höchst  unvollkommener  Weise  ver- 
arbeitet und  verdienen  aucli  seitens  der  europäischen  Industrie  als  vorzüg- 
liches und  billiges  Bohmaierial  gebührende  Beachtung. 

Die  wichtigste  unter  denselben,  Boroeera  caja]ii(Vin8on,  Gu^rin-M^ne- 
ville),  auch  Bombjx  madagascarensis  (Boisduval)  genannt,  ist  der  „Biltvn- 
dandy"  der  Eingeborenen  Madas^a«kar5.  *)  Dieser  Seidenspinner  lebt  haupt- 
sächlifb  in  der  Gegend  Imerina  auf  der  Taubenerb»e  (Cytisus  cajani)  und 
Tapia  edulis.  Boroeera  cajani  erlebt  3 — 5  Brüten  jährlich  und  liefert  tftt- 
liebbranne,  dnrchbrocheDe  Kokons,  ans  welchen  die  Malgaschen  die  als 
„lamba-landy**  bekannten,  schöne i  C  wehe  anfertigen.  Die  Kokons  der 
Mrlnnolien  messen  30  zu  15,  die  weililichen  50  zn  30  mm.  Hieselben 
sind  mit  einem  scharfen,  struppigen  Haar  bedeckt  und  können,  obwohl  regel* 


>)  Cambou^.  Boll,  de  la  Soc  d'aoclim.  Jain  1085. 
Coqaerel.  AtmaL  da  la  Boe.  eaton.  de  Ffance.  S41. 
Habüle,  AnnaL  de  la  Soo.  entom.  1879.  812. 


Digiii^uu  by  ^OOgle 


328  Saturniden  Afrika«. 

massig  gesponnen,  nicht  abgehaspelt  werden;  sie  werden  wie  Flachs  zerzupft 
und  versponnen.  Auf  dem  Kap  der  guten  Hoffnung  liefert  B.  cnjani  auf 
den  Mimosenarten  ebenso  grosse,  cylindriscbe  mit  scbwarxem  Haar  um- 
haute  Kokons.   Die  Banpe  seihat  igt  r&tlielL«) 

Der  Boroeem  cmjua  anfTülfliid  ibnlicli,  ist  die  in  den  sndtidieii  TeOao 
Afrikas  einheimische,  von  Mimosa  caffift  fties^endc  Gonometa  postica.  Der 
Sclilaf  ihrer  Puppe  im  Kokon  dauert  8  Monate,  während  welcher  Zeit  eine 
Unmasse  von  ihnen  von  einer  Art  des  Udschischmarotzer»  veruichtet  wird; 
der  letztere  hat  übrigens  seinerseits  mit  einem  anderen  parasitischen  Insekt 
sn  k&Dpfen.  Die  Kokons,  deren  Abhaspehi  grosse  Sdiwierigkeiten  bereitet, 
liefeni,  nach  dem  Entbasten  (25—30%  Verlust)  vernponneo,  ein  weisseSt 
tadelloses  Garn. 

Bibyndaudy  dyuaniboa  (äeidenwurm  der  Hunde)  und  Bibyndaudy  madi- 
nika  sind  der  vorigen  Speeles  ähnliche,  äusserst  elastische  Seide  liefernde 
Ranpenarten  Madagaskan. 

Bombyz  Bhadama  (Boisduval)  ist  sine  gesellige  Banpenart  anf  Intsia, 
Madagascarensis,  die  einen  gemeinsamen  Sack  anfertigt,  in  welchem  mehrere 
Dutzend,  zuweilen  fnnf-  bis  sechshundert  Raupen  ihre  Kokons  einspinnen; 
die  letzteren  .sind  klein  und  infolge  des  Zosammenpresseus  abgeplattet. 

Bomhjx  Diego  anf  ÜBmosa  lebbek  wird  irie  der  vorige  in  grosser  Menge 
von  den  ^geborenen  rar  Anfertigung  der  «tlambas"  verwendet. 

Bombyx  panda  ist  dem  B.  Rbadama  in  esiner  Lebensweise  ftbnlleh  und 
liefert  eine  sehr  geschätzte  Seide. 

Die  übrigen  Seidenspinner  Afrikas,  dereu  Zahl  eine  grosse  ist,  sind 
«war  noch  wenig  bekannt;  der  Vollständigkeit  halber  mi^en  sie  jedoch  hier 
kans  angefflbrt  werden. 

Bombyx  nnnulipes  (Boisduval). 

B.  fleuriotii  (Giu'rin-MJuoville). 

Cidigula  suruka  (Boisduval),  erzeugt  in  Madagaskar  auf  2serium  Olean- 
der goldgelbe  Kokons. 

Argeina  mimome  (Satnmia  Oampiona)  Ton  BoisduTal  in  Mad^askar 
und  Port  Natal,  ist  eine  gesellige  Art  nnd  liefert  grosse,  silbergrane  Kokons, 
die  seidenreich  und  zar  Seidengewinnung  sehr  geeignet  sind.  Der  Sehmet" 
terling  dieser  Banpenart  ist  von  grosser  Schönheit. 

Eudelia  veuusta  spinnt  einen  3  cm  langen,  harten,  granweissen  Kokon. 
Urota  Sinope  (Westw.),  Natal.  Cirina  Forda.  Henacha  Dewitri  (Haass.  nnd 
Wem.),  ^fiieriand.  Botocera  smilax  (Westw.),  Natal.  Tagoropsie  gemmi- 
fera  (Butl.),  Westafrika.  Micragone  agiitylla  C^'estw.),  Kongo,  scheint  in- 
folfre  der  FlngelteTtur  vielmehr  den  Bombyciden.  als  den  Sat'?rniden  anru- 
gehören  *).    Aphelia  Apollinaris  (Boisd.),  2*{atal.  Ceranchia  Apolima  (Butl.), 


1)  VinsoD,  Ctontpt.  «md.  1895.  5S4. 

■)  Soathonnax,  DnlL  da  Lab.  de  Ljoa.  Lyon  8.  141 


Digrtized  by  Google 


SfttaraidMi  Afrika«.  Bombjz  Okim 


329 


Mwlagaskar,  erwagt  dnoi  6—7  cm  langen  Kokon  mit  DoppelumboUiuigi 

TOD  dem  die  änssere  gelblich,  weich  and  netzartig  gesponnen,  das  Innere  von 
kompakter  Struktur  und  goldgrauer  Farbe  umschlichst.  Cerancliia  cribricollls 
(Uutl.),  eine  nahe  verwandte,  etwas  grössere  Species,  spinnt  Kokous  ieinmascbi- 
ger  Textur.  0.  rsUeoleos  (Bntl.)i  wie  die  Torig»  «nf  BHadegulmr  Toifcom- 
mend,  ist  von  mehr  aekwirslielier  Farbe  and  spinnt  birnenfttrmige,  in  mehrere 
Asteben  eingebettete  Kokons  grossiuaschi^er  Beschaffenheit  mit  feinfaseriger 
Seide.  Bunaea  Tyrrhena  (Westw.),  in  Südafrika,  ist  von  den  übrigen  Gat- 
tungen dieser  Familie  ziemlich  verschieden.  Bunaea  Caffraria  ist  wahr- 
scheinlich mit  der  vorigen  ideutkstli.  B.  Thomsoni  (Kirby)  in  Kamerun. 
R  AldnoS.  Oonimbraaia  Alopia  (Westw.),  afrikaniiehe  Tropen.  Ufta 
Terpsichore  (Maass.),  Delagoa-bay.  Eoebroa  Trimeni  (Feld.),  Südafrika. 
Lndia  Delegorguei  (Boisd.)»  Natal.  Gonimbrana  intermieoens  (Walk.), 
Kongo. 

Saturoia  vacuna  (Westw.),  Ashauteeland.  bat.  mythimnia  (Westw.), 
Port  Natal.  Sat.  arata  (Wst.),  Aahantee  und  Sierra  Leone.  Sat.  belina 
(Wat.),  Znbiland.  Sat.  henilia  (Wst.),  Kongo.  Sat  menippe  (Wst.)t  Na- 
tal und  Südafrika.  Sat.  tyrrhea  (Craraer),  Südafrika,  Kaj)  der  guten  Hoff- 
nung. Sat.  cytherea  (Fabr.),  Südafrika.  Saf.  ueiiia  (Wst.),  Kougo.  Bat. 
ai^atliylla  (Wst.).  Sat.  Said  (Obertliür),  grosse,  schöne  Seidenart  in  Ba- 
gamoyo,  Zanzibar.  Sat.  tbyella  (Felder),  Zamberia.  Sat.  auricolor,  Sat. 
furicolor  (Mabille).  Sat  mittrei  (Gn^r.-M^o.)*  Madagaskar.  Sat  Iris 
(Wst),  Sierra  Leone  und  Cap.  Sat  alenda  und  Sat.  phoedura  (Drnrj) 
in  Sierra  Leone.  Lasiocampa  sp.,  Dahomey  und  SklaVenkoste.  Lasiocampa 
processiouea,  l'urto  Nnovo  \md  Madagaskar. 

Die  Art  der  Anaphe,  aus  der  Familie  der  Actias,  lebt  an  den  westlichen 
Kästen  Afrikas,  baaptsädiUcb  in  Senegal.  Die  Raapen  veben  in  Omppen 
von  25 — 50  St&ek  eine  gemMnsame  Tasche,  in  welcher  ne  ihre  Kokons 
inmitten  einer  dichten  Watte  stark  gegeneinander  gepresst  einspinnen*  Die 
Kokons  raesseii  30  >:  20  mm,  die  Faser  ist  schwach. 

Anaphe  sp.,  Mail;i'ja'-kar.    An.  Panda.    An.  venata. 

In  Dafoia  am  iSigerufer  sammeln  die  Eingeborenen  uut  Tamarbäumeu 
nnd  Mimosen  üppige  Kokons  eines  noch  nicht  definierten  Seidenspmners 
nnd  Terarbeiten  sie  wie  Fladis;  die  daraus  angefertigten  Gewebe,  die  mit 
verschiedenen  Päanzenextrakten  gefärbt  werden,  heis.sen  „tombo  foroko 
fani**  (Stoff  von  der  Kaope)  nnd  sind  zwar  glanzlos,  aber  sehr  daaerbaft. 

*  • 
* 

Von  den  enropaiseben  Seidenraupen  spinnen  zwar  viele  Kokons, 
denen  jedoch  nur  ausnahmsweise  Anfinerksamkeit  geschenkt  wird.  Unter 
denselben  ist  der  Hotiibyx  (LasiocBrnpa,  Pachyposa)  Otn«  (I)rury),  ler 
koiscbe  Seideuspiuuer  der  Alten,  der  wichtigste.  Er  stammt  ans  Kleiuasieu 
und  kommt  in  Griechenland,  der  europäischen  Türkei,  Unteritalien  and  Sicilien 


Digitized  by  Google 


330  SRtiiniiden  Eoropai  nad  Aiuti»lieiM. 

* 

vor,  wo  er  hanpt^diUch  aaf  der  Fichte,  Eidie  nnd  Gyprene  lebt  Er  epiniit 

in  reichlicher  Menge  offene,  85  X  40  mm  grosse,  länglich  mnde,  weiche, 
durchbrochene  Kokons,  die  eine  schöne,  (h>r  japanischen  Yaniamavseide  nicht 
unähnliche  Faser  liefern,  welche  iiulesisen  ein  unverhältnismüssig  grosses 
Quantum  (70%)  baut  enthält.  In  neuerer  Zeit  wendet  man  dieser  Seidenart 
ein  lebhafteres  InteresM  sn,  nnchdem  der  Konsnl  Haggard  in  Triest  wieder 
die  AnfniMrksamkeit  auf  diese  an  der  KSete  Dalmatiens  heimische  Species  zu 
lenken  versucht  hat.  Die  Kokons  sind  grösser  als  Manlbeerkokons,  die  Faser 
feiner  und  sehr  weiss.    Die  ilaupe  trisst  vorwiegend  von  Queren.«  IIe\. 

Attacu!«  pyri  (^aturuiu  Pjri)  (Godart)  ist  mit  dem  Sat.  pav.  major 
(Linn^  identisch  nnd  kommt  auf  den  Teracbiedenaten  Ohathiomen  im  mitt- 
leren und  endlichen  Europa  Tor.  Eine  Ahart  desselben  ist  die  in  Algerien 
vorkommende,  als  Sat.  atlantica  (Lucas)  bezeichnete  Banpenart..' 

Att.  larpini  (Godnrt  ,  Bnisduval)  ist  der  A.  paT.  minor  Ton  Linn^. 
In  ganz  Europa  auf  der  Ulme  und  liirke  leUend. 

Att.  spini  (Borkhausen)  ist  die 


Satnmia  pav.  media  Ton  Fabricins. 

In  Dentschland  und  Östenwch  anf 
Prunns  spinosa  lebend. 

Aglia  Tau  (L.),  der  Nagelfleck, 
liefert  abhas|)elbare  Kokons. 

Schliesslich  Sat.coecigeDa(Hnb- 
ner)  in  Dalroatien,  Kleinasien  und 
Tfirkei. 

Die  folgenden  Haupenarten  er- 
zeugen Gespinste,  diesowohl  iuQualität 
wie  bez.  der  Quanti^t  weit  hinter  den 
exotischen  snrftckstehen  nnd  daher 


IM.  uiknA.  WM  d«r  seMMfhMr  vob  s.  Miptiii.  ^^^J^  ^mer  indostriellen  Yerwertong 

ilihig  sind. 

üendroliraus  Pini,  Dendr.  remota,  Odonestis  Pruni,  Tagora  glauce.<cen.>;, 
Sphiogognatha  Pallida,  Murlida  Amaena,  Dirphia  Tarquinia.  Braliniaea 
oonchyfera,  Halisidota  Edwardsi,  Alope  ricini,  Perophora  baetreana,  Sphingi- 
eampa  Heolor,  Lopliocampa  Cariae,  Dryoeampa  rahiconda,  Dataaa  perspicoa. 
Euproctis  chiysorrhca,  H ygrochroa  Ojeda,  Kapta  Serratilinea,  Lachneis  catax, 
La^lin.  rimicola,  Macrotylacia  rubi,  Clisiocarapa  neu.stria,  Macromphalia  Lo- 
jauensii»,  Arlace  rubripalpis,  Zeuzera  pyrina,  Clisiocampa  castreusis.  Tri- 
chiura  Crutaegi,  Eriogaster  lanestris,  Leto  Venns. 

Auch  Anstralien  besitst  in  Antheraea  (Calignla)  helena  (White)  seinen 
einheimischen  wilden  Si-idenspinner,  der  einen  brannen  Kokon  spinnt. 

Coscinocera  <  )Mi|>hiile  (BatL)  ist  eine  schöne,  groese,  aber  seltene  Spe- 
cies  von  Ni'U-tjeeland. 

Carthaea  Saturnioides  (W^alk.),  Australien.  Diese  Öpecies  ist  aus  dem 
Gmnde  Yon  wiBsenschafUiehem  Interesse,  wdl  sie  alte  ioasneii  Eigem- 


Digitized  by  Google 


Dndafiniette  Sflideiupiiinw. 


3S1 


aehmflen  der  Naehtfalter  (Noetuidae)  besUat  vmA  ein  (^bergangsglied  xu  den 
letzteren,  welche  keine  seidenspinnenden  Insekten  nud,  cn  bilden  eebeint. 

Dysdinionia  Pluto  (Wst.),  Australien. 
Syntlieiatii  WeynifH  (Miins.s.),  Anstriilien. 

Ausser  den  obigen,  zum  Teil  gut  erforsditeu  und  eutomologisch  defi- 
niert» Banpeniurlen  giebt  e>  in  allen  Weltteilen,  am  meisten  in  den  tn>pi- 
•cben  O^^den  nnd  ihren  WiMniisen,  eine  Unmaase  Ton  epinnenden  In- 
sekten, welche  hunderttausende  kg  Seidenuiaterial  erzeugen  und  von  denen 
nicht  einmal  ein  Exemplar  in  den  entoninloprisc  lieii  Saninihniiren  vorhanden  ist. 
Die  Erzeuguisse  dieser  wilden,  uns  unbekauuteu  Seideu^pinuer  werden  zum 
kleinen  Teil  von  den  Eingeborenen  verwertet,  verfallen  aber  raeist  den 
seidenfressenden  Insekten,  sowie  der  Wirkung  der  Witfeernng  nnd  der  Ver- 
wesung. Einige  von  sololien  Seidenspinnern  loben  in  den  Centren  der 
Seidengewiniinnrj,  wie  in  China,  sind  aber  iitirh  nicht  näher  erforscht.  In 
der  Provinz  Sluiutiiug  wird  t.  B.  eine  von  dor  h'suipe  des  Ilaa-tsiao-Baumes 
(Pfefl'erblumeJ,  wahrscheinlich  der  Xantoxylou  aiuutuni,  erzeugte  Seide  zwar  in 
nnbedentendem  Habe,  aber  immerhin  teebniseb  verwendet  Diese  interessante 
Gattni^,  welche  von  den  ESageborenem  als  „tsiao^hien-sa^**  bezeichnet  wird, 
ist  noch  nicht  einmal  entomologisch  unterschieden  worden;  ihre  Seide  besitzt 
auch  nach  dem  Verweben  und  Fürbt-n  einen  eigentümlicheu  (teruch,  infolge 
dessen  sie,  der  Aussage  der  Chiu^u  nach,  den  Angriffen  schädlicher  lusekteu 
nicht  ausgesetzt  ist  In  Cbardanagor  (Bengal)  lebt  in  grosnen  Gesell- 
schaften eine  blane,  schwant  punktierte  Seidenraupe,  die  vom  Cedrelabanm 
frisst.  Den  Stamm  dieser  Nfthrpflanze  bedeclo.-n  ^Vu'  Unnyi-u  vdin  Boden  bis 
sum  ersten  Zwoige  mit  einer  nnermesslioli  gi  riuinii;^cn,  feiiipu  und  f^liiii/endeii 
Seidi'nfa^jer .  untiT  wt-lclier  sie  ihre  Kokons  in  den  Kitzen  der  Hiiumriude 
einspinnen.  Der  Schmetterling  dieser  Kuupeuurt  ist  unbekannt.  Mac- 
Intyre  hat  in  der  Mandschurei  mehrere  neue  Seidenspinner  vorgefunden; 
einer  davon  nfthrt  sich  von  Pinns  äuensis  und  ersengt  hübsche,  stark  seiden- 
haltige  Kokons,  die  jedoch  mit  Baumnadeln  so  vermischt  sind,  dass  ihre  Ver« 
arbeitnng  hclnvierif»  sf>in  dürfte.  Auf  dem  Wallnnssbauni  fand  man  eine 
Raupenart,  deren  Kokons  netzartig  sind,  ferner  zwei  neue  Species  der  A\iaul- 
beerraupe,  von  denen  «ne  aueh  mit  Lattich  gefuttert  werden  kaun. 

Was  die  Gesamtproduktion  wilder  Seiden  anbelangt,  so  kSnnen  hier 
nur  approximative  Werte  angegeben  werdCD,  die  sich  lediglich  auf  das  ver- 
ar!)eitote  Seidenmaterial  beziehen  und  die  grossen  Menfren  der  in  allen  Welt- 
teilen zerstreuten,  weniger  wichtigen  und  von  dem  .Menschen  zur  kSeiden- 
gewinnuug  nicht  heraugezogeaen  Kokons  ausser  Betracht  lassen.  Ausser- 
dem sbd  auch  eiaige  der  wichtigsten  wilden  Seidenspinner,  die  auf  nn- 
gsheneren  Strecken  nnd  in  uDzugXngliehen  Wäldern,  Sümpfen  und  Beigen 
ihre  Gespinste  erzeugen,  nicht  immer  nnd  überall  dem  Menschen  zugäng- 
lich, 80  daf»s  die  /(iblen  weit  tinter  den  thatsiieliUch  von  der  Natur  ge- 
lieferten Mengen  an  Kohfasermaterial  zu  steheu  kommeu. 


332 


Nachstehende  Tabelle  stellt  VXt  fttctt1«ii 
Mengen  der  wilden  Seide  dar: 


Frodoktioo  der  wilden  Seiden. 

yemrbeitniig  gelugenden 


otnueDMX 

Kokons 

Wilde  Maulbeerseide    .  . 

620000  kg 

350000 

Indisclie  Tussah  .    «    .  . 

.  12600000 

H 

Cliinp.sische  Tussah  .    .  . 

.  24000000 

«1 

640000 

y% 

.  1600000 

»1 

Maga-,  ISesankurieBeiden  . 

.  1700000 

»1 

Sai  pyretornm  (China) 

350000 

!♦ 

Übrig»  wilde  Seidenarten . 

.  1400000 

«1 

Gehaspelte  oder 
gesponnene  Seide 
37000  kg 
82000 
700000 
1400000 
32000 
96000 
76000 
34000 
60000 


n 


Im  gansen   43060000  kg 


2446000  kg 


Die  quantitativ  wichtigste  dieser  Seiden,  chinesische  Tusgabi  wird  kaupt* 
sächlich  in  folgenden  Provinzen  regelmässig  gewonnen: 


Mandsobttrd 

Sliantung  . 
Ss-tscbueu 
Honan  .  . 
Knei-tselien 


4720000  kg  Eokona 
6720000  „ 
4460000  „ 
2860000  „ 
2260000  „ 


n 


Nach  den  Produktionsländern  eingeteilt,  helilaft  sich  die  Totalprodnktion 
wilder  Seiden  auf  folgende  Quantitäten,  wobei  die  Oesamtmengen  des  von 
den  spinnenden  Raupen  erzeugten  Kokonmaterials,  ganz  abgaben  von  seiner 
Yerwertnog,  ungeföhr  abgeeebfttst  worden  sind: 

China  .    .  ,   32000000  kg 

Japan   550000  „ 

ludieu   15500000  „ 

Übrige  Linder  Asiens  8900000  „ 

Afrika   4  600000  „ 

^^1Prika  and  Anatralien  .  2250000  „ 

Europa   200000 

Im  guuen   64000000  kg, 

iu  runder  Zaiii  64  Millionen  kg  Kokons,  enthaltend  äusserst  knapp  g^ 
reebnet  im  Dnrchsebnitt  15  %  oder  9,6  Millioneo  kg  Fasermaterial.  Gegen- 
wärtig wird  indessen,  wie  gesagt,  nur  ein  kleiner  Teil  dieses  Qmmtnms  ätx 

indostriellen  Verarbeitnng  rngefiihrt. 

Von  der  richtigen  Annahme  ansgebeud,  dass  die  Seide  nie  billig  genug 


Digitized  by  Google 


8pmii«aMid«L  3S3 

verdAD  kOniie*),  aoigt  die  modtrae  Indutrie  dn  allgeuMiiM  Bettnben,  jedes 

nur  mögliche  SeideUAtteiial  m  verwerten;  es  steht  za  erwarten,  daas  mit 
der  Eröffnung  der  grossen  nnerforschten  Gebiete  in  den  tropischen  Ländern 
noch  sehr  bedeutende  Mengen  wilder  Seiden  für  Indnstriezwecke  hermn- 
gezogen  werden  können. 


Anflwr  den  Seidenraapen  {pebt  et  bebkuntliob  noch  andere,  fasetigt; 
Alnonderaiigsprodiikto  liefinnde  luektem,  doroi  Geepinato  swar  nioht  sa 
dem  Zwecke  erzeugt  werden,  die  Qmhnlliiiig  de^i  Tieres  während  seiner  Meta- 
morphose zu  bilden,  die  jedoch  im  Kauipf  nni^  Dasein  dieser  Geschüpfe  eine  nicht 
minder  wichtige  Rolle  spielen.  T)ie  Spinnen  z.  B.  fertigen  ans  ihrem  faserigen 
Sekret  äusserst  feine  und  fast  durchsichtige,  aber  nicht  minder  starke  Netze, 
die  nun  Aufbogen  «idem  Insekten  dioian.  Andere  hftUen  damit  die  Eier 
«n,  um  ase  gegen  Wittemogseinflnaae,  Vögel  etc.  zn  sohütaen;  Tielen  dient 
der  von  ihnen  al^esonderte  Faden  als  Halteleine  bei  ihren  Wanderangen, 
■n  der  sie  durch  kühnen  Schwung  von  Baum  zu  Baum  gelungen. 

Die  Anwendung  der  Spinnenfaser  für  technische  Zwecke  ist  erst  neue- 
ren Dmtnms.  Unsere  Vorfahren,  sowohl  im  Altertum  wie  im  Mittelalter, 
balmi  die  Sfnnnen  in  nelem  Mytiien,  Sngeo  und  Diditungen  beanngra,  dodi 
ist  uns  nichts  verblieben,  waa  irgend  auf  eine  Verwertung  dieser  Tiere 
hindeuten  könnte.  Zwar  bringt  uns  rieliodnr  fhe  Nachricht,  dass 
dem  Fürsten  Hyduspes  von  den  Sereru  zwei  Stin  Zeuge  aus  Spinnen- 
gewebe <^(3ij)axvtu)v  vrjjjLaxa  xai  upaa^iaTa)  *),  eines  lu  i'urpur,  da^  andere  v<m 
sclineeirdaaer  Farbe,  fiberreiebt  worden,  doch  Itot  neb  diea  nnf  die  fiklaehe 
Voratdliing  anrnekfabren,  die  der  Oceobliditasehreiber  Ton  dem  Unpmng  der 
Sdde  beaass. 

Der  Gedanke,  die  faserigen  Produkte  der  Spinnen  zn  tcxtüen  Zwecken 
SU  verwerten,  entütaud  iu  den  ersten  Jahren  des  XVIIL  Jahrb.  Im  Jahre 
1709  sammelte  Bon  in  Montpellier*)  die  seidenen^  Faaerklnmpcheu,  mit 
denen  die  Spinnen  ibre  Eier  nmbuUen,  klopfte  sie,  nm  den  Stanb  sn  ent> 
fernen,  wusch  sorgfältig  mit  Wasser  und  kochte  das  Material  mit  einer 
Mischung  von  Seife,  Salpeter  und  etwas  Gummi  während  einiger  Stundeu. 
Nach  dem  Waschen  nnd  Trdckiicii  wnrden  die  Fasern  mit  sidir  feinen 
Karden  gekanaut  und  veräpouueu.  liaudiichuhe,  Strümpfe  und  andere  aus 
Spinnenseide  ersengle  Stoffe  erregten  seiner  Zeit  grosses  Anfseben.  Ton 
der  Akademie  der  Wiasesacbaften  za  Paris  mit  der  Prüfung  dieser  Ange- 
legenheit betrant,  gelangte  B^anmnr  indessen  an  dem  Resultat,  dass  die 


')  Rondot,  L'art  de  la  foic.    Paris  1S85. 

*)  Heliod.  Aeihiop.  ed.  Bekker.    Leipiig  1865.    S.  297. 

')  Dtatertation  aur  rntiliiation  de  ia  aoje  des  araign^es.  Avignon  1748. 


Digitized  by  Google 


3S4 


SpianeoMitle. 


S|riaiienfflden  eine  za  gennge  Dicke  beafinen,  am  damit  irgendwie  ein  kom- 
paktes uud  daut'rlmftos  Gewehr  anfertigen  zu  könnea.  Er  berechnete,  dasa 
i)0  «S^iuiienfasern  uütig  sind,  um  der  iStarke  eiuer  Seideofaser  gleichzokommen, 
und  18000  SpinneufUden ,  am  einen  starken  Kähfaden  zn  bilden.  Zw5lf« 
mal  10  viel  Spinnen  ala  Saidenw&nnw  aind  erforderlicli,  um  die  gleiche 
Menge  Faaennatoial  za  erzeugen,  so  dan  för  1  kg  desselben  ca.  40800 
Seidonklumprhcn  ntUig  .sind;  du  die  letzteren  inde5f<:fn  nur  vnn  den  Weib- 
clien  erzeugt  werden,  so  uiUi^sen  \m  weitem  nu-lir  Spinnen  ge/.üclitet  uud 
ernährt  werden.  Dazu  besitzt  die  Spinneu fa^er  weit  weuiger  Glauz  alä  Seide, 
weil  dfo  Faaer  inaeent  firin  nnd  dasn  gefar&nselt  ist.  Fünfzig  Jahre  spaiWi 
im  Jahre  1762,  machte  Termeyer  in  Amerika,  Spanim  and  Italien  Ver- 
enohe,  die  SpinnenfiMar  so  auf  eine  Spule  aufzuhaepdn,  wie  sie  von 
der  lehendeu  Spinne  sekretiert  wird.  Bei  aller  Muhe  und  Ausdauer 
gelang  es  ihm  trotz  dreissigjährigen  rastlosen  Kxperimentierens  je- 
doch nicht,  mehr  als  673  g  Spinnenscide  zu  sammeln.  Einige  Jahi^ 
aehnte  spBter  brachte  Rolt  der  Soeietj  of  Arte  in  London  einen  6000  m 
langen  Faden,  den  er  während  2  Standen  von*  22  Spinnen  in  derselben 
Weise  wie  Termever  erhalten  Imtte.  Canibone  liat  einzelne  Spinnen  in 
Zellen  eingesperrt  und  hewirkte  durch  eine  besondere  Stellung  des  Unter- 
leibes, dass  jede  Spinne  befähigt  wurde,  einen  ca.  100  m  laugen  Faden  zu 
enengen.  Er  fand  anch,  dam,  nachdem  die  Spinnen  Eier  gelegt  hatten,  ihre 
Pndnktionafähigkeit  anf  4000  m  in  27  Stunden  geatiegen  «ar.  Die  Festig- 
keit dieser  Faser  betrug  Ix'i  17  C.  nnd  68''  Luftfeuchtigkeit  3,26  g,  die  Elasti- 
zität 12,5%;  nach  den  Angaben  vnn  Rondot  ist  die  erstere  gleich  1  g, 
die  zweite  22%.  Der  Durchmesser  dieser  Spinnenfaser  ist  7  {i.  Gegen 
1843  stellte  Mallat  mit  einer  grossen  Spinne  der  Insel  Java  HaspeWersuche 
mit  gutem  Erfolge  an,  1867  gleichfalb  Baaeenl  in  Senegal.  Von  1883 
bis  1843  hatte  ein  Pariser  Fabrikant  die  Geduld,  aus  der  Spinnenseide,  welche 
bekanntlich  blutstillende  Eigenschaften  besitzt,  haemoetatische  Pflaster  an- 
zufertigen. 

Trotz  der  übergrossen  Feinheit  eignet  sich  die  Spinnenseide  gut  zum 
Verweben  und  sehr  schSne  Enengniflse;  grosse  Bewunderung  riefen 

seiner  Zeit  die  von  den  Einwohnern  der  Insel  MauritittS  der  Kaiserin  Eogenie 

fiberreichten  Handschuhe  hervor.  Die  Anwendung  der  Spionenfaser  in  der 
Textilindustrie  ist  zur  Zeit  nneli  eine  offen  stehende  Frage;  ah  und  za 
wird  die  Aufmerksamkeit  der  Fachwelt  auf  diesbezügliche  Vernuche  gelenkt, 
nm  nach  kurzer  Zeit  wieder  zn  erlöschen.  Wiederholt  wurde  auch  versucht, 
die  fiberseeiachen,  grossen,  echwanten  nnd  gelben  Spinnen  aweeke  Faser- 
gewinntnig  in  Europa  za  acclimatisieren,  jedoch  bisher  gleichfalls  ohne  Erfolg, 
l  iiliuigst  berichtete  Hnindrest,  vnn  der  tlerraelinspinne  ein  äusserst  feines 
und  starkes  Gespinst  erhalten  zu  haben.  Die  Anwendung  der  Spinnenseide 
zur  Herstellung  der  Haemostatica  ist  neuerdings  von  Stilbers  in  Westmore- 
land  wieder  aufgenommm  worden;  dieselben  wAha  wirksamer  »ein,  als 
Eisenchlorid.  Die  verwendeten  Spinnen  nnd  die  grossen  afrikanischen  nnd 


Digitized  by  Google 


Spinnenseide. 


335 


amerikanischen  Speeles,  welche,  in  achteckige  Fächer  eingeschlossen,  mit 
verschiedenen  Insekten  gefüttert  werden.  Die  Zachtkammer,  die  auf  15^ 
erhalten  wird  und  in  der  mau 
eine  Flüssigkeit  aus  Chloro- 
form, Äther  und  Amylalkohol 
langsam  verdampfen  lüsst, 
misst  40  m  Länge  hei  20  m 
Breite  und  5  m  Höhe  und 
enthält  6000  Fächer.  Die 
von  den  Weibchen  zur  Kin- 
hüUung  der  Eier  gesponneneu 
verschiedenfarbigen  Gespinste 
werden  gesammelt  und  wie 
Kokons  abgehaspelt,  ein  Ge- 
spinst enthält  120 — 150  m 
Faden;  die  Gespinste  weicht 
man  einige  Minuten  in 
kochendem  Wasser  ein 
nud  fugt  dem  letzten-n  als- 
dann l^o  pheuolsulfosaures 
Zink,  2"!^  sulforicinölsaures 
Ammoniak  und  1  °  „  Glycerin- 
sulfosüure  hinzu.  Man  erhält 
das  Bad  bt'i  90",  putzt  die 
Kokons  mit  einem  Quecken- 
grasbesen  von  den  Flocken 
aas  und  haspelt  wie  gewöhn- 
lich. Ein  Kokon  liefert  120 
bis  160  m  Faden,  ein  kg  Ge- 
spinst wird  aus  25000  .K«ikons  gewonnen  und  enthält  somit  3250000  m 
Fadenlünge.    Die  Spiuneuseide  bleicht  man  mit  Hydrosulfit  oder  Wasser- 


FlK.  181. 


NpphlU  niMliKuetrencU  P  ^  nit.  OrAaae, 

Wcil>chcn  and  MÄiincben). 


stoffsuporoxyd ,  pas.siert  durch  Türkischrotöl  und  dann  Gerbsäure,  um  ihr 
Griff  und  Glanz  beizubringen,  und  verleiht  ihr  antiseptische  Eigenschaften 


336 


Spinnenaeide. 


durch  Einweichen  in  eine  Mischung  von  borsaurer  nnd  benr.oesanrer  Thon- 
erde,  Gljcerin,  karbolsau rt-tn  Zink,  Borax  tmd  Alkohol.  Oer  Preis  dieser 
Seide  belauft  sich  aaf  2000  Frc».  pro  kg. 

In  China  ist  in  der  Anovins  Yonan,  in  der  Umgegend  Ton  Talnn«  ein« 
Im  Bosdiwerk  lebende  rötliebe  Spinne  heimiieh,  die  ebe  i^lbe,  feste  Seide 
liefert,  welche  gröber  ist,  als  die  Maulbeerseide.  In  Yun-no-fu  werden 
daraus  die  „tiing-h:ii-tiuiu-sse"  fAtlas  der  Morgenland»ee)  genannten,  sehr 
festen  und  billigen  Gewebe  von  schwarzer  Farbe  angefertigt.  Eine  andere 
Spinne,  Nephilengys  malabarensis  lebt  in  N.-W.-Indien  (Schim>tal),  China, 
Java,  Bomeo,  Molakka,  Kongo,  Ostafrikakflsto  nnd  AastraKen  und  Hefert 
ein  der  echten  Seide  sehr  ähnliches  Produkt.  Die  Faser,  die  mit  Bast  be- 
kleidet i.st  lind  beim  Abkochen  25  — 30*^  „  verliert,  niisst  10  [i  Durchmesser, 
zeigt  eine  Klastizität  von  *22%  und  eine  grijssere  Festigkeit,  als  die  Maul- 
beerseide. Diese  Spinne  fertigt  derart  umfangreiche  und  dichte  üülien  an, 
daas  MO  als  eine  niebt'  sn  nntonchitsende  Bezugsquelle  für  RobHiaterial 
der  Florettindostrie  gelten  könnte;  die  danras  gefertigten  Oesinnsto  b^ 
Bitten  beinahe  den  Glanz  der  echten  Seide,  verhalten  sich  beim  Färben 
wie  die  letztere  und  kommen  dabei  im  Preise  der  Wolle  gleich.  Mit  einer 
anderen  Species,  Nephiia  pluncipe;^  (Koch)  hat  nnläugst  Wilder  in  SUd- 
karolina  gute  Erfolge  erzielt.  Die  Gasterocantha  madagascarensis  (Vinson) 
spinnt  kleine  grüne  Kokons  nnd  besitst  nur  lokales  Interesee.  Eine  Spranen- 
familie  Epeira  liefert  im  allgemeiiu-n  citi  festes,  elastisches  und  glänzendes 
(Tp.-,Itiii>^t.  Tn  Europa  ist  die  Specnis  E.  diaderu:i  heimisch,  in  Mexiko  und 
Südamerika  wurde  E.  sociaüs  aufgefunden,  die  verschiedeMfarl  i^f'  Seide  liefert. 

In  neuerer  Zeit  hat  der  Missionär  Camboue  aus  Tanunuriva  mit  den 
SpinnMi  Madagaskars,  insbesondere  der  Halabe  der  Eingeborenen  (Nephiia 
nmii»g,)  in  Halonmanga,  eingriiende  Versnehe  ai^estellt.  Diese  Spinnen- 
art liefert  Gespin^,  in  welche  sie  ihre  Eier  einhallt,  kann  aber  auch  mm 
Spinnen  eines  nnunterbrocheneu  Fadens  gebracht  werden.  Ein  uns  12  Spinnen- 
fäden zusammengesetzter  Faden  verglichen  mit  sechsfädiger  ürege  der  Maul- 
beerranpe  eigab  folgende  Resultate: 

Titer 
dg 

Spinnenseide  (Nepb.  mad.)  -1,33 
Grdge  China  (Kanton)  8,86 

„  Japan  (Saitama)  IS,25 
„  Italien  (Umlirien)  18,19 
„     Frankreich  (Provence)  17,2ö 

Trotz  der  ausserordentlichen  Feinheit  besitzt  die  Spinnenseide,  wie  man 
sieht,  grSwere  Festigkeit  als  die  Manlheeneide.  Es  ist  daher  nidit  aas- 
geschlossen,  dass  man  sich  der  Frage  ihrer  industriellen  Verwertung  ernste 


,  ..  „,  Durchmesser 

Festigkeit  ElastisitSt  .     .  .  , 

^             ^  der  einfachen 

^  Fa.ser  mm 

66           17  0,065 

41           15  0,246 

56            1 7  0,262 

65            1 7  0,282 

65           lU  0,315 


Digrtized  by  Google 


F^cbidcwbaer.  MoKlMlsMda. 


337 


lieli  sairanden  wird.  Die  tropnaeheo  Zonen  Afrikas,  AmerikM  vnd  Ooear 
niem  bemtzen  eine  ziemlidi  bedeutende  Anzahl  sehr  grosf^er  Spinnen,  die 
nmfangreiche  Gespinste  erzeugen;  dieselben  könnten  für  die  Jb'loretUpiunerei 
ein  vorzügliches  Rohmaterial  abgeben. 

Schliesslich  giebt  es  in  Indien,  China,  Ceylon  und  Australien  eine  heimische 
Oattnng  der  Payi^deenmnpen,  welche  «war  Srndenfeaera,  jedueb  sieht  in 
Form  vuD  Kokons  erzeugen;  da  ne  nber  anderenelta  udi  selten  sind,  so 
haben  sie  keine  indiistriellf  Bedeutnn«^.  TMcse  Raupen  vereinigen  mehrere  Äst- 
chen und  Blätter  zu  einem  kunstvoll  gebauten,  cylindriscben  (Jehiiuse,  dessen 
Inneres  sie  mit  ^eide  aui>i'üttern.  lu  dieser  Scheide  volizieht  sich  dann 
ihr  Sehlaf  und  die  Umwandlung  zum  Sehmetterling.  In  China  c.  B. 
liefttt  eine  auf  Salix  pentandra  leboide  Speeiee,  die  aogenannte  „yang- 
shu-tsan",  eine  40  mm  Länge  bei  10  mm  Durchmesser  messende  Scheide, 
die  aus  8  bis  10  symmetrischen  Ästclien  «gebildet  ist  und  ca.  '24  eg 
wi^^  Die  Faserfeinheit  beträgt  4  \i.  \'on  den  übrigen  Species  wären  zu 
erwihnen  „pai>dia-tnn**  auf  „pai",  einer  Art  Weide  nnd  n^hnn-ehn-tnui** 
anf  Gedrela  ainensia. 

•  * 
« 

Die  Muschelseide  gewinnt  man  von  der  Steckmuschel,  Pinna  nobilis,  die 
im  Bfittelttndiaehen  Meere  an  den  Kfisten  K<M»kB8,  Siuliena,  Siditaliena, 


Sardiniens,  Dahnatieus,  bei  Smyrna  und  iu  der  Normuudie,  verbreitet 
ist.  Diese  meist  zerbrechliche  Moschelart  ist  aaf  der  einen  Smte  lang 
und  aehmalt  anf  der  anderen  sehr  breit  Es  gidbt  kleine,  aber  auch  Hn- 

scheln  von  ungewöhnlicher  Grösse;  gewohnlich  messen  sie  30  cm  Länge 
bei  10  15  cm  Breite.  Poli  giebt  in  seinem  Prachtwerke  nlier  die  Tes- 
taceen  Siziliens  (l'arma  1795)  schöne  Abbildungen  verschiedener  Sp^eies, 
insbesondere  von  Pinna  nobilis.  Das  MoUusk  besitzt  die  Fähigkeit  feste 
Faaem  an  spinnen,  jedoeh  nicht  nadi  Art  der  Raupen,  denen  die  Seide  ab 
Sehnfea  dienen  aoll,  und  die  dieselbe  nur  wihrend  einer  bestimmten  Frist 

Stlkoraaaa,  Sto  SM«.  S2 


Digitized  by  Google 


838 


MvielMlMide. 


ihm  LAtm  «nongeD.  Die  Pmnft  loaoht  ein«n  ctindigen  Gabnneh  von 
ärem  Spinnmakierial,  wdebMf  riditig  aiugednieki,  nicht  dnrch  Spinnan, 
sondern  am  einer  leigKrtigeu  Masse,  welche  sich  in  «iner  Spalte  ihrer  Zonge 

betin(1''t.  (ff^wooneii  wird.  Der  Faserbart  besteht  ans  einem  Ton  einer  mehr 
oder  minder  grossen  Anzahl  feiner  Fäden  gebildeten  Bündel  und  umschliesst 
gewöhnlich  eine  ganze  Reihe  von  Muscheln.  Mit  Hilfe  dieses  Fasermateriala 
ist  die  Pinna  befähigt,  rieh  an  fremde  Körper  ansnhef%en.  Die  Beaehaffeii- 
heit  der  Seeaeide  Tariiert  je  nach  der  Art  des  Meeresbodens;  ist  der  letztere 
??andig,  so  kann  der  Faserhart  loicht  abgetrenut  werden,  was  nicht  der  Fall 
ist,  wenn  er  sti-inig  i^t,  und  hat  dann  die  Seide  im  Gegensatz  zur  ersterea 
eine  vit-l  dunklere  Farbe  und  weniger  Glanz. 

Man  findet  die  Pinna  in  einer  Tiefe  Ton  7 — 9  m  und  fingt  sie 
mittels  eines  gabelförmigen,  mit  1,5  m  langen  und  15  Zoll  Toneinander 
abstehenden  Zinken  versehenen  Instrumentes.  Trotz  der  grossen  Feinheit 
der  Fäden  ist  die  WiderstandsfJihigkeit  des  Fadenbündels  eine  so  grosse, 
dass  bedeatende  Anstrengungen  gemacht  werden  müssen,  am  die  Muscheln 
von  den  Fdsen  abanreiasen.  In  rohem  Zngtande  ist  die  Seesaide  nnsehein- 
bar,  sie  wird  nadi  der  Abtrennung  von  der  Mnsebel  in  Seifenwasser  ge- 
waschen, an  der  Sonne  (nacli  anderen  Angaben  im  Dunkeln)  getrocknet  nnd 
von  (\f'n  anhaftenden  Wurzeln  etc.  gereinigt,  dann  mit  den  Händen  frottiert, 
voilätäudig  ausgetrocknet  und  sorgfaltig  geputzt,  zum  Schlass  mit  einem  breite 
sahnigen  nnd  endlich  mit  einem  feinen  Kamm  gekämmt;  durch  diese  Behand» 
lang  erhUt  man  ans  einem  Pf^d  brutto  nngefShr  V«  Pfand  Gespinst  Man 
liinunt  dann  2 — ^3  solcher  Fäden  und  zwirnt  .sie  mit  einem  Faden  eehter  Seide 
zusammen.  Das  Gespinst  wird  in  einer  Mischuncr  vn:i  Wasser  mit  Oitronen- 
saft  gewaschen,  mit  den  Händen  frottiert  und  mit  einem  heissen  Prisen  ge- 
plättet. Hierdurch  uimuit  es  eine  schöne,  braune  Farbe  und  einen  gold- 
sehimmemden  Glans  an.  Die  daraas  gefertigten  Shawls,  Strümpfb,  Tri- 
cots,  Handsobahe  etc.  erzeugen  keinen  Schweiss  and  sind  sehr  dauer- 
haft. Infolge  der  heschriuihten  Produktion  (nicht  (Iber  einige  100  kg 
jährlich!  sind  diese  Artikel  jedoch  ziemlich  teuer.  Die  Centn  n  ili  r  (iewinnung 
sind  Keggio  und  Taranto,  die  der  Verarbeitung  Palermo  und  Lucca,  wo  in 
den  Waismhiuisem  die  feinsten  Artikel  angefertigt  werden. 

Aosser  der  Pinna  nobiüs  dgnen  sieh  xnr  Seidengewinnung  noch  P. 
rudis,  Tridacna  gigas  und  Raja  batis.  T.  gigas,  das  Riesenmuschclweich- 
ti»>r,  d(>!5spn  Schalten  eine  Ivänge  von  1-1,5  m  erreichen  und  in  kat!ioli>clien 
Gegenden  häufig  als  Weihkessel  dienen,  i.st  mit  ausserordentlich  starken 
Bartfäden  ansgestatlet;  dieselben  sind  trota  ihrer  Elastiutät  tkht  sShe  nnd* 
müssen  dnreb  krftftige  Beilhiebe  von  der  Muschel  getrennt  werden. 

Von  der  an  der  Küste  der  Vendet-  gewdtmenen  Seeseide,  R.  batis,  „soie 
marine",  «^teilte  Joly  in  Parin  1867  schöne  Must^  i  aw^;  ebenso  warM  in  der 
Ausstellung  zu  Neapel  lä7ü  Fabrikate  au»  Mu«chelseide  su  sehen. 


Digitized  by  Google 


Bibliographisdier  Anhang. 


IVUde  Seiden. 

DoAOTnn,  Xai.  hirt.  of  the  inweta  of  Chiiw.    London  1798.   t  «d.  (Weit* 

wood)  1842. 

—  Nat.  bist,  of  tbe  insecta  of  ludia.  London  1800.  2  ed.  (West wood)  1842. 
BoisdQTal,  L^pid.  de  1»  Odifoniie.    Paris  165S. 

Guy,  Fauna  chilena.  Lepidopt.    Paris  1852. 

Mön^triös,  L^pidoptiree  de  la  Sibärie  Orientale  (AmoorJ,  in  t.  Schrenks  Reisen 

und  Forschungen.    St.  Fetersborg  1859. 
Morris,  Syn.  of  the  destr.  Lepid.  of  North- America.    Washington  186S. 
Boss,  A  cla.>s.  catalogue  of  the  Lep.  of  Canada.    Toronto  1872. 
Koch,  Die  indo- australischen  Lepid.    Leipzig  1865/73. 
Bnroieister,  DoMripi.  pbys.  de  In  ripubl.  Arg«Btine.   T.  S.  UpidoptAm. 

Pkris  IRT«?. 

Biley ,  General  index  and  sappL  to  the  nine  reports  of  the  iosects  of  Miasoori. 
Waehington  1881. 

Aarivillius,  Das  Insektenleben  in  arktischen  Ländern.    Leipzig  188'>. 
Roisdn?al,  Löpidopt^res  du  Madagascar,  Boorbon  et  Maurice.   Paris  18;}3;;]4. 
HorBfield  and  Moore,  Catalogue  of  the  Lepidoptera  in  the  East-India  Gomp's. 

Museum.    London  1857/59.    Vol.  IL 
Butler,  Lepidoptera  Exotica,  Lotulon. 

Moore,  Synof^is  of  the  known  asiat.  species  of  sUk  prodnoing  motbs  (IndiaJ. 
London  1859. 

Wüilly,  Ca(a1ü>;ue  raisonnä  <!es  Btiririg^nes  sauvaget  OonUM.  (fistr.  dv  IkÜL  de 

la  ^oc.  uat.  d'acclim.).    F^vrier  1886,  1882. 
Wardle,  Deacriptire  catalogue  of  the  irild  iiiki  of  fodia  at  tiie  Colonial  and 

Tndian  Exliihition.    London  1886. 

—  Hanflbook  of  the  collertion  ülnstnitiv«  of  the  wild  silks  of  India  in  the 
South  Kensington  Museum.    London  lH8i. 

Rondot,  L'art  de  k  soie.   Paria  1885. 

—  Rapport  »ur  lee  soies,  de  rfispoaition  nnivwaelle  1878,  gnmpe  IV,  oUwe  84. 

Paris  1885. 

Nets,  Der  japaniiohe  und  der  diinaaidie  Biehenspinner.   Neuwied  1883. 
Ontfrin-MineTille,  Thier  den  Eicbenwnnn.   Din^  p.  J.  188. 

22» 


Digitized  by  Google 


340  Bibliflgiaphie  sam  III,  Abaehnitt 

Hardy,  Über  den  industr.  Werth  von  B.  Oyntbiii.    DingL  188. 

fiinfübriuig  von  B.  mylilta  nach  Frankreich.     Diugl.  137. 

Die  Zaobtert'olge  mit  B.  Cjnthia  in  Europa.    D.  Qewerbeztg.  74. 

Kestner,  Die  TamuDajMiäa,  ibid.  1866,  1260. 

Die  Tamamayraupe  in  Nordenropa.     Agronoai.  Ztg.    Leipzig  1869. 

Die  YaiDamaf  raupe  in  Württemberg.  Bajr.  lad.-  u.  Qewerbebl.  Manchen  1872. 

6ii<riii-H4BeYille,  I>ie  Kokons  der  Bidnasnrap».   Oompt.  nnd.  45. 

—  Kreazang  von  6.  paT.  m^or  mit  B.  p.  minor.    Contpt.  mid.  öl. 

■ —  Dio  Aylanthusratjpe  in  ArL'pntina.    Compt.  r.  55. 

Vinson,  Über  die  Seidenraupen  Madugaakars.    Compt.  r.  56. 

Lock,  Die  SeidenwQrmer  Assame.    Sdentifio  American.  1881. 

Witt,  Die  wilden  Seiden.    Monitenr  scient.  29.  1866  (1887). 

Waillj,  Die  wilden  Seiden.    Journal  of  tbe  Soo.  of  Arte.  1888/84. 

Moore,  Deecr.  of  neir  hidian  lepidopt.    Oelentte  1879/88. 

Cotes  &  Swinboe,  A  calal.  of  the  nioths  of  India.    Calcutta  1887/88. 

Trimen  &  Bowker,  Sontb-African  butterflies.    London  1887;89  &  sq. 

Scudder,  Tbe  bntterflies  of  tbe  eastetn  Unit  8t.  and  Ganada.  Cambridge  1889. 

Edwards,  Bibl.  Cntalocrue  of  the  North^Amorie.  Lepidopt.    Wadiington  1889. 

(Boll,  of  tlie  U.  H.  Nat.-MuBeum). 
Marsball  &  Nicöville,  Tbe  batterliies  of  India  etc.    Calcutta  1890  ff. 
Ssnlmaller,  Lepidopteren  toh  Hadageeear.   Frankftirt  «.  M.  1884/91. 
ITndson,  An  elementary  manual  of  New-Zealand  entomology.    London  1898. 
Semper,  Die  Scbmett.  der  Fbilippinen- Inseln.    Wiesbaden  1886/92  4  sq. 
niaetntioiis  of  tjpical  specimene  of  Lepidopt.  heteroc.  in  the  eoU.  of  tbe  Bri- 

tiah  Mnaenm.    Lon  ^  t  ls77/93,  Bd.  1—9. 
Bmith,  A  Oatalogae  of  tbe  Speeles  of  moths  eto.  in  Boreal  Amerioat  ^  BolL 

of  the  U.-6.  iSat.-Mus.  1893.  44,  48. 
'HampBon,  Motbs.    London  1892  ff. 
Moore,  Lepidoptcrn  Tndica.    London  1890/1>6, 

Vgl.  die  Litt.  Über  Insektenfanna  and  Monographien  in  Carns  &  Engelmann» 
Bibl.  sooL  B.  624  f.  und  im  speeiellen  in  Taaelienberg,'  Bibl.  sool.  8. 

1835:47  (Antlieraeu),  S.  1857/65  (Attacui,),  S.  1965  f.  (Lasiocumpa) .  S. 
2024  f.  (Flatysamia)  etc.,  ausserdem  S.  2151,5G.  .S.  ferner  die  ausfUbrUcbe 
Litteratnr  im  Zoologischen  Jabreebericbt,  berausgeg.  t.  d.  zoolog.  Station  m 
Neapel  (Mayer  &  U iesbreeht)i.  BexUn  1879  ff.»  andi  dae  Begiater  dwn 
fttr  1886/90,  Berlin  1895. 


Digitized  by  Google 


Vierter  Abschnitt. 


Die  Gewinnung  der  Rohseide  und  Zubereitung  der  Gespinste. 
Das  Konditionieren  und  Titrieren. 

Es  mag  nunmehr  das  Rohmaterial  der  Seideniodustrie,  der  Kokon,  einer 
näbereu  Betrachtung  unterzogen  und  vor  allem  dessen  Strnkturverhältnisse 
erörtert  werden,  weil  dies  zum  Verständnis  seiner  weiteren  Verarbeitung 
notwendig  ist. 

Die  Seidenraupe  spinnt  den  Kokon  (vom  griechischen  xoxxfov  =  Knäuel) 
in  der  Weise,  dass  sie  den  Seidenfaden  durch  regelmässiges  Hin-  und  Her- 


lig. 194.   Fadenbandel  dei  KokonDeUea.  FIr.  185.   SeitlenfMer  In  der  Mittelichirht  dei 

Kokons  (•  Beide,  b  Batt,  o  KieazungMleUen). 

bewegen  des  Kopfes  in  Form  SfOrraiger  Windungen  anlegt  und  die  letzteren 
in  der  Zahl  von  lö — 20  miteinander  zu  einem  flachen  Bündel  (paquet)  ver- 
webt, das  4 — 5  mra  gross  ist.  Durch  eine  kleine  Veränderung  ihrer  Lage  spinnt 
sie  ein  zweites  Bündel  in  unmittelbarer  Nähe  des  ersteren  oder  am  entgegen- 


342 


Sfamktur  im  KoünmseqiSastek 


getetsten  Ende  des  Kokons,  Terbindet  gleichseitig  die  beiden7mit  einem 
laagen  Faden  nud  bildet  so  ein  Gewebe  tod  bewundernswerter  Regele 

mässigkeit.  Der  Faden  ist  mit  einer  zuerst  klebrigen  Flüssigkeit  über- 
lOgen,  welche  erstarrt  und  die  einzelnen  Bündel  miteinander  verbindet,  so 
daae  das  Ganze  lederhart  wird.  Eine  Kükonhülle  beateht  aus  über  60000 
solcher  Bündel,  so  dass  ihre  Zahl  in  ebem  kg  Kokons  efcwa  hundert  llil- 
lionen  hetrigt;  die  Zahl  der  SfSnnigen  Fadenwindongen  isfc  ca.  I6nial  so 
gross,  so  dass,  um  ein  kg  Kokons  zn  cr/.<ni<j:en,  die  spinnenden  Raupen  mehr 
als  1600  Millionen  hin-  und  hergehende  Bewegungen  ihrer  Spinnwarze 


nt-lM-MV.  MWMli  In  ■nriHwUsIWB  u«  im  DopffrikolMn. 


madien  nassen.   In  der  angedenteten  Weise  entsteht  eine  insserst  dfinne 

Fadenschicht  oder  Lage,  deren  in  regelmässig  gesponnenen  Kokons  10  bis 
\1  unterschieden  werden  können.  In  Wirklichkeit  ist  die  Kokonschale  in- 
dessen aus  über  30  solcher  Fadenlageu,  die  von  der  Raupe  in  Intervallen 
von  3  an  8  Stmadeu  gespcmnem  werden,  auammengesesfe.  Die  dnialnen, 
sehiohtenweise  fiberdnander  liegenden  Hantehen  lassen  sich  Tonngsweise  in 
den  sogenannten  satin^-Kokons  got  unterscheiden,  wo  sie  durch  Zwischen- 
ninnip  von  etwa  1  mm  getrennt  sind;  in  den  'gewöhnlichen  Kokons,  deren 
Hülle  eine  Dicke  von  0,6 — 0,75  mm  hesit/t,  lassen  sich  dagegen  die  Zwischen- 
räume auch  bei  einer  Vergröseernng  von  600  Diameter  kaum  erkennen.  Man 
hat  übi^ens  festgestellt,  dass  die  einselnen  Hantchen  nnd  Zwisdienrännie 
nicht  überall  in  gleicher  Stärke  auftreten,  so  dass  an  einer  Stelle  des  Ko- 
kons die  Hiiutchen  insgesamt  '2,5  mm  mit  0,12  mm  Zwischenriuimen  messen, 
während  an  anderer  Stelle  die  letzteren  selbst  hei  einer  V('igr(is->erui)g  von 
500  Diameter  nicht  wahrnehmbar  sind,  und  die  Häutchen  nur  eine  Dicke  von 
0,5  nun  haben.  Die  letafe,  innerste  Kokonsehieht  (diaphane)  ist  locker  nnd  in 
grossen  Fadenwindangen  gesponnen;  sie  hat  die  Bestinimnng,  als  Bett  für 
die  Puppe  zu  dienen.  Die  Länge  des  Kokonfadens  beträgt  normal  etwa 
3700  m;  hiervon  werden  bei  der  Verarbeitung  400 — GOO,  selten  900  m  ge- 
wonnen, da  weder  das  äussere  Fadeugewirr,  noch  der  innerste  pergament- 
artige  Teil  rar  Hentellnng  eines  brauehbaren  Seidenlkdens  Terwendhar  sind. 
In  technischer  ffinsieht  nnterscheidet  man:  1.  den  idssraeo  Flanm  oder  Flcek- 


Dl 


Doupiona.   M&nnliche  und  weibliche  Kokoii:*. 


343 


seide  (bourre,  blaze,  frisons)  ;  2.  das  innere  abhaipelbare  Gfispiiist  (bave) 
and  3.  die  innerste  Kokonlmut  (teletto). 

Nicht  selten  vereinigen  sich  zwei  uud  mehrere  liaup^u  zur  gemeiu- 
Munen  Anfertigung  ihres  Geepmetee;  solehe  Doppelkokons  (doapiona),  die 
.man  schon  an  ihrer  angewöhnlichen  GrSase  erkennt,  bestehen  aus  einem 
durcheinander  verschlungenen  Fadengewirr  und  sind  znm  Abhaspdn  wenig 
oder  gar  nicht  brauchbar.  Üoupions,  welche  durch  ihre  Urosse  nicht  auf- 
fallend sind,  die  sogenannten  „iins  doubles'S  werden  uls  Verfälschung  der 
bndekware  amgeeeben.  Da«  Verhtitius  der  Doppelkokons  su  der  Gesamt» 
ernte  Tariiert  je  nadi  dem  Jahr  und  der  Basse;  die  i^rissfae  Rasse  Belladis 
(Liban)  liefert  je  nach  dem  Jahre  20 — 40%  Donpions,  die  einjährige  Japan 
12 — 15%,  die  zweijährige  20 — 30%;  in  der  europäischen  Seidenkulinr  be- 
tragen die  Doupious  selten  mehr  als  6 — 8%  der  Gesamterute. 


Ein  normaler  Kokon  besitzt  eine  Lange  von  3  bis  3,5  cm  bei  einer 
Breite  y<m  1,76  bis  2,5  em.   Die  Gestalt  des  Kokons  sowohl  wie  seine 

Grösse  sind  für  eine  bestimmte  Rasse  charakteristisch.  Eine  gute  Qualitilt 
lilsst  sich  sclion  an  der  ünssen-n  Form  des  Kokons  erkennen;  dieselbe  ist 
abgerundet,  die  Spitzeu  uiclit  hervortreteud,  uud  die  Milte  ist  nur  we- 
nig verengt;  die  matte  Oberfliiche  ist  gleicbmässig  feinkörnig.  Der 
minnliche  Kokon  ist  mehr  länglich,  der  weihliche  mnd;  anderwei- 
tige Unterschiede  .sind  rül<j;ende:  das  Gewichtsverhältnis  der  weiblichen 
Kokons  /II  den  nuiuulichon  beträgt  1,2*'  bis  1,31.  das  der  Kokonscha- 
len (Ka-scrinengen)  1,11  bis  1,16,  das  relative  Verhältnis  des  FastTgehalts 
ist  jedoch  in  den  männlichen  Kokons  grösser,  da  die  letzteren  seideareicher 
sind  nnd  somit  eine  grössere  mittlere  Ausbeute  liefern,  als  die  weibliehen, 
welehe  one  schwerere  Puppe  enthalten.  Der  Gehalt  an  Hast  nnd  Gummi 
ist  unabhängig  vom  Geschlecht,  der  Titer  der  Kokontaser  durch.schnittlidl 
bei  den  weiblichen  Kokons  etwas  grösser.  Die  regeinmssijf.sten  Kokons 
liefern  die  mit  vieler  Kunst  und  Sorgfalt  gezüchteten  europäischeu  Rassen; 
da  abor  ihre  Produktion  snr  Deckung  des  Bedarf  lange  nicht  aasreichend 
ist,  so  werden  aneh  die  exotischen  in  Europa  verarbeitei  LoTante,  Bu- 
melien,  Brnssa,  Mehemet-efTendi  uud  Demirdeh  liefern  die  besten  Qualitäten 
weisser,  Kaiamata,  Ghios  und  Liban  sokhe  der  gelben  Easse.  Ostasiatische 


Digltlzed  by  Google 


344 


Kokonrussen. 


Arfeu  werden  weniger  geschätzt.  lu  der  uaclistehenden,  entaprecLend  der 
Bedeutunf^  des  Kokons,  als  des  Urstoffs  der  Seidenindustrie,  ziemlich  umfang- 
reichen Tabelle,  sind  die  wichtigsten  cbarakteriBÜscbeu  Merkmaie  der  ge- 
bickenen,  Infttro^nen  Kokons  typischer  Baami  tnaammengeatellt'). 


DIon». 
Spanien. 
Itriani« 
Litwn. 


(irii  clicnlaml. 
KaUbricD. 


rif.  190—201  KokonnMen. 

KowomlmHM. 
Frlaal. 


Ausser  den  normal  aosgebildeten  kommen  im  Verkehr  oft  fehlerhafte 
Eokons  Yor,  welche  teilweiee  leicht  alt  solche  zn  erkennen  sind,  aber  auch  andere, 

die  von  den  brauchbaren  nur  schwer  nnd  nur  von  Kennern  unterschieden  wer- 
den; nidit  selten  worden  die  einen  den  anderen  in  l)etrü<i;erischer  Weise  bei- 
gemischt. Ks  erscheint  deslüilb  geboten  und  sogar  mdwendig,  jede  einzelne 
Kokonpartie  dem  sogenuunteu  Auslesen  zu  unterwerfen,  wobei  sie  genau 
nntenraeht  und  sortiert  wird.  Ausser  den  oben  OTwihnten  Doppel-  resp. 
Multipelkolnuis  kommen  noch  folgende  Umegelmüssigkeiten  vor. 

Offene  Kokons,  in  welchen  der  Kokonfaden  zwar  nicht  zerrissen 
ist,  aber  ohne  Ünterbrechnng  so  rundum  gelegt  wurde,  dass  ein  kleines 
Loch  entstand.  Diese  Gespinste,  deren  Uli'nuug  zuweilen  eine  Weite  von 
4 — 5  mm  zeigt,  lassen  sieh  unter  Anweodung  besonderer  Methoden  ab- 
haspehi,  werden  aber  meist  f&r  die  Sehappeepinnerd  bestimmt. 


>)  BnlL  dn  Labor,  de  Lyon.  1880.  1887/88,  1889/90. 
Der  Cbertiebtlicbkeit  halber  mod  einige  wilde  Seiden  mit  anfgenommen 


uiyiii^ud  by  Google 


Kokoanuten. 


345 


H«rkanll 


Cevt'nnes  (Frankr.) 
Perpignan-Bioue  (Frankr 
Provenyale,  gelb  (Frankr.) 
Ran-dieii  (Kot«chinclnna) 
Umbrieti  (Ital.)  .    .  . 
Piemont  (Ital.)  .   .  . 
Brescia  (Ital.)    .    .  . 
Piaceuza  (Ital.) .   .  . 
Abmzza  (Ital.)  .   .  . 
Brianznia  de  Padova  (It«].) 
Biono  de  Padova  (Ital.) 
Sieoa  (Ital.)  .... 
Gatanzaro  (Ital.)    .  . 
Basäignaim  fital.)  .  . 
iiriauza  (Ital.)  .    .  . 
Frinlana  (Ital.) .   .  . 
Emilien  (Ital.)  .    .  , 
Pyronecn  (Ital.).    .  . 
Beerbliooiu  (liengal)  . 
Madrassee  (Bengal)  . 
Desi  (Bfii'^'ah    .    .  . 
B.  croesi  (Serampore) 
Japan  (Labore,  Indieii) 

A.  perayi  (Fhmkr.)  . 

Assam  

Tasser  Daba  (Bcn^l) 
ToaMT  Bogai  (Hen^'al) 
Tuftser  Pnndjab  (Bengal) 
Tusser  Beerbliooiu  (Beiigal) 
Tuaser  Baidwaa  (Bengal) 
Tnsser  Lavia  (Bongal) 

B.  textor  (Bengal) .  . 
Ommna  Dechosju  (Japan 
Sailaina  (Japan)   .  . 
Pem  accHm.      .    .  . 
Cbicauia  (Peru ) .    .  . 
Kbosassan  (Kaukaana) 
Larnaca  (Insel  Cjpem) 
Yar  (Frankr.)  .   .  . 
FietnoDA-Bkaa.  CfoHikr.) 
BioM-¥ar  (nnk»)  . 


c 


'S  a 


6  6C 

na 

tu  c 

»je 
m  ^ 

w  .s 


60 

a 
« 

CS 


B 
O 

O 

tu 


s 

^  ä 


,1246  18,2 
180.^!  16 
14G6  I7,s 
.5555  n,  7 
1Ö01|17,7 
140617,4 
1497'l6,5 
1865  15,7 
1912118,9 
1497  17 
1773  15,3 
1908,10,4 
1557  17,6 
2207' 16.6 
1669  17,2 
1815  15,7 
1632  16,5 
I394'l7,3 
4484!  11,7 
50761 12 
4115  12,4 
505011,6 
2445{15,1 
600  21,8 
909  2:3,3 
30'.)  28,3 
397  25,2 
350  24,0 
240,29,46 
26230,6 
336j28,3 
283313,7 
1754116,1 
1938  16,6 
3:^3  18 
4000  15,3 
150821,8 
625  25,6 
1364 
1831 


17,9 
16,9 


.34,3 

•    3  1  I  M 

.  32,3 
.  27,3 
.  34,3 
.34,7 
.32,6 
.  31.3 
.  33,5 
.31,8 
.  32,1 
.31,9 
.31,6 
.  29,7 
.  32,3 
.33,1 
.30 
.  35,3 
.  30 
.26,7 
.31,2 
.28,7 
.26,8 
.  43,3 
.  45,2 
.  45,3 
.  41,3 
.  40 
.  45,6 
.46,9 
.  44,5 
.31,5 
.31 
.  30 
.  33,5 
.30,6 
.40 
.  51 
.36 
.31,5 


088 
510 
677 
227, 
094 
666 
595 
627 
568 
780 
710 
466 
663 
497 
546 
501 
55s 
788 
160 
208 
204 
il70 
362 
1546 
i253 
766 
1566 
366 
976 
j658 
,690 
270 
1526 
:m) 

336 
322 
683 
700 
790 
579 


1896 16,76.  &8,76|688 


0,25910,0481  8.  g. 
0,28410,0671  g. 
0,30.J  0,0G7'  g. 
5  0,264  0,235;  g. 
0,264,0,0591  — 
j0,273|0,040  g. 
,0,285  0,070!  g. 
|u,3Üö  0,0ö7i  8.  g. 
10,282  0,084!  g. 
0.298  0,046,  s.  g. 
0,306  0,051;  n.  g. 
,0,217  0,094  g. 
|a,274:0,069  g. 
0,268  O.II,-)  g. 
0,250  0,0971  s.  g. 
0,233,0,0871  8.  g. 
0,2600,082  8.  g. 
0,288  0,054  .s.  g. 
,0,1610,085  g. 
0,18010,208  g. 
0,205  0,089  g. 
0,2 14i0, 1381  g. 
|0,283|0,127  g. 
'0,150  0,059  «.g. 
0,112,0,410  z.  g. 
0,229;0,04lj  g. 
0,215,0,074  z.g. 
0,120  0,095  /.g. 
0.262i0,042,  g. 
0,219|0,046{  ff. 
0,193  0,119  ? 
0,204,0,104  g. 
0,298  0,042  8.  g. 
0,3G1  0,054  8.  g. 
0,333  0,222  z.  g. 
0,328^0,164  z.g. 
0,227|0,111  g. 
0,144  0.047j  g. 
0,360  0,040  s.  g. 
!0,289  0,040  s.  g. 
0,3300,060  a.g. 


DIgitized  by  Google 


346 


Kokon  rassen. 


Kasse 
und 
Herkanft 


i- 

< 


o 


Provpn^ale  (Frank r.)  

Cevennes-Var  (Frankr.)  .    .    .  . 

Lombardei  (Frankr.)  

Ascoli  giapon^se  (Frankr.)  .  .  . 
Marche  offida  (Frankr.i  .    .    .  . 

Maria  (Ital.).  •  

Bionc  (Ital.)  

Giulld  Ascoli  (ItaL)   .   .  ■  .    .  . 

Briauza  (Ital.)  

Biub-boa  (Kotscbinehina,  Tam-chai) 
Tam-traii  (Kotschinchinn)  ,  ,  * 
Basses-Alpe^  (Amerika)  .    .    .  . 

Schezerar  (Persien)  

Pumlschab  (ludion)  

Kleiii-Pundschfib  (Tndii>n)    .    .  . 

Rajshaliye  (Indien)  

Cheenas  (Indien)  

Bulla  (Indien)  

Dbalis  (ludieu)  

Woodeb  (China)  

Swutow  (Canton)  ...... 

Peh-pi-lsan  f China»,  1.  Ernte  .  . 

Peh-pi-tsan,  2.  Ei'utc  

Peh-pi-tsan,  3.  Ernte  

Yn-pi-t«an  (China),  4.  Ernte   ,  . 

Yu-pi-tsÄQ,  5.  Ernte  

Tn^pi-tsan,  6.  Ernte  

Tsching-pi-t8an,  2.  Ernte  ,  .  . 
Tsching- pi-t.s!in,  3.  Krate  .  .  . 
Tscbing-pi-tsan,  4.  Ernte  .  .  . 
Tsching-pi-tsan,  5.  Ernte  .  .  . 
Tsching-pi- tsan,  6.  Ernte    .    .  . 

Fei-tsu-schuDg,  Ijäbr  

Scben-lnDg^tMan*8chin-Bbiao- 

schung,  Ijahr  

Ta-8cbieo-t«chaag(Sebusclii),  Ijäbr. 
Scbra-lnng-laan-^biing  (Sdrasehi), 

Ijähr.  .•  .•  • 

Hnng-mao- t8cbung(Scbuschi),  1  jUbr. 
Lung-tecbiao-tsan(Scbu8cbi),  1  jShr. 
Pt'h-iii-tsan  (Hu-scbu),  Ijftbr.  .  . 
P4farpi-lang-aehiao  (Sha6-Mb4),  ij. 


421913,3 

431013,3 


17,7 
18,2 
18,9 
16,5 
18,2 
1023  20,1 


1727 
1319 
1333 
17Ö1 
1307 


1011 
1215 
U81 


1887 


1988 
2451 
2036 


578012,7 


6536 


3436 


23,2 
18,4 
16,7 


15,7 


348  20,5 


18 

14,4 

16,2 


12,1 


4048  14,1 
305813,4 


14,5 


4201  14,5 
2H73  15,2 
3684  15 
5524  11,8 
,5494  12 
667811,9 
'3663  14,2 
13759  13,8 
6410  11,7 
5882  12,3 
70921 11,5 
310514,7 


2398 
2941 


14,6 
15 


2898  14,7 
3355  16,1 
2531  15 
2232  16,2 


J3 


.32,5  :692 
.36,4  734 
.  35,3 
.  31,6 
.  32,7 
.41,6 
.38,8 
.37,8 
.35,7 
.30,7 
.29 
.  30 
.52 
.  35,7 


773 
624 
718 
785 
758 
827 
709 
879 
278 
671 
870 
477 


■470 
(550 
!180 
,156 
|265 
;436 
367 
374 
424 
284 
169 
177 
186 
289 
'272 
;169 
1211 
'l5l 
4Ü1 

.31,3  !427 
. 31  383 


.  30,3 
.  35, 1 
.24,9 
.25,1 

•  ä^3f  3 
.30 

.  27,6 
.  27,3 
.28,4 
.22,8 

.83,3 

.30 
.  29,3 
.  21,9 
.23,3 

OO  1 

•  —  —  1  ' 

.  29, !> 


.29,7 
.29,7 
.29,6 
.31,3  509 
.^1«9  |6U 


416 
368 
393 


•4  M 


u  J 

X  .5 


.Sa  o 

o  « 


B  S 

I  f 

> 


0,328  0,031 
0,316  0,049 
0,2930,058 
0,3100,028 
0,278  0,064 
0,3000,076 
0,273  0,062 
0,295  0,000 
0,300,0,056  8.  g. 
0,1830,157  g. 
0,181  0,117 
0,283|0,057 
0,090lO,035 
0,22S  0.089' 
0,2390,086' 
0,291  0,091' 
0,182  0,0891  8.  g. 
0,175  0,095'  z.  g. 
0,202j0,080 
0,3030,033 
0,-20'}  0,085 
0,3100,164 
0,2270,109 
0,1570,154 
0,1490,149 
0,142  0,110 
10,118  0,112 
0,1S6'0,12K 
0,165  0,124 
0,1600,218 
0,1820,123 
0,141  0,171 
,Ü,3Ü4  ü,062j  8.  g. 

0,254  0,071'  g. 
q,268|0,088| 

0,310  0,070  g. 

0,278|0,107|  g. 

0,2360,0801  g. 

0,3480,043: 


Digitized  by  Google 


Fehlerhafte  Kokons. 


347 


Ragse 
HarkitBft 


I-  e»! 
,  a 


o 

s  e 

'S  a 
o 


2518  16 
490i  16,6 


P^h-pi-haang-taebmo-tMUi  (Hn-j 

8chu),  Ijahr  ,  .2217 

P£lK|n-t8au,  Ijäbr.  (Yin-aeliiaDg- 

«hiao)   

Peh-pi-tsiin  (ITu-sehu),  2].,  1 .  Kmte 
Peh-pi-tsan   (Teiig-hua),  ^jaiir., 

1.  Ernte  

Peli-pi-t(i-8chnng-tsan,  1,  Ernte  . 
Peli-pi-siao-schung-tsan  .    ,    ,  . 

BmniarWiubi  (Ital.)  

ßrianza  

Japan,  weiss  (Nou-Kaledonien) 
Ital.  Pacci  (N.-Amerika) .    .    .    .'28411 14,4 
Ital.  Mercoliai  (N.-Amerika)    *    .  1727  16,1 

Fakoshima  (Japan)   2331 

Korea  (Japan)  .1805 

Akabiki  (Japftn)  |l592 

Hnaog-pi-tsaa  (China)    .    .    .  .4219 
Hua-pi-tsau  (China)  


6586 
2445 
3030 
1624 
1473 
3616 


16 

18,8 

14,9 

18,5 

17,4 

14,4 


14,2 
16 

iM 

13,6 
IM 


(£  ;  -s  ^  ^  ^  -=  w 


t€  H 

a  .S|_'"J 


16,7  .31,65681 


.31,7  '410 
.26,6  '212 


.  25,7 

.32 

.28,9 

.31,1 

.  33,5 

.  25,8 

.30 

.32 

.  27,8 

.31,4 

.82,7 

.  28,6 

.31,9 


241 
610 
606 
634 
|608 
365 
:533 
656 
470 
604 
625 
333 
543 


0,365  0,044  s.  g. 


0,246  0,044 
0,1710,132 


0,229 
0,315 
0,333 
0,316 
0.249 
0,322 
10,278 
'0,280 
0,327 
,0,329 
|0,331 
10,268 
l0,312| 


0,106 

0,059 
0,066 
0,072 

0,122 
0,120 
0,072 
0,077 
0,065 
0,081 
0,055 
0,026 


S- 

H.  g. 
8.  g. 

8' 

S.  g. 
S.  g. 
8.  g. 
S.  g. 
«.  g, 

g- 

8.  g. 

s.g. 


Die  sog.  coealoDB  oder  ionffloDS,  wegen  ihres  aUasartigen  Aaasehei»  aaeh 
eocona  satinä  genannt,  meist  orientalieehen  Urepranga,  nind  Kokons,  die  in- 
folge des  lockeiren  Baaes  und  derTrennung  einzelner  Fadenlagen  beinahe  durch» 

sichtig  erscheinen.  Sie  sind  weich  und  elastisch  und  ilir«'  Olierfläclie  zeifrt  einen 
cbarakteristi^cheu  Perimutterglauz,  der  indessen  erst  nach  Entfernung  der 
überaus  reichlicheu  äusseren  Flockseide  zum  Vorschein  kommt.  Beim  Uas- 
peln  sinken  rie  infolge  ihrer  WasaenindiehÜgkeit  and  mfinen  dnreh  Draht* 
netze  auf  der  Oberfläche  des  Haspelbeckeai  erhalten  werden.  Es  kommen 
auch  scheinbar  satinoartigo  Kokon«!  vor,  die  von  einer  tlnrchsiclitigeu, 
glänzenden  Anssetihülle  inn<^pl>pn,  s(llI^t  aber  normsil  gcbiiut  sind  (sogen, 
eucbemises);  sie  werden  in  der  Gegend  von  Friaul  »ehr  biiiiüg  geiundeu. 
Die  attsaramengesehnSrten  Kokons  (etrangles)  zeigen  in  ihrer  Mitte  eine  on« 
gewiihnücli  starke  Verengung,  welche  nach  der  Meinung  von  Duseignenr 
dadurch  eiitstaiidiMi  ist,  dass  jede  Hälfte  dts  Gespinstes  lÜr  sich  allein  gp- 
sponiii'u  wuidf'.  Sie  weisen  an  den  llxtroiuitäten  eine  bedeutend  stärkere 
Anhäufung  der  Fadeulagen  auf;  beim  Haspeln  brechen  die  beiden  Hälften 
in  der  achwSehereti  Uitte  anseinander.  Die  verkalkten  Kokons  (plätres)  sind 
Ton  den  mit  Kalksncht  hefallenen  Raapen  gesponnen  worden,  welche  naeh 


Digitized  by  Google 


348  Kokonfaden. 

ihrer  Verpappung  in  weisses  Pulver  zerfiillen.  Diese  Kokons  weispu  ein 
bedeutend  leichteres  Gewicht  auf,  sind  aber  sonst  ganz  normal.  Einen 
merkwürdigen  Bau  zeigen  die  Doppelkokone,  welche  von  einer  gesunden 
und  einer  kranken  Seidenraupe  gemeuaehnftli«]!  angefertigt  werden.  Sie 
beritsen  inwendig  eine  Seheidewand,  «eleke  der  geiande  Wann,  nm  sieh 
vor  der  Ansteckung  zu  schätzen,  um  sioli  gesponnen  hat.  Ausser  den  «nge- 
führten  gicbt  es  eine  Men<TP  andi  ipr  Unregi-lniilssigkeiten  nnd  rwnr  in  der 
inuert* II  Struktur  des  Kukuus,  die  erst  bei  der  weiteren  Verarbeitung  auftreten 
und  entweder  dadurch  entstanden  sind,  dass  dte  von  Krankheit  befallene  Banpe 
das  Spinngeecbftft  inwend^  nicht  beendigt  bat,  oder  daas  der  Siämqmiaees 
infolge  des  mangelhaften  Seidenvorrat«  nnr  in  nnvollkommener  Wein  toII- 

lOgen  worden  ist. 

Die  friücb  geernteten  Kokons  zeigeu  folgende  Zusammensetzung: 

Äusseres  Ffidengewirr   ,    .  0,7",,> 

Seidenfaden  l-*,3% 

Puppe  und  Wasser  .    .    .  85% 

Die  im  Kokon  vorhandene  Feuchtigkeit  verdnustet  nach  und  nach,  so 
da.ss  8  Tage  nach  dem  Sammeln  100  kg  Kokons  4,8 — 5  kg,  nach  10  Tagen 
7,5 — 8  kg  au  ttewicht  verloren  haben. 

Es  VQide  aehon  oben  angedentet,  daas  die  Bädnng  des  Seridns  und 
des  Fibroins  in  der  Seidendrüse  nicht  gleicbieitig  erfolgt,  und  daas  der  vordere 
Teil  derselben,  wie  8icard  und  Raulin  nachgewiesen  haben,  mehr  Seiden- 
leim  enttiiilt,  ab  der  hintere.  Obereinstimmend  mit  diesem  Ergebnis  ist  die 
Tbatsache,  dass  auch  im  fertigen  Kokonfaden  in  seiner  ganzen,  einige  tau- 
send Meter  betragenden  Länge,  das  YerlriUtnb  des  Sadenldm«  xn  der  Seiden« 
sabefeanx  nieht  nnver&ndert  bleibt  Das  Inssere  Flockgeepinst  enthftit  dnreh- 
schnittlich  44,4"iq  Bast  nnd  55,6%  Setdensubstanz.  Die  insaeren  Faden- 
lagen des  Kokons  weisen  mehr  Seidenleim  auf,  als  die  inneren;  die  äussere 
Kadenschicht  ergiebt  31,5%  Seidenleim  und  BS.ö^/o  Faser  und  die  innere 
26,7%  Seidenleim  und  73,3%  Seide;  die  mittlere  zeigt  ein  Verhältnis  von 
29,3%  Bsht  nnd  70,7%  Seide. 

Eine  andere  Erscheinung,  die  bei  Untersuchung  eines  Kokonfadens 
zu  Tage  tritt,  ist  seine  nngleichmüssige  Dirke  in  der  ganzen  Län^'e.  Ha- 
berlaudt  untersuchte  verschiedene  Kokonrassen  und  fand,  djis-s  der  Durch- 
messer eiues  Kokonfadens  in  den  verschiedenen  ächichteu  folgendermafsen 
Tariiert,  wobei  an  bemerken  ist,  dass  die  ionere  Schicht  nntürlich  den  sn- 
erst  gesponnenen  Faden  enthllL 

Herkunft  Äussere  Lage  Mittlere  Lage  Innere  Lage 

Mailand,  gelbe  Baase  .  0,030  mm  0,040  mm      0,026  mm 

Frankreich,  „     „    .  0,025   „  0,036   „       0,025  „ 

Jnpan,  grüne  Rasse    .   0,030   „  0,010    „        0,020  „ 

„     weisse  „       .   0,020  „  0,030   „       0,017  „ 


Digitized  by  Google 


Kokonfiid«!!.  Dm  DOrrai. 


349 


Di«  nittlereu  Lagen,  weldie  dem  grSntan  Teil  der  Eokmuhfille  aua- 

nachen,  zeigen  die  gleichmässigste  Dicke  und  die  regelmässigste  Strakfear. 

Haspelt  man  von  einem  oder  mehreren  Kokon«  den  >>pidfnf(Klpn  ab,  m 
dass  Strangchen  von  bestimmter,  gleicher  Länge  entstehen,  so  ergiebt  »ich 
bflim  Wiegen  dnMlbeii,  dMg  das  zuerst  abgehaspelte  ein  bedeutend  gri^res 
Gewiebt  bentst,  wie  die  naehfolgenden;  der  ünterMhied  kann  Us  60%  1»- 
tragen.  So  nimmt  z  H.  das  Gewicht  des  Kokonfa<Iens  einiger  bekannteren 
Kassen  Ton  je  100  zu  100  m  darebaehnitüich  folgendermafeen  ab: 

8*  Hundert  m 

19 

21 


Betrachtet  mau  indessen  den  Kokonfaden  unter  dem  Mikroskop,  so  lässt 
sidi  eine  so  plötzliche  Abnahme  des  Durchmessers,  wie  aus  den  obigen 
Zahlen  hervorgeht,  niebt  wahrnehmen.  Dieser  sdwinbare  Widen|imcb  sieht 
mit  der  Art  der  Exkretion  des  Kokonfadens  im  huMen  Zhwnmmenhai^. 
In  dem  Mafse,  wie  sich  die  Seidendrusen  leeren,  wird  der  Flüssigkeitsdrnek 
allmählich  schwächer,  so  dtm  der  Fadf ii  Iwira  Austritt  wenige?  Vr»ttiprimiert 
wird  und  seine  Konsistenz  oder,  was  gleichbedeutend  ist,  sein  ^pecifisches 
Gewicht  swar  in  nnhedentendw,  nber  «t&ndiger  Weise  abnimmt  Diese 
Thatsache  wnrde  experimentell  bewiesen;  dem  Rnsseren  Kokonfaden  ent^ 
«pricht  z.  B.  ein  speeif.  Gewicht  Ton  1,442,  dem  mittleren  1,4  und  dem 
inneren  1,32. 

* 


Herkunft 

1. 

2. 

3. 

4. 

5. 

6. 

7. 

in  mg 

Lombardei,  weiss 

35 

36 

33 

31 

30 

27 

25 

Kanton,    .    .  . 

21 

18 

15 

13 

AscoUi,  gelb  .  . 

37 

36 

33 

30 

29 

25 

23 

P£h-]»-tBan  .  . 

21 

21 

17 

14 

Da  die  Kokoueruteu  nur  zu  beätimmten  Zeitpunkten  und  gleichzeitig 
stattfinden,  nnd  es  nnmSglich  ist,  die  gewaltigen  Mengen  so  schnell  der 
Verarbeitung  zuzuführen,  dass  die  inwendig  schlummernde  Puppe  nicht  in- 
zwischen zum  Schmi_tterling  werde  und  beim  Aussciilüpfen  den  Kokon 
schädige,  so  ma«j  mau  dies  durcii  Töten  der  Puppen  vt  rhindem.  um  so  die  Auf- 
arbeitung der  Ernte  auf  längere  Zeitperioden  verteilen  zu  können.  Die  dazu 
verwendeten  Verfahren  nnd  im  PHnzip  mit  denen,  die  seit  dem  Bestehen 
der  Seidenindnatrie  flblieh  sind,  identiaeh,  erfiihren  aber  leitgemiss  manche 
technische  Vervollkommnungen,  die  speciell  ihre  quantitative  Leistungs- 
fähigkeit bedeutend  erhöht  haben.  Das  Töten  der  Puppen  erfolgt  nach  ver- 
schiedenen Systemen.  Die  älteste  Methode,  die  noch  heutzutage  in  den  tro- 
pischen Gegei^en  laDdesSibHi^  ut,  besteht  darin,  die  Ednina  nnhaltsi^  der 
Wirkung  der  Sonneneferahlen  auameetaen,  wobei  die  sich  entwickelnde  Hitce 
auf  die  Larven  erstielmid  wirkt.  Im  GroBabetriebe  erfolgt  das  Dttnen  v«t^ 


350 


Dai  DOrren. 


mittelst  folgender  Faktoren:  1.  dnrch  trockene  Hitze,  2.  durch  Dftnipfont 
3.  darch  trockenes  Dumpfen  nud  4.  durch  '  rstickende  Gaae. 

Das  Hauptaugenmerk  beim  Dörren  wird  aut  die  Einhaltimg  bestimmter 
Temperatiugrenzea  im  VerhSltma  za  der  GfOeee  nnd  Rene  dar  Kokone  eto. 
fBiiebtrt;  daroh  Oberhitsmig  erleidet  der  But  «ne  Verindening,  wodnnh 
die  Faser  beim  Haspeln  brüchig  wird;  daflielbe  geschieht  infolge  äber- 
niässiger  F  mk  htigkeit.  Nach  deui  Dijrren  raass  für  Abführung  der  Feuch- 
tigkeit gesorgt  werden,  die  beim  belassen  der  EokoDS  in  Haufen  alsbald 
einen  Fäulnisprozess  der  Pupj)«  einleiten  würde. 

Die  Anwendung  der  ffitee  eines  glflhenden  Ofens  iei  bei  Chinesen,  Ja^ 
paaem  und  Hindns  seit  uralten  Zeiten  in  au^edehntem  Gebrauch.  In  Eu- 
ropa ist  diese  Methode  noch  jetzt  im  Kleiulx  triel»  und  in  abgelegenen  Ort- 
schaften  ebenfalls  stark  in  Anwendung,  und   werden  meist  dazu  gerau- 
mige Backöfen  benutzt.    Einen  gewissen  Fortschritt  in  dieser  Richtung 
stellt  die  Einriehtang  von  Betti  dar:  eine  grosse  hermetiach  Tersehlossene 
Kammer,  in  der  ein  aom  Olfihen  gebrachter  Ofen  kontinnierUche  und  re- 
gulierbare Hitze  erzeugt.   In  neuerer  Zeit  ist  das  Verfahren  von  Vareille 
in  Frankreich   und  Fr.  Baretta  in  Italien  vervollkommnet  worden.  Der 
Apparat  vou  Vareille  besteht  aus  einem  Ofen  mit  einfahrbarem  Wagen 
und  wirkt  Temrittdit  itrahlrader  Wärme  dner  direkten  Fenernng;  er  faasfc 
anf  einmal  swei-  bis  dreitaneend  kg  Kokons.   Von  Baretta  ist  ein  ihn» 
lieber,  aber  transportabler  Ofen  in  Form  tana  Lokomobile  (etooffoir  moUlo) 
gphaMt  worden,  der  mit  zwei  Wagen  versehen  ist;  während  der  eine  ausser- 
halb des  Ofens  steht  und  beschickt  wird,  ist  der  andere  in  Arbeit,  wo- 
durch k<Mitinnierliche  Ansnatznng  aller  Arbeitsfaktoren  ermöglicht  wird. 
Im  allgemeinen  soll  die  Methode  des  troeknen  D&rrene  mit  grosser  Yoi^ 
sieht  gehaudhabt  werden,  da  das  Übersebreiten  von  75 — 80'  das  Brucliig- 
wenlen  der  Fasern  nach  sirli  zit  ht :  weshalb  man  auch  allmählich  von  derselben 
abkommt.  Nach  deiTist  llien  Prinzip  wird  noch  in  folgender  Weise  verfahren. 
Die  Kokou.s  werden  in  iieruietiüch  venichlotiäcncu  Häumen,  die  mittels  di- 
rekter Brenngase  oder  in  Heizröhren  cirkulierenden  Wass^damples  geheizt 
werden,  etwa  eine  halbe  Stunde  der  Hitze  ausgesetzt.    Oder  man  taucht 
nach  dem  von  Fontana  in  Turin  1823  eingtftihrten  und  von  Giraud  1840 
vervollkommneten  Verfahren  niittelgrosMe,   mit   Kokons  gefüllte  Zinkröh- 
ren in   beiisses  Wasser,  wodurch  eine  schädlich   wirkende  Oberbitzung 
vennieden  wird.    Bei  allen  diesen  Verfahren  verdampft  das  im  Kokon 
eothaltene  Wasser,  erweicht  einigermafsen  die  BLfltle  und  erleichtert  das 
nachträgliche  Abhaspeln.    Andererseits  zeigen  aber  die  nach  dieser  Me- 
thode behandelten  Kokons  infolge  der  übermässigen  Feuchtigkiit  manchmal 
lieckige  Ötelien  und  müssen  nach  dem  Dörren  sorgfaltig  ausgelesen  werden. 
Das  troekene  DSrren  kann  anch  mit  Vorteil  in  speeiell  dazu  eingerichteten 
Öfen  vermittelst  eine«  66—75*  heissen  Loflstroms,  der  etwa  20  Minaten 
einwirkt,  Toll«og«i  werden,  wobei  jedoch  jedoifalla,  dnreh  entspreehende  Re- 


Digitized  by  Google 


Da«  OOrm. 


551 


gelung  der  Temperatur,  darauf  gesehen  werden  mnss,  dass  der  für  apltere 
Verarbeitung  nötige  Fouchtigkeitsgrad  dem  Kokon  erlialttii  Weibt. 

Das  Ersticken  der  Puppen  durch  direkt  eingeführten  Wanserdampf,  von 
Gensoul  und  Chateaaneuf  (1823)  angewendet,  hat  den  Vorteil  schnell  zu 
wiifam,  UMlit  aber  die  Kokons  iofolg»  der  DwDpfkoiideiMatioa  filienng.ssig 
feucht  und  nachtriiglich  sdiuiiiiil%.  Der  Ofen  von  Loigi  Barett«  (Heiland) 
arbeit«'t  mit  üiiinpf  und  ist  auf  dem  Prinzip  des  transportablen  Apparates 
von  F.  Baretta  konstruiert,  «rehSrt  aber  dadurch  da-s  Verbrennungsprodnkte 
*  vor  dem  Entweichen  durch  am  Boden  des  Apparates  angebrachte  Röhren 
geleitet  waidett  und,  durch  ErwiiBWt  du  Laft*  «oe  DwoipfkeiidMiaatioii 
TerbindMn,  in  die  Rahe  der  Apparate  mit  kombinierteoi  Terfiftbren.  Von 
Wichtigkeit  ist  hier,  wie  schon  erwibnt,  eine  sofortige  Trocknung  TOnnnehraen, 
was  durch  Ausbreiten  d-  r  Knkons  in  dünnen  Rr-bieliton ,  di»^  von  7Af  7,n 
Zeit  aufgerührt  wtrdeu,  in  uusgedebnten,  gut  ventilierten  Itiiuuien  gesciuf  bt. 
Feuchte  und  fleckige  Kokons  werden  dabei  sorgföltig  ausgelesen ;  g«}geu  etw. 
Batten  und  Ameieen  mfiasen  die  nStigen  VoniehtHnalbregein  eigriflisn  werdmi. 

Durch  Vereinigung  der  obigen  beiden  Systeme  ist  man  zu  einem  Ver- 
fahren s^ekonurfn,  diis  ihre  Nachteile  nicht  besitzt  und  durchaus  schnell 
und  /uverlä^'-iL^  ürbeitel.  Die  dazu  konstruierten  (Jfen  sind  von  der  iiuiuni«»'- 
faltigsteu  Bauart;  einer  der  be»ser  ausgedachten  ^Vau  der  Öchnijt)  hat 
mit  dem  Matber-Plattsehen  D&mp£apparat  manche  Ahnliohkdi  Er  be- 
steht ans  zwei  oder  mehreren  einzelnen«  TOneinander  unablAugigen  Kam- 
mern, so  dass  der  Betrieb  kontinuierlich  ist.  Die  Heizun^r  erfolt^t  durch 
Brenugiisc,  welche  durch  ein  ^öhrensystem  cirkulieren  und  dif  verlorene 
Wärme  an  einen  mit  Wasser  getuUten  Kessel  abgeben,  der  mit  einem  ü^r- 
st&nber  im  Innern  de«  Brninofene  in  Terbundnng  steht  und  Ton  Zeit  an 
Zeit  die  inn«e  Luft  der  Kainmem  dnxdi  eotsiHreehende  VentttToniehtoii^ 
befeuchtet.  Die  Kokons  werden  in  flachen  Körben  aufgeschichtet,  auf  dem 
Rollwagen  in  den  Ofen  hineingesclioben ,  wo  sie  bei  einer  Temperator  von 
100—110'  C.  etwa  10  bis  12  Minuten  verweilen. 

Der  D3n^  und  Ttadwnofen  («gtouffoir-sechoir)  von  Gauthier,  welcher 
sehr  gute  Resultate  liefert,  beruht  ebenfalls  auf  der  glaehimtigen  Anwen- 
dung von  Luft  nnd  Dampf  und  wird  als  feststehender  Ofen  eingemauert 
oder  transportabel  gebaut.  Der  Ap|)arat  besteht  aus  einer  Kammer  mit 
doppelter  Wandung,  durch  deren  Zwischenwrinde  heisse  Luft  geführt  wird, 
um  das  Innere  vor  unmittelbarer  Berührung  mit  der  kühlen  Atmosphäre  zu 
eeh&tsen.  Am  Boden  lauüni  swd  durch  äusserst  feine  LSeher  perforierte 
Bühren,  die  zur  stanbfikniigen  Dampfinjektion  dienen;  die  seitliche  Wan- 
dung trügt  dagegen  Röhren,  die  mit  lieisser  Luft  des  Breniioftns  geheizt 
werden.  Die  gleiehzeitiffe  Wirkung  des  Oalorifere  und  des  Dampi'e.s  bat  zur 
Wirkung,  dass  die  Kondensation  des  letzteren  eine  minimale  wird.  Ein 
Ventilator  saugt  nach  Bedarf  die  innere  Lufb  herans,  «ihrend  die  Süssere, 
ehe  sie  in  den  Apparat  eintritt,  einige  Yorwärmw&hren  passieren  muss,  um 
eine  pidtxliche  Abkfiblang  des  inneren  Raumes  so  Terhftien.  Nach  dem  Ein- 


* 


Digrtized  by  Google 


362 


Das  DSrren. 


fahren  mit  dem  beschickten  Wagen  C  wird  gleichzeitig  der  Calorifere  und  das 
Darapfventil  geöffnet,  welch  letzteres  nach  zwei  Minuten  geschlossen  wird. 
Man  lässt  die  Absaugevorrichtang  B  durch  Drehen  des  Rades  Ä  in  Wirkung 
treten,  wodurch  das  Trocknen  stattfindet,  und  unterbricht  es  nach  kurzer 
Zeit,  so  dass  die  ganze  Operation  einschliesslich  des  Ein-  und  Ansfahrens 
ca.  eine  Viertelstunde  in  Anspmch  nimmt.  Die  mittlere  Temperatur  wäh- 
rend des  Dörrens  betrügt  80 — 85"  bei  entsprechendem  Hygrometergrad,  wo- 


durch die  guten  Eigenschaften  der  Faser  nicht  derartig  in  Gefahr  kommen, 
wie  beim  trocknen  Dörrverfahren. 

Auf  dem  ähnlichen  Prinzip  der  Anwendung  von  Luft  und  Dampf  be- 
ruht die  Vorrichtung  von  Boniol;  hier  wird  die  kalte  Luft  dnrch  einen 
Dampfstrahl  angesaugt,  und  dieses  Gemisch  wird  in  die  Dörrkammer  geleitet 
Der  Dampf  kühlt  sich  dabei  ab,  die  Luft  erwärmt  sich,  und  die  resultierende 
Temperatur  betragt  ca.  65',  eine  ausreichende  Hitze,  die  aber  auf  die 
Eigenschaften  der  Kokonfaser  nicht  den  mindesten  Einfluss  hat.  Der 
Saugapparat  ist  nach  Art  der  Injektoren  eingerichtet  und  besteht  aus  einem 
DoppeIkonu8,  in  dessen  Hals  eine  Dampfzufuhrang  mündet.  Die  Grund- 
fläche, durch  welche  die  Luft  eintritt,  ist  wie  in  dem  Konditionierapparat 
durch  zwei  perforierte,  aufeinander  bewegliche  Deckel  geschlossen,  wobei 
durch  Verstellen  derselben  die  Menge  der  einzulassenden  Luft  und  die  resul- 
tierende Temperatur  geregelt  werden  kann.  Nach  dem  Verlassen  des  Injek- 
tors strömt  das  Gemisch  durch  ein  Spiralrohr  und  setzt  hier  und  da  Wasser 
ab,  welches  sich  infolge  der  Expansion  und  der  Abkühlung  durch  die  Luft 
▼erdichtet  hat.  Kurz  vor  dem  Eintritt  in  den  Ofen  wird  das  Gemisch  durch 
Passieren  eines  doppelwaudigen  mit  direktem  Kesseldampf  geheizten  Raumes 
getrocknet. 


Fig.  202.   Trftnsportabler  DörrofcD  fdr  Kokon*. 


Dm  D6rm. 


368 


1^  bat  aneh  vidfikeh  renneht,  du  nnbeqnome  Vaifahren  DSrrens 
dnrolk  Hitse,  la  umgehen.    Im  J.  1877  wniden  Yer&luren,  dn  Entieken 

der  Puppen  Termittdst  Anuncmiakgas  (Polo),  Schwefeldioxyd  (Vincent), 
Kohliiisiiur''  (Giiutliii-r),  Kampfer  (Bouisson),  Alkohol  fCuir«)  und 
»lurcli  Eintauchen  in  eine  aikuholische  L&iung  von  QuecksilheiTlilorid 
(Lamuuta),  zu  bewirken,  vorgeschlagen  und  zeitweise  in  Anwendung  ge- 
brüht Zwar  wild  noch  heaixiitage  in  Chinft  das  TSten  dar  Pappen 
mit  Eobleno^,  das  in  apeeiellen  Kammerni  ntaanr'Wo",  am  der  Hob^ 


Fig.  20a.  Dömm  d«r  Kokou  darcb  dl«  SoaiwaliltM  Ui  dda«. 


kohle  enengt  wird,  Sftors  auageflbt,  im  allgemeinen  haben  sieh  aber  alle 
diese  chemisclien  Mittel  in  der  Praxis  nicht  einbürgern  können.  Ob  übri- 
gens bei  dem  chinesischen  Verfahren  wirklich  das  Kohlenoxyd  uiul  nicht 
le(lii,'lich  ili»'  Hitzi'  ti'itend  einwirkt,  erscheint  fraglich,  nachdem  festg«^ 
btellt  ist'),  da;j8  das  Kohlenoxydgas  auf  die  Puppen  nur  vorübi^^r- 
gehend  blühend  wirkt.  INe  Nachteile  der  dienuscboi  Yerfabren  aind: 
hohe  Betriebskosten,  umatändliche«  Manipulieren  mit  den  giftigen  Gasen 
and  nachteilige  Wirkung  der  letzteren  auf  die  Seidenfasern.  Von  allen  prak- 
tisch verwendbaren  Gnsen  wirken  nur  Schwefelwussserstoff,  Aninioniakgas 
und  Schwefeldioxjd  tödlich  auf  die  l'uppeu.  Schon  das  Äassere  der  mit 
dem  lelstsrem  Gass  behaiidelien  Kokmu  Itot  ihren  anormalen  Znstand  er^ 
kennMi,  indem  ihre  a.  B.  gelbe  Firbnng  bedeutend  trfiber  wird;  femer 
seigen  die  Puppen  statt  der  üblichen  1. ran  neu  eine  heUgslbe  Fär- 
bung. Die  Behandlung  mit  feuchter  schwefliger  l?iiure  hat  eine  nachtrtig- 
liche  Bildung  von  2 — 3",q  ächwefelbäure,  die  durch  Oxydation  entsteht, 


*)  FraneesOB,  ißkaä»  mt  Im  tfUniibln  eUoiiqoM.  Lyon  1880. 
SI»*rB«BB,  Me  8«Ue.  28 


Digitized  by  Google 


364 


DfM  DQuen. 


war  Folge.  Die  gesehwefdten  Kokons  lassen  sieb  somit  durch  die  Sehwefel- 

SBurt'reaktion  erkonnen.  Dass  die  schwefli|^e  Säure  auf  den  Seidenleim  eine 
modifizierende  Wirkung  ausübt,  geht  schon  daraus  hervor,  dass  die  «ge- 
schwefelten Kokons  im  kochenden  Wasser  des  Haspelbeckeos  mehr  als 
sonst  an  Gewicht  verlieren.  Beim  Haspeln  liefern  solche  K<dnwa  beden- 
tend  Ueinere  Ausbeute  an  Seide,  degegen  mehr  AbfUl  und  sogenannte 
bttssinft  (nnabwickelbare  innen  Kolconschichten).  Der  ßast  wird  mancb- 
mal  so  stark  verändert,  tlass  es  unmöglich  ist,  die  Kokons  regelmässig  zu 
haspeln,  weil  sie  das  Kochen  nicht  vertragen.  Dt  rartijrp  Kokons  müssen  mit 
den  nach  dem  gawuhnlichen  Dün-verfabreu  behandelten  uniemiLscht  werden. 
Die  erzengten  Gespinste  sind  Sbrigens  betreib  des  Titert,  der  Festigkeit 
nnd  Elasticität  den  gewohnlichen  gleichwertig.  Bei  der  weiteren  Yer- 
arbcituiiLT  liefern  diese  Seiden  iiidess<^u  ein  äiissei-st  flannnge>  Gewebe,  WM 
die  bekuunte  Tliat8ache  zui-  Genüge  hest-itigt,  dass  das  innige  Zusammen- 
treten des  Bastes  einzeln<>r  Kokonfäden  beim  Haspeln  auf  die  Kohäsiou 
des  Gespinstes  grossra  Einfltns  bat,  wenn  aueb  der  Bast  selbst  naditiSg^ 
lieh  während  des  Abkoctiens  nnd  FSrbens  Valoren  gdkt  Diese  Eigebnisae 
sind  deshalb  von  Wkibtigkeit,  weil  das  Schwefeln  der  Kokons  auch  als  Dea- 
iufizierungsverfaliren  vorgesehlat;en  worden  ist  und  während  der  Epidemien, 
wie  seiner  Zeit  auf  die  aas  Sizilien  konunenden  Kokons,  angewendet  wird. 
Bei  der  nachtrSgUchen  Terarbeituug  verhalten  sieb  die  durch  Gase  nnd 
diemiscbe  Faktoren  erstickten  Kokons  in  allgemeinen  bedeutend  scblediter, 
als  die  gedSnien.  Die  Seidenfaser  hat  ihren  Glauz  teilweise  verloren  und 
ist  brüchig  geworden,  wodurch  ein  regehnässiges  Aldiaspehi  uiunÖLrlicli  wird. 
In  Italien  wurden  au.sser  den  giftigen  Gitseu  noeli  Ätherdümpl'e,  Kampfer, 
Terpentin-  und  Naphthadämpfe  ah  Vtrgiftungsmittel  jedoch  ohne  günstigen 
Erfolg  angewendet  Trotadem  sebeint  das  ewige  Sndien  naeb  neuen,  abn- 
lieben  Verfabreu  noch  nicbt  au%eb5rt  zu  haben. 

Da  die  Seidenzüchter  gezwungen  sind,  ihre  Fvokoneriife  Imldniösrlichst 
KU  verünssern,  weil  sie  diesellw?  nicht  aufbewahren  können  und  keine  Dürr- 
apparate besitzen,  sind  sie  in  wirtschaftlicher  Beziehung  benachteiligt;  könnten 
die  Seidenbttuer  die  Kokona  auftammelu,  so  w&rde  ibr  Gewinn  bei  einer 
gimstiuren  Marktlage  oder  einem  sdileebteren  Ernteergebnis  ein  grSeeei'er 
sein.  Es  würde  dadurch  auch  ein  Ansgleich  zwischen  guten  und  schlechten 
Jahren  herheigefnhrt.  T'ni  die«  zu  ermöglichen,  sind  die  oben  erwähnten  be- 
weglichen Dörrapparate  kon-sti  n  rt  worden,  die  zur  Krntezeit  in  die  betr. 
Gegend  gebmebt  werden  nnd  gegen  geringe  Gebflbr  die  Kokons  abtüten. 
Vor  kumm  ist  vom  Syndikat  dm  SeidmcOcbter  Frankreiebs  der  Entschinsa 
gefasst  worden,  an  passenden  Orten  öffentliche  üörrapparate  einzurichten, 
die  den  Seidenzüchtem  der  Uiri^n  bung  zur  Verfügung  gestellt  werden  sollen, 
und  mehrere  solche  bewegliche  Ofen  sind  bereits  im  Gange. 

Die  gedörrten  Kokons  weitlen  ausgelesen,  sortiert  und  in  einem  be- 
sonderen, trodcenen  nnd  ktthlen  Baum  bis  nr  Verarbeitimg  anfbewabrt. 
Dieselben  »eigen  die  folgende  Zusammensetzang: 


Digitized  by  Google 


Die  Arbtti  dM  HMpelii«. 


366 


FloeineidA  2,3*/« 

Seidenfaser  16,2*/o 

Pappe  Kind  Waaaer  Bl,6% 

•  • 

* 

Das  Abhasp<»l!i  der  Kokons  ist  eine  Arbeit,  welche  der  von  der  Seiden- 
raupe bei  ihrem  Einspinnen  ausgeübten  in  entgegeng^tzteni  binne  analog 
ist;  de  besteht  dann,  dass  die  Eo1n>iiIifi]le  TOr  aUem  dnrdi  koehendes  Wvam 
erweicht  und  d»  die  Fadenkgen  verbindende  Leim  teilweise  aufgelöst  wird, 
wodurch  die  einzelnen  Faserbündel  und  die  8 -förmigen  Windungen  beim 
Abwickeln  infolge  der  dabei  wirkenden  Zutjkraft  voneinander  losgetrennt 
werden.  Die  Kokonfa^er  wird  in  t'uriii  eines  imunterbrochenen  l''adeus,  wie 
von  einen  boblen  KiAuel  abgewickelt,  oder  wie  man  sidi  teeliiiiaGh  an^ 
^ekt,  „abgehaspelt^** 

Die  Art  und  Weise  des  Kokonliuspelns  war  im  Altertum  im  Priimp 
keine  wesentlich  andere,  als  heutzuta*(e.  ürsprünglicl'  trclangtc  7ur 
Erweichung  der  Kokons  kaltes  Wasser  in  Auwendung,  desseii  Wirkung 
jedoch  langi^am  und  ungenügend  war,  wodurch  eine  fehlerhafte,  flockige 
Orege  henrorging;  man  griff  daher  mm  wannen  Waaaer,  dessen  Gebraneh 
xnm  Anfischliessen  der  Kokons  bereits  von  Plinius  näher  erörtert  wird'), 
obwohl  ihm  das  eigentliche  Haspi  lverfahrm  di  r  Chinesen  unbekannt  sein 
mochte.  Da^  BestreV«  n  am  Heizmaterial  zu  span  n,  sowie  die  Erfaluun<r, 
daäM  der  Gewichtöveriust  der  Faser  beim  warmen  Uaspeln  bedeutender  ist, 
▼enmlaaste  die  Emeusrong  der  Versache  mit  kaltem  Wasser,  woranter  die  Ver- 
iahren  von  Uiordans  (1777),  Caatelli,  Zeno  u.  A.,  welche  verschiedene  Zu- 
sfttze,  wie  Laugen  aus  Pottasche  oder  Pflanzenasche,  fri.sch<n  Urin  mit 
ZurVer  i  tc.  verwendeten,  erwähnt  sein  mögen.  Von  Lncntelli  wurde  ein 
Verialneu  angewendet,  dem  er  die  nicht  wenig  pomphafte  Bezeichnung 
„apparato  ehimico  mecbainoo"  beilegte*),  über  dessen  Einriditung  und  xnr 
Anwendung  gekommene  Agensien  jedoch  nidita  nlhevea  bekannt  ist.  Es  sind 
nachträglich  zahllose  andere  Verfahren  in  Vorschlag  gebracht  wonleti,  vnn 
bei  gewöhnliclier  Tcinperatnr  haspeln  zu  können');  kein  chemisches  Mittel 
vermocht«  jedoch  die  erweichende  Wirkung  des  heiäsen  Wassers  zu  er- 
setzen. Nennenswerten  Fortachritt  brachte  die  Idee  Gensonls*),  statt  der 
direkten  Feuerung  die  Dampfhetsang  ansuwendmi  (1805),  die  auoh  in  kuner 
Zeit  Eingang  in  die  Pnnis  gefunden  hat,  da  sie  grosse  Yorsfige  bot  und 


*)  Hist.  nut.  lib.  XI.  cap.  2S. 

Bull,  de  la  Soc.  d'encour.  1822. 
*j  Bibliuteca  agraria.  Saggio  sulla  trattura  della  seta.  p.  6  ff. 
*)  Gensoul,  Instruction  eur  le  mode  de  ae  servir  de  l'appareil  h.  vapeur  poor 
vider  la  aeiei  Lyon  ISIOl  * 

24* 


356 


Vorb«luuidliiiig  der  Kokow  mm  H«q>fllii. 


namentlich  für  gttaere  Betriebe  ökonomischer,  beqnetnor,  weniger  be]ä>ti> 

geml  uod  leichter  regulierbar  war.  Obwohl  die  direkte  OfenfeueruDg  ihre 
Nachteile  Iw^sitzt,  so  wird  sie  doch  in  kleineren  Betrieben,  natnrgemäss  aber 
im  Hausbetriebe,  vorgezogen  und  bis  auf  den  heotigen  Tag  verwendet;  im 
Lmfe  der  Zeit  liRt  ri«  tod  Rmnford,  Franklin,  Rolrartson,  Tredgold, 
Baehaonn,  Ratti,  Moaekini,  Nobilis,  Tnrbini,  Santorini  n.A.  inBeiag 
auf  die  günstigere  Veiieilnng  der  Luftkanttie,  Einrichtung  dee  Rostee  n.  a.  w. 
vielfaclie  ViTvollknnimnungen  erfahren. 

Cni  Kokons  regelrecht  abhaspt'ln  zu  köuueu,  ist  es  vor  allem  er- 
forderlich, die  äussere  Flockseide  und  die  einzelnen  Fadcnstücke,  die  den 
Kokon  nmgeben,  w^^suadiaflini  nnd  das  Ende  dea  riditigeo  Kokon- 
fadens zu  suchen  nnd  zu  erfassen.  Dann  nmss  auch  dar  Laim  oder  natflr^ 
liehe  Klelistiiff,  wi  Icher  die  Fadenwinrluu^^nn  und  -lagen  rnfsnmmenTiiilt.  anf- 
gfwt'icht  werden.  Das  Aufweichen  ilessi  lben  durch  liei^^tH  \\ ü^scr  fülirt 
in  der  Industrie  den  Namcu  des  Einweichens  oder  Kochens,  tlie  Vorbehand- 
lung aar  Entfanung  dea  Fadengewim  heiset  dae  Sehlagen  der  Kdrona. 

Zum  Zweck  des  Einweichens  (cuieson,  baignage)  unterwirft  man  dia 
Kokons  einer  riniir''  Minuten  andnnrnvl.n  Behandlung  in  einem  heis-sen 
Wiv«iserbadr ;  hierdurch  wird  die  gununiartige  Verkittnng,  d.  i.  ilir  wafsser- 
lösHcher  Anteil,  aufgelöst.  Beim  Einweichen,  wozu  etwa  tO  1  fassende 
P&nnen  benutzt  werden,  wirft  die  Arbeiterin  eine  Handvoll  Kokon«  in  daa 
Bad  und  taucht  aie  mittels  eines  SehanmlöffBla  in  gldcbminiger  Weise 
unter,  bis  sie  aüs  ihrem  ÖefElge  erkennt,  dass  die  Faser  genflgmd  auf- 
geweicht i.st. 

Das  Kochen  darf  nur  bis  zu  einem  gewi-ssen  Grade  geschehen,  da  der 
Leim  lediglicli  erweicht,  nicht  aber  anfgelSat  werden  soll;  unter  diesen 
Umstünden  bleibt  nicht  nur  die  Textur  der  Kokons  intakt,  waa  fflr  ein 
regelrechtes  Abwickeln  von  grSsster  Wichtigkeit  ist,  sondem  auch  die  Flocken 
blribdi  noch  mehr  oder  weniger  am  Kokon  haften  und  werden  erst  beim 
Schlagen  entfernt. 

Die  Leistung  einer  Kochpfanne  betrügt  selten  über  5000  Stück  Kokons 
an  einem  Arbeitstage.  Bessere  Resultate  erhalt  man  durch  Anwendung  von 
Körben,  die  mit  Kokons  gefüllt  und  gi'inzlich  in  heisses  Wa.%er  eingetaucht 
werden.  In  grösseren  Betrieben  wird  eine  kontinuierlich  arbeitendr-  halb- 
cylinderförmige,  geneigt  liegen<le  Pfanne  angewendet,  in  welcher  eine  Arcbi- 
medesschraube  mit  einer  Ueschwiudigkcit  von  3 — 4  Touren  pro  Minute 
rotiert;  das  Wanna  Wasser,  da«  am  oberen  Ende  ein-  nnd  am  unteren  ans- 
tritt, strömt  gegen  die  Kokons  an,  die  unten  eingeschüttet  nnd  durch  die 
Schraubenbewegung  nach  oben  zum  Ausgang  befördert  werden.  Die  Hei- 
zung erfolgt  mit  Dampf,  der  dtrrcli  dio  perforierte  Schraiibenachse  einströmt. 
Durch  den  einströmeuden  Dampf  werden  die  Kokons  nach  allen  Richtungen 
geeehwenkt,  wodurch  dn  wirkongsvoUsa  und  gleiehmasa^ea  Einweichen  er- 
zielt  wird.  Diese  Einxichtnng,  bei  der  ein  Durchgang  von  vier  Minuten  die 


u\^u\^cö  by  Google 


Kochen  und  8oblii|g«n  der  Kokooa. 


357 


Kokons  vollatindig  erweicht,  liefert  bei  kontiDnicrlidiem  Betriebe  6 — 8000 
Stück  Kokons  prn  Arbeitsstundt*. 

In  vielen  Betrieben  werden  direkt  mit  Dampf  urelieizte  Was-ser kästen 
angewendet,  welche  Zellen  ans  darchloclitem  Blech  enthalten,  in  denen  die 
ToUatftndig  eingetanehten  Eokoiw  der  Emwirkung  von  tarn  Eodien  ge- 
brachten Wassers  ausgesetzt  werden. 

Von  den  anderen  Kochapparaten  ist  die  von  Limol  konstmierte  ,,ciii- 
seuse"  zu  erwähnen,  welche  aus  einer  mit  Kokons  gefüllten  (t  locke  besteht,  die 
von  feuchtem  Dampf  durchströmt  wird;  man  übergiesst  den  Behälter  au&sen 
▼Ott  Zeit  m  ZeH  aüt  WwMiri  wodurch  im  Innern  Luftleere  enteagt 
wird,  was  die  dnwdebende  Wirkung  des  sieh  kondensierenden  Waners 
nnterstOizt.  Nadi  Dreyfous^)  behandelt  man  die  Kokons  zum  Zweck  des 
Einweichen«?  in  entspreclu  iid  kon<?tmierten,  verschlossenen  Apparaten  gleich- 
zeitig mit  Dampf  and  Wasser,  wodurch  die  KokonhUlle  in  wenigen  Augen- 
blicken durchweicht  wird;  das  Überschüssige  Wasser  wird  Tcrraittelst  einer 
Centrifi^{e  entfernt,  in  welcher  die  Kokons  in  kleinmasfthigwi  Sftelmi 
schleudert  werden.  Durch  die  schnelle  Rotation  und  StOese  werden  die 
Fadenenden  gelöst  und  bleiben  an  den  I^Iüselifn  haften,  wo  sie  von  der 
Hasplerin  weggenoninieu  werden:  die  weitere  Operation  des  Schlagen« 
wird  dadurch  überflüssig.  Statt  des  Einweichens  mit  helssem  Wasser  bebandelt 
Serrell*)  die  Kokons  mit  Wasser  von  gew5hnlieher  Tempwatur,  uiitentfiiBt 
aber  rles^en  Wirkung  durch  eine  Art  regelniässig  vor  sich  gehende  Massage, 
d.  i.  zahlreiche,  der  Struktur  der  Kokons  angepasste  Stnssc,  die  durch  Zu- 
und  Abfluss  einer  starken  AN  asaerströniun«,'  veranlasst  und  geregelt  werden. 
In  dieser  Weise  soll  die  klebende  Substanz  entfernt  werden,  ohne  dass  der 
Bast  Terloren  geht  und  kUterialverloat  eintriti 

Das  Sehlagen  der  Kokxwa  (battage)  bezweckt  die  Entfernung  des 
uosseren  Flaumes  und  dt  r  Flockseide,  welche  den  Kokon  umgeben  und  ohne 
welche  Behandlung  die  (jewinnuntr  eines  arlatten  Fadens  tinmüglich  ist. 
Diese  Operation  wird  ebenfalls  in  einem  Wasserbade  vollzogen,  dessen  Tem- 
peratur je  nach  der  Gattung  und  Basse  der  Kokons  vcfsehieden  ist;  Ar 
dickwandige  betrigt  rie  76*  C,  fflr  feinere  Arten  60—60^;  gewisse  Gai- 
tnugeu  werden  bei  60 — 70°  geschlagen  und  bei  40 — 50°  abgehaspelt  und 
ergeben  alsdann  eine  für  specielle  Verarheitun^'sarten  fjeeiijnete  Grejje;  die 
sotrenauiiten  klassischen  Gespinste,  die  äusseiat  elastisch  sind  und  sich  für 
alle  FabriiiuUuu^zweige  eigueu,  werden  dagegen  durch  Schlagen  bei  90  bis 
100*  und  Abhaspeln  bei  70*  ersielt 

Das  äussere  Fadengewirr  und  die  oberstoi,  lockeren  Windnngen  des 
Kokon farleus  werden,  nachdem  die  Faden  am  Gezweige  hanijen  ^(ehlieben 
sind,  vermittelst  eines  Keisii^'besen«!  entfernt,  womit  mau  die  Kokons  rasch 
aber  gelinde  schlägt  und  in  schnelle  Drehung  versetzt. 


1)  «raaaBHiehM  Fstenk  55560. 
*)  Italieniaebes  Batsnt  iW  (18S1). 


Digitized  by  Google 


358 


Mecbanitcbe  KokonichlS^er. 


In  neuerer  Zeit  dnd  an  Stolle  der  Han&rlieilf  meduiüaehe  Vorrich- 
tuMf^en  «/*'^^'it<''"  1  sogenannte  Kokonschläfrer  (battenses  in^amques),  welche 
die  Operation  in  viel  kürzerer  Zeit  verricliten.  Eiii  mechaniscbcr  Kokon- 
schläger  bestoht  aus  einer  Pondlanschü^l,  die  in  einem  grösseren 
thOnernem  oder  metallenem  Trog,  in  welehon  das  Wasser  dvreh  Bajonettrohre 
nach  Bedarf  zam  Kochen  gebraebt  werden  kann,  eingehängt  wird  und 
ans  einer  mechanisch  betriel>enen  Biirste  oder  einer  iihnlichen  mit  Ruten, 
Dräbteu,  Borsten  oder  mit  vorstellenden  Spitzen  versehenen  Vorrichtniig,  widcLe 
die  Scblagwirkung  ausübt.  In  deu  älteren  Konstruktionen  erhielt  die  Bürste 
durch  ein  Ezeenter,  einen  Zahnsdctor,  du  Bad  nnd  ein  KegelrSderpaar  eine 
ahsetzende  Drehung;  während  des  Betriebes  stieg  die  Bürste,  um  die  Wir- 
kung allmählich  zu  mildern,  in  die  Höhe  und  kfim  nnch  einer  liestimmten 
Zeit  ganz  aus  dem  Wasser  heraus.  Von  weit  schonenderer  W  irkungsweise 
war  der  Xokonscbläger  von  See'),  der  ans  mehreren  rotierenden  Bürsten 
bestand,  welcbe  dnrdi  Stablbftnderfedem  elastuoh  gelagert  waren  nnd  die 
EolEOna  in  i^uchmiusiger  Weise  ansscUogen.  Die  Behandlung  dauerte  ca. 
zwei  Minuten.  Einen  wesentlichen  Fortschritt  weist  aber  die  von  Serrell 
koTifd^ruier^'^  Vorrichttmtj  auf):  sie  besteht  aus  einer  maschinell  lietrielienen 
Bürste,  die  sich  auf  einer  senkrechten  Welle  um  ihre  Achse  dreht  und  in 
regulierbaren  Grenzen  anf  und  ab  bew^t  vrird;  wahrend  des  Ganges  wird 
sie  durch  eine  Feder  hestündig  in  ihre  tieiste  Stellung  surückgefUhrt,  wobei 
sie  die  Kokons  in  entsprechender  Weise  beröhrt,  nach  einer  bestimmten 
Anz:ihl  von  Auf-  und  Abhewegunpen  aber,  d.  i.  sobald  der  Schlagprozess 
vollzogen  ist,  selbsttbätig  ausser  Betrieb  kommt.  Von  den  Kokonschlägern 
neueren  Systems  seien  die  von  Nourrit  und  Coren  erwähnt,  die  vou  der 
Lyoner  Bnire  in  vervollkommnd»r  Konstruktion  gebaut  werden.  Ober  einer 
fieihe  verzinnter  mit  Bajonettdamplrohr,  Al  tropfgitter  und  Abflussr6hre 
versehener  Becken,  \nnÜ  eine  wagerechte  Treibwtlle  mit  exccntriscb  auf- 
gesetzten Roll^cheiben;  die  über  den  letzteren  laufenden  Schnüre  oder  Ketten 
tragen  unten  eine  kleinere  Welle  mit  daran  betcatigten  SclilagbUrsten ,  so 
dass  die  letsteren  in  elasUsdier  Weise  auf  den  gespannten  Scfanflren  hftngni. 
Die  untere  W^e  ist  in  ihren  Lagern  mit  einigem  Spielraum  derart  an- 
gebracht, dass  sie  frei  in  wagerechter  Lage  ab  nnd  auf  steigen  kann, 
welcher  Antrieb  ihr  durch  die  Excenterscheiben  gegeben  wird,  unil  Lrloich- 
zeitig  in  gelinde  osciUierende  Bewegung  kommt,  wodurch  die  Angrifi'sweise 
der  Schlagbnrsten  zu  einer  ebenso  nrten,  gleichmässigeu,  elastischen  und 
wirkungsvollen  wird,  wie  bei  der  gesehiektesten  Handarbeit.  Vermittelst 
eines  Hebels  werd<  n  dii»  Bürsten  auf  einmal  nach  oben  gehoben  und  ausser 
Betrieb  gesetzt,  die  Pfanne  mit  frischen  Kokons  gefüllt,  die  Bnistea 


t)  Centralbt.  f  Textiliad.  1875. 

Allg.  d.  polyi  Zeit.  1879.  7. 
*)  D.  R.«P.  40742. 


Digrtized  by  Google 


Mechanische  Kokonschläger. 


359 


herabgelassen,  wobei  sie  sofort  die  iVrbeit  aufnohiiien  und  so  lange  verricli- 
ten,  bis  eine  besontlere  \'orriclitan^  nach  einer  bestimmten,  beliebi<fen  An- 
zahl von  Stillägen  ihre  Ausserbetriebsetzunf^  automatisch  bewirkt.  Jede 
Schlajjfvorrichtung  kann  sechs  Haspelbecken  des  weiter  unten  Ijeschriebenen 
Systems  Cainel  von  je  sechs  Grejjefiiden  vereorgen,  und  pro  Stunde 
1,5  kg  Kokons  mittlerer  Qualität  verarbeiten;  eine  Arbeiterin  genügt  zur 
Beaufsichtif^ung  von  2 — 3  Börsten,    Die  Anordnung  ist  eine  reihenweise, 


Fig.  204.   KokonichUfter  Nourrit-Balre. 

in  unbeschrankter  Anzi^hl  von.  Einzi-l Vorrichtungen,  wodurch  sowolil  an 
Arbeitskraft,  wie  Raum  bedeutende  Ersparnis  erzielt  wird.  Bei  dem  Kokon- 
schläger  von  Coren-Buire  unterscheidet  sich  die  Wirkungsweise  von  der 
obigen  derart,  dass  die  Bürste  nicht  imr  eine  senkrechte  auf  und  ab  steigende 
Bewegung,  sondern  auch  «'ine  rotien-nde,  sei  <-s  in  einer  Richtung,  oder 
wechselweise  von  links  nach  rechts  oder  umgekehrt,  erhält.  In  der  Vor- 
richtung von  (Jiretti')  sind  mclin're  kleine  Bürstt-ukörper  einzeln  au 
federnden  Drahtspiralen  angesetzt,  wodurch  die  Arbeit  in  elastischer  und 
schonender  Weise  ausgeführt  w»>rden  kann;  es  giebt  sehr  viele  Modifika- 
tionen dieses  Prinzips  *). 

Das  Kochen  der  Kokons  lüsst  sich  bis  zu  einem  solchen  Grade  fort- 


>)  Ital.  Patent  31418  (1892). 

»)  Bruno,  Ital.  Patent  32437  (1892). 


360 


VerMhiedene  Verfahren  dea  Kochens. 


setseiif  dttSS  die  Flocken  und  das  äussere  Fadongewirr  IxMnahe  gänzlich  ab- 
gelöst werden  und  in  ihr  Tiugi'hun<r  der  Kokons  jiuf  dem  Wasser  schwim- 
men. Dieser  Uni^stuml  wurde  benutzt,  wm  das  eigentliche  Schlagen  nHer- 
ilÜ!»sig  zu  machen,  indem  die  ho  Ix-liaudelten  Kokons  einer  Reibwirkung  in 
dnem  besonderen  Apparat  nnterworfen  nnd  toh  der  Flockseide  befreit  wvtden. 
Die  meisten  dieser  Apparat •  leiden  indessen  an  dem  Übelstand,  dass  sie  ein 
sehr  gründliches  Einweichen  der  Kokons  voranssetzen,  wodnrdi  nli  lit  selten 
diis  (iefüge  der  eiffentUchen  Faser  zu  Grnndi«  *i-(ht.  Tn  einer  von  Berrell 
erdachten  Vorrichtung  'j  wird  dieser  Übelst^iud  vennieden,  indem  durch  eine 
etwas  grossere  Reilmirkangf  der  ungenügende  £illweiefaung^sgrad  aufge- 
wogen wird.  In  diesem  A|^rate  werden  die  gekochten  Kokons  inter- 
mittierenden, h^gen  Sinken  Ton  hetssem  Wasser  ausgesetzt  und  abwedt- 


selnd  nach  and  von  den  CfFnangen  eines  6ittei>i  oder  einer  ihnlichen 
Yorriclitung,  dnidi  welche  Wasser  fliesst,  getrieben.  Diese  öffiiangen 
aind  jedoch  zn  eng,  um  den  Durchgang  eines  Kokons  zu  gestatten.  Hierbei 
werden  die  Kokons  gegeneinander  und  geLfP"  das  f^'iÜrr  giriehiu  und  trennen 
sich  von  ihren  Flocken,  bcvnr  die  Kokouniaj^üe  dunh  Wirkun;^'  des  li<"is.seii 
Wassers  aufgelockert  wird.  Das  Ende  des  ununterbroclieueu  Fadens  ver- 
wickelt sieh  gewöhnlieh  in  den  Flocken  und  wird  an  diesen  befestigt  auf- 
gefunden. Ihis  Gitter  ist  derart  konstruiert,  dass  es  leicht  aus  dem  Be- 
hälter genommen  werden  kann,  wenn  iLr  Proziss  beendigt  ist;  an  dem 
Gitter  Ist  ein  Korb  oder  eine  ähnliche  Vorrichtung  befestigt,  welche  zur  Auf- 
nabme  der  Kokons  dient  und  da:^  Herausnehmen  derselben  aus  dem  Bassin 
«rleiehtot.  FSg.  205  ist  ein  Verttkalschnttt  des  Apparates;  ist  der  Beh&lter 
mit  WasKT,  welches  durch  einDampfrohr  F,  in  dem  dieDamp&nstr&mnng  mittels 
des  Hahnes  B  regulierbar  tat,  erhitzt  wird.  Durch  den  Boden  des  Behfilters 


»)  D.  R.-P.  8958T. 


Digitized  by  Google 


▼enchiadeikfl  Terfkhtwi  da$  Koehnni. 


361 


mfindet  Bohr  ao  «law  das  Wasser  dnrcli  dieses  Rohr  in  und  aus  dem 
BeMtter  und  in  und  aus  dem  Pnmpcylindcr  D  strömen  kann.  Ein  Hahn  F 
dient  zum  Entleeren  des  Apparntt^s  und  pin  Hahn  E  ermöglicht  das  Ent- 
weichen vou  uuter  dem  Kolben  beiindiicher  Luft,  mnss  aber  beim  Betrieb 
geschloflsen  wefden.  Der  ganze  Apparat  kann,  wo  es  pawti  ftu^gesteOt 
oder  Iwfestigt  werden;  in  der  Zeiebnnng  ist  angenommen,  er  sei  anf 
einem  Tische,  dessen  Platte  nut  TT  bezeichnet  ist,  angebracht.  Beim 
Beginn  jeder  Operation  winl  da'^  kreisförmige  f'ittcr  G  in  den  Be- 
hälter gestellt;  dieses  ist  an  >eimni  unteren  Ende  mit  tincm  flachen 
Korb  PP  vou  ungefähr  gleichem  Durchmesser  wie  derjenig».'  des  Be- 
hälters Tenehen.  Der  Betrieb  des  Apparates  erfolgt  folgendermafsen: 
Nachtltin  d;is  Wtissor  im  Behälter  B  erhitzt  ist,  weifleii  das  Gitter  G  und 
eim-  Partie  Kdkons  eiugtsetzt,  die  je  iiacli  ihrer  Heschafleuiieit  entweder 
vnrgekoclit  situl  oder  nicht,  und  der  Kolbeu  Ä  mittels  Hand-  oder  Maschinen- 
kraft in  dem  l'umpcjliDder  D  auf-  und  abbewegt.  Durch  die  Öffnungen 
des  Gitters  G  bindmch  werden  nun  heftig  hin-  und  hergdiende  Stritane  in 
den  Behälter  B  getrieben.  Die  Kokons  reiben  rieh  aneinander  nnd  an  dem 
Gitter  G,  so  dass  die  Flocken  rasch  entfernt  werden.  Unter  Einwirkung 
der  Wasserstrome  ballen  sich  die  abgelösten  Flocken  mehr  oder  weniger 
^U8ammen,  sodass  sie  leicht  aufgefunden  und  getreuut  werden.  Am  Ende  der 
Operation  wird  das  Qttter  0  ans  dem  Bebälter  genommen,  gleiclizeitig  auch 
der  Korb  JP  nnd  die  Kokons.  Doreh  eine  beliebig  passende  selbetthitige  Yw 
richtung  wird  nach  Verlauf  einer  bestimmten  Zeit  das  Gitter  heraosgehoben 
oder  die  Pumpe  zuin  Stillstajul  gebracht,  oder  beides  zugleich. 

In  dem  sogenauuteu  Enttiuckungnapparat  (deblazeuse)  vou  Gorde*) 
werdeu  die  Kokons  der  Einwirkung  kleiner  kannelierter  Walzen  nnterworfen 
(awri  von  40  mm  Durchmesser  und  drei  too  8  mm),  die,  raseh  rotbrend, 
das  änasere  Fadengewirr  ergreifen  und  von  den  Kokons  trennen.  In  dem 
Apparat  von  Bheotor*)  werden  die  Kokou.s  in  rinem  verschlossenen,  mit 
perforiertem  Doppelboden  virschenen  Hebälter  mit  Wasser  behandelt,  das 
durch  Dampfeiuleiteu  in  stark  aufwallender  Bewegung  erhalten  wird,  wo- 
dorefa  die  Kokons  dureh  gegenseitige  Bsibnng  von  der  Flw^sdde  befivtt 
werden.  Es  mnss  indessen  bemerkt  werden,  dass  all  die  zuletzt  genannten 
Apparate  eine  viel  zu  starke  Wirkung  ausuljen  und  für  zarte  Kokon- 
rassen ijar  nicht  verwendet  werden  können;  ihr  gegenwärtiger  Ofbraucli  ist 
sehr  beschränkt.  Dagcgeu  ist  es  nicht  ausgeschlosseu,  dass  sie  in  der  Zu- 
kunft fBr  dk  IfaBBenverarbeitwig  geringerer,  andk  wilder  SeMoiarten,  rieh 
bewahren  werden.  Sehr  rinnreieh,  aber  i&r  die  Praxis  von  geringw  Be- 
deutung ist  die  Serreirsche  Vorrichtung  zum  Putzen  der  Kokoiw,  welche 
die  SchlagoperaticMi  in  vollkommenster  Weise  ersetien  soll').   Die  Kokons 


»)  Ital-  Pitent  1456  (185>1), 
«)  Ital.  Patent  841  (l«91). 
D.  B.-P.  4»1S. 


Digitized  by  Google 


362 


Venohiedene  T«rf»liieB  da«  Kochent. 


werden  su  40 — 50  Stück  in  einen  BduUier  gebracht  nnd,  nadidem 

ein  Ende  «les  Flockengevrirrs  in  einem  enjfen  Schlitz  zwischen  Jtwei 
schmalen  Platten  luff^sti^t  wirileii  ist,  wird  dasselbe  durch  entsprechende 
hin-  und  herschüttelnde  Bewegung  dieser  Platten  von  dem  Kokou  enilerat. 
Die  anderen  noch  mit  Floehamde  umhüllten  Kokons  feigen  den  Beweguageo 
der  achaukelnden  Platten  nnd  nähern  eich  dem  SehlitM,  «fthrend  die 
geputzten  sieh  an  den  Seiteh  des  Beekens  aniwmmela  und  Ton  der  Arbeiterin 
weggenomni^^n  werden. 

In  vifli  n  Betrieben  wird  dem  .Schlagen  dej  Kokons  mit  den  Händen  vor 
dem  maschiiielleo  Verfahren  der  Vorzug  gegeben,  da  es  sich  trotz  fort- 
wfihrender  VervoUkonunnnngen  denutiger  Maschinen  nicht  leugnen  ISsst,  daas 
sie  ilire  Arbeit  in  wenig  schonender  und  sn  gleichmiwaiger  Weise  Tmichten, 
wahrend  es  kaum  zwei  Kokonrassen  giebt,  <He  in  iranz  gleicher  Art  geschlagen 
werden  ■-ollten.  Die  Praxis  des  Knknn^^chlagens  mittels  der  llande  nnd  die  dabei 
in  Auwendung  kommenden  HaodgriiVe  luMi^en  sich  kaum  besciireilx'n,  .sie  müssen 
dnrch langjährige  Übung  enrorben  werdea,  weshalb  jetit  DbeniU  dieOperattonen 
des  Sehlagens  und  des  Haspelns  getrennt  gehandhaht  werden,  um  der  he- 
ti'  fTeiiden  Arbeiterin  die  Möglichkeit  zu  geben,  sich  in  einer  dieser  Rich- 
tungen speciell  zu  verrollkotnmnon.  Eiu  zu  kurzes  Schlagen  verfehlt  seinen 
Zweck«  ein  za  langes  und  starkem  greift  deu  eigentlichen  Kokonfaden 
an  und  führt  in  Verlusten«  Ausserdem  verlangen  jede  Basse  und  Gattung 
Kdcons  eine  besondre  Art  nnd  Weise  des  Schlagens.  Aus  diesem  Grande 
haUn  die  niechanisdien  KokonschlKger  bis  jetzt  keine  aui^edehnte  Verwen- 
dung finilen  können. 

10  Einweichbeckeu  entsprechen  25  Kokonschlügeru  und  lOÜ  beiden« 
haspeln. 

Beim  Sehlagen  werden  von  dem  rotierenden  Besen  sugleich  mit  der  Flock- 
seide auch  die  Enden  der  Kokonfaden  erfas^t,  die  alsdann  in  der  Zahl  von 
3,  6  oder  8,  je  nach  der  gewünschten  Dirke  d»  s  T\(>lif^eidenfaden8, 
von  der  Arbeiterin  zn  einem  Faden  vereinigt  werden,  was  dadurch 
erleichtert  wird,  dass  die  feuchten  Kokonfäden  durch  deu  sie  überzielienden 
erweichten  Seidenlmm  aneinander  haften.  In  jedem  Haspelbecken  werden 
einige,  m(>istens  zwei  oder  drei,  Gruppen  von  gleicher  AniabI  Kokons  ge- 
bildet und  dementi^pn  chi  nd  von  einer  Arbeiterin  2,  3,  selten  mehr,  Roh- 
seidenfäden  gezog<  n,  wa«  man  Haspeln  zu  zwei,  drei  u.  s.  w.  Fäden  ffilage 
a  deuXf  trois  ou  piasieurs  boatü)  nennt.  Von  der  Weise,  wie  die  Jtioh- 
sndenfilden  auf  ihrem  Wege  zum  Haspel  geführt  werden,  hingt  das  System 
des  Haspelns  ab.  Man  unterBcheidet  gegsnwirlag  awei  Arten:  das  italienische 
Haspeln  (a  la  tavelle)  nnd  das  französische  (jk  la  Chambon).  Bei  dem 
ersterpn  gelangt  jedt  r  einzt  lnf  Roliseidenfaden  gesondert  aut'  den  H;\s]it'l;  die 
zweite  Art  besteht  im  vorübergehenden  Zusammendrehen  der  beiden  lioh- 
fäden  vor  dem  Aufhaspeln;  infolge  der  Reibung,  welclie  dabei  die  noch 
feuchten  und  weichen  BohseidenfUden  erleiden,  werden  sie  «nigmnalsni 
abgerundet  nnd  die  einselnen  Kokonf&dchen  unter  gleichseitiger  ErhOhnog 


Digitized  by  Google 


Methoden  de«  Kokonbaspelns. 


363 


des  Glanzes  uud  der  (ilätto  inniger  miteinander  verbunden.  Ausser^ 
dem  ^'t■»taitet  die  Chambon- Methode,  sich  jederzeit  von  der  gleichen 
Dicke  resp.  Stärke  der  beiden  ElohseidenfUden  zu  vergewissern,  indem  die 
Kreuzungsstelle  in  diesem  Falle  unl)eweglic'li  in  der  Mitte  der  liienu  an- 
gebrachten scliwarzen  Tafel  verbleibt,  jedoch  nach  links  oder  rechts  schwebt, 
wenn  der  eine  Faden  stärker  zieht  resp.  ist,  als  der  andere.  Das  Verfahren 
ä  la  Chambon  besitzt  indessen  den  Ubelstand,  dass  infolge  der  Spannung, 
welche  begreiflicherweise  bei  dieser  Kreuzung.sart  stärker  ist,  das  Reissen 


Fi(.  106.   S«ldeiibMp«l  nach  iUlleniscbcr  Art. 


leichter  stattfindet  und  die  Unregelmässigkeiten  des  fertigen  Gespinstes, 
Knoten  und  Flocken,  sowie  Abfälle  in  grösserem  Mafse  hervortreten,  als  bei 
der  einfacheren  italienischen  Methode. 

Beide  Systeme  stellen,  in  quantitativer  Hinsicht  verglichen,  folgendes 
Verhältnis  dar.  Um  ein  kg  Seide  zu  verhaspeln,  sind  nach  der  italienischen 
Methode  5  Tage  4  Stunden,  nach  der  von  Chambon  5  Tage  8  Stunden  er- 
forderlich. Das  (iewicht  der  Kokons,  um  dieses  Quantum  Seide  zu  er- 
zeugen, beträgt  liei  der 

Art  ä  la  Chambon    .    .    .    4,662  kg 
Italienischen  Art  ....    4,738  „ 

die  erstere  liefert  somit  grössere  Ausbeute,  l)ei  der  weiteren  Verarbeitung 
der  Grege  jedoch  mehr  Abfalle  (l'/j,°/o)-  Qualitativ  unterscheiden  sich  die 
nach  den  beiden  Methoden  erzeugten  Gespinste  nur  unbedeutend: 


364 


Methodoii  de«  HMqpebs. 


Titn      Fertigkeit  Elastiiilit 

Italienische  Art  .   .    11,39  42  160 

Art  i  la  Ghambon  .   10,81  44  152 

Da  ^  allgemnne  Ebriditaiig  der  Haepelapparate  beider  Syeteme  bis 
«nf  die  ErensungaTorrielitai^  gleiohurtig  ist,  so  «iid  nndisteliend  dne  d^ 


Ha  tOT.  KrenraoR  k  U  ChAmbon  (I  Spinner,  8  enil  SIf,  IM.  Xrawnf  4  !■  iinMU. 

Kiwnxung,  3  UUMnge,  4  tweiU  Sr«iuans). 

taillierte  Beschreibung  des  ilaspelstables  nur  nach  der  Methode  Cbambon 
gegeben.  Der  italienisdie  Apparat  ist  mit  ein«r  einfBoheimi  Kmsnngsroi^ 
riehtnng  Teisebeii}  die  dem  eintelne»  Faden  eine  leiehte  Drehung  erteilt. 


Digitized  by  Google 


Ootoliiohto  das  SaMjwifc^ffpftji, 


365 


Obwobl  die  heutige  maschinelle  Cinrichtong  des  Seidenhaepela  ak  eine 

verhältuismasPig  wonig  komplizierte  bezeichnet  werden  kann,  so  war  sie  nr- 
8pränglich  noch  viel  einfacher  und  bestand,  wio  dies  noch  gegenwärtig  bei 
einigea  Völkern  Asiens  der  Fall  ist,  aus  einer  Schüssel,  in  welcher  die 
KokoiiB  auf  ftwem  Feuer  gckodii  weideDi  «m  denn  ihrra  Feden  an  canen 
ein&elien  von  Hand  liewegten  Haapel  abrntgeben.  Der  Giammatiker  nnd 
Schriftsteller  Jean  de  Garlande  führt  in  seinem  nm  das  J.  1220  henraa- 
gegebenen  Wörterbuch«'  unter  „trahale"  oder  ,.trftuil"  einen  Apparat  an, 
dessen  sich  die  Frauen  zum  Sspumeu  der  ^ide  bedienten  und  der  wahr- 


tO».  MiMMtaMptl  is  Awnm  Cl  Invm«  I  LmMoi*}. 


acheiolich  ein  einfiMsher  SeideuiuMpel  war.   Weaeniliche  YorTOllkcMnnmQng 

erhielt  der  Heidenhaspel  durch  den  Bologneser  Borghesano  (1272),  die  bie 
zum  Jahre  1638  ausschliejelii  lies,  gnt  bewahrtes  Geheimnis  seinpr  Vater- 
stadt geblieben  ist.  Bolzini  und  Fardini  verpflanzten  die  KuuBt  nach 
anderen  norditalieuisclien  Städten  und  bilssteu  ihre  Tbat  mit  einem  grau- 
eamen  Tode,  ügolino  führte  den  neuen  Seidenliaspel  nach  Modena,  Be- 
nay  luicli  Franknich  über  (1670),  Die  ursprUn^ehe  Kreuzungsvorrichtnng 
bestand  aus  zwei  Walzen,  welche  den  Faden  znsainmendrückten,  wurde  aber 
nacbtriiglieli  (1724)  von  den  Picmontcsen  derart  verbessert,  dass  die  Kokon- 
fäden von  einer  iSchiiar  üiehrfach  umschlungen  und  unter  Druck  zusammen- 
gefügt wurden').  Nachträgliche  Verbesserungen  einaelner  Teile  der  Ma- 
adiine,  wie  dee  Antriebe,  der  Krensnng,  Pluine  u.  e.  w.  rühren  her  Ton 


It  tetilido  OTTWO  niMmnjfl  dodtoi  di  Fr.  Qxiidiai  sie.  TeroD»  1199, 


Digrtized  by  Google 


366 


Der  Seidenbaspel. 


Rouvifere»),  Vaucanson*),  Villard«),  Moretti«),  Pulleyn»),  ferner 
Leonard),  Teriani.  Reanmnr,  Heathcoath  u.  A. 

Die  wesentiicheu  Teile  einer  in  der  heutigen  öeidenindaatrie  üblichen 
HaqwlTwrriehtiiiig  amd  folgende: 

1.  1^  mit  Waanr  gefUltes  Haepelbecken,  wdebes  ellipMidUe  oder 
halbcylinderfonnige  Form  besitit  und  40  cm  Durchmesser  bei  10  em  Tiefe 
misst,  wird  dun  h  Dampfheizung  auf  eine  bestimmte  der  Feinheit  der  Ko- 
kons entsprech»  Ilde  Temperatur  yon  40 — 66°  C.  erwärmt  und  dient  snr 
Annahme  der  Kokons. 


Fig.  210.  KokookaapelB  la  Cliliuk  Hg.  Sit.  BoIimu  da»  Seidaiihaipria. 


2.  Ein  „Spinnor**  (fili^)  oder  Fadenleiter  in  Form  einee  Olannges 

hat  den  Zweck,  durch  seinen  engen  Gang  die  Vereinigung  einzelner  Kokon- 
flden  zu  einem  dichten  und  einheitlichen  Grigefeden  in  bewirken. 

3.  Eine  Kreuzungsvorriclitimg. 

4.  Ein  Knoten rei.s8er  (coupe-mariage),  der  au.s  glü.'^erneu,  aneinander- 
li^mden  Walien  beetehtt  swiachen  welehen  ein  engor  Sebltta  Torliandeii 
ist;  durch  den  letiteren  geht  nor  ein  normaleri  glatter  Faden  dnreh,  jeder 
Knoten  wird  dagegen  angehalten. 

Fig.    211    8t<'llt    die    Seitenaii.siclit    eine.s    Seidenhaspels   nach  dem 
'    System    Chambon    dar.     B  ist    eine   mit    warmem    Wasser  gefüllte 
Metallpbnne;  h  ein  ge».chw&nteB  Brett,  von  wekbem  neb  die  Krounmg»- 
•tfllle  der  beiden  Fiden  deutlich  abhebt  nnd  snr  Kontrolle  ihrer  ^eiofe» 
mierigen  BeeebafSenbeit  dient.  Jeder  ana  mehreren  Kokonfidehcn  geMMete 


>)  MAB.  de  TAead.  1744.  p.  62. 

»i  it.ia,  1761. 

*)  Encjclopäd.  m^Oiodiqiie.   Pari«  1784.  I. 
*)  Meto.  däUa  Aead.  teiüe.  Hantaa.  L  454. 
*)  PMUnopUeel  TVeasaettoni  for  1769.  p.  11. 


Digitized  by  Google 


Der  S«idenhBip«L 


367 


Rohsddeiifiid«!!  a  irird  dvrdi  «ine  Öffbimg  des  Stäbchens  e  gelttlirt,  sodaiin 

kreuzen  sich  die  beiden.  FUen  Tor  6*  gehen  dnrdi  das  Glamng»  am  Ende 
des  Stabt?«  g,  krenzpn  sich  nochmals,  gehen  durch  die  Glasatigon  Ä,  dann 
durch  die  Haken  /  einer  hin-  nnd  htTgehcndmi  .Stange  and  gelangen 
eobliessUcb  zuiu  Haspel  k.  Die  SiÄho  g  und  k  sind  an  einer,  einerseits  au 
das  Oerilste  des  Haspels,  aaderendti  an  den  Stander  dos  Bedkens  ange- 
sebianbten  Stange  befestigt  und  mit  Bobten  vwsdien,  in  welcban  sie  etwas 
drrhbar  sind,  damit  >ie  der  Teränderlicben  Spannung  der  beiden  durch  sie 
geln  uden  Fäden  nachgeben  können.  In  der  Nähe  de«!  Fadenfuhrers  Ä  sind  au  der 
ilauptMtange  zwei  kleine  verschiebbare  Stangen  angebracht,  an  deren  Enden 
siob  in  der  Ebme  des  Fadens  seheerenartig  gcgensinaader  gekehrte  Bileewr 
befinden,  die  den  Zwedc  haben,  den  Faden  abzuschneiden,  fslls  dieser 
infolge  ungleicher  Spannung  und  Verstellung  der  Stübe  g  \ind  h  eine  falsche 
Lage  angenoniinen  haben  «ollti  Itip  Achse  des  Haspels  k  ruht  auf  dem 
Gerüst,  au  ihr  sitzt  eine  Kieiueuücheibe  und  ausserhalb  derselben  noch  eiue 
SehnniroUe.  m  ist  der  Riemen,  der  die  Scheibe  des  Haspels  mit  der  anderen 
Terbindet.  Dieser  Riemen  ist  an  ond  für  nch  loeker  gespannt,  Icann  aber 
später  durch  eine  am  Hebel  sitzende  Rolle,  dessen  anderer  Arm  als  Brems- 
haken sich  auf  die  Haspelrollc  l^gen  kann,  anfiezogen  werden.  j>q  i.st  der 
Drahtzug  mit  Tritt,  um  die'  Rolle  nach  Bedarf  mehr  mler  weniger  auf  den 
Riemen  m  drücktu  zu  la^eu.  Der  vom  Haspel  k  etwa  20  cm  entfernte 
Fadmfahzer  oder  Lanfstoek  liegt  sirisohen  der  Stange  A  und  dem  Haspel. 
Die  Fäden  passieren  die  Haken  t,  die  an  d«r  Fihrungsstange  sitzen,  wäh- 
rend sich  die  letztere  nach  links  und  rechts  bewegt,  welche  hin-  und  her- 
gehende Bewegung  ihr  Termittelst  einer  an  der  Achse  u>  befestigten  Kurbel- 
Scheibe  mitgeteilt  wird. 

Es  ist  wesentUdi,  daas  die  SeidenfSden  anf  dem  Haspd  nicht  an  der^ 
selben  Stelle  oder  dicht  neboieinander  und  nicht  parallel,  sondern  unter 
spitzen  Winkeln  aufeinander  gelegt  werden,  da  in  entgegengesetzte  i  i  VwVi 
die  noch  feuchten  Rohseidenfaden  sich  miteinander  verklehon  würden.  Ans 
diesem  Grunde  Wniüht  man  sich,  sie  m  trocken  wie  möglicii  auf  den 
Haspel  gelangen  zu  lassen,  was  durch  gute  Ycntiliertmg  und  Hei- 
ning der  Haspelrftume  erreicht  wird;  etwas  Feuchtigkeit  mnss  indessen 
vorhanden  sein,  da  ein  zu  trocknet  I'  i  1  vauig  elastisch  und  brücliig 
wird.  Man  bringt  den  Haspel  zuweilen  in  einen  durch  warme  Luft  oder 
Dampfrohr  gelK-iztt  n  öehrank,  wodurch  das  Trocknen  der  Rohseidenfäden 
fast  momentan  ütattÜDdet.  Der  i'adeuführer  hat  einen  Lauf  von  6 — 7  cm 
und  macht  densdben  in  gleicher  Zeit,  wie  der  Haspel  awei  Drittel  seiner 
Umdrehung;  unter  diesm  Umstanden  wird  der  Zwedc  einer  Kreuzleguiig 
der  Fäden  vollkommen  erreicht  und  der  Haspel  müsste  ea.  70000  Umdre- 
hungen macheu,  damit  ein  Faden  ein  und  dieselbe  Stelle  hintereinander  an- 
tretlen  könnte. 

Der  eigentliche  Haspel  hat  die  ubUche  Konstruktion  «ner  sechseckigeo 
Lattentrommel  und  wird  mit  der  Hand  oder  mechanisch  betrieben,  im 


Digitized  by  Google 


368 


Der  Seidenbaspd. 


totsteren  Falle  ist  er  mit  einer  Yinriehtmig  cnr  Erzaelnng  Tftriabl«r  üm- 

drehnngsgeschwindigkeit  verselun. 

Der  Umfang  der  Haitpelirommel  bat  keine  bestimmte,  festgesetzte 
Gröflse,  sunderu  variiert  in  Terschiedeuen  Ländern,  je  nach  bestellendem  Usus 
imd  QaaUtftt  der  Grige.  In  Frankmeh  betrigt  der  DurdinueBer  ge« 
wohnlich  0^5  und  0,76  m«  ^tsprechend  einem  Umfang  TOn  1,5  und  2,25  n. 
Für  einen  noch  zuweilen  gehräuclilielieu  Durclimesspr  von  0,0'^ — 0,72  ni 
ist  dtT  üiiifiing  1,10 — 2,04  m;  der  llaspi  l  maclit  80 — 100  Touren  pro 
Minute  und  die  Geschwindigkeit  des  Fadens  betragt  2,7 — 3,6  m.  Ein 
Baspel  vom  DnrdimeMer  0,46  m  madit  130—140  Touren  nnd  die  Fadm- 
gescliiriBdiglceit  lat  2,ft6 — 3,20  m.  Chinesische  Hasp4>In  haben  enuni  Durch- 
messer von  1  m.  Die  grosste  zulässige  Geschwindigkeit  für  eine  dünnfidige 
Rohseide  betrügt  4,5  m,  ft5r  eine  clickfädige  7.5  m  pro  Minute.  Nachdem 
der  Strang  am  Haspel  25ÜU — 3000  Touren  gemacht  hat,  en><  t7,t  mau  den 
Haspel  doreh  «aen  friiehMi.  IM»  Leiatnng  «iner  Hftqpkriii  beträgt  folgende 
Mengen  Boheeide  täglich,  unter  der  Yorwueetgrong,  deae  sie  die  Kckom 
aelbet  achllgt 

Für  einen  Faden  tau  8  Eokona.   .   .  200—220  g 

„      „      „      „4      „    .   .   .  260-290 

II       n       11       11  5       „     .    .    .  320  350 

it       1»       »1       «6    410—425  „ 

„      „      „      „7      n    •    •   .  480— ßOO  „ 

Von  (ii'n  älteren,  besonderen  Konstruktionen  des  Seidenhaspels  mögen 
folgende  erwühut  werden.  In  der  Maschine  von  Mylius  sind  4  Haspeln  im 
Quadrat  angeordnet,  ao  deas  je  swei  nch  gegenseitig  dra  durch  ihre  üm» 
drehnng  erregten  Luftzug  zufuhren  und  damit  das  Trocknen  des  Gespinstes 
auf  dem  liiispel  befijnlcrn.  Der  Hauptzweck  des  Barbi ersehen  Haspels  ist 
die  Kuotcnbildung  (mariaj^es)  zu  verliindrrn,  und  zwar  auf  die  ^Veise,  das» 
die  Fadenführcr  sehr  rasch  hin-  und  herbewegt  werden,  so  dass  die  Dorcb- 
kreuznng  der  Fadeuwradongen  unter  etampfisn  Winkeln  st«ttfindet.  Zu 
gleicher  Zeit  empfangen  die  Fäden  einseln,  ohne  neh  swiaehen  den  bewege 
liehen  und  feststehenden  Fadenführern  zu  verschlingen,  einen  gewissen  Grad 
Ton  Drehung,  wodurch  sie  gepresst  und  geglättet  werden.  Der  hierzu  be- 
stimmte Mechanismus  ist  sehr  einfach  and  besteht  aus  kleinen  Köllen, 
ipekhe  durdk  endloee  SchnQre  angedreht  werden  und  durch  deren  Mittel- 
pnnkt  die  Robseidenfiden  ihren  Weg  nehmen,  um  auf  den  Haspel  cn  ge- 
langen. Ausserdem  ist  hier  eine  besondere  Vorrichtung  getrofifen,  um,  im 
Fall  des  Rfissens,  der  TTasplerin  die  Möglichkeit  zu  geben,  den  Haspel 
augenblicklich  an  sich  zu  ziehen  und  das  verlorene  Fadenende  zu  ergreifen 
und  anzuknüpfen.  Dieee  Verbesserung  ist  von  Wichtigkeit  besonders  fiir 
solebe  Konetruktionen,  wo  der  Ihspel  siemlieh  weit  entfernt  Ton  der 
Haaplerin  liegt.  Zum  Zweck  des  Abdichtens  und  der  Rundung  des  Fadens 
lind  am  Barbierschen  Seidenhaspel  mit  Taeh  auffütterte,  rotierende 


Digitized  by  Google 


St^idcnbaspd.  369 

Triclitcr  angeordnet ,  wie  sie  in  vielen  andprcn  Yorrichtanjren  dieser  Art 
neueren  Datama  vorkommen.  Zu  denuseiben  Zweck,  der  Hervor bringtin^  der 
Fadeudrehuug  durch  Friktion,  sind  noch  andere  Mechanismen  konstruiert 
voo  Dentsot,  bei  welchen  die  Beibuug  der  Fideu  va  d«i 
Seitenfliehen  ein«:  mit  Tueh  bekleideten,  sehnell  rotierenden  Scheibe  erfolgt 
üm  an  den  Ej-en zu ngflst eilen,  wo  Verschlingungen  der  Seidenfäden  ftm  leicb« 
testen  stattfindon,  dip  Knotenbildnnif  7,11  verhindern,  hat  man  in  gleichem 
Mafse  zahlreiche  Vorrichtungen  konstruiert.  Da  die  Mariagen  nicht  immer 
Tennieden  werdra  kiSniien,  so  ist  dma  Hmptsiel,  im  Seiden&dea  beim  Bruch 
einet  einagen  Kokonfaden«  angenblickli«^  abzarebsen,  um  ao  einer  naeh- 
liUsigen  Hasplerin  unmöglich  zu  machen,  nach  detn  Zusammenlaufen  der 
Faden  noch  tnue  Weile  fürt7,uliasp(dn.  Von  dioser  Art  ist  die  sogenannte 
„COupe- manage''  in  den  ueueieu  Konstruktionen  der  .Seidenhasptd.  E» 
existieren  eine  Menge  derartiger  Vorrichtungen,  u.  a.  von  Verna},  La« 
eombeft  Barrois,  Chambon,  Nonrry  und  Gensonl*).  In  dem  Apparat 
?on  Kodier  kommt  der  Haspol  in  dem  Augenblick,  wo  die  I&riage  stattfindet, 
7nni  Sti]l^taud.  Der  Seidenhaspcl  mit  Ziildvorrielitim^  von  Heatheoat  ist 
für  eine  nielirfaelie  Kreiizuii;,''  eingerichtet.  In  dem  Haspel  von  Durau  ge- 
hören zu  jedem  Wasserbecken  drei  Haspel  und  die  Seidenfäden  werden 
nnter  sich  selbst  gekreozt.  Es  giebt  auch  Seidenhaspel  mit  elektriseber 
Abstellung  beim  Bruch  eines  Kokonfadeoa^,  durch  welche  Einrichtung  eine 
kaum  Lclauldiclie  Steigernnp^  der  Ausbeute  von  6  Pfund  engl.  =  2,722  kg 
auf  40  Piiind  —  18,144  k<r  wwlieutlich  ermöglicht  werden  soll. 

Unter  allen  beim  Abhaspeln  vorzunehmenden  Verrichtungen  ist  das 
Anlegen  der  EokonfXden  unbestreitbar  diejenige,  welche  die  meisten  Sohme- 
rigkeiten  Hetet.  Dieses  Anl^n  findet  statt,  wenn  ein  Kokon  abgesponnen 
oder  abgerissen  ist  und  besweektf  den  H  diseidenfaden  immer  auf  einer  be- 
stimmten, gleichen  Starke  bez.  Fadeudicke  zu  trhalten.  Znm  Anlernen  er- 
fasst  die  Hasplerin  das  freie  Ende  ein^  Kokons  und  reisst  davon  zunächst 
ein  Stfiek  so  ab,  dass  das  annlegnide  Fadenende  auf  dem  Zeigeiinger  der 
rechten  Hand  li^en  bleibt;  doreh  eine  geschickte  Bewegung  wirft  sie  dies 
Fadenende  vom  Zeigefinger  auf  das  sieli  aufwärts  bewegende  Fadenbündel, 
welche?«  Jones  Endo  raitnimnit.  so  dass  sich  der  angelegte  Kokon  ebenso  ab- 
spinnt oder  haspelt,  wie  die  übrigen.  Zum  Anlegen  gehört  eine  leichte 
Uand,  grosse  Geschicklichkeit  and  viel  Übung;  die  Hasplerin  uiuss  den 
Faden  so  abreissen,  dass  er  nur  mit  einem  kürten  Ende  auf  dem  Finger 
liegi'u  Moibt,  denn  ist  dies  Ende  zu  lang,  so  verschlingt  es  .sich  auf  dem 
Gregefaden  zu  Löckchen  und  macht  ilm  flannn'i^;  ist  da;^'t'L(eii  das  Ende  zvi 
kurz,  so  ist  es  wieder  .schwer  anzulegen.  IHe  Foli^'en  siud  wiederh<dte 
Zeitverluste,  die  um  so  mehr  zu  beklagen  sind,  als  währeud  der  Zeit 


»)  Pcscrirtion  des  brev.-ts  expir.:..  Ud.  XXYI,  LI,  XIVUI,  ZIVIII,  XL1L 

Scientific  American,  Ud.  4Ü,  S.  40. 
Sllbcraiaa,  DI«  S«lte  24 


Dlgitized  by  ÜOOgle 


370 


Mecbauiiche  Fadenanleger. 


dM  Abhaspeln  der  übrigen  Kokons  stattfindefc.  Der  Robseidenfaden  wird 
infolge  dessen  zn  dünn  niul  unrepfelmiissiir,  ein  Manircl  von  nicht  ge- 
ringerer Bedeutung,  als  der  erstere.  iiinzuzufügeu  ist  nocli,  dass  un- 
geübte Arbeiterinnen  den  Faden  sehr  oft  so  dtlnn  werden  lassen,  dtm  er 
reusfc,  und  daas  die  sani  Wiederfloitmaehtn  nBÜge  Arbeit  seitnmbeod  und 
mühnun  ist.  Hieraus  folgt,  dass  eine  ungeschickte  Rasplerin  wenig  S<  id  - 
aus  einem  Kokon  zieht,  dazu  eine  unter«;eor(lncte  Rohseide  onreiigt  und 
viel  Abfülle  verursacht.  Mau  war  «laher  i)einuht,  eine  Vorrichtung  zu  er- 
finden, welche  ein  vollkommenes  Anlegen  auf  mechanischem  Wege  ge- 
•tetten  w&rde.  IKe  meisten  der  Torgesehlagenen  Yorrichtnngen  bestehen 
aus  einer  Glocke,  einem  Konus  oder  einer  Drehscheibe,  durch  deren  bohle 
Achse  der  sich  aufwärts  bewegende  Faden  hindurchgeht,  und  einer  schnei- 
denden oder  stumpfen  Einrichtung,  welche  das  nicht  anzuh  j^'ende  Ende  des 
Kokonfadens  abschneidet  oder  abbricht.  Eine  Besonderheit  aller  dieser  Vor- 
schläge besteht  darin,  dass  deren  Urheber,  von  dv  UnmSgliehkeit  fibersengt, 


HS-m.  rMMmatn  to»  Omi  (BdnttO.    ng-SUL  atOwAMMM  (1  MHanato  BdHib«  I  aahUb* 

Mll,  S  XokoaMca). 

das  Fndi-  sf)  kunr  anzulegen,  ilass  jedes  Kriins(dn  vcniiieilen  werde,  dieser 
Unvollkuiumeuheit  dadurch  abzuiielleu  .suuliteu,  dass  sie  auf  den  Kokonfaden 
bei  dessen  Ein-  und  Austritt  aas  dem  Apparate  einen  gewissen  Dniek  ansahen. 
Eine  der  besseren  Einrichtongein  dieser  Art  ist  der  1886  von  Camel  in  Lyon 
konstraierte  Fadcimnlt  Lrer,  dessen  Wirkungsweise  folgende  ist.  Nachdem 
der  Gr^efaden  durch  die  Vereinigung  einer  gewissen  Anzahl  von  Kokon- 
fäden gebildet,  durch  die  Röhre  T  hindurch  nach  dem  Haspel  geführt  wird, 
genügt  es,  nm  einen  nenen  Kokon&den  einanschalten,  dessen  freies  Ende 
in  die  Nähe  emer  auf  dem  Fadenleiter  rotierenden,  am  Rande  gelnrbten, 
linsenförmigen  Scheibe  L  m  bringen,  indem  man  einfach  den  das  Ende  hal- 
tenden Fini^cr  an  dem  zwischen  L  und  der  oberen  f Jabel  liriri  inlcn  Teil  der 
äusseren  Köhre  vorbeiführt.  Indem  die  mit  grosser  Ge.schwindigkeit  (1800  Tour, 
per  Minute)  rotierende  Linse  L  das  loae  Fadenende  erfasst,  biegt  sie  das« 
selbe  an  swei  Teilen  nm,  wehihe  sich  einander  in  der  Horisontalen-sn  nähern 
suchen.  Der  unteif  Teil  wird  jiun  durch  die  Schwere  des  Kokons  Tei^ 
anlasst,  sich  in  spiralförmigen  Windungen  um  die  Röhre  au  legen,  wobei 


Digitized  by  Google 


Msdukniacbe  Fad«iiuilafer. 


371 


«r  an  die  unbeiragliehe  Bfflure  gelangt  und  reinL  DieMs  xnui  freie  Ende  wird 

Tenuitielst  einer  Achat5ffhung  auf  dem  Rande  an  den  Himpl&dcn  angelegt. 
Das  Anlegen  findet  in  regelmianger  Weise  statt,  wie  am  den  Fig.  214 
hia  217  ersichtlich  ist. 

Dieser  nnd  ähnliche  Apparate,  welche  mechanische  Anleger,  «gette  bouta" 
oder  „aitadie-b»Te"  genannt  werden  nnd  gewtthnlieh  an  dem  Padenldter  an- 
gelnwsht  sind,  so  daas  sie  auch  den  üblichen  Namen  ,ffiUdre-attache-bave** 
tragm,  haben  in  der  Frazie  anagedehnte  Verwendung  gefunden  und  dazu 


L 


»f.  M4-SIT 
Ii  b 


BIM  d«r  BokMidia  btlm  AnlAfcn  mit  der  H«ad  (k  TOB 
;  e  TOD  d«a  iMebaa. 


»ma  vmgrtn.«  d  tob 


beitragen,  die  UnregetmSnigkeiten  in  der  Gr^  weeenilioh  an  ver- 
ndndem. 

Die  sogenannte  „ filiere- attache-bave"  von  Michaud,  Francezon  & 
Bertbaad')  besteht  aus  der  ii>7Hchen  rasch  rotierenden,  an  einer  Stelle 
ausgekerbten  Scheibe,  oberhalb  welcher  ein  mit  üiaskügelchen  oder  Schrot 
gefüllter  Behilier  angebneht  ist,  durch  desMn  Immes  der  gebildete 
Gidgebden  hindotehgebt,  der  duieb  die  Frikiionswirknng  der  Eugdn  ver^ 
dichtet  wird,  üm  die  letztere  zn  verstärken,  w ii  I  i?  inh  den  Bdialter  ii^ 
gend  ein  Gas,  komprimiertp  Luft,  Dampf  itc.  Ii  iudurc  littet  rieben. 

In  dem  Fadenanleger  von  Chiesa*)  ist  die  steriiartige  Anlege-  mit  einer 
Kreuzungsvorrichtuug  verbunden,  zu  dem  Zweck,  die  Verbindungsstelle  un- 
kenntlieb  su  machen;  ein  kreuitender  Hil&faden,  durch  besondere  Rollen 
in  Bew6|gou;^^  ^nst-t/i,  umschlingt  den  Seidenfaden,  welcher  dann  auf 
einer  andereii  Rnllf  durch  Friktion  geglättet  wird.  Es  winde  zu  weit 
führen,  an  diisi-r  Sti  lle  alle  neueren  Konstruktion rii  des  Fiulerianlegcrs  ein- 
gehend, zu  behandeln;  die  wichtigsten  davon  sind  iu  di-nx  Nachweis  der 
Patentqoellen  enthalten. 


1)  muenMliM  Patent  1&02U  (1886). 
■)  Ital.  FtttMit  82497  (t898). 

24* 


Digitized  by  Google 


372 


Seidenhaspel  von  Camel. 


Die  europäischen  Seidenartea,  welche,  was  Schönheit,  Feinheit  und 
Glanz  der  Faser  anbetrifift,  ihresgleichen  suchen,  verhalten  sich  beim 
Haspeln  insofern  ungünstig;,  als  dasselbe,  um  Risse  zu  vermeiden, 
mit  grosser  Vorsicht  und  Behutsamkeit  vollzogen  werden  umss.  Die  rela- 
tiv geringe  Geschwindigkeit  des  Haspels  ist,  weil  sie  den  Abfall  verringert 
und  die  Aufsicht,  sowie  Regulierung  der  Fadenstärke  erleichtert,  fdr  die  Er- 
zielung tadelloser  Gespinste  erforderlich,  ergiebt  aber  naturgemäss  im  Ver- 
hältnis zur  Zeit  auch  kleinere  Ausbeute.  Zahlreiche  Versuche  sind  gemacht 
worden,  um  letztere  zu  vergröasern;  das  Haspeln  nach  dem  italienischen  System 
(ä  la  tavelette),  das  einer  Arbeiterin  gestattet  drei,  vier,  sogar  bis  sechs  Grege- 


fig.  218.    SeMenbupel  Ton  CuneL 


faden  zu  führen,  ist  in  dieser  Hinsicht  vorteilhaft,  die  Kreuzungsart  des 
Fadens  jedoch  auf  diesen  selbst  nicht  ohne  Nachteile,  so  dass  alle  klassischen 
Gespinst-e  nach  dem  Chambonsystem  erzeugt  werden,  obwohl  damit  in  der 
Regel  nur  zwei,  selten  vier  Fäden  gehaspelt  werden  können  und  die  grössere 
Haspelgeschwindigkeit  mehr  Abfall  verursacht.  Das  Problem,  welches  somit 
darin  bestand,  unter  Beibelialtung  der  Chamlwnkreuzung  mehr  als  zwei  oder 
vier  Fäden  haspeln  zu  können,  ist  von  Camel  in  der  Welse  gelöst  worden, 
dass  er  mehrere,  in  der  Regel  sechs  Gregefuden  paarweise  aus  einem  ge- 
meinsamen Becken  auf  nebeneinander  gelagerte,  aber  sonst  unabhängige 
Haspel  laufen  lässt.  Die  Einrichtung  besteht  in  folgendem.  Die  Faden- 
auleger sind  gewöhnlich  zu  sechs  auf  einem  gemeinsamen  verschiebbaren 
Ständer  angebracht,  um  sie  zur  Bequemlichkeit  der  Hasplerin  nach  vom 
oder  hinten  verschieben  zu  können;  ihre  Geschwindigkeit  beträgt  1800  Tou- 
ren pro  Minute.    Die  Fadenführer  (barbins)  sind  auf  Metalldrähten  (tring- 


373 


lettes)  monAiertf  die  eniweder  atdf  oder  U^mi  sind;  m  letzterem  Falle 
Lienen  «ie  dua,  die  Gr^fefiUlen  in  »Itenider  BewegiiBg  za  eriutlten«  was 
aus  rein  empiriscbcn  GrSndeD  TorteiUiall  ist.   Die  Haspel  sind  in  einem 

Blech-  od<>r  ]!nlzkastoii  pinn^e«ch1nss'Mi .  an  dessen  Bodon  rin  Dampfrohr  eine 
zur  schnelleren  Trocknung  der  Grefte  notwendige  Würme  ausstrahlt.  Die 
Haspel  werden  in  zwei  Grossen  gebaut;  die  eine  von  0,5  m  Durchmesser 
(petit  (foindrage),  die  andere  von  0,75  m  (grand  goindrage);  ibre  üm- 
dreli IUI irsgesch windigkeit  kann  vermittelst  konisdicr  Antriebscheiben  nadi 
Bedarf"  re^'uliert  werden.  Die  Has]iel  laufen  in  unbeschrankter  Anzahl  in  einer 
Reihe  <len  Fiibriksual  entlan«^,  wo<lurcli  vorteilhafte  Raumausnutzung  und 
bequemere  Aufsicht  eruiüglicht  werden.  Zwischen  je  zwei  Reihen  der  Haspel- 
Unke  wcrdan  einige  AuftdwtimieD  (nttaehenses)  postiert,  die  die  Aufgabe 
haben,  die  anflavfenden  Ftlden  zu  beaniriclitigea,  die  gerissenen  zu  verbinden, 
Musterstränge  zu  entnehmen  u.  s.  w.  Eine  j,'emein<5ame  Welle  trägt  in  Ab- 
stünden von  0,3  m  die  Treibräder,  die  auf  Friktioasrollen,  welche  die  ein- 
zelnen Haspel  treiben,  einwirken  und  nach  Bedarf  rasch  ein-  und  angerückt 
werden  kennen,  indem  sowaiil  die  Hasplerin  wie  die  Aniaelieirin  dnreh  Be- 
tii&tigang  eines  Helmbystems  jede  Haapelkrone  am  einige  mm  heben  nnd  in 
dieser  Weise  augenblicklich,  und  ohne  die  Maschine  anzuhalten,  ausser  Be- 
trieh setzen  kann.  Auf  einer  Strecke  von  1  ai  können  drei  unabhängige 
Haspelpaare  Anfnahme  linden,  was  einer  einzigen  Arbeiterin  die  Möglichkeit 
giebt,  alle  sechs  Fäden  ohne  Anstrengung  zu  beobaditen;  jedes  Haspelpaar 
kann  fnr  ineh  allein  ans  der  Maschine  entfernt  werden,  um  Proben  oder 
den  fertigen  Strang  zu  entnehmen;  einer  der  Arme  ist  für  diesen  Zweck 
nmklappbar  und  wird  beim  Betriel)  durch  einen  seitlichen  Riej^^el  festfrehal- 
ten.  Bei  grüsiscrea  Maschinen  sind  die  Haspel  zu  scliwer,  um  in  der 
obigen  Weise  gelagert  zu  werden.  Ihre  Achse  ruht  hier  mit  dem  einen 
Bnde  in  fiestem  Lager,  mit  dem  anderen  anf  awn  Frihtjonarollen,  die  sie 
^nreh  Reibung  in  Bewegung  aetaen;  die  Ansrficknng  erfolgt,  ohne  dass  der 
Haspol  ans  seiner  Lage  gehohen  werden  muss.  Die  Vorzüge  des  zuerst  in 
der  Weltausstollunrr  1889  vor<jefübrten  Haspels  von  Camel  bestfhen,  ab- 
gesehen von  der  Ersparui»  an  Raum  und  Arbeitskraft,  darin,  dass  die  Lehrzeit 
der  Hasplerin  dureh  Anwendung  antomatiseher  Fadenknäpfer  statt  einiger 
Jahn  auf  wenige  Wochen  reduziert  wird;  femer,  dass  jede  Hasplerin  in 
einem  Becken  4 — 6  laden  nach  der  Cham1x)nart  führen  kann,  wodurcli  die 
Normalproduktion  pro  Stunde  65 — 70,  zuweilen  80  gr  Grege  von  mittlerem 
Titer  11/13  erreicht  wird,  eine  Ausbeute,  die  mit  keinem  anderen  System 
endolt  werden  kann.  Es  sind  nneh  andeve  Kaoatmktionen  einer  sDaammen- 
gesoUtcn  Haspobusaehine  in  Tonohlag  gebraeht  worden,  wie  die  von  Qnn* 
thier,  Trararso*}  u.  A. 

Wir  wdlflii  jetst  die  Kreosnngsforrichtnng  selbst  etwas  eingehender 


I)  Ital.  FMent  14CB  (1891). 


Diglized  by  Google 


374 


ErennrngtranriabtiingiB. 


betrachten.  Froher  waide  dk»  Krenniiig  mit  der  H«nd  und  oft  in  willkar- 
licher  Weise  von  der  Arbeiterin  ausgeübt;  gegenwartig  bedient  man  sich 
meist  der  bequem  regulierbaren  Uhrmechanismen,  welch*^  dorn  Faden  eine 
konstante  Drehung  von  etwa  150 — 200  Touren  verleihen.  £ine  stärkere 
Draknng  tilgt  diiekt  nicht  dazu  bei,  die  Festigkeit  des  Rohseidenfadeoa  in 
erhöhen;  die  gedrehten  Flden  nod  eben  stirker,  weil  «ie  kfinnr  vnd  dwker 
geworden  sind.  Die  Torrion  beim  Haspehi  hat  nieht  den  Zweck,  die  Eokon- 
födchen  znsammenzHzwimen,  sondern  das  Wasser,  welches  flie  Ict/.tpren  mit 
sich  fübreu,  durch  den  Druck  wegzuschaffen  und  ihre  bessere  Vereinigung 
zu  bewirken.  Kleine  Mengen  Wasserstanb  und  Tropfen,  die  bei  den 
Eremungsstellen  Torkommen,  heetitigen  diee.  Bei  der  Kreioung  wird  nar 


ne.«t9k  Imwngmntahlae  (Ifartto  *  Oo4. 


momentan  die  Drehung  erzeugt,  die  schon  anf  dem  Haspd  teilweise  wiedm* 
tenehwindet.  Indeaaen  eelst  sieh  der  Bohaeidenfnden  nicht  ans  fMumllel  an« 
einander  liegenden  Kokonfaden  zusammen,  sondern  derselbe  liat  die  Form 
einer  langen,  nnregelmiissigen  Spirale,  wie  man  sich  ]vU-hi  durch  Färbung 
einzelner  Kokons  in  verschiedenen  JSaancen  und  durch  nachträgliches  Haspeln 
überzeugen  kann. 

Ibn  hat  sieh  viellKh  mit  der  Frage  beecbafligt,  ob  die  ein&ehe  oder 

die  doppelte  Kreuzung  vorteilhafter  sei,  da  diese  oder  jene  Art  des  Hsispi-lns 
in  ziemlich  be<ioutenJem  Mafse  die  Elasticitiitsverhiiltnisse  der  Roliseide  be- 
einilusät ').  Der  gewöhnliche  filasticitätskoeffizient  der  Knhseide  ist  gleich 
der  Elasticität  des  Kokonfadens  plus  ein  Drittel').  Die  einfache  Kreuzung 


Qaajat.  lUpporti  ba  boiaoli  e  «ela  gNggia. 
^  — .  BolMtiae  aaeaaila  di  Bsehieoltota,  Agorto  l«fl. 


Digrtized  by  Google 


KWMWIlgWOHlObtWlIgWl« 


376 


hai  vor  der  doppelten  den  Vorzug,  der  RobMide  eine  grössere  Elaaticitit  la 
▼erletben;  du-  Fistigkeitsverhältnisse  Meiben  in  beiden  Fällen  gleich*). 
Ansserdcm  siml  bei  der  einfachen  Kreuzun«jsnit'tlio(lt'  die  Mariiifr<^n  und  das 
Zerreijjsen  seitemr  imtl  es  ist  niüj.'lieli.  eine  gegel)ene  Stärke  (Titcr)  mit 
einer  geringeren  Auzubl  Kokunj«  zu  eriialteix.  In  allen  Füllen  ist  eiue  über 
ein  gegebenes  HkTs^  gebende  Drehang  nnvoiteOhaft. 

Angesichts  der  Ubektände  beim  Kreuzen  zweier  Fil(l<  n  war  iiuui  darauf 
bedacht,  das  Zusammen  fugen  der  Kokonfaden  und  <Ias  Verdichten  des  iloh- 
seiflenfadens  vermittelst  einer  selbständigen  Vorrichtung  zu  bewirken.  Der 
von  Martin  &  Uo.  in  Lyon  konatruierte  Apparat  bewirkt  die  Kreuzung 
ratoiuftliieeh  und  kann  »neb  dtsa  dienen,  andere  Fiden  mit  Sdde  sn  om- 
efnonen.  Dmelbe  beelehi  ans  einer  Beihe  von  Metallröbren  a,  die  in 
verlikuler  Stellung  ttber  dem  die  Kokous  enthaltenden  Becken  angeordnet 
sind  und  mit  sehr  grosser  Geschwindigkeit  rotieren.  Jode  Röhre  tragt  an 
ihrem  oberen  £ude  einen  Holztrichter  c  und  am  unteren  Ende  eine 
Scheibe  aas  Metall  oder  Holz  mit  einer  Kerbe,  naeh  der  Art  des  be- 
kannten Fadengreifers.  Die  M&ndnngeii  der  Rdbren  a  sind  mit  Pmnellan- 
ringen  versehen,  durch  welche  die  veretnSgtan  Kokonfaden  hindurebgeb«!, 
um  sich  auf  die  Haspel  aufzuwiekelTi.  Indem  5?ip  tiher  die  Röhren  a  pas- 
sieren, vereinigen  sieh  die  Fäden  zu  einem  einzigen  Faden,  welcher,  indem 
er  über  die  luuenfliiche  des  Trichters  c  gleitet,  infolge  der  Reibung  und 
der  ümdrehungsgeschwindigkdt  eine  vom  Centmm  nadi  der  Peripberie  pro" 
gressive  Torsionsbewegung  erhält,  wodurch  er,  ohne  Schwächung  zo  er* 
leidcti.  <fe<,'lättet  wird.  Der  Apparat  kann  auch  benatzt  werden,  am 
die  iSeide  nni  einen  anderen  Faden,  der  dann  gleichsam  als  eine  ,,Soo1e" 
fungiert,  spinnen.  Am  Rande  des  Beckens  wird  in  diesem  Falle  eine 
B9bre  befestigt  ,  weldie  mit  ibrem  in  die  FlBssigkeit  taocbenden  Ende 
Tertikai  unter  Röhre  a  reicht  and  den  zu  umspinnenden  Faden,  der 
von  einer  Spule  durch  ein  Auge  läuft,  besagter  Röhre  a  zufährt,  in 
welcher  er  von  den  mit  ihm  verknüpften  durchpassierenden  Seidenfaden  um- 
wickelt wird.  Auch  kann  im  Falle,  wo  es  auf  grössere  Regelmässigkeit 
dMT  üntwiekelmig  ankommii  der  an«  einer  R5hre  komaiMide  Faden  Termitp 
telat  eines  FObröngaaiiges  dnroih  die  swdte  Ibnliebe  R&bre  passieren,  in 
welchem  Falle  die  aar  Erzielung  eines  bestimmten  Fadens  nSti^^e  Menge 
Kokons  in  zwei  (rrnppen  pfeteilt  wird,  wodurch  Autsicht  und  Kontrolle 
erleichtert  werden.  Schliesslich  kann  zur  Einrichtung  eiue  zweite  vertikale 
Bohre  hinzakommen,  die  die  Rundung  resp.  Drebnng  vervollständigt. 

Anf  ftbnHdbem  Frinsip,  dem  eines  ioti«renden  EOrpera,  ist  der  Krensanga- 
apparat  von  Bergier')  (croiseur  automatique)  konstruiert  worden.  Der 
ans  dem  Haspelbeckm  kommende  Robseidenfsden  wird  in  gespanntem  Zo- 


*)  Bobioet,  UAnoire  iv  1a  filature  de  la  loie.  Parii  1889. 
^  D.  R.>P.  M9S5.  UsL  Pak  81800  (1891). 


Digitized  by  Google 


376 


GlridunlMigkeit  der  Oriige. 


stände  über  eine  gewftlbte  oder  kogelninde,  weiehe  Oberfliche  dnee  misser- 
Ofdenilicli  ntfch  kreisenden  Drelikürpers  fjfeführt,  wodurch  die  erforderliche 

Abrundun^  und  W-rdichtuiit:  stattfindet.  Di«'  so  gehas- 
pelte Rohseide,  sogenannte  j^rege-traine  i«t  dadurch 
charakterisiert,  dass  die  Verschmelzung  der  Kokon- 
fadchen  ohne  jegliche  Drehung  stattfindet,  ^e  kftiin 
in  jeder  gewfinschten  Dicke  bis  zu  einem  Titer  von 
120  den.  er/engt  werden.  Diese  Greif»'  lit  sit/.t  noch  dio 
Ki<rcii«rh;ift ,  dif^  StnffflScbe  besser  zu  «k'ckcn  (um 
2i)",u)  und  dem  (iewelx?  mehr  Dichte  zu  verleihen; 
ausserdem  ist  «n  FadenatQck  von  beatinuntem  Gewiebtf 
weil  ohne  Drehung,  länger  als  dasjenige  der  gew5hn- 
TiB.  IM.  EMuugnmaril  üchen  Griffe.  Ihr  grSsster  Vorzug  soll  aber  darin  be- 

stehen,  dass  gie  sich  in  entbastfffin  Znstande,  auch 
nach  dem  iarbeu,  Beschweren  etc.  gat  verarbeiten  lässt,  ohue  vou  ihrer 
Spul-  oder  Weheffthigkeit  eingebösst  za  haben. 

Ks  ist  bereits  erwähnt  worden,  da.ss  die  Dichte  dvi,  Kokonfadens  in 
seiner  ganzen  Länge  nicht  gloichmässig  bleibt,  sondern  in  demMar9e,wie  derselbe 
TOm  E^kon  abgewickelt  wird,  immer  geringer  wird.  Beim  Haspetn,  das  ebe 
gewi-sse  nicht  unbeträchtliche  Spannung  des  Kokonfadens  mit  sich  bringt, 
tritt  eine  Erscheinunff  auf,  dio  dem  i^enidf  mt^fpcrengesetzt  ist;  wie  dort  bei 
beinah^  gleichniässigcr  Hicke  des  KOkoiifiidens  das  specifischc  (iowicht  stets 
abnimmt,  »u  wird  unter  der  Einwirkung  der  Zugkraft  des  HasjK'ls  der  Durch- 
messer des  Kokonfadens  Termindert,  w&hrend  die  Dichte  in  seiner  ganaen 
Liiii^e  dadurch  zu  einer  l>einahe  gleich  massigen  gestaltet  wird.  Ein  Rohseiden» 
fallt  n  ans  5  Kokons  ergiebt,  auf  dem  sclinelllaufenden  Haspel  erzeugt,  /wisihon 
dem  specifischen  Gewicht  des  zuerst  aus  den  äusseren  Schichten  der  Xokon- 
hülle  gehaspelten  Anteils  (1,43)  und  dem  aus  den  inneren  Lagen  hervor- 
gegangenen (1,41),  eine  nur  imbedentende  Dillbrens.  Es  «rh^t  au  dav 
Gesagten,  welche  Aufbttksamkeit  seitens  der  mit  dem  Haspeln  betrauten 
Person  zur  Kriangung  einer  gleichraässigen  Dicke  resp.  StiÜke  des  Roh- 
seidenfadens erfordpfHch  ist.  Die  Hasplcrin  soll  die  Dicke  (Titer)  des  Faden* 
nicht  nur  nach  der  Zahl  der  in  Arbeit  befindlichen  Kokons,  sondern  auch 
nach  dem  Grade  beurtdlen,  in  «aldiem  die  letaterai  beraiis  abgehaspelt  sind, 
.  am  die  IHschen,  d.  i.  die  diekrtflo  Eokonfttden,  mit  den  bereits  smn  Teil 
abgeha.spe1ten,  »oniit  den  dünneren,  aufzuwiegen.  Es  ist  selbstTentlndlich, 
dass  das  Titerverhältni«  in  der  ganzen  Länge  des  Faden«  ptets  das  gl<»iche 
bleiben  muss,  und  man  kann  hier,  wu  die  Geschicklichkeit,  üiduid  und  pein- 
lidiste  An&nerksamkeit  der  Arbeiterin  die  Hauptrolle  spielen,  mit  Recht 
.hehanpten:  in  der  Hasplarei  der  ScidenittduArie  ist  dna  tüchtige  Aibeita* 
kraft  alles  und  der  Apparat  bedeutst  nvr  wenig. 


VerlimltM  v«cidiiad«D«r  KokonnMMi.  VAUk, 


377 


Es  erhellt  ohne  W^teres,  iam  nch  die  Kokons  verscliicdener  Bassen  beim 
Haspeln  in  qaantitatiiver  Besidbnng  nnglmeh  verhalten ,  sowohl  infolge 

ihres  verschiedensD  Qehaltfi  an  Floeikaeidef  Seidenfaser  und  innerer  Kokon- 
haut, wie  iiifolrjp  ihrer  specifischen  Eigensrhaften,  des  Odialts  an  Gummi 
und  üast,  wodurch  diis  Ahha^pcln  leichter  odvv  scliwcrer  von  statten  geht, 
ferner  infolge  der  grüsseren  oder  geringereu  Ela.siicitüt  des  Kokonfadens, 
wodnreh  mehr  oder  weniger  Abfall  Temmeht  -wird  u.  i.  w.  Im  fahrik- 
misngen  Betriebe  spricht  natürlich  die  Zeit  als  ein  wesentlicher  Fakt<ar 
mit,  imi  (he  Aushpute  einer  gewissen  Rosse  vorteilhafter,  als  die  eim  r  an- 
deren zu  gestalten.  Man  kann  rjewissermafsen  behaupten,  da«?  nach  den 
obigen  Bemerkungen  jede  Hns^e  Kokons  ihre  bestitumteu  gleichniäswigen 
EigeDsehaftm  besitst.  Infolgedessen  cndMint  es  toh  bteresse,  an  dieser  Stelle 
(S.  378f)  eine  kurze  Znsammenstellnng  m  gebm,  die  das  Verhalten  typiseher 
Gattungen  europftischer  und  asiatischer  Kokons  beim  industriellen  Haspeln 
r.eifrt.  Zuvor  möge  noch  }>f^inerkt  werden,  dass  das  ?,«r  Anfstellnng 
der  Tubellen  vollzogene  fubrikiijässige  Haspeln  unter  folgenden  Umstän- 
den erfolgte.  Das  Sehlagen  der  Kokons  wurde  mit  der  Hand  htwiritft 
nnd  der  Bohseidenfoden'  aus  4<~6  Eokonifiden  gebildet;  jede  Hasplerin 
fBhrte  gleichzeitig  2  Grggedden  unter  Anwendung  von  mechanischen  Faden- 
anlegern mit  ChamhonkrL'tiznnf;  von  200  Touren.  Dir  Tfolifadrn  wnrdo 
teils  mit  geknüpften  Knoten  (ä  bouts  noue»),  teils  ohne  Ankiuipfuug  ( u  bouts 
jetes)  erzeugt.  Die  G^hwindigkeit  des  Haspels  betrag  llö — 13ö  ni,  meist 
das  tetstere  Quantum  pro  HBnute. 

Trotz  dt  r  Gewandtheit  und  Gewissenhaftigkeit  der  Hasplt  rin  kommen 
beim  llaspchi  l'nrcj^ft'lniusiäigkeiten  und  Störnngon  vor,  wclolif  t-ntwedcr  be- 
reits in  der  BescbatVenheit  des  Rohniiitcrinl^.  des  Kokons,  ihren  L'rspning 
haben  oder  von  do^iseu  unrichtiger  Vorbehandlung  herriihren.  Vor  allem 
können  durch  mangtlhaftes  Einweidten  einzelne  Windungen  des  Kolnmfadens 
nicht  losgelast  woiden  sein,  die  dann  als  Schleifen  in  den  sich  abwickelnden 
Faden  hineinkommen,  wo  sie  entweder  einzeln  als  Flanni  c  r^clioinen  odt-r  sicli 
zn  einem  Knoten  anhäufen.  Durch  mikroskopisol)»'  UntfrHuchung  eines  iloli- 
seidenfadens  lassen  sich  folgende,  häufiger  vürkoiumende  Fehler  feststellen. 


Flg  >2t.   FlMm  (.daTct  Ubrs).  Flg  221  Uui»g«. 


1.  Der  Flanm  ist  auf  die  oben  antcedcutete  Ursache  zurückviifüliron 
und  kommt  spcciell  in  der  Grege  vor,  the  ans  Doppelkokonä  hfige-stellt 
wurde.  Als  Folge  einer  ungenOgenden  Reinigung  beim  Schlagen  resultiert 
ein  flaumiger  Doppelftulen,  aogenaniite  „coats^^ 


Digitized  by  Google 


378  Verhalt«!  rmciäeiaavi  Kokonnmen. 


a 

'"  e 

So 

Mr. 

Bftis«  and  Herkonft 

JM 

•£  o 
O  « 

•s  - 

g  — 

Farbe  der 

der  Kokons 

-»J  P 
3  cd 

<  o 

Titer  der 
den.  701 

Festigl 
Greg« 

'S  » 

ä  *' 

H 

.Grt«e 

0, 1  1  4 

13,74 

46 

91  9 

gtio 

^  »SKI 

13,08 

43 

'20 

12,89 

46 

iralblieh 

IC  V 1  uuvu 

( DO 

11,76 

37 

Of  1  Oll 

12,84 

41 

Tlinno   (\ta\  \ 

11,53 
14,26 

42 

io,o 

€fiÄ  \\\'\o\\ 

55 

io,o 

1 1.29 

36 

1  Q 

Toolia-Iriancr  /Tfnl 

7J.fi 

10,82 

38 

1  Q  4 

^  444 

14,26 

42 

21 

V  fit*     1  1  V*«\VAnAAI 

0  QAI 

1 2,89 

46 

1  «'S 

gt  i  u 

'^il  <1  1  1  O  11 /I      l  1*^         1*       !•  \ 

^  9  1 

13.22 

49 

l£v  1  UiJV>u 

97ft 
Ofi  l  o 

15,20 

53 

91  fi 

Tanan  rüVanlrr  ^ 

13,46 

46 

ncioo 

k  ^  L  1  i  iL      1 V  L  199     \       ^  Uli  Jkl  ■  1      •         «         ■         (  • 

4  207 

10.51 

34 

19  4 

W  ( *  1  SS 

iijcliezevar  (Frankr.)  

0,40.) 

12,77 
12,09 

38 

t  ä  9 

gelb 

1  0  ißO 

41 

20  4 

geio 

13.07 

44 

20  4 

11,76 

41 

90  K 

of*  ivi  Vi       I  n 

448 

13,91 

46 

90 

M^%rv*rtl      (MkIrkA  noftoA 

IjrUl,    gClDO    XlioSSC         •       »       •       *  . 

13,36 

46 

90  4 

lyroi,  g^ruiii  geicreusb     •    •   «  • 

in?  1 

12,80 

48 

99  A 

^ru  niicn 

12,52 

44 

20 

VI  ciao 

11,43 

43 

.iiiirAU'ii,  nn^.  i  k^|){iuivuij       »     •  « 

13,46 

44 

21  6 

LI  t  l  Kß 

4  oin 

13,41 

45 

M  1. 

f4ari1r.Pi1af  f  ICfknlriUMin^ 

OttriK  £  llttlf   ^JVoUAitaua^      %      m      m  • 

15,34 

50 

IlVvIIlCvIV 

X^SCni'i  Hol'   ^A.&UKaSUb J       .      •      «  • 

4  Q^9 

ld,00 

90 

n/W*  n  tfiMkl  n 

13.f^6 

fiO 

1 A  A 

11,01 

43 

Ifi  9 

ilUCli&fUli/ 

13,79 

51 

91  1 

"Rnlla  /'RoTwra1\ 

12,74 

37 

1 Q 

grau 

13,991 

13,71 

43 

18 

gelblich 

^^AAoi    ^Hah  rvol ) 

17,31 

49 

90  A 

geiD 

Pmidschab  (Indien)  ..... 

4,187 

11.10 

35 

20,4 

hochgelb 

Klein-Pundschab  (Indien)    .    ,  . 

4,512 

12,28 

40 

20,4 

gelblich 

Ju-pi-tsan,  4.  Emte  (China)     .  . 

6,135 

10,01 

35 

19,2 

wein 

Tsching-pi-taan,  4.  Ernte  (China) . 

7,106 

10,26 

39 

19,6 

«eiaa 

Tschirifr-pi-tsan,  5.  Ernte  (China)  . 

7,120 

»,85 

40 

19,6 

welM 

Peh-pi-  b  uang-sb  iao-tsan ,  1  jähr. 
(China)  

4^018 

13,13 

38 

19,8 

weias 

Hnft-iH-tHui,  Ijibr.  (China).   .  . 

3,070 

11,88 

41 

20 

«daa 

Digitized  by  Google 


F«lil«r  d«r  Gilg». 


379 


O 

c 

u 

Eatt«  ttnd  Herkunft 

g  ^ 
2  6c 

4^  S 

'S  "* 

S 

■a 

Färb«  d«r 

d«f  Kokon« 

f  2 
s  « 

'5  © 
-S  de 

s 

Qrlig« 

Ausbe 
Greste 

Titer 
den. 

Cd 

5,182 

14,2 

39 

20 

12,491 

9,72 

43 
43 

18  1 

X  \/|  x 

fCX  n  U  Vf  CiSa 

China)  

3.63-2 

12,02 

41 

Sellin,  weiss 

Hni-pi-t8iUi  (China)  

13,198 

9,H8 

30 

17,6 

8cbm.  weit» 

Aka-iJjicliiku-tscliu.su  (Japan)    .  . 

3,057 

14,73 

44 

21,6 

grattwdBS 

4.G03 

13.93 

43 

20.2 

grünlich 

Siroko-ischi-Marn  f.Tai>aii)  .    .  . 

3,427 

14,77 

47 

21,4 

schneeweisB 

Frankreich  (V.  St.  A.)    .   .   .  . 

3,053 

12,28 

43 

20,8 

gelblich 

Baaaei-Alpes  (V.  St  A.)  .  .   .  . 

8,100 

12,66 

44 

21,6 

hochgelb 

ItaL  Faod  (V.  Sl.  A.)    .   .  .  . 

3,853 

9,31 

40 

19,8 

hodbgdb 

2.  Die  Art  des  Haspeliw  erfordert  bekanntlich,  dass  immer  frische  Ko- 
kon fädeu  dem  Gregcfaden  einverleibt  werden;  es  lässt  sich  nun  Torheanehen, 
daaa  hei  der  groaseii  Geicihwuidigkett  de>  leUteireii  dM  ESnMihaliea  nieht  immer 
mit  der  nOtigeo  RegelmSai^keit  Tcrlaiift  and  sawmlra  einige  MiUimetar 


Flg.  >23— 2M.   FIram  (davet  fixe). 


lange  Anhänfrsel  um  don  fertigen  Faden  hcramsch weben.  In  dem  Cham- 
bonsystem  tritt  dieser  Fehler  infolge  der  energischen  Kreuzungsart  weniger 
auf,  die  letstoe  yeinmMsht  dagegen  einen  andeien  eigenartigen  Fehler. 


ttg.  Mft— m.  Dopp«UM«n  (oMt«).  Sptnie  (rrlDe). 


3.  die  sogenannte  Spirale  (vrille),  welche  sich  zeigt,  wenn  beim  Ein- 
schalten eines  frischen  Kokonfadens  der  letztere  sich  um  den  Gregefadeu 
auf  einer  nemUeh  langen  Strecke  (often  fai»  6  cm)  spiralfvrmig  heimmlegt. 


380 


Fehler  der  Dm  UnbA^ln. 


4.  Es  kommt  häufig  vor,  dass  infolge  der  Sbermisrigen  Spannung  eines 
der  Kokonfadclit-n  an  der  KreuzungsstcUe  bricht  und  von  den  übrigen  mitp 
gerissen  wird,  wodnreb  an  der  betreffenden  Stelle  ein  Knoten  entsteht. 

5.  Schliesalich  lassen  sich  stellenweise,  speciell  in  den  nach  italienischer 
Art  gehaspelten  Grggen  lose  hängende  Eokonftden  wahrnehmen,  die  den 
Namen  „niorts- volants"  fi'ilin  ii  utul  dnrch  nngleichmiflrige  Spannung  ein» 
seiner  Kokon nicii  n  »  utstanden  sind. 

Die  Grege  wird  hentzatajje  nur  soUrn  in  dem  7A\>inn>\v  auf  <lfn  Markt  ge- 
bracht, in  welchem  sie  sich  nach  dem  Kokonhaspehi  betindet,  vielmehr  wohl  stets 
nmgehaspelt.  Nnr  die  geringeren  Gattungen,  die  nicht  in  der  Weherei,  scmdern 
ftlr  Poeam^ten  und  PhanttLsieartikel  Verwendung  finden,  werden  in  demrohtm 
Zustande  verarl>eitet.  Der  Zweck  des  Umhaspelns  ist,  die  heim  Kokonhaspeln 
unvermeidlich  enistehenden  Ungleichniässigkeiten,  Knoten,  abgebrochonon 
Fadeneudeu  und  sonstige  Fehler  zu  beseitigen.  Namentlich  für  die  unregel- 
miangen  asiatiBchen,  insbesondere  chineeisoheii  Gregen  ist  das  ümhaqteln 
unnmi^nglieh  notwendig  und  wird  heatsntage  in  den  Produictiolulftndem  seihst 
vorgenommen;  diese  umgehaspelten  Gregen  heissen  re-reeied  oder  redevidees. 
Das  ünihaspeln  findet  in  der  Wei^f  statt,  da^s  dio  Orege  von  einoiu  üaspel 
über  einige  Fadenführer  zu  einem  anderen  Haspel  läuft,  während  sie  von 
der  Arbeiterin  scharf  beobachtet  wird.  Der  letztere  Haspel  ist  mit  Zähl- 
Torriehtung  versehen.  Dto  Spannung  des  Fadens  ist  ahsiditlieh  eine  etwas 
siwrkere,  als  heim  r^'<  wiihnlichen  Winden,  damit  alle  schwachen  Stellen  von 
selbst  reissen.  Aus  difscm  Hrtindo  erfordert  (Vv^^'  Arlxit  grosse  Auf- 
merksamkeit, denn  der  Hasptl  setzt  seine  Umdrehungen  fort,  auch  tuich- 
deni  der  Faden  gerissen  ist;  hält  der  Arbeiter  den  Haspel  nicht  sofort  an, 
so  sind  die  Strange  nicht  von  dar  erforderliehen,  dareh  die  ZablTorriehtang 
angezeigten  LKnge.  Vm  diese  ra  Obelstand  abzuhelfen,  werden  in  nenerer  Zeit 
bei  allen  besseren  zum  ^^'l^ldeIl  der  starken  Gregen  bestimmten  Maschinen  Ab- 
stellvorrichtungen  fijt  du  Fadenbruch  getroffen,  die  in  einem  freihungenden 
FadenfUhrer  bestehen,  der  von  dem  gespannten  Faden  getragen  wird  and  mit 
einer  den  BagpA  in  Stillstand  ▼eraetaMiiden  Vormhtiuig  Terbanden  ist.  Bei 
feinen  Gregen  beutet  der  Faden  eine  viel  zn  geringe  Sttrl»  nnd  Spannung, 
um  den  Hebel  zu  tragen.  Die  Unterbrechung  der  Bewegung  kann  somit  nur 
von  dem  Ablauf haspel  ausgehen  oder  es  wird,  wie  bei  dem  Apparat  von 
Corret,  elektrischer  ätrom  su  Hilfe  genommen,  der  die  Anwendung  eines 
sehr  leieitten,  ^istehenden  Fadenfohxers  gestattet  und  beim  Fadenbnbh 
den  Haspel  automattsch  sofort  ausser  Beirieb  setet.  Der  Strom  untarteiclit 
lieb  dann  von  selbst»  da  «r  nur  im  AogenbUdc  des  Bniebes  in  Wirkung  tritt. 


Digitized  by  Gqpgle 


Frafaog  der  Hobseid«. 


381 


Die  gleictuniiaige  Beflohaffenheit  der  Robseide  ist  für  ihren  Handelswert 

von  mafsgcbender  Wichtifrkeit ;  obwohl  ihre  Kigenschaften  sclion  an  ihrem 
Aassehen  und  txlanze,  sowie  durch  Anfühlen  etc.  erkannt  werden  kimncn, 
80  ist  doch  zur  Krzielun^  von  ziiferuoiässigeu  Ergebnissen  die  Benutzung  einer, 
ftbrigens  selir  einfiaehtD  Vorrichtung  (Franoeson)  notwendig.  Dieselbe  be- 
sieht ans  einer  schwarzen,  matten  Marmorplatte,  über  die  eine  Anrnhl«  je 
nach  Geschicklichkeit  der  mit  der  Prüfung  betrauten  Person,  etwa  5 
bis  10  einzelne  Rohseidenfiiden  von  1500  —  2000  ni  Länge  geführt  werden. 
Die  Zahl  der  beotjacbteten  Fehler  wird  von  der  Person,  welche  die 
VsAm  mahi  vob  dem  Auge  Terlieit,  dnroh  DüQelraii.  ttat  den  fijiopf 
eines  l&üüeppanites  notiert  und  giebt  doreh  ürnreebniing  auf  eine  be- 
stinunte  Lange  des  Fadens  Aber  den  mittleren  halt  an  Ejioten  etc.  ge- 
nauen Anfschlnss.  Eine  andere  von  Dusuzeau')  konstmiorto  Vorrichtung 
besteht  ans  4 — &  in  einer  senkrechten  Ebene  horizontal  gelagerten  Spulen, 
welche  das  an  nntenm^okde  6esinnat  regelmässig  aufgewunden  enthalten; 
die  Füden  gelangen  Ton  hier  nach  in  zwei  St&idern  angebrachte  FQihrer- 
angen,  so  das»  sie  in  senkrechter  Ebene  in  daer  gegenseitige  Entfernung 
von  5 — 10  mm  wagerecht  f^leichluufen;  von  hier  werden  sie  auf  einer  mit 
Zähivurrichtung  versehenen  Haspel  aufgewickelt.  Eine  achromatische  Lupe 
von  4 — 5  cm  Durchmesser,  die  von  einer  schwarzen  Platte  unterstützt  wird, 
gestattet,  die  Unr^lmteigkeiten  und  Fehler  mit  der  gitaten  Deutlieli- 
keit  zu  beobachten  und  zu  unterscheiden.  Zur  linken  Hand  des  Beobachters 
i.st  elni'  mit  drei  Tasten  versehene  Zählvorriclltung  angebracht,  für  grobe, 
mittlere  und  kleine  Fehler,  die  er,  ohne  das  Auge  von  der  Lape  abzuwenden, 
markieren  kann. 

Die  relative  Zahl  der  ÜnregelmKssigkeiten  in  der  känfKchen  Grege 
variiert,  abgesehm  von  ihrer  Qualität  und  Rasse,  je  nach  dem  Jahrgang  inner- 
halb weiter  Grenzen,  im  allgemeinen  lä-sst  sich  jedoch  folgendes  beobachten. -) 
Die  besten  Resultate  bezüglich  eines  fehlerfreien  Haspetns  lict'erTt  Knkon!<, 
die  relativ  am  meisten  Seidenleim  enthalten  und  eine  dichte,  zusammeu- 
gediangte  Textur  «eigen.  Zur  Ersielung  einer  guten  Gr^ge  ist  die  grössie 
auliiflsige  ümdrehnog^gesehwindigkeit  des  Haspels  geboten.  CSiinesisefae  und 
japanische  Kokons  liefern,  nach  europäischer  Art  verhaspelt,  Grege  mit  ver- 
schwindend wenipj Unregelmässigkeiten,  italienische  Rassen  stehen  französischen 
in  dieser  Hinsicht  nach.  Die  vorbereitenden  Operationen  sollen  in  möglichst 
kursier  Zeit  vollzogen,  worden,  da  die  guten  Eigenschaften  der  Faser,  ihr 
Glans,  ihre  Festigkeit  und  Elasticit&t,  durch  anhaltendes  Einweichen  d«r 
Kokons  erfahrungsgemäss  verloren  gehen;  übereinstimmend  damit  ist,  dass 
die  Kokons  sich  am  Knde  schleeliter  abhaspeln  lassen. 

Eine  weitere  Prüfung  der  Rohseide  besteht  in  der  Ermittelung  ihres 


>)  Ball,  du  Labor,  d«  Lyon,  1893/94,  p.  173. 

*}  FrancesOD,  ^todea  lor  la  ßlatnre  de  la  aoie.  Ljon  1870. 


Digitized  by  Google 


382 


Prfifang  der  Bob*eide. 


Verhaltens  beim  Abspulen,  welche  Operation  den  Übergang  zu  der  weiteren 
V(  rarhfitnng  des  Rohseidenfadens  liildet.  Dip  Zahl  der  Ri.ssr».  das  Gewicht 
des  Abfalls  und  die  grufistd  zulässige  Gtisckwindigkeit  beim  Spulen  dieneo 
als  ADbaltspunkte  für  die  Be1]rteil1U^(.  Es  ist  Bi»tt«b,  da»  man  betm  ¥«> 
kauf  der  Boihseideii  die  Ansahl  tob  Spulen  (taTeUes)  angielifc,  welohe  von 
t'inor  massig  geübten  Arbeiterin  festgestellt  werden  kann;  je  grösser 
dirsi  Zahlf  desto  r^lmäesiger,  fester  und  elasfcisGher  ist  die  betreffende 
(irege. 

In  neuerer  Zeit  wurde  von  Serreil  eine  selbsttbätigiB  Tofriehtong  inr 
Regislrienmg  der  Dicke  nnd  da-  Fehler  emee  Bobaeiden^adene  kotutmiert, 

die  zugleich  die  Auffindung  und  die  Aufzeichnung  von  Unregelmässigkeiten 
besoi^  und  aus  diesem  Grunde  einen  äusserst  zuverlässigen  Kontrollapparat 
bildet.  Der  Grnnd<]fedankp  dieser  Vorricbttinpr  ist,  dpn  betreffenden 
elastiächeü     Ruliseideufadeu     über      zwei     mit    ungleicher  Peripherie* 


Yiif  229    Apparat  tut  Plöfun«  der  Rohaelil«. 


geschwiiiili;jrk<'it  rotierende  Walzen  oder  Rollen  a,  b  hinwegzufnhren ,  <U'r- 
art,  dass  der  Seideufaden  sich  in  der  Länge  (um  etwa  6%)  ausdehnt u 
moss.  Der  Apparat  besteht  aus  2  Walzen  von  ungleichem  Durchmesser 
und  dner  glatten  FUhrnnga«  oder  L«trolle  (f,  Aber  welche  der  Seiden» 
frden  von  einer  zur  anderen  Walze  Hüft  und  die  in  einem  dem  Einfloas 
eines  Gcw-ichtis  oder  einer  Feder  f  von  glpichmassiger  Anspannung  an«- 
gesetzten  Hebel  gelagert  ist.  Der  geführte  Seidenfaden  wirkt,  infolfj[e  und 
nach  Mafsgabe  seines  Widerstandes  gi-^^'u  eine  Ansdehuung,  dem  Kinfiu^ 
des  Oewiebtee  oder  der  Sprungfeder  entgegen,  und  sind  die  letsteren  so  ein- 
gwichtet,  dass  unter  normalen  Verhältnissen  die  Grosse  der  Spannung 
mit  der  Elasticität  des  Fadens  im  Gleichgewiclit  stobt.  Je  nachdem 
das  zwischen  beiden  Walzen  hetindlidie  Kadenstück  dicker  oder  feiner, 
als  die  Normaldicke  wird,  bewirkt  tlas  den  Hebel  beeiniinsseude  Ge- 
wicht oder  die  Feder  tm  Heraussdiwingen  des  Hebels  aus  snner  Notmal- 
stellong  und  veranlaast,  dass  derselbe  eine  neue  Lage  einnimmt.  Alle  Än- 
derungen der  Dicke,  welche  der  ganze  «llmSblich  durch  den  Apparat  hin- 
dnrehsehenile  Seidenfaden  aufweist,  äussern  mch  demnach  als  diesl>''7ii'j;- 
liehe  Hebelschwinguugeu.  Mit  dem  Hebel  ist  ein  Zeichenstift  h  verbimdeu, 
der  auf  dem  sich  dahinziehenden  Papierstreifen  eine  Kurve  aufzeichnet, 
derai  Ordinaien  die  Fadenunregelmftasigkmten  dantellen.,  iHQizend  die  Ab- 
seissen die  abgewickelte  Faden^ge  angebm.   Das  Diagramm  liefert  mit- 


Digitized  by  Google 


Prüfung  der  Rohseide. 


383 


hin  ein  t'^naues,  zuverlässiges  Bild  der  physikaliRchen  Beschnffenbeit  des 
Rohseidtniailens.  Die  EianchtuDg  des  Apparates  ist  die  folgende:  Die 
Kurbel  au  ß  setzt  den  Apparat  in  Bewegung,  wobei  sieb  für  die  Wulzeu 
A  und  A'  unglmeh«  ümfirägsgeaeliirindigkeit  ergiebt.  Indem  der  Faden 
▼on  J'  '.'iher  Haken  G  nach  A  lauft,  dehnt  er  sich  etwas  aus.  Das 
an  tU'r  Stifthülse  H  einsetzende  Gewicht  übt  auf  den  Hebel  E  einen 
der  im  Faden  herrschenden  Spannung  entrfef^engesetztcn  Kinfluss  aus. 
Sind  beide  Kräfte  gleich  gross,  so  bleibt  der  Hebel  E  und  mit  ihm  der 
Stift  JSr  nnbawegUeb,  auf  dem  Papiecatreifen  der  Rolle  /  entstellt  eise 
gerade  Linie,  die  zickiackartig  wird,  sobald  im  Faden  eine  schwächere  oder 
stärkere  Stelle  vorkommt.  An  Stelle  des  Gewichtshebelä  kann  auch  die  in 
der  Fig.  229  daigestellte  leicht  beweglich  gelagerte  Stange  treten,  die  vom 


die  Leitrolle  d,  hinten  den  Schreibstift  h  trägt  und  mit  einer  l'eder  f  ver- 
bunden ist,  die  der  Zugspannung  des  Seidenfadens  das  Gleichgewicht  hält. 
Mit  dem  Apparat  ist  eine  Vorrtchtong  Terbnnden,  welche  die  etwa  vor- 
handenen Knötchen  etc.  ani,nebt.  Sie  besteht  aus  einem  um  eine 
Achse  schwingenden  Hebel  x,  dessen  Ende  dicht  \\hpr  Hem  Seidenfaden  y 
liegt,  während  das  andere  mit  einem  Zeichenstift  z  behufs  Anfzeichnung  der 
Knotenlage  verseheu  ist. 

• 

Wie  schon  angedeutet,  ist  dne  gesdiickte  (daher  aber  teuere)  Handarbeit 

die  Hanptbcdin(,nuitr  bei  der  Verarbeitung  der  Kokons.  Es  bat  infol«/(Mles«?en 
nicht  an  iiestrebunjfen  gefehlt,  die  Gewinnung  der  iSeideufauer  zu  einem 
reiu  uiccLauischeu,  von  der  iudividuellen  Befähigung  der  Hasplerin  unab- 
hängigen Proseas  m  gertalten,  wie  dies  auf  anderen  Gebieten  der 
Textilindustrie  bereits  ifeluuj^en  ist.  Von  der  Operation  des  Schlagens  be- 
ginnend, bis  zum  Aufwickeln  des  fVrtij^en  nn^Lrefadens,  sollte  die  Maschine 
alle  geschickten  Handgriffe  selbattbütig  bewirken.    Obwohl  diese  Vorrich- 


f 


Digitized  by  Google 


384 


Avtmnatüefae*  Hupda. 


tungen  noch  nicht  allijeraein  gebräachlich  sind,  so  scheinen  sie  nicht 
nur  für  die  enropäiscbe,  sondern  speciell  für  die  amerikanische  Sei- 
deogtewittiiiiiig,  -wo  die  iißun  Sbmdarbeit  Ualuv  ihnr  Entindteliing  im 
Wage  tUnd,  toü  Wiehtigkrit  für  die  Zaknnft  ta  aeb.  Dicae  Yomebtangiii 
bieten  nicht  nar  za  imserem  Thema  einen  interessanten  Beitrag,  sondern 
sind  im  allgemeinen  ein  schönes  Beispiel  menschlichen  Scharfaiiilie  und 
Fleisses,  so  da.s8  man  nicht  umhin  kann,  sie  hier  anzuführen. 

Trotz  der  peinlichsten  Aufmerksamkeit  der  Uasplerin  wird  es  ihr  bei- 
nfthe  munOgtieh,  mun  abaolnt  gMehmiarigan  Saidenfikleii  m,  endelen,  be- 
aonden  un  SeUnaa  der  anabeDgenden  Arbeit,  und  «enn  aie  lidi  mir  da>- 


nach  richten  will,  die  Dicke  des  Gregefadens  lediglich  nach  der  Zahl  der 
in  Arbeit  befindlichen  Kokons  zu  beurteilen.  Dieser  l'ifelstand  hat  dazu 
geführt,  nach  einem  8<'ideuhaspel  zu  suchen,  der  sowolil  die  Auttiiulun;^'  dfs 
Kokonfadens  als  sein  Anlegen  besorgen,  wie  in  jedem  Augenblick  die  Dicke 
dea  Bohseidenfedena  measen  und  frbdie  Kokons  automatiaoh  einaehelien 
würde.  Die  Lösung  dieses  ProUema  iafe  dem  Amerikaner  Serrell  naeh 
mehrjährigen  Versuchen  gelungen  und  zwar  in  einer  Weiae«  die  in  theo- 
retischer Hinsicht  als  glänzend  bezeichnet  werden  niuss. 

ii^ine  seiner  ursprünglichen  Vorrichtungen  besteht  im  iSeidenhaspel  mit 
aallstthitiger  Begaliemng  der  Fadendu^  Der  Omndgeduike  dieeer  Ei^ 
findniig  iat  deradbe  wie  der  snr  Begiatrierang  der  Fadendicke  konatraierten 
Apparates,  nämlich  den  elastischen  Faden  aber  awei  Rollen  hinwegcnfnhren 
in  der  Art,  dass  der  Faden  sich  um  einen  gewissen  Prozentsatz  seiner  Län'^'o 
ausdehnt  und  dabei  die  iiebeischwingungen  veranlasst,  welche  vom  £ründer 


Üiyitizeü  by  LjüOgle 


386 


Bar  Kontrolle  und  Begalwrang  dea  Betinebea  unter  Anwendung  von  ent- 
weder nor  meebaniBchen  BSlfinnitteUi  oder  eines  dektriaehen  Stnmiee  be- 
nutzt werden.    Der  SeitleiiliiiHpel  etnpföngt  seine  Bewegung  durch  die  Än- 

triebscheibe  unter  Vermittelung  von  »Teeif^netcm  Räderwerk.  A»f  der  Acb.se 
des  üaspel»  B  sitzt  eine  Schuursclieibe,  welche  die  Walzeu  UlJ  iu  Betrieb 
seist.  Die  Urnfftugsgcschwindigkeit  des  Ibspels  B  ist  etwas  grösser,  als 
diejenige  der  Wdse  D.  Der  ans  mehreren  Eokoiui  gebildete  Faden  wird 
dnreh  einen  mit  grosser  Geschwindigkeit  fanktionterendeD  kleinen  Hohl- 
«jlinder  hindiTrchji^erührt,  der  nach  aussen  nnt  drei  nach  unten  ntn- 
gebogenen  Spitzen  versehen  ist;  im  Innern  trä<j:t  er  einen  aus  einem  ilureli- 
bohrteu  Achati$tück  gebildeten  Fadeuleiter.  Der  aus  dem  liuLlc^iiuder  aus- 
tretende Faden  umwickelt  znuBdist  mehrere  Haie  die  Walze  D,  so  dass 
jede  Verschiebt.  Hl;  l  ifli  t/  i  rer  vwmiedenwird,  und  ixAd  dann  überRöllchen  an 
den  Gegengewiclitsbebeln  FF\  um  schlie-slicli  auf  den  Haspel  B  zu  ge- 
lan;^'en.  Da  die  l  mfanr^geschwindigkeit  des  Hiispelfj  um  einen  bestimmten 
Proceuttötz  (5%)  grösser  ist,  als  diejenige  der  Walze  i>,  so  erfährt  der  Seiden- 
&den  eine  deni  enta^wohendeVerlängernug.  Infolge  derselben  entsteht  im  Faden 
«ine  gewisse  Spanuong,  welobe  im  allgemeinen  vcm  setner  Dicke  abhingig 
ist.  Vermöge  dieser  Spannung  wird  der  Gewichtshebel  F  niederwärts  ge- 
halten und  der  Hebel  f  nach  oben  gezogen;  so  lauge  der  Faden  die 
gewöhnliche  Dicke  und  mithin  die  nämliche  Eiasticität  behält,  verharrt  der 
Hebel  F  in  seiner  nntM«n  Lage;  dMsdbe  bewegt  sich  naeh  anfwSrts, 
sobald  schwichere  Stellen  dss  Fadens  kommen.  In  diesem  Falle  bleibt  xwar 
die  Verlängerung  des  Fadens  gleichmässig,  da  der  Haspel  B  sich  mit  immer 
gleicher  neschwiiuli'^'keit  umdreht,  also  auf  die  gleiche  Faden läii ■,>•<•  aufrollt; 
aber  die  Festigkeit  des  Fadens  nimmt  ab,  der  Hebel  F  steigt  vermöge  der 
Wirkung  seines  Gegengewichts  aufwärts,  nimmt  eine  neue  Gleichgewichts- 
li^  ein  und  trifit  hierbei  g^en  eine  Sehraabe,  was  den  Sehluss  eines 
elektrlsdien  Stromkreises  hervorruft.  Damit  nun  derselbe  ein  oder  mehrere 
Kokonfadchen  mit  dem  zn  pcliwaeh  befundenen  Faden  zn  vereinigen  vermag, 
ist  folgende  Einriehtuni^  uetroH'en. 

Alle  Kukous  sind  in  kleiueu  ßehälteru  au  der  Peripherie  des  Trägers  // 
von  krdsfdrmiger  Oestatt  dngereiht,  derart,  dass  die  Enden  der  Kokon- 
fSdehen  nach  aufwärts  stehen.  Der  Trüger  //  sitzt  auf  einer  Welle,  die 
weiter  unten  ein  Sperrrad  mit  ebensoviel  Ziilmen,  als  der  Träger  Kokons 
zu  fas^ien  vermag,  trägt.  An  die  dem  Sperrrad  /.ugehörige  Öperrklinke  ist 
mittels  eines  kettchens  ein  Hebei  L  angeschlossen,  welcher  durch  ein  Hub- 
leug  jedeemat  dann  in  Bewegung  gesetzt  wird,  wenn  der  Faden  schwieher 
resp.  der  elektriadko  Stromkreü  dnreh  FiUiporsteigen  von  F  geschlossen  wor- 
den ist.  Die  diasbezfigUche  Bewegung  des  Hebels  L  wird  durch  einen  eigen- 
artii^en  Mechanisnins  mit  Elektromagnet  vollzogen;  dieser  Mechanismus 
setzt  sich  zusammen  aus  einem  fest  auf  der  Welle  sitzenden  Sperrrad, 
welehee  direkt  von  der  Masehine  in  regelmlesiger  Bewegung  erhalten  wird 
und  aus  einem  loee  auf  derselben  Wdle  ätsenden,  das  Rad  umgebmden 

StlbCTBRBB,  Dl«  SM«  25 


Diglized  by  Google 


386 


AnloaMtiMh«  Hüpetn. 


Deckel.  Dieser  ist  mit  eiuer  bettoudereu  Klinke  versehen,  die  mittels 
Federkraft  gegen  die  SperrradssSlme  hingedrOekt  wird.  Femer  ist  «in  den 
HeM  L  beemflnMender  Daumen  au  erwähntem  Deckel  angebracht.  Seit- 
wärts von  diesen  Teilen  befindet  sich  ein  Elcktroma^fnet  G  und  ein  Hebel,  der 
80  konstruiert  ist,  dass  durch  ihn  wülirend  der  Stromonterbrecbung  die 
RQekwärtsrerlangerang  der  Sperrklinke  derartig  festgehalten  wird,  dat» 
die  EUnke  nidit  in  die  SpernAtine  einingrafen  rwraug.  In  dfeeem 
Falle  dreht  mch  das  Spernad  fni  unter  der  HliBlie  mgt  ohne  dem 
Hebel  L  ixgead  welche  Bewegung  mitmteilen.  Sobald  jedooh  der  elektriiohe 


VIg.  2SL  AotoiBktiflolutr  B«tdenhMp«l  (Vnterer  T«U). 


Stmni  dnrch  den  Klektrotnagneteu  hindurchgeht,  was  beim  Diiunerwerden  des 
Fadens  und  Auseinandergelieu  ilor  rJc^'eiiLrpwiclitsliebel  F  und  F'  eintritt, 
wird  der  Anker  bei  G  augezogen,  die  i\ linke  wird  frei,  sie  fallt  in  die 
Sperrzähne  ein  und  es  erfolgt  ein  Mitnehmen  de»  umsch Hessenden  Deckels. 
Der  mit  diesem  Deckel  verbandene  Daumen  vermaaclit  bei  jeder  ümdrdmng 
ein  Anschlagen  des  Hebels  L;  diese  Bewegung  nbertiigt  eioh  Tttmittelet  dee 
Kettchens  g  auf  den  Sperrradmechanismus  und  veranlasst  eine  so 
grosse  Drehung  des  Kokontriicrer.«,  dass  ein  Kokonfadenende  von  den 
Spitzen  erfasst  wird,  d^ie  sich  mit  dem  kleinen  Huhlcylinder  umdrehen.  Es 
nt  ereiehtlich,  den  erwähntes  Fadenende  eondi  nm  den  dnrdi  die  Hi5h- 


Digitized  by  Google 


AlltMDKlSlobH  HMpdll. 


387 


luDg  des  Cyliiiders  bereits  bindurcbgehenileu  Fadeu  beruiugeführt  wird  und 
axth  mit  ditsem  vereioigi.  Qenogt  ein  neues  FSdeben  noeb  niebt,  um  den 
Faden  atmeicbend  su  verstärken,  so  fQgt  der  Apparat  je  nach  Bedürfnia  noeb 
ein  oder  mehrere  Fädchen  automatisch  hinzu.  Somit  ist  der  Gang 
des  iü  Frage  stehenden  Seideuliaspels  ein  sich  selbstthütig  retfehidor;  wird 
der  ßohseidenfaden  zu  schwach,  so  steigt  der  Hebel  F  aufwärts,  der  elek- 
trinshe  Strom  wird  gesehlosB«,  der  Kokoniiiger  rttcbt  Torwlrta,  ein 
oder  mebrere  KokonfSddben  werden  an  den  GrSgefeden  angeBcbloncn 


rid  SIS.  AntomktUcber  Seldealuaiiel  (Obanr  TaU). 

und  diemr  leintere  aelbet  bewirkt  wiederom,  eobnld  er  wieder  aeine  nor- 
male Dicke  hat,  das  Niederziehen  des  Hebels  F  nnd  damit  die  Tor- 

iruifitre  Wicdoraussf'rbetriebsetznng  d'"--  Regnlierunp^pmechanismus.  Diese 
Bewegungen  und  Verrichtungen  wiederholen  sich  je  nach  Bedarf.  Der 
Hebel  F'  ist  mit  einer  einfaeben  Yorricbtuug  zur  Herbei fUliraug  des  Still- 
standee  des  Haspele  für  den  Fall  tetaeben,  dass  der  Faden  serreiwt.  Sowie 

dies  eintritt,  bewirkt  jene  Vorrichtung  das  Anhalten  des  Haspels  B  und  yw 
mittelst  der  Übertragung  1  auch  der  Wal /.in  DD. 

Pie  Fiijuren  2^2 — 34  '/.cvjeu  fiiic  etwas  ahueiuiderte,  vervollkommnete 
KoiLstruktiou  de&  autouiatischea  •Seideubaspel»,  die  zu  dem  Zweek  angeführt 

25* 


Digitlzed  by  Google 


AntoiDBkiaQlMi  HaipelB. 


werden  soll,  das  Aageomerk  auf  einige  interessante  Verblltuisse,  nSmlidi 
die  SpamrangMMiaglmdning  bei  der  wlliefcthitigen  Begnliwang  der  Faden-* 
dieke,  zu  richten. 

Die  Fitdclien  der  im  Wasser  des  Beckous  h  umlaufiudcn  Kokous  n 
werden  durch  den  Fadenführer  e  geleitet  und  alsdann  üher  die  Scheiben 
dd^  geführt.  Von  der  Rolle  W  ab  wird  dur  Faden  auf  dem  Teil  seiner 
Länge  gedreht,  welcher  sieh  swiechen  dem  Fadenföhrer  c  und  der  Rolle  d 
befindet,  wodurch  die  Kreuzung  e  gebildet  wird;  dann  wird  der  Faden  um 
eine  Walze  f  in  einer  genügenden  Anzahl  von  Windnnjjen  jjelefjt,  um  ein 
Verschieben  zu  verhindern.  Von  der  letzteren  ^'elit  der  Faden  /u  dem  Uaspei 
g,  nachdem  er  zunächst  eine  Scheibe  die  an  dem  Ende  eines  bei  j  ver- 
bolsten  Komtndlhebele  «  befestigt  ist,  passiert  hat.  Termittelst  dsr  An- 
triebswelle k  und  des  Riemens  tf*  wird  der  Waise  f  und  dem  Haspel  ff  sine 
rotierende  Bewegung  erteilt,  wobei  die  Dimensionen  der  beiden  so  gev.:;'  It 
werden,  dass  die  ümdrehun<?vgeschwindigkeit  von  7  etwas  grösser  uu  fa'.lt, 
als  die  von  f.  Infolge  dieser  Differenz  wird  der  öeideufaden,  wie  bekannt, 
einer  Ansddinm^  nnierworfen,  die  dem  üntmsdkied  proporticmal  ist;  die 
Ausdehnung  beiw.  Anspannong  des  Fadens  findet  anf  dem  Teil  seines 
Weg»  statt,  der  zwischen  den  Punkten  f  und  g'  liegt.  Diese  AuHpan- 
nnng  bildet  bekanntlich  den  GrundLredaukeu  für  die  Wirkung  des  früher 
beschriebenen  .Seideubaspels.  Eine  Feder  m  zieht  den 
Hebel  i  von  rechts  nach  links,  entgegengesetzt  dem 
Widentande,  der  dnrdi  den  angespannten  Faden  entr 
steht  und  den  Hebel  von  links  nach  rechts  zu  ziehm 
_.  „„,  .     sncht.    Hei  n  sind   je  zwei  Stüeke  eines  elektri?fchen 

3114.    AutomsUacbCT  •> 

8eideiiiiMp«L  Kontakts,  von  welchen  das  eine  fest,  das  andere 
dagegen  an  dem  beweglichen  KoutroUhebol  i  befestigt 
ist,  angebracht.  Das  Resoltat,  welches  dareh  Ftthrang  des  gespannten 
Fadens  Ober  die  Scheibe  h  ersielt  wird,  besteht  bekanntlich  darin,  die 
elektrischen  Kontaktstncko  n  so  lange,  als  der  Faden  seine  normale  Stärke 
besitzt,  {getrennt  zu  halten  und  ein  Berühren  zuzulas^pi; ,  um  einen 
«Stromkreis  zu  sch Hessen  und  die  Speisevorrichtuugeu,  durcix  welche  ein 
frischer  Kokon&den  dem  sieh  hildenden  Rohaeidenfaden  hinzugefügt  wird, 
in  Bewegung  za  setaen,  sobald  der  Setdenfaden  an  fein  wird,  d.  i.  wenn  eines 
der  Kokonfadchen  a  bricht  oder  abläuft,  oder  wenn  aus  irgend  einem  an- 
deren Grunde  die  Dicke  des  Grigefadens  abnimmt.  In  die^m  Falle 
kann  der  letztere  der  Feder  m  nicht  länger  genügenden  Widerstand 
entgegensetzen,  nm'  den  Hehel  in  der  mit  vollen  Linien  gezeichneten  Stellang 
nnd  folglich  die  Kontakte  n  getrennt  zu  halten.  Die  Feder  m  wird  im 
Gegenteil  den  Widerstand  des  schwach  gewordenen  Fadens  überwinden,  den 
Hebel  i  nach  links  in  die  mit  punktierten  Lii'ien  gezeichnete  Stellunir  ziehen, 
bis  die  Kontaktstücke  n  sich  treffen.  Sobald  dies  erfolgt,  ist  ein  elektri- 
scher Stromkreis  geschlossen,  wodurch  unmittelbar  (mittelst  Antriebvorrioh- 
tongen,  die  hier,  da  sehen  frnher  besohriebw,  nicht  anfgesetehnet  sind)  ein 


Diglized  by  Google 


Autoni«ti»chM  Haapelo. 


3B9 


Kokonfaalter  o  eine  teilweise  Drehung  um  seine  Achse  macht,  so  dass  eine 
frische,  einen  Kokon  a  enthaltende  Zelle  in  die  Bahn  des  Greifers  c  und  des 
Fadcnführers  c  gebracht  wird.  Das  F.ndc  des  Fädchens  a  ist  beim  An- 
fülleu  dtiü  Kokosbalter»  vorläuhg  an  einem  Zäpfchen  befestigt;  dieses  Fid- 
chen  wild  darah  den  sich  drebenden  Onifer  e'  ergrifient  von  dem  Zäpfchen 
weggerissen  nnd  den  übrigen  Kokonfödchen,  wie  mit  punktierten  Linim 
gezeigt,  angeschlosst  II.  Die  Wirknnfr  nnd  Konstruktion  eines  Fadenfuhrera 
ist  bereits  er5rtert  worden.  Sobald  der  Faden  des  Koknns  n  angeschlossen 
ist,  hftt  der  Faden  seine  normale  Dicke  und  Widerstaudi^tärke  wieder  an- 
genommeti;  dar  Kmtrollhebel  i  gelangt  wieder  in  «eine  gewöbnlielie  Stel- 
lang —  die  mit  toUeu  Idniem  geenehnet  iil  —  nnd  die  Kentaktat&oke 
trennen  sieh  voneinander.  Diene  Wirkungsweise  tritt  jedesmal  dann  wieder 
ein,  wenn  die  Zahl  oder  Stärke  der  Kokonfaden  wieder  verringert  wird, 
d.  i.  sobald  die  vorhandene  Fadenstärke  keine  nurmale  wird.  Die  Span- 
naug der  Feder  m  ist  enieprediend  dem  Widerstande  des  Seidenfadens  und 
seinem  Titer  xegaliert.  Dieser  Meehamarnns  wirlct  aelbstthfttig  nnd  basiert, 
.  wie  b^amtt,  auf  dem  Grundgedanken,  dass  die  Anspannung  eines  Fadens 
von  gegebener  Starke,  wenn  derselbe  einer  bestimmten  Spannnncr  unter- 
worfen wird,  f^leichmäss'if;  bleibt,  aber  sich  ändert.,  sobald  die  Fadenstärke  <j;e- 
ünderl  wird.  Nun  erfüllt  der  Apparat  das  gewünschte  Stromkreisschiiessea 
bei  tt,  wenn  der  Faden  nnter  die  Normalstärke  henmtergeht,  nieht  gani 
genau,  weil  die  Bewegung  des  Hebels  t  von  der  totalen  Spannung  in  dem 
Seidenfaden  abliiintrig  ist.  Die  totale  Spannimg,  ausser  der  ahsiclitlichen 
darcli  den  Unterschied  der  Walzen-  und  Haspeldurchm es.se r  entstehenden, 
ist  die  Summe  von  verschiedenen  Spannungen,  welche  im  Faden  bauptsach- 
lieb  dareh  die  folgenden  Unacben  eraeagi  werden: 

a)  dorch  den  Widerstand,  der  sieh  beim  Abwickeln  von  ZMt  sa  Zeit 
durch  das  Ankleben  der  KokonfSdehen,  wodnroh  die  Kokons  «la  d«n  Wasser 
gehoben  werden,  darbietet; 

bj  durch  den  durch  die  Friktion  in  dem  Fadenf Uhrer  c  hervorgerufenen 
Undontand; 

o)  dnroh  den  dnreb  die  Firiktion  in  der  Erensnng  E  ersengtsa  Wid«v 
aftand  u.  s.  w. 

Da  der  Seidenfaden  ausserordentlich  elastisch  ist,  so  wird  er  irifolge 
dieser  Widerstände,  welche  unrcgelmässig  und  uugleichmässig  sind,  mehr 
oder  weniger  stark  angespauut,  bevor  er  die  Walze  erreicht.  Er  wird  in 
dieann  Zustande  anf  die  Wake  an^ewlekelt  nnd  bat,  naehdeDi  er  die  letn- 
tere  verlassen,  das  Beatreben,  sieh  ansammenniziehen  zn  d«  Liage,  wdcbe 
er  besitzen  würde,  wenn  er  von  den  Kokons,  ohne  irf^end  einer  Spannung 
unterworfen  worden  zu  sein,  abgehaspelt  wäre.  Die-^es  J3estrel>en  wird  dureh 
die  vorhin  erwähnten  Widerstände,  welchu  der  beabsichtigten  Wirkung  des 
Kontcollapparatea  Bintrag  thnn,  bervorgerufen,  denn  es  ist  klar,  dass  die 
Angaben  des  letzteren  nicht  genau  sein  können,  wenn  die  Feder  m,  statt 
einsig  und  allein  den  doreh  die  absiebtUehe  Anspannung  dea  Rohaeidai' 


Digiii^uu  by  ^OOgle 


390 


Äutomutiscliea  Haspeln. 


fatlfiis  infülgi'  der  Differenz  der  ümdrehTingiBgeBcliwindinrkeit  der  Walze  iiiul 
des  Hu.s]>els  hervorgebrfvchteu  Widerstand  —  die  Differenz  ist  proi)ortional 
dem  Widerstand,  wodurch  also  die  Stärke  des  Fadens  genau  gemesseu  wird 
—  sn  fiberwinden,  anoli  noeli  dm  beBsgien  unregvImlBrigeii  mid  TuiRblen 
WidaatiUicle  sa  bewftltigen  hat.  Die  genaue  Wirkung  des  KontroUappttKatM 
iat  ab«'  auf  der  VoraaKfiet/iing  basiert,  dass  der  Faden,  wenn  er  f  Terlasst, 
iiumer  in  derselben  Beschaffen  Ii  ei  t  und  nicht  schon  irfrond  einer  vorher- 
gehenden, uuregelmüsBlgen  Spannung  unterworfen  gewesen  ist.  Zwischen 
f  und  /  ist  er  in  einer  gegebaneo  Gr5s»e  aiugeddmt,  i.  B.  6%,  dnzdi 
den  Üntenebied  der  TJmdrdHiagBgenbirisd^cdt  tob  f  und  ^,  nnd  w Shtend 
der  Faden  seine  normale  Starke  bdialt*  wird  er  einen  gleichen  und  kon> 
stauten  Zug  inif  die  Feder  m  liussern  und  den  Kontuldheb^  i  in  derselben 
Stellung  halten;  wenn  sich  über  die  Stärke  des  Fadens  verringert,  wächst 
die  Vurlüugeruug,  die  Spannung  der  Feder  nimmt  ab,  TerurHacht  die  Be- 
wegung dee  Eontakthebeis  und  die  Berttbmng  der  Kontaktatficike  n.  Wenn 
dagegen  der  Faden  beim  Verlanen  der  Walie  bd  f  schon  aogespannt  und 
ausgedehnt  gewesen  ist,  indem  er  einem  Torhcrcehendeu  nnregelmlLssigen 
Zug  unterworfen  war.  ist  seine  Beschaffenheit,  wenn  er  die  Wake  bei  f 
Terlasst,  nie  für  zwei  aufeinander  folgende  Augenblicke  dieselbe;  der  Zug 
auf  die  Fed^  m  ki  dann  nieht  nur  derjenige,  der  lu  dem  UntoMbied  der 
XJmdfebungageiehinndigkeit  der  Walze  und  des  Iffiispele  gabftrt,  anf  den 
Faden  einwirkt  und  mit  der  Stärke  desselben  sich  ändert,  sondern  er  wird 
noch  durch  einen  anderen  Faktor  heeinflusst,  der  die  Summe  der  Span- 
nungen bildet,  welche  durch  die  verschiedenen  Widerstände  verursacht  wer- 
den, die  den  Seidanfadent  baror  er  auf  den  Haspel  gewidcdt  wird,  beeisp 
flnaeen.  Dieser  Faktor  Kndert  sieb  immer,  und  eein  Wort  kann  aiemaU  kal" 
knliert  werden.  Die  Angaben  des  Kontrollhehels  sind  mitbin  nicht  korrekt, 
und  es  erscheint  daher  notig,  dass  in  dem  Moment,  wo  eines  der  Eokon- 
fädchen  bricht,  der  Seidenfaden  gleichzeitig  einem  oder  allen  Widerständen 
unterworfen  wird  i  das  Bestreben,  sich  zwischen  f*  und  g'  zusammenzuziehen, 
wird  dann  in  der  Fed«r  m  eine  Spannong  hervormfen,  die  jener  binioge- 
fugt  ist,  der  der  Seidenfaden  infolge  des  Unterschiedes  in  der  Umdrehung»- 
geschwindigkeit  unterworfen  wird;  und  wenn  auch  der  Faden  nur  aus  einer 
geringen  Anzahl  von  Fadcben  zusammengesetzt  ist,  so  wird  die  Fojtre  sein, 
dass  die  Kontaktätücke  n  nicht  zusammenkomuieu  uud  der  Kontakihebel 
niebt  sur  Wirkung  gelangt.  Damit  die  nnregelmässigen  Spannungen  des 
Seidenfadens,  wenn  er  den  Kontrollappamt  passiert,  der  genauen  Wirkung 
des  Kontrollhebels  nicht  widersprechen  und,  nui  die  dadurch  entstehenden 
Fehler  aufzuheben,  konstruierte  Se-"'""!!  den  Hebel  so,  dass  irjrend  ein  durch 
die  Zusammenzieh nng  des  Fadens  aut  einer  Seite  des  Hebels  ausgeübter  Zug 
dnrdi  einen  koirespcmdieraidMi  gkieben  Zng  auf  der  entgegengesetzten  Seite 
kodpeadert  wird,  und  der  Eontrollbebel  im  Glridigewidit  Ueibt.  Dieses 
Resultat  kann  durch  verschiedene  Konstruktionen  des  Kontrollhehels  erreicbt 
werden,  woTon  die  wichtigeren  angeführt  werden.  In  den  Fig.  236  nnd  286 


Digrtized  by  Google 


391 


ist  t'inc  senk-  und  Wfipfcrochic  Projektion  einer  Vorrii'lituiig  ilargef?t('llt ,  in 
weicher  der  Hebel  i  auf  ;  verbolzt  ist  uud  an  jedem  Ende  eiiio  ScluHx'  hh' 
besitzt,  f  ist  eine  VVal;6e,  Uber  welche  der  Faden,  nachdem  er  die  Kreuzung 
«  (Fig.  233)  verluaen  bat,  gefilhrt  wird;  g  ist  der  Ha^L  Li  der  Zeieh- 
nniig  rind  »boehitieli  alle  Medwaismen  für  die  Anspftnunng  des  Fadens 
fortgelassen,  damit  die  Konstruktion  fosslicher  wiedergegeben  werden  kann. 
Der  Faden  kommt  von  der  Kronznng,  gelangt  nach  /,  macht  verschiedene 
Windungen  über  die  Walze      um  ein  Gleiten  zu  verhüten,  wird  über  die 


Seheibe  A'  und  nnilok  um  die  W«lie  gefobrfc,  ma  «e]die  er  wieder  mehrere 
Mal  gewiekelt  wird  und  eehUasBlioh  Uber  h  auf  den  Haspel  g  gebracht.  Die 
Umdrehungsgeschwindigkeit  von  f  und  g  sind  in  diesem  Falle  als  gleich 

angenommen.  Wenn  das  Zusammenziehen  des  Fadens  eintritt,  wird  derselbe 
auf  die  Scheibe  h  einen  ebenso  starken  Zug  ausüben,  wie  auf  die  Scheibe 
h'i  da  die  Hebelarme  Tom  derselben  Linge  nnd  die  bei.  Winkel  der  Zng- 
riditnng  ebenfibUe  dieselben  sind,  so  ist  es  klar,  dass  die  Wtrknngen  des 
Zuges,  wie  gross  aneh  die  nnregelmässigen  Spannungen  des  Seidenfadens 
F.e\v.  TTn^gen,  anf  die  entgegengesetzten  Enden  trl'"i<'ht'n  sind,  und  da  sie 
in  eutgegeDgesctztou  Richtungen  erfolgen,  so  gleicheu  sich  ihre  Wirkungen 
aus  nnd  der  Eompeusationshcbel  bleibt  im  Gleichgewicht. 

Aneh  wurde  an  demselben  Zweck  ein  dnamnger  Eontrollhebel  kon- 
struiert, der  die  reelle.  Spannung  dee  Seidenfiidras  wiedergiebt  und  das 
Haspdn  in  sehr  gmaoer  imd  Yollstind^jer  Weise  legaliert. 


Digitized  by  Google 


392 


Autonaatiscbeg  Haspeln. 


Das  Streben,  das  antomatisclie  Seidenfaaspeln  nach  Möglichkeit  vnn 
ilt'i-  menschlichen  Heaufsichtij;ung  und  Gesohieklichkeit  unabhängig  zu 
raacheu,  veraulasste  Serrell,  Ijei  Konstruktion  süints  Haspels  ein  neues 
Priniip  einzufahren,  welches  die  automatisehe  Znlahning  de*  Kofama  h^ 
sweckt  und  dies  derart  za  stände  bringfc,  daas  die  Kokons  nach  Aalbaiiine 
nnd  Anheftung  des  Fadenanfangs  aus  einem  Fnllbasgin  vermittelst  einer 
cirkulierenden  Wju-serstromung  in  die  Zt-Ilen  eines  <hehharen  Kokonhalters 
gefülirt  und  von  hier  nach  Ücdarf  in  das  HaspeDx'cken  befördert 
werden.   Die  Einriehtang  ist  ans  der  Fig.  237,  die  eine  scbematische  Dar- 


stellung des  KokoohalteiB  ft,  des  Ffillbassins  e,  des  Haspelbassins  f  und  des 
Fadenleiters  zeigt,  ersichtlich.  Während  das  Anfüllen  des  Kokonhalters 
bisher  jnit  der  Hand  (  tfol^te,  wird  dasselbe  in  dieser  Vorrichtung  automatisch 
bewirkt.  Der  zur  automatischen  Zuführung  der  Kokons  zum  Seidenhaspel 
dienende  Apparat  heateht  in  weseotiieben  ans  doem  gewflhnlioheii  drdi- 
hann  Ebkonhalter  h  mit  einar  Ansahl  Zelleii  an  ssiner  Peripherie,  in  «siehe 
die  in  einem  Füllbassin  «  sehwinin^*  nd«  n  Xbkons  durch  Wirkung  einer  in 
dem  Beliiilter  durch  eine  Schraube  hervorgerufenen  Wasserströmung  von 
seihet  eint  i  i'ten  können,  und  aus  welchem  Kokonhalter  bez.  den  Zellen  der- 
selben sie  nach  Bedarf  dorch  einen  selbstthätigen  Mechanismus  heraas- 
getrieben  weiden,  nm  in  das  Bassin  f  eines  selhstHUWgen  Seidenhaspek  nnd 
in  den  Bereich  des  üblichen  Fadenleiters  zu  gelangen.  Die  anzulegenden 
Kokons  schwimmen  in  dem  heissen  Wasser  des  Füllbassins  e  nnd  k&nn^n  je 


Digitized  by  Google 


AiitoiikfttiadiM  BMpdn. 


S93 


BMh  Umsttnden  (Oestolt,  Sdiwere,  GiOase  etc.)  Tenebieden«  Stellangen  im 
Wasser  einnehmeD,  sowie  in  verschiedener  Art  und  Weise,  in  die  Zellen 
dos  Kolvonhiilters  h  eintreten.  Die  Fiirlen  sämtlicher  Kokons  werden  mit- 
einander voroinitrt  nnd  um  einen  Haken  fjpschlunrrpn ,  %vo  Kie  infolj^e 
ihres  Leimes  hängen  bleiben.  Die  am  nächsten  schwimmenden  Kokons 
werden  durch  die  kttnatlteli  hervoigebracbte  WMaeratTiSinimg  in  der  durch 
Pfeile  angegebenen  Biebiong  in  die  Zellen  dei  KokonbnlterB  getriebra. 
Jedesmal,  wenn  an  den  Seidenfaden  ein  frischer  Kokonfaden  angelegt 
werden  mn^s,  wird  der  KokonhaUcr  h  Ixkaiititlich  nni  einen  Teil  ge- 
dreht, wonach  eine  leere  Zelle  desselben  den  Kokons  gegenübersteht 
und  einer  der  letsteran  bineintritt.  Die  in  den  anderen  Zellen  vor- 
bandenen  EoboBB  gelangen  durch  Drehen  des  Eokonbalten  naeheinander 
zum  höchsten  Punbie  deaaelben,  von  wo  sie  dann  durch  einen  besonderen 
Mechanismus,  denen  Beacbreibong  hier  zu  weitläufig  wiie,  anigeworlen 
werden. 

Der  höchste  Kokon  nimmt  nacheinander  die  durch  punktierte  Linien 
TeranBchauliebten  Stellung«!  an  und  lallt  in  das  Haspelbassin  wobei  sein 
FiBdcben  angespannt  bleibt  und  nach  Erfassung  von  dem  rotierenden 
Oroif.r    des   Fadenleitem   dem    sich   bildenden    Rohseidenfaden  snge* 

tuhrt  wird. 

Da,  um  eine  irgendwie  erhebliche  Leistungsfähigkeit  zu  erzielen,  was 
gerade  beim  masdiinellen  Haspeln  ein  gans  bedeutender  Faktor  seiner  prak- 
tischen Verwendbarkdt  ist,  an  jedem  einaelnen  Haspel  die  oben  besebrie- 

bene  Einrichtung  angebracht  werden  müsste,  was  jedoch  in  ökonomischer  und 
praktischer  Hinsicht  Mi fsstän (1p  vcnirsachen  würde,  .so  hat  Serreil  in  einer 
Maschine  zwei  oder  mehrere  An  lege  Vorrichtungen  angebracht  und  versorgte 
^eedben  dureb  einen  einzigen  Kokonhatter.  Bs  weiden  blerdntch  die  Vor- 
tale der  Yenrnndernng  des  nötigen  Raumes,  der  Yereinfachnng  der  Maaefaine 
und  Erlei^terong  der  Überwachung  erzielt.  Ausserdem  leert  f^icli  dieser 
einzige  Kokonbalter  bedeutend  schneller,  riK  diejenigen  der  Haspel- 
maschine  mit  nur  einem  Rohseidenfaden  imstande  sind,  die  Roücrvckokons 
werden  infolgedessen  schneller  verbrancbt,  haben  daher  weniger  Zeit  zum 
Trodmen  und  sind  folglieb  weniger  dem  Zerreissen  ausgesetst.  Li  dem 
Apparat  kommt  ein  selbstthütiger  Yerteiiungsmechanismus  zur  Verwendung, 
der  aus  einer  Zan«^e  besteht,  die  einen  Kokonfaden  zu  irgend  einer  der 
über  ileni  BaRsin  in  einer  Reihe  angebrachten  A niegcvorrichtnngen  bringt; 
sie  kehrt  dann  in  den  Kokonbalter  zurück,  fasst  dort  einen  frischen  Kokon- 
fiiden  und  wartet,  bis  das  Anlegen  desselben  an  einen  der  Robseidenfiden 
notwendig  wird.  Die  Wirkungsweise  der  Maschine  ist  aus  der  schematischen 
Darstellung  in  der  Fig.  238  ersichtlich,  wobei  der  Einfachheit  han>er  nur  eine 
Aulegevorrichtuug  rosp.  lliispel  (der  2.  in  der  Reilie)  gezeichnet  ist.  6'  ist  der 
Haspel,  9  die  bekannte  Vorrichtung,  welche  die  Dicke  resp.  Starke  des  Roh- 
seidenftdflnB  reguliert,  7  iai  die  Anlegevoiriehtuiig  und  B  die  gewt^bnliebe 
Kreuung,  A  die  Ej>koiiB|  welche  un  Benin  sdiwimmen  nnd  12  der 


Digitized  by  Google 


394 


AnlomaiiacbM  fiMpdiL 


eimtige  Kokoidialter,  weleher  die  An1egeT<Mrriclitiiiig«ii  der  Mnsdiuie  ver- 

acxrgen  soll. 

Die  zum  Haspeln  der  Seide  bestimmtcu  Apparate  .sind  so  gruppiert, 
Aas9  sie  ein  Arraugement  bilden,  das  durch  einen  einzigen  Kokoiihalt^r  ver- 
sorgt werden  kamt    Zur  Erreichung  ^eeee  Zwet^ea  vi  die  Amvoidiiiig 


Flg.  238-  ^tlanvaUUmg  Mr  don  wtomaMtohwi  Kokoabaapti. 


einer  beweglichen  Zange  12  erforderlich,  deren  Mechanismas  mit  der  gMisen 
Masf'bine  derai"t  verbunden  ist,  dass  diese  Zange,  welche  in  i)irer  normalen 
Stellung  sicli  Ixi  dem  Kokouhalter  bofindet  und  zwischen  ihi-eu  Backen  den 
Faden  eines  frischen  BeserTekokons  festhält,  diesen  Faden  der  Anl^vor* 
ziehtnng  derjenigen  der  Apputtte  9  svfttlirk,  deeien  Begnliemngahebel  dunli 
seinen  ediwiieh  gewordenen  Faden  in  Bewegnng  geaetrt  wird.  Der  Hebel 


üiymzed  by  Google 


AntomatiMbis  Haspeln. 


39& 


dieses  Regulierungsapparaics  9  schliesst,  iudem  er  sich  neigt,  mittels  eine» 
Kontakte  einen  elektrischen  Stromkreis,  dessen  Strom  die  Ansrückuug  eines 
besondrn  n  Mechanismus  bewirkt.  Für  jede  Kokonprnjppf  4  giebt  es  einen 
ähnlichen  Mechanismus,  der  dazu  dient,  die  bewegliche  Zange  gegenüber 
der  Anlegevoiriehtimg  aoxnhattttn.  Zu  gfoidier  Znt  unterbrieht  diewr 
Meeliaiiiamiis  dektiueliea  Strarnkma,  aoMd  die  Aunücknng  bewirkt 
ist,  und  leitet  Um  in  einen  i* -ii  Elektromagneten,  der  die  Aosrnckung 
der  bewejrlichf'n  Zange  begrenzt;  die  letztere  setzt  sich  in  Bewegung,  indem 
sie  den  Reservekokou  4'  mit  sich  zieht,  bis  sie  mit  dem  Hefiiuinii  chanisiUQS 
desjenigen  Haspels  zusammentrifift,  welcher  die  AusrUckuug  TeranlMsfc 
hftt  Die  AnlegeTomehtuDf^  etfust  den  Kokonfaden,  nnd  £e  Zange 
öffiiet  sich,  um  beim  Zurnckkehrcn  auf  ihren  Platz  den  Faden  eines  neuen 
Resorvekokons  zu  ergreifen,  schliesst  sich  und  kehrt  in  ihre  normale  äusserste 
Position  zarilck,  wo  sie  eingeruckt  bleibt,  bis  einer  der  Kegulierungsapparate 
von  neuem  das  Schwachwerden  de»  lluliseideufadens  signaliüiert.  32  sind 
die  Leitnngadribte  mna  elektriecboi  Stromkreiaea,  dar  durch  den  Kontakt 
31  des  Hebels  einea  aelbatth&tlgen  Regulierui>g!<aj>parate8  9  geschloaaen  wird, 
wenn  infolge  der  anormalen  Stärke  des  Fadens  die  Ausriic.kimg  ans  der 
Norniaistellung  erfolgt  ist.  Der  Strom  gebt  durch  den  Kommutator  16,  der 
auf  dem  äussersten  Ende  des  horizontalen,  auf  der  vertikalen  Welle  17 
durch  «nen  Keil  befeai^ien  Annes  angehneht  iafc,  und  durch  den  Elektro- 
magneten 48,  Die  vertikale  Welle  17  trSgt  einen  «weiten  kleinen  Am  44^ 
worauf  ein  Daumen  43  wirkt,  der  mit  einem  Zahnrad  38  von  besonderer 
Konstniktioii  fest  verbunden  ist.  Die  Armatur  46  des  Elektromagneten  48 
giebt  dieses  Had  iu  dem  Augenblick  frei,  in  welchem  der  Hebel  9  den 
Strondomis  bw  31  geschlossen  hat,  wodurch  die  vertikale  Welle  ungefähr 
Vi  Drehung  um  sieh  selbst  macht.  Infolge  dieser  Bewegnng  der  vertikal«! 
Welle  wird  der  Kommutator  16  den  Stromkrris  32  öffnen  und  den  Strom- 
krei.s  19  scbliessen,  und  der  Arm  1$,  der  anf  der  Vcrtikalweüe  17  mittels 
eines  Keilte  wagerecht  angebracht  i^t,  quer  zur  Längsrichtung  der  Maschine 
so  gestellt  werden,  dass  er  die  bewegliche  Zange  12  dort  anhält,  wo  der 
Faden  des  Reservekokons  4\  den  sie  im  Kokonhalter  11  erfasst  bat,  gegen*- 
über  der  Anlegevorrichtung  7  gelangt  ist. 

Jede  Anlegevorriclitung  ist  mit  einem  fthnlichen  Mfcliiinlsmns  verbun- 
den; die  Zange  12,  deren  liahn,  um  bis  zu  dem  entfernttsten  Kokonhalter 
ZU  gelangen,  ziemlich  gross  ist,  wird  also  vor  derjeuigeu  der  Anlegevorrich- 
tungoa  halt^,  dnich  welche  ihr  Ausrttcken  veranlasst  worden  ist.  Drasea 
AusrQcken  wfolgt  durch  den  Elektromagneten  20,  der  beim  Schliessen  des 
Stromkreises  19  erregt  wird,  was  durch  die  Umdrehung  der  Welle  17  er- 
folgt Dadiireli  gelangt  der  Kommutator  16  von  32  nach  19.  Das  auf 
den  kleineu  Wagen  13^  auf  welchem  die  Zange  12  angebracht  ist,  wirkende 
Oegeugewkfat  21  sucht  denselben  imniffir  nneh  links  in  Nalia  der  An- 
legevoniehtungen  vorbeimsiehen;  durch  die  Schnur  22  aber,  die  an  der 
Kurbel  24  befestigt  ist,  &ßtm  Noarmalstellong  mit  der  Rnhestellnng  der 


Digrtized  by  Google 


396 


IDm  Wiuaer  in  d«r  Huidetei. 


Zange  (in  dieser  Stelhui)^  befindet  sie  sieh  bei  dem  Kokonhalter)  Gberein- 
stimmt,  wird  der  Wa<^rn  /.iiriiclc;;tluilttn. 

Wenn  der  Klt  klrotiiagiit  t  2i)  di'u  durc'h  die  Armatur  20  zurückgehal- 
tenen Arm  27  ireigiebt,  wird  da^  Zahnrad  28  mit  dem  kleinen  Rad  29^ 
«elchM  «ieh  foitwShraid  dreht,  eingreifen,  wodurch  daa  Rad  28  «ine 
Umdrehun«^  macht.  Wahrend  der  eraten  Hälfte  densell« n  vt  rlassen  die 
Kiirh«  1  24,  die  Zange  und  ihr  Wagen  unter  der  Einwirkung  dts  Gi  i/i^n- 
gewichtes  21  ihre  Stellunjjen.  Durch  das  (iewicht  21  \vird  dur  Wagen 
nach  links  gezogen,  bis  die  Zange  gegen  die  liemmTurrichtung  18  »täsat, 
wodurch  sie  angehalten  wird.  Die  AnlegeTomehtung  erfaart  den  Faden 
des  ReservekokonB  imd  die  Zange  kehrt  wSkreod  der  aweiten  Umdrehung 
des  Zahnrades  28  in  ihre  ursprüngliche  Stellung  zurück.  Das  letztere  ge- 
langt dann  ausser  EingriflF  mit  dem  kirinon  Rade  29  und  wird  diirdi  den 
Arm  27,  der  sich  wieder  auf  die  Armatur  26  des  Elektromagneten  20  legt, 
▼on  nenam  in  StiUftand  Teraatat  Da  der  Elektromagnet  20  mit  den 
Auarndningsmedianismen,  die  mit  den  AnlegefoniGhtangeii  koneapoodieren, 
in  Verbindung  steht,  so  ist  es  klar,  dass  ixgend  «ner  dieser  UedLBnismeii 
daa  Ausräeken  der  Zange  bewirken  kann. 

*  * 
« 

Von  grösserer  Bedeutung,  als  man  vermuten  könnte,  ist  das  beim  Has- 
|)ela  zur  Auweudong  kommende  Walser;  es  wirkt  auf  die  Eigenschaften 
der  Produkte  in  so  unTerkennliarer  Weise,  daaa  eine  auafthrtiehere  Be- 
sprechung geboten  osehnnt. 

Gablui  und  Textor')  haben  gefunden,  daas  die  Wirkung  wannen 
Wassoi-s  brini  Haspeln  darin  Ix'stfdit,  den  guiiitnifirtigen  Uberzug  der  Kokon- 
faser za  lösen  und  somit  ihr  Abwickein  vom  Kokun  zu  ermöglichen.  Trots 
des  kuneen  Terweilens  im  Uaspelbecken  geht  ein  »emlieh  beträehflkheir 
Teil  dw  in  der  Bohfaser  enthaltenen  ISsliehen  Stoffe  in  die  LSsung,  so 
daaa  bei  wiederholtem  Einweichen  in  warmes  Wasser  die  Kokons  bis 
zn  22 — 26°/o  ihres  Gewichtes  verlieren  können.  Mau  würde  sich  also 
im  Irrtum  befinden,  wonn  man  annähme,  dass  man  unter  Anwendung 
von  einem  sogar  chemittch  reinen  Wasser  wirklich  in  reinem  Wasser  has- 
pelt; gleich  nach  dem  Eintauch«!  ISat  daa  Wasser  Torsdiiedene  Sah»  und 
ehio  eigentümliche  Saure,  die  in  den  Puppen  enthalten  ist,  auf,  und  die 
Kokonfaser  selbst  verliert  4— 6  des  Seidenleims.  Unter  ümstaiuldi  kann 
ein  solcher  Verlxist  deu  Kigenschaften  der  Seide  Schaden  verursachen, 
da  die  vorzeitige  Entfernung  der  löslichen  Bestandteile  die  Farbe,  Festig- 
keit nnd  den  Glanz  der  Faser  beemtrikshlagt.    Aua  den  Versuchen  von 


*J  6«tichto  4.  dsatseli.  cbtniNh.  Oisdlwbaft>  m,  17. 


Digrtized  by  Google 


Dm  Waner  ia  d«r  H«qil«Mi  397 

Oabba  und  Teztor  ging  herror,  dan  die  Abnahme  der  Fwt^keit  mit  dem 
Yerinat  an  lOelieheii  Stoffen  in  clinktera  Verhfiltnls  steht.  Nach  der  PM« 
fiin^  piner  ß-rossen  Anzahl  in  den  Ha- pltToron  Terwendett  r  Wassorarlen  kamen 
Irabba  und  Textor  zum  ilrg('l)nis,  dass  die  Hiirte  di'i-si  lb<'n  von  4 — 20^ 
variiert,  und  dass  sie  Mineralstoffe  in  iolgeudeui  VerLältiii.->  eutüalLen: 

Calciumkarbonat  (Kreide)     ....  0.0206—0,1339  g 

Calciumsnlfat  (Gips)   0,0000-  0.0560  „ 

Magnesiiumsulfat  (Bittersalz) .    .    .    .  0,0125—0,1000,, 

Budinro-  und  Natrianichlorid .    .    .    .  0,0000—0,0620  „ 

KohlensKur»  .   .    0,0010—0,0125  „ 

Es  vviirde  von  ihnen  festgestellt,  dass  dip  ijn  kalkfreien  Wasser  ge- 
haspelte beide  weniger  Glanz  und  Festigkeit  besitzt,  als  die  in  hartem 
Waner  verarbeitete,  veü  das  letatexe  weniger  anflSiende  ESgenscbaften  be- 
aitct.   Theorelbch  iat  dies  riditig;  praktieelie  KontroUTenuehe  haben  «m- 

dessen  gezeigt,  dtM  die  Anwendung  vlm-s  xnäimg  kalkhaltigen  Wasser»  sowohl 
in  qualitativer  wie  qniiiititutiver Hinsicht  im  ^'ünsti^'sten  Fallf  dif  gleichen,  meist 
aber  schlechtere  liesultate  liefert,  als  ein  vollständig  weiches,  (jreniüss  den 
Ergebnissen  versuchten  Gabha  und  Textor  die  Wasser,  welche  su  weich 
waren,  dordi  Zoaats  r<m  geföUtem  Gipe,  Ibgnettttmaulfat  nnd  Kreide  auf 
den  nötigen  Grad  der  Härte  zu  briiqpai,  mid  sollen  diese  künstlichen 
Wasser  l>ezUglich  der  Qualität  der  gewonnenen  Seide  befriedigonde  Resul- 
tate ergeben  haben.  Übriu'ens  verändert  sich  das  Lösungsvennügen  des 
Wassers  mit  seiner  Temperatur,  so  dass  wälireud  des  Souimerö  und 
Winten  an  demselben  Waeeer  Tenehiedene  ZnsSim  an  Hineraletoffen  notig 
aind.  Aus  dem  obigen  Expose  geht  herfor,  daae  for  dii'  lla^pel/.wecke  am 
'/.werk massigsten  schwach  kalkhaltiges  Wa^sj^er  zn  gebrauchen  ist.  Wenn  aher 
kalkhaltiges  Wasser,  dessen  Härte  20"  nicht  iilier<teigt,  ans  praktischen 
Gründen  zulässig  ist,  so  muss  andererseits  seine  chemische  Reaktion  wohl 
berüelcncht^^  weiden.  Atkalisebee  WasBer  darf  fiberhaopt  nicht  ver- 
wendet werden,  weil  es  die  Gate  der  SudenfiMer  stark  beeintrichtigt  nad 
speciell  bei  den  empfindlichen  Ras<8en,  wie  Japan,  die  Enieliing  einee  glatten 
nnd  glänzenden  nr^gefadens  nnmöglich  macht. 

Quajat')  nahm  infolge  der  Behauptung  von  de  Beruardi''),  dass 
deeÜlIiMrtee  Waamr  daa  vonsQgUehete  zum  Haapein  aei,  nne  Pr&fimg 
V«»,  wie  sich  die  Festigkeit  nnd  Elasticitat  der  Seide  bei  Anwendung 
des  destillierten  und  Brunnenwassers  von  6°  HSirte  heiaoastellen  werde. 
Quajat  erhiolt  Hesnltate,  die  darauf  hinweisen,  daf^s  der  Vorriig  des 
erbtereu  in  Bezug  auf  Festigkeit  und  Elasticitat  der  Faser  ziemlich  un- 


>)  Bolkttino  mentile  <li  HachicoUura.  fadova,  1888.  S.  128,  148. 
^  FSliamo  bavoaa  Mta.  Toriao  1886. 


Digitized  by  Google 


398 


Dm  Wuaer  in  d«r  Ha^ltraL 


bedeutend  ist,  obwohl  anderetieits  daa  Äiiaaero  der  Seide,  ihr  Qlans  und 
ihre  Zartheit,  bei  der  Anneiidinig  dtes  feiiieii  Wasser  bedeoteod  gewinnen. 

Nach  den  Uiitt'reucliiingen  von  Ftm  ?!(•«  ? ist  das  dostilliertp  oder 
Kondensatioii8waiȊer  ein  Mittel  par  excelieuce,  um  tadellose  Seide  zu  has- 
peln, da  es,  als  gänzlich  ueuiral,  keinerlei  Nebenwirkung  ausübt. 

In  den  SeidenheepleKeien  ist  es  Gehraveh,  dass  mm  die  dnreh  Zex- 
reiben  der  Pu{>pcn  gewonnene  gelbe,  trübe,  Fett  und  Salze  enthaltende 
Flüssigkeit  dem  Haspelwasser  liinziisotzt.  Die  in  den  Puppen  enthaltene 
eigentümliche  organische  f?iinre,  die  sie  bis  zu  20— 30'^^  an  das  Wasser  ab- 
geben, scheint  den  Haspelprozess  zu  erleichtern  und  die  natürliche  Alkalini- 
tit  des  Wassers  anfsüheben;  ist  aber  das  Tetwendete  Wasser  sehr  hart 
(etwa  18 — 20")  und  alkaliseh,  wie  die  meisten  Ealkwasser,  so  hebt  sieh  die 
gute  Wirkung  der  Puppensanre  teilweise  auf.  Das  mit  Pnppensaften  ge- 
sättigte Wa-sser  wird  im  Huspalbecken  längere  Zeit,  öfter«?  einige  Tage, 
gar  nicht  erneuert  und  wird  mit  der  Zeit  duukelgelbiarbig  und  von  stark 
saurer  Reaktion.  Viele  in  dieser  Art  geha.spelte  Seiden  beataen  in  rohem 
Znstande  ein  nnanaehnliehea,  granea  Äussere,  liefern  aber  tvotadem,  beatnip 
ders  in  Uni-Schwarz  bemerkenswerte  Resultate.  Nach  dem  Enthasten  sind 
solche  Seiden  übrigens  ebenso  glänzend,  wie  die  anderen.  BeilSnfig  mag 
auch  bemerkt  werden,  dass  der  Glanz  der  Grdge  von  den  meisten  Seideu- 
handlem  als  eine  unwesentiiche,  äussere  Eigenschaft  betrachtet  wird,  zamal 
er  temporSr  sein,  d.  i.  im  Laufe  der  weiteren  Verarbeitung  Tersehwinden, 
und  umgekehrt  in  dner  Ton  Hause  ans  unseheinbaren  Rohseide  nach  dem 
Entbaf»ten  etc.  zum  Vorschein  kommen  kann.  Wo  jedoch  darauf  geachtet 
wird,  eine  auch  ausserlich  ansprechende  Ware  herzustellen,  kann  der  natür- 
liche Giuuz  durch  häufiges  WecbHelu  des  Haspel  waasers  und  Einhalten  mög- 
lichst niedriger  Temperatnrgraisen  gesteigert  werden.  Das  Verfohren  mit 
Püppenfett  ist  jedooli  im  grossen  und  ganxen  in  den  Fällen,  wo  ein  einiger- 
mafsen  reines  Walser  zur  Ycrfiigung  steht,  unrationell  und  scheint  that- 
sächlich  nach  und  nach  im  Vorschwinden  begriffen  zu  sein.  Es  wurde  auch 
konstatiert,  dass  der  Verlust  an  öeidenleim  bei  Anwendung  der  Puppensäfte 
weniger  bedeutend  ist;  mag  dies  darin  seinen  Orand  haben,  dass  der  Seiden- 
leim in  fetts&arehaltiger  Flflsngkeit  weniger  löslieii  ist,  oder  dass  sich  ein 
gewisser  Teil  der  Fette  und  Salze  auf  der  Seidenfaser  selbst  fixiert,  so  wiegt 
doch  dieser  geringe  Vorteil  alle  übrigen  Nachteile  des  Verfahrens  nicht 
völlig  auf.  Die  Untersuchungen  von  Kotondi*)  haben  dargethan,  dass  die 
saure  Reaktion  des  mit  Puppensiften  veisetsten  Wassers,  wdehea  man  im 
Kupelbeeken  lingere  Zeit  nicht  erneuert,  und  das  infolgedessen  riet  Puppen 
der  abgehaspelten  Kokons  enthält,  auf  die  Anwesenheit  der  Harnsäure  und 
ihrer  sanren  Salze  sorttckzufuhren  sei.  Rotondi  vertritt  die  Meinung,  ein 


•)  Moniteur  des  soio^,  1890 

*>  SuU'  Influenza  üeila  qudlitä  delle  acque  luate  nella  trattnra  dei  bozzoli.  lioiua 

1S90. 


Dm  WaiMT  in  der  Haqilerei. 


399 


vollstaiMlig  reiaei  Wacaer  m  f&r  die  Zwecke  des  Haspeloe  ohne  Vonteile. 
Sowohl  die  gelhen  wie  die  grünen  Kokonrassen  liefern  mit  massig  hartem 
(die  ersteren  anrh  mit  ziemlich  hartem)  Wasser  viel  bessere  Resultate.  Unter 
den  den  Haspelprozess  befördernden  Sakeu  sind  in  erster  Linie  die  Sulfate 
der  Eidalkalien,  dann  die  Karbonate  mid  (^ilnjde  m  nennen.  BA  fiber- 
misrigeni  Hirtcgrad  (fther  20®)  llnt  neh  der  ttberaehfiasige,  for  da«  Has- 
peln in  diesem  Falle  naohteilige  schwefelsaure  Kalk  (Gips)  durch  Zasata 
von  etwas  Chlorkalinm  nnsrhädlich  machen,  h^i  ?n  woiclvra  Wasser  (unter 
8 — 10  )  soll  nach  Rotoudi  dirtikt  Gips  hinzugesetzt  werden.  Der  geeignete 
Härtegrad  betragt  für  gelbe  Kokons  12 — lö'',  wobei  wenigstens  die  Hälfte 
dem  Gips  eukommea  soll,  iBr  die  grBne  Basse  soll  dann  die  Ettrie  12* 
nicht  übersteigen. 

Vignon*)  hat  deu  Einfluss  de»  TTiuspelwassers  auf  die  Qualität  der 
Seidenfaser  in  der  VVei.se  untersucht,  dass  er  durch  künstliche  Ztinatze  von 
Chemikalien  ihre  Wirkung  im  einzelnen  festgestellt  hat.  Diese  üntersuchuiigeu 
erstrecken  sich  auf  den  Gung  des  iiaspelns,  die  Fsstigkeit  nnd  Elestidtit  der 
erhaltenen  Gröge,  ihren  äuseerai  Charakter  und  das  Verhalten  beim  nach- 
träglichen Zubereiten,  Zwirnen  und  Entbasten.  Die  Ergebuisse  dieser  sehr 
sorgfältigen  Versuche  sind  folgende.  Die  Arbeit  des  Haspeins  wird  durch 
einige  Mineralsalze  erleichtert,  durch  andere  verzögert  oder  ganz  unmöglich 
gemaebi  Für  Teigleiehende  Zwecke  sind  die  Mengen  dieser  Salae  iqui- 
valmt  verwendet  worden,  ao  s.  B.  Gifte  (CSa  S  O4,  8  aq.)  1,72  g  pro  LHer, 
Magnesia  (MgO)  0,40  g  pro  Liter  des  Haspelwassers  u.  s.  w.  Während 
nun  beim  Zusatz  von  Calciumacetat,  Kaliuinsulfat,  Chlorkalinm,  Spnren  von 
Pottasche  nnd  Chlormagnesium  das  Abhaspeln  sehr  gut  vor  sich  geht,  wird  die 
Regelmä8sigkeitderArbeitdurchZusatstTonCblorcalciuinnndGips,vonPottasche, 
Spnren  von  Kalk  und  Magnesia,  sowie  Hagnesiurnsnlfit  nnd  -Karbonat  in  awar 
nicht  wesentlicher,  aber  deutlich  erkennliiirtT  Weise  beeinträchtigt.  Der  Zusatz 
von  Kreide  verursacht  cnv  Haumige  Jieschaffcnhoit  der  Grege;  Pottasche  in 
einer  äquivalenten  Meii^c  (1,3H  g  per  1)  macht  das  Abhaspeln  sehr  schwierig, 
ebenso  schlecht  wirken  Kalk  und  iu  geringerem  Mafse  Kaliunmcetat.  Destil- 
liertes Wesser  ergiebt  hingegen  gnte  Rraultate.  Es  ist  sethstverstindlieh, 
da.ss  die  quantitative  Au.sbente  an  GrSge  in  direktem  Verhältnis  sum  qua- 
litativen Verhalten  beim  Haspeln  steht,  und  ebenso  vtrhiilt  es  s-ich  mit  der 
Festigkeit  und  Elasticität;  die  letzteren  variieren  übrigens  ziemlich 
unbedeutend.  Weit  mehr  dag^a  hängt  von  der  Beschatlfenheit  des 
Wassers  das  Äussere  der  Robseide  ■  ab.  Dieeea  Äussere,  der  Glana,  die 
Farbe,  und  vor  alleoi  die  Gliltte  des  Seidenfadens,  ist  beim  Handelsverkehr 
von  ziemlicher  Bedentnncr.  Von  den  Kalksalzen  beeinträchtigen  Gips  und 
Clilorcaleium  sowohl  den  Criff,  wie  den  Glanz  der  Gretro;  kohlensaures  und 
essigsaures  Calcium  sind  in  iKjuivalenten  Mengen  ohne  EinÜuss.  Kalisalze 
sind  im  allgemeinen  von  güustiger  Wirkung.    lUfit  sohweftdaaiiran  Kali 


Beeherebw  sar  la  Mit.  Lyon  1891,  S.  108. 


Digrtized  by  Google 


400 


Dm  Wawer  in  der  Haipletei. 


übertrifiFl  die  Rohseide  in  ihrem  Äusseren  und  im  Griff  die  in  destilliertem 
Wiisscr  pchnspolto.  Anrlcrt'  Kalisiilzi" ,  wio  Chlorkalium  und  Pottasche, 
tuacheu  den  Urilf  weich,  auch  essigsaures  Kalium  liefert  gute  Resultate. 
Durch  Kalk  und  Mugiiesiu  wird,  abgesehen  von  der  bchlechten  Wirkung  de» 
exsteran  beim  Gang  des  Ehspelns,  nur  dar  Griff  weich  gemadit  und  die 
Xuance,  nwiie  der  Qlanz  etwas  beeinträchtigt.  Von  den  Magnesiasalzen 
hat  Clilormngnosium  giiteii  Kinfliiss,  pchwefelsanres  nnd  kohlensaures  Salz 
vorschlechttin  den  liritF  und  beraulxii  (Ito  Faser  ihres  Glanzes.  Die  Sul- 
fate, Chloride  und  Aceiatc  von  Calcium,  Kalium  und  Magnesium,  ^wio  die 
Karbonate  ron  Calcium  und  Magnesium  verleihen  der  Orige  einen  efcwaa 
höheren  Titer,  dank  der  Absorption  dieser  Salze  durch  die  Seide.  Alkaltaeh 
reagierende  Stoffe,  wie  Kalk,  Magnesia  und  Pottasche  vermindern  die  Aus- 
beutf  in  einer  betrüclitlichen  \V'pi«>e,  und  ihre  Wirkung  auf  die  Qualität  der 
Faser  ist  bei  der  ziemlich  hoben  Temperatur  des  Waasers  im  Sciilag-  und 
Haspelbeeken  eher  eine  mq^flnatige.  Es  muaa  bei  alledem  doch  ange- 
geben werden,  dam  es  bei  dar  Behandlang  einiger  zarten  Gattungen  Kokons 
vorteübafl  ist,  sweeki  Yemiinderung  des  liQsnngsrarm&gen.s  dem  reinen 
Wasser  geringe  Mengen  enisprechender  oben  angedeuteter  Salze  hinzuzu- 
fügen. Ihre  absolute  und  relative  Menge  wird  in  jedem  specielleu  Falle  zu 
beme!>seu  sein. 

Wie  aus  obiger  £r9rterung  bervorgeht,  ist  die  Kontroveiee,  ob  in  reinon 

oder  mit  künstliche  Zn^tzen  Tersetstem  bezw.  hartem  Wusser  gehaspelt 
werdLii  soll,  noch  nicht  entschieden  und  wird  kaum  definitiv  abge- 
8chlos!»en  wenl»-n,  d.i  es  immerhin  einzehie  Fülle  gie1)t  ,  wo  ein  \  erfahren 
vor  dem  anderen  bedeutende  \  orteile  bieten  mag.  im  aligciueinun  scheint 
jedoch  die  Meinung,  dan  ein  möglichst  reines  Wasser  das  zuverliissigste 
sei,  immer  mehr  Platz  zu  greifen.  In  rationell  betriebenen  Uaspltnien 
wird  stets  für  die  Reinheit  desselben  gesorgt,  indem  die  Kinweieli- 
nnd  Sclilai^-,  sowie  die  Haspelbecken  t{4;lich  mehrmals  frisch  gelullt 
werden.  In  eiuigtu  Betriel)en  soll  sogar  das  langsam  äiessende  W^asser 
mit  gutem  Erfolg  angewendet  worden  sein.  Ala  reines  Waeav  ist  in  der 
Praxis  das  Kondensaücmswaaser  au  betraebteu,  dann  das  Granitboden 
ent»tammeude  Quellwasser.  Das  in  den  meisten  Füllen  zu  Gebote  stehende 
ist  indessen  kalkluiltig;  wo  der  Härtegrad  5 — 15*^  nicht  ilbersehreitot,  kann 
es  trotzdem  ohne  Zusätze  verwendet  werden.  Kieselerdhultige  V\  asser  sind  an 
und  tOr  sich  för  Haapelzweke  gut  geeignet  ESnen  Beweis  dafttr,  dass  mSg* 
liebst  kalkfreies  Waaser  bei  weitem  zuTorlfiasiger  ist,  Ueferi  die  nidkt  ▼«> 
einzelt  dastehende  Thatsache,  dass  <  inige  kankasische  in  verschiedenen 
rifgcndi'ii  geleirene  Seidfiihasidereien  mit  einer  nnd  derselben  Gattung  K(t- 
kons  in  Hezug  siul  Ausbeute  und  Qualität  verschiedeue  Resultate  erxielteu, 
und  hat  es  sich  herausgestellt,  dass  die  Ursache  am  Wasser  lag.  Das 
harte  Wasaer  hat  geringere  Erfolge  ergeben,  hat  sich  aber  bedeutend  ge- 
bessert, nachdem  es  in  den  Bassins  mehrere  Tage  hindurch  dem  Sonnen- 
licht ausgesetzt  war.   Da  das  letztere  den  gelösten  doppeltkohlensauren 


Digrtized  by  Google 


Gr^eproduktion.  ChiiUL 


401 


Kalk  in  Kohlensäare  nnd  unlösliche  Kreide  zersetzt,  so  ngth  diMe  Fki^ 
sedur  ein  in  natttclicher  Weise  weichgemachtes  Waner. 

» 

Dan  einfaehrtMi  Bo1»eidenüMlen  nennt  man  Grdge,  gresza.  Je  naeh  d«^ 
Ansahl  der  Kokoufüdchen,  aus  deuen  er  sich  znsammenadst,  giebt  es  Otikg» 

von  verschiedener  Dicke  oder  Titcr.  T^iiabhanqif»  dnvon  unterscheidet  man 
einige  besondere  Abarten,  die  jedoch  hauptsächlich  anormale  Gattungen  sind, 
wie  z.  B.  mezza  seta  oder  aedetia  aas.  miaderwertigen ,  fleckigen  Kokons, 
{inner  aeta  dopf^onata  ana  DoppelkokoiMi  n.  s.  w.  Im  Naohatehenden  »ollen 
stati.sti.«chi'  Daten  über  die  Haaplerei  in  verschiedenen  Ländern  und  die 
wichtigeren  im  Flimdel  vorkommenden  Gregegattungen  nröHert  werden. 

Die  Gregen  des  chinesischen  Reiches  waren  eheiuais  von  viel  hesserer 
Qualität,  uU  durchschnittlich  in  neuerer  Zeit,  denn  im  XVII.  Jahrh.  und 
noeb  aa&nga  dee  XVIII.  Jabrh.  waren  die  Smden  von  Gbina  neben  denm 
von  Indien  ihrer  Güte  halber  böher  geschätzt,  als  diejenigen  von  Italien  und 
Frankreich,  nnd  kamen  bei  weitem  mehr  in  den  Htiudel.  Die  ostindische 
Kompagnie  wollte  sogar  deren  Verwendnng  /nni  \\  ehen  gewisser  Stoffe 
obhgatoriscb  gestalten,  und  die  Lyoner  Manufaktur,  dieser  Anmaisung 
Widereiand  leiatend,  fObrte  einen  aebr  langen  Proiess  gegen  dieae 
Handelsgeeallacbaft,  den  sie  sebliesslioh  im  J.  1714  gewann.  Durch  Ex- 
pertisen wurde  nämlich  festgestellt,  da&s  die  Seiden  Frankreichs  und  Italiens 
die  indischen  und  chinesischen  Grepen  zu  rrsptwn  im  stando  sind,  aber 
düsä  die  Seide  von  China,  die  weisse  äeide  von  Nanking,  wie  mau  sie  da- 
mala  nannte,  für  die  Gewebe  der  Gazen  nnd  Spitaen  nnentbcbrlich  iet  Im 
Jabse  1781  wurde  diese  Seide  mit  einem  EingangssoU  von  6%  belegt;  die 
GaEelabrikanten  von  Paris  und  Lyon  bewirkten  die  Aui^ebnng  dieser  Stener, 
Hfid  aus  der  Denkschrift,  die  sie  hierüber  au  die  Regierung  rieliteten,  er- 
sieht mau,  dass  die  Nankiuggrege  die  einzige  war,  von  welcher  sie  Gebrauch 
machten;  der  Eingungszoll  betrug  nämlich  100 — 120000  Lima  pro  Jalir. 
Wabrend  £ut  aebta%  Jahren  batten  Lyoner  Fabriken  die  aaiatinehe  Seide 
ausser  Acht  gelassen,  eo  daae  selbst  jede  Erinnerung  au  ihre  Eigenart  nnd 
tinalitilt  a'idniirh'n  gekommen  war.  Als  sie  daher  infül<fe  der  Zei-störnngen 
durch  die  Kpi<iemie  Zuflucht  zu  diesen  Seiden  nehmen  nmssten,  brachte  man 
mehrere  Jahre  mit  Vei»uchen  zu,  ihre  iiandhabung  vuu  neuem  kennen 
an  lernen. 

Die  cliinesischen  Gr^gen  sind  sehr  verschiedenartigen  Cliaraktem;  die 
zahlreichen  Hassen  und  voneinander  abweiclienden  Verarbeitungsmethoden 
einzelner  eliiuesischer  Provinzen  tra;^eu  dazu  bei,  dass  chinesische  Rohseiden 
unter  den  mannigfaltigsten  Namen  in  den  Handel  kommen,  die  einerseits 
die  QoaUtiltt  andereneits  die  Herkunft  nnd  die  „trada  maik**  dee  Ursprungs 
tragen. 

Im  grossen  und  gansen  lanen  rieb  jedoob  die  chineiischeu  Grdgen  in 

.  Sllbormsnn,  I>i«  B«id«,  26 


Digitized  by  Google 


402  Grtigeproduktion.  China. 

drri  Haupttypen  emteilen:  die  wn'ssoii,  die  gelben  und  die  Kanton- 
gregen.  Die  weissen  Cbinaseiden,  die  Tö",,  der  Oesatntaiisfulir  aiis- 
luacheu,  wurdcu  früher  als  Nankiug  bezeichnet,  bie  siud  vou  weisser 
oder  grflnlieli«'  FwIm  und  w«ideii  hauptsiohlieh  in  den  Ftorinaen  Taih»- 
kiang  und  Kiangra  erxengt;  die  wicht^ten  Provenienien  der  elnaelnen 
Sorten  sind  Chincum,  Wrx^zie,  Liyang,  Hoo,  Tnnfa,  Haining,  Sehinkiang 
und  Nanking.  Die  gcllx  ii  Chinagregen  entstammen  (]«  n  Provinzen  Tshe- 
kiang,  Ss-tschuen  (Ss'chwau),  Shautang,  Hupch,  Kuoi-tscheu  u.  a.  und  wer- 
den je  nach  der  Provenienz  als  Min- 
.  tsohen  (Hinchew),  Sintseben,  Faoning, 
Shanking,  Sse-tnng-hien,  Sicbong  etc. 
unt«'rschieden.  Dio  Provenienz  übt 
auch  iuuerhall)  einer  und  dertielben 
Rasse  auf  die.Quahtät  der  Grege  un- 
r.g  2a»  chincucbo  orige  wrkennbawn  Einflut,  so  sind  <Ue 

Ss-tschnen-Sddea  im  Glanz  und  Griff 
geringer,  als  dio  von  Tshekiang,  dafür  aber  durch  grössere  Festigkeit  ana> 
gezeichnet.  Die  Chinesen  liezeichnen  die  gelbe  Seide  als  .,hoang-sse",  die 
weisse  „peh-sse".  Die  Kaiituuseide  ist  das  Erzeugnis  der  mehrerutigen  Ras- 
aat  der  ProTins  Euaugtang.  Sditieaslieh  untenohcidet  man  unter  den  nord- 
ehinesiaelien  Ordgen,  die  für  den  Export  von  nur  geringer  Bedeutung  sind 
und  den  allgemeinen  Namen  „hsiao-shien-sse'^  (halbgezUchtote  Seide)  fuhren, 
folgende  Gattungen:  „Shui-sse"  die  in  l!eis^ern  Wasser  abgeha-spelt  wird,  im 
Gegensatz  zu  „han-sse'\  die  wahrscheinlich  aus  den  Doppelkokons  und  nach 
der  trocknen  Haspelmethode  gewonnen  wird.  In  China  hat  jeder  Haspel- 
betrieb, oft  aueb  jeder  Seidenbindler  srine  Marlra,  die  auf  der  UmbfiUnng 
des  Packets  angebracht  i.st;  dieselbe  enthält  den  Namen  und  die  Adresse 
des  Hasplers  oder  des  llünfllers  und  ist  oft  mit  einer  Figur  versehen,  wie 
Schmetterling,  Elefant,  Drache  etc.  Man  kennt  im  Handel  mehrere  hundert 
solcher  Marken. 

Die  Ausfnbr  chinesiseber  Ordgen  naeb  London  begann  noeb  vor 
dem  Jabre  1830.    Von  da  ab  bis  zum  Jahre  1845  betrog  de  S  bis 

8000  Ballen  jährlich  und  erfolgte  über  die  alleinigen  für  Europäer  zu- 
gänglichen Häfen  v<in  Shanghai  uud  Kanton.  Von  18-16—53  wuchs  der 
Export  allmüiilich  von  lOOüO  auf  30000  Ballen,  und  erreichte  1854—63 
sein  Mazinnun  von  40^80000  Ballen,  um  1864—76  auf  28—40000  Bal- 
len berabnuinken.  In  der  Periode  1877 — 93  bewegt  sieb  die  Ausfnbr  in 
den  Grenzen  zwischen  8 — 25000  Ballen,  mit  Ansnahrae  des  J.  1884,  wo  eine 
Höhe  von  31000  zu  verzeichnen  ist,  Die.«e  Almalime  des  Exports  nach 
England  hat  iu  der  Verschiebung  des  Seidenmarktes  nach  Lyon  ihren  Grund, 
welche  weiter  unten  ansf&brUeber  erörtert  wird.  Die  ebinesiseben  Grdgen 
waren  Tor  Jabren  niebt  von  derselben  guten  Bescbaffenheit,  die  sie  beutsU' 
tag^  aufweisen.  Ibra  Verarbeitung  war  sehr  schwierig,  so  dass  sie  nur  in 
8^  groben  Titern  verwendet  werden  konnten.  Das  Uauptverdienst  iu  der 


Digitized  by  Google 


Ortgaproduktion.  China. 


403 


Yerbesserung  chinensehdr  Gregen  fällt  den  Amerikanern  zu,  die  die  Cbineaen 
dfizw  brachten,  statt  der  primitiv  und  uaclilässig  freliai-peUen  nnJ  üffers 
uuterbrocheiien  Gespinste,  einen  tadellos  windenden  Faden  zu  lief  ein.  Be- 
reits 1840  sandten  sie  nach  Eantou  Musterstrünge  und  vervollkommnete 
Windemuchmen  mit  dem  Anfing,  alle  für  aie  bestimmte  Seide  mit  giQeeter 
Sofgfalt  amztthMpeln.  Die  hergesteUten  Geepinste  erhieltNi  den  Namen 
„rereeied"  oder  „redevidoe'S  d.  i.  nmgehn.s^^lt. 

Nachdem  wir  die  Chinagregen  im  allgemeinen  besprochen  haben,  wenden 
wir  uns  ihren  einzelnen  Tjpeu  zu  und  zwar  zuerst  den  weissen  Rohseiden, 
unter  Atnea  die  Teatleee  die  «iebt^e  Rolle  qnekn. 

Nach  der  Anelegniig  von  Rondot  bedeotiÄ  das  Wort  Tiatlee  eine  aus 
sieben  Kokons  zusammengesetzte  Rohseide;  naeh  anderer  IMemung  bezieht 
es  sich  auf  den  Namen  eines  Marktfleckens  des  Departements  Hutschenfu 
in  Tschekiaog,  wo  timn  in  alten  Zeiten  Seiden  von  dieser  Feinheit  zum 
ersten  Male  gehaspelt  hat.  Die  Tsatleee  sind  ausnahmslos  weiss  und  zer- 
fallen in  awei  Hanpttypen:  gewjäinliche  und  nmgehaspelte  Tsatleee 
(redevidees).  Die  ersteren  werden  in  den  östlichen  Provinzen  erzeugt,  na- 
mentlich in  Nanking,  Cliinza,  Hoochura,  Tacho,  Lin^lioo,  Hoochow  (1.  Hü- 
tchen), Shon^ding  e(c.  Man  imtersclieidet  demnach  Tsatlees  aus  Hutschen- 
fu, Nanking,  Hang-tächeu-fu,  Ilupeh,  wobei  sie  die  tarnen  Hu-tsatlee, 
Hang»tsatlee  n.  s.  w.  führen.  FrQher  wurden  die  Tsatlees  unter  dem  Namen 
Nanking  in  fQnf  Qualitäten  eingeteilt;  gegenirjirtig  sind  die  drei  besten  Qua- 
litTiteii  fast  ^'änzüch  ans  dem  Verkehr  verschwunden;  sie  kamen  gegen  die 
lünt'/.iLrer  Jabre  auf  den  Lyouer  Markt  und  ihr  Gebrauch  wuchs  seitdc'm 
fortwährend.  Die  Tsatlees  werden  von  den  lebenden  Kokons  gehaspelt,  die 
dem  D&rren  nieht  ausgesetst  wurden;  daher  sind  diese  Gregen  ▼«!  blsnden- 
der  Weine  und  sehr  dauerhaft  Da  dieselben  primitiven  Art  gehabt 

werden,  so  sind  sie  ziemlicii  unsauber  und  unregelmilssig,  wodurch  sich  ihr 
Gebrauch  nur  auf  solche  Fabrikate  beschränkt,  die  keines  «ehr  gleichmäasigen 
Fadens  bedürfen.  Ihr  jährlicher  Kzport  beläuft  sich  auf  ^0 — 3Ö000  Ballen. 
Die  Tsatlees  rereeled,  deren  Verwendung  Tim  Jahr  an  Jahr  steigt,  sind  von 
grSsBoer  GleiebmSssqjlEeit  des  Gespinstes,  das  in  den  Titem  von  18  bis  28/25 
variiert,  aber  immerhin  noch  nicht  einwandfrei  ist.  Sic  werden  allgemein 
zu  den  Ouvrees  a  tonrs  comptes  muliniert,  um  die  Ungleichheit  des  Fadens 
auszugleichen.  Die  ganglmrsteu  Handelsmarken  dtr  T^ailecs  sind:  von  der 
besten  Qualität,  Tsatlee  Gold  Lion  Kiutze  und  Tsatlee  Bird  Chunlin  Ad- 
vertisefflentf  von  den  mittleren,  Tsatlee  Gold  Kitin,  Tsatlee  Hontagne,  Stork 
foling,  Stork  chanling  etc. 

VuU  r  den  übrigen  Qualitäten  der  vveis-s-en  Chiiiagrege  sind  folgende  zu 
erwähnen.  Die  liainiii,  die  sich  von  den  Tsatlees  nur  dadurch  unterscheiden, 
das»  die  Packete  etwas  weniger  umfangreich  und  die  Farbe  weniger  weiss 
ist.  Diese  Oattoi^  stanunt  ans  den  sSdUchen,  mehr  flehten  Provinsen 
Chinas  und  ist  ziemlich  unsauber  und  flaumig;  ihr  einziger  Vorteil  besteht 
in  der  Feinheit  des  Fadens,  dessen  Ttter  von  14  bis  18/20  variiert,  d.  i.  um 

26* 


Digltized  by  Google 


404 


Gr^eproüuktion.  Cbio». 


20  ".'g  feiner  ist,  als  der  von  Tsatloes.  Zwei  Drittel  aller  Ilainingrege 
kommt  uingchaspelt  auf  den  Markt  und  ist  iu  diesem  Zustande  von  den 
Tsatlees  schwer  zu  unterscheiden,  denen  sie  aber  in  vieler  Hinsicht  nach- 
atoht.  Audi  die  Haogchowgrege  ist  auf  den  enUn  Bliek  den  Taatieea 
ihnlioli,  aber  in  der  Qnalitifc  wen^r  gut«  als  jene.  Sie  ist  gröber,  weniger 
■anber,  weicher,  von  baumwollartigem  Griff  und  misst  dorchschnittlieh 
25/35  den.,  dagegen  verhalt  sie  sich  beim  Winden  bcKser,  als  die  Tsatlees^ 
ihre  Uaaptverwendnng  findet  sie  zu  Bändern  und  Posamenten. 

Die  weissen  Kahings  sind  die  besten  Seiden  Chinas,  namentlidi  in  den 
Qaalititen  HaDg4iongi«ing,  Lilj  flower  eto.  Die  Reinheit  und  Regel- 
uAsigkeit  sind  die  gleichen,  wie  bei  TsaUees;  der  Faden  rnisst  25'35  den., 
und  wirkclt  sich  gut  ab.  Infolge  der  geringen  Aiisfulir  (ca.  3000  IJallen) 
i.st  ihr  AuweuduDgskrei.-^  in  Europa  ziemlich  beschränkt  und  ^war  haupt- 
sächlich für  Näh-  and  Stickiseiden  and  Möbelstoffe.  Die  grünen  Kahings 
sind  Ton  derselben  fiesobafiienhai,  wie  die  wetseen,  nur  fon  anderer  Farben 
die  bei  geringeren  Seiden  ins  Graue  spielt;  der  Titer  misst  25/40  den.  in 
den  besseren  Qualitiitm-  Cicada  I,  Mandarin,  Dae  M  etc.  Ihre  Verwendung 
finden  die  grünen  Kuhings  für  Flocbes,  Cordonnets,  äticlcseiden,  Posameuten 
u.  dergl. 

'  Die  QualitStcn  Cbincnm,  Skmns,  Wooaiee  und  Tajsaams  werden  in  den 

PrOTinzen  erzeugt,  die  Shanghai  nahe  liegen.  Die  Chincum  sind  die  besten 
davon  und  alineln  den  weis.sen  Kahinf»-s,  von  dcnrn  .sie  sich  durch  stärkeren 
Titer,  30  bis  ÖÜ  den.,  unterscheiden.  Die  Ausfuhr  geht  nach  London  und 
wird  für  Nähseiden  besserer  Qualität  verwendet.  Die  Woozies,  welche  auch 
9/12  Moos  genannt  werden,  sind  minderwertiger,  als  die  Chineam,  nnd  da  sie 
von  wenig  glftnaendem  Aasseben,  ansaaber  and  starkfldig  sind,  60/80  den., 
so  können  sie  nur  fUr  Näh-,  Stick-  und  Posamentierseiden  Verwendang 
finden.  Für  dieso  Zwecke  sind  sie  weit  mehr  geeignet  als  alle  anderen, 
selbst  die  feinsten  beiden,  und  werden  in  England,  der  Schweiz,  Frankreich  und 
Wiriilemh«g  lebr  gesdAtsL  Die  Skiinp  sind  von  alleii  wdsien  China- 
grSgen  am  dickfödigsten,  80/120  den.,  nnd  daher  nur  för  bestimmte  Artikel 
verwendbar;  tlbrigens  wird  der  Hauptteil  der  Skeins  in  Enrofia  als  Qt^ge 
naeh  Nordafrika  und  Ku.s.s]iuid  weiterverkanft. 

Ausser  „Tsatiee"  wiir  früher  die  QuaUtätsbezeichnung  „Taysaam",  je- 
doek  nnr  in  den  Provinzen  Tschekiang  und  Kiangsu  im  Gebrauch.  Das 
Wort  Taysaam  beaeielmete  anlanglioh  eine  in  TachAiattg  gesogene  eigen- 
tflmliche  grosspuppige  Rasse  (ta-tsan  =  grosser  Wnnn).  Ehemals  lieferte 
die  Provinz  Kiahingfu  allein  die  eigentliclie  Tuysaamseide.  man  findet  aber 
gegenwärtig  diese  Seiden  auch  in  anderen  Distrikten,  wie  es  heisst,  von 
derselben  Feinheit  und  Qualität,  oder  richtiger,  auf  dieselbe  Art  und  Weiso 
gehaspelt.  Bs  mag  nebenbei  bemerkt  werden,  dass  es  schwer  gewexden  ist, 
den  Ursprung  der  in  den  Handel  gebrachten  Seiden  mit  Bestimmtheit  anzu- 
geben, da  die  chinesischen  Kaufleute  die  Gewohnheit  angenommen  haben,  der 
Grdge  einerseits  nicht  den  Namen  ihres  Ursprungs  zu  belassen  (wenn  diese 


Digrtized  by  Google 


CMigapflodaktion.  China. 


405 


Herkunft  nieht  die  ber&hm teste  ist)»  «nderenetts  UÜBchungen  «ller  inög> 

liehen  Sorten  Torzunehraen.  Die  Taysaams  haben  nar  for  den  inliiudiseheD 
Markt  Bedeatung  und  werden  in  ihren  Prodaktionsorten  Kiahin^-fu,  Chin- 
«um,  Woozie,  Shewhing  und  anderweitig  verbraacht.  Das  Äussere  dersel- 
bm  Üt  nicht  lo  anspreäund,  wie  dM  der  Taatlees. 

Folgende  Tabelle  «igt  die  dnrahiehniltliehen  Anefnhnnengen  einer 
Ounpegne  der  weinen  Chinegrigen: 


Gewöhnliche  Tsatlees  . 

.    35000  Ballen 

Woone  

.     6S00  ^ 

Tsatleee  rereeled   .  . 

,     5600  n 

Kahing,  grün    .    .  •« 

.     4800  „ 

Kahing,  weiss   .    •  . 

»     3400  „ 

Uangchow     1    .    .  . 

.     2900  „ 

Skeuis 

.     2200  » 

Hninin  rereeled .  .  . 

.     2100  „ 

Hamm  ordinnrj    *  . 

.     1 200  H 

Cltincam  

.     1 100  „ 

64500  Bftllen. 

Vmi  den  gelbm  dunedsehen  Gregen  werden  die  IGnehewa  in  der  mit^ 
leren  Zone  Chinae  enengt  nnd  kommen  in  einer  Mmge  ton  ea.  2000  Bal- 
len nach  Europa.  Sie  haben  einen  feineren  Titer  als  die  Tsatlees,  durch- 
schnittlich lbi'2b  den.,  und  finden  in  Lj'on,  St.-^Jtienne  nnd  namentlich 
Zürich  gern  Aufnahme,  ihre  aussergewöhnliche  Strangform  hat  beim  Mu- 
liniem  nnlliiglieh  Sdiwioi^iiton  bereitet,  die  jedoch  in  lUiIien  bald  nbei^ 
wnndeo  wurden.  Ale  ein  Vorteil  der  KOnebemeide  ist  nodi  benroTBaheben, 
•  dass  sie  nach  dem  Färben,  namentlieh  in  Sebwars,  aUrken  Glane  annimmt 
Die  Shantungseideu  entstammen  den  nSrdlichpn  Provinzen  Chinas  und  sind 
die  schönsten  gelben  Seiden  dieses  Landes,  so  d:u<.s  nie  ihrer  Natur  nach  als 
die  C^Tcnnesseiden  Chinas  bezeichnet  werden  könnten;  leider  sind  sie  iüem- 
lidi  nnaanber  nnd  nngleichmlaaig;  der  Titer  variiert  durehiebnittlidi  vm 
25/35.  Erst  durch  sorgföltigee  Mnlinieren  werden  diese  Seiden  für  die  Vei^ 
arbeitong  geeignet.  Ihre  Strangfonu  i.st  ebenso  trroe'^,  wie  die  der  Minchows. 
Die  Anweiiduriß;  der  Shantungseiden  ist  ungefähr  dieselbe,  wie  die  der  Ka- 
hings,  d.  i.  tur  Möbelstoffe,  Bänder,  Foulards  in  den  besseren  Qualitäten, 
wie  Gold  Buffiilo^  QolA  Eleftnt  etc.  oder  für  Niheelden  nnd  Posamenten  in 
geringerer  Gflte.  Der  Export  der  Sbanhii^grege  betrat  ca.  15 — 1600  Bal- 
len. Es  gieht  auch  eine  nach  dem  europäischen  Yerfahreu  gehaspelte  Shan- 
tung  Filatore,  die  mit  der  Handelsmarke  Doable  suake  versehen,  in  sehr 
geringer  Menge  in  den  Verkehr  kommt.  Diese  Gr^e  ist  rou  ungleich 
beseerer  Qualitit  ala  die  gmrdbnli^  Sbantong  nnd  niast  gewöbnlidi  1^6 
den.;  es  wire  tn  wflnseben,  dasa  daih  in  Sbantung  noob  mehr  europiiadie 
Füanden  etabtieien  würden.  Unter  den  fibiigaii  Varietiten  galber  Seide 


Digitized  by  Google 


406 


Qifegepcodoktioii.  Chiiuii. 


kaarncn  Kopun,  Ibiyung,  Faynng,  Wangebowt  Wangyi,  Sichong  ü.  ft.  er- 
wähnt werden,  alles  nur  minderwertige,  grobe  Qualitäten.  Sie  werden  meis- 
tens auf  dem  Markt  von  Marseillf  nach  Spanien,  Tunis,  Alirericn  etc.  weiter 
verkauft.  In  der  Campagoe  1895/04  wurde  exiiortiert:  Mayuug  2600  Bal- 
len, Fügung  2500,  Wangchow  1100,  Waugji  350,  Sichong  und  uidei» 
2500,  insg^Mmt  9&60  Ballen.  Folgende  Tabelle  seigt  die  AnsfnbnaUen 
aller  bis  jetzt  angeführten  Bt^iden  Chinas  (mit  Ausnahme  der  Filatniet 
reitroplenne)  (Ballen): 


Frankreich 

Andere  Länder 

Total 

1884 

32355 

20261 

52616 

1886 

36156 

U538 

60694 

1889 

43383 

i79?a 

61366 

1891 

38900 

20752 

69652 

1893 

42297 

27303 

69600. 

Die  ersten  Versuche,  in  China  das  moderne  europäische  HaspelTerfahren 
einxuf&hren,  &llen  in  das  Jahr  1866  snrfiek,  vo  in  Shanghai  unter  den 
Auspicien  eines  den  Scidenhandel  betreibenden  Mandarins  eine  Filande  er^ 
richtet  wurde,  wehhe  jtdoch  infolge  der  mangelhaften  technisciieu  lieitung 
bald  einging.  Der  Betrieb  solcher  »ach  europäischer  Art  montierten  und 
teilweise  von  fremdländiächem  Personal  bedieuteu  Haspelattätulteu  hat  in  der 
enten  Zeit  ihres  Bestehens  und  selbst  noch  in  neuerer  Zeit  ausserdem  unter  der 
fenndseligen  Gesinnnng  der  Regierung  uud  des  Volkes  zu  leiden  gehabt,  und 
der  aufständische  chinesische  Pöbel  drinolii  rte  nicht  selten  in  er.ster  Linie 
die  europäischen  Filatidon.  Erst  1877  wurde  die  erwähnte  An5?talt  unter 
französischer  Leitung  wieder  in  Betrieb  gesetzt.  Von  aniüuglich  200 
Haspelbeeken  mit  einer  Produktion  Ton  12000  kg  ist  dieses  Etablissement 
auf  960  Bteken  mit  einer  Produktion  von  1200  Pienls  oder  70—76000  kg 
herangewachsen.  Diese  Seide  führt  den  Namen  Filature  Keecheong  und 
wird  in  vorzüglicher  Qualität  zitm  «^rössten  Teil  von  der  Lj  orier  Fabrikation 
aufgenommen.  Im  J.  1882  wurde  die  Filature  Ewo  eröffnet,  die  von 
160  auf  600  Becken  gestiegen  ist  ond  jibrlidi  660  Pieuk  oder  iOOOO  kg 
Rohseide  eneogt.  Im  J.  1885  trat  noeh  eine  dritte  Ha^plerm,  Kong  Hoo 
TuBg,  hinzu«  die  mit  100  Becken  etabliert,  es  bald  zu  8  bis  900  Becken 
und  einer  Produl<tion  von  1000  bi.s  1200  Piculs  oder  65  bis  70000  kg 
gebracht  hat.  In  ueuester  Zeit  entstanden  dann  in  Shanghai  noch  einige 
andere  Filanden,  allerdings  in  kleinerem  Malsstabe  von  50  bis  100  Becken, 
die  aber  sieherlidi  im  Laufe  der  Zeit  ihre  Vorglnger  errei^en  werden. 
Diese  EtabUsBemeiitä  sind:  Lhun  Wa  mit  350  Becken  und  einer  Pro- 
duktion von  ibO  Piculs  oder  26000  kg  Seide;  Iliiig-cheong  mit  300 
Becken  und  einer  Proliiktion  von  350 — 400  Piculs  oder  22000  kg  und 
8chlieM.slich  Sans-Parcii  und  Huu-Kee  mit  je  200  Becken  uud  einer  Pro- 
duktion Ton  je  260  Pieuls  oder  15000  Itg.  Im  ganxen  sind  jetet  in  Shang- 
hai 16—20  moderne  Filandtn  thfttig.   Dieser-  induatiielle  Uraadiwttng  ist 


Digrtized  by  Google 


Ori^pradaktkn.  China. 


407 


jedoch  im  Verhältnis  zu  der  Geaaintprodukiion  Chinas  nur  sehr  gering,  and 
während  Kanton  und  Japan  zum  mindesten  zwei  Drittel  der  Produktion 
nach  dem  ptiropaischen  Haspel  verfahren  erzeugen,  bleibt  das  innere  China 
mit  seioea  primitiven  Methoden  uocb  immer  im  Kückstaud.  Es  steht  indessen 
TO  enrarten,  daaa  letztere»  dem  Bei^iel  Kantons  nnd  Shanghais  folgen 
wird  und  das»  die  Fflaturegrtgen  alle  anderen  QnalitSten  verdrftngen  werden. 

IMe  PMvinc  Knang-tuug  (Kanton)  ist  die  am  meisten  Seide  erzeugende 
Oegend  Chinas.  Wio  iKreits  erwähnt,  stanmit  <lio  Kantonsridp  von  den 
mehremtigen  Kassen;  die  erste,  zweite  und  dritte  Krnte,  die  während  der 
Regenzeit  gebammelt  werden,  ergeben  minderwertige  Produkte,  im  Gegenaabs 
in  den  anderen,  namentlich  der  IQnften  nnd  aechatea. '  Die  EontotMeiden 
wurden  frülier  in  ziemlich  primitiver  Weise  gehaspelt  und  kamen  nach  Eu- 
ropa in  den  Qualitäten  Kanton  ,,curio"  für  die  beste  und  No.  1 — 5  für  die 
minderwertigeren.  Sie  hatten  eine  cliai  akliTi^tisrhe,  scliniut/i^weisse,  ins  Grüne 
äpielcnde Farbe  und  einen  eigentümlichen  Geruch,  der  darauf  schlieiiscu  Hess,  dass 
beim  Abhaspeln  eine  pflansiiehe  Abkodiung  benatzt  worden  ist.  Die  Kan- 
tongrgge  kam  als  „Canton  Tsatlee"  zuerst  im  Jahre  1841  in  720  Bal- 
len auf  den  Londoner  Markt  und  erfuhr  iuf<>1|.rrt  ihres  billigeren  Preises 
fllr  Nähseiden,  Foulards,  Möbelstoffe  etc.  eint'  zii  nilich  ausgedehnte  \  er- 
wendung,  die  in  neuerer  Zeit  indessen  ailjiilu  Heb  abnimmt.  Die  erste  i'ila- 
tnre  ä  Teuropeeune  wiixde  im  J.  1872  . angelegt  and  in  kurzer  Zeit  folgtim 
dann  weitere,  so  dass  im  J.  1878  bereits  Becken,  im  J.  1883 

9000  und  im  J.  1887  25000  Uaspelbecken  thatitj  waren.  Gegenwärtig  ver- 
fügen 250  Etablissftnt  uts  Uber  ca.  fiO — HTjOOG  Haspelbecken  nach  euro- 
päischer Art  und  erzeugen  ubne  Schwierigkeiten  eine  gleichmääsige  Grege 
Ton  einem  Titer  21/23  den.  Die  Canton  Filatures,  ancb  Canton  a  Tenro» 
ptenne  genannt,  sind  von  weisser  Farbe  mit  grflnliehem  Stich,  feiner  Be^ 
aehaflianbett,  aber  siemlieh  flaumig  und  nicht  besonders  dauerhaft,  dafür  aber 
von  schwammiger  Natnr,  wodurch  sie  zu  manniijfacher  Verwendung  sehr  gut 
geeignet  sind.  Sie  werden  zu  Scbirmstoffen,  Foulards,  Plüschen,  Sammeteu, 
Krepp,  Spitzen  uud  allen  audereu  Fabrikaten  verarbeitet,  die  eines  billigen, 
regelmässigen  und  glKnzenden  Glespinstes  hen5tlgen.  Die  dnrehschnittliebe 
Jahresausfulir  Wtriigt  25—30000  Ballen,  oder  13—1400000  kg  Rohseide, 
worunter  Filuturcs  und  der  Rest  in  Nutivcs  und  redevidees,  welch  letztere 
übrigens  in  fortwährender  Abnahme  l)et^riffcn  sind.  Im  Handel  kommt  auch 
die  sogenannte  ImitAtion  Filature  vor,  die  aus  feinster  Tsatlee  und  anderen 
auBBrlesencn  Sorten  besteht,  veldie  sehr '  sorgfältig  umgehaspelt  werden. 
Die  besten  Qnalitlten  der  Kaatooseiden  Filature  fuhren  im  Handel  die 
Namen  Lungkong,  Laklau,  Lnngshan,  Kumshuk,  Wongleen  u.  s.  w.,  im 
speciellen  die  Marken  Filature  U  hau  cheong,  F.  Yuk-wohing,  F.  Kwong- 
)on-fong,  F.  Chnn-sunbong  etc.  Mittlere  öorten  sind  in  den  Kaukoug, 
Kontgon,  Haugtan,  F.  Kai  Cheong  Loong,  nnd  die  minderweriigeü  in  deQ 
Siubim«  Kwai-tsehau,  F.  Wai-Lunbing  n.  a.  vertreten. 


Digitized  by  Google 


408 


Ortgepndaktkm.  C^aim. 


Die  Gesamtproduktion  der  Bobeeide  in  Chiiut  Hast  sieh  wn  folgender 
Tabelle  eraehen: 

Tsatlee  (Tshelciftttg,  Eiangsu)   4160000  kg 

Taynam  (Woozi*  ,  Sluiahing,  Skeins,  Tehekiaiig, 

Kinnrr^u,  Li-vong)   2900000  „ 

Kanton  (Kuang-timg)   1850000  „ 


Ss'-tiMjliuen  

Tunfat  Haining,  Kiaog-si 
Hnngchoir-Tsatlee   .    .  . 

ShaniuDg   

Dvretae  


U2UU00 
860000 

340000 
"  260000 

fiOOOOO 


n 
ti 

II 


Im  ganzen 


12500000  kg 


Uber  die  Entwickelnng  und  den  Stand  des  Seidenverkehre  Chinas  mit 

dem  Al>eDdlande  geben  folgende  stutisti^sche  Daten  Anfschluss.  (Ein  Ballen 
weisser  Grege  ent.spricbt  47  kg';  ein  Ballen  gelber  60  kg;  «ine  Kiste  zu 
50  engl.  Pfuud  =  22  kg  280;  ein  Picul  =  60  kg). 

Export  der  Bobseide  ans  Sbangbai. 


Bestimmungsort 

l$75/76>) 
Ballen 

1880.  Sil  1885/86 
Ballen  1  Bailea 

1890/91 
Ballen 

1898/93  *) 
Ballen 

1894/95  •) 
Ballen 

Ver.  Staaten  Amerikas  . 
Bombay  und  andere  Uüfon 

27037 

34564 
7128 
1429 

21006 

45923 
9334 
7303 

9592 

34758 
7643 
3980 

9295 

48762 
6046 
6898 

31 10 

57827 
8251 
10137 

1962 

43012 
10276 
8726 

1  70168 

83668 

66973]  71001 

79326 

^  63974 

In  der  Oanipagne  1894/95  war  die  AnifubmieDge  folgendermafiwn  sa- 
aammengeeetst: 


97408  Ballen  weine  Giige  &  47  kg 


10488 
9204 
7269 
1708 
8514 
1662 


1» 
«« 


II 


Taatlees  rereeled  &  €Q  kg 
gelbe  Gbdge  „ 

Tuäsah  „ 
Tossah  Filatnre  „ 
Fikbue  k  IWop. 
HaEnin  rereeled 


1758000  kg 

«29000  „ 

562000  „ 

436000  „ 

102000  „ 

211000  „ 

99000  „ 


Im  ganaen  Oxdge   3787000  kg 


>)  In  den  Jahien  1M0/9S  dnrebeobnittUeb  1461900  1«»  in  1M9/71  14tBSQ0  hg» 
jftJiriidi. 

■)  64o3  Ballen  TuseaU  luitgerechnet 
■)  9997  Ballen  TtaMah  inbegrifln. 


Digitized  by  Google 


OrfcgviwodaktMni.  ddii«. 


409 


In  früheren  Jahren  waren  einzelne  chinesische  Gregen  an  der  Ausfuhr 
folgendttmalsen  beteil^  (7«): 


S 

60  CS 
o  « 

ceH 

ta 

Kabing 

e 

es 

CS 
OD 

s? 

1  Filature 

tSC 
B 

B 

•a 
» 

*      1    «  B 

8  i-5 

r  1 1  § 

«   1  <2« 

-§ 

« 

1878 
1884 

62,5 
46,4 

3,8 
3,3 

12,5 

7,0 
3,5 

6,0 

0,4 
0,4 

7,7 
8,2 

4,6 
18,7 

0,3 
6,8 

Die  Ansfulir  der  Tussahgr^ge  betrog  jährlich  kg: 

lti63;6ö  1872/74  1878j80  1885/86  1886/87  1889/90  1892/93  1893/94 
251805    319300   262500    343680   639000   782000  324180  491700 


Export  der  BobMide  ans  Kanton*). 


BMtimmuDgNrt 

1878/7«*! 

ISSO/BI 

1885/86 

1890/91 

1891/98 

1894/96 

5616  B. 

1419B. 

1906B. 

3346  B. 

960  B. 

45  B. 

Kontinent  ..... 

7586 

4113,, 

6810,, 

13558  „ 

19486  „ 

16679  „ 

Ver.  Staaten, Amerikas 

6338  K. 

7767K. 

8784K. 

Ö163  „ 

8233  „ 

8978  „ 

3930  P. 

3721 P. 

1683P. 

4375  „ 

2733  „ 

3218,, 

kg 

kg 

kg 

kg 

kg 

Im  ganzen 

1011300 

660S0O 

715000 

1243000 

1476000 

1354000 

Die  Zusanimeusetzuiig  der  Ausfuhr  gestaltete  sich  1  893,  94  folgeoderweise: 

nach  Europa  nach  Amerika 

Füntnn      17433  Ballen  3033  Ballen 

TnÜMB       1166    „  1504  „ 


Den  eiusitiluen  Ernten  nach  stellt  sich  der  Export  Kautuiia  nach 
Bnropa: 

I.  Ernte        IL  Ernte  IIL  Ernte       IV.  Ernte  V.  Ernte 

1500  BaUen     2000  Ballen  3500  Ballen     40QO  Ballen  3000  Ballen 

TL  Ernte       VII.  Ernte 
1500  Ballen      600  BaUen 

Eine  interessante  Thatsache  ergiebt  sich  aus  obigen  Ausfuhrtebellen. 
Die  Rdle^  frakbe  Eiq^and  U»  an  den  aiebaig^  Jabren  im  Seidenhandel  mit 
Cbma  eingenommen  batto,  eebwindet  im  Laufe  der  Zelt,  indem  nch  der 


>)  1  Ballen  =  47  kg. 

>)  In  dm  Jabiea  1860/68  dotcbMbnitUiob  376700  kg,  io  d.  J.  1869/71  908200  kg, 
j&brlioh. 


Digitized  by  Google 


4i0 


Schweq)unkt  de*  Seideomarktes  allmihlich  nach  Frankreich  (Marseille  und 
Lyon)  verlegt.   In  der  Zeitperiode  1B72/76  wurde  bei  einem  Qenmtexport 

von  62100  Ballen  nach  England  allein  35000  ausgefahrt,  wahrend  dem 
Kontint'ut  nur  '2()i)()0  znkanien.  Die  Vfrhiiltnis^o  habon  sich  seitdem 
äudert  imd  in  der  Cani|iagnt.'  I87ö;76  erhielt  Enjjliiml  von  dem  üesanit- 
export  asiatischer  Seiden  nur  14773  Balleu,  wühreud  dem  hLoutiucnt  38807 
xugef&liii  worden;  in  den  J.  1883/84  betrag  die  Ansfubr  nach  England 
7812  Ballen,  nach  dem  Kontinent  36761  u.  s.  w. 

Es  dürfte  von  Wert  sein,  hii  r  die  Verhältnisse  zu  erörtern,  infolge  deren 
sich  Lyon  zum  lianpt Stapelplatz  der  Rohseide  aufgescliwunireii  hat.  in  cr.->ter 
Linie  ist  Lyon  der  Mittelpunkt  des  zwischen  den  Alpen  und  den  Ceveuuen  und 
deren  Aneläafeni  liegend  Laudeeteiles»  welcfaw  als  die  frantSeisehe  Sdden- 
region  beieicbnet  werden  kann.  Dieser  Landesteilt  der  unter  Karl  dem  6r. 
fransSeisch  war  und  dann  infolge  politischer  Ereignisse  zuerst  hurgundiscb, 
später  germanisch  wnrde,  wnr  während  mehr  als  drei  Jahrhunderten  vom 
Hbrigcu  Teil  des  Landes  förmlich  abgeschlossen;  nicht  weniger  war  dies 
auch  die  Stadt  Lyon  (Lugdunum),  welche  ein^  Zeit  einereeits  an  das  Kö- 
nigreich Frankreieb,  aodwereeits  an  das  deutscbe  Reieh  grenzte.  Obwohl 
das  Lyoncr  Volk  sich  stets  an  Frankreich  anlehnte,  und  durch  den  Vertrag 
von  1320  die  Stadt  Lyon  mit  der  l^raEre^^end  endpilti^  dem  Königreiche 
einverleibt  wurde,  so  blieb  doch  der  iuterimtiouale  Charakter  der  Stadt  be- 
stehen. Neben  ihrer  günstigen  geographischen  Lage  verdankte  die  Stadt  es 
auch  ihrer  poKtisehen Freiheit,  dase  eie  bald  snmi&nptmarkt  awisehen  Flandern, 
Deutschland  und  Italien  wurde.  Demnach  bildete  Lyon  einen  neutralen 
Boden  für  <len  Hamlflsverkehr  di-r  drei  Nationen.  Ks  öffnete  seine  Tliore 
deu  Fremden,  welche  verschiedene  lndu.strien  einführten,  unter  denen  die 
Seidenweberei  die  schönste,  uuzieheudste  und  lukrativste  war.  Franz;  I. 
hatte  im  J.  1540  verordnet,  dees  die  Stadt  Lyon  der  einzige  Stapelplata 
fttr  fremde  Seide  in  FVankreich  sein  solle;  ein  Privileg,  das  ebenfalls  nicht 
ohne  Wirkung  auf  die  Entwiekelung  der  heimischen  Seidenindustric  blieb.  Die 
TyfiL'e  inmitten  des  seidcnerzeur^enden  Landstriches,  die  politische  Unabhängig- 
keit und  Freiheit,  schliesslich  die  Begünstigung  seitens  der  Hegiorung  — 
dies  alles  aog  den  Seidenweltmarkt  in  seine  Mauern.  Dnroh  die  Verträge 
ton  151^  und  1616  begOnstigt,  hatten  ftdiweinr  nnd  Deutiehe  bald  fetten 
FuBt  in  Lyon  gefasst,  und  als  gegen  Schluss  des  XVL  Jabrh.  politische 
Ereignisse  die  FVeundschafLsbande  mit  den  Italienern  gelockert  hatten,  traten 
die  schweizerischen  und  deutschen  Kaufleute  an  deren  Stelle.  Alle  inländi- 
schen Fabriken,  wie  Saint-EMenne,  Paris,  Nimes,  Tours  u.  a.,  ebenso  die 
aoelindischen,  kanften  ihren  gamen  Vorrat  in  Lyon.  Im  Laufe  der  Zeit  ver- 
auhisste  das  stetige  Wachstum  der  Lyoner  Manufaktur  zeitweilige  Ans« 
fuhrverbote  des  Rohmaterials.  Erst  1833  ist  diese  Politik  endgiltig  auf- 
u'efjeben  worden,  und  seit  1860  hat  der  Lyoner  Seidenhandel  dureh  Haudela- 
vertxüge  mit  auderea  Staateu  einen  bedeutenden  Aufschwung  geuotnmeu.  Da- 
durch ist  Lyon  sum  Hanptstapelplatz  europaueber  Sndea  geworden,  ^ne 


Grtg^rodnktioB.  China. 


411 


Stellnngt  die  «s  bis  zum  Jahre  1888  einDabm,  wo  etn  SSoU  von  1  Fr.  auf 
iiaUeniscIie  Grege  und  von  2  Fr.  auf  OavrJcs  d'msv  Seiden  Ton  dsa  Lyoner Markt 

ausschloss.  Niiclideiii  (Linn  der  Zoll  :iiif  Gre^'c  fallpn  gelassen  war,  fing  der 
Import  von  neuem  an;  die  Krliühuug  des  Zolls  auf  Oiivroe«?  auf  3  Fr.  hat 
sie  aber  eudgiltig  verschwindeu  lassen.  Deren  Markt  hui  »ich  auf  Mailand 
flbertragen.  Die  aaiatnchen  Seiden  wurden  imi  1890  mm  grOesten 
Teil  nach  London  gebracht,  das  bis  zum  Jahre  1870  Hauptstapelplutz  ffir 
dieselben  blieb  und  von  dem  ganz  Europa  abhängig  war.  Naeli  dein  .1.  1870 
nahm  Lyon  mit  grosser  Hnergie  die  Beziehungen  mit  Ciiina  und  Japan 
wieder  auf.  Auch  Maraeillu  hat  einige  Zeit  den  Import  aus  dem  extremen 
Orient  betrieben;  gegenwärtig  hat  dieser  Hafen  lediglich  als  Haaptmorlct 
f&r  Kokons  und  Abfallseide  aller  Provenienxen  Bedeutung,  während  der 
Handel  mit  Grdge  gSnsUch  an  Lyon  übergegangen  ist. 

Die  Abnahme,  welche  im  Export  nnd  im  Vcrbrancli  chinesischer  Seiden 
bis  vor  einem  oder  zwei  Jahrzehnten  wahrzunehmen  war,  ist  aof  die  reia- 
tiven  Schwier^^ten  saradnafOhren,  welche  hei  der  Verarbeitnng  dieser 
Seiden  auftraten,  um  so  mdax  als  andere  aaiatisohe  S^an,  wie  Japan  x.  B., 
dank  der  Vervollkommnung'  des  Haspel  verfahren«,  sich  den  europäischen 
Rohseiden  an  die  Seite  stellen  koiuiten.  Dieser  Stillstand  war  jedoch  nur 
vorübergehend  nud  schwand  allmählich  mit  der  Überwindung  technischer 
Schwierigkeiten.  Die  kolossale  ProdnkÜonsfahigkeit  Chinas,  welche  noch 
hei  weitem  mehr  gesteigert  werden  kann,  kam  bei  dem  Bestreben  der  Seidn^- 
indnstrie.  ihre  Fabrikate  zu  allgemeinem  Yerbraneh  an  bringen,  sehr  in  Be- 
tracht. Man  kann  die  Seide  überhaupt  nicht  billig  grrng  haben,  wie  sich 
ein  hervorragender  Kenner  der  Seidenindustrie  mit  Hecht  ausgedrückt  huf.  Für 
billige  Seide  konnte  aber  allein  China,  als  ein  äusäerst  produktioustuiiiges 
Land,  in  Betnusbt  kommen.  Wenn  es  auch  anfinglich  A«r  Einführung 
europüischer  Verarbeitungsverfahren  widerstrebte,  so  that  doch  der  Fort> 
schritt  auch  hier  das  seinige,  und  heutzutage  lassen  .sieh  die  chinesischen 
Rohseiden  ebensogut  verarbeiten,  wie  die  anderen.  Namentlich  hat  die 
Gründung  der  Banken,  die  Eröffnung  der  direkteu  Telegrapheuverbinduog, 
nnd  der  Anfsdiwung  des  Seeverkehrs  (messageries  maritimes)  anr  Belebung 
des  Seidenverkehn  Chinas  mit  Europa  beigetragen.  Es  siebt  au  «rwarten, 
dass  chinesische  Seid*  uerzeugnisse  in  der  Zukunft  dne  noch  grOssere  An^ 
nähme  in  der  Industrie  finden  werden,  als  bisher. 

Die  Rohseidenproduktion  der  indochinesischen  Halbinsel  ist  nicht  un- 
bedeutend, wird  aber  aum  grOesten  Teil  im  Lande  selbst  mbraudit  Die 
gelb&rl^  Rohseide  ist  grob,  unsauber,  unregdmttssig,  sodass  rie  für 
enropibolte  Fabrikation  vorläufig  noch  ohne  Bedeutung  ist.  Die  Strangfoim 
ist  eine  mannigfaltige  und  originelle,  wonach  man  die  einzelnen  Provenienzen 
unterscheiden  kann.  Die  Ilaspelversuche  nach  europäischer  Methode  ergaben 
indessen  vorzügliche  lie^ultate,  so  dass  zu  hoffen  ist,  dass  mit  der  Zeit  auch 
dieae  Sttden  Tcn  der  Lidusirie  werden  aufgenommen  wezdra.  Die  Produk- 
tion belinfb  nch  ungefihr  auf: 


Gri^geprodttktion. 


Japan. 


Tonkiu  

Nieder- Kotschiucbiua    .  . 

Annam  

Eambodseha  

Birmah  

Gebiet  der  Laos  und  K\Aa . 
Siam  .  


1200000  kg  Gröge 
60 000  „ 
36000 
20000 

15000  „ 
6000 
2000 


1358000  kg  (irege. 


Ein  Zehntel  dieser  Produktion  wird  nach  ChioA  und  Indien,  nnd  noch 
weniger  nach  Frankreich  und  England  exportiert. 

Wio  im  ersten  Abschnitt  ausführlicher  erörtert  worden  ist,  dürfte  die 
Gewinnung  der  Rohseide  in  Japan  in  den  Beginn  des  11.  Jahrb.  n.  Chr. 
fallen.  Diese  Industrie  genow  von  jeher  die  UnteirtOtsang  der  Regierung 
und  eigab  eine  cwar  niebt  sebr  anagedebnte,  abw  regelmisrige  Beeeb&ftigang. 
Im  .T.  905  hat  Mikado  Daigo  die  Provinzen  in  48  Distrikte  eingeteilt,  wovon 
jede  eine  besondere  Qualität  Seide  enienpte.  Kurze  Zeit  darauf  haben  die 
politischen  Ereignisse  des  Bürgerkrieges  Tenkci  diese  Industrie  lahm  gelegt 
und  erst  unter  Tokngawa,  seit  1616,  wwrde  eine  Wiederbelebung  bem^bür. 
wdebe  jedooh  bald  wieder  dadurch  entkr&flet  wurde,  daae  die  Begiemng 
jeder  Eutwickclung  von  Luxus  abhold  war  und  lediglich  der  Baumwoll- 
kultur  Beachtung  schenkte,  ünt^r  Tempo  ist  die  Vorliebe  für  die  Ein- 
fachheit derart  gestiegen,  du^.s  es  dem  Volke  untersagt  war,  ausser  an  be- 
sonderen Festti^en,  Seidenkleider  tragen.  Unter  solchen  Umständen  fiel 
die  Seide  dner  beblehtliehen  Entwertung  anbeini.  Diese  DekadenqMriode 
dauerte  bia  anr  Zeit  der  Eröffnung  der  H&fen  für  den  fremdländischen  Yet^ 
kehr,  zuerst  von  Nagasaki  (1853)  für  Chinesen  und  Ilolliiiider,  und  dann  von 
Yokohama  im  J.  1 HGO.  Von  diesem  Zeitpunkt  an  hat  nicht  nur  die  Produktions- 
nieuge  in  ungeahnter  Weise  Aufschwung  genommen,  sondern  auch  die 
Heapelo:ethoden  rind  den  modernen  enropüsehen  angepaaet  worden.  Sowohl 
die  Fürsorge  der  Regierung  fflr  Lidustrie  und  Handel,  wie  die  Unterneh- 
mungslust einzelner  Industrieller  und  die  Anknüpfung  direkter  Verbindungen 
mit  Amerika,  hat  der  Seidengewinntmg  Japans  einen  grossartigen  Mafsstab 
verliehen.  Die  japanische  Produktion  erreichte  nach  Schätzungen  Baviera 
im  J.  1872  1840000  kg,  naoh  Rondot  im  J.  1880  2100000  kg,  nach  der 
japanischen  Begiemng  2250000  besw.  2300000  kg. 

Bereits  früher  (S.  263)  ist  erwähnt  worden,  dass  die  Sddenproduktion 
in  Japan  bis  zur  Mitte  des  XIX.  Jahrh.  sieh  auf  einer  nur  bescheidenen 
Stufe  befand,  so  dtum  die  tiekle  eiuer  der  iiaupt^iäcblichsten  Importartikel 
war.  Ursprünglich  wurde  der  Handel  von  den  Chinesen  und  Koreanern  be- 
trieben, leit  der  Mitte  dee  XVI.  Jahrh.  fiel  <der  Haoptanteü  den  PoringieMn 
in,  etwas  später  den  Spaniern  und  im  XVII.  Jahrb.  den  Holländern.  Die 
importierte  Rohseide  stammte  an?  China,  Tonkin,  Bengal,  Siam,  Pcrsien  und 
KotBcbiucbina.    Die  Holländer  scbeineu  aber  in  der  ersten  Zeit  nicbt  die 


Digitized  by  Google 


Oi^eproduktion.  Jaimn. 


richtigoii  Bo^ugsqaelleu  gehabt  zu  haben,  denn  1610  heiast  es:  ,,8ie  bringen 
Stoffe,  Diimaste  und  Taffet  nacli  Hinido,  die  nicht  beliebt  waren,  während 
sie  sollen  bringen  Rohseide  und  Stoffe,  das  beste,  was  es  giebt''.  Erst  1624 
konnten  die  Holländer  nucb  in  dieien  Artik^  erfolgreich  konfainieien, 
nachdem  sie  in  Tonkin«  Formoia  xl  a.  0.  Torteilhefte  Yerbindnng^ 
angeknüpft  hatten.  Im  J,  1637  belief  sich  der  (lesamtwert  der  von 
den  Portugiesen  importierten  Wnrcn  auf  2141468  Taül<i,  wovon  die  Seiden- 
stoffe allein  1660Ö34  Taels,  und  die  Rohseide  360000  Taeb  uusmachten. 
Die  Etnfiihr  dieser  leieieren,  die  wif  2000  Pienls  (PieoWGO  kg)  angegeben 
wM,  acheint  aber  nngenfigend  gewesen  >n  lein,  denn  noeh  in  demselben 
Jahre  bezogen  die  Japaner  2000  Fienla  Rohseide  in  Kotschinchina.  1640 
wnrde  der  Jahresbedarf  Japans  an  Rohseide  Auf  ca.  4000  Picula  abgeschätzt. 
Man  hat  jedoch  allen  Grund  anzunehmen,  daää  diese  Kintuhr  von  Jahr  zu 
Jahr  immer  grösser  wurde,  waüirend  die  der  Seidengewebe  abnahm,  denn 
mit  der  Zeit  lernten  die  Japaner  Teraehiedene  Stoffe,  die  früher  fisriig  im- 
portiert wurden,  im  Lande  selbst  herstellen,  so  dass  nur  die  allerfeinsten 
Prachtgewäuder  für  den  fTofgebraucli  eingeführt  werden  mnssten;  die  auf- 
blühende Weberei  benötigte  aber,  da  die  Seidenkultur  immer  noch  nur  ge- 
ringe Ertragnisse  abwarf,  und  die  inländische  Seide  für  gewisse  Stoffe  günz- 
lM»h  angeeignet  war,  ivuner  mehr  fremden  Rohmaterials.  So  sehen  wir, 
dass  im  J.  1686  vom  Hofe  in  Edo  ein  fiefehl  erlassen  wird,  laut  welchem 
mindestens  ein  Drittel  der  Gesamteinfuhr  der  Hollündischcn  Kompagnie  in 
Rohseide  zu  bestellen  hatte,  und  in  dem  Vertrag  von  wurde  endgiltig 

vereinbart,  dass  zwei  Drittel  des  Imports  aus  Stück-  und  FfundgUteru,  ein 
Drittel  ans  Rohseide  snsammengesetet  wwden  ninsste.  Zu  dieser  Zeit  waien 
ab«r  die  Preise  durch  die  Konkurraue  der  Chinesen  derart  gedruckt,  dass  sich 
beim  Verkauf  unter  Umständen  ein  Verlust  ergab.  Trota  der  Einwendnngen 
d»"r  Holirmder  forderten  die  Japaner  strikte  Durchführung  des  Vertrages. 
Iiis  iGiö  waren  die  Seideopreise  im  allgemeinen  noch  günstig:  :j3,7 — 56,2 
Silbermark')  pro  kg,  dann  veriüiderte  sich  die  Markt  luge  infolge  des  Frei- 
handels derart,  daae  ein  Pienl  weisser  Seide,  das  bisher  auf  3—600  TaSls 
zu  stehen  kam,  im  J.  1620  für  130,  sogar  105  Taels  (6,75 — 11,3  Sm.  pro 
kg)  verkauft  wurde.  Während  die  Portiigicscu,  TTolliliider  und  vor  allem  die 
Engländer  ohne  Hflrksicht  anf  den  Bedarf  und  die  Kaufkraft  des  Landes 
den  Markt  mit  allzu  grusigen  Mengen  iwubseide  überbchwemmten  und  sich 
der  Rttokfraeht  wegen  in  Preisen  unterboten,  vereinigten  sich  die  japaniscdMn 
KAufleiite  zu  einer  Art  Bing,  um  diese  Sachlage  auszanntceii.  Als  aber 
die  Engländer  Japan  verliessen  (1623),  und  der  ITandelsverkelir  auf 
Nagasaki  and  Uinuio  (1635)  beschränkt  wurde,  trat  eine  allmähliche  Pxeis- 


')  ünter  Silbermnrk  (Sm.)  versteht  man  den  Wert  des  in  einer  Mark  enthaltenen 
Silbers,  (gleich  5,55  g  SilW;  ein  Ta£l  war  la  jener  Zeit  gleich  6,75  8m.  oder  7  Mark 
Gold.  —  Man  Sterberg,  Japans  awwSrtifnr  Handel  1542—1654,  in  MBaebener  YollBr 
wirtmli.  Stadien.  X.  (1896.) 


Digrtized  by  Google 


414 


tirügcproduktion.  Japan. 


stpigernnp;  ein:  Lt  TL-iis  1637  scliwaukten  die  Preise  von  22,8 — 36,2  Sm.  pro 
kg.  Im  .1.  16yO  kostete  tin  Hallen  141  »'^  Catties  oJ.t  85,2  kg)  im 
Einkauf  in  Ckina  100  Taels,  d.  i.  31,7  Sm.  pro  kg  und  wurde  zu  550  Taels 
(k  6,20  8m.  oder  61,8  Sm.  pio  li^)  in  Japan  abgesetzt  Durch  di«  kh' 
whliessung  des  Landes  (1640)  wurde  eine  käiuiliche  Steigerung  des  Silber- 
wertes  lierbeigefübrt  Da  die  Abrechnungen  in  N^iisaki  in  (toM  statt- 
znfimli  n  pflegten,  so  hiliten  die  Hollilnder  —  so  Jatige  in  Japan  das  \N  trt- 
veriiiiltnis  von  Gold  zu  Silber  wie  1:8  bestand,  während  es  im 
Aaskode  1 : 15  betrug  —  for  denselben  Pkeb  von  SilbertaBls,  &ifc  d«8 
doppelte  Qaantam  Seide  liefern  kSnnen.  Um  die  für  den  ansländisebeii 
Importeur  günstige  Währungsdiffereiu  aossugleidkcn,  hat  die  japanische 
lu  giprnng  r.n  verscliicdciiLn  Mursnahmen  ROgriffen.  auf  die  hier  nicht  weiter 
«ingegangeu  werden  kann  uu<i  welche  bewirkt  habeti,  dass  die  Steigerung 
de»  Silberwertes  wie  eine  Art  FinanzzoH  zur  Geltung  kam.  Als  neb  die 
Betriebseri^bniMe  im  XVIII.  Jnbrb.  fOr  die  Niederlinder  immer  nn* 
gtlnstiger  gestalteten  und  1755  sich  ein  direkter  Verlust  von  10000  Gul- 
df>n  ergab,  drangen  dii-.selben  wiederholt  und  mit  schliofislichem  Erfolg  »of 
Beseitigung  der  VerpriicliMing,  einen  gewissen  Teil  des  l'nisatzei»  in  Rohseide 
zu  liefern.  Zu  Beginn  des  XVill.  Jahrb.  trat  aucli  noch  eine  Kurs- 
Tencbleebtemng  dn,  wodnrob  die  Verluste  noeh  grösser  worden.  Nadi  der 
Enebliessong  Japans  (1854)  für  den  l'reien  wirtschaftlichen  Verkehr  hatte  man 
einen  gewaltigen  Import  der  cliinesischcn  Htdiseide  und  ihren  Proi^stnr?.  anf 
dem  japanischen  Markte  erwarten  .soUej'.  Es  trat  jedoch  das  (iegenteil  ein. 
Infolge  der  plötzlichen  Silberentwertung  haben  die  wirtschaftlichen  Verhält- 
nisse Japans  eine  durchgreifende  Ändemng  erfahren;  die  knnstlieha  Steige- 
rung des  Silberknrses  hat  die  Produktionskostm  im  Lande  in  aosserordent- 
lichem  Mafse  verteuert,  mit  dem  Eintritt  des  freien  Handelsverkehrs  und 
der  Ausgleichung  des  Silberwertes  mit  dem  '1*  r  übrigen  -Welt,  trat  Japan 
als  mächtiger  Konkurrent  auf  dem  Weltmärkte  auf.  Belief  sich  bisher  der 
Preis  eines  Qnantnms  Seide  im  Werte  Ton  10  Pfand  ffilber  anf  1  Pfirad 
Gold«  so  wurde  jetst  dal&r  nur  Vt  Pfnnd  Gold  bezahlt,  wodurch  die  Sdde 
dem  Auslande  gegenüber  um  50%  verbilligt  wurde.  Die  Smdenraup«!- 
seiichen  in  Europa,  und  der  gesteigerte  Bedarf  daselbst  von  Graine  und 
KoliMeid«^,  hab«;n  cl>eul'cills  iu  i<ehr  wesentlichem  Mafse  dazu  i>eigetrageu, 
einen  grossen  Teil  der  japanischen  Bevölkerung  diesen  Erwcrkszweigcn  zu- 
wfilhren.  Eine  Folge  aller  dieser  Umstände  war  ein  stetig  waebs^der 
Export  der  Rohseide,  der  um  das  Jahr  18^')  bereits  einen  Wert  ▼Ott  62  IfilL 
^lart  erri  icht  hat.  Während  diese  wirtschaftliehe  Umwälzung  zum  grossen 
Teil  durch  Aufhebung  des  Silberzwaugskurses  herbeigeführt  worden  ist,  hat 
die  Silberentwertung  seit  den  siebziger  Jahren  keinen  eutselieidendeu  iuu- 
finss  ausgeübt,  und  nnr  das  gcwöbnüehe  Besnltat  gehabt,  wie  dies  in  den 
Landern  mit  Silberwährung  im  allgemeinen  zutrifft,  auf  den  Export  be- 
lebend einzuwirken.  Der  Ex|)ortpreis  der  Koliseide  in  fi(dd  wird  durch  den 
Weltmarktpreis  beeiufiosst,  während  die  Produktionäkosten  in  Silber  stets 


Digitized  by  Google 


Gr^produktioa.  Japan. 


415 


dieselben  bleiben;  die  Vahatadifferenzen  kouuuen  somit  nur  den  japanischen 
Exportenren  und  Händlern  zu  gnte.  Was  die  Seidenstoffe  anbetrifft,  so  hat 
die  Aufbebung  des  Zwaugskurses  ebeufalls  die  Wirkuug  gehabt,  den  Im- 
port in  eiiieii  bedeutenden  Export  umznwandeliu  Da  jedodi  diese  Wann 
keinen  WdimarktpreiB  haben,  kauft  eie  der  eoropUsehe  und  amerikaniaeke 
Importeur  etets  zum  japanischen  Silberpreiee  ein  und  verdient  seinerseite  bei 
der  Entwertong  des  Silber«  soit  1870;  wenn  die  Preise  Sohwankimgen 
zeigen,  so  sind  die  letzteren  unabhäu^jig  von  der  Valuta  and  habeu  ihren 
üreprang  in  den  VerüoderuogeD  der  Nacli frage  und  des  Angebots. 

Kehren  wir  nnnmehr  nach  dieser  kleinen  Abeebweifang  su  lutserem 
Thema  zurück. 

Die  Aiisfulir  japunrsclior  Rohseide  stieg  von  555  im  .T.  1^59  nach 
London  oxpediertm  Hallen  auf  7771  im  nächstfolgenden  Jahre  und  erreichte 
1863  die  Hohe  von  Uber  30000  Bullen.  Aber  auch  hier  brachte  es  die 
Gewinnsucht  und  ünmlUchkeit  der  Produzenteu  und  E[aaflente  um  die  neb- 
zigcr  Jahre  aar  Ubermissigen  ProdukUon  und  aum  Yennisohen  der  guten 
Qualitäten  mit  minderwertigeren  Provenienzen,  so  dass  infolge  des  allmäh- 
lich geschwundenen  Vertrauens  die  AuHfiibr  einiger  Sorten,  wie  Hatchogee, 
Hjda,  Etschizea,  Sodai  etc.  gänzlich  aufhörte.  Aach  hat  die  forcierte 
Produktion  dtt  Baupmeier  aum  Zweck  ihrer  Auafbhr  nadt  Europa  in  den 
Seuchenjahren  auf  die  Seidengewinnung  Bachteflig .  «ngewirkt.  Die  jafia« 
nischc  Regierung,  die  der  Seidoiiindustrie  ein  wohlberechtigtes  Interesse  ent* 
gfjfenhrinii^t,  ergrif!"  tbatkräftig  die  Initiative  n.  war  bemüht,  dnrrh  Kiufuhrung 
strenger  Kontrolle  und  eines  vervollkomtnueten  !la.spel verfuhren»  den  frühereu 
Ruf  japanischer  Seiden  wieder  herzustellen.  Im  J.  1868  hat  der  QoUTemenr 
der  ProTins  Rikusen  im  Norden  Japans  in  Owatori  die  erste  Filatnre  i 
reorop^enne  errichten  lassen,  und  dann  hat  die  Regierung  eelbst  die  Er- 
richtung von  MnsterfilanJen  in  rlie  Hand  genommen.  Ebenso  hat  der 
amerikanische  Kinfluss  sehr  stark  auf  die  VervoHkommnting  der  Produktions- 
verfahren hillgewirkt.  Alle  diese  Cuiätünde  brachteii  eine  h>tündige  Verbes- 
aemng  in  der  Qualität  und  Steigerung  des  Konsums. 

Die  japanischen  Oregen  sind  meistens  kunsttftngig,  stark  glänzend  und 
unterscheiden  sich  vorteilhaft  von  den  besten  chine^iscllen  durch  da-s 
Fehlen  des  Flaums.  Sie  zeigen  auch  die  verklebten  Stellen  im  Strang 
(gommurcs),  dank  dem  sorgtultigen  Umhaspeln,  in  weit  geringerem  Malse, 
ab  alle  anderen  Ghrdgeü  asiatischer  ProTenienz.  Als  weitere  Vorzage  sind 
herrorstthebeo:  helle  Farbe,  Finnheit  des  Fadens,  grosse  Elastixit&t  bei  ge- 
nügender Festigkeit,  geringer  Gewichtsverlust  beim  Abkochen,  grosse  Sauber- 
keit und  Regelraässigkeit.  Es  giebt  mehr  als  dreissig  QtiaHtäten.  sie  tragen 
wie  in  China  die  Nauen  nach  den  Provinzen,  Distrikten  und  Ortschaften; 
ausserdem  untttrseheidet  man  ca.  15  verschiedene  Legarten  des  Stranges. 
Die  japanischen  Kanfleute  haben  die  r^lmSss^  Venorgong  dar  Markt- 
plätze ,  wo  eurojüiische  und  amerikanische  Häuser  bestehen,  organisiert 
und  sind  bestrebt,  an  diesem  Handel  deu  tbätigstea  Anteil  zu  nehmen.  Man 


Digitized  by  Google 


41G 


hat  grosse  ftespUschriften  gobildot,  welche  Zweigniederla-ssungen  in  Paris, 
LjOD,  New- York,  Loiidun  etc.  gegrtlodet  haben  und  ihre  Öeideii  direkt  au 
die  Sflidaihiiidlflr  und  fUmkanteii  tmhmhiL 

Die  Emtdlung,  weldior  Japan  bei  der  Beepreebung  der  Sddengaobt 
unterworfen  wurde,  enreiii  sicli  auch  hier  als  ratitmell,  indem  jede  Zone 
ihren  Produktfn  einen  pigenen  Clianiktfr  verleiht. 

Die  nördliche  Zone  Japans  liefert  20"/o  der  Gesamtproduktion  und 
vorzugsweise  die  im  Handel  unter  der  Bezeichnung  Oshiu  bekannten  Urege- 
Sorten.  Ihre  VarietSien  rind  folgende:  Oehiu  barimitn  bezeichnet  die  feinefee 
Qualität,  die  jedoch  nicht  mehr  in  den  Handel  kommt.  0.  kakedah  erfreut 
sich  eines  ausgezi  ichncten  Kufe-i.  ().  kinkasang  i.st  eine  feine  und  i*lii'-ti>che 
Glitt UI1J5,  ihre  Produktion  ist  indessen  wenig  belangreich.  0.  Sendai,  U.  Vone- 
sawa,  0.  Ywashiro  und  0.  Mibaru  sind  gute  Qualitäten.  0.  Etschingo,  0. 
üien,  0.  Ibnmild  etwas  herber  Nator,  die  vom  kalkhaltigen  Wasser  her> 
rührt,  0.  Yong  und  0.  Akita  erfreuen  sich  ebenfalls  eines  guten  Rufes. 
0.  Nambu  ist  eine  schwere,  wahrscheinlich  in  nietallsalzhaltigem  Wasser 
gehaspelte  Grege  und  zeigt  auch  beim  Abkochen  und  Färben  ein  ganz  ab- 
normes Verhalten.  Von  die.*>eQ  (iregeu  kommen  die  meisten  in  Form  von 
Filatures  oder  Bereeied  in  den  Handel,  nnr  die  0.  Hamaski  und  0.  Sendai, 
anweilen  anch  Kakedah,  werden  nach  dem  froheren  rinheimuebai  Yerfohrm 

gehaspelt  und  in  alter  Strangform  geliefert. 
Die  besten  Qualitäten  bnlx-n  den  Titer  12  16 
(Kakedah)  und  2ü;25  (Hamatsky),  die  geringe- 
ren wneren  in  den  Grensen  12/18/20  benr. 
25/35/46.  Die  feineren  Sorten  der  Oshiugrdgen 
finden  für  Failles  und  Moires,  die  mittleren 
für  Bänder,  sowie  für  alle  Artikel,  die  eines 
starken,  dicken  und  sauberen  Fodeu  benötigen, 
Anwendung. 

Die  centrale  Zone  Japans  erteugt  ^e 
ganze  Reihe  von  Ghrdgen  TOn  sehr  venchieden- 
artigeni  Charakter;  man  trifft  hier  sowohl  die 
besten  und  schönsten  Sorten,  wie  die  Shinio- 
uita,  als  auch  die  niiuderwertigsten  Hatchogee. 
Die  ihrer  Strangform  halber  „grapes-haaks" 
benannten,  früher  sehr  gebräuchlichen  Or&gen,  werden  gegenwärtig  nach 
Huropa  nicht  mehr  exportiert;  sie  waren  von  guter  Qualität,  besonders  die 
Provenienzen  Shimonita,  Maybash  und  Maybash- Hatchogee,  in  den  Titem 
12/15  in  den  besten  und  14/20  in  den  geringereu  Sorten.  ^Uuter  der  Be- 
seichnnng  Dsehiiehin  kommen  in  den  Handel  Seiden  verschiedener  Provenienx; 
die  besseren  Qnaliiftten  sbd  Shimonita,  Maybash,  Ojama,  Fkikashima,  Ta- 
kasaki  und  Tomioka,  ferner  Morioka  and  Aomori.  Die  den  Provinzen  Shi- 
musa,  Shinio/uke  und  llitatshi  entstammenden  regen  führen  ebenfalls  den 
Namen  Dächusliiu.    Die  Siusbiugregeu ,  Pruveuienz  Naganokeu,  sind  von 


vif.  s«. 


.  Digltlzed  by  Go(\gle 


417 


kräftiger  Natur.  Skimoniiiw»  und  Tda  meagen  «eböDe,  misse,  glaidi- 
miasige  Gr^n;  Muauhi,  dai  «neh  wilde  Seide  produnert,  liefert  ge- 
ringere Sorten.  Unter  den  Übrigen  Provenienzen  der  cenb-alen  Zone,  die 
etwa  65%  der  Gesamtproduktion  erzeugen,  wlren  noch  zu  erwähnen  die  Ko- 
shia,  Etshiu,  TschitschibOf  Uatcbogee  etc.  Nayasu  ist  eine  6rege.seide,  die 
inr  beaeodere  Zweite  besUmmi  iet  und  wabreiid  einer  Stande,  in  einem . 
Ledemek  «ngeaeUoiaen,  mit  hölzernen  Sebli^m  geklopft  wird. 

Die  südliche  Zone  erzeugt  die  Bohseide  aus  raehrerntigen  Koken«, 
während  die  beiden  anderpn  Zonen  ansschliessHch  einernti^e  Rassen 
kultivieren.  Etschizen  ist  eine  gute,  für  Bandfabrikatiun  geeignete  (itf  o"' 
der  gleichnamigen  Provinz;  Sodai  stammt  ans  Mino,  Ma.shta  aus  Tadscbimu 
und  Tambft,  Tayiain  aus  Geahin,  Buehiu  aue  Nagoyaken,  Hamamatanki, 
Owari,  Yae,  Tango,  Hatackodscln  etc.  ans  deu  gleichnamigen  Ortschaften. 
Diese  Seiden  haben  den  Vor7ng,  von  hellerem  Weiss  zu  seiti,  ah  die  der 
nördlicheren  Zorioii.    Sie  machen  1Ö%  der  Gesamtproduktion  aus. 

Die  Fortschritte  der  Seidenbasplerei  haben  in  Japan  viel  schneller 
Eingang  gefunden,  ale  in  dem  konaenrativen  Cliina.  Abgeaehen  von  den 
Privatanlagen  ist  der  Staat  aelbat,  wie  bei  allen  zu  grossiucinitrieller  Eni* 
wickeluug  neigenden  fit'werbeH,  ko  aocb  hier  mit  der  Einrichtung  von  Seiden- 
filanden  nach  europäi.schem  Muster  vorangegangen.  Im  Jahre  1872  wnrde  in 
Tomioka  (Gamma)  eine  grosse  staatliche  Seidenbasplerei  nach  französischem 
Mutter,  femer  in  kleinerem  Maftatabe  in  Tokio  und  Uajbaald,  ernehiet, 
denen  alsbald  viele  private  ünfeemehmongen  felgten.  Naeb  einer  amt> 
lieben,  jedoch  sehr  unvollständigen  Zusanimenstellung  aus  dem  Jahre  1886 
sind  allein  für  Nagano  118,  für  Gifu  12*2,  für  Yamanashi  73  Filandeu 
angeführt;  alle  auäammen  beschäftigten  11569  Arbeiter.  In  quanti- 
iativer  Hinsteht  am  wiehtigaten  aind  jetzt  die  Ortaekaften  Fukuahima, 
Gamma  und  NaganokMi,  ferner  Yamagat»,  Saitmua,  Eanagawa,  Yamanaebi, 
Gifii  und  Schigaken.  Ihre  Totaljiroduktion  wuclis  von  2250000  kg  vor 
20  Jahren  auf  ca.  6—7000000  kg  Grege  im  J.  1895.  Die  besten  Quali- 
täten der  Filatures  und  Rereeleds  sind  die  Provenienzen  bbinano,  Kodznke, 
Kai  und  Iwashiro.  Die  meisten  für  den  Export  bestimmten  japanischen 
Gr^^  werden  gegeniribtig  nach  dem  enropiueben  Yerfebren  gebaapelt 
und  kommen  als  Japan -Filature  auf  den  Markt  Sie  besitzen  in  der  Qua- 
lität „extra"  einen  Titer  vnn  ^  10  den.,  in  anderen,  sehr  gleichniiissigen  Qua- 
litäten die  Feiuheitsnunimeni  9/11,  10,11  u.  ^s.  w.  bis  zu  12  10.  Diejenigen 
Gregeu,  welche  nach  nach  der  früheren  japanischen  Methode  gewonnen 
werdm,  werden  in  der  Begel  umg^  lui  ^elt  d.  i.  in  die  europSiaehe  Strangform 
gebracht  und  kommen  als  Japan  red^vidto  oder  Imitation  Filature  in  den 
Handel.  Ihre  gangbarsten  Provenienzen  sind  Zagnri  Oshiu  in  den  Titern 
12/16  bis  12/16/18,  Boshiii  12  16  bis  12/16/20.  sowie  Maybash  14/18  und 
14^0,  woraus  hervoigeht,  das»  ihre  Gleichmassigkcit  noch  viel  zu  wüiisebeu 
übrig  liest 

Üb«  die  Beteiligung  einxelner  Ftoveniencen  auf  dem  Markte  in  Yoko" 

eiib*iit*aa,  Dl«  a«Mii.  f7 


Digitized  by  Google 


418 


bama  giebt  folgende  Tabelle  umähemden  Au&ehliiii,  die  den  Yerlanf  der 
Ounpegne  1887188  Kbilderi 

Name  u.  Herknnft  der  Grige      Ballen  la  33  kg  248 

Shinaoo  (Sinshiu)    ....  16338 

Kodzake  (Dschoshia)    ...  12151 

Iwa.shiro,  Iwaki   11049 

Musashi  (Bnshia)     ....  7181 

Owari,  Mino   3190 

Usen   2353 

Riknzcn   2174 

Ktsbiogo   1 556 

Koshiu   1107 

Andere  ProTenienien    .  .   .  5860 


In  gauen   62439  Ballen, 


gleich  2076000  kg.  Der  Hafen  Tcddo  ist  mafsgebi-Dd  für  den  japanüchen 
Seidenhandel  und  eine  Vorratskammer  für  Yokohama;  doch  hat  auch  KoIm» 
in  letzterer  Zeit  begonnen  mit  ^  okohama  zu  wetteifern.  Indessen  scheint 
der  Handelsverkehr  in  Yokohama,  trotz  mancher  Nachteile,  sehr  günstigen 
Boden  ni  beaitaen,  ond  ee  ut  Toideiliand  keine  Adaaiolit,  daae  idne 
gOmtige  g^ogni^ieobe  Lage,  eoivie  die  Tbaiaache,  da»  einige  hedeaiende 
Haaplttrieil  aich  in  seiner  Nähe  befinden,  vorerst  Kobe  zn  ^nem  Auf« 
schwang  seiner  kommerziellen  Bcdeutun?  verhelfen  werden. 

Die  gegenwärtige  Eiuteilong  der  einzelnen  üregesorten  in  der  Ansfnhr 
ist  folgende  (for  1893/94): 


Filatore 

Zi^uri  .  , 

Eakedah 

Gra]>es 

ilumatzky 

Sendai. 

DiTWae 


n 


86400  Ballen 

14100 
6300 
600 
400 
100 
100 


n 


66000  Ballen. 


Im  allgemeinen  lägst  sich  eine  fortwährende  Abnahme  der  Grapes, 
eine  Zunahme  der  Filatures  konstatieren.  Dank  der  Verrollkommnung  der 
i^ualität  iai  diti  Ausfuhr  japanischer  Gr^gen  in  stetigem  Wachsen  begriffen. 
Naeh  den  «tatistiaeben  Angaben  des  japaniaehen  Miniaterian»  fOr  Handol 
und  Gewerbe  belief  sieh  der  Ih^oit  an»  Tokohama  aaf : 


Digitized  by  Google 


OitgvpiodnMaoB.  Xomb.  IiMUen»  419 

Ballen: 


Nach: 

lM9/72>) 

1875/76 

1880/81 

18M/87 

1891/92 

1894/95 

Eoglaad  .... 
Kontinent  .... 
Amerika  .... 

7805 
4301 
233 

8362 
4878 
351 

12387 
4481 
5471 

518 
11872 
14000 

308 
18698 
30035 

44 
22607 
28745 

1  12339  1  13691 

22339 

26390 

49041 

Ö1396 

Kilogramm: 

I  740000  I  815450  11340000  1 478000  2 994000] 3084000 


Die  Verteiluu<^  des  Exports  nach  den  earopäiscben  Handebplützen  isi 
die  folgende  (1893/94): 

Lyon    .   .   .  17439  Bdlen 

Marseille  .   .  2819  „ 

London     .    .  1958 

Mailand  .  .  1918  „ 
Zürich  ...       498  „ 

Die  Halbinsel  Köre»  erzeugt  weisse,  der  cbinesischeD  sehr  ähnliche  Roh- 
seide, die  jedoch  &it  »naidiliesBtiek  im  Lande  selbst  vtrhrandit  wird.  Es 
ist  aber  wäliTBeheinlie]),  daas  die  koreaniaebe  Grdge,  daran  Ptodnktion  man 

auf  etwa  400000  kg  schatsBen  kann,  in  Zoknnft  als  Exportartikel  Beachtaug 
finden  wird,  uml  dies  nm  so  mehr,  ah  sie  von  schöner  weisser  Farbe  and 
sehr  gnter  Qualität  ist.  Ein  Teil  der  Kokons  dient  zur  Fabrikation  von 
Papier,  dna  grosse  Zähigkeit  besitzt  ond  Absats  nach  der  Mandschurei  und 
SfidekiBa  fiidei,  wo  es  an  FeniteraolMiben  Torwendet  wird. 

Obwohl  die  Verarl)eitiiDg der  Kokons  in  Indien  noch  den  Torgeschioht* 
liehen  Zeiten  augehören  mag,  so  ist  doch  die  eigentliche  Oewinnang  der 
Gespinste  vermittelst  des  Ahhaspelns  erst  iu  das  V.  otler  VI.  Jahrh.  n.  Chr.  Geb, 
zu  verlegeu.  Alieui  Auecheiue  nach  erlernten  die  Indier  diese  Kunst 
TOD  den  Eingeborenen  Baktrieu  und  Kasehmira  oder  Pendiehalia.  Im  enten 
Drittel  des  XÜL  Jahrh.  verwendeten  die  Manufakturen  Laeeee  die  Seiden 
vom  Ganges  (seta  Gaugia).  Diese  Seide,  von  dem  uiehremtigcn  Bouibyx  for- 
tunatas  berstanimend,  dürfte  f^elb  geiiveaen  sein.  Im  Laufe  der  .lahrhunderte 
war  dieses  Gewerbe  auf  die  Bedürfnisse  der  einheimischen  Weberei  be- 
eebrSnkt,  nnd  man  kann  annehmen,  da»  die  Prodoktion  600000—1 000000  kg 
jährlich  betrag.  Erst  zu  Aufaug  unseres  Jahrhunderts  b^&nadgton  so- 
wohl die  Kolonialpolitik  Napoleons,  durch  welche  England  genötigt  wurde, 
seinen  zu  jener  Zeit  sehr  bedeutenden  Öeidenbednrf  aus  Indien  zu  beziehen, 
sowie  die  rege  Thäiigkeit  der  ostiudischen  Kompagnie  den  Aufschvnuig 
indisebnr  Seidenprodaktion.  Berdte  1808  waren  einige  grosse,  nach  ita- 
tieniwher  Art  eingwiditete  Saidenfilanden  im  Betriebe,  die  einen  gromen 
Teil  ihrer  Prodoktion  Ton  migefilhr  2000000  kg  ftobseide  nnd  AbfiHle  ez- 

>)  Gsgen  14691  Ballen  in  den  Jaluen  18«$/»«. 

27* 


Digitized  by  Google 


420 


Qr^produktioa.  In^sn. 


poartierteat  g8g«n&b«r  einer  Ansfabr  von  86000  1^  im  Jahre  1776  und 
220000  kg  1780.  Der  Export  nahm  falgendMi  Bniwiehelnng^jang  (kg): 

1812       1845        1860        1867       1871/75     1875/78  1879/83 
446000  770000    800000    900000     900000     770000  668000 

Unter  dem  Druck  der  wachsendeu  cliin«  sischen  und  japaoischeii  Kon- 

knrrenz,  sowie  ir^'olr^p  anderer  Ursachen  ukonomisclier  Natar  verfiel  die 
Seidenproduktioü  iu  einen  allmählichen  Kiickganf^f,  wandte  ^\rh  dajjOL;-  ii  der 
Ausfuhr  vou  Gespinst-  und  Kokouabfällen  zu.  Iu  deu  Campagueu  lbjd;62 
war  Indien  mit  Bxport  naeh  Europa  mit  996600  kg  Bohaeide  nnd  Abbll- 
Beide  beteiligt,  1869/71  mit  1024930  kg,  in  d.  J.  1877/80  mit  642250  kg, 
1881  82  mit  507120  kg,  worin  154700  ktr  On-ge,  1882,83  mit  617180  kg, 
worin  227710  kg  Grege.  1887  mit  ö2SuOU  kg  und  1SS8  mit  674000  kg. 
Im  Jahre  IbÖ'i  belief  sicli  die  Ausfuhr  (in  Ballen  ü  66  kg): 


nach  Euglaud    Fraukreich  Italien 


ToUl 


Grege 

1125 

1256 

723 

3104 

Friflona 

177 

2616 

2693 

Kokon« 

468 

13 

476 

1766 

3786 

723 

6273 

Bekanntlich  macht  die  indische  Seidenprodaktion  gegenwärtig  eine  Krisis 
durch,  deren  Ursachen  im  Kapitel  Seldeukultur  (p.  252  f.)  besprochen  worden 
sind  nnd  deren  weiterer  Verlauf  sich  kaum  absehen  lüsst.  Die  Produktion 
Ueugals  itit  Kur  Zeit  nicht  einmal  geuügeud,  um  deu  Bedarf  inläudiscber 
Wehereien  an  decken;  es  werden  daher  hetrBditlk»he  Mengen  Bobeeidei 
namentlioh  ans  China*  importiwt  Die  Einfdhr  helief  neh  anf  («ngL  Pfund): 

1879/80       1884/85       1887,:88  1893,94 
2006020     1  83U02     2698697   ca.  2660000. 


Die  Anafahr  der  Bngalaeide  dagegen  auf  (kg): 


Fis.  Mt.  Ortg«  TOB 

BM^             1889  1891  1893 

210000  229000  287000 

gegen  die  Anifiihr  von  (engl.  Pfund  =  453,6  g) : 


nach 
England 
Fraukreich 
Italien 
Direrw 


1871 
1679104 
263147 
77197 
111961 


1881 
52410 
263992 
226642 

8621 


1894 
199000 

1890 
167365 
299272 
112129 

14659 


2131399  550665  693425 
Die  Regierung  widmet  der  Scidenprodulrtion  grosses  Interesse,  und 
mancherlei  Anzeichen  deuten  darauf  hin,  dass  dieser  Industriezweig  noch 
grome  Bedeutung  erlangen  wird.  In  mehreren  Distiäteii  iit  man  daran, 
das  eiupoi&ische  Haapelver&hren  in  griSeaerem  Mafmiabe  einsitflihren; 
Mooiahedahad,  Baiihaye  nnd  andere  Jbdnatrieeentren  verAgen  gegen- 


Digitized  by  Google 


Gr^eproduktaoD.  Centralanen. 


421 


wärtig  über  12000  enropäische  Haspelstühle.  Dass  Indien  befähigt  ist,  den 
Weg  zum  Fortschritt  za  betreten,  zeigt  die  Ausfuhr  der  letzten  Jahre. 
Die  in  der  Campagne  1892/93  ausgeführte  Menge  Bobstoffe  tod  655338 
engl.  Pf.  in  Weite  von  5060000  Rapien  fibertrilft  d«n  dnrehiehBitfclieli«« 
Export  dos  l«(stan  Deeonniuiiu  um  Aber  Nur  wird  gegenwSrtig  noch 
nicht  die  genmte  Menge  produzierter  Qrtge  atugefohrt,  «mdem  sam  gifii^ 
ten  Teil  im  Lande  selbst  verarbeitet. 

Die  indische  Grege  ist  uuter  dem  allgemeinen  Namen  Bengal  bekannt. 
DieMs  hochgelbe,  glänzende,  zugleich  »ber  flanmige  Gewinst  Ton  weichem 
banmwolhurtigeai  Ofil^  steht,  obwohl  aeiner  Zubereitnn^  immer  mehr  8org&lt 
zugewendet  wird,  noch  hinter  anderen  Gregen  asiatischer  Provenienz  zurück. 
Sie  findet  für  gewisse  Zwecke,  für  ^fimtuet-  und  Plüscbfabrikation,  sowi.» 
für  Schirmstoffe  Verwendnng.  Früher  unterschied  man  einzelne  Uattungeu 
der  Bengalgrege,  nämlich:  bkeiu»,  nach  der  alten  italienischeu  Methode  gc* 
hupelt»  kleine  Stringe,  die  banptolidilieb  tn  NEheeiden  venibeitet  wurden; 
Novi  wurden  nach  neuer  italienischer  Art  und  bedeutend  fdner  gehaspelt, 
scliliesslich  waren  die  Natives  einheimische  Gespinste  von  minderwertiger  Gut«. 
Gegenwärtig  unterscheidet  man  die  nach  europüischer  Art  gehaspelten  und 
die  von  den  Eingeborenen  hergestellten  Gregen.  Unter  den  erstereu  {h'ua.- 
turesi)  sind  die  beaten:  Radnagore,  Oonatea,  Snrdab,  Tangiporc,  Oomercollj 
u.  a.  Die  anderen  (Natives)  haben  einen  sehr  unregelmässigen  Titer  und  laaaen 
sich  schwer  verarbeiten.  DasVerzwirnen  derselben  gesclileht  nioistens  in  Italien. 
Die  grünliche  unr<»gelmaRsige  Grege  von  Mysore  hat  nur  Inknles  Interesse. 

Centraiasien  gehört  zu  den  Ländern,  in  denen  man  in  der  Öeidenge- 
winnong  nach  jeder  ffichtung  bin  auj  wenigsten  Fortaehritto  gemacht  hat  Am 
Auagang  deeAttertnn»  ward  dae  am  FamenndimNoidendeiKnen-Iiun  gelegene 
Land  Kbotan  die  Wiege  der  anssercbinesisehen  Seidenknltur,  doch  scheint  hier 
die  regelrechte  Seidengewinnung  ^upist  nicht  Ix'trieben  worden  zu  sein. 
Obwohl  die  Art  des  Kokonhaapelu»  bekannt  war,  üo  wurden  in  Khotan,  um 
mOgUohet  viel  Baapeneier  m  gewinnen,  nur  dnrdibohrte  Kokons  benatit,  die 
man  am  Spinddnide  venurbeitete.  Die  ESnigin  licss  auf  ein«D  Stein  die 
Verordnung  einmeisseln,  welche  besagte:  „es  ist  verboten  Seiden würmer  an 
tödten;  erst  wenn  alle  Schmetterlinge  der  Seiden  mnprn  ausgeflogen  sein  werden, 
könnt  ihr  die  Kokoui»  verarbeiten.  Wer  dieses  Ge»etx  Übertritt,  wird  der 
Hilfe  der  Götter  verlustig".  Erst  später  wurde  das  Abhaspeln  eingeführt. 
Die  Seidengewinnnng  schwang  sieh  in  Gentralaeien  in  einer  viel  befatie» 
benen  Il  L  i^itidustrie  auf,  wurde  jedoch  am  Ausgang  des  Mittelalters  ii^ 
folm^  jiiilitischer  ünnhen  eingestellt.  Lange  Zeit  hindurch  War  das  Ge- 
wi  fi  c  lu  Turkestan,  namentlich  in  Ta-schkent,  Han  arkiud.  Dariagebiet, 
gänzlich  erloschen  und  wurde  in  diesen  Gegenden  er.<tt  nach  1785,  nach 
der  Einnahme  von  Herw  Cliahidsdian  durch  Schah  Murad  Khan  wieder 
hergestellt  Er  liess  die  Einwohner  TOtt  Merw  naeh  Bokhara  übersiedeln,  wo 
sie  fortfuhren,  sich  der  Seidengewinnung  zu  widmen.  Der  Emir  Nasrullah 
ermächtigte  die  Abkömnüioge  dieeer  Kolonisten,  ihren  Wohnort  in  Samar- 


Digrtized  by  Google 


422 


Gr^geproduktioQ.    Centralasien  etc. 


kand  zu  nehmen.  Durch  dieso  Auswandernngen  hat  sich  das  Gebiet  der 
Seideukuliur  und  -gewinoung  nach  und  nach  wieder  erweitert.  Das  Haspel- 
vw&liren  ist  sehr  primitiv,  obwohl  die  Geschicklichkeit  dabei  eine  ei-Mtaun- 
Hdie  ist.  Die  grObere  S«de,  „kaliftra*^  geoannt,  Yerbleibt  im  Lande,  die 
bessere  und  feinere,  „horraiak",  wird  nacli  I^nssland  und  Indien  exportiert. 
Die  besten  und  gk'iclimä'^si'f.steu  Erzeugnisse  liefert  das  KliuDiit  von  Bukhara. 
Merw  in  Tnrkmauien,  das  gegenwärtig  -'ti  I^nsslaud  gehört,  hatte  im  Mittelalter 
seineu  Ileiclitum  dem  Seidenbau  zu  verdanken,  während  gegenwärtig  seine 
Prodnktioii  nur  noch  nnbedentend  ist.  Balkh,  sowie  Ehnndns  und  Khn- 
luni  erzeugen  viel  Seide,  aber  von  schlecliter  Qualität;  ebenso  produsieren 
die  I'roviuzeu  Yarkand,  Kaschgar  und  Khotan  ziemlich  viel.  In  der  Dzun- 
garei  und  in  Thibet  werden  endlich  fnr  den  inlündischeu  Verbrauch  be- 
trächtliche Mengen  erzeugt.  Über  die' Produktion  lassen  sich  mit  Vorbehalt 
folgende  Angaben  macbeo. 

Unabhängiges  Turketitan: 

Khanat  von  Bucbam   450000  kg 

Chiwa   200000  „ 

Kubisches  Turkestan   .  650000  «« 

Jklerw,  afghauisclios  Turkestan  und 

afghanisches  Kllora^üan   150000  „ 

Chinesisches  Turkestan: 

Kaschgar,  Yarkand,  Khotan  ....  600000  „ 
Gebiet  Iii   200000  „ 

Äussere  Hbngold: 

Kamehar,  Tarfan,  Cbami .   .   .   .    .   250000  „ 

2600000  kg. 

Der  grötiste  Teil  dieser  Produktion  verbleibt  im  Lande,  da  die  Be- 
veikeruDg  sieh  mit  Vorliebe  in  Seide  kleidet»  der  Rest  wird  nach  Rnssland, 
Afghanistan  und  Indien  exportiert.  Orenbnrg  ist  das  Centnun  des  Seiden- 
bandeis von  Tnrkestan  mit  Russland. 

Im  eigentlichen  Afghanistau  nnd  Beludschif?tan  ist  die  Seidcngewin- 
nuDg  namentlich  in  dem  ersteren  ziemlich  bedeutend.  Die  gewonnene  Seide 
•wird  in  Heeaft  bearbeitet  nnd  nach  Msstthhed  nnd  Kabul  Tosandt  Ein  gnter 
Teil  der  afgba^ehen  Seide  geht  nach  Indien  und  Persien.  Der  europäische 

Handel  hat  sich  bis  jetzt  mit  diesoa  Seiden  nicht  beschäftigt,  und  nur 
der  Vollständigkeit  halber  fuhrt  man  sie  in  den  Statistiken  unter  dorn 
Namen  Kbora.ssan  auf.  Man  bat  keine  genauen  Anhaltspunkte  über  die 
Produktionsmenge  dieser  Seidffii,  dooh  dürfte  sich  dieselbe  auf  ungefähr 
60000  kg  belaufen. 

In  Persien  wurde  bereits  im  V.  Jahrhundert  Seide  gewonnen.  Die 
Produktion  wuchs  dann  fortwährend,  nnd  ihr  hidcutender  Umfang  im 
XL.  Jahrb.  wird  durch  arabische  Schriftsteller  mehrfach  erwähnt  Edrisi 


Digrtized  by  Google 


GrcgepioduküoH.  i'ersien. 


423 


beschrieb  ihre  Blüte  im  XII.  Jahrb.  Die  Seiden  von  Ghilan  (seta  ghella) 
wurden  in  Luccu  sehr  viel  verarheitet.  Mehrere  .Talirhunclerte  hindurch  ent- 
wickelte »ich  ilas  Gewerbe,  durch  verscliieUene  eugli^che,  deutächf  uud 
iiusiaclieHniddagesdIieltaflien  ttiit«nfeatst*  annnterbrochen«  nnd  darf  man  drä 
jährliche  Hastellang  aaf  3—4  Mill.  kg  Rohseide  sehiisen.  Im  XIX.  Jahrh. 
verminderte  snch  die  Produktion  und  zwar  noch  vor  dem  Anftretfii  d<^r 
Raupfuseuchen.  Im  .T.  1R50  jrewanii  man  ,30 ODO  Rollen  ä  34  kg  oder 
1020000  kg  Cieide,  wovon  610000  kg  exportiert  wurden.  Die  Seiden  waren 
kräftig,  cur  Hfilfta  lang,  zar  Hälfte  kors  gehaspelt.  Nach  der  Epidemie 
sank  die  Produktion  «nf  700000  kg  im  J.  1861  und  aaf  280000  kg  im 
.1.  1865.  Im  J.  1870  schatste  man  sie  auf  300000  kg.  In  den  Jahren 
1850 — 70  belief  sich  die  Ausfuhr  auf  5 — 600000  kg  jährlich,  sank  indes?:pn 
von  411340  kg  im  J.  1865  auf  45370  in  den  Jahren  1870—73  und  auf 
8070  in  den  Jahren  1878 — 81.  Man  untersdned  zwei  Gattungen:  Peraien 
originell  und  Pevsiea  Eonstantinopel;  die  eratn«)  welche  von  beasnrer 
Qualität  uud  grösserer  Feinheit  war,  kam  in  Form  von  30 — 35  kg  schweren 
Rollen  in  den  Tliindcl  nud  wnide  hauptmchlich  für  Möbelstoffe,  Posamenten, 
Bänder  und  Foulards  verwendet.  Die  andere  Sorte  wurde  von  türkischen 
Kaufleateu  in  den  Produktionaortschafteu  augekauft  und  kam  in  Ballen 
-?on  100  kg  avf  den  Harkt  (HarBeiUe);  diese  Gattnng  war  von  minderer 
Güte.  In  gröberen  Till  :  11  'u  iien  .sich  die  iiersischen  Gregen  für  NUhseideOi 
Cordonncts  etc.  vorzüglicli.  <Jegenw;irtig  kommen  sie  anf  den  enrnpSischen 
Markten  nur  ^ehr  selten  vor;  die  geringe  Ansfnhr  gL-ht  meistens  nach 
Ruiisland  oder  über  London  und  Marntiilie  uucli  Tunis  uud  Marokko,    ^jj  der 

Gesamtheiatellnng  werden  im  Lande  selbst  verbraucht  Die  gegenw^brtige 
Grdgii^TOdnktion  Pmiens  vcrtult  msb.  anf  seine  Provinten  folgendermalsen: 

Ghilan   280000  kg 

Mazanderan   65000  „ 

Adzerbeidschan     ....  32000  „ 

Khorassan   12000  „ 

Oentralprovinaen    .   .   .  6000  „ 

395000  kg. 

Die  Rohseide,  die  von  den  Kinheimischen  ,,ibrishim'^  genannt  wird,  ist 
flachfädig,  gelb  oder  weiss;  sie  verursacht  iufoige  der  hüuügeu  Verklebungeu 
einzelner  GrSgeflden  bei  der  Verarbeitnng  Schwierigkeiten.  Ausser  den 
oben  erwähnten  zwei  Haupttypen  waren  früher  folgende  Sorten  persischer 
Grege  im  Handel.  Hayla  war  die  beste  und  sehr  geschätzte  Gattung,  die  je- 
doch nur  zum  geringen  Teil  im  Verkehr  vorkam,  dagegen  meistens  im  Lande 
selbst  verbraucht  wurde;  Sauduoki  war  die  erste,  Maine  die  zweite  und 
OirdiBaire  die  dritte  QuaHiBI  des  Handels.  Gegenwärtig  wecd«i  oittenM^edMi: 
Alaghtmdy  (die  feinste  Gattung),  Shahibafy  (mittlere),  Parehenbafy  (Kho- 


Digitized  by  Google 


424 


Or^produktion.  Lerante. 


rassan)  und  Sbirwany  (die  wonjfjer  f^eschätzten  Qualitäten);  Garuk  und  Läs  '1 
•ind  mioderwertige  Sorten.  Die  Märkte  befinden  aicb  in  Becht,  Sabzawar 
und  NübiiMr.   Dar  Hauptexport  dendben  gekt  naeh  Bnidind. 

Die  Geaobielifte  der  SeidengewiannDg  m  den  L&ideni  der  Levanle  iat 
bereits  früher  erörtert  worden.  In  der  zweiten  Hülfte  des  XfX.  Jahrb. 
produzierte  die  Levantf  f]m- 'hschnittlich  1 — 1,5  Mill.  kg  Gregoseide.  in  Bu- 
melieu  wurde  die  Itaspkrei  mit  groMser  (iescbickliclikeit  gebsmdhabt,  und 
man  erjsielte  (im  J.  1853)  nicht  selten  eine  Ausbeute  von  einer  Oka  Seide 
ans  SV«  Okft  frischer  Kokons*).  Im  Jabre  1883  geiraim  man  im  gamen 
5 — 601000  Ijg  Rohseide.  Das  Verschwinden  der  ehemaligen  levantinischen 
Rassen  hat  bemerkenswerte  Verändemngen  in  der  Natur  der  Seir!  >n  >)owirkt; 
nichtsdestoweniger  wenlen  dieselben  fnr  vielfnche  Zwecke  hochgeschätzt. 

Die  kleiuasiatische  Rohseide  kommt  unter  dem  gemeinsamen  Namen 
Levante  in  den  Handel,  doeb  nntersehddet  man  hier  ^nige  FkovenienMii 
und  innerhalb  derselben  mehrere  Qualitäten.  Was  zuerst  Änatolien  an- 
langt, so  hatten  diese  Seiden  bis  /.um  J.  1830,  wo  ihr  Export  nach  Europa 
bei;ann,  sowohl  in  ([Uiilittttiver  wie  (luantitaiiver  Hin.sicht  wenig  Bedeutung. 
Binnen  des  letzten  Decenninms  hat  sich  hier  in  Bezug  auf  die  gezüchtete 
Basse  ein  gänalidber  ümsdhwuug  volkogen,  der  bereite  im  Kapitel  der 
Seidenknltor  nfther  erSrtert  wnrde.  Die  Qnalitit  dar  Bross^prigen  hat  ridi 
in  den  letzten  Jahren  wesentlich  Terbessert,  derart,  dass  sie  in  einigen 
Qualitäten,  was  Kräftigkeit  und  Geschmeidigkeit  anbetrifft,  mit  den 
italienischen  konkurrieren.  Die  Einrichtung  der  ersten  Filanden  nach  eoro- 
pitseher  Art  fUlt  in  das  Jahr  1840.  Um  das  Jahr  1863  bestanden  sn 
Saloniki  nnd  ümgebnng  80  Filaaden  mit  1000  Bassins  «nd  einer  Pro- 
duktion Yon  36000  ^  feiner  Seiden,  zn  Brussa  und  Umgegend  22 
Has|  plitnstalten  mit  1080  Bcckeu  und  einer  Produktion  von  57000  kg  Seide. 
Ausserdem  waren  noch  au  vielen  anderen  Orten  kleine  Filauden  im  Betriebe. 
Bis  zu  den  vierziger  Jahren  wurden  die  Seiden  nach  primitiven  Methoden 
gewonnen  nnd  kamen  naoh  Europa  vnter  den  Namen  „Mestoiip|ie^  oder 
„Brussa**,  je  nach  der  Qualität,  die  zwar  etwas  grob,  aber  gnt  war. 
Ziierst  hat  England  die  Ausfuhr  in  die  Hände  g^nonnucn  und  ex- 
portierte 1.S30— 52  durchschnittlich  1—2000  Ballen  jährlich;  von  1853  ab, 
wo  die  Ausfuhr  den  Weg  nach  Fraukxeicu  nahm,  nur  2 — 600  Ballen. 
%  der  Gesamtemte  werden  im  Lande  verhaspelt,  der  Beet  der  Kokons 
wird  nach  Italien  und  Frankreich  exportiert.  Unter  der  Anregung  euro- 
päischer Industrieller  wird  Änatolien  den  modernen  Fortschritten  der  Seiden- 
gewinnung niplir  inid  mehr  zugänglich.  Gegenwärtig  sind  in  Hrassa  und  der 
Umgegend  -kb  i  iiuaden  nach  europäischer  Art  mit  2500  Uaspelbecken 
thStig,  im  Lnram  des  Landes  40—60  Aiistalten  mit  2—2600  Beeken, 


*)  Benjkmin,  Silk  Stttters  in  Psnk. 

*)  Rondot,  Die  SridSBprodaktiOB  der  Bfde.  (L'sit  de  ]tk  loie»)  Obsn.  Bejatti* 
Wien  1890.  &  59. 


Digltized  by  Google 


Ortgtpradaktioa.  Lctuta. 


426 


«benfillt  EDm  grtwton  TeO  in  moderner  Weise  betrielien;  %  dieser  An- 
stalten geboren  den  Armeniern,  Vs  den  griechischen,  türkischen  und  fran- 
zösischen Industriellen.  Die  Brussagregc  kommt  im  Handel  in  weisser, 
weniger  in  gelber  oder  grunlicber  Farbe  vor.  Die  Produktion  Anatoliens 
belief  deh  Mif  (kg): 

1883         1887         1890  1893 

GrUne  Gi^     108000        18600  3620  — 

Weisse    „  18000         37  200       123080  216600 

Gelbe     „  54000       130 -200         54  300  11400 

löOOOO       186000       181 OÜÖ  228000~ 


bmIi  anderer  Statittilc  (kg); 

Im  Inlande  verbrauchte  Oldge     .  . 

Exportierte  Grege   

Exportierte  troekne  Kokons  (Ausbente 


1893  1894 

.   .     20232  19381 

.    .    283619  316525 

4;1)    24689  19859 

328440  365786 


Auch  die  syrische  Roliseideuprotliiktion  befindet  sich  fortwiibrend  im 
Steiften.  Die  Rasse  ist  fast  auäschliessiich  gelb  und  von  französisclier  Herkunft. 
DieEinrichtung  der  ersten  europäLscbenFilonden  reiciit  in  dasJabr  1840 zurück; 
im  J.  1894  waren  befeitt  128  Etablinemente  mit  7638  Haapelbeeken  thätig, 
WDTon  5759  für  die  Brate  der  Tbalebene,  1537  für  die  aus  dem  Bekaathal 
und  342  für  die  aus  dem  Hochgebirge.  Aclit  französische  Filanden  mit 
zusammen  832  Hecken  erzenpen  Gregon  besserer  Qualität.  Die  syrischen 
Gr^en  werden  im  allgemeinen  etwas  weniger  geschätzt,  als  die  von  Brnm, 
sind  aber  nervig,  d.  i  elaitiaeh,  nnd  Ton  groner  Zartüidt.  Ibre  Aopt* 
'  Terwendttng  finden  sie  für  Organsini  18  bi«  22  den.  nnd  werden  namentlich 
für  schwarze  Stoffe  und  Artikel  gesucht,  die  am  Webst  i  l  l  u:ros?cr  Festigkeit 
bedürfen  oder  in  kaltem  Klima  zur  Verarbeitung  gelangen.  Die  besseren, 
aoeh  die  mittleren  Qualitäten  werden  ihrer  Festigkeit  halber  mit  Vorteil  für 
Wann,  die  im  Stuck  gerärbt  wwden«  verwendei  Fart  die  getarnte  Ernte  wird 
im  Lande  aelhet  Terarbeitet,  und  nar  ein  aehr  geringer  Teit  wird  in  Form 
tioekener  Kokons  nac  b  I\Tailand  oder  Haneilla  exportiert.  Dia  Prodoktion 
Syriene  beUef  eich  anf  (kg): 

1883        1885        1887        1890       1893  1894 
290000    225500     840000    390000     520000  466000 

Die  Produktion  der  Insel  Cyperu  geh  wankt  bedeutend;  sie  beliinft 
sich  iu  den  betreu  Jahren  auf  20 — 30000  kg  und  wird  gewühulich  als 
anrieche  Fkovenienz  in  den  Handel  gebraehi 

Von  den  afrikaniaehen  Kolonien  der  Türkei  besitzt  für  uns  nur  Tri- 
polia  ein%ea  Interewe.   Im  J.  1894  waren  27  Filanden  mit  1600  Becken 


Digitized  by  Google 


426 


Grfegeproduktion.    Lcvaiito.  Rmsland. 


gegen  22  mit  1112  Becken  im  J.  1889  vorhanden.  Die  Produktion  belauft 
eich  anf  400UU  kg  Gnäge  und  wird  zum  grössten  Teil  nach  Frankreich 
exportiert. 

Die  eQrop&isehe  Tftrkei  eraeagt  nur  nnbedeatende  Meogwi  Roh- 
seide, da  der  grdsste  Teil  der  Ernte  in  Form  von  gedörrten,  trocknen 
Kokoii.s  nacli  ^^a^lftnd  und  Marseille  aus<i;efiilirt  wir  l.  Ww'^  im  Lande  selbst 
gebasjielt  wird,  ist  von  niinderwerti<,'er  (tüte.  (Jbwoiil  sich  die  türkische 
Grege  im  allgeroeiueu  gat  verarbeiten  liLsst,  so  ergiebt  sie  doch  einen 
tittmlioh  flockigen  Zwirn  und  findet  aneb  infolge  ibrer  etwas  dnnklen  FariM 
als  Exportartikel  nur  wenig  Beachtung. 

Die  8eidengewinnnng  G  riechenlands  datiert  seit  dem  X.  oder  XI.  Jahrh. 
Ira  XII.  Jahrb.  waren  die  byzantinischen  Reidenhaspler  sehr  berühmt,  wie- 
wohl die  griechischen  Seiden  ihrer  Natur  nach  in  Italien  viel  weniger 
galten  als  die  spanisehen.  Im  J.  1863  eraengte  man  baiuabe  120 — ISOOOO  kg 
Sdde,  die  tod  den  Bmieni  auf  lefantiniedie  Ait  gekaspelt  wnrde;  die 
einheiwisehe  Weberei  nahm  die  Hälfte  dio>es  Qnantnms  in  Anspruch.  In 
demselben  .Jahre  rr^h  es  7  Filanden  mit  43i2  Bassins,  1877  waren  12  Fi- 
landen  mit  ca.  HOO  Becken  im  Betriebe.  Gegenwärtig  verarbeitet  Griechen- 
land seine  gesamte  Kokonemte  selbst,  was  früher  nicht  der  Fall  war. 
Die  Produktion  belftnffc  neb  anf  ea.  40000  kg  Gr^,  woTon  %  exportiert 
werden. 

In  Russland  erzengte  man  Seide  bereits  unter  Michael  III.,  dem 
Gründer  der  Dynastie  Romanow.  Dieses  Gewerbe  wurde  von  allen  späteren 
Herrschern  begünstigt  und  gedieh  in  kleinem  Malsst&be  in  den  südlichen 
Prorinxen,  namoitlieh  in  Tannen,  Bessarabienf  Podolien  ete.,  nnd  noeb  heute 
produzieren  die  Kolonien  der  Mennoniten  in  dem  Gouvernement  Tamioft 
tollte  Seiden  der  weissen  Sinims^e,  Im  Jahre  IS^Tl  wurde  die  Produktion  auf 
ÜOOO  kff  geschätzt,  gegenwärtig  dürfte  aber  nur  der  dritte  Teil  davon  ge- 
wonnen werden.  Dagegen  hat  die  Seidenproduktion  des  Kaukasus  uameut- 
Heh  in  neuerer  Zeit  industrielle  Wiebtigkeit  erlangt  Im  XIII.  Jabrh.  war 
die  georgische  Seide  in  Italien  sehr  geschätzt.  Im  Laufe  der  Zeit  ist 
d:is  Gewerbe  durch  politische  Unruhen  sehr  gefährdet  worden.  Erst  im 
XL\.  Jahrh.  hat  die  russische  Regierung  es  sich  zur  Aufgabe  gemacht,  die 
früher  so  blühende  Industrie  wieder  za  heben  und  Hess  aus  Frankreich  geübte 
ArbeitskriSite  kommen,  um  den  kankaaiRcbcn  FhtUBD  dl«  rationelle  Sdden- 
gewinnnng  lebren  an  laerai.  Im  J.  1851  betrug  die  Produktion  ea. 
500000  kg  Grege  nnd  in  der  Zeit  von  1860/66  eine  Million  kg  pro 
Jahr.  Ferner  in  den  Jahren  1861  6;i  durchschnittlich  720000  kg  jährlich 
mit  einem  Export  von  354000  kg,  fiel  dann  aber  1864/66  auf  836000 
und  1867/69  anf  409000,  um  1870/72  anf  902000  kg  anzuwachsen. 
Im  J.  1872  aollen  1166000  kg  eneugt  nnd  692000  kg  exportiert 
worden  sein« 

Im  russischen  Turkestan  ist  die  Seidengewinnnng  melir  jils  ein  Jahr- 
tausend alt,  aber  die  Seiden  waren  niemals  sonderlich  geschätzt;  und  auch 


Digitized  by  Google 


Or^prodaktion.  Italien.  427 

• 

g^fttliriirtig  sind  die  Haspelmethoden  der  Baneni  in  den  Distrikten  Sbokand, 
Samarkant!,  Ta-tchkent  etc.  noch  sehr  unvollkommen.  In  den  Jahren  1867 
bis  1872  wurden  Masterfilanden  eingerichtet,  uud  die  russische  Regiening 
bat  deren  Gründung  durch  Subventionen  begünstigt;  diese  Anstalten  sind 
jedoeb  l&ngit  eingegangen.  Die  mit  grossem  Kapital  angelegte  Filande 
zu  Kodschend  ist  Ende  1875  ebenfalls  geschlossen  worden.  Die  Ansbente 
bei  der  eiiilieimischen  Haspelmetlimle  ist  sehr  gerin rj:  1  Pfuud  Seide  aus 
8 — 9  Pfand  trockener  Kokons,  in  iSamarkand,  wo  die  uzbekischeu  Hiispl«v. 
rinnen  geschickter  sind,  gewinnt  man  1  iiuud  Seide  aus  ö  Pfund 
Kokons,  und  die  nnsisoben  Haaplerinnen  babm  es  nocb  weiter  gebnusbi, 
indm  sie  1  Pfund  Seide  aus  4  Pfund  Kokons  erzielen.  Ein  Teil  d«r 
gewonnenen  Seide  wird  im  Lande  selb.-<t  verbrauclit,  der  Rest  nach  Russ- 
land nnd  Indien  exportiert.  Ein  t,a*wisser  Teil  der  Kokonemte  des  Kaa- 
kaäuä  uud  Tiukestuu  gt^laugt  nach  Mailand  und  Marseille. 

Der  Ursprung  der  itftlieniaehen  Sddenliasplevri  reieht  bis  in  jene  Zdten 
snrSek,  fiber  die  man  jed«r  EUTWISsrigeo  Naebridit  entbebrt.  Wenn  nmn 
den  örtlichen  Uberlieferungen  Glauben  schenken  will,  so  wurden  schon  seit 
Alitte  des  IX.  Jabrb.  in  Knlabrien  Kokons  abgehaspelt,  während  man  be- 
stimmt weiss,  dass  im  Sudan  dieses  Gewerbe  von  den  Arabern  noch  früher 
betrieben  wurde.  Doch  sebant  es,  dMS  nmr  knne  Zeit  Tor  den  Er- 
obemngen  von  Robert  Oniseard,  gegt»  die  Mitte  des  XI.  Jabrb.,  oiien- 
taliscbe  &ndwerker  die  Kunst,  die  Seide  r^elrecbt  zu  haspeln,  nSiOli 
Catanzaro  eingeführt  haben.  Guiscard,  ein  auf  die  Interessen  seines 
Landes  sehr  bedachter  Fürst,  zwang  diese  Handwerker,  ihre  Kunst  den 
Eingeborenen  zu  lehren;  man  weiss  jedoch  nicht  genau,  ob  diese  Seidenhaspler, 
dmen  der  Historiker  Amato  den  Namen  «artefiei  orientali'*  beilegt,  Oriedhen 
od«r  Araber  waren.  Von  Siiitien  adirribt  Edriai  im  J.  1154,  daes 
„das  Land  sehr  viel  Seide  en-.enge.**  Es  giebt  nur  spilrliche  Quellen 
aus  der  Zeit  vor  dem  XIII.  Jahrh.;  min  weiss  nur,  da.ss  die  Manufakturen 
Luccas  gegen  die  Mitte  des  XUI.  Jahni.  vuu  deu  kalabreai.^chen  beiden 
Gebnraeh  machten.  Die  Hasplerei  entwickelte  sieb  im  Zusammenhang  mit 
der  Seidenknltnr  nvr  langsam,  und  erst  seit  Ende  des  XVI.  Jahrh.  fand 
ein  Aufschwung  statt.  Die  italienische  Hasplerei  wurde  tonangebend  ffir 
dieses  Gewerbe  in  Europa. 

In  der  italienischen  iiohseidenindustrie  hat  .sich  im  letzten  Vierteljahr- 
hnndert  ein  bemerkenswmier  Umschwung  vollzogen.  Im  Jahre  1868  sihlte 
man  in  Italien  61877  Haspel,  worunter  25637,  deren  Becken  mit  Dampft 
heizung  versehen  waren.  Im  J.  1876  waren  bereits  83036  Haspel  im  Be- 
triebe, wovon  53370  mit  Dampfbeizni:^.  Die  Lombardei  allein  besass  38  881 
(29576  mit  Dampf)  Haspelbecken.*)  Die  technischen  Verbesserungen  des 
Haspelverfebrena  bab«i  es  ermöglicht,  die  Zahl  der  Haspel  allmifalieh  an 


*)  Ellena»  Motiiie  ikatuticfa«  sopca  alcane  iadostrie. 


Digitized  by  Google 


428  Oi^eproduktion.  ItaUen. 

Terringern,  während  die  Produktion  selbst  im  gleichen  Zeitraum  nicht  nur 
in  Qaalität,  sondern  namentlich  in  quantitativer  Hinsicht  beinahe  nm  das 
doppelte  gestiegen  ist.  Im  J.  1891  waren  in  ItaUen  1401  tSeidenfilanden 
nit  54588  HtMpelbeekeii  io  Tbltigkeit,  woron  48956  mit  DMDpfhdsniig, 
und  iMBeUlUgtoD  99381  P«noiieiL  Di»  Pravins  Huknd  bctaas  148  Anaiftlteii 
mit  10222  Becken,  wovon  9870  mit  Dampfheizung.  In  Bei|{uio  waren 
1892  85  Etabh'seements  mit  5450  Rocken  in  BetnVH,  wovon  mir  310 
mit  direkter  Feuerung.^)  Brescia  betrieb  2210  Haspel,  während  sich 
166  iu  Stillstand  befanden.  Die  Verroll kommnnng  der  Kokonraaaen  hielt 
Sohritt  mit  den  FortMbritteii  der  Haiplmi,  und  (grleieluwitig  mit  der 
•tetigCii  Abnahme  der  Beckenzahl  stieg  die  Ausbi  ntr:  ;in  firege  aus  den 
Kokons.  Auch  die  Qualität  der  Gre>j^e  hat  sicii  in  deu  letzten  zwei 
Deceuuien  wesentlich  verbessert.  Um  ein  kg  Grege  zu  erzeugen,  waren  in 
den  Jahren  1871/«6  15  kg,  iu  den  Jaliren  1877/ä2  12,6  kg,  iu  den  Jahren 
1885/68  11,9  und  in  den  Jahren  1890/94  113—11*8  kg  fruefaer  Kokons  ev- 
fiorderlieh.  Diese  Zahlen  beziehen  noh  auf  reine  Rassen,  die  gekreuzten 
und  die  grünen  benötigen  noch  gegenwärtig  13 — 13,2  kg  für  1  kg  Gröge. 
Wie  bereit«  bei  der  italienischen  Seidenkultur  erörtert  wurde,  hat  sicli  hier 
ein  Umschwung  zu  Gunsten  der  einheimischen  gelben  Rassen  vollzogen, 
während  die  grBne  japaniaehe  im  Yembwinden  hcgriffen  ist  Es  wurden 
ensogt 

kg  Rohseide 


grnn 

gelb 

Total 

1880 

2000000 

800000 

2800000 

1885 

1142000 

1315000 

2467000 

1887 

1819000 

2157000 

3476000 

1890 

610000 

2933000 

3443000 

1892 

320000 

2645000 

2  9'"')0f)0 

1894 

284000 

3166000 

3449000 

Unter  den  itaUenisehsii  Grdgen  sind  dicgen^ea  der  Fhmns  Piemont 

qualitativ  die  besten  und  werden  mit  Recht  als  die  (MvenneBseiden  Italiens 
bezeichnet.  Sie  «iiid  L'lfinxend,  ela.stisch  und  fest  and  eignen  sich  als  (^reire 
vorzüglich  für  die  mechanischen  Webstühle.  Als  Organzin  werden  sie  be- 
sonders zu  Sammeten,  Plüschen  und  reichen  Fa^onnes  verarbeitet.  In 
qttftntitntiTer  ffiniieht  betiSgt  die  Produktion  Piomonto  etwm  18%  der  Oo- 
«untiwodaktion  Italiens,  d.  i.  800000  kg  Gr^ge,  und  mr  650000  kg  der 
reinen  gelben  und  weissen,  150  000  kg  der  gekreuzten  und  100000  kg  der 
japanischen  Rassen.  Die  lomhardischen  Gr^gen,  im  Handel  Mailand  genannt, 
sind  von  verschiedenartiger  ijualität;  diejenigen  von  iinunza  sind  die  besten 
md  eignen  saoh  ab  Grdgo  vorzüglich  Ar  die  mediiniiehe  Weberei  nnd  nie 


*)  AbbsU  di  «Utiatioa  del  d'XtaUa. 


Digitized  by  Google 


Qt^gtpndaktion.  fifthwaii.  FnnkreMdi.  429 

Oqfusin  für  reiolie  8aid«iiftoffi»;  ftodere  Pmttnienieii,  wi«  Beigraio^  Breuna, 
HantM  und  Gnnun»  «ind  weniger  niierf^  imd  «onien  sa  dm  gewdbo- 


Hg.  MB-US.  SMtaft  «uapIMit  Mft. 


liehen  OrganziDS  und  Tramen  verarbeitet.  Die  Prodaktion  der  Lombardei 
betr&gt  darehwboittlich  1500000  kg  Gr^e,  und  zwar  830000  kg  der  g8> 
kreiisteii,  470000  im  nbuot  gelben  und  neieieii,  165000  der  grfliieii  re* 
prodnzierten  und  iOOOO  der  grünen  originellen  Rassen.  Die  Seiden  der 
Provinz  Wnedig  lasseu  sich  ebenfalls  nach  zwei  Qualitäten  unterscheiden; 
diejenigen  der  gebirgigen  Gegenden  (Udino  etc.)  sind  von  vorxüjjlichcr  Qualität 
und  werden  mit  Vorteil  als  Gregeu  verwoben,  während  die  der  Thalebeneu 
von  weicher  Bpecbaffenheit  nnd  und  banpftaiehlich  als  Trame  Yerwendnng 
finden.  Die  Prodaktion  Venedigs  beträgt  800000  leg  Robseide,  wovon  % 
gelber  und  weisser  oder  griioer  Farbe;  der  Rasse  nach  sind  40°;q  rein, 
40°/o  gekreuzt,  und  der  Rest  grüne  Japans,  meistens  reproduziert.  Die  Sei- 
den von  Neapel,  Toskana,  Umbrien,  Marken  und  den  benachbarten  Provinzen 
aind  eanand«-  nemlieh  ihnlieb,  die  Toekana  sbd  die  besten  darunter;  die 
vorwiegendste,  reine  Rasse  ist  gelb.  Diese  Prorentensen  werden  mit  Vor* 
liehe  zu  den  feiutitrigen  Organzins  14/16  bis  18/20  den.  verarbeitet.  Diese 
Region  erzeugt  18%  der  Oesamtproduktion,  d.  i.  ungefähr  7 — 800000  kg 
Gr^ge.  Die  Gr^eu  der  südlichen  Provinzen,  Kal&brien,  Sizilien  etc.  sind 
Ton  grosser  Gate  nnd  «rgelMii  als  Gr^  namentlieli  Ittr  T&11,  Spitzen 
n.  a.  w.  sehr  gnte  Besnltate;  als  Oiganain  änd  diese  Seiden  stark  nnd 
elastisch  und  für  schwierigere  Webarbeiten  gesacbt.  Italien  verhaspelt 
niclit  nur  seine  gesamte  Kokonemte,  sondern  nwch  eine  beträchtliche  Menge 
eingeführter  Kokons,  meist  orientalischer  Herkunft.  Der  Export  Italiens 
in  Grige  beUef  sich  im  J.  1894  auf  5476600  kg  gegen  4580700  kg  im 
Yoijahre. 

Die  Schwei  zerischenG  regen  der  Kantone  Tessin  nnd  Gtanbünden  haben, 
da  die  Ernte  fast  gänzlich  in  den  italienischen  Filnnden  verarbeitet  wird, 
ganz  den  Charakter  der  italienischen  Seiden.  Die  Produktion  beläuft  sich 
auf  ca.  60000  kg  Grege. 

Was  die  Geeohielito  der  Seidenhasplerai  in  Frankreieb  anlangt,  so 
wissen  wir,  doss  mau  in  der  Provence  die  Seide  mutmafslich  schon  im  XKL« 
hestiramt  aber  im  XI\'.  Jahrb.  erzeugte;  nm  die  Mitte  des  XTV.  TiiVirh.  war  sie 
ein  Handelsartikel.  Das  Gewerbe  ist  in  Frankreich  vielleicht  nocu  älter,  denn 
Jean  de  Gar  lande,  Grammatiker  und  Dichter,  Verfasser  eines  Worter- 
bnehs  (1220)  führt  anter  den  Arbeitägeräteu,  die  fSr  FVanen  bestJaunt  sbd, 
einen  Apparat  „le  trahale,  traale"  oder  „tnuifl**  an,  worunter  man  eine  Vor- 
riehtnng  tarn  „Ziehen**  der  Kolcona  T6nteh«B  will.   Wenn  aber  wirklicb 


Digitized  by  Google 


430 


Gr^eproduktioD.  Fraokreidi. 


schon  im  XII.  oder  sn  Beginn  des  XIIL  Jfthrli.  die  Kokonbmsplerei  be- 
standen bat,  so  muss  dieser  Arbeitszweig  ganz  unbedeutend  gewesen  sein; 
vielleicht  ist  er  dorthin  darch  die  spanischen  Mauren,  die  im  X.  Jahrb.  das 
alte  Septimanieu  erobert  haben,  oder  durch  christliche  spanische  Aas- 
wenderer  gebrecht  worden.  Ee  ist  viel  wehxsehelnlieh«,  deee  dee  Geiftt 
„tnaiL**  die  ursprüngliche  ZwiniTorrichtnng  bezeichnet  hat,  womit  man 
ro];f>  nns  dem  Süden  nnd  (^mti  Orient  bezogene  Seide  zu  Webefäden  ver- 
zwirute.  Die  Fürtschritte  der  Seideuhasplerei  waren  in  Frankreicb  viel  ge- 
ringer und  laugsamer,  als  in  Italien,  und  noch  im  J.  14t)6  hatte 
Lonia  XT.  dnen  Seidenba^ler  Namens  Uftofrain  an«  OarmagnoU  nach  Lyon 
berufen,  um  dort  seine  Kunst  an  lehren.  Erst  im  letzten  Jabrhnndert  hat  die 
französische  Hasplerei  in  qualitativer  Hinsicht  Oberhand  gewonnen,  und  die 
Italiener  kamen  ihrerseits  nach  Frankreich,  am  die  Kanetgriffe  der  Seiden- 
haspler  kennen  zu  lernen. 

Die  nämliclie  Thateache  wie  in  It*1»&  lint  rieli  in  Frankrafeb  bedb- 
achten,  nur  haben  hier  die  maaehmenen  Foriadiritte  ans  naheliegenden 
OrQnden  in  noeh  grSsserem  Uabe  PlaU  gegriffen.  Die  allgemeiuen  5lco> 
nomischen  Verhältnisse  sowohl,  wie  die  im  ^'ergleich  mit  Italien  teuerere 
Handarbeit,  haben  eine  stetige  Abnahme  der  Einfuhr  ausländischer  Kokons 
anm  Zweek  dee  Verhaepelns  im  Lande  und  sogar  die  Thateache  sor 
Folge  gehabt,  dass  grosse  Meogen  franzBeiscber  Kokons  nach  Italien 
Tenandt  wurden,  um  dort  verarbeitet  zu  werden.  In  Italien  fiel  da- 
gegen die  Ein-  und  Ausfuhr  der  Kokons  bis  vor  wenigen  Jahrzehnten  voll- 
standig  weg,  hat  aber  in  neuerer  Zeit  eine  beträchtliche  Stei<^emng  erfahren. 
Die  Einfuhr  der  Kokons  nach  Frankreich  belief  sich  in  den  Jahren  1869/79 
auf  darebsohnittlieh  1209340  kg  trockner  Kokons  jShrHeh,  welches  Qoan- 
tum  im  J.  1881  auf  729015  und  1882  auf  130310  kg  gesunken  ist;  iu 
J.  1889  betrug  die  Menge  der  eingeführten  Kokons  ein  Drittel  der  expor- 
tierten, üm  dem  daueniden  Verfall  der  einbeimischen  beidenhasplerei 
vorzubeugen,  ist  am  13.  Juui  1891  von  der  Deputiertenkammer  beschlossen 
worden,  derselben  in  der  gleichen  Weise  wie  der  Seidenkaltnr  eine  staailieb« 
Unterstützung  angedcihen  zu  lassen  und  den  Seidenfilanden  ftir  jedes  be- 
triebene Haspelbecken  mit  2  Grdgeftiden  100  Pres.,  für  solche  mit  mehr  als 
zwei  Füden  400  Frcs.  und  fSr  jedes?  Becken  für  die  Donpions  200  Frcs. 
jährliche  Prämie  zu  gewähren.  Die  an  äeidenhasplereien  bezahlten  Prämien 
beliefen  sieh  im  J.  1892  anf  3669000  Fres.,  im  J.  1891  auf  4100000  Free. 
Die  Folge  daran  war  eone  betriehtiiehe  Stagemng  der  Kokoneinfnhr,  eine 
Erscheinung,  der  die  Scidenzüchter  mit  wenig  wohlwollendem  Aage  eat* 
gegensahen.  Die  Ausbeute  am  Haspel  stieg  von  14,8  kg  Kokons  in  den 
J.  1871/76  auf  13,9  in  den  J.  1877/82,  auf  12,3  in  dem  .J.  18h8  und  11,6 
im  J.  1894  (12,0  für  grane  Rassen).  Die  fransSsisobe  Seideuhasplerei  verfugte 
fiber  27253  Beeken  im  J.  1875  und  10314  im  J.  1888,  wobei  aber  die  Ane- 
giebigkeit  eines  jeden  nm  das  Doppelte  ingenommen  bat.  Es  waren  im 
Betriebe: 


Digrtized  by  Google 


431 


1892  1894 

Beekan  Ar  2  VMm                       176  397 

Becken  ßr  mehr  «Ii  2  FSden  .   .   11052  9  805 

Hilfebecicen                                1890  1614 

13117  11816 

Die  Prodaktion  der  Qrige  bi^ef  sich  anf  (kg): 

1889         1891  1894 
Gelb  .  .  598000      548000  880000 
Gröii  .   .    20000       18000  16000 

618000      566000  896000 

Unier  deu  französischen  Rohseideu  gebührt  dea  sogenanuteu  Ceveuoeä 
der  erste  Plati.  Zwar  sind  sie  wenig  anedmUeh  nnd  neinUdi  matt,  aber 
griffig,  elaetistth  and,  was  tob  groaeem  Wert  iak,  abiolat  flockenfrd.  Es  tat 

eine  vielverbreitete  Ansicht,  da&s  die  guten  Eigenschaften  derCt'venneigrdgenmit 
der  Beschaffenheit  de«  sandigen,  kalkreichen  Boden?,  auf  ^  Icliem  sie  «^ezo^en 
%verdcn,  zasammenliängen.  Die  Cevennesrseiden  worden  in  extra,  pnma  und 
secunda  uateri«chiedeu.  In  zweiter  Linie  kuoimen  die  Ard^chegrögeu  in  Be- 
tradit,  die  ebenfiaUe  lebr  geieliätit  sind.  Diese  beiden  Provenieiueii  weidea 
TO  den  reidieten  Geweben  verarbeitet  nnd  fBr  die  jeiaston  Sammete, 
Spitsen  nnd  viele  andere  Artikel  verwMldet,  die  absolut  tadelloser  Seide  be- 
nötigen. Die  nntor  dem  Namen  Lubemon  und  Valr^as  bekannten  Grege- 
sorten  sind  ohenfalls  von  flockenfreior  Beschaffenheit.  Dem  Äusseren  nach 
den  CeveuQeäaeiJL'u  uuuliche  Gregen,  nur  vuu  weicherem  Griff,  siud  die  Vi- 

Taraifl  ond  Danpbin^,  die  jedoeb  infolge  dee  fenehten  Bodene,  ebenso 
wie  Carpeatrea-  und  Ptovenc^prigen,  ein  siemlieh  flocUgee  Aiiaaehen 
beben. 

Tra  gesell if^)it Heben  Teile  des  Werkes  ist  die  Hed».'utung  Spaniens  ala 

des  ersten  seiUeiierzeagenden  Landes  in  Europa  hiiil  inujUch  erörtert  worden. 
Die  äpauiscbo  Rohseide  war  iu  der  Periode  vum  iX.  bis  zum  Xl\ .  Jahrb. 

eine  der  geschfttateeten'  in  Italien.  Daa  Gewerbe  bat  dann  bis  sn  nnseren 
Tagen  Tenohiedene  Yeribudemnifen  dnrcligeniadit,  die  mit  den  poUtiaelmi 
Ereignissen  zusammenhingen.   Seit  dem  Beginn  des  XDL  Jahrb.  »t  ein 

bedeutender  Aufschwang  zu  verzeichoen. 

Die  Krankheiten  zeigten  sich  1853.  Die  Produktion  von  ftber  8  bis 
900000  kg  Grege  iu  der  Zeit  vor  1853  sank  uuu  allmählich  und  betrug 
1881  nnr  noch  64600  kg.  Dank  der  ofBiienen  üntentfitcnag  erhob 
de  aieh  in  den  Jahren  1882/83  anf  etwa  100000  kg,  welehee  Quantum 
indes  seither  kaum  wieder  erreicht  worden  ist.  Im  J.  1882  waren  in  Spa- 
nien 30  Seidenhasplereien  mit  1800  Haspeln  im  Betriebe  (3040  Becken  im 
ganzen);  im  besonderen  scheint  die  Verarbeitung  der  üoupions  (in  der  Provinz 
Grauada)  ihre  frühere  Bedeutung  erhalten  zu  haben.  i>ie  Produktion  be- 
lief nch  anf  (kg): 


Digitized  by  Google 


432 


CMcapiodoUioa.  PortogaL 


1886       1889        1891        1893  1994 
52000      66000      90000      77000  90000 

Ein  Teil  der  Kokons  wird  zu  Ängelsclinilrcn  verarbeitet.  Die  Rasse  iat 
l^elb  uud  rein,  vou  frauzuäischer  Einfahr  oder  iuläadischer  ReprodoktioiL  Im 
J.  1888  besass  Valencia  550  Haspel;  Granada,  Serilla  ete.  420  HaspeL 
Der  Export  spanischer  Grdge  iit  nieht  nnbedentencli  er  betragt): 

1872/74  27  737  kg 

1878/82  17000  „ 

1888  66000  „ 

1894  60000 

Portngal  bietet  gegenwärtig  für  uns  nur  wenig  luterosse,  doch  die 
Geschiebte  Heiner  iSeideuprudukiion  iat  »ehr  iiitervssaut  und  lehrreich.  Die 

letitore  skan<l  stets  unter  der  OUrat  der  Rej^nrng,  hatte  jedoch  endererMits 
mit  dem  durch  Teesehiedene  UxMeben  hervorgeraftnen  Widentead  der  Be- 
Tdlkerung  za  kämpfen.    Die  Kunst,  Seide  zu  ziehen,  ist  in  dem  Lande, 

welches  das  sp-if-pre  Portugal  ^ü'ifte,  ungefähr  zu  derselben  Zeit  wie  in  den 
Kbalifaten  und  den  unabhängigen  lulrstentüniem  Spaniens  eingeführt  worden. 
Unter  Alphons  V.  hatte  das  Gewerbe  noch  keinen  festen  Fui«s  gefas«>t,der  Ueich- 
tum,  den  es  den  Sbiurm  verseiMSlei  erweekte  aber  den  Neid  der  Portogieaen, 
undsehon  im  J.  1481  konstatierlen  die  Gortes,  dass  'dss  Xisnd  ml  Seide  er- 
lenge,  aber  unter  den  Erpressungen  uffentUcber  Beamten  tu  leiden  babe.  Bald 
darauf  wurde  mit  der  Seidenproduktion  zwei  Jalidi  Inng  an«ägcsetzt  \ind  erst 
der  Marquis  de  Pombai  gründete  im  J.  1752  eine  !■  liandc  zu  Chacim.  Unter 
Marie  I.  Hess  man  piemoutesische  llaspler  kommen  uud  errichtete  Has- 
plereisehtden  und  «»blniebe  Filendmi.  Dieser  neue  Yersoeh  hatte  1786  be- 
gonnen; er  begegnete  einige  SSeit  dem  1/ndentande  der  GemeiBdeii,  dmr 
endlich  überwunden  wurde,  and  1804  erzeugte  man  ea.  36000  kg  Gr&ge, 
woTon  18000  kg  in  Trazos-Montes  und  9000  in  den  beiden  Beim;  die 
Produktion  hob  sich  auf  46000  lim  J.  1807.  Nach  dem  Ausbrechen  des 
Krieges  verschwanden  die  staatlichen  Einrichtungen,  während  private  Unter- 
nehmangen  bestehen  blieben.  Beit  1840  bekandet  man  IBr  Seide  eAÖhtes 
Ltietesse.  In  den  besten  Jahren  enengte  man  früher  30000  kg  Seide,  in 
den  f:^rw9hnlichen  16000.  Die  Regierung  war  wiederholt  bemuht,  diesen 
Industriezweig  zu  heben,  haii|  fsüchlich  in  der  Periode  von  1838 — 1852.  In 
den  Jahren  1870/80  belief  sich  der  Export  auf  8 — tiOO  kg  Grege.  In  Bra- 
ganza,  Oporto  und  Aveiro  hind  einige  Filanden  thätig,  die  gute  Qualitäten 
ersengen. 

Die  Anfange  der  englischen  Seidengewinnung  fallen  in  den  Beginn  des 
XVIL  Jahrb.,  jedoch  erwiesen  sich  die  einheimischen  Arbeitskrifte  nnfihig, 


*}  EaladfMiea  genenl  del  eomsmio  esrierior. 


Digrtized  by  Google 


GrtgepRidaklioB.  Osterreiob-UiigAm  «te. 


43$ 


sich  di«  bii  dieMm  Gewerbe  unentbehrliclie  Handfertigkeit  ansueigiien.  Zu- 
glebb  mit  dem  Ver&U  der  Seideiunelit  ging  natorgemSw  »ueh  die  Seiden- 

haeplerei  nnter. 

In  den  österreichischen  Ländern  haspelte  mau  die  Seide  in  Trient 
gegen  die  Mitte  des  XV.  Jahrh.  Von  1770  bis  1800  folgten  Verbesserungen 
nemlieh  lebhaft  «ofeiDaoder.  Cobelli,  der  in  Lezzauella  im  J.  1784  eine 
Filaude  mit  42  Bedcen,  liie  dahin  die  grOeste  in  Tiient,  gegründet  hatte, 
fahrte  za  gleicher  Zdit  auch  die  Arbeitsmethoden  Piemonts  ein.  Alle  Fort- 
schritte der  Hii'-plerei  wurden  dann  mit  der  Zeit  nach  Trient  YrTpflanzf, 
und  das  üe werbe  entwickeltf  sich  nnunterbroclieu.  üm  die  achtziger 
Jahre  trat  aber  eine  Krimis  ein,  die  eine  Abnahme  der  Beciten  um  30"/^ 
snr  Folge  hatte.  Im  Jahre  1880  lahlte  man  37  Dampf&landen  mit 
2216  Becken.  Die  Prodnktion  des  Berirka  Boreredo  belief  «ieh  im  J.  1889 
uuf  82088  kg  gegen  66850  kg  im  J.  1884«  die  dee  Beeirks  G«nt  auf  80000 
gegen  65  600  kg  in  den  nämlichen  Jahren. 

Kein  Land  in  Europa  xeigt  ein  derartig  rasches  nnd  mächtiges  Empor* 
blflhen  der  Hohseidenproduktion  wie  Ungarn.  Im  J.  1879  wurden  2507  kg 
Or^,  sehn  Jahre  apSter  bereite  ca.  7&000  kg  erzeugt.  In  Nenaatz  nnd 
Pancsova  bestehen  staatliche  Seidenhasplereien  mit  einer  durchschnitt- 
lichen Produktion  von  8 — 9000  kg,  bezw.  von  5000  kg  Gröge.  Die 
Qualitiit  ungarischer  Gröge  ist,  was  ihre  natürlichen  Eigenschaften  anlangt, 
sehr  gut;  aber  infolge  ungenügender  Geschicklichkeit  beim  Haspeln  lässt 
dae  fNTtige  Prodnkt  im  Äneseren  etwae  an  wQnsehen  übrig.  Die  Produktion 
betrog  (kg): 

1888         1889         1891         1893  1894 
307000      267000      281000      243000  266000, 

wovon  182  000  gelber  und  84000  kg  grüner  Grege. 

Es  ernbr^  nne  noeb,  einen  knrten  Überbliek  nfaer  diejenigen  Staaten 
finropae  m  werfen,  in  denen  die  Seidengewinnnng  swar  ganz  ohne  in- 

doatrielle  Bedeutung  ist,  welche  jedoch  ArQher  eine  solche  besas^en. 

Im  XVI.  .Tahrh.  erzeugte  man  in  der  Provinz  Brandenhurf^  in  Prenssen. 
etwas  Seide.  Lafferaas  schrieb  im  .1.  1603  ,,ura  die  Wahrheit  zu  .sagen, 
CS  wird  Öeide  erzeugt  lu  1'  iauderu  und  in  Deutschland,  in  Ländern,  die  ein 
viel  k&tterea  Klima  beeitsen,  ab  Frankreich".  Über  die  Sehiekaale  der  prena- 
Buehen  Seideogewinnung  ist  im  geschichtlichen  Teile  des  Werkes  berichtet 
worden;  gegenwärtig  gehen  die  Versuche  nicht  über  den  Ralimen  der  Haus- 
arbeit hinaus.  Von  den  Niederlanden  sagt  de  Serres,  dass  in  der  Stadt 
Leyden  in  den  .Jahren  löb3 — 85  die  Herzogin  von  Ascot  Seide  gezogen  hat. 
In  Belgien  war  die  Seidengewinnung  bereits  im  XYi.  Jahrh.  im  Gange  nnd 
teilte  daselbst  die  Oesehicke  der  Seidenknltur,  von  denen  bereits  früher  die 
Bede  war. 

Die  Vereinigten  Staiitcn  Nordamerikas  .«^ind  noch  heute  eifrig  be- 
strebt, ihren  Bedarf  an  Brolueldei  wenn  auch  nur  zum  verschwindend  ge> 

BllbarmftBB,  W»  tuU».  28 


434 


Wel^rodoktioD  der  Ortg«. 


ringttn  Teil,  aeUwb  zu  erzeugen.  In  Silkville  (Kansas),  Fayetville,  New- 
Jenej  bestehen  einige  Haaplereien,  die  indesseii  kanni  einige  taiuend  Kilo 

prodnzipren. 

lu  der  folgenden  Tabelle  ist  eine  Anfstellang  der  Zahlen  der  Wclt- 
produküon  in  gehaspelter  Rohseide  Tersucbt  worden,  eine  Aufgabe,  die  fBr 
eoropÜBohe  Linder  mit  Toller  Sieberbwt,  Ar  den  Orient  dagegen  nur 
schätzangsVMBe  gelSst  werden  konnte.   Daher  zeigen  die  Zahlen  für  den 

letzteren  nur  die  exportierten  Mengen  an,  während  seine  gegenwärtige  thair 
sächliche  IVodoktion  iu  einer  separaten  Tabelle  angegeben  wird. 


Land 

1867      1  1889 
1  kg 

18'.>1 

18"J3 

1894 
kg 

Fraiikreicli    .    .    .  i 

Spanien  .... 
Oesterreich-D  ngam 

2467000| 

'jßOOO 
168O0O| 

717000 
3476000 

78000 
264000 

618000, 
2880000 

65  000 
267000 

566000 
3210000 

90000 
281000 

852000 
3984000 

77000 
243000 

896000 

0  VW  VW 

90000 
266000 

32160001  4535000 

3830000{  4147000 

5156000 

4701000 

AuutoUen    .   .  . 

»Syrien  

Europ.  Türkei  .  . 
€lrieolienl«id  .  .  . 

172000  188000 
100000  135000 
2&6OOO1  äiOOOO 
20000  20000 

185000     135000'  328000 
324000     290000!  520000 
110000,    1900001  20OOOO 
26000|     30000  45000 

355000 
466000 
210000 
3800O 

548000 

683000 

645000]  645000 

1143000 

1069000 

Kaukasus  u.  Trans- 
kankanen  .   .  . 

110000 

125000 

160000 

190000 

200000 

17500D 

£xpurt  Shanghai  . 
„     Eiintfon  .  . 
„      Jokobama  . 
„     Kalkutta  . 

2630000 
1  716000 

1372000 

2<K)uoa 

,  2459000 
1411000 

2217  000 
2I0Ü0U 

1  2910000 
1  1600000 

2  125000 
21UÜ0U 

3834000 
1201000 

2  994000 
229000 

i  4215000 
1  1286000 

2685000 
287 UOO 

1  3787000 

r;nq.}f)0O 

4977000 

6297000 

6846000 

8268000 

8473000 

Im  ganaen 

8311000 

11640000 

11480000 

13240000 

14972000 

Die  Or^geprodulktiüu  des  Orients  und  der  überseeischen  Länder  beläuft 


1890 

1895 

China,  Maud.?cluirei,  Korea      .    .  . 

9880000 

12500000 

Indochina,  Annam,  Tonkin     .    .  . 

300000 

ÖOOOOO 

2300000 

6000000 

350000 

450000 

280000 

350000 

Centrala-^ien,  Turkestan,  Afghanistan 

1800000 

2600000 

Afrika,  Amerika,  Australien  .    .  . 

3iM)no 

50000 

Total 

14940000 

22460000 

.-ij,.i^cd  by  Google 


Wiltf«rk«lir  der  M/ß.  Ihw  YwwmdimgiMrtn. 


435 


Die  Gesamtproduktion  uu  Maulbeeraeide  auf  der  ganzen  £rde  beti^t  somit 
s.  Zt.  dnrchaolmittlieli  nncl  io  runder  ZaU  Ulm  28000000  kg  Grege,  wovon 
in  Eoropa  und  Amerika  ca.  15000000  zur  YeKwlMitiiiig  gdingwi.  Folgende 

Tabelle  veranächaulicht  die  Prodoktion,  ihren  inländischen  Verbrauch,  and 
bei  den  Staaten,  die  keine  Seide  erzeugen,  die  ausländische  Einfuhr  der 
rohen  Seide  (Grege  bezw.  Ourr^)  für  die  Zwecke  der  weiteren  Verarbeitung. 


Land 

Produktion 

Terbrauch 

Export 

^  Import 

▼•rbrftMh 

12000000 

6800000 

5200000 

200000 

7000000 

Japan 

6000000 

2800000 

3200000 

20000 

2820000 

Italien  

4000UOO 

4U00U0 

36OÜO0Ü 

.  400000 

800000 

Gentralanen,  PeniMi  . 

2000000 

1700000 

SOOOOOl  5000 

1705000 

Levante    .    *    ,    .  . 

1000000 

200 ono 

800000 

50000 

2500(X) 

Frankreich  .... 

80ÜOO 

4üi)ouO0 

4o200(K) 

500000 

420000 

80000;  50000 

470000 

Br.-Indien  .... 

500000 

300000 

200000'  600000 

900000 

Österreich-Ungarn  .  . 

250000 

100000 

150000 

300000 

400000 

260000 

150000 

lOOOOO 

2000 

162000 

Eninp.  TOrkei  .  .  . 

200000 

50000 

150000 

12000 

62000 

Spanien  

80000 

•lonoo 

40000 

50000 

900(X) 

Griechenland  .... 

3500U 

2000<» 

15000 

6000 

2G00O 

Balkau«taiiteu     .    .  . 

30000 

20000 

10000 

3(X)0 

23UUO 

30000 

2000 

28000 

1  400000 

1402000 

Amerika  

5000 

5000 

3260000 

3266000 

6000 

6000 

50000| 

66000 

Australien  .... 

2000 

2000 

10000 

12000 

Europ.  Russland    .  . 

1000 

1000 

700000 

701000 

Deutschland  .... 

500 

500 

I 835000 

1835500 

Knglaud  

200 

200 

1 000000 

1000  200 

Im  ganzen  127  788 700|  13836  700,13  953000113 963 000|27  788  700 


Was  die  Yerwendnngaart  der  Rolieeiden  ▼«nekiedener  PrOTeniens  an- 
langt, so  sei  bemerkti  dasa  die  tpecifischen  Eigenachaften  einer  Gat- 
tung ihre  Verwendungsart  von  vornherein  bestimmen,  obwohl  die  Technik, 
ökonomische  Rücksichten  und  Moderichtung  auch  liier  von  entscheidendem 
Einfluss  sind.  Charakteristisch  ist  aber  der  Umstand,  dass  in  gewi.ssen  Fabri- 
kationszweigeu,  in  denen  vor  wenigen  Jahrzehnten,  wie  in  der  Tüll-,  Gaze- 
nnd  CMpewebenit  mir  «dir  feine  inlSndisehe  Qrigen  Terwendet  wurden« 
gegenwirtig  die  viel  billigeren  asiatischen  Seiden,  wie  Brussa  und  Japan 
nnd  sogar  China,  nicht  nur  aus  ökonomischen  Rücksichten,  sondern  weil 
die  ma.scliinellc  Verarbeitung  eine.s  viel  stärkeren  Fadens  bedarf,  vor- 
gezogen werden.  Für  Sammete,  wozn  früher  nur  die  besten  Qualitäten  der 
C^TennesMiden  benutit  wurden,  werden  Jetat  mit  Tortnl  die  TeaUeee  Ter- 
wendet. 8o^  die  Inroolnerten  Gewebe,  Bänder  und  Foulardt  werden  mit 
KantonMnde  angefertigt  Im  Zniammenhang  damit  steht  aueb  die  enorme 

88* 


Digitized  by  Google 


436 


Prtk»  dv  CMge. 


Verbilliguog  aller  Seiden fabrikate,  die  deo  Konsum  zu  einem  allgemeinen 
gestaltet. 

Dw  ac^  bedtatende  AnÜMbwiing  des  Imporla  tMalMeher  Seiden  hat 
die  Preise  des  Rohmaterials  im  letzt<'ii  Vierteyaluliiuidert  beträclitlich  her- 
abgedrückt.  So  stellte  sich  z.  Ii.  der  Prtis  eines  kg  italienisclier  Grege 
(10  12  den.)  in  den  sechziger  Jahren  auf  92  Frcs.,  pinir  dann  üuf  lOO  im 
J.  1865,  sogar  113  in  den  siebziger  Jahren  und  hei  daxm  allumhhch  auf 
67  (1876>,  66  (1880),  52  (1885),  56  (1890)  und  62(1892).  Naduteluiide 
ZaaRmmeiiBtollang  uof^  dsn  PkreiBrDekgBDg  der  Grdgen  renehiedener  Pzo- 
^)  (Ftucb): 


Frankreich 

Italien 

Brussa  weiss 

China 

Japan 

10/12  dem. 

9/11  dtn. 

12/14  dem. 

Tsatlee 

Grapes 

1872  98 

99 

98 

76 

74 

1873/78  83 

76 

78 

64 

58 

1879/81  68 

61 

61 

44 

51 

18«2  83  62 

66 

67 

46 

47 

1892/93  48 

43 

42 

28 

42 

1896  Febr.  47 

44 

40 

26 

37 

Pa.>  Schwanken  der  Preise  von  Jfihr  zu  Jahr  lasst  sich,  besser  MU  fol- 
gender Zosammcnstellung  für  China  Tsatlee  ersehen: 


1868  68 

1860  69 

1861  50 
1866  88 


1868  69  1877  43 

1870  80  1879  62 

1875  60  ,    1880  38 

1876  82  i    1881  62 


1886  33 
1889  43 

1892  33 
1896  Febr.  27. 


Aber  aocb  in  kfineron  Zeiträumen  treten  numebmal  nidit  unbetriidit^ 
liehe  Ptdasoihwenkungen  ein,  die  vielfach  nicht  den  faktischen  YerhaltiiiMii, 

»ondem  spekulativen  Umtrieben  entspringen.  In  Europa  ist  dies  weniger 
der  Fall,  wiü  die  geregelten  Verh-iIt?u^H>-.  flio  Fn''rikantenverbändo,  Handels- 
kainiinTii  inul  fSyndikate,  sowohl  den  \  onai  wir  ilie  Vf>raiissichtlicfaeii  Ernte- 
ergebuisäe  und  Industriebedarf  einigermarheu  abächäizeu  lassen.  Im  fernen 
Orient  dafegeo  haben  die  Produsenten  nicht  den  geringsten  Anhalt  dafilr, 
wie  die  auBlindisohen  Marktberichte  und  intematioiMkle  Spekulatkm  die 
Preise  gestalten  werden.  Die  Schwankungen  der  Röhseidenpreise  in  Japan 
z.  B.  sind  aus  folgender,  für  die  Qualitit  Maybash  Sage  (hanks)  in  Dollars 
für  1  Picol,  zusammengestellten  Tahelle  ersichtlich: 

Sommer  und  Ii  erbst  1884     .    .  405 

Ende  der  Raison  -165 

Auguät  1886    623 


*)  DaTid,  dkod«  rar  Im  itoelu,  la  conaommatioD  et  le  priz  des  soiei. 


Digitized  by 


Dm  MaUaiMMi.  437 

Oktober  1896   460 

IMes  Drittel  der  Saiemi    .   .  678 

Äugost  1886    '686 

Janimr  1887    668 

Februar  1887    670 

Aogost  1887    680 

November  1887    616 

NoTember  1888    480 

DeMimber  1888    550 

Schlass  der  Saison  .    •    .    .    .  Ö30 

Dezember  1889    650 

Die  unmittelbare  Wirkung  der  Speknlaiioii  auf  die  Produsenten  wird 

indes  gewöhulicli  durch  rli«^  /wisclien  ihnen  und  dem  Exporteur  vermit- 
telnden Zwischenhäüdler  abgeschwächt.  Al)er  auch  die  letzteren  würden 
bei  ihrer  oft  nur  geringen  Kapitalkraft  uiclxt  im  »Laude  seiu,  gegenüber 
einer  andaomniden  Bu«e  ilin  Vorrftte  aurReksuhalten,  iraim  nleht  die 
Banken  einsprängen,  deren  Konkurrenz  untereinander  gelegentlieh  za  ao 
hoher  Beleihnng  der  Seiden  führt,  diiS8  bei  starken  Baissen  ihr  zeitweiliger 
Wprt  keine  genügende  Sicherheit  mehr  bietet  und  beide  Parteien  Verluste 
erleiden.  Durch  diese  Procednr  der  Banken  wird  dem  bedenklichen  iSpe- 
kulationsgesobftft  noch  mehr  Boden  gegeben. 


« 


Die  Gregegeide  findet  in  dem  rohen  Zustande,  wie  sie  nach  dem  Haspeln 
herrorgebt,  nur  beschränkte  Anwendung  fnr  Phrtutasieiirtikel  und  Posa- 
menten. Für  die  meisten  Verwenduugsarten,  sowohl  für  die  Weberei 
wie  Iftr  die  Wirkerei  t  Stri«&erei  eto.,  muai  die  &rige  einer  Behandlung 
nntorworfen  werden,  welche  sie  reinigen  und  webefahig  —  falls  sie  als  soloha 
verwebt  werden  soll  —  oder  den  verhältnismässig  dünnen  Bohseidenfaden  um- 
fangreicher und  für  die  weitere  Verarbeitung  geeigneter  gestalten  soll. 
Da-s  Mulinieren  (moulinage)  der  Rohseide  bezweckt  die  Vereinigung  mehrerer 
Gregefädeu  unter  gleichzeitiger  Verbindnng  derselben  vermittelafe  der 
Drelmng  oder  Zwimnng.  Audi  dn  einfiMber  RoliaeidenfiidMi  wird  fUr  einiga 
Yerwendungsarten  gedreht,  wodurch  er  an  Rundung,  Dichte  und  Starke 
gewinnt.  Da  nämlich  in  der  Rohsoidt'  die  Fäden  gerade  ausgestreckt  neben- 
einander liegen  und  nur  durch  den  natürlichen  Leim  verklebt  sind,  welcher 
beim  nachträglichen  Entschalen  der  äeide  aufgelüät  wird,  so  würde  sich  die 
Bolnnida  nadi  dieeer  lekatonn  OparaliOB,  ohne  TCn-hergegangene  Drehung 
dea  Fadena,  in  lanter  loee  Fidehen  apalten  und  unbrauchbar  weiden. 

Die  Art  und  Weise  des  Mulinierens  hat  grossen  Einfluss  auf  den  fertigen 
Stoff f  und' die  Ao^be  dee  Seidenwebmeisien  riohtet  aicb  nicht  nur 


438  Du  NoUAiawn. 

aoUianlM^  mf  die  EmittelnDg  der  richtigen  Enutellmig,  Webebindniig  etc., 
sondern  auch  aaf  den  passenden  Moliiiiei|grad  oder  die  Höhe  und  Starke  der 
Zwirnong,  die  in  der  8cif1onwi'l>erei  in  ungleich  gcQaBerem  Malee  in  Be- 
tracht kommt,  als  bei  den  anilereu  Gespinstfasern. 

Die  Seideuzwirnerei  bestand  notwendigerweise  stets  nnd  überall  gemein- 
sun  mit  der  Haeplerw«  denmaeh  mit  der  Sadenknlivr.  In  Enropa  er- 
hielten wir  die  errte  Kunde  von  Zwirnerinnen  in  Paris  (fileresses)  im 
XIII.  Jahrhundert,  welche  der  rohen  Seide  vermittelst  Spindeln  die 
nötige  Zwirnong  erteilten.  Die  Drehung  der  einfachen  und  die  Zusam- 
meaawirnuug  mehrerer  Fäden  erfolgte  ursprünglich  stets  mit  der  Hand,  wie 
dies  nocb  beutzntage  in  Asien  meistens  der  Ffttt  ist;  die  Aibutsveise  gleicht 
nngem^n  der  der  Seümaeherd.  Die  maaehinelle  Yoiriehtung  kam  in  Form 
des  sc^nannten  runden  Mulinierstuhls  zuerst  in  Italien  zur  Anwendung 
nnd  wird  in  dii"-pr  Form  zuweilen  noch  heutzutage  in  Piemont  angewandt; 
eine  andere  Zwirnmascbine,  die  o?ale  Seidenmühle,  ist  französischen 
Ursprung.  Der  erste  Mulinierstuhl  (Seidenmixhle,  filatorio,  mouliii  ä  soie) 
ist  TOE  einem  in  Bologna  ansässigen  Lnoeheeer  Borghesano,  demselben, 
dem  man  die  Veibessemng  des  Seidenbaspels  xnsdneibt,  konstruiert.  Ober 
das  Datum  der  Erfindung  ist  man  nidit  im  klaren;  wibiend  es  dnige  in 
das  Jahr  1272  versetzen,  fixieren  es  andere  auf  1282')  und  «^sr  auf 
1372*).  Wie  dies  auch  sein  mag,  der  MuHnicrstnhl  blieb  etwa  zweiund- 
cinhalb  Jahrhunderte  eiu  gut  bewahrte.s  Uebeimuis  der  Stadt').  Nach 
F^ankreidi  wurde  er  tou  Oirardi  und  Orsenieo  um  das  Jahr  1470  ein- 
geführt. Im  J.  1719  gelang  es  einem  kühnen  Engländer,  Lombe,  sich 
der  Zeichnung  eines  Borghesanischcn  Stuhls  zu  bemächtigen  und  sie  nach 
England  zu  bringen.  Später  erhielt  die  Maschine  von  Avesani,  Land* 
riani  und  namentlich  Vaucanson  vielfache  Verbesserungen. 

Das  Mulinieren  der  Rohseide  zerfallt  in  folgende  Verrichtungen: 

1.  Des  Spulen  nnd  Putten  der  Grdge. 

2.  Die  erste  Drehung  (Filieren,  filage^  1**  apprtt). 

3.  Das  Dublierer. 

4.  Die  zweite  DreJiung  oder  Zwirnung  (orgaTi  nnagf,  2''  appret). 

Die  erste  Behandlung  der  Gräge  ist  die  Überiühruug  derselben  aus  der 
Strangform  auf  die  Spnlen  oder  Bobinen,  wobei  gleiebieitig  das  Pütien  dea 
Fadens,  das  Entfiunen  tob  Fdilun,  Floekeo  nnd  Samten  stattfindet  Es  ist 

üblich,  beim  Verkauf  der  Qrdge  die  SpulensaU,  welche  eine  Arbeiterin  beim 

Abwinden  zu  beaufsichtigt-Ti  vprmag,  anzugeben,  je  nrösser  dieso  Zahl, 
desto  besser  ist  die  Qualität  der  Kühseide.  Soit  der  Einführung  der  ge- 
knüpften Enden  (bouts  uoue»)  bei  der  Zubereitung  der  Grege,  hat  sich  die 
Huüihabnng  des  Spnlens  wesentlicb  vereinlMdit.  Bei  der  BoluNide  enropSüeher 


*)  Wm.  de  rA«a4.  d«  SdeooM.  1791. 
*)  Matini,  Bologna  illustrata. 

<)  Ut'i,  1  usrceati  di  Mta  Loooh«n  a  Bologna  n«  Me.  IUI  «  XIV.  1881. 


Dm  SpvlMi. 


439 


Hnimiifl  betragt  die  SpuIennU  etw»  100,  irthrend  ehmefliBehe  Grtgen, 
wie  Taatlees,  selten  fiber  10 — 15  hinaiugdien.   Chineaiaebe  Gr5gen  lind 

meist  mehr  oder  weniger  uQsanber  usd  mit  ^oten  behaftet,  ausserdem 
öfters  in  der  Fadeodicke  äusserst  unecfal,  so  dass  Fadonbrüclio  sehr 
leicht  eintreten.  Das  Winden  solcher  Gregeu  erfordert  grosse  Auf- 
merksamkeit, weil  dio  sichtbaren  Ungleichmässigkeiten  schon  während 
dieier  Arb«t  von  der  Spalerin  entfernt  werden  mtoeut  was  dnreb  Ane- 
breohen  der  aUsndieken  oder  der  allsndUnnen,  sogenannte  FIngfilden  ge» 
schiebt.  Es  ist  begreiflich,  dass  unier  diesen  Utnetanden  viel  Abfall  ent- 
steht, gewöhnlich  3--5°/<,,  öfters  noch  mehr,  während  er  bei  ctiropäischen 
Gr^gen  selten  V4 — Vs%  übersteigt.  Die  den  europäischon  fast  thenbürtigen 
japanischen  Filatares  sind  sauber  und  egal  gehaspelt  und  winden  sich  vum 
Strang  iast  ohDo  jeglieiie  StQmiig  ab.  Um  das  Winden»  sowie  die  naeh- 
trSglicben  Operationen  an  erldiebtem,  wird  die  Gtxigi  vor  der  V^rarbeitang 
suweilen  geseift  und  gewinnt  dadurch  ca.  ö"/,  an  Gewichti  wovon  nbrigens 
nachfolgend  noch  einmal  die  Rede  sein  wird. 

rfchon  während  des  Spulens  wird  die  l{()lu';<  idc  ituweilen  der  ersten  Reinigung 
oaterworfen,  welche  darin  besteht,  dass  man  sie  dnrch  einige  mit  weichem 
Tncb  ttbersogene  Glasaugen  fahrt.  Die  attoi  Spulm  beetioiniien  Grigen 
werden  vorlier  eine  Zeit  lang  in  ieuchten  Räumen  aufbewahrt,  da  dies  er» 
faihnn^pgnDäss  für  die  Festigkeit  des  Fadeus  von  Vorteil  ist;  ausser- 
dem werden  .stets  einzelne  Strange  untersucht  und  die  verklebten,  beim 
Haspeln  durch  Verleimuug  einiger  Gregeiiidchen  entstandeneu  Stellen, 
die  sogen,  „gommures*",  mittels  schwacher  lauer  äeit'euiü^iuug  loti- 

gelSet;  der  Znsati  von  Öl  zu  diesem  Seifenbade,  weleher  besonders  in 
Bngbuid  Ton  dnigen  Lidnstridlen  angewendet  wird,  ist  aweekloe  nnd  kann 
nur  als  absichtliche  Erschwerung  angesehen  werden.  Das  Spolra  erfolgt  mit 
Hand-  oder  Maschinenbetrieb.  Es  existieren  vit'l«-  Arten  von  Spnl- 
vorrichtnngcn,  die  t-nt weder  iu  Form  runder,  drehbarer  Talein  bei  der 
Handarbeit,  oder  als  iSpulbänke  im  Fall  des  maschinellea  Betriebes  errichtet 
weiden. 

Die  letstere  ist  die  sogeo.  Wiekel-  oder  Spubnaschine  (maebine  ^  bo- 

biner,  winding-engine,  throwing  frame).  Geschicbtlioheu  Interesses  halber 
möge  eine  Sjnihnasehine  älterer  Konstruktion,  \\u'  sie  nriTiientüch  in  Preussea 
zur  Zeit  der  letzten  Blüte  des  Seidengevverbes  gebraucht  wurde,  heschneben 
werden.  Mehrere  iu  Entferoungeu  von  15 — 20  cm  parallel  miteinander  ge- 
stellte Fnsee  bilden  das  MasebinengerOst,  worauf  eme  bölzeme  Tafel  aom 
Anflegen  der  absabaspelnden  StrBhnen  geschraubt  ist  Die  an  beiden  Seiten 
der  Maschine  und  zwischen  ]<■  /.wi  i  Fussen  angebrachten  leichten  Haspel 
(swifts)  drehen  sich  ungefähr  in  der  Mittr  der  Maschinenhöhe  in  den  daran 
befestigten  Lagern  und  sind  durch  liatteii  gegen  Bescliädigungen  seitens 
des  beaufsichtigenden  Personals  geschützt.  Jeder  Haspel  besteht  aus  einer 
Aeaf  Länge  nadh  durehbobrin  bSbienien  Nabe  zur  Anfnahme  der  Aebse  oder 
Spindel  und  aus  12  dünnen  Armen,  welcbe  zu  je  aweien  der  Quere  nach 


Digitized  by  Gopgle 


440 


SpalmaMhineii. 


dnich  Schnüre  verbanden  sind.  Aaf  der  Nabe  eines  jeden  Haspels  hfingfc 
6in  loser  Ring  mit  einem  daran  befes^iigton  Oewichte,  damit  sich  derselbe 
infolge  der  dadurch  erzeugten  Reibung  nur  in  dem  Mafse  dreht,  wie  dpr 
Seidenfaden  Ton  den  Spolea  aufgenommen  wird  und  diesen  also  iu  der  Be- 
wegung nicht  Toreilt.  Attf  den  m  beiden  Seiten  d«r  Mtadiine  angebrachten, 
in  Pfftnnenhigem  des  Qestellea  drabbaTen  Wellen  und  fHr  jeden  Haspel  swei 
Scbeiben  befestigt,  welche  den  darauf  liegenden,  kleinen,  entsprechend 
gparbeitcteii  Spultii  infolge  der  Reümug  Bewegnnf^  mitteilen.  Die  Ein- 
ktffbuugen  in  den  an  dem  Tische  befestigten  Konsolen  dienen  als  Pfannen- 
lagcr  für  die  Spulenspindeln  und  zwur  in  der  Art,  dtiss,  wenn  die  Spulen 
in  die  Toidere  Einkerbung  gelegt  wwden,  die  Friktionasclidben  dieselben 
drehen,  dagegen  in  den  etwas  höher  liegenden  Einiehnitten  keine  BerSb» 
rang,  also  auch  keine  Drehung  deraelben  stattfinden  kann;  sie  werden  in 
die  hinteren  Einkerbungen  gelegt,  wenn  die  dazn  gehörigen  Fäden  reissen. 
Die  Spulen  sind  von  Holz  und  haben  einen  Durchmesser  von  5 — 6  cm,  da- 
mit sie  einesteils  zur  Aut'ualiuie  einer  grossen  Fadenlänge  verwendbar  sind, 
ohne  dasB  der  Durchmesser  nnd  infolgedessen  die  Peripheriegeschwindig- 
k(dl  an  sehr  vei^rBeseri  nnd  anderenteils  der  Seidenfiulen  sieht  dnrdi 
seharfS»  Biegungen  beschädigt  wird.  Man  bedeckt  daher  die  Spulen  nur 
mit  einer  dfinnen  Schicht  Faden  nnd  ersetzt  sie  dann  dnrch  leere.  Ansser- 
dera  ist  es  nötig,  die  Fäden  spiralförmig  über  die  ganze  SpulenoberHüche 
zu  verteilen,  damit  augenblicklich  die  Enden  der  abgerissenen  Fäden 
wiedergefanden  nnd  befestigt  werden  können.  Zu  diesem  Zwecke  sind  swei 
hölzerne  Schiebeleisten  mit  den  darauf  befestigten  Fadenf&hrem  angebracht, 
welche  durch  nachstehend  beschriebene  Vorrichtung  parallel  mit  den  Spulen 
bewegt  werden.  Die  am  Stirnende  der  Maschine  in  zwei  Lagern  drehbare 
Welle  wird  durch  das  darauf  sitzende  Stirnrad,  welches  mit  irgend  einem 
andern  durch  Elementarkraft  bewegten  Stnnzade  mittels  einer  Ausrückuug 
belieb^  in  nnd  ausser  Betrieb  gebracht  weiden  kann,  in  Bewegung  gesetzt, 
nnd  h  tztere  durch  konische  Räder  auf  die  bereits  frSher  erwähnten  Wellen 
und  .sofort  atich  auf  die  Spulen  übertragen.  Femer  ist  anf  dieser  Welle, 
fast  in  der  Mitte,  ein  elliptisches  Rud  l>efestigt,  welches  dem  anf  einer 
festen  Achse  drehbaren  Rade  von  derselben  Grösse  und  Form  Be- 
wegung mitteilt  Endlich  stdit  «so  anf  dw  FKehe  des  lettteren  Rades 
fBsIgesehianhte  Wane  dnrch  eine  gabelförmige  Stange  mit  swei  dehtebe- 
leisten  in  Yeihindnng.  Diese  Warse,  welche  dem  Mittelpunkte  des  letzteren 
Rades  mehr  oder  weniger  genähert  werden  kann,  ninss  einen  Kreis  beschrei- 
ben, de.s.sen  Durchmesser  gleich  dem  erforderlichen  Ausschlag  der  Schiebe- 
leiste oder  gleich  derjenigen  Länge  der  Spulen  ist,  welche  mit  Seide  bedeckt 
werden  soll.  WSre  statt  dieser  Yonichtnng,  dnreh  welche  der  Fbden  gleich- 
minig  fib«r  die  Spule  verteilt  wird,  ein  gewöhnlicher  Knmunsapfen  an- 
gebracht, so  mfissten  die  Spulen  an  beiden  Enden  eine  grossere  Fadenlänge 
aufnehmen,  als  in  der  Mitte,  weil  hier  die  Geschwindigkeit  der  Schiebelei.ste 
grösser  als  an  den  Enden  ist.   Diese  Spülmaschine  erfordert  einen  Raum 


Google 


U2 


Spolmaschioen. 


TOD  1,6  m  Breite  b^i  7,5  m  Länge;  die  letztere  ist  jedoch  willkürlich  und 
ricltfef  <kh         der  Anzahl  der  Bpulen,  vott  denen  6 — 8  Stftck  auf  eine 

Aletti  iän^e  j^eteclinet  wrrden. 

Die  neuer«  n  äpalma-^chinen  sind  durchwegs  viel  einfacherer  Konstrok- 
iion.  Die  spulen  werden  dnrefa  Friktionsrollen  Angetrieben  und  kSnnen  je 
nach  Bedarf  bezw.  Qualität  des  Gespinstes  mit  grösserer  oder  geringerer 
Geschwindigkeit  laufen.  Die  Maschinen  sind  ein-  oder  zweiseitig  von  ver- 
scliiedener  Anzahl  Haspel,  50,  80  und  mehr.  In  einigen  Konstruktionen 
passiert  der  Uregefaden,  nachdem  er,  vum  Jlaspel  kommend,  durch  eine  Ose 
gezogen  wurde,  einen  aus  einem  engen,  verstellbaren  Schlitz  gebildeten 
Fadenreiniger  nnd  wird  dann  dnr^  einen  FadenAhrer  aof  die  Spule  anf- 


Vtt.  US.  SpnlHMMMiM  von  Oomo.  »f.  tU.  Vidiopivtiar  aitt  Vmhkttyar.  fl»  t47 .  PatzTorricbtot  aft 

SUhlpUtt«n. 

gewickelt.  Durcli  i  hien  Ki  giilütor  lil-i-t  sich  der  Fadenleiter  nach  Redarf 
langsamer  oder  schneller  f-chiebeu.  Die  Sj)ul-  und  Dubliermaschinen,  welche 
zum  Winden  etc.  der  bereits  gezwirnteu  (iespinste  dienen,  unterscheiden  sich 
von  den  Gregespnlmasehinen  ner  sehr  wenig  und  k5ttnen  anch  als  mlehe  be- 
nntzt  werden.  Die  Produktion  der  S^denwindemaacbine  betr&gt  in  10  Stan- 
den pro  Haspel  für  gewöhnliche  Chiuagrege  durchschnittlich  60  g,  und  kann 
eine  Arbeiterin  kaum  mehr  als  1 5  Haspel  bedienen.  Dagegen  stellt  sich  das 
Verhiiltuis  bei  .lapan  Fiiature  9,12  den.  wesentlich  günstiger;  eine  geübte 
Spulerin  kann  his  üO  Haspel  bedienen  und  ergiebt  die  Produktion  pro 
Haspel  60  g. 

ünier  den  VerbesBeningen  an  den  Spnlmaechinen  ist  die  Ton  Corres  in 
enriibnen,  welche  den  Zweck  hat,  das  Anhaften  der  Fäden  zu  beseitigen« 
Die  Bewegung  des  Mechauiamas  geht  von  der  Scbsnuscheibe  A  au&t  deren 


Digitized  by  Google 


SpttlaHwdüiMn. 


443 


Welle  WM  Ueine  Kurbel  trägt,  weldie  die  Plecelitange  B  bewegt,  die  niedw 
den  doppelannigwi  Hebel  C  und  mit  dieeem  die  Gleastiuige  D  in  aohwingende 
Bewegung  versetzt.  An  C  schliesst  sicli  bei  D  die  Stange  E,  welehe  einam. 

einarmif^eii  Hebel  H,  der  deu  Fadenführer  F  tragt,  die  Schwingungen  mit- 
teilt. Die  Heitel  C  nnd  II  siud  mit  den  Stangen  B  und  E  durch  Gelenke 
verbandeu.  Der  Faden  gebt  eiueraeits  über  die  schwingende  Glasst&nge  und 
eidereieeite  dmreh  den  «ehwingenden  Pndemf&ltrer  F  nnd  wickelt  neb  dee- 
hnlb,  von  etwaigen  iUnderninen  befreit,  sieber  nnd  leiebt  anf  die  Spnle. 
Die  Vorrichtung  kann  für  Haspel  aller  Arten,  welche  zum  Abwinden  von 
in  Strähnen  gelegtem  Faden  auf  Spulen  dienen,  benutzt  werden. 

In  der  runden  Seidenwindemascbiue  von  Graf')  wird  eine  grosse  An- 
zahl Uaspeli  z.  B.  2Ö,  angebracht,  von  denen  jeder  3  Spulen  bedient,  näm- 
liob  eine  Spule  mm  Anflanfen  und  swm  Spnkn  anm  Ablaufen  und  Übei^ 
tragen  des  Fadens.  Der  Antrieb  der  Spulen  erfolgt  direkt  von  einem 
Schwnngrad  mitt^  1  Friktion  anf  in  der  Achse  der  Spulen  Hegende  Wirtel. 
Die  Spulen  sind  mit  konusnrtigen  Stiften  versehen,  die  sich  verschieben 
lassen,  infolgedessen  Spulen  von  verschiedener  Länge  verwendet  werden 
können. 

Von  Vogt  ist  an  dem  Haspel  eine  Verbesserung  getrofin  worden,  durah 
welche  das  idtraubende  Riebt«i  und  Ausgleichen  der  dnsehien  Stibe  beim 
Auflegen  des  Stranges  vermieden  wird.    Durch  eine  einfaehc  Handhabung 

können  sämtliche  sechs  Stäbe  gleichzeitig  und  gleichraassig  verschoben  nnd 
die  Stränge  festgespannt  werden;  der  Haspel  läuft  ohne  besonderes  Eichten 
vollkommen  egal. 

Nach  der  OberfuhruDg  anf  die  Bobine  wird  die  Grdge  einer  aweiten 
Reinigung  unterworfen,  welche  die  Ersielnng  eines  glatten,  glftnzenden  nnd 

flaumfreien  Fadeos  bezweckt.  Der  von  einer  Bobine  auf  eine  andere  über- 
führte Rohseidenfadpn  |i:is.<iert  den  Fadt'n})iitzer  (purg(Mir),  welcher,  wie 
gesagt,  schon  in  der  Üpulniaüchine  vorkommt  und  einen  engen  Schlitz  bil- 
det, durch  den  der  glatte  und  regelmäsiiig  dicke,  nicht  aber  mit  Knoten 
nnd  Flocken  behaftete  Fadm  hindurchgeht;  in  letstnem  Falle  entfernt  dw 
Purgenr  den  Fehler  von  selbet  oder  Itet  den  Faden  entzweireisson.  Die 
putzende  Schlitzfläche  besteht  entweder  aus  Tuch,  Achat  oder  Stahl;  die 
letztere  Art  kommt  jetzt  in  allgemeinen  Gebranch.  Fig.  246  stellt  die 
aligemeine  Anordnung  eines  tuchenen,  Fig.  247  eines  stählernen  Purgenrs 
dar.  Bei  dem  ersteren  »ind  die  Spalten  mit  weichem  Filz  bel^t,  C  ist  die 
Spule  mit  dem  Lanfstock.  Bei  dem  «weiten  ist  der  Schiita  aus  awei  stähler- 
nen glatten  Flflchoi  L  gebildet,  dessen  Weite  je  naeb  Beschaffinihett  und 
Dicke  des  Grögefadens  vermittelst  einiger  Schrauben  FKTerstellt  wird;  Atf 
Öeidenfaden  wird  über  einen  Glasstab  in'  gefiilirt. 

Alle  UnreiuUohkeitea  des  Fadens  werden  hinter  dem  Schlitz  zorück- 


1)  Sehwcberisebes  Patent  544. 


Digitized  by  Google 


444 


Du  PaUfln. 


gehalten,  wodarch  der  Faden  allmählich  in  seiner  Bewegung  gehemmt  wird 
nnd  dadurch  die  aiifwindende  Spnle  zum  Stillstatid  /wiiicTt;  hieranf  wird  der 
angehäufte  Ausputx  vom  Faden reiniger  weggenonimeu.  Das  Patzen  der 
Grege  nach  dem  ersten  Winden  erfordert  bei  gleichem  Q^^^tam  mindestens 
«ImbiotmI  Zflit  wie  das  Windau  mIImL  Bai  gana  nnaaaberen  Ortgen  wird 
das  Yeililltnia  noeh  aBg&natigar,  nnd  da  eina  Arbeiterin  nieht  mehr  ala 
16  Spulen  bedienen  und  höchstens  50  g  pro  Spale  sauber  zu  patsen  im 
stände  ist,  so  beträgt  die  Produktion  iu  10  Stunflon  höchstens  760  g.  Es 
ist  jedoch  nur  ein  ziemlich  geringer  Teil  der  L  rireinliclikeiten,  welche 
sich  derart  durch  den  Patzapparat  entfernen  lassen.  Die  Hauptarbeit  der 
Arbeiterin  beateht  im  Ansbreeben  derjenigen  IlLden«  weleba  anf  längeren 
oder  Iribraaran  Btrecken  mit  Knoten  etc.  behaftet  dnd,  und  mSaaen  aebr  nn- 
gleiche  Stellen,  die  entweder  m  dick  oder  an  dfinn  sind,  abenfaUs  ans* 
gebrochen  werden. 

In  derPutzinaschiuc  vou  Montauzan')  bildet  die  Spulenreihe  an  den  bei- 
den Seiten  der  Maschine,  wie  in  dem  später  zu  behandelnden  Muliuierstuhl,  eine 
ovalförmige  Kurve,  weahalb  die  Bhäebine  den  Namen  nnonlin-purgenr^'er^ 
baltea  bat.  Die  Origeftden  lanfen  von  den  Spnlro  9b«r  einen  Olaastab  nach 
den  in  der  Fig.  247  dargestellten  Putzern  nnd  dann  über  den  Glasstab  nach 
der  Aufwirlrf-lhobine.  Das  Aufwickelu  auf  letztere  findet  in  regelmässiger 
Weise  durch  Vertuittelung  einer  Balancierstange  statt,  deren  Schwingunga- 
umfang  den  Endpunkten  der  Wickelung  an  der  Spule  entspricht.  Die 
Bobinen  aind  anf  Sinndeln  montierti  die  dareh  einen  endlosen  Riemen  anga- 
triebm  werden.  Die  Spindeln  tragen  anaeetdem  noch  beaondere  Stifte,  anf 
welchen  die  Bobinen  ruhen.  Der  Riemenlanf  regelt  die  nescliwindigknt  der 
Spindeln  und  ruittelbar  der  Bobinen,  welche  somit  nnf  r  der  Kinwirknnpr  zweier 
Antriebe,  der  Stifte  und  der  Spindelachsen,  rotieren,  auf  welchen  die  Bobinen 
sitzen.  Dieser  zweite  Antrieb  ist  indessen  im  Vergleich  zum  erateren  sehr 
acbwacb,  ao  da»  man  die  Spate  ak  m^ag  nnter  der  Einwirkang  dea  Stäftna 
(embaae)  betrachten  kann,  und  es  ist  erklsriicb,  dass  nur  eni  geringer 
Widerstand  nötig  ist,  um  die  Spnle  anzuhalten.  Setat  man  nnn  voraus, 
dass  ein  Knoten  am  Putzer  angelanjrt  und  klein  genug  ist,  um  den- 
selben zu  passieren,  so  wird  doch  durch  den  infolge  der  Reibung  entstehen- 
den Widerstand  die  Spule  angehalten;  ist  aber  der  Knoten  so  gross,  dass 
er  den  Pntier  nicht  passteran  kann,  ao  steht  ebMi&Ua  die  Spule  ohne  Stoss 
«tili,  ohne  dass  der  Faden  aerteiast  Man  spart  dabei  an  Arbeit,  Mot«^ 
kraft,  Zeit  und  faimmdet  die  hinfigen  Knotenstellen. 

In  den  Gamputzvorrichtungen  von  Suggitt  und  Boyd  ist  die  Vorrich- 
tung getroffen,  die  Weite  der  pchlitzf^rmigen  Aussparung  der  Stärke  des 
Fadens  anzupassen.  Die  Vorrichtung  von  Boyd  besteht  aus  zwei  Plai> 
tan  mit  Pntikanten,  welche  Tcgmittelit  iweier  Federn  genau  paralM  an 
einander  gehalten  werden  k!(unen  und  sind  die  letiteren  mit  ihren  Enden  in 


1)  I.*hMlQilrie  inta^  1991,  8Ö1. 


Digitized  by  Google 


Digitized  by  Google 


446 


Du  TomrirMn. 


die  Rfiekaeite  sweier  Platten  «ngelasMo.  Eine  Platte  ist  mittele  einee  Bol- 

sene  amf  einem  Querbaam  befestigt,  die  andere  wird  von  den  Federn  ge- 
tragen nnd  kann  durcli  eino  Stahlscliraulje  nach  Belieben  gehoben  und 
gesenkt  werden,  was  zur  Foltre  hat,  dass  durch  die  schräge  Anorduung 
der  Federn  die  beiden  Putzkauteu  sich  eiuauder  uühern,  beziehentlich  von 
einender  entfernen «  demnaeh  der  jeweiligen  Gametirke  entsprechend  ean^ 
gestellt  werden  können. 

In  dem  Patzapparat  von  Fonr  kommt  die  Spule  im  Falle  eines  Kno- 
tens sofort  zom  Stillstand,  ohne  dass  andere  Spulen  angehalten  zu  werden 
brauchen;  ein  Beissen  des  Fadens  findet  dabei  nicht  statt,  wodurch  das 
lastige  Aaffinden  vermieden  wird. 

Für  Oam^M,  namentlich  Trame,  heeleht  die  PntcTOtricfatnng  (Fig.  248) 
aus  zwei  rietblattartigen  Rahmen,  zwischen* deren  StaUdrlhten  die  Fftdoi 
laufen  and  von  dem  Ftanm  befreit  werden. 

Dem  eij^'entlichen  Zusammenzwirnen  mehrerer 
Eobseidentuden  geht  die  Drehung  des  einzelnen 
GrdgeÜRdens,  dae  eogen.  Uliwen,  Toranst  dae  je 
nach  Bedarf  pro  Meterlftnge  3—400  Drehnngm 
betrSgt  und  auf  dem  Filierstnhl  vollzogen  wird. 
Seine  allgemeine  Einrichtung  ht  aus  der  sche- 
luatischen  Fi«?.  249  ersichtlich,  welches  Prinzip 
bereits  von  Vaucuusou  17ö5  aogeweudet  wurde. 
Die  dardi  Riemen  2  betriebenen,  anf  aekr  fei- 
nen Zapfen  rotierenden  Spindeln  3  tragen  dm 
Spulen  welche  mit  dem  Zwirnflugel  5  versehen 
rind  nnd  mit  einer  konstanten  Geschwindigkeit 
von  6 — 7000  Touren  pro  Minute  rotieren.  Der 
gedrehte  Bohaeidenfaden  gelaugt  durch  den  Lanf- 
stoek  6  auf  die  dureh  Friktionakraft  der  Welle  7 
betriebenen  Walzen  8,  Ii*  wührend  des  Filierens, 
nnjjeachtet  des  hv\m  Aufwickeln  zunehmenden 
Durchmessers  mit  Hilfe  variabler  Geschwindigkeit 
der  Antriel»welle  7  stete  die  gleiche  üeschwin- 
digkdtbaibehaiteii,  wodmeh  die  Gleidimimigkeit 
2JJtJ:Sr.t:«f.:Trr^'  ^er  Zwimong  anf  der  gumen  Lbige  de.  Gtdge^ 
riemen,  8:8pindeJ,4  8ptt!<>n,  :=  FiüRoi,  fadens  ermöglicht  wird.  Die  Drehnngezahl  wird 
TTinUhimU  durch  !te<?uliernug  der  Umdrehungsgeschwindig- 

keit der  Welle  7  «jeretjelt  nnd  nm  so  irrösser, 
resp.  die  Zwiruung  um  so  schärfer,  je  langsamer  das  Aufwickeln  aut  die 
Bobinen  6  stattfindet.  IMe  Eonatraktion  der  Seidenswimmaaehinen  unter- 
schied sich  früher,  wie  berdta  erwähnt,  in  der  allgemeinen  Anordnung  der 
Spindeln.  In  dem  käfigahnlichen  runden  Mnlinierstuhl  ruhten  die  Spindeln 
an  der  Peripherie  eine<:  *rro.<sen,  in  mehrere  Stöcke  einpreteilten  Cyliuders; 
auf  dem  höchsten  Üioak  geschah  das  Yorzwimen  oder  Filieren  von  den 


Digitized  by  Google 


Dm  DaUieren. 


447 


Spindeln  nach  den  wagereehten  Spulen;  die  Spindeln  der  unteren  Stockwerke 
besorgten  das  Zosemmeniirinien  oder  Organzinieren ,  indem  der  gezwirnte 

Faden  anf  Ha<«pel  gewunden  wurde.  In  dor  Sciileuzwirnerei  wurde  somit 
und  wird  noch  heutzutage  ein  uiiigekobrtps  Prinzip  angewandt,  wie  bei  allen 
anderen  Zwirnmaschinen;  dort  erhält  der  Faden  die  Drehung  beim  £in- 
knfen  nnf  die  Spale,  hier  lieim  Amknfen.  Der  Antrieb  der  Kühle  geschah 
durch  eine  in  der  Mitte  stehende  vertikale  Welle,  welehe  eowohl  die  Spin- 
deln vermittelat  einee  Riemens,  wie  die  Spulen  und  Haspel  durch  versebie- 
dene  Getriebe  in  Bewegung  setzte.  Der  ovale  Mulinienftnhl  ist  weit  weniger 
platzraubond,  als  der  runde;  die  S]iindeln  sind  liier  in  einem  oder  mehreren 
Rechen  au  dem  unteren  Teile  der  ISlaschiue  angebracht.  Die  Stühle  nach 
Yaneaneonidiem  Printtp  sind  in  TervoltkomniDeter  Bauart  noch  Tiel&oh  in 
Oehrauch,  die  maden  Mulinierstahle  sind  jedoch  fast  fiberall  abgeschafit  nnd 
kommen  nnr  in  seltenen  Fällen  zur  Anwendung. 

T)ie  fih't-rte  Seide  wird  zuweilen  im  Dämpfka.sten  etwa  10  Minuten  und 
zwar  m  lauwarmem  Wasserbade  behandelt,  wodurch  die  Faser  an  (ilanz 
und  Geschmeidigkeit  gewinnen  soll. 

Die  Operation  des  Dablierens  besteht  in  der  Vereinigang  mehrera'  ein- 
facher nur  gereinigter,  oder  der  vorherigen  Drdiang  unterworfener  Roh- 
seidenfaden auf  einer  einzigen  Bobiue.  Das  Hnnptaugenmerk  hei  dieser 
Operation  rauss  auf  die  <^leiche  ^pannunj^  Jer  beiden  Fäden  gerichtet  wer- 
den, was  übrigens  automatisch  durch  Anwendung  yon  BelastuugsroUen  and 
Gegengewicihten  bewirkt  wird.  Bei  den  Ihsehinen  engtisehen  Systems  sind 
die  Operationen  des  Filierene  und  Dnblierens  an  einer  einsigen  yernn^. 
Die  illnren  Dubliermaschinen  waren  ebenso  kompliziert,  wie  schwerfällig 
nnd  von  ziemlich  geringer  Leistunj^sfähigkeit.  Durch  die  q^nzc  Länge  der 
Maschine  lagerten  zwei  parallele  eiserne  Wellen,  worauf  fli"  Schei- 
ben befestigt  waren,  welche  die  Spulen  in  ähulicher  Art  wie  bei  der 
Wickeimasehine  in  Bewcguug  setiten.  Bs  war  nimlicb  anf  jeder  Spnlen- 
spindel  ein  kkuer  Wirftel  bdsstigt,  der«  wenn  die  Spule  in  das  vordere 
Lager  gelegt  wnrde^  auf  die  Peripherie  der  damit  korrespondierenden  grös- 
seren Friktionsscheiben  zu  liegen  kam  und  infolge  der  ReihtiTT^  «ich  gleich- 
zeitig mit  derselben  umdrehte.  Ausserdem  war  auf  jeder  SpuLspimlel  zwischen 
dem  Wirtel  und  der  Spule  ein  kleines,  dreizäbniges  Sperrrad  befestigt, 
dessen  Zweck  spitsr  erkÜrt  wird.  Die  Laufschiene  mit  den  daraufstehen- 
den FadenfQhrem  wurde  langsamer«  als  die  an  der  Wickelmaschine,  ISngs 
den  Spulen  hin-  und  hergeschoben,  weil  die  Seideufiideu  nicht  in  gerader 
Richtung  von  den  Leitern  r.n  den  Spulen  geführt  wurden,  sondern  mehrere 
scharfe  Biegungen  machen  mussten,  also  weit  leichter  zerrissen.  Die  Fäden 
liefen  nSmUeh  xanKdist  anfwirts  über  eine  horiaontale  glatte  Stange,  welche 
an  den  Ständern  befestigt  war,  dann  abwärts  durch  die  Hak^  der  Fall- 
drahte, hierauf  xvieder  aufwärts  über  eine  zweite  Stange  und  endlieh  Ton 
hier  vereinifjt  durch  den  Fadeiifiilirer  nach  der  dazu  gehörigen  Spule.  Durch 
folgende  Vorrichtung  wurde  während  des  Betriebes  augenblicklich  die  Spule 


D«bU«nMsddiiM. 


449 


still  gestellt  ,  wenn  einer  der  dazu  gehörigeu  Faden  rerri^s.  Anf  dem  zu 
beiden  Seiteu  der  Maschine  befestigten  fi|[ebelbrett  war  für  jede  Spule  eiue 
klnm  Stöizft  beftstigfe,  troUsb«  Ar  drai  EVkUdifthte  und  den  Bwdannigeii 
Hebel  die  festen  Drehpunkte  enthalt.  Jene  niehien  mit  ihren  haken- 
förmigen Enden  bis  znr  ^Titte  der  beiden  erwähnten  Stangen  nnd  wurden 
von  den  hrudurchgelej^ten  Sciden^iden  in  horizontaler  Laj/p  schwebend  er- 
halten. Der  eine  Arm  des  zweiarmigen  Hebels  war  rechtwinklig  umgebogen, 
der  andere  aber  gerade  und  etwas  schwerer,  w^balb  er  im  freien  Za- 
etande  in  horizontaler  Lage  anf  einer  an  der  inneren  Säte  dea  HebelbrettB 
befestigten  Stan^'e  ruhte.  Wenn  daher  einer  der  einfachen  Fäden  riss,  so 
fiel  der  dadurcli  schwebend  ^fehalteiie  Fiilldralit  auf  den  leicliteren  Ann  des 
zweiarmigen  Hebels,  drückte  diesen  herab,  fi)l^rlich  den  andern  Arm  in  die 
Höhe,  sodass  »ich  dessen  Ende  dann  gegen  einen  der  Zähne  des  Sperrradea 
atemmte,  wodnreh  die  Spak  in  Btillatand  lum.  Der  ]ii«rdun^  aafinerlEeam  ge- 
maebte  Arbeiter  eocbte  sanaehat  die  Enden  dee  sdhrinenen  Fadens,  drehte 
diese  zusammen  nnd  setzte  die  Spule,  nachdem  er  den  betreffimden  Fall- 
draht aufgehangen  und  dadurch  den  Hebel  in  die  horizontale  Latje  zurück- 
gebracht hatte,  die  Spnb'  wieder  in  n<'vve;Lrunn^.  Die  Maschine  erforderte  zu 
ihrer  Aufstelluug  einen  iiaum  von  1,2  lu  Breite  und  von  6 — 7  ra  Länge,  die 
jedoob  von  der  Spulenanzahl  abbing,  deren  Entfernnng  von  llfitte  za  Mitte 
etwa  15  em  betmg. 

Die  gegenwärtig  gebauten,  gewöhnlich  zweiseitigen  Dubliermaschinen 
(Fachtnin^rhine ,  niacln'ne  a  doubler,  doublint;  fratnc),  hnben  fc^^ende  Kon- 
struktion, üer  sich  von  den  ablaufenden  Bobiuea  (gewöhnlich  vier)  auf  eine 
durch  Fi'iktionsroUe  angetriebene,  auflaufende  Spule  windende  Fadeu  pas- 
siert eine  Fadenfuhmng,  femer  eine  filr  den  Fadenbroeh  eingeriehtete  Ab- 
eteUTOrricb'tnng.  Diese  Maschine  ei>rnet  hich  besonders  für  feine  Gregen« 
FOr  stärkeres  Gespinst  gleiten  die  Fäden,  nachdem  sie  sich  vereinigt  haben, 
auf  einer  krummen  Fläche  und  kommen  dadurch  in  bessere  Berüh- 
rung miteinander.  Zwischen  dieser  Fläche  und  der  Anflaufbobiue  sind 
gewöhnlich  die  Abetellrorriebtung  und  der  FadenfBhrer  eingeschaltet. 
Fig.  260  stellt  eine  Dnbliennaaeldne  dar,  die  20 — 30  Spindehi  fflr  vier- 
fache (auch  seehsfache)  Dublierung  enthält.  Bt^iui  Aufspulen  macht  der 
dublierte  Faden  eine  leichte  Drehung,  die  die  einzelnen  Fäden  zusammen- 
hält, so  da.ss  beim  Zwirnen  die  Spule  sehr  gut  und  ohne  zu  reisseu  ab- 
läuft; die  entstandene  Drehung  hebt  sich  beim  Ablaufen  der  Spule  übrigens 
volliündig  wieder  anf.  Jede  Spindel  wird  dnreh  Friktion  angetrieben  und 
kann  nach  Bedarf  fSr  sieb  allein  zum  Stilliland  gebracht  wwden.  Beim 
Fadenbruch  setzt  die  betreffende  Spindel  sofort  selbstthätig  aus.  Die  An- 
ordnung der  Spindeln,  welche  in  der  Fifjur  verdfckt  ist,  i.st  aus  den  Figuren 
251 — 2  )2  fTsichtlich.  Zwecks  Verniind(Mun;f  der  Reibung  des  Zäpfchens 
mit  dem  i' uiilerkouu»  ist  eiue  iu  der  Fig.  2öl  abgebildete  Kugellagerung 
angebracht.  Die  yerbefleemng  des  LSnfcre  beeteht  in  der  AbBnderung  de« 
Edtierbrettchena,  das  gewÖhnHeh  ant  einem  Stock  besteht,  wodardi  die 


üigitizeü  by  i^OOgle 


450 


Dubliermaschinen. 


Zäpfchen  bei  Berührung  mit  den  schnell  rotierenden  Fühlern  Not  leiden. 
Diesem  Ubelstand  wird  bei  dieser  Maschine  durch  die  Kugellagerung  derart 
abgeholfen,  dass,  sobald  das  Zäpfchen  steigt  und  mit  dem  Fühlerkonus  in 
Berührung  kommt,  der  letztere  sofort  zum  Stillstand  kommt,  wogegen  das 
Leitbrettchen  allein  rotiert.  Die  Reibung  wird  dadurch  auf  ein  Minimum 
reduziert.  Eine  fernere  Verbesserung  ist  die  vereinfachte  Fadenleitung; 
dnrcb  Auf-  und  Abwärt.sstelk  n  derselben  erzielt  man  eine  dünnere  oder  dickere 
Aufwinduug.    Zum  Zweck  der  Verarbeitung  von  geringerem  Material  kann 


Fig.  251—251.   Spindel  für  Spul-  und  DnbliermMi'hinen. 


der  Antrieb  der  oberen  Leitrollen  in  richtigem  Verhältnis  znr  Geschwindig- 
keit der  Aufwickluug  erfolgen,  ferner  ist  die  Anordnung  einer  Balanceu- 
bewegnng  getroffen,  welche  die  gleichmäs.sige  Spannung  des  Fadens  bewirkt, 
gleichviel  ob  derselbe  auf  dem  dünneren  oder  dickeren  Teile  des  Konus  auf- 
gewickelt wird.  Durch  den  Antrieb  der  obereu  Leitrollen  wird  der  Faden 
dem  Zäpfchen  zugeführt,  wodurch  ein  Zerreissen  desselben  verhütet  und  eine 
weiche  Aufspulung  erzielt  wird.  Eine  Arbeiterin  kann  70 — 80  Dublier- 
spindeln l)edienen. 

In  neuerer  Zeit  ist  von  Stockharamer  eine  Dubliervorrichtung  kon- 
struiert worden,  in  welcher  der  Stillstand  der  Spindel  beim  Bruch  irgend 
eines  der  windenden  Fäden  vermittelst  des  elektrischen  Stromes  automatisch 


ZwiiBDuicliinni. 


451 


sf)ll  die  Geschwindigkeit  dOT 
gesteigert  werden  küoneo. 


.enerung 


bewirkt  wird.  Jeder  Faden  hält  einen  leichten  Hebel  in  aufrechter  Lage, 
der  beim  Reiaeen  des  Fadens  fSUt  nnd  das  Sebliessen  eines  StroinlDreiBes 

bewirkt;  ein  hierdurch  in  Thäügkeit  gcsetster  Elektromagnet  hemmt  die 
betreffende  Spindel.    Durch   diese  N 
Spindehi  auf  1500  Touren  pro  Minute 

lu  den  Fällen,  wo  die  Gröge  keine  Filierung 
erhält,  folgt  das  Dablierra  nnmittelbaT  nieb  don 
Spnlen  nnd  Patsen. 

Das  eigeniliehe  Mulinieren,  d.  i.  Zn^^amraen- 
zwirnen  mehrerer  Fuden  zu  oiueni  Gespinst,  ge- 
schieht nach  demselben  Prinzip,  wie  das  Filieren, 
nur  ist  die  hier  zur  Auweudung  kommende  Ma- 
sebine  (SeidenaBwimtofible,  Haspelmable,  monlin 
4  aoie,  monlin  gnindrett  ^tnuii^  mill,  nik  reel 
mill),  insofern  von  abweichender  Bauart,  als  die 
Spnlen  durcli  Haspel  oder  gewöhnliche  Diiblier- 
wiuden  ersetzt  und  statt  der  Bobinen  Stränge  von 
12 — 15  cm  Breite  erzeugt  werden. 

Die  Etagenswimmasehine  ist  mehrstSdrig,  ta 
der  Regel  dreistöckig;  zu  beiden  Seiten  derselben 
sind  drei  Doppelreihen  Spulen  übereinander  an- 
gebracht. Die.  Einrichtung  einer  älteren  Etagen- 
zwimroühle  mit  Aufwioklung  auf  Spulen  besteht 
ans  folgenden  Teil«i. 

Die  Spindeln  haben  in  den  nnteren  Sdiienen 
der  Maschine  aas  hartem  Messing  gefertigte 
Spurlager  und  in  den  oberen  ihre  Halslager, 
welche  ebenfalls  mit  Messing  ausgebucbst  sind. 
Sie  werden  durch  kleine,  20  mm  im  Durchmesser 
flrosse  Sebnnrsdieiben  von  einer  210  um  messen** 
den  Bleehtrommel  mittels  Sehnfiren  oder  Saiten 
in  Bewegung  gesetst,  so  dass  sich  ihre  fieschwii)- 
digkeiten  wie  1  :  10  verhalten.  .\uf  den  oberen 
konischen  Teil  der  Spindeln  werden  die  Spnlen, 
welche  die  dublierte  ungei&wirute  Seide  eutbalteu,  aufgeschoben,  su  das»  sie 
sich  mit  densdben  gleichseitig  drehen  müssen.  Dagegen  wird  der  swd- 
armige  Drabtflagel  (fly)  mit  dem  daran  befestigten  Holzknopf  (Hüteben, 
coroneUe)  oberhalb  einer  jeden  Spule  so  lose  auf  die  Spindel  ge.streift,  dass 
derselbe  sich  darauf  drehen  kann.  Der  abwärts  gelegene  Flügelarm  reicht 
bis  zur  Mitte  der  dazu  gehörigen  Spule,  wühreud  der  andere  aufwärts  ge- 
richtete senkrecht  oberhalb  der  Spindel  endigt;  beide  sind  mit  entsprechend 
gebogenen  Haken  smr  Anfoshme  des  Fadens  Ters^en.  Oberhalb  einer 
jeden  Spindelreihe  ist  eine  horizontal  gelagerte  Welle  angebracht,  worauf 
SO  viele  StimriUer  wie  Spindeln  befestigt  nnd  in  den  mit  dem  OerOste 

29* 


Flu^  253.  Bobem»  dM  MuUnltntahU 

f'ir  düi  OrK&nalnien-n  (I  Ligerun«, 
2  AAtrlebsrlemeD,  3  Spindel,  4  tfpale. 


Digitized  by  Google 


452 


▼enAnifibteii  Lagvrn  bnregUcb  aind,  wodoroh  die  Spalen,  weldie  dio  gfswirote 
Saide  aufwickeln,  gedreht  werden.   Jede  dieser  Spalen  liet  nimlich  eine 

quadratische  Achse  mit  einem  daran  gegossenen  Stirnrade,  welches  mit  dem 
korrespondierenden  auf  der  horizontalen  Welle  im  Eingriff  steht,  wenn  die 
Spindelzapfen  in  den  vorderen  Pfanuenlagem  der  am  Gerüste  befestigten 
Konmlen  li^en.  Diese  Spulen,  welclie  einen  bedeatenden  Darohmesser 
liaben,  dsmit  die  gezwirnten  Flden  in  mOgticbst  groseen  Bogen  nob  um 
dieselben  aufwickeln,  werden  nur  mit  einer  dünnen  Seidenlage  bedeckt  nnd 
dann  diircli  andere  leere  rrsetzt,  weil  sie  son.st  zu  stark  aufwinden  und  bei 
proportioneller  Verminderung  der  Drehung  den  Faden  bedeutend  strecken 
oder  gar  zerreissen  würden.  Die  Schiebeleisteu  mit  den  Fadenführeni  erhalten 
ihre  hitH  und  hergehende  Bewegnog  yon  der  dasa  gebai^oi  Welle  dttveb 
folgende  Vorriehtong.  An  derjenigen  Seite  d«r  Maeebine,  wo  die  Biemen- 
8cheiben  auf  der  Schnurtrommelachse  befestigt  sind,  wird  mittels  zweier 
konisclicu  Räder  eine  kurz  horizontal  gelagerte  Welle  mit  einem  ellinti- 
sclien  Hilde  l)et rieben,  welches  einem  anderen  ebenso  irestalteten  und  um 
einen  testen  Zapfen  beweglichen  Eade  die  Bewegung  mitteilt.  Durch  die 
•m  lefasteren  befestigte  Warn  und  swei  Zugstangen  wnden  die  damii  ver^ 
bundenen  Lanftebienen  auf  diesdbe  Weiset  wie  bei  der  Wiekelmaeehine  be- 
reits gezeigt  wurde,  regelmässig  bin  md  her  bewegt. 

Die  durch  Kurbel  und  Stange  erzeugte  rasche  Bewegung  des  Faden- 
fuhrers  hat  den  Zweck,  dass  die  Faden  Windungen  mit  starker  Kreuzung 
übereinanderlaufeu,  wodurch  das  Auffinden  eines  gerissenen  Fadenendes  er- 
leichtert wird.  Der  Antrieb  der  Kurbel  dnreh  elliptische  Bider  bewirkt 
die  ballige  Gestalt  der  Spulen.  FUr  den  Antrieb  des  Lanfstocks  werden 
Jetzt  aber  meist  statt  der  unbequemen  elliptischen  Räder  die  modernen 
Schiebevorriehtungen  mit  Kurbelstange  etc.  angewendet.  Die  Spindeln 
machen  ca.  2000  3500  Touren  in  der  Minute.  Eine  Zwirnmaschine  mit 
6  Längenabtetlnngen  nnd  360  Spindeln  erfordert  idnen  Banm  von  1  m 
Breite  und  6,6  m  Lange.  Zur  Bedienung  der  Maaehine  sind  kleine  flbei^ 
tragbare  Treppen  angebracht. 

Ks  ist  bereits  l)eniLTkt  worden,  dass  die  Spu!on  auf  den  Spindeln  fest- 
sitzen, dagegen  die  Flügel  lose  sind  und  nur  durch  die  Keibung  im  Auf- 
steckknopfe nach  derselben  Richtaug,  aber  langsamer,  gedreht  werden.  Die 
DiffisreuB  der  Anaabi  Umdrehungen  von  Spule  und  Flügel  in  einer  bestimni- 
ten  Zeit,  a.  B.  in  dw  Minute,  mnltipKaiert  mit  der  mittleren  Laiigv  dner 
Fadenumwicklung,  bestimmt  also  die  Fadenlänge,  welche  die  obere  Spule  itt 
derselben  Zeit  aufnehmen  raus*!,  während  der  Faden  so  riele  Drehungen  er- 
hält, als  der  Flügel  Umgänge  macht.  Nennt  man  deu  Dnrehme^r  der 
Aufwickubpule  d  und  ihre  Tourenzahl  n,  so  wird  in  einer  Minute  eine 
Länge  von  iciifi  aufgewickelt;  bexeidmen  wir  femer  den  Durehmeseer  der 
Zwimapulen  mit  und  ihre  Tonrsniabl  mitfi|,  ao  mues  das  Htttcihenfl|B 
d 

»1  +  j-*>  Umdrehungen  macihen,  wobei  angenommoi  wiid,  dass  eine  Yei^ 


Üigiiizüü  by  GoOgle 


ZwirmiBMduiea. 


46 


kamas  dis  Fad«»  nkhi  «iutritt  In  WizUidikeil  iil  diw  der  FaU, 
wodnroli     eimtf  gröMor  irird.  Auf  eine  Lb^eneinlieit  des  Fadene  fcmn- 

men  mithin  Ts=  ^     Drelrnngra.  In  der  Gletcbung  fttr      sind  «,  nnd  n 

koiiäUute  GrösseD,  d  uimmt  za,  di  dagegen  ab,  folglich  auch  xu,  gleich- 
sdtig  wSebet  abor  «och  die  Geschwindigkeit  des  Fadens.  Bd  passender 

Wahl  der  Verhältnisse  lassen  aich  somit  ii^endwie  erheblicbs  Differenzen  in 
der  Drehnngszahl  (Draht)  T  unschwer  verhindern.  Die  gegenwärtigen  Kon- 
struktionen der  Sei'lonmühlen  unterscheiden  sich  von  tleu  früheren  vorteil- 
haft dadurch,  dass  sie  m  dieser  Hinsicht  viel  gleichmässigeres  (iespinst  liefern. 

Die  Spindeb  der  Ktagenzwimmaschine  werden  dnveh  endloäe  Riemeo 
angetrieben,  die  über  grosse  Bollen  Unfen  und,  die  Wirtel  aller  Spindeln 
mit  gleicher  regnUerbarer  Reibung  berührend,  dieselben  in  Betrieb  setzen. 
Der  Fiideu  läuft  von  den  auf  deu  Spindeln  sitzenden  Spulen  auf  die  auf- 
windenden durch  Friktionsrollen  ungetriehenen  borizoutaleu  BJeclispuleu, 
wobei  er  durch  deu  Flügel  die  erforderiiciie  Zwirnung  empfangt.  Die  Auf- 
wtokehiimleii  erhalten  mittsli  eine«  Hen«coe«ters  eine  gleiebfSrmige,  bin* 
nnd  hergdiende  Bewegung.  VSm  die  Fadenwindnngen  anf  der  Liefemng^ 
walze  in  gletchem  Abstände  voneinauder  zu  halten  und  somit  jede  Ver- 
.seliiehung  UDm5g1ich  rn  marhrr«.  «ind  besondere  Fadenfuhrer  konstruiert, 
worden.  Eine  solche  Vorrichtung  ije^teht  z.  B.  uns  einem  ITalter  mit  Zapfen, 
auf  welciieui  eiue  mit  mehreren  llöUcheu  verbeheue  drehbare  Wal^e  auge- 
bnciht  istt  femer  ans  einer  eben&lls  an  dem  Halter  befindlichen  Öse,  dnrdi 
welche  der  Faden  gezogen  wird.  Der  letztere  wird  dann  nm  je  eine  Kolle 
in  der  Führung.swalze  gelegt  und  um  die  Lieferungswalze  gewunden.  Eine 
Arbeiterin  kann  180  Spindeln  bedienen  nnd  leistet  in  10  Arbeitsstunden 
ca.  15  kg  ge/.wirnteä  Gespinst. 

Es  werden  auch  einfachere,  einstöckige  Zwirnmaschinen  sowohl  für  Or- 
gansin,  wie  fllr  Trame  von  ders^ben  Einrichtung,  wie  die  obige  Etagen*- 
swimmaschine  gebaut,  die  jedoch  mit  viel  grösserer  GeM^windigkeit  der 
Spindeln,  von  mindestens  iOOOO  Touren  pro  Minute,  betrieben  werden.  Eine 
Arbeiterin  kann  100—120  Spindeln  bedienen  und  liefert  in  10  Arbeits- 
stuudeu  ca.  2b  kg  Trume.  Eiue  Spindel  zwirnt  in  10  Arbeitsstunden  circa 
13  g  Organsinvorswirn,  Titer  9/10  den.,  mit  500  Drehungen  pro  m;  znr 
Herstellung  von  5  kg  Yorswim  (Ftlato)  sind  daher  S84  Spindekt  erforder- 
lich. Zum  Nachzwirnen  (Torto)  desselben  Quantums  Organsin  genügt  die 
Hälfte  dieser  Spindelzahl.  Die  zweite  Zwimung  wird  stets  in  entgegen- 
gesetzter Richtung  gegeben,  wie  die  erste  beim  Fi1i"ren. 

Vor  etwa  lö  Jahreu  entsprachen  sich  im  tubriii betrieb:  520  Spulen, 
120  PnbBbobinen,  1370  Filiecspindeln,  40  Dablienpnlen  und  1000  Zwirn- 
spindein.  100  Zwinupindeln  lieferten  durchschnittlich  900  g  Gespinst  pro 
Arbeitstag.  Die  Betriebskosten  und  Arbeitslohn  betrogen  f&r  1  1^  Onvrfo 
18 — 19  Frcs.  in  Frankreich  und  15  Frcs.  in  Italien'). 

')  Morel,  Eami  tut  le  tiavail  de  la  Mie  an  France  et  aa  Itaiia.  L70S  1879. 


Digitized  by  Google 


454 


ToziuwnnMMr. 


Die  Dnlmngsiahl  der  Oespinete  irird  unter  Anwendang  des  eogemmuten 

Touren messers  ermittelt.  Man  befestigt  die  beiden  Enden  de«  60  cm  langen 
Fadens  in  den  beiden  Klenimvorrichtunfrpn  des  Apparates  und  dreht  eine  dersel- 
ben vermittelst  eines  llundra<los  in  einer  Richtung  so  lange,  bis  die  einzelnen 
Fäden  parallel  \\  erden ;  das  Zählwerk  (für  Vor-  und  Rückwärtsdrehung  bis  zu 
800  Tonren  eingerielitet)  giebi  nnn  genan  die  Annhl  der  Drehungen  pro 
SO  om  an,  die,  mit  2  mnltiplinert,  dieeelben  pro  Meteilii^  anceigt. 
Hat  man  z.  6.  eine  Kette  zu  untersuchen,  so  dreht  man  in  einer  Rich- 
tung bis  zum  Parallehvcrden  der  Fädchen,  notiert  die  Zwirnnni^^zahl,  bricht 
die  Fiidchen  bis  auf  eines  ab  und  bestimmt  durch  Rückwärtsdrebung  die 
Drehungszahl  (Filierung). 

In  der  Flg.  264  iit  dne  aparte  Anef&hmng  des  Zwirn-  nnd  Tor> 
donsmessers  veranschanüchi.  Dieser  Apparat  dient  zur  Ermittelniig  der  Tar- 
sion  des  einfachen  Fadens  und  zur  Untersnchnng  des  Zwirns  von  Organsin, 
Trame,  Cordonnet,  Nähseiden  etc.,  sowie  anr  Bestimmnng  der  Streckung 


llg:»!.  ToaknnMM«. 


des  Fadsns  dnreh  AuflSeen  des  Zwirns  nnd  ebenso  umgekehrt  snr  kahr- 
tigung  eines  Torgesehriebenen  Zwirnes. 

Der  Apparat  besteht  aus  einer  Vorrichtung  ab  zum  Einspannen  des  zu 
prüfenden  Fabrikatp>^.  und  einer  Zablsoheibo  a&  der  die  Zwimtonren  und 
die  Torsion  abgelesen  werden. 

Um  Fabrikate  von  verschiedener  Länge  untersuchen  zu  kömien,  ist  die 
KlemmTorxiehtung  h  längs  dnes  Lineales  d  Terschiebhar.  Die  ZSUvoirich- 
tong  bestsht  aus  einer  liegenden  Zfthlschdbe,  welche  mittels  eines  Ghrifies 
gedreht  werden  kann,  und  zwei  Zeigern;  der  ausserhalb  der  Scheibe  ange- 
bracht« Zeiger  e  zahlt  die  einzelnen  Drehunfien.  der  andere  auf  der  Scheibe 
befindliche  die  Zehner  und  Hunderter.  Die  Scheibe  ist  so  eingeteilt,  das» 
man  sowohl  Rechts-  wie  Linksdrehungen  direkt  ablesen  kann.  Vor  Beginn 
der  üntersnehnng  ist  der  Apparat  derart  dnsnstelloi,  dass  man  die  0  der 
Scheibe  auf  den  inneren  Zeiger  e  fuhrt  nnd  den  letzteren,  an  dem  darauf 
handlichen  Knopfe  haltend,  ebenfalls  so  dreht,  dass  er  auf  0  zeigt. 

Soll  die  Torsion  eines  einfachen  Fadens  untersucht  werden,  so  werden 
die  Klemmvorrichtungen  a  und  b  bis  auf  1  cm  Abstand  zusammen- 
gerückt, der  Faden  eingespannt  und  die  Zählschdbe  gedreht.  Die  Drehung 
fihertrigt  sidli  auf  den  abgespannten  Faden  mit  einer  Ubersetanng  TOm 
1 : 10.  Die  Fasern  I5sen  dch  nach  und  nach,  bis  sie  parallel  nebeneinander 
liegen,  wonmi  die  Drehung  an  der  Sehdbe  abgelesen  wird. 


Digitized  by  Google 


ZwirnmaKhinen. 


455 


Will  nmn  den  Zwirn  eines  Fadens,  der  eine  Lfinge  von  26  cm  hat, 
nntersnehen ,  so  wird  die  bewegliche  Klemmvorrichtung  so  Lri">tel]t,  dass  die 
innere  Kante  der  Hälsp  an  äi  m  Strich  25  des  Liiieali.-^  eiusteht;  diircli  An- 
ziehen di  r  Stellschraube  wii  d  sie  daun  in  ihrer  Lage  festgehalten.  Hierauf 
wird  der  ätreckenniesser  aus  seiner  Hülse  vorgeschoben  und  mit  der  .Vrre- 
Üernngsschraabe  vorerst  fwtgeklenunt  Nnn  wird  der  Faden  htA  a  and  b 
eingespannt  nnd  die  Schraube  wieder  gelockert,  wodurch  der  Faden  enge» 
spannt  wird. 

Die  Untersuch  11  nLf  beginnt  durch  Drehen  der  Zähhcheihe.  Dem  Apparat 
ist  eine  Nadel  mit  Hülzgriff  beigegeben;  diese  wird  l>ei  f>  zwischen  die  sich 
löseuduu  Füdeu  geschoben  und  damit,  während  des  Aufdrehcus,  dem  sich 
ISsenden  Faden  nachgefahren  his  der  Faden  ganz  awimfrei  ist,  resp.  bis  die 
Fiden  auseinander  gedreht  sind.  Hierdnrdi  ist  eine  Drehung  herrorgerafen, 
die  an  der  Teilung  am  Streckenmesser  in  mm  ersichtlich  ist,  w&hrend  die 
Zwirntonren  nn  der  Zühlsclieihe  abgelesen  werden  können. 

Hat  man  z.  B.  für  einen  Faden  von  25  cm  riiiiij^e  au  (!<  r  Zählseheil>e 
186  und  am  Streckenniesser  5  mm  abgelesen,  so  beträgt  dies  auf  einen  m 
4mal  mehr  oder  tX  186  sss.  744  Drehungen  pro  m  und  4  x  6  b  20  mm 
oder  2%  Zwirnsuschlag. 

Um  das  freiwillige  Zusamni«  ndrehen  oder  Krengeln  der  Strftnge  bei  der 
Zwirnung  an  verhüten,  wird  nach  dem  Mnlinieren  ein  lauwarmes  Wasser- 
bad  gegeben.  Noch  häufiger  ist  eine  iu  Italien  als  ..hrova"  bekannte  He- 
haudlang  im  Gebrauch,  die  im  Dumpfen  des  filierten  oder  gezwirnteu 
Stranges  besteht,  indem  derselbe  auf  dem  Haspel  belassen  wird;  das 
Dampfen  dauert  ca.  16—20  Minuten,  wonach  die  Seide  in  einer  Trocken« 
kammer  kurze  Zeit  einer  Ilitze  vott  80 — 90"^  ausgesetzt  wird.  Dieses 
Verfahren  soll  in  Hezu";  auf  Olanz  nnd  Geschnieidi<;kfit  viele  Vorteile 
bieten,  doch  ist  das  Trocknen  seihst  nicht  ülierall  übüch.  Der  tj;edämpfte 
Zwirn  gelangt  zum  Öchlu&>  auf  die  weiter  unten  beschriebene  iiaspelmascbine, 
welche  ihn  iu  die  Strangform  überfuhrt. 

Die  fortgeschrittene  Muliniertechnik  richtet  hauptsichlieh  auf  die  Spindel- 
geschwindigkeit,  d.  i.  die  Leistungsföhigkeit  der  Maschine  ihr  Augenmerk.  Ka- 
mentlieh in  Amerika  ist  man  in  dieser  Riehtnn^r  sehr  weit  ifeknmmen.  Vor 
zwanzig  Jahren  wurden  hier  die  ^Spindeln,  wie  heute  noch  in  den  meisten 
Zwirnereien  Italiens  mit  3000  Touren  betrieben,  alsdann  kam  man  auf 
& — 6000  Touren  und  nach  der  Erfindang  der  Gravityspindel,  ron  welcher 
anlSsslich  der  Ftorettspinnerei  die  Rede  sein  wird,  auf  12—15000.  Es 
nnd  soi^ar  Spindeln  konstruiert  worden,  welche  die  fast  unglaubliche  Zahl 
von  '25000  Umdrehungen  in  der  Minute  zu  machen  vermögen.  Eine  der 
besten  Gravityspindeln  iist  die  von  Atwood.  Die  mit  einem  Wirtel  ver- 
sehene bpindel  steckt  iu  einer  beweglichen,  jedoch  nicht  drehbaren  Hülse 
und  ruht  auf  einem  loeen  Fosslager;  die  beU^  werden  Ton  einer  Spindel- 
bttohse  aufgenommen,  die  gleichseitig  eine  ölkammer  bildet  und  unter  dem 
Wirtel  doreh  eine  Nnss  abgeschlossen  ist,  damit  kein  öl  anag|»ritct.  Die 


Digitized  by  Google 


456 


Zwirnmoschioea. 


Spindel liülse  sitzt  auf  dem  Fasslager  nicht  anf,  soudern  wird  durch  eine 
um  sie  gewundene  Spirnifoder  getragen.  Bei  einer  bestimmten  Umlanfs- 
geschwindigkeit  stellt  sich  die  .Spindel  infolge  des  Beharrungsferm^ens  und 
der  Nichgiebigkeit  der  SpindelhfilM  konientrieeli  ein;  jedes  Zittern  odbr 
jede  aekMIiehe  Beilraiig,  die  aoiisl  dnroti  nieht  gm  »akto  ESnitellang  der 
Spindel  oder  dnreh  ungleichraüssige  BelaatllDg  «itgteliea  würde,  fällt  weg; 
seihst  der  Saiten-  oder  Riemendrack  vermag  ihre  axiale  Stellang  uiclit 
mehr  zu  beeinflussen.  Der  Kienionantricb  der  Spindeln  ist  dermaftieii  ver- 
voUküuimuet  worden,  das»  die  Spindeln  mittels  Spiralfedern  von  aussen  an  den 
Riemen  gepreait  werden,  wodurch  eine  regelmSssige  Drehung  berTOigerulen 
wird  und  alle  die  Störaogen  fortfallent  die  beim  Saiienbetrieb  Torkommen,  wie 
das  Reinsen,  Lockcrwerden  hei  feuchtem,  und  Straffwerden  hei  trockenem  Wetter. 
Ausserdfm  ist  ein  Riemenspanner  anj^ebracht,  vermittelst  dessen  durch  Lockern 
des  Treibriemens,  nicht  des  Spindelriemeus,  die  Spindeln  langsam  abgestellt 
und  durch  Spannen  laugsam  wieder  augelassen  werden  können.  Die  meisten 
Haaehinen  des  neuen  Typus  sind  einstockig,  hSehstens  sweistSdtig,  da  die 
letzteren  bei  der  hohen  Tourenzahl  der  Gravityspindeln  zuweilen  in  Zittern 
geiaten,  iim  so  iin-br  als  dit'  Mii.scliiuenbreite  von  26 — 32  inrlies  beim  S;iiten- 
betrieh  auf  I '2  iucbes  beim  Kietiiciibetnpb  reduziert  ist.  Die  Atwood  Com- 
pany baut  ihre  einstöckigen  Zwirnniuschiuen  mit  112,  die  zweistöckigen 
mit  224  YorBwirn-,  Nachzwim>  oder  Tnune^iindeln*  die  Haapelawinimflblen 
mit  88  Spindeln.  In  den  letsteren  stehen  die  SfNndelu  weiter  anseinander, 
da  sie  mit  einem  Drehflügel  versehen  sind,  der  zum  Zusammenhalten  des 
dublierten  Fadens  notwendig  ist.  Zum  Zweck  einer  besseren  Spannung 
wird  die  Tramp  oliorhalb  der  Zwirnspnlt'  spiralförmig  um  einen  Draht  ge- 
führt. Um  die  Adbüsion  der  Lieferuogäwalzen  zu  erhöben,  werden  diese 
snweilen  mit  Kork  Qberiogen.  Die  Morrison  Company  konstruiert  auch 
Ringzwirnraaschinen,  bei  denen  der  Faden  statt  aafirilrts,  abwärts  ISnft  und 
sich  auf  die  Zwirnspulen  aufwickelt;  sie  sind  zum  Dublieren  bi.n  auf  das  Zehn- 
fache P!n«;pnrhtpt  und  sollen  für  gröbere  Zwirnartikel  sehr  leistungsfalüg 
sein.  Die  Fadfijab.stell Vorrichtungen  sind  nur  an  Dublier-  und  Haspel- 
maschinen üblich.  Für  Organsin  und  Trame  werden  die  Spnien  beim 
Dublieren  aufrecht  gestellt,  mit  einem  Deekel  ▼ersehoi  und  fibör  den  Kopf 
«bgewnnden,  für  alle  anderen  Zwirne  dagegen  wagereeht  gelagert  und  d^ 
her  rechtwiidcliV  zur  Spulenachse  abgewickelt.  Die  Spulen  werden  in 
Amerika  aus  Stalilblech  geferti^-t;  femer  mit  Hülsen  ans  Ahorn  und  mit 
Dogwood  köpfen,  und  solche  mit  gleichen  Hülsen,  aber  mit  Stahlblechrändem. 
Die  Zwimmasehinen  von  Atwood  werden  gewöhnlich  mit  11000  Tonven 
für  Vorswim,  9000  fOr  Nachswim  und  7000  für  Trame  betrieben.  Ein 
Kuabe  kann  5  einstöckige  MaschineUi  somit  560  Spulen-  oder  440  Haspel- 
spindeln brdieiien.  Bei  obiger  Tonrenzahl  und  mit  70%,  Nut/.etFtkt  zwirnt 
eiur  Vor/wirnspindel  pro  Woclie  von  GO  Arbeitsstunden  67  g  Grdge  12 
legale  den.  mit  650  Drehungen  pro  Meter,  uümlich 


Digitized  by  Google 


EomUBioite  ZvinniHcliiatB.  457 

11000  Toorw  X  8600  Mmatea  x  70% 
550  Dralrnngcn  X  750  m        1  g)  X  100%  ^  ^  * 

Eiuc  Xachzwinispindel  liefert  ia  dpr«pll>en  Zoit  and  von  gleicbera  Titer 
mit  450  Drehuugeu  aDuäbenid  das  doppelte  Quantam.  Die  Fabrikations- 
kosten betragen  in  Amerika  dnrcbschnittlicli  80 — 85  Cents,  Trame  die 
Hätftei  pro  engliaeh  Pfund')*  In  Amerika  wird  lAmiliehe  Gr^ge  geaeift 
und  fenebi  verarbeitet,  wodnn  li  ein  besseres  Laufen  ersielt  wird.  Das  Seifen 
klebt  die  Unreinheiten  und  Flocken  an  den  Faden  fest  und  erleichtert  un- 
gemein die  Verarbeitung,  dagepen  erschwert  es  die  Kontrolle  und  genane 
Titerbestiromung;  ferner  soll  es  den  Nachteil  haben,  dass  beim  nachträg- 
lichen Souplefärben  der  Faden  nicht  mehr  so  voll  anfgeht,  wie  ungeseift. 

Man  liat  vielfkoh  yorsneht,  die  Operationen  des  Spulens,  DnbUerens 
nnd  Zwirnens  von  einer  einzigen  Maschine  verriebten  an  lassen.  Von  den 
alteren  Versncheu  dieser  Art  sei  die  Drehdubliermascbine  von  Dnseigneur- 
Kleber  erwiihnt,  die  gnte  Resultate  ergeben  hat.  Namentlich  haben  sich 
die  Amerikaner  infolge  ihrer  hohen  Arbeitälöhne  auf  derartige  Vervoll- 
kommnungen verlegt.  Öo  bat  Reuard  eine  Zwirnmaschine  konstruiert,  in 
wdeber  das  FiliMen  nnd  Dublieren  zusammen  geecfaiebt,  indem  swei 
oder  mebr  Torgeswimte  Fiden  von  den  Zwimspnlen  znsannnen  direkt  auf 
eine  Donblierspule  auflaufen.  £iue  Arbeiterin  soll  zwei  solcher  Maschinen, 
jede  mit  112  Zwirn-  und  56  Dublierspindcln  bedienen  können  nnd  ]>ro  Tag 
10  Pfund  Gröge  12/24  den.  mit  630  Drebungeu  pro  m  verawirneu  und  dublie- 
ren. Fletseber  n.  Ty  nan  haben  derartige,  jedoch  von  einander  abweichende 
Masebinen  kimstmiert,  wo  des  Filieren,  Dnblieren  nnd  Nacbzwimen  svgleicb 
TOi^nonmien  werden  kann.  Zu  diesem  Zwt  ek  sind  drei  Spindelreihcn  etagen- 
webe  angebracht,  wovon  zwei  für  den  Vorzwim  und  eine  für  den  Nach- 
zwim  dienen;  die  filierten  Faden  gehen  um  die  im  oberen  Teile  der  Maschine 
gelagerten  Lieferungswalzen  herum  und  von  da  wieder  herunter  zur  ISach- 
zwlmspindel.  Doch  haben  im  allgemeinen  diese  weitgehenden  Kombinationen 
nnr  wenig  Eingang  in  die  Praxis  gefunden.  Wenn  daher  im  nach- 
folgenden  einige  Neuerungen  auf  diesem  Gebiete  des  Mulinierens  ausfuhr^ 
lieber  besprochen  worden,  obwohl  dieselben  zum  Teil  noch  nicht  im  Gross- 
betrieb  anzutreffen  sind,  so  geschieht  dies,  einerseits  um  die  We^^  zu 
zeigen,  auf  denen  sich  voraussichtlich  die  Fortcntwickelung  diei»er  Industrie 
bewegen  wird  und  andererseits,  um  über  die  gegenwärtig  zugänglichen  Mittel 
nur  Yerwirkliehnng  der  Fortschritteideen  an^Uftren.' 

Von  den  KonstmktioiBen  kombinierter  Zwimmasehtaen  wollen  wir  die 
von  Aubenas  betrachten,  welehe  das  Drdien,  Dablieren  und  Zwirnen  gleich- 
seitig verrichtet. 

Die  senkrechte  UauptweUe  oder  grosse  Spindel  o  tragt  den  ganzen 

*}  Mejer,  Die  amerikanische  Seideaiodiutrie  (Beriebt  aus  der  Weltausstellung 
Chicago  1B9S).  Ben  1894.  8.  18. 


Digitized  by  Google 


466 


Eombimerid  ZwirooiaBcliiDeo. 


Apparat.  Zwei  Platten  u  und  v  aimd  an  o  in  borizootaler  Lage  bef«  stigt« 
die  tnit<»rp  u  trägt  zwei  Fusslager  für  die  senkrechten  Spnlenspindeln  e. 
Die  beiden  eenkrecbten  Wellen  t  durch  dringen  die  Platten  u  und  r  und 
sind  au  denselben  gelagert.  Jede  dit^r  beideu  Wellen  trägt  an  ihrem  un- 
teren Ende  ein  kldnee  Zahnrad  10,  welebes  in  ein  Iconsentriseh  smr  Welle 


yit.su.  JWM1»>  rad  MniHMUM  »f.  SM.  HMp«l>  tnA  SvInnMabta«  <OMMI}. 

0  unterbalb  der  Platte  u  befestigtes  und  von  0  sonst  unabhängiges  Bad  x 
gTeifL  Die  bei  der  Drehung  ▼on  o  durch  die  Platten  u  nnd  9  witgenom- 
menen  Wellen  i  werden  dnreh  die  YerMhnnng  Ton  10  mit  «  in  eine  Bo* 

tiemngsbewcgung  am  ihre  Achse  versot/t,  so  dass  sie  sich  um  ihre  eigene 
nnd  um  die  Achse  Ton  0  drehen.  Die  Drehung  der  Welle  t  um  ihre  Achse 


Digitized  by  Gopgle 


KomUiilart»  ZtHnauuebiiien. 


459 


wird  mittels  sweier  an  ihrem  oberen  Ende  aiigebncliter  Bader  ic'  YOn 
nngleidher  SAhnemlil  amf  die,  je  ein  Bad  w*  tragenden,  Spindel  <  nnd 
Spule  st  übertragen.  Die  Spindelu  t  werdea  durch  einen  breiten  Friklion^- 
riemen  angetrieben.  Die  ineinatKler  greifenden  Räder  der  über  v  liegenden 
unteren  Räderpaare  w  ic"  haben  gleiche  Zäbnezahl;  die  entsprechenden 
Bäder  der  oberen  Räderpaare  w  to"  haben  angleiche  Zähnezahl  und 
■war  bat  dae  anf  der  Welle  t  oben  Bittende  Bad  w'  mebr  Zahne  als  dae 
mit  ihm  venahnte,  mit  der  Spule  s  feet  Terbondene  nnd  e  loee  drehende 
w";  dadurch  entsteht  eine  nngleieb  schnelle  Bewegnng  zwischen  Spindel  e 
und  i^pnlf«  ~.  Diese  Bewegfini<_r  lipwlrlct  das  Abwickeln  des  Sf  idenfadens 
von  der  fipule,  welche  die  zu  beariteitende  Rohseide  träfet.  Mau  bt-festigt 
die  Spule  z  mittels  einer  Mutier  auf  dem  lose  aut  der  Spindel  e  sitzenden 
Zabntad;  letsteree  trSgt  einen  vierkantigen  Ansatz,  anf  den  man  die  ent^ 
sprechend  ausgearbeitete  Spnie  steekt.  Der  S-ISrmig  gekrftmmte  Flftgel  i 
ist  auf  der  Spindel  befestigt  und  dient  zur  gleichmässigen  Yerteilnng  der 
durch  die  Rotierung  der  Spindel  e  ^;odiolitou  Seide.  Die  Geschwindigkeit 
von  z  ist  nngefiihr  um  Vj^  ^rü^ser  als  die  von  /.  .It>  nucb  dem  Dnrch- 
messer  der  Spule  kann  man  verschiedene  Torsiuusgrade  erzielen,  ohne  da- 
nm  die  Zahnxid^berBetxnngen  indem  tn  müssen,  q  ist  eine  grosse 
Scheibei  durch  die  der  Fladen  geht,  während  er  gedreht  wird.  Diese  Seheibe 
ist  der  Zahl  der  Friden  (resp.  Spulen)  entsprechend  mit  2  oder  3  Löchern 
versf'lH'ii  welclic  mit  Achat  f^'efütturt  sind.  Die  Zahl  dieser  Löcher  hängt 
von  der  Art  der  her/ostellenden  Seide  ab,  und  werden  infolj^edessen  zuweilen 
auch  noch  mehr  Löcher  angebracht,  y  ist  eine  mit  der  Spindel  o  fest  ver- 
bundene und  durch  einen  an  dem  OesteÜ  befestigten  Ring  Ii  gehaltene  kleine 
Scheibe,  durch  welche  die  von  der  Seheibe  q  kommenden  Faden  geben; 
letztere  vereinigen  sich  dicht  über  dem  oberen  Ende  der  grossen  Spindel  Oi| 
d.  i.  die  Seide  wird  dort  dubliert.  Einif^e  cni  höher  wird  dieselbe  frezwirnt. 
I)as  Aufspulen  des  Seidenfadens  gebt  nur  in  dem  Maise  vor  sicb,  als 
der  Faden  selbst  durch  dcu  Apparat  erzeugt  wird. 

Die  Maschhie  von  Gamal  betwedrt,  das  HaqielB  nnd  Zwirnen  in  einer 
Operation  su  bewirken.  Es  sind  mdirere  Verfahren  in  diesem  Sione  an- 
gewendet worden,  sie  liitmi  jedoch  an  den  Ubelständen,  das«  die  Zwirnung 
nicht  rejrelniä^'-if;  war.  Ausserdem  gestatten  sie  nur  die  einzelnen  Fäden 
aufeinander  zu  rollen,  und  zwar  bald  in  der  einen,  bald  in  der  anderen 
Biehtung,  so  dass  während  der  nachfolgenden  Operation  des  Abkochens  die 
Fäden  sieh  wieder  parallel  l^n  und  die  Zwimnng  verloren  geht.  Im  Ver- 
Csbren  von  CameP)  werden  die  Kokonftd«!  warm  nnd  feucht  gezwirnt, 
wodurch  die  Zwirnung  auch  beim  Kochen  eine  beständige  wird.  Die  von 
den  in  der  Waune  E  befindlichen  Kokons  gehaspelten  Fäden  rollen  sich, 
nachdem  sie  zuvor  den  Achat  a  und  den  Fadeuführer  b  paseiert  haben,  auf 


*)  taveaat,  D.  &>P.  S906S. 


Digitized  by  Goo^^Ic 


460 


Kombiaierta  ZwirniaaMhia— » 


die  rotierende  ZafSbmiigMnilae  A  and  laufen  von  hier  darch  eben  oder 
mehrere  Fadenfübrer  c  c,  welche  an  dem  rotierenden  Flügel  B  befestigt 
sind.  Die  orhalteiiou  Poil  ffjedrohte  Gr^e)  rxler  Trame  wickelt  sicli  schliess- 
licli  auf  die  lose  auf  der  festen  Achse  D  sitzeude  Spule  C  auf,  deren  Achse 
D  auf  dem  gusseisernen  Tisch  F  von  variahler  limge  mht,  hthnfr  Anf- 
nähme  einer  beliebigen  Anuhl  selobef  Appante.  Der  FlSgel  B  erhBlt  eeiae 
rotierende  Bewegung  von  der  durch  die  hohle  Achse  D  darchgeeteokten 
Welle  (t,  welclie  mit  ihrem  unteren  Zapfen  in  dem,  auf  dem  auf-  und  ah- 
bewegbaren  Stück  I  befestigten  Lager  H  läafL    Die  Bewegungen  des 


rtg.  U7.  ZwltaiBMoUa«  toa  Berlkokw. 


Stn<^  /  r^lieren  das  Aofwiekeln  des  Fadme  wäS  die  Spnle  C.  Die 
Welle  G  wird  mittels  einer  doreh  Blemen  angetriebenen  Seheibe  J  in  Ro- 
tation versetzt;  letztere  ist  in  passender  Weise  an  den  unteren  Teil  der 

festen  Achse  D  anfrescblossen ,  sie  träjjt  ein  Stiirk  K,  welches  mit  einem 
Daumen  iu  einer  Längsnut  der  Welle  G  gleiten  kann,  so  dass  diese,  ohne 
ihre  Beweglichkeit  in  axialer  Ricbtnng  zu  beeinträchtigen,  in  Drehung 
▼eraetab  werden  kann.  Das  komlrinierte  Spoel  dieser  drei  HanptoigUM 
(Walze  Flügel  B  und  Zwimspale  C)  gestattet  dem  Faden  beim  Anf- 
wiclreln  die  Anzahl  der  Umdrehnngeu  um  sich  selbst  zu  machen,  welche 
man  pro  Längeneinheit  zu  erzielen  wünscht,  und  die  mau  durch  Änderung 
des  Verhältnisses  zwischen  der  Umdrehungsgeschwindigkeit  des  Cjlinders 


Digitized  by  Google 


Ztiinm«Uiica.  4SI 

A  und  dm  Flügel«  B  wwihMln  fakiu.  Der  Stahl  selM  iit  gwadlinig, 
knwAtaiiiig  odiw  oval  (elliptisdi).  Vonngsweise  eigael  lidb  da«  Verfabim 
aar  Hteitollaog  von  Poil  nad  Trame.  Die  Zwirnung  ist  für  dai  Aaga  kaav 

sichtbar,  und  der  Fadenzähler  lasst  sich  er^i  nach  Toraafg^jaBganeni  Aot- 
koohen  des  Fadens  in  heisser  alkalischer  Lauge  benntzen. 

Die  NeneruDg  an  des  Zwirnmascbinen  von  Bertholon,  in  welchen  die 
Oparatiouea  da»  Zmmena  wie  flblioli  erfolgen,  heaweckt  di«  Amautenng  dea 
fretea  Baamee  zwisohen  je  swei  Spiadela.  Denelbe  wird  aaf  6  em  redu- 
ziert, wodurch  die  Aafstellang  einer  dreifachen  Menge  von  Spindeln  ermög- 
licht Tind  nach  Angabe  des  Erfinders  eine  15 mal  grossere  Arbeit sgescb Bindig- 
keit, d.  i.  eine  um  das  18 fache  erhöht«^  Produktion  tr/.ielt  wird,  (iogenüber 
der  Maximalleistung  vuu  2000  Umdrehungen  pru  Minute  bei  Anwenduug 
▼on  Spindeln  de«  gewölmliclien  S^teos,  eollen  die  Spindeln  Bertholon 
eine  Leistong  TOn  12CM)0  und  mehr  ümdiehnngen  in  dendbai  Z«t  Er- 
geben. Fig.  257  ist  ein  Vertikalschnitt  der  Bcrtholoniehen  Ibiaebine. 
In  den  stets  mit  öl  gefiilUen  Sohalenlagern  L  des  unteren  Rahmens  und 
den  aus  zwei  hinten  sorgfältig  (hirch  eine  Sciiraube  verbundenen  Teilen  be- 
stehenden Halslagern  J  des  oberen  Rahmens  rotieren  die  Spindeln  B', 
anf  weldie,  je  naehdem  Organsin  oder  Trame  erzeugt  werden  «olli  mit  ein- 
ftehem  oder  doppeltem  Faden  beeetcte  Spnlen  C  ans  Bolz  so  anfgesrtzt 
werden,  da«s  sie  der  Rotierung  von  ß'  folgen  müssen.  Der  Antrieb  von  ff 
erfultxt  unter  Vermittelnng  des  lAiernrns  G  von  dem  Taimbonr  A'  aus.  Der 
Kaden  läuft  von  der  S))ule  dnrch  den  am  oberen  eingeschnürten  Ende  der 
Spindel  (der  Spiudelkroue  Af,  welche  später  besprochen  wird)  befind- 
liohen  Drahtriug  I)\  passiert  aber  die,  «ich  in  der  ganzen  Ausdehnnng 
der  Maschine  erstreckende  gläserne  Ftthmngsleiste  durch  einen,  an  dem 
sich  gleichmässig  vor-  nnd  rückwärts  l>ewegenden  Begolierungsrahmen  A  be- 
festigten Fadenführer  F*.  nach  ih  r  Spuh-  G',  und  wickelt  sicli  auf  diese  auf. 
Die  Spnlen  C  sind  aus  Metall  (KuptVr.  Zink,  Guss  etc.)  gi  drcht  \ind  sorg- 
fältig äquilibriert;  ihre  Bewegung  empfangen  sie  mittels  der  Kieiueu  und  Schei- 
hen  IT,  anf  dmen  sie  anfliegen  nnd  welche  unter  Vermittelnng  der  Kegel- 
rkder  J^J*  ehenfalb  von  dem  Tambonr  Ä  aus  in  Bewegung  gesetzt  werden. 
Änderungen  im  Draht  werden  durch  Wechseln  der 
Räder  J'J'  erzielt.  Um  links-  (Ihv.w.  rechts-)  gängi- 
gen Draht  zu  erzielen,  liisst  man  die  Spindeln  sich 
Unks  (bezw.  rechts)  drehen.  Die  Spindelkrone  M  (aus 
Hola  oder  Eisen)  ist  kooiseh  nnd  trigt  am  oheren 
Bade  einen  kleinen  Kopf,  am  dessen  Hals  sidi  in 
zwei  Windungei  in  f.  ;uer  Eisiendraht  D'  so  legt, 
dass  seine  Endeu  einen  Durclüa^^s  für  den  Faden  hil-  ng.  ibs.  m»  SptaiMlBaM 
den.  Die  Mfvschine  ist  mit  einem  Fadenroiniger  ver- 
sehen, der  mit  dem  Fadenführer  F"  in  Yerbindang  steht  und  aas  einem 
kleinen,  mit  zackigen  Einaehaitten  ve»shen«i  Bade  besteht,  das  «ich  von  ohea 
nach  nnten  bew^  nnd  dessen  Bfielqpu^  durdh  eine  kleine  Kerbe  Torhindert 


Digitized  by  Goo^^Ic 


462 


ZwinuBMohtneD. 


wird.  Der  Soidenfaden  kanu  nnten  leicht  passen n,  aber  ohne  ■«•■■■«wbu, 
nicht  iiK'lir  In^rausgezogen  werden,  so  (]ii.<s  jeder  Knoten  entfernt  werden 
nuiss,  iK^vor  die  Enden  wieder  angeknüpft  werden  können.  Die  Arbeiterin 
kann  etwaige  Fehler  sonach  nicht  meUr  durchgehen  lassen  und  ist  ge- 
Bwnngen,  ihre  Arbeit  gewinmiiftft  m  TeRidite&. 

Das  Piinnp  des  Patateoe  w&bre&d  des  Malinierans  ist  ebenfalb  nener^ 
dings  in  der  Maichine  Yon  Fonigerol  angewandt  worden.  Die  Spindel 


vif.  I9*-M.  SddMBUtevaa 


misst  -1  cm  und  wird  mit  4000  Tonren  ^etrielK  ti.  r>as  Putzen  geschieht 
einmal  mit  Tuch,  dann  mit  Btahi.  Durch  eine  Ueäoiidere  Konstruktion  soll 
die  Leistung  eines  derartigen  Fadenputzers  soriel,  wie  von  zehn  des  alten 
Sjatems,  und  die  eber  Spindel,  wie  von  vier  nacb  früherer  Bauart  betn^n. 

Die  Zwimnuuchine  von  Chapman  bezweckt  die  Beseitigung  der  Neigung 
zur  Knotenbüdung,  die  feine  Seidenföden  gewöhnlich  zeigen,  sobald  die 
Spindeln  7.nm  Stehen  gebracht  werden.  Die  Ursache  dieses  Ubelstandes 
liegt  darin,  dass  die  Spule  kraft  der  Inertion  sich  noch  weiter  umdreht, 


ZirininaM9nii6&. 


463 


naehdem  die  Streck-  beiw.  Anfjiftlimewabse  vm  Stehen  gebracht  ist.  Da 
infolgedeaWQ  die  Anfbahmewabse  keine  Spanunng  anf  den  Faden  flbt,  so 

dreht  sich  der  abgewickelte  Faden  zum  Knoten  zasammeu,  was  das  weitere 
Zuriolitt'n  erschwert  niul  die  ErzieluDg  rinr  s  glanzcndon  SriclcnfiidtMis  un- 
mötrlioli  iiiiiclit.  Zur  Beseitigung  dessen  wird  der  Spulenkupf  mit  einem 
Kiug  von  Plüsch  oder  ähuiichem  faserigen,  nachgiebigen  Material  versehen, 
so  daw  das  Eaar  tun  d«i  Band  dea  Spnlenkopfee  etwas  berrorragt;  bei  der 
sebnellen  Drebung  wird  der  Seidenfaden  g^gea  den  Flfiecbiing  gepreut, 
welcher  wegen  der  im  Faden  Torbandenen  Spannung  nachgicbt,  jedoch  wie 
pine  Unzahl  von  klehien  Federn  wirkt,  wenn  die  Aufiuihmewalzc  zum  Stehen 
gebracht  ist  mid  don  Faden  mit  einer  solchen  Kraft  zurikkliiUt,  dass 
der  nicht  mehr  ge8pannte  Teil  des  Fadenn  von  der  Spule  laitgenommeu 
wird  und  so  anr  Enotenbildung  Vennlaasung  giebt.  Darob  fortwährenden 
Oebrancb  nnd  atarke  Inanspruchnahme  dea  Spalenkopfw  wird  er  derart 
abgenutzt,  dass  er  die  Seide  beim  Hindurchziehen  beschädigt.  Um  die 
so  beschädigten  Spnb  n  jedoch  weiter  benutzen  zu  können .  ist  eine  ähn- 
liche, kompliziertere  Vorrichtung  getrofFen.  Dieselbe  besteht  aus  einem 
um  die  Spindel  lose  drehbaren  Fadenführer,  dessen  anderer  nach  unten  ge- 
bogener Arm  in  das  Haar  der  PlSscbringe  bineindringt.  Die  Reibung, 
welche  beim  Betrieb  entsteht,  ruft  dieselbe  Wirkung  bervor,  wie  bei  der 
znerst  beschriebenen  Einrichtung  der  direkten  Berührung  des  Seidenfadens 
mit  dem  Plüsch.  Statt  Plüsch  können  andere  faserige,  nachgiebige 
Körper  wie  Borsten,  Rosshaare  etc.  Verwendung  finden. 

Wu  erwSbnt,  giebt  «  swei  Arten  Seidenmnhlen:  mit  Spulen  und 
Ha^bi.  Die  erstereu  erheieeben  die  Hilfitarbeit  des  Flottenrs,  die  aweiten 
geadiiekte  Arbeiter  für  das  Anknüj^fen,  Entfernen  fehlerhafter  Teile  u.  h.  w. 
während  dos  (Janges  der  Maschine.  Die  Geschwindigkeit  des  Anfwickelns 
ist  infolge  des  Um«tanHes,  dass  ohne  Anlialten  der  Mascliine  operiert  werden 
muss,  sehr  biscbriiniii.  Bei  dem  Muliuierstuhl  mit  unabhängigen  Uaspelu 
Ton  Gbardonnet  wickelt  aicb  die  geawitnte  Seide  nnaUiingig  von  jeder 
Hnlinierspindel  auf  den  Haspel,  der  für  sieb  angehalten  werden  kann,  obne 
die  Bewegung  der  ganzen  Mühle  zu  beeinflussen.  Auf  zwei  parallelen 
Wellen  A  sind  die  getrennten  Haspel  B  an<r''Vtracht,  die  auf  ihren  Wellen 
frei  beweglieli  konstruiert  sind.  Seitlich  neben  der  Nabe  E  jedes  Haspels 
ist  auf  der  Axe  Ä  ein  Ring  C  befestigt,  der  einen  dazu  bestimmten  Stift 
D  tiSgt,  um  in  eine  entepreohende  Vertiefung  der  Nabe  E  des  Haspels 
eiazntreten  nnd  den  letsteren  bei  der  Drehbewegung  der  Welle  mitcnnehmeil. 
An  der  entgegengesetzten  Seite  ist  die  Nabe  des  Haspels  von  einer  Ein- 
nnd  Ausrückgabel  F  unifasi^t,  die  bei  a  drehbar  ht  unil  derart  federt,  dass 
sie  das  Bestreben  hat,  die  Nabe  E  gegen  den  Ring  C  anzudrücken.  .Sobald 
man  einen  der  Haspel  ausrücken  will,  siösst  mau  das  Ende  des  Hebels  G, 
der  die  Gabel  trigt,  naob  links.  Infolgedessen  gebt  der  Stift  D  aus  der 
Vertiefung  der  Nabe  heraus,  und  der  Haspel  steht  still.  Um  den  letzteren 
wieder  in  Gang  an  bringen,  führt  man  mit  dem  Hebel  G  die  umgekehrte 


464 


ZwinuMidüaM. 


B«w^ng  WOB,   Hiefdar«h  wird  der  Bm&pA  fgagea  den  Stift  de«  Ringes  C 

gelegt,  bleib!  ftlMr  infolge  der  Reibung  einer  kleinen  auf  dem  Boden  der 
Gabel  F  zwischen  deren  Ziukeu  untertrebrachteu  Feder,  welche  auf  die 
Nube  £  eiueu  Druck  ausübt,  so  luuge  gehemmt,  bis  der  Stift  D  gegenüber 
seiner  Vertiefuog  in  die  Nabe  gelaugt,  iu  diesem  Augenblick  wild  der 
Haspel  dnreh  die  ate  Fed«r  wirkende  Gabel  F  von  neaem  eingeröekt  nnd 
geuan  in  der  Lage,  welche  er  zor  Zeit  der  Hemmung  einnabnit  wieder  in 
Gang  gesetzt.  Dieses  Wiederingaagsetzen  führt  infolgedessen  zu  keiner 
Veränderung  in  der  Kreuzung  des  Fadens.  Ein  von  dem  Tisch  T  der 
Maschine  vorspringender  Ansatz  c  dieut  dem  Ende  des  ilebels  G,  welcher 
die  Gabel  F  trugt,  als  Anschlag;  das  Ende  des  UebeU  G  gleitet  jedeenal 
dann  Ober  diesen  Anaats  hinweg,  wenn  man  das  Hebelende  naeh  rechte 
oder  links  stösst.  Die  übrigLu  Teile  der  Mühle  weisen  keine  Absonderlich- 
keiten auf. .  Bei  dieser  Art  de-i  .Miiliuieren<5  wird  die  richtige  Drebungszahl 
genau  inaegehalten.  Die  Strähne  könneu  nur  alle  zugleich  abgenommen 
werden,  nachdem  die  gehemmten  Haspel  bezw.  die  Haspel  einer  Welle  wie 
gewöhnlich  von  dw  Mflhie  getreimt  mu). 

Jeder  Haepel  der  Chardonnetmflhle  ist  ao  eingeriiditefc,  daea  der  von 
dem.selben  getragene  Strähn  gelodiert  bezw.  nachgelassen  werden  kann,  nm 
das  Abnehmen  des  letzteren  rn  ge^tattt-ii.  Zu  diesem  Zweck  i.^t  der  «'ine 
Arm  jedes  Haspels  (Fig.  260)  in  der  Nälie  seines  Kndes  mit  der  Scbaul'el 
d  bei  y  «»cbaruierartig  verbunden.  Die  letztere  hat  eiueu  Schlitz  s,  durch 
welchen  ein  förmig  gebogener  drehbarer  Stift hindnrebgdit,  d«r,  wenn 
er  80  gedreht  ist,  dase  seine  äuneren  nrngebogenen  Enden  gegen  die  eine 
Zinke  der  Gabel  des  Haspelarmes  anliegen,  wie  iu  der  Fig.  angegeben,  die 
Schaufel  in  der  Verlängerung  des  Armes  erhält.  Um  den  Strähn  nachzu- 
lassen, schiebt  man  den  Stift  f  iu  dem  Schlitz  e  nach  oben  und  dreht  ihn 
um  ilO°  nach  unten,  so  daee  man  denselben  aus  dem  Schlitz  heransnebmen 
kann.  Die  Schaufel  läset  «ch  dann  dnreh  Drehen  nm  ihr  Scharnier  g 
legen.  Auch  iet  von  Ohardonnet  eine  abgeänderte  Kons^truktion  dieeer 
"^1 ''unmühle  ersonnen  wordrii.  bei  der  jeder  Haspel  eine  Friktion^scbeilw 
trägt,  die  ilurcli  eine  zweite  auf  die  Längsachse  gekeilte  Friktionsscheibe  i)i 
Umdrebnug  versetzt  wird.  Die  Enden  der  Haspelwelle  lagern  in  Gabein 
der  TrBger,  nnd  ee  iet  das  Gewieht  der  Haspel,  deren  Wellen  nnd  Sehttboi, 
doreh  welehee  die  letscteren  an  die  unteren  Scheiben  angedr&ckt  werden.  Eine 
Gabel  dient  dasn«  das  AnirQcken  durdl  Heben  des  Haspels  nebst  dessen 
Friktionsscheibe  rn  vpran1a.<<spn.  Zn  diesem  Zweck  geht  die  eine  ihrer  Zinken 
durch  den  Träger  an  einer  Seite  des  Haspels  hindurch  nnd  berührt  dessen 
Welle,  während  die  audere  Zinke  ein  Querstück  trägt,  au  dessen  Enden 
awei  Ffihmngsrollen  angebracht  sind.  Die  Gabel  kann  mit  Hilfe  einer  auf 
dem  Tisch  verschiebbar  mhendra  geneigten  Ebern  gehoben  wertet,  welche 
mittels  einer  mit  einem  Knopf  versehenen  Handhabe  Ycrstdlt  werden  kann. 
Wenn  letzteres  in  dorn  entsprechenden  Sinne  geschieht,  hebt  die  Zinke  die 
Haapelwelle,  während  gleichzeitig  die  beiden  Rollen  die  Friktionsscheibe 


i.  kjui^cd  by  Google 


Da«  Winden. 


466 


heben,  so  dass  die  BerUhruug  mit  der  Scheibe  aufhört  und  der  Haspel  augen- 
blicklich gehemmt  wird. 

Es  giebt  auch  eine  abgeänderte  Koustruktion  zum  Lockern  resp.  Nach- 
lassen der  Strähne.  Der  eine  Ami  des  Haspels  1>esteht  aus  zwei  Teilen,  die 
durch  eine  mit  einem  Hnndrad  versehene  Schraube  vereinigt  werden.  Wenn 
man  diese  Schraube  in  entsprechendem  Sinne  dreht,  verkürzt  man  den 
die  Schraube  tragenden  Arm  um  die  für  das  Lockern  der  Strähne  nötige 
Strecke.   Bei  dieser  zuletzt  beschriebeneu  Einrichtung  kann  man  jeden  der 


Kig  161.   OewöliDlicbc  WindeniMcbine. 


Strähne  für  sich  abnehmen,  ohne  den  Gang  der  Maschine  hemmen  zu 
müssen. 

Die  fertig  gezwinite  rohe  Seide  wird,  um  sie  in  den  Handelsverkehr 
bringen  zu  können,  aus  der  Bobiuenform  in  die  übliche  Strangform  über- 
geführt. In  verschiedenen  Ländern  sind  besondere  Stranglängen  und  Strang- 
grössen  üblich,  so  in  England  ein  Strang  von  48  Zoll  engl.  Umfang |= 
1,219  m  mit  2496  Fäden,  oder  einer  von  44  Zoll  =  1,118  ra  mit  818  l  aden. 
In  Frankreich  hat  der  Strang  1  m  Umfang,   1  Strang  =  4  Gebinde]  zu 

Sllbermton,  Die  Seide.  3Q 


466 


Windemascbinen. 


3000  Füden,  also  12000  m.  Die  Seidenf^ariiweife  ist  ein  j?ewöbnlicher  mit 
Zählwerk  versehener  Haspel.  Der  Haspel  kann  ausj^ehoben  werden  und 
hat  f^ewühnlich  einen  Schenkel  mit  Doppelgelenk  zum  Umlegen,  um  die 
aufgewundenen  Stränge  leicht  abnehmen  zu  können.  Es  kann  von  stehen- 
den oder  liegenden  Spulen  aufgcha-spelt  werden.  Die  Maschinen  werden 
mit  Abstellvorriclituug  für  den  Fadeubruch  versehen  und  gewöhnlich  zwei- 
seitig gebaut.  Eine  Arbeiterin  liefert  pro  10  Stunden  durchschnittlich 
10  kg  Gespinst. 

Dadurch,  dass  die  Bewegung  der  abwindenden  Spule  oder  des  Ha.s- 
pels  lediglich  durch  den  Fadeuzug  erfolgt,  entsteht  eine  nicht  unbe- 
trächtliche Spannung,   die  vielfach   zu  Fadenbrüchen  Veranlassung  giebt. 


Tig  !62.   HaiprliuMcüIne  von  Rnahton. 


Von  Camel  ist  daher, hier  ein  Prinzip  angewandt  worden,  das  von  den 
Hasplem  zur  Kontrolle  der  Gespinste  seit  jeher  benutzt  wurde  und  darin 
besteht,  dass  sich  das  Abwinden  in  analoger  Weise  wie  in  den  Zwim- 
niUhlen  gestaltet.  Während  die  übliche  Geschwindigkeit  des  Haspels  nach 
der  gewöhnlichen  Methode  75  Touren  pro  Minute  nicht  überschreitet,  be- 
trägt sie  in  der  Windemaschine  von  Camel  200,  300,  sogar  500  Touren. 

Einer  der  vollkommensten,  aber  auch  der  komplizierteren  Seiden- 
haspel ist  von  Rushton  konstruiert  worden.  Er  zeichnet  sich  vor  den 
bekannten  Seidenhaspelu  durch  einen  neuen  Antrieb  und  durch  eine  be- 
sonders praktische  Einrichtung  zum  Ausrücken  beim  Fadenbruch  ans. 
Von  einer  Hauptwelle  wird  die  Bewegung  den  beiden  Haspelwellen  durch 


WiadeoBMebiatn. 


487 


Stirnräder  und  auf  Hebel u  f<elagerte  Friktiou&bcbüiben  mitgeteilt,  welch 
letztere  dorch  aaf  Abfl&tze  gelegte  Handhebel  a  gegen  die  Frikttoimeheilieii 
h  der  Baspelwellen  aagedräckt-  weidai.  Die  FrSctionmchdben  b  aind  dabei 

mit  den  Wellen  durch  Klauenkuppelungen  verbünde  ti  ,  o  dess  jederzeit  eine 
If  iclite  Entkuppelung  möglich  ist.  Bei  FtiiJenbruch  oder  nach  Aufwickclimg 
der  gewünsrbten  Fadenlänge  kommt  der  Haspel  durch  Ausoinanderrückung 
der  Friktionsscbeiben  selbsthütig  ausser  Betrieb,  vios  dadurch  erfolgt,  dass  der 
Handhebel  a  von  seiner  Bast  henintcrgestoesen  wird,  womit  auch  der  die 
untere  Friktionsseheibe  tragende  Hebel  eteh  senkt  Gleidbieitig  legt  sich 
ein  am  andern  Ende  dieses  Hebels  dtmider  Bremsarm  c  gegen  die  Scheibe  ( 
und  bringt  so  den  Haspel  sofort  zur  Ruhe.  Die  Ausrückung  bei  Faden- 
bruch leiten  kleine  an  einer  Stan<;e  d  sitzende  drehbare  Winkelhebel  ein, 
welche  je  ein  senkrechtes  Stäbchen  e  tragen,  um  das  der  von  der  Spule 
kommende  Faden  t  mehrmals  berumgeschlungen  ist.  Die  Spannung  dea 
Fadens  hSlt  diese  Stäbchen  in  ihrer  senkrechten  Lage.  Wenn  indes  ein 
Faden  hricht  oder  ausser  Berührung  mit  seinem  Stäbchen  e  kommt,  so  fallt 
letzteres  zurück  in  die  Bahn  eines  schwinsrendcn  Schlagers,  der  seine  Be- 
wegung durch  eine  FiXcenterstango  u  erhält.  l)ipse  dann  eintretende  Auf- 
haltung des  Schlägers  rückt  eine  Klauenkuppelung  bei  h  aus,  zufolge 
welcher  Bewegung  der  Stab  n  gedreht  wird,  der  damit  den  Handhebel  a 
in  oben  geschilderter  Weise  wirken  Übst.  Die  Ansracknng  bei  Tollgelanfenem 
Haspel  erfolgt  von  der  Sähischeibe  m,  die  ihren  Antrieb  wie  aus  der  Figur 
ersichtlich  erhält.  Diese  Zählscheibe  trägt  hinten  einen  Zapfen,  welcher, 
wenn  der  Haspel  nahezu  die  nötige  (Tarnlänge  aufgewunden  hat,  mittels 
eines  Hebels  ein  Signalwerk  p  in  Thätigkeit  setzt  und  gleichzeitig  ein 
St&hcheu  8  auslöst,  das  dann,  wie  die  Stäbchen  e,  nach  rückwärts  fällt  nnd 
den  oben  genannten,  Ton  der  Stange  o  bewegten  Schilder  aufhilL  Dnich 
diese  Aufhaltung  des  Schlägers  ist  dann  die  Ausrtteknng  des  Haspels  ein- 
geleitet. Die  Antriebs-  und  AusrückungsTnechanismen  sind  an  jeder  Seite 
der  Maschine  angebracht,  so  dass  jede  Seite  onabhängig  von  der  anderen 
arbeiten  kann. 

Lange  Zeit  hindurch  wurden  die  Stränge  mulinierter  Seiden  von 
einer  Länge,  die  1500 — 2000  m  nicht  übentsigen  durfte,  angefertigt, 
nnd  swar  dedialb,  weil  grössere  Stränge  heim  Abkochen,  Fär> 
ben  etc.  nur  umständlich  gehandhabt  werden  konnten.  Seitdem  aber 
Orant  durch  besondere  Anordnung  einiger  Hilfsföden,  die  den  Strang 
durchkreuzen,  die  cylinderförmige ,  geleite  Gestalt  desselben  verhütet  und 
die  für  das  gute  Durchfärben  onerlissliche  platte  Form  des  Stranges  er- 
mBgUeht  hat,  werdm  jetzt  die  Onvrto  allgemein  in  StriUm^  von  15  las 
20000  m  in  den  Verkehr  gebracht.  Die  Verarbeitung  derselben  beim 
Spulen,  Zetteln  etc.  geht  viel  einfacher  und  mit  weniger  Abfall  vor  sich. 
Vor  ihr  fnf^fri]ivn>n  Verpackung  in  Packetc  von  5  kg  werden  die  Ouvrees  sor- 
tiert, was  eutweder  mit  der  Hand  oder  mit  eigenartigen,  hierzu  konstmierten 


Digitized  by  Google 


I. 


c  ,yi  .^uj  Ly  Google 


410 


ZobereituDg  der  Retonegarn«. 


SoHii«nnMefain«i,  «i«  s.  B.  nüt  der  weiter  tuntea  besebriebeneii  ton  Got- 

telmartn.  g^oschehen  kniin. 

Die  gewöhnlichen  für  die  Weberei  luHtiinniteu  luuIiDierteii  Uespiiiste 
nennt  mau  Oavrees.  Für  mauche  Verwendungsarteu,  wie  Strickerei,  Wir- 
kern, SpitzenfabriktUon  cte.  anuw  der  Faden  eine  eelir  b^riehtiiche  "Dkkbt 
Zwinmng  nnd  Starke  beritaen.  Die  ttnrk  geswimieti  Gespinete  weiden 
Rctorsescidea  genannt,  unter  denen  die  Nähseide  und  Cordonnets  die  wich- 
ti^'steii  sind.  Das  Zwirnen  (retordage)  bat  den  Zweck,  mehrere  einfache 
(xler  gedrehte  Rohseidrnfldon  nnter  stnrkor  ]")r(hun),^  tn  vereinigen  und 
erfolgt  dies  nicht  auf  den  Zwirnuiühien,  sondern  auf  Maschinen,  die  denen 
für  andere  Teitilgante  ilmlieh  sind. 

Die  Nlheeidea  and  Cordonnets  werden  gewShnlieh  tue  weniger  eanberen 
Grigen  hergestellt.  Di^elben  werden  anf  der  gewöhnlichen  Spalmaschine 
ahgewanden  und  in  die  FÜifjelzwirnmaiJchine  gebracht,  die  im  Abschnitt 
über  Florettspinnerei  näher  erörtert  wird.  Die  Maschine  ist  mit  zwei 
Stöcken  Spulen,  jeder  zn  fünf  Spiudelreihen,  versehen;  der  Antrieb  der 
Spindeln  erfolgt  dnreh  eine  Schnortrommel.  Die  Spindeltonrenuhl  be- 
trügt 1800 — 2000.  Bei  sehr  unegaler  Seide  kann  eine  Arbeiterin  120,  bei 
egaler  200  Spindeln  bedienen.  Da  das  Putzen  der  (Irege  nach  dem  Winden 
viel  zu  kostspielig  wäre,  so  werden  die  ferti;^;  gezwirnten  Nähseiden  und 
Cordonnets  auf  einer  specieü  für  diesen  Zweck  eingerichteten  Putziuaschine 
(raeleuae)  gereinigt.  Diese  Maechine,  wekhe  in  ihren  Details  anliaslieb 
des  Patiens  der  Florettgame  besehri^ben  wird,  liefert  einen  TOllkonunen 
mnden  nnd  glatten  Faden,  so  dass  nachträgliches  Sengen  überflüssig  wird* 
Der  /n  pntzende  Faden  läuft  von  der  Abwickelspnle  zwischen  melireren 
feststehenden  Spannstiften  hindurch,  umffchlingt  Ii iei auf  eine  Anzahl  von  auf 
stäblernea  Stiften  aufgesteckten  liöUchen  und  gelangt  dann  zur  aufwin- 
denden Spale.  Die  geputzte  Nähseide  wird  anf  einem  für  l^uidbetrieb  ein- 
geriehteten  Spnlenhaspel  mit  variabler  Zfihlvorriditnng  an%dtt8pelt.  Det^ 
selbe  dieot  dasn,  die  Nähseiden  etc.  für  den  Handel  in  kleinere  Stränge 
zu  bringen  Tier  Haspel  ist  für  jede  Fadenlänge  verstellbar  und  mit  Selbst- 
abstelluug  verselieiv.  Nach  dem  Haspeln,  Färben,  Strecken  oder  Lustrieren 
der  Stränge  folgt  in  vielen  Fällen  ihre  Uberführung  in  die  Bobiuenform, 
nnd  von  dieser  anf  specielle  kleine  Spulen,  die  nicht  seltm  aneh  f&r  Or* 
gansin  etc.  zur  Anwendung  kommen.  Dies  geschieht  auf  einer  speeieU  Ittr 
diesen  Zweck  konstruierten  Spülmaschine,  die  für  jede  Spulenlänge  nnd 
Spalendurchmesser  eingerichtet  ist.  Die  in  der  Fig.  263  abgebildete  Spül- 
maschine ist  einseitig  und  in  ihrer  Konstruktion  identisch  mit  der  iu 
Fig.  250  dargestellten  Dubliermaschinc,  von  der  sie  sich  nnr  dunh  Terein- 
fadite  Lagemng  der  Spvlen  nnteraeheidei.  Anch  sin  dublierter  Faden 
kann  hierauf  gespult  werden,  da  er  beim  Aufspulen  eine  schwache  Drehung^ 
erhält.  Die  Fig.  204  zeigt  eine  zwei.seitige  Spülmaschine,  rlip  mit  40  ho- 
rizontalen Spindelu  ausgeführt  wird,  welche  mittels  vertikaler  i  nktions- 
rädchen  angetrieben  werden.    Die  Spindeln  laufen  mit  ca.  1200  Touren 


Oatkangeo  dar  Onrv^  471 

pro  Ifinnte.  Die  Fflhier  imi  Konus  sind  mit  Kugellagerung'  und  die  Ma^ 
aohiiMi  mit  Balancenbeweguag  versehen,  welch  letztere  bezweckt,  dass  die 

Spannung  des  Faciendi  eiue  gleichmässigo  wird,  gieicliviel  ob  auf  dem  dün- 
neren oder  dickeren  Teile  des  Konus  aufgespult  wird.  Diese  Konstraktion 
dient  nar  fär  eiofacbie  Spalang,  weil  sie  dem  Faden  keinen  Zwirn  giebt; 
ee  darf  ftlso  ein  mehriadi  dublierter  Faden  hieranf  niclit  gespult  woden. 
Yen  Wren  Co.  wird  rine  Spulmamihine  fttr  Nähseide  gebaut,  in  welcber 
die  Spindeln  in  zwei  Reihen  auf  einem  sich  in  Lagerp  drehenden  Rahmen 
befestigt  sind.  Während  die  SpuK^n  der  einen  Reibe  bespult  werden,  kann 
der  Arbeiter  die  vollen  Spulen  der  anderen  Rcilip  answechseln.  Die  Spindeln 
können  jedea  Furuiat  von  Spulen  aufnelunen  bis  2.5  Zoll  Durchmes.ser  und 
3  Zotl  Lftnge.  ESne  Zilhlrorrichtnug  zeigt  die  aufgewundene  Fadenlänge 
aUf  eine  Hemmvorrichtung  rilekt  die  Masdiine  lelbstthfttig  ans,  sobald  eiae 
bestimmte  Zahl  von  Windungen  aufgespult  irordeu  ist. 

« 

Die  Art  und  Starke  der  Zwimong,  sowie  die  Anzahl  der  «nsammen- 
geswimten  fUen  Tariiersn  je  nadi  der  Bestimmung  des  Gespinstes;  ihrer Yer^ 

\vendutig  für  verschiedene  Gewebebindungen  entsprechend,  müssen  dieGespiiiste 
besondere  Drehung  erhalten;  so  wird  für  Taffete  die  Seide  stärker  nniliniert, 
als  für  Atlas,  uud  für  Köper  stellt  der  Zwirnmigsgrad  zwischen  diesen 
beiden.  Die  Zwimung  hängt  auch  im  wesentlichen  von  der  Gattung  der 
Bohseide  ab  und  ist  im  allgemeinen  um  so  ada&rfar,  je  feiner  der  Faden 
ist  Im  nachfolgenden  sind  die  mehtigeren  Gattungen  der  mulinierten  Sei- 
den, wie  sie  in  der  Weberei  und  die.ser  verwandten  Industrien  zur  Anwendung 
kommen,  anfgezählt.  Es  mag  noch  vorausgeschickt  werden,  dass  man  unter 
Drehung  nach  rechts  eine  solche  verstellt,  die  bewirkt,  dass,  wenn  wir  ein  Ende 
des  Fadeus  unbeweglich  festlialUu  uud  das  andere  (mit  der  rechten  Hund) 
naeh  links  drehen,  die  einzelnen  zusammensetamden  ftUichen  parallel  weiden. 

Die  PeUeide  (poil,  nngle),  aus  den  Kokons  der  geringsten  Sorte  er- 
zeugt, ist  ein  einfacher  grober,  aus  8 — 10  oder  mehr  Kokons  gehaspelter 
Rohseidenfaden,  der,  um  das  Abkochen  und  Färben  zu  ennö^rliehen ,  eine 
leichte  Drehung  erhalten  hat.  Man  bedient  sich  derselben  iil3  Grundlage 
zu  den  Gold-  und  Silbergespinsten,  wie  überhaupt  zu  Posamentierarbeiten,  wo 
SeUe  mit  Gold  oder  Silber  ausammen  Terarbeitet  wird.  Die  weisse  Pelseide 
dient  zu  Silber-,  die  gelbe  /n  Goldgespinatni.  Sie  findet  andi  in  der  Strumpf- 
wirkerei  und  Bänderfalirikation  Verwendung  und  zeigt  zuweilen  infolge  der 
übermässigen  Torsion  heim  Zwirnen  eine  verminderte  Fadenfestigkeit. 

Das  als  Einschlag  dienende  Gespinst,  genannt  Trame,  ist  uu.-^  einem, 
swei,  drd,  manchmal  vier  unfillerten,  aus  je  3 — 12  Koiams  hergestellteii 
Ovigefödeii  lussmmengesetct,  weldie  leicht  nadt  reohis  geswhrnt  werden,  so 
dass  die  Windungen  wie  die  Gänge  einer  linken  Schraube  gehen;  die  ge- 
ringe Drehung,  90—110  Tonrm  pro  m,  trägt  dazu  bei,  dass  die  Trame 


üiyiiizcü  by  Google 


472 


Gattungen  der  Oarr^ea. 


von  tXLea  Seideogespiusten  am  meisten  Glsnc  besitit,  weu-lier  und  glatter 
als  Organsin  ist  und  durch  ihre  verhältnismässig  grossf  Dicke  befähigt  wird, 
dem  Gewebe  Fülle  und  gedecktes  Ausseben  zu  verleiben.  Man  unterscheidet 
ein-,  zwei-  und  dreifudigc  Trame. 

Der  Organsin,  welcher  die  Ketle  des  Oewebee  bildet^  und  anf  dceten 
Zubereitung  die  meiste  Sorgfalt  verwendet  wird,  ist  Ana  swfli,  manchmal 
drt'i,  aus  jt  3 — IS  Kokons  ^rehaspelten  Gr^gefliden  zusammengesetzt,  welche 
einzeln  stark  nach  links  filiert,  dann  dubliert  und  zusamrnrn  nach  rechts 
gezwirnt  werden.  Je  nach  der  Stärke  der  Zwimung  unterscheidet  man 
einige  Abarten  Oigausim  imd  awer: 

1.  die  sogoiannte  Satinswimnng  (efcrafilato),  bei  welcher  die  FUiening 
600  und  die  Zwimung  400  Touren  beträgt. 

'2.  die  SamiiiHt/w-imiing  (stratorto)  mit  400  Tonren  der  eteten  nnd  600 
der  zweiten  Zwimung. 

3.  die  Grenadinczwiruuug  mit  1000—2600  Touren  der  ersten  und  eben- 
eovieleo  der  zweiten  Zwimnng  nnd 

4.  die  sogen.  mittelmBssige  Zwimnng,  die  in  Dentsdiland  sehr  in  Go« 
brauch  ist,  mit  450 — 500,  aawttlen  nnr  3—400  Tonren  der  Filicning  nnd 
300 — 350  (3er  Zwirnung. 

Ausserdem  kommen  auf  den  Markt 

Oilgansin  China  ....  380—400  Tonren  Torto  pro  m 

„       Italieu  Öalvadori  360 — 380 

„      Bengal    .    .   .  340<~360 

„      Japan  ....  320—360 

„      Turin  ....  260—280 

Eine  Mittelgattnug  (tors  saus  file)  zwischen  Organsin  und  irame  ent- 
steht dadnich,  diias  mau  zwei  Bohseidenftden  stark  ohne  vorherige  Drehung 
rasanmenswinit  An  Schttnbeit  des  Materials  nnd  stiaffiNr  Zwimung 
gleicht  diese  Gespinstart  dem  Organsin,  wegen  Mangos  an  Drehtmg 

der  Trame. 

Die  Marabontsiidi'  ist  ein  Orgaitsin  mit  sehr  starker  Zwirnung  für  he~ 
sondere  Zwecke  der  Seidenweberei  und  wird  dieselbe  aus  drei,  seltener  aus  zwei 
Fftden  blendend  weisser  Rohseide  naeh  Art  der  Trame  ohne  vorherige  Drehung 
oder  auch  nach  schwacher  Filierung  ixezwirut.  Mau  ftirbt  die  Marabouts 
gewohnlich  schon  nach  dem  Filieren  in  rohem  Zustande,  also  ohne  die  Seide 
vorher  abgekocht  zu  haben,  nnd  zwar  in  einer  Nuance,  die  liellpr  ist,  als 
das  betreffende  Muster:  durch  das  nachträgliche  Zwirnen  wird  dieselbe  von 
selbst  dunkler.  Die  streife  Zwimnng  nnd  die  Stdfheit,  die  Ton  dem  nsp 
tfiriiefaen  Seidenleim  hmflhrt,  mleihen  der  Marabontseide  eine  eharskta* 
zistische,  peitscbenämliehe  Bärte.  Die  volle  Zwimung  wird  erst  deshalb 
nach  dem  Färben  gegeben,  damit  die  Farbe  den  Faden  gehörig  durch- 
■dringen  kann. 

.  Die  Greuadioeseide,  welche  meist  aus  zwei  nach  rechts  gedrehten  Gr^ge- 


it  M  n 

n  n  n 

*♦  11  II 

«  n  1» 


Digitized  by  Google 


OaMangn  dar  OanCai. 


473 


lad«!  simunmeng^etife  iit,  findet  Tielfuh  Terwendnng  in  der  Hentel- 
hu^  fnnnr  Rnana  und  Spitzen.   Dia  Qnnadüie  wird  aneh  «na  3,  4  nnd 

^6  Fäden  xnsammengesetzt,  in  welchem  Falle  die  dublierten  FSdeii  aUrk 
filiert  und  nachträfjlich  nocli  stärkor  irn  pntgegpngesetzten  Stinnft  gezwirnt 
werden;  diese  letztere  Drehung  kann  2000  Touren  pro  m  erreichen.  Die 
Grenadine  kann  im  Strang  gewaschen  werden,  abgekocht  wird  sie  jedoch 
«uf  Spannrahmen. 

Die  „mi-grenade"  oder  „rondelette"  unterscheidet  sieh  insofern  von  der 
Grenadine,  als  ihre  Torsion  viel  geriageir  ist  und  dadordii  dan  dickere 
öregefaden  verwendet  worden. 

Die  Crepe  besteht  aus  2  oder  3  Gregefaden,  welchen  mau  eine  einzige 
etorka  Zwimiing  verteilit;  aie  inrd  nur  in  rokam  Znstande  Terwendefc  und 
koaunt  lediglidi  in  aufgeapultem  Zmiande  vor. 

In  dem  Gr6pe-de- Chine  dubliert  man  einzelne  nach  links  filierte  Grdge- 
fskien  und  zwirnt  6,  8  oder  10  solcher  finden  atark  nach  rechte  suBanuDen; 
•ie  kommt  ebenfalls  nur  auf  Sputen. 

Die  „soie  ondee",  die  zu  einer  Art  seidener  Gaze  verwendet  wird, 
weldie  «chon  durch  das  Weben  ein  wässeriges  Aussehen  erhKlt,  beetehi  ana 
einem  groben  (aus  6  Ordgefftden)  ond  «nem  feinen  (einxelnen)  Roheeiden« 
faden.  Der  dicke  Faden  wird  für  sich  allein,  nach  der  Art  der  Crepe,  stark 
rechts  oder  ]iiik>i  gedreht,  der  feine  kann  ireflrpht  werden  odrr  nicht,  seine 
Drehunj]^  ist  jp<]och  der  des  proben  Fadens  eutgegeii<resetzt.  Die  Zwirnunpf 
ist  stets  entgegengesetzt  der  Drehung  des  dicken  Faden».    Beim  Zwinien 

■dreht  sich  der  dicke  Faden  anf  und  Terlingert  aioh,  vriLbrend  der  feine 
straffer  und  k&raer  wird;  da  nun  die  zwei  durch  Zwimung  vereinigten 

Eiftden  eine  wesentlich  verschiedene  Länge  besitzen,  so  legt  'sich  der  längere 
in  ziemlich  weiten  Scliraubeuwindnngcn  um  den  dünneren,  angespannten 
herum,  welcher  die  Seele  (äme)  genannt  wird. 

Ausser  den  obigen  Gespinätarten,  welche  hauptsächlich  in  der  Weberei 
Anwendung  findoi,  giebt  es  eine  Anzahl  Ttm  meist  atark  gedrehten  und 
Bicken  Seidenzwimen,  die  in  d«r  Wirkerei,  Strickerei,  Peaamenieniabrikation 
a.  8.  w.  benutzt  werden. 

Unter  denselben  ist  Plattseide  (Stickseide,  platte  Seide)  die  einfni'bste. 
Die  feinste  ist  ein  einfacher,  schwach  links  gedrehter  liohseidenfaden  (1  bis 
2,5  Drebangen  auf  1  cm);  mittlere  Titer  bestehen  aoe  2 — 10  oder  mehr, 
die  höheren  aoa  20 — 26  nieht  gedrehten  Rohaeidm^en,  denen  man  eine 
leichte  Zwirnung  von  0,3—0,4  Drehungen  pro  1  cm  erteilt.  Die  Plattäeide 
findet  in  der  Stickerei  ausgedehnte  Anwendun«^.  Infolge  der  schwachen 
Zwimung  treuneu  sich  die  einzelnen  Fädcheu  der  Platteeide  nach  dem  Eatr 
schälen  sichtbar  voneinander. 

Die  „flochea**  sind  ans  aw«  aehr  dicken  Grdgefiiden  suaamnm^ieeetat, 
die  nach  rechts  filiert  und  nach  linke  aneammengeawimi  werden. 

Die  „mi- perlte**  sind  mit  den  vorigen  übereinstimmend,  trar  mit 
schwächerer  Zwirnang;  „filete'*  dnd  dttnne  „floches". 


474 


Die  NSheeide  (eiudr,  womiog  «ilk)  wbd  ans  BohMldenftdan  Ton  je  8 

bis  24  Kokons  auf  eine  der  folgenden  Weisen  hergestellt:  1.  indem  maa 
zwei  starke  Rohseidenfäden  ein/elu  litik?  dn  I  t  und  dann  rechts  mitpiTianH  >r 
zusammenzwinit ;  2.  indem  man  ^wei,  seltener  drei,  ungedrehte  lioliM  iden- 
fädcn  links  zosammenzwirot,  dann  aber  zwei  solche  gezwirnte  Fäden  durch 
eine  swelte  Zwinraog  nach  reehts  (mit  5 — 10  Drdkiingen  auf  1  cm)  vei^ 
einigt,  und  S.  aof  die  vorige  Weise,  jedoch  mit  dem  Unterschied,  deee  man 
Tor  dpr  ersten  Zwiruung  den  einFachen  Rohseidenfaden  eine  Drehung  er- 
teilt. Dif  Nähseide  besteht  somit  aiis  2,  4  oder  6  Roh&eidenfdden.  In 
allen  Fällen  ist  die  Zwimuug  um  so  stärker,  je  feiner  die  P'äden  sind. 

Eine  nach  Art  der  Nahseide  mnlinierte,  aber  feinere  und  8ch5nere 
Gattung,  welche  «i  Spitzen  etc.  verwendet  wird,  hat  in  Italien  den  Na- 
men GDiiritto.  Sie  wird  gewöhnlieh  aus  9  Rohseidenfiblea  erseagt,  von 
welchon  ]>  3  vorher  links  znsammengezwirut  werckni,  worauf  man  die  SO 
erhalteiuna  3  Fäden  durch  Zwirnung  nach  reclits  vereinigt. 

Die  Strickseide  (wie  Nähseide  aussehend,  aber  dicker)  wird  wie  Näh- 
seide nach  der  Methode  2  daigestellt,  erhält  abw  —  weil  sie  didcer  ist  nnd 
för  den  Qebraneh  weidier  sein  mnes  —  eine  echwadiere  Zwimmig.  Min 
Bwimt  snerst  2 — 6  nicht  gedr  Iii«  Gregeftdra  links  snsammen  und  ver- 
einigt dann  durch  die  zweite  Zwimung  nach  rechts,  drei,  seltefDer 
vier  solcher  gezwirnten  Fäden  7,u  einem  Faden.  Bei  dieser  zweiten 
Zwiruung  werden  3 — 5  Drehungen  pro  i  cm  gegebeu.  Zuweilen  begnügt 
man  sieh  damit,  drd  dicke  einfaehe  BohseUenflden  einaeln  links  zu  drehoi 
und  hierauf  rechts  zusammenauswimen,  eutspreehend  der  unter  1  ange- 
gebenen Methode  fUr  Nähseide.  Dieses  Verfahren  ist  zwar  wohlfeiler,  aber 
weniger  vollkommen,  da  es  eine  gröbere  Rohseide  voranssetzt  nnd  keinen 
so  reinen,  glatten,  regelmässigen,  gleichfurmigeu  Faden  liefert,  weil  die 
auä  vielen  feinen  fliden  zusammengesetzte  Seide  auch  weit  mehr  rundlich 
ist  In  der  Striekseide  werden  somit  wenigrtens  3,  hBehstons  18  Rohsadm- 
fäden  vcreinifjt. 

Für  die  Cordonnets  werden  die  Rohscidcnfiden  einzeln  gedreht,  dann  zu 
4,  5.  fi  oder  8  rechts  zu.saraniengezwirnt  und  3  solche  Fäden  durch  Zwir- 
nung nach  links  vereinigt.  Die  üordonnets  enthalten  somit  12 — 24  Gr^ge- 
fiden. 

Die  Berlin^de  ontuscbeldet  neh  von  Gordonnets  nur  durch  stlrkero 

Zwimung. 

In  den  ,,C!'ibk's"  sind  ilif"  eanz  nach  Art  der  Cordonnets  seilfönnig  ge- 
wundenen Fäden  von  bedenteiid  grösserer  Dicke. 

Die  „ovale'S  eine  Art  irame,  die  auch  als  Sückseide  benutzt  wird, 
besteht  aus  10 — 16  sehwadi  nach  rechts  gedrehten  FSden  nnd  findet  sp^ 
eidle  Verwendung  in  der  SehnnrbandDfthfifarfiion. 

Tramette  ist  eine  grobe  Tkame,  die  in  der  Stramplfabrikation  noch 
mitunter  verweiidet  wird. 

* 


Digitized  by  Google 


SUliitik  fl«r  MalipiiriwdiiihäeL  IteHn. 


476 


In  dar  SnfcwkiDBliiiig  d«r  HoIinittinduBtris  Uast  noh  die  oftmlicfae  Er- 
tebuBiing  beobaehten,  wie  in  der  Seidenliai^ral;  die  ZaU  6m  Asetalten 

maiki  Ton  Jahr  zu  Jahr,  während  die  Prodaktion  wächst,  weehnlb  Wdt 
Emporkommeu  der  Grossindustrie  und  Yerschwindeu  des  KleinmuHnicr- 
gewerbes  zu  schlicssen  ist.  Im  J.  1872  ist  z.  B.  die  Zahl  der  Mulinieraustiilten 
in  der  italienischen  Provinz  Bergamo  auf  5H  gegen  106  im  J.  1848  ge- 
sankeu,  trotzdem  die  Prodnkticni  aieh  verdoppelte 

1^  erste  Seidenmfthle  ist,  wie  erwilmtt  in  ItaGen  in  der  Stadl  Bo- 
logna dnreb  Borghesano  1272  errichtet  worden.  Sein  Sohn  Bolognino 
vervoUkommripte  das  Gewerlte,  welclies  geheim  gelialteu  wurde,  und  erhielt 
im  .T.  1341  eine  Licenz  auf  alleinigen  Betrieb.  Zu  Beginn  des  XVII.  Jahrh. 
wurde  die  Kunst  nach  Modena  verpflanzt.  Man  besitzt  eine  Aufzeichnung 
ans  der  Mitte  des  XIV.  Jahrli.,  in  der  es  heiset:  „Und  wisse,  dass  das  Dn- 
blieraa  auf  swderlei  Art  giediiaht,  einmal  reehfat  einmal  links.  Beebte- 
seiiag  drdkt  man  aUe  Sdden,  um  sie  zu  filiei  n,  uud  dann  linksseitig  (all* 

argoncina),  nm  sie  zu  zwirnen*'.  Es  ist  möglich,  dass  das  Wort  Organsin 
von  „argondna"  lierstammt.  Nach  den  durch  Bin!  aufgeführten  Akten  von 
1330 — 35  gab  es  in  Lucca  eine  Seidenmühle. 

Die  italienischen  Malinieranstalten  haben  grösstenteils  ihren  Sits  in 
Oberitalien,  wo  bflUge  Handarbeit  und  sabfanei^e  Wasseretröme  als  Betriebe- 
kraft zur  Verfügung  stehen;  die  Lombardei  erzeugt  '4,  Piemont  und  Ligurien 
Vs  der  Gesamtmenge  mulinierter  Seiden;  speciell  hat  die  italienische  Mulinier- 
industrie in  der  Zubereitung  der  Seiden  asiatischer  Provenienz  grosse  Er- 
folge und  VoUiiummenheit  au&aweisen.  Im  Jahre  1865  waren  iu  Italien 
2768545  Spindeln  thäUg.  welehe  1486697  kg  Orgausin  nnd  1236062  kg 
Trame  produzierten.  Im  J.  1876  ist  die  Zahl  der  Spindeln  anf  2083168 
gesunken,  woran  die  Lombaidei  mit  1687961  und  Piemont  mit  357038 
beteiligt  waren  *). 

Im  J.  1891  waren  in  Italien  487  Anstalten  mit  49286  Arbeitern  und 
1501137  Malinierspindein  in,  und  121000  ausser  Betrieb.  In  der  Pro- 
vinz Bergamo  existierten  znr  selben  Z»t  87  Mulioieranstalten  mit  247058 
Zwimspindeln  nnd  63665  Oamweifen.  In  der  Provins  Breseia  waren  7620 
Spindeln  tlmtig,  während  149  feierten'). 

Nach  Fusier*)  bettigt  die  Menge  der  in  Italien  mnliniMrten  Seiden 
(ottTräes): 

In  lUlien  gehaspelter     .    .    2400000  kg 
Asiatiecher  Proreniens   .        800000  „ 
Im  gannn   3200000  kg, 


»)  Bondot.  LMBdastrie  de  la  soie.  2.  id.,  8.  20. 

>)  Ellcna,  Notizie  etatisticbe  »opra  nlctine  indostliik 

*)  Annali  di  itatistio»  del  Bflgno  d'It&lia. 


Digitized  by  Goo^^Ic 


476  SUtiitik  der  lIoUnurindMbrw.  Fnutkreidi.  , 

wonnu  elw»  2980000  lig  OvwHm  iMirofg^iao.  Et  «nd  folgMide  QoantH 
ttten  Eoluflide  Tcneihiedciiir  Herkimft  ▼erbniiehi  mwden: 

f&r        Italien    Tirol,  Istrien    Asiea  Total 
Otganam    1700000      70000      100000   1  870000 
Trame        800000      70000      440000  1810000 

Wie  mau  aus  iler  am  Knde  des  Werkes  beigetügten  Statistik  wird  er- 
sehen köunen,  steigt  der  Import  auäläudischer  Gregen  (speciell  ostuüiatiscber 
I*roT«nienB)  in  allen  Staaten  Enropae,  welche  Malmieriiidiistrie  beritaen»  yw 
Jalur  an  Jahr,  da  die  pioduaierenden  Linder,  wie  China,  Japan  nnd  Syrien 
wohl  scheu  musterhafte  Haaplereien,  nieht  aber  die  genfigende  Anaabi 
Zwirnereieu  l^esitzen. 

Im  Gt'f(ensatz  Frankreich,  wolches  seine  Prodjiktion  an  Ouvrees 
in  der  inländischen  Industrie  selbst  verbraucht,  wird  aus  Itulieu  der 
grOaste  Teil  seiner  Produktion  exportiert. 

Import  roher  Seide  diicli  ItuHcn  (kg) 

1866/68         1878;80         lH<tO  1891 

Grhge  .    .]  834 5uo  892600 

^  *  627190  1187600 

Ouvrees    .  U600  14400 


Eiqport.  roher  Seide  ans  Italien  (kg) 
1866/68  <)       1878/80        1890  1891 

<3i*ge  .  .  1  „^„«„^^  , 1 720 100  2  U  7  700 
_  ^         \  2038760      3  223900 

Oun^  .  J  3061200    2  949100 


Bfan  eiaeht  ana  obigeu  Zahlen,  welchm  Anfeebwnng  die  italienieelie 
Mnlinierindnatrie  wmk  einem  Vierteljahrhnndert  genommen  hat. 

Von  den  Anfängm  des  französischen  Mnliniergewerbes  wissen  wir, 
dass  in  Paris  in  den  Jahren  1258 — 69  zwei  Oewcrbe-Genossenschaften  der 
„filaresses"  oder  Seidenzwirneriunen  organisiert  wurden.  lu  einem  üand- 
werkerstatut  vom  Jahre  122^  unterscheidet  man  schon  einfache,  dn- 
blierte  oder  filierte  nnd  gedrehte  Seide.  In  Avignon  ist  eine  SeidenmQhle  im 
J.  1468,  dann  eine  1470  errichtet  wordra«  Aua  «nem  Statut  des  XIY.  Jahrb. 
ersieht  man,  dass  die  Körperschaft  der  Smdenhändler  von  Paris  sich  gegen 
Hintergeliung  seitens  der  Zwiruerinnen,  die  die  f^pide  brim  Arlieiten  zn 
beschweren  wnssten,  schützten,  l^is  zum  XVI.  .laljrh.  blieb  jedoch  die 
Zwirnerei  eine  unbedeutende  Hausindustrie.  Bilbebaud  errichtete  1533 — 64 
gmase  E^latorien.  Im  J.  1637  kam  ein  Dentacher,  Nikolane  Lejderet, 
Ton  St.^'Chamond  nach  Lyon  und  erhaute  gemeinechaftlidi  mit  aetnem 
Sohne  Stefan  Seidenmfihlen.  Ein  Florentiner,  Sttateese,  madite  im 


))  Meriaieate  coDBeNiale  del  RegM  ditalia. 


Digitized  by  Go 


Stetirtik  d«r  Mnliaiflriiidiiitri«.  VtwMA. 


477 


J.  1542  auf  seinein  FOatoriiim  Gebraadi  fmi  einem  Bade  und  amlereii 
UaioliineD  eigner  Erfindoog.  Man  weiss  aus  einem  Patentbrief  des  J.  1553, 
dass  man  Rohseide  zum  Zwirnen  nach  Avignon  und  St.-Chamond  geschickt 
hat,  um  sie  dann  wieder  zum  Verweben  nach  Lyon  zu  bringen.  In  der  Be- 
sobreibong  der  „alten  und  berühmten  Stadt  Lyon''  von  Nicolas  de  Nicolay 
Ueaft  man:  ^JXm  Filierang  besagter  Seide  verrichtet  man  in  der  Stadt  nnd 
in  den  Voraittdten  von  Sl-Chamond  im  Lyonor  Gebtete  in  eoldiem  Üb«r- 
mafse  und  solchen  Mengen,  üuhs  man  die  Mannfoktnr  und  den  Handel  auf 
Tiiphr  als  100000  Thaler  jiihrlii  li  sr-li'lt/t,  denn  es  p^ieht  da  gewölinlich 
mmdesteus  100  Mühlen,  die  zur  Filieruug  besagtt  r  Seide  im  Gange  sind, 
durch  Yermittelung  von  Mailündischca  Kaofleuten,  die  in  Lyon  wohnen". 
Beeoodets  «tark  hat  nch  die  Zwirnerei  in  Avignon  «it«fiekeli  Foulet 
berichtet  im  J.  1720,  daai  man  daselbst  400  Mfihlen  xShIte  und  die  Arbeit 
mit  gr5sster  Geschicklichkeit  verrichtet  wurde.  Aus  dem  XVUL  Jahrb. 
liegen  Berichte  über  die  VerwendbarTceit  der  verschiedenen  Gregen  vor;  so 
eipTiete  sich  die  Vivarais- Seide  gut  für  Organsin,  die  von  Provence  besser 
für  irame. 

In  den  ffanaSaiselien  tfalinieranatalten  werden  Tontagswenee  bessere 
QnalitSten  einheimischer  Ordgen  verarbeitet.  In  der  Zeitperiode  1870/80 
betrug  die  Produktion  der  Ouvrees  im  Dnrchaehnitt  2376000  kg  jährlich. 


Wtg.  21».  einiiR  naUntarter  Sri««. 

im  .1.  ^lÖtiüOO  kg.   Der  Verbrauch  ausländischer  Gregen  steigt  fort- 

wahrend; er  betrug  1849/57  etwa  407,,  1870/78  12%  der  von  der 
Holinierindostrie  verarbeiteten  Gesamtmenge.  Man  sählte  im  J.  1873 
376600  Hnliniergamwinden,  im  J.  1888  waren  nnr  263634  thitig,  die 

Ausbentr  cint-r  jeden  ist  indessen  im  Laufe  der  letzten  Deceimien  beinahe 
diV  di^ppelte  geworden.  Die  Ausdehnung  der  MuUnieriiidastrie  Fraukreicha 
ersieht  man  ans  folgenden  Zuhleii: 

1876  IMSO  1884  1888 

Zahl  der  Anstalten       880  101 1  1007  708 

Spindeln  .   .   .   1129729  1213674  1643686  2122628 

Garnwinden  .   .     376600  —  —  363396 

Nachfolgoide  Anfttellnugen  geben  lur  Genüge  darüber  An&chluas,  dee» 
dB«  firanaSstsche  Molinierinduelrie  dßa  inländieehen  Bedarf  voUstSndig  deckt 
and  noch  darttber  binaua  «portiert,  was  frflber  niebi  der  Fall  war. 

bnport  der  Robseide  und  OnvrSss  nadi  Frankreich  (kg): 

1R78  1888  1890  1892 

Gr^n-e  4033300  360585R  3057000  3981900 
Ouvrees      1224200        384154        217300  112200 


Digitized  by  Google 


478  Statiftik  dar  Mnliniarindiiitrie.  SpMMn,  östorreich  ete. 


Der  Export  beU«f  aieli  dagegeo  aof  (kg); 

Gröge  .  1305341  1698239  1201100  1702300 
Oavrtes  .       93329        308700        269600  173400 

Die  FabrikaiioQ  der  sogenftsoten  Retoneedden,  welche  m  Paria,  Calais, 
Nimes,  Lyon  und  Tonn  betrieben  vcird,  hat  bd  der  starken  ansländischen 
Konkurrenz  von  ihrer  frBherwi  Bedentnng  verl<mn.  JSs  wurden  ex- 
portiert (kg): 

1878  1888 
Näh-,  stick-  und  SpiUeoseide  44584  7026 
Andere  Betotaeseiden    .   .   .   304681  182195 

Die  spanische  Maliuiermdustrie  ist  von  geringer  Bedeutung;  einige 
Anstalten  in  Sevilla,  Granada  und  Cordova  produzieren  etwa  7 — 8000  kg 
Ou Vrees.  Ehemals  wurde  die  Verarbeitung  der  Gr^ge,  die  grösstenteils 
importiert  wurde,  in  viel  grosserem  Harsstabe  betrieben,  wie  die  Bxportr 

zahlen  beweisen.  In  den  Jahren  1872/74  wurden  31331  kg  Qud  1878/82 
40519  kg  niuliuierttir  Seideu  jährlich  ausgefrihri 

Die  Öeidenzwii-nerei  der  österreichischen  Länder  reicht  iu  das 
XVI.  Jahrh.  zurück,  wo  in  Trient  im  Jahre  1534  die  erste  Seideuuiüble 
durch  einen  Venetianer  Savioli  gegründet  wurde.  Man  wdss  nicht  viel 
ftber  die  weiteren  Sehidosale  dieser  Industrie  bis  ins  JUX.  Jahrh.  Im 
Jahre  1875  waren  in  Trient  89550,  in  der  Orafichaft  Gör/.  14  740 
und  in  anrleren  Provinzen  6402  Spiuflelu,  zusammen  110692  thätig, 
gefTeniiber  l<lO(i()0  Spindeln,  über  (Ijp  Tirol  im  . fahre  l-HTd  verfügte.  Die 
Produktiun  ist  indessen  von  54390  kg  auf  üj^Uü  kg  gestiegen,  wonmter 

41800  kg  Organsitt.  Im  Jahre  1880  waren  in  Tirol  nur  noch  17  Anstal- 
ten (gegen  37  im  J.  1870)  mit  48302  Bpindehi  in  Betrieb  nnd  enengtsn 
22  440  kg  Onvrees.  Der  Verfall  ist  bauptsichlicb  auf  die  Entwickeln]^  dar 

Zwirnerei  in  den  henachbarten  Landera  znrfickz'ifiihren. 

Die  ersten  namhaften  Anfänge  d^  schweizerischen  Muliniergewerb^ 
fallen  in  das  J.  1555,  wo  die  flüchtigen  Reformierten  auB  Locamo  in  Zürich 
SeidmunShlen  tod  sehr  dafacher  Bauart  errichtet  haben.  Zweinndeinhalb 
Jahrhunderte  blieb  das  Gewerbe  nur  eine  Hausiudustrie,  entwickelte  sich  aber 
alsdann  gut.  Denn  im  J.  1685  berichtet  ein  Seiflenbiindler  von  Tours,  de  la 
Co  11  rt,  der  nach  Zürich  geflüchtet  war,  daas  das  Zwirnen  hier  .so  geschehe,  dass 
man,  „um  alles  zu  sagen,  die  Seiden  sehr  gut  zuzurichten  weiss  und  nichts 
bessraes  fordon  l^ne**.  Im  J.  1830  grilndete  ein  ElsSsser,  Heits,  tu 
8ta£a  eine  giteere  Sndenmfihle.  Allmfthlieh  wurden  die  Bfasehinen  ver- 
bessert und  namentlich  cur  Fabrikation  der  Cordonnets  und  Nfths^en 
wendet.  Erat  später  fing  man  an,  Organsin  mid  Trame  zu  zwirnen, 
letztere  seit  1860,  als  die  asiatiaoben  Seiden  iu  Europa  in  grösserem  Um- 


ij  Ettadiitka  general  del  ooneteio . . . 


Digitized  by  Google 


gtatüük  dar  MalmierindiMtrie.  8cbw«U,  DenttohlMd. 


479 


Iifk11g6  Vttwendang  fanden.    Die  grösseren  Seidenniühlen  befinden  sioli  in 
den  Knntonpn  Zürich,  Aargan,  Basel,  weniger  iu  Tessin,  Solothnm, 
St-GaUen,  Glarus.   Im  Kanton  Zürich  zahlte  man 


Etablinemeota  .... 

Arbeiter  

Produktion  Trame      .  . 

Nahseiden  etc. 


1872 
18 

4090 
120453  kg 
52  819  „ 


1863 

19 

4810 
190  746  kg 
Ü3i90  „ 


Die  scliweizerische  Mulinierindastrie  hat  sich  in  einigen  Specia- 
litäten  vervollkominnet  und  behauptet  in  denselben  eine  der  ersten  Stel- 
lungen'). Eine  solche  der  Schweiz  ist  die  Verarbeitung  der  japaoi- 
Mdwn  nnd  ohineatachen  Gr^en  sn  Tramegespinsten;  von  den  etstwen 
werden  bessere  Sorten  11  aibash  nnd  Oihia  verarbeitet,  China  liefert  EehiBg, 
Minchew  niul  Hangchow.  1883  betmg  die  Produktion  mulinierter  Sdde 
250501  kg  (darunter'  20— 25000  kg  Organsin)-);  die  der  Retorsegarne 
(Näh-  uud  Maschinenseide,  Stick-  und  Fosanientiergarne,  Cordonnets, 
Fluches  etc.)  82930  kg.  In  demselben  Jahre  waren  in  der  Schweiz  37200 
Mulinier^  und  23860  Retomsptndeln  ▼mrhandeD.  IKe  NiÜiBeidenfabrikataon 
konzentriert  sich  hanptsiehlicii  in  Zfirioh. 

Folgende  Zahlen  geben  Auftehlnas  ttbor  den  gegenwärtigen  Stand  der 
«cbweifleriacben  Mnlinierindnstrie: 


Etablissements  

Arbeiter  ......... 

Vorhandene  Spindeln  (Trame  efce.) 

Thütige 

Vorhandene  Spindeln  (Nähseide) 

Thätige  „ 


1891 
59 
7635 
63409 

55  797 
25988 
22284 


1893 
64 
7065 
66404 

52574 
24444 
17932 


Produktion  Organsin  .... 

Trame  

Nähseiden,  Cordonnets 


n 
n 


73761  kg  60149  kg 

258494  „  271092  „ 

119351  „  82131  „ 

80318  „  16128  „ 


471 924  kg    429500  kg 

Schon  in  der  ersten  Hälfte  des  XVL  .Tabrh.  wnrde  die  Seidenzwirnerei 
in  l)eutscblaud  betneben.  Sie  entwickelte  sieb  tortwährend,  ist  jedoch 
gleichzeitig  mit  dem  Verfall  der  Weberei  und  Seidenkultur  eingegangen. 
In  den  Jahren  1855/61  war  in  Elberfeld  ein  groesse  AktienanteKuehmen 


*)  Bflrkli'Heyer.  Qetehiehle  der  ZQrchemclien  Seidenindnilrie  Teok  ScUmm  dss 

XQL  Jabrh.  an  bis  in  die  neuere  Zeit.  1884. 

*)  StatifUk  aber  die  Seideoswiroerei  in  der  Sohweii  im  J.  188d. 


480 


Statiatik  der  Mulinierindustrie.  England. 


f&r  Seddemwirnerri  in  Betriebi  dat  jedoch  scbliesslich  misslang.  Im  J.  1880 

betrug  die  ProdnlrHoTi  mulinierter  und  Retorseseiden  etwa  140000  k<?.  di?  von 
44258  Spiodeln  erzeujrt  wurdeu.  Davon  entfielen  auf  Württemberg 
16208,  Baden  13032  und  Preus.seu  5742  Spindeln.  Gegenwärtig  geht 
deatsehe  UnUnimrjiidiiBlrie  infolge  der  stetig  sanelmiBnden  aiiBlindisdieii 
Konlnirrens  imm«r  mehr  sarfick. 

Die  Art  und  Weise  der  Seidenzwimerei  war  in  England  bereits  im 
XIV.  Ja^rlv  bekannt;  das  Gewerbe  war  jedoch  eine  von  den  Frauen  be- 
triebene   Hausindustrie.      Heinrich   IV.    scliützte    die    kleinen  Betriebe 
durch  einen  Akt  vom  J.  1454.    Nach  der  Plünderung  von  Antwerpen 
(ll»85)  dnreb  die  Spanier,  kamen  flandriaebe  Seidenzwimer  naeli  England. 
Ein  Italiener  Domico,  durch  die  Königin  Elisabeth  nnterstotst,  erbaute 
grossere  Anstalten.    Im  J.  1629  wurde  eine  Korporation  der  Seidendreher 
gegründet.    Das  Parlament  fing  an  in  die  Regflmitr  'b'r  ArboiterverhüHnisse 
einzugreifen  und  erliess  viele  Edikte,  „die  aussergewohulichäten  und  lästig- 
»ten,  die  man  eich  Torstellen  kann^'.  Die  beschränkenden  Mafsregelu  hatten 
oft  eine  naehteilige  Wirkung.   Im  J.  1662  gab  es  in-  London  allein  Qber 
40000  Seidenspnler  und  -zwirner,  d  i  u  Verhältnisse  durch  strenge  Statute 
geregelt  waren').    Seit    IfiS.ö   nalim  die  Produktion  infolge  der  Einwan- 
derung der  Hngpnotten  beträchtlich  zu  und  schon  1713  wurde  anläs^lich 
des  Utrechter  Vertrages  festgestellt,  dass  die  Seideoindnstrie  Englands 
über  300000  Personen  besobüftige.  1719  kam  ein  gewisser  Jobn  Lombe, 
der  m^rere  Jabre  in  Piemont  verbraebt  nnd  dort  die  Zwirnerei  erlernt  hatte, 
naeb  England  /.urück  und  erhielt  das  ansschlieseliehe  Privilegium,  14  Jahre 
lang  die  SiMdr  auf  Organsin  zn  verarbpiten.    Seinem  Bruder  und  Nach- 
folger p;il>  das  Parlament  3öO0O(i  Fns.,  damit  die  Seidenmilhle  von  J)erby 
auch  von  anderen  Zwirnern  benutzt  werden  durfte.    In  der  zweiten  Hälfte 
des  XVIII.  Jahrb.  verarbeitete  England  durcbsebnittlieh  4— AQOOOO  kg 
jibrlich.   Die  Zwimer  von  Manebester  hatten  im  J.  182S  20400  S]nndelB, 
zehn  Jahre  später  bereits  S 1 000.  Der  Einfabraoll  auf  Grdge  wurde  im  J.  1S46" 
aufgehoben,  wodurch  die  iMulintprindtistrie  eine  noch  grössere  Entwickelung 
nahm,  die  zugleich  durch  maschinelle  Vervollkommnungen  unterstützt  wurde. 
Die  Einfuhr  der  Bohseide  und  Ausfuhr  der  Ouvrees  stieg  fortwährend 
Ms  an  den  seehaiger  Jahren.   Von  diesem  Zeitpunkt  ab  trat  infolge  der 
höheren  Arbeitslöhne,  .sowie  der  inzwischen  auf  dem  Kontinent  gemachten 
Fortschritte,  ein  Rückgang  ein,  der  bis  auf  den  heutigen  Ti^  andauert  nnd 
ans  folgenden  Zahlen  zu  ersehen  ist: 

1874     1878  1890 
Zahl  der  Etablissements,  England         267      231  189 
„  „  Schottland  .346 


'}  Hawins,  Englisfa  Trade  and  Finance  in  the  17th  oentoij.  London  1892.  p.  104. 


i.  kjui^cd  by  Google 


StalMIk  dar  MnUBiniDMii«.  Bdgim»  Oiirat. 


481 


1850  1861  1870 

Spiadel^ahl.  ^gj^  j  1225660  )  1338544  }  1130441 

1874  1878  1890 

Spiodelzabl,  iikigiand      1318633       .999037  1021436 
Sehottfamd      17778         19912  7917 

Der  Konsum  der  Gr&geseide  hat  in  bedeutender  Weise  abgenommen, 
was  jedoch  zum  Teil  auf  dem  Rückgang  der  Seidenweberei  beruht  Es 
wurden  durchschnittlich  jahrlich  verarbeitet: 


1858/60    2687000  kg 

1861/63  ......  2923000 

1867/69    1600000 

1879/81    1095000  „ 

1883    1207000  „ 


Immerhin  hat  die  Fabrikatioa  der  «tark  geswimten  Retorsegespinste, 
wie  der  Nlh-  und  MasehbeiNeide,  einige  Bedentnng  beibebatten,  und  <Ue 

englischen  Fabrikate  dieser  Art  erfreuen  sich  fortwährend  des  besten  Rufes. 
Die  meisten  Ktablissenients  liegen  in  den  Grafschaften  Chester,  York«  Derby« 
Norfolk,  Lancaeter  und  Essex.    Der  Exportwert  belief  sich  auf 

1868/60    20100000  Fice. 

1870/72    36000000  „ 

1876/78    18500000  „ 

1881    25450000  „ 

1883    17850000 

Belgien  besitzt  kein  Muliniergewerbe  im  eigeiitliclicn  Sinne,  dagegen 
werden  grosse  Quantitäten  ausländischer  mulinierter  Seiden  zur  Fabrikation 
der  Betwqoadden  und  BpitHn  Terweudet  Im  J.  1887  wurden  in  ^lem. 
Zweek  152638  kg  Oavr£ee  eingefOhri,  gegenüber  13605  kg  der  Anefobr. 

Die  Mulinierindnstrie  Russlands  war  bis  vor  einigen  Jahrzehnten  ganz 
unbedeutend;  sie  nahm  er-t  in  letster  Zeit,  dnreh  aehntii5Unenaehe  Politik 
begünstigt,  grossen  Aufschwung. 

Die  orientaliäche  Seidenzwirnerei  hat  nicht  den  Charakter  der  earo« 
paiscben  OiQBBbetriebe.  In  gans  Oeniralaeien  and  in  Indien  irird  das  Zwirnen 
'dnreh  aebr  ein&ebe,  mit  der  Hand  betriebene  Apparate  bewerkatell^.  Die 
erste  Operation,  welcher  die  Gr^ge  (in  Pendscbab  Khöra  genannt)  unter- 
worfen wird,  ist  das  Abspulen,  wobei  sie  zugleich  je  nach  der  Feinheit  sor^ 
tiert  wird.  Der  Seidenzwimer  (taodie)  ist  durchwegs  ein  Mohammedaner.  Er 
nimmt  swei  E%den  der  abgespulten  Seide,  dnbUirt  sie  und  dreht  sie  sa- 
«ammMi.  Dies  ist  der  indieohe  Oignuin  (ttai)  nnd  denelbe  Name  wird  der 
Kette  des  Gewebes  gegeben.  Di«  abgespulte  Seide  (Hna)  wird,  ohne  ge- 

Sllfcarasma,  Di«  SeUt.  9t 


4g2 


Statistik  dar  Holininfaidulrit.  ÄMim,  Aneriks. 


drebt  za  werden,  als  Einschlag  benntst.  In  Japan  ist  die  Bearbeitong  eine 
ihnlicbe,  wie  in  Europa,  und  wird  teils  als  Hausgewerbe,  teils  anf  MMehinen 

verrichtet.   Die  FOieraog  oder  ein&che  Drehung  heisst  „kata-Tori**,  die 

Ilechtsdrohung  mehrerer  Fiiden  „awose-yori"  und  die  Linksdrehung  „moro- 
yori",  eine  sehr  starke  Drehung  mehrerer  Fäden  „hon-yori"  u.  s.  w.  In  China 
ist  das  Maliniergewerbe  nocli  sehr  primitiv  und  wird  nur  als  Hausarbeit 
beirieben,  nur  in  der  ümgegend  von  Kanton  hat  es  als  Indnstrie  einige 
Bedeutnng  erlangt,  die  jedoch  Ton  thran  Mberen  Umfang  bereits  ^ngebisst 


n«.  3«6.  CUnetlacber  HuUnluatulil. 


bat.  1847  wurden  ans  Kanton  40000  kg  Oanim  «iportiert,  1857  ist  dieses 

Quantum  auf  das  Zehnfache  gestiegen;  gegen  wirtig  dftrfte  die  Ansftdnr  ein^ 
Zebntauscudc  kg  nicht  übersteigen. 

Die  Anfange  der  amerikanischen  Seidenzwirnerei  reichen  in  da.s  Jahr 
1810  zurück,  und  unter  allen  Zweigen  der  Seidenindustrie  war  es  die  Zwir- 
nerei, welche  die  Amerikaner  in  quaHtativer  nnd  qnaatitatiTer  Hinsieht  am 
weitesten  sa  bringw  Termoehten.  SKa  war  atrts  der  Gegenstand  gross« 
Sorgfalt  und  Anstrengung  gewesen,  und  die  Entwickelung  der  Nähseiden- 
fabrikation  in  diesem  Lande  steht  in  der  Geschichte  beispiellos  da*).  Der 
Aufschwung  der  amerikanischen  Muliuierindustrie  liat  selbst  auf  die  Art 
and  Weise  der  Gewinnung  der  Rohseide  in  asiatischen  Produktionsländem 
einen  gewissen  Einflnss  ausgeübt;  denn  da  die  Bohseide  in  Amerika  wegen 
der  hohen  Arbeitslöhne  weder  geputzt  noch  sortiert  wurde,  so  bemühten 
sich  die  Amerikaner,  die  diinesen  und  Japaner  aar  HersieUm^  rdner,  gnft 


*)  Breekett,  Tb»  Silk  bdoatry  of  Aneriem. 

Wyckorr,  The  Silk  goodi  of  America,  1880. 

Report  on  tbe  Öilk  maaufactaring  industrj  of  tbe  United  State«  (Ceasoa  1880). 
Lilly,  Tbe  SUk  Indortry  of  tbe  U.  &  frosi  1716  to  1875. 
Wjekoirr,  Ameriwa  Bilk  maan&otnnL  New^Torit  1887. 


Digitized  by  Google 


Statistik  dw  Maliaierindiutn«.  Amerika. 


483 


windender  Gr^gen  zu  veranlusen,  was  ihnen  ftuch  gehmgen  idt.  Die  Md- 
iinierindastrie  der  Ver.  Staaten  hat  daiuulliin  in  verliültnisraassig  kurzer 
Zeit  eine  Au^^dehnung  gewonnen,  die  durch  folgende  2^hleu,  welche  die  Ein- 
fuhr der  Rohseide  zum  Zweck  des  MnUniereos  darstellen«  TerauscbauUcht 
wild»  Es  wnnten  ini 


1864/66  192000  kg 
1871/72  416000  ^ 
1873/75    462000  „ 


1879/81  1057000  kg 

1881/82  1  306800  „ 

1R«2/83  1  477000  „ 
1892   3480000  kg. 

Die  eingefnhrtoi  BohBmdeu  sind  fast  ausschliesslich  die  besten  Quali- 
täten Filiiture,  re-Tee1ed  nnd  boats  noa^  Die  »merikaniaehep  Mählea 
produzierten  C^); 

üxguiiiiin     Trame  Total 

1873      —          —  14«000 

1875    105000     209000  314000 

1877     77000     163000  230000 

Einen  hervorragenden  Platz  nimmt  die  Fabrikation  dt  r  Kctorscseiden  ein. 
D\(^  T»ro.liiktion  der  Nähseide  sti.  g  von  250000  kg  im  ,1.  1878  auf  690000  kg 
ini  J.  1888.  Die  amerikanisclu'  Näliscide  (sewiug  silk)  besteht  aus  zwei 
▼OD  links  nach  rechts  gezwirnten  Fäden;  die  Maschinenseide  (machine  twist) 
ül  «V8  im  TOB  Teehts  naeli  link»  gedrehtai  Fiden  BiwmnmmigBeetefc  Die 
Seidenzwinerei  hat  vornehmlich  in  New- Jenagr,  Pom^Wanien,  New- York, 
Connecticut  und  MasBaehiuett*  ihren  Sit«.  Die  Zahl  der  Spindehi  bepef 
eieh  auf: 

1890 

Windffi>-,  Pats-  niid  DahUenfiindehi  .   .  &690S6 

Zwinupindeln   718360 

KiappcÖepindeln   .  167408 

1254798, 

gegen  129178  Spindeln  im  J.  1874,  151038  Spindeh  hn  J.  1876  und 

608137  Spindeln  im  J.  1880. 

Dem  (Gewichte  nach  wurden  1890  verarbeitet: 

Gröge   6376881  Pfand 

Seidenabfiille  .  .  .  1357  618  „ 
Andere  Seiden    .    .      744223  ,, 

8478722  Pfund, 

woarane: 

Organsin  und  Tram«   3305372  Pfand 

Näh-  und  Miuschincnsoido  1110S25  „ 

Fransen-,  Wirk-,  Stick-  und  Florcttscide     329  637^  „ 

4  764834  Pfund 

hervoxgingen,  während  der  lieüt  anderweitig  verarbeitet  wurde. 

«1* 


484 


FreiM  der  Oarr^ 


Wie  bei  der  Or^e,  so  lässt  sieb  natuigemfiss  auch  bei  den  gezwirnten 

Öespinsten  pt?i  nllt^emeiner  Hiii'\-f(anf2;  der  Preise  beobachten.  Folgende  Ta- 
belle V  ranschauhcht  di«'  stärkereu  ScliwaDkangen  der  Jahresdnrchwbnitts- 
preise  für  Orgausin  Titer  22/26  während  unseres  Jahrhunderts  (Frcs.): 


1802 

74 

1836 

108 

1868 

74 

1876 

140 

1810 

52 

1837 

60 

1860 

106 

1878 

77 

1817 

106 

1838 

78 

1864 

72 

1879 

96 

1820 

61 

1843 

57 

1866 

116 

1880 

69 

1S22 

90 

1844 

77 

1866 

98- 

1881 

82 

1824 

fi3 

1848 

49 

1868 

158 

1885 

58 

1825 

82 

1850 

84 

1870 

100 

1886 

68 

1826 

65 

1863 

92 

1872 

130 

1892 

49 

1830 

48 

1856 

63 

1876 

96 

Nadtttehende  Talwlto  i^gt  den  EreiirQckgang  der  venelüedeiiea  Fro- 
Teoienien  im  lelslen  yiertelQelirlutnderi: 


Organsiu 


Trame 


Frankrpif  h 

Itaüpn 

Bengal  China 

Frankreich 

Italien 

Bengal  China 

24/2Ö 

2U;22 

26/30 

40/45 

20/24 

24/26 

24/28  40/46 

1872  116 

112 

91 

97 

110 

101 

92  91 

1873/78  98 

87 

67 

71 

88 

88 

67  64 

1879/81  72 

69 

58 

67 

70 

70 

56  54 

1882/83  67 

65 

57 

68 

66 

63 

57  57 

1896  Febr.  66 

51 

44 

60 

48 

~  38 

Wie  bei  der  Grdge,  so  werden  auch  bei  OttTvtet  abgesehen  yon  dem 
Titer,  verschiedene  Qualitäten  unterschieden,  nnd  zwar:  a)  klassisch  (clas- 
siqueX  b)  sublime,  c)  gewöhnlich  (courant,  corr.),  oder  a)  extra,  b)  1er  ordre, 
c)  2*  ordre,  d)  3*  ordre,  oder  schliesslich  a)  extra,  b)  1.  Kl.,  c)  2.  Kl.  Bei 
den  «wientdinlini  Onvita  wird  angaben,  ob  diaedben  itt 
Sini^ltngen  {k  tonn  eompUs)  odw  meht,  geliefert  werden. 


Da  die  Seidenfastjr  ausgesprochene  hygroskopische  Kigenschatten  besitzt, 
so  kann  ma  verhältuismäasig  viel,  nämlich  bis  zu  30%  ihres  Gewichtes  an 
Wueer  anfiiehmen,  ebne  neb  dabn  iigendwM  fbneht  ansaftthlen.  TroCs 
der  Behaaptu^  einiger  Chemikn*«  welche  den  Sitz  der  Hygroskopizität  der 
Seide  der  eigentlichen  Seidenfaser,  dem  Fihroin,  zugeschrieben  haben,  zeigt 
die  abgekochte,  ihres  B^tes  entledigte  Seide  ein  gerin  jeres  Wasseranziebangs- 
▼ermogen,  al»  die  Kohseide.  Zwischen  der  Feuchtigkeit  der  Atmosphäre 
und  dem  Wassergehalt  der  darin  befindliehen  Fasenlirfb  eaMeit  bdmmii- 


Digiti^iüü  by  Google 


485 


lieh  ein  Zosammenhang,  der  mathematisch  genau  bestimmt  worden  ist^).  Der 
prooentnelle  Wanargefaalt  «p  der  Fanr,  bengan  mt  du  sbaolnt  troflkiiie 
Ihtorial,  geht  wm  der  Oleklraiig 

w  =  («  +  P9)V100  — « 
hervor,  in  weldier  a  und    ezpertmeDtell  faeetimmte  Eoeffiiieiiteii,  9  die 

relative  Feuchtigkeit  der  Lnft  in  Prozenten  nnd  t  dereo  Temperatur  be> 
deuten.  Für  Seide  ist  a  =  2,188  and  ß  =  0,016  4;  für  Banrawolle  a  =  0,8067 
mu\  0,02912;  fiir  Wolle  a  =  2,800  und  ß  =  0,0-2938.  Die  in  der 
Faser  enthaltene  Feuchtigkeitsoieuge  ittt  somit  eine  Funktion  zweier  vei^ 
Snderllehen  GrOBseii,  der  Temperatnr  nnd  dee  Sattigtingsgradee  der  At- 
mosphäre. Von  Schloesing  wurde  diese  Funktion  in  Form  einer  Knrre 
ausgedrückt,  deren  Ordinaten  —  Feuchtigkeitsgehalt  in  Prozenten  und  At>> 
scissen  —  die  aufgenommene  Feuchtigkeitsmenge  der  Faser  ausdrücken 

Das  Gewicht  eines  und  desäelbeu  Quantums  Seide  ist  je  nacii  der 
Jahreneit  ein  Bohwankendes;  so  wird  im  feaehten  Herbst  oder  Frühling  die 
Seide  mehr  an  Waaeer  «afoehnien  und  daaselbe  Qoentom  mdlr  ttiegen,  nie 
im  Hochsommer.  Ehoiuo  wird  eine  bestimmte  Seidenmenge  auf  feoehtem 
Lager  schwerer  sein,  als  in  trockenen  Räumen  aufliewahrt.  Da  man  nach 
dem  Aussehen  der  JSeide  nicht  auf  ihren  Wassergehalt  pf^hliVssen  kann,  so 
wäre  dem  Betrug  beim  Seideuhaudei  Thür  und  Thor  geöffnet,  wenn 
man  nidit  in  dem  Ssidenkonditumierreifabren  ein  Uittel  beiäme,  neh 
Tor  nnredlichen  Manipalationen  yor  dem  Abwiegen  der  Partie,  wie  das 
Einsprengen  der  Seide  mil  Wasser  und  Yerweilenlassen  im  fenehten 
Keller  etc. ,  ^^chStten  zu  können.  Infolge  des  hohpn  Preises  der  Seide 
und  ihrpr  ausgeprägt  hygroskopischen  Eigenschafteu  machen  sich  auch 
mimmaie  i'euchtigkeitsmengeu  gelt«ud,  und  der  schwankende  Wasser* 
gebalt  w&rde  einen  geordneten  Seidenhandel  ünmöglich  machen,  wenn 
man  nieht  jedeemal  fiber  den  hygroskopiaehen  Zustand  der  Fiuer  genan  ini* 
formiert  werden  und  die  in  ihr  enthaltene  Wasienneilge  mit  iu  Reoh* 
nnng  ziehen  konnte.  Es  ist  nicht  sicher,  ob  im  Seiden  verkehr  fniherer 
Jahrhunderte  irgend  welche  Basis  uud  Gebräuche  zur  Beurteilung  des 
Wassergehaltes  der  Seide  als  Handelsware  bestanden  haben,  nur  weiss 
man,  dasa  an  Anfang  des  XVIII.  Jahrb.  in  Italiim  einige  PrivatkonditioDier- 
anstalten  existiert  haben;  die  erste  öffentliche  Kondition  wurde  in  Turin 
im  J.  1759  eröffnet,  alsdann  in  anderen  Ceutren  des  Seideuhandel.s  und 
der  Seidenindustrie,  wie  Lyon,  St.-Chamoud  n.  a.  U.  Die  Procedur  fand  in  der 
Weise  statt,  dass  die  zum  Verkauf  gelaiigendeu  Seiden  in  grossen,  mit 
beisser  Lnft  gehsiatoi  Riumen  ihres  Wsssorgshaltes  binnen  2 — ^3  Tagen 
entledigt  nnd  dann  gewogen  wurden;  man  nannte  dies:  die  Seide  befiUide  sieh 
in  „rechtem  Verhftltnts**  (dans  des  boones  conditioui).  Dnzeh  eine  Spradn- 


MflUer,  D»  dnliDKenieor,  188S,  S.  185. 
>)  Corapt  rmd.  de  TAe.  8e.  IBM.  a  «M. 


486 


Dm  KottdittonMrao. 


wendang  ist  diAM  Beseiehnuug  aacb  für  die  Operation  selbst  bdbdialteD 
worden,  w  daas  man  heatsutage  unter  dem  Konditionieren  der  8dde  ihr» 

Fencbtigkeitsbestimmang  versteht.  Im  J.  1800  ist  von  Rast-Maupas  die 
allgemeine  Eiurichtunf?  der  Lyouer  Koiulition  entworfen  worden,  deren  Yer- 
stautlichuDg  im  J.  1S05  erfolgte;  nach  dem  Dekret  vom  13.  April  löOö 
wurde  die  Temperatur  der  Heizräume  auf  16-  17  ft.  bei  27 — 28  Zoll 
Borometeniaiid  and  anf  19— 20**  R.  bei  26—27  Zoll  Hg  fteligewtit.  Ea 
ist  aeUwfcTerBtilLDdlieh«  daas  beim  Trocknen  in  gerinnügen  Sülm,  wo  eine 
unerträgliche,  fast  erstickende  Atmosphäre  herrschte,  und  wo  die  Lnft  nicht 
in  allen  Punkten  die  gleiche  und  konstante  Temperatur  besass,  sondern 
vielmehr  den  Luftzügen  und  den  Fenchtigkeitf^rhwankangen  der  Atmo- 
sphäre ausgesetzt  war,  keine  übereinstimuieuden  und  zuverlässigen  iiesultate 
enddt  wwd«i  konnten.  Ea  kam  vor,  dass  kein  Eftafer  bei  feochter 
Witterang  die  Seide  konditionieren  wollte,  weil  dieselbe  beim  Trocknen 
wenig  von  ihrem  Gewicht  verlor,  wahrend  in  trockner  Zeit  sich  die  Eanf- 
Instigen  beeilt en,  HundelsaLschlosae  an  maeben  und  die  Seide  baldigst  dem 
Konditionieren  zu  unterziehen. 

Das  Trocknen  bis  zum  absoluten  (wasserfreien)  Gewicht  wurde  zuerst 
von  Talabot  (1832)  empfohlen  nnd  als  Vergünstigung  gegen  den  Ho- 
dna  des  früheren  Ter&hrens  ein  Zuschlag  von  10 ^/o  zu  dem  Gewicht 
der  wasserfreien  Ware  vorgeschlagen.  Sein  Ai)jianit  und  die  Arbeitsweise 
des  Küüditionierens  verdienen  des  geschicbtlicheu  Interesses  halber  erwähnt 
zu  werden.  Der  Trockenapparat  bestand  aus  einer  mit  heisser  Luft  an- 
gefüllten zinkenen  Oloeke,  in  weleher  man  einige  der  Partie  entnommen^ 
Sndcostrittge  an  einer  den  Namen  „balanee  direetrice"  fahrenden  Wage 
befestigte,  bis  zum  wasserfreien  Zustande  trocknete  und  WOg.  Dann  wurde 
die  gesamte  Partie  mit  der  balanee  directrice*'  —  au  deren  einem  Ende  ein 
frischer,  der  vorher  getrockneten  Probe  gleicliwiegeiider  Strang,  am  anderen 
Ende  dagegen  ein  Gewicht  befestigt  war,  das  dem  absoluten  Gewichte,  zu- 
züglich 10**/o,  gleichkam  —  in  eniaprecbendem  Trockenranm  so  lange  bei 
35"  C.  unter  Anwmdnng  von  heisser  Lnfb  getrocknet,  bis  die  Wage  ins 
Gleichgewicht  kftm.  Hierdurch  war  festgestellt,  dass  der  Strang  und  somit 
die  Partie  bis  zum  Handelsgewicht,  d.  i.  dem  aKsoluteu  Gewicht  plus  iO% 
Znschlag  ausgetrocknet  war.  Nun  wurde  die  Partie  rasch  gewogen  und  so 
ihr  konditioniertes  Gewicht  festgestellt.  Versuche,  die  man  gleichzeitig  mit 
dem  Us  dahin  ftblichen  Konditionierrerfiahren  nnd  dem  von  Talabot  an- 
gestellt hat,  fahrten  an  solchen  Differenzen,  dass  sich  das  „oomittf  conanl* 
tatif  des  arts  et  manufactures^'  genötigt  sab,  eine  specielle  Kommission  zur 
Prüfung  des  Konditionierverfahrens  einzusetzen.  Die  Resultate  dieser  Versuche 
waren  die,  dass  man  das  bisher  übliche  Verfahren  ak  unrichtig  erklärte, 
nnd  die  Lyoner  Handekkammer  wurde  beauftragt,  die  Apparate  tou  Talabot 
überall  aubustellen;  die  neueKonditiQnieranetalt  wardel838  in  Betrieb  geaeteL 
Clleidneitig  erkannte  man,  dass  es  durchaus  nicht  nötig  ist,  mit  der  ganzoi 
Partie  an  optieren,  sondern  dass  ca  vielmehr  genügt,  derselben  einige  StrftDge 


Digitized  by  Google 


Du  Konditionieieo. 


487 


als  Muster  za  entnehmen  nnd  zn  konditionieren.  Allerdings  bereitete  das 
Entnehmen  der  Muster  iiiifäii^'lich  grosse  Schwierigkeiten,  weil  man  es  für 
nnnragunglich  notwendig  hielt,  class  jede  dieser  Proben  genau  dem  W  asser- 
gebalt  der  gesammten  Partie  eutjjprechen  müsse;  es  wurden  sogenannte 
„appardls  a  ^ailibrer*'  konstmiert,  in  weloben  die  Feuditigkeit  mner 
Partie  dtireli  starken  Laftzng  gleichmisBig  in  deraelben  verteilt  vnrde.  Bold 
aber  erkannte  man  die  ün/uiringlichkeit  eince  «olchen  Verfahrens,  nnd  nm 
die  Feliler^cnzen  zu  vermindern,  wurden  von  nenem  immer  grössere  Proben 
zur  Konditionierung  herangezogen,  trotzdem  Talabo t  erklärt  hatte,  dass  mehr 
als  150  g  nicht  mit  Gewisshät  bis  zum  absoluten  üewicht  gebracht  werden 
U^nnien.  Nanb  langwierigen  VerBochen  kam  man  snm  Ergebnis,  dass  eine 
Difbrens  von  ^t^%  awiseben  Absolntgewiohtsbesttmmnngen  sweier  der  Par- 
tie angehSrenden  Stränge  innerhalb  dir  experimentellen  Fehlergrenzeu 
Hege  und  zulässig  sei.  Der  nnn  als  nmfsgel)end  anerkannte  A]>parat 
von  Talabot  wurde  ailgemeiu  genehmigt  und  insofern  vervollkoummet, 
als  die  Heizung  des  glockenurtigeu  Raumes  durch  in  der  Doppelwandnng 
eirkalierendm  Dampf  erfolgte;  die  nene  Yorricbtnng  IHt  indessen  an  dem 
Obelstand,  da»  die  Trocknnng  ziemlieb  lange  Zeit  (etwa  5-  6  Stunden) 
in  Anspmcb  nahm.  Im  J.  1853  wurde  von  Persoz  die  Heizung  de.s  Kon- 
ditioniert pparates  mit  beisser  T/uft  statt  mit  Dampf  eingeführt,  die  sich 
auf  das  S  oilkommenste  bewährte;  nachdem  noch  von  Rogeat  einige  Ver- 
besiverungen  im  Manipulieren  mit  dem  Apparat  vollzogen  waren,  erhielt 
der  Eonditionierapparat  unter  dem  Namen  Talabot>Persox- Rogeat  seine 
gegenwirtige  Gestalt. 

Die  wesentlichen  Teile  eines  zur  Feststellang  des  abeolnten  Geirichtes 
dienenden  Künditionierapparates  sind: 

1 .  ein  im  Keliergeschoss  der  Anstalt  aufgestellter  Lufterhitzungaapparat 
(eal<niföre); 

2.  ein  Trockenkasten,  in  welchem  der  Seide  die  Feaehtigkeit  entzogen 
wird,  tmd 

3.  eine  besonders  cnipfiudliclie  Wage. 

Der  Kalorifer,  der  im  ist  mit  Coaks  geheizt  wird  nnd  au  dessen  heissea 
Flächen  sich  die  vorbeiströmende  Luft  erhitzt,  liefert  zwei  Luflströme,  einen 
Ton  120^  C.  nnd  einen  dnrch  die  Nntabarmaefaung  der  verlorenen  Wärme 
dee  Ofens  eneogten  kübleren,  dessen  Bestimmung  wdter  unten  orSrtort 

wird.  Fig.  267  ist  ein  senkrediter  Durchschnitt  eines  Trockenkastens 
des  Kondiiionierapparate«?.  Ein  Kalorifer  versieht  gewöhnlich  mehrere 
(H  bis  12)  kreisförmig  angeordnete  Trockenappamte,  denen  die  Heiss- 
laft  vermittelst  einzelner,  aus  dem  Ofengewülbe  miindeuder  Rdhren  za* 
geführt  wird.  Der  Trockenkasten  besteht  ans  einem  mit  «nem  Doppel- 
mantel  umgebenen  starken  Bleefacjlinder  C,  der  eine  Höhe  von  l^lb  m, 
einen  Durchmesser  von  0,40  m  nnd  einen  Ranminhalt  von  ca.  100  1 
besitzt.  Der  heisse  Ijuftstroni  tritt  diircb  das  Rohr  A  in  den  unteren  Teil 
B  des  Apparates  ein  und  verteilt  sich  in  32  Röhren     durch  welche  er  in 


den  eigentücheii  TMwDHiim  D  gelangt.   Dw  k&kln«  LafMram  wnd 

dem  Apparat  durch  «inen  das  Rohr  A  amgebenden  Kanal  zagefilnt,  kommt 
durch  den  Zwischenraam  der  beiden  Mäiitt-l  nach  olw-rhall»  eines  perforierten 
Deckels  und  tritt  durch  die  Öffnant;en  dt  >  letzt»  ren  in  den  Trockenraum  D 
ein.  Durch  die  UmiichaUuiig  der  Ventilklappe  \'  und  ElegulieruDg  des 
ZotrittB  des  kühleren  Luftttroms  Termitteki  ebes  Handgriib,  dmen  Be- 
wegungen die  OAmngen  Sm  Oeckeb  r  ftof-  ani  alwdiliwwi,  kau  die 
ZnaunmensetzuDg  der  Loftmischung  im  Apparat  beliebig  hergestellt  and 
somit  eine  konstante  Temp-  ratur  erreicht  werden,  welche  je  nach  der  Gattung 
der  S''i(le  erfahrangsgeinii-ss  in  den  Grenzten  von  HO — 115  variieren  kann. 
Durch  Klappe  M  und  Ilöhren  E  gelangt  die  Luft  nach  dem  zum  bchuru- 
•tein  Iftbrnülai  KantL 


tCT.  Bebnltt  durch  etnen  KoDditlonlenpparmt. 


Die  Stränjx«"  wenlen  am  Arme  der  Wa^^e  vemiittelst  eines  Haken- 
kranzes frei  schwebend  befestigt,  so  dass  sie  gänzlich  iu  der  Trockeukammer 
hängen.  Der  Imhm  Lnftstrom  entzieht  der  Seide  das  Wasser  rnnd  tritt  mit 
F«iMiitigkett  beladen  dnreh  die  Absogtri^hren  in  die  fo8Baie*Iiaft.  Dam 
Trocknen  geschieht  bis  znm  konstanten  Gewicht,  was  ca.  '/«  bis  eine  Stoodtt 
in  Ansprach  nimmt;  es  wird  von  Zeit  zu  Zeit  kontrolliert,  indem  man 
gleichzeitig  die  Luftströme  abschliesst.  Da  das  Abwägen  unter  Abschlags 
der  äusseren  Luft  geschieht,  so  läuft  die  Seide  nicht  Gefahr,  die  Fenchtig- 
keit  wieder  aufzunehmen. 

Die  WSrme  der  abaiebenden  LnftzQge  wird  in  Konditiooienppanteii 
«in^er  anderer  Systeme,  wie  Ton  Mileai  der  Toriaer  Anstalt,  in  der  Weiae 


.i;ju,^cd  by  Google 


Dm  KonditioDiersiL 


489 


nntilMr  ganHUilitt  da«  bwm  Ttoek«ii1fainmeni  dux«b  eb  Röluensystem  mii- 
einandar  nrimBdan  nnd  und  die  yerloreiie  Wfauw  des  Konditifwierens  zum 

Yoitrockneil  firiaeher  Proben  im  zweiten  Apparat  verwendet  wird.  Statt 
der  Heizung  vermittelst  des  Kalorifers  ist  in  einigen  Konditiouieratistalten, 
wie  in  Basel,  die  Gasbeizaug  eingeführt,  die  den  Vorteil  der  Einfachheit 
und  Sicherheit  m  der  Mauipulaliou  bietet,  sich  dagegen  ziemlich  teuer  stellt. 
Zur  RoguUeroBg  dw  Tempwatar  aind  —  iiMiit  Tennitlelat  elaktiiMsheii 
Sferamea  antomatiidi  irirkende  —  INaiennongiilatoien  aogebneht,  die  don 
Zafluss  von  Lenchtgas  vcrgrüssem  oder  beaehiSiiikeD. 

Der  allgemeine  Verlaut  Kouditionierverfahrens  ist  knr2  der  folgende: 
Die  Seidenpartie  wird  auf  einer  bis  0,0001  kg  enipfindliclien  Wapfe  ge- 
wogen und  denselben  drei  Stränge  zu  ca.  500  g,  die  genau  abgewogen 
werdeni  an  -vanehiedenen  Btalleii  der  Partie  entnaiiiiiieii.  Vor  dem  Troeknmi 
im  eigentUahm  Apparat  werden  die  entnommenen  Proben  in  den  aogen. 
„appareils  de  preparatiou'^,  welche  ans  blechernen,  durch  die  dem  Apparat 
abstromeude  T.uft  geheizten  Kammerchen  bestehen,  vorgetrocknet,  was  die 
Dauer  des  eigeutlichen  Konditionierens  beträchtlich  abkürzt.  Durch  Um- 
rechnung des  Verlustes  beim  absoluten  Trocknen  iu  Frozeuteu  erhält  man 
2UllleD,  die  bei  den  iwm  riner  Pftrtie  «itnonunenen  Proben  nicht  ftber 
0,35*^  differieren  dSrfen;  in  entg^jengeaetstem  Falle  ninunt  man  die 
Fenebügkeitsbestimmung  der  dritten  Probe  vor. 

Es  wurde  durch  Vereinbarung  festgesetzt,  die  Seidcufaser  mit  "'m 
Wassergehalt  als  Normalhandelsware  zu  lx.'trachten,  woraus  hervorgeht,  dass 
100  kg  derselbeu  aus  90,01;)  kg  Seide  und  9,91  kg  Feuchtigkeit  bfötehen; 
in  der  Prazw  ninunt  man  den  Waaaergebalt  ala  10*/«  an  und  bestimmt  daa 
IKmdelsgewidit  der  konditionierten  8^de  dadueb,  daaa  man  an  dem  abeo- 
luten  Gewichte  derselben  den  aus  der  Gleichung  z:  100  =  100 :  90  hervor- 
gehenden Zusatz  von  ar=  11,11  per  je  100  kg  Absolutgewicht  znzählt. 
Die  letztere  Zahl  t,  w«>1c1u'  den  Namen  Tolerauzzahl  (taux  de  reprise)  führt, 
ist  der  Einfachheit  halber  allgemein  durch  11  ersetzt  worden.  Das  kon- 
ditionierte Gewieht  iet  sonit  daa  abaolnt«  Gewieht^  dem  tl%  desselben  an- 
geiihlt  wird.  Da  die  Seide  .darobsebnittlich  mebr  als  11%  Feuchtigkeit 
enthält,  so  ergiebt  sidl  beim  Konditionieren  ein  Verlust,  der  leicht  berechnet 
werden  kann.  Nennen  wir  F  den  Prozentgehalt  der  Seide  an  Feuchtigkeit 
und  r%  den  Verlust  beim  Konditionieren,  so  crj^nebt  sich  der  let7;tere  ans 
der  Gleichung  K=l,lli^ —  11.  Bei  der  Toleraazziiiii  t  und  dem  fukti- 
sehen  Gewicht  einer  Partie  p,  ist  das  konditionierte  Gewidit,  nämlich  gleicb 


raid  demgamlsa  der  Emiditiomerverhist 

^^_j?[(100-f  0  j^-lOOQ 
~  10000 
was  bei  j)  =*  100  (in  Proaenten  aosgedrOckt)  sieb  in 


Digitized  by  Google 


490 


Dm  KonditioiüeMn. 


*  ~  7 
verwandelt.  Bei  der  Toleranzzahl  f  —  It  ist  drmnacli  F=  (1,1 1  P —  11)%; 
damit  V=0  wird,  d.  i.  in  einer  Nor malhaudelä wäre,  die  nielits  verlieren 
soll,  mu8s  P=  1100  ;  III  =  9,91%  sein,  wie  bereits  ausgeführt  worden  ist 
Bei  em«m  Wassergehslt  von  9%  betri^  dw  Vwlnst  beim  Konditionteren 
minus  1,01;  der  Handelswert  der  Partie  ist  somit  grösser,  als  ihr  faktisches 
Gewicht;  bei  einem  Feuchtigkeitsgehalt  von  15%  ist  der  Verlust  5,6ö. 
Durchschnittlich  enthalt  <lip  Seide  11  —  1-%  Waaser  und  der  Koiiditiouier- 
verlust  schwankt  in  den  (irenzeu  von  1,5  hin  2,6%  des  faktischen  Ge- 
wiohtes.  Infolge  dar  geringeren  Hygroskopizität  und  d«  somit  kldneieD 
Eonditjoni^erlnRtes  ist  es  Inlligf  Aiss  vcuAk  die  eventoelle  Tolemucabi  liei 
der  abgekochten  Seide  weniger  als  11%  betrage;  auf  Grund  praktischer 
Versuche  ist  dieselbe  auf  durc  lisclinittlich  9,2.')  festt^csetzt  worden  Der 
Komlitionierverlust  ist  im  aüiTcmoiueu  aas  leiclit  verstand  liehen  Gründen 
im  bommer  kleiner,  ab  wahrend  der  nassen  Witterung.  Nachsteheude 
SSftblen  zeigen  die  DarehBchnitiarerliiete  beim  KoacKtimderai  in  versebiedeiien 
Monaten: 


Januar 

1,66 

Februar 

1,66 

MSrz 

1,54 

April 

1,38 

Mai 

1,20 

Juni 

1,12 

Juli 

1,25 

August 

1,15 

September 

M6 

Oktober 

1,48 

NoTember 

1,76 

Dezember 

1,69 

Es  scheiut  auch,  dass  die  Methode  des  Haspeins,  sowie  die  Art  der 
Zwiraung  die  hygrusküpisobeo  Eigeuschiiften  der  Seide  beeinflassen;  dw 
dnrehscbnittlicbe  Verlost  des  Organsins  betr&gt  1,66%,  bei  der  Trame 

2,421%  und  bei  der  Grege  1,885%.  Nachstehende  Tabelle  zeigt  einen 
Vergleich  zwischen  dem  Feuchtigkeitsabsorptiousvermögen  der  rohen  und  der 
entbastetea  Seideufaser  bei  gegebenen  gleichen  Atmosphäreverbältnissen. 


Temperatur 

Hygrometer 

roh 

entbastet 

10** 

67 

10,33% 

8,86% 

10» 

87 

11,61,, 

10,95  „ 

15* 

59 

9,25  „ 

7,87  „ 

ly 

84 

11.37  „ 

10,40  „ 

22" 

58 

8,17  „ 

6,94., 

22° 

60 

8,93 ,, 

7,72  „ 

00° 

67 

9,48« 

7,96,, 

Die  statistischen  Daten  des  Konditionierens  sind  sowohl  für  den  Han- 
delsverkehr des  gegebenen  Industrieplatzes,  wie  auch  für  die  Art  und  Her- 


')  Persoz,  Le  conditionnement  de  la  aois. 


Digitized  by  Google 


Dm  KoaditiMieMD.  SUthlik. 


491 


Ininft  der  war  Fahrikfttion  haraugezogenmi  Seiden  beseidmetid,  und  endiei- 
neu  die  Beridite  dftrfiber  ebeiso  zegetaidtorig,  wie  die  IbrUiaaeweiae.  In 

allen  wichtigeren  Centren  des  Seidenhandels  und  der  Industrie  sind  öffentliche 
KonditionieraJistiiUen  erriclitet  worden,  die  sich  nn-opr  der  Feststellung  des 
Handebgcwlclit-s  der  zum  \  erkehr  ^gelangenden  Seidenpartieu  noch  /uweileu 
damit  befikisen,  die  Titer-,  Festigkeits-  und  Kiai«tizitäts\rerbültui8»e  der  Faser, 
aowie  ihiw  Ycilnei  beim  Entsc^len  feetnwtellen.  In  Frankreich  giebt  es 
gegenwftrtig  16,  in  Italien  20  Eonditionieranatalten,  Dentaeliland  beeitit 
deren  4,  in  Crefeld  (seit  1843),  Elberfeld  (1844)  and  in  kleinerem  Hale- 
8tftV>p  in  Aügsbnrg  und  Berlin  (1892).  Nachfolgende  Tabellen  gewähren 
eiueii  Einblick  in  die  Verkehrsverhältnisse  der  wichtigeren  Sitze  der  iSeiden- 
iadustrie,  sowie  in  die  zur  Verarbeitung  gelangenden  Arten  der  Seideugespinste. 
Der  Gebranch  dee  KooditioiiieranB  bürgert  ridi  nielil  nnr  fttr  Seide,  sondern 
auch  schon  liir  Wolle  nnd  verwandte  GeepinatBuem  mit  jedem  Tage  mehr 
ein  und  ist  heutzutage  nicht  nur  far  die  echte,  aondem  anch  für  die  Ab- 
fallseide und  Tussali  gel)räuchlich. 

Die  Entwickelnng  der  z.  Zt.  wichtigsten  Konditionieranstalt  zu  Ljon 
aeigt  folgende  Tabelle;  es  wurden  konditioniert  (kg): 


1807  , 

.    .  362557 

1875  . 

.    .  4477521 

1824  . 

.    .    634  702 

1880    .  . 

.  4652535 

1844  . 

.    .  13Ü18Ö9 

1886  . 

.  5111424 

1862  . 

.    .  3515634 

1890  . 

.    .  4407236 

1870  . 

,   .  2224877 

1892  . 

.  6022402 

FoIl'*  nde  Zosamnienstellnng  zeigt  das  Verhaltnia  der  Seiden  veiaohie- 
dener  Provenieaz  der  Ljoner  Kondition: 


Total 

Reaak- 

IlaUea 

Spanien 

LeTBoie 

BcoMa 

Bragal 

China 

Japan 

kg 

xeieh%' 

% 

% 

% 

% 

•/. 

1861 

2533652 

32,62 

17,03 

4,93 

9,29 

8,50 

27,63 

1866 

2J99741 

31,29 

25,67 

4,64 

4,64 

8,69 

11,02 

14,05 

1871 

2880286 

37,01 

28,44 

3,58 

2,50 

3,49 

16,99 

7,99 

1876 

5G752Ü8 

19,81 

20,83 

1,U6 

2,71 

3,12 

3,92 

33,26 

14,39 

1881 

5348035 

16,97 

26,79 

2,31 

2,22 

2,16 

2,05 

32,94 

15,56 

1886 

5047565 

13,12 

25,40 

1,03 

3,77 

2,97 

2,08 

37,33 

14,29 

1891 

5013512 

12,72 

17,34 

0,84 

5,47 

4,02 

6,52 

31,90 

21,1» 

Den  Mengen  naeh  (kg): 

1888 

Japan  10J8374 

Italien   893549 

China   890253 

Kinton   821420 


1894 

1371840 
627276 
962054 

1043469 


Übertng  3653696 


3994639 


Digitized  by  Google 


492 


Du  KonditioiiiBreii.  Btatulik. 


1888 

1894 

Übertrag  3653596 

3994639 

Frankreich 

.    .    .    .  65fifilO 

637084 

Piemont 

.    .    .    .  1^6314 

133413 

Syrien 

.    .    .    .  19Ö234 

250937 

Toanh  . 

.   .   .   .  163822 

896074 

ftrossa 

.    .    .   .  129226 

272490 

Bengal  . 

.    .    .    .       79  726 

66254 

Spanien  . 

.    .    .    .  Ö3489 

36033 

Diverse  . 

.    .    .    .  55504 

Total  5183620 

5785924 

Der  Gespiiiitait  luoli  wude  kollationiert  (1891): 

Oiganriii   1029156  kg 

Trame   686823  „ 

Grege   3297533  „ 

Die  eebweiieriieben  EanditiaiuemMtatteD  ligielnertMi  1890: 

285493  kg 


Trame    {'""JT ' 

\  asiat.  „ 


38816 
101736 
296843 

35996 
340416 


n 


europ. 
asiat. 


Total 
Herkunft 


423224  kg 
„  767077  „ 

Int  ganzen  1 190301  kg 


Die  Züricher  Anstalt  wog: 

1888  1889 

OrgaueiB     353934  384195 

Trame         406283  408248 

Grege  392375  446282 

Davon  wunden  konditioniert: 

Im  ganzen    871115  937730 


1890 
824309 
398579 
376413 

846*254 


1891 
359907  kg 
402832  „ 
417628  M 


Je  nach  der  Provenienz  verleilen  sicli  die  in  der 
(1891)  geprüften  Seiden  folgendermafsea  (kg): 


912836  „ 
ZOrieker 


Organsin 

Trame 

Grige 

Total 

Frankreich 

1417 

III 

82 

1640 

Italien 

324838 

113838 

45863 

484539 

China 

21215 

105960 

179622 

306747 

gelb 

43 

25394 

34605 

60012 

Tussah 

1988 

3212 

9162 

14352 

Japan 

9369 

151662 

147904 

308925 

Diverse 

1047 

1666 

490 

3142 

359907 

401842 

417718 

1 179357 

Dm  KoBiditäoBUNB.  fitatirtft 


49a 


D«r  Herkunft  naeh  (1894): 

ItaUen   463350 

Japan   402826 

China  weiss   244905 

China  gelb  61494 

LeTante,  Kanton   40741 

Tamil   33376 

Fknnlcraidh   .  3420 

1250110 

Die  deutschen  Konditionieranätaltfin  weisen  in  den  letsten  Jahren 
folgenden  Verkehr  auf.  Mberfsld  konditionierte: 


Italien  Qrgansin 
Trame 


lb90 
139366  kg 
13339 


IT 


1891 
167677 
14621 


gegan: 


„  Grege 

50804  „ 

72  690 

«t 

Ghina  Orgaasin 

•27  702  „ 

24  635 

ti 

„  Trame 

23838  „ 

20297 

n 

Bengal  Orgaasin 

2878  „ 

738 

n 

„  Trame 

4878 

4491 

n 

Japan  Oiganam 

3340  „ 

4690 

n 

„  Trame 

81800  „ 

18623 

ti 

287944  kg 

328262  kg 

Italien 

China 

Bengal 

Japan 

Total 

1894 

301517 

62790 

7866 

27842 

400015 

1889 

S76619 

64864 

7607 

41671 

380061 

1888 

918866 

43663 

8676 

28766 

294769 

1887 

172854 

53953 

5145 

26799 

258721 

1886 

164987 

58224 

7  954 

25914 

257079 

1885 

132378 

45261 

16433 

17810 

211882 

Grefeld  konditionierte  (kg): 


1891 

1890 

1889 

Lombardei 

314603 

296247 

470836 

Piflmoiit 

63182 

62400 

66193 

Frankreieb 

5161 

3870 

6489 

Spanien 

1058 

1308 

783 

China 

49579 

61041 

63446 

Japan 

38955 

32504 

58771 

Bengal 

6086 

21985 

10941 

Syrien 

86 

1810 

2896 

Oi«ge 

78256 

86966 

96223 

DWeKae 

638 

838 

1186 

647648 

667969 

776668 

Digitized  by  Google 


494 


Dm  Komttioiuer«.  BUtiatik. 


4aT0ik: 


(hganain 

Trarae 
Grege 


357855 
111431 
78256 


365830 
106174 
85956 


514723 
166707 
96222 


Die  Entwiekaltttig  des  GflsamtTerkelin  in  den  earopKiBeheaEondittooiBr» 
Anstalten  ergielyt  sich  aus  folgaid«r  Tabelle  0: 


1881 
1885 
1887 
1889 


Europa 

15858962 
13331 105 
142518(59 
18107575 
19012277 


Lyon 

5421654 
4439064 
4817587 
5879263 
6022402 


NUland 

3665180 
3614995 
3830250 
5182880 
5918795 


Naeh  den  einseinen  Konditionen: 


.  Darebaehnitt 


L  1880—87 

1888 

1892 

(  1894 

4500000 

Öl 83520 

6022402 

583964«^ 

St.-^ltienne  .... 

1319618 

1289801 

1150015 

178627 

167088 

181982 

140990 

2000000 

3195 

1917 

38339 

30900 

259846 

269290 

140766 

67898 

St.-Chamond    .  .  . 

226938 

1 92201 

650000 

581525 

658585 

652223 

Elberfeld  ..... 

200000 

296849 

432683 

400015 

1650000 

1  1697446 

12vo:^,oi 
708442 

1250168 
636427 

Wien  

213558 

271248 

Turin  ...... 

fiOOOOO 

617839 

658096 

559932 

a50oooo 

4638306 

6918795 

5775270 

164827 

156680 

187210 

205405 

i 

189968 

182346 

63826 

28282 

900000 

88563 

83926 

10330 

7705 

1756 

1995 

44558 

2735 

2542 

7079 

47094 

36492 

I  13900000  j  14234502  |  18902530  |  18117864 


*)  AMOoiadone  dali'  ladiuteia  e  dd  Oomnenio  delle  aete  in  Italia.  Ifilano  1891. 


•  4 


Du  Titriami. 


496 


In  der  Campagno  1894/95  belief  ueH  der  Umsatx  enropftiecher  Kon- 
ditionen auf  19330000  kg. 

* 

Ausser  dem  Konditioniereo  wird  die  Seide  nocii  einer  Prüfting  unter- 
worfen, welche  far  ihre  weitoe  Verarbeitung  von  grösster  Bedeutung  ist; 
ea  ist  dies  die  BesUmmnng  der  Faserfeinheit,  die  für  den  Handelswert  der 
Seirlc  einer  der  marsgeb^dstm  Faktoren  ist.  Begrei'fliclu  r weise  hängt  die 
F;iilt  iifeinlieit  der  Grege  sowohl  von  der  Anzahl  der  Kokonfaden,  wie  von 
di  r  individuellen  Fpi'dspH  der  letzteren  ab.  Was  die  Feinheit,  resp.  den 
Durchmesser  der  Kokoufädeu  anbetritt't,  so  häugen  sie  von  der  Rasse  und 
Herkunft  dereelben  ab  and  schwanken  demgemäss  innerhalb  ziemlich 
weiter  Oraixen.  Es  ist  6ften  behauptet  worden,  daia  der  geringere 
Dnrdiinesser  des  Kokon&dens,  resp.  die  grössere  Feinheit  der  Seidai- 
faser,  auf  die  Aasartung  der  Rasse  hindeutet;  diese  von  Hutton  ge- 
äusserte Ansicht  findet  ihre  Bestätignnf^'  hi'i  einiiren  Bombyxarten,  deren  Seide 
feiner  ist,  als  die  des  B.  mori  und  bei  douen  andererseits  die  Uegenerierung 
mit  Ctewissheit  festgestellt  worden  ist*).  Wie  schon  oben  erörtert  wurde, 
spinnt  die  Seidenranpe  dnrchana  keinen  gleielunisdg  didron  FadMi.  In 
den  nacfastehmden  Tabellen,  in  denen  die  Feinheit  der  Eokonföden  (im 
nachfolgenden  stets  als  Seiden  faser  bezeichnet)  verschiedener  Provenienz 
dargp«!t(>l]t  ist,  wird  nh  solclio  der  grösste  in  der  Mikrometeiskaia  wahr- 
nelimbare  Durchmesser  betrachtet. 


Harknnft  und  BaMS 

Fenlmt 
ia 

Titer  ftOO  m 

{1  CS  0,001  mm 

« 

1  deoiec« 

Italien,  weisse  Bassen 

27,4 
31,6 

30,2 
31,7 

0,113 
0,134 
0,138 
0,171 

2,13 
2,52 
2,59 
3,22 

gelbe  Rassen 

AscoH  (Bergamo)  

Klein  Mailand  (Mailand)      .  . 
Carpinose  (Toscana)  .... 
Pestellina       „  .... 
Sardinien-Italien  (Toscana) 
Korsikä-Italini  „ 

26,8 
31,9 
31,4 
31,6 
30,3 
32,6 
30,2 

0,195 
0,160 
0,1  oy 
0,147 
0,169 
0,159 
0,128 

3,67 
3,01 
3,00 
2,77 
3,00 
3,00 
2,41 

*)  JeotB.  «r  the  Afrie^  and  Hortio.  Soo.  of  India,  ISM,  XT.  31. 

Digitized  by  Google 


496 


Dm  TitmftB.  Titor  d«r  KokoBfiMtr. 


Feiobeit 
=  0,001  mm 


500 


grünt'  Rassen 


deniers 


27,9 

0,148 

2,78 

Frankreich,  gelbe  R>5aPD 

I 

C^Tennes  (Card)  

Grom-Var  (Var)  

Mittel-Var  „   

Klein-Var  ..... 
Bione-Yar  (Dr6me)  .... 
Alpen  (Alpet  ov.)  .... 

31,9 

30,6 

31,9 
29,9 

0,168 

0,185 

0,130 
0,140 

2,46 
3,17 
3.49 

2,46 
2,63 

weisse  Rassen 

Valleraugiie  (Gard)  .... 
Var  p4le  (Var)  

Var 

31  7 
32,2 

30,6 

0  116 

0,135 
0,142 

i\  tat 

2,18 
2,64 
2,68 

Spanien,  gelba  ff  ■MBU 

nonda  (Murzien)  

Konika  (Valenzia)  .... 

31,8 
dl,8 

0,146 

U,141 

2,66 

weisse  Rassen 

Gnuuiaa  (Valenzia)  .... 

411  7 
91,  f 

2,84 

Schweiz, 

gelb  Italien  (uriaoiuij     .    .  • 
grBn  Japan       „  ... 
wBMt  ^pmi  ... 

31,7 
29,9 
28,9 

0,165 
0,168 
0^124 

4  in 

2,97 
2,33 

Bulgarien, 

weif«!  einheimisch  ..... 

30,0 

0,121 

2,22 

Griechenland,  gelbe  Eassen 

31,4 
26,1 

0,126 
0,106 

2,37 
2,00 

weisse  Rassen 

29,8 

0,127 

2,39 

Tfirkei, 

grün  Japan  (Syrien)  .... 
wnm  Bagdad  (Biimm)    .  .  . 

30,9 
27,1 
31,6 

0,142 
0,162 
0,148 

2,67 
2,86 
2,78 

Digitized  by  Co 


Tilar  il«r  XokoafaMr. 


497 


Herkunft  und  Bassa 

Feinheit 

m 

m 

fb  =  0,001  mm 

Titsr  800  m 

fr         1  deniera 

Rnssland  (Kuii kftsus}« 

1 

gelD   laliscil  ^X>ttb>u;  .... 

Alf  9 

0  134 

1  2.AS 

Persien  (GhUaa), 

97  1 

1,84 

28  3 

0,1 14 

2,U 

Tndien , 

gelb  od.  weiss,  B.arrac.(Barniah) 

22,9 

0,135 

2,54 

gelb,  B,  Groesi  (Birbhum)  .  . 

1,60 

2,82 

1,00 

o  o  c 
2, OD 

ffrüul.-weiss,  B.  merid.  (Coiuba- 
tore  und  Caddapah)   .   .  . 

19,5 

^^^^ 

weiMt  B.  Groen  (S^mnpore) 

1,20 

2,26 

China,  weisse  Baasen 

Peh-pi-tsao  (Tschekiang)     .  . 

24,8 

0,099 

1,86 

Lun-yui  (Kuangtaog)     .    .  . 

20,7 

0,147 

2,76 

26,5 

0,136 

2,{>6 

geibe  Rassen 

Kiatsan  (Tscbekiang)  .... 

28,7 

V»,  lO  l  • 

»)  i7 

Uoang-kiao-tsan  (Ischekiaag;  . 

2^,4 

rt  1  in 

ii,U  1 

Sil  iLnfnntf 

91 

Bife,D 

U,V0V 

1,09 

Japan,  grane  Rassen 

0,172 

3,23 

S  ff 9 

0,156 

2,93 

weisse  Bassen 

Aka-schikn  (Iwashiro)    .   .  . 

28,4 

0,206 

3,87 

Ao-schika         „  ... 

'29,7 

0,187 

3,50 

Om-ttnu-zami   „  ... 

26,4 

0,180 

3,39 

Eo-isbi*niara  (Shinano)  .    .  . 

26,6 

Mata-mukasbi  ... 

25,6 

0,106 

2,00 

Fime-saii  ... 

26.5 

0,155 

2.91 

rsi-kua-^au  (Kuazuke) 

2ü,9 

0,123 

2,31 

oai'KiiBrsan  ... 

0,174 

3,27 

Koischin  China, 

22,2 

0,111 

2,09 

Kauibodscita, 

21,1 

0,096 

1,78 

18,4 

0,086 

1,62 

8tlb»Tn*aa,  Pia  Said«.  82 


Digili^iuü  by  Google 


498 


Titer  d«r  EokosfiMer. 


Fdnheit 

Barkinfl  und  Rmm 

* 

in 

Titar  600  m 

|L= 0,001  mm 

dmin« 

Tonkiu, 

28,0 

0,114 

2,U 

Marokko, 

26,8 

0,152 

2,b6 

Aus  obifffr  Tabelle  lässt  sich  ersehen,  dass  der  Titer  dem  Durchmesser 
der  Faser  niclit  proportional,  oder,  was  gleichbedeutend  ist,  dass  das  sp«c-i- 
fische  Gewicht  der  Seide  von  Kaase  zu  Kui^Me  variiert,  eine  Thati»aclie,  von 
welehor  spSter  noch  die  Rede  aein  wird. 

Was  die  Feinheit  der  wilden  Seiden  anhelangt,  eo  eind  die  bierför  anf- 
gestellten  Werte  so  verschieden  voneinander,  dass  es  thatmchlich  wünschens- 
wert wäre,  nnf  diesem  Gebiete  neue  Prüfungen  anzustellen.  Die  Differenzen 
haben  einerseits  ihren  Ursprung  in  der  Uaregelmässigkeit  der  wilden  Seiden- 
faser und  in  dem  Umstand,  dass  zur  Pr&fang  die  Fasern  aus  verschiedenen 
Schichten  des  Kokons  ohne  Unterschied  verwendet  worden  sind,  anderersdts 
iu  verschiedenen  Einweichungs-  und  Haspelverfahren,  wodurch  der  Kol  > n- 
faden  mehr  oder  weniger  von  der  BasthüUc  verlieren  kann.  Naclisteh»  lul 
sind  die  F'einheitszahleu  ftir  Seidenfasem  einiger  wichtigeren  Seidenarteo  in 
Viooo  aasgedrückt,  zusammengestellt. 


1« 


Wilde  Maulbei  rseide 
Bombyx  Textor  . 
Sinensis 
fortnnatm 
Croesi 
Theophila  Ruttuni 

„  uiaudarina 
Rondotia  nienciana 
Yamamayseide 
Indische  Tiusah 
Anth.  Frithii  . 
Chinrsi.sche  Tnssah 
Mooiigaseiile  . 
Äüth.  Perrotteti 
Actias  selene  . 
Aylanthosseide 
Eriascide    .  . 
Fagaraseide  * 


(Peres  deNneros) 

.  20 

.  15 

.  12 

.  12 

.  11 

.  26 


42 
64 

49 
55 
43 
66 

32 
37 
16 


(Wardle) 

20,3 


25 
18,1 
45,8 
68,7 

70,0 

68 

64,6 

48,5 
44,3 
34,7 
44,6 


Digitizuü  by  Li».)ogIe 


D»  M«Diniig  dM  Titen. 


499 


Aitaeos  anrota  .  . 
„  hesperoa 

orbiguyana» 
Samia  cecropia    .  . 
Telea  polyphemus 
Oricula  trifenestnia 
Philoaaini«  Walkeri 
Pachyposa  Otna  .  . 
Caligula  japoniea 


(Peres  deNneros)  (Wardle) 
40  — 


ao 

43 

32 

29 


61,2 
36,2 
17,1 
15,4 


Wie  schon  angedeutet,  ist  die  Feinheit  der  Seidenfiaser  ein  wicbtigeä 
Merkmal  derwlbok;  in  einem  beetimmten  Geiricht  dea  Seidenfadois  ^nd,  je 
naobdem  seine  Feinheit  grBeser  oder  kleiner  ist,  mdir  oder  we)ii<xer  Längea- 
einheiten  enthalten,  was  für  die  Webtrei  von  gröbster  BedeutTin<2; 
ist,  flu  es  nur  a^if  Grund  der  Titerzuhleii  möglich  ist,  die  Kalkulation 
auszuführen.  Es  geht  darau>j  hervor,  dass  die  im  Verkehr  vorkommenden 
Seidengespinstc  Angaben  über  die  Dieke  beaw.  den  Titer  dee  Sddenfadeoa 
enthalten  mSasen.  Wie  aber  bm  der  einseinen  Seidenfaser  nnr  das  mikio* 
metrische  Messen  eine  genügend  exakte  Feststellung  ihres  Durchmessers 
ermöglicht,  m  ist  ein  direktes  Messen  bei  der  Grege  und  in  verstärktem 
Mafse  bei  mulinierten  Seiden  nicht  nur  zwecklos,  sondern  aus  technischen 
Gründen  geradezu  unausführbar.  Da  man  andcrerseit»  dus  spedfische  Gewicht 
eines  und  deeselben  Seiden&dens  und  snnen  Dordimeaser  ab  ziemlieh  kon* 
stant  annehmen  darf,  so  kann  die  Bestimmnog  der  Feinheit  durch  Wiegen 
bestimmter  Langen  ersetzt  werden.  Diese  Feststellung  des  Gewichtes  einer 
durch  Yereinbarnng  festgesetzten  Fadenlänge  des  Seidenfadens  wird  als 
Titrieren  (titrage)  beaeichnet. 

Das  Titrieren  der  Seide  wurde  fraher  dturoh  Pri?ate  und  Kaufleute 
«nflgeAbt,  die  der  Gewissenhaftigkeit  mehr  oder  weniger  Bechanng  trugen. 
Im  Jahr  1812  wurde  von  Fabris  in  Malland  ein  Nemometer  benannter 
Apparat  konstruiert,  der  den  Faserdurchmesser  mit  ziemlicher  Genauigkeit 
angab.  Im  J.  1858  ist  bei  der  Lyoner  Kouditiouieranstalt  das  Titrieren 
zuerst  offiziell  anerkannt  und  alsbald  als  wichtiges  Moment  bei  der  Prüfung 
der  Seide  überall  eingeführt  w<nden.  Da  ein  dnhcitliclies  Maissystem  cur 
Zot  nieht  eiistiertft,  so  entstanden  in  den  Titrieranstalten  einselner  Linder 
und  Städte  verschiedene  Titriersysteme.  Nach  den  Beschlassen  des  in 
Brüssel  1877  abrrphaltenen  internationab>n  Knnjcresses  zur  Herbeiführung 
einheitlicher  iTariumraeriernng,  soll  die  Fcinii  i:  r]pr  Seidengame  nach  dem 
Decimalsystem  ausgedrückt  werden.  ludeäseu  werden  im  Betriehe  und  im 
Handel  noeh  viel&oh  die  früher  gebräuchliehen  Titer  Tcrwendet,  so  dass 
eine  genaue  Besprechung  Terschiedener  Titriersystemc  notwendig  erscheint. 

Das  ursprüngliche  Titrierverfahron  bestand  darin,  dass  man  einen  Faden 
von  9600  Pariser  £Uea  (Aune«  118,89  cm)  abhaspelte  und  mit  Deniers, 

82* 


MX) 


YanbUwIcm  ISWenpteiM. 


deren  3S4  mf  du  aUe  finunarfeelie  Pfand  Qme  de  Memtpelüer  =  489,5  g) 
^Bgen,  weg*  Znr  BenklmiiBg  der  Fadenfeinbeit  gab  man  bIm  an, 
wieviel  Deniers  einer  Fadenlange  von  9600  Aimei  entoprachen.  Spä- 
ter vereinfachte  man  das  Verfahren,  indem  man  nnr  Her  obigen 
Failtiilänge,  also  400  Auües  =  476  m  und  zwar  mit  dem  \!.J^  Teil  des 
früheren  Gewichtes  Denier,  dem  Gran  (grain)  wog;  daa  Verhültuiü  iai  dem- 
nach das  gleiche  geblieben,  nur  behielt  man  den  Aoadniek  ,,denier**  als 
Beaeittbnung  des  Titers  statt  „Qnun"  bei.  Da  aber  das  Gran  in  verschie- 
denen Ländern  verscbioden  gros?;  war  (Frankreich  0,05311  g,  Piemont 
0,0ü33(),  Lombardei  0,05110  ii.  s.  w.),  während  die  Fadenlängt*  überall  die- 
selbe geblieben  ist,  so  ergaben  sich  schon  damals  verschiedene  Systeme. 
Nach  der  Einfthnmg  dw  mciriseben  ESnheiten  wurde  dieses  System  inso- 
fern abgeimdert,  als  man  statt  der  400  Efllen  die  Sqmvalente  I4bige  von 
476  ni  (475,378  m)  verwendete;  es  resultierte  daraus  das  sogenannte  alte 
firanzösischi'  Systuru,  das  noch  heutzutaijp  mancherorts  üblich  ist.  Der  alte 
Turiner  Titer  entsprach  dem  Gewichte  von  476  ni  in  Deniers  von  0,05336  g. 
Unter  den  Titcm  neueren  Datums  sind  zu  erwähueu:  der  neufranzösische 
(seit  1856),  der  einer  FWlenlinge  von  &00  m  nnd  GewiehtBeinhMt  von 
0,06311  g  entspridit;  d«r  nentalimisdie  mit  4A0  m  und  ^em  Denier  von 
Of06  g  (in  BfaUand  und  Turin  seit  1HG1);  der  schweizerische  mit  460  m 
nnd  einem  Denier  von  0,053,  später  0,05  g;  in  ÖLHitschlatid  waren  für 
lombardisclif  Seidt  a  die  Längen  von  476  m  und  daä  Miiiläucüsche  Denier 
von  0,051  g,  für  die  Piemonteser  Gespinste  dagegen  die  Turiner  Deniers 
von  0,06336  g  gebrKnchlieh,  so  dass  bis  1876  auf  dem  Kontinent  drei 
Titriemngsmetiiodeu  bestanden.  Auf  Anregungen,  die  wihrend  der  Wiener 
AuKttellung  (1873)  gegeben  wurden,  hat  eine  Vereinbarung  der  Seideu- 
intcrfsscnten  stattgefunden,  die  zur  Basis  des  Seidentiters  das  metrische 
Decimalsystem  wählte.  Kach  dem  BrU.sKeler  Beschlnss  soll  der  Seidentiter 
durch  die  Zahl  ausgedruckt  werden,  welche  das  Qewi^t  «kam  Xiingenemh^t 
von  600  m  in  Halbdedgrammen  ansgedrOekt,  angiebt.  Da  die  anderen 
GespinstfiMsm  als  Längeneinheit  1000  m  und  als  Gewichtseinheit  1000  g 
benntzen,  so  würde  No.  l  des  Seidentiters  der  No.  10000  und  die  No.  20 
der  No.  200000  der  anderen  Gespinste  entsprochen  ha^en.  Mau  liat  hier- 
von aber  zum  grössteu  Teil  wieder  Abstand  nehmen  zu  müssen  geglaubt, 
wdl  die  HandelsgebrBnehe  der  das  Seidengewerbe  treibenden  lAnder,  von 
j^r  als  Skala  der  Nnmeriening,  das  Taünderlidie  Gewusht  einer  konstanten 
Fadenlänge  angenommen  haben.  Daher  zählen  die  Seideniudustriellen  noch 
nach  den  verschiedenen  alten  Titern,  während  viele  Uaspelanstalten  bereits 
den  internationalen  Decimaltiter  eingeführt  haben. 

Man  kommt  deswegen  Öfters  in  die  Lage,  die  in  einem  System  an»' 
gedruekten  Titerwerte  in  die  eines  anderen  Systems  umwandeln  sn  müssen. 
Beseiebneu  wir  mit  t  den  Titer,  welcher  in  der  Längeneinheit  I  und  denier 
d  ansgedrickt  ist,  so  wird  derselbe  nach  tmm,  anderen  System,  in  welehnn 


üigiiizüü  by  Google 


UmwwidlQiig  dar  TitemüilaD. 


601 


die  Ubogendiiheit  V  mid  em  denier  d*  nir  Anwendung  konunent  nna  der 
Foxmel 

zn  berechnen  sein.  Um  z.  B.  die  ueuitalienische  Tiierzahl  46  den.  nach 
dem  neafranzöeischcn  System  atuNsudrücken,  haben  wir 

0,05  ■  500 

oder  9  =  48,1  den. 

Der  lelntire  Wext  vendiiedaier  Tiier  let  dnreh  folgende  YeigleidiB- 
tabelle  »negedrOekt: 

llt^ienifidach  -  ,  1,0000 

Nea-      „    0,9520 

Ali-itaUeniBch   0,9956 

Neu-      „    1,0046 

Schweizerisch   1,0580 

Dedmaltiter    1,1162 

Tn  Amerika  wird  der  Titer  der  gezwirnten  Seide  pro  1000  Yarde 
Fadenlänge  in  drams  (1,77  g)  ang^eben. 

Der  Decimnitiler,  der  der  üin&eUittt  Imlber  d»  vortdUaftate  ist, 
bat  bie  jetet  nieht  die  gebSkreode  Beeeiktang  gefunden;  es  edieint  indeflsen, 
iiass  er  ebenso,  wie  dies  mit  dem  allgemeinen  Dedninlsystem  geschah,  in 
absehbarer  Zeit  die  jetzt  üblichon  Titer  verdrängen  nnd  lUerorte  ab  der 
einzig  rnftTsgebende  angenommen  werden  wird. 

Nachstehende  Tafel  dient  zur  Konversion  verechiedener  Titerwerte 
untereinander. 


Titar  w 

n  500  m 

TItar  TOB  ÖOO  m 

Titar  von  47«  m 

Titw  TOI 

B  450  m 

in  deniers 

in 

in 

in  deniers 

in  cg 

TOD  5  Cg 

denier«  voa  5,81  cg 

deoien  ron  5,81  eg 

in  cg 

von  5  cg 

100 

20 

18,8324 

1 7,9284 

90 

18 

200 

40 

37,6648 

35,8568 

180 

36 

300 

60 

66,4972 

53,7852 

270 

54 

400 

80 

75,3296 

71,7136 

360 

72 

600 

100 

94,1620 

89,6420 

450 

90 

600 

120 

112,9944 

107,6704 

540 

108 

700 

140 

131,8268 

126,4988 

630 

126 

800 

160 

160,6692 

143,4272 

720 

144 

900 

180 

169,4916 

161,3666 

810 

162 

Um  mit  Hilfe  dieser  Tabelle  eine  beliebige  Titenabl,  z.  B.  326,7  eg 
in  enteprecbenden  anderen  Titer  nmsnwandeln,  ateUt  man  fidgettde  Bedi- 
nung  auf; 


Digitized  by  Go 


502  Arbeitsweile  des  Titrierau. 


Decimalp 

Nenfranzöd- 

AltfranzSdi- 

Neuitalieni* 

deniera 

8cbe  denien 

sclio  deniers 

scne  aenion 

300 

60 

56,4972 

53,7852 

27ü 

54 

20 

4 

3,7665 

3,5857 

18 

3,6 

e 

1,1299 

1,0757 

ö,4 

1,08 

0,7 

0,U 

0,1318 

0,1255 

0,63 

0,13 

326,7 

65,34 

61,5254 

58,5721 

294,03 

58,81 

n«.  m  TttriwhHptL 


Was  nun  die  Art  und  \\  i  ise  des  Verfahrens  beim  Titrierpn  der  Soideii- 
gespinste  botrifiFt,  so  werden  aus  einigen  beliebig  gewählten  ätrüngen 
auf  eigens  dazu  konstruierten  Happeln  500  resp.  450  oder  476  m  abge» 
meMeu  tmd  dann  lorgf^tig  gewogen.  Ei  W(»den  gewdhnlieh  20  Ver- 
Boelid  geniacht  vand  wird  der  Durchschnittswert  als  mafsgebf^ntl  betrachtet. 

Dm  Tüneron  grOeserer  Mengen  der  Seiden gespinste  bewirkt  der  Apparat 
von  Honegger*),  der  ans  einer  Anzahl  gleicher  Zeigerw^en  ohne  Skala 
bebtebt,  die  in  einem  cyliudriscbeu  Gehäuse  untergebracht  sind.   Das  6e- 


I)  Dingleri  poljrt  Jouroal,  209.  S.  247. 


Titer  der  Gtäge  und  Oavr^. 


603 


häuse  wird  von  einer  senkrechten  Welle  getragen  and  erhält  eine  langsame 
rot  icrt'nde  Bewegung.  Jede  Wage  wird  von  einer  aatomaÜachen  ZofOhrnngs- 
vorrichtung  berührt  und  kommt  bald  in  den 
Gleichgemchtszustand.  £in  Probestrang  hat 
B.  B.  «iDMi  Titor  30,  der  Wagebalken  kommt 
in  eine  Stellung,  die  dieser  Zahl  entipricht 
uikI  trifft  einen  Abstoaser,  der  den  Strang 
auf  eine  Stange  wirft.  22  derartige  Ab- 
stosser  und  Stäbe  sind  für  die  Titer  18,  20, 
22  etc.  bis  62  vorhanden.  Der  23.  Abstosser 
wirft  alle  eehwereran  Stabe  anf  einen  be- 
■ondereo,  leisten  Stabu  Der  Apparat  kann 
anch  zur  Fesbtellang  des  Titers  von  64  bis 
124  benutzt  werden,  wenn  man  Probeetrahna 
Ton  halber  Lürifrc  haspelt. 

Nachstehend  hind  die  Grenzenwerte  an>  rig.  lu.  Titxiwwac«. 

gegeben,  innerhalb  deren  sich  die  Titer  der 
gcbrtnchlieheren  Seidengespinate  m  bew^n  pflegen. 


9—30  den. 

Trame,  feinster  Titer: 

Grege  duppion    .    .  . 

30—46  „ 

Italien  (Mailand)  2  fach 

20/22  den. 

Organsin,  feinster  Titer: 

M               ^1  3f8Ch 

36/40  „ 

12/14  „ 

China  2  fach  .... 

30/32  „ 

30/32  „ 

Kanton  .... 

36/40  „ 

20/22  „ 

Japan    „  .... 

26/30  „ 

20/24  „ 

„     3  fach  ... 

40/45  „ 

Trame  

20-68  „ 

Bengal  2fach    .    .  . 

30/32  „ 

Trame  dappion    .    .   78 — 108  » 

„      3fach    .   .  . 

40/50  „ 

Tnasah     ....  98 

—285  „ 

Untor  dem  tröndittonierten  Titer,  welcher  eigentlich  der  einsig  rationelle 

ist,  versteht  man  den  Titer,  der  auf  das  normale,  d.  i  konditionierte  Ge- 
wicht des  Seidenfadens  zurückgeführt  ist.  Er  wird  in  der  Weisp  fest- 
gestellt, dass,  nachdem  gemessene  Fadenliingeu  bis  ?.nin  al>soluten  Gewiclit 
getrocknet  worden  sind,  da»  erhaltene  Gewicht  unter  Zuschlag  von  11% 
in  den  nUiehen  Denien  anagedrltekt  wird. 

Es  ist  begrdflich,  dass  bei  der  TiterfiBBlstellang  giteerer  Seidenpartiea 
rieh  notwendigerweise  Differenaen  ergeben  mflssen,  welche  als  Titergrenzen 
(maxinia  und  minima)  nn;^'egeben  werden,  wie  z.  B.  20/22  den.,  35  40  den., 
35/45  den.  u.  s.  w.,  deren  Grösse  um  so  betriiclitlicher  ist,  je  ungleich- 
massiger  das  Gespinst  der  einzelnen  Stränge,  d.  i.,  je  geringer  die  Qualität 
ist  In  noch  griSisaem  Malse,  als  im  eiüelneu  Stra^,  tritt  diee»  Übel* 
stand  bei  den  Tersehiedenen  Stifingm  eines  Ballens  her?  or.  Wir  haben 
weiter  oben  «nige  Apparate  Toigeföhrt,  weldie  die  PtOfuig  des  Seiden« 


Digitized  by  Google 


504 


Toara  oompt^. 


fadcns  in  dieser  Ifiiisicht  mit  f^sser  Ocnanigkcit  ansfüliren.  Dieselben 
lassen  sich  jedoch  in  der  Praxis  aus  naheliegenden  Gründen  nicht  immer 
verwenden,  da  man,  um  einigermafsen  zuverlässige  DurchscbuiUszahlen  za 
erlufclteii,  eine  nnsäblige  Menge  Vermidie  anttellen  mfinte.  Man  bat  daher 
stete  eine  EoBetraktion  eokher  Apparate  angeetrebtt  welehe  die  TÜriening 
schnell  nnd  sell^tthätig  besorgen.  In  der  Maschine  von  Hon  egger  (1867), 
wurde  jedes  Fadenende  gewisse rmafsen  durch  einen  Susscrst  fe'nfiihliu'pn 
Finger  betastet;  sobald  ein  Unterschied  des  Durchmessei-s  auf  den  Fühler 
wirkte,  übertrug  ein  Fadenführer,  womit  der  letztere  in  Verbindung  stand, 
den  Faden  auf  die  Spule  de»  koneepoudieienden  TiteKS.  Dieser  Apparat 
fand  trols  s«ner  ttnarncihen  Eonstraktioii  keine  Vertoreitiing,  offenbar,  weil 
er  zu  unproduktiv  war  (es  entstand  dabei  zu  viel  Abgang,  besonders  beim 
Wiederabspulen  der  mit  der  untersuchten  Seide  j^erüllten  Roliinrn),  sowie 
auch,  weil  die  Kosten  einer  derartigen  Einrichtung  sehr  hoch  waren. 

Bei  den  weniger  regelmässigen  Gespinsten  wird  die  eigentliche  Titrierang 
gar  nicht  Toigenommai,  sondern  die  Strihtge  werden  in  bealinunt«r  Tonren- 
zahl anf  Haspel  von  bekanntem  Umfang  anfgewunden  (gewöhnlich  mit  2000 
Touren  =  1000  m),  wodurch  jeder  Strang  eine  bestimmte  LUnge  erhält, 
nnd  dann  einzeln  gewogen,  um  sie  sortieren,  d.  i.  genau  nach  ihrem  Ge- 
wicht gruppieren  zu  können.  Die  so  zubereiteten  Gespinste  werden  als 
„fc  ioms  compt^*  beseiehnet  und  kommen  ohne  Bezeichnuag  der  Titeraahi 
in  dein  Handel.  Das  Wiegen  wird  gewöhnlich  mit  der  Hand  hesoigt;  mit 
der  gebräuchlichen  Hakenwage  kann  eine  Arbeiterin  ca.  7 — 9  Stränge  pro 
Minute  abwiegen.  Die  übelstänJe  bei  dieser  Arlwit  sind  die  fol(_r<>nden: 
die  Achse,  um  welche  sich  die  Wage  dreht,  verursacht  bald  ein  Auslaufen 
der  Lagerung  infolge  der  Abnutzung,  wodurch  die  Wage  nicht  mehr  genau 
fiinktionieren  kann;  ferner  beachtet  die  Arbeiterin,  geawnngen  sich  au  be* 
eilen,  nicht  immer  den  iridit^fen  Moment  des  Stallstandes  oder  des  Gleieb» 
gewichts  des  hin  und  her  schwingenden  Hakens  und  hält  den  Zeiger  selbst 
an,  wodurch  falsche  Rej^iiltatf  erzielt  werden.  Schliesslich  täuscht  sie 
sich  zuweilen,  indem  sie  die  gewogenen  Stränge  nicht  zu  den  richtigen,  mit 
Numnieru  versehenen  Abteilungen  hängt.  Diese  Dbektände  veranlassten 
Gottelmann«  die  Handarbeit  nach  analogem  Prinzip,  wie  Honegger  (S.502) 
dnroh  eine  automatische  Titrierwage  zu  ersetzen.  Das  Gestell  des  Apparaftea 
trägt  in  einer  horizontalen  Reihe  25  parallel  neben  einander  stehende  Wagen. 
Jede  Wage  A  ist  mit  einem  Gewicht  ß  versehen,  das  am  Hebel,  dem  Titer 
gemäss,  verstellt  werden  kann;  die  zum  Abwiegen  benutzten  Gewichte 
vaxüeren  Ton  zwei  zu  swet  Deniers.  Am  zweiten  Ende  eines  jeden  Wageu- 
balkens  A  ist  nradks  Anfiiahme  des  Stmigee  eine  Sattelechlanfe  angelnraclit, 
diOf  falls  sich  die  Wage  auf  diese  Seite  senkt  —  durch  den  Zug  einer  auf 
den  Arm  C  geschraubten  Leiste  D  veranlasst  —  sich  um  ihre  Achse  dreht, 
um  den  betreffenden  Strang  herabgleiten  und  auf  einen  unterhalb  befindlichen 
Messerhebel  fallen  zu  lassen.  Der  letztere  bewegt  sich  rückwärts  und  hängt 
408  Strang  an  den  krarespondierenden  Haken  9,  der  an  der  Inaeiiaeite  des 


Digitized  by  Google 


Automatiichs  Titricrwag«k 


605 


Gafiellt  angeliruht  iäL  In  Fig.  273  ist  j1  die  Wage,  B  ein  mitteb  Schmabe 
an  befeatigendes  Gewicht,  C  ein  Arm,  om  die  Drehung  des  Sattels  K  zn 
betlditigan,  D  die  anlgeackraaliie  Leiste,  auf  welche  der  Arm  C  einwirkt, 


Hg.  no—m.  AUwMtlMba  TtUlwwHte  (OottAlnuum). 


wenn  die  Wage,  durch  das  Gewicht  des  Stranges  veranlasst,  sieh  aenkt, 

und  zurtickweichcnd  C  mitnimmt,  um  K  zu  drehen;  E  Schwung-  und 
Gleitrolle  der  Leiste  i>;  F  ein  hin  und  her  gehender  Measerhebel,  der  den 


Digitized  by  Google 


606 


Automatiadie  Titoierwa^. 


Strang  anhiimmt,  wenn  aieb  der  Sattel  K  drebt,  H  od  Buenstab  «la  Stftt»* 
ponkt  für  den  Messerhebel,  wenn  er  zurQckgebt,  nm  den  Strang  auf  dm 
Ilaken  G  fallen  zu  lassen,  J  Leiste,  welche,  am  das  Wieg'pn  zn  ermög- 
lichen, sich  hebt,  sobald  der  Strang  auf  die  Wage  gelegt  ist,  L  L«nsten< 
aapport  des  Wagenhebels  und  K  ein  Sattel,  worauf  der  Strang  gehängt  wird. 
In  den  Fig.  270—72  ist  L  Lager  der  Welle  M,  der  Gabel  N  nnd  des  FQhrera 
0;  Afliegende  Längswelle  mit  einer  Hin-  und  Tier-,  Auf-  und  Abhewegui^; 
jV  Gabel  im  Führer,  beit  it,  eine  Flotte  auf  die  Wa^'c  zu  legen;  N'  geschlos- 
sene Oabel  nach  dem  Aufl<'gen  dos  Strängchon.s  iiuf  die  Wage;  0  Führer  zam 
ÖtTauu  und  Schlieeson  der  Gabel  und  P  der  Frobestrang.  Den  25  Wagen 
gegenüber  befinden  aidi  ebemoviele  gabelförmige  Strangträger  JV,  websbe 
in  gleich«  Distana  sweier  benacbbarter  Wagen  mit  eber  Doppel-Horisontal- 
nnd  einer  aehwingeuden  Auf-  und  Abbewegung  versehen  sind.  Diese  Be- 
we^ninjren  werden  den  Gabeln  durch  eine  liegende  Welle  itf"  mitgeteilt,  welche 
in  den  Laj^ern  L  von  links  nach  rechts  und  uni<^ekehrt  ^'leitet  und,  während 
der  Zwischeuxeit  der  seitlichen  Übertragung,  eiue  Vor-  und  EUckwärtsbe- 
wegung  auslnhrt.  Zn  bemerken  ist  noch,  das»  wSbrend  der  Tatikalen  Auf-  nnd 
Abbewegang  die  Qabdn  in  ihren  Lagern  anaammengefSgt  swiadMa  den 
Führern  0  gleiten,  wodurch  ne  auf  der  inneren  Seite  anaammengezogen, 
aufwürfs-  da^-egen  anseinander  gebreitet  werden.  Auf  diese  Weise  öffnet 
jetle  (irtiH'l  das  gehobene  Strängchen,  nimmt  dassell>e  leicht  anf  und 
hält  es  sicher,  bis  seine  Übertragung  auf  die  gegeuüberliegeude  Wage  er» 
folgt  iat.  Sobald  dies  geschehen  iat,  wird  die  Qahel,  immer  noeh  geOfihet, 
niederbewegt,  um  das  n&nliehe  Strangehen  auf  den  gegenüber  angebrachten 
Sattel  zu  hängen;  dann  gelangt  lir  Wage  zu  dem  zusammengeiOgeiMn 
Teil  des  Führers,  der  dieselbe  schliesst  und  sie  auf  diese  Weise  Teranlasst, 
sich  freisumachcn,  bevor  sie  ihre  Arbeit  von  neuem  begiiiut.  Die  Arbeiterin 
hat  einfach  die  Stränge,  einen  nach  dem  anderen,  beim  Eingang  des  App»> 
ratea  aufcnlegen;  dieselben  werdm  dann  von  Spindel  an  Spindd  der  ange» 
reihten  Wagen  selbstthätig  ühMtragen*  bis  sie  zn  derjenigen  komm^ 
deren  Gewicht  ihrem  eigenen  Titer  entspricht.  Mit  dieser  Wa;^e  (balancc 
trieuse  automatiqne  ponr  Ics  soies  ä  toura  couiptes)  können  18  Stränge  pro 
Minute  gewogen  werden;  sie  eignet  sich  mit  wenig  Abänderungen  ebenfalls 
cur  PHifnng  von  Bdbüien,  Cndonnets  eie. 


Digitized  by  Google 


Bibliographisolier  Anhang. 


Die  Ctowlnniuig  der  Boliseide  und  Znbweitung  der  (Gespinste. 
GernagHa,  Ttsttnra  d«11ft  leia.   Trefin  1762. 

Neae  Anweysnng  wie  mit  d«ii«ii  Cmsoos  zn  Tttfafann,  um  imi«d«I]i*fte  Seydft 

zu  ziehen.    Berlin  1769. 
Castelli,  L'arte  di  filare  la  seta  a  freddo.    Milano  1775. 
Tarbini.  L'Economia  per  1»  fiJatara  ctolle  Mite.    Bresck  1778. 

Griselini,  11  Setificio.    Vernna  1783. 

Catena,  Versuche  eyner  Anwejsang  die  Seyde  zu  haspeln  nach  Piemoot^r 

Art    Potsdam  1783. 
Santorioi,  Naova  macchina  per  la  trattura  della  seta.    MiI:uio  1809. 
Silva,  Metodo  economico  per  filare  i  bozzoU.    Vigevano  181U. 
Lumbertbenghi,  Sul  metodo  di  trarre  la  seta  dai  bozzoli  per  mezzo  del  ya- 

pore.    Milaco  1816. 
AHini.  ^n'j-j]o  e.spcrimentale  snll'  applicasimw       vapon  all*aeqaa  dei  bagni 

e  deüe  ülande  da  seta.    Milano  1818. 
lfiglioTaiD«nti  apportati  dagli  artisti  Leonsrdi  e  Botta  all*  appaiMchio  di  inm 

la  seta  dai  bozzoli  per  mezzo  del  vapore.    Milano  1819. 
Dandoln,  Breyissimi  oenni  sulIa  nuova  ülaada  di  Looatelli  etc.  Milano  1819. 
Gera.  L'arte  seropedica.    Milano  lb27. 
Pitaro,    La  science  setiföre.    Paris  1828. 
Mögling,  Das  Seidenhaspeln.    Tubingen  184t. 

Eurtze  Nachricht  von  Haspelang  der  leynen  Seyde,  und  Ton  Zuberejftuog  der 

FloekNjde.'  Berlin  1650. 
Anleitung  zum  Abspinnen  der  Seidoikokoiie.    Wien  ISftS. 

Debernardi,  II  filatorista  serico. 

Progressive  Seidenpreistabelle  17  78 — 18^9.  Krefeld. 

Nottebobm,  Spulen  und  Dnbliren  der  Sride.    Verh.  d.  Ver.  mr  BeC  d.  Oe- 

werbefleistses  in  Prenssen.    Berlin  1?41. 
Condition  des  soiee.    Frocte  verbaux  des  eiiperiences  faites  k  Ljon  par  d'Ar- 

eet  «te.   Ljon  1888. 
Conditionnement  de  la  eoie  par  la  dossiccation  abgolnei.   Lyon  1889|  1842. 
Vernay,  Knotenreisser,  Descr.  d.  brevets.  23. 
Rien,  Seidenbaspel  mit  Knotenreisser.    Detter.  29. 
ChamboB,  Dubliereu  und  Hnlioieren.    Deecr.  ib. 
Briggs,  Sengen  gef&rbter  Game  mit  Gas.    Dingl.  p.  J.  186. 
Mardoch,  Bebandlong  der  Florettseide.    DingL  p.  J.  147. 


508 


Bibliographte  zum  17.  Abuslwitt. 


Zwirnmascbine  für  Nüliseide  t.  Neville-Naall*    Dingl.  148. 
Bernhard,  Happeln  und  Zubereiten  der  Trame.    DiDgL  148. 
Rogeat,  Konditionierapparat.    Dingl.  p.  J.  149. 
Dtttvignttnr,  MnlinMntohL   Boll  d.  t  86e.  d*«iieo«ii>.  187S. 
Elektrisches  ITdapeln.    CentralbL  f.  Textilind.  1879.  10. 
Oalbiati,  Happeln  anter  dem  Wawer.    Moniteur  des  fils,  10. 
8errttllp  AutomatifleliM  Haspeln.    The  teztil  Reoorder,  1886. 
— ,  — ,    Indastriee,  1887.  8,  288. 

Mich  an  X,  FadcnanheliBr.    Armangaad»  Pnblieatioii  indnatriella  dea  aMWMmif 

188».  32,  252. 
Bnahton,  SaidenbatpeL    Das  d.  WoUaq^vwarbe  SS,  1496. 

Vaucans5on,  Mulinierstub  1     ^fonifeur  des  soies  1889.  1446. 
Wegmann,  Pntimaacbine.    The  text.  Manufact  1(>.  402. 
Oftuel,  Haspel.   Berne  gin.  de  n4ea».  appl.  1,  85  (1891). 
Serreil,  Kokonschläger.    L'Industrie  textile  7,  107  (1891). 
■Gottelmann,  Titrierwage,  I3ull.  d.  1.  Soc.  d'enconr.  1895. 
Vgl.  auch  Hepertorium  der  tecbn.  JoomaUitteratur,  1829 — öS  von  Scbabartb, 
Mit  1854  TOD  Kerl. 

Pfttente. 

1.)  TorMhudlimg  der  KokonB. 
Wngltethi»  Ptttanto. 

Corneillan,  Vorbehandlung  der  KokoD»  852,  1868. 
Jessen,  Vorbehandlung  dnrcblöoberfeer  EokoDS  S897,  1864. 
Dörren  der  Kokons  3086,  1878. 

Vorbehandlung  der  Kokons  5214,  1880.    10176,  1886.    16  416,  1886. 
Behudlnag  wflder  Kokons  7785,  1886.    8887,  1886. 

MechanLsches  Kokonpufzen  (5121,  1887. 

Vorbehandlung  dar  Kokons  8296.  1890.    8297,  1890.    8578,  1890. 


Bohlagen  der  Kokons  Durand  1839,  Lapeyrottse  1848,  Me7liftrd  1866, 

Fdraud  1862,  See  1875,  Coren  1868. 
Kochen  der  Kokons  Qneyras  1828,  Jone  1829,  Limet  1869,  Payen  1870. 
PotaMi  der  Koltoiis  Fahre  1841,  Bonnet  1869,  Dnrsnd  187S,  Chftbert  18S8. 
Dörrofen  fHr  Kokon»  Chateaunenf  1828,  Ikbarld  1845,  Ifichel  18S8. 

Trocknen  der  Kokons  Chiazzati  1872. 

Dürren  der  Kokons  Darrien  1886,  Durand  1885,  CavaUier  1837,  Benoii 
1841,  Barthelats  1856,  Oir«Qd  1840,  VentonüUe  1885,  Betti  1867, 

Marchi  1869. 

Dörren  and  Trocknen  OUvier  1855,  Teissonidre  1875,  Vareilles  1868. 
Erstieksii  aiit  SehwelUltoUenstoff  Utielli  1869. 

Ersticken  mit  Gasen  Banlin  107  847,  1875. 

Vorbehandlung  der  Kokons  L  acrotx  1854,  Meynard  1854,  Teranbe  1854, 
Färaud  1858,  61,  Delarbre  1855,  Corneille  1861,  Fraissinet  1875, 
Sftqaet  1861. 

VorbehandlüTifT  de^  KoVnn^bfalls  Leonhardt  1845. 
Dörren  der  Kokons  Uautbier  117  851,  1877. 


• 


Digitized  by  Google 


KUiogniflU«  sam  IT.  AMaitt 


60» 


DBrroffln  für  Kokons  Ftorrin  118S65,  1877. 

Ersticken  mit  Schwefelwaaaeratoff  Bussi  12.' 341,  1878. 
Kochen  der  Kokons  Boupntnpr  138  s3h.  1880. 
Vorbehandlung  der  Kokons  Travorso  145  842,  1881. 
Kochen  der  Kokons  Chabort  167851,  1885. 
Kochen  der  Kokons  mit  Dampf  Gourdon  204509,  1890. 
Kokonscblager  Bhöotor  209  690,  1890. 

Vorbehandlung  der  Kokons  Oftmpredon  191226,  1890.    Carri&re  199158, 

1890. 

Mechanischer  Kokonschiftger  nnd  Kocher  Fayol  201980,  1890;  189718,  1890; 

Ohabane  178618,  1887  und  ZuäaUpatente. 
Kokonputav  Serrell  198  788,  1890.    Sanrin  186294,  1890. 
KokonschUger  Dadu  181031,  1890.    Franeeson  181046,  1890. 
Kokonpntzer  Gorde  210  577,  1891. 
Kokonscbl&ger  No($l  211883,  1891. 
Kokonpotasr  Sarroll  216618,  1892. 
Kokonschläger  Canfari  218  446,  1892. 
Vorbehandlung  der  Kokons  Campredon  218529,  1892. 
KokonschlSger  Ohiaaa  220867,  1892.   Girotti  229586.  1898. 
DampfllSrre  fOr  Kokons  Boniol  280009,  1898. 

Italienisclie  Patente. 

Vorbehandlung  der  Kokons  Randall  280,  1886.    Traverso  1275,  1886. 
Vorbehandlung  der  Tussah  RanduU  13.  1887.    Donner  296,  1887. 
KokuQscbläger  Barbina  782,  1887.    Kiboldi  1550,  1887. 
Antom.  Kokooschiager  Mäjean  822,  1888.    Prinetti  1461,  1891.  Foatana 

1257,  1891.    Po7.zi  1019,  1891.    ParraTicini  838,  1891. 
Kokonschlttger  Canfari  30948,  1892. 

Kokonsdillgot  mit  kontinniorUdior  Bewegung  Lattnada  80768,  1892. 
KokonsoUlgw  Girotti  81418,  1892.    Brnao  82487,  1892. 

Amerikanische  Patente. 

Behandhing  der  Tu^^ahkokons  Randall  854222,  1886. 
KokojudüOger  Serrell  427243,  1890. 


b)  Oewlmning  der  RobBaidA. 
BngHaoh»  Patente. 

Haspeln  der  Rohseide  Wilder  519,  1730. 

Vorbehandlnncr  mm  Haspeln  5867,  1829. 
Haspeln  der  Robseide  6976,  1836. 
Vorbehandlnngr  mm  Espeln  9169,  1841. 

Haspeln  der  R  l.  - 1 'e  5'27C.,  1 825.  7228,  1836.  7663,  1888.  12419,  1849. 
Abhaspeln  durchlöcherter  Kokons  Richard  2681,  1862. 

Abhaspeln  Keller  654,  1863.  Aubenas  1202,  1865.  Meille  2640,  1866. 
Gewimiiing  der  Bohseide  1856,  1877.    8682,  1878. 


Digitized  by  Google 


610 


Bibliognphie  mm  IV.  Aliadmitt. 


Haspeln  der  Rohseide  6185,  1884.    9080,  1884.    5190,  1884. 

Antom.  Hiit-peln  Serrell  14  956,  1886. 
Haspeln  Game!  ^368,  18>!6. 

Antom.  Haapda  Serrell  14867,  1886.    18668,  1886.    9278,  1887. 
AblMMpeia  der  Kokmu  20071,  1898. 

FransöBisolie  Patente. 

• 

ÄbhaBpeln  Martin  1865. 

Abhaspeln  und  Putzen  Yernay  1849,  Bonnet  1S69. 
Abbaqielii  OeaeTitTe  1869,  LaTeralie  1850. 

Abhaspeln,  lauwarm,  Francezon  1875. 
Abhaspeln  beschmutzter  Kokons  F^raud  1867. 

Abhaspeln  Dufonr  1864,  Barrüs  1850,  Rottner  1H50,  Deni^ot  1825,  Lappi 
1858,  Kopp  1816,  Leoombe  1820,  Olivier  1855,  ChamboB  1824,  QU 
rand  1827,  Challiot  t851,  Lafont  1845,  Boehe  1858. 

Haspelvorricbtung  CöU  1835,  Crosel  1829. 

HeuTOiriebtuBg  Sansef  1868^.  Ohiarini  1870. 

Verbaten  von  Abfall  Ferbost  187S. 

Dampfspeisevorrichtnnp  Rnssior  1S70. 

Vorbereitung  der  ßübseide  Oobelli  1843. 

Bauarten  des  Haapeb  Aebard  1856,  1841,  Alcan  1855,  AmeUe  1874,  Ba- 

lay  1837,  Belly  1813.  Bonnard  1823,  Chartron  1975,  Conte  1865, 
Föraud  1866,  Fraissinet  1875,  Gensoul  1823,  Qirand  1827,  Hallom 

1824,  Jouvean  1858,  Läget  1859,  LeoBton  1858,  MonliBe  1874,  Pel- 
let 1821,  Rodler  1825,  Ta barin  1796,  Tapiaeier  1865,  VagBone  1866, 
Vernny  1828,  Wanklyn  186.^. 

Verfahren  beim  liaspelo  Aebard  1847,  Aubenas  1860,  Bonnet  1806,  Buis- 
•on  1854,  Carri4re  1861,  Cbadwiek  1858,  Cbasel  1861,  OorneSlIe 
1872,  75,  Dalan  1875,  76,  Dämon  1851,  Dcssaigre  1858,  Durand 
1886,  Duseignear  1854,  Forgemol  1861,  Feuillat  1854,  Gauthier 
1858,  57,  GoBKalez  1873,  Genionl  1828,  Oermain  1872,  Heatbeoak 

1825,  Hipert  I»26,  Kaufmann  1857,  Keller  1863,  Lacombe  1820, 
Locatelli  1812,  Muillard  1851,  Mathien  18()S,  Monestier  1862,  Mier- 
gnes  1841,  Mourend  18  70,  Murtin  1851,  Pagos  1868,  Palayer  1862, 
Panisset  1860,  68,  Fbiliader  1862,  Ponly  1860,  Bodier  1820,  24,  46, 
Teziar  1880,  Tbomas  1874,  Ventonillae  1882,  Vernide  1861,  Verita 
1845. 

Ha^lB  Testeria  1824,  Leronz  1859. 
Haepela  and  Filieren  Tardieu  1864. 

Haspeln  und  Zwirnen  Corrompt  1834. 

Haspeln  unter  Ventiiierung  Bourier  1851. 

Haspeln  BoBaetea  1859,  Beanet  1861,  Beesj  1876, 

Haspclbocken  Albrot  1829,  Büros  1842. 

Regulator  beim  Haspeln  Bourcier  1888. 

Verbaten  tob  Feblern  Lanret  1876. 

Haspelbecken  Manpano  1860,  Meynard  1845,  Queyras  1828. 
Haspelvorricbtung  Souchon  1^64,  Lauret  1825,  White  1889. 
HeizvorrichtuDg  Pontanari  1875. 
XaeUiermisehe  HdirorriobtaBg  Rigaon  1856. 


Digiti^uü  by  Coogle 


Bibliognqphie  mm  IT.  AbMltnitt. 


5tl 


Haspttlvoniehtiuig  Abr^rd  1828,  BUnehon  .1824,  Cabner  1864,  Carle 
1860,  Erb»  1871,  Meatel  1851,  Meynard  1840,  Miohel  1888,  Bey 

f  K  4  ') . 

Veriiätuüg  vou  iiaum  Bürdet  1864,  nuitison  1864. 

BeisTorriditQng  Oensoiü  18S8,  Dralhon  1821,  Largniar  1826. 

AntriebsTOrrichtung  Kodier  1820. 

Dampfantrieb  Kremer  1837. 

Antriaberorriehtmig  Fran^on  1866. 

HeizTorrichtong  und  Becken  Abrard  1828. 

Haspeln  Faessler  18R5,  Frigard  I8r,5,  Maillard  1855. 

Boguliervorhchtang  Cleve  1846,  OuUy  1868. 

Haspeln  ohne  Heatforriebtang  Bniaaard  1847. 

Ventiliervorricbtung  Brun  1802. 

Haspel vorricbtang  Richard  1875. 

Fadenfahrer  und  Patzer  Dalan  113342,  1876. 

Putzer  beim  Haspeln  Lauret  1188&8,  1876. 

Verbesserung  der  Rolisei.len  Nogarat  115712,  1876. 

Haepeln  Lagarde  119001,  1877. 

B»pelii  dureUOeherlier  Kokons  Honteneamp  128888,  1878. 

Haspeln  Cbanteperdrix  124917,  18TB. 

Knotenreisaer  Maillard  128264,  1879.    131740,  1879.    Jaqaet  129648, 

1879. 

Haspeta  unter  Wasser  Oalbiati  180086,  1879. 

Haspelverfohren  Meille  185288,  1880,  Leeestre  187810,  1880,  Laeoube 

137811,  1880. 
Kreuzungsersstzspindel  Gauthier  188491,  1880. 
Haspeln  Tast  >  im  138  620,  1880,   Aubenas  139  887,  1880. 
Verhütung  der  Verklebnng  Galbiati  141401,  18R1. 
Haspelverfabren  KioU6  142199,  1881,  Weber  145283,  1881. 
Haspeln  mit  Lenohtgee  Honline  147205,  1882. 
Autom.  Haspeln  Serrell  147  624,  1882. 
Ventiliervorrichtnng  Serrell  ir)2  954,  1883. 
Behandlung  des  Abfalls  Durand  153  735,  1883. 
Haspeln  der  Doppelkokone  Aebard  158904,  1888. 

Haspelverfahren  Testen oire  155824,  1888,  Laeombe  156226,  1888,  Ueille 

157002,  1883. 
Chemisches  Haspelverfikbren  Honnier  169468,  1885. 

Becken  mit  Wasseremeuerung  Bonchet  170057,  1885. 

Rotierende  Beclcen  Boudon  194  709,  1890. 
Haspelverfahren  Corti  195043,  1890. 

Antom.  Fadenanbefter  Darbonase  180654,  1890,  Fratseinat  181951,  1890, 

Fadenanhefter  Francezon  180211.  1890. 
Haspelverfahren  für  Dappions  Meille  l-sl^^SO,  1890, 
Haspelapparat  Chantiers  Bnire  1845G5,  1890. 

Fadenanbefter  Chantiers  Bnire  184877,  1890,  Bonrguet  187227,  1890. 

Langencxtraktion  Hertinetto  212817,  \y~9\. 

Haspeln  und  Trocknen  Danod  1886,  Camel  1874,  Chapotton  1870,  Ledure 
1887,  Dalsn  1875,  Barbier  1828,  Crvmiöre  1848,  Dayid  1829,  Dn- 
bost  1848,  Duchamp  1843.  Durand  1844,  Merie  1863,  Monsset  1831, 
Perlet  1842,  SalUer  1854,  Tapissier  1865,  Vaqnei  1868,  Tanre  1855. 


Digrtized  by  Google 


612 


BlbliognipUt  mm  IV.  Abtobaitt 


HMpelTerfiidu«!!  aalbiftti  217765,  1891,  Darand  215S05, 

Haspeln  Lacombe  224467,  1892,   Dimock  224586,  1882. 
Kombiniertes  Haspeln  Sanvito  221  512,  1898. 
Seidenhaspel  Traverso  218816,  1891. 
gfWMtungiyonrfichtnag  B«rgier  208985,  1891. 
Kombiniertes  Haspeln  Fongeirol  221  156,  1892. 
Aatom.  üasp«l]i  Serrell  227321,  1893. 
Autoni-.  Fadoiknflpfer  CfaiM»  227  790,  189$. 


ItaHenlMshs  Msanto. 

Haspelverfabren  Galbiati  No.  135  916,  1885. 

Direktes  Haspeln  mit  Kokondrebung  Cbamonard  959,  1885. 

Heiiivorriclitung  Traverso  201,  1886. 

Hai.pelverfahren  Dulnnl  255,  1886. 

Haspeln  nacb  einzelnen  Fäden  Galbiati  257,  1886. 

Bebandloog  der  Kokon«,  Grtge  nad  AbbU  Band  all  280,  1888. 

Haspoln  anter  Wasser  Galbiati  494,  188(1. 

Haspeln  ^in/einer  Fäden  r;  ,  !i,i!iti  6C0,  705,  1  H86. 

Behandlung  der  Rohseide  Kaudaii  12Ö0,  ihU6. 

Kombiniertes  HaBpela^Dablienti  Biaaebi  1870,  1888. 

Ilaspclvorrichtiing  Avalle  1613,  1886. 

Haspeln  der  Doppelkokoos  Barbino  1681,  1886. 

Behandlnng  der  fiobMide  Lastaroni  82,  1887. 

Haspeln  einzelner  Faden  Galbiati  108,  194,  217,  527,  960,  1887. 

Haspel  verfahren  Sipmann  385,  1  887. 

Haspeln  unter  Wasser  Galbiati  442,  984,  1887. 

Haspeln  mit  Dampf  CortI  452,  1887. 

Fadenreisser  Crosti-Borsn  642,  1887. 

Haspeln  der  Doppolkokons  Galbiati  725,  1147,  1869,  1887. 

Haspelverfahren  Meille  945,  1887. 

Fadenanhefter  Darbonsse  1051,  1887. 

Haspelverfahren  Antonolli  1161,  1887. 

Fadenanhefter  Carrara  1204,  1887. 

Pnenmatkelier  Fadenanhefter  DeoanTÜle  1548,  1887. 

Fadenanhefter  Battaglia  1583,  1887. 

Haspeln  einzelner  Faden  Ctalbiuti  58.  1888. 

Fadenanhefter  Antoneiii  190,  624.  1888. 

BanchverMbrer  Traversi  468,  1888. 

Ilu.speln  nnter  Wasser  Galbiati  588,  1888.  , 

Haspolhecken  Comola  591,  1888. 

Fadenanhefter  Ciampolini  723,  1888,  Amphonz  784,  1888. 
Haspelverfahren  Meille  892,  1888,  Laporte  956,  1888,  Galbiati  1087, 

1888,  Traverso  1212,  1888. 
Kreiuangsvorrichtung  Tosetti  1351,  1888. 
FttdenMiaser  Croati  1898,  1888. 
Haspeln  rait  Dampf  Cor ti  456,  1498,  1889. 

Haspelverfahren  Galbiati  620,  979,  962,  1889,  Oldrini  708,  1889,  Du- 

bini  1781,  1889. 
Fadenanhefter  Corti  2148,  1889. 


Digitized  by  G( 


BiUiofnphie  warn  IT.  Atiuhiiilt 


613 


Kreueungsvorrichtung  Bergier  1252,  1891, 

Ha^pelverfahren  Galbiati  1017,  1891. 

Arrdtidrong  für  SeidenhMpel  Prinetti  839,  840,  1891. 

Vm^OMuk  idft  Dofpalbodai  Oomb»  81946,  IMSr 

BwpdTCKfiüm  oft  nuhtKiglislrar  ^tmiMmaähag  Piotti  81008»  88288, 

1892. 

Haäpeikonäuuktiun  Piotti  81009,  88288,  1892. 
Fidflokirilpftr  Ohi«M  82497,  1892. 


AmerikanlMih«  Pfttoate. 

Haspelverfahren  Serrell  317  222,  1885,   320  709,  1885. 

Behandlung  der  BohMide  Haggenberg  889778,  1888»  BMidsll  8&4828» 

Haspel  Atwood  838  627,  1886. 

Haspelverfabren  Singleton  B40681,  1886,  Chaptaas  850845,  1886,  Meyer 
886718,  1888,  Cbapman  384890,  1888,  Seitell  406598,  1889,  Co- 
nMt  404171,  1888»  Athertoa  468884»  1892. 


No. 

Jahr 

No. 

Jahr  1 

No. 

Jkhr 

No. 

4762 

1828 

3834 

1814 

2788 

1857 

940 

1868 

6200 

1825 

4998 

1824 

8054 

1857 

2664 

1868 

6288 

1825 

5230 

1825 

152 

1859 

2940 

1877 

6049 

1  ^^30 

697(3 

lK3(j 

470 

1859 

8683 

1878 

6882 

i»aö 

7978 

1889 

150Ü 

1659 

583 

1879 

12891 

1849 

901 

1858 

8180 

1860 

•81 

1881 

18274 

2522 

1858 

1799 

1860 

1921 

1881 

5288 

1825 

8001 

1853 

901 

1858 

5820 

1882 

8882 

1885 

802 

1858 

1747 

1858 

556» 

1882 

6976 

1886 

901 

1  853 

829 

1861 

16571 

1886 

7978 

1839 

2038 

1854 

1689 

1862 

9429 

1886 

213 

1681 

1968 

1854 

2006 

1862 

9275 

1887 

286 

1890 

668 

1854 

86 

186» 

11784 

1887 

422 

1718 

2427 

1854 

487 

1868 

8535 

1887 

482 

1725 

119 

1855 

549 

1868 

487 

1887 

519 

1780 

655 

1855 

674 

1868 

16967 

1890 

960 

1770 

1668 

1855 

1054 

1868 

2917 

1889 

974 

1770 

2758 

1855 

1524 

1868 

8535 

1887 

1018 

1772 

1778 

1856 

2625 

1868 

16717 

1891 

1524 

1786 

2508 

1857 

2810 

1868 

6660 

1899 

1606 

1787 

612 

1857 

2424 

18ß4 

5093 

1  82.-5 

1399 

1857 

1688 

1865 

BtlbermaDn,  X>i«  8«lde 


88 


6U 


BihUogr»phi«  tarn  IT.  AfaMhnitt. 


VmuSilMdie  Patente. 

Dublieren  Beaax  1857,  Bodon  1861,  Durand  1841,  Chambon  1876,  1836. 
DaUieren  nucl  ZwiTtien  F^nre  1855. 

DoWeren  and  Zwirnen  der  Nähseide  Laeoinbe  1875»  1878. 

Dublieren  und  Spnlen  Rodicr  1826. 

Spulen  Blanc  1863,   Decfaamp  lb68,   Leyral  1867,   Daiuiron  1881, 

Broeb«  1889. 
Zwirnen  Hranlheac  1863,  Truchant  18fi7. 
Spulen  Tranchat  1835,  Tournier  1859. 
SchutzTorrichtung  beim  Spnlen  Durand  1876. 
Beguliertorricbtung  beim  Spnlen  Oassano  1869,  Carriire  1888* 
Dublieren  untl  Zwirnen  Chadwick  1858. 
Beiplierrorrichtung  Oultj  1868,  Tardy  1847. 
Zwinufwndel  Perinetti  1842. 

Dublier-  nnd  Zwimmaschine  Gorsat  1859,  Barb«rit  1849. 

Spnlen  Gabert  1857,  Loubet  1859. 
Spulen  und  Haspeln  Simon  1878. 
ZwiniBuwduBe  Bicbard  1855. 

Klier-  nnd  Spolvorrichtnng  Bancel  1837,  Durand  1865,  Coquet  1864,  Fran- 
9on  1864,  65,  Bronac  1866,  Estras  1864,  Faare  1872,  Monrean  1872. 
Begnlierrorricbtang  Blaebire  1868. 

Zwimvorrichtnng  Amaretti  1807,  Atwood  1864,  Bessj  1847,  Gelle  1860, 
Chillat  1859,  Gombier  1842,  Monnet  1854,  Montegu  1841.  Pivlayer 
1861,  Payre  1848,  Sarry  185ii.  Tasterin  1865,  Obalopiu  1845,  CleTo 
1847,  Gorout  1882,  Dnseignear  1867,  Qioja  1874,  Oa4rin  1846, 
Rousselle  IBGl. 

Zwirnen  und  Putzen  Fejron  1825. 

Zwirnen  und  Dublieren  Grores  1855,  Vaquez  1868. 

Zwirnen  der  Nähseide  Lacombe  1875. 

BeguHrrvnrri'h'nTi^T  Cliambon  1824. 

Zwirnen  und  6pulen  Sparling  1863,  Delarbre  1848. 

B^rnlkirTorriiditnDg  Dumas  1869. 

Verhütung  von  Abfall  Gensoul  1838,  Lacomba  1880. 
BegulierTorrichtting  Murtin  1845,  Rien  1829, 
Zwimspindel  Eynard  1868,  Monnet  1860. 
Zwimgwtt  Billana  1856. 

Zwirnen  und  Spulen  Barberig  1849. 

Spulen  Avy  1837,  Badnall  1825,  Belly  1832,  Gournier  1825,  Dufret 
1837,  öuilliny  lH2y,  Martin  1842,  Mermey  1843,  Nourry  1888, 
Payre  1853,  Poidebard  1850,  Bodier  1833,  Roteb  1827,  Sombairan 
1837,  Tardy  1842,  Vigez/.i  1839,  Vergniais  1841. 

Spulen  und  Dublieren  Christian  1882. 

SpulverfUiren  Laeoinbe  195166,  1890,  Hontavsan  190866,  1890,  La- 

porte  190  743,  1890,  Mouline  190785,  1890,  Chapman  191485,  1890, 

Berrell  191984,  1890,   Campredon  198225,  1890. 
Spulverfabren  Lacombe  211947,  1891. 
BegolierrorriditiiBg  häm  Spolni  Qniehard  1846. 
ZlblTmniiditwig  beim  Qpnim  Daillon  1870. 


Digitized  by  Goc^^Ic 


BibÜQgraidu«  «im  IV.  Abaehnitt. 


615 


Bpcüstenge  Chambon  1867. 

SpaleQ,  DuWieren  nni  Zwirnen  Durand  l''2i,  Hill  1864. 
Zwirnspiodelbecber  Ghambon  102  746,  1876. 
Zwinispmd«!  Branit  119617,  114988,  1876. 
8chneIlzwirDmUhle  Mouline  1876. 
Zwirnen  Trafford  113595,  1m7ö. 
Scbnellswiroiuahle  Mouline  114476,  lö76. 
Zwimspindal  Beasy  U5817,  1876. 
Malinierspale  Durand  115332,  1><7H. 
Mnlinierstubl  Obanteperdrix  124  917,  1878. 
MalintenrorriisbtiiBg  Mouline  125242,  1678. 
Dublieren  und  Zwirnen  Sippmann  183806,  1679. 
Spnl Vorrichtung  Philip  136  656,  ISao. 

Mulinieren  Pascal  137 395,  l$bO,  Ta^terin  188620,  lÖbO,  Lavenaz  139347, 
1880. 

Dublieren  und  Putzen  Leronx  141005,  1881. 

MoUoieren  Daumet  148975,  1882. 

Spalen  Serepel  148976.  1882. 

Dublieren  Jouanard  194865,  1890. 

Mnünierstuhl  Mouline  20r)  1^9,  1S90. 

Dnirersalspule  Domartin  195717,  1890. 

SpslvorriehtiiBg  Oraf  197  862,  1890. 

Mulinii  r  t :.hl  Moulinp  200001,  1890. 

SpolTorhchtung  Qubelmana  200025,  1890. 

Dabllem  Stoclhammer  212480,  1891. 

"Windevorrichtung  Joanny  195717,  1890. 

Dublieraiiiarat  Deydeier  221382,  1893, 

ArretiruDg  ftlr  Dublierspule  Stock hamiuer  229280,  1893. 

8eluaUlaDf«Bder  Padenpntwr  Foageirol  222280,  1893. 

WiadeTorriobtung  Omiiiiftre  231026,  1893. 

8<diw«lMaeiaolko  Pateato. 

Baad«  8«denwiiid«maflehi]ie  Oraf  87,  544,  1889. 

Windemascliine  Oubelmunn  "7,   I0R5,  1889. 
Mulinierspindel  Teiasier  du  Cros  4784,  1892. 
Zoberaitiuig  der  Eobfieide  Zumbrunn  8920,  1894. 

XtaUeidMliM  Taten*. 

Windevorricbtuag  Sanvito  267,  1526,  1889. 

AmerikaniBoha  Patente. 

Zwirnen  Tynan  326  531,  1885. 
Malinieren  Simon  348  063,  1886,  358489,  1887. 
Binden  der  Gespinste  Ryle  373486,  1887. 
Filieren  Tynan  3i;4  783,  3G4  784,  1887. 
Zwirnen  Singieton  859184,  1887. 

88* 


616 


BiUiafiiphM  nm  IT.  AbNhaitt. 


Spulen  Mftrtsloff  377  206,  1m88. 
Filieren  Tynan  898  359,  1889. 

Spulen  Gonaut  404171,  1889,  Hoohspeier  417424,  1889,  Klots  427696, 
1890. 


d)  Futsett,  Zuriolitott,  Pröfea  and  Kondlttonlereu  der  Selden^piast«. 


Xngliselie  Patoate. 


Patzen  der  SeideOgMpiiigto  ftS76, 

1825;  13  274,  mO;  tibi,  1S68. 

Numerieren  der 

•» 

349,  1859. 

Zmifllitflo  d«r 

n 

152,  1859;  288,  1860;  1889,  1860. 

Sortieren  der 

2235,  1860;  1821,  1860;  1945,  1858. 

Moderator  für 

» 

906,  1858. 

Numerieren  der 

n 

2887,  1862. 

Znriditeii  der 

H 

980,  1868. 

Sortieren  der 

n 

1039,  1863. 

Spalen,  Messen  der 

tt 

1801,  1863. 

Sortieren  der 

t» 

8260,  1866. 

M«8Mii  der 

n 

610,  1869. 

SortiMWB  der  Seidmgwiift  ll«rtiii  1859. 

Putzen  der  Seidengame  Vernay  1849,  Damiron  1881. 

Pntzvorrichtung  Badet  1851,  Börard  1842,  Lacroix  1861,  Badey  184?, 
BoniUnr  1873,  Cazet  1844,  Duseignenr  1864,  Färand  1842,  Gautliier 
1860,  M<ijean  1864,  Meyiiftrd  1845,  NoQrrj  1849,  Piaioil  1869,  Bn- 
bin  1865,  See  1  874,  Astesani  1874. 

Zfthlvorricbtung  Mousset  1860. 

lf«MtabflIl«  Fion  1858. 

Pntzen  und  Zwirnen  PoideY)ard  1825.  Oirand  1838. 

Verhüten  von  Betrug  Arnaud  1842,  Grillet  1830,  Arnaud  1882,  Q»iidin 

1844,  Guyocbon  1829,  Bey  IböO,  Teintrn«r  1829. 
Präparier«!  Rasa-Manpas  .1800,  Cvbelli  1848. 
Pr&parierapparat  Qantillon  1865. 
Leimen  Lecocq  1855,  Michel  1843.  Seile  1844. 
Potarofrieblviig  Ohampagnse  1858. 
Oarnzubereitang  Dimock  1859. 
Knotenfreies  Knüpfen  Galbiati  121381,  1877. 
SorÜorvorricbtuiig  Boacbet  126071,  1878. 
PutzTorrichtung  Player  127880,  1878. 
Kontrollvorricbtung  Cbancel  129  898,  129949,  1879. 
Konditionieren  Moyret  181108,  1879. 
Pativorriditiiiig  Dnboit  140057.  1880. 
Dablier-  und  PntzTorriohtung  Leroux  141006,  1881. 
PrUfun^appai-at  Serrell  1410h;^,  1881. 
Dublier-  und  PutzTOrrichtnng  Armandy  141543,  1881. 


BibBoenpU«  nun  IV.  AlMehaitt. 


617 


PatzTOrriehtukg  Band  145471,  1881,  MontaniAii  206405,  1690,  Bo&«m 

200196,  1890. 
Schnellpotzer  Fouigerol  222220,  1892. 
TitnerrorhcbtoDg  Cornet  223371,  1892. 
Seriaetor  Btlin  224067,  1892. 

B«dnrali«lMdi«  Sataat«. 

PntivWTichtang  fttr  Nllueide  Wegmann  41,  213,  1889. 

PutzTorrichinng  Neiim»aii-8o1i«Ue]iberg  5688,  5651,  14980,  4980,  8488, 

100,  1892. 
Patzappaiat  Wütig  5439,  1892. 
Patmrriditniig  Dimook  5966,  1898. 

Putzapparat  Veillon  Gl 33,  1893. 

PutswiJzen  Neamann»ScheUenb«rg  7412,  1894. 

AmMikaiilMliM  Ptttmft. 
MaaiTORUibtiing  Serrell  817  228,  1885. 


Digitized  by  Google 


Digitized  by  Google 


I 


THE  ßORROWER  WILL  BE  CHARCED 
AN  OVERDU E  FEE  IF THIS  BOOK  IS  NOT 
RETURNED  TO  THE  UBRARY  ON  OR 
BEFORE  THE  LAST  DATE  STAMPED 
BELO\X'  NON-RECEIPT  OF  OVERDUE 
NÖTIGES  DOr.>  NOT  EXEMPT  THE 
BORROWER  FROM  OVERDUE  FEES. 


Digitized  by  Google