Die Seide, ihre Geschichte,
Gewinnung und Verarbeitung
Henri Silbermann
\0
J?arbarli College ILibraro
FROM TUE
J. HUNTINGTON VVOLCOTT FUND.
EaUblUhed by Rookr Wolcott (H. U. 1870). in inctnory
of hia fnüier, for "thc parchase of book« nr per-
manent vajoe, tiie prcfcrencc to be Kiven to
works i>f Ilistory, Polltical Ecooomy,
utd Sociology." (Letter of RoKcr
Woico«. June 1, iSoi.)
Received..._5:.^..^^>UmJ^.-.l *8i.HH '
0
HENRI SILBERMANN
^ D I E S E I D E
IHRE GESCHICHTE, GEWINNUNG
UND VERARBEITUNG
1^ ERSTER BAND
m DIB GESCHICHTE
DER SEIDENKULTUB,
DES SEIDENHANDELS
UND DBB 8EIDENWE-
BEZUNST VON IHBEN
ANFÄNGEN BIS AUF
DIE GEGENWABT W
m NATUHGESCHICH-
TE DEB SEIDE ^ DIE
WILDEN SEIDEN m
m DIE GEWINNUNG
DEB BOHSEIDE m
UND ZUBEREITUNG
DEB GESPINSTE m
MIT 273 ILLUSTRATIONEN
DRESDEN 1897
VERLAG VON GERHARD KÜHTMANN
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All« Mwkt« T«rb«b»ll»ii.
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Vorwort
IMo vnrliVgoiKlp Arl)rit. (l;is Iicsultat lang-
i:i!iri<:t'r und ^'i'\vi>s»'iili:itt<T StiKÜcn, vt-nlankt
liir KntstrliOM vor allem dein licilürliiissf uach
iiiciii in (Itjutschcr Spnichc gescluiebenen aus-
tdlii liciiiu Weike über die Seide, deren Ge-
schichte, Gewiimimg und Verubeitang, ivie an-
dere LSnder, z. B. England und Fhuknfoh,
solche berdts in mehr oder weniger an8flUu>
licher Fom besMien.
Die Sddenindnalne hat ad^ürt, Mtnuipol einnliior Linda- zu sein,
wie dies beispiebweiBe nooli vor dnem Menschen alter beztt^ich Frankreichs
der Fall war, und gerade in Deutsdlland hat sie einen gewaltigen und
vielverspi-echenden Aufech^^Ting genommen, der sich naturgemäss in rein
praktischen Bahnen vollziehen musste. Kine wissenschaftliche F-r-
Ört<'ning der (lewinnung des Koliinuterials, der Mittel und lioultatc scim r
Verai'beituni;, sowie der fioscliiclitiiclien P'ntwickelung des Seidengewtrbcs
zu einer (jrossinduhlric dürfte daher als zeitgeniiisse Veröffentlichung gerecht-
fertigt erscheinen, zugleich aber auch den Praktiker auf das lebhafteste interes-
sisrai imd top that^AKchem Warte auch ftr diesen sein. Im Gcgcnsata za den
anslindischep Weiicenf die sich meist anf halbpopalXrem Gebiete bewegen und
widitige flieorelische und pnddiecsbe Themata nur flttchtig berOhren, ist das
Totliegende Werfe unter BerUdniclitigaag alles Wissenswerten auf strsng
wissenschaftlicher Basu angebaut und dementsprechend ancb der tedmische
Teil behandelt
Obwohl di< Seideuiudustrie eine ausserordmitlioh entvickdte ist, so tritt
dies doch dem derselben Fenierstehenden weniger War vor Augen, als dies be-
treffs anderer Textilgewerbe der l'all ist, wo alle wiclitigeren technischen
Fragen sowohl in Bücheni, wie auch in Zeitschnt^en ausnahmslos l ingcheiul
besprochen werden. Im (iegensatzo hicr/u steht in den meisten Zweigen
der Suideiiindusthe die grösste GehciniUmerei auf der Tagesordnung. Auch
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IV
Vorwort
ist die GewiimuDg und Verarbeiiiing der Seide nicht, wie dBe anderer
Geefiinet&sem» fast aUomten TnrbcBtet, sondem konzentriert aidi yiä-
mebr auf einige wenige LKuder» und in diesen wiedv eind es ein-
zelne Zentren» die gewisse Fabrikationegefaiete ganz besonders pflegen und
beherrschen, und in denen allbekannte Hänser ihre weltberühmten Spe-
zialitäten produzieren. Endlich aber dürfle kein anderes TextUgcwerbe so
mnnni^alti«? und reichhaltig sein, wie peradc die Sf^idcnindustrie. Aus alle-
dem pihcllt, dass die der Ablassunr; eines solchen Werkes sich entceeron-
f.U.'llendeu Schwierigkeiten uuglcicli grössere waren, als dies bei üehaadiung
der übrigen Textihen der Fall gewesen wäre.
Vielleicht erscheint dem einen oder audorcu Lesacr dieser oder jener Ab-
acfanitt des Buches zu ausführlich behandelt Eingedenk jedoch des Goethe-
sehen 'Sproches: »Wer vieles bringt» wird mancheni etwas bringen'' Raubte ich,
bei den wichtigeren Gebieten moghdut erecUtpfiand sein su sollen; freilich war
idi stets danwf bedaeht, die Übersichlifidikeit und AJIgemeinversUindlichkeit
des Wei^ dadnrdi in kdaer Weise an beeintrilditigBn. So darf ich lurfSen,
dass das Buch nicht allein dem bereits in der Pnude stehenden technisch
Gebildeten, der sich über diesen oder jenen Punkt zu unterrichten wünscht,
von Nutzen sein werde, sondern ebenso auch dem, für den die Seide nur ein
allgemein wissenschaftliclics oder technologisches Interesse hat.
Bei dieser Gelegenheit sei mir noch die Bemerkung gestittet, dass mir —
einem Xichtdeutsclien — die ÜehemiciuiiiL' der Sprache besondere Schwierig-
keiten bot Wenn mir nun auch die Veiiagsliuudlung in anerkennenswertester
Weise und in mehrfaclter Richtung zur Seite stand, um dem Werke eine ge-
wisse spcMhUcifae Letditii^t nocb naehMglich sn ferieihen, so glaube vät
dodi um freundliche Nachncht in stilistisehfir und spraoMidwr ffiasieht bitten
au sollen.
EndUdi aber mQge noeh sn dieser SNdle henüdier Dank an^ieepmchen
werden idlen denen, welche mir durch Bat utd That an die Hand gingen: ins^
besondere den Maschinenfabrihen lllr bereitwillige Erteilung von Auskünften
und Förderung der Sache nach den verschiedensten Kiditnngen hin, sowie
den Verfassern der von mir henutzten Weilte und Abhandlnnfen ftr die mir
dadurch gewordene Unterstützung.
Möge das Werk Jedem, der es in Cichrauch ninmit, die gewünschte
Auskunft ertdlen und bald als bewährter Batgeber allseitig anerkannt werden.
Berlin, im Uta IMT.
Der Verfasser.
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Einleitung.
Die Seide rauss unhpstrittpn als die schönste und kosttjai-ste aller, dem
^^e^schen von der Natur gegebenen tiespinstfasoni bezeichnet werden. Die
Beschäftigung mit dieser Faser gewährt dem Textiltechmker schon deswegen
du beMmdnes Bitewo» weil wwM dte ganae Umck&t und Evfiilinmg
in der Behaadlnng von Teitilniateriali ab anch die Kenntnu der beeonderen
und trefflichen Eigenschaften der Seidenftter dazu gehöno, um dieselbe durch
Erhöhung dieser ihrer Eigenschallen zu veredeln und dadiircli für Wche-
zwecke u. s. w. erst verwendbar zu machen. Bietet auch die mechanische und
chcnmche Verarbeitung vom technologischen Standpimkte aus keine besonderen
Sdiirierigkeitem, bo triid dieeelbe docb durch die delikate Natur imd Kostbar*
keit des Bto&eä m einer der kompUziertesten und daher auch interessantesten.
Auch für die geschichtlichen Studien auf dem Gebiete der Textihndustrfe
bildet die Seide schon deshalb eine der wichtigsten Cirundlagen, weil sie —
abgesehen vom Leinen — bereits viel früher praktische Verwendung tand, als
alle anderen TextUran. Denn obwohl die eigetttiidie Sddcngewdonuug erst
um das Jsia 3000 t. Chr. so war doch die Seidenraupe 8clu>n in den
TingesduchtUchen Zeiten bekannt und wurde ihr flüssiges Sekret, das Fibroin, in
Fadenform atiBgpzogen, zu Saiten und Angelschnüren verwendet. Jedoch nur
ein einziges Volk, die Chinesen, war im Besitz dieser kostbaien Faser, und erst
nach Christi Geburt beginnt deren eigentliche fintwickelungsgesdiidite. Über-
all naihm die Seide unter den Teictiiien den ereten Plate ein, und andi auf die
geschichtUcbe Entwickelung vieler Nationen war dieselbe von unverkennbarem
Einfluss. Fast alle wichtigeren Pha»;cn der Weltgeschichte fanden in dem
Schicksal der Seide ihr Spiegelbild, und umgekelirt sjnelte in der Geschichte
die Seide als Bekleidung»- und Handelsartikel nicht selten eine pohtische liolle.
Der ente Abecknitk des TorHegenden Weikes bdiaadelt die geechicbtlicbe
Entwickelung des Seidenbaues, der Seidenwebeknnst und des Weltverkehrs im
Seidenhaiidel von ihren Anfängen bis auf die Jetztzeit, während die Geschichte
der einzelnen Gewerbe der t"'bersichtlichkeit halber am Eingang des be-
treffenden Kapitels besprochen wird. Diesen ersten Abschnitt habe ich mit
besonderar Sorgfalt beaibeitstr und wenn andt die Sohilderung notgedrungen
eine sebr gedilingle aeni mnesto, so boib ich dennocb keine widittgeren
Momente und QneUenangaben übersehen zu haben, welche für denjenigen, der
sich dem Studium einTielner Gebiete eingehender widmen möcht*^, von Wert sf>in
könnten. Alsdann folgt die naturgescliiclitliche Beschreibung der J?eiden-
raupe, ihrer Zucht und Thysiologie, sowie die Anatonüe der i>eidenerzeugenden
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VI
Einleitung.
Organe. Nach Besprednuig der von der RtitqM gelieferten GMpinste, der Ko>
kons, wird die Gewinnung der Seidenfaser aus den letzteren, daa Abhaspeln
und die weitere \'prarbeitung des einfachen Rohseidenfadens zu Seidengamen
eingehender erörtert Der maschinelle Teil der tedmologischen Behandlung
der Seide mMsbt gegenwärtig taob Obergangs- und I^itaricMimgsperiode
dnrch. Neue Maachmeii und Apparat» irerd«i «ng^lhrt in diese Indnstrie-
zwägRf die wäbrond Jahrhunderten unwandelbar an ihren nlton überHeferten
Geräten festhielten. Ks erschien mir daher notwendig, neben den Maschinen und
Verfahren, die allerorts und bereits in grösserem Mafsstabe sich in der l'nixis
eingeführt haben, auch solche aufzuführen, die sich erst Balm brechen; ein
aufinerkflamer Leeer mtd dieee Neuaimgen von den in der Pnude bereite ver-
'wendeteii Systemen leicht unterscheiden können.
Neben der echten Seide erfahren auch die sogenannten wilden Seiden wegen
ihier Wichtigkeit und des Interesses, das diese faserhefernde Insektenklasse in
neuerer Zeit wachgerufen bat, eine ausführlichere Besprechung. Der Vollständig-
kttt halber und auch die künstlichen Seiden, sowie Spinnen« und Muschd-
seiden hier behandelt worden. Ein beeondeies Gewicht wurde anf die in der
Neuzeit so mächtig aufgeblühte Industrie der Seidonabfälle gelegt Dem
Konditioniereji und Titrieren der ('Tespin(5te und der Unteisuclmn^' derselben
auf ihre Gleicbniüssigkeit, Fertigkeit und Üuktilität sind mehrere Seiten ge-
widmet, jedem Zweige der Seidenge\vinuung und -Verarbeitung eine Sta-
tistik bei^^gt wonten. Als eine Art Übergang von der mechanischen aur dioni-
sehen Technologie dient der Abschnitt Uber die physikalischen und chemi-
schen Kifjenschaften der Srideiifaser. Die eigentlichen Veredelungsgcschäfte,
das Abkochen, JUeichen, Fiirbeu etc. hudeu eingebende Besprechung. Nicht
auf möglichst detaiihtsrte Angaben Uber dieses oder jenes VcrÜDdireu und auf die
Anfiählung einer möglichst groeeeo Anzahl von Rezeptm worde dabei das
Hauptaugenmerk geridttet, sondern, ausgehend von dem Standpunkte, dass
niu- das Verständnis einzelner Vorgange beim Färben, Erschweren etc. den
Färber über den Wert eines Verfahrens und die dabei titattfindenden Re-
aktionen aufzuklären vermag, wurde versucht, deren rationelle Erklärung auf
chemischer Basis zu geben. Kcninte dies auch öfters nur in Perm einer
aemlieh vagen HypoUiese erfislgen, so mödite idi immerhin dodi dm empi-
rischen Versuch: die praktischen Ergebnisse der in der Seidenfarberei erzielten
Wirkungen mit der wissenschaftlichen Begründung von deren Ursachen in Ein-
klang zu bringen, nicht als verfehlt angesehen wissen. Als Anhang sind einige
Methoden zur Untersuchung der erschwerten Seiden beigegeben. Jedem Ka-
pitel ist ausserdem die einsddägige Jonrnal-, BUcher- und Patentlitte-
ratur beigefügt worden, und in einem beeonderen Anhang wird die Geschichte
der SeidenzüUe bis auf die Gegenwart geschildert Am Schluss des Werkes
endlich befinden sich speziellere statistische Tabellen, die batiptsüchlich
auf die neueren Daten Bezug iiaben und vorzugsweise iUr ökonomisch -kauf-
mannische Betracbtungoi von Wert sein dürften.
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Inhaltsverzeichnis.
Erster Alnelinitt.
9k flgwMehto to SeMeBlnütnry des SeldenhAndete oni d«r ficMwtrobflkait
TOB Ihren Anfltaigwi Ms Mf die Gegenwart.
Kliili-itunp p. 1. — Dil- A1ti;i's< hIr)<wnhoit t!i*r rillfrciiii inf ii Kultur und de« Scidcngcwerl»««
im iM-ctuiulvren, iwi den Volkeni des Orient» im Altertum. Die echte Si'ide der ('liinei«en
und die natoneldeiMii TextUien der Tndier nod Assyrier etc. 8. — Aufkoiiiineo des Ver-
kehrs Chinni« mit Arm xhendhrndt: Anrnni;'' drr Seidenwrbdtmiig in dem letsMmi. Vet-
pflauzung der ^>eidenkultu^ nadi Zentratuien 14.
Seidenkaltar in "Bjwm and win 8rfden((eiverbe 28. — Omunentstile d«r Seideowebe-
kunst U» auf die altbvmntinTwhf Ptriode. Der Ptirpur 33. — An\ df>s nrabischen
EinQuMtf«. Ilinfaii Byxaatiecs. Seidengewerbe im Orienu tlandelKniacht der Araber. Aul-
MühwoDg Bynatten. Varpaaomng des Sektenginrerbeii dnrdi die Aimber mm3i dm AVeod-
lande. AraMsrhr Oniamentik und ihre Naehklfinf^ 45. — I>if' Stüde in Mitlele"r(>p;i. Die
Kmuxüge.. Mittelalterliclie Stütfe und ihre bis auf un« gekommenen Überruate. Die An-
&o|^ der Seidendniekerd. OoMgcapinM«. Tepiiidnrelwrei im Orient 61. — Vertall der
Andwr und die Vfi-pflanzuriK des St idiMiRewerlKw nach »icn nonlitiiHinisrhpn StadtrrinihHkcn ;
seine Blüte in Florenz, Venedig, Lucca. .Vnläoge der Seidtinverarlwitung im übrigen Kuroita.
S^enhandd diinn, Rwalaad« ele. 8Ö.
Ttnliciiische KunotwelnTei und AofM-hwung der frnnrÖBiBrhpn >fninifnllur. Flünili rti.
England. S{iaiiieii. Deutschland 87. — iuilieniach-fnuutöfliach-fUndriiichc Periode der Ue-
webeonunnentUc 98. — Dt« Aoftlilhen der Seidenlniltnr in ItaUen nnd der Bridenmeaoftktnr
in Mitteleuropa: Hachsen, ÜBterreich, l'n u-s.-n uml rim Xirtl.-crlic'iii 103. — Dir Knlwicke-
luDg der ^ddenioduatrie im XiX. Jalirh. 115. — Bibliogiu{)hic zum ersten Abachnitt 150.
Stellung de« Seidensjunners im Tierreiche. Die Reidenraascn. Der Maulbeerbaum,
■eine Abarten und EraAUftflanzen 163. — Des Kanpenei. Dm Audiraten. Die Seiden-
zncht 178. — AnKtomiseh« BeMchreibung der SeidennittpCs. Die SeldendrOMB und deren
feinerer Bau. Physiologie und IlistoUtgie der Bildnng der Seidensubstanz. Da« Spiunen
183. — Farbstoffe der echten nnd der Yamamarseide 200. — Daa Einsfiinnen und die Um-
wandlung zum Schmetterling. Die ZellengminierunK. Kn>utung der Raeaen 205- —' IKe
KranUieiten der Seidcnrau{>e und ihre .Schniarulzer 213. — GeM-hiebte, (ieogntiliin. und
Statistik der S> ;.!.>nlcnllur in «inselnen Lindem 222- — Bibliograiiliiacfaer Anhang sum cwd*
ten Abachnitt 270.
ZwfiÜBr Abschaitt.
Wt MlA fai ifttnsMtfhkhtllciw UMlohU
VIII
Inh«ltaTeR«icfanii.
Driflir AbschnHL
Die wIMtB SddM.
Oeadücihto der VenrarMog der wilden Seiden. duuralcMriidk der wOdeii Seidemmipiier
und ihrer Produkte. Klasüfizlerung. Wilde Maulbeernpinner und verwandte Insekten. Der
Yamamayspiiuier 279> — D&r indische TuBaabspinner 292. — I>er chin&ioche TuMÜiipiatier.
Die übrigen Vertreter der AnthereeafainHi« SOS. — Die ArtlMfiimnie SIS. — Die AtteeuB-
fuinlli.' .^14. — V^enschiedene Satumiden Asiens 324. — Salumiden Afrikim 327. Satur-
nlden Euro(MU, AtuUmlieDs und mtoatige nicht definierte fe'piaaer. Die Uemuutproduktion
wilder Seiden SSS. — Die BpiitnenMide 8S3. — Die Moedulicide 887. — BiUiognipiiiecber
Aolmng znn dritten Abeduit» 889.
Vierter Abschnitt
Ms Amrtmaf iir RäMU mi BaktnltoBg der Gespinst«.
Der Kokon and sdne StrukturverhiltniMe. KokonrMeen. Beschaffenheit dee KokoD-
fadens 341. — Dna Dörren der Kokons 349. — Das Ilnspeln der Kokons und £e TOT-
bereitenden Arbeiten 855. — Die Hohaeide, ihre fägeneduiften und Fehler 879. — Me-
chaniaeh -nntonmtiiichee Verfdiren dea Kokonhupelns 888. — Du Wueer In der Sdden-
ha«pler«i 896. — CJeographie und Statistik der RohM>iden|>ro<luktiun in verschiedenen Län-
dern 401. — • Die Zubeteitang der 8cidengc«tHne(e durch das Mulinieren 487. — Die Arten
der gezwirnten Geapinat» 471. — GeugraiiÜe and fitntiadlc der Knümerindnattie 475. —
Das Konditionleren 484- — Das Titrieren 495. — BiUiQgE8|ibiaclter AjdiMg inai rierten
Abecbnltt 507.
Seite llZrilelO t. ck
atatt bomlijdnBa, Uea bomlijciMi.
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atatt Mona, liea .Moroa,
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4 n.
atatt 4581, Um 7581.
alatt Sclinijt, liea Sduiijt
M
881
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Sach-Register.
^ctiuspinner 212 f.
Alkaloidc, deren Wirkung auf die
Seidenmnpe 222.
Amerika, Vcr, St., Gesch. 131 f.
— Seidenkultur 2£ä>
_ Süd-, Heidenkullur ififi.
— Gr^produktion iSä.
— Mulinicrindostrie iä2.
Anleger, Faden- SfiS f.
Anatomie der Seidenraupe 183.
21SL
.\.ntheraea Yamamay 2ML
— mylitta 223 ff.
— Pemn 308 f-
— awama 310 f.
Anvbisches Seiden |{ewcrbe,Ge8ch.
45j ifl f, as f. ai f, an
Archäologie der S. 16^ 81 f,
37j 40, 52 . 54 . 60 , 65, IL
1L2 f.
AttacuB ricini 311 f-
— cynthia Sil f.
— atla* a2IL
AufiuchtderMaulbcerraupe llfif.
Auabriiteti Uiu
Automatifichea Kukonhosin'ln
831 ff.
Aylanthuaaeide 312 f-
Balkanstaaten, Ge«ch. IM.
— Seiflfnktiltur 21L
Bast, BLUlaiigaweise 121L
Belgien, Gesclt. lS2i 2i<2i 133.
Benennungen der alten Seiden-
gewcbe 41. 54. 59, 63_, 35^
fia fL
Bombydden IM.
Bombykia 11^ 13, 2JL
Borooer«apinner 827.
Byianz, Gesch. 20, 29 f, 82, 44i
45, 52.
Oalignlafamilie 322L
Callosamiafamilic 822.
Centralasieu, Soidenkultur 212.
— G^^geproduktion 121 f, 123.
China, (Feschichte 1 ff, 11 f, 19,
46i 50, 85, 135.
— Hcidcnkultur 252.
— Gr^gopniduktion 4Ü1 f.
— Muliniorindustrie 432.
Co«, Geschichte 18, 25.
Cricula trifenortr. 821;
Deutschland, Gesch. 65 f. 87.
92, IM f, lül ff, 119 f f , 233.
— Seidenkultur 232.
— (fr^geproduktion 483.
— Mulinierindustrie 479.
Dürren der Kokons 319 f-
Driisen, scidenerzeugcnde 134.
— von Filippi 1^7.
Dublieren 447 f.
"Ei des Maulbeerspinncrs 178.
Ein8}>inncn 205.
EngUnd, Gesch. 65^ 91, 121.
— Seidenkuhtir 2AL
— (ir^pnxluküou 432.
— Mulinierinduslrie ihLL
Erhärten des Seidenfadens 199.
Eriaseide 3U f.
Fagaraaeide 320.
FarbsKrffe der S. 2QQ f.
— der Yamamayseide 201.
Fehler der (Jrt^ge SU f.
FeuchtigkeiUtgehalt der 8. 431 f •
Rbroin 123.
Filaturegr^ 403 f.
Filieren 446.
Fleckkruukheit 211.
Frankreich, Gesch. 33 f, lOSj
114, 115. ff, 223.
— Seitlfnkultnr 222 ff-
— (irtgeprudukliüii 422 f.
— Mulinierindustrie 41fi f.
Frauenarbeit, (iesch. 85, 112.
Oedichte über H. 1.
Gleichmässigkeit der Gr^ge 323.
Goldgespinst« 13 f.
Clrübcrfunde 16, 84i 1^
(Wge 318, 101 . s. a. Prüfung,
Titrieren etc.
— Wcltproduktioii 434-
— Preise 433.
Griechenhind, Seidenkultur 243.
— Gr^gep^oduktion 423.
Handelagcschichte der 8. 7. 14,
19 ff , 28, ai f , 4L 49 f, 52,
fig f, 66 f, S2, 85 f. 89, 116.
III f, 121 f, 12L 129 ff, Iii.
Haspehi der Kokons 355 f, 332 ff,
372 f.
Histologie der Seidendrüsen 132 f.
Holland, Geach. ItS, 182, 211.
. Ja(>an, Gesch. 8, 4L 135 ^ 112.
— Scidenkultur 233 f-
— Gri^geprodoktion 112 ff.
— Mulinicrindustrie 132.
Ideen (Iber S. iL
Indien, Geschichte 9. 19, 28.
&L 85, 131.
— Seidenkultur 252 t
— Ori>geproduktion 419 f.
— Mulinierindustrie 481.
Indochina, Scidenkultur 2Üi L
— Gr^eproduktion AI l.
d by Google
X
Bodi-BcgUtcr.
Italien, GoAchirhte 68, 54, 80 f ,
96, 103, ISO, tu.
» flddenlnltiir tt« CL
— (.rr^grproduklion 427 f.
— Mulinienndiutrie 475 f.
Bjükmclit 215.
Ka^rhrnir, f^ciduiikutttir 252.
Khotan, (ic«ch. 15, 27, 80, 47.
KIcinuUiB, Geaeb. ISA.
Kochen Acr KnkoM 859 L
Kokou 841 ü.
^ PniM 188.
Kokonfai» r. Titcr der 483.
KokoDspinnen 206.
Kaaditigiii«i«ii 485 IL
Korea, Oetdu o. BeidwÜHiHttr
263.
— Ortgeproduktlcn 419.
KrinkfuMUn 218, 273.
Kreuzung der RwuHon 210.
EieiKiiBg in SddetdMqMl 864,
874 f.
X.«vvajiU; , b. Türkei, (rricchen-
Und.
Lyon , Mnnnfnktur, s. Ffiokrckh.
— .S«-id(>nhan(lcl 410.
Slaulbcerlioum 167 f.
Haolbeenpiimer, «ilda 886 i.
Mexiko, Seldniknltiv 888.
MezankoorieniK'ide 311.
iUtteleurapti, CJeacb. 28, 61, 65,
67.
Mucoidin 196.
Mngaseidc 310 f.
Mulinieren 437 f, 451 f.
MiiM'lit'liM>ide 71 f, 3S7 L
Mjrthen über S. 8.
rraarpfliinmn der Mudbeor-
raupe 172.
NiederlEode, Uescb. 65, 91, 112,
488.
NamiMUiieii 54, 80^ 81.
Ornamentik d'^r S.ödi'nfjow fix"
11, 14, 16, 33, 36 f, 46, 48,
55 {, 80, 78, 78, 84 ff, 144 f,
156 f.
OMindiacbe Kolonien , 8eideu-
kaltur 856.
Oavn'o« 471 f.
— FreUo 484.
(iMemldi, a«aeh. 108, IIS, 181,
235.
— Seidenkultur 235 f.
— GrtigqiiodiiktioQ 488.
^ MnlinioiiidiMtrie 478.
FMeundie Auhtichtmethod«
217.
Temen, Geschichte 11, 28, 26,
81, 41, 48, 88.
— s. i.l. ukoltur 251.
! — Gr^KeprodvktiOD 422 f.
: PhyitiologiedcrSeidcmmupo 179,
I 270.
Pktywimiahtinilie 888.
PortaKtl, Oewh, 188, 384.
— Hcidenkullur 234.
— <tr{>Kepm<hiktion 432.
Prüfung der KohKide 381 f.
Pupi»' 207.
; Purpur 42 ff, 59.
Putzen 489, 443 f.
Hj««s»*ii i1.MaiilKi'<r-|uTiner8l66.
' Kom, ( ics^hitlitv 16, 20, 22, 26,
2T.
. Kuv.1 iiui, CiMcb. «2 f, 118, 188,
' 247.
— Seidenkullur 247 L
— Gr^eprodoktion 488.
Saturaiden 165.
Schlagen der Kokona 857 f>
SchlalMicht 215.
8clunarotMrderBMipea«ie.S18L
Schmetterlliif; v. B. innri 208.
Schweden, (iescb, 114, 182, 241.
Bdiweis, GcMk 84, 185.
840.
Schwei/,, firt t'eyirriiliilctirin 429.
— MuUnicrindiwtric 478 f.
Seid«akaltar, Gcwhidite 8, 6 f^
17 f, 87, 80, 45, 46 f, 51, 53,
81, 88, 85 f, lOS. 104, 110,
118,114,150^898,888,8881;
288, 241, 219. 255,888,888.
— Litlemtur 274 f.
Sdd«iw|4niM«)de InektCB 164.
Spanien, Oeach. 58, 84, 98,
188, 288.
— Sndebkahar 988.
— (fr^gcproduktion 481.
— Muliuierinditfltrie 478.
Hpuuien, dt« Art dciMlbeii 197.
.'^pinnenseide 338 L
tipinnrüHel 185.
Spulen 489 f, 470.
! XeB|iicbw«beret 79.
I Titrieren 495 tt.
Torsionfiiii -;*<T 454.
TsatloegrJ^gc 408.
Turkommieo, (ieech. 47.
Türkd, Beidenkultitr 242 f.
— Gr^geproduktiun 424 L
Tuflsab, indische 293 fL
806 f.
I Verarbeitung der S., Gesell. 5 f,
9, 11, 24 f, 29, 32, 35 f, 89,
40, -13, 45 f. 49. 52. 54. 58.
64, 68, 81 f, 88 i, 103, 106 i,
Ulf, 118 ff, 150, 155.
"Wiw»er in der Ilosplerei 896 t
Wilde .Seiden 879 il, 889.
— I^roduktionKinengen 888.
Winden 465 L
890.
ZeUengndiderang 800.
Zeugdruek auf 8. 76.
Zwirnen 437, 451, 455, 461 f.
— kombiniert mit Dublieren ete.
457 f.
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Erster Abschnitt.
Die Geschichte der SeideiikuHur, des Seidenhandels und der
Seideuwebekanst von ihren Anfängen bis auf
die Gegenwart
Die äeide ist eine Gespiuättaser, welcher luehr aU jeder audereu bc>
Nihi«i«B war, im Kaitarleben der Ucnaebheit eine bervmagende Rolle eiu-
sonehmeD, und als die edelste anier dea sar textilen Verarbeitung gelangten
Stoffen sehen wir sie sowohl zu königlichen und liturgischen, wie zu den
würdeab'/eichprukii . üpiiigiMi iukI rcn-lieii profaiifn flewüudern Verwrntlnni;
finden. Jede Kunstepuciie, jede .Strumung der Kultur und jede«! lahrliniKltM t,
ja sogar die eltgeschichte spiegelt sich in ihrer Entwickclung wieder, und
ihre Existenz «owie die Art ihrer Verarbeitnng ist viel ir»nf;er bekannt, als bei
jeder anderen Textilt'aser. Die Seide weckte überall hei ihrem Auftauchen,
sowolil im Orient, wie im jngendfrischen Knlturleben des Abendlandes, den
Ertiudungsgeist auf technischem und kihistlerisrhem Gebiete; dio allgemeine
Kunstgeschichte, und nicht nur die der Textilkunst, musste mit diet>em hoch-
geiicbfttaten Material reebnen.
Und welcher Wert nnd Einflaas wurde den Seidengeweben beigelegt!
Alexander ward durch ein medisches Seidengewand besiegt, Julius Caesar
durch Seide von seiner .Mnrle«tia abgelenkt, und in der späteren Geschichte
bildet die Seide nicht selten den Brennpunkt, um den sich politische and
wirtschaftliche Staatsinteresseu zu konzentrieren pflegen. Es ist daher be-
greiflich, wenn aneh die Dichter die Seide zam Gegenstand einer liebe* und
pietätvollen Betraehtang machen. In pomphaften Satsen bebt der geistliche
Dichter iltT „Momnnentn nioguntiua" seinen Lobgesant^ der Seide an,Vida
widmet dem Seidenwnrm ein «xnn/ps Opdicht ..Honibvx"; Tonelli da Castel
Frauco schildert iu beredter W eise und hochtrabendem Stil das Leben und
Sehaifen des kidnen Wurmes. Tesanra besingt im Epos „La sereide" die
Silb«rai»iiii, DI« S«M«. 1
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Ge*cbichte der SeidenkuLtur etc. Einleitung.
Seide uud Seidenraupe. Frauz v. Traucat, Cellius und Uacine, sowie
viele andere italienische, französische und dent.^che Dichter widmeu deiu
kleineu, injsteriöseu Insekt die erbabeusteu Gedichte.
Die numnig<ige Art nnd Weise, wie das Seidengewn-be bei den yansdiie-
denen Vdlkera gepflegt warde, iat ein ßar die betreffende Nation nnd ibren
Kulturgeiet höchst cliarakteristisches Merkmal. Bei den Chinesen galt es
als obligatorisclie Industrie für die Banein, <]-a (lif f.r^iidbcvnlkernng Tur den
Hof und Staut arheitsptiichtig war; deiugemäss selieu wir siie hier von kleiueu
Anfangen an in demselben Mafse, wie die Alleinherrschaft uud »Staatsgewalt
immer mehr en Anadebnung gewannen, sa «ner eminenten nati<ma1en Industrie
heranwachsen ; das Wohl und Webe Chinas war mit den Brfolgen der Seiden-
kiiltur, der Seidenweberei und des Seidenhandels eng: verknüpft, und die
leisesten politischen Unruhen inmitten des Landes vermochten diesen auf
eine absolute Ruhe angewiesenen Kulturzweigen in kurzer Zeit einen sehr
füblbaren Selnden anzufügen. In Bynnz wurde das Seidengewerbe durch
die lelbstsachtige Pracbtliebe Jaetinians nnd «onstige Ursachen staatsdko-
nomisclier Natur zum fast ausschliesslichen Vorrecht der Krone und vei^
mochte. sich unter der drückenden Last des ararischen Hernie hier ebeniK»-
wenig, wie ein Jahrtausend später in westeuropäibcheu 'Stauten, durch ähnliche
Wirtschaftspolitik beeinflnsst, zu einer wirklich lebensfähigen Industrie zu
entfalten. Bysans mit seiner seidengewerblichen Thttigknt liefert einen der
schlagendsten Beweise dafür, dass eine Industrie rieh weder durch staatliehe,
noch private Mafsre^eln ebensowenig gewaltsam wie aus freien Stücken ein-
lübren lässt, sondern viehnelir aus natürlichen LTmständen. die durch den
Kulturzustand, das materielle und geistige Verniügeu der Nutiuu und ihre
Handelsbesiehnngen bedingt werdoi, entspriesst nnd in langsamer aber sicherer
Entwiokelnng aus dem Gewerbe zum Groesbetrieb wird. Bei den Römern er-
freute sich die Seide eines nngewohnlick grossen Verbrauchs und kaum ein
zweites Volk hat seitdem diesen Seidenlnxns 7.n überschreiten vermocht; nichts-
destoweniger findet die geringe Entwickelung einheimischer Seidenindustrie
ihre Erklftrung darin, dass die Amübnng des Gewerbes der geistlosen Sklaren-
arbeit fiberlassen nnd nicht von einem so lebensvollen, nationalen Drang be-
seelt wurde, wie dies beispielsweise bei den Arabern der Fall war. Dexa kam
noch, da«s die Fiömer die Viilker ausserhalb der engeren Reichsgrenzen, als
Barbaren, des Tragens seidener Prachtgewäuder für unwürdig hielten und
obwohl sie auch damit dem Konsum des eigenen Landes einen nationalen
Charakter yerliehen hatten, so beraubten sie die Industrie eines mächtigen
ihre Lebensfähigkeit bedingenden Impulses, des auswärtigen Handels \ erkehrs*
Wesentlich anders verhielt es sich mit dem charaktervollen Aral>erstamra,
der dein Soidengewerbe auf religiöser Basis einen hocbknlturellen Charakter
verliehen hat.
Die Seide, obwohl ein Luxusartikel, vereinigt mit dem Sch5nen zugleich
das Nfitzliche; that^hlich giebt es kein anderes Webmaterial, das ein so
einnehmendes uud glänzendes Äussere neben ebenso wertvollen inneren Eigen-
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Mytb«!! Uber Seid».
S
Schäften aufweisen könnte. Es lässt sich nicht verhehlen, dass das in der
ganxeu Oeflobiehte der Seide henrortretende Streben der Völker nach dem
Bents dieses wertrollen Materiab mebr denen ftnaserer Pracht gegoltm bat
und demnach nnr luxuriöse Begierde war; dieser Luxus trat aber /ugleidi
mit der Kultur ein uutl gab später Venmlasssung 7nr iiulustriellen Thätig-
keit. E«t in neuerer Zeit hat man auch die inneren guten Kigeiiscliaften
der Seide, ihre Dauerhaftigkeit u. s. w. erkiuint und bestrebt sich, dieselbe
als BelclridiingsmatMrial den breiten Sebicbten der Bevölkerung luögliobst
snganglicb za maebeu. Die Seidenknltar, sowie die Gewinnung und Ver-
arbeitung der Seide, besch&ftigen heutzutage viele Millionen Menschen und
zählen für viele Länder an den wichtigsten Mitteln zur Förderung des
Wohlstandes der Völker.
Mytholo'gtsehe Angaben über den Ursprung der Seide und die Ani&nge
der Sndenknltur nnd des 8eidengewcri>es giebt es in sablloser Mengen doch
mSgen hier nur die interessantesten Erwähnung iindeii. Eine der chine-
sischen OKerliefernngen erzillilt xo") Tschin, dem Sohn des Japhets, welcher
seine Kinder unterric Ilten sollte, Kleiderstoffe aus Seide uuzuferiigeu '). Eine
andere Legende schreibt die iScliöpfung des Seideuwurmes einer japanischen
Jongfran xa« ans deren Augenbrauen er entstanden sein soll. Nach ^er
öfters wiedagegebenen romantisdten Überlieferung Japans warde ein von
seiner Stiefmutter Kuang-ki ("Pnrcht der Strahlen) verstossenes Künigskind
des Lin-i (Hass des Regen.s) aus Indien, das „ju'>R^' Mädchen mit goldenen
Haaren", nachdem es wilden Löwen und Adlern preisgegeben und von
diesen nnber&hrt geblieben, auf eine einsame Insel Terbannt, von der es ein
Fischer mit seinem Sahne befrnte. Alsdann wurde es lebendig im Schloss-
bofe vergraben, wobei es jedoch stets unversehrt blieb und schliesslich in
einem hohlen Maulbeerbaume dem Meere iiherla«f?>en , durch welches ep an
die Küste Japans verschlagen uud hier, indem es gleich darauf seinen
Qewt aufgab, in eine Seidenraupe verwandelt wurde Durch die alle-
gorisch dargestellten Qualen und den Schlaf des jnogen hUdchens, aus
-welchem es wieder trotz des scheinbaren Todes OTWachte» wild in dieser Fabel
der Lebensgang der Seidenraupe, ihre vie-- TTnnfungPperioden, angedeutet.
Damit öbereiustimmend werden in .lai)an di« Häutungen der Maulbeerraupe
als die Zeiten des Löwen (sischi-no-oki), des Adlers oder des Falken (taka-
no-oki), des Kahnes (fune-no-oki) und des Hofes (niwapno^bi) beiMchnet.
Es scheint, dass diese Allegorie die Herkunft der Seidenraupe mit einem
königlichen Nymbus zu umgeben sucht und gleichzeitig Anspielung auf die
Schwierigkeiten macht, welclie die Seidenxneht zu i'iberwindeu hatte, be-
vor sie nach Japan gelangen kouute. Verlassen wir indessen das Geidet deä
Fibelhaften nnd wenden uns den geschichtlichen Thatsacben zu.
') d'Herbciot, BiliUolLetiue orieuuie, i'aris, l(i97 (Kiipilel Sin).
■) Uekaki'Morikuni, Jo-äan>li-rok (Die Seidenzucht in Japan), L'art d*Aev«r
les vers k loie au Japon. üben. Uoffoiann-Bonafou«. Paris k Turin 16*9.
4
Seid» im Altertum. Cbin«.
Die GMcbicbtsforschung hat der gewerblichen Th&tigkeit alter Kultar«
Völker, namentlich der Cliinespii, Indier, Perser, Ägypter u. A. erst in der
jüngeren Zeit grüsst-re Beachtaug geschenkt. Von diesen Völkern, unter
welchen viele ausgedehnte technologische Kenntnisse besassen, haben einige
in den Gribern und DenbmUenit andere in ihrer lAtteratar Sidrittse Innter^
leieon, die der NaelikiHnmenKbaft ein Bild nber deren Knlturznetand ver^
schaffen; doch sind hier leider fast dnicbgehends nur spftrliobe Angaben
iUo-r die Textilindustrie im allgemeinen, nnd das Seidengewerbe im speziellen
vorbanden. Umso wichtiger und bezeichneuder ia dieser Hinsicht ist die techno-
logische Litteratur der alten Chinesen, deren Studinm erat ganz neuerdings auf-
genommen wurde') und die namentlich für die Geaehichte der Seidenindustrie
deswegen von bedeutendem Interesse ersdteini« ynil unter aUen Völkern des
Altertums es ausschliesslich die Chinesen waren, denen die Hcidenzuclit
seit fiUerlängster Zeit bekannt war und welche allein die Kunstfertigkeit der
Seideuv^rbeitung besassen. Es sei damit nicht ges^t, das.s die Natur in
der Verteilung • der Flora und Fauna andere L&ider mit Mautbeerbanm
und Sjudenr^fta^ Qbemeben bat, aondem nur forauflacbickend betont, dasa
die TOn den Chinesefrr. verarbeitete Seide keine andere, als die echte weisse
Maulbeerseide war, da?.«? tlie letzt<»re ansschliesslich in China ilirt? Heimat
gehabt zu haben scheint und das^ sie von hier aus nach allen übrigen
L&ndera Terhr^tei irorden ist. Schon aus der citierten Überlieferang vom
„MSdcben mit goldenen Haaren", worunter awetfellos die gelbe Se^enrasae
au verstehen ist, und aus seiner chinesischen Bezeichnung „kin-kuNtsen'^
— da?; Kind der goldenen Fahne — geht mit Sichorlitit hervor, dass die
gelbe, damals wohl nur liaibkultivierte oder gar wilde Seideurass»- eher in
Indien, ald in China ihre urspräugliehü iieiuiut besass, und dass «^ie
in China nicht seit so vielen Jahrtausenden, wie die weisse, mit vieler
Sorgfalt geanchtete Rasse bekannt war; denn die Bezeichnnng und daa
Signum der goldenen Fahne (kin) ist erst im VIII. Jahrhundert vor Chr.
aufgetaucht und festgestellt worden'). Wie geschichtliele Korschnngen
ergeben haben, ist China im allgemeinsten tiinne des ^Vortes als das Hei-
uMtland der ediien weissen ManlbeetMHde anfimfassen, und dem ehinesis^en
Volke gebührt das Verdienst, den Anfang an einer regelmässigen und mit
Kunst betriebenen Seideczucht und Seidenindustrie gelegt au haben. Es möge
daher in erster Linie die Geschiclite der Seide in Chin« erörtert WL-rden.
Der Maulheerbauni und die Seidenraupe erscheinen in den ailerältesten
Deukuitileru der chiueüischeu Nationallitteratur. Die Seidenzucht und die
Verarbeitung der Seidenfaser hat im Kulturleben der Chinesen stets einen
so wichtigen Plata angenommen, da^s hierüber nicht nur die Gescbicht-
schreiber Chinas die genauesten Angaben geliefert haben, sondern auch die
Die Kollektion: .Memoire« des missionairee rar la Chine.' Paatbier, Lliiitoiie
de lu Chine. KUiproth, Lea tabk-aux historiqr.<'^ •]• '.'Asie. The ClliDeee BUBCeUaiiy
OD tbe Bilk uiaoufacture auU cuUivation of tb« nnilberry. Shanghai.
*) Pariset, Lliittoite de la wie.
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Seide im Aitertum. China.
6
' Yolksritten und Keligionagebriittelie dnreh die A^uafibnng des Seidengewerbe»
beeinflusst wordeu sind.
Schon vor dem Jahre 3000 vor Chr., Iiericlitet das gescliiobtUche Werk
Techn>kiug*), war Sbin-uong, der Naclifolger Kaisers Fobi, bet^trebt, die
Knltiir dar Haalbeerbäame uod die Seidenraupenzucbt möglichst zu verbrei-
teo, um des Gewerbe der Anfertigung ?oa Angelscbnfiren zu fördern, die
aus dem Darminhalt der H;tn|ien. etwa wie Glasfödeu, gezogen wurden.
Fohi selbst liattt' die auf diese Art erzenjjten Seideiifildeii als Saiteu Hir
ein Tnnsikaüsclies I iii-trunieiit ..kin" verwendet, dessen klangvoller Ton be-
riibmt war. Die eigeutliclie, gegenwärtig übliche Verarbeitung der Eokou-
gespiuste vennittdat des regebreehten Abhaspeins sali dnreb die Eeiierin
Si-lnng-shi, Gemahlin des Hoang-ti, nach anderen Angaben dnreli dessen
Tochter Lui-tseu, im Jahre 2698 vor Chr. eingeführt worden sein, die, nach-
dem 5ie eine «pinnendf Spidenrnupe heobachtet, auf den Gedanken kam, den
Seidentadon von dem Kokon in umgekehrtem Sinne wieder a)</.tnvindeu und
sie Textilfaser sa Twweben. Diese Idee wurde alsbald mit ausgezeidineiem
Erfolg verwirklicht; die erfinderisehe Kaiserin warde in Anerkennung ihrer
Yeidieuste gleich nach ihrem Tode in die Reihe der Gottheiten aufgenom-
men und nh ..Geist dps Maulbeerbaumes und der Seidenraupe" geweiht;
eiu Sternbild (Konstellation des Skorpions), in welchem Si-lnng-shi als
Protektorin der Seidenzucht ver&imiliclit wird, ist ihr uuter dem Namen
„tsan-fnng" (SeidenhSnschen) geheiligt worden*). Alsbald ist die Seiden-
nebt an einem regelmässigen Gewerbe geworden, bestimmt, in der ganzen
politischen und ökonomischen Geschichte Chinas eine unverkennbar bedeu-
tende KoUe zu Spieleu. indem sie dazu geeignet schien „die Sittlichkeit des
Volke« zu erhöhen und die Armut zu bekämpfen"^), als auch in den spä-
teren insserliehen Beaieknngwt C9ü,ii«s tarn Broinpnnkt der poUtiedmi
FVagen und snr Grundlage des Handelsverkehrs au wM^eo.
Die zusammenhängende Geschiebte der chinesischen Seidenindnstrie ist
in einem besonderen Werke .,Haw:u-nan-tst'", Klassik des Seidenwarmes,
aufgezeichnet. Eine Menge von Citaten ül>er die Seide in den geschieht^
lieben Werken Chinas zeugt von der Wichtigkeit des emporblühenden Seiden*
gowerbes. So berichtet Konfncius über die Erbauung grossartiger Seiden-
hinaer im Jahre 2357 sowie über die Anlage der Schntsdämme g^en Uhei^
schwemninnpen des Flu.sse.s Vao, an dessen Ufern ^nsgedelintc Maulbeer-
plantagen la<^eu. Der chinesisclieu Seidenstotfe tindet man zuerst im Jabre
•22ÖÖ vor Chr. Erwiilnning ^ethan, zu welcher Zeit sie von der Provinz Shan-
tnng, die auch als eigentliche Hdmat der Seide im engeren Sinne be-
trachtet wird, als Gabe und Hnldignng au den kaiserlichen Exit des Shnn*
tien geliefert winden sind*). Im Jahre 2200 erscheint im Buche Tsehu-
*) .Tilra-king'', Über», von de Guigncs, Paria 1T70.
») .To->.an-ri-rok, S. 135.
*) Wardle, The wild lilkü of India, nach Romj.
*) de Geigne«, Tibn-king, S. 14.
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6
Seide im Altertum. China.
kinp die ernte Nrtclirleht üVier die Seidenfärberei, in welcher iüp Verwendung
gefärbter Seidenstoii'e beschrieben ist; auch schildert uns Kunfucius die
roten und schwarzen Seidenzenge, die als Tribut au den Kaiser Ju (2022)
geliefert wurden. Die Hanptrerwendnng der Seidengewebe jener Zeit bestand in
der Anfertigung von Fahnen und Schirmen, welche als Abzeielien der Würde
dienten, iudeiii vor^-chiedene Farben beptiinmtcn Rangstufen entsprachen.
Das Gelb war die ausschlie«sHdie Farbe des Kaisers, das Violett die seiner
Nebenfrauen, Blau, Roth und Schwarz wurden dem verschiedenen Hange der
Bitter beigelegt '). Ana den geschiehtliclien Schilderungen dieeer Epoche gebt
mit Sieberbeit hwvor, da«e da» Seideogew^rbe nnd der Oebranch der Seide
wahrend seines ersten Aufblühens ciulgermassen das Vorrecht des kaiser-
lichen Hofes (der Kaisersfraupii) und der Adeligen war. Audi die Auf-
zählung der den Seidenbau betreibenden Provinzen^) lässt darauf schliessen,
dase der der Seidenzucht zugewiesene Banm ziemlich spärlich und ihr Be>
trieb noch gering war; unter dem Volke war sie noch gar nicht verbreitet.
Die Herrscher nnd der Adel haben dagegen tmtn Luxus mit Seidengeweben
entwickelt, der ganz kolossale Dimeni^ionen annnhm und gerade/,u in die
Geschicke Chinas einzugreifen auting; wer die (Jeschicbte des chinesischen
Seidenbaues schreibt, erzählt fast zugleich die Geschichte der chinesischen
Dynastien. Erst durdi die liberalen Verordnungen des weisen Kaiseis Jn
(2206) bat die Seidenknltnr auch unter dem chinesischen Volke Plata ge-
griffen, indem durch Bepflanzung weiter Strecken mit Maulbeerbäumen
und Verteilung von Raupeneiern ftir ihre weitere Verallgemeinerung Sorge
getragen wurde. Das seit dem XII. Jahrhundert in China auftauchende
Lehensf&iBimtnm venntttelte in hohem Grade die Verlweitang der seiden»
gewerblichen Tbitiglrait, indem jeder von den f&rstliehen Höfira (aur
Zeit des Konfncius 125) dem Beispiel des kaiserlichen folgte und den
Seidenbau bei sich einführte. Mit der Zeit entfaltet das Gewerbe einen
immer höher steigenden Luxus; es erscheinen Goldbrokate (VIII. .lahrh.
vor Chr.) und ähnliche kostbare Seidenstoffe, in welciie mau als Schmuck
sogar bunte Vogelfedem einsuweben pflegte. Eine poetische Sammlung „Sbi*
king'^ schildert die Schönheit broschierter und anderer Gewebe in überschweng-
licher Weise. Die nationale Seidenindustrie nimmt indessen nur beschränkte
Dimensionen an, indem noch immer, dem Bei.spiel der Königin und der Hof-
damen folgend, sich ^nur die höheren Volksklassen an ihr beteiligten und
der Seidenbau nur in der eanenProvina Shantung sur Bntwickelung gelangte.
Das „Boeh der Vorschriften^* (Tscheu- Ii) enthftlt eine Schildemng der Seiden-
sucht, wie sie sa jener Zeit (XII. Jahrb.) you der Kaiserin und den Fiin-
sesrinnen ausgeübt wnrde.
In dieser Weise verflossen über zwanzig Jahrhunderte, ohne dass das
Seidengewerbe die Grenzen seiner Heimatstätte Shantung überschritten hätte;
es ist im Grössen und Gänsen auf derselben Höhe geblieben, wie sur Zeit
I) de Guignes. a. a. 0. S. 339.
^ Pantbier, Üben, dss .lUra-ldng" in Psntb^ Utt^raire.
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Seide im AUertam. China.
7
d«r Eiufilbruug. Wenn Mch seit dem XL Jahrhnndo't vor Cbr. eiu toi^
überstehender Aufschwung* wahrzunehmen ist, so hemmten doch der unter
Jeu-bang (7^1 vor Cbr.) entstandene Anarchismus, jtolitische Zwiespälte
uod grenzeulo8e ;Sittenlosigkeit während der ganzen Zeitjieriode vom VIII.
bi» sam III. Jahrhandert vor Chr.« das Emporkommen des Seidengcwerbes»
eine Zeit, welche treffend als „das Mittelalter Chinas'' bezeichnet worden
ist Weder die Seideniodustrie noch irgend welcher UaudeLsverkehr mit
Seidenstoffen kamen znr Geltung nur folefende Eroir;nisse sind von einiger
Bedeutung. 806 gab Uientong die Veiordnung, dass jede Provinz des
Bekslws eine bestimmta Ans^l Manlbeerbiume «i pflnisffii mid zn erhalten
lial» — nnd Hiawnti (Abi} und Wnti (265) sorgten für die Erbanong
grosser Seidenzucbtereieu.
Gerade iu diese luitrnstliclu' Periode fiel die epochem;u-!iciide gesetz-
geberische Thätifjkeit des Küufucius (551 — 478 v. Chr.) und anderthalb
Jahrhunderte »päter die des Mencius. Der eräteie erwälmt einmal in
mnem Bjiohe Longo, dass er Keber seidene Mfitsen trage, als die leinenen,
weil die Seide ein Vorrecht der Patrizier sei, obwohl sit? billiger ist, als
Leinen. Wenn sich aus dieser Angabe auf eine zur Zeit bereits ausgedehnte
Seidenknltur schliessen lässt, die aller Wahrscheinlichkeit nach von den Hauern
als Froudienst geleistet wurde, so lag es uicht iiu Öiune des Eoufucius, diese
nun freien nationalen Gewerbe in erheben nnd der Seide ihre privilegierte
Stdlnng za neifamen. Menoius scheint dagegen mehr von der demokratischen
Idee des Gemeinwohls durchdrungen gewesen zn sein; er empfahl den Landes*
fursten, mit denen er /uwammcnkaiii , Maallieerbnnme am Gehege der i^anern-
güter pflanzen zu lassen, damit die Altereu sich niil tSeideutuch wann und
bequem bekleiden können^/ , und die künftige Bedeutung des Seideugewerbes
f&r China mit khirem BUek erkennend, förderte er es dnreh ansgedehnte
Privilegien und Schutzgesetze. Seit diesem Zeitpunkt scheint demnach
die volkstiimlicl'e Verbreitung der Seidenkultur festen Fuss gcfasst zu Indien,
so dass nunmehr jegliche Natural?te>ier in Seide erhoben werden konntet
ein Gebrauch, der sich bis iu das XIII. .iahrhundert erhalten hat.
Über den Aunaligen Seidenbandel finden sich in den Genehiditrimohem
Chinas nnr spKrliehe Angaben, ans welehen jedoch mit Siclierheit hervor-
geht, dass bis zum III. Jahrhundert vorchristlicher Ära weder ein
Handelsverkehr, noch an<l('i-f Hf'-/ieliinigcn zwisr-hon Cliina und den übrigen
Kulturvölkern Asiens bestanden haben. Die durch natürliche und politische
Hindernisse und sittliche Originalität bedingt« Absonderung Chinas wurde
auf die Dauer dadurch b^rftfligt, dass die mittelasiatist^en Barbaren dem
weltertn ümsicligreifeu der fortschreitend' : :liinesischen Kultur unüber-
windlichen Widerstand leisteten*}. Die allgemeine Kultur nnd im speziellen
*) de Gnignea, Hutoire d«8 Um», Bd. I, S. 79.
') Ed. Biot, .Tournal asiatique 184&.
^) Mentse, Bd. I. cap. 1, S. 8.
*) Psathier, Hwtoire de 1a Chine» S. <t.
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8
EiDfQhntng der Seidenlniltur naeb Jitpap«
die Seidenindostrie der Chiueseu waren bis zum Beginn uuserer Zeitrecfa*
Dung vou der übrigen Welt vollstüudig abgeschlossen, iiud so kam es, dass
der Bfteitz imd dit» Kenntnis d«»r Seide fast ganze drei Jahrtausende das
Privilegium eiQe^« einzigen Volkes geblieben sind.
Die infolge poUtiieber Unralien entitandene Anewanderong der cbine»
sieeben Bevölkerung brachte diesem Monopol den ersten TerHngnisvollen
Sehlag. Auf diese Weise wurde der Seidenbau einfach durch chinesische
Ansiedler, tHo (la.^ fTiMninfland nach dem Fall der D\ nastie Thein Terlie»*
seu, nach der Hiill>insel Korci f'20(> vor Chr.) übertragfii.
I ber die Zeit der Eiuiulauug der Seideukultur nach Japan sind die
Angaben japanischer Oeaehiehtsebreiber widerspreehend; nur das ist fesV
gestellt, das-s ihr Ursprung daselbst erst .s]iätert'n Datums ist (jedenliUtf
nicht vor Chr.) und dass sie nach Japan durch Vermitteluug der Koreauer
gelangte. Nach der chinesischen Cberlieferung de« Historikers Mau-tua-liu
bestand der Seidenbau in Japan bereits im ersten Jahrhundert vor Chr.,
nachdem der Kaiser Won-Ti die kriegsgefnugcnen koreftnisehen Seidenznchter
nach Japan fibersiedeln liess. Nach einer anderen Überlieferung kanti dieser
Zeitpunkt auf das Jahr 199 nach Chr. verlegt werden, wo ein chinesischer
l'rinz Kolinian bei einem l^c^tich am japanischem Iltif«' unter Anderpm auch
lianpeneier als Huldigungstribut dargebracht haben soille. Die verbreitetste
und zuverlässigste Ansicht, die von Nippon-ki, besteht indessen darin, dass
cbinemsche und koreanische Einwanderer im Jahre 289 unserer Zritrech-
uung die Seidenzucht nach der Insel Sin-Sitt eingeführt haben iiuil *lani>
im Jahre 310 durch Hinzu/iehiing verwandter t liin* sisoliiT lliindwerker
der Anfang japanischer Seiden weheroi gelegt wurde, 8ehon im fünften
Jahrhundert unserer Ära hat Japan einen mächtigen Aufschwung der sei-
dengetrerblichen Thätigkeit eu Terzeidinen gehabt. Der r^erende Mikado
Y Uli ab (472) förderte in jeder Weise die Setdenkultnr; an seinem Hofe
ßell'si wurde dieselbe in grossem Mafsstabe betrieben. Er befahl, dass die
im Laiulf» zerstreuten Einwanderer fortan ihre Steuer in Seide zu entrichten
hätten. Im VI. Jahrhundert wurde die japanische Seidenzucht allgemei-
nes, nationales Gewerbe, das von der Kegierung aufs eifrigste unterstütst
ni^ gefördert wurde und immer mehr an Ausdehnung gewann. Der
Seidenbau soll in einigen TeiU-n Japans sogar so mächtige Verhältnisse
erreicht haben, «lass die hierdurch vernrsaehte Vernachlässigung anderer
Kulturen, besonders der Reiskultnr, das Ausbrechen einer Hungersnot befurch-
ten Hess, wodurch zeitweise iu entgegengesetztem Sinne wirkende Mafs-
nahmen xur Geltung gebracht wurden*). In einigen Fürstentümern wurde
dann die Seidenracht gana ausgegeben und das Tragen seidener Kleider
dem gemeinen Manne untersagt; in anderen Provinzen wurde das F^eiden-
gewerbe monopolisiert und die erzeugten Gewehe ausschliesslich für den Ge-
brauch des Hofstaates und als Geschenke für befreundete Herrscher ver-
wendet.
Bavier, .iapaas Seidenzucbt, Seideahaadel und Seideninduatrie. Zfirich 187i.
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Seid« der Riten Indier.
9
Befftssen wir uns jetzt mit dem Ursprung der Gewinnung und Ver-
arbeitung der Seide I)ei Asiens übrigen Völkern jener Zeiten. Der !Maul-
beerbanin existierte, obwolil nur in wildem Zustancle, in ganz ^\'(.■^.til■^ien.
seit allerält«sieu Zeiten; ebenso waren die Seidenmupeu iu den östlichen
Talen Indkm nnd in Pennen lieimiseb und sogar sehr verbreitet; doch
waren ihre Rassen und daher ancli ihre Eigenadiaftcn Ton denen Chinas
sehr verschieden ; auch worden sie keiner so regelmässigen und soirgi-
fSltigen Zucht untern orfen, wie bei den Chinesen. Diese Seidenraupen
lieferten nur miuderwertige Produlite in Form vun unabwickelbaren oder
durcblöcherteu Kokons, die von den. Eingeborenen gesammelt und wie Flaobs
Terznpft nnd Terqwnnen wnnlen, ein Ver&hren, das natflrlich im Verglich
zu dem Glans nnd der unübertroffenen Gleich mässigkeit der abgehaspelten
Beidenfiiser nnr ein minderwertiges, unan«elnib'ches Gespinst ergal). Wie
schon aus der l berlieferung vom „Mädchen mit goldenen Haaren" und
seiner Herkunft am Indien hervorzugehen scheint, besass die gelbe äeiden-
ranpe ihre Hdmat in Westasien; geschichtUehe Forsehang^n der neueren
Znt haben auch thatsäcblich bewiesen, dass vorwiegend in Persieu, in
geringerem Mafse in Indien nnd Syrien, die gelben Kokons der Maul«-
beerranpe in oben geschilderter Weice seit allerältesten Zeiten verwertet
wurden. Als im VI. Jahrhundert unserer Ära auch die weisijeu Öeiden-
wOrmer nach Weatasien verpflanzt wurden, war die Art der Veraiheitnng
einbeimisdier Kokons immer noeh die alte, d. i. nicht die dnreb Abhaspeln,
n^ch chinesischer Art, sondern darch Veranpfen, und zwar erst nach dem
An.-*schlnpfen der Schniptterlinge. Soweit nnsere Kenntnis reicht (die si.li
iil)er dreiz.ehn .lalirhnnderte erstreckt), ist in Indien liei.spielswei>e <lie Seide
oder im wahrem Öiuue des Wortes die abgehaspelte Kokonfa.ser, vor ilirer
dirdcten Einffihntng ans China nie xnr Anwendung gekommen. Einige
Onginalangabcn über das Seidengew^be Indiens sind seit dem Erseblieswn
der San.«krit>prache für das Studium zugänglich geworden, doch verbreiteten
sie immerhin so wenig \Ach\ iiher den Ursprung de« Seidengewerbes nnd die
Art des verwendeten Kohmaterials, da^ hierül)er noch heutzutage Meinungs-
^Seremen der Geehrten bestehen blmben*). Wenn aoeh i. R die bei der
Sehildernng der Festgeeehenke in den religiSsen Ueldendiehtnngen Karnap
yana und Mahahharata das eine bestimmte Ge^^pinsifaser bezeichnende Wort
„kuiiceva"', kaum anders alg durch „Seide" übersetzbar ist, so kann sich
dasselt>€, wie die Forschung ergeben hat, entweder auf die durcli Verspinnen
der darchbrochenen Kokons gewonnene minderwertige Florettseide der
Hanlheerranpe, wie dies auch in Assyrien und auf der Insel Kos der Fall
war, beziehen, oder auf die noeh weniger sehöoe Seide wilder Seidenspinnw,
mit denen Indien reichlich begabt war.
Nach zuverlä,«»jjigen Nachricliten be.sass Indien (Himalaya) bereits in
den frühesten Zeiten eine seitdem im Laufe der Zeit ausge.otorbeue ein-
*} Paria et, Lliistoire de ia loie. 6d, L 89.
10
beimische gelbe MtnlbflenranpMinne, die «ir Sddengewiimiiiig wolil dareli
Verzapfen nach dem Ausfliegen dee Schmetterlings und Verspinuen dieser
Watte am SpiuilelraJe verwertet wurcle. Die Gesetzgeljung Manu (12 — 8.
Jalirli. vor Chr.) erwähnt sogar eine regelmässig und mit grosser Sorgfalt
betriebene Seidenzucht, von welcher jedoch mit Gewissheit anzaoehmen ist,
dftn dftbei des Tdten der Pappen, des Dörren der Kokons und eoinit
eneh des Abhaspdn nicht stattfinden konnte, de. zur Zeit, als das EK^rr-
verfaliren durch die Chinesen zur allgemeinen Kenntnis gelangte, dasselbe
als durch die Keligion verjiont, uiclit angewendet werden konnte. Ein in
Sakuntala^) uu/.weifelhaft die echte, glanzvolle Manlbeerseide bezeichnender
Aosdrack „Tschina amsnta'^ (Chinas Seide) weist darauf hin, dass das At-
tribut der Sosseren Praeht inm Unterschied von dem weniger besteobenden
einheimischen Produkt lediglich der chinesischen Seide beigelegt wurde und
dies zu einer Zeit, wo das von den Cliinesen monopolisierte Verfahren der
Seidengewionnng bereits aufgehört hatte, ein Geheimnis zu sein.
Die Verarbeitung wilder Kokons durch Spinnen zu Fäden und zu
Geweben, d^ xwar nicht den Glans nnd die blendende Weisse der echten
Seide besessen, aber sich durch ihre Danerhaftigkeit and Weichheit ansseich-
neten, war in Indien (Bengal) seit Urzeit im Betriebe*). Bei den regen
Beziehnngcn Indiens zu den alten Ägyptern, Römern und Phöniziern würde
es übrigens autfallend erscheiuen, wenn ein so prachtvoller und wichtiger
Textilstoff, wie Seide, in Indien verarbeitet und verwendet worden wäre,
ohne so anfmerksamen Schriftstelleni, wie Herodot, aufzufallen nnd von
diesen beschrieben worden zu sein. Diese Thatsache wird in den Angaben
chinesischer Pilger erwähnt, welche Indien bereisten und in ihren l)e-
riohten unter den Landeserzeugnis-sen die indische .,kiao-tsh('-Te", die ..wilde
Seide" autühreu, eine Bezeichnung, die übrigens unfehlbar auf das saus*
kritische „Kftncdya** hindentet nnd anr Genüge die Art der indischen
Seidenfaser charakterisiert*). Noch im II. Jahrhundert, als die echte chi-
nesische Seide bereits grossen Absatz in Westasien erlangt hatte und somit
die Möglichkeit eines Vergleichs des prachtvollen chinesischen Produktes
mit dem unansehnlichen einheimischen gegeben war, kam es den ludiera
nicht in den Sinn, ihren einhmmisehen wildnn Manlbeerspinnern, als einer
Quelle des Nationalreichtnme, mehr Anfmerksamkdt nnd Soir|^alt aniawenden
nnd durch regelmisstge Seidenzucht nnd entsprechende Behandlang der Kokons
ein dem chinesischen ebenbürtige;? Gespinst zu erzeugen. Dies geschah
aus sehr einfachen, weiter nuten angegebenen Gründen, nnd so ist es
nicht zu verwnuderu, dass Indien, trotz seines Db«rtlusses an Seiden-
raupen und trete seiner thatsichlichen Seid^winnnng in allen geschieht-
>) K&lid&SB, Dichtaagen (6. Jahrh. nach Chr.).
■) Latreille, Dietioe. dliitt. nator. appl. aox mtit (Kap. Bombyx). Forbev-Wataon,
^le t«xtile nianufactures and the costumcs of the people of India. London 1S67.
Xoynge des p^lerins bouddhisteg, I. üt. 2. Yie de Hiouen-tsang , S. 253. Ab.
R^musat, Nouveaux melanges aeiatiqnes. 1. 254. Giraud, Les originea de la soie.
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Seid« bei den alUm Petsem. 11
liehen Angaben als ein die Seide xwar TerbTauehendeHf nicht aber enengen«
dee Land ciiiert wird'). Bei dem frappanten Unterschied, der zwischen
der echten Maulbeerseide Chinas und der indischen wilJen Seide bpstaml,
greift nämlich die ffanr. natürliche Krklarnnjr Platz, dass die Indier in der
blendend weissen , glänzenden Faser der Chinesen nichts weniger als ein
Produkt einer Seidenraape ahnten, nmeomehr als die Chinesen selbst den
Ursprung und die Gewinnung der Seide verheimlichten und die letztere
meist in entliaptetem, d. i. niclit mehr p;anz natürlichem Zustande auf den
Marict bracliten. Die von den indiem durch Verznpfen der Kokons und Ver-
spinnen angefertigten Gespinste and Gewebe trugen den Namen „bombycinas'*,
;iofi.^vx.ia, und mrden in maonigfalt^eter Weise verwendet^. Wie die
assyristthen und namentlich koiaehen Bombykien, so seiehneten ridi die in-
dtechen durch eine besondere Leichtigkeit ihrer Textur a is, welche beinahe
an Dtirclisicliti^keit p^renzte"). Ein derartijfes Gewebe indischer Herkunft
scheint meiner übrigens mit allem Vorbehalt vertretenen Ansicht vorzuliegen
in dem einer ägyptischen Grabstätte entnommenen durchsichtigen Bjssus-
gewebe mit rdzend atylisierten PflansenmotiTen, Bosetten nnd Vogelchen^),
über dessen textile Beschaffenheit bis jetzt noch nichts näheres bekannt ist.
Die urspraugliche indische Ornamentik war von durchaus selKständigem ori-
ginellen Gepräge und ebenso scliwungvoll uiul reichhaitig, wie die weiter
unten besprochene assyrische, mit welcher sie wenigstens in der textileu
Industrie der Bombjkien viel gemeinnmea besass. Erat nachtrigUch «nrde
sie durch die formell konventionelle nnd lebenakae Kunstireaae der Ägypter
und die verzerrt phantastische Ornamentik der Chinesen entstellt.
Alles Gesagte zusammenfassend, kommt man zii dem Ergebnis, dass
eine regelmässige Seidengewinnnng verbunden mit Seidenbau, im Altertum
weder in Indien noch in den benachbarten Ländern bestanden hat, und dass
die echte Manlbeeraetde, wenn man darunter den abgehaspelten Faden Tecatehen
will, vor dem IIL Jh. v. Chr., also bis zur Zeit, wo die Beziehungen Chinas zu
Indien begannen, wederdaselhst noch im übrigen westlichen Asien bekannt w^ar-'').
Wie den Indiern, so ist auch den Persern die echte tfeide niclit eher
bekannt geworden, als bis sie dieselbe von den Chinesen erhallen haben.
Zwar giebt uns Dtehter Firdnsi im Buohe dar Könige (Schach-Nam^) dne
Sehilderang der Seidengewebe, die von Dsehemsehid (30 — 23. Jahrhundert
vor Chr.) angefertigt sein sollten; es lässt sich aber leicht nachweisen, dass
dies nur auf der phantastischen Einbildung des im X. Jahrb. nach Chr.
lebenden Dichters beruht, der mit dieser prunkvollen Schilderung seinen Oe«
bieter, Schach Mahmud, zu erfreuen iMffte*). Aus vielen Gründen mns»
*) d'Herbelot, KbUoth^ue Orientale.
*J Ariitot. Hiet. animal. lib. V. cap. 19.
Adam, The Roman Antiquitya, üben. v. Meeyer. ErUngen DBOti. Bd. II. S. 179.
*) Karabacek, Xatalof der Theodor Orafteben Funde in Ägypten. Wien 1883.
") Parisct, L'bistojre de hi *oI*". I, 62. ■
*) Martin, Le« civilisaüons primitive« en Orient. S. 333.
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12 Seide der übrigen Vöiktt det Altertuma.
man ebenfalls auf die Oberlieferangen griechischer Gescbichbchreiber ver-
zichten, wenu njan geuau verbürgte Augabeii über die Seidengewebe Mittel-
asiens zu gewinnen ?^ncht. Die von Herodot vielfach erwälinten „medischon
Gewäuder'^ und die Bezeichnung „sericum'% worunter man beide hat ver>
•tehen wdlen, bestanden rielmehr ans pflanslicben Gespinstfaseni*); flbri-
gena maobt Herodot über die Natnr und Beschaffenbeit der Geirebe keioer-
lei Mittciluugcn und beschäftigt »ich ausschliesslich mit deren äusserer
Form'). Das hebräische Wort „serikojs". tias unwjllknrHch an <H" rliine-
sische Bezeichnung der Seide erinnert, und einer äg.vptisdiea W eljvrkrtst©
beigelegt war, wird wohl mehr die Operationen des Kämmens („ma-serik^* s
Kamm) oder Hecbelus bedenten, oder, wie Andere haben wollen, ober auf
baute Leinwand and überhaupt auf sehr feines LeittMl, als auf die Seidenfaser
zuriick/u führen sein'), obwohl u. A. auch Fnllcr*) die Beclentnnsj des Wortes
mit dem uraliischen „al serik" = Seide ideutifiziert. Der (ie.schichtschreil>er
Procop legt den medischen Gewändern mit Bestimmtheit den isameu „Seiden*
Stoffe** bei'^J. Salmasins stimmt damit fiberein, indem er sagt, dass die Perser
ihre Seide aas Indien belogen haben*), ülan ist indessen über di«e An-
gaben noch nicht im klaren nnd dflrfle es schwer fallen ihre Richtigkeit
20 prüfen, obwohl ps andererseits wieder Tiiö;^licli und so^ar wabrsclieinlich
ist, dass darunter die aus wilden »"beiden hergestellten Bombykiagewebe zu
verstehen sind.
Forschen wir nan nach dem Vorkommen der Seide bei den Sbr^n
Kultnrrölkem des abend lämlisclien Asiens, so lässt sich leicht beweisen,
dass auch hier weder der R(tli.stoff. nocli die Seidengew ehe bekannt waren.
Es würde zu weit füiiren, wenn wir alle Unlersucliungen nuf diesem
Gebiete wiedergeben würden; kurz gefasst: es wurde ieätge.<<itellt, dass
alle im alten Ägypten und Babjlon gebfftnchliehen Gewebe lediglich aus
Baumwolle und Leinen bestanden'). Übrigens sollen die beiden leicteren
Gespinstfasern in so vollkommener Weise zubereitet gewesen sein, das$ sie
im äusseren der Seide wenig nachstanden"). Es ist auch nicht wahrschein-
lich, dass das in der Bibel zitierte mosaische Wort „schesch'' welches
Lttther ndt Seide fibersetit, «twaa anderes ata nnr ein feines LeinmgswdM
beaeiehnet, denn schon bebrftiwhe Propheten '**) unterscheiden zwischen soh esoh
(Leinen, Bjssns) und mesehi (Seide). Unter der letzteren wird wohl die
') Forster, Liber Kingularis de bjsco antiquorum. London 1776. S. 28.
>) H«rodot, lib. VI, VIL Xeiioi>lM», Cjrap. üb. VIII.
«) I.-ai;ih, XIX, C. 9.
*; Miscellanca meta, II. c U.
De bello penrieo. lib. I. De bello vandat. lib. II.
«) In Tertullium libruin Dt- i-allio Nota.-. Puiis 1622. S. 195.
Herodot, lib. II, cap. Üü, Rouelle, Mtim. de i'Acad. d«s aciencea 1750. JTorater,
De b7«M> antiq. 8s 8. 71. Wiemer. Robttoffe des Pflansenrsiekei 8. 850.
") Pliiuub^, Wist. nal. Hb. XIX. Herad. lib. III. cap. 47.
»i Exodus, Cap. XXXV.
*«) Eseebiel, XVI. 10.
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KoSwhe und aityriteb» Bonbjkia.
13
naKjnaoh» Bombykia sa ventehen sein. Es mdge hier beiläufig bemerkt
werden, daas alch das Wort „scbesch'* ebenso gut aaeb auf die Zahl Sechs
beziehen kann, und dass die in allen Geschiclitsquellen gewöhnlich citieria
Stelle (Cap. XXVI.) gerade die letztere, unrichtige Bedeutung auffa«>»t.
ludessen besass VVestasien so gut wie Indien eine Textilfaser, die der
eohtra Seide «dir nahe stand und der nulisehen Booibylda analog war. Es
waren dies die assyrischen wilden und hall^ezücbteten Mattlfaeeiteideiiarten,
die in ähnlicher Weise, wie die indischen durch Verzupfen der Kokons,
Spinnen und Weben verwertet wtirdeu. Ausser «Inr nssyrischen kam anf
der Insel Cos noch eine von dem wilden Seideuiii)4uner, Bombyx Utus,
erzeugte Bombykia vor, weldie da« Rohmaterial der vielverbreiteten nud
berühmten koisohen Gewftnder bildete, die Tonnigeweise mit Pnrpor geflirbt,
xar ausschliesslichen Bekleidung vornehmer Römerinnen dienten'). Die An-
sicht, dass auf der Insel Cos bereits in vorchristlicher Zeit, und zwar seit
Jahrhunderten eine re|.'elniä<si;^e Ven\'ertnnf: einheimischer Seidenraupen
stattfand, hat iu Pariäet und Vulu würdige Vertreter gefunden, denen
sieh indessen Boek nnd Hirtfa*) mit aller Bestimmtheit entgegenstellen.
Bock stimmt mit dem geirrten Braanius überein, der noh dafür ausspricht'),
dass auf Cos keine Seidenkultur betriebeu worden ist, sondern dass durch
syriwhe Kauflente Kokons ans Indien gebracht und hier verarbeitet Avtirden*).
Ziemlich unwahrscheinlich erscheint die Annahme, dass die regelmässige
Kultur des koisehen Bombyx, wdehe Aristoteles uerst auaföhrlieh er»
wibnt nnd deren Alter bis In die frühesten Zeiten reichen mag, im
Mafsc der steigenden Eiufuhr chinesischer Prachtgewebe an Bedeutung ab-
nahm und nur bis zur Zeit des Plinins betrieben wurde '1, denn die kui>ehen
Bombykien besasscn nach der Aussage der Zeitgenossen frappante Abulichkeit
mit den chinesischen »Seidenarten und ihr Aussehen und Gebrauch machten
noch eine geramne Zeit hindurch der echten Maolbeerseide Eonkurrena*).
Mit weniger Bestimmtheit liis-st -ieh über tlir vdu PIi:nii.s cit ierte assyrische
Bombykia berichten; aller Wahrscheinlichkeit nach wurde dieselbe nicht aus
wilden, sondern aus den durchbi«5senen Kokons des gelbeu, ungezüchteteu
Maulbeerspinners angefertigt — eine Annahme, die dadurch ihre Bekräf-
tigung findet, dans gerade in Assyrien diese Beidennisse ihre Heimat bcsass,
und «eil b»eits von Plinins angedeniet wurde, dass die assyrische Bomby-
kia be^leutend feiner war, als die koisolie. Der Handel mit assyrischen
Bombykiageweben wurde schon im LV. Jahrb. Yor Chr. äusserst 'rege
'i Mich«le ßu^a, Ütille porpore e dello materie mtiari« preno gli untichi, S. 035.
*) China and the Roman Orient, p. 258.
') De vcjstibiis sacenlotuui Heliraoorum, Hb I. cup. VIII.
*J Bock, Gt^ch. der liturgischen Gt'wan<ler, I. cap. I. S. 27.
•| Tothida, Entwiekelun«! dca .'t^eidcnhanilels und der Seidenindustric vom Altcr-
tom bi» zum Ausgang de^ MitteUilter«. lleidelb^^r^ l^^'j. S. 22.
*) Mahudel, M<5»oire Sur l'ori^e de la soie. (Acad.det ioacript et Belles-Lett»
res, Bd. V.)
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Aasytuohfl Bombjrkia. HkndtteTerkeht Cbmta.
betrieben'). Die Berichte über die Hentelltuigsweise und Onumeiktik der
Bombykiagewebe sind äusserst spärlich uod beruhen auf nicht immer ver-
bürgten Angaben. Aller Wahrscheinlichkeit nach besitzen wir in den Samm-
lungen Ton Originalgeweben auch nicht ein einziges 8tück davon; es liegt
jcdodi die Yemnitiii^ mhe, dus einige nieltt b^timmt ale Seide beseii^
neten Gewebereete bei ihren Rbweichenden chemischen und phynkalitehen
ISgenachitften ans Bombykiafaser bestehen können, da aocli ihr äusseres
weniger glanzvoll ist. Die Ornanientik der Bombyoinas war allem An-
schein nach der assyrisch -persischen resp. der !ig;yj)ti.sclien Stilrichtnng
augepasst und dürfte mit Vorliebe, wenn nicht beiuaiie auäscbliessiich, die
dtireh Religion geheiligten Pflanxen, Thiere und geometriiehen MotiTe ge-
wählt haben. Die asByrieehe Ornamentik, deren Glaniperiode in dae Tl.
l)is VII. Jahrhundert vor Chr. fiel und bekanntlich grosse Prachtliebe ver-
riet, äusserte sich weniger in der geläuterten Form des Omaments, als
in der Anwendung reichen Farbenscbinucks, in der Verwendung von Öternen,
Kreiaen, Linien, Zidnacks n. 9. w. verbimden mit dm Tier- nnd Pflamen-
lekihe cDtliebeaen Fignren. Die etwas matte Bfleehaffenheit der Bombykiap
gewebe eignete sich zur farbenreichen Ans-schmüclvung ganz besonders und
!*rr\r!itp infolge der besonderen Feirilu if der Textur Effekte zustande, deren
bchüuheit uns iu deu überschweuglicheu Auiädrücken indischer und griechi-
eebw Dichter geschildert wird. Im speriellen weisen einzelne Motive, wie
die hinfig geBcbilderten Palmetten- nnd Vointenformen, anf die grosse N«-
gung für lebensvolle schwellende Dekoration, im Gegensatz zur strengen Ge-
bundenheit anderer gleiclizeitiger Ornaraentwci.<?en. lieispielswei.se der Ägyp-
ter, und der gezerrten, schwunglosen Musterung der Chinesen. Die in Rede
stehenden Stoffarteu kommen als ostasiatische Bastgewebe in neuerer Zeit
wieder «i Ehren, nnd es wire intoessant nnd von praktischem Wert« sie
mit den originellen Bssyrisob-penisehen Ornamenten wumstatten.
•
Der Anfang des III. Jahrhunderts vor Chr. bat in China eine po*
Htisehe Umgestaltung mit ^icb gebracht, die auch für die Geschichte der
Seide von folgenschwerer Bedeutung war. TTntcr der gewaltigen Hand de>
Shi-hoang-ti (249 vor Chr.), de? Uriimler.s der Dyna.stie Thsin, welcher nach
der Vereinigung der sieheu eiuzelueu Küuigreiche das \V erk der Civilisier\nig
der das damalige China umgebenden wilden Stämme begonnen hat, fangen
sowohl die innere Ruhe und Ordnung, wie auch der regelmässige Handels-
verkelir an Platz zu greifen. Erst seit diesem Zeitpunkte findet man iu
der schriftlichen Hiuterlassenscliaft der Chinesen die ersten Andeutungen
über fremdländischen N'erkehr und die Völker Westiuieus-).
•) Menander, Exccrpt.
Klaprotb, Tableaux bistoriques de l'Asie, S.39. Kömusat, Recherche« Bur
reittniioii de Fempire cbioois etc. (Aead. des inacr. et BeU.-Lettr. Bd. Vin.)
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Indotkjtheo. Seid« in £aropa.
15
Etwa ein Jahrhundert später wurde ein den C'hiaMeil verwandter Volks-
stamni, der Skythische (Yuetscliii, durch die Hunnen ans i?Lnnou Wohn-
sitzen verdranrft (165 v. Chr.). Nachdem dersoHte noch durch dit^ Hordoti
der Oufiun weiter gegen Westen verschoben wordeu war und Länder in Be-
at* nafam, die dea Nuaeti Baetria fährten, gründete w an den Ufern dee
Indus ein neoee, Ton den Grieeben und Römern indoskythiech benanntee
Reich in unmittelbarer Nähe der Perser^). Dieses von den Hunnen stets
bedrohte Volk war bestrebt mit Cliiim gute Beziehungen aufrecht er-
halten, wodurch auch die Erzeugnisse der Chinesen, namentlich die Seide,
aam eratenmal in Mittelasien bekannt and alsdann durch Vermitteinng der
parihasohen Eanflente naeb Europa gebracht wnrden.
Um dieselbe Zeit (Ende des II. Jahrh. vor Chr.) begannen die Be-
ziehungen Chinas mit Kotban*), die für die weitere Verbreitung der Seiden-
zticht vrm der grössten Bedeutung zu werden bestimmt waren, und gleicli-
zeiug ward der Handelsverkehr mit Indien angeknüpft
Ober die Zeit, wann die ersten Seidenstoffe nach Europa gebnMsbt
worden sind (denn nur in Form von Geweben gelangte anfänglich chinesiadie
Seide nach dem Äbendlande), lässt sich nichts Bestimmtes behaupten. Zwar
berichtet nns Salmasius, dass schon znr Zeit Alexanders des Grossen
unter der Kriegsbeute persischer Feldzüge sich Seidenzeuge befanden, jedoch
nieht, weloher Art dieselben waren. Anllsslich des AlezanderxngaB nach
Csntralaaien b5ren wir nSmlieh, das» einer seiner Feldherren, Kearehos
(IV. Jahrlmudert vor Clir.), die „serischen'* Seidenstoffe erwähnt, welche
von Indien und zwar aus dessen nördlichen Gegenden kommen.'). Aus
dieser Thatsache auf ein Bestehen seiden{2;ewerbHclier Thütifj:keit in Noi-d-
indieu und Ceutnilasieu schliessen zu wolku, wobei uatürlieh die echten
Seidengewebe gemeint sind, wire xn gewagt, da soldie Stoffe wohl
auch als durch Barbaren in chinesischen Grentprovinzen eroberte Kriegs^
beute nacii Indien <;elangen konnten. Nach den Angaben von Aristo-
teles resp. Flinius sollten chinesische SeideJigcwebe in der ersten Zeit ihres
Auftauchcus wieder aufgetrennt, die Faden m einzelne Fädcheu gespalten
nnd die letiteren an umfangreicheren, feineren, beinahe dnrebnehtigen Ge-
weben verwoben worden sein. Zieht man die Seltenhmt nnd den damaligen
enormen Preis der echten Seide in Betracht, so kann msn dieser Oberliefe-
rung eine gewisse Wahrsclieinlichkeit nicht absprechen. Mit voller Sicherheit
li^t steh der Gebrauch chinesischer SeideustoiTe in lium aus den Angaben
von Tacitns fiBststcUen, der ansfnhrlich den hohen Luxus schildert, welcher
mit den als Kri^hente nach Rom gelangten Sddengeweben getrieben wurde*).
Die Bemnstemng chinesischer Seidengewebe bestand in einer zügellosen Phan-
*) KUproth. a. a. 0. 8. 182.
•) Aliei R.'iii ;i -<i i , Ili-t.jire du Khofan.
•| v. Uicbthofen, China, I, .S 44
*) Tacit. ÄDoal. lib. II, cap. 33.
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16
Seide in Rom.
tftrie and ohne zu grosse Geschicklichkeit in der Eriiudung und Ausfuh-
nin^ f.tiH<(ierter Motive. Eine höhere Veredeluug und künstlerisclie Dorch-
lühraug der in dtT Aussen weit vorhandenen oninmentalen Vorbilder zu er-
reicbeu, dazu war die chinesische Oruaiiientik uieiuals befähigt, und auch ihre
modernen knustgewerblichen LeiRtuugen zeigen bekuintlieb nnr einen ge-
ringen Fortschritt in dieser Richtung. In ihrer erstftrrten Form Temoehte
sie daher weder den »lich regenden Geist der abendländischen Kulturwelt
zn haunen, noch die sich Bahn brechende Musterung zu beeinflussen. Diese
Erwägung giebt eine Aufklärung darüber, warum trotz der Oberflutong
mit ehineriaehen Vorbildern die abendlindiedie Ornamentik eelbetalindige
Wege betreten konnte.
Bei ihrem Anftnuehen in Rom riefen die prächtigen, glanzstrotzenden
Seideugewel)e unfjemeines Aufsehen hervor und wurden eine Zeit lang
ausschliesslich zu den Prachtgewändern verwendet. Der Kiiiser Helioga-
bal erscheint bei seiner Thronbesteigung im J. 217 auch Chr. als 8uuuen-
priester in prächtigem Porpnnnantel. Sfriiter, als der fiberhandnehmende
Luxus anfing ge^hrlich zu werden, erachtete man das Tragen der Beide
als Verweichlichung und verbot den Männern deren übermässigen Gebrauch.
Dem schwelgerischen Caligula, der sich ausschliesslich in Seide kleidete,
wurde der S(>ottoame „der Seideue'', sericatus, beigelegt. Nach und nach
griff der allgemeine Lnxns, und im speziellen mit den koetbarsien Seiden-
stolfen in solcher Weise nm eioh, dass der Senat aieh Teraulasst sah Verbote
SU erlassen; den Männern wurde der Gebrauch der Seidenzenge ganc uater^
«Igt und Tacitns k unite nicht oft geniii? wiederluilen: ..ne vestis serica
viros foedaret*'. Die strengsten Erlässe vermochleu aber dein fortwährend
steigenden Konsum der Seide keinen Einhalt mehr zu thun. Schon in
der ersten Hälfte des I. Jahrhunderts ISset meh der grosse Laxus und
der Oberlluss an kostbaren Seidengewebeu aus den übcrschwänglichen
8ehilderuTipen di r lü liunons- mal Nationalgebräuche ersehen^). Neben der
originell rhiuesischen Seide liudei die nssyn'scho Bonibvkia ausgedeluite Ver-
wendung-j. Wie die Lebenden so öchmückte die römische Üppigkeit anch
die Toten nud setste «te, wenigstens bei den hShereu Volksklassm, in prieh-
tige Bestattnngsgewänder (Foneralstoffe) eingehüllt \m. Man ward da-
durch gezwungen gegen die Leichenschänder, für die das Ausgraben der im
Preise dem Golde gleiclikouHuenden Seidenzenpe zn riiKiu ausserordentlich
lohueudeu Geschäft geworden, mit strengen Gesetzen vorzugehen'). Bekannt-
lieh bestand diese Sitte anefa bei den alten Kopten «nt den frubeeten SSeiten,
und die zahlreichen Orftberfnnde n. A. in Koptua (Obeiigjpten) förderten
anch eine gewisse Anzahl von seidenen Leichentüchern zu Tage, anscheinend
persischer Herkunft (IV. — V. Jahrb.)*). Wir werden später auf diese Funde
^ Dio Ca»a. Hb. XIX.
*) Plinius, Hist. nat. 'Ib, VI, XI,
*J Lex salica, tit. 17. Lex Wi^ügoth, lib. XI. tit. 2.
*) Bock, Katalog frfUichnstlieher Textilfunde de« Jahres 1886. S. 73.
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UnpruBgiteir"'* Seide.
17
ausführlicher zunickkomiiieii. Trotz des steigenden V erbrauchs behalten die
SeMoBtextili«! za gewuMn Zritperiodeii derart unersehwiugliche Pr«M^ dan
es iiielit befremdet, wenn selbst Kaiser Anrelianns s^ner Gemahlin, die ibn
um einige Seidenmäutel bittet, die Antwort giebt, er sei weit entfernt davon,
die Seide mit Gold aiifznwipgpn falwit ut auro fila pensentur) und auch Vopis-
cus sagt lil^ra auri tunc, libra serici fuit". Niicb einer Ausrechnung
Pariset's stellte sich ein Kilogramm Purpurseide zu jeuer Zeit auf 5107
Fres.^) Übrigens waren die Seidenpreise in Rom stets sebon deswegen
grossen Sehwankungen unterworfen, weil China, nanieaÜieh seit dem Schluss
des zweiten .laln-huiKlt^rts, als die Macht der Hun's ihrem Ende nahtt*. mit
kurzen ruterlirechungen bis zur Gründung der ordnungsscbatienden Dymistit;
Tang (Anfang des VII. Jahrb.) zum Schauplatz inuerpolitiscber Wirreu
wnrde, die den regelmässigen HandelsTerkehr störend beeinflossien.
Brst naeh der Anknfipfimg des direkten Verkehr« mit China nnken
die Preise allmählich, und im IV. Jahrh. giebt es keine Völkerkla-sse mehr
in Rom. die sich den Lvixus seidener Ge^rilmler nicht erhuibt. hätte"').
Kelireu wir zu den Aufängeu des Vorkoujiueiis von beide im Abend-
iaude zurück, &o erscheint es von Interesse, nachzuforschen, welche Begriffe
die enropiisehen Vftlker sieh von deren Ursprung und ihrer Herknnfb ge-
bildet haben könnten.
Im dritten Buche spricht Tlerodot l)eziii^h'ch der Bombykia von der
Wolle eines wilden Baume-* in Indien, rheuphrust hält die Seide für das
Erzeugnis einer Pflanze; ebenso hat .sich vermutlich auch Servius geirrt,
wenn er bei einem Vers des Virgil*) die Seide nut der Wolle Terweebseln
läask Strabo^) glaubte die Abstamnmng der Seide von der roten Binde
eines Baumes ableiten zu können; Aristoteles*) giebt zuerst die Beschrei-
bung eines Insektes, das mit dem Btnnliv-T einigernrnfsen übereinstimmt und
sich auf die nahe verwandte Öpecies des koischen Sieidenspinners I)e7,ie)it;
vierhundert Jahre später wiederholt Plinins') dieselbeu Angaben: „...anf
der Insel Cos werden die vom Regm abgeschlagenen Bifiten der Cypiesse,
Terebinthe und anderer Oewichse beseelt und so in Seidenwurmer ver-
wandelt." Die Beschreibung, welche einige Jahre später von Pausanias
geliefert wurde, ist in einigen Stücken verschieden: Clemens von Alexan-
diien^), i'ollux*), Servius'') und Tertullian '^j scheinen über die Ver-
wandlungen der Seidenraupe besser unterrichtet gewesen m sein, als Pan-
') L'histoire de la toie, I. 142.
^ Nmsians, De leboi niU fiannina. Part« 16S0. II. 82.
^) Georg. B. II. «VeUeraque ut folüs depectent tenw a Serii*.
*) Strab. üb. X7.
•) HM. AninaT. e. 18 v. 217.
'} Bd. XL cap. 22.
*j Clem. Alex. Faedagog. Ub. II. cap. 10.
■) OnonniliooB, Ub. VÜ. 17.
") Tertull, De vt-stiLas feminarom.
Comment Virg. Georg, lib. II.
Sllbanaftaa, m* SiMt. 2
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18
Begriffe fiber 8dd«.
atsan; nntenlessen sprechen Heia, Senek», Silins Italikus, PHnias
aelWt Solinns sein Kopist, Arrian, Ammianns Mareellinas, Virgil
und gar Claudius im vierten Jahrhundert u. Chr. immer noch Ton sehr
feinem WollgewUclis, das :uif den Biiumblättern herrorkorame mid das man
mit Wasser aiifeuchie, uiu e« los zu wickelu. AcliiUe» Tatiauus ist der
Kiu/.ige, der eiue übrigens ziemlich originelle Vorstellung von der auiraali»
sehen Herkunft der Seide geftuefe hat; sie sei, nach seiner Aussage, da
feiner Flaum, den die Vögel auf den Blattern aurückliasen und den die
Iiiderinnen sehr sorgßltig sanjine!u. Im grossen nnd ganzen galt somit
die Seid»: fino «rt-rHUtne Zeitlaug hindurch als ein baumwollartiges Gewächs:
die danu autgetaucbten dunklen Nachrichieu über die an Maulbeerbäumen
hangenden Koktnis bekrSftigtcn die Annahme, daes die letateren fBr Frftchte
gehalten worden. Man darf auch nicht ausser Acht laven, dass sowohl die
Chinesen, wie die handelvermittelnden Völker es absichtlich nicht unter-
lassen hatten, derartigp Fal>eln und falsche Narhrichtpn "iher die Her-
kunft der Seide zu verbreiten, um das Geheimnis der iiaupeuzucht m
wahren. FolgeudermaCseu berichtet Amuianoa (214 n. Chr.) über die Seiden-
gewinnung bei den Chinesen: „...unter den Bftnai«i sitsend, welche
Flm^H der feinsten Wollt' hervorbringen, die, nachdem sie mit Wasser
hesprengt worden sind, abgestreift, gesponnen nnd zu den feinsten Gewehen,
den serischen Gewändern verarbeitet werden.'* Die Meiiinn;];^, »Irrs die seriscbe
Seide von einem spinnenden Insekt geliefert werde uud durcliaus animali-
schen, nicht pflandichen Ursprungs sd, bDrgert sich erst im IL Jahrh. end-
giltig ein. Die Homilien des hl. Basileus enthalten die ersten wahrheits-
getreuen Angaben über den Seidenwurra. Einige vergleichen die Tbätigkeit
der Manlbeerranpe mit der einer gewöhnlichen Spinne'). Der hl. Bp-silens
uud Job. Chrysostomua vergleichen die Metamorphosen der Seidenraupe, ihre
Verwandlang in den Sehmetterling, mit der irdisdien nnd der ew^^en Wan-
delung der Henscheneede. Einer der ersten, der die Seidenraupe als an
wichtiges, nutzbringendes Insekt erkannt liat. war Pausanies (zweite Hälfte
des II. Jahrb.), der auch eine rierolich umfängliche, wenngleich au Irr-
tiaiieru reiche Beschreibung der chinesischen Seidenkultur hinterla-ssen liat*):
„...es giebt bei den Sereru ein Tierchen, von dem die Seide herrührt,
welches den Spinnen gleicht nnd von den Serera emihrt wird, indem sie
iliiu passende Häuser im ^Vinter und im Sommer einrichten. Seine Arhett
offenbart sich in einem feinen Ge.^spinst, welches e.s mit .seinen Füssen zu-
dreht. Mau zielit e.s vier Jahre (lies rÄ^benspericKien d. i. Häutungen) mit
Hirsenahrung gross. Im füufteu — deuu man weiss, dass sie nicht länger
leben — giebt man ihm grüne Zweige zu fressen; dies ist des Tieres
liebste Nahmng nnd ToUgeetopft damit, platat ee vor Dicke; in dem abge-
storbenen Tiere findet man dann reichlich FUd^"
<) Heliod. Aethiop. Hb. X.
*j Aeliae. IIb. VI. 26.
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Anftngt dtt8 StiduhuMl«!«.
19
Nachdem wir nan die C^biehte der Eiufiibniog der Seide sack dos
AbendUuide atndierl heben, wenden wir nne m einer pregmfttiaehen Er^
Srterung der Wege, vermittelst welcher die Seideneneiignisse des Orieuta
()f>n Völkeru tles klassischen Altertum«? tx\ j^elangen pflegten, einer Be-
traciitung, die im Gaug der Weltgeschichte jener Zeit eine notwendige
StüUe finden soll.
Man wird kann fehlgehen, wenn man annimmt, dan die Botnbylden
Westasiens schon in den hcmerischen Zeiten durch Phönizier nach Enropa
gebracht wurden, denn assyrische nnd indische EIrzengnisse bildeten einen
der ältesten nnd bpdentendsten Artikel des plionizischen Handels').
Wie man mit Sicherheit auoehmeu dar), daw chinesische Seiüenwareu
notth hl randnMlieher Zeit nach Enropa gebraeht woiden lind, ao iafc es
«nderermtB ncher, daas eie hierher durch Vennittelnng Indiens gdaagten.
Durch bequeme Laudstraaian mit dem PartbeneidM and dnrch Indus
und Ganges mit dem Meere verbunden, sowie von sonstigen natiirlicliPii
Verhältnissen begünstigt, wtrden die nordliclien Gegenden Indiens alsbald
nach dem lukrafttreteu der Haudeläbeziehuugeu mit China zu einem Stapel-
platx der Seidenerzeugnisse. Jedoeh war der Ibbstab diceee Sddenvericehrs
▼erfa<nismässig nur gering. Erst unter der Dynastie der Han's (II. v. Ohr.
— II. n. Chr.) kommt die Seideiiproduktion Chinas derart in Aufschwang,
dass sie nicht nur dem Lnxns im Innern des Landes einen bis dahin un-
erreichten Mafsstab verleiht, sondern zum Suchen nach Absatzgebieten und
xnr Anknfipfui^ neaer E^ndelsbesiehnngen mit den Y5lkero Westaaiens
direkte Veranlassnng giebt Im Jahre 114 Chr. ging die erste Handds-
karawane von China nach dem Lande der An-si ab, eines Volkes, unter
welchem man mit grosser Wahrscheinlichkeit die spater so gefälirürhen
Nachbarn des Kömischen Reiches, die Parther, vermuten kann. Der Han-
delsverkehr scheint indessen in nichts weniger als gesicherte Bahnen ge-
treten XU sein« indem die vereinzelten chinesischen HandelssSge nicht selten
den Raubanföllen anm Opfer fielen nnd gewiss auch solche verübt haben.
Erst zu Beginn unserer Zeitrechnung gewinnt der Verkehr der siegreich
nach dem Wej^ten Asiens vorrückenden Chinesen mit den i^artheru den
Charakter eines regelrechten Handels. Wenige Jahrzehnte nach dem Ei^
scheinen der Chinesen anf den östlichen lUirkten, nachdem im J. 64 t. Chr.
das mit den Beichtflmem des Orients so reich Tersefaene Syrien dnreb Pom-
pejus römische Provinz wurde, ist es, dass bei den klassisohen Schriftstellern
die erste direkte Kunde von einem Volke der ?erer auftaucht, über deren
Wohnsitze jedoch zur Zeit noch fast vollstaudiges Dunkel herrscht. Laut
Fiorus soll zur Zeit Augustus eine chinesische Geaandtsehaft am römischen
Hofe erschienen sein, mit welcher ein Handelsvertrag abgesehloesen wnrde;
doch darf man dem im allgemeinen wenig glaubwürdigen Flora» um so
') Herod. ( 1. ITT. 1<j7.
Hüllmaon, Uandeltgescbicbte der Griechen. 94 ff.
2*
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20
Erfonehnag der HsnddattnuMn.
weniger tränen, ab sowolil die Schrifiateller des klesstaeben Altertama, wie
aach später die GeaefaichtsBchreiber des byzantinischen Zeitalters den Namen
Serer irrtümlich nicht nur den Erzeuffcrn tlor Seitie allein, sontleni auch
den damit handelt leibcmlcn \'i"»lkf'ru beizulegen ptiegteu. Die ersten An-
gaben über Chinas Land uud Erzeugnisse findet mau bei den Griechen um
das Jahr 46 t» Chr., wo es als Serikien, das Volk all Serer, Sf^pe;, citiert
wird^), Aasdrücke, die dem cbinesiicbeii ese and koreaaiicbeu sir, wahr-
ecbeinlicher aber dem mandschurischen sirghc und mongolischen sirket offen-
bar nachgebildet wurden. Dit Ilauptartikel der Serer, die Seide und ihre
Fabrikate, wurden dementsprecheud mit «rr^p'.xcv benannt und in dieser letz-
teren Form, als sericam, serica vellera, gelaugte die Benennung aacb an die
Weströmer.
Die Bniebnsgen der Parther zu den Chinesen gestalten sich mit der
Zeit rn einem rejrelrechten Handelsverkehr; für die letzteren sind die Perser
die V ertreter des müclitigen, mit Reichtümern gesegnettni, grossen Römischen
Reiches, von dessen .Metropole die Chinesen wohl etwas Näheres zu ertahreu
g^womdit haben niügeu, wenn nieht die Parther alte Krftfte daran gesetsi
hfttten, die ausscbUeasliche Vermittelang des gewinnbringenden Seiden*
Verkehrs mit Europa in ihren Händen zu behalten. Wenn daher die nach
Asien vorrnckenden Römer schon im I. Jahrb. v. Chr. mit der Herkunft des
bestechenden Textils vertraut wurden und das Bestreben zeigten, mit China in
munittelbaien Veikehr an tretm, so ist ea mderersaits begreiflich, wenn diese
Bemfibongen von den Parthem mit anermftdliohem Eifer Tereitelt worden.
Sogar mit den letzteren sebanen die Römer keinen unmittelbaren Verkehr
gepflegt /u haben, denn in misstranischer Vorsicht verweigerten sie jedem
Fremden den Eintritt in ihr Territorium*). Aber schon im I. Jahrb. n.
Chr. trieb der Drang nach Ruhm und Gewinn zwei griecbiscbe Eaufleute,
nnier Oberwindnng vieler Oeiabren, die Erfondboog der Verkebnrw^ mit
China zu unternehmen. Oer ESne von ihnen ist Maes Titianos, der «ne
Schilderung der Ilaudelsstras.«;e von den Euphratthälern bis Baktrien, von
da n])er einen der CJletscherpässe des Jaxartesthales quer durch Centraiasien,
das er bereits als Serica bezeichnete, bis iu daä eigentliche China, entworfen
bat*). Bemerkenswert ist es, dass die geographiaeben Namen, die Maes
Teraeichnet, tailweiae indiaehen Klang haben. Der sweite Kanfmann ist der
nubekannte Verfasser de^^ ..Periplas maria Erjtbraei*\ der aneb nierst den
Namen Chinas Hauptstadt, Oiv«»., nennt, unter welchem Klaproth das
heutige Canton vermutet^), und weiter berichtet, ii&äs viel Seide, Game
and Gewebe nach Bat7gaza über Baktrien zu Land geführt werden. Wie
onbadentend die Eigebnisaa dieser Reisen in kommermeller HinMtht anch
>) Klaproth, TablMVx historiqoes de VAakp |». SA.
',1 Münte^qu^eu, E«prit de- Ioik, Ii». XXL
*} T. Ricbtbofeo, Cbiaa, I. 488 ff.
*) Uteeire rar ka nttBis de la Chiae (Jearaal atiatiqne 1827).
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Der »tumme Handeiaverkebr.
21
aeän mocbten, so bracbten no naeh Europa die erstea verbürgten Angaben
%ber das «eadementengende Land. Das früher übliche ^r.p wird dorch <^'.vix,
im lateinijichen slnes, ersetzt, welcher Wortstamm chinos'ischen, nach rich-
tigerer Ansicht Schräders^) sanskritischen Ursprungs sei und eine ^ach-
bildnng von Thsin = China bedeute. Wenn Sirabo und IMiuius nur
nnbeetiminte B^riffis über die geograpbieebe Lage und ungef&hre Entfernung
Chinas besossen, so giebi nns Ptoloraüus im IL Jahrb. schon weit genauere
Auskunft. Von den Sprcrn selbst hericlitft Pliuius*), dass sie p^ross seien,
rötliche Haarfarbe, lihiue Autien und eine raulie Stimme hätten. dasa mau
fast iu Versuchung kommen möchte, zu bezweifeln, ob die eigentlichen
Chineeeiit deren Äasieres kaum dem geschilderten gleiebt, da& weeUicben
Handelflvölkem jemals zn Gesicht gekonnnen sind. Schon Seneka^
nimmt au, dass mit den Serern kein unmittelbarer Handel betrieben wurde;
auch wird von neueren Forschern*) die Vermutung ausgesprochen, dass die
Benennung äeres andere ostasiatiache Völker, wahrscheinlich die Vue-tschi
oder Indoekjtheii betrefEen dürfte. Über die Anadebuuug des Sererlandea meint
Hüll mann*), daes es dnreh das tranagangetische Indien südlicb, das Sstliebe
Tibet und die kleine Bucharei westlich l)egrenzt war. Der Ort, wo der
Hnndelsverkelir !^tattfand, befand sich in der heutigen kleinen Bucharei, auf
der 0.>tseite des Ivi ttengebirges Mus-tag, etwa 96" östl. L.; hier waren Vor-
kehraugeu getrotl'eu, denen es anzusehen ist, dass sie auf einen daselbüt vor
ach gegangenen Vötkerrerkehr zorOekanftthren aindt indem in dem hoben stei-
nernen Gebäude, welches ganz verdnaelt stand, eines von den nicht seltenen
morgenländischen Karawan-Seiai's zu erkennen ist*). Der Verkehr fand im
Gebiete der Saker statt, die von d Zu*4aramenkiinften gewis<?e Abrraln'n be-
zogen haben; der Ort war von Ciiiua sieben Monate weit entfernt*), was
jedodi übertrieben ersoheint. Die Art nnd Weise, wie der Warenaostanseh
vor sieb ging, war die primitiTste Form des HandelsTerkelirs, der sogenannte
stumme Handel, wie ihn schon Herodot') zwischen den Karthagern und
den Ureinwohnern der Nordwestkii.-^te Libyens, dann Plinius und Pom-
ponius Mela auf Taprobanis (Ceylau) und im Sererlaude jenseits üet>
Himalaia, schlienlicb in viel späterer Zeit Abvlfeda beim Pelzbandel der
sibirtseben Wilden mit den Bossen gesehildert baben. Von dem Handel
der Serer wird berichtet, dasa sie ihre Waren anf Treue und Glauben aus-
*) LingviitiMih-hiatotiaehe Fonohnngen sar Haadri«geioli!chte und Warsnkond«.
Jena 1886. S. 235.
^ üiat nat. VI. 22, 24.
•) De benef. YIL 9.
«) Schräder, a. a. 0. S. 324.
*) Hand«l%«achicbt;e d«r Gnecheo, ä. 2U7.
•J Ptoloai. L lt. Yl. IS.
«) Ptolom. I. 2.
^ Berod. IV. 196.
«) AbalMa, 4ä. Brnka.
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22
Kfimiadie (?) Geaaadtachait nach China.
IcgteD, nachdem sie jeden Ballen luit einem Zeichen des Inhalts uucl Wertes
verschen hatten; hierauf zogen sie !^ioh zurück. Nnn traten die Einkäufer
herbei, beurteilten die Forderung und die Ware, legten den dafür gebotenen
Gegeuwert daneben und zogen sich ihrerseits zurück. Waren die Serer mit
dem Tausch einventanden, so nahmen sie ihn nnd liessen ihre Ladnagen
daför snrflck. Ale Obwbleibsel des stammen Handels ist der spraebloee
Verkehr mit Hilfe von Fingern zu betrachten, wie er nachträglich auch bei
den Serern stattfand und der nocli l(i52 von dem Reisenden Tavergnier
in Golcouda und vor 200 Jahren von Schardeu um Ispahan beobachtet
wurde. Die Kanfleate hielten dabei ihre rechten Hände mit einem Gnrt
verdeckt, nnter welchem dnreh Anfassen und Druck bestimmter Finger
Zahlen« wie Tausende, Hunderte u. s. w. ausgedrückt wurden«
Das römi?clie Kaisertum entwickelte einen bis dsifMii unerreichten Sei-
denluxuis; das Hestrebeu, in unmittelbaren Verkehr mit China 7.n treten,
wird immer Unuglicher uud nachhaltiger, und die Geldsuiumeu, die au die
handelsvermittelnden Parther nnd Skythen gezahlt werden, wachsen zn'
immer grösserer Höbe heran. So wurden zur Zeit Plinius des Ältereu
jährlich Beträge von ca. 50 Millionen Sesterzien (10 Millionen Frcs.) nach
Indien allein, und über 100 Millionen Sesterzien nach Indien, China und
Arabien ver^^usgabt Nach den Angaben des chinesischen Geschicht-
aehreihow Han-tna-lin gelangte im J. 165 die erste rQmisebe Gesandte
sehaft im Anftrage des Kaisers An-tan (Marens Anrelios) an den Hof von
Hnanti^). Nach einer langwierigen nnd gefthrvoUen Reise landeten die
kühnen Seefahrer in Kattigara, welche«» von den neueren Forschern*) als
mit Kiautschi (Tonkiu) identisch erkannt worden ist. Über die Schicksale
der Mission ist mau ohne Nachrichteu geblieben, denn die römischen An-
nalen schweigen merkwfirdigerweise ftber dieses wichtige Ereignis; es ist fast
sicher, dass die Expedition nach Uom nicht mehr zarückgekehit ist. Nach
einer sehr plausiblen Meinung Ilirths war diese angeblich kaiserlich rö-
mische üesaudtscliaft nichts anderes, al.s eine Anzahl verkleideter hvr»i*cher
Kautieute. Die damals ausgebrochene Epidemie — die schrecklichste, von der
die Geschichte des Altertums an beriiditen weiss, dnreb welche der mittel-
asiatttehe Verkehr gestü^ worden ist — , das Fsblen jeglidier Angaben in den
römischen G^hichtsqnellen und die sonst bewuluhcitete Unternehmungslust
{syrischer Handelsleute und Seefahrer, laj?pen diese Vermutung thatsächlich
gerechtfertigt erscheinen. Kurze Zeit darauf kommt der Seidenliandel auf dem
Seewege über Ägypten nach dem Abendlande uud gelaugt zu grosser Blüte*
In dem Mafre, wie sich die Beziehungen der Serer zu den handeltrei-
benden Nationen zu immer umfangreicheren und gesicherteren gestalten,
gewinnt auch der Seidenhandel an Mannigfaltigkeit und GWiese. i^aeh nnd
') Plitiiu.?, VII. Ift.
'J Geschichtliche Annaleo „Ven-hien-tusg".
•) V. Bicbthofen, China, I. 503.
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Die Stxassflo des SeidenhiuMlels.
23
nach werden niehrfaclu' ^^'ege eingeschlagen und die Zahl der llaiulels-
vermittler nimmt allmählich zu Kurze Zeit nach der Anknüpfung des
(lirt'kten Verkehrs mit China crlanijte Indien oiue Horainierendc Stellung
im Seidenhaudel, die es hauptsächlich seiner geographischeu Lage zu vei-
danken hatte; die Häfen Hinnagora (heate Almnnaom an der Inda»-
mündung), Mnciria (heute Maogalore an der Malabarlroste) und Barygaxa
(im Cambaygolf) Avaren eiue geraume Zeit lang die wichtigsten Seidenmijrkte
für den äusseren Vorkehr. Mit dem AufkdiumiMi der regelmässigen chine-
sischen Seefttiirt gewinnt Taprobams (Ct'vhui) an Bedeutung und geniesst
in der Zeitperiode vum IV. bis VI. Jahrh. ununterbrochen den Ruhm des
wichtigsten neutralen Mittelpunktes för den Tanschhuidel mit China nnd
des bedentendsteu Stapelplatz^ für Seide Eine der ersten Laudhandela-
strassen für Heide war der Karawanen weg durch die Thalebene Sogdinna
und Turkestaii bis Marakanda (Samarkand), wo sie von Partheru in Kmr
pfaug genommen uud weiter ül>ermittelt wurde. Üeu wichtigsten Anteil an
diesem Verkehr hatten naturgemä» die Sogdianer, wdcbe ihre Vertrage
hanptsKehlieh in den Handelsstidten am Nordrand des pnaisehen Erans
und in den Iläfen Artaxata, Kallinieum imd Nisibis abschlössen'). Zu diesen
letzteren gelangte die Steide sowohl duroli r.iuulkarawanen, wie auf dem
Wasserwege veiaiittels den persischen Golics uud Euphratus, und zwar ent-
weder von der indischen Küste oder unmittelbar von Ceylon. Die Parther
behaupteten die Hanptronte der Landkarawanen über Pendsehah nnd die
Pässe Ilindukusch und dominierten ausserdem über die Segelfahrt des Eu-
phratus und Tigris; ihre wichtigsten Handelsstädte waren OboUah tmd Kte-
siphon. Andere Hundelsstrassen sind in späterer Zeit durch clni-tliche
Aethiupier und Ci riechen von Abduiis uud Uufeu Klisnta am Uoten Meer
(jetst Kolaam hei Sues) aus nach Indien eröffnet worden; ihre Bedentang
tritt jedoch weit hinter den anderen znrüek. In Persiai war die Provinz
Mesena mit ihrer Hauptstadt Schiraz am Küst«ulande des persischen Golfes
für den Seidenhandel von Wichtigkeit; dureh ihre Vermitteln ng Ivezogen die
Römer während des Zeitraums vom II. bis zum iV. Jahrh. die Seide fast
unmittelbar von den Serern Im IV. Jahrhundert bemächtigen sich die
siegreiehen Sassaniden auch der Seefahrt, nnd mochte nnn die Seide anf
dem einen oder anderen nach den Stapelplätzeu des abendländischen
Seiden Verkehrs gelangen, so waren es stets die Parther, die sie zuerst in
Empfang nahmen und streng darüber wachten, das? die Römer sie aus-
schliesslich nur durch ihre Vermittelung erhielten. An der Monopolisierung
nahmen auch teilweise die Syrer Teil, die mit dem westromisehen Reiche
') Oeogr. graeci minores, Ed. Müller, 1&55.
^ Oonii. Indioopl. Opin. de lunndo, IIb. XL
*) Ammian. Marcoll., 14, 3.
Frocop. De bello perüco. 2, 12.
*) Pariiet, L'histoire de 1« mi«, I. 94.
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24
h^eidensfoffe und Seiden.:! -pmuhte.
rege Bezieliuugeu uuterbieliea uud die HandelsvermitteluDg für Seideuwaren,
die nach Rom geführt werden sollten, übernommen ha)>eu Die «<Hsaani-
dische Herrschaft des Seideuhundels dauert mit kurzen Unterbrechuugeii
vom IV. bis iu das Yll. Jalirb., wo das Abendland dnrah den far die Neu-
geataltuDg der westaaiatiscben Welt so bedentnngSTollen arabischen Ein-
brach von den gewinnsüchtigen Rivalen unabhängig gemaeht wurde.
Anf Ol und ziemlich weitgehender Forschungen i'^t mau zu dem Er-
f^plmis ifekoiunieu. <l!is.v alle Seidcutcxtilien während des bt'inahp «pch« .Fahr-
Luudeiie iaugeu Zeitraums von ihrer Einiühruug nach dem Abeudlaude
bis zum IV. Jabrh., im Handelsverkehr lediglich inf verwobenen, znm gr8w-
teu Teil auch im entschälten oder gefSLrbten Zustande vorkamen. Es hat
inrlfssHii (Ipii Anschein, als ob schon seit dem II. Jahrh., namentlich seit
der Eröffnung der Sceronten, auch die Straiigseide zum Handelsartikel «ge-
worden sei; sie verliess jedoch nicht den asiatischen Boden, sondern wurde in
babylonisobea uiid phSniziseben Webereien, als ein nenw unsehitdiarei
Material mr Endelang prächtiger Effekte anf bnntfarbigeu Decken and
^^'andta|)eteu verwendet. Kine Benennung, mit welcher die Seideugespioste
der Alten gewöhulich bezeichnet werden, ist [xira^a, metaxa oder mataxa.
Während jedoch mataxa im lateinischen und auch den übrigen romanischen
Sprachen (ital. matasse, franz. mateau) nur allgemein den Strang, strähn-
artig gewundene Fiden bedeutet nnd in diesem Sinne bereits vom Diebtor
Lncilius (II. Jabrh. t. Chr.) erwähnt wird so hat es dem gegenüber im
ganzen Osten des römischen Reiches direkt die T'edentung Strangseide
inid wirtl auch in Justinian? Pandekten unter den anslündipchen steuer-
baren Waren verzeichnet, während es in den römisclien Anualen schon im
IV. Jahrh. erwihnt wird. Was die Herkunft des Wortes anlangt, so soll
es sich nach Schräder auf das persische mat-shin = Gross-China be-
aidieil, woraus uiatassht hervorging; anderer Meinung mck hängt seine
innere Bedeutung mit der ;ius>:eren Form des Seidenstranges zusammen, der
cv iiuderfürmig zusammengewunden war, eine Form, die noch heutzutage in
den persischen Elohseiden vorzokommeu pflegt. In den späteren Angaben
findet sich noch eine andere Beseicbnnng für Seidengespinst, vij|xa ai)ptxov,
aus welcher dentlich hervorgeht, dass es am Zwirugestell zubereitet wurde,
80 da.»?f von Einigen der Sehlu!<s gezogen worden ist, mit [leTO^a wäre
lediglich die ungezwirnte Koliseide ((irege^ bezeichnet gewesen.
Fragen wir nach den Aufaugen der Seideuverarbeituug ausserhalb der
Greusen Chinas* so bestand, wie wir sahen, sowohl in Indien, wie in
Syrien nnd auf Cos einheimische Seidenweberei seit den allerältesten Zeiten.
Von diesen nrsprauglicheu Gewerben wäre iu erster Linie das der Insel Cos
zu erwähnen, nicht weil es dem Umfang nach beileuteuder, als die anderen
war, souderu weil seine Erzeugnisse der echten Maulbeerseide am uächatea
*) Zonaras, Axnial.
<| La«. Satnr. tdi«. Ed. Malier, 8. 16.
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Anftage der Seid«overarbeitniig. 25
afonden. Ober den Zeitpankt winer Entitehiing können nnr Vennutnngen
uusgesprocben werden, sehr wahrscheinlich ist e.s jedoch, dass 6» dabin durch
die Phönizier oder vieltiielir tlurch die Karier während der grossen Völker-
wanderung vutn aramäischen Hochland um die Jahre 2000 — 1500 v. Chr.
rerpflanst worden ist. Ebenso wäre es nicht unmöglich, dass die als
einheimisch erkannte wilde VarietKt Bombyx (Paehypoea) Otns von dem
assyrischen Manlbeerspinner herstammt. Laut Movers') Stand die Fabri-
kation cliT BoTiibTkit'ii auf der Insel Cos im Zusammenhang: mit dem da-
selbst vert'hrteii phihiizisch-aj^syrisclieti Herakles, dem die Mythe ein aus
durchsichtiger Bonibykia gefertigtes Kleid beilegte, uud den sie sonst in
mehrfiieher Weise mit der Firbnng der Oewinder zneammenbraehte. Die
ersten Neebrichten aber die koisehe Sridenindostrie giebt nn» Aristoteles,
dessen Angaben von Plinius wiederholt und yerrollständigt werden*); sie
berichten, dass das Ivi>limaterial zn Fäden aVtr^ewickeU wurde, um zu feinen
Geweben verarbeitet zu werden, in sprachlicher Hinsicht besteht unter den
Gelehrten noch insofern eine Unricherbeit, als mau nicht weiss, ob das
besagte Rohmaterial Kokons oder fertige serisehe Gewebe waren, die man
wieder in einselne Fäden auftrennte. Während Heeren') und Yates*)
sich iTir das Abhaspeln der Kokons erklärt lialien, tritt Semper'*), der sich
dafür auf audere Quellen stützt*), für das Auftrennen von Geweben ein.
Muiner Ansicht uadi ist die letztere Auffassung die richtigere, denn mau
beutst keinerlei Anhaltqnmkte dafi&r, dan das Verfahren des regelrechten
Kokonhaspeins vor dem VI. Jahrb. n. Chr. bekannt wSre. Vielmehr geschah
die Gewinnung der Faser durch Verzupfen der Kokons zu Watte und Ver-
spinnen der letzteren am Spimirade. Die koisehcn 8eidenf;toffe, sogenannte
Coae vestes, waren von äusserst feiner Textur, beinahe durchsichtig, wa.^
hti den mttenstrengen Kritikern jener Zeit nicht wenig Anstoss erregte;
sehr oft worden sie mit Parpar odinr Scharlach') gefb'bt nnd mit Gold,
durchwirkt'). Ebenso fein und durchscheinend waren die Bombykien (bom-
byciuae vestes), was jedoch nicht ausseliliesst, dass sie in anderer Weise,
und zwar aus der einlieimischen Seidenart, hergestellt wurden. Es scheint
nämlich, dann die Bezeichnung Coa vestis sicli auf eine bestimmte Art
deijenigen Gewebe belogen hat, die ans dsn serisehen Halbseidenatoff»n
dnrdli Tnmnnng der Seide von der BanmwoUe nnd nochmaliges Verweben
») Phönizier II. 3., S. 266.
*) Aristot. Bist, aniin. V. 17. 6.
Plin. XI. 26. 76.
*) Ideen Ober die Politik etc. I. 1., 8. III.
*) Testr. antiquoram. S. 163 tf.
*) Der Stil in tecbn. und tekt. Künsten, L 149.
*) Lnoan. Phart. X.
') Propert Tl. 1, 5.
*) Horat. Od. Carm. IV. 13, 13.
TibntL II. 8, 58.
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26 Anfänge der Seidenverarbeitang.
der ersteren erzeugt wurden. Denn «rqide dieser GattongSIMUne alle der
fiisel Cos entstamtneuden .Sciilcnfabrikate nmfasst haben, so niüssten, da das
Bomlivkieagcwerbe seit uralten Zeiten betrieben wurde, auch die Angaben
über die koiscbeu ätoü'e viel älter sein; man hielt aber allem Anschein nach
die koitchen Bombylaen für mgenaiinteii Byitns, d. i tdir feines Ldiien.
Dimt Annahme erklärt die Thatsache, da» — bti mt die erwähnte Notiz
des Aristoteles — die koischen Stoffe erst von römischen Schriftstellern des
I. J;ihrh. n. Chr., besonders v«)n IMchtern des augusteischen Zeitalters, er-
wähnt werden'), wohl weil das Kohmaterial, d. i. die serischen Stoffe, vor
die«en ZtStpankt nnbekaimt waren. Plinins der Ältere iit dar ktate, der
der koisdien StoffiB gedrakt, anBeheinend, iveil dadnreh, das» die ehi-
IWlischen Ge\vebi> billig;er und weniger selten wurden, zu der spaisamen,
ausserdem aber sehr zeitraubenden Fabrikation^iart koine Vpra-il i^^simg mehr
ge^j^eben wsir; doch 3:<?igt der hohe Preis, den die koischcn dewändcr bis
£ur Einführung der Stiideukultur nach l:]uropa unter Justiuian beibehalten
haben, dass ihre Erlangung stets mit bedeatosden Schwierigkmten verkn&pft
war. Die eigentlichen ßombykien wurden dagegen nucli wie vor in grüneren
Mengen fabriziert und erfreuten .sich eines ausgedehnten Verbrauchs.
Der Anfang der Seiden Verarbeitung uuf dein römischen Boden kann iu
das IV. Jabrh. verlegt werden, nachdem die Seideugespinste den Römeru
zugänglich worden. Wenn man aber anderen Angaben Glauben schenken
will, eo bestand bemte am die liBtte dee I. Jahrh. eine als vieos Tueeoe
oder Toeco serica bezeiehnete Ortschaft in Rotii, wo die Seidenwirkerei be-
tnel>(>n werden sollte*), aller Wahncheinliclikeit nach war dies jedoch eine
Ansiedelung der Seidenhändler.
Wenngleich im Laufe der Zeit sich die Anzahl chinesischer Ausfohr-
arUkel vergrSssert and von den Rohmaterialien nieht nnr die entechftlten,
.sondern auch rohe Seidmige-spinste in die Handhabung nliendlandiseher FEr^
her und Weber gelangen, so bleibt doch die Bezugstiuelle für solche stets eine
und dieselbe: \r«"it liinans in das. Mittelalter, als die al)endläudischen Seiden-
manufakturen bereits iu hoher Blüte staudeu , behauptete China das Monopol
in der Seidenprodnktiou. Die Beiiehungen mit dem weit enttontm Lande
sind aber anch nach der Einfahrang des unmittelbar«! Yerkehn nidtt
wesentlich vereinfacht worden und der sonst infolge der langwierigen und
gefahrvollen Reise unbequeme Seidenliandel war durch die damit verbuiulfn.'u
Unkosten nicht Jedermanns Sache. .Stellen wir uns die (liiniulige V er-
kehrsweise abendländiscber Eanflente vor, wie diese nach Zurückl«guug einiger
tausend Meilen bei tropischer Hitce und nater Lebensgefahr durch die
'j .Maniuardt, Rfim. PriTiitalterl. iL 103 tf.
Propcrt. L 2, II. 1.
O^iJ. Alt. amnt IL 298.
PerBiu«, V. inb.
>) Martial. libu ZI. epig. 27. IL
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äaide&kultor ia Kbotu. Luua im AbencUande.
27
NomadenviSlker MHtelamena oder die Finileii eodlieh moh dem Hanptnuirkt,
Sera metropolis *) (Kna-tflcheu, aMh anderer Meinung Siu-gau-fu in der
I'rovinz Sheasi) gelangen und vergef^en wäl tigen wir uns die Scliwiorigkeiten
de->;_ Verkt'lirs mit den nnzngänglichou Sereru, so darf es nicht W'iijuler nfhineii,
weuu die Kaufleute für ihre Mühe grüäsereu (iewiuu beauspruchteii und um
S^e anf den abendlftndisehen Märkten fiberbohe Preise erlangte. Da die
Chinesen jedem Fremden das weitere Vordringen in ihr geheinmisvoUes Land
verweigerten, so wird es andererseits erklärlich, wie es China möglich war,
das gewin ubringendo Geheimnis der regehn3s??igen ^Seidenraupenzucht während
der vielen Jahrhunderte seines unmittelbaren Verkehrs mit anderen Kaltar-
▼51kem attfe «fcrengete bewahren zn können.
Was indemen gansen Generationen kluger Eanflente und forBchender
Reisenden nicht gelingen wollte, ▼ermochie ein .schlauer Mädchenkopf: China
den Vorrang uuf immer zu entttisscn, lin TV. .Tabrlmnfl«rt unserpr Zeit- ^
rechnung gelaug nämlich, deu regelri'L'htfn St'idcnljau mich dem un-
mittelbar an China grenzenden, kleinen in Buchara gelegenen Fürüteutum
Kbotan m Terpflanaeni und ihm hier alsbald «nen miehügen Anftchwung
za geben. Zu dieser Zeit wurde die Ehe des khotanischen Fürsten mit
einer chinesiitchen Frin/f.ssiu gf schlössen, die im geheimen benachrichtigt
wurde, dass die Hauptbeschüftigung chiue^fisebpr Damen, die eintriiirliche
Öeidenzucht, iu ihrer neuen Heimat nicht ausgeübt werde. Um sich dennoch
die gewohnte Zenrtrenung un^ dm nnbesefaiinkten Gebntneh an SeidenstdEm
sa ermdgliehen, entaohloss.sieh die jnnge Prinieann, die Banpeneier des Maul-
beentpinners, deren Ausfuhr aus China bei Tudeestrafe verboten war, in den
Blumenkelchen ihres Kopfputzes nach Khofaii. einzuschnuiggeln und dHst'jK-.t
den ensteu Sitz ausserchinesischer Öeidenkultur zu gründen-). Dieses Er-
eignis ist tur die Elutwickelung derselben von weitgehendster Bedeutung
geworden, denn Ton Khotan ans verbreitete sich die Seidenzacht allmihlich
über ganz Centraiasien und von hier gelaugte sie nach Europa.
r>er Verljrauch an Seidengewebeu wuchs unterdessen in Rom, Byzanz
und Persien in allen Volksklassen in lietrachtlichem Grade, wie dies ans
den Schilderungen zeitgenössischer Schriftsteller ^Eude des IV. Jahrh.) er-
achtlieh ist*). Vergebens haben die Pipete den übertriebenen und verderb-
lichen Seidenluus< gebrandmarkt, doeh dte Mahnungen hatten nur eine eni»
gegengesetate Wirkang* da jeder nicht in Seide Gekleidete als meneehen-
sdieuer M5neh angesehen wurde*).
>) Plin. lib. Vi. - Alun. Marc )ib. XXIII.
4 AU R€nnflat, Hwi de Ia vitte de Khotan. 8. 34, S5.
•) Amin. Marc. lib. XXII, XXIII.
Panegjrieir Tiwodos. cap. IS, 14.
Naslanc, De rebm aou canaina, II.
Willem in, Costumei des anciens peeplca^
Lebeau, Hist. du Bat. £iap. liv. 26.
*) Hieron. epist. XIX. ad llarcellum.
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28
Seide in Mittoleuropa. Seideogewerb« in Penien.
Seit dieser Zeit worden «ndi die Barbare» des mittleren Earopaa mit
der Seide bekunut.
Dip $rro<*sen N'^ilkerwanderniif^nii am Ausijanfi de« Altertums, die eine
viel- uud inuuuigtache Beriiiiruug der liarbareu mit den Kulturvölkern Eu-
ropas nnd Asiens su stände bnushten, waren für die Verbreitung der Seide
nnter den erateren Ton Wiehtigkeit. Schon gegen Mitte des IL Jabrh.
u. Chr. erfolgten die Bewegungen der deutsdten Stütnme gegen Rom, dann die
d^r Hunnen im IV. .Jahrb.: di.' Wanderungen der ki'Uischt-n Stämme nach
den Douaulündern, Italien uud Kleinasieu und weit aieiir noch die Züge
der Cimbern, Teutonen und Goten vermittelten die erste Bekanntschaft des
heidniseliaL Europas mit dem neuen, glanzstrotzenden BeUeidongsmaterial
Wievvulil es soch nur um vereinzelte Gewänder handelt, also um einen Lnzus*
den sicli mir die Voiiit'lirnstcn fjjo^tatteteii, sn ^clit daraus doch hervor, dass die
Kenntnis un.serer 1 uM;r im mittleren iijuropa ebenso alt, wenn nicht älter i-^t,
als die aller anderen textileu Erzeugnisse derzeitiger Kulturvölker. Für die
Germanen mochten die prächtigen Seidenzeuge zu den kostbarsten Bestand-
teilen der Bente gehftren, die sie im SOden maditen. So forderte Alaridi
im J. 409 ftlr seinen Abzug von Rom ausser Gold die Lieferung von 4000
Seidenfjewiindern. ^lan lindet des öfteren Anga''^^!! über dip Seidentjewobe
der Huuueu, die zwar nur als KriegsWnte mid (»»clienke in ihren Besitz
kamen'); doch gewann immerhin der regelmässige ^eidenhandel des inneren
hi^dnisdieii Europa mit politiseh friedlichen und efaristlteh cinltsatorischen
Völkern mehr nnd mehr an Umfang.
* *
«
Beacbtut man die Rnuton des Seidenhandels und die Länder der Seiden-
gewininiiig und -Verarbeitung, so springt ebenso in frühesten, wie in s)iS-
teren Zeiten die Tbatsache ins Auge, dass die Seidenmanufaktur stets den
Hanpbtrassmi des Seidenhandels gefolgt ist ' Wie kmne andere Industrie,
war und bleibt sie aoeh hentsutage auf das Rohmaterial des fernen Orients
angewiesen ; ihre GrAndungi ihr Bastidien und Fort<;chntt bleiben zam gross-
ten Teil von den rpgelmli<»sigen nnd gesicherten Handelsverbältnissieu ab-
hängig. Aus diesem Grunde ist die Entwickelung dieser beiden Kultur-
zweige, des Handels nnd der Verarbeitung, in der Geschichte der Seide eng
miteinander Terknflpft und steht diesdbe mit diesen, den internationalen Yei^
kehr beeinflassenden Faktoren, d.i. mit der allgemeinen Volker- und Kultar-
geschichte, in engerem Zusammenhange, wie in joder anderen Industrie.
Durch einen ungewöhnlich starken Konsum begünstigt, entwickelte sich
•) V. Wietersheim. Ge*cliirht« der Völkerwanderung, Leipeig 1899—64.
Dahn, Gesch. der Völkerwanderung, Leipsig 1900—81.
«J Priflci HiKtoria 8. 171.
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Bjnntimiehe Mamifftktar.
29
• dM Biiavercliinesische 8eid«iigewerbe in enter Linie im parthiicKen Reiche
rar «eUberfihmten GhrQcn*). Die erste StStte dieeer Inditatrie war Pb5nikieii
und später auch Persien, ^vo nlch die Weberei noch umfangreicher gestaltete,
da das Rohmaterial durch die anfWnbende einheimische Seidenzncht in
grosseren Quantitäten bescbatl't werden konnte. Im oströmischen Reiche
bestanden schon im IV. Jabrh, einige Seidenwebereien, die nach phönikiscber
Art eingerichtet und betrieben wurden; die bjiantimsehe Seidenindustrie
hatte dai^egen von Anfang an mit Mangel an Robmaterial zu kämpfen, weil
die handelvermittplnden Parther e«f vorzogen, die an sie gelangende Roh-
seide in iliien eigenen Webereien vf'i;irheiteu zu lassen. Die Seidenniann-
lakturen Ton Bjzanz, sogenannte Frauenhäoser (Gynäceen), wurden vom
Staate bevomniüSet und unt«r Aufsieht der Iniswlidien Schatsrndetw (co-
mitee largitionnm) geateüt^. Einer gut begrfindeten Ansicht Bnchers
gero'isv durften die Gynäceen nicht als im modernen Sinne eingerichtete und
verwHlt« te Fabrikanlagen, sondern als oin vom Staate begründeter Weber-
verein der S klares familien aufzufas.seu »ein.
Kaiser Jnstinian hatte die grosse Bedeutung der Seidanindnsirie
fftr Bjians erkannt und sie dareh allerlei Mittd an ftrdem gesucht, aber
indem er dieselbe als Kronmonopol erklärte, gab er ihrer Entwickelung
von vornherein eine en^'bt^sch rankte Riclitnnt^. THo Privatindustrie hatte
unter diesen Umständen sowohl infolge der diückeuden Konkurrenz bevor-
zugter staatlicher Manniaktureu, aU auch uuter dem grossen Steuerdruck
SU leiden und schritt nur langram voran. Bereits in der ersten HSlfte
des TL Jahrhunderts traten die Folgen ärarischer Spekulationen Jus-
tini ans herrnr, die den Wohlstand vieler Stätten des Seidengewerbes in
Frage stellten.
Infolge ungeheuerer Ausgaben für Kriegszwecke und der dadurch her-
vorgerufenen flnansiellen Krise wurde unier anderen* aueh die syrtseh-
phSnihische Srndenindustrie mit so hohen Stenern bekgt, dass ihr Fort-
bestehen emstlich in Frage gestellt wurde; aus dieser hoffnungslosen Lage
und dem sie bedrrdieuden Ruin wurde sie aher dnrcli den arabifichen Ein-
bruch und dessen weitere Kolgen gerettet. Die Weber wanderten aus den
blühenden Sitzen des Seidengewerbes, von Tyrus und Berytus zu Tausenden
nach Penien aus*), wo zuniehst keine Bssehrfüikangen obwalteten; spftter
ahmten auch die sassanidischen Perserkönige das Beispiel römischer Cäsaren
nach und suchten die Privatindustrie i]nrrh ilrarisches Monopol stark einzu-
schränken. Justiuian kannte die traurige Lage byzantinischer Seiden-
weberei, aber er führte sie auf Schwierigkeiten in der Beschatfuug der
Rohseide snroek und sann bestandig, aber vergebens nach Abhilfe.
i Der Bedarf nach Rohmaterial iftr die bjsantinische Seidenmannüdctar
*) Reinaud. Meai. sar l'Inde (Aesd. dts laNript et B«Ua»>L6tirw, Bd. XTUL)
*) Cod. Theodor üb. .X.
') Procop. Hill. Aicana, cap. XXV.
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30
und der fortwihreiid« Mangel deeeelben war ein« HftnpforMohe der binfigen
Kri^e, welche das Reich mit den Partheru zu führen genötigt war. Die
V.rsiicbo Justinians, die Seide darch Verraittelnng der befreundeten
Äetbiopier, in deren Besitz sich die alten Handelswege über das rot«
Meer befanden, aas indischen Häfen za beliehen « schlagen grimtenteils
fehl, da die Parther als altgewohnte Kunden die Seidenmirldie volletindig
beherrschten. Der Hanptzweck, den Jnetinian auf dem Gebiete der
Seidenpolitik verfolgte: die Eniancipation vom persischen Seidenmonopol,
konnte insofern also von ihm nicbt erreicht werden. Ausserdem brach infolge
der Kriege im Seidenhandel eine wirtschaftliche Krise aus, wodurch die
wenden Webereien wegen gänsliehen Uangele an Bohmaterial in Stillstand
gerieten nnd die Sndenpreise nnerachwinglieh hohe wurden. Nach einer Um-
rechnung der damaligen Geldwährung auf unsere heutigen Verhiltnirae
betrug der Preis eines Kilogramm Seide zur Zeit Jnstinians nicht weniger
als 17190 frcs. für die purpurfarbige dürfte er das vierfache betragen
haben. Ihrer Kostbarkeit wegen wnrde die Seide daher jetst selten allein,
sondern mit wohlfieileren Teztilfasem Terwoben, so dass in den Urkunden
jener Zutperiode die reinseidenen „hotoserica** beinahe gar kerne Erwihnnng
finden.
Unter solchtMi Umstündfii wird es leicht erkliirlioh. mit welcher Be-
geisterung Justinian deu Vorschlag zweier Perser eutgegeuuimmt, die ihm
den kShnen Plan ent<en« die Seidenkaltnr naeh Bytan« einsufAhren nnd
das letstere dadurch hinsichtlich der Rohseide nicht nur von Parthem,
Fondern auch von China selbst unabhängig zu raachen *). Diese beiden Perser,
angeblich Mönche vom Orden des hl. Basileus, die dnrcli ihre mis^sionären
Reisen in Ostasien mit der Seideozucbt bekannt geworden waren, kannten
die nnttnesdiehen Vtnieile einw Yer|daninng dar Seidoikaltnr nach
Europa nnd, nadidem rie dem Kaiser die An&ueht des Sddeospinnen ans
den Raupeneiem, die Verspinnnng der Raupe und die !l Ij .ndlung der
Kokons beschrieben hatten, waren sie erbötig, die Eier der Maulljeerraupe
nach Byzauz zu briogeu und hier aufzüchten 7.u lassen. Der Kaiser ent-
liess die Perser mit den weitgehendsten Versprechungen, und schon im fol-
genden Jahre (652) kehrten die kShnen Unternehmer naeh Byzanz surnck
und brachten in hohlen Bambosstöcken eine grosse Menge Raupeneier. Es
ist nicht mit Sicherheit festgestellt, ans welcher Gegend die Mönche ihre
Hatipeueier entnahmen ; Procop bezeichnet das Land als Serindia, worunter
Forst-er mit Recht Kleinthibet (Khotan) vermutet, wo zu jener Zeit nach
chinesischer Art betriebene Sddensucht in ToUer Blüte stand. Die
mit Aufsucht anatiseher Raupeneier angestellten VersBche berechtigten
zu den schönsten Hoffnungen und erölBiieten die Ausnchten auf eine voll-
standige Unabhängigkeit vom Orient; es verging indessen noch manches
') Pariset, L'histoire <lc la soie, I. LSI.
■) ?rocop. De bello gotluco, IIb. IV, cap. IS.
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Neue QaettM DTaatieu.
31
Jfthmhnt, bevor die Seidenmdortrie der Giiechen ihren gewftltigen Bedarf
gun daroh einheiimsehe Rohseide ta deekm Termochte. Aiuserdem beging
Jastiaian von neaera den Fehler einer Verstaatlichnng der Seidenkultor
und hemmte ihre freie Entwickelun^ unter den breiteren Volksmassen.
Immerhin nahm die byzantinische Seidenzncht im Laufe der Jahre genügend
an Umfiing za, nm dem fmrtbeetehenden Afangel an Bobende einigermessen
ftbsalielftn. NameniUeli im Peloponnes nahm aie einen bedeatenden Anf-
schwang, der dadurch gekennzeichnet ward, daSS dieses Land infolge der
vielen Mnn1)M>f'r|i1nntagen seinen Nainfn in Morea umwandelte.
Kacii dem Emporschwingen des umclitigen tiirkischen von den Chi-
nesen Tu-kiu geuauaten Sogdianerstamuieä veränderte sich die Situation
im Bohseidenhandel insofern an Gunsten der bysanünisolien Indnutrie« aie
diese dadurch von den Parthern unabhängig wurde. Jenes Volk« welches fast
ganz Tarkestan bis zu den Grenzen Chinas beherrschte*), besass eine nicht
unbedetitende KnUnr und übernahm mit Erfolg die Vermittlerrolle im
Seidenhaudel Chinas mit dem Abendlande. Wie die Türken diese Be-
ziehungen augeknüpft haben, gslit ans dem FolgendcD harror. Hanander*)
eniUt nna den Besnch Haniakhs, dee Geeandten des TDrkenhanese Di-
zabul am persisclion Hofe, wo er eine sdur nnfreundliche Aufnahme ge-
fanden haben soll: der Perserkönig Chosroes erkanfte bei der türkischen
Gesaudtscliatt den grämten Seidenvorrat und Hess ihn öffentlich ver-
breuueu, um den Beweis zu lieferu, dass Persieu der türkischen Rohseide
nicht bedflrfSe. Der wiricliehe Thatbeetand lag jedoch darin, dass dw sassa^
nidi.%hen Konige in jeglichem Verkehr mit jenem erobwnngsnchtigen Volke
eine Gefahr für da.s Bestehen ilu-pr Herrschaft erblickten; sie verboten
daher den ünterthanen irgend welche Beziehungen mit den Sogdianeni zu
unterhalten, wodurch ihr eigener Seidenhaudel in Stockung geriet. Die
leiatnngRfähigeu Sogdianer suchten nach diesem Misserfolge andere Abssta-
gebiete auf nnd so gelangten sie, wie Menander addldert, naeh mner
mfibevollen Reise über den Kaukasus und dnroh das slldliehe Rti<!sland (die
Seewege hatten die Parther überall für sie vnr'^ehlo.'^n) nach Byzanz
(568). Es sind Anzeichen vorhanden, dass, eutgegeu der Meinung Klap-
roths'), der von Mauiakh befolgte Weg über das sfidliche Russlaud, trotz
seiner Dnbeqnemlichkeit, spiter als wichtiger Handelsweg, Termittels
dessen die Seide nach Europa gelaugte, während längerer Zeit benutzt
wurde*). Mit stolzem Selbstbewusstscin konnte -Inf^tiniau dem Maniukh,
zum grossL'u Erstaunen des letzteren, Seide eigener Zucht vorzeigen
und vou ihm das Zugeständnis ihrer vollkommenen Güte erlangen. Der
HandebT«rtng wnrde abgeschlossen nnd längere Z^t hindnrch führten
') Klaprotb, Tabloaiiz bistoriques de l'Äsie, S. 112.
») Men. Excerpl. Ed. Niebubr. S. 295.
*) Klaprotli. Tableaux hiBtori'Hie- il.i Taucaw, Paris 1827.
*) Ctamba, Vgyage dana la Rusi«ie incridionale, Poris lS2fi.
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32
ByxantiDMehe äeidenkoUar and •induBtrie.
die Sogdianer ehiDeaisefae Rohseide und Seidengewelie auf dem Karawanen^
wege, ohne Persien zu berühren, durch Russland den By/^ntinem
zu. Fr<'il:i-li wurde dieser Verkehr öfters diireh politische I''nrnhen der
Nütuadenvölker Mittelasiens gestört, doch schon der 6cl»luss des VI. Jahr-
hunderts brachte den politischen Verfall der Sassaniden und gleichzmtig
das Ende ihres Handelsmonopols.
Die byssantinische Seidenknltur entwickelte sich unterdessen zu immer
hulieror Blute, besonders als sie nach der (lurcli geeignetes Klima be-
günstigten Insel Cos verlegt wurde. Auch die byzantinische Seidenweberei
bietet zu Beginn des VII. Jahrhunderts ein vielversprecheudei> Bild, ob-
wohl sie sieh fast ansschliesslieh anf Konstaatinopel hesehiSnfcte, wo die
antike Pnrpnrförberei eine Statte der Wiedergebart gefonden hatte. Die
Technik entwickelte sich fortgesetst, nnd strebte mau den Preis su Ter-
billigen, indem man andere Fasern mit verwebte. Reinseidene Stoffe
werden Holoserica genannt, im Gegensatz zu Tramoserica (Dramioserica;,
in denen Leinenkette mit seidenem Einsehlag verwoben war'). Die Sab*
seriea • (Stamoserica) enthidten seidene Kette und leinenen oder baum-
wollenen Einitchlag. Der Gebrauch dieser letxtem Gewebe war wegen
ihre5^ bedeutend billigeren Preises nach der Aosh^ von Ammianos Mar-
celinus sehr ausgedehnt.
In der Zeitperiode vom VII. bis zum XI. Jahrhundert behauptete iu
kommersieller Bexiehang Konstantinopel die weltber&hmte Rolle des Stapel-
platzes for Seidengewebe und als der bedeatendste Seiden markt des Kon-
tinents, im Austauschhandel des Abend- und Morgenlandes. Konstantinopel,
sagt Montesquieu, betrieb einzig und allein den Welthandel zur Zeit, als
die eindringenden Goten and Araber überall den Verkehr unmöglich
machten*). Zur gleiehen Zeit bemichtigten sich die Griedien der Seewege
nnd fahrten den Gebraoeh der Seide bei den Völkern nnd wilden Stimmen
ein, mit denen sie in dieser Zeitperiode in politischen Verkehr traten.
I* dessen, so weit Byzanz auch in kommerzieller Hinsicht vorgeschritten war,
seine industrielle Entwickelnng stand weder in technischer noeli (juantitativer
Leistung auf der Höhe der Zeit, und es wäre ein Irrtum, anzunehmen,
die Znfnhr orientaliseher Eraeognisse sei entbehrlieh gewesen. Zwar
lieferten die Gynäceen in Konstantiuupel eine beträchtliche Menge Seiden-
stoffe für den Bedarf des Ilol'es und des Staates, aber die reichsten nnd
besten, z. B. die zur Ausschmückung der Paläste verwendeten Gewebe waren
orientalischer Herkunft, wie dies deutlich ihre Benennungen beweisen*).
Der Lnsns des kaiserlichen Hofes nnd ^ Adels nahm, wie einst im wesfc-
romiseken Reiche, mit der 2Seit immense Dimensiimen an nnd wenn auch
*) Itidor. Ong. Üb. XIX. eai>. 21.
' Par<le>.su«, Mem. eur le commerce de la mIo cbCS ISS Bodeni. pb 16.
*} Graodeur et d^cad«nce de« ßomaina, chap. 23.
•} CoaaUat. Ftepbyr. De osnoittBi». S. 4M. 70e.
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Vorllufcr der Onanentik. 33
die Umgestalinag der ftlimi Welt eine momeittiuie Stockung im Verbranch
der Seide mit sich brachte, die SeideDiudustrie und der Seidenhandel findet
Haid einen mächtigen neschützer und Absatz im Christenttmi, d. i. in der
Kirche. Wenn die Laieuwelt der byzantinischen und romanisch-gerinauisohen
Linder iu den ersten Jahrhunderten des Mittelalters sich den kostbaren
Lnxiu der Seideogewebe nur spärlich gestattete, so entfaltete die Kirche
und Geistlichkeit, wie in anderen so auch iu dieser Beziehung eine pom-
pöse Pracht in liturgisdipn Gewriiulern. Sclion unt«r den crston Päpsten
besass Rom Seidenstoffe, deren Prarht seither kaum übertroffeu wurde.
Während hh dahin der lauge iaiar, die Stola etc. nur auä feiner Lein-
wand beetand, wurden dicM nmimebr ai» den kostbarsten Seidensengen
hergestellt. . * «
*
Beim vergleichenden Studium klaspiselier Ornamentstile eraiebt sich
ein last stauneuerregender Synchrouisuius und wunderbarer Zusanimeuhaug,
«nnal wenn man die s^tKeben und rinwlicb^ Grenzen, durch welche die
Völker des Altertums getrennt waren, hierbei in Be tracht siebt; denn die«»
mnssten der nch unabhängig von einiinder äussernden ('iKTeinstininiun*; nicht
nur einer so verfeinerten Ausdrncksweise des knltur- lli u I.f»beus, wie der Orna-
mentik, sondern sehen der gleieliartigen Hntwii k- hm-r der weit prägnanteren
Sj mptomeeines solchen entschieden hin(lerlieli»« iii. Die altgriecliisciieuStilrich-
tungeu, der pelasgisebe Stil bis anr Einwanderung der dorischen Stamme (1000
Chr.), und der dorische bis zur Unterjochung Oriecbcnlands durch liom
(150 V, Chr.) haben für uns kein speeielles Interesse, da sie iu der Seidcn-
webekunst nicht zum Ansdnick «xclanfTt «ind: niehtsdestoweuiger mag her-
vorgehoben werden, dass die wenigen erliultenen Überreste Irühgriechischer
Omameotiki durch die Scbildenmgen griechischer Dichter ergänzt, nns
dahin belehren, dass sie mit der Zierweise Asiens und namentlich Assyriens
viel nemein-sanies besass. P'b 'uso zeigt die etruskische SfilrichtuBg Mittel-
italiens (1000 v, Chr.) in ihrer ersten Perinde einen entscliit den assyrischen
Charakter, wenn auch iu der zweiten Epoche der griechische Eintiuss zur
Geltung gelangt ist. Diese nahe Yerwaudtscbal't räumlich weit entfernter
Knnstweisen bei dem dazomal rerbSltnismäRsig f«;hwachen Völkerverkebr findet
ihre Erklärung iu dem stark entwickelten Nachabmuiigssinn der dauialigcu
Welt, iiuf di'" alles Fremde Weitcutfernle auch in den Einzelstiicken
holjen lieiü ausgeübt und ihre Kiinstwei^e beeinflnsseu mochte. Bei Be-
.«iprechung der Grauatapfelmusterung des Mittelalters werden wir noch Ge-
tegeahcdt haben, die Verwandtschaft der indischen und der neuitalieniscben
llnstemngsweise an konstatieren.
Von kulturell hober Bedeutung ist fiir uns das ^^tndimn des dritten
di'r klassischen Ivunststile. des römi>!chen, der aus den lieiden iinderen
hervorging. Wie die »pätgriechisjche Oiuaiueutik ein bewusstes Streben
Eum Ausdruck brachte, die Natnrforuien mit freiem künstlerischen Schwung
m stilvoller Sch5nheit an entfalten nnd die etruskische ein gewisses phan-
St1b«TiBSBa, Die SiJdt. 3
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34
Die Gräberfunde.
tastiscb frivoles Element enthielt, so vereinigte der römische Stil die l>eideu
Grundsätze und zeitigte eine Hiebtang, die sowohl in der Zeichnung, wie
im Farbensinn als künstlerisch vollendet bezeichnet werden mag. Die Mo-
tive aus den» Ptlanzenreiche wurden mit figürlichen Elementen von ent-
weder naturalistischem oder sinnbildlichem, symbolisch-allegorischem Cha-
rakter vereinigt und zu einer höchst eigentümlichen, zarten, von feinerem
Form- uud Farbengefühl geleiteten Zierweise ausgebildet.
Über die Herkunft uud Stilisierung der Seidengewebe jeder Epoche
liegen in kultur- und kunstgeschichtlichen Werken, Urkunden und öchil-
derungon umfassende und detaillierte Angaben vor und zwar schon über
die ältesten Seidengewebe. Die für uns zuverlässigsten Forschungsquelleu,
die Gräberfunde, brachten uns indessen nur Gewebereste, deren Alter
das V. und höchstens das III. Jahrh. unserer Ära nicht überschreitet.
Doch scheint man in einem dem Domkapitel der Valeriakirche zu Sitten
(Schweiz) entnommenen Gewebefragment '), das eiue auf einem seehuud-
artigen Untier sitzende weibliche Figur vorstellt, einen aus der vorchrist-
L'rtprung*. i)rlgln>l zu Sittrii, ErgäiKung Dach IV. Jabrli.) au« den ägyptiarben Fanden. Original
Semper .Der Stil'. ta Krefelil (KüDigl Orwrbeaaiiimlung).
liehen Zeit stammenden SeidenstofiT von angeblich römischer Herkunft zu
besitzen. Desgleichen wird von einigen ') die einer südrussischen Gräber-
fitätte (bei Kertsch) im Jahre 1842 entnommene seidene Totenhülle in
das III. .lahrh. v. Chr. zurückversetzt. — Die Seideutextilien der alt-
römischen Zeit sind äu.sserst selten. Ausser den liturgischen Gewändern
besitzt man eine Wirkerei, welche die Anbetung des Bacchus vorstellt').
Die ganze im echt römischen Geiste vollendete Komposition ist mit klas-
sischem Rankenornament von Löwen, Panthern und Hasenfiguren umrahmt
und verrät durchaus klassischen Ursprung. Es giebt nur wenige Orte, wo
>) Dietes sowie die nacbfolgenden Stoffmuster sind der interessanten Abhandliingr
Ton P. Schulze „Über Gewebemuatcr früherer Jahrhnnderte", I>eiprig 1893, entnommen.
■) Stephani, Corapt. rend. pour le« anni^es 1878—75. St. Petershonrg 1881.
'} Forrer, Römische und bjzantinische Seidentextilien aus den Gräberfunden Ton
Acbmim-Panopolis. Strasburg 1891. Taf. I.
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Die Gräberfunde.
35
4w GrUberfelder uebeu den anvenrOitlielieii thönernen und metallenen Ge-
genstäuden auch noch Stoffreste enthalten, welche gewöhnlich schon in
wenigen Jahrzehnten nach der Bestattung dem vernichtenden i']intlu«^e
der Feuchtigkeit auheimfalleu; die Gegenden über, wo trockene und soudtige
BodmbMdmflfeiiheit mt Komsnrienuig von Textilien besonders geeignet ist,
sind sehr selten und — wenn man von vorgeschiohtlielMn Fanden aus den
schweizerischen Pfalilhauten nnd keltischen Grübern, wo selbstredend von
Seideutcxtilien nicht die Rede sein kouut«, absieht — bis' jetzt nur in
Ägypten, Peru und Sudrussland (Krim u. a. 0.) angetroäeu worden. Im
J«hn 180 t wurden Stol&eate nnd Oewandtdie mb dnem LeiehenfeUe
idehst SnkkArnh in der PfOTins El-fni-jam in HitleUlgypIeii nnagpgnben,
sn denen dann qnantitativ sehr bedentöide Fände des Jahres 1881 biusn-
kamen, ilie jedoch eine äusserst geringe Menge von Seidennberresten er-
geben haben. Die Funde aus dem Gräberfelde von Äkmin oder Aciimmi
in Oberägyptea, einer au den Katarakten am rechten Ufiur des Nils an
4er Stitte des alten Paaopolis gelegenen Stadt, ergaben ebenfitlls eine
Msnge von Textilien, worunter sich jedoch, der geringen lAixnslicbe der
Ägypter entsprechend, Seidengewebe nur in niäs'i.iger Anzahl vorfandi^n,
hauptfciiclilich d:ic:''fTi>n als Funeraltücher dienende Decken, Überzüge, Ober-
gewänder, iumkeu u. s. w. aas der Zeitperiode vom V. bis VIII. Jahrb.'), die
meisten dem VI. nnd VII. Jahrh. entstammend, darunter anch Pnrpurgewebe.
Im speciellen ergab die Statte siidlich von der eJgeniliehen Nekropole bei
dem koptischen Kloster Deir, wo sich die Graber aus byzantinischer Zeit
b'^fi!r1ea und wo wahrscheinlich hauptsächlich Priester beigesetzt worden
iiiuü, reiche Ausbeute au Beidentextilien. Die Musterungsart dieser Seideu-
textilien entspricht Jeweilig iiirer Herkunft, mithin der byxantintwlien,
alexandriniscben oder sassanidiseben, nnd besteht ans inmitten radfiSrmiger
Xrsise angeordneten Jagdscenen, Romben mit Yögelgestalten, achtblättrigen
tlosen u s. w. Durch dip HnU rrfnn*1o von Achmim Panopolis nnd ander-
wärts in Oberägypten sciieinen sicherer Forschung nach auch die Seiden-
gewebe des III. Jahrh. n. Ohr. entdeckt worden zu sein -). Die Textur-
nntacsnchnng dieser der Zeitperiode vom IIL bis TII. Jahrb. entsUmmenden
Fnnde ergiebt eine bemerkenswerte Unsicherheit in der Ausführung; zieht
man daher also in Betracht, auf welch hoher Stufe die Textilkunst der
hellenistisch-römischen Zeit in der Verarbeitung anderweitijrer Rohstoffe
stand, 80 darf mau aus der geringen technischen VoUkouimeuheit jener
Ateifcen nns erhaltenen SeidenstolTe die natfirlicbe Sehtnssfolgerung ziehen,
daas man es in der Seidenweberei mit einem gans neuen Rolwtofie au thnn
hatte, der eine Terinderte, noeh nicht genOgend studierte Technik er-
heischte.
Bock, Katalog frDluilunatlieber TcxtUfond« des Jahna 1886 an der AaMteUaog
zu Dümeldorf 1^87.
■) FoTter, Die Oillier- and Tcxtilfnade Ton Aelmiim-PaiMiwUi. Strsttbnig 1891.
8*
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39
Die Technik der Seidenornamentik.
Aus dem eiugeheudereu Studium der Ornamentik ägyptischer TextiH'unde
geht, wif beiläufig vorimsbemerkt werden niair, aucli unzweifelhaft hervor,
dtm nicht uur die spätasaanidiscbe, sunderu auch die arabieclie Gewebe-
urasfeemng too der belleniidi-fpfttitaiiMlien Antike ahralriteii aei ^) und dais
der dtireh die Entwickelnog der Seidenwebeknnst hervorgerufene Stilweeheel
bereits vor der Eonsolidiemng der arabischen Weltmacht wenigsteiw ük
allem wesentlichen angebahnt, wo nicht vollzogen war.
Es ist als sicher auzanehmen, dass sich in der Zeit vom IV. bis VIII.
Jnhrii. jener ünwehwung in der Geediidite der TeztiHninit Tolkogen bnt^
dw, wie Riegl beiSgUeh der tanriedien, ans dem IIL Ine T. Jalirli.
vorchristlicher Ära stammenden Fnnde dargethan hat'), vom Wirkereietil
des Altertnms zum Seidenstil gefuhrt hat. Die Knnstweberei alwTitf^ nr-
eprfinglich nnwillkiirltrh die eingefrihrte Handhabung der Wirkereiteehnik
nach und erzeugte Effekte, die eher an eine mit der Nadel als mit dem Weber-
Mhifibhen erfolgte BindnngMurt mnert Daet man bei der Herstellnng
der Musterung iu Gewetten ttber die Taffetbindung hinausschntt, ist leicht
begreiflich, dnch ging man «<p5ter nach einigen Versuchen mit anfänglich
unregelmässigem Atlas zu der Köperbindung über, der auch die Rolle an-
fiel, bis weit in die gotische Zeit eine dominierende äteliung zu behaupten.
Bs ist.IiervomdtelMi, da» die C^namoitik der alteeleo Sflädenatoffe kein An-
aeiolien des ostasiatisclien Einflusses »igt und dneo stieng individnellen Gha-
rakter trugt; es ist also sicher, dass durch das gesamte römische TT< icli von
Spanien bis Mesopotamien zur Zeit des Unterfriniff'« iles \s eströraischt n h'richr-4
und drüber hinaus bis ins VII. Jabrh., eiu einheitliches tSystem der Textil-
Ornamentik verbreitet war').
melfaek-wird die Frage er5rtert, ans welchem Gmnde sich insbesondere die
Eunstweberei der Seide bemächtigt hatte, während die Wirkerei die Erzielung
komplizierter Mnsterungseffekte in weit einf'aoliei er Weise gestattete. Trotz der
auftretoinlpii Scliwierigkeiten iu der Behandlung des neuen TextiliiKitcrial-i
war man stets und überall bestrebt, die Wirkerei mit der Weberei zu ver-
iMuchen. Die Beantwortang dieew Frage ist liemlich einfach. Die
-Wirknng rinee Sddengiwdies ist bekanntlieh um so prtgnantmr. Je gleich-
massiger und voller die Fäden nebeneinander liegen, je einheitlicher sie
da«! auffallende Licht zur Ausst rn);l^ir;<^' zu bringen vermögen; die Er-
zeugung solcher Flächengebilde war aüer schlechterdings mit der Wirkerei
nicht got zu erreichen. Bezüglich der Frage, in welchem Teile der aus-
gedehnten byzanüniseh-westasiatiseheo Knltnrwelt der oben geschilderte
Übergang von der Wirkerei zur Seidttlkinistweberei sich vollzogen hat,
war man geneigt, das heapersische Sassanidenreich als die Wiege der aosser-
') niegl, Die figyptischen Teztilfamlc im k. k. Olteneieb. Uuassm. Wien 18St.
*) Bucher, ti(«cb. der tecbnitchm -Künste.
') Riegl, Die Teitilknntk in Bochen Geschichte der teobnisehea Kflnste. Statt-^
gart 1899. . .
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SMMttidiwlM StOriehtang.
87
«hinesiscben Seidenwebekanst auzasehen, doob ist man eher zu der Ansicht
beveehtigt, daw namentlidi Sjrien (Antioehien), die Orandstltte war, Ton
■der HOS bereits im IV. Jahrh. eiue grosse Auzulil von Seidenweberu als
koatban Kriegsl>eute von Sapor I. ins persische Reich vernetzt wurden.
Kommen wir nun auf das archäolo^'sche Thema alter .Seidentextilien
zurück. Das lireslauer Museum scblesiscber Altertümer verwahrt die Gräber-
Arndt ana Saaran, di« wahtaeheinlieh am der iltcsten Eisenieit SehleneDS
herstammen (Aa&og bis Ende des III. Jahrb.) nnd in einem mit Stoff-
resten umwickelteu Kästchen bestehen. Nach den Untersachnngen von
Cohn enthält dieses Gewebe Seide, wenigstens gleicht sein chemisches
Verhalten dem der Seide*), anderer Ansichten nach dag^n der Wolle*).
Sehr selten stösst man auf die Über»
reste der saseanidiaekeii Periode, doren
Höhepunkt in das VI. Jahrhundert
fallt, übereinstimmend mit der poli-
tischen Glanzperiode des uenpersi-
schen Reiches. Kbosroes 1. (531 —
679), der mit Indien rege Benehim>
gen nnterbielt, förderte die Seiden-
weberei des eigenen Landes in hohem
Mafse. Von sassanidischen Geweben
jener Zeit sind noch Überbleibsel
Torbanden, welche als UmhüUnngen
von Beliqnien ans dem Morgenlande
gebracht wurden. Die unter den
Sassaniden ausgebildete neubabylo-
uisohe Ausdrucksweise des Ornaments
lässt sich zwar unschwer von der
«rientaliaeh-byaantiniBehen Stillich-
riehtnng nntersebeiden, aber sie wird
irotadem öfters mit der letzteren ver-
wechselt. Die sassanidische Musterung zeigt ein originelles, rein orienta-
lisches Gepräge, indem Löwen, Adler, Strausse und andere phantastische
Figuren der biaamn Tiarwalt, raweilm anch menschliche Bildfonnen in
einer Ansdmekawnae auftreten, indehe die nenpersiscben WebekSnatler dem
alten assyrischen Ornamentennachlass entnommen haben.
Der Sieg des Christentums fiel mit dem Verfall der röiiii:<chen Kunst
zusammen, und da ein überreicher und verfeinerter dekorativer ISchmuek das
Kennzeichen der letzteren war, so verlangte die mehr auf das Gberirdiecbe
»tllMI»Ob— Gewebe koa dem IV.— T.
Dl^ Semper .Der SUl'-.
'} Ber. der Antropol. zu Stettin unU Nürnberg im Korretpondensblatt, Jahrg. XVll
und XYIII.
*) Busehaa, Über pdUiistomch« Oewsbe und Oetpinste. Biaaawhweif 1M9
S. Ii, 30.
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38
FriHiolinitliebe nod mHtjynBtiiiiidie PeriodaD.
gerichtete Christmlehre groMtniöglicbe 8ehmiicklongkeit. Die gesunte früh-
chrisUidie Yenieningailcniist tiSgt den Chenikter de« Streben«, beitimmte
Hindentnngen auf das Leben und den Opfertod des KeileDds, femer di»
von der neuen Lebre geheiligten Glaubenspützp durch dem Tier- und Pflan-
zenreiche entnommene Zeichen zu versinnlichen und mit ibreit gcheimnis- >
voll symbolischen Beziehungen auf die Seele der Gläubigen zu wirken. Die
allegofteehen Symbole sind demnach das Krens, dnreh Tcrsehiedenartige-
Motive gebildet, z, B. vier um eine grosse Mittelscheibe gereihte Kreise, von
welchen die kleineren die vier Evangelisten, der grosse Mittelkreis den Heiland
symbolisierten. Der gute Hirt, das Lamra, der Hirsch, Pfau, Fisch, dieSchlauge,
Aureole, der Weinstock u. s. w. wurden als beliebte Symbole des Heilands,
die Bilder dee Engels, Löwen, Ochsen nnd Adlers als eolobe der Evaugeliste»
verwendet. Der inneren Bedentnug nach hat die frühchristliche Omamentik
mit der ägyptischen Ähnlichkeit; wie bei dieser wnrde die FonuensohÖDheit
dem symbolischen Inhalte der angewendeten dekorativen Elemente unter--
geordnet nnd auch sie bevorzugte einzelne in das allgemeine Verständnis
nbergegaugene Symbole. Das im XL Jahrh. eintretende Schisma, die Spal-
tung der bas dahin einheitlichen Kirche, fUhrte alsdann sn jener beson-
deren Entwickelung der Künste im byzantinischen Reiche, die lierufen war,
die Seiden Weberei de.-i we«.f römischen nicht nur quantitativ zu überflügeln,
sondern ihr eine trau/c Epoche hindorch einen stark individualisiisoben Cha-
ruktür auiüuprügeu.
Li der Übergangsperiode von der klassischen rar altbjzantiniseheii
Knnstweberei (vom IV. bis VL Jahrh.) sehen wir wfthrend eines laugen
Zeitraumes Anklänge an die römische Periode hervortreten. Da auch die
byzantinische Kunst ursprünj^lich nichts anderes war, als eine auf dem ost-
römiscbeu Boden ond iu seinen besonderen Verhältnissen aufgewachsene
spitantike Stilrichtung, so wurde ihr tob einigen jegliche Selbständigkeit
der ürspmngsfonnen abgesprochen *). Die grosse Praditliebe der ersten oeA-
romischen Kaiser, welche die TOrsüglichsten Seiden wcbekünstkr des Horgen-
und Abendlandes nach ihrer neuen Residenz z^fren, ferner die geographische
Lage ihres Reiches und insbesondere KonstantiQ02)els, die es zum Uaupt-
verkehrsplatz für die Völker des Westens und Ostens eignete — nnd das er-
kttrt die lahlreiehen orientaliseheD AnkUnge im byzantinischen Knnststil —
begünstigten ungemein die rasche Entvrickelnng der neuen eigenartigen
Stilrichtung. Die byzantinische Ornnnipntik versuchte in erster Linie die
weitere Entwickeln nc; der anfänglich eingetubrtca wesirömisch>antikisierenden
Formen in eigeutüuiiicher Weise; zu den römischen Omamentmotiveu traten
hinta orientalische nnd spedell symbolisch christliehe Elemente, anch geo-
metrische einfache nnd w&rfelfltamige Figuren, Krense, Kreise u. a. w. Da-
gegen war die Farhenwahl eine durchaus selbst&ndige und glückliche; das
am häufigsten TerwMidete Bot hob sich mit Blau nnd Qrfin prachtToU kon-
>} Uiegl, Stilfrageo, S. 273.
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Byzantinischer Stil.
39
trastierend vom hellen Goldgruude ab. Za Beginn der justiniuuischcn
Epoche ist das vorherrschende Merkmal altbyzantiuischer KuustweWrei eine
erhöhte Stilisierung der Zeichnung. Die Verstaatlichung der Seidenweberei
ist auch auf die Geweberausteruug nicht ohne Einfluss geblieben, indem die
letztere einen eigenartigen Charakter, sogar eine gewisse Einförmigkeit er-
hielt. Stets ist es die Kleinomamentik, welche Rhomben, Kreise, Herzen,
Kreuze u. s. w. in Form von Streumustern und in den verschiedcusteu Kom-
binationen verwendete. Schon bei den alten Griecheu war die Streuorna-
mentik ihrer Gewänder sehr im Gebrauch, wie die alten Vasengemälde
veranschaulichen; von ihnen ging sie auf die Römer über. Ausserdem macht
sich das Netzornament geltend, das durch seine Einförmigkeit in die ganze
Richtung vortrefflich passte und in
seltsamer Weise von der phantasie-
vollen Musterung der vorherigen und
nachfolgenden Kunstperiodeu absticht.
Allerdings wurden die Streu- und
Netzmotive mit grosser Virtuosität, so-
wohl im Kolorit wie in der Form be-
handelt, 80 dass diese frühbyzantini-
schen Muster noch heutzutage für die
modernen Stoffe kopiert werden.
Die Glanzjieriode altbyzantiuischer
Seidenweberei erstreckt sich vom VI.
bis zum IX. .lahrh. unserer Ära; sie
verleiht der Gewebeornamentik die alt-
orientalische Darstellung der auf my-
steriös stilisierten fabelhaften Tierwelt
beruhenden .Musterung, obwohl, wie
gesagt, anfänglich die Netzzierweise
mit eingesetzten Streumustern noch in
der uachjustinianischeu Periode einen ^ B,«»nunuch« ocweb«. vu.-viii. j.hrh.
lebhaften Anklang fand und weiter origin»i tu chnr.
ausgebildet wurde. In der Stilisie-
rung findet mau den sich schon regenden Geist der neuen Welt; die
Figuren sind mehr dem wirklichen, als dem phantastischen Leben augepasst;
Löwen mit kraftvollen Kopfwendungen, geflügelte Drachen, Adler und flat-
ternde Pfauen zeugen von der sich entwickelnden Selbständigkeit. Die
specielle Ausführung der Musterung und ihrer Gruppierung beruhte mit
wenigen Ausnahmen auf einer symmetrischen Anordnung ornamentaler
Grundformen, obwohl die absolute Symmetrie dorn Sinne der klassischen
Antike nicht entsprechen mochte und eines der Elemente war, die aus dein
Orient in die hellenistische Kunst eingedrungen sind. Doch kam der Seiden-
webekunst das System der symmetrischen Anordnung sehr zu statten, da da-
durch die Technik ungemein erleichtert wurde.
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40
Bjruuitiniicbe MotiTe.
In DentochlftDil werden altbvzantinische Seidengewebe in einigen älteren
Kirchen anfbewahrt, so im Doinscliatze zu Chur, der ein aus dem VI. bis
VII. Jahrh. stainniendes Gewebe mit Löwenkarapfern besitit*). Natürlicher-
weise übten auf die Musteruugsart aach die tecbniMhen FortMiiTitte der
Weberei gtotten Einflan, uii4 die EotwiekelnDg der letsteren erraiebte be-
reits beim Nachfolger JuatiniaiUt Jnstinus II., einen solchen Grad der Voll-
kommenheit, dass Gewebe dieser Epoche in ihrer techuischen Vollendung
dea chiuesiseben Erzeagnisaen kaum nachstanden. So verfertigte mau z. B.
Sioä'e mit einem durchsichtigen
Einsehlag, dnreh «elehea effekt-
volle Tierfignren derart einge-
webt waren, dass sie beim Fal-
tenwurf besonders wirksam her-
vortraten. Öfters wurden in die
Mugtermig orientriiaeb lUliaierte
Arabciken eingeeebaltet; die nna
erhaltenen Überreste zeigen ameh
nicht selten biblische und sym-
bolisch-christliche Darstellungen.
Am Ende der Epoche nehmen
neben den religidsen Sceneiien
auch profane, aus dem Leben
und der Geschichte n;pgriffene
Motive Platz in der (Jrnanientik
ein. Im Germanischeu Museum
sa Nnmberg befindet sich ein
.teppiebartiger, im Grabe des
Bischofs Günther zu Bamheig
vorgefundener StottVest, wahr-
scheinlich eiu Geschenk def Kai-
sers Konstantin XI. Dukas
Jahrb.); das Ornament nigtdie
Figur des Kaisers zu Ross, um-
geben von zwei weihliclien Figuren*). Eine .'<elir oft, besonders in Priester-
gewändeni wiederkehrende Musterung bestand iu der Verbildlichung eines
griechischen Kreuzes im Kreise. Die iu zahlreich vorgefundenen Kircben-
omamenteo vauL Priestergewindeni stark auftretende TiersjmboUk Übst
andererseits insofern keine bestimmte Sehlnssfolgening über den speddktwi
ürspmng an, da dieses Geprige, wie erörtert, sowohl den rein orimtaluehen,
Oairab*, Z.,likrh. Oilgiul ra
•) Bock, Gescbichto der Hturgiachen Gewänder. Bonn 1858, Bd. I, Tafel 2.
*) KaUsse, Die Ueachichte der Seidenwebekniut vom Mittelalter bi« sam Rokoko.
Leipiig I8ft3.
BADwniaiigMi der Oeweb«.
41
wie attbjzaatiniaehen EneagtusBen xnlniii *)• ^ Benntxnng des Goldes in
Brokaten erscheint iu byzantinischen Qewebeu erst nsoh dem X. Jahib.
durch Unnvickplii des Leinens mit vergoldeter .Menihrane. nachdem eine neue
Fabrikätiousart der Goldfäden die-e <Te?pinstiirt in ungemeineren Gebriuich
gebracht hatte. Was die Techmk des Verwebens anlangt, eo ist cbarak-
teristiseb, dsas die Mnsteniiig stets YenulUelst des Einschings auf dem
Kettengrnnd hervoigebneht winde.
In das konstantiniache Jahrhundert fiel der Einbruch der Sassaniden
unter Sfiimr II. in das römische Reich und die Entfülirung der Seidenweber
aus Mt^oputaiuien nach Susa; ob hierdurch die partbische Seidenweberei in
ihrer Kunstrichtung beeinflosst worden ist, wie einige bemerkt haben wollen,
ISsit sieh nicht beweisen. Dagegen ist festgestellt wordm, dass die bj-
tantinische Stilrichtuug einen grossen Einflnss auf die arabische nahm,
welche durch die bilderfeindliche Lehre Mohiimmeds beeinflu-st. sich zu eigen-
tiimlicber Selbständigkeit entwickelte nnd ihrerseits wieder die spütere by-
zantinische Ornamentik vieler Länder zu neuer phautasievoUerer Kutwicke-
Inng begeistert hat.
Ober die Textur der alten Seidenstoffe haben wir durch damalige
Schriftsteller nur ungenaue Kunde erhalten, aber desto reichhaltiger liegen
uns die mannigfaltigen Benennungen vor, die ihre Herkunft mit Dentlich-
keit bezeichnen. Wenn man in den Namen aurociavurn, chrysoclaTum (Gold-
brokat), stcnraeinttm, Uatthiu, imizillos, fundatum (Synonym des blatthin,
goldgewebtes Purpurgswand), triblattbin, dimitnm, tri- und hsxamitnm stc.
sweifelloe die griechisch- byzantinischen Be/.eichnungeu erkennt, so sind
andererseits solche Gewebe, wie catu-samituni, cata-blatthin, cataafittulum
unstreitig chinesischer lierkunft(('ataV, damaliger Name des westlichen Chinas),
aus welchen sich wenig über ihre Besehalteubeit besstiuimeu lässt. Anderer-
seits besieht sieh aber die Benennung des Seidengewebes, abgesehen ron der
Verwendungsart, ausschliesslich auf seine Musterung. Der Presbyter Btblio-
thekarius Anastasius liefert in ^seiuen Berichten über die Seidengewe1)e der
Päpste, mit deren Lebensgesclnchte *) er sich befasst hat, die Namen der
byzantinisch-stilisierten Stoffe, welche deutlich ihre Ornamentik hervorbeben.
IMe TCB ihm citSetten Qewebe: pallia leonina (LBwengewand)* cum historia
de elepbantis (die Gassi mit den Elefanten), vela ssrica aquilata (Adlw«-
gewand), velum pavonatile (Pfauengewand) n. s. w., deuten auf Ornamentik
ans Löwen-, Adler-, Pfanengestalten n. s. w. Je nach der Umrahmung der
Tierfigureu oder für die polygonisch gemusterten Gewebe findet mau die
Beseichnangen quadmplum (viereckiges Ornament), hexapulum, octa-
pnlnm etc.
Unter allen farbigen Geweben behaupten die sogenannten Puqmr^
gewiadar unstreitig die hervorragendste Rolle. Der Purpur nimmt in der
>) Book. Gesch. der litorg. Uew&nder, I. S. 9.
*) Ub. pontif. wo de geitia Bonaa. PonÜfio. (Rer. itsl. aoript HL).
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Fbipurllrberd.
G«Mbiehte der Seide eine harorragende Stelle ein, die eeine nähere Be-
sprechung rechtfertigt. Schon die alten Phönizier betrieben Pnrpurfarberei
timl gelten anch als Erfinder des Verfahrens, die Purpurfarbe vermittelst
der drei Färbemittel zu erzieleu: der Purpnrscbnecke (purpura, :top9upa),
der kleinen Trompeteuscbnecke (niurex, buccinum, x^fu^) and der Scharlach-
beere (ooecm)» die nichte anderes als ^raiee war nnd von den Alten f3r
ein 'Vegetabilisches Prodakt gebalteu warde. Die Purpurrarbci ei der Alten
tHUe sich in zwei Arten, in die Herbarien- und die Conchylienfärlterei. Die
erstcre benutzte die Färbemittel ans den vegetabilischen Substanzen de.s
Landes, die zweite entnahm die Farbstoffe ausschliesslich dem iMeere. Ebenso
ani diesem Umstand, wie femer ans der apraebliehen Terwiming nnd der nm-
faogreichen Nomenklatur der Pmrporfarbe geht hervor, dass sie keinen ein*
heitlichen Farbenton hatte, sondern dass es üblich war, durch Nuancieren
des eigentlichen Pnrpnrfarbstoffs mit anderen Fär]>emitteln eine ganze chro-
matische Skala von Blau bis Viotettrot zu erzeugen. Schon die Alten haben
es verstanden, dreizehn einzelne, scharf definierte Töne des Purpors henn-
stellen; merkwardigerweise werden aneh gr&ne nnd gelbe Pnrpnrs erwKhnt'),
doch scheint dies, wie weiter unten erklärt werden wird, auf der Identifi-
zierung des Gcwi bf.» mit der Farbe (blatta) zu bernlu n. Es existierten
demnach die manaigtaitigsten Bent'UUUMgen für den Purpur ; es gab lyrischen,
tarentiuisehen, lakädemouischeu u. s. w. Purpur, welche sich iu ihrer Uer-
stellnngaart Ton einander nntersdiiedeii und solehe, wie color eonehylins,
co«n1ens, welche lediglich die Nnanoe kennzeichneten etc.
Ks scheint endgültig festgestellt zu sein, dass die Purpurförberei mit
der Indigokilpe identisch war'). Schon Aristoteles, Plinius nnd Plu-
tarch*) erwähnen öfters die „Blarae", welche die Oberfläche des Pnrpar-
bades leigte. Weiter wnrde einaMits der Znsats von alkalisehen M ilteltti
wie fanlem ürin^) nnd Bohnen % nar ihres Ammoniakgehaltss halb« henatxb,
und andererseit.s wurden Reduktionsmittel, wie Honig und Ol, empfohlen').
Eine Untersuchung der purpurfarbigen Totenhülle des im IX. Jahrhundert
beigesetzten hl. Aiubrosius führte zu dem Ergebnis, da.«s zur Färbung des
Gewandes Indigo nnd ein Kermes- oder Luc-d^e-abulicber Farbstoff benutzt
worden nt^). Schon frühor ist von Bisio darauf hingewiesen worden, dass
Kwisehen Indigo nnd Purpur Besiehangen vorhanden rind, welohe die Iden-
') Codinn«, De officialibtu. id. Niebohr, 8. 18.
») Witt, Chem. Technologip der Gcspinstfaiwii, S, 17. — BehuBok, Berichte der
deatKhea cbem. GeMUwbaft. 1879, S. 1358.
•i Plvtarch, Üb. de Oneal.
*1 Boerhaave, Chimiea. Bd. 2, S. 2.
^1 Ualler, Elementi della Fiaiologia, üb. 36, aer. 8, § 7.
^ Cavaltteei, IM nodo di tingers la peifeia. Piraiifo 17M.
Frapolli. Lepetit u. Padalli, Ossstta ehifldea 1872, U, 78.
A. und G. de Negri, ibid.
Caraelntti, Sendieoati ddrinttitolo Loiabardo, 18U, 918.
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PorparfarbMi.
43
titat der beiden Farbstoffe kaum niebr bezweifela lassen Auch die l'rü-
fang Rodcrer PrieatergewSnder ond vei^^leieheiide Yerraehe tnit den einge-
trockneten Safte einiger Schneckenarten et]gabcD, dm das Pigment des der
dunklen, anu'tliystfarljcnen Art des autikon Purpurs entsprechenden Murex
truncnlus (Punicin) in allen Stücken <h'n vegetabilischen Indigofarbstoffen
(Indigoblau mit geringer Menge des ludigorot) gleichkommt.
Der alte pli5nik1aehe Purpur war doe Miaebfarbe des echten 'Ftxhi/Mh
der PaTparsehneeke mit Terachiedenen noeeliteii« nmat roten Pigmenten.
Der höchste Aufschwung und sogleich das leiste Stadium der antiken Par-
purförberei trat ein. als man durch Vereinigung der l-an l und Seefarben,
der sogen. Purpur- uud Kräuterfarberei im Hysginischen i'urpur (u57ivcv)
den Gipfel der Kombination erreichte. Zu den Griechen gelangte der Pur-
pur ab blatta (ßXeCTxi}), da« im wdteren Sinne der „pnrpnra", d. i. den ans
reinem Purpursaft entstandenen Farben entsprach, nnd diese Be/eiclinang
wurde, wie das adjektive „hiattens", mit allen fiblichen sprachlichen Varia-
tionen den purpurfarbenen Seidengeweben beigelegt. Dass die byzantinische
Porpurfarbekaust direkt von der phöuikischen abstammte, dürfte die durchaus
boreehtigte Vermutang beweisen« dait das Wort blatta phdnildich«r nnd Qber-
hanpt anatiaeher Herknnft sei nnd als Naancenbezeichnnng etwa der Farbe
des geronnenen Blutes entspr r! ph würde*). Die innere Bedeutung des
,,hlatta" begreift ein parasitisches, Farl>stoff lieferndes In?sekt nnd diese Be-
zeichnung wurde lediglich als solche in die färberiscbe Terminologie auf-
genommen Es liegt UQD der Gedanke nahe, dass in der nenbyzastiniscbeu
Parpnrfilrberet nieht die Parpnfschneeke, sondern der Kermes, bekanntUeh
eine auf dem Kaktus lebende parasitische Schildlaus, die Hauptrolle spielte,
und das.s im Xlf. Jahrh. die antike dunkel violette Purpnrnnance überhaupt
durch ein tWt reines Rot, du- byzantinische Lieblingsfarbe, verdrängt wurde.
Die weissen chinesischen Seidenstoffe wurden alsbald nach ihrem Auf-
tandten im Abendfainde mit Purpur gefärbt and stellten als solehe nieht
nur die kostbarsten Gewebe vor, sondern sie wurden schon unter den römi-
schen Cäsaren zum Regal und Al)/.eichen der höchsten Staatswürden er-
hoben. Zur Zeit Diokletians betrug der Preis der purpurfarbigen Strang-
seide ((UTO^a ßXamj), wie ans einem seiner Kdikte vom Jahre 301 hervor-
geht« 160000 Denare, gleidi 3700 Hark pro PAud^. Aneh in Byaans
war der Porpor ein Prinleginm des kaiserliche» Hofes und alle Purpur^
fiUbereien standen unter der strengsten Staatskontrolle. ludessen sdieini
nur der Purparmantel, das „indnmentnm regale", welchem später in Ostrom
') Biiio teil., La porpora degli antichi etc. Venesia 1SS2. — Scoperia del pris*
cipio porpareo etc. Ann. delle Sclenze dcl H. Lomh. Yeneto. 1633.
*) Sehmidt, Foncbangen auf dem Gebiet« des Altertums. Die griecb. l'apjruaark.
der K. BiUieth. tn Berlin. Berlin 1842, S. 139-143.
*) Kar^hncek, Susandecbird ; die peniacbe Nadel maierei, Wien.
Becker und Marquardt, Handbueb der römischen AltertOnier. S. 123.
44
Pmpixqpwtli«.
„pnrpnr imperialii^S aueli „ostram tmpemle**, «ntapneh «1« Ainridieii
der Kaiserwurde gedient zu haben, während andere purpurfarbene Onrioder
auch im privaten Verkehr vorkamen*). Spatere Gesetze vfrUotpn nur ge-
wisse Gattuugeu, uämlich das sogenauute oxyblatta (tyriscbes Purpur) und
hyacinthina';, welche Farben den Namen des heiligen Purpurs (sacer mu-
res) tragen*). Eine als „dibapba^* (doppelfarbig) bekannte Abart des kauei^
liehen Purpurs wurde durch wiediwrlwltes Anfiarbeu in besonders tiefen,
(luukelvioletfeu , fast ins Blauschwarze spielenden Tönen herges^tollt, wozu
vorwiegend der S.ift des iMnrex regnis verwendet wurde. Mit der Zeit ver-
schmilzt sich die Idee des bktta als der Nuance mit dem Ausdruck der
„Farbe** derart, daee man dm atu mehrfarbigen Garnen verwebten Seiden-
tltofSm die Namen dibUttion, triblattion u. s. w. zuteilt. So beaehreibt n. a.
Konstantin Porphyrogeuetus ein solches Seidengewebe, den kaiserlichen
Purpurmautel, aii'< inupurfarbiger Kette und grünem Einschlagt). Spilter
hat sich die Idee den Purpurs überhaapt mit der des äeidengewebes iden-
tifiziert and bestand nun kein sprachlicher Untendüed iwiecben den Sei-
dmwebem und ParpnrflLrbem (bombydnare, gleichbedentend mit par-
pnram facere)*).
tieiläufig mag erwähnt werden, class .schnn zur Zeit der llömerherrscljaft
in Deutschland, namentlich in Bayern und zwar zu Regenshurg, dem alten
Katiäbou, eine Art Purpurfärberei betriebeu worden i^t, allem Anschein
nach mit einheimischen Coccnsarten (Kerroee)').
In Byzanz gelangte die Parpurftrberei seit dem IX. Jahrhundert lur
neuen, weltberühmten Blüte. Die Korperachaft der PnrpurRirber (murile-
guli) genos» weitgehende Privilegien, ihr Gewerbe war indessen, wa.s da^i
echte Purpurverfahren anlangt, verstaatlicht und das Geheimnis des
letileran streng bewahrt. Trots des regen Verkehrs iwisoheu den beiden
Metropolen, konnten sogar fertige Pnrporgewebe nnr auf nngesetslicbem
Wege des Schmuggab nach Rom eingeAhi^ werden*). Lant dem mssisch-
griechischen Vertrag von 944 war den rnssischen Knuflenten streng unter-
lagt, Seideustoffe, wohl Purpurgewäuder, deren Preis bO Goldsoldi überstieg,
um die es sich stetü hauptsächlich handelte, auszuführen. Infolge solch
stranger Mafenabmen nnd des dnrch das Regal beschrankten Abeatiee Ter*
*) Aaastas. Biblieth. lOS. V. Benediet. lU.
") Ammian lact. divin. Ju«t. IV. 7.
*i Cod. Justinian. IV. 40.
«) Cod. Jutt. de Tcrt. hol. 11. 8.
*) De ceiem. S. 440.
*) Francis^ue'Micbel, Hecherches aar le comiaeroe, 1« fabrication et Taatge
dM dtoffM de ade, d'or et d'argent et anln» tmm pr^eieax en Ooddeot, principtüeoMnt
•B France pendant le nio.veti ige. Paris 1352, II. 17.
1) Qampolzheimer, Gesohicbte von Rageosbuig, ä. 240.
^ Apod; Maratori (Mript nam KaL O. 487).
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Bjnu rar Zait der At»ber.
45
liert ilie tyMMitiniaehe PtarporArbenn nadi und nach »d üm&Dg und Be-
daatnng, um Mhliesdiclt im XIL Jfthrhundert punlieb zu «rldtohoi.
« «
Auf den Trümmera der peisischeu Maolit erhebt sich um die Mitte
des VII. Jahrhunderts die ucuc politische Welt der Araber, jenes am die
Verbreitung der Kultur 8o hochverdienten Volkes. Dank den Arabern ist
die Seideuindosirie Mittelasiens, die zur Zeit des Einbruchs dieses Volks-
«tAimiie» in Tollster Bitte stand, vm ilinen in dem fbrtMhnttend degralohen
Znge nnoli dem Westen Terpflanst nnd hier auf eitropÜsdiem Boden,
zugleich mii der alten Kultur iir ! Kunst anch das Seidengewerbe durch
<Trr:ndiin'4 neuer IndustriestStt^ n r.f die jugendfrische AVelt des Abend-
landes übertragen worden. Die ^eidenzucht, die Seidenindustrie und der
Seidenhaudel haben durch die Araber seit dem VII. Jahrhundert eineu
aolehen Umsehwnng erhalten, da» es notwendig erscheint, ihren Stand aar
Zeit des arabischen ESnbraclis sn besprechen, hezw, etwas weiter zurücksn-
greifen, und dies x\m so mehr, als der letstere eine neue Ära ihrer ge-
schichtlichen Kntwickelung eröffnet hat.
In Byzanz ist nach vorübergebender Blütezeit ein Ötillstand des Öeiden-
gewerhes za Terseiehnen. Die bis in das X. Jahrb. fortdanernde Ver-
stesllichnng Ave Setdenindnstrie hemmte deren Emporkommen und die freie ^
Initiative; nicht nur die Seidenzncht nnd -Weberei, auch die Purpurfarberei '
wunlft, wie erwtihnt, durch Staatsnionnpol eingeschränkt. Stand da-s by-
zantinische äeideugewerbe iu seiner Verstaatlichung und sklavischen Be-
schränkung mit der freien, nationalen Industrie des Orients in starkem
Kontrast, so k<mnten die Polgm der fortwährend anwachsenden asiatischen
K<mknrrens noch vor dem arabischen Einbrach nicht ausblcihen. Rechnet
man noch die nllfTcmpino Arniut dr-r BeviMkerung und die politischen Unruhen
hinzu, so i.st ersie ht lieh , dass der \ erfall der byzantinischen Seidenindustrie
nur eine Frage der Zeit war. infolge der arabischen Invasion verlor Byzauz
das den Rohstoff enengende Land Syrien, wo die Scidemrocht damals
schon in beträchtlichem Umfange betrieben wurde. Bei der «llg^einen
Schwäche vermochte Byzanz auch nicht aus dem Yerfidl der konkurrierenden
parthischen Seidenindu<itrie den gehörigen Nutzen zu ziehen. Wenn, wie
mehrere Geschichtsschreiber anführen, im IX. Juhrh. in Morea Seidenzucht
'und Industrie g^lüht haben soll, so liegt hier offenbar eine Verwechslang der
S^e mit sehr feinen leinenen nnd banmwollenen Geweben vor'). Anderer-
seits stimmen die araltist hen Schriftsteller darin übcrein, dass Griechen-
land noch im X. .Jahrh. aus Spanien die Seide bezogen hatte'). Auch
Anastasius der Bibliothekar, der äusserst sorgfältig und gewissenhaft die
Patiset, ybi«toire de la «oi^ II. 26.
*) FrftBO.>Mi«bel, Bcdtensbet tur h coamieRe «le. SL S91.
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46
Verfall byzantiniacher Stilriebtang.
Herkunft der Seitlen.stoffe seiuer Epoche studiert hat, erwilhut uirgeuds der
peloponnesiscbeu Gewebe Byzanx veräuebt zwar Syrien durch die kleiu-
asiatiscbea Produktionsläuder zu ersetzen, es verbleibt indessen betreffs des
Robmftteriab in beinabe f^buliober AbbiDg^;keit Ton China, und «war
fortdauernd bis zum XL Jabrb., einem Zeitpunkt, wo Moh Mine Seiden-
maniifiiktur nach der Aufbebung der VerstaatUcbattg znr nngeabnten
epocheraacbendeii Gröswe eniporschwin^t.
Der später zum tj^pischen Ausdruck gelangten spätsaraiteuiscben Muste*
rnngeweiae bot die frisch auf bl9bende Webeknnat Bytaatiene nneebatebare
Belehrnng nnd brnebte eie im X und XI. Jahrh. in volle Abbängigkeit
von den sputrümisch-byzantiuiscbeu Vorbildern. Erst vom XII. Jabrb. ab
übernimmt das persische Element die FuhrenoUe, die e« während der nichsten
zwei .Jahrhunderte vollauf behauptet.
Der Zurückgaug der byzantinischen Kuustweberei ist durch die steifen
nnd plnniien Formen eharakterisiert Der Verfall der Feinheil; nnd Leichtig-
keit der Zeichnung, der sein Heil in immer bedeutenderer Vergrosserung der
Muster und Verstiirkun«^ der Koti^iren surlite, läsat sich besonders auf-
fallend im IX. und X. Jahrh, wahrn* li um h itid (hiiiert bis in das X]. .Tahrh.
fort. Dieser Verschlechterung der Zeichnung wurde durch Krhübung der
Farbenefiekte abgdiolfan, die sieh aniknge dnrcb eine trabrbaft fibermlaeige
Ordlbeit anszeichnete. Die Form galt nichts mehr, die Farbe ailee; man
könnte diese Ornamentik mit Recht die textile Farbenmosaik benennen. In
der Epoche des Wiedereraporblühens byzantinischer Seidenweberei lag da-
gegen eine besondere Kunst, denn die wunderbaren Nuancen, wie auch die
eigenartig geschmaekvoUea Farbenaneammewtelhii^ien Termten eine YoU-
konunenbeit, wie ne noch hentsniage kanm ericiehi wird. Dieee merk-
würdige Erscheinung findet ihre natürliche Erklärung im Auftreten der
Araber, deren jugendfrische, orientalisch orif^iiielle KunstKppriffp in befruch-
teuder Weise die alter.s.sch\vach gewordene abundläudi.sche .Seidenweberei be-
einflnsst haben. Das Vorherrschen der gelben Farbe (Liebliugsfarbe Allahs)
iet für diese bynuitiniaeh-arabieebe Periode eharakteristiecb, obglmeh ancb
Rot, Grün and Blan vorkommen nnd sich hier und da Schwarz bemerkbar
macbf. Die Ornamentik seibat beiteht haoptmchlieh in myitiseh-kiunpli- '
zierten Linienverschliufruugen.
Der Aniaiig dss VII. Jahrh. wurde, wie for Westasien, &o auch für
China mr Epoche; es gelang Lijueu, dem OrOnder der müchtigen Dynastie
Tang (617), endlieh in dem dnreh Bfirgerkriege serrOtteten BxAAn innere
Ordnung einzurühren. Die Seidenkultur nnd -weberm «rillelt dorch ihn
einen so starken Antrieb, dass im Zt'itranm vom VH. bis zum X. Juhrli,
chinesische Kohseide und Seidengewebe (kn wichtigsten Artikel im mittei-
asjatiflohen Handel bildeten. Um sich eine Vorstellung davon zu machen,
welchen MaDntab der Verbraneh von SeidenetoAm in China aelbet erreichte.
>} De Vit. Romas. Pont (Rer. Uel. affipi HI, S31).
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1
Chin«. Japan. MitUluieii. 47
genügt es, einiije geschichtlich cnv5e?ene Ereif»ni<5se zu citiereu. Im Jahre
819 bringt der ätatthalter der Provinz Uouan dem Kaiser Hieu-Tsang
8000 Stück Seideugewebe als Holdiguug des Volkes and bietet ihm die
nooh vorbundenen 100000 fSr sptter aa^). 825 aehenki ein Mandarin
dem Kaiser King-Tsong eiue Million Seidenieage*). Das ' verscbweu-
derische Umgehen mit der Seide las'ät auf ihre nnermesslicheu VorrSte und
den üppigen Luxus damaliger Zeit schliesüeu, da die Seideiizeuge, wie wir
hüreu, sowohl beim boheu Adel wie im geuieiueu Volke zu etwas alltäg-
lichem geworden sind. „In einem Ftetan&oge", beriektei Hinen-Teang*),
„s&klte man über 1600 Wagen, die mil goldgestickten Smdenbrokaten be-
deckt waren, 300 kostbare Seidenschirme n. s. w." Die seideuge werbliche
Tbatigkeit wurde von der Regierung in jeder möglicbeu Weise unterstützt
und durch öffentUobe Ausstellougen und Prämiieraogeu der besten Erzeug-
nisse dem Portsekritt freie nnd anasiehtBreiehe Bahn erftffnet.
Aneh in Japan entwidtelt sich das Setdengewerbe in der gleicken Zeit-
periode zu immer höherer Blüte. Wie jedocb bei den römischen und hf'
lantiniscbeu Herrschern das Intf^re-^p hei der Einfi'iliruug der Seidenknltijr
und Seidenindnstrie sich um den dadurch ermöglichten Prunk des Hofes
bewegte, so meinten die japanischen Kaiser dadurch deu Wohlstand den
Volkes, vor allem aber des Banemstandes zu fdrdem, nnd tbatsiehlieh be-
weist eine ^fengc von Verordnungen der japanischen Oesetzgebnngsperiode
vom VII. bis VIII. Jahrb., dass für die Verallgemeinerung der Seidenzucht
die grösste Sorge getragen wurdet ja* sogar Zwaugsgesetxe in Anwendung
gekommen sind.
Im V. Jahrb. eriiielt Mittdasien die naeh ohinenseber Art gebandbabte
Seidensncht durch Vermittelnng des Khotans; welclie EntwtekeInng die-
selbe kurz darauf genommen hat, lässt sich daraus ersehen i dase in Khotan,
Kuscham, Kaotscbang n. a. Gegenden Kleintbi'iet'^ <V\t' Seide schon im VlI.
Jahrb. dos ausschliessliche Bekieiduugsmaterial der Uevulkerung bildete*).
Bei deu Turkomaueu kommt die Seide ebenfalls seit dem VII. Jahrb.
in allgemeineren Gelnaneh; der Volkntamm Hakae steht als eine Roliseide
erzeugende Nation im IX* Jabrh. mit Arabern im regen Verkehr. Die zwi-
schen Kbornssnn und China ihren Wohnsitz eiunelunendeu, kulturell vor-
geschrittenen Stämme der Uigureu (Hei-hii) betrieben sowohl die Seidenzucht
wie die Seidenweberei, besonders Fabrikation kostbarer Brokate. Sie stand in
ibreni Lande anf hober Stnfe der VoUkommenhmt, als es im X. Jahrb. dnreb
den Oesandten CbinaSi Sam-y^-t^, beretsl wnrde*). Durch Vermittelnng
alter dieser Völker gelangte mit der Seidenweberei auch die ebinesiaehe
') Mem. d«8 Mitsioiiair«i snr la Cliiiie. SVI, 178.
•) ibid., S. !98.
•) Vie de Uiouen-Tiiang, Übers. Stan. Julien.
*} Documenta g^gr. sur la dvnastie de Thang, überaetsoBg tob Stan. Julien.
*) d'H^rbfllot, BiUiotbiqiM oiientale. Suppl.
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48 Seidenkaltut ia WestaBien.
Seidenkakar nach dem abendländischen Asien, wo sie, darck geeignetes
Klhiiii und ausgedehnte Maulbeeiwälder begäustijrt, zur Hliitf kam. Wie
schon erwähnt, besa&s Persieu (gebirgige Umtregend des Kaspiscben Meere»)
einbeioiiscbe gelbe Seidenarteo. im Vii. .Jahrb. wurde die chiueaidche
Methode der Seidengewinnung waA auf dieee bisher nur in primitiver
Weise Terarbmieten Kokons ausgedehnt, und idt jener Zeit eneheint sodi
die persische gelbe Rohseide, wie von Theophilaktes angegeben wird,
im allgeraeiueu Handelsverkehr. Das nördllclie Persien erwies sich für die
Seidenzucht vorzüglich geeignet. Der alten Uandelsstnuse vüu der Bucharei
nach Persien folgend « hatte lididie IMdenknltor in Merv eingebürgert, ans
welehem die Bewohner anderer perdeeher Ortacballen die dnreh ihre Oftte
berühmt gewordenen Ranpeneier bezogen. Von da verbreitete sie sich
unter dem sarazenischen Kiriflusse nach den reichen, das Kaspische Meer
umgehenden Gegenden, wie Tiibari<8tan , Kinnän, Dschordschau und Djebah
Die Geographen lätakri »ud Ibu-Üaukal beschreibeu uns diese Gegenden
Peraiens nnd Syriensi wo die Setdensneht vortrefBich gedieh. Daehordeehan
führte nach den benachbarten S'eidenzüchtereien Kaupeneier aus, Tabaristan
Wfir nach der Aussage Tbn-Haukjils das prodnktionsfiihigste Land des
Erdballs. Amul H< rflfllia"a und Astcnibad waren die wichtigsten Märkte
für Rohseide, die lievvoiuier der letzteren Stadt galten ausserdem für sehr
geschickte Vorarbeiter der Floekwide*).
Die XInterjoehnng pmiiBefaer Provinsen, wo anner der Seidenaneht
anch überall die Seidennianufakturen rege Thätigkeit entwickelten, brachte
die Araber mit einem Schlag in den Besitz von Webereien, nach deren
glänzenden Erzeugnisi«eu sich die »chon damals der einfachen, patriarcha-
lischen Lebensweise entwöhnten Wüstensöhne gesehnt hatten. Die Araber
b^nsUgten die povisehe Indnetrie dnreh regen Seidenhandel und Be-
freiung der Seidenz&ebter von jeglichen Abgaben, so dam sich ihr«; Thätig-
keit auf pDlitiseh- geographischem Gebiete auch daliiu geäussert hat. das3
die Hauptstätte der Seidenverarbeitnng von Syrien narh Mesopotamien
(Bagdad) und Persieu verlegt worden ist. Seit dem iX. .lahrh. tritt sowohl
peraische wie eyneehe einfache und gezwirnte Bohaeide in aolAhem Dherfioaa
auf den Seidenndukten auf* daes sie mit der chinemaehen in Eonkanenz
eintritt. Die persische Seidenweberei, welche nunmehr gänzlich unter dem
arabisclien Einflnss steht, produziert die weltberühmt werdenden Atlas- und
Sammetgewebe. Die Maoufakturen von Cbüzistun und Farä, welche schon
unter den Sarazenen kraftvolle Entwickelung genommen haben, dann Tuster
und 8us bewahren auch fernerhin den Rahm der besten Atlae- nnd Sammet-
fabrikatiou. Damaskus erzengt die atilToll gemusterten SeidenstofTe i^eiues
Namens, Antiochien die prachtvollen glatten uml moirierten Gewe))e und
Goldbrokate'}. Mit den berühmten süsischeu Fabrikaten dürfen indessen
*) Hnkkadaii, Oeogr. S. 358.
>) Bdrttl, ToL II, S. 181.
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Anbiiehcr WirkmigtkreM im Sodengewerbe.
49
nicht die gleiehnKttigen Enengntsse der aordafrikaniNlien Siksa (TanU)
verwechselt werden, die ebenfalls sebr zarte und kottbare Seidenzengc lie-
ferte. Während «las persische Süs zugleich mit seiner politi.'S< hpn Redfiifnng
aach die seideugewerbliche Tbätigkeit verlor, behauptete luäter seinen
Rnhm auch dann noch, als bereits der grösste Teil seiner AtlasMrbeiter nach
Bagdad Tersogen war. Eft iftt nicht deher bekannt, wann der Anfang zu der
späterso mächtig aufgeblühten bagdadischen Seidenindnstrie gelegt wurde; doch
lilsst sich aus einigen uns erhaltenen biographischen Daten mit Bestimmtheit
auf eine Bagdader Kolonie tusterisflier Seidenweber schon im X. lahrh.
schhessen Die Bedeutung Tusters dauert fort bis in die Mitte des XiV.
JahrbnndeitB.
Die arahMeh-perMaehe Stilricbtung zeigt einen weniger racken K(ini~
binationageist, als die spätere arabisch-spanische. Das Ranken werk neigt
fieh einer mehr naturalistischen Richtung zti und die Tierge.stalt wird
häufiger als Motiv verwendet, was seine Erklärung darin tiudet, da&> die per-
sischen Schiiten das arabiftck« BiMerrerbot niekt anerkannt haben. Die
Farben aind mit Vorliebe sekundär gewfthlt and aowobl in Ton wie in
Znianinienatellung mit viel Gefühl bebandelt.
Bei Betraclitnr-si; des anihischen Kinflnsses nur für» Knt wickelnnf^s-
pcschichte des Seitleugewerbes lassen sich im ailgeineiuen zwei Perioden
unterscheiden. In der unruhigen Eruberungszeit und infoige des Glaubens-
fuiatiamna Termochte die Seide« ala dnreb den Koran untersagter Lnzna,
nnr schwer Eingang in das soziale Leben des Arabervolkes zu gewinnen,
fand ji 'lodi eine um so freundlichere Aufnahme nach der im VIII. Jahrb.
erfolgten Umwandehing sowohl der Sitten , \\ ie der der Kultur der er-
oberten Länder nachgeahmten staatlichen und gewerblichen Verfassung.
Dadnreb wird das bei politiadiM' Rnke, «Mkiendetti Wofabtand ond Lnxna
emporblfihende Seidei^^ewerbe anr Nationalindoatrie der Araber. Aber ikre
Obörwiltigende politiadie nnd aittliche Macht lenkte nicht nur die !^e!den-
verarl>eitunfr Westasien?« in neue, fruchtbarere Bahnen, sondern brachte
auch im beiden liaudel eine gänzliche Umgestaltung hervor. Die Araber bo-
ten alles auf, um ihren christlichen Rivalen im Abendlande auch auf mer-
kantilen) Gebtete den Rang absnlanfbn. Ihren Webereien enraokaeni ab-
geaeken von dem Aufschwung der eigenen Seidenknltur, ans der Anknüpfung
des nnmittelharen Handelaverkehrs mit China auf dem Land- und Seewege
unermessliche Vorteile.
Gleich bei Beginn ihrer Herrschaft zeigen die Araber rege Beteiligung
am Sddenbaiidel Bjrnntlena nnd Pernena mit China und erringni darin eine
allndUilicfa launer grSaaere SelbstSndigkeit Nach dem Verfall der grieebfadien
Seefahrt behaupten di^ Ainber auf ihren anfänglich ausseiet primitiven
Fabrseugen die altgewohnte UaadeUroate und dringen mit nneraebroekener
*) Karabaeek, Übar emige Beaennutigen mittelaUsrliehar Qswebe* S. tt.
ailli«rM»ii«, Die ScUte. 4
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60
Seidenbandel der Araber.
KfllmheH Dach einer gefahrvolleu Seereiee bu ati die Oatgestade des chiue-
sischpn Meeres vor, wo sie in Kanfu einen Ilandrlsverkehr zu stände
briDgeii, Uer eiuen ebeuäo kuios^aleu Mafsstab auuitiimt, wie der auf dem
bis dahin üblicben Seideuiuarkt KaU'-tscheu im Westen Chinas').
Eine besonden glückliche Sehickaakwenduiig für die Araber war es,
daäs der Anfang ihrer Be/.ielmngeu mit China mit der. gegen die Mitte de^
YII. Jahrh. eingetretenen Blütezeit politisclur und kultuit ller M;icht des
letzteren zusimimenfiel. I>je sicli zu gleicher Zeit in Centralasicn ein-
bürgernde innere Ruhe und der friedliche Handelsverkehr küuuii.-u die
Sehloarfolgernng miaaeen, dass der Seidenhandel auf den altgewohnten par-
thiwhen Landw^n hierdnreh einen besonderen Anfachwong erhalten habe«
Mrelclif Ausiclit aiuli durch Pariset vertreten wird; indes kt man zu der
Annahme berechtigt, dass sich der Peidenliiindel nunmehr vorwiej^end dem
Seeverkehr zugewendet halH.' Die Verauiassuug hierzu lag eniteus darin,
dass »ich der Schwerpunkt chinesischer Seidenlculiur immer mehr von den
Nordweatprovioxen nach den uatUeheu nnd sfidiSetltchen Yerachob, ans
Granden, die sich ohne weitere» nicht angeben lassen: dass dazu, wie
einige belmujiten, die Kiötfiuin^ der Heeroute beigetr^eu haben sollte,
ist nicht erwiesen. Alsdann kiini der mächtige Anfschwung arabischer
Handelskolonieu uud Hüleu au der Malabarküste dem Seebandel speciell
sn gute. Ton den Zielpunkten fr&herer panischer Seefahrer wissen wir,
doüs von der Zeit der sogenannten irOmisehen Gesandtschaft bis zum III.
Jahrh. diese Rolle dem Tonkiu zufiel, bis gegen das IV. Jahrh. Kanton
dem fremdlSndiiär'hen Verkehr zugänglich wurde'). Dass dann der friedliche
Handel durch Ausschreitungen seitens der Perser uud Araber, denen es
doek auf mSgUehst gesidierte Bnhe ankommen sollte, dnrdi Obormmpelung
nnd Beranbnng einhelmieeher Stadteinwobner gestört worden am*), erscheint
eigentlich schwer begreiflich, vielmehr würde dieses verbSngnisvoUe Er»
eignis als ein Akt der Notwehr «seitens der den Chicauen eifersüchtiger
C'bineseu ausgesetzten Fremdlinge anfznfas.sen sein. Infolge dieser Tumulte
verUessen 758 die arabischen uud peittibcheu und «96 sämtliche ausländischen
Kanflente Kauton und gründeten in Kaafn einen nenen Stapelplata f&r
überseeiHchen Seiden verkehr. sTS fiel auch Kanfu der Baohencht cbine»
Bischer Rel>ellen zum Opfer, nachdem sie seiue Beviilkerung niedergemetzelt,
die Maulbeerjilantagen in der ümgegeud vernichtet '') und m einen regei-
mässigeu Verkehr mit dem Abendlande auf .Jahrhunderte hinaus zum guten
Teil lahmgelegt hatten. Als endlich im X. Jahrh. die den Fall der Dynastie
Tang begldtenden poliiisehen Unrnhen in China den freien Zutritt an die
') Beinaud, Introduction h la (^eo^apbi« d'Aboutfeda, S 393.
*) T. Rieht hofen, Ciiina, I, jTS.
*) Hirtb, Chinesisch« Studien. S. 23 «.
*) V. Bichthüfen, China, I. S. 570.
•) T. Biohthofen, Verb, der Gcselliebaft jßlr Erdkunde. HI. »5.
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Verlegung der Handelseentren. Seidenbau Westasieoi.
61
Meeresküste iiiul den Seeverkehr überhaupt ganz unmöplich machten, erlitt
■der arabische Handelsverkehr insofern eine Umgestaltung, als der Haupt-
stapelplatz für Seide von iieueai uach der Iiutel Ceylon, die seit dem YII.
Jfthrli. von ihrer frQhatn Bedentoag itark emgeboHt h^e, verlegt wurde.
Nwifatraglich wird der Seidenhandel Cejlon«, wie fltierhanpt der Inteln
des Sunda-Ärcbipels, noch reger betrieben nnd erreicht im XII. Jabrh. den
Höhepunkt seiner Bliite. In der weiteren Folcre der nrabiscben Periode
des Seideubandels lässt sich indessen eine laugsume, aber stetige Abnahme
des Seeverkehrs wahrnebmen. Die seit dem X Jabrh. sicher gewordenen
Kanwaoenwei^ Mittelasiens aehen den Sdiwerpnnkt von Chinas Seiden»
iiandel an sieb und übertragen durch Yeimittelung der Araber die Märkte
nud Stape]|diitze allmählich von den Grenzen Chinas nach dem "Westen
und so nach und nach l)is an die Gestade des Kaspisclicn und des Schwarzen
Meeres. Schon im Vli., und besonders im VIII. Juhrh. blühten die ara-
iNsefaen Handelskolomen an derWestkOste Indiens*). Vielbesnohte Statten
waren Bassora (Basra) und Syrüf, sowie Hormuz-Syräf, der bequeme Hftfen
lieaasB und die Rolle des die einheimische Weberei versorgenden Robseiden-
marktes*) einnahm; auch als Hauptstapelplatz für chinesische Seide und
Seidenstoffe beeinflusste er seiner Zeit den gesamten europäischen Seiden-
verkehr. In Avt Stadt Bam war es snerst, daas gegen das dentlich aa»*
gesproehene Verbot des Propheten ein Araber seidene Kleider ananlegen
wagte'). Im gleichen Zeitraum, vom VII. bis zum XII. .Tabrb., verliert der
nördliche Teil Indiens s'^ine tViihere Bedeutung im Seidenbandel , indem die
altgewohnten Hundeiswege über Hindukuäch und Kabul gänzlich in Ver-
gessenheit geraten; das südliche Indien dagegen erlaugt, obwohl es seine Be-
riehnngen an den Arabern anfredht erhalten hatte, erst im neuen Zeitalter
Interesse fBr die Geschiebte des Seidenhandels. Aden, dessen Hafen von
dem vielgereisten Mnkkadasi^i (985) als die Vorhalle Cliinas (dehliz-es-
Sin") be/eiehnet wurde, behielt wie l)islier stets besondere Bedeutung als Rin-
gangnpuukt in das Rote Meer für den Seidenhandel auf dem Seewege.
In dem Mafee, wie sieb Westasiens Smdenban so hamtr höherer
Bifite emporsdiwingt, werden die koromersieUen Bemdinngen des Abend-
landes mit China, als natürliche Folge des kleineren Bedarfs, immer unbe-
deutender. Nicht nur, da'^s die Seidenmärkte nach den Häfen Trapezunts
verlegt werden, wonach sich die chinesischen Kautieute richten müssen,
sondern auch was den Haudelsgegenstand, die Seide, anlangt: es taucht
seit dem IX. Jabrh. die kImnasiatiBcbe Rohseide in ungekeneren Mengen
anf and Terdringt das seit fast einem Jahrtansend den Seidenkandel nnd
') V. Kremer, Kultuigeachicbto des Orient« unter den Cbalifen. Wien 1875—77.
Bd. U, 8. 276.
Reinaud, Rel. de vojages faits par leg Arabes etc. S. 81.
*) Karabacek, Über einige Beaennujigen mittelalterlicher Gewebe. Wien 18»2.
8. 18.
«) Unkkadasi, ^d. de Goeje, 8. 85, 426.
4*
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52
Wiedergebart Bjrsantiene. Israeliten.
die ladusirie beherrsduDide «diinesische Produkt. Ira XII. Jahrb. endlkh
verschwindet die chinemdie Robseide ginzlieh wag dem abeodländiscbeu
Verkehr.
Begansiigt darch dm Verfall des Siaatsmonopols und doreb bequem»
Besebaffnng des Rohmaterials, erhebt dch die aeMeogewerbliobe Thätigkeit
T<m Bjzanz im XI. Jabrh. wieder ra gewaltiger Grösse. Die Mannbk»
taren von Koriuth, Athen uud Theben werden weltberühmt. Die kommer-
zielleu Beziebungeü mit den Xomadenvülkern Südnisslands, den Khasaren,
Uzen, Petscbeuiegeu, Bulgaren uud deu civilisierten Völkern Asiens einer-
seits, soirie den Venetianem andererseita maebten ans Konstantinopel un-
mittelbar vor der folgenden, für die Geschichte der Seide im Abendlande
bedentangsTollen Epoche der Kreuzzage, den wichtigsten Stapelplatz und
das Handelsceutrura für Rohseide wnd Seidengewebe. Der Anfang dieser
zweiten Blute Byzantieus beginnt unter Theophilus (829 — 847) nud Kon-
stantin Porphjrogenetus (911). Um fficsa imd die nachfolgend»
Blftteseit d«r bysantiniseben Seidenwobekonst gelangten dnreh die Bisebftfo
von Mainz, Köln, Salzburg n. a. zahlreiche byzantinische Stoffe nach
Dentschland , wie z. B. das Seidengewebe der Ciisula de.> Biscliofs \VilIigi»
von Mainz, welches, al<? die im Jahre 1011 beigesetzte Leiche später exhu-
miert wurde, nach Jahrhunderten noch völlig neu erschien. Die Ver-
mahlung Ottos II. mit der grieebisehen Prinxesiin Tbeopbanie fikhrie
den byzantinischen Luxus auch nach Deutschland ein; Otto schwärmte fSr
alles griechische, und so erklärt sich das unverhältnismässig häufige Vor-
kommen orientalischer, speciell byzantinischer Seidenprachtgewebe in den
dentschen Kircbenschätzen und Museen. So stellt z. B. eine Anzahl Blätter
des in Trier als W^bgesohenk der Kaiserin angrfertigten ETaogeKan von
Edktemaeh, jebt in Gotha, geradesn Kofäen grieehiseher Geirebe jener
Zeitperiode vor. Eine besonden; rege Thätigkeit byzantinischer Gynäceen
tritt ein, als die ersten Nnzt-ichen des bevorsteheuden Falle'' des Reiches sich
bemerkbar machen. Einerseits war diese Periode durch allgemeines Aufblühen
aller technischen Künste und des Handelsverkehrs ausgezeichnet, anderer-
seits aber benötigten die Kaiser för ihre Hilftktmtingente und dk ans
allen Teilen Nord Westeuropas herbeiströmenden Söldner vieler kostbarer
Geschenke, unter denen die Seidenstoffe eine Hauptrolle spielten.
Als sehr thatige Vermittler im Seidenhandel kommen sowolil bei den
Arabern, wie in Byzanz die Israeliten vor, die vorwiegend seit dem VIIL
Jahrb. in den Vordeigmnd treten. In allen Vitien des SeidenTM-kehts,
sowohl in Khanfi) und auf Ceylan, wie in den Stapelpifttien jEleinarims»
ebenso unter den Kulturvölkern, wie unter den Barbarm betreiben sie ihre
ausgedehnten (ieschäfte. Sogar in Bordeaux, Tours und Orleans besassen
sie Geschäftshäuser, die die Kirchen und den Hufstaat des merowingischeu
Enropas mit Seide versorgten.
Die siegreieh nach dm Westen fortschreitenden Araber tragen in>
awisehen aneh die morgenlSndiscfae SeideokuHnr in die eroberten Linder«,
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SddsDtaeht «od •gewwlM in N«rd«fri1n» Itelim oad Sponicn. 53
sie dieselbe anf« sorgföltigste pfiegen. So wird sie nach der Ber^
berei eingeführt, welebe die erste Etappe bildet; tob hier ans Terbretiet
sich der Seidenbau rasch ül)«r Algerieu, Tripolis nntl Marokko, wo er von
mildem Klima und den BüUfnvfr'iiiltnissen begünstigt winl Dass diese Sei-
den im Verkehr Mitteleuropas vorkamen, davon zeugen die Stelleu in den
Epen* wie s. B. im Nibelangenlied, wo die sehneeweiMen anbisdien Seiden
erwUint werden:
Die atftbiJchtT ^!<1en wiz aleO der ^n«"
Und« TOD Zazamäoc der grueaen sA der kli
(Nibelungen Not, ttr. 8M.)t
ebenso wie die noch genauer bezeiclinetett
Von Mnrroch dem lande \mi ruicli von Libi&n
Die aller benten sidon die ie luer gewnn.
Bereits itii XI. Jahrh. wird von Edrisi das blühende üedeilicn der
Seidenzocht in der Provinz Kabes ge^hiidert. Auch Italien hat iu dieäem
Jalirhniidefft, oder naoh einigen Antoren sogar noeh früher*) die Seiden-
2aoht durch Vermittelnng von Kabes erhalten , aus welcher Provinz sie von
den Arabern nach Sicilien übertragen wurde. l)ie Meinung von Fr-Miclicl
wird dadurch bestätigt, dass in Kalabrien schou im IX. .lahrh. der Seiden-
bau betrieben wurde naobdeoi er dorthin durch Morgeuiiiuder (artefici
orientali) eingeführt worden war. Nach der Bepublik Teoedig hat die Seiden»
sucht unter dem Dogen Dandolo (1204) Eingang gefundoi, dar gxiechiaehe
■Seidenzüchter and Webekunatler herbeizogt). Welche Entwickelung sie
im Süden Italien.s genommen hat, lässt sich daraus en5chcn, dass schon
im XIII. Jahrb. die Produktion ivalabriens die äeidenvrebereieu von Lucca
versorgte ''). In Bologna (im XIII.) und iu Modena (im XIV. Jahrh.) sollen
wichtige Kokonmarkte und Haspelanstalien bestanden haben').
Ebenfalls durch arabische Vermittelung gelangte die Seidanknltur
nach Spanien'') (Almeriii und Sevilla), wo sie iu Andalusien zur raschen
Entwickelung kam, so dass bereits^ im X. .lalirli. unter der Dynastie der
Omejjaden die spanische Seide ein wichtiger Exportartikel war*). Im
XII. Jahrb., nur Zeit ihrer MSdntco Blüte, wird die ahneiriaciie Sddenxueht
nnd die sieh in gleiehem MaÜM entwickelnde Seidenmannfiiktur nach Mur>
zia, Malaga nnd Granada verpflanzt; gleichzeitig wird nach den arabischen
Kolonien Spaniens der originelle, kraftvolle Ton der orientalischen Seiden-
webekunst ubertragen, um hier eine grossartige Entwickelung zu erreichen
') Stüwe, HandalszOge der Araber.
*) Frano.>Miehel, Reeberelifli etc.
') Marincola, Statut! Jell' arte dclla seta in Catanzaro. 1990»
*) Coroalia, Monographia del Bombyce del Gelw. & 19.
*i Bini, Sa i Laoeberi a Vmeria, 8. 49.
*) Boiigi. Deila mercatura dei Lucchesi nei lecoli XIII e XIV. 1884.
*) Abu-Zacbaria, Libto de agricoltura ed. Banqaeri. JU«drid 1802.
^ Cond«, Hnlsria dn löt Arabst de EspaAo.
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54
SSeilkaisehe Koiutireberet.
und der »ehoo tictteliendol abendlftudiaelieii Webekncst tm nene«, eharakier-
volles Gepräge zo verleihen. Almeriaa berühmtesie Fabrikate waren gold-
durchwirkte Seidenbrokate und sogenanntes „bolol'S ein iiii!v<;erst dünnes
Gewebe, danu ,,I.«pahn" und „Iskulivtou". Als Ei<fentiini!iLhkeit der Orna-
mentik ist Lervorzuhehen, dass die Farben uieiät kräftiger auitreieu, als in
den orientatiselien Urmnetern» und daw das Scfaaehttrettqnadrat die weiteste
Verwendung findet. Edrisi seUldert uns den mächtigen Anfsehwnng der
Seidenindustrie in Spnnien vrührend des XTIT. Jahrh.*) und sein ungewöhn-
licher Reichtum an Prachtj:;ewelK'n iTisi^t sich aus den zahlreichen litterari-
schen und geschichtlichen Überlieferungen des XIV. und XV. Jahrh. er-
sehen *).
Naeh d«r Eroberung Siciliena durch die Normannen (Anfang des XII.
Jahrb.) wurde die daselbst bestehende maurisclie Seidenraauufaktur von
Ro«2;pr in <^rof!«!artiger Weise gefordert, fto dass dadurch selbst der mäch-
tige bj^aiitiuische Seidenhandel in eine Krise geriet und einen Krieg zwischen
Normannen und den mit den neidischen Venetianeru verbundenen Griechen zur
Folge hatte. Roger ging ans demselben riegreieh herTor« nahm die besten
Seidenweber aus Theben und Eorinth nach Palermo mit (1 146) nnd verlieh so
der mtiselumiinisclicn Soidonwobcrei neuen Zuwachs und Verjün^innp^ Es
scheint indessen, d;uss auch Hoger, der hyzantinischen SeidenpoUtik nach-
ahmend, die Seidenmanufaktur verstaatlicht hat*).
Die siciKanischen Webeanstalten, die ihrem Charakter naeh mehr als
Hofliebbaberei, denn als indastridt-kommeraiene Etablissonents anfgefasst
werden kdnnen, trugen den Namen „thirazza" oder „hoiel de Tira?/' und
zerfielen in ein^^elne Abteilungen oder Werkstätten. Die eine befasste sich
mit der Herstellung einfachster Gewehe, der glatten und buntfarbigen Taf-
fete (amita, dimita, trimita); eine andere fertigte Samraete und Atlasse au;
die dritte die geblfimten Zeuge tod grüner Farbe, die vierte Brokate, Gold-
stoffe nnd reiche Bantgewebe. Speciell gewann die Sammetweberei hier
eine grosse Ausdehnung. Die Kittliedralen in Le Pny, Ilalberstadt, Braun-
schweig, Danzig n. a. besitzen zahlreiche überre>,te dieser prächtigen Stoffe.
Die Sammele wurden ausserordentlich schwer und dicht in einfacher Hindung
liei^esteltt; die Fabrikate alten Datums sind doppelfarbig, die jüngerm
pnrpurrot, violett oder grun und meist mit Golddun^wirkung.
In diese Zeitperiode füllt auch der höchste Aufschwung und zugleich
die letzte Blntc der rein arabischen SeidenweUfknnst, die schon seit dem
Anfang ihres Bestehens mit so glänzender, eonneustrahlender Poljchromie
I Mrlsi, ed. Doiy, 5!- 2in
^) Fraaoitque-Michel, Reeherchet «tc 8. 297.
Haalde-RenoQ, Introdaetfon de« proeMft fdatifit \ 1a fabricaüoD det Aoff«»
de Nie. Paris 1A38.
■) Oitoni« Fiienog. epUc (G«rmaniae bütor. iUottr. Bd. I. Francofurdi 1585.)
•) Fr.-If iebel, Beeberefaes et«. 8. T«.
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Arabiicb« Ornanientik.
55
ihm MfutemngMurt auf dem Selwnplatxo der Textilknnst eraehienen ut,
(lass selbst die Byzantiner sie eifrig m kopieren begannen. Die arabisdie
Stilrichtung ist, wie bereits früher fin^;i'deiitet, aus den frühlivzantinischon
und orientalisclien Vorbihlern ]iervor^i'{j;iiu<^Hii. Das streiiij«' (leset/, der Lehre
Mohammeds, welche auf dem poetischen und ungleich sinnlichen Volkscbarak-
ter der Araber ausgebildet, die Naehbildniig beseelter Gestalten verbot und
90 die üppige Phantasie des arabischen Volkes znr reichen und höchst
eigentamlieben Ansbildang der Pflsnzenfonnen föhrte, bedingte, dass das
malerinhe Prinsipi ▼erhnnden mit dem Farbensehmnek, das ursprüngliche
Omameiit belwmeliai nrasste; Die Chrnnddemaite arabischer Omanwntik
sind an und für sich ziemlich gering; nur ihre anssergewohnlich reiche
Variierung brachte eine bis dahin fast unlwkannte Mannigfaltigkeit in der
Behandlung der Stoffldache. Im specielleu unterschieden sich die geometri-
schen Motive der BandrerschlinguDg tou dem europäischen Romauisrnna
dmoh mehr geliroehene, ab rande Kontoren. Die Eintdlnng grosser Fliehen
durch gerade und wellenförmige Linien in regelmässig wiederkehrende,
grösstenteils geometrische Felder, deren Füllungen mit symmetrisch ange-
ordneten Arabesken durchzogen wurden — unter dieser Bezeichnung ver-
steht man ein streng stilisiertes Kaukeuwerk mit bei aller Symmetrie reich-
ster Anordnung der Motive — verlieh der Omanentik bei aller Eänf5rmigkeit
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Arabiicbe StUricbtang.
«in dnrebaitt wirk^iimes und gefälliges Geprage. Neben geometrischen Fi-
guren verwendet die MiiJ<ternTig grösstenteils Pflanzenmotive, Blätter, Kuos-
pm, Finienzapteu , Oraugenkuospen, (iranatapfel, Farren, f?chliugptlanzen-
formeu u. a. w., iu der Uaaptsache jedoch bewegt sich die Fflanzenverzierang
in den mumigfndien Wellenrankeu, lappig gegliedertem Akantlieiliktt nnd
dem ungegliederten Herxblntt, ferner swei- oder dreifaltigen lenxet^rmigen
Ansläufern der Ranken, worunter als grOssere Einheit eine kelchförmige
Blüte, umgeben voti ^til-'-ierten Blättern, vorherrscht. Sehr selten tmd erst
später triiVt mau Tiergestalten an. Ein wesentliches Element bildete
dann die ornamental stilisierte Schrift, welche in das liaukeuwerk verwebt
wurde oder Qber demedben hinlief und io poetiaehen Spr&cben die Beatim-
rnong dee Gewebes verdeutlichte. Die arabiwshe Ornamentik befolgte im
allgemeinen das Prinzip einer vom Mntterstamme ausgehenden Strahlung
uud tangentenfönuigen Krümmung der Linien, sie foli/t«' also gänzlich dem
Geiste der klassischen Stile. Die Farbe erfüllte eine iiochwichtige Aufgabe,
denn ihr war sum Teil die harmonische LQning dee oft Ikberreiciien und
eehr Terwickelten Bankenwerkea übertragen. G^en Ende Her Epoche über-
wiegt im Oruament die Tierwelt, wie Pferde, Elefanten, l'fauen etc., wo-
mit auch die Benennungen der (xewebe (mochajjai, motawwn«) überein-
stunmten. Aucli hier traten symbolische Darstellungen, Inschriften und
Namen der Kbalifen (tiraz) auf.
Bei den Arabern, deren Hang tarn Myatiadien nnd Geheimnisvollen in
tausendfältigen Erscheinungen zu Tage trat, gelangten die Ideen vermittelst
der Lebensformen in eigenartig tiefsinniger Ornamentik zum Aiisdrutk. Tu
ihrer Weliekunst war sell>st die Idpi» d»^r Musterung, d. i. das Erzeugen der
Zeichuung auf dem Gruude schon au uud für sich eine symbolische Dar-
stellung. In den fiir Knltumwecke verwendeten Geweben war der Grund
des Stoffes als die Idee des Raumes versinnlicht, über welchen sich das
Muster als Symbol der Zeit, des U'^nermesslicben hervorhebt. Unter den
tierischen tjymbolen war u. a. da«: ,,khi-lin" (augenfcheinlich cliinesi«(]v^r
Abstammung), das „vom Hirsche ein Leib, vom Ochsen den Schweif uud
ein Bcm hatte" die Veninnbildliohai^f der Kftnigiwarde, dfe in Staatskleidem
auftrat. Die J^hnnde haben noch in der Sassanidenperiode ihren Ursprung
und deuten die Idee des Ruhms und der Ehre an (izz) Unter den pflanz-
lichen Motiven spielt die noch von den alten Parthern überlieferte Symbolik de«?
heiligen Hauuies (honi), des paradiesischen Baumes des Lebens, die hervor-
ragendste Rolle'). Unter den Blumen haben die Darstellungen von Veil-
dien, Anemonen nnd Wasserlilien ihren tiefgedaehten Sinn. «
Attch in die indische Sddenwebekonst brachten die Araber den Geist
■) 8aiDiiilaDg«n de« Berliner
Hl »7, Die Scbatzkammcr der Marienkirche Itt Danüg.
Fiüchbacb, Ornamente der Gewebe,
ffarabaeek. Die pcniaeh« Nadelmalersi, S. 153.
laro, II. Tat 4«.
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IndiMhe Webeknnat. PMudoarabiscb« Muatecuog.
57
ihrer symbolisch verklirtea MuteraDgaart, die sich mit der einheimiaeheii
mystisch fabelhaften Zierweise 711 einem höchst originellen Ganzen ver-
schmolz. Diese niauriscli- indische Stilrichtiuij? datiert seit der endgiltigen
Unterjochung Indiens im XU. Jahrh.; ioi Grundprinzip der maurischen fol-
gend, entwielEdte sie die natunliatiMhe Riehtnng in noeh «ebftrferem MaCw,
ab die nenpernaehe, und brachte eeliwetleiidere Formen sum Anadmelc. In den
ehamkteristischen indischen Palmetten mit nmgebogeneu S[5itz . owie tm
p^anzen Gernnkp, wie dies noch heutzutage nn äcu Bordüren der Kü-selimir-
shawls beobaciitet werden kann, wie endlich überhaupt im gesauiteu indischen
Flacbomament herrschte zn jener Zeit ein bewunderungswürdiger Reichtum
an Erfindung nnd hannoni«chem Farbensinn, an dessen ESutwickelnng die
fippige Pflanzenwelt des indischen Bodens gewiss nicht geringen Anteil
nahm. Diese äusserst leichte und dennocli wunderbüi- komplizierte Miistening
von farbenreichster Ausschmfickung ist bis auf den heutigen Tag von keiner
anderen auch nur annähernd erreicht worden; nur einzelne Motive wurden
hie nnd da verwertet, ohne jedoch die Wirkung des Gesamteindrueks in-
discher Originale erreidhen su können. Man könnte jene Zierweise ein
Linienornament nennen, indem glatte einfarbige Flächen so gut wie gar
nicht vorzukommen pflegen. Um solche schwierige Mnsternng zn ^.tamle
zu bringen, war eine Torzüglich ausgebildete Webereitechuik notwendig.
Wie angenebm die sinnige Ausdmeksweise und technieehe Vollkom-
menbeit der arabischen Ornamentik den Sachkundigen auch von jeher
berabren mochte, so liegt doch das schwerwiegendste Werk der Araber
weniger in dem Verdienst, neue Kunst weisen geschaflPen zu haben. — denn der
Umschwnng and die Ausbildung antiker Formen wären auch ohne ihre Da-
zwisehenkunft, freilich in anderer iiichtung, erfolgt, — ul.s darin, duss durch
eie ftberall, wohin sieh ihre Weltherrschaft erstreckte, ein fast einheitlieher
KnnstsUl eingeführt worden ist. Es ist daber, wie mehrmals betont, beut-
zutage nicht mehr leicht, syrische und persische von ägyptischen, spanischen
oder sicilianischen Gewelien zu untersciieideu, WO nicht etwa besondere Ab-
zeichen oder ln.schriften vorhanden sind.
Die stetige Naohfr^p nach den Enteugnissen aralnseher Kunstweberei
im Abendlande brachte ihre Mnsterungsart in Flues und machte alsbald die
l^^achahmnng' derselben zu einem einträglichen Industriezweig, der speciell
in den Webereien Norditaliens seinen Sit*/ hatte. Solche im orientalischeu
Stil gewebten Stoffe kamen u. a. auch im kirchlichen Gebrauch vor, uud öfters
ereignete es sich, dass ein katholischer Priester den Gottesdienst in Mess-
gevriindem voUxog, die mit orientalischen Knltuesjmbolen nnd Namen der
Sultane geschmückt waren. Die Beklddangen der Altare zeigten ebenfiills
arabische Löwen, Greifen. Drachen u. s. w. Die auf uns überkommenen
imitierten sarazenischen Gewebe lassen sieb von Orientalisten unschwer von
den echten uuterscheideu, da die augeweudeieu arabischen Scliriltzeicheu von
der Spraohe nicht kundigen Webeimehnem entweder ginzlich falsch oder
in inkorrekt symmetrisclier Weise angeordnet wurdra.
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Arabisches Seidengewerbe.
Mit dem XIIT. Jahrb., dem Hühepuukt der politischen und kulturellen
Mis.sion des .\rabervolkes, unmittelbar vor dem Beginn seines Niederganges,
hat die Seidenwcbekiinst bereits eine hohe Stufe technischer Vollkommenheit
erreicht. In fft(;onnierten Stoffen und Goldbrokaten tritt die Doppelkette
auf, von dem Köper ging man vorwiegend zn der strahlenden Atlasbinduug
über ttnd die Sammetkuustweberei, sowie das Brochieren (Weben mit unter-
brochenem Einschlag) finden
immer mehr Verbreitung. Diese
Blütezeit islamitischer Seiden-
maunfaktur im XIII. und XIV.
■lahrh., die so sehr in die Lebens-
verhältnisse aller Volksklnssen
eingriff, war begleitet von einer
strengen polizeilichen Aufsicht
der beteiligten Arbeiter, Fabri-
kanten und Händler, eine Ge-
werbeeinrichtung, welche die Ara-
ber von den Griechen homerischer
Zeit, wo die Agoranoraen die be-
treffende Aufsicht führten, über-
nommen zu haben scheinen. Eine
Erklärung hierfür findet sich in
einem auf der Wiener Hofbiblio-
thek aufbewahrten handschrift-
lichen Werk'). Die Ateliers und
Lüden unterlagen häufigen Revi-
.sionen seitens der Muhtesib, d. i.
Polizeibeamten, diedarüber wach-
ten, dass mit dem Käufer nicht
auf betrügerische Weise verfah-
ren würde, denn gar häufig
wurde die Seide durch Zube-
reiten mit präparierter Stärke,
Fett, Butter oder Olivenöl vor dem Kochen (Entschälen) im Gewicht er-
schwert
Unter den arabischen Bezeichnungen für Seide in ihren verschiedenen
Zubereitungsarten sind folgende von Interesse. Unter Ibrisara verstehen die
Quellen entweder die einfache oder die gezwirnte Rohseide, die, je nachdem
sie schwächer oder stärker gedreht war, die Namen sadä (Kette) oder lühme
(Einschlag) fiihrte. Der heutzutage übliche Name Organzin stammt vom
Fig. 7. l'teudoarablKhei Gewebe (Italien), XIV. Jahrb.
Oiiginil XU Krefeld.
*) Scheich cn-Nabrawi, NihÄjet etc. Bl. 2Sa, citiert von Kftrabacek, Die li-
turgischen Gew5n<ler mit arabischen Inschriften atis der Marienkirche in DanziK- Wien
1870. S. 21.
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ArabiKliet Seidengeverbe.
Seidenmarkt Urgendsdi in Chioai der in Ewopa im Mittelalter ab Organsi
bekannt war. Rs scheint, daa die Beseichnung Ibriiftni sowohl für gchas-
l>elte, wie fiir aus den Abfällen gewonnene Seidengarne gegolten hat. Eni-
hastete Ibrisatus nannte man harir. Um die zahlreichen Benennungen der
Erzeugnisse der Kaustweberei einigermafsen genan erörtern zu köuueu,
würde man eich gldchteitiif anf orientalieebe Spraehetadien einlaasen mfieeen;
begnttgen vir nns also damit, nur die typiacfaen Gewebe herauszugreifen.
Fntcr den reinseidenen Gew<"bpn war ..dybäg", » i'i rlnveres Poideu-
•( •:-!:, durcli seine bunte Musterung ausgezeichnet, deren btil (grosshluniige
\ er/.ieruiigen) sich bis in die Jetztzeit in den liturgischen Gewändern erhalten
hat. „Cathifak^* waren Sammete und „comaeh** brochierte Gewebe orieu-
taliaeber, d. i. rein arabiieher Herkunft. Ein leicbteres Zeng war Mehan",
das unserem Atlas entsprochen zu haben scheint und speciell in Armenien
erzeugt wnrd*»'). iVr Anfwund. welclier in der mohammedanischen Welt
mit Dyl'iig (lies Üibudschj, diesem ko8ti)areu Atlasgewebe, getrieben wurde,
ist fast uiiglati blich; fiir golddurchwirkte Tapeten, Vorhänge, Zeltbeklei-
dangen etc. betrug er jilhrlieh Hunderttaneende. So lieas eich der CbaKfe
el-Mu'izz li-dln im Jahre 964 eine immense buntfarbige Seidentapete
(makta) aus Tusterseide anfertigen''). Wie aus der Auseinandersptznng im
„Buch der \'urrüte'' (Kitub eds d.eaebä'ir) hervorgeht, stellte diese Tapete eine
grosse Landkarte vor, auf welcher die Abbildungen der Krde, ihre Gebirge,
Meere, Südie, fl9asef Straaeen etc. nnd die beiden heiligen Städte Mekka
and Medina mit enteprecbenden pietätvollen Wandemngslegenden, alles in
Gold und Seide, vorhanden waren. Sie war in der kostbarsten blauen
Farbe, der sogen. Asmandschunij j oder Hjacinthenfsirbe (Himmelsfarbe)
ausgeführt und erreichte ihr Herstellungspreis die enorme Summe vou
22000 Din&r, nach hentlgem Goldwert ungefähr 286000 Free. Die blaue Farbe
wurde aneh Ton den saasanidiiehen Pemem vorsngsweise an den kdniglicben
Prunkstoffen verwendet. Um eine Nuance verschieden war die gleich-
geschätzte A rdsehevrrmijj. Sehr IwgrUndeten Vermutungen nach sind
diese Farben, die zuweilen von schwärzlichem Ton waren und ins Violett-
rote spielten, mit Purpur nahe verwandt und wurden auch von Einigeu mit
dem eyrieoben baltin nnd dem griechtscbcn ^Xamov, blattin, Identifiziert*).
Bei d«n regen Verkehr der Araber mit dem Abendlande und der da-
durch gewissemiafscn vereinigten Seidewebekunst des Orients und des Oeci-
dents ist es gekommen, diiss die Originalben ennnngeii arabischer Seidenge-
webe, die in die europäische Geschäftssprache aufgenommen wurden, mancher-
lei Spraehmodlfikationen durchmaehen muarten, welche oft nnr iiehwer auf
ihre unprflngliehe Abrtammmig hindeuten« und diee um so mehr« als die am ^
eicilianiaob-nianritanieelien Seidenmannfakturen heratammenden Gewebe h&ufig
>) KretniT, fvulturgescbichte des Ori«nii «tc. II, 290.
*) HakrizI, GbiUt etc I. & 417.
*i Karabaeek» tUm elaige B«n«nanngtB aiittdalt Oewsbe. 8. SB.
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60
SidUaniieh-arabiMbe Periode.
nicht nur arabische, sondern öfters ansschliesslich gricebttohe Beoeniiongen,
wie diniit;i, eximltii. diiipisti etc. erhielten Solche Erzengnisse von nicht
genau bestinnnter Herkunft werden wir bei der allgemeinen Besprechang
mittelalterlicher Gewebe kennen lernen.
Im XII. JAhrh. beginnt eine B«ie glftniende Äm abeDdlindteober Sei-
denwebekuDst, die sicilimiiadiHurabMcbe Epoehe, welebe bw tief in das XIV.
.Jahrhundert die Herrschaft bebanptet und die spanische, sowie die sü<1-
italienisclie Webekunst uinfasst. Alle Vorriip:? dpr arabischen Ornamentik
gelaugten bei den spanischen Mauren zur höchsten und i>ewus.sten Ent-
wickelung; die Dekoration überrascht durch den Reichtum geometrischer
Eom1nnati<aen; die Fflansoielemente bekunden bei aller idealen Stilurfemng
die sorgfältigste Beachtung der Priu/ipieu. welche die Entwickelung des
vegetabilen Lebens liediugen. denn alles Blattwerk entspriesst orfrum'srli dem
Mutterstamme ; uiemals stösst man auf willkürlich einüjeschobene Schnörkel.
Die Schrift ersetzte auch hier das sj^mbolisKche Element der Ägypter, Bj-
lantiuer nnd Perser. Die Orandfiirben Blau, Rot nnd Gelb (Gold) wurden
in einer d«r Yerwendang und Katar dw StoAM •agepasst«! Weise rasam-
mengestellt: das Rot, als die stSrlate, in die Tiefe resj) den Grund, Blau
für mein- dunkle, das Gold dagegen filr die hervortretenden Kunturen ge-
wählt, die zartesten Verzierungen wurden mit Purpur, Grün und Orange
koloriert.
In Sieilien worden die normannisclien Eltoige die Erben der arabischen
Manufakturen, und so vereinte sich die wraienische und griechische Webefei-
teobnik. In der Kunst TerscbafFten sich, wie dies früher in Bvzanz der
Fall war, zuerst die arebaistischen Tiermotive den Eingang, weiche aber
zeitgemäss freier und prankvoller stilisiert wurden. Die Sjmbolik der Ge-
webenrasterang dieser Zeitepoehe ist die nwnliebe wie bei den Arabern, denn
ca worden teils dnreh Unwissenheit der Webekünstler, tnls absichtlich Sym-
bole nnd psendoarabiscbe Inschriften eingewebt, nm dem Gewebe das viel-
begehrte orientalische Gcpraire zu verleiben. Wie der Löwe als Herrscher-
symbol in fürstlichen Uewaudero auftritt und der im Ornament mit weit ao»-
gebreiteten Flögeln aofsteigende Adler als eine Yersinnbildltchniig desGlBokes
bd Festlichkeiten gegolten hat, so war wiedemm d«r fallende Adler das Symbol
des Todes und ünglocks und fand für Fnneralstoffe nnd Totentücher (k&fan)
Verwendung*). Die .lagdscenericn sind in entsprechender Stilisierung ein öfters
benutztes Motiv, so z. B. auf den? ?ii l'alernio im Jahre 1134 von arabischer
Hand gewebten äeidenstutf, der aU Kruiiaugsmantel der römisch -deutschen
Kaiser diente nnd anf dem Pnrpuigronde dnen Lftwen darstellt, der ein
Kamel zerreisst. Aneh das Breshioer Mosenm scblesischer Altertümer be-
sitzt ein derartiges, ans dem XIII. Jahrb. stammendes Seidengewebe mit
Jagdscenen. « •
*) Hugo Falcandus, Del Be croD. •crittori. Napol. I. SSO.
*) Fiichbach, Ornamente der Oewelie, Taf. 45.
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8dd« in llitt«l> vnA NordenropA. Noraummn.
61
Während im südlicheu Europa das Seidengewerbe immer mehr an Ans-
dehnaog gewann und die Seide allmälilich sich in immer breitere Kreiso
Eingang verschafiTte, bleibt sie in den übrigen Teilen Europas noch eine
Selienliät. Ale enteVennkasimg sn ihrer Oburtragang und VerMtang traten
hier, wi« oftnnkf dk Kriege und Bulienfllle der NonedeiiTÖlker Hittelenro-
pas in das römische Reich in den Vordergrund und vermitteln das enste Be-
kanntwerden mit der auffnlleiulen Schönheit unserer Tcxtilfaser. Mit der
Entwickehmg des politischen Verkehrs auf friedlichem Wege und der kommer-
ziellen sowie der kirchlichen Beziehungen durch Vermittelnng der Missionare,
vereebeifen tkAt die S^engewebe ale Pllratengeeelieoke und Insignien der
Staats- und Religions würde eine in der Geschichte anerkannte Beden-
tnng. Welchen Preis sie immerhin behaupten, laast sich B. erscheu, dass
als der hl. Benediktus (674) König Egfried zwei Stück tjeidenstoff» uns
Rom mitbringt, er dafür im Tausch ein beträchtliches Grundstück erhalt,
anf dem dae berttbmte Kketer gründet Unter den Festgaben nnd Ge-
fichenken nahmen die Seidenstoffe, die stete in erster Reihe gniannt wwdoi,
den wieh^sten Piste ein und haben in mancher geschichtlichen Angelegen»
heit wichtige Rollen spielen müssen. So ist die Bitte des Kaisers Alexius
an Heinrich III. (lOBl), den er um Hilfe gegen die >iormanneii ersuchte, da-
durch bekräftigt worden, dass er derselben hundert Stück byzantinische Pur->
purgewebe beifilgen liess'). Unter den Geechoiken, welche von Tankred sn
Richard Löwenhers (1191) überliefert varden, waren die Seidenstoffe die
koetbarstcu
Man ist bisher weni<:( geneigt gewesen, den ^iorraannen irgendwelche
grössere Wichtigkeit in der Entwickelnngsgeschichte des Seideuliandels etc.
beisumessen, doeh weisen alle ÜmstiLnde daraaf hin, dass die sich swisehen
diesem eroberangriaBtigmi Volke nnd den Arabern in Tielfaeher HInaieht
ergebende Parallele auch auf unser specielles Gebiet ausgedehnt werden
kann. Ihre Kriectc- nn ! Riiubeinfiine im IX. Jahrb., spater regelmässige
Beziehungen mit den Ländern des Mitteluieeres, Spanien, Italien, Öicilien
nnd Griechenland, und dem Norden Europas andererseite, konnten nur zur
Folge haben, dam die splendiden Seidmigewftnder in ihren Bedte gelangten
nnd durch sie nach allen nördlichen Ländern verbreitet wurden. Es ist
geschichtlich festgestellt word -n, Anm die BeTiiehungen der russischen Städte
Nowgorod und Psko'iv 711 den \\ ariigern, d. i. skandinavischen Normannen,
noch vor der Gründung des russischen Reiches zu stände gekommen sind;
viele tkandtnaTtsehe Sagen enthalten sablreiche Andentungeu dieses Ver-
kehrs. Woin wir nnn «nnehm«i wollen, dam sich nnter den von den Noi>
»i Vit« S. Ben. (.\cttt »ancta ord , g. B. II. 1007).
*) Gib'jon, GcBcbicbU- dtb VerfuU» des rCmiBchen Weltreicbs, S. 2129.
'j Bogeri de Uoveden, Ann. (Her. Angiic. acript. A. 1601, &. 6«$8).
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€2
Seidenmkebr in RaatliuuL
ntauuen im Miiteltneere erbeuteten Waren auch .Seidenzeuge befanden, 80
hiltten die Völker des nönllichen Europas und insbesondere de.s nördlichen
Ruaslands (um diis Vmltiscbe Meeri ihre er>-te Bekanntschaft mit dem neuen
Textil den Normannen schon jener Zeit zu verdanken, wo die sich bildende
Verbindang nusiaeher Stämme nnterdiMktid«r« mit Byxaui und dem wtiteren
Oriente« die Stadenmirkte naeh Kiew nnd Nowgorod verl^e und dem
Headelemkekr eine umgekehrte Richtung gab: von Rnmland ue nneh Nord-
westeuropa nnd Skandinavien. Im Jahre 1 822 ist im Houvernement Mo-
bylew eine grosse Austahl arabischer Münzen aus den Jahren 639 — 810
vorgefunden worden, unter anderen viele afrikanischer nnd spanischer Jier-
kunft, wetohe Thatseclie kanm enden bu deoten ist, als dast die Mttnsen dort-
hin dnrdi Normannen gebracht worden sind. Gewissen Vermutungen niich war
der erste russische Fürst Oleg, den es mit nnwidersteblicher Gcwüit nach
Byzanz und seinen Reichtümern zog, kein anderer als ein normannischer
Häuptling. Die kulturhistorische Bolle der Normaouen durfte uocb weiter
gegangen sein, indem sie allem Anschein nadi ihnlieh wie die Araber — wenn
wir von der aidlianiiehen Indnitrie gftnslieh absehen wollen — anch fir die
Yerbreitang der Seidenverarbeitung Sorge trugen und indem die ersten An-
fange seiden^ewerblicher Thätigkeit in den nördliehen Tmlen unseres Erdteils
durch ihre Yenuittelung entstanden sind
Ober das Vorkommen der Seide im sp&i- nnd frühmittelalterlichen
Basdand giebt ee leider keine gesehiehtlieh Torbfirgten Angaben wie bei
den Völkern Westeuropas, haben doeh das Christentnm nnd die allgemeinere
Kultur liier erst im X. Jahrb. einigermaTsen Eingang gefunden. Wir luiben
bereits weiter oben die Thatsache beleuchtet, dass der zuerst von den Soj?-
dianeru im ü. Jahrb. befolgte Uaudebweg nach Byzanz über den Kaukasus
nnd das sQdliehe Bnssland während der niel»tea Jahrhunderte von grosser
Wichtigkeit war. Da es nun adhr wahrscheinlich ist, dase diese HandeleiGge
teils nicht selten von den Barbaren Sndrusslands. den Chasaren, Petschenie-
gen XI. a. angegriffen und der Seidenstoffe berauht worden sind, andererseits
auch mit denselben in friedlichen Tanschverkehr traten, so kann mit
einiger Gewiasheit auf das VorkommMt der Seide in Rassland schon im
TL Jahrh. gesohlossen weiden. SSs ist anaserdem bekannt« dass die in
den grossen Ländereien Südmsslands an der Wolga snratreuten Bulgaren
schon im frühesten Mittelalter mit Indien und Persieu in Handelsvf i hindmipr
standen und orientalische Reidengewehe haupt<;achlich »ik Persien gebracht
haben. lui V. und VI. Jahrh. haben sich einige ihrer c^täiume nach blutigen
Kriegen mit Byzans in dem heutigen Bulgarien niedergehasen und damit
den deutsch-griechieehen Handelsverkehr der Donau vermittelt. Be-
eondere Bedeutung erlangt ihre Vermitteiang cur Zeit, wo die Araber den
•) Depping, Histoire des pxpi'ilitloji'i iuar-*:;]ii- iles Normunds. Paris I'^^^.
Dondorff, Die Nonuannen und ihre UtiiJöutiing far das europäische Kultur-
leüSB im Mittelalter.
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UandeiaBtnuneu Bunlasda.
65
nmnitielbarm VeriEehr Earopw mit dw Levwite abschnitten und der
asiatisch-europäische SeidonluuMlfll über EonstantiuopeU Donau uud Rom«
land. oder nnt üragehnng von Byxanz in gerader Liuie vom Kaspischen
Meere i'iber Kiew und Nowgorod uach der Ostsee geführt wurde. I^ieser
letztere Uaudelsweg bestaud bis zum XL Jahrb., uud dasä er vou uieht ge-
ringer Bedentnng war, besangt die grosse Menge der immer uen auf-
tauchenden Fände arabiacher Munien aus dem VIII. — XI. Jahrb. Durch
die Existeuz dieser Uandelsstrasse wird femer die Thatsache erklärlich,
dass der arahis«che Reisende Ibn-Foszlar bei den Slaven um das Jahr
900 mitten in den barbariflclisteu Zuständen Goldbrokate (Djbüg) an-
geblich griechischer'), wahneheinUcber aber syrischer Herbmft vorfindMi
konnte, obwohl wir wissen, dass die Ausfuhr der kostbareren Sadengewebe
auB Byzanz nach dem Norden zu jeuer Zeit untersagt war. Vermittelst
dei>?elben Ilandelswegs gelangte die Seide zu den Litauern, Pdlcu. Ostpreus-
seu, Finnen uud Skaudinaviern , welche \ idker mit den Eiuwulineru ^l0rd-
weeirusslandü, dem Gardarikeu^tunau , sehr frühzeitig Tauschverkehr ange-
knfipft hatten. Die nat&rlichaten und daher Sltesten HandeUwege des
wei^tlicheu Russlands nach dem Sftden waren die Flüsse Dniepr (seit dem
IX. .labrh. in gesichertem, regelmässigem Verkehr), ferner Duiestr, der
namentlich seit Swutoslaw (X. lahrh.) als Verbindung mit den Donaustädten
grosse Bedeutung erlangt bat, uud schliesslich, aber erst in späterer Zeit
(XIII. Jahrb.) der Don, an ämm MOndung die Handelsatadt Tan* (jetst
/ ^ Aaojr) und weiter in der Krim Soldaia (Sudak) namentlich für den Transit-
Terkehr von erster Bedentnng waren. Trotzdem die geschichtlich verbürgten
Angalwn das Aufkommen des Seidenhaudels in das IX. Jahr!' verlegen,
so glaube ich die Vermutung aussprechen zu dürfen, dass iuew bereite
im VI., spätestens VII. Jahrh. ein Stapelplatz für orientalische uud byzan-
tinische Oewebe war, welch letztere allerdings nur durch Raub und
Schmuggel dorthin gelangen mochten. Eiuen erheblichen Auftchwnng or-
hielt der Seidenlumdel , als der Grossfürst Oleg iui Vertrag von Konstau-
tinopel (944) den Hussen freien Handelszutritt erzwungen hatte. Die
Seidenzeuge kamen nun massenhaft auf die Märkte von Nowgorod uud
Kiew; am meisten in Gebraneh waren sogenannte Pawoloki in verschie-
denta Farben, auch in Porpor*), die sogar als Werteinhak bdm Sklareii»
liaudel gedient haben; ferner Kanilca, eiu persisches (Aleppo) oder grie«
chisches Damastgcwebc, dann gold- uud silberdurchwirkte Sammete, schliess-
lich - fiir den kirchlichen Gebrauch — Atlasse, Tattete und Doppeltaffete.
Man bedtat noch ans dem JsJire 1108 eine aus hantgewirktem blauen
Seidenseng gefertigte Kopfbedeckung des Ersbisehofs Nikita. Nicht selten
>) Frfthti, Ihn FonUn vad anderer Artben Beriebte Aber di« HiuMa Uterec
Zeit St. Peteriiburg. S. 13.
*) Aristo w, Promjttleiuioct' drewoi«;) Raa«i. (Die Indiutrie Uusslanda im Alters
tum.) 8. IM.
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Hnndehverkehr mit den Hussen.
kamen aus Bjzanz sehr bedeutende Trausporte kostbarer Seidpn;2;cwebe
an den grossfürstlieh russisclieu Hof; so schickte Manuel I. dem Kostis-
law im Jahre 1164 eine Menge Öammeie und Pawoloki. Die färstlicheu
Höfe nnd Edelkate (Bojaren) lunen rieh wie ihre bynntintsdien Vor-
bilder de» fipl^gaten Gebrrach d«r 8eidei^;ewSiider angelegen aeiii, und der
Jiierin getrieb«M Anfwand seUle sogar die Gesandten Heinrichs IV.
(1075) in nicht geringes Erstannen. Wiewohl von der Kirche, dom Staat
und den Bojaren sehr beträchtliche Mengen Seideusto£Pe verbraucht wurden,
80 blieb doeb nocb ein guter Teil für den auswärtigen Handel übrig. Die
Bedentang des nusiaehen Seidenhandela in der Zdiperiede vom IX. Jahib.
bia anm Anftdawang der venetianischen Handelsmacht ist bisher noch
nicht genügend gewürdigt worden. Zur Zeit, wo die Haudelsrepublil;« n
Italiens mit Syrien keinen direkten Verkehr betreiben koiintfn?. wm die
Haudei&strasse aus dem Orient nach Italien über Astrachan und iana vuu
grosser Bedentnng; eine andere für die Völker an der Ostsee nnd Skan-
dina?ien wicbtige Verbindung mit Asien war die fianddaronte über Now-
gorod und Pskow. Die Blütezeit dieses Verkehrs war die Periode vom
XI. bis zum Schluss des XlV.Jnhrh.; erst nach der Zerstörung von Astrachan
durch Tamerlan (1395) wurde von den Venetianern der Weg nach Indien
über Ägypten und Syrien angebahnt.
Von nicht geringerer Wichtigkeit war der Seidenverkehr über Noi^rod.
Schon zur Zeit von SwStoslaw und Wladimir kamen «kandinavische Kauf-
leute nach Nowgorod, um sich mit Seidenzeugen zu versehen. Im XTT.
.lahrh. (1158) knüpften die Bremer Seidenhiindler Verbindung mit Pskow ,
nnil dauu mit Nowgorod au. Es ist aber sehr wahrscheinlich, das» bereits
im Jabre 1060 eine Aneiedelnng dentceher Kavflente in Nowgorod bestanden
hat, die eebon eine eigene Kirche besamen Die Vermittlerrolle msaiBcha:
Hainlelsstädte zwischen dem extremen Orient und Westeuropa erreicht
während der gemiesisch-venetianischen Fehden im XIII, Jahrh. ihren Höhe-
punkt; während jedoch die Bedeutung der südlichen Städte mit der end-
giltigen Befestigung der Tenetianiseben Hemohaft nnd der Invaeion der
Mongolen an Ende war, bleibt Nowgorod nnter dem Sehotxe der mSditigen
Hansa in seiner kommerziellen Wichtigkeit fortbestehen.
Ober die Anfänge des Seidengewerbes bei den mittelalterlichen Slaven
la«äeu sich genaue Daten nicht aufstellen; nur ist es sicher, dass die öei-
denwirkerei und -Stickerei, namentlich aber die Goldstickerei auf Seide, im
Zeitraum awisehen dem X. nnd XII. J^rh. Eingang gefunden habmi, und
dass sie sich bald zn einer beliebten Hansindastrie entwickelte, die sowohl als
Kleingewerbe wie in den Nonnenklöstern, haupt'^"ichlich /.n kirchlichen Zwecken,
betrieben wurde. Auch in Privathiiuseru, namentlich den Tereuien ( Frauen-
räumen), wurde die Seidenweberei, vermutlich auch -Wirkerei, mit vielem
■) Behrmane, Di« Skia tsd Neagarden. Oopenb. 1828. & 88.
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Sdde iHii d«n SlftTtn, SkMidinaTierii, Drattclwn «te.
65
Eifer gepflegt^ wozu hanpUftehUdi die völlig abgesehlosBeae Lebensweise
der Kranen beigetragen hnben mag. Dass 'namentlich die Sndslaven aehr
frühzeitig mit den Seidengespinsten bekannt wurden« beweist die Bezietch'-
nung svila = Seide, von svivat' = winden ahgelett/^t. ein alter, im Mittelalter
weitverbreiteter, noch jetzt im serbischen üblicher und durchaua unver-
{alfvbter Aiaedmck.
Im gansen gennaniseb-slaTisehen Norden Europas kamen die Seiden-
gewebe zuerst anter dem allgemeinen Namen „gotaweppi'' (althochdeutsch)
in Aufnahme, nnd da sie in ersttr f.ini*' wolil 7.11 kirchlichen Zwecken Ver-
wendung gefunden liaben, so kam man zu tler wolil annehmbaren Vermu-
tung'), dass es von „Uottesgewcbe" abzuleiten sei. Von den Deutschen scheint
das Idiom dann m allen ihren Nachbarn, namentlich den westlichen Slaren,
fibergegangen zn f*eiu, denn die Seidengcwebc hcistcn im altfriesischen
godwob, im altslavischen godovabU, im tschechij^chen hedbav, im slo»
valciscben hodbah, im polnischen jcdwab' u. «5. w.
In den Niederlanden «oll die Seide bereits vor dem VII. Jahrh. be-
kannt gewesen sein, wohin sie durch die einen anügedehnten Handel be-
treibenden Friesen gelangte') und durch deren Vermittelung wurde sie aaeh
nach England und nach den das balttSClM Meer umgebenden Lündern ein-
geführt. Mit Sicherheit ist nachgewiesen, da^s die Seide im nördliclicn
Franlcreich und in Kngland schon im VIII. Jahrb. bekannt war; ebenso er-
scheint dies für Norddeutschland nnd Skandinavien wahrscheinlich. Die
Eddalieder, welche «war im XIII. Jahrh. verfasst wurden« ihrem Thema
naeh aber in das weit frühere Mittelalter zurückgreifen, erwähnen die Seide
an zwei Steifen. Ii-, rillen Fällen verschufFto sich die Seide g|picli7.piti<^ mit
dem Christentum weiteren Kin}^:infj, nml im Laufe des X. .iabrii. l)edien-
ten sich fast alle Völker Mitteleuropas schon der Seidengewebe zu kirchlichem
Oebmnch, bei Festlichkeiten nnd feierlichen Akten. Die Überreste des Skan-
dinavierkönigs Olaf II. (gegen 1030 pest.) wurden in purpurseidene Ge-
wander eingehüllt'). In den Königsgräbern bei .TelHnge in Jntlaud (um das
.Iah r 950) ftinden sich u.a. kostbare, meist in kr^perartiger Bindung herge-
stellte SeideustoÖe mit Gold- und Silberfäden vor*).
Die ersten Nachrichten über die Bdßinntschaft der Deutsehen mit der
Seide reichen bis in das V. Jahrh. xuriick. Die regen Handelsverbindungen
der Deutschen an der Ostsee mit dem Morgimlande, hauptsüohlich mit By-
zanz, nnf Land- nnd \Vas.serwegen, bracliten i>attirfTomasR einen so Vrchnten-
den und k«»sthareri Artikel, wie die SeidengewUndur, iu allgemeineren Verkehr;
dass vielfache Wünsche rege wurden, dieselben direkt aus dem fernen Orient
bestehen zu kSnnen, beweist die Sage» dass Ingo, EQnig von Mannheimi
«) Srli,,,!.., WCrf erblich I. 2. ;^|:5.
Pariiet, Ilififoire de la «oie, II.
Koonng Oläf Helges IbiraldMiia Snjja, cni>. 218. Biatorin regia Glan (Scripta
hicL Islnmlonim V^I V. Hafnifte 1833).
♦J Arch. f. Anthropologie. XIV. S. 393.
SI1b«rn«iiB, Ote Sdda. ft
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Anficbwvng dci d«atfl«lMB 8«id«DliMi4d>.
seinem Sohm cfine Flotte «ugerfiaiafc haben aoll, um damit Arabien und
dae Serikienland zn eneieben nnd Sdde sn holen'). Kaxl dem Qroseen
scheinen, seinem Prinxip der peinlichsten Einfachheit entipreehend, die prunk«
volleu Seillenzenge ?»ehr wpiiig gefallen zu haben, denn er soll gelegentlich
einer Hofjagd mit Pnrpnr und Seide gescbraiickte Italiener nur ihrer Tracht
halber allerlei Chicauen ausgesetzt luiWu. Im IX. Jahrh. wurden iu Deuttich-
land, wie in FVankreieh, wdeee Seidenzeuge gefftrbt, nnd im Bnntift Mains
müde im X. Jahrh. bereite Seide verwebt'). Freilich handelt es sich hier vorerst
nur um Hans- bezw. Klosterarbeit für private und kircliHche Zwecke. Bis
dabin waren die Seidengewänder Geschenke morgenländischer Fürsten
an deuteche Könige gewesen und wurden als seltene Kostbarkeiten den
Sebatekamnmni einverleibt. AU jedoch Heinrich IL d«i denftieheii Han-
del dnreh Erteilung eines SehntsrediteB in BÜhere Bahnen lenkte, nnd
Papst Urban II. (1095) «leb zum obersten Scliutzherrn der Kanfleute er-
kirirte, wodurch 'i»Mn kommerziellen Verkehr juit Itulii-n, Frankonien und den
JSiederhiuden grosser Vorschub geleistet wurde und die HandeLsstrasseu von Ve-
nedig nach Regenebnrg und Augsburg ausserordentliche Belebtheit annainnen,
kamen Seidenitofife in eoleben Mengen anf die dentaeben Märkte« daes niebt
nur geschichtliche Chroniken, sundern unzahlige Stellen in Gedichten nnd
Minnegesängen der Seide Erwähnung thun'). So fehlen bei Hartmann
von der Aue in jener reizenden Scene, wo Iwein schlafend im W alde von
drei Frauen gefunden wird und diese für ihn Sorge irt^en, anch die seidenen
Kleider nicht. Ottokar von Horueek erwSbnt bei Schilderung der Hoeh^
seit Wenzels von Böhmen mit höchster Bewunderung und glänzender Be-
redsamkeit den Ankauf prachtvoller Seidenzeuge. Seit dem X. Jahrh. för-
dern die Züge Ottos des Grossen die Beziehungen mit Italien, wie den
reichen Zofioss von Seidenge weben. Unter Heinrich IL (1000) wird der
Kanfmannwland Tom Krimer streng nntersehieden^). Man berittt eine ge-
naue Vorschrift hierUb^r in der KrimerroUe von Anklam, die der Bat iSmec
Stadt 1330 ausgegdwi bat, ein Verzeichnis, das i'ibrigens nur eine Wieder-
holung damals schon alter Rollen darstellt. Danach kann „Ton den Kauf-
') Gervaiius, Otia imperialta Dm. UL C 55.
Ottoni.s diiil. a. STü.
Benecke. Anm. zum WOrterbnch zu Wigalois der BittW.
•| Finohor, ne.^ch. iler Jeutüohcn Tlunil-] i'üift. I.
') Hartiuann von der Aue, Tristan und Inoldc.
Nibelungenlied.
Wigalois der Ritter.
Weiss, Kostfimkunde, III.
Zenne, Erdkondlicbes im NibduDgmlied (Der Seidenbandel im Ißtfeolalftsr).
Schultz, Dos höfische Leben zur Zeit des Minnesangs. Leipzig 18S0, L 149.
Weinhold, Die deut«chen Frauen im Mittelalter. Wien 1882, II. 247.
Sefaaeht, Ober und an« 0. HonisokV Beindncfiiik. Mi^ 1821. 8. MO.
Klemm, Kulturgeschichte T, l'>3
*) Fischer, Gesch. der deutschen UandeUchaft. I. 327.
Sflid«iiTeirleebr MtttelMuopMi. KreoBflg«.
67
leuten niemand KöUDische Waare oder Gut von Seide oder flämisch Garn
gemacht, and«« «1t w ganssn Stöekm hSL lultai, .... «iMnio Sammet,
Damast, Zindei, Tafll, Arras .... Sek!« tmd Seidenband nnr in ganian
Pfunden/'
Ein regelmässiger Seidenhandel varde im mittler'-n wv] nordwestlichen
Europa in der Zeitperiode vom VI. Jahrh. bis zu den Kreuzziigen nur iu
dem MaT^ie betrieb«u, soweit es der politisch-friedliche Verkehr uud die Laades-
rnhe gestatteten. Die HSfen des Mittelmeeres, beeonders Haraeille, Narbonne *
und die italienischen Sicstlldte spielen in diesem Verkehr die wichtige Boll«
der Stapel platze. Seit Kroi)ening cU'^ nördlichen Italiens dnrcli die Xormannen
und Franken tritt im IX. Jahrh. ein regerer Verkehr ein, der indessen durch
die nachfolgende Lehusherrschaft beeinträchtigt wird. Zur gleichen Zeit er-
ftfiheten sidi den italieniaehen Seidenmannfalctnren und dem Handel neae Be-
anf^uellen« die sie einigennaben nnabbangig vom Orient maebten: im X.
Jalurh. be^nnt der direkte Verkehr der Genueser und Pisaner mit den seiden- •
erzeugenden Provin/fn (V^r Levante nnd die Monopolisierung der für den
Seidenhandel so liedeutungsvollen Heefahrt des Schwarzeu Meeres. Alsbald
tritt auch Venedig als eine Seemacht ersten Ranges in Konkurrent, und
als Besiegeria (Gennas bemSehtigt sie sieh des Seidenhandels aaf dem Mittel-
ländischen Meere nnd in der Levante. Was die Handelsweg* Mitteleuropas
anlangt, so muss in erster Linie der Verkehr auf dem Landwege durch
Pilgerziige uud Messen erwähnt werden; die letzteren waren schon im
XI. Jahrb. in Mainz, Köln uud Nürnberg als Seidenmärkte weit und breit
bekannt ¥it die sndSstlichen V5lker war es die Donan, die einen bequemen
nnd sehr hiafig benntcten Weg bildete, auf dem die Seidenstoffs Byian-
tiens durch Griechen und Bulgaren in das innere Europa eingeführt «nrden.
Die unmittelbar vor den Kreuzzügeu iu Mitteleuropa sich beraerklich
machende Bewegung trug als neuer Faktor des inneren Verkehrs xar all-
gemeineren Verbreitung der Se^ in bedentendem Hafte bei.
Die Epoche der KrenssSge ward f8r die Gesehiehte der Seide im
Abendlande von höchster Bedeutung. Schon in rein materieller Hitwicht er-
hielt die italienische Seideiiindiistrie einen bedeutenden Zuwaclis. als nach
der Eroberung Konstantinopels durch die Kreuzfahrer und Venetianer die
letzteren als Lohn für ihre Beihilfe Epirus uud deul'eloponueä erhielten(l204)
nnd so in den Besita der wichtigsten Centren griechiseher Seidenindnstrie
gelangten. Der christliche Kultus« ^der infolge der Kreuzzuge eiuMi ge-
waltigen Aufschwung nahm, benutzte die Gelegenheit, die prunkvollen orien-
talischen Seidengewander in noch grösserem Mafsstabe anzuwenden. Die
Kirche gebrauchte in dieser Periode für die Ausschmückung der Altäre
nnd Priestergewänder durch den TotschrifUicb gebotenen Farbenwechsel an
Tersehtedenen Fasttagen grosse Vorrtte bunter Seidenstoffe. Die durdi die
Kreuzzüge hervorgerufene innige Berührung des Abendlandes mit den
blühenden Stritten der niorgenländischen Seidenzucht und der Seideuintlustrie
zog in der Folge einen so weitgebenden Seidenkultus gross, dass nicht
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Mittdalterlich« Sddeottdfo. Damait.
nnr an den Fflntenhöfen und in den Ritterborgea, sondern nach in den
Bargerbftasern ein« Lnxusentfaltang in Seidengewiiidwn xn Ti^e trat, die
der orientalischen kaum nachstand; dadurch nahm der Seidenhaudel mit der
Levante einen Mafsatab au, wie ihn die külmste Pluuita.sie zuvor sich kaum
hätte ausmalen können. Die llauptsitze der beideuiudubtrio während der
Kreuxzüge waren Konstautinopel, Antiochien, Damaskus, Beyrut, Tjrus,
Bagdad, Tanns, Satalia, Aleppo« Tammagosta und vor allm Alexandrien.
Was nnn die Webeknmt und den flfaadel anlangt, to %par Alexandrien mit sei-
ner für das Morgen- und Abendland gleich tonangehendeu Stellung, in Ver-
bindung mit seinem Weltmarkte und den benachbarten syrischen und ober-
ägjptischeo Manufakturen, ein liauptknoteupuukt für die reichsten
orientalischen Gewebe. Über Alexandrien und syrische Häfen fahrten auch
die Handelsvege ans dem weiterm Orient, ans Indien nnd China, deren
eigenart^e Enengnisse dem Abendlande Ton den Arabern nigef&hit
wnrdf^n.
Die Herknuft und bisweilen auch die Art niiHf'nUt'rliclier Seidengewebe
lassen sich am genauesten aus den damaligen kaulmäuuisclieu Notizbüchern,
Zolltarifen nnd Schatrinveniarien ersehen. Überaus reiche Belege hierfür
finden ^ich in dem schon öfter angefahrten Werke von Fr.-Micbel*). Unter
dessen teilweiser Benutzung gebe ich nachstehend verschiedene Citate ans
mittelalterlichen Epen, \Tinnpgedicbteu nnd Ritterrnmanen, welche zeigen
sollen, wie einige der wichtigeren Seidenstotfe iiier vou deutschen und frau-
tischen SSngem namentlich gepriesm werden.
Das Urbild mittelalterliehm* Webeknnst, die arabisehe Seidenweberei,
prodnsierte kostbare StoflFe, deren eigenartiges, unübertrefflich schönes Ge-
präge noch heutzutage als Mnster gilt. Bagdad und Pamaskna lieferten
die häutig erwiihiiteu nnd beliebten ,.baldacs" (baldachino), einen meist
mit Gold durchwirkten reichen Seideu.«toä\ vou welchem auch aus Lucca
sahlreiebe Imitationen in den Handel kamen nnd der sidi speeiell in Frank-
reieh und England grossen Ansehens erfreute.
Die Damaste (daniascliino, diap de Daiiias) waren nrsprnnglieli die
vielbcrühmten bunten und scliweren Gewebe daniascenischer Herkunft. Das
Prinzip byzantinischer Webekunst, die sich eitrig dieses Stoffes bemächtigte,
um mehr durch Farbeneffiskte als durch Zeiehnnng an wirken, rerhalf dar
griechnehoi Damastindnstrie su bemerkenswvniem Anisehwnng, sodass die-
selbe ihre Urspmngsstätte Damaskus weit fiberiroflbn hat. Es fehlt übrigens
nicht an Anzeichen, dass die Bezeiehnnng Damast spater auch halbseidenen
Geweben beigelegt wurde, denen die originelle Masteraugsart der Dama-
sch inos eigen war.
Eine Hauptspedalitit der Araber war Saromet (sciamito), syrischen
Ursprungs, der seinor Pracht und Kostbarkeit halber den privilegierten
') Fr.-Mii.'hel. TTocbcrcbos stir le oommeroe ste. des <toffM de aoie ete. e» FVaaee
peodaot le mojen &ge. Paria li>h2.
Dl
Mittelalterliche ^dcotttoffü. Samuiet.
69
Stoff der Kirclie und des Staates bildete. Er wurde später aucL in Grie-
cbeulantl fabriziert uud kam nach Deutschlanti nh Geschenk des kaiserlich
bjrzautiui^cheu Hofes. Ausser dem echt arabischen Saminet von Beyrut,
Damaskus nnd AlnaudrieD kamen aueh andere unter der Beaeiclinang
„Sanne de Romanie** im Handel vor. SpecieU erfreute sieb die grBne Farbe
des Sammets, die durch die matte Beschaffenheit denelben besonders mild
zvm Aosdroek gelangte, grosser Beliebtheit
Sin wafenrok von Inirtcn was.
Ein Samtt grütii^ al»am fin gras')-
Eine Abart von Sammet war Tiniit, ebenfalls von grüner Farbe:
Ein timit grün alsiin ein prat
Was gebuD'K'ti an sli; s}>ei ').
Ausser dem Cirüu war das Rot eine l>eliobt.- Färbung und scheint, der Ver-
wendung solcher Stoffe nach zu urteilen, al» S^-mWl der Liebe gedient zu
haben. Die Biateseit der Sammetweberei lallt in die Periode vom XIL
bis XV. Jahrhundert, doch lässt sich aus der Beschaffenheit einiger in
der Theodulfusbibel erhaltenen Gewebereste auf die hohe Entwicke-
!uu^ der Technik schon im IX. Jahrhundert s'chlte.«.seii. Es ist die Mei-
nung ausgesprochen worden, dass die Bezeichnung Samuiei nicht aus-
Bchliesslieh reinseidenenf sondern auch gemisehten Geweben ankam, wie
ims der Redensart: „in Sammet und Sejde eyubergehen** herrorsugelMHi
scheint^). Beiläufig mag auch erwähnt werden, dass das Ilexaraitum
(s;a;j.'-c;), de.s.sen Herstellung in Palermo (XII. lalirh.) zuerst von Fal-
caudus ge.'äcliildcrt wirtP), mit dem Sammet uichta gemein hat').
Unter dem allgemtiueii Aufdruck polymita verstund mau buntgemusterte
Gewebe, deren Fabrikation namentlich in Alexandrien geblOht hat; als
Hexamitum dürften daher in seehsfarbiger Mosternng ausgeführte StoflEe
aufzufassen sein.
Ein äusserst seltener Seidenstoff wur iii;ir<iin!ito (nrrama."?). ein Gold-
brokat arabischer Fabrikation, das aus Bjzanz durch Venetianer und Ge-
nueser nach Uittelenropa gelaugte. Im SchafiinTentare Karls V. wt ma-
ramato ab Möbelstoff ▼eraeichuet.
Ein allgemein zur Horst^^lluug von Waffenrücken, Mänteln, Vorhängen
u. dergl. .mfTPWiindtrs (iowebe bildet^« der goldgewirkte, meist roto Sif^laton
(Siklät), ein damastartiges Stoff mit gleichsam gravierten Grundlinien,
der sowohl in Bagdad, Tauris uud Alexandrien, wie in Almeria fabriziert
wurde.
') Wigaloit der Ritter mit d«in Bede. Berlin 1819, 8. 18.
*) ibid. S. 146.
•) Fr.-Michol, Becherohe» ete. 1. 170.
*) ApaA UmL Ber. üal. 8fir. TU. ooL 2fi6.
•) Pariiet, a. a. 0. II. 876.
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70
Mitteklterlicbe SloA. Siklitttii.
Oucb fürt diu maget rein«
Einm tok tob pliftte.
Von rotem Piglato
Fflrte ei ma kappen an ').
Das Wort Siklit ist iu allen Scliriften des mittelalterlichen Orients
und Occideuts, .sowohl prosaischen wie poetiscbeu Inhalts, sehr verbreitet
Im Mitteldeutschen siglät, sigilöt oder cyclat geuaunt, kommt es in
den romaniielien SpncNn ftk aigUton, oisolato, in dw britiKlian ab
syelatowne, cbekelatonn vor. Daa orientalittbe n«i1cI6tAii** tritt in
verschiedenen Schriften früher auf, ab seine abendländischen Bildang^iformen.
Das ebenfalls als vermutliches Synonym des Siglat« auftretende sidschil-
lät bat etymologisch mit dem eräteren nichts zu thun'). Siklät und äig-
lätün nnd zweifello« identisch; dies geht schon daraus hervor, dasa dar
,^lfttftn bai^dadijj" d. i, Bagdad« Sikifttftn im Orient ebenao geach&tit wurdet
iria im Occident „von Babil6ne ein Sigilut'"). Der Bagdader persisch-
arabische Siklütüu hat sicli trotz der Konkurrenz der snhr geschickt imitie-
renden Seidenniaunfakturen Almerias den besten Rut bewahrt, ächon im
IX. iahrh. sind seine Manufakturen iu Tebriz berühmt, von wo aus er über
Bagdad, Alexandrien nnd Kairo länen W eg nach Spanien fand, nnd dort
wahiacheinlich bereits im X. Jahrb., sicher aber zur Zeit Edrisis fabriiiart
wurde*). In Bezug auf seine stoffliche Beschaffenheit scheint der Sikiät eine
Art Vorläufer des Damastes zu sein, was auf seinen ürsprnng mm China hin-
weist £r war durch grosse Festigkeit und Dauerhaftigkeit ausgezeichnet;
häufig bealand die Ketta ana nngehleichtem Leinen, der Einachlag ana
Sddo. Daa Dearin daa Sikl&ta war Tertioft anf «inem Atlasgmnde. Dia
filbUchen Farben scheinen aanrblan, pistazienfarbig und ainnoberrot gewesen
zu sein, mit welcher letzteren zumeist Goldbroschiernng verbnuden war.
Erst nachträglich treten buntfarbig gemusterte Siklatüns auf. Zuerst nur
für kirchliche Zwecke, wie bischöfliche Messgewäuder (casulae) augeweudet,
▼enobaflfte er rieh raaeh Eingang in alle BaTdIkemngsklaasen, waa
um so begreiflicher erscheint, wenn man die nngew&hntiche Mannigfaltig«
keit seiner Verwenduugsarten in.s Auge fasst. Es mag auch beiläufig er-
wähnt werden, dass von Einigen die Vermutung ausgesprochen worden ist,
äiklatün wäre kein mustergewebtes, sondern ein nach dem Zeugdruckver-
fahm hafgestelltes Geweb«.
Daa citt&ehate Sridangewebe, äet Tnifet (taltab), perasoben Uiapninga,
war besondexa gegen den Seblnsa des XIT. Jahrk im Abendlande sehr
verbreitet.
Von rein arabischer Herkunft, wie sicher festgestellt, war der im Verkehr
») WigaloiB der Ritter, S. 91.
*) Karabacek, Ober einige Benennungen etc. S. 5.
*) Apollonias von Tjrland V. 225., Gedicht von Heinrieb von Nengtadt.
•) Edrisl, DsBcriptiOD d« l>friqa« et de rBqpagne. 6d. Doiy & Qoctje, S. 197.
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Mittelalterlicbe Stüffä. riullt;!. Muschclseide.
71
als „pfellel*^ bezeichnete Seidenstoff, welcher nut dem französischen viel-
erwäbuteu „paile'' identisch ist.
. . . ein iuncfrouwe in do nMlte
in einen rok pfellio'}...
«..dis man tü wol bedeoliefc ntoi
mit pfellc von Aleiandrie').
Wolfram von Escbenbach erwähnt eines Pfelleb, das so heiss an
Glans WMT, dass ein Strann seine Eier daran fa&tte ansbr&len kOnnea.
Pfeile], das im Grunde mit Atlas identisch war, hiess auch „Salamander*',
weil, wie uns der Dichter des „VVigalois" berichtet , dieser ko.stltiire Mantel-
stoff im Feuer von Salamandern gewirkt sein sollte'): ,,die würme Sala-
mandre worhten in in dem viure/^ Die Pfellel galten uns diesem (.irunde
für ottTOTbrennlieb, wie ans folgendem Citai hervorgeht
... ich stach vor AgremuBtio
gein dm« itter fiinln:
waii min kurslt Salamander,
Mpind6 min sofaiU der ander,
ich waer' verbrnnoeD an der ^osi
Einige Autoreu liabeu nun aut Grund des Vorstehenden die Pfellel als
„Salamander'\ „Salamander-Häute'' resp. als ,^g6geu Feuer geschützt" oder
ola ein „Asbestpfellel^* definiert. Lant Earftbaeek*) nnd daninter
vielmehr die ans der Haechelseide oder Mnsdielbärten der Pinna ma-
rinn (P. nobilis) angefertigten Gewebe zu verstehen. Nach anderer
Meinung verdankte dieMi? I'fellelgattuug ihre Benennung der Mustenmge-
aii, die aus saiauiauderähnlichea Tiergestalten bestanden haben soll.
Die Anwendung der Steckmuschel für Webereizwecke, speciell zur
Hentellvng der X^^f^^C (Reitennintel) war sehon im Altertum bekannt
So bespricht nnter anderem anch der Talmnd die Mnacbelsndengewebe
(kochlo ) «).
Von den Klassikern erwähnt zuerst TertuUian ') diese Seidenart, in-
dem er die Gespinstfasern aufzahlt: „uec fuit satis tonicam pangere et
eoTere, ni etiam piscari veetitnm oontigiaeet: nam et de mari vellera, qno
mneosae lannritatis plantiores conchae eomani" Prokop^ boriehteti dam
nnter den von lOmiscben Kaisern den armeniseben Satrapen ertnlten In-
Wigatois der Ritter, & 29.
*) ibid., S. 380.
») Wigaloii der Bitter, 7135.
*) ParsiTat, ed. Bartseb. tVI, 769.
^1 tjher einige Benonnuni^en etc. & 28.
Traktat Kilaim, cap. 9.
f) De Fallio, lU p. II», Rigaltn.
■) De Edif. üb. III e. L
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72
lluschelaeide. KimUbu. ZenJel.
signien sich aus Pinna aiifrrfritif^fc C!il;i:riYs Ijefandcn. Der hl. Ba'^ilins*)
bewundert das goldene „Vliess" der Öee.seide, das durch küuätlicbe Färbung
nicht ersielt werden kihin«. Im frühesten Alteitum aii^ die Mueehebeideii«.
gewebe, wenigstens die feinsten« in Indien angefertigt nnd dann nach
Griechenland exportiert worden *). Der unbekannte Verfasser von „Periplus
maris Erythraei" l»on*c1it<jt, dass Pinna in der Gefj;<=nil von Oolchi (Süd-
Indieu) verarbeitet wurde. Auch die Araber (istachri, Mukkaddu-^i) bprecben
darüber und nennen sie „Meereswolle''; die Griechea sagen für vtc/y.o; aneb
t^ia x» T^; ^aXatn]^ oder ictvvixoy ejptoy, nnd die Italiener lana penna.
JHa onuuaijadischen Kalifen Spaniens Hessen aus der bei Sautareni
woiinencn Miisi lu/lseide Stoffe anfertigen, die sif iii.tfr Monopol stellten
und von denen ein Stück „wegen seiner l'racbt und ilerrlichkeif' 1 000 bis
10000 Goldstücke kostete. Deren Aosfuhr war verboten. Die Annahme,
dass die im Parsifal angerührten Salamander bes. Pfellel mit der
Mnschelseide identisch seiu köiiueu, gewinnt iiucli dadurch an Wahrschein-
liciikeit, das.-, .,Afirpn)iiiitii;" Wiilnsr-hciiilich den üer-^ Acreninrite lt>ei Pa-
lazzuolii in Sicilieu zn bedeutin hat, wo ibatsüchUch die ^uscbelseide
regelmässig gewonnen und verarbeitet wurde.
Von den Geweben morgenländischer Herkanfti deren Fabrikatioos-
iiFspmng jedoch im weitesten Oriente an suchen ist, mögen folgende Er-
wähnung finden.
Unter dem Namen Kimklia (kitu-chä) kam aus China lan^'e Zeit hin-
durcii ein damast artigem Gewebe in den Ilaadel, das spater »owohl in per-
sischen nnd bagdadisehen, wie alezandrinischen und griechischen Manu&k-
tnren mit vielem Geschick nachgeahmt wurde und sich im Abendlande
jrro.ssen Verbrauchs erfreute. Im griechischen als xa[j.c'jxä;, gelangte es
als Camocato nach West- und als Kanika naih Oslrnropa, namentlich
Uusslaud, wo es einen der am häutigsten erwähnten Stoii'e bildete. Seiner
Webart nach sdieint Camocato mit Atlas nahe verwandt gewesen m sein*).
Die Cendels (tendado), lachte, taffetähnlidie 8eidengewebe ebenfalls
chioesischen Ursi)rungs, wurden in Alexandrien nnd dann in Mailand in
erheblichen Quauiitätr^n anr^eferti^t nnd fanden in Europa sn Fahnen,
Decken und uh Futterstuir Verwendung:
. . . der trüe einea tchappenin
{^esaiten von fritscbalej
mit rotem sendale
WS« er gcfoirieret*).
Syndonus war die vorxüglicliste Galtunj? des Cendals, wahrscheinlich
indischer Herkunft, wogegen dieser Ausdruck nach anderem Dafärhalten*)
'J Hexiit-o). VII
*) Yate«, Textrinum auLiquorum, Lootloa ISiS. S. 15b.
*) Karsbseek, Ob«r eisige BenentmogeD ete. S. 12.
*i Wigalois der Uitter, S.. 55.
*j Brande», Jabiesb. d. Ver. v. Fr. il. ErUkuade in Leipzig. Iä65. S. 91 ff.
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AUm. Naceo. Palmet
73
nicht ein bestimmtes Textil, sondern ohne Unterachied manteUrtige Klei-
dnngsstücke bezeichnete.
Cadas, Carda oder Carduus war eiu wahi"schein!icli ans Si»idenab-
fiüleii hergestellter Stoff geringerer Qualität, der für Priestergewäuder Yer-
wenduug l'aud
Die BeceiehnoDg des byzantinischen Gammadions bes«^ sieh auf sein
aas vier Bachstaben (Grossgamma) kreuzförmig gebildetes MnsterangAmotiv.
Das ursprünglich zweifeltos aus China iraportieite Atlasgewebe, Zetani
(satin), \sai<le in uniVüscluMi und griechischen SeidenwelKTt'ifn iu quantitati-
ver Hinnicht zum wicht)^'>ti ii Erzenfjnis nm\ erfreute sich wegen seines präch-
tigen Glauxes uud der VoUkouiuienlieit, uiit welcher e.s erzeugt wurde, eines
vielverbreiteten Rufes. Seine Natur gebt ans der italienischen Beseiehnang
„zetani raso^* hervor, was ein ,.glatte.s" Gewebe andentet und dem arabischen
„atla-i" c^leirhbedeutend ist. Die Bezeichnung „satin" stammt von dem
N'ami'ii der Kxportstadt T.seutnng (jetzt T'.swan-tscheu-fu), woraus die Araber
Zeitün bildeten, das als „Aceituui" uud „Setuui'' uuch Spanien und „Za>
toain'* oder „Satin*' nach Frankreksh kam.
Im Spanischen hiess der Atlas auch raso, im Englischen rash, im
Deutschen Rasch, im Franzöeischeu ras. ür.spriinglich war er iu den
weitverzweigten Absatzlüudern nur a's dibadsch bekannt, die arabisierte
Form des persischen dibäh (dip = glänzen). Im christlichen Kuropa ist
dieaer Name nur von den Veuetiaueru für ihre reichen Goldstoffe ange-
nommen worden*).
Nacco (nacchctto) war ein Goldbrokat chinesischer Herkunft (uachiz),
auch von Arabern fabriziert. Mit dem Nacco nn<^c]ieiaend idcntisdi war
eiu als Acca bL-kunntt-r Ooldstoff den XIV. Jahrh. ^)
Schon der Name des Gewebes Tartaricus paunus weist auf .«*eine
centralasiatiaehe Herkunft bin. Es war ein goldgestreifter, kostbarer
Seidenstoff, der in Italien nnd England für kirchliche Zwecke verwen-
det wurde').
Von rein grieclii.-clior Alr-rammung war „diaspre", vorzugsweise von
weisser Farbe. Eine Abart derselben, die sogenannten „draps", fabrizierte
Lncca im XIV. Jahrh. in grossem Mafsstabe.
Ein speciell in Deutschland gangbares Gewebe war Palmet (palmftt
side), der an unzuhligt'U Stellen deut.seher Miniiegedichte vorkonnnt; so er-
wähnt Wf> Ifta III von Eschenbach des Palmets, indem er daa Bettzeug
von Gänan schildert:
') Kock, Textile fabrics foriuin;^ that wctton of the 8outb>KeoMiiigton MuMam.
(Descriptive CatalüK' u l I.nndon lS7o. S. 44.
r«^#50iiel, Ti.iUc «ur le coiuni'.Tce de l.i nier iioiie. 1. 3ü. 40.
*) Rook, a. a. 0.
*i Book, Geaobiebte der liturgitchea Gewftador.
74
Bljant FaDdttitten der Smd«oaltertümer.
. . . mit einem prellel. sundtr golt
venre in beideotchafl geholt«
gaitepp«! ftf p»!mftt^.
und weiter:
palmäts ein dicke matras
Gottfried von Strassburg deutet die nnvetgleieUidie Weiehlieit des
Palmets an« indem er des Fell des HttndleinB Isoldens beacfardlii:
nn diebta Triftaiideii
dö er er handeln Vi^^n
er grifte palm&talden an
e» Und« war «s flbenl").
Uber die eigentliche Natur und üerktmft des Palmets ist ebenso sebwer
za arteilen, wie Uber das noch öfter erwSbnte Seidenseng Blyant (blyat,
pliat), welches in einem deutseben Wörterbuch aus dem Jolire 1482 als
..iiys^^uH jarintluis, odol scvtlfiifrowaiidt**, aufgeführt und in deu spüteren
Komment unn der Miunegedichte kurzweg als „kostbarer ISeidenätofl'" be-
zeichnet wird.
I&ie bflbsebe Zusammenst^ung mittelalterlicber Stoffgattung«i liefert
Heinricb von Yeldeeken in seiner Eneidt*);
...die colten Ton satnite
dii> iihello vnd von tiinite
...Eyattt liciites baidekio
Vad off vfn kfttebUtin*).
Vou ulleu diesen pntchtigen Seidengeweben des Mittelalters sind nur
wenige bis auf uns gekommen. Es sind dies in den Bibeln und Manaskrip-
ten eingeklebte Schon- uud Schiveisstficher (sudariola, .sudarium), liturj^.sche
Gewrindi r und TotenhüUen. Im ganzen dürfti n 250 -300 Orii,nn:ili;f'W(dN3
aus ilrr Pi riodc vom VlII. bis XII. Juhrli. vorliandcn soin *) und /wiir in
den Domen zu Metz, Aadien, Chur, Mainz, Avignou, Le Puy, Paris, Bam-
berg, Danzig, Stralsund, Prag, Wien, Brombeig, Iblbefstadt u. s. w., femer
in d^ Sebatzkammem , Museen und Privatäammlungm. Von den Seiden-
stoCFen aus der Frühzeit des Mittelalters, also ans der Zeit vom V. bis X.
Jahrb., sind uns, wenn man von den neueren noili wpnifj studierten Fumlen
absieht, nur geringe Reste erhalten geblieben, nämlich kleine Sto£fstUckc
in den Handschriften, rar Schonung der gemalten Initialen; dann die Toten-
bullen (n. a» im Pariser Lounre Fragmente eines Gewebds aus dem
^) Parzival, ed. Lacbmann, S. 261.
*) Triitan und Isolde. DichtuPKf'" des deutschen Mittelalters. Bd. Tl.. fol. 899.
») Sammlang deutscher Gedichte etc. ed. Mjller, Berlin 178ä— tt4. I. S. »8.
*| Chinesischer Purpurstoff.
») Boek, Oeechichte der litaig. Qewaoder. I. Sw 71.
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Kircheniohätw.
76
VII. Jahrh., und ein in der Kathedrale zu Sens aufbewahrtes Schweisstuch
der lieiligen Kolumba, Yll. JiiluliV, sclilicssHcli das bekatiTitc Gewebe mit
dttiu Gladiator (wohl Samson), dtr die Löwen erwürgt, aus dem VII. Jahrh.,
dessen einzelne Stücke sich im South Kensington-Museum zu London, im
DomachatB m Chwr und im Gomanischen NationalimiBeiini su NOmlterg
befinden. Eine unschützbiu:« Sauuulung mittolaUerlicher Gewebe ist in Tona
Ton Schontüclurn in dpr zu Le Puy nnfluwulirtLn IJiUl des Theodulfus
(IX. Jahrh.) enthalten, dir .^)3 cliinesisihi', arabisol'.«' und irriecliische seidene
und halbseidene Gewebe enthält*). Merkwürdigerweise haben sich, wie bei-
läufig «rwSlmt werden mag, Bancel in S»int-Chamond (1817), BesuTaiB
in Lyon (1820) und G rangier in St Cliamond (1835) die MuatenmgHui
einiger in tlicser Bilwl vorliandenen Gewebe patentieren lassen.
In Holland bf^sitzt u. a. der Maostrirhtor Dotnschat/ ein "fut erhal-
tenes Pontiiikalgewand des hi. Servatius (XIL Jahrb.), de,ssen Ornamentik
memchliche Figuren (Kaatofr und PoUuz) zeigt*). iSin ziemlich seltenes
Stfldc ist in der eliemaligen Abi« Siegburg dem gx^eren Reliqnionsch reine
entnommen wordra; es ist dii s da?; Totengewand des Erzbischofs Anno II.
von Köln: auf einem (innulc von kai.si'rlirliem Purjmr sind in der natür-
lichen gelben Farbe der Kohseide mch^ st Ii reitende Löwen, mit einer griechi-
Bchen Ludirift swisehen «ich, eingewebt, die auf snnen Ursprung ans
der ersten HMlfte des X. Jalixli. hindeutet^. Diesem seltenen Falle der
Erhaltung eines inschriftlich datierten byzantinischen Stoffes gesellen sich
wenige nur entfernt äbnlidic T^tispiolo zn. Gonannt wird ein den» Papst
Nikolaus I. (t 867) gescheukttü reich tigurierles Seidenzeug mit Inschriften
und griechischen Kaiscrnameu *). Das scharlachrote mit Elefanten in bun-
ten Medaillons geschmtlckte Gewand im Sarkophage Karls des Qroasen su
Aachen, nach dem Charakter dir Buchstaben wohl dem XII. Jahrh. ange-
hörig, führt in sr incr lustlirift nur zwei in ihrer Lebenszeit bi.slier nicht
«jt'nau lu stimmte kaist rliclK- Ik-anite an. Auch in Aachen, Eichstadt, Qued-
linburg, Brauuschweig, Maestriciit, Lüneburg (goldene Kammer des ehe-
maligen ESnigs TOn Hannover), femer in Brauwdiw, das eine wohlerhaU
tene Casula (o1>erstes Priestergewand) aus dem Jahre 1143 hentzt'^), und
atuli iwiu ts werden ältere Gewebe auflx'Wahrt. Ein genaues Verzeichnis der-
jenigen KirL lu nschiitze, Museen und Sanmdungen, in donen sich die Seiden-
stoffe in einem für das Studium geeigneten Zustande und in grösserer
Anzahl vorfinden, kt am Ende dieses Absduiitts beigefügt worden.
*| H«dde, Notiee rar le manvierit de TModtklpIw (Ana. de 1« 8oe. d^Agrio. cte*
da Piiy, 1837-38, 189).
*) Bock und Willemson, MittelalterUcbe Kunst- und Reiiquienachiiue au Mae-
•trielit. ffsln 1872. & 2».
E aus'm Weerth, Jalirb. d. Teretos von AUvtamifireoodea im Bbeialande.
Beft XLVl.
«) Libw poBtif. ni. 167. 182.
^ Boek, Geidi. d. litnrg. Gevinder.
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76
Di« Aniftnge der Öeid«!ndruckereL
Ks unterliegt keinem Zweifel, das» seit den nllerältcsten Zeiten, nunientlit-li
Ix'i ck-ri Kultnrv<)!k''m Astt't>K niul spcrii l! il n (']nni*Hftt, flio Si iilri.-^t'welic mit
farbif^on .\ru.sUiii IdUruckt \sMi>it ii ^iml; aiici» im Oceuk'ut war «iit-so Manier
schon früh bekannt und für niiiuierwurtige Stoffe gebrüuchlicb, während die
kostbaren sieh natui^pemüM für diese Art der Bearbeitung weniger eigneten,
und noch heutzutage findet di r Zcugdrack, t bu ohl er auf der llidie steht und
ilim so fiu^-tr^/firbnete Hilfsmittel zur Seite stehen, wie <hi< nattfrictfii f^tc.
mit den durch Musterwehcn i erzif heti KtVfktcn nur als minderwertiger Ersatz
Verwendung. Die verhüll uismii.ssige Hequenüielikeit, mit welcher selljwt sehr
koniph/ierte Ornamente durch Aufdruck mittelst Formen dargestellt werden
konnten, wurde aufjfewoj^t'n durch die geringe Beständigkeit der Farben.
Dass au«'h das Bemalen der .Seidenzeuge .seit frühesten Zeiten im Gebrauch
war, bedarf keiner K snrilcn-n Erwähnung. Dii- ältesten uns erhaltenen
Zeuydrucke reicheu nicht über das VI. Jaluhuudert u. Chr. hiuaus; be-
kannt ist ein Seidenseng der romonisehea Epoche (VIII. Jahih.) mit einem
Mctster nach sarasenischem Vorbilde^). Aasgedehnten Verbraueha erfreuten sich
soit dem XVI. .Tahrh. die auf Seide gedruckten Marienbilder als Wallfahrts-
Hinlonkcn; nocli liciit/iitntre \vpp1< n snlrlir- SciiliM.lniclco an Wallfahrtsorten
an die Pilger verkauft, ohne dass deren Zeichnung oder Ausführung eine der
fortgeschrittenen Zeit entsprecheudere geworden wäre. Im XVI. Jahrh. war es
ausserdem Sitte, von etnsEelnen Kupferstidiplatten die lürstabzOge auf Seide
herzustellen ximl (\u-so Seidendrucke als besondere Geschenke zu verwenden.
Dir nii-is'i'ii Ui'kiUü'.tcn Si-iilcn/ciiifitnickf striTumen aus dem XJl»— XIV.
Jalirli.. ilitc .^tlli>)rrun<i trägt kfim n juiNgr prägten Charakter.
Zaliht'iclif alti.' uud mittt-lalttrliciie Seidengewebe entliallen Gold-
gespinsi, so dos« das Studium des letzteren eigentlich su unserem Thema
gehart; es sei daher hier eine kurze, alier genaue Beschreibung dessen ge-
geben, was heutzutage Uber diesen Gegenstand Ix'kannt ist.
Die Idi c, dif< prarhtTollste aller Textilfasern mit dem schönsten und
edeläten aller Metalle in einem Gewebe zu kombiuiereu, lag ganz besonders
nahe in einem Lande, wo die»e beiden Stoffe si^lekh bekannt waren, und so
sehen wir namentlidi bei dem Eu1tur?olke Oätasiens, den Chinesen, feine
Gold- uiul Silbi rnult n .seit uralten Zeiteu als ein besonders effektvolles
Ti xtilniiitt 1 in deu Seideiig'-wben auftreten. Ihr Gi-bniuch vi rlin itete
sich alsdanu Dach Japau, sowie den Läuderu Wei>tasien.s und gelaugte
anch bald nach Europa, wo sich der verfeinerte Geschnnck nnd Luxus
mit besonderem Eifer dieser Gespinstart annahm.
Die Art und Weise der Auwendung von Gold snr Zubereitung von
Gespinstt-n war «»^lir manuigfaltig nntl bis vnr knr7»'ni nwli in ein Dunkel
gehüllt, das emigermafseu zu lichten er^t iu neuerer Zeit gelungen i&t;
*) Forrer, Die Zeu^'dracke der lij&intiniicbea, vomssisebea, geUscheu and spt*
fsreo Konstepochsn. Strasaburg Iii*. 8. 15.
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Mittelalterlicbea 6oMge«piD»t
77
iiide&«on macht sich selbst heule noch eine /ieinlich^ Vorworrenheit in der
betreffenden Tenninologie lienierkbar. So weit unsere Kenntnisse reichen,
bestand in der ersten Fabrikationsepoch(> . bei Griechen, Rnniem, IJyzan-
tineru bis zur Mitte des XI. Juhrh., der Ihm allen Kulturvölkern gcbräucli-
lidie Goldfaden mm »inaa Leinen- oder Seidenfaden von starker Drelmug,
der mit einem echten Goldlamell in ein^ Brdte von 0,2—0,75 imn nm-
sponnen war. In der /.weiten Epoche von der Mitte des XI. .lahrh. Iiis za
den Tagen der itulioiitschen Renais.«ance (Mitte des XIV. .lahrh.) tritt aus
dem Orient, zmiaclist von der Insel Cypern lierriihreud, eia uenes,
hilligeroe Goldgespinst auf, desseu innerer Kern aas gezwiratem Ldnen-
oder Seidenfiulen hestehi, nm welchen ein stark vergoldetes Darmh&ntcheo
in der Breite von 0,3 — 2.0 mm aiemlich unn'gelmlissig gesponnen isi. In
der dritten riTior'.t', die, hrrvnrgerufen ilmcli das Anfblnlien der nor«l-
italieuiselien ^jeideiiindustrii', ihren Ursprung in Italien nahm und sich von
den Tagen Dantes bis in die neueste Zeit erstreckt, setzt sich der Gold-
faden an« emer Seele in Form eines goldgelben Seidenladens zusammen, nm
welch letzteren ein mehr oder weniger vergoldeter feiner Silb«'rdraht ge-
sponnen ist. Nach Entdeckung des neuen Seeweges nacii Indien und
China k;uji ein, ans ein^ni platt<'n vergoldeten Papiei-streifen tf-büdeter
Eiüsclilagsfaden vorüiiergeheud iu Mode, im merovingischen Kuropa war
aosfierdem eine Art feiner, dem Master entsprechend geschnittener Goldblätt-
chen, die, sei es durch Randstickerei, sei es vermittelst de« heissen Eisens
odvr (Vs- „Aasschlagens" an das Gewebe befestigt worden, vielfach in (tc-
brauch — ein Verfahren byzantinischen Ursprungs. Schmale Goldblätt-
chen unter den Einschlag des Gewebes meliert, wie nolche im {Seiden-
stoff an den Gebeinen Karls des Grossen in Aix-la-Chapelle zn finden
sind, kamen in besonders kostbaren Geweben vor. Unter den nns Aber-
kommenen Seidentextilien trifft man auch eine Art dei Goldarl>eit, die
zwar in ein anderes (lebiet gehört, doch *l'r Vollständigkeit hall)er hier
nicht unerwähnt bleiben darf. Es ist dies das gezogene Gold in Form feiner
Drähte, zuweilen irrtümlich als cyprisches Gold, „aarum cyprium", be-
zeiehnei*), de^en Indaetarie im mittelalterlichen Italien, bemnders in Lncca
(XIV. Jahrb.), Genua (XV. Jahrb.), dann Mailand nnd Florenz (XVL
Jaliili i tu Blüte stand. Die aus gezogenen Metalldrähten oder d:iniit über-
zogenen Fäden aus Seide etc. bestehenden Gespinste trugen nacii der Stadt
Leon in Spanien, wo sie zuerst in Aufnalune gekommen sind, den Namen
leoniscfaer FSden; ihre Fabrikation ist na«h Dentsehland (Nürnberg) 1570
von Fonroier übertragen worden. AI« leonische Gespin-ste werden aber von
Einigen irrtümlicherweise auch andere Gteldfadenarten bezeicliuet, von denen
gleich weiter unten die Bede sein winl. -- Die Mailänder Fäden, die sich
*) Unter dem »cyprigchen Golde* verstand man, wie Karntiacek laut IJock ricbtig
aafllhrt (Die litnrg. Oew. der Marienkirche zu Danzig, S. II), aberhanpt ds« an« desa
Oriontfi^ im speeiellsa ans igTpten eisgef&hrte Ooldgstpinit
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MembnuiTtrfOilduig.
im JLVL Jahrh. eines ebensolehou Rnfes erfreuten , wie die leoniMhen,
bestanden ans bloss vergotdetem ffilberdraht, welchem rieh in der «weiten
fißlfte dieses Jahrhunderts der Lyuner Goldfaden, l^esteliend aus einem
nach Mailänder Art durch „Schlagen" vt r<^'..ld. t< n Seidenfaden an die Sritf
stelltfe. Diese letztere Bereitungsart ist lichon irUhzeitig l)ekauat gevresen,
wie uns mne Schilderung des Goldspinneus in den Oynaceen rva Pontius
Leontins bn Sidonius Appolinarins vorfahrt Der LSsong der frage:
nach welcher Methode die mittelalterlichen J'äden hergestellt wurden — ob
durch unniittt'Unin' A]tplizierang dos weichgeiuachten Goldes, oder ob durch
das Verfahren der Schlagarbcit (or buttn), nm\ zwar im letzteren Falle wie-
der, ob auf kalteui Wege unter Anwendung von ChlorgoUkuudcr oder durch
Amalgamiemng — vermag ich für meine Person nieht näher zn treten.
Der hei weitem grösste Teil tiiittt lalterUcher Seiilt ngcwclK' zeigt die
o1>t u /iifrst erwälintc Goldfadenart, die zweifelsohne chinesischen Ursprungs
war. I)ies(» GoldfiUl< u bestehen ans rinem Seiden-, Leinen- oder Hauf-
faden, der n)it einem schmalen mit Blattgold überzogenen Pergamentpapier-
streifen oder tierisehen Hftntchen nbersponnen wurde; in den Ooldf&den chi-
nesischer Herkunft trat als Grondfadeu anaschliesslich nur die Seide auf. Zn
welcher Zeitepoche die Perser und Araber die Membranvergolduug von den
Chinesen übernommen hal)en, ist nicht bekannt; man findet sie aber schon
in Geweben, die sicher vor dem X. Jahrh. angefeiligt worden sind. In der
Penode v<Hn XI. bis au Ende des XIH. Jahrh. ist der Gebrandi diesor Ge-
spinste ein so allgemeiner, dass sie £ast in allen byaanttnlschen, arabischen,
ridtianischen, luccht slschen und spanischen Seidengeweböl jener Zeitepoche
anzutrefifen sind. Die in Wien aufljewabrtcn Krönnngsgewänder der d< ut-
schen Kaiser, welche in Palermo fabriziert wordeu sixul (1133), enthalten
davon prachtvolle Muster. Seit dem XIY. Jahrh., als die gezogenen Metall-
difthte stark in Aufnahme gekommen waren, sog sich das Gewerbe der
cypriachen Gespinste nai ': H ut«cbland zurück. Die Köri)cr-;cliiift „Fabrices
capparura et cli{)eorum colouienses" vnhm >icli dcssidlM n mit s.ilobera Eifer
an, dass die Erzeugnisse rheinischer Seideuweber und -sticker jener Zeit-
epoche kaum andere Goldfaden enthalten. Zu Beginn des XVI. Jahrh.
erlischt in Europa ihre Verwendung und dadurch auch die Fabrikation, um
erst in neuerer Zeit ihrer Biegsamkeit und DaiD iliaftigkeit, lowie ihres ange-
nehmen, niaH< :i niiin/.e.s lialbcr, wieder mit Erfolg aufgenommen zu wei"den.
Noch vor Jiihr* !! war man » ilVi^ Ix'itviibt. das Fabrikationstirlii'iinnis cypri-
sclier oder irukauisclu r Fäden, das sogenannte „mjstenum ann ülati" zn
ergründen, jedoch vergeblich; erst 1882 gdungten die Mflnchner Professoren
W. V.Miller and Harz zu dem Ergebnis, dass bei den cyprisehen Gold-
fSden eine tierische Membrane die Unterlage des Goldes bildete. Dieses
Häntph<'n . <\m in seinem anatomischen Bau als Peritoneum oder ühnliche
Membrane Ijezcichnet werden konnte, erwies sich nach einiger Zeit als die
Sobmnoosa der tierischen Därme. Die Vergoldung ergab rieh als eine
Blattvergoldung und zwar in der Art, dass man Gold auf Silber im
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AltofiMttaliNlie Teppiebe^
79
Yerb<nii ron 1 ; 2 an^geichli^^ li«tto. Auf Onind diMsr ThitMehen ist
es auch bald gelungen, diese Goldfadenart synthetiadi ZQ enengon und «ie
mit Erfol<f in «lif Praxis eiiizufülin ii. Auch hat man neuerdin<»'s hfcronnen,
SeideniädtMi auf ^alvanoplastiscln in Wrire zn vorjjoldpn resp. überhaupt za
metallisiereu, worauf wir später noch zu rück kommen werden.
Um mit den EnseagniHaen mittelaHerlieher und spBterer Webekanst
abzuschliessen, wäre noch der charaktervollen Teppiche, meist orientalischer
Herkunft, zu ^'((lenken, obwohl dieije KnUpfnrlx itt'n oiffi'uthCh nicht in das
Bereifli tlcr Wi-Ijckunst f^phörrn. Dio nn.s (•rhalt«Mi gi'blicbencn Seiden-
teppiche reichen nicht über das Ende des X\ . Jalirh. hinaus, da der von
^inT»eek ab eine sfldpenische Arbeit des XIV. Jahxli. erkUrte Teppich ^)
eioh als viel spateren Unpnmges erwiesen hat. Nicbt nur Persien,
sondern auch die Länder der osmanischen Türkei hft1)en sicher im XVI.
dahrh., walirst lielnlich schon früher, t^irh rm der orientalischen Knüpfteppich"
Produktion in ausgiebiger Wei*e beteiligt.
Die Muster ong tOrkieeher Luzusteppiche, die von Gold« und Silberiftden
durcliwirkt sind, beruht auf dem als prasiseh erkannten Rankenweilc, dessen
Kennzeichen eine palmettenartige Blflte und gezacktes Lunzettblatt sind. In
diespn ArlM-itcn tritt es aber in einor, dei> enropäischrn Einfltis^ vorratendon
Anordnung und in einer eigenartigen Umbildung auf, die den Uedanken un
rein persische Herkunft ausschliesst. Man hat diese trefflichen Seidenteppiche
mit den venig TerbUzgten Nachrichten Aber das KnOpfgewerbe, das im
XVIL Jalirli. in Polen geblüht haben soll, in Zusanmii nliang gebracht und
sie darauf hin die Prtlt'iit.'ppirlic ffpmmnt; walirMlirinlicht r i^t «-s dagegen,
dass sie als Nachuliinuiiyf der dainals am Hoie zu Ispalmn vielfach ver-
wendeten Originalteppiciie für den Huf von Stambul angefertigt worden
sind. Die originell persischen Seidenteppiche lassen sich ebeaaow«iig Uber
das XVI. Jahrb. zurückverfolgen. Die Grundlage ihrer Omanit nük ist
gleichfalls vegetabilen Charakters, wenn aucli vermengt mit animalischen Mo-
tiven. Das schön geschwtmgene Rankenwerk, das die ganze iruni.sche Kunst
des neuen Zeitalters zu beherrscheu scheint, Ijesteht aus gezacktem Blatt
und pahnettenartiger Blftte, die der stilisierten Seitenansicht emer Distel-
blttte nicht unKhnlich ist Das Motiv herrscht entweder allein in emheit-
lieh entwurfciii r Zeichnung, von einem spitzovalen Feld ausgehend, oder es
verbindet --icli mit menschlichen und weit häufiger tierischen Figuren, wie
Drachen, ivliilins und Paradiesvögeln, deren phantastische Gestalten der chi-
nesischen Kunst entlehnt worden sind, welch letztere Peiaien Tom
XVIIL Jahrh. stark beeinflusst hat; das Übrige sind einxelne JagdmotiTe,
Löwen, Panther, Hasen, Adler u. s. w. *). Von Riegl ist, wie bsnits
Irflher erwähnt, die Ansicht ausgesprochen worden, dass die neupersische
*) Die persische Kadelmalerei. Süaaodsebird.
>) Biegl, AltorientaliwiM Tt/pfiAa. Wien 1881.
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Vcrfftll d«r Antber. Aufbiaben BPiditalieniietaM Webeknati
und insbesondere die arabische Fiachoraamentik sieh nicht aus orientaltadien,
d, i. assyrischen und acliiinHMiitlist-lifn Anfünpjen entwckolt halw», sondern
dass die «^psainto islaniitisclu' Miistcning t-ine fo1g< ri( liti<ri' Au'-lüldtint; der
um die Üiadochenzeit (Anf. HI. dalirh. v. Chr.) eingeführten byzantinischen
Zierweise Ist. Inwieweit diese Ansicht, die hauplsächlich aus dem Studium
der Sgypttschen Textilfunde hergeleitet wurde, hegrttndet ist^ werden hofient-
lich weitere Forschungen auf diesem G««l)I('fr ergeben können*, immerhin trügt
diesell)e stdion ji t/t nlrht wenig dazu !'< i, ili<" vnrorwfihnte Eigen! tlmlielilveit
in der Musterung der persischen Teppiclie iu gewis5:er Uin.<«icht zu erklären.
♦ ♦
Der Verfall und Niedergang der arahischen Macht (XIII. bis XIV.
Jahrh.) sind naturgeniiiss nicht ohne Kinfluss auf die fJt^sdiidjte der St i lc
gt'hli(>l)en. Die Bahn* ii, in welclie diese Nation den Seidenhandel und die
Seidenindustrie gelenkt hat. hehaupten zwar ihn> Geltung noch einige Zeit,
aljer der Aufschwung der abendländisch -christlichen Seideukultur uud We-
berei einenteits, und die Entdeckung des Seeweges nach Indien andereiseita
haben doch das Ende der maurischen Herrschaft auf diesem Gebiete wesent-
lieh Ix'schleunigt. So sr!;.'ii wir, wie die europäische Seiden webekunst das
ori*^ntfiHsc]ie Gepräge altmiihlich abstreift uiul ilt ii ('harakter oinor freien
unabliängigen Entwickeluug anninuut. Ks beginnt eine neue Epoche der
Seidenweberei, die gotisch^italienische, welche vom XIV. bis in das XVII.
Jahrh. hineinreicht.
Im Ursitze der abendländischen Seidenwebekunst, in Palermo, ent-
wickelte sich diesellM' in einer Weipe, welche uns IIni»o P^alcandus schil-
dert, indem er mit Begeisterung von Brokaten, weiclien Samnieten, feuer-
roten I>tairhodons, matten, grünlichen Diapistis und von Exarentamas er^
athlt, die mit kreisförmigen Mustom versehen, die grSsste Fertigkeit im
Weben erforderten'). Von Palermo wurde die \V. Irkiinst nach Norditalien
verpflnnzt, um hier Statfin .in- liniftvollstcn Entwickelniit,'- zu finden, die
.Taiuiuiuderte lang in vollem Glänze erstrahlten, und von hier ans hat fast
die ge^mte europüiscbe Seideuwel)erei der neuen Zeitepoche iu» allgetnein-
sten Sinne des Wortes ihre Kenntnisse und Gleschieklichkeit geholt.
l)']!- trstcii ilin r Sit/r waren Florenz und namentlich Lucoa, dessen
Initiativ»' tiir die italiciiistlie Iinlustrie balinbn'cln inl wnr. Man pflt^ift «bi-
her gewis«ermafsen Lucca als die Wiege itaiii-iiiselur Seidenkunstweberei
zu beliehnen, obwohl man mit einiger Sicherheit annehmen darf, dass
seine Industrie nicht durch die eigenen Landslente, sondern durch Pisaner
begründet worden ist, sowie dass die Florentiner, nachdem sie HeiTen des die
Bolle des Hauptstapeiplutzes ffir Rohseide einnehmenden Planer Hafens
■) Hiit. de rebus gest. in Sidlia. Paridis 1550. & 9.
ä«id«og«werb« in Looea, norei», Venedig.
81
Warden, diesen Vorteil zar BegirUidimg ihrer eigenen Mannfakfciir ait^e-
nutzt hal>en. Bini liefert zwar urkundliclie Beweise'), wonacli die seiden-
gewerUUclif Thiltiirkfit Luccas ben'its im VIII. .IhItI' b«:'stan<len halten
80II, doch war sie auf einen Ma&staU. beschninkt, «ier kaum den Nameu
einer Indiutne Terdient. Dngegm steht unbedingt fert, du» die mit-
tetalterlielie Seidenmannfiiktw schon froher anf dem italienischen Boden
festen Pom gefasst hatte, denn schon im VUI. Jahrh , zur Zeit des Bilder-
sturmes in By/nti7. knmen hrntlns crpwf>rdene ffriechischr Seidenweber naeli
Rom und gründeten hier lianpbäcliiich der Herst^^lhingvon kirchlichen Paranieu-
ten gewidmete Kanstwebereien. Bereits im XII. Jahrh. ist eine beträchtliche
XSntwickelang Incchesiseher Seidemnannfakturen m veneiehnen, die im XIII.
Jahrh. ihre höchste Hliit. /< it errri^te. Die Eraenj^niase Luccas, das mit
Kngland nrid FraiiknMcli r'mpn amrrrdchnU'M Handel führte*), V)esa«seM
Weltruf und tifnuttu sicii auf «Icii Messen zu Champa>fne, London und
aodererorts einer «ehr regen Natlifrage. Aller Waljrscheiulichkeit nach
stammten die deotsehen Seidengewehe meistenteils ans Lncea« was in seinem
engen politischen Verbände mit Deutschland 8eine Erklärung findet. Durch
politiFolif l^inili.'ii 1>eriiiflns?f!t, verliert j<'«lo<'li die Seidenweberei Luccas im
Laufe des .\i IL .jahrh. an liedciit uiul anfangs des XIV. siefleln hicche-
sische Handwerker nach Florenz, Venedig, Bologna, Mailand und L>on
fiber, wo sie die Webelranst entweder einfShren oder ihr fraehtbare An-
regung geben.
Nach Florenz wnrde die Seidenverarbeitung um d. .J. 1204 ein<ri fülirt und
erreichte im XIV. Jahrh. •rlf'f'hzeitig mit der politischen BedeutuiiLC der Stadt
ihre Blütezeit, wäiirend weicher sie alle übrigen italienischen Städte übertraf.
Im XV. Jahrh. wnrde der toeeanischen Mannfaktnr die Unterstützung der
knnsisiiniigen Mediei va teil. Man besitzt einen interessanten Aufsatz der
florentini.sehen Seidenweber des XIV, und XV. .lahrh.'). der meist in Form
eine.-^ DialoirM «gehalten, nns j/enaue Aii'j:alwn «iowoh! ül er MTilinioron rnid
Fürben der Strangseide, wie über die Technik nmi \VeiH«kun.Ht der Sei<len-
stoffe (Damaste, bnldacs, Brokate n. a.) liefert.
In Venedig Teimoohie die nrsprin^iche Seidenindnstrte nicht mit dem
kommerziell mSehtigeren Genua zu konkurrieren; als aber 1204 Dandolo,
der nofli in •trinnm 05. Lt lx'iisjalir«- K'^nstantinop-'l cntlM'rfp. j;eübte grie-
chisthe Seiderdiandwerker und -/.üehter lieinibrachte und den wegen seiner Er-
seugung von Rohmaterial wichtigen Peloponne« der venetianischen Seidenwebe-
rei enehloesen hatte, ist derselben dadurch ein m&chtiger Voraehnb geleistet
worden, dem nachtriglieh (1314) die Einwandemng der vor dem Usnr«
') I Loeebesi a Venstia.
*) Ue;d, Dm OsKbicbte d«a Lsvaiitebanilels im Hittalalter. Stattgart 187». II,
S. 698.
>) L'arte della teta In Pirente. Tirattalo n«i mooK XV. ed. 6. Oaxfioni, Flo-
renz IFRS.
Silbermtnn, Di« Seid*. 9
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82
HaDdela« nod Gewer bejp«litik Veoadigi.
pfttor und Ghibellinen Castruccio fliehenden Lacc)»e.sf»r zu stets waclisendem
Aufschwnnji^ vorliolfcn liat. r>!P Ansiedelun«^ flüclilitjfi'r hicclK sisclicr Si iilen-
hanclwerker in V oneiiig gab der Industrio des letzteren eine ^anz andere
innere Einrichtung und Verwaltung; .statt der früher obwaltenden liaus-
indiistriellen Arbeitsteilung ward« ihr ein« nach, dem Vorbilde Lnocaa ge-
sehaffene Zonftorgai ! ai' oa zu teil, die sowohl der Produktion wie dem
Handel zu £rnti' kam. Du; l\Taiiiifaktnren kamoii uritor St<ial8kontrolle,
jedos 8fidf']r/.i'ng wurde auf srin«' (iütr geprüft und mit amtlichem Sipt^rl
vei-sehen'). Im Zunftstatut von 1278 findet sich ein genaues Kt;glemeut
über die Breite der Stoffe und die einzuhaltende Zahl der Gänge, welche
Einseiirankungen jedoch infolge der stets wachsenden Konkurrenz 1410 teil-
weise aufgehoben wurden, dann wieder in Kraft iiatoii und erst 1507 end-
giltig annulliert wurden. Selbst die Ausübung der Kunstweberei wurde mit
grasser Strenge guhandhAbi und überwacht; diese Maisregeln lassen ins-
gesamt daranf aehlieseeut dan Venedig emattich bestrebt war, sich im
Wettkampf mit den SdiweiterstSdien die Palme au erobern. Eigene vene-
tianische Seidenzeuge kamen indessen während des XIII. Jahrh. auf den
ausländischen Märkten noch wenig vor, obwolil die venetianisclien Kauf-
leuie luit orientalischen und . sonstigen Seidenwaren im nördlichen £uropa
regen Handel betrieben. Das XIV. Jahrii. brachte, aweer dem bereiia
wBhnten Impalae durch länwanderung luocheaiicher FlQditlinge, noch das
günstige Ereignis, dass das letzte Bollwerk der Kreaxf&hrerstaaten Akka am
Knrlc des XIII. Jahrh. in die Hände der Türken fiel, wodurch die Stapelplätzc
des Rohmaterials uumuehr eine Verschiebung von Antiochien und Tjrus
nach Tana (AaowadlMS Meer) und Tmpeannd (Sdiwanm Meer) erfuhren,
und mit diesen G^nden stand Venedig in regem Handelsrerkehr. Lei»
der nahm die schutzzöllnerisehe PärdiibitiTpolitik Venedigs seit dem XV.
Jahrh. immer mehr überhand; es wurde u. a. verboten, ausländische Gewebe
zu importieren und zu tragen, der Zwischenhandel wurde untersagt, ferner
wurde verordnet, dass alle Rohseide von den Ortschaften der „Terra firma**,
d. i. des Festlandes, zuerst nach Venedig gebradit werden sollte und nur
diis, was hier nicht verkauft wurde, stand für die Ausfuhr frei*). Diese
einseitigf Prohibitivpolitik hat sich an Venedig selbst in bitterer Weise ge-
rächt, weil die Unterdrückung jeglicher freien Konkurrenz eine Abnaluue
des gegenseitigen Austausches und des Zwischenhandels nach sich ziehen
muRste. "Ein Mericantilsystem f3r ein so kleines auf den Export angewie»
senea Gebiet, wie die venetianisehe Republik, war überhaupt schwer an-
M'endbar; an55<5erd(>m war es, wenn ancli in <ler löbliclien Ab.'iiclit, die lieinii'-cho
Industrie zu liehen, xu überstürzt, als das.*« es die Früelile einer ifesunden,
ungezwungenen Eut Wickelung hätte zeitigen können. Daraus, dass «iuige
•) Marin, Storia del commcrcio de Veneziani.
■) Broglio d'Ajano, Die venetianische Seidenindastris und ihxe Olgaaiiatioti Ws
.snm Auagaac dea Miiielälten. Stattgart 1898, 8. 86.
Genna p Bologiia. Saideiikattiir Ttaliena.
83
Seid^Mtofife, wie die neapolitaniactien „canevM^^ nnd fl<ii«ntiiiiadien,„onnedn'^
Ton Eingangszöllen befreit waren, liast «ich indessen der Sdilnn ziehen,
daas der Seidenhandel Venedigs grösser, als seine Produktion war. Italit iii-
sclu' Sannnoto, (toWbrokato und Damaste fanden seit dem XIII. Julirli.,
seitdem Venedig das iSeidenhandelmonopol hatt«), e'uieu gros«ien Absatz im
Orient.
Zq gleicher Zeit mit der Ansiedelang der WehelcBnstler in Venedig
entstanden in dem reichen Gcuaa die ersten Anfinge des SeidengewerWs,
und sclion im Laufe des XIII. Jahrh. kommen genaesiseho Stoffe unter
dem Naniea „panuus" iu deu V&rkelir und finden zu kirchlichen Zwecken
Verwendung'). Wählend des XV, Jahrh. teilt Genna mit Venedig die Fahrer-
rolle in der ilalientsehMi Weheknnst.
In Bologna blühte die Seiden in dustrie schon im XU. Jahih., sie wunle
durch VervoUkonimnnnjron anf rltin (lebiete der Seidenspinnerei wdt-
berühiiit. Nach Sienna wurde sie erat 1438 durch deu unternehmenden
Nello di Francesco übertragen und gelaugte bald za einer derartigen Blute,
dass es mit Florenz sn rivalisieren begann. Naoh Padua, Verona, yisenia
nnd Bergamo wurde dos Seidengewerbe während des XIV. Jahrh. durch
wandernde Seidenhandw i rk<^r verpflanzt *).
l>if> Seidenindustrie gehört nicht zu den Kulturerruntjt iisi haften, welche
die rümischen Natioueu den Völkern des Abeudlandes iiinterlassen haben;
daher Dank nnd Ehre den norditalieniechen Staaten, welche die mittel-
elterliche, von antikem ^i* ist^ durchwehte, farbenstrotaende Webeknnst auf
die Neuzeit üljertm^'on IuiImmiI
Wie die Seideiiindustiir di oi Scidenhandel, so folgtr stets der Seiden-
bau der ersteren nach, und wo nur immer die seidengewerbliche Thätigkeit
in etwas breiterem Mafietabe sich sn entwidceb begann, da wurden aneh
<— vorausgesetzt, ilass die Boden- und Klimaverluiltnisse der Kinfohrnng der
Seidenkultur niclit hennnend im Wege standen — Versuche unteniommen,
die Bopcliaffnnsf dos Rohmaterials vom Auslande unabhätigig zu ge5?tfilten.
Die .Seideuzueht Oberitaliens ist aber wahrscheinlich viel älter, als seine
Seidenmanu&ktnr; denn schon unter Karl dem Orossen sollen daselbst
anagedehnte Maulbeerplantagen bestanden haben. Die Stadtrepnbliken för-
derten zwar die Seidenkultur, alxir dass ihre Handelspolitik der allgemsiiieTen
Verbreitnntr dor (ndustric nicht gerade günstitr war, rrsphen wir aus einer
Verordnung Venedig» (^1410), welche die Kokon- und itaupeneierausfuhr
gänzlich verb«^, und obgleich das Oeeets einige Jahre spater i^weise auf-
gehoben wurde, so trat es doch 1475 wieder in Kraft. Das Anpflanaen der
Maulbeerbäume im Staate selbst erfoIgt( itidessen nur spärlich und auch
deren Ausfuhr wurde streng nntersagt^J. Die emporkommenden mo-
») Boele, Gesch. der liturg. Gewander. I, S. 47.
*) Daru, Hittoiro de la r^publique de VenUc. Pari« lti21.
•) Bigatti, Gsadiidite der SetdeDiadiistne Oslerrsiolii. -Wien 1808, fi. SO.
84
Mniluid and Tnria. SpAniaa. Schwoi.
nsrehiadieii Staaten Italiens, namentlidi Neapel« Mailand nnd Tarin, ver-
mögen den Stadtrepubliken des XV. nnd XVT. Jahrli. bald eine stets wach-
sende KnnknrrPiT/ zu bieten, nnter deren Druck ilic letzteren, namentlich
Venedig, Lacca und Florenz sich zu einem industriellen Hinge im modem-
•ten Sinne dea Worlet alliierten. Freies Handirerk, ungebnndene Kon-
knnenx, üntemehmangsgent nnd freier Handel der neuen KSnigreiebe
boten dem inmier festeren Boden fassenden Seidengewerbe manehe Vorteile,
die namentlich zu Tage traten und den Schwerpunkt der «eidenindnstriellen
ThÄtigkcit nach Piemont nnd der Lombardei zu verlegen im stanrle wacen,
als die italienische Knnstweberei seit dem Aufkommen von Lyon und Toms
wenigstens fSr den Weltmarkt ihr» frBhere Bedeutung verlor nnd ge>
swnngen war, ihr Hril in der Seidenzncht, sowie dem Haspel- und Mn1i>
niergewprbe zu suchen. Dii' Mitttlpniikf»' «b r letzit rcii Ot wcrlK' waren
Mailand und Turin, wo durch eine stn iiifi' ulx r t iiisichtiijf <M'\vfrlH']iolizei für
die Verbesserung der Technik und Hebung des Hantleisverkehrs Sorge ge-
tragen wurde').
Di«; spanische Seidenwelx^rei behielt am längsten den orientalischen
Charakter. Li.s.sabon, Granada, Sevilla und Saragossa waren dauernd
die wichtigsten Sitze der abendländisch- maurischen Webekunst. Alnierias
Seidenstoffe sind durch ihre Schönheit, wie uns Otto von Freising
berichtet'), fast spridiwOrtUdi geworden. Im XIH. Jähxh. nimmt hier die
Seidenindnstrie einen solchen Aulschwnng« dass die inländische Rohseiden-
luroduktion nicht mehr ausreicht. Krital« i ' i mit seiner Hiuiptstadt Barce-
lona, dem Sitze der spanischen \\"<'l.t kunst , tritt mit il< iii rJ82 (Toberten
Sicilien in regen Verkehr und bezieht von ihm tlaa itohraateriai in grossen
Quantitäten V.
Auch nach der Schweis gelangten die Keime der Mch flberall regenden
S^dengewerblichen Thätigkeit und fassten hier fnichtl>aren Boden. Schon
gegen die Mitte des XIII. Jahrb. sind die Anfänge des S< iil. iiir(>w('r1>es zu
finden, das sich im Laufe des XIV. Jahrh. mit Erfolg zu einer ziemlich
ausgedehnten Industrie emporschwingt, mit Beginn des XV. Jahxh. jedoch
den schweren ZeitverhSItnissNi der Freiheitskriege unterliegen mnss, nm
erst in der zweiten Hälfte des XVI. Jahrh. durch die Lneainer wieder ins
Leben gerufen zu werden.
Wio fseit uralten Zeit i n bei den Chinesen daä Seidengewerbe eine meint
den Frauen zufallende Beschättigung bildete, so sehen wir auch in Europa
die Frauenarbeit gleich von Anfang an in den Vordergrand treten, und swar
in allen Zweigen des Gewerbes: der Weberei, dann der Zwirnerei und
schliesslich, als die Seidenkoltur £ingang gefunden hat, in der Uaaplerei. So
') Eine Sammlung derartiger Verordnongen (18. Jahrb.) besitzt die K. Kbliottadr
m Berlin unter dem KoUektivütel .lodtutna di Mt« 1701—173«'.
*) De geii IVederici I. tib. IL aap. 11.
*i Deppisg, Iiltittoirs da oonrnsras eatrs )e Lmat «t ITiitoite «te. Paris tSia
Digiii^uu by ^OOgle
lUe FnfttMiuurbeit. Cbin» und Indien «m Aoagang dm Uittolalten.
86
spriclit das Luccheser Statut vom Jalire 1308 ') nur von Weberinnen und
Hasplerinncn; im älteren Züricher Seidengewerbe sind urkundlicli vom XIII.
bis XV. .lahrh. mir Frauen und Mädcbpn verwendet worden -), in Piiris ist
im XIII. Jahrh. nur von Soidcnzwimerinnea die Rode, und die Zunft der
„ouTriireB de Iubus de Boie*^ ist Sita', als die der „ouvriMs de dzftp de
•oie**'); in England ist das gleiche der Fall*). Dieee Endkeinung findet
ihre Erklärung darin, dass die Ausübung des Seidengewerbes als eine zwar
körperlich wenig anstrengende, aber dcnnocli geschickte und leichte Hände
erfordernde Arbeit, seit jeher fast ausschliesslich eine Obliegenheit der IVauen
bildete. Ab nun im Lmfe der Zeit der Übergang der Hiwnindiiftrfo warn
r^lmiang betriebenen, geachSitllchen Qeworbe stattAuid, waren die Unter»
nehmer zunächst lediglich auf weibliche werkverstündige Arbeiter angewiesen.
Erst im XIV. und XV. .Tahrh. gewinnt die männliche Arbeit ullmühlich
die Oberhand, als der hohe Aufschwung der Hautelisseweberei eine Iwsouders
Bach verständige und künstlerische Behandlung orf orderte und an die Selb-
sOndigkeit des Weben die grösaten AnsprOehe gestellt werden* mnssten«
In den Zubereitungsgewerben behielt dagegen die Frauenarbeit ihre Geltung
bis auf unsere Zeit. Wir werden übrigens auf die Stellung der Frau in
der modernen Si'idenindustrie noch ?püter kurz zurückkommen.
Trotz der mächtigen Entwickeluug abendländischer Seidenweberei spielen
die ttberseeiBciien Sddengewebe nooh eine 2iemlich bedeutende Rolle, und es
dflrfto wohl am Phitse sein, einen Blick auf den derzeitigen Seidenverkehr im
weiteren Orient zu werfen. China verblieb immer noch auf der iilten Höhe
der ma.ssenhuften Produktion, die jedoch seit dem XII. Jahrh. zum grinsten
Teil im Lande selbst aufgebraucht wird. Der Schwerpunkt des chinesischen
Sddenbandels, der woU aussdiliesslich auf fertige Gewebe beschr&nkt,
aber inunerhin bedeutend war, ist nach dem Norden übertragen worden, wo
die Stadt Kanbaligh zum Stapelplatz wurde. Der berühmte italienische Ileisende
Marco Polo (Ende des Xlii. Jahrh.) veranschlagt in seinen Berichten das
Quantum der Seide, welches tägUcli zu den Thoren Kanbalighs eingeführt
warJe, auf tausend Kaxrenladungen.
Seit diesem Zeitpunkte (Ende des XUL Jabih.) fibenümmt Indien Chi-
nas VennittlerroUe mit dem Abendlande in einer so vollständigen Weise,
dass mnn die Reise nach China füglich uiiterlaa.sen konnte, da Seide und
alle anderen chineisischen Produkte in Indien in Hülle und Fülle su haben
waren. Die BlUteaeit der mongolischen Dynastie in China (Ende XIII. und
Anfimg XIV. Jahih*) war das Periode des regsten koinmegniellen Verkehrs
awischen China und Vorderindien*); in diMer Zeit ist wahisoheinlioih audi
>J Arcb. storioo itaL X. 58 £
n BUtkli-Meyer, Die OrnL dar SeUniiiduifam in dnr Bdiwoii, 8. 16.
*) Deppiag. BtglatBents des arlt et uAiert de Paris iddigds aa XOl^ aiMe.
Pari« 1837.
«) Statutes of tha fiealia. IS, 874.
^ Heyd, GeMhiebta dn LBraatehaadBla.
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ä«idenbaiidel im Morgenlande. Seidenbau in Persien.
die regelmiis-sige Zucht <les Maulbeerspinncrs nach Indien eingeführt wonlen.
Die Seestiiilt«" ilr-r Malaharknste wxirden zu Stapel platzen chinesisclier Roh-
seide und kostbarer Gewebe. Das damalige Calicut führte einen aus-
gedehnten Seidenhaudel einerseits mit China, andererseits mit Alexandrien
und Bysana. Die ersten Euiopaer, die 1496 nach Calicut gelangten, fanden
zu ihrem Erstaunen lucchesische Damaste und Sammete vor '). Kandmye
betrieb lebhaften TTütulrlMMTkt iir mit Thina niul (loii 'MoIulil<rnirisr'1n, die in
kommer/.ieller Hin.siclit sich zu besoiuierer W ichtigkeit zu erlit lK n Ix ginnen.
In den ersten Jahrzeluiten des XV'. Jalirh. ist die Malabarküstc «len ("In-
nesen infolge eines Konflikts mit dem Kftnig Ton Oalicnt unzugänglich ge-
worden, die Inseln Molultka, Java, Hamla i tc. lun^< n unter solchen Um-
stündi'ii zu rirdfutiing niiil werden 8tii|Ml{)l;it/.c cliiiu-sisc-her Soidon. Abfr
neben der kdiiiiin-iv.irlk-ii (irösse besass Kiunbayi' auch Miiiuit'aküireu für
Tatfete und amlere reiche Seidenstoffe Aden galt als Berührungspunkt
des Abendlandes mit dem Orient: chinesische, raolnkkische und liengalische
Schiffe füllten seine Lager mit S<>ide, die der Beförderun«^ nach Kuropa harrten.
Seit dem XV. .falirh. gelangte der Seidenliamlel Aden.s zu einer solchen Blüte,
dass die neidischen und gewiiinsiicbtigen ägyptischen Herrscher die Schiffe
mit (jewalt zwangen, Adens Hafen zu umgehen und bis in das Hote Meer
weiter Twaudringen. So kamen chinesische Schiffe bis an den^Hal«!
Dschidda, den äussenten Punkt, den sie auf ihien Seefahrten nach dem
Ahendlande erreichten. Die entfernteren Staindplätze für diesen Seiden-
verkehr waren Alexandrien, Schiras und die syrischen Häfen Beyruth und
Tripolis.
Der durch den ungeahnten Au&chwung der abendlKndischen Seiden*
Weberei her?orgerufene erhöhte Bedarf an Rohmaterial trieb die unter'
nehiTirnilt'ii Italiener zur Auffindung neuer Bezugsquellen« Bereites im X.
Jahrh. erforschen sie das (Mnct Kleinosiens und Syriens. Zu Kinlr des
XIH. Jahrh. berichtet Marco Polo ülx;r das Auftreten der Uenueser in
Tuuris, auf dem E^aspisohen Meere und desaen Südgestaden: „uiid von daher
kommt die ghilanische Sdde*S ein Beweis, dass die persische Seide too den
Italienern beaogen wurde. Ob die letzteren noch weiter in das innere Klein*
asien vorgedrungen nritl, niiifss bt i di r Alt^^ si lilossf iilu it jene.s kaspiMclien
Landes von dem übrigen Persien bezweifelt werden. Im XV. Jahrh. kam
der Verkelir mit der Levante zu einer Entwickelmig, die sich aus dem grossen
Terbrauch kleinasiatiaeher Seiden im Abendlande ersehen Uast. Die toe*
canische Seidenindustrie verarbeitete in reichlichen Mengen «lie ghilanische
Foliscide fs>'ta pliella), dif von Mazanderan (seta masandroni) und Amol
(seta amoli). (>1> die virllarli angefülirte ,,seta stravagi" ans Strava (Aste-
rabad) herstanniite, ist nicht sicher festgestellt. Die von der Westküste des
Kaspischen Meeres bezogenen „seta taVna*' (Taliaeh), „seta canare** and
') Navigat. de Vaaco de Oau«» OoH. ds BamosCo. Vol. L
*) Livio de Dnarte Barbota.
HauüelsTerkebr der DeuUcben. Seidenpreise.
87
Liioca v<rarb<itftf ,,srtii gangia*' kaui aus (iauiiscliii (ietzt Klisabetlipol);
die in Bnissa erzeugte iloliseide wurik iu deu Saminetlabriken bevorzugt. Die
,^eta nierdaeascia** staminte ans Baehu«; die ««seta roldania** (Saltaniah?),
„seta colusmiu" und „seta colozani" war» ii (n r.sischen Ursprungs. Die „sota
soriaTia'' lu ilcutet in den pisam r und lucehesisclif n T^rkinnlcn wahrschflulirli
dir syrisch«- .Seide. „Seta turci" iiüd ,,st'ta di Kriniauia" \v<i«!pn firutlieii
aul" ilireii levantiui.schen Ursprung liiu. „.Seta ciuittuja" stammte otteidjar
ans China (chatte, kat« =s China).
Schon o\m\ ist erörtert worden, dass die Norddeutsehen n)it Nowgorod
bereit.s im X. Jalirh. in reger Handt lsvi ihindung standen, l)ei den Süd-
deutschen dürfte indes die Vermittlerrolle im Seiden vcrlc dir mit dem Orient
vor dem XIII. Jalirh. den italienischen Kaufleuten zugelalien sein. Seit dem
Jahrh. entwickelt «ich auch der direkte Verkehr der Dentflchen mit
Sftdnttstaud; die Regensbnrger beBuch«! regelmäßig das politisch und kom-
Tiier/io1l wichtige Kiew, wo sie den Schutz des Grossfiirsten genif <>< n; seit
dem Xlll. Jaltrli, ge«.ellt<^n steh rlazn tmrh die Breslaner Kaut!« ntt' und er-
warben grosse Mengen griecliischer Seideuzeuge. Ks ist ferner bekannt, dass
schon im XII. Jahrh., cur Blütezeit der byzantinischen Knuatweberei, in
Konstantinopel eine Ansiedlnng deutscher Kanfleute bestanden hät und es
ist wolil müglicli, dass die Seidenwaren von hier ab öfaer die Handelsstädte
an der Donau, mit denen die Metzer, Kö!n< r, Aa< lH>n»>r niid Pns«an«'r regen
Verkehr unterhielten, ihren Weg nach Süd- und Mittt l(k utsehland naiuneu.
üm einen EittUusk in die Seidenpreise am Ausgang des Mittelalters za
gewinnen» mögen einige Daten angeführt werden. Im Jahre 1281 kostete
ein 6 Pfund 18 Den. schwerer Zendäl in Italien nach dem heutii^en Geld-
wert 254,27 [,ire, im .T. 1333 fin gestreiftes Zeug -/ii Hott vorliang 221,28
Lire, 1365 ein rotes Seidengt-uand 123,99 L., 136b eine ünze <rrüner Sei-
üenfransen (36 venet. äoldi) 12,09 L., 1371 8 Denar Kaupeueier 1,19 L.'J,
1378 eine Unse roter Seide 14,08 L.« 1380 1 Pfund Seidenflocken (borra
di seta) 1,23 L., ebensoviel 1 (Iran gnlne Cordonnets zum Anliängen der
Siegel. Xa' h n'ner polnisdien H< < luning des X.V. .lahrh. kamen 3 Gran
farVti;;« Stide auf 6 poin. Grosehen oder 72 Pfg., ein Pfund schwarze Seide
aul 41,40 Mark za. stehen.
* «
«
Mit liohmaterial iui Lbertiuss versorgt und durch steigenden Konsum
ihrer Eneugnisse gefördert, ninunt die norditalienische Knnstweberei immer
mehr an Umfang zu. Die awischen einzelnen Staaten nnd Republiken be-
stehende politische und kommensieUe Konkurrenz regte sie snr eifrigeren
') Cibravio, Deila «osnosBia politioa del nedio stsi. Toriso 1842. Bd. III.
S. 855 ff.
88 Italieniische Kunstwuberei, AntUuge de« Seidciigcwerbe:! in Frankruieh.
T!i;ltiuflv»'it an und v(»raTila<?5>t(\ wv- wir sahen, strcnj^p Vi rbotv iIpjj intimeren
Zwischfüverkehrs Die Kritgf der liuelfcn und (ihibelliiien und die Auf-
stäudc vertrieben indessen die friedlicben Wcberfatuilien von Stadt zu Stadt,
und ao verbreitete sieb die anfSngUcb ohne Rifalen bestehende Seiden-
indastrie Luccm nflch und nach Aber gmmt Norditalien nnd atu h lun Ii ausser-
halb. Immerhin kann man behaupten, dass bis zum Schlüsse lii s . .I.ihrh.
die Kunst Weberei sich ansschlie.s.slich auf die i» alienischen Manufakturen l>e-
schränkte. Sie hatten sogar einen gewL^en politischen Kinfloss; so siebt
man s. B., da», je tiefer Lncca in seiner Bedeutung sank, desto mehr hob
sich Florenz, dess. n Mac Iii wi s< utlicb durch die Ansdebnnng seiner Seiden-
manufakturen im XIV. .lahrh. bedingt wurde').
Die italienische VVobfkunst orfrr-nte sich, wie gesa^jt, nicht lange Zeit
ihres Monopols, Die fortdauenideji politischen Unruhen halien ara meisten
daasn beigetragen, die Aoswanderting geübter Seidenwebfflr, welche in wohl-
Terstandraer Absicht von einzelnen Indttsttiestidten ontersagt war, m bo-
gflnstigen. Die freundliche Aufnahme und der politische Schutz, Irr ilon
Auswanden-rn in ilcn benachbarten Stsmten zu teil wurde, beförderten den
«eiteren Zuwachs italieoiächer Ansiedelungen, die in ihren neuen Ueiroat-
Httdem lebhafte webekänsUerüche Th&tigkeit ent<en. Schon im Laufe
des XIV. Jahrh. sehen wir xahlreiche Weberfiiroilien ibr Gewerbe in der
Schweiz, Flandern und Frankreich ausüben.
Auf französischem Bodm ist das St'idengewtrbf' eigentlich schon
um die Mitte des XIII. Jahrb. 1k trieben worden, w<» t-s in Avignon, das
noch zum Kirchenstaat gehörte, von Papst Gregor X. unter Zuhilfenahiue
laeehesischer,'' neapolitanischer nnd sicilianischer Weber gegrSndet wurde.
Die richtige nnd fraehtbringende Grundlage wurde demselben ab^ eist iin
XV. cTahrb. «^e^fben, als die sich hild»'ndcn WebcrlvonjiDratioiien von der
Kefri<"ruiiif Autuiuiitfiim^, ki'niii^'-liche Freibriefe urul PrivilfLricn i'rliitdtcn.
So befreit Ludwig XI. I4öü alle Seidenweber, die nach L^on äl>er8iedeln,
wahrend der ersten 2w5If Jahre von jeglidhen Abgaben'). Im J. 1470 sog «e
viele italienische Seidenweber an sich und errichtete in seinem Sohiosso
Plessis-les-Tours eine grossartige Seidenmanufaktur. Seclis Jahre später
folgte Franz II. seinem Beispiele und gab den zu Vitre von den Floren-
tinern angelegten VNeljereien ausgedehnte Privilegien"'). Tours und i.<yon
streiten um den Vorrang in der Prioritit; schon im J. 1470 sollen die
Webereien in Tonrs thStig gewesen sein'), wodnrdi, wenn dies geschicht-
Edi bewiesen worden iribe, Lyon, die heutige stolae Metropole der Seidoi-
>) Hallmann, St&dteweten des Ifittelalten. Bonn 1S86/2».
*) Pagnini, L'arte dclla sofa in Firenie.
Barret, Notes poor lervir U l'bistoira de la graade manafacture de Lyou, etc.
Lyon 18SS.
*) Lobineau, Hi»t. de Bretagne. XIX. cap. 184.
■ ^} Vie-Vaiseette, Ui«t. gäa. de Languedoc, II, 279.
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Ljon und Tours. Aufschwung der Lyoner llanofaktor.
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wi lx kunst, Tours ^^^tceniibrr im Alter nachstellen würde. Der Streit hier-
über ist noch heute iiiolit endgiltig entschieden, nm^s jodoch als ziemlich
gegeastandslos erscheinen, da es sich hier höchstens um einige oder ein
Dataend Webatfihl« handelt, die noch kerne Indiutne ABanwehfin. Am
Sehlon des XI IL and anfangs de« XIV. Jahrh. lentrenton «i«h die italie*
nischcn Flfichtlinge in viele gri>ssere und kleinere Stiidte Europas, nament-
lich Franki-ei'chs , so dass nmn dasclh^rt nu hn ri' Orti' finden wunli-, wo der
lJfsi»ruDg seidengewerblicher Tbätigkeit denjenigen von Tours und Lyon
im Alter weit Qberragen wiude. Die Ehre des letzteren hat man awar d^
dnrch gerettet, dan man, anf Grand anfgefondener Patente Ludwige XI.,
die Errichtung der ersten Lyoner Webereien auf vier Jahre früher, als
der von Tour? festzusetzen bereihti^^t ist*), obwohl es wieder einigen
audereu Urkunden nach ziemlich wahrscheinlich ist, Aiv^a loura bei*«!!»
1340, Lyon aher er^t 1417 die ersten Seiden wel)stü hie besas.«.
Nach Nimes nm 1441 eingeffthii, erhielt die dortige Seidramanafiüctnr
unter Ludwig XII. U98 durch Aalegang grosser Fahnken bedeatenden
Ziiwiich-i. Unter Karl VII!. ^^ediehen die Manufakturen von Lyon und
TtMirs vortrefflich, und als er bei seiner Rückkehr aus Neaiiel eine pur/e
Kolonie italienischer Seidenhandwerker mitbrachte, nahm die Seidenmanulak-
tar einen aolohen Umfang an. da«, wie ans dem Erlasse von 1494 (Uitehtlieb,
alle in Lyon angefertigten Stoffe behnf« Kontrolle mit dcMn Stadtriegel Ter^
sehen wurden und keine Seidengewel>e getragen wenlen dnrfteri, die nicht
im Lande selbst hergestellt worden waren. Ancli in Tmirs kiiiuen Schutz-
maf}*regcln in Anwendung; die 14H4 versammelten Etats Ueneraux setzten
mnfangreiche Statuten') fest, die den Seidenhandel regelten und im alU
gemeinen anf Hebnng der heimiseben Indnatrie durch das ProbibitiTsystem
gerichtet waren'). Aas Tours kamen Imld die berühmten Gros-dc-Tours
und Oros- de- Naplcs in den Handel. Franz I. war eifrif? Iwstrebt, die
eiatrilgliche liründung seiner Ahnen durch aot^gedehnte Privilegien zu für»
iem, 1036 führte er mriira» WebekBnstlw ans Pidnontt die die Kunst
des Webens von Damasten und Sanuneten behemchen, naeh Frankreich Aber.
Eine Charte, vom Parner Parhmient im J, 1537 registriert, befreit alle
Seidenweber Lyons von jeglichen AVx^aben. Solche Privilegien konnten
nicht umhin, Lyon bt-reits in der ersten iiütfte des XVI. Jahrb. zu einer
Lidustriestütte ersten Ranges zu erheben, die den italienischen Vorbildern
gleiehkam; zu gleicher Zeit wird es ein Hauptstapelplalz fSr in« und au^
läodische Seidenfabrikate. Die Handelspolitik der Lyoner Si'idenmanufaktur
glich einigermafsen der der ol)eritalieni.srlien Stadtri puldikeii , doch wurde
hier das Schutzzoll- und Prohibitivsystem unter wesentlich anderen Um-
») NoUT. .Archiv, du <K-p du RhAnc. II, 13.3,
*) Depping, CoUectiou du Ducumeds inedita sur l'histoire de ia France.
*) Caaesttiui, L'arte della wta portata in Rmasia degli Italiaai (Arehirio sto-
riee italiaac, llereBB 1857, N. 8. .BiL 6, p. 2).
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90 Seidengewerbe und -kultur in Frankmch.
gtändon angewandt, als dies in jenen kleinen Staaten geschehen konnte: denn
dip«o warrn :^nm ffrofssen Teil anf «sicli «»«IVist nnifewie.sen und mit ihrrnti »iorch
die Konkurrenz Ix'schränkten Absatzgebiet standen sie im schärfsten Gegensatz
ni der mm XadostriecentTam gewählten freien Stadt eines gronen Staatci.
Bei Fesiliehkeiten jeder Art eotfattete daa Lyoner Bnigertnm den giteeten
Prunk in Seidengewändem ; heim Einznge Heinrichs II. und seiner Ge-
mahlin Katharina von ^f- dif i in Lyon (154S) sah ninTi einen Znir von 446
Seidenfiirbem , die in grauen und schwarzen Sanimetkleidem einhergingen.
Bei einem späteren Aufzuge kommt es Tor, dasa die Florentiner und Lne-
dieser mit den in Lyon ansissigen Oennesem und MailSndem wegen des
Vortrittes in Streit geraten. Bereits zu Anfatig des XVI. .lahrli. LiM.ten
dif in f^rns^n 7.,\h\ zu Lyon angesiedelten Seidenhandwerker einzelne Zünfte;
so wurde die Fürlterzunft im .1. 1501, die BandweWr/unft 1542 gegründet.
Mit der Seidenmnnufaktur zu Lyon wetteiferte die Weberei i|i der Touraine,
die 1470 aal Anregung Ludwigs XI. nenen Znsag italienischer und grie-
chischer Welx'künstler erhielt Wie ausgedehnt indessen die Privilegien
di r Seidenweber in Tours und aiiii« i t n )>< nadibarten Städten auch waren,
mit Lyon vernnichten sie dorli nicht rm lir zu rivalisieren, dem von fran-
zösischen Königen im XVL Jahrh. das alleinige Recht der Niederlage aus-
landiseher Rohstoffe und Seidenfahrikate anerkannt wurde. Im Jahre 1664
waren in Lyon hereits 12000 Webstühle im Gange. Als Mailand 1623 er-
obert wurde, wirkte sein Fall ähnlich wie der Lnccas im J. 1314; die
dortigen Weliekünstler zogen mas.'^cnhaft nach Franicil ich und verbreiteten
die Kunst nach Paris, Orleans, Montpellier und Marseille; in Marseille
wnrde die Seidenweberei indes schon im XIII. Jahrh. gepflegt, ab es noch
«um sicilianischen Reiche gehSrte. Die Bürgerkriege und nicht snletstt die
Intnguen der auf ihr lukratives Monopol eifersüchtigen Lyoneser tliaten indes
der Entwickelung der nordfran^^itsischett Wcbelciiii-t F-iiihalt. Heinrich II.
erlässt Statuten üWr die Fabrikation der Seidetistolfe und gewährt auch
Unterstützung der immer mehr aufblähenden Seidenkultur, die unter
Heinrich IV. in eine neue EntwickelnngRperiode tritt ond anfangt, sich zu
einem wichtigen Zweig* der LaiKlr-,kultur zu entfalten. Der König soll den»
jeiiitfi iL, welche nachwiesen, die Si id, n/uclit /.wülf .hilire hindurch Ix-trieben
zu haben, das Adt Ixliploni verliehen hal>en. Um diesrlbe Zeit erscheinen
zahlreiche Anleitungen über das Anlegen der Mau ll»eerplan tagen und die
Seidenknltnr. Unter Louis XIV. erkannte Colhert mit scharfem Blick
die Bedeutung der Si'idenkultur namentlich für die südöstlichen Teile des
Reiches und forderte sie in jeglicher Weise; sein Werk wurde von den
s|>ätt n n Regenten fortgesetzt. Wahrend bis zum Sehhiss des letztverflos-
senen Jahrhunderts Europa lediglich die 652 eingeführten gelben, grün-
■) Champoiisan, Sur roripna d« riadvstri« i^rifiol« sa Tburain«. Toun 1848.
8. 484.
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Seidenhandel und -gewerbe in Flandern und in der Schweis.
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liehen und weisslichon Rassen kaltiviortc, ;rebührt der Anrefjfung seitens
Louis XVI. das Verdienst, die vorzügliche weisse Originalziisse „öina**
direkt aas China eingetührt und verbrettet zu haben.
Neben Lyon, widehes im XVL Jahrh. den rnbinvotlen Namen der Me^
tropole der fransSnsolien Sddenindnetrie erwarb, war Brügge in Flandern
am Tueißten vorfjescbritten. Die Kunst weljerei gelanfi^te in den industrie-
reichen Städten Bröp-jfe, Uriis?« ! , Ofnt u. a. ht reit.« im XV. Jahrb. zu
hoher Blüte. FjS waren hier wieder Italiener, vorzugsweise Venetianer und
Florentiner, die den Ghmnd an dem Seidengewerbe gelegt hatten. Wie überall,
gmg avcli bier ein reger Seidenbandel d«r Indintrie Toran; Brügge war schon
imXIII. .Talirh. Station für die Inccheriscben Kaufleutc, Gent eine solche im
XTV. hh XV. .Iiiluh.; ein Hauptpliitz war jcdnch Antworp»^n, das im XJII.
Jabrh. mit Venetianem iu lebhaften Beziehungen stand und im XIV.
Jahrb. einer der besncbteaien Stapelplätze für Bobseide war. Einigen
Autoren zofolf^') soll die Seidenwebekonst Flanderns auf das XIII. Jahrb.
zurückzufTiliK ii sein, zu welcher Zeit sie ihren Ursprung in Ypern, Brügge,
(rent unil Mtclifln nahm tni»l pomit liirr älter wäre, als in Fratikrcich.
Diese Angain.' soll durch die .Schilderung des Math, von West niinster *)
ihre Bekräftigung finden; er beschreibt uumlich die Beziehungen Englands
ZU Flandern und bezeiebnet das letxtere als das Land, welches den „Rob-
aloff EiiLrliinds" verwebt; hierunter bat man Soide verstehen wollen,
wa«? jf.locii i< (li r B<'gründung entbehren dürfti'. .Aber erst im XVT. .Tahrh.,
zur Zeit Karls V., err«'iehto die tlandrischo Scidt ii Weberei der Atlasse,
8aiumete und Ooldbrokate iliien Glanzpunkt, der mit der grossartigen,
durch die dominierende Stellung des spanieohen Welthandels bedingten
Entwickelang anderer Textilgewerbe Hollands zusamux nt illlt.
Wie in der Schweiz, m l>eatanden auch in I'ngland sehr frühzeitig
(Xni. .Fnhrh.) Anfiingp dos aus Oberitalien vt rpflaiiztrii Seidengewerbes;
unter Eduard III. (,1363) werden seine Statuten in l'arlamentsakten er-
örtert; 1456 werden schon grosse Londons Seidenwebereien citiert*), die eine
bedeutende Flrodulctionsfahigkeit besessen haben mflfleen, da laut Beschloss des
Parlamenis (1454) die Einfuhr jeglicher Seidenfabrikate verboten worden
war. Henry VI. und .lacob I. widnv tt'ii dem pinheimischen SeidengewerHf»
grosse Sorgfalt; unter Iluury VIII. bildeten die .Seidenzwimer eine Zunft-
verelnigung (1529); unter Carl I. sorgte man (1630) durch Konfiskation
aller fremden Seidenzenge f3r eine strenge Dnrehftlhnmg des Prohibitiv'-
systems. Wilhelm III. verlieh den Seidenhandwerkem aus^pedehnte P!ri-
vilegien.
Die Seideuwe Ijerei Spaniens entwickelte »ich iuzwitscheu in ihrer eigen-
tOmUeh-andiaiBtischen Art und 1»ldete eine der Quellen des Nationalwohl-
■) liock. Geflch. der Itt Oewtnder. I, 77.
') Flore» historiarum etc. s. :i. r26,'j.
*) Uadoz, Finna Boigi, Cap. I, p. 93.
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92 * Verfall Öpaoieos. Seidengewerbe in Deatsclil«od.
Standes. Die Entdcckang Amerikas nnd die Reichtümer, welche Spanien
von dorther erwuchsen, zogen aber eine fast ^n/Jiche Vomachlassigunfr der
einheimischen, seinerzeit von Arabern geschaffenen und grosügezogenen
IndiiDtrie naeh sieb, und dio Folge davon war auch dar Verfall d«* S«den-
webekdnat und der einst so blnhraden Seidenkaltar. Ab eebliesBlicb
Karl V., entgegen den wiit-chaftlichni Mafsnahmen alK r iiinlt ii'n Staaten,
die Ausfuhr dfr ppanTschcii Rohseide und die Kinfnhr auHÜindischer Er7<'iif-
nisse freigab, konnlt^ hi« infolge des massenhaften Imports nicht mehr be-
stehen und kam bald (Anfang des XYIL Jahrb.) ^nxlich in Verfall. Eist
anter den boarbonisehen Hemcbem, die nach fransSsisehem YiHrlrild m
der alten ScbnispoUtik zarücku'* ki hrt waren und streng mwbantilische
Mafsregeln, u. a. ein strt ii^n s Vt rl>nt all< r TTohKcidonausfuhr, ergriffen,
bo'sortc sich dor Znstand dt-r spanischen Scideiiimlnstrir von nenem. Zu
Ausgang des XV Iii. Jahrh. tritt Valencia sogar mit der Ljoner Manufaktur
in einen Konknrrenzkampf*). «
In die Zeitepoche vom XLI. bis XV. Jabrb. fällt die Haaptentwickelung
des deutschen Handels und der Manufaktur, die von Änfias Sylvins*)
(Pins II.) in so beredter Weise fjeschildert wirtl. Die /ur seihon Zint erfol-
gende Aufhebung der Frauen- und Sklavenarbeit und Begründung den freien
Znnftr und Kuidwericerwesena — welcb letetere sociale Unabbängigkeit w
rangen — beförderte a. a. aacb das nnter den aafUflbenden Stfidtegewerben
einen der bedeutendsten Plätze einnehmende Seidcn«^'ewerbe in hervorragender
Weis<>. »Schon im XIV. . Jahrh. lx?gegnet man der 8eidenwel>ekunst in den reichen
Handelsstädten Augsburg, Ulm, welche schon seit Anfang des Mittelalter»
mit Italien in Geschäflsverbindnng standeoi femer Begensborg und Niimbei|ff
wohin sie nach dem Fall yon Laeca (1314) durch Ügaeeio Fageolano
eingeführt wurde*) (mid nicht, wie Einige haben wollen, ans Mailand, da das
letztere nach dem Zeugnis des Oalveano de hi Flamma erst um das .Talir
1341*) Kunstwel)erei erhalten hat), und schliesslich in den wendischen
Städten. In Augsburg beatand bereits eine freie Zunft Vereinigung der Sjrde-
nSer oder Seidenwirker*). Unter Karl V. begOnstigte der ZnrSd^ang sp»*
niscber, des Vorwärtästrebens entwöhnter Industrie die deutsche Seiden-
manufaktur in nicht geringem MaTse. NiiniUerfr zog 157?i italieni.sch<'
Sridenfiirbpr in noine Mauern. In Augsburg traten die Fugger, die aller-
dings zunächst nur Leinenwel)vr waren, bald auch an die Spitze des lukra-
tiren Seidenhandels und der Seidenmanafiüctnr. Bodin (XVI. Jahrh.)
rühmt die Kunst nnd den GewerbefleisB deutsdier Städte nnd sagt, doss sie
») Pariset, CUaaibrc de commerce de Ljon (1750j. I. 57.
*) de* Picolom. de mor. Oertn. c. 29.
*) Kic. Tf^rin. in Vita Caatruccii. Huratori iGiipt. ler. Ital. XL 1821.
*} Muratori »cript. rer. Ital. XI. 1037.
Paul Stetten, Oeecb. Augsburg«, I. 213.
Qaletti, AUgem. WeltgeMhidite. Tb. 56, p. 421.
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Seilleogewerbe io Deutschland. Seidenlasiu.
93
dftrin alle europäischen Völker übertrafen. Köln wird als eine Stadt citiert, wo
die SeidenfSrben'i blühte und, wi<' Galctti 1>ilianptet, von der Bihürde
beaufsichtigt wunlt'. In Berlin hat die rege Tliätigkeit der Scidciunuiiu-
fftktaren iu nicht geringem ]VIa£$e daza beigetragen, dass (158Ü; ^^-^^t^n den
flberhuidnelinieDden Lnnw polizef liehe MafeiMihmen ergriflfon werden mnesben.
Um divs .Tiilir IfiTO gründet Langensalza seine Halbst itlomiianufaktaren; die
Raschmachor Forinfeist und Schreiber Ivanicii im .J. 1668 von ilii-rr Wan-
derung tkxi^ (\or i^chweiz zurück, wo sie sich viele Kenntnis«' in der Hall>-
seidcnfabrikatiou erworljen hatten, und verwerteten ihre Kunst in ilirer Vater-
stadt Langensalza dnrdi Hentellnng von gebl&mien Tafieten, Ailaseen
und anderen Seidenzengen mit baumwollenem oder leinenem Einschlag.
Ihre Solnil. r und Nachkommen errichteten im Linifo des XVII. Jahrh.
weitere AIaiiufaktnr»'n. \md so kam da« (tcwitK» zu immer höherer BlQto
im J. 1720 war die Zalil der Seiden liand werker Langensalzas bereits so
betiSohilieh, den ne vom Eurianl Attgttst IIL ein Lwnngsstaint «kiel-
ten^), fiottlieb Grftser tShrU» daaelhet auch die Fabrikatioti ntn-
seidener Gewebe ein.
♦ ♦
Nachdem wir in knraen Umrissen die S^twiekelnng des Seidengewedwe
in Enropa bis zum .Schlüsse des XVIL Jahih. gezeigt haben, wird es von
Interesse sein, sich einen Überblick über den Verbranch nnd Charakter der
Seidengeweb«' dirsrr Zcitepoche zu ver«phaffpn.
Der sich unaufhörlich steigernde Verbrauch kostbarer St idt iigewünder, so-
wohl bei dem hoh^ wie bei dem medereo Adel nnd dem Bui^erstande, veran-
lasste, wie Sil Zeiten Roms, strenge ISriisse g^en den ebenso üppigen
wie unnötigen Aufwand. Ein Bild mittelalterlicher Üppigkeit und Vrr-
schwendnng liefert a. a. das reich illnstri«rfi' Wrrk der Kostünikunde
Hefuers*). Welchen unglaublichen Konsum an Seidenstoflfen die Kaiser-
lidfe aa&Qweisen hatten, lässt sich aus zeitgeuöäsischen Beriditen ersdiea;
bei Hoffesten mnssten a. B. alle Oiste in gr&nseidenen Oewindem ei^
fldieinen und grosse Säle waren ganz mit Sammet ausgeschl^en Ein
venetiatii'if'her fusaiidtor berichtet (1664), dass Frankreich alloin mehr
Seide und Onld.stntrt' verbranche, als Konstantinopel und ein grosser Teil
der Levante zu.-*aiiimen. Gleiehüi itig nahm die Verwendung von Seide für
die litnigisehen Gew&nder nnd fttr den Eirehenschmnck sa, nnd fiber welche
Reichtümer man verfügte, lässi sich ans den mittelalteHicfaen Sehatainven-
taveo grösserer Kirchen ersehen.
M Hapenbnich, Jotimal für Fabrik etc. LHpzij^ 1S02, Bd. •??, .313.
'i IViicbteo des christlichen Mittelalters nach gleichzeitigen Kimatdenkmälern.
Uasaheiin.
*) Jbnnal eko. d» Hsnrj III. <d. 1720. L & 17.
»
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94
Itttlieniscb-fraaz&tisch-flandriBclie Epoche der Ornamentik.
Fragoii wir nach der .Stilisiernn}^ der Gewebeornaim'iitik der it4li«lli8ch-
frnn75si>( ]i-flruHlns( licri Kpor-lif (Irr SoMcnwehj-kunnt, so können hi^r einisjo
Perioden miterschieden werden. Wie in jeder Übergangszeit, so machten
»ich auch in der jungen itiilieuischen Weberei zuerst mehrere Richtungen
geltend, bevor sie einen definitiven Charakter annahm. Die &eazs&ge hsJban
bei aller den Seiden Handel fördernden Kraft die üble Nachwirknng gehabti
dass die Webeknn.st trotz des sich regenden Geistes ihren orientalischen
Typus nicht so ra.sch uljstreifen konnte. Die Reisen nach dem Orient brachten
tliü morgenlündischeu Gewebe so in Mode, dass die abendländischen We-
bereien gezwungen waren, dieselben alsYorbitder in der Ornamentik an ba-
nutzen. Die Kirchenschätze von Danzig, Stralsund, Brandenburg, Halber-
stadt, Brannschweig etc. Ijcsit/cn ziihlreiche Kx^mpliir«' solclit r Gi webe aus
dem Xlfl. und XIV. .Jahrb., meist oHcntalisrh*!- lli ikiinft, oder italienische
imitierte Kompositionen. Bis tief in das XiV. Jahrh. Ijiuein macht sich die
Vorliebe fSr Baraceniselie Tieromamentik ond Symbolik geltend, und pbantap
stischfi Tiergestalten wiederholen sich in tausendfältigen Formen untl Modi-
fikationen. Einen stark orientalischen Charakter trugen auch die im XTII.
.Jahrh. aufgenommenen gestreiften Gewebe. Ein \'ergleicli mit der vori^fen
Epoche ^igt indessen sowohl in der Bemust«^>rung dieser Arabeiikeu (in-
einander verschlungene Tier> und P&mzenmotive), wie in der Faibenkompo-
sitton und Technik des Oewelies grot^e Fortschritte. Die Tieronuunentik
beherrscht die ganze ei-ste Hälfte dieser Kan.stperiode , die sogi'nannte ro-
manische, und setzt sich noch oinit»t' Zeit in <lip ^otisclu- fort. Da die ro-
uiauiäche Stilrichtung (seit Beginn des Xli. Jahrb.) aus römisch-ciiristlichen,
bjsantinisehen und mohammedanischen Elementen im germanischen Geiste
aufgebaut worden ist, so wurde sie lange Zeit mit der rein byzantinischen
verwechselt. Die Bemusterung ihrer eisten Erzeugnisse weist auf eine wenig
gliUkliclii' Xiiclialimnng antiker Kunst hin: den gricchi.schen Paltiictten
ähnlich sind die breiten romanischen Blätterformen, und sind der Mäander, das
Akantbusblatt u. s. w. in anderen Yenieningm Idcht an ericennen. Die
^Ornamentik nabm einen steifen und dabei willkürlieben Charakter an, der
Phantasie war der freieste Spielraum gelassen, und fabelhafte Tier- und
Menschengestalten, Drachen, Scblaiifff n, Vöm l etc. dun hznrren nllf- TJaiiken-
werk. Erst gegen Ende des XIL .Jahrh. erhielt die ixjuiajiische Ornamentik
ihre stilvolle Ausbildung, die auf eine selbetäudigere, genauere Natur-
beobaehtung gerichtet war. Das befolgte Prinxip bestand darin, dem Gewebe
nie durch malerische Schattierung deK Ornaments den Charakter einer ebenen
Flilohc zu nehmen, und die Naturvorl)il(ler juis dem Pflanzen- und Tierreiche
niclit in naturalistischer Nachahmung, somlern in fivier künstlerischer Sti-
lisierung zu verwenden. Man befolgte hier die glückliche Idee der Araber,
die auch gegenwärtig wieder allgemein anerkannt wird. Ein prschtvolles
Werk romanischer Webekunst ist die Dalmatik des Kaiseis Heinric Ii II. im
Nationalmuseum zu Müncln ii, deren lirt itf lionliircii in snrfizf 'ni>clu r ^\ eise
kleine und grössere Medaillons mit Greifen zicrcu. Erst iu der Mitte des
AUgemeiiier Charakter denelben.
95
XIV. Jahrb., als Kiui>tweber©i Italiens einen solchen Aufschwung nahm,
(lass sie ihrer L»-lirmi'iNttTinnen entbehren konnte, hört Au- konvtiitioiitllf
Nachahmung der phnnta-tiNrlien Tierornaracntik iinf; mu h und nach finden
eiuheiuaüche, mehr zeitgeraüsse Motive endgiltig Kingaug. Bei Beginn der
gotbchen Eunatperiode erliseht der Elnfims orientaliselier Vorbilder hiiuieht-
lich der Muaterung und Farbenkomposition auf immer, und die volle Hin-
wirkung neuer germanisch-christlicher Fonuenbildungen auf das seitherige
romanische Omatiictit tnapht sich geltend. Die Weljekiinst verlii'^st teilweise
das Gebiet der Aral^eskenmotive und wendet sich von neuem, aber in er-
h&htem Siime, der Symbolik lu. Iwige Zeit hindurch ist die historisch
figtinerte Dustellung biblischer und profaner Motive, allegorischer Figuren,
von Sci'ii- ri<M> aus dem Leben des Heilandes in den für kirchliche, wie für
profane Z'ivt t ke bestimmten Seidengeweben vorherrschend. Bei der VorlielM^
für die bildhche Musterung finden grosse figurierte Ornamente, Wappen,
Eampftcenen u. s. w. rasch Blingung in diese moderne Kunstweise.
Auf jene, bis zum Scfaluas des XV. Jahrb. andauernde Periode der
B&ckkehr zur figürlichen Ornamentik folgt nun die zweite, die dem sieb
überall Bahn Vncthenden, rein dekorativen Pflünzengeranke (surazenischen
Vorbilde.s nach Semper) ilen Platz einrüiuut. Gewöhniich zeigt sich die
einer gewissen Kumtperiode eigene Zierweise auch in der Gewebeoma«
mentik; es ist daher als sehr b^iehnend anzusehen, dass sie das arehitek«
tonische Prinzip nun fernhielt, so .sehr da.sselbe auch die übrigen Künste üWr-
wnchrrfp, und ebenso verschmähte sie den ül)erall eiiulrin<4« mlrn Niitnmlis-
mus; es war, als oh sich eitie ganz ei<,r, iir, vollHtandig un:il)luuigige und
isolierte (iewebemusterung entwickele un(i ilire eigenen Balitien verfolge,
deren Ursprung, wenn man von den reichen und wirkungsvollen, aber sti-
listisch verschieden«! arabisch -matirischen Stoffen absieht, beinahe als spo-
radisch l>ezeichnet werden könnte. Die Element« sind, wie erwähnt, <lie
Pflnnzenmntive, dir jedoeli in «o miinni'jffarher Weise ausgebildet werden
und zur Ver^vendung gelangen, dass maji kamu nocli <las Urbild zu ent-
decken vermag. Dies gilt z. B. von der typi.Hcben Qranatapfelmusterung,
deren mannigfaltige Wiedergaben dem Original in d«r Natur so unähnlich
sind, dass sich ihre Benennung etwa wie eine Tradition unter d«'n Archäo-
logen fortpflanzt. Mit dem Auftauchen der durch die medicäische Anregung
wieder zu Ehren gelaugten antik -kla.ssischen Kunstformen, weicht im XV.
Jahrb. der frühere italienisch-germanische ') oder richtiger itaKeniscb-cbrist-
liche Typus der sogenannten neuitalieniseben Eunstweise zurück; die Ge-
webe zeigen vorwiegend einen auf <ler antik.ni Ornamentik beruhenden Stil.
Nachdem wir »mn den allL'eineinen Charakter der ganzen italienüsch-
&:auzöälsch-tiandrischen Epoche flüchtig berüiiri haben, wenden wir uus ihren
speciellen Ornamentmotiveu zu.
>) Bock, Qesob. d. lit Oewtoder. L S. 96.
96
Gnnfttepfdimiitorinig.
Mit der Gotik (seit dem XV. Jahrh.) vetNcliafft sich <ler Granatapfel,
„pomme (Vamoiir", als Mustcninsrsmotiv Einfj;anjT in die Soidonwcberci , ein
Motiv, dessen Ursprmij»^ aller W ahrscln inlichkeit nach im weiteren Orient
(Indien oder China) zu suchen ist. Ein indisches aus dem XI. Jabrh. her-
Btammendes Gewebe zeigt k. B. ein Ornament« das lebhaft an die Granat-
apfelmustening erinnert und auch im allgemeinen den CbaraVter der apat-
italienischen Kunstperiode trägt. Wenn somit der Granatapfel nach einiger
Meinung, und mich ich bin dieser Ausicht, als Avesta-siati'cViPn ri-vpmnjTf«!
anzusehen ist, so ist er nach Anderen*) das letzte Glied einer Entwicke-
luttgsreihe, die von der selbständigen Blattfigur der spaten Antike aumekend,
diese letztere in der Zeitperiode vom X, bis XII. Jahrb. in sfareng geban-
denor Weise vervielfältigt, und im XV. Jahrh. innerhall) dieses Vervielfal-
tigungsschema'* don ovalen Kern mit einer Anzahl radinler Blütpn mritft'>)An
hat. Ein genaueres Studium der gleichzeitigen Üruamentstile Italiens und Indiens
f&hrte den Verfesaer m der Üb»rieugung, da» das letztere auf die'Entwicke-
Inng der gotischen Oewebemusterung Ton unmittelbarem Einflüsse war; dazu
mag der rege Handelsverkehr nach der epochemachenden Weltreise Vasco
deGanias oder sonstig' !?f>/.ifl)iin<;en, oder sch!i^■^s]ich dio Vorwandtschaft
der Kunstan^ichauungen und der ,, V ölki i<fi ilanken'* l)eigetragen hal)en —
die Analogie der spitzen LinienTerschlingaiigen l&sst sich nicht verleugnen,
wenn auch in Europa unter dem Eindruck der klassischen Überbleibeel eine
gewisse R^lmissigkelt und Symmetrie der Kunstfbnnen Plats gegriffen
haben.
Das Granatapfelmuster behauptet sich mit dauerndem Erfolg in un-
endlich vielen Modifikationen und bei aller Mannigfaltigkeit mit erstaun-
licher Stilstrenge d^ Form das gsnse Jahrhundert hindurch und wird
meist mit gotisch-stilisiertem -Itlätterwerk, im Stil einer vielblattrigen Rose»
nrnfTflun. T)ii'<e Darstellnnir soll an. 'Ii rintT sym])oIisch-c1iristliehon Bedeu-
tung nicht iiitliohrpn. indem, wie einige haben sehen wollen, der (iranat-
apfel heiäse, autopfenide Liebe versinnbildlicht, welche Früchte bringt zum
ewigen Leben; diese letstere wird in Form einer sehwebenden Krone sym-
bolisiert. Wie bei den Griechen die Palmette, sagt Eiachbach'), sO
iisl der (iraiiat;iy)fi'l das typi.scln' Ornament dts Mittelalters. Bei beiden
Ornamenten ist die strahlende Kiittaltimt,' ans und um oinen Kern das We-
sentliche; aber während bei den Griechen nur die Schönheit der Bewegung
der schwankenden Ranke ▼orbenscbt, so ist bei dem gmnanischen Ornament
der gesunde, kraftstrotzende Kern und das reiche Blühen betont. Um den
blühenden Apfel bildet das Schema der Rose die Einrahmung. Alle Teile
stehen rn einander in Beziehnntjf, alles ist nach dfrn Prinzip der gotischen
Konstruktion geordnet und durchdacht. Wie die Filialen an einem Dome
*) Fischbach, Ornamente der Gewebe, Taf. XIIL
Bieg! in Boebm GeMb. der tediabdten Kflwite. Stuttgart 18M, 8. 37«.
1 Die GeMsbichte der TextUkunst, Hasaa 188S.
Digiii^uu by ^OOgle
Stilisierung dn Granatapfels.
97
die Steinmasse zu einem scheinbar wachsenden Organismus gestalten, so
wächst auch in dem Granatapfel muster eine Form aus der anderen, Uber-
ali ist blühendes, reich sich entfaltendes, ja oft iÜK'rquellendes Leben.
Knospe, Blüte, Blatt und Frucht ordnen sich in reichster Fülle.
In den Sammlungen verschiedener Museen j^iebt es viele mor^enländi-
sche Seidengewebe mit (iranatapfelmusterung meist aus dem XII. .lalirh.
In den»ell>en soll dieses Ornament die Königs- und Herrscherwürde sym-
lx>lisiert haben und Geschenke in der-
art Iwrau-sterten Stoffen galt<'n al.s Zei-
chen der ehrfurchtsvollsten Huldigung.
Als die eigentliche Heimat des Granat-
apfels auf europäischem Boden sind
aus zahlreichen altkölnischen Bil-
dern des XIV. und XV. Jahrb. der
Niederrhein und Brabant ermittelt wor-
den, wo der Granatapfel zu jener Zeit
die mannigfaltigste Anwendung fand.
In seiner Stilisierung gingen fol-
gende Metarmophosen vor ^ich. Zu
Anfang des XVI. Jahrb. erfährt das
ursprünglich einfache Motiv eine Wei-
terau.sbilduiig dadurch, das.s die Zweige,
weiche früher die Zwischenräume der
einzelnen Blumen ausfüllten, Ik'sou-
ders stark betont und als sell»stän-
digcre Omamentstreifen ausgebildet
werden. Im späteren Verlaufe (XVI.
.) anrh.) werden aus diesen btreifen reich i>*nxi(. ,
oniamentierte Bänder, welche die Mu-
sterung schräg durchziehen; in noch späterer Zeit nehmen diese Bänder
einen noch vorherrschenderen Platz in der Gruppierung ein. In dieser
Form erhält sich das Motiv bis in das XVII. .lahrh. Auffüllend schön und
stilistisch rein tritt der Granatapfel in den kostbaren. rarl>enreichen, gold-
durchwebten Seiden- und Samraetgeweben der burgundischen Epoche auf.
Die moderne Industrieomamentik brachte das Oniainent in dieser Form
wiederum zu Khren; sowohl in den Wandliekleidungen, Tapeten, wie in
den MülK'lstoffen findet es die häufigste Verwendung. Zu B<>ginn des XVI.
Jahrb. verliert der Granatapfel seine Sellwtändigkeit des Auftretens und
macht nach und nach dem zuerst in Nonlitalien aufgetauchten Streublnraen-
omament Platz.
Abgesehen von dem Granatapfelraotiv zeichnet sich die gotische Orqa-
raentik dadurch aus, dass ihre Motive nicht einem fremden, dem römischen
oder byzantinischen Stile, sondern grös.stenteils und oft unter dem Eiufluss
symbolischer Beziehungen der heimatlichen Pflanzenwelt entnommen wurden,
Bllbermkon, Dl« Beide. 7
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98
Oodk. Aufkommen der Koloristik.
80 das Kicht'ublatt mit oder oline Eichel, Buchenlaub, Weinblatt, Klee,
Epht'u, .Stt'fhpalme, Roso, Distel, Cichorie, (leranium, Veilchen, Malve, lla-
nunkfl, Mohn, »dU'ere »i. s. w. Erst in der Sjjätzeit der gotischen Stil-
periode traten antikisierende Elemente im Blattwerk auf, die ihren Ver-
fall kennzeichneten. Der konventionell-phantastische Stempel der romanischen
Kunstrichtung ist entschwunden und der treuen Nacbahniung der Natur-
niotive gewichen. Das
figürlicheElementin Form
einzelner (iestalten oder
ganzer Scenen tritt jetzt
Uberwiegend hervor. Im
XV.Jahrh.cndlichschwin-
«let die treibende Kraft,
welche die Werke der
Blutezeit durchzog, mehr
und mehr, und an Stelle
emster und stilvoller Kom-
bination treten Willkür,
Erstarrung und trockener
Schematismus auf.
Die gewaltigen Fortr
schritte der Kultur infolge
der Reformation, sowie
(iutenbergs Erfindung und
des dadurch geweckten
Geisteslebens, der Ent-
deckung Amerikas und
des dadurch hervorgerufe-
nen Wohlstandes zeitigten
eine Umwälzung auch auf
Fl«. 9. OruiBUprelmaaleranR >iu dem XVI. Jkbrb. Orlgloa) sa , . 7 n
Krefeld. dem Grcbiete der allge-
meinen lind speciell der
Textilornamentik, die in stark realistischer, kraftstrotzender Färbung im
Gegensätze zu jenem mysteriös-religiösen Zug, welcher die gesamte mittel-
alterliche Kunst und namentlich die Werke der Gotik kennzeichnete, zam
Ausdruck kam. In dnrchans prägnanter Weise äusserte sich der Ein-
fluss des uen erwachenden Lebens ebenfalls in der Wahl und Zusammen-
stellung der Farben, wozu auch die technischen Fortschritte der Färberei
beigetragen haben mögen. Mit matten, gebrochenen Farben ist keine Pracht
zu erzielen, sagt mit Recht Jacob Falke aber auch lebhafte und kräf-
tige Farben vermögen nicht den imposant erhebenden Eindruck hervorzu-
rufen, wenn sie in zu kleinen Teilen räanilicb durcheinander gemengt sind.
') Geschichte des modernen Geschmacks. Leipzig 1866, S. 33.
9%
Sie irerden wohl so einen zarten, anter Umstanden hOdut liArmoDischen
Scliininier büdon, wie die indi^^chen Kaschmirgewohe, einon ]?ro.ssen Eindruck
ahKT n!( ht hervorrufen. In derselben Weise wird ein zu zart gezeichnetes
Ornameut, wenn aach von vorzüglicher Ausbildang, aat dem breiten Grunde
vendiwindai nnd tob dar Farbe gedrfiekt irwd«D. Eine ilbaxvielM KombiBa-
tioo, T<m beflondm grellen Nnancen, kami begiafliekerweiM bei dem von Bmm
ans glänzenden Seidengewebe kaum
zur Erzielung der Harmonie beitra-
gen ; vielmehr ist es notwendig, dass
wenige kräftige Farben, die leb>
baft Toneinander abheben« aber
miterstOtzt von entsprechend gewähl-
ten matteren und trüberen Tynen,
in verschiedenen Schattierungen in
Terhältnismüs^ig i>reiten Flächen ge-
geneinander gestellt werden, nnd «war
in der Weise, dass weder der Grand
noch das Ornament einen überwiegen-
den Einfluss erreicht. Dann i.st es
Sache des Künstlers, das Ornaiuent
•elbet in eebwnng- nnd anadmek^
Tollen Formen zu zeichnen, nnd da-
rauf verstanden sich die Omaraen-
tisten des XV. Jahrh. in einer Weise,
die noch heutzutage ak mustergiltig
nnd auaehlaggebend beniehnet wei^
■den darf. Sie Terwendeten sn den rein
•omamentalen Geweben selten mehr
als zwei Farben, meistens Gold otler
Silber, entweder als Grund oder als
Mwtenmg einer anderen Farbe gegen-
ftbergeaiellt, nnd sie wuaslen das
oben angedeutete Verhältnis in solcher Weise anzuwenden, dass weder das
Gold die Farbe, noch die letztere das Metall beeinträchtigen konnte. Uni
jedoch den Effekt der Faser zum besseren Ausdruck zu bringen und das
Imponierende des Kolorits su Terstärken, bedurfte es der grandiosen Be-
bandlnng, wie wir sie in der Orosnnistemng der ^maKgea Brokate, 8am-
mete und Damaste finden kOonen.
Oer \virhti;4e Tbergang mittelalterlicher Kunst zur Renaissance vollzog
«ich zu Beginn des \V. .Jahrh. in Süditalien (Florenz) und bedeutete das
Wiederaufleben der antiken, heidnisch-klassischen Kunstweise, vorzugsweise
der rtmiseben Periode. Die Knnatrichtong der Fr&bieitaiisaiiee von der
Itfitte bb zn Ende des XV. Jahib. ebaiakterisiert neb daher im Beitreben,
4ie UaisiseheB Traditionen der nenoi QaiitssBtrSmnng anxnpassen nnd die
7*
»»IQ. nifl
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100
Perioden der Renaissance.
antiken Formen in wecbselvoUer Weise geistig zu verjüngen; der Symbolia-
mu8 wird gänzlich verlassen, das klassische Ornament realistischer gestaltet —
Bestrebungen, welche jedoch vom stilistischen Standpunkte aus nicht immer
von Erfolg begleitet waren.
Die Epoche der Renaissance hat somit die Grundidee der voraufgegan»
genen weiter verfolgt, aber zugleich in der Ornamentik eine gewisse Verwirrung
verursacht; denn, wenn man auch in der zweiten Hälfte des XVI. und im
XVII. Jahrh. die früher üblichen Püanzenmotive iu Form von den Gewebe-
grund durchstreifenden Umrandungen beibehalten sieht, so lässt sich an-
dererseits in denselben kein reiner Stil entdecken. Unter dem EinBusse der
Renaissance schwand aus der Gewebeornamentik das rein gotische Prinzip,
um nicht selten geistlosen, nachgeahm-
,'V^C|Mg^"'^^^J^r ^ tenoder unverstandenen Bildformen den
jr^^jf^jK^flLS^tf^K^jk Platz einzuräumen. Zwar erkennt man
^^flEi3r^*^^r *J^rjt^^ klassischen Renaissancemuster
&^^^^jB^fi^^^|i^^L^^ dem Pflanzengeranke, einen Nachklang
y^«^yW^r'*«<^^M^P»^y aus der vorhergehenden Epoche; im
.^jJ^JV i'V^rt^^^' allgemeinen ist aber das Ornament
J^^^WPV^ ^^amH^^^^ entstelltes Blumen- und Laubwerk,
dlWfyTiljm: 9^*^m welchem eine im antiken Stile ab-
P^^^-^JjTlUfCrf^^^rf^J gefasste Ptlauzenmusteruug mit meist
misslungenen Nachbildungen mauri-
• — * • - gelt. Gleichzeitig greift aber eine in
ng. 11. 8tr«aor„.««M.r..e Hilf.« d., xvu. Jahrh) ^„derem Sinne bessere Richtung Platz;
statt der gross entworfeneu Zeich-
nungen bricht sich die Kleinmusterung Bahn, die speciell auf dem Gebiete
der Pflanzenornamentik sehr erwünscht war, so dass die zweite Hälfte des
XVI. und die erste des XVII. .lahrh. die alleinige Herrschaft des Streu-
ornaments mit sich brachte, das meist in stilisierten Blüten und Blätter-
zweigen, auch iu kleinen konventionellen Verzierungen ohne naturalistisches
Vorbild zum Ausdruck kam; daneben bleibt der grosse regelmässige Granat-
apfel in gebundener Vervielfältigung, häufig in akanthisierenden Umbil-
dungen andauernd in Gebrauch. Die zweite Periode der Renaissance, vom
Beginn bis zu Ende des XVI. Jahrb., die sogenannte Hochrenaissance (Cin-
quecento), verfolgte dagegen die Idee der grössten Stilreinheit, und dieses
Streben nach der Erreichung höchster ästhetischer Schüuheit tritt iu den
Geweben gerade dieser Periode unverkennbar hervor. Die vielfach gewundene
und verschlungene Arabeske mit stilisierten Blüten bildet das Hauptmotiv
der Ornamentik, und durch freie Behandlung und hohen Schwung erreicht
sie eine uuül)ertroflFene Ausbildung.
Von der Mitte bis /um Schluss des XVII. Jahrh. geht die Stilisierung
voUstHudig verloren, und die Musterung italienischer wie französischer Seiden-
Barock und Rokoko.
101
stofife zeigt in freiester Behandlung von Frucht- und Bhimenmotiven beinahe
•ein naturalistisches Ornament. Man nimmt gleichzeitig, unter Tberwindung
technischer Schwierigkeiten, darauf Bedacht, den Glan/, durch Atlashindung
mehr zur Geltung zu bringen, während früher nur Taffet und Köper ab-
wechselten. Vorübergehend tritt in der zweiten Hälfte des Wll. Jahrb.
die Spitzenmusterung auf; sie wurde hervorgerufen durch das schwungvolle
Aufblühen der durch
Oolbert gefonlerten
Spitzenindnstrie.
Die Renaissance ent-
artete zuerst in Italien ;
Prunksucht und Willkür
verdrängten die vor-
nehnu' Regelmässigkeit
aus der auf der Antike
basierenden Ornamentik
des Cinquecento. Das
Streben nach malerischer
Wirkung und nach
überraschenden Effekten
verband sich mit einem
Hange zun» Bizarren und
führte endlich zum Ba-
rockstil und Rokoko,
d. i. zur gänzlichen Ent-
artung der Kunstan-
schauungen.
Mit dem Aufkom-
men des Barockstils
(Ende des XVII. Jahrh.)
unterwirft sich auch die
Musterung der Seiden-
gewebe dieser üppigen
Ornamentik. Der Ba-
rockstil war mehr auf grossen Effekt, als auf harmonischen Eindruck
berechnet. Obenschwengliche, sehr komplizierte IMumenrankcn, Guirlanden,
reiche Rosensträusse, welche fast den Fond des Gewebes verschwinden lassen,
behalten den Vorrang, um in der nachfolgenden Rokokoperiode einer Um-
gestaltung in das kleiumusterige Blumenoruanient anheira zu fallen, das in
Form von zerstreuten unzähligen Rosen, Blättern und Knospen zur Geltung
kommt. Dem Barock gehören die besseren, an die Epoche der Reuaissance
erinnernden Gewebe der letzten Hälfte des XVI. und aus dem Beginn des
XVII. Jahrb. an. Die Rokokostilrichtung entstand in der zweiten Hälfte
<le8 XVII. Jahrh. in Frankreich und wird wegen ihrer Unwahrheit und Ge-
Flg. 12. SpItMnmiutcrnng, XVII. lalirh. Original zu Krefeld.
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102
AnfUnge des Naturalismus.
schmacklosigkeit als Perücken- oder Zopfstil bezeichnet. Wohl wurden im
Rokoko wie in der Renaissance viele antike Motive verwendet, die Mehrzahl
derselben aber zu laupgewundenen Schnörkeln und willkürlichen Figuren ver-
zerrt, mit welchen mau in phantastischer Weise Frucht- und Blumengewinde,
reichen Schild- und Baud.schmuck, Fackeln, Füllhörner, Vasen, Muscheln,
Draperien mit Qua^^ten und Fransen, Genien. Masken u, s. w. verband. In
der Ubergangsperiode zwischen dem Barock und Rokoko (zweites Viertel
Flg. la BarockmaatcrnDg, XVn. Jthrh. Orlgin«! FIk 14. N»tarnliiitt»chc Mu-tcrunt;, XVIIl. Jshrb.
XU Krefeld. OrlRlnal za Krefeld.
des XVII. Jahrb.) kam eine Zeit lang die chinesische Musterung in Mode,
die outer Ludwig XV. Eingang gefunden hat. Dann folgte dsis Muschel-
motiv, von einem Lyoncr Künstler ausgeführt. Nach und nach aber ge-
langte wieder das Blumenornuinent zur Geltung, jedoch schon in einer aus-
gesprochen naturalistischen Weise, welche es der Lyoner Industrie verdankt.
Mit dem XVII. Jahrh. büsst die italienische Seidenweberei ihren Nim-
bus als Schul nieisterin der modernen Webekunst ein und tritt den Vorrang
an Frankreich ab, wo sowohl ihre iechniKchen wie künstlerischen Fort-
schritte der Lyoner Industrie, die l)ereits im XVI. Jahrh. namhafte Be-
deutung erlangt hatte, eine bis auf unsere Zeit tonangebende Stellung ver-
schafft haben. Die mächtige Kntwickelung der französischen Seidenmuuu-
faktur, sowohl durch das Aufblühen der Seideukultur, wie durch die tech-
nischen Fortschritte auf allen Gebieten der Seidenverarbeitung gefordert»
Seidenbau Italien*. Answandcrung der Uugcuotten.
103
sog alle iMMeren iodividaelten Kräfte naiL der französischen Metropole.
In ornamentaler Hinsicht versucht sich die französiftchfi We'*Mknii<t tmter
Louis XIV. in den buschigeo, lilrmendeu Mustern der italieuischea Barock-
weise in konveiitioiieUer ZiMaiiimeDsetzang, sie gemniit vaA» nkbftld ihre
Sellwt&Qdigkeit des spedfiseli franx9flischeD Charakters drsX VIII. Jahrh. «rieder,
und zwar iu den bunten, hellen, naturalistischen Blunii-n. die sie entweder
in Straafschen ül>pr tlie FÜirhe zcrÄtuTit nder in jresciiläu'jilten fJuirlanden
uneinanderreiht. lu technischer liezieiinuf^ ^'ilt diese Suile als der Höhe-
punkt der Seidenkunst n-eherei vor der Heranziehung der Mu^cbine. Das
Hanpl^biet bebaaptet die Damsetweberei mit banter Broscbierang, wojr^gen
Saromet mit seinen kräfti<ren. liefon Farl>entönen in weit «geringerem Mafse
zur Änwendnn<; jrclatiirf. \)vv (träcismus der nachfoljfenden lilassischen
Periode konnte dt-r KunslwclM'n'i ueuiij; bieten, und dadurrh fiel die Kr-
Andung des Jacquardstuhles zeitlich mit einer uu uud für .sich uniVuiht*
baren Periode der Textilornaraentik zusammeu. Die Kleinmui^ternnif des
dritten und vierten Decenniums unseres Jahrlmuderts unterscheidet sich von
derjenifi^en der unnntt«lbar nachfolj^'enden .luiir/ehnte durch ihn» iiiitütllche,
gefällijjfe Fürbuntj. Die .lacqnardinascliiuc hat ali*^r nnf dir 1; än-t U risclie
Seite der Seidenweberei bis heute uoch keinen jirügnanten Eniiius.s aus-
zuüben rermocht.
«
In gleichem Schiütt mit dem Verfall seiuer Kunst wel)eici gewinnt Ita-
lien in der Produktion der Bohsekle den Vorreug. Seit dem XVI. JsvhHi.
ist die Seidenaucht allmShlieh «u einem nationalen Oewerlic heraugewnchsen,
das Ix'rafen ist, eine immer •rrüsscrc Ausdehnung und in den wirtschaftlichen
Vi rliältnissen Italiens eine bedeutende Holle zu gewinnen. Im XV. faliih.
werden schon vielfache Hassen der grünen, gelben und weissen Kokons ge-
zogen ') Später wandt« man sich vorzugsweise der gelben Rasse ?.», weldie
auch im Laufe des XVII. und des XVUL Jahrb. (ausser einigen Gegenden
in Piemont und Ligurieri) ausschlieeslteb kultiviert worden ist-).
Die Wicltrrufung des F,dikte,s vfn Vinfps (108.^) gali tbr 1ms dahin
in stetigem V\ achstum begriffeneu Seiüeinudustie Frankreichs einen heftigen
Stoss. Über 80000 geübte Handwerker siedelu uach England und Deutsch-
land Aber, wo sie namentlieh in Berlin, Stuttgart, Crefeld, Dresden, Hanau
und anderwlrts dem daselbst bestehenden Seideufrcwcilic fi uclitbuie Anr*-<4iing
mitbringen. Es mag an dieser Stelle bei vorgehoben werden, da.>^s die land-
läufige Meinung: Deutsciiland. Hoihnul, England ntul dif nordischen
Reiche hätten ihre Seidenindujttne erst durch die iVauzosiselieu Ueiugies
erhalten, nach meinen früheren AnsfShrnngen keineswegs haltbar und nur
*) Lazzurelli, Bombjz. A. I50O.
*) Coraalia, Itoi. del fiombjM <i«l geUo.
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lO-l
Seideokultur in deutechen Landen.
insofern riclitig ist, als die Auswanderer der einhehiiisclicti TTultisiiu quan-
titative Stärkung und Anii irnnn; in Bezug auf neue Artikel, guteu (iescbmack
und verbesserte Teclmik verlieheu Laben.
Um dieselbe Zeit (XVI. Jahrb.) sehen wir die Anfänge deutscher S«d«n-
knltnr auflanchen. Oroase Sorgfalt verwendete W a 1 1 e n .'^ t < - i ti a u f d i« .selbe , u ud
man darf annehmen, dfis? narli meinem Beispiel viele andere Edelleute sie
ant" ihren Gütern eingeführt haben. Er schrieb an seinen Inspektor in
Gitscbiu: „n)U$.set sctiauen, wie alle Artes auf Gitschin introducirt werdeu
Ton Seiden- ond WoUarbeiten; ehe die ManlbearhSitnie gross geworden,
■o kann man Seda cmda ans Welsdilaad kommen hmem**^), 1696 hefuat
sich Prinzessin EliHabeth, Tocht! r Joachims II. von Brandenburg mii
der Seidenzucht, wolil mehr au.s Liebhaberei, als in «ernsterem Sinne. 159B
baut Liebauf in Kothenburg an der Tauber mit gutem Erfolg Seide.
1601 errichtet Friedrich I., Herzog von Württemberg, in Stuttgart gt^ssere
Knitnranlagen. Naeh dem dreissigjährigen Kriege fingt der Sädenban
von ncuini au fe.steren Hoden zu fa'-sen. Bae.sins lehrt uns in seiner
Scliwesier Martha, die er eine ..aUera I'allas" nennt, eine eifrige Beför-
üeriu des Seideubaue.s kennen und l>erichtet über ihre Versuche, die Seiden-
raupeu mit Salatblättern zu iüttern-j. Maria Sibjlla Graetia schreibt
ein Werk fiher die vnnderharen Verwandinngen der Seidraranpe *). Jo-
hannes Coleru.s und Salmasins empfehlen die Seidenkultur aufs unge-
legentlich.ste. In Bayern wurden nnter Kurfürst Max I. (1598 — 1651)
ausgedehnte Maulbeerpinntngen antjelegt. Schon ans den Zeiten Wil-
heUns VI. (1608— iö59j und Albrechts V. (lööO— 1579) existieren
Gartenreclmnngen, in denen Manlheerhanmo erwähnt sind. Max I. beab-
sichtigte auch die Seidencncht einznftthren und erknndigte sich im Lande
Ol>erall nach MaulVitierplantagen; die verheerenden Kriege der damaligen
Zeit verhiiidt rten jpdf>ch die weiteren Versuche. Unter dem Kurfürsten
Ferdinand Maria (1651 — 1679) war mau wieder bestrebt, die äeidenzucht
an heben nnd dnrch materielle Unterstützung zu fördern. Im Jahre 1664
entstand nnter Joaebim Beeher ein ausgedehnter SeidenbanTerein« der
jedoch ans Nebcngriinden bald auseinander ging. Kurfürst Max rnmnuel
(1G79 — I7*2r.) errichtete in Miinehen eine Seidenfabrik und Ma.\ 11. Uesa
1740 daselbst ein am Hofgurten ^fele;^f( nes Schloss für eine Seidenmanu-
faktur einricbteu. Al>er erst unter Max lü. (^1746 — 1777) begann eine
allgemeinere Verbreitung de« Seidengewerbes. 1759 ward«i avf fltntlidi^
Befehl unter vielen Geldopfem in MOnchen, Straubing, Landshnt, Bnr|^
hausen Plaiita<;en an;;ele<rt nnd aus dem Auslände SeidenzUchtcr nnd
-haspler berufen. 1760 wurde eine soiri nannte Seidenkommis-sion ernannt
und andere Anstalteu getrotien, um den Seidenbau zu fördern; das ganze
>) Valeotini, Hist. simpl. ref. III. 42. 1.
•) BoMii Uber de re vsetitiaria. V.
*i Sibjitft Oraefia, nota Mariaaa, L. d« Editearan nirabüs tnunmitatum«.
flndanVollnr in dcatalicB Landw.
105
UQteruebQien scheiterte iadessen aus fiuaazielleQ Gründen, da die private
InitiatiTe dabei in tbonliobater Weise e»g«idirlnkt wnnie. Der Regierunga-
«ntiitt Karl Theodors brachte keine Bessernng, die rerheereuden Kriege
trugen vielmehr dazn liei, das unrühmliche Kiule der lj:iyerisclu"ii Seidon-
zucht zu beschleunigen. Es wunleti zu dieser Zeit ül)er üOOOOO Stück
Maolbeerbaume gepflanzt, aus deiKu uur eiu klagliches Quantum Rohseide
hervorging. Zu gleicher Zeit rief das Mieslingen der Seidenemte in der
Pfalz den üuwillen der Bevölkerung gegen die Seidenkultur hervor, ao dass in
der Erbitterung samtliche Mauilieerbiliinie zerstört wunleii. Eine neue Periode
begann für Bayern 1823 — 1834 unter der He^ierung des Königs Maximi-
lian I. und baute sieb unter König Ludwig 1. weiter aus. Eine lieiLe von
Staftitnuinnern, n. a. von Hassi« nahmen sich der Seidenmeht eifrig an,
Oesellaohalten fnr wdtere Kreise (SeidenbanTereine) wurden gegrttndet
und Prilinien ausgesetzt. Die Beteiligung war eine äusseret lebhallA. Im
Jahre 1832 sollen in Bnyeni {Iber 4 Millionen Maulbeerbäume gestanden
haben, indessen entsprachen die pekuniären Kesnltate des Unternehmens
nicht alten Ansprflehen, so dass der J^fer bald beiriditlkh nachHess; 1838
waren nnr noch 400000 ^nme vorhimden. 1843 wnrde in Regensburg
eine Sddeninspektion nnter dem um die Sache wohlverdienten Premier
Ziegler errichtet; forner wurden Pflanzungen und unter Aktienbeteilipnng
Raupen ÄÜchtereieii augelegt. Trotz der interessanten Vorträge und Bro-
schüren war das allgemeine Interesse nach den gemachten Erfahrungen nur
noch ein sebriebwaehes; 1844 standen noch 24674 Binme, 1845 nnr 8006 im
ganzen Königreiche*). Ebensowenig Tcnnochte der 1847 ins Leben ge»
rufene mit grösstem Eifer betriebene „Frauen -Verein für Seidenzucht" dieses
Gewerbe nnfznrichten; mit wechselndem Erfolge be.stand der Verein 10 Jahre
iaug, die l'roduktion sank inzwischen, von ö Centneru Kokons im An-
fangsjahre, naeh nnd nach aaf ein Minimum und erlosoh in den allgemeinen
Krankbeitsjahren der 8eidenrau}>e (1866—1860) gänzlich. Der Hauptgrund
des Mi.sslin;(ens der Seidenzucht in Bayern, sowie überhaupt in ganz Deutsch-
land, lie^t in einem zu i^^rossen WobLstand der läudlieben Bevölkerung einer-
seits, dem zu kleinen Ertrag und zu grosi^er Mühe des Seidenbaues andererseits;
auwerdem andi in den nngflnstigen EHma- und BodenverhaitnisBen, da der
Maulbeerbaum 10 — 20 Jahre alt sein mnss, um gute Blätter su liefern.
In Sachsen wurden, obwohl man auf ein viel früheres Bestehen der
Seidenkultur als häusliches (Je werbe schliessen kann, erst zu Beginn des
XVlli. Jahrb. Maulbeerplantagen in grüäserem Mafsstabe angelegt, nament»
lieh in den Gegenden von Leipzig, Grimma, Wölkau, Meies«!, Rochlita,
Torgan n. a. 0.
Sowohl hier wie in Brandenburg fanden die auslandischen Seiden-
handwerker seit jeher jepliebe Unterstützung; die viel verheissenden An-
. fange wurden jedoch durch den 30jährigen Krieg zerstört, und was davon
•) Dr. Hari, Bajr. Ind.- a. OewerMilatl^ 1892 B. 58S.
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106
fiflidcBgmrarbo in danlMlMn Landaa.
ttbrig blieb, wftT Hiebt lebentfftbig genug, um neb von neuem aufniriebten.
Als sicli in deutschen Landen die Anacbaiiuiig zu verbreiteD anfing, es
sei Aufgabe dos Staates, die Industri»» rn nnterstilt/-en , fand der Na-
tionalökonom Ht.'cher, in dessen Plänen die Seidenkultur und -industrie
eiue bedeutende Kolle spielteu, Auklang bei dem KuriUrsten Karl Ludwig
TOB der Pfals: die guten Pline sebeiterten jedecb an den unglüeldiehen
Kriegsircignissen. Auch der Kurfürst Johann Philipp von Mainz betrieb
liei ^Vnr7,burg mit Erfolg die Seidenzucht. Alsdann rief P.ccher in Wien
und München Seidcnntanufaktnrconipa«?!''^'^! in" Lehen, die anlünglich zwar
gut gediehen, bald jetloch infolge der mangelhaften iSubsistenzmitlel ein-
gingen. In Saebaen batte dagegen das Sddengewerbe festen Fuss gefaast,
wie beispielsweise in Langensalsa, und der Hauptmarkt zu Leipzig 1>esa88
schon allein de>lialb Leben.srähigkeit, weil man damals die französischen Fa-
brikate aus politischen Gründen sorgfältig mied. Zu Beginn des XV'fIT. .Tahrh.
wurde auch in Leipzig von Apel und Böttcher die erüte gro8.se Seiden-
manofaktur errichtet.
Neben der sacbsiscben and bamburgiscben lnduBtrie arbeiteten etcb die
wflrtterobeigischet die hessische in Hanau und die pfalzische Industrie em-
por und erfuhren durcli die An-ietle!nn«^ französiscber Auswanderer (der •
Hugenotten und Waldenser) krätiigen Zuwadis.
Die .VufuQge der Hamburger Öeidenmunufaktur reichen an da.s Knde
des XVI. Jahrb., wo niederl&ndiscbe Reformierte die Sammet- und Taf-
fetfabrikation nach der charakteristischen Antwerpener Art eingeriebtet
haben. Der dreissiLrjriliii'^r Krieg, def da< üliri^'e Deutschland in wirt-
schaftlicher Eutwickelung um ein lulubundert zurückwarf, iierührte die
Hamburger Industrie nicht oder kam ihr vielmehr zu gute, weil gerade
infolge des Krieges die Ansfnbr naeb den nbrigm deatsoben Landern
einen bedeutenden Aufschwung erhielt; in das Ebude des XYII. und die
erste Hälfte des XVIIL Jahrh. fällt die Zeit ihrer höchsten Blüte.
In Österreich hatte Pochcr in Wien, wohin er in Sachen der bnveri-
scheu Compaguie gekommen war, die Oriindung einer österreichischen Sei-
dencompagnie fibwnonnnenf was man ibm indesien in Bayern aebr ver^
fibelte, so dass man sich sogar dasn binreissen liess, seine Bandmnhle au ler-
stören. Becher blieb in Osterreich und errichtete (1666) in Walpersdorf
die erste ,,seydeiie Fabrica und Manufactur". In dem sogenannten Mann-
fakturenhaus auf dem Tabor iu Wieu, das 1676 angelegt wurde, bestaod
auch eine Abteilung für Seidenmanufaktar, zwei liaudmühleu für „puren
Seidenbandt" nnd «ine ISr „Floretgladtbandt**; das Qana ist bei dw swelten
Belagerung Wiens (1683) niedergebrannt und ist seitdem jede Spur too
ibm verloren gegangen.
In Preusseu hatten die Hohenzollern mit richtigem Scharfblick die Bedeu-
tung der Seideuindustrie für den Staat und die demselben hieraus erwachsenden
pekunüren Torteile mrkannt; ihre ßinfObrung wurde als eine bandelapolitiaeha
Pflicht erachtet, der sich der fortscbreitende Staat nioht eataiahen durfte. Dnveh
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Pr«iiai«ii. Ni«<leiTb«iii.
107
das Beispiel Frankreiehs and Sacbsens angeregt, neliin nch der Groew Enrfllnt
des Gewerbes eifrig an; doch blieben die Uniemebmungen der eiubeimischen
Indastriellen lange Zeit ohne Erfolg und erst die Einwanderung französi-
scher llefugies 16Ö6 brachte eiue entscheidende Wendung. Zwar fehlte es
den ISnwMidemii fatt ateti an Kapitalf doch seheate dar Kurftlnt ndi nbht,
neue Anlagen financlell zn nnterrtfitaen nsd hald blfihten in den hngenotii-
acben Zofluchtsstätten, besonders in Magdeburg, neue Fabriken aaf. Die
seideugewerbliche Tbätigkeit fand in PreiJ!«sen allerdings nur in Herlin einen
fruchtbaren Boden, wo der Pariser Jean Biet 18 Stühle uutstellte. Neben-
bei traten viele kleinere Betriebe ins Leben, denen es jedoch an Kapitalien
fehlte and die dadnrcb niebt über das Kleingewerbe emporkamen. Brst
unter Friedrich Wiliicliu I. trat seit 1713 insofern eine Besserang ein,
als derselljL' der Seidenziiclit selbst einen t^rösseren Werf liei/ulepen p;ewillt
war. Ausserdem suchte der König durch Einfuhrvcrb<tte und hohe l'iotek-
tionszüUe die iuläudiäcbe iudu.strie nach Möglichkeit /m .HcliUt^en; es gelang
ihm jedoeh nicht, trotz der einigen grösseren Fabriken in Potsdam, Berlin nnd
Magdeburg erteilten Privilegien, derselben eine dauernde Fortentwickelnng zu
sichern. „Die AusfSliranrr des Werkes erwies sich doeli für die Kräfte des
jungen Staates zu sclnvierig, nur sehr langsam, Schritt für ächritt, konn-
ten die vorgesteckten Ziele erreicht werden" *).
Ünter wesentlich . anderen Verhältnissen entwickelte sich das Seiden^
gewerbe unterdessen in einem entl^enen Winkel des Staates, nSmUch in
dem damals nur 1900 Einwohner zählenden Städtchen Crefekl. Zuerst wurde
hier die durch Niederländer eingeführte Leinenweberei betrieben; nünmlich
aber verlor diese bei der krattvollea initiative der Begründer der Crefelder
Seidenindastrie, der Ton der Lejen, immer mehr an Boden. Heinrich
von der Lejen, ein hoUkndiacher Hennonit, erwarb im J. 1668 das Bttrgar^
recht in Crefeld; im J. 1670 wurden schon Gallons, ein Jahrzehnt später auch
Sammefbruider gewebt; von Heinrichs Bruder wurde alsdann eine Zwirnerei, von
anderen Brüdern Sammetfabriken angelegt. Der Betrieb war huusindustriell,
jedem Meister wurden Gesellen zugeteilt. Im Jahre 1721 wurde die erste
') Acta boruasico. DenkniMer der pr«>iissi^n}iPii Rt iut-verwaltung im XVIII. Jahrb.
Die prenwische äeideniadtwtrie im XVlli. Jahrb. und ihre Begründung durch ftiedriob
den 0ranea. Bearbsitat von O. Behmoller ond 0. Hintte. Berlin ISftS. 8 Bde. —
1. Band: Urkunden uiul .\ k t s t ii eke: I. Von der Aufnafame der Kefugi^a bis zum
RegierangaaDtritt Friedricba II. (l 68b -1 740). II. Vom Regierangaantritt Friedriclu U.
bis sum Ansbmeh dM aieben jährigen Krieges (1740— 1766). III. Von Beginn de« «iebeii«
jlbriRon lvrii>,'<;-( Iii- r-)ir tiberwindung der n Abaatikriais nach dem Kriege (1756
— 1768). — 2. Baad: IV. Von Überwindung der grooen Kriai« bi» mm Tode Friedridu
im OroaMO (17<9— ITU). T. Tom Tode Th'edriebt des Oromn Im lum Ende des
allen Systems ft 7SG — 1 80(51. VI. StatistiBche Beilagen. VII. Zur Entwickelung der Cre-
felder Seulenindustric im XVIII. Jahrb. — 8. Band stand mir arsprangUoh nicht sor
Verruguiig; idi war daher auf die flkiae in der .Leipi. Honateebrift iOr Teititind.* Hell
1, 2. 8 (1898) vorwifiMii.
108
CraMder Indastrie.
SeidenfiLrberei errielitet *}. 1750 gelang ea, im rheinprauriieben Gebiet die
Befreiung der Robseide von allen ZSllen, Lioenten und Ac^nn za erwitlran.
Ans Frankreich und Itfiltfn wurden gewandte Handwerker verschrieben, und
als einmal Audreae in Miillieim den Versoch machte, einen solchen auf-
zuhalten, wandte sich von der Lejen an Friedrich d. Gr., derdiekate-
gorisohe Epistel erlicw: „wofern die Mfilheimer dea Kerl nicht ireilaaaen,
tollen meine Soldaten ihn holen". Auch Maschinen nnd Geräte Hessen die
von der Leven aus Holland und Frankreich kommen. 1759 erhielt die
Firma ein Monopol auf Hand- und Zwirnmühlen, während sie auf Fonlards
schon früher ein Patent erhalten hatte. Nach dem siebenjährigen Kriege
wandten sieh die Konkarrenten an den König mit der Bitte nm Freibandel-
erlass, indem sie anfahrten, dass durch „viele Fabriken die Aemalation nnd
die liiitt» der Arbeit verbessert, das Land penplirt, Accisen nnd Zidle ver-
mehrt werden"; dio Oe^nche blieben j^^doch erfolglos. Erst nach dem Ein-
marsch der Franzosen im J. 1794 waren die Monopole von selbst gefallen
nnd viele neue Fabriken wandten eich deren nnnm^r freigelanenen Ana-
bentnng w. In den eeehriger Jahren beieULftigte von d«r Leyen 15—18
Zwimmuhlen mit 300, 200 Hancbnühlen mit lOOO und 500 Webstühle mit
l.iOO Arbeitern, wovon 140 auf Saraniet, IIS auf faronnierto Tücher, 102
auf einfache Tücher, 97 kleinere Stühle auf Bänder, 43 auf Soesjes etc.
Gehr. Floh hatten 100 Sammet-, und Preyers & Co. 30 Sammet- und
209 Sammetbandsttthb. Es wnrde, um die seitweilige Answandemng der
Weber zu verhüten, auch in den .<ichlechten Jahren, wenn auch auf LagW«
gearbeitet, so z. Ii. im .T. 17^7, wo die Krhöbnnp der Hobseidenpreise uro
^0%, eine Stockung des liclrRbes herbeigeführt hatte. Das Städtchen hob
«ich Ton 866 im J. 1722 auf 4500 meist in der Seideniudnstric beschäftigte
Einwohner and cfthlte 1787 deren 5928: eine grosse Anzahl Werkstätten ar-
beitete ausserdem in der Umgegend im Dienste der Firma von der Leyen.
Der Verfall der Seidenindustrie in Holland braclite der Crefelder einen nnschätz-
baren Vorteil. Ganz im (iegensatz zu Prenssen henihte liier die Industrie,
ohne staatliche Unterstützung, auf privatem Luteruehmungsgeist uud ver-
fügte fiber ausgedehnte Terbindangen im Anslande, besonders in Holland
and Polen.
I ber Viersen finden .'(ich Xachrichten aus dem J. 1 7><() -) über Samraet-
bandwelier ( Lindwirkor); sie verdienten viel und profzten ^^ern mit ihren
Kroneuthalern, zum grossen Ärger ihrer ländlichen Nachbarn; als aber 1812
das Samroetband ausser Mode kam, h5rte der Wohlstand anf nnd die Weber
serstrenten sieh überallhin in andere Fabriken.
Inzwischen waudte sich in Preussen gleich beim Antritt der Regierung
Friedrich d. Gr. der Seidenindustrie zu, ,,da itzo alle auswärtigen Staaten
und fast die ganze Welt sich auf Manufacturen beüeissigen". Der Chef
*) Keusaen, Gescbicbte der Stadt Crefeld. 186&.
SehrOteUr, Bentiehlrait und Stadt Vimsb. IWl. S. 92B.
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Piflaa«iMhM S«id«Bgewtrbe.
109
d€B BOgeii. „fttnflen Departements für Comtnercieu und Manufacturen^S
V. Marschall, versuchte die AViederbelebung der Seidenzucht, die er unter
anderem in den Waisenhäusern 1>etreiben Hess. Freilich gaben diese MaPs-
nahmeu nnd auch die pekuniäre Unterstatzung des Staates dem Öeideugewerbe
sieht den erhoften Aafrebwung, doeh wftr, ab t. Mftneliall 1749 starb, ein
liedeatender Forlndintt m verzeichnen. In Berlin arbeiteten schon ca. iOOO
Sttihle, in Potsdam 100 — 200. Der Seidenbau erstreckte sich zuerst nur
auf die Kunnark, seit 1750 dehnte er sich anch aaf Pommern, die Neu-
nuurk, Magdeburg und Ualberstadt au», wo zumeist Geistliche nnd ScbnJ-
lefarer eich damit befanten. Fttr bciodbre Erfolge wurden FAmieu wie-
gesetst, nnd eine Anxahl von „Plantageninspektoren" beanCnebtigte die
in stetigem Wachstum begriffene Knttnr. So gab es zn Beginn des
siebeniährigen Krieges lOOOOO erfrat^sfähifre Banrae; die Sridenproduktion be-
trug 1754 scbou '2G37 Pfund, von welchen die Kurmark allein 1835 Pfund
geliefert hatte. Die einbünuaebe Seidenweberei wurde gleudkzeitig durdi 11 ar-
scball, Gotxkowsky und sebliesslich den Kdnig selbst untentütet nnd
durch grosse Zölle, sowie 1756 durch das endgiltige Einfuhrterbot aller frem-
den Seldrnwaren und die Ausfahrprämien von 4 — B% in anssergewOhnliebw
Weise zu fordern ^osnrht.
Der siebenjtiiirige Krieg berührte naturgemäsa auch die Seidenindostrie,
welcher noeb schlimmerer Sebeden dnrob finanzielle Krisen im Auslande
und die Bankerotte inländischer Beidenmanufaktureii zugefügt wurde. Die
durch den König veranlasstiu Miirsriiihiiun hinderten jedoch ihren ijiinz-
lichcn Stillstand. Diese Mulsnahnieu be-stiinden in der liegelnnff des Wrhült-
nisseü zwischen den Verlegern und den Meistern, der Kiuriuhlung eines Ge-
werbegeriobtee sowie der Geweriwpolisei, der Arbeiterenttassnngsscbeine und der
Anfetellnng eineM Reglements für die Seidenfuliriken, d&a nach dem Yorbilde
des in Lyon geltenden entworfen war. Auch jiekuuilire Unfersfitr-inf^on
Hess der König dem Seidengewerbe zu teil werden; dahin gehört zunächst
ein ZuschoBS von 10% für alle auf der Frankfurter Messe verkauften
Waren, und spater «ne PrKmie Ton 8 des Wertes für die prodnsierten
im „burean dn poids des smeries" gewogenen, auf ihre Güte geprüften
Seidenzeuge. Die Konterbande und sogar die Einfuhr der Hamburger und
Crefelder Waren wurde streng uberwacht. Durch Einrichtnng sogenannter
Seidenmagazine sollte der Fabrikation die Beschaffung des Eohmaterials,
das vom Staate aas Hallen belogen wurde, erleiobtert werden. Unter den
Staateminnem bestand snr Zeit eine scharfo Meinnngsrenehiedenheit, die
durch die dabei beteiligten Parteien der Fabrikanten einerseits, nnd der
Seidenkaufleute andererseits zn einem erbitterten Kampfe geschürt wurde.
Es wurde vorgeschlagen, die Einfuhr fremder öeidenfabrikate freizugeben,
dieselbe jedoch mit hohen Abgaben zu belasten; die Unzulässigkeit dieser
Mabregel unter den ^maligen V^rbaltniaeen wurde jedoeh bald ev«
kennt, denn bei hoher Vwanseblagnng der Einfuhrzölle würde der
Sehmnggri betraehUicb gef5rdert, b« niedriger ihr eigentlicher Zweck Ter*
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110
FtmmKbm Seidcogewwb«.
feliU worden seia. Die andere Partei, welcher mehr Erfoljif bMChi€den wmr«
verfocht die Erlangtmcf eines gäii^lirb 'n Einfulirverbots
Das Verbot dt>r Kiiiluhr fremder Fabrikate rief uatiirlicli auch in den
Nochbarstaatea, beäouUers iu Sachsen uad Osterreich, gleiche Mafsregela
hmor. Ostorreich Terboi 1766 die Ehifabr fimnder SddeDwaren, weil
Maria Theresia damals in ähnlicher Weise wie Preoaieii« die inländiaelie
SeidL-niiidustrie ZU fördern suchte. Die andauernde Fürsorge, welche Fried-
rich der (.iro,<so dem Seidengewerbe widmete, war jedoch kciue Nach-
ahmnng, sondern ein Ausdruck der allgemein merkantiiischen Bestrebungen
und Ziele «einer Gewerbepolitik, die mf die EnreekiiDg und AtunfttcaDg
aller prodnktiTen Krlfte des Landes en^ng. Seine hendelqpolitisehmi
Mafsnahmen zeitigten eaoh AUbald die Erscheinung, den die fremden Fe«
brikate nUmählich vom Markte verschwanden. 1772 waren anf den Mejiseil
noch au 660 OOü Elten fremder Fabrikate verkauft wordeu, z&hn Jahre
ep&ter war es nicht mehr ein Drittel davon, während der Absatz einbdiui->
aeher Waren von 236000 Ellen anf 466000 geeUegen war. 1776 warm
in Potadam 118 Seiden- und 55 Sammetwebstuhle in Thitigkeit, 1780
144 und 73; in Berlin arbeiteten 1783 deren ^'ilG.
Zu Beginn der achtziger Jahre geriet der Absatz und somit auch die
Fabrikation am mannigfachen politiKchen Gründen (u. a. Verbot Dänemarks,
fremde Seidenfkbrikate einntfilhren nnd Tenninderter Absats nach Bnadand
und Polen), sowie infolge von Arbeiterunruhen in Stockung.
Trotz aller staatspolitischen Miir>^nabmen Friedrichs des Grossen
konntfu die Prei.st- der Seidenstoffe info[(^e des tenrfn !N>hmaterialä und der
hohen Arbeiterlöhne mit den französischen nicht lu Konkurrenz treten. Nach
nnd nach entwickelten sidi jedoeb zugleich mit der Falnikation teurer Gewebe
auch die Halbseidenindastrie nnd die Specialgewerbe, wie die Qamnlabrilnn«
Strompfwirkereien, Bandwebereien, Blonden- nud Spitcenfabriken, Stickereien
u. s, w. In den Seidenmanufaktun ii der Kurmark waren f^egen Ende der
Regierung Friedrichs des Gros&cu (1785) 2935 Stühle thätig, auf denen
for 2197734 Tbaler produziert wurde; in deueu der Mlieben Provin-
aeii, anndtliestlidi Soblenens, 3122 Stahle mit einer Produktion tod
2302507 Tfaaleni. Das rit r/ocrtam Mafjdebarg kam mit 152 Stühlen und
einer Produktion von 93691 Tl .ili rn in Betracht. In den anderen Provin-
zen war das Seidengewerbe unbedeutend: in Stettin xind Königsberg wurden
Bänder, in Schidlitz bei Dan^ig seidene Schärpen, in Schlesien Bänder nnd
Posamente, nnd in Beiün specielle nach dem Crefelder Muster gewebte
Binder gefertigt.
Die S'idenknltur wurde weiter in jeglicher Weis«- gefordert, sowohl
durch Anlognntr von Manlbeerftlantagen, wie durch Prämien, so dass der
Ertrag von 2öiü iluud i. J. 1766 auf llöOO Pfund i. J. 17Ö2 süeg. 1773
wurden in Pkeomen 663329 Maulbeerbftome i«r Seidenknltnr heraage-
*) Mayet, Übrne die SMdeafcbväeB im BiaadenboifiMlMa. Biriin 1716.
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Süd- nnd mitteldeataoh« StMten.
III
sogen*), nachdem 1768 cLt et-ste Damast aus preussischer Seide gewebt wor-
den wnr. In Btrliii wardt- eine CVntnilhiispolanstult iini^clogt sowie eine Zwir-
nerei, die uameutlich Nüliscidp herNtcUtMi soUto, iind im .Jahre 1781 wurde
ao» Preossen bereits Seide im Werte von 1 137043 Thalem ausgeführt.
NmIi Friedrichs des Grossen Tode blieben *mr im grossen and
gansen seine trefflichen ISiniiohtnngen bestebeo, obmhl sich schon Gegen-
stromnngen geltend machten. Besonders sorgte Struensee noch einige
Zeit für die Erhaltung des Seidenbaues und erlioss 1792 eine Schrift zur
Belehrung der Seidenzüchter; aUmälicb über schwand das Seidengewerbe
wie die Seidenknltnr immer mehr nad mehr, nnd nnr Toeinidt sah man
Frsoen mid Kinder in Baaemgehftftea ihre freie Zeit der Pfleupe Ton Seiden-
würmern zuwenden. Friedrich Wilhelm IIL temacbrassijrte die Seiden-
industrie. Indesppn kam sie, dank den schweren wirtsclmftlichi n Verhält-
nissen in Lyon, trotzdem nochmals wieder in Aa&chwung, um jedoch nach
koraer Zeit sehon wieder abznnehmen.
In den sftddenlsehen Staaten schritt das Seidei^owerbe inswiochen
langsam, :iher in sicheren Bahnen Torwirts, und wenn auch die Produktion
rar Au.st'iilinmj^ von Fiil>rik;itpn zu gerinpf war, so genügten die letzteren
doch voUkonimeii für den iiiliindischon Vi rbniucli. In Aiijji?1>arg wollte man
1713 das Seiden kämmen, also die Verurbfitung der hich bei Kultur, üas-
iderei n. s. w. ergebenden AbfUlle einfuhren, wogegen jedodi die Borten-
wirker Einsprache erlioben, weil sie die Konkurrenz des neuen Rohmaterials
und Verbilligung der Fabrikate befürchteten. Getreu die Mitte des XVIII.
Jahrh. erhielt Augsburgs S^'idenmannfaktur durch Anlage neuer Webereien
unter Hmzuziehung von tiroler und italienLschen Handwerkern einen niciii un-
bedeutenden Vorsprung*, obwohl bald nach dem Tode des Begründer« Hünob
die neoen Fabriken eingingen, so worden 1793 von Pellonx nnd Bren-
tano dafür andere gegründet, die von sehr gntem Erfolg begleitet waren.
Nicht 80 erfreulich erging es dem niitteldentschen Seidengewerbe, das
einesteils weniger unabhängig war und unter dem nagünstigen Einfloss
preossisalier Merkantilpolitik stand, andererseits aber nnto* den Wirren der
Sjiegsaeit an leiden luitte. In Saehsm, nnd iwar ra Meitsehen bei Toigan,
war iuich während des siebenjährigen Krieges eine sehr grosse, nach italie-
nischer Art betriebene Seidenhivaplerei und -zwimerei von Rabe im Betrieb,
die der König durch Miiitärbesatzung schützen musste. Sie ging jedoch
ebenso, wie viele andere Manufakturen, zu Leipzig, Langensalza, Chemnitz,
Dresden, Meissen n. a. 0., gans wie in Berlin, in demsdben Habe rar&ck,
wie sieh das Seidengewerbe in Grefdd nnd Elberfeld, nnd im Sfldeo in Wien,
10 immer höherer Blüte emporschwang.
Die Verhältnisse in Crefeld, das seit 1794 sich in den Händen der
*) Bozhora, Iiut polii.
Beekmann, Gescb. d. Brlnd.
Poppe, OcMb. d. TBcknolepe,
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112
Preuuen. Crefeld. Andere deutsche Lftnder.
Franzosen befand, bewirkten, dass die Crefelder Wiiron nur schwer Ein-
gang in jmdfrp Provinzen fanden, so duss ihre Konkurrenz dir anderen
deutschen Manufaktaren nicht gerade oninittelbar druckend beeinilusste. Die
stfwtlichen Unteratatzangen Preu»^ erfalire& onterdetten bedeuimide EiiH
achrinkuitg, und auch der Seidenbau litt unter den Miaiemten und man-
gelnder Pthnoqgie des Königs. Die Katastfophe von 1806 bradite die bran-
denburi^ische S«»idf»nindu>tri(' <filwpi"ip in ^än/lifhen Verfall und in den
siebziger Jahren hat sie schliesslich endgültig aufgehört zu existieren. Nur
die Färberei ist geblieben. SpecicU die Franaoeen und (Israeliten erwarben
eicht wenn auch in Belbatsttchilger Absiebt, um die Emporbringong der
prettssischen Seidenmnnufaktur nicht geringe Verdienste.
Während die Ereignisse von 1806 die Berliner Industrie zu Grunde
richteten, entwickelte f^irh die Crefelder Fabrikation imter fninzösischer
Herrschaft immer mehr und gelangte unter dem Walten der alles gleich-
machend«! Bepablik, dank der Beseitigung der Monopole, alsbald au einer
glänzenden Existenz und nach und nach zu ihrer gegen wSrtigen, in der
deutschen 8* idenirulustrit' dominierenden Stellung.
j^oit 1845 kiini in Pronsisen ein regeres Interesse für Seidenkultur zum
Ausdruck, das auf jede mögliche Weise durch Verteilung von Raupeneiera
und Maulbeenamen, Hoausgabe unafthliger belehrendw Sehriften Aber den
Seidenbau, Üffentliebe VortrSge n. s. w. gefördert wurde und von Ramm-
low, T. Türk, Friedheim, Waa^ner, Bolzani, Töpfer, Heese u. a.
mit ppltener Ausdauer jTpl, it( t wurde Noch bis vor einem .lahrzehnt be-
standen zu Potsdam, Stegtitz bei Berlin, Trebbin, Paradies, Buuzluu, Prettin
und a. 0. nieht unbedeut^ide Haspel- und Mulinieranstalten, ebenso in der
Rheinprovins au Crefeld nnd Barmen, die aber sbntlich der aur Gnw»-
industoie emporwachaeuden ausländischen, namentlich der ftanaftsischen und
italienischen Konkurrenz nntcrlingen mussten.
in den übrigen deutsciien Ländern bestand zu i^ilang unseres Jahr-
hunderts noch hie und da die Seidenmanufaktur, welche, wie alle Industrien,
sich der modem«i Untwiekelung ansnpassen suchte; in einigen Städten
fasste sie auch festeren Boden und brachte es in einigen Specialitäten
zu einer nicht gt rlngen Voltkoinmenhcit. 1852 waren in Augshur|j; "iber
200 Webstühle in Thäligkeit, die ausser den einfachen Stoffen auch Da-
maste, Sammete und moirierte Gewebe erzeugten, in der bayerischen Pfalz
(Kaiserslautem) wurde 1858 eine grosse Seidenweberei gegründet, die Atlaaae
und geblümte Zeuge anfertigte. 1875 waren in Bajem insgesamt 154
Webereien in Thätigkeif.
In Ostorrcich wnrdrn die Hestrfbnnj»(*n um die Hebung der Seiden-
industrie seit dem Beginn des Jahrhunderts sehr energisch aufgenommen,
wobei sich bauptsichlich das Seidenhaua Chwalla nicht geringe Verdienste
erworben hat.
Auch nach den Niederlanden brachten die franzSaischen Auswanderer
dem Seidengewerbe fruchtbare Anregung und erhoben es in kurzer Zeit
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Niederlande
113
sur hohen Bläte. Zwar wuixle schon früher (1682) m Amaierdani eine
Weborci mit einer für jcnf Zeit des hausindustriellen Betriebs svhr erheb-
lichen Anzahl von 110 VVeljsLiihlen errichtet, doch gelang es erst mit Unter-
stützung der Refugies, in Utrecht eine Fabrik anzulegen, die 500 Arbeiter
nnterhiali und «uamrhalb noch ilOO WebstShlen Bewbiftigiuig g»b, sowie
für eigenen Bedarf 82 Seidenuittblen betrieb; erst IB16 ging dieselbe ein >).
In Tlaarlcm wurden grosse Sciilon-, Halb-seidon- nnJ (ia/.efaliriken, in Utrecht
und Naardfii Samraetwebereien angelegt. ,,1 )ic HoUin'l' r, sagt Davenant
(1697), haben eine äolche Seidenmauutaktur in ibri.in Laude, cla.^.s wir von
d<Hrt mehr Seide importieren, als wir von Indien hierherbringen; .... der
grSflste Teil der Sunmete kommt aas Holknd"'). Auf dem spanischen
Markt vermochten die holländischen Seidenstoffe sogar die französischen
Fabrikate zu verdrängen'). Dir- Sciib nindustrie Haarlt'itw gab noch zur
Zeit ilires s|>äterea Verfalls löOOO Menschen Beschüft igimg. Wie gross der
Vorteil war, den die neuen Muiufektmren dem Lande brachten, zeigt u. a.
eine Berechnung, daaa von 1688—96 der Nationalreiehtum der Nicderiande
ach um 7700000 / vermehrt hat*). Die Gewerbeverfassung hat durch
.strenge Gesetze auf die Güte der Fabrikate hingearbeitet; u. a. mussten die
SeideuTairber iu Amsterdam die Versicherung abgeben» dass sie die äeide
nieht erschweren würden*). Die Gewehe wnrdm amtlieh nntemnoht und
mit dem Stadiaiegel versehen, welches bei der Tonugsweise entwiekelten
Hausindustrie dem Käufer dieselbe Garantie bot, wie ein renoiniiiit rti i
Firmenst*»nipel in jftzigoii Zi itt n. .Mm r t^chon im ersten Viertel tl. s X\ III.
Jahrb. blasen sich sichere AnzciLhcn des bevorstehenden Verfalls der Seiden-
manufaktur, wie Uberhaupt der gt .sarateu niederländiscbeu Gewerbeth&tig>
keit konstatieren; auf dessen Ursachen will ich hier nicht naher ein-
gehen: hohe Arbeitslöhne, drückende Steuer, Verbot des Betriebs auf dem
flachen LainL', nti/.w-'cluuüsM^'*' Zollpolitik und schliesslich mangelhafte Zu-
fuhr des Hobnuiterials liurth die ostindische Compagnie (seit 1760) können
als solclie genannt werden. In der Denkschrift eines Seidenfabrikanten
von 1774 heittt es: „Früher erhielten dureh die Seiden- und Seidenstoff*
fabriken mehr .Menschen ArW'it, als durch die ganze ostindische Com-
pagnie"*). Zwar wurden am li Milfcl in Vorschlag gebracht, um dii' mitcr-
gehcTide Seidenindtistrif y.u iirlu n, ilocli zu spät, um mit der von Frank-
reich, England und dem Niederrliem erwach.seneu Konkurrenz einen irgend-
wie aussichtsreichen Kampf aufnehmen zu künnen.
In Rnssland liest Peter der Grosse, dureh das Beispiel Preussens an-
M rtrecht-ch tijMx'hrift, 183'., S. 226.
■) Essay OQ tbs £a«t lodia tiade. Works I. 109.
*) Bottlitle, Oorretpondanee dM contrftleors gen^raox I. Ho. It06.
*) Davenaiit, a. a. 0. II,').
Wagenaar, Amsterdaia, IV, 1, 442.
•) Stnkken betreffende da Zqdrfahrieken te Anstsrdam. 1774 (Stadtaiehir
Amst L Z. 9 No. 8, citiert TOB Friagiheint m Schmollen Fonohnagsa 1890).
SUbcrnianD, Ol« 8«idaL g
lU
lluBtlaad. Niederrbcin.
g«regt, ausgbdebnte MaulbeerpUntageQ anlegen, ein Werk, das von Katha-
rina, Paul und den Rpätcren Regonten furtpcsotzt wurdr. Dk* rn?si.«ichen
Bauern zeigten jedocli für dieses gros.se Saulxrktii uud umsiclitige Behand-
lung erheischende Gewerbe wenig Verständnis, und obwohl 1807 ca. sieben
Millionen Maulbeerbftume Toriianden waren, gewann man nicht mehr ala
14560 Pfund Rohseide. Auch die Seideninanufaktur fand unter Pett r I.
unter Hinzuziehung französisch» r Kräfte wieder lebhafteren Kinj^anjr; 1714
war r-mo stattliche Anzahl von ^^ammft- und Brokat weben- im m M(wkau,
Wladimir und .faroslaw im Betrieb, löOy waren 194 mit 4yö6 .Stühlen
thatig und produaerten 7110000 If. Arwliin (1 Arech. = 0,71 m) Seiden-
stoffe, 505 Stück andere kostbare Gewelx-, 400000 If. AxBChin Seidenbänder,
6400 Stück Tüllgewebc und 12000 Paar Handschuhe. 1812 ist die An-
zahl der Webereien infolge d< r Kriegswirren auf 105 berabgrsunken, um
jedoch 1818 wieder auf 210 zu steigen. 1823 fand der Jacquardstuhl Ein-
gang. In der Zeitpoiode 18S6--89 eneugte man jährlich ca. 5 Millionen
If. Aradiin Stoffe und 115000 Stflek Goldbrokate, 1846 belief «ich der
Produktionswert auf wcbs, 1B50 auf sedbaundeinhalb Millionen Rubel.
Ulx'r die Seidenmanufaktur anderer nordischer Länder Kuropas im
XVIII. Jahrh. lässt sich nicht.s Erspriesslichea berichten. .Schweden erhielt
dieselbe gegen Ende des XVIL Jalurh.; im Jahre 1751 waren 2474 Web-
atShle thätig. um 1768 auf 962 heralwasinken i).
Die im letzten Viertel des vorigen Jahrhunderts Sberhandnelimende
sociale Gährung in Frankreich war der Etitwickelung und Stärlninj^
der Seidenindustrii* wenig günsti}^, und so si licii wir aoch die von der
Lyoner Industrie beschäftigte Anzahl Webstühle von 8381 (1739) aaf
12000 (1765) und 15000 (1786) heranwaefaaeii, bald jedoeli durch die Re-
Tolution beeinflusst auf 9 335 (1788) und 2500 (1800) herabsinken. Die
politi.schen Wirnii Frankreichs kamen anderen Staaten zu gnto; so füllt
in das Jalu iTliO der Urspnin<^ der Elberfelder Seidt niiiunufaktur und t-nt-
fulteten seitdem auch die übrigen rbeiuischen Seidenmanufakturen über-
haupt eine sehr rege Thätigkeit. In Elberfeld wurden hauptslchlidi die
Stapelartikel fflr Nationaltracbtoi aufgenommen. In Mülheim existiertoi
schon weit früher einige Seidenfabriki ]i ; >.n wurde hier im Jahre 1744
ein^r Firma dns Mono|)ol auf Florettseideuband, 1764 auf Sammet, dann
einer anderen auf alle Arten Seide erteilt. Die Fabrikanten waren von
Steuern hefiwit und mit Prinlegien ausgestattet; 1782 wurde die Etnfia^hr
der OnMdm Ware untersagt.
Das XVITI. -Tahrh. hat auch in der Technik der Seidenweberei g* wäl-
tige Fortschritte gezeitigt, die für die Ueschichto der iillgemeincn Webekunst
von Bedeutung geworden .sind. Duugnou, fJalaiitit r, Hlache, Fiilcon,
Regnicr, Vaucanson, Kay, Ponsoii, lievel, Lasalle, Kartwright
>) Flintbecg» Braks Idkarat^ Stookbolm 1789.
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CMdsnioduitria des XU. Jtlirh. nanknioli.
115
md aehlMnlieh Jacquard (1805) beschäftigten sich specieU mit der We-
berei und hahen sieh um dieselbe in hohem Grade Terdinit gemacht; nicht
nur in der Geschichte der Seidcninduitriet mmdem «atk in der Teztil-
indnslrie sind dieselben unsterblich gewcndMi.
• e
Zu Beginn des XIX. Jahrh. ist die Seidenindustrie ztun Gemeingut fiut
aller Länder Enropa«? jjpvrorden nnd in t'iiug"n dcrsiclbpn zu hohrr Rlüte
^langt, doch l>fhiilt Frinikrcii-li und im sprciellen Lyon, diT ;iUe Sitz der
Seidenmanofaktur, dtw üU hergebrachte Scepter. Im Nachstehenden findet
man die Entwickelimg der Seidenindvstrie im XIX. Jahrh. und ihre gegen-
wärtige Lage, zumeist auf Grand statistischer Daten, erörtert.
I)if Mi-tropole der ScidciiiiKliistric, Lyon, weist seit dem Beginn der
neacn Epoche folgenden Zmvaclis »einer Weber4>i auf:
Handätühle
Kraftst
laoo
2500
1812
12000
1827
27000
1852
65000
1861
116000
1872
115000
5000
1876
105000
10470
1881
100000
18828
1888
70000
20000
1890
72000
20000
Der Charakter der Ljoner Manufaktur war von jeher hauptsächlich auf
die PraditeneagnisBe der Webekumit gerichtet, und als um die Mehdger
Jahre, wo die Produkt ionsföhigkeit ihren Höhepunkt erreicht hatte und Aber
3,5 Millionen kg Rohseide verarbeitet wurdm , ni-iip Moderichtnnfrpn auf-
kamen, welche die grossblumig fa^onnierten Ge webe gänzlich zu verdrängen
schienen, geiiet sie eine Zeit lang in ernste Stockung. Mit bewundernswerter
iSeschieklichkeit und Ausdauer hat sie sich jedoch den neuen EonsumTer-
hältnis.sen angepasst und die Krisis Uberwunden. Die Umgestaltung ging
hauptsächlich auf dem Gebi<>l<- der fa^onnierten Gewebe, Fnilles, sowie der
reinseidenen Atlasse vor sich, die stetig; ziirückffinofpn, während die Amnires
ein Uauptartikel wurden. Diese VVendun;^' lässt sich aus den Produktions-
^rerten einiger wichtigeren Artikel Terfolg«-!!:
1879 1SR9
Bchwarzp und farbige FaiUes
90
Müi.
Free.
25,6
MiU.
Fres.
Reinseidene Fa(;'onnes .
30
1»
1»
17
»1
11
Reinseidene Atlasse . . .
üb
11
11
15
II
11
Hslbeeidene Atlasse . . .
24
n
it
38
11
ti
4
n
n
59
n
n
n n
8*
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116
S«id«imdaatri« das 2UX. Jahrh. FtanknMh.
Noch deutlicher gebt der Verfall der Fabrikation von Pnchigawebtn
am folgeiMlien AusfolmahlAii Fronkreielu (in Mill. Fks.) hervor:
1855
1867
1872
ülatte Stoffe . .
U2
294
308
Qamiuterte Stoffe .
39
9
1J5
Oemiiehto Gewebe
49
18
17
Binder ....
U7
61
110
Beutsertikel . .
11
40
51
358
422
488
Zu dea vorübergehenden Krisen der L joner MuaufHktur mus8 auch die
sum Teil infolge de« Erfrierem der IbulbeerhSiiine in gaax Sttdeura|Mi (am
14. April 1876) enfstuiHleae Kalamität genannt werden. Trotz der enorm
gestiegpnen Roliseidcnprt-ise wurde allerorts tin verhält uisraässig viel produ-
ziert, und als infolge der alltrerneitien wirtschaftlichen und politischen Ver-
hältnisse dea Jahres 1876 die Moderichtung den Seiden verbrauch ausüer-
ordentlieh berahsetste, Vam ee su einer aebweren Kxiais, die banpiracUicb
Ober Lyon (1877) hereinlmich und dunb «elebe 15—20000 Websfc&ble in
Stillstand gesetzt wurden.
Der Produkt ion>w.Tt der Lyoner Industrie zeigt foltrende Evolution:
1872 460000000 Frcs. 1887 377000000 Frcs.
1876 454000000 „ 1892 382400000 „
1882 371000000 „ 1894 366350000 „
Zur richtigen Beurteilung dieser Zahlen darf jedoch nicht anaeer
Acht gelassen werden, dass d«r Preis, sowohl des Rohmaterials, wie der
der fertigen Fabrikute, ganz bedeutend ge^aukeii i.st, lieispielsweise Organzin
▼on 116 Frcs. im J. 1871 auf 58 im J. 1887. Was daher die Produktions-
menge anlangt« so hat «ie eher su», ala abgenommen, namcatlieh in den bil"
ligeren Gewebea. Ober die speciellere Jiinteilung der Lyoner Seiden fabrikat©
sowie die anderer Industriestantcr- mögen die am Knde des Werkes bei-
gpfngten statistischen Tubellen Autklaning geben, liier sei nur im grossen
und guüiien der gegenwärtige Produktionswert der Lyoner Industrie m ein-
seinen Stoffarten angeführt und hervorgehoben, welehe tlbo^egende Roll»
den glatten Geweben ankommt.
1890
1891
1892
1893
1894
(Millionen Francs)
Glatte Reinseidenstoffe . 140,5
131,7
156,0
165,0
105,56
Fa^oBnierte ,« 38,7
37,1
36,5
30,8
36,0
Glatte gemieebie Stoff» . 131,3
113,5
123,3
125,3
116,05
Fa^onnierte „ „ 24,45
24,0
24,0
21,1
18,25
Cr^es, Gazen, MonmeBnea 1 7,9
17,7
14,6
28,6
24,0
26,7
Posamente, Goldstickereien 13,0
13,0
10,6
7,5
8,0
Orientatofie mit Oold 3,9
5,8
4,6
5,5
6,8
384,95 857,6 382,4 379,2 865,35
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Seideniadufhrie des XIX. Jabrb. Fraoktvicli. H?
Die Lyoner Manufaktur b«ediSftigi gegenwärtig bis zu 65000 Handstühlen
<12000 in d<T Stjidt und 53000 in der Cmg.'fr. nd) und 25000 Kraftstiililc :
dii die i'rüduktioni5t'iihi«?keit, d*>r letzteren dn ifiicli so gross ist, als die der
HandstUblc, so verfügt sie im ganzen über 140000 ytühle, eint Zahl,
4ie bereits 1870 erreicht war. Lyon Terbr»aelit 2700000 kg gezwirnte
Gcspiaste, 980000 kg Robeeide (Ordge) und 860000 kg AbfaUaeide
<S(üiappe).
Die Lyouer Nacbbarstadt, Saint-Etienne, >>etrnht »h Specialität die
Uaudfubrikatiou, die bis vor wenigen Jahrzehnten in buber Blüte stand,
aber nach und naeh infolge dar immer stärkeren Konkurrens sobweiaeriBoher
und rbeinisclier Fabriken betrSebtlieh anrOckgegangen ist. Der Prodnk-
täonswert belief sich:
1805 auf 17000000 Free.
1834 „ 50000000 „
1872 „ 120000000 „
1886 „ 80000000 „
1891 M 79191000 „
1893 «0540000
Namentlich hat die Schutzzollpolitik der Vtreiuigten Staaten Amerikas
die Saint- Etieuner Industrie stark beeinflusüt, wie folgende Äusfuhrzablen
beweisen;
1872 21000000 FicB.
1873 9300 000 „
1885 2400000 „
1890 13000000 „
1892 6 340000 „ (Mae Kioley Bill).
In sehr deutlicher Weise tritt auch hier dw Umschwung der Seiden-
indu-strit' der nmu'rn Zt it lirrvor und ihr Bf-streben. die Fabrikat*' durch
Vermengung mit anderen Fasern zu vt ibilligen. Ks \vurdeu produziert:
halbseidene Bänder reinseidene Bänder
1888 18988000 Fres. 68962000 Free.
1891 30430000 ^ 40796000 „
1893 33214 000 „ 37727000 »,
Die Zahl der Wehstflble betrügt m. 22O00.
Saint-Chiiinond besitzt 700000 Mulinierspindeln und 15000 Webstühle
und erseugt jährlieh fOr 15 MiU. Free. Potementieneiden, wovon (zots
■der immer atiiker werdenden deutschen Konkuzras drei Viertel txpor^ert
werden. Oahtts flidet in der Verarbeitung der lU^Meid» BU Tüll-, Gaze-
und Spit7;eTij»eweben seine Specialitfit. Paris er7.pnf»t seine eigenartigen, mit
clen Kicbtungen der Mode verknüpften Fabrikate, die sogenannten „articles
de Paris'S wie Gazen, Beeatzartikel, Fantasiebftndo' etc., die einen Pro-
duktionswert von 80 Mill. Fres. leprSsentieren. In Nimes, Avignim, Bou-
bsix, Tours (Möbebtoffe) werden einige unbedeutende Specialartikel für den
inl&ndisehen Konsum ausfertigt. Die gesamte fimnaOsisohe Indnstrie tir-
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118
Seidenindustrie des XIX. Jahrb. Frankreich.
arbeitet ca. ö 500000 kg Sfidenge-spinste. Naclifolgende Zublen veranschau"
liehen im allgemeinen den Gang der SeideoTerarboitung in Frankreich.
Import 1894 Ex i »ort
Rohstoffe und Gespinste 25fi20*=t000 Frcs. 146 13G000 Frcs.
Gewebe und Fabrikate 4rtör)',)0(iO „ _ 235 4:'.! 000 „
aOOTCTOOO Frcs. 38lb67 0(K) Frcs.
Der Gewichtsmenge nach l)eiief sich (1893) der Uandelsverkebr Frank-
reichs in Seideageweben auf:
Import Exp(Hi
aus Europa aus Asien
414156 kg 736884 kg 2697063 kg.
Nach den Angaben des Ministeriums für Handel und Gewerbe belief '
sich (1889) der Produkt ions wert einzelner Indu-^^trie^if ntteii in den Seiden-
fabrikaten, welche Zahlen auch für die Gegenwart gelten, auf:
Lyon 400000000 Frcs.
Saint-Etienne .... 103000000 „
Calais, Gandiy .... 93000000 „
Roubaix, Bolniin, Amtens 25000000 „
Saint -Chamond .... 120n()00() „
Troyes 120ÜÜOüO „
Toms 7000000 „
Nime« 4000000 „
Le Fny 4000000 „
Im ganien 600000000 Fns.,
wovon ca. 260 Mill. dem Export zufallen. Der Tlaupt vorteil d< r französwchtti:
Seiden indu>.fn.' li.gt darin, das^ Lyon der Weltmarkt für Rohseide, und
Pari.s der für Soidenfiibrikate ist. so dass die französischen Industriellen das
Robmateria) zu billigeren Preisen haben können, als ihre ausländischen
Eonkunenten und mit den Richtungen der Mode stets FflUung haben.
Trots der ftanzösischen Konkurrenz erhob sidi die Seidenindustrie nament-
lich im letzten Vierteljahrhundert sowohl in euro]>iii.scheii wie überseeischen
Staaten zu immer höherer BUite, so dass die Zeiten, wo Frankreich das fast
austichliessliche Monopol der Grossindustrie innehielt, als lüagst entschwun-
den SU beidobnen sind. £b' lEsst aidi niebt Terkennen, daas in gewissen
Genres da* Fabrikation,, namentlich da, «o ea nioht auf Massenproduktion
mkoauni, die fran/ösische, im speciellen die Lyoner Industrie den Vortritt
nicht so bald eiubiissen wird, doch tritt ihr die ausländische Konkurrenz
bereits auf vielen (iebieteu mit Erfolg entgegen. In einigen Riebtungen
ist man ihr schon überlegen, wie die deutsche Sammet- und Plüschweberei
und die sebweixerttehe Taffet&brikation. Die Handelspolitik I^okreüdui,
die, um den zeitweise auftretenden Industriekrisen vorzubeugen, zu streng
merkantilisehen Maianahmen greift und bereits su Zollkriegen (in leteterer
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Seidenbdustrie de« XIX. Jahrb. DeuUckland.
119
Zeit mit Italien und der Schweiz) gefUhii hat, sdtad«t in nieht geringen
Mafsc der einheimischen Sfideuiadustrif.
Naraentiich im letzten Viorteljahrhundert hat der lraii/üsi.scl)e Export-
handel grosse ilinbusi>en erlitten, wie aus folgenden Zahlen zu ersehen ist.
Einfuhr
Ansfnhr
(Millionen Francs.)
18 CO
3,9
454,8
186Ö
11,2
428,5
1870
27,4
485,1
1875
37,2
376,7
IdSO
42,3
234,3
1885
41,2
221,9
1890
63,9
273,9
1B92
60,6
254,0
THe deatschft Sädenmdiatrie nAhm im XIX. Jidurh. einen ruhigen, aber
atetigen Entwiokelungsgaog. Im Jahre 1809 zahlte Grafeld 11 Fabriken
fdr Seidenstoffe, die 6264 Arbeiter beschäftigten und für 5 ''^ Millionen
Frcs. produzierten; im gesamten übrigen Roerdeparteraent gab es 21 kleinere
Fabriken mit 2000 Arbeitern und einem Umsatz von 2 Mill. Frcs.
Nach anderer Atechätzung waren in C'refeld (1804) 12000 Seidenarbeiter
tbStig^.
Die Industrio des VVupjwrthals beschäftigte 1809 im Elberfelder Bezirk
14 Seitlpn- nnd eine PI lisch fabrik , in ilcni T?:irmev und R^'m-^chpider Hr/irke
je eine H;mdtalji ik. Im Herzogtum Üerg (Elberfeld, Üunuen und beide
Mülheim) wurden von 7 — 8000 Arbeiten» für 7 — 8 Mili. t'rcs. Seidenwaren
und für etwa 10 Mill. Seidenband- und Sammetstoffe produuert, die nach
Polen, Russland, Italien, Frankreich und Deutschland gingen'). Im Kreise
Elberfeld waren 1816 thätig: 1541 Stiililo für Seide und Halbseide,
gegenüber 945 für Baumwolle, im .lahrr 1^12: 5206 für Seide und 1245
für andere Stotie. Durch politische Ereignisse m dem wichtigen Absalz-
gebiet Polen, und durch Konkuirens anderer Stidte faeeinflusi, verliert die
Elbwfelder Manufaktur seit der Mitte des Jahrhundert« von ihrer früheren
Blüte; 1852 wurde hier die erste mechanische Weberei anjii le<:;t, doch fällt
die Zahl rlrr Wohstülile von '2H59 HutkI- und 430 Kraftstühlen im .Jahre
1861, auf I6l7 Stühle im .T.ilwf iHlö. Immerhin blieb Elberfeld ein Cen-
tmm fdr diese Industriezweige, und in neuerer Zeit nimmt die Seittenfabri-
kation daselbst wieder an Umfang su.
In Crefeld blieb die Seidenv > " i i trotz zeitweise auftretender Kri-seji
in ungeschwächteni Fortschreiten. Im .Jalire 1840 gingen 3000 Stühl' für
Seidenstoffe imd Halbseide, löOO für Sammele, 1000 fUr Plüsche, 800 tür
') Dorsch, Statist, du 04p. de )a Ro&.
*) Thon, Die Indtwtrie am lllederrhein, in Sehmol lert Fonebujigcn, 1879. II,
3, SSO.
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120
Seidenindattrie des XIX. Jahrb. Deutschland.
Bammet- und 150 für Si'idcnbänder, insgesamt 6450 Webstüblei im Ja)m>
1S62 siiul <■> sflion 15000. Um das Jahr 1845 trat aus verschiedenen
Gründen eine Indu-striekrise ein, deren Folgen durch die Unruhen den
JftbreB 1848 w«H«iitU«Ii vcnefalimmerb worden. Gegen Ende der eedi-
ng«r Jahre (seit 1868) hat sich die Mode der ghitten Ware, einer Speeiali-
tjit Crefclds, zugewandt; unerwartet grcMser Bedarf, vorübergehende Kala-
nutiit dfT Lymicr FnhrikeTi, sowip all<icmefn fjiinstige Verhältnisse vi ilit lion der
Crefeldor Industrie i'inen gewaltigt-it Iui}»uls; xahlreiclie EtablisHcments
wui-den ueugegründet, die jedoch zwar viel, aber in geringer QiuiUtüt pro-
duzierten. Die gUnntige Konjunktur erreichte um das Jahr 1872 ihren
Höhepunkt, schlug dann aber pl&tzlich um und schien bei der Krise um das
Jalir ISTS in ihrem Rückgang endlich zum StilLstiiiul pelnnc^t zu sein.
In dieser Hlüt< zt;it mag die rheinische St-idenwcberei inln(l< -tfn>; 50000
\VebslübIe nut 150000 iVrbeitern bescljültigl haben, in dem Maft>e, wie
die Grefelder Manufaktur an Auadehnung gewann und zum Growbetrieb wurde,
hat sie diesel)>c Erscheinung, wie seiner Zeit die Lyoner, auf/.uwetsenf namlieb,
da.ss sich der Sit/ Ips hausindiistrii l1t-n Betriebs weit nach au.sserhalb der
Stadt verh'pt. Schon 1750 wurden von v. d. Leyen in (tehhm und Alde-
kerk Filialen eröffnet; zu Beginn uusereü Jahrhunderts werden die Sammet-
binder schon allgemein auf dem Lande gewebt'), wahrend SammetstoHi»
in der Stadt seihst gemacht werden. In den yierziger Jahren kommt aueb
der Sammetstoff aufs Land. In Viersen ist die Zahl der Fabriken von 3
im JahR> 1838 auf IG im Tiihre 1H51 gestiegen; nneh und nach bevölkerten
sich Dülken, Süchteln, Uretrath, Kempen, St. Tönis, Vorst, Anrath, Hühi
n. a. mit Weherfamilien, ünt^ dem Drucke der schweizerisehm Kon-
kurrenz bat die Weberei ihre einfachsten Gewebe bis an die Mosel und
illxTdie holländische Grenze an das Landvolk verteilt; diese Strömung hat nun
löO Jahre gedauert, doch wnlil hnhl Ihre fin-nzcn rm-icht, denti ä'w wesent-
lich anderen Bedingungen der modernen indxtstrie und das Umsichgreifen
der mechamseben Weherei haWn tichou jetzt eine teilweise Centralisierung
in der Gtcaastadt berbeigefShrt.
Die deut.sche Seidenindii>f rii hat Iluen Tomebmlicfaen Sitz am Nieder^
rhein, wo fHe Städte Crefeld, Elberfeld, Barmen uud Umgegend iu gewi.s.sen
Zweigen, wie in der Sammet-, Plüsch- und Halbseidenfabrilciition sich einen
Weltruf vei-sclmffl haben. Die Fal)rikeu befinden sich iu CivlVld uud Burmen-
Blberfeld selbst, dann in Weisen, Ronsdorf, Ohlig, Langenberg; die Mdir-
zahl der Stühle ist bis ins Siegener Land zerstreut, nach Bielefeld und auf
dem linkfMi R]ii/ii)ufiT. Trcfohl fabri/iert reinsfiileue und gemischt« Stoffe,
bedruckte Zeuirf, Fardimi-s auf .lacquiirds, ehitte und gennisterte Sammete
und Plüsche, alle Gattungen Bänder, sowie Möbel- und Kirchenstotfe. Elber-
feld erzeugt glatte seidene und halbseidene Qewebe und Fafonnäi für Möbel,
*) LadoDcette, y<9«gs dana le pajt antre Mean et Rhin. 1818.
SeidooiBdiutria dai XIX. J«brh. DentNbkad. 121
Bannen gemiselite Stoff» und Blinder, Mfilheim Sammete nnd Binder, Chem*
nitz Wirkereien, Langenberg Stoffe und einige BSnderBorlen, Vienea und
Dülken "^ammete nnd Bänder; reinsei(l(»in» Oexrebe werden auspcrfloiii in
Braudeliburg uud Stuttgart, gemischte ätuife in Rheydt, Sammete m
Süchteln, Bänder in Lobberich, Eonsdorf und Wermelskirchen, bedruckt«
Zeuge in Mfllhnneen i B. nnd Hilden bergeetellt Ortaere Etabfinement«
finden sieh ancb zerstreut im Fabrik ruyon des Wupperthals, im Rlsaw
nnrl Raden, wo Miiunlu'ini seine Specialität der Tüll-, Spitzen und Posa-
mentenfabrikatiou zur grosseu Blüte gebracht hat. Als Hausindustrie
wird das Seidengewerbe namentlich in den süddeiit^clien Staaten ausgeübt.
Naeb den am 1. Januar 1876 nnd 6. Jnni 1982 votgenommenen Gewerbe-
sdUilnngen waren im Denteehen Beicbe th&tig:
lb7(; 1882
Anstalten Personen Anstalten Personen
Konditionieraustalten ....
3
133
4
65
Seidenfilanden (Haspelaustalteu)
2463
6642
601
1074
Ab<- nnd Shoddyepinnerden
162
4738
3443
9408
Webereien
32982
63992
41091
7ß2r,4
farbereien nnd Dniokereien
200
2919
248
3293
Der haiuindnBfcrielle Gewerbeetand beimg (1882):
Öeidenhaspelanstaiteu . . . 420, wovon
in Elsen -Lotbringen 146,
in Baden .... 137,
in Berlin .... 44.
Seiden- und Shoddyspinnerden 4780, woToa
im Rheinlande . . . 4415.
Seidenwebereien 53286, wovon
im Rheinlande . . . 49022.
Die Entwickelung der faan8gewerbticb«a Seidenweberei ergiebt aicb
folgenden Zahlen. Sie beechiftigte:
1797 23ir) Webrtflble
1850 34000 „
1855 42000 „
1873 68000
1881 72000
Diese statistiscbeu Angaben erscheinen jedoch auf alle Fälle als in
boch gegriffen, abgesehen davon, dase äcb die Zablen seitdem ohnelnn
atark reimindert babeu nnd Ar die Weberei Tielleiebt 8^10000 Stüble
begNsfen wfirden. In dem Haw^werbe wiegt die Franenarbeit vor, in
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122
Seidsniaduktrie d«« iUL Jobrh. Deutcdiland.
der Spinnerei 9%%, der Ha«plerd 97,9 nur in der Web«rei nmeht n«
23,8 0,, aus»).
Die maschinellen Fortscbritte der Seidenweberei tatulen bis vor zwei
J«liis«hiiteii in die rhdiiiache Indosfarie nur «ehr laugsain Eingang, wäh-
leoi sie in anderen Staaten bereite in gronartigem Umfange Anwen-
dung gefunden Laben. Namentlich hti den Sammeteu und den gemusterten
Stofffiii wird die Haiuliirlicit vorgp7,ogen, weil das mechfinisclie Anfsclineiden
des Flor» den ülauz verdirbt, bei den anderen, weil die Vorrichtung der Jac-
qoardmaachine im Verhältnis zur Länge der Kette viel Zeit in Anspruch
nimmt, besondere bei oft wechselndem Mniter. Dagegen bat sieh die Band-
fabrikatiou der mechanischen Webstühle bemächtigt. Die wirtschaftlichen
Verliültnisse und die immer wachsende Koiikiirrenz flmn alu^r n-;cli liier
das ilni^a'. um tlic Zahl der Handstühie von Jahr zu Jahr henibzuniindeni,
umso mehr, als die iiauptspecialität des Grossbetriebs, die Sammetweberei,
an Bedeatnng fBr den Eiporfc von Jahr sa Jabr almimmt. Am besten
wird dieser, vielleicht Yorübergehende Rückgang ans den Verhältnissen
der Cit ft lilcr Iiidiistrip ersichtlich, die ausführlicher angegeben werden soll.
Im .lahre \<lb verarbeitete Crefeld auf 30000 Webstühlen 3'220(iO k«^
Seidengespin.ste und 180000 kg Sciiappe. In den let/.itn Jahren war
folgende Aniahl Ton Etablissements tbätig, wobei «war einige answartige
Fabriken von Crefetder Ifilnsem, nicht aber die Webereien in Crefeld,
welche für auswBrtige H&aaer arbeiten, angegeben sind:
1890
1893
1894
Sammetfabriken
41
34
33
Stoffwebereien .
76
70
77
SiiniitK t- und Stoffiabriken
10
6
31
49
46
fende Anzahl von WebstflbleD beschäftigten:
Sanimet
Stoffe Sammetbänder B&nder
Total
1867 11551
6498
2111
280
20449
1870 11774
10613
2472
354
28213
1872 19 lU
12371
1410
415
33310
1873 13857
10992
1336
351
26535
1876 17010
11648
709
377
29674
1877 14794
11667
406
277
27043
rUr Sauimet
1887 1890
iHandettthle 14438 6920
' i KiaftstQhle 2261 2907
1893 1894
3092 1 608
2781 2212
■} Stied», Die deotacbe Bamtndaslrie, io Schnflen dw yertuw fVr SocialpoKtik
im Bd. M-42. *
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I
Seidenindustrie de« XIX. Jahrb. Deotachlud.
123
Für SammetbBoder
Fflr Stoffe
Je'ür Bänder.
I TTaiidstUhle
\ KmttstUhle
(UuudsiUhIc
Knftst&hle
I Handstfllile
1887
1890
1893
1894
329
964
570
282
37
197
180
162
11729
U263
9607
9211
1522
24S4
3316
3463
106
337
HO
ö
85
Folgende Mcu;^'<mi an Rohinateml wurden am Webstnfal Terarbeitet (kg):
Rohseide Schuppe iimim wolle
1867 228000 34000 193000
1370 280000 81000 394000
1871 365000 101000 509000
1874 312000 141000 434000
1877 283065 150 .VJ8 536657
Ib84 432 335 355529 1018751
Seide .
Scibappe .
Baumwolle
Wolle. .
I für Sammet
i n Stoffe
{fOr £bkininet
I fllr Sammet
1 „ Stoffe
für Snminet
iSUtlle
1890
75131
400964
465202
1349
637000
699059
1R93
()t;.")63
431247
366636
6408
590699
490016
31000
4 778
)
1894
494828
272448
991766
68607
Im Jabre 1845 warpn in (Jrefeld 20 Sf*idf-tif?ul»preien tliiitig, dif 405000
Pfund verarbeitrt Lahi n: iliro Zahl stieg dann auf 29 (1864), 34 (1870),
44 (1876) uud 49 (ib93). In der Fäiberei wurden veredelt (Seide und
Scbappe):
für Oreftld nach auswärts
1870 350000 kg
239000 kg
1872 482000 „
317000
»»
1875 455000 „
320000
1877 420000 „
275000
«1
1887
l8^»o
1893
1894
Seide
369276
421 412
3y:'.y67
430225
für Crefeid . .
Scbappe
490256
392883
339321
293738
Baumwolle
1071027
1007883
815533
704458
Seide
228958
276411
319861
354218
nach auswärts .
Schappe
265804
227183
149981
136454
Baumwolle
261506
247901
319796
263696
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Seidenindoitrie de« XIX. Jabrb. Deuticbland.
In stllolcgttflLrbteii StoSSan:
189S 1894
Oaosieiden 14314 kg 12692 kg
Halbseiden 396314 425028 „
Die rbeinisehe Seidenindiutri« entwiefeBlte sieh in kommenieller Be-
ziehung nnter ganz eigenartigen Verhftltninen, indem s. B. Crefeld erst in
neuerer Zeit den Absatz seiner Waren selbst in die Hand genommen bat Die
von der Leyen vprkaufteii ihro Zeuge nur nelien anderen Waren auf den
Me.s.sen, auch das reiche und durch vielseitige JHandekbeiuehungen ausge-
zeichnete Elberfeld fahrte Crefdder Waaren. WSlurnnd 4«r ersten Hilfte
unserefl Jahrh. waren für den Abeats nach Osten die Leipciger, naeb Süd-
deutschland die Frankfurter Messen, naeb Skandinavien und für den ri1)er-
sroischeii Ve?ke]ir Hamburg und Bremen von Wiclitipkeit; für Amerika
spielte Pari« die Vermittlerrolle, erst seit 1838 besitzt man dort eine eigene
Vertretung, Gegenwärtig ist Crefeld Uberall bekannt, es fehlt indessen an
einem tonangebenden und kauffähigen Markt im Inlande; aasseidem ist
Deutschland seit jeher auf Pariser Moden an (gewiesen. In engerem Sinne
liegen die HamieUveTliiilf iiis>se Crefelds ^<), da-vs dort der Seidcnfabrikant von
jpder rein techui^clieii Tliiitiüfkeit durcli allerhaiul L^hna^^talt^n vidlig ent-
lastet ist, sein Wirken erstreckt sich auf den Vertrieb der fertigen Ware,
Wesentlioh andere VerhftltniBse liegen in Lyon Tor, wo der Fabrikant ein
Fachmann i^t, der bestimmte Artikel als seine Specialitüt betreibt und die
Ware an Pariser Kommissionshäuser absetzt. I>ie Voreinigung von Fabri-
kant und Kaufmann in Crefrld hat den Vorteil, dass die jeweilig gang-
barsten Artikel mit grosser Leichtigkeit aufgegriffen werden können, eine
hol» techniaohe Vollendung wird unter dieoen Umstanden jedoch schwer
erreiehbar. Die Handelsuneätie Crefbids beaifferten sich im J. 1864 auf
31 Mill. Mark, wovon die Hülfte auf den Zollverein, ein Drittel auf Knp
land und der Rest luif Amerika und Frankreich entfiel. Im J. 1872 be-
lief sich der Wert aut 7 7 Mill., wovou 31 Mill. auf Deutschland, 25,4 auf
England, 11,7 auf Qbeiseaaebe LBnder, 3,4 auf Fraakreidi und 5,6 auf
das Ohrige Earopa kamen. In den letzten Jahren stellten sich die Zahlen
auf (Mark):
Absatzgebiet
DeutseUand .
Osterreich . .
England . .
•{
•I
Sammete
Stoffe
Sammete
Stoffe
Sammete
Stofife
1890
14652 262
24146079
127700
1309606
11475900
10658479
Transport 62470026
1893
9136321
23918946
124600
1291 318
8642 664
8 709828
51833678
8«id«MBduitri« da XU[. Jtiuh. DflatwhlAnd.
Andore «mop.
Linder
Aussero 11 rnpiliscbe
Länder
1890
1893
62470026
51833678
2050727
2014 302
1 710673
:i09C»4G-l
1243991
1194693
299B807
2690764
10514 922
115^5328
12088 3B1
7 889296
79173513
U bertrag
f Sammete
i Stoffe
r Saminete
i Stoffe
( Sammete
\ Stoffe _
Zusammen
Im Julire 1891 iH'lirf sich der Gesamt imibatz auf' ßti()ir)849 M., (Ins
ui< (irigste Niveau seit 1878. Der Rückgang ist hau£)t.säubiich auf Summete,
weniger tmt Stoffe znrQoksuftthrBn; einem ümmts in Sanmeten von
22546400 M. stehen 3267790611 im J. 1893, in Stol&n 43469449 gegen
46495605 im J. 1893 entgegen.
In EUwrfpld und Unij»t'<;pnd (Barmen, Ronndorf), sowie im Grossb.
Baden beläuft sich der Produktions wert bei einer Zahl von 15000 Web-
atahleo anf ca. 46 Mill. Mark j&hrlieh.
Die Entwickelung des dentaelien Handelsverkehn in Südenfahrikaten
liMt sieh aus folgenden Daten eraeben:
Import kg
Export
reinspidpn
halbseiden
1864
279950
169250
1697250
1868
27U60
207760
1 904060
1872
422006
274900
1990100
1876
425300
304200
1696950
1H94
365000
143000
3799000
Im Jahre 1892 .stand der Einfuhr von (;*Npiij.sten und Geweben von
5604000 kg im Werte von 6423000 M., eine Ausfuhr von 6423000 kg
im Werte von 180412000 M. gegenüber. Die ^tiptartikel des Exporte
sind (1894):
Halbeeidenzeugc einschl. Sammete
BUbseidenbaiider .
Seidenstoffe . . .
Hiilbsf«idenposuraente
St'idtiiwtrkereien
HuUweidenwirkereien
Seidenbander . .
kg
2663000
491000
171000
290000
61000
114000
70000
Wert in Mark
69200000
9800000
7 700000
5200000
3300UÜ0
3000000
2600000
Die Entwickelungsgeschiclite dfi schweizerisolien Seidenraanufaktur
in der ncurn ii Zt it lillngt mit der Handelspolitik Frankreichs zu Bet^imi des
XIX. .lahrh. eng zusammen. Napoloons orfolrrl ose Versuche, Knglaudi:» Han-
del zu zerstören, trugen nämlich zu ihrem Aufblühen bei: die neu entstan-
denen Fabriken am Züricher See waren ans Mangel an Baumwolle genötigt,
mr Seidenverarbeitung an gnüftn, nnd sie thaten dies mit Energie und Er-
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126
Seid«iun(lintrie de« XIX. Jahrh. Scbweii.
folgf 80 daas «e in wenigen Jahren mit den dentsolieii in Konkunens
tnten^). Nach der Restauration des bourbonlschen Thrones in Frankreich
siedelten viele flnditi^^i' Sintlfuhand werker nach der Schweiz Uber. Der
Aufschwung der schweizerischen Seidenindustrie im XIX. Jahrb. lüsst sich
ans folgenden Daten ersehen; 8ie bescbii fügte im industriellen Baydin Zflzidi:
HiindätUhle Knift^tühle Jacquards
1812 7 000 — —
1856 26290 400 (1867) —
1871 27531 927 —
1883 29716 4007 —
1^85 20724 412d 193
1891 20977 7178 —
1893 20472 8626 1209
«
OegenwSrlig durfte die Industrie Ztlriebs nnd der Umgegend Uber ea.
36000 Webstühle, wovon 10000 mechanisch»', vcifü^'m.
Als Folge (]e> Uiiisichgreifeus der mechanischen Weberei tritt auch liier,
wie Uberall, ein stetiger liUckgang der Arbeiterzabl ein; sie betrug
1883 1893
Webereiarbeiter 43266 36967
In der gesamten SeidenTerarbeitung be-
«ehä£^ Penquen 61461 45690
Das VerhlUtma der Zahlen von iveiUiehen und männlichen Ärbeitetn
ist 3,12 : 1.
Der Verbrauch un Bohmateriaiieu belief eich im Fabrikrayon Zürich
auf (kgj:
1886 1891 1893
GrÄge und Ouvrees . . . 88064 j 111740
Gefärbte Seide und Schappe 660994 P*^^"^ »67466
Baumwolle — 420184 —
Wolle — 22 290 —
Die Produktion war:
1881 28421263 kuf. m.
1889 32802031 „
1893 33539204 „ „
Sehr bedeutende Fortschritte zeigt seit dem XIX. Jahrh. die Band-
weberci Basels*). Ihre Produktion.«zahlen, deren bedeutende Schwankungen
mit der Handeläpolitik der Absatziändcr, namentlich Amerikas, zusammen-
hingen, waren ^9]gende:
*) Bürkii-Mejer, Die Geachicbte der Seidenindiutrie in der bcbweiE Tom »Scblaaae
d« Xni. Jabib. Ui in die nenere SSeit Zarieh 1884.
*) KOohlia-Oeigj, Die fintwiekelnag der SadenbmdfkbriketMa in BueL 1884.
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8eid«oindiittrie dM XIX. Jahrb. Sebwen.
127
1846 20000000 Free.
1859 45000000 „
1864 31000000 „
1Ö72 57 101000 „
1678 39187000 „
1880 83752000 „
Neben den beiden wichtigsten Centren Zttrieh und Basel bestehen in
den benachbarten S[aDtODL>n Zug, Schwjz, Unterwalden, Bern, Glarus t-tc,
namcntlicli in Brm, SchatFhauseu uml St. Gallen ziemlich bedi utendt; Manu-
fakturtu für Florence, Crepe, Taffete und Schinnstoffo. lu den Taffeten,
sowohl glatten, wie gestreiften und gemusterten, hat sich die iichweizcrische
Sadenwebem in votxagHcher Weise verrdlkomiBnet In der ganaen llnnu*
hMm flberwi«^ die hausindusirielle Unternehmungsform, und in der Fabri-
kation des Beuteltuchfi für MUllereizwecke geht dieselbe aa<«ichliess1ich in
häuslichem Betrieb' vor sich. \m grosiscn uml ganzeu dürfte man den Pro-
duktiooswert der Öcbweiz in Cjeideufabrikaten auf 160000000 Frcs. beziffern
Mnnen. INe Handebrerliiltnisse ergeben eieb ans folgenden Zahlen (kg):
Import Export
1893
1892
1893
1892
Reinseidene Stoffe
. 38 400
64000
966700
1 106500
Halbseidene „
. 29000
48500
507200
486700
MuUcrbeutclgaae
200
24800
30400
Reinseidene Bind« .
. 19100
84900
89600
94400
Halbseidene „
. 23100
44100
1080400
1282100
Stickcrpien . , . .
900
1500
20200
64200
Spitzen
. 5500
8200
1700
3700
116 00"
191400
2690500
3058000
Im leisten Yierie^ahrhnndert schwankten die Auafuhrsahlen folgender-
maCsen:
kg Wert in Frcs.
1871 8740000 —
1875 3165000 —
1880 3243000 —
1885 2384000 Ü9 157 000
1890 2898000 12Ü269000
1892 3058000 187693000.
Die J&uptabsatzgehiete sind England, Ver. Staaten Amorikaa, Deutschland
nnd Frankreich.
Dif Hfidpfimritiufaktur Englands orliirlt durch die Ansiodolnnj» dpr Re-
fugies erheblichen Zuwachs. Ihre Zutluchtstätten waren das Herzogtum von
Norfolk, wo 800 flSmisehe EamiUen noh niedolieasen, tmd Spitalfields, wo-
hin die Fniusoeen sogen; später l^nd ein Zusng von Flamftndern und Hu-
genotten nach London, E«it und Bmes statt. Der Zeitraum Ton 1778 bis
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128
Seidenindiiatiie tlei XIX. Jobrh. Eogland.
1824 kann als die clgcntlicliL' EntwickolungKperiotle der englisclK'u Seiden-
industrie bt tnichtct werden, die durch Protektioos- und sogar Prohibitiv-
system, Ausfuhrprämiea uod MoQopoliäierung des Koloniulliaudels unterstützt
wurde. Ihre Yomehmliehen Sitae waren London, Spitalfields, CoTentrjr,
Dublin, Derby, Maodesfield, Manchester und Middletoo. Gegen Ende des
XTIII. Jahrb. waren in London und Umgegend 8000 Webstühle thätig.
Seit Anfang des XIX. Jabrh. beginnt der durch politische Verhältnisse des
Kontinent» und Schutzzölle begünstigte gewaltige Aufschwung englischer
Seidenmiumfiiktur zu «Iner GroBBindustrie, die mit der iranzSeisehen &st
gleidieii Sdiritt hielt nnd «e wihrend der Wirren der BevolutioDBieit und
der Kontinentalkri^e sogar ilberflUgelt bat. 1861 verfügte sie über die
enormp Anzahl von ca. 90000 Stühlcu (10709 mechanisebe) und verarbeitete
1870000 kg Eobieide. Nach Arles Dufour belief sich die Zahl der Web-
sttthle auf:
1860 1865 1861
100000 110000 150000
Die grossartige Ent Wickelung des überseeischen Handelsverkehrs, wo-
durch einerseits der Bezug des Kohmaterials, andereraeits der Absatz der
Fkhriknto in den fernsten LBndem erleichtert wird, nod die stnanenewerte
ümgefltAltnng der Teehnik, sowie endlieh die nberhnndnehmende EinflÜinnig
schnellarbeitender Kraftwstühle, haben statt der [nntmafslichen günstigen Folgen
die ganz entgegengi»sc'tzte Wirkung gehabt, indem sich diiselben einer gesund
fortschreitenden Entwickelnng hemmend in den Weg steilten. Die uameutlich
durch das übeisturste und unverhSltniamissig rasche Umsichgreifen der mecha-
nischen Seidenweberei (1870 waren sdion 123780 Kraftstahle im Betrieb)
berrorgebrachte Massenprodnktioii und die dadnreb Terarsacbte \'ei scblech-
terung der Fabrikate haben die englische Heidenweberei in Misskredit ge-
bracht, aus dem sie kaum so leicht winl lieraMskomnien können. Uni die Mitte
unseres Jahrbuudtirts erfolgte auf Aureguug ätaaUükonomischer Ivefurmeu
▼on Peel nnd Bussel eine Rüelckebr sur Politik des freieren Handeü»*
Torkehrs, nnd die Herabmindernng der Zölle auf 16% beachte der Seiden-
mannfaktnr den ersten Schlag, Die socialen Verhältnisse und teuere Hand-
arbeit, sowie der Mangel au selbständiger, künstlerischer Anschauungsweise,
vor allem aber das von Cobdeu weiterverfolgte Prinzip des Freihandels
(systeoi of libre exobange), und die gäniliebe Avfbebnng der Einfnbni5Ue
auf franriMsche Fabrikate tfaaken das fibrige, nm die Indnstrie von ihrem
Höhepunkt um die sechziger Jahre in raschem Schritt einem unaufhaltsamen
Niedergange anheimfallen zu lassen. Der Import französischer Seidenfabri-
kat«, der gegen 1859 ca. 37 Mili. betrug, stieg auf 220 Hill. 1870. Im J. 1872
waren noch Tornbergehend 62000 Webstühle thätig, wo^on 12000 mecba-
nieahe; 1886 ist deren Zahl auf ein Zdintel der früheren herabgesunken, in
Omakf z, B., «inem firnber blühenden Sita engliseber SeidenmanuCsktur
1) Hin. italktici of Um Uaitsd Kingdom. 18». Part YHI.
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Seidcnindttitri« de« XIX. JAA. England.
129
betrag sie IGOO gegen 9000, in Spitalfields 2000 gegen 24000 im Jnhte
1826. Erat in nenerer Zeit iat man in England eifrig bestrebt, der
Seidenweberei eine industrielle Bedeutnng im grösseren Stil zu verleihen und
der beträchtlichen Einfuhr za gunsten der heiini^tchen Tmlnstrio Einhalt zu
than. Um den Konsum inliindischer Fabrikate zu fördern, {sind die „Ladies
National Silk Association*' und „Silk Association of Oreat Britain and
Ireland** gebildet worden« die einen möglichst ausgiebigen Verbraaeh ein-
heimischer, und die Verpönung ausländischer Fabrikate verfolgen. Permanente
Ansstelluugen führen seit 1890 (London, SfafTmc], Miuicliosttr) tlio Erzeug-
nisse heimischer Seidenindustrie dem Publikum vor Aii<^en, u. a. die mit
vielem Pomp lui Mai 189-1 eröffnete „National Silk I>xliibili(»u'% welcher im
April 1895 eine solcbe in Haeelesfleld gefolgt ist; sie beeiflsm sieb, die
Konsumenten von der Güte und Billigkeit der Fabrikate zu überzeugen.
Tmtzclem ist fs sehr wahrscheinlich, duss die Ali'urmgi^^'kcit Englands von
den Industriestaaten des Kontinents (Schweiz, l'iunkiLMch, Deutschland) und
ebenso der Import von 12 Mill. dem nur 1,5 Miii. Export gegenüberstehen,
in absehbarer Z^t; keine nennenswerte Einbnase erleiden werden. 1891
besebiftigte die Fabrikation
der Failles, Atlasse, Sammete und Binder 47882 Arbeiter
die Seidenfärberei ........ i 760
diü Cröpe- und (slazeweberei 915 „
und _ 880 Kaufleute
liii ganzen 51 427 Personen.
Eiu Ceulnim cUt Stfidpninflnstrie girlit e» iu Kiigland nicht, vieliaelir ist
diese in vielen Induatriestiidten zer^ttreut, hauptsüclilicb in MuccIe^Guld (Fou-
lards, Fa^nn^ Krawattenstoffe), S])italfie1ds (Sehirmstoffe) und Manchester;
Tüll, Spitzen und Posamenten werden in Nottingham, Bänder in Coventry,
Crepe in Norwicb, Plüsche in Iloclulule, BuitiMi in Leek, Suuiiiiete iu Bratlfmd
und Foulards iu Glasgow erzeugt. Der gesamte Produktiooswert beläuft
sich auf yO 000 000 Frc».
Folgende Zahlen liefern nnen Aofschlusi flbw den Seidenhandel Eng-
lands, wobei nicht nur Fabrikate, sondern aneh Rohprodukte roitangefuhrt
werden, um über den Umfang der Verarbeitung urteileu au können (f3r
1894 in 4^).
Import Export und Reexport
Gespinate und Abfälle 1856628 476188
Gewebe und Fabrikate 1 1 749035 _1 22 1^(51^
13605663 1698149,
mithin ein Mehrimport von 11907514 £ = 297687840 Frcs.
Für die seit dem XVII. Jahrh. fast im Erlöschen hcgriliene »Seiden-
weberei Italiens ist im letzten Viertel des XIX. Jahrh. enie neue Ära der
Entwiekeinngsgesohiebte eingetreten. Namentlieh in der Lombardei und
den benaehbarten Provinswn hat oie festen Boden gefasst. In ihrem Hanpt-
8ll««rai»as, Sto SiM«. 9
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130
8ei(l«iiiiidtMlrie d«a ZIX. Jabrh. Itolim.
nt«, Corao, stieg, die Zahl der Webetühle allm&hKoli ym 60 im Jabre 1714
anf 276 im Jahn 1772, 1333 im Jahre 1795, 2450 im Jahre 1836, 2600
im Jahre 1852, 3000 im Jahre 1860, 6500 im Jahre 1872, 7600 (700 Kiaft-
stühle) im Jahre 1R86 uml 8500 im Jahre 18'Ji» — wie mau ersielit, eine
zwar langsame, aber sieiig furtäckreiteade Entwickelung. lusgesamt wurden
] 860 von der Indortrie 8000 Stflhle bescbiftigt, weiche Zahl nm die siebziger
Jahre TOrftbergehend auf 12—13000 stieg, um dann wieder anf 8—10000 m
sinken, auf welcher H5he ne sieh bis auf die neuere Zeit erhalten hat, wo
ein kräftiger Aufschwung seideuf^ewerbliclier Thätigkeit stattfand. Nach
einigen, übrigens nicht zuverlässigen Angaben soll ihr ehemaliger Umfang
grösser gewesen sein, als gegenwärtig; so waren laut der, anlSsslieh d«r
Landesansstellang 1861 Teröffentlichten Statistik an jener Zeit in Italien
30756 Weh^tiihle im Betrieb, thatsächlich aber, das Hausgewerbe inbegriffen,
18 — 20000. 1872 waren in Italien und auf Sicilien 2-3000 Webstühle
thiitig, wovon 14000 im (irossbetrieb (8000 in der Lotnlianlei, 3500 in
Piemout und 2500 in Venedig). Eiuer verbürgten Aufzeichuuug nach waren
im Jahre 1890 179 Webereien in Betrieb und besehaftigten:
Handstiihle Kraftstühle Jacquards
Lombardei . . •
8253
2330
1166
Ligarien . . .
1264
2
29
Carapagua ...
463
65
81
Piemont . . .
320
72
232
Andere Provinzen
533
83
Im ganzen
10823
"^469"
1591
Sie produzierten tiTöOOO kg Gewebe im Werte von 65 Mill. Lire.
Nach amtlichem Ausweis waren 1890 14959 Wubst&hle mit 20214 daran
beschftftigteD Personen thStig*), wovon etwa die HaUle dem haas-
industriellen Betrieb zufallen soll. Trotz. der..billigen Arbeitskraft böigem
sich die Kraftfitiihle immer rrn-lir <'iu, und von einigen wird sogar ange-
nommen, dass die italienische Seidenweberei in der Anwendung motoriseher
Kraft hinter derjeuigeu vou Crefeld oder Zürich nicht wesentlich zurück-
stehe *). O^nwSrtig dürften im gansen 20 — 22000 indostridl betriebene
Webstühle vorhanden sein, wovon 4000 mechanische. Die Hausindustrie
verfügt über 10000 TTiind.stühle. In Como arbeiten 9—10000 Stühle, in'
Mailand ISOD Kraft- und 1200 Mandstühle für istoffweberei, und 500 Kraft-
nnd 600 IJaudstühle für Bandfabrikatiou; Genua beüitzt 1500 Haudstühle
n. 8. w. Como enteugt glatte Gewebe, Schirm- and Krawattenstoffe, Sehbpen
u. dergl.; Hailuid ausserdem Möbelstoffe, Bänder und Besatzartiket;
Genua ansser glatten Stoffen Sammete und Plüsche; Turin teuere
Kleiderstoffe, Paramenten, Möbelstoffe und Wirkereien, Caserta {ß, Leaeio)
') StaÜKtica industriale etc. Roma 1S91. Faao. 37.
•) Sombart Im AfduT f. Mcisle GMetag. usd StstuUk. 18»S. IV. 18».
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Seidcaindoitrie des XiX. JAhidu Oatacreieli. 131
•
Brokate, Damaste und reiehe Möbelstoffe; auf Sfeilien werden Bänder anp
gefertigt. Neapel, Venedig, Viccnza, Florenz, üdino und Sienna besitzen
eim'fre iinhedentende Webereien. Die Seidennianufaktar wird iu Italien aus-
scbiiesslicb im Grosabäadlertum betrieben. Von der Produktion, die sich auf
70—75000000 Ltra boiffimi IM, werden 60% im Lande Tezbnneht» der
Rest (ca. 350000 kg) baaptsSeblidi nach der Schweis und Engtand eiportiert.
Folgende Tabelle zeigt die Entwicklung dee Handelsverkehrs Italiens in
Seidenstoffen und seine JSnianaipatioo von der ausländischen Etnfnhr.
Import
Expurt
1865
279630 kg
24ttOy kg
1870
185994 „
68694 „
1875
289956 „
78360 „
1880
280 729 „
101 COÖ „
484764 „
174034 „
1890
270 784 „
262380 „
1891
250880 „
270101 „
Ans der Geschichte des ö.stcrri>ichiscfaen S<.'idengewerbes in der zweiten
Hilfte nnsere» Jahrb. liest sieh der Übergang des Handwerks in den motori-
üchen Ma-scbinenbotrieb kapitalLsti-schor Unti>rnohmor insofern in anschaulicher
Wf^js.' vcrfiilgen, aLs hier die Sfidfiiiiiamifaktur <inc von den grmscn Str">-
tnung*'n d' s Welthandels und den lndu.Htriekrisvn unbeeinHiLsstc Entwickeluug
genomiufii bat. Die gesamte Weberei Österreichs beschäftigte'):
1841 dagegen 1890
Handwerksmissige Webemen 40444 WebetfiUe 7709 Webstuhle
Fabrikbetriebe 401 „ 1068 „
Die Zahl der Betriebe in Wien*) belief sich anf:
1852 1866 1860
.Seiden- und Sammetfabriken — 406 340
äeidenzeugmuchcr allein . . 386 260 —
Die Seidennninufaktur hat in östareieh-üngarn keinen TOmehmlieben
Sits, sondern wird in mehreren Indnstriestidten betrieben. ^ Itef^ ein%e
SpeeiaUt&ten, hat aber fiir den ifmarkt keine Bedeutung. Im J. 1872
waren in Wien im Betritb 2600 Wcbstnhb«, wovon 500 mpchanischn fiir
Bänder, die für 22 Mill. Frcs. produzierten und 6500 Hand- und 200 Kratt-
«tllhle ffir Stoffe, die 250000 kg Seide Terbrauohten und für 35 fifilL Free,
enengten. 1886 arbeiteten ea. 6000 Hand- und 3600 meebanisehe Stflhle,
1892 4423 Hand.stUhle, wovon 3145 für glatte und 1278 für fufonnierte
Gewt ht^. sowie 1892 Kraftstühle, wovon 415 Jacquards und 1477 für glatte
Stoff«; der Produktionswert belief sich auf 12047400 11., wovon 7 258 700
') Scbwiedland, Kleingewerbe und Bausinduttrie ia Öitcrreiob. Leipzig 1894.
8. tV.
*J Ber. der Wieonr HasdelikaaniDer. 1161.
. j ^od by Google
132
Seidsnimltutne d«t XIX. Jabrh. BonlaDd, Sebweden etc.
niif gemischte Gewebe entfiillt. Die Sitze sind ausser Wien und Umgegend
(St. Pölten): Bölinicii (Rciclicnberg, Eger. Pilsfii, Budweis), Mähren
(Brünn und Olmütz) und zum geringertn Teil mich Tirol (Innsbruck, Ro-
veredo), Vorarlberg (Feldkircben), Bezirk Troppau in Schlesien und Galizien
(Lemberg). Bander werden in Wien, Linz, Innsbrack, Reichenberg, Pilsen,
Brunn, OlmUtz und Troppjiu fabriziert. Die Gesamtproduktion belief sich
auf 40000000 Vic^. im .1. 18S0, 50000000 Frcs. im J. 1890, mifl rltirfte
gegenwärtig (jO()t)(iOOU Frcs. nicht übersteigen. Der Handelsverkehr Öster-
reich-Uugums in 8eidenfabrikafceu ergiebt sich au» folgender Tabelle:
Import
kg Wert in fl.
1881 379600 18671000
1865 288900 12634000
1890 296600 12230000
Export
kg Wert in fl.
190800 2801000
382000 4240000
608300 6115000
Das rnsaische Reich leigt in der letzten Zeit ein eifriges Bestreben,
der beimischen Seiden industrie durch Merkantilpolitik zu einer zeitgemüs-sen
Entwickelung 7.n verbelfen. Tn Moskau, St. Petersburg, Riga. Bialystok,
Warschau und Lodz lu-steln ii, niei.sfc unter linnzösi^cher Leitung, bedeutende
Stoff-, füll-, Spitzen- und Bandfubrikou. Mockau allem besitzt 15000 Stühle
und eneogt neben anderem auch reiche Brokate und golddurehwirkte Ge-
webe. Die Gesamtproduktion Rus^lan(l-, be/.iffert sich auf 120000000 Frcs.,
wovon 96 Mill, auf StotiV, 14 Mill. auf Bänder und 10 ^lill. auf Posament«!
entfallen. Über den Fortschritt der Indnstrie belebreu folgende Zablea:
Wert der
Be^atzurlikel Fabrikate iu Rs.
Einfuhr
in Pud von 16,38 kg
(irenpinste Ganz-u. Halb- Wirkereien u
(Gregen. Ourrees) seidengewebe
10227 2500
25786 3100
234S2 3400
3y3'.>r, 3100
44^00 2500
47356 2137
69000 ?
Andb in Schweden eniwiekelt aich rar Zeit eine rege Tb&tigkeit in der
Gründung von Seiden manufaktuieR. In Sto^holm sind gegenirörtig ca. lOOO
Webstuhle in Betrieb.
In Holland stand die noch aus dem XIV. Jahrb. stammende Seideii-
manutuktur bis zum Ausgang des XVIll. Jahrh. in ziemlich hoher Blute,
irt aber seitdem, von der »ualandiai^en Eonkurrens fiberftfigelt, fast
lidl in Verfall geraten. Sie beachSftigt heutz\itage kaum noch 500 Webstuhl«.
Belgien betreibt in nomenswertem Ma&e nur die Siütsenfabrikatioii»
1877
1881
1885
1889
1891
1892
1894
700
2300
1200
1300
iUOO
?
?
1627000
2239000
1955000
1821000
1368000
?
?
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Smdeiiiiidti«trie im XIX. Juhrb. Spanien. BftlknnstMten.
133
Die I'linfuhr der Fabrikat« Ubenldgt die Ausfuhr um ein Bedeutendes; sie
betrug im J. ISST 152R38 kg gegrn I3G05 kg der Ausfuhr.
nif> einst so blühende seidengewerbliche Thätigkeit Spaniens lag bis
unluugät, infolge der allgemeinen wirtschaftlichen Schwäche des Landes,
gftnxlieh darnieder; erat in neuerer Zeit liest aieb ein Aufleben der Sdden-
manufaktur konstaiienn, und alles weist darauf hin, dass Sptmien dem
Heispiel Ttaliena folgen und in absehbarer Zeit wieder nicht nnr seinen in-
ländischen Bedarf decken, sondern nach am Export, namentlich nach seinen
Kolonien, regen Anteil nehmen dürfte. Die altherkömmlichen Webstühle
englisdien Ursprungs werden niieh und nach abgeschafft und dnreh moderne
•ehweisetisebe ersetit. In der an meisten in Betraeht kommenden ProTini
Katalonien werden hauptsächlich schwarzfarbige glatte Stoffe, Atlasse, Fail-
lea. r!;if>heniircs, weniger die Faronin's. hergestellt. Barcelona erzeugt Stoffe
and i'usamenten, Saragossa Bänder, Valencia und Murcia Tülle, leichte Mode-
artikel, Fonknls etc. Die Weberei Terfügi über 10^12000 Stfible, wovon
1600 meebantsebe, und produriert fBr 90—35000000 Free. Der Handels-
▼erkehr Spaniens in Seidenfabrikaten lüsst nch ans folgender Tabelle er-
sehen (für 1893, Wert in Pesetas = Francs).
Einfuhr Auftfiibr
Gewebe 3779000 1518000
Tüll, Spitzen . . . 2166000 76000
Sammete 1468000 —
Halbseidcnfabrikate . 2687000 —
lOOOOOOO 1594000
Portugal Terwebt Seide in Lissabon und Oporto und verfOgt über
«a. 800 Stuhle.
In den Balkan-Staaten bildet die Seidenweberei ein ziemlich verbrei-
tetes (rewerbe, über dessen Ausdehnung »ich jedoch eine genaue Aufstel-
lung nicht geben lässt; doch dürfte die mutmafsliche Anzahl von 16000 Web-
stSblen, wovon 6000 dem Fabrikbetrieb angeboren, der WirUicibkeit wohl
annähernd entsprechen; mechanische Stühle fanden bis yor kurzem nnr
schwer Eingang, doch steigt ihre Zahl, dank den immer regeren Be-
ziehungen mit DentMihland und England, stetig und dürfte gegenwärtig
3 — 500 betragen.
Es fftUt sobww, über die Seidenweberei Asiens ebenso lahlenmSssig
SU beriehten, wie über die abendländische, weil dieselbe hier, wie die Seidon-
zncbt, zur vielverbreiteten Hniisindustrie gehört, deren Produkt ionsgrösse
sich jeder genaueren statistisclien Schätzung entzieht. Dies gilt in erster
Linie für die kleinasiatische Seideumaoufaktur, deren Dimensionen gewöhn-
lieb untetsobatat werdm; dass ibre Produktionsb5he indessen keineswegs
gering iit, ttsst sidi daraus ersehen, dass im Tilayet Diatbekir allein ca.
3000 Webstflhle thätig sind. Die kleinasiatisohen Seidengewebe zeigen die
«genartige, bonte Kleinmnstemng und werden meist mit Gold and Silber^
134
SflideiÜDdastrie des XIX. Jahrk Kleioanen. Indien.
flden brOMbiert und lanciert. Die eogenanuten „kaffiehs" (Kopfbedeckung)^
dann Ahnjas (syrisplie Mäntel), Shawls etc. von Bejruth, DftffiMkoB und
Aleppo ertreaen sich auch in Europa grosser Beliebtheit.
Indien erzeugt einige Speelftlitftten, die hinriehilieh ibrer Technik niebt
ohne Intereaae sind. Die reieben, mit edlen Metallf8den dnrebwirkten
Seidenstoffe Bengals weiden in Benares, Ahinodabad und r>elbi (Stickereien)
erzeagt und kommen öfters unter der IJczrifltünng „trinkhalls" auf den
enrnpaischen Alürkteu vor. Die bedruckten UewelK; „««ri" (surah), „patolo",
„bandannas'' n. a. sind zuweilen von musterhafter Au.sfübrung. In Labore
nnd Mnltan werden fagonnierte Crewebe angeferlogt Die Tnaealiweberei
bat in Raipore, Godavery und Sambal|K*re ibre industriellen Sitze. Nadi
Europa werden vnrztifrcweise die Corüli«, Suralis, Chnppalis, I'omals und Tiissores
exportiert, nur wciiij; bi'.stochi'iiilt' uml <'iiitarlif, taffctart i^r. al«»r selir dauer-
hafte Gewebe, die übrigens in Europa duntb Fürben uud Bedrucken weiter
Teredelt werden. Folgende Zablen geben einigen AufKblnas über den ana»
wfirtigen Handel Indiens mit Seidengeweben (in engl. Pfund Ton 0,463 kg):
Export Import
reinseidene gemieebte reinieidene gemieebte
1879—80 1983574 117120 (•12\0:)?> 932079
1884—85 3120578 108363 i) 1 'J.i 723 ir.72560
1887—88 3170276 189 704 100»4361 30733Ö5
Die Ausfnhr der Bengalgewebe, Pongees, TossoreSt Sarabs nnd Coraba
beiief sich laut den Handelskanimerbericbten:
1878 auf 1481000 Vards
1880 „ 2203 791 „
1886 ^ 3728213 „
1888 „ 3522528 „
1890 „ 2330360
Im Gesob&ftsjabre 1892/93 wnrden Stückgüter tiu Wert« von 1660000
Rupien (1 Rupie = 2,05 M.) verschifit, was der Quantität nacb eine Ab-
nahme von 37 im Verfjleich zum Durchschnitt der letzten 10 Jahre be-
deutet. Die Ausfuhr 1892/i^3 betrug 1 768166 Yards gegenüber einem Dnreb<-
aobnitt von 3469807 Tarda in den Jabren 1884—88. Naeb England ging für
flaue Ifi11i«n, naeb Fraakreieb für 800000 Rupien, fie aei bier beilanfig
bemerkt, dass die Ezportabuahme indischer Fabrikate, beispielsweise nacb
China, als Folge der Einführung der Goldwährung in Indien zti betrachten
iat. Dieser Umstand, welcher dem eoropäiscben Handel und der Industrie
an Nntsen kommt, indem er Indien anf weetliebe Absatzgebiete verweist
nnd in grSaeere Abbingigkait von Europa bringt, war andenvaeita Iria anf
die jüngste Zeil auch für die japanische Seidenindnatrie Ton Vorteil, da
sich China nnn genutigt sali, sich der letzteren zuzuwenden. Es sni l all»*
Anzeichen vorhanden, dass nun jetzt, wo der japanisch-chinesiscbe isuri^
Seidenindiutrie dtt XI>I. Jahrb. Indien. China.
135
und seine Folgen eine engere tommer/idle Verbindung dieser beiden Liiiukr
zur Cnmi^licbkeit gemacht hat, die ehinesii^clic Seideninrlnsf rie, der wohl
ganz gewaltige Produktionsmittel, nicht aber die uioderneu kunstgewerb-
lidien und tcohuischeii Fortschritte za Qebote stehen^ nnter dem etwaigen
anr^nden fSnflnss europäischer Staaten auch in dieser Richtoiig den Weg
einer seitgemussen Entwickelnng wird ein.schlagen können.
Die Abnahme des indi.echen Exports nnch Europa lii^-^t sii h auch da-
durch erklären, dm» man die jetzt so modern gewordenen Ba^tgewebe iu
Enropa ans Indiachem Gespinst in Tiel ToUkonnienefer Weise selbet er-
leogt. Die aoaseitndeDtlielie Höbe des V«>braQches auslfindiseher Seiden-
fabrikute auf den indischen Markten, ein Unistand, der nicht gerade dazu
bfitrugt, die einheimische Seidenindiistrie zu fönliTii, ist an? der ersten Tabelle
ersichtlich. Dia Einfuhr der iStitckgiiter übersteigt die Austuhr um das Zehn-
fache und beiinft nnf ca. 15 MilL Rupien; die Menge stieg von 10,5 Mill.
Yards in lekien Deoenninm anf 12,6 Mill. im Jahre 1893, also nni 21%.
Die H&lfte dieser QoaniitiLt liefert Cliina. ein Drittel England und ein Zehntel
Frankreich. Halh'^eidenwarpn wnrdf-n lH9_*i93 fiir 'J 750000 Rnpi'^^ Min.Tp-
führt; der weitaus giüsste Teil dieses iitdarfs wird durch Frankreich ge-
deckt. Wir haben der Besprechung obiger Verhältnisse aus dem Grunde
mehr Raum gewidmet, weil die indisehen und ostasiatischen Verhältnisse in
letsterer Zeil il;is Interesse der eurDpäisciimi Industriestaaten vielfach auf sieh
gezogen liabon, und wt-il angesichts des inunt-r schwerer werdenilen .Mi-iitzes
niicli den anierikiiuischen Staateu die \\ alirsclidnlichkeit vorliegt, dass sicli
dort der AbÜuss europäischer Überproduktion in überwältigender Weise
konsentrieren nnd, mit technischer Tollkommenhelt ansgerüstet, in einen sieg-
reichen Konkurrenzkampf mit den einheimischen Erzeugnissen nicht nar be-
züglich der Qualität, sondern auch bez. des Preises eintreten wird.
Cbina be.sit/.t eine sehr bedeutende An?ahl Seidenwebstühle. Speciell
im Norden blüht die Kunstweberei, wo iu Schen-si und Ss'-tschuen Sam-
mete tob hohem Werte enengt werden. Atlasse und Crepes webt man
in 'Shanghai, Houpeh, Hn-tscben-fu und Ningpo; linder in Honpeh
nnd Shanghai, schliesslich broschierte und fa^onnierte Gewebe in Kiangsn,
speciell im Departement Kiang-nin-fn (Nnnkin). Die meisten der fabri-
sieiteu Gewebe werden im Lande selbi^t verbraucht, nur wenige finden im
Export Absatz, wie x. B. die „pongees'', leichte fonlardiUniliehe, taffetartige
Stoffe. Die Ansfnhrwerie in Geweben beliefen sich anf:
1875 29900000 Fns.
1&78 33600000 „
1881 34500000 „
1883 33300000 „
Die Seidenweberei Japans bildet im eigentlichen Sinne des Wortes
eine Nationalindustrie, d. i. ein allgemeines Hausgewer))?. indem jede Weber-
familfe eigene Webstühle, übrigens von ziemlich primitiver Bauart, besitzt
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136 , Seideninduätrie des XiX. .Iiihrh. Japan.
tmd ihre Fabrikate uiiniittelbiir au Kiiunoute iibgieht. Nur für fa9onnierte
iStotfe kommen Jacquardmaschinen Wereits stark in Anwendaug*). Die
technische Unvollköinuteuheit dtr Werkzeuge wird jedoch aufgewogen durch
die Hingabe, mit welcher die Weber ihrem Handwerk oUiegen uoA die
ihnen ermöglicht, die Ausführung der schwersten und kompliziertesten
Werke der Kunslwelienn zu liL'wiiltigon. Tu Kinfo. dem H;uipt.sil/.c japani-
scher Seidenmauufaktur. sind einige industrielle Ktablisscmentä grösseren
Mafsstahs vorhanden. Kioto erzeugt Fa^onu^, Brokate, sciiwere Crepes,
Taffete nnd Foii1»rd»i in Kirin mad Dsehoehia werden leichte glatte nnd
gertreifte Stoffe^ in Nagahama Sammete gewebt, Saitama, Fukushinia
n. a. fabrizieren Atlasse, Pongees, leichte gekreppte und bedruckte Fonlards
u. s. w. Die glatten taffetartigen Pongees werden Habutai genannt , von
deren Abarten „tirilled'* Habutai (Köper) und „figured'' oder gemusterte
Hahatai (Mon) an bemerken riod. Eaiki «ind Stoffe ans Ab&llaeide. Die
Stoffi» haben gewShnUch mne Lftnge von 11,36 m nnd eiae K«ite von
37,8 cm; bei gemischten Geweben ist die Länge in der Regel geringer.
Die Gürtel werden in Rollen in den Verkehr geljraeht. die für Manner
d,63 m laug und 20 — 30 cm breit sind, tiir Frauen 3,lö ni und 70 — HO cm
Dessen« Im Jahre 1887 worden 3192777 Tan (StQck) reinseidener Gewebe,
d. i. reichlich 36 Mill. Meter im Werte von 7908621 Ten enengt, woton anf
den Bezirk Kioto 676996 Tan im Werte von 2477880 Yen, auf Yamanashi
600512 Tan im Werte von 1 211540 Yen nnd anf Onmma 510658 Tan
im Werte von 1 1H2116 Yen entfallen, in geniij-chteu Stollen belief sich
die Produktionsmenge auf 2423546 Tan (26 Mill. Meter) im Werte von
3638680 Yen, wovon Xioto 592692 Tan, im Werte von 1 768699 Yen, und
Tachigi 620 777 Tan, im Werte von 619353 Yen fabrizierten. Von den nflrteln
wnrden in reiner Seide für Männer 162570, für Frauen 193974 Rollen
im Werte von zn?amraeu 1 893220 Yen produziert; halbseidene 58()279
Rollen (die Hälfte für Männer) im Werte vun 'tibü ü'tl Yen (alles für d&a
Jahr 1887). Der PTodaktionswert belief eich dann in Reivseidnutoflieii
anf (1 Yen = 1 Piaster = 1 Dollar = 4,18 M.):
KleiderstofTe Gürtel
18R6 5639000 Yen 1 l'JBOOO Yen
1889 10263000 „ 2049000 „
1891 12644000 „ 2681000. „
in Hslbaeidensloffen anf:
1886 2156000 Yen 406000 Yen
1889 4154000 „ 1591000 „
1891 5168000 „ 2790000.«
Si hat jedoch den Anschein, daes der wirkliche Qeeamt^odnktiona-
wert mit Einredinnng der Hanabetriehe ein hedentend grosserer ist. An«
') Meyer, Die iunerikani«che Seidenindustrie und die Sflideniodaitri« anf der Welt-
aoMteUung in Oueago 1&9S. Bern 1894. 8. M.
Setdenindostrie doi XIX. Jahrb. Japan. 137
folgenden, ilen amtliehen Berichten entnommenen Zahlen ergieht sicli die
EntwickehiDg und der jetzige Umfang des japanischen Handels in Seiileu-
geweben. Am meisten in Betracht kommen hierbei die 1 uulard.H ((Jacbeuez),
die zam grteten Teil (90%) nacb Amerika gehen, und die Hebataistoib.
Et wurden espetlieii im Werte tod:
Fonlerds SeidoiBtoffe
mi lU6280 YeD 135224 Yen
1890 25tR946 „ 1167868 „
1893 3899646 „ 4074993 „
1894 3628128 „ 8 4 30000 „
Der Menjre nach waren ea (1894) 570 774 Stück n<"wehp frpfjen 25.5109
im Vorjahre, und 1436674 Dutzend Foulards gegen G434hU im Vorjahre.
BaB nnverbältnismässig rasche Wachstum der japanischen Seidenroanufaktur
im letcten Deeennivm isi die direkte Folge der earopftiseheo Modertebtnngen.
Die staunen-swerte Prodnktionsfähigkeit dieses Landes ergi'ebt sich aus der
Thatsache, d»iss es ninglich ^var, in einem Zeitraum von vier Jahren (1884
bis 1888) die Ausfuhr von Gespinsten, Abfällen und Fabrikaten von
2516464 kg auf 6967038 kg zu steigern. Die Weherei, die *ich bisher
▼onngsweise anf die oben beieiehneten Stofl^jattungen hcsehrSukt hat, f&Dgfc
an, auch reiche Damaste nnd Fafonn4a von feiiuitem Geschmack, Atlassei
Brokiite und kleingeransterte Gewebe xn exportieren. Bei der anerkannten
Fiiliifrkeit der Japaner für die Zeichenkunst und angesichts der .««tetigen Fortr
schritte der Technik lässt es sich voraussehen, dam Japan auch in den-
jenigen Artikeln, die jetzt ein Monopol der europäischen Indnetrie rind,
mit der ktsteren in einen nieht zu nnterschät/enden Konkurrenzkampf
wird eintreten können. Die grossartige Entfaltung des Seidenverkebrs
Japans im letzten Vierte^ahrhandert ergiebt sich aos folgenden Zahlen:
Export Import
ISfiO 15553473 Yen 10693072 Yen
1880 2839Ö387 „ 36626601 „
1890 56603M1$ „ Sl 728680 „
1894 113246086 „ 117481956 „
Der Aufschwung der Seidenverarbeitung und die Überflutung aller
Weltteile mit deren Ersengntssen ist aneh die Folge der niedrigen Arbeite-
IlUine in Japan, sowie des steigenden Mis^verlilUtntöses zwischen dem Wert
von Gold nnd Silber, da<< einen billigen Absata japanischer Fabrikate in den
Ländern irestattet, die (iuldwiüirung hahen.
W euu mau von deu ludubtneen «ler l^übseidenfahrikatiou und ver-
wandter Zweige, die in den betreffenden Kapiteln ihre Besprechung finden
werden, absieht, so fallen die ersten beaehtenawerten Versuche, die Band- und
Stofifweberei in den V er. Staaten Amerikas einzuführen, In die fünfziger
Jahre, obwohl schon friUier (1836) kleinere Betriebe bestanden haben. Der
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138
Seidenindmtrie des XIX. Jahrh. Ver. Staaten Amerikas
JSeces>iim.skrieg vnii ISGl — fi.') und die im Lauft' de.<iselbeu ia die Höhn ge-
gRnö;fnen Seliutzzitlk' verhaU'en der jungen Industrie zu ra?chem Aufschwung;
da^u kamen noch die ^'rüi!a8saIlg der Einfuhr von Ruhseide und ein unge-
w&hnlioh hohes Goldagio, da» die Importartikel Tertemrt«. Folgende Zahlen
seigen die Steigerang der EingangasOlle im lettten halben Jahrhundert ;
Grege
1841—42 -iO^o V. Wert
1843—45 50 Cents pro Pfund
1846—56 15'7o V. Wert
1857—60 frei (asiatiflche)
1861-63 „
18G4-80
1881—94
Ouyr^ea
Fabriltate
n
2 8 pro Pfund
30 " o V. AVert
300;,
30"/„
w
11
1»
30%
60%
50%
45%
V.
Wert
n
Gleich von Anfang an wandte sich die amerikanische Weberei den asiati-
BohMi Rohseiden m und btachte namentlich China dazu, da» ee immer
sorgKlUger gehaspelte und leichter su windende Gespinste lieferte; der
grösste Teil der „rereelid*. d. i. amgehaspelter Grege, sowie Cantoii filature
und bessere Qualitäten Tsatleef werden stt'i> von Amerika aurgt^l^nuft. Der
Import chinesischer Grege betrug im Jabre 1876 9244 Ballen und stieg
dann rasch 1880 auf 19201. Die Japanische Rohseide kam erst seit den
aehtuger Jahren in namhafter Menge in Aufnahme und hildet gegenwärtig
den Hauptanteil. Im J. 1876—78 wurden durchschnittlich jährlich 556 Bal-
len importiert, 1S7S — 81 Vitnits 437t u. s. f. Nach dem Americmi Silk
•lournnl belief üch die itohseideueinfuhr nach den Ver. Staaten im letzten
l>eceuuiuuK
1883/84
Herkqnfb
Europa, Balleii k 100 kg ,
Af\e\\ über Kuropa, Ballen
ä 50—60 k.r . . . .
Yokohama, B. ä 60 kg .
Shanghai, B. I 60 kg . .
Cantoo, B. ik 60 kg . .
1886/87 1880/90 1892/93
. 3803
6793
6480
9921
327
476
3
452
. 10097
14150
20860
27360
. 3468
6096
7626'
8396
. 5382
5449
8898
8766
Im gansen Ballen 23067 31 974 43766 64894
In den letzten drei Jahren wurden importiert (Ballen a ca. 60 k^:
1892 r,K^16 im Werte TOn 37 610767 DoU.
1893 ;}UUS1 „ „ 19 491968 .,
1894 54 9J4 „ „ 24728163 „
Vergleiclit mau den gegenwärtigen Konsum von über 3,3 Mü]^ kg Roh-
seide, die 900000 kg Ab£»lledde nicht mitgereeluiet, mit dem von tot
26 Jahren, im gansmi 600000 1^, so muss man zugeben, dies Amerika in
riesigen Schritten rorwarts ging und einielne Lander. Europas in quanti-
tativer Hinsicht bereits überflügelt hat.
SeideoindiMtrie des XIX. Jahrb. Ver. Staaten Amenkaa.
139
Die wid)tig6tea Sitze der Seidenindustric befiit I i ich aoNeblieaBlicll
in den nordöstlichen Staaten, nanif-ntlicli N('n-.Ter>f\ , l'eunsylvanien, New-
llorkt Connecticut (Soutb-Manchester) und Maat^achusetts, weniger in Maine
und Virgiuien. Das Charakteristische amerikanischer Webereien ist, da»
die meüteii keine Spccialartikel Iteflern, aondeni ncbai den Sammeten auch
Atlasse, neben den Bundern Besaizartikel anfertigen u. s. w. Die meisten
betreiben ferner zugleich die Zwirnerei und stellen iliren Beilarf an Organzin
nnd Trame selbst her. Ähnlich wie iu Eugland besteht eine „Silk Associa-
tion of America^', deren Aufgabe es ist, die Schutziiollpolitik iu dem nötigen
Sinne zu bminflnsBen. Infolge der teueren Handarbeit ▼erwendei die We«
berei fast ansschliesslich die meehaniMlien Stuhle. Nach einer amtlieben
Anfatellnng waren im Betriebe
lur .Stoffe für Bänder für Posamenten etc.
18S0 18"J0 1880 1890 1880 1890
HandrtGhle 1629 413 — 1624 1334
Enftetnble S103 14866 2218') 4389 — 1667
4732 16279 2218 4389 1 624 2901
Die Stoffliandetfihle «ind in fortw&brend«r AbDahme liegriffen. Gegen-
wärtig dürften im ganzen 25 — 28000 Kraftstühle be(riel>en werden, von
denen 18 — 19000 der StoflVebert'i, der Rest der Hand- uml Lit/.pnf:il)rikatinn
zufallen, neben etwa 3—4000 Ilandwebstühlen , die fUr Besatzartikel noch
einige Bedeutung beibehalten haben.
Der Charakter der amerikaniechen Seidenmannfaktur iet von dem der enro-
pÜaehen in vieler Hin8i( ht verschieden. Infolge hoher Arbeitsföhne wer-
den ans ökonomischen Rucksichten gröbere Gespiustuummcrn verwendet ; es
wird auch weniger dicht gewebt. Die zeitraubende Operation des Stoff-
reibens wird nur selten ausgeübt. Die Stoffe werden stark gutuniiert, wo-
dnreb sie an Geftthl nnd Schftnheit des Faltenwarfs verHeren. Die G«^
:^pinsfe werden in der Regel nicht unbetrSchtlieh ersehwert Die Qualität
der Arlieit .so1b5>t ist weniger sorafältig, als in Enrnpa; im allgemeinen sind
die Fabrikate von «iemUch guter Qualität, aber nuTerbältnismässig hohem
Preise.
Der Produktionswert belief sieb 1890 auf 69154699 $ (Hasebinen-
Näh- nnd Stickseiden mit 8917844 .$ mitgerechnet) ge^en 34519723 im
J. 1880. Die wichti^Bten Artikel, deren Fabrikation im Anfeehwnng be-
griffen ist, sind
Bänder mit ... 17081447 $
Kleiderstofle mit . 16183134 „
Besatzartikel mit R 32 1966 „
Sammcte. PKisclie mit 3141026,,
Fiitterstotfe mit . . 3011437 „
Litzt'U 2771382 „ u. 8. w.
FQx Bftnder and Poiamentra
140
Seideninductrie des XIX. Jahrh. Ver. Staatvo Amerikas.
Im J. 1890 worden Terarbeitet:
Grege 6376881 Pfund
Abfallseide ... 1357618 „
Andere Seideu . . 744 223 „
>^ 478 722 Pfaud und z. T. daraus erzielt:
Organzin und Tranie .... 3305372 Pfund
Maschinen- und Nähseide . . . 1 119 825 „
Stick-, Wirk- und Florettsride . 3-29637 „
D«m Prodaktionswwt von
Seidenfabrikaten nnd Nabseide 69154699 $
Oarr^ 16880366 n
Florettseide 1263489 „
87298454
gleich 43G 472270 Pres, im J. 1890, stehen folgende Zahlen des J. 1872
gegenüber:
Seidenfubrikate . . . 27130000 Frcs.
N&hseide 30600000 „
Posanentseiden . . . 16610000 „
Ottvr&« .... . 17200000 „
91640000 F^.,
d. i. die Produktion bat während eines Zeitranmes von nieht ^ni 20 Jahren
eine Steigerung von 375% erfahren.
Wie bereits erwähnt, ist in Amerika eine Arlieiisteilung in Weberei
nnd Zwirnerei nnr in wenigen Fallen m konstatieren nnd fallt es daher schwer,
eine gnan getrennte Statistik sn f&hren; die nachfolgenden Daten, welche
die innere Entwiekeinng amerikaniseher Setdenmanafaktar zeigen, umfassen
sowohl die Weberei, w5p auch die Zwirnerei nnd verwandte (bewerbe, d. i.
die gesamte Seidenindustrie, während bei den statistischen Angaben betrefiis
anderer Linder in dieeem Teile des Werkes lediglieh die Yerarheitnng im
Webstnbl ber&cksiehtigt wurde. Es waren ih&tig:
Fabriken Arbeiter Trodoktion in $
1860
67
1723
1809406
1 ^70
139
Rf.OTTTl
6H4y
l-2-JlO«;tj2
Im J. 1880 wnrf-n 382 6eidenfftl)rikeii im Hetriel), die mit 8474 Web-
stühlen und ca. 425 üOO Spindeln, bei einem Betriebskapital von 95626500
Fres. arbeiteten nnd fSr 205165226 Frcs. prodwnerten; ein Deeenniam
später arbeiteten 472 Fabriken (121 Webereien, 52 Färbereien etc.) mit
22569 Webstühlen nnd ca. 1055000 Spindeln bei 255037685 Frcs. Be-
triebskapital und 436492270 Frcs. Produktionswert, 1880 entsprach ein
Frank Betriebskapital 2,14 Frcs. Produktion, im J. 1890 trotz der vorge-
u\^u\^cö by CiOOgle
Seidflnindnitn« des XIX. Jahrb. Ver. Staaten Amerikaa
141
schrittenen Technik nur 1,71, eine Abnahme, welche sich darch den RSdcgang
der Rühseidenpreise, utul i^er Werte infolge der steigenden Konkurrenz, er-
klären lassen dürfte. JJieÄrbeiterzabl stieg im gleichen Zeitabschnitt von 31 337
auf 60913, d. i. um 70"/o, wahrend der Zuwachs der Webstühle 280% be-
tragt eine Folg« d«r teehntaehan VemlUnnnminiiigeii, welche einem Ar-
beiter gestatten, 2 — 3 lud nebr St&hle gleiolueitilg sn bemMehtigen.
Die Produktionskosten beliefen sich 1890 auf 74^44366 Doli., wovon
auf Rohmaterialien 66%, Arbeitslöhne 23,7 und allgemeine Spesen 11,3*7»
entfallen.
Ba lag in der Nator der Dinge, da» angleieh mit dem Anfsehwnng
der inlftndieehen Indnetrie die Eiofnhr fremder Fabrikate allmAhlieh aank;
während Frankreich in den sechziger Jahren fftr 130 Mill. Pres, importierte
(gegen 35 Mill. in den dreissiger Jahren), so waren es 1870 nur 85 Mill., und
in Durchschnitt des verflossenen Uecenuiums öö Mill. Frcs. Anders verhält
ee eich freilich mit der Gesamt«nfahr der Fabrikate, die nicht nar zähe sich
auf deieelben H51fe erhielt, eondem eogar noch etetig weiter annimmt.
Geigen 25350000 Doli, im J. 1866/66 und ca. 21 Mill. im J. 1870/hO, be-
trog der Durchschnitt im verflossenen Decenuium 32 Mill. Doli. Nach den
Liericht«u der Silk Association of America stieg der Import von 23087000
Doli, im J. 1870 auf 33305000 Doli, im J. 1880 und 38515000 Doli, im
J. IS90, ein Bewma, daae die atnerikauieehe Indnatrie nicht alle Artikel sn
bewältigen imstande war. In Kleidt rstolTen und Bandern ist die Einfahr
in den Jahren 1880/90 von 19,3 auf 15,3 Mill. Doli, gemmfepn, dagegen
in Ilalbspidenstoffen, Plüschen, Sarameten, Spitzen, Wirkerei»'n ttc. von
10 Mill. auf 19,7 gestiegen, immerhin lüsst sich voraoasehen, dasa Amerika
in absehbarer Zeit sich nnglekh mehr emanzipieren wird, als es dies bis jetat
gi'tliaii hat, namentlich in Artikeln der mechanischen Fabrikation, während
die Zufulir von Prachtgeweben und andererseits von leichten StofTen und
Halbseidenatla-ssen Knropa und vielleicht Japan wird überlassen bleiben,
da deren Herstellung am Platze in Rücksicht auf die teueren Arbeits-
krftfte wenig lohnend erseheint. Der Import fiel anf 3130B399 Doli, im
J. 1892, hob sich anf 32440036 DoU. im J. 1893 nnd fiel abermals, infolge der
derzeitigen Krise Amerikas, auf 22783696 Doli, im J. 1894. Die Beteiligung
einzelner eiiropäi.schcr Indnstriebe/.irke an der amerikanischen Einfuhr er-
giebt sich aus folgender Tabelle (für 1 1592/93) :
Lyon .... 62979797 Free.
Grefeld .... 19866734 „
Zürich . . • . 12772253 ,»
Barmen, Elberfeld 1 1 6 1 8 590 „
llorgen .... 7522771 „
Basel 7022711 „
St. Gallen, Bern. 1419146 „
113202002 Fn».,
gleich 22640600 Dollan.
142
Seidflnindtutrie da« XIX. Jahrb. Di« Frauenarbeit
Gelegentlich der Eroiiernng dar ArbdtsverbXttiinM im Mittelalter sabeo
wir, dass die Frauenarbeit fast iu allen lAndern der Mänuerarbeit voranging,
und dass erst in dein Mafse, wie die Seidenindustrie ans dem Hausgewerbe
zam regeloiässigeu Betriebe herauwachs nud au die Belbstiiadigkeit
Webekfinfttlers grössere AolordeniQgeu geatdlt werden nrasstoit die letdere
wieder Oberhand gewann. Dasn kam femer, dass die Ansflbang der Webe-
arbeit am Haudstahl, als sich seine Konstruktion wiederum der horizontalen
Kette 7nwandtp, grössere pliysisclie KrSfte erforderlich machte. Erst im
XIX. Jahrh. tritt ein Umschwung resp. liuckschritt zur weiblicbeu Arbeit
ein, infeige der maschinellen Fortschritte namentlich bei der Weberei, welche
die Hmuixiehnng von Personen mit geringerer toehmaeher Ausbildung und
physischer Kraft ermöglichen, und infolge des immer schwerer werdenden
Konkurrenzkampfes, der die wesentlich Mlli'^'^ren weiblichen Arbeits-
kräfte unumgänglich nötig macht. Ausserdem i^t die weibliche Arbeit in
vielen Produktionszweigen der Seideniudustrie vou besonderem Wert, weil
die lißdehen sieh anfmerlsanier, gelelirig«r nnd gesebiektef, als die mlnnlioheD
Arbeiter erweisen; so können dieselben e. B. in der Seidmhasplerei durch die
letzteren Icanm ersetzt werden. Namentlich aber ist die verheiratete Frau, die in
Hncksiclit auf ihre Familie b»hnfs Hrwerb des notwendigen I>ebeu.suti*pr}i altes
zur äu&üeräteu Kraftunstreuguug gezwungen ist für die peinlich autmerbsame
und eanbere Behandlung dee Materiak bei der SddenTerarbeitnng besonders
geeignet. Auch die jüngeren Kräfte, die im Vollbesitz ihrer körperliclien
und geisti^i^r. Fähigkeiten, dcH nötigen Scharf bliclc?<, der Geschicklichkeit
und Ge^vaudheit sind, werden iu der Seideniudustrie l>eschäftigt. in-
folge der neuen Gewerbeordnungsbestimmungeu fast aller Kulturstaaten'),
weldie die Arbeitsceit jogendliober Arbeiterinnra einadirKnken nnd die
Fabrikarbeit schulpflichtiger Kinder gans nnteraagen, ist dem in socialer
und hygienischer Beziehung nicht unbedenklichen Umsichgreifen der Aus-
beutung weiiilicher Arbeit Einhalt gethan. Laut Angaben des „Rund"
waren im Jahre 1Ö86 iu der schweizerischen Seidenindustrie 11771 Miiuuer
nnd 51862 Frauen beeehSftigi. In der «merikanisdien Industrie waren
*) Marx. Dm Kafiilal. 4. Anfl. I. Band.
Bebel, Die Fruu und der Sozialismus, 1895. S 203.
*) Deutsches HeichsgeeeU t. 18. VIL 1878 und die Novelle v. 1. YL 1891.
FnnsMsebas 8teat«geeets vem S. Koveoiber 1892.
Anterik. Staatenfeaet« (fiMtoiy aete), Zfliiob. Antonalff. t. 18. VI. 18M, ele. ele.
Frauen Kinder
1880 16396 5566
1890 29049 2866
Männer
9375
18998
In Italien stellt sich das Verhältnis auf (1891):
Frauen nnd Kinder . 106 972
Männer 15384
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Seideoiadiutne de« XIX. Jahrb. Allgemeiner Überblick.
143
Jh» italienische Oesets vom 1 1. Februar 1886, welches gleieh&Ils den Kindern
unter 9 Jahren die Fabrikarbeit verbietet und iTir solclie unter 12 Jahren auf
8 Stunden beschrankt, hat, wie es (scheint, nur dahin j^ewirkt, dass, soweit
nicht die allgemeiue VermiDderung der At-beiterznhl durch Ausschluss
kkbutar ffinder liewirlct irt, mehr «^aehaene Frauen dngeetellt werden.
Fflr die Provini Como« den Hanptnts der Sttdenweber», ergeben sieh fol-
gende Ziffern:
Die gesamte Seidenweberd nnaeres Erdballe dflrftet die hausindoatriellen
Betriebe eingerechnet, zur Zeit 800000 Wdiafefifale beschäftigen, wovon
8ü— 90000 niechatiisclie. Folgende Tabelle venrnschaulicht die Mengen des
von der Seidenindustrie aller Länder verarbeiteten Rohmaterials, (wobei je-
doch lediglich die echte Maulbeerseidc gerechnet wird) sowie den Produktions-
wert der eneugten Seidenfabrikate.
Asiatische Länder .
Gsnoooo kg
820000000
Kl«,
Fr:n:k reich . . .
3900000
n
560000000
»1
Ver. St. Amerikas .
3200000
n
420000000
n
Deutschland . . .
2 100000
»t
320000000
n
Sehweis ....
1700000
n
170000000
n
Rnssland ....
1000000
t»
120000000
II
England ....
900000
it
110000000
«
Italien ....
700000
1»
85000000
M
Österreich-Uogam .
500 ÜOO
««
65000000
11
Spanien ....
200000
n
36000000
w
DiT. enrop. Staaten
600000
60000000
II
Alle übrigen Lftnder
900000
80000000
11
Im gansen 22600000 kg 2 8B6 000000 Free.
Die europäischen Länder produzieren für 1516000000 Frcs. und expor>
tieren für 500 Mül. Folgende Tabf'!»- zeigt die Anafuhrsableo der Seiden-
fabrikate verschiedener &>taaten Europas:
1879
1891
Kinder
22 152
9603
Fruueu
14852
20696
Miinner
3103
2070
(Wert in Millionen Mark.)
Frankreieh . .
Deutschland
Schweiz . . .
England . . .
Österreich-Ungarn
Belgien ...
195,8 37,6 »/o 201,5 40,4
179,7 34,7 „ 142,0 28,6 „
87,2 16,9 „ 105,4 21,2 „
4i,6 8,7 „ 33,1 6,6 „
10,2 2,0 „ IM 2|9i,
0|4 0,1 « liO 0,8 „
618,0 100,0*/e 497,0 100,0«;«
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144
Soideniodustrie des XIX Jahrb. Oewebeornamentik.
Sehou früher sind die Oroamentstile der Seidengewebe jeder Kniistepoche
und bei allen in Betracht kommenden Völkern so eingehend, wie irtreud
angängig, erörtert wurden; es möge desball) utir noch eine allgemeinere Be-
•pnohong deaaea folgen, ww in nneerer Epoche d«« siribewoisieii Strebttu
bei Musterung der Seidenstoffe za berflcknehtigen ist.
Die Mnsterung dee Gewebee« »ti einee Gegenstatub s, der sowohl für
Bekleidungszwecke des Mpnseh**Ti, als auch für die Ausschmückang seiner
Wohnräume dient, bat sich seiuer künstlerischen Fürsorge von jeher mehr
denn allee uidera zu erfreaeu gehabt und spie<jelte gleichseitig dfts Cbaimk»
terisiieelie seines £nltnr«istendee und der Eanstriehiiing anf das Getreneste
wieder. Ja, der Gevebeniusterung wird von vielen eine hochkniturelle Be-
dentimrr '>pigome«?f5en ; uiul der Gruudt^eJiiiikf des jetzt rwar veralteten, aber
für seiue Zeit bahnbrechenden W erkes liottfried Sempers „Der Stil in
teclinisohen und tektonischeu Küiisteu ': die Theorie vom Bekleidangsweflen
als den Ursprung aller monnmentalen Banbinst annueben, deckt mcb mit
obiger Anriebt, obwohl wieder von anderer Seite der folgensolkwere Lehr-
satz von der ursprünglichen Tdenfitäl der Fläolienver/iernng und Textil-
omamentik in Abrede gestellt wird Wie dem auch sein mag, so lässt
sich uicht leugnen, dass in der Gewebemusterung, uud namentlich in der
dar Seidenstoffe, das bdcbste Streben der Webekanst zam Ansdmek ge-
langt; nicht nur der Zeitgeist und Charakter der Nation, sondern auch ihr
Rclij^iousknltns spiegelt sicli wit^der. So erkennen wir in der spärlichen,
hieroglyphischen Zierweise der ägyptischen Gewebe die mystische Auffassung
der PÜauzen- und Tierwelt uud ihrer Beziehungen zum Kultus; in den
altpersischea Ornamentformen nnd Ihrer grafititasidien Regelmassigkett
weht nns an der Geist der in Setbstbewandemng Twsanfcenen lischt, sowie
der tiefen und zugleich starren ReligioDsideen ; und welch' hohe symbolistische
Bedeutung endlich lüsst sieh der arabischen Gewebemnsterntig beimessen!
Fragen wir nach den UrsprungsqueUett, aus denen die Uewebe-
mnstemng hervorgegangen ist, so ist die gewöhnlich erfolgte Antwort,
deas dies die Natnrfomien seien, also lebende oder bewegungslose Nator-
erzeugnisse. Das ist u1)er nur insolem richtig, als einerseits das vorherrschende
Streben der Menschheit dahin ging, die tüchtigste und vielseitigste Muster-
zeicbneriu der Allwelt, die Natur, in allen ihren sichtbaren Erscheinungen
an kopieren, nnd als andererseits dem Kulturmenschen von altersher jede
EOnstelei favlag. Im Gegentril, es darf gesagt werden, dass die Phantasie
nnd Schaffenskraft scheu zu jener Zeit, uud gerade dann anm stärksten
Ausdruck gelangt sind, als von einem Kopieren der immerhin ziemlich
komplizierten Naturiormeu aus technischen Grüudeu nocli Abstand ge-
nommen werdeu musste. Geometrische gerade und krumme Linien, später
cinfncbe tnid susammengesetste Figuren, Dreiecke, Zweige, dann Surven-
tersdilingnngen n. s. w., als Natnrkontnren gar nicht denkbar, treten nns
>) Biegt, Stiifragen. Berlin 189».
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EatwiokeluQgsgdug der GewebeornameoUk.
146
in den allerprimitivsten Gewebeverzierungeu entgegen. Einen rascheren
Schritt als ilio Weberei tLat aus erklärlichen Griiiuleu die Stickerei, da
ihr die Erzeugung eines gewissen, anch verwickilten Musters 1i^i weitem
leichter tiel; über auch liier sehen wir zuerst die geometrischen, regel-
mässigen MotiTe den freier stiUrierten Natarformen Toraogeben, Der Ent'
wickeln ngs<^riing der Ornamentik unterlag nämlich gewissen Qesetten, die
nun einmal sowolil in der Ideenrichtuug einer gewissen Zeitperiode, wie in
der ün«geübteu Technik begründet waren, und deren Vorhandensein aus
der frappanten Analogie der ursprüngliclieii OriiHmentik der verschiedenen
Länder UDverkennbar henrorgeht. So xeigt z. B. die ftltpemaniBcbe Ge-
webenraatemng ^) grosse ÄhnliehkMt mit der altgrieohischen, — vos einige
(Fiflcbbach) yeranlasst bat« auf eine Länderverhindung Europas mit Ame-
rika, und Ruf eine zu jener Zeit genicin^ame Zierweise rn schlieswn — , und
iu noch stärkerem Mafse mit der ägyptischen des I. Jahrb. unserer Zeit-
redinang'). Hier imd da siebt man den Übergang TOn den «nfaebatoi
geometriadien Figoren an den komplizierteren Togelkopi&bnlicben Viel'
ecken, sowie das Bestreben, die letzteren durch das Hinzufügen gewisser
lebenschaffender Attribute, z. 1?. aii^enarti<;^er Punkte, in tieriscbe Formen
umzuwandeln. Die Vorliebe der Kulturvölker für die tierische Ornamentik,
im Gegensatz zu der pflanzlichen, mag vielleicht darin ihre Erklärung
finden, dass diese als lebendige Darstellnng mehr an fesseln vermocbte,
und ausserdem die Formen als symholiscbe Ideenversinulichung deutlicher
und kräftiger zum Ausdruek zu bringen gestiiKete. Mit Ausnahme der
Afjypter, bei denen l)ekanntUeh die Lntosblnnie als Motiv eine hervorragende
Kollo spielte, und aUeiu Anschein uuub der Altiudier, die sich vorwiegend
anf das Pflanzenomament gelegt hatten, findet man in der Drornamentik
der A.lten meist nur tierische Motive vor, deren Ausdrucksweise, wie bereits
erwähnt, jeweilig Hin m Kulturzustand ents])iac]i, imleni sich beispielsweise
die phantastiseb unitiersnlnveifenden, last überinlisclien (lestalten bei dpn
Chinesen mit ihrer Lehre von den bösen und guten himmlischen Geistern ebenso
deekteui wie die ernsten, verbeiaaenden Figuren der Anbänger Zoroasters.
In engerem Sinne war die Aosdrocksweise den Mitteln der Webereitechnik
überlassen und von dieser, da die Gesamtwirkung des Musters iu gleichem
Mafse sowohl aus der beabsichtigten Zeirhnnng, ah .mich ans ihrer Aus-
führung hervorging, auf dos prägnanteste beeinilusst, derart, duss dadurch
niebt selten die eigentlicbe Stilriebtnng in diese oder jene Bahnen einzn-
lenken genötigt war. Die zn gewissen Zsitepocben benntxten BindnngS"
arten trugen nicht minder dazu bei, die Musterung mehr oder weniger natur-
nad stilgetreu zu gestalten, abgesehen davon, dass selbst die Wahl der rela-
tiren Figureugrijsse davon abhing; zur Zeit, wo nur wenig Bindungsaiteu
bdianttt waren, bedurfte es zur Herrorbriugung eines gewissen Effektes be-
«) Beiti tmd Siftbel, Das Totenfetd tod Ancoa. Beriia 1880.
*) Hol Dies, Teztile Uä/net of aaeieot Peru. Wsabiiigton 1889.
BllbermanB, Dt« Mdt. JO
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146
Bedeatang der Färberei und der haute lUae.
deatend grösserer Oestalten, deren Eontnren sozusagen in die Angen
ppmüpen, wahrend man später, nachdem zo der Taffetbindnn^ noch Atlas,
Küper uml baniroet hinzugekommen waren, selbst kleine Fiächeugehilde
lediglich darch eine andere Textur scharf Toneinander abzugrenzen yermochte.
Die Bebaoptttng, dass die F&rberei vat die Ari der Huatenin|f nnd
auf die Stilisiemng Einfla.<is geübt habe, wäre wohl etwas gewagt; da«« ne
aber eines der wichtigsten Hilt'sinittel zur r!.'>talfunjj der letzteren bihlete, ist
imbesiritten und ebenso erklärlich, wie dass der zielbewussten Polychromie
iu den Zeiten des Stilverfalls die Retterrolle zufiel, ist der Umstaxid,
das» unter der YonMusetsniig der Möglichkeit einer nataralietiscbeo Biebtmkg
in der Anfaogsperiode, dieselbe ans dem einfiuhen Omnde nicbt eingeschli^n
werden konnte, weil die zu solcher Darstellung nnentbehrlichen zahlreichen nnd
lebhaften Farbennuancen nicht znr VerfuLfung standen. Als nun im Laufe
der Zeit und durch die stetig fortschreitende Technik der Webe- nnd Furbe-
kanst beliebige Linien- nnd Ton^Gskta herrcMrgabmdit werden konnten, trat
allmiblieh eine der natfirlicben Ersebeinnngswelt tnebr ongepasste Stilrichtnng
hervor, besonders als die ,hanic lisse' an Stelle der schematisierenden, ein
Knnft Verständnis weniger erfordernden Weberei mit der horizontalen Kette,
specit'U für die Meisterwerke getreten war und in der Gobelinwey)erei, die
sich ein getreues Kopiereu der Natur zur Aufgabe stellt, ihren Gipi'elpunlct
erreichte. Man wird mit einer gewissen Bestimmtheit als «rwiesen behaupten
können, dass die ('twebeutttft^ng einen Entwickeluugsgang durchgemaeht
hiitte, der darauf hiiian<?ginp, unter Beibebaltiinp der tonangebenden Stil-
richtung der Epoche in der realistischen Ornamentik anfzngehen. In dem
Mafse, wie die Textiltechnik furtschreitet, zeigt sich der merkwürdige Ober-
gang von der »war lebendigen, aber fomraDsehwmn Tieromamentak cur ziei^
lieberen, farbenreicheren Pflanzenwelt, die schon deswegen ein willkommenes
Oljjekt bot, weil sich ihre Motive für eine freier stiliderende Schaffenskraft
der Oruamentkünstler ganz besonders eigneten.
Wir gelangen nun zu der Frage, was als charakteristisches Merk-
mal unserer eigenen Ennstepoche anfinfossen sei, und welche Grandregeln
für eine teitgemasse, stilgerechte Musterung an befolgen wären. Es m^
gleich bemerkt werden, dass dieses Thema insofern keinen dankbaren Gegen-
stand für ästhetische Krörteningen bietet, als es zu vielfachen Kontrorersen
geführt hat. Wie wenig aber überhaupt eine Theorie für <>dpr gegen eine
bestimmte AnfEusnog der Stilgerechtigkeit zum Ziele führen kann, geht
schon daraus hervor, dass sie, als der Phantasie und Natur zugleich ent-
stammend, auf unser Empfinden wirken soll und sicli keinesfalls für eine
kleinliche Zerfasemng mit dem Verstände eignet. Die Heali.sten sprechen den
früheren Stilricbtungen jedes Reclit auf Herück-sichtigung in der niuderneu
Ornamentik ab und erstreben lediglich die Verwendung von iNaturvorbil-
dern. Wiewohl dies auch, ab gewiasermarsen hervoigehend ans dem Geiste
der jeden Rückblick auf die Vergangenheit und ihr anbeholfenes SehafliBn
verpönenden, rastlos vorwärts strebenden Epoche eigentlich berechtigt w
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Alto Oraammtrtito uod Naftonluarai.
147
«dh«Dt| «0 darf dooli dem Natniftliniitt* nicht dai »Ueinig» Mcmopol rnngariLaint
«erden. Zwar gdien die Bestrebungen geg«Dw8rlag überall dabin, dae
■oninmentale Stadinm auf ein möglichst eingebende« Anschaaen der Natar-
formen zn lenken; die Erkenntnis, dass die grossen Slilperioden der Kunst,
die Antike, das Mittelalter und die Renaissance, einen weseutlicbeu Teil der
Seh&nheit and Eigenart ibrej ornamentalen Motive der tieferen Auffassung
der Naiarfonnena|>raebe in Terdanken batten, IBset tbataiehlicb dieses
naturaliätische Streben erklärlich erecbeinea
überlieferten alten Stile zu verwerfen, wär>^ jedoch schon deswegen
•unpraktisch, weil der Naturalismus, abgesehen von der notwendig stilgetreueu
Aosfahrang vieler Auäsiuttuugsgewehe, nicht überall angebracht ist, wie
beiapielsweise in den kircblieben Parainenton. Es liest neb immerbin nicht
leugnen, daes eine ein&ebe Übenahme vnd Weiterausbildnng der bis anf
uns gekommenen Ornamentstile unseren heutigen Schaffensbestrebungen allein
noch nicht jene Ausdrucksfahigkeit und Originalität 7.n gewahren vermag,
deren jede Kunst«poche f&r ihre besonderen Bedingungen und wechselnden
Formgednnkem bedarf, nnd wenn in allen Stilperioden stets viel S«di9nes
:gefnnden werden bann, was in neuer AusfÜhrang (unter der letsteren f er-
stehe man nicht nur die aus<;ere Form, Farbe und Zeichnung, sondern auch
die Textur, d. i. die Bindungsart und Webeeffekte) vorzügliche Wirkung
haben könnte, so muss hier eben au der Hand des Naturstudiunis die idea-
lisierende Beeinflussung vor eich gehen. Aus dieeem Grunde ist eine genaue
Kenntnis der Eigenarten alier Mnsterungsweisen nicht nnr vom nrcbio-
logischen, sondern auch vom rein praktischen Standpunkte aus von besonderem
Wert; zahlreiche Musterwerke, Vorlagen, Museen und Privatsammlungen
bieten für ein derartiges Studium auFgiebiges Material. Die stilisierten Or-
namente alter Webekunstperioden sind in neuerer Zeit infolge der grossen
Fortsobritte der Textilteobniken leichter und verroUkommneter hersuetelltti«
sowohl in der den Stoff wie die Farbe und Zeichnung beherrschenden Aus-
führung. TiCtzt^Tc ist nun in den Staud gesetzt. Kontraste und Analogien des
Flächengebildes, d. i. der Biudungsarten, des Kolorits und der Musterung
Auf das Vorteilhafteste auszunützen; die alten Stile sind schon deswegen vuu
Wttt, weil sie hDehst originell rind und sich in einer nneerer heutigen
EnnBtBnBeiMnnng dnrehans angepassten Weise modifizieren laeeen. Hieran
tritt noch ein Umstand von besonderem Reiz, nämlich die Erwägung, dass die
überlieferten Motive, als an eine noch unbeholfene Textiltechnik gebunden,
notwendigerweise nicht in der von den Webekünstlern beabsichtigten Idecn-
Unter den nenereo, auf die AnweiraBg denvn, wie die KatarferaieB anftafiHMnii
•ind, wie man am sicberHtet» «ur Erkenntnis und ncmitrang ihres ornnmentulcri Go-
haltea gelangen kann, gerichteten Vorlugewerkan Terdienen die j^FflanxenformeD, vor-
bddliebe Mepiele cur BafObning in das onaneniale Stodiou der maaie* von
Meurer, besondere Beachtung, da ihr Grundgedanke sn der rilmrfuis engen neziebung
des techniichen liatarstndioBui sa einer verständnisinnigen Auffassung der Qberiieferten
XimetronBea gipfelt.
148
FMUam» der OewebMcaamentik.
reinbelt ausgeführt w«nlefi konnUn, wodurch vielfacheEffi^e Terloren ging«^
die moderne Webelniiut da^0K<-n üborwinilet alle techniaehen Schwierigkeiten
spielend nnd heherrBcht sowohl den St«>fT, wie Zpichuuug nnd Kolorit bis auf
das Gerinfrste. Als spricht nd< s Beispiel dafür, wie ausserordentlich fördernd
die Fortschritte der Weberei und Appretur auf die Musteruugseflfekte zu wirken
Tenn{)geD, mag das MoirienrerfiUireii dienen: wie nneDdlidi Torteilhafter
sticht ein aus Tierfflotiven, z. ß. Vögeln, gebildetes Ornament von einem
bellen moirierten Grunde ab, als vom platten, uml wieviel Leben verleiht
dieser gleichsam bewpj^fHchp, luftige (iruud dtiii ;^of^;uiitcn Fläelienijehüde!
Machen wir daher unser heutiges Winsen und Köuuen der Textilteclinikeu
der Gewebemiutening an Nntsen, nm auf Grand des AHuberlieferten Nene»
an achaffen. Eben aas dem Grande^ daae man durchaus etwas Originelles
za bringen bestrebt ist, vergisst man, dem Altbewährten i^eniigend Phit/,
einzuräumen nnd nelwn dem Schönen auch das Zwet•k!nii.s^ige zu ptir^rcu. Es
ist undenkbar, dass einer oder mehrere Omamentküustler eine neue istil-
riehtung aafsastellen TermSehten, die dann voUgiltig wire. Dw Stil, und.
im prilgnantestea Sinne der der Gewebeomameniilc, beruht auf einem stetigen
Wandel des Geeehmacka and ist begründet in den grossen allgemeinen W'and-
lungen der Kultur; er kann somit nicht mit einem Male «rescbuffen werden cdcr
dem Kopte Einzelner eutfipringeu; audererseits unterliegt aber die Gewebe-
ninsierung luehr, wie jede andereKunsiweise den Launen weehselsUchÜger Mode
und wurd oft aar Sklavin dner Terdorbenen Gesehmadnriehtung. F8gen wir
nodi hinan, dass unsere heutige Seidenwebeknnst nicht selten darauf an-
gewiesen ist, nicht nur einheimische, sondern verschiedene Völker mit ganz
anderen Kuustunschauungea durch ülierseeische Märkte zu versorgen und für
dieselben eine eigene Musterungsart zu übeu, so wird es klar, dass eine
einheitliche, allgemeine Stilweise, wie eine solche in früheren Jahrhunderten,
auB dem Zeitgeist und der technischen Vollkammaiheii der Völker ent-
sprungen, in durchaus charakteris^i r'-er Weise zum Ausdruck gelangte,
heutzutage eine das Gesamtgehiet um lassende, Terallgemeiuerude Geltang
nur schwierig uud langsam erreichen kanu.
Der allgemeine Charakter der beuteten Seidrawebekunst bat sidi der
Zeit Tollstandig angepasst; audi hier that die Iran^sische Revolution das
ihrige und hat eine neue Ära eröffnet. T^nter ihrem Einfluss schwand die
überschwengliche Kostbarkeit uud bunte Praclit der Seidengewebe, um sich
dem Geschmack der neuen Kulturströmung, der anfangs jede Pruukent&l-
tung fernstand, ammpaasen und um einer strengen Geradlinigkeit der Ennst^^
formen, Terbanden mit einem dorchaos matten Kolorit in der Gewebeoma^
mentik, zu weichen. Unter dem belebenden Einflass des neuen Jahrhunderts,
seiner technisehen und künstlerischen Fortschritte, hat alsdann die tintnra-
listische Richtung Eingang gefunden. Die Euiwickelnng der Farbeuiudustri«
ermüglichte es, die glänzendsten T^ne leicht darzustellen; dies hat gleich«
falls dasn beigetragen« dem Ornament, das sieh vorwiegend auf dem Ge-
biete des Pflantentums bewegte, einen natargetrenen Charakter an verleihen»
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ScUlusaUetraobtuug.
149
Die licntigen Knnstwerke der Seidenweberei gleichen den gernalten Bildern,
(lleichzeiticr mit dit'ser Strömung nucli vorwärts, ist auch eiue Rückkehr zur
frühereu Kuustepoche bemerkbar, und liunderte von stilisierten Seidengeweben
werden absichtlich mit den getreu wiedergegebenen Ornamenten vergangener
Jabrhandeiie vemb«n. In anderer Hinsieht mnnte die Seidenindnatrie gans
anderen wirtsebaftlichen und socialen Verhältoitten Reclnumg tragen. Wie
vor der Revolution die Seide in Europa gcwissermafsen diis privilegierte B<'-
kleidonp^material l)ildete, so ist sie int XTX. Jahrh, zum Allgcmeinu'at ge-
wordeu. Die Kunstweberei bat vou iliren Truditioueu, von jlirvr künstieriüich
tonangebenden Bedeutung sebmerKlicben Abschied nehmen müssen, nm IBr
die Znknnfb in der alltäglichen, fabriksniüssigen Massen produktion ange-
sichts neuer wirtschaftlicher Verhältnisse und Moderichtungen Ersatz zu
suchen. Und wenn auch noch heutzutage kostbare go!ddiireh\virlrte Fagonnes,
die Meisterwerke der Kunstwel>erei uud Ornameutik, königliche Brukute
und Sammete erzeugt werden, so gilt doch der MenUerbronoh der Seide
den einfachen seidenen und halbseidraen Geweben, dem alltigliehen Konsum.
Neben den Seidengeweben, deren Preis dem des Goldes gleichkommt, produnerfc
•man Stoffe, deren Fabrikation in den ah erziger Jahren nm-h nicht bekannt war;
sie sind dem Aussehen nach den seidenen, und im Prei>je beinahe den baum-
wolleneu gleich. Sowohl iiifolge der techuiacben Yervollkofumnungen , wie
durch die Hinznsiehung massenhafter Produktion asiatischer Rohseide und
der wilden Seidenarten, sind die Preise der Seiden&brikate derart gefallen,
dass deren Verbrauch ein ganz allgemeiner wurde, und ist wohl anxonehmen,
4ass derselbe auch fernerhin sich noch weiter sitiigero werde.
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Aachener Domes).
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Dreikönigenschrein zu Köln).
Mitth. der aotiquar. Oesell&cbaft iu Zürich, Dd. XL 1. 7 (Uber die ßeliquien
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de Lin:i^. Mdmoiree Im b la Sorbonne an 186Ö (aber die BeliqniaiicobitM von
Verdun).
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Uaa&o Lyoonaü. Paria 1890.
KiMiMiiMaifttie
Der Mansteraehats m Aaohen bemtzt »Uilreiebe Oewebe aas dem VIII. — XV.
Jahrb.
Die Marienkircbe m Daniug verwahrt ägyptische OrigioalgeweLe uad ihre nord*
itafienMCben Nacbabmnngen ans dar ersten HiÜfte des XIV. Jabrb., palermi-
tanipcbe, Ir.ccho^isrlie und norditalienische Stoffe aus ili in XIII. — -XV. Jabrb.
Citer der ehem. Domkircbe zu Halberstadt, XI. — XV. Jabrb.
Dom CQ Brandenburg, Sammele, XIII. — ^XV. Jahrb.
8k. Servatius- Kirche, ebem. Stiflskircbe »IIittMer Lieben Ftran" an Haeetrieht,
mittelalterliche Stoffp.
Ebem. Stiftskirche zu Tongeru (Ltulgieu).
Kirehe der <3alandsbrOder zn Stralsund, norditalienische Qewebe.
Domschatz zu Humber;,', Pur]turstoffe niid Goldstickereien dee XI. Jahrb.*}*
Dom zu Kegensburg, orientalische, altägjptische Qewebe.
Dom von St. Veit zn Prag, mittelalterlicha StoSb.
Pfarrkirche zu Cornelyniün-tcr lici Aachen, genuesische Stoße.
Sakristei der Pfarrkirche zu Siegbnrg, byzantinische Stoffe, X. — XII. Jahrh.
Ebem. Stiftskirche des hl. Victor zu Xanten am Niederrhein, XIV. — ^XV. Jahrb.
DiOoese Munster').
Dom 7u I^rixeii frirol), byzantinische und mittelalterlioha Qawebe,
Dom zu Augsburg, orientalische Stoffe.
SehlosskapeUe an Ascboiffmbnrg.
Dom zu Hildesheim, XVII.—XVIII. Jahrb.
Dom zu Mainz, XVL— XVIII. Jahrb.
Abtaildrehe St. Jobann Baptist zu Burtscheid b«i Aaeben, vaneiianiseha Stoflb
des XIV. XV. Jahrb.
iSiem. Abtei Michelsbarg zu Bamberg.
*) V. SL'hulz.c, Vfldsiebnis von (^naneai- und Vorlagavarkcn für die Teztü-
industrie. Berlin 1886.
*) Book, Die Kleinodien des heiUge» tOmiseben Reiches deatsdisr Nation. Wien
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*) Katalog der AnssteUnng wastphilisdiar AltertbOmer ond Knaststsengnisse,
Monster, Joai 1879.
151
Bibliographie cum I. Abtehaitt
Abtei zu BeD<dictbeom (Oberbayem), vidfkrbiger Parparstoff mit Samaoa ond
Löwen.
Ehem. Abteikircbe za Braoweiler, XII. Jahrb.
Haupt pfiirrkircbo St. Columba zn 0"ln a. Rh., XV. Jahrb.
Stiftskirche zu FUsseo bei Hobeoscbwangau, orientalifiche ätoffe.
PAmrkirdM St. Stephan m Maiiu, XL Jabrli.
Dom zu Metz, hoclinthfl« tafratiniieb«» ParpnrgeiralM TOm Kaiaennaiital Kurls
des Oroesen.
AVtmlcirehe m Iburg, DiBcMe OraBbrOflk.
Sakristei der ehem. SLi^.^ki^(:hc zu Maaseyk.
Kirche sa Haaaelt (Belgien), Ljroner Gewebe des XVL — XVIII. Jehrh.
Dos KQiuglidie Kanatgewerbemmenm tu Beriin Iweitit die uiwireitigr reieh-
haltigste, ca. 10 000 Nummern umfassende Sammlung der FeidengeweLe aus
dem IV.^ — XIX. Jahrb., die zum grössten Teil der Thfitigkeit Prof. Lessings
zn verdankea ibt. Den Uaapt£cbatz bilden die frühmittelalterlichen Biofh tor
dem ErblOheiii der Webereien in Ägjpieti und Sicilien : während das eine and
das andere Museum dtivnn itnr vertin/elte Sttlcke besitzt, finden sich hier
handerte z. T. vonOglicb erhaltene Muster. Überaus zahlreich sind die ara-
Inadien Sadengewebe venebiedener Perioden und ihi« itaKenisdien Naeh-
abrouDgen , meist in grossen Stücken vertrftcn, cVit'nso die italienischen des
XV. und XVI. Jahrb. Grössere Grappen bilden die chinesischen andjapani*
sehen Stoffe, denen sich kostbare Stiokereien nnd oiientalisehe Tepptdie an-
reihen.
Das Sonth- Kensington Museum zu London enthalt die zweitgrösste Sammlung
meist der Zeitepoche vom X. bis XVIII. .iahih. angehörenden Seidenstoffe.
Königliche Gewebesammlun^' /.n Crofeld um&sst ca. 5000 Emmplan ans der
Zeitepoche vom XL bis XVI IT. Jahrb.
Teztilsammlang im BörsenpalaLs zu Lyon.
E. K. Oewebesamnlanf^ ta Wien.
Must'e pour r.\rt et rindustiif zu Paris.
Bayerisches Kunstgewerbemuseam zu NQmberg entbilt mittelalterlicbe und Ke-
naiisaneegewebe.
Oermanisi h« s Xationalmu^eum 7.u Nürnberg. Hier befindet sich ein Bruchstück
des mehrt'uch er^viihnten tpSf innii.schcn Seidenp»»webtH (V. VI. Jahrb.), Gla-
diatoren oder Samson im Kampfe mit Löwen darälelieud, dann ein sassani-
discbes Gewebe (VI._vn. Jahrh.) mit Strannen an Palmb&amen, streifsn-
wolse in buiift-n Faibon anssfeftlhrt. Clewebe mit Papageien, Löwen aus dem
IX. Jahrb., orientalische Stoüe mit stehenden Drachen (XIII. Jabrb.) and viele
andere Seidenteztüicn der Zeiiperiode XIV.— XVL Jahrb.
Klm.-^t^rewerl)CIllllscuul zu Dresden, meist italienische Mwier.
Uerzoglicbes Museam za Braunschweig.
Ifaseom fClr Knnst und Tndastrie zu Rom.
Stidtisches Museam an Bologna.
Pnermondt-Miisenm 7.n Aachen, XII. XVllL Jahrh.
Museum schleüiacher Altertümer zu Breslau.
Kunstgewerbemaseam zn Leipzig.
Teztilsammlang im Hrttel Chliiy zn Paris.
Toztilsammlaog der Webeschule zu ZUricb, italienische, Benaissance a. Lioais XIV.
•
Lungen.
Biblio^phie zum L AbKbnitt.
165
M''£eum von Castle zu Nottingham (Spitzergewebe).
Erzbiscböfliohes Jüaseam m Cölu a. Bb., mittelslterlicbe Gewebe.
TttEtHnnunfaiiig d«r Chonhenogl. Centnüstelle ilUr Oewerlw in Dtrinrtadl.
Mnseam ttm Porte de Hai zu Hi U.^sel, I^onar Oew«1>e des XVIL — ^XVIII. Jahrh.
Gewerbemnsenm rn Düsseldorf, Uenaissancegewebe.
Sammlung der Kuostgewerbeficbole zu Frankfurt a. M.
HambargMchee Mneeuoi fttr Kunst nnd Gewerbe.
Pfalzischfs Gewerln'ii)u«enm zu Kaiserslautern.
TextilsammluDg des Kunstgewerbevereins zu Karlsruhe.
KBnigL Maximilianeam m Mflnohen, XII. — ^XIII. Jabrb.
HischöBicbes Museum zu Münster.
Biscböflicbea Moseom zu Trier.
NordbShmiaefaeB Oewerbemuseum zu Reicbenberg i. B.
Stttdtiscbes MuMOin /u Miuuliester.
Gewerljemuneum zu Edinburgh. — Gewerbemtuenm xa Dablin.
Mosde du Louvre zu Pari«.
Teitflnmseam ni Ftorein, XIY. — ^XVin. Jafarli.
Museum Poldi Peizoli zu Mailand, spHtitalieniFche Gewebe.
Kunstgewerbemuseum zu Turin, mittelalterlicbe Stoße.
Hiatoriaehee Museum m Bern.
Kunst- und Gowcrbpuiuseum zu Genf.
Auch 7.ahlreicbe Privati^ammlungcn sind vorhanden, worüber meistens MoDO"
gra()bien veröffentlicht worden sind, auf die wir vei wuiscu.
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e
ailb«rinkas, Dto Balte
11
Zv^eiler Abschnitt.
Die Seide in naturgeschiclitlicher Hinsieht
Die Seit!« ist ein AI)Soiuleriui{fspro(lnlvt verschiedener Arfen von Soideu-
ranpen, deren UmwaHdlnng in die provisorische Lebensform, dir Puppe,
mit dem Eiaspiuucn in ein Gehäuse, dcu Kokon, verbunden ist. Die Seide
ist, morphologiseh betrautet, die einfaebste aller Teztilfasera, deon sie ist
ihrem Ursprünge nach eine erhärtete Flüssigkeit. Du es eine ganze Reibe
seideuspinnriiili r Raupen ^ielit, so i.st es natürlich, dass auch dif Speiden
unter sich in verschiedenem .\!afse Unterscbiede ihrer äassereu und inneren
Eigenschaften zeigen raiUseu.
Die seidenenBeagenden Ravi| eii gehören der umfangreieheii Gattung
der NftehtselinietterliDge (Lepidoptera noctara») an, im speciellen einigen
Familien der letzteren, den Bomhyciden und Suturuiden, deren Stellung im
grossen Klassi&tiernngssystem des Tierreichs aas folgender Übersicht her-
vorgeht:
Tjpus III. Ärtteulata
Abteilung IL Arthropoda
Klasse VIII. Jnsecta
Unterklasse III. Metabola
Gattung X. Lopidopteru
Untergattung I. Heterocera
Gruppe Bombycina
Familie VIII. Satumidae
Familie X. Bombycidae.
Alle Satnmiden sind Seidenspinner, nicht aber alle Bombyctdeo. So-
wohl die eine wie die andere Familii- i.st sehr zahlreicb. Das Britische
Hnseum besitzt allein ca. 300 Specie.s der Saturniden.
Unter dem Namen Seide" (holländisch zijde, italienisch seta, lateinisch
serica, spanisch seda, englisch silk, französisch soie, dänisch silke, ungarisch
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164
SaidaiinnneDdc loisktcn.
seljem, poluisch jedwab\ böbmiscb hedvabi, scbwediseh nlke, russisch szeolk,
grieehiidi Tenteht man indessen fiblieherweiM nar das Prodakt
eines Insektes aus der Familie der BomVyciden, der gewölmlicLeu Manl-
beerranpc, Bonibyx mori. Ihr Lebensgaag ist wie der der anderen seide-
spinueudoii Infekten, kurz fo1ß;ender. Ans dem Ei entwickelt sich die
Seidenraupe, eine nugeschlecbtliche Form des Tieres, welclic liire Nähr*
pfl&nse in grossen Mengen yenebrt und das fftr die späteren Lebensformen
nötige Material in ihrem durch schnelles Wachstum sich auszeichnenden Körper
aufspeichert In ihrer Keife verwandelt sie sich in die Puppe, eine Uber-
gangsform zum Schmetterling, wobei sie diese als vollständig unbeweg-
lich und wehrlos in vorsorglicher Weise mit einem festen Gehäuse^ dem
Kokon, umspinnt. Im Innern des Kokons nnn geht die Metamorpbooe weiter
▼or sieh, nnd nadi einiger 2^it kriecht nos demselben ein Sehmetterling
ans — die geschlechtliche Lebensform — , dessen kurze Lebenadnii^ nne*
schliesslich dem Kortpflanzungsgeschaft gewidmet ist. Die seide!»pinnenden
Lepidopteren unterscheiden sich von einander durch ihre Grosse, sowie
durch Farbe und Zeiehnnng ihm Flügel, die in den meisten FUlen mit
solcher Ptaeht «nsgeststtet sind, dase das Stndinm und Kollektionieren mt
diesem Gebiete der Natnrgeschic! t abgesehen vom wissenschaftlichen Nutzen,
schon vom ästhetischen und künstlerischen Standpunkte aus besondere
Reize i>ietet. Ausser dem Bombyx niori gehören derselben Familie der
Bombycideu noch die folgenden Seideuäpiuuer au, deren Erzeugnisse
versnehsweise zw Smdengewinnnng herangezogen wnrden. Emige von
ihnen sind in unseren Wäldern und Gärten heimisch und schädigen vielfach
die B;iume. Diese ziemlich unifangreiclie Fiimilie wird mit detn allgemeinea
Namen Gastropucha bezeichnet, (»astropacha (Lasiocampa) ist die Glucke
oder Felzspinuer. Bombyx (wie die folgenden auch Gastropacha genannt)
neostrin (Fabrizius) ') oder der gewöhnliche Bingelspinner ist eine gsaellige
Art der Seidenrnnpen, die weiche, eif5rmige, gelbliche Kofams üdert und sich
zur Seidengewinnung eignet. B. rnbi L., der Brombeerspinner, B. lanestris
L., der Birkenspinner, B. quercus L., der Eichenspinner und B. pini L.,
der Kiefemspinner, die als schädliche Insekten allgemein bekannt sein
dürft«!, hnben keine technische WiehtigWIt. Die Eupferglucke (Gastra-
pachn qnercifoUa) schliesst sich den Torigen an, ebenso der Weissdom»
spinner (G. crataegi) und der Pappelspinner (G. populi). Eine Unterfamilie
der Bombyciden, Liparina, enthält einige interessante Aliarten, wie Liparis
dispar (Fabr.), die geitellige Art Cuethocampa processiouea, den Prozessions-
spinner, B. pythiocampa, Porthesia auriflua und P. cbrysorrhoea, schone
Insekten, jedoch cor Seidengewinnnng ungeeignet; «ne andere Unteigattang
ist Daaychira, au» welcher der Rotsehwanz, auch Buchenspinner genannt
(D. podibiuidft), schöne wdsse Smde liefert. Der Lasttriger (Oigyia anti*
1) Cavier, Ls Bkgne aniiuü (In«ecU). S. M7.
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8«id«i|iiinflade butlitni. 166
^aa L.) erzeugt klein« Kokons, anf denen das aas^e.<!chl&pfbe flügellose
Weibchen titsen bleibt, um hier nach der Begattung Eier za legen und au
sterben. T"'nter anderen Boinbyciden liefern noch der gemciue Sackspiniier
(Ps^-che uuicolur Hfn.), die Nonne oder der Fiebtenspinner (Ocneria mouacha),
ferner die Dicranura, der Bucheiupisner (btauropus fagi; etc. Gespinste,
die indessen kein weiteres Interesse beenepraeliai.
Einen anderen Typns der seidespinnenden Insekten bildet die Omppe
der NiM^htpfaeenangen, deren Abkömmlinge aoeh wesentlich von denen des
B. mori und seiner Abarten ntitor>clieitlen. Schon bez. ihres An<»eren sind
die Tiere im Vergieicb zu den letzteren ungewöhnlich gross uud buntfarbig;
ihre Flügel sind meist mit charakteristischen runden, äugen- oder halb-
moBdfdrmigen Zsidmnngen versehen. Auch die Plfigelsehttj^eni d. i. die-
jenigen siaabäbnlichen Teilehen, welche sich vom Flügel dnrch Berührung
ablösen, sind in ihrer Form charakteristisch, so das« man unter dem
Mikroskope iiicrnacb die Species des Insektes imtersclieidon kann. Wäh-
rend nun die Schuppen des B. mori schmal uud ^ubarf zugespitzt sind, zeigen
dieselben bei den Satomiden eine rnndtiob dreieckig Form. Die Satamiden
sind über die ganse Erde verbratet nnd aucli in unseren Wäldern heimisch.
Ohne näher anf dieses, im Kapitel der wilden Seiden ausfülirlich erläuterte
Thema eingehen zu wollen, müclite icli eüiige einheimische Nachtpfauen-
augeu erwähnen, die zwar zur äeideugevvinuung nicht geeignet sind, doch als
seidespinnende Insekt«! immerhin angefahrt mrden müssen. Das grosse
Nachtpfaaenauge (Atteens pavonia major L.) und das kleine Nachtpfanenange
(At. p. minor L.)« brännliehe Sohmetterlioge, sind in Mitteleuropa wohl-
bekannt Das erstere, auch Satnrnia pyri (Borkh.) genannt, liefert im
aüdoetlicheu Deutschland und in Österreich umfangreiche, harte Kokons, die
an dnem Ende eine Öffnung beettsen. Des andere (Sat carpini) liefert ein
iholiches Produkt Der Nagelfleek (Aglia tan) gehSrt ehen&Ue so den Satni^
niden. Auf andere, technisch sehr wieht^ Nachtpfanenangen kommen wir,
wie gesagt, später zurück.
Unter alku bekannten Seideuwürmeru iietert nur der B. mori ein
Produkt, das schon in natürlichem Zustande den Glanz und die Pracht
der SeidenCiaser besitsi Ob diese Yortreffliohe Eigwisehaft ihm von Natnr
ans stets eigen gewesen oder erst durch sorgfältige und geeignete Zneht
be!<^td)racht und entwickelt worden ist, lässt sich nicht sicher bestimmen.
J^ur so viel scheint festzustellen, dass die Heimat der ■weissen Rasse im
östlichen, die der gelben dagegen im westlicbeu Asien zu tiucheu ist,
woraof schon bei Betrachtung der geschiohtliehen Entwiekelung hinge-
wiesen wurde. Es darf nicht aosser Aeht gdassen werden, dass die
Eigenschaften eiuer bestimmten RiLise wesentlich von der Nälirpflanze, dem
Boden tmd dem Klima abhängig sind uud sich den let^.teren anpassen, ein
Umstand, der bei den Saturnidea noch lebhafter zu Tage tritt, Bei einigen
Rassen lassen sieh dnrch geeignete Zuoht mehrere Qenerationen re^p. Ernten
in ein«n Jahre enielen; ee sind dies die eogenannten mehrerntigai Bsssen,
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166
Der Maalbenspinner and wioe Bmmb.
und liegt es nur der Fai8(nge des Mtnaclieii ob, bei Mleber Znebtart Inr
genfigcnde und geeignete Nahrung zu 0Oi:gen. Aber auch bei den TÖltighl
freiem Zustande lebenden Seidfnwnrmern ciitwirkelt sich nur dann eine
zweite Generation, wenn die betreffende Isährpfl.inze im gleichen Jahre noch
eine zweite Blute trügt oder ihre Blatter so lauge anhalten, dam davon
noch die nachfolgende Oeneration ernährt werden kann; diee trifft s. B.
bei der zweierntigen Varietät der Theophila Hnttoni in einigen Gegenden
Himalajas zu Diese Anpassungsfähigkeit an die natürlichen Lokalver-
hältnisw iiiis.sert .«ich auch in anderer Hinssicht. \N ie hckanni erliielt Japan
seine Muulbeeräpiuuer aus China; übereiu^tiiumend mit dem Gesagten habet!
dieselben im Lanfe der Jahrhunderte Eigeuschaften angenommen, die von
den nrsfnrBnglicheu sehr verschieden aind. Diese That«achen beweisen anderer-
seits, wie empfindlich die Manlheerraupe ist, und wie Natnr nnd Eigen-
schaften der Kasse sowie ihrer Produkte durch geeignete Zucht beeinllusst
werden können.
Ananr den beiden typischen Hanlbeer^innem, dem weinen chine-
risdien nnd don getben assTriaehen, aehant noch eine dritte, ebenfalls
gelbe Art in Himalaya ihre Heimat gehabt zu haben. Bezüglich der erstereu
mnss übrigens erwähnt werden, da«s ihr nri»prnnfrHcher, geschichtlich fest-
gestellter Typus lediglich auf ziemlich späten Überlieferungen beruht, und
es wohl mißlich sein dürfte, dass dM nrsprüngliche Art des Hanlbeer-
spinaers auch in China nidit weiss, sondern faring war, vm so mehr als
man bewiesen bat, dass die natürliche, ungezüchtete Urart des Manlbeer^
Spinners hla'«*!jrelhe Seide przenjjt hatte*). Andererseits schreilien einifre
Gelehrte die vollständige Farblossigkeit der echten Maulbeerseide, als eines
Katurprodukt^tf, der Degenerierung und Abschwächung der Rasse zu^j.
Was diese diineeisehe Originalrasse, Sina, anbetrifft, so seheint sie ana einem
beetimmten Orte, namlieb ana ^r Umgegend des Sees TaT-bn in der Pro-
vinz Tschekiang hervorgegangen zu sein, wo sie noch heutzutage in wildem
Zustande lebt und ,,tien-.senfj-t-5an" (Haupe des Himmels) genannt wird*).
Der Wurm ist kleiner, als der Bombyx mori und erzeugt zweimal jährlich
grane oder weiasUche Sdde, die den Namen „tien-«hin-«se" (naturliche
oder wilde Seide) fnhrt. Ob die jetrige gelbe Rasse Chinas origineU, d. i.
einheimischen Ursprungs sei, kann dagegen nicht bewiesen werden; man
hat sogar festgestellt, dass gelbe Seideuwürmer, nach einigen Gegenden
Chinas eiogeführt, beinahe farblose Nachzucht ergaben, und es geht daraus
') Hutten, Notr-s on tbc silkworms of Iiuha, S. -IS.
') fiutioa and lloore, On tbe a«iatic silk prodncing motba (The Traos. of tbe
Eutom- Soo. of London 1862—84, Bd. T.).
*) du Sauv.kge''. Moni, sur Fililuc. de« vfr^ eoic i7().'j.
Pommier, Trait4 «ur la maoi^ d'tflever le» len a sote. 1763.
Hütten and Moore, a. a. 0.
*) Rondot, L*aTt de la ioie, I, laut KleSawiehter.
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Der Maalbaenpinnsr und (eine EaiMii.
167
hervor, dass die klimatimhen und Nahrangitverh&ttiiiaae GhiBas der Etlialtimg
einer gelbeo Rasse angünstig sind*); die Aunabme, die chinesische gelbe
Originalra«55c konnte sieb wiUirend der Jahrtau>;t'nfk' dort rrhnUfn haben,
erscheint deshalb ziemlicli uuwahrscheinlicb. Dagegen könnte wohl zntretFend
aeiitt duB China aeine gelben Seidenwürmer in Form einer primitiven aber
lebeiuikrftftigeii Rasse ans den Qsilielien Glegendeo Indiens lieaogen, und
nnter günstigen Klima- und Äufzuchtverhilitnissen zu einer so vollkommenen
Gattung ausgebildet hnt. wie sie fjf jj;en\vrirti;^ in Ss-tschiien. Shnntnnp,
Schen-si etc. kultiviert wird. Die ursprüngliche hiiualuv;u?( h<' Ka>;se Tadiens
ist entweder infolge verschiedener Umstände ganz verscii wunden, oder sie
ist im ganzen Ton den Chinesen naeh China nnd Assam Terpflanzt worden.
Dagegen hat Indien, nnd airar nicht vor dem II. Jahrb. onserer Ära*),
seiiK'rr^cits (He Seidenranpen aus fremdem Lande, wie Einige behaupten, aus
China durch Verraittelung von Assara*), oder auch die Ra'^spn Bactrias
and Kaschmirs, erhalten^). Es nn<t.scrdem sicher, dass die heutige so-
genannte Bengalrasse kdne urbprüugliehe nnd reine ist, wmn man andi
ihre gans originale ftnssere Form anerkennen moss; sie ut st^ar nicht rein
asiatischer Herkunft, denn, wie man annimmt, «nrde die Bengalrasse von
Engländern nnd Italienern mit einigen nns Europa mif ixcbriK littm Rassen
gekreuzt. Die Rasse der Seidenrau[)e im allgemeinen und der Maulbeer-
ranpe im specielleo ist zahlreicher nnd mannigfaltiger Modifizierungen
flhig nnd nSgt tbatdlchlich in jedem einzelnen Prodnktionslande nieht
nnbedentende specifisebe Eigenschuften, die noch mehr zu Tage treten
würden, wenn man nicht von Zeit zn Zeit, wie es Jet/t üblicli ist. die
Verjün^nni^ der Rassen durch Ereaztmg miteinander vorzouehmen ge-
kwungeu wäre.
Es ist selbstventindlich, dass nieht nur die Art der Anfauoht, sondern
hauptsächlich auch die Nahrpflanze auf die Eigenschaften der Seidenwürmer
nnd ihrer Erzeugnisse von zweifellosem Eiufluss sind. Der Spinner der
echten Seide, R. mori, nährt sich vorwiegend von den Blättern des Maul-
beerbannies, Morus, von welchem mehrere Varietäten existieren.
Die Hdmat des Manlbeerbaames ist, wie die der Seidenraupe, Asien;
wahrend jedoch im ganaen Osten dieses Erdteiles, in Indien, Aasam nnd China,
die weisse Varietät verbreitet ist, kommt in den westliehen Ländern ausschliess-
lich der schwarze Maulbeerbaum vor. Die ürsprung-sstätte dost letzteren
scheinen die Regionen südlich vom Kaukasus und schwarzen Meere zu bein );
jedenfalls ist der Banm aber auch in Babylonieu frühzeitig heimisch ge-
wesen, da er in der bekannten Sage von Pyramns nnd Thisbe erwShnt wird.
>) Pariaet, Lliistoire de la wie, I. S. 75.
') Hutton, Notes on tbe Rilhworms of Indis, & 11.
*} Oeoghegan, Some uoooant of «ilk in India.
*) Helfer, Jonmal of the Anatio Sodetf «f Bsagal. IV. 40.
^ De CandoHe, Unpnag der Knltarpflauen. 1884. 19a
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168
Der Maulbeerbaum.
Dagegen ist es nicht gelungen, die ürheunat des weissen Maulbeerbanmes
zu finden. Das Wort tut, welches vorwiegend diese Varietät bezeichnet,
scheint von den armenisch-iranischen Ländern auszugeben, doch kommt ea
auch im Indischen vor. Fragen wir, wann der Manlbeerbaam aus seinem
asiatiaehen Vaterlande snent naeh Enropft terpflanat wnxde, m verwNaen
uns einige zufällig aufbewahrte DiohieEstiellen auf die Zeit der attiaehen
Tragiker, an.ltre ein Jahrhundert spater anf die der mittleren und nenen
Komixlie. Im weiteren Verlauf der Zeiten ist die un?prnnj»Hch eingeführte
Varietät Morus uigra, womit die Seidenraupe gefüttert wurde, durch eiueu
ap&teren AbkoanaUng ans dem centralen nnd ostliehen Arien eraetat wordm,
die M. alba, einen Schwesterbaum von kleiueiera Wndise und zarteren
BHütern, di-r gerben Ende des Mittelalters in Kuropa erscheint'). Kine
noeh zweckdienlicliere Art Morus, M. alba multicaulis, ist in neuerer Zeit
aus Manilia, wohin sie aus China gekommen war, in Europa eingeführt
worden.
Die Gattung Manlbeerbaom (Homa) »tekt nadi dem Unnteben Pflansen-
System in der vierten Ordnung der 21. Klasse (Monoecia Tetrandria) und
gehört dem natürlichen System zufolge in die Familie der ürticeen (nach
Jasaieu) oder der Artocarpeen (nach Bartliug). Bekannt sind gegenwärtig
folgende fthnibeerarten:
h Der weispe Maulbecrliaum (M. alba).
1. Der gemeine oder wilde Maulbeerbaum ist die ursprüngliche
Form, ans welcher alle anderen herrorgegangeu sind.
2. M. rosea, mit rosenrotem BlattstileL
3. M. moretti.
4. M. elatii oder hoher Maulbeerbaum.
5. M. romaua vei ovaiifolia, der römische Maulbeerbaum.
6. M. macropbjlla vel latifolia, der groasbl&itrige Maulbeerbaum.
7. M. pnmila vel nana, der Zwergmanlbeerbanm.
8. M. collumbassa.
9. M. multicaulis, der vielstengliche Maulbeerbaum.
10. M. venosa, M. nervosa vel subalba nervosa, der Maulbeerbaum
mit stark gerippten Blättern.
11. M. italica, (M. i. rubra).
II. Der schwarze Maulljeerbaum (M. nigra) nnd seine Spielart der ge-
schlitztblättrige Maulbeerbaum (M. lacioiata).
m. Der rote Maulbeerbaum (M. rubra, M. virginica od«r M. pennsjl-
vanica und M. caroliniana).
IV. Der tatarische Maulbeerbaum (M. tatariea).
*) Hehn, KottupiaaiiiB nsil Hanifieve in ünen» Übengaag ans Aden nadi Orie«
«beDlaod and Italiea, «owie in das abrige Barapa. Bedin 1874. 8. 884.
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Der Maolbeerbaam.
169
V, Der indische ^^^llllbee^baam (M. indica).
VI. Der türkische .Maulbeerbaum (M. constantinopolitana vel byzantica).
VII. Der scharf blättrige Maulbcerbauiu (M. scabra vel canadensis).
YIII. Der breitblättrige Maulbeerbaum (M. latifolia rubra).
IX. Der maskareniaehe Maalbeerbaam (M. latifolia rabra).
X. Morus australis.
XI. M. insnlaris (Polynesien).
XII. -M. HalincnsporQ (M. calcar galli, N.-S.» Wales).
XIII. M. celtidii'ulia.
XIV. M. corylifolia (8.* Amerika).
China besitzt einige. Abarten des Mauibeerbaames, der hier, ebenso
wie die SeidenwfinDer, entweder knlüneri oder in wildem Ziutande v«^
riK 21— S& BUttrormrn ct«r I. M nlgn, 1. M. rnbr», 3. M. maUlcMiUa.
wendet wird. Unter den Oattunpjen der ersteren Art .sind M. a. latifolia
(vielstielig) und M. a. indica die üblichen; andere iu China vorgefun-
dene AlMurten, wie M. nigriformi«, M. etyloea rind nicht ehineaiichen
Ursprungs'). Die Terbreiteteten Gattungen werden in Cbina MlQ~*ang**
und f,king-Mng** genannt, wovon die erstcre ausschliesslich für die jungen
Ranpen bis rnr dritten Häutung reserviert wird. Andere Arten de.s Maul-
beerbaumes, die deshalb von Interesse sind, weil die Seide danach benannt
wird, sind nach Kleinwachter die folgenden. Unter den gezüchteten:
„pA-pi-aang**, nachan-sang*N „hien-lin-eang**, ntring-pi-sang** ete.; unter
den wilden (y^h-mng): „tse-pi-sang'' (M. latifolia), „ki-kio-eang^, „mn-
sang" u. a. Den wilden Abarten gehören aneli die M. bungeana und
M. mongolica an. Awam und Indochiua besitzen den weissen Maalbeerbaam
*) Bondot» L'ari de la aoi«b I. 8. 918.
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170
Der Maulbeerbaam.
und seine Varietät M. a. indica. In Indien i-«t der Manüieerbaum zweifellos
ursprüuglicb einheimisch und sehr verbreitet. Am liiiufigsteu trifft man
M. alba and seiae Abarten M. a. indica, serrata, cut>pidata etc. an. Aosser-
FlrSI-». TtncihMm Atem te
■Ita.
dem aistiert hier eine dritte Honuart, die M . rabn. In Italien nnd Frank-
reieh wird Tonngsweise der wmsse Manlbeerbanm kaltivierL
Der Manlbeerbaam wächst
GO Jahre und liefert das beste
Futter iu seiner Reife, vom 20.
bis zum 40. Jahre des Wacbs-
tmiM, in einer Qaantiiit von
dnrcbsclinittlich 100 bis 125 kg
l?lätt<'r pro .Talir und Baum. Die
zwergige Gattung liefert etwa
10000 kg pro Hektar der An-
pflanzang. Er wird ans Schto-
lingen gezogen, die reihenwdse
gepflanzt werden. Da die aus
einer Unze Kaupeneier hervor-
gehenden 36000 «Stück Seiden-
wnrmer ca. 700 kg Manlbeei^
blätter vetbranehen, so sind, un
ohne Schädigung der Bftame
über dieses Futterquantum ver-
fügen zn können, etwa 1000 elf-
jährige, oder360dreizehnjährige,
oder 120 fÜnftehnjIUirige, oder
90 siebzehnjährige, odcr20zwan-
zigjäbrißp. rnler 18 fünfundzwanzigjäliri^o, oder Midlich 16 dreissig- bis
vierzig;iährige Maulbeerbäume erforderlich.
Frische Maulbeerblüttor enthalten 80 einige Tage nach dem Pflücken
65 % Wasser; die ehemische Zosammensetzang ihrer Asche hingt wesentlich
vou ihrem Alter ab und enthalt Kieselsäure, Kalk, phoephorsanre Magnesia,
Phoephorsaiirei Eohlensänre etc. Während die jungen Blitter vorwiegend
FIf. n. XdtMnter WanlbccrtHUD.
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Der MaalbeerbMm.
171
Phosphorsaare und phosphorsaure ^laguesia enthalten, sind die alten m
Kieselsiinre und Kalk reich. Da nnii die Kaupon liaiiiifsilcliliili l'liosphor*
süare und Magnesia uebeo Kali assimilieren, so sind jucge Blätter vorteil-
ng:a& Wilte MkSlbMtbKan.
hafter. Das Pflücken, Sammeln und Aufbewahren der Manlljeerhlatter er-
fordert gewisse Vorsiehtsmalaregelu in Besag anf die Verbütang über-
S. (MiMit «iflobt.
miaiigw Feaolitigiceit v. dergl., die ledigKeh Sache der Erfahnmg sind nnd
hwt fibergangen wurden müssen.
Anner dem Manlbeerbanme l&set sich nooh eine game Reihe anderer
172
Die flbrigen ünUnpSaami des B. mori.
NKbrpflftnnB rar Ffitterung der Havlbeemmpe Terwenden. Lnriefem alier
diese Surrogate auf die Eigenschaften der Rasse und der SeidenfMer «in-
wirken, ist bis jetzt noch nicht allgemein festgestellt worden.
Ifnarti') f;in<]. dass Jie Blätter der Rose, des Wciss^doriies, der Brenn-
nessel und der ljhne geeignet sind den Maulbeerbaum zu ersetzen, jedoch
nur für eiuige Zeit, während auf die Dauer die Rasse der Seidenrau]>e dadurch
geschwächt wird. In Lyon lint man snerat SftiatUitter all Surrogat bei einem
verfrühten Anakrieehen der Ranpen angewendet'). Diese Ersatzmittel sind
indessen unzulänglich, wie Dandolo und Bonafous, zwei berühmte Seiden-
ziichter, bald ermittelt haben'). Hnnafons fand ferner, das? der Papierliaum
(Br. papjrifera), obwohl nicht allzu nahrhaft, doch im altgeracineu geeignet
iit, die Seidenraupe im fünften Lebensalter an enahren. In Dentaehland
wurde «Ine UnmasBe tod N&hrpflanzen Tersncht^), so unter anderem die
Acerarten, mehrere Salix, Tilia, verschiedene Bibes etc. Naeh Hassi*)
soll mnn in Schweden in den Ijlüttern des weissfriiehtii^pn FTimbeer-
straucht'^; ein passendes Surrogat entdeckt haben. Infolge einer journalisti-
scheu Fabel, nach welcher ein Barou in Riga mit Rosenblättern gute
Kokons erhalteu baben soll, fingen überall die Versuche Ton neuem an;
es wurden Llnvenzabn, Endivi*>, l^chwarzwurzel , Vop;elkoot^ch u. s. w.
gefüttert, dotli stets blieb der Erfolg ein negntivi r. In allerjüngster Zeit
erschien wiederum eine Zeitung;snachricht, laut welcher die Manibeerraupe
ausschliesslich durch die Blätter der Orange, sowie des in Südeurupa eiuhei-
mischen immetgranen Krenxdomes (Rhamnus Alatemus) ersogen werden
könne. Es mag dies für das südliche Europa von Belannf sein, für Deniaeh-
laud und nördliche Länder hat es kein Interesse. Der asiatische Seiden-
wurnidorn (Cudruuia triloba). ein 7 — ^ Meter hoher Mannt, seit 1872 in
England eingel'ührt, dürfte sich infolge seiner aoangenehmen Dornen eben-
falb nicht gut eignen Nach nelen Versnchen mit einheimischen Pflanzen,
wie Löwenzahn (Taraxaenm offieinale), Ulme, Spinat, Endivie ete., ist
Prof, Hars^ in dem Ergebnis gekommen, dass die Schwarzwurzel (8cor-
zonera hispauica) bei systematischem Verfahren den Maulbeerbaum zn er-
setzen vermag. r>ie Zachtversucbe in Bayern und Baden haben zu aus-
sichtsreichen Erfolgen geführt. Auch in Fenerbach hat Schräder mit der
*) Naeb einem anonymen, im J. bei Nioolai in Berlin eraoldeBeBeD, aoi den
I^Dt^isischen fibersetzten Werke.
*) Compt r«nd. de« trav. de la Soc d'agria Lyon 1820. S. 148.
^ Daadolo, L'art d'derer les Ten Ik wie, trad. Fovlaasilk«. Lyon
Bonafoua, rt^dnration de« vors a soie. Paris 18t4.
*l Wocbeiwcbr. d. landw. Ver. in Bayern, 1825, ä. 3lO.
*) l>hrba«h des fletdaabaaeak Mtadiea tStS.
*) Chcmn. Tageblatt, 7. Dez. 1890.
') Dr. Hars, Eine neue Zficbtangsmethodo des Mauibeertpinners Bomb. mor. U
mit daer kiantartigSD Pliasts. Stat^put 1890.
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Die flbrtg«n N&hrpflanun dei B. mori.
113
Sehwftnwnrzel eine zufriedenstellende Ernte erzielt*), desgl. Schule in
Winnenden. Im Dresdener Zoologischen Garten erhielt Scliöi»ff mit dfrsellien
Pflanze neben der Salsifie Resultate, die, trotz des ziemlich unbedeutenden
Mafsstabes der damit gemachten Versuche, durauf hinweisen, dass die Seiden-
knltiir von den Maalbeerplaotagen imabliäiigig geomcbt werden kran und dua
ihrer allgemeinereu Einführung nech den mitielearop&iscben Landern niehta
im Wege steht. Wenn auch damit der europäischen Seidenkaltur keine neue
Ära eröffnet wird nnd Deutschland, sowie andere Länder des mittleren
and nördlichen Kuropas wohl nie die Seideuzuobt in grösserem Mafisstabe
bei «ich önfabran wwden, m Inum doeh in dksen VemiebeB der Bewds
erUickt werden, der ffir die Fftbigkeit des tieriicben Orguiisnrae, aidi den
NahrungsverhSltnissen aninpaesen spricht; damit wäre die Ansicht widerlegt,
die Maulbeerranpe könne ohne Maulbeerbaum nicht bestehen. In den Ver-
einigten Staaten Nordamerikas nährt man B. mori von den Ulätt^rn der
Maclara aarantiaca and erzielt eine der gewöhnlichen durchaus ebenbürtige
Snde*). In Kolnmbien iefc die dortige VarietBt der Ramie «la N&hrpflanae mit
günstigem Erfolg Terinebt worden. Aneb in Frankreich ergaben die mit
dieser Nülirpflanze angestellten Versuche vortreffliche Resultate In
der englischen Provinz Birmah (Indien) ersetzt man zuweilen den Maul-
beerbaum durch den Papierbaum (Urous^netia papyrit'era) die erzielte
Seide aoll indeaaen minderwertiger Qnalitftt sein. Daa ebineaiicbe Surrogat
«ftaehe", mit welchem die Zucht vielfach betrieben wird, ist Cudrania trilobft
(Hance) ^). Nach gewissen Angaben wird unter Anwendung dieser Nähr-
pfianze die weisse Kasse in die gelbe verwandelt*). Laut Kleinwächter
ist diese Seide sphide, so dass sie nicht zum Verweben, sondern nur zu Be-
Mtiartikdn nnd Saiten benatst werden kann. SeUieaatioh kann die Seiden-
mnpe nodi mü ^wn-kin** (Stillingin aebifei») nnd mit dem in Nordehina
bdmiaohen wilden OttMUun nta^^ (^yplraa Lotua) gen&brt werden«
♦ ♦
«
Daa Ei dea Seiden wnrmes iat ein ovnlea, biraeförmigea K6mcben, deaaen
Gewieht soviel beträgt, dass etwa 40000 Stück eine Unze von 31 ^ aoih
machen. Gelblich im Moment des Legens, wechselt es seine Farbe bis zum
nächsten Frühling, wo das Auskriechen stattfindet, und geht in bliiulichviolctt,
ins gelbliche und grauweisse über; die violette Farbe des Eies geht unter der
»} Oewerl^blatt nti* Wörttemberg 1894, Hr. 1.
') Riley, Tbe silkworm, 1879, S. 2».
*) BoBafons, Tnit4 de r^jdno. daa ven soie, IMO.
«) Qeoghegaii. ?omo Ancount of I^ilk in Indiu, ISTf, S. 106.
Boitard, Traitö do la cuUure du marier elc, 1(J2H, S. 136.
•) Eondet. Bapport snc rSspot. «idtatMll« de 1878. Jfwu 1885, & 873.
•} Heorhead. Repert, Silk, 1881.
iU
Diu HaapoMi.
EinwirkDiig des Kleinenberg*8ehen Reifens (Schwefelsaare, Pikrinaftiirtt
und Kreosot) in eine rote über Physiologisch ist das Ei ein Embryon-
organismus, an welchem die Funktionen des Atmens leicht wahrnehmbar
sind; sein (Jewicht wird infolge der ständigen bauerstoffabsorption, die
■eine orgftntMhen Beetandteile in flüchtiges Wsaeer nnd Kohlenainre o^die-
reud Terwsndelt, immer kleiner, so dus es dnroh Liegen in 10 Hon»ten
über 12 — 13% an Gewicht verliert und zwar im ersten Monat 2%, im
zweiten Pq, in den nächsten sechs 1% und im zehnten 'J"\,. Duclanx
veranstaltete eingehende V ersuche, um die Hespirationsfähigkeit der Raapen-
eier zu bestimmen und kam za dem Ergebnis, dan die erzeugte Kohleosiitre>
menge, die als Mafs der Lebensfnnktionen des Embryo gelten kann, bw
snm siebenten Monat nnr gering ist und fast konstant bleibt, am alsdann
beträchtlich zu steigen nnd im neunten
Monat ihr Maximum zu erreichen. Es ist
bemerkenswert, dass das llaupeuei vor dem
Aaskriechen der KUteeinwirknng nnter-
worfon werden niuas, mit anderen Wor-
ten, der Kntwickelungsprozess des Embryo
erf<u'tlert eine l 'herwinteruui^f : bei den Chi-
nesen sind die Eiskammeru, in welchen
die Raupeneier, speeiell die der eineratigen
nf. S4.' Dw itnip«Mi 4« Bombyx nort Rasse aufbewahrt werden, in stetigem Ge-
CBiaift nigiSiMfft). brauch. Auch in der I^ombardei existieren
grosse Et:il)lissements, wo das Überwintern
der Eier vermittelst kSiteerzeugeuder Maschinen verunstaltet wird. Die künst^
liehe Oberwintemng gestattet, das Ansbrüten der Ranpeneier in 16—20 Tagen
nach dem Legen durch nachträgliche passende Erhöhung der Temperatur
zu bewirken; ein anhaltendes Bearbeiten der frisch gelegten Raupeneier
mit steifen Biirsten soll das Auskriechen hinnen kurzer Frist (15 Tagen)
ermöglichen. Es erheilt daraus, dass man die Raupeneier beliebig lange
Zeit konservieren kann, um sie dann im passenden Momrat snm Ausbrüten
sn bringen. Dieser Umstand ist von grosser Wichtigkeit, denn er ermög-
licht es, nicht nnr einerattge, sondern aneh swei- und mebremtige Rassen zu
züchten, oder richtiger gesagt, aus einer einerntigen Rasse, wie es die
meisten europäischen sind, in einem Jahre zwei oder mehrere Brüten resp.
zwei Kokonernteu zu erhalten, was in ökonomischer Beziehung ungeheuren
Vorteil bietet Ferner liest sich aber anch, wie Dr. Crivelli dargethan hat,
im Falle ungünstiger Witterang oder schlechter Blättert rute, das Aus-
kriechen auf eine günstigere Zeit verlegen. l)iese Methodu wird bereits
mit grossem Erfolg liei .Mailand in Via liomagnosi in der Aufzüchterei
von Filippo Antongiui angewendet. •
*) A. Tiehomiroff, IMreloppement du ver k sme dn nftxier dans Tcrof. (Dulls-
tins du Labor, de Lj<ni). 1891, & 159.
uiyiii^ud by Google
Dm Antkttodiwi.
176
Verson beobachtete 1874 die Einwirkmig der Elektriritit ab Be-
schlenniguDgsmittel des Aaskriechens; Daclanx bewies dann, dass die
Wirkung ledi^licli der elektrostatischen Entlailnnt? und nicht etwa der
dynamischen Klektrizitiit zukommt. Er zeigte ebeufnlls, dass das künst-
liche Uberwiatern, starkes Bürsten und Elektrizität genau dieselben physio*
logischen Veribidetiiiigeii im Embryo ▼eraraaebeD, and dass ein Bad ana Ter-
dünnter Schwefelsäure in dieser Hinsicht noch wirksamer ist. 1877/78
bewiesen Bolle, Verson und Quajat, dass Salzsäure, Salpetersäure und
sogar destilliertes Wasser bei 50" dieselbe Kigenschaft besitzen; in allen
diesen Fällen wird die Karbeunietamorphose des Eies in der natürlichen Reihen-
folge (yioleit, blan ete.) beobachtet. Schliesslich hat Bollat*)i indem er
rifi Ab An*birtlMppaMk Hg. M. AaMehtmi SralMB* DumI <1. B«lior«ii, 1. Lnfteng,
4. lAfÜaall«) b. Vwtllator, 6. Abrag, 7. Bratnan).
die Ranpeneier einige Tage einem Lnftdmok von 3—4 Atm. bei 26 — ^28^
aussetzte, die Bemerkung gemacht, dass ein derartiges Komprimieren im
Enihrvo dieselben physiologischen Veränderungen hervorrufe, wie alle
früher genannten Mittel. Am geeignetsten erwies sich ein Druck von
6 — 8 Atm. während lä Tagen, bei einer Temperatur von 15 — 16 ; unter
diesen Yerhiltnissen gelingt der Vmach zn jeder Jahreszeit.
Das specifische Gewicht eines gesunden Raupeneies ist nach Haber-
landt 1,08; die mangelhaften sind leichter als Wasser. Nach Peligot
enthalten 100 g Raopeueier 1 g 285 Asche and zwar:
*) Oompt read. I8H P-
üiymzea by Google
U6
Die Aafsudit der Uaalb«erraupe.
PhosphonAnre
Kali . . .
Magnesia . .
Kalk . . .
533%
29,5%
10,3%
M%
Diese ÄschenzusammensetzuDg stimiut mit der der Getreidekönier fiber-
ein und zeigt die wichtige Rolle der Pliosj)liorsiuire. Es würde za weit
führen, hier eine "feiiaue Kirihryologie des Haupeneies geben zu wollen;
mau begnüge sich daher mit einem Hinweis tiuf die hierauf bezüglichen all-
gemeinen nnd apeeiellen Stadien (aidie bibliographieohen Anhang).
Das Auskriechen der Eier findet statt bei 20 — 26" Warne und wird
in paaeend angerichteten Brntkammem vollzogen. In den neueren vervoll-
kommneten Apparaten wird die Hei-
zung durch Wasserdampfröhren be-
wirkt, nnd ein beständiger bequem
regnlierbarar Lnftstrom erbllt die At-
mosphäre auf dem nötigen Fenchtig-
keitsgrade; die Gasheizung wird häufig
mit dem Schlesiugschen liegulutor
versehen, der die Temperatur inner-
halb bestimmter Grenien antomatiaeh
auf konstanter Höhe erhält. Der
Feuchtigkeitsgehalt wird nahe bei 70
Hygrometergradeu erhalten, die Tem-
peratur von 17,3° am ersten Tage
gani aUmShlich anm Steigen gebracht;
am f&nften Tage betrigt sie 21 1/4%
am achten 25° nnd am idinten 27,5^
Bereits am fünften Tage werden die
Eier weiäslicb und bedecken sich mit
kleinem sehwarsen Pankten« am zehnten beginnt das Anskriechen nnd ist
wibrend der fiitgendeo drei Tage am lebhaftesten (von 4 bis 10 Uhr Tormit^
tags). Eine Unze vou 25 g liefert 36000 junge Raupen, die im ganzen etwa
17 g wiegen, nebst 5 g leeren Eipr?;r!mlen und 3 g des verdnnstoten Wassers.
Die frisch ausgekrochene Raupe misst etwa 2 — 3 mm und wiegt 0,000 45 g.
In der Lebenadaner der Manlbeerraupe werden mehrere Perioden unter-
schieden, welche dnrch je eine HSntong Ton einander getrennt täadi der
gemeine MaulbecEBirinner (Bombyz mori) erlebt vier BSntnngen besw. fonf
Lebensperioden.
Sofort nach dem Auskrieclieii werden die jungen Kaupeu auf Geflechte
übertragen, dereu Rauminhalt genau der Anzahl der Raupen entsprechen
mnss. In der ersten Lebensperiode Tsrlangen die ans einer Ume von 31 g
ausgebrüteten Raupen einen Raum von 1,3 Qnadratmeter. Die nachfolgende
Tahelle Tcneichnet die üblichen Temperatur», Banm- nnd Fenehtic^t^
ng.S7. HMragwMU» Mr.
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Die Aofsucht der Maulbeerraupe.
177
Verhältnisse in allen fünf Lebensperioden der Maulbeerraupe, deren Nicht-
beachtung zu einem vollntändigen Misslingen der Aufzucht führen kann.
Periode Daner Temperatur Feuchtigkeit
I. 6 Tage 19' C. 75—80°
IL ö „ 20° C. 75°
HL 6 „ 22" C. 80'
IV. 8 „ 23° C. 75—80°
V. 7 „ 21° C. —
Fläcbenraum
1,3 qm
3 „
5 „
12 „
25 „
Nahrung in kg
5,5
15,5
75
150
850
Unverzüglich nach der ersten Häutung werden die Raupen auf frische
Hürden gebracht, wobei die peinlichste Sauberkeit beobachtet werden muss, da
oo.oc
oooc
c ooc
oooc.
Tig. SU— 39. Aoabebeantcrlage Dkch der I. and 4. Hintoog.
dieselbe zur gedeihlicheu Entwickelung der Seidenraupe von grösster Bedeu-
tung ist. Um die Ausdünstungen der Exkremente und eine Fäulnis der toten
Raupen nach Möglichkeit zu verhüten, ist von Lavolard der Vorschlag
gemacht worden, die Hürden mit trockenem Torfpulver zu Ix-streuen, das
bekanntlich die Eigenschaft besitzt, alle Abgangsstoife geruchlos zu machen
und ihren Zersetzungsprozess aufzuhalten, indem alles zu einer kompakten
Masse eintrocknet. Während der nachfolgenden Periode werden die Unter-
lagen einigemal gewechselt, wobei der für die Aufzucht einer bestimmten Menge
Raupen zugemessene Raum durch Hinzuschaltung frischer Hürden stets
vergrössert wird, wie in der obigen Tabelle angegeben ist. Eine ge-
hörige Ventilation der Aufzuchträume ist eine Hauptbedingung; man
bedenke, dass die Maulbccrblätter über 65 ''/o VV^asser enthalten und der
ganze Dunst samt der erzeugten Kohlensäure abgeführt werden muss.
Die Miniraalwerte für die nötigen Luflmeugen sind folgende: für etwa
30000 Raupen 104 cbm reiner Luft pro 24 Stunden in der ersten Periode,
390 cbm in der zweiten, 866 cbm in der dritten, 2080 cbm in der vierten
und 8736 cbm in der fünften Periode.
Silbermknii, Die Beide.
12
Google
178
dei B. morL
Das Wachstom der Ranpe im VerUUtnu nur Tenfthrten Nahnuig er-
giebt neh ans folgender Tabelle:
Grtoe Gewicht
3 mm 0,00045 g
0,00675 „
0,04230 „
0,18000 „
0,7326 „
4,0000
Nach dem Auskriechen
Eude I. Per. 8
11. „ 18
H IlL „ 28
nr. „ 45
V. „ reif 87
11
ti
1*
ti
11
1»
11
Venehrtes Onaatam Blätter
0,104 g
0,312 „
1,036 „
3,110 „
1S,720 „
Eiaer anderen üntcrsuchuug zufolge weisen nachstehende Zahlen
selbe Eigebnis ftuf; 36000 Stück (25 g) Ranpeneier liefern:
8. vor wtA
Ansgei^rütete R:iii]ien
Nach der 1. Ilüutuug
2.
3.
n 11 4. ,,
Während „ 5. Periode
In der Heifo
Sie liefern Kokons
I.M, I.
4.
11
11
11
11
1»
♦1
1. «ad S. vor vU :
17 g schwer und verzehren:
• ^'ib „
1,598 kg
6,800 „
27,676 „
161,500 „
131,920 kg.
(472 im kg) 76,250 kg .schwer,
11
II
II
11
»1
II
1»
11
1»
) 3,6 kg
9,8 „
32,2 „
95,2 „
&60 „
II
11
1»
n
»1
Puppen 66,300 „
Sehmefcterlinge 99,865 „
Nach dieser Berechnung akatim» sonnt 36000 Stftdr Banpen bas sn
ihrer Beife 700,7 kg Bl&tter; thetsichlich werden aber nnr c». 860 kg
venehrt (Dandolo). OUge Zahlen stellen gewissermaften die phjsblogisebe
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Lebensigang des B. morä.
179
Ökonomie des Raupenlebens dar. Vergleiclien wir miteinander die elemen-
tare Ziisammpnsetznng der Seidenraapen, sowie der Exkremente einerseits,
und der Maulbeerblätter andererseits, so erhält man folgende Zuiiatunien>
sielluug
Blätter
Raupen
Exkremente
Kohlenstoff
43,73
48,10
42,00
Wasserstoff
5,91
7,00
5,75
Stickstoff
3,32
9,60
2,31
Saaenloff
35,44
26,30
36,14
lGii«i«l«toffi»
11,60
9,00
13,80
Verrechnen wir diese ^(hlen auf die einer bestimmten Menge Ranpen
entsprechen den Quantitäten von Blättern nnd Exkrementen, so ergiebt sich,
dass folgende xMengen einzelner Elemente aus dem Lebeosprozess hervor-
gehen:
Bliiter
Raapen
Exkremente
c
56,41
9,69
41,16
H
7,63
1,41
5,62
N
4,28
1,93
2,26
0
45,62
6,30
36,41
Minenilstoffe
14,93
1,81
13,62
128,87
20,14
97,97
Ein groeaer Teil des Kohlenstoffs wird also als Kohlensäure beim
Ätmnngsprozess ausgeschieden, ebenso der Wasserstoff und Sauerstoff in
einem der Wasoer/.nsatntnensetzung entsprechenden Verhältnis; auch ersieht
uiau, dass sich eine beträchtliche Menge Stickstoff im Körper der Uau|)e
anfiqpeiehert. Von den Mineralatoffen anuniliert die Seidenreope hanpt^
sächlich phospbonanren Ealk und Magnesia, während Kieselsäure und
Kali exkretiert werden. Nach der Ansicht von Peli(,'ot erfolgt der
Ätmnngsprozess der Seideuraupe ohne Mitwirkung des atmosphäri.Qchen
Stickstoffs. Der Eutwickelungsprozesa der Baupe geht gleichzeitig mit der
Asmmilierang einea besUmmten Anteib der in den BlanlbeerUättern befind-
lidien «tiekatoffhaltigea Snbetansen ror eich, wobei jedoah die cbemieehe Zn-
sammensetznug ihres Organiamna w&hrend der ganzen Lebensdauer fast unver-
ändert bleibt. Es wurde seiner Zeit auf die wesentliche Bedeutung? des Stick-
stoffgehalts der Maulbeerblütter für eine hinreichende Ernährung der lianpen
hingcwieaen und die Mdglichkeit ausgesprochen, daaa die Raupenkrankheiten
infolge nnznreiebenden Stiekstofigehaltes der Bl&Uer eniatehen kdnnen*).
Die Untersuchung turkestanischer MaulbeerMätter erwies in denselben einen
genügenden Prozentsata (3,5 — 4%) Stickstoff^); daawlbe war bei den cht-
«) Pdligot, rorapt. rcnd LXl. 866.
*) i. Lieb ig, bucbners Kepert. XVI. 290.
Eeiehenbaeh, Ann. d. Cbenie u. Pharm. CUIL
■) — Aon. d. Cbenie a. Pharm. CLVIIL 92.
12*
Digiii^uo L>y Google
180
Die Raupenbaut. Zucbtm^thode von Bonoric
nesischen und japanischen Blütieru der Füll, und bekanntlich traten iu
diesen Gegenden die Raupenkrankheiien nnr aasäserst seUeii jinf. Nitch
eiaem Vorschlage Liebigs soll daher der Manlbeerbaum mit stark stickatoff-
hftltjgeD Stoffra gedingt werden. Nnch neueren Untersuchnngen üt d»>
gegen der Stiekstoffgehdt der Blätter allein fiir ihre Nährlorafb nieht
mdiigebeitd ').
Um mit der Chemie iler Seidenraupe abzuscliiiesseu, möf^e noch die
Zosainmeusetzuug der H;mpeuhaut angofiihrt werden. Peligot ana-
lysierte die Haut einer normalen äeideuraape und hat mittelst d»
Schwelle rsehen Beizens Cellnlose vom Chitin getrennt; er betmobtei
Alis Chitin als eine Verbindung der Cellaleee mit Protei nsto^en, wobei er
8i( Ii auf die von Berthollet bewirkte Umwandlung des Cliitius iu Trauben-
zucker stützt ''j. Nach Staedeler ist da'^ ('hitin ein Gljcosid, welches
beim Kochen mit ^üuren in Zucker uud Lactauiid gespalten wird; uacb
anderen ITnterracbangen ist dai Chitin ein qnatmilree ladiridnum (eathftit
C, H, N und 0). Da Peligot im Chitin freie Cellnloae &nd, so ist man
der Ansiebt, dass die Haut des B. mori, zuerst von Odier als Chitin be-
zeichnet, ein der Cellnlose nahe verwandter Körper ist, von der er sich
dadurch uuterscheidet, dass Schwefelsaure keine Glycoee liefert, und dass
mit SalpeterMore keine dmi Nitrolthem der Cellidflie analog« Produkte
erhalten werden.
Der Wasi^ergehalt der !\r;it5l!jeerbl;itter übt einen grossen Einfluss anf
das Eudr«"snl<ut der Zucht, weil, je uachdem die Raupe mit trocknen oder
nassen Blättern gefüttert wurde, die Puppe uud somit der Kokon dement-
sprechend leicht oder schwer ausfallen wird. Die Kokonhülle, d. i. die
Sudenfaser, ist jedoeh in allen Fullen von demselben Wassergehalt.
Das Übertragen der Banpen auf frische Hürden behufs Erweiterung
der Fläche und im Interesse der Reinlichkeit ist mit viel Zeitverlust
und Unbequemlichkeiten verbunden, die dem praktischen Seidetizücbter
allzugut bekannt sind. In einigen Gegenden Peraiens, Friaulä und Italiens
wird infolgedessen die Zndit anf Manlbeerzweigen, die in geeigneter Weise
nntergebracht und befestigt werden, vollzogen. Auch war man in
neuerer Zeit bemüht, die Seidenzucht, was die Zeit und Ausnutzung des
Raumes anlangt, ökonomischer zu gestalten. L)ie Methodeu von Bonoris
and Cavallo sind am besten geeignet, sich iu der Praxis einzubürgern;
die entere besteht ans einem dnreh einige gleiohlanfende Stöcke £ ga*
hildetoi ha]bkreisf5rmigen Sehwibhogen ABC, der an den Ketten R anf-
gehängt wird; die letzteren tragen in radialer Richtung Ringe, in denen
die Stöcke befestigt werden können. Das Gewölbe wird oberhalb mit
Zweigen und Blättern bestreut und den Raupen überlassen. Dem Wachstum
der letzteren entsprechend werden vorrätige Stöcke oberhalb der ersten Wöl-
>) Qunjnt & Jordanoff, Monit(>ur an» MlSlb 1891, Nr. ItSt ff.
*) Ann. de cbim. et de pbjs, LVIU. 83.
Compi. lend. XXXm, XXXIV.
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ZadiimeUiodt von Oavall«. 181
bang an den Ringen befestigt und mit fiieebem Lrab reneben; die Ran-
pen klettern dann von selbst auf die neue Hürde. Da die Ketten und
Ringe radialförmig angeordnet sind, so ist e=; klar, dass der Flacheninhalt
des Gewölbes von selbst immer grösser wird. Das Entfernen der unteren
Wölbung samt Inhalt wird rasch und bequem durch Au^einauderaehmen
der Stöcke bewirkt In der Einriehtuug von Cavallo aind die StSeke
«af leDkreehten Geetellen a, b, e, d, e ventellbar, das Oberkiiechen der
Raupen geschieht von selbst, und der den Ranpen zugewiesene Flachenranm
kann von Etage an Etage allmählich yergrossert werden. Das rasche
Kf.«. nnpmnuM BMh SgfMun aomnte. »f. «IX auvimdi» bmIi Sfrt« CMiOla.
Wachstum der Seidenraupe und der nicht ansdehnnngsfuhige Charakter
ihrer Haut bilden beide einfache physiologische Ursachen der Häutung; dieser
Frozess greift jedoch derartig in die allgeineiue Physiologie der Raupe ein
und erbdseht, ta seiner vollen Erklärung, Hinweis anf so viele anatmnisebe
Einielheaten, dass wir uns damit begnftgn müssen, anf die Specialwerke
(s. bibliogr. Anhang) zu verweisen.
Wie erwähnt, erfordert der gewölinliohe Oanj» der Seidenzucht vom
Auskriechen bis zur Keife der Raupe etwa einen Munat. Die Kutwickelung
steht uaturgemäss in direktem Verhältuis zur Menge der aufgenommenen
Nabntngt und diese hingt ab von der grBsseren oder geringeren Winne in
den Zaobtränmen. Man hat es demnach in der Hand, durch Erhöbung der
Temperatur die Fressinst der Raupe zu steigern; die Dauer der Lebens-
perioden wird abgekürzt, eine Häutung folgt in wenigen Tagen der anderen,
uud etwa 20 Tage nach dem Auskriechen ist die Raupe reif und spinu-
fthig Nach der Methode von BeanTais kann die Znchtdaner sogar
bis anf 24 Tage abgekartt werden. Die Temperatnr, die am Tage des
Anskiiechetta 24" B. betrigt, wird mit jedem folgenden um 1** vermindert,
*) Lnppi, ^uoaUon hiMe des Tsn k loic.
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182
Bctthleanigte Zacht. SeicUnbaa in China und Japan.
•0 da«B rie in der eisten Periode 20* ist nnd anf dieser WBlht komtMit
erhalten bleibt. Die nach dieser Art aufgezüchteten Raupen sollen kräf-
tiger sein inul seidenreichere Kokons liefern. In Spalato (Dalraatien) werdon
jährlich Ub«r -4000 Unzen Raupeneier nach der Schnellzuchtniethode erzeugt;
die Temperatur wird konstant auf 26° erhalten; fast jede Stunde wird
friiehe Kahnmg ▼erabreieht, eo dus die Ranpen snieliends waehsen.
In China und Japan ist die Seidenzucht ein nationales Gewerbe, das
in nngeheuercm Mafsstabe iiikI rnif der grössten Sorgfalt betrieben wird.
Es ist hier iiblich,^die Raupeueier vor dem Ausbrüten in kocbsalzbaltiges
Fl«. M. AiMoMmI Is OUiM. Hg. a& BAilnag MF ZMtetam* In Ohtn.
Was.ser einzutauchen, eine Bohaudlung, die sien-tsan (Üad der Seidenraupe)
genannt wird. Das Auskriechen wird durch Einlegen der Eier in warme
Bettdecken, Kkidangsstfioln, Kiehenrilnme n.^e. w. 1)ewirkt. Die jungen
Raupen werden mit äaeeerster, bis an Pedanterie grensender nnd Sfters
geradezu lächerlicher Sorgfalt gezogen, die indessen im Interesse der Reinlich-
keit gerechtfertigt erscheint. Eine Anleitung zur Seideir/.iicht, Nong-Sang-'
Thong-Kiue, giebt uns ein klares Bild über das Verhalten des Seideu-
aflehters; so dflrfim s. B. mit dem Stampfen des Reises bssdiSftigte Per^
sonen« unlängst entbundene Franen, Trunkenbolde ete. eich niebt in derNlhe
der Raupen aufhalten. Als erste Bedingung gilt die peinlidi.ste Beobaeh*
tnng der Mafsregeln, die zur Erhaltung der Sauberkeit, frischer Luft, reinen
Futters u. f. w., dienen und durch quantitativ ausgezeichnete Resultate der
chinesischen Seideuzucht ihre Bewährtbeit zeigen.
Anatooii« der Seidenraupe.
183
Die ausgewachsene reife Seidenraupe ist von milcb weisser l'arbe und
besteht aus 10 bis 12 Leibtöringen, deren vorderster einen grauen oder
briimlicheii Eopf and 3 Pur lohuppiga Vorder föase txSgt; die letsteren beritien
die gleiche Farbe, wie die von der Banpe gelieferte Seide, Bind also wein,
gelblich oder gräulich. Die vier mittleren, Bowie der letzte Ring tragen die
Kim Ansaugen eingerichteten, biegsamen und hiiutijj;en Fiisse, auf äem
vorletzten erhebt sich ein hornartiges (iebilde, wie bei den meisten Schwär-
merraapen. Die Form des Kopfes ut ovoidal, v<m oben nach unten abge-
plattet; adne GfSsse betrügt 3 mm Linge, 3 — 3,6 mm Breite und 2,5—3 mm
Dicke. Es wBrde den Rahmen des vorliegenden Werkes abersehreiten,
wollte man eine genaue Anatomif der J-^eidenraupe gehen; eine Anfziililnng der
betreffenden Litteratur möge genügen. {S. Bibiiogr. Aulmug t>. 2t>8 u. tf.)
Unmittelbar unter der liückeuhaut liegt das röbreafurmige Blutgefäss
und eehlSgt normal etw» 40 — 50 Mal pro Minute, indem es durch das Hin^
nnd Zurückziehen das gelbliche Blut nach der Kinnmer beiordert, die, durch
DnrmfeUmembrane gebildet, den Yerdanongskanal nmgiebt. Die Pnlsiemng
des Gefaä8e8 üchwaukt je nach der Lulilempertitur und beträgt 6 — 8 Schlüge
bei 12— 16^ nod 30—40 pro Minute bei ^^--^5^ oder wenn die Raupe
viel Bewegung macht; die Zahl steigt auf 60 — 65 im Moment des Ein-
Spinnens. Die an lieidcn St'iten der Körperringe sichtbaren 18 sibwarien
Punkte sind Öffnungen der Respirationsorgano (Atemlöcher, Stigmata),
durch deren Verzweigungen die Luft in das Innere der Raupe eindringt,
nm mit dem Blute in Verbindung sn treten. Die Banpe knnn fAa» Schaden
eini^ Stnnden im Wasser Terbrtngen; besireieht man indessen die Atem-
iSofaer mit Ol, so erstickt sie in wenigen Minuten. Nach der Berechnung
von RepnauU und Reiset (1849) absorbiert 1 kg spinnreifer Seiden-
raupen 0,763 g Sauerstoff pro Stunde. Das motorische System der
Ranpe ist ausserordentlich zahlreich und besteht aus über 6000 bekannten
Muskeln.
GleioUAnfond mit dem Datmknnal liegen an beiden Unterseiten
des Körpers der Maulbeerraupe zwei geidenerzeufrende Drusen, die
einen beträchtlichen Ranminhalt einnehmen, lu denselben lassen sich
drei Teile unterscheiden: der bildende oder sekretiereude Teil, der sam-
melnde odw resenrierende Teil nnd der idiBondemde oder exkretierende
Teil* Im allgemeinen besitzen die SeidendrSsen der Msnlbeerraupe und
anderer analoger Insekten in physiologischer Beziehung grosse Analogie
mit den Speicheldrusen. Der sekretierende Teil besteht ans einem U bis
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184
BaidenerzeugeDde Organe,
15 cm laugen nud 1 mm dickeu, stark gewundenen KtauX und geht nach
12 bis 15 UnibiVpiingon oline merkliche Abgrenzung in den sammelnden
Teil, die sogenannte bamnieldruse (lieservoir) über. Wenngleich in anato-
mischer Benflhnng kein icharfer Übergang zn bemerken iet, lo tefe doch
infolge der physiotogieehen Uoterachiede ein aehwacbes inaeerai Merkmal
an der Stelle ivahrznuelnnon , wo die der Sammeldritse eigentümliche Fär-
bung ihren Anfang nimmt Die aar Anfspeicherong der anogten Seiden*
Tt$. 54. SaideudrflM de* B. morl <1. SdnttlMMI, Flg. U. SeidcndrÜM der Aathenea Peroyl (PS B*-
S.aunMMiflM, aaslintiaitaU,4. nUyptoDrtM». knOouttfl, T TttUaduiiikaaal, B aunmaldcflM,
OB likntloMtaaL)
Substanz bestimmte äanuueldrüse bat eine Länge von 6 — 7 cm and einen
Dnrehmeeser Ton 2,6 — 3 mm, der bis sw swilten Biegung irikihat nnd
dann abnimmt. IDen exkretierenden endlich bildet ein 6 cm langor
nnd 0,3 — 0,4 mm dicker Kanal, d« i v n der Summeldrüse ohne merkliche
Orenze Rusmiitulet. Nach einigen schwachen welleurörniigen Biegungen dringt
er in den Kojit der Seidenraupe und nähert sich seinem Doppelgänger, um sich
an ihn anzulegen, ohne eich jedoch mit ihm in einen Kanal zu Terschmelzen.
Der gebildete Doppelkanal biegt eich sdiarf nnd mfindet in die Spinn-
murse, deren anatomischer Bau, der ftbrigens noch nicht ▼öUig aufgeklärt
ist, weiter nnten beschrieben wird; es mag aneb vorlftafig bemerkt werden,
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Seidenerzeugende Organe.
185
dass hier die beiden exkreiierenden Kanäle zu einem einzigen ver»
schmelzen. Der seidenerzeugende Apparat nimmt infolge der vielfachen
Biegungen trotz seiner bedeutenden Länge (ca. 40 cm) einen verhältnis-
mässig geringen Raum ein; sein Volumen beträgt etwa 1 cc. oder des
Gesamtvolumens, ein Verhältnis, das nur bei der Maulbeerraupe auftritt,
während andere Seidenraupen ein beträchtlich kleineres zeigen. Das speci-
fische Gewicht der Seidendrüse ist nur wenig grösser wie 1, ihr Gewicht
beträgt etwas über 1 g, gleich '5 des Gesamtgewichts der Raupe. Das
Verhältnis der Seidendrüse zu dem übrigen Organismus der Raupe ist
folgendes. Der Anfang des Sekretierungsorgans, das ein feines Netz vor-
stellt, verzweigt sich unter den Luftkanälen unweit der Nervenkette; die
Fig. 56. Qaenchnilt dtr Seldendr&M tod B. morl. Flg. bl. Qaenchnllt der Seldendnia« von A. ptnyi.
Drüse selbst ist mit Abzweigungen der Tracheen (Luftkanüle) umflochten
und wird durch ein fettähnliches Gewebe an der inneren Wandung des
Körpers festgehalten; die grosse Zahl von Luftgefässen, die von den
Stigmaten aus sich in zahlreichen Verzweigungen an der Oberfläche der
Drüsenzellen ausbreiten, ohne jedoch in das Innere der Wandzellen zu ge-
langen, führt eine bedeutende Menge Luft hinzu, die für die rege physiolo-
gische Thätigkeit des seideuerzeugenden Apparates unumgänglich nötig ist.
Der für uns interessanteste Teil der Seidendrüsen, die Spinmlrüse,
ist erst vor kurzem gründlich erforscht worden Die Vorstellung früherer
Naturforscher über die Art, in welcher der Seidenfaden erzeugt wird,
entsprach durchaus nicht immer den Thatsachen. Das Spinnen sollte, wie
das erste grössere Werk über den inneren Bau der Seidenraupe von Aldro-
vandi besagt, durch den Mund der Raupe geschehen. Fünfzig Jahre
später widerlegte Goedartius') diese Meinung, ohne jedoch über das Wesen
der Bildung des Seideufadeus Aufklärung geben zu können. Malpighius ge-
bührt das Verdienst, zuerst die Spinnrüssel erkannt zu haben; Reaumur und
Linne') bestätigten später diese Entdeckung. Rösel von Rosenhof be-
*) Blanc, Bulletin du Laboratoire de Lyon, 1889/90.
') Qoedartius, MetamorphoR)8 inaectorum etc., Medioburgi 1662.
*) Amoenitatcs Arademicae, Erlangiae 1788.
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186
Die Spinnwane.
zeichnet genau die Stelle deiMlben in d«r Mitte der inneren Lippe: „ . . ,
in der Mitte ist die Waxse, ans welelier der Seidenfsden beniisbniimt.
Mg. M. Kopf dir BaMaamp« B. atail, Oktw flg. SS. Kopf 4w StMtmnvp« II. aori, Obu-
mm Uk. IMr« ante Upp* B humuMMä. mMb (A Kiefer, B Upp«D. O rahlhdraer, D Zvt^
O linabadtcB, D VUilMnMr, B Aa««n. V Tordtrw MliMia&alw dw TorderbMpto B).
grBD(lRi<-b« de* OnadMms, 1< Orandbeln,
I /oogenbela, K TwrtwIuniitwiiDde).
welche ich Zieh-W;ir/.e nenne, gleich wie man bei dennen Dratziehem
dasjenige Eisen, durch welches der Drat gezogen wird, das Zieh-Eisen
heisset'^ Ljonnet studiert den Spinnapparat des Gossas ügniperda, der
llg.«l>-«aBto8viBartnelaodilireCmt»bang(A«Qlpfel Hg. «3. Pm Tb—w im Moptm top Bl wmA
im BSwl, b MIaivud, o Baela, d Leier. • Kiefer, (A SpefaerAlue, B BikNilouliaiMl der redrtn
ttmlfm, Be OlpfU der Böeeel, b Mteatrud, e Dlit«r> BcidoodriUr, C rntcrllppc, D Kinnbacken, B
matt 4 Baeie, e Obenmlet, Oft üntexwead, bb BaUaa- FüblbArner, F ÜDl«r*elt« Jer Vorderheupt-
Viod*). Wknd, H Dnisen von Flllppl, I NerTenknoten
e, f, Ii, k Zlehmnakal de« Ktnnheekeai,
S,SKnnMTn)L
d«n fon Bomb, mori sebr abatidi M. ünter den neneren Fbnebem b^
ÜMsten dch Bobinei, Ansonz, Filippi, Cornalia, Helm, Bartb^-
lemy, Gilson vnd Blano mit dem Stadium d«r SpinnSfibnng.
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Die Spiniirfliwl. DrBien toh Filippi. 187
Die bnden eylindritohen, den swei Seideiidrfleeii entepreehenden Ejutile
Fmit einem äusseren Durcbmes.'^er von 0,8iiiin nnd einen inneren von 0,23imn
gelangpii eitjzeln in den Kopf der Seidenraupe und vereinigen sich hier zu einem
gemeinsaiucn Kanal D, der in die Spinnriissel ausmündet. Alle diese Ka-
näle zeigen den üblichen histologiscben Bau, von dem sf^ter die Bede lein
wird. An der GrensBtelle ergiessen sich die dnreh KanUchen E v<m den
Filippischen Drflsen kommenden Säfte. Die Spinnwarze ist eine bimoii-
förmige Masse von 0,65 mm Länge, deren Bau aus der Fig. 64 flF. zur Ge-
nüge erhellt. Mit den Exkretionskanälen verbindet die Spinnwsrse G der
A
»•4iepiaBw«tamf»T.B. WHl(&8vlm' ft«. «ft. IAhimiImiIH 4m flvteavttkiMgM t. B. mwrf (& fl»lBB>
aefenag, B TMUndaaeiktua, O 8ptoB> wo», B Bptamrf—al, O P Ulm, ftaat», B itmriMMaarKa-
WWM. D (reneiBMuar BKkMdoulüad, aal, ft ob«rw fl^asaMuM, • BM«n*. • lutaidlbataiB, 4 Ca>
BKhi»1 Kllippl Drüsen, F recbtorEx- ttOBta, eh KpithoUun dM KhiIs K, ef Bpltbelftn dm^gtaa-
kntknukinal, l), r. i1. c, f (>ffnanR«ii der WWW, tt £pldernlawiilit der BüimI, fl XpidenalB 4» I^ttar,
KiaAle.l Rückgrn'. k inriiti iibuiuin. I Ana- o OfltHtng das 9plBiik>D«iH oi> Ccntr«llnMl dtr Lttot ud dar
flOM der KiU] ptachtQ i' lÜMilfikeit). Uümi-I).
Kanal 1), sie mündet ihrerseits durch die Spinnrnssel in die Spinnöffiuinir A.
Der Spinnrüssel besteht aus der vorderen Wand A, der unteren B und der
seitlichen C; durch einen Zwischenraum von der insseren Hülle getrennt,
sieht der innere Kanal D, in welehem denilieh die Teilung des Seiden-
fkdeos wahrzunehmen ist (Fig. 66).
Von (h'u liii r in Frage kommenden Muskeln des Exkretionsorgans sind
die der Spiuinv. i kzenge hervorzuheben, die in Form kontraktiler Bündel
den seitlichen W andungen des Kaupeukopfes entatammeu und den Spiuu^
apparati Shnfieh wie die Sehlieaamnakeln, derart hethätigen, dass «ie den-
•elben im Moment der Ezkretion dnreh Eontraktion abplatten nnd Ter-
atopfen*
Das Drüsenpaar von Filippi sind Organe, deren anatomische Struktur
zwar genau bekannt, deren physiologische Bedeutung jedoch noch nicht
▼öllig aufgekiftrt ist; ne sind klein, kugelförmig nnd übermitteln ihren
Inhalt Tennittelst knncer Kanilchen an die Exkretionsstelle des Snden-
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Die RoUe des Filippiadien Sekrets.
fadens. Ihre Anordnung seigt die Fig. 66, in welcher E die beiden Ex-
kretioiiskanüle, F dip i^pinnwarze und G Filippis Drüsen sind. Die Zellen
der letzteren zeigen ilie EigentüniHchkeit, dass ihr Protoplasma durch zahl-
reiche Yacuolen ausgehöhlt ist, die ein flüssiges Sekret enthalten, welches Ton
Q&belmiiiter ZoaaninienMtiang und daher aneb Ton unbestimmter Wirkung
iet. Gornalia war der irrigen Aneidlt, daes Filippis Drüsen der Seidenfaser
den wachfiartigen Uberzng zu liefern Iniben. Helm feilt der Filippischen
Flüssigkeit die Rolle zu, die Seidcutäden mit einander zu verbinden; Au-
zoux und mit ihm Giisou meiueu, sie koaguliert die Seidenflüssigkeit
«Ukd, sBAUoBf dssSBknUoBflksnala, bBAekgnt rtsiil, O IMppli ttttam, • lApp^hn, i Itot Mfr
4«r liimx-h ale, B obwer Mnakal. 0 MlUieheT Um- kMtfaufeSBlU, e dbanr, b mutttn aad o mUHUtmr
und macht die Faser unlöslich. Diese letztere Meinung scheint die wahr-
scheinlichste zu sein, und die Fi lippische Flüssigkeit den Zweck zu haben,
an dw ErbSrfcnngsfähigkeit dea Fibrötna (Sodenaabakana) an der Lnft bei-
sutragen; naeb Blane soll ale di^egen nnr den Darchgang des Fadens
erleichtern. So lange indessen ihre Zusammensetaang nicht bekannt ist,
sind alle Hypothesen über ihre Funktionen gewagt. Die Filippische
Flüssigkeit ist in den Zellen wasferliell, farblos und besitzt keine passiv
tinktoriellen Eigenschaften; man begeguet jedoch öfters in dem Kanal, der
naeb der Spinnöflbiing {Bbrt« einaelnen FSdebeo, die ans diesw Fl&ssigkeift
durch Koaguliernug bsTTorgegaugen sind und im Ganaen die Eigwnadiaftsn
der Seidenfaser /eigen, n. a. sich gut färben lassen.
Wenden wir uns jetzt dem histologischen Stuiliuni der Seideiidrüsen zu.
Bereits iiobiuet gab 1844 einige Notizen über die mikroskopische
Anatomia des asidenflneagsiiden Apparatea'). Vor ihm haben aehon Ly-
*) ForaiBtNB de U HnSh 1844.
kel, DK EpIdaniilMableht voa A Mkrtttert).
SptauuBoaktl).
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Hiatologw d«r SM'dCDdzOMii.
189
onnet*) nnd Andonia*) diese DrÜeen bei enderea Inaekten nntmaeht.
Jedoch vermochten diese Forseber «l)ensoweDigt wie «{mter Oornalia
(1850) in (\pn fiusceren Wandungen cVr PtMrIfnidrüsen eine zellenartige
Struktur UHcbauweiseu, obwohl sie schou zehn .fahre früher von Meckel
angedeutet worden ist. Auf Grnnd der vergleicheudea lüstologie gelangten
die Ntttaiforaeher twer mr Erkenntnia der Zellen »neh bei dem Bomb,
roori, ohne jedoch positive Beweise dafür zu bringen; urst den Studien von
Raulin nnd Sicard, Helm und Bhinc gt'bührt das Verdienst, den liisto-
logischen Bau der Seidendrnsen anf'geklärt zu haben ^J. Die Wandung der
Drüse besteht aus drei übereinander liegenden Membranen: die äuHserste
(tnnicft propria)'i8t sehr dttnn and fixiert Farbelolfe nnr^iusserst icbwer;
die innerete (eaticala inten» rel intima) verhSlt sieb wie die «tetei und
ist Ton cbitinark^^ Sirnktor nnd alkalibestftndig; die mittlere, von be>
triiclitlich grSiserer Dicke, ist zellenartiger Struktur nod zeigt im Mikroskop
(nach der Aiisfjirbnng) ein körniges Protoplasma mit radialer Streifnng.
Sie enthält eiue Unmasse von Kernen mannigfaltigster Gestalt, zwischen
denen jedoch keine abgrenzenden Linien, welcbe aaf die Anwesenheit von
Zellra sobliessen lassen wüiden, an beobaebten sind; bei oberfiSchlieber Unter-
eaebnng konnte bier somit die Ansiebt entsteben, daas dne Symplasto
Torliege.
Die Membraue der äeidendrüse besteht aus zelleDartigeu Schuppen
>) Tr^iite unut. de ^t c^enille, qui lODge 1* boii da laolfl, 1760.
») Uistoire de l;i l yr.ilu, lSt'2.
*) F. R. Helm, Zeitschr. für wiaB. Zoolo|pe 1876.
Sicard & Baalin, De 1* Mte daoa l^tfrieur de r<»|aiiina« (BulL da I*bor.
de Ljon 1887).
L. Blaue, ifilade aar la iMioa de la wie (iUd. t88T/M).
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Die Gestalt der Zellen.
Ton sechseckig liiDglicher Gestalt; dieselben Mnd Mhr regelmSssig an-
einander gereiht und bilden die Wandung in einer einzigen Schicht. Es
genügen zwei solcher Zellen, um das Organ völlig zu umhüllen, so dass
■n den beid« Seiten der Seidendrüse und »kanäle eine zickzackartige
Mi. 71 BM «er Zellm Im Pankt« Ute >%. 13. BIM dar MIm toi takte 10 te
BtldtaMM <■. Hg M». 8«U«sdrtst.
Bindungslinie entsteht, die nach einer kurzen Heliandlung der Organe mit
konzentrierter Essigsäure äogar mit blossem Auge beobachtet werden kann.
Die GrOsBe der Zellen TnrUerk nntfirlieh je naeh ihrer Stellung in der
Drfiae; in dem Exkreliontkannl lietrigt sie 0,8 mm in der Unge und
0,1 mm in der Bn-ite, während sie in der Saninn'klrü'ii? :>,7 mm .inf
0,5 mm mis.st. Die Dicke der Zelleuelemeute ist natürlich ebenfalls schwan-
kend; in der Mitte der SanuneldrSae beträgt eie 23 {t (mtkromilUmeter
SB 0,001 mm), ist aber betrSebtlich grosser gegen das Ende derselben«
sowie im Sekretionioignn nnd erreiebt duelbst 60 — 70 Wie sehon er»
Die StnUiur d«t ZaUmlnnfli.
191
tribnt, dad die Zdleii kernartig, der Kern wdcht indcMen Tom der
Straktar aUer übrigen intracellnlaren Gebilde ab. Die Zellenkeme Ter-
echiedener spinneoder Insekten sind nicht, wie gewöhnlich, rnud, oval
etc., sondern zeichnen sich dxirch zweigartige Aiislas-suugen aus'); bei
Bombyx mori zeigen sie eine ansserordeutlicb stark entwickelte Verästuug,
die snweQen Ua rar giulkhen Znsplitlenuig lührL Die KompUiiertheit
der Windnngen steigt in der Biebtnng Tom Abaooderangeoigan nteh dem
anderen Ende des Apparates ra nnd ist im Sekretionsteil am grössten. In
den Zellen des Exkretionsorgans, und besonders bei der Mündung der Drüse
besteht der Kern aus einem uuterbrocheneu, honiogeueu, lichtbrecheuden
Faden von variabler Dicke inmitten eines Protoplasmas, in welchem er in
Form Ton Tenweigungen, die dnrch keine Membrane von dem letsteren
Wl§. n. CaUMlA te
dtr Oollenla, • Catleata. f fUm).
gesoudert sind, in ganzer Ausdehnung der Zelle sich hindurchzieht. In ande-
ren Teilen des Organs besitzen die Kerne analoge Gestalt und weichen nur
insofern tob einander ab, ab die einselnen Elemente, je nftber die Zelle
dem Ursprung des Organa liegt, kürzer und gedrängter werden und die
Gestalt von Knoten annehmen. Im Sekret ionskanal z. H. sind dies schon
einzelne gekrümmte im Protopliij^ma eingebettete Fragmente, aber auch in
solcher Zerteiluug zeigt der Kern keine Nucleola. Wie sonderbar auch diese
Einrichtung erscheinen mag, so steht doch fest, dass sie sowohl in d«r
Jngend, wie in der Reife der Seidenraupe zu finden ist und immer darauf
sielt, eiue möglichst intime Berührung zwischen dem Kernp und dem Pro-
toplasma herbeizuführen. Welche Rolle dabei die sich verzweigenden Kern*
iaden spielen, ist dagegen noch nicht aufgeklärt worden.
Wir kommen nun au den beiden anderen Sehiditen: der ftuaseren und
und inneren Umhflllong der jetit bescbriebenMi Zellensehieht. Die ftuasere
HuUe ist durchsichtig und sehr d&nn, sngleich aber sehr fest und dastisdi.
>) Leydig, Traitd d'hiBtologie, 1866.
Robin, Anatomie et phjiiologie oellnlaire, 1878.
Lsaesisa, Ls lliomiaopa^ 1876.
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192 ^ Bau der Amwotcbiditeii.
Sie ist gänzlich struktarloe, homogen und stark Hchtbrechend. Die innen
Haut besitzt einen interessanten Ban. indem sie vom nllgemeinen Typus
der Cuticulii, einer liouipakteu und gleichförmigen Beschaffenheit, wenigstens
zum grossen Teil abweiohi. Diese Membrane xeigt, flach betrachtet, das in
Fig. 77 wiedergegebene Bild; es siiid dies einselne ijlindrische, dfinne
I%den (0,7 |x), die in Form von Spiralen, ähnlich wie die Tracheen, her-
umgehen; ihre Entfernung von einander beträgt dnrchscbnitth'ch 3 — 4 |i,
in Wirklichkeit aber ist sie aosserst gering, da die Verzweigungen einzelner
Faden sich mit den benachbarten kreuzen, ohne jedoch Verbindungsstellen
zu besitzen. Ans dem Yerbalteu gegen Farhstc^e und Alkalien, gegen
welehe sieh sowohl die HfeapiAden der Catienla, wie die Veraweigiingalste
sehr inaktiv verhiiUen, ist abgeleitet worden, daSB beide desselben Urspmngs
sind. Die erwähnte Disposition liisst sich mit grosser Klarheit nur in der
Cnticula der äammeldrüse erkennen, während in dem sekretierenden Teile die
Verzweigungen durch eine Schicht des Fibroins teilweise verdeckt sind. Am
entgegengesetzten Ende des Organs erleidet die Cntieala iusofem dne Umge-
Hg. 81 Qaanwlinltt de« Eskrctlonakuikl* im Hg. 81 LlngUeber (Joencliiütt dorch 41« S*>
tankte 2 '» Wiifi'.. 1< rrnto]i!a'.i;ia, i Vmirtt lUltolMfllflM Hill i fllBj!
gungen der /elit'nkprne, <i CuUi uIa).
staltung, als sie sich von der Grenzstelle der Sarameldrüse und des Exkre-
tionskanals ab -immer mehr dem allgemeinen Typus nähert und, indem sich
die einzelnen Verzweigungen miteinsmder verschmelzen, eine homogene, nur
durch die Hanptföden durehsf^^ene Besdiaffenheit ennunmi. Die Dicke dar
Ifomlffaue nimmt gleichzeitig zu, erreicht im Anfang des Exkretiunskanals
15 |JL und bleibt bis zur Absondernngsstelle konstant. Diese Einrichtang
ist physiologisch leicht erklärlich. Wie wir später sehen werden, geht auf
dem ganzen Umfang der Seidendrüse, im sekretierenden Teil und in der
Sammeldrttse ein Diffniioiisprosess vor sieh, (Ar wdehen die Msmbrene eine
durchlässige siebartige Struktur besitzen mnss.
Die flftssige Masse, aas der die Seidenfaser gesponnen wird oder
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BUdnngawfliM dM Fibioiiu.
193
dw w^{eiuuiDte Fibroin, wird auasehUenlich vuu deui sekretierenden Teil
da Or^aa erzeagt, und swar nur toh der zelligen Sehioht der ümbüllang.
Es ist sogar möglich, auf den durch FUrbaug mit pikrokarminsanrem Am-
moniak oder ]\IetliYljxriiii ('iitsj)rechend präparierten (Juerschnitten die Bildung
des Fibroins zu beobachten; man bemerkt einzelne Kiigelclien, die zwischen
deu Kanülen der Nucleola entstehen und sieb zu traubeufürmigen Gruppen
▼efeinlgen; die GrOeee dieser Fibromelemente ist meiefc änseerai gering, doch
Hf. flL QneiaofaHttt dar lekretinnidrat«, die BildonK FIC.IA. OwHBMbiitU der BeknttonadrftM (o Wud,
iH lAiOlin nifmd feWuid. p fnitopUtm», D Kerne, d Odtalantldeht, h aliiaftai* nitioi]ik6fner).
g nbfabkkOvyerchcn. a anrt b FibrolllMlilltklaB,
f KibroinmkMc).
erreichen manche eine Dicke von 6 -9 \x. Die einzelnen Ivri<;id( iit n ver-
•ebmelzen sich untereinander zu grösseren, indem gleichzeitig eiue Hewegiing
der letzteren in der Richtung nach der Mitte des Suinals zu stattfindet, wo
aieb nun alle ansammeln, bestandig miteinander Terscbmelzen und seblieselich
als homogene Masse in den Kann! eintreten. Entsprechend dem vorhandenen
I)rnck gcstalttn sich die Kugeln nach und nacli zu flachen F,llip?oiden,
deren einzeiue Schichten mau, bevor sie vom Inhalt des Kanals aut'genom-
Flbrotna.) LaMiliMbeB).
men w-tiili'u, leiclit iintfischeiden kann. In einigen gut gelungtiicn Prä-
paraten, in denen die Hülle vom inneren Kanal getrennt worden ist,
laeeen sieb einzelne Konglomerate des Fibroins, am Centralkanal haftend,
beobachten. Das erseagte Fibroin flieset in die Sammcldräse, in welcher es
Ton einer frischen, in der letzteren selbst entstehenden Substanz umhüllt
wird. Der Ursprung dieser letzteren Materie, des .«fogi-nanntcn Rostes oder
Sericins, liegt an der Stelle, wo der sekretierende Kanal in die ^amuiel-
drSse ausmündet. Der Bast der SammeldrOse besteht aus einer das Fibroin
SUbarmMB, Dto Saite. 18
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194
Der Seidenbast.
umgebeDclen Schicht, deren Dicke bis zur Mitte der Drüse (Nr. 5, 6, 7 der
Fig. 69) ständig wächst und dann bis zur Mündung des Exkretionskauals
ebenso ständig abnimmt. Nachfolgende Tabelle zeigt:
Tig. 87. FlbroiniDkMc de» MaulbrcrsplDDerm FIr. 88. Ptbroininaue tlea wilden ScideoipiODare.
Gegend des Orgaas Dicke der Basthülle Durchiu. des Fibroiukanals
1
9 IJL
76 ft
2
19 „
512 „
3
47 „
998 „
4
47 „
1024 „
5
66',,
1330 „
6
66 „
1520 „
7
66 „
■ 1804 „
8
46 „
1424 „
9
28 „
1174 „
10
9 „
1140
11
4 „
1040 „
yig. 89. Qo«r*ehniU dur brMenftser Ton B. mori Flg 90. Qucncbnitt Oer äcidtufaMr ron A. Pernjri.
Das Verhältnis der beiden Elemente ist, wie mau sieht, un verschie-
denen Stellen der Drüse durchaus nicht gleich, vielmehr überwiegt nach
dem Vorderteil des Organs zu die Dicke der Ba.sthülle, woraus sich die That-
fiuche erklären läs.st, dass der zuerst von der Raupe gesponnene Teil des
Kokonfadens verhältnismässig am meisten liast enthält.
u.iujui^uj L.y Google
Mikrotkopneli betraehtet uAgen But und FÜbnnB keinen aMrkHehMi
Unterschied, obwohl der erstere nicht ganz so durchsichtig wie Fibroiu
ist. Die Eigenschaft des Bastes, für die künstlichen Farbstoffe mehr Affini-
tät zu be.sitzLMi, als das Fibroin, lässt sich hier behnfs genauerer Präcisie-
ruug benutzen; nur die Pikrinsäure zeigt das umgekehrte Verhalten. Diecop
sMumMigeBetstni Färbst«^, wie das pikroknrminaavre Ammoniam oder
besser das Pikroeooeinin eind in dieser Hinsicht besoodors wertvoll, da dw
Bast nur das rote Pigment fixiert, während das Fibroin durch die Pikrin-
säure gelb gefärbt wird. Das Methylgrün ergieht ebenfalls gute Resultate;
man färbt damit den Querachnitt der Drüse nnd be-
^^^^ handelt ae dann mit Alkohol. Znent eniftrbt «eh
^^^•^V das Fibroin, dann der Baefe nnd endlieh die ümhiU-
M §r \\ langsmembrane. Ibn kann such das Mi llonsche Re-
M^l * * agens benutzen, um eine üoppelfarbung des Bastes
und des Fibroins zu erzielen. Schli^licb kann der
rersehiedene L&diohkeitsgrad in AHnlwn mr Unter-
seheidang und Trennung der beiden Bestandidle der
Seidendrüse dienen.
Die Fra<:re, wie der Bast physiologisch erzengt
wird, lässt sich kurzer Hand nicht beantworten,
um so genauer dagegen der
Ort angeben, wo seine Sekre-
tion stattfindet. Die Sammcl-
driise sondert das Sericin iu
ihren hinteren zwei Drittei-
len ab, während das vordere
Drittel anderen Zwecken
dient. Merkwürdigerweise zeigt
die Hülle der Samraeldrüse
keine absf>nderliche Zellenstruktur, der man die Kr/engnnp des Baste«, als
einer vom Fibroiu verschiedenen Cjubstauz< zoschreiben künote; vielmehr
scheint die Boll« der SammeldrSsen nidat «ne erzeugende, sondern eine
modififtierende ca sein. Wie man bei Besprechnng der chemischen Zn*-
sammeusetzung des Bastes und des Fibroins sehen wird, unterscheidet sich
der Bast vom Fibroin chemisch nur durch den Mehrgehalt an Sauerstoff,
was Bollcy seiner Zeit zur Aaftitelluug einer Hypothese veranlasste, laut
welcher der Bast durch Oxydation an der Luft ans dem Fibroin hervor-
gehen sollte. Dass diese Voranssetsnug irrtSmlich ist, durfte bereits ans
dem Vorstehenden einleuchten; es ist jedoch nicht unwahrscheinlich, dass
der Ba<it ans dem Fibroin dennoch durch einen Oxydationsprozess im
Innern des Organs, und zwar auf folgeude Weise hervorgeht.
Bei seinem Eintritt in die Saninieldrüse kommt das Fibroin mit
einer gerSnmigen, dünnen Membrane io Berührung, welcher eine grosse
Anzahl Tracheen ununterbrochen frische Luft sufUhreo. Unter der Ein-
Flg. 91. Läti^'N.-i-liniu der Ko-
dang der Sanmu'ldrAM
(c Cuticula^
Tis LingBKbnitt de« Ex-
krctloiuluuMla 4*r A. Pani}-!.
bnMt,OltMlD.
Digitlzed by Google
196
SflidaBbMt Unwidio.
Wirkung des LaftMurantofib, mit welehem das Fibroin fast in nnmtttelbaren
Kontakt kommt, nnd nnter dem direkten Einflass des Zelleulebeus wird es iu
dem Mafse, wie es in die Sammeldrüse einfliesst, oberflächlich und teilweise
in eine Substanz verwandelt, die, weil der Lufteinwirkung bereits aus-
gesetzt und eiaigermafsen durch die nochmalige Zelieuarbeit koudeuäiert,
für dne naelitriigliche Wirkung der Atmospharenlofl nmmipfindlich ge-
macbt wird. Diese Hypothese dw Btetentstehnng trigt saglMeh sowoU
dem chemischen Ver)ialtui.s der beiden Komponenten der Seidenfaser, wie
der Anatomie und Histologie des Organs Rechnuni/. Zuweilen lassen sich
in der Bast^bicht einzelne Bruchteile des Fibroms entdecken, die vom
Zmtrmlkanal getrennt im Bast heramsehwimmen (Fig. 85) nnd später rar Bil-
dung seknndärer Seideni&den Veranlassung geben. Das quantitatiTe Yer-
hSUnis des Bastes znm Fibnun ist in der SammeldrSse ein grosseres, als im
n«. n. UnaiMInltt donh dl« 0«et|Hi«Mtitt» te aammOMm 1b daii MurUBB^tMl (» yhaitaa§,
h Mwxridla, • Bwli « fiteola).
fertigen Kokonfaden: wahrend der letztere durchschnittlich 25% Bast ent-
hält, verlieren die Drnsen beim Entschälen (Entbasten) über 35% ihres
Gewichtes *).
Ausser dem Fibroin» Seriein und der Filippisohen Flfissigkeit gesellt
sieb bei der Absondemng der Seidenfaser noeh eine vierte» erst in neuerer
Zeit ermittelte f^ubstanz hiniu, die den Namen Mncoidin erhalten hat').
In den Teilen 2, l), 4 <h'^ seidenerzeugendeu Organs lässf sich auf vorlier mit
Methylgrün entsprechend präparierten Querschnitten zwischen der Bast-
schicht qnd der äusseren Holle ein Körper beobachten, der sich von dem
Bast nnd dem S^broin spedell dadurch nnterscfaeidet, dass er die Farbstoff»
bedeutend energischer aufnimmt und von stark schleimiger Konsistenz
ist. Ursprünglich als eine Art Körner, tritt dieser Stotl' weiter gegen das
Kude ili's Organs als homogene Schicht auf, welche den Seideni'aden bis
zu dessen Austritt aus der Spinnüifnung begleitet. Die Dicke der Mucoidiu-
sehieht Terbalt sieb folgendermaCsen:
') Raulin & Sicard, Rull, du Labor, de Lyon, 48.
*) Bianc, L'hiatologie de l'appareii säricig^ne, Ljon Ibtt^.
Mucoidin. VorgaBg bei dar Bildung der FM«r.
197
Gegend de« Organs Mneoidin Bast DDrchmeaaer des Ftbroins
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Der Mucoidinscbleim ist «ne ziemlich dicke, homogene Kiweifssubstanz;
konzentriorte Essigsaure quellt ihn nnf und lost ihn spater; durch Alkoliol
wird er koaguliert. Seine Bildung bei ulit spheinbar auf einer direkten Ab-
sonderung: an entsprechenden Stellen uehiueu die Zellen an Umfang be«
triebtlieb su, was auf ihre sekretierende Tbäügkeii acbliessen lisst' Das
Mucoidin bildet sich im Moment der Entleerung der Seidcndrüse nnd
hat wahrscheinlich die Bpstimuiuug, indem es die inneren Wandungen
des Exkretionskanals benetzt, die Absonderung des Seidenfadeos za er-
leichtern.
Naeh diesen physiologiseben Betraebtangen möge der rein meebanisebe
Pnwess beim Spinnen Erörternng finden.
Über die Art der Bildung des Seiden fadens als solchen galten Iiis
vor kurzem verschiedene irrige Aneichten; so behaupteten der berühmte
Entomolog Strauss- Darckbeim und dann Versen, dass der Faden
bereits als soleber in der Sana meld rnm vorbänden sei, was jedoeb von
Robinet widerl^ wurde. Es sieht jetst fest, dass das Fibroin im In-
nern der SeidendrSae vollständig bomogen Ist, mit Ausnalune einiger
wilden -Seidenspinner, deren Fibrninma<^se mit T.nftbläschen durchfüUt ist.
Im Innern der Mautbeerraupe besteht die i^eide aus einer ziemlich dick-
flüssigen Masse. Durch die komprimierende Wirkung der Cuticula, sowie
dnreb die altgemeineu Bewegaugen und Kontraktionen der* spinnenden
Raupe wird diese Masse durch Vermitt^lung des Blutdrucks nach aussen ge»
drängt und gelangt dann in die Exkretiou.ikaniile und die «Tpmeins-.une Leitung,
wo sie das Produkt der F'ili j>piseben Drüsen erhält und wo sich die Ha;>t-
hülleu der beiden Füdcbeu mileiuauder ver8chmelzen. Zwar i^t schon jetzt
d«r Seidenfaden gebildet, docb bat er noeb keine bestimmte bnsera Form
nnd kein inneres Gefnge. Beim Obei^ng in die SpinnSffniung erleiden
die den Spinnfaden zusammensetzenden Teile infolge ihrer verschiedenen
Dichten eine Kontraktion; am l^^mle der Saninieldrüse beträgt die Stärke
der Mucoidin- und Sericiuschichten und des Fibroius 18, 19 und 128 |i,
im Absondemngskanal nur 4, 9 und 19 (l; die Kontraktion beträgt so-
mit für das Mneoidin das 4,5fache, für den Bast das 1,2 fache nnd für das
Fibroin das 6,7 fache.
Die Fädchcn passieren den j^emeinsamen Kanal und gelangen zur
Spinuwarze, die durch eine Kiickgratkante iu zwei Furoheu geteilt ist.
Hier onterliegt der Seidenfaden lHxmpliid«rtfla Ifoskelbew^gm^en der Spinne
wano, die den Zweek haben, die Öfltaong der letstersii an erweitern nnd
10 den Dorebgang des Fad«» in ermOglieben, und die teils t<»i der Raupe
198
Vorgang bei der Bildang der FaMr.
abbSugig, teils reflektorisch siod. D* jedes der Seidenfadehen bedentend
dicker ist, ah dio Kanalöffnung der ?»pinnwar7.e. so folgt daraus, daas sie
hier unter allen Umstanden einen Druck /u erleiden haben, der ihre
äussere Form beeinflussen muss. Die Muskelkontraktionen sind indessen
sieiDlieb unregelmSssig, bald rascber nnd rtirker, bald langwuier und
aehwächer, und so wird auch die Form den Querschnitts des Seidenfadens
nnregelmässig und wechselnd: bald dreiecki«^, bald oval, bald rnehreckig^
Tl. s. w. Der in der Spinnwarze vorhandene I>ruck ermöglicht der Raupe,
den Kokonfaden kontinuierlich nnd entsprechend gespannt auszuziehen.
Durch atftrkere Eontraktion der Wanenmukeln hM das Spinnen der
Banpe auf. Von der Spinnwante siebt der Seidenfaden in die Spinnrasse)
und die AustrittsöflPnung hinüber; der /nm A-rfritt nötige Impuls wird
ausser dem inneren Drnck noch durch die Art des Spinnens, während
dessen die Ranpe den Faden anzieht nnd dehnt, auterstützt
Nahe an der AnatrittflSffiiung gesellt «eb die ans den DrSsen Tnn
Filippi kommende Flfiangkeit sn dem gebildeten Faden. Dan dieSeidra;-
tVi sigkeit teilweise, d. i. obeiflicblich bereits vor der Vereinigungsstelle der
beiden Exkretionskanale koaguliert, d. i. erhärtet wird, geht daraus hervor,
dass die beiden Fibroinfadcheu im gemeinsamen Kanal sich nicht ver-
schmelzen. In der Austrittsöffnnng selbst sind die beiden sich fast on-
mittelbar berübrenden Fibroinf&den too cjner gemeinsamen Baa^ xuid
Tig. 94. Ent(e«j>oi>Mrn« KokofifM«r.
Mneoidinidikht umgeben. Bdm Anatritt an die Lnft erstarrt das noch
flSmige Fibroin momentan nnd bildet die fertige Seidenfaser; der Bast dagegen
erliSrtet nicht plötzlich, wie dav Fibroin, sondem
bleibt einige Zeit hatbflüssig, was ihm ermöglicht,
neb im Kokon mit den benaehbarten Fäden zn einem
festen Gewebe an verbinden. Das Seriein spielt des-
halb, ab eine Substanz, welche das znm Aufbau des
Kokons nötige Fasemiaterial, dn? Fibroin, umhüllt
nnd unter einander verbindet, eine tür das Gefüge
des Kokongespinstes wichtige Rolle. In industrieller
Besiehnng iat dat Saricin anaeheinend wertlos, da es
als sine brüchige und trübe Substanz die Oescbmei-
digkeit und den Glan/, der Seidenfaser beeintriiebtigt ; nichtsdestoweniger ist
seine Anwesenheit beim Haspeln der Kokons äusserst nützlich, da es die
Festigkeit des Fadens erhöht und die einzelnen für Verwebnngszwecke an-
geeigneten Kokonfldelien m einem simdgsn Bobsaidsnlhdsn snanmmsnflgL
Die SeidenllQsaigksit Im Innern der Raup« md die ms ihr geapooBMi*
lasst sind awei flnbstanssa, dis sowohl pbyaikalisBh wis ehsmiadi moht so
ri<J Sl^. K<ili'iBr»s?r Ii Flhr(>lD,
2 Hericin, ä äptimriiait«l>.
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Erhärten im FibioiiMalMtoi».
199
jdcotisch sind, wie dies auf den ersten Blick scheinen möchte. Die der Dnis«'
entnommene Seideoflässigkett löst sich zum grösaten Teil im Wa?;=er, Sulz-
wasser (5 — 10 "/j) und in alkaliscben Flüssigkeitou, z. B. in einer zehn-
proMntigen Potasohelösung; maceriert man daher die Seideudrilse in frischem
Zutande «rührend 2i — 18 Stunden mit der letsteren LSsang, so bleibt nnr
dii' ^femhrane and der Bast zurück, während bekanntlich im fertigen Seiden-
fadeu bei solcher Behandlung das üni<rekelirte stiittfiiidt t. ijeht somit
bei der Umwandlung der Seidennia.«so iu den Seidenfadeu eiiu; \'eriintlerang
des Fibroins vor sich, welche auf die Einwirkung verschiedener Nebensekrete
nnd die Koagnliernng des enkerea snraekBuföhren ist Dmb diese Koaga-
liemng nicht aosschliesslich durdi die Drosen von Filippi bewirkt wird,
geht daraus hervor, dass der flüssige Inhalt der Seiilciulrüse von selbst er-
härten kann, wenn man ihn dt-r KVupe entniiinut; ilio Fabrikation der
Angelschnüre beruht anf dieser Timtsüclie. Das Ötarrwerden des flussigen
Fibroins kann sogar inmitten einer alkalischen Flüssigkeit vor sich gehen
und somit nicht nnr. wie bei den fibrigen Eiweibstoffen, darch eine %are
bewi^ w enh n. Die oben erwähnte LSeong des Fibroins in Potasche sehet*
det an der Luft ht-i 20 — 22 nach einiger Zeit geronnene Klümpchen ans,
ähnlich wie sich das Fibrin (Ulutfaserstoff) ans der Hlutliüssigkeit aus-
scheidet, sobald dieselbe aus dem lebenden Organismus ausgetreten ist'); die
Aosseheidnng kann nnmitielbar stattfinden, wenn man diese dem Semm
analoge FibroinlSsang kräftig schüttelt. Begreiflieberweiae gleieht der Niuder>
schliij; iti seinen Eij^enschaften dem koagulierten Fibroin, d. i. der Seidenfa^er.
In Bualoger Weise koagulieren die w.it^srige und die Kochsalzlösung des
Filiroins. Es existiert somit eine ausgesprochene Analogie zwischen dem Fibroin
nnd dem Blutplasma oder dem Plnsmin Ton Denys, d. i. swiseben dem
Fibroin und einem Gemenge von Globalinen. Im Inftverdfinnten oder Infbleeren
Rannte geht eine partielle Eoagnliernng vor rieh, d. i. nur insofern, als die
vom Niederschlag abfiltrierte Fibroinlösnnj» an der Luft nochmals eine Aus-
scheidung liefert. Man könnte also annehmen, dass die Luft insofern dazu
bdtragt, das Fibroin starr nnd unlöslich zu machen, als sie in ihm vielleicht
schon in der Seidendrttse, ^enfails im Innern dar EUrape, VerSndemngen her^
vorruft und dundi Oxydation einen Teil der Su1)stanz in Prodakte Qberffthrtf
welche den im Blutplasnü« vermutlich vorliandenen .Siinren nnd fibrinogenen
Fermenten analog sind. Schon in der Seidendrüse unterliegt die Fibroiumasse
der Wirkung des atmosphärischen Sauerstoffs, die m ihrem Uulü»lich werden
b«m Anstritt ans der SpinnAffnang wesentlieb beiträgt ; das erste Stadinm
dieser Einwirkung, freilich unterstützt durch die Zellenarbeit, sahen wir bei
der Bildung des Sericins in der Sammeldrüse. Auch ist es nicht ansge-
ffchlossen, dass dem Bast seinerseits die Rolle zukommt, auf das von ihm
umschlossene Fibroin katalytisch koagulierend einzuwirken. Es dürfte
■) Bsbois» Boll dn Labomteiie de I^oo, 1909/90.
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200
NatOrliebor Farbitoff der echten Seide.
den Thatsacheii wohl so ziemlich »entsprechen, wptm man annimmt, die Er-
härtung des Fibroius sei in analoger Weise auf die Anwesenheit einer
fibroinogenen waA einer fibrdnofilaBtiscIieD Mfttme rarfiekmfSlireD, wk die
Koagalierang des BlatMtnitna auf die Vereinigung von sweierlei Eiweinsnb*
stanzen, der fibrinogenen und der fibrinoplastiieben.
♦ ♦
Die reine Seidenfaser, das Fibroin, ist «ein, dnrchtiehtig nnd glineend,
der sie umgebende Bast ist indessen stets mehr oder weniger mit natür-
lichen IMjrmpnl ln'liaflt'f . IHcsc Färbung «rhwimkt vom lu'il'^lcn gelblichen
bis zum starken orangegelben Tou und bäiifrt mit iiri icherweise sowohl
von der liasse der Seidenraupe, wie von ihrer Nülirpthinze ab. Es gi'bt
weifise, grGnltche und gelbe Seidenranjien. Die Frage nach dem Urspmng
des natürlichen Farbstoft der Seide ist lange Zeit unbeantwortet geblieben,
und erst die Arbeiten von Blaue') und Dobois brachten darüber einige
Aufklärung.
Auch die Sürgfiiltigste Untersuchung des uiiaiduiijiohen Baues der weifs-
uud gelbspinaenden Baupen ergiebt nicht den geringsten Untenchied swi-
sehen den beiden; ebenso ist die histologische Struktur der seidenensen-
genden Organe völlig id'Miti^ch: also nicht in dieser Richtung muss die Her-
ktmft des IMgniciits ^esuclit werden, sondern im Blut»» der Seidenraupe.
Wird das Blut einer gelben liaupe durch Fällung mit Alkohol vom Kiweiss
befreit, so erhält luau eine gelbe Flüssigkeit, die alkoholische Lösujig des
Pigments; sieht man andererseits eine frisch ezstirpierte SeidendrSse mit
Alkohol aus, so erhält man ebenfalls eiue gelbe Flüssigkeit; schliesslich
liefert ein gelber Kokon mit Alkotu)! extrahiert eine gelbe Lösung. Die
chemische rnte rjsttchmi^ aller drei Lösungen zeigt die vollständige Identität
dieser i'igmeate, ebenso absorbieren alle drei gleich dm Viulett und Indigo
des Spektrums, womit dargethan wird, dass es lediglich der Bluifarbstolf
ist, der der Faser die Färbung verleiht. Ober die Art und Weise, wie das
Blntpijrment .«elbst erzeugt wird, liegen zwei n\i>(ilhesen vor. Die eine fasst
seino i>l)\ siolnf»itchr Bi1dnnf:f in der Weise auf, wie ?.. das Haemojrlobin
der Wirbeltiere aus dem Lebeusprozeäs der roten Blutkörperchen hervorgebt.
Die sweite fuhrt seinen Ursprang auf den Nahrungsstoff, die Uanlbeer-
blätter, soruek, aus welehen der Farbstoff fertig gebildet in das Blnt der
Raupe übergehen soll; als Bestätigung der letateren Vermutung ffthrt man
Experimente an, die mnn mit künstlich gefiirbten Maulbeerbliittern ansgeführt
bat. VV'eii'sspiunende Raupen, welche mit durch Krapp gefärbten Blättern ge-
füttert wurden, lieferten gelbe Kokons, Indigopräparation ergab blaugrüne, ein
Gemisch Ton Krapp und Indigo rebgrSoe KdEons, schliesalich Cochemlle
•) BalL du Labor, d'^tadee de la aoie de L700, 1S86. S. SS.
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Natürlithw Fiirt)stoif iler echten Seide.
201
eine oranp^e Fiirtmnp dor Kokoi)f;iser, Man liat auch versuclit, die Blätter
mit künstiicht'ii l'tiL'ori'iirlistoffcn zu präparieren, die luiupen unterlassen
jedoch dieser allzu stark „nüancierten" Lebensweise. Wo das Pigmeot nun
attch eeiDen Ursprung hiib«ii mi^, es iteLt fest, daaa e« mit dem Blnte in
das seidenerzeugende Organ eindringt, wo es das Fibroin anförbt, nnd zwar
ausschliesslich in der Aasdehnung der Sammeldrnse. Die mikroskopische
Untersuchung der Zellen in der letzteren «:chUef;st die Mövrlirbkeit, dass
der Blutfarbstoff durch sie modifiziert werden könnte, aus und lässt vielmehr
annebmen, dass der Übergang ans dem Blnte in das Fibroin nnr anf einem <
OsmoseproMss beruht Die Qnerschnitte Atr Sammeldrfise aeigen andererseitsi
dass der Farbstoff die Fibroinmasse gleich milssig durchtrankt und sicbidebt
etwa rin<;<;nni nh1»<rert; die Zonen an der l:*eripherie xeigen indessen «ne
etwas stärkere Fürljung.
In chemischer Beziehung ist der Farbstoff der gelben Seide in Wirk-
lichkeit kein so einfacher Körper, wie dies ^on Roard und Mvlder an-
gegeben nnd später von anderen, freilich ohne weitere Xiuhforschnngen,
citiert wurde. Zwar bczeicbnett-n Rnard und MnUler den färbenden Be-
standteil der Rohseide als ..eine ;;iinmiiartige braunrote Masse", doch entliiilt
dieselbe u. a. auch mehrere krystallisierte Körper einheitlichen Charakters.
Um die letsteren ans der Seidenfaser systematisch m gewinnen, ist T(m Dnhois
folgendes Verfahren eingesehlagen worden. Die von den Lar?en befreiten
£okons werden mit einer Potaschelüsung von 8*/o in einem luftleeren
Ranme einige Stunden marericrt, wobei die Lösung eine graue Färbung
annimmt. Mit Essigsäure auget>äuert, scheidet sie nach einigen Stunden
einen Niedorsehlag aus, der ans goldgelben Blättehen nnd farblosen Kiystallen
besteht Der im Kokon naeh dieser Behandlung surockgebtiebene gtSssere
Teil des Pigments wird durch eine mehrstündige Behandlnii<^' mit Alko-
hol von Ol' hfl gewöhnlicher Temperatur au'?f»ezof!;en, wodurch die gelben
Kokons nun vollständig entfärbt werden, währeiid die alkoholische Lösung
eine goldgelbe Färbung annimmt. Durch Verdampfen dua Lösungsmittels
gewinnt man den Farbstoff als mnen gelbbraunen, in Benaol, Chloroform
und Äther mit gelber Farbe löslichen Körper; um ihn in seine einzelnen
Be«ttandteile zu zerlegen, wird seine Lösung in Schwefelkohlenstoff ver-
dunstet, der Rtick>?tand mit absolutem Alkohol aufgenommen, tiltriert und
die Flüssigkeit der Krystallisierung überlassen. Nach einiger Zeit bildet
dch ein Niederschlag, der neh ans folgenden Elemraten ansammensetst:
1. brannrote KvjBtalle, die gegen das Licht gehalten hmnngelb sind
(Fig. 97 No. 2),
2. oktaedrische Krystalle, die in ihrer Form nnd Farbe den Schwefel-
krystuUeu ähneln (Fig. 96 No. 1),
3. hellgelbe Körperchen mnder Form (Fig. 99 No. 4),
4. eine gelbliche Blasse, wohl ein Gemisch der vorherigen Körper, deren
äusserste Verteilung ihre Form nicht erkennen lässt (Fig. No. 3),
5. farblose ranteniftrmige nnd hezagonale Krystalle (Fig. 100 No. 6),
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202
Natflrlicber Farbstoff der echten Seide.
6. prismatische Nadeln eines dnnlcelblaugrünen Farbstoffs ^Fig. 101 No. 6).
Nach der Untersuchnng von Duhois'J besitzt dus (reiiiisch aller dieser
Körper mit dem P^aiizenfarbstoff Carotin (C,^ H,,), das aus der gelben Rübe
(Dnieiu Carola) oder den Blftttern anderer Nniiai durch Extraktion mit Schwe-
feUEohleniioff gewonnen wird, eine weitgehende Analogie. Der Färbet«^
12 9
7 8 9
Hf. 96— tM. raiMoeiAip« Amt Mhtoi und d«r YaaHMgrwUAi
bildet rothrauie Krystalle tom Schmp. 168" nnd Utot aieh nicht im Waeser,
aehwnr in Alkohol. Das Oerotia ist im Pflaasenreiche bwerrt Terbreitet;
es kommt fast in jedem Gewächs vor, wo es infolge seiner Oxydierbarkeit
im Beq^rattoniprosen eine wichtige Bolle enunnehmen aefaeint. Ob dem mit
0 Boll da lAbonlobe de Ijm» 1889/10» a 847.
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Natarlicber Furtaitoff der ecbtea Seid«.
203
ihm fast identischen gelben Seidenpigment dieselbe Rolle des SftDentoff-
trägers zulcommt, lilsst sich bezweifeln, du tlie-* ju nicht in jeder Ranpenrasse
vorzukouimeu pfl' gt. Das Seidcnpii^ment ist, wie das Cimtin, au Luft und
Licht veränderlich und be^it^t dieselben Lüsung:»verhaitQis8e. Spektro-
akopifldk ▼«rbalten sieh beide Snliataiueii gleich: Spektnm obne Streifen
oder Binder ron A zu F, wie das d«» Xenthophjlinfl. Aach andere Reik-
tionen, die im folgenden behnfa Charakterisiemng des Seidenpigments an-
geführt werden, wei??™ darauf hin, dass das letztere und das Carotin
— sowohl das pflanzliche, wie das tierische, dessen Vorkommen u. a.
beim Diaptomns beeeilifer ImbnAtafc wnrde — banehe identieeh eind^X
Der einnge ünteracbied smeeben den beidesi bestebt denn, dass dw Cwotin
in krystallisiertem Zustande einen aebönen metelliaeben 91ans bentst, dar
dem Seidenpiu;ment abgeht.
Folgende iieaktionen sind dem Sf uh n|i;gmnnt und dem Carotin gemein.
Mit Schwefelsäure giebt das erstere eine iudigoblaue, naclitrüglich grüne
FSrbang, die mt die Dnaer Tenehwindet; dnreb Znaats von Waner erfolgt
diea angenblieklieb. Lasat man die Möhren oder die gelben Kokona mit
solutem Alkohol, dem ' konzentrierter Salzstiure zugesetzt wurde, mace-
rieren, so erhält man, sowohl bei Licht wie im l)unkeln, schön gnine Lö-
sungen. Im Spektroskop ergeben die beiden das oben erwähnte Bild. Wird
dieae alkoboliaebe LSeang im Vaonnm inm Trocknen verdampft , ao erblH
man etnen in Schwefelkoblenatoff mit grfiner Farbe Utelicben grfinliehen
Rftckstaud. Wird die letztere Lösung mit Alkohol im Oberschnss behandelt
nufl !in>jrr<.schüttelt, so erhält man zwei Schiebten; die imtere Schwefel-
koblüustoüiichichi ist gelblich, die obere alkoholische Lösung farblos; sänert
man jetzt mit Salcaftnra nn nnd aebflttelt kräftig, so eneheint die grilne
Fftrbnng wieder, serteatt aieb aber bald in eine hellblane obere Sebidit
nnd in eine goldgelbe untere. Bei Verwendung von Äther statt Schwefel-
kolilen^tolT erhält man dasselbe Resultat, nur ist die Onlinuig der Schichten
eine umgekehrte. Für die Seide specicll empfiehlt sich die Anwendung von
Äther. Eine andere Reaktion iät nicht miuder charakteristisch. In ver«
aebloeeenen Geftaaen mit etwaa Ammoniek oder AmmoniomkariNwat ent-
haltendem Alkobol maoeriert, liefern sowohl daa Carotin wie das Seiden-
pigment einen sehr angenehmen, an die Blüten von Cheirauthus erinnernden
Geruch, der wahrsclieinlieh auf die Bildung einer Amidoverbiodung zurück-
zuführen ist. Wie erwähnt, ist das Seidenpigment mit dem Blutfarbstoff
der Beape identisoh} ob nnn d«r letitere direkt u» dem in Maolbeer^
blittem enthaltenen Carotin herrorgefat, oder erat dnreb den Lebanapronaa
der Seidenraupe errengt wird, ist nicht genau bekannt.
Nach anderer Ansicht seheini das Seidenpigment dem Pflanzenfarb-
stoff, dem Chlorophyll, sehr nahe zu stehen. Wie bekannt, ist durch die
>) Blanebaril, UAm. de la soe: lOoL Bd. III. 1S90.
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204
Natürlicher FiiibfstofF der YiimaniaysfiJe.
Arbeiten von Fremy und Cloetz festgestellt worden, dass das Chlorophyll
kein einh<>itl!cher KurbstnfF i>!t. peind^-rn ans zwpi einzelnen Pigmenten, dem
Phjlocj'auin und dem Ph^j luxanibin (Xanthophyliuj besteht- Das Fhylo-
cyanin ist wenig bestündig nni kann an Licht nnd Luft farblos oder gelb
«erden, indem ce in das Pbyloxanthein amgewandelt wird; da» Pbylo-
xanthin ist dagegen sehr beständig. Werden frische Blätter mit einer
Mischung von reiner SnV/siinrf (1 Yol.) und Äther f'2 Vol.) ans'Tpachnttelt,
so färbt sich die Salzsäure blau (Lösung des Phylocyanin.sj und Äther gelb
(PbyloxaDthin). Die gelbe Rohseide liefertt in dieser Weise bebandeli, durch-
aus identische Erseheinangen. Anaaerdem .bat das Seidenpigment mit dem
Chlorophyll noch die Eigenschaft gemeio, das« sie beide darch Sa!xsaore,
Eisensalze mul Köni'^fwji'^ser ijrün werden.
Das f?eidenpigmcnt sclnnilzt bei ;iü', i&t rotbraun, trocken und gelb-
grünlich in Lösuttg. Seine Lü^junguu werden am Lichte schnell entfärbt.
Der natfirliche Farbstoff der der echten ibnlbeerseide in morpho-
logischer nnd chemischer Beziehung sehr nahe stehenden 8« ide des Yaina-
niayspinners (Antheraea Ynnianiay) Jiipnns, pclirini wi iii<r-.t( iis in rinmi Tfil«-
und in den ausgesprocl i n griiuliclieu Kokons einen gan^ luidtr» n Urs])ruiig
zu haben, als der der Maulbeorseide. Die griinu Färbung der Vanianmy-
hokons ist Dicht gleichförmig fiber die ganze Fläche derselben Terbrettet;
sie ist sehr aasgesprochen an Stellen, die dem Sonnenlicht zagek^rt wareni
dagegen fast unmerklich, wo der Kokon am Blatte befestigt war; ausser-
dem i.st sie dermafsen oberflächlich, dusa schon die zweite Fadenschicht im
Kokon gelblich ist, und den folgenden oft jegliche Färbung abgeht, was
bestimmt darauf hinweist, dass die Raupe einen farbtoseu Faden ge-
sponnen bat, IKe dem gellrbten Teil des Kokons angebSrende Faser zdgt
besonders in ihrer axialen Richtung kleine, grüne Krystalle parallelepipe-
discher Form, einzeln (a) oder in Oruppen(p) (Fi;:^.in3No.8). Der Staub, welcher
den mit der Hand gedrückten Kokons entsteigt, besteht aus dieser mikro-
skopisch krystallinisehen Hasse. Neben der letzteren haften an den
änssenten Fadenachichten des Kokons, doch in kleinerer Quantitit, auf den
Fasern A einzelne runde Körperchen B (Fig. 104 No. 9) mit ziemlich dicker
^!pmbrane und -iclitbun in Kern von blauprüner Farbe. Sie scheinen den
Schmarotzeralgen aus der Guttim<^ der Protococcen oder Cyanophyseen
anzugehören '); auch haften an ihnen /.uweilen die oben gedachten Kryätalle.
Waa die Bigensdiaften des grBnen Tamamajfarbstoffes anlangt, so
scheint er elienso, wie der der Manlbeerseide, kein einheitlicher Körper zu
sein. Behandelt man die Yaraaniavkukoii.s mit l<()clienJ<'t7i Wiisst-r, Ijesoiulers
im Autoklaven bei TJO . so löst sich der grösste Teil des FarlxstoflFes schon
nach einigen Minuten auf; durch einige successive Behandlungen mit Waaser
b« 100** werden die Kokons voUsULndig entfärbt» Man eiliilt anf diese
M Doboii, Bull, da Labor, de Lron, 1889/90, S. a&9.
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Om EimpinMii. 206
Weiae eine aebftn grfine Ldsimg, die beim Verdampfen Krystalle aosaeheiden
Ueat, welche mit den direkt aaf der Faser beobachteten identisch sind. Die
Krystallforni kann indessen dadurch, dass die Lösung von dt'r erstmaligon
BehaudluDg herrührt uud mit Bast gesättigt ist, eiue vou der obigeu abwei-
ekende amn. Werden die Eokona nieht gtnslieb dureli kodienden Alkobol
anagezogen, eo erh< man eine blaugrfine L9snng, welche hellgrüne KrystaUe
uud oincn blauen kry^tallinischen Körper ausscheidet. In reinem Zoatande
erhält man das blaue Pigment durcb Hehandlung der mit Wasser vom
grünen Farbstoff befreiten Kokons mit Alkohol; aus der alkoholischen
Li'>saug scheiden sich nach einiger Zeit hellblaue Krystalle, zuweilen iu
Form langer prismatischer Nadeln ans (Fig. 102 No. 7). Zieht man den Um-
stand in Betracht, dass diese FarhRiofTe in (vemeinschaft mit den Algen
auftreten, so läxst sich die Frage uufwerfeu, ob nicht auch dir' Bildung des
grünen FiirlistolTs Pcliiuaiot/rnirtigen I r-^prungs .sei, d. i. ob er denn wirklich
iu der Seideudrüse des Autberaea Yamamay vorhanden sei, um so mehr, als
viele Kokons eine rein orongegelbe Rbrbnng beratxen. Die spektroekopisehe
üntersuchuDg der LSsnngen «rjgpebt keine charakteristisehen Abeorpti<ms-
streifen des Chlorophylls, anch ist der Yamamayfarbstoff in Äther nnlöeUch.
• ♦.
*
Die herangereifte .Seidenraupe sucht sich einen zum Spinneu geeigneten Platz
iu den dürren Maulbeerreisem oder dem Gezweige des Ginsters, der Weide
etc., welehe ihr sn diesem Zwecke von dem SeidensSehter dargeboten werden.
Nach langem Umherkriechen findet sie eine zum Kokouspinnen geeignete
Spinnhüttc und sondert jetzt «unige Tropfen einer Flüssigkeit ab, welche viel
Kali, Harnsäure. - Iwus Ammoniak und iSpureu VOU Chlor, Schwefel- und
Phosphorsäure enthält. Nach den
Analysen von Earmrodt') weist die
Flüssigkeit 9,4% Kohlensaure n.45,5%
Kali auf; das Sekret besteht somit in
der Hauptsache aus harnsaurem Kali
uud rutiische. Es mag erwähnt wer-
den, dass eine kanm ausgekrochene
Raupe schon eine geringe Menge von
Seiden faser exkretiert und dasselbe bei
jeder Häutung wiederholt; die Seiden- ri|. lOA. Svlnliflttm (1 iMt^ t mtt Xokooa).
Substanz scheiut daher, allerdings in
sehr minimaler Menge, bereits durch den Embryonalprozess gebildet zu wer-
den. Mit Hilfe des Reichert* sehen Mikroskops sind die Durchmesser dieser
Seidenfesera ermittelt worden, und zwar:
*) Chem. Centiatblatt lt89, a 1039.
Üiyitizeü by LjüOgle
S06
Dm EliwpiaaMi.
gtlbe einheimiadw Baaie woiie JitanniMe
ansgekrochene Raupe .
1,06
iß-
— v-
nach der ersten Häutung
»1
1,37
„ zweiten „
2,01
11
2.22 „
M 1t dritten ^
8«92
»t
3,92 „
„ Tiarten
12,72
M
9,64,1
27,46
n
24,80 „
Bevor die Raupe zur Anfertiguug des eigentlichen Kokons schreitet, legt
lie den Seidenfaden mehrere Male sicksaekartig hemm, Ue ans dieeen «inen
Flg. 106. iUngcm»tte de» Kokon*. Hg. 107. l'ideoDeU der KokunbiDgemait«.
Fiden eine Art Hingemaite (boiorrette, Flocitseide) ale Untwlage für den
Kokon gebildet wird. Dann wird der Kokon selbst in höchst regelmässigen
Windungen ^e.sponnen, indem die Ruupe ihren Kopf in schwingender Be-
wegung hin- und herzieht und den Faden wellenförmig anordnet. Sie sucht
dabei ihre Lage, mit dem Kopf nach oben, möglichtt aenkreeht an halten.
Das anfangs dmnhriehtiga, neliartige Kokongewebe wird nach nnd naeh
dichter und schUeselieh verbirgt sich die Raupe den Blicken des ßeobaebten.
Der Spinnpro7.ps<? peht unnnterbrocheu weiter vor .sich; wird die Raupe inmit-
ten de.-5 bpinut'us gestört, so stirbt sie kurze Zeit darauf. Die Temperatur
Boll während des £inspiunens konstant auf 17% und die Luft möglichst
trocken erhalten werden. Nach 3 — i Tagm ist der Kokon fertig, das durch
den Spinnproze.ss znsammengoscbrumpfte Tier wirft seine faltig gt wnnlrne
Raupenhaut ab und v< rwandi'lt sich in eine gelbbraune Puppe. Nach der
ISIctiiniorphose souih rt dif Puppe eine l'liissiirkeit ab, die njich einigen Stun-
den erhärtet. Die für die weitere Aufzucht bcstimniteu Kukuns werden am
beeten am 10., 11. nnd 12. Tage nach dem Einsfnnnen von den Zweigen
abgenommen, weil an dieser Zeit die Lebensthat^keit der Puppe am ge-
ringsten ist
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Die Veqpuiipung.
207
Der aus Ringen bestehende Körpfrteil der Puppe ist bowej^lich ; am
vierten, fUnften und seclistfn Ringe sind flügelartige Gebilde wulirneliinl)ar,
und lassen sich au allen di»' nffnuiij^en der Stypmata deutlich erki'nnt-n. Ent-
gegen der allgemeiueu Aleinuug, dass die Puppe leblc» sei, vollzieht »ich in ihr
ein physiologischer Froacttt des Blni etrkidiert, die Pnppe atmet und lebt.
Hg. tos bhOB dei B. mort mit tut Inmif tt^ tW. Mwllwaiim* Wik Wim jIiwiib
riookMida.
Naeh einer Berechnung von Regnault und Reiset verbraucht 1 kg Pap>
pen 0,242 ^ Sauei-stotT j)ro Stunde. Unter Umständen gellt dieser pliysio-
lo^^sche Prozes-s mit iiusM iNter Langsamkeit vor sich, so dass die Pupj)e jahre-
lang in diesem Katwickeluugsstadiuui verbleiben kann; dies ges>chieht z. B.,
wenn sie bei konstant niedriger Temperatur (bei etwa 2**) aufbewahrt wird;
Wlg. tlO. Sclmltt darch Kokon nacli der Flg. III. Schallt durch Popp« (I Blntgeliaa, 1 NermkaolM,
bei 30—35" erfolgt das AnsscUttpfen des Scihmetterlinga schon nach 10 bis
15 Tagen. Raulin benbaehtete eine natariiche Überwinterung der Puppen
beim wilden Äylanthusspinner (Antb. Cyntliia). l's besteht somit hier und
auch in andep r Hinsieht eine weitgeheiulr Analogie zwischen der Puppe
und dem liaupenei, und iiiuti könnte wohl sagen, die Puppe sei da-s für den
Sdmiettcrling. was das Ei für die Raupe ist.
Eine Unse (25 g) Raupender liefert etwa 35 1^ EokonSf d. i. ungefthr
18— 1«000 Stuck. Theoretisch sollten sich 3G()00 Stflck, also etwa 50 kg,
prjr('})cii ; r-iu<- Auslieute von 60 — 70"',^ kann indr.-jspn stets als eine he-
friedigeutle lit t niclitct werden. Uni «len Verlust zu veriiiiten, den man dadurch
erleidet, dass die Raupe einen Teil ihres Seidenvorrats unnützerweise zur An-
fertigung der HiDgematte ▼eischwendet, benutzen Delprino und Sartori
statt der Spinnhütten eine Reihe von Kartonzellen (5 cm lang und hoch),
in welchen die Raupen das Einspinnen Tollziehen können, ohne die
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208
Sebnetterlingaforai dw VanlbeenpinDen.
Flockföden ansschdden so mfinen; dteaes Gellnlanystem soll 10% mehr
Äusbento liefern. Die Fonn des Kokons lä.<«t aooh das Goschlecbt dos künftigen
SchiiH'tt('rlii>ir-< «Tkennen; der weiblidie Kokon ist oifünnitr rund, der etwas
kleinere luünuliclie ist in der Mitte schwach eingescbuilrt. Zur Aufzucht
wwden die schönsten, gleichmässigsteu Kokons ausgelesen und in einem gut
▼entilierien, troekeneiif aehwaeh belichteten Ramne, der anf 18—20** C. er^
ha|ten wird, aufbewahrt. Etwa 2 Wochen nach Fertigstellung des Ko-
kons streift der Sehmetterling die PnppenhüUe ab und erweicht den Ko«
ng. 11% WalMhoi te Bornim aori. n«. 11t. BHBtyx noH (IftaaekM).
rsg. tu. SchBiU Amth cUMD walblIctMD Behm«tt«rling <1 BlntReOw. S Nerruiayalein, 3 SpciaerAhre,
4 SHgbtaM, ft MagM. • BlmMM«b 1 tUaMatm).
kon an der Stelle, wo er anssehlQpfen will, mittete einer Flftoigkat, die
ans zwei orangefarbigen, an den Seiten des Magens gelegenen Drüsen her-
stammt (Filippi) und folgende Zosammensetinng besitzt:')
Harnsäure 66,830%
Kali, Natron, Magnesia, Eisenoacyd, Kohlensftnre,
Schwefebäure uu.l Chlor 21,054%
Schleim und Farbstoti' 22,116%
Durch diese flüssige Entleerung verliert der Schmettorling 30 — 4ö'*(, an
Gewicht. Nach einigen Minuten schiebt der iScbiiielterliiig die Kokonfäden
mit den Vorderfiisseu auseinander und tritt an das Tageslicht; die nach dem
Aossohlüpfon noch wenig entwidcelten Flügel ratlalten sieh nntor fort-
wibrender sittemder Bewegung in wenigen Stunden nur vollen Grösse.
*) Karmrodt, Ber. der LsadwiittBli. VenndiMlBtion. 1869.
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Zailengniinierasg.
209
Wahnnd die Raupe die nngeschleehtliche Form des Tieres yontellt, ist der
Sehmetterling aoBsehliesslich daia bestimmt, die Fortpflannrag des Ge-
schlechtes zu bewirken, und obwohl er mit Verdanangfiorgnneu vorsehen
ist, nimmt er wiihreiul spiner ganzen Lebeusdaner, die freilich nur kurz ist,
keine Nahrang zu sich. Ihr mittlere Teil seines Kürpers (tboraxj besteht
ans drei einaelnen Ritigen: protbonz mit einem Paar FQasea und Stigmaten,
mesothorax nnd metathoraXf je mit einon Paar Flügel nnd FSssen Twsehen;
der ontere Körperteil (abdomeu) setzt sich ans 9 Ringen zusammen, von
denen die 7 ersten Stigiii!iteiili>ch<T aufweisen. D' r an^irphiUlete Schmet-
terling hat 40 — 45 mm Flugweite, ist weiss, an der l)oj)i)elreihe der Fühler-
zähne schwarz. Die Augen beetehen aus etwa 10000 mikroskopisch kU iueu,
0,3 |t messenden H<»nh&ntcben. Das Weibchen besitzt 8 EierstBeke, deren
jeder 80 — 90 Eier enthält. Man lisst die Scbnietterliuge sich paaren und
unterbricht den ßegattungsprozess nach 6 bis 10 Stunden, da dadurch er-
fahruDgsgemäss die beste Ausbeute erreicht wird (Cornalia und lialbiaui).
Flg. 115 OraiiiierscU« wUuaad dM BarlegcM. Flg. 116. CiraiiiienteUe.
Etwa 10 stunden später legt das Weibehen 4 — 500 Hanpeneier nieder;
90 Weibeben lieteru eine Unze, 1 kg Kokons ergiebt somit durchscUnittlich
2 bis 2,6 ünzen Raapoieier.
Fortsehritt von grOnter Bedentnng war die EinfUining der Zellen-
grainierung nach der Methode von Pastcur. Da die Ursache zu etwaigen
Krankheiten Ix n its im Schmetterling sicii vorfindet, so wird der letztere nach
dem Legen der Uaupeneier mikroskopisch untensncht, desgleichen die (iraine
selbst Zu diesem Zwecke wird jedes Weibchen in eine Zelle aus Karton
eii^legt, wo es bas sn Ende verbleibt nnd biemaeb in ^ne Boke der
Zelle eingeklemmt wird (Fig. IIB). Die infizierten Zellen werden scngfiU-
tigst ausgelesen und samt ihrem Inhalt vernichtet.
Wenn aucli der allgemeine (iang der Seidenkultnr an dieser Stelle
nur kurz geschildert werden konnte, so lUäät sieb doch ersehen, dass ihre
praktische Ausübung, als die eines aooteehnisdien Gewerbes, sehr viele üm-
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210
KTearav d«r SadanniMii.
•iebt and Erfahnmg benötigt« um nielit nnr ein« Iddfidie Ernte, «ondern auch
gewissermafsea Fovtaehritie zu erzielen: das Ideal aller wenschlicben Arbeit.
Uber die Richtnnj^en, in welchen die Vervollkomfunung der Scidonkultnr
Tor sich gehen soli, mag Folgendes bemerkt werden. Mau ist iaestrebt,
die Rassen durch zeitweilige Krenzang untereinander gegen die fireakheiten,
namentlieh Sehlftftndit, weniger empfibaglieb tu naehen, oline jedoch der
Gleiclifl'.rmigkeit der Rasse Eintracht zu thun. Als weitere Ziele sind die
Erhöliung der Ausbeute der Kokons an Fasi rniaterial, und flie Verminderung
der Anzahl von Doppelkokons, sowie des <ielialtes an Bast anzusehen. Von
den Mitteln zu dieser Vervollkommnung, der Rasseukreuzung und indi-
Tidndlen Znchtwahl, wird »ogleieh die Bede sein.
Man bat sich Tiel£M»b und eingehend damit beschäftigt, die Heimat
der T?aiipt M]irau]<lieit«^n zu ermitteln und l<ani zu dem Ergtlmis, dass sie
an- dem Orient ( Indien und China) mit den nach Europa eiugeftihrten
Raupeneieru verschleppt worden pind. Wenn auch die Keime der Raupen-
seneben in Asien stets Torbanden sindt nnd die letzteren von Zeit zn Zeit
nodi jetast anftietcn, eo beaobrinken sieb dieselben doeb nnf sporadiscbe FftHe
uud üben, bei der bekannten Staodhaftigkeit nnd Gesundheit der asiatischen
Rassen, auf die Seidenzucht keineu merklich schädlichen Etnfln??? aus. Anders
verhält sich die iSache in Europa, wo der Bomb, mori zwar ein ausge-
seiehnetes Produkt liefert, sieb aber siebt mebr in kräftigem Natnrsn-
etande befindet nnd daber den Sencben in Unmassen zam Opfer fitlt
Aus diesem n nullit wurde auch nacb dem Aufhören der Raupenkrankbeiten
die Frage fiintirt, «s zulässitr sei. niislänrlisThe keimhaltig«' Raupeneier,
die l)ehufs ihrer Kreuzung mit europäisclien importiert, wurden, zu verwenden.
Wenn es einerseits beinalie unmöglich ist, von eiuem Raupeuei von vom-
berein zu sagen, ob es gesunde Nacbkonunenscbaffc erzeugen werde und so-
mit Vonsichtsmafsrt'Lr*In in diesem Sinne fast ii1« rflUssig erscheinen, so laset
sirli anflcnnsrif s iH'hauptru, da-^s der Tiuport asiiif iM-lu-r Kaujinn itT im aücje-
meinen. also «lie KreuzuuL,'- riiiojKiisrluT Kassen mit di'U avisliiudisclicii , aus
fulgeudeu Gründen gem litfertigt sein düi'fte. Es ist begreiflich, dass iu der
Zttcbt einer so engbegrenaten Rasse, wie der tod B. mori, die Blut?ex^
wandtM'haft im Laufe der Zeit in ibren Folgen nachteilig hervortreten
muss. Die Frage nach dit st r F^lnt Verwandtschaft ist schon vielfach von ver-
schiedenen Gesichtspunkten aus erörtert worden; im allgeirtpinen aber sind
lunitzutagc zwei Ansichten vorherrschend. Die eine von Sanson bestreitet die
Schadlidikeit der Au&ueht unter blnlTerwandten Individu«!, giebt jedoeb
au, dass dadurch die EmpfSngliebkeit für Krankheiten gefördert wird').
Andere Naturfoi-s( lier, wie Baron, fuhren dagegen aus, dass das fortge-
si'tzfc Paaren der blutvenvandtcn Schmett<'rlini?e. wie es in der Seidenzncht
wirklicli stattfindet, dazu fährt, dat^s der Tolyniorphismus Überhaupt, und
sogar der sexuelle DimoipbMmua naeh und nach zum Tcrsdurinden ge-
0 Traittf de sooteobnie, Fkris liM,
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Ertwuig der WUrnnmm.
811
braolit werden, und dus dann ProduktionswifShigkeit eii^reien mUsse. Die
Kretuung flinseincr Rassen uiiton uiander irt somit unnlibelirlieh und swar,
wie Coiitaf^'ne richtig ausführt, eine energische Krevi/iing zwischen top-
schii-dt-nartigfii Rassen von vorstliifdi'non änssprfn Ki;^a'usc'haften. Wenn
die» aucli vom rein theoretiitchea ;:3Laudpuukte der ßa^seureiniieit aub nicht
gaox olme Nachteil enchdnt, eo muae man doeh zugeben, deas, da bei der
Srensang lediglich auf die Hanpteaclifi, d. i. auf die KokonhUlIe in quali-
tativer und quantitativer Hinsicht gesehen wird, d'njsi: Mt'tliodt' die einzig
rationelle ist, die den europäischen Soidenrasson ihre ursprüngliche Lebens-
t&higlceit, wenn auch mit einiger üngleichmäsüif^'keit verbunden, zu er-
balten im etende iet. Die Befttvchtung, die aonst jahraus jahrein gleich«
filnmgen enropliidien Baasen dnem Folymoriäusmus anesasetcen, d. i. die
äusseren Fonnen der Produkte, die Gestalt und Farbe der Kokons ungleich-
formifj z» «restulteii, thut bis jetzt der allgemoineren Verbreitung der
Kreuzuugi>methude Eiuiialt. Übrigens ist es seiu- walirscheiniich, dass der
B. mori iu seinem ursprünglichen Zustande polymorph, d. L in Temdiiedenfin
Snaeegren Gestalten Torfcam, welche noch hentsntag« in den Urwildem
Indiens nud Cliinas als Abarten, H. croesi, B. sinensis etc. sich finden.
Durch natürliche Unist.'lnde und äusserst sorgfältige künstliche Aufzucht
i5;t sriiie i{u.sse melir homogen im allgemeinen, weniger einheitlich und
charakteristisch im einzelnen geworden, indem gleichzeitig seine Wider*
stiindsföhigkeit nnd Fraehtbarlceit verringert worden. Es ist eine erwiesene
Thatsache, dass im Kampfe unis Dasein der wilden Seidenrasstti die Ursache
ihrer Kraft liegt; auch sind sie zcugungsfahitrer uml dies selbst in den
Rassen, die mehrere Brüten im Jahre hervorbrinj^eii (melirenitige Kassen
des B. mori); in den letzteren sind sogar einige i'üiie der Parthenogeuesis
(Selbeibefhichtung) beobachtet worden. Es lisat steh mit einiger Siohei^
heit behanpten« daas, wenn die ZeUeugrainienmg hm mikroskopischer Unter-
sucljung der Sehmetterlinge fast Tolle Garantie betreflb der FIcckkrankheit
liefert, die Kassenkrenznnjr ivahrscheinlich die Bekämpfung der Schlaf-
sucht ermöglichen wird. Es wurde aus diesem Urande die Kreuzung der
enn^pUacheiL Bassa mit Tendnedanan aabtiaohee Toiganommen vaaA an-
scheinend mit gntem Erfolge dnrehgeltthrt; bald aber stellte sieh hcrana,
daas die gekreuzten Rassen von ihren asiatischen Grosseltem die at^tnda
Eigenschaft geerbt hatten, doppelte Kokons (donppions) zu spinnen, sowie
ferner, dass diese Mestizen wohl in der ersten Generation verschmolzen
blieben, in den nachfolgenden aber der Atavismus jeder einzelnen scharf
henrortrat Thatalehlich ist dorch diese Ymnche bewiesen worden« daas
bei der Krenanng einfacher Bassen eine unter dem Namen „Rücksoblag
zum Ursprongstypiis" (retour aux types) bekannte zoologische Erscheinung
zu Tage tritt, laut welcher ein Teil der ersten ( ieueration, wie hvi der
Kreuzung der gelbeu frauzüsischeu Kasse oder die ge^aiute zweite, dritte
*) Haillott Lefoctt aar lea vect toie du mflrisr, p. 261.
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212
Botiooelle SnditiraU.
und die mebfolgenden Binfon (gelbe Mailandnsse mit der weusen Japan)
nicht mehr die verscbrnnlzenen Eigenschaften, sondern die jedes einzelnen
Typus znm Vorscliein bringt, wodurch nncrw Tiiiscbtc Mannigfaltigkeit (Poly-
morphismus) Platz greift. Nun hat man zur Kreuzung unter nur europäi-
schen Rassen Zuflucht genommen gemäss der bekannten Thutsache, dass
eine oft wiederliolte nnd leteht durehsaführende ^euzung endgiltig beflaen
Bemltafte ergiebt* als eine energisclie, aber seltener ausgeführte*). Eine
pelcrenzte Rasse erzeugt erfahrungsgemäss bessere Ausbent« an Kokons, als
eine reine; die einzelnen verwendeten Kassen müssen indessen an sich vor-
wurfsfrei sein; denn sonst tritt leicht eine Yerschlhumerung ihrer Eigen-
sdiaften ein. Leider ist es nnmSglieh« sich bebnfs Ermittelung der Gate
«ner Basse naeh dem Äusseren der Kokons etc. in richten, da eine Menge
schöner und grosser Kokons nicht immer im gleichen Verhältnis seidenreich
sind, und auf den letzteren Punkt kommt es do<*h huapt.sf'ichlich an. Nach dem
Vorschule von Coutagne^) ist eine rationelle Auswahl der Kokons die
einaige Methode der Melioration in diesem Sinne; sie scheint von ein^n
fortsdirittliehen Zttehtem, die aof der Weltansstollnng 1889 ansgeaeichnete
Resultate derselben vorführten, schon praktisch erprobt worden zu sein
und besteht in folgendem. Von jcd^^r Partie Kokon.*! wird ein gew-isser
Anteil abgeha.s|)«It und die Partien, die bei dieser Prüfung die besten
Resultate liefern, werden für die weitere Aufzucht verwendet. Es ist selbst-
TentSndlich, dass man in diesem Falle, statt ganse Partien einer be-
stimmten gemeinsamen Auf/.acht oder Rasse sor Prüfung zu verwenden, zur
Vcrriiifacliung der Sache einige von jeder einzelnen Brut herstammende
Kokons prüft und alsdann die ganze Brut verwendet, angesichts des bereits
weiter ol>en angedeuteten ümstandes, dass die Eigenschaften der Kokons
einer und denelbm Brat stets fast identisch sind. Eine noeh weitergehende,
aber naturgeinä.s.s umständlichere nnd in grösserem Mafsstabe kaum ans-
föhrbare Methode ist die sogenannte individuelle, wie sie mit gros.sem Er-
folge im Pflanzenreiehp in der Riibenproduktion angewendet worden ist').
Die individuelle Zuchtwahl geht in diesem Falle darauf aus, beiden-
raupeu mit mOglichst grossen SeidendrBsea und sonut erhShter Ausbeute
an Gespinst sn erzielen nnd gelangt in der Weise praktisch aar Anwen-
dung, dass jeder einzelne durch seine äusseren Eigenschaften hervor-
ragende Kokon mit Vorsicht geöffnet, dir- Seidenschale gewogen, die Puppe
wieder eingelegt, der Kokon mit einer feinen Ötetkuadel wieder geschlossen
und zum Ausscblflpfen gebracht wird. Da zum Paaren abdann Schmetterlinge
▼erwendet werden klSnnen, die den seidenreichsten Kokons entstammen, so
ergiebt sich bei dem mehrfach erwiesenen Atavismus der Seidenrasse die
Aussicht, auf diese Weise eine langsame, aber stetige VervoUkommnong
*) Baron, MäthodM de reprodootion en sootechnie.
*) Ball, da Labor, «le Ljon 1889/90.
■) Yilmorin, Oompt. leod. «te. 1896, 871.
Digiii^uu by ^OOgle
Kronkbeitea der Seidenraupe.
213
der Ertragsfähigkeit zu erreichen. Die praktische Anwendung dieser Me-
thodf während eines Zeitabschnittes von sechs .Jahren ergab eine Zunahme
der Foserausbeate um 15 — 20%, ein ßesultat, das an und für sich in-
temaaiit irt und dieser ZtichtmeUiode eine auaridittreiche Zakanft sn er-
öffnen acheint')«
•
Die Seidenzucht ist^so mancherlei Gefahren unterworfen und erfordert daher
vielseitige Erfahrungen und die peinlichste Sorgfalt. Schon in diu Raupen-
eieru liegt die eventuelle Ursache eines schlechten Erfolges: zweifelhafte Her-
kunft, dflrftige Ventilierung beim Transport, ungünstige TemperaturrerbSlt-
»f. Itr int nMktankh^ MhtAM* BMP«.
nine fiben suf die QHte der Naebkommenaebaft groesen Einflusa ans. Eine
unpanende Einrichtung der Znchtanstalt, mangelhafte Lnftung, zu trockenes
oder zn feuchtes Futter, Unsauberkcit der Räume u. s. w. führen leicht zu
Krankheiten der Seidenraupen, welche ihre Untauglichkeit zum^Einspinnen
ng. tia VtoAknHOMI (TSMh VM|aaM«Oi
und somit gänzliches Misslingen der Zucht nach sich ziehen können. Ausser
diesen naturgemässen Folgen einer mangelhaften Znobt sind in Earopa in
den seebsiger Jabren Ranpeokrankbmtan an^i;etreten, die als wabrbafle
Seuchen bezeichnet werden müssen. Die zahlreichen Untersuchungen von
Crivelli, Bellotti, Susani, Cantoni, Cornalia, Filippi, Osimo, Vla-
covich, Quatrefages, üaeriu-Meneville und schliesslich von Pastenr
^ Cotttagnet Lalwr. ffAndsa de la toia, Ljen 1995, p. 41, TS.
uiyiiized by Google
214
Fleckkrankheit.
haben einiges Licht Uber dieses gebeimnisToUe Obel verbreitet und zu dem
Resultat geführt, dass die meisten Raupenkrankheiten auf Pilzwucherungen
zurückzuführen sind. Auch in China und Japan sind die^ie Seuchen, wie
n. a. die Fleckkrankheit, festgestellt worden; im allgemeinen aber erleidet
Fl«. 119. Körpercben der Flerkkruikbcit. Fig. 120. Onin«, frei ron KnnkbviUpiUen.
hier die Seidenzucht, infolge der grösseren Widerstandsfähigkeit der Rassen
gegen infizierende Körperchen, keine namhafte Einbusse.
Von diesen Krankheiten sind es nam<5nttich zwei, die Fleckkrankheit
nnd die Schlafsucht, die wegen ihrer Ansteckuugskraft und Erblichkeit
rif. III. Knnkc Würmer (Fleckkrankbeit) Tlg. IIJ. Oeannde Raapen nach der * HtntanR
die grösste Gefahr bieten. In vielen Füllen entwickeln sich die Infektions-
orgnnisiuen schon auf den Maulbeerbliittern und gelangen mit der Nalirung
in die Raupe.
Die Fleckkrankheit (pebrine, gattine, Körperchenkrankheit) ist die Folge
der Infizierung innerer Organe der Seidenraupe durch den mikroskopischen
Pilz Nosema bombyci; er wurde zuerst i. J. 1849 von Guerin-Meneville
signalisiert und als Angehöriger der einzelligen Algen (psorosperniatischen
L-iyilizuu Ly Google
Sdllafsucbt.
216
Mikrosporidien Balbiani) festgestellt. Sein Durchmesser beträ^'t 3 4 \l.
Nach deu Untersuchuugou von Haiauer in Nizza 8i)ll die Fleckkranklieit
durch Flechten (Lichenes) aus der Gattung der Antherozoiden, die auf den
Blamen nnd Blfttten selbst waehsen, henwigerafeii irardfln. Die mit Fledc-
krankheit behaftetem Banpen veriieMii die Freaslttit nnd Lebhaftigkeit, be-
decken sich vorwiegend nahe am Kopfe mit schwarzen Flecken und sterben
binnen wenigen Tagen. Die Krankhoit ist nicht heilbar und es bleiht nichts
anderes übrig, als im Falle ihres AuttreteHü die Zuchtrüuuie mit Chlor und
Kalkmilch zn desinfiziereii, um wenigsten» die gesunden Raupen zu retten.
WImn (MdataMshU. ««.IM Kekoand»a|»p*««fwnwB. biftato RMpa.
Die andere, nicht weniger gefürchtete Krankluit, die Schlafsucht
(flftcherie), befftUt die Banpen unmittelbar vor der Spinnreife nnd ist die
Folge Ton Mhlecbter Verdauung nnd ^bmnSsriger Warme wahrend der
letzten Lebensperiode. Im Ibgeninhalt lassen sich zahlreiche vibriononartige
Mikrokokkeu (Cordyct'ps, Microzyma bonibycis Hi-clinnip) nachweisen. Die
Krankheit ist ebenfalls ansttckend und erblich; die Vibrionen können der
Külte, Trockenheit und hoher Temperatur ausgesetzt werden, ohne etwas von
ihren symolnBehen Eigeneehaften einznbfissen. Es ist wahrseheinlich, dase
die Ursache zur Schlafsucht bereits im Futter gelagert ist; thaisäclilii h
hat Guboni 1890 einen durch schwarze Blütterflecke gekennzeichneten
Schniarot/cr dis Maulbet>rbauraes entdeckt, welcher der Schlafisucht sehr
ähnliche Krankheitssymptome verursacht
Eine dritte. Krankheit, die indessen minder gef^lich nnd in ihren Fol-
gen weniger Terheerend ist, ist die sogenannte Kalksucht (Verkalkung,
Calcino, Mnseardine). Bereits 1726 signalisierte Vallisneri die Seuche.
*) Garbiai, Bn vaa malatiaa dd gdao. Rena 18M.
Üiyitizeü by LjüOgle
216
Verkalkung. Fettsacht, etc.
Sk- ist die Vi>]<^f fil-.'nii;Usitr< r Hit/.c und Feiiclitiirkcif . unter flrrrn Ein-
wirkung sich iiti Ini'.i III dt r Uaupe ein Si himmr-lpilz eutw iclielt ; dii*s>er treibt
seiue Sporen von etwa 2 jx Dicke iu den gauzm Körper der Raupe, um erat
nach ihrem Tode «n Lufb und Licht am ^'elangen und ein üppiges Gewebe
weisser, mit zalillosen Sporen bedeckter Fäd< n iiafeutreilx>n Dies« r wtMssc
Überzug wurde früher filr CalciuniphoNiiliüt g<:'halten, bis Bassi (Mailand
nachwies, dass derselbe das Gewebe des S<'hinimelpilzes pfi. der im
J. 1836 von BaUamu Crivelli aW Botrytis Bassianae bezeichnet wurde.
Derselbe ist dem Kartofielt5ter (Peronospom devastatrix) nahe verwandt. I^e
Pnlsiernng wird bei dieser Kranlcheit Sitssmt heftig, indem gleichseitig das
Blnt saure Reaktion und rosige Farbe annimmt. Am besten wirkende
Präservativ- imd Desinfektionsmittel sind ridi>r. xlnv* fli:.^. Si!nn\ Kalk-
\vaü;>er und Kupfervitriol. Eiue öfters vorgetioiunione Dureliräuciieruiig der
ZuchtrSume, als Pr&senrativmiitel gegen die Ealksueht, übt jedoch, wie nenete
Unterauchungen gezeigt haben, anf die Entwickelung der SeidntidrQsen einen
nngCmstigen Einflusis aus und befordert auch die Bildung Yon Bast. Die
an der 01>«'rtläcln di Kaupenkörp' rs siizeiulen Sporen werden vom leisesten
Winde fortgeführt iiiul verursachen die Verbreitung dieser verwüsteuden
Senche. In leichteren Fällen gelingt es der Raupe noch, ihren Kokon zu
^nnen, die Puppe verwandelt eidi indessen in ein pulveriges Gebilde; solche
Kokons (cocons plaires) werden, weil leiditer, teurer beaahlt, als die ge-
wöhnlichen.
Ivi giebt noch eine andere Art der Ka!ksn<ht, bei welcher die luiupe
nicht den weissen Spoivn des Botrytis B., sondern roten Wucherungen des
von Prilleux und Delaeroix als Botiytis tenella benannten Pil»» anheim-
fallt »).
Sf*blic<?slirh sei uo<li die Fettsucht (grasserie) erwähnt, welclie nuist
während der H-Iiitimt,'' auf tritt; die kranken Raupen sondcni eine trübe
Flüssigkeit aus, welche mit unjuibligen polyedrischen Körperchen von 4 {i
.Dicke, die den AlbnminoidsubsiamEen angehören, gefBIlt ist. Die Krankheit
ist nicht ansteckend. Von anderen minder gefährlichen KanUidt^ seien
genannt : die Gelbsucht (jaunisse), infolge des Wechselns in der Qualität des
Futters, ferner die Wassersucht, die Schwindsucht und der Durchfall, letz-
terer infolge zu ua^u Falters uud dumpfer Luft, wobei die Raupe einen
grflnlichen Saft absondert, n. s. w.
Es ist erst seit den epochemachenden üntetsuchungen von Pastenr
und mit seiner Metliode des Ausbrütens in Zellen (grainage cellnlaire) mög-
lich geworden, die Seidenranpenkrankheiteu einigermafsen zu beschränken
und schliesslich ganz zu verhüteii. Da der Ursj)rung aller Seuchen be-
reit« im £i vorhanden ist, so werden die von jedem einzelnen Weibchen
') Ciooose, Oompt rend. Ac. Sc 1856.
*) Boll, da la Soe. d'agrio. 1892.
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Methode von P»«teur.
217
gelegten Ranpeueicr so lange abgesondert aufbewahrt und nicht verwendet,
bis äic mikroskopische Uiitcrsucbung dos betrefFendeu SclHiietterlingsweib-
cbens ein Freisein von joglichen Alikroorgauisnien ergeben hat. Die Regel
TOD Paste ur ist: bedient eaoh der Banpeneier, die von den mit Behendig-
keit auf Spinnhütten anfgekrochenen Baupen vesp. ibrai Schmetterlingen
bentammen und sich bei nukronkopischer Untei^ticlmnj^ frei von Körperchen
(corpnscules) erweisen'). Dein N'or.-chlafjf vnn Kaulin-) eiitsproclii'n-l wird
die Zelleumethode von Pa--teiji- ;iuch auf <lie weitere AiilV.ticht au.sgedi'hnt,
indem man die aas einzelnen Brüten hervorgegangenen Kuupen in Gruppen
attfisSohtet nn^ die Gruppen von einander ieoliert hKIt Hinrichtlieh der
Krankheiten, nainentlicli der Schlafsucht, hat di< sl> Methode in der Praxis
vorzügUelie Ke.siiltüte ergeben, indem gleichzeitig beobachtet wurde, dass
die Nat likomuiensehaft einer Brnt unter sich sehr ähnlich, und von den
Baupen und Kokons der anderen Brut derselben Kasse ziemlich ver>
Bobieden war. Anf diese Weise kSnnte man darch empirische Auswahl dw
Bruteier in einer bestimmten Rasa« die gegebenen erb^eben Eigeneebaften
der letzteren, nach der Art der Darwin. sehen Versuche, in immer ausge-
sprochenerem Mafse hervortreten lass» ii Wir haben übrigens auf dissa
Verhältnisse bereits weiter oben hingewiesen.
Znfo^ der stetig wachsendeni Foiisehritle ist der Bett^ einer Seidcib*
anchtanstalt heutznti^ bei weitem rationeller, als er noch vor dreisrig
Jahren war. Die richtige Zubereitung des Futters durch Schneidemaschinen,
ferner pas.«ende luftige Räume zur Aufljew uhrung grös5:erer Mengen Maulbeer-
blätter, sorgfältige Ventilierung der iiäume, peiulicliste Beobachtung der
Sauberkeit n. s. w. haben dazu beigetragen, dass Raupcnkrankhciteu in
bedeutend geringerem ItfaTse auftreten, ab vor Jahren. Dank der Zellen-
grainierung ist die Fleckkrankheit nur in Ausuahmef&lleu zu befürcliten,
die Kalksueht und andere auf Luft- und l^ahrungsverh<uisse aorftekzu"
n«. m. OwteM boBh. Mur te nenye Her lifnd.
Ahrraden Krankheiten lassen sieh leicht TeihUten; nur Terumeht die
Schlafsucht noch immer ziemlich bedeutende Yerheenuigen. Die Gewin-
nung wie die Verarbeitung der Seide ist nun ebenfalls Gefahren Wim
Seiten verschiedener Schmarotzer unterworfen, die entweder lebende Baupen
M litiKles Biir lea maUdi« des vers k eoie. 1870. t L S. 232.
') Siizungaprotokolle des Kongrenee an üdino 1871.
•) Maillot, lUtfaodet dee aileotiene, 187e, & 19.
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218
Scbmarotser der Seidentpinner.
angreifen, oder, indem sie ea auf die Puppen absclion, die Kokons bcscliädigen,
oder endlich fertige Produkte, Gospinstp iiud (iewebe, auffrfssou. Dieae
schädlichen Insekten können in folgende Klassen eingeteilt werden.
I* Bftnpen«er fmaend« HjraeuoptereD. Fkoctoirupea sp. (A. Yaiiiuiuijr)^
II. Hymenopteren, Schmaroteer der Beideiirftnpeii:
1. Kunii iif'^ pt'tiolatus (Fabririns) *). Tn Hri'/aribagh als „Bhonze" be-
kannt und zu den Hviuenopt^reu, der Familie der Vespidae go-
liftrend; {riast tob A. inylitta.
2. Icaria fermginea (Fabr.); in Indien „Paschoya"; frisst von A. my-
litta; zur Familie geselliger Wf sp< ii g< hörig, ruft .«sie bei der Ver-
folgung seitens Pfidrny.iKlitcrs eine Menge anderer Wespen
herbei, welche hilfsbereit den Verfolger angreifen*).
3* Pimpla pedator in Bengal; wie die vorige ein Fdnd des Tnasah«
Spinners.
Ausserdem Pelopoeiis violaceos, Ophion mAerurmn« Panisens
testaicens, Ophion sp.
Flg. 129. Tote 8«id«nriup« (Mcli dam AuMciilüpftn Flg. 130. Di* Anstaöhlang doicb Otttnw boatb,
4m OMtraa bomlh}.
III. Dipten'n, Sdininrotzi r dir Si'idenranppn. Tachina (B. raori — Bengal).
In Kotschinchilla l»^>t eine i'liegeuart der Gattung Tachina, welche
der bcngalischeu äkniich ist; sie verwundet und tötet die Raupen
oder Terdirbi die Kokons naeh der Art der japanischen üdschifliege. —
Ttichinii der ^laulbeerraupe in Frankreich. In Japan ist die Seiden-
sncbt der Plage eines pansitisehen Insektes, der Scklnpfwespe ans
*) Fabricini, Speo. Ina. 1. 1781.
— Spt. Pietatorum, ISOl
Laireiiie, Uiat. nat des insectoa, 1S08.
Sa ossäre, MoiMgr. de getpes lol^k. 18S2.
*) Sanstnrep Umogr. de getpei aodalss. 1858/58.
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Schmarotier der £>eiden«pinner.
der Gattung dar Dipieren, Chmppe Taekbidaftt von Japanern
„üdschi" genannt, ansgesettt; dit^selbe bohrt junge Stidturaupon
an und legt iu ihr laueres ihre Eier ab; die sich daraas eotwickelu-
den Raapen leben im Innern des Seidenwunues bis zar Verpappang
Flg. lAl. Oeatnu Boml>y«slt. lUape. Flg. ISi. Puppe d«s 0«aU. bomb.
dMsellwn pftraritaaeh und dnrdiboliren alsdann den fertigen Kokon,
nm an das Tageslicht za gelangen. Auch in Bengal bat die Seiden-
raupe ihren Frind im „Silkwomi fly", Oestrus Bombycis, dessen
Lebensweise sich mit der der TJd.schifliege d*»ckt. Neuerdings ist
Doria lueditabuuda (Meiuert), ein der Tiichiuii verwandtes Dipter,
ugnalislot worden, daa Ina jetat swar nur in vereinadten FSUoi toi^
kam, jedoclt grosse Aoeliniatiaienin[^f)Üiigkeit aeigt nnd daiher ge-
fiilirlicli werden "kihinto.
IV. Myriapoden, Sclnnarützer der öeidenraapea. Scolqpendra sp. des
Malaischeu Archipels.
V. Hemipteren, Scliniarotaer der Seidenianpen,
1. ErUieaina falla (Thonberg) Im EHstrikb Haaaribagh (Bengal)
iat sie unter dera Namen „Schipree" bekannt; sie kommt auch
in Chinn und .Tupan vor und gehört dor Klasse der Hemipteren-
Heteropteren, der Familie der Pentatomiden ( Schild wanzen) an;
firiaafc die Tnaaenaiipcu (A. mylitta).
2. Pieromema bidena (Linn^^ in Frankreich und Italien, iat Ton
demalbeu Specias, wie Xylopertha picea (X. 3); Terheert die Bielieii-
plautagen nnd frisst die chinesische Tn?serraupe (A. pemvi)*).
3. Canthecona furcellata (Wolf) '). In Hazaribagh (iieugul) als „Snn-
rine** bezeichnet, auch im übrigen Indien und Java bekauut; ge-
h5rt an derselben Speciea, wie der Torige; fnaat die Tuaaerranpe.
Femer Reduvius personatus, Lyctocoria domestica.
VI. Coleojttert'u, Schmarotzer der Kälirptlanzen. Pt ritrlus LTi'f^"i', Melo-
lontha sulcipennis, Xylotnipe» dichotomus, i'opilia japonica, Passalus
dentanus, Aristobia clatlirator.
VIL Hemipteren, Schmarotaer dea Maulbeerbanma. Diaspiä sp. (Japan).
') Thunberg, Nov. ins. Spec
Wolff. leon. Cim. V.
Fabricins, Syst. Rhyrg.
Rej. Ball, du Labor, de Lyon, 1887/68.
*) Paton, Synopri« Pentatonud«; Malsant, Pentatoinid««.
*) Wolff, leon. (ÜB. Y. Herr. Sehaef. Waaa Ina. 7.
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220
Sclimarotzer des Maulbeerbaumes ftc
Ein neuerdings in Europa (Italii n) aufpfetauchter Schmarotzer
des Manlboerbaumes (Diaspis peutagouu) liut allgemeine Anfmerk-
samkeit erregt. Es iat dies ein der Gattung der Schildläose an-
geböriges Insekt, das drei Graentionen jährlich erlebt, sieh in
SMner Fruchtbarkeit der Schildlans des Cochenillebaumes (Mytilas-
pis ovnnymi) uinl <1er Plivloxera an die Seite stellt und zu di^r \rt
Hemiptera oder Hliyncbotes, ilor üuttung l'hytophtires, der Familie
der Schildläu.se zu rechnen ist. iSeine Exist^uit wurde 1Ö8Ö zu-
erst in der ümg^nd von Gomo festgestellt, Tcm wo es sieh rasch
in der Ober-Lombardei, beson^rs in den Gegenden Ton Mailand,
Como, Varest', T-ccco, Sereguo und in der ganzen Provinz Brianza
verbreitete. Die jungen Raupen dieses Insektes werden durch den
Wind fortgetragen, was ein rasches Uuisichgreiten der Seuche zur
Folge hat. Das Insekt wirkt in schädlichster Weise anf den Hanl-
heerbftnm ein, der schon nach einem Jahre dem Tode aoheimfittlt.
Als Gegenmittel empfiehlt und verwendet man in Italien Mischungen
von Soda mit Petroleum, das phenolsanre Natrium, 8oda mit
schwerem Teeröl, eiueLösuug von Bastseife iu Amylalkohol (Fuselöl),
ein« solche von Seife mit Tahaksaft u. s. v. Durch Miuisterial-
«rlasse vniden besondere Vorsichtsmafsr^ln voigeschrieben, mn
durch energische Mittel dem Umsichgreifen der Senche vorsnbengen,
was auch von Erfoli,' 1,'ekront war.
Ein Aveiterer gleichfalls neuerdings signalisierter Schmarotzer
des Maulbeerbaums ist Bacillus Morl').
YIIL Lepidopteren, Schmarotzer des Manlbeerbaomes. Lenooma similia,
Spilosoma lubricipeda, Ilypercompa caja, Redoa marginalis.
IX. Coleopteren, schädlich fQr Kokons. Verschiedme Spedes Dermeetes,
nnter anderen:
1. Dermestes cadaveannus (Fabricius) Kr ist aus dem fernen Orient
(Indien und China) mit den Kokons des A. mylitta, B. teitor,
B. mori n. a. nach Europa imporlaert worden nnd fnsst Banpen,
Puppen und Schmetterlinge.
2. Dermestes lardarius (Linne). Kommt iu Kokons nnd Kokon-
abfällen vor. Dann Megatoma undata, JSecrophoros vespillo, Atta-
genus, Anthrenns nnd andere.
X. SchSdllehe Insekten vetsohiedener Ordnungen:
>) Coutagne, Bull, du Laboratwt« de IjOD 1991.
*J Honitear des toiet, 1894.
^ Fabrieiu«, Bjtt eot.
Panzer, Faun. Germ. 1797.
Ltnnä, Sjst natar. Faun. Soecic.
OHvier, fotom. 1795.
Rey, Bull, du Labor, de Lyon 1886.
Yatco, Obfarrsttoui «or rioMet« ^oi roiuge lea coooiw ate. IViria 1790.
Y«nohiednte icbädlicbe Intekten. 221
1. Alphitolttiia diaperiotts (Puiser). Eben&l]« ans dem Orient «n*
gefihrt. 1 1 3
ng. MS-m. VmMtm «damtaw et «aap«, S ftpt^ S lamm.
2. Ptanos ktro (Fabr.).
3. Xylopertlia pkea (Olmer). In Afrika und im Orient.
4. AnoÜnm paniceam (Linn«.') *). Kommt nberall Tor und riditet
grosse VerhciTUngen in Knkonspeichera an.
5. Trogoderma sp. In Kokons der iiaapeu Caligula japooica and
Gononieta postica.
6. Bmohns ep. Am Kap der guten Holfonng, wo er von Hlmosa
caffia frint*)'
7. ManttP sp. Frisst in Ikugal die Tusspminpru.
b. Ichneumon. Frisst von der Raupe riatvsanna Cecropia.
9. Uudeiiiiicrter äctimarotzer der Raape Cricula trifeuestrata.
10. Fteromaliu. Frisst ren der Raupe Satnmia pjrL Anmerst froditbar.
11. Udschifliege der Raupe Gonometa postica; am Kap der guten
Hoffnnng. Dieser Schmarotzer wird seinerseits von einem anderen
aus der (»attung der Hynienoptorfn angegriffen.
12. .Motten, die zwar meist die Kokons angreifen, aber aucii in Seidea-
g&spinsten Yerheerungen anriebten. In den aus dem Orient Icmn-
menden Transporten liest sieh ihre Anwesenheit schon beim öffiiea
der Ki.stpn entdecken. Unter dieser Art ist die Tinea pellionella
die gefiihrlicliste, dann die gewöbnliche Motte, Tinoa orinella.
13. Trogosita mauritanica (Linne) kommt zuweilen in Ballen vor,
wohin sie mit den Schmarotzern, mit denen sie Kunpfe fulirt,
gelangt.
14. Cremastogaster scutellaris ist eine Ameisenart, sehr gefftbriieh für
Ruupenzucli tereien .
16. La.siu.s emarginatus, L. unibratus, Pbeidole paUiduIn niul
16. Monomorium Fharaouis (Linne) fressen die Kokons und Seide mit
Vorliebe.
17. Nach einigen Angaben soll der Znekerworm (Lepisma saeebarina L.)
in SeitlcnjTespinstcn Verheerunsxrn verursachen!.
Um mit ilen krunklicitlichen Fakturen der Seidenzncht nbzuschliessen,
möge noch folgender Fall Erwähnung finden. Kokons, welche der
') Panzer, Faun. Genn. pl. VL
Stnrin, Dent. ¥mm. 1837.
*) Bey, Boll, du Labor, d« L70D 1887/88.
Digiii^uu by ^OOgle
222 Beidearaape und di« Alk&loide.
Feochtigkeii ausgesetzt sind, werden von einem Pilz befallen, der wahr-
scheinlich ein drr Gattung Ascomycetes , der Familio der P' ri^püriaceen
angt'hörifjfer Aspergillus ist*). Kr teilt sich ziuTst der Puppt- mit und ge-
langt danu an die Hülle dus Eokouü, dessen Oberllüche echwarze and gelbe
Flecke anfweiat. Dareh den biologiMihen Procen des Pilaes iritd die E^on-
fa^er derart affiliert, da« sie weder anm Haspeln noch anin Verapiiuieii
hrauebbar wird.
In allen Stadieu des Lebens besitzt B. Uiori grosse Eiiij)findlichkeit gegen
gasförmige Gifte, dagegen um so weniger gegen feste and gelöste aud sogar
•ehr energisch toziBehe Salxe; fUe kleinsIeD Sparen einea Alkaloi^ fatteen d^
gigea ihre unndttelhare Einwirktmg auf den Organinniia der Seidenranpe
sofort erkennen. Bei der ftossersten Verdünnung solcher Lösnngen, wo
manchmal die Peststellunfj der cbemischen Reaktion unmöglich oder unsicher
ist, könnte mau sich daher der Seidenraupe bedienen, um aus verschiedenen
Wirkungsgraden der Injektionsflüssigkeit den ungefähren *6ehalt an Gifb
hestimmen au kSnnen, u. a. in geriehtlich-ehemischen üntenuchongen. Als
Beispiel der Elmpfindlichkeit dieses lebenden Mediums möge erwähnt werden,
dass Lösungen von 2 cg Atropin, 1 cg Strycbninsulfat, l mg .\konitinsalz
und V» nig Nikotinsak in einem Liter Wasser, eine noch äusserst ener^sche
physiologische Wirkung ausUben. Da zur Untersuchung indessen nur einige
Tropfen, etwa 0,2 eem genügen, so lassen sich folgende GKftmengen mit
Sicherheit konstatieren, die durch chemische Analyse schwerlich zu entdecken
wären: 0,004 mg Atropin, 0,002 mg Strycbninsulfat, 0,002 mg Akonitin
und 0,0001 mg, d. i. ein Zehnmillionstel g des Nikotins. Merkwflrdifj;«'rwei8e
hängt die Wirkongsiahigkeit von der chemischen Konstitution des Reagens
ab nnd ist ha Isomeven eine« und deeaelhen Körpers öfters vendiieden ')\
so wirken c. B. die Qrthodiamine und Orthodiphenole bedeutend hefdger,
ab die ParaTerlnndnt^en, and diese wiedenun stStker, als die Metatsomere.
Bevor wir zur geographisch -statistischen Betrachtung der Seidcnkultur
ttherg^en, möge eine auf gesdiiebtlidier Gnindlage ruhende Tabelle die
Epodien angeben, in weldien die legelmlssige An&adit der Seidenranpe
in die Yenebtedenen Länder Eingang gefbnden hat:
China (Shensi) XXVL Jahrii. t. Chr. 1 Knu ton I V. -V. Jahrh.
Korea II. „ „
China < Ss'tschnen) L — III. Jahrh.
Indien (Kasclimir) IL „
Japan III. — ^lY. „
Khotan V.— VI.
Byzanz VI.
Syrien VIL
Feisien (Gbilan) VIL— VnL
>) Roux, BnlL dn Labor, de Lyon. 1891.
*) Baalin, Ball, da Labor, de I^cnn, IStl.*
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Geogaphie und Statistik der Öeideakaltiir. Italisn.
SS3
Kleinasiea
Kaukasus
Macedonien
j^cilien
Spanien
Italir II ! < 'sUabri«n)
Griechenland
Indien (PendschAb)
VIT.-IX.J»hrh.
vm.— X. „
IX. ,.
IX. „
XI. „
XI. „
XIU. „
Kainbodsclt» XlV.Jalilli.
Mittelitalien XXV. „
Frankreich CXllLJahrh.) XVI.
Piemont XVI.
DeniBBhlaad XVI.
Birmah XVII.
Bengftl XVUL
11
11
it
BelisMn wir uns nun mit dem Stadium des Vorkonimeii» und der
Verbraitnng der ManllMerranpe auf der ErdobeifiScihe, ilirer Bassen und
Abarten, sowie mit der Statistik der Seidenkultur. Da im geschicht-
lichen Abschnitt dieses Werkes dw Seidenknltur nur oberflächlich Iwhandelt
worden ist, so tmi hier bei jedem Lande eine znsammengefasste Besprechung
der Entwiekelung dieae« Oewerbee gegeben.
Die Anfinge der SeideDsnolit Italiens fallen in das IX. Jtlhth. sorflck.
AUem Anschein nach waren es klein asiatische Bassen, die durch Aralter zuerst
nach Nonl-Afrika, dmin nnrl! Sicilien verpflanzt wnrdtii. Durch Dan<lolo
sind dann im J. 12Ui j,Ticchische Rassen hinzugekommen. In über-
itaÜen werden die Maulbeerbäume im XIU. und XIV. Jahrh. nur wenig er-
lAhnt, da ne riemUeli selten und die Seidenknltur nur beeelirinkt war.
Der ecbwar/i Maulbeerbaum (il rooro) ist im VIII. Jahrh. beobachtet wor>
den; im \I. .Talirh. wiirrlf (It'r.selbt' fillfrenK'in d'lm oder Gelso grnaimt.
Dir Seidenkultur imi.ss gegen Mitte des XIII. .lahrli. im (Ttlnete von Bo-
logna schon ziemlich ausgebreitet gewesen sein, da man 1249 in dieser
Stadt den Handetsvedkehr in betreff der Eokom geregelt hatte. Pietro
Crescenzio, der berBhmie italienisclie Landwirt, sagt in adner Beschreibung
der bolognesischen Campagna vom Maulbeerbaum: „er ist ein gewöhnlicher
und wolilliekannter Baum . . . die Zweinfe werden von den Weibern gesam-
melt, um die Würmer zu ernähren, damit sie Seide machen . . Im
J. 1306 erging an das Volk Ton Modena ein Aufruf, Qber die Einführung
einer Eokonstener au beratedilagai. In. einigen Beairken waren die Plan-
tagen zahlreicher, in anderen seltener. Im Gebiete Ton Modena bestand im
XIV. Jalrrh. der Zwang, Maulbeerbäume zu pflanzen; {jlridie Verpfliclituiig
wurde den Landwirten zu Florenz im .J. 1440 und in der Lombardei im
J. 1470 auferlegt. Gegen £ndc des XIV. Jahrh. war der Seidenbau bereits
ein verboreitetes Gewerbe, dooh nieht in allen Orten gIddunSsng. In Lneea
war er vor 1336 Tiielit liekannt, während die Bewohner des benachbarten Val-
dinirvola nnd Pcscia ilin zu dieser Zoit scbon lebliaft Ix trii'bcn hatten. I^RO
schrieb Fa<;aiiino in l)oln!,nicsischem Dialekt ein kleines Buch über den Seiden-
wurm: „Tesoro dei rustici". Wir wissen aus den llechnungen des Schatz-
meutenuntea von Bologna, dass 1364 die Steuer auf Bbulbeerblatter einen
aiemlidi hohen Ertrag ergab. Lncca belegte die Kokons im J. 1373 mit
einem ISngangsioU und 1399 ausserdem noch mit AuBgangssoll; sebliesslich
i
224 tieographie uail »taüätik der SeidenktiUur. Italien.
verbot man 14*^5 dii' Ausfuhr ilcr Maulbeerbliitter, di r Kokons und Seide;
1488 vri|)lliLht( {r rimn alle Züchter, fU*n Ertrag ihrer Ernte anzugeben.
Der weisse Maulbeerbaum ist, wie uns Bongi berichtet, im XV. Jahrh.
durch Bnonvicino nach FesiHa in der Pl'oviiiz Lucca gebndit worden.
Da» die Seidttikoltiir betrofibnde ProhibitiTBjiteiB wurde »nch in Florens
1443 angewandt. Alle diese MafHn L'dii '^owie holie Abgal)en hatten zur
Folge, das«! sich (Vw Bauern der Einfühnin;,' (U r Kultur hünß^ widersetzten.
Man beklagt sich über dieae Gleicligiltigkeit noch im XVI. Jahrh.; andere,
wie Mercuriali uud de Forli, berichten in einem im J. 1670 puhlisier-
ten Buche, dan die Fortsehritte infolge Mangels an Maulheerplantag«! nur
langsame seien. Dagegen wurde von Casola in dem Berlclitc ül>er seine
Reise nach .TiTusrvlem im XV. .Jahrli. <lor Aulschwunri <1('^ Si idenbaaes zu
Vicenza hervor-.r* l}ol)en. Es mag auch heiläutig erwähnt werden, da-ss man
im XVI. Jalirli. in Calabrien SeideuwUnncr wilder Rasse fand uud ihre
Kokons abhaspelte. Erst gegen Ende des XVI. und im XTII. Jahrh.
^ng die allgemeine Verbreitung der Kultur vor sich, die Ernteerträgnisse
wuchsen fortwährend. Le Teil mm , Vt i fasser eiru r kur/in Ablmndhing
über dio Art und Woise. SHdf'nwürMirr zu nähren, s;i^( UiU2: „Die Italicin r
haben sich, ia Erkenntni.s iles hieraus erwachsenden Nutzons, dieser Kultur
dwart hingegeben, das» sie sieh wie SchwiUnme mit Gold und Silber ange-
fllllt haben, und andere Länder durch die bei ihnen erzeu<rti' üU- beglücken!'^
Seit diesem Zeitpunkt hat der Seidenbau, der eine der reichsten Quellen
des Niitiniuilwoldstiindr* werden sollte, t'ine stotiife Entwickelung gonominen,
jedoch nicht, oiiiie von Zeit zu Zeit auch wieiler einen liückschlag zu erleiden.
Unter den europäischen Landern ist Italien für die Seidenzudit am
wi<ditigaten. In der Provina Lombardei^ wo dieselbe am meisten heteieben
wird, konzentriert sie sich um Mailand, Pavia, Cretnona und Brescia, in der
Provinz Venedig hauptsächlich um Vfrona und Udine; speeifll ist es die
Umgegend von letzterem (italieuiüchcs Friaulj, die sehr geschützte Produkte
liefert; Kokoumärkte haben ihrm Sita in Mantoa, Udine und Feltre. In
Hemont ist die Zucht der Seidenraupe ein allgemeines, haasliches Gewerbe, und
die Zahl der Markt«' ist sehr zahlreich : Turin, Alessandria, Novara, Racconigi,
Cuneo, Cannagnrda. Salu/zo ti. fi. Auf Sicilien liegen die wichtigeren Centren
in der Umgegend von iMessina, l'aiernio und Catania, namentlich um Mes-
sina, Castroreale und Miatretta. Die Provinzen Marken, Ümbrieu uud Cala-
brien haben ihre KokonmSrkte in Fossombrone, Osinto, ürbino, Spoleto,
Reggio, Neapel, Cost iiziv. Ijenevento u. s. w. In Toscana sind die Thäler
Arno. Chiana, Mu^jt^llo uml Si'pna von Brdfutuii^'; Flnrcuz . Pisa, Siena
und Lucca sind ihre .Mark»' Hie itaiienisciie .Seidenkultur erstreckt sich
auf etwa 12000 von zusamuiLu 17000 Gemeiuden; haupthüchlich befa.sst man
sieh mit den einheimischen Rassen, sowohl für Kokonproduktion, wie aur
Aufzucht, worüber folgende Tabellen, welche tlie Mmgen der ausbrüteten
Baupeneier darstellen, Aufschluss geben (in Unzen von 27 g):
■
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G«cgimphm und Staliitik dw Bcadcnkoltiir. Italien.
22b
Erute
umbeimiscbe
Aasläudisehe BAssen
lotal
Rnsen
im Inlandie
importiert
reproduziert
1880
368483
637 147
710960
1 716590
1883
547 533
229 429
667317
1 441279
1886
612i)47
124919
508 748
124Ö614
1B88
765226
116519
457991
1339736
1891
1008782
24197
174791
1207770
1894
1021947
17309
99274
1138530
Dm flpectell«re Emteiiung eigiebt sich ans folgenden Zahlen (1893):
Reine Rassen, Frankreich and Italien, gelb und weiasi 666019
GelErenzte Ranen, g«lb 472659
Gekreuzte Hassen, Japan ninl China, repiodosieTt . . 120930
Reine japanische Rassen (Kartons) 20976
Im gansen . . 1 180584
Vor der Kranlcbeilsperiotle war Italien mit dnrehsoliniitlich 55, in guten
Jahren 65 Millionen kg Kokon« vertreten; infol^^e <ler Kaiamitat, welche
ilurch die Ranpensenehen }^e;^en Anfanjjf der clizij^er Jahre verursacht
wurde, sank die jährliche Produktion jedoch auf die Hiilftr und betrug
1863 35620000 und 1865 nur noch 26430000 kg. Dank der grossen
Sorgfalt in der Rassenvahl nnd Einf&hrung der Paste nrschen Cellnlar'
grainierunf?, hob sieh die Ernte auf 47 700000 kg (1870) und 1874 sojLfar
auf 51450000 kg. Die-<e forcierte Produktion erfolgte indessen auf Kosten
der guten Qualität und anrh. wie spätere KrTi<»'n V)ewiesen haben, zura
Nacliteil der llasseustärke, denn bereits 1875 sank die Menge auf 46095000
kg. Erst im letzten Decenniom »eigt die italienische Seidenknltur wieder
hoieutende Fortsehritte in qualitativer Hinsicht, neben dem erfolgzeiohen
Bestreben, sieh von ^^i•r Einfuhr anslandisclier Raupeneier za emanzipieren.
Folgende Zahlen mögen diesen Umschwung darl^en:
Ernte
1880
1883
1886
1868
1890
1892
1893
1894
Gelbe einhei-
mische Rassen
11 117923
17145139
21930962
26138634
Grüne repro- Grüne ori-
dosierte» Ka.ssen gineile Rassen
(kg Kokons)
Total
16386861
18692449
15690656
14181559
140615 405
5787711
3775705
3579250
41573189
41625299
41397323
43899 443
40774410
34641 491
47624398
43124606
8ilb«rm«Ba, Di« SaUto.
1&
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226
In speciellerer Einteilung (1893):
Reine Rassen, wvisa oder gelb . . 23 337 183 kg
Gekrenste Bassen, gelb 19348242 „
Reproduzierte Rüssen, grün ... 4243671
Originelle (ausländische) Rassen, grun 695302 „
47624398 kg
Hinsichtlich der Rassen finden, wie crwfibnt, die Raupeneier inländischer
Provenienzen, rein oder miteinander gekreuzt, immer mehr Eingang, und
gewisse Au^icheu la8»eu darauf scblieüsen, dass sie die ausläudiscben mit
der Z«t völlig Terdrangen und die enro]m8che Seidenknltm- namentlich ron
Japan unabhängig machen werden. Wie aus oinger Tabelle herrorg^dit, belief
sich der Prozentsatz der ersteren gegenüber 1 3,8 70 Talire 1877 anf
41,2% 1883. Va. fiO«^,; tS<^ft mu\ ca. W/p 1893. n:inr1„.n fiiidm .lir Uaupeu-
eier japanischer Hussen, welche jedoch im Lande sei bs^t erzt ugt werden, ihrer
Rassenstärke halber entsprechende Bt!achtung, obwohl auch sie in letzterer Zeit
yemadilassigi werden. Am meistm hervonEnheben ist jedoch der Umstand,
dass die Ausbeate in stetigem Wik hs» n I i griffen ist; während 1878 etwa
20 kg Kokons pro Unze Raupeneier erzielt wurden, stieg die Ausbeute fol-
geudermafeen :
1880 1883 1886 1888 1893 1894
24,22 28,82 33,21 32,77 40,34 37,H8
Die einlieiniischen Rassen zeitrcn, wie aus raclifolgender Tabelle er-
ei-sichtlich, eine rebitiv geringere Zuiialune, nh die ausländischen (mit Aus-
uahme des Jnlires 1893, wo eiue bis dahin unerreichte Ausbeute erzielt
wnrde), was auf die Notwendigkeit der zeitweiligen Krenzung mit anslln-
dischen Bassen anr Genflge hinweist.
Ernte Iiiläudische Rassen Japan, originell Japan, reproduziert
gelb und weiss gelb grOn grün
rein gekreuzt
1880 30,2 22,1 23,0
1883 31,4 25,6 28,1
1888 34,2 30,7 31,0
1890 33,31 31,92 29,03 29,61
1893 41,23 40,93 33,16 35,09
Im allgemeinen steht die italienische Seidenkaltor gegenwärtig auf
der HSlie der Zdt mid wird in durchaus rationeller Weise betrieben; zwar sind
Üire Produkte, die Kokons, im grossen und ganzen von keiner so ausge-
zeichneten Kassenreinlieit und Zartlieit, wie die franzüsiscbeu, doch sprechen
alle Anzeichen dafür, dass italienische Rassen, wenn auch vorübergehend
etwas meliert, dennoch robuster sind und einer weiteren Yeredelnng entgegen-
gehen. Teilweise ist dies durch die BodenTerhattntsse reranlasst; die Rassen von
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OMgrapU« und Statialik dttr 8«id«Dkiiltar. ItaÜMi.
227
Piemont nnd Brianza sind, weil auf gutem, trocknem Boden kultiviert, den
MuliQRscheii «brabürtig. Daf&r beaitst Italien im Vergleich mit Franko
nidi bedeutend mebr bakologiache Versuclisaiistalten und Stationen, wo
eine mustergiltige Aufzucht und mikioskopische Untersuchung der Raupeneier
stattfindet. In Turin Iw^strlit v'm sporiellfs bakologisches Musonm, wie über-
haupt die Bevölkerung Italiens sich der Seideukultur mit Sorgfalt und
Saeblmintnk widmet. IKe Aufirochtperiode {Uli in eine Zeit, wo der ita-
lieniacbe Bauer keine anderen wichtigen Feldarbeiten an beeoigen hat. Ob-
• wohl die Kokonpreise in den letzten Jahren stark gesunken sind* 80 ist
der Seidcnztichtot dennoch so an die Raupenkultur gewöhnt, dass er, wenn
auch mit geringen Aussichten auf pekaoiüren Erfolg, doch st^ets etwas Samen
anlegen wird. Zur Erntezeit der Kokons, im Monat Juni, werden in jedem
italienisdien StSdtehen, das in Mner Gegend tob Maulheerplantagen li^t,
Kokonmürkte abgehalten. Schon am frühen Jlorgen ist da alles in leb-
haftf'tii Verkehr; die zum Städtchen führenden Strahn sind von Karren
und l>;iiu't>|euten überfnllt. die ihr Eruteerträgnis luif 'len Markt brin<»en.
Dieser wird gewöhnlich um ü Uhr morgen« erüti"ueL uml ist um 7 — 8 Uhr
schon zu Ende.
Im Jahre 1894 gab es in 5231 H. meinden 671522 Seidenzuchter.
Nachstehende Taljelle liefert ein Bild von der Verteilung einzelner Rassen
in den Seidenbau betreibenden Proviuzeu Italiens zu dieser Zeit (kg Kokons):
Reine gelbe
Gekrenate
Japan
Japan
nnd weisse
gelbe
nnd China
originell
europ. Rjjvsen
Rassen
reproduziert
Total
Piemont . , .
4321042
1 929759
575547
338668
7 165006
Lombardei . .
5108849
10103086
1892862
100847
17205644
Venedig . . .
3147000
4586960
682591
41338
8457889
liignrien ...
170323
38660
6774
2394
218051
Emilien . . .
2247007
705513
26160
9165
29.S7 83.J
^Tiulveti, Umbrien
1 «33056
379698
19440
6 703
2238 8ü7
Tuäcaua
1 366029
456071
10969
2420
1 835989
Latium (Rom) .
160622
15976
176598
Afamzae&tApnlien
97893
33078
5945
325
137241
Neapel, Calabriai
1841404
506 376
107310
32027
2487117
Sicilien . . .
170756
23963
11605
6367
212 691
Sardinien . . .
1648
16 4 S
lux ganzen
2Ü 465 629
18779540
3339203
540234
^3124606
Allgemein beziehen sieh die Eintezahlen auf inseh gesammelte Kokons
vor dem Backen; um die Mengen der trockenen Produkte zu ermitteln,
diviiliert man die entsprechenden Gewichte durch 3,33. r>if im Handel vor-
kommcndeu Aufzuchtkokons werden üblicherweise nach dem Trockengewicht
heredmet, obwohl sie dem Trocknen nicht unterworfen werden; bei den
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228
O«ofnptiie und Statiilik dw Soidaulraltiir. FntnlENicb.
fär Seidengewiimiuig bestiiiimten Kokons wird deren Gewicht nadi dem
Backen und Trocknen ab Handels^o wlclit tVst<,'i'Sflzt. Nach den Berichten
der Ttirinor TTaii'Ii Iskamraer gestaltete sich der Verkehr der Solconmirkte,
iiu Trocküiigewidit aoägedriickt, folgendermalseu (1Ö92):
Gelbe einheimische Bassen 9210570 kg
Griinlich-weisse „ 998110 ^
Gekreuzte gelhliclio „ 1071 820 „
„ grünliche „ 168610 „
Verkalkte Kokons (plätres) 1195510 „
Im Frivatverkehr 281600 „
Nicht registriert '_ 711 310 „
Im ganzen 18637530 kg,
üuUprecheud ^5412965 kg frii>chgeerutetcr Kokons.
Der answirtige Handel Italiens mit Baapeneiem und Kokons helief
sidi nach Beriehtm der Direzione generale dell* Agricoltuia auf folgende.
Mengen (in 1^:
Import Export
1890 1891 1890 1891
Raupeueier 8860 11600 2400 3380
Kokons 1315300 1094400 S367 2 650
Die Kokon preise schwanken je nacli lernte und Rasse und betnigen 1893
3,2 Lire für grüne und weisse Japan, 3,7 Lire für gekreuzte weisse und
gelbe, und 4,2 Lire für gelbe einheimisdbe Bassen.
Um die Ocsehichte der französischen Seidenkultur kurz zu wieder*
hol^ sd erwähnt, daaa, wie de Gasparin bewiesen hat, zuerst die Ph>vence
den Maulbei.'rbuuni und die Seich'ni-aupe erhielt. \n\ XIV. .Talirh. wurde
dieses Land vom Prinzen Vfni Atijou regiert, der mit dmi vi rsvandten
Königshauäe Neapel rege Beziehungen unterhielt und da.s Gewerbe der
Seidffiigewinnung bef5rderte. Es ist jedodi wahizdieinlieh, dass schon hn
XIII. Jahrh. Kokons geemtet wurden, so in der Grafschaft Venasque. 1340
richtete Philipp VI,, vf rtiinflich an den S. i , chall von Beaucaire, eine
die Seidenzucht befrf iVriiiir X'crortlrsung. Der Köni«; intervenierte auch,
um gewissen JSeidenhaspleru die Beobachtung der früher erlassenen Ver-
ordnungen ins Gedächtnis zu rufen. Im Jahre 1345 wurden für die
Königin Johanna von Buxgui^ zu Montpellier 12 Pfund ProTeneer
S< i'Ii ^'rkauft. In der zweiten Hälfte des \V'. Jalirh. hatte die Seidenkultur
in >1' 1 JVi)vence, Lauguedoc, Dauphine und Touraine schon einip"!' Bedcu-
tuiii: LTt'Wonnen; nach den anderen Proviir/fm verbreitete sie sirli jiilocb
nur ausserordentlich langsam. De Camprieu, Konsul der Stadt Vigan,
brachte sie gegen 1650 in die Cevennen. Unter Ludwig XIV. betrug die
gesamte Kokonernte Frankreichs nicht über 100000 kg. Erst im XVIII»
Üigitizeü by LiOO^lc
Geographie qad StaUitik d«r 8eid«nkaltnr. fVaakreieb.
229
Jahrb. befSsstigte rieh der Seidenbau im Sfiden und nahm, dnich die Ent>
Wickelung der Manafaktiir begfinstigt, einen selineUea und betxSchtlidien
Aufscliwunjjf.
Frankreich \nt für den Seidenbau das zweitwichti*;<ite europäisiche
Laud. Die Kultur ist fast im ganzen Süden verbreitet, doch haben eigent-
lidi nur das Departement der Rhöne und die Naehbargegenden industrielle-
Bedeutung; Gard, Ardeclie, l)röme nnd Vanehiso sind die am m^steo
(80%) er7.eu^'enden Provinzen, Die bedeutendsten SamnK-lputjkte («entre«
serinrnles) s<n>] Mais, Uzes, Nimes. \'alence, (.'liomerae. Viviers, CavaiiUui,
Avignon, ,lonf:f|uieres, Kochcuiaure u. a. Im Dejmrtenient Herault wird in
der Umgegend Ton Montpellier, am Fasse des Oerennengebirr^es die toi^
zügliche Cevennesrasse geauehtet. Solche Erfolge in quantitatirer Hin-
sicht, wio Italien, hat Frankreich freilich nicht aufzuweisen; die Raapen-
krankheiten haben hier ein*' Wirknnir aus-ffeüM, welche es der Seidenkultur
auf Jahrhunderte hinaus uumüglich machte, die IlöUe wieder zu gewinnen,
die ihre Produktion vor der Krankheitakrisis erreicht hatte.
G^n die fSnfsiger Jahre erntete Frankreich über 30 Millionen kg,
1856 nicht mehr als 10 Millionen und 1^65 nur 6 Millionen kg Kokons,
obwohl ein Jahr später ansnahnr^wrU. IG ir>r;00O ktr erzeiiift wordfn sind.
Zur Zeit der Ansstellun«; ISC»? wurdi n ^<«*iir Ix-deuteiide Meiij^en Kaupeneier
(1 200000 Unzen) zum Ausbrüten verwendet mit der Absicht, wenigslcua
einen guten Teil davon vor der Seuche au beschützen; die Ausbeute stellte
sich jedoch auf nur *^ kt; Kokons pro ünae, im «,'anzen auf 9 — 10 Mil-
lionen g<'?^'en 21 Millionen, die ans nur 700000 Unzen in den Jahren
1840/50 erzielt worden waren. Hin merklicher Umschwung zum Besseren
ist seit 1h71 eingetreten, 1871;T5 schwankte die Ernte zwischen 9 — 11 Mil-
lionen kg jährlich. Nach genauen An&tellungen belief sich die Produktion
Frankreichs auf:
kg Kokons
184954 .
31800000
1870 . .
10186000
1855/60 .
UOÜOOOO
1873/78 .
7200000
1861/66 .
6656000
187& . .
1077056$
186S . .
6500000
1876 . .
2396385
18G6 . .
16436000
1879 . .
4797 700
1867/72 .
8184000
1880 . .
6488496
Wie in Italien, so ist auch hier das Stix'bcu ersichtlich, ausländische
Baupeneier zu verdifingen, obwohl die Erfolge weniger günstig ausfallen.
Die Menge der zum Ausbrüten verwendeten lUnpeneier konnte dank der
Fortschritte in der AttfiEucbi und der Zellengratniemng bedeutend vNrmiuderi
werden nnd zwar:
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230
Q«ograpbM and StattoUk der Seidraknltur. Frankreidi.
Tor der Krankheit 944000 Unten
1869/71 859098 »
1871 711209 „
1875 65901? „
1880 462893 „
1885 256951 „
1890 ^ri915 „
1894 240796 „
Di« ftnalliniliBchen Rassen werden nturafbaltsam innh die inlftadiscbea
Terdriuiift, welch letztere auch qualitativ im Fortschritt hegriffen sind. Fol-
gende Zahlen zeigen ihr gegenseitiges prosentnales Verhältnis:
1872 74 1878/80 1883
Einheinn'sclie Ras^;*^!! (xlor reproduziert 31,6 88,3 94,2
Japanische Kartons, ori<j;ineU 58,2 7,5 1,6
Andere ansländische Rassen 10,2 4,2 4,2
In Unzen ausgedrückt:
1885
1888
1891
1894
1895
Inländische Bassen . . .
232876
254568
220200
230987
203855
Japan n>produziert . . .
7332
7011
5 473
5r»40
Japan orifjiiiell . . . .
5718
2852
1746
l jOS
Andere auslündiüchc Ilai«>en
11025
10793
6401
2590
1624
BezogUdi der Ansbeute lasst sich auch hier ein stetiger Fortschritt
wahmehnicMi, und zwar belief sich dieselbe in 1^ Kokons ans einer ün»e
Baupeueier auf:
1857 G2 1871/76
1880
1884
1888
1893
12,46 12,1
14
22,2
34,7
38,47
Hinsieht auf die Rassen gestaltete sich die Ausbeute wie fi
1887
1890
1892
1894
Japan orig. Kartons .
38,25
23,72
28,46
29,46
Japan reprofhi/iert
32,19
25,07
27,98
27,00
Andere auslüridische
32,48
22,27
29.08
29,81
Eiuheixniscbe Bassen
33,31
31,31
34,14
44,63
Im Durchschnitt
33,28
30,72
33,81
32,72
Dil' oben anfrcfülii-ten Departement- f>rzrnpen vorwicfjfend Kokons, welche
zur tiewiimuii;^' tl- r Kobwidp Verwenduiig tinden, während die Basseg-Alpes,
Ost-Pyrenäen, Korsika und vor allem V ar sich mit der Produktion besserer
Qaalitftim befassen, die speciell für die weitere Aufzacht bestimmt sind;
ihr Preis ist der drei- bis Tierfaehe der anderen. Die Baupeneier £rans5-
sischer Herlninft behaupten unausgeselat eine ziemlieh wichtige Bolle, so-
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Geographie und Statistik der Seidenkultur. Frankreicb.
231
wolil im fnlauile, wie prösstontoils (-3) zur Deckung des ausläuiliscluMi
Bedarfs (.Spanien, Levante, Italien). Nachstehende Zahlen lassen die ünt-
wickeluDg dieses Industriezweiges ersehen :
Zar Aufzucht ver-
Er/euf^te Riiupeneier
wendete Kokons kg
in Unzen (25 g)
1884
156 9yi
474635
IH86
168344
429 383
1888
307790
903374
1890
304172
876996
1892
262481
663877
1894
2$1 736
700 Of)')
im
307846
903129
Folgende Tabelle steUt die Eokoneraten Fmnkreid» in den letcten
«ndertliBlb Deomnien dar:
1879
4 <y? 7l'0
1888
9549 906 kg
1881
9276400
«1
1891
6883587 „
1883
7669836
1»
1893
9987 UO »
1885
6!M71G7
t'
1896
9300727 „
1887
8576673
ti 1
1
Nach Rassen eingeteilt (kg):
Japan nriLriuell .
„ reproduziert .
Andere aaalilndisehe
Inlindnche * . .
1887
111616
258890
369974
7845193
IH90
107 70R
16Ü69Ö
183003
7339019
1892
73466
181211
120396
7305086
1894
5144H
147 759
77200
10308084
1895
50300
219614
62391
8968422
8576673 7799423 7680169 105844»! 9300727
Die Bedeutung eiuiteluer Departements ergiebt sich aus folgender
Tabelle:
1892
1894
kg Ausbeute
kg Au.sbeute
2263119
39,1
2842140
45.4
1653366
32,2
2249718
43.6
Dröme ....
1 145597
30,7
1796897
40,2
. 1082187
36,2
1421650
47,8
297464
16,9
667921
39,6
Var
413946
49,3
636335
50,0
Boacbe.s-du-Hh6ne . .
231448
30,6
334370
39,8
Za Übertragen 7087127
9738931
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232
Geographie und Statistik der Seidt-nkultur. Frankreich.
1892
1894
Ausbeute
Ausbeute
Übertrag
7087 127
—
9 738931
—
Heranlt .....
191109
42,7
251401
46,7
97668
36,9
105394
34,6
Basses- Alj »'S , , , ,
113204
30,4
159094
49,4
Alpes-Maritinieft , .
19 552
32,4
32(;i4
"^5.3 .
31768
34,3
Ö7 44Ö
46,0
10084
23.2
24246
31,6
Pyi^nSes'OricnUles
23776
60,9
40959
67,6
Tarn>etrGarciinie . .
24062
31,2
15770
28,9
2570
6961
46,7
Huntts Alpes
14 955
Ö0,0
20847
61,1
Aiu
26982
32,9
48314
51,0
3996
27,5
5109
29,5
31073
48,5
70416
51,6
Übrige Departementa .
2243
6 990
Im ganzen
7680169
33,8
10584491
43,9
Die Zahl der Scidenziiclitcr hat sich von 297130 im Jahre 1868 suc-
cossiv«> auf 1G5617, «U r DurohachuittszaM der Jahre 1881—85, und 154733
im .Ta1n> 181)4 vermiiulert.
Zur Förderung der Seideukultur trat in» Jaiire 1892 eiu Gesotz in Kraft,
lant welchem für jedes kg geemteter Kokons seitens des Staates eine PiSmie
TOD 50 Centimes gewährt wird. Die Staatsprämie belief sieh im Jahre
1892 auf 3S40084 Frcs., im Jahi« 1894 auf 5 292246 Fres.
D< r- Handelsverkehr Frankreichs in Kokons ergiebt sich aas folgenden
Zalilett.
Kokons
Es wurrlfii iitipoi liert:
um Itulifu ....
aus anderen Läuderu
dagegen exportiert:
I nach Italien . . .
Kokons { .
l im ganzen . . .
1890
1 'JOO kg
68100 „
1892
130ÜO kg
169500 „
1894
600000 kg
1788380 „
165100 „
166100 „
754480 „
938000
. . 135600 „
. . 159600 „
Der raselie Aufsidiwung seit 1892, namentlich der Einfuhr, beruht auf
d« i s{a:itli< Iii n Priuniierung der Kokonverarbeitnng (Hasplerei), wovanf wir
noch zuriiikkommon werden. '
Die Ausfuhr der Raupeueier bewertete sich (1894) auf 1623000 Pres,
nach der Türkei nnd 3468000 Frcs. nach Italien. Die Preise der Ranpen-
eier schwanlctoi folgendermarieD (pro Uoie):
1883
1886
1888
13,4 Fn».
12,47 „
11,26 „
1890
1892
1893
10,8 Fn».
9,97 „
10,37
(ieograpkie und Statistik der SeidenkuUur. Spanien. 233
Die Eokonpreise bewegten sich in den Gienzen:
1SS3 3,88 Pn».
1«H6 3,69 „
1888 3,44 „
1890 4,10 „
1892 3,25 Fn».
1893 4,36 „
1895 2,82 „
der für die Aufzaclit bcsiimmtcn dagegen:
1891 4,1T Fn». 1 1893 5,09 Ywva.
1892 3,95 „ I 1895 3,53
Spanien ist das erste Lufui Kuropas, welclics lUu Maulbterbauiii kuUi-
TiM, die Seidenraupe <^^ziiehtet und die Seide gehaspelt hat. Dnich die
yetninitischen Araber eiiijnrofiihrt, blühte die Seid^kultur bereits im X. .lalirh.,
ViesoMfl. r, unter deiu Kalifen Abder-Rhania n III. der Dynastie Omaijaden,
ferner im XII. .lahrh. unter rl- n \lmohadt n im l den maurischen Königen
von Granada. Edriai spricht von Djiaii (^Jaen): „es hängen 3000 Dorf-
Hchaften daron ab, in denen man Seidenwunner aufzieht**. Abu Abdallah
Mohammed L förderte den Seidenbau und unter seiner Regierung (XHI.
Jahrlj.) wurden Seiden von Granada höhtr gesehatzt, als diejenigen von
•Syrien. Die Sr idf nkuUnr war innig mit dem spanischen VoIksh'Vien ver-
vvacbütiu, und so konnte .sie auch den mannigfacheji Ursachen des staat-
lichen Ruines: der Vertreibung der Juden mid der Mauiou, den Härten der
Inquiaitionneeit, der Maesenauswandernng nach Amerika und dem unerhlM«n
Steuezdrucke erfoIgreichcMi \Vider.stand entgegenaetxen, ja eogRr wahrend der
ganzen Zeit noch stetiir^n <iV'\vinu abwrrrrii.
Die Kokonernten .Sj uni« ns boliefen nrli voi- der Krankheitsjieriotlf auf
etwa 10 — 12 Millionen kg jiilu Hch, die fatale Krisis brachte aber auch den
»panischen Seidenbau «um Wanken; die schönen und gcschätsten Rassen von
Cordora, Esiramadura, Aragon und Katalonien sind gänzlich versehwunden.
Italienische, später levantini.sche, schliesslich japani.sche Ranpeneier vcnnoch-
ten we<ler die Ra.«aen zu .stärken, noch za hinein lu nnenswerten Aufschwung
beizutragen, obwohl die gegenwärtig eingefülirten tran^ösisehen sehr günstige
Resultate ergeben. In der am meisten in Betracht kommewto Fkovinc Va-
lencia haben die Züchtereien ihren Sit« in Aleira, wo auch mehrere Haspel-
anstalten thatig .sinil • -wiegend wenlrii dint gelbe Rassen gezüchtet.
Die Kokonproduktion bcliel .sich auf 4.')OUüOU kg i. .). 1861 und 810000 kg
im J. 1881. Seit einem Jahrzehnt wendet die Regieinuig dem Seidenbau
besondere Fürsorge zu, 1883 stieg die Ernte auf 1200000 kg und belief
aich auf:
1885 673000 kg
1887 905000 „
1889 745000 „
1891 1026000 „
1893 903000
1894 1100000
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234 Geographie und Statistik der Seidenkultur. Portugal.
Die einzelnen Provinzen, lieferten:
Yalenel«, Angon . . B75000 kg
MoTcim Orihuek . . 450000
Sien-a-Segura ... 1*^000 „
Alnieria, Granada . . 40000 „
Estraniadura .... 20000 „
Die s-pnnische üruni riing ist eifrig bcmiilit, der Scidpiiknltur durch
Präuiicnverteilung und Anlegen bakologiüchtT StatioiKU ihre l'rüiicro Be-
deninng wiedereugeben, vor allem aber ihrem Verfall entgegenzuwirken; der^
selbe ist auf dio in steliigeni Sinken begriffenen Prein der Kokons zurückzu-
führen, was die BevCdkerung veranlasst, sich anderen, lukrativeren Kulturen
zuzuwenden. I'if Kokonansfulir Spaniens gewinnt allmählich einige Be-
deutung, namentlich nach Frankreich, und b<?|ief sich:
IhyO 1894
Gewicht iu kg 58 299 816186
Wert in Pes. 62583 630996
Nach Portugal ist die Stiideukuitur durch die Araber eingeführt
worden, doch erfrMte sie neb m keiner Zeit der Qnntt des Volkes.
Die Ursache davon mag in den übemAssigen Anforderungen, die von jehw
an die Bauern gestellt wiuilen, b<>grün<let sein. So untersagte 1233 der
Erzbisrhof von Brnff« den Laiidlcuti n vrm Krvotlrilo, ^fanlhcorWätter ausser-
halb der (iren/ea des Lehensj^utes zu verkaufen; er bestimmte selbst die
Pi-eise und befahl den Züchtern, eiueu Teil ihrer Steuern nach einem von
ihm festgesetzten Tarif in Kokons zu entrichten. Gegen Ende des XV. Jahrh.
erlangte der Seidenbau einige Bedeutung, um dann l)is zur Mitte des
XVIII. .liilulj. gänzlich ^rach zu lir^t n. S','it dfr Glitte ih'> XIX. Jalirh.
hilf iiiiui iir den Provinzen Trazos- Monte» und li( ira in rationeller Weise
Oruiiiierungsanstalten augelegt. Portugal soll nach Duseigueur 1^59
150000 kg Kokons, 1870 480000 kg geemtet haben; in der Periode 1871
bis 1681 schätzte man die Produktion auf durch.schnittlich 45000 kg trockner
Kokons jährlich, heutzutage dürfte die Emte noch unbedeutender sein. Die
diri Seidenbau betrcihpuden Ortschaften sind Braganza, Villareal, Vizeu,
Guarda uud Lissabon, wo gute gelbe Rassen gezüclitet wenlen. Früher
wurde mit den Kokons ein ziemlich umfangreicher Exportliandel getrietjeu, 1866
betrug die Ausfuhr 71520 kg trockner Kokons, 1872/74 28070, 1878/80
15360 und 1H81 nur noch 7170 kg. Trotzdem scheint die Seidenkultur in
Portugal ^utcii iJoden und sonstige gflnstige Voranssetznngen zu bt'sit/.on und
nur zeitweise unter den obwaltenden socialen uud ökonomisclieu Verhältnissen
«u leiden*
Die Seidenkultur Englands ist durch einen im Jahre 1608 dataerten
Brief Jakobs I. an den Lord -Lieutenant, in welchem er die Seidenzncht
ausserordentlich eingehend behandelt, jeder Gra&cbaft verbürgt. £s müssen
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Ofloignphie und 8t«tutik der Sddenkiittar. Eagtond. örterMieh-tFngarD. 236
aber Mhon firvher Yennche TOK^gwioiniiisn worden mn, denn das Buch von
Oeffe*), das bereit« 1607 erBcbienen ist, spricht von dem Segen der Seiden-
zucht für Envrlaiid. Der Konicr Icitotr- die Zuchten auf seinen Besitzunjjen
persönlich und versandte 1620 die Kaupeneier seiner Aufzucht nach Ame-
rika. In den Gärten von Oatlands wurden Maulbeerbäume gui>tlanst and
seit 1606 Seidenraupen gesüchtet. Karl L lieas 1629 in einem gromen
Garten zn Saint-James, der ganz mit Maulbeerbäumen 1)epi!anzt war, Zuch-
ten vomehnipn. Alle diese Vprsnclir siml von vor/iii^licln'iu Erfoltr begleitet
gewesen. In letzten Zeilt-n sind sie in LiIhiuI in der Urafschaft Cork, in
England in Cornwallis, Devon, liauip und Kent wiederholt worden. Im
J. 1858 bat man bei Haidstone (Kent) in den GeatrSnohen Kokons des
Maulbeerwurmes entdeckt, die in freier Luft auf den Brombeerstauden ge*
lebt haben, ein Beweis, dass das Klima die Kultur begünstigt. I^ie eigen-
artigen socialen Vi»rViä1tni<<?p En'_f1finds hiptrn jrdnrh der Seidenkultur keinen
Anhalt. Nur vereinzelt widmen sich die Landleute den» Seidenbau für ihren
eigenen Bedarf und uit die Prodnktion kaum nennenswert.
Obwohl die dsterreiehiseh-ungarisehen Linder von sokhen Gegenden
begrenzt sind« in denen die Seidenknltnr seit mehr als sechs Jahrhunderten
betrieben wird, so gewann in dem «-»«»fntHchen Österreich, den cisleithani-
schen Provinzen, erst in den letzten zwei .Jahrhunderten eine iudustriello
Bedeutung. Kaiser Ferdinand III. ermunterte den Seidenbau in seinen
Staaten und Graf von Zinzendorf, sein Minister, Teröffentliehte 1663 Be-
lehrungen für die Seidenzüchter. LeoptiM L ahmte diesem Bei.spiele nach.
Ein Jahrhundert .siiilter wiilinete Muria Thert siiv der Seideiikultnr Itffon-
dere Aufmerlorimkeit und gewiihiie den Züchtern .Staat.shilfe, und nicht
minder der ihr folgende Jose p Ii iL Die politischen Ereignisse machten
jedoch alle diese Bestrebungen zu niehte und erst seit 185(^ wird em neues
Aufblühen bemerkbar. Nach Ungarn ist die Seidensncht in der ersten
Hiilfte rlr s vorigen Jahrhundert.s durch einen Fran/.nfon, de Mercy, ein-
geführt Word™ und ergab 1783 ööOOO kg, 1785 100000 und Iö2ö bereits
800000 kg Kokons.
Htnsicbtliefa der Seidensuebt lähmte mau Osterreieh-Ungam in zwei
Teile abgrenzen: Italieniseb-Tirol, das Österreich. Küstenland (GSrz, Gradisea»
Istrien), Ungarn >f)\\ ie Iiahnati» n einerseits, wo sieh die Seidenkultur zu einer
gewissen industrielltii He<ieutung aufgeschwnn^on hat, und andererseits
die übrigen Provinzen, wo sie nur ein hauslich' < <iewei-be bildet. In
Ungarn worden 1825 über 800000 kg Eokou» erzeugt, im J. 1845 belief
sieh die Ernte noch auf eine halbe Million, sank jedoch infolge der Krank-
heiten und Bürgerkriege auf 4 — 6000 kg in den Jahren 1867/72. Dank den
eifrigen Beniühungf-n dor Rpcri^niTif» erholte s-w «^Iclt jedoili wieder und er-
gab im Jahre 1876 schon ca. löOOÜ kg. Die Scidenzucht bildet iu Ungarn
Tb» ptrfBotns lilk Wormw. London 1607.
Üigitizeü by LiOOglc
236
Oeofraphw and Statutik der Seidenkoltor. Öatemicix-UogArB.
fjewissermafscn ein 8taatsinonopol, indem die Rtuipoi*eii>r fast ansschliessHoh
durch Vermitteluiig der RfgicruD^^ aus'_;-i t- i|t werden und die Kokonenite
an di<' ].tztrn abgeliefert wird. 18X1 wurden 10132 kg'), 1883 schon
72 243 kg gt'siiiiumell. Im letzten Deceunium belief sich die Produktion
ünguns auf folgende Mengen :
Raupeueier iu Uuzeu (26 g) Kokons kg Ausbeute
18B6 8623 176337 20.7
1887 14 029 451511 30,2
1889 29H69 815 659 27,3
1891 39910 1 10.S44fi 27,8
1893 412G2 873440 21,2
1894 60973 1,127617 22,1
Trots des Rückgungs iu einzelnen der letzten Jahre, ist die Seidenzueht
in Ungarn nnd Krofttien im grossen und ganzen im Fortschritt hegtUSea. Die
l\i*k'Mi> werden zuiji grossen Teil von der Kcgiemng angekauft und in den
ila-spelanstaiten zu Neusatz frjvitlpk) uii'l T'attfvovn vcrai lri if ( t ; ilif Siaiiolo-
gisclie Station zu Szekszanl beiasst sicli mit der Kaupeni ierproduktion und
ihrer mikroskopischen Untersuchung. Die meiste Bedeutung haben die Ko-
mitate von Bacs-Bodrogh und Tolna.
In Baiersdorf (bei Eggenberg, 8t} l iin ) existiert eine bakologische Ver»
Suchsstation, welche viel zur Hebung der inländischen Seidenkultur — dereu
Hauptsitze sich in der Umgegend von (iraz, K^LffTibcriif , KriUiicbsfrld.
Marburg und Luttenberg betiuduu — beiträgt. In Kürniiieu beireibt man die
Zudit bei Elagenfnrt, Wolftbeig und Feldkirchen. In der Bukowina, Böh*
men, Mahren und Galizien war man bestrebt, die Seidenzucht einzufähien;
leider ohne Erfolg: nach Harpke*) betrug die Ernte in diesen Länd<^rn zu-
sammen nur etw;i 75000 kg im Jahre 1873. DaLfrupn ist die Produktion Ti-
rol» uud der augrenzendeu (iegeuden eine bedeutende. Im südlichen Tirol
aidit die Seidenknltnr in hoher Blüte; besonders im Thal von Adigo sowie
in Trentino wird dieselbe mit grossem Eifer betrieben. Vor vier Deemr
nien sollen iilier 3 Millionen kg Kokons gesammelt worden sein, im Laufe
der Zeit ist dir Ernte auf 900000 tcefallp» fl<^73). Hauptsächlich wird
die einheimische gelbe Rasse und die grüne japanische eigener Reproduk-
tiou gezüchtet; der griiiiäte Teil der Ernte wird nach Italien versandt. In
Göns und Istaien sind die wiehtigsten Centren Capo d 'Istria, Gl8n, Pisino,
Parenco, von wo aus ein lebhafter Handel mit dem italienischen Frianl l>e-
trieben wird. Das nstt'rreiehische Kü<;to?il:in(l ucisi in l?t'/.ug auf Klima und
Boden einen ^Mo^^^ n Unterschied im Vergleich mit Timl auf. Während das
letztere in den Jvrunkheitsjahren uur wenig gelitten hat, hat hier die Epidemie
■) Bezercdj, L'iacreai«iito della bachicoltura nell' Uiigberia negli anni 1880/82.
*) Beitrage lat Ckschichte der Qeirerb« und Erfind. Oitsrr.-Ung. Ton der Httte d«a
XVIL Jahrb. bii mr Qsgeawart 187S.
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Q«ogrB|^e und Statiatik der Seidenkultur. Österreicli«UDgarD.
237
grosse Verlieeruiigen angerichtet ; seine gelben Rassen ergaben übrigens stete
eine haarige Srid . Di. l'nt\viL]<pliiiif:j der Seidenkultor in den obigen Pro-
vinzen ergiebt »ich aus folgcudeu Zahlen:
Produktion der Kokons in kg
Tirol
Kübtenknd
Totol
Vor der Bj^nkheitsperiode
3600000
700000
4200000
1860
2400000
700000
3100000
1873
•2600000
700000
3300000
1879/81
1210000
440000
1 650000
1881
1 400000
620000
20200U0
1883
1600000
1600000
1884
1300000
1300000
Die Produktion des südlichen Tirols belief sioh auf:
tirüne Bassen Uelbe Baasen
1888
1890^
1893'
1894
1000000
1260000
1130000
700000
400000
400000
Total
2150000
1700000
1660000
1530000
L)er weitere Fortechritt des iSt ideiibaue» wiixl hier haupt^üchlieh durch
das niedrige Niveau der Kokonfireise g^emmt.
In Daloiatien tind Isirieu ist die Seidenkultur infolge der Bestrebungen
der dort angelegten Versachsstatiou in blähendem Zostandei die Produktion
betrug*):
42000 kg Kokoiis gelber Basse
93000
1870173
1878/81
1881
1883
1889
1891
1894
114000
120000
88300
116640
92000
M
1»
n
n
♦1
( Istrien)
1*
20000 kg (Oalumtieu)
30000 „ „
8000
1«
In Friaul ((lörz, Gradisca), wo nn^^schliesslich gelbe französische Bassen
kolÜviert werden, belief sich die Kokonemte auf;
1888
1890
1893
1894
960000 kg
422300 „
375000 „
474000 „
Die Uesaiiitproduktiou von Usterreich-Ungarn schwankte in deu letzten
drn Decenmen folgendermaßen:
^) Bolle, LlDcmmento delU baobiooKiira n«U' Istria, t88S.
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238 Ueographie uud Statietik dar Seideakultur. Deutsehland.
1866 68 1 732 880 kg Kokons
1872/74 1841 «30 „
1876 994120
1878 1576680
1881 2124000
1886 2840000
ma 3873000
»1 u
n II
M 1«
n W
1»
grün
golb
Total
1889
1 20 1000
207.')nOO
33r»,6000 kg
1891
950000
244'JOUU
3399000 „
1893
1 2Ü0O0O
1723000
2973000 „
1894
1 130000
2102000
3232000 „
Die Einteilung nach P;
[■oviii/rii war
folgonde (1893):
Süd-Tirol . . .
1250000
40iM)0O
1650000 kg
Friaal ....
37ÖOUO
375000 „
Istrient Dalmfttien — 75000 71(000 „
Ungarn, Knwitii>n — 873000 873000
Im ganxen 1250000 1 723000 2973000 kg
Nack OaleniuB bmchtet GoruAlia, dikss d.«r ente Mattlkeerbaom in
Mttel-EaiopR dnrcb den Pfialsgrafen Hermftnn im Guten der AVtei
Brauweiler, gelegentlich der Vermählung dessellMm mit Mathilde, Schwester
des Kaisers Otto III., im .lahr»» 988 gepflanzt wiirdcn ist. Kinm'fiihrt
wurde die Seideukultur al)er erst im XV. — XVI. Jahrh. Weiter oten haben
wir die Schickaale der deutschen Seidenkttltor aosführlicher behandelt und
dabei gesehen, dass wahrend der Freibeiiiikriege «i Anfang unaeres Jabi^
liiMMlerts das Werk Friedrichs des Grossen gänzlich vernichtet wurde. Die
1>< ;4i( nHiLf hal) ilic (Jcsft/p, welche es ]jegiiii>i iLrhMi, unf, iiinl dii' l'uneni rissen
die iMuulbeerbiiunie aus. Aber seit 1820 werden durch einen Zeitraum von
mehr als vierzig .Jahren die lebhaftesten Anstrengungen gemacht, die zum
Teil auch toh Erfolg hegleitet waren. Die Ernte von 80-^90000 kg Kokons,
in den Jahren 1774 —1784') gesammelt, ist jedoch seitdem nicht wieder er-
reicht wurden. Man /.iilili» in Pnnissen i. .T. 1^10 nahe an 500 Seiden-
züchtereit'u ; 1844 in ih r i'.rrliüt-r Ausstellung liiitton 24 deutsche Seiden-
züchter »ehr gute Qualitäten Kokons und Roh.seide ausgestellt, im Jalire
1856 helief sich die Prodaktlon in:
Brandenburg auf 21900 Metxen Kokons
Posen „ 1682 „ „
Sachsen „ 1 483 „ «
bcblesien „ 1471 „ „
*) Majet, Du mannfaeture» de aoie et da nfirier, 1810.
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Geograpbie und Statistik iler Seidcukultur. Deutscblaad.
Klu-inland auf 1 158 Metxea Kokons
Westfalen ,, yy „
Preussen 60
11 11 11
3H61 wunlrn 1*4 000 Knknns <;esaiiiineU, von flenon fiOOO für dir wei-
tere Aufzucht verwemlet wurtleii. Die gegenwärtige, banptsücblicli mit
i<ialieni»c1ier Basse betriebfene Zachi, bedtzt keine industrielle Bedeutung; aie
biblet ein häusliches Gewerbe in Brandenburg, Posen, Sohlflsien, Schlesirig»
Holstein u. a. In der Mark Brandenburg sollen gegenwSrtig im Südwesten
von Berlin, auf Amt Barnim boi Piitsdnin, foriipr iji Bleskow und Fürsten-
berg Öeidenzücbtercien in grosserem Malsstabe betrieben werden. In der
Phivins Posen sind Meserits, in Pommern Stettin, in Schlesien QUtz, Neine
und Gfirlits, in Pr. Saehsffia Witterda and Mersebnig« v"- Westfaloi ünna,
schliesslich in der Rbeinprovina Aachen nnd Düren die wicbtigjsteu Ortschaften
der Siidi'ukult ar. Auf StawwHder bei Neujitadt wird Rohseide in guter,
für 8aiiinietfabrikation geeignt-ler (iuulität erzeugt. Reichenbacher Züch-
tereieu liefern eine der Mailänder ebenbürtige Seide In Mecklenburg
sorgt der Landesbanverein fSr Hebung nnd Verbrdtnng des Seidenbaues,
der in Rostock (im siiultiscben Armenhaus) und in vielen anderen Städt-
chfn (Irr rniLji'L^end betriebi'ii wird; ninn '/ncbtit ^^(dsse, ^^cIIh' und cfrnn-
litdic liassen. Um die MaulbeerfülU runLr zu uni^^i , sind in Deutsch-
land vieU'ach Versudie gemacht worden, dieselbe ilureh andei-e Pflanzen
zu enetaen. In Bayern hat man dureh schrittweises Vorgehen erreidit,
die Maulbeerrau|ie aasschHessIich mit Löwenzahn und Schwarzwurzel fSttern
zu können, ohne die Eigenschaften der Produkt«' zu verschlechtern. Nach
den Aniraben des Königl. Stat. I^nreaus zu JBerlin betrug die Produktion
der Kokouü im preussischen Staate (1873):
Preussen (Danzig, Orandenz, Fir.kenstein) lOö Pfund
* Brandenburg (üekermark, Templin, Tel-
tow, ^iederbamim, Anger münde,
Bleskow, Jüterbog, Beizig, Bran-
denburg, Bnppin, Osthavelland) .3106 „
Schlesien 2055 „
Sachsen 1203 „
Ponunem 613 „
Bbeinprorinz 277 „
P.-s.n 148 „
Diverse • • "'4
Total 4581 Pfund,
gegen 6307 im Jahre 1871. Gegenwärtig dürfte die Kokonj^roduktion
Preussois 8000 kg nicht übersteigen. Die far Brandenburg und 1851
1} Landw. Wochenblatt fQr Schleawig'Hokteia, 1888.
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240
Geographie und »»tatistik der SeidenkuUur. Schweis. Belj^ien.
für b<'i(le Meckl«'nbur^ ^ef^riiiuleU'ii Soidciilxinverpine trujjcn nicht \vi ni^
zur Verbreitung; der Seidenknltur bei. Im Köni«;reich .Sachsen wurden
i. J. 18G4 Versuclic angestellt, die Seidenzucht in grösserem MafsstaW
etiutufAhren, doch musste man nach einigen Jahren die Hoffnung, ans
Sachsen ein Beidfmeneugendes Liand zu maclten, aufgeben >). 1873 wurden
einige hundert Pfund gesammelt, in der Umgegend von Zwickau, Gi-oe,s-
nanndorf (bei Pulsnitz^ [.einzig. I>resden, Weissonburg a. n. In Bayern
dürfte die gegenwiirf Produktion nicht mehr als 5000 kg i)etrageu.
Auch in Württcmb« i g wurde (gegeu 1848) die Seidenaudit veo^uchsweise
nnd mit gutem Erfolge betrieben, doch iat dieselbe (1860) infolge der
Krankheiten in Verfall geraten. Endlich betreibt man auch in Hessen, Braun»
gfbwrtg, Mecklenburg und Schleswig die Sei<lf ;i/.ui ht, allerding«? in <jnm.
nnbedeutendein MaCsstabe; iibf^r ihre Produktionsliölie lüsst sich jedoch
etwa-s bestimmtes nicht .saj^en.
Die Seidenzncht der Schweiz konzentriert sich in den beiden an der
italienisclu n (»renze liegenden Kantonen Tes.sin (Ticino) und ( i i iiultilnilrn (Gri-
ziiiiii). In dem letzteren war die Raupenoierproduktion zur Zeit der Kaupen-
kranklieiten, von d<'ni''i -He Schweiz verschont geldiclx'M i«t. ziemlich be-
trächtlich; ihre l^rodukte wurdm nacl» der LomUai'dei exportiert. .Muyeu&feld,
Zizers, Haldenstein, Felsberg waren die wichtigsten Centren, Orte, denen
heute nm* noch wenig von ihrer früheren Bedeutung TCrUieben ist. Im
sudlichen Tt ile des Kantooa« im Thale von Mirax, scheint die Seidenknltur
re<,n'r 'i' it icli. n zu werden; so in Roverf-do, Leggio, St. Virhorn, Verdabbio,
der(?n Produktion etwa 80000 kg Kokons betragen dürfte. Im Kauton
Tessin gewinnt die Seidenzucht indu-strielle Bedeutung; die Aufzucht er-
folgte hier früher mit Baupeneiem japanischer Herkunft, von denen 1873
über S600 Kartons eingefiihrt wunU-n und die jetzt durch die im Lande selbst
reproduzierten eisetzt werden. Im J. 1871 be trug die Pro luktion d< r Ko-
kons 253007 kg, im J. 1872 war sie infolge ungünstiger Witterung 'auf
187 943 gefalleu*), uui im uüchsten .fultre wieder zu steigen nnd so mit
wechselndem Erfolg bis auf den heutigen Tag. Gegenwärtig beirilgt die
Produktion Tessius etwa 300000 kg Kokous.
Die Kult ,11 des Munibeerbaumes und der .Seidenbau waren na«'Ii ili in
Zeugnis von (.» ii i ceiard i ni , df'v gegen 1565 .schrieb, (i egenstand aufmerk-
bauier Sorgfalt zu Antwerpen und dew&eu Umgebung; bald wurden sie aber
aufgegeben. Im J. 1607 machte Qramaye, einer der Seh5ppen im Brügge,
erfolglose Versuche mit der EinfOhrung der Seidenzncht. Spater, 1769,
wurde di»' Seidenkultur versuelisweise im Brabantischen eingeführt und die
österreichische Regierung gewährte Prämien für die besten ErzeugniKse.
1830 wu^dc iu Belgien von neuem verbucht, dem äeideubau, durch die
>) Denkschrift über die Eutwickeluag der Seidenzucbt ia nOrdlicbeu Ländern.
Wien ItU. 8. 43.
*) Ann. du oommercs estArienr Na 1692.
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Geographie und SImttalik der SeidenkoltOT. Hollaiid. Schweden. Bulgarien. 241
Unterstützung sseitens der kgl. Soi»lpnznchliinstalten, in U' clc, einen volkstüni-
lichen Charakter zu verleihen; trutzilera wurden 1850 nur noch 2600 kg Ko-
kons genmindt. finfolge veraehiedener 5koiwiiiiadier Einftflase kfc der Sei-
denbaa Belgiens beinahe gun/licli versdiwandeti und darfte trotas des ge*
ägoeten ICliinas kaum je wied' i- aul"<^pnonnnen werden.
Auch Holland Hess sich niolit abhalten, V*^rsnchf' mit der Seidonkultur
auzusteilen. Oiivier de Serres liat sie aU> Beispiel citiert, wie „verschie-
dene fiiemde Tiere und Pflanzen liei zureichender Soi^filt unter uns leben
können". „Das Hess sieh künUdi**« ragt er weiter, „in der Stadt Leydra in
Holland erkennen, wo 1583 — 85 di^ V/wu Herzogin von Äscot njit Glück
Seidenwfiniur niifzielien und von ikv daraus fjewonnt'jipn Seide Kleider
machen liess, welche die Fräuleins getragen, zuoi Plrätauuen Derjenigen, die
ne galten, in Anbetraeht der Kälte des Landes.** Gegenwärtig sollen in
den Niederlanden steltenweise Maulbeerplantagen vorkommen und die Seiden-
sncht als ein häusliches Gewerl^e betrieben werden.
Wie biTroMidcnd es auch orscliein»Ti mag, so besitzt Schweden trotz
seim-s kalt^'U und .scharfen Klimas doclt Maulbeerplantagen, und wird die
SeidenkoUur an der Südseite der lusel Gottland (bei Visby), dann in
d^ Umgegend von Stockholm and in Gripeholm gepflegt. Die Produktion
dürfte jedocli 2—3000 kg Kokons nicht übersteigen.
Untrr ilmi Xanit-n Lcvaiiti' werden im Sei'lt'üliandcl <lif piirnpaisrho
und die aNiatisi^lu' Türkei, die Halkan>staateu und (irifchenland bezeichnet.
Man erntete gegen lb57 in den Ländern, die das Ottomanischu ßeidi
▼on Österreich trennen, 360000 kg Kokons. Der Haolbeerbaum kommt
hitt allerorten vor; man findet ihn selbst in wildem Zustande auf den
Donaainseln. In den Jahren 1859/63 wurden diese Länder von Graineurs
durchzogen, und die Industrie der Grainierung (stet«? ein Unglück für die
Gegend, wo sie vorübergehend betrieben wird), wurde auf eine solche Höhe
geschraabfc, dass im Jahre 186B mehr als 26000 kg Eaupeneier eraeugt wor-
den sind. Die Folge davon war der Untergang der rationellen Seidenkultur,
und trotz aller seither gemachten Anstrengungen gelang es nicht, sie wieder
auf ilire frühere Höhe zu bringen. Allerdings haben j^ich die«!f' Bemühungeji
bis auf die neueste Zeit, wo sich die Regierungen der Sache annaluueu,
nur auf das Bansgewerbe beschränkt In Bulgarien giebt es einige grossere
SeidenzUohtereien in der Umgegend von TimoTs« Widdin und Wratsa. Die
Regierung hat sich oftmals ins Mittel gelegt, mannigfache Malsregeln aur
Wiederbelebung der Seidenkultur ergriffen nnd Züchtungsversucbe tiaeli
verschiedenen Systemen vornehmen lassen, die Resultate waren aber nichts
weniger als günstig. Zur Förderung der Seidenkultur hat das Sobranje in
einer seiner Sitzungen 1895 ein Gesets votiert, laut welchem die Grainie-
rung nach dem Zellensystem von Pasteur, sowie der Bezug von Samen aus
dem Ausland«- nur unter Kontrolle der Re^^-ieninfj ^»schehen darf. Behufs
Aufmunterung der Seidenzücliter wurden ver.scliiedene Privilegien, wie Be-
freiung von allen Abgaben und Kin- und Ausfulirzölleu, Gewälirung von
eUbariBkiiB, U* SMd«. 16
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242 Geographie und StatbUk der Sddenkultar. Banftnien. Enrop. Titrkd.
Bonifikfttion, Prämien etc. fest|{esctat. Die bereits ennelten Fortaehritte
ksiscii sich aus folgenden Ernteergebnissen konstatieren:
1890 60174 kg
1892 222170
1894 500000 „
In Rnminien i^hlte man vor einem Jahneebnt 500000 B&ume und
enitftf 110000 k«,' Kokons, vornchmlidi in der Walachei. Gegenwärtig
dürft»' die Enitt- 250000 k<( ülM'r.stoi<;i'ii.
L'ntrrdtn an der .Scidenzuclit am nieiston lK>tt iÜLjti :i PTovitr/i ii d- r eiiro-
Itäisclien Türkui ist Mact'douieu die wichli^te; liau[)t>äclilu'ii werden hier
japanische Raosen gezQchtet, welche sich gegen die launenhaften Wittemng»-
einHüs<«e beständi^'er, als die ilbrij^eu erwiesen liabeu. Die wichtijfsteu Di-
strikte sind: Avret-hissar, Kulanieria, Pnsaika nnd ^Vilrilar; der bedeutendste
Kokonniarkt und gleichzeitig'' Kxporthafen ist Saloniki. Im J. 1874 belief
sieb die Ernte Macedunieus ani »85000 kg Kokons.
In Tmkien datiert das Anfbltthen der Seidenkultnr seit 1836 nnd
nahm letctere eine stetig wachsende Entwickelung bis an denn Zeitpunkte,
wo die verheerende Wirkung der Seidenranpenseacben (1856) anch hier sich
geltend niachte. Im 1^56 erzeugte Trakien nur noch 214000 Oken treck-
ner Kokons und im J. l^GÖ nar 54000. Die Zucht konzentriert sich
hanpl^hlich bd Adrian«^. Die Adrianopelkokona, die dnn^ Aufzucht
der im J. 1836 importierten Brassakokons erseagt werden, sind tod ans-
nehmend guter Qualität und worden mehr jjfeschützt, als die von Smynia
und Saloniki. Den adrianopelschen in der Güte nahestehend sind die sogen.
Gebirgskokons (montaLinards), von sehr bestüudiger und kräftiger Rasse,
deren Zucht nur wenig Sorgfalt beansprucht; ihre Farbe variiert von gelb-
liehweiss bis tieforange. Man exportiert die Adrianopelkokons hauptaiehlieh
nach Frankreich. 1874 eraengten Adrianopel nnd Umgegend etwa 950000 kg
Kokons.
Die der Produktionshöhe nach in di itt« r Linie stehende Provinz Tlipssalien
hat ihre Hauptsit^ui der Seideuzucht iu Vulu, Larissa und FLar.saiu; ihre
Frodoktion betrug 526000 kg im J. 1874.
Zur Zeit der Raupenkrankheiten war die Seidenzncht Albaniens im
AnfMiilien l>egrifiPen, weil die albanesische Rasse sich äusserst widerstands-
lilbig erwies; hentzutage jedoch ist sie wenig belangreich. Auf der Insel
Kaudia ist der Seidenbau dagegen in regelmässigem Betriebe; die Produk-
tion wild teils im Lande selbst Toarbeitet, teils werden die erzeugten Raupen-
eier nach Syrien Tersandti
Im .Jahre IST/? betrug die Gesamtproduktion der enropäischen Tftrkei
7470000 kg Kokon« (Kondot); iu der Zeitperiode von 1872 bis 18H2
schwankte die Ernte von einer bis zu anderthalb Millionen kg jährlicli;
1883 erzeugte man:
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GMgnphie und Statistik d«r Beidenknlior. Europ. TOrkei.
24S
gelbe Rasse grüoe Rasae Total
AUrianopel 160000 300000 460000
flaloDiU 300000 570000 870000
Volo, Bmuelien, Bnlgarien 40000 130000 170000
Im ganam 500000
1000000
1500000
Au «Stelle der t'rüherea Rasse^ japanischer ilerkunit werden gegeu-
iriütig in Aidrianopel, Volo und Bumelien fast allgemein franzSsiaclie Bassen
gei&ehtet. Die Produktion troekener Ec^nns war fiolgendermaleen naeh
den FroTinaen verteilt:
1^S9 1891
24lHK)0 kg 250000
100000 „ 120000
100000 ^ 110000
Saloniki. .Macedonieu
Volo, Thessalien . .
Adrianopel, RameUen
1893
426000 kg
130000 „
Im ganiten 440000 kg 480000 kg 555000 kg,
i'ntsproclienfl 13^*0001) k^' frischer Kokons. Im Vilayet Saloniki sind 1893
ööOOO üuzeu liaupcueier, wovon 35000 importiertfr französischer, 5000
italienueber nnd 10000 inli&ndiscber Prodnktion, ansgebrStet worden nnd
swar 86''/o gelbe, 10% weisse und b% grüne Rasse. 1894 betrug die
Ernte 1650000 kg frisdi( r Kokons '^c^au 1 530000 im Vorjahr. Im Rayon
von Adrianopel verteilt sich dio Enite in 75—^0% weisse bagdadische Rasse
inländischer Aufzucht, 15 — 20% gelbe französische und 5**/^ grüne. Uie
Oeeamtenite Adriauopels nnd Bumeliens Ton ca. 5—600000 kg trmkemst
Kokons wird nach Mailand nnd NbisiHlle exportiert.
Die Gesamtproduktion Europas belauft sich gegenwärtig auf 50 — 55
Millionen kg frisober Kokons. Folgende Tabelle läast ihren früheren Um-
fang ergehen:
Dnrehsehnitt der letaten Maximum im laufenden
SO Jahre des lauf. Jabrh. Jahrb.
QdilUonen kg^
Italien
40
65
Frank rricli ....
10
26
Österreich - Ungarn
2,5
4
Enrop&isehe TUrkei .
1,6
7
Spanien .....
14
10
Griechenland . . .
0,1
1
0,25
0,5
0,18
0,3
Eamelien, Bulgarien .
0,18
0,27
Im ganzen
56,21
113,07
Die asiatische Türkei hat erst iu neue rer Z< it das bedeutende Interesse
für die öeidenkultur wiedergewonnen, das dieselbe im Mittelalter für sich in An-
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244 Q«og»plii6 and St«tutik 4«r 8ai4«[ikiatwr. Aidatiacta« Türlmi.
sprudi nahm. Naeh jabtiehiitelMiger DAadam idgi aeh hür du nemw Auf»
■ohwQog. Die relativ grösste Sieigerang hat der SeidentMin im EzploatatioiM'
gebiet der anatoHsclien Eisenbabnen prfnhmi. Die Regierang bekundet grosses
Interesse für deu Seidenbau, der auch für die StaatseiDDahmen von Wichtig-
keit geworden ist In den hanplaidiHclien Centren der Kaltnr werden Master^
gnüirienmgianstalten etabliert und in Brnssa, Iimid und Adrianopel finden
jährlich Preigaoflscfamben afcatt Der allgemeine Anfschwung ist aua der
Handilsstati.^tilv /n ersehen. Einer Einfuhr von Kokons im Werte von
MiU. Piastern stehcu 40 Mill. Ausfuhr, dem Import der Rohneidc vod
30 Mill. Piaäteru ein Export von 103 MiU. gegeuüber. Allerdings werden
nooh f&r 23 Ifill. Seidenfkbrikate importiert und nur für 30000 Piaater
anage führt.
Vor dreisc^ig .lahren belief sich die Kokonernte der Levante auf 16 his
17 Mill. kg; die Hassen waren weiss, zum L'eringeren Teile auch gelb, und
zeichneten sich durch ihren äeideureichtuui aus. Im J. 1883 belief sich die
Ernte auf 1}6 Hüll, kg in der europäischen, 6,4 Mill. in der aaiAtiadien
Türkei und 400000 kg in Grit chenland.
In Anatolien ist die Umgegend von Brusi«a fiir die Seidenkultur Ton
Bedeutung; ausser Brussa selbst kommen in Betracht Gueiulek, Bazar-Kuevi,
Sohenisbir, Sügüd, iu weiterer Entfernung Biiedschik, Bergamo, Erdek und
Kiatachia. Die wiehtigaten Eipodiwfen aind Gnemlek, Panoimo, Imld
nnd Mttdaaia, Termittebt weielier der Handelararkahr mit Frankroieh nnd
Italien gepflegt wird. Im J. 1863 belief aiefa die Produktion Ton Bruan
auf 1200000 Okeu (1663000 kg) Kokona, 1874
in Bnusa anf 1622196 kg Kokons
Umgegend „ 1426904
2949100 kg Kokona.
Die Zuaammenaetenng der Ernte betrug 90% der originellen odw eigena
an^eaftehteten bagdadiaehen Baase, 9,3% einkeimiadittr gelber Raaae und
0,7°„ Japan i.*icher. Im Vilajet Äidin-Smyma wird der Seidenbau bei
Smyrna, Aidin und Palitinipoi ausj^enbt nnd hauptsachlich inpnni>che Rasso
gezüchtet. Die Produktion des Vilajets Karaiuan wird grüsstenteils Ter>
mittelst der HKfen Adalia, Meeona nnd einea der wichtigsten Seidenmiikte,
Tarsus (in Sfldauatolien, Vilajet Adana), naeh Italien exportiert. In den übrigen
Teilen Anatoliens, wie in den Vilajeten Samenn, Trapeannt und Diarbokir, be-
sitzt die Scidi'nzucht nur lokales Interesse, während die im Paschalyk von
Mossul und Bagdad produzierten Ra.ssen als typisch sehr geschützt und nach
Syrien exportiert werden. Die Entwickelung und der Znstand der Seiden-
sueht Anatoliena o'giebt sieb aus folgender IVibeller
1881 1020000 kg { ^JJJJJ
1886 2560000 „
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Osographi* and Statiitik der Sttdeakoltnr. AnatiMbe Tfirltfli.
245
II
1»
1888 2091000 kg
1890 2343000
1893 2643000
Die vorwiegende RRuponpirrrasse Anatoliens ist die weisse bagdadische,
die 1888 nur 20\ ausmachte, in raschem Schritt aber alle anderen ver-
diftngt hat, wie nachstehende Zahlen ertantem:
1888
1890
1893
Wmssc Bagdad reproduziert
200/0
65°/o
930/0
GrSne Japan
5«
5«
(Diarbekir)
Geihe Frankreich
reproduz.
15,,
10 „
0
- »»
originell
55 „
20 „
„ Italien
II
5„
Folgende Mengen Raopeneiar nad zum Ausbrüten verwendet worden
(Unzen):
Ausländische Inländisdie
1892 1894 1R91
Brussa 2686 278 83234 76 992
Isniid 1621 525 21533 25 995
PiUldermu 4801 575 11 609 13 150
Nach den Angaben der YerMaltung öifentlicber i:^chulden l^elief sich
die Ernte Aaatoüens anf kg Kokom:
1892
Brussa
Lsmid
Pauderma
3267171
269020
798479
4333870
1893
8459992
892698
257894
4610584
1894
3404844
89G606
2796öö_
4081105
II
II
Die Ausbeute betrug (in kg Kokons pro Unze) im Jahre 1894 44
bezw. 20,4 und 33,8 ofoffpn 50,2 Viczw. 17,9 und 35,5 kg im Vorjahre.
Auch dieRaupeneierpi üduktioQ nimmt Aufschwung und wurden exportiert:
1892 20317 Unzen
1893 41947
1894 44179
Die Kokons bagdadischer Rasse dnd wdss und gross, jedoch wenigo:
seidenreicb, als die der gelben Bassen, nnd ytm ihrem Urspmngstypua Tidl-
st&ndig degenfrifrt.
Die Zeiten, wo (Hf S«'i(lenzuclit Anatoliens in altlR-rgcbrachter, primi-
tiver Art betrieben ward, sIikI längst vorüber und man kann heutzutage
dasenist Banemhonehen begeguca, die die Handhabang des MikroBkops
nach dem Pastenr seihen Vorgang TorzBglieh bdierrschen. Die 1888 er-
öffiuie Unierrichtsanstalt fBr den Seidenbau, sowie die seit 1893 einge*
Digiii^uu by ^OOgle
2-4Ö Geographie und Statistik der SeidtjnkuUur. Asiiat. Türkei. Griechenland.
fiihrt<^Ti Pr;imi( !i t'iir di« hosten Erfüljje, traf^eii nicht wniig dazu boi, clü'sein
Kalturawcig eine immer grössere Ausdehnung zu gelj< n. I >er Aufschwung ist
bcsondei-s der Förderung seitens der Staatsschuldenverwaltang, au deren Spitze
Engl&nder Cftillard steht, zn Terdanken, die daraas ein niebt ge-
ringes Kinkomraen zieht; sie erhalt eine Abgabe von ll,5°'o »"f Kokoiif.
Die Provinz Syrien hat für die Seidenzucht der Türkei die grösste
Hrdeutung. Die am meistfii daran bttcili^'tcn Oefjenden ^ind die von
Beyruth, Tripolis, Sai'da, Damaskus iiml im nördlichen Teile Syriens Aiek-
sandretto nüt dessen Kokomnarkt AkpiK». In kleinerem Mafiwtalie wird
die Zneht anf der Insel Cypem und auf dem Arehipel des üg^scfaen Meeres
betrieben. Die Produktion Syriens betrug:
18S1 1883
Grüne Rasse .... 1350000 1110000
Oelbe oder weisse Rasse 900000 2ö9')()()0
•i250000~kg 3700 UÜO kg
Dicsi' Zahlen zeigen das Vc^rst-hwinden der japanischen Kasse, welche
heutzutage auch gänzlich durch die französische (Var, Korsika) ersetzt
wurde. Die Raupeneiereinfuhr belief sich auf 200000 Kartons von 25 g über
Beyratb und 26000 über Tripoli. Die Ernte der leisten Jabie stellte
sich auf:
1886 3742126 kg
1888 2651961 „
1890 4636467 „
1892 4102000 „
1894 6889000 „
Im Jabre 1893 worden anch hier nm d« Hohen Pforte Piamien för
dio qoalitatiT und quantitativ besten Erzengnisse der einheimischen Seiden-
zucht ausgesetzt. Man unterscheidet dnn Rayons der SeidenknUar in
Syrien: die übene (plaine), welche die Distrikte Kesruan, Dschebail, Batrun
nnd ^tf» nmüust md Vt der Ernte «raeagt , femer die qnalitaiiT und
quantitativ wichtigste Ebene Bekaa (hasse montagne) und «ehlMSslieh die
demlich primitive Seidenzncht der Eingeborenen in den .Beigen bis zur
Höhe von 1500—1800 ni (haute montagne); die letstere ergiebt Vi ^
Gesamterute und weniger geschätzte Produkte.
In Griechenland betrieb man die Scidenzncht gegen die fünfziger
Jahre in liemlieh bedeutendem Umfange; der Export allein betrog 1857
1-193934 Okcn trockner Kokons und die Produktion dürft« 2500000 kg
überstiegen haben; wahrnnd der Seucht iizoit erlitt ^ie, wie fibemll in Europa,
grosse Verluste, und 1864 belii f sich die Ausfuhr auf nur 32 '.'63 kg. Die
Ernte l)etrug 1872 102000 kg, 1874 cu. 200000; nach anderen Angaben
schwankte sie in diesen Jahren awisehen 310 — ^320000*). G6geniHM%
*) Bepovis fifooi her Mi^estgr eoasat«; Fatras. 1874.
Go jgv.iphle ttnd StAtiatik der Seidenkaltnr. Rugaland.
247
haben nocli du» südlichen Provir!z<"n Mon ns, wie Mcssenu, Lukonit'ii und
Pelopouncs eine {gewisse iiKluslru-lle Betk'utung; die Märkte befiudea sich
in Kalanaatft, Sparta, Lepante und Pairaa. Ausfuhr der Kokons wird
mit der Zeit infolge der Anlage von inlfindiscben Haspelamttaltcn immer
Uiibedeotender; sit- ist von 100000 kg trockner Knkoris 1867 auf 7600 kg
1877 gefallen. Der Export (nach Marseille) belicf sich auf:
1880 23078 kg
1885 •27628 „
18S7 48219 „
hat ehvr dann wieder ubgeiiouiuien. Man sohät/t die gegenwärtige Pro-
duktion Griecheolunds auf ca. 200000 kg trockner Kokons.
In Rusaland wird die Seiderameht in allen südlichen Provinzen ansseiw
ordentlich durch die kllmuti-^ein ii ^^•rhilItnisse unterstöt»t; hauptsächlich be-
treil^t niiiu «lirsellx' mit iM-folg in vielen Orten der (Jouvfrnrmciif s Bf>sara-
bien, Volvnicn, Podolieu, Iview, Ekaterinosluw, der Krim und im Konigreicii
Polen, industrielle Bedeutung bc^t/t im europäischen Uutisliiud iudes^en
nur der Kaukasus. Die eisten Nachrichten flher die Seidenkaltar der nSrd-
lichen Gegenden des Kaukasus CsUen in die Regierungsscit Aleksiej Mi-
chajlowitsch's (XVI[. .lahrh.), der di< SeulenzÜcliter aus Astrachan und
T*nk nach Moskau koninifu Hess. Peter der l» rosse Hess der Seiden-
kultor grosse Fiü-sorge zu teil worden, die numeutlich in den liuyon»
Terskaja« dann StawroiNd in stetigem Fortschritt begrüllBn wari bis SU den
flechsiger Jahren« wo die Seuchen alles su nichte machten. Die Ernte*
ergebnisse, infidge der geringen Sorgfalt meistens von der Witterung ab-
hUn<rig, wanm von jeher grossen Schwankungen nnterworfen, wie folgende
Zahlen beweisen:
1864 1050000 kg Kokons
ld67 206000 „ „
1B70 618000 „ „
1872 1166000 „
Die wiclitigt n II n. ireiulen der Seidenkultur im Nordkaukasus sind Terskaja
oMast' mit d< r Stadt Kizlar, weniger das Gnnv. Stawropol. Im Tran«^kankasus
blickt die 8ei«lenzucht auf eine zehn .Jahrhunderte alte Vergangenheit.
Trotzdem wird sie hier noeh in sehr primitiver Weise« meistoas von den
Frauen, anagenbt; an die Zucht knüpfen sich unzahlige phantastische Ober-
lieferungen und abetglaubiscbe Gebräuche.
Die Sitze der transkaukasischen Sei-l' u/ncht befinden sich im Fluss-
thal Kura, in den Ebenen lukretiens (Kutais), au den Gestaden des Schwarzen
«nd KiaB|nioI»n Meeres und in der Umgegend von Baku. Die bedeutendsten
Mftrkte sind: Tiilis, Nukha, Erivan« Kutais, Kars, Dagestan, Poti, Blisa*
bethpol, Baku, Schuncha und Zakatal. Im vorletzten Decenniutn stand die
Seidenzneht im Kaukasus in hoher Blüte, und wenn sir ^priti r infolge
politischer Ereignisse fast gänzlich in Verfall geriet« so beäudet sie sieb
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248
OMgraplit« and Sfaitbtik dar 8e!d«ilraltiir. Anai Rmdinid.
gegenwärtig dank dt-r ihr m Teil werdeutleii Üuterstützung der ru8sii»chen Re-
gierung, die zahlreiche bakologische Stationen anlegt and den Unterricht im
Seidenbau in den Volkndiiilen yorninunt, wieder auf dem Wege zum Foitsebritt.
Auch die Bestrebungen energischer und bemittelter Priratindustrieller, sowie
(lif hakologiscbo Versnchsanstalt und Aufziiolitcii'i zu Tiflia befördern das
Aufkoinnien der Öeidenkiiltur, der auch die klim;iti«:hen \'( rliintnj.s>c zn stat-
ten kommen. Der Maull*e<'rbauiu ist üWruU in wildem Zustünde zu tindeu,
und nur selten steht man kflnetlich angelegte Phmtagen. Zum gifteten
Teil sind es Kunnitiscbe Mahomedaner, die sieh der Seidenzucht gewidmet
hallt n. — Dil (tc-^i Iiii lite der Ras>ienveründerung ist sehr lehrreich. In alten
Z' itpu zog man im l\ai;kasus nichrerr- Rassen kräftiger WUmier mit sfll^en
und weisseil Kokons und Üaumiger Seide, unter anderen tatarische und
lesghiBclie (georgische) Rainen roa Sdiirraii und Dagestan. Die Kokons
der tatarischen Rasse waren sehr groes; sie hatten 6,36 cm Länge und
3,2 cm Durchmesser. Indea wollte man reichlichere Erträge und acclima-
tisierte eine mailiinder Russe. Man kreuztf dir^ell)o mit den einheimischen
und widmete sich Ende 1860 der (irainiernng, die bald einen solchen Mafsstab
erreicht hatte, das» sie im Jahre 1864 eine Höhe von 40000 kg Raupen-
eier ergab. Aber schon 1866 war diese Quelle Tersi^ und die alten
Rassen verloren; die Epidemie wütete allerorts. Man wandte sich nun, wie
iilierall, der japanischen Kasse zn. Di< hauptsachlic Ii kultivierte H i« ^ ist
die im l.nndi' r» produzierte grüm- japanische, der sieh die gelben franzö-
sischen und italieniscben, jedoch nur zum geringen Teil, anreihen. Auf die
einheiraisebe legt man kein besonderes Gewicht und die typische weisse
Korassenrasse sebeint dureh fbrt^brende Kreuaung mit der japanischen
vollständig degeneriert zu sein. Seit einigen Jahren hat aber auch die
weisse bagdadischc I?as«r' sehr VM-trächtliche Aufnahme gefunden. Nukha-
distrikt im Gouvernement Elisabethpol ist das wichtigste Centrum kauka-
sischer Seidensudit. In den Jahrsn 1868 — 1865 bat dieser Rayon Fnmk-
reich und Italien mit Raupeneiem gelber Rasse versehen; aber 30000 "kg
Raupeneier sind im Jahre 1863 allein ausgefillvrt worden. Von 1850 bis
1863 wurden im Kankasnv durchschnittli. h 560—600000 Pud, = 9
— 10000000 kg Kokons geenitet. Von diesem Zeitpunkt an verfiel die
einheimische Rasse stetiger Dekadenz, trotz der Bestrebungen, sie dureh
ftansSsiscbe Bassen an verstärken. Nach a^lglossn Vetsnchen mit den
Rassen Ton Khiwa und Vardanzy wandte man sich, wie gesagt, der japa-
nischen zu. die auch mit Erfolg ri-produziert wurde, doch wird jetzt die
letztere allmählich durch die gelbe und weisse Iwigdadische ersetzt, von
denen speciell Brussa sich besonderer Beliebtheit erfreut. Die Produktion
des Kaakasas belief aich, gegen «ne Duiehschnitfcsemte von 3,2—3,6 Uil-
Uonen kg in dar Periode von 1870—1880, auf:
1886
1888
2457000 kg
1820000 „
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Geographie und ätatittik der Seidünkultur. CentralMieiu
249
1890 2780000 kg
1893 2 800000 „
Nach gewuBeDbalteii Erbebtmgen wird die gegeowSitige Dttrchsebnittih
produktion drs Kaukasus auf 300 — ^360000 Puds oder 5 — 6 Millionen kg
Kokons geschützt, die indessen eine nur geringe Ansbetitc an Grege (30: 1)
liefern. Die Ernte wird teils im Lftude verarbeitet, teilü nach Moskau au»-
geführt.
Die Wicbtigkeit Centralasiens fttr die Seidenknltnr wird meistens
sowohl in qualitativer wie quantitativer Hinsieht nnterächätzt. Die hier in
Betracht koinmriidcn Iiiiii<ltr umfassen einen Ranin, der das zehnfaclie des
von der Scifknlciiltur in Kuropu ein^'enommeuen betrügt. Sowohl im rus-
äi^hen und im chinesischen Turkestan, wie in den kleineren Staaten Mittel-
asiene, wird die Seidenzodit r^lmJbaqp und eifrig betrieb«!. Zablreiehe
?Müsse zieh«! von den Gebirgen hinab und bilden weite, sehr fruchtbare
Thäler. Man findet hier fast ül;erall den wilden Maulbeerbaum, die M. alba
nnd M. nigra, vorwiegenderweise den letzteren. Auch wilde Maulbet^rranpen
waren in deu ceutralasiatischea Gebieten einheimisch. W ir wissen, dass die
regeUDaerige SeideoknUnr anerst nadi Ebotaa gebracht wurde; die weitezen
Oesehieke der Seidemucht dSeeer Linder eind vau ^doeh grüestmiteik unbe^
kannt; wahrscheinlich ist, du.ss bis tarn Au^ngc des XIII. Jahrh. die politi-
schen Wirren auf dieselbe störend einwirkten. Unter dem Einflns.s des italieni-
schen und russischen Handeis kuoi das (iewerbe empor, behau]ttete sich einige
Zeit, bis zum Aufkommen der abendländischen Seidenkultur, und sank dann
auf die frOhore H3he der Bauaindaatrie aarOek. Erat im XYIII. Jahrh.
aind erneute Versuche gemacht worden, die Knitaren zu erweitern. Unge-
achtet der Unsicherheit uud der Armut, winl fast in allen Thalem, die
inj allgemeinen sehr fruchtbar sind, der Maulliverbaum gepflegt und der
Seidenwurm aufgezogen. Die europäischen Graineurs unternuhiueti mehrere
Expeditimen in diese fruchtbaren Gegenden, und 1863 worden belnnntlieh
drei solche Italiener zu Bukhara dreizehn Monate in Gefangenschaft ge-
halten. Trotz der Krüftigkeit der Rassen crtraben dir turkestanischen
Ranpeneier in Europa keine guten He.sultate. Für die (irainiernng werden
diejenigen Kokons reserviert, deren Form als die regelmtlssigste und deren Ober-
fläche mdriert «scheint, weil diese am s^denreiehaten sind. Nicht nur in Tur-
kestan allein} «mdem fast bei allen TSlkem Centralasiens befolgt man die auf
einer alten Überlieferung liegründete Gewohnheit, alle drei oder vier .Tahre
die Rauiwneier zu erneuern und frische Onüns aus entfernten Orten zu
beziehen. Man züchtet liauptsüchiich einjährige Rassen mit gelben, weissen
und grünen Kokons, von denen einige italienischwi Ursprungs sind. Die
ehemalige Bukhanurasse ist noch nicht gSnalich eingegangen; hei der Aus-
stellung in Wien 1873 war dieselbe durch gelbe Seiden vertr^n. Diese etn-
erntijie Rasse unterscheidet sieh von r\,'n Ra'vsen Chinas und Ka.schmirs.
im Khanat von Khiwa erntet mau gel Ix; und weisse Kokons zweierlei Kassen,
250 Geographie und Stotittik der SeidenkiiUar. Ceotratsaien.
'IV-luiliu Ulli] Mixliriii; die gfllie Rasse wird jpilocli ln'vnry.u^'t. In einigen
(jogenden, wie iti Kaschmir, /lichtet man auf türkischf Art, d. i. auf Zwcigeu
des wilden NAnlbeerbaomcs. Die n5rdlieh von IChotaUf in der frucbibaren
Kiedernug dos Iii gelegene D/ungarei ist eine der fflr die Seidenkultur ge-
oigtu'tsten Regionen CentraliLsiens; früher war die letztere sehr verbreitet and
gedieh vortrefflich, wurde aber infolge der Kriege mit China in den Jahren
1863 — 67 vernicktet. Trotz des rauhen Klhuas wird der Seidenbau in
einigen Thälem Thibeta, die«« Eünigreiclis des Scbneea, betrieben. In
einer Ton svei Chinesen gescbriebeaen Sobildemng dieses Landes liest man,
dass (l-T Seidenwurm in einer der siidlit hi n Provinzen gez(^n wird. Das
Auskriechen der Raupeneier wird durch die menschliche Wärme bewerk-
stelligt. Dieser alte Gebrauch, kleine Söckchen von den Frauen tragen zu
lassen, war nbrigens aneh in Frankreicb nnd Italien im XVI. bis XVIII.
Jabrb. sebr Sblich. Die Kokons Centralasiens sind cwar von weniger tarier
Natur, als VOSk feinkörniger und gleichniilssiger Bescbaflenhf it, namentlich
diejenigen von Khnk.iiul iiiul Bnkluira; auch sind 5)e meist sehr seidenreich.
Man betreibt damit einen ziemlicii ausginlchnten Handel nach Kussland und
Indien, und es ist nicht au.<igeschlo8seii, duss die im Verkclir unter anderen
Namen vorkommenden Kokons und Abfälle ans diesen Gegenden herstammen.
Ks fällt schwer, die Produktionszahlen aufzustellen, da eine Kontrolle aus
leicht erklüilielirii (Jriiiulen niimöglich ist. An anderer Stelle i-^t dii' tipprnxi-
raative Produktion der riis.';isch«'ii Gebiet« üiigcgelMni wonlm, für «las gf-
samtc Centralasieii dürfte die Menge der geernteten Kokons jenes (Quantum
um 60*/« übersteigen.
über die Gesamtproduktion Russlands sowie Gentraiasiens liegen fol-
gende statistische Daten vor, welche die bereits ausgesprochene Ansicht, dass
hier die Seidenknliur !;ehr geeigneten Boden besitzt und weiterer Entwioke-
luog entgegensieht, bestätigen.
Sfldgonveniemenia, Polen 2000 Pud
Kaukasus, Transkankasien 320000 n
Bns<%{$ch Tnrkestan, Bnkha», Khiwa, Trans*
kaspien 960000 .,
Im ganseil . . 1282000 Päd
EokoDs entsprechend ca. 210ÜOOO0 kg.
Im speeielkD erzeugen (approodmativ);
Bakhara .... lOOOOOOO kg
Ferghanah ... 3000000 „
Ko^ohend . . . 2000000 „
Kascbgar .... 1 900000 „
Khiwa 600000 „
Tascbkeot . . . 400.000 „
Geographie und Statistik der SeidenkuUur. PerMcu.
251
In dem unbedeutenden Gebiet von Sainarkand werden allein 250000 kg
geeratet, die von etlichen hniulerten 1< leiner Ha^^pelcien mit einer (Tesamt-
produktion von 25ÜÜ0O Rubel verarbeitet werden. Trotz des bedeutenden
Um&nges wird der traoakaspiscbe nod turkeatanwehe Seideobnn noch in
sehr primitim Art betriebüi. Hauptsüchlich befassen nch Wdber nnd
Kinder mit demselben und zwar werden Ställe nnd Speicher zur Aufzucht
bestimmt, worunter froilicli di»' iTfonk'rliclio Reinliclikeit leidet, und Ranpen-
krankbeiten nicht selten den Krtrag aut ein Dritteil reduzieren. Dabei besteht
eine Menge abergläubischer Qebilaehe; es darf z. B. nuter keinen Um-
stinden ein Fremder die Wiirmer sehen. Die nissieehe Regierang ist eifrig
bostnbt, dem Fortschritt freie Bahn zu ;>fTiien und errichtete 1885 eine
(Taschkent), nachträglich noch drei andere hakologisclie Stationen, die zur
Aufgabe hatten, die einheimischen Hassen, haiipf^iichlii Ii Hukhara, Kliiwa
und Vardanzy zu verbreiten, welche Uestrebungeu jedoch iufolge der aaf-
geiretenen l^nkheiten misaglückten. Nacbtrftghch kaltivierte man eine
Mischnngsraase der franaOsischen mit der itatienisehen; gegenwartig wiegt
die japanische neben der korsikanischen vor.
Persien erfnnit sich in einem Teile seines Reiches der Scidcnkultur
besonders günstiger Verhültuisse. Früher kam der scliwarze Maulbeerbaum
in wildem Zuatande in grosser Zahl tot, wurde abor bald durdi den weissen
ersetat, der, wenn nicht in Persien selbst, so doeb gewin in den Nachbar-
ländern einheimisch war. Persieu war eines der ersten seidener/.etigenden
Länder We.sfasiens, da die Seidenkultnr hier bereits im VII. Jahrhundert
Eingang gefiimlen hatte. Di« Kokonernten waren von jeher sehr be-
deuteud und ntan kann annehmen, dass sie im Laafe des XV. — XVIII.
Jahrh. die H5he von 30—40 Millionen kg erreicht haben. SpSter, nnd
zwar nooh vor dem Auftreten der Raupenkraukheiten, ist die Produktion
gefallen; man erntete 1850 lö Mill., ein Jahrzehnt später ntir H Miil. und
1865 3,6 Mill. kg Kokon.«. Persien besa.'^s ursprünglich gerande Kassen, welche
zwar Kokons von grosser Form ergaben, nach und nach aber schwächer wurden
nnd der Efndemie nicht widerstehen konnten. Nach ihrem Anssterben worden
diese Rassen dureh ^e von Japan und Khorassan ersetzt, die jedoch nur mittel-
mS-ssige Produkte ergaben. Da« Sinken der .Seidenpreise und lokale Ur-
sachen haben schliesslich das Fällen zahlreicher Manlbeerbünme veranliisst. An
Tieleu Orten haben sich die Bauern statt dessen der Kultur des Mohnes be-
hnfe Opiumprodnktion gewidmet Die Zuchten werden in den Oebiigen noch
in einer HShe Ton 2000 Hetem betrieben nnd findet man hierselbst ganze
WUda* MaiillmwihUniii« In den Ebenen der Central pro vi nzen wird der
Seidenbau nur an vereinzelten Punkten, die Maulbeerbaum-Oasen inmitten
der äaudwQste darstellen, ge^Üegt, so in der üt&dt Jezd und den um-
gebenden Dörfern.
Die Seidenmeht wird im wesentlichen in den gebirg^en Gegenden
Ghilans und Khoras-sans und an den Ufern des Urmiahsees betrieben. Persieii
besitzt die für den Seidmhandel mit Rnssland wichtigen Häfen, ßeeht und
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252 Geographie und Statistik der äeidenkaltur. beladachistan. Ka&cbnilr.
Laid^chan; dagejrpn gelaogeu die nnch Enropa fxportit'rten Kokons nnd
Hoh^ide auf dem Landwege nach Trapezunt. Ober die Produktion Per-
siens liegen keine statistischen Angaben vor; die nachstehenden Zahlen
konneD aioht ttbi vnbediogt niAlfigebend gelten.
GLilan . . . . 32O00OU kg Kokons
Mazanderan . . 280000
Adserbeidschen 240000 „
Khorassan . . . 126000 „ „
Knsistan, Fan . 9^000 „
Im gUBsen 3944000 kg Jjj^okons
Die Si'idenkuitur ßeludschistans ist ron geringer Bedeutung, da das
Land wenig' kultivieii wird, und nur in den «n &ea Abhängen der Gebirge
gelegenen Dörfchen sind Maulbeerbäume in grösserer Menge vorhanden. In
Afghanistan wird der St'idenwurni in den n'drdlichen und westlichen Tei-
len, die man aff^hanisclus Tiirk"^t;m oder Khora»<an nennt, kultiviert. Im
Norden des Uindukuscii »md dn' weiten und fmchtbaren Tliäier des Aiuu-
dari» Sitae der Seidenkultur, weniger die Ebenen des Herirud and Fermbrud
nnd dtt Thal von Herat. Die Prodnktionsliftbe erreiebt 2,6 Sltllionen kg
Kokons.
In Kascliinir soll die St idt nkultur ehemals in grüsscnm Umfuiii»e be-
trieben worden sein, sie ging jedoch im Laufe der Zeit ein. Erst in letzter
Zeit, und zwar seit den siebziger Jahren, lüsst sich ein erneuter, bedeutender
AnÜMikwung Terceiebnen, der aller Wabnebeinlid)keii nach danernd sein
wird. 1879 ist dieses Gewerbe vom Staate übernommen worden, dar ei in
wirksamster Weise fiinlert und konfrdlliert.
Britisch- lud ieii scheint auf den ersten Blick der fcJeidenknltur günstige
Bedingungen zu bieten, giebt es ja auf der ganzen Oberfläche de.s Landes ein
doppeltei Nets von Gebirgen und WaaMrIiufen und weite Hocbebenen, die sieh
durch ein verhältnismässig mildes Klima auszeichnen. Der Maulbeerbaum, und
iwar die weisse Varietät, wächst in wildem Zustande am Tlinmlaya in aus-
gedehnten Wäldern. Man weiss, dass die Bevölkerung zubireich nnd arheit-
sam ist, die Handarbeit billig und geschickt ausgeführt wird. Und doch
hetreebi in Indien, mit Ausnahme einer klemen bergigen Region, wahrend
des Sommers eine brasnende Httse und nur anf den Ausliofem nnd end-
lichen Abhängen des Himalaja, auf den Hochebenen der niedrigen Gebirgs-
züge im Osten und Westen, trifft man eine missigere Temperatur, die der
Seidenknltur günstig ist. Die Bevölkerung ist daselbst ziemlich spär»
lioh gesäet; die Mohammedaner, die sieh in Indim der Sddsnkattar am
willigsten widomi, ünA hier nur aehwaoh T«airefcen. Wie man ersieht,
steht Indien in eigenartigen klimatischen nnd ethnologischen Verhältnissen,
die auch auf die Seideu7nrht einen nnverkeunbaren Einflues ausüben. Die
in Indien am meisten verbreitete Kasse ist die „Desei-polu** mit kleinem,
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0«ogxaphi« nad Statistik der 8dd«idnilbtr. BritiMli-IadieD. 253
^üldgclbem Kokon, die drd bb (duf Ernten liefert Übrigens ist diese
Rasse nicht miii, denn 1771 worden KnusDl^n mit ineiirerntigen chine-
sischen Rassen vorgenommen. Hondert Jahre spater, 1879, siuil Zuchten
mit einerntigen Rassen Frankreichs, Italiens und Ja]uiiis durch;,'« führt worden.
Die Aufzucht der Maulbeerraupe ist nur in einigeu Gegenden Indiens
m^Iioh« dft dtt sehr nnbestindige und ngneriiebe Klima, wie i& Oenttnl-
indien s. B. in der üngegnid von Bombay and llfadns, eine regelmfisrige
Seidenkultur unmöglich macht. Deshalb ist dieselbe, im Gegensatz zu ande»
ren Ländern Asiens, fiLst ausschliesslich auf eine Ttegend beschränkt, nnd zwar
in Beugal au der Mündung den Ganges, in Assam läugs des Bramaputra,
dann in Mussorieu und iu einigen Teilen der „Lower provinces"; Mns-
sorien besitzt flbrigens nar wenig Bedeutong. In anderen Ptavinzmi In-
diens, wie Kaschmir, wird die Produktion an Ort und Stelle yerbraucht und
kommt gar nicht iu den Verkehr. Ausser den klimatischen Verhältnissen,
fallen die Vorurteile der Buddhisten störend ius Gewicht, welche z. B. das
Backen der Kokons nicht gestatieu, wodurch jeder Grossbetrieb unmöglich
wird. Dftnk den Bemflhungen der indischen Begiening verBchwinden jedoch
diese Vorarteile nach nnd naeh. Es ist bemerkenswert, dass weder in Indien,
noch in Assam Kokonraärkte abgehalten werden; die Versorgung der ziem-
lich zahlreichen, teilweise schon nach europäischer Art eingerichteten Ifaspfl-
anstalten erfolgt durch Vermittler, die sogen, „gumastas", welche, von Dorf
an Dorf lieheiid, den ehndnen S^htnn den Vorrafe abkanfon, dar selten mdir
ab einige „Kahans" (Kahan = 1280 Stück) betragt. In qnanütatiTer Hin-
sieht war die indische Seidenkultur ehemals von nicht geritq^ Bedeutung,
wenn auch ihre Kr/tnifxnissp v\p\ tu -wünschen übrig liessen; zu Bt'ginn
unseres Jahrhunderts belief sieb die Kokonproduktion auf 20 — 25 Mill. kg.
Erst seit einigen Decenuien verfiel sie einem unaufhaltsamen Niedergang,
der Ttelfaeh erOrtert wurde und dem entgegensuwirken die indisehe Regie-
nmg ernstlich bestrebt ist. Der gegenwärtig von der regelmässigen Seiden-
kultur in Bengal eingi-nommcno Fllichcniulialt hotriigt 284000 Acres, d. i.
ungefähr 11.5 Mill. Hektar, während vor dreiNsiir .Tahren noch 35 Mill.
bepflanzt waren. Als huuptjiiicbliche Ursache des Verfalls wird die Kost-
spieligkeit des Areals angegeben, neben dem Umstand, dass sur erfolgreichen
Zucht das zarte Futter des Zwergmaulbeerbaumes erfordi rlich ist, der natar-
gemüss viel Flächeninhalt einnimmt; die Strauchvarietät hat dafür den be-
sonderen Vorteil, das'^ nie bereits drei Monate nach der Anpflanzung
der Ableger ertrugstähig ist. Indien besitzt mehrere (6) Hauptra.ssen des
B. mori, in ihrer Mehrheit yielemtiger YatietSL In den niedrig gelegenen
wannen Distrikten liefert die Maulbeemupe gdbe, auoh grQnliche KokonB»
drei- bis fünfmal jährlidi; die beste QuftUtilt wird iu der kalten Jahreszeit,
vom Oktober bis Fchninr geenitet. In manchen (legenden heriMiht die ein-
erntige Varietät mit j^^elben und weissen l\ukt>u> vor, der überwiegende Teil
der Produktion guliürt jedoch deu mebrerut;geu Itosseu au, die seht bis neun
Ernten ergebim, aber nur drei- bis viermal aulgetttchtet werden. Die Zeit*
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254
6eogra|ilii« und St«tUUk der SeidenkuUnr. Brititch« Indien.
dauer Tom Auskriechen lüs sum Eiaspinnen betriLgi 20 — 22 TAgfi im Som-
mer uud 45 50 im Winter, doch kann sie nach Alipt're*) auf 16 bozw.
Tnfjc mluziert wr-nlrn. wrldiei- Uni-fiiriil hmiptsächliph für clif^jenigeii
iUstrikie, wo die J"'leckkranki»eit nocii stark hervortntt, von Wichtigkeit ist,
da di«8e Zeitdauer zu kurz ist, um ein irgeudwie uaiubaftes Umsichgreifen d«r
Seuehe zu ermögliebea. Die Kaftieneinteilimg der indtsehen Bevölkening ist
das Haupthindernis fttr die erfolgreiclie Kinfiilirun^^ der iinemiigen R;t.sse,
weil sie dem SeidenzOchter nur voriiborgelioiidc 1).sili;il(itT(jnfT iff-stattet.
Nach gotiauen lk'rechiiunf,'«*n erjfii'bt ein Acre .Maulbferiiiaiituge sechs Muunds
(1 Mauud = 33,6 kg) frischir Kokons jULrlieli, was eine Totak-rnte von
1704000 Maunds oder 57000000 kg Kokons ausniBcbeD sollte; thatsSehUch
crfiit'bt dersellH- aber nur den fiUiftfu Teil davon. Ausbeute beträgt 30 kg
K'ikdiis ju r Unze Raupeiicit-r, 100 kg frischer KokoiiN Ii. fern 37,50 trockner
und 11*0 kg der let/tt-n-n 1 5 kp R»»h*^pide, ein sehr ungünstiges Vi-rhältnis.
Aus dem üe^gteu erhellt zur iieuUge, dass, bei den gegenwärtigen uiedrigeu
Preisen der Rohseide, die indische Seidenkultur so lauge kein lukrativer
Erwerbszweig werden wird, als es nicht geliogt, die Ras^ und deren £r-
zeugni>se in qualitativer Hinsicht bedeuti'ud zu verbessern. Man befasst sich
"thrigeus jetzt damit, die Strtinohviinctflt. ^T, indica, diireli die grosse M. ser-
rat« zu ertk!tzeu, im aiigemiMneu auch andere öfters vorkommeude Nähr»
pflanzen heranzuziehen, beispielsweise die M. aurantaaea, Bodhmeria l^irea
(Bhea), Ficus religiosa und andere, am die Kultur wohlfeiler und allge-
meiner zu gestniteu.
IHe wirbt i<.;>ten Distrikte der regelmässig betriebenen Seidouzucht be-
fiudeu sich gegenwärtig in Rajshahi, Moorshidabad , Midnapoore, Mnidah,
Bardwan, Birbbum, Bogru, Schissore uud iu Aäsam — iu der Umgegend
Too Goalpara. Wie hereits ohen erwähnt, besitzt Indien (Bengal) keine ur-
sprünglich einheimische Kasse; die jetzt gezüchtete wurde aus «ien nörd-
lichen Gegenden Hindustaus, wahrscheinlich über Bactria uud Kaschmir -),
oder aus China importiert. Dagegen besitzt Indieti zahlreiche Abarten der
gewöhnlicheu ^luulixerraupe, die weiter uuleu aufgeführt werden sollen. Die
regelmissig gezflckteten BÜsen Bengals sind meist mehreratig, nur selten ein-
erntig; die ersteren können durdi geeignete Aufzucht bis auf 6 -8 Ernten
jährlich gebracht werden, docli wi rd» n üblichersveise nur 3 -1 gesammelt.
Das lieste Prndukt st heineu die Ernten im Oktober, November und Februar
zu liefern, dann die Märzemte und schliesslich die minderwertigste Qualität
die Juli- und Augustemt« (indisdie Regenzeit).
In Bengal, China, Annam, sowie in einigen anderen Distrikten Indiens
sind nielirere im Freien lebende Bombyxarlen heimisch, die ebenfalb vom
Maolbeerbanm fressen uud ihrer Lehensweise und entomuiogischen Anzeichen
') The text. Munufucturer, tBi>4, p. 518.
■) Hutten, Note» oa tbe ladian silkwonni. B. 11.
Oeognpbi« mä Statutik dar Smdenkaltar. Britiidi-IiidieD.
255
nach, als Abatten resp. Prototypen des B. mori betrachtet werden köuaen.
Die Seide dieser Seid<H»piiiner kommt aawdleii mit der eehteo ISeide ver-
mischt in den Handel, und anch die Hassen selbst werden öfters gekreazt.
Bs ist walirscbeinÜch. c]a«s gewisse Gattnn^if'ii der chinesisciion Gn-ircn, die
nnt(!r der H*>zeichntvng Canton, Tsatb'i's im N crkt-lii- vorkoiuincn uml stiiikor
sind, als gewöhnlich, von diesen Abarten des Maulbeerspinnera herstammen.
Die dem B. mori am nächsten verwandte Theophila Hnttoni (West-
wood), welche in wildem Zustande nnd einerntiger Varietät lebend, in Moe-
sorien und Simla vorgefanden worden ist, wurde einige Zeit für die indische
Urform der Maulbeerranpp jjehnlten; spätere l'ntersuchunpc* n «tollten in-
desseu fest, dasä die iudiächen Mnulbeerspiuner (auch die in halbwildem Zu-
stande lebende) mtht einbeimiscb, sondern importiert sind.
Bombyx textor (Hutton) ^) wird von den Eingeborenen in Oonatea, Se-
ramporo, Hughli als „boro jioloo" (grosser Wurm) bezeichnet, was tbat-
Siicbüch nnrichtig ist, denn i r Ist kleim r, a's tlie «n^hte M^aulbeerruiipe.
derselbe liefert ein-, unter ümstäufleii zweimal jührlii Ii in Hengal und Assam
weisse zugespitzte Kokons. Diese iiaupenart, welche ni Bengal weisse Ko-
kons spinnt, ersengt in kälterem Klima Musaoriens indessen nur dann weisse
Kokons, wenn die Raupeneier ans Bengal herstammen, dagegen gelbe, wenn
die Aufzucht in Mussorien selbst erfolgt ist.
Im eigoiitlichen Sinne des Wortes r^gelmBssig gesfichtet werden fol-
gende Varietäten:
Bomb, fortnnatos liefert inSardab und Kajshuhi uiebruials im Jahre kleine
goldgelbe Kokons und wird von den Eingeborenen Desai oder Cbata poloo
genannt, was den eiuh» heu resp. kleiiieii Wann bedeuten solL Trotz
dieses Präilikats ist fiueh diese K.iupenart nicht indischen Ursprungs, sondern
stammt mi'^ Af;5!;ui) in r. Dass «ich die Seidenrassen in Indien im Zustande
der Dekadtui behiideii, geht aus dem Umstände hervor, das« mit dem B.
fortunatus gegetiwärtig bei höchster Sorgfalt nur 3—4 Ernten enielt wer-
den, wahrend früher sieh mit Leichtigkeit 6 — 8 G'enerationen aufsüohten
liessen.
B. meridionalis iit in Cuddapah, Madras und Koimbatore heimisch.
B. Oroesi (Hutton) ist chiueaischer Herkunft und wird in ziemlich aus-
gedehntem Maßstäbe in Bengal, Rajshaht, Birbhum, Serumpore und Assam
gesOchtet; er ist mit dem assamesisehen kleinen „pat" identisch und wird
als nistry oder madrassee poloo — auslruKlischer Wurm — in Bengal und
als chota poloo in Assam bezoichnct. Nach Indien wurde er um die .Jahre
1820 — 30 eingefilhrt *). B. Croesi liefi rt iu gänzlich wild.-uj Znstande atif
dem Maulbeer- und Feigenbaum mehnnuls im .Jahre (zuweilen 7 — 8) kleine,
goldgelbe Kokons, die eine sehr fäne Faser lieftnn (0,016 — 0,018 mm).
') Button, Notes on the Indian Bombjcidae, 1871*
*) Hut ton, Notes od tbs ailkwoniM of India.
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256
0«(i!gi»pbie- imd Statkfcik d«r Sflidenknltor. Biiü«eli>iiidi«D.
Ettltiviffit dauert seine Bnitseii 8 — 9 Monate, weshalb ihn die Eingeborenen
lehemia-pftt — Ua^fuaoet Wnnn nennen.
B. arracantM)si«i, in Birma einheiini^tch, ist mehrerntig und, Uefeit
weisse oder gellie kokuim mit feinfadiger Seide.
Von den in Assam Torkommeaden maulbeerfressenden Seidenspinnern
liast sieh nicht, wie Ton den indiaehoi, mit Sicherheit behaupten, ob sie
originell oder importiert sind. Der grosse oder langsame Wurm (lehemia-
pit) ist walirsclit'inlich eine Abart des R. raori; während Button u. A.
denselben für B. textor erklärt haben halten ihn Anden* für di(^ ori<;iaeU
assanteüische Ursprungsform des B. mori. Der „boropuluo'' vuu Assam
^innt gelbe Kokons, welche aber nach Eintauchen in alkaHsche Lö-
sungen weis.s werden. Der kleine „I^t'' von Assam oder „chota poloo",
B. Croesi nach llutton, !i»^fort weisse Kokons, deron Seide minderwertiger
ist, als dii' (.h-r vorherigen Seidenraupen; er ist mehrerntig.
Trotz, oder richtiger infolge des grossen lUichtiuns an halbwilden Maul-
beerraupen, fehlt es der noch sehr unvollständig ausgebildeten und mangel-
haft geleiteten indischen Seidenknltur an der nötigen Vollkomnienhnt, um
sowohl ihre natürlichen Reichtümer auszunutzen, als diese in passender Weise
zu verwerten Die Gesamtprodoktion Indiens dfirfte auf folgende Mengen
abgeschätzt worden:
Bengul . . .
Mussorien .
Aiisam . . .
Lower Provinoes
Im ganzen
Auf der indochinesischen Halbinsel ist die Seidenzucht beinahe übprall
verbreitet. In Tonkiu gcbüren die Maulbeerplantagen fast zu jeder Haus-
wirtschaft; infolgedessen ist die Seide eines der hanptsieblichsten Eneng-
nisse. Man zSchtei fiberall ansschliesslich gelbe, mehremtige Rassen. Die
wiebtig.sten Distrikte sind in Tonkin: Kescho, Bintbuang und Tnran.
Die toukinesischeii Kokons werden iti beträchtlicher Mengen nach Tliina
exportiert. Die Entwickelung der ^>eidenkultur in Tonkin schreibt man
dem Umstände za, dass die Bevötherung bei der Entfernung vom Hofe
Ton IIu4 imd infolge der Widerstandskraft, welche sie sich — als Nachbarvolk
Chinas — angeeignet hatte, weniger unter den Equ'essungen zu leiden hat
und sich einer gesicltcrtcn, von Gewinn begleiteten Arbeit wiilnien kann.
Die anoamitiscben Provinzen weisen minder günstige Verhältnisse aul; die
■) Stack, Silk in Assam, 1884.
*) Liotard, Memorandam on Silk in ludia, I Caloitta 1883.
Geoghegan, Some aeeooat ef Silk fnbidia, Mpecially ot the varioos attsmiits
to sneovrsfs aad eitend serisitltare in thaft eonntry. LimdoB 1B74.
480OU00 kg Kokons
400000 „ „
2900000 „
sooooo „ „
8400000 kg Kokons.
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Ocographi« und Statistik d«r Mdcnkvliar. Indiwb-Chuia.
257
Bevölkerung ist weuiger dicht uud mit Abgaben belastet. Man züchtet
hier mebremtige Rassen, sammelt jedoch nur eine oder zwei, selten drei
Kolnmeniteii. Die Sdde ist sumeist gelb. In Kambodaoba ist der Boden
fruchtbarer als in Annum und die Maulbeerplantagen hSuflger, man erntet
hier jedocli viel weniger. Die Kokons sind die kleinsten, rlie man In Indisch-
China erntet (25 mm Länge), von gelber Farbe. Die Znchtt?n haben ihren
Sitz in den £beneu nördlich von Penum-pengh; auf der lusel Ksach>Kondiil
gewinnt niftn gute Seide und vemrbeitefc de in Battambong und Aogkor,
wo die sehr gesuchten Langatis, eine Art SehSrzen, fabriziert werden.
In Siani ist die SeidoMOcht von wenig Belang. In der Mitte des
XVIII. Jahrb. waren hier grosse Fortschritte zu verzeichnen, die seit dem
unglücklichen Krieg gegen die Birmanen aufgehört haben. Die gezüchteten
Rassen sind dnrchgehends gelb und mehrerniig; die Aufzucht dniMWi 30
Tage. Der Kokon wird in einem Tage fertiggesponnen; noeh 9—10 Tagen
krieeht der Sehmetterling aus und bereits 9 Tage nach dem Kierlegen
kon^mt die neue Ranpengeneration an diis Tagesliclit. Da die Kokons
sofort anfgearheitet werden, so keimt mau dos Dörren niclit.
Dm warme und leuchte Klima den französischen Nieder- koL»chmchiuu.s
macht die Seidenknltur besondere leicht und mflheloB. Zahlreiche Maul-
heerplantagen gewahren fQnf und sechs Blätteremten im .Tahr. Man
züchtet eine kleine, gelbe, mehrerntige Kasse, die mau für die r)e8si-Polu
von Bcngal hält. Die Kokonliülle ist sehr zart. Tut Kreise Chandra
Kotschinchinos züchtet man drei \ arietäteu des eiuheiniiscben B. mori: tam-
se« baü-diefl nnd hafi^U, wovon die erstMW blnsgelbe, die anderen dunkel-
gelbe Kokons ensengen. Alle mnd mehrerntig, können bis seehs Generationen
jährlich erleben, werden jedoch nur dreimal gebrtttet. Da» Backen erfolgt
mittels kochenden Wa.ssers, das Haspelverfahren ist i^ohr ^irimitiv. Ko-
kons, Abfsille und Gewebe werden nach (jhalon, Singapore und China ex-
portiert; der grösste Teil wird jedoch im Lande selbst verbraucht. Der
Seidenbau Kotsebinehinas wird gew5hnlieh untersehatat; unter richtiger Fflr*
eotge würile derselbe durchaus zu einem umfangreichen nnd gewinnbringenden
Gewerbe erblühen. Im Kreise Loug-Xuyen giebt es zwei Hassen: täm-
liem (gelber Wnrm) nnd tam-nna oder bau-bi, deren dreierntige Kokmis
bei blatiser Farbe von niiuderer Qualität sind. Die Eingeborenen versuchen
▼ielbeh eine Kreuaung der beiden Rassen miteinander, jedoeh ohne be-
sonderen Erfolg. Da die Weherei Long-Xuyens in «iemlieh bedeutendem
üm£ange betrieben wird, so findet keine Ausfuhr der Rohstoffe statt, Ober-
dic" werden noch K'nkons und Rohseide aus benachbarten Kreisen und
ans China eingeführt.
Im et^lischen Birma ist die Scideuzucht ziemlich verbreitet uud hat
ihre Sitae in Pegn, Assam, Arracan und Tenasserim; ihre Erzeugnisse
sind jedoch TOn minderwertiger Qualität. Im unabhängigen ßirma ist
der SeidenLan wenig entwickelt. Mau züchtet mehrerntige Würmer an
den Uferu des irawaddi. Dagegen iat die i^eideoweberei in blühendem Zu-
SilberBBim, nie Seid«. ]7
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258 Gaognphi« nnd Statistik dar Mdmlciütar. Birm*. CMindiMlM Kolonien.
standet vcaA ihn Eraengnitie werden in ChiiMh Indien nnd Slam aoger den
europöischeu vorgezogen.
Bei den uaabbängigen Völkern, dlo das womV • rforsdite Territorinm
zwischen Annam, Kambodscha und Siain einnelmieu, scheint die Seiden-
kaltur ein verbreitetes Hausgewerbe ae'm. Die Laos und Khäs suchten
gelbe Raaten und Terkanfen einen Teil ihrer Seiden in Slam nnd IKmia.
Im gnmen nnd giansen heBttct Indisch -China nur lokale Bedentnng,
da seine Erzeugnisse nur mittlerpr QualitJit sind; es ist aber nicht ansge-
scblosson. dass dieses Gebiet iu Zukunft auch l'ilr den iut^irnationalen Han-
del üocli von Wichtigl<eit werden wird. Die Gesamtproduktion kann auf
1 4600000 ]Kg Kokona geaetölst weiden nnd «war:
Tonkin . . . 12000000
Kotschinchinft, 900000
Annam . . . 500000
Kambodscha . 300000
Binna . . . 200000
Übrige Pw>nnien 700000
14600000
Sowohl die Holländer, wie die Spanier liabeu versucht, die Spideu-
kultnr in iliren ostindischen Kolonien einzuführen^ jedoch ohiu günstige
Endreanitale. Die niederlSndisebe EolonialTerwaltnng unternahm 1718 die
Zuchten und verfolgte sie wShiend anderthalb Jahrhunderten mit grosser
Ausdauer; im J. 1735 konnte man schon 3000 Pfund Spidp nr\rh Holland
versenden. In spaterer Zeit tmt jedoch eine Defrenerierung der Hassen ein,
die sich nicht aufhalten lie&s. Auf Java wurden nm das Jahr 185ö muster-
hafte ZOchtereien eingerichtet, die namwüich »ir Zeit der Seidenkmok-
heiten in Europa wertvolle Dienate leisteten, aber aneh tie unterlagen
nachtraglich den Ranpenseuchen (1866), und die javanische Seidenzucht
vermochte sich, trotz der vielfach versuchten StSrkuncr durch Kreuzungen
mit italienischen nnd chinesischen Rassen, nicht wieder zur früheren
Biate emporantairingen. Immerhin ▼erfUgen Java und andere der Snnda-
Ineeln nher Snaaeret geeignete Boden- nnd EHmaTwhAltniaae, waa schon
daraus hervorgeht, dass hier eine Menge halbgezQchteter und wilder
Seidonspinnt r heimiscli ist, die nicht einmal entoniologisch hezeichnf^t sind;
von deu belvuunteren leben hier Act. inoenaS| Bomb. Horsficldüi Bomb. Wa-
riugi, B. Teysmaui und viele andere.
Anf den Inseln Sumatra nnd Borneo ist der Seidraban nie in grüs-
aerem Mafse gepflegt worden, er besteht jedoch seit geraumer Zeit nnd ee ist
sehr wahrscheinlicli, dass sowohl der Maulbeerbaum, wie die Seidenraupe
daselbst einheimisch sind. Die Klimaverhältnisse der beiden Inseln sind der
Seidenzucht besonderti günstig, die gelben und weissen Kokons sind von
guter Qualitftt nnd ezportf&hig.
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Oeogmplii« und Stefäitik dar Sflidanknltor. Ghina. 269
Nieli dfln Pliilippilieninteln ist die Sddennape nnd ihn NKlirpflam*
gegen das Jabr 1593 eiDgefQbrt worden, nämlich nach den Prorinzen Bia-
<iaya nnd Lazon. Man wpiss nichta über die Erfolge der Znelttt M r^a keiner-
lei Öpuren derselben zuriickgebliebeu sind. 1780 erneuerte man die Versuche,
«Ua yoq den Eingeborenen anfanglich mit Freude uufgcnommen wurden,
■spftter abor f^slieh eingingen.
Auf der loiel Taiti hat man frUhar die Seidenkoltur in geringen Um-
fange betrieben.
Wir tcommeri jotzt zur Besprechnnf»; Chinas, einfs Land^ des&en Be-
deuiuQg für die Seidenlcuitur von ausschlaggebender Wichtigkeit igt. Die
Seidenmeht befindet eich in China in beeonders günstigen YerhUtniMen;
geeignetes Klima, billige Handarbeit nnd Erfalmiiig von Jabrtawenden haben
derselben eine Ausdehnung verliehen, die als die bedeutendste unter allen seiden-
erzeugenden Ländern zu bezeichnen ist. Ungoheure Vollcsniajaen, die ihren
Unterhalt in der Zucht des Maulbeerspinuer» suchen, wenden ihre ganze
Fttnoi]ge nnd allen Flein dieeero nationalen Gewerbe an. Millionen Ton
Familien leben nur von nnd Ar die Sei^knltnr. Man mnm die Verhilt-
nisse Chinas kentitn, um zu ersehen, wie tief die Gewinnung und Verar-
beitung der Seido in die Sitten und den Wohlstuud der Bevölkerung ein-
greifen und zugestehen, dass sie in keinem iindercn Lande der Welt in so
«usgeprügteiu Sinne volksiumlicbe Gewerbe bilden. Der Uauptvorteil chine-
«iaeber SeidenkvUnr li^ in dem miaalgen Klima; die Jabieneiten entp
«i^ln sieh regelmässig und die Ausfälle in der Produktion lind geringor,
als anderwärts. Der Seidenworm ist das einzige Tier, das in China kulti-
viert wird. Der Maull)eerbuum nimmt wenig Platz ein und »'iitzieht der
Reis- and Theekultur am wenigsten Boden. China hat in den Krankheit»-
jähren Ininarln Hilfe geleistet; die FkndnlHmn hat daher keine grossen
Yerlndemngen in QnanlitU nnd Banen er&bren. Die letateren laaaen
■ieh übrigens nur schwer modifizieren nnd Terharren beatSiidig in ihren
£^|enschaften. Die in China durch Italiener und Franzosen unternommenen
Orainiemngen haben keine besseren Produkte ergeben, als die einheim!.scben.
lu Europa zeigten die chinesischen Würmer gegen Krankheiten nur ge-
ringe Widerstandekraft. Es giebt in China keine ünterriehtsanstalten für
Seidenkultur, es besteht aber seit undenklichen Zeiten in Peking eine durch
dfü Kaiser uuterliiiltene Zuchtanstalt mit Maulbeerplantagen. Mehrere der
dem Geiste od<-r der Güttin der Seidenraape geweihten Tempel sind wahr-
hafte E)eidenraupenhiiu8er.
Der nftrdlidie Teil Chinaa nmfaasi Linder, deren Bedeutung für die
Seidensneht infolge dee wen% gOari^en Klimas im Yeigleieh sn den anderen
Teilen des Reiches verschwindend klein ist. In der Mongolei werden weisse
Hassen gezüchtet. In Sehen -kinj^ (cliinesi-^che Maudschurei) ist die 8eiden-
xncht verbreiteter, die Seiden besitzen aber wenig Glanz, obwohl sie äussei-st
'elesHieh sind. In Pe-tschi-Ii, Schcn-si, Schan-si und Kansu ist die Seiden-
kttitnr nur toh geringer Bedeutung. Die Seiden der ProvinsShantung zeiehnen
17*
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260
Gwgr^phM ond Statirtik d«r Seidookaltur. Qüda.
flidi durch ihre prachtvolle wei^ Farhe aus. Im Westen dieser Provinz (Ping-
ta-tsclun, Teng-taclien) werden auch gelbp K'ol-ous nrzpugt, ebenfalls von
bcsondertT (^rüte; ein guter Teil der Produktion wird im I. finde selbst ver-
braucht. Die Maulbeerplantagen sind in der Mandschurei überall zerstreut;
imder fbr Zneht, noeb fBr das Happeln giebt es grössne Anstelteo.
Der „SddMunmn des Himmels", tien-Iu-tsan, wie es sefaeint, an Proto-
tvpus des B. mori (Theophila niandarina), ist in dieser Provinz originell
und heimisch und liefert eine sehr feinet gÜnsende Faser, die 8ang-«hien-«e
genannt wird*).
Der centrale Teil Chinas ist f&r die Seidenkol tur am wichtigsten. Die
Provinz t welebe als die meisteneugende flr den answirtignn Handel das
giQsste Interesse biet^ ist Tsche-kiang, dessen Produktion den Besden-
niarkt von Shanghai versorgt; indessen nicht die ganze Provinz, son-
dern nur die dicht an Shanghai gr^nzpudon Distrikte sind an dem aus-
wärtigen \erkehr beteiligt. Die wiclitig^teu (Vutren sind Tai-tscheu
nnd Tslin-tsebea. Äneh die Provinz Kiang-Su hat nennensw^e Pl&tze
der Seidenkoltar, die hauptsächlich längs des „greisen Kanals** gelegen
sind. Die hervorragendsten Ortschaften, wo die klassischen Rassen ge>
zogen werden, sind: Hu-tscheo, Li-yang, Yang-tschtu, Su-tscheu, Sn-
tsien u. a. Der grösste Teil der in Kiang-Su produzierten Seiden wird
Aber Shanghai nach Europa versandt. Kiang-Su ist die Heimat der (1772)
nach Fcankrsoeh verpflanzten aasgezeiehnetai Rasse Sina. Die geMr^pge
Provinz Ss-tschuen im Westtn Chinas betreibt die Seidenzucht im Noid-
Westen nnd Südosten in folgenden Distrikten: Laug-fu, Fung-tscheu-fu,
Paoning-fu, Tscimng-tscheu-fu und Shim-king-fn. Die IJassen sind gelb
nnd weiss; die letzteren werden speciell iu Kia-tiug, Kien- tscheu und .Sin-
ischen enengt. Der Verhraneh an Seide ist im Lande selbst nngehewr
gross, doch gelangt auch ein Teil der Produktion ülier Yan-tse-kiang nach
Shanghai. In der Provinz Honan hat der S^-idenban seinen Sitz in den
o?rtHchen Distrikten, in Tnole-ki^n und Hoai'-king; dn-j wirlitiggte Centrum
ist öi-hien. Die iVovjaz Hupeh betreibt die Seideuzucht in ihrem öst-
lichen Teil, in Maishing, Hoang-tscbea nnd an «odereD Orten. Die Stadt
Hoang-kao, die eine grosse Rolle im Seidenhandel spielt, liegt in dieser
Provinz. In Ngan-hoei sind am wichtigstm die sfidltstliehen Distrikte, nnd
swar Tntonir und TsJii-t.s'chen-fn.
Der südliche Teil Uhnias besitzt eigentlich uur eine wichtig'''- Provinz,
Kuang-tung, dessen Produktion einen grossen Teil der Ausiubr deckt und das
die beiden wiebtigsten Exporthifen, Kanton nnd Hoog-kong, zn den seinigen
zählt. Distrikte westlich von Kanton, die nm Koong^ning-hi und Kuan^
tscheu-fu herum liegen, pro<iuzi. r. n :im mcistrn : dir» übrigen Distrikte
sind Lao-liog-tscbea, Hoei-tscbeu, Lieu-tschea u. a. Die geschätztestoif
') Hugues, China ailk Catture. Shaagboi 1S31.
filatistieal departsmeoti of the iaspect. gsn.
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0«Qgrftpbje «od Stetbtik d«r Scidettkoltur. China.
261
weisMii Kokon« «tammen ans Lang-ldang und Lnng-tsohan. Gitatanteib (%)
sind es mehrerntige Russen, die „lun-yaP* genannt werden. Diese zerteilen
sich in Tajsani und Lundscheut; die erste rJoneration dt-r Taysamkokons
wird nur selten vt i haspfllt, sondern sofort 7ur weiteren Autzucht verwendet.
Dasselbe geschieht mit Loudscheat, nur dass »ich hier die Procedur sechsmal
wwdediolt, ehe Uie Ernte Ittr die Seidengewunmig beitimmt wird.
Die Qxaporftiiglielie Form der ohineaiiehen ManllieernHipe aokdlnt in der
Provin» Twbe-kiang ihre Heimat gehabt zu haben, wo dieselbe noch heut-
zutage in wüdom Zustande lebt und Tien-seng-tsan (Wurm des Himmels)
genannt wird. Die betreffende Seidenmupe ist kleiner, als B. mori und
liefert zweimal jährlich graue Kokons, welche Tien-shin-sse (natürliche
Bode) geben. Naeh der Ansieht Ton Moore enseugt der nrsprttngliehe
llaulbeerwnim im allgemeinen keine weisse, sondern eine naturfarbene Seiden-
faser; die weisse Farbe, welche nrst duich geeignete Znclit erzielt wird«
dürfte als Abschwächungsmi rkmal der Rasse betrachtet werden.
Fast jeder seideuerzcugende Bezirk kaon seine eigene Rasse aufweisen,
so werden s. B. im W«rl» nTia-hn-hingHdni** niefat weniger ab 13 Äxten
-dei BlaalbeNTwarmee nntereebiedea; in Tach^kiang allein dnd i Gattangm
bekannt Ks s( beint, dass ausser dem B. moxi im Norden Chinas in der
Torgeschichtliclieii Zeit noch eine Manlboerrftn|)e vorkam, die mehrenitig
und verschieden von der gewöhnlichen war^); dieselbe soll thatsächlich von
Castellaui in Tschekiang vorgefunden worden sein, wo sie als „nize" be-
kannt ist und weisse oder grfinliohe Kokons liefert. Gkgenwftrtig werden
in China folgende wieht^jere Abarten des B. mori unierschieden:
1. Peb-pi-t.san, eine zwei- oder dreiemtige Art, die weisse Kokons
und gelbliche Seide liefert.
2. Hoang'kiao-tsau, mehrerutig, erzengt gelbliche Seide und ist,
nach der Anaiefat von Moore« eine intermed^re Art zwischen
B. mori und B. sinensis.
3. San-tsan, erji^ebt weisse Eokons.
4. Lnng-kiao-tsan und
5. Hoa-tsan.
Ausser diesen kommen hie und da noch einige Ton den bei den indi-
schen Maulbecrraupen erwähnten Bombyxarten vor, sowie die den-
selben nahosteli enden Arten: Tien-tseug-tsan (Theophila mandarimi nach
Moore) und Ta^en-tsan (B. meucius nach ßondot), welche zweierntig
und. Im aUtl^liohen Verkdir d«r Chinesen werden den Sddeninssen noeh
■) Moorhead, Report, Silk, 1881.
Hütt OH, rt,, the reveroon sod iMtontkui of tke «Ukwocm (Tbe Ina», «f th«
Entom. Soc. ot' London III. 2).
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262
GMgcapbie and Statwtik 4er S«id«&lniltiir. Ciäa^
die maniiigfalt%sten Bmemmngeii beigegeben, weldbe nadt üiTer Lebentwe»«^
ihrem Äusseren, ihrer Herkunft etc. gewählt werden, z. B. Tschin-stan, der
sweiemtige Wurm; Lao-hiai-cul-tsau, der Wurm des späteren Herbste«;
Thsn-tsan, der Wurm aas Thsu (Hu-kuaog) herstaaioiend, u. s, w. Uber
die Ertragslahigkeit der chinesischen mehrerntigen Rassen geben nach-
sfcdieiide Zeblen AufiMtUoM und kaini wm deneelboi auth ngleicb die Zn*
sammenntcimg der Kokons des Sbing-pi-tsan in ihren einidnen Beetend-
teilen ^ mg) eiaeben werden:
Haspelbwer
Flock-
Innere
Faden
seide
Kokonhant
Puppe
Ziieite Ernte 61
26
12
186
Dritte „ 44
22
11
189
ViiTte „ 26
2d
11
97
Fünfte „ 31
12
9
118
Sechste „ 20
13
12
96
Die Ausfuhr cliiiiesi.scher Kokons hatte früher, trotz der derselben»
seitens der Regierung gemachten Schwierigkeiten, eine nidit geringe Be-
deutung. Die Au^giebi^kat der Eokons beim Verbaqpeln Tenninderte sieh
aber von Jahr zu Jahr; m» betrug durchscbnittlich 12' ^ kg Kokons
pro k^' Kollseide, gegen nur 10 kg 1860. 1883 wurden 161000 kg Ko-
kons exportiert.
Was die Ausdehnung und Produkt ionsgrusse chinesischer Seidenkultur
anlangt, so kSnneii nur annähernde Werte aufgestellt werden, da bei einem
in so ungeheurem Mafsstabe und auf so w^ten Strecken betriebenen GeWttrbe
genaue statistische Daten nicht gesammelt werden l<önnen. Es mag anch
bemerkt wirdcii, dfiw die Prodtiktiuii Chinas, uhgestheu von geringen
Schwankungen von Jahr zu Jahr, seit einem Decennium durchschnittlich
auf gleicher Hdhe stehen bleibt IKes ist aber eine unmittdibare Folge des
strengen Konservatismus der Chinesen, die zühe an den Znchtmethoden ihrer
Vorfahren festhalten und alle in Japan und iu Europa bereits vor Jahrhunder-
ten eingeführten Verbesserungen verjiönen, wie z. B. das rationelle Dörr-
verfabren. Die Züchter bauen genau nur soviele Kokons au, als sie gewiss
nnd, in ungedorrtem Zustand«, d. i. in der knnen Zeit von etwa 2 Woohen,
selbst Terarbnten su kftnnen. Die Ernte wird somit quantitaü? durch cBe
Zahl der vorhandenen Haspelapparate beeinflusst. Es ist zweifellos, dass atl-
mablicli, vor üIIi :n aber mit Einftihrnng der europäischen DSrrverfahren,
die Kokonernteu Chinas eine sehr beträchtliche Steigerung erfahren dürften..
£s werden geemtet in:
Tsch^-kiang: Hu-tscheu-fu . . . 37000000 kg
Hang-teeheu-fu . . . 14600000 „
Kia-hittg-fn . . . 9600000 „
61100000 kg
Digiii^uu L>y ^üOgle
Qflogn^plue and StattatUc der Setdnknttor. Koie». Japan.
263
Tscb^-ldaag 61000000 kg
Kuang-tung 43000000 „
Kiang-Su 21200000 „
Ss-tschuen 19800000%
Hönau 8500000 „
HupA 6100000 H
ShsDtung 2700000 „
Np^nii-liaei 1800000 „
Hunau löOOOOO „
Übrige Provinzen, Mongolei,
Mandseliiird, diin. Tnrkestan A 300000 „
Im gansen ITOOOOOOO kg
Nach Korea ist die Soideukultur ungefähr anf dieselbe Weise gebracbt
worden, wie nacli Khotan. Der Kaiser Ou-ouang fiberliess seinem Minister
Kitsse das Fürstentum von Tschao- Sien . wclcliea den grössten Tf^il der
koreanischen Halbinsel ausiuachte. Nach dem Bericht deä Historikers Man-
t«a-Hn übartnig Eitaae die Seideainclit heimlich in sein Land und
hai das neue Gewerbe hanpisBchlich in dem Slaale Mahan rasche Verbrei-
tuu!^' gefunden (XIT. Jahrb. v. Chr.). T^m das Jahr 206 v. Chr. lej^en die
nach dem Fall der Dynastie Thsin flüclitigen Stamme Chin in Korea, in
der Landschaft Cbin-Ra, ausgedehnte Kulturen an. Im J. 202 n. Chr. wurde
durch koreanische Seidensacbter ihre Kunst nach Japan verpflanzt. Die
koraanisehen Sassen sind grau, weiss und gelb. Das Klima ist von dem
Shantttngs nicht venehieden. Die gegenwärtige Proluktion hat von ihrer
früheren Bedontnng verloren ttnd bi trägt jetzt 4 — (iOOOOO kg Kokons.
Der AnfänfT»' Japan isc Ii er Seidenkultur ist im ersteu Alischiiitt dieses
iiuehes gedaclit worden. Die Seideukultur dieses Lande» hatte einen ruhigen
Entwickhingsgang genommen und geiuigti zu gewissen Zeiten nicht einmal dem
inländischen Bedarf, so «lass Ende des XVIL Jabrh. die Seide einen Import-
artikel l)ild''te. Erst im XIX. Jabrh. nahm die Seidenzucht einen durch die Ver-
hältnisse herbeigeführten und durch die natürlichen Eigenschaften der japa-
ui^hen Rassen unterstützten Aufschwung. In den «siebziger Jahrm bclief
Steh die Ernte auf nngefihr 20 — ^25 llliU. kg Kokons, in den achtziger bereita
anf 35—40 BGH. 1^. Die Seidenlntltar war bis zu den sechiiger Jahren
qaalitatir zu hoher Vol)k9mmenheit gelangt, eirst die übormässigc Grainie-
rung in den Krankbeit.sjiibren bat fhe Rassen verschlecbtt rt. Duseigneur
hat ÜB Widerstandskraft japuiiischcr Rassen der Ernährungsweise, und haupt-
sSehlieb den Erenaungen zugeschrieben. Trotzdem die Fleckkrankbeit in
M 'S&ch den Angaben TOn Riclithofen {L<?ttt!r of the provinces of Chi-li, Shan-
•i, Shen-ii, Ss'chwao) und Morgan (Report, Silk, 188S) beiiuft aich die Kokoopro-
dnklioii in Meboen »ef Uber 85000000 kg.
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264
üeograpbie und Statistik der Seidcnkultur. Japan.
Japan heimisch i.st, verursacht dit-soH^e keine Verboenincf(?n,7tifol<rt" der stetit^en
Ernearntn'^ der Gniins, der Art des Ausbrütens, dem ;^r<>s.<eii Zwisc h< nriium
zwischen den eiu^ehieu Zucbteu u. s. w. Die guten (iewohnheiten bei der
Seidenzttcht sind Getd«ingnt iiUer Beteiligten geworden, und die Voncbrifteii
eines WerkdiMU „Gebetme Gesehiehte der Anfmcbt der Seidenwfinner^* wer^
den Uberall befolgt. Das japanische Ackerbau -Ministerium veranlasst alljähr-
lich eingehende Erhebungen über di^ Krtrebnisse der Knkoi!» rnt<'; in Tokio ist
1874 eine Stndienanstalt für Raupenzucbt „Jo-san-kakaii" gegründet wor-
den. Oberhaupt legt die Regierung für dieses Gewerbe dea griSesle In-
teresse an den Tag, und bat dnrcb enei^^bea Eingreifen in den secbilger
Jahren einer all/ugroesen Verbreitung der Grainierongen nnd der wdieren
Schwächung» di r Rassen erfol<4reii li vorgebeugt.
Die Seideuzucht ist in Ja}>;ui eine Art Hausindustrie, die jedoch uül
staunenswerter Sacbkeuntuis uud Sorgfalt gepflegt wird*); nur in Ma-
sashi und Sin-shiu sind grosse industriell augele^e RaujienzQehtereiett im
Betriebe. Die Seideukullur unterliegt gewissermafsen der staatlichen Auf-
si( ht, iiidi 111 die Seidenprodnzenten verpfliolitet sind, gemeiudeweise zu Gilden
«usanmieuzutreteu *); aus den Prnvinziaiau>.^cliiis*.cn der letzteren ist ein €en-
tralanit gebildet, das die oberste Aufsicht füiirt. Die inneren Angelegen-
heiten der Gilde betreffen die Vervollkommnung der Maulbeerkaltur, dar
Raupenfutterung, Einriebtung ton Kokonmagastnen n. s. w. Da die Seiden-
zOchter ihre Ernte gewöhnlich selbst verarbeiten, so befasst sich das Amt
auch mit der Normierung der Gespinste, sorgt fUr die Einheitlichkeit Wim
Winden nud Zubereiten der Stränge, Markieren etc. und stellt gewissennaisen
den Yennittler dar zwischen den ausländischen Konenmentm mid den
heimischen Produsenten,
Der Aufschwung japanistdier Seidenzucht datiert eigentlich seit der Raupen-
krankheitsperiiirle in Enropa; ISHO wurden die ereten japanischen Raupen-
eier hier eingeführt, deren gute Kigeusehaften alsbald die Aufmerksiimkpit
aller eui'opäiscbea Öeidenzücliter auf »ich zogen. Es scheint, dass die ja-
panischen Raupenei« für die europäische Aufsneht gerade besonders geeignet
waren, weil die kliuatiaehen Verhältnisse Japans mit denen Europas fast
vollständig ültereinstimnien; speciell haben die aus Musashi und Dsthosbiu
herstanimeuden Ramsen in dem diesen Provinzen in allen Bezieiiungeu gleich-
kommenden italienischen Briauza, ausgezeichnete Resaltate geliefert Ob-
wohl der Export der Raupeneier naeh dem Auslände bei Todcartrafe Ter-
boten war, nahm die Auafubr seit 1864 einen derartigen Anftehwnng, das»
die Regierung .sich genötigt sah, das Verbot aufzuheben. 1865 wurden
bereits 2450000 Kartons ausgeführt. Japanische Kartons sind 36 cm lange und
25 cm breite, aus den Fasern der Broussonetia papyrifera augefertigte Pa-
■) de Besay, Tiait< de rMasatiea des vsr* ü soie an Japon.
^ TetoidauBs des Hia. t Handel uad Oewarba N«. 41 too 1 Nor. 18S&.
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OaonnphM nad Statiftik dar Seidcokultar. Japan.
266
|»eilK)gpiii, die etwa 26 g Raupender angeUebt tragen. In dem Mafim, wie
sich die europäischen Prodoktionslander von den Krankliritrii erliolt haben, fiel
in .lapandie Aa-sfuhr auf 1 018000 Kartons im J. 1876 und 75060 im J. 1883.
In (h- Zeitperiode 1864 IftnO veransgabte Earopa an Japan im ganzen
für il (50000 Kiirtoii» eine Summe von 365 iJill. Frcs. Von den uraprüng-
lidien Raaeen Japans existieren gegenwärtig noeh: eine einemtige Raae
(gelbe Kokons), eino ebensolche weisse und eine zweiemtige werase Kas<>e.
Die grüne Rasse ist lediglich ein Kreuzungsprodokt ; der ,,kakeaäe'S ein ein-
emtiger Wurm, welcher priine Kokons spinnt, ist aus der weissen und gel-
ben iia.säe durch Kreuzung hervorgegangen, und der „kanassu'*, der zwei-
emtige Wurm grüner Raiie, iet ein Heetise der sweierutigeu weissen Raaae
mit der Torherigen grünen. Die japanischen Raasm waren ehemab KoBserst *
lel>eiiskr;lftig, sind indessen, infolge der übermässig forcierten Aufzucht zum
Zweck der (iraineproduiction während der Krankheitfljjahra, beträchtlich ab-
geschwächt wordfn.
Um eine Uberaichl über die äfideükultur Japans zu gewinnen, teileu wir
danelbe in drei Zonen dn, die ndrdlichei die mittlere nnd die ettdliche.
Im Norden Japans hat die Seidenkttltor ihren Site in den gebirgigen
Gegenden der Provinz« n Iwashiro, özen, Ugo, Matsu und iu einigen Di-
strikten, die man unter dem allgemeinen Namen Oshiu bezeichnet (Jong,
Akita u.a.)- der rroviu^ l zeu nimmt die äeideakultur einen beträchtlichen
Umfang ein; Jamagata, Kamiuo3'aBa nnd Faknshim« aind die widtttgstm
Mirkte, anf welehen vorwi^nd einjährige grflne bui grBnIichgelbe, groeee
und grosskurnige Kokouqualtliten fO^omueu. Eine bedeutende Ausdehnung
hat die Kultur in Iwashiro gewonnen, dessen Osten forniiich eine ununter-
brochene Maulbeerplantage bildet; die Städte Fukushinia und Wakaniatsu
siod die Märkte, wo der Handel mit Kokons weisser Rasse und von aus-
geieiehiieter Gflte betrüben wird. In der Umgegend von Wakamatan wird
auch eine weisse Rasse von geringerer Qualität gezogen, die durch Kreuzung
der ein- mit der zweicmtigcn herrorgegangcn ist. Die Gegenden vou Oshiu
(Etshigo, Ilikuzeu etc.) liefern wenig in quantitativer Hinsicht, aber quali-
tuÜT sehr geschätzte grüne nnd weisse, längliche Kokons. Auch iu der
Provins Iwaki ist die Srndmaueht toü Bedeutimg; an Stelle der frtther
geaflehtetea iweiemtigen, minderwwli^eii Raaee ist jetcfc die efamntige mit
Erfo^ eingeführt worden. Die jährliche Gesamtproduktion der uordlicheti
Zone Japans dürfte sieh gegoiwärtig auf etwa 18 Millionen kg Kokons
belaufen.
In den Provinzen der mittleren Zone werden hauptsächlich grüne,
mmeist Mnerntige Basaen kultiviert. In Dsehoahin produaiert man in groeser
Menge feinkSmige Kokons, wovon die von Maybash und Takasaki die am
meistr-n geschätzten sind. In Musushi (östlich von Dschoshin) werden be-
HOüders gute Qualitäten in seinen nördlichen Gegenden erzeugt. iSin-shiu
betreibt im Norden die Zucht grüner, im Süden weisser Rassen von guter
Qualität. Die in der Frorina Koahiu produiierten Kokons aind dagegm
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266 Oaogimphie and Stotiaük der Seidenkultar. Ver» St. AsMciKa.
von minderwertiger Güte, was allerdings aaf di6 ungünstigen KUmMinflllBB»
ziirückzuführeu ist. Tu Etshin und Hida -worden tun Takayama weisse,
geschätzte Rassen erzeugt; Kodzuke, JShimozuke und Hitafshi schliess-
lich betreiben die beidenzucbt in weniger beträchtlichem Mafestabe. Die
GMBmtpradttktton dieMr Zone betriigt in mndcr Zahl 40 Millionen kg
emtefnschcr Kokonti
Im S&dw Ji^MUMi wird der Seidenbau, unterstützt durch das besonden
■rünstige Klima, in nosgedehnterem Mafsstribp in Gosbiu, Ktschizen, Mino,
Yamashiro und Owari gepflegt. Die durch^ünittlicbe Produktionshöhe er-
reicht hier 15 Millionen kg.
Aueh anf den Ineeln Lia-kin bildet die Seid«uac1it «n demlich rege
betriebenes Gewerbe.
Die Aiifünge no' d q it'erikanischer Seidenknltur reiclien in den Keginn
des XVII. .lahrh. zurück. Wie in allen seinen Kolonien, so war England
eifrig bemüht, auch in Amerika die Produktion der Rohstoffe einzuführen»
w&hrend es di^egen jede Indnttndle Tb&tigkdt veraSgerte. Im Staate
Viiginten war der Maulbeerbaum einheimiach ni^ vielfaek Terfareitet. Die
Getu raWerRammlung der Kolonie verordnete 1619 die Anpflanzung der
Plantagen und die Aiifzucbt der Seidenranpc, und in einer Note aus diesem
Jahre findet man: „dass es eine Unzahl der bebten Maulbeerbäume in Vir>
ginien giebfc und dass man SeidoiwQrmer im Naturzustände vorfindet**.
Später bat man den wdmwwm Maulbeerbaum durch den weissen ersetit;
eine andere Varietät, die M. rubra, die im wilden Zustande YOn Kanada bia
Mexiko wSelist, b;it je<loch nie zur Ernährung der Seidenraupo gedient. Durch
Jacob 1. von England zuerst nach Louisiana eingeführt, um dadurch den
Tabaksbau zu ersetzen, nahm die Seidenkultur einen ziemlich bedeu-
tenden Anfsefawnng und verbreitete rieb bald nach den audlichen Kolonial,
namentlich Virginien. Durch königliche Erla.sse und Parlamentsakte wurde
beschlOKsen, den Seidenzilchtern unentgeltlich Maulbeersamen und Rauiien-
eirr 7m verabfolgen und auf die Unterlassung, Maulbeeri»lantag;en anzulegen,
hohe i^trafen zu verhäugen, fUr gute Erfolge dagegen Priimien auäzusetaen.
Indess war es den Züchtern mehr um die Ftrimien, ala um die Sddenenil»
m thnn, eo dass die Kultur Viiginieiia aus Mangel an poeitiven Erfolgten
nanh und nach einging. Digge.s teilte zuerst eeine Erfahrungen Uber die
Seiden^ucht m X'irginien und Karolina mit, wo er in Gemeinschaft mit
Jason eingehende Vers\iohe anstellte*). Ein Jahrhundert später wurden
die Versuche in Öüdkarolma uud Georgien mit viel bes»ei-eni Erfolg
wieder aufgenommen, doeb aueh hier mangelte es der Seidenkultar an
LebeosfUhigkeit, sobald die Seideapramien aufhörten. Um die Mitte dsa
XVIII. Jahrb. wurde die Anpflanzung in Pennsylvanieu (auf Anregung
Franklins), Indiana und Mexiko versucht, später auch in den nördlichen
Staaten, New-Jeisey, Connecticut undMassacbusett«; besonders in Kalifornien
*) Boyal Aeademy «f London, n. 7M.
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CtoQgnpU« vnd Stetitlik der Sddenlniltiin T«r. 8t Amerika.
267
Imreehtigte sie sn seliftnen Hoffnungen dooh kam es hier nie zn einer
nenneuswerten Produktion. Politische uud sociale Y< rhältnisse drängten
bald darauf das Tnteresso für «lif Seidenkultur in den Hint^rprimd Erst
seit den zwanziger Jahren machte sich eine neae Bewegung auf rein spe-
kulativem Boden geltend, die jedoch wieder weniger die Robseidenprodok-
Uankf als rielmelir den Maiülieerbanm zu ihrm Objekfc erwShlt bat. Im Jabre
1820 irarde in Mansfi«1d*K dann 1886 in Baltfanofre von Smitb die viel-
fkenglicho IMaulbeerrariet&t, Monis mnltieanlis, mit vielem ISxiolg ange-
wendet. Die Vorzüge der neuen Nährpflanze wurden nun überschwenglich
gepriesen, die ß^ienmg setzte Prämien aus, man schrieb onzüblige Bücher
miÄ Anleitungen zum Seidenbau, reranstalteie Kongresse nnd Vorträge und
sebien der ernsten Absieht xu sein, Amerika mit einem Seblage tod den
seidenerzeugenden Ländern unabhängig zu machen. Und so kann es nicht
▼erwundem, wfnn im Zfitraura von 1830 10 nber vierzig Äktiengesell«
schatten zum Betneb der äeidenkultur gegründet worden sind; aber statt
der nitiouelleu Aufzucht blieb es lediglich bei Anpdau^^uug uud Uaudei
mit Mnltieanlisbinmen, wShraid die Zneht der Seidenraupe gar niebt
in Betracht kam. Die Bäume erdelten febelhafte Preise, es gab Pflan-
zungen mit
1 Million Üüuincn, alles stürzte sich in die Multicanlis-
spckulation, und als 1839 die Krisis hereinbrach, gingen viele Ka]»italipn ver-
loren, während das Resultat nur winzige Mengen »Seide bedeutete. Mit Hoff-
nung auf sdiliessUeben Erfolg blieben die Knltnranlagen weitor besteben, vnd
die Ernte stieg 1842 auf ca. 150000 kg Kokons; erst als 1844 ein starker
Meltau die Bftnme vernichtete, wurden weitere Versuche auf lingere Zeit
hinaus nnterhissen. Die Vereinigten Staaten produzierten^):
1850 4928 ^ trockn. Kokons
1860 5423
n
It
1870 1788 kg tmekn. Kokons
1880 2600
II
II
II
Im Jabre 1889 belief sieh die Ernte auf 18745 engl. Pfund fnseher
Kokons gegen 11739 im Jahro 1888. Trotz der früheren Misserfolge
scheint man die Hoffnung, die Seidenknltnr namentlich in den südlichen
Staaten dauenul ein/ufilhren, nicht ganz aufgegeben zu hüben, vielmehr ist
mau neuerdings bestrebt, diu*ch Anisen mehrerer bakologiächer Stationen
ftr ihre aukttnftige Entwickelung eine geeignete Grundlage Tonubereiten;
dass diese Beinttbni^{eti von Erfolg gekrönt ireiden li^nen, ist keineswegs
ausgeschlossen, denn die ganze Zone von Florida bis Kalifoniien ist snfolge
ihres billigen und fruchtbaren Bodens d» n Maulbeerplantagen, und dureb ihr
geiuässigteh Klima der Seideuzucht besonders förderlich; nur die Arbeits*
Wjekoff, Beport of the nllc manofactahng induBtty of the United Statei.
New Toik 1887.
*i Leander Bisbop, History of Amer. Manuf. froai 1808 to 1888. ToL III.
*) Lilly, Tk« 8Uk Indutty of tbe United SUtes.
•) The sistislics of tbs wsalth snd indsstiy of tbe TJ. S.
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268 Geogruphiti und Statistik der Seidenkultur. Me:tiko. Centrui- uud Südamerika.
kräfte sind zu selti n und teuer. Uber dm Seidenbau in Kansas z. B. lagen
8, Zt. sehr gilii>tige Berichte vor').
In Mexiko blühte noch im vorigen Jahrhundert eine regelmässig betrie-
bene Sddenkultttr, die indessen im Laufe der Zeit aurnckging. Gerade hier
adieint aber die Seidensueht eine gewisse Znlninft au haben; die NSba des
grossen Absatzgebiete^i, der Vereinigten Staaten, wo sich dieselbe trotz aller
Vprsuche nicht recht einzuführen vermag, geeignetes Klima und ausgedehnte
Maulbeerwüldor begünstigen ihre Entwickelang. In den letzten Jahren sind
die Vetsnobe wieder in grösserem Malkstahe aufgenommen worden und soll
sich die Produktion auf 60000 Pfand belaufen haben.
Central- und südamerikanische Staaten bieten der Seidenkultur sehr
güii>tige kliiuiif ische Verhält iiisKe dnr. Die Versuche waren seiner Zeit durch
die Nuclifragc nach anierikauischeu Ciraiiis angeregt worden: du dieselben
jedoch nicht die gehegten Erwartungen erfüllt hatten, lies.s man die Zuchten
bald wieder eingehen. Die auf die Eraengung von Seide gerichteten
Unternehmungen waren dagegen nicht gewinnbringend genug. Es fehlt in
Amerika an den zahlreichen, in gesicherten Verhältnissen lebenden, billigen und
zufriedenen Arbeitskräften, wie solche in der nesshaften bäuerlichen Bevrilke-
rung anderer Länder anzutreffen sind. Guatemala ist das einzige Land Central-
Amerikas, wo die Yersuehe energisch vorgentnunien wurden; 1858 begonnen
und 1862 erneuert^ hOrten sie 1863 jedoch sebon ginslkh aof. Um dieselbe
Zeit fing man auch mit Venmdien im Archipel der Antillen ao: so z. B.
auf Cubti, .Tamaikn. Guadeloujie und Martin iqne; die Seidenraupe wurde hier
überall im Freien gezüchtet. Kolumbien, Ecuador, Peru und Bolivien haben
in verschiedenen Funkten Zuchten angelegt; die eincmtigen Rai^eu irank-
reidis und Italiens ergaben in diesen Breit^niden mehrere Ernten im
Jahre. Die Raupeneier Eeuadore haben zum Studium der kttnstliehen Über-
winterung der Grains angeregt, da im Juni gelegte und alsdann im Eiskeller
aufbewahrte Eier im November zum Auskriechen gebracht werden konnten.
In Chili finden sich zahlreiche Maulbeerbäume; die ßegiening unterhielt früher
dne MusteraufitSchterei, und da die BarBIkeruDg hier sehr aorgsam ist, so
' erntet man bis 10000 kg Kokons ^brlich. Untw den Staaten, die vom Atlanti-
>chr T Ol ean bespult werden, beaitsen Venezuela und die Guyanen keine Seiden-
kultur. [!t i iiien produziert nur wenig, nämlich Rio de Janeiro, Santa
Katharina etc., im ganzen bis zn 20000 kg. In Uruguay und Argentinien wird
die Seidenzucht von den eingewanderten Italieneru au vielen Orten« jedoch
nur in geringem Umfang als Hanaarbeit, betrieben. Die Kokons italieniseher
ftaase sind gelb und weiss, und feinkörniger, guter Natur. Gegeu die fünf*
ziger Jahre war die PrrHluktion am Fusse der Anden SinnUQh belangreioh,
durch die E|iideiuie ging sie jedoch zu Grunde.
in Afrika betreiben nur die liänder an den Gestaden des Mitteiländi-
1) The texlile ColofM, 18M, 6. 154.
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9
Geogra^hia und Statistik d«r 8«idMi)raltar. Afrika. AoitralisD. 269
aehen Meeres die regelmSaeige Kultur des Mftnlbeenpmnera. In Tripolie sdieint
dieselbe einen ziemlich bedeutenden Umfang zu erreichen; der Export von Ge-
spii)<ten, Kokon«, Abfallen etc. enLspricht einor Produktion von 350000 kg
Kokons; die Gesamterate durfte eine halbe Million erreichen. In Tunis
kftnnte d«r Sddeiibtii vonl^di. gedeihen, da eidi nUe euopiyBelieik Banea
d<nt wh beate aoelimatinereD, die nonuidieiAe Lebeneweiae der Eingeborenen
verhindert indcttsen seinen weiteren Fortschritt. In Algerien konzentriert
sich die Soidenkultur nra ßatna. In Deutscli-Ost ifrika liod TOr kurzem
mit der Mtiul beerraupe und dem Eriaspinner Versuche mit günstigem Er>
folge durchgeführt worden, so doss die R«giernng den Anbau des Maulbeer-
banmes nntemommen hat.
Australien madlt eeit einem halben Jahrhundert im lir oder mindtf
erfolgreiche Anstrengungen in der Seidenkultiir. Di»^ Weltausstellungen
des letzten Decenniums brachten gute Proben aus dt ii Staaten Neu-Seeland
und Victoria und sind namentlich in diesen letzteren neuerdings wieder er-
folgreiehe Verauche angebahnt worden.
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Dritter Abschnitt.
Die wilden Sbidbn.
Es ist schon früher i rwiihnt worJfii, duss es ausst-r th tu B. iiiori tiiid
st'iuen Abarten uoch «-in«* ^mue Reihe von Seidenspinuorn gitut, die das
ZQ ihrer Venrandlniig in die Puppe ndtige Gebiuse ebenfalls mm einer
seidenen Hülle herstdltn, in ihrer Lebensweii^e aber wie in ihren Erzeug-
nissen von dvr gewidmliilirii Maulbeerraupe ziemlich verschifMlcn sintl. Ks
sind ilies die, vorwiegcndtrweise iu den tropischen Ländern zahlreicii vor-
kommeoden seideiiüpinnendeu lusekteu, welche m naturwildem, uugezüuhteteni
Ziutende leben und deswegen im GegenssU va dem echten B. mori den
I7«nen ^^nlder Seidenspinner** führen. Ihr» &u8»erai Unteisebiede sind
bereits früher erwähnt worden. In auatoniischer Beziehung ist der Bau
der S'eidenilrüse bemerkenswert; derselbe unterscheidet sich von dem fies
H. mori dadurch, dass die 8ainmeldruse stark zusammengewunden, und die
BxkretioDüorgane bedeutend umfangreicher and znsammengesetztcr sind,
worauf auch der eigenartige Bau der wilden Seide&fasw snr3ckcnf11hren ist.
DaSB die wilden Seidenspinner seit uralten Zeiten verwertet wurden,
geht nus di'ii Forscliungen auf dem Gebiete der orirntalischen Littcratur
hervor. Die im .Sanskrit hiiiitig als Festgpscbenke angeführten Gewebe er-
klärten einige der Übersetzer, wie Schlegel, für eine Art Seide, „bomby-
cina'S die wahnchetnlich von einer wilden, möglieh^rweise Mautbeerranpe
herstammte. Aach Heeren stimmt damit nberein, indem er sagt, dass in
Indien seit uralten Zeiten andere Seidenraupen als B. mori aur Seiden*
gewinnuDg verwertet wurden. Dass die Kokons dieser Spinner nicht ver-
haspelt, sondern verzapft wurden, lässt sich, der Erörterung im geschicht-
lichen Teil dieses Werkes noch, kaum mehr bezweifeln; dass es lediglich
wilde Seiden waren, wird Ton Hinen-Tsang' bestiitigt, der die indtecbe
Seide unier der Beieiohnuag „Kiao-tsh^j^'* (wilde Seide) anf&hrt'). Aoaeer
') Vojage des pUarini boddhista I. Uh. 2.
Tie de HiaaeB^lhsiig, S. IM. Übe». Staa. Jnlien.
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280
IM« wilden MdM in AlterlaiD und in d«r N«asrit
dea in der gesi Inclitlicbcu Skizze erwähnten Schilderungen von Aristoteles,
kann der Verbrauch wilder Seiden im kluHsiüchen Altertame mit voller Sicher-
heit ancb den Angaben von Plinivs naeli aiigenoiiiiiie& ifCfden Er unter-
scheidet zwei Arti'n der „Bomhykia" : eine assyrische, von welcher aber nicht
sicher festgestellt ist, nV> sie nicht einer Abart derMauUx crx ifli angehörte,
und die der iusel Kos, wo aus den Kokons der Lasiocampa Otus (Drury) nach
ADäkriechen der Schmetterlinge »eidene Gewänder angefertigt wurden, schon
bevor nwn nodi eine Ahnung TOn einer regelmüssigeD Seideosocbt hatte. Aber
anch aar Zeit der Eänfnhruag chineBiteheff Seiden nach Enrc^, erfreuten
rieh die Bombjkiagewebe, besonders bei den Fraaen Roms, stets eines
grossen An'^f'hens; (\v- Bonibykiiii, bemerkt Ferrarinn*), warm mehr be-
gehrt und verbreitet, als rlie echten Seidengewebe. Sie waren von bewun-
demewerter Feinheit, l>einahe dorebsichtig, was bei den sittenütrengeu Kri»
tikero jener Zeit nieht wenig Anstosi erregte *). Da» die Bonbjkieeeide
sireng von der echten unterschieden wurde, beweist ein Sata Muratoris
(gepfen das Jahr 209) in Antiquitates Italicae: „vestirnrntomm snnt omnia
ianeu lineaqm* vel serica, vel bombvcina". Auch in Chii\;i utul .Japan
haben die wililcn Seiden neben tU-r echten schon seit dem Altertum ihren Platz
va behau|itea gcwussL In dem Werke „Tsebn-kiug'' erwShnt Eonfnsiai,
de» bereits im XXII. Jahrb. t. Chr. die Kokons aaf der Eiche gesammett
worden; es handelt sich hier wahrscheinlich nm den chinesischen Eichen-
««pinner, Antb. p«myi. Im Jahre 39 Ohr, erreichte die Ernte wilder
Kokons über 600000 kg*).
Als die ersten indisehsii Stoffe ans wilder Seide von braunlicher Farbe
in Europa' auflauchten, wurde man auf diese SsidengattuBg aufmerksam
und, ohne weiter deren Ursprung naduufotsehen , bezeichnete man sie ab
„raw-silk", rohe S«»i(le, obwohl man genau wusste, dass dieselbt nicht in
eine Kategorie mit der Rohseiile tlcs MauUieerspinners zu stellen war. Es
waren zuerst Boilarü, Gobiii uud Loi.seleur- Deslongchamps, die
auf die Hdgliohkeit hinwiesen, dass Seide wuk von anderen bisekten ge-
wonnen werden konne'^); es big indessen in Europa damals keine Veranlas-
sung vor, der Sache nälier zu tretm. Eröt als gegen Ende der fOnfziger
Jahre die iJaupeukrankheiten auftraten, fing man an, sich mit dem Studium
der wilden Seiden würmer eifriger zu befassen, in der Hoffnung, einen Ersatz
fOr die eebta Manlbe«rraupe zu finden. Wenn andi die Erwartungen derer, die
europSisehe Wälder mit den Eichenspinnem Asiens bevölkern und die eohte
Seide durch die wilde erset/en wollten, sich nidit erfüllt haben, so hat
doch das Stadium dieser Gruppe von Seidenspinnern au dem unenfarteten
>) ri^niu«, HUt. nat. Ub.«XI. cap. 23, 26.
>) De ra TMtiaria, IIb. I.
*) Horax, Marti&H«: .Femineum lucct sie per bombycina corpus". Mar'. Iii VlU
*| Fauvel, The wild silk worme of tbe province of Shaotang. Hoogkoog lüll.
Seite 6.
*) Boitard, Traitä de ia cuUora du mArier «to. & 149.
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Die wildmi Seiden. Vorkoiniiicii und Lebeanraiae.
281
Aai^hwange beig(?tragen, welchen der Verbrauch wilder Seiden seit jener Zeit
aafzuwoisen liat. Die Industriellea wandten sich alsbald mit Interesse der
Verwertung dieses schönen, bei weitem bilHj^eren FaKerstoff"?? /-i, von di tn sie
annahmen, daäs er die Vorherrschaft der echti ri äeide bald uielir oder we-
niger TerdrSngen w&rde^ Die KluuEsierung der wiMeo Seideovpimier in
der EDtomdlogie, die Zneht derselben and die Vermmduiig ihrer Produkte
wurden studiert, um deren Einführung in die Industrie zu erleichtern.
Namen wie Rondot, Rnxburgh, Wailly, Hutton, Wardle, Guerin-
Meaeville, Moore, Birdwood, Personnat, Geogliegan, Girard,
Mayne u. A. sind mit deu Verdieiuteu um die industrielle Verwertung
wilder Seiden vntertreimbAr verkttSpft. Diese Fotaeher wandten eineraeiie den
echon bekannten Seidaupinnem ein unermüdliches Interesse zu, und suchten
andererseits nach neuen Oattunfren, di<' in den iiioist natürlich und kultarell
nnzngäng!' Itrn liegenden der neuen und alten Welt, in den einsamen
Wäldern, ihr iNaturprodukt, die wertvollen Kokons, erzeugten, welche unter der
Eiawirlcong der NSaee ^wölinlieb der Fanlnis enheimfielen. Uniere Kenntniis
ftber den Gegenstend iat swar noeh siemlieh mangelhafti allee ai>er aeheint da-
rauf hinzudeuten, dass in dem Studium, sowie in der Anfiraehi wilder Seidenspin»
iier nnrl der Verarbeitung ihrer Produkte einer der aussichtsreichsten Zweigeder
niodernea Textilindustrie gesehen werden kaun. Auf der Pariser Ausstellung
1878 wurde in der indischen Sektion, neben den von Gold uud Edelsteinen
atrotsenden Seidenbrokaten, eine bescheidene, wenig Auftehen erregende Kol-
lektion indischer wilder Seidens|)inner und ihrer Produkte zuerst der OfTentlich-
kelt vorgefiilirt ; der Aussteller, Th. Wardle. war einer der ersten, der die
])raktische Bedeutung dieser Klasse der Text il fasern vorausgesehen und sich
um deren Einführung in die Industrie verdient gemacht hat.
Die wilden Seidenqnnner werden im eigentlichen Sinne des Wortes
niemals gesachtet, nnr einige besonders gesebitcte Arten werden dnreh vorsorg-
liclie IMafsregeln oder doroh Uberwachen der durch das Verweilen im Freien
drohenden f;iliren, gepen die Witterung, Raubtiere und Vögel geschützt;
diese Arteu werden als halbwilde oder auch halbgezUchtete bezeich-
net. Die meisten leben dagegen in den Wäldern in volbtüudig natur-
wildnn Znstande und sind im allgemeinen an keine bestimmte Nihrpflanse
gebunden, obwohl bekannt i^t, dass von deu letzteren, je nach der Gegend, die
eine oder die andere von der l>etre(Ti'nden Raupe bevorzugt wird; so frisst
z. B. Actias »elene in Pondiclierrv mit Vorliehe von Odina wodier, in Mus-
sorien dagegen von Coriaria nipaieusis. Merkwürdigerweise kann sich der
Attaens atlas, ein in der Auswahl seiner Nahrung wenig anspmchavoUer
Wwm, in Moasorien nicht an die Berbaris asiatiea gew3hn«i, ▼on weldier
er in EonuMm mit Vorliebe friaet'). Andereraeite kann wieder der Aylan-
*) flattoo, On tbe Rerenioo and fiestoratioo of tbe silkwmnn (The Traut, of tbe
EaloBolag. Bse: ef Lendon. ItH, B. t66).
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282
Diu wildtii .Süldon. Eigenschaften.
thusspinnpr Ohinnf, welcher dfi^ellist anssrhliei-slicii von Aylaiithus ^liindn-
losa frisst, im Hiiiialaynjjül)iijj;(.' mit vit-len aoderea Füaazeu, u, a. mit Cori-
aria und Xantoxylum genährt werden.
Die Erzeugnisse cler wilden Seidenspinner, die Kokons, weilen in ihrw-
Stmktnr selten die Regelroässigkeit der Manlbeerkokons auf. Die meirten
Raupen unterbrechen wiederholt den Spinnprozess nnd erzeugen w mehrere
F'iülen, die sie miteinander unentwirrbar verkreuzen; auch werden von ihnen
Zweige und Blätter mit in die Gespinste ein^eflüchten. Es entsteht auf
aolehe Weise «in Kokon, der sich nur schwer abhaspeln lasst oder aneb
gSnalieh unentwirrbar blmbt nnd ans diesem Grunde frUher als snr
Seidengewinnnng durchaus unbrauchbar erklärt wurde. Dieser voreilige
Schluss war um so befrcmdlic^lier. als man sich leicht davon hätte über-
zeugen können, dass solche wilde Kokons in ilirer Heimat verwertet, d. i.
in den meisten J'üUen wie Hanf verzupft und versponnen werden. Krst
die Ansdebttung des Listerschen Verfidhrens der Verwertung von AbfU^*
len ecbter Manibeerseide, dorcb Krempeln oder Kimmen nnd Vevqnnnen,
auch aaf die wilden Kokons, brachte die schon in Stockung geratene In-
dustrie der letzteren auf ganz andere Wege, welche auch bald zn be-
achtenswerten licsultaten führten. Man kann behaupten, d&m der Ver-
braneb dw wilden Kokongespinste snm Zweek ^ks Verznpfen» grösser ist,
als die Abliebe Verarbeitung dureb das Abhaspeln. Ein grosser Tnl des
in der heutigen Florettspinnerei verarbeiteten Rohmaterials besteht aus
wilden Kokops, welche sich so völlig für diese Verarbeitungsweise eignen,
dn«;s der Prei.s der ge<«ponne!ien wilden Seide mit dem der gehaspelten
gleichsteht und ihn sogar übertriüt.
Die wceenUicben VorsOge der wilden Seiden sind, folgende:
1. ihre Dauerhaftigkeit infolge der «genartigen Stmkturverbält-
nisse, auf die wir noch zurückkommen weiden,
2. ihr verhaltnisniilssig billitjer Preis und
3. die grosse Ausgiebigkeit, bedingt durch die Grösse nnd Üppig-
keit der Kokons, sowie durch die sobnelle nnd billige Aufsucht.
Annerdem haben sieb die wilden Seiden fttr gewisse Zwecke» wie Fan-
tasie-, Posamentier- und Möbelartikel niidit nur als leidlicbes Surrogat für
die echte Seide, sondern als g^eradezu unersetzbar erwiesen. Aber auch
hier, wie überall, ^i«lit es Nachteile, die jetzt zwar grS^sstenteils über-
wunden sind, auiang.s aber wohl kaum holfeu liesä4^n, die wilden Seiden,
was Gllana und SehÖnbeit anbetrifft, der editen Maulbeeneide jemals an
die Sate stellen zu dürfen. Fast alle wilden Seiden sind von Natmr
aus dunkel gefiirbt; diese Färbun(< lilsät sich indessen, im Gegensatze
zu der echten Seide, durch Abkoclien mir teilweise entfernen und kann
nur durch einen ziemlich kostspieligen Bleichprozess beseitigt werden.
Ausserdem enthatteo die untw dem allgemeinen Namen Tussafa voikmn*
menden Seidenarten snweilen einzelne Stringe Ton sehr Tersebiedeoer Hw
knnll, welidie sich gegen die Entbastnngs- und Bleiolunittel Terse]nBdenaH%
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Di« wilden Seiden. Besondere Merkmale.
283
verhalten und besonders bei bellen Farbennataeen Streifen (marinage)
verursachen. Als ein Nachteil wilder Seideu muss ferner difc Schwie-
rigkeit erwähnt werden, mit welcher sie sich in den dunklen Nuancen ans-
ftilien lassen. Ein von dem der gewöbulicbea Seide abweichender morpho-
logiseher Bau und ihre eheniiaehe Znaammensetiang bewirken, daas «ich die
wilden Seidenarten gegen Beizen und Farb»ito£Fe äusserst widerstandsfähig,
d. i. gewisserrnnfspii undurchdringlich und inaktiv verhalten. Andererseits
bedingt die bandartige Flachheit der stets etwas um ihre Achse gedrehten
Faser und der Umstand, dass das Liclit von derselben unter verschiedeneu
Winkeln znraekgestrahlt wird, den glasartigen Glau und das Flimmern, wo-
Fig. 136. 8cliopp«n vou Antti. mjrlttU TIg. ISI. nflgtlacliappcn von AnUi. myllUa
ffWMh. SMtoB «rtmuMD).
durch die tieferen Nuancen und selbst das Schwans nicht voll und ge-
deckt genug, oder, wie eich der Fachmann amdrockt, uMet^ ansfallen.
Unter Umständen ist dies Flimmern jedoch, namentlich in den mittleren
Tönen bei der Ordge und in Phantasiegeeyniten, von anenehmend aehönem
£ffekt.
Als charakteristisches Unterscheidungsmerktual für die einzelnen wilden
Seidensdimetterlinge kSnnen nntnr DmalBiid«! die atanbilmKciiai EBrperdwn
oder Schuppen benntrt werden, die am Finger haften hleibmi, wenn man
den Flügel der Motte berührt liat. Die.ser Staub erweist sich bei mikroa-
kopischer Untersuchung al.s dreieckig gestaltete Blättchiu, die mit ihrem
spitzen Ende am Flügel befestigt sind, sich am entgegengesetzten Ende er-
weitem nnd entweder einen dicht gezackten Rand zeigen, wie z. B. bei Antb.
yamamay, oder lange, nadelkhnKehe Spitaen beeitaen, wie bei Aeiiaa aelene.
Die Schuppen form ist ebenso mannigfaltig und zeigt interessante Umrisae
von einer schiiiaien. spindeliihnlichen (lestalt bi'i Anth. Cyuthia, bis zur
breiten, tlederinausbrennerartigeu bei Autli. niylitta. Die Schupjven sitzen
auf dem Flügel, mit der grössteu ßegelmässigkeit sich dacbziegelähnUch
aberdeekmid, nnd etwa den WoUcehnppen Shnlich; ihre Oeatalt iat bei einer
nnd denelben Speeles nieht immer nbcolnt flberdnatimmend, ea iat indessen
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284
Die wilden Seiden. Besondere Merkmale.
möglich, auf diese Weise die Art Attacas von Antheraea nnterscheiden zu
können. Die Griisse entspricht nicht immer der SchnK'tterlings|i;^msse, wie
mau aus der Zeichnung der Tusserschuppeu, welche breiter als die von At.
«Um aind, enehen kann; dagegen telicint sie mit der Dieke der Feier im
l'lg IM. 8claupp«n von Bomb, mort
Flg. 139. Sehappeo von Antb. myUtU.
Zasammenhang zn stehen, wie aus einem Vergleich zwischen Tusser und Bom«
hjx hervorgeht. In einer unrl derselben Species ist el>enfnll3 ein geringer Unter-
schied zwischen den Schuppen de» Männchens nnd denen des Weibchens bemerk-
bar, am meisten bei Sat. carpini. Die abgebildeten Mottenscbuppen sind
Flg. MO. Hobappen von AtU »Um.
vom oberen Flügel, oberhalb des Fensteranges entnommen worden; die
Fig. 136 zeigt Sehappen ans renehiedenen Gegenden eines und desselben
Flügels.
Die nur irg«sdwie dnreh ihre Prodokto in qnalitat oder qoantit. Hinsieht
temerhemsuerten Arten haben in dieesm Ahsdin^eme enigehenders Beipreohni^f
gefunden; nu.s.serdem aber giebt ee efass unftblige Menge anderer Bsidenspin-
nendcr Insekten, die in Sammlungen msisfe nur m wenigen, oft nnr in Eintet*
»
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Dia wfldMi Saidea. KlaMilscnmg.
ezemplaTen mtnfiiMleD und aoeh aniolUaglich chankierisieri rind, mdhts-
destoweniger aber in ihrer Heimat tiaeh UnikderttainnBclen zahkn and früher
oder s])Hter eine industrielle Bedeutung erlangen können; sie mögen daher der
Vollstämligkeit halber, wenn auch nur dem Namen nach, angeführt Werden.
Eine genaue Systematik der wilden Seidenspinner aufzustellen, ist beinahe
unmöglich; die gegenwärtig giltige ist nemlieh ▼«rmnniit mid entweder
bqgranit w» die ^nxelnen Arten ungenau, od« sie belegt eine und dieselbe
Spedei mit renchiedcnen Namen. Im Nachfolgenden sind sie gruppen*
^asammen^pptellt, wobei im wesentlichen Natur des TOn ihnen
gelieferten Gespinstes als mafsgebend angenommen wurde.
I. Gruppe. Seideniaopen mit gescllIL ^^<'nea^ verhältnismässig regel-
mässi^r goHponnenem, nnd ohne besondere Scbwieiigkeiten abha«-
l)elbarem Kokon.
1. Wilde Maulbeerraupen.
2. Antfaeraea Yamamay.
3. TanerfamiUe.
4. MooDgafamilie.
5. Artifv-füniilip.
II. (iru)i{)e. >Seidenwürmer mit offenem, nicht hattpelbarcm Kokon.
1. Attacuäfamilie.
2. Gemiechte Untergruppe.
IIL Onippe. Venehiedene Speeles der Satnmiden, vorläufig ohne
technisehe Wichtigkeit.
Die erste Urupp« umfas-st die Angehürigtu der (jiattuug Autlieraea
mit Ausnahme der ersten Familie, welche ein in sieh gesehloesenes Ganses
Inldet und gewissermafsen ein Dheigangsglied von den getnchteten in den
wilden Seidenspinnern vorstellt. Es sind die8 die halbgezüchteten oder
ganz wilden Maulheermupen, von denen wir bereits einipfe Repräf^entanten
bei Besprecbong der indischen und cbiaesischen Seidenspinner keuneu gelernt
haben. kommen sowohl in Indien, wie in China und Japan vor, wo
sie unter dem allgemeinen Namen yen-sse (wilde Seide) bekannt sind').
Die dem echten Maulbeenvurm sehr nalie stehende Theophila Huttoni
(Westwood) *) ist in N.W.'Himalaya, qpedell in Maseorien« Simla, Aimorah
') Bretschneider, On Chinese ailkworm trces. Peking 1881.
*} Horsfield and Moore, A Catalogue of th« lepidopteront inteett in the Mu-
wam of tbe hon. Enat India Company ItöT'^SS.
Moore, On fb» ssiatie «Uk prodacuig uoths (Tb* tnuis. «f ths Eni. 8oe. 8 fi.
1S«2— 64).
Moore, Synopsis of tfae known asiaiio tpecies of lilk producing motbs (Pro*
ceediagR of the zoological Society uf London. XXVIII. 185;)).
Hntton, Remarka on the cultivation of »ilk in India (Joam. of ths Hgrio. Soc
of India. K S. 1869); Nolea on the Indiao Bombycidae, 1S71.
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296
Tbeopbila Uuttoni. Th. manJarino.
und Govindpore heimisch, WO ^ swei Generationen jährlich liefert. Im
.1. \H'M wurde sif in Mussorien in einerntiger Variftät von Hutton ent-
deckt und anfänglich für den wilden ß. niori gehalten. Die Raupe liefert
f(Bine weisse oder gelhliciie, besonders aber gniue Seide von sehr guter Qualität.
Es ist «ahncbdnlieh, da» die wdaae Seide der Th. Hnttoni diejei^ isfc,
welche anter dem Naiben „kanSeya** im Sanskrit erwähnt wird').
Uff. 141. TtaMpbils ■wateriw (WtlbduB). Iis» US. Ttupplilte ■aadarfna oamaOmH.
Die nnt«' der Bezeiehnnng tien-asl in China bekannte Seidenart stammt
von der insbi-sondore in Tschekiung (N.-China), dann in Naasin aad Sboaag>
lin einliL-inaischen Theophila mandarina (Moore)*). Die hellbraune Ranpei
die der Maulbeerraupe sehr ähnlich ist, spinnt einen mit leichter Bourrett«-
hUUe, manchmal mit eiaem Maulljcerblatt bedeckten, eiförmigen, fabt weissen
VIffL MS. KokM 4m ThMipMta anotetu. Wig. 144. Xotoa dar Thao»Uk BaiidwlM.
Kokon, dessen Abhaspeln unter gewöhnlichen Umständen nur nach lang-
wierigem Einweicheu und bchlageu möglich ist, in einem beifeubade da-
gegen mit Leiehtigkmt vor sieh geht Der Eobm hat eine Qtüm m 27x
*) Rondot, L'art de la aoie, 2. 6d. Paris 1886.
*) Moore, Daaeiiptiea oT aew hcDaa Lai^doptira ^koossdiBgs of fbe Zoolagkai
Soeielijr of London for tbe y«ar 1872. & ST^
V
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BondotU mendftna.
287
10 mm nnd ein mittleres Oewidit Tom 25—30 cg« ia trocknen und leerem
Zustande von 5,5 cg. In einem Kilo sind UBgcfiibr 5800 Kokoas enthalten,
wovon 23') g Sf'iil»' und das übrige Puppen sind. Ein Kokon liefert 45 mg
Seide; somit benötigt man 222*22 Stäck ev. 4,666 kg trockner oder 13 kg
ftiseber Kokons für 1 kg Grege. Eia Kokon liefert 150 — 210 m einer
hellgelben Faser vom Durchmesser 26 (jl, ihr Titer variiert toq 0,09 bis
0,108 g, Klastizitiit l)elrägt S 12%, Festigkeit 8 g. Verlast beim Ent-
bauten 'iS",,. l)ie «iolhliche, fVine Seide, welche >ich durch grosse Schön-
heit aiiszficliiiet. wird zur Anfi rtiming ;iu-^-er>t leichter (iewebe, in der Art
von (iaze und iMus.selin, verwendet. Die Tb. maudariua liefert zwei Eruleu
jShrlich: im Juni — Juli and August— September. Auch in Japan kommt
dieee Seidenart zuweilen Tor und wird „naraoko*^ oder „knwago** genannt.
In absolut wildem Znstande ist dieser Seideuwurm in Indien angetreten
worden
Fig. Hb. BondoUa menc. tMÄuucheo). l'lg Uti. HoudotU aieoc. OVelticheD).
Ein ebenfalls in China (Ningpo, Hupeh etc.) vorkommender Seiden-
wurm, Rüiidotia nienciana (peh-yen-tsan), ist grösser, als der vorherige,
zeichnet sich durch seine lebhaften Bewegungen aus und lebt, gleich die-
sem, ausschliesslich von Maulbeerblättem. Der glatte 26 mm lange Körper
Fl«. 14T— l«w mUktma 4ot WauL mmetaaM, I. Knrta. M«. 141. dtou 1 Bnl*.
der Raupe ist von rötlich-brauner oder gelb-oliver Farbe und mit einem schwar-
zen Honi versehen. Kr liefert jährlich zweimal locker gesponnene Kokons,
die, in BIfitter eingewiekelt, sehr viel Floekseide enthalten nnd sieh nieht
leicht abhaspeln lassen; ihre Farbe ist gelblieh, die Form r^pelmSstig ovaL
Die Länge d* i Kokons der ersten Ernte betrigt 15 — 18 mm, die Breite
7—11 mm, die der zweiten Ernte sind kleiner und messen 12 — 16 mm
Länge auf 8 — 9 mm Breite; ein trockner und leerer Kokon der ersten Ernte
wiegt 60«-70 mg, der zweiten 30 rag; um 1 kg Gr^ge zu erzeugen, sind
') Liotard, Memorandum on sük in India, part I.
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Theoiihiia bengalexni».
15300 Stück erforderlich. Die tichuisclio Verwendung dieser Seide ist
zur Zeit uoch nicht sehr l)edeutencl, obwohl sie für die Zukunft nicht nur
wissenschaftlich interessant zu bleiben verdpnclit. L)ie Lunge der Kokon-
faser beträgt 77 m, wovon etwa 40 — 60 m im Gewicht yon 4 mg abhaspelliar
nnd. Im Voigleieh mm Titer der Seide von Theophils muidMina (0,100 g)
betragt es bei der Rondotiafaser 0,044, d. i. ein „denier" wenigi r. Die
Faser ist äusserst regelrailsaig, wie zwei gleichlaufende ('vlinder, und kom-
pakt, wie die echte Maalbeerseide; sie verliert 40% beim Eatbasteu. Im
Flg ISO. Kokona ron Bondotl« neneiaiia, t. Bmle.
all^^emeinen stehen (li»> Seiden von Rondotia menciana und Tlieophila OUM'
darina niorpbologisci: und chemisch der echten Seide sehr uuhe.
Die nachfolgenden beidenarteu sind mit den indischen lialbgezüch-
teleo Bombyddan nahe terwandt, so ist i. B. der assamisclie „pftt"
oder nlchomia-pat'^ (der lai^iMiie Warm), der ausser yon dem Maalbeer-
bäum noch von den Blättern des indischen Feigenbaumes lebt, aller Wahr-
scheinlichkeit nach mit dem unten bpsprochenen liombyx Croesi identisch.
Der Bombyx (Theophila) bengaleuäis ^) ,von Hutton lebt im unteren
Bengal (in der Umgegend von Kalkutta) yon „diophal'S Artocarpns 1a>
coocha, ipinnt aneh in Ranehee nnd Chota- Nagpore. Dia Form der weissen
0 OeoghegEB, 8Uk in lodia (Tcana. of tbe EntoBi. Soe. oT London, SSer. L 819^
U. 828).
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Tbcopliilft iifBiiis «tc Ooiaan.
289
Kokons erimnit an die von Th. mandaHna; sie ^d, wie die Kofa>OB
Ton Ron<iotia mencmna, am Blatte diirdi AnhingBel befestigt.
B. (Theophila) affinis*) wurde, über ganz Bengal verbreitet, 1869
durch Kingi in Chotii Nagpore entdeckt und lebt tou Art. lacoocha imd
Morus iDdicu (Hut ton).
6. (Tlieophik) ShenrilK (Moore) in 8.-0.-HimRlaja. Der Sehmefcter-
ling gleicht vollständig der Th. Hattoni.
B. (Theophila, Ociuara) religiosa ') von Helfer ist die grusste aller
Seiden raa[)eD, von Helfer auch als „Yoree"^ (.Isaam), vou Hngon als
„Deomooga** (Katscharj der Eiugeboreneu bezeichnet. :^ie lebt in Assum,
KatMshar, Sylhei in halbgeiüohtetem Znetande anf dem heiligeu Feigeo-
baune der indiacbeii Tempelbaitie (Fiem iiriigioea, {äp^Ot wf dn Ficna
indica (bor in Katschar) und auf SbeUliu odoratissima („sum** nach Bucking-
ham) und entwickelt sich zu einem Schmetterling von f:px>s«inrtiirer
Farbenpracht. Der Deomo(^uwurm lebt 30 Tage und spinnt einen harten,
eebr au-sgiubiguu Kokon, der eine feste and glänzende Seide liefert; seine
SeidendrSie wird in Bengal an^ xnr Anfertigung von Angdsehnfixen venrendet.
An Bombyx religiosa BcMieanen sieb folgende Sddenarten an, die
indessen in iinregtlmäasiger Weuae gesögen nnd nur veiiiSltnismisaig wenig
verwendet weiden.
Ociuara lactea (iiuttuu), vüu emigeu aU Allucuä 1. bezeichnet, ist
eine mehreraiige Seidenart Hassoriene, N.-W.- Himalaya. Die volbtibidig
haarlose Raupe lebt vun Ficus veuosa und liefert i-lwn kh ineni ovalen,
schwefelgelben oder wei.ssen, in Blätter eingewickelteu Kokon, der mit einer
schönen, gelben, spitzenartigen Hülle imigeHen ist.
Ociuara lida (Moore), auf Java und in MusM>rieu auf Ficos veuosa.
Die haarige Raupe spiimt einen kleinen weisnen Kokon, der, laut Untton,
sur Seidengewinnung nicht herangesogen wird.
0. comma (Hotton), in den Th&lern vun Dehradoon. Ein weisser
Sehmetterling mit kommaartijyem Bildnis auf den Flügeln.
Ocinara diaphana (Moore) des Kbasiagebirges.
0. moorei (tiutton) in Mossorien, N.-VT. Himalaja, spinnt auf der
FiouB venosft nnd der wilden Feige mehrmals im Jahre kleine weisse
Kokons.
0. dilectula (Walker) anf der hwelJaTa, spinnt gelbe, fast kugebrunde
Kokons, und sciilii^sslich
Ocinara Waringi.
>) Froceed. of the ZooL äoc. of London, .XXVIIl. 242.
TVaiMSGi of ibe EuiomoU Soe. «f LoodoD* 8. sar. II. 329.
') GeoghegaB, Bilk in India» Tnuti. of tlie Bstooi. Soe. of LoodoB, S. lar. I,
815, II» 322.
Sllb«rn»sii, Wm SM«.
1»
290
Alle Oeinaroarieti liefern sehr feinflUiige Seide*}.
Trilocha varians (Walker, Moore). N.- und S.-Indien (E[allnittft,
Assara, Kanar) auf dem l'eigeobanm'); liefert ftnsserrt kleinet onlei gelb-
liche Kokons.
Gastropaclia quercilolia. G. popuUfolia. G. tremulifolia. G. ilicifolia.
Libetbra Cajaiii.
Ein durah eeine Lebensweise and Eneagniiae d«n B. mori neheeteiieiL-
der Seidenwann der japeuischfii Eiclie. Antheraea Yamamay ist iu Japan
seit 1487 btkaout, wo er auf tkr lusi 1 Fatsitsj'o entdeckt und nach Nippon
verpflanzt wurde; seine urejirüngUche Heimat scheint dagegen China
gewesen zu seiu, woselbst er im Gebirge in völlig wildem Zustande
gefonden worden ist. In Japan irird er daher „Yama'inayu" (Sddenwvmi
der Gebirge) genannt, und ist die von ihm gelieferte Seide hoch genchätzt.
In früheren Zeiten war diese Seidenarf ausschliesslich für den Gehrauch
japanischer Herrscher reserviert und die Ausfuhr der Raupeneier bei Todes-
.strafe verljoten; trotioieui gelaug es einem gewissen Van Meerdevroortf
durch Anwendung übrigens wenig Kiblicher Mittel, sie im Jahre 1862 nadi
Borapa an Tweenden, wo erfolgreiebe AcelimatiaieniDgerasnehe aagestdlt
wurden, die noch gonstiger ausfielen, als man durch Krensang mit dem
chinesischen Eichenspinner, Anth. Pernyi, eine unter flen europäischen
KlimaTerhältnissen vortrefflich gedeihende Rasse erzeugte. Auch die in In-
dien angestrebte Acciimatisierung ergab gute Resultate, doch wurde die
Zneht ^ Yamamayspinners hier, wie aneh in Europa, Asien und Ameiikaf
ans verschiedMien Gründen nieht lange fortgesetzt; trotzdem ist ee nicht
ausgeschlossen, da^^s sie, früher oder später, in diesen Weltteilen noch
wieder aufgenommen \verdeu wird, da die Yamamayseide an Schönheit der
Faser der echten Seide vollständig ebenbürtig, an Festigkeit sogar weit
Qberl^en ist — und die Klima«- und Bodenverhiltnisse Uittelenropas und
AmeriloM stimmen mit denen Japans Tollkommen überein. In Japan
wird die Anth. Yamamay in mebieren Provinien ges&ditet und zwar in
(ioshiu, Tango, Rtshigo, Koshiu nv<] Owari, in grösserem Mafsstabc in
Siuschiu, wo mehrere Ortschaften, die einen Kollektivnamen ,,Matsukawa-
gumi'* führen uud ibr Ceutrum in Furumaya haben, ausschliesslich die Zucht
des Yamamayspinners betreiben^).
Das runde, etwa 3 — 4 mm messende Raupenei des Yamamayspinners ist iu
mannigfacher Hinsiebt interessant. Znnst gehört »eine brenne Farbe niebt ihm.
'j Uutton, On the revergion and rettoration of the wild silks of India. iTrans.
Of the Kntom. Soo. II. 326).
') Moor«, The Lepidoptera of Ceylon, II. 136. Tram, of the JSntom. 8oc. 8 aer.
U. Taf. 19.
*) Hoffmann, Bull, de la Soc. d'acciim. 1864. 523.
5?ir;i-kawa ,1' de Rosny, Trait^ de l'educ. d«'^ vers a eoie aa JapOB, ISiM. 1S4.
*) Adams, Third Report on Silk Culture in Japan. lt>70.
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Antheraea Tamama}*.
291
sondern einer ihn umgebenden gummiartigen Hülle an, welcli letztere, weil
sehr hygroskopisch, die Oberfläche des Eies stets in feuchtem Zustande erhält
* und dadurch beim Ausbrüten sehr günstig wirkt. Aus diesem Grunde glaubte
man eine Zeitlang fülschlich, die von dieser Hülle befreiten weissen Raupeneier
als uubranchbar erklären zu dürfen. Eine andere Merkwürdigkeit ist phy-
Flc- IM- Scbmetterling der Anth Tamunty.
Biologischer Natur; die junge Raupe ist nämlich im Ei schon 3 — 4 Wochen
nach dem Legen gebildet und überwintert ohne Gefahr in diesem Zustande,
während bei dem B. mori und den übrigen einenitigen Seideuwürmeru
der Embryonalprozess bekanntlich erst im folgenden Frühling stattfindet.
Flg. Ibl. Die Ranpe de« TiiiiAin>;ap<nnen.
Die Yamamayraupe wird ausschliesslich mit Eichenblättem gefüttert,
in Japan und Cliina frisst sie hauptsächlich von den Eicheuvarietä^en
Quercus serrata und Q. dentata. Ihr Lobenslauf ist mit dem von B. niori
beinahe identisch. Der Kokon, von länglicher Gestalt und häufig mit
Blättern umwickelt, ist von schön goldgelber oder blassgrüner Farbe und
regelmässiger Struktur; er uiisst 45 bis &3 mm Länge bei 23 bis 27 mm
19'
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292
AaÜMraca Yammnaj.
Breite; die grössten sind die weiblichen, welche 7 mid 8<^r 8 wiegen»
während der Maulbeerkokon durchschnittlich nur 3 g wie^. 12 kg Kokons ^
liefern 1 kg Orege, lOüO Kokons 800 g Rohseide. Der Faden ist mit
Seidenleim amgeben und tou beinahe weisser Farbe. Das Abhaspeln geht
mit Laiehtigkeit tot neh. Die at^ehaspelte Kokoofraer, in einer Liag»
von 800 m, ist aoföoglich grünlichgelb nnd wird im loneni det K(Aon»
allmihlich weisser und dünner. Der Schmetterling der Autli. Yamamay ist von
schön goldgelber Farbe mit weiiiaer Kreazbinde und rotiafarbenen Pfaueu-
aagen.
Hf. 159. Kokon dar AaUiene» YkiMioftr. t'ig. IM. Mikraak. BUd d«r ITmct tob
Sehr gebrüuchlicli ist in Japan das Verweben der Varaama}.seide
mit der ecbt«n zur Herstellung gemusterter Gewebe von ausnehmend
sdiSnem Effekt« Von allen wilden Seiden eteht die Yanuunayfaser in
morphologischer und chemischer Beziehung der echten Seide am nächsten;
in Europii tindet sie jedoch nur beschränkte Anwendung, weil sie beim
Färben oft ein ^any. abnormes Verhalten zeigt, das möglicherweise auf
künstliche Erschwerung zurückzuführen sein dürfte.
An Antli. Tanuunay reihen sieh einige andere Seidonurten, welche
ebenfalle auf der japanisehen Eiehe Torkommen nnd eu fthnliehes Pro-
dukt Uefenit aber nar irrtümlicherweise als Yamamayspinner bezeichnet
werden. Es sind dies: Anth. fentoni (grauer Schmetterling), Anth. hazina
(roter Schmetterliug), Autb. calida (brauner Schmetterling) und schliesslich
Anth. maroisa.
« «
«
Die nachfolgend zur Hesprechung gelangende Spidenart war eine der
ersten, die den Namen der „wilden" führte und mit welcher Europa
aneh aaerrt bekannt wurde. Es ist dies die Tasar- oder Tasserseide, ein
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Anthernea inylitta.
293
Produkt des indischeD Tusserspinners, Anth. mylitta (Drury)'), welche im
Handel kurzweg als Tnssah bezeichnet wird. [)ie Synonymen der Tussah-
seide sind sehr zahlreich, auch die Bf-zeichuungeu in verschiedenen Sprachen,
wie Taisar oder Tusser in Indien, Tussah, Tiissa, Tnssar, Tiisseh in England,
tus-sore in Frankreich u. s. w., Namen, die von dem indischen Worte
„tusuru", das Weberschiffchen, abgeleitet worden sind. Die Raupe der
Anth. mylitta ist über ganz Indien mit Ausnahme von Rajpootaua, Kaschmir
und Butan verbreitet und wird von den Eingeborenen verschiedener Distrikte
Tig. Ibi- DIt R«ape «Im TuwkbipionKn.
mit den mannigfaltigsten Namen bezeichnet: tasare, tnsseh, guti, bughy, kolis-
sura, ksatkuri etc. sind die gebrüuch liebsten, unter denen man wieder einzelne
Varietäten, wie punjab, hazaribagh, schibassu u. s. w. unterscheidet. Für
die entomologische Bezeichnung der Tussahraupe existieren folgende Syno-
nyme: Phalaena Attacus mylitta (Drury), Anth. mylitta (Hübner), Bombyx
m. (Fabricius), Attacus m. (Blanchard), Saturuia m. (Westwood), Pha-
laena paphia (Roxburgh) und Saturuia paphia (Helfer). Über die Tusser-
seide, die seit undenkbaren Zeiten in Indien verarbeitet wird, gelangten
') Wardle, Monographies du tussore et d'aiitre« soie« siiuvaf^es de l'Inde etc.
London 1878.
— The wild silks of India, principallj tusMr. London 1879. 1880. S. 16 ff.
— Handbook of the collection illustrative of t)ie wild siiks of India. London
1881. S. 13 ff.
Geogbegan, Eaat India product«, II. Silk in India, S. 110.
Drurjr, Procceding« of the Zoologie. Soc. of London. S. 247.
Hutton, Note« on the Ind. Bombycidae. S. 4.
Wailly, Catalogue raioonnt^ de s^ricigbnes Kauvages. Extr. du Bull, de la Soc.
d'aodim. Paris 1882. 1886.
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294
die enton Nachrichten nach Earopa in neacrar Zeit durch Bamphintt
der in seinem Prachiwerke „Herbarium Amboineiuae'', sowohl den Schmet-
terling und seine Eotwickelnngsgeschichte, wie auch den Kokon and dessen
Verwendung zur Fasergewinnung schildert Auch in China wnrde die
Tuäserranpe seit läogerer Zeit in einigen Gegenden von Ss-tschueu, Kuei-
tadiea« Shantnog und Honan in nidit nnerheblieher Menge gezBclitet')r
intofern man das Sammeln der Kokons als Zocht bezeichnen will.
Die Raupe der Anth. mylitf;i frisst von ciuigen Dutzend Pflanzen,
hauptsächlich von Duiyeti (Lugerstroemia iudica), Asun oder Saj fTermi-
nalia touientosa), Ai>i»uiu (Terminalia alata glabra), Sal (Chorea robasU;,
Sidara (Terannalia arjona), Nindnik (Fiens beiganiina)« Karond» (CariM
earandaa) nnd Bher iJBuj^vm j^jnba), tuieb von Sonneratia aeida, Bombaac
Malabaricnm u. s. w. Die Banpen hftnteu sich fOnfinal, dnd in ihrer Reife
etwa 14 — 15 cm lang und 3 cm dick und Iwginnen nach » iuer viensig-
tiigigen Lebeuszeit mit dem Spinnen des eiiönuigen, braun farbigen Kokons,
den 8ie mittels eines Anhüngscls am Zweige befestigen. Den Lebenslauf
der Tnsseminpei sotrie einiger anderen wilden Seidenspinner erllnlert fol-
gende Tabelle*).
Satdeaart
Lebsatdamr
Scbmetter-
liagi
Seii vom
Eierlegen
bis zum
AaslMrfitea
Lebensdauer
der Kaupe
2»eit vom Ein-
spinnen bis
züUi Reif-
werden der
lairre
Zeit Tom Keif-
werden der
Larve bis mm
Auskriechen
de« SchnettsrL
AntL mylitta
3 — ITage
.9 Tage
36 Tage
15 Tage
6 „
10 „
30 n
5-6 „
16—20 Tage
a • • «
A. neini
Nicht genan bdnnnt. Der komplette Kreislauf »ird in
43 Tkgen bia 2 Uonaian Tolliogen.
B. teztor
B. croesi
js— 4Tage
10 Monate
30—40
Tage
5— 6 Tage
20—25
Tage
In total wildem Zustande ist A. mylitt» ^oenrilg mnd liefert Eokona,
die weniger gat ausgebildet sind, als die halbgezfichteten; erst durch ge-
eignete Aufzu lit ist man dazu geknnitii»in, mehrere Generationen jährlich «u
ensielen; gewühnljch werden 3 Ernten gesammelt. In verschiedenen Dintrikten
finden die letzteren zu bestimmten Zeiten statt und werden Qualität
nnd Herkunft dar Kokons ilb]idier«reise nach der enti^rechenden Be*
>) 0. E. Bamphias, Herbariom Atnbomensa«. Am«t«rdam 1748. Bd. III. 8. IIB^
Tar. 75.
*) Straass, La Chine, son bistoire et res ressources.
*) Wardle, Handbook of the Collection illostratiTe etc. S. 68.
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Antheraea mjiitta.
295
neoDung der Knitczt it uiiterscVii ii-n: sr» sind z. B. in der Gt.'gend Jabal-
pooro flif Kokons der Oktolnrernte ,,katkabai*', in anderen Distrikten die
„sbadra" (Augü^i- uud .^eptemberernte) die gescUätztesteu ; in Ciiota NagiHire
werdsn die Aagusfckokoiw ndsUw" genannt. Unter den anderen im indi-
schen Kokonfaandel ttUiehen Namen sind zu bemerken: ,,agben" (Norember-
nnd Dezemljorernte)» «tsheyt** (Mai-Janiernte), „maga" (Janienite) o. e. w.
Die Eingeborenen nnterwbeiden folgende bestimmte Biissen des Tnasete:
1. Dabab, spinnt ExAota von uDgewöhnlicher GrOne (60 mm Länge)
nnd dankelgraner, last echiriltsKcher Farbe; sie liefert V» der
Gesamterntc. Die sehr starke, nicht besonders seidenreicbe Faser
\-\ U^irht nMia^^pelliar. Der Kokuii fj;ie}>t unter dem Drucket
den mau auf seint' St ileutvile mit dein Finger ausübt, nach.
2. Monga. Hellgrau, kleiner ab der vorige (38 mm), aber seideu-
reieker, daber aueb mebr gesebBtxt; widersteht dem Fingerdmek.
Liefert '/» der Gesamternte.
3. Bogai. Der kleinstt Kokon, liellgrau oder weisslicli, sehr seidcn-
reich, obwohl billiger wie Mouga; die feine, leicht baspclbare
Faser ist ebenso hart wie Monga; ergiebt % der Ernte.
4. Laria, Laringa. Es sind dies keine einkeitlieheti Bassen, sondern ein
Gemiseh aller mSgliehtti; die dominierende Färbung ist gran; die
Anhängsel sind dünn, die Kokons selbst weich nnd seideuarm.
Die Art stammt wahrscheinlich von den kranken Raupen aller
Rassen her und macht '/« *^^>^ Ernte aus.
5. Dscbyri. Eine ziemlich seltene Rasse, erzeugt helle Kokons .
mii dünnem, knnem Anhängsel Das Abba^In ist mit einigen
Sehwiengketten verbunden; '/« Ernte.
Die Indier selbst unterscheiden mit Leichtigkeit diese :Sorteu, sie haben je-
doch dk libJa Gewohnheit, die Kokoos nntwainander ni mtsdiw, wodm&
rieh sehr nngloebmSssige Pkodnkte ergeben. Im allgemeinen kennt man
nur drei typische Kassen: die von Kalkutta« die Tcm Bombay nnd die von
Ceylan. Die beiden ersten unterscheiden sich wenig von einander; hi 'i der Rasse
Ceylanistder männliche Schmetterling dnnkelrotbraun uud der weibliche gold-
gelb. Die Erzeugnisse hängen indessen weniger von der Rasse ab, als von der
Jahresieit, der NahmngspAanae, dem Boden nnd Klima. Der TasBabspinner
ist ein einerntiger Warm und dies namentlich im wilden Zustande, wahrmd
erder Aufzucht unterworfen zwei, drei und mehr Brüten im Jshre ergeben
kann; im Süden Indiens soll er immer niebrerntig sein.
Etwa fünf Wochen nach dem Verspinnen erfolgt das Auskriechen des
Tussersobmetterlings, von schmutzigbraunroter Farbe beim Männchen und von
bnwngalber bmm Weibeben. Derselbe misst in der Fingweite etwa 18 reqp.
20 cm; quer über beide Flügel verläuft dlM violette Bbde; jeder FlBgel
ist mit einem transparenten, glashellen, gelb nnd Tiolett oder purpurrot
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296
Antheraea mjlitta.
iimrancleten Fenslernnge Teraehen. Yorn am Kopfe ntseo die goldgelben«
kftmmartigen Fühler.
Die zuerst gespuuneneu Lageu des Kokous beuetzt die Tusserraupe
mit dner dicken, kBrnigen, vorwiegend aus sanren kanuanren Sätzen bfr>
Hg. IM. Xofeon d«r Anfb. nylttbL
stehenden Masse, wobei sie durch Drücken und Bewegungen des Körpers
bewirkt, dass diese Verkittuug in die Fugen des Gespinstes hiueindringt
nnd dnreh nachträgliches Entanen die ungewöbnlidie HIrte der Eokona
hervorraft Hiemaeh eebreitet die Aiuecheidang dex Seiden£uer Lage fBr
f1(r- 157. KotoB vbA Pappt 4m ^UMtophiinw.
Lage iu kleineu Schlei fengebildeu, die ebenfalls durch das Cement zu-
aammengekittet werden, Yorwärt«, bis der Vorrat erschöpft ist. Das Au-
hingeel, dnreh ^elehea der Kokon am Zweige befeetigt HM» itt ein« weise
Ebriehhmg der Natnr, denn würde die Raupe ihren Kokon spinnen nnd ihn
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Anth«n«a mylitta. 297
irar An ein Blatt bSngen, wie dies bei denjeDigeu Arten gesohiebt, die
nur «inige Wooben im Pnppensnstand«» verbleiben, so wurde er mit dem
Blatte abfallen und von Insekten und Witterung zerstört werden. Der
wilde, d. i. einerntigr Tnssahschmetterling lieanspiuclit jedoch mehr als
acht Monate für seinen Schlaf und durch einen wundcjrbariM) Instinkt windet
die Raope den Beidenfadea /.nerst einige hundertaial uiq den Zweig und
▼erlSngert dann diese Anordnung dareb Aoflscbeidang der Seidenmaaw sn
einer dicken, sebnenartigen Schnor, an deren Ende sie den Kokon bildet.
Das Ganze ist von überraschender Konstruktion und Schönheit der Form.
Der Kokonfaden ist äusserst regelmässig zickzackrormiff abgelpjjt: scIiih
Länge beträgt 1200 — 1400 ni, wovon Jedoch nur 5 — 600 m abhaspeibar
sind. Dia Edronbüll«, von moer hart«), nndnrobdringlieben BewbaffiNiheit}
iat derart widerstandsfäbig, dan die Bbeele nnd andere in den Hainen
lebende Stämme den an einem niimljnsiöhrchen befestigten K'nknn als
Lichthiitcheu iM-nntron, in lieni sie ilire ..lalitii" oder Zünder auf bewali rcn.
In spiralförmig'' laufende Bäiidcheu zerschnitten, dienen die Kokons /um An-
binden der Lunten, weil sie weder von Feuer, noch von Wasser zerstört
werden. Der Kokon enthalt zweierlei Arten Seide: da» Anbingsel und das
Süssere Netzwerk besteben ans der Xtterst gespomneoen, rötlichen Faser;
während dieser Teil des Kokoufadens mehrmals unterbrochen ist, ist dies
für den übrigen, eiginitliclicn Kokonfaden nicht der Fall. Die übliche Grösse
der Tof^erkokons beträgt öO um Länge bei 30 mm Breite, ihr Gewicht
obn» Puppe 120 mg. Im Handel kommen aber dfters kleinere Kokons
spftterer Ernten vor, s. B. 36x23 mm grosse, deren 600 im kg entbalten
sind, wovon 400 g Seide und 600 g Pnppec. 1*2 — 15 kg frischer oder
4 — 6 kg trockner Kokon.« sind erforderlich, nm 1 kg Orege /n haspeln. Wfi«
nini die ,\rt der \ erkittuug anbelangt, welche dem Kokon eine so uugewülin-
liche iiurtc verleiht, so besteht dieselbe nach den Analysen von Tajlor
und Lyon im wesentUcben aus saurem bamsanrem Ammmüum, das von
der spinnenden Bsnpe als Exkrement ausgeschieden wird. Nach der Be-
obachtung von Conssmaker sondert die Raupe beim Beginn des Spinnens
die in dfr Speiseröhre verbliebene Nahrung in Form einor mehr oder minder
dicken, dankelgerärbten Flüssigkeit ab; nach dem Einspinnen aber bestehen
die Eikremente ans einer hell«! Flüssigkeit, deren Farbe und Konsistens
von dem Gebalt des Nabrungsstoffes an natfirliehem Farbstoff und Gerb-
stoff und an anorganischen Bestandteilen, Kalk, Ammoninmsalze etc. ali-
bängt. Die Zn^amniensetznng dieser Bp.standtei!e variiert je naeh Xähr-
pflanze und Wett erstand w.Hhrend de» Einspinueos, und der Kokon wird
um so härter und dunkler, je langsamer die Kanpe die Fadenlage anfein-
anderachiebtei Wfirde es gelingen, diese Verkittung aus der Raupe vor
dem Einspinnen zu entfernen oder passende Nibrpflanzen zu wählen, die
z. R. wenig (ierbstoff enthalten, so könnte man weichere und weniger ge-
färl)te Kokons erzielen, statt der grösstenteils bräunlich oder schwärzlich und nur
selten gelb, grau oder rötlicbweiss aussehenden. Die Seidensubatanz der Tusser-
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298
AntlierMa wjUttft.
nnpe, und «ahrseheinlieli aller Übrigen wilden Seidenepinnw uberheoiit, iefc*
wenn sie das Tier verlasst, stets farblos'); sie iriid enfci wie wir sahen,
durch andere Sekrt te getarbt, w(>lche den fertig gesponnenen Faden be-
netzen. Diese Fürbuug hangt wesentlich von der ^'iihrptiauze und von dem
Boden ab, auf welchem die letztere wächst; so liefert z. B. der auf Termi-
nalia tomentom lebende Tusenphiner je nach der Gegend, ob gebirgig
oder sandig, dnnkelgeftrbte grosse oder helle kleine Kokmis'). Je mebr
die Nährpflauze Körper enthält (Gerbstoffe n. dergl.), welche bei der Oxy-
diening an der Luft dankelgefarbte Derivate liefern, desto dunkler wird
die Färbung der wilden Seide sein, deren kittartiger Uberzug direkt aas
den Ton der Banpe aanmilierten Nährstoffen herforgeht und naebtrigtieh
an der Lnft ozjdierfc nnd gebrSnnt wird. Diese Ansieht wird dadurch be-
stätigt, dass man durch jiusseude Wahl der Nährpflanzen dazu gekommen
ist, eine nur sehr wenig gefärbte Knser rn erzipU'n -. einp derart geregelte Zucht
würde auf um so grösseren Erfolg rechnen koiiueu, als die wilden Seiden-
spinner bekanntlich au eine besliuiuite Ttiauze nicht gebnnden and in
der Nahrung wenig wählerisch ebd.
Etwa 8 — 9 Monate nach der Yerpuppnng bemerkt man bei der wilden
Varietät am Ende des Kokons einen feuchten Fleck, der darauf hinweist,
dass der Sclimettcrliug nunmehr seiner Hülle entschlüpfen will. Er sondert
zu diesem Zweck eine saure Flüssigkeit ab, die den Klebstoff erweicht and
ihm ermöglicht, die Paserlagen beim Ansktieeihen genügend aoseband^ran
schieben, ohne sie jedoch an serrdssen. Zuerst erscheint der Kopf, breit
heim Männchen und schmal beim Weibchen; man ersieht also schon beim
Beginn des Auskriechena die zum Paaren nötige Anzalil Kokons von jedem
(leschlecht. Das Weibchen bleibt nieii*teu8 unbeweglich sitzen, während der
männliche Schmetterling umherflattert; das erstere legt wähi-end der ersten
drei Tage beträehtliehe Mengen Banpenmer, die nach 12 Tagen auskriechen.
Die I^bensdauer des Schmetterlings beträgt nicht über elf Tage.
Die Gewinnung der Tus-serseide wird in Indien von wohlorganisierten
Kasten mit grosser Sorgfalt und verknüpft mit Religiunsgebräuchen, be-
sonders rege in den Centraidistrikten Cbanda und Bilaspoore, Ijetrieben.
Der Zfiebter (Dheemnr) bant sich ein tragbares, dnfaehes Zelt im Frrien,
das ihm wlhrend dir 60 Tage der Zoehtdaner gegen die Witterung g^
nSgenden Schutz bieten soll. Da die Sitte dem Dheemur sein Hausbett la
benutzen verbietet, so stellt er sich im Zelt ans Stroh ein einfaches Lager
zusammen. Unter seiner Bekleidung zeichnet sich besonders eine müchtig-
grosse Kopfbedeckung von über 1*/« m Durchmesser aus, welche die Form
eines flachen, spitzen Korbes hat nnd ab solcher snm Obertragen der fian-
pen von einem Baum mm anderen Verwendung findet. Als Hauagerit besitift
') Witt, Chem. Tecbnologto U«r Getpinatfuaem, S. 64.
*) Rondol, Rapport sar nSspositum umvsti. 1878.
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Antherua mylitt».
29»
der Züchter in aeinem Zell unr einen Kng (khany), eine irdene SchOseel
(lotiab) uad einen aus einigen zneMmoeDgeDübten Blättern beatebeudeu Teller;
das Essen bringt man ibm ans seinem Hause. Als einzige Waffe gegen
Schlangen und Raubtiere dient dem Dbeeraur ein Bambnsatock von 2J0 m
Lange und 5—7 cm Breite. Bei Beginn der Zacbt versieht rieh der Dhee-
mnr mit einer Annhl am Zweigen gebildeter Bogen mm AnfhSngen
der reifen Kokons. Die befruchteten Weibchen werden in birnenförmige
Körbcben aus den Orüseru der Pollinia eriopoda zum Eierlegen ein-
geschlossen, aus denen am neunten Tage die ansgekrochenen jungen Raupen,
da die „mohers" (so bezeichnet man die Körbchen) an Zweigen aufgehäugt
werden, Ton eelbet raf die Nihipflanze fibergeben; dn somit das Futter den
Ranpen nicht verabreicht m werden bnmcht, beaehrfinkt rieb die Thfttig-
keit des Dheemurs auf die Obhnt der Spinner gegen Vi^el und Insekten;
die crsteren bekämpft der Dheemnr mittels der aus einem Bogen (gnllail)
gescho^nen Thoukugelu, womit er den Stürer noch in einer Entfernung von
50 — 60 m tödlich trifft Gegen Insekten verfährt er auf eine mehr hinterlistige
Weise: er bestreicht das Ende riner langen Stange mit einem an» dem Baume
Ficus indica gewonnenen dicklichen Saft, berührt damit das bemerkt» In-
sekt, das auf diese Weise haften bleibt, und bebt es aus.
Während der ganzen Zucbtdauer, vom Auskriechen der Raupen h\<
zum Satumeln der Kokons, widmen sich die Dbeemars der strengsten Ab-
stiDMia nnd vcrwmdm ihre ganze Sorgfalt aaf die Seidenwfirmer, denn
dem Olanben der Hindu nach ist der Tnssahsehmetterling die irdische Vei^
körperung ihrer Gottheit Mabadeo uud .seiner zerstörenden Natarkraft Qiva;
die Fensterangen an seinen Flügeln werden als ,,chakra". dns geheiligte
Zeichen des Wischnu, verehrt. Erst nachdem der letzte Kokou gesponnen
ist vnd dem Gotte Mabadeo ein Ziegenbock, ein Schwein oder em Hohn
geopfert nnd mit dem Binte derselböi die Kokons besprengt worden sind*
kehrt der Dheemnr zu seiner gewohnten Lebensweise zurück.
Der Knkonhandel liegt in den ITanden der „pattuab'.s", die ihre Agen-
ten, die sogenannten „paikars", das Liiml bereisen lassen. Man kauft nnd
verkauft lediglich nach Stück uud zühlt nach karry (1280), puus (80) uud
grbdahs (4 Kokons). Vor dem Verkanf sehneidet der Dheemnr die An*
bingral ab, nm sie besonders za vergeben. Das Backen der Kokons wird
als eine Entweihung nnd Sunde betrachtet; nnter keinen Umständen werden
jnnge Leute dies Geschäft übernehmen, sie würden sonst vom Wischnn, der
s^enbringenden Gottheit des Lichten und Lebens, mit Unfruchtbarkeit und
vonEeitigem Tode bestraft werden; unr alte Wmber und Greise venrichten
dasTSten der Pappen, nnd auch diese nnr dnnn, wenn rie dnrehElcmd sn diesem
Verdienst getrieben werden. Das Dorren selbst wird in piimitivster Weise
in Urdgmbeu mit Wiiaserdampf vollzogen.
Die Gewinnung der Tu.'iserseide, welche früher von den Eingeborenen
in der rohesten Weise ausgeübt wurde, wird nach uud nach vervollkommnet;
das enropUsobe Haspdverfshreu gewinnt immer mdir Boden nnd ent da-
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300
Antheraea mylitta.
darch wird eine Verbesserung des (lespinste? erzielt, welches alle guten
Eigenschatten der Tussahfaser zu Tage fördert. Es geschieht indessen noch
öfter«, dass die Kokons in einem (lemisch von Asche und Kuhkot or-
weicht und in primitivster Weise gehaspelt werden. Ober die letztere giebt
Kapitän Hrookes folgende Details. In Chanda nnd Saniboolpoor, den
Centralproviuzen, besuchen die Koshtas, eine Weberkaste, nachdem die
tarnte gesammelt worden ist, die Dörfer und kaufen die Kokons von jedem
einzelnen Züchter auf. Die Gespinste werden nun so bald wie möglich in
einer Abkochung der Asche der Jungui- Stengel, einer Pflanze, die wegen
ihres Samenöls gezogen wird, erweicht; dadurch wird einerseits durch die
Wärme das Backen der Puppen bewirkt, andererseits löst sich ein Teil des
FlK. l&ti 8rbn)etlerliDii der Aoth. nijlltta.
Klebstoff» auf. Das Haspel verfahren ist sehr primitiv; die Hasplerin sitzt
auf dem Hoden und hat zu ihrer linken Seite ein dickwandiges, irdene.«
Geföss, das zum dritten Teil mit einer Mi.schung von Potasche und Pflan-
zenabkochung gefüllt ist und als Haspelbecken dient. Es werden gewöhn-
lich 7 Kokons zusammen verhaspelt und der gebildete Rohseidenfaden wird
auf eine improvisierte Art, nämlich auf dem linken nackten Knie der Has-
plerin, das vorher mit der sauren Abkochung der Tamarinde befeuchtet
wird, mit der Hand zusammengedreht, analog der Kreuzungsvorrichtung
im europäischen Seidenhaspel. In anderen Distrikten, wie in Bengal,
werden die Kokons behufs des Backens mit kochendem Wasser behandelt;
in don (iegendcn von Nizam werden sie mit Abkochungen der ,,dhobee"-Erde
und Afcho, und in Midnapore mit Kuhdünger zum Haspeln vorbereitet.
Die in dieser Weise erzielten Gespinste kommen im Handel nicht vor, wohl
301
«ber roh« Tunerkolwiu, weld» Ali Bobmaterial für die Florett^inuerei
naeh Europa Tenehicki werden. Von der Vorbehandlung der letzteren wird
wriler unten bei der Äbfallseide die Rede sein, hier in(ige nur ein Ter^
voUkommuetes Verfahren der Vorbereitung wilder Kokons zum Haspeln er-
wähnt werdeu. Nach dieser Methode wird jeder Kokon mit Kattun oder
Papier umwickelt und in je eiue Zelle eiues iSiedekessels eiiige-sleekt, wo er
der fibliehen Behandlung mit einer kochenden Mischung von Soda und
Glycerin unterworfen wird; der Kessel ist hermetiwh venchloaaen, man
ufiuet Ilm von Zeit zu Zeit, um den Prozess zu kontrollieren. Auf diese
Weise werden keine Verluste des haspelbaren Fudeus verursacht, wie dies
beim einfachen Kochen in ofi'euer Pfanne der Füll i<t Tn der Neuzeit
haben «owqhl enropuMdie Oeaettaehaften, wie die Regieiuug selbit, die £in-
fühmng einer rationdien Haspelmethode unter die Eingeboren«! in die
Band genommen und awar mit einigem Erfolg; es wurden sogar an den
wichtigsten Prodnktionscentren grössere Etal^»lisseuieiits gepründet, die,
mit erheblichen Kapitalien nud uneiraiid'ichei- Sorgfalt betrieben, bedeu-
tend bessere Produkte lieferteu, jedoch aus verRchiedeneu Gründen, naiuent-
lieh infolge des allgemeinen Rückgangs der Preiaei den Betrieh einau-
stellen genStigt waren. Auch hat man das Haspeln in Europa seihst Tor-
zunelimeii vorsucht, doch ist einerseits der Trau^ort der Kokons noch zu
teuer, andererseits* werden die Puppen dabei zerdrScJct und die Kokons durch
deren braunen Säfte verunreinigt.
Die Tussahseide wird hentautage in grossen Quantititen verbraudit. ■
Einer der «rsten Artikel, so welchem sie Verwendung fimd, war die in Bng^
land t880 eingeführte Imitation der Halbseidenpliische, der sogenannte
,,se.il-cloth", ein Name, der dem echten Seahkin entnommen ist. Die
Tiissah wird zur Herstellung der ,,sealcloth's'' niolit gfiuisjielt, sondern ver-
spouuea. Infolge des eigentümlichen Glanzes, der Steifheit und Dauerbaf*
tigkeit der Faser, eignet sieh dieses Gespinst besonders fBr besagte Art lang-
faseriger PIttaehe. Ebenso hat sich der Tossahsammet, infolge adnes sanfteren
Flores und grossen Glanzes, als Ersatz für den Utrechter Sammet vorzüglich
bewährt. Für Teppiche nnd dicke Tisch- nnd andere Deckenzenge, hei wel-
chen die Steifheit der Faser sehr zu statten kommt, ist die Tassah geradezu
mtenllMhrlich geworden. Ihre Teihiltniamässige Billigkeit hat ihr in den In-
dnstrieen der Fellimitation, Beeata- und Phantaiaeartikel ein weites Anwen-
dnngsfeld eröffnet.
Die Tn«sahfaser VtP' it -t. abgesehen von ihrer weit steiferen und härteren
Beschaileuheit im Vergleicl» zn der weichen und biegsamen Maulheerseide,
einen eigenartigen glasähnlichen Glanz und Schimmer, die, wie bereite er-
wShut, mit ihrer Struktur als flaehe Faser im Gegensata «u der runden
Maulbeersdde im Znsammenhang stehen; denn ne strahlt, wdl ausserdem noeh
') Pepp^» Engl. Patent ^937 (1^).
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302
Antheraea nebuloRa etc.
schwach gedreht, das Licht nicht in allen Richtungen, wie die echte Seide,
sondern nur in Form von leuchtenden Pimkton und kurzen Linien zarück.
Obwohl diese Eigenschaft als eiu ><aciiteil angesehen wird, so erbalten
doch dadurch besondera die Phantaisiegespinil«^ wie die ana wilder Seide
angefertigte Schappe, besonders in den mittleren Farbtönen ein gef&lUg
schimmerndes Aussehen. In den Tussabgeweben wird der Glanz infolge der
Flachheit der Faser bedeutend erhöht. Ihre Festigkeit, Glätte und der
milde (ilauz machen die Tussahgespinste für Stickereien besonders ge-
eignet; aellMt in hellen Ttaeo emieht
man bei Eirehen- und anderem Shn-
liehen Stickereien infolge ihres nicht
zu grellen Glanzes sehr gute Etfekte.
Die Tus8ahphantaisiege8j)inste wer-
den auch znsammen mit der Maulbeer-
adde auf einem Grande ane anderem
Material, wie Wolle, oder auch nm die
KfFekte der wollenen Striclvgarne zu
erhöhen, mit gutem Erfolg angewendet.
Eine andere Art der Stickerei, in wel-
dier besonders die Japaner Vorzüglichee
kiaten, beetdit darin, daae die Zeidi-
fi» laa lOtoeak. nu te T«nta0Mw. nung, teils in Tus^ah, teils in flachem
Farbendruck ausgeführt wird.
Ausser der echten Tussah kommen im IlandelsTerkehr noch ihre Ab-
arien tot« die von den der Anth. mylitta anyerwandten Speeiea gewonnen
werden. Dieee Seidenranpen, welche dme Unterschied' an Stelle des Toseer*
afnnners zur Seidengewinnung herangezogen werden und deren Faser kaum
von der echten Tussah zu unterscheiden ist, sind folgende:
Autb. uebulosa (Hutton) iu Centralindieu, Deccan, Bengal, Maun-
bhttm, Sonthal (Colgong;, Singbhoom, Cbota Nagpore.
Anth. kasanlia (Moore) nnd Anth. sinilentis (Hntton) in N.-W.-
Himalaya.
Anth. Frithii (Moore) und Anth. Helfer! (Moore) in den heissen
Thülern von Sikkim (Himalaya), Fendschab uiul Darjeeling sind
gesellige Raupenarten; sie erzeugen dem Tusser ähnliche
Kokons von etwas feinerer IVtferbeschaiiniheit
Anth. paphia (Linnd), genannt „aalthi** in westlichen Dtstrikten
Indiens.
Anth. andamana (Moore) des gleichuamigen Archipels.
Anth. Perrotteti (Gueriu-M6 neville) in Poudicherry auf Zizyphus,
Syzygium jamb. nnd Odina. HSntet sieh viermal und liefert
') Wnrdte, Handbook of the ooUectieii etc. 8. 6.
Üiyitizeü by LjüOgle
AotbarMa F«rnji.
803
vier Bratan jfthrlieh. Die «tarke glinsen^« Vtamt vi jedoch
nar zum Verspinneu geeignet. In Dimgepoor werden aus dieser
Seide Angelschnüre verfertifrt.
Antb. Cingalesa (Moore) eine grüne, volistÄndig wilde Ranpenart,
liefinl Gespiuete, die den Toaserkokone ToUkommen gleichen*).
«
Unter dem Namen „chinesischer Tussah" küinmen in den Handel jjrosse
Mengen gehaspelter wilder Seide, welche iiirem iiuüfereu Ansehen nach der
indiiebeii xwar uhnlieh siebt, in ihren Eigenaebaflen indeewn denelben
OMihetebt und auch billiger ist. Sie ist das Produkt einer unter dem
Namen Antheraea l'crnyi ])ekannten Seidenraupe*) und kommt aus j'^nem
Teile Nordchiuas, von wel ehern T8chitu((Jhet'oo) die südöstliche Ofrenze bildet, im
ganzen vom 27° bis 42 nördlicher Breite. Antb. Pernyi soll, obwohl selten,
aoeh in Indien vorkommen, so hat sie Hntton in Darjeeling nufge-
fanden*), wohin sie aber, wie dies aaeb Inr Ceylan der Fall ist, impor-
tiert wurde.
In China befassen sich haaptsäcbllcli die Provinzen Schenking (Man-
dschurei), dann Chefoo und Newchwang mit der Gewinnung der chinesischen
Ttttsah^), die Gegenden des Flussbeckens Liao sind anschliesslich der Zucht
der Eielienranpe jsjewidraet, w&brend ein anderer Teil (Liao-dii) der Pro-
vinz ausKerdeni noch die Gewinnung der Aylanthusseide betreibt. Die
Städte Tuchow (1. Tutscheu), Siiiveii, Kaichow im Süden und Haichen<7 im
Norden sind die Mittelpunkte und zugleich Kokonmürkte; die letzteren sind
indessen dem iVemdländisclieu Verkehr nicht zugäuglich. Unter diesen Um-
ständen wftre Sebtaking (Mandaehorei) wohl imstande, das Tierfadie der
jetzigen Produktion zn liefom; es mangelt hier aber an richtiger, strebsamer
Fülirini;,', da die Ein^jfeboretien nur soviel Kolions sammeln, als zn ihrem Unter-
halt gerade notwendig ist und jeden Fortschritt in der Verarbeitung der
Gespinste grundsätzlich verpönen. In der Provinz Shantung betragt die
Produktion der Eiobanteide jibrlieh ea. 10000 pienlB Grege (1 picnl ^
60,16 kg), die anm Teil ansgelBhrt wird, teils aar Anfertigung der „pongee*'^
Gewebe verwendet wird. In Cbefoo eiistiert bereits ein specielles Eta-
blissement, das, nach t-nropäiscb Tervollkommnetem Verfahren betrifheii. ?iim
Haspeln und Zwirnen der für den Export bestiuimten Eicheuseide dient.
Shantung produziert ca. 8000 piculs mulinierter Eichenseide.
Ibrer Herknnft entoprecbcnd nnterMheidet man mdirere Arten der ESehen-
*) Hoore, The Lepidopt of Cejrlou, S. 1S2.
*) Psrny, Uönogntj^e da vor a sola du cbtai« (Bell* de la So«. d'Aedini. T.
Notes «n the ladiaa Bowbjciclae, 1871. 8. S.
«) Heb, China silk ctdtare, SkaagiMi 1881.
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304
Antiiera«a Fernji.
seide aus der Mandbehaiei (ShtokiDg), der Mongoln, Shuttung, Chefoo*
Newehwang u. s. w.
Wie die Aatberaea Yamaraay der Seidenspinner der japanischen Eiche
iai, 80 wird Aath. Pemyi als Eicheiwpinuer Chinas beseichnet Er wird
auf den vefsehiedensten Eiehsouten im Fnisn gesogm oder lebt in voll*
standig onbewachteni, wildem Zustande auf „Siao-y^tso" (Querens niongo-
lica), „siang-wa-tse" (Q. siuensis), ,,tso-shu" (Q. serrata), ,,hu-polo" (Q.
dentata), i). castaneaefolia oder Q. aliena und wird auch u. u. mit Ciulrania
triloba (tscbej gefüttert, iu welch letzterem Falle er bedeutend bessere i'ro-
dnkto zu liefeni befähigt wird')* Aneh friist er tob nYang-mei*' (Mjrica
B^nda). In Earopa worden frfiher lahlreielie Veisnche angestellt, den
Flg. l«a Bup« TO* AMtk. PmjL
cbinesisclien Eichenspinner zu accliniutisiereii, so u. a. in Italien (A. Pan-
toui), Fraukreich, Spanien, Belgien, Österreich- Uugarn und Deutschland.
Id Reiehoibaeh (Scblesien) worden in letsterer Zeit auf 40 Morgen l^chen-
schSlwald einige Jalire hindurch sowohl chineeisehe, wie japanische Eiclieu-
spinner gezüchtet, welche Gespinste Ton grosser Weichheit und Gleich-
mässigkeit lieferten.
Die Motte der Auth. Peruyi besitzt vier transparente Flecke, welche
klein«' sind, als die des indischen Tnssersehmetterlings. Anch ist die Eiohen-
raupe in ihrem Auaadien weit nnseheinharer, als die Antii. myütta, die
mit einer schönen, grünschimmemden HflUe bededct ist; die erstere be-
■) Hance, On the nilkwom oakt of Norilieni Gbiaa (The Jonen, of tbe Liaaeau
Soc. Botan. vol. X, XIU).
— Od silkworm oaki (Tbe China HeHsw, 187T).
Brettebaeider, Ca Chineie sflkworm trseib 1881.
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AbÜmtm» Perayi.
305
findet sich thatsächlioh in ganz anderen Lebensverhältnissen und zeigt aach
eine von den äbrigen Tnaserapinnera abweichende Färbung. Die seiden-
eneagende DrSse «eist bei Antii. Pernyi einige Eigentümliehkeiteii »nf; ne
besteht, wie gewühnlich, aus drei Teilen, die jedoch in eigenartiger Weise
gnippiert sind. Das Sekretionsorgan besitzt hier eine äu.sserst stark ge-
wundene Form, ist aber bedeutend dicker, als die Samnieldrüse, mit welcher
es vermittelst eines besonderen, sehr dünnen Kanals verbanden ist; die
SnonneldrBee ist, statt die SUidhe S-Form zu heben, ebenfalb stark ge-
wunden und ähnelt in dieser Hinsicht dem Sekretionsorgan ; aus der Sammel-
driise fuhrt ein langer Kanal aum üzkretioneteil von fthnlieher Stroktor,
wie bei B. mori.
Fig. 161. Kukon <ler\\iith. rernyl.
Die Eiehenranpe liefert swei Braten im Jahre; die Fr&hlingsemte
(tschu-kien) ergiebt quantitativ nur die Hälfte der Herbsternte (tsin-kien),
deren Kokons ausserdem seidenreicher sind. Die „tsc}iukien"-Kokon.s liefern
dagegen Seide, die feiner, heller und glänzender ist, als die „tsinkien", welch
letatere Kx/kom banptrtdifidi fBr den Export beelaraiat nnd. Der Eichen-
kokon ist weicht von keiner beetimmten Gestalt, mit einem knnen An-
hängsel versehen nnd zwischen einigen Eiehenblittem eiugespouuen ; mit-
unter kommen auch eiförmige, helle Kokons vor, die mit üppiger Flockseide
umhüllt sind und nur au einem Blatte haften. Die Kokons, welche durch-
schuittlich 40x25 mm messen, wiegen im trocknen Zustande etwa 430 mg
und liefern 6-~700 m abhaspelbaren Fadens vom Titer 7Vt — 8Vt ^m«;
tausend Kokons wiegen 10,5 kg and liefern GOO g Seide. In tausend
Teilen Kokon« sind 685 Teile Puppen und 315 Teile Seidenmatcrial ent-
halten, %vniiiiit«-r 45 Teile Flockseide, 195 Teile Seidenfaser und 75 Teile
inueres uuhaspelbares Gewirr.
Sllb«rni»B«, Sta Stüto. 20
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306
Antlitrac» Pcrnji.
Dos Bftcken der KokoDS gesebieht in fiUieber Weise durch Waaeer-
dampf, wonach sie sofort abgehaspelt werden; die trocken gewordenen
werden vor der Verarbeitung nochmals in warmem Wasser aafgewcicht, was
allerdings fast steis «^psclieheu niuss, «lenn Mengen, Avie hier zur Ver-
arbeitung gelangen, können nicht auf einmal verhaspelt werden. Die
Puppen, welcbe nacb dem Abhcspeln niraokbleiben, dienen den ärmeren
Volksmaasen als Nabrangsmittel; deren Preis betrigt ca. 10 Pfennig fBr das
halbe kg.
Di r allgcmoiiif^u Ansicht entireg<'n sind die Eichenkokons nicht gänzlich
geschlossen; gegen das Kude, wo der Kokon am Blatte l>efestigt ist, lässt
die Raupe beim Spinnen eine kleine Öffnung frei, die ihr das spätere Aus-
sehlflpfen erleiehiem soll; diese öffiinng wird in der Weise erzeugt, dass
rig 162. Kokon <ler Aoth Pernyi Tlff. 16S. Mlkroak. Bild der ElchenMlde.
die Eichenraupe, ähnlich wie die Attacus-, Actias- und Philosamiaarten, in
jeder Fadenlage des Gespinstes an dc-isen oberem Ende ein Loch zurück-
lüs-st, indem sie den Fudeu in Form von Maschen, die mit ihrer konvexen
Seite der Öffnung zugekehrt li^n, znsammenwindet und die letctere in Gestalt
eines Trichters anordnet. Bd oherffiteblieba Betrachtung Terrat sich die Öff-
nung nicht, derKokon zeigt aber an der betreffenden Stelle eine rohe nnd fisltige
Be.scliaHenheit ; unter Umstünden ist das Loch indessen so gross, dass das
Abhaspeln in der sonst gebräuchlichen Art, d. i. im Haspeliieckeu, infolge
des Untersinkens der Kokons unmöglich wird. Die Frittilingskokons be-
sitzen dagegen nur eine kleine oder gar keine öffiinng und weiden, nachdem
sie durch Kochen in Wasser, welchem etwas Buchweisenasche angesetzt
wird, erweicht worden sind, wie üblich, auf dein \Vasspr sphwimmeiid al)-
gehaspelt. Das Abhaspeln geschielit infolgedessen iu den beiden Provinzen
Shautung und Shenkiug auf verschiedene Weise, trocken und nass, wobei
das entere Verfahren bei weitem öfters angewendet wird^).
*) Fanve), The wild ailkwomit vi the provioee of Sbantimg. 1877. 8. 18.
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AnüiMac* Pwnyi. 307
Das trockene Abhaspeln beatebt dariu, ilaäs die Kokous kuv^Q Zeit in
«iner starken LSsanf^ von Sod« oder Sslpeter und Asehenlange ein^^ewefohi
und dann auf einer sogenannten »»nso doppio"-Tafel (zum Abhaspeln der
Doppelkokons) ohne Amvenilnng von Flüssigkeit abgewickelt werden. Nach
einem anderen Verfahren erweiclit niiin die Kokons in einer Eiclien-
risdeuabkochnng, was ullerding» die natürliche Farbe des l'rudaktes noch
mebr Terdnnkelt, nnd aetxt sie, nachdem rie in KSrbe eingepackt worden
sind, heissen WatserdSnipfen aus, die den But nnd Klebstoff ao eorweieben,
dass das nachträgliche Abhaspeln oder Abwickeln des Kokonfadens auch
in trockenem Zustande leicht vor sich geht. Die in Frankreich in dieser
Richtung angestellten Versuche ergaben ebenfalls sehr befriedigende iiesal-
tnte, 80 dsM man &a8 Abhaspeln adfenw Kolnm« ala in Prinzip gelSat be-
traehten kann. Der Sttdenhaapel zeigt in Shenking die anereinfaehste
Konstruktion, auch das Spinnrad, welches snr Yerarbeitong der Flockseide
und Abfälle dieut, hat die nhlicho primitire Form, wie sie bis aar Erfin«
dang der Spinnbänke für Leiueu etc. überall üblich war.
Die Gregen (Rohseiden) bester Qualität werden aus 8 — 12 Kokons er-
zeugt, gute Sorten sind ana 16 sasammengesetat, wihrend die minder-
wertigsten Prodnkta aus 20 — 26 und mehr Kokonfaden bestehen. Die rohe
Grege rnweilen mit Salpeter ersoliwert. in dessen Lösung die Kokons
bekanntlich gekocht werden, und enthält die GerbstofFe. i'';irbstolTe und
Leim slus den zu demselben Zweck angewuudteu Tiiauzeulaugeu; der in
der Faser enthaltene Salpeter Terleiht ihr als ein, nebenbei bemerkt, sehr hy-
groskopisches Salz während der feuchten Witterung eine nicht unbedeutende
Gewichtszunahme. Die rohe chinesische Tnssah verliert beim Abkochen
nur weniii- von ihrer dunklen Färbung und nimmt ausserdem nur schwer
eine daueriiuiie Nuance an, vielleicht aas dem Gruude, weil die bei
der Einweiehnng der Kokons benutsten alkaliseb«i nnd salahalttgen Lösungen
die Abaorptionsffthigkeit der Faser beeintriehtigt haben. Indessen ergeben
die Kokons, nach europäischem Verfahren in mer Mischung von Soda
und Glyc(>rin vnrbehandelt and Terhaq)el(, nach dem Abkochen ein bedeu-
tend helleres Produkt.
Wie schon erwähnt, liefert die Frühlingsernte Produkte von bedeutend
besserer Besebaffisnheit nnd erfolgt aus diesem Gmnde das Abhaspeln im
Frühling und Sommer» wahrend die Verarbeitung minderwertiger Kokons anf
dem Spinnrade rorwiegend im Herbst vor sich geht.
Die Tiissahha^plerei hat in t^henkintf einen specitisch hausgewerblichen
Charakter, wülireud grimere litabliaüumtntM nur auf Anregung und Kosten
der Enroj^r angelegt werden. Die Zubereitung von mnlinierten (gezwirnten)
Seiden, Trame und Organ/Jn, ist noch sehr mangelhaft« weil die meisten
inländischen Gewebe mit einfachon (Iregegespinsten erzengt werden. Die Farbe
der fertigen Ge.spinste cliinesisclier Tnssah ist «ehr niannii^falt lg; von einer
ganz hellen (wie die Seide aus der Provinz Honan) augetiiiigen, variiert sie
zwiacben grau, brSunlichgelb, dankelbrann bis schwarz. Diese letstere merk-
20*
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308
wfirdige QualitSt der EidieiiMid« iriid in de& ftn Kaiehow grenzenden
Qag8iid«n eneagt nnd von einer Varietit d«: Antli. Fvnyi getpooneii, die»
wie 111»n sa^, die Eichenblätter samt den Stielm «nfßressen soll. Die ab-
gehaspelte Seide (reeled) wird „koang'', die j]^sponnonf (symn) „fang*' und
die <?P7wimte „nia" oder „nien" «»enannt. Die allrjemeine Bezeichn'nti^
für Eichenseide bt „icht-sau-sse". Morphologiiich und chemisch gleicht
m der indiseben TuMah yollkoinmen. Der wichtigste Sddenmerkt fikr
ebinesische Tussah ist La-schan im Distrikt Yu-tscheu-fa.
Die erste Sendung chinesischer Tussali nacli Frankreich erfolgte im
Jahre 1873 nnd konnte diese brilunliche, grobe (150 — 300 den.) nnd nnreine
Seide nur für besondere Zwecke Verwendung finden; sie verlor beim £nt*
iMileii 30—36%. Seitdem bat aieb aW die Qoalttit bedanloia wbeMerfe,
M daas man die Tnmah f&r Mftbelth^ Posamenten, Stidmeien nnd
Phantasieartikel verwenden konnte, üm das Jahr 1886 wurde in Chefo»
eine Filande nach europäischer Art gegründet, die den Namen Filatnre
Imperiale VVhafong erhielt. Nach dem Beispiel dieser Musterliiispelanstalt
wurden alsdann viele andere £tablissement8 errichtet, und heutzutage
kommt mindeetem ein Drittel der Produktion in Form yoo Filatnres oder
Imitation Filatnre in den Handel. Die ( irt ^'e l>esteht aus 4, 6, 8, zuweilen
12 Kokonfäden nnd i.«t durchau.s hellfarbi«; , fein und regelmässig, 80 dass
sie auch für feim-re (iewebe Anwendung findet. Der £xport der cbine*
sischen Tussah belief sich auf:
18R1
1230 Ballen
1884
4 »87 „
1886
10424 „
1888
8607 ^
1«89
12200 „
1891
11170 „
1893
7557 „
Uber die Tussahweberei iu Shenkintj licireu foli,a'iide AngaVien vor*).
EiS öind im Durchschnitt 4500 — 5000 Kokons der Frühlinpr.«:- oder 4200
der Herbsternte erforderlich, um ein Seideuzeug vuu nngefiihr 16x0,44 m
En weben. Ein Seidenweber verwendet ca. zwei Tage, am ein Zeug fertig
sa bringen, wofür er pro Stück mit 1,25 — 2,5 Frcs., je nach der Qualität
seiner Arbeit, belohnt wird. Die Gewebe werden nach Gewicht verkauft,
das von *25— 40 taels (1 tael = 38 g) betrapjen kann. Die sogenannten
„pongees** ans chinesischer Tussah der Provinz öhautung sind in Europa
bereite allbekannt; im Inlande werden eki als Bekleidungssictf in ana-
gedehnteetem Mafae verwendet, weil sie den Yormg grosser Danerhaftig-
keit besätcen'); ne lassen sieh waacheUf ohne etwas von ihrem G'lanae
«) Man. <"hina sük TnUnr*', Shanghai 1S81.
Httgues, China ailk Culture.
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Antheraea Pernyi.
309
za verlieren, werden aber schlecht durchgefärbt und sind deshalb oft streifig.
Die rohen Pongees werden in der Seidenmauufaktnr zu Chefoo vor dem Ver-
sand einer, uns geheimgehaltenen chemischen Behandlung unterworfen, welche
ein Verhalten der Tussah beim Fürben gleich dem der echten Seide Wzweckt
und erzielt. Die schönsten Gespinste verbleiben indessen in der Provinz;
blaue und dunkle Gewebe werden von den Männern getragen, während Weiber
und Kinder mit Vorliebe bunte Nuancen wählen. Die Seidenzeuge, welche
in Shenkiug aus der Tussah angefertigt werden, stehen den „pongees'^ von
Flg. 164. Schinett«rUu)i der Anth. «Mkin*.
Shantong nicht nach. Sie verdienen, was ihre Herstellungsweise anlangt,
ebenfalls volle Beachtung; der Fortschritt in der Herstellung der Gespinste
inn»s aber auch hier das seinige thun. Der Gehalt an Bast, Gummi etc.
in diesen Geweben beträgt durchschnittlich 20 "/q.
An die Anth. Pernyi schliessen sich die ihr nahe verwandten Seiden-
spinner Anth. Roylei (Moore) uud Anth. Coufucii (Moore). Die letztere
Sp«cies ist nach Hughes nur eine Varietät des chinesischen Eichenspinuers,
der in Kiang-su, .sowie in der Umgegend von Shanghai heimisch ist.
Die Anth. Roylei '), der Eichenspinuer Indiens, lebt ansschliesslich von
») Proceed. of the Zoolog. Soc of London, 1859.
Transactiont of tbe Entom. Soc. of London, 3 scr. I. S. 319.
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310
Antb. Roylei. Äntb. aasama.
Quercus Tncaua im Hinialajaf?ebir^:e (Sikkitn), Mussorien, Darjeeling, SImla
und Peiidschab, Kr unterscheidet sich von Anth. Pernyi durch den Kokou,
dessen Härte hei dem indischen Eichenspiuner j^anz aus^serj^e wohnlich ist.
Derselbe ist ziemlich jjross (etwa 60x30 mm), unref^elmässij^, nicht sehr
seidenhaltig, und mit einer dichten, zwischen den Blättern ein^csponnenen
Flockhi'ille versehen. Diese Seidenart ist vielversprechend, aber ziemlich selten.
Die Anth. Roylei liefert 2 3 Ernten jährlich; auch findet häufig eine Kreu-
zung denselben mit Anth. Pernyi statt.
Einen ziemlich wichtij^en Seidenspinner besitzt Indien in der Anth. as-
sams (Helfer)'), welche halbgezüchtet (d. i. im Freien gezogen) in Assara,
Darrong, Lakhimpore, Dhurumpore, Dehra-doon vorkommend, Moonga-,
Mooga- oder Mugaspinuer genannt wird und im völlig wilden Zustande
in Katschar den Namen „bau raunga" führt. Der Name „muga" bedeutet
Bernstein und ist ihr wegen der gelben Farbe ihrer Kokons beigelegt wor-
den. Der Mugaspinner nährt sich von verschiedenen Pflanzen, am liebsten
von „sum^* (Machilus odoratissima), „sunaln'' (Tetranthera monopetala),
„tschampa" (Michelia chanipaca), T. diglottica und anderen Gewächsen.
Die auf der „t^ichanipa" gezogene hellfarbige Moongaseide ist von der aller-
besten Qualität und Feinheit und trägt den Namen „tchampa pattea nuinga'',
eine Gattung, die ausschliesslich von Rajahs und Vornehmen getragen wird.
Die zweitbeste Art ist die sogenannte ,,Maizankuria" oder „adda-knrry",
entsprechend den Namen der NährpHauzen. Die feinste (lattung der zwei-
ten Art, die sogenauute „Soom "-Seide (auf Sarcostemma brachyst.), hat
eine schöne, rehfarluge Faser; geringere braune Sorten sind „Soonhalloo"
(auf Tetranthera macroph.) und „Digluttee" (auf Tetr. diglottica), schliess-
*) Horsfield, A Catalogue of the lepidopteroua etc- S. 393.
Proceeil. of the Zoolog. Soc. of London, 1859. S. 258.
Geoghegan, Silk in India, 1872. S. 119.
Wardle, Handbook, S. '^b.
Flg. t$5. Kokuii de« UagaapiDiKra.
Fig. 166. Hlkrotk. Bild der FMcr von A. Mum».
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Antb. assama. Anth. oieiankoorm.
311
lieh die „Patees hoondft** TOn dem auf dem Lorbeerbaum (Laiirus obtusi-
♦'oHa) l»>liv!vleri Mugaspinüer. Aotli. a^sania erlebt im Jahre drei hh ninf
(«eueratioiit'u; jede Ernte führt ihren eigenen Namen, der gleichzeitig
Aach der aas derselben hervorgegangenen Seide zukommt. Die lierbst-
nnd Wiatererate (Oktober and Febnwr), „Icada" und „dscbama** be-
nannt, sind die er^iebigsiten , wüIid ikI die Januar^ and Maitrnte die ge-
schätztesten rrntliikto liefern, her öO X 25 mm «(rosse, obwuhl diinne,
eiförmitre iiiul mit tiiu'iii kleinen Loch versehene Kokon von gelber,
roter, grauer oder weisser Farbe lässt sieb unschwer abiiaspelu, wird aber
trotsdem in nidit geringen Mengen na«^ dem Desintegrieren mit Pot-
aschelösung (Pflanzenasche) verzupft und Tenpounen. 1000 Kokons liefen
220 g Seide. Die Mugasoide bildet einen starken Exportartikel Assams
und verÜLsst die Provinz hauptsächlich in Orshilt von Gespinsten. Die
mugaseideucn Gewebe wider&teben dem Wascheu weit besser, als die maul-
beenrndeuen and bewahren ihren naturlielieD Glans TOllBtilndig Der
leinengraue, hellbraune oder weisse Sddenfaden ist Yon erstaunlicher Festig-
keit. Nach den Vermutungen von Hodgson wurde die Mugaseide schon
im Altortnme von deu Römern zur Anfertigung der Schuürc verwendet, mit
denen sie die Decken ihrer ausserordentlich tjeräumigen Cirkusse angespannt
hatten. Die Mugakokons eignen sich vorziiglieii für die Verarbeitung auf
den modernen Spinnmaschinen and liefern praehtToHe Pbaoiaisiegespjnste.
Im rohen Zustande sind sie dunkelfarbig und zwar noch dunkler, als die
Eriaseide von Att. ricini, doch scheint die?e FärhmiLr melir auf der nn<re-
eignetcn Vorbereit titiii: der Kokons in tlen Siiininelorten zu benilieii, nicht
aber ori^jirünglich zu sein. Alorphologisch ist die Mugaseide der Tus^ah üimlicb,
beim Farben iMigt sie sieh rar Anfnahme der Beiien und Farbstoffe weit
geeigneter, als diese und die &iasdde, und Torhält sich beinahe wie die
echte Manlbeerfaser.
Die indif?chp Mezankoorienseido stammt von Anth. mezankooria (Moore)*),
die in British-Birma und Assam (^äibsagar) auf „addakurry*' (Tentrautbera
polyaotha) regelmässig gewonnen wird. Die schone« ins Graae spidende
weisse Seide ist bedeutend gUnsender, als die besten QaaKtftten der Mnga^
seide, welcher sie auch von den Eingeborenen vorgezogen wird. Der Wert
der Mezankoorienseide ist um 50^',, hölier, als der «ler Mui^aseide. Den
FarbstoÜen gegenüber verhält sie sicli ebenso, wie die echte Maulbeerseide.
An die Gattung Antheraea schliesst sich die Telea poljphemos (Hub«
noTf Gramer) an, der Repräsentant nordamerikantscher Seidenspinner.
Die zuerst weisse, in der Reife grünliche Raupe frisst hauptsächlich Eichen-
bl&tter und liefert fablfarbige, runde, sehr seidenreiche Kokons in ein«r
)) Geoi^hegan, Silk Indu»trj of ladia, S. 15.
*) — Silk in India, & 119.
Httttter» A stetiitioal aoconnt of Anan, 187», 8. 260.
Wardle, Bandbook^ 8. 5, &&. M.
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312
Telea poljpb. Anfb. banhiniae «ic. Aetias leleii«.
Grösse von 40x25 lam, sowie vine weittM Seidenfaser, welche der Tnssah
in vielen i^ziehun^eu gleichkommt.
Anth. bralniiiM (Gn^rin-M^neTille) ')« anoh Antli. Faidheil^ii ge-
nannt, ein ftusgejsacbneter Seidei»|)inner SenegamUeits, lebt auf «^lidden^*
(Zizjphus ortbocaniha) nnd ist ein üliernanvsglied zu der weiter nntaa be-
sprochenen Attacusgmppe. Soino j^raufjirbiLfi'n, 45x25 mm grossen und
80 cg schweren Kokons, dit« mitnnter oö'en .sind, ergeben eine glänzende,
rosafarbeue und seltr geschützte l'uner.
Als Anfb. Laarentt int eine s&dafrikaniadie Seidenart bekannt, deren
8i11>er;;raue Kokon.s von ziemlich unregelmiLisiger Form grupp>en weise von einer
geraeinsiinu-n, jedoch so leicliten, mit jeJeni Stück diclit verbundenen Seiden-
hülle derart umgeben sind, dnss sich Form und Anzahl der Kokons von aussen
erkennen lassen. Das Erzeugen solcher Kollektivkokons liUst übrigens be-
sweifeltt, ob diese Species als der Antberaeafamilie zngebdrig betrachtet
werden darf, denn in der letateren ist das gemeinsame Einspinnen ansaer-
dem sonst nicht beobachtet worden.
Au diu Viruppe der Seidenspinner, welche einen geschlossenen Kokon
erzeageu, .scbliessak steh noch die Angehörigen der Gattung Aetias, deren
Gespinste indessen iMcht«ege1mSssig und nidit nnnnteibroehen gesponnen, und
deshalb auch raeist schwer abhaspelbar sind. Der Schmetterling besitzt an
den Hinterflögeln { liarakteristisclte hinge, scliwalben.soliwanzartige Auswüchse.
Die Kokons der Actiasgruppe sind weniger seideurt-ich, als die der Anthe-
raea; die Seide ist aber stark, elastisch und glänzend').
Eine der wichtigsten Species dieser Gattung ist Aetias selene (Hftb-
Der)'), die in China (hau] i i l lich in Kiangsu), Indien (Madras), Assam,
Pendschab und aufCeylan hoiinisch ist. DicstT Spideu'^jiinner niilirt sich daher
begreifüclierweise von don verschieden. ii tiirsten Pflanzen, u. a. von Coriaria nijta-
lensis, üradleia ovala, Andromeda ovaiiioliu etc. und wird hautig auf der von
ihm beTorzngten Nährpflante, Odina wodier, regelmiLssig gezogen; er lieftrt
alsdann 4 Broten jlUirlieb. Die Ranpe foa apfelgruner Farbe spinnt einen ei-
förmigen, unregelmMssigen, /ietniich seidenarmeu, mit Blättern umwickelten
Kokon in einer Grosse von 60x40 mm, welcher eine fable, mitunter brenne
*) Loiieleur-Deslongehaaipt, Noovalles eonridAatioai, S. 180.
*) Hut ton, Remarks on the cvltivslion of lilk in Ittdia (Joern. of tb« Agxic Soc
of lodia, 1869. S. 345).
Hortfield A Moore, A Cotalsgue etc. & 400.
Proceeditigs etc. S. 261.
TmwactioDB etc. S. SIT.
Hntten, TSMn on tbe Indian BmobjeidAe. & 6.
Moore, Lepidoptem of Ceylim» II, 183.
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AetiM Mira«. A. ningpaana» A. Iuia cto.
313
Farbe mit metattkehem Sobimmer faentit und aieh uuehwer abhaspeln
lässt; indessen wird er meistens verzapft und versponnen. Die <iiis Madras
herstamnienden Kokons sind besonders dicht und fest. Seine Seide ist grau
und glänzend, und soll unter der liezeichnuog Tussah im Handel vorkommen.
Der grflnbeflügelte Sehmetterling ist von aosnebmender SohBnbeit.
Wlg. 167. lUkrcNdL UM dar Vhw «ob JMSm Stint.
Actias uin^peana in China (Ninj^-po, Tsche-kiang) auf „fn-yuiig"
(Hibiscus mntabilis) und Salix babylonicu. Die eiförmigeu, 66x35 mm
grossen Kokons liefern die geschützte „tuyiuig-sse''-Seide.
Die nordamerikanische Actias lana (Linne) in Mexiko, Earolina und
Florida auf Storaxbaam, Joglana cinerea, Oaiya etc. wüd oder in halbgv
Tif. IM. Keton v«d AeUat Brttet.
zuchtetem Ziisiiinde lebend, ist der ludisiclion Ac. selene ähnlich. Der
eiförmige, meist un regelmässige, braune oder rötliche Kokon liefert starke,
nemlich hellfarbige Seide, welche zur industriellen Verwertung geeignet ii>t.
Aetias Sinensis (Walker). China (Shantong).
Actia.s Ignescens. Andamaninseln.
Actias (Argema) Mimosae.
Actias (Argema) Leto (l)oubleda y). lu gebirfxi<^eii Ortschaften Sik-
kinis und des Kbasiugebirges. Gro&ier, prüchtiger Schmetterling mit grUnen,
branngefleekten Flfigeln.
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3U
Actias iiioonas «tc. Attacus riciai.
Äctias Moenas (DouMeilay) in Sikkim, Darjeeling und Assam, scheint
mit der vorigen Species identisch 7.n ^cin. indem Ac. Leto das MänncbeOf
Ac. Moenas dagegen das Weibchen derselben eein dürfte.
SehHenlieh Aetias (Tropaea) laa^Uae; lebt «of der Fichte (PiiMU ail^
▼eetria) in Spanien
Der Actiasfamilie gleichfalls angehorig ist die kleine Species der Goinea-
kÜBte, JüadaeoioDia Argus (Fabr.), deren Kokons indessen nnfaekannt sind.
* •
«
Wir gehen nnn za der swetten.Gmppe der 8«den8)unner Aber, die Ko-
kons anfertigen, welch letztere jedoch mit wenigen Ausnahmen, teils weil offen,
teils weil höchst nnrpgelmassig jrpsponnen, gänzlich unentwirrbur sind; da-
gegen eignen «ich diese wilden Seideuarten vorzüglich als Rohmaterial für die
FlorettspinnereL Die Angehörigen dieser, meist aus der Familie Attacos
smammeDgesetsteD Crrappe sind doreh Orfiase und anasergewfthnliehe F«rbMi-
praeht, sowohl als Schmetterlinge, wie auch schon im Stadium der Raupe,
ausgezeichnet. Die meisieii Attacus bauen ihren Kokon (h rarr. dass sie in
jeder einzelnen Öchicht durch Versph1intj;ung cUt Kiiden eine Öffnung frei-
lassen, welche sie dann mit einem bündelartig zusanimeugeknoteten Faden
▼erstopfen. Sie fertigen demnach keine nnnnterhroehene Faser an; andere
Abarten s|uonen dagegen kontinni«rlich*) und liefern Kokons, die sieh
ohne grosse Muhe abhaspeln lassen, wie z. B. Attacus »nrota in Amerika.
Die in qnantitativer Hinsicht wichtigste Eriaseide i<f das Produkt
des Kicinusspinuers, Attaens ricini (Hoisduval, Jüuos)^), welcher in Indien
und Ajs»ftm, in Darroug, Nowgoug, Lakhimpore, Raugpore, Dinagepore,
Goalpara, Katsdiar, Nepanl, Knraaon, engl. Birm», !&i8chmir (Ladakh)
und auf Ceylan teils im wilden, meist aber in halbgezüchtetem Zustande
zu finden ist*). Diese Si idenranpe (auch aN Att. arrindia, Philnsamia ricini
bezeichnet) stammt aus Assam, wo sie „eri" genannt wird, und wurde später
auch nach anderen Teilen Indiens verpflanzt, in Beugal nennt mau sie
„arrindi*'. Ihre bevonngten NährpHaoMi sind „arrindi'S Rleinns commnnia und
*) Mieg, Aanal. de la Soo. e&toaio1<v. 1850. S. 241.
>) de la Roeha & Givelet, Boll, de U Soc. d'aceUn. t t^r, TI, M7. VII, 156,
271. 3 s^r. I, 618.
*) Horsficld, A Catabgu« ete. 8. 407.
IVoceedinga, S. 267.
Tranaactioni«, 8 ser. I, 317.
Boiturd, Trait^ de rdducation etc. 151.
Loiaelear-Deslongchamps, Mrn'ierM etc. 183l', 69.
Wardle, Handbook, S. 48.
♦} Hunter, Tlic Iniperiiil Gtirettoor of InJi.i, 1881. VIII. 328.
— A Btatiatioal account of tiengal, läiti. Vil. 304. 1679. I. II.
EobintoD, Aeeoont of Amdi.
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Ättacus ricini.
315
„kissiru", Heteropanax fragans, seltener ,.gaiuari'*, Gmelina arborea und
„bogri", Zizyphus jujuba. V^on der Nährpflanze hängt bekanntlich die
Farbe des fertigen Produktes ab; so liefert die auf assamesischer Varietät
des Ricinusbaumes gezogene Kiinpe eine vollkonnnen weisse Seide, während
\
rig. 169. Sobmrttorting von Att. rielnl.
das Erzeugnis der auf anderen E^flan/.eu, z. B. in Bengal lebenden, dunkel-
braun ist. Die Raupen häuten sich viermal, ihre Lebensdauer beträgt
6 Wochen im Sommer und 12 Wochen im Winter; sie liefern 7 oder noch
Fig. 170. Kokon d«a Att. rldst.
mehr Brüten jährlich (12 nach Angabe Helfers), in Assam hingegen
nur 5.
Das Weibchen des Att. ricini legt die Hier auf den Blättern nieder, worauf
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316
Attacos ricini.
es bald daraaf stirbt; diese mit Eiern und daran hängeudeu Motten bedeckten
Zweige haben ein merkwürdiges Aussehen und bilden einen Handelsartikel.
Die Kokons der November-, Februar- und Maierute werden zani \'er-
spinnen, die vom Jnni und September Ar die weitere Aafracht verwendet
Ihie Ortne ist 40x20 mm, und ihr Fasergehelt beträgt 16<Vo; 12 kg
Kokons liefern t 1^ Gespinst. Die Kriakointns, deren Farbe sehr ver-
schieden ist, orange, rot und braun (Dinagepore) oder weiss (Assinn), werden
von den Kiugeboreiieu teils in roher Weise geha-spelt teils xei zupft uud
wie Flachs versponnen. Zu diesem Zweck werden sie lauge in Wasser
gekoebt, dann in eine Abkoehung von Feigeubanmrinde eingelegt and längerer
Gäbrnng unterworfen, oder die £h^^
borenen erweichen die Kokons in Pott-
asche nud zupfen dann die Seide in
Flocken mit den Fingern heraus. In
Dinagepore soll die ganse KokoiMmte
Terhaspelt werden. Naeh den An-
gaben von Hugon kann das Ab-
haspeln liin'4e<;eu infolge Mimgels an
einem ijeeii^iieten I.ösuiiL^smittel für
den Kukouba^t nicht bewirkt werden;
es scheint jedoch, als ob nur die
Weichheit und Unregelmissif^t des
Kokons die Ursache seines schlechten
Verhaltens beim Haspeln ist, weil
»ich seine Fädeo, die locker und uuverkittet miteinander versponnen »ind,
beim Abwickeln verwirren. In Katschar «rw^ht man die Kokons in einer
Misehnng Ton Knbdttnger mit Wasser nnd Terarbeitet sie anssehliesBlidi
am Spinnrade. Die Gespinste werden hier mit Lac, Munjeet und Indigo
gefärbt, doch sind die erzielten Nuancen iiifo1;^e der Uuvollkommenheit der
Färbenietlioden ziemlich unansehnlich. Die \ erarbeituug der Eriaseide findet
in Indien seit undenkbaren Zeiten statt'). Die ludier verwenden sie zur
Anfertigung folgender Gewinder: borl»por, meklas (ünterroek), rhiba
(Sdiirpen) und gonrsha. Die Gewebe ans Eriaseide sollen geradesn un-
verwüstlich sein, so dass dieselben generatiousweise von der Mutter auf
die Tochtor vererbt werden. Als Rohmaterial für die mechanische Seiden-
spinnerei bat die Watte der Eriakokons einen grossen Wert, während die
gehaspelte Eriaseide für die earopSiscbe Industrie vorläufig ohne Bedeatnng
ist Die beim KSmmen der Eriafimera rieh ergehenden Stapel rind gliniend,
fein nud langfiaserig uud die flespiuste kiSnnen mit dem feinsten Florett-
gam ans Abfftllen der schönsten MaolbeerMide wetteifern. Die Wichtigkeit
vir 171- WlmMk. »M der KilaMMe.
') Eveleiph, .loum. of the Agric. and Hort. S. of India, IL 61.
Transacttons of tbe Eatom. iäoc. of London, libi, Dez.
*) Forbes Watson, The testile naaoflMtiireB ete. of the pso|^e of ladia.
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317
dieser SpedcB irt infolgedeawn lingrt «rinnnt wonlen; e« wudm auf
Verunlasmuig der indischen Bcgiernug, auch von den europaischen IlH
dustriellen, grosse Eriaplantagen nn^relcgt, und der Eriasneht der Eingebo-
renen wird nijüiniixfuclu' AufniuntLTUug zu tt»il.
Die Eriaseide ist gewöhnlich von grauer oder rötlicher Farbe; man be-
huptet (Wailaee), die wdase Bidnnsraupe spinne mim rStUehe Faser,
ng. 171 Ute a« AyiwUh—ptiMw.
während die grüne Varietät eine weisse Seide erzeugen soll'), in morpho-
logischer und chemischer Beziehung verhält sich die Eriaseide wie die
Toasah; das IHrben dieser Imden SeideDarten erfolgt nadb gleicher Methode.
Wie hei der letateren, so ist aach das Verhalten dw Eriaseide g^(en Farl^
rig. IIS. Kokon dei AjIaBUinMptaBon.
stoffo infeige ihres morphologischen Baues und der ehemisehmi Natur xm den
der echten Seide weit entfernt; Wärme und Mineralsalze sind die heslen
Vermittler beim Anfrürben; die Farbeliiidor müssen viel konzentrierter ge-
halten werden, und der Verbraudi an Farbstoff ist doppelt so gross, als bei
der echten Seide.
Dem Eriaspinner ahnlieh und von einigen Entomologen nur fBr eine
Variettt desselben gehalten, ist der ilylanthussinnner Asiens, Attacus (Phi-
kwamia) cynthia (Drury), dessen Acciimatisierung und Zucht in Europa
gegen 1860 mit vielem Erfolge versucht worden ist. Ans China herstam-
*) Wardle, Haadbodk, & 48.
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318
Attaeni Cjntbi«.
mend, wo er in Shantong nod Honiui r^Imiarig gesogen wird , wurde
er als eine Kreuznugsart zwischen der cbiuesischen nnd bengalisclien Sj)ecies
unter dem Niimen A ylanthnfSHpiuner dnrch Fantoni nach Knrnpa eingeführt
und erwies axchy sowohl iu Frankreich wie in Eugland^ als eiue sehr lebens-
nnd prodsktioiufthige Art. üm ihre weitere Yerbieitnng uech enderen
WdtgegendeD, wie i. B. nach Ajgenfinien, naobte eicb besondere Gn^rin-
Meneville verdient; seine grossen Ricinnsw&lder nnd ein geeignetes KHiiia
berechtigen hier ?.n den schönsten lloffnunf^en *). Der A vltuithusspinner wird
in grossem Mafs-stube fast in ganz Nonlehina, sowie in Sikkim und Near-Almora
in Indien mit vieler Sorgfalt gezogen. Zwischen dem Eria- nnd Ajlautboe»
«pinner eiintiert eine ziemlieb weitgebende Analogie, die eine nabe Verwandt-
schaft beider miteinander vermuten läs<it. Beide Schmetterlinge sind orange-
farben nnd zeigen ähnliche P'lügelzeichuungen, wiewohl die Motte von Att.
arrindi, wie aiicii die Produkte ihrer Raupe eine dunklere Färbung? hfihen.
Die Raupe des Att. cynthia erlebt in etwa 5 Wochen vier Häutuugeu
und wird in ihrer Reife achSn amaragdgrQn mit goldgelber Streifnng. Der
Kokon beiitct, wiewohl der Faden nnunterbrocben ist, eine Öffnung, über
welche ein leichtes, durchsichtiges Spinngewebe angebracht ist, da» ilen
Zweck hat, das Kindrinfren kleiner Infekten in den Kokon zu vcrhinileru.
Seine Form ist länglich, an den i'Jndeu zugespitzt; er misst 40 hin 50 auf
16 mm nnd wiegt 3 g. wovon ca. 4,6 °o üosseres Gespinst, 1*2,3% Faser
und 83,1% Pnppe. lu eineoi kg sind 2400 leere Kokons enthalten.
Die hauptsächlichste NährpHanze des Att. cjnthia ist Aylanthus glan-
dulosa, in China ..tschu", in .lapan ,,t'-c]in'* genannt; ansserflein wird er
häufig auf Xantoxjlum Aviceunue (Fagaru Avic.) gezogen 'j. Mau uuter-
scheidet demnach in China verschiedene Gattungen der Ajlanthnsseide: „naO'
kien" (kleine Kokons), „tscbn-kien** nnd „yn-kien"^ die auf eini^ Ay-
lanthusarten gezogen werden und „tschao-kien", von der auf Xanto^lam-
hostile lebenden Raupe. I)ic 1-tzfere Gattung der Seide ist seltener, von
dnnkelgrauer bis schwarzer Farhe und so!! von ausgezeichneter Schönheit
sein 'J, Die auf Ajlauthus gl. gezogene Seidenart ist hellgrau oder bräun-
li^. In China wird sie in vielen Provinsen, n. a. in Tsch^kiang, Kiangsn,
<} Horafield. A Cutalogoe, S. 407.
Tnotaetions, 3 s . I. 914.
HttttOD, itemarka on tiie cultiv. etc. N. H. h 1869. 847.
— Koti» OQ the Indian Bombjc. 1^1 1, S. 6.
Wardle, Handboolc. S. 50.
Pryer, Entomology of Shangbai (Joun. ef tbe K. China braaeb of tbe B. Anatio
8oc. N. S. 10t>7. S. 781.
QiTelet, T/Ailante et son Bonibyx. 1866.
») Compt. rend .le l Ac. Sc. 186.'. 812.
•) Bretscbncider, On Cbinetie tilkworm tree?, 1881, S. 6.
*) Mao Cartee, On &ome wild silkworma of China.
FaoTsl, Tbe wild nlkwonns of tbs praviuea of Shinietig, 8. 20,
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AttacDi atlas.
319
Shansi, Shantung, Honan regelmässig gewonnen und allein oder in Ver-
bindung mit der Eichenseide zu schönen und äusserst dauerhaften Gewel>en
verarbeitet. In Indien ( Assara, Darjeeling, Kuraaon) nährt sich Att. cynthia
von Aylanthus gland. und Ayl. excelsa, Coriaria nipalensis und verschiedenen
Xanioxylumarten. Das Verfahren, desseu sich die Chinesen bedienen, um ihre
Flg. 171. SrhmvtlerllDS dei Attacai Atlu.
schönen Aylanthusseidengespinste zu gewinnen, ist uns unbekannt; die in
Europa angestellten Versuche des Ilaspelns und de.s Spinneus der Kokons
führten zu keinen günstigen Resultaten, sondern ergaben vielmehr eine nur
wenig glän/.onde Fa.ser.
Als eine Abart der Phil. Cyutbia kann die Phil. Insularis betrachtet
werden.
Die Fagaraseide, welche uameutlich in China beheimatet gewesen zu
320
Attocns atla«.
sein scheint, stammt von Attacus atlas (Linn •')<), dem zweitgrössten
aller bekannten Schmetterlinge. Dieses Insekt, dessen grossartige Pracht
die Aufmerksamkeit aller Reisenden erregt, ist in g;in/. Ostasien verbreitet, so
in China (^Koaug-tung, kiang-si, iSs-t«chaen), Indien (Madras, Musüorieo,
DtthndoofD, Knnutoii, Sikkim, Dmjeo-
Hng, Sylhet, Catshar etc.), im eng-
lischen Birrau, anf Ceylan und dem
Snndschen Archipel. Att. ntlas lebt
von den verschiedensten Pflanzen, u. a.
von „nildtt" (ExeoeeaiUk aefaifen) in
OhhiAiTon „dona^CArteminn Tolgvni),
„loj^* (Symplocos crata^oides) und
„knpn gaja" (Phyllanthns) in Indien,von
Lauras cinnamomum auf Ceylan, PhjU
lanthus emblica Auf Java n. a. w. Die
Anfcoeht ist Mch in Enrapa unter
Anipendung von ßerberitie NShi^
iit.1». iiikHHk.BiidtefHavvMAtt.AtiM. pflanze mit Krfol^r versncht worden.
Dif Ptliin/enart übt auch hier einen
un verkenn ljuren hiuliuss auf die natürliciie Färbung der Faser; so liefert
die md „VMA*^ (Oebeekin vel CelMton» malabathrieam) {gezogene Ranpe.
ein Tonkomnran wdesee Produkt, während die von anderen Pflanzen fressende
Banpe natnrfarbige 8«de eneogt. Die Ranpe hftntei sich aeefaemaL Ghaiakt^
VIg. U«. Kakao 4« Att. Atta»
ristisoli Ar den Schmrtlerliug sind die anf jedem sainw Flügel befindlichen
Pfanenangen« die grSaaer oder kleiner, mfaeb oder doppelt» snr Unfter-
•) Gosse, Lif<' hifsfory of Attacus atla«. Entoinolof^ist 1879.
Froceedings of the Zoologie. Soc. of London, XXVUI, 216.
Ttennetioiw of Bntomolegie. See. of Londmi, S aer. I» M6.
Wardle, Handbook of ibe eoUaetion iliatfcraliveb &• 68.
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Alk. OMwr. Ait ftorota, ete.
321
scheidaag einzelner Abarten der SpeoiM dienen können. Der grosse, in
Blatter eingewickelt«, bellbraune Kokon ist an beiden Enden offen und
scheint, »ihn lieh wie bei Att. cynthia, mit einer weissen, mehlartigen Snb-
stans unbesummter Herkunft bestreut zu sein. Die Farbe des 80x30 mm
groHam Ktftom vA ftoeh soweiliii hellgrau, seiM ObM^he, abgesehen von
den BlStteniiidraekeii, grob gekörnt mid weii% seidenurtig, aaner an der
Mfindungsstelle; die Wandung ist pergamentorlig, dflnn und sehr fest, in-
wenHi'T sehr mnf\. ludeasen ist es kaum möglich, die Kokons abzuhaspeln,
nach Abkochen mit Essig soll dies jedoch gelingen. Die l'ugarafaser
eignet sich dagegen vorzüglich zum \' erspiuuen ; in Indien und China
wodeo die Kolron« awth menteni TerspoDnen und dnnerhnfte Gewebe da-
fMs gefertigt. Morphologisch thneit die Fagaraseide der Tussah.
Als eine Abart von Att. atla.s Mrird von einigen Scbmetterlingskundigen
der Att. Kdward.sii (Moore, White) betrachtet, der in l>;irjeeliug, Sikkini,
Charroh imd im Khasiagebirge vorkommt ') und von deu Eingeborenen „bCin
muga'' genrant niid.
Die Annahme, daas die Grtee des Sdimetterlings von Att. atlaa von
keiner anderen verwandten Species erreieht werde, ist durch die Aufßndung
des Att. Caesar (Maas, und We vni.) widerlegt worden ; derselbe ist dop{»elt .so
gross, wie Att. atlaa und als der grösste aller .Salurnideu zu verztiichnen.
Zwei vielversprechende, dieser Gruppe angehörende Seidenspinner Ameri-
kas sind Att. anrota (Cramer) nnd Att. hesperas (Fabricius). Der eretere*)
kommt in Centraiamerika, den beiden Guyana, Guatemala, Paraguay
nnd Brasilien (Att. «fppcnlifer) . ah gesellige Raupcuitrt iuif dem T?i(Mi!n.s-
bäum, Jatropha muniliot. Andu (iotnesii u. ;i. vor und liefert nielirni;ib im
Jahre eiförmige, 60 X 2b mm gro.s.^e, schön gmugeibc Kokons, die sehr
seldmreidi nad den Fagarakokons Shnlich srad. Die daraus dareh 7er-
spüinen gewonnene Seide ist gUinsend and iowerst fest nnd elastisch*).
Att. hespeniä ist kleiner, als der vorige und frisst in Guyana vor-
wiegend von Rhi/.niihora mangle. Er liefert oTj >: 20 mm groüsp, nITorie,
regelmässig ge.sj»oniu'ne, zugespitzte, bräuniichgeibe oder gelblichweisse Ko-
kons, denen du^ äussere Fadengewirr (Flockseide) Tollstündig fehlt und die
eine sehr glBnzende Faser ergeben.
Att. aricia, (Guatemala.
Att. sillieticH (llelfrri in Sylhet, ist .'iiie Abart des- Att. nflas.
Att. Taprobanis (Moore) auf Ceylan, ebenfalls eine Abart des A. atias,
^) Wailly, Bolletra mem. de la 8oe. d'aoelim. 1886.
Procccilint^s of th.- '/fM>l. etc. 1859.
Butler, Iltu9trat)OD8 of tjrpical »pecimeu« of Lepidopt. beteroc. in the coli, of
Üw Brit Hut. 1881, 60.
») Girard, Bull, de la Soc. d'accllm. 3 I 183.
*) Macbado do Oliveira, Memoria sobro o biuho da seda indigena da proviacia
do Bzpbto Santo.
SIlbavBKBa, Dto Saida. 21
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322
Ati. Cecropiü. Flatjtamia. Calloeamia.
frisst von Zimtntblüttera. Die scb5ne griine Raupe spinnt einen grossen,
mit stielartigem Anlirmpsd Tersehenen Kokon von birnenförmiger Gestalt
und schmutzigbrauuer Farbe. iJie äeide wird in ('olonibo verarbeitet*).
Att. Ceeropia (Linne), auch Platysamia cecropia genannt, ist die
grSeste nordamerilnmmhe B«apenart (Eaiwda); sie lebt anf vieleii Pflanzen^
am hiluiigsten auf der Eiche, der Weide iitid dein Hollunder. Dkeer Sei-
densiiiuner liefert einen ib^n Fagaragespinst älinlieben, sehr grossen (75 X
30 mm), länglichen, nnregeliniissigpn, seideureicheu, braunroten Kokon mit
duokelgrauem Anhängsel, der von iiu.sserguwülinlich üppiger Flockseide um-
hfillfe ist nnd eine fliehe, dicke, giuufarbige Fner Uefeti; snweilen eind
am Eolcon starke BlittmilKirSeke bemeikliar. Der Schmetterling ist groes
nnd von bramuroterf goldpchimmemder Farbe. Man trifft auch silberglän-
zende graue, fast weisse Kokons. Die helle, der AylanthnsBeide ähnliche
Faser ist technisch gut verwendbar.
Att. luuula (Walker), Sylhet, eine Abort des A. ridni. Att obscnnu
(Butler), Katachar, kommt auf einer „lood** genannten Pflanae siemlieh
selten vor. Att. Oo^rini (Uoore), östliches Bengal.
Den vorigen nahe mwandte Seidenarten werden von folgenden Species
geliefert:
Plntysauiia Ceauothi (Behr), identisch mit Att. (Samia) califomica
(Grote), eine kleinere Ranpenact als Att. Ceeropia, lebt in Kalifornien
anf Ceanothns calif. nnd liefert kleine branne, mit einem grauen Flock-
geepiust umhüllte Kokon.s. Platjsamia Gloveri (Strecker) bildet eine Über-
gangsforn» zwischen den beiden soeben besprochenen; sie kommt in Utah und
Arizona (N.- Amerika) vor und liefert einen dem F. Ceanothi ähnlichen
Kokon v<m der Grösse 60 x 18 mm.
Callonunia Columbia (Smith) sebeint nnr eine Abart der PI. Gieren
lu sein nnd liefert einen schwärzlichen, 55 X 10 mm grossen, zugespitzten
Kokon, der von 'goldgelben und wei.ssen, nietalli.^ch scbiinniernden Streifen
überzogen ist. Callosainia Promethea (Drury) ist eine nordanierikanisclie
auf Laurus benzoica, Sassafras, Berberitze uud Liriodendron lebende Seiden-
raupe; sie erzeugt oflRsne, hellbranne, zugespitzte, 60x15 mm grosse Ko-
kon.s und hat im allgemeinen eine weitgehende Ähnlichkeit mit dem asiatisehen
Aylanthusspinner. Calloeamia angulifera (Walker), lebtauf dem Tulpenbaum.
An die oingen reihen sich noch die nordamerikanischen Seidenarten
von Att. splendidus B., äatumia galbina (.Schrank) und iSaturn. mendocino
(Behrens), die indesesB kmie indnstrielle Wichtigkeit haben.
Psendohads eglanterina (Boisd.), Kalifornien. Pseud. Hera.
Ebenfalls amerikanischer Herkunft sind folgende Seidenspinner, welchen
freilich zur Zeit noch wenig Jniere<:se geschenkt wird, obwohl sie sur Seidoi«
gewinnung durchaus geeignet sind.
') Moore, Th« Lepidoptera of Cejloti, 21. S. 124.
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Vencbiedene Satumidea Amerikas.
323
AatomeriB Janeira (West), Brasilien. Nach der Form der Oberflügel
zu urteilen, scheint diese Spcries illiripfii - nicht der TorsteheDden FamÜM
•nzugehöreu, vielmehr eine sL'lbst."uulif?e Abart /n hildeu.
Automeriä Montczuma (Boisd.), Brasilien. Aut. Irene. Aat. tridcrui.
Aut. virideieeiu. Ant. rabnaceiis. Aut. illnstrii. Ant. Nyctineme. Ant.
hnmerAlü. Aut. Liberia. Min Cristophi. TeratoptcriB angolat». Dr»»
COnipteris mirahilis. Oxytenis hone.sta.
Hyperchiria (.\utnineri<?) io (Fabricius). Die mit ne>sehirtifTem. steifea
und dichten Haar bedeckte Raupe nährt sich von C^rasus Virgiuiaua, Cor-
nus florida u. a. Byperchiria incua.
Vor knnmn ist in Kalifornien «ne neue Banpanart auf der giftigen
Species Rhaninus Californieas (R. Porebianus) gefunden worden, die eine
der echten ebenbürtige Faser liefert; ebenso soll in Yucatau ein dem Muulbeer-
wunn ahnlicher Spinner entdeckt worden sein, desi^u tieide bläuliche Farbe
hat und schwer vom li&at zu befreieu ist.
Unter den meiiVaniii«hen Seidenarien bemerken wir:
Satamia orizata (Westwood), Satumia Vomlla, Sal. Laventera, Sat»
Gelleta, Eaeheria socialis und Sat. zacateca in Bogota *)i femer A. madruno
nnd A. Psidii in Tnexikanischen Gebirgen.
Sagana bapato7.a (Wal leer), Mexiko.
In der mexikanisdien Abteilung der Anartelltti^ 1889 waren seh&ne,
von Zapoteeaindianem gewebte Sto£Fe ans wilder Seide votgeAhrt, die Ton
einer geselligen Raupenart herrührt, welche ihre Kokons geineinschafUich
in i^'iner 80 cm langen Hängematte einspinnt. Eine Abart frisst von
,,goy;ilK)" fPsidinm pyriferum), ist behaart und f^raiigelb mit weisslichen
Streifeu; eine audere bpeuics lebt vou deu Kicheu der Alihüage der ^sierra
Zongoliea (Veraeras) nnd Sierra Oaxaea. Nadi den Aussagen eines Bei-
senden, der die Walder dieser Gegenden durchwanderte, waren die Binme
meilenlange Strecken weit mit jenen Hängematten von blendender Weisse dicht
behängen. Eine andere (üattung der mexikanischen Kiehennnipe ist schwarz
mit brauneu Streifen. lu Siualoa lebt eine Seidenraupe uuf „madrono", einer
in l^erra Madre wild wachsenden Erdbeevart; ihre Hangematten sind grau.
AlsRohmaterial fttr die Schappeindnsirie dürften diese Seidenarten von grossem
Wert sein. Übrigens hat schon Humboldt über die Seide der Misteinn
t)erichtet, die znr Zeit des Montezuma (XV. Juhrh.) ein wichtiger TTnndeb-
artikel war; auf seiner Reife von Acapnlco naeii ( liilpiincingo erwarb er
einige solcher Gewebe, die sich durch ihre rauhe Beschaü'euheit aus-
ancbneten.
Copaxa canella (Walker) Brasiliens, auf dem Zimmtbaum. Copaxa
Lavanderae (Westw.), ^f- xiko. Copaxa decrescens (Walk.), Brasilien. Co-
paxa Uliapata (Westw.), ist nach der Ansicht von Butler eine vielmehr der
Gattung Antheraea augehurige .Speeles.
<) Westwood, Tnnu. of tbe Eatoin. 8oo> of Londoo, 1884, 1. 88.
81*
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824
Sataraiden Amerikas. Cricala trifenMtrata.
Baihyplilebia Äglia (Feld.)« Eolambieo.
Poljthysana ApolHna (Feld.), Chili. Pol. rabroaoeni.
Arsenara Romaloa (Maass.), Brasilien.
Araenara Armida, Ars. Xanthoptu.
TtvptMk Lmia (LinaQ, in Flwida, KuoUm und Lairiaiift auf Liqni-
dambar styracifolia.
Tropaea Artemis (Bremer), in Mexiko, d«ren Abart Tropaea G&oiiia
(Häbner) in Japan vorgefaudeo wurde.
Saturnia specalum ist eine gesellige Art Brasilieus, welche vou deu
ISngebomien anf dem Hilebbanm „paodo lote" gezogen wird; rie »t mehr»
amtig and liefert sehr üppige Kokons.
Sat. Orbignyana Boliviens ist dem Att. Cecropia ihnlieh*
Titaea Orsinome (Hühner), Südamerika.
Cercophana Frauen tieldii (Feld.) ist eine kleine chilenische, dem B. mori
idcht «BÜnfiehe Species, die graugelbe, starke Kokon» von glddier
BehaflRmheit, wie Anth. Pemyi, erzeugt.
* «
Unter deu asiatischen Seideuspiuncm von geringerer technischer Wich-
tigkeit sind die nachsteluiiden ron Interem.
»ff. 177. lUkMilk. MM Wiam tu« er. IcMuMlnta. n« 178 Sokoo dtr Oitoato trtfeawtnU.
Die in grosser Menge vorkommende Cricula trifeuestratu (Helfer)'),
eine gesellige Iv'iiiipenart, in Assam, engl. Birma, Bombay, Coorg, M\il-
mein, Chota Nagpore und auf Java heimisch und unter verschiedenen
Bezeichnungen, wie „aniluri", „tayet-po", „haumpoitonee'* etc. bekannt.
Sie friaet hanptsaeblicb von „eam" (MaehUae odoratisrima), von „tbayet**
(Blangofaamn), too Anacardinm orioitale in Birma und Mnimdn, Ton
0 Horifield.and Moore, A Oatelegoe of the lepicUqptaraiia iueeti «to. & 884.
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Odigolft. Rhodia. Tmbala.
325
Aeaeia Ofttaefan ete. Die .tioleitaoliwane, mii goldgelben Paukten baatraotei
dicht Hehaarie Raupe lebt in vollständig wildem Zustande ond apinnt gold-
gelbe, glänzende, firörmige, tietziirtige, (lurchbrocliene Kokons, deren fünf,
sechs und mehr zu einem Knäuel %'erpinigt sind. messen 50 X 30 mm
und wiegen 1,3 g bezvr. leer ü,23 g. in englisch iiiruia ist die Produktion
ao üppig, dsM dnaelne Binme bia Sber 36 kg Kokons tragen; der grOaila
Teil deraelben kann jedooh nidit gesanknelt wnrden, aondam fiUlt der F&alnia
anheim. Die Kokons lassen sich nar Terspinnen; das gewonnene Gespinst ist,
wie die Versacke in England geieigt haben, Ton henrorragenden Eigen-
schaften.
Grienla drepanoides (Moore), Sikkim.
Eine besondere Familie bilden die ai^nannten Oalignia.
Die von den Eingeborenen „Shira^ra-mushi" genannte Caligula japonica
(Moore), der i;ipnni -die Nufssjiiuner, lebt auf dem Kampferbaum und liefert
einen grossen, braunen Kokon, der niaschenartig gesponnen i^^t und eine Art
von darcb»ichtigera Netzgewebe bildet. Unter Anwendung des gewöhnlich
üblieben Einweiehena beim Haspeln erbilt man eine »Mnlieh miasfarbige
Sttdeafaser, naeh dam Abkochen der Kokone im Eiseeiig dagegen ein fast
weisses Gespinst.
Caligula simla (Westwood), in N.-W.-Himalaja, Simla, Mus!?orien und
Kumuon, lebt auf der Weide (Salix babylonica) und liefert offene, netzartig
gesponnene Kokons, in ihrer äusseren Form denen von Cricula trif. ähnlich,
Ton sehr dnnkler, banahe schwarser Farbe. Sie werden irie Hanf rersponnen.
Caligula Tb ibeta (Westwood). in Thibef, Mussorien und Kumaonauf An-
dromeda ovalifolia lebend, liefert leichte, otfene, netaartig-dorchaiohtigeKokona»
Caligula Cacbara (Muore), Katschar.
Caligula Laplacei (White).
Eine interessante Scidenart Indiana ist die Rhodia Newara (Moore) in
Nepal (Kathmandoo), die sieh meist anf der Trauerweide aufhält. Die
grflnen, glänzenden, an den Zweigen hängenden Kokons sind ihrer Farbe
und Form wegen von den Blättern der Nährpflanze kaum zu unterscheiden;
am oberen Ende sind sie mit einer engen Spalte versehen, durch welche
der Schmetterling ausschlüpft; am entgegengesetsten Ende ist ebenfihlb aina
kleine Oflhnng Toibanden, die aller Wahraehemliehkeit nach aar Ventiliernng
des Kokons dienen soll.
Rhodia .lankoskii (Oberth.), Askolü.
Philopiiroi;i ('üuniugi in N.-W.-Himalaja anf Coriaria und Xantoxylura,
erzeugt einmal im Jahre harte, dicht gesponnene orange- oder graufarbene
Kokons.
Eine »emlioh adtene, der Gattung Lasiocampa angehSdge Species ist
die Trabala Leorina, bekannt unter dem landläufigen Namen ,,blsclia" der
A^amesen, die in ganz Indien, wenn auch nur spärlich, auftritt u. rötlichbraune,
filzige, längliche, mit Ästeben durchsetzte Kokons liefert Die nahe verwandte,
ebenfalls indische Abart, Trabala Unshnn (Moore), spinnt blassere "Kxkasa
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326
TencbMdene SatorDiden Au«ni.
Ton dendben Beflchaffenheit, aber mehr gedri&ngter FonD und mit iwei
horoartigMl Ansätzen un beiden Enden.
Philosamia insularis des Sunda- Archipels aof Erytbrina indica ist eine
Varietüt des chinesi^ben Ajlanthusspinners.
Za den jsTimiaehen Seidenerzengem ^hlen noch folgende klebe Bom-
byeiden:
Eapterote Amaena (Walker) spinnt 2,5 cm lan^e, duokelbranne Kokons
aus grober Faser mit üppiger Halle, die als Unterlage und snm Anheften
an die Baumrinde dient.
Redoa marginalis (Walker), Kokons nnhekannL
l^ianft Baswana (Moore), Kokons unbdnnnt.
Nyctnnera mandipicta (Walker), Kokons unbekannt.
Eine ziemlich seltene Art ist die Philosamia ^Vall^<'ri, welche in den
Provinzen Chinas Knan^tung, Yang-lu, Tschekianf^, Ningpo und auf der
lusel Formosa vom Kampferbaume friest und zwei Brüten jährlich erzeugt.
fi«. 179. Kokon der Fhiloaaiui» Wtlkerl.
Die 6 — 6 cm lange Raupe spinnt einen offenen, rotlichm, ovalen, zn^'e-
spitzten, öftt rs in Blätter eingewickelten Kokon in der firoFse von 30 bis
50 mm /u 15 mm, und leer 350 mg schwer, worin H3 des äiissertn, 92
de» innersten Gespinstes und ITö mg der eigentlichen Faser eulLulteu sind.
Die letztere isfe Ätiieh, gestreift nnd mit einem gegen Soda ftnssexst wider>
standsftbigen Bast überaogen. Der Verlost beim Entbasten betrügt ca. 12
Die Seide wird tsebang-ischn-ssä (Kampferseide) genannt.
Raturnia pyrctnrnm, (Heniocha p., Saturnia pyretum) von Westwood,
kommt in S.-Cbina (Hainau, Kuaugtuug) und Indien (Darjeeling, Katscbar)
Tor; sie lebt von Liqaidambar formosana nnd vom Kampferbaum*) nnd
erMogt eilBrm^e, lange, dnrchbroehene Kokons von graner Seide, die in siem-
lidi grossen Quantitäten verarbeitet wird. Sie ist dick und fest und wird
zur Anferti^un«? grolxT («ewebe verwendet. Der Inhalt der Seidendrüseu
von S. pyretum wird auch zur Aufertignnjf von Anif«lscbnüren verwendet,
deren mehrere tau:>eud Kilo jährlich aus Kang-tscheu exportiert werden.
Satumia Thlbeta auf Alhagt camelomm.
Satunia Oxotei (Moore), Daijeeling, Sikkim, Mnssorien.
*) Breiaehneider, Qn Ohineie nlkwonn he«^ 8. 7.
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äataroidMi Aimiu. fioroo«» C%jani. 327
Sat. Lindu (Moor«), Darjeeliiig, leVt in Gemeiiuefaftft mit d«r vorig«!
Speciis.
Sat. Anna (Moore), öikkim.
Sttt. cidosii (Aioore), N.-O.- Indien. L»er Sat. pyretum ähnlich, jedoch
mit weiesen üot^ageln. Kokon ttnbekftniii.
Saiurnia fenestralia. 8. Hamboldti, S. Larisa, S. Galbina.
Dii> Gattungen Rinaca zuleika (Hope), Salass» lola (Westwood) and
Ni'oris llnttoni (Moore), auf wilder Birne im Himalaja, Mussorit'U und
bikkim lebend, sind von keinerlei tecbmsober Bedeutung. Sie spinnen dünne
und weidie, netefönnige Kokons, die jedoeh knne Verwendung iioden. Der
Kokon der letsteren Speeles eieht dem unserer enropKiachen S. Piri aum Ver-
wechseln Uinlich, nur ist die gelbe Farbe etwas beller und die Textur fuder.
Neoris ShaduUa (Mootl) in Yarkand und
Neoris Stoliczkana (Felder) in Ladak Mud iiuhe verwandte Öpecieh.
Loepa Katiuka (Westwood) ist ein wunderschöner ächmetterling Nie-
derlftndisch-IndienB, Sikkims, Asmms und HuBsoriens und lur Seidengewinnung
geeignet.
Lot'pa Sivalica (Hutton) liefert in Mn^soripti mv\ \^«mn einen läng-
lichen, /ngpspitzten, weichen, an jedem Ende offeueu Kokou von dunkel
graugrüner Farbe.
Loepa mimnda (Moore) und L. sikkimensis (Atkinson), oder L. aik-
kimft von Moore, sind zwei schöne Arten DarjeeKngs.
Loepa Dogniuia ist eine noch wenig bekannte Speeles. Gynanisa Mi^a.
Hemilenca Maja.
* «
Die wilden Seidenarten Afrikas werden in den meisten Fällen von den
Eingeborenen regelmässig, obwohl in höchst unvollkommener Weise ver-
arbeitet und verdienen aucli seitens der europäischen Industrie als vorzüg-
liches und billiges Bohmaierial gebührende Beachtung.
Die wichtigste unter denselben, Boroeera caja]ii(Vin8on, Gu^rin-M^ne-
ville), auch Bombjx madagascarensis (Boisduval) genannt, ist der „Biltvn-
dandy" der Eingeborenen Madas^a«kar5. *) Dieser Seidenspinner lebt haupt-
sächlifb in der Gegend Imerina auf der Taubenerb»e (Cytisus cajani) und
Tapia edulis. Boroeera cajani erlebt 3 — 5 Brüten jährlich und liefert tftt-
liebbranne, dnrchbrocheDe Kokons, ans welchen die Malgaschen die als
„lamba-landy** bekannten, schöne i C wehe anfertigen. Die Kokons der
Mrlnnolien messen 30 zu 15, die weililichen 50 zn 30 mm. Hieselben
sind mit einem scharfen, struppigen Haar bedeckt und können, obwohl regel*
>) Cambou^. Boll, de la Soc d'aoclim. Jain 1085.
Coqaerel. AtmaL da la Boe. eaton. de Ffance. S41.
Habüle, AnnaL de la Soo. entom. 1879. 812.
Digiii^uu by ^OOgle
328 Saturniden Afrika«.
massig gesponnen, nicht abgehaspelt werden; sie werden wie Flachs zerzupft
und versponnen. Auf dem Kap der guten Hoffnung liefert B. cnjani auf
den Mimosenarten ebenso grosse, cylindriscbe mit scbwarxem Haar um-
haute Kokons. Die Banpe seihat igt r&tlielL«)
Der Boroeem cmjua anfTülfliid ibnlicli, ist die in den sndtidieii TeOao
Afrikas einheimische, von Mimosa caffift fties^endc Gonometa postica. Der
Sclilaf ihrer Puppe im Kokon dauert 8 Monate, während welcher Zeit eine
Unmasse von ihnen von einer Art des Udschischmarotzer» veruichtet wird;
der letztere hat übrigens seinerseits mit einem anderen parasitischen Insekt
sn k&Dpfen. Die Kokons, deren Abhaspehi grosse Sdiwierigkeiten bereitet,
liefeni, nach dem Entbasten (25—30% Verlust) vernponneo, ein weisseSt
tadelloses Garn.
Bibyndaudy dyuaniboa (äeidenwurm der Hunde) und Bibyndaudy madi-
nika sind der vorigen Speeles ähnliche, äusserst elastische Seide liefernde
Ranpenarten Madagaskan.
Bombyz Bhadama (Boisduval) ist sine gesellige Banpenart anf Intsia,
Madagascarensis, die einen gemeinsamen Sack anfertigt, in welchem mehrere
Dutzend, zuweilen fnnf- bis sechshundert Raupen ihre Kokons einspinnen;
die letzteren .sind klein und infolge des Zosammenpresseus abgeplattet.
Bomhjx Diego anf ÜBmosa lebbek wird irie der vorige in grosser Menge
von den ^geborenen rar Anfertigung der «tlambas" verwendet.
Bombyx panda ist dem B. Rbadama in esiner Lebensweise ftbnlleh und
liefert eine sehr geschätzte Seide.
Die übrigen Seidenspinner Afrikas, dereu Zahl eine grosse ist, sind
«war noch wenig bekannt; der Vollständigkeit halber mi^en sie jedoch hier
kans angefflbrt werden.
Bombyx nnnulipes (Boisduval).
B. fleuriotii (Giu'rin-MJuoville).
Cidigula suruka (Boisduval), erzeugt in Madagaskar auf 2serium Olean-
der goldgelbe Kokons.
Argeina mimome (Satnmia Oampiona) Ton BoisduTal in Mad^askar
und Port Natal, ist eine gesellige Art nnd liefert grosse, silbergrane Kokons,
die seidenreich und zar Seidengewinnung sehr geeignet sind. Der Sehmet"
terling dieser Banpenart ist von grosser Schönheit.
Eudelia veuusta spinnt einen 3 cm langen, harten, granweissen Kokon.
Urota Sinope (Westw.), Natal. Cirina Forda. Henacha Dewitri (Haass. nnd
Wem.), ^fiieriand. Botocera smilax (Westw.), Natal. Tagoropsie gemmi-
fera (Butl.), Westafrika. Micragone agiitylla C^'estw.), Kongo, scheint in-
folfre der FlngelteTtur vielmehr den Bombyciden. als den Sat'?rniden anru-
gehören *). Aphelia Apollinaris (Boisd.), 2*{atal. Ceranchia Apolima (Butl.),
1) VinsoD, Ctontpt. «md. 1895. 5S4.
■) Soathonnax, DnlL da Lab. de Ljoa. Lyon 8. 141
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SfttaraidMi Afrika«. Bombjz Okim
329
Mwlagaskar, erwagt dnoi 6—7 cm langen Kokon mit DoppelumboUiuigi
TOD dem die änssere gelblich, weich and netzartig gesponnen, das Innere von
kompakter Struktur und goldgrauer Farbe umschlichst. Cerancliia cribricollls
(Uutl.), eine nahe verwandte, etwas grössere Species, spinnt Kokous ieinmascbi-
ger Textur. 0. rsUeoleos (Bntl.)i wie die Torig» «nf BHadegulmr Toifcom-
mend, ist von mehr aekwirslielier Farbe and spinnt birnenfttrmige, in mehrere
Asteben eingebettete Kokons grossiuaschi^er Beschaffenheit mit feinfaseriger
Seide. Bunaea Tyrrhena (Westw.), in Südafrika, ist von den übrigen Gat-
tungen dieser Familie ziemlich verschieden. Bunaea Caffraria ist wahr-
scheinlich mit der vorigen ideutkstli. B. Thomsoni (Kirby) in Kamerun.
R AldnoS. Oonimbraaia Alopia (Westw.), afrikaniiehe Tropen. Ufta
Terpsichore (Maass.), Delagoa-bay. Eoebroa Trimeni (Feld.), Südafrika.
Lndia Delegorguei (Boisd.)» Natal. Gonimbrana intermieoens (Walk.),
Kongo.
Saturoia vacuna (Westw.), Ashauteeland. bat. mythimnia (Westw.),
Port Natal. Sat. arata (Wst.), Aahantee und Sierra Leone. Sat. belina
(Wat.), Znbiland. Sat. henilia (Wst.), Kongo. Sat menippe (Wst.)t Na-
tal und Südafrika. Sat. tyrrhea (Craraer), Südafrika, Kaj) der guten Hoff-
nung. Sat. cytherea (Fabr.), Südafrika. Saf. ueiiia (Wst.), Kougo. Bat.
ai^atliylla (Wst.). Sat. Said (Obertliür), grosse, schöne Seidenart in Ba-
gamoyo, Zanzibar. Sat. tbyella (Felder), Zamberia. Sat. auricolor, Sat.
furicolor (Mabille). Sat mittrei (Gn^r.-M^o.)* Madagaskar. Sat Iris
(Wst), Sierra Leone und Cap. Sat alenda und Sat. phoedura (Drnrj)
in Sierra Leone. Lasiocampa sp., Dahomey und SklaVenkoste. Lasiocampa
processiouea, l'urto Nnovo \md Madagaskar.
Die Art der Anaphe, aus der Familie der Actias, lebt an den westlichen
Kästen Afrikas, baaptsädiUcb in Senegal. Die Raapen veben in Omppen
von 25 — 50 St&ek eine gemMnsame Tasche, in welcher ne ihre Kokons
inmitten einer dichten Watte stark gegeneinander gepresst einspinnen* Die
Kokons raesseii 30 >: 20 mm, die Faser ist schwach.
Anaphe sp., Mail;i'ja'-kar. An. Panda. An. venata.
In Dafoia am iSigerufer sammeln die Eingeborenen uut Tamarbäumeu
nnd Mimosen üppige Kokons eines noch nicht definierten Seidenspmners
nnd Terarbeiten sie wie Fladis; die daraus angefertigten Gewebe, die mit
verschiedenen Päanzenextrakten gefärbt werden, heis.sen „tombo foroko
fani** (Stoff von der Kaope) nnd sind zwar glanzlos, aber sehr daaerbaft.
* •
*
Von den enropaiseben Seidenraupen spinnen zwar viele Kokons,
denen jedoch nur ausnahmsweise Anfinerksamkeit geschenkt wird. Unter
denselben ist der Hotiibyx (LasiocBrnpa, Pachyposa) Otn« (I)rury), ler
koiscbe Seideuspiuuer der Alten, der wichtigste. Er stammt ans Kleiuasieu
und kommt in Griechenland, der europäischen Türkei, Unteritalien and Sicilien
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330 SRtiiniiden Eoropai nad Aiuti»lieiM.
*
vor, wo er hanpt^diUch aaf der Fichte, Eidie nnd Gyprene lebt Er epiniit
in reichlicher Menge offene, 85 X 40 mm grosse, länglich mnde, weiche,
durchbrochene Kokons, die eine schöne, (h>r japanischen Yaniamavseide nicht
unähnliche Faser liefern, welche iiulesisen ein unverhältnismüssig grosses
Quantum (70%) baut enthält. In neuerer Zeit wendet man dieser Seidenart
ein lebhafteres InteresM sn, nnchdem der Konsnl Haggard in Triest wieder
die AnfniMrksamkeit auf diese an der KSete Dalmatiens heimische Species zu
lenken versucht hat. Die Kokons sind grösser als Manlbeerkokons, die Faser
feiner und sehr weiss. Die ilaupe trisst vorwiegend von Queren.« IIe\.
Attacu!« pyri (^aturuiu Pjri) (Godart) ist mit dem Sat. pav. major
(Linn^ identisch nnd kommt auf den Teracbiedenaten Ohathiomen im mitt-
leren und endlichen Europa Tor. Eine Ahart desselben ist die in Algerien
vorkommende, als Sat. atlantica (Lucas) bezeichnete Banpenart..'
Att. larpini (Godnrt , Bnisduval) ist der A. paT. minor Ton Linn^.
In ganz Europa auf der Ulme und liirke leUend.
Att. spini (Borkhausen) ist die
Satnmia pav. media Ton Fabricins.
In Dentschland und Östenwch anf
Prunns spinosa lebend.
Aglia Tau (L.), der Nagelfleck,
liefert abhas|)elbare Kokons.
Schliesslich Sat.coecigeDa(Hnb-
ner) in Dalroatien, Kleinasien und
Tfirkei.
Die folgenden Haupenarten er-
zeugen Gespinste, diesowohl iuQualität
wie bez. der Quanti^t weit hinter den
exotischen snrftckstehen nnd daher
IM. uiknA. WM d«r seMMfhMr vob s. Miptiii. ^^^J^ ^mer indostriellen Yerwertong
ilihig sind.
üendroliraus Pini, Dendr. remota, Odonestis Pruni, Tagora glauce.<cen.>;,
Sphiogognatha Pallida, Murlida Amaena, Dirphia Tarquinia. Braliniaea
oonchyfera, Halisidota Edwardsi, Alope ricini, Perophora baetreana, Sphingi-
eampa Heolor, Lopliocampa Cariae, Dryoeampa rahiconda, Dataaa perspicoa.
Euproctis chiysorrhca, H ygrochroa Ojeda, Kapta Serratilinea, Lachneis catax,
La^lin. rimicola, Macrotylacia rubi, Clisiocarapa neu.stria, Macromphalia Lo-
jauensii», Arlace rubripalpis, Zeuzera pyrina, Clisiocampa castreusis. Tri-
chiura Crutaegi, Eriogaster lanestris, Leto Venns.
Auch Anstralien besitst in Antheraea (Calignla) helena (White) seinen
einheimischen wilden Si-idenspinner, der einen brannen Kokon spinnt.
Coscinocera < )Mi|>hiile (BatL) ist eine schöne, groese, aber seltene Spe-
cies von Ni'U-tjeeland.
Carthaea Saturnioides (W^alk.), Australien. Diese Öpecies ist aus dem
Gmnde Yon wiBsenschafUiehem Interesse, wdl sie alte ioasneii Eigem-
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Dndafiniette Sflideiupiiinw.
3S1
aehmflen der Naehtfalter (Noetuidae) besUat vmA ein (^bergangsglied xu den
letzteren, welche keine seidenspinnenden Insekten nud, cn bilden eebeint.
Dysdinionia Pluto (Wst.), Australien.
Syntlieiatii WeynifH (Miins.s.), Anstriilien.
Ausser den obigen, zum Teil gut erforsditeu und eutomologisch defi-
niert» Banpeniurlen giebt e> in allen Weltteilen, am meisten in den tn>pi-
•cben O^^den nnd ihren WiMniisen, eine Unmaase Ton epinnenden In-
sekten, welche hunderttausende kg Seidenuiaterial erzeugen und von denen
nicht einmal ein Exemplar in den entoninloprisc lieii Saninihniiren vorhanden ist.
Die Erzeuguisse dieser wilden, uns unbekauuteu Seideu^pinuer werden zum
kleinen Teil von den Eingeborenen verwertet, verfallen aber raeist den
seidenfressenden Insekten, sowie der Wirkung der Witfeernng nnd der Ver-
wesung. Einige von sololien Seidenspinnern loben in den Centren der
Seidengewiniinnrj, wie in China, sind aber iitirh nicht näher erforscht. In
der Provinz Sluiutiiug wird t. B. eine von dor h'suipe des Ilaa-tsiao-Baumes
(Pfefl'erblumeJ, wahrscheinlich der Xantoxylou aiuutuni, erzeugte Seide zwar in
nnbedentendem Habe, aber immerhin teebniseb verwendet Diese interessante
Gattni^, welche von den ESageborenem als „tsiao^hien-sa^** bezeichnet wird,
ist noch nicht einmal entomologisch unterschieden worden; ihre Seide besitzt
auch nach dem Verweben und Fürbt-n einen eigentümlicheu (teruch, infolge
dessen sie, der Aussage der Chiu^u nach, den Angriffen schädlicher lusekteu
nicht ausgesetzt ist In Cbardanagor (Bengal) lebt in grosnen Gesell-
schaften eine blane, schwant punktierte Seidenraupe, die vom Cedrelabanm
frisst. Den Stamm dieser Nfthrpflanze bedeclo.-n ^Vu' Unnyi-u vdin Boden bis
sum ersten Zwoige mit einer nnermesslioli gi riuinii;^cn, feiiipu und f^liiii/endeii
Seidi'nfa^jer . untiT wt-lclier sie ihre Kokons in den Kitzen der Hiiumriude
einspinnen. Der Schmetterling dieser Kuupeuurt ist unbekannt. Mac-
Intyre hat in der Mandschurei mehrere neue Seidenspinner vorgefunden;
einer davon nfthrt sich von Pinns äuensis und ersengt hübsche, stark seiden-
haltige Kokons, die jedoch mit Baumnadeln so vermischt sind, dass ihre Ver«
arbeitnng hclnvierif» sf>in dürfte. Auf dem Wallnnssbauni fand man eine
Raupenart, deren Kokons netzartig sind, ferner zwei neue Species der A\iaul-
beerraupe, von denen «ne aueh mit Lattich gefuttert werden kaun.
Was die Gesamtproduktion wilder Seiden anbelangt, so kSnnen hier
nur approximative Werte angegeben werdCD, die sich lediglich auf das ver-
ar!)eitote Seidenmaterial beziehen und die grossen Menfren der in allen Welt-
teilen zerstreuten, weniger wichtigen und von dem .Menschen zur kSeiden-
gewinnuug nicht heraugezogeaen Kokons ausser Betracht lassen. Ausser-
dem sbd auch eiaige der wichtigsten wilden Seidenspinner, die auf nn-
gsheneren Strecken nnd in uDzugXngliehen Wäldern, Sümpfen und Beigen
ihre Gespinste erzeugen, nicht immer nnd überall dem Menschen zugäng-
lich, 80 daf»s die /(iblen weit tinter den thatsiieliUch von der Natur ge-
lieferten Mengen an Kohfasermaterial zu steheu kommeu.
332
Nachstehende Tabelle stellt VXt fttctt1«ii
Mengen der wilden Seide dar:
Frodoktioo der wilden Seiden.
yemrbeitniig gelugenden
otnueDMX
Kokons
Wilde Maulbeerseide . .
620000 kg
350000
Indisclie Tussah . « . .
. 12600000
H
Cliinp.sische Tussah . . .
. 24000000
«1
640000
y%
. 1600000
»1
Maga-, ISesankurieBeiden .
. 1700000
»1
Sai pyretornm (China)
350000
!♦
Übrig» wilde Seidenarten .
. 1400000
«1
Gehaspelte oder
gesponnene Seide
37000 kg
82000
700000
1400000
32000
96000
76000
34000
60000
n
Im gansen 43060000 kg
2446000 kg
Die quantitativ wichtigste dieser Seiden, chinesische Tusgabi wird kaupt*
sächlich in folgenden Provinzen regelmässig gewonnen:
Mandsobttrd
Sliantung .
Ss-tscbueu
Honan . .
Knei-tselien
4720000 kg Eokona
6720000 „
4460000 „
2860000 „
2260000 „
n
Nach den Produktionsländern eingeteilt, helilaft sich die Totalprodnktion
wilder Seiden auf folgende Quantitäten, wobei die Oesamtmengen des von
den spinnenden Raupen erzeugten Kokonmaterials, ganz abgaben von seiner
Yerwertnog, ungeföhr abgeeebfttst worden sind:
China . . , 32000000 kg
Japan 550000 „
ludieu 15500000 „
Übrige Linder Asiens 8900000 „
Afrika 4 600000 „
^^1Prika and Anatralien . 2250000 „
Europa 200000
Im guuen 64000000 kg,
iu runder Zaiii 64 Millionen kg Kokons, enthaltend äusserst knapp g^
reebnet im Dnrchsebnitt 15 % oder 9,6 Millioneo kg Fasermaterial. Gegen-
wärtig wird indessen, wie gesagt, nur ein kleiner Teil dieses Qmmtnms ätx
indostriellen Verarbeitnng rngefiihrt.
Von der richtigen Annahme ansgebeud, dass die Seide nie billig genug
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8pmii«aMid«L 3S3
verdAD kOniie*), aoigt die modtrae Indutrie dn allgeuMiiM Bettnben, jedes
nur mögliche SeideUAtteiial m verwerten; es steht za erwarten, daas mit
der Eröffnung der grossen nnerforschten Gebiete in den tropischen Ländern
noch sehr bedeutende Mengen wilder Seiden für Indnstriezwecke hermn-
gezogen werden können.
Anflwr den Seidenraapen {pebt et bebkuntliob noch andere, fasetigt;
Alnonderaiigsprodiikto liefinnde luektem, doroi Geepinato swar nioht sa
dem Zwecke erzeugt werden, die Qmhnlliiiig de^i Tieres während seiner Meta-
morphose zu bilden, die jedoch im Kauipf nni^ Dasein dieser Geschüpfe eine nicht
minder wichtige Rolle spielen. T)ie Spinnen z. B. fertigen ans ihrem faserigen
Sekret äusserst feine und fast durchsichtige, aber nicht minder starke Netze,
die nun Aufbogen «idem Insekten dioian. Andere hftUen damit die Eier
«n, um ase gegen Wittemogseinflnaae, Vögel etc. zn sohütaen; Tielen dient
der von ihnen al^esonderte Faden als Halteleine bei ihren Wanderangen,
■n der sie durch kühnen Schwung von Baum zu Baum gelungen.
Die Anwendung der Spinnenfaser für technische Zwecke ist erst neue-
ren Dmtnms. Unsere Vorfahren, sowohl im Altertum wie im Mittelalter,
balmi die Sfnnnen in nelem Mytiien, Sngeo und Diditungen beanngra, dodi
ist uns nichts verblieben, waa irgend auf eine Verwertung dieser Tiere
hindeuten könnte. Zwar bringt uns rieliodnr fhe Nachricht, dass
dem Fürsten Hyduspes von den Sereru zwei Stin Zeuge aus Spinnen-
gewebe <^(3ij)axvtu)v vrjjjLaxa xai upaa^iaTa) *), eines lu i'urpur, da^ andere v<m
sclineeirdaaer Farbe, fiberreiebt worden, doch Itot neb diea nnf die fiklaehe
Voratdliing anrnekfabren, die der Oceobliditasehreiber Ton dem Unpmng der
Sdde beaass.
Der Gedanke, die faserigen Produkte der Spinnen zn tcxtüen Zwecken
SU verwerten, entütaud iu den ersten Jahren des XVIIL Jahrb. Im Jahre
1709 sammelte Bon in Montpellier*) die seidenen^ Faaerklnmpcheu, mit
denen die Spinnen ibre Eier nmbuUen, klopfte sie, nm den Stanb sn ent>
fernen, wusch sorgfältig mit Wasser und kochte das Material mit einer
Mischung von Seife, Salpeter und etwas Gummi während einiger Stundeu.
Nach dem Waschen nnd Trdckiicii wnrden die Fasern mit sidir feinen
Karden gekanaut und veräpouueu. liaudiichuhe, Strümpfe und andere aus
Spinnenseide ersengle Stoffe erregten seiner Zeit grosses Anfseben. Ton
der Akademie der Wiasesacbaften za Paris mit der Prüfung dieser Ange-
legenheit betrant, gelangte B^anmnr indessen an dem Resultat, dass die
') Rondot, L'art de la foic. Paris 1S85.
*) Heliod. Aeihiop. ed. Bekker. Leipiig 1865. S. 297.
') Dtatertation aur rntiliiation de ia aoje des araign^es. Avignon 1748.
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3S4
SpianeoMitle.
S|riaiienfflden eine za gennge Dicke beafinen, am damit irgendwie ein kom-
paktes uud daut'rlmftos Gewehr anfertigen zu könnea. Er berechnete, dasa
i)0 «S^iuiienfasern uütig sind, um der iStarke eiuer Seideofaser gleichzokommen,
und 18000 SpinneufUden , am einen starken Kähfaden zn bilden. Zw5lf«
mal 10 viel Spinnen ala Saidenw&nnw aind erforderlicli, um die gleiche
Menge Faaennatoial za erzeugen, so dan för 1 kg desselben ca. 40800
Seidonklumprhcn ntUig .sind; du die letzteren inde5f<:fn nur vnn den Weib-
clien erzeugt werden, so uiUi^sen \m weitem nu-lir Spinnen ge/.üclitet uud
ernährt werden. Dazu besitzt die Spinneu fa^er weit weuiger Glauz alä Seide,
weil dfo Faaer inaeent firin nnd dasn gefar&nselt ist. Fünfzig Jahre spaiWi
im Jahre 1762, machte Termeyer in Amerika, Spanim and Italien Ver-
enohe, die SpinnenfiMar so auf eine Spule aufzuhaepdn, wie sie von
der lehendeu Spinne sekretiert wird. Bei aller Muhe und Ausdauer
gelang es ihm trotz dreissigjährigen rastlosen Kxperimentierens je-
doch nicht, mehr als 673 g Spinnenscide zu sammeln. Einige Jahi^
aehnte spBter brachte Rolt der Soeietj of Arte in London einen 6000 m
langen Faden, den er während 2 Standen von* 22 Spinnen in derselben
Weise wie Termever erhalten Imtte. Canibone liat einzelne Spinnen in
Zellen eingesperrt und hewirkte durch eine besondere Stellung des Unter-
leibes, dass jede Spinne befähigt wurde, einen ca. 100 m laugen Faden zu
enengen. Er fand anch, dam, nachdem die Spinnen Eier gelegt hatten, ihre
Pndnktionafähigkeit anf 4000 m in 27 Stunden geatiegen «ar. Die Festig-
keit dieser Faser betrug Ix'i 17 C. nnd 68'' Luftfeuchtigkeit 3,26 g, die Elasti-
zität 12,5%; nach den Angaben vnn Rondot ist die erstere gleich 1 g,
die zweite 22%. Der Durchmesser dieser Spinnenfaser ist 7 {i. Gegen
1843 stellte Mallat mit einer grossen Spinne der Insel Java HaspeWersuche
mit gutem Erfolge an, 1867 gleichfalb Baaeenl in Senegal. Von 1883
bis 1843 hatte ein Pariser Fabrikant die Geduld, aus der Spinnenseide, welche
bekanntlich blutstillende Eigenschaften besitzt, haemoetatische Pflaster an-
zufertigen.
Trotz der übergrossen Feinheit eignet sich die Spinnenseide gut zum
Verweben und sehr schSne Enengniflse; grosse Bewunderung riefen
seiner Zeit die von den Einwohnern der Insel MauritittS der Kaiserin Eogenie
fiberreichten Handschuhe hervor. Die Anwendung der Spionenfaser in der
Textilindustrie ist zur Zeit nneli eine offen stehende Frage; ah und za
wird die Aufmerksamkeit der Fachwelt auf diesbezügliche Vernuche gelenkt,
nm nach kurzer Zeit wieder zn erlöschen. Wiederholt wurde auch versucht,
die fiberseeiachen, grossen, echwanten nnd gelben Spinnen aweeke Faser-
gewinntnig in Europa za acclimatisieren, jedoch bisher gleichfalls ohne Erfolg,
l iiliuigst berichtete Hnindrest, vnn der tlerraelinspinne ein äusserst feines
und starkes Gespinst erhalten zu haben. Die Anwendung der Spinnenseide
zur Herstellung der Haemostatica ist neuerdings von Stilbers in Westmore-
land wieder aufgenommm worden; dieselben wAha wirksamer »ein, als
Eisenchlorid. Die verwendeten Spinnen nnd die grossen afrikanischen nnd
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Spinnenseide.
335
amerikanischen Speeles, welche, in achteckige Fächer eingeschlossen, mit
verschiedenen Insekten gefüttert werden. Die Zachtkammer, die auf 15^
erhalten wird und in der mau
eine Flüssigkeit aus Chloro-
form, Äther und Amylalkohol
langsam verdampfen lüsst,
misst 40 m Länge hei 20 m
Breite und 5 m Höhe und
enthält 6000 Fächer. Die
von den Weibchen zur Kin-
hüUung der Eier gesponneneu
verschiedenfarbigen Gespinste
werden gesammelt und wie
Kokons abgehaspelt, ein Ge-
spinst enthält 120 — 150 m
Faden; die Gespinste weicht
man einige Minuten in
kochendem Wasser ein
nud fugt dem letzten-n als-
dann l^o pheuolsulfosaures
Zink, 2"!^ sulforicinölsaures
Ammoniak und 1 ° „ Glycerin-
sulfosüure hinzu. Man erhält
das Bad bt'i 90", putzt die
Kokons mit einem Quecken-
grasbesen von den Flocken
aas und haspelt wie gewöhn-
lich. Ein Kokon liefert 120
bis 160 m Faden, ein kg Ge-
spinst wird aus 25000 .K«ikons gewonnen und enthält somit 3250000 m
Fadenlünge. Die Spiuneuseide bleicht man mit Hydrosulfit oder Wasser-
FlK. 181.
NpphlU niMliKuetrencU P ^ nit. OrAaae,
Wcil>chcn and MÄiincben).
stoffsuporoxyd , pas.siert durch Türkischrotöl und dann Gerbsäure, um ihr
Griff und Glanz beizubringen, und verleiht ihr antiseptische Eigenschaften
336
Spinnenaeide.
durch Einweichen in eine Mischung von borsaurer nnd benr.oesanrer Thon-
erde, Gljcerin, karbolsau rt-tn Zink, Borax tmd Alkohol. Oer Preis dieser
Seide belauft sich aaf 2000 Frc». pro kg.
In China ist in der Anovins Yonan, in der Umgegend Ton Talnn« ein«
Im Bosdiwerk lebende rötliebe Spinne heimiieh, die ebe i^lbe, feste Seide
liefert, welche gröber ist, als die Maulbeerseide. In Yun-no-fu werden
daraus die „tiing-h:ii-tiuiu-sse" fAtlas der Morgenland»ee) genannten, sehr
festen und billigen Gewebe von schwarzer Farbe angefertigt. Eine andere
Spinne, Nephilengys malabarensis lebt in N.-W.-Indien (Schim>tal), China,
Java, Bomeo, Molakka, Kongo, Ostafrikakflsto nnd AastraKen und Hefert
ein der echten Seide sehr ähnliches Produkt. Die Faser, die mit Bast be-
kleidet i.st lind beim Abkochen 25 — 30*^ „ verliert, niisst 10 [i Durchmesser,
zeigt eine Klastizität von *22% und eine grijssere Festigkeit, als die Maul-
beerseide. Diese Spinne fertigt derart umfangreiche und dichte üülien an,
daas MO als eine niebt' sn nntonchitsende Bezugsquelle für RobHiaterial
der Florettindostrie gelten könnte; die danras gefertigten Oesinnsto b^
Bitten beinahe den Glanz der echten Seide, verhalten sich beim Färben
wie die letztere und kommen dabei im Preise der Wolle gleich. Mit einer
anderen Species, Nephiia pluncipe;^ (Koch) hat nnläugst Wilder in SUd-
karolina gute Erfolge erzielt. Die Gasterocantha madagascarensis (Vinson)
spinnt kleine grüne Kokons nnd besitst nur lokales Interesee. Eine Spranen-
familie Epeira liefert im allgemeiiu-n citi festes, elastisches und glänzendes
(Tp.-,Itiii>^t. Tn Europa ist die Specnis E. diaderu:i heimisch, in Mexiko und
Südamerika wurde E. sociaüs aufgefunden, die verschiedeMfarl i^f' Seide liefert.
In neuerer Zeit hat der Missionär Camboue aus Tanunuriva mit den
SpinnMi Madagaskars, insbesondere der Halabe der Eingeborenen (Nephiia
nmii»g,) in Halonmanga, eingriiende Versnehe ai^estellt. Diese Spinnen-
art liefert Gespin^, in welche sie ihre Eier einhallt, kann aber auch mm
Spinnen eines nnunterbrocheneu Fadens gebracht werden. Ein uns 12 Spinnen-
fäden zusammengesetzter Faden verglichen mit sechsfädiger ürege der Maul-
beerranpe eigab folgende Resultate:
Titer
dg
Spinnenseide (Nepb. mad.) -1,33
Grdge China (Kanton) 8,86
„ Japan (Saitama) IS,25
„ Italien (Umlirien) 18,19
„ Frankreich (Provence) 17,2ö
Trotz der ausserordentlichen Feinheit besitzt die Spinnenseide, wie man
sieht, grSwere Festigkeit als die Manlheeneide. Es ist daher nidit aas-
geschlossen, dass man sich der Frage ihrer industriellen Verwertung ernste
, .. „, Durchmesser
Festigkeit ElastisitSt . . . ,
^ ^ der einfachen
^ Fa.ser mm
66 17 0,065
41 15 0,246
56 1 7 0,262
65 1 7 0,282
65 lU 0,315
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F^cbidcwbaer. MoKlMlsMda.
337
lieli sairanden wird. Die tropnaeheo Zonen Afrikas, AmerikM vnd Ooear
niem bemtzen eine ziemlidi bedeutende Anzahl sehr grosf^er Spinnen, die
nmfangreiche Gespinste erzeugen; dieselben könnten für die Jb'loretUpiunerei
ein vorzügliches Rohmaterial abgeben.
Schliesslich giebt es in Indien, China, Ceylon und Australien eine heimische
Oattnng der Payi^deenmnpen, welche «war Srndenfeaera, jedueb sieht in
Form vuD Kokons erzeugen; da ne nber anderenelta udi selten sind, so
haben sie keine indiistriellf Bedeutnn«^. TMcse Raupen vereinigen mehrere Äst-
chen und Blätter zu einem kunstvoll gebauten, cylindriscben (Jehiiuse, dessen
Inneres sie mit ^eide aui>i'üttern. lu dieser Scheide volizieht sich dann
ihr Sehlaf und die Umwandlung zum Sehmetterling. In China c. B.
liefttt eine auf Salix pentandra leboide Speeiee, die aogenannte „yang-
shu-tsan", eine 40 mm Länge bei 10 mm Durchmesser messende Scheide,
die aus 8 bis 10 symmetrischen Ästclien «gebildet ist und ca. '24 eg
wi^^ Die Faserfeinheit beträgt 4 \i. \'on den übrigen Species wären zu
erwihnen „pai>dia-tnn** auf „pai", einer Art Weide nnd n^hnn-ehn-tnui**
anf Gedrela ainensia.
• *
«
Die Muschelseide gewinnt man von der Steckmuschel, Pinna nobilis, die
im Bfittelttndiaehen Meere an den Kfisten K<M»kB8, Siuliena, Siditaliena,
Sardiniens, Dahnatieus, bei Smyrna und iu der Normuudie, verbreitet
ist. Diese meist zerbrechliche Moschelart ist aaf der einen Smte lang
und aehmalt anf der anderen sehr breit Es gidbt kleine, aber auch Hn-
scheln von ungewöhnlicher Grösse; gewohnlich messen sie 30 cm Länge
bei 10 15 cm Breite. Poli giebt in seinem Prachtwerke nlier die Tes-
taceen Siziliens (l'arma 1795) schöne Abbildungen verschiedener Sp^eies,
insbesondere von Pinna nobilis. Das MoUusk besitzt die Fähigkeit feste
Faaem an spinnen, jedoeh nicht nadi Art der Raupen, denen die Seide ab
Sehnfea dienen aoll, und die dieselbe nur wihrend einer bestimmten Frist
Stlkoraaaa, Sto SM«. S2
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838
MvielMlMide.
ihm LAtm «nongeD. Die Pmnft loaoht ein«n ctindigen Gabnneh von
ärem Spinnmakierial, wdebMf riditig aiugednieki, nicht dnrch Spinnan,
sondern am einer leigKrtigeu Masse, welche sich in «iner Spalte ihrer Zonge
betin(1''t. (ff^wooneii wird. Der Faserbart besteht ans einem Ton einer mehr
oder minder grossen Anzahl feiner Fäden gebildeten Bündel und umschliesst
gewöhnlich eine ganze Reihe von Muscheln. Mit Hilfe dieses Fasermateriala
ist die Pinna befähigt, rieh an fremde Körper ansnhef%en. Die Beaehaffeii-
heit der Seeaeide Tariiert je nach der Art des Meeresbodens; ist der letztere
??andig, so kann der Faserhart loicht abgetrenut werden, was nicht der Fall
ist, wenn er sti-inig i^t, und hat dann die Seide im Gegensatz zur ersterea
eine vit-l dunklere Farbe und weniger Glanz.
Man findet die Pinna in einer Tiefe Ton 7 — 9 m und fingt sie
mittels eines gabelförmigen, mit 1,5 m langen und 15 Zoll Toneinander
abstehenden Zinken versehenen Instrumentes. Trotz der grossen Feinheit
der Fäden ist die WiderstandsfJihigkeit des Fadenbündels eine so grosse,
dass bedeatende Anstrengungen gemacht werden müssen, am die Muscheln
von den Fdsen abanreiasen. In rohem Zngtande ist die Seesaide nnsehein-
bar, sie wird nadi der Abtrennung von der Mnsebel in Seifenwasser ge-
waschen, an der Sonne (nacli anderen Angaben im Dunkeln) getrocknet nnd
von (\f'n anhaftenden Wurzeln etc. gereinigt, dann mit den Händen frottiert,
voilätäudig ausgetrocknet und sorgfaltig geputzt, zum Schlass mit einem breite
sahnigen nnd endlich mit einem feinen Kamm gekämmt; durch diese Behand»
lang erhUt man ans einem Pf^d brutto nngefShr V« Pfand Gespinst Man
liinunt dann 2 — ^3 solcher Fäden und zwirnt .sie mit einem Faden eehter Seide
zusammen. Das Gespinst wird in einer Mischuncr vn:i Wasser mit Oitronen-
saft gewaschen, mit den Händen frottiert und mit einem heissen Prisen ge-
plättet. Hierdurch uimuit es eine schöne, braune Farbe und einen gold-
sehimmemden Glans an. Die daraas gefertigten Shawls, Strümpfb, Tri-
cots, Handsobahe etc. erzeugen keinen Schweiss and sind sehr dauer-
haft. Infolge der heschriuihten Produktion (nicht (Iber einige 100 kg
jährlich! sind diese Artikel jedoch ziemlich teuer. Die Centn n ili r (iewinnung
sind Keggio und Taranto, die der Verarbeitung Palermo und Lucca, wo in
den Waismhiuisem die feinsten Artikel angefertigt werden.
Aosser der Pinna nobiüs dgnen sieh xnr Seidengewinnung noch P.
rudis, Tridacna gigas und Raja batis. T. gigas, das Riesenmuschclweich-
ti»>r, d(>!5spn Schalten eine Ivänge von 1-1,5 m erreichen und in kat!ioli>clien
Gegenden häufig als Weihkessel dienen, i.st mit ausserordentlich starken
Bartfäden ansgestatlet; dieselben sind trota ihrer Elastiutät tkht sShe nnd*
müssen dnreb krftftige Beilhiebe von der Muschel getrennt werden.
Von der an der Küste der Vendet- gewdtmenen Seeseide, R. batis, „soie
marine", «^teilte Joly in Parin 1867 schöne Must^ i aw^; ebenso warM in der
Ausstellung zu Neapel lä7ü Fabrikate au» Mu«chelseide su sehen.
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Bibl. sooL B. 624 f. und im speeiellen in Taaelienberg,' Bibl. sool. 8.
1835:47 (Antlieraeu), S. 1857/65 (Attacui,), S. 1965 f. (Lasiocumpa) . S.
2024 f. (Flatysamia) etc., ausserdem S. 2151,5G. .S. ferner die ausfUbrUcbe
Litteratnr im Zoologischen Jabreebericbt, berausgeg. t. d. zoolog. Station m
Neapel (Mayer & U iesbreeht)i. BexUn 1879 ff.» andi dae Begiater dwn
fttr 1886/90, Berlin 1895.
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Vierter Abschnitt.
Die Gewinnung der Rohseide und Zubereitung der Gespinste.
Das Konditionieren und Titrieren.
Es mag nunmehr das Rohmaterial der Seideniodustrie, der Kokon, einer
näbereu Betrachtung unterzogen und vor allem dessen Strnkturverhältnisse
erörtert werden, weil dies zum Verständnis seiner weiteren Verarbeitung
notwendig ist.
Die Seidenraupe spinnt den Kokon (vom griechischen xoxxfov = Knäuel)
in der Weise, dass sie den Seidenfaden durch regelmässiges Hin- und Her-
lig. 194. Fadenbandel dei KokonDeUea. FIr. 185. SeitlenfMer In der Mittelichirht dei
Kokons (• Beide, b Batt, o KieazungMleUen).
bewegen des Kopfes in Form SfOrraiger Windungen anlegt und die letzteren
in der Zahl von lö — 20 miteinander zu einem flachen Bündel (paquet) ver-
webt, das 4 — 5 mra gross ist. Durch eine kleine Veränderung ihrer Lage spinnt
sie ein zweites Bündel in unmittelbarer Nähe des ersteren oder am entgegen-
342
Sfamktur im KoünmseqiSastek
getetsten Ende des Kokons, Terbindet gleichseitig die beiden7mit einem
laagen Faden nud bildet so ein Gewebe tod bewundernswerter Regele
mässigkeit. Der Faden ist mit einer zuerst klebrigen Flüssigkeit über-
lOgen, welche erstarrt und die einzelnen Bündel miteinander verbindet, so
daae das Ganze lederhart wird. Eine Kükonhülle beateht aus über 60000
solcher Bündel, so dass ihre Zahl in ebem kg Kokons efcwa hundert llil-
lionen hetrigt; die Zahl der SfSnnigen Fadenwindongen isfc ca. I6nial so
gross, so dass, um ein kg Kokons zn cr/.<ni<j:en, die spinnenden Raupen mehr
als 1600 Millionen hin- und hergehende Bewegungen ihrer Spinnwarze
nt-lM-MV. MWMli In ■nriHwUsIWB u« im DopffrikolMn.
madien nassen. In der angedenteten Weise entsteht eine insserst dfinne
Fadenschicht oder Lage, deren in regelmässig gesponnenen Kokons 10 bis
\1 unterschieden werden können. In Wirklichkeit ist die Kokonschale in-
dessen aus über 30 solcher Fadenlageu, die von der Raupe in Intervallen
von 3 an 8 Stmadeu gespcmnem werden, auammengesesfe. Die dnialnen,
sehiohtenweise fiberdnander liegenden Hantehen lassen sich Tonngsweise in
den sogenannten satin^-Kokons got unterscheiden, wo sie durch Zwischen-
ninnip von etwa 1 mm getrennt sind; in den 'gewöhnlichen Kokons, deren
Hülle eine Dicke von 0,6 — 0,75 mm hesit/t, lassen sich dagegen die Zwischen-
räume auch bei einer Vergröseernng von 600 Diameter kaum erkennen. Man
hat übi^ens festgestellt, dass die einselnen Hantchen nnd Zwisdienrännie
nicht überall in gleicher Stärke auftreten, so dass an einer Stelle des Ko-
kons die Hiiutchen insgesamt '2,5 mm mit 0,12 mm Zwischenriuimen messen,
während an anderer Stelle die letzteren selbst hei einer V('igr(is->erui)g von
500 Diameter nicht wahrnehmbar sind, und die Häutchen nur eine Dicke von
0,5 nun haben. Die letafe, innerste Kokonsehieht (diaphane) ist locker nnd in
grossen Fadenwindangen gesponnen; sie hat die Bestinimnng, als Bett für
die Puppe zu dienen. Die Länge des Kokonfadens beträgt normal etwa
3700 m; hiervon werden bei der Verarbeitung 400 — GOO, selten 900 m ge-
wonnen, da weder das äussere Fadeugewirr, noch der innerste pergament-
artige Teil rar Hentellnng eines brauehbaren Seidenlkdens Terwendhar sind.
In technischer ffinsieht nnterscheidet man: 1. den idssraeo Flanm oder Flcek-
Dl
Doupiona. M&nnliche und weibliche Kokoii:*.
343
seide (bourre, blaze, frisons) ; 2. das innere abhaipelbare Gfispiiist (bave)
and 3. die innerste Kokonlmut (teletto).
Nicht selten vereinigen sich zwei uud mehrere liaup^u zur gemeiu-
Munen Anfertigung ihres Geepmetee; solehe Doppelkokons (doapiona), die
.man schon an ihrer angewöhnlichen GrSase erkennt, bestehen aus einem
durcheinander verschlungenen Fadengewirr und sind znm Abhaspdn wenig
oder gar nicht brauchbar. Üoupions, welche durch ihre Urosse nicht auf-
fallend sind, die sogenannten „iins doubles'S werden uls Verfälschung der
bndekware amgeeeben. Da« Verhtitius der Doppelkokons su der Gesamt»
ernte Tariiert je nadi dem Jahr und der Basse; die i^rissfae Rasse Belladis
(Liban) liefert je nach dem Jahre 20 — 40% Donpions, die einjährige Japan
12 — 15%, die zweijährige 20 — 30%; in der europäischen Seidenkulinr be-
tragen die Doupious selten mehr als 6 — 8% der Gesamterute.
Ein normaler Kokon besitzt eine Lange von 3 bis 3,5 cm bei einer
Breite y<m 1,76 bis 2,5 em. Die Gestalt des Kokons sowohl wie seine
Grösse sind für eine bestimmte Rasse charakteristisch. Eine gute Qualitilt
lilsst sich sclion an der ünssen-n Form des Kokons erkennen; dieselbe ist
abgerundet, die Spitzeu uiclit hervortreteud, uud die Milte ist nur we-
nig verengt; die matte Oberfliiche ist gleicbmässig feinkörnig. Der
minnliche Kokon ist mehr länglich, der weihliche mnd; anderwei-
tige Unterschiede .sind rül<j;ende: das Gewichtsverhältnis der weiblichen
Kokons /II den nuiuulichon beträgt 1,2*' bis 1,31. das der Kokonscha-
len (Ka-scrinengen) 1,11 bis 1,16, das relative Verhältnis des FastTgehalts
ist jedoch in den männlichen Kokons grösser, da die letzteren seideareicher
sind nnd somit eine grössere mittlere Ausbeute liefern, als die weibliehen,
welehe one schwerere Puppe enthalten. Der Gehalt an Hast nnd Gummi
ist unabhängig vom Geschlecht, der Titer der Kokontaser durch.schnittlidl
bei den weiblichen Kokons etwas grösser. Die regeinmssijf.sten Kokons
liefern die mit vieler Kunst und Sorgfalt gezüchteten europäischeu Rassen;
da abor ihre Produktion snr Deckung des Bedarf lange nicht aasreichend
ist, so werden aneh die exotischen in Europa verarbeitei LoTante, Bu-
melien, Brnssa, Mehemet-efTendi uud Demirdeh liefern die besten Qualitäten
weisser, Kaiamata, Ghios und Liban sokhe der gelben Easse. Ostasiatische
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344
Kokonrussen.
Arfeu werden weniger geschätzt. lu der uaclistehenden, entaprecLend der
Bedeutunf^ des Kokons, als des Urstoffs der Seidenindustrie, ziemlich umfang-
reichen Tabelle, sind die wichtigsten cbarakteriBÜscbeu Merkmaie der ge-
bickenen, Infttro^nen Kokons typischer Baami tnaammengeatellt').
DIon».
Spanien.
Itriani«
Litwn.
(irii clicnlaml.
KaUbricD.
rif. 190—201 KokonnMen.
KowomlmHM.
Frlaal.
Ausser den normal aosgebildeten kommen im Verkehr oft fehlerhafte
Eokons Yor, welche teilweiee leicht alt solche zn erkennen sind, aber auch andere,
die von den brauchbaren nur schwer nnd nur von Kennern unterschieden wer-
den; nidit selten worden die einen den anderen in l)etrü<i;erischer Weise bei-
gemischt. Ks erscheint deslüilb geboten und sogar mdwendig, jede einzelne
Kokonpartie dem sogenuunteu Auslesen zu unterwerfen, wobei sie genau
nntenraeht und sortiert wird. Ausser den oben OTwihnten Doppel- resp.
Multipelkolnuis kommen noch folgende Umegelmüssigkeiten vor.
Offene Kokons, in welchen der Kokonfaden zwar nicht zerrissen
ist, aber ohne Ünterbrechnng so rundum gelegt wurde, dass ein kleines
Loch entstand. Diese Gespinste, deren Uli'nuug zuweilen eine Weite von
4 — 5 mm zeigt, lassen sieh unter Anweodung besonderer Methoden ab-
haspehi, werden aber meist f&r die Sehappeepinnerd bestimmt.
>) BnlL dn Labor, de Lyon. 1880. 1887/88, 1889/90.
Der Cbertiebtlicbkeit halber mod einige wilde Seiden mit anfgenommen
uiyiii^ud by Google
Kokoanuten.
345
H«rkanll
Cevt'nnes (Frankr.)
Perpignan-Bioue (Frankr
Provenyale, gelb (Frankr.)
Ran-dieii (Kot«chinclnna)
Umbrieti (Ital.) . . .
Piemont (Ital.) . . .
Brescia (Ital.) . . .
Piaceuza (Ital.) . . .
Abmzza (Ital.) . . .
Brianznia de Padova (It«].)
Biono de Padova (Ital.)
Sieoa (Ital.) ....
Gatanzaro (Ital.) . .
Basäignaim fital.) . .
iiriauza (Ital.) . . .
Frinlana (Ital.) . . .
Emilien (Ital.) . . ,
Pyronecn (Ital.). . .
Beerbliooiu (liengal) .
Madrassee (Bengal) .
Desi (Bfii'^'ah . . .
B. croesi (Serampore)
Japan (Labore, Indieii)
A. perayi (Fhmkr.) .
Assam
Tasser Daba (Bcn^l)
ToaMT Bogai (Hen^'al)
Tuftser Pnndjab (Bengal)
Tusser Beerbliooiu (Beiigal)
Tuaser Baidwaa (Bengal)
Tnsser Lavia (Bongal)
B. textor (Bengal) . .
Ommna Dechosju (Japan
Sailaina (Japan) . .
Pem accHm. . . .
Cbicauia (Peru ) . . .
Kbosassan (Kaukaana)
Larnaca (Insel Cjpem)
Yar (Frankr.) . . .
FietnoDA-Bkaa. CfoHikr.)
BioM-¥ar (nnk») .
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1557 17,6
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1669 17,2
1815 15,7
1632 16,5
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50761 12
4115 12,4
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909 2:3,3
30'.) 28,3
397 25,2
350 24,0
240,29,46
26230,6
336j28,3
283313,7
1754116,1
1938 16,6
3:^3 18
4000 15,3
150821,8
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. 33,5
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677
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790
579
1896 16,76. &8,76|688
0,25910,0481 8. g.
0,28410,0671 g.
0,30.J 0,0G7' g.
5 0,264 0,235; g.
0,264,0,0591 —
j0,273|0,040 g.
,0,285 0,070! g.
|u,3Üö 0,0ö7i 8. g.
10,282 0,084! g.
0.298 0,046, s. g.
0,306 0,051; n. g.
,0,217 0,094 g.
|a,274:0,069 g.
0,268 O.II,-) g.
0,250 0,0971 s. g.
0,233,0,0871 8. g.
0,2600,082 8. g.
0,288 0,054 .s. g.
,0,1610,085 g.
0,18010,208 g.
0,205 0,089 g.
0,2 14i0, 1381 g.
|0,283|0,127 g.
'0,150 0,059 «.g.
0,112,0,410 z. g.
0,229;0,04lj g.
0,215,0,074 z.g.
0,120 0,095 /.g.
0.262i0,042, g.
0,219|0,046{ ff.
0,193 0,119 ?
0,204,0,104 g.
0,298 0,042 8. g.
0,3G1 0,054 8. g.
0,333 0,222 z. g.
0,328^0,164 z.g.
0,227|0,111 g.
0,144 0.047j g.
0,360 0,040 s. g.
!0,289 0,040 s. g.
0,3300,060 a.g.
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346
Kokon rassen.
Kasse
und
Herkanft
i-
<
o
Provpn^ale (Frank r.)
Cevennes-Var (Frankr.) . . . .
Lombardei (Frankr.)
Ascoli giapon^se (Frankr.) . . .
Marche offida (Frankr.i . . . .
Maria (Ital.). •
Bionc (Ital.)
Giulld Ascoli (ItaL) . . ■ . . .
Briauza (Ital.)
Biub-boa (Kotscbinehina, Tam-chai)
Tam-traii (Kotschinchinn) , , *
Basses-Alpe^ (Amerika) . . . .
Schezerar (Persien)
Pumlschab (ludion)
Kleiii-Pundschfib (Tndii>n) . . .
Rajshaliye (Indien)
Cheenas (Indien)
Bulla (Indien)
Dbalis (ludieu)
Woodeb (China)
Swutow (Canton) ......
Peh-pi-lsan f China», 1. Ernte . .
Peh-pi-tsan, 2. Ei'utc
Peh-pi-tsan, 3. Ernte
Yn-pi-t«an (China), 4. Ernte , .
Yu-pi-tsÄQ, 5. Ernte
Tn^pi-tsan, 6. Ernte
Tsching-pi-t8an, 2. Ernte , . .
Tsching- pi-t.s!in, 3. Krate . . .
Tscbing-pi-tsan, 4. Ernte . . .
Tsching-pi-tsan, 5. Ernte . . .
Tsching-pi- tsan, 6. Ernte . . .
Fei-tsu-schuDg, Ijäbr
Scben-lnDg^tMan*8chin-Bbiao-
schung, Ijahr
Ta-8cbieo-t«chaag(Sebusclii), Ijäbr.
Scbra-lnng-laan-^biing (Sdrasehi),
Ijähr. .• .• •
Hnng-mao- t8cbung(Scbuschi), 1 jUbr.
Lung-tecbiao-tsan(Scbu8cbi), 1 jShr.
Pt'h-iii-tsan (Hu-scbu), Ijftbr. . .
P4farpi-lang-aehiao (Sha6-Mb4), ij.
421913,3
431013,3
17,7
18,2
18,9
16,5
18,2
1023 20,1
1727
1319
1333
17Ö1
1307
1011
1215
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1887
1988
2451
2036
578012,7
6536
3436
23,2
18,4
16,7
15,7
348 20,5
18
14,4
16,2
12,1
4048 14,1
305813,4
14,5
4201 14,5
2H73 15,2
3684 15
5524 11,8
,5494 12
667811,9
'3663 14,2
13759 13,8
6410 11,7
5882 12,3
70921 11,5
310514,7
2398
2941
14,6
15
2898 14,7
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2531 15
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0,273 0,062
0,295 0,000
0,300,0,056 8. g.
0,1830,157 g.
0,181 0,117
0,283|0,057
0,090lO,035
0,22S 0.089'
0,2390,086'
0,291 0,091'
0,182 0,0891 8. g.
0,175 0,095' z. g.
0,202j0,080
0,3030,033
0,-20'} 0,085
0,3100,164
0,2270,109
0,1570,154
0,1490,149
0,142 0,110
10,118 0,112
0,1S6'0,12K
0,165 0,124
0,1600,218
0,1820,123
0,141 0,171
,Ü,3Ü4 ü,062j 8. g.
0,254 0,071' g.
q,268|0,088|
0,310 0,070 g.
0,278|0,107| g.
0,2360,0801 g.
0,3480,043:
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Fehlerhafte Kokons.
347
Ragse
HarkitBft
I- e»!
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2518 16
490i 16,6
P^h-pi-haang-taebmo-tMUi (Hn-j
8chu), Ijahr , .2217
P£lK|n-t8au, Ijäbr. (Yin-aeliiaDg-
«hiao)
Peh-pi-tsiin (ITu-sehu), 2]., 1 . Kmte
Peh-pi-tsan (Teiig-hua), ^jaiir.,
1. Ernte
Peli-pi-t(i-8chnng-tsan, 1, Ernte .
Peli-pi-siao-schung-tsan . , , .
BmniarWiubi (Ital.)
ßrianza
Japan, weiss (Nou-Kaledonien)
Ital. Pacci (N.-Amerika) . . . .'28411 14,4
Ital. Mercoliai (N.-Amerika) * . 1727 16,1
Fakoshima (Japan) 2331
Korea (Japan) .1805
Akabiki (Japftn) |l592
Hnaog-pi-tsaa (China) . . . .4219
Hua-pi-tsau (China)
6586
2445
3030
1624
1473
3616
16
18,8
14,9
18,5
17,4
14,4
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. 28,6
.31,9
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610
606
634
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365
:533
656
470
604
625
333
543
0,365 0,044 s. g.
0,246 0,044
0,1710,132
0,229
0,315
0,333
0,316
0.249
0,322
10,278
'0,280
0,327
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|0,331
10,268
l0,312|
0,106
0,059
0,066
0,072
0,122
0,120
0,072
0,077
0,065
0,081
0,055
0,026
S-
H. g.
8. g.
8'
S. g.
S. g.
8. g.
S. g.
«. g,
g-
8. g.
s.g.
Die sog. coealoDB oder ionffloDS, wegen ihres aUasartigen Aaasehei» aaeh
eocona satinä genannt, meist orientalieehen Urepranga, nind Kokons, die in-
folge des lockeiren Baaes und derTrennung einzelner Fadenlagen beinahe durch»
sichtig erscheinen. Sie sind weich und elastisch und ilir«' Olierfläclie zeifrt einen
cbarakteristi^cheu Perimutterglauz, der indessen erst nach Entfernung der
überaus reichlicheu äusseren Flockseide zum Vorschein kommt. Beim Uas-
peln sinken rie infolge ihrer WasaenindiehÜgkeit and mfinen dnreh Draht*
netze auf der Oberfläche des Haspelbeckeai erhalten werden. Es kommen
auch scheinbar satinoartigo Kokon«! vor, die von einer tlnrchsiclitigeu,
glänzenden Anssetihülle inn<^pl>pn, s(llI^t aber normsil gcbiiut sind (sogen,
eucbemises); sie werden in der Gegend von Friaul »ehr biiiiüg geiundeu.
Die attsaramengesehnSrten Kokons (etrangles) zeigen in ihrer Mitte eine on«
gewiihnücli starke Verengung, welche nach der Meinung von Duseignenr
dadurch eiitstaiidiMi ist, dass jede Hälfte dts Gespinstes lÜr sich allein gp-
sponiii'u wuidf'. Sie weisen an den llxtroiuitäten eine bedeutend stärkere
Anhäufung der Fadeulagen auf; beim Haspeln brechen die beiden Hälften
in der achwSehereti Uitte anseinander. Die verkalkten Kokons (plätres) sind
Ton den mit Kalksncht hefallenen Raapen gesponnen worden, welche naeh
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348 Kokonfaden.
ihrer Verpappung in weisses Pulver zerfiillen. Diese Kokons weispu ein
bedeutend leichteres Gewicht auf, sind aber sonst ganz normal. Einen
merkwürdigen Bau zeigen die Doppelkokone, welche von einer gesunden
und einer kranken Seidenraupe gemeuaehnftli«]! angefertigt werden. Sie
beritsen inwendig eine Seheidewand, «eleke der geiande Wann, nm sieh
vor der Ansteckung zu schätzen, um sioli gesponnen hat. Ausser den «nge-
führten gicbt es eine Men<TP andi ipr Unregi-lniilssigkeiten nnd rwnr in der
inuert* II Struktur des Kukuus, die erst bei der weiteren Verarbeitung auftreten
und entweder dadurch entstanden sind, dass dte von Krankheit befallene Banpe
das Spinngeecbftft inwend^ nicht beendigt bat, oder daas der Siämqmiaees
infolge des mangelhaften Seidenvorrat« nnr in nnvollkommener Wein toII-
lOgen worden ist.
Die friücb geernteten Kokons zeigeu folgende Zusammensetzung:
Äusseres Ffidengewirr , . 0,7",,>
Seidenfaden l-*,3%
Puppe und Wasser . . . 85%
Die im Kokon vorhandene Feuchtigkeit verdnustet nach und nach, so
da.ss 8 Tage nach dem Sammeln 100 kg Kokons 4,8 — 5 kg, nach 10 Tagen
7,5 — 8 kg au ttewicht verloren haben.
Es VQide aehon oben angedentet, daas die Bädnng des Seridns und
des Fibroins in der Seidendrüse nicht gleicbieitig erfolgt, und daas der vordere
Teil derselben, wie 8icard und Raulin nachgewiesen haben, mehr Seiden-
leim enttiiilt, ab der hintere. Obereinstimmend mit diesem Ergebnis ist die
Tbatsache, dass auch im fertigen Kokonfaden in seiner ganzen, einige tau-
send Meter betragenden Länge, das YerlriUtnb des Sadenldm« xn der Seiden«
sabefeanx nieht nnver&ndert bleibt Das Inssere Flockgeepinst enthftit dnreh-
schnittlich 44,4"iq Bast nnd 55,6% Setdensubstanz. Die insaeren Faden-
lagen des Kokons weisen mehr Seidenleim auf, als die inneren; die äussere
Kadenschicht ergiebt 31,5% Seidenleim und BS.ö^/o Faser und die innere
26,7% Seidenleim und 73,3% Seide; die mittlere zeigt ein Verhältnis von
29,3% Bsht nnd 70,7% Seide.
Eine andere Erscheinung, die bei Untersuchung eines Kokonfadens
zu Tage tritt, ist seine nngleichmüssige Dirke in der ganzen Län^'e. Ha-
berlaudt untersuchte verschiedene Kokonrassen und fand, djis-s der Durch-
messer eiues Kokonfadens in den verschiedenen ächichteu folgendermafsen
Tariiert, wobei an bemerken ist, dass die ionere Schicht nntürlich den sn-
erst gesponnenen Faden enthllL
Herkunft Äussere Lage Mittlere Lage Innere Lage
Mailand, gelbe Baase . 0,030 mm 0,040 mm 0,026 mm
Frankreich, „ „ . 0,025 „ 0,036 „ 0,025 „
Jnpan, grüne Rasse . 0,030 „ 0,010 „ 0,020 „
„ weisse „ . 0,020 „ 0,030 „ 0,017 „
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Kokonfiid«!!. Dm DOrrai.
349
Di« nittlereu Lagen, weldie dem grSntan Teil der Eokmuhfille aua-
nachen, zeigen die gleichmässigste Dicke und die regelmässigste Strakfear.
Haspelt man von einem oder mehreren Kokon« den >>pidfnf(Klpn ab, m
dass Strangchen von bestimmter, gleicher Länge entstehen, so ergiebt »ich
bflim Wiegen dnMlbeii, dMg das zuerst abgehaspelte ein bedeutend gri^res
Gewiebt bentst, wie die naehfolgenden; der ünterMhied kann Us 60% 1»-
tragen. So nimmt z H. das Gewicht des Kokonfa<Iens einiger bekannteren
Kassen Ton je 100 zu 100 m darebaehnitüich folgendermafeen ab:
8* Hundert m
19
21
Betrachtet mau indessen den Kokonfaden unter dem Mikroskop, so lässt
sidi eine so plötzliche Abnahme des Durchmessers, wie aus den obigen
Zahlen hervorgeht, niebt wahrnehmen. Dieser sdwinbare Widen|imcb sieht
mit der Art der Exkretion des Kokonfadens im huMen Zhwnmmenhai^.
In dem Mafse, wie sich die Seidendrusen leeren, wird der Flüssigkeitsdrnek
allmählich schwächer, so dtm der Fadf ii Iwira Austritt wenige? Vr»ttiprimiert
wird und seine Konsistenz oder, was gleichbedeutend ist, sein ^pecifisches
Gewicht swar in nnhedentendw, nber «t&ndiger Weise abnimmt Diese
Thatsache wnrde experimentell bewiesen; dem Rnsseren Kokonfaden ent^
«pricht z. B. ein speeif. Gewicht Ton 1,442, dem mittleren 1,4 und dem
inneren 1,32.
*
Herkunft
1.
2.
3.
4.
5.
6.
7.
in mg
Lombardei, weiss
35
36
33
31
30
27
25
Kanton, . . .
21
18
15
13
AscoUi, gelb . .
37
36
33
30
29
25
23
P£h-]»-tBan . .
21
21
17
14
Da die Kokoueruteu nur zu beätimmten Zeitpunkten und gleichzeitig
stattfinden, nnd es nnmSglich ist, die gewaltigen Mengen so schnell der
Verarbeitung zuzuführen, dass die inwendig schlummernde Puppe nicht in-
zwischen zum Schmi_tterling werde und beim Aussciilüpfen den Kokon
schädige, so ma«j mau dies durcii Töten der Puppen vt rhindem. um so die Auf-
arbeitung der Ernte auf längere Zeitperioden verteilen zu können. Die dazu
verwendeten Verfahren nnd im PHnzip mit denen, die seit dem Bestehen
der Seidenindnatrie flblieh sind, identiaeh, erfiihren aber leitgemiss manche
technische Vervollkommnungen, die speciell ihre quantitative Leistungs-
fähigkeit bedeutend erhöht haben. Das Töten der Puppen erfolgt nach ver-
schiedenen Systemen. Die älteste Methode, die noch heutzutage in den tro-
pischen Gegei^en laDdesSibHi^ ut, besteht darin, die Ednina nnhaltsi^ der
Wirkung der Sonneneferahlen auameetaen, wobei die sich entwickelnde Hitce
auf die Larven erstielmid wirkt. Im GroBabetriebe erfolgt das Dttnen v«t^
350
Dai DOrren.
mittelst folgender Faktoren: 1. dnrch trockene Hitze, 2. durch Dftnipfont
3. darch trockenes Dumpfen nud 4. durch ' rstickende Gaae.
Das Hauptaugenmerk beim Dörren wird aut die Einhaltimg bestimmter
Temperatiugrenzea im VerhSltma za der GfOeee nnd Rene dar Kokone eto.
fBiiebtrt; daroh Oberhitsmig erleidet der But «ne Verindening, wodnnh
die Faser beim Haspeln brüchig wird; daflielbe geschieht infolge äber-
niässiger F mk htigkeit. Nach deui Dijrren raass für Abführung der Feuch-
tigkeit gesorgt werden, die beim belassen der EokoDS in Haufen alsbald
einen Fäulnisprozess der Pupj)« einleiten würde.
Die Anwendung der ffitee eines glflhenden Ofens iei bei Chinesen, Ja^
paaem und Hindns seit uralten Zeiten in au^edehntem Gebrauch. In Eu-
ropa ist diese Methode noch jetzt im Kleiulx triel» und in abgelegenen Ort-
schaften ebenfalls stark in Anwendung, und werden meist dazu gerau-
mige Backöfen benutzt. Einen gewissen Fortschritt in dieser Richtung
stellt die Einriehtang von Betti dar: eine grosse hermetiach Tersehlossene
Kammer, in der ein aom Olfihen gebrachter Ofen kontinnierUche und re-
gulierbare Hitze erzeugt. In neuerer Zeit ist das Verfahren von Vareille
in Frankreich und Fr. Baretta in Italien vervollkommnet worden. Der
Apparat vou Vareille besteht aus einem Ofen mit einfahrbarem Wagen
und wirkt Temrittdit itrahlrader Wärme dner direkten Fenernng; er faasfc
anf einmal swei- bis dreitaneend kg Kokons. Von Baretta ist ein ihn»
lieber, aber transportabler Ofen in Form tana Lokomobile (etooffoir moUlo)
gphaMt worden, der mit zwei Wagen versehen ist; während der eine ausser-
halb des Ofens steht und beschickt wird, ist der andere in Arbeit, wo-
durch k<Mitinnierliche Ansnatznng aller Arbeitsfaktoren ermöglicht wird.
Im allgemeinen soll die Methode des troeknen D&rrene mit grosser Yoi^
sieht gehaudhabt werden, da das Übersebreiten von 75 — 80' das Brucliig-
wenlen der Fasern nach sirli zit ht : weshalb man auch allmählich von derselben
abkommt. Nach deiTist llien Prinzip wird noch in folgender Weise verfahren.
Die Kokou.s werden in iieruietiüch venichlotiäcncu Häumen, die mittels di-
rekter Brenngase oder in Heizröhren cirkulierenden Wass^damples geheizt
werden, etwa eine halbe Stunde der Hitze ausgesetzt. Oder man taucht
nach dem von Fontana in Turin 1823 eingtftihrten und von Giraud 1840
vervollkommneten Verfahren niittelgrosMe, mit Kokons gefüllte Zinkröh-
ren in beiisses Wasser, wodurch eine schädlich wirkende Oberbitzung
vennieden wird. Bei allen diesen Verfahren verdampft das im Kokon
eothaltene Wasser, erweicht einigermafsen die BLfltle und erleichtert das
nachträgliche Abhaspeln. Andererseits zeigen aber die nach dieser Me-
thode behandelten Kokons infolge der übermässigen Feuchtigkiit manchmal
lieckige Ötelien und müssen nach dem Dörren sorgfaltig ausgelesen werden.
Das troekene DSrren kann anch mit Vorteil in speeiell dazu eingerichteten
Öfen vermittelst eine« 66—75* heissen Loflstroms, der etwa 20 Minaten
einwirkt, Toll«og«i werden, wobei jedoch jedoifalla, dnreh entspreehende Re-
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Da« OOrm.
551
gelung der Temperatur, darauf gesehen werden mnss, dass der für apltere
Verarbeitung nötige Fouchtigkeitsgrad dem Kokon erlialttii Weibt.
Das Ersticken der Puppen durch direkt eingeführten Wanserdampf, von
Gensoul und Chateaaneuf (1823) angewendet, hat den Vorteil schnell zu
wiifam, UMlit aber die Kokons iofolg» der DwDpfkoiideiMatioa filienng.ssig
feucht und nachtriiglich sdiuiiiiil%. Der Ofen von Loigi Barett« (Heiland)
arbeit«'t mit üiiinpf und ist auf dem Prinzip des transportablen Apparates
von F. Baretta konstruiert, «rehSrt aber dadurch da-s Verbrennungsprodnkte
* vor dem Entweichen durch am Boden des Apparates angebrachte Röhren
geleitet waidett und, durch ErwiiBWt du Laft* «oe DwoipfkeiidMiaatioii
TerbindMn, in die Rahe der Apparate mit kombinierteoi Terfiftbren. Von
Wichtigkeit ist hier, wie schon erwibnt, eine sofortige Trocknung TOnnnehraen,
was durch Ausbreiten d- r Knkons in dünnen Rr-bieliton , di»^ von 7Af 7,n
Zeit aufgerührt wtrdeu, in uusgedebnten, gut ventilierten Itiiuuien gesciuf bt.
Feuchte und fleckige Kokons werden dabei sorgföltig ausgelesen ; g«}geu etw.
Batten und Ameieen mfiasen die nStigen VoniehtHnalbregein eigriflisn werdmi.
Durch Vereinigung der obigen beiden Systeme ist man zu einem Ver-
fahren s^ekonurfn, diis ihre Nachteile nicht besitzt und durchaus schnell
und /uverlä^'-iL^ ürbeitel. Die dazu konstruierten (Jfen sind von der iiuiuni«»'-
faltigsteu Bauart; einer der be»ser ausgedachten ^Vau der Öchnijt) hat
mit dem Matber-Plattsehen D&mp£apparat manche Ahnliohkdi Er be-
steht ans zwei oder mehreren einzelnen« TOneinander unablAugigen Kam-
mern, so dass der Betrieb kontinuierlich ist. Die Heizun^r erfolt^t durch
Brenugiisc, welche durch ein ^öhrensystem cirkulieren und dif verlorene
Wärme an einen mit Wasser getuUten Kessel abgeben, der mit einem ü^r-
st&nber im Innern de« Brninofene in Terbundnng steht und Ton Zeit an
Zeit die inn«e Luft der Kainmem dnxdi eotsiHreehende VentttToniehtoii^
befeuchtet. Die Kokons werden in flachen Körben aufgeschichtet, auf dem
Rollwagen in den Ofen hineingesclioben , wo sie bei einer Temperator von
100—110' C. etwa 10 bis 12 Minuten verweilen.
Der D3n^ und Ttadwnofen («gtouffoir-sechoir) von Gauthier, welcher
sehr gute Resultate liefert, beruht ebenfalls auf der glaehimtigen Anwen-
dung von Luft nnd Dampf und wird als feststehender Ofen eingemauert
oder transportabel gebaut. Der Ap|)arat besteht aus einer Kammer mit
doppelter Wandung, durch deren Zwischenwrinde heisse Luft geführt wird,
um das Innere vor unmittelbarer Berührung mit der kühlen Atmosphäre zu
eeh&tsen. Am Boden lauüni swd durch äusserst feine LSeher perforierte
Bühren, die zur stanbfikniigen Dampfinjektion dienen; die seitliche Wan-
dung trügt dagegen Röhren, die mit lieisser Luft des Breniioftns geheizt
werden. Die gleiehzeitiffe Wirkung des Oalorifere und des Dampi'e.s bat zur
Wirkung, dass die Kondensation des letzteren eine minimale wird. Ein
Ventilator saugt nach Bedarf die innere Lufb herans, «ihrend die Süssere,
ehe sie in den Apparat eintritt, einige Yorwärmw&hren passieren muss, um
eine pidtxliche Abkfiblang des inneren Raumes so Terhftien. Nach dem Ein-
*
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362
Das DSrren.
fahren mit dem beschickten Wagen C wird gleichzeitig der Calorifere und das
Darapfventil geöffnet, welch letzteres nach zwei Minuten geschlossen wird.
Man lässt die Absaugevorrichtang B durch Drehen des Rades Ä in Wirkung
treten, wodurch das Trocknen stattfindet, und unterbricht es nach kurzer
Zeit, so dass die ganze Operation einschliesslich des Ein- und Ansfahrens
ca. eine Viertelstunde in Anspmch nimmt. Die mittlere Temperatur wäh-
rend des Dörrens betrügt 80 — 85" bei entsprechendem Hygrometergrad, wo-
durch die guten Eigenschaften der Faser nicht derartig in Gefahr kommen,
wie beim trocknen Dörrverfahren.
Auf dem ähnlichen Prinzip der Anwendung von Luft und Dampf be-
ruht die Vorrichtung von Boniol; hier wird die kalte Luft dnrch einen
Dampfstrahl angesaugt, und dieses Gemisch wird in die Dörrkammer geleitet
Der Dampf kühlt sich dabei ab, die Luft erwärmt sich, und die resultierende
Temperatur betragt ca. 65', eine ausreichende Hitze, die aber auf die
Eigenschaften der Kokonfaser nicht den mindesten Einfluss hat. Der
Saugapparat ist nach Art der Injektoren eingerichtet und besteht aus einem
DoppeIkonu8, in dessen Hals eine Dampfzufuhrang mündet. Die Grund-
fläche, durch welche die Luft eintritt, ist wie in dem Konditionierapparat
durch zwei perforierte, aufeinander bewegliche Deckel geschlossen, wobei
durch Verstellen derselben die Menge der einzulassenden Luft und die resul-
tierende Temperatur geregelt werden kann. Nach dem Verlassen des Injek-
tors strömt das Gemisch durch ein Spiralrohr und setzt hier und da Wasser
ab, welches sich infolge der Expansion und der Abkühlung durch die Luft
▼erdichtet hat. Kurz vor dem Eintritt in den Ofen wird das Gemisch durch
Passieren eines doppelwaudigen mit direktem Kesseldampf geheizten Raumes
getrocknet.
Fig. 202. Trftnsportabler DörrofcD fdr Kokon*.
Dm D6rm.
368
1^ bat aneh vidfikeh renneht, du nnbeqnome Vaifahren DSrrens
dnrolk Hitse, la umgehen. Im J. 1877 wniden Yer&luren, dn Entieken
der Puppen Termittdst Anuncmiakgas (Polo), Schwefeldioxyd (Vincent),
Kohliiisiiur'' (Giiutliii-r), Kampfer (Bouisson), Alkohol fCuir«) und
»lurcli Eintauchen in eine aikuholische L&iung von QuecksilheiTlilorid
(Lamuuta), zu bewirken, vorgeschlagen und zeitweise in Anwendung ge-
brüht Zwar wild noch heaixiitage in Chinft das TSten dar Pappen
mit Eobleno^, das in apeeiellen Kammerni ntaanr'Wo", am der Hob^
Fig. 20a. Dömm d«r Kokou darcb dl« SoaiwaliltM Ui dda«.
kohle enengt wird, Sftors auageflbt, im allgemeinen haben sieh aber alle
diese chemisclien Mittel in der Praxis nicht einbürgern können. Ob übri-
gens bei dem chinesischen Verfahren wirklich das Kohlenoxyd uiul nicht
le(lii,'lich ili»' Hitzi' ti'itend einwirkt, erscheint fraglich, nachdem festg«^
btellt ist'), da;j8 das Kohlenoxydgas auf die Puppen nur vorübi^^r-
gehend blühend wirkt. INe Nachteile der dienuscboi Yerfabren aind:
hohe Betriebskosten, umatändliche« Manipulieren mit den giftigen Gasen
and nachteilige Wirkung der letzteren auf die Seidenfasern. Von allen prak-
tisch verwendbaren Gnsen wirken nur Schwefelwussserstoff, Aninioniakgas
und Schwefeldioxjd tödlich auf die l'uppeu. Schon das Äassere der mit
dem lelstsrem Gass behaiidelien Kokmu Itot ihren anormalen Znstand er^
kennMi, indem ihre a. B. gelbe Firbnng bedeutend trfiber wird; femer
seigen die Puppen statt der üblichen 1. ran neu eine heUgslbe Fär-
bung. Die Behandlung mit feuchter schwefliger l?iiure hat eine nachtrtig-
liche Bildung von 2 — 3",q ächwefelbäure, die durch Oxydation entsteht,
*) FraneesOB, ißkaä» mt Im tfUniibln eUoiiqoM. Lyon 1880.
SI»*rB«BB, Me 8«Ue. 28
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364
DfM DQuen.
war Folge. Die gesehwefdten Kokons lassen sieb somit durch die Sehwefel-
SBurt'reaktion erkonnen. Dass die schwefli|^e Säure auf den Seidenleim eine
modifizierende Wirkung ausübt, geht schon daraus hervor, dass die «ge-
schwefelten Kokons im kochenden Wasser des Haspelbeckeos mehr als
sonst an Gewicht verlieren. Beim Haspeln liefern solche K<dnwa beden-
tend Ueinere Ausbeute an Seide, degegen mehr AbfUl und sogenannte
bttssinft (nnabwickelbare innen Kolconschichten). Der ßast wird mancb-
mal so stark verändert, tlass es unmöglich ist, die Kokons regelmässig zu
haspeln, weil sie das Kochen nicht vertragen. Dt rartijrp Kokons müssen mit
den nach dem gawuhnlichen Dün-verfabreu behandelten uniemiLscht werden.
Die erzengten Gespinste sind Sbrigens betreib des Titert, der Festigkeit
nnd Elasticität den gewohnlichen gleichwertig. Bei der weiteren Yer-
arbcituiiLT liefern diese Seiden iiidess<^u ein äiissei-st flannnge> Gewebe, WM
die bekuunte Tliat8ache zui- Genüge hest-itigt, dass das innige Zusammen-
treten des Bastes einzeln<>r Kokonfäden beim Haspeln auf die Kohäsiou
des Gespinstes grossra Einfltns bat, wenn aueb der Bast selbst naditiSg^
lieh während des Abkoctiens nnd FSrbens Valoren gdkt Diese Eigebnisae
sind deshalb von Wkibtigkeit, weil das Schwefeln der Kokons auch als Dea-
iufizierungsverfaliren vorgesehlat;en worden ist und während der Epidemien,
wie seiner Zeit auf die aas Sizilien konunenden Kokons, angewendet wird.
Bei der nachtrSgUchen Terarbeituug verhalten sieb die durch Gase nnd
diemiscbe Faktoren erstickten Kokons in allgemeinen bedeutend scblediter,
als die gedSnien. Die Seidenfaser hat ihren Glauz teilweise verloren und
ist brüchig geworden, wodurch ein regehnässiges Aldiaspehi uiunÖLrlicli wird.
In Italien wurden au.sser den giftigen Gitseu noeli Ätherdümpl'e, Kampfer,
Terpentin- und Naphthadämpfe ah Vtrgiftungsmittel jedoch ohne günstigen
Erfolg angewendet Trotadem sebeint das ewige Sndien naeb neuen, abn-
lieben Verfabreu noch nicbt au%eb5rt zu haben.
Da die Seidenzüchter gezwungen sind, ihre Fvokoneriife Imldniösrlichst
KU verünssern, weil sie diesellw? nicht aufbewahren können und keine Dürr-
apparate besitzen, sind sie in wirtschaftlicher Beziehung benachteiligt; könnten
die Seidenbttuer die Kokona auftammelu, so w&rde ibr Gewinn bei einer
gimstiuren Marktlage oder einem sdileebteren Ernteergebnis ein grSeeei'er
sein. Es würde dadurch auch ein Ansgleich zwischen guten und schlechten
Jahren herheigefnhrt. T'ni die« zu ermöglichen, sind die oben erwähnten be-
weglichen Dörrapparate kon-sti n rt worden, die zur Krntezeit in die betr.
Gegend gebmebt werden nnd gegen geringe Gebflbr die Kokons abtüten.
Vor kumm ist vom Syndikat dm SeidmcOcbter Frankreiebs der Entschinsa
gefasst worden, an passenden Orten öffentliche üörrapparate einzurichten,
die den Seidenzüchtem der Uiri^n bung zur Verfügung gestellt werden sollen,
und mehrere solche bewegliche Ofen sind bereits im Gange.
Die gedörrten Kokons weitlen ausgelesen, sortiert und in einem be-
sonderen, trodcenen nnd ktthlen Baum bis nr Verarbeitimg anfbewabrt.
Dieselben »eigen die folgende Zusammensetzang:
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Die Arbtti dM HMpelii«.
366
FloeineidA 2,3*/«
Seidenfaser 16,2*/o
Pappe Kind Waaaer Bl,6%
• •
*
Das Abhasp<»l!i der Kokons ist eine Arbeit, welche der von der Seiden-
raupe bei ihrem Einspinnen ausgeübten in entgegeng^tzteni binne analog
ist; de besteht dann, dass die Eo1n>iiIifi]le TOr aUem dnrdi koehendes Wvam
erweicht und d» die Fadenkgen verbindende Leim teilweise aufgelöst wird,
wodurch die einzelnen Faserbündel und die 8 -förmigen Windungen beim
Abwickeln infolge der dabei wirkenden Zutjkraft voneinander losgetrennt
werden. Die Kokonfa^er wird in t'uriii eines imunterbrochenen l''adeus, wie
von einen boblen KiAuel abgewickelt, oder wie man sidi teeliiiiaGh an^
^ekt, „abgehaspelt^**
Die Art und Weise des Kokonliuspelns war im Altertum im Priimp
keine wesentlich andere, als heutzuta*(e. ürsprünglicl' trclangtc 7ur
Erweichung der Kokons kaltes Wasser in Auwendung, desseii Wirkung
jedoch langi^am und ungenügend war, wodurch eine fehlerhafte, flockige
Orege henrorging; man griff daher mm wannen Waaaer, dessen Gebraneh
xnm Anfischliessen der Kokons bereits von Plinius näher erörtert wird'),
obwohl ihm das eigentliche Haspi lverfahrm di r Chinesen unbekannt sein
mochte. Da^ BestreV« n am Heizmaterial zu span n, sowie die Erfaluun<r,
daäM der Gewichtöveriust der Faser beim warmen Uaspeln bedeutender ist,
▼enmlaaste die Emeusrong der Versache mit kaltem Wasser, woranter die Ver-
iahren von Uiordans (1777), Caatelli, Zeno u. A., welche verschiedene Zu-
sfttze, wie Laugen aus Pottasche oder Pflanzenasche, fri.sch<n Urin mit
ZurVer i tc. verwendeten, erwähnt sein mögen. Von Lncntelli wurde ein
Verialneu angewendet, dem er die nicht wenig pomphafte Bezeichnung
„apparato ehimico mecbainoo" beilegte*), über dessen Einriditung und xnr
Anwendung gekommene Agensien jedoch nidita nlhevea bekannt ist. Es sind
nachträglich zahllose andere Verfahren in Vorschlag gebracht wonleti, vnn
bei gewöhnliclier Tcinperatnr haspeln zu können'); kein chemisches Mittel
vermocht« jedoch die erweichende Wirkung des heiäsen Wassers zu er-
setzen. Nennenswerten Fortachritt brachte die Idee Gensonls*), statt der
direkten Feuerung die Dampfhetsang ansuwendmi (1805), die auoh in kuner
Zeit Eingang in die Pnnis gefunden hat, da sie grosse Yorsfige bot und
*) Hist. nut. lib. XI. cap. 2S.
Bull, de la Soc. d'encour. 1822.
*j Bibliuteca agraria. Saggio sulla trattura della seta. p. 6 ff.
*) Gensoul, Instruction eur le mode de ae servir de l'appareil h. vapeur poor
vider la aeiei Lyon ISIOl *
24*
356
Vorb«luuidliiiig der Kokow mm H«q>fllii.
namentlich für gttaere Betriebe ökonomischer, beqnetnor, weniger be]ä>ti>
geml uod leichter regulierbar war. Obwohl die direkte OfenfeueruDg ihre
Nachteile Iw^sitzt, so wird sie doch in kleineren Betrieben, natnrgemäss aber
im Hausbetriebe, vorgezogen und bis auf den heotigen Tag verwendet; im
Lmfe der Zeit liRt ri« tod Rmnford, Franklin, Rolrartson, Tredgold,
Baehaonn, Ratti, Moaekini, Nobilis, Tnrbini, Santorini n.A. inBeiag
auf die günstigere Veiieilnng der Luftkanttie, Einrichtung dee Rostee n. a. w.
vielfaclie ViTvollknnimnungen erfahren.
Cni Kokons regelrecht abhaspt'ln zu köuueu, ist es vor allem er-
forderlich, die äussere Flockseide und die einzelnen Fadcnstücke, die den
Kokon nmgeben, w^^suadiaflini nnd das Ende dea riditigeo Kokon-
fadens zu suchen nnd zu erfassen. Dann nmss auch dar Laim oder natflr^
liehe Klelistiiff, wi Icher die Fadenwinrluu^^nn und -lagen rnfsnmmenTiiilt. anf-
gfwt'icht werden. Das Aufweichen ilessi lben durch liei^^tH \\ ü^scr fülirt
in der Industrie den Namcu des Einweichens oder Kochens, tlie Vorbehand-
lung aar Entfanung dea Fadengewim heiset dae Sehlagen der Kdrona.
Zum Zweck des Einweichens (cuieson, baignage) unterwirft man dia
Kokons einer riniir'' Minuten andnnrnvl.n Behandlung in einem heis-sen
Wiv«iserbadr ; hierdurch wird die gununiartige Verkittnng, d. i. ilir wafsser-
lösHcher Anteil, aufgelöst. Beim Einweichen, wozu etwa tO 1 fassende
P&nnen benutzt werden, wirft die Arbeiterin eine Handvoll Kokon« in daa
Bad und taucht aie mittels eines SehanmlöffBla in gldcbminiger Weise
unter, bis sie aüs ihrem ÖefElge erkennt, dass die Faser genflgmd auf-
geweicht i.st.
Das Kochen darf nur bis zu einem gewi-ssen Grade geschehen, da der
Leim lediglicli erweicht, nicht aber anfgelSat werden soll; unter diesen
Umstünden bleibt nicht nur die Textur der Kokons intakt, waa fflr ein
regelrechtes Abwickeln von grSsster Wichtigkeit ist, sondem auch die Flocken
blribdi noch mehr oder weniger am Kokon haften und werden erst beim
Schlagen entfernt.
Die Leistung einer Kochpfanne betrügt selten über 5000 Stück Kokons
an einem Arbeitstage. Bessere Resultate erhalt man durch Anwendung von
Körben, die mit Kokons gefüllt und gi'inzlich in heisses Wa.%er eingetaucht
werden. In grösseren Betrieben wird eine kontinuierlich arbeitendr- halb-
cylinderförmige, geneigt liegen<le Pfanne angewendet, in welcher eine Arcbi-
medesschraube mit einer Ueschwiudigkcit von 3 — 4 Touren pro Minute
rotiert; das Wanna Wasser, da« am oberen Ende ein- nnd am unteren ans-
tritt, strömt gegen die Kokons an, die unten eingeschüttet nnd durch die
Schraubenbewegung nach oben zum Ausgang befördert werden. Die Hei-
zung erfolgt mit Dampf, der dtrrcli dio perforierte Schraiibenachse einströmt.
Durch den einströmeuden Dampf werden die Kokons nach allen Richtungen
geeehwenkt, wodurch dn wirkongsvoUsa und gleiehmasa^ea Einweichen er-
zielt wird. Diese Einxichtnng, bei der ein Durchgang von vier Minuten die
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Kochen und 8oblii|g«n der Kokooa.
357
Kokons vollatindig erweicht, liefert bei kontiDnicrlidiem Betriebe 6 — 8000
Stück Kokons prn Arbeitsstundt*.
In vielen Betrieben werden direkt mit Dampf urelieizte Was-ser kästen
angewendet, welche Zellen ans darchloclitem Blech enthalten, in denen die
ToUatftndig eingetanehten Eokoiw der Emwirkung von tarn Eodien ge-
brachten Wassers ausgesetzt werden.
Von den anderen Kochapparaten ist die von Limol konstmierte ,,ciii-
seuse" zu erwähnen, welche aus einer mit Kokons gefüllten (t locke besteht, die
von feuchtem Dampf durchströmt wird; man übergiesst den Behälter au&sen
▼Ott Zeit m ZeH aüt WwMiri wodurch im Innern Luftleere enteagt
wird, was die dnwdebende Wirkung des sieh kondensierenden Waners
nnterstOizt. Nadi Dreyfous^) behandelt man die Kokons zum Zweck des
Einweichen«? in entspreclu iid kon<?tmierten, verschlossenen Apparaten gleich-
zeitig mit Dampf and Wasser, wodurch die KokonhUlle in wenigen Augen-
blicken durchweicht wird; das Überschüssige Wasser wird Tcrraittelst einer
Centrifi^{e entfernt, in welcher die Kokons in kleinmasfthigwi Sftelmi
schleudert werden. Durch die schnelle Rotation und StOese werden die
Fadenenden gelöst und bleiben an den I^Iüselifn haften, wo sie von der
Hasplerin weggenoninieu werden: die weitere Operation des Schlagen«
wird dadurch überflüssig. Statt des Einweichens mit helssem Wasser bebandelt
Serrell*) die Kokons mit Wasser von gew5hnlieher Tempwatur, uiitentfiiBt
aber rles^en Wirkung durch eine Art regelniässig vor sich gehende Massage,
d. i. zahlreiche, der Struktur der Kokons angepasste Stnssc, die durch Zu-
und Abfluss einer starken AN asaerströniun«,' veranlasst und geregelt werden.
In dieser Weise soll die klebende Substanz entfernt werden, ohne dass der
Bast Terloren geht und kUterialverloat eintriti
Das Sehlagen der Kokxwa (battage) bezweckt die Entfernung des
uosseren Flaumes und dt r Flockseide, welche den Kokon umgeben und ohne
welche Behandlung die (jewinnuntr eines arlatten Fadens tinmüglich ist.
Diese Operation wird ebenfalls in einem Wasserbade vollzogen, dessen Tem-
peratur je nach der Gattung und Basse der Kokons vcfsehieden ist; Ar
dickwandige betrigt rie 76* C, fflr feinere Arten 60—60^; gewisse Gai-
tnugeu werden bei 60 — 70° geschlagen und bei 40 — 50° abgehaspelt und
ergeben alsdann eine für specielle Verarheitun^'sarten fjeeiijnete Grejje; die
sotrenauiiten klassischen Gespinste, die äusseiat elastisch sind und sich für
alle FabriiiuUuu^zweige eigueu, werden dagegen durch Schlagen bei 90 bis
100* und Abhaspeln bei 70* ersielt
Das äussere Fadengewirr und die oberstoi, lockeren Windnngen des
Kokon farleus werden, nachdem die Faden am Gezweige hanijen ^(ehlieben
sind, vermittelst eines Keisii^'besen«! entfernt, womit mau die Kokons rasch
aber gelinde schlägt und in schnelle Drehung versetzt.
1) «raaaBHiehM Fstenk 55560.
*) Italieniaebes Batsnt iW (18S1).
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358
Mecbanitcbe KokonichlS^er.
In neuerer Zeit dnd an Stolle der Han&rlieilf meduiüaehe Vorrich-
tuMf^en «/*'^^'it<''" 1 sogenannte Kokonschläfrer (battenses in^amques), welche
die Operation in viel kürzerer Zeit verricliten. Eiii mechaniscbcr Kokon-
schläger bestoht aus einer Pondlanschü^l, die in einem grösseren
thOnernem oder metallenem Trog, in welehon das Wasser dvreh Bajonettrohre
nach Bedarf zam Kochen gebraebt werden kann, eingehängt wird und
ans einer mechanisch betriel>enen Biirste oder einer iihnlichen mit Ruten,
Dräbteu, Borsten oder mit vorstellenden Spitzen versehenen Vorrichtniig, widcLe
die Scblagwirkung ausübt. In deu älteren Konstruktionen erhielt die Bürste
durch ein Ezeenter, einen Zahnsdctor, du Bad nnd ein KegelrSderpaar eine
ahsetzende Drehung; während des Betriebes stieg die Bürste, um die Wir-
kung allmählich zu mildern, in die Höhe und kfim nnch einer liestimmten
Zeit ganz aus dem Wasser heraus. Von weit schonenderer W irkungsweise
war der Xokonscbläger von See'), der ans mehreren rotierenden Bürsten
bestand, welcbe dnrdi Stablbftnderfedem elastuoh gelagert waren nnd die
EolEOna in i^uchmiusiger Weise ansscUogen. Die Behandlung dauerte ca.
zwei Minuten. Einen wesentlichen Fortschritt weist aber die von Serrell
koTifd^ruier^'^ Vorrichttmtj auf): sie besteht aus einer maschinell lietrielienen
Bürste, die sich auf einer senkrechten Welle um ihre Achse dreht und in
regulierbaren Grenzen anf und ab bew^t vrird; wahrend des Ganges wird
sie durch eine Feder hestündig in ihre tieiste Stellung surückgefUhrt, wobei
sie die Kokons in entsprechender Weise beröhrt, nach einer bestimmten
Anz:ihl von Auf- und Abhewegunpen aber, d. i. sobald der Schlagprozess
vollzogen ist, selbsttbätig ausser Betrieb kommt. Von den Kokonschlägern
neueren Systems seien die von Nourrit und Coren erwähnt, die vou der
Lyoner Bnire in vervollkommnd»r Konstruktion gebaut werden. Ober einer
fieihe verzinnter mit Bajonettdamplrohr, Al tropfgitter und Abflussr6hre
versehener Becken, \nnÜ eine wagerechte Treibwtlle mit exccntriscb auf-
gesetzten Roll^cheiben; die über den letzteren laufenden Schnüre oder Ketten
tragen unten eine kleinere Welle mit daran betcatigten SclilagbUrsten , so
dass die letsteren in elasUsdier Weise auf den gespannten Scfanflren hftngni.
Die untere W^e ist in ihren Lagern mit einigem Spielraum derart an-
gebracht, dass sie frei in wagerechter Lage ab nnd auf steigen kann,
welcher Antrieb ihr durch die Excenterscheiben gegeben wird, unil Lrloich-
zeitig in gelinde osciUierende Bewegung kommt, wodurch die Angrifi'sweise
der Schlagbnrsten zu einer ebenso nrten, gleichmässigeu, elastischen und
wirkungsvollen wird, wie bei der gesehiektesten Handarbeit. Vermittelst
eines Hebels werd< n dii» Bürsten auf einmal nach oben gehoben und ausser
Betrieb gesetzt, die Pfanne mit frischen Kokons gefüllt, die Bnistea
t) Centralbt. f Textiliad. 1875.
Allg. d. polyi Zeit. 1879. 7.
*) D. R.«P. 40742.
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Mechanische Kokonschläger.
359
herabgelassen, wobei sie sofort die iVrbeit aufnohiiien und so lange verricli-
ten, bis eine besontlere \'orriclitan^ nach einer bestimmten, beliebi<fen An-
zahl von Stillägen ihre Ausserbetriebsetzunf^ automatisch bewirkt. Jede
Schlajjfvorrichtung kann sechs Haspelbecken des weiter unten Ijeschriebenen
Systems Cainel von je sechs Grejjefiiden vereorgen, und pro Stunde
1,5 kg Kokons mittlerer Qualität verarbeiten; eine Arbeiterin genügt zur
Beaufsichtif^ung von 2 — 3 Börsten, Die Anordnung ist eine reihenweise,
Fig. 204. KokonichUfter Nourrit-Balre.
in unbeschrankter Anzi^hl von. Einzi-l Vorrichtungen, wodurch sowolil an
Arbeitskraft, wie Raum bedeutende Ersparnis erzielt wird. Bei dem Kokon-
schläger von Coren-Buire unterscheidet sich die Wirkungsweise von der
obigen derart, dass die Bürste nicht imr eine senkrechte auf und ab steigende
Bewegung, sondern auch «'ine rotien-nde, sei <-s in einer Richtung, oder
wechselweise von links nach rechts oder umgekehrt, erhält. In der Vor-
richtung von (Jiretti') sind mclin're kleine Bürstt-ukörper einzeln au
federnden Drahtspiralen angesetzt, wodurch die Arbeit in elastischer und
schonender Weise ausgeführt w»>rden kann; es giebt sehr viele Modifika-
tionen dieses Prinzips *).
Das Kochen der Kokons lüsst sich bis zu einem solchen Grade fort-
>) Ital. Patent 31418 (1892).
») Bruno, Ital. Patent 32437 (1892).
360
VerMhiedene Verfahren dea Kochens.
setseiif dttSS die Flocken und das äussere Fadongewirr IxMnahe gänzlich ab-
gelöst werden und in ihr Tiugi'hun<r der Kokons jiuf dem Wasser schwim-
men. Dieser Uni^stuml wurde benutzt, wm das eigentliche Schlagen nHer-
ilÜ!»sig zu machen, indem die ho Ix-liaudelten Kokons einer Reibwirkung in
dnem besonderen Apparat nnterworfen nnd toh der Flockseide befreit wvtden.
Die meisten dieser Apparat • leiden indessen an dem Übelstand, dass sie ein
sehr gründliches Einweichen der Kokons voranssetzen, wodnrdi nli lit selten
diis (iefüge der eiffentUchen Faser zu Grnndi« *i-(ht. Tn einer von Berrell
erdachten Vorrichtung 'j wird dieser Übelst^iud vennieden, indem durch eine
etwas grossere Reilmirkangf der ungenügende £illweiefaung^sgrad aufge-
wogen wird. In diesem A|^rate werden die gekochten Kokons inter-
mittierenden, h^gen Sinken Ton hetssem Wasser ausgesetzt und abwedt-
selnd nach and von den CfFnangen eines 6ittei>i oder einer ihnlichen
Yorriclitung, dnidi welche Wasser fliesst, getrieben. Diese öffiiangen
aind jedoch zn eng, um den Durchgang eines Kokons zu gestatten. Hierbei
werden die Kokons gegeneinander und geLfP" das f^'iÜrr giriehiu und trennen
sich von ihren Flocken, bcvnr die Kokouniaj^üe dunh Wirkun;^' des li<"is.seii
Wassers aufgelockert wird. Das Ende des ununterbroclieueu Fadens ver-
wickelt sieh gewöhnlieh in den Flocken und wird an diesen befestigt auf-
gefunden. Ihis Gitter ist derart konstruiert, dass es leicht aus dem Be-
hälter genommen werden kann, wenn iLr Proziss beendigt ist; an dem
Gitter Ist ein Korb oder eine ähnliche Vorrichtung befestigt, welche zur Auf-
nabme der Kokons dient und da:^ Herausnehmen derselben aus dem Bassin
«rleiehtot. FSg. 205 ist ein Verttkalschnttt des Apparates; ist der Beh<er
mit WasKT, welches durch einDampfrohr F, in dem dieDamp&nstr&mnng mittels
des Hahnes B regulierbar tat, erhitzt wird. Durch den Boden des Behfilters
») D. R.-P. 8958T.
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▼enchiadeikfl Terfkhtwi da$ Koehnni.
361
mfindet Bohr ao «law das Wasser dnrcli dieses Rohr in und aus dem
BeMtter und in und aus dem Pnmpcylindcr D strömen kann. Ein Hahn F
dient zum Entleeren des Apparntt^s und pin Hahn E ermöglicht das Ent-
weichen vou uuter dem Kolben beiindiicher Luft, mnss aber beim Betrieb
geschloflsen wefden. Der ganze Apparat kann, wo es pawti ftu^gesteOt
oder Iwfestigt werden; in der Zeiebnnng ist angenommen, er sei anf
einem Tische, dessen Platte nut TT bezeichnet ist, angebracht. Beim
Beginn jeder Operation winl da'^ kreisförmige f'ittcr G in den Be-
hälter gestellt; dieses ist an >eimni unteren Ende mit tincm flachen
Korb PP vou ungefähr gleichem Durchmesser wie derjenig».' des Be-
hälters Tenehen. Der Betrieb des Apparates erfolgt folgendermafsen:
Nachtltin d;is Wtissor im Behälter B erhitzt ist, weifleii das Gitter G und
eim- Partie Kdkons eiugtsetzt, die je iiacli ihrer Heschafleuiieit entweder
vnrgekoclit situl oder nicht, und der Kolbeu Ä mittels Hand- oder Maschinen-
kraft in dem l'umpcjliDder D auf- und abbewegt. Durch die Öffnungen
des Gitters G bindmch werden nun heftig hin- und hergdiende Stritane in
den Behälter B getrieben. Die Kokons reiben rieh aneinander nnd an dem
Gitter G, so dass die Flocken rasch entfernt werden. Unter Einwirkung
der Wasserstrome ballen sich die abgelösten Flocken mehr oder weniger
^U8ammen, sodass sie leicht aufgefunden und getreuut werden. Am Ende der
Operation wird das Qttter 0 ans dem Bebälter genommen, gleiclizeitig auch
der Korb JP nnd die Kokons. Doreh eine beliebig passende selbetthitige Yw
richtung wird nach Verlauf einer bestimmten Zeit das Gitter heraosgehoben
oder die Pumpe zuin Stillstajul gebracht, oder beides zugleich.
In dem sogenauuteu Enttiuckungnapparat (deblazeuse) vou Gorde*)
werdeu die Kokons der Einwirkung kleiner kannelierter Walzen nnterworfen
(awri von 40 mm Durchmesser und drei too 8 mm), die, raseh rotbrend,
das änasere Fadengewirr ergreifen und von den Kokons trennen. In dem
Apparat von Bheotor*) werden die Kokou.s in rinem verschlossenen, mit
perforiertem Doppelboden virschenen Hebälter mit Wasser behandelt, das
durch Dampfeiuleiteu in stark aufwallender Bewegung erhalten wird, wo-
dorefa die Kokons dureh gegenseitige Bsibnng von der Flw^sdde befivtt
werden. Es mnss indessen bemerkt werden, dass all die zuletzt genannten
Apparate eine viel zu starke Wirkung ausuljen und für zarte Kokon-
rassen ijar nicht verwendet werden können; ihr gegenwärtiger Ofbraucli ist
sehr beschränkt. Dagcgeu ist es nicht ausgeschlosseu, dass sie in der Zu-
kunft fBr dk IfaBBenverarbeitwig geringerer, andk wilder SeMoiarten, rieh
bewahren werden. Sehr rinnreieh, aber i&r die Praxis von geringw Be-
deutung ist die Serreirsche Vorrichtung zum Putzen der Kokoiw, welche
die SchlagoperaticMi in vollkommenster Weise ersetien soll'). Die Kokons
») Ital- Pitent 1456 (185>1),
«) Ital. Patent 841 (l«91).
D. B.-P. 4»1S.
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362
Venohiedene T«rf»liieB da« Kochent.
werden su 40 — 50 Stück in einen BduUier gebracht nnd, nadidem
ein Ende «les Flockengevrirrs in einem enjfen Schlitz zwischen Jtwei
schmalen Platten luff^sti^t wirileii ist, wird dasselbe durch entsprechende
hin- und herschüttelnde Bewegung dieser Platten von dem Kokou enilerat.
Die anderen noch mit Floehamde umhüllten Kokons feigen den Beweguageo
der achaukelnden Platten nnd nähern eich dem SehlitM, «fthrend die
geputzten sieh an den Seiteh des Beekens aniwmmela und Ton der Arbeiterin
weggenomni^^n werden.
In vifli n Betrieben wird dem .Schlagen dej Kokons mit den Händen vor
dem maschiiielleo Verfahren der Vorzug gegeben, da es sich trotz fort-
wfihrender VervoUkonunnnngen denutiger Maschinen nicht leugnen ISsst, daas
sie ilire Arbeit in wenig schonender und sn gleichmiwaiger Weise Tmichten,
wahrend es kaum zwei Kokonrassen giebt, <He in iranz gleicher Art geschlagen
werden ■-ollten. Die Praxis des Knknn^^chlagens mittels der llande nnd die dabei
in Auwendung kommenden HaodgriiVe luMi^en sich kaum besciireilx'n, .sie müssen
dnrch langjährige Übung enrorben werdea, weshalb jetit DbeniU dieOperattonen
des Sehlagens und des Haspelns getrennt gehandhaht werden, um der he-
ti' fTeiiden Arbeiterin die Möglichkeit zu geben, sich in einer dieser Rich-
tungen speciell zu verrollkotnmnon. Eiu zu kurzes Schlagen verfehlt seinen
Zweck« ein za langes und starkem greift deu eigentlichen Kokonfaden
an und führt in Verlusten« Ausserdem verlangen jede Basse und Gattung
Kdcons eine besondre Art nnd Weise des Schlagens. Aus diesem Grande
haUn die niechanisdien KokonschlKger bis jetzt keine aui^edehnte Verwen-
dung finilen können.
10 Einweichbeckeu entsprechen 25 Kokonschlügeru und lOÜ beiden«
haspeln.
Beim Sehlagen werden von dem rotierenden Besen sugleich mit der Flock-
seide auch die Enden der Kokonfaden erfas^t, die alsdann in der Zahl von
3, 6 oder 8, je nach der gewünschten Dirke d» s T\(>lif^eidenfaden8,
von der Arbeiterin zn einem Faden vereinigt werden, was dadurch
erleichtert wird, dass die feuchten Kokonfäden durch deu sie überzielienden
erweichten Seidenlmm aneinander haften. In jedem Haspelbecken werden
einige, m(>istens zwei oder drei, Gruppen von gleicher AniabI Kokons ge-
bildet und dementi^pn chi nd von einer Arbeiterin 2, 3, selten mehr, Roh-
seidenfäden gezog< n, wa« man Haspeln zu zwei, drei u. s. w. Fäden ffilage
a deuXf trois ou piasieurs boatü) nennt. Von der Weise, wie die Jtioh-
sndenfilden auf ihrem Wege zum Haspel geführt werden, hingt das System
des Haspelns ab. Man unterBcheidet gegsnwirlag awei Arten: das italienische
Haspeln (a la tavelle) nnd das französische (jk la Chambon). Bei dem
ersterpn gelangt jedt r einzt lnf Roliseidenfaden gesondert aut' den H;\s]it'l; die
zweite Art besteht im vorübergehenden Zusammendrehen der beiden lioh-
fäden vor dem Aufhaspeln; infolge der Reibung, welclie dabei die noch
feuchten und weichen BohseidenfUden erleiden, werden sie «nigmnalsni
abgerundet nnd die einselnen Kokonf&dchen unter gleichseitiger ErhOhnog
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Methoden de« Kokonbaspelns.
363
des Glanzes uud der (ilätto inniger miteinander verbunden. Ausser^
dem ^'t■»taitet die Chambon- Methode, sich jederzeit von der gleichen
Dicke resp. Stärke der beiden ElohseidenfUden zu vergewissern, indem die
Kreuzungsstelle in diesem Falle unl)eweglic'li in der Mitte der liienu an-
gebrachten scliwarzen Tafel verbleibt, jedoch nach links oder rechts schwebt,
wenn der eine Faden stärker zieht resp. ist, als der andere. Das Verfahren
ä la Chambon besitzt indessen den Ubelstand, dass infolge der Spannung,
welche begreiflicherweise bei dieser Kreuzung.sart stärker ist, das Reissen
Fi(. 106. S«ldeiibMp«l nach iUlleniscbcr Art.
leichter stattfindet und die Unregelmässigkeiten des fertigen Gespinstes,
Knoten und Flocken, sowie Abfälle in grösserem Mafse hervortreten, als bei
der einfacheren italienischen Methode.
Beide Systeme stellen, in quantitativer Hinsicht verglichen, folgendes
Verhältnis dar. Um ein kg Seide zu verhaspeln, sind nach der italienischen
Methode 5 Tage 4 Stunden, nach der von Chambon 5 Tage 8 Stunden er-
forderlich. Das (iewicht der Kokons, um dieses Quantum Seide zu er-
zeugen, beträgt liei der
Art ä la Chambon . . . 4,662 kg
Italienischen Art .... 4,738 „
die erstere liefert somit grössere Ausbeute, l)ei der weiteren Verarbeitung
der Grege jedoch mehr Abfalle (l'/j,°/o)- Qualitativ unterscheiden sich die
nach den beiden Methoden erzeugten Gespinste nur unbedeutend:
364
Methodoii de« HMqpebs.
Titn Fertigkeit Elastiiilit
Italienische Art . . 11,39 42 160
Art i la Ghambon . 10,81 44 152
Da ^ allgemnne Ebriditaiig der Haepelapparate beider Syeteme bis
«nf die ErensungaTorrielitai^ gleiohurtig ist, so «iid nndisteliend dne d^
Ha tOT. KrenraoR k U ChAmbon (I Spinner, 8 enil SIf, IM. Xrawnf 4 !■ iinMU.
Kiwnxung, 3 UUMnge, 4 tweiU Sr«iuans).
taillierte Beschreibung des ilaspelstables nur nach der Methode Cbambon
gegeben. Der italienisdie Apparat ist mit ein«r einfBoheimi Kmsnngsroi^
riehtnng Teisebeii} die dem eintelne» Faden eine leiehte Drehung erteilt.
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Ootoliiohto das SaMjwifc^ffpftji,
365
Obwobl die heutige maschinelle Cinrichtong des Seidenhaepela ak eine
verhältuismasPig wonig komplizierte bezeichnet werden kann, so war sie nr-
8pränglich noch viel einfacher und bestand, wio dies noch gegenwärtig bei
einigea Völkern Asiens der Fall ist, aus einer Schüssel, in welcher die
KokoiiB auf ftwem Feuer gckodii weideDi «m denn ihrra Feden an canen
ein&elien von Hand liewegten Haapel abrntgeben. Der Giammatiker nnd
Schriftsteller Jean de Garlande führt in seinem nm das J. 1220 henraa-
gegebenen Wörterbuch«' unter „trahale" oder ,.trftuil" einen Apparat an,
dessen sich die Frauen zum Sspumeu der ^ide bedienten und der wahr-
tO». MiMMtaMptl is Awnm Cl Invm« I LmMoi*}.
acheiolich ein einfiMsher SeideuiuMpel war. Weaeniliche YorTOllkcMnnmQng
erhielt der Heidenhaspel durch den Bologneser Borghesano (1272), die bie
zum Jahre 1638 ausschliejelii lies, gnt bewahrtes Geheimnis seinpr Vater-
stadt geblieben ist. Bolzini und Fardini verpflanzten die KuuBt nach
anderen norditalieuisclien Städten und bilssteu ihre Tbat mit einem grau-
eamen Tode, ügolino führte den neuen Seidenliaspel nach Modena, Be-
nay luicli Franknich über (1670), Die ursprUn^ehe Kreuzungsvorrichtnng
bestand aus zwei Walzen, welche den Faden znsainmendrückten, wurde aber
nacbtriiglieli (1724) von den Picmontcsen derart verbessert, dass die Kokon-
fäden von einer iSchiiar üiehrfach umschlungen und unter Druck zusammen-
gefügt wurden'). Nachträgliche Verbesserungen einaelner Teile der Ma-
adiine, wie dee Antriebe, der Krensnng, Pluine u. e. w. rühren her Ton
It tetilido OTTWO niMmnjfl dodtoi di Fr. Qxiidiai sie. TeroD» 1199,
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366
Der Seidenbaspel.
Rouvifere»), Vaucanson*), Villard«), Moretti«), Pulleyn»), ferner
Leonard), Teriani. Reanmnr, Heathcoath u. A.
Die wesentiicheu Teile einer in der heutigen öeidenindaatrie üblichen
HaqwlTwrriehtiiiig amd folgende:
1. 1^ mit Waanr gefUltes Haepelbecken, wdebes ellipMidUe oder
halbcylinderfonnige Form besitit und 40 cm Durchmesser bei 10 em Tiefe
misst, wird dun h Dampfheizung auf eine bestimmte der Feinheit der Ko-
kons entsprech» Ilde Temperatur yon 40 — 66° C. erwärmt und dient snr
Annahme der Kokons.
Fig. 210. KokookaapelB la Cliliuk Hg. Sit. BoIimu da» Seidaiihaipria.
2. Ein „Spinnor** (fili^) oder Fadenleiter in Form einee Olannges
hat den Zweck, durch seinen engen Gang die Vereinigung einzelner Kokon-
flden zu einem dichten und einheitlichen Grigefeden in bewirken.
3. Eine Kreuzungsvorriclitimg.
4. Ein Knoten rei.s8er (coupe-mariage), der au.s glü.'^erneu, aneinander-
li^mden Walien beetehtt swiachen welehen ein engor Sebltta Torliandeii
ist; durch den letiteren geht nor ein normaleri glatter Faden dnreh, jeder
Knoten wird dagegen angehalten.
Fig. 211 8t<'llt die Seitenaii.siclit eine.s Seidenhaspels nach dem
' System Chambon dar. B ist eine mit warmem Wasser gefüllte
Metallpbnne; h ein ge».chw&nteB Brett, von wekbem neb die Krounmg»-
•tfllle der beiden Fiden deutlich abhebt nnd snr Kontrolle ihrer ^eiofe»
mierigen BeeebafSenbeit dient. Jeder ana mehreren Kokonfidehcn geMMete
>) MAB. de TAead. 1744. p. 62.
»i it.ia, 1761.
*) Encjclopäd. m^Oiodiqiie. Pari« 1784. I.
*) Meto. däUa Aead. teiüe. Hantaa. L 454.
*) PMUnopUeel TVeasaettoni for 1769. p. 11.
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Der S«idenhBip«L
367
Rohsddeiifiid«!! a irird dvrdi «ine Öffbimg des Stäbchens e gelttlirt, sodaiin
kreuzen sich die beiden. FUen Tor 6* gehen dnrdi das Glamng» am Ende
des Stabt?« g, krenzpn sich nochmals, gehen durch die Glasatigon Ä, dann
durch die Haken / einer hin- nnd htTgehcndmi .Stange and gelangen
eobliessUcb zuiu Haspel k. Die SiÄho g und k sind an einer, einerseits au
das Oerilste des Haspels, aaderendti an den Stander dos Bedkens ange-
sebianbten Stange befestigt und mit Bobten vwsdien, in welcban sie etwas
drrhbar sind, damit >ie der Teränderlicben Spannung der beiden durch sie
geln uden Fäden nachgeben können. In der Nähe de«! Fadenfuhrers Ä sind au der
ilauptMtange zwei kleine verschiebbare Stangen angebracht, an deren Enden
siob in der Ebme des Fadens seheerenartig gcgensinaader gekehrte Bileewr
befinden, die den Zwedc haben, den Faden abzuschneiden, fslls dieser
infolge ungleicher Spannung und Verstellung der Stübe g \ind h eine falsche
Lage angenoniinen haben «ollti Itip Achse des Haspels k ruht auf dem
Gerüst, au ihr sitzt eine Kieiueuücheibe und ausserhalb derselben noch eiue
SehnniroUe. m ist der Riemen, der die Scheibe des Haspels mit der anderen
Terbindet. Dieser Riemen ist an ond für nch loeker gespannt, Icann aber
später durch eine am Hebel sitzende Rolle, dessen anderer Arm als Brems-
haken sich auf die Haspelrollc l^gen kann, anfiezogen werden. j>q i.st der
Drahtzug mit Tritt, um die' Rolle nach Bedarf mehr mler weniger auf den
Riemen m drücktu zu la^eu. Der vom Haspel k etwa 20 cm entfernte
Fadmfahzer oder Lanfstoek liegt sirisohen der Stange A und dem Haspel.
Die Fäden passieren die Haken t, die an d«r Fihrungsstange sitzen, wäh-
rend sich die letztere nach links und rechts bewegt, welche hin- und her-
gehende Bewegung ihr Termittelst einer an der Achse u> befestigten Kurbel-
Scheibe mitgeteilt wird.
Es ist wesentUdi, daas die SeidenfSden anf dem Haspd nicht an der^
selben Stelle oder dicht neboieinander und nicht parallel, sondern unter
spitzen Winkeln aufeinander gelegt werden, da in entgegengesetzte i i VwVi
die noch feuchten Rohseidenfaden sich miteinander verklehon würden. Ans
diesem Grunde Wniüht man sich, sie m trocken wie möglicii auf den
Haspel gelangen zu lassen, was durch gute Ycntiliertmg und Hei-
ning der Haspelrftume erreicht wird; etwas Feuchtigkeit mnss indessen
vorhanden sein, da ein zu trocknet I' i 1 vauig elastisch und brücliig
wird. Man bringt den Haspel zuweilen in einen durch warme Luft oder
Dampfrohr gelK-iztt n öehrank, wodurch das Trocknen der Rohseidenfäden
fast momentan ütattÜDdet. Der i'adeuführer hat einen Lauf von 6 — 7 cm
und macht densdben in gleicher Zeit, wie der Haspel awei Drittel seiner
Umdrehung; unter diesm Umstanden wird der Zwedc einer Kreuzleguiig
der Fäden vollkommen erreicht und der Haspel müsste ea. 70000 Umdre-
hungen macheu, damit ein Faden ein und dieselbe Stelle hintereinander an-
tretlen könnte.
Der eigentliche Haspel hat die ubUche Konstruktion «ner sechseckigeo
Lattentrommel und wird mit der Hand oder mechanisch betrieben, im
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368
Der Seidenbaspd.
totsteren Falle ist er mit einer Yinriehtmig cnr Erzaelnng Tftriabl«r üm-
drehnngsgeschwindigkeit verselun.
Der Umfang der Haitpelirommel bat keine bestimmte, festgesetzte
Gröflse, sunderu variiert in Terschiedeuen Ländern, je nach bestellendem Usus
imd QaaUtftt der Grige. In Frankmeh betrigt der DurdinueBer ge«
wohnlich 0^5 und 0,76 m« ^tsprechend einem Umfang TOn 1,5 und 2,25 n.
Für einen noch zuweilen gehräuclilielieu Durclimesspr von 0,0'^ — 0,72 ni
ist dtT üiiifiing 1,10 — 2,04 m; der llaspi l maclit 80 — 100 Touren pro
Minute und die Geschwindigkeit des Fadens betragt 2,7 — 3,6 m. Ein
Baspel vom DnrdimeMer 0,46 m madit 130—140 Touren nnd die Fadm-
gescliiriBdiglceit lat 2,ft6 — 3,20 m. Chinesische Hasp4>In haben enuni Durch-
messer von 1 m. Die grosste zulässige Geschwindigkeit für eine dünnfidige
Rohseide betrügt 4,5 m, ft5r eine clickfädige 7.5 m pro Minute. Nachdem
der Strang am Haspel 25ÜU — 3000 Touren gemacht hat, en>< t7,t mau den
Haspel doreh «aen friiehMi. IM» Leiatnng «iner Hftqpkriii beträgt folgende
Mengen Boheeide täglich, unter der Yorwueetgrong, deae sie die Kckom
aelbet achllgt
Für einen Faden tau 8 Eokona. . . 200—220 g
„ „ „ „4 „ . . . 260-290
II n 11 11 5 „ . . . 320 350
it 1» »1 «6 410—425 „
„ „ „ „7 n • • . 480— ßOO „
Von (ii'n älteren, besonderen Konstruktionen des Seidenhaspels mögen
folgende erwühut werden. In der Maschine von Mylius sind 4 Haspeln im
Quadrat angeordnet, ao deas je swei nch gegenseitig dra durch ihre üm»
drehnng erregten Luftzug zufuhren und damit das Trocknen des Gespinstes
auf dem liiispel befijnlcrn. Der Hauptzweck des Barbi ersehen Haspels ist
die Kuotcnbildung (mariaj^es) zu verliindrrn, und zwar auf die ^Veise, das»
die Fadenführcr sehr rasch hin- und herbewegt werden, so dass die Dorcb-
kreuznng der Fadeuwradongen unter etampfisn Winkeln st«ttfindet. Zu
gleicher Zeit empfangen die Fäden einseln, ohne neh swiaehen den bewege
liehen und feststehenden Fadenführern zu verschlingen, einen gewissen Grad
Ton Drehung, wodurch sie gepresst und geglättet werden. Der hierzu be-
stimmte Mechanismus ist sehr einfach and besteht aus kleinen Köllen,
ipekhe durdk endloee SchnQre angedreht werden und durch deren Mittel-
pnnkt die Robseidenfiden ihren Weg nehmen, um auf den Haspel cn ge-
langen. Ausserdem ist hier eine besondere Vorrichtung getrofifen, um, im
Fall des Rfissens, der TTasplerin die Möglichkeit zu geben, den Haspel
augenblicklich an sich zu ziehen und das verlorene Fadenende zu ergreifen
und anzuknüpfen. Dieee Verbesserung ist von Wichtigkeit besonders fiir
solebe Konetruktionen, wo der Ihspel siemlieh weit entfernt Ton der
Haaplerin liegt. Zum Zweck des Abdichtens und der Rundung des Fadens
lind am Barbierschen Seidenhaspel mit Taeh auffütterte, rotierende
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St^idcnbaspd. 369
Triclitcr angeordnet , wie sie in vielen andprcn Yorrichtanjren dieser Art
neueren Datama vorkommen. Zu denuseiben Zweck, der Hervor bringtin^ der
Fadeudrehuug durch Friktion, sind noch andere Mechanismen konstruiert
voo Dentsot, bei welchen die Beibuug der Fideu va d«i
Seitenfliehen ein«: mit Tueh bekleideten, sehnell rotierenden Scheibe erfolgt
üm an den Ej-en zu ngflst eilen, wo Verschlingungen der Seidenfäden ftm leicb«
testen stattfindon, dip Knotenbildnnif 7,11 verhindern, hat man in gleichem
Mafse zahlreiche Vorrichtungen konstruiert. Da die Mariagen nicht immer
Tennieden werdra kiSniien, so ist dma Hmptsiel, im Seiden&dea beim Bruch
einet einagen Kokonfaden« angenblickli«^ abzarebsen, um ao einer naeh-
liUsigen Hasplerin unmöglich zu machen, nach detn Zusammenlaufen der
Faden noch tnue Weile fürt7,uliasp(dn. Von dioser Art ist die sogenannte
„COupe- manage'' in den ueueieu Konstruktionen der .Seidenhasptd. E»
existieren eine Menge derartiger Vorrichtungen, u. a. von Verna}, La«
eombeft Barrois, Chambon, Nonrry und Gensonl*). In dem Apparat
?on Kodier kommt der Haspol in dem Augenblick, wo die I&riage stattfindet,
7nni Sti]l^taud. Der Seidenhaspcl mit Ziildvorrielitim^ von Heatheoat ist
für eine nielirfaelie Kreiizuii;,'' eingerichtet. In dem Haspel von Durau ge-
hören zu jedem Wasserbecken drei Haspel und die Seidenfäden werden
nnter sich selbst gekreozt. Es giebt auch Seidenhaspel mit elektriseber
Abstellung beim Bruch eines Kokonfadeoa^, durch welche Einrichtung eine
kaum Lclauldiclie Steigernnp^ der Ausbeute von 6 Pfund engl. = 2,722 kg
auf 40 Piiind — 18,144 k<r wwlieutlich ermöglicht werden soll.
Unter allen beim Abhaspeln vorzunehmenden Verrichtungen ist das
Anlegen der EokonfXden unbestreitbar diejenige, welche die meisten Sohme-
rigkeiten Hetet. Dieses Anl^n findet statt, wenn ein Kokon abgesponnen
oder abgerissen ist und besweektf den H diseidenfaden immer auf einer be-
stimmten, gleichen Starke bez. Fadeudicke zu trhalten. Znm Anlernen er-
fasst die Hasplerin das freie Ende ein^ Kokons und reisst davon zunächst
ein Stfiek so ab, dass das annlegnide Fadenende auf dem Zeigeiinger der
rechten Hand li^en bleibt; doreh eine geschickte Bewegung wirft sie dies
Fadenende vom Zeigefinger auf das sieli aufwärts bewegende Fadenbündel,
welche?« Jones Endo raitnimnit. so dass sich der angelegte Kokon ebenso ab-
spinnt oder haspelt, wie die übrigen. Zum Anlegen gehört eine leichte
Uand, grosse Geschicklichkeit and viel Übung; die Hasplerin uiuss den
Faden so abreissen, dass er nur mit einem kürten Ende auf dem Finger
liegi'u Moibt, denn ist dies Ende zu lang, so verschlingt es .sich auf dem
Gregefaden zu Löckchen und macht ilm flannn'i^; ist da;^'t'L(eii das Ende zvi
kurz, so ist es wieder .schwer anzulegen. IHe Foli^'en siud wiederh<dte
Zeitverluste, die um so mehr zu beklagen sind, als währeud der Zeit
») Pcscrirtion des brev.-ts expir.:.. Ud. XXYI, LI, XIVUI, ZIVIII, XL1L
Scientific American, Ud. 4Ü, S. 40.
Sllbcraiaa, DI« S«lte 24
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370
Mecbauiiche Fadenanleger.
dM Abhaspeln der übrigen Kokons stattfindefc. Der Robseidenfaden wird
infolge dessen zn dünn niul unrepfelmiissiir, ein Manircl von nicht ge-
ringerer Bedeutung, als der erstere. iiinzuzufügeu ist nocli, dass un-
geübte Arbeiterinnen den Faden sehr oft so dtlnn werden lassen, dtm er
reusfc, und daas die sani Wiederfloitmaehtn nBÜge Arbeit seitnmbeod und
mühnun ist. Hieraus folgt, dass eine ungeschickte Rasplerin wenig S< id -
aus einem Kokon zieht, dazu eine unter«;eor(lncte Rohseide onreiigt und
viel Abfülle verursacht. Mau war «laher i)einuht, eine Vorrichtung zu er-
finden, welche ein vollkommenes Anlegen auf mechanischem Wege ge-
•tetten w&rde. IKe meisten der Torgesehlagenen Yorrichtnngen bestehen
aus einer Glocke, einem Konus oder einer Drehscheibe, durch deren bohle
Achse der sich aufwärts bewegende Faden hindurchgeht, und einer schnei-
denden oder stumpfen Einrichtung, welche das nicht anzuh j^'ende Ende des
Kokonfadens abschneidet oder abbricht. Eine Besonderheit aller dieser Vor-
schläge besteht darin, dass deren Urheber, von dv UnmSgliehkeit fibersengt,
HS-m. rMMmatn to» Omi (BdnttO. ng-SUL atOwAMMM (1 MHanato BdHib« I aahUb*
Mll, S XokoaMca).
das Fndi- sf) kunr anzulegen, ilass jedes Kriins(dn vcniiieilen werde, dieser
Unvollkuiumeuheit dadurch abzuiielleu .suuliteu, dass sie auf den Kokonfaden
bei dessen Ein- und Austritt aas dem Apparate einen gewissen Dniek ansahen.
Eine der besseren Einrichtongein dieser Art ist der 1886 von Camel in Lyon
konstraierte Fadcimnlt Lrer, dessen Wirkungsweise folgende ist. Nachdem
der Gr^efaden durch die Vereinigung einer gewissen Anzahl von Kokon-
fäden gebildet, durch die Röhre T hindurch nach dem Haspel geführt wird,
genügt es, nm einen nenen Kokon&den einanschalten, dessen freies Ende
in die Nähe emer auf dem Fadenleiter rotierenden, am Rande gelnrbten,
linsenförmigen Scheibe L m bringen, indem man einfach den das Ende hal-
tenden Fini^cr an dem zwischen L und der oberen f Jabel liriri inlcn Teil der
äusseren Köhre vorbeiführt. Indem die mit grosser Ge.schwindigkeit (1800 Tour,
per Minute) rotierende Linse L das loae Fadenende erfasst, biegt sie das«
selbe an swei Teilen nm, wehihe sich einander in der Horisontalen-sn nähern
suchen. Der unteif Teil wird jiun durch die Schwere des Kokons Tei^
anlasst, sich in spiralförmigen Windungen um die Röhre au legen, wobei
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Msdukniacbe Fad«iiuilafer.
371
«r an die unbeiragliehe Bfflure gelangt und reinL DieMs xnui freie Ende wird
Tenuitielst einer Achat5ffhung auf dem Rande an den Himpl&dcn angelegt.
Das Anlegen findet in regelmianger Weise statt, wie am den Fig. 214
hia 217 ersichtlich ist.
Dieser nnd ähnliche Apparate, welche mechanische Anleger, «gette bouta"
oder „aitadie-b»Te" genannt werden nnd gewtthnlieh an dem Padenldter an-
gelnwsht sind, so daas sie auch den üblichen Namen ,ffiUdre-attache-bave**
tragm, haben in der Frazie anagedehnte Verwendung gefunden und dazu
L
»f. M4-SIT
Ii b
BIM d«r BokMidia btlm AnlAfcn mit der H«ad (k TOB
; e TOD d«a iMebaa.
»ma vmgrtn.« d tob
beitragen, die UnregetmSnigkeiten in der Gr^ weeenilioh an ver-
ndndem.
Die sogenannte „ filiere- attache-bave" von Michaud, Francezon &
Bertbaad') besteht aus der ii>7Hchen rasch rotierenden, an einer Stelle
ausgekerbten Scheibe, oberhalb welcher ein mit üiaskügelchen oder Schrot
gefüllter Behilier angebneht ist, durch desMn Immes der gebildete
Gidgebden hindotehgebt, der duieb die Frikiionswirknng der Eugdn ver^
dichtet wird, üm die letztere zn verstärken, w ii I i? inh den Bdialter ii^
gend ein Gas, komprimiertp Luft, Dampf itc. Ii iudurc littet rieben.
In dem Fadenanleger von Chiesa*) ist die steriiartige Anlege- mit einer
Kreuzungsvorrichtuug verbunden, zu dem Zweck, die Verbindungsstelle un-
kenntlieb su machen; ein kreuitender Hil&faden, durch besondere Rollen
in Bew6|gou;^^ ^nst-t/i, umschlingt den Seidenfaden, welcher dann auf
einer andereii Rnllf durch Friktion geglättet wird. Es winde zu weit
führen, an diisi-r Sti lle alle neueren Konstruktion rii des Fiulerianlegcrs ein-
gehend, zu behandeln; die wichtigsten davon sind iu di-nx Nachweis der
Patentqoellen enthalten.
1) muenMliM Patent 1&02U (1886).
■) Ital. FtttMit 82497 (t898).
24*
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372
Seidenhaspel von Camel.
Die europäischen Seidenartea, welche, was Schönheit, Feinheit und
Glanz der Faser anbetrifift, ihresgleichen suchen, verhalten sich beim
Haspeln insofern ungünstig;, als dasselbe, um Risse zu vermeiden,
mit grosser Vorsicht und Behutsamkeit vollzogen werden umss. Die rela-
tiv geringe Geschwindigkeit des Haspels ist, weil sie den Abfall verringert
und die Aufsicht, sowie Regulierung der Fadenstärke erleichtert, fdr die Er-
zielung tadelloser Gespinste erforderlich, ergiebt aber naturgemäss im Ver-
hältnis zur Zeit auch kleinere Ausbeute. Zahlreiche Versuche sind gemacht
worden, um letztere zu vergröasern; das Haspeln nach dem italienischen System
(ä la tavelette), das einer Arbeiterin gestattet drei, vier, sogar bis sechs Grege-
fig. 218. SeMenbupel Ton CuneL
faden zu führen, ist in dieser Hinsicht vorteilhaft, die Kreuzungsart des
Fadens jedoch auf diesen selbst nicht ohne Nachteile, so dass alle klassischen
Gespinst-e nach dem Chambonsystem erzeugt werden, obwohl damit in der
Regel nur zwei, selten vier Fäden gehaspelt werden können und die grössere
Haspelgeschwindigkeit mehr Abfall verursacht. Das Problem, welches somit
darin bestand, unter Beibelialtung der Chamlwnkreuzung mehr als zwei oder
vier Fäden haspeln zu können, ist von Camel in der Welse gelöst worden,
dass er mehrere, in der Regel sechs Gregefuden paarweise aus einem ge-
meinsamen Becken auf nebeneinander gelagerte, aber sonst unabhängige
Haspel laufen lässt. Die Einrichtung besteht in folgendem. Die Faden-
auleger sind gewöhnlich zu sechs auf einem gemeinsamen verschiebbaren
Ständer angebracht, um sie zur Bequemlichkeit der Hasplerin nach vom
oder hinten verschieben zu können; ihre Geschwindigkeit beträgt 1800 Tou-
ren pro Minute. Die Fadenführer (barbins) sind auf Metalldrähten (tring-
373
lettes) monAiertf die eniweder atdf oder U^mi sind; m letzterem Falle
Lienen «ie dua, die Gr^fefiUlen in »Itenider BewegiiBg za eriutlten« was
aus rein empiriscbcn GrSndeD TorteiUiall ist. Die Haspel sind in einem
Blech- od<>r ]!nlzkastoii pinn^e«ch1nss'Mi . an dessen Bodon rin Dampfrohr eine
zur schnelleren Trocknung der Grefte notwendige Würme ausstrahlt. Die
Haspel werden in zwei Grossen gebaut; die eine von 0,5 m Durchmesser
(petit (foindrage), die andere von 0,75 m (grand goindrage); ibre üm-
dreli IUI irsgesch windigkeit kann vermittelst konisdicr Antriebscheiben nadi
Bedarf" re^'uliert werden. Die Has]iel laufen in unbeschrankter Anzahl in einer
Reihe <len Fiibriksual entlan«^, wo<lurcli vorteilhafte Raumausnutzung und
bequemere Aufsicht eruiüglicht werden. Zwischen je zwei Reihen der Haspel-
Unke wcrdan einige AuftdwtimieD (nttaehenses) postiert, die die Aufgabe
haben, die anflavfenden Ftlden zu beaniriclitigea, die gerissenen zu verbinden,
Musterstränge zu entnehmen u. s. w. Eine j,'emein<5ame Welle trägt in Ab-
stünden von 0,3 m die Treibräder, die auf Friktioasrollen, welche die ein-
zelnen Haspel treiben, einwirken und nach Bedarf rasch ein- und angerückt
werden kennen, indem sowaiil die Hasplerin wie die Aniaelieirin dnreh Be-
tii&tigang eines Helmbystems jede Haapelkrone am einige mm heben nnd in
dieser Weise augenblicklich, und ohne die Maschine anzuhalten, ausser Be-
trieh setzen kann. Auf einer Strecke von 1 ai können drei unabhängige
Haspelpaare Anfnahme linden, was einer einzigen Arbeiterin die Möglichkeit
giebt, alle sechs Fäden ohne Anstrengung zu beobaditen; jedes Haspelpaar
kann fnr ineh allein ans der Maschine entfernt werden, um Proben oder
den fertigen Strang zu entnehmen; einer der Arme ist für diesen Zweck
nmklappbar und wird beim Betriel) durch einen seitlichen Riej^^el festfrehal-
ten. Bei grüsiscrea Maschinen sind die Haspel zu scliwer, um in der
obigen Weise gelagert zu werden. Ihre Achse ruht hier mit dem einen
Bnde in fiestem Lager, mit dem anderen anf awn Frihtjonarollen, die sie
^nreh Reibung in Bewegung aetaen; die Ansrficknng erfolgt, ohne dass der
Haspol ans seiner Lage gehohen werden muss. Die Vorzüge des zuerst in
der Weltausstollunrr 1889 vor<jefübrten Haspels von Camel bestfhen, ab-
gesehen von der Ersparui» an Raum und Arbeitskraft, darin, dass die Lehrzeit
der Hasplerin dureh Anwendung antomatiseher Fadenknäpfer statt einiger
Jahn auf wenige Wochen reduziert wird; femer, dass jede Hasplerin in
einem Becken 4 — 6 laden nach der Cham1x)nart führen kann, wodurcli die
Normalproduktion pro Stunde 65 — 70, zuweilen 80 gr Grege von mittlerem
Titer 11/13 erreicht wird, eine Ausbeute, die mit keinem anderen System
endolt werden kann. Es sind nneh andeve Kaoatmktionen einer sDaammen-
gesoUtcn Haspobusaehine in Tonohlag gebraeht worden, wie die von Qnn*
thier, Trararso*} u. A.
Wir wdlflii jetst die Kreosnngsforrichtnng selbst etwas eingehender
I) Ital. FMent 14CB (1891).
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374
ErennrngtranriabtiingiB.
betrachten. Froher waide dk» Krenniiig mit der H«nd und oft in willkar-
licher Weise von der Arbeiterin ausgeübt; gegenwartig bedient man sich
meist der bequem regulierbaren Uhrmechanismen, welch*^ dorn Faden eine
konstante Drehung von etwa 150 — 200 Touren verleihen. £ine stärkere
Draknng tilgt diiekt nicht dazu bei, die Festigkeit des Rohseidenfadeoa in
erhöhen; die gedrehten Flden nod eben stirker, weil «ie kfinnr vnd dwker
geworden sind. Die Torrion beim Haspehi hat nieht den Zweck, die Eokon-
födchen znsammenzHzwimen, sondern das Wasser, welches flie Ict/.tpren mit
sich fübreu, durch den Druck wegzuschaffen und ihre bessere Vereinigung
zu bewirken. Kleine Mengen Wasserstanb und Tropfen, die bei den
Eremungsstellen Torkommen, heetitigen diee. Bei der Kreioung wird nar
ne.«t9k Imwngmntahlae (Ifartto * Oo4.
momentan die Drehung erzeugt, die schon anf dem Haspd teilweise wiedm*
tenehwindet. Indeaaen eelst sieh der Bohaeidenfnden nicht ans fMumllel an«
einander liegenden Kokonfaden zusammen, sondern derselbe liat die Form
einer langen, nnregelmiissigen Spirale, wie man sich ]vU-hi durch Färbung
einzelner Kokons in verschiedenen JSaancen und durch nachträgliches Haspeln
überzeugen kann.
Ibn hat sieh viellKh mit der Frage beecbafligt, ob die ein&ehe oder
die doppelte Kreuzung vorteilhafter sei, da diese oder jene Art des Hsispi-lns
in ziemlich be<ioutenJem Mafse die Elasticitiitsverhiiltnisse der Roliseide be-
einilusät '). Der gewöhnliche filasticitätskoeffizient der Knhseide ist gleich
der Elasticität des Kokonfadens plus ein Drittel'). Die einfache Kreuzung
Qaajat. lUpporti ba boiaoli e «ela gNggia.
^ — . BolMtiae aaeaaila di Bsehieoltota, Agorto l«fl.
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KWMWIlgWOHlObtWlIgWl«
376
hai vor der doppelten den Vorzug, der RobMide eine grössere Elaaticitit la
▼erletben; du- Fistigkeitsverhältnisse Meiben in beiden Fällen gleich*).
Ansserdcm siml bei der einfachen Kreuzun«jsnit'tlio(lt' die Mariiifr<^n und das
Zerreijjsen seitemr imtl es ist niüj.'lieli. eine gegel)ene Stärke (Titcr) mit
einer geringeren Auzubl Kokunj« zu eriialteix. In allen Füllen ist eiue über
ein gegebenes HkTs^ gebende Drehang nnvoiteOhaft.
Angesichts der Ubektände beim Kreuzen zweier Fil(l< n war iiuui darauf
bedacht, das Zusammen fugen der Kokonfaden und <Ias Verdichten des iloh-
seiflenfadens vermittelst einer selbständigen Vorrichtung zu bewirken. Der
von Martin & Uo. in Lyon konatruierte Apparat bewirkt die Kreuzung
ratoiuftliieeh und kann »neb dtsa dienen, andere Fiden mit Sdde sn om-
efnonen. Dmelbe beelehi ans einer Beihe von Metallröbren a, die in
verlikuler Stellung ttber dem die Kokous enthaltenden Becken angeordnet
sind und mit sehr grosser Geschwindigkeit rotieren. Jode Röhre tragt an
ihrem oberen £ude einen Holztrichter c und am unteren Ende eine
Scheibe aas Metall oder Holz mit einer Kerbe, naeh der Art des be-
kannten Fadengreifers. Die M&ndnngeii der Rdbren a sind mit Pmnellan-
ringen versehen, durch welche die veretnSgtan Kokonfaden hindurebgeb«!,
um sich auf die Haspel aufzuwiekelTi. Indem 5?ip tiher die Röhren a pas-
sieren, vereinigen sieh die Fäden zu einem einzigen Faden, welcher, indem
er über die luuenfliiche des Trichters c gleitet, infolge der Reibung und
der ümdrehungsgeschwindigkdt eine vom Centmm nadi der Peripberie pro"
gressive Torsionsbewegung erhält, wodurch er, ohne Schwächung zo er*
leidcti. <fe<,'lättet wird. Der Apparat kann auch benatzt werden, am
die iSeide nni einen anderen Faden, der dann gleichsam als eine ,,Soo1e"
fungiert, spinnen. Am Rande des Beckens wird in diesem Falle eine
B9bre befestigt , weldie mit ibrem in die FlBssigkeit taocbenden Ende
Tertikai unter Röhre a reicht and den zu umspinnenden Faden, der
von einer Spule durch ein Auge läuft, besagter Röhre a zufährt, in
welcher er von den mit ihm verknüpften durchpassierenden Seidenfaden um-
wickelt wird. Auch kann im Falle, wo es auf grössere Regelmässigkeit
dMT üntwiekelmig ankommii der an« einer R5hre komaiMide Faden Termitp
telat eines FObröngaaiiges dnroih die swdte Ibnliebe R&bre passieren, in
welchem Falle die aar Erzielung eines bestimmten Fadens nSti^^e Menge
Kokons in zwei (rrnppen pfeteilt wird, wodurch Autsicht und Kontrolle
erleichtert werden. Schliesslich kann zur Einrichtung eiue zweite vertikale
Bohre hinzakommen, die die Rundung resp. Drebnng vervollständigt.
Anf ftbnHdbem Frinsip, dem eines ioti«renden EOrpera, ist der Krensanga-
apparat von Bergier') (croiseur automatique) konstruiert worden. Der
ans dem Haspelbeckm kommende Robseidenfsden wird in gespanntem Zo-
*) Bobioet, UAnoire iv 1a filature de la loie. Parii 1889.
^ D. R.>P. M9S5. UsL Pak 81800 (1891).
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GlridunlMigkeit der Oriige.
stände über eine gewftlbte oder kogelninde, weiehe Oberfliche dnee misser-
Ofdenilicli ntfch kreisenden Drelikürpers fjfeführt, wodurch die erforderliche
Abrundun^ und W-rdichtuiit: stattfindet. Di«' so gehas-
pelte Rohseide, sogenannte j^rege-traine i«t dadurch
charakterisiert, dass die Verschmelzung der Kokon-
fadchen ohne jegliche Drehung stattfindet, ^e kftiin
in jeder gewfinschten Dicke bis zu einem Titer von
120 den. er/engt werden. Diese Greif»' lit sit/.t noch dio
Ki<rcii«rh;ift , dif^ StnffflScbe besser zu «k'ckcn (um
2i)",u) und dem (iewelx? mehr Dichte zu verleihen;
ausserdem ist «n FadenatQck von beatinuntem Gewiebtf
weil ohne Drehung, länger als dasjenige der gew5hn-
TiB. IM. EMuugnmaril üchen Griffe. Ihr grSsster Vorzug soll aber darin be-
stehen, dass gie sich in entbastfffin Znstande, auch
nach dem iarbeu, Beschweren etc. gat verarbeiten lässt, ohue vou ihrer
Spul- oder Weheffthigkeit eingebösst za haben.
Ks ist bereits erwähnt worden, da.ss die Dichte dvi, Kokonfadens in
seiner ganzen Länge nicht gloichmässig bleibt, sondern in demMar9e,wie derselbe
TOm E^kon abgewickelt wird, immer geringer wird. Beim Haspetn, das ebe
gewi-sse nicht unbeträchtliche Spannung des Kokonfadens mit sich bringt,
tritt eine Erscheinunff auf, dio dem i^enidf mt^fpcrengesetzt ist; wie dort bei
beinah^ gleichniässigcr Hicke des KOkoiifiidens das specifischc (iowicht stets
abnimmt, »u wird unter der Einwirkung der Zugkraft des HasjK'ls der Durch-
messer des Kokonfadens Termindert, w&hrend die Dichte in seiner ganaen
Liiii^e dadurch zu einer l>einahe gleich massigen gestaltet wird. Ein Rohseiden»
fallt n ans 5 Kokons ergiebt, auf dem sclinelllaufenden Haspel erzeugt, /wisihon
dem specifischen Gewicht des zuerst aus den äusseren Schichten der Xokon-
hülle gehaspelten Anteils (1,43) und dem aus den inneren Lagen hervor-
gegangenen (1,41), eine nur imbedentende Dillbrens. Es «rh^t au dav
Gesagten, welche Aufbttksamkeit seitens der mit dem Haspeln betrauten
Person zur Kriangung einer gleichraässigen Dicke resp. StiÜke des Roh-
seidenfadens erfordpfHch ist. Die Hasplcrin soll die Dicke (Titer) des Faden*
nicht nur nach der Zahl der in Arbeit befindlichen Kokons, sondern auch
nach dem Grade beurtdlen, in «aldiem die letaterai beraiis abgehaspelt sind,
. am die IHschen, d. i. die diekrtflo Eokonfttden, mit den bereits smn Teil
abgeha.spe1ten, »oniit den dünneren, aufzuwiegen. Es ist selbstTentlndlich,
dass das Titerverhältni« in der ganzen Länge des Faden« ptets das gl<»iche
bleiben muss, und man kann hier, wu die Geschicklichkeit, üiduid und pein-
lidiste An&nerksamkeit der Arbeiterin die Hauptrolle spielen, mit Recht
.hehanpten: in der Hasplarei der ScidenittduArie ist dna tüchtige Aibeita*
kraft alles und der Apparat bedeutst nvr wenig.
VerlimltM v«cidiiad«D«r KokonnMMi. VAUk,
377
Es erhellt ohne W^teres, iam nch die Kokons verscliicdener Bassen beim
Haspeln in qaantitatiiver Besidbnng nnglmeh verhalten , sowohl infolge
ihres verschiedensD Qehaltfi an Floeikaeidef Seidenfaser und innerer Kokon-
haut, wie iiifolrjp ihrer specifischen Eigensrhaften, des Odialts an Gummi
und üast, wodurch diis Ahha^pcln leichter odvv scliwcrer von statten geht,
ferner infolge der grüsseren oder geringereu Ela.siicitüt des Kokonfadens,
wodnreh mehr oder weniger Abfall Temmeht -wird u. i. w. Im fahrik-
misngen Betriebe spricht natürlich die Zeit als ein wesentlicher Fakt<ar
mit, imi (he Aushpute einer gewissen Rosse vorteilhafter, als die eim r an-
deren zu gestalten. Man kann rjewissermafsen behaupten, da«? nach den
obigen Bemerkungen jede Hns^e Kokons ihre bestitumteu gleichniäswigen
EigeDsehaftm besitst. Infolgedessen cndMint es toh bteresse, an dieser Stelle
(S. 378f) eine kurze Znsammenstellnng m gebm, die das Verhalten typiseher
Gattungen europftischer und asiatischer Kokons beim industriellen Haspeln
r.eifrt. Zuvor möge noch }>f^inerkt werden, dass das ?,«r Anfstellnng
der Tubellen vollzogene fubrikiijässige Haspeln unter folgenden Umstän-
den erfolgte. Das Sehlagen der Kokons wurde mit der Hand htwiritft
nnd der Bohseidenfoden' aus 4<~6 Eokonifiden gebildet; jede Hasplerin
fBhrte gleichzeitig 2 Grggedden unter Anwendung von mechanischen Faden-
anlegern mit ChamhonkrL'tiznnf; von 200 Touren. Dir Tfolifadrn wnrdo
teils mit geknüpften Knoten (ä bouts noue»), teils ohne Ankiuipfuug ( u bouts
jetes) erzeugt. Die G^hwindigkeit des Haspels betrag llö — 13ö ni, meist
das tetstere Quantum pro HBnute.
Trotz dt r Gewandtheit und Gewissenhaftigkeit der Hasplt rin kommen
beim llaspchi l'nrcj^ft'lniusiäigkeiten und Störnngon vor, wclolif t-ntwedcr be-
reits in der BescbatVenheit des Rohniiitcrinl^. des Kokons, ihren L'rspning
haben oder von do^iseu unrichtiger Vorbehandlung herriihren. Vor allem
können durch mangtlhaftes Einweidten einzelne Windungen des Kolnmfadens
nicht losgelast woiden sein, die dann als Schleifen in den sich abwickelnden
Faden hineinkommen, wo sie entweder einzeln als Flanni c r^clioinen odt-r sicli
zn einem Knoten anhäufen. Durch mikroskopisol)»' UntfrHuchung eines iloli-
seidenfadens lassen sich folgende, häufiger vürkoiumende Fehler feststellen.
Flg >2t. FlMm (.daTct Ubrs). Flg 221 Uui»g«.
1. Der Flanm ist auf die oben antcedcutete Ursache zurückviifüliron
und kommt spcciell in der Grege vor, the ans Doppelkokonä hfige-stellt
wurde. Als Folge einer ungenOgenden Reinigung beim Schlagen resultiert
ein flaumiger Doppelftulen, aogenaniite „coats^^
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378 Verhalt«! rmciäeiaavi Kokonnmen.
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4,512
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gelblich
Ju-pi-tsan, 4. Emte (China) . .
6,135
10,01
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Tsching-pi-taan, 4. Ernte (China) .
7,106
10,26
39
19,6
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Tschirifr-pi-tsan, 5. Ernte (China) .
7,120
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40
19,6
welM
Peh-pi- b uang-sb iao-tsan , 1 jähr.
(China)
4^018
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grünlich
Siroko-ischi-Marn f.Tai>aii) . . .
3,427
14,77
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Frankreich (V. St. A.) . . . .
3,053
12,28
43
20,8
gelblich
Baaaei-Alpes (V. St A.) . . . .
8,100
12,66
44
21,6
hochgelb
ItaL Faod (V. Sl. A.) . . . .
3,853
9,31
40
19,8
hodbgdb
2. Die Art des Haspeliw erfordert bekanntlich, dass immer frische Ko-
kon fädeu dem Gregcfaden einverleibt werden; es lässt sich nun Torheanehen,
daaa hei der groaseii Geicihwuidigkett de> leUteireii dM ESnMihaliea nieht immer
mit der nOtigeo RegelmSai^keit Tcrlaiift and sawmlra einige MiUimetar
Flg. >23— 2M. FIram (davet fixe).
lange Anhänfrsel um don fertigen Faden hcramsch weben. In dem Cham-
bonsystem tritt dieser Fehler infolge der energischen Kreuzungsart weniger
auf, die letstoe yeinmMsht dagegen einen andeien eigenartigen Fehler.
ttg. Mft— m. Dopp«UM«n (oMt«). Sptnie (rrlDe).
3. die sogenannte Spirale (vrille), welche sich zeigt, wenn beim Ein-
schalten eines frischen Kokonfadens der letztere sich um den Gregefadeu
auf einer nemUeh langen Strecke (often fai» 6 cm) spiralfvrmig heimmlegt.
380
Fehler der Dm UnbA^ln.
4. Es kommt häufig vor, dass infolge der Sbermisrigen Spannung eines
der Kokonfadclit-n an der KreuzungsstcUe bricht und von den übrigen mitp
gerissen wird, wodnreb an der betreffenden Stelle ein Knoten entsteht.
5. Schliesalich lassen sich stellenweise, speciell in den nach italienischer
Art gehaspelten Grggen lose hängende Eokonftden wahrnehmen, die den
Namen „niorts- volants" fi'ilin ii utul dnrch nngleichmiflrige Spannung ein»
seiner Kokon nicii n » utstanden sind.
Die Grege wird hentzatajje nur soUrn in dem 7A\>inn>\v auf <lfn Markt ge-
bracht, in welchem sie sich nach dem Kokonhaspehi betindet, vielmehr wohl stets
nmgehaspelt. Nnr die geringeren Gattungen, die nicht in der Weherei, scmdern
ftlr Poeam^ten und PhanttLsieartikel Verwendung finden, werden in demrohtm
Zustande verarl>eitet. Der Zweck des Umhaspelns ist, die heim Kokonhaspeln
unvermeidlich enistehenden Ungleichniässigkeiten, Knoten, abgebrochonon
Fadeneudeu und sonstige Fehler zu beseitigen. Namentlich für die unregel-
miangen asiatiBchen, insbesondere chineeisoheii Gregen ist das ümhaqteln
unnmi^nglieh notwendig und wird heatsntage in den Produictiolulftndem seihst
vorgenommen; diese umgehaspelten Gregen heissen re-reeied oder redevidees.
Das ünihaspeln findet in der Wei^f statt, da^s dio Orege von einoiu üaspel
über einige Fadenführer zu einem anderen Haspel läuft, während sie von
der Arbeiterin scharf beobachtet wird. Der letztere Haspel ist mit Zähl-
Torriehtung versehen. Dto Spannung des Fadens ist ahsiditlieh eine etwas
siwrkere, als heim r^'< wiihnlichen Winden, damit alle schwachen Stellen von
selbst reissen. Aus difscm Hrtindo erfordert (Vv^^' Arlxit grosse Auf-
merksamkeit, denn der Hasptl setzt seine Umdrehungen fort, auch tuich-
deni der Faden gerissen ist; hält der Arbeiter den Haspel nicht sofort an,
so sind die Strange nicht von dar erforderliehen, dareh die ZablTorriehtang
angezeigten LKnge. Vm diese ra Obelstand abzuhelfen, werden in nenerer Zeit
bei allen besseren zum ^^'l^ldeIl der starken Gregen bestimmten Maschinen Ab-
stellvorrichtungen fijt du Fadenbruch getroffen, die in einem freihungenden
FadenfUhrer bestehen, der von dem gespannten Faden getragen wird and mit
einer den BagpA in Stillstand ▼eraetaMiiden Vormhtiuig Terbanden ist. Bei
feinen Gregen beutet der Faden eine viel zn geringe Sttrl» nnd Spannung,
um den Hebel zu tragen. Die Unterbrechung der Bewegung kann somit nur
von dem Ablauf haspel ausgehen oder es wird, wie bei dem Apparat von
Corret, elektrischer ätrom su Hilfe genommen, der die Anwendung eines
sehr leieitten, ^istehenden Fadenfohxers gestattet und beim Fadenbnbh
den Haspel automattsch sofort ausser Beirieb setet. Der Strom untarteiclit
lieb dann von selbst» da «r nur im AogenbUdc des Bniebes in Wirkung tritt.
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Frafaog der Hobseid«.
381
Die gleictuniiaige Beflohaffenheit der Robseide ist für ihren Handelswert
von mafsgcbender Wichtifrkeit ; obwohl ihre Kigenschaften sclion an ihrem
Aassehen und txlanze, sowie durch Anfühlen etc. erkannt werden kimncn,
80 ist doch zur Krzielun^ von ziiferuoiässigeu Ergebnissen die Benutzung einer,
ftbrigens selir einfiaehtD Vorrichtung (Franoeson) notwendig. Dieselbe be-
sieht ans einer schwarzen, matten Marmorplatte, über die eine Anrnhl« je
nach Geschicklichkeit der mit der Prüfung betrauten Person, etwa 5
bis 10 einzelne Rohseidenfiiden von 1500 — 2000 ni Länge geführt werden.
Die Zahl der beotjacbteten Fehler wird von der Person, welche die
VsAm mahi vob dem Auge Terlieit, dnroh DüQelraii. ttat den fijiopf
eines l&üüeppanites notiert und giebt doreh ürnreebniing auf eine be-
stinunte Lange des Fadens Aber den mittleren halt an Ejioten etc. ge-
nauen Anfschlnss. Eine andere von Dusuzeau') konstmiorto Vorrichtung
besteht ans 4 — & in einer senkrechten Ebene horizontal gelagerten Spulen,
welche das an nntenm^okde 6esinnat regelmässig aufgewunden enthalten;
die Füden gelangen Ton hier nach in zwei St&idern angebrachte FQihrer-
angen, so das» sie in senkrechter Ebene in daer gegenseitige Entfernung
von 5 — 10 mm wagerecht f^leichluufen; von hier werden sie auf einer mit
Zähivurrichtung versehenen Haspel aufgewickelt. Eine achromatische Lupe
von 4 — 5 cm Durchmesser, die von einer schwarzen Platte unterstützt wird,
gestattet, die Unr^lmteigkeiten und Fehler mit der gitaten Deutlieli-
keit zu beobachten und zu unterscheiden. Zur linken Hand des Beobachters
i.st elni' mit drei Tasten versehene Zählvorriclltung angebracht, für grobe,
mittlere und kleine Fehler, die er, ohne das Auge von der Lape abzuwenden,
markieren kann.
Die relative Zahl der ÜnregelmKssigkeiten in der känfKchen Grege
variiert, abgesehm von ihrer Qualität und Rasse, je nach dem Jahrgang inner-
halb weiter Grenzen, im allgemeinen lä-sst sich jedoch folgendes beobachten. -)
Die besten Resultate bezüglich eines fehlerfreien Haspetns lict'erTt Knkon!<,
die relativ am meisten Seidenleim enthalten und eine dichte, zusammeu-
gediangte Textur «eigen. Zur Ersielung einer guten Gr^ge ist die grössie
auliiflsige ümdrehnog^gesehwindigkeit des Haspels geboten. CSiinesisefae und
japanische Kokons liefern, nach europäischer Art verhaspelt, Grege mit ver-
schwindend wenipj Unregelmässigkeiten, italienische Rassen stehen französischen
in dieser Hinsicht nach. Die vorbereitenden Operationen sollen in möglichst
kursier Zeit vollzogen, worden, da die guten Eigenschaften der Faser, ihr
Glans, ihre Festigkeit und Elasticit&t, durch anhaltendes Einweichen d«r
Kokons erfahrungsgemäss verloren gehen; übereinstimmend damit ist, dass
die Kokons sich am Knde schleeliter abhaspeln lassen.
Eine weitere Prüfung der Rohseide besteht in der Ermittelung ihres
>) Ball, du Labor, d« Lyon, 1893/94, p. 173.
*} FrancesOD, ^todea lor la ßlatnre de la aoie. Ljon 1870.
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382
Prfifang der Bob*eide.
Verhaltens beim Abspulen, welche Operation den Übergang zu der weiteren
V( rarhfitnng des Rohseidenfadens liildet. Dip Zahl der Ri.ssr». das Gewicht
des Abfalls und die grufistd zulässige Gtisckwindigkeit beim Spulen dieneo
als ADbaltspunkte für die Be1]rteil1U^(. Es ist Bi»tt«b, da» man betm ¥«>
kauf der Boihseideii die Ansahl tob Spulen (taTeUes) angielifc, welohe von
t'inor massig geübten Arbeiterin festgestellt werden kann; je grösser
dirsi Zahlf desto r^lmäesiger, fester und elasfcisGher ist die betreffende
(irege.
In neuerer Zeit wurde von Serreil eine selbsttbätigiB Tofriehtong inr
Regislrienmg der Dicke nnd da- Fehler emee Bobaeiden^adene kotutmiert,
die zugleich die Auffindung und die Aufzeichnung von Unregelmässigkeiten
besoi^ und aus diesem Grunde einen äusserst zuverlässigen Kontrollapparat
bildet. Der Grnnd<]fedankp dieser Vorricbttinpr ist, dpn betreffenden
elastiächeü Ruliseideufadeu über zwei mit ungleicher Peripherie*
Yiif 229 Apparat tut Plöfun« der Rohaelil«.
geschwiiiili;jrk<'it rotierende Walzen oder Rollen a, b hinwegzufnhren , <U'r-
art, dass der Seideufaden sich in der Länge (um etwa 6%) ausdehnt u
moss. Der Apparat besteht aus 2 Walzen von ungleichem Durchmesser
und dner glatten FUhrnnga« oder L«trolle (f, Aber welche der Seiden»
frden von einer zur anderen Walze Hüft und die in einem dem Einfloas
eines Gcw-ichtis oder einer Feder f von glpichmassiger Anspannung an«-
gesetzten Hebel gelagert ist. Der geführte Seidenfaden wirkt, infolfj[e und
nach Mafsgabe seines Widerstandes gi-^^'u eine Ansdehuung, dem Kinfiu^
des Oewiebtee oder der Sprungfeder entgegen, und sind die letsteren so ein-
gwichtet, dass unter normalen Verhältnissen die Grosse der Spannung
mit der Elasticität des Fadens im Gleichgewiclit stobt. Je nachdem
das zwischen beiden Walzen hetindlidie Kadenstück dicker oder feiner,
als die Normaldicke wird, bewirkt tlas den Hebel beeiniinsseude Ge-
wicht oder die Feder tm Heraussdiwingen des Hebels aus snner Notmal-
stellong und veranlaast, dass derselbe eine neue Lage einnimmt. Alle Än-
derungen der Dicke, welche der ganze «llmSblich durch den Apparat hin-
dnrehsehenile Seidenfaden aufweist, äussern mch demnach als diesl>''7ii'j;-
liehe Hebelschwinguugeu. Mit dem Hebel ist ein Zeichenstift h verbimdeu,
der auf dem sich dahinziehenden Papierstreifen eine Kurve aufzeichnet,
derai Ordinaien die Fadenunregelmftasigkmten dantellen., iHQizend die Ab-
seissen die abgewickelte Faden^ge angebm. Das Diagramm liefert mit-
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Prüfung der Rohseide.
383
hin ein t'^naues, zuverlässiges Bild der physikaliRchen Beschnffenbeit des
Rohseidtniailens. Die EianchtuDg des Apparates ist die folgende: Die
Kurbel au ß setzt den Apparat in Bewegung, wobei sieb für die Wulzeu
A und A' unglmeh« ümfirägsgeaeliirindigkeit ergiebt. Indem der Faden
▼on J' '.'iher Haken G nach A lauft, dehnt er sich etwas aus. Das
an tU'r Stifthülse H einsetzende Gewicht übt auf den Hebel E einen
der im Faden herrschenden Spannung entrfef^engesetztcn Kinfluss aus.
Sind beide Kräfte gleich gross, so bleibt der Hebel E und mit ihm der
Stift JSr nnbawegUeb, auf dem Papiecatreifen der Rolle / entstellt eise
gerade Linie, die zickiackartig wird, sobald im Faden eine schwächere oder
stärkere Stelle vorkommt. An Stelle des Gewichtshebelä kann auch die in
der Fig. 229 daigestellte leicht beweglich gelagerte Stange treten, die vom
die Leitrolle d, hinten den Schreibstift h trägt und mit einer l'eder f ver-
bunden ist, die der Zugspannung des Seidenfadens das Gleichgewicht hält.
Mit dem Apparat ist eine Vorrtchtong Terbnnden, welche die etwa vor-
handenen Knötchen etc. ani,nebt. Sie besteht aus einem um eine
Achse schwingenden Hebel x, dessen Ende dicht \\hpr Hem Seidenfaden y
liegt, während das andere mit einem Zeichenstift z behufs Anfzeichnung der
Knotenlage verseheu ist.
•
Wie schon angedeutet, ist dne gesdiickte (daher aber teuere) Handarbeit
die Hanptbcdin(,nuitr bei der Verarbeitung der Kokons. Es bat infol«/(Mles«?en
nicht an iiestrebunjfen gefehlt, die Gewinnung der iSeideufauer zu einem
reiu uiccLauischeu, von der iudividuellen Befähigung der Hasplerin unab-
hängigen Proseas m gertalten, wie dies auf anderen Gebieten der
Textilindustrie bereits ifeluuj^en ist. Von der Operation des Schlagens be-
ginnend, bis zum Aufwickeln des fVrtij^en nn^Lrefadens, sollte die Maschine
alle geschickten Handgriffe selbattbütig bewirken. Obwohl diese Vorrich-
f
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384
Avtmnatüefae* Hupda.
tungen noch nicht allijeraein gebräachlich sind, so scheinen sie nicht
nur für die enropäiscbe, sondern speciell für die amerikanische Sei-
deogtewittiiiiiig, -wo die iißun Sbmdarbeit Ualuv ihnr Entindteliing im
Wage tUnd, toü Wiehtigkrit für die Zaknnft ta aeb. Dicae Yomebtangiii
bieten nicht nar za imserem Thema einen interessanten Beitrag, sondern
sind im allgemeinen ein schönes Beispiel menschlichen Scharfaiiilie und
Fleisses, so da.s8 man nicht umhin kann, sie hier anzuführen.
Trotz der peinlichsten Aufmerksamkeit der Uasplerin wird es ihr bei-
nfthe munOgtieh, mun abaolnt gMehmiarigan Saidenfikleii m, endelen, be-
aonden un SeUnaa der anabeDgenden Arbeit, und «enn aie lidi mir da>-
nach richten will, die Dicke des Gregefadens lediglich nach der Zahl der
in Arbeit befindlichen Kokons zu beurteilen. Dieser l'ifelstand hat dazu
geführt, nach einem 8<'ideuhaspel zu suchen, der sowolil die Auttiiulun;^' dfs
Kokonfadens als sein Anlegen besorgen, wie in jedem Augenblick die Dicke
dea Bohseidenfedena measen und frbdie Kokons automatiaoh einaehelien
würde. Die Lösung dieses ProUema iafe dem Amerikaner Serrell naeh
mehrjährigen Versuchen gelungen und zwar in einer Weiae« die in theo-
retischer Hinsicht als glänzend bezeichnet werden niuss.
ii^ine seiner ursprünglichen Vorrichtungen besteht im iSeidenhaspel mit
aallstthitiger Begaliemng der Fadendu^ Der Omndgeduike dieeer Ei^
findniig iat deradbe wie der snr Begiatrierang der Fadendicke konatraierten
Apparates, nämlich den elastischen Faden aber awei Rollen hinwegcnfnhren
in der Art, dass der Faden sich um einen gewissen Prozentsatz seiner Län'^'o
ausdehnt und dabei die iiebeischwingungen veranlasst, welche vom £ründer
Üiyitizeü by LjüOgle
386
Bar Kontrolle und Begalwrang dea Betinebea unter Anwendung von ent-
weder nor meebaniBchen BSlfinnitteUi oder eines dektriaehen Stnmiee be-
nutzt werden. Der SeitleiiliiiHpel etnpföngt seine Bewegung durch die Än-
triebscheibe unter Vermittelung von »Teeif^netcm Räderwerk. A»f der Acb.se
des üaspel» B sitzt eine Schuursclieibe, welche die Walzeu UlJ iu Betrieb
seist. Die Urnfftugsgcschwindigkeit des Ibspels B ist etwas grösser, als
diejenige der Wdse D. Der ans mehreren Eokoiui gebildete Faden wird
dnreh einen mit grosser Geschwindigkeit fanktionterendeD kleinen Hohl-
«jlinder hindiTrchji^erührt, der nach aussen nnt drei nach unten ntn-
gebogenen Spitzen versehen ist; im Innern trä<j:t er einen aus einem ilureli-
bohrteu Achati$tück gebildeten Fadeuleiter. Der aus dem liuLlc^iiuder aus-
tretende Faden umwickelt znuBdist mehrere Haie die Walze D, so dass
jede Verschiebt. Hl; l ifli t/ i rer vwmiedenwird, und ixAd dann überRöllchen an
den Gegengewiclitsbebeln FF\ um schlie-slicli auf den Haspel B zu ge-
lan;^'en. Da die l mfanr^geschwindigkeit des Hiispelfj um einen bestimmten
Proceuttötz (5%) grösser ist, als diejenige der Walze i>, so erfährt der Seiden-
&den eine deni enta^wohendeVerlängernug. Infolge derselben entsteht im Faden
«ine gewisse Spanuong, welobe im allgemeinen vcm setner Dicke abhingig
ist. Vermöge dieser Spannung wird der Gewichtshebel F niederwärts ge-
halten und der Hebel f nach oben gezogen; so lauge der Faden die
gewöhnliche Dicke und mithin die nämliche Eiasticität behält, verharrt der
Hebel F in seiner nntM«n Lage; dMsdbe bewegt sich naeh anfwSrts,
sobald schwichere Stellen dss Fadens kommen. In diesem Falle bleibt xwar
die Verlängerung des Fadens gleichmässig, da der Haspel B sich mit immer
gleicher neschwiiuli'^'keit umdreht, also auf die gleiche Faden läii ■,>•<• aufrollt;
aber die Festigkeit des Fadens nimmt ab, der Hebel F steigt vermöge der
Wirkung seines Gegengewichts aufwärts, nimmt eine neue Gleichgewichts-
li^ ein und trifit hierbei g^en eine Sehraabe, was den Sehluss eines
elektrlsdien Stromkreises hervorruft. Damit nun derselbe ein oder mehrere
Kokonfadchen mit dem zn pcliwaeh befundenen Faden zn vereinigen vermag,
ist folgende Einriehtuni^ uetroH'en.
Alle Kukous sind in kleiueu ßehälteru au der Peripherie des Trägers //
von krdsfdrmiger Oestatt dngereiht, derart, dass die Enden der Kokon-
fSdehen nach aufwärts stehen. Der Trüger // sitzt auf einer Welle, die
weiter unten ein Sperrrad mit ebensoviel Ziilmen, als der Träger Kokons
zu fas^ien vermag, trägt. An die dem Sperrrad /.ugehörige Öperrklinke ist
mittels eines kettchens ein Hebei L angeschlossen, welcher durch ein Hub-
leug jedeemat dann in Bewegung gesetzt wird, wenn der Faden schwieher
resp. der elektriadko Stromkreü dnreh FiUiporsteigen von F geschlossen wor-
den ist. Die diasbezfigUche Bewegung des Hebels L wird durch einen eigen-
artii^en Mechanisnins mit Elektromagnet vollzogen; dieser Mechanismus
setzt sich zusammen aus einem fest auf der Welle sitzenden Sperrrad,
welehee direkt von der Masehine in regelmlesiger Bewegung erhalten wird
und aus einem loee auf derselben Wdle ätsenden, das Rad umgebmden
StlbCTBRBB, Dl« SM« 25
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386
AnloaMtiMh« Hüpetn.
Deckel. Dieser ist mit eiuer bettoudereu Klinke versehen, die mittels
Federkraft gegen die SperrradssSlme hingedrOekt wird. Femer ist «in den
HeM L beemflnMender Daumen au erwähntem Deckel angebracht. Seit-
wärts von diesen Teilen befindet sich ein Elcktroma^fnet G und ein Hebel, der
80 konstruiert ist, dass durch ihn wülirend der Stromonterbrecbung die
RQekwärtsrerlangerang der Sperrklinke derartig festgehalten wird, dat»
die EUnke nidit in die SpernAtine einingrafen rwraug. In dfeeem
Falle dreht mch das Spernad fni unter der HliBlie mgt ohne dem
Hebel L ixgead welche Bewegung mitmteilen. Sobald jedooh der elektriiohe
VIg. 2SL AotoiBktiflolutr B«tdenhMp«l (Vnterer T«U).
Stmni dnrch den Klektrotnagneteu hindurchgeht, was beim Diiunerwerden des
Fadens und Auseinandergelieu ilor rJc^'eiiLrpwiclitsliebel F und F' eintritt,
wird der Anker bei G augezogen, die i\ linke wird frei, sie fallt in die
Sperrzähne ein und es erfolgt ein Mitnehmen de» umsch Hessenden Deckels.
Der mit diesem Deckel verbandene Daumen vermaaclit bei jeder ümdrdmng
ein Anschlagen des Hebels L; diese Bewegung nbertiigt eioh Tttmittelet dee
Kettchens g auf den Sperrradmechanismus und veranlasst eine so
grosse Drehung des Kokontriicrer.«, dass ein Kokonfadenende von den
Spitzen erfasst wird, d^ie sich mit dem kleinen Huhlcylinder umdrehen. Es
nt ereiehtlich, den erwähntes Fadenende eondi nm den dnrdi die Hi5h-
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AlltMDKlSlobH HMpdll.
387
luDg des Cyliiiders bereits bindurcbgehenileu Fadeu beruiugeführt wird und
axth mit ditsem vereioigi. Qenogt ein neues FSdeben noeb niebt, um den
Faden atmeicbend su verstärken, so fQgt der Apparat je nach Bedürfnia noeb
ein oder mehrere Fädchen automatisch hinzu. Somit ist der Gang
des iü Frage stehenden Seideuliaspels ein sich selbstthütig retfehidor; wird
der ßohseidenfaden zu schwach, so steigt der Hebel F aufwärts, der elek-
trinshe Strom wird gesehlosB«, der Kokoniiiger rttcbt Torwlrta, ein
oder mebrere KokonfSddben werden an den GrSgefeden angeBcbloncn
rid SIS. AntomktUcber Seldealuaiiel (Obanr TaU).
und diemr leintere aelbet bewirkt wiederom, eobnld er wieder aeine nor-
male Dicke hat, das Niederziehen des Hebels F nnd damit die Tor-
iruifitre Wicdoraussf'rbetriebsetznng d'"-- Regnlierunp^pmechanismus. Diese
Bewegungen und Verrichtungen wiederholen sich je nach Bedarf. Der
Hebel F' ist mit einer einfaeben Yorricbtuug zur Herbei fUliraug des Still-
standee des Haspele für den Fall tetaeben, dass der Faden serreiwt. Sowie
dies eintritt, bewirkt jene Vorrichtung das Anhalten des Haspels B und yw
mittelst der Übertragung 1 auch der Wal /.in DD.
Pie Fiijuren 2^2 — 34 '/.cvjeu fiiic etwas ahueiuiderte, vervollkommnete
KoiLstruktiou de& autouiatischea •Seideubaspel», die zu dem Zweek angeführt
25*
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AntoiDBkiaQlMi HaipelB.
werden soll, das Aageomerk auf einige interessante Verblltuisse, nSmlidi
die SpamrangMMiaglmdning bei der wlliefcthitigen Begnliwang der Faden-*
dieke, zu richten.
Die Fitdclien der im Wasser des Beckous h umlaufiudcn Kokous n
werden durch den Fadenführer e geleitet und alsdann üher die Scheiben
dd^ geführt. Von der Rolle W ab wird dur Faden auf dem Teil seiner
Länge gedreht, welcher sieh swiechen dem Fadenföhrer c und der Rolle d
befindet, wodurch die Kreuzung e gebildet wird; dann wird der Faden um
eine Walze f in einer genügenden Anzahl von Windnnjjen jjelefjt, um ein
Verschieben zu verhindern. Von der letzteren ^'elit der Faden /u dem Uaspei
g, nachdem er zunächst eine Scheibe die an dem Ende eines bei j ver-
bolsten Komtndlhebele « befestigt ist, passiert hat. Termittelst dsr An-
triebswelle k und des Riemens tf* wird der Waise f und dem Haspel ff sine
rotierende Bewegung erteilt, wobei die Dimensionen der beiden so gev.:;' It
werden, dass die ümdrehun<?vgeschwindigkeit von 7 etwas grösser uu fa'.lt,
als die von f. Infolge dieser Differenz wird der öeideufaden, wie bekannt,
einer Ansddinm^ nnierworfen, die dem üntmsdkied proporticmal ist; die
Ausdehnung beiw. Anspannong des Fadens findet anf dem Teil seines
Weg» statt, der zwischen den Punkten f und g' liegt. Diese AuHpan-
nnng bildet bekanntlich den GrundLredaukeu für die Wirkung des früher
beschriebenen .Seideubaspels. Eine Feder m zieht den
Hebel i von rechts nach links, entgegengesetzt dem
Widentande, der dnrdi den angespannten Faden entr
steht und den Hebel von links nach rechts zu ziehm
_. „„, . sncht. Hei n sind je zwei Stüeke eines elektri?fchen
3114. AutomsUacbCT •>
8eideiiiiMp«L Kontakts, von welchen das eine fest, das andere
dagegen an dem beweglichen KoutroUhebol i befestigt
ist, angebracht. Das Resoltat, welches dareh Ftthrang des gespannten
Fadens Ober die Scheibe h ersielt wird, besteht bekanntlich darin, die
elektrischen Kontaktstncko n so lange, als der Faden seine normale Stärke
besitzt, {getrennt zu halten und ein Berühren zuzulas^pi; , um einen
«Stromkreis zu sch Hessen und die Speisevorrichtuugeu, durcix welche ein
frischer Kokon&den dem sieh hildenden Rohaeidenfaden hinzugefügt wird,
in Bewegung za setaen, sobald der Setdenfaden an fein wird, d. i. wenn eines
der Kokonfadchen a bricht oder abläuft, oder wenn aus irgend einem an-
deren Grunde die Dicke des Grigefadens abnimmt. In die^m Falle
kann der letztere der Feder m nicht länger genügenden Widerstand
entgegensetzen, nm' den Hehel in der mit vollen Linien gezeichneten Stellang
nnd folglich die Kontakte n getrennt zu halten. Die Feder m wird im
Gegenteil den Widerstand des schwach gewordenen Fadens überwinden, den
Hebel i nach links in die mit punktierten Lii'ien gezeichnete Stellunir ziehen,
bis die Kontaktstücke n sich treffen. Sobald dies erfolgt, ist ein elektri-
scher Stromkreis geschlossen, wodurch unmittelbar (mittelst Antriebvorrioh-
tongen, die hier, da sehen frnher besohriebw, nicht anfgesetehnet sind) ein
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Autoni«ti»chM Haapelo.
3B9
Kokonfaalter o eine teilweise Drehung um seine Achse macht, so dass eine
frische, einen Kokon a enthaltende Zelle in die Bahn des Greifers c und des
Fadcnführers c gebracht wird. Das F.ndc des Fädchens a ist beim An-
fülleu dtiü Kokosbalter» vorläuhg an einem Zäpfchen befestigt; dieses Fid-
chen wild darah den sich drebenden Onifer e' ergrifient von dem Zäpfchen
weggerissen nnd den übrigen Kokonfödchen, wie mit punktierten Linim
gezeigt, angeschlosst II. Die Wirknnfr nnd Konstruktion eines Fadenfuhrera
ist bereits er5rtert worden. Sobald der Faden des Koknns n angeschlossen
ist, hftt der Faden seine normale Dicke und Widerstaudi^tärke wieder an-
genommeti; dar Kmtrollhebel i gelangt wieder in «eine gewöbnlielie Stel-
lang — die mit toUeu Idniem geenehnet iil — nnd die Kentaktat&oke
trennen sieh voneinander. Diene Wirkungsweise tritt jedesmal dann wieder
ein, wenn die Zahl oder Stärke der Kokonfaden wieder verringert wird,
d. i. sobald die vorhandene Fadenstärke keine nurmale wird. Die Span-
naug der Feder m ist enieprediend dem Widerstande des Seidenfadens und
seinem Titer xegaliert. Dieser Meehamarnns wirlct aelbstthfttig nnd basiert,
. wie b^amtt, auf dem Grundgedanken, dass die Anspannung eines Fadens
von gegebener Starke, wenn derselbe einer bestimmten Spannnncr unter-
worfen wird, f^leichmäss'if; bleibt, aber sich ändert., sobald die Fadenstärke <j;e-
ünderl wird. Nun erfüllt der Apparat das gewünschte Stromkreisschiiessea
bei tt, wenn der Faden nnter die Normalstärke henmtergeht, nieht gani
genau, weil die Bewegung des Hebels t von der totalen Spannung in dem
Seidenfaden abliiintrig ist. Die totale Spannimg, ausser der ahsiclitlichen
darcli den Unterschied der Walzen- und Haspeldurchm es.se r entstehenden,
ist die Summe von verschiedenen Spannungen, welche im Faden bauptsach-
lieb dareh die folgenden Unacben eraeagi werden:
a) dorch den Widerstand, der sieh beim Abwickeln von ZMt sa Zeit
durch das Ankleben der KokonfSdehen, wodnroh die Kokons «la d«n Wasser
gehoben werden, darbietet;
bj durch den durch die Friktion in dem Fadenf Uhrer c hervorgerufenen
Undontand;
o) dnroh den dnreb die Firiktion in der Erensnng E ersengtsa Wid«v
aftand u. s. w.
Da der Seidenfaden ausserordentlich elastisch ist, so wird er irifolge
dieser Widerstände, welche unrcgelmässig und uugleichmässig sind, mehr
oder weniger stark angespauut, bevor er die Walze erreicht. Er wird in
dieann Zustande anf die Wake an^ewlekelt nnd bat, naehdeDi er die letn-
tere verlassen, das Beatreben, sieh ansammenniziehen zn d« Liage, wdcbe
er besitzen würde, wenn er von den Kokons, ohne irf^end einer Spannung
unterworfen worden zu sein, abgehaspelt wäre. Die-^es J3estrel>en wird dureh
die vorhin erwähnten Widerstände, welchu der beabsichtigten Wirkung des
Kontcollapparatea Bintrag thnn, bervorgerufen, denn es ist klar, dass die
Angaben des letzteren nicht genau sein können, wenn die Feder m, statt
einsig und allein den doreh die absiebtUehe Anspannung dea Rohaeidai'
Digiii^uu by ^OOgle
390
Äutomutiscliea Haspeln.
fatlfiis infülgi' der Differenz der ümdrehTingiBgeBcliwindinrkeit der Walze iiiul
des Hu.s]>els hervorgebrfvchteu Widerstand — die Differenz ist proi)ortional
dem Widerstand, wodurch also die Stärke des Fadens genau gemesseu wird
— sn fiberwinden, anoli noeli dm beBsgien unregvImlBrigeii mid TuiRblen
WidaatiUicle sa bewftltigen hat. Die genaue Wirkung des KontroUappttKatM
iat ab«' auf der VoraaKfiet/iing basiert, dass der Faden, wenn er f Terlasst,
iiumer in derselben Beschaffen Ii ei t und nicht schon irfrond einer vorher-
gehenden, uuregelmüsBlgen Spannung unterworfen gewesen ist. Zwischen
f und / ist er in einer gegebaneo Gr5s»e aiugeddmt, i. B. 6%, dnzdi
den Üntenebied der TJmdrdHiagBgenbirisd^cdt tob f und ^, nnd w Shtend
der Faden seine normale Starke bdialt* wird er einen gleichen und kon>
stauten Zug inif die Feder m liussern und den Kontuldheb^ i in derselben
Stellung halten; wenn sich über die Stärke des Fadens verringert, wächst
die Vurlüugeruug, die Spannung der Feder nimmt ab, TerurHacht die Be-
wegung dee Eontakthebeis und die Berttbmng der Kontaktatficike n. Wenn
dagegen der Faden beim Verlanen der Walie bd f schon aogespannt und
ausgedehnt gewesen ist, indem er einem Torhcrcehendeu nnregelmlLssigen
Zug unterworfen war. ist seine Beschaffenheit, wenn er die Wake bei f
Terlasst, nie für zwei aufeinander folgende Augenblicke dieselbe; der Zug
auf die Fed^ m ki dann nieht nur derjenige, der lu dem UntoMbied der
XJmdfebungageiehinndigkeit der Walze und des Iffiispele gabftrt, anf den
Faden einwirkt und mit der Stärke desselben sich ändert, sondern er wird
noch durch einen anderen Faktor heeinflusst, der die Summe der Span-
nungen bildet, welche durch die verschiedenen Widerstände verursacht wer-
den, die den Seidanfadent baror er auf den Haspel gewidcdt wird, beeisp
flnaeen. Dieser Faktor Kndert sieb immer, und eein Wort kann aiemaU kal"
knliert werden. Die Angaben des Kontrollhehels sind mitbin nicht korrekt,
und es erscheint daher notig, dass in dem Moment, wo eines der Eokon-
fädchen bricht, der Seidenfaden gleichzeitig einem oder allen Widerständen
unterworfen wird i das Bestreben, sich zwischen f* und g' zusammenzuziehen,
wird dann in der Fed«r m eine Spannong hervormfen, die jener binioge-
fugt ist, der der Seidenfaden infolge des Unterschiedes in der Umdrehung»-
geschwindigkeit unterworfen wird; und wenn auch der Faden nur aus einer
geringen Anzahl von Fadcben zusammengesetzt ist, so wird die Fojtre sein,
dass die Kontaktätücke n nicht zusammenkomuieu uud der Kontakihebel
niebt sur Wirkung gelangt. Damit die nnregelmässigen Spannungen des
Seidenfadens, wenn er den Kontrollappamt passiert, der genauen Wirkung
des Kontrollhebels nicht widersprechen und, nui die dadurch entstehenden
Fehler aufzuheben, konstruierte Se-"'""!! den Hebel so, dass irjrend ein durch
die Zusammenzieh nng des Fadens aut einer Seite des Hebels ausgeübter Zug
dnrdi einen koirespcmdieraidMi gkieben Zng auf der entgegengesetzten Seite
kodpeadert wird, und der Eontrollbebel im Glridigewidit Ueibt. Dieses
Resultat kann durch verschiedene Konstruktionen des Kontrollhehels erreicbt
werden, woTon die wichtigeren angeführt werden. In den Fig. 236 nnd 286
Digrtized by Google
391
ist t'inc senk- und Wfipfcrochic Projektion einer Vorrii'lituiig ilargef?t('llt , in
weicher der Hebel i auf ; verbolzt ist uud an jedem Ende eiiio ScluHx' hh'
besitzt, f ist eine VVal;6e, Uber welche der Faden, nachdem er die Kreuzung
« (Fig. 233) verluaen bat, gefilhrt wird; g ist der Ha^L Li der Zeieh-
nniig rind »boehitieli alle Medwaismen für die Anspftnunng des Fadens
fortgelassen, damit die Konstruktion fosslicher wiedergegeben werden kann.
Der Faden kommt von der Kronznng, gelangt nach /, macht verschiedene
Windungen über die Walze um ein Gleiten zu verhüten, wird über die
Seheibe A' und nnilok um die W«lie gefobrfc, ma «e]die er wieder mehrere
Mal gewiekelt wird und eehUasBlioh Uber h auf den Haspel g gebracht. Die
Umdrehungsgeschwindigkeit von f und g sind in diesem Falle als gleich
angenommen. Wenn das Zusammenziehen des Fadens eintritt, wird derselbe
auf die Scheibe h einen ebenso starken Zug ausüben, wie auf die Scheibe
h'i da die Hebelarme Tom derselben Linge nnd die bei. Winkel der Zng-
riditnng ebenfibUe dieselben sind, so ist es klar, dass die Wtrknngen des
Zuges, wie gross aneh die nnregelmässigen Spannungen des Seidenfadens
F.e\v. TTn^gen, anf die entgegengesetzten Enden trl'"i<'ht'n sind, und da sie
in eutgegeDgesctztou Richtungen erfolgen, so gleicheu sich ihre Wirkungen
aus nnd der Eompeusationshcbel bleibt im Gleichgewicht.
Aneh wurde an demselben Zweck ein dnamnger Eontrollhebel kon-
struiert, der die reelle. Spannung dee Seidenfiidras wiedergiebt und das
Haspdn in sehr gmaoer imd Yollstind^jer Weise legaliert.
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392
Autonaatiscbeg Haspeln.
Das Streben, das antomatisclie Seidenfaaspeln nach Möglichkeit vnn
ilt'i- menschlichen Heaufsichtij;ung und Gesohieklichkeit unabhängig zu
raacheu, veraulasste Serrell, Ijei Konstruktion süints Haspels ein neues
Priniip einzufahren, welches die automatisehe Znlahning de* Kofama h^
sweckt und dies derart za stände bringfc, daas die Kokons nach Aalbaiiine
nnd Anheftung des Fadenanfangs aus einem Fnllbasgin vermittelst einer
cirkulierenden Wju-serstromung in die Zt-Ilen eines <hehharen Kokonhalters
gefülirt und von hier nach Ücdarf in das HaspeDx'cken befördert
werden. Die Einriehtang ist ans der Fig. 237, die eine scbematische Dar-
stellung des KokoohalteiB ft, des Ffillbassins e, des Haspelbassins f und des
Fadenleiters zeigt, ersichtlich. Während das Anfüllen des Kokonhalters
bisher jnit der Hand ( tfol^te, wird dasselbe in dieser Vorrichtung automatisch
bewirkt. Der zur automatischen Zuführung der Kokons zum Seidenhaspel
dienende Apparat heateht in weseotiieben ans doem gewflhnlioheii drdi-
hann Ebkonhalter h mit einar Ansahl Zelleii an ssiner Peripherie, in «siehe
die in einem Füllbassin « sehwinin^* nd« n Xbkons durch Wirkung einer in
dem Beliiilter durch eine Schraube hervorgerufenen Wasserströmung von
seihet eint i i'ten können, und aus welchem Kokonhalter bez. den Zellen der-
selben sie nach Bedarf dorch einen selbstthätigen Mechanismus heraas-
getrieben weiden, nm in das Bassin f eines selhstHUWgen Seidenhaspek nnd
in den Bereich des üblichen Fadenleiters zu gelangen. Die anzulegenden
Kokons schwimmen in dem heissen Wasser des Füllbassins e nnd k&nn^n je
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AiitoiikfttiadiM BMpdn.
S93
BMh Umsttnden (Oestolt, Sdiwere, GiOase etc.) Tenebieden« Stellangen im
Wasser einnehmeD, sowie in verschiedener Art und Weise, in die Zellen
dos Kolvonhiilters h eintreten. Die Fiirlen sämtlicher Kokons werden mit-
einander voroinitrt nnd um einen Haken fjpschlunrrpn , %vo Kie infolj^e
ihres Leimes hängen bleiben. Die am nächsten schwimmenden Kokons
werden durch die kttnatlteli hervoigebracbte WMaeratTiSinimg in der durch
Pfeile angegebenen Biebiong in die Zellen dei KokonbnlterB getriebra.
Jedesmal, wenn an den Seidenfaden ein frischer Kokonfaden angelegt
werden mn^s, wird der KokonhaUcr h Ixkaiititlich nni einen Teil ge-
dreht, wonach eine leere Zelle desselben den Kokons gegenübersteht
und einer der letsteran bineintritt. Die in den anderen Zellen vor-
bandenen EoboBB gelangen durch Drehen des Eokonbalten naeheinander
zum höchsten Punbie deaaelben, von wo sie dann durch einen besonderen
Mechanismus, denen Beacbreibong hier zu weitläufig wiie, anigeworlen
werden.
Der höchste Kokon nimmt nacheinander die durch punktierte Linien
TeranBchauliebten Stellung«! an und lallt in das Haspelbassin wobei sein
FiBdcben angespannt bleibt und nach Erfassung von dem rotierenden
Oroif.r des Fadenleitem dem sich bildenden Rohseidenfaden snge*
tuhrt wird.
Da, um eine irgendwie erhebliche Leistungsfähigkeit zu erzielen, was
gerade beim masdiinellen Haspeln ein gans bedeutender Faktor seiner prak-
tischen Verwendbarkdt ist, an jedem einaelnen Haspel die oben besebrie-
bene Einrichtung angebracht werden müsste, was jedoch in ökonomischer und
praktischer Hinsicht Mi fsstän (1p vcnirsachen würde, .so hat Serreil in einer
Maschine zwei oder mehrere An lege Vorrichtungen angebracht und versorgte
^eedben dureb einen einzigen Kokonhatter. Bs weiden blerdntch die Vor-
tale der Yenrnndernng des nötigen Raumes, der Yereinfachnng der Maaefaine
und Erlei^terong der Überwachung erzielt. Ausserdem leert f^icli dieser
einzige Kokonbalter bedeutend schneller, riK diejenigen der Haspel-
maschine mit nur einem Rohseidenfaden imstande sind, die Roücrvckokons
werden infolgedessen schneller verbrancbt, haben daher weniger Zeit zum
Trodmen und sind folglieb weniger dem Zerreissen ausgesetst. Li dem
Apparat kommt ein selbstthütiger Yerteiiungsmechanismus zur Verwendung,
der aus einer Zan«^e besteht, die einen Kokonfaden zu irgend einer der
über ileni BaRsin in einer Reihe angebrachten A niegcvorrichtnngen bringt;
sie kehrt dann in den Kokonbalter zurück, fasst dort einen frischen Kokon-
fiiden und wartet, bis das Anlegen desselben an einen der Robseidenfiden
notwendig wird. Die Wirkungsweise der Maschine ist aus der schematischen
Darstellung in der Fig. 238 ersichtlich, wobei der Einfachheit han>er nur eine
Aulegevorrichtuug rosp. lliispel (der 2. in der Reilie) gezeichnet ist. 6' ist der
Haspel, 9 die bekannte Vorrichtung, welche die Dicke resp. Starke des Roh-
seidenftdflnB reguliert, 7 iai die Anlegevoiriehtuiig und B die gewt^bnliebe
Kreuung, A die Ej>koiiB| welche un Benin sdiwimmen nnd 12 der
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394
AnlomaiiacbM fiMpdiL
eimtige Kokoidialter, weleher die An1egeT<Mrriclitiiiig«ii der Mnsdiuie ver-
acxrgen soll.
Die zum Haspeln der Seide bestimmtcu Apparate .sind so gruppiert,
Aas9 sie ein Arraugement bilden, das durch einen einzigen Kokoiihalt^r ver-
sorgt werden kamt Zur Erreichung ^eeee Zwet^ea vi die Amvoidiiiig
Flg. 238- ^tlanvaUUmg Mr don wtomaMtohwi Kokoabaapti.
einer beweglichen Zange 12 erforderlich, deren Mechanismas mit der gMisen
Masf'bine derai"t verbunden ist, dass diese Zange, welche in i)irer normalen
Stellung sicli Ixi dem Kokouhalter bofindet und zwischen ihi-eu Backen den
Faden eines frischen BeserTekokons festhält, diesen Faden der Anl^vor*
ziehtnng derjenigen der Apputtte 9 svfttlirk, deeien Begnliemngahebel dunli
seinen ediwiieh gewordenen Faden in Bewegnng geaetrt wird. Der Hebel
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AntomatiMbis Haspeln.
39&
dieses Regulierungsapparaics 9 schliesst, iudem er sich neigt, mittels eine»
Kontakte einen elektrischen Stromkreis, dessen Strom die Ansrückuug eines
besondrn n Mechanismus bewirkt. Für jede Kokonprnjppf 4 giebt es einen
ähnlichen Mechanismus, der dazu dient, die bewegliche Zange gegenüber
der Anlegevoiriehtimg aoxnhattttn. Zu gfoidier Znt unterbrieht diewr
Meeliaiiiamiis dektiueliea Strarnkma, aoMd die Aunücknng bewirkt
ist, und leitet Um in einen i* -ii Elektromagneten, der die Aosrnckung
der bewejrlichf'n Zange begrenzt; die letztere setzt sich in Bewegung, indem
sie den Reservekokou 4' mit sich zieht, bis sie mit dem Hefiiuinii chanisiUQS
desjenigen Haspels zusammentrifift, welcher die AusrUckuug TeranlMsfc
hftt Die AnlegeTomehtuDf^ etfust den Kokonfaden, nnd £e Zange
öffiiet sich, um beim Zurnckkehrcn auf ihren Platz den Faden eines neuen
Resorvekokons zu ergreifen, schliesst sich und kehrt in ihre normale äusserste
Position zarilck, wo sie eingeruckt bleibt, bis einer der Kegulierungsapparate
von neuem das Schwachwerden de» lluliseideufadens signaliüiert. 32 sind
die Leitnngadribte mna elektriecboi Stromkreiaea, dar durch den Kontakt
31 des Hebels einea aelbatth&tlgen Regulierui>g!<aj>parate8 9 geschloaaen wird,
wenn infolge der anormalen Stärke des Fadens die Ausriic.kimg ans der
Norniaistellung erfolgt ist. Der Strom gebt durch den Kommutator 16, der
auf dem äussersten Ende des horizontalen, auf der vertikalen Welle 17
durch «nen Keil befeai^ien Annes angehneht iafc, und durch den Elektro-
magneten 48, Die vertikale Welle 17 trSgt einen «weiten kleinen Am 44^
worauf ein Daumen 43 wirkt, der mit einem Zahnrad 38 von besonderer
Konstniktioii fest verbunden ist. Die Armatur 46 des Elektromagneten 48
giebt dieses Had iu dem Augenblick frei, in welchem der Hebel 9 den
Strondomis bw 31 geschlossen hat, wodurch die vertikale Welle ungefähr
Vi Drehung um sieh selbst macht. Infolge dieser Bewegnng der vertikal«!
Welle wird der Kommutator 16 den Stromkrris 32 öffnen und den Strom-
krei.s 19 scbliessen, und der Arm 1$, der anf der Vcrtikalweüe 17 mittels
eines Keilte wagerecht angebracht i^t, quer zur Längsrichtung der Maschine
so gestellt werden, dass er die bewegliche Zange 12 dort anhält, wo der
Faden des Reservekokons 4\ den sie im Kokonhalter 11 erfasst bat, gegen*-
über der Anlegevorrichtung 7 gelangt ist.
Jede Anlegevorriclitung ist mit einem fthnlichen Mfcliiinlsmns verbun-
den; die Zange 12, deren liahn, um bis zu dem entfernttsten Kokonhalter
ZU gelangen, ziemlich gross ist, wird also vor derjeuigeu der Anlegevorrich-
tungoa halt^, dnich welche ihr Ausrttcken veranlasst worden ist. Drasea
AusrQcken wfolgt durch den Elektromagneten 20, der beim Schliessen des
Stromkreises 19 erregt wird, was durch die Umdrehung der Welle 17 er-
folgt Dadiireli gelangt der Kommutator 16 von 32 nach 19. Das auf
den kleineu Wagen 13^ auf welchem die Zange 12 angebracht ist, wirkende
Oegeugewkfat 21 sucht denselben imniffir nneh links in Nalia der An-
legevoniehtungen vorbeimsiehen; durch die Schnur 22 aber, die an der
Kurbel 24 befestigt ist, &ßtm Noarmalstellong mit der Rnhestellnng der
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396
IDm Wiuaer in d«r Huidetei.
Zange (in dieser Stelhui)^ befindet sie sieh bei dem Kokonhalter) Gberein-
stimmt, wird der Wa<^rn /.iiriiclc;;tluilttn.
Wenn der Klt klrotiiagiit t 2i) di'u durc'h die Armatur 20 zurückgehal-
tenen Arm 27 ireigiebt, wird da^ Zahnrad 28 mit dem kleinen Rad 29^
«elchM «ieh foitwShraid dreht, eingreifen, wodurch daa Rad 28 «ine
Umdrehun«^ macht. Wahrend der eraten Hälfte densell« n vt rlassen die
Kiirh« 1 24, die Zange und ihr Wagen unter der Einwirkung dts Gi i/i^n-
gewichtes 21 ihre Stellunjjen. Durch das (iewicht 21 \vird dur Wagen
nach links gezogen, bis die Zange gegen die liemmTurrichtung 18 »täsat,
wodurch sie angehalten wird. Die AnlegeTomehtung erfaart den Faden
des ReservekokonB imd die Zange kehrt wSkreod der aweiten Umdrehung
des Zahnrades 28 in ihre ursprüngliche Stellung zurück. Das letztere ge-
langt dann ausser EingriflF mit dem kirinon Rade 29 und wird diirdi den
Arm 27, der sich wieder auf die Armatur 26 des Elektromagneten 20 legt,
▼on nenam in StiUftand Teraatat Da der Elektromagnet 20 mit den
Auarndningsmedianismen, die mit den AnlegefoniGhtangeii koneapoodieren,
in Verbindung steht, so ist es klar, dass ixgend «ner dieser UedLBnismeii
daa Ausräeken der Zange bewirken kann.
* *
«
Von grösserer Bedeutung, als man vermuten könnte, ist das beim Has-
|)ela zur Auweudong kommende Walser; es wirkt auf die Eigenschaften
der Produkte in so unTerkennliarer Weise, daaa eine auafthrtiehere Be-
sprechung geboten osehnnt.
Gablui und Textor') haben gefunden, daas die Wirkung wannen
Wassoi-s brini Haspeln darin Ix'stfdit, den guiiitnifirtigen Uberzug der Kokon-
faser za lösen und somit ihr Abwickein vom Kokun zu ermöglichen. Trots
des kuneen Terweilens im Uaspelbecken geht ein »emlieh beträehflkheir
Teil dw in der Bohfaser enthaltenen ISsliehen Stoffe in die LSsung, so
daaa bei wiederholtem Einweichen in warmes Wasser die Kokons bis
zn 22 — 26°/o ihres Gewichtes verlieren können. Mau würde sich also
im Irrtum befinden, wonn man annähme, dass man unter Anwendung
von einem sogar chemittch reinen Wasser wirklich in reinem Wasser has-
pelt; gleich nach dem Eintauch«! ISat daa Wasser Torsdiiedene Sah» und
ehio eigentümliche Saure, die in den Puppen enthalten ist, auf, und die
Kokonfaser selbst verliert 4— 6 des Seidenleims. Unter ümstaiuldi kann
ein solcher Verlxist deu Kigenschaften der Seide Schaden verursachen,
da die vorzeitige Entfernung der löslichen Bestandteile die Farbe, Festig-
keit nnd den Glanz der Faser beemtrikshlagt. Aua den Versuchen von
*J 6«tichto 4. dsatseli. cbtniNh. Oisdlwbaft> m, 17.
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Dm Waner ia d«r H«qil«Mi 397
Oabba und Teztor ging herror, dan die Abnahme der Fwt^keit mit dem
Yerinat an lOelieheii Stoffen in clinktera Verhfiltnls steht. Nach der PM«
fiin^ piner ß-rossen Anzahl in den Ha- pltToron Terwendett r Wassorarlen kamen
Irabba und Textor zum ilrg('l)nis, dass die Hiirte di'i-si lb<'n von 4 — 20^
variiert, und dass sie Mineralstoffe in iolgeudeui VerLältiii.-> eutüalLen:
Calciumkarbonat (Kreide) .... 0.0206—0,1339 g
Calciumsnlfat (Gips) 0,0000- 0.0560 „
Magnesiiumsulfat (Bittersalz) . . . . 0,0125—0,1000,,
Budinro- und Natrianichlorid . . . . 0,0000—0,0620 „
KohlensKur» . . 0,0010—0,0125 „
Es vviirde von ihnen festgestellt, dass dip ijn kalkfreien Wasser ge-
haspelte beide weniger Glanz und Festigkeit besitzt, als die in hartem
Waner verarbeitete, veü das letatexe weniger anflSiende ESgenscbaften be-
aitct. Theorelbch iat dies riditig; praktieelie KontroUTenuehe haben «m-
dessen gezeigt, dtM die Anwendung vlm-s xnäimg kalkhaltigen Wasser» sowohl
in qualitativer wie qniiiititutiver Hinsicht im ^'ünsti^'sten Fallf dif gleichen, meist
aber schlechtere liesultate liefert, als ein vollständig weiches, (jreniüss den
Ergebnissen versuchten Gabha und Textor die Wasser, welche su weich
waren, dordi Zoaats r<m geföUtem Gipe, Ibgnettttmaulfat nnd Kreide auf
den nötigen Grad der Härte zu briiqpai, mid sollen diese künstlichen
Wasser l>ezUglich der Qualität der gewonnenen Seide befriedigonde Resul-
tate ergeben haben. Übriu'ens verändert sich das Lösungsvennügen des
Wassers mit seiner Temperatur, so dass wälireud des Souimerö und
Winten an demselben Waeeer Tenehiedene ZnsSim an Hineraletoffen notig
aind. Aus dem obigen Expose geht herfor, daae for dii' lla^pel/.wecke am
'/.werk massigsten schwach kalkhaltiges Wa^sj^er zn gebrauchen ist. Wenn aher
kalkhaltiges Wasser, dessen Härte 20" nicht iilier<teigt, ans praktischen
Gründen zulässig ist, so muss andererseits seine chemische Reaktion wohl
berüelcncht^^ weiden. Atkalisebee WasBer darf fiberhaopt nicht ver-
wendet werden, weil es die Gate der SudenfiMer stark beeintrichtigt nad
speciell bei den empfindlichen Ras<8en, wie Japan, die Enieliing einee glatten
nnd glänzenden nr^gefadens nnmöglich macht.
Quajat') nahm infolge der Behauptung von de Beruardi''), dass
deeÜlIiMrtee Waamr daa vonsQgUehete zum Haapein aei, nne Pr&fimg
V«», wie sich die Festigkeit nnd Elasticitat der Seide bei Anwendung
des destillierten und Brunnenwassers von 6° HSirte heiaoastellen werde.
Quajat erhiolt Hesnltate, die darauf hinweisen, daf^s der Vorriig des
erbtereu in Bezug auf Festigkeit und Elasticitat der Faser ziemlich un-
>) Bolkttino mentile <li HachicoUura. fadova, 1888. S. 128, 148.
^ FSliamo bavoaa Mta. Toriao 1886.
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Dm Wuaer in d«r Ha^ltraL
bedeutend ist, obwohl anderetieits daa Äiiaaero der Seide, ihr Qlans und
ihre Zartheit, bei der Anneiidinig dtes feiiieii Wasser bedeoteod gewinnen.
Nach den Uiitt'reucliiingen von Ftm ?!(•« ? ist das dostilliertp oder
Kondensatioii8waiȊer ein Mittel par excelieuce, um tadellose Seide zu has-
peln, da es, als gänzlich ueuiral, keinerlei Nebenwirkung ausübt.
In den SeidenheepleKeien ist es Gehraveh, dass mm die dnreh Zex-
reiben der Pu{>pcn gewonnene gelbe, trübe, Fett und Salze enthaltende
Flüssigkeit dem Haspelwasser liinziisotzt. Die in den Puppen enthaltene
eigentümliche organische f?iinre, die sie bis zu 20— 30'^^ an das Wasser ab-
geben, scheint den Haspelprozess zu erleichtern und die natürliche Alkalini-
tit des Wassers anfsüheben; ist aber das Tetwendete Wasser sehr hart
(etwa 18 — 20") und alkaliseh, wie die meisten Ealkwasser, so hebt sieh die
gute Wirkung der Puppensanre teilweise auf. Das mit Pnppensaften ge-
sättigte Wa-sser wird im Huspalbecken längere Zeit, öfter«? einige Tage,
gar nicht erneuert und wird mit der Zeit duukelgelbiarbig und von stark
saurer Reaktion. Viele in dieser Art geha.spelte Seiden beataen in rohem
Znstande ein nnanaehnliehea, granea Äussere, liefern aber tvotadem, beatnip
ders in Uni-Schwarz bemerkenswerte Resultate. Nach dem Enthasten sind
solche Seiden übrigens ebenso glänzend, wie die anderen. BeilSnfig mag
auch bemerkt werden, dass der Glanz der Grdge von den meisten Seideu-
handlem als eine unwesentiiche, äussere Eigenschaft betrachtet wird, zamal
er temporSr sein, d. i. im Laufe der weiteren Verarbeitung Tersehwinden,
und umgekehrt in dner Ton Hause ans unseheinbaren Rohseide nach dem
Entbaf»ten etc. zum Vorschein kommen kann. Wo jedoch darauf geachtet
wird, eine auch ausserlich ansprechende Ware herzustellen, kann der natür-
liche Giuuz durch häufiges WecbHelu des Haspel waasers und Einhalten mög-
lichst niedriger Temperatnrgraisen gesteigert werden. Das Verfohren mit
Püppenfett ist jedooli im grossen und ganxen in den Fällen, wo ein einiger-
mafsen reines Walser zur Ycrfiigung steht, unrationell und scheint that-
sächlich nach und nach im Vorschwinden begriffen zu sein. Es wurde auch
konstatiert, dass der Verlust an öeidenleim bei Anwendung der Puppensäfte
weniger bedeutend ist; mag dies darin seinen Orand haben, dass der Seiden-
leim in fetts&arehaltiger Flflsngkeit weniger löslieii ist, oder dass sich ein
gewisser Teil der Fette und Salze auf der Seidenfaser selbst fixiert, so wiegt
doch dieser geringe Vorteil alle übrigen Nachteile des Verfahrens nicht
völlig auf. Die Untersuchungen von Kotondi*) haben dargethan, dass die
saure Reaktion des mit Puppensiften veisetsten Wassers, wdehea man im
Kupelbeeken lingere Zeit nicht erneuert, und das infolgedessen riet Puppen
der abgehaspelten Kokons enthält, auf die Anwesenheit der Harnsäure und
ihrer sanren Salze sorttckzufuhren sei. Rotondi vertritt die Meinung, ein
•) Moniteur des soio^, 1890
*> SuU' Influenza üeila qudlitä delle acque luate nella trattnra dei bozzoli. lioiua
1S90.
Dm WaiMT in der Haqilerei.
399
vollstaiMlig reiaei Wacaer m f&r die Zwecke des Haspeloe ohne Vonteile.
Sowohl die gelhen wie die grünen Kokonrassen liefern mit massig hartem
(die ersteren anrh mit ziemlich hartem) Wasser viel bessere Resultate. Unter
den den Haspelprozess befördernden Sakeu sind in erster Linie die Sulfate
der Eidalkalien, dann die Karbonate mid (^ilnjde m nennen. BA fiber-
misrigeni Hirtcgrad (fther 20®) llnt neh der ttberaehfiasige, for da« Has-
peln in diesem Falle naohteilige schwefelsaure Kalk (Gips) durch Zasata
von etwas Chlorkalinm nnsrhädlich machen, h^i ?n woiclvra Wasser (unter
8 — 10 ) soll nach Rotoudi dirtikt Gips hinzugesetzt werden. Der geeignete
Härtegrad betragt für gelbe Kokons 12 — lö'', wobei wenigstens die Hälfte
dem Gips eukommea soll, iBr die grBne Basse soll dann die Ettrie 12*
nicht übersteigen.
Vignon*) hat deu Einfluss de» TTiuspelwassers auf die Qualität der
Seidenfaser in der VVei.se untersucht, dass er durch künstliche Ztinatze von
Chemikalien ihre Wirkung im einzelnen festgestellt hat. Diese üntersuchuiigeu
erstrecken sich auf den Gung des iiaspelns, die Fsstigkeit nnd Elestidtit der
erhaltenen Gröge, ihren äuseerai Charakter und das Verhalten beim nach-
träglichen Zubereiten, Zwirnen und Entbasten. Die Ergebuisse dieser sehr
sorgfältigen Versuche sind folgende. Die Arbeit des Haspeins wird durch
einige Mineralsalze erleichtert, durch andere verzögert oder ganz unmöglich
gemaebi Für Teigleiehende Zwecke sind die Mengen dieser Salae iqui-
valmt verwendet worden, ao s. B. Gifte (CSa S O4, 8 aq.) 1,72 g pro LHer,
Magnesia (MgO) 0,40 g pro Liter des Haspelwassers u. s. w. Während
nun beim Zusatz von Calciumacetat, Kaliuinsulfat, Chlorkalinm, Spnren von
Pottasche nnd Chlormagnesium das Abhaspeln sehr gut vor sich geht, wird die
Regelmä8sigkeitderArbeitdurchZusatstTonCblorcalciuinnndGips,vonPottasche,
Spnren von Kalk und Magnesia, sowie Hagnesiurnsnlfit nnd -Karbonat in awar
nicht wesentlicher, aber deutlich erkennliiirtT Weise beeinträchtigt. Der Zusatz
von Kreide verursacht cnv Haumige Jieschaffcnhoit der Grege; Pottasche in
einer äquivalenten Meii^c (1,3H g per 1) macht das Abhaspeln sehr schwierig,
ebenso schlecht wirken Kalk und iu geringerem Mafse Kaliunmcetat. Destil-
liertes Wesser ergiebt hingegen gnte Rraultate. Es ist sethstverstindlieh,
da.ss die quantitative Au.sbente an GrSge in direktem Verhältnis sum qua-
litativen Verhalten beim Haspeln steht, und ebenso vtrhiilt es s-ich mit der
Festigkeit und Elasticität; die letzteren variieren übrigens ziemlich
unbedeutend. Weit mehr dag^a hängt von der Beschatlfenheit des
Wassers das Äussere der Robseide ■ ab. Dieeea Äussere, der Glana, die
Farbe, und vor alleoi die Gliltte des Seidenfadens, ist beim Handelsverkehr
von ziemlicher Bedentnncr. Von den Kalksalzen beeinträchtigen Gips und
Clilorcaleium sowohl den Criff, wie den Glanz der Gretro; kohlensaures und
essigsaures Calcium sind in iKjuivalenten Mengen ohne EinÜuss. Kalisalze
sind im allgemeinen von güustiger Wirkung. lUfit sohweftdaaiiran Kali
Beeherebw sar la Mit. Lyon 1891, S. 108.
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400
Dm Wawer in der Haipletei.
übertrifiFl die Rohseide in ihrem Äusseren und im Griff die in destilliertem
Wiisscr pchnspolto. Anrlcrt' Kalisiilzi" , wio Chlorkalium und Pottasche,
tuacheu den Urilf weich, auch essigsaures Kalium liefert gute Resultate.
Durch Kalk und Mugiiesiu wird, abgesehen von der bchlechten Wirkung de»
exsteran beim Gang des Ehspelns, nur dar Griff weich gemadit und die
Xuance, nwiie der Qlanz etwas beeinträchtigt. Von den Magnesiasalzen
hat Clilormngnosium giiteii Kinfliiss, pchwefelsanres nnd kohlensaures Salz
vorschlechttin den liritF und beraulxii (Ito Faser ihres Glanzes. Die Sul-
fate, Chloride und Aceiatc von Calcium, Kalium und Magnesium, ^wio die
Karbonate ron Calcium und Magnesium verleihen der Orige einen efcwaa
höheren Titer, dank der Absorption dieser Salze durch die Seide. Alkaltaeh
reagierende Stoffe, wie Kalk, Magnesia und Pottasche vermindern die Aus-
beutf in einer betrüclitlichen \V'pi«>e, und ihre Wirkung auf die Qualität der
Faser ist bei der ziemlich hoben Temperatur des Waasers im Sciilag- und
Haspelbeeken eher eine mq^flnatige. Es muaa bei alledem doch ange-
geben werden, dam es bei dar Behandlang einiger zarten Gattungen Kokons
vorteübafl ist, sweeki Yemiinderung des liQsnngsrarm&gen.s dem reinen
Wasser geringe Mengen enisprechender oben angedeuteter Salze hinzuzu-
fügen. Ihre absolute und relative Menge wird in jedem specielleu Falle zu
beme!>seu sein.
Wie aus obiger £r9rterung bervorgeht, ist die Kontroveiee, ob in reinon
oder mit künstliche Zn^tzen Tersetstem bezw. hartem Wusser gehaspelt
werdLii soll, noch nicht entschieden und wird kaum definitiv abge-
8chlos!»en wenl»-n, d.i es immerhin einzehie Fülle gie1)t , wo ein \ erfahren
vor dem anderen bedeutende \ orteile bieten mag. im aligciueinun scheint
jedoch die Meinung, dan ein möglichst reines Wasser das zuverliissigste
sei, immer mehr Platz zu greifen. In rationell betriebenen Uaspltnien
wird stets für die Reinheit desselben gesorgt, indem die Kinweieli-
nnd Sclilai^-, sowie die Haspelbecken t{4;lich mehrmals frisch gelullt
werden. In eiuigtu Betriel)en soll sogar das langsam äiessende W^asser
mit gutem Erfolg angewendet worden sein. Ala reines Waeav ist in der
Praxis das Kondensaücmswaaser au betraebteu, dann das Granitboden
ent»tammeude Quellwasser. Das in den meisten Füllen zu Gebote stehende
ist indessen kalkluiltig; wo der Härtegrad 5 — 15*^ nicht ilbersehreitot, kann
es trotzdem ohne Zusätze verwendet werden. Kieselerdhultige V\ asser sind an
und tOr sich för Haapelzweke gut geeignet ESnen Beweis dafttr, dass mSg*
liebst kalkfreies Waaser bei weitem zuTorlfiasiger ist, Ueferi die nidkt ▼«>
einzelt dastehende Thatsache, dass < inige kankasische in verschiedenen
rifgcndi'ii geleirene Seidfiihasidereien mit einer nnd derselben Gattung K(t-
kons in Hezug siul Ausbeute und Qualität verschiedeue Resultate erxielteu,
und hat es sich herausgestellt, dass die Ursache am Wasser lag. Das
harte Wasaer hat geringere Erfolge ergeben, hat sich aber bedeutend ge-
bessert, nachdem es in den Bassins mehrere Tage hindurch dem Sonnen-
licht ausgesetzt war. Da das letztere den gelösten doppeltkohlensauren
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Gr^eproduktion. ChiiUL
401
Kalk in Kohlensäare nnd unlösliche Kreide zersetzt, so ngth diMe Fki^
sedur ein in natttclicher Weise weichgemachtes Waner.
»
Dan einfaehrtMi Bo1»eidenüMlen nennt man Grdge, gresza. Je naeh d«^
Ansahl der Kokoufüdchen, aus deuen er sich znsammenadst, giebt es Otikg»
von verschiedener Dicke oder Titcr. T^iiabhanqif» dnvon unterscheidet man
einige besondere Abarten, die jedoch hauptsächlich anormale Gattungen sind,
wie z. B. mezza seta oder aedetia aas. miaderwertigen , fleckigen Kokons,
{inner aeta dopf^onata ana DoppelkokoiMi n. s. w. Im Naohatehenden »ollen
stati.sti.«chi' Daten über die Haaplerei in verschiedenen Ländern und die
wichtigeren im Flimdel vorkommenden Gregegattungen nröHert werden.
Die Gregen des chinesischen Reiches waren eheiuais von viel hesserer
Qualität, uU durchschnittlich in neuerer Zeit, denn im XVII. Jahrh. und
noeb aa&nga dee XVIII. Jabrh. waren die Smden von Gbina neben denm
von Indien ihrer Güte halber böher geschätzt, als diejenigen von Italien und
Frankreich, nnd kamen bei weitem mehr in den Htiudel. Die ostindische
Kompagnie wollte sogar deren Verwendnng /nni \\ ehen gewisser Stoffe
obhgatoriscb gestalten, und die Lyoner Manufaktur, dieser Anmaisung
Widereiand leiatend, fObrte einen aebr langen Proiess gegen dieae
Handelsgeeallacbaft, den sie sebliesslioh im J. 1714 gewann. Durch Ex-
pertisen wurde nämlich festgestellt, da&s die Seiden Frankreichs und Italiens
die indischen und chinesischen Grepen zu rrsptwn im stando sind, aber
düsä die Seide von China, die weisse äeide von Nanking, wie mau sie da-
mala nannte, für die Gewebe der Gazen nnd Spitaen nnentbcbrlich iet Im
Jabse 1781 wurde diese Seide mit einem EingangssoU von 6% belegt; die
GaEelabrikanten von Paris und Lyon bewirkten die Aui^ebnng dieser Stener,
Hfid aus der Denkschrift, die sie hierüber au die Regierung rieliteten, er-
sieht mau, dass die Nankiuggrege die einzige war, von welcher sie Gebrauch
machten; der Eingungszoll betrug nämlich 100 — 120000 Lima pro Jalir.
Wabrend £ut aebta% Jahren batten Lyoner Fabriken die aaiatinehe Seide
ausser Acht gelassen, eo daae selbst jede Erinnerung au ihre Eigenart nnd
tinalitilt a'idniirh'n gekommen war. Als sie daher infül<fe der Zei-störnngen
durch die Kpi<iemie Zuflucht zu diesen Seiden nehmen nmssten, brachte man
mehrere Jahre mit Vei»uchen zu, ihre iiandhabung vuu neuem kennen
an lernen.
Die cliinesischen Gr^gen sind sehr verschiedenartigen Cliaraktem; die
zahlreichen Hassen und voneinander abweiclienden Verarbeitungsmethoden
einzelner eliiuesischer Provinzen tra;^eu dazu bei, dass chinesische Rohseiden
unter den mannigfaltigsten Namen in den Handel kommen, die einerseits
die QoaUtiltt andereneits die Herkunft nnd die „trada maik** dee Ursprungs
tragen.
Im grossen und gansen lanen rieb jedoob die chineiischeu Grdgen in
. Sllbormsnn, I>i« B«id«, 26
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402 Grtigeproduktion. China.
drri Haupttypen emteilen: die wn'ssoii, die gelben und die Kanton-
gregen. Die weissen Cbinaseiden, die Tö",, der Oesatntaiisfulir aiis-
luacheu, wurdcu früher als Nankiug bezeichnet, bie siud vou weisser
oder grflnlieli«' FwIm und w«ideii hauptsiohlieh in den Ftorinaen Taih»-
kiang und Kiangra erxengt; die wicht^ten Provenienien der elnaelnen
Sorten sind Chincum, Wrx^zie, Liyang, Hoo, Tnnfa, Haining, Sehinkiang
und Nanking. Die gcllx ii Chinagregen entstammen (]« n Provinzen Tshe-
kiang, Ss-tschuen (Ss'chwau), Shautang, Hupch, Kuoi-tscheu u. a. und wer-
den je nach der Provenienz als Min-
. tsohen (Hinchew), Sintseben, Faoning,
Shanking, Sse-tnng-hien, Sicbong etc.
unt«'rschieden. Dio Provenienz übt
auch iuuerhall) einer und dertielben
Rasse auf die.Quahtät der Grege un-
r.g 2a» chincucbo orige wrkennbawn Einflut, so sind <Ue
Ss-tschnen-Sddea im Glanz und Griff
geringer, als dio von Tshekiang, dafür aber durch grössere Festigkeit ana>
gezeichnet. Die Chinesen liezeichnen die gelbe Seide als .,hoang-sse", die
weisse „peh-sse". Die Kaiituuseide ist das Erzeugnis der mehrerutigen Ras-
aat der ProTins Euaugtang. Sditieaslieh untenohcidet man unter den nord-
ehinesiaelien Ordgen, die für den Export von nur geringer Bedeutung sind
und den allgemeinen Namen „hsiao-shien-sse'^ (halbgezUchtote Seide) fuhren,
folgende Gattungen: „Shui-sse" die in l!eis^ern Wasser abgeha-spelt wird, im
Gegensatz zu „han-sse'\ die wahrscheinlich aus den Doppelkokons und nach
der trocknen Haspelmethode gewonnen wird. In China hat jeder Haspel-
betrieb, oft aueb jeder Seidenbindler srine Marlra, die auf der UmbfiUnng
des Packets angebracht i.st; dieselbe enthält den Namen und die Adresse
des Hasplers oder des llünfllers und ist oft mit einer Figur versehen, wie
Schmetterling, Elefant, Drache etc. Man kennt im Handel mehrere hundert
solcher Marken.
Die Ausfnbr chinesiseber Ordgen naeb London begann noeb vor
dem Jabre 1830. Von da ab bis zum Jahre 1845 betrog de S bis
8000 Ballen jährlich und erfolgte über die alleinigen für Europäer zu-
gänglichen Häfen v<in Shanghai uud Kanton. Von 18-16—53 wuchs der
Export allmüiilich von lOOüO auf 30000 Ballen, und erreichte 1854—63
sein Mazinnun von 40^80000 Ballen, um 1864—76 auf 28—40000 Bal-
len berabnuinken. In der Periode 1877 — 93 bewegt sieb die Ausfnbr in
den Grenzen zwischen 8 — 25000 Ballen, mit Ansnahrae des J. 1884, wo eine
Höhe von 31000 zu verzeichnen ist, Die.«e Almalime des Exports nach
England hat iu der Verschiebung des Seidenmarktes nach Lyon ihren Grund,
welche weiter unten ansf&brUeber erörtert wird. Die ebinesiseben Grdgen
waren Tor Jabren niebt von derselben guten Bescbaffenheit, die sie beutsU'
tag^ aufweisen. Ibra Verarbeitung war sehr schwierig, so dass sie nur in
8^ groben Titern verwendet werden konnten. Das Uauptverdienst iu der
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Ortgaproduktion. China.
403
Yerbesserung chinensehdr Gregen fällt den Amerikanern zu, die die Cbineaen
dfizw brachten, statt der primitiv und uaclilässig freliai-peUen nnJ üffers
uuterbrocheiien Gespinste, einen tadellos windenden Faden zu lief ein. Be-
reits 1840 sandten sie nach Eantou Musterstrünge und vervollkommnete
Windemuchmen mit dem Anfing, alle für aie bestimmte Seide mit giQeeter
Sofgfalt amztthMpeln. Die hergesteUten Geepinste erhieltNi den Namen
„rereeied" oder „redevidoe'S d. i. nmgehn.s^^lt.
Nachdem wir die Chinagregen im allgemeinen besprochen haben, wenden
wir uns ihren einzelnen Tjpeu zu und zwar zuerst den weissen Rohseiden,
unter Atnea die Teatleee die «iebt^e Rolle qnekn.
Nach der Anelegniig von Rondot bedeotiÄ das Wort Tiatlee eine aus
sieben Kokons zusammengesetzte Rohseide; naeh anderer IMemung bezieht
es sich auf den Namen eines Marktfleckens des Departements Hutschenfu
in Tschekiaog, wo timn in alten Zeiten Seiden von dieser Feinheit zum
ersten Male gehaspelt hat. Die Tsatleee sind ausnahmslos weiss und zer-
fallen in awei Hanpttypen: gewjäinliche und nmgehaspelte Tsatleee
(redevidees). Die ersteren werden in den östlichen Provinzen erzeugt, na-
mentlich in Nanking, Cliinza, Hoochura, Tacho, Lin^lioo, Hoochow (1. Hü-
tchen), Shon^ding e(c. Man imtersclieidet demnach Tsatlees aus Hutschen-
fu, Nanking, Hang-tächeu-fu, Ilupeh, wobei sie die tarnen Hu-tsatlee,
Hang»tsatlee n. s. w. führen. FrQher wurden die Tsatlees unter dem Namen
Nanking in fQnf Qualitäten eingeteilt; gegenirjirtig sind die drei besten Qua-
litTiteii fast ^'änzüch ans dem Verkehr verschwunden; sie kamen gegen die
lünt'/.iLrer Jabre auf den Lyouer Markt und ihr Gebrauch wuchs seitdc'm
fortwährend. Die Tsatlees werden von den lebenden Kokons gehaspelt, die
dem D&rren nieht ausgesetst wurden; daher sind diese Gregen ▼«! blsnden-
der Weine und sehr dauerhaft Da dieselben primitiven Art gehabt
werden, so sind sie ziemlicii unsauber und unregelmilssig, wodurch sich ihr
Gebrauch nur auf solche Fabrikate beschränkt, die keines «ehr gleichmäasigen
Fadens bedürfen. Ihr jährlicher Kzport beläuft sich auf ^0 — 3Ö000 Ballen.
Die Tsatlees rereeled, deren Verwendung Tim Jahr an Jahr steigt, sind von
grSsBoer GleiebmSssqjlEeit des Gespinstes, das in den Titem von 18 bis 28/25
variiert, aber immerhin noch nicht einwandfrei ist. Sic werden allgemein
zu den Ouvrees a tonrs comptes muliniert, um die Ungleichheit des Fadens
auszugleichen. Die ganglmrsteu Handelsmarken dtr T^ailecs sind: von der
besten Qualität, Tsatlee Gold Lion Kiutze und Tsatlee Bird Chunlin Ad-
vertisefflentf von den mittleren, Tsatlee Gold Kitin, Tsatlee Hontagne, Stork
foling, Stork chanling etc.
VuU r den übrigen Qualitäten der vveis-s-en Chiiiagrege sind folgende zu
erwähnen. Die liainiii, die sich von den Tsatlees nur dadurch unterscheiden,
das» die Packete etwas weniger umfangreich und die Farbe weniger weiss
ist. Diese Oattoi^ stanunt ans den sSdUchen, mehr flehten Provinsen
Chinas und ist ziemlich unsauber und flaumig; ihr einziger Vorteil besteht
in der Feinheit des Fadens, dessen Ttter von 14 bis 18/20 variiert, d. i. um
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404
Gr^eproüuktion. Cbio».
20 ".'g feiner ist, als der von Tsatloes. Zwei Drittel aller Ilainingrege
kommt uingchaspelt auf den Markt und ist iu diesem Zustande von den
Tsatlees schwer zu unterscheiden, denen sie aber in vieler Hinsicht nach-
atoht. Audi die Haogchowgrege ist auf den enUn Bliek den Taatieea
ihnlioli, aber in der Qnalitifc wen^r gut« als jene. Sie ist gröber, weniger
■anber, weicher, von baumwollartigem Griff und misst dorchschnittlieh
25/35 den., dagegen verhalt sie sich beim Winden bcKser, als die Tsatlees^
ihre Uaaptverwendnng findet sie zu Bändern und Posamenten.
Die weissen Kahings sind die besten Seiden Chinas, namentlidi in den
Qaalititen HaDg4iongi«ing, Lilj flower eto. Die Reinheit und Regel-
uAsigkeit sind die gleichen, wie bei TsaUees; der Faden rnisst 25'35 den.,
und wirkclt sich gut ab. Infolge der geringen Aiisfulir (ca. 3000 IJallen)
i.st ihr AuweuduDgskrei.-^ in Europa ziemlich beschränkt und ^war haupt-
sächlich für Näh- and Stickiseiden and Möbelstoffe. Die grünen Kahings
sind Ton derselben fiesobafiienhai, wie die wetseen, nur fon anderer Farben
die bei geringeren Seiden ins Graue spielt; der Titer misst 25/40 den. in
den besseren Qualitiitm- Cicada I, Mandarin, Dae M etc. Ihre Verwendung
finden die grünen Kuhings für Flocbes, Cordonnets, äticlcseiden, Posameuten
u. dergl.
' Die QualitStcn Cbincnm, Skmns, Wooaiee und Tajsaams werden in den
PrOTinzen erzeugt, die Shanghai nahe liegen. Die Chincum sind die besten
davon und alineln den weis.sen Kahinf»-s, von dcnrn .sie sich durch stärkeren
Titer, 30 bis ÖÜ den., unterscheiden. Die Ausfuhr geht nach London und
wird für Nähseiden besserer Qualität verwendet. Die Woozies, welche auch
9/12 Moos genannt werden, sind minderwertiger, als die Chineam, nnd da sie
von wenig glftnaendem Aasseben, ansaaber and starkfldig sind, 60/80 den.,
so können sie nur fUr Näh-, Stick- und Posamentierseiden Verwendang
finden. Für dieso Zwecke sind sie weit mehr geeignet als alle anderen,
selbst die feinsten beiden, und werden in England, der Schweiz, Frankreich und
Wiriilemh«g lebr gesdAtsL Die Skiinp sind von alleii wdsien China-
grSgen am dickfödigsten, 80/120 den., nnd daher nur för bestimmte Artikel
verwendbar; tlbrigens wird der Hauptteil der Skeins in Enrofia als Qt^ge
naeh Nordafrika und Ku.s.s]iuid weiterverkanft.
Ausser „Tsatiee" wiir früher die QuaUtätsbezeichnung „Taysaam", je-
doek nnr in den Provinzen Tschekiang und Kiangsu im Gebrauch. Das
Wort Taysaam beaeielmete anlanglioh eine in TachAiattg gesogene eigen-
tflmliche grosspuppige Rasse (ta-tsan = grosser Wnnn). Ehemals lieferte
die Provinz Kiahingfu allein die eigentliclie Tuysaamseide. man findet aber
gegenwärtig diese Seiden auch in anderen Distrikten, wie es heisst, von
derselben Feinheit und Qualität, oder richtiger, auf dieselbe Art und Weiso
gehaspelt. Bs mag nebenbei bemerkt werden, dass es schwer gewexden ist,
den Ursprung der in den Handel gebrachten Seiden mit Bestimmtheit anzu-
geben, da die chinesischen Kaufleute die Gewohnheit angenommen haben, der
Grdge einerseits nicht den Namen ihres Ursprungs zu belassen (wenn diese
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CMigapflodaktion. China.
405
Herkunft nieht die ber&hm teste ist)» «nderenetts UÜBchungen «ller inög>
liehen Sorten Torzunehraen. Die Taysaams haben nar for den inliiudiseheD
Markt Bedeatung und werden in ihren Prodaktionsorten Kiahin^-fu, Chin-
«um, Woozie, Shewhing und anderweitig verbraacht. Das Äussere dersel-
bm Üt nicht lo anspreäund, wie dM der Taatlees.
Folgende Tabelle «igt die dnrahiehniltliehen Anefnhnnengen einer
Ounpegne der weinen Chinegrigen:
Gewöhnliche Tsatlees .
. 35000 Ballen
Woone
. 6S00 ^
Tsatleee rereeled . .
, 5600 n
Kahing, grün . . •«
. 4800 „
Kahing, weiss . • .
» 3400 „
Uangchow 1 . . .
. 2900 „
Skeuis
. 2200 »
Hninin rereeled . . .
. 2100 „
Hamm ordinnrj * .
. 1 200 H
Cltincam
. 1 100 „
64500 Bftllen.
Vmi den gelbm dunedsehen Gregen werden die IGnehewa in der mit^
leren Zone Chinae enengt nnd kommen in einer Mmge ton ea. 2000 Bal-
len nach Europa. Sie haben einen feineren Titer als die Tsatlees, durch-
schnittlich lbi'2b den., und finden in Lj'on, St.-^Jtienne nnd namentlich
Zürich gern Aufnahme, ihre aussergewöhnliche Strangform hat beim Mu-
liniem nnlliiglieh Sdiwioi^iiton bereitet, die jedoch in lUiIien bald nbei^
wnndeo wurden. Ale ein Vorteil der KOnebemeide ist nodi benroTBaheben,
• dass sie nach dem Färben, namentlieh in Sebwars, aUrken Glane annimmt
Die Shantungseideu entstammen den nSrdlichpn Provinzen Chinas und sind
die schönsten gelben Seiden dieses Landes, so d:u<.s nie ihrer Natur nach als
die C^Tcnnesseiden Chinas bezeichnet werden könnten; leider sind sie iüem-
lidi nnaanber nnd nngleichmlaaig; der Titer variiert durehiebnittlidi vm
25/35. Erst durch sorgföltigee Mnlinieren werden diese Seiden für die Vei^
arbeitong geeignet. Ihre Strangfonu i.st ebenso trroe'^, wie die der Minchows.
Die Anweiiduriß; der Shantungseiden ist ungefähr dieselbe, wie die der Ka-
hings, d. i. tur Möbelstoffe, Bänder, Foulards in den besseren Qualitäten,
wie Gold Buffiilo^ QolA Eleftnt etc. oder für Niheelden nnd Posamenten in
geringerer Gflte. Der Export der Sbanhii^grege betrat ca. 15 — 1600 Bal-
len. Es gieht auch eine nach dem europäischen Yerfahreu gehaspelte Shan-
tung Filatore, die mit der Handelsmarke Doable suake versehen, in sehr
geringer Menge in den Verkehr kommt. Diese Gr^e ist rou ungleich
beseerer Qualitit ala die gmrdbnli^ Sbantong nnd niast gewöbnlidi 1^6
den.; es wire tn wflnseben, dasa daih in Sbantung noob mehr europiiadie
Füanden etabtieien würden. Unter den fibiigaii Varietiten galber Seide
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406
Qifegepcodoktioii. Chiiuii.
kaarncn Kopun, Ibiyung, Faynng, Wangebowt Wangyi, Sichong ü. ft. er-
wähnt werden, alles nur minderwertige, grobe Qualitäten. Sie werden meis-
tens auf dem Markt von Marseillf nach Spanien, Tunis, Alirericn etc. weiter
verkauft. In der Campagoe 1895/04 wurde exiiortiert: Mayuug 2600 Bal-
len, Fügung 2500, Wangchow 1100, Waugji 350, Sichong und uidei»
2500, insg^Mmt 9&60 Ballen. Folgende Tabelle seigt die AnsfnbnaUen
aller bis jetzt angeführten Bt^iden Chinas (mit Ausnahme der Filatniet
reitroplenne) (Ballen):
Frankreich
Andere Länder
Total
1884
32355
20261
52616
1886
36156
U538
60694
1889
43383
i79?a
61366
1891
38900
20752
69652
1893
42297
27303
69600.
Die ersten Versuche, in China das moderne europäische HaspelTerfahren
einxuf&hren, &llen in das Jahr 1866 snrfiek, vo in Shanghai unter den
Auspicien eines den Scidenhandel betreibenden Mandarins eine Filande er^
richtet wurde, wehhe jtdoch infolge der mangelhaften technisciieu lieitung
bald einging. Der Betrieb solcher »ach europäischer Art montierten und
teilweise von fremdländiächem Personal bedieuteu Haspelattätulteu hat in der
enten Zeit ihres Bestehens und selbst noch in neuerer Zeit ausserdem unter der
fenndseligen Gesinnnng der Regierung uud des Volkes zu leiden gehabt, und
der aufständische chinesische Pöbel drinolii rte nicht selten in er.ster Linie
die europäischen Filatidon. Erst 1877 wurde die erwähnte An5?talt unter
französischer Leitung wieder in Betrieb gesetzt. Von aniüuglich 200
Haspelbeeken mit einer Produktion Ton 12000 kg ist dieses Etablissement
auf 960 Bteken mit einer Produktion von 1200 Pienls oder 70—76000 kg
herangewachsen. Diese Seide führt den Namen Filature Keecheong und
wird in vorzüglicher Qualität zitm «^rössten Teil von der Lj orier Fabrikation
aufgenommen. Im J. 1882 wurde die Filature Ewo eröffnet, die von
160 auf 600 Becken gestiegen ist ond jibrlidi 660 Pieuk oder iOOOO kg
Rohseide eneogt. Im J. 1885 trat noeh eine dritte Ha^plerm, Kong Hoo
TuBg, hinzu« die mit 100 Becken etabliert, es bald zu 8 bis 900 Becken
und einer Produl<tion von 1000 bi.s 1200 Piculs oder 65 bis 70000 kg
gebracht hat. In ueuester Zeit entstanden dann in Shanghai noch einige
andere Filanden, allerdings in kleinerem Malsstabe von 50 bis 100 Becken,
die aber sieherlidi im Laufe der Zeit ihre Vorglnger errei^en werden.
Diese EtabUsBemeiitä sind: Lhun Wa mit 350 Becken und einer Pro-
duktion von ibO Piculs oder 26000 kg Seide; Iliiig-cheong mit 300
Becken und einer Proliiktion von 350 — 400 Piculs oder 22000 kg und
8chlieM.slich Sans-Parcii und Huu-Kee mit je 200 Becken uud einer Pro-
duktion Ton je 260 Pieuls oder 15000 Itg. Im ganxen sind jetet in Shang-
hai 16—20 moderne Filandtn thfttig. Dieser- induatiielle Uraadiwttng ist
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Ori^pradaktkn. China.
407
jedoch im Verhältnis zu der Geaaintprodukiion Chinas nur sehr gering, and
während Kanton und Japan zum mindesten zwei Drittel der Produktion
nach dem ptiropaischen Haspel verfahren erzeugen, bleibt das innere China
mit seioea primitiven Methoden uocb immer im Kückstaud. Es steht indessen
TO enrarten, daaa letztere» dem Bei^iel Kantons nnd Shanghais folgen
wird und das» die Fflaturegrtgen alle anderen QnalitSten verdrftngen werden.
IMe PMvinc Knang-tuug (Kanton) ist die am meisten Seide erzeugende
Oegend Chinas. Wio iKreits erwähnt, stanmit <lio Kantonsridp von den
mehremtigen Kassen; die erste, zweite und dritte Krnte, die während der
Regenzeit gebammelt werden, ergeben minderwertige Produkte, im Gegenaabs
in den anderen, namentlich der IQnften nnd aechatea. ' Die EontotMeiden
wurden frülier in ziemlich primitiver Weise gehaspelt und kamen nach Eu-
ropa in den Qualitäten Kanton ,,curio" für die beste und No. 1 — 5 für die
minderwertigeren. Sie hatten eine cliai akliTi^tisrhe, scliniut/i^weisse, ins Grüne
äpielcnde Farbe und einen eigentümlichen Geruch, der darauf schlieiiscu Hess, dass
beim Abhaspeln eine pflansiiehe Abkodiung benatzt worden ist. Die Kan-
tongrgge kam als „Canton Tsatlee" zuerst im Jahre 1841 in 720 Bal-
len auf den Londoner Markt und erfuhr iuf<>1|.rrt ihres billigeren Preises
fllr Nähseiden, Foulards, Möbelstoffe etc. eint' zii nilich ausgedehnte \ er-
wendung, die in neuerer Zeit indessen ailjiilu Heb abnimmt. Die erste i'ila-
tnre ä Teuropeeune wiixde im J. 1872 . angelegt and in kurzer Zeit folgtim
dann weitere, so dass im J. 1878 bereits Becken, im J. 1883
9000 und im J. 1887 25000 Uaspelbecken thatitj waren. Gegenwärtig ver-
fügen 250 Etablissftnt uts Uber ca. fiO — HTjOOG Haspelbecken nach euro-
päischer Art und erzeugen ubne Schwierigkeiten eine gleichmääsige Grege
Ton einem Titer 21/23 den. Die Canton Filatures, ancb Canton a Tenro»
ptenne genannt, sind von weisser Farbe mit grflnliehem Stich, feiner Be^
aehaflianbett, aber siemlieh flaumig und nicht besonders dauerhaft, dafür aber
von schwammiger Natnr, wodurch sie zu manniijfacher Verwendung sehr gut
geeignet sind. Sie werden zu Scbirmstoffen, Foulards, Plüschen, Sammeteu,
Krepp, Spitzen uud allen audereu Fabrikaten verarbeitet, die eines billigen,
regelmässigen und glKnzenden Glespinstes hen5tlgen. Die dnrehschnittliebe
Jahresausfulir Wtriigt 25—30000 Ballen, oder 13—1400000 kg Rohseide,
worunter Filuturcs und der Rest in Nutivcs und redevidees, welch letztere
übrigens in fortwährender Abnahme l)et^riffcn sind. Im Handel kommt auch
die sogenannte ImitAtion Filature vor, die aus feinster Tsatlee und anderen
auBBrlesencn Sorten besteht, veldie sehr ' sorgfältig umgehaspelt werden.
Die besten Qnalitlten der Kaatooseiden Filature fuhren im Handel die
Namen Lungkong, Laklau, Lnngshan, Kumshuk, Wongleen u. s. w., im
speciellen die Marken Filature U hau cheong, F. Yuk-wohing, F. Kwong-
)on-fong, F. Chnn-sunbong etc. Mittlere öorten sind in den Kaukoug,
Kontgon, Haugtan, F. Kai Cheong Loong, nnd die minderweriigeü in deQ
Siubim« Kwai-tsehau, F. Wai-Lunbing n. a. vertreten.
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408
Ortgepndaktkm. C^aim.
Die Gesamtproduktion der Bobeeide in Chiiut Hast sieh wn folgender
Tabelle eraehen:
Tsatlee (Tshelciftttg, Eiangsu) 4160000 kg
Taynam (Woozi* , Sluiahing, Skeins, Tehekiaiig,
Kinnrr^u, Li-vong) 2900000 „
Kanton (Kuang-timg) 1850000 „
Ss'-tiMjliuen
Tunfat Haining, Kiaog-si
Hnngchoir-Tsatlee . . .
ShaniuDg
Dvretae
U2UU00
860000
340000
" 260000
fiOOOOO
n
ti
II
Im ganzen
12500000 kg
Uber die Entwickelnng und den Stand des Seidenverkehre Chinas mit
dem Al>eDdlande geben folgende stutisti^sche Daten Anfschluss. (Ein Ballen
weisser Grege ent.spricbt 47 kg'; ein Ballen gelber 60 kg; «ine Kiste zu
50 engl. Pfuud = 22 kg 280; ein Picul = 60 kg).
Export der Bobseide ans Sbangbai.
Bestimmungsort
l$75/76>)
Ballen
1880. Sil 1885/86
Ballen 1 Bailea
1890/91
Ballen
1898/93 *)
Ballen
1894/95 •)
Ballen
Ver. Staaten Amerikas .
Bombay und andere Uüfon
27037
34564
7128
1429
21006
45923
9334
7303
9592
34758
7643
3980
9295
48762
6046
6898
31 10
57827
8251
10137
1962
43012
10276
8726
1 70168
83668
66973] 71001
79326
^ 63974
In der Oanipagne 1894/95 war die AnifubmieDge folgendermafiwn sa-
aammengeeetst:
97408 Ballen weine Giige & 47 kg
10488
9204
7269
1708
8514
1662
1»
««
II
Taatlees rereeled & €Q kg
gelbe Gbdge „
Tuäsah „
Tossah Filatnre „
Fikbue k IWop.
HaEnin rereeled
1758000 kg
«29000 „
562000 „
436000 „
102000 „
211000 „
99000 „
Im ganaen Oxdge 3787000 kg
>) In den Jahien 1M0/9S dnrebeobnittUeb 1461900 1«» in 1M9/71 14tBSQ0 hg»
jftJiriidi.
■) 64o3 Ballen TuseaU luitgerechnet
■) 9997 Ballen TtaMah inbegrifln.
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OrfcgviwodaktMni. ddii«.
409
In früheren Jahren waren einzelne chinesische Gregen an der Ausfuhr
folgendttmalsen beteil^ (7«):
S
60 CS
o «
ceH
ta
Kabing
e
es
CS
OD
s?
1 Filature
tSC
B
B
•a
»
* 1 « B
8 i-5
r 1 1 §
« 1 <2«
-§
«
1878
1884
62,5
46,4
3,8
3,3
12,5
7,0
3,5
6,0
0,4
0,4
7,7
8,2
4,6
18,7
0,3
6,8
Die Ansfulir der Tussahgr^ge betrog jährlich kg:
lti63;6ö 1872/74 1878j80 1885/86 1886/87 1889/90 1892/93 1893/94
251805 319300 262500 343680 639000 782000 324180 491700
Export der BobMide ans Kanton*).
BMtimmuDgNrt
1878/7«*!
ISSO/BI
1885/86
1890/91
1891/98
1894/96
5616 B.
1419B.
1906B.
3346 B.
960 B.
45 B.
Kontinent .....
7586
4113,,
6810,,
13558 „
19486 „
16679 „
Ver. Staaten, Amerikas
6338 K.
7767K.
8784K.
Ö163 „
8233 „
8978 „
3930 P.
3721 P.
1683P.
4375 „
2733 „
3218,,
kg
kg
kg
kg
kg
Im ganzen
1011300
660S0O
715000
1243000
1476000
1354000
Die Zusanimeusetzuiig der Ausfuhr gestaltete sich 1 893, 94 folgeoderweise:
nach Europa nach Amerika
Füntnn 17433 Ballen 3033 Ballen
TnÜMB 1166 „ 1504 „
Den eiusitiluen Ernten nach stellt sich der Export Kautuiia nach
Bnropa:
I. Ernte IL Ernte IIL Ernte IV. Ernte V. Ernte
1500 BaUen 2000 Ballen 3500 Ballen 40QO Ballen 3000 Ballen
TL Ernte VII. Ernte
1500 Ballen 600 BaUen
Eine interessante Thatsache ergiebt sich aus obigen Ausfuhrtebellen.
Die Rdle^ frakbe Eiq^and U» an den aiebaig^ Jabren im Seidenhandel mit
Cbma eingenommen batto, eebwindet im Laufe der Zelt, indem nch der
>) 1 Ballen = 47 kg.
>) In dm Jabiea 1860/68 dotcbMbnitUiob 376700 kg, io d. J. 1869/71 908200 kg,
j&brlioh.
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4i0
Schweq)unkt de* Seideomarktes allmihlich nach Frankreich (Marseille und
Lyon) verlegt. In der Zeitperiode 1B72/76 wurde bei einem Qenmtexport
von 62100 Ballen nach England allein 35000 ausgefahrt, wahrend dem
Kontint'ut nur '2()i)()0 znkanien. Die Vfrhiiltnis^o habon sich seitdem
äudert imd in der Cani|iagnt.' I87ö;76 erhielt Enjjliiml von dem üesanit-
export asiatischer Seiden nur 14773 Balleu, wühreud dem hLoutiucnt 38807
xugef&liii worden; in den J. 1883/84 betrag die Ansfubr nach England
7812 Ballen, nach dem Kontinent 36761 u. s. w.
Es dürfte von Wert sein, hii r die Verhältnisse zu erörtern, infolge deren
sich Lyon zum lianpt Stapelplatz der Rohseide aufgescliwunireii hat. in cr.->ter
Linie ist Lyon der Mittelpunkt des zwischen den Alpen und den Ceveuuen und
deren Aneläafeni liegend Laudeeteiles» welcfaw als die frantSeisehe Sdden-
region beieicbnet werden kann. Dieser Landesteilt der unter Karl dem 6r.
fransSeisch war und dann infolge politischer Ereignisse zuerst hurgundiscb,
später germanisch wnrde, wnr während mehr als drei Jahrhunderten vom
Hbrigcu Teil des Landes förmlich abgeschlossen; nicht weniger war dies
auch die Stadt Lyon (Lugdunum), welche ein^ Zeit einereeits an das Kö-
nigreich Frankreieb, aodwereeits an das deutscbe Reieh grenzte. Obwohl
das Lyoncr Volk sich stets an Frankreich anlehnte, und durch den Vertrag
von 1320 die Stadt Lyon mit der l^raEre^^end endpilti^ dem Königreiche
einverleibt wurde, so blieb doch der iuterimtiouale Charakter der Stadt be-
stehen. Neben ihrer günstigen geographischen Lage verdankte die Stadt es
auch ihrer poKtisehen Freiheit, dase eie bald snmi&nptmarkt awisehen Flandern,
Deutschland und Italien wurde. Demnach bildete Lyon einen neutralen
Boden für <len Hamlflsverkehr di-r drei Nationen. Ks öffnete seine Tliore
deu Fremden, welche verschiedene lndu.strien einführten, unter denen die
Seidenweberei die schönste, uuzieheudste und lukrativste war. Franz; I.
hatte im J. 1540 verordnet, dees die Stadt Lyon der einzige Stapelplata
fttr fremde Seide in FVankreich sein solle; ein Privileg, das ebenfalls nicht
ohne Wirkung auf die Entwiekelung der heimischen Seidenindustric blieb. Die
TyfiL'e inmitten des seidcnerzeur^enden Landstriches, die politische Unabhängig-
keit und Freiheit, schliesslich die Begünstigung seitens der Hegiorung —
dies alles aog den Seidenweltmarkt in seine Mauern. Dnroh die Verträge
ton 151^ und 1616 begOnstigt, hatten ftdiweinr nnd Deutiehe bald fetten
FuBt in Lyon gefasst, und als gegen Schluss des XVL Jabrh. politische
Ereignisse die FVeundschafLsbande mit den Italienern gelockert hatten, traten
die schweizerischen und deutschen Kaufleute an deren Stelle. Alle inländi-
schen Fabriken, wie Saint-EMenne, Paris, Nimes, Tours u. a., ebenso die
aoelindischen, kanften ihren gamen Vorrat in Lyon. Im Laufe der Zeit ver-
auhisste das stetige Wachstum der Lyoner Manufaktur zeitweilige Ans«
fuhrverbote des Rohmaterials. Erst 1833 ist diese Politik endgiltig auf-
u'efjeben worden, und seit 1860 hat der Lyoner Seidenhandel dureh Haudela-
vertxüge mit auderea Staateu einen bedeutenden Aufschwung geuotnmeu. Da-
durch ist Lyon sum Hanptstapelplatz europaueber Sndea geworden, ^ne
Grtg^rodnktioB. China.
411
Stellnngt die «s bis zum Jahre 1888 einDabm, wo etn SSoU von 1 Fr. auf
iiaUeniscIie Grege und von 2 Fr. auf OavrJcs d'msv Seiden Ton dsa Lyoner Markt
ausschloss. Niiclideiii (Linn der Zoll :iiif Gre^'c fallpn gelassen war, fing der
Import von neuem an; die Krliühuug des Zolls auf Oiivroe«? auf 3 Fr. hat
sie aber eudgiltig verschwindeu lassen. Deren Markt hui »ich auf Mailand
flbertragen. Die aaiatnchen Seiden wurden imi 1890 mm grOesten
Teil nach London gebracht, das bis zum Jahre 1870 Hauptstapelplutz ffir
dieselben blieb und von dem ganz Europa abhängig war. Naeli dein .1. 1870
nahm Lyon mit grosser Hnergie die Beziehungen mit Ciiina und Japan
wieder auf. Auch Maraeillu hat einige Zeit den Import aus dem extremen
Orient betrieben; gegenwärtig hat dieser Hafen lediglich als Haaptmorlct
f&r Kokons und Abfallseide aller Provenienxen Bedeutung, während der
Handel mit Grdge gSnsUch an Lyon übergegangen ist.
Die Abnahme, welche im Export nnd im Vcrbrancli chinesischer Seiden
bis vor einem oder zwei Jahrzehnten wahrzunehmen war, ist aof die reia-
tiven Schwier^^ten saradnafOhren, welche hei der Verarbeitnng dieser
Seiden auftraten, um so mdax als andere aaiatisohe S^an, wie Japan x. B.,
dank der Vervollkommnung' des Haspel verfahren«, sich den europäischen
Rohseiden an die Seite stellen koiuiten. Dieser Stillstand war jedoch nur
vorübergehend nud schwand allmählich mit der Überwindung technischer
Schwierigkeiten. Die kolossale ProdnkÜonsfahigkeit Chinas, welche noch
hei weitem mehr gesteigert werden kann, kam bei dem Bestreben der Seidn^-
indnstrie. ihre Fabrikate zu allgemeinem Yerbraneh an bringen, sehr in Be-
tracht. Man kann die Seide überhaupt nicht billig grrng haben, wie sich
ein hervorragender Kenner der Seidenindustrie mit Hecht ausgedrückt huf. Für
billige Seide konnte aber allein China, als ein äusäerst produktioustuiiiges
Land, in Betnusbt kommen. Wenn es auch anfinglich A«r Einführung
europüischer Verarbeitungsverfahren widerstrebte, so that doch der Fort>
schritt auch hier das seinige, und heutzutage lassen .sieh die chinesischen
Rohseiden ebensogut verarbeiten, wie die anderen. Namentlich hat die
Gründung der Banken, die Eröffnung der direkteu Telegrapheuverbinduog,
nnd der Anfsdiwung des Seeverkehrs (messageries maritimes) anr Belebung
des Seidenverkehn Chinas mit Europa beigetragen. Es siebt au «rwarten,
dass chinesische Seid* uerzeugnisse in der Zukunft dne noch grOssere An^
nähme in der Industrie finden werden, als bisher.
Die Rohseidenproduktion der indochinesischen Halbinsel ist nicht un-
bedeutend, wird aber aum grOesten Teil im Lande selbst mbraudit Die
gelb&rl^ Rohseide ist grob, unsauber, unregdmttssig, sodass rie für
enropibolte Fabrikation vorläufig noch ohne Bedeutung ist. Die Strangfoim
ist eine mannigfaltige und originelle, wonach man die einzelnen Provenienzen
unterscheiden kann. Die Ilaspelversuche nach europäischer Methode ergaben
indessen vorzügliche lie^ultate, so dass zu hoffen ist, dass mit der Zeit auch
dieae Sttden Tcn der Lidusirie werden aufgenommen wezdra. Die Produk-
tion belinfb nch ungefihr auf:
Gri^geprodttktion.
Japan.
Tonkiu
Nieder- Kotschiucbiua . .
Annam
Eambodseha
Birmah
Gebiet der Laos und K\Aa .
Siam .
1200000 kg Gröge
60 000 „
36000
20000
15000 „
6000
2000
1358000 kg (irege.
Ein Zehntel dieser Produktion wird nach ChioA und Indien, nnd noch
weniger nach Frankreich und England exportiert.
Wio im ersten Abschnitt ausführlicher erörtert worden ist, dürfte die
Gewinnung der Rohseide in Japan in den Beginn des 11. Jahrb. n. Chr.
fallen. Diese Industrie genow von jeher die UnteirtOtsang der Regierung
und eigab eine cwar niebt sebr anagedebnte, abw regelmisrige Beeeb&ftigang.
Im .T. 905 hat Mikado Daigo die Provinzen in 48 Distrikte eingeteilt, wovon
jede eine besondere Qualität Seide enienpte. Kurze Zeit darauf haben die
politischen Ereignisse des Bürgerkrieges Tenkci diese Industrie lahm gelegt
und erst unter Tokngawa, seit 1616, wwrde eine Wiederbelebung bem^bür.
wdebe jedooh bald wieder dadurch entkr&flet wurde, daae die Begiemng
jeder Eutwickclung von Luxus abhold war und lediglich der Baumwoll-
kultur Beachtung schenkte, ünt^r Tempo ist die Vorliebe für die Ein-
fachheit derart gestiegen, du^.s es dem Volke untersagt war, ausser an be-
sonderen Festti^en, Seidenkleider tragen. Unter solchen Umständen fiel
die Seide dner beblehtliehen Entwertung anbeini. Diese DekadenqMriode
dauerte bia anr Zeit der Eröffnung der H&fen für den fremdländischen Yet^
kehr, zuerst von Nagasaki (1853) für Chinesen und Ilolliiiider, und dann von
Yokohama im J. 1 HGO. Von diesem Zeitpunkt an hat nicht nur die Produktions-
nieuge in ungeahnter Weise Aufschwung genommen, sondern auch die
Heapelo:ethoden rind den modernen enropüsehen angepaaet worden. Sowohl
die Fürsorge der Regierung fflr Lidustrie und Handel, wie die Unterneh-
mungslust einzelner Industrieller und die Anknüpfung direkter Verbindungen
mit Amerika, hat der Seidengewinntmg Japans einen grossartigen Mafsstab
verliehen. Die japanische Produktion erreichte nach Schätzungen Baviera
im J. 1872 1840000 kg, naoh Rondot im J. 1880 2100000 kg, nach der
japanischen Begiemng 2250000 besw. 2300000 kg.
Bereits früher (S. 263) ist erwähnt worden, dass die Sddenproduktion
in Japan bis zur Mitte des XIX. Jahrh. sieh auf einer nur bescheidenen
Stufe befand, so dtum die tiekle eiuer der iiaupt^iäcblichsten Importartikel
war. Ursprünglich wurde der Handel von den Chinesen und Koreanern be-
trieben, leit der Mitte dee XVI. Jahrh. fiel <der Haoptanteü den PoringieMn
in, etwas später den Spaniern und im XVII. Jahrb. den Holländern. Die
importierte Rohseide stammte an? China, Tonkin, Bengal, Siam, Pcrsien und
KotBcbiucbina. Die Holländer scbeineu aber in der ersten Zeit nicbt die
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Oi^eproduktion. Jaimn.
richtigoii Bo^ugsqaelleu gehabt zu haben, denn 1610 heiast es: ,,8ie bringen
Stoffe, Diimaste und Taffet nacli Hinido, die nicht beliebt waren, während
sie sollen bringen Rohseide und Stoffe, das beste, was es giebt''. Erst 1624
konnten die Holländer nucb in dieien Artik^ erfolgreich konfainieien,
nachdem sie in Tonkin« Formoia xl a. 0. Torteilhefte Yerbindnng^
angeknüpft hatten. Im J, 1637 belief sich der (lesamtwert der von
den Portugiesen importierten Wnrcn auf 2141468 Taül<i, wovon die Seiden-
stoffe allein 1660Ö34 Taels, und die Rohseide 360000 Taeb uusmachten.
Die Etnfiihr dieser leieieren, die wif 2000 Pienls (PieoWGO kg) angegeben
wM, acheint aber nngenfigend gewesen >n lein, denn noeh in demselben
Jahre bezogen die Japaner 2000 Fienla Rohseide in Kotschinchina. 1640
wnrde der Jahresbedarf Japans an Rohseide Auf ca. 4000 Picula abgeschätzt.
Man hat jedoch allen Grund anzunehmen, daää diese Kintuhr von Jahr zu
Jahr immer grösser wurde, waüirend die der Seidengewebe abnahm, denn
mit der Zeit lernten die Japaner Teraehiedene Stoffe, die früher fisriig im-
portiert wurden, im Lande selbst herstellen, so dass nur die allerfeinsten
Prachtgewäuder für den fTofgebraucli eingeführt werden mnssten; die auf-
blühende Weberei benötigte aber, da die Seidenkultur immer noch nur ge-
ringe Ertragnisse abwarf, und die inländische Seide für gewisse Stoffe günz-
lM»h angeeignet war, ivuner mehr fremden Rohmaterials. So sehen wir,
dass im J. 1686 vom Hofe in Edo ein fiefehl erlassen wird, laut welchem
mindestens ein Drittel der Gesamteinfuhr der Hollündischcn Kompagnie in
Rohseide zu bestellen hatte, und in dem Vertrag von wurde endgiltig
vereinbart, dass zwei Drittel des Imports aus Stück- und FfundgUteru, ein
Drittel ans Rohseide snsammengesetet wwden ninsste. Zu dieser Zeit waien
ab«r die Preise durch die Konkurraue der Chinesen derart gedruckt, dass sich
beim Verkauf unter Umständen ein Verlust ergab. Trota der Einwendnngen
d»"r Holirmder forderten die Japaner strikte Durchführung des Vertrages.
Iiis iGiö waren die Seideopreise im allgemeinen noch günstig: :j3,7 — 56,2
Silbermark') pro kg, dann veriüiderte sich die Markt luge infolge des Frei-
handels derart, daae ein Pienl weisser Seide, das bisher auf 3—600 TaSls
zu stehen kam, im J. 1620 für 130, sogar 105 Taels (6,75 — 11,3 Sm. pro
kg) verkauft wurde. Während die Portiigicscu, TTolliliider und vor allem die
Engländer ohne Hflrksicht anf den Bedarf und die Kaufkraft des Landes
den Markt mit allzu grusigen Mengen iwubseide überbchwemmten und sich
der Rttokfraeht wegen in Preisen unterboten, vereinigten sich die japaniscdMn
KAufleiite zu einer Art Bing, um diese Sachlage auszanntceii. Als aber
die Engländer Japan verliessen (1623), und der ITandelsverkelir auf
Nagasaki and Uinuio (1635) beschränkt wurde, trat eine allmähliche Pxeis-
') ünter Silbermnrk (Sm.) versteht man den Wert des in einer Mark enthaltenen
Silbers, (gleich 5,55 g SilW; ein Ta£l war la jener Zeit gleich 6,75 8m. oder 7 Mark
Gold. — Man Sterberg, Japans awwSrtifnr Handel 1542—1654, in MBaebener YollBr
wirtmli. Stadien. X. (1896.)
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414
tirügcproduktion. Japan.
stpigernnp; ein: Lt TL-iis 1637 scliwaukten die Preise von 22,8 — 36,2 Sm. pro
kg. Im .1. 16yO kostete tin Hallen 141 »'^ Catties oJ.t 85,2 kg) im
Einkauf in Ckina 100 Taels, d. i. 31,7 Sm. pro kg und wurde zu 550 Taels
(k 6,20 8m. oder 61,8 Sm. pio li^) in Japan abgesetzt Durch di« kh'
whliessung des Landes (1640) wurde eine käiuiliche Steigerung des Silber-
wertes lierbeigefübrt Da die Abrechnungen in N^iisaki in (toM statt-
znfimli n pflegten, so hiliten die Hollilnder — so Jatige in Japan das \N trt-
veriiiiltnis von Gold zu Silber wie 1:8 bestand, während es im
Aaskode 1 : 15 betrug — for denselben Pkeb von SilbertaBls, &ifc d«8
doppelte Qaantam Seide liefern kSnnen. Um die für den ansländisebeii
Importeur günstige Währungsdiffereiu aossugleidkcn, hat die japanische
lu giprnng r.n verscliicdciiLn Mursnahmen ROgriffen. auf die hier nicht weiter
«ingegangeu werden kann uu<i welche bewirkt habeti, dass die Steigerung
de» Silberwertes wie eine Art FinanzzoH zur Geltung kam. Als neb die
Betriebseri^bniMe im XVIII. Jnbrb. fOr die Niederlinder immer nn*
gtlnstiger gestalteten und 1755 sich ein direkter Verlust von 10000 Gul-
df>n ergab, drangen dii-.selben wiederholt und mit schliofislichem Erfolg »of
Beseitigung der VerpriicliMing, einen gewissen Teil des l'nisatzei» in Rohseide
zu liefern. Zu Beginn des XVill. Jahrb. trat aucli noch eine Kurs-
Tencbleebtemng dn, wodnrob die Verluste noeh grösser worden. Nadi der
Enebliessong Japans (1854) für den l'reien wirtschaftlichen Verkehr hatte man
einen gewaltigen Import der cliinesischcn Htdiseide und ihren Proi^stnr?. anf
dem japanischen Markte erwarten .soUej'. Es trat jedoch das (iegenteil ein.
Infolge der plötzlichen Silberentwertung haben die wirtschaftlichen Verhält-
nisse Japans eine durchgreifende Ändemng erfahren; die knnstlieha Steige-
rung des Silberknrses hat die Produktionskostm im Lande in aosserordent-
lichem Mafse verteuert, mit dem Eintritt des freien Handelsverkehrs und
der Ausgleichung des Silberwertes mit dem '1* r übrigen -Welt, trat Japan
als mächtiger Konkurrent auf dem Weltmärkte auf. Belief sich bisher der
Preis eines Qnantnms Seide im Werte Ton 10 Pfand ffilber anf 1 Pfirad
Gold« so wurde jetst dal&r nur Vt Pfnnd Gold bezahlt, wodurch die Sdde
dem Auslande gegenüber um 50% verbilligt wurde. Die Smdenraup«!-
seiichen in Europa, und der gesteigerte Bedarf daselbst von Graine und
KoliMeid«^, hab«;n cl>eul'cills iu i<ehr wesentlichem Mafse dazu i>eigetrageu,
einen grossen Teil der japanischen Bevölkerung diesen Erwcrkszweigcn zu-
wfilhren. Eine Folge aller dieser Umstände war ein stetig waebs^der
Export der Rohseide, der um das Jahr 18^') bereits einen Wert ▼Ott 62 IfilL
^lart erri icht hat. Während diese wirtschaftliehe Umwälzung zum grossen
Teil durch Aufhebung des Silberzwaugskurses herbeigeführt worden ist, hat
die Silberentwertung seit den siebziger Jahren keinen eutselieidendeu iuu-
finss ausgeübt, und nnr das gcwöbnüehe Besnltat gehabt, wie dies in den
Landern mit Silberwährung im allgemeinen zutrifft, auf den Export be-
lebend einzuwirken. Der Ex|)ortpreis der Koliseide in fi(dd wird durch den
Weltmarktpreis beeiufiosst, während die Produktionäkosten in Silber stets
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Gr^produktioa. Japan.
415
dieselben bleiben; die Vahatadifferenzen kouuuen somit nur den japanischen
Exportenren und Händlern zu gnte. Was die Seidenstoffe anbetrifft, so hat
die Aufbebung des Zwaugskurses ebeufalls die Wirkuug gehabt, den Im-
port in eiiieii bedeutenden Export umznwandeliu Da jedodi diese Wann
keinen WdimarktpreiB haben, kauft eie der eoropUsehe und amerikaniaeke
Importeur etets zum japanischen Silberpreiee ein und verdient seinerseite bei
der Entwertong des Silber« soit 1870; wenn die Preise Sohwankimgen
zeigen, so sind die letzteren unabhäu^jig von der Valuta and habeu ihren
üreprang in den VerüoderuogeD der Nacli frage und des Angebots.
Kehren wir nnnmehr nach dieser kleinen Abeebweifang su lutserem
Thema zurück.
Die Aiisfulir japunrsclior Rohseide stieg von 555 im .T. 1^59 nach
London oxpediertm Hallen auf 7771 im nächstfolgenden Jahre und erreichte
1863 die Hohe von Uber 30000 Bullen. Aber auch hier brachte es die
Gewinnsucht und ünmlUchkeit der Produzenteu und E[aaflente um die neb-
zigcr Jahre aar Ubermissigen ProdukUon und aum Yennisohen der guten
Qualitäten mit minderwertigeren Provenienzen, so dass infolge des allmäh-
lich geschwundenen Vertrauens die AuHfiibr einiger Sorten, wie Hatchogee,
Hjda, Etschizea, Sodai etc. gänzlich aufhörte. Aach hat die forcierte
Produktion dtt Baupmeier aum Zweck ihrer Auafbhr nadt Europa in den
Seuchenjahren auf die Seidengewinnung Bachteflig . «ngewirkt. Die jafia«
nischc Regierung, die der Seidoiiindustrie ein wohlberechtigtes Interesse ent*
gfjfenhrinii^t, ergrif!" tbatkräftig die Initiative n. war bemüht, dnrrh Kiufuhrung
strenger Kontrolle und eines vervollkomtnueten !la.spel verfuhren» den frühereu
Ruf japanischer Seiden wieder herzustellen. Im J. 1868 hat der QoUTemenr
der ProTins Rikusen im Norden Japans in Owatori die erste Filatnre i
reorop^enne errichten lassen, und dann hat die Regierung eelbst die Er-
richtung von MnsterfilanJen in rlie Hand genommen. Ebenso hat der
amerikanische Kinfluss sehr stark auf die VervoHkommnting der Produktions-
verfahren hillgewirkt. Alle diese Cuiätünde brachteii eine h>tündige Verbes-
aemng in der Qualität und Steigerung des Konsums.
Die japanischen Oregen sind meistens kunsttftngig, stark glänzend und
unterscheiden sich vorteilhaft von den besten chine^iscllen durch da-s
Fehlen des Flaums. Sie zeigen auch die verklebten Stellen im Strang
(gommurcs), dank dem sorgtultigen Umhaspeln, in weit geringerem Malse,
ab alle anderen Ghrdgeü asiatischer ProTenienz. Als weitere Vorzage sind
herrorstthebeo: helle Farbe, Finnheit des Fadens, grosse Elastixit&t bei ge-
nügender Festigkeit, geringer Gewichtsverlust beim Abkochen, grosse Sauber-
keit und Regelraässigkeit. Es giebt mehr als dreissig QtiaHtäten. sie tragen
wie in China die Nauen nach den Provinzen, Distrikten und Ortschaften;
ausserdem untttrseheidet man ca. 15 verschiedene Legarten des Stranges.
Die japanischen Kanfleute haben die r^lmSss^ Venorgong dar Markt-
plätze , wo eurojüiische und amerikanische Häuser bestehen, organisiert
und sind bestrebt, an diesem Handel deu tbätigstea Anteil zu nehmen. Man
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41G
hat grosse ftespUschriften gobildot, welche Zweigniederla-ssungen in Paris,
LjOD, New- York, Loiidun etc. gegrtlodet haben und ihre Öeideii direkt au
die Sflidaihiiidlflr und fUmkanteii tmhmhiL
Die Emtdlung, weldior Japan bei der Beepreebung der Sddengaobt
unterworfen wurde, enreiii sicli auch hier als ratitmell, indem jede Zone
ihren Produktfn einen pigenen Clianiktfr verleiht.
Die nördliche Zone Japans liefert 20"/o der Gesamtproduktion und
vorzugsweise die im Handel unter der Bezeichnung Oshiu bekannten Urege-
Sorten. Ihre VarietSien rind folgende: Oehiu barimitn bezeichnet die feinefee
Qualität, die jedoch nicht mehr in den Handel kommt. 0. kakedah erfreut
sich eines ausgezi ichncten Kufe-i. (). kinkasang i.st eine feine und i*lii'-ti>che
Glitt UI1J5, ihre Produktion ist indessen wenig belangreich. 0. Sendai, U. Vone-
sawa, 0. Ywashiro und 0. Mibaru sind gute Qualitäten. 0. Etschingo, 0.
üien, 0. Ibnmild etwas herber Nator, die vom kalkhaltigen Wasser her>
rührt, 0. Yong und 0. Akita erfreuen sich ebenfalls eines guten Rufes.
0. Nambu ist eine schwere, wahrscheinlich in nietallsalzhaltigem Wasser
gehaspelte Grege und zeigt auch beim Abkochen und Färben ein ganz ab-
normes Verhalten. Von die.*>eQ (iregeu kommen die meisten in Form von
Filatures oder Bereeied in den Handel, nnr die 0. Hamaski und 0. Sendai,
anweilen anch Kakedah, werden nach dem froheren rinheimuebai Yerfohrm
gehaspelt und in alter Strangform geliefert.
Die besten Qualitäten bnlx-n den Titer 12 16
(Kakedah) und 2ü;25 (Hamatsky), die geringe-
ren wneren in den Grensen 12/18/20 benr.
25/35/46. Die feineren Sorten der Oshiugrdgen
finden für Failles und Moires, die mittleren
für Bänder, sowie für alle Artikel, die eines
starken, dicken und sauberen Fodeu benötigen,
Anwendung.
Die centrale Zone Japans erteugt ^e
ganze Reihe von Ghrdgen TOn sehr venchieden-
artigeni Charakter; man trifft hier sowohl die
besten und schönsten Sorten, wie die Shinio-
uita, als auch die niiuderwertigsten Hatchogee.
Die ihrer Strangform halber „grapes-haaks"
benannten, früher sehr gebräuchlichen Or&gen, werden gegenwärtig nach
Huropa nicht mehr exportiert; sie waren von guter Qualität, besonders die
Provenienzen Shimonita, Maybash und Maybash- Hatchogee, in den Titem
12/15 in den besten und 14/20 in den geringereu Sorten. ^Uuter der Be-
seichnnng Dsehiiehin kommen in den Handel Seiden verschiedener Provenienx;
die besseren Qnaliiftten sbd Shimonita, Maybash, Ojama, Fkikashima, Ta-
kasaki und Tomioka, ferner Morioka and Aomori. Die den Provinzen Shi-
musa, Shinio/uke und llitatshi entstammenden regen führen ebenfalls den
Namen Dächusliiu. Die Siusbiugregeu , Pruveuienz Naganokeu, sind von
vif. s«.
. Digltlzed by Go(\gle
417
kräftiger Natur. Skimoniiiw» und Tda meagen «eböDe, misse, glaidi-
miasige Gr^n; Muauhi, dai «neh wilde Seide produnert, liefert ge-
ringere Sorten. Unter den Übrigen Provenienzen der cenb-alen Zone, die
etwa 65% der Gesamtproduktion erzeugen, wlren noch zu erwähnen die Ko-
shia, Etshiu, TschitschibOf Uatcbogee etc. Nayasu ist eine 6rege.seide, die
inr beaeodere Zweite besUmmi iet und wabreiid einer Stande, in einem .
Ledemek «ngeaeUoiaen, mit hölzernen Sebli^m geklopft wird.
Die südliche Zone erzeugt die Bohseide aus raehrerntigen Koken«,
während die beiden anderpn Zonen ansschliessHch einernti^e Rassen
kultivieren. Etschizen ist eine gute, für Bandfabrikatiun geeignete (itf o"'
der gleichnamigen Provinz; Sodai stammt ans Mino, Ma.shta aus Tadscbimu
und Tambft, Tayiain aus Geahin, Buehiu aue Nagoyaken, Hamamatanki,
Owari, Yae, Tango, Hatackodscln etc. ans deu gleichnamigen Ortschaften.
Diese Seiden haben den Vor7ng, von hellerem Weiss zu seiti, ah die der
nördlicheren Zorioii. Sie machen 1Ö% der Gesamtproduktion aus.
Die Fortschritte der Seidenbasplerei haben in Japan viel schneller
Eingang gefunden, ale in dem konaenrativen Cliina. Abgeaehen von den
Privatanlagen ist der Staat aelbat, wie bei allen zu grossiucinitrieller Eni*
wickeluug neigenden fit'werbeH, ko aocb hier mit der Einrichtung von Seiden-
filanden nach europäi.schem Muster vorangegangen. Im Jahre 1872 wnrde in
Tomioka (Gamma) eine grosse staatliche Seidenbasplerei nach französischem
Mutter, femer in kleinerem Maftatabe in Tokio und Uajbaald, ernehiet,
denen alsbald viele private ünfeemehmongen felgten. Naeb einer amt>
lieben, jedoch sehr unvollständigen Zusanimenstellung aus dem Jahre 1886
sind allein für Nagano 118, für Gifu 12*2, für Yamanashi 73 Filandeu
angeführt; alle auäammen beschäftigten 11569 Arbeiter. In quanti-
iativer Hinsteht am wiehtigaten aind jetzt die Ortaekaften Fukuahima,
Gamma und NaganokMi, ferner Yamagat», Saitmua, Eanagawa, Yamanaebi,
Gifii und Schigaken. Ihre Totaljiroduktion wuclis von 2250000 kg vor
20 Jahren auf ca. 6—7000000 kg Grege im J. 1895. Die besten Quali-
täten der Filatures und Rereeleds sind die Provenienzen bbinano, Kodznke,
Kai und Iwashiro. Die meisten für den Export bestimmten japanischen
Gr^^ werden gegeniribtig nach dem enropiueben Yerfebren gebaapelt
und kommen als Japan -Filature auf den Markt Sie besitzen in der Qua-
lität „extra" einen Titer vnn ^ 10 den., in anderen, sehr gleichniiissigen Qua-
litäten die Feiuheitsnunimeni 9/11, 10,11 u. ^s. w. bis zu 12 10. Diejenigen
Gregeu, welche nach nach der früheren japanischen Methode gewonnen
werdm, werden in der Begel umg^ lui ^elt d. i. in die europSiaehe Strangform
gebracht und kommen als Japan red^vidto oder Imitation Filature in den
Handel. Ihre gangbarsten Provenienzen sind Zagnri Oshiu in den Titern
12/16 bis 12/16/18, Boshiii 12 16 bis 12/16/20. sowie Maybash 14/18 und
14^0, woraus hervoigeht, das» ihre Gleichmassigkcit noch viel zu wüiisebeu
übrig liest
Üb« die Beteiligung einxelner Ftoveniencen auf dem Markte in Yoko"
eiib*iit*aa, Dl« a«Mii. f7
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418
bama giebt folgende Tabelle umähemden Au&ehliiii, die den Yerlanf der
Ounpegne 1887188 Kbilderi
Name u. Herknnft der Grige Ballen la 33 kg 248
Shinaoo (Sinshiu) .... 16338
Kodzake (Dschoshia) ... 12151
Iwa.shiro, Iwaki 11049
Musashi (Bnshia) .... 7181
Owari, Mino 3190
Usen 2353
Riknzcn 2174
Ktsbiogo 1 556
Koshiu 1107
Andere ProTenienien . . . 5860
In gauen 62439 Ballen,
gleich 2076000 kg. Der Hafen Tcddo ist mafsgebi-Dd für den japanüchen
Seidenhandel und eine Vorratskammer für Yokohama; doch hat auch KoIm»
in letzterer Zeit begonnen mit ^ okohama zu wetteifern. Indessen scheint
der Handelsverkehr in Yokohama, trotz mancher Nachteile, sehr günstigen
Boden ni beaitaen, ond ee ut Toideiliand keine Adaaiolit, daae idne
gOmtige g^ogni^ieobe Lage, eoivie die Tbaiaache, da» einige hedeaiende
Haaplttrieil aich in seiner Nähe befinden, vorerst Kobe zn ^nem Auf«
schwang seiner kommerziellen Bcdeutun? verhelfen werden.
Die gegenwärtige Eiuteilong der einzelnen üregesorten in der Ansfnhr
ist folgende (for 1893/94):
Filatore
Zi^uri . ,
Eakedah
Gra]>es
ilumatzky
Sendai.
DiTWae
n
86400 Ballen
14100
6300
600
400
100
100
n
66000 Ballen.
Im allgemeinen lägst sich eine fortwährende Abnahme der Grapes,
eine Zunahme der Filatures konstatieren. Dank der Verrollkommnung der
i^ualität iai diti Ausfuhr japanischer Gr^gen in stetigem Wachsen begriffen.
Naeh den «tatistiaeben Angaben des japaniaehen Miniaterian» fOr Handol
und Gewerbe belief sieh der Ih^oit an» Tokohama aaf :
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OitgvpiodnMaoB. Xomb. IiMUen» 419
Ballen:
Nach:
lM9/72>)
1875/76
1880/81
18M/87
1891/92
1894/95
Eoglaad ....
Kontinent ....
Amerika ....
7805
4301
233
8362
4878
351
12387
4481
5471
518
11872
14000
308
18698
30035
44
22607
28745
1 12339 1 13691
22339
26390
49041
Ö1396
Kilogramm:
I 740000 I 815450 11340000 1 478000 2 994000] 3084000
Die Verteiluu<^ des Exports nach den earopäiscben Handebplützen isi
die folgende (1893/94):
Lyon . . . 17439 Bdlen
Marseille . . 2819 „
London . . 1958
Mailand . . 1918 „
Zürich ... 498 „
Die Halbinsel Köre» erzeugt weisse, der cbinesischeD sehr ähnliche Roh-
seide, die jedoch &it »naidiliesBtiek im Lande selbst vtrhrandit wird. Es
ist aber wäliTBeheinlie]), daas die koreaniaebe Grdge, daran Ptodnktion man
auf etwa 400000 kg schatsBen kann, in Zoknnft als Exportartikel Beachtaug
finden wird, uml dies nm so mehr, ah sie von schöner weisser Farbe and
sehr gnter Qualität ist. Ein Teil der Kokons dient zur Fabrikation von
Papier, dna grosse Zähigkeit besitzt ond Absats nach der Mandschurei und
SfidekiBa fiidei, wo es an FeniteraolMiben Torwendet wird.
Obwohl die Verarl)eitiiDg der Kokons in Indien noch den Torgeschioht*
liehen Zeiten augehören mag, so ist doch die eigentliche Oewinnang der
Gespinste vermittelst des Ahhaspelns erst iu das V. otler VI. Jahrh. n. Chr. Geb,
zu verlegeu. Alieui Auecheiue nach erlernten die Indier diese Kunst
TOD den Eingeborenen Baktrieu und Kasehmira oder Pendiehalia. Im enten
Drittel des XÜL Jahrh. verwendeten die Manufakturen Laeeee die Seiden
vom Ganges (seta Gaugia). Diese Seide, von dem uiehremtigcn Bouibyx for-
tunatas berstanimend, dürfte f^elb geiiveaen sein. Im Laufe der .lahrhunderte
war dieses Gewerbe auf die Bedürfnisse der einheimischen Weberei be-
eebrSnkt, nnd man kann annehmen, da» die Prodoktion 600000—1 000000 kg
jährlich betrag. Erst zu Aufaug unseres Jahrhunderts b^&nadgton so-
wohl die Kolonialpolitik Napoleons, durch welche England genötigt wurde,
seinen zu jener Zeit sehr bedeutenden Öeidenbednrf aus Indien zu beziehen,
sowie die rege Thäiigkeit der ostiudischen Kompagnie den Aufschvnuig
indisebnr Seidenprodaktion. Berdte 1808 waren einige grosse, nach ita-
tieniwher Art eingwiditete Saidenfilanden im Betriebe, die einen gromen
Teil ihrer Prodoktion Ton migefilhr 2000000 kg ftobseide nnd AbfiHle ez-
>) Gsgen 14691 Ballen in den Jaluen 18«$/»«.
27*
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420
Qr^produktioa. In^sn.
poartierteat g8g«n&b«r einer Ansfabr von 86000 1^ im Jahre 1776 und
220000 kg 1780. Der Export nahm falgendMi Bniwiehelnng^jang (kg):
1812 1845 1860 1867 1871/75 1875/78 1879/83
446000 770000 800000 900000 900000 770000 668000
Unter dem Druck der wachsendeu cliin« sischen und japaoischeii Kon-
knrrenz, sowie ir^'olr^p anderer Ursachen ukonomisclier Natar verfiel die
Seidenproduktioü iu einen allmählichen Kiickganf^f, wandte ^\rh dajjOL;- ii der
Ausfuhr vou Gespinst- und Kokouabfällen zu. Iu deu Campagueu lbjd;62
war Indien mit Bxport naeh Europa mit 996600 kg Bohaeide nnd Abbll-
Beide beteiligt, 1869/71 mit 1024930 kg, in d. J. 1877/80 mit 642250 kg,
1881 82 mit 507120 kg, worin 154700 ktr On-ge, 1882,83 mit 617180 kg,
worin 227710 kg Grege. 1887 mit ö2SuOU kg und 1SS8 mit 674000 kg.
Im Jahre IbÖ'i belief sicli die Ausfuhr (in Ballen ü 66 kg):
nach Euglaud Fraukreich Italien
ToUl
Grege
1125
1256
723
3104
Friflona
177
2616
2693
Kokon«
468
13
476
1766
3786
723
6273
Bekanntlich macht die indische Seidenprodaktion gegenwärtig eine Krisis
durch, deren Ursachen im Kapitel Seldeukultur (p. 252 f.) besprochen worden
sind nnd deren weiterer Verlauf sich kaum absehen lüsst. Die Produktion
Ueugals itit Kur Zeit nicht einmal geuügeud, um deu Bedarf inläudiscber
Wehereien an decken; es werden daher hetrBditlk»he Mengen Bobeeidei
namentlioh ans China* importiwt Die Einfdhr helief neh anf («ngL Pfund):
1879/80 1884/85 1887,:88 1893,94
2006020 1 83U02 2698697 ca. 2660000.
Die Anafahr der Bngalaeide dagegen auf (kg):
Fis. Mt. Ortg« TOB
BM^ 1889 1891 1893
210000 229000 287000
gegen die Anifiihr von (engl. Pfund = 453,6 g) :
nach
England
Fraukreich
Italien
Direrw
1871
1679104
263147
77197
111961
1881
52410
263992
226642
8621
1894
199000
1890
167365
299272
112129
14659
2131399 550665 693425
Die Regierung widmet der Scidenprodulrtion grosses Interesse, und
mancherlei Anzeichen deuten darauf hin, dass dieser Industriezweig noch
grome Bedeutung erlangen wird. In mehreren Distiäteii iit man daran,
das eiupoi&ische Haapelver&hren in griSeaerem Mafmiabe einsitflihren;
Mooiahedahad, Baiihaye nnd andere Jbdnatrieeentren verAgen gegen-
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Gr^eproduktaoD. Centralanen.
421
wärtig über 12000 enropäische Haspelstühle. Dass Indien befähigt ist, den
Weg zum Fortschritt za betreten, zeigt die Ausfuhr der letzten Jahre.
Die in der Campagne 1892/93 ausgeführte Menge Bobstoffe tod 655338
engl. Pf. in Weite von 5060000 Rapien fibertrilft d«n dnrehiehBitfclieli««
Export dos l«(stan Deeonniuiiu um Aber Nur wird gegenwSrtig noch
nicht die genmte Menge produzierter Qrtge atugefohrt, «mdem sam gifii^
ten Teil im Lande selbst verarbeitet.
Die indische Grege ist uuter dem allgemeinen Namen Bengal bekannt.
DieMs hochgelbe, glänzende, zugleich »ber flanmige Gewinst Ton weichem
banmwolhurtigeai Ofil^ steht, obwohl aeiner Zubereitnn^ immer mehr 8org<
zugewendet wird, noch hinter anderen Gregen asiatischer Provenienz zurück.
Sie findet für gewisse Zwecke, für ^fimtuet- und Plüscbfabrikation, sowi.»
für Schirmstoffe Verwendnng. Früher unterschied man einzelne Uattungeu
der Bengalgrege, nämlich: bkeiu», nach der alten italienischeu Methode gc*
hupelt» kleine Stringe, die banptolidilieb tn NEheeiden venibeitet wurden;
Novi wurden nach neuer italienischer Art und bedeutend fdner gehaspelt,
scliliesslich waren die Natives einheimische Gespinste von minderwertiger Gut«.
Gegenwärtig unterscheidet man die nach europüischer Art gehaspelten und
die von den Eingeborenen hergestellten Gregen. Unter den erstereu {h'ua.-
turesi) sind die beaten: Radnagore, Oonatea, Snrdab, Tangiporc, Oomercollj
u. a. Die anderen (Natives) haben einen sehr unregelmässigen Titer und laaaen
sich schwer verarbeiten. DasVerzwirnen derselben gesclileht nioistens in Italien.
Die grünliche unr<»gelmaRsige Grege von Mysore hat nur Inknles Interesse.
Centraiasien gehört zu den Ländern, in denen man in der Öeidenge-
winnong nach jeder ffichtung bin auj wenigsten Fortaehritto gemacht hat Am
Auagang deeAttertnn» ward dae am FamenndimNoidendeiKnen-Iiun gelegene
Land Kbotan die Wiege der anssercbinesisehen Seidenknltur, doch scheint hier
die regelrechte Seidengewinnung ^upist nicht Ix'trieben worden zu sein.
Obwohl die Art des Kokonhaapelu» bekannt war, üo wurden in Khotan, um
mOgUohet viel Baapeneier m gewinnen, nur dnrdibohrte Kokons benatit, die
man am Spinddnide venurbeitete. Die ESnigin licss auf ein«D Stein die
Verordnung einmeisseln, welche besagte: „es ist verboten Seiden würmer an
tödten; erst wenn alle Schmetterlinge der Seiden mnprn ausgeflogen sein werden,
könnt ihr die Kokoui» verarbeiten. Wer dieses Ge»etx Übertritt, wird der
Hilfe der Götter verlustig". Erst später wurde das Abhaspeln eingeführt.
Die Seidengewinnnng schwang sieh in Gentralaeien in einer viel befatie»
benen Il L i^itidustrie auf, wurde jedoch am Ausgang des Mittelalters ii^
folm^ jiiilitischer ünnhen eingestellt. Lange Zeit hindurch War das Ge-
wi fi c lu Turkestan, namentlich in Ta-schkent, Han arkiud. Dariagebiet,
gänzlich erloschen und wurde in diesen Gegenden er.<tt nach 1785, nach
der Einnahme von Herw Cliahidsdian durch Schah Murad Khan wieder
hergestellt Er liess die Einwohner TOtt Merw naeh Bokhara übersiedeln, wo
sie fortfuhren, sich der Seidengewinnung zu widmen. Der Emir Nasrullah
ermächtigte die Abkömnüioge dieeer Kolonisten, ihren Wohnort in Samar-
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422
Gr^geproduktioQ. Centralasien etc.
kand zu nehmen. Durch dieso Auswandernngen hat sich das Gebiet der
Seideukuliur und -gewinoung nach und nach wieder erweitert. Das Haspel-
vw&liren ist sehr primitiv, obwohl die Geschicklichkeit dabei eine ei-Mtaun-
Hdie ist. Die grObere S«de, „kaliftra*^ geoannt, Yerbleibt im Lande, die
bessere und feinere, „horraiak", wird nacli I^nssland und Indien exportiert.
Die besten und gk'iclimä'^si'f.steu Erzeugnisse liefert das KliuDiit von Bukhara.
Merw in Tnrkmauien, das gegenwärtig -'ti I^nsslaud gehört, hatte im Mittelalter
seineu Ileiclitum dem Seidenbau zu verdanken, während gegenwärtig seine
Prodnktioii nur noch nnbedentend ist. Balkh, sowie Ehnndns und Khn-
luni erzeugen viel Seide, aber von schlecliter Qualität; ebenso produsieren
die I'roviuzeu Yarkand, Kaschgar und Khotan ziemlich viel. In der Dzun-
garei und in Thibet werden endlich fnr den inlündischeu Verbrauch be-
trächtliche Mengen erzeugt. Über die' Produktion lassen sich mit Vorbehalt
folgende Angaben macbeo.
Unabhängiges Turketitan:
Khanat von Bucbam 450000 kg
Chiwa 200000 „
Kubisches Turkestan . 650000 ««
Jklerw, afghauisclios Turkestan und
afghanisches Kllora^üan 150000 „
Chinesisches Turkestan:
Kaschgar, Yarkand, Khotan .... 600000 „
Gebiet Iii 200000 „
Äussere Hbngold:
Kamehar, Tarfan, Cbami . . . . . 250000 „
2600000 kg.
Der grötiste Teil dieser Produktion verbleibt im Lande, da die Be-
veikeruDg sieh mit Vorliebe in Seide kleidet» der Rest wird nach Rnssland,
Afghanistan und Indien exportiert. Orenbnrg ist das Centnun des Seiden-
bandeis von Tnrkestan mit Russland.
Im eigentlichen Afghanistau nnd Beludschif?tan ist die Seidcngewin-
nuDg namentlich in dem ersteren ziemlich bedeutend. Die gewonnene Seide
•wird in Heeaft bearbeitet nnd nach Msstthhed nnd Kabul Tosandt Ein gnter
Teil der afgba^ehen Seide geht nach Indien und Persien. Der europäische
Handel hat sich bis jetzt mit diesoa Seiden nicht beschäftigt, und nur
der Vollständigkeit halber fuhrt man sie in den Statistiken unter dorn
Namen Kbora.ssan auf. Man bat keine genauen Anhaltspunkte über die
Produktionsmenge dieser Seidffii, dooh dürfte sich dieselbe auf ungefähr
60000 kg belaufen.
In Persien wurde bereits im V. Jahrhundert Seide gewonnen. Die
Produktion wuchs dann fortwährend, nnd ihr hidcutender Umfang im
XL. Jahrb. wird durch arabische Schriftsteller mehrfach erwähnt Edrisi
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GrcgepioduküoH. i'ersien.
423
beschrieb ihre Blüte im XII. Jahrb. Die Seiden von Ghilan (seta ghella)
wurden in Luccu sehr viel verarheitet. Mehrere .Talirhunclerte hindurch ent-
wickelte »ich ilas Gewerbe, durch verscliieUene eugli^che, deutächf uud
iiusiaclieHniddagesdIieltaflien ttiit«nfeatst* annnterbrochen« nnd darf man drä
jährliche Hastellang aaf 3—4 Mill. kg Rohseide sehiisen. Im XIX. Jahrh.
verminderte snch die Produktion und zwar noch vor dem Anftretfii d<^r
Raupfuseuchen. Im .T. 1R50 jrewanii man ,30 ODO Rollen ä 34 kg oder
1020000 kg Cieide, wovon 610000 kg exportiert wurden. Die Seiden waren
kräftig, cur Hfilfta lang, zar Hälfte kors gehaspelt. Nach der Epidemie
sank die Produktion «nf 700000 kg im J. 1861 und aaf 280000 kg im
.1. 1865. Im J. 1870 schatste man sie auf 300000 kg. In den Jahren
1850 — 70 belief sich die Ausfuhr auf 5 — 600000 kg jährlich, sank indes?:pn
von 411340 kg im J. 1865 auf 45370 in den Jahren 1870—73 und auf
8070 in den Jahren 1878 — 81. Man untersdned zwei Gattungen: Peraien
originell und Pevsiea Eonstantinopel; die eratn«) welche von beasnrer
Qualität uud grösserer Feinheit war, kam in Form von 30 — 35 kg schweren
Rollen in den Tliindcl nud wnide hauptmchlich für Möbelstoffe, Posamenten,
Bänder und Foulards verwendet. Die andere Sorte wurde von türkischen
Kaufleateu in den Produktionaortschafteu augekauft und kam in Ballen
-?on 100 kg avf den Harkt (HarBeiUe); diese Gattnng war von minderer
Güte. In gröberen Till : 11 'u iien .sich die iiersischen Gregen für NUhseideOi
Cordonncts etc. vorzüglicli. <Jegenw;irtig kommen sie anf den enrnpSischen
Markten nur ^ehr selten vor; die geringe Ansfnhr gL-ht meistens nach
Ruiisland oder über London und Marntiilie uucli Tunis uud Marokko, ^jj der
Gesamtheiatellnng werden im Lande selbst verbraucht Die gegenw^brtige
Grdgii^TOdnktion Pmiens vcrtult msb. anf seine Provinten folgendermalsen:
Ghilan 280000 kg
Mazanderan 65000 „
Adzerbeidschan .... 32000 „
Khorassan 12000 „
Oentralprovinaen . . . 6000 „
395000 kg.
Die Rohseide, die von den Kinheimischen ,,ibrishim'^ genannt wird, ist
flachfädig, gelb oder weiss; sie verursacht iufoige der hüuügeu Verklebungeu
einzelner GrSgeflden bei der Verarbeitnng Schwierigkeiten. Ausser den
oben erwähnten zwei Haupttypen waren früher folgende Sorten persischer
Grege im Handel. Hayla war die beste und sehr geschätzte Gattung, die je-
doch nur zum geringen Teil im Verkehr vorkam, dagegen meistens im Lande
selbst verbraucht wurde; Sauduoki war die erste, Maine die zweite und
OirdiBaire die dritte QuaHiBI des Handels. Gegenwärtig wecd«i oittenM^edMi:
Alaghtmdy (die feinste Gattung), Shahibafy (mittlere), Parehenbafy (Kho-
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424
Or^produktion. Lerante.
rassan) und Sbirwany (die wonjfjer f^eschätzten Qualitäten); Garuk und Läs '1
•ind mioderwertige Sorten. Die Märkte befinden aicb in Becht, Sabzawar
und NübiiMr. Dar Hauptexport dendben gekt naeh Bnidind.
Die Geaobielifte der SeidengewiannDg m den L&ideni der Levanle iat
bereits früher erörtert worden. In der zweiten Hülfte des XfX. Jahrb.
produzierte die Levantf f]m- 'hschnittlich 1 — 1,5 Mill. kg Gregoseide. in Bu-
melieu wurde die Itaspkrei mit groMser (iescbickliclikeit gebsmdhabt, und
man erjsielte (im J. 1853) nicht selten eine Ausbeute von einer Oka Seide
ans SV« Okft frischer Kokons*). Im Jabre 1883 geiraim man im gamen
5 — 601000 Ijg Rohseide. Das Verschwinden der ehemaligen levantinischen
Rassen hat bemerkenswerte Verändemngen in der Natur der Seir! >n >)owirkt;
nichtsdestoweniger wenlen dieselben fnr vielfnche Zwecke hochgeschätzt.
Die kleiuasiatische Rohseide kommt unter dem gemeinsamen Namen
Levante in den Handel, doeb nntersehddet man hier ^nige FkovenienMii
und innerhalb derselben mehrere Qualitäten. Was zuerst Änatolien an-
langt, so hatten diese Seiden bis /.um J. 1830, wo ihr Export nach Europa
bei;ann, sowohl in ([Uiilittttiver wie (luantitaiiver Hin.sicht wenig Bedeutung.
Binnen des letzten Decenninms hat sich hier in Bezug auf die gezüchtete
Basse ein gänalidber ümsdhwuug volkogen, der bereite im Kapitel der
Seidenknltor nfther erSrtert wnrde. Die Qnalitit dar Bross^prigen hat ridi
in den letzten Jahren wesentlich Terbessert, derart, dass sie in einigen
Qualitäten, was Kräftigkeit und Geschmeidigkeit anbetrifft, mit den
italienischen konkurrieren. Die Einrichtung der ersten Filanden nach eoro-
pitseher Art fUlt in das Jahr 1840. Um das Jahr 1863 bestanden sn
Saloniki nnd ümgebnng 80 Filaaden mit 1000 Bassins «nd einer Pro-
duktion Yon 36000 ^ feiner Seiden, zn Brussa und Umgegend 22
Has| plitnstalten mit 1080 Bcckeu und einer Produktion von 57000 kg Seide.
Ausserdem waren noch au vielen anderen Orten kleine Filauden im Betriebe.
Bis zu den vierziger Jahren wurden die Seiden nach primitiven Methoden
gewonnen nnd kamen naoh Europa vnter den Namen „Mestoiip|ie^ oder
„Brussa**, je nach der Qualität, die zwar etwas grob, aber gnt war.
Ziierst hat England die Ausfuhr in die Hände g^nonnucn und ex-
portierte 1.S30— 52 durchschnittlich 1—2000 Ballen jährlich; von 1853 ab,
wo die Ausfuhr den Weg nach Fraukxeicu nahm, nur 2 — 600 Ballen.
% der Gesamtemte werden im Lande verhaspelt, der Beet der Kokons
wird nach Italien und Frankreich exportiert. Unter der Anregung euro-
päischer Industrieller wird Änatolien den modernen Fortschritten der Seiden-
gewinnung niplir inid mehr zugänglich. Gegenwärtig sind in Hrassa und der
Umgegend -kb i iiuaden nach europäischer Art mit 2500 Uaspelbecken
thStig, im Lnram des Landes 40—60 Aiistalten mit 2—2600 Beeken,
*) Benjkmin, Silk Stttters in Psnk.
*) Rondot, Die SridSBprodaktiOB der Bfde. (L'sit de ]tk loie») Obsn. Bejatti*
Wien 1890. & 59.
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Ortgtpradaktioa. Lctuta.
426
«benfillt EDm grtwton TeO in moderner Weise betrielien; % dieser An-
stalten geboren den Armeniern, Vs den griechischen, türkischen und fran-
zösischen Industriellen. Die Brussagregc kommt im Handel in weisser,
weniger in gelber oder grunlicber Farbe vor. Die Produktion Anatoliens
belief deh Mif (kg):
1883 1887 1890 1893
GrUne Gi^ 108000 18600 3620 —
Weisse „ 18000 37 200 123080 216600
Gelbe „ 54000 130 -200 54 300 11400
löOOOO 186000 181 OÜÖ 228000~
bmIi anderer Statittilc (kg);
Im Inlande verbrauchte Oldge . .
Exportierte Grege
Exportierte troekne Kokons (Ausbente
1893 1894
. . 20232 19381
. . 283619 316525
4;1) 24689 19859
328440 365786
Auch die syrische Roliseideuprotliiktion befindet sich fortwiibrend im
Steiften. Die Rasse ist fast auäschliessiich gelb und von französisclier Herkunft.
DieEinrichtung der ersten europäLscbenFilonden reiciit in dasJabr 1840 zurück;
im J. 1894 waren befeitt 128 Etablinemente mit 7638 Haapelbeeken thätig,
WDTon 5759 für die Brate der Tbalebene, 1537 für die aus dem Bekaathal
und 342 für die aus dem Hochgebirge. Aclit französische Filanden mit
zusammen 832 Hecken erzenpen Gregon besserer Qualität. Die syrischen
Gr^en werden im allgemeinen etwas weniger geschätzt, als die von Brnm,
sind aber nervig, d. i elaitiaeh, nnd Ton groner Zartüidt. Ibre Aopt*
' Terwendttng finden sie für Organsini 18 bi« 22 den. nnd werden namentlich
für schwarze Stoffe und Artikel gesucht, die am Webst i l l u:ros?cr Festigkeit
bedürfen oder in kaltem Klima zur Verarbeitung gelangen. Die besseren,
aoeh die mittleren Qualitäten werden ihrer Festigkeit halber mit Vorteil für
Wann, die im Stuck gerärbt wwden« verwendei Fart die getarnte Ernte wird
im Lande aelhet Terarbeitet, und nar ein aehr geringer Teit wird in Form
tioekener Kokons nac b I\Tailand oder Haneilla exportiert. Dia Prodoktion
Syriene beUef eich anf (kg):
1883 1885 1887 1890 1893 1894
290000 225500 840000 390000 520000 466000
Die Produktion der Insel Cyperu geh wankt bedeutend; sie beliinft
sich iu den betreu Jahren auf 20 — 30000 kg und wird gewühulich als
anrieche Fkovenienz in den Handel gebraehi
Von den afrikaniaehen Kolonien der Türkei besitzt für uns nur Tri-
polia ein%ea Interewe. Im J. 1894 waren 27 Filanden mit 1600 Becken
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426
Grfegeproduktion. Lcvaiito. Rmsland.
gegen 22 mit 1112 Becken im J. 1889 vorhanden. Die Produktion belauft
eich anf 400UU kg Gnäge und wird zum grössten Teil nach Frankreich
exportiert.
Die eQrop&isehe Tftrkei eraeagt nur nnbedeatende Meogwi Roh-
seide, da der grdsste Teil der Ernte in Form von gedörrten, trocknen
Kokoii.s nacli ^^a^lftnd und Marseille aus<i;efiilirt wir l. Ww'^ im Lande selbst
gebasjielt wird, ist von niinderwerti<,'er (tüte. (Jbwoiil sich die türkische
Grege im allgeroeiueu gat verarbeiten liLsst, so ergiebt sie doch einen
tittmlioh flockigen Zwirn und findet aneb infolge ibrer etwas dnnklen FariM
als Exportartikel nur wenig Beachtung.
Die 8eidengewinnnng G riechenlands datiert seit dem X. oder XI. Jahrh.
Ira XII. Jahrb. waren die byzantinischen Reidenhaspler sehr berühmt, wie-
wohl die griechischen Seiden ihrer Natur nach in Italien viel weniger
galten als die spanisehen. Im J. 1863 eraengte man baiuabe 120 — ISOOOO kg
Sdde, die tod den Bmieni auf lefantiniedie Ait gekaspelt wnrde; die
einheiwisehe Weberei nahm die Hälfte dio>es Qnantnms in Anspruch. In
demselben .Jahre rr^h es 7 Filanden mit 43i2 Bassins, 1877 waren 12 Fi-
landen mit ca. HOO Becken im Betriebe. Gegenwärtig verarbeitet Griechen-
land seine gesamte Kokonemte selbst, was früher nicht der Fall war.
Die Produktion belftnffc neb anf ea. 40000 kg Gr^, woTon % exportiert
werden.
In Russland erzengte man Seide bereits unter Michael III., dem
Gründer der Dynastie Romanow. Dieses Gewerbe wurde von allen späteren
Herrschern begünstigt und gedieh in kleinem Malsst&be in den südlichen
Prorinxen, namoitlieh in Tannen, Bessarabienf Podolien ete., nnd noeb heute
produzieren die Kolonien der Mennoniten in dem Gouvernement Tamioft
tollte Seiden der weissen Sinims^e, Im Jahre IS^Tl wurde die Produktion auf
ÜOOO kff geschätzt, gegenwärtig dürfte aber nur der dritte Teil davon ge-
wonnen werden. Dagegen hat die Seidenproduktion des Kaukasus uameut-
Heh in neuerer Zeit industrielle Wiebtigkeit erlangt Im XIII. Jabrh. war
die georgische Seide in Italien sehr geschätzt. Im Laufe der Zeit ist
d:is Gewerbe durch politische Unruhen sehr gefährdet worden. Erst im
XL\. Jahrh. hat die russische Regierung es sich zur Aufgabe gemacht, die
früher so blühende Industrie wieder za heben und Hess aus Frankreich geübte
ArbeitskriSite kommen, um den kankaaiRcbcn FhtUBD dl« rationelle Sdden-
gewinnnng lebren an laerai. Im J. 1851 betrug die Produktion ea.
500000 kg Grege nnd in der Zeit von 1860/66 eine Million kg pro
Jahr. Ferner in den Jahren 1861 6;i durchschnittlich 720000 kg jährlich
mit einem Export von 354000 kg, fiel dann aber 1864/66 auf 836000
und 1867/69 anf 409000, um 1870/72 anf 902000 kg anzuwachsen.
Im J. 1872 aollen 1166000 kg eneugt nnd 692000 kg exportiert
worden sein«
Im russischen Turkestan ist die Seidengewinnnng melir jils ein Jahr-
tausend alt, aber die Seiden waren niemals sonderlich geschätzt; und auch
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Or^prodaktion. Italien. 427
•
g^fttliriirtig sind die Haspelmethoden der Baneni in den Distrikten Sbokand,
Samarkant!, Ta-tchkent etc. noch sehr unvollkommen. In den Jahren 1867
bis 1872 wurden Masterfilanden eingerichtet, uud die russische Regiening
bat deren Gründung durch Subventionen begünstigt; diese Anstalten sind
jedoeb l&ngit eingegangen. Die mit grossem Kapital angelegte Filande
zu Kodschend ist Ende 1875 ebenfalls geschlossen worden. Die Ansbente
bei der eiiilieimischen Haspelmetlimle ist sehr gerin rj: 1 Pfuud Seide aus
8 — 9 Pfand trockener Kokons, in iSamarkand, wo die uzbekischeu Hiispl«v.
rinnen geschickter sind, gewinnt man 1 iiuud Seide aus ö Pfund
Kokons, und die nnsisoben Haaplerinnen babm es nocb weiter gebnusbi,
indm sie 1 Pfund Seide aus 4 Pfund Kokons erzielen. Ein Teil d«r
gewonnenen Seide wird im Lande selb.-<t verbrauclit, der Rest nach Russ-
land nnd Indien exportiert. Ein t,a*wisser Teil der Kokonemte des Kaa-
kaäuä uud Tiukestuu gt^laugt nach Mailand und Marseille.
Der Ursprung der itftlieniaehen Sddenliasplevri reieht bis in jene Zdten
snrSek, fiber die man jed«r EUTWISsrigeo Naebridit entbebrt. Wenn nmn
den örtlichen Uberlieferungen Glauben schenken will, so wurden schon seit
Alitte des IX. Jabrb. in Knlabrien Kokons abgehaspelt, während man be-
stimmt weiss, dass im Sudan dieses Gewerbe von den Arabern noch früher
betrieben wurde. Doch sebant es, dMS nmr knne Zeit Tor den Er-
obemngen von Robert Oniseard, gegt» die Mitte des XI. Jabrb., oiien-
taliscbe &ndwerker die Kunst, die Seide r^elrecbt zu haspeln, nSiOli
Catanzaro eingeführt haben. Guiscard, ein auf die Interessen seines
Landes sehr bedachter Fürst, zwang diese Handwerker, ihre Kunst den
Eingeborenen zu lehren; man weiss jedoch nicht genau, ob diese Seidenhaspler,
dmen der Historiker Amato den Namen «artefiei orientali'* beilegt, Oriedhen
od«r Araber waren. Von Siiitien adirribt Edriai im J. 1154, daes
„das Land sehr viel Seide en-.enge.** Es giebt nur spilrliche Quellen
aus der Zeit vor dem XIII. Jahrh.; min weiss nur, da.ss die Manufakturen
Luccas gegen die Mitte des XUI. Jahni. vuu deu kalabreai.^chen beiden
Gebnraeh machten. Die Hasplerei entwickelte sieb im Zusammenhang mit
der Seidenknltnr nvr langsam, und erst seit Ende des XVI. Jahrh. fand
ein Aufschwung statt. Die italienische Hasplerei wurde tonangebend ffir
dieses Gewerbe in Europa.
In der italienischen iiohseidenindustrie hat .sich im letzten Vierteljahr-
hnndert ein bemerkenswmier Umschwung vollzogen. Im Jahre 1868 sihlte
man in Italien 61877 Haspel, worunter 25637, deren Becken mit Dampft
heizung versehen waren. Im J. 1876 waren bereits 83036 Haspel im Be-
triebe, wovon 53370 mit Dampfbeizni:^. Die Lombardei allein besass 38 881
(29576 mit Dampf) Haspelbecken.*) Die technischen Verbesserungen des
Haspelverfebrena bab«i es ermöglicht, die Zahl der Haspel allmifalieh an
*) Ellena» Motiiie ikatuticfa« sopca alcane iadostrie.
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428 Oi^eproduktion. ItaUen.
Terringern, während die Produktion selbst im gleichen Zeitraum nicht nur
in Qaalität, sondern namentlich in quantitativer Hinsicht beinahe nm das
doppelte gestiegen ist. Im J. 1891 waren in ItaUen 1401 tSeidenfilanden
nit 54588 HtMpelbeekeii io Tbltigkeit, woron 48956 mit DMDpfhdsniig,
und iMBeUlUgtoD 99381 P«noiieiL Di» Pravins Huknd bctaas 148 Anaiftlteii
mit 10222 Becken, wovon 9870 mit Dampfheizung. In Bei|{uio waren
1892 85 Etabh'seements mit 5450 Rocken in BetnVH, wovon mir 310
mit direkter Feuerung.^) Brescia betrieb 2210 Haspel, während sich
166 iu Stillstand befanden. Die Verroll kommnnng der Kokonraaaen hielt
Sohritt mit den FortMbritteii der Haiplmi, und (grleieluwitig mit der
•tetigCii Abnahme der Beckenzahl stieg die Ausbi ntr: ;in firege aus den
Kokons. Auch die Qualität der Gre>j^e hat sicii in deu letzten zwei
Deceuuien wesentlich verbessert. Um ein kg Grege zu erzeugen, waren in
den Jahren 1871/«6 15 kg, iu den Jaliren 1877/ä2 12,6 kg, iu den Jahren
1885/68 11,9 und in den Jahren 1890/94 113—11*8 kg fruefaer Kokons ev-
fiorderlieh. Diese Zahlen beziehen noh auf reine Rassen, die gekreuzten
und die grünen benötigen noch gegenwärtig 13 — 13,2 kg für 1 kg Gröge.
Wie bereit« bei der italienischen Seidenkultur erörtert wurde, hat sicli hier
ein Umschwung zu Gunsten der einheimischen gelben Rassen vollzogen,
während die grBne japaniaehe im Yembwinden hcgriffen ist Es wurden
ensogt
kg Rohseide
grnn
gelb
Total
1880
2000000
800000
2800000
1885
1142000
1315000
2467000
1887
1819000
2157000
3476000
1890
610000
2933000
3443000
1892
320000
2645000
2 9'"')0f)0
1894
284000
3166000
3449000
Unter den itaUenisehsii Grdgen sind dicgen^ea der Fhmns Piemont
qualitativ die besten und werden mit Recht als die (MvenneBseiden Italiens
bezeichnet. Sie «iiid L'lfinxend, ela.stisch und fest and eignen sich als (^reire
vorzüglich für die mechanischen Webstühle. Als Organzin werden sie be-
sonders zu Sammeten, Plüschen und reichen Fa^onnes verarbeitet. In
qttftntitntiTer ffiniieht betiSgt die Produktion Piomonto etwm 18% der Oo-
«untiwodaktion Italiens, d. i. 800000 kg Gr^ge, und mr 650000 kg der
reinen gelben und weissen, 150 000 kg der gekreuzten und 100000 kg der
japanischen Rassen. Die lomhardischen Gr^gen, im Handel Mailand genannt,
sind von verschiedenartiger ijualität; diejenigen von iinunza sind die besten
md eignen saoh ab Grdgo vorzüglich Ar die mediiniiehe Weberei nnd nie
*) AbbsU di «Utiatioa del d'XtaUa.
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Qt^gtpndaktion. fifthwaii. FnnkreMdi. 429
Oqfusin für reiolie 8aid«iiftoffi»; ftodere Pmttnienieii, wi« Beigraio^ Breuna,
HantM und Gnnun» «ind weniger niierf^ imd «onien sa dm gewdbo-
Hg. MB-US. SMtaft «uapIMit Mft.
liehen OrganziDS und Tramen verarbeitet. Die Prodaktion der Lombardei
betr> darehwboittlich 1500000 kg Gr^e, und zwar 830000 kg der g8>
kreiisteii, 470000 im nbuot gelben und neieieii, 165000 der grfliieii re*
prodnzierten und iOOOO der grünen originellen Rassen. Die Seiden der
Provinz Wnedig lasseu sich ebenfalls nach zwei Qualitäten unterscheiden;
diejenigen der gebirgigen Gegenden (Udino etc.) sind von vorxüjjlichcr Qualität
und werden mit Vorteil als Gregeu verwoben, während die der Thalebeneu
von weicher Bpecbaffenheit nnd und banpftaiehlich als Trame Yerwendnng
finden. Die Prodaktion Venedigs beträgt 800000 leg Robseide, wovon %
gelber und weisser oder griioer Farbe; der Rasse nach sind 40°;q rein,
40°/o gekreuzt, und der Rest grüne Japans, meistens reproduziert. Die Sei-
den von Neapel, Toskana, Umbrien, Marken und den benachbarten Provinzen
aind eanand«- nemlieh ihnlieb, die Toekana sbd die besten darunter; die
vorwiegendste, reine Rasse ist gelb. Diese Prorentensen werden mit Vor*
liehe zu den feiutitrigen Organzins 14/16 bis 18/20 den. verarbeitet. Diese
Region erzeugt 18% der Oesamtproduktion, d. i. ungefähr 7 — 800000 kg
Gr^ge. Die Gr^eu der südlichen Provinzen, Kal&brien, Sizilien etc. sind
Ton grosser Gate nnd «rgelMii als Gr^ namentlieli Ittr T&11, Spitzen
n. a. w. sehr gnte Besnltate; als Oiganain änd diese Seiden stark nnd
elastisch und für schwierigere Webarbeiten gesacbt. Italien verhaspelt
niclit nur seine gesamte Kokonemte, sondern nwch eine beträchtliche Menge
eingeführter Kokons, meist orientalischer Herkunft. Der Export Italiens
in Grige beUef sich im J. 1894 auf 5476600 kg gegen 4580700 kg im
Yoijahre.
Die Schwei zerischenG regen der Kantone Tessin nnd Gtanbünden haben,
da die Ernte fast gänzlich in den italienischen Filnnden verarbeitet wird,
ganz den Charakter der italienischen Seiden. Die Produktion beläuft sich
auf ca. 60000 kg Grege.
Was die Geeohielito der Seidenhasplerai in Frankreieb anlangt, so
wissen wir, doss mau in der Provence die Seide mutmafslich schon im XKL«
hestiramt aber im XI\'. Jahrb. erzeugte; nm die Mitte des XTV. TiiVirh. war sie
ein Handelsartikel. Das Gewerbe ist in Frankreich vielleicht nocu älter, denn
Jean de Gar lande, Grammatiker und Dichter, Verfasser eines Worter-
bnehs (1220) führt anter den Arbeitägeräteu, die fSr FVanen bestJaunt sbd,
einen Apparat „le trahale, traale" oder „tnuifl** an, worunter man eine Vor-
riehtnng tarn „Ziehen** der Kolcona T6nteh«B will. Wenn aber wirklicb
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430
Gr^eproduktioD. Fraokreidi.
schon im XII. oder sn Beginn des XIIL Jfthrli. die Kokonbmsplerei be-
standen bat, so muss dieser Arbeitszweig ganz unbedeutend gewesen sein;
vielleicht ist er dorthin darch die spanischen Mauren, die im X. Jahrb. das
alte Septimanieu erobert haben, oder durch christliche spanische Aas-
wenderer gebrecht worden. Ee ist viel wehxsehelnlieh«, deee dee Geiftt
„tnaiL** die ursprüngliche ZwiniTorrichtnng bezeichnet hat, womit man
ro];f> nns dem Süden nnd (^mti Orient bezogene Seide zu Webefäden ver-
zwirute. Die Fürtschritte der Seideuhasplerei waren in Frankreicb viel ge-
ringer und laugsamer, als in Italien, und noch im J. 14t)6 hatte
Lonia XT. dnen Seidenba^ler Namens Uftofrain an« OarmagnoU nach Lyon
berufen, um dort seine Kunst an lehren. Erst im letzten Jabrhnndert hat die
französische Hasplerei in qualitativer Hinsicht Oberhand gewonnen, und die
Italiener kamen ihrerseits nach Frankreich, am die Kanetgriffe der Seiden-
haspler kennen zu lernen.
Die nämliclie Thateache wie in It*1»& lint rieli in Frankrafeb bedb-
achten, nur haben hier die maaehmenen Foriadiritte ans naheliegenden
OrQnden in noeh grSsserem Uabe PlaU gegriffen. Die allgemeiuen 5lco>
nomischen Verhältnisse sowohl, wie die im ^'ergleich mit Italien teuerere
Handarbeit, haben eine stetige Abnahme der Einfuhr ausländischer Kokons
anm Zweek dee Verhaepelns im Lande und sogar die Thateache sor
Folge gehabt, dass grosse Meogen franzBeiscber Kokons nach Italien
Tenandt wurden, um dort verarbeitet zu werden. In Italien fiel da-
gegen die Ein- und Ausfuhr der Kokons bis vor wenigen Jahrzehnten voll-
standig weg, hat aber in neuerer Zeit eine beträchtliche Stei<^emng erfahren.
Die Einfuhr der Kokons nach Frankreich belief sich in den Jahren 1869/79
auf darebsohnittlieh 1209340 kg trockner Kokons jShrHeh, welches Qoan-
tum im J. 1881 auf 729015 und 1882 auf 130310 kg gesunken ist; iu
J. 1889 betrug die Menge der eingeführten Kokons ein Drittel der expor-
tierten, üm dem daueniden Verfall der einbeimischen beidenhasplerei
vorzubeugen, ist am 13. Juui 1891 von der Deputiertenkammer beschlossen
worden, derselben in der gleichen Weise wie der Seidenkaltnr eine staailieb«
Unterstützung angedcihen zu lassen und den Seidenfilanden ftir jedes be-
triebene Haspelbecken mit 2 Grdgeftiden 100 Pres., für solche mit mehr als
zwei Füden 400 Frcs. und fSr jedes? Becken für die Donpions 200 Frcs.
jährliche Prämie zu gewähren. Die an äeidenhasplereien bezahlten Prämien
beliefen sieh im J. 1892 anf 3669000 Fres., im J. 1891 auf 4100000 Free.
Die Folge daran war eone betriehtiiehe Stagemng der Kokoneinfnhr, eine
Erscheinung, der die Scidenzüchter mit wenig wohlwollendem Aage eat*
gegensahen. Die Ausbeute am Haspel stieg von 14,8 kg Kokons in den
J. 1871/76 auf 13,9 in den J. 1877/82, auf 12,3 in dem .J. 18h8 und 11,6
im J. 1894 (12,0 für grane Rassen). Die fransSsisobe Seideuhasplerei verfugte
fiber 27253 Beeken im J. 1875 und 10314 im J. 1888, wobei aber die Ane-
giebigkeit eines jeden nm das Doppelte ingenommen bat. Es waren im
Betriebe:
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431
1892 1894
Beekan Ar 2 VMm 176 397
Becken ßr mehr «Ii 2 FSden . . 11052 9 805
Hilfebecicen 1890 1614
13117 11816
Die Prodaktion der Qrige bi^ef sich anf (kg):
1889 1891 1894
Gelb . . 598000 548000 880000
Gröii . . 20000 18000 16000
618000 566000 896000
Unier deu französischen Rohseideu gebührt dea sogenanuteu Ceveuoeä
der erste Plati. Zwar sind sie wenig anedmUeh nnd neinUdi matt, aber
griffig, elaetistth and, was tob groaeem Wert iak, abiolat flockenfrd. Es tat
eine vielverbreitete Ansicht, da&s die guten Eigenschaften derCt'venneigrdgenmit
der Beschaffenheit de« sandigen, kalkreichen Boden?, auf ^ Icliem sie «^ezo^en
%verdcn, zasammenliängen. Die Cevennesrseiden worden in extra, pnma und
secunda uateri«chiedeu. In zweiter Linie kuoimen die Ard^chegrögeu in Be-
tradit, die ebenfiaUe lebr geieliätit sind. Diese beiden Provenieiueii weidea
TO den reidieten Geweben verarbeitet nnd fBr die jeiaston Sammete,
Spitsen nnd viele andere Artikel verwMldet, die absolut tadelloser Seide be-
nötigen. Die nntor dem Namen Lubemon und Valr^as bekannten Grege-
sorten sind ohenfalls von flockenfreior Beschaffenheit. Dem Äusseren nach
den CeveuQeäaeiJL'u uuuliche Gregen, nur vuu weicherem Griff, siud die Vi-
Taraifl ond Danpbin^, die jedoeb infolge dee fenehten Bodene, ebenso
wie Carpeatrea- und Ptovenc^prigen, ein siemlieh flocUgee Aiiaaehen
beben.
Tra gesell if^)it Heben Teile des Werkes ist die Hed».'utung Spaniens ala
des ersten seiUeiierzeagenden Landes in Europa hiiil inujUch erörtert worden.
Die äpauiscbo Rohseide war iu der Periode vum iX. bis zum Xl\ . Jahrb.
eine der geschfttateeten' in Italien. Daa Gewerbe bat dann bis sn nnseren
Tagen Tenohiedene Yeribudemnifen dnrcligeniadit, die mit den poUtiaelmi
Ereignissen zusammenhingen. Seit dem Beginn des XDL Jahrb. »t ein
bedeutender Aufschwang zu verzeichoen.
Die Krankheiten zeigten sich 1853. Die Produktion von ftber 8 bis
900000 kg Grege iu der Zeit vor 1853 sank uuu allmählich und betrug
1881 nnr noch 64600 kg. Dank der ofBiienen üntentfitcnag erhob
de aieh in den Jahren 1882/83 anf etwa 100000 kg, welehee Quantum
indes seither kaum wieder erreicht worden ist. Im J. 1882 waren in Spa-
nien 30 Seidenhasplereien mit 1800 Haspeln im Betriebe (3040 Becken im
ganzen); im besonderen scheint die Verarbeitung der üoupions (in der Provinz
Grauada) ihre frühere Bedeutung erhalten zu haben. i>ie Produktion be-
lief nch anf (kg):
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CMcapiodoUioa. PortogaL
1886 1889 1891 1893 1994
52000 66000 90000 77000 90000
Ein Teil der Kokons wird zu Ängelsclinilrcn verarbeitet. Die Rasse iat
l^elb uud rein, vou frauzuäischer Einfahr oder iuläadischer ReprodoktioiL Im
J. 1888 besass Valencia 550 Haspel; Granada, Serilla ete. 420 HaspeL
Der Export spanischer Grdge iit nieht nnbedentencli er betragt):
1872/74 27 737 kg
1878/82 17000 „
1888 66000 „
1894 60000
Portngal bietet gegenwärtig für uns nur wenig luterosse, doch die
Geschiebte Heiner iSeideuprudukiion iat »ehr iiitervssaut und lehrreich. Die
letitore skan<l stets unter der OUrat der Rej^nrng, hatte jedoch endererMits
mit dem durch Teesehiedene UxMeben hervorgeraftnen Widentead der Be-
Tdlkerung za kämpfen. Die Kunst, Seide zu ziehen, ist in dem Lande,
welches das sp-if-pre Portugal ^ü'ifte, ungefähr zu derselben Zeit wie in den
Kbalifaten und den unabhängigen lulrstentüniem Spaniens eingeführt worden.
Unter Alphons V. hatte das Gewerbe noch keinen festen Fui«s gefas«>t,der Ueich-
tum, den es den Sbiurm verseiMSlei erweekte aber den Neid der Portogieaen,
undsehon im J. 1481 konstatierlen die Gortes, dass 'dss Xisnd ml Seide er-
lenge, aber unter den Erpressungen uffentUcber Beamten tu leiden babe. Bald
darauf wurde mit der Seidenproduktion zwei Jalidi Inng an«ägcsetzt \ind erst
der Marquis de Pombai gründete im J. 1752 eine !■ liandc zu Chacim. Unter
Marie I. Hess man piemoutesische llaspler kommen uud errichtete Has-
plereisehtden und «»blniebe Filendmi. Dieser neue Yersoeh hatte 1786 be-
gonnen; er begegnete einige SSeit dem 1/ndentande der GemeiBdeii, dmr
endlich überwunden wurde, and 1804 erzeugte man ea. 36000 kg Gr&ge,
woTon 18000 kg in Trazos-Montes und 9000 in den beiden Beim; die
Produktion hob sich auf 46000 lim J. 1807. Nach dem Ausbrechen des
Krieges verschwanden die staatlichen Einrichtungen, während private Unter-
nehmangen bestehen blieben. Beit 1840 bekandet man IBr Seide eAÖhtes
Ltietesse. In den besten Jahren enengte man früher 30000 kg Seide, in
den f:^rw9hnlichen 16000. Die Regierung war wiederholt bemuht, diesen
Industriezweig zu heben, haii| fsüchlich in der Periode von 1838 — 1852. In
den Jahren 1870/80 belief sich der Export auf 8 — tiOO kg Grege. In Bra-
ganza, Oporto und Aveiro hind einige Filanden thätig, die gute Qualitäten
ersengen.
Die Anfange der englischen Seidengewinnung fallen in den Beginn des
XVIL Jahrb., jedoch erwiesen sich die einheimischen Arbeitskrifte nnfihig,
*} EaladfMiea genenl del eomsmio esrierior.
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GrtgepRidaklioB. Osterreiob-UiigAm «te.
43$
sich di« bii dieMm Gewerbe unentbehrliclie Handfertigkeit ansueigiien. Zu-
glebb mit dem Ver&U der Seideiunelit ging natorgemSw »ueh die Seiden-
haeplerei nnter.
In den österreichischen Ländern haspelte mau die Seide in Trient
gegen die Mitte des XV. Jahrh. Von 1770 bis 1800 folgten Verbesserungen
nemlieh lebhaft «ofeiDaoder. Cobelli, der in Lezzauella im J. 1784 eine
Filaude mit 42 Bedcen, liie dahin die grOeste in Tiient, gegründet hatte,
fahrte za gleicher Zdit auch die Arbeitsmethoden Piemonts ein. Alle Fort-
schritte der Hii'-plerei wurden dann mit der Zeit nach Trient YrTpflanzf,
und das üe werbe entwickeltf sich nnunterbroclieu. üm die achtziger
Jahre trat aber eine Krimis ein, die eine Abnahme der Beciten um 30"/^
snr Folge hatte. Im Jahre 1880 lahlte man 37 Dampf&landen mit
2216 Becken. Die Prodnktion des Berirka Boreredo belief «ieh im J. 1889
uuf 82088 kg gegen 66850 kg im J. 1884« die dee Beeirks G«nt auf 80000
gegen 65 600 kg in den nämlichen Jahren.
Kein Land in Europa xeigt ein derartig rasches nnd mächtiges Empor*
blflhen der Hohseidenproduktion wie Ungarn. Im J. 1879 wurden 2507 kg
Or^, sehn Jahre apSter bereite ca. 7&000 kg erzeugt. In Nenaatz nnd
Pancsova bestehen staatliche Seidenhasplereien mit einer durchschnitt-
lichen Produktion von 8 — 9000 kg, bezw. von 5000 kg Gröge. Die
Qualitiit ungarischer Gröge ist, was ihre natürlichen Eigenschaften anlangt,
sehr gut; aber infolge ungenügender Geschicklichkeit beim Haspeln lässt
dae fNTtige Prodnkt im Äneseren etwae an wQnsehen übrig. Die Produktion
betrog (kg):
1888 1889 1891 1893 1894
307000 267000 281000 243000 266000,
wovon 182 000 gelber und 84000 kg grüner Grege.
Es ernbr^ nne noeb, einen knrten Überbliek nfaer diejenigen Staaten
finropae m werfen, in denen die Seidengewinnnng swar ganz ohne in-
doatrielle Bedeutung ist, welche jedoch ArQher eine solche besas^en.
Im XVI. .Tahrh. erzeugte man in der Provinz Brandenhurf^ in Prenssen.
etwas Seide. Lafferaas schrieb im .1. 1603 ,,ura die Wahrheit zu .sagen,
CS wird Öeide erzeugt lu 1' iauderu und in Deutschland, in Ländern, die ein
viel k&tterea Klima beeitsen, ab Frankreich". Über die Sehiekaale der prena-
Buehen Seideogewinnung ist im geschichtlichen Teile des Werkes berichtet
worden; gegenwärtig gehen die Versuche nicht über den Ralimen der Haus-
arbeit hinaus. Von den Niederlanden sagt de Serres, dass in der Stadt
Leyden in den .Jahren löb3 — 85 die Herzogin von Ascot Seide gezogen hat.
In Belgien war die Seidengewinnung bereits im XYi. Jahrh. im Gange nnd
teilte daselbst die Oesehicke der Seidenknltur, von denen bereits früher die
Bede war.
Die Vereinigten Staiitcn Nordamerikas .«^ind noch heute eifrig be-
strebt, ihren Bedarf an Brolueldei wenn auch nur zum verschwindend ge>
BllbarmftBB, W» tuU». 28
434
Wel^rodoktioD der Ortg«.
ringttn Teil, aeUwb zu erzeugen. In Silkville (Kansas), Fayetville, New-
Jenej bestehen einige Haaplereien, die indesseii kanni einige taiuend Kilo
prodnzipren.
lu der folgenden Tabelle ist eine Anfstellang der Zahlen der Wclt-
produküon in gehaspelter Rohseide Tersucbt worden, eine Aufgabe, die fBr
eoropÜBohe Linder mit Toller Sieberbwt, Ar den Orient dagegen nur
schätzangsVMBe gelSst werden konnte. Daher zeigen die Zahlen für den
letzteren nur die exportierten Mengen an, während seine gegenwärtige thair
sächliche IVodoktion iu einer separaten Tabelle angegeben wird.
Land
1867 1 1889
1 kg
18'.>1
18"J3
1894
kg
Fraiikreicli . . . i
Spanien ....
Oesterreich-D ngam
2467000|
'jßOOO
168O0O|
717000
3476000
78000
264000
618000,
2880000
65 000
267000
566000
3210000
90000
281000
852000
3984000
77000
243000
896000
0 VW VW
90000
266000
32160001 4535000
3830000{ 4147000
5156000
4701000
AuutoUen . . .
»Syrien
Europ. Türkei . .
€lrieolienl«id . . .
172000 188000
100000 135000
2&6OOO1 äiOOOO
20000 20000
185000 135000' 328000
324000 290000! 520000
110000, 1900001 20OOOO
26000| 30000 45000
355000
466000
210000
3800O
548000
683000
645000] 645000
1143000
1069000
Kaukasus u. Trans-
kankanen . . .
110000
125000
160000
190000
200000
17500D
£xpurt Shanghai .
„ Eiintfon . .
„ Jokobama .
„ Kalkutta .
2630000
1 716000
1372000
2<K)uoa
, 2459000
1411000
2217 000
2I0Ü0U
1 2910000
1 1600000
2 125000
21UÜ0U
3834000
1201000
2 994000
229000
i 4215000
1 1286000
2685000
287 UOO
1 3787000
r;nq.}f)0O
4977000
6297000
6846000
8268000
8473000
Im ganaen
8311000
11640000
11480000
13240000
14972000
Die Or^geprodulktiüu des Orients und der überseeischen Länder beläuft
1890
1895
China, Maud.?cluirei, Korea . . .
9880000
12500000
Indochina, Annam, Tonkin . . .
300000
ÖOOOOO
2300000
6000000
350000
450000
280000
350000
Centrala-^ien, Turkestan, Afghanistan
1800000
2600000
Afrika, Amerika, Australien . . .
3iM)no
50000
Total
14940000
22460000
.-ij,.i^cd by Google
Wiltf«rk«lir der M/ß. Ihw YwwmdimgiMrtn.
435
Die Gesamtproduktion uu Maulbeeraeide auf der ganzen £rde beti^t somit
s. Zt. dnrchaolmittlieli nncl io runder ZaU Ulm 28000000 kg Grege, wovon
in Eoropa und Amerika ca. 15000000 zur YeKwlMitiiiig gdingwi. Folgende
Tabelle veranächaulicht die Prodoktion, ihren inländischen Verbrauch, and
bei den Staaten, die keine Seide erzeugen, die ausländische Einfuhr der
rohen Seide (Grege bezw. Ourr^) für die Zwecke der weiteren Verarbeitung.
Land
Produktion
Terbrauch
Export
^ Import
▼•rbrftMh
12000000
6800000
5200000
200000
7000000
Japan
6000000
2800000
3200000
20000
2820000
Italien
4000UOO
4U00U0
36OÜO0Ü
. 400000
800000
Gentralanen, PeniMi .
2000000
1700000
SOOOOOl 5000
1705000
Levante . * , . .
1000000
200 ono
800000
50000
2500(X)
Frankreich ....
80ÜOO
4üi)ouO0
4o200(K)
500000
420000
80000; 50000
470000
Br.-Indien ....
500000
300000
200000' 600000
900000
Österreich-Ungarn . .
250000
100000
150000
300000
400000
260000
150000
lOOOOO
2000
162000
Eninp. TOrkei . . .
200000
50000
150000
12000
62000
Spanien
80000
•lonoo
40000
50000
900(X)
Griechenland ....
3500U
2000<»
15000
6000
2G00O
Balkau«taiiteu . . .
30000
20000
10000
3(X)0
23UUO
30000
2000
28000
1 400000
1402000
Amerika
5000
5000
3260000
3266000
6000
6000
50000|
66000
Australien ....
2000
2000
10000
12000
Europ. Russland . .
1000
1000
700000
701000
Deutschland ....
500
500
I 835000
1835500
Knglaud
200
200
1 000000
1000 200
Im ganzen 127 788 700| 13836 700,13 953000113 963 000|27 788 700
Was die Yerwendnngaart der Rolieeiden ▼«nekiedener PrOTeniens an-
langt, so sei bemerkti dasa die tpecifischen Eigenachaften einer Gat-
tung ihre Verwendungsart von vornherein bestimmen, obwohl die Technik,
ökonomische Rücksichten und Moderichtung auch liier von entscheidendem
Einfluss sind. Charakteristisch ist aber der Umstand, dass in gewi.ssen Fabri-
kationszweigeu, in denen vor wenigen Jahrzehnten, wie in der Tüll-, Gaze-
nnd CMpewebenit mir «dir feine inlSndisehe Qrigen Terwendet wurden«
gegenwirtig die viel billigeren asiatischen Seiden, wie Brussa und Japan
nnd sogar China, nicht nur aus ökonomischen Rücksichten, sondern weil
die ma.scliinellc Verarbeitung eine.s viel stärkeren Fadens bedarf, vor-
gezogen werden. Für Sammete, wozn früher nur die besten Qualitäten der
C^TennesMiden benutit wurden, werden Jetat mit Tortnl die TeaUeee Ter-
wendet. 8o^ die Inroolnerten Gewebe, Bänder und Foulardt werden mit
KantonMnde angefertigt Im Zniammenhang damit steht aueb die enorme
88*
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436
Prtk» dv CMge.
Verbilliguog aller Seiden fabrikate, die deo Konsum zu einem allgemeinen
gestaltet.
Dw ac^ bedtatende AnÜMbwiing des Imporla tMalMeher Seiden hat
die Preise des Rohmaterials im letzt<'ii Vierteyaluliiuidert beträclitlich her-
abgedrückt. So stellte sich z. Ii. der Prtis eines kg italienisclier Grege
(10 12 den.) in den sechziger Jahren auf 92 Frcs., pinir dann üuf lOO im
J. 1865, sogar 113 in den siebziger Jahren und hei daxm allumhhch auf
67 (1876>, 66 (1880), 52 (1885), 56 (1890) und 62(1892). Naduteluiide
ZaaRmmeiiBtollang uof^ dsn PkreiBrDekgBDg der Grdgen renehiedener Pzo-
^) (Ftucb):
Frankreich
Italien
Brussa weiss
China
Japan
10/12 dem.
9/11 dtn.
12/14 dem.
Tsatlee
Grapes
1872 98
99
98
76
74
1873/78 83
76
78
64
58
1879/81 68
61
61
44
51
18«2 83 62
66
67
46
47
1892/93 48
43
42
28
42
1896 Febr. 47
44
40
26
37
Pa.> Schwanken der Preise von Jfihr zu Jahr lasst sich, besser MU fol-
gender Zosammcnstellung für China Tsatlee ersehen:
1868 68
1860 69
1861 50
1866 88
1868 69 1877 43
1870 80 1879 62
1875 60 , 1880 38
1876 82 i 1881 62
1886 33
1889 43
1892 33
1896 Febr. 27.
Aber aocb in kfineron Zeiträumen treten numebmal nidit unbetriidit^
liehe Ptdasoihwenkungen ein, die vielfach nicht den faktischen YerhaltiiiMii,
»ondem spekulativen Umtrieben entspringen. In Europa ist dies weniger
der Fall, wiü die geregelten Verh-iIt?u^H>-. flio Fn''rikantenverbändo, Handels-
kainiinTii inul fSyndikate, sowohl den \ onai wir ilie Vf>raiissichtlicfaeii Ernte-
ergebuisäe und Industriebedarf einigermarheu abächäizeu lassen. Im fernen
Orient dafegeo haben die Produsenten nicht den geringsten Anhalt dafilr,
wie die auBlindisohen Marktberichte und intematioiMkle Spekulatkm die
Preise gestalten werden. Die Schwankungen der Röhseidenpreise in Japan
z. B. sind aus folgender, für die Qualitit Maybash Sage (hanks) in Dollars
für 1 Picol, zusammengestellten Tahelle ersichtlich:
Sommer und Ii erbst 1884 . . 405
Ende der Raison -165
Auguät 1886 623
*) DaTid, dkod« rar Im itoelu, la conaommatioD et le priz des soiei.
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Dm MaUaiMMi. 437
Oktober 1896 460
IMes Drittel der Saiemi . . 678
Äugost 1886 '686
Janimr 1887 668
Februar 1887 670
Aogost 1887 680
November 1887 616
NoTember 1888 480
DeMimber 1888 550
Schlass der Saison . • . . . Ö30
Dezember 1889 650
Die unmittelbare Wirkung der Speknlaiioii auf die Produsenten wird
indes gewöhulicli durch rli«^ /wisclien ihnen und dem Exporteur vermit-
telnden Zwischenhäüdler abgeschwächt. Al)er auch die letzteren würden
bei ihrer oft nur geringen Kapitalkraft uiclxt im »Laude seiu, gegenüber
einer andaomniden Bu«e ilin Vorrftte aurReksuhalten, iraim nleht die
Banken einsprängen, deren Konkurrenz untereinander gelegentlieh za ao
hoher Beleihnng der Seiden führt, diiS8 bei starken Baissen ihr zeitweiliger
Wprt keine genügende Sicherheit mehr bietet und beide Parteien Verluste
erleiden. Durch diese Procednr der Banken wird dem bedenklichen iSpe-
kulationsgesobftft noch mehr Boden gegeben.
«
Die Gregegeide findet in dem rohen Zustande, wie sie nach dem Haspeln
herrorgebt, nur beschränkte Anwendung fnr Phrtutasieiirtikel und Posa-
menten. Für die meisten Verwenduugsarten, sowohl für die Weberei
wie Iftr die Wirkerei t Stri«&erei eto., muai die &rige einer Behandlung
nntorworfen werden, welche sie reinigen und webefahig — falls sie als soloha
verwebt werden soll — oder den verhältnismässig dünnen Bohseidenfaden um-
fangreicher und für die weitere Verarbeitung geeigneter gestalten soll.
Da-s Mulinieren (moulinage) der Rohseide bezweckt die Vereinigung mehrerer
Gregefädeu unter gleichzeitiger Verbindnng derselben vermittelafe der
Drelmng oder Zwimnng. Audi dn einfiMber RoliaeidenfiidMi wird fUr einiga
Yerwendungsarten gedreht, wodurch er an Rundung, Dichte und Starke
gewinnt. Da nämlich in der Rohsoidt' die Fäden gerade ausgestreckt neben-
einander liegen und nur durch den natürlichen Leim verklebt sind, welcher
beim nachträglichen Entschalen der äeide aufgelüät wird, so würde sich die
Bolnnida nadi dieeer lekatonn OparaliOB, ohne TCn-hergegangene Drehung
dea Fadena, in lanter loee Fidehen apalten und unbrauchbar weiden.
Die Art und Weise des Mulinierens hat grossen Einfluss auf den fertigen
Stoff f und' die Ao^be dee Seidenwebmeisien riohtet aicb nicht nur
438 Du NoUAiawn.
aoUianlM^ mf die EmittelnDg der richtigen Enutellmig, Webebindniig etc.,
sondern auch aaf den passenden Moliiiiei|grad oder die Höhe und Starke der
Zwirnong, die in der 8cif1onwi'l>erei in ungleich gcQaBerem Malee in Be-
tracht kommt, als bei den anilereu Gespinstfasern.
Die Seideuzwirnerei bestand notwendigerweise stets nnd überall gemein-
sun mit der Haeplerw« denmaeh mit der Sadenknlivr. In Enropa er-
hielten wir die errte Kunde von Zwirnerinnen in Paris (fileresses) im
XIII. Jahrhundert, welche der rohen Seide vermittelst Spindeln die
nötige Zwirnong erteilten. Die Drehung der einfachen und die Zusam-
meaawirnuug mehrerer Fäden erfolgte ursprünglich stets mit der Hand, wie
dies nocb beutzntage in Asien meistens der Ffttt ist; die Aibutsveise gleicht
nngem^n der der Seümaeherd. Die maaehinelle Yoiriehtung kam in Form
des sc^nannten runden Mulinierstuhls zuerst in Italien zur Anwendung
nnd wird in dii"-pr Form zuweilen noch heutzutage in Piemont angewandt;
eine andere Zwirnmascbine, die o?ale Seidenmühle, ist französischen
Ursprung. Der erste Mulinierstuhl (Seidenmixhle, filatorio, mouliii ä soie)
ist TOE einem in Bologna ansässigen Lnoeheeer Borghesano, demselben,
dem man die Veibessemng des Seidenbaspels xnsdneibt, konstruiert. Ober
das Datum der Erfindung ist man nidit im klaren; wibiend es dnige in
das Jahr 1272 versetzen, fixieren es andere auf 1282') und «^sr auf
1372*). Wie dies auch sein mag, der MuHnicrstnhl blieb etwa zweiund-
cinhalb Jahrhunderte eiu gut bewahrte.s Uebeimuis der Stadt'). Nach
F^ankreidi wurde er tou Oirardi und Orsenieo um das Jahr 1470 ein-
geführt. Im J. 1719 gelang es einem kühnen Engländer, Lombe, sich
der Zeichnung eines Borghesanischcn Stuhls zu bemächtigen und sie nach
England zu bringen. Später erhielt die Maschine von Avesani, Land*
riani und namentlich Vaucanson vielfache Verbesserungen.
Das Mulinieren der Rohseide zerfallt in folgende Verrichtungen:
1. Des Spulen nnd Putten der Grdge.
2. Die erste Drehung (Filieren, filage^ 1** apprtt).
3. Das Dublierer.
4. Die zweite DreJiung oder Zwirnung (orgaTi nnagf, 2'' appret).
Die erste Behandlung der Gräge ist die Überiühruug derselben aus der
Strangform auf die Spnlen oder Bobinen, wobei gleiebieitig das Pütien dea
Fadens, das Entfiunen tob Fdilun, Floekeo nnd Samten stattfindet Es ist
üblich, beim Verkauf der Qrdge die SpulensaU, welche eine Arbeiterin beim
Abwinden zu beaufsichtigt-Ti vprmag, anzugeben, je nrösser dieso Zahl,
desto besser ist die Qualität der Kühseide. Soit der Einführung der ge-
knüpften Enden (bouts uoue») bei der Zubereitung der Grege, hat sich die
Huüihabnng des Spnlens wesentlicb vereinlMdit. Bei der BoluNide enropSüeher
*) Wm. de rA«a4. d« SdeooM. 1791.
*) Matini, Bologna illustrata.
<) Ut'i, 1 usrceati di Mta Loooh«n a Bologna n« Me. IUI « XIV. 1881.
Dm SpvlMi.
439
Hnimiifl betragt die SpuIennU etw» 100, irthrend ehmefliBehe Grtgen,
wie Taatlees, selten fiber 10 — 15 hinaiugdien. Chineaiaebe Gr5gen lind
meist mehr oder weniger uQsanber usd mit ^oten behaftet, ausserdem
öfters in der Fadeodicke äusserst unecfal, so dass Fadonbrüclio sehr
leicht eintreten. Das Winden solcher Gregeu erfordert grosse Auf-
merksamkeit, weil dio sichtbaren Ungleichmässigkeiten schon während
dieier Arb«t von der Spalerin entfernt werden mtoeut was dnreb Ane-
breohen der aUsndieken oder der allsndUnnen, sogenannte FIngfilden ge»
schiebt. Es ist begreiflich, dass unier diesen Utnetanden viel Abfall ent-
steht, gewöhnlich 3--5°/<,, öfters noch mehr, während er bei ctiropäischen
Gr^gen selten V4 — Vs% übersteigt. Die den europäischon fast thenbürtigen
japanischen Filatares sind sauber und egal gehaspelt und winden sich vum
Strang iast ohDo jeglieiie StQmiig ab. Um das Winden» sowie die naeh-
trSglicben Operationen an erldiebtem, wird die Gtxigi vor der V^rarbeitang
suweilen geseift und gewinnt dadurch ca. ö"/, an Gewichti wovon nbrigens
nachfolgend noch einmal die Rede sein wird.
rfchon während des Spulens wird die l{()lu';< idc ituweilen der ersten Reinigung
oaterworfen, welche darin besteht, dass man sie dnrch einige mit weichem
Tncb ttbersogene Glasaugen fahrt. Die attoi Spulm beetioiniien Grigen
werden vorlier eine Zeit lang in ieuchten Räumen aufbewahrt, da dies er»
faihnn^pgnDäss für die Festigkeit des Fadeus von Vorteil ist; ausser-
dem werden .stets einzelne Strange untersucht und die verklebten, beim
Haspeln durch Verleimuug einiger Gregeiiidchen entstandeneu Stellen,
die sogen, „gommures*", mittels schwacher lauer äeit'euiü^iuug loti-
gelSet; der Znsati von Öl zu diesem Seifenbade, weleher besonders in
Bngbuid Ton dnigen Lidnstridlen angewendet wird, ist aweekloe nnd kann
nur als absichtliche Erschwerung angesehen werden. Das Spolra erfolgt mit
Hand- oder Maschinenbetrieb. Es existieren vit'l«- Arten von Spnl-
vorrichtnngcn, die t-nt weder iu Form runder, drehbarer Talein bei der
Handarbeit, oder als iSpulbänke im Fall des maschinellea Betriebes errichtet
weiden.
Die letstere ist die sogeo. Wiekel- oder Spubnaschine (maebine ^ bo-
biner, winding-engine, throwing frame). Geschicbtlioheu Interesses halber
möge eine Sjnihnasehine älterer Konstruktion, \\u' sie nriTiientüch in Preussea
zur Zeit der letzten Blüte des Seidengevverbes gebraucht wurde, heschneben
werden. Mehrere iu Entferoungeu von 15 — 20 cm parallel miteinander ge-
stellte Fnsee bilden das MasebinengerOst, worauf eme bölzeme Tafel aom
Anflegen der absabaspelnden StrBhnen geschraubt ist Die an beiden Seiten
der Maschine und zwischen ]<■ /.wi i Fussen angebrachten leichten Haspel
(swifts) drehen sich ungefähr in der Mittr der Maschinenhöhe in den daran
befestigten Lagern und sind durch liatteii gegen Bescliädigungen seitens
des beaufsichtigenden Personals geschützt. Jeder Haspel besteht aus einer
Aeaf Länge nadh durehbobrin bSbienien Nabe zur Anfnahme der Aebse oder
Spindel und aus 12 dünnen Armen, welcbe zu je aweien der Quere nach
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440
SpalmaMhineii.
dnich Schnüre verbanden sind. Aaf der Nabe eines jeden Haspels hfingfc
6in loser Ring mit einem daran befes^iigton Oewichte, damit sich derselbe
infolge der dadurch erzeugten Reibung nur in dem Mafse dreht, wie dpr
Seidenfaden Ton den Spolea aufgenommen wird und diesen also iu der Be-
wegung nicht Toreilt. Attf den m beiden Seiten d«r Mtadiine angebrachten,
in Pfftnnenhigem des Qestellea drabbaTen Wellen und fHr jeden Haspel swei
Scbeiben befestigt, welche den darauf liegenden, kleinen, entsprechend
gparbeitcteii Spultii infolge der Reümug Bewegnnf^ mitteilen. Die Ein-
ktffbuugen in den an dem Tische befestigten Konsolen dienen als Pfannen-
lagcr für die Spulenspindeln und zwur in der Art, dtiss, wenn die Spulen
in die Toidere Einkerbung gelegt wwden, die Friktionasclidben dieselben
drehen, dagegen in den etwas höher liegenden Einiehnitten keine BerSb»
rang, also auch keine Drehung deraelben stattfinden kann; sie werden in
die hinteren Einkerbungen gelegt, wenn die dazn gehörigen Fäden reissen.
Die Spulen sind von Holz und haben einen Durchmesser von 5 — 6 cm, da-
mit sie einesteils zur Aut'ualiuie einer grossen Fadenlänge verwendbar sind,
ohne dasB der Durchmesser nnd infolgedessen die Peripheriegeschwindig-
k(dl an sehr vei^rBeseri nnd anderenteils der Seidenfiulen sieht dnrdi
seharfS» Biegungen beschädigt wird. Man bedeckt daher die Spulen nur
mit einer dfinnen Schicht Faden nnd ersetzt sie dann dnrch leere. Ansser-
dera ist es nötig, die Fäden spiralförmig über die ganze SpulenoberHüche
zu verteilen, damit augenblicklich die Enden der abgerissenen Fäden
wiedergefanden nnd befestigt werden können. Zu diesem Zwecke sind swei
hölzerne Schiebeleisten mit den darauf befestigten Fadenf&hrem angebracht,
welche durch nachstehend beschriebene Vorrichtung parallel mit den Spulen
bewegt werden. Die am Stirnende der Maschine in zwei Lagern drehbare
Welle wird durch das darauf sitzende Stirnrad, welches mit irgend einem
andern durch Elementarkraft bewegten Stnnzade mittels einer Ausrückuug
belieb^ in nnd ausser Betrieb gebracht weiden kann, in Bewegung gesetzt,
nnd h tztere durch konische Räder auf die bereits frSher erwähnten Wellen
und .sofort atich auf die Spulen übertragen. Femer ist anf dieser Welle,
fast in der Mitte, ein elliptisches Rud l>efestigt, welches dem anf einer
festen Achse drehbaren Rade von derselben Grösse und Form Be-
wegung mitteilt Endlich stdit «so anf dw FKehe des lettteren Rades
fBsIgesehianhte Wane dnrch eine gabelförmige Stange mit swei dehtebe-
leisten in Yeihindnng. Diese Warse, welche dem Mittelpunkte des letzteren
Rades mehr oder weniger genähert werden kann, ninss einen Kreis beschrei-
ben, de.s.sen Durchmesser gleich dem erforderlichen Ausschlag der Schiebe-
leiste oder gleich derjenigen Länge der Spulen ist, welche mit Seide bedeckt
werden soll. WSre statt dieser Yonichtnng, dnreh welche der Fbden gleich-
minig fib«r die Spule verteilt wird, ein gewöhnlicher Knmunsapfen an-
gebracht, so mfissten die Spulen an beiden Enden eine grossere Fadenlänge
aufnehmen, als in der Mitte, weil hier die Geschwindigkeit der Schiebelei.ste
grösser als an den Enden ist. Diese Spülmaschine erfordert einen Raum
Google
U2
Spolmaschioen.
TOD 1,6 m Breite b^i 7,5 m Länge; die letztere ist jedoch willkürlich und
ricltfef <kh der Anzahl der Bpulen, vott denen 6 — 8 Stftck auf eine
Aletti iän^e j^eteclinet wrrden.
Die neuer« n äpalma-^chinen sind durchwegs viel einfacherer Konstrok-
iion. Die spulen werden dnrefa Friktionsrollen Angetrieben und kSnnen je
nach Bedarf bezw. Qualität des Gespinstes mit grösserer oder geringerer
Geschwindigkeit laufen. Die Maschinen sind ein- oder zweiseitig von ver-
scliiedener Anzahl Haspel, 50, 80 und mehr. In einigen Konstruktionen
passiert der Uregefaden, nachdem er, vum Jlaspel kommend, durch eine Ose
gezogen wurde, einen aus einem engen, verstellbaren Schlitz gebildeten
Fadenreiniger nnd wird dann dnr^ einen FadenAhrer aof die Spule anf-
Vtt. US. SpnlHMMMiM von Oomo. »f. tU. Vidiopivtiar aitt Vmhkttyar. fl» t47 . PatzTorricbtot aft
SUhlpUtt«n.
gewickelt. Durcli i hien Ki giilütor lil-i-t sich der Fadenleiter nach Redarf
langsamer oder schneller f-chiebeu. Die Sj)ul- und Dubliermaschinen, welche
zum Winden etc. der bereits gezwirnteu (iespinste dienen, unterscheiden sich
von den Gregespnlmasehinen ner sehr wenig und k5ttnen anch als mlehe be-
nntzt werden. Die Produktion der S^denwindemaacbine betr> in 10 Stan-
den pro Haspel für gewöhnliche Chiuagrege durchschnittlich 60 g, und kann
eine Arbeiterin kaum mehr als 1 5 Haspel bedienen. Dagegen stellt sich das
Verhiiltuis bei .lapan Fiiature 9,12 den. wesentlich günstiger; eine geübte
Spulerin kann his üO Haspel bedienen und ergiebt die Produktion pro
Haspel 60 g.
ünier den VerbesBeningen an den Spnlmaechinen ist die Ton Corres in
enriibnen, welche den Zweck hat, das Anhaften der Fäden zu beseitigen«
Die Bewegung des Mechauiamas geht von der Scbsnuscheibe A au&t deren
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SpttlaHwdüiMn.
443
Welle WM Ueine Kurbel trägt, weldie die Plecelitange B bewegt, die niedw
den doppelannigwi Hebel C und mit dieeem die Gleastiuige D in aohwingende
Bewegung versetzt. An C schliesst sicli bei D die Stange E, welehe einam.
einarmif^eii Hebel H, der deu Fadenführer F tragt, die Schwingungen mit-
teilt. Die Heitel C nnd II siud mit den Stangen B und E durch Gelenke
verbandeu. Der Faden gebt eiueraeits über die schwingende Glasst&nge und
eidereieeite dmreh den «ehwingenden Pndemf<rer F nnd wickelt neb dee-
hnlb, von etwaigen iUnderninen befreit, sieber nnd leiebt anf die Spnle.
Die Vorrichtung kann für Haspel aller Arten, welche zum Abwinden von
in Strähnen gelegtem Faden auf Spulen dienen, benutzt werden.
In der runden Seidenwindemascbiue von Graf') wird eine grosse An-
zahl Uaspeli z. B. 2Ö, angebracht, von denen jeder 3 Spulen bedient, näm-
liob eine Spule mm Anflanfen und swm Spnkn anm Ablaufen und Übei^
tragen des Fadens. Der Antrieb der Spulen erfolgt direkt von einem
Schwnngrad mitt^ 1 Friktion anf in der Achse der Spulen Hegende Wirtel.
Die Spulen sind mit konusnrtigen Stiften versehen, die sich verschieben
lassen, infolgedessen Spulen von verschiedener Länge verwendet werden
können.
Von Vogt ist an dem Haspel eine Verbesserung getrofin worden, durah
welche das idtraubende Riebt«i und Ausgleichen der dnsehien Stibe beim
Auflegen des Stranges vermieden wird. Durch eine einfaehc Handhabung
können sämtliche sechs Stäbe gleichzeitig und gleichraassig verschoben nnd
die Stränge festgespannt werden; der Haspel läuft ohne besonderes Eichten
vollkommen egal.
Nach der OberfuhruDg anf die Bobine wird die Grdge einer aweiten
Reinigung unterworfen, welche die Ersielnng eines glatten, glftnzenden nnd
flaumfreien Fadeos bezweckt. Der von einer Bobine auf eine andere über-
führte Rohseidenfadpn |i:is.<iert den Fadt'n})iitzer (purg(Mir), welcher, wie
gesagt, schon in der Üpulniaüchine vorkommt und einen engen Schlitz bil-
det, durch den der glatte und regelmäsiiig dicke, nicht aber mit Knoten
nnd Flocken behaftete Fadm hindurchgeht; in letstnem Falle entfernt dw
Purgenr den Fehler von selbet oder Itet den Faden entzweireisson. Die
putzende Schlitzfläche besteht entweder aus Tuch, Achat oder Stahl; die
letztere Art kommt jetzt in allgemeinen Gebranch. Fig. 246 stellt die
aligemeine Anordnung eines tuchenen, Fig. 247 eines stählernen Purgenrs
dar. Bei dem ersteren »ind die Spalten mit weichem Filz bel^t, C ist die
Spule mit dem Lanfstock. Bei dem «weiten ist der Schiita aus awei stähler-
nen glatten Flflchoi L gebildet, dessen Weite je naeb Beschaffinihett und
Dicke des Grögefadens vermittelst einiger Schrauben FKTerstellt wird; Atf
Öeidenfaden wird über einen Glasstab in' gefiilirt.
Alle UnreiuUohkeitea des Fadens werden hinter dem Schlitz zorück-
1) Sehwcberisebes Patent 544.
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444
Du PaUfln.
gehalten, wodarch der Faden allmählich in seiner Bewegung gehemmt wird
nnd dadurch die aiifwindende Spnle zum Stillstatid /wiiicTt; hieranf wird der
angehäufte Ausputx vom Faden reiniger weggenonimeu. Das Patzen der
Grege nach dem ersten Winden erfordert bei gleichem Q^^^tam mindestens
«ImbiotmI Zflit wie das Windau mIImL Bai gana nnaaaberen Ortgen wird
das Yeililltnia noeh aBg&natigar, nnd da eina Arbeiterin nieht mehr ala
16 Spulen bedienen und höchstens 50 g pro Spale sauber zu patsen im
stände ist, so beträgt die Produktion iu 10 Stunflon höchstens 760 g. Es
ist jedoch nur ein ziemlich geringer Teil der L rireinliclikeiten, welche
sich derart durch den Patzapparat entfernen lassen. Die Hauptarbeit der
Arbeiterin beateht im Ansbreeben derjenigen IlLden« weleba anf längeren
oder Iribraaran Btrecken mit Knoten etc. behaftet dnd, und mSaaen aebr nn-
gleiche Stellen, die entweder m dick oder an dfinn sind, abenfaUs ans*
gebrochen werden.
In derPutzinaschiuc vou Montauzan') bildet die Spulenreihe an den bei-
den Seiten der Maschine, wie in dem später zu behandelnden Muliuierstuhl, eine
ovalförmige Kurve, weahalb die Bhäebine den Namen nnonlin-purgenr^'er^
baltea bat. Die Origeftden lanfen von den Spnlro 9b«r einen Olaastab nach
den in der Fig. 247 dargestellten Putzern nnd dann über den Glasstab nach
der Aufwirlrf-lhobine. Das Aufwickelu auf letztere findet in regelmässiger
Weise durch Vertuittelung einer Balancierstange statt, deren Schwingunga-
umfang den Endpunkten der Wickelung an der Spule entspricht. Die
Bobinen aind anf Sinndeln montierti die dareh einen endlosen Riemen anga-
triebm werden. Die Spindeln tragen anaeetdem noch beaondere Stifte, anf
welchen die Bobinen ruhen. Der Riemenlanf regelt die nescliwindigknt der
Spindeln und ruittelbar der Bobinen, welche somit nnf r der Kinwirknnpr zweier
Antriebe, der Stifte und der Spindelachsen, rotieren, auf welchen die Bobinen
sitzen. Dieser zweite Antrieb ist indessen im Vergleich zum erateren sehr
acbwacb, ao da» man die Spate ak m^ag nnter der Einwirkang dea Stäftna
(embaae) betrachten kann, und es ist erklsriicb, dass nur eni geringer
Widerstand nötig ist, um die Spnle anzuhalten. Setat man nnn voraus,
dass ein Knoten am Putzer angelanjrt und klein genug ist, um den-
selben zu passieren, so wird doch durch den infolge der Reibung entstehen-
den Widerstand die Spule angehalten; ist aber der Knoten so gross, dass
er den Pntier nicht passteran kann, ao steht ebMi&Ua die Spule ohne Stoss
«tili, ohne dass der Faden aerteiast Man spart dabei an Arbeit, Mot«^
kraft, Zeit und faimmdet die hinfigen Knotenstellen.
In den Gamputzvorrichtungen von Suggitt und Boyd ist die Vorrich-
tung getroffen, die Weite der pchlitzf^rmigen Aussparung der Stärke des
Fadens anzupassen. Die Vorrichtung von Boyd besteht aus zwei Plai>
tan mit Pntikanten, welche Tcgmittelit iweier Federn genau paralM an
einander gehalten werden k!(unen und sind die letiteren mit ihren Enden in
1) I.*hMlQilrie inta^ 1991, 8Ö1.
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446
Du TomrirMn.
die Rfiekaeite sweier Platten «ngelasMo. Eine Platte ist mittele einee Bol-
sene amf einem Querbaam befestigt, die andere wird von den Federn ge-
tragen nnd kann durcli eino Stahlscliraulje nach Belieben gehoben und
gesenkt werden, was zur Foltre hat, dass durch die schräge Anorduung
der Federn die beiden Putzkauteu sich eiuauder uühern, beziehentlich von
einender entfernen « demnaeh der jeweiligen Gametirke entsprechend ean^
gestellt werden können.
In dem Patzapparat von Fonr kommt die Spule im Falle eines Kno-
tens sofort zom Stillstand, ohne dass andere Spulen angehalten zu werden
brauchen; ein Beissen des Fadens findet dabei nicht statt, wodurch das
lastige Aaffinden vermieden wird.
Für Oam^M, namentlich Trame, heeleht die PntcTOtricfatnng (Fig. 248)
aus zwei rietblattartigen Rahmen, zwischen* deren StaUdrlhten die Fftdoi
laufen and von dem Ftanm befreit werden.
Dem eij^'entlichen Zusammenzwirnen mehrerer
Eobseidentuden geht die Drehung des einzelnen
GrdgeÜRdens, dae eogen. Uliwen, Toranst dae je
nach Bedarf pro Meterlftnge 3—400 Drehnngm
betrSgt und auf dem Filierstnhl vollzogen wird.
Seine allgemeine Einrichtung ht aus der sche-
luatischen Fi«?. 249 ersichtlich, welches Prinzip
bereits von Vaucuusou 17ö5 aogeweudet wurde.
Die dardi Riemen 2 betriebenen, anf aekr fei-
nen Zapfen rotierenden Spindeln 3 tragen dm
Spulen welche mit dem Zwirnflugel 5 versehen
rind nnd mit einer konstanten Geschwindigkeit
von 6 — 7000 Touren pro Minute rotieren. Der
gedrehte Bohaeidenfaden gelaugt durch den Lanf-
stoek 6 auf die dureh Friktionakraft der Welle 7
betriebenen Walzen 8, Ii* wührend des Filierens,
nnjjeachtet des hv\m Aufwickeln zunehmenden
Durchmessers mit Hilfe variabler Geschwindigkeit
der Antriel»welle 7 stete die gleiche üeschwin-
digkdtbaibehaiteii, wodmeh die Gleidimimigkeit
2JJtJ:Sr.t:«f.:Trr^' ^er Zwimong anf der gumen Lbige de. Gtdge^
riemen, 8:8pindeJ,4 8ptt!<>n, := FiüRoi, fadens ermöglicht wird. Die Drehnngezahl wird
TTinUhimU durch !te<?uliernug der Umdrehungsgeschwindig-
keit der Welle 7 «jeretjelt nnd nm so irrösser,
resp. die Zwiruung um so schärfer, je langsamer das Aufwickeln aut die
Bobinen 6 stattfindet. IMe Eonatraktion der Seidenswimmaaehinen unter-
schied sich früher, wie berdta erwähnt, in der allgemeinen Anordnung der
Spindeln. In dem käfigahnlichen runden Mnlinierstuhl ruhten die Spindeln
an der Peripherie eine<: *rro.<sen, in mehrere Stöcke einpreteilten Cyliuders;
auf dem höchsten Üioak geschah das Yorzwimen oder Filieren von den
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Dm DaUieren.
447
Spindeln nach den wagereehten Spulen; die Spindeln der unteren Stockwerke
besorgten das Zosemmeniirinien oder Organzinieren , indem der gezwirnte
Faden anf Ha<«pel gewunden wurde. In dor Sciileuzwirnerei wurde somit
und wird noch heutzutage ein uiiigekobrtps Prinzip angewandt, wie bei allen
anderen Zwirnmaschinen; dort erhält der Faden die Drehung beim £in-
knfen nnf die Spale, hier lieim Amknfen. Der Antrieb der Kühle geschah
durch eine in der Mitte stehende vertikale Welle, welehe eowohl die Spin-
deln vermittelat einee Riemens, wie die Spulen und Haspel durch versebie-
dene Getriebe in Bewegung setzte. Der ovale Mulinienftnhl ist weit weniger
platzraubond, als der runde; die S]iindeln sind liier in einem oder mehreren
Rechen au dem unteren Teile der ISlaschiue angebracht. Die Stühle nach
Yaneaneonidiem Printtp sind in TervoltkomniDeter Bauart noch Tiel&oh in
Oehrauch, die maden Mulinierstahle sind jedoch fast fiberall abgeschafit nnd
kommen nnr in seltenen Fällen zur Anwendung.
T)ie fih't-rte Seide wird zuweilen im Dämpfka.sten etwa 10 Minuten und
zwar m lauwarmem Wasserbade behandelt, wodurch die Faser an (ilanz
und Geschmeidigkeit gewinnen soll.
Die Operation des Dablierens besteht in der Vereinigang mehrera' ein-
facher nur gereinigter, oder der vorherigen Drdiang unterworfener Roh-
seidenfaden auf einer einzigen Bobiue. Das Hnnptaugenmerk hei dieser
Operation rauss auf die <^leiche ^pannunj^ Jer beiden Fäden gerichtet wer-
den, was übrigens automatisch durch Anwendung yon BelastuugsroUen and
Gegengewicihten bewirkt wird. Bei den Ihsehinen engtisehen Systems sind
die Operationen des Filierene und Dnblierens an einer einsigen yernn^.
Die illnren Dubliermaschinen waren ebenso kompliziert, wie schwerfällig
nnd von ziemlich geringer Leistunj^sfähigkeit. Durch die q^nzc Länge der
Maschine lagerten zwei parallele eiserne Wellen, worauf fli" Schei-
ben befestigt waren, welche die Spulen in ähulicher Art wie bei der
Wickeimasehine in Bewcguug setiten. Bs war nimlicb anf jeder Spnlen-
spindel ein kkuer Wirftel bdsstigt, der« wenn die Spule in das vordere
Lager gelegt wnrde^ auf die Peripherie der damit korrespondierenden grös-
seren Friktionsscheiben zu liegen kam und infolge der ReihtiTT^ «ich gleich-
zeitig mit derselben umdrehte. Ausserdem war auf jeder SpuLspimlel zwischen
dem Wirtel und der Spule ein kleines, dreizäbniges Sperrrad befestigt,
dessen Zweck spitsr erkÜrt wird. Die Laufschiene mit den daraufstehen-
den FadenfQhrem wurde langsamer« als die an der Wickelmaschine, ISngs
den Spulen hin- und hergeschoben, weil die Seideufiideu nicht in gerader
Richtung von den Leitern r.n den Spulen geführt wurden, sondern mehrere
scharfe Biegungen machen mussten, also weit leichter zerrissen. Die Fäden
liefen nSmUeh xanKdist anfwirts über eine horiaontale glatte Stange, welche
an den Ständern befestigt war, dann abwärts durch die Hak^ der Fall-
drahte, hierauf xvieder aufwärts über eine zweite Stange und endlieh Ton
hier vereinifjt durch den Fadeiifiilirer nach der dazu gehörigen Spule. Durch
folgende Vorrichtung wurde während des Betriebes augenblicklich die Spule
D«bU«nMsddiiM.
449
still gestellt , wenn einer der dazu gehörigeu Faden rerri^s. Anf dem zu
beiden Seiteu der Maschine befestigten fi|[ebelbrett war für jede Spule eiue
klnm Stöizft beftstigfe, troUsb« Ar drai EVkUdifthte und den Bwdannigeii
Hebel die festen Drehpunkte enthalt. Jene niehien mit ihren haken-
förmigen Enden bis znr ^Titte der beiden erwähnten Stangen nnd wurden
von den hrudurchgelej^ten Sciden^iden in horizontaler Laj/p schwebend er-
halten. Der eine Arm des zweiarmigen Hebels war rechtwinklig umgebogen,
der andere aber gerade und etwas schwerer, w^balb er im freien Za-
etande in horizontaler Lage anf einer an der inneren Säte dea HebelbrettB
befestigten Stan^'e ruhte. Wenn daher einer der einfachen Fäden riss, so
fiel der dadurcli schwebend ^fehalteiie Fiilldralit auf den leicliteren Ann des
zweiarmigen Hebels, drückte diesen herab, fi)l^rlich den andern Arm in die
Höhe, sodass »ich dessen Ende dann gegen einen der Zähne des Sperrradea
atemmte, wodnreh die Spak in Btillatand lum. Der ]ii«rdun^ aafinerlEeam ge-
maebte Arbeiter eocbte sanaehat die Enden dee sdhrinenen Fadens, drehte
diese zusammen nnd setzte die Spule, nachdem er den betreffimden Fall-
draht aufgehangen und dadurch den Hebel in die horizontale Latje zurück-
gebracht hatte, die Spnb' wieder in n<'vve;Lrunn^. Die Maschine erforderte zu
ihrer Aufstelluug einen iiaum von 1,2 lu Breite und von 6 — 7 ra Länge, die
jedoob von der Spulenanzahl abbing, deren Entfernnng von llfitte za Mitte
etwa 15 em betmg.
Die gegenwärtig gebauten, gewöhnlich zweiseitigen Dubliermaschinen
(Fachtnin^rhine , niacln'ne a doubler, doublint; fratnc), hnben fc^^ende Kon-
struktion, üer sich von den ablaufenden Bobiuea (gewöhnlich vier) auf eine
durch Fi'iktionsroUe angetriebene, auflaufende Spule windende Fadeu pas-
siert eine Fadenfuhmng, femer eine filr den Fadenbroeh eingeriehtete Ab-
eteUTOrricb'tnng. Diese Maschine ei>rnet hich besonders für feine Gregen«
FOr stärkeres Gespinst gleiten die Fäden, nachdem sie sich vereinigt haben,
auf einer krummen Fläche und kommen dadurch in bessere Berüh-
rung miteinander. Zwischen dieser Fläche und der Anflaufbobiue sind
gewöhnlich die Abetellrorriebtung und der FadenfBhrer eingeschaltet.
Fig. 260 stellt eine Dnbliennaaeldne dar, die 20 — 30 Spindehi fflr vier-
fache (auch seehsfache) Dublierung enthält. Bt^iui Aufspulen macht der
dublierte Faden eine leichte Drehung, die die einzelnen Fäden zusammen-
hält, so da.ss beim Zwirnen die Spule sehr gut und ohne zu reisseu ab-
läuft; die entstandene Drehung hebt sich beim Ablaufen der Spule übrigens
volliündig wieder anf. Jede Spindel wird dnreh Friktion angetrieben und
kann nach Bedarf fSr sieb allein zum Stilliland gebracht wwden. Beim
Fadenbruch setzt die betreffende Spindel sofort selbstthätig aus. Die An-
ordnung der Spindeln, welche in der Fifjur verdfckt ist, i.st aus den Figuren
251 — 2 )2 fTsichtlich. Zwecks Verniind(Mun;f der Reibung des Zäpfchens
mit dem i' uiilerkouu» ist eiue iu der Fig. 2öl abgebildete Kugellagerung
angebracht. Die yerbefleemng des LSnfcre beeteht in der AbBnderung de«
Edtierbrettchena, das gewÖhnHeh ant einem Stock besteht, wodardi die
üigitizeü by i^OOgle
450
Dubliermaschinen.
Zäpfchen bei Berührung mit den schnell rotierenden Fühlern Not leiden.
Diesem Ubelstand wird bei dieser Maschine durch die Kugellagerung derart
abgeholfen, dass, sobald das Zäpfchen steigt und mit dem Fühlerkonus in
Berührung kommt, der letztere sofort zum Stillstand kommt, wogegen das
Leitbrettchen allein rotiert. Die Reibung wird dadurch auf ein Minimum
reduziert. Eine fernere Verbesserung ist die vereinfachte Fadenleitung;
dnrcb Auf- und Abwärt.sstelk n derselben erzielt man eine dünnere oder dickere
Aufwinduug. Zum Zweck der Verarbeitung von geringerem Material kann
Fig. 251—251. Spindel für Spul- und DnbliermMi'hinen.
der Antrieb der oberen Leitrollen in richtigem Verhältnis znr Geschwindig-
keit der Aufwickluug erfolgen, ferner ist die Anordnung einer Balanceu-
bewegnng getroffen, welche die gleichmäs.sige Spannung des Fadens bewirkt,
gleichviel ob derselbe auf dem dünneren oder dickeren Teile des Konus auf-
gewickelt wird. Durch den Antrieb der obereu Leitrollen wird der Faden
dem Zäpfchen zugeführt, wodurch ein Zerreissen desselben verhütet und eine
weiche Aufspulung erzielt wird. Eine Arbeiterin kann 70 — 80 Dublier-
spindeln l)edienen.
In neuerer Zeit ist von Stockharamer eine Dubliervorrichtung kon-
struiert worden, in welcher der Stillstand der Spindel beim Bruch irgend
eines der windenden Fäden vermittelst des elektrischen Stromes automatisch
ZwiiBDuicliinni.
451
sf)ll die Geschwindigkeit dOT
gesteigert werden küoneo.
.enerung
bewirkt wird. Jeder Faden hält einen leichten Hebel in aufrechter Lage,
der beim Reiaeen des Fadens fSUt nnd das Sebliessen eines StroinlDreiBes
bewirkt; ein hierdurch in Thäügkeit gcsetster Elektromagnet hemmt die
betreffende Spindel. Durch diese N
Spindehi auf 1500 Touren pro Minute
lu den Fällen, wo die Gröge keine Filierung
erhält, folgt das Dablierra nnmittelbaT nieb don
Spnlen nnd Patsen.
Das eigeniliehe Mulinieren, d. i. Zn^^amraen-
zwirnen mehrerer Fuden zu oiueni Gespinst, ge-
schieht nach demselben Prinzip, wie das Filieren,
nur ist die hier zur Auweudung kommende Ma-
sebine (SeidenaBwimtofible, Haspelmable, monlin
4 aoie, monlin gnindrett ^tnuii^ mill, nik reel
mill), insofern von abweichender Bauart, als die
Spnlen durcli Haspel oder gewöhnliche Diiblier-
wiuden ersetzt und statt der Bobinen Stränge von
12 — 15 cm Breite erzeugt werden.
Die Etagenswimmasehine ist mehrstSdrig, ta
der Regel dreistöckig; zu beiden Seiten derselben
sind drei Doppelreihen Spulen übereinander an-
gebracht. Die. Einrichtung einer älteren Etagen-
zwimroühle mit Aufwioklung auf Spulen besteht
ans folgenden Teil«i.
Die Spindeln haben in den nnteren Sdiienen
der Maschine aas hartem Messing gefertigte
Spurlager und in den oberen ihre Halslager,
welche ebenfalls mit Messing ausgebucbst sind.
Sie werden durch kleine, 20 mm im Durchmesser
flrosse Sebnnrsdieiben von einer 210 um messen**
den Bleehtrommel mittels Sehnfiren oder Saiten
in Bewegung gesetst, so dass sich ihre fieschwii)-
digkeiten wie 1 : 10 verhalten. .\uf den oberen
konischen Teil der Spindeln werden die Spnlen,
welche die dublierte ungei&wirute Seide eutbalteu, aufgeschoben, su das» sie
sich mit densdben gleichseitig drehen müssen. Dagegen wird der swd-
armige Drabtflagel (fly) mit dem daran befestigten Holzknopf (Hüteben,
coroneUe) oberhalb einer jeden Spule so lose auf die Spindel ge.streift, dass
derselbe sich darauf drehen kann. Der abwärts gelegene Flügelarm reicht
bis zur Mitte der dazu gehörigen Spule, wühreud der andere aufwärts ge-
richtete senkrecht oberhalb der Spindel endigt; beide sind mit entsprechend
gebogenen Haken smr Anfoshme des Fadens Ters^en. Oberhalb einer
jeden Spindelreihe ist eine horizontal gelagerte Welle angebracht, worauf
SO viele StimriUer wie Spindeln befestigt nnd in den mit dem OerOste
29*
Flu^ 253. Bobem» dM MuUnltntahU
f'ir düi OrK&nalnien-n (I Ligerun«,
2 AAtrlebsrlemeD, 3 Spindel, 4 tfpale.
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452
▼enAnifibteii Lagvrn bnregUcb aind, wodoroh die Spalen, weldie dio gfswirote
Saide aufwickeln, gedreht werden. Jede dieser Spalen liet nimlich eine
quadratische Achse mit einem daran gegossenen Stirnrade, welches mit dem
korrespondierenden auf der horizontalen Welle im Eingriff steht, wenn die
Spindelzapfen in den vorderen Pfanuenlagem der am Gerüste befestigten
Konmlen li^en. Diese Spulen, welclie einen bedeatenden Darohmesser
liaben, dsmit die gezwirnten Flden in mOgticbst groseen Bogen nob um
dieselben aufwickeln, werden nur mit einer dünnen Seidenlage bedeckt nnd
dann diircli andere leere rrsetzt, weil sie son.st zu stark aufwinden und bei
proportioneller Verminderung der Drehung den Faden bedeutend strecken
oder gar zerreissen würden. Die Schiebeleisteu mit den Fadenführeni erhalten
ihre hitH und hergehende Bewegnog yon der dasa gebai^oi Welle dttveb
folgende Vorriehtong. An derjenigen Seite d«r Maeebine, wo die Biemen-
8cheiben auf der Schnurtrommelachse befestigt sind, wird mittels zweier
konisclicu Räder eine kurz horizontal gelagerte Welle mit einem ellinti-
sclien Hilde l)et rieben, welches einem anderen ebenso irestalteten und um
einen testen Zapfen beweglichen Eade die Bewegung mitteilt. Durch die
•m lefasteren befestigte Warn und swei Zugstangen wnden die damii ver^
bundenen Lanftebienen auf diesdbe Weiset wie bei der Wiekelmaeehine be-
reits gezeigt wurde, regelmässig bin md her bewegt.
Die durch Kurbel und Stange erzeugte rasche Bewegung des Faden-
fuhrers hat den Zweck, dass die Faden Windungen mit starker Kreuzung
übereinanderlaufeu, wodurch das Auffinden eines gerissenen Fadenendes er-
leichtert wird. Der Antrieb der Kurbel dnreh elliptische Bider bewirkt
die ballige Gestalt der Spulen. FUr den Antrieb des Lanfstocks werden
Jetzt aber meist statt der unbequemen elliptischen Räder die modernen
Schiebevorriehtungen mit Kurbelstange etc. angewendet. Die Spindeln
machen ca. 2000 3500 Touren in der Minute. Eine Zwirnmaschine mit
6 Längenabtetlnngen nnd 360 Spindeln erfordert idnen Banm von 1 m
Breite und 6,6 m Lange. Zur Bedienung der Maaehine sind kleine flbei^
tragbare Treppen angebracht.
Ks ist bereits l)eniLTkt worden, dass die Spu!on auf den Spindeln fest-
sitzen, dagegen die Flügel lose sind und nur durch die Keibung im Auf-
steckknopfe nach derselben Richtaug, aber langsamer, gedreht werden. Die
DiffisreuB der Anaabi Umdrehungen von Spule und Flügel in einer bestimni-
ten Zeit, a. B. in dw Minute, mnltipKaiert mit der mittleren Laiigv dner
Fadenumwicklung, bestimmt also die Fadenlänge, welche die obere Spule itt
derselben Zeit aufnehmen raus*!, während der Faden so riele Drehungen er-
hält, als der Flügel Umgänge macht. Nennt man deu Dnrehme^r der
Aufwickubpule d und ihre Tourenzahl n, so wird in einer Minute eine
Länge von iciifi aufgewickelt; bexeidmen wir femer den Durehmeseer der
Zwimapulen mit und ihre Tonrsniabl mitfi|, ao mues das Htttcihenfl|B
d
»1 + j-*> Umdrehungen macihen, wobei angenommoi wiid, dass eine Yei^
Üigiiizüü by GoOgle
ZwirmiBMduiea.
46
kamas dis Fad«» nkhi «iutritt In WizUidikeil iil diw der FaU,
wodnroli eimtf gröMor irird. Auf eine Lb^eneinlieit des Fadene fcmn-
men mithin Ts= ^ Drelrnngra. In der Gletcbung fttr sind «, nnd n
koiiäUute GrösseD, d uimmt za, di dagegen ab, folglich auch xu, gleich-
sdtig wSebet abor «och die Geschwindigkeit des Fadens. Bd passender
Wahl der Verhältnisse lassen aich somit ii^endwie erheblicbs Differenzen in
der Drehnngszahl (Draht) T unschwer verhindern. Die gegenwärtigen Kon-
struktionen der Sei'lonmühlen unterscheiden sich von tleu früheren vorteil-
haft dadurch, dass sie m dieser Hinsicht viel gleichmässigeres (iespinst liefern.
Die Spindeb der Ktagenzwimmaschine werden dnveh endloäe Riemeo
angetrieben, die über grosse Bollen Unfen und, die Wirtel aller Spindeln
mit gleicher regnUerbarer Reibung berührend, dieselben in Betrieb setzen.
Der Fiideu läuft von den auf deu Spindeln sitzenden Spulen auf die auf-
windenden durch Friktionsrollen ungetriehenen borizoutaleu BJeclispuleu,
wobei er durch deu Flügel die erforderiiciie Zwirnung empfangt. Die Auf-
wtokehiimleii erhalten mittsli eine« Hen«coe«ters eine gleiebfSrmige, bin*
nnd hergdiende Bewegung. VSm die Fadenwindnngen anf der Liefemng^
walze in gletchem Abstände voneinauder zu halten und somit jede Ver-
.seliiehung UDm5g1ich rn marhrr«. «ind besondere Fadenfuhrer konstruiert,
worden. Eine solche Vorrichtung ije^teht z. B. uns einem ITalter mit Zapfen,
auf welciieui eiue mit mehreren llöUcheu verbeheue drehbare Wal^e auge-
bnciht istt femer ans einer eben&lls an dem Halter befindlichen Öse, dnrdi
welche der Faden gezogen wird. Der letztere wird dann nm je eine Kolle
in der Führung.swalze gelegt und um die Lieferungswalze gewunden. Eine
Arbeiterin kann 180 Spindeln bedienen nnd leistet in 10 Arbeitsstunden
ca. 15 kg ge/.wirnteä Gespinst.
Es werden auch einfachere, einstöckige Zwirnmaschinen sowohl für Or-
gansin, wie fllr Trame von ders^ben Einrichtung, wie die obige Etagen*-
swimmaschine gebaut, die jedoch mit viel grösserer GeM^windigkeit der
Spindeln, von mindestens iOOOO Touren pro Minute, betrieben werden. Eine
Arbeiterin kann 100—120 Spindeln bedienen und liefert in 10 Arbeits-
stuudeu ca. 2b kg Trume. Eiue Spindel zwirnt in 10 Arbeitsstunden circa
13 g Organsinvorswirn, Titer 9/10 den., mit 500 Drehungen pro m; znr
Herstellung von 5 kg Yorswim (Ftlato) sind daher S84 Spindekt erforder-
lich. Zum Nachzwirnen (Torto) desselben Quantums Organsin genügt die
Hälfte dieser Spindelzahl. Die zweite Zwimung wird stets in entgegen-
gesetzter Richtung gegeben, wie die erste beim Fi1i"ren.
Vor etwa lö Jahreu entsprachen sich im tubriii betrieb: 520 Spulen,
120 PnbBbobinen, 1370 Filiecspindeln, 40 Dablienpnlen und 1000 Zwirn-
spindein. 100 Zwinupindeln lieferten durchschnittlich 900 g Gespinst pro
Arbeitstag. Die Betriebskosten und Arbeitslohn betrogen f&r 1 1^ Onvrfo
18 — 19 Frcs. in Frankreich und 15 Frcs. in Italien').
') Morel, Eami tut le tiavail de la Mie an France et aa Itaiia. L70S 1879.
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454
ToziuwnnMMr.
Die Dnlmngsiahl der Oespinete irird unter Anwendang des eogemmuten
Touren messers ermittelt. Man befestigt die beiden Enden de« 60 cm langen
Fadens in den beiden Klenimvorrichtunfrpn des Apparates und dreht eine dersel-
ben vermittelst eines llundra<los in einer Richtung so lange, bis die einzelnen
Fäden parallel \\ erden ; das Zählwerk (für Vor- und Rückwärtsdrehung bis zu
800 Tonren eingerielitet) giebi nnn genan die Annhl der Drehungen pro
SO om an, die, mit 2 mnltiplinert, dieeelben pro Meteilii^ anceigt.
Hat man z. 6. eine Kette zu untersuchen, so dreht man in einer Rich-
tung bis zum Parallehvcrden der Fädchen, notiert die Zwirnnni^^zahl, bricht
die Fiidchen bis auf eines ab und bestimmt durch Rückwärtsdrebung die
Drehungszahl (Filierung).
In der Flg. 264 iit dne aparte Anef&hmng des Zwirn- nnd Tor>
donsmessers veranschanüchi. Dieser Apparat dient zur Ermittelniig der Tar-
sion des einfachen Fadens und zur Untersnchnng des Zwirns von Organsin,
Trame, Cordonnet, Nähseiden etc., sowie anr Bestimmnng der Streckung
llg:»!. ToaknnMM«.
des Fadsns dnreh AuflSeen des Zwirns nnd ebenso umgekehrt snr kahr-
tigung eines Torgesehriebenen Zwirnes.
Der Apparat besteht aus einer Vorrichtung ab zum Einspannen des zu
prüfenden Fabrikatp>^. und einer Zablsoheibo a& der die Zwimtonren und
die Torsion abgelesen werden.
Um Fabrikate von verschiedener Länge untersuchen zu kömien, ist die
KlemmTorxiehtung h längs dnes Lineales d Terschiebhar. Die ZSUvoirich-
tong bestsht aus einer liegenden Zfthlschdbe, welche mittels eines Ghrifies
gedreht werden kann, und zwei Zeigern; der ausserhalb der Scheibe ange-
bracht« Zeiger e zahlt die einzelnen Drehunfien. der andere auf der Scheibe
befindliche die Zehner und Hunderter. Die Scheibe ist so eingeteilt, das»
man sowohl Rechts- wie Linksdrehungen direkt ablesen kann. Vor Beginn
der üntersnehnng ist der Apparat derart dnsnstelloi, dass man die 0 der
Scheibe auf den inneren Zeiger e fuhrt nnd den letzteren, an dem darauf
handlichen Knopfe haltend, ebenfalls so dreht, dass er auf 0 zeigt.
Soll die Torsion eines einfachen Fadens untersucht werden, so werden
die Klemmvorrichtungen a und b bis auf 1 cm Abstand zusammen-
gerückt, der Faden eingespannt und die Zählschdbe gedreht. Die Drehung
fihertrigt sidli auf den abgespannten Faden mit einer Ubersetanng TOm
1 : 10. Die Fasern I5sen dch nach und nach, bis sie parallel nebeneinander
liegen, wonmi die Drehung an der Sehdbe abgelesen wird.
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ZwirnmaKhinen.
455
Will nmn den Zwirn eines Fadens, der eine Lfinge von 26 cm hat,
nntersnehen , so wird die bewegliche Klemmvorrichtung so Lri">tel]t, dass die
innere Kante der Hälsp an äi m Strich 25 des Liiieali.-^ eiusteht; diircli An-
ziehen di r Stellschraube wii d sie daun in ihrer Lage festgehalten. Hierauf
wird der ätreckenniesser aus seiner Hülse vorgeschoben und mit der .Vrre-
Üernngsschraabe vorerst fwtgeklenunt Nnn wird der Faden htA a and b
eingespannt nnd die Schraube wieder gelockert, wodurch der Faden enge»
spannt wird.
Die Untersuch 11 nLf beginnt durch Drehen der Zähhcheihe. Dem Apparat
ist eine Nadel mit Hülzgriff beigegeben; diese wird l>ei f> zwischen die sich
löseuduu Füdeu geschoben und damit, während des Aufdrehcus, dem sich
ISsenden Faden nachgefahren his der Faden ganz awimfrei ist, resp. bis die
Fiden auseinander gedreht sind. Hierdnrdi ist eine Drehung herrorgerafen,
die an der Teilung am Streckenmesser in mm ersichtlich ist, w&hrend die
Zwirntonren nn der Zühlsclieihe abgelesen werden können.
Hat man z. B. für einen Faden von 25 cm riiiiij^e au (!< r Zählseheil>e
186 und am Streckenniesser 5 mm abgelesen, so beträgt dies auf einen m
4mal mehr oder tX 186 sss. 744 Drehungen pro m und 4 x 6 b 20 mm
oder 2% Zwirnsuschlag.
Um das freiwillige Zusamni« ndrehen oder Krengeln der Strftnge bei der
Zwirnung an verhüten, wird nach dem Mnlinieren ein lauwarmes Wasser-
bad gegeben. Noch häufiger ist eine iu Italien als ..hrova" bekannte He-
haudlang im Gebrauch, die im Dumpfen des filierten oder gezwirnteu
Stranges besteht, indem derselbe auf dem Haspel belassen wird; das
Dampfen dauert ca. 16—20 Minuten, wonach die Seide in einer Trocken«
kammer kurze Zeit einer Ilitze vott 80 — 90"^ ausgesetzt wird. Dieses
Verfahren soll in Hezu"; auf Olanz nnd Geschnieidi<;kfit viele Vorteile
bieten, doch ist das Trocknen seihst nicht ülierall übüch. Der tj;edämpfte
Zwirn gelangt zum Öchlu&> auf die weiter unten beschriebene iiaspelmascbine,
welche ihn iu die Strangform überfuhrt.
Die fortgeschrittene Muliniertechnik richtet hauptsichlieh auf die Spindel-
geschwindigkeit, d. i. die Leistungsföhigkeit der Maschine ihr Augenmerk. Ka-
mentlieh in Amerika ist man in dieser Riehtnn^r sehr weit ifeknmmen. Vor
zwanzig Jahren wurden hier die ^Spindeln, wie heute noch in den meisten
Zwirnereien Italiens mit 3000 Touren betrieben, alsdann kam man auf
& — 6000 Touren und nach der Erfindang der Gravityspindel, ron welcher
anlSsslich der Ftorettspinnerei die Rede sein wird, auf 12—15000. Es
nnd soi^ar Spindeln konstruiert worden, welche die fast unglaubliche Zahl
von '25000 Umdrehungen in der Minute zu machen vermögen. Eine der
besten Gravityspindeln iist die von Atwood. Die mit einem Wirtel ver-
sehene bpindel steckt iu einer beweglichen, jedoch nicht drehbaren Hülse
und ruht auf einem loeen Fosslager; die beU^ werden Ton einer Spindel-
bttohse aufgenommen, die gleichseitig eine ölkammer bildet und unter dem
Wirtel doreh eine Nnss abgeschlossen ist, damit kein öl anag|»ritct. Die
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456
Zwirnmoschioea.
Spindel liülse sitzt auf dem Fasslager nicht anf, soudern wird durch eine
um sie gewundene Spirnifoder getragen. Bei einer bestimmten Umlanfs-
geschwindigkeit stellt sich die .Spindel infolge des Beharrungsferm^ens und
der Nichgiebigkeit der SpindelhfilM konientrieeli ein; jedes Zittern odbr
jede aekMIiehe Beilraiig, die aoiisl dnroti nieht gm »akto ESnitellang der
Spindel oder dnreh ungleichraüssige BelaatllDg «itgteliea würde, fällt weg;
seihst der Saiten- oder Riemendrack vermag ihre axiale Stellang uiclit
mehr zu beeinflussen. Der Kienionantricb der Spindeln ist dermaftieii ver-
voUküuimuet worden, das» die Spindeln mittels Spiralfedern von aussen an den
Riemen gepreait werden, wodurch eine regelmSssige Drehung berTOigerulen
wird und alle die Störaogen fortfallent die beim Saiienbetrieb Torkommen, wie
das Reinsen, Lockcrwerden hei feuchtem, und Straffwerden hei trockenem Wetter.
Ausserdfm ist ein Riemenspanner anj^ebracht, vermittelst dessen durch Lockern
des Treibriemens, nicht des Spindelriemeus, die Spindeln langsam abgestellt
und durch Spannen laugsam wieder augelassen werden können. Die meisten
Haaehinen des neuen Typus sind einstockig, hSehstens sweistSdtig, da die
letzteren bei der hohen Tourenzahl der Gravityspindeln zuweilen in Zittern
geiaten, iim so iin-br als dit' Mii.scliiuenbreite von 26 — 32 inrlies beim S;iiten-
betrieh auf I '2 iucbes beim Kietiiciibetnpb reduziert ist. Die Atwood Com-
pany baut ihre einstöckigen Zwirnniuschiuen mit 112, die zweistöckigen
mit 224 YorBwirn-, Nachzwim> oder Tnune^iindeln* die Haapelawinimflblen
mit 88 Spindeln. In den letsteren stehen die SfNndelu weiter anseinander,
da sie mit einem Drehflügel versehen sind, der zum Zusammenhalten des
dublierten Fadens notwendig ist. Zum Zweck einer besseren Spannung
wird die Tramp oliorhalb der Zwirnspnlt' spiralförmig um einen Draht ge-
führt. Um die Adbüsion der Lieferuogäwalzen zu erhöben, werden diese
snweilen mit Kork Qberiogen. Die Morrison Company konstruiert auch
Ringzwirnraaschinen, bei denen der Faden statt aafirilrts, abwärts ISnft und
sich auf die Zwirnspulen aufwickelt; sie sind zum Dublieren bi.n auf das Zehn-
fache P!n«;pnrhtpt und sollen für gröbere Zwirnartikel sehr leistungsfalüg
sein. Die Fadfijab.stell Vorrichtungen sind nur an Dublier- und Haspel-
maschinen üblich. Für Organsin und Trame werden die Spnien beim
Dublieren aufrecht gestellt, mit einem Deekel ▼ersehoi und fibör den Kopf
«bgewnnden, für alle anderen Zwirne dagegen wagereeht gelagert und d^
her rechtwiidcliV zur Spulenachse abgewickelt. Die Spulen werden in
Amerika aus Stalilblech geferti^-t; femer mit Hülsen ans Ahorn und mit
Dogwood köpfen, und solche mit gleichen Hülsen, aber mit Stahlblechrändem.
Die Zwimmasehinen von Atwood werden gewöhnlich mit 11000 Tonven
für Vorswim, 9000 fOr Nachswim und 7000 für Trame betrieben. Ein
Kuabe kann 5 einstöckige MaschineUi somit 560 Spulen- oder 440 Haspel-
spindeln brdieiien. Bei obiger Tonrenzahl und mit 70%, Nut/.etFtkt zwirnt
eiur Vor/wirnspindel pro Woclie von GO Arbeitsstunden 67 g Grdge 12
legale den. mit 650 Drehungen pro Meter, uümlich
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EomUBioite ZvinniHcliiatB. 457
11000 Toorw X 8600 Mmatea x 70%
550 Dralrnngcn X 750 m 1 g) X 100% ^ ^ *
Eiuc Xachzwinispindel liefert ia dpr«pll>en Zoit and von gleicbera Titer
mit 450 Drehuugeu aDuäbenid das doppelte Quantam. Die Fabrikations-
kosten betragen in Amerika dnrcbschnittlicli 80 — 85 Cents, Trame die
Hätftei pro engliaeh Pfund')* In Amerika wird lAmiliehe Gr^ge geaeift
und fenebi verarbeitet, wodnn li ein besseres Laufen ersielt wird. Das Seifen
klebt die Unreinheiten und Flocken an den Faden fest und erleichtert un-
gemein die Verarbeitung, dagepen erschwert es die Kontrolle und genane
Titerbestiromung; ferner soll es den Nachteil haben, dass beim nachträg-
lichen Souplefärben der Faden nicht mehr so voll anfgeht, wie ungeseift.
Man liat vielfkoh yorsneht, die Operationen des Spulens, DnbUerens
nnd Zwirnens von einer einzigen Maschine verriebten an lassen. Von den
alteren Versncheu dieser Art sei die Drehdubliermascbine von Dnseigneur-
Kleber erwiihnt, die gnte Resultate ergeben hat. Namentlich haben sich
die Amerikaner infolge ihrer hohen Arbeitälöhne auf derartige Vervoll-
kommnungen verlegt. Öo bat Reuard eine Zwirnmaschine konstruiert, in
wdeber das FiliMen nnd Dublieren zusammen geecfaiebt, indem swei
oder mebr Torgeswimte Fiden von den Zwimspnlen znsannnen direkt auf
eine Donblierspule auflaufen. £iue Arbeiterin soll zwei solcher Maschinen,
jede mit 112 Zwirn- und 56 Dublierspindcln bedienen können nnd ]>ro Tag
10 Pfund Gröge 12/24 den. mit 630 Drebungeu pro m verawirneu und dublie-
ren. Fletseber n. Ty nan haben derartige, jedoch von einander abweichende
Masebinen kimstmiert, wo des Filieren, Dnblieren nnd Nacbzwimen svgleicb
TOi^nonmien werden kann. Zu diesem Zwt ek sind drei Spindelreihcn etagen-
webe angebracht, wovon zwei für den Vorzwim und eine für den Nach-
zwim dienen; die filierten Faden gehen um die im oberen Teile der Maschine
gelagerten Lieferungswalzen herum und von da wieder herunter zur ISach-
zwlmspindel. Doch haben im allgemeinen diese weitgehenden Kombinationen
nnr wenig Eingang in die Praxis gefunden. Wenn daher im nach-
folgenden einige Neuerungen auf diesem Gebiete des Mulinierens ausfuhr^
lieber besprochen worden, obwohl dieselben zum Teil noch nicht im Gross-
betrieb anzutreffen sind, so geschieht dies, einerseits um die We^^ zu
zeigen, auf denen sich voraussichtlich die Fortcntwickelung diei»er Industrie
bewegen wird und andererseits, um über die gegenwärtig zugänglichen Mittel
nur Yerwirkliehnng der Fortschritteideen an^Uftren.'
Von den KonstmktioiBen kombinierter Zwimmasehtaen wollen wir die
von Aubenas betrachten, welehe das Drdien, Dablieren und Zwirnen gleich-
seitig verrichtet.
Die senkrechte UauptweUe oder grosse Spindel o tragt den ganzen
*} Mejer, Die amerikanische Seideaiodiutrie (Beriebt aus der Weltausstellung
Chicago 1B9S). Ben 1894. 8. 18.
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Eombimerid ZwirooiaBcliiDeo.
Apparat. Zwei Platten u und v aimd an o in borizootaler Lage bef« stigt«
die tnit<»rp u trägt zwei Fusslager für die senkrechten Spnlenspindeln e.
Die beiden eenkrecbten Wellen t durch dringen die Platten u und r und
sind au denselben gelagert. Jede dit^r beideu Wellen trägt an ihrem un-
teren Ende ein kldnee Zahnrad 10, welebes in ein Iconsentriseh smr Welle
yit.su. JWM1»> rad MniHMUM »f. SM. HMp«l> tnA SvInnMabta« <OMMI}.
0 unterbalb der Platte u befestigtes und von 0 sonst unabhängiges Bad x
gTeifL Die bei der Drehung ▼on o durch die Platten u nnd 9 witgenom-
menen Wellen i werden dnreh die YerMhnnng Ton 10 mit « in eine Bo*
tiemngsbewcgung am ihre Achse versot/t, so dass sie sich um ihre eigene
nnd um die Achse Ton 0 drehen. Die Drehung der Welle t um ihre Achse
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KomUiilart» ZtHnauuebiiien.
459
wird mittels sweier an ihrem oberen Ende aiigebncliter Bader ic' YOn
nngleidher SAhnemlil amf die, je ein Bad w* tragenden, Spindel < nnd
Spule st übertragen. Die Spindelu t werdea durch einen breiten Friklion^-
riemen angetrieben. Die ineinatKler greifenden Räder der über v liegenden
unteren Räderpaare w ic" haben gleiche Zäbnezahl; die entsprechenden
Bäder der oberen Räderpaare w to" haben angleiche Zähnezahl und
■war bat dae anf der Welle t oben Bittende Bad w' mebr Zahne als dae
mit ihm venahnte, mit der Spule s feet Terbondene nnd e loee drehende
w"; dadurch entsteht eine nngleieb schnelle Bewegnng zwischen Spindel e
und i^pnlf« ~. Diese Bewegfini<_r lipwlrlct das Abwickeln des Sf idenfadens
von der fipule, welche die zu beariteitende Rohseide träfet. Mau bt-festigt
die Spule z mittels einer Mutier auf dem lose aut der Spindel e sitzenden
Zabntad; letsteree trSgt einen vierkantigen Ansatz, anf den man die ent^
sprechend ausgearbeitete Spnie steekt. Der S-ISrmig gekrftmmte Flftgel i
ist auf der Spindel befestigt und dient zur gleichmässigen Yerteilnng der
durch die Rotierung der Spindel e ^;odiolitou Seide. Die Geschwindigkeit
von z ist nngefiihr um Vj^ ^rü^ser als die von /. .It> nucb dem Dnrch-
messer der Spule kann man verschiedene Torsiuusgrade erzielen, ohne da-
nm die Zahnxid^berBetxnngen indem tn müssen, q ist eine grosse
Scheibei durch die der Fladen geht, während er gedreht wird. Diese Seheibe
ist der Zahl der Friden (resp. Spulen) entsprechend mit 2 oder 3 Löchern
versf'lH'ii welclic mit Achat f^'efütturt sind. Die Zahl dieser Löcher hängt
von der Art der her/ostellenden Seide ab, und werden infolj^edessen zuweilen
auch noch mehr Löcher angebracht, y ist eine mit der Spindel o fest ver-
bundene und durch einen an dem OesteÜ befestigten Ring Ii gehaltene kleine
Scheibe, durch welche die von der Seheibe q kommenden Faden geben;
letztere vereinigen sich dicht über dem oberen Ende der grossen Spindel Oi|
d. i. die Seide wird dort dubliert. Einif^e cni höher wird dieselbe frezwirnt.
I)as Aufspulen des Seidenfadens gebt nur in dem Maise vor sicb, als
der Faden selbst durch dcu Apparat erzeugt wird.
Die Maschhie von Gamal betwedrt, das HaqielB nnd Zwirnen in einer
Operation su bewirken. Es sind mdirere Verfahren in diesem Sione an-
gewendet worden, sie liitmi jedoch an den Ubelständen, das« die Zwirnung
nicht rejrelniä^'-if; war. Ausserdem gestatten sie nur die einzelnen Fäden
aufeinander zu rollen, und zwar bald in der einen, bald in der anderen
Biehtung, so dass während der nachfolgenden Operation des Abkochens die
Fäden sieh wieder parallel l^n und die Zwimnng verloren geht. Im Ver-
Csbren von CameP) werden die Kokonftd«! warm nnd feucht gezwirnt,
wodurch die Zwirnung auch beim Kochen eine beständige wird. Die von
den in der Waune E befindlichen Kokons gehaspelten Fäden rollen sich,
nachdem sie zuvor den Achat a und den Fadeuführer b paseiert haben, auf
*) taveaat, D. &>P. S906S.
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Kombiaierta ZwirniaaMhia— »
die rotierende ZafSbmiigMnilae A and laufen von hier darch eben oder
mehrere Fadenfübrer c c, welche an dem rotierenden Flügel B befestigt
sind. Die orhalteiiou Poil ffjedrohte Gr^e) rxler Trame wickelt sicli schliess-
licli auf die lose auf der festen Achse D sitzeude Spule C auf, deren Achse
D auf dem gusseisernen Tisch F von variahler limge mht, hthnfr Anf-
nähme einer beliebigen Anuhl selobef Appante. Der FlSgel B erhBlt eeiae
rotierende Bewegung von der durch die hohle Achse D darchgeeteokten
Welle (t, welclie mit ihrem unteren Zapfen in dem, auf dem auf- und ah-
bewegbaren Stück I befestigten Lager H läafL Die Bewegungen des
rtg. U7. ZwltaiBMoUa« toa Berlkokw.
Stn<^ / r^lieren das Aofwiekeln des Fadme wäS die Spnle C. Die
Welle G wird mittels einer doreh Blemen angetriebenen Seheibe J in Ro-
tation versetzt; letztere ist in passender Weise an den unteren Teil der
festen Achse D anfrescblossen , sie träjjt ein Stiirk K, welches mit einem
Daumen iu einer Längsnut der Welle G gleiten kann, so dass diese, ohne
ihre Beweglichkeit in axialer Ricbtnng zu beeinträchtigen, in Drehung
▼eraetab werden kann. Das komlrinierte Spoel dieser drei HanptoigUM
(Walze Flügel B und Zwimspale C) gestattet dem Faden beim Anf-
wiclreln die Anzahl der Umdrehnngeu um sich selbst zu machen, welche
man pro Längeneinheit zu erzielen wünscht, und die mau durch Änderung
des Verhältnisses zwischen der Umdrehungsgeschwindigkeit des Cjlinders
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Ztiinm«Uiica. 4SI
A und dm Flügel« B wwihMln fakiu. Der Stahl selM iit gwadlinig,
knwAtaiiiig odiw oval (elliptisdi). Vonngsweise eigael lidb da« Verfabim
aar Hteitollaog von Poil nad Trame. Die Zwirnung ist für dai Aaga kaav
sichtbar, und der Fadenzähler lasst sich er^i nach Toraafg^jaBganeni Aot-
koohen des Fadens in heisser alkalischer Lauge benntzen.
Die NeneruDg an des Zwirnmascbinen von Bertholon, in welchen die
Oparatiouea da» Zmmena wie flblioli erfolgen, heaweckt di« Amautenng dea
fretea Baamee zwisohen je swei Spiadela. Denelbe wird aaf 6 em redu-
ziert, wodurch die Aafstellang einer dreifachen Menge von Spindeln ermög-
licht Tind nach Angabe des Erfinders eine 15 mal grossere Arbeit sgescb Bindig-
keit, d. i. eine um das 18 fache erhöht«^ Produktion tr/.ielt wird, (iogenüber
der Maximalleistung vuu 2000 Umdrehungen pru Minute bei Anwenduug
▼on Spindeln de« gewölmliclien S^teos, eollen die Spindeln Bertholon
eine Leistong TOn 12CM)0 und mehr ümdiehnngen in dendbai Z«t Er-
geben. Fig. 257 ist ein Vertikalschnitt der Bcrtholoniehen Ibiaebine.
In den stets mit öl gefiilUen Sohalenlagern L des unteren Rahmens und
den aus zwei hinten sorgfältig (hirch eine Sciiraube verbundenen Teilen be-
stehenden Halslagern J des oberen Rahmens rotieren die Spindeln B',
anf weldie, je naehdem Organsin oder Trame erzeugt werden «olli mit ein-
ftehem oder doppeltem Faden beeetcte Spnlen C ans Bolz so anfgesrtzt
werden, da«s sie der Rotierung von ß' folgen müssen. Der Antrieb von ff
erfultxt unter Vermittelnng des lAiernrns G von dem Taimbonr A' aus. Der
Kaden läuft von der S))ule dnrch den am oberen eingeschnürten Ende der
Spindel (der Spiudelkroue Af, welche später besprochen wird) befind-
liohen Drahtriug I)\ passiert aber die, «ich in der ganzen Ausdehnnng
der Maschine erstreckende gläserne Ftthmngsleiste durch einen, an dem
sich gleichmässig vor- nnd rückwärts l>ewegenden Begolierungsrahmen A be-
festigten Fadenführer F*. nach ih r Spuh- G', und wickelt sicli auf diese auf.
Die Spnlen C sind aus Metall (KuptVr. Zink, Guss etc.) gi drcht \ind sorg-
fältig äquilibriert; ihre Bewegung empfangen sie mittels der Kieiueu und Schei-
hen IT, anf dmen sie anfliegen nnd welche unter Vermittelnng der Kegel-
rkder J^J* ehenfalb von dem Tambonr Ä aus in Bewegung gesetzt werden.
Änderungen im Draht werden durch Wechseln der
Räder J'J' erzielt. Um links- (Ihv.w. rechts-) gängi-
gen Draht zu erzielen, liisst man die Spindeln sich
Unks (bezw. rechts) drehen. Die Spindelkrone M (aus
Hola oder Eisen) ist kooiseh nnd trigt am oheren
Bade einen kleinen Kopf, am dessen Hals sidi in
zwei Windungei in f. ;uer Eisiendraht D' so legt,
dass seine Endeu einen Durclüa^^s für den Faden hil- ng. ibs. m» SptaiMlBaM
den. Die Mfvschine ist mit einem Fadenroiniger ver-
sehen, der mit dem Fadenführer F" in Yerbindang steht und aas einem
kleinen, mit zackigen Einaehaitten ve»shen«i Bade besteht, das «ich von ohea
nach nnten bew^ nnd dessen Bfielqpu^ durdh eine kleine Kerbe Torhindert
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462
ZwinuBMohtneD.
wird. Der Soidenfaden kanu nnten leicht passen n, aber ohne ■«•■■■«wbu,
nicht iiK'lir In^rausgezogen werden, so (]ii.<s jeder Knoten entfernt werden
nuiss, iK^vor die Enden wieder angeknüpft werden können. Die Arbeiterin
kann etwaige Fehler sonach nicht meUr durchgehen lassen und ist ge-
Bwnngen, ihre Arbeit gewinmiiftft m TeRidite&.
Das Piinnp des Patateoe w&bre&d des Malinierans ist ebenfalb nener^
dings in der Maichine Yon Fonigerol angewandt worden. Die Spindel
vif. I9*-M. SddMBUtevaa
misst -1 cm und wird mit 4000 Tonren ^etrielK ti. r>as Putzen geschieht
einmal mit Tuch, dann mit Btahi. Durch eine Ueäoiidere Konstruktion soll
die Leistung eines derartigen Fadenputzers soriel, wie von zehn des alten
Sjatems, und die eber Spindel, wie von vier nacb früherer Bauart betn^n.
Die Zwimnuuchine von Chapman bezweckt die Beseitigung der Neigung
zur Knotenbüdung, die feine Seidenföden gewöhnlich zeigen, sobald die
Spindeln 7.nm Stehen gebracht werden. Die Ursache dieses Ubelstandes
liegt darin, dass die Spule kraft der Inertion sich noch weiter umdreht,
ZirininaM9nii6&.
463
naehdem die Streck- beiw. Anfjiftlimewabse vm Stehen gebracht ist. Da
infolgedeaWQ die Anfbahmewabse keine Spanunng anf den Faden flbt, so
dreht sich der abgewickelte Faden zum Knoten zasammeu, was das weitere
Zuriolitt'n erschwert niul die ErzieluDg rinr s glanzcndon SriclcnfiidtMis un-
mötrlioli iiiiiclit. Zur Beseitigung dessen wird der Spulenkupf mit einem
Kiug von Plüsch oder ähuiichem faserigen, nachgiebigen Material versehen,
so daw das Eaar tun d«i Band dea Spnlenkopfee etwas berrorragt; bei der
sebnellen Drebung wird der Seidenfaden g^gea den Flfiecbiing gepreut,
welcher wegen der im Faden Torbandenen Spannung nachgicbt, jedoch wie
pine Unzahl von klehien Federn wirkt, wenn die Aufiuihmewalzc zum Stehen
gebracht ist mid don Faden mit einer solchen Kraft zurikkliiUt, dass
der nicht mehr ge8pannte Teil des Fadenn von der Spule laitgenommeu
wird und so anr Enotenbildung Vennlaasung giebt. Darob fortwährenden
Oebrancb nnd atarke Inanspruchnahme dea Spalenkopfw wird er derart
abgenutzt, dass er die Seide beim Hindurchziehen beschädigt. Um die
so beschädigten Spnb n jedoch weiter benutzen zu können . ist eine ähn-
liche, kompliziertere Vorrichtung getrofFen. Dieselbe besteht aus einem
um die Spindel lose drehbaren Fadenführer, dessen anderer nach unten ge-
bogener Arm in das Haar der PlSscbringe bineindringt. Die Reibung,
welche beim Betrieb entsteht, ruft dieselbe Wirkung bervor, wie bei der
znerst beschriebenen Einrichtung der direkten Berührung des Seidenfadens
mit dem Plüsch. Statt Plüsch können andere faserige, nachgiebige
Körper wie Borsten, Rosshaare etc. Verwendung finden.
Wu erwSbnt, giebt « swei Arten Seidenmnhlen: mit Spulen und
Ha^bi. Die erstereu erheieeben die Hilfitarbeit des Flottenrs, die aweiten
geadiiekte Arbeiter für das Anknüj^fen, Entfernen fehlerhafter Teile u. h. w.
während dos (Janges der Maschine. Die Geschwindigkeit des Anfwickelns
ist infolge des Um«tanHes, dass ohne Anlialten der Mascliine operiert werden
muss, sehr biscbriiniii. Bei dem Muliuierstuhl mit unabhängigen Uaspelu
Ton Gbardonnet wickelt aicb die geawitnte Seide nnaUiingig von jeder
Hnlinierspindel auf den Haspel, der für sieb angehalten werden kann, obne
die Bewegung der ganzen Mühle zu beeinflussen. Auf zwei parallelen
Wellen A sind die getrennten Haspel B an<r''Vtracht, die auf ihren Wellen
frei beweglieli konstruiert sind. Seitlich neben der Nabe E jedes Haspels
ist auf der Axe Ä ein Ring C befestigt, der einen dazu bestimmten Stift
D tiSgt, um in eine entepreohende Vertiefung der Nabe E des Haspels
eiazntreten nnd den letsteren bei der Drehbewegung der Welle mitcnnehmeil.
An der entgegengesetzten Seite ist die Nabe des Haspels von einer Ein-
nnd Ausrückgabel F unifasi^t, die bei a drehbar ht unil derart federt, dass
sie das Bestreben hat, die Nabe E gegen den Ring C anzudrücken. .Sobald
man einen der Haspel ausrücken will, siösst mau das Ende des Hebels G,
der die Gabel trigt, naob links. Infolgedessen gebt der Stift D aus der
Vertiefung der Nabe heraus, und der Haspel steht still. Um den letzteren
wieder in Gang an bringen, führt man mit dem Hebel G die umgekehrte
464
ZwinuMidüaM.
B«w^ng WOB, Hiefdar«h wird der Bm&pA fgagea den Stift de« Ringes C
gelegt, bleib! ftlMr infolge der Reibung einer kleinen auf dem Boden der
Gabel F zwischen deren Ziukeu untertrebrachteu Feder, welche auf die
Nube £ eiueu Druck ausübt, so luuge gehemmt, bis der Stift D gegenüber
seiner Vertiefuog in die Nabe gelaugt, iu diesem Augenblick wild der
Haspel dnreh die ate Fed«r wirkende Gabel F von neaem eingeröekt nnd
geuan in der Lage, welche er zor Zeit der Hemmung einnabnit wieder in
Gang gesetzt. Dieses Wiederingaagsetzen führt infolgedessen zu keiner
Veränderung in der Kreuzung des Fadens. Ein von dem Tisch T der
Maschine vorspringender Ansatz c dieut dem Ende des ilebels G, welcher
die Gabel F trugt, als Anschlag; das Ende des UebeU G gleitet jedeenal
dann Ober diesen Anaats hinweg, wenn man das Hebelende naeh rechte
oder links stösst. Die übrigLu Teile der Mühle weisen keine Absonderlich-
keiten auf. . Bei dieser Art de-i .Miiliuieren<5 wird die richtige Drebungszahl
genau inaegehalten. Die Strähne könneu nur alle zugleich abgenommen
werden, nachdem die gehemmten Haspel bezw. die Haspel einer Welle wie
gewöhnlich von dw Mflhie getreimt mu).
Jeder Haepel der Chardonnetmflhle ist ao eingeriiditefc, daea der von
dem.selben getragene Strähn gelodiert bezw. nachgelassen werden kann, nm
das Abnehmen des letzteren rn ge^tattt-ii. Zu diesem Zweck i.^t der «'ine
Arm jedes Haspels (Fig. 260) in der Nälie seines Kndes mit der Scbaul'el
d bei y «»cbaruierartig verbunden. Die letztere hat eiueu Schlitz s, durch
welchen ein förmig gebogener drehbarer Stift hindnrebgdit, d«r, wenn
er 80 gedreht ist, dase seine äuneren nrngebogenen Enden gegen die eine
Zinke der Gabel des Haspelarmes anliegen, wie iu der Fig. angegeben, die
Schaufel in der Verlängerung des Armes erhält. Um den Strähn nachzu-
lassen, schiebt man den Stift f iu dem Schlitz e nach oben und dreht ihn
um ilO° nach unten, so daee man denselben aus dem Schlitz heransnebmen
kann. Die Schaufel läset «ch dann dnreh Drehen nm ihr Scharnier g
legen. Auch iet von Ohardonnet eine abgeänderte Kons^truktion dieeer
"^1 ''unmühle ersonnen wordrii. bei der jeder Haspel eine Friktion^scbeilw
trägt, die ilurcli eine zweite auf die Längsachse gekeilte Friktionsscheibe i)i
Umdrebnug versetzt wird. Die Enden der Haspelwelle lagern in Gabein
der TrBger, nnd ee iet das Gewieht der Haspel, deren Wellen nnd Sehttboi,
doreh welehee die letscteren an die unteren Scheiben angedr&ckt werden. Eine
Gabel dient dasn« das AnirQcken durdl Heben des Haspels nebst dessen
Friktionsscheibe rn vpran1a.<<spn. Zn diesem Zweck geht die eine ihrer Zinken
durch den Träger an einer Seite des Haspels hindurch nnd berührt dessen
Welle, während die audere Zinke ein Querstück trägt, au dessen Enden
awei Ffihmngsrollen angebracht sind. Die Gabel kann mit Hilfe einer auf
dem Tisch verschiebbar mhendra geneigten Ebern gehoben wertet, welche
mittels einer mit einem Knopf versehenen Handhabe Ycrstdlt werden kann.
Wenn letzteres in dorn entsprechenden Sinne geschieht, hebt die Zinke die
Haapelwelle, während gleichzeitig die beiden Rollen die Friktionsscheibe
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Da« Winden.
466
heben, so dass die BerUhruug mit der Scheibe aufhört und der Haspel augen-
blicklich gehemmt wird.
Es giebt auch eine abgeänderte Koustruktion zum Lockern resp. Nach-
lassen der Strähne. Der eine Ami des Haspels 1>esteht aus zwei Teilen, die
durch eine mit einem Hnndrad versehene Schraube vereinigt werden. Wenn
man diese Schraube in entsprechendem Sinne dreht, verkürzt man den
die Schraube tragenden Arm um die für das Lockern der Strähne nötige
Strecke. Bei dieser zuletzt beschriebeneu Einrichtung kann man jeden der
Kig 161. OewöliDlicbc WindeniMcbine.
Strähne für sich abnehmen, ohne den Gang der Maschine hemmen zu
müssen.
Die fertig gezwinite rohe Seide wird, um sie in den Handelsverkehr
bringen zu können, aus der Bobiuenform in die übliche Strangform über-
geführt. In verschiedenen Ländern sind besondere Stranglängen und Strang-
grössen üblich, so in England ein Strang von 48 Zoll engl. Umfang |=
1,219 m mit 2496 Fäden, oder einer von 44 Zoll = 1,118 ra mit 818 l aden.
In Frankreich hat der Strang 1 m Umfang, 1 Strang = 4 Gebinde] zu
Sllbermton, Die Seide. 3Q
466
Windemascbinen.
3000 Füden, also 12000 m. Die Seidenf^ariiweife ist ein j?ewöbnlicher mit
Zählwerk versehener Haspel. Der Haspel kann ausj^ehoben werden und
hat f^ewühnlich einen Schenkel mit Doppelgelenk zum Umlegen, um die
aufgewundenen Stränge leicht abnehmen zu können. Es kann von stehen-
den oder liegenden Spulen aufgcha-spelt werden. Die Maschinen werden
mit Abstellvorriclituug für den Fadeubruch versehen und gewöhnlich zwei-
seitig gebaut. Eine Arbeiterin liefert pro 10 Stunden durchschnittlich
10 kg Gespinst.
Dadurch, dass die Bewegung der abwindenden Spule oder des Ha.s-
pels lediglich durch den Fadeuzug erfolgt, entsteht eine nicht unbe-
trächtliche Spannung, die vielfach zu Fadenbrüchen Veranlassung giebt.
Tig !62. HaiprliuMcüIne von Rnahton.
Von Camel ist daher, hier ein Prinzip angewandt worden, das von den
Hasplem zur Kontrolle der Gespinste seit jeher benutzt wurde und darin
besteht, dass sich das Abwinden in analoger Weise wie in den Zwim-
niUhlen gestaltet. Während die übliche Geschwindigkeit des Haspels nach
der gewöhnlichen Methode 75 Touren pro Minute nicht überschreitet, be-
trägt sie in der Windemaschine von Camel 200, 300, sogar 500 Touren.
Einer der vollkommensten, aber auch der komplizierteren Seiden-
haspel ist von Rushton konstruiert worden. Er zeichnet sich vor den
bekannten Seidenhaspelu durch einen neuen Antrieb und durch eine be-
sonders praktische Einrichtung zum Ausrücken beim Fadenbruch ans.
Von einer Hauptwelle wird die Bewegung den beiden Haspelwellen durch
WiadeoBMebiatn.
487
Stirnräder und auf Hebel u f<elagerte Friktiou&bcbüiben mitgeteilt, welch
letztere dorch aaf Abfl&tze gelegte Handhebel a gegen die Frikttoimeheilieii
h der Baspelwellen aagedräckt- weidai. Die FrSctionmchdben b aind dabei
mit den Wellen durch Klauenkuppelungen verbünde ti , o dess jederzeit eine
If iclite Entkuppelung möglich ist. Bei FtiiJenbruch oder nach Aufwickclimg
der gewünsrbten Fadenlänge kommt der Haspel durch Ausoinanderrückung
der Friktionsscbeiben selbsthütig ausser Betrieb, vios dadurch erfolgt, dass der
Handhebel a von seiner Bast henintcrgestoesen wird, womit auch der die
untere Friktionsseheibe tragende Hebel eteh senkt Gleidbieitig legt sich
ein am andern Ende dieses Hebels dtmider Bremsarm c gegen die Scheibe (
und bringt so den Haspel sofort zur Ruhe. Die Ausrückung bei Faden-
bruch leiten kleine an einer Stan<;e d sitzende drehbare Winkelhebel ein,
welche je ein senkrechtes Stäbchen e tragen, um das der von der Spule
kommende Faden t mehrmals berumgeschlungen ist. Die Spannung dea
Fadens hSlt diese Stäbchen in ihrer senkrechten Lage. Wenn indes ein
Faden hricht oder ausser Berührung mit seinem Stäbchen e kommt, so fallt
letzteres zurück in die Bahn eines schwinsrendcn Schlagers, der seine Be-
wegung durch eine FiXcenterstango u erhält. l)ipse dann eintretende Auf-
haltung des Schlägers rückt eine Klauenkuppelung bei h aus, zufolge
welcher Bewegung der Stab n gedreht wird, der damit den Handhebel a
in oben geschilderter Weise wirken Übst. Die Ansracknng bei Tollgelanfenem
Haspel erfolgt von der Sähischeibe m, die ihren Antrieb wie aus der Figur
ersichtlich erhält. Diese Zählscheibe trägt hinten einen Zapfen, welcher,
wenn der Haspel nahezu die nötige (Tarnlänge aufgewunden hat, mittels
eines Hebels ein Signalwerk p in Thätigkeit setzt und gleichzeitig ein
St&hcheu 8 auslöst, das dann, wie die Stäbchen e, nach rückwärts fällt nnd
den oben genannten, Ton der Stange o bewegten Schilder aufhilL Dnich
diese Aufhaltung des Schlägers ist dann die Ausrtteknng des Haspels ein-
geleitet. Die Antriebs- und AusrückungsTnechanismen sind an jeder Seite
der Maschine angebracht, so dass jede Seite onabhängig von der anderen
arbeiten kann.
Lange Zeit hindurch wurden die Stränge mulinierter Seiden von
einer Länge, die 1500 — 2000 m nicht übentsigen durfte, angefertigt,
nnd swar dedialb, weil grössere Stränge heim Abkochen, Fär>
ben etc. nur umständlich gehandhabt werden konnten. Seitdem aber
Orant durch besondere Anordnung einiger Hilfsföden, die den Strang
durchkreuzen, die cylinderförmige , geleite Gestalt desselben verhütet und
die für das gute Durchfärben onerlissliche platte Form des Stranges er-
mBgUeht hat, werdm jetzt die Onvrto allgemein in StriUm^ von 15 las
20000 m in den Verkehr gebracht. Die Verarbeitung derselben beim
Spulen, Zetteln etc. geht viel einfacher und mit weniger Abfall vor sich.
Vor ihr fnf^fri]ivn>n Verpackung in Packetc von 5 kg werden die Ouvrees sor-
tiert, was eutweder mit der Hand oder mit eigenartigen, hierzu konstmierten
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I.
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410
ZobereituDg der Retonegarn«.
SoHii«nnMefain«i, «i« s. B. nüt der weiter tuntea besebriebeneii ton Got-
telmartn. g^oschehen kniin.
Die gewöhnlichen für die Weberei luHtiinniteu luuIiDierteii Uespiiiste
nennt mau Oavrees. Für mauche Verwendungsarteu, wie Strickerei, Wir-
kern, SpitzenfabriktUon cte. anuw der Faden eine eelir b^riehtiiche "Dkkbt
Zwinmng nnd Starke beritaen. Die ttnrk geswimieti Gespinete weiden
Rctorsescidea genannt, unter denen die Nähseide und Cordonnets die wich-
ti^'steii sind. Das Zwirnen (retordage) bat den Zweck, mehrere einfache
(xler gedrehte Rohseidrnfldon nnter stnrkor ]")r(hun),^ tn vereinigen und
erfolgt dies nicht auf den Zwirnuiühien, sondern auf Maschinen, die denen
für andere Teitilgante ilmlieh sind.
Die Nlheeidea and Cordonnets werden gewShnlieh tue weniger eanberen
Grigen hergestellt. Di^elben werden anf der gewöhnlichen Spalmaschine
ahgewanden und in die FÜifjelzwirnmaiJchine gebracht, die im Abschnitt
über Florettspinnerei näher erörtert wird. Die Maschine ist mit zwei
Stöcken Spulen, jeder zn fünf Spiudelreihen, versehen; der Antrieb der
Spindeln erfolgt dnreh eine Schnortrommel. Die Spindeltonrenuhl be-
trügt 1800 — 2000. Bei sehr unegaler Seide kann eine Arbeiterin 120, bei
egaler 200 Spindeln bedienen. Da das Putzen der (Irege nach dem Winden
viel zu kostspielig wäre, so werden die ferti;^; gezwirnten Nähseiden und
Cordonnets auf einer specieü für diesen Zweck eingerichteten Putziuaschine
(raeleuae) gereinigt. Diese Maechine, wekhe in ihren Details anliaslieb
des Patiens der Florettgame besehri^ben wird, liefert einen TOllkonunen
mnden nnd glatten Faden, so dass nachträgliches Sengen überflüssig wird*
Der /n pntzende Faden läuft von der Abwickelspnle zwischen melireren
feststehenden Spannstiften hindurch, umffchlingt Ii iei auf eine Anzahl von auf
stäblernea Stiften aufgesteckten liöUchen und gelangt dann zur aufwin-
denden Spale. Die geputzte Nähseide wird anf einem für l^uidbetrieb ein-
geriehteten Spnlenhaspel mit variabler Zfihlvorriditnng an%dtt8pelt. Det^
selbe dieot dasn, die Nähseiden etc. für den Handel in kleinere Stränge
zu bringen Tier Haspel ist für jede Fadenlänge verstellbar und mit Selbst-
abstelluug verselieiv. Nach dem Haspeln, Färben, Strecken oder Lustrieren
der Stränge folgt in vielen Fällen ihre Uberführung in die Bobiuenform,
nnd von dieser anf specielle kleine Spulen, die nicht seltm aneh f&r Or*
gansin etc. zur Anwendung kommen. Dies geschieht auf einer speeieU Ittr
diesen Zweck konstruierten Spülmaschine, die für jede Spulenlänge nnd
Spalendurchmesser eingerichtet ist. Die in der Fig. 263 abgebildete Spül-
maschine ist einseitig und in ihrer Konstruktion identisch mit der iu
Fig. 250 dargestellten Dubliermaschinc, von der sie sich nnr dunh Terein-
fadite Lagemng der Spvlen nnteraeheidei. Anch sin dublierter Faden
kann hierauf gespult werden, da er beim Aufspulen eine schwache Drehung^
erhält. Die Fig. 204 zeigt eine zwei.seitige Spülmaschine, rlip mit 40 ho-
rizontalen Spindelu ausgeführt wird, welche mittels vertikaler i nktions-
rädchen angetrieben werden. Die Spindeln laufen mit ca. 1200 Touren
Oatkangeo dar Onrv^ 471
pro Ifinnte. Die Fflhier imi Konus sind mit Kugellagerung' und die Ma^
aohiiMi mit Balancenbeweguag versehen, welch letztere bezweckt, dass die
Spannung des Faciendi eiue gleichmässigo wird, gieicliviel ob auf dem dün-
neren oder dickeren Teile des Konus aufgespult wird. Diese Konstraktion
dient nar fär eiofacbie Spalang, weil sie dem Faden keinen Zwirn giebt;
ee darf ftlso ein mehriadi dublierter Faden hieranf niclit gespult woden.
Yen Wren Co. wird rine Spulmamihine fttr Nähseide gebaut, in welcber
die Spindeln in zwei Reihen auf einem sich in Lagerp drehenden Rahmen
befestigt sind. Während die SpuK^n der einen Reibe bespult werden, kann
der Arbeiter die vollen Spulen der anderen Rcilip answechseln. Die Spindeln
können jedea Furuiat von Spulen aufnelunen bis 2.5 Zoll Durchmes.ser und
3 Zotl Lftnge. ESne Zilhlrorrichtnug zeigt die aufgewundene Fadenlänge
aUf eine Hemmvorrichtung rilekt die Masdiine lelbstthfttig ans, sobald eiae
bestimmte Zahl von Windungen aufgespult irordeu ist.
«
Die Art und Starke der Zwimong, sowie die Anzahl der «nsammen-
geswimten fUen Tariiersn je nadi der Bestimmung des Gespinstes; ihrer Yer^
\vendutig für verschiedene Gewebebindungen entsprechend, müssen dieGespiiiste
besondere Drehung erhalten; so wird für Taffete die Seide stärker nniliniert,
als für Atlas, uud für Köper stellt der Zwirnmigsgrad zwischen diesen
beiden. Die Zwimung hängt auch im wesentlichen von der Gattung der
Bohseide ab und ist im allgemeinen um so ada&rfar, je feiner der Faden
ist Im nachfolgenden sind die mehtigeren Gattungen der mulinierten Sei-
den, wie sie in der Weberei und die.ser verwandten Industrien zur Anwendung
kommen, anfgezählt. Es mag noch vorausgeschickt werden, dass man unter
Drehung nach rechts eine solche verstellt, die bewirkt, dass, wenn wir ein Ende
des Fadeus unbeweglich festlialUu uud das andere (mit der rechten Hund)
naeh links drehen, die einzelnen zusammensetamden ftUichen parallel weiden.
Die PeUeide (poil, nngle), aus den Kokons der geringsten Sorte er-
zeugt, ist ein einfacher grober, aus 8 — 10 oder mehr Kokons gehaspelter
Rohseidenfaden, der, um das Abkochen und Färben zu ennö^rliehen , eine
leichte Drehung erhalten hat. Man bedient sich derselben iil3 Grundlage
zu den Gold- und Silbergespinsten, wie überhaupt zu Posamentierarbeiten, wo
SeUe mit Gold oder Silber ausammen Terarbeitet wird. Die weisse Pelseide
dient zu Silber-, die gelbe /n Goldgespinatni. Sie findet andi in der Strumpf-
wirkerei und Bänderfalirikation Verwendung und zeigt zuweilen infolge der
übermässigen Torsion heim Zwirnen eine verminderte Fadenfestigkeit.
Das als Einschlag dienende Gespinst, genannt Trame, ist uu.-^ einem,
swei, drd, manchmal vier unfillerten, aus je 3 — 12 Koiams hergestellteii
Ovigefödeii lussmmengesetct, weldie leicht nadt reohis geswhrnt werden, so
dass die Windungen wie die Gänge einer linken Schraube gehen; die ge-
ringe Drehung, 90—110 Tonrm pro m, trägt dazu bei, dass die Trame
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472
Gattungen der Oarr^ea.
von tXLea Seideogespiusten am meisten Glsnc besitit, weu-lier und glatter
als Organsin ist und durch ihre verhältnismässig grossf Dicke befähigt wird,
dem Gewebe Fülle und gedecktes Ausseben zu verleiben. Man unterscheidet
ein-, zwei- und dreifudigc Trame.
Der Organsin, welcher die Ketle des Oewebee bildet^ und anf dceten
Zubereitung die meiste Sorgfalt verwendet wird, ist Ana swfli, manchmal
drt'i, aus jt 3 — IS Kokons ^rehaspelten Gr^gefliden zusammengesetzt, welche
einzeln stark nach links filiert, dann dubliert und zusamrnrn nach rechts
gezwirnt werden. Je nach der Stärke der Zwimung unterscheidet man
einige Abarten Oigausim imd awer:
1. die sogoiannte Satinswimnng (efcrafilato), bei welcher die FUiening
600 und die Zwimung 400 Touren beträgt.
'2. die SamiiiHt/w-imiing (stratorto) mit 400 Tonren der eteten nnd 600
der zweiten Zwimung.
3. die Grenadinczwiruuug mit 1000—2600 Touren der ersten und eben-
eovieleo der zweiten Zwimnng nnd
4. die sogen. mittelmBssige Zwimnng, die in Dentsdiland sehr in Go«
brauch ist, mit 450 — 500, aawttlen nnr 3—400 Tonren der Filicning nnd
300 — 350 (3er Zwirnung.
Ausserdem kommen auf den Markt
Oilgansin China .... 380—400 Tonren Torto pro m
„ Italieu Öalvadori 360 — 380
„ Bengal . . . 340<~360
„ Japan .... 320—360
„ Turin .... 260—280
Eine Mittelgattnug (tors saus file) zwischen Organsin und irame ent-
steht dadnich, diias mau zwei Bohseidenftden stark ohne vorherige Drehung
rasanmenswinit An Schttnbeit des Materials nnd stiaffiNr Zwimung
gleicht diese Gespinstart dem Organsin, wegen Mangos an Drehtmg
der Trame.
Die Marabontsiidi' ist ein Orgaitsin mit sehr starker Zwirnung für he~
sondere Zwecke der Seidenweberei und wird dieselbe aus drei, seltener aus zwei
Fftden blendend weisser Rohseide naeh Art der Trame ohne vorherige Drehung
oder auch nach schwacher Filierung ixezwirut. Mau ftirbt die Marabouts
gewohnlich schon nach dem Filieren in rohem Zustande, also ohne die Seide
vorher abgekocht zu haben, nnd zwar in einer Nuance, die liellpr ist, als
das betreffende Muster: durch das nachträgliche Zwirnen wird dieselbe von
selbst dunkler. Die streife Zwimnng nnd die Stdfheit, die Ton dem nsp
tfiriiefaen Seidenleim hmflhrt, mleihen der Marabontseide eine eharskta*
zistische, peitscbenämliehe Bärte. Die volle Zwimung wird erst deshalb
nach dem Färben gegeben, damit die Farbe den Faden gehörig durch-
■dringen kann.
. Die Greuadioeseide, welche meist aus zwei nach rechts gedrehten Gr^ge-
it M n
n n n
*♦ 11 II
« n 1»
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OaMangn dar OanCai.
473
lad«! simunmeng^etife iit, findet Tielfuh Terwendnng in der Hentel-
hu^ fnnnr Rnana und Spitzen. Dia Qnnadüie wird aneh «na 3, 4 nnd
^6 Fäden xnsammengesetzt, in welchem Falle die dublierten FSdeii aUrk
filiert und nachträfjlich nocli stärkor irn pntgegpngesetzten Stinnft gezwirnt
werden; diese letztere Drehung kann 2000 Touren pro m erreichen. Die
Grenadine kann im Strang gewaschen werden, abgekocht wird sie jedoch
«uf Spannrahmen.
Die „mi-grenade" oder „rondelette" unterscheidet sieh insofern von der
Grenadine, als ihre Torsion viel geriageir ist und dadordii dan dickere
öregefaden verwendet worden.
Die Crepe besteht aus 2 oder 3 Gregefaden, welchen mau eine einzige
etorka Zwimiing verteilit; aie inrd nur in rokam Znstande Terwendefc und
koaunt lediglidi in aufgeapultem Zmiande vor.
In dem Gr6pe-de- Chine dubliert man einzelne nach links filierte Grdge-
fskien und zwirnt 6, 8 oder 10 solcher finden atark nach rechte suBanuDen;
•ie kommt ebenfalls nur auf Sputen.
Die „soie ondee", die zu einer Art seidener Gaze verwendet wird,
weldie «chon durch das Weben ein wässeriges Aussehen erhKlt, beetehi ana
einem groben (aus 6 Ordgefftden) ond «nem feinen (einxelnen) Roheeiden«
faden. Der dicke Faden wird für sich allein, nach der Art der Crepe, stark
rechts oder ]iiik>i gedreht, der feine kann ireflrpht werden odrr nicht, seine
Drehunj]^ ist jp<]och der des proben Fadens eutgegeii<resetzt. Die Zwirnunpf
ist stets entgegengesetzt der Drehung des dicken Faden». Beim Zwinien
■dreht sich der dicke Faden anf und Terlingert aioh, vriLbrend der feine
straffer und k&raer wird; da nun die zwei durch Zwimung vereinigten
Eiftden eine wesentlich verschiedene Länge besitzen, so legt 'sich der längere
in ziemlich weiten Scliraubeuwindnngcn um den dünneren, angespannten
herum, welcher die Seele (äme) genannt wird.
Ausser den obigen Gespinätarten, welche hauptsächlich in der Weberei
Anwendung findoi, giebt es eine Anzahl Ttm meist atark gedrehten und
Bicken Seidenzwimen, die in d«r Wirkerei, Strickerei, Peaamenieniabrikation
a. 8. w. benutzt werden.
Unter denselben ist Plattseide (Stickseide, platte Seide) die einfni'bste.
Die feinste ist ein einfacher, schwach links gedrehter liohseidenfaden (1 bis
2,5 Drebangen auf 1 cm); mittlere Titer bestehen aoe 2 — 10 oder mehr,
die höheren aoa 20 — 26 nieht gedrehten Rohaeidm^en, denen man eine
leichte Zwirnung von 0,3—0,4 Drehungen pro 1 cm erteilt. Die Plattäeide
findet in der Stickerei ausgedehnte Anwendun«^. Infolge der schwachen
Zwimung treuneu sich die einzelnen Fädcheu der Platteeide nach dem Eatr
schälen sichtbar voneinander.
Die „flochea** sind ans aw« aehr dicken Grdgefiiden suaamnm^ieeetat,
die nach rechts filiert und nach linke aneammengeawimi werden.
Die „mi- perlte** sind mit den vorigen übereinstimmend, trar mit
schwächerer Zwirnang; „filete'* dnd dttnne „floches".
474
Die NSheeide (eiudr, womiog «ilk) wbd ans BohMldenftdan Ton je 8
bis 24 Kokons auf eine der folgenden Weisen hergestellt: 1. indem maa
zwei starke Rohseidenfäden ein/elu litik? dn I t und dann rechts mitpiTianH >r
zusammenzwinit ; 2. indem man ^wei, seltener drei, ungedrehte lioliM iden-
fädcn links zosammenzwirot, dann aber zwei solche gezwirnte Fäden durch
eine swelte Zwinraog nach reehts (mit 5 — 10 Drdkiingen auf 1 cm) vei^
einigt, und S. aof die vorige Weise, jedoch mit dem Unterschied, deee man
Tor dpr ersten Zwiruung den einFachen Rohseidenfaden eine Drehung er-
teilt. Dif Nähseide besteht somit aiis 2, 4 oder 6 Roh&eidenfdden. In
allen Fällen ist die Zwimuug um so stärker, je feiner die P'äden sind.
Eine nach Art der Nahseide mnlinierte, aber feinere und 8ch5nere
Gattung, welche «i Spitzen etc. verwendet wird, hat in Italien den Na-
men GDiiritto. Sie wird gewöhnlieh aus 9 Rohseidenfiblea erseagt, von
welchon ]> 3 vorher links znsammengezwirut werckni, worauf man die SO
erhalteiuna 3 Fäden durch Zwirnung nach reclits vereinigt.
Die Strickseide (wie Nähseide aussehend, aber dicker) wird wie Näh-
seide nach der Methode 2 daigestellt, erhält abw — weil sie didcer ist nnd
för den Qebraneh weidier sein mnes — eine echwadiere Zwimmig. Min
Bwimt snerst 2 — 6 nicht gedr Iii« Gregeftdra links snsammen und ver-
einigt dann durch die zweite Zwimung nach rechts, drei, seltefDer
vier solcher gezwirnten Fäden 7,u einem Faden. Bei dieser zweiten
Zwiruung werden 3 — 5 Drehungen pro i cm gegebeu. Zuweilen begnügt
man sieh damit, drd dicke einfaehe BohseUenflden einaeln links zu drehoi
und hierauf rechts zusammenauswimen, eutspreehend der unter 1 ange-
gebenen Methode fUr Nähseide. Dieses Verfahren ist zwar wohlfeiler, aber
weniger vollkommen, da es eine gröbere Rohseide voranssetzt nnd keinen
so reinen, glatten, regelmässigen, gleichfurmigeu Faden liefert, weil die
auä vielen feinen fliden zusammengesetzte Seide auch weit mehr rundlich
ist In der Striekseide werden somit wenigrtens 3, hBehstons 18 Rohsadm-
fäden vcreinifjt.
Für die Cordonnets werden die Rohscidcnfiden einzeln gedreht, dann zu
4, 5. fi oder 8 rechts zu.saraniengezwirnt und 3 solche Fäden durch Zwir-
nung nach links vereinigt. Die üordonnets enthalten somit 12 — 24 Gr^ge-
fiden.
Die Berlin^de ontuscbeldet neh von Gordonnets nur durch stlrkero
Zwimung.
In den ,,C!'ibk's" sind ilif" eanz nach Art der Cordonnets seilfönnig ge-
wundenen Fäden von bedenteiid grösserer Dicke.
Die „ovale'S eine Art irame, die auch als Sückseide benutzt wird,
besteht aus 10 — 16 sehwadi nach rechts gedrehten FSden nnd findet sp^
eidle Verwendung in der SehnnrbandDfthfifarfiion.
Tramette ist eine grobe Tkame, die in der Stramplfabrikation noch
mitunter verweiidet wird.
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SUliitik fl«r MalipiiriwdiiihäeL IteHn.
476
In dar SnfcwkiDBliiiig d«r HoIinittinduBtris Uast noh die oftmlicfae Er-
tebuBiing beobaehten, wie in der Seidenliai^ral; die ZaU 6m Asetalten
maiki Ton Jahr zu Jahr, während die Prodaktion wächst, weehnlb Wdt
Emporkommeu der Grossindustrie und Yerschwindeu des KleinmuHnicr-
gewerbes zu schlicssen ist. Im J. 1872 ist z. B. die Zahl der Mulinieraustiilten
in der italienischen Provinz Bergamo auf 5H gegen 106 im J. 1848 ge-
sankeu, trotzdem die Prodnkticni aieh verdoppelte
1^ erste Seidenmfthle ist, wie erwilmtt in ItaGen in der Stadl Bo-
logna dnreb Borghesano 1272 errichtet worden. Sein Sohn Bolognino
vervoUkommripte das Gewerlte, welclies geheim gelialteu wurde, und erhielt
im .T. 1341 eine Licenz auf alleinigen Betrieb. Zu Beginn des XVII. Jahrh.
wurde die Kunst nach Modena verpflanzt. Man besitzt eine Aufzeichnung
ans der Mitte des XIV. Jahrli., in der es heiset: „Und wisse, dass das Dn-
blieraa auf swderlei Art giediiaht, einmal reehfat einmal links. Beebte-
seiiag drdkt man aUe Sdden, um sie zu filiei n, uud dann linksseitig (all*
argoncina), nm sie zu zwirnen*'. Es ist möglich, dass das Wort Organsin
von „argondna" lierstammt. Nach den durch Bin! aufgeführten Akten von
1330 — 35 gab es in Lucca eine Seidenmühle.
Die italienischen Malinieranstalten haben grösstenteils ihren Sits in
Oberitalien, wo bflUge Handarbeit und sabfanei^e Wasseretröme als Betriebe-
kraft zur Verfügung stehen; die Lombardei erzeugt '4, Piemont und Ligurien
Vs der Gesamtmenge mulinierter Seiden; speciell hat die italienische Mulinier-
industrie in der Zubereitung der Seiden asiatischer Provenienz grosse Er-
folge und VoUiiummenheit au&aweisen. Im Jahre 1865 waren iu Italien
2768545 Spindeln thäUg. welehe 1486697 kg Orgausin nnd 1236062 kg
Trame produzierten. Im J. 1876 ist die Zahl der Spindeln anf 2083168
gesunken, woran die Lombaidei mit 1687961 und Piemont mit 357038
beteiligt waren *).
Im J. 1891 waren in Italien 487 Anstalten mit 49286 Arbeitern und
1501137 Malinierspindein in, und 121000 ausser Betrieb. In der Pro-
vinz Bergamo existierten znr selben Z»t 87 Mulioieranstalten mit 247058
Zwimspindeln nnd 63665 Oamweifen. In der Provins Breseia waren 7620
Spindeln tlmtig, während 149 feierten').
Nach Fusier*) bettigt die Menge der in Italien mnliniMrten Seiden
(ottTräes):
In lUlien gehaspelter . . 2400000 kg
Asiatiecher Proreniens . 800000 „
Im gannn 3200000 kg,
») Bondot. LMBdastrie de la soie. 2. id., 8. 20.
>) Ellcna, Notizie etatisticbe »opra nlctine indostliik
*) Annali di itatistio» del Bflgno d'It&lia.
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476 SUtiitik der lIoUnurindMbrw. Fnutkreidi. ,
wonnu elw» 2980000 lig OvwHm iMirofg^iao. Et «nd folgMide QoantH
ttten Eoluflide Tcneihiedciiir Herkimft ▼erbniiehi mwden:
f&r Italien Tirol, Istrien Asiea Total
Otganam 1700000 70000 100000 1 870000
Trame 800000 70000 440000 1810000
Wie mau aus iler am Knde des Werkes beigetügten Statistik wird er-
sehen köunen, steigt der Import auäläudischer Gregen (speciell ostuüiatiscber
I*roT«nienB) in allen Staaten Enropae, welche Malmieriiidiistrie beritaen» yw
Jalur an Jahr, da die pioduaierenden Linder, wie China, Japan nnd Syrien
wohl scheu musterhafte Haaplereien, nieht aber die genfigende Anaabi
Zwirnereieu l^esitzen.
Im Gt'f(ensatz Frankreich, wolches seine Prodjiktion an Ouvrees
in der inländischen Industrie selbst verbraucht, wird aus Itulieu der
grOaste Teil seiner Produktion exportiert.
Import roher Seide diicli ItuHcn (kg)
1866/68 1878;80 lH<tO 1891
Grhge . .] 834 5uo 892600
^ * 627190 1187600
Ouvrees . U600 14400
Eiqport. roher Seide ans Italien (kg)
1866/68 <) 1878/80 1890 1891
<3i*ge . . 1 „^„«„^^ , 1 720 100 2 U 7 700
_ ^ \ 2038760 3 223900
Oun^ . J 3061200 2 949100
Bfan eiaeht ana obigeu Zahlen, welchm Anfeebwnng die italienieelie
Mnlinierindnatrie wmk einem Vierteljahrhnndert genommen hat.
Von den Anfängm des französischen Mnliniergewerbes wissen wir,
dass in Paris in den Jahren 1258 — 69 zwei Oewcrbe-Genossenschaften der
„filaresses" oder Seidenzwirneriunen organisiert wurden. lu einem üand-
werkerstatut vom Jahre 122^ unterscheidet man schon einfache, dn-
blierte oder filierte nnd gedrehte Seide. In Avignon ist eine SeidenmQhle im
J. 1468, dann eine 1470 errichtet wordra« Aua «nem Statut des XIY. Jahrb.
ersieht man, dass die Körperschaft der Smdenhändler von Paris sich gegen
Hintergeliung seitens der Zwiruerinnen, die die f^pide brim Arlieiten zn
beschweren wnssten, schützten, l^is zum XVI. .laljrh. blieb jedoch die
Zwirnerei eine unbedeutende Hausindustrie. Bilbebaud errichtete 1533 — 64
gmase E^latorien. Im J. 1637 kam ein Dentacher, Nikolane Lejderet,
Ton St.^'Chamond nach Lyon und erhaute gemeinechaftlidi mit aetnem
Sohne Stefan Seidenmfihlen. Ein Florentiner, Sttateese, madite im
)) Meriaieate coDBeNiale del RegM ditalia.
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Stetirtik d«r Mnliaiflriiidiiitri«. VtwMA.
477
J. 1542 auf seinein FOatoriiim Gebraadi fmi einem Bade und amlereii
UaioliineD eigner Erfindoog. Man weiss aus einem Patentbrief des J. 1553,
dass man Rohseide zum Zwirnen nach Avignon und St.-Chamond geschickt
hat, um sie dann wieder zum Verweben nach Lyon zu bringen. In der Be-
sobreibong der „alten und berühmten Stadt Lyon'' von Nicolas de Nicolay
Ueaft man: ^JXm Filierang besagter Seide verrichtet man in der Stadt nnd
in den Voraittdten von Sl-Chamond im Lyonor Gebtete in eoldiem Üb«r-
mafse und solchen Mengen, üuhs man die Mannfoktnr und den Handel auf
Tiiphr als 100000 Thaler jiihrlii li sr-li'lt/t, denn es p^ieht da gewölinlich
mmdesteus 100 Mühlen, die zur Filieruug besagtt r Seide im Gange sind,
durch Yermittelung von Mailündischca Kaofleuten, die in Lyon wohnen".
Beeoodets «tark hat nch die Zwirnerei in Avignon «it«fiekeli Foulet
berichtet im J. 1720, daai man daselbst 400 Mfihlen xShIte und die Arbeit
mit gr5sster Geschicklichkeit verrichtet wurde. Aus dem XVUL Jahrb.
liegen Berichte über die VerwendbarTceit der verschiedenen Gregen vor; so
eipTiete sich die Vivarais- Seide gut für Organsin, die von Provence besser
für irame.
In den ffanaSaiselien tfalinieranatalten werden Tontagswenee bessere
QnalitSten einheimischer Ordgen verarbeitet. In der Zeitperiode 1870/80
betrug die Produktion der Ouvrees im Dnrchaehnitt 2376000 kg jährlich.
Wtg. 21». einiiR naUntarter Sri««.
im .1. ^lÖtiüOO kg. Der Verbrauch ausländischer Gregen steigt fort-
wahrend; er betrug 1849/57 etwa 407,, 1870/78 12% der von der
Holinierindostrie verarbeiteten Gesamtmenge. Man sählte im J. 1873
376600 Hnliniergamwinden, im J. 1888 waren nnr 263634 thitig, die
Ausbentr cint-r jeden ist indessen im Laufe der letzten Deceimien beinahe
diV di^ppelte geworden. Die Ausdehnung der MuUnieriiidastrie Fraukreicha
ersieht man ans folgenden Zuhleii:
1876 IMSO 1884 1888
Zahl der Anstalten 880 101 1 1007 708
Spindeln . . . 1129729 1213674 1643686 2122628
Garnwinden . . 376600 — — 363396
Nachfolgoide Anfttellnugen geben lur Genüge darüber An&chluas, dee»
dB« firanaSstsche Molinierinduelrie dßa inländieehen Bedarf voUstSndig deckt
and noch darttber binaua «portiert, was frflber niebi der Fall war.
bnport der Robseide und OnvrSss nadi Frankreich (kg):
1R78 1888 1890 1892
Gr^n-e 4033300 360585R 3057000 3981900
Ouvrees 1224200 384154 217300 112200
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478 Statiftik dar Mnliniarindiiitrie. SpMMn, östorreich ete.
Der Export beU«f aieli dagegeo aof (kg);
Gröge . 1305341 1698239 1201100 1702300
Oavrtes . 93329 308700 269600 173400
Die FabrikaiioQ der sogenftsoten Retoneedden, welche m Paria, Calais,
Nimes, Lyon und Tonn betrieben vcird, hat bd der starken ansländischen
Konkurrenz von ihrer frBherwi Bedentnng verl<mn. JSs wurden ex-
portiert (kg):
1878 1888
Näh-, stick- und SpiUeoseide 44584 7026
Andere Betotaeseiden . . . 304681 182195
Die spanische Maliuiermdustrie ist von geringer Bedeutung; einige
Anstalten in Sevilla, Granada und Cordova produzieren etwa 7 — 8000 kg
Ou Vrees. Ehemals wurde die Verarbeitung der Gr^ge, die grösstenteils
importiert wurde, in viel grosserem Harsstabe betrieben, wie die Bxportr
zahlen beweisen. In den Jahren 1872/74 wurden 31331 kg Qud 1878/82
40519 kg niuliuierttir Seideu jährlich ausgefrihri
Die Öeidenzwii-nerei der österreichischen Länder reicht iu das
XVI. Jahrh. zurück, wo in Trient im Jahre 1534 die erste Seideuuiüble
durch einen Venetianer Savioli gegründet wurde. Man wdss nicht viel
ftber die weiteren Sehidosale dieser Industrie bis ins JUX. Jahrh. Im
Jahre 1875 waren in Trient 89550, in der Orafichaft Gör/. 14 740
und in anrleren Provinzen 6402 Spiuflelu, zusammen 110692 thätig,
gefTeniiber l<lO(i()0 Spindeln, über (Ijp Tirol im . fahre l-HTd verfügte. Die
Produktiun ist indessen von 54390 kg auf üj^Uü kg gestiegen, wonmter
41800 kg Organsitt. Im Jahre 1880 waren in Tirol nur noch 17 Anstal-
ten (gegen 37 im J. 1870) mit 48302 Bpindehi in Betrieb nnd enengtsn
22 440 kg Onvrees. Der Verfall ist bauptsichlicb auf die Entwickeln]^ dar
Zwirnerei in den henachbarten Landera znrfickz'ifiihren.
Die ersten namhaften Anfänge d^ schweizerischen Muliniergewerb^
fallen in das J. 1555, wo die flüchtigen Reformierten auB Locamo in Zürich
SeidmunShlen tod sehr dafacher Bauart errichtet haben. Zweinndeinhalb
Jahrhunderte blieb das Gewerbe nur eine Hausiudustrie, entwickelte sich aber
alsdann gut. Denn im J. 1685 berichtet ein Seiflenbiindler von Tours, de la
Co 11 rt, der nach Zürich geflüchtet war, daas das Zwirnen hier .so geschehe, dass
man, „um alles zu sagen, die Seiden sehr gut zuzurichten weiss und nichts
bessraes fordon l^ne**. Im J. 1830 grilndete ein ElsSsser, Heits, tu
8ta£a eine giteere Sndenmfihle. Allmfthlieh wurden die Bfasehinen ver-
bessert und namentlich cur Fabrikation der Cordonnets und Nfths^en
wendet. Erat später fing man an, Organsin mid Trame zu zwirnen,
letztere seit 1860, als die asiatiaoben Seiden iu Europa in grösserem Um-
ij Ettadiitka general del ooneteio . . .
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gtatüük dar MalmierindiMtrie. 8cbw«U, DenttohlMd.
479
Iifk11g6 Vttwendang fanden. Die grösseren Seidenniühlen befinden sioli in
den Knntonpn Zürich, Aargan, Basel, weniger iu Tessin, Solothnm,
St-GaUen, Glarus. Im Kanton Zürich zahlte man
Etablinemeota ....
Arbeiter
Produktion Trame . .
Nahseiden etc.
1872
18
4090
120453 kg
52 819 „
1863
19
4810
190 746 kg
Ü3i90 „
Die scliweizerische Mulinierindastrie hat sich in einigen Specia-
litäten vervollkominnet und behauptet in denselben eine der ersten Stel-
lungen'). Eine solche der Schweiz ist die Verarbeitung der japaoi-
Mdwn nnd ohineatachen Gr^en sn Tramegespinsten; von den etstwen
werden bessere Sorten 11 aibash nnd Oihia verarbeitet, China liefert EehiBg,
Minchew niul Hangchow. 1883 betmg die Produktion mulinierter Sdde
250501 kg (darunter' 20— 25000 kg Organsin)-); die der Retorsegarne
(Näh- uud Maschinenseide, Stick- und Fosanientiergarne, Cordonnets,
Fluches etc.) 82930 kg. In demselben Jahre waren in der Schweiz 37200
Mulinier^ und 23860 Retomsptndeln ▼mrhandeD. IKe NiÜiBeidenfabrikataon
konzentriert sich hanptsiehlicii in Zfirioh.
Folgende Zahlen geben Auftehlnas ttbor den gegenwärtigen Stand der
«cbweifleriacben Mnlinierindnstrie:
Etablissements
Arbeiter .........
Vorhandene Spindeln (Trame efce.)
Thütige
Vorhandene Spindeln (Nähseide)
Thätige „
1891
59
7635
63409
55 797
25988
22284
1893
64
7065
66404
52574
24444
17932
Produktion Organsin ....
Trame
Nähseiden, Cordonnets
n
n
73761 kg 60149 kg
258494 „ 271092 „
119351 „ 82131 „
80318 „ 16128 „
471 924 kg 429500 kg
Schon in der ersten Hälfte des XVL .Tabrh. wnrde die Seidenzwirnerei
in l)eutscblaud betneben. Sie entwickelte sieb tortwährend, ist jedoch
gleichzeitig mit dem Verfall der Weberei und Seidenkultur eingegangen.
In den Jahren 1855/61 war in Elberfeld ein groesse AktienanteKuehmen
*) Bflrkli'Heyer. Qetehiehle der ZQrchemclien Seidenindnilrie Teok ScUmm dss
XQL Jabrh. an bis in die neuere Zeit. 1884.
*) StatifUk aber die Seideoswiroerei in der Sohweii im J. 188d.
480
Statiatik der Mulinierindustrie. England.
f&r Seddemwirnerri in Betriebi dat jedoch scbliesslich misslang. Im J. 1880
betrug die ProdnlrHoTi mulinierter und Retorseseiden etwa 140000 k<?. di? von
44258 Spiodeln erzeujrt wurdeu. Davon entfielen auf Württemberg
16208, Baden 13032 und Preus.seu 5742 Spindeln. Gegenwärtig geht
deatsehe UnUnimrjiidiiBlrie infolge der stetig sanelmiBnden aiiBlindisdieii
Konlnirrens imm«r mehr sarfick.
Die Art und Weise der Seidenzwimerei war in England bereits im
XIV. Ja^rlv bekannt; das Gewerbe war jedoch eine von den Frauen be-
triebene Hausindustrie. Heinrich IV. scliützte die kleinen Betriebe
durch einen Akt vom J. 1454. Nach der Plünderung von Antwerpen
(ll»85) dnreb die Spanier, kamen flandriaebe Seidenzwimer naeli England.
Ein Italiener Domico, durch die Königin Elisabeth nnterstotst, erbaute
grossere Anstalten. Im J. 1629 wurde eine Korporation der Seidendreher
gegründet. Das Parlament fing an in die Regflmitr 'b'r ArboiterverhüHnisse
einzugreifen und erliess viele Edikte, „die aussergewohulichäten und lästig-
»ten, die man eich Torstellen kann^'. Die beschränkenden Mafsregelu hatten
oft eine naehteilige Wirkung. Im J. 1662 gab es in- London allein Qber
40000 Seidenspnler und -zwirner, d i u Verhältnisse durch strenge Statute
geregelt waren'). Seit IfiS.ö nalim die Produktion infolge der Einwan-
derung der Hngpnotten beträchtlich zu und schon 1713 wurde anläs^lich
des Utrechter Vertrages festgestellt, dass die Seideoindnstrie Englands
über 300000 Personen besobüftige. 1719 kam ein gewisser Jobn Lombe,
der m^rere Jabre in Piemont verbraebt nnd dort die Zwirnerei erlernt hatte,
naeb England /.urück und erhielt das ansschlieseliehe Privilegium, 14 Jahre
lang die SiMdr auf Organsin zn verarbpiten. Seinem Bruder und Nach-
folger p;il> das Parlament 3öO0O(i Fns., damit die Seidenmilhle von J)erby
auch von anderen Zwirnern benutzt werden durfte. In der zweiten Hälfte
des XVIII. Jahrb. verarbeitete England durcbsebnittlieh 4— AQOOOO kg
jibrlich. Die Zwimer von Manebester hatten im J. 182S 20400 S]nndelB,
zehn Jahre später bereits S 1 000. Der Einfabraoll auf Grdge wurde im J. 1S46"
aufgehoben, wodurch die iMulintprindtistrie eine noch grössere Entwickelung
nahm, die zugleich durch maschinelle Vervollkommnungen unterstützt wurde.
Die Einfuhr der Bohseide und Ausfuhr der Ouvrees stieg fortwährend
Ms an den seehaiger Jahren. Von diesem Zeitpunkt ab trat infolge der
höheren Arbeitslöhne, .sowie der inzwischen auf dem Kontinent gemachten
Fortschritte, ein Rückgang ein, der bis auf den heutigen Ti^ andauert nnd
ans folgenden Zahlen zu ersehen ist:
1874 1878 1890
Zahl der Etablissements, England 267 231 189
„ „ Schottland .346
'} Hawins, Englisfa Trade and Finance in the 17th oentoij. London 1892. p. 104.
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StalMIk dar MnUBiniDMii«. Bdgim» Oiirat.
481
1850 1861 1870
Spiadel^ahl. ^gj^ j 1225660 ) 1338544 } 1130441
1874 1878 1890
Spiodelzabl, iikigiand 1318633 .999037 1021436
Sehottfamd 17778 19912 7917
Der Konsum der Gr&geseide hat in bedeutender Weise abgenommen,
was jedoch zum Teil auf dem Rückgang der Seidenweberei beruht Es
wurden durchschnittlich jahrlich verarbeitet:
1858/60 2687000 kg
1861/63 ...... 2923000
1867/69 1600000
1879/81 1095000 „
1883 1207000 „
Immerhin hat die Fabrikatioa der «tark geswimten Retorsegespinste,
wie der Nlh- und MasehbeiNeide, einige Bedentnng beibebatten, und <Ue
englischen Fabrikate dieser Art erfreuen sich fortwährend des besten Rufes.
Die meisten Ktablissenients liegen in den Grafschaften Chester, York« Derby«
Norfolk, Lancaeter und Essex. Der Exportwert belief sich auf
1868/60 20100000 Fice.
1870/72 36000000 „
1876/78 18500000 „
1881 25450000 „
1883 17850000
Belgien besitzt kein Muliniergewerbe im eigeiitliclicn Sinne, dagegen
werden grosse Quantitäten ausländischer mulinierter Seiden zur Fabrikation
der Betwqoadden und BpitHn Terweudet Im J. 1887 wurden in ^lem.
Zweek 152638 kg Oavr£ee eingefOhri, gegenüber 13605 kg der Anefobr.
Die Mulinierindnstrie Russlands war bis vor einigen Jahrzehnten ganz
unbedeutend; sie nahm er-t in letster Zeit, dnreh aehntii5Unenaehe Politik
begünstigt, grossen Aufschwung.
Die orientaliäche Seidenzwirnerei hat nicht den Charakter der earo«
paiscben OiQBBbetriebe. In gans Oeniralaeien and in Indien irird das Zwirnen
'dnreh aebr ein&ebe, mit der Hand betriebene Apparate bewerkatell^. Die
erste Operation, welcher die Gr^ge (in Pendscbab Khöra genannt) unter-
worfen wird, ist das Abspulen, wobei sie zugleich je nach der Feinheit sor^
tiert wird. Der Seidenzwimer (taodie) ist durchwegs ein Mohammedaner. Er
nimmt swei E%den der abgespulten Seide, dnbUirt sie und dreht sie sa-
«ammMi. Dies ist der indieohe Oignuin (ttai) nnd denelbe Name wird der
Kette des Gewebes gegeben. Di« abgespulte Seide (Hna) wird, ohne ge-
Sllfcarasma, Di« SeUt. 9t
4g2
Statistik dar Holininfaidulrit. ÄMim, Aneriks.
drebt za werden, als Einschlag benntst. In Japan ist die Bearbeitong eine
ihnlicbe, wie in Europa, und wird teils als Hausgewerbe, teils anf MMehinen
verrichtet. Die FOieraog oder ein&che Drehung heisst „kata-Tori**, die
Ilechtsdrohung mehrerer Fiiden „awose-yori" und die Linksdrehung „moro-
yori", eine sehr starke Drehung mehrerer Fäden „hon-yori" u. s. w. In China
ist das Maliniergewerbe nocli sehr primitiv und wird nur als Hausarbeit
beirieben, nur in der ümgegend von Kanton hat es als Indnstrie einige
Bedeutnng erlangt, die jedoch Ton thran Mberen Umfang bereits ^ngebisst
n«. 3«6. CUnetlacber HuUnluatulil.
bat. 1847 wurden ans Kanton 40000 kg Oanim «iportiert, 1857 ist dieses
Quantum auf das Zehnfache gestiegen; gegen wirtig dftrfte die Ansftdnr ein^
Zebntauscudc kg nicht übersteigen.
Die Anfange der amerikanischen Seidenzwirnerei reichen in da.s Jahr
1810 zurück, und unter allen Zweigen der Seidenindustrie war es die Zwir-
nerei, welche die Amerikaner in quaHtativer nnd qnaatitatiTer Hinsieht am
weitesten sa bringw Termoehten. SKa war atrts der Gegenstand gross«
Sorgfalt und Anstrengung gewesen, und die Entwickelung der Nähseiden-
fabrikation in diesem Lande steht in der Geschichte beispiellos da*). Der
Aufschwung der amerikanischen Muliuierindustrie liat selbst auf die Art
and Weise der Gewinnung der Rohseide in asiatischen Produktionsländem
einen gewissen Einflnss ausgeübt; denn da die Bohseide in Amerika wegen
der hohen Arbeitslöhne weder geputzt noch sortiert wurde, so bemühten
sich die Amerikaner, die diinesen und Japaner aar HersieUm^ rdner, gnft
*) Breekett, Tb» Silk bdoatry of Aneriem.
Wyckorr, The Silk goodi of America, 1880.
Report on tbe Öilk maaufactaring industrj of tbe United State« (Ceasoa 1880).
Lilly, Tbe SUk Indortry of tbe U. & frosi 1716 to 1875.
Wjekoirr, Ameriwa Bilk maan&otnnL New^Torit 1887.
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Statistik dw Maliaierindiutn«. Amerika.
483
windender Gr^gen zu veranlusen, was ihnen ftuch gehmgen idt. Die Md-
iinierindastrie der Ver. Staaten hat daiuulliin in verliültnisraassig kurzer
Zeit eine Au^^dehnung gewonnen, die durch folgende 2^hleu, welche die Ein-
fuhr der Rohseide zum Zweck des MnUniereos darstellen« TerauscbauUcht
wild» Es wnnten ini
1864/66 192000 kg
1871/72 416000 ^
1873/75 462000 „
1879/81 1057000 kg
1881/82 1 306800 „
1R«2/83 1 477000 „
1892 3480000 kg.
Die eingefnhrtoi BohBmdeu sind fast ausschliesslich die besten Quali-
täten Filiiture, re-Tee1ed nnd boats noa^ Die »merikaniaehep Mählea
produzierten C^);
üxguiiiiin Trame Total
1873 — — 14«000
1875 105000 209000 314000
1877 77000 163000 230000
Einen hervorragenden Platz nimmt die Fabrikation dt r Kctorscseiden ein.
D\(^ T»ro.liiktion der Nähseide sti. g von 250000 kg im ,1. 1878 auf 690000 kg
ini J. 1888. Die amerikanisclu' Näliscide (sewiug silk) besteht aus zwei
▼OD links nach rechts gezwirnten Fäden; die Maschinenseide (machine twist)
ül «V8 im TOB Teehts naeli link» gedrehtai Fiden BiwmnmmigBeetefc Die
Seidenzwinerei hat vornehmlich in New- Jenagr, Pom^Wanien, New- York,
Connecticut und MasBaehiuett* ihren Sit«. Die Zahl der Spindehi bepef
eieh auf:
1890
Windffi>-, Pats- niid DahUenfiindehi . . &690S6
Zwinupindeln 718360
KiappcÖepindeln . 167408
1254798,
gegen 129178 Spindeln im J. 1874, 151038 Spindeh hn J. 1876 und
608137 Spindeln im J. 1880.
Dem (Gewichte nach wurden 1890 verarbeitet:
Gröge 6376881 Pfand
Seidenabfiille . . . 1357 618 „
Andere Seiden . . 744223 ,,
8478722 Pfund,
woarane:
Organsin und Tram« 3305372 Pfand
Näh- und Miuschincnsoido 1110S25 „
Fransen-, Wirk-, Stick- und Florcttscide 329 637^ „
4 764834 Pfund
hervoxgingen, während der lieüt anderweitig verarbeitet wurde.
«1*
484
FreiM der Oarr^
Wie bei der Or^e, so lässt sieb natuigemfiss auch bei den gezwirnten
Öespinsten pt?i nllt^emeiner Hiii'\-f(anf2; der Preise beobachten. Folgende Ta-
belle V ranschauhcht di«' stärkereu ScliwaDkangen der Jahresdnrchwbnitts-
preise für Orgausin Titer 22/26 während unseres Jahrhunderts (Frcs.):
1802
74
1836
108
1868
74
1876
140
1810
52
1837
60
1860
106
1878
77
1817
106
1838
78
1864
72
1879
96
1820
61
1843
57
1866
116
1880
69
1S22
90
1844
77
1866
98-
1881
82
1824
fi3
1848
49
1868
158
1885
58
1825
82
1850
84
1870
100
1886
68
1826
65
1863
92
1872
130
1892
49
1830
48
1856
63
1876
96
Nadtttehende Talwlto i^gt den EreiirQckgang der venelüedeiiea Fro-
Teoienien im lelslen yiertelQelirlutnderi:
Organsiu
Trame
Frankrpif h
Itaüpn
Bengal China
Frankreich
Italien
Bengal China
24/2Ö
2U;22
26/30
40/45
20/24
24/26
24/28 40/46
1872 116
112
91
97
110
101
92 91
1873/78 98
87
67
71
88
88
67 64
1879/81 72
69
58
67
70
70
56 54
1882/83 67
65
57
68
66
63
57 57
1896 Febr. 66
51
44
60
48
~ 38
Wie bei der Grdge, so werden auch bei OttTvtet abgesehen yon dem
Titer, verschiedene Qualitäten unterschieden, nnd zwar: a) klassisch (clas-
siqueX b) sublime, c) gewöhnlich (courant, corr.), oder a) extra, b) 1er ordre,
c) 2* ordre, d) 3* ordre, oder schliesslich a) extra, b) 1. Kl., c) 2. Kl. Bei
den «wientdinlini Onvita wird angaben, ob diaedben itt
Sini^ltngen {k tonn eompUs) odw meht, geliefert werden.
Da die Seidenfastjr ausgesprochene hygroskopische Kigenschatten besitzt,
so kann ma verhältuismäasig viel, nämlich bis zu 30% ihres Gewichtes an
Wueer anfiiehmen, ebne neb dabn iigendwM fbneht ansaftthlen. TroCs
der Behaaptu^ einiger Chemikn*« welche den Sitz der Hygroskopizität der
Seide der eigentlichen Seidenfaser, dem Fihroin, zugeschrieben haben, zeigt
die abgekochte, ihres B^tes entledigte Seide ein gerin jeres Wasseranziebangs-
▼ermogen, al» die Kohseide. Zwischen der Feuchtigkeit der Atmosphäre
und dem Wassergehalt der darin befindliehen Fasenlirfb eaMeit bdmmii-
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485
lieh ein Zosammenhang, der mathematisch genau bestimmt worden ist^). Der
prooentnelle Wanargefaalt «p der Fanr, bengan mt du sbaolnt troflkiiie
Ihtorial, geht wm der Oleklraiig
w = (« + P9)V100 — «
hervor, in weldier a und ezpertmeDtell faeetimmte Eoeffiiieiiteii, 9 die
relative Feuchtigkeit der Lnft in Prozenten nnd t dereo Temperatur be>
deuten. Für Seide ist a = 2,188 and ß = 0,016 4; für Banrawolle a = 0,8067
mu\ 0,02912; fiir Wolle a = 2,800 und ß = 0,0-2938. Die in der
Faser enthaltene Feuchtigkeitsoieuge ittt somit eine Funktion zweier vei^
Snderllehen GrOBseii, der Temperatnr nnd dee Sattigtingsgradee der At-
mosphäre. Von Schloesing wurde diese Funktion in Form einer Knrre
ausgedrückt, deren Ordinaten — Feuchtigkeitsgehalt in Prozenten und At>>
scissen — die aufgenommene Feuchtigkeitsmenge der Faser ausdrücken
Das Gewicht eines und desäelbeu Quantums Seide ist je nacii der
Jahreneit ein Bohwankendes; so wird im feaehten Herbst oder Frühling die
Seide mehr an Waaeer «afoehnien und daaselbe Qoentom mdlr ttiegen, nie
im Hochsommer. Ehoiuo wird eine bestimmte Seidenmenge auf feoehtem
Lager schwerer sein, als in trockenen Räumen aufliewahrt. Da man nach
dem Aussehen der JSeide nicht auf ihren Wassergehalt pf^hliVssen kann, so
wäre dem Betrug beim Seideuhaudei Thür und Thor geöffnet, wenn
man nidit in dem Ssidenkonditumierreifabren ein Uittel beiäme, neh
Tor nnredlichen Manipalationen yor dem Abwiegen der Partie, wie das
Einsprengen der Seide mil Wasser und Yerweilenlassen im fenehten
Keller etc. , ^^chStten zu können. Infolge des hohpn Preises der Seide
und ihrpr ausgeprägt hygroskopischen Eigenschafteu machen sich auch
mimmaie i'euchtigkeitsmengeu gelt«ud, und der schwankende Wasser*
gebalt w&rde einen geordneten Seidenhandel ünmöglich machen, wenn
man nieht jedeemal fiber den hygroskopiaehen Zustand der Fiuer genan ini*
formiert werden und die in ihr enthaltene Wasienneilge mit iu Reoh*
nnng ziehen konnte. Es ist nicht sicher, ob im Seiden verkehr fniherer
Jahrhunderte irgend welche Basis uud Gebräuche zur Beurteilung des
Wassergehaltes der Seide als Handelsware bestanden haben, nur weiss
man, dasa an Anfang des XVIII. Jahrb. in Italiim einige PrivatkonditioDier-
anstalten existiert haben; die erste öffentliche Kondition wurde in Turin
im J. 1759 eröffnet, alsdann in anderen Ceutren des Seideuhandel.s und
der Seidenindustrie, wie Lyon, St.-Chamoud n. a. U. Die Procedur fand in der
Weise statt, dass die zum Verkauf gelaiigendeu Seiden in grossen, mit
beisser Lnft gehsiatoi Riumen ihres Wsssorgshaltes binnen 2 — ^3 Tagen
entledigt nnd dann gewogen wurden; man nannte dies: die Seide befiUide sieh
in „rechtem Verhftltnts** (dans des boones conditioui). Dnzeh eine Spradn-
MflUer, D» dnliDKenieor, 188S, S. 185.
>) Corapt rmd. de TAe. 8e. IBM. a «M.
486
Dm KottdittonMrao.
wendang ist diAM Beseiehnuug aacb für die Operation selbst bdbdialteD
worden, w daas man heatsutage unter dem Konditionieren der 8dde ihr»
Fencbtigkeitsbestimmang versteht. Im J. 1800 ist von Rast-Maupas die
allgemeine Eiurichtunf? der Lyouer Koiulition entworfen worden, deren Yer-
stautlichuDg im J. 1S05 erfolgte; nach dem Dekret vom 13. April löOö
wurde die Temperatur der Heizräume auf 16- 17 ft. bei 27 — 28 Zoll
Borometeniaiid and anf 19— 20** R. bei 26—27 Zoll Hg fteligewtit. Ea
ist aeUwfcTerBtilLDdlieh« daas beim Trocknen in gerinnügen Sülm, wo eine
unerträgliche, fast erstickende Atmosphäre herrschte, und wo die Lnft nicht
in allen Punkten die gleiche und konstante Temperatur besass, sondern
vielmehr den Luftzügen und den Fenchtigkeitf^rhwankangen der Atmo-
sphäre ausgesetzt war, keine übereinstimuieuden und zuverlässigen iiesultate
enddt wwd«i konnten. Ea kam vor, dass kein Eftafer bei feochter
Witterang die Seide konditionieren wollte, weil dieselbe beim Trocknen
wenig von ihrem Gewicht verlor, wahrend in trockner Zeit sich die Eanf-
Instigen beeilt en, HundelsaLschlosae an maeben und die Seide baldigst dem
Konditionieren zu unterziehen.
Das Trocknen bis zum absoluten (wasserfreien) Gewicht wurde zuerst
von Talabot (1832) empfohlen nnd als Vergünstigung gegen den Ho-
dna des früheren Ter&hrens ein Zuschlag von 10 ^/o zu dem Gewicht
der wasserfreien Ware vorgeschlagen. Sein Ai)jianit und die Arbeitsweise
des Küüditionierens verdienen des geschicbtlicheu Interesses halber erwähnt
zu werden. Der Trockenapparat bestand aus einer mit heisser Luft an-
gefüllten zinkenen Oloeke, in weleher man einige der Partie entnommen^
Sndcostrittge an einer den Namen „balanee direetrice" fahrenden Wage
befestigte, bis zum wasserfreien Zustande trocknete und WOg. Dann wurde
die gesamte Partie mit der balanee directrice*' — au deren einem Ende ein
frischer, der vorher getrockneten Probe gleicliwiegeiider Strang, am anderen
Ende dagegen ein Gewicht befestigt war, das dem absoluten Gewichte, zu-
züglich 10**/o, gleichkam — in eniaprecbendem Trockenranm so lange bei
35" C. unter Anwmdnng von heisser Lnfb getrocknet, bis die Wage ins
Gleichgewicht kftm. Hierdurch war festgestellt, dass der Strang und somit
die Partie bis zum Handelsgewicht, d. i. dem aKsoluteu Gewicht plus iO%
Znschlag ausgetrocknet war. Nun wurde die Partie rasch gewogen und so
ihr konditioniertes Gewicht festgestellt. Versuche, die man gleichzeitig mit
dem Us dahin ftblichen Konditionierrerfiahren nnd dem von Talabot an-
gestellt hat, fahrten an solchen Differenzen, dass sich das „oomittf conanl*
tatif des arts et manufactures^' genötigt sab, eine specielle Kommission zur
Prüfung des Konditionierverfahrens einzusetzen. Die Resultate dieser Versuche
waren die, dass man das bisher übliche Verfahren ak unrichtig erklärte,
nnd die Lyoner Handekkammer wurde beauftragt, die Apparate tou Talabot
überall aubustellen; die neueKonditiQnieranetalt wardel838 in Betrieb geaeteL
Clleidneitig erkannte man, dass es durchaus nicht nötig ist, mit der ganzoi
Partie an optieren, sondern dass ca vielmehr genügt, derselben einige StrftDge
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Du Konditionieieo.
487
als Muster za entnehmen nnd zn konditionieren. Allerdings bereitete das
Entnehmen der Muster iiiifäii^'lich grosse Schwierigkeiten, weil man es für
nnnragunglich notwendig hielt, class jede dieser Proben genau dem W asser-
gebalt der gesammten Partie eutjjprechen müsse; es wurden sogenannte
„appardls a ^ailibrer*' konstmiert, in weloben die Feuditigkeit mner
Partie dtireli starken Laftzng gleichmisBig in deraelben verteilt vnrde. Bold
aber erkannte man die ün/uiringlichkeit eince «olchen Verfahrens, nnd nm
die Feliler^cnzen zu vermindern, wurden von nenem immer grössere Proben
zur Konditionierung herangezogen, trotzdem Talabo t erklärt hatte, dass mehr
als 150 g nicht mit Gewisshät bis zum absoluten üewicht gebracht werden
U^nnien. Nanb langwierigen VerBochen kam man snm Ergebnis, dass eine
Difbrens von ^t^% awiseben Absolntgewiohtsbesttmmnngen sweier der Par-
tie angehSrenden Stränge innerhalb dir experimentellen Fehlergrenzeu
Hege und zulässig sei. Der nnn als nmfsgel)end anerkannte A]>parat
von Talabot wurde ailgemeiu genehmigt und insofern vervollkoummet,
als die Heizung des glockenurtigeu Raumes durch in der Doppelwandnng
eirkalierendm Dampf erfolgte; die nene Yorricbtnng IHt indessen an dem
Obelstand, da» die Trocknnng ziemlieb lange Zeit (etwa 5- 6 Stunden)
in Anspmcb nahm. Im J. 1853 wurde von Persoz die Heizung de.s Kon-
ditioniert pparates mit beisser T/uft statt mit Dampf eingeführt, die sich
auf das S oilkommenste bewährte; nachdem noch von Rogeat einige Ver-
besiverungen im Manipulieren mit dem Apparat vollzogen waren, erhielt
der Eonditionierapparat unter dem Namen Talabot>Persox- Rogeat seine
gegenwirtige Gestalt.
Die wesentlichen Teile eines zur Feststellang des abeolnten Geirichtes
dienenden Künditionierapparates sind:
1 . ein im Keliergeschoss der Anstalt aufgestellter Lufterhitzungaapparat
(eal<niföre);
2. ein Trockenkasten, in welchem der Seide die Feaehtigkeit entzogen
wird, tmd
3. eine besonders cnipfiudliclie Wage.
Der Kalorifer, der im ist mit Coaks geheizt wird nnd au dessen heissea
Flächen sich die vorbeiströmende Luft erhitzt, liefert zwei Luflströme, einen
Ton 120^ C. nnd einen dnrch die Nntabarmaefaung der verlorenen Wärme
dee Ofens eneogten kübleren, dessen Bestimmung wdter unten orSrtort
wird. Fig. 267 ist ein senkrediter Durchschnitt eines Trockenkastens
des Kondiiionierapparate«?. Ein Kalorifer versieht gewöhnlich mehrere
(H bis 12) kreisförmig angeordnete Trockenappamte, denen die Heiss-
laft vermittelst einzelner, aus dem Ofengewülbe miindeuder Rdhren za*
geführt wird. Der Trockenkasten besteht ans einem mit «nem Doppel-
mantel umgebenen starken Bleefacjlinder C, der eine Höhe von l^lb m,
einen Durchmesser von 0,40 m nnd einen Ranminhalt von ca. 100 1
besitzt. Der heisse Ijuftstroni tritt diircb das Rohr A in den unteren Teil
B des Apparates ein und verteilt sich in 32 Röhren durch welche er in
den eigentücheii TMwDHiim D gelangt. Dw k&kln« LafMram wnd
dem Apparat durch «inen das Rohr A amgebenden Kanal zagefilnt, kommt
durch den Zwischenraam der beiden Mäiitt-l nach olw-rhall» eines perforierten
Deckels und tritt durch die Öffnant;en dt > letzt» ren in den Trockenraum D
ein. Durch die UmiichaUuiig der Ventilklappe \' und ElegulieruDg des
ZotrittB des kühleren Luftttroms Termitteki ebes Handgriib, dmen Be-
wegungen die OAmngen Sm Oeckeb r ftof- ani alwdiliwwi, kau die
ZnaunmensetzuDg der Loftmischung im Apparat beliebig hergestellt and
somit eine konstante Temp- ratur erreicht werden, welche je nach der Gattung
der S''i(le erfahrangsgeinii-ss in den Grenzten von HO — 115 variieren kann.
Durch Klappe M und Ilöhren E gelangt die Luft nach dem zum bchuru-
•tein Iftbrnülai KantL
tCT. Bebnltt durch etnen KoDditlonlenpparmt.
Die Stränjx«" wenlen am Arme der Wa^^e vemiittelst eines Haken-
kranzes frei schwebend befestigt, so dass sie gänzlich iu der Trockeukammer
hängen. Der Imhm Lnftstrom entzieht der Seide das Wasser rnnd tritt mit
F«iMiitigkett beladen dnreh die Absogtri^hren in die fo8Baie*Iiaft. Dam
Trocknen geschieht bis znm konstanten Gewicht, was ca. '/« bis eine Stoodtt
in Ansprach nimmt; es wird von Zeit zu Zeit kontrolliert, indem man
gleichzeitig die Luftströme abschliesst. Da das Abwägen unter Abschlags
der äusseren Luft geschieht, so läuft die Seide nicht Gefahr, die Fenchtig-
keit wieder aufzunehmen.
Die WSrme der abaiebenden LnftzQge wird in Konditiooienppanteii
«in^er anderer Systeme, wie Ton Mileai der Toriaer Anstalt, in der Weiae
.i;ju,^cd by Google
Dm KonditioDiersiL
489
nntilMr ganHUilitt da« bwm Ttoek«ii1fainmeni dux«b eb Röluensystem mii-
einandar nrimBdan nnd und die yerloreiie Wfauw des Konditifwierens zum
Yoitrockneil firiaeher Proben im zweiten Apparat verwendet wird. Statt
der Heizung vermittelst des Kalorifers ist in einigen Konditiouieratistalten,
wie in Basel, die Gasbeizaug eingeführt, die den Vorteil der Einfachheit
und Sicherheit m der Mauipulaliou bietet, sich dagegen ziemlich teuer stellt.
Zur RoguUeroBg dw Tempwatar aind — iiMiit Tennitlelat elaktiiMsheii
Sferamea antomatiidi irirkende — INaiennongiilatoien aogebneht, die don
Zafluss von Lenchtgas vcrgrüssem oder beaehiSiiikeD.
Der allgemeine Verlaut Kouditionierverfahrens ist knr2 der folgende:
Die Seidenpartie wird auf einer bis 0,0001 kg enipfindliclien Wapfe ge-
wogen und denselben drei Stränge zu ca. 500 g, die genau abgewogen
werdeni an -vanehiedenen Btalleii der Partie entnaiiiiiieii. Vor dem Troeknmi
im eigentUahm Apparat werden die entnommenen Proben in den aogen.
„appareils de preparatiou'^, welche ans blechernen, durch die dem Apparat
abstromeude T.uft geheizten Kammerchen bestehen, vorgetrocknet, was die
Dauer des eigeutlichen Konditionierens beträchtlich abkürzt. Durch Um-
rechnung des Verlustes beim absoluten Trocknen iu Frozeuteu erhält man
2UllleD, die bei den iwm riner Pftrtie «itnonunenen Proben nicht ftber
0,35*^ differieren dSrfen; in entg^jengeaetstem Falle ninunt man die
Fenebügkeitsbestimmung der dritten Probe vor.
Es wurde durch Vereinbarung festgesetzt, die Seidcufaser mit "'m
Wassergehalt als Normalhandelsware zu lx.'trachten, woraus hervorgeht, dass
100 kg derselbeu aus 90,01;) kg Seide und 9,91 kg Feuchtigkeit bfötehen;
in der Prazw ninunt man den Waaaergebalt ala 10*/« an und bestimmt daa
IKmdelsgewidit der konditionierten 8^de dadueb, daaa man an dem abeo-
luten Gewichte derselben den aus der Gleichung z: 100 = 100 : 90 hervor-
gehenden Zusatz von ar= 11,11 per je 100 kg Absolutgewicht znzählt.
Die letztere Zahl t, w«>1c1u' den Namen Tolerauzzahl (taux de reprise) führt,
ist der Einfachheit halber allgemein durch 11 ersetzt worden. Das kon-
ditionierte Gewieht iet sonit daa abaolnt« Gewieht^ dem tl% desselben an-
geiihlt wird. Da die Seide .darobsebnittlich mebr als 11% Feuchtigkeit
enthält, so ergiebt sidl beim Konditionieren ein Verlust, der leicht berechnet
werden kann. Nennen wir F den Prozentgehalt der Seide an Feuchtigkeit
und r% den Verlust beim Konditionieren, so crj^nebt sich der let7;tere ans
der Gleichung K=l,lli^ — 11. Bei der Toleraazziiiii t und dem fukti-
sehen Gewicht einer Partie p, ist das konditionierte Gewidit, nämlich gleicb
raid demgamlsa der Emiditiomerverhist
^^_j?[(100-f 0 j^-lOOQ
~ 10000
was bei j) =* 100 (in Proaenten aosgedrOckt) sieb in
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490
Dm KonditioiüeMn.
* ~ 7
verwandelt. Bei der Toleranzzahl f — It ist drmnacli F= (1,1 1 P — 11)%;
damit V=0 wird, d. i. in einer Nor malhaudelä wäre, die nielits verlieren
soll, mu8s P= 1100 ; III = 9,91% sein, wie bereits ausgeführt worden ist
Bei em«m Wassergehslt von 9% betri^ dw Vwlnst beim Konditionteren
minus 1,01; der Handelswert der Partie ist somit grösser, als ihr faktisches
Gewicht; bei einem Feuchtigkeitsgehalt von 15% ist der Verlust 5,6ö.
Durchschnittlich enthalt <lip Seide 11 — 1-% Waaser und der Koiiditiouier-
verlust schwankt in den (irenzeu von 1,5 hin 2,6% des faktischen Ge-
wiohtes. Infolge dar geringeren Hygroskopizität und d« somit kldneieD
Eonditjoni^erlnRtes ist es Inlligf Aiss vcuAk die eventoelle Tolemucabi liei
der abgekochten Seide weniger als 11% betrage; auf Grund praktischer
Versuche ist dieselbe auf durc lisclinittlich 9,2.') festt^csetzt worden Der
Komlitionierverlust ist im aüiTcmoiueu aas leiclit verstand liehen Gründen
im bommer kleiner, ab wahrend der nassen Witterung. Nachsteheude
SSftblen zeigen die DarehBchnitiarerliiete beim KoacKtimderai in versebiedeiien
Monaten:
Januar
1,66
Februar
1,66
MSrz
1,54
April
1,38
Mai
1,20
Juni
1,12
Juli
1,25
August
1,15
September
M6
Oktober
1,48
NoTember
1,76
Dezember
1,69
Es scheiut auch, dass die Methode des Haspeins, sowie die Art der
Zwiraung die hygrusküpisobeo Eigeuschiiften der Seide beeinflassen; dw
dnrehscbnittlicbe Verlost des Organsins betr> 1,66%, bei der Trame
2,421% und bei der Grege 1,885%. Nachstehende Tabelle zeigt einen
Vergleich zwischen dem Feuchtigkeitsabsorptiousvermögen der rohen und der
entbastetea Seideufaser bei gegebenen gleichen Atmosphäreverbältnissen.
Temperatur
Hygrometer
roh
entbastet
10**
67
10,33%
8,86%
10»
87
11,61,,
10,95 „
15*
59
9,25 „
7,87 „
ly
84
11.37 „
10,40 „
22"
58
8,17 „
6,94.,
22°
60
8,93 ,,
7,72 „
00°
67
9,48«
7,96,,
Die statistischen Daten des Konditionierens sind sowohl für den Han-
delsverkehr des gegebenen Industrieplatzes, wie auch für die Art und Her-
') Persoz, Le conditionnement de la aois.
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Dm KoaditiMieMD. SUthlik.
491
Ininft der war Fahrikfttion haraugezogenmi Seiden beseidmetid, und endiei-
neu die Beridite dftrfiber ebeiso zegetaidtorig, wie die IbrUiaaeweiae. In
allen wichtigeren Centren des Seidenhandels und der Industrie sind öffentliche
KonditionieraJistiiUen erriclitet worden, die sich nn-opr der Feststellung des
Handebgcwlclit-s der zum \ erkehr ^gelangenden Seidenpartieu noch /uweileu
damit befikisen, die Titer-, Festigkeits- und Kiai«tizitäts\rerbültui8»e der Faser,
aowie ihiw Ycilnei beim Entsc^len feetnwtellen. In Frankreich giebt es
gegenwftrtig 16, in Italien 20 Eonditionieranatalten, Dentaeliland beeitit
deren 4, in Crefeld (seit 1843), Elberfeld (1844) and in kleinerem Hale-
8tftV>p in Aügsbnrg und Berlin (1892). Nachfolgende Tabellen gewähren
eiueii Einblick in die Verkehrsverhältnisse der wichtigeren Sitze der iSeiden-
iadustrie, sowie in die zur Verarbeitung gelangenden Arten der Seideugespinste.
Der Gebranch dee KooditioiiieranB bürgert ridi nielil nnr fttr Seide, sondern
auch schon liir Wolle nnd verwandte GeepinatBuem mit jedem Tage mehr
ein und ist heutzutage nicht nur far die echte, aondem anch für die Ab-
fallseide und Tussali gel)räuchlich.
Die Entwickelnng der z. Zt. wichtigsten Konditionieranstalt zu Ljon
aeigt folgende Tabelle; es wurden konditioniert (kg):
1807 ,
. . 362557
1875 .
. . 4477521
1824 .
. . 634 702
1880 . .
. 4652535
1844 .
. . 13Ü18Ö9
1886 .
. 5111424
1862 .
. . 3515634
1890 .
. . 4407236
1870 .
, . 2224877
1892 .
. 6022402
FoIl'* nde Zosamnienstellnng zeigt das Verhaltnia der Seiden veiaohie-
dener Provenieaz der Ljoner Kondition:
Total
Reaak-
IlaUea
Spanien
LeTBoie
BcoMa
Bragal
China
Japan
kg
xeieh%'
%
%
%
%
•/.
1861
2533652
32,62
17,03
4,93
9,29
8,50
27,63
1866
2J99741
31,29
25,67
4,64
4,64
8,69
11,02
14,05
1871
2880286
37,01
28,44
3,58
2,50
3,49
16,99
7,99
1876
5G752Ü8
19,81
20,83
1,U6
2,71
3,12
3,92
33,26
14,39
1881
5348035
16,97
26,79
2,31
2,22
2,16
2,05
32,94
15,56
1886
5047565
13,12
25,40
1,03
3,77
2,97
2,08
37,33
14,29
1891
5013512
12,72
17,34
0,84
5,47
4,02
6,52
31,90
21,1»
Den Mengen naeh (kg):
1888
Japan 10J8374
Italien 893549
China 890253
Kinton 821420
1894
1371840
627276
962054
1043469
Übertng 3653696
3994639
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492
Du KonditioiiiBreii. Btatulik.
1888
1894
Übertrag 3653596
3994639
Frankreich
. . . . 65fifilO
637084
Piemont
. . . . 1^6314
133413
Syrien
. . . . 19Ö234
250937
Toanh .
. . . . 163822
896074
ftrossa
. . . . 129226
272490
Bengal .
. . . . 79 726
66254
Spanien .
. . . . Ö3489
36033
Diverse .
. . . . 55504
Total 5183620
5785924
Der Gespiiiitait luoli wude kollationiert (1891):
Oiganriii 1029156 kg
Trame 686823 „
Grege 3297533 „
Die eebweiieriieben EanditiaiuemMtatteD ligielnertMi 1890:
285493 kg
Trame {'""JT '
\ asiat. „
38816
101736
296843
35996
340416
n
europ.
asiat.
Total
Herkunft
423224 kg
„ 767077 „
Int ganzen 1 190301 kg
Die Züricher Anstalt wog:
1888 1889
OrgaueiB 353934 384195
Trame 406283 408248
Grege 392375 446282
Davon wunden konditioniert:
Im ganzen 871115 937730
1890
824309
398579
376413
846*254
1891
359907 kg
402832 „
417628 M
Je nach der Provenienz verleilen sicli die in der
(1891) geprüften Seiden folgendermafsea (kg):
912836 „
ZOrieker
Organsin
Trame
Grige
Total
Frankreich
1417
III
82
1640
Italien
324838
113838
45863
484539
China
21215
105960
179622
306747
gelb
43
25394
34605
60012
Tussah
1988
3212
9162
14352
Japan
9369
151662
147904
308925
Diverse
1047
1666
490
3142
359907
401842
417718
1 179357
Dm KoBiditäoBUNB. fitatirtft
49a
D«r Herkunft naeh (1894):
ItaUen 463350
Japan 402826
China weiss 244905
China gelb 61494
LeTante, Kanton 40741
Tamil 33376
Fknnlcraidh . 3420
1250110
Die deutschen Konditionieranätaltfin weisen in den letsten Jahren
folgenden Verkehr auf. Mberfsld konditionierte:
Italien Qrgansin
Trame
lb90
139366 kg
13339
IT
1891
167677
14621
gegan:
„ Grege
50804 „
72 690
«t
Ghina Orgaasin
•27 702 „
24 635
ti
„ Trame
23838 „
20297
n
Bengal Orgaasin
2878 „
738
n
„ Trame
4878
4491
n
Japan Oiganam
3340 „
4690
n
„ Trame
81800 „
18623
ti
287944 kg
328262 kg
Italien
China
Bengal
Japan
Total
1894
301517
62790
7866
27842
400015
1889
S76619
64864
7607
41671
380061
1888
918866
43663
8676
28766
294769
1887
172854
53953
5145
26799
258721
1886
164987
58224
7 954
25914
257079
1885
132378
45261
16433
17810
211882
Grefeld konditionierte (kg):
1891
1890
1889
Lombardei
314603
296247
470836
Piflmoiit
63182
62400
66193
Frankreieb
5161
3870
6489
Spanien
1058
1308
783
China
49579
61041
63446
Japan
38955
32504
58771
Bengal
6086
21985
10941
Syrien
86
1810
2896
Oi«ge
78256
86966
96223
DWeKae
638
838
1186
647648
667969
776668
Digitized by Google
494
Dm Komttioiuer«. BUtiatik.
4aT0ik:
(hganain
Trarae
Grege
357855
111431
78256
365830
106174
85956
514723
166707
96222
Die Entwiekaltttig des GflsamtTerkelin in den earopKiBeheaEondittooiBr»
Anstalten ergielyt sich aus folgaid«r Tabelle 0:
1881
1885
1887
1889
Europa
15858962
13331 105
142518(59
18107575
19012277
Lyon
5421654
4439064
4817587
5879263
6022402
NUland
3665180
3614995
3830250
5182880
5918795
Naeh den einseinen Konditionen:
. Darebaehnitt
L 1880—87
1888
1892
( 1894
4500000
Öl 83520
6022402
583964«^
St.-^ltienne ....
1319618
1289801
1150015
178627
167088
181982
140990
2000000
3195
1917
38339
30900
259846
269290
140766
67898
St.-Chamond . . .
226938
1 92201
650000
581525
658585
652223
Elberfeld .....
200000
296849
432683
400015
1650000
1 1697446
12vo:^,oi
708442
1250168
636427
Wien
213558
271248
Turin ......
fiOOOOO
617839
658096
559932
a50oooo
4638306
6918795
5775270
164827
156680
187210
205405
i
189968
182346
63826
28282
900000
88563
83926
10330
7705
1756
1995
44558
2735
2542
7079
47094
36492
I 13900000 j 14234502 | 18902530 | 18117864
*) AMOoiadone dali' ladiuteia e dd Oomnenio delle aete in Italia. Ifilano 1891.
• 4
Du Titriami.
496
In der Campagno 1894/95 belief ueH der Umsatx enropftiecher Kon-
ditionen auf 19330000 kg.
*
Ausser dem Konditioniereo wird die Seide nocii einer Prüfting unter-
worfen, welche far ihre weitoe Verarbeitung von grösster Bedeutung ist;
ea ist dies die BesUmmnng der Faserfeinheit, die für den Handelswert der
Seirlc einer der marsgeb^dstm Faktoren ist. Begrei'fliclu r weise hängt die
F;iilt iifeinlieit der Grege sowohl von der Anzahl der Kokonfaden, wie von
di r individuellen Fpi'dspH der letzteren ab. Was die Feinheit, resp. den
Durchmesser der Kokoufädeu anbetritt't, so häugen sie von der Rasse und
Herkunft dereelben ab and schwanken demgemäss innerhalb ziemlich
weiter Oraixen. Es ist 6ften behauptet worden, daia der geringere
Dnrdiinesser des Kokon&dens, resp. die grössere Feinheit der Seidai-
faser, auf die Aasartung der Rasse hindeutet; diese von Hutton ge-
äusserte Ansicht findet ihre Bestätignnf^' hi'i einiiren Bombyxarten, deren Seide
feiner ist, als die des B. mori und bei douen andererseits die Uegenerierung
mit Ctewissheit festgestellt worden ist*). Wie schon oben erörtert wurde,
spinnt die Seidenranpe dnrchana keinen gleielunisdg didron FadMi. In
den nacfastehmden Tabellen, in denen die Feinheit der Eokonföden (im
nachfolgenden stets als Seiden faser bezeichnet) verschiedener Provenienz
dargp«!t(>l]t ist, wird nh solclio der grösste in der Mikrometeiskaia wahr-
nelimbare Durchmesser betrachtet.
Harknnft und BaMS
Fenlmt
ia
Titer ftOO m
{1 CS 0,001 mm
«
1 deoiec«
Italien, weisse Bassen
27,4
31,6
30,2
31,7
0,113
0,134
0,138
0,171
2,13
2,52
2,59
3,22
gelbe Rassen
AscoH (Bergamo)
Klein Mailand (Mailand) . .
Carpinose (Toscana) ....
Pestellina „ ....
Sardinien-Italien (Toscana)
Korsikä-Italini „
26,8
31,9
31,4
31,6
30,3
32,6
30,2
0,195
0,160
0,1 oy
0,147
0,169
0,159
0,128
3,67
3,01
3,00
2,77
3,00
3,00
2,41
*) JeotB. «r the Afrie^ and Hortio. Soo. of India, ISM, XT. 31.
Digitized by Google
496
Dm TitmftB. Titor d«r KokoBfiMtr.
Feiobeit
= 0,001 mm
500
grünt' Rassen
deniers
27,9
0,148
2,78
Frankreich, gelbe R>5aPD
I
C^Tennes (Card)
Grom-Var (Var)
Mittel-Var „
Klein-Var .....
Bione-Yar (Dr6me) ....
Alpen (Alpet ov.) ....
31,9
30,6
31,9
29,9
0,168
0,185
0,130
0,140
2,46
3,17
3.49
2,46
2,63
weisse Rassen
Valleraugiie (Gard) ....
Var p4le (Var)
Var
31 7
32,2
30,6
0 116
0,135
0,142
i\ tat
2,18
2,64
2,68
Spanien, gelba ff ■MBU
nonda (Murzien)
Konika (Valenzia) ....
31,8
dl,8
0,146
U,141
2,66
weisse Rassen
Gnuuiaa (Valenzia) ....
411 7
91, f
2,84
Schweiz,
gelb Italien (uriaoiuij . . •
grBn Japan „ ...
wBMt ^pmi ...
31,7
29,9
28,9
0,165
0,168
0^124
4 in
2,97
2,33
Bulgarien,
weif«! einheimisch .....
30,0
0,121
2,22
Griechenland, gelbe Eassen
31,4
26,1
0,126
0,106
2,37
2,00
weisse Rassen
29,8
0,127
2,39
Tfirkei,
grün Japan (Syrien) ....
wnm Bagdad (Biimm) . . .
30,9
27,1
31,6
0,142
0,162
0,148
2,67
2,86
2,78
Digitized by Co
Tilar il«r XokoafaMr.
497
Herkunft und Bassa
Feinheit
m
m
fb = 0,001 mm
Titsr 800 m
fr 1 deniera
Rnssland (Kuii kftsus}«
1
gelD laliscil ^X>ttb>u; ....
Alf 9
0 134
1 2.AS
Persien (GhUaa),
97 1
1,84
28 3
0,1 14
2,U
Tndien ,
gelb od. weiss, B.arrac.(Barniah)
22,9
0,135
2,54
gelb, B, Groesi (Birbhum) . .
1,60
2,82
1,00
o o c
2, OD
ffrüul.-weiss, B. merid. (Coiuba-
tore und Caddapah) . . .
19,5
^^^^
weiMt B. Groen (S^mnpore)
1,20
2,26
China, weisse Baasen
Peh-pi-tsao (Tschekiang) . .
24,8
0,099
1,86
Lun-yui (Kuangtaog) . . .
20,7
0,147
2,76
26,5
0,136
2,{>6
geibe Rassen
Kiatsan (Tscbekiang) ....
28,7
V», lO l •
») i7
Uoang-kiao-tsan (Ischekiaag; .
2^,4
rt 1 in
ii,U 1
Sil iLnfnntf
91
Bife,D
U,V0V
1,09
Japan, grane Rassen
0,172
3,23
S ff 9
0,156
2,93
weisse Bassen
Aka-schikn (Iwashiro) . . .
28,4
0,206
3,87
Ao-schika „ ...
'29,7
0,187
3,50
Om-ttnu-zami „ ...
26,4
0,180
3,39
Eo-isbi*niara (Shinano) . . .
26,6
Mata-mukasbi ...
25,6
0,106
2,00
Fime-saii ...
26.5
0,155
2.91
rsi-kua-^au (Kuazuke)
2ü,9
0,123
2,31
oai'KiiBrsan ...
0,174
3,27
Koischin China,
22,2
0,111
2,09
Kauibodscita,
21,1
0,096
1,78
18,4
0,086
1,62
8tlb»Tn*aa, Pia Said«. 82
Digili^iuü by Google
498
Titer d«r EokosfiMer.
Fdnheit
Barkinfl und Rmm
*
in
Titar 600 m
|L= 0,001 mm
dmin«
Tonkiu,
28,0
0,114
2,U
Marokko,
26,8
0,152
2,b6
Aus obifffr Tabelle lässt sich ersehen, dass der Titer dem Durchmesser
der Faser niclit proportional, oder, was gleichbedeutend ist, dass das sp«c-i-
fische Gewicht der Seide von Kaase zu Kui^Me variiert, eine Thati»aclie, von
welehor spSter noch die Rede aein wird.
Was die Feinheit der wilden Seiden anhelangt, eo eind die bierför anf-
gestellten Werte so verschieden voneinander, dass es thatmchlich wünschens-
wert wäre, nnf diesem Gebiete neue Prüfungen anzustellen. Die Differenzen
haben einerseits ihren Ursprung in der Uaregelmässigkeit der wilden Seiden-
faser und in dem Umstand, dass zur Pr&fang die Fasern aus verschiedenen
Schichten des Kokons ohne Unterschied verwendet worden sind, anderersdts
iu verschiedenen Einweichungs- und Haspelverfahren, wodurch der Kol > n-
faden mehr oder weniger von der BasthüUc verlieren kann. Naclisteh» lul
sind die F'einheitszahleu ftir Seidenfasem einiger wichtigeren Seidenarteo in
Viooo aasgedrückt, zusammengestellt.
1«
Wilde Maulbei rseide
Bombyx Textor .
Sinensis
fortnnatm
Croesi
Theophila Ruttuni
„ uiaudarina
Rondotia nienciana
Yamamayseide
Indische Tiusah
Anth. Frithii .
Chinrsi.sche Tnssah
Mooiigaseiile .
Äüth. Perrotteti
Actias selene .
Aylanthosseide
Eriascide . .
Fagaraseide *
(Peres deNneros)
. 20
. 15
. 12
. 12
. 11
. 26
42
64
49
55
43
66
32
37
16
(Wardle)
20,3
25
18,1
45,8
68,7
70,0
68
64,6
48,5
44,3
34,7
44,6
Digitizuü by Li».)ogIe
D» M«Diniig dM Titen.
499
Aitaeos anrota . .
„ hesperoa
orbiguyana»
Samia cecropia . .
Telea polyphemus
Oricula trifenestnia
Philoaaini« Walkeri
Pachyposa Otna . .
Caligula japoniea
(Peres deNneros) (Wardle)
40 —
ao
43
32
29
61,2
36,2
17,1
15,4
Wie schon angedeutet, ist die Feinheit der Seidenfiaser ein wicbtigeä
Merkmal derwlbok; in einem beetimmten Geiricht dea Seidenfadois ^nd, je
naobdem seine Feinheit grBeser oder kleiner ist, mdir oder we)ii<xer Längea-
einheiten enthalten, was für die Webtrei von gröbster BedeutTin<2;
ist, flu es nur a^if Grund der Titerzuhleii möglich ist, die Kalkulation
auszuführen. Es geht darau>j hervor, dass die im Verkehr vorkommenden
Seidengespinstc Angaben über die Dieke beaw. den Titer dee Sddenfadeoa
enthalten mSasen. Wie aber bm der einseinen Seidenfaser nnr das mikio*
metrische Messen eine genügend exakte Feststellung ihres Durchmessers
ermöglicht, m ist ein direktes Messen bei der Grege und in verstärktem
Mafse bei mulinierten Seiden nicht nur zwecklos, sondern aus technischen
Gründen geradezu unausführbar. Da man andcrerseit» dus spedfische Gewicht
eines und deeselben Seiden&dens und snnen Dordimeaser ab ziemlieh kon*
stant annehmen darf, so kann die Bestimmnog der Feinheit durch Wiegen
bestimmter Langen ersetzt werden. Diese Feststellung des Gewichtes einer
durch Yereinbarnng festgesetzten Fadenlänge des Seidenfadens wird als
Titrieren (titrage) beaeichnet.
Das Titrieren der Seide wurde fraher dturoh Pri?ate und Kaufleute
«nflgeAbt, die der Gewissenhaftigkeit mehr oder weniger Bechanng trugen.
Im Jahr 1812 wurde von Fabris in Malland ein Nemometer benannter
Apparat konstruiert, der den Faserdurchmesser mit ziemlicher Genauigkeit
angab. Im J. 1858 ist bei der Lyoner Kouditiouieranstalt das Titrieren
zuerst offiziell anerkannt und alsbald als wichtiges Moment bei der Prüfung
der Seide überall eingeführt w<nden. Da ein dnhcitliclies Maissystem cur
Zot nieht eiistiertft, so entstanden in den Titrieranstalten einselner Linder
und Städte verschiedene Titriersysteme. Nach den Beschlassen des in
Brüssel 1877 abrrphaltenen internationab>n Knnjcresses zur Herbeiführung
einheitlicher iTariumraeriernng, soll die Fcinii i: r]pr Seidengame nach dem
Decimalsystem ausgedrückt werden. ludeäseu werden im Betriehe und im
Handel noeh viel&oh die früher gebräuchliehen Titer Tcrwendet, so dass
eine genaue Besprechung Terschiedener Titriersystemc notwendig erscheint.
Das ursprüngliche Titrierverfahron bestand darin, dass man einen Faden
von 9600 Pariser £Uea (Aune« 118,89 cm) abhaspelte und mit Deniers,
82*
MX)
YanbUwIcm ISWenpteiM.
deren 3S4 mf du aUe finunarfeelie Pfand Qme de Memtpelüer = 489,5 g)
^Bgen, weg* Znr BenklmiiBg der Fadenfeinbeit gab man bIm an,
wieviel Deniers einer Fadenlange von 9600 Aimei entoprachen. Spä-
ter vereinfachte man das Verfahren, indem man nnr Her obigen
Failtiilänge, also 400 Auües = 476 m und zwar mit dem \!.J^ Teil des
früheren Gewichtes Denier, dem Gran (grain) wog; daa Verhültuiü iai dem-
nach das gleiche geblieben, nur behielt man den Aoadniek ,,denier** als
Beaeittbnung des Titers statt „Qnun" bei. Da aber das Gran in verschie-
denen Ländern verscbioden gros?; war (Frankreich 0,05311 g, Piemont
0,0ü33(), Lombardei 0,05110 ii. s. w.), während die Fadenlängt* überall die-
selbe geblieben ist, so ergaben sich schon damals verschiedene Systeme.
Nach der Einfthnmg dw mciriseben ESnheiten wurde dieses System inso-
fern abgeimdert, als man statt der 400 Efllen die Sqmvalente I4bige von
476 ni (475,378 m) verwendete; es resultierte daraus das sogenannte alte
firanzösischi' Systuru, das noch heutzutaijp mancherorts üblich ist. Der alte
Turiner Titer entsprach dem Gewichte von 476 ni in Deniers von 0,05336 g.
Unter den Titcm neueren Datums sind zu erwähueu: der neufranzösische
(seit 1856), der einer FWlenlinge von &00 m nnd GewiehtBeinhMt von
0,06311 g entspridit; d«r nentalimisdie mit 4A0 m und ^em Denier von
Of06 g (in BfaUand und Turin seit 1HG1); der schweizerische mit 460 m
nnd einem Denier von 0,053, später 0,05 g; in ÖLHitschlatid waren für
lombardisclif Seidt a die Längen von 476 m und daä Miiiläucüsche Denier
von 0,051 g, für die Piemonteser Gespinste dagegen die Turiner Deniers
von 0,06336 g gebrKnchlieh, so dass bis 1876 auf dem Kontinent drei
Titriemngsmetiiodeu bestanden. Auf Anregungen, die wihrend der Wiener
AuKttellung (1873) gegeben wurden, hat eine Vereinbarung der Seideu-
intcrfsscnten stattgefunden, die zur Basis des Seidentiters das metrische
Decimalsystem wählte. Kach dem BrU.sKeler Beschlnss soll der Seidentiter
durch die Zahl ausgedruckt werden, welche das Qewi^t «kam Xiingenemh^t
von 600 m in Halbdedgrammen ansgedrOekt, angiebt. Da die anderen
GespinstfiMsm als Längeneinheit 1000 m und als Gewichtseinheit 1000 g
benntzen, so würde No. l des Seidentiters der No. 10000 und die No. 20
der No. 200000 der anderen Gespinste entsprochen ha^en. Mau liat hier-
von aber zum grössteu Teil wieder Abstand nehmen zu müssen geglaubt,
wdl die HandelsgebrBnehe der das Seidengewerbe treibenden lAnder, von
j^r als Skala der Nnmeriening, das Taünderlidie Gewusht einer konstanten
Fadenlänge angenommen haben. Daher zählen die Seideniudustriellen noch
nach den verschiedenen alten Titern, während viele Uaspelanstalten bereits
den internationalen Decimaltiter eingeführt haben.
Man kommt deswegen Öfters in die Lage, die in einem System an»'
gedruekten Titerwerte in die eines anderen Systems umwandeln sn müssen.
Beseiebneu wir mit t den Titer, welcher in der Längeneinheit I und denier
d ansgedrickt ist, so wird derselbe nach tmm, anderen System, in welehnn
üigiiizüü by Google
UmwwidlQiig dar TitemüilaD.
601
die Ubogendiiheit V mid em denier d* nir Anwendung konunent nna der
Foxmel
zn berechnen sein. Um z. B. die ueuitalienische Tiierzahl 46 den. nach
dem neafranzöeischcn System atuNsudrücken, haben wir
0,05 ■ 500
oder 9 = 48,1 den.
Der lelntire Wext vendiiedaier Tiier let dnreh folgende YeigleidiB-
tabelle »negedrOekt:
llt^ienifidach - , 1,0000
Nea- „ 0,9520
Ali-itaUeniBch 0,9956
Neu- „ 1,0046
Schweizerisch 1,0580
Dedmaltiter 1,1162
Tn Amerika wird der Titer der gezwirnten Seide pro 1000 Yarde
Fadenlänge in drams (1,77 g) ang^eben.
Der Decimnitiler, der der üin&eUittt Imlber d» vortdUaftate ist,
bat bie jetet nieht die gebSkreode Beeeiktang gefunden; es edieint indeflsen,
iiass er ebenso, wie dies mit dem allgemeinen Dedninlsystem geschah, in
absehbarer Zeit die jetzt üblichon Titer verdrängen nnd lUerorte ab der
einzig rnftTsgebende angenommen werden wird.
Nachstehende Tafel dient zur Konversion verechiedener Titerwerte
untereinander.
Titar w
n 500 m
TItar TOB ÖOO m
Titar von 47« m
Titw TOI
B 450 m
in deniers
in
in
in deniers
in cg
TOD 5 Cg
denier« voa 5,81 cg
deoien ron 5,81 eg
in cg
von 5 cg
100
20
18,8324
1 7,9284
90
18
200
40
37,6648
35,8568
180
36
300
60
66,4972
53,7852
270
54
400
80
75,3296
71,7136
360
72
600
100
94,1620
89,6420
450
90
600
120
112,9944
107,6704
540
108
700
140
131,8268
126,4988
630
126
800
160
160,6692
143,4272
720
144
900
180
169,4916
161,3666
810
162
Um mit Hilfe dieser Tabelle eine beliebige Titenabl, z. B. 326,7 eg
in enteprecbenden anderen Titer nmsnwandeln, ateUt man fidgettde Bedi-
nung auf;
Digitized by Go
502 Arbeitsweile des Titrierau.
Decimalp
Nenfranzöd-
AltfranzSdi-
Neuitalieni*
deniera
8cbe denien
sclio deniers
scne aenion
300
60
56,4972
53,7852
27ü
54
20
4
3,7665
3,5857
18
3,6
e
1,1299
1,0757
ö,4
1,08
0,7
0,U
0,1318
0,1255
0,63
0,13
326,7
65,34
61,5254
58,5721
294,03
58,81
n«. m TttriwhHptL
Was nun die Art und \\ i ise des Verfahrens beim Titrierpn der Soideii-
gespinste botrifiFt, so werden aus einigen beliebig gewählten ätrüngen
auf eigens dazu konstruierten Happeln 500 resp. 450 oder 476 m abge»
meMeu tmd dann lorgf^tig gewogen. Ei W(»den gewdhnlieh 20 Ver-
Boelid geniacht vand wird der Durchschnittswert als mafsgebf^ntl betrachtet.
Dm Tüneron grOeserer Mengen der Seiden gespinste bewirkt der Apparat
von Honegger*), der ans einer Anzahl gleicher Zeigerw^en ohne Skala
bebtebt, die in einem cyliudriscbeu Gehäuse untergebracht sind. Das 6e-
I) Dingleri poljrt Jouroal, 209. S. 247.
Titer der Gtäge und Oavr^.
603
häuse wird von einer senkrechten Welle getragen and erhält eine langsame
rot icrt'nde Bewegung. Jede Wage wird von einer aatomaÜachen ZofOhrnngs-
vorrichtung berührt und kommt bald in den
Gleichgemchtszustand. £in Probestrang hat
B. B. «iDMi Titor 30, der Wagebalken kommt
in eine Stellung, die dieser Zahl entipricht
uikI trifft einen Abstoaser, der den Strang
auf eine Stange wirft. 22 derartige Ab-
stosser und Stäbe sind für die Titer 18, 20,
22 etc. bis 62 vorhanden. Der 23. Abstosser
wirft alle eehwereran Stabe anf einen be-
■ondereo, leisten Stabu Der Apparat kann
anch zur Fesbtellang des Titers von 64 bis
124 benutzt werden, wenn man Probeetrahna
Ton halber Lürifrc haspelt.
Nachstehend hind die Grenzenwerte an> rig. lu. Titxiwwac«.
gegeben, innerhalb deren sich die Titer der
gcbrtnchlieheren Seidengespinate m bew^n pflegen.
9—30 den.
Trame, feinster Titer:
Grege duppion . . .
30—46 „
Italien (Mailand) 2 fach
20/22 den.
Organsin, feinster Titer:
M ^1 3f8Ch
36/40 „
12/14 „
China 2 fach ....
30/32 „
30/32 „
Kanton ....
36/40 „
20/22 „
Japan „ ....
26/30 „
20/24 „
„ 3 fach ...
40/45 „
Trame
20-68 „
Bengal 2fach . . .
30/32 „
Trame dappion . . 78 — 108 »
„ 3fach . . .
40/50 „
Tnasah .... 98
—285 „
Untor dem tröndittonierten Titer, welcher eigentlich der einsig rationelle
ist, versteht man den Titer, der auf das normale, d. i konditionierte Ge-
wicht des Seidenfadens zurückgeführt ist. Er wird in der Weisp fest-
gestellt, dass, nachdem gemessene Fadenliingeu bis ?.nin al>soluten Gewiclit
getrocknet worden sind, da» erhaltene Gewicht unter Zuschlag von 11%
in den nUiehen Denien anagedrltekt wird.
Es ist begrdflich, dass bei der TiterfiBBlstellang giteerer Seidenpartiea
rieh notwendigerweise Differenaen ergeben mflssen, welche als Titergrenzen
(maxinia und minima) nn;^'egeben werden, wie z. B. 20/22 den., 35 40 den.,
35/45 den. u. s. w., deren Grösse um so betriiclitlicher ist, je ungleich-
massiger das Gespinst der einzelnen Stränge, d. i., je geringer die Qualität
ist In noch griSisaem Malse, als im eiüelneu Stra^, tritt diee» Übel*
stand bei den Tersehiedenen Stifingm eines Ballens her? or. Wir haben
weiter oben «nige Apparate Toigeföhrt, weldie die PtOfuig des Seiden«
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504
Toara oompt^.
fadcns in dieser Ifiiisicht mit f^sser Ocnanigkcit ansfüliren. Dieselben
lassen sich jedoch in der Praxis aus naheliegenden Gründen nicht immer
verwenden, da man, um einigermafsen zuverlässige DurchscbuiUszahlen za
erlufclteii, eine nnsäblige Menge Vermidie anttellen mfinte. Man bat daher
stete eine EoBetraktion eokher Apparate angeetrebtt welehe die TÜriening
schnell nnd sell^tthätig besorgen. In der Maschine von Hon egger (1867),
wurde jedes Fadenende gewisse rmafsen durch einen Susscrst fe'nfiihliu'pn
Finger betastet; sobald ein Unterschied des Durchmessei-s auf den Fühler
wirkte, übertrug ein Fadenführer, womit der letztere in Verbindung stand,
den Faden auf die Spule de» koneepoudieienden TiteKS. Dieser Apparat
fand trols s«ner ttnarncihen Eonstraktioii keine Vertoreitiing, offenbar, weil
er zu unproduktiv war (es entstand dabei zu viel Abgang, besonders beim
Wiederabspulen der mit der untersuchten Seide j^erüllten Roliinrn), sowie
auch, weil die Kosten einer derartigen Einrichtung sehr hoch waren.
Bei den weniger regelmässigen Gespinsten wird die eigentliche Titrierang
gar nicht Toigenommai, sondern die Strihtge werden in bealinunt«r Tonren-
zahl anf Haspel von bekanntem Umfang anfgewunden (gewöhnlich mit 2000
Touren = 1000 m), wodurch jeder Strang eine bestimmte LUnge erhält,
nnd dann einzeln gewogen, um sie sortieren, d. i. genau nach ihrem Ge-
wicht gruppieren zu können. Die so zubereiteten Gespinste werden als
„fc ioms compt^* beseiehnet und kommen ohne Bezeichnuag der Titeraahi
in dein Handel. Das Wiegen wird gewöhnlich mit der Hand hesoigt; mit
der gebräuchlichen Hakenwage kann eine Arbeiterin ca. 7 — 9 Stränge pro
Minute abwiegen. Die übelstänJe bei dieser Arlwit sind die fol(_r<>nden:
die Achse, um welche sich die Wage dreht, verursacht bald ein Auslaufen
der Lagerung infolge der Abnutzung, wodurch die Wage nicht mehr genau
fiinktionieren kann; ferner beachtet die Arbeiterin, geawnngen sich au be*
eilen, nicht immer den iridit^fen Moment des Stallstandes oder des Gleieb»
gewichts des hin und her schwingenden Hakens und hält den Zeiger selbst
an, wodurch falsche Rej^iiltatf erzielt werden. Schliesslich täuscht sie
sich zuweilen, indem sie die gewogenen Stränge nicht zu den richtigen, mit
Numnieru versehenen Abteilungen hängt. Diese Dbektände veranlassten
Gottelmann« die Handarbeit nach analogem Prinzip, wie Honegger (S.502)
dnroh eine automatische Titrierwage zu ersetzen. Das Gestell des Apparaftea
trägt in einer horizontalen Reihe 25 parallel neben einander stehende Wagen.
Jede Wage A ist mit einem Gewicht ß versehen, das am Hebel, dem Titer
gemäss, verstellt werden kann; die zum Abwiegen benutzten Gewichte
vaxüeren Ton zwei zu swet Deniers. Am zweiten Ende eines jeden Wageu-
balkens A ist nradks Anfiiahme des Stmigee eine Sattelechlanfe angelnraclit,
diOf falls sich die Wage auf diese Seite senkt — durch den Zug einer auf
den Arm C geschraubten Leiste D veranlasst — sich um ihre Achse dreht,
um den betreffenden Strang herabgleiten und auf einen unterhalb befindlichen
Messerhebel fallen zu lassen. Der letztere bewegt sich rückwärts und hängt
408 Strang an den krarespondierenden Haken 9, der an der Inaeiiaeite des
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Automatiichs Titricrwag«k
605
Gafiellt angeliruht iäL In Fig. 273 ist j1 die Wage, B ein mitteb Schmabe
an befeatigendes Gewicht, C ein Arm, om die Drehung des Sattels K zn
betlditigan, D die anlgeackraaliie Leiste, auf welche der Arm C einwirkt,
Hg. no—m. AUwMtlMba TtUlwwHte (OottAlnuum).
wenn die Wage, durch das Gewicht des Stranges veranlasst, sieh aenkt,
und zurtickweichcnd C mitnimmt, um K zu drehen; E Schwung- und
Gleitrolle der Leiste i>; F ein hin und her gehender Measerhebel, der den
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Automatiadie Titoierwa^.
Strang anhiimmt, wenn aieb der Sattel K drebt, H od Buenstab «la Stftt»*
ponkt für den Messerhebel, wenn er zurQckgebt, nm den Strang auf dm
Ilaken G fallen zu lassen, J Leiste, welche, am das Wieg'pn zn ermög-
lichen, sich hebt, sobald der Strang auf die Wage gelegt ist, L L«nsten<
aapport des Wagenhebels und K ein Sattel, worauf der Strang gehängt wird.
In den Fig. 270—72 ist L Lager der Welle M, der Gabel N nnd des FQhrera
0; Afliegende Längswelle mit einer Hin- und Tier-, Auf- und Abhewegui^;
jV Gabel im Führer, beit it, eine Flotte auf die Wa^'c zu legen; N' geschlos-
sene Oabel nach dem Aufl<'gen dos Strängchon.s iiuf die Wage; 0 Führer zam
ÖtTauu und Schlieeson der Gabel und P der Frobestrang. Den 25 Wagen
gegenüber befinden aidi ebemoviele gabelförmige Strangträger JV, websbe
in gleich« Distana sweier benacbbarter Wagen mit eber Doppel-Horisontal-
nnd einer aehwingeuden Auf- und Abbewegung versehen sind. Diese Be-
we^ninjren werden den Gabeln durch eine liegende Welle itf" mitgeteilt, welche
in den Laj^ern L von links nach rechts und uni<^ekehrt ^'leitet und, während
der Zwischeuxeit der seitlichen Übertragung, eiue Vor- und EUckwärtsbe-
wegung auslnhrt. Zn bemerken ist noch, das» wSbrend der Tatikalen Auf- nnd
Abbewegang die Qabdn in ihren Lagern anaammengefSgt swiadMa den
Führern 0 gleiten, wodurch ne auf der inneren Seite anaammengezogen,
aufwürfs- da^-egen anseinander gebreitet werden. Auf diese Weise öffnet
jetle (irtiH'l das gehobene Strängchen, nimmt dassell>e leicht anf und
hält es sicher, bis seine Übertragung auf die gegeuüberliegeude Wage er»
folgt iat. Sobald dies geschehen iat, wird die Qahel, immer noeh geOfihet,
niederbewegt, um das n&nliehe Strangehen auf den gegenüber angebrachten
Sattel zu hängen; dann gelangt lir Wage zu dem zusammengeiOgeiMn
Teil des Führers, der dieselbe schliesst und sie auf diese Weise Teranlasst,
sich freisumachcn, bevor sie ihre Arbeit von neuem begiiiut. Die Arbeiterin
hat einfach die Stränge, einen nach dem anderen, beim Eingang des App»>
ratea aufcnlegen; dieselben werdm dann von Spindel an Spindd der ange»
reihten Wagen selbstthätig ühMtragen* bis sie zn derjenigen komm^
deren Gewicht ihrem eigenen Titer entspricht. Mit dieser Wa;^e (balancc
trieuse automatiqne ponr Ics soies ä toura couiptes) können 18 Stränge pro
Minute gewogen werden; sie eignet sich mit wenig Abänderungen ebenfalls
cur PHifnng von Bdbüien, Cndonnets eie.
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Bibliographisolier Anhang.
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eet «te. Ljon 1888.
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Oalbiati, Happeln anter dem Wawer. Moniteur des fils, 10.
8errttllp AutomatifleliM Haspeln. The teztil Reoorder, 1886.
— , — , Indastriee, 1887. 8, 288.
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Bnahton, SaidenbatpeL Das d. WoUaq^vwarbe SS, 1496.
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Oftuel, Haspel. Berne gin. de n4ea». appl. 1, 85 (1891).
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Vgl. auch Hepertorium der tecbn. JoomaUitteratur, 1829 — öS von Scbabartb,
Mit 1854 TOD Kerl.
Pfttente.
1.) TorMhudlimg der KokonB.
Wngltethi» Ptttanto.
Corneillan, Vorbehandlung der KokoD» 852, 1868.
Jessen, Vorbehandlung dnrcblöoberfeer EokoDS S897, 1864.
Dörren der Kokons 3086, 1878.
Vorbehandlung der Kokons 5214, 1880. 10176, 1886. 16 416, 1886.
Behudlnag wflder Kokons 7785, 1886. 8887, 1886.
MechanLsches Kokonpufzen (5121, 1887.
Vorbehandlung dar Kokons 8296. 1890. 8297, 1890. 8578, 1890.
Bohlagen der Kokons Durand 1839, Lapeyrottse 1848, Me7liftrd 1866,
Fdraud 1862, See 1875, Coren 1868.
Kochen der Kokons Qneyras 1828, Jone 1829, Limet 1869, Payen 1870.
PotaMi der Koltoiis Fahre 1841, Bonnet 1869, Dnrsnd 187S, Chftbert 18S8.
Dörrofen fHr Kokon» Chateaunenf 1828, Ikbarld 1845, Ifichel 18S8.
Trocknen der Kokons Chiazzati 1872.
Dürren der Kokons Darrien 1886, Durand 1885, CavaUier 1837, Benoii
1841, Barthelats 1856, Oir«Qd 1840, VentonüUe 1885, Betti 1867,
Marchi 1869.
Dörren and Trocknen OUvier 1855, Teissonidre 1875, Vareilles 1868.
Erstieksii aiit SehwelUltoUenstoff Utielli 1869.
Ersticken mit Gasen Banlin 107 847, 1875.
Vorbehandlung der Kokons L acrotx 1854, Meynard 1854, Teranbe 1854,
Färaud 1858, 61, Delarbre 1855, Corneille 1861, Fraissinet 1875,
Sftqaet 1861.
VorbehandlüTifT de^ KoVnn^bfalls Leonhardt 1845.
Dörren der Kokons Uautbier 117 851, 1877.
•
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KUiogniflU« sam IT. AMaitt
60»
DBrroffln für Kokons Ftorrin 118S65, 1877.
Ersticken mit Schwefelwaaaeratoff Bussi 12.' 341, 1878.
Kochen der Kokons Boupntnpr 138 s3h. 1880.
Vorbehandlung der Kokons Travorso 145 842, 1881.
Kochen der Kokons Chabort 167851, 1885.
Kochen der Kokons mit Dampf Gourdon 204509, 1890.
Kokonscblager Bhöotor 209 690, 1890.
Vorbehandlung der Kokons Oftmpredon 191226, 1890. Carri&re 199158,
1890.
Mechanischer Kokonschiftger nnd Kocher Fayol 201980, 1890; 189718, 1890;
Ohabane 178618, 1887 und ZuäaUpatente.
Kokonputav Serrell 198 788, 1890. Sanrin 186294, 1890.
KokonschUger Dadu 181031, 1890. Franeeson 181046, 1890.
Kokonpntzer Gorde 210 577, 1891.
Kokonscbl&ger No($l 211883, 1891.
Kokonpotasr Sarroll 216618, 1892.
Kokonschläger Canfari 218 446, 1892.
Vorbehandlung der Kokons Campredon 218529, 1892.
KokonschlSger Ohiaaa 220867, 1892. Girotti 229586. 1898.
DampfllSrre fOr Kokons Boniol 280009, 1898.
Italienisclie Patente.
Vorbehandlung der Kokons Randall 280, 1886. Traverso 1275, 1886.
Vorbehandlung der Tussah RanduU 13. 1887. Donner 296, 1887.
KokuQscbläger Barbina 782, 1887. Kiboldi 1550, 1887.
Antom. Kokooschiager Mäjean 822, 1888. Prinetti 1461, 1891. Foatana
1257, 1891. Po7.zi 1019, 1891. ParraTicini 838, 1891.
Kokonschlttger Canfari 30948, 1892.
Kokonsdillgot mit kontinniorUdior Bewegung Lattnada 80768, 1892.
KokonsoUlgw Girotti 81418, 1892. Brnao 82487, 1892.
Amerikanische Patente.
Behandhing der Tu^^ahkokons Randall 854222, 1886.
KokojudüOger Serrell 427243, 1890.
b) Oewlmning der RobBaidA.
BngHaoh» Patente.
Haspeln der Rohseide Wilder 519, 1730.
Vorbehandlnncr mm Haspeln 5867, 1829.
Haspeln der Robseide 6976, 1836.
Vorbehandlnngr mm Espeln 9169, 1841.
Haspeln der R l. - 1 'e 5'27C., 1 825. 7228, 1836. 7663, 1888. 12419, 1849.
Abhaspeln durchlöcherter Kokons Richard 2681, 1862.
Abhaspeln Keller 654, 1863. Aubenas 1202, 1865. Meille 2640, 1866.
Gewimiiing der Bohseide 1856, 1877. 8682, 1878.
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610
Bibliognphie mm IV. Aliadmitt.
Haspeln der Rohseide 6185, 1884. 9080, 1884. 5190, 1884.
Antom. Hiit-peln Serrell 14 956, 1886.
Haspeln Game! ^368, 18>!6.
Antom. Haapda Serrell 14867, 1886. 18668, 1886. 9278, 1887.
AblMMpeia der Kokmu 20071, 1898.
FransöBisolie Patente.
•
ÄbhaBpeln Martin 1865.
Abhaspeln und Putzen Yernay 1849, Bonnet 1S69.
Abbaqielii OeaeTitTe 1869, LaTeralie 1850.
Abhaspeln, lauwarm, Francezon 1875.
Abhaspeln beschmutzter Kokons F^raud 1867.
Abhaspeln Dufonr 1864, Barrüs 1850, Rottner 1H50, Deni^ot 1825, Lappi
1858, Kopp 1816, Leoombe 1820, Olivier 1855, ChamboB 1824, QU
rand 1827, Challiot t851, Lafont 1845, Boehe 1858.
Haspelvorricbtung CöU 1835, Crosel 1829.
HeuTOiriebtuBg Sansef 1868^. Ohiarini 1870.
Verbaten von Abfall Ferbost 187S.
Dampfspeisevorrichtnnp Rnssior 1S70.
Vorbereitung der ßübseide Oobelli 1843.
Bauarten des Haapeb Aebard 1856, 1841, Alcan 1855, AmeUe 1874, Ba-
lay 1837, Belly 1813. Bonnard 1823, Chartron 1975, Conte 1865,
Föraud 1866, Fraissinet 1875, Gensoul 1823, Qirand 1827, Hallom
1824, Jouvean 1858, Läget 1859, LeoBton 1858, MonliBe 1874, Pel-
let 1821, Rodler 1825, Ta barin 1796, Tapiaeier 1865, VagBone 1866,
Vernny 1828, Wanklyn 186.^.
Verfahren beim liaspelo Aebard 1847, Aubenas 1860, Bonnet 1806, Buis-
•on 1854, Carri4re 1861, Cbadwiek 1858, Cbasel 1861, OorneSlIe
1872, 75, Dalan 1875, 76, Dämon 1851, Dcssaigre 1858, Durand
1886, Duseignear 1854, Forgemol 1861, Feuillat 1854, Gauthier
1858, 57, GoBKalez 1873, Genionl 1828, Oermain 1872, Heatbeoak
1825, Hipert I»26, Kaufmann 1857, Keller 1863, Lacombe 1820,
Locatelli 1812, Muillard 1851, Mathien 18()S, Monestier 1862, Mier-
gnes 1841, Mourend 18 70, Murtin 1851, Pagos 1868, Palayer 1862,
Panisset 1860, 68, Fbiliader 1862, Ponly 1860, Bodier 1820, 24, 46,
Teziar 1880, Tbomas 1874, Ventonillae 1882, Vernide 1861, Verita
1845.
Ha^lB Testeria 1824, Leronz 1859.
Haepela and Filieren Tardieu 1864.
Haspeln und Zwirnen Corrompt 1834.
Haspeln unter Ventiiierung Bourier 1851.
Haspeln BoBaetea 1859, Beanet 1861, Beesj 1876,
Haspclbocken Albrot 1829, Büros 1842.
Regulator beim Haspeln Bourcier 1888.
Verbaten tob Feblern Lanret 1876.
Haspelbecken Manpano 1860, Meynard 1845, Queyras 1828.
Haspelvorricbtung Souchon 1^64, Lauret 1825, White 1889.
HeizvorrichtuDg Pontanari 1875.
XaeUiermisehe HdirorriobtaBg Rigaon 1856.
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Bibliognqphie mm IT. AbMltnitt.
5tl
Haspttlvoniehtiuig Abr^rd 1828, BUnehon .1824, Cabner 1864, Carle
1860, Erb» 1871, Meatel 1851, Meynard 1840, Miohel 1888, Bey
f K 4 ') .
Veriiätuüg vou iiaum Bürdet 1864, nuitison 1864.
BeisTorriditQng Oensoiü 18S8, Dralhon 1821, Largniar 1826.
AntriebsTOrrichtung Kodier 1820.
Dampfantrieb Kremer 1837.
Antriaberorriehtmig Fran^on 1866.
HeizTorrichtong und Becken Abrard 1828.
Haspeln Faessler 18R5, Frigard I8r,5, Maillard 1855.
Boguliervorhchtang Cleve 1846, OuUy 1868.
Haspeln ohne Heatforriebtang Bniaaard 1847.
Ventiliervorricbtung Brun 1802.
Haspel vorricbtang Richard 1875.
Fadenfahrer und Patzer Dalan 113342, 1876.
Putzer beim Haspeln Lauret 1188&8, 1876.
Verbesserung der Rolisei.len Nogarat 115712, 1876.
Haepeln Lagarde 119001, 1877.
B»pelii dureUOeherlier Kokons Honteneamp 128888, 1878.
Haspeln Cbanteperdrix 124917, 18TB.
Knotenreisaer Maillard 128264, 1879. 131740, 1879. Jaqaet 129648,
1879.
Haspeta unter Wasser Oalbiati 180086, 1879.
Haspelverfohren Meille 185288, 1880, Leeestre 187810, 1880, Laeoube
137811, 1880.
Kreuzungsersstzspindel Gauthier 188491, 1880.
Haspeln Tast > im 138 620, 1880, Aubenas 139 887, 1880.
Verhütung der Verklebnng Galbiati 141401, 18R1.
Haspelverfabren KioU6 142199, 1881, Weber 145283, 1881.
Haspeln mit Lenohtgee Honline 147205, 1882.
Autom. Haspeln Serrell 147 624, 1882.
Ventiliervorrichtnng Serrell ir)2 954, 1883.
Behandlung des Abfalls Durand 153 735, 1883.
Haspeln der Doppelkokone Aebard 158904, 1888.
Haspelverfahren Testen oire 155824, 1888, Laeombe 156226, 1888, Ueille
157002, 1883.
Chemisches Haspelverfikbren Honnier 169468, 1885.
Becken mit Wasseremeuerung Bonchet 170057, 1885.
Rotierende Beclcen Boudon 194 709, 1890.
Haspelverfahren Corti 195043, 1890.
Antom. Fadenanbefter Darbonase 180654, 1890, Fratseinat 181951, 1890,
Fadenanhefter Francezon 180211. 1890.
Haspelverfahren für Dappions Meille l-sl^^SO, 1890,
Haspelapparat Chantiers Bnire 1845G5, 1890.
Fadenanbefter Chantiers Bnire 184877, 1890, Bonrguet 187227, 1890.
Langencxtraktion Hertinetto 212817, \y~9\.
Haspeln und Trocknen Danod 1886, Camel 1874, Chapotton 1870, Ledure
1887, Dalsn 1875, Barbier 1828, Crvmiöre 1848, Dayid 1829, Dn-
bost 1848, Duchamp 1843. Durand 1844, Merie 1863, Monsset 1831,
Perlet 1842, SalUer 1854, Tapissier 1865, Vaqnei 1868, Tanre 1855.
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612
BlbliognipUt mm IV. Abtobaitt
HMpelTerfiidu«!! aalbiftti 217765, 1891, Darand 215S05,
Haspeln Lacombe 224467, 1892, Dimock 224586, 1882.
Kombiniertes Haspeln Sanvito 221 512, 1898.
Seidenhaspel Traverso 218816, 1891.
gfWMtungiyonrfichtnag B«rgier 208985, 1891.
Kombiniertes Haspeln Fongeirol 221 156, 1892.
Aatom. üasp«l]i Serrell 227321, 1893.
Autoni-. Fadoiknflpfer CfaiM» 227 790, 189$.
ItaHenlMshs Msanto.
Haspelverfabren Galbiati No. 135 916, 1885.
Direktes Haspeln mit Kokondrebung Cbamonard 959, 1885.
Heiiivorriclitung Traverso 201, 1886.
Hai.pelverfahren Dulnnl 255, 1886.
Haspeln nacb einzelnen Fäden Galbiati 257, 1886.
Bebandloog der Kokon«, Grtge nad AbbU Band all 280, 1888.
Haspoln anter Wasser Galbiati 494, 188(1.
Haspeln ^in/einer Fäden r; , !i,i!iti 6C0, 705, 1 H86.
Behandlung der Rohseide Kaudaii 12Ö0, ihU6.
Kombiniertes HaBpela^Dablienti Biaaebi 1870, 1888.
Ilaspclvorrichtiing Avalle 1613, 1886.
Haspeln der Doppelkokoos Barbino 1681, 1886.
Behandlnng der fiobMide Lastaroni 82, 1887.
Haspeln einzelner Faden Galbiati 108, 194, 217, 527, 960, 1887.
Haspel verfahren Sipmann 385, 1 887.
Haspeln unter Wasser Galbiati 442, 984, 1887.
Haspeln mit Dampf CortI 452, 1887.
Fadenreisser Crosti-Borsn 642, 1887.
Haspeln der Doppolkokons Galbiati 725, 1147, 1869, 1887.
Haspelverfahren Meille 945, 1887.
Fadenanhefter Darbonsse 1051, 1887.
Haspelverfahren Antonolli 1161, 1887.
Fadenanhefter Carrara 1204, 1887.
Pnenmatkelier Fadenanhefter DeoanTÜle 1548, 1887.
Fadenanhefter Battaglia 1583, 1887.
Haspeln einzelner Faden Ctalbiuti 58. 1888.
Fadenanhefter Antoneiii 190, 624. 1888.
BanchverMbrer Traversi 468, 1888.
Ilu.speln nnter Wasser Galbiati 588, 1888. ,
Haspolhecken Comola 591, 1888.
Fadenanhefter Ciampolini 723, 1888, Amphonz 784, 1888.
Haspelverfahren Meille 892, 1888, Laporte 956, 1888, Galbiati 1087,
1888, Traverso 1212, 1888.
Kreiuangsvorrichtung Tosetti 1351, 1888.
FttdenMiaser Croati 1898, 1888.
Haspeln rait Dampf Cor ti 456, 1498, 1889.
Haspelverfahren Galbiati 620, 979, 962, 1889, Oldrini 708, 1889, Du-
bini 1781, 1889.
Fadenanhefter Corti 2148, 1889.
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BiUiofnphie warn IT. Atiuhiiilt
613
Kreueungsvorrichtung Bergier 1252, 1891,
Ha^pelverfahren Galbiati 1017, 1891.
Arrdtidrong für SeidenhMpel Prinetti 839, 840, 1891.
Vm^OMuk idft Dofpalbodai Oomb» 81946, IMSr
BwpdTCKfiüm oft nuhtKiglislrar ^tmiMmaähag Piotti 81008» 88288,
1892.
Haäpeikonäuuktiun Piotti 81009, 88288, 1892.
Fidflokirilpftr Ohi«M 82497, 1892.
AmerikanlMih« Pfttoate.
Haspelverfahren Serrell 317 222, 1885, 320 709, 1885.
Behandlung der BohMide Haggenberg 889778, 1888» BMidsll 8&4828»
Haspel Atwood 838 627, 1886.
Haspelverfabren Singleton B40681, 1886, Chaptaas 850845, 1886, Meyer
886718, 1888, Cbapman 384890, 1888, Seitell 406598, 1889, Co-
nMt 404171, 1888» Athertoa 468884» 1892.
No.
Jahr
No.
Jahr 1
No.
Jkhr
No.
4762
1828
3834
1814
2788
1857
940
1868
6200
1825
4998
1824
8054
1857
2664
1868
6288
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5230
1825
152
1859
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1 ^^30
697(3
lK3(j
470
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8683
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i»aö
7978
1889
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•81
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213
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1968
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2006
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1855
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2424
18ß4
5093
1 82.-5
1399
1857
1688
1865
BtlbermaDn, X>i« 8«lde
88
6U
BihUogr»phi« tarn IT. AfaMhnitt.
VmuSilMdie Patente.
Dublieren Beaax 1857, Bodon 1861, Durand 1841, Chambon 1876, 1836.
DaUieren nucl ZwiTtien F^nre 1855.
DoWeren and Zwirnen der Nähseide Laeoinbe 1875» 1878.
Dublieren und Spnlen Rodicr 1826.
Spulen Blanc 1863, Decfaamp lb68, Leyral 1867, Daiuiron 1881,
Broeb« 1889.
Zwirnen Hranlheac 1863, Truchant 18fi7.
Spulen Tranchat 1835, Tournier 1859.
SchutzTorrichtung beim Spnlen Durand 1876.
Beguliertorricbtung beim Spnlen Oassano 1869, Carriire 1888*
Dublieren untl Zwirnen Chadwick 1858.
Beiplierrorrichtung Oultj 1868, Tardy 1847.
Zwinufwndel Perinetti 1842.
Dublier- nnd Zwimmaschine Gorsat 1859, Barb«rit 1849.
Spnlen Gabert 1857, Loubet 1859.
Spulen und Haspeln Simon 1878.
ZwiniBuwduBe Bicbard 1855.
Klier- nnd Spolvorrichtnng Bancel 1837, Durand 1865, Coquet 1864, Fran-
9on 1864, 65, Bronac 1866, Estras 1864, Faare 1872, Monrean 1872.
Begnlierrorricbtang Blaebire 1868.
Zwimvorrichtnng Amaretti 1807, Atwood 1864, Bessj 1847, Gelle 1860,
Chillat 1859, Gombier 1842, Monnet 1854, Montegu 1841. Pivlayer
1861, Payre 1848, Sarry 185ii. Tasterin 1865, Obalopiu 1845, CleTo
1847, Gorout 1882, Dnseignear 1867, Qioja 1874, Oa4rin 1846,
Rousselle IBGl.
Zwirnen und Putzen Fejron 1825.
Zwirnen und Dublieren Grores 1855, Vaquez 1868.
Zwirnen der Nähseide Lacombe 1875.
BeguHrrvnrri'h'nTi^T Cliambon 1824.
Zwirnen und 6pulen Sparling 1863, Delarbre 1848.
B^rnlkirTorriiditnDg Dumas 1869.
Verhütung von Abfall Gensoul 1838, Lacomba 1880.
BegulierTorrichtting Murtin 1845, Rien 1829,
Zwimspindel Eynard 1868, Monnet 1860.
Zwimgwtt Billana 1856.
Zwirnen und Spulen Barberig 1849.
Spulen Avy 1837, Badnall 1825, Belly 1832, Gournier 1825, Dufret
1837, öuilliny lH2y, Martin 1842, Mermey 1843, Nourry 1888,
Payre 1853, Poidebard 1850, Bodier 1833, Roteb 1827, Sombairan
1837, Tardy 1842, Vigez/.i 1839, Vergniais 1841.
Spulen und Dublieren Christian 1882.
SpulverfUiren Laeoinbe 195166, 1890, Hontavsan 190866, 1890, La-
porte 190 743, 1890, Mouline 190785, 1890, Chapman 191485, 1890,
Berrell 191984, 1890, Campredon 198225, 1890.
Spulverfabren Lacombe 211947, 1891.
BegolierrorriditiiBg häm Spolni Qniehard 1846.
ZlblTmniiditwig beim Qpnim Daillon 1870.
Digitized by Goc^^Ic
BibÜQgraidu« «im IV. Abaehnitt.
615
Bpcüstenge Chambon 1867.
SpaleQ, DuWieren nni Zwirnen Durand l''2i, Hill 1864.
Zwirnspiodelbecber Ghambon 102 746, 1876.
Zwinispmd«! Branit 119617, 114988, 1876.
8chneIlzwirDmUhle Mouline 1876.
Zwirnen Trafford 113595, 1m7ö.
Scbnellswiroiuahle Mouline 114476, lö76.
Zwimspindal Beasy U5817, 1876.
Malinierspale Durand 115332, 1><7H.
Mnlinierstubl Obanteperdrix 124 917, 1878.
MalintenrorriisbtiiBg Mouline 125242, 1678.
Dublieren und Zwirnen Sippmann 183806, 1679.
Spnl Vorrichtung Philip 136 656, ISao.
Mulinieren Pascal 137 395, l$bO, Ta^terin 188620, lÖbO, Lavenaz 139347,
1880.
Dublieren und Putzen Leronx 141005, 1881.
MoUoieren Daumet 148975, 1882.
Spalen Serepel 148976. 1882.
Dublieren Jouanard 194865, 1890.
Mnünierstuhl Mouline 20r) 1^9, 1S90.
Dnirersalspule Domartin 195717, 1890.
SpslvorriehtiiBg Oraf 197 862, 1890.
Mulinii r t :.hl Moulinp 200001, 1890.
SpolTorhchtung Qubelmana 200025, 1890.
Dabllem Stoclhammer 212480, 1891.
"Windevorrichtung Joanny 195717, 1890.
Dublieraiiiarat Deydeier 221382, 1893,
ArretiruDg ftlr Dublierspule Stock hamiuer 229280, 1893.
8eluaUlaDf«Bder Padenpntwr Foageirol 222280, 1893.
WiadeTorriobtung Omiiiiftre 231026, 1893.
8<diw«lMaeiaolko Pateato.
Baad« 8«denwiiid«maflehi]ie Oraf 87, 544, 1889.
Windemascliine Oubelmunn "7, I0R5, 1889.
Mulinierspindel Teiasier du Cros 4784, 1892.
Zoberaitiuig der Eobfieide Zumbrunn 8920, 1894.
XtaUeidMliM Taten*.
Windevorricbtuag Sanvito 267, 1526, 1889.
AmerikaniBoha Patente.
Zwirnen Tynan 326 531, 1885.
Malinieren Simon 348 063, 1886, 358489, 1887.
Binden der Gespinste Ryle 373486, 1887.
Filieren Tynan 3i;4 783, 3G4 784, 1887.
Zwirnen Singieton 859184, 1887.
88*
616
BiUiafiiphM nm IT. AbNhaitt.
Spulen Mftrtsloff 377 206, 1m88.
Filieren Tynan 898 359, 1889.
Spulen Gonaut 404171, 1889, Hoohspeier 417424, 1889, Klots 427696,
1890.
d) Futsett, Zuriolitott, Pröfea and Kondlttonlereu der Selden^piast«.
Xngliselie Patoate.
Patzen der SeideOgMpiiigto ftS76,
1825; 13 274, mO; tibi, 1S68.
Numerieren der
•»
349, 1859.
Zmifllitflo d«r
n
152, 1859; 288, 1860; 1889, 1860.
Sortieren der
2235, 1860; 1821, 1860; 1945, 1858.
Moderator für
»
906, 1858.
Numerieren der
n
2887, 1862.
Znriditeii der
H
980, 1868.
Sortieren der
n
1039, 1863.
Spalen, Messen der
tt
1801, 1863.
Sortieren der
t»
8260, 1866.
M«8Mii der
n
610, 1869.
SortiMWB der Seidmgwiift ll«rtiii 1859.
Putzen der Seidengame Vernay 1849, Damiron 1881.
Pntzvorrichtung Badet 1851, Börard 1842, Lacroix 1861, Badey 184?,
BoniUnr 1873, Cazet 1844, Duseignenr 1864, Färand 1842, Gautliier
1860, M<ijean 1864, Meyiiftrd 1845, NoQrrj 1849, Piaioil 1869, Bn-
bin 1865, See 1 874, Astesani 1874.
Zfthlvorricbtung Mousset 1860.
lf«MtabflIl« Fion 1858.
Pntzen und Zwirnen PoideY)ard 1825. Oirand 1838.
Verhüten von Betrug Arnaud 1842, Grillet 1830, Arnaud 1882, Q»iidin
1844, Guyocbon 1829, Bey IböO, Teintrn«r 1829.
Präparier«! Rasa-Manpas .1800, Cvbelli 1848.
Pr&parierapparat Qantillon 1865.
Leimen Lecocq 1855, Michel 1843. Seile 1844.
Potarofrieblviig Ohampagnse 1858.
Oarnzubereitang Dimock 1859.
Knotenfreies Knüpfen Galbiati 121381, 1877.
SorÜorvorricbtuiig Boacbet 126071, 1878.
PutzTorrichtung Player 127880, 1878.
Kontrollvorricbtung Cbancel 129 898, 129949, 1879.
Konditionieren Moyret 181108, 1879.
Pativorriditiiiig Dnboit 140057. 1880.
Dablier- und PntzTorriohtung Leroux 141006, 1881.
PrUfun^appai-at Serrell 1410h;^, 1881.
Dublier- und PutzTOrrichtnng Armandy 141543, 1881.
BibBoenpU« nun IV. AlMehaitt.
617
PatzTOrriehtukg Band 145471, 1881, MontaniAii 206405, 1690, Bo&«m
200196, 1890.
Schnellpotzer Fouigerol 222220, 1892.
TitnerrorhcbtoDg Cornet 223371, 1892.
Seriaetor Btlin 224067, 1892.
B«dnrali«lMdi« Sataat«.
PntivWTichtang fttr Nllueide Wegmann 41, 213, 1889.
PutzTorrichinng Neiim»aii-8o1i«Ue]iberg 5688, 5651, 14980, 4980, 8488,
100, 1892.
Patzappaiat Wütig 5439, 1892.
Patmrriditniig Dimook 5966, 1898.
Putzapparat Veillon Gl 33, 1893.
PutswiJzen Neamann»ScheUenb«rg 7412, 1894.
AmMikaiilMliM Ptttmft.
MaaiTORUibtiing Serrell 817 228, 1885.
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NÖTIGES DOr.> NOT EXEMPT THE
BORROWER FROM OVERDUE FEES.
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