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Full text of "Koloniales Jahrbuch"

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Koloniales  Jahrbuch 


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??arbartj  College  Hibraru 

VMOM  TUE  »Eqj;EST 

CHARLES  SUMNER,  LL.D., 
OF  BOSTON. 

(Glau  of  1830). 

•'  For  books  relating  to  PoliticR  and 
Fine  Arts." 


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Koloniales  Jahrbueh. 

Herausgegeben 

▼OD 

Gustav  Meinecke. 

Dritter  Jahxgang. 
Hit  einer  politischen  Uebersiehtskarte  ron  Afrika. 


X  Berlin. 

Carl  Heymanns  Verlag. 
1891. 


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VerUct-ArchiT  1C82. 


Iiihciltsverzeichiiiss 

Seite 

Die  Vertbeilung  Afrikas  1—25 

Die  SprachverhältDisse  in  den  deutsctoeu  Öcbuizgebieten«  Von  A.  Seidci  26—45 

Afrikanische  Jagd.    Von  Paul  Reichard  46 — 65 

Die  MissioDsthätigkeit  in  den  deutschen  Schutzgebieten.  Rundschau  för 

1889-1890  von  E.  Wallroth  66—83 

Die  Kolonialpolitik  im  Reichstage    .    .  ;__   84 — 105 

Kolonialabtheilung  und  Koloaialratb      .    .       .  106—109 

Die  deutschen  Kolonien   .    .       .  .    .    .  110—266 

KAfflfinui    •    -    -    ^  ^  ^   ■  110-;39 

Togogebiet  .    .    .        .    .  .    .        .        .    .        .        .  140—155 

nPiitsrh-Sri.lRfstftfrika  .  ,  .  .  ,  .  .  .  ,  .  155—169 

Deutsch-Ostafrika  (mit  Karte)   170  —  251 

Das  Schutzgebiet  der  Neu-ffuinea-Kompagnie   .    .   252—268 

Das  ScbutzgeMet  der  Marschall-Inseln   :'fi4  — 206 

Samoa    266 

Denkschrift  über  die  Beweggründe  zu  dem  deutsch-englischen  Abkommen  267—282 

Verwaltung,  Zollpolitisches  und  Statistisches   283—292 

Mtmliir   .   .    ■    .    ■  .    .    .  .  ^  .   -iaR-'i^R 

RegiMcr   2i)8-3flO 


Kolorirte  Karte  im  Maassstabe  von  1 :25000000:  Die  politische  Theilung  Afrikas. 


Die  VertheUiuig  Afrika  s. 


4 

Als  wir  vor  zwei  .lalireii  in  dem  Artikel  „Stnuniingeii  in  Afrika'* 
die  verschiedenen  KouHiktstolie  liervorhobeii,  welche  der  svramftle 
der  kolonisireudeu  Natiüiien  in  Afrika  alhiiiihlich  liut  ansammeln 
lassen,  zeigte  sieh  schon  hier  und  dort,  wenn  au<  h  überall  noch 
nicht  deutlich,  dass  die  Bestrebungen  der  Engländer,  Buren  und 
Portugiesen  die  grösste  Aufmerksamkeit  verdienten.  Besonders  war 
(las  Vordringen  der  Engländer  charakteristisch.  Das  energiscliste 
Kölonialv(dk  der  Neuzeit,  welciies  mit  bewundernswertlier  < iröss«»  Pläne 
entwirft  und  ausführt,  zu  denen  der  bedächtige  und  kulunial-uuer- 
tahrene  Deutsche  zweifrlnd  den  Kopf  schüttelt,  hatte  eingesehen,  dass 
der  kritische  Moment  zun»  Handeln,  welcher  nicht  verpasst  werden 
dürfe,  wieder  einnuil  herangekommen  ^el  und  demgemäss  überall  seiue 
Vorkehrungen  getrollen. 

England  hat  mit  grosser  Kenntniss  dt!r  Vfrliallnisse  das  exten- 
sive Kolonialsystem  als  Theorie  aufgestellt  und  mit  zäher  Folge- 
richtigkeil durchgefiiiirt.  Dieses  System  beruht  auf  der  Erwägung, 
dass  es  sich  hinsichtlich  Afrikas  um  einen  zu  k"lnni>ireuden  Krdtheil 
von  riesiger  Ausdehnung,  uiit  scliädlirhem  Klima.  >pärlicher  Bevölke- 
rumc  handelt,  das--  also  Hinc  gewinniiringendi'  Kulturarbeit  wesentlich 
darin  bestellen  müsse,  die  weit  im  Lande  zerstreut  vorkommen- 
den Xaturerzeugnis.-e  zu  >anunelu  oiler  gegen  eurojniische  Waaren 
Von  den  Eingeborenen  aiis/utuuschen.  Dieses  System  verlangt  eine 
mö<4lichst  weite  Au?driiiiiuig  des  llandelsgebieles  und  eine  Be- 
herrschung möglichst  alier  Handel>strassen,  welche  di«;  Sciiätz-'  des 
gewaltigen  Erdtheils  aufzu>clilie>>en  geeignet  sind,  insbesondere 
der  Weitverzweigten  Wasserstra>seu.  Es  ist  ein  Systeni,  welches 
gewaltige  Mittel,  einen  grossen  (ie-dj-iftsgeisl  erheischt,  dann  aber 
aileh  reiiiieu  <icwiuu  abwirft.  Englauds  allgemeine  p<diti>ej|f»  Eage 
war  seinen  Plänen  iu  Afrika  güuätig.    England  war  in  anderen  Welt- 

Koloaiales  Jabibach  1890.  i 


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2  I^ie  VertbeiluDg  Afrika's. 

theilen  nirgends  in  bedeuiclicber  Weise  engagirt,  an  Kapitalien  hatte 
68  mehr  als  je  Ucberfluss,  und  die  sich  immer  mehr  entwickelnde 
Industrie  verlangte  nach  nenen  Absatzgebieten,  die  Afrika,  wenn 
nicht  in  der  Gegenwart,  so  doch  in  naher  Zukunft,  liefern  sollte.  Die 
aggressiven  Tendenzen  auth'rer  in  Afrika  kolonisirender  Mächte  waren 
die  einziiirii  (iefaliri  ii.  welche  zu  fiirehten  waren:  ihnen  niii>>te  zn. 
vorgekunmien  werden.  Wenn  aber  der  Welttheil  in  verschiedene  Inter- 
essensphären zerlegt,  werden  sollle,  so  wollte  England  seine  langgeheg- 
ten, oft  mühsam  zurückgedrängten  Wünsche  befriedigen,  sei  es  mit 
Recht  oder  Unrecht,  und  es  hat  sein  Ziel  erreicht.  Heute  ist  Afrika 
vertheilt.  In  diesem  Jahre  ist  eine  ungeheure  Vertheilung  der  Erde  ' 
vor  sich  gegangen.  Man  niuss  bis  auf  die  Bulle  des  Papstes  Alexan- 
der VI.  vom  4.  Dezember  1493  zurückgehen,  die  den  grossen 
Strich  von  Pol  zu  Pol  zwischen  den  Entdeckungen  der  Spanier  im 
Westen  und  dem  der  Portugiesen  im  Osten,  hundert  Seemeilen  west- 
lich von  den  Inseln  des  grünen  Vorgebirges,  zog.  um  eine  ähuliciie 
Auftiieilung  von  Land  und  Meer  zu  finden.  In  Nachfolgenden 
werden  wir  in  historischer  Reihenfolge  die  Entwickelung  der  Dinge 
behandeln. 

England  und  dfe  Buren. 

Die  erste  AngriftVtolle  der  Engländer  war  das  Land  nördlich 
des  r.impoj)o,  jenes  goldreiehe  Gebiet  der  Matabelc,  von  einem 
kriegerischen  Volksstamm  bewohnt,  gesund,  fruchtbar,  ein  verlocken- 
des Ziel  für  Tausende  unternehmungslustiger  Engländer  und  Buren. 
Anf  dieses  Land  mucliten  Buren  und  Portugiesen  Ansjirüehe;  die 
ersteren  weideten  gelegentlich  ihre  lleenlen  nördlich  des  Linipopo 
und  betrachteten  es  als  ihnen  in  der  Zukuntt  zufallend,  da  es  das 
einzige  war,  welches  sie,  von  allen  Seiten  von  Engländern  um- 
geben, noch  erwerben  konnten,  während  die  Portugiesen  auf  Mata- 
bele  und  das  Masclionaland  historische  Rechte  geltend  machen 
konnten.  Die  Engländer  kamen  aber  den  Buren  bei  Lobengnla,  dem 
Haujitling  der  .Matabeie,  zuvor,  sie  schlössen  mit  ihm  einen  Kontrakt 
ab  und  führten  wenigstens  die  eine  Bestimmung  hinsichtlich  der 
Waffenlieferung  ans,  indem  sie  dem  blutdürstigen  Zuluhauptling  über 
Kapstadt  1000  Gewehre  guter  Konstruktion  njit  Schiessbedarf  über- 
mittelteu!  Um  aber  die  gewonnene  günstige  Stellung  vollkommen 
ausnützen  zu  können,  bedurfte  ,.s  grösserer  Mittel:  es  bildete  sich 
deshalb  in  England  unter  liohem  Pr(»tektorate  die  British  South 
African  Company  und  erhielt  eine  Charten  welche  sie  zur  fast 


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I 


Di«  Vtrthciliuif  Afrika*«.  3 

uuumschränkteii  Gebieterin  des  Landes  machte.  Die  Einsprüche  der 
Portugiesen  wurden  nicht  beachtet,  die  Buren  rührten  sich  uicht, 
da  sie  durch  die  sich  steigernden  Ansprüche  der  Engländer  im  eige- 
nen Lande  in  eine  schwierige  Lage  gebracht  worden  waren. 

Es  haben  sich  nänaüch  in  Südafrika  im  Laufe  der  Zeit  drd 
Parteien  entwickelt;  die  eine  besteht  aus  den  burenfeindlichen  Eng- 
ländern, die  andere  ;iu>i  den  nnversöhnlichen  durchaus  engl&nder- 
feindlicheii  Buren,  welche  am  liebsten  jeden  Aaslinder  von  ihren 
Weidegründen,  jeden  Bergmann  von  den  Bergwerken  fernhält,  und 
in  der  Bildung  onlengbar  etwas  zurückgeblieben  ist.  Die  dritte, 
angenblicklich  die  am  meisten  hervortretende,  setzt  sich  aus  den 
Nachkommen  der  Engländer  und  Buren  zusammen,  welche  Homerule 
in  der  weitesten  Form,  noch  über  das  bei  den  anstralischen  Kolonien 
übliche  System  hinausgehend  erwerben  wollen.  Diese  Afrikander-Partei, 
ursprünglich  ans  extremen  Buren  bestehend,  hat  in  Folge  des  Ein- 
flusses von  aussen  sich  gemSssigteren  Anschauungen  zugewandt,  es 
verstanden,  sich  mit  ihrem  neuen  Programm  populär  zu  machen  und 
ist  auch  eine  Macht  geworden,  mit  der  gerechnet  werden  mnss.  Wäh- 
rend die  historische  Afrikander-Partei  den  Schlachtruf  „Airika  für  die 
Afrikaner*  so  auslegte,  dass  jeder  Ausländer  zurückgewiesen  werde, 
und  man  in  einer  selbstgewählten  Isolirung  verharren  müsse,  fragt 
die  neue  Richtung  nicht  nach  Abstammung  und  Geburt,  sondern 
sucht  das  Heil  für  Südafrika  im  wirthscfaaftlichen  Zusammenscbluss 
der  einzehien  Staaten  und  Kolonien,  in  der  Pflege  eines  gewissen 
nationalen  Geistes  in  der  Ueberzeugung,  dass  die  Zeit  der  Isolirung 
der  Bnrenstaaten  vorbei  sei.  Bis  zu.  einem  gewissen  Grade  mussten 
selbst  die  Unversöhnlichen  die  Richtigkeit  dieser  Ansichten  anerkennen, 
das  Hereinströmen  des  englischen  Elementes  zeigte  ihnen  von  Tag 
zu  Tag  mehr,  dass  ihre  Vorherrschaft  hier  bedroht,  dort  unmöglich 
geworden  war.  Die  Buren  haben  in  gewohnter  Langsamkeit  die 
-  richtige  Zeit  verpasst,  Auschluss  an  einen  starken  Staat  zu  suchen, 
bis  es  zu  spät  geworden  ist  Wenn  die  Schlacht  am  Majubaberge 
die  Morgenrötbe  ihrer  Unabhängigkeit  und  Freiheit  schien,  so  ist 
die  Swasiland-Convention  ihr  6rabgeläute.r 

Das  Swasiland  bildet  eine  Enklave  zwischen  Transvaal  und 
der  von  bisher  unabhängigen  Stämmen  bewohnten  Heeresküste;  es  ist 
goldreich  und  bietet  gute  Weidegründe,  welche  viele  Buren  nach  hier 
gezogen  hatten.  Die  Buren  hatten  sich  von  dem  König  grosse  Gon- 
zessionen  auf  Ländereien,  die  Engländer  auf  Minen  zu  verschaifen 
gewnsst,  beide  waren  natnrgemäss  auf  einander  eifersüchtig,  bis  die 


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Die  Vertheilimg  Afrika*«. 


Engländer  einen  onlsdiietlenen  Voilheil  davontrugen,  der  Kunig 
den  Engländer  lSiife|)st<iiiy  zu  seinein  Benither  niin-lite.  Als  der  Konig 
starb,  brachen  Wirren  aus.  y.n  deren  Schlielitung  Sir  Fran<-is  dti 
Winton  nach  Swasiland  geschickt  wurde.  Er  erreichte  aber  sehr 
wenig  und  kehrte  nach  England  zurück,  da  die  ailgeraeiue  .Meinung 
in  Transvaal  dahin  ging,  dass  au  eine  bedingungslose  Aufgabe  des 
Landes  nicht  gedacht  werden  konnte.  Da  die  Eiiicländer  für  ihre 
Pläne  im  Norden  von  Transvaal  die  Neutralität  der  Buren  gebrauch- 
ten und  das  schwer  erreichl)are  Swasiland  in  der  That  für  sie  niidit 
zu  behaupten  war.  zni;.  ii  sie  niildere  Saiten  auf  und  begannen  mit 
Hülfe  des  Afrikander-Bundes  l  iiterhandlungen  anzuknöpfen,  welche 
eher  Erfolg  versprachen,  wenn  der  Wunsch  der  Buren,  eine  Verbin- 
dung mit  der  Küste  zu  haben,  erfüllt  wurde.  Nach  langwierigen 
UnterhaadluDgen  ist  am  2.  Angnst  1890  dieser  Vertrag  zu  Stande 
gekommen,  welcher  in  seineu  Hauptzügen  bestimmt: 

I>ie  Unabhängigkeit  der  Bevölkerung  von  Swa-süatui  wird  gemäss  dem  Ver- 
trage von  1Ö8-1  auf»  neue  bestätigt.  Diü  Regierung  des  Lande«  regelt  alle  Au- 
gelegeuheitea  der  Eingeborenen. 

Die  raropUschen  Kolonisten  sieben  anter  einer  gemischten  Aufeichtsbehorde. 

Es  soll  in  gleicher  Weise  «n  Oerichtshof  für  die  Europier  gebildet  werden, 
der  nach  niederländischem  und  rümiscbem  Recht  urtheilt. 

Alle  gesetzlich  erlaubten  Rechte  mü^isen  von  einer  gemeinschaftlichen  Kom* 
iniä^ion  von  Verwaltunu''^l>e;iiiiten  und  sämmtlichen  Richtern  anerkannt  wetJen. 

Die  Regierung  der  äüdatnkaniachou  Republik  macht  :>icli  verbindlich,  bei  den 
bevorstehenden  Ktopfen  der  Sädafirikanischen  (hisellsehaft  gegen  die  Eingeborenen 
im  Norden  und  Nordwesten  der  Republik  nicht  Partei  zu  eigreifen,  sondern  durch 
ihren  Einfluss  bei  der  Aufrecbterhaltung  der  Ordnong  und  der  Gewalt  der  Sud- 
afrikanischen  Gesellschaft  innerhalb  deren  Recbts<rebietc  noch  Maas^abe  der  ihr 
von  der  englischen  Regierung  verliehenen  Charter  behültlich  zu  sein. 

Die  britische  Regierung  erkennt  die  Konzession  an,  welcSie  der  Küui>:  von 
Swasiland  der  Südafrikanischen  Republik  für  Anlage  einer  Kiseubahu  durch  Swasi- 
land bis  an  die  See  verliehen  hat.  Auch  willigt  die  en^lisebe  Regierung  in  die 
Absicht  der  Regierung  der  Sudafrikanischen  Republik,  an  der  Kosibai  einen  Streifen 
Landes  von  10  Meilen  xu  erwerben. 

Ks  sind  Pjestimmungen  vorgeselit'u,  (Ia>s  die  Kosil»ai  oder  der  vorhin  er- 
'.^.thnte  Laudstreiten  nicht  in  den  Belitz,  in  die  KuutroUc  oder  iierrschaft  einer 
Iremdeu  Macht  fallen  kann. 

Transvaal  tritt  in  einen  Zollverband  mit  der  Kapkololonie,  dem  Oraiy'e-Frci- 
Staat  und  Betschnanaland  unter  noch  n&her  su  vereinbarenden  Bedingungen. 

Sofern  der  Anschluss  an  den  Zollverband  innerhalb  sechs  Monaten  nicht  ge- 
schehen ist,  so  wird  die  Abmachung  wegen  der  Kosibai  als  hinfüUii:  betrachtet.  Da- 
gegen soll  die  •jeraeinschaftliche  Re^^ioruni  über  Swasilan<l  für  drei  Jalire  in  Kraft 
bleiben  und  iil>er  diese  Zeit  hinaus  fortdauern,  wenn  nicht  eine  der  \eitrag- 
scblie&semlen  I'arteien  sechs  Monate  vor  Ablauf  den  Vertrag  kündigt  Tritt  Trans- 
vaal aber  in  den  Zollverband  ein,  so  ist  die  Fortdauer  des  Vertrags  unbeschränkt. 


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Die  Tertheilang  AfrikVa. 


Dieser  Vertrag  wurde  schon  am  S.  Aogost  vom  Volksraad  in 
Praetoria  genehmigt  Im  Lande  sowohl  wie  im  Volksraad  herrschte 
die  grösste  Anfregnng,  die  heftigsten  Reden  wurden  gehalten  xmd 
alle  Redner  ohne  Ausnahme  änsserten  sich  gegen  den  Vertrag  —  eine 
früher  im  Lande  sehr  gangbare  Redensart:  „England  ist  mächtig, 
aber  Gott  ist  a11mfichtig%  kam  wieder  in  Aufnahme,  und  Manche 
erklärten  im  Parlamente,  dass  sie  lieber  wieder  für  ihre  Freiheit 
kämpfen  als  die  Convention  annehmen  wfirden  —  aber  schliess- 
lich stimmten  zwanzig  dafOr  und  nur  zehn  dagegen;  denn  England 
hatte  in  nicht  missznverstehender  Weise  gedroht  und  von  Deutsch- 
land war  in  Folge  seines  gnten  Verhältnisses  zu  England  keine 
Hälfe  zu  erwarten.  Damit  scheinen  auch  die  hochfliegenden  Träume 
Aber  einen  sfidafrikanischen,  von  England  unabhängigen  Buidesstaat, 
dessen  Kern  einmal  die  südafrikanische  Republik  bilden  sollte,  ver- 
flogen; die  Verengländemng  der  Republiken  wird  ihren  Lauf  nehmen. 
Es  gab  eine  Zeit,  wo  die  sfidafrilcanische  Republik  gnte  Aussichten 
hatte,  wenn  sie  sich  lest  an  Deutschland  in  politischer  Hinsicht  an- 
schliessen  wollte.  Aber  die  Stimmung  in  Transvaal  selbst  war  stets 
getheilt,  diejenigen  Buren,  welche  Anlehnung  an  Deutschland  such- 
ten, waren  in  der  Minorität,  da  die  grössere  Mehrheit  in  Ueber- 
traguDg  der  Monroe-Doktrin  auf  sfidafrikanische  Verhältnisse  bis  vor 
wenigen  Jahren  weder  von  Engländern,  noch  Deutschen,  kaum  etwas 
von  den  stammver^'andteu  Niederländern,  wissen  wollte. 

England  und  Portugal. 

Während  die  Buren  rathlos  der  drohenden  ümklanimeruim  ihres 
Gebietes  durch  die  Engländer  zn.sahen  nnd  nur  vage  Aiisprfii  lie  ;itif 
Weidegründe  nördlich  des  Limpopo  orhobcn,  waren  die  in  ihren  An- 
sprüchen bedrohten  Portugiesen  nicht  nifisj^ii;.  Sobald  bekannt 
wurde,  dass  das  Matabele-  nnd  Maschnnalaiid  in  die  britische  Inter- 
essensphäre gezogen  wenlen  sollte,  sandte  die  j)ortniriesische  IJccri»'- 
rung  von  Queliman»-  mehrere  Expeditionen  aus.  anueblirh,  uni  das 
Innere  zu  erforschen,  thatsäriilich  um  das  an  natürlichen  llült's<)u»>lleii 
so  reiche  Masclinnaland  /n  annektiren.  Von  Zumbo,  am  Sambesi, 
marschirte  Lieutenant  Canlo/o  mit  seiner  Truppe  nach  Süden  bis 
zu  den  Flüssen  Umfuli  und  Sanyati,  liess  die  dortigen  Häuptliime 
Treue  der  [lortuijiesischen  Heyierung  s<'h\vören  und  hi>ste  die  por- 
tugiesisciie  Fhiyö;e.  Auf  dem  Wo^o  trafen  die  Portugiesen  Pninen 
früherer  Forts  und  Gruben  an,  die  au2;cnscheiidich  jiorlu^iesiseheii 
Ursprungs  waren.   Zu  gleicher  Zeit  aber  zog  der  bekannte  poitugie- 


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6 


Di«  Vertheihing  Afrika't. 


(»ische  Afrikareisen  de  Serpa  Pinto  den  Sambesi  hinauf,  in  das 
Schiregebiet,  um  dort  die  portugiesische  Autorität  sicher  zu  stellen. 
Der  englische  Konsul  Johnston  hisste  seinerseits  die  britische  Flagge 
in  dem  genannten  Gebiet  nud  stellte  die  Makololo  anter  britischen 
Schutz. 

Die  portugiesische  Regierung  antwortete  auf  diese  englisehon 
Umtriebe  durch  VeröfTentlichunjj:  eines  Dekretes,  nach  welchem  die 
Territorien  südlich  des  Sambesi,  —  Unazüa  und  die  portugiesischen 
Distrikte  Manica,  Sofala  und  Inhambane,  -  unter  eine  Zeutralver- 
waltoDg  gestellt  werden,  die  mit  Hülfe  militäriselier  Kräfte  die  Ordnung 
wahren  und  die  rechtlichen  Beziehungen  der  Eingeborenen  zu  den 
Weissen  überwachen  s(»llte.  Ein  zweites  Dekret  schaffte  einen  neuen 
Distrikt  von  Zurabo,  das  bisher  nur  eine  Militärstatiou  war,  im  Nor- 
den des  Sambesi.  Mit  diesem  neuen  Distrikt  schnitten  die  Portu- 
giese in  das  Gebiet  der  neuen  englischen  Gesellsrhaft  ein,  und  es 
entbrannte  darum  ein  heftiger  Streit,  da  die  Portugiesen,  abgesehen 
Ton  den  letzten  Flaggenhissungen,  die  Priorität  der  l-jitiltckun:;  und 
Beaiedelung  dieser  Länder  in  Ansprach  nahmen.  So  hatte  Batalba 
Reis  fiberzeugend  nachgewiesen,  dass  nicht  nur  im  fünfzehnten  Jahr- 
hundert Portugiesen  diese  Gebiete  erforscht  haben,  sondern  auch 
noch  Tor  den  epochemachenden  Reisen  Livingstoues.  Dass  diese 
Entdeckungen  dem  grossen  Publikum  unbekannt  blieben,  lag  an 
der  Unmöglichkeit  Portugals,  dieselben  zur  damaligen  Zeit  auszu- 
nutzen. 

Zwischen  den  Englftndem  und  Portugiesen  waren  an  der  Ostküste 
Afrika's  schon  seit  langen  Jahren  Streitigkeiten  an  der  Tagesordnung; 
die  Englfinder  betrachteten  das  kleine  Portugal  etwas  von  oben  herab, 
me  Hessen  durch  ihre  Kriegsschiffe  die  portugiesische  Küste  nach 
Sklavenschiffen  absuchen  und  sieh  manche  Uebergriffe  zu  Schulden  kom- 
men, welche  die  Portagiesen,  wenn  auchz&hneknirschend dulden  mussten. 
Den  Portagiesen  war  schon  seit  Jahren  die  Anwesenheit  der  Eng- 
länder auf  dem  Schire  und  Nyassa  besonders  unangenehm,  weil  bei 
den  fortgesetzten  Reibereien  es  über  kurz  oder  lang  hier  zu  einer 
Entscheldong  kommen  musste.'  Die  Portugiesen  vrarden  für  ihre 
Unterstützmig,  welche  sie  Livüigstone  bei  seinen  Reisen  in  ihrem 
Hinterland  hatten  angedeihen  lassen,  schlecht  belohnt  Auf  Living- 
stoues Rath  hat  sich  die  englische  Missionsgesellscbaft,  welche  am 
Schire  und  Nyassa  sich  festsetzte,  gebildet,  hatte  die  Afriean  Lakes 
Company  dort  Geschäfte  zu  treiben  begonnen  und  war  mit  grossen 
Mitteln  und  viel  Energie  ein  kolonisatorisches  Werk  angefangen  wor- 


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Die  Vertlieiliuig  Afrika*t.  7 

den,  dessen  Portugal  mit  seinen  beschränkten  Mitteln  nicht  fähig 
gewesen  wäre.  Im  Besitze  der  Küste  nnd  der  Mündung  des  Sam- 
besi gefiel  8ich  Portagal  leider  in  allerlei  Chikanen,  welche  dazu 
beitragen  rnnssten,  es  bei  den  Engländern  ftosserst  verhasst  zu 
machen,  so  das<  <f''me  Theorie,  dass  das  Land  zwischen  den  Provinzen 
Hosaamedes  nnd  Mozambiqne  ihm  gehöre,  von  Anfang  an  von  den 
Engländern  nicht  ernstgenommen  wurde. 

Gegen  die  portugiesischen  Dekrete  protestirte  England  sehr  ener- 
gisch, doch  Portugal  antwortete  in  würdiger  Weise.  Es  stützte  sich 
wesentlich  auf  das  liecht  der  Entdeckung,  der  Arbeiten  der  Be- 
kehiunf?  und  des  Handels,  denn  eine  effektive  Besitzergreifung  hatte 
in  der  That  nicht  stattgefuiideu.  Die  Ansprüche  der  Portugiesen 
datirten  ans  dem  siebzehnten  Jahrhundeit,  als  südlich  des  Sambesi 
das  etwas  schattenhafte  Monomotapa-Reich  errichtet  wurde,  von  dem 
allerdings  wenig  mehr  als  Ruinen  übrig  geblieben  sind.  Eine  gewisse 
Verwaltung  war  in  einigen  Distrikten  zwar  eingerichtet  dnroh  die  so- 
genannte Lehnsberrschaft  der  Krone  (prazos),  aber  alles  war  verrottet 
nnd  wenig  im  Znsammenhang  mit  der  Verwaltung  an  der  Kfiste. 
England  stellte  dagegen  den  Satz  auf,  dass  die  thatsftchliehe  Besitz- 
haitang heute  die  wesentliche  Bedingung  der  Anwendung  der  Ober- 
herrschaft sei.  Die  portugiesische  Regierung  antwortete  darauf  voll- 
kommen korrekt,  dass  sich  die  darauf  bezüglichen  Bestimmungen 
der  Eongosakte  nur  auf  die  Efistengegenden  bezogen  und  wies  in 
w&rdevoUer  Weise  auf  das  hin,  was  es  gethan  habe  und  was  es  er- 
hoffe: „Portugal,  welches  Indien  eroberte,  welches  Brasilien  schuf, 
hat  eine  Vergangenheit,  wie  kein  anderes  Volk.  Diese  Vergangenheit 
giebt  ihm  das  Recht,  die  feste  Hoffnung  zu  hegen,  dass  ein  neuer 
Glanz  die  portngiesiscbe  Krone  umstrahlen  wird.  Nur  Afrika  kann 
ihm  diesen  Glanz  versprechen.  Vertheidigt  dort  Portugal  seine 
Rechte,  so  vertheidigt  es  seine  Zukunft!** 

Die  Angelegenheit  wftre  auch  vielleicht  gütlich  beigelegt  worden, 
da  Lord  Salisbury  noch  im  Jahre  1889  erklftrt  hatte,  dass  das 
Schire-Territorium  (in  dem  Serpa  Pinto  operirte)  meht  unter  eng- 
lischem Schutze  stftnde  und  sich  überhanpt  gegen  die  Ausdehnung 
der  englischen  Schutzherrschaft  hier  ausgesprochen  hatte,  wenn  nicht  ein 
neuer  Zwischenfall  in  England  eine  ungeheure  Erbitterung  hervor- 
gerufen hfttte.  lligor  Pinto  hatte  sich  nftmlich  in  das  Tetegebiet  be- 
geben, um  einige  Wasserlftufe  zu  erforschen,  und  dort  ei&hren,  dass 
die  Makololos  sich  seinem  Vordringen  widersetzten.  Da  Pinto  einsah, 
dass  er  mit  seinen  300  Mann  die  14000  Hakololo-Krieger  nicht  be- 


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8 


Die  Vertbeilung  AfrikaV 


wältipc<ii  Nvürrlo.  kt'hilo  er  um  und  nu'ldfte  seiner  Kegi<'rniju  das 
eingetretene  liinderninis.  Oit'se  eab  iinn  die  entsprechenden  Ver- 
stärkungen, etwa  7000  KatVern  und  etlieiie  Kanonen,  und  so  trat  «t 
den  Makololos  entgegen  und  schlug  sie;  der  König  liel  in  dem 
Gefecht.  Die  Makololos  hatten  Schnellfeuergewehre  und  fügten 
den  Kaftern  grosse  Verluste  hei:  einmal  Hohen  sie,  kamen  dann 
nher  plötzlich  mit  zwei  eDglisehen  Fahnen  wieder,  welche  von  den 
Kaifurn  «  ruhert  wurden.  Nach  diesen  und  anderen  Niederlairen 
unterwarfen  sich  die  Makololos,  und  nun  erfahr  Pinto,  Uass  sie  sich 
von  den  Engländeni  hatten  zum  Kriege  reizen  lassen,  was  sie  jetzt 
sehr  bedauerten.  Als  die  Ein/.elheiten  dieses  Vorganges,  besonders 
die  Wegnahme  der  englischen  Flaggen,  in  England  bekannt  wurden, 
begnügte  sich  das  englische  Auswärtige  Amt.  der  Volksstimmung  nach- 
gebend, iiif-ht  mehr  mit  der  Versicherung  Portugals,  dass  dasselbe 
unter  Vorbehalt  eines  Seh ifdsgerichts  seine  Truppen  aus  dem  streitigen 
Gebietzurückzieli»  !!  \v(.|!.-.  -uiKh-ni  stellte  am  1"J.  .lanuar  ein  kiitegorisehes 
Citimatnm.  Da  Enghind  mit  dem  Abbruch  dei-  diidomatischen  Beziehun- 
gen drohte  und  eine  Flotiendemonstration  ins  Werk  setzte,  so  blieb  Portu- 
gal nichts  anderes  übrig,  als  dem  Verlangen  der  F)ngländer  nachzugeben, 
obwohl  ein  Schrei  der  Entrfistung  über  diese  Vergewaltigung  Portugals 
durch  das  gesittete  Europa  ging.  Die  Aufregung  in  Portugal  erreichte 
eine  bedenklich  Höhe,  der  Unwille  des  Volkes  zwang  das  Kabinet  zur 
Abdankung,  eine  revolutionäre  Bewegung  breitete  sich  immer  weiter 
aus  und  die  innere  Lage  Portugals  wurde  sehr  kritisch.  Aber  die 
Engländer  haben  ihr  Ziel  erreicht,  Portugal  war,  von  allen  Mächten 
verlassen,  gefQgig  geworden  ffir  die  Unterhandlungen,  welche  dann 
mit  ihm  über  eine  Abgrenzung  der  Interessensphäre  gepflogen  wur- 
den. Das  Resultat  derselben  war  das  folgende  Abkommen,  welches 
beim  Schreiben  dieser  Zeilen  von  der  portugiesischen  Volksvertretung 
zwar  noch  nicht  angenommen  war,  aber  wohl  das  äusserste  darstellt, 
was  Portugal  erlangen  konnte.  Die  Hauptpunkte  desselben  sind: 

Orossbritannien  «rkeiiiit  durch  diese  Kontention  das  portn|{iefliscbe  Gebtot 
eudticb  vom  RoTuma  an,  irie  dasselbe  in  dem  deutScb-portugiesiEchen  Vertrscre  von 
1F86  definirt  ist.  I>if  pnTtugiesischen  Hosit/unpen  in  <»stafrika  sinil  hepretiTt  im 
Nordt'n  von  dem  Kh:— r  I'iovuma  h\s  /u  sciix'in  Zusfimmenfluss  mit  dorn  ^INinje 
tind  vün  da  westwärts  diirch  diesell>e  Hreitenparallele  bis  zum  Nyassasee.  Die 
Grenze  folgt  dran  dem  Gestade  de«  Sees  sadwftrts  bis  «um  18'/«.  Grade  södl.  Breite 
vtid  TOD  da  in  einer  direkten  Linie  sudw&rts  nach  dem  Kilwasee.  Dem  östlichen 
Gertade  dieses  Sees  bis  7u  seinem  äussersten  südöstlichen  Punkte  folgend,  rieht  die 
('iTei<7e  von  da  eine  direkte  Linie  nm  ii  ilcni  ri>tlirlK'ii  Nebenflüsse  des  Ruo  (etwa 
im  Lri)perp!o<le  lotft  d*  m  l{ii<i  westwärts  Kis  /ii  seinem  Znsatnmentlusse  mit 
dem  Sfhire  und  wendet  sich  von  da  in  einer  direkten  Linie  nach  dem  Sambesi, 


Die  Vertlieiluug  Afrika^!. 


9 


den  de  an  einem  Punkte  zwiaehen  den  Knroa  Bassa^Stromtehnellen  und  Tete  be- 
rührt. Die  südöstlichen  und  südlichen  Gestade  des  Njassasees,  die  Schire-Hocblande, 

Blantyrc  niui  ■ia'^  iirnliei,'ejid*'  Gebiet  sind  mithin  Grossbritannien  fe'as^eti.  I»ie 
(ircnze  foljjt  si-datm  liem  Zaiiibesi  bis  zu  einem  Puuiite  10  eneli!>chc  Meilen  west- 
licii  von  Zuinbo.  bort  verlasst  sie  den  Zambesi  und  schlägt  eine  Linie  direkt  süd- 
lich nach  dem  16.  Breitengrade  ein,  folgt  dieser  Parallele  ostwirts  bis  zum  81.  Breiten« 
grade  und  llnft  von  da  in  einer  geraden  Linie  naeh  dem  Dorchscbnitt  des  Flusses 
Mazoe  mit  dem  31.  Rreilenjrrade,  dem  sie  südwärts  bis  zum  If^S.  Hreitengrade 
folgt  und  (l.iMii  letztere  Parallele  westwärts  verfol({t,  bis  sie  'len  Mashike  an  seinem 
ZusaiuuK-ntlusse  mit  tiem  Save  eireirlu.  Die  (Ireu/.e  läuft  ai-.iiann  |iaralU'l  mit  dem 
Laufe  des  letztgenannten  Flu^seä  »üdwärtä  bis  zu  seinem  Zusammen tiuüse  mit  dem 
Lnndi.  Von  diesem  Punkte  aehllgt  sie  eine  gerade  Linie  nach  dem  Südwesten  bis 
znm|l  nordüstliehen  Winkel  der  Transvaalgrenze  ein.  Sie  folgt  der  Grenze  ton 
*  Tran^vn <  i  li  Swasiland  südwärts  bis  zum  Flusse  Maputo  und  von  da  der  Breiten- 
parallele  des  Zusammenflusses  des  Maputo  mit  dem  Pontrolo  nstwfirts  bis  zum  Meere. 
Kraft  einer  besonderen  .Sti|iulatioij  wird  Portugal  '»ebiet  am  nürdtiolien  l'fer  des 
^ambeiii  auf  eine  t^utferuung  vau  10  Meilen  um  Zumbo  herum  zugewic>en. 

Was  das  westliche  Afrika  anbelangt,  so  Iftufl  die  Grenze  zwischen  der  portugiesi- 
Mben  nnd  der  britischen  Einflosssph&re  Ton  den  Katima-Stromschnellen  am  Sam- 
besi längs  dieses  Flusses  bis  zu  seinem  Zusammenfluss<'  mit  dem  Kabompo  und 
folk't  dann  letzterem  Flusse  nordwärts  bis  zur  (iren/e  des  Kon^o-Kreistaates.  Es 
ist  vereinbart,  dass  * irossbritannien  die  AusiK-lmunj  der  [>ui  tut'iesiM'lien  Kinflus>- 
spbäre  ostwärts  von  der  ürouze  von  Luanda  nach  der  westlichen  Grenze  des  Kongo- 
Kreistaates,  ein  Fläcbenraum  von  400000  QuadratkUometem,  nicht  beanstande^  und 
es  erkennt  als  portugiesisches  Gebiet  das  Hinterland  von  Angola  Ton  der  Grenze, 
wo  die  Flüsse  nördlich  und  südlich  (etwa  in  der  11' Rreitenparallele)  nach  der 
n'-rdliohen  (trenze  der  deutschen  ."Sphäre  laufen,  an.  <iriissbritannien  soll  seiner*eit> 
einen  freien  We«;  zwischen  >ciner  nnidlichen  und  seiner  süillii-lien  Kintlussspiiän- 
in  Afrika  haben.  Thal>ächlich  alles,  was  westwärts  vom  Nyassasee  liegt,  ist  bri- 
tisches Gebiet.  Portugal  behält  sieh  jedoch  das  Recht  Tor,  eine  Verbindung  swischen 
seinen  ostlichen  und  westliehen  Territorien  Ungs  des  Sambesi  aufrecht  zu  halten. 
Zwecks  dessen  wird  ihm  das  Recht  gewährt,  Strassen,  Eisenbahnen  und  Telesrraphen- 
linien  anzulegen,  innerhalb  einer  10  M'  il>-n  vom  südlichen  Ufer  und  20  .Meilen  vom 
nrirdiiohen  TlVr  des  Sambesi  gezogenen  Linie,  welrhc  einen  ."»O  Meilen  lireilen 
Landgurlel  bildet.  Andererseits  behält  Grossbntanujen  sich  das  Recht  vor,  Ei>en- 
bahnen,  Strassen  u.  s.  w.  zwischen  dem  nordöstlichen  Winkel  seiner  Binflusssphire 
südlieh  Tom  Zambesi  bis  zu  einem  Punkte  zwischen  dem  Ilazoe  und  den  Karoa 
Bassa-Stroraschnellen  am  Sanjbesi  in  einem  1"  Meilen  breiten  Landgürtel  anzulegen. 
Der  .Sambesi  und  seine  Nelientlüsse  sollen  ileii  Flagiren  aller  Nationen  frei  offen 
stehen  und  alle  NVa-serweije  in  der  britisefieti  und  j»ortuj,Mesi>chen  Kintlus>sp!;äre 
in  dem  ganzen  durch  die  gegenwärtige  Konvention  abgesteckten  Gebiet  sollen  der 
SrhtlMibrt  dar  Flaggen  der  beiden  Linder  frei  offen  stehen.  Bei  etwaigen  Gebiets- 
abtretungen, zu  denen  Portugal  sieh  reranlasst  sehen  könnte,  wird  der  Regierung 
Urossbritanniens  ein  Vorzugsrecht  eingeräumt.  Alle  DilTeten/en,  welche  zwischen 
den  beiden  Regierungen  in  ihren  beziehungsweisen  EintUissspliären  entstehen  dürf- 
ten, sollen  auf  schiedsrichterlichem  \Ve?e  bcirlicheu  werden,  l'ie  TraMsir/ jlle,  welche 
von  Portugal  auf  portugiesisches  Gebiet  zwischen  der  britischen  Kiutlusäsphäre  iu 
Ostafrika  und  dem  Meere  panirMMie  Waaren  auferlegt  werden,  80tl«i  die  von  dem 


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10 


Dia  Vertheilung  Afrika*s. 


portugiesischen  Tarif  in  1877  fe^tge^etzten  Zi'Ue,  oämlich  o  Vroi.  ad  valorein,  nicht 
übersteigen.    Die  Konvention  umfai^st  auch  einige  weitere  Stipulatioaen  ia  Betreff 

von  Zöllen,  ilie  aber  uuwichlio^  sind. 

Das  Abkommen  wurde  von  der  ent^lischeii  Tai^ospresse  selbst- 
verstäiidlieh  günstig  heurtlieilt.  denn  Lord  Sali>hurv  hat  in  der  Haupt- 
saehe  nur  zugestaudeii,  was  PortuLjal  im  (inuul*-  i'i>iier  selmn  iiiibe- 
f^t ritten  Itesass  f»der  was  seiuem  Wrrtlie  nach  <o  gleieligiltig  i<t,  dass 
HS  «MiLrlisehe  Inten's^tn  nicht  berührt.  Das  Schire-lloeliland  nnd 
(his  (Gebiet,  welclies  (lit>  südafrikanische  St^<'nkoni[>amtiie  für  sicii  be- 
anspruchte, ist  also  Kngbmd  zugetallcii,  die  Verbindung  zwischen 
der  britisch-ustafrikauiscben  Kompagnie  und  (b-r  britisclicn  Snd-Afrika- 
gcst  llschait  in  Ans>iclit  gcnoninim.  Das  i:an/.e  unüt'henrc  iiebiet. 
weh'hes  (b'r  kruii;iliche  Freibrief  der  Süd-Alrikaut'>ellsehaft  zuwies, 
ward  (b'rsclben  durch  «las  Ai»k"inimen  bc-tatint.  Nicht  nur  Matabele- 
und  Masciiona-Land.  weh-hes  die  Portugiesen  in  Anspruch  nahmen, 
SMnd<'rn  aucli  das  ganze  Land  zwiscln-n  Sambesi  und  Kongostaat 
knmmt  in  englischen  Besitz.  Den  /ollüelüsten  der  Portugiesen  auf 
den  Zambesi  war  schliesslich  durch  die  Bestimmung  völlig  freier 
t>cbiHlalirt  auf  dem  Strome  ein  Kiegei  vorgescliobeu. 

England  und  Deutschland. 

Die  Ansprüche  der  Engländer  Portugal  gegenüber  hatten  in 
Dentschland  die  Beffirchtong  rege  gemacht,  dass  das  sogeuannte 
Hinterland  unserer  ostafrikanischen  Besitzungen,  welches  allgemein 
als  bis  zn  den  Tanganyika-See  reichend  angesehen  wnrde,  nicht  geuü- 
geud  gesichert  sei.  Die  dort  ansfissigen  englischen  Missionen  suchten 
Stimmung  in  ihren  sehr  einflussreichen  Kreisen  gegen  Dentschland  zu 
machen,  während  Unternehmer  der  britisch-ostafrikaniscfaen  Gesell- 
schaft offen  den  Plan  befürworteten,  inoi  Htnterlande  unserer  ost- 
afrikanischen Besitzungen  mit  der  von  Süden  nach  Norden  vordrin- 
genden  britisch-südafrikanischen  Gesellschaft  sich  zu  vereinigen,  um 
so  eine  ununterbrochene  Verbindung  vom  Cap  bis  zum  Nil  herzu- 
stellen. Dazu  kam  noch,  dass  Stanley  auf  seinem  Zage  nach  der 
Küste  mit  eingeborenen  Häuptlingen  Verträge  abgeschlossen  hatte, 
und  mit  grossem  Eifer  die  Engländer  für  Aufrechthaltnng  derselben, 
deutschen  Ansprüchen  gegenüber,  zu  intereesiren  wusste.  Ausserdem 
waren  noch  die  Schwierigkeiten  wegen  Witu,  Togo  und  Südwest- 
Afrika  aufgetaucht  (welche  später  noch  besonders  behandelt  wer- 
den sollen),  so  dass  der  Wunsch  nahe  lag,  dass  auch  England  und 
Deutschland  über  eine  genaue  Abgrenzung  ihrer  Interessen  zu  einem 


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Die  Vertheiluug  Afrika^«. 


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endgfiltigeii  Einveniebinen  kommen  möchten.  Die  Frage  bleibt  offen 
ob  der  Zeitpunkt  dafftr  glücklieh  gewählt  war,  ob  wirklich  die  Noth- 
wendigkeit  zu  diesem  Sdiritte  in  Hinblick  auf  die  allgemeine  Weltlage 
vorlag,  aber  anf  der  anderen  Seite  liess  sich  nicht  leugnen,  dass 
England  Fortschritte  auf  kolonialem  Gebiete  gemacht  hatte,  welche 
nns  mit  der  Zeit  In  eine  vielleicbt  noch  gefthrlichere  Lage  gebracht 
haben  wfirden. 

Denn  leider  hatt«  man  in  dentschen  Regie l  ungskreisen  von  jeher 
die  Kolonialpolitik  als  eine  Art  von  nationalem  Luxus  betrachtet, 
dem  man  sich  in  politisch  guten  Zeiten  gestatten  dürfe,  den  man 
aber  in  weniger  guten  Zeiten  beschränken  müsse.  Solange  und 
soweit  es  sich  vorwiegend  am  territoriale  Fragen,  um  den  Wett- 
bewerb lier  Völker  im  Erwerb  fremder  Länder  liandelte,  war  ein  Zu- 
samiiieuhaiii;  der  deutschen  Kulniiialpdlitik  mit  unserer  alls:emeiiieii 
Politik  uineriiit'idlicli,  und  Frankit  ii'li  und  DeiUschland  konutcii,  der 
englisclien  Politik  ihren  Willen  ;iut/wingen,  und  bei  der  Vertheilunu: 
der  afrikauisehcii  Küslcn  neben  dem  mecrbeherrschejiden  England  einen 
ebenbürtigen  Autlieil  verlangen  und  erhalten.  Aber  mit  dem  Sturze  des 
Ministeriums  Kerry  und  mit  dem  bulgarischen  StaatxSstreicii  begann 
(las  Barometer  der  deutschen  Kulonialpolitik  schnell  zu  sinken. 
England  athmete  auf  je  weiter  sich  Frankreich  wieder  vnn  Deutsch- 
land entfernte  und  je  aggressiver  die  Haltung  llus>lands  gegen 
Deutschland  wurde,  jedes  folgende  k<iloniale  Abkonnnen  wurde  un- 
trünstiger  für  Deutschland  und  günstiger  für  England.  England  war 
wieder  im  Zenith  seiner  Macht,  es  wusste,  dass  seine  Freund- 
schaft für  Deutschland,  zunuil  luich  dem  llücktritt  des  Fürsten  Bis- 
marck von  seiner  Stellung  als  Reichskanzler,  sehr  noth wendig  war. 
es  sali  das  allmähliche  Zurückweichen  Deutsiddands  sowohl  in  der  Witu- 
als  auch  Xiger-Benue-Frage  und  es  war  überzeugt,  mit  Deutschland 
gerade  so  wie  mit  Portugal  jetzt  fertig  worden  zu  können.  l)ie 
deutsche,  mit  so  grossen  lIolTnungen  begonnene  Kolonialpolitik  war 
eben,  soweit  es  sich  um  das  Veriiältniss  zu  anderen  Mächten  handelte, 
auf  den  tiefsten  Punkt  angekommen,  unter  den  sie,  vom  Kriege  ab- 
gesehen .  niclit.  sinken  konnte.  Es  konnte  sich  daher  bei  uns  die 
vornehmlich  durch  die  wirth.schaftlichen  Fortschritte  <ler  Engländer 
entstandene  Ansicht  festsetzen,  dass  die  Kolonien  Kompensationsobjekte 
für  Gefälligkeiten  auf  andern  (Gebieten  seien  —  eine  Anschauung,  die  bei 
dem  zielbewnssten  Vorgehen  der  Engländer  für  uns  von  Anfang  an 
wenig  Gutes  in  Aussicht  stellte. 

Als  englischer  Unterhändler  wurde  Sir  Percy  Anderson»  ein  in 


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Die  Vertbeilunii:  Afrika'». 


kolonialen  Fragen  geschalter  Hann,  nach  Dentschland  geschickt, 
welcher  zuerst  vorsichtig  die  Frage  sondirte,  ob  Deutschland  die 
Hinterlandsthorie  bis  za  den  Tanganyika-See  ausgedehnt  wissen  wollte. 

In  diesem  Punkte  blieb  das  auswärtige  Amt  fest,  die  Handels-Entwick- 
Inng  der  Kolonie  wäre  unterbnnden  gewesen,  wenn  England  ein  Territo- 
rialrecht am  Tanganyika  erhalten  hätte,  und  der  englische  Unterhändler 
reiste  nach  England  zurück,  um  neue  Instruktionpn  zu  holen.  Wäh- 
rend (iiosor  Zeit  trat  aber  ein  Wechsel  in  den  Anschauungen  der 
oftizit'Uoii  Kreise  ein,  da  man  es  auf  ein  Zerwürfniss  mit  Kniiland 
nicht  luikcmnien  lassen  wollte.  Es  wurde  als  Kompensatioiisnbjekt 
Heli^oland  in  die  l)cb;»t,te  gewoilVii  und  der  romantische  Zauber,  wel- 
cher diesen  Naiu-m  nnii^ab,  scheint  so  i(e\viikt  zu  haben,  dass  der 
Zukunttswerth  unserer  ostafrikanisciicn  Ivobniioii  liarübrr  i;aiiz  aus  den 
Angon  verloren  wnrde.  Es  wird  noch  beüaiiptet.  dass  zur  Zeit  des 
V(  itra;^sabs(ddusses  die  alli;eineine  jxditisclie  Lai;e  besonders  gespannt 
gewesen  sei  in  Foltro  des  dndiendt'n  Absclilusses  des  Bündnisses  von 
llnssland  und  1  luiikreicli  und  dass  Italien  eine  Annälicrun^  an  Eng- 
hui<l  verlangt  habe,  um  im  Falle  eines  Krieges  mit  Frankreich  durch 
Eiigland  an  seinen  Küsten  i;escliützt  zu  werden,  ahi  i-  genaueres  ist 
darüber  ni(dit  bekanntgeworden.  Jedenfalls  wurden  alle  INditiker  auf 
das  gewaltigste,  die  K(donialtreunde  auf  das  cnipfindlicli^tc  niul 
schmerzlichste  üiierrascht ,  als  der  Keichsauzf'iger  das  Vdidiiufige  Ab- 
komnuni.  nnd  am  1.  Juli  folgeudeu  delinitiven  Vertrag  mit  England 
veröffentlichte: 

Das  deutsch -englische  Abkommen. 

Die  Unterzeichneten: 
der  Reichskanzler,  General  der  Infanterie  von  Caprivi, 
der  Geheime  Legations-Ratb  im  Auswärtigen  Amt  Dr.  Krauel, 
der  ausserordentliche  nnd  bevollmächtigte  Botschafter  Ihrer  Bri- 
tannischen Majestät  Sir  Edward  Baldwin  Malet, 
der  Vorsteher  der  afrikanischen  Abtheilung  Ihrer  Majestät  Aus- 
wärtigen Amts,  Sir  Henry  Percy  Anderson, 
haben  nach  Berathung  verschiedener  die  Eoloniaiinteressen  Deutsch- 
lands und  Grossbritanniens  betreffenden  Fragen  Namens  ihrer  Re- 
gicnittgen  folgendes  Abkommen  getroffen: 

Artikel  I. 

In  Ost-AiVika  wird  das  Gebiet,  welches  Deutschland  zur  Geltend- 
machung seines  Einflusses  vorbehalten  wird,  begrenzt: 


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Die  VertbeiluAg  Atrika's. 


13 


1.  Im  Nordeil  durch  eiue  Linie,  welche  an  der  Küste  vom  Nord- 
tifer  der  Mündung  des  Umbeflusses  ihren  Ausgang  nimmt  und  daiuut 
in  gerader  Kichtung  zum  Jipe-See  läuft.  Dem  Ostufer  des  h»ees 
entlang  und  um  das  Nnrdnfer  desselben  herumlühivnd.  überschreitet 
die  Linie  <lariiuf  diMi  Kluss  Lunii,  um  die  Landscluifteu  Taveta  und 
Dschagga  in  der  Mitte  zu  durchschneiden  und  dann  entlatig  an  dem 
nonllichtMi  Abhang  der  Bergkette  des  Kiiiiiia-Xdscharo,  in  gerader 
Linie  weiter  geführt  zu  werden  bis  zu  deiiijeMigen  Punkte  am  Ost- 
ufer des  Victoria-Nyanza-Sees.  welcher  von  dem  ersten  (irad  süd- 
licher Breite  getroffen  wird.  Von  hier  den  See  auf  dem  ^^enatmten 
Breitengrade  überschreitend,  folgt  sie  dem  letzteren  bis  zur  Grenze 
des  Congostaates,  wo  sie  ihr  Ende  findet.  Es  ist  indessen  Einver- 
staudniss  darüber  vorhanden,  dass  die  deutsche  Interessensphäre  auf 
der  Westseite  des  genannten  8ees  nicht  den  Mfumbiro-Berg  umfasst. 
Falls  sich  ergeben  sollte,  dass  dieser  Berg  südlich  des  genantiten 
Breitengrades  liegt,  so  soll  die  (Jrenzlinie  in  der  Weise  gezogen 
werden,  dass  sie  den  Berg  von  der  deutschen  Interessensphäre  aus- 
schliesst,  gleichwohl  aber  zu  dem  vorher  bezeichueten  Endpunkte 
zurückkehrt. 

2.  Im  Süden  durch  eine  Linie,  welche,  an  der  Küste  von  der 
Nordgrenze  der  l'rovinz  Mozambique  ansgebend,  dem  Laufe  des 
Flusses  Rovunia  lii>  zu  dem  Punkte  folgt,  wo  der  M'sinjelluss  in  den 
Kovunia  mündet,  und  von  dort  nach  Westen  weiter  auf  dem  Breiten- 
parallel bis  zu  dem  Ufer  des  Nyassa-Sees  läuft.  Dann  sich  nord- 
wärts wendend,  setzt  sie  sich  läni;s  den  Ost-,  Nord-  und  West-Ufern 
des  Sees  bis  zum  nördlichen  Ufer  der  Münduni:;  des  Songwe-Flusses 
fort.  Sie  geht  darauf  diesen  Fluss  bis  zu  seinem  Schnittpunkte  mit 
dem  33.  Grad  östlicher  Länge  hinauf  und  Itdiit  iliin  weiter  bis  zu 
demjenigen  Punkte,  wo  er  der  Grenze  des  in  dem  ersten  Artikel 
der  Berliner  Konferenz  beschriebenen  geographischen  Cougobecken^;. 
wie  dieselbe  auf  der  dem  y.  Protokoll  der  Konferenz  beigelügteu 
Karte  gezeichnet  ist.  am  nächsten  kommt.  Von  hier  geht  sie  in 
gerader  Linie  aut'  die  vorher  gedachte  (irenze  zu  und  führt  au 
derselben  entlang  bis  zn  deren  Schnittpunkte  mit  den]  'A2.  Grad 
östlicher  Länge,  sie  wendet  sich  dann  in  gerader  Ilichtung  zu 
dem  Vereinignngspuukte  des  ^Hord-  und  Sädarmes  des  Kiiambo- 
flnsses,  welchem  sie  dann  bis  zn  seiner  Mündang  in  den  Tanganyika- 
See  folgt. 

Der  Lauf  der  vorgedachten  Grenze  ist  im  Allgemeinen  nach 
Maassgabe  einer  Karte  des  ^vyassa-Tanganyika-Flateans  angegeben, 


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Die  VertbeiluDg  Afrika*«. 


welche  im  Jahre  1889  amtlich  für  die  britiscbe  Regieraog  ange- 
fertigt wurde. 

3.  Im  Westen  durch  eine  Linie,  welche  voq  der  Mündung  des 
Flusses  Kilambo  bis  zum  1.  Grad  sfldlieher  Breite  mit  der  Grenze 
des  Gongostaates  znsammeni&llt. 

Das  Grossbritannien  zur  Geltendmachung  seines  Einflusses  Tor- 
behaltene  Gebiet  wird  begrenzt: 

1.  Im  Sflden  durch  die  vorher  erwihnte  Linie  von  der  Hftndung 
des  ümbeflusses  zu  dem  Punkte  der  Grenze  des  Gongo-Freistaates, 
welcher  von  dem  1.  Grad  sfldlieher  Breite  getroffBO  wird.  Der  Berg 
Mfumbiro  ist  in  dieses  Gebiet  eingescUossen. 

2.  Im  Norden  durch  eine  Linie,  welche  an  der  Kfiste  am  Nord- 
ufer des  Jubailustes  beginnt,  dem  genannten  Ufer  des  Flusses  eni- 
laoglänft  und  mit  der  Grenze  desjenigen  Gebiete  zasammenfällt, 
welches  dem  Einflüsse  Italiens  im  Gallalande  iu  Abyssinien  bis  za 
den  Grenzen  Egyptens  vorbehalten  ist. 

3.  Im  Westen  durch  den  Cougo-Freistaat  und  durch  die  west- 
liclie  Wasserscheide  des  oberen  Nil-Beckens. 

Artikel  II. 

Um  die  in  dem  vorstehenden  Artikel  iiezeicbnete  Abgrenzung 
zur  Ausführung  zu  bringen,  zieht  Deutschland  seine  Schutzherrschaft 
Aber  Witu  zu  Gunsten  von  Grossbritannien  zurück.  Gi  o.<sbritannien 
verpflichtet  sich,  die  Souverünetät  des  Sultans  von  Witu  über  das 
Gebiet  anzuerkennen,  welches  sich  von  Eipini  bis  zu  dem  im 
Jahre  1887  als  Grenze  festgesetzten  Punkt  gegenüber  der  Insel  von 
Kweihu  erstreckt. 

Deutschland  verzichtet  ferner  auf  seine  Schutzherrschaft  über 
die  an  Witu  grenzende  Kfiste  bis  nach  Eismaju  und  auf  seine  An- 
sprache auf  Gebiete  des  Festlandes  nördlich  vom  Tanaflusse  und  auf 
die  Inseln  Patta  und  Manda. 

Artikel  III. 

In  Sü(l\vt'>t-Airik;i  wiid  das  (irlnet.  welches  1  )eiits(h!and  zur 
(ieitentlnuu-liuni;  seines  Eiiitlusses  vorl>ehalt»'ii  wird,  ix-^iviizt : 

1.  Im  Süden  dnreh  eint*  Linie,  welehe  ;m  d*T  Mümluug  des 
Oranje-Flnsses  beginnt  und  an  dem  Xrirdiiter  des  Flusses  bis  zu 
dem  Punkt-'  iiinaufgeht,  wo  derselbe  vom  20.  Grad  Ostlicher  Läuge 
getroffen  wird. 

2.  Im  Osten  durch  eine  Linie,  welche  von  dem  vorher  iienanuten 
I^unkte  ausgeht  und  dem  20.  Grad  östlicher  Lauge  bis  zu  seinem 


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hie  Vertheiluug  Afrika's. 


15 


Schnittponkte  mit  dem  22.  Grad  südlicher  Breite  folgt  Die  Linie 
Iftaft  sodann  diesem  Breitengrade  naeh  Osten  entlang  bis  zn  dem 
Pnnlcte,  wo  er  von  dem  21.  Grad  Ostlicher  Länge  getroffen  wird, 
sie  führt  darauf  in  nördlicher  Richtung  den  genannten  Längengrad 
bis  zu  seinem  Zusammentreffen  mit  dem  18.  Grad  sQdlicher  Breite 
hinauf,  läuft  dann  in  Ostfieher  Richtuug  diesem  Breitengrade  entlang, 
bis  er  den  Tsehobe-Fluss  erreicht  und  setzt  sich  dann  im  Thalweg 
des  HaupUaufes  dieses  Flusses  bis  zu  dessen  Mündung  in  den  Sam- 
besi fort,  wo  sie  ihr  Ende  findet 

Es  ist  Einverständniss  darüber  vorhanden,  dass  Deutschland 
durch  diese  Bestimmung  von  seinem  Schutzgebiet  aus  freien  Zugang 
zum  Sambesi  mittels  eines  Landstreifens  erhalten  soll,  welcher  an 
keiner  Stelle  weniger  als  20  euglische  Meilen  breit  ist. 

Das  Grossbritannien  zur  Geltendmachung  seine?*  EinHusscH  vor- 
behaltene Gebiet  wird  im  Westen  und  Nordwesten  dunii  die  vorher 
bezt  ichiiete  Linie  begrenzt.  Der  Ngami-See  ist  in  dasselbe  ein- 
geschlctsscn. 

Der  Laui  der  vorgedachten  Grenze  ist  im  Allgemeinen  nach 
Maassgahe  einer  Karte  wiedergegeben,  welche  im  Jahre  1889  amt- 
lich für  die  Itritische  Regiernni;  angefertigt  wurde. 

Die  Festsetzung  der  Südgrenze  des  britischen  Walfischbay-Ge- 
biets  wird  der  Entscheidung  dunli  einen  Schiedsspruch  vorbehalten, 
falls  nicht  innerhalb  zweier  Jahre  von  dfr  rntt-rzeichnnug  dieses 
Uebereinkommens  eine  Vereinbarnut;  der  Machte  über  die  Grenze 
getrort'en  ist.  Beide  iMächte  sind  darülter  «'inverstauden.  dass.  so- 
lange die  Erledigung  der  (Jrenzfrage  schwebt,  der  Durchmarsch  und 
die  Durchfuhr  von  Giitern  diircii  das  streitige  (b-biet  für  die  beider- 
seitigen Untertlianen  frei  und  dass  die  Behandlung  der  Letzternii  iu 
dem  Gebiete  in  jeder  Hinsieht  eine  gleiciie  sein  soll.  Von  Durch- 
ganus^ütern  wird  kein  Zoll  erhoben  und  ids  zur  Ordnung  der  An- 
gelegenheit soll  das  Gei>iet  aih  neutrales  betrachtet  werden. 

Artikel  IV. 

In  West-Afrika: 

1.  Die  (irenze  zwischen  dem  deutsciu  n  Schutzgebiete  von  Togo 
und  der  britischen  ( ioldküsten-K<donie  geht  an  der  Küst«-  von  den 
bei  den  Verhandlungen  der  beiderseitigen  Kommissare  vom  14.  und 
28.  Juli  1S86  gesetzten  Grenzzeichen  aus  und  erstreckt  sich  in  nrlrd- 
lielier  Richtung  bis  zu  dem  Parallelkreis  6*^  10'  nördlicher  Breite. 
Von  hier  aus  geht  sie  westlich  dem  genannten  Breiteugrade  entlang 


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]6 


Die  V«iih«i]iin((  Afrilta*«. 


bis  zam  linken  Ufer  de:<  Aka-Flnsses  uod  steigt  hierauf  den  Thalweg  des 
letzteren  bis  zu  dem  Breitenparallel  6^  20'  nördlicher  Breite  hinauf. 
Sie  Iftaft  sodann  anf  diesem  Breitengrade  in  westlicher  Ricbtong 
weiter  bis  zn  dem  rechten  Ufer  des  Dsehawe  oder  Shavoe-Flasses, 
folgt  diesem  üfer  dieses  Flasses  bis  zu  dem  Breitenparallel,  welcher 
durch  den  Punkt  der  Einmflndnng  des  Deine-Flusses  in  den  Volta 
bestimmt  wird,  um  dann  nach  Westen  auf  dem  gedachten  Breiten- 
grade bis  zum  Volta  fortgeffihrt  zu  werden.  Von  diesem  Punkte  an 
geht  sie  am  linken  Ufer  des  Volta  hinauf,  bis  sie  die  in  dem  Ab- 
kommen von  1888  vereinbarte  neutrale  Zone  erreicht,  welche  bei  der 
Einrntadung  des  DakkspFlusses  in  den  Volta  ihren  Anfang  nimmt 

Jede  der  beiden  Mfichte  verpflichtet  sich,  unmittelbar  nach  dem 
Abschlnss  dieses  Abkommens  aÜe  ihre  Beamten  und  Angestellten 
aus  denjenigen  Gebiete  znrfickzuziehen,  welches  durch  die  obige 
Grenz-Festsetzung  der  anderen  Macht  zugetbeilt  ist. 

2.  Nachdem  fSr  beide  Begiemngen  gifta^Itftft  nachgewiesen  ist, 
dass  sich  am  Golf  von  Guinea  kein  Fluss  befindet,  welcher  dem  anf 
den  Karten  angegebenen  und  in  dem  Abkommen  von  1885  erwähn- 
ten Rio  del  Key  entspricht,  so  ist  als  vorläufige  Grenze  zwischen 
dem  deutschen  Gebiet  von  Kamerun  und  dem  angrenzenden  britischen 
Gebiete  eine  Linie  vereinbart  worden,  die  von  dem  oberen  Ende  des 
Rio  del  Rey-Kceeks  ausgehend  in  gerader  Richtung  zu  dem  etwa 
9^  8'  östlicher  Länge  gelegenen  Punkt  läuft,  welcher  auf  der  Karte 
der  britischen  Admiralität  mit  ^Hapids**  bezeichnet  ist. 

Artikel  V. 

Es  wird  vereinbart,  dass  durch  Verträge  und  Abkommen,  welelie 
von  oder  zu  (iunsten  einer  der  bcidt  ii  Machte  in  den  Getjoudeii 
uGrdlieh  vom  Heuue  getroffen  werden,  das  Recht  der  andcn  i»  .Maelit, 
im  freien  Durchgangsverkehr  nnd  olme  Zahlung  von  Dun-h^augszüUen 
nach  und  von  den  Ufern  des  Tschad-Sees  llaudei  zu  treiben,  nicht 
beeinträchtigt  werden  soll. 

Vdii  ülleii  Vertrauen,  welche  in  dem  zwischen  dem  Benu«"  luul 
Tschad-^ee  bele^^enen  Gebiete  geschlossen  werden,  soll  die  eine  Macht 
der  anderen  Anzeige  erstatten. 

Artikel  VI. 

Bei  ulieil  in  (Umi  Artikehi  I  -IV  bezeichnt'teu  AltKrenzuucslinien 
können  Berichtigungen,   welche   mit  Rücksicht   aiit  orilirh»'  V.'rliiiit-. 
nisse  nothweiidi^  erscheinen,  dun  li  Vereiubaruug  der  beiden  Mächte 
getroÜ'eu  werdeu. 


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-  I  I  I  I 


Die  Vertbeiliiog  Afrika». 


17 


ÜDsbesondere  ist  Emventfindniss  darflber  vorhanden,  dass  be- 
züglich der  in  Artikel  IV  bezeichneten  Grenzen  sobald  als  möglich 
Kommissare  Behofis  Herbeif&hmng  einer  solchen  Berichtigung  zu- 
sammentreten sollen. 

Artikel  ViL 

Jede  der  beiden  Hftchte  flbemimmt  die  Verpflichtung«  sicii  jeg- 
licher  Einmischung  in  diejeDige  Interessensphlre  zu  enthalten,  welche 
der  anderen  dnrch  Artikel  I — IV  des  gegenwärtigen  Uebereinkornmens 
zuerkannt  ist.  Keine  Macht  wird  in  der  Interessensphäre  der  an- 
deren Erwerbungen  machen,  Verträge  abschliessend  Sonveränitätsrechte 
oder  Protektorate  äbemebmen  oder  die  Ausdehnaug  des  Einflusses 
der  anderen  hindern. 

Es  besteht  Einverstäudiiiss  darüber,  duss  Gesellschaften  oder 
Privatpersonen,  welche  der  einen  Ma^  iit  aii^'ehören.  die  Ausübung 
von  Souveränetätsrechtt'U  innerhalb  der  Inleressenspliure  der  anderen 
Macht,  au.s&er  mit  Zustimmung  der  letzteren,  nicht  zu  gestatten  ist. 

Artikel  Vin. 

Die  beiden  Machte  vcrpHiditen  sich,  in  allen  denjenigen  Theilen 
ihrer  Gebiete  innerhalb  der  in  der  Akte  der  Berliner  Konferenz  von 
1885  bezeichneten  Freihandelszone,  auf  welche  die  fünf  ersten  Ar- 
tikel der  genannten  Akte  am  Tage  des  gegenwärtigen  Abkommens 
anwendbar  sind,  die  Beetimmungen  dieser  Artikel  in  Anwendung  zu 
bringen.  Hiemach  geniesst  der  Handel  vollständige  FVeiheit;  die 
i>chiffahrt  auf  den  Seen,  Flüssen  und  Kanälen  und  den  daran  ge- 
legenen Häfen  ist  frei  für  beide  Flaggen:  keine  iiiit^lt  lt  h.'  Hehand- 
inng  mit  B»v.ng  auf  den  Transport  oder  Küstenli;iiidi.'l  ist  uolattet; 
Waaren  jeder  Herknnft  sollen  kein»'  anderen  Abgaben  zu  entrichten 
haben,  als  solche,  welche  unter  Aussclilnss  ungleicher  Behandlung, 
für  die  zum  Nutzen  des  Handels  gemachten  Ans^iahen  erhoben 
werden  mögen;  Dnrehgangszölle  dürfen  nitht  erhoben  und  keine 
Monopole  oder  Handelsbegünstigungen  gewährt  werden. 

Den  AngehOri-en  l)ei(ler  Mächte  ist  die  freie  Niederlassuug  in 
den  beiderseitiiren  (Tcbieten,  soweit  dieselben  in  der  Freihandelszone 
gelegen  sind,  gestattet. 

Insbesnndert'  herrscht  Einverständniss  darflber,  dass  in  Gemäss- 
heit  dieser  Bestimmungen  von  jedem  Hemmnis»  und  jedem  Durch- 
gangszoll frei  sein  soll  der  beiderseitige  Güterverkehr  zwischen  dem 
Xyassa-See  nnd  dem  Congostaat,  zwischen  dem  Nyasaa-  und  Taaga- 

KolODialts  J&hrbacb  liOO.  0 


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18 


Die  YtrihtUttiig  Alrika*t. 


nika-See,  anf  dem  Tanganika-See.  und  zwiscbeo  diesem  See  nod 
der  DOrdiichen  Grenze  der  beiden  Sph&ren. 

Artikel  IX. 

Handols-  nud  Bergwerks-Konzessiouen  sowie  Rechte  au  Gnind 
niid  Bodeu,  welche  GescllschatttMi  oder  Privatpersonen  der  eiixMi  Macht 
innerhalb  der  Interessensphäre  der  anderen  Macht  ei  worheu  haben, 
sollen  von  der  letzteren  anerkannt  werden,  sofeni  die  (^iiltii^keit 
derselben  i;enügend  dargethan  ist.  Es  herrscht  Eiiiverständniss 
darüber,  dass  die  Konzessionen  in  Geniüssheit  der  au  Ort  und  Stelle 
gültigen  Gesetze  nod  Yerorduoiigea  aasgeübt  werden  müöi»en. 

Artikel  X. 

In  allen  Gebieten  Afrikas,  welche  einer  der  beiden  Mächte  ge- 
hören oder  unter  ihrem  Einfluss  st«'hen,  sollen  Missionare  beider 
Länder  vollen  Schutz  s:eniessen;  relii^iöse  Duldung  und  Freiheit  für 
alle  Formen  des  Gottesdienstes  und  für  geistlichen  Uuterricht  werden 
zugesichert. 

Artikel  XI. 

Grossbritannien  wird  seinen  ganzen  Einflnss  aufbieten,  nm  ein 
frenndsehaftüches  UebereiDkommen  zu  erleiclitem,  wodurch  der  Snltan 
von  Sansibar  seine  anf  dem  Festland  gelegenen  nnd  in  den  vorhan- 
denen Konzessionen  der  Dentsch-Ostafnkanischen  Gesellschaft  er- 
wfihoten  Besitzungen  nebst  Dependenzen  sowie  die  Insel  von  Mafia 
an  Deutschland  ohne  Voibehalt  abtritt  Es  herrscht  Einverst&ndniss 
darflber,  dass  8e.  Hoheit  gleichzeitig  für  den  ans  dieser  Abtretung 
entstehenden  Verlust  an  Einnahmen  eine  billige  Entschädigung  er- 
halten soll. 

Deutschland  verpflichtet  sich,  die  Schutzherrschaft  Grossbritanniens 
anzuerkennen  über  die  verbleibenden  Besitzungen  des  Sultans  von 
Sansibar  mit  Einschluss  der  Inseb  Sansibar  und  Pemb«,  sowie  Aber 
die  Besitzungen  des  Sultans  von  Witu  und  das  benachbarte  Gebiet 
bis  Kismaja,  von  wo  die  dentsche  Schutzherrsehaft  zurückgezogen 
wird.  Es  herrseht  Einverstftndniss  darüber,  dass  Ihrer  Majestftt 
Regierung,  Falls  die  Abtretung  der  deutschen  Küste  nicht  vor  der 
Uebemahme  der  Schutzherrsehaft  über  Sansibar  durch  Grossbritannien 
stattgefunden  hat,  bei  der  Ueberaahme  jener  Schutzherrschaft  die 
Verpflichtung  übernehmen  wird,  allen  ihren  Eiiiflnss  aufzuwraden, 
um  den  Sultan  zu  veranlassen,  jene  Abtretung  siegen  Gewährung 
einer  billigen  Entschädigung  sobald  als  möglich  vorzunehmen. 


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Die  Verthmlimg  Afrilu*« 


19 


Artikel  XII. 

1.  Voi'behaltlii b  der  Zustiiimiuiit;  de^^  britischeu  Parlaments 
wird  die  Souveräuetüt  über  die  Insel  Helgoland  nebst  deren  Za- 
behörnngen  von  Ibrer  Britischeu  Majestät  an  S«.  Majestät  den 
Deutschen  Kaiser  abgetreten. 

2.  Die  Deutscbe  Kciiiening  wird  den  aus  dem  abgetrett'iien 
Gebiet  iierstamnienden  I'ersonen  die  Befugniss  gewähren,  vermöge 
einer  vor  dem  1.  Januar  1892  von  ihnen  seihst  oder  bei  minder- 
jährigen Kindern  von  deren  Eltern  ocU^r  Vonnündeni  abzugebeudeii 
Erklärung  die  britische  Staatsangehörigkeit  zu  wählen. 

3.  Die  aus  dem  ai)getrett  iieii  Gebiet  herstammenden  Tersonen 
und  ihre  vnr  dem  Tage  der  Unterzeichnunu  dieser  Uehereinkunft 
geborenen  Kinder  Ideiben  von  (b>r  Krfülhing  der  Wehrpflicht  im 
Kriessheer  und  iu  der  Flotte  in  Deutschland  befreit. 

4.  Die  zur  Zeit  bestehenden  heimischen  Gesetze  und  Gewohn- 
heiten bleiben,  soweit  es  möglirh  ist,  unveraiidcrt  tortbesteiien. 

5.  Die  Deutsche  Regierung  verpüichtet  sich,  bis  zum  1.  Ja- 
nuar 1910  den  zur  Zeit  auf  dem  abgetretenen  Gebiet  in  Geltung 
befindliclien  Zolltarif  nicht  zu  erhöhen. 

6.  Alle  Vermögensrerhte,  wt-lrhe  Privatperaenen  oder  le'st<diende 
Korporationen  der  britischen  ilegierung  gegenüber  in  Helgoland  er- 
worben haben,  bleiben  aufrecht  erhalten;  die  ihnen  ents[»reeheiiden 
VerpHichtungen  gehen  auf  Se.  Majestät  den  Deutschen  Kaiser  ül)er. 
Unter  dem  Ausdruck  „Vermögensrechte''  ist  das  Singnalreebt  des 
Lloyd  inbegriffen. 

7.  Die  Rechte  der  briti-elien  Fischer,  bei  jeder  Witterung  zu 
ankern.  Lebensmittel  und  Wasser  einzunehmen,  Reparaturen  zu 
machen,  die  Waaren  von  einem  Schiff  auf  das  andere  zu  laden, 
Fische  zu  verkaafeu«  zu  landen  und  Netze  zu  trocknen,  bleiben 
unberührt. 

Berlin,  den  1.  Juli  1890. 

von  Cuprivi.   R.  Krauel  Edward  B.  Malet. 

H.  Percy  Anderson. 

Die  Aufnahme,  welche  der  Vertrag  in  Dentecbland  fand,  war 
sehr  getheilt.  Im  ersten  Augenblick  hatten  die  nationailiberalen  Zei- 
tungen, welche  sonst  recht  kolonialfreondlich  sind,  Aber  der  Erwerbung 
Helgolands  alles  andere  vorausgegangene  vergessen  nnd  an  der  Seite 
der  kolonialfeindlicheD  freisinnigen  Blätter  gestanden,  welche  den 

r 


20 


Di«  Yertbeilung  Afrika*!. 


Vertrag  bewillkomninetcii, aber  eine  Enniclitcninf;  setzte  sehuell 
«'in.  In  Süddentsclihmd  besonders  war  man  über  die  Zugeständnisse 
an  die  Knirländer  empört,  das  nati^tiialc  Gefühl  bäumte  sich  gewaltig 
gegen  diesen  als  l)emüthigung  empfandenen  Vertrag  auf.  in  den  Kreisen 
der  Kolonialfreunde  herrsehte  eine  tiefe  Xiederge><  hlaui'nheit.  Bald 
begann  eine  sehr  kiitisclie  Stimmung  auch  in  den  Zeitungen,  weUhe 
nicht  geradezu  offiziös  waren,  sehr  deutlich  aifs  Tageslicht  zu  treten, 
und  es  bedürfte  des  mahnenden  Hinweises  darauf,  dass  eine  allzu 
pessimistische  Auffassung  für  die  ganze  Kolonialbewegung  in  Deutsch- 
land geradezu  gefährlich  wirken  müsste,  dass  in  dem  begrenzten 
Gebiet  noch  gewaltige  Landstriche  der  deutschen  Unternehmerkraft 
zu  erschliessen  waren,  und  dass  noch  lange  nicht  alles  verloren  war. 
Da  es  allmählich  bekannt  wurde,  dass  es  Fragen  europäischer  Politik 
gewesen  waren,  welche  das  überraschende  Kinverstiindniss  zu  Stande 
brachten,  erschien  das  Ganze  allerdings  in  einem  anderen  Lichte,  als 
wenn  man  es  nur  von  dem  Gesichtspunkte  einer  Verständigung  über 
afrikanische  Besitzungen  betrachtete.  Dennoch  war  daraus  der  Umstand 
noch  immer  nicht  zu  erklären,  dass  England  thatsächliche  Vortheile 
allein  daraus  gezogen  hatte,  denn  bei  allen  möglichen  europäischen 
K(tmplikationeu  hat  England  mindestens  ebenso  viele  Vortheile  von 
der  Unterstützung  Deutschlunds  zu  erwarten,  als  wir  unigekehil  von 
England.  Hei  einigermaasseu  eutscbiedenem  Auftreten  hätteu  wir 
sicher  mehr  erreichen  können. 

Auf  die  Einzelnheiten  des  Abkommens  werden  wir  bei  der 
Schilderung  der  einzelnen  Kolonialgebiete  noch  näher  eingehen.  Das 
Auswärtige  Amt  fühlte  das  Bedürfniss,  um  der  herrschenden  Ver- 
stimmung entgegenzutreten,  von  seiner  Geptlogenheit  abzusehen  und 
am  i'f).  .Ulli  in  einer  „Denkschriit  über  die  Beweggrunde  zu  dem 
deutsch-englischen  Abkommen"  (siehe  Anhang)  ein  rjposc  (h^s  motifs 
zu  eeben,  welche  in  erschöpfender  Weise  die  Frage  der  Abgreuzuugeu 
vom  ailgemeiueu  und  besonderen  Gesichtspunkte  behandelt. 

England  und  Frankreieli. 

Bei  dem  <leutsch-englischen  Abkommen  halte  aber  auch  Frank- 
reich mit/ureden,  da  dasselbe  durch  Vertrag  am  10.  März  18G2  die 
Unabhängigkeit  des  iSultans  von  Sansibar  garantirt  hatte.  Es  fanden 
sich  zwischen  England  und  Frankreich  so  viele  Berührungspunkte, 

*)  So  schrieb  die  kolonialfeindliche  Freisinnige  Zeitung  gaiis  konsequent: 
«Deutsch- Ostafrika  ist  dnrch  das  deiitsrh-enirlische  Uebereinkooimen  noch  weithloser 
für  Deotscbland  geworden  als  es  bisber  der  Fall  war.* 


Die  VertbeiluDg  Afrika*«. 


■ 

21 


(liiss  eine  Eiiiiiiun?  verhält nissniftssifC  leicht  war.  Am  5.  August 
uurde  zwisrlieu  Lord  Salisbury  und  Waddiugtou  folgeudeä  Abkouiiueu 
geschlosseu : 

Artikel  I. 

In  UelMralnitiBiimiiig  mit  den  voa  Ilifw-  IMriUnBlMhen  Higtitftt  gestellten 
Oetvetien  willigt  die  fransöeiaGlie  Re^erunt;  ein,  das  Abkommen  vom  10.  Mira  1969 

mit  Bezuj;^  auf  den  Sultan  von  Sansibar  abzuändern  und  Tcrpflichtet  sieb  folglich, 
die  britische  Schutzherrscliaft  über  die  Inseln  Sansibar  und  l'emba  anznerkennen, 
sobald  ihr  dieselbe  angezeigt  worden  ist.  in  den  in  Rede  stehenden  Ciebieteu 
aollen  die  ^i&sionare  beider  L&nder  vollkommentn  Schutz  genieasen.  Religiüse 
Dnldnag  und  Freiheit  for  alle  Fonnen  der  GottesTerebmng  und  Religlonnuiterricht 
sollen  Terbörgt  werden.  Sa  iat  BinTentlndnies  darober  erzielt,  daaa  die  Herstellung 
dieser  Schutzherrschaft  keine  Rechte  oder  Freiheiten  berührt,  welche  französische 
Bürger  in  den  in  Eede  stehenden  Gebieten  «feniessen* 

Artikel  II. 

1.  Die  Recieruug  Ihrer  Hritannisohen  Majestät  frkennt  die  Sf'Mit/liorrschaft 
lraakreicb<«  über  die  lusel  Madagascar  an  mit  seinen  Folgeui  Daaieutiicli  lu  Betreff 
der  Exeqnatan  britischer  Konsuln  und  Agenten,  welche  dorch  die  Vermittelung  des 
fransSsisehen  Oeneralresidenten  nachgesudit  werden  nossen.  In  lladavascar  sollen 

die  Missionare  beider  Länder  Tollkommenen  Schutz  genie^isen.  Religiöse  Duldung 
und  Freiheit  für  alle  Formen  der  'tottosverehruui;  und  Relit;ionsunterrichl  sollen 
verbürgt  werden.  Es  ist  Einverstrmiiuiss  Harülter  erzielt,  dass  die  Herstellnnj'  (ii^^it-r 
Schulzberrücbalt  keine  Hechte  und  Freiheiten  berührt,  «elcbe  britische  üuterthuueu 
auf  dieser  Insel  geniessen«  2.  Die  Regierung  Ihrsr  Britannisehen  ü^jest&t  erkennt 
du  Einflussgebiet  Frankreicha  im  Süden  seiner  Mtttelneerbesitsttngen  bis  zu  einer 
Linie  von  Say  am  Niger  nach  Harruwa  am  Tscbadsee,  so  gezogen,  dass  sie  in  dem 
Actionsbe reich  der  Ni£rer'.:osellschaft  alles  ninfnsst,  «as  hilliL'crweiso  zum  Köni^reii'he 
Sokoto  gehrfft,  an.  I'ie  Linie  soll  «lurch  7U  ernennende  Kommissare  festgestellt 
werden.  Die  Regierung  ihrer  bniaunischeu  Majestät  verpflichtet  sich,  unverzüglich 
awei  Kommissare  sn  ernennen,  die  in  Piria  mit  sw^  von  der  R^eruog  der  fran« 
lösischen  Republik  ernannten  Kommissaren  susammentreisn  sollen,  um  die  Einzeln- 
heiten der  obenerwähnten  Linie  festzustellen.  Es  besteht  jedoch  ausdrückliebes 
EiiiTerständuiss  darüber,  dass  seihst,  falls  die  Arbeiten  dieser  Kommissare  nicht  ein 
Tollkommeues  Einvernelunon  über  alle  Einzelnheiteu  der  Linie  /ur  Folge  haben 
sollten,  das  .\bkommeu  zwischen  den  beiden  Regierungen  über  die  oben  augeführte 
nllgemmne  Orensberiehtiinmg  nichtsdestoweniger  bindend  sein  solL  Die  Commissare 
werden  auch  mit  der  Aufgabe  betraut  werden,  die  belderseiti^n  Einflussgebiete 
der  zwei  Länder,  in  der  Gegend,  welche  sich  nach  dem  Westen  und  Süden  des 
mittleren  und  oberen  Nigers  ausdehnt,  festSUStellen. 
London,  b.  August  IS'JO. 

(Gez.)  Salisbury  bez.  Wad d  i  uf;  i o  ii. 

Damit  war  dou  Frauzosen  uud  Eiigländern  die  Anwartscliaft  auf 
einen  Theil  dvr  schönsten  Länder  Innerutrikus  um  den  Tst  hudsee 
gegeben,  welche  nur  von  Dcutsrhcn  erforscht  sind.  Die  Engländer 
beliielten  natfirlich  den  besten  Thcil.  Es  handelte  sich  hier  um 
voUkommea  orgauisirte  Staaten  mit  stehendea  Ueereu,  uameutlich 


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22 


Die  Vertbeilni«  AfrikaY 


die  L&nder  Borna  and  das  grosse  Kaiserreieh  Sokoto.  Nacheinander 
durchforschten  diese  Gegenden  Heinrich  Barth,  £dnard  Vogel,  Over- 
weg, V.  Benrmann,  Rohlfs  und  Nachtigal,  nnd  1886  flberbiaehte 
Staudinger  die  Geschenke  Kaiser  Wilhelms  an  die  Snltaiie  von  So- 
koto nnd  Gandn.  Diese  Lftnder  nnn  sind  vermöge  ihres  naiflrliehen 
Reichtbams  zn  einer  verbältnissmässigen  Höhe  der  Blüthe  gekommen; 
sie  haben  sogar  —  wenigstens  einige  von  ihnen  —  eine  Geschiebte, 
was  von  den  übrigen  Lündem  Afrikas  nicht  gesagt  werden  kann. 
Die  Fürsten,  die  Vornehmen  nnd  Reichen  der  Länder  sind  Mohame- 
daucr,  während  das  Volk  noch  heidnisch  ist.  Der  Reichthum  der 
Landereieu,  die  Fruchtbarkeit  des  Bodens  wird  von  allen  KeisenJeu 
hervorgehoben.  cl)euso  ist  dort  an  Vieh  kein  Mangel.  Dioe  Llluder 
haben  nicht  nur  Ueberlluss  an  Plerden,  ixindtTLi.  Muulthieren.  l-^st^n, 
Schafen  nnd  Ziegen  —  Tlüere,  die  man.  /um  Theil  wenigstens,  süd- 
lich vom  Aeijuator  nicht  findet.  —  sondern  auch  au  dem  übrigen  in 
Afrika  heimischen  Wildstand,  Es  verlohnte  sich  deshalb  wohl,  auf 
diese  schönen  Lände  r  Beschlag  zu  legen  und  der  Gedanke  der  Aus- 
führung der  Transsaliara-Bahn  tauchle  in  Frankreich  wieder  auf. 
Nur  leider  geht  Deutschland  vorläufig  hierbei  leer  aus.  Es  ist  da- 
her auf  das  dringlichste  zu  wünschen,  dass  die  (iren/linie  uns^^rer 
Kamerunkolonie  über  den  Benui'  hinaus  bis  zum  Tschadsee  verlän- 
gert werde.  Im  Hinterbuid  unserer  Kamerunkolunie  sind  al»cr  aurh 
die  Franzosen,  wclclie  bereits  vun  einem  zusammenhängenden  fran- 
zösischen Gebiete  vom  Kongo  bis  nach  Algier  und  Tunis  reden, 
thätig,  vom  Ubanghi  aus  unser  Hinterland  von  Kamerun  zu  be- 
schränken. Gegenüber  diesen  französischen  Ansprüchen  ist  daran  fest- 
zuhalten, dass  die  deutsche  Regierung  sich  in  dem  Protokoll  vom 
24.  Dezember  1885  nur  verptliditet  hat,  sich  einer  jeden  politischen 
Einwirkunu  sütllirh  von  einer  Linie  zu  enthalten,  welche  dem  Campo- 
fiuss  von  seiner  Mündunt^  Iiis  zum  10.  Grade  östlicher  Länge  und 
von  diesem  Punkte  ab  dessen  Breitenparallel  bis  zu  dem  Schueide- 
punkte  des  letzteren  mit  dem  15.  Grad  östlicher  Lange  folgt.  Es 
berechtigt  nichts  zu  der  Annahme,  dass  die  Verlängerung  dieser 
Grenzlinie  sich,  wie  es  die  Franzosen  wünsehen,  an  dem  bisherigen 
Endpunkt  in  einem  rechten  Winkel  mich  Norden  zu  wenden  habe, 
um  auf  dem  15.  (xrad  weiter  zu  laufen.  Die  natürliche  Fortsetzung 
der  bisherigen  Grenze  geht  in  der  alten  Richtuntr  geradeaus  weiter 
auf  dem  Breitengrade  nach  Osten,  nicht  nach  Norden  dem  Längen- 
grade entlang.  Wenn  auch  die  Hinterlandstheorie  allein  für  Greuz- 
absteckungen  nicht  massgebend  sein  kann,  so  besitzt  Frankreich  znr 


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Die  Vertbeiluug  Afrika^s. 


28 


Zdt  doch  keinerlei  wiridicfae  Intereesen  in  dieser  ganzen  Gegend 
ansser  am  übangfaiflnas  bis  zom  4.  Grad  nördlieher  Breite.  Eine 
Yerlftngening  der  dentsoh  -  franzOnBchen  Grenzlinie  bis  zu  diesem 
Punkte  an  derKordwesteeke  des  Eongostaates  wfirde  als  ein  billiger 
Ansgleicfa  za  betrachten  sein. 


Aber  noch  war  die  Vertbeilnng  Afrikas  nicht  vollendet;  die 
EnglSnder  '  schlössen  mit  den  Barotse  nördlich  vom  Sambesi  Ver- 
träge ab,  welche  ihnen  das  Land  bis  znm  BaDgweolo-8ee  sicherten, 
nnd  der  Eongostaat  zog  das  Lnnda-Beich  anf  weldies  Portugal  An- 
sprüche erhob,  in  seinen  Yerwaltnngskreis  ein.  Diese  Angelegen- 
heit dürfte  durch  schiedsrichterlichen  Ansspruch  erledigt  werden. 
Ferner  unterbandelt  England  mit  Italien,  welches  jetzt  das  ganze 
Somaliland  bis  znm  Jab  besitzt  nnd  mit  dem  Sultan  Osman  von 
Halule  einen  Vertrag  geschlossen  hat,  nach  welchem  derselbe  sieli 
verpüii-htet,  keinen  anderen  Protektoratsvertrag  als  den  italienischen 
anzunehmen,  wegen  der  Abgrenzung  der  italienisch- englischen  Be- 
sitzungen um  Rothen  Meer,  insbesoudcre  Aegyptens  und  Abcssyniens, 
so  dass  man  mit  vollem  Keelile  sagen  kann,  Europa,  wolches  von 
Afrika  Besitz  ergriffen  hat,  hat  es  nun  auch  vertheilt.  Die  Eng- 
länder haben  den  Lüwenantheil  davongetragen;  sie  haben  vor  allem 
das  gewaltige  Stromgebiet  des  Nils  von  der  Mün<laug  bis  zu  seinen 
Quellen  am  Mondgebirge  und  im  Sudan  und  das  riesige  Reich 
Uganda,  ferner  den  Handelsweg  der  grossen  Seen  vom  Sambesi- 
Schire  bis  znm  Nil,  den  Taua  nnd  da.s  Südufer  des  Jub-Flusses,  so- 
wie das  reiche  Gebiet  des  untern  und  mittlem  Niger  und  des  Benue 
gesichert.  Von  allen  grossen  und  wichtigen  Strömen  Afrikas  ist 
nur  der  Kongo  der  englischen  Herrschaft  entzogen.  Drei  riesige 
britisch-afrikanische  Reiche  sind  in  der  kurzen  Zeit  von  fünf  Jahren 
gegründet  oder  doch  wenigstens  diplomatisch  gesichert  worden,  das 
eine  in  Ostafrika,  welches  in  Verbindung  mit  Aegypten  ununter- 
brochen von  Sansibar  durch  den  östlichen  Sudan  bis  nach  Suakiin 
nnd  Alexandrien  reicht;  ein  zweites,  das  sich  im  Anschluss  an  die 
Kapkolonie  über  den  Sambesi  bis  zum  Tanganyika-See  und  zum 
obern  Kongo  erstrekt;  das  dritte  im  Gebiet  des  Niger-Benue  im 
westlichen  und  mittlem  Sudan.  Diese  drei  Reiche  zusammen  be- 
decken eine  fläche,  die  derjenigen  von  ganz  Europa  ougelUbr 
gleichkommt. 

Erst  innerhalb  dieses  Jahrhunderts  ist  der  dnukie  Erdtheü 


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24 


Die  VertheiluDfr  AfrikaV 


gcogrupliiseh  und  politisch  wahrhaft  iu  den  europäi-rliPii  fiesichtskreis 
getreten.  Im  Korden  drohte  vorher  die  nDgastliche  Barbareskeüküste, 
das  unnahbare  fianatische  Marokko,  im  Westen  beschränkten  sich 
die  enropftischen  Mächte  darauf,  an  besonders  günstigen  Stellen  der 
Eflste  ihre  Sklavenkomptoirs  zn  halten  nnd  daza  beizutragen, 
dass  ganze  Landstriche  verödeten.  Von  Sfiden  drangen  zwar  die 
Bnren  nach  Norden  hinanf,  aber  die  kräftigen  Eaffemstftmme  bereite- 
ten ihnen  gewaltige  Schwierigkeiten.  Portugal  ruhte  auf  den  Lor- 
beeren frfiherer  Jahrininderte  ans  und  an  der  Ostkfiste  griff  das  Re- 
giment der  Maskat-Araber  immer  weiter  nm  sich.  Der  Feldzog 
Napoleons  in  Aegypten  war  nur  eine  Episode  gewesen,  erst  die  Er- 
obemng  Algiers  dnrch  die  Franzosen  im  Jahre  1830  ftthrte  nach 
mancherlei  Eämpfen  zn  einer  danemden  Besetzung.  Bewunderungs- 
würdige Entdeckungsreisen  yon  Deutschen,  Engländern,  Franzosen 
und  Italienern  erschlossen  das  Innere;  die  Quellen  des  Nils,  die  grossen 
mittelafrikanischen  Seen,  wurden  aufjgfefnnden.  Der  Suezkanai  wurde 
gebaut,  die  ostafrikaniscbe  Eflste  trat  aus  der  Vergessenheit  der 
Jahihunderte  hervor,  der  Lauf  des  Eongo  wurde  erforscht  Der  westafri- 
kanische Sklavenhandel  hOrte  auf,  ein  grosser  Aufschwung  des  afrika- 
nischen Import-  und  Exporthandels  begann;  der  sfidafrikanisohe  Boden 
barg  Diamanten  und  Gold  in  fast  fabelhaftet  Fflile,  der  Handel  mit  den 
Erzeugnissen  des  Pflanzen-  und  Thierreichs  brachte  reichen  Gewinn. 
Der  Wettstreit  der  eoropflischen  Nationen  setzte  ein,  nnd  heute  ist  der 
Erdtheil  fiberall  von  den  furchtbaren  Armen  Europas  umfasst  In  den 
verschiedensten  Formen  tritt  zunächst  noch  die  Herrschaft  der 
Europäer  auf,  hier  als  tbatsächltcfaer  und  hJstoriseher  Besitz,  dort 
als  Sehntzfreondschaft,  bald  als  Pachtang  von  Zollen  und  Lände- 
reien, bald  als  vertragsmässige  militärische  ünterst&tzung.  Aber  das 
Ziel  ist  fiberall  dasselbe:  die  Erwerbung  des  Landes,  die  Erziehung 
der  Neger  zu  Cnterthanen  der  Weissen.  Im  Fortschritt  der  Kultur 
haben  mr  ein  allgemeines  Menschheitsgefühl  gewonnen,  das  uns  ver- 
bietet, in  einem  Vernichtungskriege  gegen  die  Einwohner  Afrikas 
vorzugehen,  wie  ehemals  die  Spanier  in  Westindien,  in  Mexiko  und 
Peru.  Vor  dem  Loose  der  westindischen  Schwarzen,  die  vor  dem 
Wehen  der  enroi>aisrhen  Kultur  dahingeschwunden  ist,  wie  da.-* 
Schilf  vor  dem  Feuer,  bewahrt  die  afrikanische  ihre  Stärke  und 
ihre  gewaltige  Kopfzahl.  Was  die  EuropSer  den  Negern  brinaeu, 
ist  doch  niclit  allein  der  Branntwein  und  die  Schusswafte,  sondern 
die  Befreiung  von  der  furchtbaren  Geissei  der  Sklavonjagden.  Die 
erste  Frucht  des  deutsch-englischen  Vertrages  über  Afrika  kommt 


Die  Vertbeiiuug  Afrika'». 


25 


der  Humanität  zu  gat:  indem  er  die  Tyrannei  der  Araber  bricht, 
madit  er  die  Henschenjagden  unmöglich.  Wie  weit  sich  der  N^r 
in  unserem  Sinne  erziehen  und  entwickeln  UM,  ob  es  in  abeehbarer 
Zeit  dem  Ghrietenthum  gelingen  wird,  das  Heidenthum,  den  Fetisch- 
dienst  und  den  Islam  völlig  zu  fiberwinden  —  das  und  Fragen  und 
Aufgaben  der  Zukunft.  Aber  die  Bahn  zu  unermesslichen  Fort- 
schritten, zu  den  bedeutsamsten  Werken  und  Thaten  der  Zivilisation 
ist  frei  gelegt  Bleiben  die  Europäer  eiuig,  so  Termag  nichts  die 
Ton  ihnen  unternommene  Eulturübeit  in  Afrika,  die  Ausbreitung 
und  Srfiftignng  ihrer  Stellung^  die  Erhebung  der  eioheimiscfaen  Be- 
völkerung auf  eine  höhere  Lebensstufe  zu  hindern.  Die  Gewinnung 
Afrikas  ist  aber  des  Schweisses  der  Edlen  werth,  es  wird  vielleicht 
die  letzte  grosse  That  des  alternden  Europa.  Ein  unabsehbares  Feld 
von  Arbeit  im  Dienste  der  Gesittung  und  der  Menschlichkeit  breitet 
sich  den  kommenden  Greschlechtern  aus  —  die  Eulturerziehung 
der  Naturvölker. 


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Die  8pracliverMltiiis8e  in  deu  deutschen  Schutz- 
gebieten. 

Von 

A.  Seidel, 
i 

Oer  Hemecke'sche  Kolonialkalender  f6r  1890  enthält  auf  Seite  130 
eine  der  „Madras  Times"  entnommene  Znsammenstellnng  von  Winken 
nnd  BathschJftgen  f&r  den  dentechen  Kolonisten  in  Afrika,  welche 
den  Verfasser  als  einen  in  hohem  Grade  erfahrenen  nnd  weisen 
Mann  kennzeichnen.  Seine  RathschlSge  beziehen  sich  durchgängig 
auf  das  zweckmässige  Verhalten  des  einzelnen  Kolonisten  wie  einer 
kolonisirenden  Macht  gegenaber  der  eingeborenen  BevOlkemng.  In 
der  That  liegt  hier  eine  der  bedentsamsten  Schwierigkeiten  für  ein 
kolonisirendes  Volk,  dem  es  darauf  ankommt,  das  eingeborene  Ele- 
ment zu  erhalten,  ja  materiell  und  geistig  zu  fördern,  statt  etwa 
nur  eine  blosse  Vemichtnngspolitik  zu  treiben,  wie  es  zum  Theil  in 
Amerika  und  anderswo  geschehen  ist.  Schlägt  das  letztere  Veifthren 
einmal  allen  Grundsätzen  der  Humanität  sowie  der  Auffassung  von 
der  zivilisatoiischen  Aufgabe  entwickelter  Volker  ins  Gesicht,  so  ist 
femer  nicht  zu  verkennen,  dass  dadurch  auch  die  ErschliessuDg  der 
natfirlichen  Schätze  des  betreffenden  Gebietes  mindestens  erschwert 
und  verlangsamt  wird.  Dies  trifft  um  so  mehr  auf  den  grössten 
Theil  unserer  afrikanischen  Schutzgebiete  zu,  als  man  kaum  jemals 
wird  daran  denken  können,  dieselben  mit  vorwiegend  enropäischer 
Bevölkerung  zu  besetzen,  Allerdiiit^s  liegt  glücklicher  Weise  bei  der 
stiirkeu  Widerstandsfähigkeit  des  Xegers  die  Gefahr  der  Veruichtuug 
auch  weniger  nahe. 

Es  ist  also  von  der  äussersten  Wichtigkeit,  die  Grundsätze  zu 
erforschen,  nach  deneu  man  sein  Verhalten  gegen  die  eingeborene 
Bevölkerung  einzurichten  hat.  Es  genügt  dazu  nicht,  sich  vorzu- 
halten, wie  es  der  Verfasser  der  oben  erwähnten  , Winke**  thut,  dass 


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Die  SprachverhältnisM  in  den  deutscben  Scbutzgebieteo. 


27 


•man  mit  Eingeborenen  zn  verkehren  habe  ,,anf  der  breiten  Grund- 
lage des  einfachen  i;esnnden  Mt-nsehenverstandes  nnd  der  natür- 
lichen Gerei-htij-keit,  zumal  eine  nur  von  diesen  beiden  Motiven  diktirte 
Art  des  Verkehrs  mit  den  Eingi'l)()renen  bei  ihn  n  differenten  Rechts- 
Anschaunni^en  in  unendlich  vielen  Fällen  dem  Verständniss  derselben 
nnzugäuirlich  und  dalier  ohne  die  erliofTte  Wirkung  lileilien  wird. 
Zudem  ist  der  Werth  allgemeiner  Grundsatze  für  die  Praxis  doch 
recht  schwach,  da  die  Anwendung  auf  den  einzelnen  Fall  ein  Ik'- 
deutendes  Maass  natürlichen  Taktes  erfordert.  Es  ist  vielmehr 
nötig,  mit  stetiger  Berücksichtigung  der  besonderen  Verhältnisse 
der  Eingeborenen  und  unter  den  obigen  llxponenten  des  gesunden 
Menschenverstandes  und  der  natürlichen  Gerechtigkeit  für  jede  ein- 
zelne Spliiire  der  in  Betracht  kommenden  Verhältnisse  von  Kolonisten 
untl  Kolonisatoren  zu  den  Eingeborenen  bestimmte  praktische  Regeln 
zu  linden,  die  das  Verhalten  im  einzelnen  Falle  bestininn'ii.  Eine 
solche  F(H(lerung  setzt  eine  gründliche  Erforsehung  der  LelM-nsver- 
hällnisse  der  Fjni^eborenen  voraus.  Unter  «lieseni  Gesiehtsiiunkte  ist 
z.  B.  besonders  das  Studium  der  Rechtsverhältnisse  der  Eingeborenen 
von  der  eminentesten  Bedeutung  und  es  ist  mit  Freuden  zu  l)e- 
grüssen,  da>s  die  deutsche  Kolonialuesellsehaft  btM'eits  wietierliolt  und 
neuerdings  erst  uelem'iiilich  ihrer  GeneralversainTiiliiim-  in  C'iln  zum 
Studium  derselben  in  wirkungsv(dler  Weise  angeiei;t  hat.  Von  nii-ht 
geringerer  Wichtigkeit  erscheint  ferner  die  SchatViing  eines  Mittels 
zum  leichten,  selmeilen  nnd  zuverlässigen  Gedankenanstausch  /wischen 
Kolonisten  und  F2ingeborenen.  Mit  vollem  Rechte  fa<st  der  oben 
angezogene  koloniale  Weise  diese  Frage  an  erster  Stelle  ins  Auge, 
indem  er  seine  „Winke"  eiideitet  mit  dem  Satze:  „Beschafl'e  für  den 
Verkehr  mit  den  Eingeborenen  F^ingehorene  als  Dolmetscher."*  In 
der  That  bedarf  es  ja  kaum  des  Nachweises,  vmi  wie  eminenter 
Wichtigkeit  e->  ist,  dass  mau  im  Stande  sei,  mit  voller  SchiMle  u!id 
bis  in  die  kleinste  Nüance  hinein  sich  dem  Eingeborenen  verständ- 
lich zu  machen  und  ihn  selbst  zu  verstehen.  Das  hat  seine  Geltuui; 
sogar  mit  Bezug  auf  die  GebenhMisprache,  über  welche  kürzlich 
Reichard ')  und  Zinlgraft'.  ■-)  soweit  es  die  Xpger  anseht,  so  schätzens- 
werte und  interessante  Auf>chlüsse  gegeben  hal)en.  (ijir  majicl)-' 
Konflikte  würden  durch  die  Mr>glichkeit  leichter  und  eiiio^.Jnijj(i,,,- 
Verständigung,  wie  sie  von  Dülmetschem  nur  in  seltenen  Etüieu 


<)  Ausland  1890»  No.  20.  21,  22. 
ibid.  No.  24. 


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28 


Die  Spracbverbältaisäe  iu  deu  deulschea  Scbutzgebieteu. 


geboten  wird,  vermieden  worden  sein.  Andererseito  ist  das  Stndiom 
der  Sprache  der  Eingeborenen,  abgesehen  von  seiner  Bedeutung  ffir 
die  allgemeine  Spiaohwissenschaft,  auch  als  ein  vorzflgliehes  Kriterium 
fftr  die  Schfttznng  der  geistigen  F&higkeit  der  Eingeborenen  von  nicht 
zu  unterschätzendem  Wertlie.  Die  viel  ventilirte  Frage  nach  der 
geistigen  Perfektibilitftt  des  Negers  Usst  sich  m.  B.  ohne  die  Heran^ 
Ziehung  der  historischen  Beispiele  aus  der  Betrachtung  seiner  Sprache 
mit  Evidenz  io  bejahendem  Sinne  entscheiden. 

Je  niedriger  die  EulturstuÜs  der  Bewohner  eines  Landstriches 
ist,  um  so  grosser  pflegt  die  Spraehverschiedenbeit  derselben  zu  sein. 
Während  die  zivilisirten  Kationen  auch  in  diesem  Punkte  einem 
gewissen  Kosmopolitismus  entgegeustreben  und  die  Grenzen  einzel- 
ner Sprachgebiete  unter  Verdräogang  und  Einschränkung  anderer 
Sprachen  und  Dialelcte  immer  weiter  sich  ausdehnen,  ja  Volapukisten 
und  Pasilinguisteu  die  ganze  Erde  mit  einer  Sprache  umspannen 
möchten,  herrscht  unter  den  Bewohnern  unserer  Schutzgebiete  noch 
die  babylonische  Sprachverwirrung  im  gewagtesten  Sinne  des  Wortes. 
Jeder  Stamm  hat  seine  eigene  Sprache,  <Ue  sidi  in  den  einzelnen 
Dörfern  oft  noch  in  erheblich  verschiedene  Dialekte  spaltet  Man  glaube 
nicht  etwa,  dass,  wenn  hier  von  verschiedenen  Sprachen  die  Rede 
ist,  es  sich  nur  etwa  um  geringe  dialektische  Abweichungen  handele. 
Zwar  werden  alle  Stufen  der  Verwandtschaft  durchlaufen,  aber  im 
gunstigsten  Falle  ist  doch  das  Verhältniss  zwischen  zwei  Sprachen 
in  dem  hier  genannten  Sinne  nicht  näher  als  das  zwischen  dem 
Englischen  und  Deutschen.  Ja,  in  unserem  Schutzgebiete  in  der 
Sfidsee  ist  die  Verschiedenheit  so  gross,  dass  ein  flberzeugender 
Kachweis  von  einer  ursprünglichen  Verwandtschaft  trotz  der  jüngsten 
Bemflhungen  ZoUers^)  noch  zu  erbringen  ist. 

Zwischen  der  Sprache  der  Khoi-Khoin  und  dem  Otyi-Uerero  in 
Deutseh*Sfidwett-Afrika  besteht  nicht  die  entfernteste  Verwandtschaft 
Beide  unterscheiden  sich  wie  Deutsch  und  Chinesisch.  Aber  selbst 
Stämme  mit  verwandten  Sprachen  wie  z.  B.  die  Waseguhaund  die  Wayao 
in  Ostairika  verstehen  einander  nicht  Es  ist  nicht  leicht,  sich  in  diesem 
Babel  von  Sprachen  einigennaassen  zurecht  zu  finden.  Die  Zeit  ist 
zwar  voräber,  in  welcher  die  Philologen  sich  schaudernd  abwandten, 
wenn  die  afrikanischen  Sprachen  aufs  Tapet  kamen.  Heutzutage 
sind  die  rohen  Umrisse  auch  fär  die  afirikaaische  Linguistik  fest* 
gelegt.  Eine  lange  Bdhe  der  verdienstvollsten  Forsdier  vrie  Bleek, 


')  Peterai.  Mittb.  1890,  No.  5  und  6. 


Dm  8prachverlilItiuB8«  in  dm  deutselMB  ScfavtegebietM« 


29 


Krapf,  Steere,  Rebnian,  Latham,  Koelle,  Lepsius,  Barth,  Saker,  Chri- 
staller, Moft'at,  Livingstone,  Hahn  und  viele  andere,  in  nenester  Zeit 
Eroenlein,  Brincker,  Büttoer  a.  8.  w.  haben  anter  der  Aegide  eng- 
lischer und  deutscher  Missionsgesellschaften  dieses  AVerk  fördern 
helfen.  Grosses  Verdienst  trcbfihron  ferner  der  englischen  Bibel- 
gesellschaft uod  der  Society  for  Promoting  Christian  Kiutwledge. 
Ein  verdienter  englischer  Gelehrter,  Robert  Needham  Cust  hat  zam 
ersten  Male  in  seinem  Buche:  A  Sketch  of  the  modero  JLaogoages 
of  Africa  (11  Bde.,  London,  Trübner,  1883)  alles  zusammengestellt, 
was  an  Materialien  über  die  einzelnen  afrikanischen  Sprachen  be- 
kannt ist  Seit  1887  erscheint  eine  von  dem  erwähnten  Dr.  C.  G. 
Bfittner  heransgegebene  Zeitschrift  für  afrikanische  Sprachen. welche 
sich  vorzugsweise  mit  den  Sprachen  des  donklen  Erdtheiis  befssst. 

Weniger  günstig  steht  es  mit  nnserer  Kenntniss  von  den 
Sprachen  der  Bewohner  unserer  Besitzungen  in  der  Südsee.  Zwar 
haben  die  Missionare  manches  zur  Erforschnog  einzelner  Sprachen 
gethan;  aber  das  wenigste  davon  ist  veröffentlicht  worden,  sodass 
man  selbst  über  so  magere  Mittheilongen ,  wie  sie  Zdller  über 
24  Sprachen  Nengoineas  in  Petermanos  Mittheilungen  (1890,  Heft  5 
mid  6)  gegeben  hat,  erfreut  sein  mnss. 

Zur  Betrachtnog  der  einzelnen  Schutzgebiete  in  sprachlicher  , 
Hinsicht  übergehend,  schicken  wir  die  Bemerkung  voraas,  dass  die 
folgenden  Skizzen  nicht  den  Ansprach  auf  lückenlose  VoUstftndigkeit 
machen,  sondern  nur  in  grossen  Zflgen  ein  allgemeines  Bild  der 
sprachlichen  Verhältnisse  in  unseren  Kolonien  darzubieten  bestimmt 
sind.  Deatsch-Ostafrika,  wie  es  sich  nach  der  letzten  Abmachung 
mit  England  abgrenzt,  umschliest,  soweit  bekannt,  fiber  60  verschie- 
dene Sprachgebiete,  welche  zum  grosseren  Theile  den  Bantu-Sprachen 
und  zwar  dem  östlichen  Zweige  derselben  angehören.  Nicht  zu  den 
Bantnspradien  gehören  z.  B.  die  Sprache  der  Bewohner  von  Eavirondo, 
der  Wakuafi,  der  Massai  u.  s.  w.  Unter  den  ostafrikanischen  Sprachen 
nimmt  aber  an  Bedeutung  das  Eisuaheli  bei  weitem  den  ersten  Platz 
ein.  Das  Kisuaheli  hat  sich  zur  Verkehrssprache  nicht  nur  auf  der 
Insel  Sansibar,  sondern  auch  an  der  Kfiste  und  weit  in  das  Innere 
des  Kontinents  hinein  au^eschwungen.  Mit  ihm  rivalisirt  nur  das 
von  dem  zahlreichen  arabischen  Element  faieber  getragene  Arabisch, 
dessen  Einfluss  sich  noch  viel  weiter  in  das  Innere  des  Festlandes 
hinein  verfolgen  lässt.    Das  Eisuaheli  ist  eine  ausserordentlich 


')  Berlin,  Ascber  <Si  Co. 


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30 


Uie  SpracbverbäUniMe  ia  dea  deuUcben  Schutzgebieten. 


wohlkliugeiide  iSpracbe,  da  es  keine  rauhtönendeii  Konsouanten  hat, 
das  Zusammentreffen  zweier  Konsonanten  mit  Ausnahrae  einiger 
Lippenhiute  und  Nasale  zu  meiden  sucht  uud  jede  Silbe  mit  einem 
Vokale  sehliesst.  Der  Bau  der  Sprache  ist  wunderbar  regjelmüssig 
und  durchsichtig;  sie  ist  daher  verhiiltnissniiissiij  leiciit  zu  erlernen. 
Sie  trägt  noch  alle  charakteristischen  Merkmaie  der  Bantusprachen, 
■wenn  schon  hie  und  da  starke  Abschleifungen  stattgetuiulen  haben, 
die  für  die  lange  Sonderentwickelung  der  Sprache  Zeugniss  ai)legen. 
Es  sei  erlaubt,  in  grossen  Zügen  den  Bau  dieser  wichtigsten  der 
ostatrikanischen  Sprache,  der  zugleich  iu  vielen  Pookten  für  die 
BaDtuspracheu  typisch  ist,  klarzulegen. 

Vor  allem  gilt  es,  sich  mit  dem  Gedanken  vertraut  zu  niacheo, 
dass,  unserem  Gebrauche  schnurstracks  zuwiderlaufend,  die  Verände- 
rungen des  Wortes  in  der  Deklination,  Konjugation  u.  s.  f.  am  An- 
fange desselben  vorgenommen  werden.  Wir  bilden  die  Mehrzahl 
von  „Frau"  durch  Anhängmig  der  Endung  en,  im  Kisuaheli  wird 
aus  „mke"  im  Plural:  nake.  Einen  Artikel  giebt  es  nicht.  Die 
Hauptwörter  zerfallen  nach  den  Vorsilben,  welche  sie  im  Singular 
und  Plural  haben,  iu  8  Klassen,  z.  B.: 

Klasse  1.   mtn  der  Mann,  Plural:  «mtu. 

y,     2.    mti  der  Baum,  „  nttti. 

y     ü.    nynmba  das  Haus  „  nyumba. 

„     4.    htu  das  Ding,  ^  vitu. 

„     ö.    kasha  der  Kasten,  ,  «n/ikasba. 

„      G.    ?nmbo  der  Gesang,         „  nyimbo. 

„     7.    mahali  der  Ort,  „  mahali. 

„     8.    kufa  das  Sterben  „  — 

Eine  eigentüclM'  Deklination  fehlt.  Nominativ  und  Akkusativ 
unterscheiden  sich  durch  ihre  Stellung  vor  und  hinter  dem  Zeit- 
wort, z.  B.  Mtu  anapeudader  Mann  liebt,  aber:  Ninampenda  mtn 
icli  liebe  den  Mann.  Der(ienetiv  wird  bezeichnet  durch  Vocsetznng 
einer  Silbe,  welche  je  nach  der  Klasse  und  dem  Numerus  des  regie- 
renden Hauptwortes  verschieden  ist  und  ffir  die  einzelnen  Klassen 
folgendermaassen  lautet:  1.  wa  (Sing.)»  wa  (Plnr.);  2.  wa,  ya:  3.  ya, 
za:  4.  cha,  vya;  5.  la,  ya;  6.  wa,  za;  7.  pa;  8.  kwa,  z.  B.  mkono 
(Klasse  2,  Sing.),  wa  mtn  die  Hand  des  Hannes,  mikono  ya  mtn 
die  Hände  des  Mannes.  — •  Eigenschaftswi^rter  und  Zahlwörter  in 
prädikativer  oder  attributiver  Stellung  nehmen  die  Vorsilben  an, 
welche  der  Klasse  des  von  ihnen  bestimmten  Hauptwortes  eigen- 
thflmlich  sind,  z.  B.  dogo  klein,  mtn  mdogo  der  kleine  Hann,  kita 


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Die  SpnieliTwbiltiiiiM  i&  den  dentsdien  Sehutigebieten.  31 

kidogo  das  kleine  Ding;  moja  eins,  mtu  mmoja  ein  Mann,  kita  ki* 
mqja  ein  Ding.  Die  verschiedenen  Klassen  der  Fürwörter  zeigen 
för  jede  Klasse  der  Hauptwörter  eine  verschiedene  Form;  als  Bei- 
spiel möge  das  besitsanzeigende  Ffirwort  „mein''  dienen:  mta  wanga 
mein  Mann,  watn  wangn  meine  Mftnner;  mti  wangn  mein  Baum, 
miti  yanga  meine  Binme  n.  s.  f.;  fflr  die  8.  Klasse  yangn,  zangn; 
4.  cfaanga,  yyangn;  5.  langu,  yangn;  6.  wangn,  zangn;  7.  panga; 
8.  kwangn  (man  yergleiehe  die  YorsetzwOrter  des  Genetivs).  Das 
Zdtwort  ist  ziemlich  reich  an  Formen,  z.  B.  knpenda  lieben ;  penda 
liebe;  napenda  oder  ninapenda  oder  hnpenda  ich  liebe;  nalipeuda 
oder  nilipenda  ich  liebte;  nimependa  ich  habe  geliebt;  nltapenda  ich 
werde  lieben;  nikapenda  nnd  ich  liebte;  nikipenda  wenn  ich  liebe; 
nijapopenda  selbst  wenn  ich  liebe;  ningependa  ich  würde  lieben, 
wenn  ich  liebte;  ningalipenda  wenn  ich  geliebt  hätte;  nipende  dass 
ich  liebe;  sipendi  ich  liebe  nicht;  napendwa  ich  werde  geliebt;  pen- 
dana  eioander  lieben  n.  s.  w.  Diese  wenigen  Bemerkungen  mögen 
genügen.  Wir  besitzen  eine  Grammatik  des  Kisuaheli  in  englischer 
Sprache  Ton  Steere  nnter  dem  Titel:  A  Handbook  of  the  Swahili 
Langnage  as  spoken  at  Zanzibar.  HI.  ed.  1885.  London.  Society 
for  Prom.  Chr.  Kn.  Femer  ein  «Hülisbüchlein  für  den  eisten  ünter- 
rieht  in  der  Suaheli-Sprache*  von  Dr.  G.  6.  Büttner  (bearbeitet  nach 
den  Suaheli  exercises  der  üniversities  Mission),  nnd  eine  praktische 
Grammatik  von  dem  Yerlasser  dieses  Aufsatzes.  ^)  Ein  gutes  Kisna- 
heli-Englisches  Wörterbuch  ist  von  dem  um  die  osta^buiische  Lin- 
guistik hochverdienten  Krapf  veröffentlicht  worden.  Deutsche  Wörter- 
bücher fehlen  noch.  Dagegen  hat  das  neh  errichtete  Seminar  für 
orientalische  Sprachen  in  Berlin  das  Kisuaheli  wie  auch  das  Sansibar^ 
Arabisch  in  seinen  Lehrplan  aufgeuommen. 

Was  die  übrigen  dentsch-ostafrikanischen  Sprachen  angeht,  so  füh- 
ren wir  die  hanpts&chlicbsten  derselben  in  alphabetischer  Reihe  nach- 
stehend auf  und  fügen  dazu  ausser  der  Bezeichnung  der  geographi- 
schen Lage  eine  kurze  Angabe  der  Stellen  in  der  Litteratnr,  wo  sich 
Nüheres  über  dieselben  findet  Zuvor  jedoch  sei  es  erlaubt,  zur  Be- 
urteilung des  Yerwandtsehaftsverhültnisses  zwischen  den  verschiedenen 
ortafrikaoisehen  Sprachen  einige  der  häufigsten  Worte  des  Kisuaheli 
mit  den  ^dehen  Worten  aus  der  Sprache  der  Wagogo  -)  zusammen- 
zustellen. 


')  Ä.  Hartleben'sVeilag,  Wien  189U. 

Vergl.  Last,  Polyglotta  Africaaa  orieaUdU. 


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32  Die  SprachT«rhUtnisse  in  den  denteehea  Sdmtigebietea. 


üand 

Fuss 

Nase 

Auge 

Mund 

Ohr 

Haar 


jicho 
kinwa 
sikio 
miyele 

kitwa 
ulioii 
mtu 
mke 


mkooo 

mguu 

pua 


mwoko 
mgnlu 
mpnla 
ziso 


Kopf 
ZuDge 
Mann 
Frau 


mülomo 

igatwe 

lavaile 

mutwe 

Inlimi 

miinha 

mnke 


n.  8.  1 


Bena,^)  an  der  N.-Spitze  des  NyassapSees.   Elton,  Travels  1879» 

829.  —  Thomson,  Central  Afr.  Lakes  1881. 
Bondei,  an  der  Efiste  s.  v.  Mombas.  —  Woodward.  6.  8.^  188^ 

Vocab.  —  Erapf,  Trav.  in  E.  A.  1843,  879.  —  Steere,  Report 

of  the  Univ.  Miss.  1861. 
Boni,  n.  vom  Osi.  —  New.  East  Afr.  1878  Voeab.  —  V.  d.  Decken 

1869,  n,  804  (Gramm.).  —  Fischer,  Zeitschr.  d.  Ethn.  Ges.  1878, 

141  (Voeab.). 

Donde,  n.  von  den  Wagindo.  —  Beardall,  Prooeed.  of  R.  G.  S. 
1881,  652. 

Dsehldsehi  (Jiji),  an  der  Ost-EQste  des  Tanganyika.  —  Lond.  Ifiss. 

Soc.  Rep.  1880,  1881.  —  Stanley,  Dark  Gontin.  II,  488,  Yocab» 

—  Höre,  Proc.  of  R.  G.  S.  1882.  —  Miss.  Catb.  1882,  714. 
Gindo,  n.  vom  Rovuma.  —  Maples,  Proc.  R.  G.  S.  1880,  340.  Steere, 

Vocab.  1869  (ungedruckt).    Beardall,  Proc.  R.  G.  S.  1881,  641. 

Froberville  B.  S.  G.  1846  Voc. 
Gogo,  ö.  von  ünyiamwesi.  —  Stanley,  Through  Dark  Cont  II,  Vocab. 

Steere,  G.  S.  1871.    Soulbon,  Fror.  R.  G.  S.  1881,  547. 
Hebe,  s.  vom  Kuaba,  Xebenll.  des  Rufidschi,  wcstl.  v.  Mabonge. 

Keiih  Johnston,  Proc.  R.  G.  S.  1879,  329.   Tbomsou,  Centr.  Afr. 

Lukcs  1,  239  n.  Proc.  R.  G.  S.  1880,  121,  727. 
Henge,  w.  vom  Rutid.scbi.    Thomson,  Centr.  Afr.  Lakes  I,  13.S  & 

Proc.  R.  G.  S.  1880,  735.    Beardall,  Proc.  R.  G.  S.  1881,  645. 


')  Die  Vorsilben  Ki,  U  und  Wa  oder  Ma  (ba),  welche  Sprache,  Land  und 
Bewohner  bedeuten,  sind  überall  fortgeblieben. 
')  G.  S.:  grammatische  Skizze. 


Die  SpracbverbältzÜMe  in  deu  ileuUcben  Schutzgebieten. 


33 


Hha,  0.  vom  TangaDyika,  Stanley,  Thr.  Dark  Gent 

^Kamba,  w.  tob  deo  Wapokomo.    Krapf,  Travels  in  £.  A.  306. 

Ewald,  Zeitoehr.  d.  Deutsch.  Morg.-Ges.  1816,  40.  Hildebrandt, 

Z.  d.  Bthn.  Ges.  X,  347—406.  Bleek,  Afr.  Laog.  184.  Last, 

Cbnrcfa  Miss.  Soe.  Intellig.  1879,  668  &  1882,  153.  Zeitschrift 

f&r  afr.  Spr.  1887,  81. 
Eonde,  an  der  EQste  von  Rovama  bis  Lindi.   Steere,  6.  S.  1876 

(ined.).   Froberville,  Bib.  Soc.  G.  1846,  Voc.   Hall,  Unit.  Stat. 

Exped.  1846  Voc.    Bleek,  Mozamb.  Lang.  1857.  Livingstone, 

Last  Journ.  i.  19—28,  1874.  O'Neill,  Proc.  R.  G.  S.  1882,  lö83 

Voc.  Maples  ibid.  1880.  342—44. 
*Kwafi,  0.  vom  Viktoria-Nyausa.  Ewald,  Z.  d.  D.  Morg.  Ges.  I,  44. 

Lepsius,  Kubische  G.  1880.  V.  d.  Decken,  II,  24.   New.  £.  Afr. 

p.  357.    Waketield,  J.  R.  G.  8.  XL    Farler,  ibid.  1879. 
Massai,  s.  w.  vom  Kiliniaiulscluiro.  New.  E.  Afr.  1873.  Voc.  Last. 

J.  R.  G.  S.  1883  Voc.    Farler,  ibid.  1879.    Lepsius,  Nubische 

G.  1880. 

Hwera,  n.  von  deu  Koude.  Maples,  Proc  of  ß.  G.  S.  1880,  342 
—344. 

Ngnrn,  uw.  v.  Usegnha.   Last,  Church  Miss.  Soc.  intell.  1879,  622 

und  Proc.  R.  G.  S.  1882,  148. 
Nyamwesi,  s.  vom  Viktoria-Nyansa.  Stanley,  Through  Dark  Cont 

II.  Voc.    Grant,  Walk  a<  ross  Afr.  1864,  42.    Brayon,  Proc.  K. 

G.  S.  XXII,  29—30.    London  Miss.  Soc.  Rep.  1880,  1881. 
•Nyika,  nm  Morabas  herum.   Krapf.  Swahili  Gram,  adapt.  iu  Xyika 

1850  (k  Travels  174,  184,  188  &  Voc.  of  6  lang.  1850.  Ewald, 

Zeitschr.  Deutsch.  Mor-.  Ges.  1846.   New,  E.  Afr.  1873  (Voc.). 

Nyika-Engl.  Dict.  von  Krapf  n.  Rebmann, 
Pare,  w.  von  üssambara.    Krapf,  Swah.  Gr.  142  &  Travels  379. 

Farler,  Proc.  R.  G.  S.  1882,  752. 
Ruanda,  n.  vom  Tanganyika.   Stanley,  Through  Dark  Cont.  L  455. 
Rnndi,  am  Ostufer  des  Taogauyika.   Proc  R.  G.  S.  1882.  Miss. 

Cath.  1882,  714. 

Bungu,  zwischen  Tanganyika  und  Rikwa-See.  Thomson,  Centr.  Afr. 
Lakes  II,  31.  Stanley,  Thr.  Dark  Gont.  Ii,  488  (Voc).  Living- 
stone, Last  Joomals  1,  219. 


*)  Ein  Stern  (»ei  dem  Nftmen  bedeutet,  daas  die  Bibel  in  die  betreffende 

Sprache  übersetzt  wurde. 

M  Heraiii«gege)>t>u  von  Sparsbott,  London  1S8T. 
Koloniale«  Jahrbucb  18'J0.  3 


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34  Di«  SprachTerbilteiite  in  den  deutoehen  Schttttgabieten. 


Sararao,  an  der  Küste,  n.  vom  Rufidschi.  Steere,  Walk  in  Zaramo 
Country  1880.  Last,  Voc.  (med.).  Barton,  Voc.  (ined).  Thomson, 
Centr.  Afr.  Lakes  1881.  BeardaU,  Proc.  R.  G.  S.  1880,  647. 

Seguha,  an  der  Küste,  ge!:,^enfiher  der  Insel  Sansibar.  Wood  ward, 
Bondei  Gr.  IX,  Voc.  Ewald,  Z.  d.  D.  M.  G.  1846,  44.  Miss. 
Catb.  1879,  439.  Staoley,  Ihr.  Dark.  Cont.  1878,  Voc.  Last, 
Voc.  (ined.). 

Sindseha,  svr.  vom  Viktoria-See.    Stanley,  Thr.  Dark.  Cout. 
Songoro,  an  der  Südwestspitze  des  Viktoria-Nyansu.    Zerfallt  in 

2  Dialekte:  Nyambu  nnd  Keiosa.   Stanley,  Thr.  Dark.  Cout  II. 

Voc.  Wilson  &  Felkin,  Uganda  I,  149.   Grant,  Walk  acr.  Afr. 

129,  174. 

Ssagara,  w.  von  üseguha.  Bloyet,  Proc.  R.  G.  Soc.  1881,  563. 
Last,  Chnrch  Miss.  InteU.  1879.  Stanley,  Thr.  Dark  Cont.,  Voc. 

Ssambara,  an  der  Küste  gegenüber  der  Insel  Pemba.  Bieek,  Afr. 
Lang.  190.    Krapf,  Travels  206. 

Ssango,  n.  von  Ubena.  Livingstone,  Last  Jonm.  I,  218.  Elton,  Tra- 
vels 337. 

Ssui «  Dschidschi. 

Ssnknma,  an  der  S.-O.-Spitze  des  Viktoria-Nyansa.  Stanley,  Tbr. 

Dark  Cont  11.  Voc.  Litchfield,  Chnrch  Miss.  Soc.  Intell.  1881. 
*Swaheli,  siehe  oben. 

Taweta,  östl.  vom  Kilimandscharo.  New,  E.  Afr.  327, 356.  Farler, 

Proc  R.  G.  S.  1880. 
Tschagga,  am  Kilimandscharo.  New,  £.  Afr.  1873,  Voc.  Krapf, 

Travels  206.   Rebmann,  Chnrch  Miss.  Soc.  Intell.  1849—50  o. 

1878. 

Tsehnngn,  nördlich  vom  Nyassa-See.  Stewart,  Free  Chnrch  Miss. 
Rep. 

Tnrn,  w.  von  Unyamwesi.  Stanley,  Thr.  D.  Cont  I,  120.  Brayon, 
Proc.  R.  6.  S.  1877,  1878. 

Tnssi,  inmitten  des  Wanyamwesl-Gebietes.  Grant,  Walk  acr.  Afr. 
51.  184.  Bmyon,  Proc.  R.  G.  S.  1877—78,  80.  Chnrch  Miss. 
Soc.  InteU.  1881. 

*Yao,  ö.  n.  8.  vom  Nyassa.  ZerfftUt  in  4  Dialekte.  Bleek,  Mozamb. 
Lang.  1857,  Voc  n.  Afr.  Lang.  1857.  Livingstone,  Zambesi  541. 
Pott,  Zeitschr.  d.  D.  M.  G.  VI,  338.  Salt,  Travels,  Voc  Krapf, 
Voc.  6  lang.  Anderson,  Proc  R.  G.  S.  1855.  Koelle,  Polygl. 
Afr.  XI,  2.  Macdonald,  B.  Afr.  Tales,  1881.  Froberville,  Bibei- 
ges. Gramm,  nnd  Voc.  1846. 


Die  SpraehvtrUHnitse  in  den  deutochoi  8ehat^abi«tto. 


85 


Diese  wenigen  AofDhnmgen  mOgen  genOgen,  um  darzothoD,  wie 
InintBcheekig  die  Sprachenkarte  von  Dentseh-Ostafnka  nch  ausnimmt. 
Wenn  Stanley  berichtet,  dase  in  Eawele  am  Tanganyika,  einem  be- 
deutenden Handelsplatze,  zu  den  Mftrkten  die  Wasindscha,  die  Wa- 
songora,  die  Wanyambn,  die  Wamanda,  die  Wanyoro,  die  Wasen!, 
die  Watnssi,  die  Wahha,  die  Wanindi  nnd  manche  andere  Stämme 
zusammenströmen,  so  kann  man  sich  eine  Vorstellnng  machen  von 
dem  Spracbgewirr  in  den  Handelszentren  von  Dentseh-Ostafnka. 
£s  ist  in  den  vorstehenden  kurzen  Notizen  absichtlich  unterlassen 
worden,  etwas  aber  die  VerwandtscfaaftsverhAltnisse  der  einzelnen 
Sprachen  unter  sich  beizubringen,  da  die  Forschung  auf  diesem  Ge- 
biete noch  lange  nicht  abgeschlossen,  ja  kaum  emstlich  Hand  an*s 
Werk  gelegt  hat. 

In  Dentooh-SttdweatafHka  liegen  die  Verhaltnisse  etwas  gfinstiger. 
Von  kleineren  Sprachinseln  abgesehen,  zerftllt  das  Land  in  vier 
grossere  Sprachgebiete:  Gross-Namaland  mit  dem  Namaqua,  Damara- 
Land  mit  dem  Otyiherero,  Ovambo-Land  mit  den  Ovambo-Dialekten, 
welche  sich  durch  den  schmalen  Arm  in  der  Nordoatecke  unseres 
sfidwestafrikanischen  Besitzes  bis  an  den  Sambesi  erstrecken.  Die 
Sprache  der  NamaquapHottentotten  gehört  einem  ganz  anderen  Kreise 
an  als  die  bisher  berfihrten,  welche  zumeist  zu  den  fiantu-Sprachen 
zu  rechnen  waren.  Das  Namaqua  und  die  demselben  nfther  stehenden 
Sprachen  (soweit  davon  die  Rede  sein  kann),  wie  die  Sprache  der 
Koranna,  San  und  sonstiger  Hottentotten-  und  Buschmaustftmme  in 
Sfldafrika,  der  Lala  in  Betschuanaland,  der  Bumantu  in  Bassnto- 
land,  der  Denessana  in  Bamangwatoland,  der  Sarwa  in  der  Kalahari, 
der  Nana  am  Nyassa,  der  Sania  im  Lande  der  GaUa  u.  a.  m., 
bilden  eine  Spraclienklasse  für  sich,  deren  Zugehörigkeit  zu  irgend 
einer  Sprachiamilie  tieh  bisher  nicht  hat  erweis^  lassen,  wie 
denn  die  Trftger  derselben  die  mala  cmx  der  Ethnologen  sind,  die 
in  ihrer  Verlegenheit  selbst  in  Ostasien  schon  nach  Verwandten  ge- 
sucht haben  und  noch  suchen.  Die  aus  dem  Kaplande  eingewanderten 
Hottentotten,  die  sogen.  Orlam,  haben  ihre  Muttersprache  fast  ganz 
anfgegeben  und  sprechen  Aist  nur  Hollihidisch,  das  auch  sonst  in 
einzelnen  Worten  und  ganzen  Redensarten  in  die  Sprachen  der 
deutsch-sOdwestafrikaniscben  Völkerschaften  viel&ch  eiugedrnngen 
ist  Dagegen  ist  im  Sfld-  und  Nordosten  von  Gross-Namaqaaland 
das  Namaqua  die  vorherrschende  Sprache.  Auch  die  Bergdamara 
in  Damaralaod  sprechen  fast  nur  Namaqua.  Die  Sprache  der  Nama 
oder,  wie  sie  sich  selbst  nennen,  der  Khoi-IChoin  ist  der  Forschung 


36 


Die  SprachTerhiltiiiiM  in  den  deaUeh»  Sdmtifebletcn. 


nunmehr  vollständig  zugänglich  gemacht,  nachdem  die  deutsche 
Kolonialgesellsehuft  mit  Unterstützung  der  ROnigl.  Akademie  der 
Wissenschaften  ein  von  dem  Missionssuperintendenten  .1.  0  Krorn- 
lein  gesammeltes  vortreffliches  AVörterbuch  derselben  (Berlin  1889) 
heran ss:e2:el)en.  Die  Herausgabe  besetzte  der  auf  dem  Felde  der 
afrikanischen  Linguistik  rühmlichst  bekannte  Dr.  C.  G.  BäUner. 
Schon  früher  hatten  Wallmaun  (Die  Formenlehre  der  Namaqua» 
Sprache.  Berlin  1887),  Tindali  und  Hahn  Grammatiken  verülTentr 
licht.  Der  erwfthnte  Kroenlein  übersetzte  das  alte  und  neue  Testa- 
ment in  das  KaaMiqiiA;  Dur  das  letztere  erschien  indess  im  Druck. 

T'as  Namaqna  ist  eine  sehr  regelmüssige  und  seiir  bildsame 
Sprache.  Bildsam  besondere  deswegen,  weil  ihre  Wörter  die  Fähig* 
keit  unbeschränkter  Zosammensetznng  haben.  So  bildet  man  z.  B. 
TOD  mi  sagen,  sprechen,  reden:  mis  das  Wort,  die  Rede:  misa 
(adj )  und  misase  (adv.)  sag-  oder  redbar;  mf^a  wortreich,  red- 
selig; mi-/ä  dentUob  reden;  mlba  erzählen;  mi-be,  mi-Xn  von 
sich  wegreden;  mi-:f:ga  hineinreden;  mt-ma  befehlen;  mi-mas  der 
Befehl;  uitmäi  geloben;  mf-mäis  das  Gelübde;  mf-m&i^khüa  das 
Geläbde  brechen;  mi-mäi-khöa-aob  der  Bundbrüchige,  und  viele  an* 
dere  mehr.  Nur  mit  wenigen  andern  Sprachen  theilt  das  Namaqua 
die  eigenth&mlicben  Scbnalzhinte,  vier  Konsonanten,  vrelche  dadurch 
hervorgebracht  werden,  dass  man  die  Zungenspitze  möglichst  stark 

1.  an  die  Vorderzähne  (bezeichnet  durch  /»Dentalis), 

2.  an  die  Vorderseite  des  harten  Gaumens  ( i,  PalataÜM), 

3.  möglichst  weit  nach  oben  an  die  Decke  der  Mundhöhle 
(/,  Cerebralis), 

4.  an  die  Backenzähne  (i/,  Lateralis), 

anpresst  nnd  sie  dann  so  rasch  wie  mörrüc  h  zurückzieht  (Büttner). 
Zu  dieser  fiSchwierigkeit  der  Aussprache  kommt  eine  weitere.  Aehnlich 
wie  im  Chinesischen  und  in  den  indochinesischen  »Sprachen  kann  die  Ton- 
silbe eines  Wortes  mit  musikalisch  verschiedenem  Ton,  mit  Bezug  auf  die 
Zeitdauer  sowohl  wie  ant  die  Höhe  oder  Tiefe  gesprochen  werden.  Man 
unterscheidet  lange  (ä),  kurze  (a)  und  kürzeste  (Schwa-Vokale  i,  ^,  ^) 
Vokale,  einen  tiefen  (a),  mittleren  (a)  und  hohen  (ä)  Ton  und  die 
Nasalimng  des  Vokals  (ä).  Das  Wort  igä  (pflanzen)  beginnt  also 
mit  dem  palatalen  Schnalzlaut,  der  Vokal  a  ist  lang  und  mit  dem 
tiefen  Ton  zu  sprechen.  Die  Grammatik  ist  sehr  durchsichtig.  Bei 
den  Snbstantiven  werden  3  Geschlechter:  männlich,  weiblich  und 
commune  unterschieden,  welche  durch  besondere  Endungen  bezeich- 
net werden,  z.  B.  Jnnge,  »ji^as  das  Mädchen.   Auch  die 


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Die  Spracbvetbältnisse  in  deu  deutseben  Scbutzgebieten.  37 

Numeri,  deren  es  drei  giebt  (Singular,  Plural,  Duui),  werden  durch 
EuduDgen  gekeDozeichnet  Nach  dem  regierenden  Worte  richtet  sich 
das  darauf  bezflgtiche  Pronomen,  aber  nicht  das  Adjektiv,  dagegen 
wird  die  charakteristisehe  Endung  des  Subjekts  anderen  SatiilieUen 
(den  Konjunktionen  u.  s.  w.)  beigeffigt.  Um  den  Tempuseharakter 
des  Zeitworts  zu  bezeichnen,  gebraucht  man  eigene  Stämme  wie  ra, 
gye,  go,  nt,  welche  bald  hinter,  bald  vor  den  Stamm  treten,  and 
welche  bald  einzeln,  bald  in  Verbindung  mit  einander  verwandt 
werden.  Die  einzelnen  Personen  werden  durch  das  Hinzutreten  der 
Pronominalstämme,  ebenfalls  bald  vor,  bald  hinter  den  Stamm,  be- 
zeichnet. Das  Passiv  wird  durch  ein  dem  Stamme  angehängtes  he 
ausgedrückt.  Die  Präpositionen  und  KonjunkMonfn  treteu  meist 
hinter  das  Substantiv,  beziehentlich  hinter  den  Satz  (vergl.  Büttner, 
Vorrede  zu  KioLüleiu's  Wörterbuch). 

Di«?  Spra<  iii'  der  Ovaherero  in  Dajuaraland  wie  die  der  Ovamp«) 
gehören  zu  den  Banlusprachen.  Nach  IJiincker  in  seiner  (Gram- 
matik des  Otyi-herero,  weh'he  er  seinem  WOrterbiiche  dieser  Sprache 
angehängt  hat,^)  ist  der  Kaum  vom  Wendekreise  des  Steinbocks 
bis  zum  Kunene,  soweit  bekannt,  von  folgenden  Bantu- Stämmen 
bewolmt:  die  Ova-Iiereru  und  Ova-mbandieru  (zusannnen  ca.  JOOOOO), 
die  Ondonga  (Ovambo,  ca.  6 — 7000),  die  Ova-Kuanjama  (ca.  15000 
bis  18000),  die  Onjandjila  (ca.  5  —  6000),  die  Uu-kuaiiihi  (ca. 
4~.'»00(i).  die  Ombandja  (zu  beiden  Seiten  des  Kunene,  ca.  8000), 
die  Ongaluuzi  (ca.  2—3000),  die  Okasina  (ca.  .3000).  die  Evale  (ca. 
2 — 3000),  die  Stämme  am  Okavanga-kueta,  wie  Mbangara  (ca.  7000), 
Va-sambiu  (ca.  3000),  \ambuiiidja  (ca.  7<>00).  Die  Gesammtzahl 
aller  Bantu  auf  diesem  Kaume  beträgt  daher  etwa  1  SO— 'iOOoijO. 
welche  etwa  zelm  vt'^-^cl^u'(iene  Dialekte  sprechen,  unter  welchen  das 
Otyi-herero  deswegen  eine  hervornigende  Stellung  einnimmt,  weil  es 
mit  wenigen  Ausnahmen  von  allen  diesen  Stämmen  theils  gespj-ochen, 
theiN  verstanden  wird.  Unter  den  Ovambo-Stäujmen  scheint  der 
Osiii-ndonga-(jtj-ambo-Dialekt  eine  ähnliche  Bedeutung  erlangen  zu 
wollen.  Hier  haben  die  linnischen  Missionäre  fleissig  geail>eitet, 
während  der  rheinischen  Mission  das  Verdienst  zufällt,  das  Otyi- 
herero  erforscht  und  bearbeitet  zu  haben.  Beide  Dialekte  gehören, 
wie  schon  bemerkt,  zu  deu  Bantu-Spraehen,  und  zwar  zu  deren 
reinsten  und  unverfälschtesten  Kepräseutanten,  so  dass  sie  aui  h  für 
die  Philologie  der  Bautuapracheu  von  ganz  besonderer  Wichtigkeit 

0  Henuugegeben  von  Dr.  G.  6.  Bfittner,  Leipzig  1886. 


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38 


Die  Sprachtreitlltalne  ta  den  dwtoelMii  Sehiitsg«bf«teii. 


sind.  Der  Missionar  Brincker  hat  ein  vorzügliches  Wörterbadi  und 
eine  Grammatik  beider  Dialekte  geliefert.  Sonst  vergleiche  man 
noch  über  diese  St&mme  und  ihre  Sprachen  (ansser  der  Zeitschrift 
ffir  afrikanische  Sprachen):  H.  Hahn,  Grandz.  einer  Grammatik  des 
Herero  mit  WOrterbnch,  Berlin  1857  nnd  Voc  des  Ndongai-Dialektes, 
Grey  Library  Qned.).  Kolbe,  Law  of  the  Vowels,  1868.  Bleek, 
Afr.  Lang.  Galton,  Travela,  182,  181,  198.  Rath  (Her.  WOrterb.) 
Grey  Library  (ined.).  Dnparqnes,  Miss.  Cath.  1880.  T.  Hahn, 
Tsnni-Goam  32,  83.  Büttner,  Spradifthrer  ffir  Reisende  in  Damanip 
land.  0 

Die  Volker  des  deutschen  KameniB-GebleteB  gehören  sprachlich 
znr  grosseren  HSUte  zu  den  BaatostftBimen.  Die  ganze  Kflste  mit 
Ausnahme  eines  schmalen  Streifens  an  der  Nordgrenze  und  das  ganze 
Hinterland  wird  von  ihnen  besetzt  vermuthlich  bis  zum  7®  N.  B. 
und  dem  12^  0.  L.  Darfiber  hinaus  wohnen  Stämme,  welche  zu  den 
eigentlichen  Negern  gehören.  Hie  und  da  finden  sich  einige  Ein- 
sprengsel ans  der  Gruppe  der  Nuba^Fulah-Sprachen.  Unter  den 
Bantnsprachen  hat  die  Dnallasprache  die  grOsste  Bedeutung.  Sie 
verspricht  eine  ähnliche  Stellung  einzunehmen  wie  das  Kisuabell  an 
der  Ostkfiste.  Es  war  der  Missionar  Saker,^  welcher  zuerst  unter 
ungeheuren  Schwierigkeiten  es  unternahm,  die  Bibel  in  das  Dualla 
zu  fibertragen.  Auch  gab  er  einen  kurzen  Abriss  der  Grammatik 
und  ein  Vokabularium  heraus.  Eine  brauchbare  Grammatik  und  ein 
gutes  Worterbuch  fehlen  noch.  Seit  Saker  ist  wenig  mehr  fiber  die 
Dnallasprache  verOfTentlicht  worden.  Meinhofüs  Studie  fiber  das  Zeit- 
wort in  der  Dnallasprache  ^)  nnd  die  Dnalla-Fibel  des  Lehrers  Ghri- 
staller  seien  hier  noch  erwähnt.  Da  das  Dualla  vollkommen  den 
Bau  und  die  Eigenthfimlichkeiten  der  Bantnspradien  zeigt,  so  ist  ee 
nnnOthig,  näher  darauf  einzugehen.  Von  den  fibrigen  Sprachen 
Kameruns,  soweit  sie  der  Bantu-Familie  angehören,  ist  im  Durch- 
schnitt  wenig  bekannt.  Nur  das  Issubu  und  die  Sprache  der  Bakwhrl 
sind  etwas  bekannter  geworden.  Die  fibrigen  führen  wir  in  alpha- 
betischer  Reihe  mit  einisjen  kurzen  Bemerkungen  auf: 

Abu,  u.  von  den  l)aalla.   Suker,  Duaila  G.  N.  0,  Voc.  Grenfell, 
i^-oc.  R.  G.  S.  1S82. 

Bagba,  Koelle,  Polygl.  Afr.  Voc.  Dortselbst  üüden  sich  auch  Voca- 


')  Zeitschrift  für  afr.  Spr.  1887  88  u.  scpar. 

■-;  Vgl.  über  denselben  Band  1  des  Jahrbuchs  (i888,  S.  28ff.). 

^)  Zeitschrift  für  afr.  Spr.  18Ö8/1889,  S.  1—34. 


I 


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Di«  8pradiT«rlil]tiiisM  io  dm  deatKliea  SehutsgebietMi. 


89 


bolarien  der  folgenden  Sprachen  im  Innern  des  Landes:  Nelobi 

Moaaenya,  Papiyah,  Ngoäla,  Ngoten,  Nhaiemoe,  Bakum,  Bamon, 

Mbe  Bonkem,  Melon,  Penin,  Faram,  Nso,  Bala,  von  denen  wir 

sonst  keine  Eenntniss  besitzen  und  sie  deslialb  im  Verzeielmisse 

nicht  besonders  aufführen. 
Bamboko,  zwischen  den  Eamenmbergen  nnd  dem  Old  Calabar. 

Oomber,  Proc.  R  0.  S.  1879.   Allen  und  H.  Thomson,  Niger- 

Exped.  Transaet  of  PhiL  Soc.  1850,  87, 
Bayon  (Baynng),  im  Innern  hinter  den  Kameranbergen.  Baikie, 

Bzpl.  Exped.  428,  Voc.    Koelle,  Pol.  Afr.  Yoc.    Clarke,  Spe- 

eimens,  Voc. 
Benga,  Zeitsehr.  für  afr.  Sprachen  1888/89. 
Bnmke,  im  bnem.   Clarke,  Spec.  Voe.  1849. 
Bote,  in  Adamana.    Koelle,  Pol.  Afr.  Voc.    Barth,  Reisen  II,  512, 
*lsMibu,  in  den  Kaniurunbergen.  Koelle,  Pol.  Afr.  Voc.  Merrick, 

(iraiDni.  u.  Wörterb.  1854.    Saker,  Dualla  Gr.  6.    Allen  u.  H. 

Thomson,  Niger-Exped.  Voc.    Bleek,  Afr.  Lang.    Clarke,  Spec. 

Voe. 

Kundu  (Bakundu)  am   Kameruugebirge.    Comber,  Proc.  R.  G.  S. 

1K79,  230,  289.    Zeitsehr.  für  afr.  Spr.  1887/ss,  S.  43ff. 
Kwiri  (Bakwiri)  ibid.    (ireufell.  Proc.  K.  G.  ^^.  1882. 
Mfat  (Etat,  Mbafa?),  am  Gross  River.  Koelle,  PoL  Afr.  and  Clarke, 

Spec,  geben  Vokab. 
Fati,  in  der  Nachbarschaft  der  Baynng.    Baikie,  Expl.  Exp.  1856, 

Koelle,  Pol.  Atr.  nnd  Clarke,  Spec.  Yocab.   Barth,  Kelsen  U, 

573,  631,  632. 
Bundn,  n.  von  den  Baknndn.  Koelle,  Pol.  Afr.  Voc 
Tikar,  in  Adamana.  Von  Bary,  Zeitsehr.  Ges.  Erdkunde  XV,  Voe. 

Unter  den  Sprachen,  welche  der  Gruppe  der  eigentlichen  Noger- 
sprachen  angehören,  sind  besonders  die  folgenden  hervorzuheben. 
Anf  der  westlichen  Sprachgrenze  finden  sich:  Kwa,  Uwet,  Ak'ayon, 
Hoko;  in  Adamaoa:  Bassama,  Bnte,  Batta,  Hbana,  Hbnm,  Dama, 
Fall;  sftdikb  davon  Baya,  Kotofo,  Bender,  Ruf  am  n.  s.  f.  Wir 
versagen  nns  ein  wdteres  Eingehen  anf  diese  Sprachen,  von  denen 
znm  Teil  kurze  Vokabnlare,  zum  Teil  nichts  als  der  Name  be- 
kannt ist. 

Das  deutsche  Togogebiet  fällt  ganz  in  die  Sphäre  der  Ewe- 
Dialekte.  Ueber  die  Ewe-Sprache  sind  wir  gut  orientirt  durch  den 
Miääionar  J.  B.  Schlegel,  der  im  Jahre  1857  eine  Grammatik,  Texte 


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40  Sprftcbverbältnisse  in  d«n  deaUcben  ScbuUgebieteo. 

uud  ein  Vokabularium  unter  dem  Titel:  Schlüss(^l  zur  Ewe-Spiu<  he, 
veröffentlichte.  Die  Bibelgesellschaft  hat  ferner  das  neue  Testament 
irod  einige  Büclier  des  alten  Testaments  ins  Ewe  übersetzen  lassen. 
Das  Gebiet  des  Ewe  erstreckt  sich  vom  Volta  bis  über  Dahome  hin- 
aus; die  Nordsreiize  ist  noch  festzustellen.  Nach  Schlegel  zerfällt 
das  Ewe  in  5  Dialekte,  deren  einige  weitere  Schössliuge  getrieben 
haben.  Der  Mahe-  oder  Maklii-J  )icjlekt  wird  nördlich  von  Dahome 
gesprochen.  In  Dahome  selbst  herrsehcii  im  Xordeu  und  Süden  zwei 
verschiedene  Dialekte.  Zwischen  Dahome  und  der  Voltamüiulung 
liegen  zwei  weitere  Dialekte,  der  von  Anful,  der  die  deutsche  Tngo- 
küste  beherrscht  und  weit  ins  Innere  hinaufreicht,  uud  der  von  Anlo, 
welcher  als  der  reinste  gilt  und  in  dem  Schlegel  seine  Grammatik 
abgefasst  hat.  Ausser  der  Ewe -Sprache  hört  mau  in  Deutseh- 
Togo,  wie  an  der  ganzen  Gold-  und  »Sklavenküste,  ausserordentlieh 
hiiuli?  die  Tsciii -S|Mache  von  Aschante,  die  auch  von  mehreren 
verwandten  Stümuieii  wie  den  Asen ,  Aken,  Akuapem  u.  s.  f.  ge- 
sprochen wird,  die  Akra-Spache. ^)  ebenso  wie  die  Kru-Sprache  der 
Krnjungen  von  Liberia.  Am  Oberlaufe  des  Volta  reichen  einige 
Auslaufer  der  (nKUi-S[iiache  in  das  deutsche  Touo-Gebiet  hin.  Guan 
wird  auch  in  ih'iu  iMdeutenden  Handelsplatze  Salaga  gesprochen. 
Alle  diese  S|)racli(Mi  gehören  zu  den  eigentlichen  Xegersprachen.'') 

Zu  unseren  Besitzungen  inderSüdsee  übergehend,  mns.sen  wir 
die  unangenehme  Thatsache  konstatiren,  dass  die  Verschiedenheit  der 
Spraelien  sogar  noch  i^rössere  Ausdehnung  besitzt  als  in  Afrika. 
Kaiser-Wilhelmsland.  Bismarckarchipek  Salomoinseln,  Marschallinseln, 
alle  haben  von  einander  verschiedene  Sprachen.  Und  nicht  nur  das, 
sondern  in  den  einzelnen  Territorien  findet  wieder  eine  so  grosse 
Sprach  Verschiedenheit  statt,  dass  die  Bewohner  eines  Dorfes  oft  die 
des  nächsten  nicht  verstehen. 

Erst  vor  Kurzem  hat  der  bekannte  Reisende  H.  Zöller  Vokal)u- 
larien  von  24  verschiedenen  Sprachen  gesammelt  und  Proben  davon 
in  Peternianns  Mittheilungeu  veröffentlicht,  welche  trotz  Zöllers  Gegen- 
anstrengunti.en  beweisen,  wie  gering  die  Verwandtschaft  zwischen 
ihnen  ist.  Ausserdem  hat  bisher  keine  der  eingeborenen  Sprachen 
genug  eigene  Kraft  gezeigt,  um  eine  dominirende  Stellung  gegeuül)er 
den  übrigen  zu  gewinnen.   Für  die  Keuutniäs  derselben  war  man 

*)  Vergl.  Cbristeller,  Die  yo]ta-Spmeben>6nippe,  Zeitsehrift  fnr  afr.  Spracben 
1887/88,  S.  161  fft  nod  von  FranVois,  Spfaehproben  aus  dem  Togoland,  ibid.  1888/89. 
S.  242  fr. 

CbrisUHer  u.  Bobner:  Uebungen  in  der  Akra-  oder  Qa>Spracbe,  Basel  l8iH>. 


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Di*  Spnehva^iltiiiiM  in  d«n  drataehtn  SelmtigebletaB. 


41 


bisher  auf  einige  magere  Wörtersamraluiigeii  von  Miklucbo-Maclay, 
Dr.  Finsch  u.  a.  beschränkt.  ZöUer  bat  nunmehr  Vokabularien  von 
3—500  Wörtern  von  24  Sprachen  gesammelt,  von  denen  15  auf 
Deutsch-Neu-Gninea,  2  auf  Nen-Pommem,  2  auf  Neu-Lauen  barg, 
2  auf  Neu-Mecklenburg,  1  auf  die  Salomo-Inseln  und  1  auf  die  Ad- 
miralitäts-Inseln  entfallen.  Im  V.  und  VI.  Hefte  des  Jahrganges 
1890  von  Petermanns  MittheiluDgen  hat  er  Proben  seiner  Samnilntigen 
veröffentlicht  und  in  Aussicht  gestellt,  nocli  im  Laufe  des  Jahres  in 
einem  besonderen  Buch  über  unsere  Südseebesitzungen  die  Resultate 
seiner  Bemühungen  ToUstfindig  niederzulegen.  Wie  weit  die  Schlüsse 
Tollberecbtigt  sind,  die  er  aus  der  Vergleichung  der  von  ihm  gesammel- 
ten Vokabalarien  unter  einander,  sowie  mit  dem  malayiscben  und 
polynesischen  Wortschatz  ziehen  zu  dürfen  glaubt,  wird  sich  erst  nach 
der  Publikation  seiner  ganzen  Sammlungen  deutlicher  sehen  lassen. 
Freilieh  wird  nur  eine  Vergleichung  des  grammatischen  Baues  dieser 
Sprachen  zu  endgültigen  Schlüssen  das  Recht  geben,  und  zu  solchen 
fehlen  noch  alle  Vorarbeiten.  Nicht  eine  der  24  Sprachen  ist  noch 
im  geringsten  grammatisch  erforscht  Herr  Dr.  Schellong,  der  be- 
kannte exzellente  Kenner  von  Neu- Guinea  hat  ganz  kürzlich  ein  Buch 
über  «die  Jabim-Sprache  in  der  Finschhafener  Gegend"  ver- 
öffentlicht (Leipzig,  V^ilh.  Friedrich),  worin  er  gegen  900  Würter 
aus  dieser  Spr^'e  mit  grosser  Sorgfalt  verzeichnet;  über  die  gram- 
matischen Yerhftltnisse  giebt  er  nur  einige  ganz  dürftige  Notizen, 
welche  zeigen,  wie  sehr  Züller  mit  seiner  Behauptung  über  die 
^  grammatischen  Kenntnisse  deijenigen,  welche  der  Sprache  mächtig 
'  zu  sein  meinen  (Pet.  Mittb.  1890,  V,  1251;,  im  fiecht  ist,  Da  die 
Feststellungen  ZöJler's  über  diese  Sprachverhftltnisse  in  unserem 
Südsee-Schutzgebiete  die  Grundlage  für  weitere  Forschungen  bilden 
müssen,  so  wollen  wir  dieselben  hier  kurz  zusammenstellen. 

1.  Die  Jabim- Sprache,  in  Finschhafen  und  nOrdlich  (bis  Bus- 
sum  ind.)  und  südlich  davon  an  der  Küste.  Im  Ganzen 
kaum  1000  Menschen.  Im  Süden  scbliessen  sich  die  Dia^ 
lekte  Pami  (auf  der  Insel  Pami)  und  Bukaua,  im  Norden 
Agö,  Poom,  Kemboa,  Siaua  und  Bonga  an. 

2.  Buk  au  a  (siehe  d.  v.),  mit  dem  Jabim  verwandt 

3.  4.  5.  Simbang-Kei,  Saleng-Eei,  Jabim-Kei,  ver- 
wandte Dialekte,  landeinwärts,  gleich  hinter  dem  Jabim, 
welches  sdion  an  den  Verbergen  aufhört 

6.  Pöom,  6V2  Seemeilen  nOrdiich  von  Finschhafen.  Stehtin  der 
Mitte  zwischen  dem  Jabim  und  den  Kei-Sprachen. 


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42 


Die  SpnchverbftItiibM  in  den  dfutoehtii  Schntigebietoii. 


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7.  Kelana,  ca.  37  Seemeilen  (Luftl.).  N.W.  von  Finschhafen, 

8.  Eelana-Kei,  hinter  Kelana.  7  und  8  , zeigen  viel  Aehn- 
lichkeit  mit  16. 

9.  Bongo ,  an  der  Astrolabe-Bai  in  der  Dorfgemeinscbaft  Bonga- 
Gnmbn-Gorrendn. 

10.  11.  12.  Dschongu  (in  Dschongu  a.  Dschigle),  Manni- 
kam  (in  H.  n.  Kollylco),  Eadda  (in  K.  n.  einigen  ande- 
ren Orten).  Landeinwärts  von  der  Astrolabe-Bai  an  den 
KQBtengebirgen. 

13.  Bo  k;i(l.s<-iii  III .  in  <ler  Niiiie  von  Stephansort. 

14.  Bilibili.  instleheii  der  Küste  zwischen  Bokadschim  und 
Friedrich- Wilhelmshafen. 

15.  Sprache  von  üatzfeldthafen  im  Dorfe  Toben  am  (mit  leich- 
ter Verschiedenheit  auch  in  Ongnmor  n.  a.). 

16.  Sprache  der  Rook- Insel. 

17.  Sprache  der  Elisabeths-Inseln. 

18.  19.  Ralnm  und  Palili-Bai  auf  der  Gazellenhalbinsel  Nen- 
Pommerns. 

20.  Kerrawarra,  anf  der  Insel  Eerrawarra. 

21    Die  Sj »räche  von  Ne  u- La  u  e  n  bnrg^. 
22.  '23.  Kapsln,  der  iiekanntn  Handelsplatz  auf  Ncu-Mecklen- 
burg,  und  Pakail,  westlich  davon  zwischen  Kablemau  und 
KabatcMon. 

24..Buka,  auf  den  Buka-lnseln  im  Salomo-Archipei. 

Die  Verwandtschaftsverhaltnisse  dieser  Sprachen  nnter  einander, 
wie  Zöller  sie  annimmt,  erhellen  ans  der  folgenden  Znsammenstellnng, 
in  der  wir  der  Eflrze  wegen  statt  der  Sprachnamen  die  Ziffern  ge- 
brauchen, nnter  denen  sie  oben  anfgeffihrt  sind.  Die  inEIammero  stehen- 
den Zahlen  geben  den  Prozentsatz  deijenigen  Wörter  an,  welche 
Verwandtschaft  mit  malayisch-polynesischen  Stftnmien  zeigen. 

l.  (18,5)  aufs  engste  v«i\\ainU  mit  2  —  sehr  verschieden  von 
3 — 5  —  leicht  verwandt  mit  B  —  Verhaltiiiss  zu  9  —  \->  wie 
Englisch  zu  Drutsth  oder  1:0—1*2=  1;3— 5  —  Verhältniss 
zu  15  wie  Deutsch  zu  Skandinavisch. 

•2.  (-25,75)  vergl.  1. 

3.  (i;3)  vergl.  1  —  sehr  ähnlich  mit  4  und  5  —  einige  Verwandt- 
schaft mit  S.  —  In  demselben  Grade  wie  1  verwandt  mit  6. 


t 

a 
S 

70 


Die  SpnelifM^tiiMie  in  den  dfliitieh«B  Sdmtsgebittan. 


4S 


4.  (10,75)  und  5.  (13,25)  vergl.  3. 

6.  (6,25)  vergl.  1  und  8. 

7.  (26,75)  bemerkenBwerthe  Aeholichkeit  mit  16. 

8.  (8,5)  leicht  beeiDflnsst  von  7  und  16. 

9.  (11)  Uldet  mit  10  (12,50),  11  (11,25),  12  (10,50)  tiote  starker 
dialektischer  Verschiedenheit  eine  Ömppe  —  vergl.  1  — 
9 — 12:15  =  Deutsch  zu  Englisch. 

13.  (9,50)  ? 

14.  (18)  ? 

15.  (7,5)  vergl.  1  nnd  9. 

16.  (29,5)  ?  —  17.  (19,5)  ? 

18.  18 — 24  nahe  unter  emander  verwandt.  Im  Vergleich  m  1—16 
sind  die  ProzentsStze  malayischer  oder  malayisch-polynesischer 
Wdrter  gleich,  die  der  rein  polynesischen  nm  das  Doppelte  bis 
Dreifache  höher. 

19.  20.  21.  siehe  18. 

22  nnd  23  bilden  zusammen  eine  Sondergruppe,  vgl.  aber  18. 
24  vergl  18.   24  unterscheidet  sich  stärker  von  18 — 23,  wie  die 
flbrigen  Glieder  unter  sich. 

Man  hat  darao  gedacht,  um  ein  gemeinsames  VerstÄudigungr^niittel 
zu  finden,  den  Versucii  zu  machen,  an  Stelle  dieses  Wirrsales  das  soge- 
nannte Pidgin-Eugiisch  einzuführen,  weil  man  das  Deutsche,  an  das  mau 
ja  zunäciist  bei  einer  solchen  Absicht  denken  könnte,  für  zu  schwer  und 
koTiifdizirt  zu  halten  geneigt  ist,  was,  wie  ich  glaube,  nicht  der  Fall  sein 
dürfte.  Wenn  man  schon  einmal  vom  Deutschen  absehen  wollte,  wäre 
wohl  der  Vorschlag  des  Dr.  Hindorf,  das  sogenannte  Knstenmaiayisch 
einzuführen,  ^)  noch  eher  der  Erwägung  werth.  Indess  sind  die  Be- 
denken gciien  die  Einführung  des  Deutschen  nicht  so  gross.  Einmal 
hat  man  hier  keinen  Kampf  aufzunehmen  gegen  ein  Idiom,  welches 
sich  bereits  ein  grosses  Terrain  erobert  hat.  In  Ostafrika  wird  man 
über  Kisuaheli  und  Arabisch  nicht  hinwegkommen;  mau  wird  viel- 
mehr bestrebt  sein  müssen,  deren  Geltung  noch  weiter  auszubreiten. 
Dabei  wird  dem  Kisuaheli  ohne  Zweifel  der  Vorzug  zu  geben  sein, 
da  die  übrigen  Stämme  sich  leichter  und  williger  eine  verwandte 
Sprache  zu  eigen  machen  werden,  als  eine  radikal  verschiedene,  die 
deren  gaii/e  Denkweise  in  andere  Formen  pressen  oder  seihst  dar- 
über degeneriren  würde.   Eine  ähnliche  Rolle  spielen  iu  Südwest- 


')  \'ergl.  L*  itfaden  zar  Erlernung  der  Malayischen  Umgangwpnohe  von  Dr. 
Hindort   Berlin  1890. 


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44 


Di«  SpracliverblltnUi«  in  dm  deattdiMi  Sehvtiffebieten. 


afrika  da  s  Otyilierero  und  das  Holländische.  Hier  wird  der  Versuch, 
an  die  Stelle  des  Holläudischen  das  Deutsche  za  setzen,  vielleicht 
in  Hiebt  zu  femer  Zeit  auf  Ertblg  hoffen  können;  das  Namaqua 
kommt  für  die  Zukunft  m.  £.  kaum  ernstlich  in  Betracht  üeber 
^e  Aussicht  der  allmfthlichen  EinfQhnmg  des  Deutschen  in  Kamerun 
vnd  Togo  ist  es  schwer,  sich  jetzt  schon  ein  Urtbeil  za  bUden.  In 
dem  mitten  im  £we-6ebiet  liegenden  Togoland  bat  man  eicherlicb 
die  allergeringste  Chance.  Die  Spraehwellen  der  Umgebimg  des 
kleinen  Landes  werden  Aber  allen  Versnchen  wohl  wieder  zasammen- 
sohlagen.  JedeniUls  eiigiebt,  wenn  man  sich  die  in  Betracht  kommenden 
Sprachen  nnserer  afrikanischen  Besitznngen  als  Ansdrock  der  geistigen 
Yirtns  mit  denen  in  der  Sfldsee  vergleicht,  ein  bedentender  Ueber- 
schnss  zo  Gunsten  der  Afrikaner.  Es  wird  leichter  sein,  den  na- 
tArUchen  Widerstand  der  Sfidsee- Insulaner  gegen  die  EinfÜbrong 
einer  nenen  Sprache  zn  besiegen.  Nun  kann  man  das  Bedenken 
haben,  wie  schon  oben  angedeutet,  dass  die  komplizirtere  Grammatik 
der  dentsehen  Sprache  die  Sache  erschweren  werde  und  man  daher 
besser  thue,  ein  Idiom  mit  so  ein&chem  Mechanismus  wie  das 
Malayische  oder  das  Pidgin-Englisch  zu  wfthlen.  Dagegen  lisit  sich 
sagen,  dass  dem  Sfldsee-Insulaner  die  Aneignung  einer  Sprache  um 
so  saurer  werden  wird,  je  mehr  deren  Grammatik  von  der  Gram- 
matik seiner  Muttersprache  abweicht  Unter  diesem  Gesichtspunkte 
betrachtet  bieten  aber  Pidgin-Englisch  wie  Malayisch  oder  Deutsch 
ziemlich  das  gleiche  Maass  von  Verschiedenheit  Die  eigentliche 
Schwierigkeit  liegt  aber  auch  ganz  wo  anders.  Di«  Sprachen  der 
Sfidsee-lnsuhiner  stehen  sammt  und  sonders  noeh  auf  einer  sehr 
niedrigen  Stufe  der  Entwickelung.  Sie  bringen  nur  das  Sinnliche  und 
das  Individuelle  zum  Ausdruck;  das  Abstraktere  und  Allgemeine  liegt 
ausserhalb  ihrer  Sphäre.  Sie  kennen  z.  B.  dne  Kokospalme,  eine  Sago- 
palme u.  s.  f.,  aber  bis  zu  dem  allgemeinen  Begriffe  der  Palme  oder 
gar  des  Baumes  sind  sie  noeh  nicht  durebgedrungeo  und  haben  dafür 
auch  keine  Bezeichnung.  In  diesem  Punkte  sind  ihnen  unsere  Afri- 
kaner überlegen.  Nun  aber  ist  die  deutsche  Sprache  ausserordent- 
lich weit  nach  der  entgegengesetzten  Richtung  entwickelt  Sie  indi- 
vidualisirt  weniger,  der  Inhalt  ihrer  geläutigsten  Begriffe  ist  kleiner, 
der  Umfang  grösser.  Um  daher  unsere  Sprache  geistig  handhaben 
zu  können,  muss  der  Sudsee-Insulancr  diese  Kluft  überspringen.  Er 
ist  in  der  Lage  tiiits  Älannes,  dem  der  Kork  um  ein  Kiklcrkliches 
/u  gross  geratheu  ist.    Er  wird  erst  hineinwachsen  müssen. 

Zum  Sclilusä  will  ich  nicht  unterlassen,  gegen  den  Verfasser 


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Die  SprachTerhiltDiiM  in  d«a  denttchea  SchntxgabietMi* 


45 


der  Brofichflrd:  Kolooiales,^}  mich  zn  wenden,  der  sich  nnbedachter 
Weise  beschwert  über  eine  za  grosse  N^gang  des  Dentschen,  mit 
seinen  neuen  Landslenten  in  ihrer  eigenen  Sprache  zn  verkehren, 
statt  dem  Beispiele  der  Englfinder  za  folgen,  die  stets  und  fiberall 
das  Umgekehrte  forderten.  Ganz  abgesehen  davon,  dass  die  £ng- 
Iftnder  hier  vollstftndig  zn  Unrecht  zitirt  werden,  wftre  doch  zu  be- 
denken gewesen,  dass,  wer  etwas  erreichen  will,  mit  klfiglichen  Kon- 
zessionen weiter  kommt,  als  wenn  er  sich  den  Kopf  an  der  Wand 
zerschellt 

0  Eaglw:  Koloniales  8.  114. 


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Afrikaiii8€he  Jagd. 


Ton 

Paul  Reioliard. 

Bis  in  die  neueste  Zeit  hinein  wirken  die  Nachklänge  jener 
Jagdberichterstattung,  deren  Autoren  es  als  eine  Pflicht  betrachteten, 
dem  Leser  die  unwahrscheinlichsten  Jagdgeschichten  ans  fremden 
L&Ddem  aufzutischen,  GeschicbteD,  welche  keioeswegs  mit  unserem 
hanolosen  Jägerlatein  vergleichbar,  meist  sogar  den  Stempel  eiDer 
grossen  Frechheit  in  Bezug  auf  Entstelioiig  und  Uebertreibung  an 
der  Stime  tragen,  aber  dennoch  ein  be^eriges,  giftnbiges  Pablikom 
üaoden. 

Wie  wenig  aber  ist  es  nothwendig,  Jagdgeschichten,  welcher  Art 
sie  immer  seien,  in  solch  phantastischer  Weise  auszuschmücken! 
Wie  interessant  ist  schon  die  einfache  wahrheil -mtrrue  Darstellung 
guter  Beobachtungen,  selbst  der  einfachsten  Thatsacheu  über  uns  so 
fremdartige  Thiere  und  deren  Wohnplfttze,  wie  wir  sie  nnter  anderem 
in  Afrika  lioden. 

Ich  wlU  es  versuchen,  den  frenndlichen  Leser  mit  den  Verhält- 
nissen der  afrikanischen  Jagd  bekannt  zu  machen,  bitte  ihn.  mir 
zunächst  dahin  zu  folgen,  wohin  ich  bei  meinem  ersten  Jagdausflnge 
in  Afrika  zuerst  meine  Schritte  lenkte,  eingedenk  joivv  tradi- 
tionellen Jagdgeschichten,  nämlich  nach  dem  afrikanischen  LJrwalde. 
—  Treten  wir  in  eine  jener  kleinen  Urwaldparzelien  Ostafrikas  ein, 
welche  in  bergigen  Gegenden  Bachquellen  oder  sumpfige  Stellen  um- 
sohliessen.  Riesenhohe  Stämme  v<m  gewaltigem  Umfange  streben 
nach  oben,  ein  Schrotschnss  erreicht  die  Krone  nicht,  welche  dem 
Auge  überhaupt  nur  vom  Kunde  des  Waldes  ans  sichtbar  wird,  im 
Innern  des  Urwaldes  ist  der  Bück  seitwärts,  nach  allen  Kichtungen 


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AfrikMiltch«  Jtgd. 


47 


und  nach  oben  gehemmt  darch  Laubwerk,  dichtes  Unterholz  und 
Lianengehänge. 

Das  klettert  auf-  nnd  abwärts,  schenkeldick  gewundenen  Tannen 
gleich,  bie  zu  den  feinsten  Fäden,  den  Schritt  ebenso  hemmend  wie 
die  Domen,  welche  sich  in  die  Kleider  haken.  Umge&Uene  Ter- 
moderte  Stämme,  von  Farrenkraut  überwuchert,  Dracaenen,  Rotang 
mit  prächtigen  Palmenblättem.  Wunderbare,  seltsam  gestaltete  weisse 
und  gelbe  Orchideen  hängen  von  den  Bäumen  herab.  Bartartige 
Flechten  und  Mooa  ttberziehen  das  H0I2.  Am  Boden  schneidende 
Gräser,  alles  in  blaues,  braunee  und  grfines  Dämmerlicht  gehflUt 
Der  FnsB  sinkt  in  übelriechenden  gelben  und  rothen  eisenhaltigen 
Schlamm  ein.  Auf  kleinen  Lachen  und  Pfätzen  schimmern  opalisirende 
Flecken.  Todtenstille  in  der  feuchten,  drflckenden  Luft.  Nur  wenn 
ein  heftiger  Passatstoss  durch  die  Gipfel  fährt  und  das  Ast-  und 
Blätterwerk  ausebanderbiegt,  huscht  zitternd  ein  Sonnenstrahl  fiber 
Boden  und  Blätter.  Hfthsam  nur  vermag  sich  der  Jäger  zu  einer 
lichten  Stelle  hin  durchzuarbeiten.  Die  Kleider  von  Domen  zerrissen, 
Gesicht  und  Hände  von  scharfen  Gräsern  zerschnitten,  langt  er  end- 
lich, fiber  Aeste  und  gestfirzte  Stämme  kletternd  oder  unter  dichtem 
Laubwerk  und  Gezweige  durchkriechend«  dort  an.  Ein  ürwaldriese 
hat  im  Sturz  eine  Menge  minder  starker  Genossen  mitgerissen  und 
so  eine  Lficke  im  Waldmeer  geschalTen.  Das  Alter  hatte  ihn  ge- 
beugt und  Schmarotzer  und  Schlingpflanzen,  welche  auf  ihn  hinaaf 
gekrochen  oder  oben  gewachsen  waren,  haben  seinen  Sturz  mit  Hälfe 
von  Käferlarven  und  Termiten,  welche  sein  Holz  zerstörten,  herbei- 
geführt. Khi  Stäekeben  leuchtend  blauen  Himmels  wölbt  sich  fiber 
der  OefTnung  und  ein  frischer  Windstoss  fährt  durch  die  Bäume.  — 
Erieichtert  athmet  der  Jäger  auf,  frob  der  drfickend  schwülen  Luft 
entronnen  zu  sein,  welcbo  ihn  bisher  umfangen. 

Da  föllt  sein  Blick  anf  eine  dichte  Blätterwaod,  aus  welcher 
purpurbranne  Schoten  hervorleachteu.  Er  kann  nicht  widerstehen, 
eine  der  schönen  Fruchte  abzureissen.  Doch  kaum  ist  dies  geschehen, 
wirft  er  sie  mit  lautem  Flucbe  weg,  in  seiner  Hand  aber  bleibt  der 
sammiaitige  Ueber/.ug  der  Schote  und  verursacht  ein  furchtbar 
brennendes  Jucken.  Es  sind  die  lirennhaare,  die  teuflische  Vei- 
theidig^ngswaffe  der  tückischen  Pllanze.  Während  der  .läger  bemüht 
ist.  durch  Abschaben,  Waschen  in  dem  stinkenden  Wasser,  Ein- 
tauchen in  den  Schlamm  sich  von  dem  peinigenden  Brennen  zu  be- 
freien, beginnt  plötzlich  die  ganze  Haut  des  Körpers  rasend  zu 
jucken.    Beim  üerauterreisseu  der  Schoteu  hat  die  boshafte  Schliug- 


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48 


Afrikaidsebe  Jagd. 


pflanze  eine  Menge  feiner  Brennhaare  abgeschüttelt,  welche  die 
Blattanteräeite  bekleiden,  und  nan,  durch  die  diinnen  Kleider  elnge- 
drangen,  den  Wanderer  peinigen.  Nur  ein  Gedanke  behemcbt  ihn 
fortan,  hinaus  au»  dem  Urwald,  hinaus  ins  Freie.  — 

So  ging  es  mir  das  erste  Mal.  Stolpernd  trete  ich  meinen 
Kuck zug  an,  falle  über  verborgene  Aeste,  sinke  banchtief  io- brodelnden 
Sehlamm,  zerreisse  die  Kleider  und  die  Hant;  tansende  von  Moskito 
nmsummten  und  zerstachen  mich.  Zuletzt  noch  stiess  ich  an  einen 
flchenkeldicken  Stamm,  an  dessen  Aesten  ein  ans  feinen  seiden- 
artigen Fäden  und  Blättern  hergestelltes  Netz  jener  rothen  Ameisen 
hing,  welche  die  Schwarzen  M%ji  meto  (heisses  Wasser)  nennen.  Wie 
richtig  die  Bezeiebnnng,  daas  bewiesen  mir  einige  derwfltheodea  In- 
sekten, welche  sich  in  Folge  des  Stossee  an  den  Stamm  anf  mieh 
hatten  fallen  lassen  nnd  mir  dann  mit  ihren  Mandibeln  ihren  schaiftn 
Saft  nnter  die  Hant  spritzten;  ein  Gefühl,  als  sei  ieh  wirklieh 
mit  heissem  Wasser  ftbergotieii,  überkam  mich.  Endlich  erreiche 
ich  sehweisstriefend,  zerschnnden  nnd  beschmutzt  wieder  den 
Rand  des  geheimnissvoUen  Urwaldes.  Sofort  den  Heimweg  antretend^ 
zitire  ich  Sdiiller:  „Der  Mensch  begehre  nimmer  zu  schauen*  u.  s.  w. 
Meinen  Zweck  hatte  ich  ganz  und  gar  verfehlt  Ausser  einem  schon 
2 — 3  Jahre  alten  Elephantenpfade,  auf  wekshem  die  Fährte  eines 
einzehien  Büffels  eingedrückt  war,  hatte  ich  keine  Spur  von  Wild 
gesehen  nnd  mir  wurde  klar,  dass  dieses  im  Urwalde  nicht  zu 
finden  sei. 

Wäre  auch  eines  dieser  Thiere  auf  selbst  nur  20  Schritte  Ent- 
fernung im  Urwald  an  mir  vorbeigezogen,  ich  würde  es  nicht  haben 
sehen  kennen.  Wegen  des  dichten  Laubes  im  feuchten  Urwald  ist 
also  für  den  Jäger  nichts  zu  suchen.  Eher  schon  im  trockenen 
Urwald,  dort  eingetreten  glaubt  man  in  einen  trockengelegten  Pfahl- 
rost  von  unendlicher  Ausdehnung  gerathen  zu  sein,  Tausende  und 
Tausende  von  dicht-  oder  weitstehenden  Stangen  und  Stämmen  in 
jeder  Dicke,  alles  unten  glatt,  fast  kein  Ast,  ziemlieh  gerade  nach 
oben  strebend,  sich  dort  in  unentwirrbares  Geäste  verlierend,  die 
Stämme  vom  hellstoi  bis  dunkelsten  firaun;  der  glatte  trockene 
Boden,  selbst  der  hier  und  da  einfallende  Sonnenstrahl  scheint  hell- 
braun zu  sein.  Kein  grüner  Grashalm,  kein  grünes  Blättehen  am 
Boden,  alles  Grün  hoch  oben.  Eines  der  eigenthümliehsten  Vege- 
tationsbUder,  welche  ich  in  Afrika  geschaut.  Aber  nur  im  ^men 
Katanga  fand  ich  jene  sonderbaren  Urwälder  in  kleinen  Parzellen. 
Der  Boden  derselben  war  durchzogen  von  Wiidfährten,  kein  Fleck- 


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Afrikanische  Jagd. 


49 


chen,  wo  nicht  sehon  der  Huf  eines  Wildes  hingetreten  wäre.  Von 
diesem  selbst  aber  war  nichts  zu  sehen,  da  die  Thiere  diese  Wäl- 
der nur  durchziehen,  sich  aber  nie  dort  aufhalten.  Im  trocke- 
nen wie  im  nassen  Urwald,  Msito  genannt,  üudet  sich  also  kein 
Wild. 

Im  Fori,  wie  der  Neger  sagt,  inüsste  das  Wild  zu  üinUm 
sein,  glanbte  ich  im  Anfang.  Uneiulliches  Einerlei  empfängt  uns 
hier  in  dem  lichten  Wald,  welciier  üO%  der  Überfläche  Ostafrika's 
bedeckt.  Die  Stämme  sind  selten  über  Schenkel-  oder  Leibesdicke. 
Die  Kronen  weit  gegabelt,  ganz  flach  und  schirmartig  gebreitet 
höchstens  10 — 12  m  hoch.  Die  schwache  Belanbung  spendet  wenig 
Schatten,  der  Boden  ist  mit  spärlichem  Graswuclis  bestanden  und 
das  wenige  Unterholz  hemmt  kaum  den  Blick.  Nur  die  6 — 7  m 
hohen  umfangreichen  Termitenhügel  bieten  etwas  Abwechselung, 
diese  sind  mit  einer  ganz  anderen  und  üppigeren  Vegetation  be- 
standen, welche  bei  dichter  Belaubung  auch  dichten  Schatten  werfen. 
Im  heissen  Sonnenschein  tlatteni  einige  prächtige  Irissoreu  mit  lautem, 
schnarrendem,  schwätzeiideni  (ie/änke  (hirch  die  Gipfel.  Ein  Specht 
hackt  in  den  Stamm  und  ein  grauer  Pisaugfresser  läuft  gurrend,  sein 
kuUu  kullu  ausstossend  in  den  Aesten  eines  Mrumbabuuines  auf-  und 
nieder.  Eine  Bande  Meerkatzen  springt  von  Gij^tcl  zu  Gipfel  und 
schreit,  zankt  und  lärmt.  Einige  haben  den  Jäuer  entdeckt  und 
nicken  ihm,  grimme  Fratzen  schneidend,  zu.  Lärmend  und  rauschend 
von  Ast  zu  Ast  im  Blattwerk  springend  ziehen  sie  einer  nahen 
Schamba,  einem  Maisfelde  /u,  um  dasselbe  zu  plündern,  Lässt  sich 
der  Jäger,  vom  Gluck  begünstigt,  dazu  verleiten,  einen  der  lustigen 
Gesellen  mit  der  Kugel  kerunter  zu  holen,  so  büsst  er  mit  bitterer 
Reue  seinen  Frevel.  Wie  ein  Morder  kommt  er  sich  vor,  wenn  ihn 
der  arme  Affe  mit  brechendem  Auge  vorwurfsvoll  anblickt.  Nicht 
leicht  entschliesst  er  sich  zum  zweiten  Mal  einen  Affen  zu  schiessen. 
—  Trotz  der  Hitze,  welche  uns  wegen  ihrer  grossen  Trockenheit 
nicht  im  mindesten  ersciUallt,  ziehen  wir,  ohne  sonderlich  zu  er- 
müden, stundenlang  umher.  Leider  aach  hier  ohne  Erfolg.  Ausser 
einigen  wenigen  Fährten,  welche  nur  schwach  in  den  harten  Laterit- 
lehmboden  w&hrend  der  Regenzeit  eingedrückt  worden  sind,  ist  nichts 
za  linden.  Einsamkeit  und  Eintönigkeit  ringsum,  nnd  wenn  man 
nicht  bestimmt  wüsste,  dass  man  schon  stundenlang  gegangen  ist, 
so  könnte  man  glauben,  immer  an  derselben  Stelle  zu  bleiben,  so 
einförmig  ist  der  Wald.  Ohne  Eingeborene,  welche  sich  trotz  ihrer 
grossen  Orientirnngsfähigkeit  selbst  öfters  verlaufen,  sollte  man  sich 

XotonialM  Jahrbadi  im  m 


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50 


Afrikanisebe  Jagd. 


daher  nie  weit  in  den  Pöii  wagen.  —  Besonders  anch,  da  Wild  dort 
nirgends  zn  finden  ist 

Wir  haben  jetzt  den  Urwald  durchstreift  nnd  den  Pöri,  ohne  auch 
mir  ein  Sttck  Wild  gesehen  zn  haben.  Es  bleibt  nns  jetzt  nnr 
noch  die  Mbnga,  d.  i.  die  Savanne,  übrig. 

Die  Mbnga  ist  aber  so  Ode,  so  heiss,  so  langweilig,  geradezu 
trostlos,  dass  wir  nns  nnr  schwer  entscbliessen  kOnnen,  ans  dem 
schon  wenig  schattenreichen  Wald  in  die  brennende  Sonnenglnth  zu 
treten.  Vor  nns  thnt  sich  eine  weite,  weite  Flftebe  anf,  eben  wie 
eine  Tischplatte.  Die  Lnft  zittert  vor  Hitze  nnd  in  der  Feme  zieht 
sich  dunkelblau  der  Wald  hin.  Das  Gras,  welches  meist  nur  bis  zum 
Unterleib  reicht^  filngt  schon  an  hie  und  da  trocken  und  gelb  zu 
werden.  Den  Uebergang  aus  dem  Pöri  in  die  Mbnga  bildet  ein  Be- 
stand niederen  Erfippelholzes  und  spftrlich  belaubter  kleiner  Bäumchen. 
Alhnfihlich  beginnen  die  höchstens  3  Meter  hohen  motenakazien  vor- 
zuherrBchen.  Die  fingerlangen,  scharfen  Doppeltdomen  sind  durch 
Insektenstiche  an  der  Basis  zu  fiberhaselnnssgrossen  Kapseln  ge- 
schwollen. Nach  meinen  Beobaebtungen  sind  es  schwarze  Ameisen, 
welche  die  Geschwulst  veranlassen.  Diese  Kapseln,  im  Innem  hohl, 
werden  spftter  holzartig  und  dünnwandig,  dienen  den  Ameisen  als 
Wohnung.  Wenn  ein  scharfer  Wind  durch  den  Flötenakazienbestand 
zieht  und  die  kleinen  LOcher  der  Kapseln  streift,  erklingen  sie,  wie 
ferner  märchenhafter  leiser  Orgelklang.  Daher  ihr  Name  FlOten- 
akazien.  Hat  man  die  FlOtenakazien  durchschritten,  so  tritt  man 
meist  in  die  ganz  offene  Mbnga.  Hier  kein  Strauch,  kein  Baum, 
ein  weites  eintöniges  Grasmeer,  dessen  kurze  Halme  nie  das  scihüne 
Wogen  unserer  Felder  zeigen.  In  der  Mitte  liegt  oft  ein  Wasser« 
tfimpel  oder  die  Savanne  zieht  zum  Flusse  bin,  auch  zeigt  sich 
die  Mbnga  wie  eine  Parklandschaft^  dann  aber  ist  sie  schön.  Prftch* 
tige  Baumgrnppen  entspriessen  dem  Buschkompleze,  Termitenhügel 
bringen  angenehme  Abwechselung  oder  schOne  graziöse  PhOniz-Pähnen, 
schlsnke  Hyphaena-  und  majestätische  Borassuspalmen  verleihen 
der  Landschaft  ein  echt  afrikanisch-tropisches  Gepräge.  — 

Hier  endlich  sehen  wir  Wild.  Die  Savanne  erweist  sich  gegen 
alles  Erwarten  als  der  Aufenthalt  desselben.    Dort  findet  man  es 

« 

regelmässig.  Jedoch  selbst  hier  nicht  zu  allen  Jahreszeiten.  Wenn  im 
Oktober,  also  vor  Eintritt  der  Regenzeit,  der  Wald  sich  in  Grfin  zu 
kleiden  beginnt,  das  Gras  hochsclüesst,  immer  dichter  wird,  so  dass 
das  Gehen  dort  noch  mehr  erschwert  ist,  als  es  schon  wegen  der 
Graswurzelstrfinke  der  Fall  ist,  so  thut  sich  das  Wild  während  der 


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AfHkaalsche  Jaf d. 


51 


ganzen  Regenzeit  l)ifi  zum  Mürz  und  dann  noch  wähnMid  d»  r  Tebei- 
schwemmunc^speriode  bis  Ende  Mai  ])aarweise  ab  und  zt-rstreut  ?;ich 
über  sehr  weite  Gebiete.  Zu  jeuer  Zeit  trifft  man  nur  durdi  Zufall 
auf  Wild.  Hai)en  sich  die  Wasser  dann  im  Mai  verlaufen  oder  sind 
sie  verdunstet,  ist  das  Gras  dürrer  und  pelb  iiewnrdeu.  so  zünden 
es  die  Kingeboreneu  allenthalben  an.  Tag  und  .Nacht  sieht  mau 
Kanchwolken  und  Feuerschein  am  Himmel. 

Aber  nur  da,  wo  das  Gras  in  Depressionen  der  Mbuj^a  sehr 
dicht,  hoch  und  üppig  wächst,  wiire  es  gefährlich,  während  des 
Brandes  in  die  Nähe  zu  kommen,  an  anderen  Stellen  kann  man 
überall  durch  die  schmale,  kriechend  langsam  dahinziehende  Fener- 
linie  schreiten  oder  springen,  welche  unter  furchtbarem  Knallen, 
Brausen  und  Prasseln  vielen  Lärm  um  Nichts  macht.  Dichte  Kauch- 
und  Dampfwolken  steigen  auf  und  ballen  sich  am  Himmel  zu 
schweren  Cumuli,  welche  oft  derart  mit  Wasserdarapf  gesättigt  sind, 
dass  sie,  während  von  unten  aas  dem  brennenden  Grase  Feuersänlen 
aufsteigen,  windwärts  das  Mitgeführte  als  Regen  wieder  zur  Erdo 
senden.  Die  Luft  wird  bis  Ende  August  derart  mit  Rauch  erfüllt, 
dass  die  Sonne  me  durch  einen  weissen  Schleier  blickt  und  man 

2  Monate  lang  fast  nur  weissen  Himmel  sieht. 

Tausende  von  Insekten,  besonders  Heuschrecken,  fallen  den 
Flammen  zam  Opfer  und  ganze  Zflge  von  Falken,  Schwalben,  Rei- 
hern  und  anderen  Vogel  spielen  im  Rauch,  um  Insekten  zu  haschen. 
Wild  fällt  im  östlichen  Afrika  bis  nahe  zur  Westküste  niemals  dem 
Feuer  zum  Opfor.  An  der  W^eatküste  dagegen,  wo  dichtere  Gras- 
bestände vorbanden,  kommt  es  zuweilen  vor. 

Das  Feuer  lässt  hinter  sich  eine  grenzenlos  traurige  öde  Flftche. 
Alles  kohlschwarz  gebrannt.  Die  Sträucher  strecken  wie  Besen 
ihre  entblätterten  Aeste  gen  Himmel,  die  Krüppelbäume  sehen  ge- 
spenstisch ans  und  der  Wald  ist  die  verkörperte  Melancholie,  alles 
grau  in  grau,  entblättert,  dabei  glühend  heisa  ansgetrocknet,  so  dass 
schon  der  blosse  Anblick  Durst  erregen  kann.   Aber  schon  2  bis 

3  Tage  spftter  spriessen  überall  fein«'  Halme  aus  der  Dürre  hervor, 
um  schon  nach  8  Tagen  einen  leichtru  grünen  Sciiimmer  über  die 
Erde  zn  breiten,  damit  ist  die  Zeit  des  Waidmannes  gekommen. 
Jetzt  kann  er  dem  edeln  Gewaid  obliegen.  Jetzt  thut  sich  alles 
Wild  wieder  in  Heerden  zusammen.  Antilopen  nnd  Zebra  treten 
auf  die  Mbuga  hinaus,  die  Büffel  ziehen  äsend  über  die  Fläche.  Am 
Waldrand  naschen  die  Giraffen  mit  langem  Halse  von  den  stäche^ 
liehen  Akazienzweigen.   Sogar  die  vorsichtigen  Sanen  brechen  auf 

4* 


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Afrikanische  Jagd- 


der  kahlen  Fifidie.  Der  Bnf  der  Fnmkolme,  eine«  rebhnhn- 
artigen  Vogek,  tOnt  ans  dem  Wald,  daas  metalliacbe  Bassein  und 
Schnarren  der  Perlhühner,  welches  wie  das  Anfwinden  einer  Anker- 
kette klingt,  wird  Abends  am  Wasser  oder  vom  Flnsse  her  ver- 
nehmbar. 

Das  WM  kommt  stellenweise  in  sehr  grossen  Heerden  nnd  in 
allen  Arten  vor,  nm  anderwftrts  so  gnt  wie  gar  nicht  zu  erscheinen, 
trotzdem  alle  Bedingnngen  für  dessen  Existenz  erlQllt  sind. 

Idi  selbst  hatte  zuletzt  eine  derartige  Uebong  im  Srkennen  wild- 
reicher  oder  wildarmer  Gegenden,  dass  ich  ganz  sicher  anf  die 
H&nfigkeit  des  Vorkommens  desselben  mit  sicherem  Blicke  schliessen 
konnte. 

Da  wo  viel  Wild,  ist  natürlich  anch  viel  Banbzeng.  Voran  ist 
der  EOoig  der  Thiere,  der  LOwe,  überall  äusserst  hftnfig.  Wie  oft  habe 
ich  Abends  dem  mqeetfttiseheii  Gebrülle  gelauscht,  wenn  sich  8—4, 
selbst  5  nnd  6  LOwen,  weit  umher  zerstrent,  mit  donnernder  Stimme 
Antwort  brüllten.  Der  Panther  streicht  nnhürbar  nmher,  er  ist  es 
anch,  welcher  die  meisten  Opfer  an  Menschenleben  fordert,  w&brend 
der  Lowe  selten  einen  Menschen  reisst,  es  sei  denn,  er  wftre  zu  alt 
und  nicht  mehr  im  Stande,  Wild  zu  jagen. 

DieHyfine  streift,  heulend  ihr  langgezogenes  uuu-i  ausstossend, 
umher  und  trotzdem  sie  als  gräulicher  Leichenrftuber  nur  Aas  und 
menschllcbe  Kadaver  irisst,  erregt  sie  bei  ihrem  Erschien  immer 
allgemeine  Heiterkeit,  denn  ihr  Geheul  klingt  mehr  hühnisch  und 
ärgerlich  wie  grässlich.  Nur  wenn  sie  ihr  sogenanntes  Gelächter 
ansstöäst,  so  dringt  dieser  vntklidi  sehaueiüche  Diut  dorch  Mark  uud 
Bein,  wie  das  entsetzliche  Lachen  eines  Wahnsinnigen;  dann  streiten 
sich  die  gefrässigon  Thiere  um  ihre  Beute.  Das  unschuldigste  Raab- 
thier ist  der  Schakal  In  Gestalt  und  Bendunen  genau  unserem  Fachse 
gleichend,  ist  er  nur  etwas  kidner  als  dieser.  Wenn  er  Nachts  das 
Dorf  oder  ein  Lager  umschlücht  und  sein  lauthallendes  buä'  bnä' 
ansstösst  nm  nach  bescheidener  Beute  zu  suchen,  so  gilt  dies  als 
ein  sehr  böses  Zeichen  und  niemand  wird  ein  neues  Unternehmen 
am  anderen  Tage  beginnen  oder  seinen  Marsch  fortsetzen. 

Die  Geier,  Adler  nnd  Marabu  gehören  auch  zum  Raabzeug 
sind  iiher  ebenfalls  unschädlich,  wenn  sie  nicht  Gelegenheit  haben, 
.sich  einem  zur  Strecke  gebrachten  Wild  zu  nähern,  welches  ihnen 
dann  iu  kurzer  Zeit  ganz  zur  Beate  fällt,  sei  es  selbst  ein  todter 
Büllel. 

Das  Wild  ist  in  ganz  Afrika  nirgends  Staudwild,  soudeni  zieht 


Afrikinisehe  Jtfd. 


58 


immer,  grosse  Gebiete  durchstreifend,  umher.  Der  Jäger  wird  durch 
die  zahllosen  Wildpfade  im  Anfange  immer  irre  geleitet  und  glaubt 
daher  allein  ausziehen  zu  mfissen,  um  Wild  aaf  dem  Anstand  za 
erlegen.  Er  begreift  anfangs  gar  nicht,  dass  er  nur  höchst  selten 
auf  deu  stark  betretenen  Wechseln  Wild  zu  sehen  bekommt.  Dies 
hat  aber  seinen  gnten  Grund  darin,  dass  das  Wild  wegen  der  Löwen 
und  Panther  gar  keinen  Wechsel  einhalten  kann.  Es  wurde  dann 
leichte  Beute  dieser  mächtigen  Raubthiere  und  so  verbietet  sich  für 
das  Wild  der  regeimfissige  Wechselgang  ganz  von  selbst  Auch  die 
schöne  Geschichte  vom  Auflauern  an  der  Tränke,  wo  von  allen  Seiten 
mit  Anbruch  der  X:uht  zahllose  Antilopen,  Zebra,  Büffel  und  Gir- 
affenbeerden,  friedlich  mit  dem  Elephanten  und  Rhinoceros  erscheinen 
sollen,  um  sich  an  dem  Nass  zu  laben,  sind  meistens  nichts  als 
Phantasien  von  Leuten,  welche  nie  Beobachtungen  darüber  gemacht 
haben.  Löwen  und  Panther  sorgen  schon  dafür,  dass  solche  idyllischen 
Znsammenkflnfte  nicht  stattfinden.  Ich  habe  auch  immer  die  Beob- 
achtung gemacht,  dass  alle  Thiere,  d.  h.  Girafien,  Antilopen  imd 
Zebra  Ängstlich  fliehen,  wenn  eine  Bfiffelheerde  irgend  wo  erscheint 
Dasselbe  geschieht  bei  dem  Nahen  Ton  Elephanten  nnd  Nashorn. 
Alle  Thiere  ziehen  wegen  des  Raabzenges  hOehst  nnregelmässig  znr 
Trfinke  nnd  ehüge  Antilopenarten  trinken  überhaupt  nie  Wasser,  wie 
z.  B.  die  Konsi  (Aleelaphus  caama  Gray)  und  die  Bjämäla  (Damalis 
senegalensis  Gray),  das  am  Morgen  in  den  Grftsem  hängende  Wasser 
des  Thaues  genügt  fost  allen  Antilopen.  Nur  Zebra  und  Büffel 
ziehen  tfiglich  zur  Trünke.  Ich  will  hier  auch  gleich  einer  allgemein 
verbreiteten  Unwahrheit  gedenken,  nfimlich  Erzühlungen  über  das 
Schiessen  bei  Nacht,  »ich  sah  zwei  leuchtende  Punkte,  wie  feurige 
Kohlen,  zielte  mit  meiner  guten  Eugelbücbse  dazwischen,  mein  Sohuss 
donnerte  in  die  Nacht  und  zu  Tode  getroffen  wftizte  sich  das  Banb- 
thier  am  Boden'*.  Ich  glaube,  die  Verleger  von  Beisewerken  haben 
diesen  Satz  stereotypirt.  Nun  aber  leuchten  Banbtbieriichter  eben- 
sowenig von  selbst  wie  die  anderer  Thiere.  Man  nehme  doch  ein- 
mal eine  Katze  mit  in  einen  ganz  dunklen  Raum,  man  wird  nichts 
von  jenem  Leuchten  der  Augen  merken,  nur  wo  ein  Liehtschimmer 
hinemfiült,  erglftnzen  die  Augen  in  Phosphorschimmer.  Dann  nehme 
man  bei  recht  hellem  Mondschein  eine  Büchse  zur  Hand  und  ver- 
suche zu  zielen.  Es  wird  nicht  einmal  das  Visir,  geschweige  das 
Korn  zu  sehen  sein.  Höchstens  wenn  es  glänzend  polirt  ist  und 
der  Mond  im  Rücken  steht,  wird  das  Visir  sichtbar  sein.  Dann 
verencbe  man  im  Mondlicht  Entfernungen  zu  taxiren,  um  bald  genau 


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Afrikauiäcbe  Jagd. 


ZU  wissen,  was  es  mit  den  nSchtlichen  Jagden  f&r  eine  Bewandtniss 
hat  Der  eine  Fall  nnr  sichert  einigen  Erfolg,  die  Anwendung  einer 
Sehrotflinte  nnd  starken  Schrot,  sogenannte  Poeten,  eine  ganze 
K:4  pc  (Matze)  voll,  wie  man  in  Sfiddentechland  sagt,  konnten  auf 
ganz  kurze  Distanzen  beim  Mondschein  ein  Raabthier  zur  Strecke 
bringen.  Das  Verhalten  des  Wildes  bestimmt  natürlich  auch  die 
Methode  des  Jagens,  nnd  diese  kann  in  Afrika,  wie  ans  obigem  her- 
vorgeht, nnr  die  des  POrschgaDges  sein.  Hnnde  stehen  dem  Jftger 
anch  nicht  zur  Verffigang.  Die  kleinen  rothhaart gea  Köter  der  Ein- 
geborenen haben  gar  keine  Nase,  wie  der  Jfigeransdrack  heisst,  ' 
werden  von  den  Schwarzen  zum  Hetzen  von  Haasen  nnd  Aifen,  be- 
sonders aber  einer  grossen  Springratte  verwendet.  Meine  wieder- 
holten Versuche,  afrikanische  Hunde  zum  Jagen  zu  verwenden,  er- 
wiesen sich  immer  als  erfolglos.  Europäische  Hunde  verlieren  sofort 
den  Genich,  würden  aber  bei  der  grossen  Trockenheit  der  Tropen, 
selbst  mit  diesem  ausgestattet,  wenig  nützlich  sein.  Tin  mit  Erfolg 
zu  jagen  ist  es  nothwendig,  mit  drei  schwar/.eu  Begleitern  auszuziehen. 
Drei  Begleiter  sind  deshalb  nothwendig,  weil  man  oft  5 — G  Stück 
schwere  Thiere  sehiesst  und  um  das  so  nützliche  Fleisch  nicht  ver- 
loren gehen  zu  lassen,  ist  es  nothwendig,  das  zur  Strecke  gebrachte 
Wild  mit  Dornen  und  Zweigen  dicht  einzudecken  wegen  der  Geier, 
welche  sonst  innerhalb  einer  halben  Stunde  zu  Hunderten  erscheinen, 
und  wegen  des  kleinen  iiauh/cuges,  wie  Schakal  und  Hyäne.  Dann 
nuiss  einer  der  Leute  naeh  dem  Lager  zurückeilen,  um  Träger  für 
den  Fleischtransport  zu  holen.  Boonders  aber  bedarf  man  der  Be- 
gh  iter  zum  Verfolgen  des  angesciiossenen  Thieres,  denn  trotzdem  der 
Schwarze  einen  ziemlich  gut^n  Spürsinn  hat.  wird  sehr  vieles  Wild 
zu  Holz  geschossen,  da  man  es  nicht  autlinden  kann;  oit  zeiut  auch 
eine  Schaar  von  Geiern,  in  den  Lüften  schwebend,  die  Stelle  an, 
wo  das  Wild  verendet  ist.  Diese  Vögel  im  Verein  mit  dem  Marabut 
sind  derart  gefrässig,  dass  sie  innerhalb  5 — <>  Stunden  ein  grosses 
Wild  bis  auf  Haut  and  Koovheu  auA'ressen,  kröpfen,  wie  der  Jäger 
sagt,  können. 

Der  Pürschgang  ist  nicht  leicht,  besonders  wenn  die  Thiere  auf 
der  kaldgebrannten  Steppe  äsen.  Es  gehört  ein  erdfarbener  leichter 
Anzug  und  ebenso  gefärbter  Filzhut  dazu  und  eine  gute,  weit- 
tragende Buchse  von  kleinem  Kaliber.  Ich  führte  mit  ausgezeich- 
netem Erfolg  eine  leichte  Mauserbüchse  mit  gewöhnlicher  Militair- 
mnnition.  Ein  kleines  Kaliber  ist  entschieden  vorzuziehen,  wegen 
der  grösseren  Dorchschhigskraft  bei  dem  grossen  schweren  Wild  nnd 


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Afrikamtehfl  Jagd. 


55 


wegen  der  grösseren  Tragweite.  Man  ist  oft  geuüthigt,  auf  grosse 
Entferaungeu,  bis  zu  200  und  300  Schritten,  zu  schiessen,  da  mau 
manchesmal  absolut  nicht  näher  herankommen  kann.  Besonders  ist 
bei  dem  kleineu  Kaliber  von  Wichtigkeit,  dass  der  Einschuss  und 
selbst  der  Ausschuss  sehr  klein  bleiben,  so  dass  alles  Wik!  bei 
guten  Schüssen  sehr  bald  an  innerer  V^erblutung  eingehen  muss  und 
schnell  aufzufinden  ist.  Dieser  Umstand  ist  in  Afrika  sehr  wich- 
tig, denn  anders  ist  das  Wild  immer  verloren.  Mit  grossem 
Kaliber,  welches  bekanntlich  nicht  weit  trägt,  sind  Ein-  und  Aus 
Bchuss  derart  gros^:,  dass  zu  reichlicher  Schweiss  austreten  kann, 
das  Thier  behält  immer  Luft,  d.  h.  die  Athmong  wird  Dicht  be- 
engt und  es  geht  ab.  Selbst  mit  guten  Lungen-  und  Knochen- 
schuBsen  kommt  dies  bei  dem  sehr  harten  aMkaniscbeu  Wild  h&nfig 
genug  vor. 

Im  Anfang  fällt  es  dem  Eufop&er  ungemein  schwer,  Wild  im 
Holz  zu  unterscheiden.  Er  wird  wegen  seiner  schlechten  Augen 
TOD  dem  Schwarzen  bemitleidet,  später  aber  bei  einiger  Gewöhnong 
kommt  es  vor,  dass  er  den  Neger  übertrifft  Die  verschiedenen 
Fährten  genau  kennen  zu  lernen  (anzusprechen,  wie  der  Waidmann 
sagt),  ist  ganz  nnnöthig.  In  den  seltensten  Fällen  pürscht  man 
der  Fährte  folgend.  Das  Wild  ist  immer  so  zahlreich,  dass  man 
nur  auf  schon  sichtbares  Wild  pürscht.  Auf  Fährte  zu  purschen, 
ist  schwer  wegen  der  vielen  Warner,  welche  das  Wild  des  durch- 
zogenen Beviers  aufmerksam  machen.  Da  giebt  es  eine  Menge 
YOgel,  welche  schrecklichen  Länn  beim  Nahen  des  Menschen  machen, 
anch  Antilopen.  Die  Zwergantilopen  werden  besonders  listig  durch 
Pfeifen.  Man  hat  fast  immer  halb  verlorenes  Spiel,  wenn  man  das 
Wild  nicht  zuerst  entdeckt  Dennoch  treibt  nnr  der  Wamnngston 
gewisser  grosser  Antilopen,  ein  lautes,  merkwürdiges  Prusten,  alles 
Wild  ausser  Sebussweite,  wfihrend  es  auf  die  andern  Warner 
weniger  reagirt  und  sich  hftufig  wieder  ganz  beruhigt. 

Sehr  häufig  sieht  man  Terschiedene  AntUopenarten  zusammen 
äsen,  besonders  Zebra  und  Djämäla»  Ton  denen  dann  abwechselnd 
ein  Zebra  und  eine  Antilope  den  äussert  aufinerksamen  scharfen 
Ausguck  halten.  Die  Djämäla  ist  die  scheueste  Antilope.  Wer  sie 
beim  Pfirsehgang  regelmässig  zur  Strecke  bringt,  der  hat  das 
Purschen  gelernt  Stundenhmges  Kriechen  auf  dem  Bauch,  durch 
schwarz  gebrannte  Grasstopp^  als  Deckung  hier  und  da  ein 
Stämmchen  oder  ein  nicht  verbrannter  Grasbusch,  glühender  Sonnen- 
brand, Stechfliegen,  Domen,  scharfkantige  Steinchen,  brennender 


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Afrikauiscbe  Jagd- 


Darst,  dabei  fortgesetztOB  Bcharfes  Beobachten  ist  nothwendig,  am 
zum  Schuss  zu  kommen. 

Das  wird  aber  deu  passiouirteu  Jäger  nicht  abschrecken,  und 
um  so  grösser  sind  Freude  und  Stolz,  wenn  der  aufgebotene  Scharf- 
sinu  lind  die  mühsam  erlangte  Geschicklichkeit  belohnt  wird  und 
der  träumerisch  wiederkäuende  Djamiilahock,  welcher  sich  scharf  in 
seiner  hässlichen  (leslalt  vom  Horizonte  für  den  auf  dem  Bauche 
liegenden  ubzeichuete.  mit  «utem  Blattschusse  im  Feuer  stürzt,  um 
mit  zittemden  Läufen  zu  verenden.  Doch  nun  heisst  es,  wie  ein 
Holz  liegen  bleiben.  Die  zwei  Gefährten  der  Djämäla  sind  in  eigen- 
artig tollen  linkischen  Sprüngen,  bockeud  oder  wie  hinkend,  in  auf- 
fallend plumpem  Galopp  abgegangen.  Als  sie  aber  ihren  Gefährten 
so  ruhig  am  Boden  liegen  sehen,  kommen  sie  neugierig,  zuerst 
zögernd,  dann  immer  dreister,  fortwährend  laut  prustend.  Den 
Jäger  halten  sie  für  einen  Stein  'oder  Holz,  und  der  Pulverdampf 
macht  auf  kein  Wild  einen  Eindruck.  Selbst  der  Knall  nicht,  wie 
ich  unzählige  Male  beobachten  konnte.  Ilaben  die  Djämäla  deu 
Jäger  aber  einmal  erkannt,  so  ist  alle  fernere  Mühe  umsonst.  Die 
Thiere  Ii  ächten  immer  auf  Schussweite  und  äugeu  dann,  um  bei 
Annäherung  wieder  abzugehen.  Es  ist  mir  bei  Djämäla  und  auch  bei 
Konsi  wiederholt  gelungen,  von  drei  Thieren  eines  nach  dem  andern 
zu  schiessen,  ohne  dass  sie  die  Flucht  ergriffen  hätten.  Kathies 
blieben  zuerst  die  zwei,  dauu  die  dritte  stehen,  bis  sie  alle  zur 
Strecke  gebracht  waren.  — 

Giraffen  kann  man  nur  in  der  Halbmbuga  beikommen,  wo  dich- 
tes Unterholz  dem  Körper  gute  Deckung  bietet.  Die  hohen  scharf- 
äugenden Thiere  sind  zwar  äusserst  neugierig  und  folgen  oft  einer 
Karawane  1  -  2  Stunden  seitwärts  vom  Pfade,  immer  aber  halten 
sie  sich  in  guter  Schussweite.  Es  gewährt  einen  prächtigen  Anblick, 
wenn  die  riesigen  Thiere,  die  grosse  Schwanzquaste  anf  den  Rücken 
gelegt,  in  graziös  wiegendem  Galopp  davon  eilen,  dabei  immer  die 
gftiize  Heerde  von  10 — 20  Stück  in  langer  Front  ausgerichtet,  eine 
Alt  zu  flüchten,  welche  höchst  befremdlichen  Emdrack  macht. 
Gegen  die  RieseDgiraffen  in  der  Freiheit  sind  unsere  gefangenen 
Giraffen  nur  verkümmerte,  schwache  Thiere. 

Die  Palla-Palla-Antilope  (Hippotragns  niger  Harris)  hat  die 
£igenthQmlichkeit  bei  der  Wanderang  emer  hinter  dem  anderen  im 
Gänsemarsch  zu  ziehen.  Auf  der  Flu(^ht  ziehen  sie  immer  in's  Holz, 
und  alte  Böcke  haben  die  Gewohnheit,  sich  so  hinter  Stämmen  zn 
postiren,  dass  man  selbst  in  der  N&he  keinen  Sehnss  anbringen  kann. 


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Afrttaniaehe  Jagd. 


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Einen  sehr  schüneu  Doppelschuss  aufs  Blatt  machte  ich  auf 
zwei  riesige  Nimha  (Oreas).  Jedes  der  Thiere  wog  20  Trägerlasten 
Wildpret  a  70  Pfuud,  also  1400  Pfuud.  Der  Neger  erzählt  vou  der 
Nimba  sonderbare  Geschichten.  Wenn  jemand  eine  Nimba  geschossen 
hat,  sagt  er,  müsse  man  sofort,  wenn  mun  schon  Jagdzaubermittel 
in  Arm  und  Kopf  eingeimpft  bekommen  hat,  za  dem  betreifenden 
Medizinmanne  eilen,  welcher  ihm  die  Impfung  vorgenommen  hat,  aud 
sich  aufs  Neue  für  die  Jagd  weihen  kesen.  Eher  wird  man  nicht  wieder 
ein  Wild  schiessen  können  und  wenn  es  jahrelang  danem  sollte.  Hat 
aber  der  Jäger  noch  keine  Jagdmedizin  eingeimpft,  so  sei  es  geradezu 
gefährlich,  eine  Nimba  zn  erlegen,  da  man  alsdann  vom  nächsten 
Wild,  anf  welches  man  schiesst  nnd  sei  es  eine  winzige  Zwergantilope, 
getödtet  wurde.  Dies  Schicksal  kann  man  nur  abwenden,  wenn  man 
den  Jagdgefährten  oder  sonst  Jemanden  nach  Hanso  sendet,  mit  der 
Meldnng,  dass  man  anf  der  Jagd  umgekommen  sei.  Wenn  dann  die 
Angehörigen  Iraner  angelegt  haben,  indem  sie  die  Haare  abscbeeren, 
Klagelieder  anstimmen  und  Opfer  bringen,  sowie  die  Bestattung  vor- 
bereiten nnd  hinaus  ziehen,  um  den  angeblichen  Todten  za  holen, 
welchen  sie  natürlich  lebend  und  gesund  finden,  so  ist  der  Zauber 
gebrochen.  Der  Schwanzqnaste  der  Nimba  wohnen  zauberkräftige 
Eigenschaften  fär  Jagd  und  Krieg  inne.  — 

Die  interessanteste  Jagd  ist  die  auf  den  Bflffel  (Bos  caffer).  In 
Heerden  von  20—100,  selbst  600  Stfick,  unternehmen  die  mächtigen 
Thiers  weite  Wandemngen.  Dem  Wasser  folgend,  hinterlassen  sie 
30—40  m  breite  zerstampfte  und  zerwflblte  Wege.  Meinen  ersten 
B&ffel  erlegte  ich  in  der  wildreichen  Kataui-Mbnga  in  Eawende,  Öst- 
lich vom  Tanganyika.  Im  lichten  Niederwald  mit  drei  meiner  Jäger 
umherstreifend,  entdeekten  wir  bald  eine  breite  frische  BflffeUfthrte. 
5  Minnten  später  fanden  wir  in  niederem  liditem  Knflppelgebflseh- 
wald  die  weit  umher  zerstreuten  Bflffel,  deren  schwarze  Leiber  aus 
der  Entfernung  wie  dunkle  Steine  aussahen. 

Ich  wählte  als  Deckung  einen  starken,  aber  leicht  erklunmbaren 
Baum,  denn  mit  dem  angeschossenen  Bflffel  ist  nicht  zu  spassen.  Ist  der 
getroffene  Bflffel  nicht  sehr  krank,  so  nimmt  er  immer  den  Jäger  an  und 
dann  wehe  demselben,  wenn  es  ihm  nicht  gelingt,  einen  sehr  starken 
Baum  zu  ersteigen.  Der  Bflffel  ist  trotz  semer  plampen  Gestalt  äusserst 
gelenkig,  gewandt  und  von  unbändiger  Kraft,  so  dass  es  Tergeblieh 
wäre,  einfech  Deckung  hinter  Stämmen  zn  nehmen.  Wflthend  schflt- 
telt  er  den  Jäger  vom  Baume,  wenn  dieser  nicht  sehr  stark  ist,  indem 
er  wie  ein  Widder  rflckwärts  tritt,  um  dann  in  einem  kurzen  Anlauf 


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Afrikauiscbe  Jagd. 


mit  aller  Wncht  in  hohem  Sprang  mit  den  gewaltigen  HOmem  an«> 
zurennen,  so  dass  es  aller  Kraft  bedarf,  nm  niebt  herabgeschleadert 
zu  werden.  Hat  er  den  fliehenden  Jftger  erreicht,  so  ist  dieser 
immer  verloren,  er  spiesst  ihn  anf  die  HOmer,  zerstampft  ihn  mit 
den  Lftnfen.  Mit  Recht  ist  der  Bfiffel  mehr  wie  der  Löwe  gefflrchtet, 
werden  doch  die  meisten  UnglOcksfillle  durch  angeschossene  BflffiBl 
Tororsacht  und  schon  viele  Enropfier  sind  dnreh  Büffel  getödtet 
worden,  (ooch  häufiger  oatfiilieh  Schwarze)  nnd  oft  hatte  ich  Grelegen- 
heit,  vom  Büffel  verwundete  Keger  zu  sehen. 

Dm  sich  einigermaassen  gegen  die  durch  angeschossene  Büffel 
drohende  Gefohr  zu  schlitzen,  ist  es  nothwendig,  nach  dem  Schusse 
ganz  besonders  auf  den  Wind  zu  achten  und  rieh  vor  allem  voll- 
kommen regungslos  zu  halten. 

In  der  Kataoi-Mbnga  sah  ich  mich  zum  ersten  Male  Büffel, 
obendrein  einer  besonders  grossen  Heerde,  gegenüber.  Es  mochten 
600—700  Stfick  der  mächtigen  Thiere  sein. 

Da  es  gegen  Mittag  war,  so  hatte  sich  ein  Theil  niedergethan, 
nm  unter  dem  breiten  Schirmdach  einer  gewissen  niedem  Baumart 
wiederzukäuen,  deren  dichtes  Laubwerk  kühlen  Schatten  spendet  und 
immer  mil  Vorliebe  von  Büffeln  aufgesucht  wird.  Zuweilen  ertönte 
das  dampf  abgestossene  Gebrüll  der  plumpen  Wiederkäuer. 

Ich  war  ziemlich  nahe  unbemerkt  an  die  Büffel  herangekommen 
nnd  konnte  deutlich  die  Madenhacker  (Baphaga.  sie  gehören  zu 
den  Webervögeln)  auf  denselben  bemerken.  Es  sind  dies  Vögel  in 
der  Grösse  zwischen  Drossel  und  Sperling,  von  gedrungener  Gestalt 
und  unscheinbarem  Gefieder.  Der  kräftige  Schnabel  ist  rothgefärbt. 
Emsig  laufen  sie,  paarweise  oder  selbst  zu  H  — 7  Stück,  auf  dem 
Büffel  umher,  klettern  au  den  Seiten  und  dem  Bauche  auf  und  ab 
und  statten  selbst  dem  Kopfe  zuweilen  Besuche  ab,  indem  sie  sich 
mit  ihren  scharfen  Krallen  fest  halten.  Sie  suchen  die  dicke  Haut 
der  Büffel  nach  Insekten  ab,  Flie^on,  sowie  Zecken  und  Maden, 
welche  sich  eingebohrt  haben.  Ob  sie  den  Büffeln  damit  eine  Wohl- 
ihat  erweisen,  möchte  ich  bezweifeln,  denn  recht  oft  schütteln  sie 
unmuthig  die  bissisjen  bieiinde  ab.  deren  sie  sich  nicht  erwehreu 
können,  ueben  ln>*'ktt'n  rei^-cii  sir»  mit  dem  scharfen  Schnabel  Haare 
und  Hautsiückilien  ab.  Audi  ein  kleiner  weisser  Reiher,  der  Knh- 
rciher  (Ardea  bubnlcus),  ist  ein  steter  treuer  Begleiter  der  Biitiel. 
Diese  Reiher  steiieu  auf  dein  Kücken  derselben  oder  laufen  ihnen 
zwischen  den  Beinen  umher,  um  ebenso,  wie  der  Madenhacker,  dem 
vitilgeplagten  Wiederkäuer  von  seiuen  Peinigern  zu  befreien.  Einen 


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Afiikaniadi«  Jagd. 


5f> 


äusserst  komischen  Anblick  gewährt  es,  wenn  ein  von  dem  silber- 
weissen  Reiher  j allzusehr  gequälter  Büffel  eine  SL'hnellere  Giinsart 
einschlägt  und  die  Reiher  auf  seinem  Rücken  iu's  Wanken  kommen 
und  aufflieiren  oder  auf  dem  Boden  in  weit  ausgreifenden  Schritten 
und  aufges|»annt<'u  Flügeln  nebenher  laufen.  Unzählige  grosse  und 
kleine  Stechfliegen  hegleiten  in  Schwärmen  die  Büffel.  Sie  senken 
auch  ihren  uadelgrossen  Rüssel  mehr  wie  einmal  in  die  Haut  des 
Jägers,  dass  dieser  erschreckt,  wie  vou  einer  2iadel  gestocken, 
auffiUirt. 

Die  Madenhacker  erweisen  sich  aber  in  gewissen  Momenten  als 
wirkliche  Freunde  der  Büffel  und  vergelten  die  Gastfreundschaft, 
welche  ihnen  auf  dem  mächtigen  Leibe  gewährt  wird,  dadurch,  das» 
sie,  wenn  Gefahr  durch  eiueu  Jäger  oder  Löwen  in  Verzag  ist,  einen 
schnarrenden  Ton  mit  dem  harten  Schnabel  hervorbringen.  Ich  hatte 
vou  meinem  beobachtenden  Posten  hinter  dem  Baum  schon  mehrmals 
jenen  Ton  vernommen.  Einige  Büffel  stiessen  ihr  dumpfes  Brüllen 
aus  und  mehrere  mir  zunächst  stehende  Thiere  erhoben  schon  sichernd 
die  Köpfe,  da  erdröhnte  raein  Schuss,  rollenden  Wiederhall  in  den 
Berghalden  weckend.  Brüllend  stürzte  ein  mächtiger  Bulle  im  Fener 
zusammen.  Sein  stöhnendes  lautes  Brüllen  zeigte  mir  an,  dass  er 
zu  Tode  getroffen  war.  Donnernd  brach  die  kolossale  Heerde  durch 
das  H<dz,  dass  knackend  Aeste  und  Bäumchen  brachen  und  der 
Boden  dröhnend  erzitterte.  Eine  hohe  Staubwolke  wirbelte  auf.  Maden* 
baeker  und  Reiher  schwebten  darüber  und  den  Beig  binanstfirmend, 
war  die  Heerde  bald  darauf  dem  Auge  entschwunden.  — 

Ein  Fangschuss  in  den  Kopf  machte  den  Qualen  des  erlegten 
Thieres  ein  Ende,  welches  stöhnend,  mit  rollenden  Augen,  vergeh* 
liehe  Versuche  machte,  sich  zu  erheben.  Ich  aber  konnte  mich  nicht 
enthalten,  einen  lauten  Juchzer  auszustossen,  hatte  ich  doch  meinen 
ersten  Bfiffel  erlegt 

Damit  das  Fleisch  auch  fdr  die  Huselmftnner  meiner  Karawane 
geniessbar  wurde,  musste  jedes  Thier  nach  mohamedanischem  Bitus 
geschlachtet  werden.  Der  Koran  schreibt  vor,  dass  die  Kehle  des 
lebenden  Thieres  mit  einigen  kräftigen  schnellen  Bewegungen  mittels 
eines  sehr  scharfen  Messers  durchschnitten  wird,  und  zwar  muss  die 
Prozedur  beendet  sein,  bis  der  Betreffende  die  Formel:  Bismilla*  him 
rachm&n  wa  rahtm,  ausgesprochen  hat  Dies  bedeutet:  im  Namen  des 
allbanDheizigen  allerbaimenden  Gottes.  Um  nun  meinen  Bflffel  eben- 
falls für  die  Isl&m  der  Karawane  geniessbar  zu  machen,  durchschnitt 
der  erst  kürzlich  zum  mohamedanischen  Ghiuben  bekehrte  Magaoga, 


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60 


Afrikaniscb«  Jagd. 


mein  Haiiptjaijdbegleiter.  dem  todteii  Buflfel  die  Kehle  dur<  h.  Denn 
einen  RiiftVl.  welcher  auch  nur  einen  Funken  von  Lehen  im  Leil)e 
hatte,  würdt'  sich  Niemand  anzurühren  wagen.  Es  war  dies  für 
unsere  BegritVe  ein  höchst  unwaidraännisches  und  für  den  Isläm  ein 
unreines  (haram)  Beginnen.  Allein  in  der  Wüdoiss  nimmt  mau  s  mit 
den  Koranvorschriften  nicht  so  genau. 

Das  Schlachten  des  todten  l^üffels  hatte  wegen  der  daumen- 
dicken Haut  desselben  übrigens  wenigstens  15  Minuten  gedauert, 
während  weicher  Zeit  mau  fast  eine  ganze  Sare-Capitei  des  Koran 
hätte  beten  können. 

Bei  den  afrikanischen  .lagern  herrscht  der  Brauch,  die  Schwanz- 
wedel des  erlegten  Wildes  abzuschneiden,  um  die  Trophäe  als  Beleg 
für  die  Wahrheit  der  Aussage  der  Boten  in's  Lager  zu  senden.  In 
der  Kataui  Mbuga  wird  nach  alter  Sitte  das  Wild  Mbusi,  d.  i.  Ziege, 
genannt.  Dort  herrscht  nämlich  der  Geist  eines  alten  afrikanischen 
Nimrod  Namens  Kataui,  der  ein  grosser  Jäger  vor  dem  Herrn  war. 
Als  eine  Art  afrikanischer  St  Hubertus  führt  er  das  Regiment  über 
das  Wild  jenes  Jägerdnrado.  W^ollte  der  Jäger  in  Katam's  Grebiet 
das  Wild  anders  als  mit  Mbnsi,  d.  i.  Ziege;  bezeichnen,  so  wäre  er 
sieher,  Nichts  zu  erlegen.  Ehe  man  in  der  Eatani  Ml)uga  jagt,  ranss 
man  dem  Kataui  ein  kleines  Opfer  bringen.  Dieser  sichert  als 
GegenleiBtaDg  gnte  Jagd  und  er  nimmt  alsdann  den  J&ger  und 
Karawanen  in  seioen  Schutz,  dabei  volles  Vertrauen  beanspruchend. 
Man  darf,  wenn  man  Eatani's  Geist  nicht  erzftmen  und  beleidigen 
will,  dort  keinen  Domeuhag  zum  Sebutz  gegen  LOwen,  Panther 
und  die  diebischen  Hyänen  nm's  Lager  errichten,  selbst  nicht  gegen 
rftaberische  UeberfäUe.  Thatsächlich  hört  man  nie  von  Belftsti- 
gnngen  irgend  welcher  Art  in  jenen  Gebieten. 

Einer  meiner  schwarzen  Begleiter  ging  nnn  in*B  Lager  zarfick, 
nm  Leute  zum  Wegaehleppen  des  Fleisches  zn  holen.  Trotzdem 
ich  über  die  vor  mur  liegende  ganz  baumlose  Ebene  hinweg  dentUch 
die  weissen  Wftnde  meines  Zeltes  unterscheiden  konnte,  dauerte  es 
iVs  Standen,  ehe  die  Leate  znr  Stelle  waren.  Ich  besah  nun  in 
der  Zwischenzeit  meine  Bente.  Es  war  ein  ganz  aosnahmsweise 
starker  Bnlle,  dessen  mftchtige  HOmer  heate  mein  Zimmer  schmücken 
und  dessen  Schwanzqnaste  dort  ebenfalls  an  einer  meiner  ehemaligen 
Eriegstrommeln  hangt.  Die  eigentlich  fast  schwarze,  glatte,  sehr 
spftrlich  behaarte  Haut  oder  Decke,  wie  der  JSger  sagt,  war  ganz 
mit  getrocknetem  Schlamm  überzogen.  Die  Büffel  lieben  es,  der 
Insekten  wegen,  in  Wasserpfützen  zu  suhlen.    Das  Thier  lag,  wie 


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Afrikanische  Jagd. 


61 


stets,  anf  dem  EinsduMS,  ein  Ansschnss  war  nicht  zn  sehen.  Die 
Kngel  stak  Tiehnehr  an!  dem  rechten  Blatt,  dicht  unter  der  Hast 
eine  Beule  auftreibend.  Das  Geschoss  hatte  somit  aof  50  Meter 
die  beiden  starken  Schulterblätter  durchschlagen  und  war  erst  unter 
der  fingerdicken  Haut  platt  gestaucht  An  den  weichen  Hautstellen, 
unter  den  Beinen  und  am  Bauch,  Bassen  Tausende  von  Zecken, 
darunter  Arten  von  der  GrOsse  eines  kupfernen  Einpfennigstfickes. 
Stecb0iegen  umsummten  uns  und  die  Madenhacker,  welche  wahr- 
scheinlich auf  dem  erlegten  BQflfel  ihr  Heim  hatten,  trieben  sich  in  der 
Nahe  umher.  —  Da  ertfinte  lautes  Summen.  Bienen  erschienoi  in 
Meuge,  nm  gierig  das  ausgeströmte  Blut  zu  saugen  und  unter  diese 
misditen  sich  immer  mehr  Skarabaeen  in  drei  verschiedenen  Arten 
und  Grossen.  Die  zwei  grossen  Arten  Hessen  im  Fliegen  ein  laut 
metallisches  Summen  hOren,  welches  zuletzt  bei  der  grossen  Masse 
der  anschwirrenden  Eftfer  wie  wundervolles,  leises  Glockenlftuten 
erklaug,  so  dass  sdbst  meine  Schwarzen  erstaunt  aufhorchten.  Ich 
beobachtete  diese  seltsame  Erscheinung  nur  einmal  in  der  Kataui 
Mbuga  und  später  wdter  westwirts.  Die  Kfifer  begannen  nnn  in 
geradezu  rasendem  Eifer  ans  der  Losnng  des  Büffels  mit  den  eigens 
zu  diesem  Zwecke  schaufelfÖnnig  verbreitertem  ersten  Beinpaar 
Stficke  auszulösen,  welche  sie  zu  Kugeln  formten  von  der  Grösse 
sogenannter  Murmeln,  mit  denen  die  Knaben  bei  uns  spielen.  Die 
Käfer  entwickelten  bei  ihrer  Arbeit  grosses  Geschick,  indem  sie  die 
Stücke  nach  allen  Richtungen  drehten  und  rollten.  Meist  paarweise 
lief  der  eine  Käfer  vorwärts,  der  andere  rückwärts,  indem  er  mit  dem 
ersten  Beinpaar  die  immer  runder  werdenden  Kugeln  diriKirt»'  und 
sich  mit  seinem  letzten  sehr  langen  Beinpaar  vor-  resp.  rückwärts- 
sehob.  Nach  allen  Seiten  konnte  man  bald  einige  dieser  Mist- 
käfer paarweise  ihre  Kugeln  transportiren  sehen.  In  diese  Mist- 
kugein  legt  das  Weibchen  die  Eier  und  vergräbt  dieselben  alsdann. 
—  Da  machte  mich  klatschender  Flügelsehlag  aulinerksaiii.  dass 
auch  schon  die  Geier  erschienen  waren,  um  ihren  Antlieil  an  der 
Beute  zu  verlangen.  In  den  Liilton  sclnvebteii,  niajestätisclie  Kreise 
zitleiid,  ganze  Schaaren  der  gefrässigen  Raubvögel.  Die  am 
höcli>ten  Fliegenden  verloren  sich  als  verschwindende  Pünktchen  im 
blauen  Aether.  Um  das  nun  in  Aus>i(lit  stellende  Scliau>i>iel 
geniessen  zu  kimih  ii.  zog  ich  mich  mit  den  beiden  Schwarzen  unter 
einen  di(  hteu  Imk^cU  zurück,  welcher  uns  nach  oben  vollkommen 
den  Blicken  der  Geier  verbarg.  Diese  Vögel  linden  übrigens  ihre 
Beute  nur  mit  Hülfe  ihrer  unvergleichlich  guten  Augen.  Deckt 


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Afrikanische  Jagd. 


man  das  erlegte  Wfld  Yollst&ndig  mit  Blattwerk  ein,  so  erscheint 
nicht  ein  einziger  Geier  oder  Adler.  Jedenfalls  aber  scheinen  Geier 
oder  Adler  fortwährend  in  nngeheoren  Hohen  dem  menschlichen 
Blick  onsichtbar  zu  kreisen,  denn  anders  könnte  man  sich  ihr 
schnelles  Erscheinen  bei  Kadavern  nicht  erkiftren.  Ich  habe  wfthrend 
meines  langen  Anfenthaltes  in  Afrika  am  Tage  nirgendwo  Geier  anf 
Bämnen  gesehen  (aufgehackt,  sagt  der  Jftger),  aber  immer  kommen 
sofort  von  allen  Seiten  diese  Vögel  herbei,  wenn  Wild  erlegt  war 
oder  auch  menschliche  Kadaver  sichtbar  waren. 

Nachdem  wir  etwa  5  Minuten  in  unserem  Versteck,  behaglich 
ausruhend,  lagen,  begann  es  in  den  Lflfken  zu  rauschen.  Mit  zu- 
sammengelegten Fltigehi,  den  Kopf  nach  unten,  sehoss  einer  der 
Geier  nach  dem  andern  sausend  herab,  breitete  dann  nahe  der  Erde 
die  Flügel  wieder  aus,  um,  in  weiten  Kreisen  schwebend,  sich  den 
Baumwipfeln  zu  nfthem.  Klatschenden  Flfigelschlages  hockten  sie 
auf  und  ftugten  mit  vorgestrecktem  Kopf  nach  meinem  Bttffel.  Zu- 
nllchst  Hessen  sich  die  kleinen  Möncfasgeier  zur  Erde  nieder  und 
kamen  dann  mit  weit  geöffiieten  Flflgeln  halb  hfipfend,  halb  schrei- 
tend auf  den  Kadaver  zu.  Schnell  waren  die  Augen  ausgehackt, 
Theile  der  heraushängenden  Zunge  abgelressen  und  schon  begannen  die 
MOnchsgeier  den  durchnittenen  Ifols  anzuschneiden,  da  folgten  die  ver- 
schiedenen grosseren  Geierarten.  Die  armen  MOnchsgeier  mussten  nun 
das  Feld  rftumen  und  in  respektvoller  Entfernung  sich  mit  einem  manch- 
mal fortgeschleuderten  Bissen  begnfigen.  Nun  entstand  ein  wfithender 
Kampf,  balgend,  flflgelschlagend  und  fauchend  stritten  sich  die  mäch- 
tigen Vogel,  den  ganzen  grossen  Büffel  bedeckend.  Manchmal 
hatten  sich  zwei  derart  ineinander  verbissen  und  mit  den  Fftngen 
gefasst,  dass  sie  von  dem  Bfiffel  herab  auf  die  Erde  kollerten.  Als 
aber  die  Geier  schon  begannen,  dass  Gescheide  aufeureissen  und 
vom  Halse  Stücke  gekrOpft  hatten,  mussten  wir  einschreiten,  indem 
wir  aufstanden.  Unwillig  erhoben  sich  die  Vögel  schwerfiüligen 
Flügelschlages,  nachdem  sie  erst  nach  einigen  hüpfenden  Sprüngen 
genügende  Luft  mit  den  weiten  Flügeln  fassen  konnten.  Rauschen- 
den Fluges  zogen  einige  wieder  ihre  Kreise  in  der  Luft,  andere 
fielen  in  den  Baumwipfelu  ein  und  ftugten  gierig  nach  der  ent- 
gangenen Beute.  — 

Endlich  nach  hingem  Warten  erst  erschienen  aus  dem  Lager 
30 — 40  Trfiger  und  nun  wurde  in  höchst  unwaidmftnnnischer  Weise 
der  Büffel  au^^gesehlaehtet  Die  Haut  oder  Decke,  welche  anf  dem 
Rücken  und  dem  Halse  daumendick  war,  wurde  nicht  aljgeätreift, 


L.ijiu^cü  Oy  Google 


AfrikanUcbe  Jagd. 


63 


daza  war  weder  Zeit,  noch  wftre  es  ohne  die  allergrüsste  An- 
strengnng  möglich  gewesen.    Mit  Beil,  Lanze  und  Messer  wurden 

vStücke  von  50 — 60  Pfund  abgelöst.    Doch  musste  ich  dabei  mit 

ciuem  kräftißien  Stocke  sorgfiiltig  Wache  halteu,  dass  keiner  etwas 
stahl  oder  nicht  etwa  Streit  ausbrach,  mehr  wie  eiDiiiul  musste  ich 
meinen  Stock  herabsausen  lassen,  wenn  sicii  zwei  mit  den  Waft'en 
bedrohten.  Endlich  war  der  Buflfel  zerlegt,  die  Stücke  an  Stangen 
gebunden,  um  von  je  zwei  und  zwei  getragen  zu  werden.  Der  Kopf 
mit  den  mächtigen  Hörnern  und  der  ilals  waren  so  schwer,  dass  von 
4  Mann  immer  zwei  bei  einem  der  Stücke  abwechselten.  30  Trüger- 
lasteu  Fleisch  zu  je  60—70  Pfund,  also  ungefähr  2000  Pfund  liatte 
der  Büffel  gewogen.  An  demselben  Ta^ie  wurde  von  einem  schwai7:en 
Jäger  aus  einer  kleinen  arabischen  Ilandelskarawane  ein  Rhinozeros 
und  ein  Büffel  geschossen.  Mein  Kollege  Dr.  Böhm  erlegte  eine 
Antilope  und  ich  selbst  hatte  am  Morgen  2  Djämäla  zur  Strecke 
gebracht. 

Auf  dem  Heimwege  bemerkten  wir  Giraffen,  Zebra  und  eine 
Menge  Antilo])en  und  in  weiter  Ferne  eine  zweite  grosse  Büffelheerde. 
2V2  Jahre  später  sehoss  ich  während  der  Regenzeit  in  der  Kataui 
Mbuga  innerhalb  9  Tagen  12  Zebra,  1  riesengrosse  Giraffe,  3  grosse 
Antilopen  und  1  Nilpferd  in  der  überschwemmten  Ebene. 

Im  Lande  Marunga,  westlich  vom  Tanganyika,  gelang  es  mir 
eines  Tages,  in  der  an  Büffeln  ziemlich  armen  Gegend  eines  dieser 
Thiere  zu  erlegen,  welches  merkwürdig  niivorsichtig  schien.  Als  der 
Büffel,  ein  ausserordentlich  grosser  Bulle,  zur  Strecke  gebracht  war 
und  ich  mir  denselben  ansah,  bemerkte  ich,  dass  seine  Haut  über 
und  über  mit  zum  Theil  vernarbten,  zum  Theil  noch  eiternden,  lang- 
gerissenen  Wunden  bedeckt  war  und  im  Nacken  tiefe  Bisswunden 
zeigte.  Es  that  mir  nun  leid,  den  tapferen  Bullen  erlegt  zu  haben, 
da  er  nach  den  zahlreichen  Spuren  an  seinem  Korper  zu  schliessen, 
Si^er  in  einem  Kampfe  mit  einem  Löwen  geblieben  war. 

Ich  hatte  öfter  Gelegenheit,  Plätze  aufzufinden,  wo  ein  derartiger, 
geiwiss  mit  äusserster  Erbitterung  von  beiden  Seiten  geführter  Kamj)t 
zwischen  Büffel  und  Löwen  stattgefunden  hatte.  Immer  fand  ich 
die  im  Kreise  von  16 — 20  Schritten  ganz  und  gar  zerstampfte  und 
aufgewühlte  Erde  eines  solchen  Kampfplatzes  in  der  Nähe  einiger 
Bäume  und  Büsche,  unter  deren  Schutz  sich  der  König  der  Thiere 
«D  den  Büffel  herangeschlichen  hatte.  Auf  mehreren  derartigen  Stellen 
sah  man  neben  Büffelhufen-  und  Löwentatzenspnren  den  Körper  der 
beiden  Thiere  im  £rdreich  eingedrückt,  als  Beweis,  dass  sich  der 


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64 


AfrikMÜMhe  J^gd. 


BfiiTel  des  Löwen  zu  entledigen  gesacbt  hatte,  indem  er  deh  aof  die 
Erde  warf,  am  ihn  mit  seinem  Körpergewicht  zn  erdrfteken.  Doch 
dürfte  er  diese  Taktik  nnr  dann  zur  Anwendung  bringen,  wenn  er 
sich  einem  einzehien  LOwen  gegenüber  sieht  nnd,  wie  mein  Beispiel 
oben  zeigt,  oft  mit  gutem  Erfolg.  Fallen  den  Bfilfol  aber,  wie  es 
hAnfig  vorkommt,  mehrere  LOwen  an,  so  ist  er  immer  verloren. 

Wiefast  jeder  Afrikareisende,  welcher  sich  IftngereZeit  dort  anfliielt, 
irgend  ein  LOwenabentener  erlebt,  so  wurde  aach  ich  nnd  mein  Kollege 
Böhm  «nst  von  einem  LOwen  angefallen.  Es  war  unser  erster  grosser 
Jagdansflug  im  Innern.  Wir  kannten  noch  nicht  die  anzuwendende  Jagd- 
methode und  zogen  in  Begleitung  von  6  Negern  durch  eine  Mbuga.  Vor 
uns  marschirte  einer  der  Schwarzen.  Nach  4stundigem  Wandern  in 
glfihender  Sonne  ging  mit  einem  Male  hinter  einem  Busche  klat- 
schendes Fluges  ein  Pftrchen  der  prftchtig  schwarzweissen  Gaukler- 
adler mit  den  rothen  Fftngen  und  ebenso  gefärbtem  Sehnabel  auf. 
Meine  Kugel  traf  einen  der  bald  ruhige  Kreise  ziehenden  VOgel, 
Federn  flogen  und  sich  ftberschlagend  kam  der  Adler  herunter, 
fasste  aber  in  etwa  10  m  Hohe  vom  Boden  wieder  Luft  und  war 
dann  bald  unsem  verblfiflten  Blicken  entschwunden.  Jetzt  erst  ge- 
wahrten wir,  dass  wir  die  VOgel  von  einem  üppigen  Mahle  aufge- 
scheucht hatten.  Am  Boden  big,  halb  von  LOwen  aufgefressen,  eine 
grosse  Antilope.  Dicht  dabei  hatten  die  Löwen  die  Gedärme  und 
Losung  der  Antilope  sorgfiUtig  mittels  ihrer  Pranken  von  allen  Seiten 
mit  Erde  zugescharrt,  so  dass  es  aussah,  als  ob  die  Arbeit  mit  einer 
eisernen  Harke  verrichtet  worden  sei.  ,Simba  illiho''  (der  Löwis 
ist  in  der  Nähe),  sagten  unsere  Wanjamuesibegleiter.  Als  wir  etwa 
200  Schritte  weiter  gegangen  waren,  vernahm  ich  plötzlich  hinter 
einem  hohen  Termitenhügel  ein  brummendes  Grnnzen,  ich  machte 
mich  schussfertig,  in  der  Meiiintig,  ein  Schwein  hervorbrechen  zu 
sehen,  als  statt  dessen  zwei  gauz  junge,  noch  äusserst  täppische 
Löwen  erschienen,  welche  höchstens  14  Tage  alt  sein  mochten.  Sie 
lielVii  uacli  links  um  den  Termitenbau  heruu),  ihnen  folgten  zwei 
ändert-,  welche  nach  reclits  verschwanden,  und  hinter  ihnen  erschien 
in  einer  leichten  Staubwolke,  wuthend  brüllend,  mit  weit  aufgerisse- 
nem Kacheii,  in  zwei  bis  drei  niärlitigen  Sätzen  ;nil  uns  lus&tiirzeud, 
eine  prächtige  Löwin.  Vor  inir  inai-^rhlrl''  einer  der  Neger,  welcher 
zwar  etwas  erschrocken  stutzte,  daiui  aber,  als  die  rasende  Hestie 
auf  nur  5  Sciiritte  Entfernung  heran^^ekMuuiien  war.  seine  dem  Thiere 
gegenüber  wie  ein  Zahnstocher  erscheinende  Lanze  schwang,  einige  Mal 
laut  ka!  ka!  ausrief  und  eiie  wir  uns  recht  besinnen  konnten,  ehe  wir 


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Afrikaniieh«  Jagd. 


65 


das  Gewehr  augeschlagen  hatten,  war  die  Löwin  nnd  ihre  Jangen 
mit  einigen  Sfttzen  spurlos  verschwunden.  Als  ich  dem  Thiere 
nachsetzen  wollte,  hielten  mich  die  Schwarzen  gewaltsam  zn« 
rfick,  welche  alle,  bis  auf  den  Vordermann,  zum  Tode  erschrocken 
waren.  Leider  hiess  es  nnn  heimwärts  znr  Station  Eakoma  pil- 
gern, denn  vor  Schrecken  hatten  unsere  Diener  das  in  Flaschen- 
kftrbissen  mitgeschleppte  Wasser  fiillen  lassen,  so  dass  es,  ans 
den  zerbrochenen  Behältern  anslanfirod,  bald  von  dem  glfihoid 
heissen  nnd  zerrissenen  Boden  anfgesogen  war.  Spftter  war  es 
mir  nie  mehr  vergönnt,  einen  Löwen  von  Angesicht  zn  Angesicht 
zn  sehen,  trotzdem  ich  in  der  Nfihe  unseres  Jagddorfes  Waidmanns- 
heil am  Ugallaflnss  wochenlang  nur  auf  Löwen  ging,  von  denen 
jenes  wildreiche  Revier  wimmelte.  — 


Koloniales  Jahrbuch  1S90. 


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Die  Missioustliätigkeit  in  den  deutscheu  Schutl- 

BoD^sduui  für  1389—1890  von  K  WallrotlL 

— 1 — 

KAmenui.  Um  in  Viktoria  die  MissionsverliftltniBse  der  Baseler 
MissionsgeselUchaft  beortbeflen  zu  können,  mius  man  mch 
erinnern,  dass  sich  hier  ganz  eigenartige  Ansprftche  der  Neger  ent- 
wickelt haben.  Vor  drei  Jahrzelmten  liatte  der  baptistiaefae  Send- 
bote Alfred  Saker,  dessen  grosse  bahnbreehende  Bedentnng  ftr*s 
Kamerongebiet  gewiss  nicht  gelengnet  werden  soll,  etliche  wenige 
Familien  von  der  gegenfiberliegenden  Insel  Fernando  Po  hier  an- 
gesiedelt, zn  denen  sich  allmähUch  allerlei  Volk  Yon  den  benachbar- 
ten Inseb  nnd  Ellstenstriehen  gesellte.  Diese  Ansiedler,  Heiden  nnd 
Christen  untereinander,  bildeten  zusammen  einen  Freistaat,  welcher 
ein  nnnmschrftnktes  Recht  nnd  eine  Willkfirherrschaft  Aber  die  ein- 
geborene Bevölkerung  der  Umgegend  beanspruchte  nnd  ausftbte,  bis 
▼or  wenigen  Jahren,  1884,  die  Deutschen  dieser  erträumten  Selbst- 
herrlichkeit ein  schmerzlich  empfundenes  Ende  bereitete.  Der 
Gedanke  nun,  dass  sie^  «die  Honoratioren*,  mit  den  andern  gewöhn- 
lichen Negern  des  Bakwiristammes  in  eine  Gemeinde  ge&sst,  dase 
ihnen  das  Evangelium  statt  in  einer  europäischen  in  der  Neger- 
sprache  verkflndigt  werden  sollte,  dass  ihre  Kinder  in  der  Schule 
das  Gotteswort  in  der  allgemeinverständlichen  Duallasprache  lernen 
sollten,  statt  in  halbverständtichem  Eng^h  oder  in  nnveiständlichem 
Deutsch,  erscheint  diesen  Grössen  unerträglich.  Sie  verlangten  als 
jetzt  englisch,  später  deutsch  redende  Gemeinde  von  der  Baseler 
Missionsgesellsdiaft  versorgt  zu  werden  und  glaubten,  die  Börse  der 
Missionskasse  sehr  benutzen  zu  därfen.  Doch  die  Baseler  ver- 
fuhren anders;  in  der  Uebergangszeit  wurde  nach  und  nach  die 
Duallasprache  als  Kirchen-  und  Schulsprache  eingeflkhrt,  das 
Englische  beseitigt  und  in  der  deutschen  Sprache  nur  angemessener 
Weise  unterrichtet  Unter  diesen  Umständen  wird  sich  die  christ- 


L.idui^cü  Uy  Google 


Die  MiMionatfa&tigkdt  in  d«&  dmitMfa«o  SdnitigeMeteii.  fit 

liehe  Gemeinde  in  Viktoria  von  Basel  lösen:  doch  sind  andererseits 
die  langwierigen  Verhandlungen  wegen  des  Kaufs  des  vielbeaprocbenen 
„Viktorialandes'*  glücklieh  beendet.  In  den  ersten  Monaten  des 
Jahres  1889  erfolgte  die  Theilung  zwischen  der  Kaiserlichen  Kolonial- 
regiemng  und  der  Baseler  Mission.  Was  letzterer  för  die  Mission 
und  die  Gemeinde  nöthig  ist,  ist  ihr  zugefallen,  von  der  Last  eines 
ausgedehnten  Landbesitzes,  dw  ittAi^Uch  ftberootninen  werden 
sollte,  ist  sie  befreit. 

Auch  ist  begründete  Hoffnung,  in  dem  eine  Stunde  westlich 
von  Viktoria  gelegenen  stark  bevölkerten  Kfistenorte  Bota  eine 
Missiousstatiou  zu  errichten.     Auch  in  Bwea  am  Ostabhang  des 
Kamernngehirges  soll  eine  zweite  Aussenstation  gegriindet  werden 
und  dies  urn  so  lieber,  weil  die  Lage  gesund  und  die  Gregend  stark 
bevölkert  ist,  auch  die  Mission  auf  diese  Weise  dem  Bakwiristamm 
näher  rückt.    Missionar  Schölten  schreibt  (Baseler  Jahresbericht 
1889,  49):  „Sehr  erfreulich,  aber  auch  sehr  schwierig  waren  msere 
Belsen  nach  Bwea  hinauf.   Autenrieth  nad  ich  kehrten  auf  nntenr 
ersten  Heise  beim  H&aptling  in  Soppo  ein.   Der  war  sammt  seinem 
Volke  sehr  freundlich  gegen  nns;  wir  haben  aber  nichtsdestoweniger 
Hanger  gelitten.    Die  Leute  jener  Gegend  sind  sehr  darauf  ans, 
den  Mukala  (Weissen)  gehörig  auszubeuten.  Davon  abgesehen  wohnt 
man  dort  gut,  weil  ein  Bäcbldn  hier  fliesst  und  frisches  Wasser 
Torhanden  ist;  in  der  trockenen  Zeit  auf  dem  Gebirge  leider  etwas  - 
Seltenes.    Von  Soppo  gingen  wir  aufwärts  und  predigten  von  Ort 
zn  Ort  bis  Ober-Bwea  hinauf,  wo  das  Gebirge  aufhört,  bewohnt  zu 
sein.    Je  höher  wir  kamen,  desto  wundervoller  fanden  wir  die 
Gegend;  die  Bevölkerang  ist  sehr  stark.  .  .  .   Der  Häuptling  in 
Ober-Bwea  war  mit  seinen  Leuten  gerade  im  Begriff,  zwei  Franen 
zu  vergiften  nnd  dann  an&nhftngen.    Nnr  Abeiglanbe  hatte  zn 
diesem  Todesnrtheil  Anstoss  gegeben.   Wir  suchten  natflilich  diese 
tnnen  Frauen  zn  retten,  allein  der  Häuptling  erkl&rte,  Islls  er  diese 
Franen  nicht  tOdte,  müsse  er  sterben,  dagegen  wollten  sie  uns  sehr 
dankbar  sdn,  wenn  wir  das  ganze  Tolk  von  dieser  Sitte  befreien 
würden.  Wir  erklärten  ihm  dann,  dass  dieses  nnr  geschehen  könne, 
wenn  sie  die  freimachende  Gnadenbotschaft,  die  wir  ihnen  bringen, 
annehmen  würden  n.  s.  w.  Er  war  im  Uebrigen  frenndlich  gegen 
nns,  sagte  aber,  sie  konnten  mis  nicht  eher  glauben,  als  bis  wir 
kommen,  nm  als  Lehrer  unter  ihnen  zn  wohnen.  —  Auf  einer 
zweiten  Reise  ging's  geradewegs  nach  Ober-Bwea,  es  war  sehr  heiss, 
aber  wir  kamen  alle  glücküdi  dort  an.  Am  Morgen  nach  unserer 


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68 


Die  Uisäionstbätigkeit  in  den  deutschen  Schutzgebieten. 


Ankonfb  gingen  wir  zum  Eftnig,  nm  mit  ihm  Aber  nnsere  Nieder- 
lasrang  zn  reden.  Der  König  trommelte  ednen  ganzen  Bath,  etwa 
50  Mftnner,  zusammen.  Mit  dentlicher  Entschiedenheit  legte  ich  es 
ihnen  vor,  wer  wir  seien  nnd  was  wir  wollten  nnd  was  sie  von  uns 
zu  erwarten  hfttten.  Alle  sassen  Tor  mir  wie  Torsteinert  — ;  keine 
Antwort  erfolgte,  so  daas  ich  nicht  wnsste,  was  werden  sollte.  Ich 
wandte  mich  nnn  an  den  König  «Knba''  persönlich  nnd  legte  ihm, 
£Edl8  er  nns  hindern  wftrde,  sdne  ganze  Yerantwortang  Das 
half.  Er  sprang  aof  nnd  sagte  zn  seinen  Lenten,  er  habe  schon 
öfter  B&kala  (Weisse)  gesehen,  aber  soldie  habe  er  noch  nie  vor 
sich  gehabt  nnd  er  halte  nns  seiner  Frenndschaft  wördig.  Da 
•limmten  alle  mit  grossem  Frendengeschrel  ein;  ich  Hess  mir  dann 
die  Erlanbniss  geben,  irgendwo  in  ihrem  Gebiet  einen  Platz  znr 
^ederiassnng  ansznaochen  nnd  wollte  wieder  gehen.  Allein  ich 
mnsate  dem  König  noch  die  Ehre  anthnn,  bei  ihm  zn  Mittag  zn 
essen,  wob^  es  recht  abentenerlich  zaglng.  Am  folgenden  Morgen 
kauften  wir  eine  Hütte,  die  wir  an  einen  von  nns  gewählten  Platz 
setzen  Hessen.  Ein  schöner  Hügel  wurde  abgeholzt  und  gereinigt, 
ein  kleiner  Sockel  aufgeführt  nnd  die  Hütte  darauf  gesetzt  In  der- 
selben wohnt  jetzt  der  Lehrer.** 

Das  Hauptquartier  dieser  Mission  ist  im  llaupteingaugsthor 
der  Kamerunkolonie,  in  den  OrtsclKitteii  des  Kanioiuullusses.  Strom- 
auf- und  abwärts  schliesseii  sich  au  die  Missionsniederlassuug  Betliel 
die  Anssenseineiiidcn  an,  welche  theiiweise  von  den  Baptisten  über- 
iionmieii,  iheihveise  neu  gea^riiudet  sind.  Um  dem  Manijel  an  ein- 
geborenen Geliült'en  abzuhelfen,  wurde  am  1.  J;iniiar  1889  zu  Bethel 
eine  kleine  Lehrer-  und  Katechistenschule  gegründet,  welche  neun 
Schüler  zählt.  Bis  jetzt  sind  zehn  Eingeborene  als  Gehülfen  ver- 
wendet; seit  dem  Beginn  der  Baseler  Mission  zogen  15  Missionare 
aus,  vier  sind  gestorben  (darunter  Anfang  Juni  1889  Ganger  und 
Anfang  1890  K.  Bastian),  acht  stehen  in  der  Arbeit,  drei  neue 
siud  kürzlich  angekommen.  Etliche  Minuten  südlich  von  Bellstadt 
befindet  sich  die  von  Ba^^el  gegründete  ohristli>  li»*  Station  Tokoto- 
dorf  mit  einer  Kapelle,  welche  zugleicii  als  St  liiile  dient.  Auf  dem 
rechten  Ufer,  in  Hickory,  ist  der  WitHleraufbau  des  eiienialigen 
englischen  baptistischen  Missi(»nshauses  begonnen.  Das  ehemalige 
SchuUiaus  wurde  zu  einer  Kapelle  hergestellt,  wozu  die  27  Seelen 
starke  Gemeinde  fast  80  Mark  beisteuerte.  Auch  eine  Schule  hat 
hier  begonneu  und  in  vier  Heidendorfern  wird  von  Hickory  aus 
Strasseupredigt  gehalten.    Auch  iu  Dschibaii  ist  die  Kapelle 


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Die  Missionstbätigkeit  in  den  deutschen  Schutzgebieten. 


69 


wiederiiergesteUt;  in  John-Akwudorf  mehren  sidi  die  sonntftg- 
lichen  ZnhOfer  und  die  Crrfindmig  einer  Gemeinde  steht  in  Anssicfal 
Leblos  hingegen  ist  die  alte  Gemeinde  in  Dibombary;  doch  regt 
es  sich  in  der  Umgegend  in  Folge  der  Predigt  earopäisdier  UisidO" 
nare  nnd  der  Gehftlfen.  —  Segensreich  wirkt  Gottes  Wort  in  and 
nm  Mangamba  am  Aboflnss  bei  Bonakwasi  und  Mandoka,  also 
landeinwftrts.  Der  dort  arbeitende  Lehrer  Eoto  sandte  guten 
Bericht;  der  König  fehlt  bei  keinem  Gottesdienste,  drei  Häuptlinge 
sind  kArzlich  getauft,  andere  stehen  im  Unterricht.  Die  Station 
liegt  sehr  günstig,  mitten  im  Urwald,  aber  in  einer  etwa  10  000 
starken  Bevölkerung.  Von  dem  Hügel  des  Missionshauses  kann 
man  das  Oberland  nach  allen  Richtungen  überblicken.  Von  hier 
kann  der  Wuriflnss,  in  welchen  der  Abo  mündet,  in's  östliche  Inland 
hinein  benutzt  werden.  Die  Abosprache  ist  von  der  Duulla  sehr 
▼erschieden,  da  aber  letztere  durch  die  Küstenhändler  peläutig  ist, 
wird  sie  als  Predigt-  und  Schulsprache  auch  hier  benutzt.  In  Mungo,  am 
westlichen  Haui^tarnie  des  Stromes  Mungo,  wird  bald  eine  christ- 
liche Niederlassung  sich  bilden.  Auch  ßakundii  (ha  Nauiwili)  am 
oberen  Mungofluss,  wo  der  Baptist  Richardson  lange  Jahre  stand, 
ist  mit  einem  Gehülfen  besetzt,  und  in  Maliniba,  südlich  von 
Kamerun,  soll  bald  die  kleine  baptistische  Gemeinde  durch  die 
Baseler  Missionare  besorgt  werden.  So  ist  denn  der  Küstenstrich 
von  Viktoria  bis  Malimba  und  das  Inland  den  natürlichen  Wasser- 
strassen entlang  von  Basel  in  Angriff  genommen;  treu  hat  diese 
Missionsgesellschaft  die  schwierige  Arbeit  anij;efasst  und  weiter- 
geführt: denn  erst  Weihnacht  1886  wurde  dies  Miasionsfeld  von 
den  englischen  Baptisten  übernommen. 

Im  südlich  von  Kamerun  der  Küste  entlang  liegenden  Batanga- 
l'and  giebt  es  eine  Ausscnstation  der  amerikanischen  Presby- 
terianor,  welche  25  Stunden  südlich  auf  ihrer  Hauptstätte  B(  nita 
arbeiten.  Die  kleine  Batangastation  trug  i;ule  Frucht:  75  Getaufte 
nnd  154  Taufbewerber.  Die  dentschen  Behörden  in  Berlin  und 
Kamerun  haben  der  amerikanischen  Missionsgesellschaft  volle  Bewe- 
gungsfreiheit zugesagt.  Der  Unterricht  in  der  Landessprache  solle 
in  keiner  Weise  beschränkt  werden;  nur  wenn  eine  fremde  Sprache 
gelehrt  werde,  müsse  es  natürlich  die  deutsche  sein.  Da  die  Pres- 
byterianer  anch  am  Gabun  und  Ogowefluss  thätig  sind,  ist  näheres 
noch  abzuwarten.  —  Am  30.  September  1890  ist  unter  Leitung 
des  apostolischen  Präfekteu  Vieter  die  erste  aus  acht  Personen  be- 
stehende katholische  Mission  von  Hambarg  ans  anf  einem  Wör- 


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Die  lliuioDSlbiti(kiit  ia  dta  dtataoh«  Schntigabittta. 


manD-Damplei-  uach  Kamerou  abgefabreu,  um  hier  ihre  TkluUgkeit 
fortzusetzen. 

In  Dentschsüdwestafrika,  zunächst  im  Nanialaud,  gab's 
Wirren  genujr.  Hier  beherrschte  der  falsche  Prophet  und  ver- 
bummelte liänj»tlinfi;ssohD  Hendrilv  Witbooi  die  Sachlage;  der  Wohl- 
stand der  Bevölkerung  gelit  rückwärts,  der  früher  reiche  Wildstaud 
nimmt  sehr  al»,  die  besten  Weideplatze  fallen  in  die  Hände  der  aus 
der  Kapkolonie  heranziehenden  englischen  Händler  und  Buren.  Im 
Norden  des  Landes  nahe  bei  Tsaobis  wurde  der  kluge,  gut  beanlagte 
Jan  Jonker,  der  Sohn  des  bekannten  Räuberhauptmannes  Jager 
Afrikaner,  die  Geissei  des  Hererolandes,  als  er  sich  mit  Manasse 
von  Hoaehanas  verbunden  hatte,  von  dem  genannten  Hendrik  am 
10.  August  188i)  erschossen.  Hendrik  treibt  nun  von  seiner  Werft 
Hornkranz  aus  freches  Wesen;  trotz  alles  Kaubens  soll  auch  hier 
Mangel  herrschen,  so  dass  Hunger  zu  neuen  Diebeskriegeu  tühren 
wird.  Hendrik,  übermüthig  geworden,  scheint  das  ganze  Land  unter 
seine  Herrschaft  bringen  zu  wollen.  Auch  den  südlichen  Theil  des 
Grossnamalandes  begann  er  zu  beunruhigen,  wo  bisher  die  fünf 
rheinischen  Missionsstationen  unbehelligt  geblieben  waren. 

Auf  Warmbad,  der  südlichsten  Station,  wurda  eine  Schvi» und 
Kuchenvisitation  Anfang  August  188i)  zur  Befriedigimg  yorgenommen; 
auMr  vier  Mauerhäusem  gab's  dort  TG  Mattouhftneer,  bei  der  Sehnl- 
Prüfung  waren  42  Knaben  und  7 1  Mädchen  zogegeB,  welche  naraisch 
und  holländiflcb  lesen  konnten,  Taufbewerber  und  KonfirmandaB 
waren  22  Männer  und  31  Frauen.  Trotz  spAriichem  Weidefeld  war 
die  Gemeinde  vollzählig  daeJahr  hindurch  zusammen  geblieben,  such 
die  Schule  für  Erwachsene  wunde  wöchentlich  zweimal  gehalten  und 
goi  besucht  —  In  Keetmanseliop  ging's  mit  dem  Gemeindeieben 
vorwScto^  auch  in  Bethanien  und  dem  DsÜich  davon  gelegenen 
Becseba.  gedieh  Schule  und  Kirche.  laBietfontain,  der  am  Weite- 
sten östlich  nach  der  Kalahariwüste  zu  voigeschobenea  Station,  konnte 
Missionar  H.  Pabst  schreiben:  »Da»  Jahr  1889-  ist  ein  fllr  uns  flber- 
aoa  raichgesegnetesv  Das  WeideMd  ist  piAchtig.  Gros»»  nnd  Klein- 
vieh, weiden  ganz  in  der  NAhe  des  natzes»  Dasa  kommt  dar  er- 
frenliche  imbliek  des  aagasammelten  Wasae»  anf  der  Strtion.  Das 
IftsBt  nns  anftithmen.  Bs  leiht  sieht  Hans  an  Han»  aui  dar  Station. 
Auch,  haben  sich  seehs  Bastardüuntlien  vom  Gfossflnaa  nnsemr  0e» 
meinde  angeschlossen.  Die  Gotteedienste  werden  gnt  besndit  nnd 
das-  Kinsfalein  ist  an  den  Sonntagen  franstet»  bis  anf  den  latatten  Plats 
gefüllt  Das  Wort  Gottes  Usst  sich  an  den  Herzen  der  Leute  nidit 


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Dm  MissioiiBtlrttiglfit  ia  den  daatschea  SetwtzgebieteD.  7\ 


«BbeMgt  lad  rämliM  i»  dttrOaneud«,  di^iBteXIni  lad  in  der 
WabiMt  Clicisto  nd  dieneay  0bm  «»iHiiMr  wiete  Alias» 
xir  Fmda  «ad  lasm  ms  «iaMBsr  dsM  vMoro  Aifoeü  ndit  veifib- 
Ikh  kt«  Ali  dem  eiafibmMft  Adtirtim  KmmUbb  JaMW  bitte 
der  Sendbote  eiie  geW  UirtentitMf  imI  da  ^el  bnusbtiegeeder 
Boden  »  der  Hlbe  ist»  kow  Bietfalai»  leeb  groaee  Bedeaftmig  et- 
balteiL  — Sie  Stati»  H^aebaMS  Miaata  aitb  von  der  Kriepaetb 
(vei^  Eoloimd-JafariNMb  IMft,  101  f.).  eibtiaai»  mm  deeb  bcUmI  die 
dflutaebe  Kriegsaagge,  ritmdiaga  im  dnet  KisH  ^  Stade  der 
Feiade  gekUen;  batto  deeb  HiiiM  ITHboei  in  «Iki  leim  dieae 
Station,  nelebe  «itei  deolaAeia  Sebaia  atah«  aeOti^  tfr  erobert 
ericbbri  nad  damit  «oder  die  deatecbe  BegieraBg  aeeb  ibie  Yertclge 
geachtet  (^eiaucbe  Missionabembie  1889,  340  f.,  woselbst  aoeb 
Qendrik'a  BaalsreieB  enftUt  sind.)  Die  Arbeit  ia  der  Kirebe  ud 
Sebole  wnrde  darcb  die  Uomhe  «od  Aafregoag  aebr  oft  gsstOrt. 
Hanehe  sdilossen  sieh  enger  as  &m  Wort  and  an  aos  an,  viele  aber 
wurden  freeher  und  unhöflicher  gegen  ans  als  je.  Der  Krieg  ent- 
fesselt eben  alle  bösen  Eigenschaften  nnd  Elemente  im  Volk.  Auf 
das  Volk  gesehen,  kann  mim  uit'hts  anderes  sageu  als;  „Vud  ob  sie 
auch  geschlagen  und  schwer  jü^ezüchtigt  wurden,  so  thateu  sie  den- 
noch nicht  Busse."    Das  ist  traurig  aber  wahr! 

Von  Hoachanas  aus  ist  die  neue  Station  Gochas  bei  Ouob 
(18°  östlich  von  Green  wich)  angelegt  und  der  Missionar  Rust  am 
30.  Juni  1889  in  Haruchas  beim  Kapitän  Simon  Kooper,  welchem 
Gochas  aogehört,  eingeführt,  um  in  Gochas  die  Arbeit  zu  beginnen. 
—  Auf  Rehoboth  nieUleten  sich  aus  den  hinzugezogenen  Hoachu- 
nasser  16  Personen  äüt  laufe  und  15  zur  Konfirmation;  alle  be- 
suchen regelmässig  den  Unterricht.  Dies  ist  umsoraehr  hervor- 
2ahebeu,  weil  die  Meisten  derselben  thatsächlich  am  Hungertuche 
nagen.  Man  sieht  namentlich  unter  den  Kindern  elende,  abgezelirte 
Gestalten.  Weil  die  Leute  unter  den  gröbsten  Entbehrungen  aus- 
harren, um  den  ünterriclit  nicht  zu  versäumen,  muss  in  ihnen  doch 
wirklich  ein  emstliches  Heilsverlangen  sei.  Von  dem  älteren  Theile 
der  Gemeinde  sind  neun,  einschliesslich  zwei  Bergdamra,  im  Tauf- 
ond  27  im  Konfiruai^en Unterricht,  also  im  Ganieii  wieder  eine  an- 
sehnliche Schaar  von  naheza  70  Personen. 

Mererolaad.^)  Wübrend  Manasse  von  Hoachanas  den  Ober- 
b&aptÜDg  der  Herero,  MabarerOy  za  ensm  Böndnise  gegen  Hendrik 

')  Y«rfl.  flt  gut«  Karte  des  frh.  t.  StofalelMr  in  Petorm.  gsogr.  Mitth.  1889i 
Tafel  & 


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73  Die  MInionstUtigIcdt  in  den  dentselMn  Sctrotxgebieten. 

Witbooi  nicht  bewegen  konnte,  hat  Maharero  in  alter  Sdrianheit  eine 
abwartende  Stellong  eingenommen.  Doch  besserten  sich  die  TerhSlt- 
nisse.  Nachdem  die  dentsche  Begiening  zn  der  richtigen  Erkennt- 
nies  gelangt  iet,  daea  ohne  irgend  welehe  Machtentfaltnng  nichts  zu  er- 
reichen sei,  nnd  wenigstens  eine  kleine  Schntztnippe  nnter  Befehl 
eines  nmsichtigen  nnd  energischen  Offiziers,  des  Hanptmanns  von 
Fran<x>is,  in's  Land  geschickt  hat,  ist  den  englischen  Wflhlereien  nnd 
den  Branntwein-Bestechungen  des  „berfihmten  Lewis"  schnell  ein 
Ende  gemacht  worden.  Die  Herero  verhalten  sich  einstweilen  noch 
sehr  znrfiekhaltend,  berohigen  sieh  aber  wegen  des  Anftretens  dieser 
Trappe  allmAhlich  und  sehen  dentsche  Ansdaner  nnd  Macht  mit 
anderen  Augen  denn  znvor  an.  —  Die  Aussichten  der  Missionsarbeit 
haben  sich  im  letzten  Jahre  gebessert  Bei  den  Bergdamra  hilt  die 
Bereitwilligkeit)  das  Evaag^nm  anzunehmen,  ungeschwächt  an;  auf 
verschiedenen  Station^  konnten  ansehnliche  8chaaren  getauft  werden. 
Auch  unter  den  heidnischen  Herero  wScfast  das  Verlangen  nacb 
Gottes  Wort  in  sehr  erfreulicher  Weise.  Zum  ersten  Mal  melden 
sich  verheirathete  Leute  zur  Taufe  und  faeidnisdie  Frauen  erdulden 
lieber  ScUftge  und  Bande,  als  dass  sie  sich  von  solehem  Vorhabenr 
abbringen  Hessen.  Sehr  bedeutsam  ist  es  ferner,  dass  von  versohle^ 
denen  Seiten,  z.  B.  auf  Omamm,  auch  um  inlfindische  Lehrer  gebeten 
wird,  weil  solches  Verlangen  als  der  deutliche  Beweis  für  eine  wirk- 
liche Sehnsucht  nach  Gottes  Wort  angesehen  werden  muss.  Andrer- 
seits ersdiwert  der  Hang  zu  Fleischessfinden,  zum  Bettete,  sowie  das 
auf  einem  gewissen  Kommunismus  beruhende  Leben  der  Herero  die 
Entfaltung  und  Entwicklung  eines  odentlichen  christlichen  Familien- 
lebens ganz  ungemein.  Auch  litt  die  Mission  unter  den  Unruhen  des 
Landes  und  der  Branntwein  des  Herrn  Lewis  wirkte  nicht  nur  auf 
Samuel  Maharero,  sondern  auch  auf  viele  seiner  Leute,  darunter  die 
Christen,  verderblich. 

Aul  Neu- Barmen  oder  Otykangu  zeigte  sich  zwar  bei  vielen 
Gemeindegliederu  ein  offenbares  Bedürfniss  nach  tieferer  christlicher 
Erkenntniss  und  Wille  zu  besserem  Leben,  auch  fehlte  es  nicht  an 
Erbciuuiigsstuuden  Seitens  der  Gemeindeglieder,  aber  die  oft  sehr 
zudringliche  Bettelei  machte  dera  Missionar  viel  zu  schaffen.  „Wenn 
sie  arbeiten,  wdllen  sie  auch  schwerere  Kost  essen;  ihre  saure  Milch 
genügt  ihnen  dann  nicht.  Ohne  vollen  Magen  meinen  sie  nichts 
leisten  zn  können.  Da  geschieht  es  wohl,  dass  einer  zu  mir  kommt 
und  sagt:  Muhonge,  ich  will  jetzt  in  meiuem  Gaiteu  graben;  darum 
leib  mir  deinen  Spaten  und  gieb  mir  Kost.   Haben  die  Leute  ein 


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Die  MUäionsthätigkeit  in  den  deutschen  Schutzgebieten.  73 


sehweres  Werk  vor,  bo  mvas  ein  Stück  GroesTi^  geschladitet 
werden,  wo  dann  gemäss  ihrem  Communisrnns  alle  Lente  zusammen 
kommen  nnd  mitessen,  Ins  Alles  Tertehrt  ist  Natürlich  können  sie 
bei  Tcdlem  Magen  an<A  nicht  arbeiten,  so  erlahmt  der  Mann  bald, 
die  Arbeit  bleibt  nnvoUendet»  man  wartet,  bis  es  wieder  emen  vollen 
Baneh-giebt.*  Nor  in  Bezng  anf  Korn  önd  GartenMcbte  kann  der 
Eommnnismns  leichter  flberwnnden  werden,  vielleicht  weil  das  Fldsch 
sich  im  Sommer  so  schlecht  hAlt.  Es  gehört  viel  Gedald  nnd  Oltich- 
mnth  dazn,  solchen  anleidlichen  Zustand  zu  ertragen.  Die  Lenta 
wegen  ihrer  Hmunlnngerei  znrechtweisen  und  sie  bei  der  Ehre  ftseen, 
heisst  in  den  Wind  reden.  Da  mnss  ein  hartes  Wort  oder  eine 
Drohung  eingreifen  nnd  wirken.  In  Otjimbingne  hat  das  vom 
Missionar  Hngo  Hahn  gegründete  Augnstinenm  sich  gut  bewährt  nnd 
die  vier  dort  weilenden  Zöglinge  des  Ovambolandes  haben  die  Rhei- 
nische Missionsgesellschaft  auf  dies  Gebiet  alten  Höffens  gerichtet. 

Da  niii)  die  deutsch-portnsiesische  l^audesgrenze  von  der  Mün- 
dung des  Knneiic  bis  zum  Katinm  Mololo  Wasserfall  des  Sambesi 
geht,  muss  anch  das  Ovaniboland  in  diese  Uebersicht  hineingezogen 
werden.  Mithin  sei  ein  kurzer  Ueberblick  über  die  Thätigkeit  der 
hier  arbeiteudeu  finnischen  Missionsgesellschaft ^)  gegeben, 
welche,  seit  1870  thätig,  nun  endlich  Erfolg  hat.  Hier  ist  schwerer 
Boden,  die  heidnischen  Häuptlinge  besitzen  noch  volle  Macht  und 
Ausübung  ihrer  Willkör;  Zauberei  und  Mord  hat  hier  ungestörte  Zu- 
flucht: viele  heidnische  Greuel  und  Sitten  herrschen  in  alter,  nnge- 
schwächter  Form.  Als  1855  am  18.  April  die  (ienenilversammlung 
der  rheinischen  Missionsgcsfllschaft  eine  Mission  unter  den  acker- 
bauenden Ovambo  zu  beginnen  beschloss,  reisten  die  beiden  rheini- 
schen 3Iissionare  Hugo  Hahn  und  Rath  1857  vom  Horerolaud  aus 
in  dies  (icbiet.  Aber  schon  beim  ersten  Stamme  in  Ondonga  landen 
sie  schlechte  Aufnaiirne  und  wurdm  zur  Umkehr  gezwungen.  Der 
gerade  damals  erfol.i;en(io  [ilnt/.iicho  Tod  des  Königs  NanL^'iro  rettete 
wahrscheinlich  allein  ihr  Loben;  denn  OQit  genauer  -N'oth  entgingeu 
sie  einem  mörderischen  Ueberfall. 

Aber  die  Ambo  oder  Ovambo  (Ova-Mbo)  änderten,  nachdem  sie 
von  dem  guten  Wirken  der  Missionare  im  Hereroland  gehört  hatten, 
allmählich  ihre  Ansicht  nnd  zeigten  Verlangen  nach  den  weissen 
Lehrern.  So  fand  1866  Missionar  IL  Hahn,  der  gelernte  Laini- 
messer  aas  Riga,  Gründer  Neu-Barmens,  l^orschongsreisender  und 


AuBfaiurUch  in  AUg«meme  ^iMions-Zeitsehrift.  1S74.  S.  Ml  £. 


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74  IM«  Hiiiioaithitiglnit  in  d»  dMliehm  8«lati«tWtl«i. 

Sprachforscher  im  Hereroland,  nach  PetermaDu's  Wort  „der  unermüd- 
liche Pionier  geographischer  Entdeckungsreisen"  (Petermann's  geogr. 
Mitth.  1858,  42,  175,  195,  349,  59,  295—303  nebst  Originalkarte, 
Tafel  11,  Tgl.  Seite  106)  gute  Aufnahme.    Er  durchzog  das  Land 
bis  zum  Eunene  nnd  Ongnn^jens.  ü&uptling  TjikoBgo  gab  ihm  emoi 
seiner  Söhne  zur  Erziehung  mit  mdl  Otjimbingue.    Da  die  rhemi> 
sehe  Ifissionsgesellsehaft  oalerdesseB  in  Niederländisch-Iudien  ein 
grosses  Arbeitsgebiet  angefangen  hatte,  schlug  Hahn  der  eben  ent- 
standenen finnischan  Missionsgesellschaft  dies  Ovanlialand  als  Feld 
ihrer  Thätigkeit  vor.    Zehn  finniacbe  Sendboten  zogen  über  Bannea 
in's  Hererolaud  und  mit  Unterstötzung  der  rheinischen  Missionare 
iii's  !KÜ]e  Ovamboland.   Schon  damals  wurde  ein  Theü  des  Landes 
<ler  rlteimaciien  Mieeionafeeellschaft  vorbehalten,  wio  denn  auch  Ma- 
harero  gewisflermaassen  von  den  Ovambo  aie  Herr  anerkannt  wird. 
Die  junge  finniseiie  lliseionegeeeUsehaft  masste  sich  erst  in'a  neue 
Werk  ^eben;  langsam  ging'a  Torwftrts;  bald  verlieesen  einige 
Missionare  das  Land;  der  Ersatz  blieb  ftber  Erwarten  lange  ans. 
Aber  1883  gidi's  drü  fimisehe  MiieiMsstationen:  Omandongo,  wo 
Weikkolin  arbeitete,  Olnkonda  unter  Bantanen's,  Omni  od  ga  unter 
Reyonen's  MxfmM  (alle  etwa  18<>  sfldl.  Br.  nnd  16^  OstL  L.  t.  G.). 
Thronstreitigkeiten  ersehwertea  jede  Miseionsarbeii  Der  erst  36jShp 
rige  KOniff  Jitana  starb  im  September  18d4  naeb  kama  zebomonat^ 
Heber  Begiersng;  ihm  folgte  der  Sobn  seiner  Mnttmebwester  Kam* 
bonde  H.  Ka-Mbingama,  fär  welebea  aber  eigentlicb  s^  Mntter 
Naampala  regiert  Aber  1885  konnten  anf  Omandongo  doob  Ib  £r- 
waebsene  getanft  werden,  trotzdem  ein  Anfrnbr  gegen  den  nenea 
König  das  Laad  ersehreekte  and  feindlich  gesinnte  Rathgeber  den 
Efinig  gegen  die  llissioDare  hetzte.  Unter  dem  benachbarten  Stamme 
Unlnianjama  arbeiteten,  zwei  katholisehe  lÜBsionare,  weiche  leider 
getötet  wurden;  aach  das  Leben  der  JPlnidftnder  war  mehrfiu^  in 
Gefahr.  Im  Jahre  1888  waren  aof  allen  drei  Stationen  189  Getanfke 
gesammelt;  die  Sprache  war  erforscht,  zar  Schriftsprache  erhobea  aad 
von  den  llissioDare  erlernt,  das  LakaseTangeUnm  in  dieselbe  iber- 
setzt, ebeneo  das  Psalter,  Lather's  Kateefaismas  aad  ein  Gesangbadi. 
Jetzt  giebt's  dort  zwei  Stationen,  nimlich  Olakonda  mit  eiaer 
AassenstatioD  and  Oniipa,  vier  Missionar  aad  SSO^Getaalte.  Leir 
der  qaftlis  and  plagte  Nehal^,  E^uDbonde*s  Nebenbahler,  die  Hissio- 
nare, wie  aad  wo  er  konnte;  doch  hat  er  nach  den  neaesten  Nach- 
richten die  weggegangenen  Ifissionare  wieder  zariLckgernfen  nnd  sidi 
ihnen       lireimdlicher  gezeigt 


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Db  MhrinnrtWHifctit  ia  dm  OmMa  Mwl«Bl>toliB.  75 

Nun  bitiea  die  finaiachen  Miseiosen  schon  seit  vielen  Jahren 
'  um  Mithilfe  der  RheinlADder  nnd  so  hat  Bidb.  die  rheisiscbe  Mission»* 
gesellscbait  entschlossen,  nordwärts  za  mekm  and  atbeE  dea  Finn- 
Itedani  im  Ovamboland  zb  arbeiten;  dies  nun  nm  so  mehr,  da  das 
sfidlieba  Ovamboland  imtei  dentooiMr  SchntaherFscbaft  Ut  nnd  dia 
Ovambospradie  dem  H«rero  noch  nAher  steht,  al&  das  HoUiDdiache 
dem  DantschaB.  Anck  iat  die  ackerbanteaibaade  Lebensweise  der 
Ovambo  fQjr  aiaa  Miasia»  Batflrliah  vial  glaatigsr  ala  dia  NomadaiH 
aci  dar  Hararo^  — 

Ia  Haatailurtiftliaj  walekH  M^or  Ton  ^P^aMiaim  aehnatt  und 
glaekliak  dan»  DaaAaakaft  SaSaba  wkdar  onfterwoEfm  hakr  koonle  dia 
Barlioai  e?»Bgaliaolia  MUaio&agaaalla<iba£fc  fflr  DaBtaakoat- 
afiika  iBmihlipk  d»  vadareiMiB  Paaka»  wiadar  gsviaBaB  «nd 
ativia  aaabaMn.  Das  Tarangsgangaaen  Migaioimr  Crraiaar  folgten 
im  Jidi  1889  dia  Fn»  wd  aeiaa  NiAta  laok^  um  mit  ikm  mid  dam 
aia  biglatteadaik  MiaMamr  Krftmar  dia  Arbaii  ia.  I>av«aa«Salaam 
aufs  Naaa  zu  begisnaB.  Im  Daiember  konnte  das  nana  Hans  bezogen 
iMtdan  ud  dia  Jupflaansg  gadiak  imtar  dna  HSadan  dar  flaiaatgea 
MlMionalaota  m  ainar  ,»Oaaa  in  dar  Wfiata*  kenn.  Da  dia  nmiaten 
baficeiten  Sklarvan  bai  jaaem  üabaiftU  im  Jaoaav  1889  dan  Sklavan- 
ktadlaA  wisdar  in  dia  Btada  gBfidlfl»  warao,  so  iat  noa  die  Aasakl 
dar  bei  dar  Station  baindfichea  nnr  atva  33.  Die  Sakilkinder 
werden  Vonnitkags  von  dar  Niehte  Maria  Fiogerlin  nnd  Abends  von 
Greiaev natanicktat,  danabaain  den.  freien  Stnadan,  basoadars Nach- 
mittags, uOtalidi  im  Haoaa  nad  Gartm  baacbAftigt.  Tran  bat  Grabifir 
dia  sabwaia  Kriagiiait  ttbatmindaa  wid  aaf  aaiaam  Immannalkap, 
via  ar  saina  Statio»  aannty  ante  dan  anginatlgalBn  VadiÜtniaaan 
gaarbeüat  Wsksend  ikm  nabaa  JEstaiaB  aiaa  Zeit  lang.  a«ck  dar 
Diakan.  Haba,  vam  Eiaakaakana  ia.  Saaaibar  kaiibaj^konmMB, 
bal£,  8ia4  nna  Gaataer'a  Verwandte,  Daaial  nad  L]pdia  Elkeiv  aoa 
NaakandBUBani  bai  ihm  eingetroffen,  Daaiei,  nm  in  Dar-aa-SUaam, 
Lydi%  am  ia  Sansibai:  hUfreioha  Hand  zu  leisten.  Untardessan  war 
KriBMT  zanftchst  eine  Zeit  lang  ia  Sansibar  als  Geistlicher  des 
Enmkenhanses  gewesen,  darauf  hatte  er  eine  Untersnchungsfahrt 
nach  Pangani  nnd  Taiiga  gemacht  Letzterer  als  ein  gesunder, 
treflnieh  gelegener  Platz  an  der  Usambarakfiste,  welcher  vielleicht 
noch  eine  Zukunft  hat,  wurde  als  neue  iStutioa  iiusersehn»  Die  deut- 
schen Kolonisten  in  Tanga  versprachen  jedwede  Uuter.>^tiitzuüg  uud 
wünschten  Krämer's  Uebersiedelung.  Nach  cinigom  Zögern  traf  die 
Erlanbniäs  umtlieh  ein,  dass  iu  Tanga  eine  zweite  Station  errichtet 


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76'  Di«  lOnioasÜiitigktit  in  dtn  d«ulMh«ii  8clnitfg«bl«tni< 

werden  könne.  Nun  wird  Krämer  dort  schoD  wohoen  nnd  die  ersten 
Gmndarbeiten  begonnen  haben. 

Das  mit  der  ostafrikaniscben  Mission  verbundene  Krankenhaus 
oder  »Deutsche  Hospital'^  in  Sansibar  wnrde  nach  dem  Weggang 
mehrerer  Schwestern  von  der  Gräfin  Asta  Blücher  znletzt  allein  ge- 
leitet: Marie  Kentsch,  Henriette  Sachse,  Helene  von  Borke  waren 
nach  Deutschland  heimgekehrt;  ebenso  Amalie  Oberkobusch.  An 
dem  in  Sansibar  errichteten  Kriegslazarefch  betheiiigte  sich  die 
Missionsgesellschaft  nnd  der  deutsche  Franenverein;  die  von  letzterem 
gesandte  Pflegeschwester  Antonie  Bäumler  starb  zn  Bagamoyo  am 
24.  S^tember  1889;  das  Ranhe  Haus  bei  Hamburg  sandte  drei 
Krankenpfleger.  Doch  mnsste  der  eine  krankheitshalber  im  Janoar 
1890  znrflkkommen.  Nnn  hat  die  oltafrikanische  Mission  mit  der 
westfUisehen  Bmderscbaft  Nazareth  bei  Bielefeld  •  nnd  mit  dem 
Diakonissenhanse  Sarepta  bei  Bielefeld  ebnen  Vertrag  abgeschlossen, 
demzufolge  Ar  Schwesteni  nnd  Brüder  im  Erankenhanse  zn  Sansi- 
bar gesorgt  ist  Aach  den  Pastor  Worms  bat  von  Bodelschwingh' 
als  Krankenpfleger  nnd  Geistlichen  der  Missionsgesellschaft  fiberlassen 
nnd  Se.  Majestät  der  Kaiser  gab  zum  Bau  des  neuen  Krankenhauses 
20000  Mark.  Da  flbrigens  die  Offiziere,  Soldaten,  Beamte  Pflege- 
gelder zahlen,  werden  die  verausgabten  Kosten  vollstftndig  gedeckt; 
unentgeltlich  werden  nnr  ganz  arme  Deutsche  nnd  die  ^geborenen 
behandelt. 

Da  das  Wituland-  nach  dem  neuesten  Vertrag  Eng^d  fiber- 
lassen wird,  kann  die  hier  arbeitende  evangelische  Neukirchener 
Mission  nur  kurz  berflhrt  werden,  '^elleicht  zieht  letztere  sowie 
die  in  Jimba;  bei  Mombas  arbeitende  evangelisch^lutherisefae  Baye- 
rische Mission  auf  deutsches  Gebiet  hinfiber.  —  b  Ngao  am  Tana 
arbeiten  nnn  Weber,  Wfirtz  und  BOcking,  in  Lamu  an  der  Kflste 
Pieper  und  Heyer,  nachdem  am  24.  Jnni  1889  die  drd  ersten  nach 
dem  Inland  hingereist  und  die  verlassene  Missionsstation  Ngao  wieder 
in  Besitz  genommen  hatten.  Die  Bewohner  begrftssten  sie  mit  Freu- 
den und  halfen  ihnen  treulich  beim  Neubau  des  Hauses.  Uebrigens 
soll  Lamu  als  Station  wieder  anfgegeben  nnd  die  Mandabucht  in's 
Auge  gefasst  werden,  da  ersteres  englisch  geworden  ist  Wie  wird's 
aber  nnn,  da  ganz  Witn  England  zugesprochen  wnrde?  Hoffentlich 
wird  Nenkirchen  in  das  deutsche  Gebiet  fibersiedeln;  zum  zweiten 
Mal  sei^s  wiederholt.  Das  deutsche  Ostafrika  ist  gross  genug,  um 
den  verschiedenen  Missionsgesellschaften  Raum  zu  geben.  Kommt 
herüber  und  helft  uns!! 


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* 


Di«  Mimiiwiiitlittii^t  in  dtn  dratochen  SdmlsgtMcten. 


77 


Betrachten  wir  onn  die  evangelische  englische  Mission 
m  Dentschostafiikn,  soweit  letiteres  nach  dem  neneeten  Yertng  ab* 
gegrfiDzt  ist,  mit  üebergehmig  also  der  Uganda-  nnd  Sansibar-Hission 
im  örtlichen  Sinne  dieses  Wortes. 

Wfthrend  vor  einem  Jahre  die  entmischen  Missionsblitter  manch- 
mal  gegen  das  dentsche  Vorgeben  misstranisch  nnd  unwillig  waren, 
zeigt  der  jetzige  verSnderte  Ton  der  Missionsberichte  die  terftnderte 
Sachlage  und  den  Umschwung.  Dem  rflcicsiditsvollen,  anfineiksamen, 
aelbstverlengnenden  Verhalten  der  dentschen  Beamten,  nnter  Anderen 
des  Lentenant  Giese,  gegen  die  englischen  Missionare  wird  gebiihrende, 
reichliche  Anerkennnng  gegeben.  So  richtete  z.  B.  der  Sekretftr  der 
engliseh-kirchUchen  MissionsgeseUschaft  an  den  StaatsielfintSr  des 
dentschen  Answftrtigen  Amtes,  Gra^sn     Bismarcic,  folgendes  Dank- 
schreiben:  «Londmi,  4.  Febmar  1890.  Eizellenf !   Im  Anftrag  des 
Komitee  der  englisch-kirehlichen  Missions-GeseUschaft  beehre  ich  mich, 
den  Dank  desselben  fftr  die  werthvoUen  Dienste  znm  Ansdrook  an 
bringeD,  welche  Migor  Wissmann  in  Ostinnerafrika  den  Angestellten 
der  Mission  geleistet  hat.  Derselbe  gewährte  Missionar  Gole  nnd 
dessen  Fran  in  Mpaapoa  beim  Augenblick  der  Gefahr  seine  Hilfe 
nnd  beschfltzte  sie  auf  ihrer  Reise  an  die  Kftsteu  Die  Verbindung 
zwischen  den  anderen  in  Usagara  stationirten  Missionaren  nnd  ihren 
Genossen  an  der  Küste  hat  er  bedeutend  erleichtert  und  wflhrend 
der  aufreibenden  und  gefahrvollen  Zeit  ihres  AbgeschnittenseinB  von 
dieser  Verbindung  hat  er  jenen  allerlei  Hilfe  geleistet.   Es  gereicht 
uns  zur  lebhaften  Freude,  unsere  Werthscliätzung  der  freundschaft- 
lichen Gesinnung  ausizusprechen,  in  welcher  diese  guten  Dienste 
Seitens  des  Major  \Vissniann  geleistet  wurden  und  zugleich  Ew.  Ex- 
zellenz unsere  aufrit-htigste  Aiieikeiniuiii?  des  iiachdröoklicheu  Bei- 
standes auszusprechen,  weli  her  durch  einen  Oflizier  Sr.  Majestät  des 
Kaisers  gewährt  wurde."    Die  Missionare  der  eben  ^'»'nannten  eng- 
lisch kirchlichen  Gesellschaft  luussten  demnach  theilweise  ihre 
Stationen  während  des  Krieges  verlassen.    So  Price,  welcher  durch 
einen   Eingeborenen  gewarnt,  vor  Buschiri  mit  12  Christen  nach 
Kisokwe  lloli:  bald  darauf  verbrannte  dieser  Bandenführer  Price's 
Station  Mpuapua;  ferner,  wie  berichtet  ist,  Cole;  Roskoe  nebst  Frau 
in  Maraboia,  nstlich  davon,  wurden  iiu  Frühjahr  lSf<d  von  Buschiri 
^lugehalten,  aber  anständig  behandelt,  schlechter  hingegen  Hooper 
von  Nasa,  welcher  sich  loskaufen  niusste.    Jedenfalls  hielten  die 
Sendboten  treu  aus,  su  lange  sie  es  vernicH  ht.'n  und  wichen  erst  der 
ilussersten  Gefahr.  Für  den  im  Jahr         ermordeten  Bisciiof  Hau- 


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78  l>i»  MMoBitUUiglNtt  in  dm  6mMbm  MmtzfeUetoB. 

Hingt«»  «nd  den  1888  vemtoilMiien  Pirker  ist  A.  R.  Tntlktr  als- 
fiiicM  dieses  eekweren  QeUetes  enMumt. 

Die  IßssieDMe  der  englischen  OiiiT«rsitftte&»ission  1» 
üsamban  Iconnten  anf  ihren  FUttzen  bleiben,  «eil  ihnen  Araber  «d 
Engebofene  4k«ndtteh  geeiaBt  ivaren.  NaMrfich  wir  somit  die 
Jlieiionaarbeit  bei  Weitoni  mebl  so  sehr  geflhrdet,  wie  in  den, 
aadiren  Theilen  des  dsntochen  Ostafrüca.  Wiren  sio  fortgegangen,, 
«issa  die  SeMUer  als  Sklaven  imfcaoft  nnd  das  Eigenthnm  aeratNt 
worden.  Mitten  wter  all  den  Unruhen  des  Anfitandee  wnrde  dn 
stilles  segensreiebes  Werk  votteadet,  die  Cebersetsug  der  Bibel,  dea 
Alten,  sowie  des  Nenea  Testaments  ins  Suaheli,  hanptsfiehlieh  die 
Aibeit  des  Sisehofe  Stsere  and  des  Avehldiakonns  Hodgson  Seitens 
dieser  Mission. 

in's  deotsehe  8dratq(M>iet  ftllt  sndh  ein  Theü  der  Londoner 
Mission  in  Mittelafrika,  wo  sie  unter  vielen  Opförn  ar- 
beitet 1877  wvde  dies  Feld  in  Angriff  genenMien,  man  versndite- 
mit  Oehsenwagen  westlich  zn  sieben,  doch  die  Ochsen  stsiben.  Anf 
der  zweiten  Beise  wnrde  im  Angnst  1879  ürambo,  die  Hauptstadt 
des  damais  berflcfatigten  Mirambo,  des  afnkaaisehen  Mars,  erreicht 
Hier  koonfte  darch  das  frenndliche  Entgegenlcommen  des  Herrsehen, 
weicher  dareh  den  Miseionsarzt  Dr.  Sosthon  von  einem  Geschwür  . 
geheilt  war,  eine  Station  gegründet  werden.  Am  Tanganyika  smd 
nach  mannichfiMshem  Wechsel  and  schweren  Yeiinsten^)  die  Missions- 
pUtse  Fwambo  (Fambo)  am  Sttdnfer  and  die  Insel  fivrsla  im  Nor^ 
den  besetzt,  dodi  liegen  bmde  nicht  anf  dentschem  Oebiet  Von 
grossem  Nutzen  ist  das  Missionssohiff  ,Good  News*,  seit  dem 
3.  Mftrz  188d  anf  diesem  See  dem  Werke  dienend;  ebenso  der 
«Morgenstern*.  Jeden£dls  sind  die  Aussicht«!!  dieeer  Mission  nadi 
der  glficklichen  Unterwerfiuig  der  oetafrikanischen  Küste  durch 
deutsche  Macht  sehr  gestiegen.  Leider  starb  Ifirambo,  ein  wissbe- 
gieriger Sdiüler  der  Missionare  und  einflussreichster  GOnner,  am 
2.  Dezember  1884,  aber  die  Schule  in  ürambo  gedieh  trotzdem. 
Brooks,  ein  Laienmiseionar  und  Schmied,  vertrat  einige  Jahre  hin- 
durch den  Missionar  Shaw  zu  Urambo,  wurde  aber  am  Sl.  Januar 
1889,  als  er  heimreiste,  westlich  von  Saadaai  zu  Mkange  mit  seeh> 
sehn  TrSgem  erschossen. 

Gehen  wir  in  üniamwesi  von  ürambo  (totUch,  so  treffen  wir 
Ujui,  wo  eine  Missionsstation  der  englieeh-kirchlichen  Geeell- 

')  Udscbidschi  (Kawele)  wurde  ain  23.  August  J878  besetzt,  bis  18Ö5  warea 
zehn  Londoner  Missionare  gestorben. 


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INe  MiMioBtai&tigkeit  ia  dm  deatMben  8ebiit^<abi«tflB. 


7^ 


Behaft  fAdk  befrnd,  iran  aber  Mck  lltiBgiaja,  zwal  Tageviiaen 
nOHlieher  ▼erlegt  ist  Nerdwftrta  wanAemd  getaagen  nix  naoh 
Uaambiro  (frOber  MsaklA)!)  nater'm  a.  Br.  «nd  am  6peke«alf 
naeb  Nasa,  den  beiden  Statfonen  der  «bengenannten  GeaeHiehaft. 
Aaoh  ne  etnd  mm  deatadi  and  waidea  kftndidk  in  4m  Zeitungen 
anlfiaelicjb  der  TTgaada-Tbronetreitigkeitai  9iUn  geaannt.  üaanbiro 
oder  Sva  Makole  waide  im  flerbtt  186$  dnrek  emen  Angriff  der 
benachbarten  HiaptUnge  ecbwer  bedroht  und  nar  durch  den  SiAn 
dee  OberhänpÜiogB  Rownma,  dem  der  Hinptling  Makolo  von  Mvte- 
reia  ainepffichtig  iat»  gerettet  Hier  arbeitet  liiirfenar  Walker, 
welcher  iwieehen  den  Leuten  in  Uganda  and  denen  von  hier  einen 
groaeen  Unterechied  fiind.  »Hier,*'  aiAreibt  er,  „begnift  Niemand, 
wamm  wir  in  dae  Land  gekemmen  aind;  noch  kein  Bmgeborener 
hat  na^  Leeenlefnen  verlaagt*  Der  andere  englisch-ktrehliche 
MioBionar,  welcher  eich  mit  Walker  ans  Uganda  hierhin  sorftckzog; 
and  am  die  UgandamicBion  die  gröseten  Teidienste  hat,  Alea ander 
Mackay,  ist  hier  am  8.  Februar  1890  dem  Fieber  erlegen,  ein 
greeser  Veiinat  ftr  diese  Miuion,  welche  er  xehn  Jahre  lang  an- 
erBchrocken  in  Uganda  anftecht  erliielt  and  erat  vor  BchmtiiÜchen 
Umtrieben  der  Araber  naeh  dem  Sttdende  des  Seen  hin  lettote. 
Hier  in  Usambiro  trafen  bekanntlich  Herbat  1889  Stanley  ond 
Emin  Pascha  efai  nnd  eriiielten  die  von  Maekay  snfbewahrten  Vor- 
rftthe  und  Briefe.  Erinnert  sei  an  Stanley's  ehrenvolles  Urtheil 
Uber  die  christlichen  Waganda,  welche  dem  Dorchreisenden  eine 
Gesandtschaft  schickten,  als  er  Ankori  (oder  Nkoli  in  Bnsagala?) 
passirte:  „Die  Waganda,  die  baumwollene,  tadellos  weisse  Kleidung 
trugen,  wie  die  nettesten  Eingeborenen  von  Sansibar,  waren  die 
Abgeordneten  einer  Schaar  von  3000  Waganda.  Sie  überraschten 
mich  durch  das  Verhalten,  mit  dem  sie  allen  P'rajjeu  bezüglich 
ihrer  Wünsche  begegneten  .  .  .  Welch  glänzender  Beweis  dafür, 
dass  das  Christenthum  in  Afrika  möglich  ist!  Jedes  Mitglied  be- 
sass  das  Gebetbuch  und  Kipiudii  =  Matthäus -Evangelium;  ,  .  . 
ich  halte  diese  mächtige  (Jenieinschaft  eingeborener  Christen  im 
Herzen  Afrika's,  welche  um  ihres  Glaubens  willen  Verbannung  dem 
Dienste  eines  glaubensfeindlichen  Königs  vorzieht,  für  einen  wesent- 
licheren Beweis  des  Erfol<,'s  der  Wirksamkeit  Mackay's,  als  jedwede 
Anzahl  ansehnlicher  Baulichkeiten,   die  man   eine  Missionsstatiou 

Msalala  liegt  am  Südufer  dos  l'kerewe,  nahe  dabei  etwas  nrirdlicher 
Kwa  Makolo,  auch  Wutereza  genanut,  uuil  wieder  nur  etwas  nördlicher  Usam- 
biro. Diese  drei  oder  vier  tarnen  werden  auch  wohl  Yerwechs»elud  augeführt.  L)ie 
Entfernung  zwischen  MsalalA  und  Uaambiro  ist  nur  10  englische  Ueilen. 


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80 


Di«  Muiionitbltigktit  in  des  dtatfchm  SehutigebietML 


oennt.  Diese  eingeborenen  Afrikaner  haben  die  tödtlichst^  Ver- 
folgungen ertragen,  Pranger  und  Feuer,  Strick  und  Knute,  Messer 
und  Flinte  8iBd  vetgeblich  versucht  worden,  am  sie  von  der  Lehre 
abtrunDig  za  machen.  Fest  in  ihrem  Glauben,  standliaft  in  ihren 
Ueberzengnngeu,  haben  sie  mannhaft  und  entschlossen  zusammen- 
gehalten. Mackay  und  Ashe  (der  andere  Missionar)  dürfen  mit 
berechtigtem  Stolze  Angesichts  der  gütigen,  ihnen  vertrauenden 
Frennde  in  der  Heimath  auf  sie  als  auf  Früchte  ihrer  Arbeit  hin- 
weisen.*' (Brief  von  Bruce,  Intelligencer  1890,  III).  —  Auf  der 
andern  Missionsstation,  Nasa  am  Spekegolf,  konnten  sich  die  Send- 
boten dem  Studium  der  Sprache  und  des  Volkes  widmen,  bis  dieser 
Ort  der  Ünmhen  wegen  vorläufig  aufgegeben  wurde. 

Im  IVjMBa-Qeblet  befindet  sich  in  der  sfidwestliehsten  Ecke 
der  deutscfa-portngiesiBohen  Grenze  am  Ostofer  des  Nyassa  die 
Station  der  englischen  Universitfttenmisaion:  Mbampa, 
femer  am  Kordostufer  dieses  Sees  die  Station  der  Livingstone- 
mission  der  Freisehotten:  Halindu  unter  einem  wohlhabenden 
Volksstamm,  weleher  von  den  arabisehen  Ifenschenrftnbern  noch 
nieht  berührt  worden  ist,  auf  der  Ukukwehochebene  am  Ende  des 
Livingstonegebirges  im  Bnndaloland,  nmgeben  von  17  DOrfem  und 
prächtigen'  Bananengftrten  am  Flnss  Kiwlra.  In  einem  der  Dörfer 
wird  bereits  mit  60  Kindern  Schule  gehalten.  Die  zweite  Station 
dieser  seit  1875  am  Nyassa  arbeitenden  ireicn  schottischen  Mission, 
Mwiniwanda  im  Nordwestland  des  Sees,  nahe  der  deutsoh-engU- 
achen  Grenze,  aber  auf  englischem  Gebiet,  im  Utschnngnland,  1883  er- 
richtet; etwas  nördlicher  ist  Tschinga. 

Die  katholische  Mission  war,  wie  wir  voriges  Mal  sahen, 
mehr  oder  minder  stark  in  die  Kriegsbeweguug  hineingezogen;  ja 
am  Sfidende  des  Ukerewe  griff  sie  thatkrftftig  in  die  ügandawirren 
ein.  Am  3.  November  1889  kamen  die  französischen  Missionare 
aus  Uganda  in  Ukumbi  bei  ihren  Brüdern  an.  Hier  auf  der 
Missionsstation  Unsere  Liebe  Frau  von  Kamoga  fand  der  ent- 
thronte Muauga  Zuflucht,  nachdem  er  zwei  Monate  lang  in  Magu, 
etwas  üstlichdavon,  von  einem  Araber  gefangen  jjehalteu  wurde,  der  Ver- 
folger bei  dem  früher  von  iliin  V^orfolc^tcn.  Si>iiter  ist  er,  wie  durrli 
die  Zeitungen  es  berichtet  winde,  hier  im  Kxil  ;;etaul't  und  mit  deni 
Namen  Leo  geziert  worden.  Dann  zog  er  mit  Hülfe  der  katbo- 
lischeu  Missionare,  katholischer  und  evaugelischer  Christen  welchen 

')  Missiouar  jUackay  warnte  vor  dieser  gefthrlicben  Verbindung  der  Politik 

mit  der  Misaiou. 


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Di*  HiiiitBithitighiit  in  den  dMrtMbia  tkhayftbiili^ 


8t 


sich  die  beideo  englischen  evangelischen  Missionare  Gordon  uud 
Walker  anschlössen,  am  11.  Oktober  1889  siegreich  in  Rnbaga  ein, 
nachdem  er  den  Gewaltherrscher  und  Usurpator  vertrieben  hatte.  Doch: 
kehren  wir  zu  unserem  eigentlichen  Missionsgebiet  zurdck.  Uier  am 
Sttdende  des  Sees  snchte  die  katholische  Mission  sich  auszudehnen. 
Giranlt  versuchte  Anfang  1889  im  Gebiete  Rwoina's  mit  Hülfe  der 
Sendboten  Brard,  Calland  und  Marie  eine  neue  Station  zn  gründen; 
ebenso  sollte  vier  Wegstunden  von  Kamoga  entfernt  im  Stamm  der 
Gnagizi  eine  dritte  Station  „Unsere  Liebe  Frau  der  Verbannten** 
errichtet  werden.  Vielleicht  ist  diese  nach  Bäckkehr  der  Gbristea 
geo  Uganda  wieder  aufgehoben. 

Andb  am  Tanganyika  Hessen  sich,  gleich  den  evangeHscben, 
1879  katholische  Missionare  nieder  und  zwar  aus  der  Kongregation 
zu  Algier,  „weisse  Väter**  im  Unterschied  zu  den  „schwarzen"  des 
heiligen  Geistes  in  Sansibar  genannt,  ürundi  am  Nordostufer 
wurde  dem  ungesunderen  Udschidschi  vorgezogen;  ebenso  Kibaoga 
am  Westufer,  welch  letzteres  überhaupt  mehr  bebaut  wird.  —  In 
Xabora  (ünyamyembe),  gleich  weit  fast  von  Ukerewe,  Nyassa  und 
Tanganyika  entstand  am  2.  September  1881  durch  Guillet  eine 
Staüon  mit  Waisenhaus,  ebenso  im  sfidOstlich  gelegenen  Eipala- 
pala  durch  Levesque  und  Giraod. 

Im  ostafrikanischen  EQstenland  haben  die  fraazteiachen  Missim 
nare  nicht  allzuviel  Leid  durchgemacht,  sefaümmer  erging's  deo 
deutschen  BenediktinenL,  welehe  aber  iiire  zerstörte  Station  Pngii 
bei  Dar  es  Salaam  wieder  ersetzen.  Das  sich  steigernde  intereese 
der  deutschen  Katholiken  für  Afrika  beweist  aach  die  Herausgabe 
des  Blattet  des  katholischen  Afrikavereins:  „Gott  will  es*^  Major 
V.  Wissmann  hat  kürzlich  die  kulturellen  Verdienste  der  katholischen 
Mission  Deatschostafrika's  öfFentliefa  lobend  anerkannt  (Tägliche 
Rundschan  1890,  Ko.  157  fi.)  Dies  ist  die  Bestätigung  emes  Urtheils 
desselben  Maanes  y<m  Sl.  Mftrz  188S  (vgL  Kaiholisolie  Missieaea 

188a,  loa). 

In  ¥steer  Willnlflie-Land  auf  Nengninea  haben  die  Rheinisebe» 
Hiesionire  Beiynun  nnd  Kmize  die  aweite  Station  aof  der  kkiMK 
Insel  Siar  od«  Aly  in  Pchia  Beiariefasbalini  angelegt  Bs  feUto 
hier  niebt  an  Zwistigkeiten,  wetehe  dem  sehwaehea  üntsrseheidangs- 
gafilhl  der  Leate  zwischen  Kein  mad  Ddn  and  den  kleinen  spraeb- 
lidien  MiflSTentfindaissen  entspraagen.  Die  ganae  neue  Sfiaehe 
waide  doch  insoweit  gelernt,  dass  den  Eingeborenen  die  ersten 
AafeagsgcOade  Über  die  Seligiceit  a.  s.  w.  autgetheilt  werdea  keante, 

KolaaklM  JabiM  18Mi  ^ 


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Die  Miscionsth&tigkeit  ia  dea  dMUcban  SehutigelMetMi. 


imiBoiiMhr,  da  auch  sie  lau  ein  Jenseite  glaubeQ.  Der  „Messiab^ 

(Götze)  holt  die  ,,Nitiim''  (Seele)  in  den  „Gasenb^S  die  Reise  dahin 
geschiebt  auf  kleineu  Booten,  meinen  sie.  Jedenfalls  giebt's  in  den 
religiösen  Vorstellungen  für  den  Missionar  Anknüpfungspunkte  tind 
wiihrend  die  Leute  in  Bogadj im'  jeden  Sprachfehler  des  Sendboten 
geflissentlich  nicht  verbessern,  sprechen  die  iSiarleute  die  richtige 
Satzstelluug  vor,  oft  unter  Lachen  und  Scherzen.  Auch  dies  erleich- 
tert die  schwere  Arbeit  der  Spracherlernung. 

Zu  ihrer  grossen  Frende  wurden  die  beiden  Missionare  in 
ihrer  stillen  Ecke  auch  einmal  von  einem  deutschen  Kriegsschiffe, 
der  Alexandrine,  besucht.  Sehr  anzuerkennen  ist,  dass  die  Schiffe 
der  Neuguinea-Kompagnie  so  viel  als  irgend  möglich  hier  vorsprechen, 
wie  denn  überhaupt  die  Missionare  sich  eines  grossen  Entgegen- 
kommens der  Herren  Beamten,  insbesondere  des  Kapitains  Dall- 
mann  und  des  neu  ernannten  Regierungs-Kommissars,  zu  erfreuen 
haben.  Kürzlich  ist  in  Hamburg  für  diese  Siar-Station  ein  sehr 
noth wendiges  Segelboot  angekauft  und  abgesandt;  zwei  der  neu  ab- 
gehenden Brüder  erhielten  vor  ihrer  Abreise  Unterricht  im  Segeln 
auf  der  See. 

Auf  der  anderen  Station  Bogadjim  wirkten  Eich  nnd  Frau 
nebst  Scheidt.  Wegen  der  vielen  Erkrankungen  u.  s.  w.  —  Frau 
Eich  starb  am  4.  Oktober  1889  —  wurde  die  Arbeit  an  der  Sprach- 
erlemuug  und  an  den  Leuten  vielfach  unterbrochen.  Leidlich 
können  sich  die  Missionare  mit  den  Bogadjim- Leuten  schon  verstän- 
digen; leider  aber  wurde  die  Schule  nicht  mehr  so  gut  besucht  wie 
früher  und  war  überhaupt  das  Verhältniss  zu  den  Eingeborenen 
nicht  mehr  so  befriedigend.  Es  zeigte  sich  ein  grösseres  Misstranen, 
anch  hatten  die  Miokesen -Arbeiter  auf  der  benachbarten  Station  der 
Nengninea  -  Kompagnie  Steiansoit  mancherlei  Reibungen  mit  den 
Eingeborenen.  An  Planen  einer  Erweitemng  der  Arbeit  hat's  nicht 
gefehlt;  die  erlaubte  Besetzung  der  kleinen  unweit  Bogadjim  gel^pe- 
nen  Insel  Bilibiii  wurde  nicht  ausgeführt  und  die  Anlegung  einer 
Station  auf  den  Salomoos-Inseln  (vergL  voriges  Jahrbuch  S.  115} 
konnte  sich  allein  schon  aus  Mangel  guter  Verbindnng  nicht  ver* 
wirklichen,  obgleich  die  Erlaubniss  Seitens  der  Behörde  ertheilt  war. 

In  den  Bergdörfern  hinter  Boga4jini,  welche  nur  klein  nnd  eehr 
zerstreut  liegen,  machte  Missionar  Scheidt  Versuchsreisen;  anoh 
besnchten  die  Siarmissionare  die  benachbarten  Inseln  nnd  die  Küste 
bis  Ea|^  Jnno  hinauf.  Aber  diese  Madngas-Gegend  war  dnroh  Rohr 
entvöllrört  nnd  deshalb  znr  Anlage  einer  Station  ungeeignet  Sonst 


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Die  MiMioDttli&tigkeit  in  den  dtntachea  Schutigebitten. 


83 


schien  der  Umstand,  dass  die  Siar-Sprache  ziemlich  weit  nordwärts 
sich  erstreckt,  für  eine  Missionsarbeit  in  diesem  Küstenlande  zu 
sprechen.  Leider  stellte  bei  diesen  Reiseversuchen  der  Missionare 
es  sich  heraus,  dass  der  Neid  der  Eingeborenen  ein  nicht  unbedeuten- 
des Hinderniss  bildet.  Diese  Leute  wollen  von  dem  Weissen  mög- 
lichst viel  Nutzen  ziehen  und  ihn  den  anderen  Stämmen  vorent- 
halten. Bis  jetzt  aber  sind  die  dortigen  Missionare  von  dem  guten 
Willen  der  Eingeborenen  vielfach  abhängig.  Am  18.  Dezember  1889 
trafen  drei  junge  Rheinische  Missionare,  Claus,  Arff  und  Bosch  in 
Hutzfeldhafen  ein.  Die  Kundschafterfahrt  des  Eich  und  Kunze  im 
Januar  1890  nach  der  Rieh-  und  Dampier-Insel  verunglückte,  doch 
hoffen  sie  besonders  auf  der  Richinsel  sichern  Fuss  zu  fassen.  In 
der  nächsten  Rundschau  wird  auch  von  einer  katholischen  Mission 
in  Deutsch-Neuguinea  Näheres  zu  berichten  sein. 

Während  über  die  Mission  im  Bismarck- Archipel  und  auf 
den  deutschen  Salonioinseln  für  dieses  Mal  nichts  Neues  zu 
sagen  ist,  sei  noch  ein  kurzer  üeberblick  über  den  Marsch all- 
archipel  gegeben.  Ende  1888  hat  das  evangelische  Missionsschiff 
^Morgenstern''  der  amerikanisch-hawaiischen  Mission  auch  den  bis* 
her  unberührten  Inseln  Ujae  und  Namu  (in  der  Ralik  Kette)  das* 
Evangelium  gebracht.  Im  ganzen  Archipel  werden  etwa  2000  evange- 
Uscbe  Christen,  darunter  582  Abendmahlsberechtigte  in  23  Gemein- 
den, 1212  Sonntagsschüler  auf  23  verschiedenen  Stationen  und 
502  Voiksschttler  in  8  Werktagsschulen  gez&hlt.  Leider  ist  die 
Gesinnoog  der  nieist  deutschen  Händler  —  mit  rüh  mens  werther 
Ausnahme  des  Herrn  A.  Capelle  in  Eben  —  in  letzter  Zeit  dieser 
Missionsarbeit  unfreundlich  nnd  selbst  hinderlich  gewesen. 

Die  kleine  Insel  Nauru  (Pleasant  I.)  ndt  der  1000 «Seelen 
zählenden,  in  12  einander  befehdenden  St&mme  zerspaltenen  Be^l- 
kermig  hat  nun  in  dem  Gilbertinsnlaner  Timoteo  einen  gnten 
Missionsarbeiter  (nebst  drei  Eateehisten)  eihalten.  Der  überrnftsrigen 
Waffeneinfuhr  trat  der  deutsche  Kommissar  Dr.  Sonnensehdn  sdmei- 
dig  entgegen  nnd  fand  bei  der  Entwaffnung  nicht  weniger  als 
765  Gewehre,  109  Pistolen  und  1  Bevolver  vor.  Das  unleidliche 
ToddybiBuen  hindert  die  Annahme  des  EvangeliumB;  hingegen  ist 
der  Umstand,  dass  die  Sprache  deijenigen  der  Gilbertinselgnippe 
sehr  gleicht,  eine  grosse  Forderung  dieses  Friedenswerkes. 


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Zu-  Anlug  des  Jahns  ging  dem  Reichstage  der  Sotwnif  eines 

Gesetzes,  betrefl^d  die  EiBfiohtuBg  und  CnterhaltaBg  einer  Post- 
dampfschiffsverbindiing  mit  Ostafrika,  m.  Der  Entwarf 
hatte  folgende  3  Paragraphen: 

»1. 

P«r  B«iqhA^pdfr  nM.  «rvlffhüfti  die  Biwiehtaag  vad  UatQriiiatai«  einer 

ngelm&ssigen  Postdamp&cbilEiTerbüidaiig  cwiachep  DeatschUmd  und  Ostafrika  auf 

eine  Dauer  bis  zu  zehn  Jahren  an  geeignete  deutsche  Unternehmer  auf  dem  Wege  der 
engeren  Submission  zu  übertra^fen  und  in  dem  hierüber  abzuschliessenden  Vertrage 
eine  Beihilfe  bis  zum  Höchst  betrage  von  jährlich  Nennhundertausend  Mark  aus  Reicbs- 
mil^ln  ta  bewilUgvn. 

Dar  im  §  1  beseicbaete  Tertnc  mois  die  in  der  Aiüaga  mwoMiigeetelltea 

Hauptbedingungen  enthalten  und  bedarf  zu  seiner  Giltigkeit  der  Qeaebmigung  de* 
Hundesraths.  Der  Vertraj»,  sowie  die  auf  (irund  desselben  geleisteten  Zahlungen 
sind  dem  Reichstage  bei  Vorlage  des  nächsten  Reicbshaashalte-Etats  mitzutbeilen. 

§  3. 

Der  nach  §  1  /ahlbur«>  Retrag  ist  in  den  Reichshausbalts-Ktat  einzustellen. 

Die  in  dem  Gesetzeutwurle  erwähnten  Hauptbediugnngen  laateu: 

1.  Die  Fahrten  müssen  in  Zeilabschnitten  von  längstens  vier  Wochen  statt- 
finden. Die  Bestimmung  der  anzulaufenden  Häfen  erfol^'t  durch  den  Reichs- 
kanzler. Die  Fahrgeschwindigkeit  ist  auf  mindeatens  lOYs  Knoten  im  Durch- 
eebnitt  feefaroeettea. 

i.  Die  in  die  Vehrt  einxattellendeD  Dampfer  maseeB  vor  ihrer  Efutenuiig  durch 
vom  Reichskanzler  zu  ernennende  SachverstfitKlige  abgeoommen  werden.  Nene 
Dampfer  müssen  auf  deutschen  Werften  nach  den  vom  Reiehkanzler  za  ge- 
nehmigenden Plänen  gebaut  sein. 

3.  für  ungerechtfertigte  Verzögerungen  bei  der  Fabrtausführung  werden  ent- 
ffUTM^iiide  Abräge  von  der  Jahresbeihiife  gemacht 

4.  Die  Dampfer  fuhren  die  deuteebe  Poetflegge  und  beßrdero  die  Poet  nebtt 
den  etwaigen  Begleitern  ohne  besondere  Beiablung. 

6.  Der  Zeitpunkt  für  den  ße<,nnn  der  Fahrton  wird  Yom  Reiehakanzlor  mit  den 
Dntemehmem  vereinbart.  Insofern  es  sich  nach  seinem  Brmeseen  cur  Be* 


Üiyitizcü  by  GoOglc 


9» 


sthletßhipuTifr  des  Öe^ntis  empfiehlt,  vorläufig;  If'iilirten  atich  in  Änderen  kli 
TieKwöch entliehen  ZeitÄbschnftten  stattfindeQ  zu  lassen,  ist  den  Unternehmern 
bierfär  2^1aDg  nhch  dem  VdfbUtniu  der  vertragsmässigen  Jahresbeilnlft 
kn  IMittiL 

forderlicb,  den  Dtotkrnelimeni  die  Bestellung  einer  IttaAlOb  attlkatll«gMlk. 

06r  Begründttiiig  entnehmen  wir  Folgendes: 

Zun&cbst  wird  erwähnt,  dass  der  Verkehr  Deutschlands  mit  Ostafrika,  soweit 
er  sich  nicht  gelegentlicher  Fahrten  von  Segelschiffen  und  Frachtdampfern  bedient, 
was  die  allgemeinen  laufenden  BeziehunKen  betrifft,  noch  auf  die  Fahrten  der  Britisa 
India-Linie  von  Aden  bis  Mosambique  und  der  ^astle  Mail-Linie  von  Mo£ambique 
bi«  Kapstadt  a&g«lriMMi  ist  In  diMein  Varblltoine  tat  iwaardiiift  inaofara  aina^ 
Ina  Jatil  indaia  noeh  Bieht  gans  mm  Abaebluaa  galaafta^  Aandanuc  aii^ralnlaiit 
als  im  Laufe  des  November  v.  J.  an  Stelle  der  bisberij^en  britischen  Postdampfer- 
linie Bombay- Aden -Sansibar- Mo7.ambi<iue  eine  direkte  britische  Postdsmpferlinie 
zwischen  London  und  Sansibar,  über  S'eapel,  Aden,  Lamu  und  Mombas,  eingerichtet 
worden,  und  als  die  portugiesische  Regierung  dazu  übergegangen  ist,  unter  Küudi- 
gang  das  8nbT«ntioiiafartragaa  mit  dar  Oaaüa  Mail  Paekat  Company,  eine  portugia- 
siicha  PtatdampftchiinarUniinnf  ,  ala  Fortaatiniif  dar  baraita  baitahandan  aigtean 
Ptostlinie  nach  ihren  Resitzungaii  an  der  Westkäste  Afrikas,  bis  sn  ihren  Besitzungen 
aa  der  Ostküste  herzustellen.  Der  erweiterte  Dienst  ist  jedoch  werfen  der  ünvoU- 
st&ndigkeit  des  SchifTüparks  erst  theilweise  aufgenumineu.  Die  Castle  Mail  Packet 
Company  setzt  ihren  bisherigen  nach  Mozambique  zwar  fort,  jedoch  ohne  Postvertrag 
nnd  ohne  Verbmdliehkait  dar  lanahaltiiog  dar  fchrplanmiasigan  feUirtan.  Fnr  dia 
d^utaeban  VariMbnbatiabnitgan  wird  das  Varbiltniia  doreh  Jana  Aandanuig  nieht 
gfinatigar  gaataltat,  im  Gegentbeil  tritt  das  Bedürüiiss  ainar  unabliiDgigan  deat> 
sehen,  direkten  Postdampfschiffsverbindung  mit  Ostafrika  nur  noch  bestimmter  her- 
vor. Es  ist  nicht  anders  zu  erwarten,  als  dass  durch  jene  Umst&nde  der  auf  die 
englische  Vermittelung  angewiesene  deutsche  Waarenumsatz  mit  Ostafrika  gelähmt 
und  zurückgehalten  wird.  Die  KonkurrenzAhigkeit  des  deutschen  Handels  und  der 
Antrieb  imr  Anknapfung  tob  BaadalsbatiahviigaB  «ird  hiardnidi  gaadiwMit  Dar 
XaufaMon  in  Oatafdika,  seibat  in  TaraebiadanoB  BasiahongaB  dar  dortige  deulscho 
Kaufmann,  ist  bei  der  Sachlage  oft  genötUgt,  sidl  an  den  englischen  oder  den 
indischen  Markt,  statt  an  den  deutschen,  zu  wenden.  Durch  die  ungiänstige  Rück- 
wirkung des  Verhältnisses  werden  die  gesammten  Handels-  und  SchifTfahrtsbeziehungen 
zwischen  Deutschland  und  Ostafrika  in  Mitleidenschaft  gezogen.  Die  Erfahrung  lehrt, 
daasi  «0  ragalmlssiga  diraktä  VarbindnogaB  faUaD»  dia  |aw5halieha  Üanüfahrtai- 
aehiflMirt  aic^  sieht  zu  dar  I«abandiKkait  so  antwiekabi  varmag,  waleha  da  haiTM^t, 
wo  durch  regelmässige  Postdampfschifffahrten  die  Verkehrsbeziebungen  belebt  werden. 
Daher  ist  auch  der  Antheil  der  deutschen  Rhederei  an  der  ostafrikanischen  üandels- 
schiflfahrt  verhältnissmässig  schwach.  Zu  den  vorgedachten  besonderen  Erschwer- 
nissen des  deatscb-ostivfrikanischen  Verkehrs  tritt  als  allgemeiner  Uebelstand  hinzu, 
dasa  dar  tümik  dar  <tta  Vad>iBdang  l&ngs  dar  £nsta  tob  Adaa  bis  sb  dsB  briti- 
sdicn  Baai'tiuigaB  am  kap  jatit  anfrachl  arhaltandsa  DamptSurliaiaB  Ifnr  dia  BäfHadi- 
gDBgiles  Terkebrsbedürfnisses  mancherlei  za  vdnschen  lässt. 

Die  französische  Regierung  bat  seit  Juli  18S8  eine  direkte  Postdampfscbifflinie 
von  Marseille  öach  Sansibar  und  weiter  nach  Madagaskar  und  den  Maskareuen  ein- 
gerichtet  Aucb]^die  portugiesische  Regierung  beabsichtigt,  ihre  mit  Idossamedes  be- 


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Di«.  Zollpolitik  im.  «okMfti* 


stehende  regelmässige  PostdampfscbiffTerbindung  bis  zu  ihren  Besitcuogen  auf  der 
OsLküste  von  Afrika  ausxudebnen.  Deutschland  wird,  «tun.  «et  dcb  nicht  äber» 
flägeln  «nd.  den  nach  Miner  IboMtebbedeatong^  ihn  iiikODinoadim  AirthoU-  aa  dorn 
otttfrikaaiadi«!  Handel  Uiäh  idehik  ontdehaa  baara  iHlli  aidkk  ttnger  nit  der  Bin- 

richtung  einer  eigenen  SchifRahrtslinie  nach  den  IHrtafrütankthtn  Küstenländern 
säumen  dürfen.  Ein  Stillstand  in  dieser  Beziehung  würde  gegenüber  dem  Vor- 
gehen der  konkurrirenden  Lftnder  gleich  aoin  mit  einem  Zurückweichen  der  deut- 
schen Interessen- 

An  dar  Entwi^ongaflUiiglnit  iler  anafadahntw  Köatengebiafa  und  Ihrar 
Hintarliadar,  daran  Warth  dia  naharan  Fonehungan  iamar  aahr  ina  Lieht  ataOan» 
ist  nicht  XU  zwalfaln.  Anf  die  Absieht  der  portüfieeisdiea  Ragianmg,  ihre  Dampf- 
schiffsverbindun^en  mit  den  ostafrikanischen  Besitzungen  neu  zu  gestalten,  ist  schon 

hingewiesen.  Die  Delagoa-Bai  erlangt  durch  den  Bau  der  Eisenbahn  nach  Pretoria, 
welche  die  Südafrikanische  Republik  in  die  nächste  Verbindung  mit  der  See  setzt, 
eine  ausserordentliche  Handelsbedeutung.  Bekannt  ist  der  Aufschwung,  welchen 
dia  wirthaeteftUaba  fentwidtalnig  daa  Bvanltndaa  tVMAttnan  bat  Safna  raiAan 
Natvr»  «ttd  Bodanaabiln  aidiara  ihm  waitaraa  Oadaihan.  Dia  Anabantni^  dar 
(BaldMdar  belebt  den  Verkehr  und  erhöht  den  Bedarf  an  Industrie-Erzeugnissen. 
Wegen  der  vortheilhaften  La^e  der  Delagoa-Bai  für  die  Erreichung  der  See  legt  die 
Südafrikanische  Republik  auf  die  Verbindunf^  daliiii  Werth.  Der  daselbst  belegene 
portugiesische  Hafen  Louren^o- Marques  verspricht  unter  diesen  Umständen  ein  ber- 
TOrngandar  Braniqninkt  daa  Bandala  an  wardan*  Vannigfacha  «irfltaabaMIciba 
VarbindonKan  baatahan  aait  langam  swiachan  Dantaeblsnd  und  dam  Boranlaad. 
Dantachaa  Kapital,  deutsche  UatamalnDar  und  loganianra  aind  an  dan  naaaren 
Handels-,  Eisenbahn-,  Wege-  u.  s.  w.  Unternehmungen  in  Transvaal  betbeiligt. 
Von  den  am  Handel  mit  Transvaal  interessirten  Kreisen  sind  bereits  Schritte  ge- 
schehen, um  in  Erwartung  des  sich  der  Delagoa-Bai  bald  zuwendenden  Ausfuhr- 
nnd  Einfuhr-Verkehrs  daselbst  Fuss  sa  fassen.  Der  Handelsverkehr  des  Hafens 
tan  Lbwan^llarqvaa  iat  ton  1886  bla  1887  um  daa  Viarlhcfaa  gaatlagan.  Daoiaab- 
land  nit  adnan  mailnatnan  btaraaaatt  in  Bnrantand  wird  nidn  gagan  atidara 
L&nder  zurückstehen  dürfen,  sondern  Anstalten  trefTen  müssen,  durch  eine  bis  zur 
Delagoa-Bai  reichende  Darnpüschiffsverbindung  seinen  Anthaii  am  Yarkahr  sich  rächt* 
laitig  zu  sichern. 

Es  werden  nach  Ostafrika  die  verschiedenartigsten  Erzeugnisse  der  deutschen 
Industrie  ausgeführt.  Dia  AwAibr  baiiabt  aieh  anf  Oaganattnda,  Vai  waleb'an  aina 
Brwaitonng  daa  Abaslaaa  dar  dantaehan  Indnalria  {Srdailieh  irtre.  Die  SInfiibr 
nmfaait  tropiadia  Enengnisae,  für  welche  Dantaeliland  ainan  geeigneten  Marltt  van 
groaaer  Aufnahmefähigkeit  bildet.  Die  statistischen  Zahlen  laasen  den  Umfang  des 
deutschen  Antheils  an  der  ostafrikanischen  Ein-  und  Ausfuhr  nur  in  unvollkommener 
AVt'ise  erkennen,  doch  ergeben  die  Durchschnittsziffern  der  Jahre  1884  bis  1887 
das  günstige  VerbUtaiss,  dass  Deutschland  au  Werth  doppelt  soviel  nach  Ost- 
Afrika  anigifSbrt,  ala  von  da  bat  aleh  aingaffibrt  bat  Mt  dan  ümalaada»  daia 
wagan  ttngala  ainar  ragalmiaaigan  dantochan  DanpÜMihilbllnia  nach  OatafKka  dia 
Waaren  des  deutschen  Antheils  zn  einem  graasan  Prozentsatz  erst  durch  den  eng- 
lischen und  indischen  Markt  gehen,  beziehungsweise  indirekt  über  England  oder 
Indien,  sowie  auch  über  Holland  und  Belgien  verschifft  werden,  hängt  es  lusaramen, 
dass  der  Waarenumsatz  der  in  Ostafrika  zum  Theil  schon  seit  langen  Jahren  an- 
sässigen deutschen  Handeiah&nlar  tratontlieh  umfangreicher  ist  als  dar^  dirakta 


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Di»  XfldonMlpoUkik  im  ReiclMtiii«. 


87 


Waarenaiutitusch  zwischen  DeuUcbland  und  Ostafrika.  In  Sansibar  ist  der  Waaren- 
uBMto  dir  dMittditn  UoMr  Mftr  dan  •BfütelMii  HtaMr  6btrlegen,  obwohl 
dor  difoklo  WaMBnmMti  miMhoB  Sii|^ad  «nd  8taiib«r  mohr  all  doppolt 
gratt  ift|  «le  derjenige  iariwben  Dentschland  and  Sansibar.  Indem  bei  Einrichtung 
fiMr  direkten  Post-Dampfschifffahrt  zwischen  Deutschland  und  Ostafrika  der  deutsche 
Waarenvtrkehr  sich  tod  erheblichen  Unkosten  der  fremden  Spedition  bezielmnesweise 
des  englischen  und  indischen  Zwischenhandels  entlastet  sähe,  würde  die  Konliurrens- 
^igkoU  dor  deotMlioa  WMvtn  gtwiUMii.  Dio  EfWekteraiic  doi  Yorkohn  donh 
4Ko  vagolvliiig«  YocUiidanf  «Mo  fenrnr  war  Invoftonmff  dar  baatohaariaa  ud 
cur  Änknüpfnng  Bovar  Handelsbeziebongen  fqkian. .  In  dieser  Hinsiebt  wird  nament- 
lich die  Verbessening  des  Postverkehrs,  des  unentbehrlichen  und  besten  Hilfsmittels 
für  die  Belebung  der  peschafilichen  Beziehunjyen,  von  Bedeutung  sein.  Die  jetzige 
einmalige  Verbindung  im  Moust  für  die  ausgedehnte  Küste  ist,  zumal  bei  der 
langoa  Duia^  dar  Nttt,  nngenögead.  '  Noah  aoidaro  yorthaila  «Man  ana  dar  S&i> 
lichtntg  dar  dantaehan  PoatdaaspfarUaio  fotgan.  Dar  dantaakan  Hhadarai  waidaa 
knnfkig  die  Mittel  cufliessen,  welche  der  deutsebo  Handel  und  Yeriiehr  jetzt  rar 
Unterhaltung  der  fremden  Dampfschiffslinien  beisteuert.  Das  Ansehen  der  deutschen 
Schifffahrt  und  überhaupt  das  deutsche  Ansehen  wird  durch  das  Be>tehen  einer 
•deutschen  Postdampferlinie  gehoben  werden.  Dies  wird  zum  Aufschwünge  der  in 
den  ostafrikanüalm  Gawlaaani  jetzt  in  den  Hintergrund  gedrängten  dentiohan 
HaadatoichiffTahTt  battragao. 

Stallt  aehfln  aadi  diaiaB  Br«iffaBfa&  und  ia  HfaiUidc  ovf  dIo  ni  arwailiiid» 
Bntwickelnng  Ostafrikas  die  Einrichtung  aiDar  deutschen  Poetdampferlinie  dorthin 
sich  als  eine  durch  die  deutschen  Interessen  und  die  Voraussicht  gebotene  Has-s- 
nabme  dar,  so  erscheint  dieselbe  auch  aus  dem  Gesichtspunkte  des  Schutzes  der 
deutschen  Handels-  und  Kolonial- Uuternehmungen  in  Oatafrika  wohl  begründet. 
Dar  Scbiiti  ^aaar  Untanohmungen  hat  aehon  aalt  Jahren  dia  Stationiraof  von 
Xrlagsaekifran  In  dan  oatafrikaaiaehan  Goiriaaem  bedingt.  Daa  Badarfbiia  ainar 
dcheren,  unabhängigen  Postverbindung  mit  denselben,  beziehungsweise  einer  regel- 
mässigen BefSrderunL'spelcL'enheit  für  die  Zuführung;  militärischer  Redarf.sgejjenstände, 
von  Ablösungen  u.  s.  w.  liegt  zu  Tage.  Ferner  haben  die  deutschen  Kolonialunter- 
nehmungen in  Ostafrika  die  Entsendung  einer  Anzahl  Keichsangehöriger  zu  dauern- 
dem Aufenthalto  diaotbat  mit  aich  gabiacht  Dia  Thitigkiit  dar  in  Oatafrika  ba- 
findliehaki  Vairtrotar  dar  Raicharegiemng  lat  ana  Anlaaa  dor  ÜntamabBungao  iror- 
godachtar  Art  in  mnfaaaattdaram  Maaaoo  in  Anapmek  gänommen  «ordon.  Ba  sind 
hierdurch  neue  Besiahungen  amtlieber,  geschäftlicher  und  privater  Eigenschaft 
zwischen  Deutschland  und  Ostafrika  entstanden,  wie  sich  beispielsweise  darin  aus- 
drückt, dass  der  Briefverkehr  mit  Sansibar  seit  1885  von  58CKJ  Sendungen  jetzt  bis 
auf  31  300  Sendungen  angewachsen  ist,  in  welchen  Zahlen  iudess  die  amtlichen 
aod  privataa  Briofimidnngon  nach  und  ton  don  Schiffen  dar  KaiaarHehan  Marina 
nkibt  ittbagiUhtt  aind.  Ffir  dio  fflehoiatallnng  diaaar  Basiahnngan  dnreb  aino  alfana^ 
unabhängiga>PoaldaniplMUIftMrbindong  tn  aoigan,  atalll  alCb  ab  oino  Ptteht  daa 
Roiches  dar. 

Was  die  Gestaltung  der  einzurichtenden  deutschen  Postdampferlinie  nach  Ost- 
Afrika  betrifft,  so  muss  aus  den  zuvor  entwickelten  Gründen,  um  das  Umladen  und 
daa  ZnHhAMalbaii  von  Götam  unterwegs  gänzlich  sn  Taraialdan,  dio  Fahrt  dar 
Dampfar  'vom  doutachan  Avagaagahaln  Ua  tnm  oataftftanlBehan  Endpunkt  dnrdt- 
gahan.  Hanptait»  dar  ortafrikaaiachea  flaailalabaaiahnngan  in  DaataoÜand  Iii  Haia- 


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fite  XtliBialpolttIk  MAili^ 


bürg.  Ais  Endpunkt,  velcber  anch  im  Allgemeinen  die  Grenze  für  den  durch  den 
Kanal  van  Stias  aieh  bewegenden  Veitehr  mk  Ostafrika  bUdet,  ist  die  Detagea-Bai 

Werth  da»?  kgm  md  DiMit  dir  Uni«  diw  oHm  DMUMsHchMlem  ge- 
statten sollte,  nicht  zu  Tersais^en  sein,  die  FahrtM  aaf  eigte  Kotten  unter  üra> 
•tiaden  bis  Port  Natal  (d'ürban)  auszudehnen.  Welche  Hifen  auf  der  Fahrt  an- 
zulanfen  wiren,  wird  nach  Maassgabe  des  Scbifffabrtsbedürfnisses  und  unter  Kerück- 
iiebtigung  der  Verkehrsentwickelung  vom  Reichskanzler  zu  bestimmen  sein.  Die 
OewinniHif  von  FimUmb  nr  AsMShmg  dir  Danplbr  to  den  Aafuigsjabran  «M 
M  nomtHdi  tmfMkmM  wwkea,  dam  MgfMkm  od«r  MmIMkdkm 
Salsn,  sowie  auch  Litaabon  anznlaute.  In  Pmi  Said  würde  die  «orepliaebe  Poit 
cu-  beziehungsweise  abzugeben  haben.  Dem  Bedärfniss  der  deatselien  Handels» 
besiehnngen  werden  vierwöchentliche  Fahrten  entsprechen,  sodass  also  j&hrlich 
18  Fahrten  stattzufinden  hätten.  Um  in  diesem  ümfanpe  eine  regelmässige  Post- 
dampfschifffabrt  mittels  leistongsfähiger  Dampfer  zwischen  Deutschland  und  Ostafrika 
«Btar  den  ift  dar  Aalag«  dM  dmaHM  Kotwrfi  baniduMtaB  Badlngungen  cinni- 
rieUm  «ad  tm  imleriialtMi,  badarf  aa  iiaah  da»  AiachÜgan  ataiaa  JibrUaban  Raielm- 
tu  Schusses  im  Höcbstbetrage  von  900000  M.  Bei  Bemessung  dieser  Vergntong 
vnd  bezüglich  der  Vertragsdauer  ist  auf  Grund  der  in  sachkundigen  Kreisen  ein- 
gezogenen Erktindigiingen  über  das  Maass  des  Nothwendigen  nicht  hinausgegangeo 
worden.  Im  Vergleich  mit  der  für  die  ostasiatische  und  australische  Linie  zu 
tahlenden  Sabvantkm  —  etwa  5,60  Mark  pro  Seemeile,  —  fir  welche  höhere 
LaiatauigaB  baamprocht  «ardan,  batniga  dar  Kvaehvaa  fir  dia  aatafrtkaaiaflha  Linia 
arbablich  weniger  —  4,16  Xaifc  airf  dto  Saamila. 

Der  €«8etz6iitwiiif  kam  am  17.  Januar  zur  ersten  Berathmigr. 
Den  Angriff' dagegen  leitete  Dr.  Bamberger,  weleher  die  Begrfln- 
dnng  ftr  unzureichend  erldfirte,  keinen  Nutzen  f&r  die  Vennelimng 
der  demtaehen  Industrie  und  des  dentsdien  Exports  erwartete,  nnd 
den  Handel  für  viel  zn  gering  hielt,  als  dass  ein«  Dampfotlinis  be- 
rechtigt sei.  Staatesekretftr  Dr.  t.  Stephan  wies  die  abfiUligen  An- 
sichten des  Vorredners  fiber  die  £rfo]ge  der  snbventionirten  Dampfer- 
llnie  des  Korddeatschen  Lloyd  znrfldc  nnd  wies  nach,  dass  z.  B.  die 
ostasiatiBche  Linie  für  die  Entwiddung  des  deutschen  Handela  und 
Befestigung  des  deutschen  Ansehens  unzweifelhaft  von  grossem  Nutzen 
gewesen  sei.  Der  deutsche  Import  nach  Indien,  der  Torzugsweise 
woUene  Stoffs  mnfesst,  sei  In  den  letzten  Jahren  um  volle  164  Prozent 
gestiegen.  Er  vertheidigte  dann  eine  direkte  Linie  gegen  eine  von 
mehreren  Seiten  vorgeschlagene  ZweigUoie  von  Aden-Sansibar  im  An- 
schlusae  an  die  ostasiatische  Linie  des  Norddeutsehen  Lloyd,  indem 
er  besonders  aal  die  Schwierigkeiten  des  Umladens  zn  spreehen  kaiii 
und  auf  cBe  Unmöglichkeit,  dann  die  Linie  bis  zur  Delagoabai  ver- 
Ifingem  zu  können,  und  gab  der  HoffnuDg,  dass  der  Handel  sich 
heben  würde,  durch  Aufetelluug  manches  statistischen  Materials  ein 
grosseres  Gewicht,  ndt  den  Woctea  sehttessend; 


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89 


Wem  wir  «at  T«rf  «gonrliifetb,  w«lldM  politiidhciii,  BMiiMii»  Icoiraiertlele« 
Bild  CiTiUtatimuintCMtseii  moh  atn  dies«  ganz«  Untern feliiaaBg  aakuüpfen;  wenn  wir 
sebeo,  das«  alle  Länder,  Frukreicbf  Portugal,  Eof^land,  ich  kauo  auch  Italien  an- 
fuhren, in  fremden  Welttheilen  festen  Fuss  fassen;  wenn  in  den  Vereinigten  Staaten 
Yitaident  BtrriMm  gwide  «ia«  Mibr  Bbmle  Utttantfltanmff  ton  ^ottdampfem  duidi 
^nbVBiiYioMtt  diB  SoBgiMi  Hm  s^tgt  hat;  wtiiii  vif  mitct  bidodLui«  mldid 
fmm  EiiihniBf^n  wir  ait  taaMMM  Vm^phm  nach  Cbtaa  Wd  Avttnlien  fe« 
macht  haben  «nd  die  AeuseemnfMi  der  zahllosen  H&Dddskammern,  Vereine  nad 
Korporationen  aus  allen  Theilen  Deutschlands  erwlgeu,  wenn  wir  an  die  Berichte  der 
Konsuln  denken  aus  den  Orten,  wo  unsere  deutschen  Brüder  weilen«  wo  sie  ihre  Kräfte 
für  die  Vermehrung  des  deutschen  Anseheiii  einsetzen;  wenn  wir  an  den  Grondzug 
idet  ütm  genauiMlNii  Ghinkton,  der  KoMiMiwlitik,  denhtn,  n  dto  Zeit  der  Haaia, 
dann  moM  ieh  emeD,  da»  et  ein  aeitgaaiMki  «ad  ynUkMikMM  Üt^b&tmitmm. 
Jat  and  den  men  den  Tag,  wo  die  <|ea<whe  Flagge  an  Bord  des  Datl|ifeil  la  San- 
iibar  weben  wird,  mit  f  reuien  hegriasea  wird.  (Lebhafter  BeiialiO 

D«r  Abgeoidnete  Hobrecht  M  8«kr  ivtan  für  die  Yoriigd 
«in  umI  feiBMlte  du  in  einsni  Tbeil  dsr  dentMhen  Pmw  m  Tag« 
tretet  hinisohe  BesMieii,  mtt  wMmm  ««liiefa»  MiUm  tbw 
die  deifewlMB  Eolomalbettfelnuigeo  anfjgenoiBmeii  «mI  vectoeilet 
wQfden.  Sehr  flbeReogeod  tai  er  den  BiubeigerMeii  AxtUh^ 
mngen  entfftfeo,  als  ob  sieh  das  Meh  gaaz  ohne  Nelfa  ia  kriege* 
risehe  Abenteuer  eingelassen  tabe.  Das  Beioh  tirae  ledigUnh  du» 
irocn  ee  seinen  Angehirigsn  gegenflber  wplüehtst  eei»  Bin  besssier 
Schnii  and  eine  bessere  Forderung  der  wirthsehaftKchsn  and  etU* 
sehen  fiesMnugea  dvselben  in  OstaMIca  aber  sei  nieht  denlcbar  als 
dieee  Posfaiampfervecbindiang,  welche  den  Arabern  den  veOen  Bnsl 
Deatnohlanda,  die  dortige  Poeitien  sn  behanpteo,  bsMsen  werde. 
Dr.  Windthorst,  sebr  kfthl,  war  iftr  Becathnng  in  der  KoaBSMSSion, 
dagegen  Hellderff  indN^bbe  flrdie  Verhge.  Der  Abgeordnete 
Tirehow  war  nicht  dagsgen«  dass  der  Bsichslig  dieee  DsnpMniie 
bewillige,  wenn  Denteddsiid  enlsehloesen  sd,  Oalafrifcn  sa  halten» 
nnd  UsH  «e  flr  möglich,  daas  wir  den  Hsndri  in  dem  Grade  aoeh 
an  ans  ziehen  könnten,  dass  er  eben  eine  Dampferünie  noch  lohste. 
Br  befaaaptete,  dass  seines  Erachtens  der  Aafistand  in  Ostafrika  nicht 
mit  der  idealen  Aufgabe  der  Sklavenbefreinng  in  Zusammenhang  zn 
bringen  sei,  sondern  nur  mit  dem  Steuereinziehen  der  Dentsefa-ost- 
afrikanischeu  Gesollschaft,  welche  dann  der  Abgeordnete  Oechel- 
häuser  in  Schutz  nahm.  Letzterer  verbreitete  sich  besonders  über 
die  Angaben  des  Vorredners,  das  „mörderische  Klima"  betreffend, 
und  meinte  anf  Grund  der  Statistik,  weiche  sich  allerdings  nur  auf 
eiuige  Jahre  und  eine  geringe  Anzahl  Beamte  bezog,  dass  die  Ost- 
afrikanischen  Gegenden  durohscbaittüch  gesunder  seien  als  vielleiclU 


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90  M}^  üLoioiiiaipolitik.  im  Keicbfttage. 

• 

irgend  ein  AnüBiitlialt  In  dfln  WmdekroiBeii.  Die  Vorlage  wBrde  darauf 
der  Badgetkommiflsion  flberwieseiij  welche  lediglich  den  finanziellen  Ge- 
sichtspunkt zu  prftfeYi  hatte.  In  der  Kommission,  an  deren  Berathnnp^en 
von  Seiten  der  Regiemog  die  Herren  Staatssekretär  v.  Stephan.  Di- 
rektor im  Reichspostamt  Sachse  u.  A.  theilnahmeu,  wurde  sodaua 
die  Vorlage  mit  den  Abänderuugeii  angenommen,  dass  die  Unter- 
nehmer der  Linie  verpflichtet  sein  sollten,  bei  der  Hin-  und  Rück- 
fahrt einen  belgischen  oder  holländischen  Hafen  anzulaufen,  und  dass 
den  Unternehmern  bei  dauernd  grösserem  Gewinn  grossere  Leistungen 
auferlegt  oder  die  Subventionssumme  von  900  000  Mark  jährlich 
entsprechend  gekürzt  werden  sollte. 

Am  20.  Januar  trat  das  Haus  in  die  zweite  Berathung  der  Vor- 
lage ein,  welche  Graf  Behr  als  Referent  der  Kommission  vertheidigte. 
Der  sozialdemokratische  Abgeordnete  Dietz  erklärte  Namens  seiner 
Fraktionsgenossen  sich  gegen  die  Subvention  mit  der  Begründung, 
dass  die  Linie  nach  Ostafrika  jjanz  aliein  kolonialen  Zwecken  diene  und 
sie  den  Sprung  in  den  „hellerleuchteten  Abgrund'*  nicht  mitmachen 
wollten.  Sie  hielten  die  Kolonialbestrebungen  für  Pliantome.  Gegen 
die  Vorlage  sowohl  aus  kommerziellen  mo  sozialpolitischen  Gründen 
sprachen  auch  noch  der  Abgeordnete  Dr.  Barth  und  der  Zentrums- 
Abgeordnete  Rintelen,  letzterer  namentlich  deswegen,  weil  die  An- 
gelegenheit nicht  genügend  geklärt  sei,  um  spruchreif  zu  erscheinen, 
und  die  finanzielle  Lage  zu  unijünstig  sei,  als  dass  wir  für  diese 
Dampferlinie  Geld  ausgeben  dürften.  Nach  einem  kurzen  Schlnss- 
wort  des  Referenten,  Abgeordneten  Grafen  Behi*,  wurde  §  1  der 
Vorlage  gegen  die  Stimmen  der  Freisinnigen,  Sozialdemokraten  nnd 
des  überwiegenden  Iheils  des  Zentrams  angenommen.  Der  §  2  mit 
den  Hauptbedingnngen  des  mit  der  za  enbventionirenden  Dampfer- 
geaellachaft  abzuachliessenden  Vertrages  wnrde  nach  den  Kommissions- 
vorschlägen  mit  grosser  Mehrheit,  zn  der  jetzt  anofa  ein  gEoaser  Theil 
des  Zentrums  gehörte,  angenommen. 

Am  21.  Januar  schon  fand  die  dritte  Berathnng  des  Geset»> 
entwnifes  statt,  in  welcher  Professor  v.  Cnny  nnr  noch  eine  knrze 
Bemericnng  zur  Vorlage  machte,  die  dann  ohne  weitere  Debatte:  end* 
gOltig  aogeDommen  wnrde. 


-Am  18.- Januar  Icam/aiBflli  ein  Aatng  Windihorli'«  zar  dritten 
Beratbnng,  in  das  Geaatz  filier  die  Beefatrrerhftitniiitle''  in  den  Sehnt»» 
'  geUeten  ^e  fügende  fieetiiDnuiog' der  ^GoBg(Md^to  aii&DneliiBe&:  »Ga« 


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91 


.  wissensj^reiheit  nad  religiöse  J>iildiing  werdon  sowohl  den  Eingeborenen 
wie  den  Landesangehörigen  nnd  Fremden  ansdrücklich  gewährleistete 
Die  freie  und  öffentliche  AuBübung  aller  Kalte,  das  Recht  der  Erbawiog 
gottesdienstlicber  Gebftade  und  der  £uirichtang  von  Missionen,  welcher 
Art  Knltns  dieselben  angehören  mögen,  soll  keinerlei  BesdiFAiikiing 
jioch  Hindemiss  unterliegen."  Der  Antrag  war  einigermassen  fiben- 
jQüssig,  da  Graf  Beruhe m  schon  frOher  in  der  Bqjdgetkommission 
des  Beichstags  binsichtUoh  der  Stellang  der  Regierung  zur  Missiens- 
finge  in  .  den  Schutzgebieten  erkl&rt  ^atte,  dass  in  den  Kolonie*  voU- 
kommane  Glaabensfreiheit  und  koDfesaionelle  Gleiehber^tigaog  ksTF* 
sehen  eoUe.  Dagegen  halte  die  Regienmg.  fftr  aogeaeigt,  d|^  die 
Hisnonsthftfcigkeit  in  nnaerep  Schntsgebieten  yon  deutsoben  HisBionaren 
ansgjsflbt  werde,  nnd  wftnsche»  das«  die  kathoUachei^  Miaäonen  ana- 
aehlieaslich  der  Aninoht  nnd  Leitnng  deatacher  kiidiUeher  Antori- 
tftten  nnteratellt  würden.  Der  Abgeordnete  Stöcker  hatte  dagegen 
beantragt,  nnter  .Ablehnung  des  Antngea  Windthprst  die  varbflnde- 
ten  Begiemngen  zn  ersnehen,  Haassregeln  an  treffen,  durch  weleh^ 
bei  Festhaltiing  des  GrondsstjECs  der  Paritftt  das  gleichzeitige  .Wjrken 
von  Missionen  verschiedener  Eimfesdon  in  denseljben  Bezirken,  mög- 
lichst verhütet  wird.  Beide  Antrftge  wurden  abgelehnt. 


Die  Kolonialpqlitik  nahm  in  der.  Thronrede  vom  6..  Mai  nur 
einen  sehr  b^chrftukten  Baum  ein,  obwohl  erwartet  wordou  war,  dass 
der  Eintritt.Emin  Pascha's  in  den.  deutschen  Dienst  und  die  daijsit  .be- 
ginnende Brschlieasung  des  ffintsrlaadea  von  Ostafrika  vieUeieht  er* 
wShnt  werden  wOrden.  Es  wurde  aber  nur  darauf  hingewiesen,  dass 
die  in  Ostafrika  eingeleitete  A^oa^  zur  ünterdrftckung  des  Sklaven- 
handels und  zum  Schutze  der  deutschen  Interessen,  Dank  der  auf- 
opfernden Thätigkeit  der  dorthin  gesendeten  Offiziere  und  Beamten 
w&hrend  der  letzten  Monate  Fortschritte  gemacht  habe  und  der 
vollständigen  Wiederherstellung  der  Ruhe  in  jeuen  Gegenden  in 
Däthbter  Zeit  entgegengesehen  werden  dürfe.  Die  dadurch  eutstehen- 
den  Kosten  sollten  durch  einen  Nachtragsetat  gedecivt  werden,  der 
4  500  000  Mark  betrage.  Dem  Reichstag  ging  dann  bei  seinem  Zu- 
sammentritt eine  speciBcirte  Bere*  hnung  der  Ausgaben  des  Nach- 
tragsetats für  1890/91  zu,  dem  wir  entnehmen,  dass  die  laufenden 
Ausgaben  3  088  580  Mark  betragen,  wovon  auf  Unterhaltung  des 
europäischen  Personais  750  000  Mark,  Unterhaltung  der  farbigen 
Trappe  1  3^8  580  Mar)w,  lauf  ende,  Reise-  und  AM8r,ü^tang8l(0Bteit,,.4.bT 


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82 


findungsgeMer  etc.  ans  Anlass  eines  Wecbscis  im  Personalbestände 
der  Trappe  85  000  Mark,  Kosten  für  den  Schiffsbetrieb  (4  Dampfer 
tind  1  Barkasse),  einschliesslich  der  Besoldungen  der  Besatzung 
385  000  Mark,  verschiedene  sonstige  sachliche  Ausgaben  510000  Mark 
entfielen.  Dazu  kamen  an  einmaligen  Ausgaben  für  Ankauf  einer 
Dampfbarkasse  und  von  Brandungsbooten,  zur  Charterung  von  Trans- 
portschiffen, für  Ergänzung  des  Kriegsmaterials,  Haus-  und  Kaseraen- 
einrichtungen  ete.  für  die  Stationen,  Ausrnstungs-  und  Reisegelder 
845  000  Mark.  Ferner  werden  noch  veriftiigt  Ar  nntoftMrgesekene 
Aiugaben  566  420  Mark. 

Die  Verhaiidliuigen  Uber  diesen  Nachtragsetat  begannen  in 
dem  neuen  Reichsteg  am  12.  Mai;  die  Vorlage  ^^urde  vom  Staats- 
aekretSr  Freiherrn  von  Marschall  mit  einer  Rede  eiageleitpt,  in 
iralfliier  in  einzelneu  grossen  Zügen  das  Wichtigste,  was  geschehen 
war,  vorgeführt  wurde.  Von  besonderem  Interesse  war  noch  speziell 
die  Aosführnng  Aber  die  Expedition  Emin  Pascha's,  für  welche 
300000  Marie  ausgeworfen  waren,  damit  er  im  Innern  der  ans 
ttnbestritten  zng^Origen  Interessensphäre  freundliche  Beziehnngen 
mit  den  Bingeborenen  ankufipfen  nnd  voi^  Allem  anch  die  Interessen 
der  dort  ansMgen  Missionare  sdittcen  könnte.  Allerdinga  sollte 
er  anch  in  Erwflgong  ziehen,  ob  und  mit  welchen  Kosten  dort  die 
Stationen  znr  danemden  Siehernng  der  Karawanenstrassen  za  er> 
liefatea  seien,  in  üebereinstiminang  mit  den  Ideen,  irekhe  anch  bei 
den  Berathnngen  des  Brüsseler  Kongresses  maassgebend  gewesen 
waren.  Es  war  dort  allgemein  der  Meinnng  AnsdmdE  gegeben, 
dtes  eine  nachhaltige  Unterdrfteknng  des  Sldavenhandels  nicht  mOg>» 
lieh  sei,  wenn  nicht  im  Innern  Stationen  angelegt  wfirden.  Wegen 
nnseter  frenndscfaaftlichea  Beziehnngeft  sn  E&«huid,  deren  Pflege 
eine  wichtige  Anljsabe  der  auswärtigen  Politik  Seiner  Majestät  des 
Kaisers  sei,  wllnsehte  der  Sedner,  diss  in  der  Eiihrtonuig  aber  die 
fragen,  in  denen  matt  mit  England  tefhandele,  eine  gewisse  Sllck^ 
Sicht  giuibt  werden  mbge;  Was  speziell  die  Abgrenznxig  nnserer 
Itttefessettsfkhsre  betreffe,  die  bezflgüch  der  nenen  Abmaehnngen 
nethwendig  sei,  nachdem  das  fHkfaefe  Abkommen  dtkreh  die  Bnt^ 
wtokdnng  der  Dinge  Obeffaolt  woFrden,  eo  kditte  es  niclit  die  Anf* 
gäbe  sein,  möglichst  ^1  Termin  aaf  der  Kaite  entostreben.  Bs 
WMto  vielmehr*  das  ernste  Augenmerk  damnf  M  richten  sein,  dies 
das,  was  nach  seiner  gepgraphiselien  Oesttlliifig,  nach  den  VeHtiltts» 
Wegen  tu  Wasser  nttd  zn  Lande,  nach  den  Verkehrs^  und  Handels* 
besiehangen  zosammeogehöre,  anch  zusammen  bleibe,  so  dass  das 


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j0lm|B  WM  fl«IMittai4jif  «i4  Mibe  m  »iMc  gedoM^bMA 
Enjfcwiol^tlQDg  geHUirt  w^nbm  klb^am  ])er  «nti^  MllW  dßc  Opppsi«. 
tioB,  6«T  Dr.  Bskmbi*Tg9v,  bi«lti  «in«  l«ng«  BAd%  Imrwr  Sinn 
war,,  dass  4ie  Doqtacb-iFr^UbuiigiQD,  oaeh  in«  w  »neio'*  Mgtn. 
Die  VerktUi4iso98  ^tqtpebr^reisiQiiigQQi  Presse,  dam  dia  Partei 
innerhalb  des  lUhmaas,  in  welcheai  Herr  von  Gaprivi  die  Kolonial- 
politik angeblich  halten  wollte,  dieselbe  onterstfitzen  werde,  hatte 
sich  somit  als  durchaus  grandlos  erwiesen.  B^err  Dr.  Bamberger 
sprach  im  Ganzen  mit  gelassener  Ruhe.  Er  suchte  iiathzu weisen, 
dasB  in  einem  späteren  Kriege  die  Kolonieen  für  uns  eine  grosvse 
Gefahr  bedeuten  könnten,  dass  die  schon  stattgefuudouen  Konflikte 
wegen  der  Kolonialpolitik  nicht  immer  so  leicht  bewältigt  werden 
könflten,  dass  die  Unterdrückung  des  Sklavenhandels  nur  eine 
schöne  Dekoration  sei  und  wir  vor  einem  afrikanischen  Kriege  stän- 
den, dessen  Ende  nicht  abzusehen  sei.  Durch  die  äusserliche  Mässi- 
gung,  sie  als  ein  künstliches  Produkt  der  Berechnung  kennzeich- 
nend, brach  aber  wiederholt  die  Gehässigkeit  durch,  indem  die 
Einleitung  der  Kolonialpolitik  vor  fünf  Jahren  als  das  Werk  von 
Spielern  bezeichnet  und  an  einer  anderen  Stelle  bemerkt  wurde,  der 
deutschen  Ehre  sei  jetzt  genug  gethan;  denn  es  sei  genug  gesengt 
und  gebrannt  worden!  Die  Ostafrikanische  Gesellschaft  habe  alle 
Rechte  und  Vortheile  von  den  Aufwendungen  des  deutschen  Reiches, 
bei  den  Kolonialfreunden  handle  es  sich  nur  um  romantische  Ideen, 
aber  die  Anschauung,  dass  die  Kolonialpolitik  eine  reine  Wirthschafts- 
politik  sei,  sei  bei  ihnen  nicht  vorhanden.  Eine  bemerkenswerthe 
Nuance  gegen  früher  war  allerdings  vorhanden.  Nachdem  der 
deutsch-freisinnipje  Redner  des  Längeren  dargelegt  hatte,  dass  er 
und  seine  Ereunde  auf  dem  alten  Standpunkte  uobedingjter  Ver- 
werfung —  nicht  jeder  Kolonialpolitik,  aber  gerade  derjenigen 
Kolonialpolitik  sich  befinden,  welche  in  Deutschland  möglich  ist  und 
getrieben  wird,  kam  ein  Oberaus  wunderliches  Nachwort.  Falls 
Herr  v.  Caprivi  eine  Art  laogsamer  Liquidation  der  koLonialpoUtischen 
Stellung  des  Reiches  in  Ostafrika  einleiten  wollte,  so  sollte  ihm  da- 
für die  Unterstützung  der  Deutsch-Freisinnigen  nicht  fehlen;  dieses 
freundliche  Anerbieten  wurde  alsbald  durch  die  Kiklftrongen  des 
Henm  Beiehskanalers  erledigt,  welche  die  Fortfübrang  des  Unter- 
nonuiienen,  wenn  auch  unter  dem  Vorbehalt  einer  spftteren  neuen 
RageloDg  des  Verb&ltnisses  zur  Deutecb-ostairikaniscben.Gesellsohaft 
in.  sieh  schlössen.  Herr  Dr.  Bamberger  war  aber  noch  entgegen- 
kommender;  er  und  sein  GesümiingsgeBOSse  Dr.  Bartb  Yerweigerten 


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94 


Di«  tolonialpolitlk'  Im  Reiebtia^. 


zii«!'  die  GeldbewiUlgiiDg,  wdche  nothwendig  ist, 'wenn  die  40nt8etie 
Fl&gge' in  Ottalrika  veiter'  wehen  soll,  und  sie  würden;  wie  aas- 
dificklieh'hlnzagefllgt  ward,  bei  dieser  Verweigernng  aadi-beharren,  eo- 
fm  sie  die  Mehrheit  beelaaen aber  sie  gaben  zo,  dau  Herr  V.  OapriTi 
nach  Anem,-  was -geschehen  ist,  ntdit  ohne  Weiteres  nach  detatsch-frei- 
sinnigem  fiesepi  haiideln  k6nne,  nnd  sie  wollten  ihm  daiaos  keinen'  Vör- 
-"mf  iTTi'hTt"  Offisnbar  bezweckte  das  äusserst  gewundene  Nachwort  des 
deatsch- freisinnigen  Bedners,'  nnh  veischiedenen  Seiten'  hin  den  Ein.' 
dmck  hervorznnifen,  dass  die  Partei,  obwohl  9»  gleich  In  der  ersten 
wichtigen  Angelegenheit  Hand  in  Hand  mit  d^r  Soziddemekniie 
dem  nenen  Kanzler  entgegentrat,  doch  zn  ihm  ganz  anders  stehe 
als  zu  seinem  Vorgänger.  Die  Partei  mnsste  sich  spater  Von  Hemi 
Bennigsen  belehren  lassen,  dass  eine  derartige  Anffassüng  sieh  mit 
den  [Murlamentarischen  Pflichten  nidit  vertrage,  dass  man  Ar  die 
Haassnähmen  der  Regierang  stimmen  mfisse,  wenn  man  sie  für 
riditig  erkannt  habe. 

Der  Reichskanzler  General  t.  Caprivi  ergriff  nadi  der  Bede 
des  Herrn  'Abgeordneten  Bamberger  das  Wort  und  bekannte,  dass 
er  früher  nicht  zu  den  Freunden  der  Kolonialpolitik  gehört  habe,  er 
sei  aber  jetzt  der  üeberzensjung,  dass  so,  wie  die  Sache  heute  liejie. 
wir  nicht  ullein  ohne  Verlust  an  Ehre,  sondern  auch  ohne  Verlust 
an  Geld  nicht  zurück  könnten,  dass  uns  also  nichts  anderes  übrig 
bleibe,  als  fortzuschreiten.  Er  wies  die  so  oft  wiederholten  gegne- 
rischen Behauptungen  zurück,  dass  die  afrikauisclien  Unternehmungen 
gänzlich  uneri^iebig  seien,  und  die  sogar  überraschend  schnelle  He- 
bung des  dortigen  Handels  nach,  welche  sofort  eingetreten,  sobald 
nur  einigermaassen  friedliche  Zustande  durch  das  Eingreifen  des 
Reiches  hergestellt  waren.  Sehr  leicht  war  es,  dem  Kedner  zuzu- 
rufen, dass  die  Kosten  höher  seien  als  der  Ertrag,  aber  noch  leich- 
ter war  es,  solche  Stirn Tn»Mi  zu  erinnern,  dass  Aussicht  gegeben 
sei,  die  Kosten  verschwinden,  den  Ertrag  steigen  zu  sehen.  Sehr 
glücklich  wies  der  Reichskanzler  auch  die  Forderung  zurück,  die 
ferneren  Kosten  auf  eine  begrenzte  Summe  fest/.ustellen.  und  betonte, 
dass  man  die  Kolonialpolitik  nicht  im  Weye  der  Sul)missioii  au  den 
Mindestfordernden  vergeben  könne.  Von  hohem  Interesse  gerade  aus 
diesem  Munde  war  die  Ausführung  des  Gedankens,  dass  der  Kolonini- 
drang ein  ErzeuL,Miiss  des  nationalen  Idealismus  sei,  einer  Kraft- 
quelle, die  man  nicht  ungestraft  verstopfen  oder  verschütten  dürfe! 
Ohne  Kolonialschwärmerei  und  unter  ausdrücklicher  Verwahrung 
gegen  eine  solche,  wnsste  der  Kanzler  dennoch  die  deutsche  Kolonial- 


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Die  XolonklpoUtik  im  Reichstag«.  ■ 


9» 


bewegnog  nnter  den  OetiiMipiiakt'  jprMer  Ziele  imd'  Anfgabeif  zu 
rficken  und  sie  ans  der  nüchternen  Betrachtung  voin  wirthschaftlichen 
Standpunkte  ans  änf  den  höheren  des  nationalen  Empfindens,  der 
nationalen  Ehre  und  Thatkraft  zu  heben. ,  Wir  ^älen  aas  dctf*  ßede 
des  Herrn  Heichskanziers  den  Satz  heraus:    <  ;  • 

lob  gtesb«  «BdHeh,  da»  dir  Bm  Abgeördaete  B$tBMrgvr  eia  MOtit  nicht  ge- 
iiigfml  gtwMlgt  btt  «dir  «MdgitaBs^  diM  er  ' betoilM' läMeM^  des  kt  du 
—HoiMilii  BrnpfindeB.  Nach  neiiier  ITelMiMiifiiiig  —  und  leh  lltte'iik  dMMi'Melk' 
Einblidt  in  des  Eine  oder  Andere  gehabt,  was  nr  KefenlftlpoHUk  führte  — >,  itt 
die  Rücksicht  auf  die  Erhaltung  einer  nationalen  Ströroxin?  im  \o\ke  mit  mass- 
gebend gewesen.  Nach  dem  Kriege  von  1870  trat  eine  Periode  ein,  in  der  der 
nationale  Geist,  ich  will  nisht  sagen,  rückläuiig  wurde,  aber  zu  erlahmen  schien.  Es 
üiUtaihB  Objekte,  anf  die  «rriBbiidrtn  Imti^darldMdlnaQa,  dfliMa'darDMrtidie 
mtriBw  Bilalns  bedaii;  brtte  tUk  abgwrttet,  steh  auf  OaMatan  an  ba- 

tbitiKaB.  Die  Kriege  hatten  ihm- funkliBaha  Ziala  gegeben,  jetzt  war  noch  ein 
Ueberschuss  davon  da,  der  nicht  wnsste,  wohin.  Da  bot  sich  die  Kolonialpolitik, 
nnd  was  am  warmen  Empfinden  für  die  nationale  Ehre  und  GrösRe  da  war,  das 
richtete  sich,  ich  gebe  zu,  zum  Tbeil  blind  und  ohne  den  Verstand  .  zu  Rathe  zu  ' 
ziehen,  auf  dieses  Gebiet.  Meine  Herren,  es  liegt  doch  auch  eigentlich  im  Wesen 
daa  Danlaahaa,  dar  aaf  dar  ainao  8aita  ao  alvlr  doai  Partikqlariaina  neigt,  dan- 
ar  aiaaa  IdaaUanna  badari;  mui  ar  lalatnngaflUlig  Uaiban  aall.  DIaaar  UaaUamiia, 
wenn  er  sich  konsentriren  aall  —  vmi  nur  durch  Konzentration  bleiben  OefBlda 
auf  die  Dauer  in  den  Massen  warm  und  stark  — ,  bedarf  eines  gewissen  Brenn- 
punktes, und  ein  solcher  Brennpunkt  wurde  ihm  in  der  Kolonialpolitik  gegeben; 
er  wurde  Ton  der  Nation,  so  weit  ich  habe  benrtheilen  können,  dankbar  au^e- 
anwiiwiiii  Dar  Abgaordnata  Bambarger  nennt  daa  aban  romantisehan  Sinn 
nnd  spricht  ihm  wenig  Bedeutung  tu.  Ich  m6cbta  mir  aber  doch  einmal  dia  Frage 
aiianben,  ob  ohaa  dieaen  romantitdien  Sfam,  ob  ohne  den  Instinkt  daa  Qefibla  im 
Yolka  der  Deutsche  Reichstag  heute  hier  sitzen  würde,  wo  er  sitzt!  Ich  glaube 
UOgakahrt  Einem  solchen  nationalen  Instinkt,  dem  Dnbewussten  in  der  Volkseele, 
erkenne  ich  eine  gewisse  Kraft  zu,  und  ich  würde  mich  aucb  an  meiner  Stelle 
für  Terpflicbtet  halten,  wenn  ich  walu-nihme,  dass  eine  solche  Kraft  da  ist,  ihr 
nachzugeben  und  zta  veraneban,  wie  sie  nutzbw  zu  machen  und  in  bnmebbare 
Wega  zu  lenken  ist* 

Bine  andere  sehr  bemerkenswerthe  AusfUhning  wandte  sieh  gegen 
die  Befürchtung  des  deotsch-freismnigen  Bedners,  wie  geMrdet  der 
Kolonialbesitz  ftr  nns  im  Falle  eines  enroplisohen  Krieges  sein  würde: 

Dar  Herr  Abgeordnete  hat  auch  den  Krieg  gestreift  nnd  gesagt:  wenn  eS  ann 
Kriege  kommt,  rind  solche  Kolonien  eine  bedenUicha  Sache.  leh  will  ihm  das 
ngaban,  daaa  ea  mir  zweüslhaft  ist,  aber  vielleicht  glaubt  er  mir  als  altem  Soldaten ; 

es  ist  ein  militärisch  anerkannter  Grundsatz,  dass  die  Entscheidung  auf  dem  Haupt» 
kriegsschauplatz  immer  über  die  Nebenkriegsschatipl&tze  mit  entscheidet,  und  wenn 
es  nun,  was  Gott  verhüten  wolle,  zu  einem  Kriege  in  Europa  käme,  und  wenn  wir 
in  Europa  siegen,  so  hat  es  keine  Notb,  selbst  wenn  inzwischen  die  eine  oder  die 
aiid«a  Kolanie  in  dbla  Lage  gerathen  sein  sollte.  Der  Friedensschluss  giebt  uns 
daa  ziabtiffa  wiadar.  (Sehr  richtig!) 


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98  Pb  f  Artilprttil  im  lilH^m 

UmI  mm  sein,  Ang«  bkq  «Uaa  weit«»  in  tf«  Zakmift  gibm,  «•  balto  ieh  •» 

doch  niciit  für  uamöglicbf  das«  die  Entwickelaiii;.  die  die  Welt  im  Gaazen  moaoit> 
aucb  Deutschland  dazu  nötbigea  wird,  mit  transozeaoiscbea  Staaten  in  einen  engere» 
Verkehr  —  hoffentlich  immer  nur  friedlicben  —  tu  treten«.  aU  bisher.  Das  Phiaken- 
dMihk  (ftMS  MiiflAB.  0QMpUMltoft  MmIm  tat  cte  AiAty  wfr  vwAhi  Bit  IftAtitt 
jMutft  dM  Mmim  nekniB  mfima»  41»  iker  gaa»  Miim  MMm  aa  MwMte 
QtU«Nfig«Q  lie  wir,  vad^  ««nn  man  öb«rii«oi»t  ner  zafMlk  Aas  Zeile»  komm  ea 
werden,  wo  deutsche  Macht  und  deutscher  Geist  sich  stärker  ausserhalb  Deutschlanda 
dpkumentireD  mü^en,  als  bisher,  so  foigt  weiter,  dass  wir  dann  sor  See  eine 
gewisse  Ikraft  zu  entwickeJA  im  Stand«  sein  müssen.    Die  Jahre*  in  denen  ick  di«» 
Ekn  gehakt  k«ke,  CM  Mf  AApinOttift  msciB,halBirabiteflr4fe  Mm 
im  trulghiml»  W  kam  myuhpaH,  ditMirtM  ia       Lag*  su  hätafM,  4m%, 
mma.  ein  Ma)  eiM  mWm  KrwiHsaeng  umtt  Wkkngakreliae  aothwearfif  ii»% 
sie  daw  bef&higt  wire.   Giebt  man  man  das  alt  eine  Möglichkeit  wenigatana  aa» 
giabt  man  zu,  dass  wir  in  Zeiten  kommen  können,  wo  eine  Thätigkeit  der  Marina 
in  ausgedehntem  Maasse  im  Frieden  un  i  Krie^  in  ausserdeutschen,  ausserbeimiscbeii 
Gewissem  er£ordeit  wird,  so  nubs  man  äich  unumgänglich  die  Vrage  vorlegen: 
Wahar  bako—itdaB»  dia  Mari—  daa»  «was  ai»bM  watahia  daa  ai»  ■•dar  Waging«.- 
nMh  gMiWUri«  iat»  dit  KoUan?  Warn  «Ir  jalak  in  ai—n  Zäaf^amtüm  te&mim 
Macht  verwickelt  werden,  so  haben  wk  ja  einige,  aber  schviarica  Mittel^  unsere- 
Schiffe  im  Auslande  mit  Kohlen  zn  versorgen:  Wir  sind  im  Ganzen  auf  das  Wohl- 
wollen neutraler  Staaten  angrewiesen,  und  wer  einmal  dazu  neigt,  sieb  für  die  Marine 
zu  begeistern,  ihr  eine  grosse  Zukunft  zuzuerkennen,  der  muss  zugeben,  dass  eine 
solche  Rolle  in  ausserheimischeo  Gewissem  für  die  Marine  auf  die  Dauer  nicht 
duffdnnfiliraa  aain  wird.  Wir  aiiaaan  «albat  fm,  4aft  BaaMa  wawgataM  «iaitc«r 
Pnnkt*  galaagaa,  in  danaa  dantaalia  KoUan  von  daolaahan  BaUrdw  an  danlaabe 
Schiffe  gegeben  werden  können.   Das  Dasdn  von  Kohlenstationen  iafe  fiSr  ainaa 
zukünftigen  Krieg  die  Bedingung  jeder  Wirksamkeil  der  Marine.    Also,  werm  wir 
auch  im  Augenblick  Ausgaben,  und  es  sind  sehr  unbedeutende  Ausgaben,  für 
unsere  Kolonien  machen,  so  möchte  ich  doch  die  Hoffnung  nicht  aufgeben,  dass 
anah  diaaaa  Kapital  aiwaaal  rantfiin  und  amah  hier  daa,  waa  wir  jalat  ansgeban»  in 
«rbflrtam  Uaifiuigt  tina  wiadar  snflteaaan  wird. 

Idi  kann  alao  nnn  noch  ainnal  nmammaitiaarti.  Wir  werden  daa  Baaaiben 
haben,  dass,  wenn  der  Reichstag  uns  weiter  unterstützt,  wir  schrittweise  vorgehen, 
dass  wir  uns  auf  keine  gewagten  rnternehmunpen  einlassen,  dass  wir  danach 
trachten,  die  (-iesellächaften  wieder  dabin  zu  bringen,  wo  sie  ursprünglich  gestanden 
haben,  sie  so  selbstständig,  als  es  müglich  sein  wird,  zu  machen.  Ich  muss  hier 
die  Sinsebrlnknng  machen,  dasa  eben  daa  Ton  der  Leiatnngafthigkeit  der  Oaaell* 
•ebaften  abbfingen  wird  und  deaa  «ich  haut«  noch  nicht  mit  Beatimmtheit  nberaeban 
lässt,  wie  weit  sie  dazu  geeignet  sein  werden.  Wir  haben  aohon  Jalal  in  Oatafrika 
einen  Zustand,  in  dem  eine  Truppe  durch  die  lex  Wissmann  geschaffen  worden  ist, 
von  der  eii.'«>ntlicl:  Niemand  recht  weiss,  weisen  Truppe  sie  ist,  und  ich  halte  es 
nicht  für  uumuglich,  dass,  da  die  Diktatur  und  der  Kriegszustand  in  Osiafrika 
Tonmaiiabtlidi  noch  Jahre  lang  fortdauern  wird,  wir  in  die  Lage  koaunatt  Unaan, 
aua  dieaer  jettt  kdiglicb  von  Mijjor  Wiaamann  nadi  altar  Laadaknaclitattt»  ge- 
worbenen Trappe  eine  Reicbstruppa  m  anehan,  am  mit  garingan  KrÜten  wirksam 
mehr  leisten  in  können,  als  jetzt  geschieht,  wo  die  Sacka  eben  auf  kontraktliche 
W  erbangen  baairt  ist.   Wir  werden  das  Beetreben  baban,  fremd«  Bneht«  äbarali 


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Di»  KoUmfelpolltik  in  Rdcbitag«^ 


97 


lu  respektiren,  wie  es  der  Herr  StaatssekretSr  ausgeführt  hat,  nnd  das  Deutsche 
Reich  zu  scbütTPii;  ich  plaube,  die  verbündeten  Regierungen  werden  im  Staiaie 
5ein,  die  Kolouiaipulitik  so  zu  führen,  da&s  die  allgemeine  Politik  Pcutschland.s 
darunter  keinen  Schaden  leidet,  und  das«  dtr  berechtigte  Aufschwung  deutseben 
KatiODBlgefahli  nicht  Terletst  werden  wird.  (Lebhafte«  Bra^o!  rechte  and  im 
C«ntnim.) 

Die  Allem  Anschein  nach  rücksichtslose  Offenheit,  mit  der  General 
von  CapriTi  gesprochen  nnd  anch  seine  eigenen,  frfiheren  kolonialpoli- 
tischen Ansicbten  preisgegeben  hatte,  verdeckte  absichtlich  die  Fein-* 
heit  nnd  Mischnng  seiner  Argnmeote,  deren  eine  Uftlfte  die  Gegner 
besänftigen  mnsste,  wfthrend  die  andere  die  Freunde  befriedigte. 
Zn  Gunsten  der  Vorlage  sprachen  noch  die  Abgeordneten  Graf  Udo 
StolberfT  nnd  von  Eardorff,  während  von  Yollmar  den  Einspruch 
der  Sozialdemokratie  gegen  eine  Politik  erhob,  die  in  Afrika  Sklaven 
befreien  wollte,  an  denen  es  in  nächster  Nfthe  nicht  fehle,  wie  anch 
nicht  an  Ansbentem,  die  i^ilich  nicht,  wie  dort,  gehängt  wfirden.  Ab- 
geordneter Windhorst  nahm  znr  Vorlage  eine  vorsichtige,  aber  nicht 
abgeneigte  Stellung  ein  nnd  hielt  mit  seinem  Votnm  znrfick,  bis  eine 
grfindliohe  Präfnng  der  Vorlage  nnd  des  Status  der  Deutsch-Ostafri- 
kanischen  Gesellschaft,  welche  gewisse  Auslagen  des  Beiches  wieder 
zu  erstatten  veipffichtet  sei,  ihm  die  Möglichkeit  gewähre,  es  wohl- 
erwogen abzugeben. 

Die  £olonialdebatte  am  13.  Mai  stand  insofern  unter  einem 
sehr  günstigen  Stern,  als  mitgetheilt  werden  konnte,  dass  am 
10.  Mai,  nach  wirksamer  Bescbiessung  durch  «Carola'  und  „Schwalbe*, 
Lindl,  der  bedeutendste  Sklavenhändlerplatz  nach  Eilwa,  von  der 
deutschen  Schutztmppe  eingenommen  und  besetzt  war.  Der  Kom- 
missar des  Bundesraths,  Herr  Migor  Lieb  er t,  der  Berliner  Vertreter 
des  Beiehskommissars,  welcher  Ostafrika  besucht  hatte  und  soeben 
zurfickgekehrt  war,  polemiairte  zuerst  gegen  das  Wort  des  ver- 
storbenen Dr.  Fischer,  das  so  oft  gegen  die  Eolomalpolitik  in 
Afrika  angewendet  ist:  »Wo  in  Afrika  Wasser  ist,  ist  das  Land 
ungesund,  und  wo  kern  Wasser  ist,  ist  es  unfruchtbar*^,  und  wies 
nach,  dass  es  zur  Beurtheilung  der  Verhältnisse  nothwendig  sei,  zu 
individnalisiren.  Die  nördliche  Provinz  Usambara  vom  Umba  bis 
zum  Panganifluss  bezeichnete  er  vielfach  [als  ein  Paradies,  Useguha 
mache  einen  weniger  gfinstigen  Eindruck,  die  Kulturarbeit  werde  hier 
erst  einzusetzen  haben,  wenn  die  andern  Gebiete  besiedelt  sind  nnd 
wenn  ee  lohnt,  kfinstliche  Brunnen  anzulegen.  In  der  Landschaft 
Usaiamo  mit  den  Haaptorten  Bagamojo  und  Dar-es-Salaam  sei  der 
Boden  verschiedenartig.  Bei  Bagamoyo  werde  man  Baumwollenkultur 

Kolmlat«  Jthrbotih  tBMi  7 


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98 


Die  KolooMlpoUtik  im  Boifhrtagt. 


betreiben  küiiuen,  bei  Dar-es-Salaiiiii  reiche  der  herrlichste  Boden  lüs 
an  die  Küste  heran.  Die  Thaten  des  Major  Wissniann  spezilizirte  er 
Dach  drei  Richtungen  hin.  Er  habe  sich  grosse  Verdienste  erworben 
dadurch,  dass  er  erstens  eine  Mustertruppe  draus.sen  geschaffen,  zwei- 
tens, dass  er  durch  die  Anlage  fester  iStationen  die  Küste  unbedingt 
gesichert,  und  drittens,  dass  er  durch  richtige  Anordnungen  den 
Gesundheitsstaud  unserer  Truppen  ausserordentlich  günstig  gestellt 
habe.  Er  lobte  die  Sudanesen,  welche  dem  deutschen  Kommando 
gehorchen,  dem  deutschen  Ret^lernent  folgen  und  die  Gefechte,  soweit 
das  unter  den  dortigen  Verhältnissen  möglich  ist,  nach  unseren 
Kriegserfahrungen  führen.  Was  ihre  Tapferkeit  anbetrifft,  so  führte 
er  au,  was  gegangene  Araber  von  den  deutschen  Soldaten  sagten: 
„Ple  deutschen  Soldaten  macheu  erst  ein  furchtbares  Feuer,  dann 
setzen  sie  sich  Uömer  auf  —  sie  meinen  damit  das  Aufpflanzen  des 
Seitengewehrs  —  nehmen  den  Kopf  zwischen  die  Beine  wie  die 
Büfi'el,  brüllen  wie  die  Büfl'ei  und  stürzen  dann  auf  uns  los,  und 
diesem  Ansturm  kann  Niemand  widerstehen.*'  Was  die  Disziplin 
dieser  Soldaten  anbetrifft,  so  sei  dieselbe  musterhaft  und  habe  sich 
auch  auf  das  Erfreulichste  auf  die  Bevölkerung  der  Efistenplätze 
fibertragen.  Man  fände,  im  Gegensatz  zu  den  unglaublichen  Verhält- 
nissen in  der  Araberstadt  Sansibar,  dem  Schmutz  und  der  Unordnung 
nach  allen  Richtungen,  an  der  Küste  die  ausgezeichnetste  Ordnung. 
Die  neu  aufgebauten  Orte,  besonders  Bagamoyo,  wflrden  in  schnur- 
geraden Strassen,  nach  vorgeschriebener  Bauordnung  angelegt,  im 
Norden  smea  bereits  sechs  befestigte  Stationen  fertig  gestellt,  Tanga, 
Pangani,  Ukwa^ja,  Saadani,  Bagamoyo  und  Dar-es-Salaam,  deren 
Mauern  eine  absolute  Sturmfreiheit  und  Sicherheit  darböten,  so  dass 
sie  für  afrikanische  Verhältnisse  uneinnehmbar  seien.  Der  ausge- 
zeichnete Gesundheitszustand  der  Truppe  sei  auf  die  Verordnung  des 
Majors  Wissmann  zurückzufahren,  welcher  vom  ersten  Augenblick  an, 
als  er  das  Land  betrat,  die  Anordnung  getroffen  habe,  dass  die 
Europäer  nur  in  steinernen  Häusern  zu  wohnen  hätten.  Von 
248  Europäern,  welche  seit  Beginn  der  Expedition  nach  Ostafrika 
hinansgesandt  seien,  seien  drei  am  Fieber  gestorben,  was  ein  sehr 
gflnstiges  Verhältniss  sei.  Auf  die  Expedition  Emin  Paschas  fiber- 
gehend, betonte  er,  dass  derselbe  ein  vortrelFlicher  Charakter,  ein 
durch  und  durch  nationalgesinnter  Deutscher,  aber  kein  militärischer 
Kann,  sondern  ein  stiller  Gelehrter  sei,  dem  seine  naturwissenschaft- 
lichen und  geographischen  Forschungen  fiber  Alles  gingen.  Unter 
dem  Namen  und  mit  dem  Geschick  Emin's,  der  durch  seine  lang- 


Die  Koloni&lpolitik  im  ReictiüUg«« 


99 


jfthrige  Thfttigkeit  im  Innem  eine  im  Verkehr  mit  deo  Negern  notlH 
wendige  fi&beliiafte  Geduld  gewonoen  habe,  wollen  wir  friedliche  Poli- 
tik im  Innern  treiben.  Naeh  einem  TTeberblick  Iber  die  gesteigerte 
Haadelebewegang  und  lebhafter  Anerkennung  der  MisBionethttigkeit, 
besonders  der  fnmzOsischen,  sdiloss  er  seine  Sede  mit  den  Worten, 
dass  erstens  die  militärische  Herrschaft  an  der  Eflste  von  Ostafrika 
absolut  sicher  and  anf  die  Daner  begründet  sei  nnd  zweitens,  dass 
man  jetzt  schon  die  sichere  Hofihong  ansspreeheo  könne,  das 
jedes  dort  angelegte  dentsche  Kapital  ungestört  arbeiten  nnd  reich- 
liche Zinsen  bringen  werde. 

Abgeordneter  von  Bennigsen  knflpfte  an  diese  Mittheilnngen 
an  nnd  hob  daraus  den  Punkt  hervor,  daee  der  Besitz  der  Kdste  uns 
dauernd  gesidiert  und  eine  gute  Grnndhige  für  deutsche  ünter- 
nehmuDgen  geschaffen  sei.  Was  die  gestrigeu  von  den  Gegnern  der 
Eolonialpolitik  gegen  diese  erhobenen  Angriffe  betreffs,  so  bekämpfte 
Redner  vor  Allem  die  von  Herrn  von  Yollmar  ansgedrfickte  An- 
8(*haniuig,  man  möge  die  Kolonien  anfgeben,  weil  diese  event  ans- 
wärtise  Verwicklungen  hervorrnfen  könnteo.  Eine  so  schwächliche 
Politik  werde  niemals  Boden  im  deutschen  Volke  finden.  In  den 
Darlegungen  des  Abgeordneten  Bamberger  vermisse  man  jedes  an- 
erkennende, warme  Wort  für  die  grossen  Verdienste  des  Majors 
Wissniiinn.  während  sogar  Ahgeordneter  von  Vellmar  seine  Aner- 
kennung für  die  Enersnc  des  Reichskomrai.ssars  nicht  unterdrückt 
habe.  Als  Herr  Abgeordneter  Dr.  Windthorst  des  Majors  Wissmauu 
ehrend  gedaciite,  musste  man  wünschen,  dass  dies  die  Ansicht  des 
guiiztMi  }Iauses  sein  uiul  auch  Herr  Dr.  Bamberger  sich  dem  aii- 
schliessen  mfige.  Der  letzte  Theil  der  Ausführungen  des  Herrn  Ab- 
geordneten ßamberger  liesse  jede  Konsequenz  vermissen.  Hr  behaup- 
tete, der  r^eichskanzler  konnte  gar  nicht  anders  handeln,  als  er  es 
gethan;  wie  könne  man  denn  aber  Reichsn-gierunu  und  Kcichsver- 
tretung  so  auseinanderreissen  Das  sei  vicUeiciit  für  Fragen  der 
inneren  Politik  in<)i;li(  li.  nicht  aber  für  die  des  Aeusseren.  Wenn 
also  anerkannt  wr)rdeii,  dass  die  Regierung  zur  Zeit  iiii  ht  anders 
handeln  könnte  als  diese  V'orlage  machen,  dann  müssten  auch  die 
Gegner  der  Kol(>nial|Militik  die  Konsequenz  zielien.  alles  was  zur  Er- 
haltung des  Besitzes  in  Afrika  erforderlich  sei.  zu  bewilligen.  An 
die  Verdienste  erinnernd,  welche  deutsche  Forscher  sieh  um  die  F.r- 
schliessuug  des  grossen  afrikaiiiselien  Kdiiliiients  erworben,  fühlte 
Redner  aus,  dass  die  Meinuim  imnier  n 'ch  au  riiilaii^  gewonin-n 
habe,  dass  hier  eine  grosse  Aulgabe  Europa  gestellt  werde,  in  ha- 

7* 


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100 


Die  Koloidalpolitik  im  Rrtehataffe. 


manitärem  und  wirthsohaftlichem  Sinne  zu  wirken.  £s  wftre  ftr 
das  wiederefstaDdeue  Deutschland  wahrlich  ein  äbles  Zeichen  ge* 
wesen,  wenn  es  sich  an  dieser  Aufgabe  nicht  betheiligt  hätte.  Wenn 
nach  den  kriegerisoben  Erfolgen  von  1870,  nach  den  erfolgreichen 
Arbeiten  im  Innern  ein  gewisser  StiUstand  eintrat,  so  sei  es  doch 
sehr  leicht  möglich  gewesen,  dass  die  Sntwicklnng  einen  sehr  viel 
gefthrlicheren  Weg  eingeschlagen  h&tte,  als  den  yerhftltnissmftssig  harm- 
losen der  Kolonisation  in  Afrika.  Dem  Mangel  jedes  GhanTinismos 
bei  Kaisar  Wilhelm  und  dem  Mheren  Reichskanzler  Ffirsten  Bis- 
marck sei  es  zuzuschreiben,  dass  jeder  Versnchnng,  etwa  Ober  Bel- 
gien hinweg,  Vertrftge  mit  Frankreich  zu  schliessen,  welche  Belgien 
betrafen,  ausgewichen  wurde.  Gegen  derartige  Abenteuer  war  die 
Kolonialpolitik  doch  gewiss  eine  minder  gei&hrliche  Art,  sich  zu  be- 
thitigen.  Dass  man  sich  bei  diesen  in  weitansschauende,  nicht  zu 
flbersehende  Untemehmnngen  eingelassen  habe,  treffe  nicht  zu,  so 
wenig  auf  den  2ug  Emin's,  der  nur  der  Handelspolitik  dienen  sollte, 
noch  auf  die  Bestrebungen,  den  Sklavenhandel  zu  unterdrücken;  denn 
nur  um  diese  handle  es  sich,  nicht  um  die  Unterdrückung  der  Skia* 
verei,  wie  gestern  Herr  Dr.  Windtborst  meinte.  Diese  Aufgabe  &Ue 
nicht  uns  allein  zu,  sondern  sie  werde  von  anderen  Milchten  im 
Osten  und  Westen,  im  Norden  und  Süden  gleiehmSssig  verfolgt, 
Hier  liege  ein  internationales  Engagement  fttr  Deutsdiland  vor.  Dem- 
selben Zwecke  diene  das  Vorschieben  von  Stationen  nach  dem  Innern. 
Was  Emin  Pascha  betreffe,  so  gebe  doch  aus  Stanley*s  Berichten 
hervor,  dass  von  einem  wagehalsigen  Militär  wenig  in  ihm  stecke, 
dass  er  vielmehr  ein  stiller,  friedliebender,  gelassener,  vorsichtiger, 
mit  f^rossem  Organisations-Talent  ausgestatteter  Gelehrter  sei,  der 
für  die  ihm  zufallende  Aufgabe  gerade  durch  dicj^e  Eigenschaft ou 
(jualiti/irt  werde.  Die  AiiH:ritVe  gegen  die  ostultikunisclie  Gesell- 
schatt  seien  jet/t  iiacli  und  nach  verstninnil,  narlidein  man  die  He- 
deutung  und  den  Fanatismus  der  Araber  mehr  zu  würdiL;<>n  in  der  Lai:»' 
uewesen  wäre  und  erkannt  hätte,  dass  diese  den  Aufruhr  hcrvorijerulen 
hätten.  Der  Vertrag,  den  die  Oesellsehalt  mit  dem  Suitau  abge- 
schlossen liabe,  werde  in  Zukunft  seiue  vortheilhaften  Folgen  zeiti- 
gen. Der  Keicliskanzler  liahe  gestern  davon  ijesproeiien,  dass  eine 
Truppe,  wie  sie  jetzt  Wissniaim  privatim  angeworben,  auf  die  Dauer 
sich  wohl  nicht  werde  halten  lassen,  sondern  da<s  an  ihre  Stelle  eine 
Art  Kt'irhst nippe  werde  treteji  müssen.  Das  aber  müsse  er  hier 
aussprechen,  dass  jederifalls  niemals  ein  Tiieil  unseres  deutschen 
Reichsheeres  zum  Uieuät  in  Afrika  werde  verwendet  werden  dürfen. 


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Di«  KoloBialpolitik  im  Itoiehit^«. 


101 


sondern  dtt»  jene  IWppe  sieh  immer  werde  dmcli  Weibongen  er- 
gänzen mtlssen.  Se  wÖrde  ihn  sehr  bemhigen,  wenn  von  Seiten  der 
Begiemng,  eo  eelbetveratindlich  das  sei,  eine  Beetäftignng  dieser  An« 
nalime  erfolgte.  Redner  luate  die  dentechen  Angaben  in  Aliika 
nochmale  dahin  znaammen,  daas  es  sich  nnr  dämm  handeln  kOnne, 
das  Erworbene  zu  schfitzen  nnd  zn  erhalten.  Dass  der  gegenwärtige 
fieichskanzler  etwa  in  Versnchnng  gerathen  ktante,  das  Reich  in 
eine  Abentenerpolitik  zn  stOrzen,  diese  Gefahr  liege  doch  Yollkommen 
fem.  Vielmehr  kOnne  man  in  dem  Vertranen,  dass  die  Regierang 
das  grosse  wichtige  hnmanitäre  nnd  wirthschaftliche  Unternehmen 
frei  von  jeder  Abentenerlichkeit  ftrdem  werde,  die  Vorlage  be- 
wiHigen. 

Herr  Dr.  Barth,  welcher  auf  die  Bennigsen'sche  Rede  erwiderte, 
machte  die  ftnsserst  onglfleldiche  Bemerkung,  diese  Rede  habe  ihn 
an  Jnles  Feny's  Tongking-Politik  erinnert.  (Der  Vergleidi  mit  Feny 
sollte  ein  «iStlch*^  sein.  Wer  sich  nicht  blos  ganz  oberflftchlich  mit 
den  Tagesereignissen  beschäftigt,  weiss,  dass  der  —  nnter  dem  Vor- 
wande  der  Tongking-Angelegenheit,  aber  ans  ganz  anderen  Grfinden 
erfolgte  —  Sturz  Jules  Ferry's  längst  bei  vielen  ernsthaft  urtheilen- 
den  Franzosen,  als  ein  schwerer  Fehlschlag,  und  dieser  Staatsmann 
trotz  Tongkinj?  als  derjenige  gilt,  welchen  man  im  Augenblick  einer 
ernsten  Krisis  jinniten  wird.  Aber  vor  Allem:  Tongking  hat  den 
Franzosen,  wie  Ftrry  selbst  dieser  Tage  festgestellt  hatte,  334  Mill. 
Frcs.  und  36  000  Mann  gekostet,  Ostafrika  aber  Deuschland  9  Mill. 
Mark  und  einige  wenige  EuruiKior  und  Schwarze.  Diese  beiden 
Rechnungen  stellte  Herr  Barth  —  allerdings  wohlweislich  ohne  Zah- 
len zu  nennen  —  neben  einander.)  Er  verlange  ja  nicht,  dass  mau 
die  Unternehmung  brüsk  abbreche  und  aus  Afrika  herausgehe,  da 
dies  unmöglich  sei,  aber  man  solle  langsam  auf  den  Anfangspunkt 
zurückgehen  und  die  ganze  Koloniaiarheit  auf  die  Schulteni  der 
f)rivaten  Bet heiligten  zurücklegen.  l)er  Reichskanzler  wolle  aber  auf 
der  einmal  betretenen  Bahn  vorgehen.  Er  betonte  auch,  dass  das 
deutsche  Keich  verpflichtet  sei,  an  der  Beseitigung  des  Sklavenhandels 
und  der  Ausbreitung  des  Christenthums  mitzuwirken,  war  aber 
skeptisch  darüber,  ob  die  aufgewendeten  Mittel  im  Verhältniss  zu 
den  zu  erreichenden  Zwecken  ständen.  Die  Bibel  könne  in  Afrika 
die  Konkurrenz  mit  dem  Koran  nicht  aushalten,  die  mit  der  ganzen 
Kultur  verwachsene  Sklaverei  werde  nicht  aufhören,  ehe  nicht  die 
Verkehrsvcrliiiltnisse  in  Afrika  andere  geworden  seien.  Fürst  Radzi- 
wili  sprach  für  die  Vorlage  und  bemerkte,  dass  die  hier  geforderten 


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102 


Bit  KoloBJalpoUtik  im  Eeiebrtag«. 


Gelder  alö  eiue  GraiidschuM  dfr  DtHitHch-OHtafrikaniHchen  Gesellschaft 
zu  betrachten  seieo.  Dr.  Wind  Ihorst  vertheidigte  die  segensreichö 
Thfitigkeit  der  Missionare,  während  v.  VoUmar  die  Nothwendigkeit 
noch  einmal  betonte,  die  Thätigkeit  in  den  Kolonien  privaten  Gesell- 
schaften za  überlassen,  and  die  Rede  des  Herrn  v.  Bennigsen  mit  einer 
der  von  Jules  Ferry  gehaltenen  verglich.  Der  Nachtragsetat  wnrde 
dann  der  findgetkommission  zur  Yorberathung  überwiesen.  In  8nnima 
konnte  man  sagen,  dass  die  zweita^iii^e  Debatte  die  Uebereinstimmong 
der  grossen  Mehrheit  der  Volksvertretung  mit  der  kolonialpolitischen 
Auffassung  der  Heichsregierung  konstatirt  hatte.  Wie  In  letzterer 
Hinsicht  der  Wechsel  in  der  Person  des  Kanzlers  eine  Acnderung 
des  Kurses  der  Kolonialpolitik  nicht  bedeutet,  so  hat  auch  der  Aus- 
fall der  Wahlen  vom  20.  Febmar  eine  Aenderung  in  der  Gesammt- 
Anfiassnng  des  Reichstages  über  die  Kolonialpolitik  nicht  herbeige- 
führt. Diese  Thatsaehe  bewies  mit  anwiderleglichcr  Klarheit,  dass  die 
Kolonialpolitik  anf  festem  populärem  Grande  berohte.  Mit  der  Bestäti- 
gung der  bisherigen  kolonialpolitisohen  Richtung  durch  alle  Faktoren 
des  Beiches  war  in  den  kolonialen  fiesitz  Deutseblands  ein  Element  der 
Daner  und  der  ^berheit  gekommen,  welches  ihn  zur  Unterlage  von 
kapitalistischen  Unternehmungen  ungleich  geeigneter  machte»  als 
bisher.  Man'  wusste  jetzt,  dass  es  sich  nicht  um  die  Liquidation 
des  ostairikanischen  Besitzes,  sondern  um  die  voUe  Erhaltung  und 
Ausbildung  dieser  Unterlage  der  deutschen  Weltmachtsstellung  am 
indischen  Ozean  handelt  und  dass  in  dieser  Hinsicht  der  Wech- 
sel der  innerpolitiscfaen  Erscheinungen  keine  Aenderong  hervorge- 
rufen hatte.  Dies  war  das  wichtige  flauptergebniss  der  zweitägigen 
Debatte. 

Die  zwmte  Lesung  des  Nachtragsetats  fond  am  9.  Juni  statt 
und  gestaltete  sich  wieder  zu  einer  allgemeinen  Eolonialdebatte  in 
der  flblichen  Weise.  Nach  dem  Bericht  des  Vorsitzenden  der  Kom- 
mission, Graf  Bohr,  ergriff  der  freisinnige  Abgeordnete  Dr.  Gold- 
schmidt das  Wort»  welcher  bisher  tBat  die  kolonialpolitischen 
Forderungen  gestimmt  hatte,  zu  der  Erklärung,  nunmehr  nicht 
weiter  mitgehen  zu  können.  Die  Ausführungen  des  Herrn  Reichs- 
kanzler hätten  ihn  ftberzeugt,  dass  wir  weit  Aber  den  Mher  gezoge- 
nen Rahmen  hinaus  gelangt  seien  und  dass  der  Ehre  Deutsdüand's 
genug  gesdiehen  wäre,  wenn  die  Begierong  sich  allmählich  zurfick- 
ziehe.  Der  Abgeordnete  Dr.  Dohren  glaubte  aus  seiner  eigenen 
Tropenerfahrang  ein  abmahnendes  Urtheil  über  die  Verderblichkeit 
des  Klimas  in  Ostafrika  abgeben  za  können.    Die  Aufwendung, 


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Die  Eolonialpolitik  im  Reichstage. 


103 


wekhe  vom  Beiobe  llr  die  Oatafrikaiiigehe  OesellBchaft  gefordert 
werde,  sei  enorm  mid  dnrehans  nngereditfertigt  Der  Abgeord- 
Bete  Graf  Mirbach  trat  fttr  die  Fortfllbniiig  des  KolonisetioDs- 
Werkes  ein  und  tadelte  die  Diakreditinmg,  weldie  demselben  dnrch 
das  YerhalteD  der  Opposition  zugefügt  werde.  Der  Abgeordnete  Haus- 
mann von  der  Volkspartei  bekimpfte  die  devtsohe  Eolonialpolitik 
in  Ostalrika  als  nebelhaft  nnd  versehwommen.  Im  deutschen  'Volke 
sei  Sympathie  für  dieselbe  nicht  vorhanden;  solange  wir  jfihrlioh 
Hunderte  von  Millionen  aufwenden  müssen,  um  uns  gegen  unsere 
nächsten  Nachbaren  zu  vertheidigen,  kOnnen  wir  keine  gemeinsame 
europäische  Aktion  mit  Erfolg  nnd  Nachdruck  in  Afrika  führen. 
Nachdem  die  Mission  Wissmann's,  die  FaziHzimnff  der  Efiste  erreicht 
seif  müsse  sieb  das  Reich  zurückziehen.  Die  Unabsehbarkeit  der 
neuen  ünternehmuDgcn  mache  die  Ablehnung;  der  Vorlage  zur  Pflieht. 
Der  Staatssekretär  von  ^larschall  wies  auf  den  seltsamen  Gegensatz 
bin,  dass  dieselbe  deutsche  Koloiiialpolitik,  die  iiier  als  nebelhaft 
und  verschwommen  bezeichnet  werde,  von  einer  im  Auslände  sehr 
thätigen  Agitation  als  eine  zielbewasste,  energische  und  klarte  hin- 
gestellt sei.  Für  nächsten  Winter  stellte  er  dem  Heichstage  ein 
Programm  in  Aussicht;  im  Augenblick  habe  die  Regiernng  das 
Bedürtniss,  die  gewonnenen  Erfolge  erst  zu  übersehen  und  auf 
Gniud  weiterer  Aufklärung  über  die  fernere  Aufgabe  sich  schlüssig 
zu  machen.  In  das  Programm  der  Opposition,  eine  Liquidation  in 
Ostafrika  in  der  Weise  anzubahnen,  dass  man  an  einem  Tage  AU^s 
der  Deutsch -Ostatrikauischen  Gesellschaft  überweist,  könnten  die 
verbündtt>'n  Regierungen  nicht  eintreten.  Herrn  Dr.  Bamberger's 
Rede  unterschied  sich  weniu:  von  seiner  früheren;  nur  schien  er  noch 
darauf  besonderen  Wertli  zu  legen,  dass  seine  Worte,  für  Deutsch- 
lands Ehre  sei  jetzt  hinreiehend  gesiMigt  und  gebrannt  worden,  in 
weitesten  Kreisen  niciit  in  Vergessenheit  gerathe.  Er  versuchte 
auf's  Neue  die  wirthsehattliehe  Aussichtslosigkeit  der  oslafrikanischen 
Kolonie  und  die  Nothwendigkeit  der  Zurückziehung  des  Reiches  ans 
diesem  Unternehmen  darzuthun.  Der  Abgeordnete  Scipio  trat  sehr 
entschieden  der  auf  ganz  unrichtigen  Voraussetzungen  beruhenden 
Beurtheilung  der  ostafrikanischen  Verhältnisse  entgegen,  schilderte 
die  Thätigkeit  der  Ostafrikanischen  Gesellschaft  und  zeigte  die  Un- 
möglichkeit, oach  der  ganzen  liistorischen  Entwickelung  der  Dinge 
diese  Kolonie  wieder  aufzugeben.  Die  Berathung  des  Nachtrags- 
ettts  wurde  dann  bis  auf  den  12.  Juni  vertagt,  an  welchem  Tage 
der  Ahgecffdaete  Dr.  Wiadthorst  die  Debatten  einleitete  mit  der 


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104 


Dte  Kolooialpolttik  im  BiichtlHE». 


Erkttrong,  man  mfisse  vor  Alkm  Elariieit  darftber  haben,  was  nach 
dieses  Fordeningen  noch  weiter  zn  erwarten  sei.  Die  gegenwftctigen 
Fordemogen  kOnne  auch  er  nicht  snrilckweiaen,  da  es  sich  nicht  nm 
eine  nene  Bewüligong  handle,  sondern  vielmehr  um  die  Bezahlmig 
von  Schulden,  die  er  und  die  Mehiheit  des  Beicbstages  darch  ihre 
früheren  Beschlfissen  Icontrahirt  hätten.  Br  würde  sich  ancfa  zm 
einem  gfinzlichen  An^seben  nnserer  afrikanischen  Besitsongen  nur 
entscbUessen,  wenn  (Üe  tnsserste  Noth  daza  zwinge,  denn  das 
IVestige  des  dentschen  Namens  ond  der  Kredit  DentschUuid's  wfiiden 
daronter  in  der  ganzen  Welt  leiden.  Vor  Allem  aber  idme  für  ihn 
in  Betracht,  dass  die  deotsche  Nation  sich  der  Angabe  nicht  ent- 
ziehen kOnne,  an  der  Aafhebnng  der  Sklaverei  mitzuwirken.  Dazu 
sei  allerdmgs  vor  Allem  die  Forderung  der  Hissionen  n6thig, 
wfthrend  leider  den  katholischen  liissionaren  gegenüber  in  Dentscli- 
land  noch  immer  eine  aosserordentliche  Engherzigkeit  herrsche. 
Redner  wies  dann  auf  den  engen  Zusammenhang  der  Eolonialpolitik 
mit  den  Übergrossen  Bewilligungen  für  die  Marine  hin.  Die  nenen 
grossen  Forderongen  für  die  Landarmee  legten  die  Verpflichtang 
anf,  sich  dessen  dngedenk  zn  werden,  dass  unsere  £raft  in  der 
Landarmee  wurzele,  nnd  dementsprechend  die  in  Anssicht  genommene 
YergrOssernng  der  Flotte  so  viel  wie  möglich  zn  beechrünken. 
Redner  schloss  dann  mit  der  Erklüroiig,  dass  er  die  Forderangen 
bewilligen  müsse,  weil  er  sie  als  eine  alte  Schnld  betrachte  nnd 
wegeD  der  Begeistorang  seiner  Freunde  hier  und  ausserhalb  für  die 
Sache  trotz  seiner  eigenen  nfichteraen  Auffassung.  Der  konser- 
vative Abgeordnete  Dr.  von  Frege  widerlegte  die  in  der  vorigen 
Sitzung  von  den  freisinnigen  und  volksparteilichen  Rednern  er- 
hobeneu Kiu\veiiduLii:en,  bezeichnete  Ostafrika  als  klimatisch  nicht 
uiigüDstiger  uls  andere  Tro|>f*nländer.  Man  könne  nicht  leugnen, 
dass  aus  diesem  osiatrikai]isi  hen  Gebiete  später  Absatzgebiete  für 
die  deutsche  Industrie  würden  uud  dort  Produkte  gebaut  werden 
könnten,  welche  wir  jetzt  aus  anderen  Tropenlüiidern  beziehen 
müssen.  Der  Abgeordnete  Dr.  Hamm  acher  hielt  dann  eiue  be- 
deutende und  an  Schlaglichtern  reiche  Rede.  Wie  er  den  Ab- 
geordneten B:iniln  r^cr,  welcher  die  ^koloniale  B(;geisterung'*  bespöttelt 
hatte,  ad  ah^urdurn  führte  und  dessen  Behauptung,  nicht  einmal  in 
den  deutscheu  Seestiidteu  sei  ein  re^ies  Interesse  and  Vertrauen  zu 
der  Kolouialpolitik  vorhanden,  in  das  rechte  Licht  rückte,  so  kenn- 
zeichnete er  die  staatsrechtlichen  iSfhwierigkeiteu  einer  Umwandlung 
des  Schutzgebietes  in  eiue  Kroukoiouie,  so  lauge  der  Eüstenstreifen 


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Die  Koloaialpolitik  im  KeicbsUge. 


105 


der  Souyerftoittt  des  Sultans  ▼on  Sansiber  unterstellt  sei.  Zniu 
Sehhiss  betonte  er  auch,  dass  nach  Herstdlnng  der  Ordnung  die 
Ostalrikanische  GeseUscbaft  in  der  üebernahme  der  auf  sie  fidienden 
Leistungen  Pflichten  zu  erflUlen  habe.  Im  Allgemeinen  hat  der 
Vertanf  der  Debatten,  welcbe  mit  wenig  Ansnahmen,  wenn  man  ein 
geographisches  Bild  auf  sie  anwenden  darf,  im  VetfaSltaiss  zn  ihrem 
Fischeninhalt  eine  flbergrosse  Efistenentwickelnng  hatten,  gezeigt, 
dass  an  ZnsamDenfinden  der  Parteien  auf  kolonialem  Gebiete 
nnmOglidi  ist  Die  Klage,  dass  es  nicht  gelungen  sei,  die  EoloDial- 
politik  liber  das  Getriebe  der  Parteien  emporzuheben,  kehrte  mehr- 
mals in  den  Reden  wieder;  wenn  der  Gedanke  einer  Versöhuuns 
nach  dem  Rücktritt  des  Fürsten  Bismarck  lebhaft  vertreten  war  so- 
wohl in  Zeitungsartikeln  als  iu  einer  besonderen  Broschüre^),  so 
zeigte  doch  der  Verlauf  der  Debatte,  dass  der  Zeitpunkt  für  eine 
objektive  Behandlung  kolonialer  Fragen  in  Folge  der  durch  den 
Nachtragsetat  und  durch  den  Zni;  Emin  s  entstandenen  Erregun?^ 
nicht  günstig  war.  Die  Abstininiuug  ergab  eine  Majorität  für  den 
Antrag,  welche  sich  aus  den  Konservativen,  den  Mittel parteien  und 
der  überwiegenden  Mehrheit  des  Centrums  zusammensetzte. 

In  der  Sitzung  des  Reichstags  vom  -24.  Juni  wurde  der  kolo- 
niale Nachtragsetat  in  der  dritten  Lesung  ohne  eine  weitere  Dis- 
kussion angenommen,  nachdem  Herr  von  Marschall  den  Wunsch 
ausgesprochen  hatte,  dass  der  Reichstag  eine  Verhandiunf^  über  das 
deutsch-englische  Abkommen,  welches  mittlerweile  in  den  Umrissen 
ver')ffentli<-ht  worden  war,  nicht  herbeiführen  m()c:e.  Alle  Parteien 
berührte  sympathisch  der  nochmalige  lliiiweis  darauf,  dass  auf  der 
Basis  der  neuen  Abgrenzungeu  und  der  dadurch  ixeschalVeoen  Grund- 
lagen die  verbündeten  Regierungeu  beabsichtigten,  für  die  nächste 
Session  ein  Programm  für  die  weitere  Behandlimg  der  kolonialen 
Dinge  vorzaiegen. 

S«eha  Jahre  deutscher  KolonialpoHtik.  Eine  Ergiozimg  zu  Dr.  F*- 
inft  Buch:  «FSnf  Jahre  deutachef  KolonialpoHtik*  von  Dr.  W.  Weiaseabom.  Ber- 
fin  1890.  Verlag  von  0.  Denbner. 


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Kolonialabtheiluug  und  KolonialraÜu 


Als  der  Beichskanzl^  Fftnt  Bismurek  im  M&n  von  dem  Schau- 
plätze seiner  mhmToUai  Thätigkeit  schied,  befiyid  sich  die  Eolonial- 
politik  in  einer  Verwlrmng  nnd  einer  Art  Manwmns,  welche  trotz 
der  Siege  des  Belehskommissars  Wissmaan  das  Sehümmste  befdrch- 
ten  Uessen.  Jeder  Kokmialfrsnnd  wird  es  stets  dankbar  anerkennen, 
dass  Ffirst  Bismarck  Deutschland  anf  die  Bühne  der  Kolonialpolitik 
gelftbrt  und  das  überseeische,  nach  Entfaltung  ringende  wirthschafb- 
liehe  Leben  des  Landes  auch  in  dieser  Hinsicht  gefördert  und  unter- 
stützt hat.  Aber  in  den  koloniaifreundlichen  Kreisen  herrschte  doch 
vielfiich  Verstimmung  gegen  ihn.  besonders  wegen  seiner  Hinneigung 
zu  Kiiiiland,  und  wegen  der  Langsamkeit,  mit  der  er  neue  Kinrich- 
tnngen,  die  naeli  dem  Urtheil  der  Kolouiulfreunde  für  durchaus  noth- 
wendii;  erachtet  wurden,  einzuführen  gedachte.  Es  war  offenbar,  dass 
das  Auswärtige  Amt  nicht  genügende  in  Kolonialangelegenheiten  q^e- 
sehulte  Kräfte  besass,  und  in  Folge  dessen  bei  der  Behandlung 
wichtiger  Fragen  oft  eine  Unsicherheit  zu  Tatje  trat,  welche  lähmend 
nicht  nur  auf  die  thätiiieu  Gesellschaften,  sondern  auch  zu  Zeiten  auf 
die  ganze  Bewegung  wirkte.  Fürst  Bismarck  hatte  auch  wohl  ein- 
gesehen, dass  hier  eine  Aenderuug  des  ^Systems  erwünscht  sei,  aher 
er  scheute  in  Erinnerung  an  den  Volkswirlhschaftsrath  lauge  davor 
zurück,  dem  Laienelement,  wenn  es  auch  koluiiiah'dahren  war,  eiue 
angemessene  Vertretung  seiner  Interessen  zu  bewilligen,  bis  das  An- 
wachsen der  kolonialen  Aiiij*  lo-rcnhtMtt'ii  ihn  von  der  Xothwendigkeit 
der  Bildung  einer  besonderen  kolonialen  Abtheilung  überzeugte. 
Jüemgemiiss  wurde  bekanntlich  im  Etat  für  ls90  bereits  eine  Summe 
für  diese  AbtheihniLC  ansueworfen,  welche  am  1.  April  als  die  vierte 
in  s  Leben  trat  und  nach  einer  Verfüt^ung  des  Keichskanzlers  vom 
29.  Juni  fortan  den  .Namen  »Koiünial-Abtheiiang"  führte.   Der  Di- 


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KolonialabtbeiiiuBg  und  Koloniainth.  107 

* 

rigent  derselben  wir  anftwgiirfi  der  Geh.  LegationsraiUi  Dr.  Kranel, 
vortragender  Bath  der  WirkUehe  Legationerath  Dr.  Rettifii.  Der 
Käme  des  Herrn  Dr.  Kranel,  eines  geborenen  Hanseaten,  hängt  atif*B 
Innigste  mit  der  Entwicklung  der  bisherigen  dentsehen  Kolonialpolitik 
zneammen.  Als  die  Verwicklungen  wegen  der  Fidschi-Inseln,  8a- 
moas  tind  Neogttineas  mit  England  entstanden,  wurde  er,  der  damals 
deutscher  Generalkonsul  in  Sydney  war,  vom  Fürsten  Bismarck  nach 
Lüiidon  gesandt,  ura  dort,  im  Frühjahr  1885,  die  Ausgleichsverhund- ■ 
luijgeü  unter  Zuziehung  des  deutschen^,, Generalkonsuls  Sahl  mit  dem 
englischen  Kronjmisteii  White  wegen  der  Landentschädigungen  auf 
Fidschi  und  mit  dem  Uuterstaatssekretür  iSir  Julian  Pauncefote  und 
Herrn  Thurnston  die  Neuguineafrage  und  die  gegenseitige  Abgrenzung 
der  Interessen  in  der  Südsee  zu  regeln.  Dass  die  Verhandlungen  zu 
einem  allseitig  befriedigenden  Ergebniss  führten,  ist  noch  in  frischer 
Erinnerung.  Bald  darauf  wurde  er  als  Nachfolger  des  zum  preussi- 
schen  Gesandten  in  Hamburg  ernannten  Herrn  v.  Kusserow  vor- 
tragender Rath  im  Auswärtigen  Amt,  wo  er  sofort  das  Kolonial- 
deceruat  übLinahm,  das  er  seitdem  ununterbrochen  ausgeübt  hatte. 
Er  war  bei  der  Abgrenzung  der  Interessensphären  in  Ostafrika  1886 
nicht  unwesentlich  betheiligt,  er  war  im  Jahre  1889  der  dritte 
deutsche  Bevollmächtigte  bei  der  Sanioa-Konferenz  und  erledigte  eine 
Anzahl  Einzelfiagen  in  Bezug  auf  das  englisch-deutsche  Abkommen 
mit  Sir  Percy  Anderson,  dabei,  wie  es  heisst.  den  zu  weitgehenden 
Ansprüchen  der  Engländer  entgegentretend.  In  den  Kreisen  der 
Kolonialfrounde  war  er  sonst  wenig  beliebt.  Nach  Abschluss  des 
deutsch-englischen  Abkommens  trat  in  der  Leitung  und  Organisation 
der  Kolonial-Abtheilung  eine  Aenderung  ein,  Dr.  Krauel  wurde  für 
den  Posten  eines  Ministerresidenten  in  Buenos  Aires  ausersehen,  und 
an  seiner  Stelle  trat  Dr.  Kayser,  der  nicht  minder  in  .kolonialpolitischen 
Dingen  bewandert  ist  als  sein  Vorgänger.  Nachdem  Dr.  Kayser 
Iftogere  Zeit  als  Richter  beim  Stadtgericht  zu  Berlin  nnd  beim  Land, 
gericht  zu  Strassburg  im  Elsass  gewirkt,  wurde  er  zuerst  im  Reichs- 
jnatizamt,  dann  im  Reicbsversicherungsamt  verwendet  nnd  1885  als 
vortragender  Rath  in's  Auswärtige  Amt  berufen,  wo  er  zuerst  in  der 
Bechtsabtheiloog,  dann  anch  in  der  politischen  Abtheilung  hervor- 
ragend Bich  auszuzeichnen  reiche  Gelegenheit  liatte.  Namentlich  den 
Rechtsverhältnissen  unserer  Schutzgebiete  hatte  er  seine  Dienste  zu 
widmen;  die  Mehrzahl,  wenn  nicht  alle  neueren  kolonialen  Reiche- 
geeetze,  für  die  im  Grande  alle  Vorarbeiten  fehlten,  stammen  aus 
seiner  Feder  nnd  er  bat  sie  durchweg  auch  im  Reichstage  mit 


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108 


Koloakhblliiifami^  nmd  Koloniftlrath. 


grossem  Glück  vertreten.  Mau  kann  ilin  in  der  That  mit  vollem 
Recht  den  geistigen  Vater  unserer  Kolonialgesetzgebung  neuneu.  Da- 
neben hatte  er  auch  iür  die  praktischen  Bedürfnisse  unserer  Kolonial- 
politik vielfach  einzutreten:  er  hat  an  der  Reorganisation  der  Deutsch- 
Ostafrikanischen  Gesellschaft  einen  wesentlichen  AutheiK  da  er  der 
Delegirte  des  Reichskanzlers  im  Auf  sieb  tsrath  dieser  Gesellschaft  war. 
In  allen  Kolonialkreisen  arfreut  er  sich  besonderen  VertrauenB  und 
grosser  Beliebtheit  und  an  seine  Emennang  knüpfen  sich  manche 
frohe  Hoffnungen,  zumal  mit  seinem  Eintritt  erst  die  OiganisatioB 
der  Kolooial-Abtheilang  eine  feste  wurde.  Soweit  es  sich  um  die 
Beziehungen  zu  auswärtigen  Staaten  und  um  die  allgemeine  Politik 
handelt,  bleibt  die  Kolonialabtheilung  dem  Staatssekretär  des  Aus- 
wärtigen Amts  unterstellt,  in  allen  eigentlichen  Kolonialangelegen- 
heiten dagegen,  insbesondere  auch  in  allen  organisatorischen  Fragen 
fongirt  die  Kolonial-Abtheilung  derartig  selbstständig  unter  der  Ver- 
antwortong  des  Reichskanzlers,  dass  der  Abtheilnngsdirigent  dem 
obersten  Chef  der  ReichsTorwaltong  unmittelbar  die  erforderlichen 
VortrSge  erstattet  und  unter  Bezeichnung  „Answärtiges  Amt»  Kola- 
nial-AbtheUnng**  die  von  der  letzteren  ansgehenden  Sehriftstllcke  selbst 
zeichnet 

Dr.  Eayser  &nd  ein  reiches  Th&tigkeitsfeld  vor,  die  Verhftlt- 
nisse  in  Ostafrika  drftngten  nach  einer  Eonsolidirong,  die  Verband- 
Inngen  mit  dem  Snltan  von  Sansibar  fiber  Abtretong  der  Schntz- 
tnippe  mnssten  eingeleitet  werden,  die  Umwandlung  der  Dentsch- 
Ostafrikanischen  Gesellschaft  stand  bevor,  der  Etat  harrte  der  Yor- 
berathang,  die  Grenzfragen  in  Eamernn  nnd  Togo  mnssten  ge- 
regelt werden,  daneben  verlangte  der  Reichstag  noch  nach  dem  festen 
'  Programm  für  die  Herbstsession,  nm  davon  grössere  Bewilligungen 
abhAngig  zu  machen.  Unter  den  besonders  dringlichen  Angaben 
befand  sich  auch  die  Bildung  eines  Eolonialratbes,  da  in  dieser  Ein- 
richtung ein  gewisses  Gegengewicht  gegen  eine  rein  bflreaukratische 
Behandlung  der  Eolonialfragen  geschaffen  werden  konnte.  In  Frankreich 
bestdit  ein  Gonseil  supdrieur  des  eolonies,  dessen  Zusammensetzung  der 
deutschen  zum  Muster  diente.  Nachdem  ein  AUeriLOchsier  Erlass 
vom  10.  Oktober  1890  die  Einrichtung  eines  Kolonialrathes  ange- 
ordnet hatte,  brachte  der  Bdchsanzeiger  am  17.  Oktober  fölgende 
Verfügung  des  Reiehskanzlers  vom  10.  Oktober: 

§  1- 

Die  Mitgli»  iloi  des  Kolouialrallia  wcrtleu  vom  Heicliskaiizler  ernannt. 

Die  itiit  kaiserlichem  Scbutzbrief  ausgeätatteten  oder  in  den  Schutzgebieten 


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KoUrniatobthcUoBg  und  Kolonuüntb. 


109 


durch  die  Anlage  wirthidwflUdier  UatenehrnnDgen  von  bedratendem  DmCuig  in 
Thitt^kdl  bellndliehen  KolonttlgeeeUseteftai  werden  ealiifeferdeit  «erden,  ans  ihrer 

Mitte  UitgHeder  zum  Kolonialnth  in  Vorschlag  zu  briagen.  Im  Uebri^en  erfolgt 
die  Berafiing  aus  den  Krdeen  der  Sacbverstlndigen  nach  dem  Enneeeea  des  Reichs- 
kanzlers. 

§  2. 

Die  Mitglieder  des  Kolonialraths  verseben  ihr  Amt  als  Ehrenamt. 

Die  anavirtigen  erhalten  fb  die  Theilnalune  an  den  Sllinngen  eine  ihren 
bnaren  Andafen  «ntsprechende  Ebtaehldignnf  nach  Ilaaasgabe  einer  besonderen 
Verfügung. 

§  3. 

Die  Ertieunimg  der  Mitglieder  erfolgt  für  je  1  Sitzungsperiode  des  Kolonial- 
raths.   Die  Zeitdauer  dieser  Perioden  beträgt  I  Jahr. 

§  4. 

Der  Kolunialratb  tritt  auf  Berufung  des  Reichskanzlers  unter  dem  Vorsitz  des 
Leiters  der  Kolonialabtheilung  des  Auswättigeu  Amts  oder  des  mit  seiner  Stell- 
▼ertretnag  beanftngten  Beamten  der  Kokmialabtbeilnng  msammen. 

Br  hat  sein  Oatachten  über  alle  Angelefenbeitm  «bfngeben,  «elehe  Ihm  von 

der  Kolonialabtheiinnc  überwiesen  verden,  und  ist  befugt,  fiber  selbststtad^  An- 

trige  seiner  Mitglieder  I:u's<'h!u>>-i  ni  f.is^pn. 

Der  Geschäftsgang  wird  durch  eine  von  Keicbskanzler  genehmigte  Geschäfts' 
Ordnung  geregelt. 

16. 

Mitglieder  der  Eolonialablheihuig  sowie  Vertreter  anderer  BehSrden  kfinnen 
mit  Oenehmignng  dea  Reichskanslers  den  Silsangen  mit  beratbender  Stimme  bei- 
wolmen. 

Der  Kolonialrath  wählt  aus  seiner  Mitte  einen  ständigen  Ausscbuss  von  dre 
Personen,  welcher  muierhalb  der  Sitningen  der  Hanptveraamnhing  von  der  Kokmial- 
abtheUang  vm  sdn  Gotachten  in  einzelnen  Fragen  mnndUch  oder  adirifllieh  befragt 
werden  kann. 

Sehr  wichtig  erscheint  die  Bestimmiiiig,  dass  der  Koloniahrath 
auch  befiigt  ist,  fiber  selbststftndige  Anträge  seiner  Mitglieder  Be- 
schlnsB  za  &8sen;  dieses  Recht  der  Initiative  kann,  wenn  es  mit 
guter  Begründimg  nnd  von  wohl  erfahrenen  Leuten  ansgeflbt  wird, 
von  höchster  Bedentnng  ffir  die  'Weiterentwicklong  der  kolonialen 
Angelegenheiten  werden.  Beide  Einrichtongen  stellen  einen  wesent- 
lichen Fortschritt  dar. 


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IHe  dentselieii  Kolonien. 


9 

Kamerun. 

Das  nördliche  Gebiet.  0 
Forschungsreisen. 

Die  Forschungsreisen  im  nördlichen  Gebiet,  welche  durch  die 
Arbeiten  des  Dr.  Bogen  Zintgraff  zn  einem  vorl&nfigen  glücklichen 
Ende  geführt  worden  sind,  bieten  ein  so  grosses  Interesse,  dass  es 
sich  verlohnt,  auf  das  bisher  Geleistete  einen  Rflckblick  zn  werfen. 
Ueber  die  Person  des  Beisenden  ist  torerst  mitzntheilen,  dass  er  (ge- 
boren am  16.  Jannar  1858  zn  Düsseldorf),  anf  dem  etwas  seltenen 
ümwege  dnrch  das  Stndinm  der  Rechtswissenschaften,  dem  er  anf 
den  Universitäten  in  Berlin,  Bonn  und  Strassbarg  oblag  und  die  er 
mit  der  Erlangung  des  Doktorgrades  in  Heidelberg  abscbloss,  zum 
erfolgreichen  Erforscher  Afrikas  geworden  ist.  Mit  Dr.  Chavanne 
f;ing  er  1884  zum  ersten  Male  nach  Afrika,  nach  dem  unteren  Kongo, 
von  wo  er  1885  nach  Hi  liin  zürückkelirfe.  um  sich  von  nun  an 
flänzlich  in  den  \aterländischer  Atrikat'orschunjr,  und  zwar  mi 

(lehiete  von  Kamerun,  zu  stellen.  Dort  fand  die  Erschlit  ssunii  des 
dunklen  Erdtlieils  nicht  die  Mittel  und  Wege,  die  sie  au  anderen 
Stelleu  Afrikas  förderten,  befjueuie  Wassert^trassen  oder  otfciie  Kara- 
wanenwege. Die  dichte  Kiisteubevölkerung  gestattete  den  ExpiMÜtiouea 
nicht  weiter  ins  Land  einzudringen,  als  der  Einlluss  der  Dualla 
reichte.  Theiis  war  es  die  Furcht  der  Eingeborenen,  ihre  weiter  im 
Innern  gelegenen  Zullucht^st alten  dem  weissen  Manne  geheim  zu 
halten,  welciie  sie  zu  dieser  wi<iers[)enstigen  Haltung  veranlassteu; 
der  Hauptgrund  aber  war  die  Haudclseileräucht,  da  sie  lurchteii 

*)  Zur  BearbeituDg  der  Artikel  aber  Kamenin  und  Togo  sind  vesentlieh  die 
uMittheilongen  toh  ForscbirogereiseiuieiL  und  Gelehrten  in  den  dentschen  Sehuti- 
gebieten*  (Verlag  tob  Asher  dk  C<s  Berlin)  benutzt  worden. 


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IMe  deutschen  Kolonien. 


III 


arasstoi^  daas  ihnen  doreli  du  Emdringen  der  fibertegeoen  Welisen 
der  emfarUgiidie  Zwieehenhandel,  den  sie  in  den  Binden  hatten,  ent- 
wnndeD  werden  wfirde.  Nichts  wäre  leichter  gewesen,  als  diesen 
Widerstand  durch  eine  im  Stanley'schen  Styl  ausgerüstete  Expedition 
nnd  mit  Waffengewalt  niederznschmettem.  Aber  die  Eroberung  eines 
Landes  ist  nicht  auch  zugleich  die  Erschliessung  desselben  in 
handelswirthschaftlicher  Beziehung,  zumal  dem  Neger  gegenüber,  der, 
selbst  zu  üebergriffen  geneigt,  dem  weissen  Herrn  nur  mit  dem 
grössten  Misstraueii  sich  fügen  würde.  Es  blieb  daiier  nur  der  Weg 
friedlicher  Eroberung  offen,  indem  man  durch  Errichtung  von  Sta- 
tionen mit  den  Eingeborenen  freundsi  haftliche  l»eziehunp;en  anknüpft, 
deren  Zutrauen  gewinnt  und  so  die  Autorität  der  deutschen  Flagge 
sichert.  Auch  für  die  Wissenschaft  kann  nur  dieses  Vorgehen  die 
erwünschten  Früchte  bringen.  Das  Wort  des  grossen  Nachtigal: 
„Für  die  Wissenschaft  kommt  es  durchaus  nicht  darauf  ab,  ob  die 
Thatsacheu  zwanzig  Jahre  früher  oder  später  l>ekauut  werden,  wenn 
sie  nur  genau  bekannt  werden",  war  daher  der  leitende  Gedanke 
für  die  Vorschläge,  die  Dr.  Zintgraff  in  Betreff  der  Erschliessung 
Kameruns  dem  Auswärtigen  Amte  machte,  nachdem  ihn  dasselbe  im 
Jahre  1886  zu  einer  Rekognoszirungsexpedition  nach  Kamerun  ent- 
sandt und  er  durch  fünf  kleiutTC  Vorstösse  ins  Innere  des  Landes 
desst'u  Natur  und  die  Eigenthünilichkeit  seiner  Bewolmer  kennen 
gelernt  hatte.  Diese  Prinzipien  wurden  vom  Auswärtigen  Amte  ge- 
billigt und  kamen  zur  erfolgreichen  Durchführung  auf  der  Expedition, 
mit  deren  Fühmng  Dr.  Zintgraff  beauftragt  wurde.  Am  1.  Oktober 
1887  verliess  dieser  mit  dem  Hauptmann  Zeuner  Hamburg;  Mitte 
Dezember  brach  die  Expedition  von  Kamerun  ins  Innere  auf,  Zeuner 
entlang  dem  Mungo  marschirend,  Zintgraff  westlich  im  Bogen  den 
Kamerunberg  umgehend.  Letzterer  traf  am  Weihuachtstage  im  Dorfe 
Kumba  beim  Elephaiitensee  ein,  wo  einen  Tag  später  auch  Zeuner 
ankam.  Am  Neujahrstag  1888  erklang  zum  ersten  Male  die  Axt  in 
den  Wäldern  am  See,  und  in  sechs  Wochen  war  der  Bau  der  Ba- 
rombistation  (etwa  5  Grad  N.  Br.)  fertiggestellt.  Schon  im  Mai 
konnte  Zintgraff  einen  Vorstoss  nach  Norden  versuchen.  Derselbe 
führte  ihn  über  Ikiliwindi.  den  nördli<  list<'ii  vou  Dr.  Schwarz  erreichten 
Punkt,  an  dem  dieser,  wie  Dr.  Zintgrati  erfuhr,  erschreckt  durch  eine 
grosse  zur  Elephantenjagd  ausziehende  Schaar  Kingeborener,  deu 
Rückweg  angetreten  hatte,  in  das  etwa  einen  halben  Breitegrad 
nördlich  von  der  Station  gelegeue  Land  Batom.  Ein  zweiter  im  Juli 
desselben  Jahres  uuternommeoer  Zug  führte  Zintgraff  bis  in  das 


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112 


Di«  dMittebM  Kekmien. 


I 
I 


Lind  der  Banyang,  wo  bereits  sehr  getmoe  ErinrndiguBgea  Aber  die 
sfldlichen  Hanssastämme  möglich  waren.  Sklaven,  die  atts  don  nur 
drei  Tagemfirscbe  nOrdlich  beginnenden  Grasland  stammten,  wnaaten 
von  Lenten  zn  erzfihlen,  die  auf  Pferden  reiten  und  Beis  essen.  Den 
Widerstand  der  Banyang,  die  Expedition  weiter  vordringen  zu 
lassen,  versuchte  ZintgraiF  nicht  mit  Waffengewalt  zu  brechen,  da 
ihm,  selbst  wenn  er  siegreich  geUieben  wäre,  angenblicklieh  die 
Mittel  fehlten,  den  Erfolg  aosznnntzen.  Er  kehrte  somit  znr  Ba- 
rombistation  zarflck,  erschien  aber  bereits  am  l.  Januar  1889 
wieder  bei  den  Banyang,  diesmal  aber  an  der  ^itze  einer  starken  i 
Karawane,  deren  Stftrke  schon  TJebelgesinnten  imponiren  mnsste;  sie 
bestand  ans  100  Lenten  ans  Lagos,  die  wegen  ihrer  angeblich  grossen 
Tapferkeit  angeworben  wurden,  aber  dem  ihnen  geschenkten  Ver^ 
trauen  nicht  voll  entsprachen,  wAhrend  sich  die  80  Weis  als  ftuaserst 
beherzte  Leute  erwiesen.  Bei  seiner  Mheren  Expedition  hatte 
Zintgraff  die  Banyang  als  einen  verrätherischen  räuberischen  Volks» 
stamm  kennen  gelernt,  dessen  Häuptling  Difang  nicht  davor  zurfick- 
geschreckt  war,  für  den  Reisenden,  den  er  offen  nicht  anzugreifen 
wagte,  den  Giftbo<her  raisrhen  zu  lassen,  um  ihn  daran  zn  verhin- 
dern, den  Buschlcaten  des  Hiiiterlandos  „zuviel  Verstand  zu  bringen.* 
Trotzdem  musste  Zinti;iart'  den  AVeg  dureh  ihr  (tehiet  nehmen.  Ob- 
wohl der  Reisende  an  der  Spitze  seiner  stattlieheu  Karawaiif  in  dem 
Lande  der  Banyang  ei-sehien,  liess  sieh  Difauü;  nicht  einschüchtern ; 
er  versuchte  durch  allerlei  Ausflüchte  bei  den  Dun  hzn^sverhandlungen  , 
Zeit  zu  gewinnen,  um  sein  Volk  unter  die  Waffen  zu  rufen.  Dr.  Zint- 
graff, der  diesen  i^lan  durchschaute,  beschloss  daher  bereits  am  andern 
Tage  seinen  Marsch  fortzusetzen.  Die  Banyang  sncliten  ihn  zwar 
daran  zu  verliind<'rn.  der  darüber  entbrannte  Kain(»f  endete  aber  da- 
mit, dass  Difang  das  Dorf  räumte.  Der  Kciscnde  zog  nunmehr  un- 
behelligt ab,  aber  die  Banyang  belästigten  flie  Expedition  doch  nooh 
unterwegs,  so  dass  es  rathsam  war.  >obald  als  nn'iglich  aus  dem 
Gebiete  dieser  feindlichen  Stamme  herauszukommen.  Er  verliess 
deshalb  hinter  (iandjang  die  zu  den  Babe.  den  Nadibarn  der  Bali 
führende  Strasse  und  brach  sich  nu"ibevoll  durch  unwegsames  ^ 
Dickicht  mehrere  Tage  lang  einen  Wei?.  bis  er  au  den  Kand  eines  | 
Thaies  anlangte,  au  dessen  anderer  Seite  sich  ein  von  Palmen  be- 
deckter langer  Bergrücken  hinzog,  l't  ber  diesen  hinweg  erblickte  , 
Dr.  Zintgraff  einen  zweiten,  etwa  700  Meter  hohen  Höhenzug,  dessen 
Ränder,  von  der  untergehenden  Sonne  beschienen,  sich  von  dem 
bl&aiicben  Dunkel  der  vorliegenden  Wälder  in  br&onlicbea  Tönen  ab- 

I 
j 

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IKe  Maebtn  KoloBitB. 


IIS 


hoben.  JSa  war  das  Gfasbnd,  wie  der  BaDyang*0otmetMher  Tar^ 
aidierte.  Am  11.  Jasoar  arraicfate  die  Bxpedftioii  ein  anf  der  oben  ei^ 
wilintett  Pafanenhfibe  gelegenea  Doif  der  BM.  Als  die  Verhaadlangen 
mit  den  Singeborenea  wegen  der  LiefernngeD  der  Kalimngsmittel  für 
die  bnngrige  Karawane  einen  drohenden  Charakter  annahmen,  setite 
eieb  Dr.  Zintgraff  müten  anf  den  Maik^iktz  bin,  öffiiete  eine  Sudinen* 
bftebae  nnd  Tenebrte  den  labalt  derselben  Tor  den  Aagen  der  er- 
slaanten  Bab^.  Diese  banoalese  Handinng  Oberaeogte  diese  von  den 
ftiediicben  Abaiditen  der  Expedition  nnd  leitete  gates  Sinyemebmen 
ein.  Die  Umgelmng  des  Dorfes  ist  ganz  mit  wolilgepllegten  Palmen- 
Waldungen  bedeckt,  die  der  Beiseode  noch  nie  in  solcher  Menge  sab. 
Der  folgende  Tag  flUirte  die  Expedition  an  den  steilen  Abbang  des 
weataftikanisdien  HAbenpkteaaa,  das  am  18.  Jannar  bestiegen  wnrde. 
slOnter  nns**,  so  schreibt  der  Beisende,  ,in  wallenden  Nebeln  die 
Walder  nnd  ThAler,  vor  m»  im  Sonnenglanae  bfigeliges  Grasland. 
Wenn  der  Veigleicb  erlaubt  ist,  so  kann  das  MXaml  der  Xeno- 
phontischen  Sebaaren  meht  froher  erUangen  sein,  als  das  «C^rässl 
Grassl  Maasa**  meiner  Tiiger,  die  nnter  dieson  Frendengebeal  die 
bequemen  Pfiuie  des  ebenen  Graslandes  dahineilten,  dem  Haaptdorfe 
der  Babi  zu,  Nn  Taku.  Denn  seit  Monaten  hatten. sie  Vorbereitttn- 
gen  zur  Brreicfanng  dieses  Zieles  treflen  sehen,  hatten  mit  ihren 
Lasten  in  Begen  nnd  Sonnensehein  die  Wälder  dnrebkeneht  nnd  mit 
den  Banyang  gefoehtso,  die  sie  nicht  zn  den  Bali  lassen  wollten, 
wdehe  nach  den  Beechreibungen  der  BanyangsklaTen  anf  Pferden 
Sassen,  Freunde  der  Weissen  waren  nnd  vor  allen  Dingen  Beis,  die 
lieblingsnabrnng  der  Weis,  eseen  sollten.  Was  die  Banyanglente 
eizihlt  batUo,  traf  im  Grossen  und  Ganzen  sn;  jedoeb  geborten  die 
Bali,  in  deren  Laad  wir  nach  dreitägigem  Aufpnthalte  in  Kn  Takn 
kamen,  niobt  zn  den  eigentlielisn  Adamanastimmen,  sondern  sind  als 
ihnen  in  Gebräncbea  nnd  äusserer  Ersoheinnig  ähnUche  Grenzstämme 
zn  beieiebnen.''  Dr.  Zintgraff  hatte  mit  Fo  Bessori,  dem  nneimfld- 
lifih  Palmenwein  zechenden  Oberbäuptliug  von  Nu  Takn,  Blutsfrennd- 
sehaft  geschlossen;  daa  hinderte  aber  die  benaehbarten  Hiaptlioge 
nicht,  zn  versnchen,  der  Expedition,  als  sie  am  16.  Jannar  den 
Weitermarsch  antnt,  einen  ffinteibaH  zn  legen.  Allein  die  in  der 
Ebene  zn  veUslsr  Creltnng  gelangende  Stärke  der  Karawane  schreckte 
sie  doch  ab,  kriegerisch  vorzugehen.  Der  Häuptling  der  Bali,  Ge- 
rega, zu  dem  nun  Dr.  Zintgraff  kam,  hielt  die  Expedition  drei  Mo- 
nate fest  Weder  reiche  Geschenke,  noch  Kfinste  der  Ueberrednng 
vermochten  ihn  zu  bewegen,  ibr  den  Durchgang  durch  das  Land  nach 

KolonlalMi  Jabrbaeh  IMOl  g 


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lU 


Dia  drateetMü  KoknioL 


Bagnio,  das  nnr  fünf  bis  sechB  Tagemarsche  nordostwärts  liegen  sollte, 
za  gestatten.   Diesem  Benehmen  Garega's  fi^egenüber  war  Warton 
und  Ausharren  das  einzig  Richtige.   Die  zaiüreiche  Bevdlkemng  des 
landflchaftlich  schönen,  gut  behauten  Landes  machte  einen  sehr  aof- 
geweckten  Eindruck,  so  dass  sich  die  Anlage  einer  Station  emp^ihl, 
zamal  dnroh  eine  solche  die  Gnnet  Garega'e  gesichert  werden  konnte. 
Garega  war  mit  dem  Plane  einverstanden  and  binnen  zwei  Monaten 
waren,  vorwiegend  durch  die  £ingeborenen  selbst,  die  Geb&ade  der 
Station  errichtet  Weder  Garega,  noeb  einer  der  Männer,  die  an  dem 
Ban  mitgearbeitet  liatten,  forderten  dafür  Geadienke.  Mit  Behagen 
sah  Zintgraff,  wie  sieh  die  Leute  seiner  JBx|>editiQn  mit  den  Bali  ver- 
brüderten. Als  Ende  April  endlicb  der  Beisende  Anstalten  zun  An^ 
bntcb  maehte,  snchte  ihn  Garega,  indem  er  von  Ueberftllen  sprach,  zn- 
rfiekznlialten.  Als  aber  Zintgraff,  die  List  dmebschanend,  lachend 
ausrief:  „Garega  und  die  Bali  sind  verrfidct^*,  eridftrte  Garega: 
„Der  Weisse  bat  ein  starkes  Herz,  er  mag  geben**  und  Hess  Zintr 
grafi^  Um  wie  einen  Sohn  segnend,  abmaTBcbiren.  Keiner  der  Bali 
glaubte  an  seine  Wiederkehr  aus  dem  Lande,  das  ihre  Abnen  vor 
etwa  hundert  Jahren,  vor  den  vergifteten  Pfeilen  und  Speeren  der 
roflsetummelnden  Hanssa  fl&cbtend,  verlassen  hatten.  Ueber  Ban- 
deng, ein  4000  Binwobner  zählendes  Dorf,  gelangte  dieselbe  nach  dem 
grossen  Dorfe  Balut,  dessen  Häuptling  £ualem  die  Strasse  nach 
Bagnio  beberrscht   Dieser  konnte  erst  nach  langen  Verhandlungen 
durcb  ein  Geschenk  von  nahezu  200  Mark  im  Warthe  bewogen 
werden,  Ffibrer  za  stellen.    Bald  zeigte  eis  sieb,  dass  diese  den 
ricbtigen  Weg  vermieden,  die  Expedition  in  einen  ffinterbalt  locken 
wollten.  Dr.  Zintgraff  bescbloss  daher,  selbständig  vorzugehen,  und 
bahnte  sich  einen  Weg  durch  den  Urwald,  der  ihn  in  ein  Dorf  der 
gastfreien  Bufe  fOhrte.  Während  bei  den  Bali  wenigstens  die  älteren 
Frauen  einen  kl^en  Scburz  vom  und  hinten  tragen,  gehen  bei  die- 
sem Busdivolk  beide  Geschlechter  völlig  nackt   Durch  unwirthKche 
Gegenden  ohne  Steg  und  Weg,  über  steile,  felsige  Abhänge  ging  es 
nun  vorwärts  vier  Tage  lang,  bis  man  endlich  —  schon  begann  sich 
Nahrungsmangel  einzustellen  —  zu  einer  Siedeiung  von  fremdartiger 
ßäuart  der  Häuser  (rund  mit  rundem  Spitzdach,  wie  am  Benue)  ge- 
langte.   Es  war  nach  der  Erklärung  des  Haussadolmetschers  eine 
sogenannte  Rin^n.  »'in  Pflanzdorf.  Grosse  Aufregang  entstand  hier  über 
(las  iinKe\v()huli<h>'  Komnii'ii  des  Weissen  von  einer  Seite,   von  der 
noch  nie  einer  ersehit'nLin.    Z<  liii   Tage  dauerte  es,   ehe  der  drei 
Tagereisen  nordwärts  wohnende  Häuptling  von  Takuui  Dr.  Ziutgratf 


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Die  deutschen  Kolonien. 


115 


die  Erlaabniss  ertheilte,  zn  ihm  zu  kommen.  Doch  Hessen  die  sonst 
sehr  höflichen  Eingeborenen,  die  bereits  in  langen  Hanasagewändern, 
Hosen  und  Turbanen  eiubergingen  und  lauge  Schwerter  und  Spiesse 
trugen,  die  Expedition  nicht  in  ihre  mit  Lehnimauern  umgebenen 
Dörfer.  Leere  Schnapsflasehen,  die  in  Takum  gleich  Thurraknäufen 
die  spitzen  Dächer  der  Häuser  zierten,  verriethen,  dass  nicht  fern 
ab  Weisse  sich  aufhalten  müssten.  Von  Takum  erreichte  Dr.  Zint- 
grafi"  am  28.  Mai  Donga  am  Wukarifluss,  einem  Nebenfluss  des 
Benue,  und  hatte  somit  den  Anschluss  an  Flegel's  Reisen  im  süd- 
lichsten Theile  von  Adamana  gefunden.  Weiter  giog  es  nach  Okari 
(Flegel'sWukari).  Hier  daehte  Dr.  ZintgrafF.  wieerschreibt,  eben  darüber 
nach,  wie  er  sich  aus  einer  Hand  voll  Mehl,  denn  seine  Tauschwuaren 
hatten  ein  Ende  genommen,  ein  lukuUisi-hes  Mahl  bereiten  könne, 
als  Eingeborene  ihm  zwei  y;rosse  Kisten  Proviant  überbrachten,  die 
Mr.  Mc  Intosh,  der  Vertreter  der  englischen  Niger-Kompagnie  am 
Benue,  mit  der  Adresse  „Au  den  Europäer,  der  sich  in  Donga  auf- 
halten soll"  in  freundlichster  W^eise  abgesandt  hatte.  Auch  in  Ihi 
am  Benue  fand  Dr.  Zintgraff  in  der  dortigen  Faktorei  der  Kompagnie 
gastfreundlichste  Aufnahme  und  konnte  sich  neuerdings  mit  landes- 
üblichen Tauschwaaren  ausrüsten.  Von  hier  gelangte  bekanntlich  im 
Juli  vorigen  Jahres  die  erste  Nachricht  über  den  glücklichen  Verlauf 
der  Expedition,  über  deren  Schickr^al  man  bereits  liesorgt  zu  werden 
anfing,  nach  Berlin.  Nur  vier  Tage  gönnte  sich  Dr.  Zintgraff  in  Ibi 
Rast,  dann  brach  er  nach  dem  am  Tarabba  liegenden  Enndi  (FlegeFs 
Bakundi)  auf.  Dort  überstand  er  in  der  von  einem  Sierra-Leone- 
Neger,  Mr.  Lewis,  geleiteten  Faktorei  der  Royal  Niger  Kompany  einen 
starken  Dysenterieanfall  und  traf  dort  auch  mit  einem  der  ehemaligen 
Begleiter  Flegers,  der  mit  diesem  in  Berlin  gewesen,  Madaga  6a- 
schimbaki,  zasammen.  Da  sich  Letzterer  erbot,  den  Reisenden  nach 
Bagnio  za  bringen,  so  nahm  ihn  Dr.  Zintgraff  in  seinen  Dienst;  6a- 
schimbaki  hat  sich  aber  als  allzu  sanfter  Mann  i  rwiesen,  der  die 
Interessen  der  Expedition  nicht  mit  der  nothwendigen  Energie  vertrat. 
Um  nicht  allzn  sehr  in  die  Regenzeit  hineinzukommen,  reiste  Dr.  Zint- 
graff bereits  nach  achttttgigem  Aafenthalt  in  Kundi  noch  als  HekoD- 
valeszent  ab.  Gaschka  war  das  erste  Dorf,  das  er  in  dem  znr 
deutschen  Interessenspähre  gehörigen  Theil  von  Sfidadamaua  betrat. 
Da  der  dortige  Häuptling  Sambo  erklärte,  er  dfirfe  die  Expedition 
ohne  Erlaabniss  des  OberhftaptUngs  von  Jola  am  Bena§  nicht  nach 
Bagnio  ziehen  lassen,  so  entsehloss  sich  Dr.  Zintgraff  selbst  nach 
Jola  zn  gehen.  £r  wurde  dort  von  dem  Oberhänptling  gat  anfge- 

8* 


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U6 


Di«  deutidiea  Kokmieo. 


uommeii,  welcher  aber  erklärte,  er  könne  dem  Reisenden  keine  Führer 
noch  Baguio  geben,  da  er  selbst  dort  nicht  gut  bekannt  sei.  Sambo 
werde  aber  einen  guten  Weg  zu  den  Bali  zeigen.  So  kehrte  denn 
Dr.  Zintgruff  nach  Gaschka  zurück;  der  Resuch  Jola's  hatte  30  Tage 
in  Anspruch  genommen.  Sambo,  ein  gastfreier,  kluger  Mann,  gab 
endlich  dem  Reisenden  Führer,  die  ihn  wieder  nach  Takum  brachten, 
das  er  vor  fünf  Monaten  verlassen  hatte.  Irregeleitet  durch  die  Aehu- 
lichkcit  des  Namens  eines  ihm  Bafum  genannten  Dorfes  mit  dem  des 
ihm  bereits  bekannten  Bafut.  erbat  sich  Zinti^raff  von  dem  freundlich 
gesinnten  Häuptling  von  Takum  Führer  nach  Bafum.  Diese  Route 
erwies  sich  aber  als  nicht  unbeträchtlicher  Umweg  durch  ein  schwie- 
riges Bergland,  wo  die  Expedition  in  Folge  eines  plötzlich  herein- 
brechenden Unwetters  (Hagel  mit  Temperatursturz  um  11 — 12  Grad 
Celsius)  16  ihrer  Leute  verlor.  Glücklicher  Weise  schriehea  die 
Trfiger  die  Schuld  an  dem  Unglück  nicht  dem  Eeisenden,  sondern 
bösem  Zauber  zu.  „Massa,  Du  lumnst  uns  gegen  die  Menschen, 
nicht  aber  vor  Gott  beschützen'',  «igten  sie;  ^nter  Gott  verstanden 
sie  aber  .bAse  Medicin^,  von  der  zu  sprechen  sie  sich  schämten. 
Nach  sechämonatlieher  Abwesenheit  kam  Dr.  Zintgruff  wi^er  ^uf  der 
Balistatiou  bei  (4arega  an,  der  bereits  Boten  ihm  entgegengeschickt 
hatte.  Die  fiäckkehr  der  Expedition  machte  den  gl&nstigsteu  Ein- 
druck, denn  es  war  die  Meinung  Terbreitet  gewesen,  Dr.  Zinigraff 
werde  entweder  von  den  Bnsefanegara  todtgesohlagen  werden,  oder 
aus  irgend  einem  anderen  Gnnide  nieht  wiederkommeii.  Sechs 
Wochen,  wihrend  welcher  die  Statiop  «osgebessert  und  erweitert 
wnrde,  Uieb  die  Ei^editioq  bei  Bali.  Ak  Zintgraff  zur  Hsim- 
kehr  aufbrach,  gab  ihm  Garogm  4w  sein  Blutsfrennd  geworden  war, 
Leute  mit,  die  ihn  bis  Kameron  begleiten  sollten«  Pen  Banyang 
liess  Gareg»  sagen,  wenn  sie  efff  die  Expedition  schfli^en,  so  wer^e 
er  es  nicht  ungestraft  dahin  gehen  lassen.  Trotzdem  wurde  einmal, 
die  Nachhut  der  Expedition  Ton  den  hinterlistigen  ^uschnegeni  an- 
gegrüfon,  aber  ohne  Ijrfolg.  Ohne  weitere  Schwierigkeiteil  eciekhle 
Dr.  Zintgraff,  unterwegs  von  4en  er^uten  begründeten  Kmgeboremm 
lebhaft  begitsst,  die  ^arombistation  iiach  mehr  dehn  eiiyUhriger  Ab- 
wesenheit, körperlich  allerdi^igs  von  den  StEapgi^  etwas  angegiiffen, 
und  langte  am  5.  «Kanmir  1890  in  Kamerun  an. 

Aus  den  MittheUungen  ZintgrafiTs  heben  wir  nodi  hervor,  4ese 
das  Grasland  einen  Bestand  an  kleinen,  in  Folge  der  Qblichen  Gras- 
brftnde  verkrüppelten  Bftomen  von  20  bis  ^^.Fnsa  Bfihe  besitzt,  de< 
sich  mitonter  zu  klsipen  flainen  verdichtet  Die  von  Sädost  wk 


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Die  deutäcbeu  Kolonien- 


Ii? 


KoidoBt  steigenden  Gebirgssdige  bäten  dtsh  ane  krystattmiBchem 
8ebl6lBt"«if;  ans  ihiUni  erheben  dich  id  AdamaiüL  auffallende  Fels- 
paMieen  Ms  zu  300  Fnee  Höhe  Wie  gewaltige  Zncicerhfite.  Rasen- 
eiäenstein  ist  bftnfig  and  liefert  den  eingeborcncD  Schmieden  das  Roh- 
material ;  Kupfer  soll  in  den  östlich  von  der  Route  Zintgraffs  liegen- 
den Ländern  vorkommen.  Nur  zwischen  Gaschku  und  Jola  tritt 
Laterit  zu  Tage.  Wie  das  ganze  Küstengebiet  von  Kamerun  ist 
auch  das  durchreiste  Hinterland  nicht  besonders  wildreich.  Der 
Elephant,  der  in  den  Urwäldern  an  der  Küste  meist  nur  zu  drei 
bis  vier  Stück  gest  heu  wird,  kommt  im  Grasland  in  grösseren 
Heerden  vor.  Flusspferde  finden  sich  im  Wuri.  Eine  kleine  Art 
Büffel,  die  im  Waldhuid  selten  ist,  ist  im  Grasland  häufiger;  Anti- 
lopen wurden  namentlich  in  Adamaua  in  Heerden  von  40  bis 
50  Stück  gesehen.  Spuren  von  Leoparden,  Hyänen  wurden  beob- 
achtet, auch  Löwen  S(dlen  vorkommen.  Affen  sind  zahlreich,  uunient- 
lich  Schimpanse,  deren  stark  ausgetretene  Pfade  den  Wanderer  irre 
führen  können.  Zibethkatzen  wurden  gefangen  und  gewöhnten  sieh 
an  den  Menschen.  Schlangen  wurden  in  nicht  grosser  Zahl  getroffen. 
Der  Wald  ist  reich  an  Vögeln;  Hauptmann  Zeuner  hat  eine  ausser- 
ordentlich vollständige  Sammlung  derselben  zusammengebracht.  Das 
t*erlhnhn  und  eine  grosse  Holztaube  ist  geradezu  charakteristisch 
für  Adamaua.  Die  Jagd  betreiben  die  Eingebor-nen  als  Treibjagd 
und  mittelst  Fallgruben  und  Fallen.  Die  Hausthiere,  die  an  der 
Küste  in  Folge  mangelhafter  Verpflegung  mager  und  schlecht  sind, 
80  dass  der  Europäer  auf  Konserven  angewiesen  ist,  sind  im  Binnen- 
land gut  genährt;  überall  fand  sich  ein  guter  Viehstand.  In  Jola 
hatte  ein  fetter  Huckeloclise  nur  den  Werth  von  etwa  6  Mark.  Das 
Huhn,  das  in  seiner  Magerkeit  als  ein  Symbol  der  Küche  an  der 
afrikanischen  Küste  angesehen  werden  kann,  ist  fett  und  rund. 
Ueberhanpt  ist  die  Verpflegung  im  Binnenlande  eine  ausgezeichnete, 
Sobttid  man  sich  an  die  einheimische  Kost  gewöhnt  hat.  —  Die 
Schwarzen  des  Graslandes  nnterscheiden  sich  von  denen  der  Kfistö 
nidit  80  sehr,  ^e  man  nach  der  VersChied^eit  des  Landes  an- 
nefhmen  möchte;  der  Unterschied  ist  aber  noch  immer  bemerkbar. 
Hin  Vergleich  fällt  zu  Gunsten  der  Bewohner  des  Graslaiidcs  aus, 
bei  denen  sich  Alles  freier,  nngebündener  entwickelt.  Dieselben  sind 
ton  guter  Mittelgrösse,  Oft  erbliökt  man  Wahrhaft  herkulische  Ge- 
stalten, die  sich  ihrer  Kräfte  bewusst  sind.  Der  Haartracht  w^iid 
grosse  Sorgilllt  zugewendet;  bei  den  Bali  tfagen  beide  Geschlechter 
gleieh«  ffiMBeh6|»fe,  dnieh  die  sie  den  Kopf  tauch  hinten  yeti&ngem. 


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118 


IKt  dmitiditn  Kokmin. 


Sie  drücken  den  Kopf  der  Neageborenen,  um  ihm  eine  oblonge  Ge- 
stalt zu  geben.  Die  Greistesfähigkeiten  werden  dadurch  nicht  beein- 
trächtigt, denn  die  Bali  sind  neben  den  Uanssa  die  Klügsten  nnd 
Aufgewecktesten.  Obwohl  die  Sinne,  namentlieb  das  Gesicht  der 
Schwarzen,  sehr  scharf  sind,  erscheint  der  Farbensinn  nicht  besonders 
ausgebildet;  sie  können  im  Regenbogen  nnr  drei  Farben  nntei^ 
scheiden;  als  Einer  vier  Farben  gesehen  haben  wüllte,  sagten  sie, 
.er  lüge,  das  könne  nnr  der  Weisse  sehen.  Bewnndeinswerth  ist  die 
Fähigkeit  der  Schwarzen,  Schmerz  nnd  Wunden  zu  ertragen.  Mit 
durchschossener  Mi^enwand  zankton  sie  sich  am  die  Kriegsbeute; 
mit  durchschossenen  Hinterbacken  folgte  ein  Verwundeter  dem  an- 
strengenden Marsche  der  Expedition.  Dr.  ZintgrafF  erklart  den 
Charakter  der  Neger  für  einfach  nnd  durchsichtig;  nach  seiner 
Stellang  im  und  seiner  Auffassung  vom  Leben  ist  der  Neger  voll- 
kommen ein  Kind,  für  das  die  Vergangenheit  nicht  existirt,  nnr  die 
Gegenwart  gilt  nnd  die  Znkonft  insofern,  als  der  Magen  in  Betracht 
kommt.  Für  V^erbandlnngen  mit  dem  Neger  empfiehlt  sich  die 
Politik  des  Lavirens;  anf  indirektem  Wege  gewinnt  man  ihn  leichter, 
als  direkt,  denn  er  ist  misstraoisch,  fürehtet»  fiber  das  Ohr  gehauen 
zu  werden.  Die  Ansicht  ist  anrichtig,  dass  es  nicht  gelingen  werde, 
den  Neger  der  Koltnr  zaznfBhren;  ihn  für  dieselbe  zn  gewinnen,  ist 
des  Schweisses  der  Edelsten  werth.  £s  ist  kein  Zweifel,  dass  es 
gelingen  wird. 

Dr.  Zintgnff  kehrte  dann  zu  mebrmonatlicher  Erholung  nach 
der  Heimath  znrfiok  nnd  wurde  iron  dem  Kaiser  sowohl  als  den 
geographischen  GeaeUsehaften  melu:&ßh  ansgezeicfanet  Anfiuigs  Sep- 
tember reiste  er  jedoch  wieder  in  Begleitung  des  Lientenant  Spangen- 
berg nach  Kameron  znrfick,  am  ^rasiell  für  die  Handelsentwicklnng 
des  Hinterlandes  thatig  zo  sein.  Leider  hat  er  den  Tod  seines 
mehijfthrigen  Mitarbeiters,  des  Hauptmann  Zeuner,  zn  beklagen, 
welcher  am  28.  April  anf  der  Rhede  von  Lagos  verstarb.  Karl 
Lodwig  Zeoner,  geboren  am  19.  Juni  1852  zu  Emmendingen  i.  BaAen, 
hat  *gleich  beim  Beginn  der  sozialen  Bewegung  Deutschlands  mit 
vollem  Eifer  fflr  die  nationale  Sache  gearbeitet  nnd  sich  durch 
langjährige  Stadien  auf  seinen  Forscherfoeruf  vorbereitet,  welchen  er 
in  der  Expedition  Zintgraifs  dann  ausftbea  konnte.  Wfthrend  der 
Adamauer  Expedition  Zintgraft^s  musste  Hauptmann  Zeuner,  vom 
schweren  Fieber  befallen,  in  die  Heimath  zurfickkehren,  traf  aber 
mit  Zintgraff  -wieder  in  Kamemn  zusammen.  Wenige  Monate  spftter 
Ist  er  ein  Opfer  seines  Berufs  auf  dem  afrikanischen  Boden  geworden. 


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Di«  daatoeb«  K«i»nkn.  119 

Im  nOrdltdMD  Gebiet  tand  noch  einige  Sänreden  thitig,  weldie 
zar  firforsehnog  des  Landes  maneheriei  beigetragen  haben.  Ende 
1888  siedeHen  sieh  die  beiden  schwedischen  StasAssogehOiige 
Knntson  md  Vnldan  nebst  einigen  Qefthrten  am  Vtuoe  des 
Kamermigebiiges  an,  nm  daselbst  jnVerblndnng  mit  Jagd  nndLand- 
wirthsebaft  Handelsgeschifte  za  treiben.  Da  die  AnkAmndinge  bm 
ihr»  Krenz-  nnd  Qnerzflgen  dmish  das  Gebitge  das  hSillge  Vor- 
kommen der  Gmnmiliane  festgesteUt  hatten,  so  bemühten  sie  sieh, 
die  £nigeborenen  in  der  fiereitong  des  Eantsdinks  sn  nnterriohten, 
welcher  bislang  im  Kamenmgebiet  ein  noch  nnbekannter  Ansftahr- 
gegenständ  gewesen  war.  Sie  sahen  sich  bald  in  die  Lage  gesetzt, 
in  dem  an  der  NordkOste  dee  Schntsgebietes  anf  halbem  Wege  nach 
Ealabar  gelegenen  kleinen  DOrfichen  Bibnndi  eine  eigene  Faktorei 
zn  errichten,  erweiterten  nach  einem  Besnehe  in  Bniop«  im  Jahre 
1888  das  Gesdifift  nnd  gründeten  die  Firma  Knntson,  Valdan  &  Heil- 
bom,  deren  Hanptsitz  in  Stockhohn  ist  nnd  welche  gegenwfirtig  eine 
grössere  Anzahl  von  Faktoreien  im  nördlichen  Theile  des  Sdintz- 
gebietes  sowie  einen  Ideinen  Dampfnr  besitzt  Die  bisherigen  Er- 
folge der  Firma  sind  in  erstsr  Linie  der  Thstkraft  nnd  Ansdaner 
der  Herren  Knntson  nnd  Valdan,  sodann  aber  anch  dem  befolgten 
Gesdififtssystem  zoznschreiben.  Die  schwedischen  Ansiedler  haben 
einen  grossen  Theil  des  Hinterlandes  von  Kamemn  zn  Fuss  durch- 
wandert, nm  schliesslich  an  denjenigen  Ponkten,  welche  ihneo  znr 
Anknüpfung  von  Handelsbeziehnngen  mit  den  Eingeborenen  als  die 
günstigsten  erschienen,  Niederlassangen  zu  gründen.  Den  Haapt- 
theil  ihrer  Thätigkeit  haben  sie  an  die  Nordgrenze  des  Schutz- 
gebietes, an  die  Ufer  des  Mcme-Flusses  (Ndobe-Kriek)  verlegt.  Der 
Handel  besteht  hau{>tsiiclilich  in  Palmöl,  welches  in  Fässern  von  den 
Faktoreien  aus  dem  Fluss  herabgeHnsst  und  alsdann  von  dem  weiter 
unten  nahe  der  Mündung  liegenden  Dampfer  aufgenommen  und  nach 
der  Hauptfaktorei  Bibundi  gebracht  wird.  In  Rücksieht  auf  die 
reichen  Erfahrungen,  welche  die  schwedi.schen  Ansiedler  im  Kamerun- 
gebiet gesammelt  haben,  dürfte  es  nicht  ohne  Interesse  sein,  die  An- 
sichten kennen  zu  lernen,  welche  einer  derselben,  Herr  Valdan,  in 
der  schwedischen  Zeitschrift  „Ymer"*  mit  Bezug  auf  die  Verhältnisse 
des  Schutzgebietes  niedergelegt  hat.  Sehr  eingehend  wird  die  Ar- 
beiterfrage besprochen,  welche  auch  für  die  schwedische  Firma  von 
grosser  Wichtigkeit  geworden  ist,  nachdem  dieselbe  durch  die  deut- 
schen Gesellschaften  in  Kamerun  auf  dem  Gebiete  des  Tabak-  und 
Kakao-Anbanes  angeregt,  ebenfalls  mit  der  Anlage  von  Plantagen 


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120 


Die  itnMm.  Kittoni«. 


beginnt.  Wie  bekannt,  wurden  als  Plautagenarbeiter  bisher  nicht 
die  Einj^eborenen  des  Kamenmgebietes  selbst  verwendet,  sondern 
Einwohner  von  Liberia  und  der  Goldküste,  obgleich  dieselben  ver- 
hältnissmässig  thener  sind.  Die  Kumernn-Lente  werden,  dem  all- 
gemeinen ürtheile  nach,  nicht  als  zur  Arbeit  tauglich  erachtet.  Herr 
Valdau  ist  anderer  Ansicht.  Er  ist  der  üeberzeagang,  dass  dio- 
aelben  bei  richtiger  BeiuMtdloog  sehr  wohl  zur  Arbeit  anzoleineii  sind. 

•  Wir  haben,*  so  intMrt  er,  „seit  zwei  Jahren  Eingeborene  des  Landes  in 
unserem  Dienst,  und  unsere  Versuche  sind  mit  wenitjen  Ausnahmen  befriedigend 
ausgefallen.  Während  des  Jahres  1888  hatten  wir  20  Mann,  von  welchen  7  sich 
für  ein  Jahr  verpflicbtet  hatten  und  auch  zu  unserer  Zufriedenheit  ihre  Zeit  ab- 
dienten; die  übriftoi  mna  fSr  8  bte  S  Kontte  angenommen;  von  diesen  Hefen  4 
aus  dem  Dienste.  Da  von  Allen  nur  8  twor  bei  Weissen  gedient  hatten,  so  nrass 
du  Reenhat  ab  ein  eOhr  gnnstigee  beieiehnet  irerden.  Wfr  habm  Itets  auf  gmaner 
Einhaltung  der  Arbeitsstunden  bestanden,  gaben  aber  im  Anfang  leichtere  Arbeit, 
welcho  erst  nach  und  nach  gesteijjert  wurde.  Shi^h  Sobluss  der  Arbeit  am  Abend 
erhielten  diese  Leute  und  erhalten  iiofh  jetzt  mehr  Freiheit  als  die  l)ereil<  an  Ar- 
beit gewöhnten  Krujuugeu.  Mit  Bezug  auf  die  Bezahlung  haben  wir  eine  Methode 
befolgit,  die  sieli  ga%  bew&brt  bat.  Die  Lente  bekommen  vor  Ablauf  der  gansen 
Dienstseit  niehti  tou  ibrem  Lohn.  Im  Anfing  besahlten  wir  sie  jeden  Monat,  aber 
daa  hatte  cur  Folge,  daM  sie  Alles  verschwendeten  und  am  Scblnss  der  Dienstzeit 
nicht  mehr  hatten,  als  am  Beginn  derselben.  Wenn  aber  der  Arbeiter  mit  der 
Löbnmii;  für  lungere  Zeit  nach  seinem  Dorfe  zurückkehrt,  so  kann  er  .seine  Lage 
in  einer  Weisü  verbessern,  welche  ihm  und  Anderen  zeigt,  dass  es  sich  wohl  lohnt, 
bei  dem  weissen  Manne  zu  arbeiten.  Von  den  Leuten,  welche  zuletzt  bei  uns 
arbeiteten,  haben  IS  der  Bestgeabten  anf*e  Neue  Dienst  auf  1  Jsbr  genommen, 
und  das  Betepiel  derselben  sowie  die  SeUUse,  welche  sie  heimgefBhrt,  haben  so 
günstig  gewirkt,  daM  wir  jetzt  jederzeit  weitere  20  t  i  30  Mann  erhalten  könnten. 
Und  doch  wird  es  noch  einige  Jaiire  dauern,  bis  sie  die  Kruieute  und  andere  Ar- 
beiter werden  voll  ersetzen  können:  es  wäre  dnlier  unklug,  durch  Entlassung  der 
Letzteren  sich  von  den  Eingeborenen  ubhän<rig  zu  machen.  Nach  gehörigem  ,trai- 
ning*  werden  diese  aber  sieber  gute  Plantagenarbeiter  wttdoi  und  dsrauf  arbeiten 
wir  hin.  Weit  grössere  Hoffnungen  noeb  eette  ich  aaf  das  Volk  dos  innoren 
Landes.* 

Herr  Valdau  bespricht  fennr  die  Fngd  des  Zwiaehenhandela. 
Deieelbe  wird  Yon  der  EfiiteiibefMkenuig  des  Sointigebiefees  seit 
langer  Zeit  betrieben  und  trSgt  dazn  bei,  dieselbe  der  Bebammg  dee 
Landes  sn  entfremden.  Insbesondere  vertheoert  derselbe  aber  die 
Landesprodakte  so  erhebUeb,  dass  hierdoreh  der  Handel  scbwer  be- 
eintrftditigt  wirl  Im  mitHersn  Thdle  des  Sohntagebietes  sind  es 
insbesondere  die  Dnalla,  welche  mit  grosser  Zähigkeit  den  dkekton 
Verkehr  der  WeSssoa  mit  den  Stimmen  imHiiteiiaade  an  Terbhideni 
suchen  uid  hierbei  htafig  gewaltthitig  yerfiihrsn.  Herr  VahUm  be- 
zeiehnat  den  Zwisofaenhandel  als  den  Hammw^hnh  iBr  das  V(»dringen 


Dk  deutschen  Kolonien. 


121 


dor  Snropler  in  cU»  LuMfe  dto  Landes  und  die  ünaohe  der  Demo- 
iBUsalktt  der  KftrlMibervOlInnuig,  iveldie  de  Iml  und  viipfodiiktiv 
ouudit  »Ift  Folge  dieses  ümstandes*,  so  bemerkt  er,  „bekommen 
die  Bttmme  des  inneren  Landes  lAr  ihre  Arbeit  so  ivenig  besablt, 
daas  sie  keinen  Impnls  fühlen,  mehr  tu  prodnzfren,  äls  für  die  Be- 
BchaffuDg  der  ailemothwendigsten  Lebensbedfirfnisse  anBreioht.  Konnte 
der  Zwi sehen handel  beseitigt  werden,  so  würde  sich  die  Prodoktion 
der  Kolonie  vervielfältigen,  denn  der  Neger,  für  den  die  Zeit  keinen 
Werth  hat,  trägt  gern  sein  Oel  und  seine  Kernfrüchte  Hunderte  von 
Kilometern,  wonu  er  weis,  dass  or  sie  gut  bezahlt  bekommt.  In 
unserem  Gebiete  —  d.  h.  im  Norden  des  Schutzgebietes  —  wäre  es 
verhältnissraässig  leicht  gewesen,  von  xVnbeginu  an  da,s  Aufkommen 
eines  solchen  Zwischenhandels  zu  verhindern  und  den  vorhandenen 
zu  anterdrücken,  aber  dazu  wäre  eine  grössere  Macht  erforderlich 
gewesen,  als  wir  sie  gegenwärtig  besitzen."  Als  weiteres  Mittel, 
die  Produktion  des  Schutzgebietes  zu  heben,  bezeichnet  Herr  Valdau 
endlich  die  Beseitigung  des  sogenannten  „Trnstsystems".  Man  ver- 
steht hierunter  ein  System  des  Kreditgebens  an  die  Eingeborenen, 
dessen  ursprünglicher  Gedanke  war,  dem  eineeboreuen  Händler  den 
Ankauf  von  Produkten  im  Innern  zu  ermöglichen.  Dieser  Ankauf 
sollte  für  Rechnung  der  Firma  geschehen  und  die  Tilgung  der  Schuld 
nach  der  Rückkehr  des  Händlers  aus  dem  Innern  stattfinden.  Die 
Rückzahlungen  erfolgten  indessen  nicht  'pünktlieh.  vielmehr  wuchsen 
die  Schulden  mehr  und  mehr  an  und  gleichzeitig  fasste  der  Zwischen- 
handel tiefer  und  tiefer  Wurzel.  Die  steigende  Konkurrenz  der 
europaischen  Firmen  nöthigte  zum  fortgesetzten  Kreditgeben,  um  die 
Kundschaft  der  Eingeborenen  zu  erhalten.  Die  Beseitigung  des 
„Trnstsyatems",  welches  den  Zwischenhandel  hat  grossziehen  helfen 
nnd  jetzt  wohl  allgemein  als  schädlich  anerkannt  wird,  würde  ein 
einnüthiges  Znsammengehen  aller  europäischen  Firmen  voraussetzen. 

Auf  Anregnng  der  Schweden  ist  unter  Führung  des  cand.  phU. 
Ingve  Sjöstedt,  einem  bedentenden  Ornitholoiren.  dne  Expedition  von 
der  Schwedischen  Akademie  der  Wissenschaften  ansgerfistet  worden 
and  nach  Kamemn  abgegangen,  nm  die  Fauna  des  westliehen 
Kamemnber^ges  m  stndircn  nnd  für  die  AluMiemie  entomologieche 
Ramahingen  sn  Yeranstalten. 

Thätigkeit  der  Marine. 

S.  M.  Krenser  « Habicht"  hat  im  f ergangenen  nnd  in  diesem 
Jalne  indem  dentsch-englisehen  Grenzgebiet  von  Kamerun, 


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122 


Die  dtntwilMn  Kolonkn. 


dem  früher  mit  „Rio  dfl  RpV  bezeichneten  Küstenstrich  zwischen" 
dem  Alt-Kalabar  und  dem  Kamerungebirge,  Vermessungen  angestellt. 
Der  wichtigste  und  grösste  der  Flüsse  des  behandelten  Gebietes  ist 
der  Akwa  Jafe,  der  bis  zu  seinen  Wasserfällen  befahren  wurde. 
Während  er  innerhalb  der  letzteren  auf  seinem  rechten  Ufer  nur 
einen  einzigen  Kriek  entsendet,  durch  welchen  er  mit  dem  Klein-Akwa- 
Fluss  in  Verbindung  steht,  zweigen  von  seinem  linken  Ufer  zahl- 
reiche Krieks  ab.    Eine  Sandbank  scheidet  die  Mündung  des  Akwa 
Jafe  von  der  des  Alt-Kalabar-  oder  Gross- Flusses.    Auch  die  Farben 
des  Wassers  der  beiden  Flüsse,  die  sich  bis  weit  in  die  See  hinaus 
gesondert  erhalten,  sprechen  dafür,  dass  dio  Darstellung  der  alten 
englischen  Karten ,  die  den  Akwa  Jafe  in  den  Alt-Kalabar  münden 
lassen,  unrichtig  ist;  jener  hat  eine  weisslich  grüne,  dieser  eine 
schmutzig  braune  Farbe.    Das  Westofer  des  .Rio  del  Rey",  welchen 
die  Eingeborenen  Mascbantu  nennen,  bildet  bekanntlich  die  Grenze 
zwischen  engliscliem  und  deatschem  Gebiet.    Der  Maschantu  ist  nicht 
als  Fluss  anzusehen,  sondrrn  er  ist  lediglich  ein  tief  in  Mangroven- 
gebüsche  einschneidender  Meerbusen,  in  welchem  sich  hauptsächlich 
von  Westen  und  Norden  zahlreiche  Arme  des  Akwa  Jafe  ergiessen. 
Oestlich  vom  Rio  del  Rey  ist  der  Meta  gelegen,  der  ebenfalls  nur 
als  ein  Meerbusen  aufzufassen  ist.    In  seinen  nördlichsten  Theil  er- 
giesst  sich  der  Flnss  Ndian,  welcher  bis  zn  seinen  von  dichtem  Ur- 
wald umgebenen  Wasserfällen  vermessen  worden  ist;  diese  erfolgen 
in  drei  Abn-illen,  von  denen  jeder  nngefthr  5 — 10  Meter  beträgt 
Der  Ndian  ist  fast  auf  seinem  ganzen  oberen  Lanf  so  6ach,  dass  er 
kaum  mit  Kanus  befahren  werden  kann.  Doreh  den  Bomesinga  Kriek 
nnd  einen  weiter  südlich  gelegenen,  nördlich  die  Fiariplnsel  begren- 
zenden Kriek  Ist  der  Heta  mit  dem  weiter  Ostlich  gelegenen  Andon- 
kat,  der  frfiber  ftlschlich  Massake  genannt  wnrde,  verbanden.  Erst 
nördlich  von  der  Nachtigal-Insel,  bis  zn  der  seine  Ufor  von  Mangrove- 
sftmpfen  gebildet  werden,  zeigt  der  bis  dahin  meerbnsenartige  An- 
donkat  das  Charakteristische  eines  Flnsses.  In  seinem  oberen  Lanfe, 
Ton  der  Krokodilinsel,  wird  er  von  den  Eingeborenen  anch  Boke 
genannt  In  seiner  Mfindnng  liegt  die  Soden-InseL   Das  linke  Ufer 
des  Memo  schliesst  nach  Osten  dieses  Flnsssystem.  Die  Ufor  des 
Memo  sind  von  den  DöbenfUlen  an,  bis  zn  welchen  er  befahren  wnrde, 
bis  zn  dem  Pnnkte,  wo  der  Flnss  sich  nach  Sfldwest  wendet,  hoch 
nnd  frnchtbar.  Das  von  dem  unteren  linken  Ufer  des  Akwa  Jafe, 
dem  rechten  Ufer  des  Andonkat  bis  znm  Massake,  dem  Massake  nnd 
der  Mememftndnng  nmscfalossene  Gebiet  ist  ein  grosses  Krieksystem 


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Die  dtntwben  Kolonien. 


123 


mit  tief  einachneideiidfln  MMnaannen,  in  wetehes  der  Kdiaii,  AndoD- 
kat»  LoM  und  der  Meine  münden;  es  ist  mit  ilnsnehme  einiger  Iclei- 
nen  Plfttze,  auf  weldien  Fiseberdörfer  liegen,  ein  von  Hangroven 
bewaeheenes  Sumpf  land,  sogar  für  EingelN>rene  nnt»ewohnbar,  also 
ohne  wirthachafUichen  Wertii.  Das  Gebiet,  das  ndrdliob  nnd  6stlieh 
von  der  voiiierbezeichneten  Grenze  liegt,  bat  guten  Boden,  ist  hoch 
gelegen,  daher  aneh  bewohnbar.  Hier  wachsen  flberall  die  Oelpalme, 
der  BanmwoUenbanm  nnd  die  Banane. 

Das  mittlere  Qebiet. 
Verwaltung. 

Forschongsreisen  von  Bedentnng  sind  in  diesem  Gebiete  im 
Lanfe  des  Jahres  nicht  gemaeht  worden,  die  Thfttigkeit  der  Regie- 
rung erstrQckte  sich  wesentlich  darauf,  durch  geeignete  Massregeln 
den  Handel  zu  beben,  passende  Anlagen  herzustellen  und  allgemein 
zivilisatorisch  zu  wirken.  Der  Ruhm,  diese  Verbesserung  mit  Um- 
sicht und  Verständniss  durchgeführt  zu  haben,  gebührt  dem  Gouver- 
neur Freiherm  v.  Soden.  Fünf  Jahre  der  noch  nicht  secbsjährigea 
Geschiebte  unserer  Kolonie  Kameruu  hat  als  Gouverneur  Herr 
V.  Soden  an  derofi  Spitze  gestanden.  Am  4.  Juli  1885  war  er  dort 
eingetroffen,  hat  daun  bloss  einmal  einen  kurzen  Urlaub  zur  Reise 
nach  Europa  iH-nutzi  und  ist  endgültig  mid  wHhrs<ljeinlieli  auf 
Nimmerwiedersehen  am  6.  Januar  1890  aus  der  Kolonie,  iu  welcher 
er  unter  den  schwierigsten  Verhältnissen  grosse  Dienste  geleistet  hatte, 
abgereist.  Wenn  man  den  in  Ostatrika  wirkenden  Oflizieren  und 
Beamten  bei  Gehaltsbezügen  und  l'ensionirung  Kriegsjahre  berechnet, 
80  wäre  das  Gleiche  mit  viel  gmsserer  Berechtigung  für  dio  west- 
afrikanischen Kolonieen  Togo  und  Kamerun  am  Platze.  Wer  fünf 
Jahre  lang  auf  einem  Posten  ausharrt,  auf  dem  alles  und  jedes  erst 
geschaffen  werden  muss  und  auf  flein  es  wenigstens  im  Anfang  an 
den  einfachsten  Bedürfnissen  der  denkbar  bescheidensten  Lebens- 
führung gebrach,  muss  ein  Mensch  sein  von  aussergewöhidicher 
Ausdauer,  Charakterstärke  und  Gesundheit.  Wenn  Kamerun  heute 
nädist  Togoland  die  bestentwickelte  unter  Deutsclilands  Kolonien  ist, 
80  gebührt  nächst  der  Gunst  der  Verhaltnis.sc  das  Hauptverdienst 
Herrn  v.  Soden.  Man  muss  sich  nur  den  Gegensatz  zwischen 
heute  und  damals  vergegenwärtigen,  als  noch  im  Flusse  die  Hueks 
(als  Wohnung  dienende  abgetakelte  Schiffe)  ankerten,  während  heute 
sich  am  Ufer  die  Begierungsgeb&ude  und  Wohnhäuser  der  ü&adier 


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134 


Di«  deQtich«ii  Kolonieo. 


erheben.  So  ist  in  Kamemn  anf  einem  herrlich  gelegenen  Platze 
ein  Bcbmackes  GonTernemeotshans  in  Stein  errichtet,  nmgeben  von 
eineni  ausgedehnten,  wohl  unterhaltenen  Park,  in  welchem  eine  An- 
zahl gut  gebauter  Oekonomiegebäude  liegt.  Von  hier  aus  führt  l  in 
breiter,  sorgfältig  makadamisirter  Weg  dardi  die  Ddrfer  Joss,  Bell 
und  Aqua.  Da,  wo  der  Weg  über  einige  von  dem  Flusse  sich  ab- 
zweigende Eiieks  führt,  sind  taugliche  Brücken  geschlagen.  In 
Tictoria  (an  der  Ambasbucht)  ist  ein  breiter  Weg  vom  Hafen 
schnurgerade  durch  das  Dorf  geführt  Zum  Hafen  gelangt  man  auf 
diesem  Wege  vom  Dorfe  ans  auf  einer  breiten  Steintreppe,  welche 
Ton  vier  gemauerten  Sftulen  umgeben  ist,  von  denen  die  zwei 
grOssten  die  eine  eine  starlce  Laterne,  die  andere  einen  27  m  hohen 
Signalmast  tragen.  Der  Weg  führt  über  den  hier  mündenden  Bach 
mittels  einer  langen  soliden  Brücke,  versehen  mit  sechs  Steinsftnlen, 
▼on  welchen  zwei  Laternen  tragen.  Bs  besteht  die  Absicht,  diesen 
Weg  nach  und  nach  die  Küste  entlang  zu  führen,  so  dass  er  in 
einigen  Jahren  Bibundi  erreichen  kann.  Auf  dem  Gipfel  dnes  steilen 
Hügels  an  der  anderen  Seite  des  Baches  ist  ein  zweistöckiges  Holz- 
haus im  VillenstU  für  das  Gouvernement  ert»aut  (Dort  hat  der 
Amtmann  Dr.  Erabbes  seinen  Sitz.)  Daneben  ist  eine  Anzahl  von 
nothwendigen  Gesetzen  und  Verordnungen  erlassen  worden  und  in 
Kraft  getreten.  Das  Volk  an  der  ganzen  Küste  sowohl  als  an  den 
Flüssen  hat  gehorchen  lernen;  der  Handel  ist  zum  Theil  frei  ge* 
worden,  so  dass  die  Leute  von  Victoria  und  Bimbia,  um  Handel 
zu  treiben,  die  Flüsse  Mungo,  Wuri  u.  s.  t  hhnaufgehen,  alle 
Handelsplätze  besnehen  und  sogar  bis  Kbundi  kommen  künnen. 
Der  innere  Theil  der  Kolonie  ist  nach  vielen  Sichtungen  liin  bereist 
worden  und  der  Gouverneur  selbst  hat  keine  Mühen  und  Beschwerden 
gescheut,  in  abgelegene  und  unbekannte  Gegenden  vonudringeu, 
sowohl  in  dem  eigentlichen  Kamerun,  als  in  Bataoga  und  auf  den 
sogenannten  Oelflfissen.  Die  Erforschung,  Aoftnessung  und  Kar*- 
tirung  dieser  Flüsse  bis  hinauf  zu  den  Wasseiftllen  und  ihres  ge- 
meinsamen, aasgedehntün  Deltalandes  bis  zur  Grenze  von  Calabar 
ist  auf  die  Initiative  und  in  Geg:enwart  des  Gouverneurs  ausgeführt 
worden;  zu  diesem  Zwe<'ke  hat  er  wiederholt  lange  Reisen  gemacht. 
Durch  Auflage  einer  Jahre^^-Spritsteuer  und  eines  Zolles  auf  die 
meisten  Handelswaaren  liui  das  Gouvernement  <\di  ein  nicht  un- 
bedeutendes K in  kommen  verschafl't,  welches  es  in  den  Stand  gesetzt 
hat,  die  bedeutenden  Bauten  herzustellen.  Dann  hat  aber  auch  Herr 
V.  Soden  bei  Victoria  eine  jetzt  mehrere  Hektar  umfassende  land- 


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Die  deutschen  Kolonien. 


irirfhschaftlicbe  Venoobsstatioii  anlegon  lassen  nnd  im  Verem  piit 
dem  botaniBcben  Garten  za  Berlin  dieKnltor  venehiedener  Gewftohse 
nntemommen.  Es  wurde  nacbgewiesen«  da»  die  meisten  tro^schen 
Gewftcbse  anch  in  Eameron  geddlien,  mit  Ausnahme  der  China- 
rinden hfttune,  welche  eine  höhere  Lage  ▼eriangen. 

Handel-  nnd  Plantagenbaa. 

Die  Zahl  der  ün  dentsohen  Sehntzgebiet  wehnenden  Weissen  ist 
bereits  auf  Aber  100  geschikst,  unter  denen  sich  68  Deutsche  und 
23  Engl&nder  befindeD.  Die  Zahl  der  Kanfmannafirmen  hat  sich, 
abgesehen  davon,  dass  auch  die  ältem  deatscheo  und  englischen  Ge- 
schäfte ihren  Betrieb  ausdehnten,  um  drei  vennehrt.  Das  Vorgehen 
der  Afrikanischen  Dampfscbiflf-AktiengeselLscliaft  (Wocrmauu-Linie), 
welche,  nebenbei  bemerkt,  1888  5  Prozent  und  1889  7\/2  Prozent 
Dividenden  vertbeilte,  nachahmend,  haben  auch  die  Engländer  ihr 
■westafrikanisches  Dampferuuternuhraeu  iu  zwei  Linien  getheilt,  von 
denen  die  eine  bis  Mossamedes  reicht,  die  andere  aber  schon  mit 
Kamerun  abschliesst.  Unterhandlungen  waren  auch  im  Laufe  des 
Jahres  im  Gange,  eine  Kabelverbindung  mit  Kamerun  herzustellen. 
Einige  Erfolge  hat  Deutschland  seit  der  Besitzergreifung  in  Kame- 
run mit  dem  Plantagenbau  erzielt.  Das  Land  ähnelt  in  Bezug 
auf  Klima  und  Bodenbeschaffenheit  einer  der  blühendsten  Kolonien 
der  Erde,  S.  Thome.  That^ächlieh  liaben  denn  auch  auf  den  euro- 
päischen Märkten  Karaerun-Kakao,  Tabak,  -Vanille  und  -Kaffee  genau 
die  gleichen  Preise  erzielt  wie  die  entsprechenden  hochwerthi<(en  Er- 
zeugnisse von  S.  Thome.  Abgesehen  von  einer  grossen  Anzahl  # 
kleinerer  Pflanzungen  giebt  es  in  Kamerun  fünf  grosse  Plantagen, 
nämlich:  erstens  an  der  Kriegsschiffbucht  (zwischen  Victoria  und 
Bimbia)  eine  von  Herrn  Theuss  geleitete  Kakao-  und  Tabakplantage, 
welche  bereits  voriges  Jahr  100  000  Kakaobäume  zählte;  zweitens 
bei  Bimbia  eine  ausgedehnte  Kakao-  und  Tabakplantage,  auf  der 
man  es  auch  erfolgreich  mit  der  lohnenden  Rindviehzucht  versucht 
hat;  drittens  die  von  einem  Bayern  verwaltete  Cribyfarm  im  südlichen 
Eamenmgebiet,  auf  welcher  einstweilen  blos  Tabak  gepflanzt  wird; 
viertens  die  jetzige  zweijährige,  den  Herren  Jantzen  und  Thorni&hleo 
gehörige  KalLaopflanznng  bei  Kap  Dibundscha  (am  Fass  des  Kamenm« 
gebirgs),  welche  von  einem  frühem  G&rtner  des  Gouverneurs,  Namens 
Geehter  angelegt  worden  ist;  fünftens  und  letztens  die  ebenfalls  im 
Besitz  der  Herren  Jantzen,  Thormählen  &  Co.  (denen  ein  grosser  Jheil 
des  Kastenstriches  gehört)  befindliche,  von  Herrn  Nehber  verwaltete 


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126 


Die  deutschen  Kolonien. 


Tabak-  und  Eakaoplantage  bei  Bibnndi,  deren  Ergebnise  ein  recht  gates 
sein  soll.  Soweit  bisher  edion  Br&hnmgen  gesammelt  werden  Iconn- 
ten,  bringt  Kaffee  die  geringsten  nnd  Kakao  die  höchsten  finanziellen 
ErtrSgnisse.  Aber  da  die  Kakaobftnme  erst  mit  vier  bis  fBnf  Jahren 
ertragBfthig  zn  werden  beginnen  nnd  erst  mit  acht  oder  mmstens 
zehn  Jahren  dann  den  Höhepunkt  erreichen,  so  darf  man  sich  nicht 
wnndem,  wem  die  Kakao^Ansfehr  von  Kameran  einstweilen  noch 
verhflHnissmfissig  klein  ist  Ii  weitem  ftnf  Jahren  .wird  sie  sich  in 
nnsem  Einfahrlisten  schon  recht  anffiUlig  bemerkbar  madien.  Wäh- 
rend der  Boden  als  ganz  TorzQglich  gilt,  ist  eine  endgültige  Lösung 
der  früher  äusserst  schwierig  gewesenen  Aibeiterfrage  erst  ange- 
bahnt aber  noch  lange  nicht  erzielt 

Schnle. 

Ueber  die  Fortschritte  der  zweiten  dentachen,  von  Lehrer  Fi  ad 
geleiteten  Schnle  in  Kameran,  weldie  in  Bon^bela')  errichtet  ist, 
liegt  ein  Brief  vor,  welcher  allerdings  nnr  eine  kurze  Zeit  behandelt, 
da  die  Schnle  erst  am  7.  Janaar  1890  mit  25  Schfilem  eröflFnet 
wnrde.  Schon  im  September  1889  hatten  die  Deido-Leute  um  eine 
deutsche  Schale  gebeten  und  zugleich  das  nach  Duailabegriffen  hohe 
Opfer  der  freien  Abtretung  eines  Stückes  Land  von  ihrem  Gebiet 
wie  des  selbständigen  Baues  des  Schulhauses  zu  bringen  versprochen. 
So  wurde  ein  durch  die  Höhe  seiner  Lage  wie  durch  die  unmittel- 
bare Nähe  des  Kamerunflusses  ausgezeichnetes,  vorherrschend  mit 
Bananen  und  Palincu  bestandenes  Terrain,  das  reizende  Aussicht 
über  (las  <?anze  Kiinierunbecken  gewährt  und  dem  erfrischenden  See- 
wind nngohindcrten  Zutritt  gestattet,  zum  Schulgrundstück  ans- 
grwiüilt  imd  —  da  die  Herstellung  einer,  wenn  auch  primitiven 
Wohnuns;  durch  Schwarze  immer  geraume  Zeit  in  Anspruch  nimmt 
—  eine  der  darauf  befindlichen,  am  besten  geeignet  erscheinenden 
Eingtdiureueiiliiitten  als  Interimsscimlhans  bestimmt.  Letzteres,  einzig- 
artig in  Alldeutschland,  ist  eine  langgestreckte,  enge,  aus  Baum-  und 
Palmblättern  gebundene  Behausung,  welche  trotz  mehrerer  durch 
Läden  vcrschliessbaror,  in  die  Wände  eingesägter  Fensteröffnungen  und 
zweier  Tliiin  n  den  Wunsch  nach  mehr  Licht  übrig  lässt.  Der  Fuss- 
bodeu  aus  Lehm,  von  Katten  und  Mausen  tleissig  durchwühlt,  bedarf 

')  Du  «Bwia*  der  DorferaaneD  tn  Kamenui  bedeutet  Pamili«»  NaehkomiDeD* 
Volk.  Im  zweiten  Theiie  der  Namen  simi  die  Stammväter  dieser  Familien  hezeich- 
tiet.  ßuiiaku  —  Volk  des  Ku,  Bonebela  —  Volk  des  EbeU,  eigentlich  Bonaebela, 
a  wird  fortgelassen. 


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Die  deutachen  Kolonien. 


127 


häuöger  Ausbesserungen  und  ist  trotz  täglicher  Reinigung  ein  Saramel- 
ort  der  lästigen  Saiidilöhe.    Das  nach  Gewitterstürmen,  wie  sie  zur 
Zeit  der  Abfassung  des  Berichtes  Nachts  nait  ziemlicher  Regelmässig- 
keit auftraten,  zerzauste  und  gelichtete  Dach  giebt  den  Schülern  der 
Reihe  nach  Gelegenheit,  Beweise  ihrer  turnerischen  Gewandtheit  wie 
ihrer  baulichen  Geschicklichkeit  an  den  Tag  zu  legen.  Der  Lehrer  hat 
in  der  Mission  Unterkunft  gefunden,  von  wo  aus  er  jeden  Morgen  in 
einem  Baumkahn,  gerudert  von  kraftigen  Schuljungen,  nach  V-j-  bis 
einstündiger  Fahrt  nach  Bon^bela  gelaugt.    Anfangs  erthciltc  der- 
selbe tiiglich  drei  Stunden  Unterricht,  Vormittags  oder  Nachmittags, 
je  nachdem   die  Meerestluth   der  Kahnfahrt  günstig   war:  seitdem 
häufige  Regen  (seit  Mitte  Februar)  beim  Pliuu/di  auf  dem  Schul- 
gmndstück  Aussicht  auf  Erfolg  gewährten  und  Hülfeleistung  seitens 
der  Bon^bela-Leute  dem  am  2 1 .  Februar  dieses  Jahres  begonnenen 
Schnlhausbau  förderlich  war.  blieb  der  Schulmeister  als  „Headmann'* 
den  Tag  über  auf  seinem  Arbeitsfeld   und  vertheilte   vier  Stunden 
täglichen  Unterrichts  auf  Vor-  und  Nachmittag  gleich.    Von  den  *25 
aufgeuommenen,  bis  jetzt  treu  gebliebenen,  8-  bis  16jährigen  Knabeu 
gehören  7  Bonaku,  K?  der  Nachkommenschaft  des  Ebela  (s.  An- 
merkung), 2  den  Dörfern  HoDambale  und  Boiiakwasi  im  Abolande 
BD.    Der  Schulbesuch  lässt  nichts  zn  wünschen  übrig.    Ohne  die 
Zeichen  einer  (noch  nicht  vorhandenen)  Schniglocke  6nden  sich 
die  Jangen  immer  Toilzählig  zur  bestimmten  Zeit  ein.  Besondere 
Erwähnung  verdienen  die  sieben  Knaben  aus  Bonaku,  die  in  einem 
kleinen,  von  einem  hochherzigen  Vater  in  Daalla  ihnen  zur  Ver- 
fBgong  gestellten  Kann  als  frohe,  sangeslustige  Gesellschaft,  Schnl- 
ansrOstung  und  „Muudvorräthe"  im  vorderen  Ende  des  Fahrzeuges 
aufgespeichert,  jeden  Morgen  ihren  etwa  ^/^stündigeii  Weg  zur  Schule 
machen  und  mit  rühmlicher  Pünktlichkeit  regelmässig  kurz  vor  8  Uhr 
am  Fasse  des  Schalhügels  eintreffen.  Ihr  Landweg,  f&r  einen  Weissen 
der  zn  fkberaehreitenden  Sompfstellen  wegen  nur  mit  Htltfe  eines 
Trfigers  zn  passiren,  ist.lVs  Standen  lang.   Schnlbesnehe  seitens 
der  Erwachsenen  finden  sehr  hftnfig  statt  Den  Yatem  scheint  die 
Aasbildnng  der  Söhne  wichtige  Angelegenheit  zn  sein,  sie  wagen  es 
nicbt,  die  snm  Theil  schon  sehr  krftftigen,  fttr  ihre  Literessen  wohl 
verwendbaren  Jnngen  gelegentlich  für  Handel  oder  Fischfang  ans 
der  Schale  zu  nehmen.  Fleiss  nnd  Eifer  der  SchlUer  verdienen  An- 
erkemrang.  Das  Betragen  der  meisten  ist  zufriedenstellend.  Unter- 
richtet wurde  bis  jetzt  im  Lesen,  Schreiben,  Rechnen,  Tomen,  Singen, 
biblischer  Geschichte  und  Deutsch.   Bei  der  £rlemung  von  Lesen 


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128 


Di«  denttehem  KQl<mi«o. 


nnd  Schreiben  wird,  im  klaren  Bewnsstscin  des  hoben  praktischen 
Wertbes  dieser  beiden  den  meisteo  DnallAS  noch  geheinmissvollen 
EQiiete»  grosier  Eifer  und  bewanderaswfirdiQB  Atudanar  an  den  Tag 
gelegt  Fürs  Rechnen  braebten  manobe  JimgAB  als  Erbe  ihrer  Vftter 
schon  merkwürdige  Fertigkeiten  mit  m  Sohnle.  Die  deateeben 
Melodieeo  finden  auch  in  BonÄbela  lebhaften  Anklang  nnd  rasche 
Verbreitung.  Die  emaehien  an  Bord  der  Kriegssebiffe  verwendeten 
Eamemner  übennittebi  die  ans  den  militftriiebett  üebnngen  gebliebe- 
nen Fertigkeiten  ihren  Landalenten,  nnber  welchen  sie  ala  «Spiele*' 
blähen;  nnd  Jung  nnd  Alt  sammelt  sich  am  weitiinmigen  Turn- 
platz, wenn  «der  Herr  der  Scbnle**  anf  demsalben  b^  seinen  Zög- 
lingen dieses  «Soldatenspiel'*  p6egt  Kenntnias  der  dentsohen  Sprache 
erscheint  fiberall  in  Dnalla  als  höchst  begehrenswertb.  An  dem 
Unterrichte  in  derselben  nehmen  in  zwei  Wochenstnnden  zwei  ein- 
geborene Lehrer  mit  lebhaftem  Interesse  Theil.  Die  Fortschritte  in 
den  einzelnen  Fficfaem  sind  bei  den  meisten  Schülern  befriedigend. 

Das  südliche  Gebiet. 
Expeditionen. 

Die  Erforschung  des  s&dlichen  Theiles  hat  leider  durch  den  Tod 
des  Lientenaot  Tappoibeck  einen  sehr  schweren  Schlag  erlitten.  Sein 
bedeutendster  Zag  (um  mitDr.ZintgrafT  eventuell  Fühlung  zu  bekommen) 
korz  vor  seiner  schweren  Erkrankung  richtete  eich  nach  Norden  über 
den  Saonaga  hinaus  bis  in  das  Gebiet  der  Sndunueger.  Die  For- 
schungssphären Flegels  und  Tappenbecks  gelangten  dunth  diesen 
Vorstoss  zur  Berührun^^  uiul  sogar  zum  Ineinandergreifen.  Am  wich- 
tigsten war  <lor  Besu<'h  der  Residenz  des  Häuptlings  Ngila  oder 
Ns^irang  (ra.  4*^  12'  n.  Bi.  und  IJ"  25'  ö.  L.\  von  wo  aus  liereits 
mit  den  Fulhililändt'iii  und  wolil  auch  mit  Kiiohirmi  ein  lebhafter 
\  crkehr  unterhalten  wird.  Bis  hierlier  dringen  ll.iussa-Händler  vor, 
meistens  Sklaven,  die  für  ihre  Herren  Klfeubeiu  und  Sklaven  kaufen, 
während  sie  Gewehre,  i'ulver.  weisse  Krystallperleii  und  lange  Schwer- 
ter liefern.  Tappenlieek  erkundii^te  norh,  dass  in  ostuordöstlicher 
Richtung  von  Ngilu>  Ansiedluug  di^'  in  etwa  7  Tagereisen  bequem 
zu  erreichende  grosse  Stadt  Tui)ati  oder  Tubbici  liegt,  dessen  mach- 
tiner  Sultan  Mohammed  Alämu  noch  sehr  jung  sein  soll  und  über 
lOOU  berittene  Krieuer  verfügt.  Von  Tnbati  nach  Bagnio  braucht 
mau  7  Tage,  von  Tubati  nach  Jola  9  Tage.  Das  von  Tappenbeck 
erkundete  Tubati  ist  mit  dem  Flegel  sehen  Tibati  identisch.  Von 


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Di«  dMtidwD  Eolcnim. 


129 


Bagnto  ans  hatte  Flegel  im  April  1884  veraacbt,  nach  ÜBten  sn 
ziehen  und  Tibati  m  crroiehen,  mneete  aber  seine  Absicht  aufgeben, 
da  der  Snltan  ihn  nicht  empfiuigen  wollte.  Dieser  Ngila  ist  einer 
der  Fürsten,  die  auf  eine  gat  bewaffnete  Macht  sich  stützend,  nur 
von  Raab  nnd  Jagden  anf  Sklaven  leben.  Der  vergeblichen  Ver- 
handlungen mit  Ngila,  welcher  ihm  den  Weg  zn  seinem  Brader 
Nknta  zeigen  sollte,  mOde,  entschloss  sich  Lieutenant  Tappenbeck 
am  3.  Jnni  zur  Hflckkehr  in  der  Absicht,  wiederzukommen  und  den 
widerstrebenden  Häuptling  das  nächste  Mal  zu  umgehen,  um  den 
Weg  nach  Norden  zu  finden.  Er  kehrte  nach  der  Jaunde  Station 
zurfick  und  brach  am  17.  Juni  zur  BatangakOste  auf,  wo  er.  am 
4.  Juli  eintraf.  Bereits  am  20.  Juli  riss  ibn  dann  ein  unerbittliches 
Geschick  in  Kamerun  aus  seiner  so  erfolgreichen  Forscherlaufbahn 
hinweg.  Als  Hauptmann  Kund,  welcher  sich  noch  krank  in  Berlin 
befand,  von  dem  Tode  Tappenbecks  hörte,  brach  er  sofort  nach  Afrika 
anf,  ohne  sich  die  so  nothwendige  Erholung  zu  gOonen,  und  traf 
am  5.  Oktober  in  Begleitung  von  50  in  Togo  angeworbenen  Trägem 
ans  Klein-Popo  in  Kamerun  ein,  nachdem  der  zu  seiner  Unterstätzung 
bestimmte  Lieutenant  Morgen  daselbst  schon  eine  Woche  frfiher  an- 
gekommen war.  Beide  Reisende  begaben  sich  alsbald  nach  der 
Station  am  Kribi,  um  den  Aufbruch  ins  Innere  vorzubereiten.  In 
Kribi  verschlimmerte  sich  der  Zustand  des  Hauptmann  Kund,  so 
dass  er  schleunigst  nach  Hamburg  izurflekkehren  musste,  wo  er  An- 
fang Dezember  1889  in  schwer  erkranktem  Zustande  eintraf.  Er- 
leidet noch  immer  an  den  Folgen  der  Isolation,  aber  die  Hofiiiung 
ist  nicht  ausgeschlossen,  dass  er  wieder  genesen  werde. 

Liputenant  Morpfen,  dem  ninimehr  die  schwierige  Aiifiialic  /u- 
;,'etall(  u  war.  f»hne  jede  Anleitung  (l»'n  Mars<  h  nach  der  Jaunde  (dio 
anstiitt  <ler  früheren  Schreibweise  .Jemidf  jetzt  übliche  Bezcichnuni^) 
Station  anzutreten,  brach  um  5.  November  mit  ♦!4  l*(»po-,  44  Elminu- 
ünd  18  Lagos-Leuten  auf  und  gelangte  ohne  wesentliche  Hindernisse 
auf  dem  zum  grossen  Theil  bereits  brkannten  Wege  auf  der  Station 
an,  welche  er  folgendermaassen  schildert: 

Teber  ilif  Aril.iL'f  iler  Statiuii.  auf  woloher  ich  inicli  nur  Wis  zum  9.  De/.tniiber 
aufhielt,  kann  ich  nur  das  Alleritünstigste  berichten;  sie  ist  auf  einem  Plateau 
gelegen,  bul  friiclM  «nd  fesonde  Luft,  wie  die  geringen  PieberOUe  bew^en,  und 
die  ringeheram  angelegten  Plantagen  von  Kaewdt,  Mala,  Planten,  Bananen,  Tanu, 

Zuckerrohr  und  Tabak,  von  welch*  letsterem  ich  mit  memem  nächsten  ausführlichea 
Bericht  eine  Probe  einschicken  wer(If\  zoiieon  von  putem  ertragfühigem  Boden  (der- 
selbe ist  rotber  Laterir,  theilweisc  gemi>i  hl  mit  weisser  Th"tu'rde)  und  gestatten  in 
etwa  ',3  Jahre  die  sichere  Aussicht,  200  Mann  während  des  ganzen  Jahres  zu  er- 
KoIoafalM  Jabitach  188a 


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130 


Die  drattelmi  KoIobmo. 


nihien.  Nach  meiner  Rückkehr  zur  Station  will  ich  auch  eine  Kaffeeplantajf  an- 
legen, da  die  Frucht  wild  in  der  Umiiocend  wächst.  Bi>  jetzt  wurden  die  Lebeus- 
mittel  jeden  Morgen  auf  einem  eingezäunten  Marktplatz  vor  der  Station  von  den 
Bti^eborenen  gekauft,  und  twar  wird  ifmblt: 

1.  Für  ein  Huhn  Va  Faden  Zeug,  oder  1  Bund  blaue  Perlen,  oder  1  Messer 

oder  1  Spiegel, 

i.  Fir  «in  gfosaet  Schaf  1  Stück  Zeag. 

3.  Für  ein  kleines  Schaf  oder  I  Ziege  2  bis  4  Faden  Zeug. 

4.  Für  1  Ki  2  Knopfe  (kleine  PorxeUaa-HMDdMÜmöpfc). 

5.  Für  Mais:  für  7  Kolben  1  Knopf. 

6.  Für  1  Bund  Planten  je  nach  der  Grü^se  5  bis  10  Knöpfe. 

7.  Für  eine  grosse  Ananas  4  Knöpfe. 

Was  die  örtliche  Lage  der  Station  betrifft,  so  kann  ich  auch  in  die:>er  Be- 
gebung mir  keinen  geeigneteran  Fiats  fir  Yontfiue,  bcaondan  naek  Oiton  und 
Nordan,  daakan,  denn  in  8  Tagen  erraidrt  nan  dto  wlditige  V^lkenebeMe  der 
Bantu-  und  Svdan-Nafer.  Aber  aiah  der  Zoekf«  und  JIger  inden  «in  anagieWgea 
Feld  Miner  Tbitigkeit. 

San  Anlwtbtlt  auf  öer  StutioD  war  nvr  sehr  kmn,  da  er  die 
aar  Eatkaanag  kewendea  Leute  aelbst  nack  der  Eftate  zarfick- 
briigeD  wollte.  Er  eateddow  siek  aber  diea  aaeh  der  Rioktaag  kin 
za  tkan,  wo  Ti^peobeck  aad  Kund  Dieht  darekdringen  keaalen, 
oftialick  ftber  Ne^a*»  Stadt  Ika  leitete  dabei  vor  allem  die  Abeiekt, 
eiaen  Dlkerea  Weg  aack  Kameran  za  finden,  den  Uateriaaf  des 
Sannaga-FlnaeeB,  Ton  doi  Naektigalftllen  abwitarts  feetaastellen  and 
eebUeeeliek  den  Blfeabcinbaadel,  aaf  den  Teekten  Ufer  dee  Flaseee, 
der  biaker  aaek  dem  Niger  aad  Benae  gekt,  nack  der  deatsckea 
S«ete  za  zieken.  Aaf  dem  Wege  nack  NgUa'e  Stadt  warde  die 
Expedition  von  2—300  Tonis  •berfeUea,  welcbe  naek  kauern  Kampf» 
zarlickgeworfen  wardea.  Am  12.  Dezember  warde  der  Sannaga  er- 
reiekt  and  am  16.  NgUa'e  Stadl,  wekbe  aaf  einem  900  m  koken 
Platean  gelegen  ist  and  angefiüir  8—10000  Einwokner  eatkattea 
mochte,  da  964  Hflttea  mit  darekechnittlich  8 — 10  Beweknem  gezftklt 
worden  waren.  Es  hatte  zuerst  den  Anschein,  als  ob  Ngila  ibm  ge- 
waltsam den  Durchmarsch  verweigern  wollte,  denn  das  Plateau  selbst 
und  die  da  vorliegenden  Höben  waren  dicht  mit  ca.  2000  Bewaffneten 
liesetzt,  von  denen  etwa  160  mit  Fouer.^t»'ine;i'Wf*hreii,  die  übrigen 
mit  Speeren  oder  rait  Pfeil  und  Bogen  ausgerüstet  waren,  wobei  die 
Speerwerfer  als  Schutz  noch  einen  grossen,  fast  mannshohen  Schild 
tmgen.  Nach  mehrstündiiieni  l'aluwer  gelana;  es  Morgen  schliesslich 
in  das  Dorf  zu  ziehen  und  (leuaueivs  über  die  dortigen  südlichsten 
Slämnie  der  Sndanneger  zu  erkunden.  Sie  wohnen  in  etwa  20  Fuss 
Indien  runden  llutteu,  welche  aus  Lehm  erbaut  und  mit  Maisätroh 


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Die  imMm  Kokmim. 


131 


gedeckt  sind.  Die  Kleidung  der  Männer  besteht  iu  eioem  um  die 
Hfifte  geschlungenen  Stuck  Zeug  ans  Bmaninde,  jedoeb  trftgt  Xgila 
selbst  und  sein  Hofstaat,  etwa  15  Personen,  lange  nrnhamedanisdie 
Kleider  und  zeitweise  Sandalen  und  Turban.  Die  Weiber  tragen  um 
die  Ufiften  eine  Schnur,  raeist  mit  Perlen  variiert,  an  welcher 
«ch  ein  schmales  Blatt  befindet  Die  angesehenen  M&nner  führen 
an  Waffen,  ausser  einem  Messer  am  Gflrtel,  ein  mnliamedauiscbes 
Schwert  über  die  Schulter  gehftngt  Alle,  Mflnner  und  Weiber, 
sdunfleken  sich  an  den  Armen  mit  rotbgeftrbten  Elfenbeinringen ; 
sie  lieben  fiberiitapt  die  rolbe  Farbe  sehr,  manche  bemalen  sich 
sogar  den  ganzen  KOrper  mit  einer  Masse  von  Botbbolz  und  PalroOl. 
Ngila  zeigte  sich  seblieaalieh,  nachdem  ihm  Gewebre  geacbenkt  worden 
waren,  freiindlieber,  bot  allee  ani^  vm  der  fixpodttion  die  acbt  Tage 
ihres  Anfentbattee  diireb  VorfÜiren  voa  Spielen  und  Jagden  angenehm 
20  machen,  und  Tersprach  auch,  sein  fiUmbdn  von  jetst  ab  nach 
Kamenm  zu  schicken.  Am  28.D6iembor  zog  Morgwii  naehdem  ihm 
Ngila  noch  besonders  eingeecbftrft  hatte,  ja  nieht  daa  Mitbringen  von 
Gewehren  za  ▼eigceeen,  nach  Waatar^  m  aidiveattieher  Biehtmg,  wo  ein 
jangererBniderKgila*slitoptling«ar.  Dieser  HtapiÜBg  hatte  hn  Jahre 
1888  Tappeabeek  den  Weg  verlegt^  zeigte  sieh  aber  jetzt  freandliefa 
und  gab  sogar  seinen  Sehn  mit,  damit  derselbe  sidr  an  der  Kfiste 
ftbeneogen  scdlte,  was  man  dort  fOr  Blfenbein  kanfen  kOnne.  Sr 
brach  am  25.  Dezember  von  dort  anf  nnd  gelangte  nmli  ftofttfladigem 
Marsche  dareh  unbewohntes  Grasland  an  einen  schon  von  Flegel  nnd 
Tappenbeck  erkundeten  etwa  700  m  breiten  bedentenden  Flnss,  den 
Mb  am,  welcher  neb  mit  dem  Sannaga  vereinigte.  Nach  üebersetzen 
des  Flaseea  machte  er  einen  Voretosa  in  daa  BatOand,  ninaate  aber 
infi^e  des  Wideralandea  der  Bingeboreoen  anf  den  vereinigten 
Mbam  nnd  Sannaga  zaritehgaben,  deaaen  Ufer  er  abwitta  bia  zn 
den  derbertmiea  verfolgt»  Der  Flan,  nach  Kamemn  nördlich 
zn  dringen,  nmeate  wegen  dea  Maagela  an  Nahmngsmittefai  anf- 
gegeben  werden.  Unterhalb  der  Hetiiertlilla  Ober  den  Flasa  setnend, 
raarsehirte  er  anl  den  Unken  Ufer  bis  zn  den  Idiafidlen  nnd  gehmgte 
am  18.  Jannar  nach  der  Woerannn'scheB  Faktovei  an  die  Kfiste, 
wo  er  aber  mit  dea  anlrflbireriaeben  Bingeboreoea  noch  UMbrere  Ge- 
fechte zn  bestehen  hatte.  Die  Expedition  hatte  innerhalb  10  Wochen 
8M  kB  znrtckgelegt.  Lientenant- Morgen  ibsst  den  Erfolg  seiner 
Reise  ibigendermaasaen  zosaamen: 

a)  „In  geographisolNr  Beziehvig:  1.  Entdeckung  das  Mbam- 
Ünsaes;  2.  Feststelhing,  dass  der  Lnngasi  kein  Mtadnngs- 

9* 


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l>ie  deutscbeu  Kolouieo. 


aim  des  vereinigten  Saanaga-  und  XbamduBses  ist;  3.  Kon» 
statirnng  der  NiditschÜFbarkeit  des  geaaanten  Finsses,  sa 
weit  er  ihn  entlaog  maachirt  ist,  nftmlich  vom  10^  10'  Ost> 
lieber  Lftnge  an  bis  zu  den  Idlaftllea.  An  der  Ptosage- 
stelle  der  Expeditfon  war  der  Ubam  entsebieden  aneh  für 
grössere  Fabrzeage  schiffbar;  4.  Feststellaog  der  Sud  west- 
grenze der  mahamedanischen  Sudan-Neger, 
b)  In  kommerzieller  Hinsicht:  Feststellung,  dass  der  Handel 
östlich  von  Kamerun,  speziell  vom  rechten  Ufer  des  Mbam- 
flnsses  ans  nicht  nach  EameruD,  sondern  über  dici^en  Fluss 
und  den  Sannaga  hinüber  nach  den  Bakoko  und  von  da 
nach  Malimba  und  Batullt^a  -;eht.    Die  zwischen  dem  San- 
nasra  und  Njoneflusse  siteenden  Bakoko  sind  das  lianpthaudel- 
troibeude  Volk  Südkameruiis.   Ferner  kann  es  keinem  Zweifel 
unterliegen,  dass  das  erforsrlite  Land   für  den  llaiidol  von 
Kamerun  zunächst  namentlich  in  Bezug  auf  das  Eilenbein, 
von  grosser  Bedeutung  ist." 
Danach  scheint  es,  dass  diese  Wasserstrasse  weit  nach  Aiktmaua 
iiiiieiureicht,  möglicher  Weise  bis  in  die  Nähe  von  Bagirmi,  da  Tap- 
peiil)e(k  in  Ngila*s  Kesideiiz  von  Bai;irnii  sprechen  hörte.    Ob  der 
Sanna|,'a  oberhalb  der  Narhtiijal-Kalli:'  nocii  auf  weite  Strecken  schitl- 
bar  ist,  kana  nach  der  ganzen  Koiitigurutiou  des  Landes  nicht  an- 
genommen werden. 

Geologisches. 

Das  Hinterland  des  sütUichen  Kameriinuebietes^  zeigt  einen  ver- 
hältnissnuissig  einfachen  ;,aM>I()^i,selien  Aufljau.  Von  (Jross-Batunga 
narh  Usten  gehend,  erstreckt  sieh  eine  schmale  mit  l  isvald  bewaehsene 
Kiisteneliene.  deren  Untert^rund  aus  (iesteinen  airliäiselien  Ursprungs 
besteht,  welche  durch  Gebilde  der  diluvialen  oder  alluvialen  Periode 
üherlagcrt  sind,  nur  stellenweise  fruehtiiarer  Laterit.  Aus  der 
Küstenebene  nur  wenig  aufsteigend,  gelangt  man  zur  erstt-n  oder 
Vui  landlerrasse.  ohne  dass  aber  der  Niveauunterscliied  bedeutend  ist. 
Das  eigentlielie  Han<lgebirge  des  innernsudanisclien  IMateaus  fällt  aber 
/iemli<'li  steil  naeti  Westen  /u  ab.  Die  Form  der  Berge  erinnert  sehr 
an  diejenige  der  (ri[>iel  des  I{ar/u:ebiri:es,  wo  sanfte  runde  Knp|)en 
vorlieriM'hend  sind.  Die  einzelnen  autVagenden  Kuppen  erheben  sich 
bis  auf  wahrseheirdich  2000  m.  de  weiter  man  nach  Osten  vor- 
dringt, desto  mehr  geht  das  Berglaud  in  ein  gleieiimässiges  Hügel- 
land Über,  welches  sich  aiimählich  za  einer  zweiten  Terrasse,  dem 


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Die  deutscbea  Kolonieu. 


133 


umerBttdaniBchen,  dicht  beTOlkeiten  Plateau  ansebnet.  Das  ganze 
Bergland  ist  mit  stattlicbem  an'  25  dentsehe  Meilen  breitem  Urwald 
bedeckt,  welcher  nach  Osten  zn  in  die  Pirklandscfaaft  nnd  dann  in 
die  Uchte  Savanen  mit  ihrem  Grasmeer  übergeht.  Den  Charakter 
des  Urwaldes  schildert  Knnd  genaii  so  wie  Stanley,  wenn  ersterer 
schreibt: 

Wir  mar»chirtcu  voii  früli  um  sieben  Uhr  bin  in  die  NacbmittagtStnnden.  L'm 
die  IDttigtUBM  bfsncbte  mm  tieh  in  diMem  fraeMeai  dumpfen,  balbdunkdea 
Bllttafgwdlbe  nieht  lo  kfimmtrii.  Hitr  hcmeht  «ine  fut  gMehmiMiutt  Tempwtttar 

Tat;  imd  Naobt.    Wenn  der  Himmel  bewölkt  ist,  erreicht  dos  Dunkel  oft  eioea 
solclieu  Gr.'ul,  (las's  ich  ni<i)t  im  Stande  war  mein  Aneroid  abzulesen.   Kin  Sotmen- 
strabl  driutjt  nie  auf  den  Wt'C.    Die  Siüoke  voni  Himmel,  die   man  zwibclieu  dem 
Bl&tt«rwerk  der  Bäume,  was  übrigens  nicht  so  dicht  ist,  wie  es  immer  geschildert 
«iid  (uascre  Blum*  babtn  «ottehMtoo  dlohterat  Lmb),  MbcB  kanii,  fibtitreffea 
Mltflii  die  flcbalDbar«  GtSim  «iiiM  Tatebaiilaebi.    StivblC  boeb  oben  dl»  Sonnt 
dnreb  die  für  unser  Aug»  g«nz  ungewohnt  hohe^  Baumkronen,  «u  in  der  Regel 
nur  in  den  frühen  Morgen-  und  späten  Abendstunden  der  Fall  ist,  so  erureift  den 
Menschen,   der  tagjelanp  da  unten   in   dem   trüben    Dunkel  zwischen  d>  n  liosigeu 
Baumen,  im  Vergleich  tu  denen  er  ein  winziges  Geschöpf  ist,  seinen  Weg  verfolgt 
bat,  Sebnineht,  hinauf  zu  gelangen,  um  wieder  einmal  die  Sonne  und  den  Himmel 
itt  Mhea,  und  «üitn  Ausblick  tu  gewinnea,  wobin  aieb  sein  Weg  eigentUcb  «endet. 
Denn  der  Wald  itt  so  gleicblonB%  wie  der  Oaetn.    Wat  btutt  daa  Avgt  ritbt, 
itt  dasselbe,  was  es  gestern  gesehen  hat  und  was  es  morgen  sehen  wird.  Ueberall 
graue,  aufstrebende  Stämme,  um   die  sich  hier  unil  da  riesige,  bpindioke  Lianen 
schlingen,  daran  erinnernd,  dass  auch  hier  in  dieser  scheinbar  in  ununlerbrocheneu 
Ruhe  dahinlebenden  Ptlanzenwelt  der  Kampf  ums  Dasein  geführt  wird.  Wie  Schlan- 
gen winden  sieb  ditte  Sebmarolaer  von  Aat  an  Aat  und  ersticken  den  ttirkaten 
Baun.  Ans  alten  Stimmen  apriessen  an  versebiedeaen  Stellen  andere  Gewtehse 
hervor.  Unten  auf  dem  Bodem  scbicsst  ein  Heer  von  Blattpflanzen  und  von  Juni,'eD 
StämmeTi  auf.  die  iiierij,'  in  die  Höhe  streben,  um  für  sirh  mötilichst  viel  Licht  und 
Luft  z'.m  dedeihen  zu  eibasrhcn.    Ks  fehlt  <iem  Vegetationsbilde   gewiss   nicht  aii 
Gross&rtigkeit  und  stellenweise  auch  nicht  au  Schönheit,  aber  der,  weicher  auf 
diesen  PCsden  aeinen  Weg  entlang  ai^t,  kann  von  beiden  wenig  genietsed. 

Völkerstämme. 

Die  Stämme  des  Küstensaumes,  Bantuneger,  sind  nicht  ans  dem 
Innern  gekommen,  wo  der  nubewohnte  Urwald  eine  sjewaltige  Barriere 
bildet,  sondern  wahrscheinlich  von  Norden  oder  Süden  an  der  Kilste 
entlang  gewandert,  sie  werden  Banoko  oder  Bapuko  genannt.  Hinter 
diesen  finden  sich  die  Kasjua  (Kasjüa),  welche  von  Süden  einge- 
wandert .sein  Sollen  und  in  den  TliAlern  des  Flasses  des  hohen  Rand- 
gebirges leben  die  ziemlieh  heruntergekommenen  Ngamba,  weiche 
mit  den  Kasjiia  eng  verwandt  sind.  Im  Norden  grenzen  sie  an  die 
Bakoko,  welche  bis  znin  Sannaga  reichen,  und  im  Süden  an  die 


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134 


Die  dentsdMD  Koleai«B. 


Holet  Die  beiden  lelitgeMiuteQ  8t&mme  werden  von  den  Bataoga- 
leaten  auch  Mwelle  genannt.  Die  Bold  gehAren  aneeiieinend  der 
Gruppe  der  FaagvMker  (PahoniiiB,  Mpongwe)  ui,  sehr  taiKferea  Volker- 
stämmen, welche  leit  Jahren  nnanfhallMm  mefa  der  See  dcftttgeo 
nnd  ihrerseita  wieder  dnreh  die  SndaavOlker  geaehoben  werden. 
bedentendaten  dieser  StSmme  sind  die  anf  beiden  Ufern  des  Njoog 
bis  zun  Sannaga  aitienden  Bane,  Janndo,  Tinga,  Jangwane  nnd 
mehr  sAdlieh  die  Bnlei.  Dieae  Fangvölker  werden  aUmfthlieh  die 
fichwSeheren  Völker,  wie  Ngnmba,  aufreiben  oder  sieh  assimiUren. 
Sie  selbst  werden  nun  wieder  von  den  Stftmmen  gedringt,  welche 
nördlich  des  Sannaga  ihren  Sitz  liab«i  nnd  zn  den  mohamedanischen 
Sndannegem  gehören,  den  Bobndi,  Jekibba,  Bonaoö,  Bonjalla,  welehe 
sich  höehst  wahrseheinlieh  bis  znm  Bennö  erstrecken.  Die  StaftiOD 
bei  den  Jannde  liegt  sehr  gSnstig  an  dieser  Vöikersdieide,  im  Korden 
sind  die  Nigritier,  im  Süden  Fangvölker,  im  Westen  die  mit  der 
Kamemnbevölkemng  verwandten  Hwellee.  Das  Jannde-Volk  wird 
sowohl  von  Knud  als  Morgen  als  ein  schönes,  harmloses  nnd  glöck* 
liches  Volk  geschildert.  Der  letztere  enöhlt,  dass  die  Jannde  den- 
selben friedlichen  Eindmek  machen  wie  die  Ngnmba,  ihren  Tanz 
ebenso  wie  diese  mit  melodischen  Flöten  begidten,  aber  sich  vor- 
iheilhaft  vor  den  Ngamba  dnrch  giössere  Reinlichkeit  nnd  Schönheit 
nnterscheiden.  Die  Hfltten  sind  sauberer  nnd  sorgfältiger  gebanfe 
nnd  nicht,  wie  bei  den  Ngnmba,  znsammenhäagend,  sondern  einzeln- 
stehend. Die  Schönheit  der  Geslehter  nnd  Flgnren  ist  anffallend. 
HInzn  kommt  die  stets  fröhliche  Stimmung,  die  heitere  Miene,  das 
stete  Aufgelegtsein  zum  Tanz,  die  graziösen  Bewegungen  dabei,  be- 
spieltet von  dem  melodischen  Fiötenspiele  —  und  bei  alledem  keine 
Sorgen  um  Nahrung,  welche  ihnen  der  Boden  bei  geringer  Arbeit 
reichlich  zuwachsen  lägst,  kurz  und  gut,  es  ist  ein  glörklirh  lebendes 
Naturvölkchen.  Die  Mwelle  sind  die  eigentliolu  n  Zwischenhändler;  die 
Bakoko  setzten  dem  ersten  Vordringen  der  Kimd-Tappenbeek'sehen 
Expedition  nach  dem  Sannaga  bekanntlich  bewaftneten  Widerstand 
entgegen.  Interessant  ist  noch,  dass  in  der  Urwaldrcgion  hinter  der 
Batüngaküste  Leute  von  einem  aufiallig  kleinen  "Wuchs  sich  aufhalten, 
welche  keine  festen  Ansiedluugen  haben,  sondern  lediglich  von  der 
.lagd  lebend,  den  Wald  durchstreifen.  Sie  selbst  neimen  sich  Bo- 
jalli,  werden  aber  von  den  anderen  Stämmen  Banns  genaimt  und  als 
Tiefer  stehend  verachtet.  Sie  haben  eine  entschieden  gelbliche  Haut- 
tarbe,  sind  von  niedrijrem  Wnt^hs  und  fremdartigem  Gesichtsaus- 
druck und  gehöreu  wahrscheiulich  der  Grbevülkuug  an.   Sie  haben 


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Die  deulsckcD  Kolonial. 


m 


eine  ansserord^ntiidw  Gewtodtheit  im  Pasdren  des  tieioii  Urwaldei 
selbst  ohne  Benntmog  von  Pfluien,  md  begldtetmi  onstehtbar  die 
Kaimwane,  sieh  gegenseitig  dnnh  Pfeifen  verstln^gend.  Kteh  dem 
Verlassen  des  Lsgerplataes  seliliolien  de  ans  dem  Diddeht  herror 
nnd  lasen  alles  irgend  wie  Yeigessene  nnd  ZnrOckgelaasene  behende 
aaf,  nm  deh  dann  wieder  in  den  Wald  zorSekzodehen.  Ennd  er- 
wähnt antdrHeUidi,  dass  er  sie  nieht  in  dem  8inne  Zwerge  nennen 
Icann,  wie  die  Aldca,  Tildd  oder  Batna  gesehildert  werden. 
• 

Der  Handel 

dieses  Gebietes  wird,  wie  ans  dem  Vorhergehenden  erddifttidi,  jetzt 
allmfthlieh  an%esddoBsen.  In  den  enten  Jahren  war  er  ▼erfalltniss* 
mfiseig  unbedeutend,  da  der  gewaltige  Urwald,  wdeher  blos  stellen- 
weise bewohnt  ist,  wo  die  Neger  mit  grosser  Mäie  Rodungen  — 
die  grOsste  Plage  auf  dem  Harsehe  hergestellt  haben,  den  Verkehr 
binderte.  Der  Eifenbeinhandel  giog  durch  die  Hftnde  der  Bakoko, 
Ngnmba  u.  s.  w.  und  schliesslich  der  Batanganeger,  wdch  letztere 
infolge  dessen  sieh  ohne  andere  Arbeit  leicht  ernihren  konnten. 
Die  an  und  für  dcfa  bedeutenden  IPlflsse  Njong  und  Sannaga  kamen 
wegen  der  vielen  Stromschnellen  wenig  in  Betracht,  der  Handel  be- 
wegte sich  meistentheils  auf  den  Pfaden  des  Urwaldes.  Er  reicht 
nicht  weit  über  die  Urwaldzone  hinaus,  wo  er  mit  dem  Benue- 
Handel  zasammenstösst.  Ungefähr  hier,  ca.  20  Tagereisen  von 
der  Küste  entfernt,  liegt  die  Jaunde-Station ,  welche  dadurch  zu 
einem  wichtigen  konimerzieileu  Mittelpunkt  werden  kann,  wenn  es 
gelingt,  etwas  für  die  Verbesserung  der  Wege  zu  thun.  Infolge 
des  Vordringens  des  Lieutenants  Morgen  haben  sich  auch  schou 
bald  die  damit  für  den  Handel  verbundenen  Vortheile  besonders 
darin  bemerkbar  gemacht,  dass  es  der  Finna  C.  Woermann  mög- 
lich geworden  ist,  eine  Reibe  von  neuen  Faktoreien  ins  Innere 
vorzuschieben  und  mit  den  Eingeborenen  des  Hinterlandes  Ver- 
träge abzuschliessen ,  die  einen  erneuten  Aut'si-hwung  des  west- 
afrikanischen Handels  gewährleisten.  Wenn  man  etwas  bedauern 
muss,  so  ist  es,  dass  von  den  dargebotenen  günstigen  Gelegen- 
heiten nicht  in  grösserem  Umfange  von  mehreren  Geschäften  pro- 
titirt  wird.  Hier,  wo  es  möglich  sein  wird,  einen  Handelsweg  bis 
tief  in  den  Süden  zu  schaffen,  sollte  das  deutsche  Kapital  vielfach 
einsetzen,  denn  die  Kaufkraft  von  Perlen  und  Porzellanknöpfen  ist 
im  Innern  noch  sehr  gross.  Wenn  natürlich  erst  einmal  eine  ge- 
wisse Anzahl  dieser  Tauschartikel  importirt  ist  und  die  Weiber  ge- 


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136 


Die  deutächeo  Kulonieii. 


nflgend  geschmfickt  sind;  werden  solidere  Artikel  eiogefuhrt  werden 
mfiseen,  aber  auch  dann  iet  der  Handel,  gerade  weil  er  dnrch  den 
Zwischenhandel  nicht  mehr  vertbenert  wird,  noch  gewinnbringend. 
Den  SklaTonjägem  des  Innern  aber  Polver,  Blei  nnd  Gew^re  zu 
vdrkanfen,  warden  wir  für  eine  schlechte  Politik  halten,  wie  wir  es 
andi  anf  das  Tiefste  beklagen  wQrden,  wenn  das  Gift  des  Schnapses 
nnter  den  NatnrTölkero  dra  Innern  verbreitet  würde.  Der  hente 
noch  nicht  starke  moralische  Druck  anf  die  Hambarger  Kanfleate, 
welche  sich  mit  Schnapshandel  beschäftigen,  wQrde  sicher  zn  einem 
Sturm  der  EnirGstung  anschwellen,  wenn  die  wissenschaftlichen  Ar- 
beiten der  todesmuthigen  Forscher  auf  solche  Weise  von  Hamburger 
Destillateuren  und  Fuktoreibesitzern  ausgebeutet  werden  sollten. 

Die  Flora 

der  Lfinder,  wenigsten  der  Küsten^  ist  durch  den  Botaniker  Braun 
soweit  untersucht  worden,  dass  man  sich  nogeföbr  ein  Bild  des  Ge^ 
bietes  machon  kann.  Die  gesammelten  Pflanzen  sind  theils  von  bin- 
mistischem  Werthe,  theils  Nutzpflanzen, '  nnd  viele  von  botanischem 
Interesse.  Der  grOsste  Theil  der  Herbarpflanzen  war  im  Herbar  des 
Berliner  Botanischen  Museums  noch  nicht  vertreten,  die  meisten 
lebenden  Blumen,  waren  noch  in  keinem  botanischen  Garten  in  Kol- 
tnr.  Unter  den  gesammelten  Pflanzen  befanden  sich  zahlreiche  noch 
bisher  unbekannte,  olt  sehr  schwierig  zu  bestimmende  Arten  nnd 
Gattungen,  bei  deren  wissenschaftlicher  Taufe  mit  Vorliebe  die  Kamen 
von  Männern  Verwendung  fanden,  die  sich  um  die  Botanik  und  die 
Erforsdiung  Kameruns  besondere  Verdienste  erworben  haben, 

Viel  wichtiger  als  diese  Spezialitäten  sind  die  Untersuchungen 
über  die  Nutzpflanzen,  die  entweder  jetzt  schon  Handelsprodukte 
sind  oder  noch  werden  können.  So  verdanken  wir  den  Arbeiten 
Braun's  eine  erete  genauere  DarsteUung  der  dort  vorkommenden  und 
bereits  mit  Nutzen  verwendeten  Faserstoffe,  welche  in  fast  allen 
deutschen  Eolonieen  in  grosser  Menge  vorhanden  sind,  obwohl  ihre 
Ausbeutung  sich  nur  in.  einigen  lohnen  dürfte.  Die  Sanseveria, 
welche  eine  sehr  gute  Faser  liefert  und  besonders  aus  Liberia  ex- 
portirt  wird,  kommt  auch  in  Kamerun  vor  und  wird  deshalb  auch 
von  den  Kingeborenen  vielfach  in  der  Nähe  ihrer  Behausungen  an- 


*)  Bin  Vemichnin  findet  lieh  in  dem  4.  Heft  des  «weiten  Bandet  der  »Mit- 
theilungen von  Forschungsreisenden  u.  8.  w.*  und'  in  der  Beilage  an  'No.  10  de^ 
deutschen  Kolonialblattei»  1.  Jahiyang. 


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Die  deutseb«!!  Kolonkn. 


137 


gtetent.  Die  Galamns-Arten,  welche  für  den  Reisenden  grosse  Hioder- 
nisse  bilden,  wozu  ihre  charakteristischen,  oft  mehrere  Meter  langen 
Sletterapparate  mit  starken  -imigebogenen  Sftgezfthnen  nicht  wenig 
beitragen,  werden  ebenfalls  von  den  Schwanen  geschnitten  and  nach 
den  Faktoreien  getragen,  da  deutsche  Firmen  versuchen,  afrikanische 
Oalamos  als  Konkurrenten  des  indischen  Bottang  (Stahlrohr)  auf  den 
Harkt  zn  bringen.  Der  afrikaoisi'he  hat  nnr  eine  etwas  dnnklere 
Farbe,  lit  sonst  von  derselben  Gflte  wie  der  indische.  Dieser  Rot- 
tang ist  far  die  Eingeborenen  änsserst  wichtig,  da  sie  denselben  als 
Bindematerial  bei  dem  Hftnserbaa  verwenden  nnd  auch  sonst  mancher- 
lei Sachen  ans  dem  gespaltenen  Rohre  flechten.  Eine  f&r  die 
Eingeborenen  ebenfolls  Änsserst  wichtige  Pflanze  ist  eine  Räphla- 
art,  welche  den  bekannten  Baphiabast  liefert,  welcher  viellach 
in  den  Gftrtnereien  als  ßindematerial  verwendet  wird  und  jetzt 
noch  hauptsächlich  aus  Japan  und  Mauritius  zu  uns  kommt  Nach 
Braun's  Erkundigungen,  wird  der  Bast  dadurch  gewonnen,  dass 
man  die  nicht  zu  alten  Fiedem  nimmt,  durch  Abziehen  die  oberen 
'  grfinen  Gewebe-  abMtot  und  dann  die  darunter  liegende  zarte  Bast- 
scbicht  in  langen  Streifen  mfihelos  abhebt  Braun  hftlt  dafür,  dass 
Baphiabast  wahrscheinlich  kein  Ausfuhr-Artikel  werden  wiürde,  doch 
sefaehieii  die  im  Kamerungebiet  angededeltenr  Firmen,  welche  grossere 
QusihtitAten  davon  na<^  Suropa  brächten,  ihre  Versuche  noch  keines- 
wegs abgeschlosseu  zu  haben.  Auch  wird  vielleicht  noch  kommer- 
ziell  die  Pandanusfoser  und  von  Hibiscas  esculentus  zu  verwenden 
sein,  einer  auch  in  Amerika  angebauten  Gemüsepflanze,  welche  von 
Afrika  nach  Amerika  sogar  ihren  afrikanischen  Namen  „gombo"  ge- 
rettet hat.  Eine  sehr  feste  Faser,  als  Cuunge-Bast  nach  Europa 
gebracht  und  \on  Hibiscus  tibiaccus  ^ewonucu,  ist  eine  der  charak- 
teristischsten Strandpflanzen,  die  iuuoihalli  der  Wendekreise,  meist 
aber  nur  in  der  Nähe  des  Aequators  eine  weite  Verbreitung  haben. 
Die  Faser  wird  von  den  Kingehoreiini  hauptsächlich  zu  Netzen  ver- 
wendet, da  sie  dem  Einihiss  des  Wassers  sut  zu  widerstelieu  ver- 
mag. Besonders  sind  noch  Bananen-  und  f/mncntasern  zu  nennen, 
so  dass  es  unter  Verwcndun;?  ijeeigneter  Entt'aserun^sniasciiintMi  niön- 
lich  sein  sollte,  ans  den  heutigen  Nebenprodukten  der  Kamernuer 
Faktoreien  bald  eiueo  grösseren  Gewinn  zu  erzielen. 

Sehlnsswort 

Bekanntlicli  ist  die  finanzielle  Lage  der  8chutzgebiete  von  Kiune- 
ruu  wiederum  eine  solche,  dass  die  in  deuselbeu  aolkommendeu  Eiu- 


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138 


Dk  dtQtsohen  Xolonira. 


nahmen  zur  Deckung  der  lokalen  Ausgaben  ausreichen.  Mit  andeni 
Worten  heisst  das:  Der  Handel  hat  sich  bereits  dergestalt  günstig 
entwickelt,  dass  die  daraus  erwachsenden  Zölle  die  mit  der  Schutz- 
horrschat't  des  Reiches  verknüpften  Kosten  decken,  dass  die  daselbst 
etablirten  Firmen  dem  Staate  bereits  vollständig  diejenigen  Mittel  an 
die  Hand  geben,  welche  letiterer«ar  Wahning  seiner  lerritoriaUioiieit 
gebraacht 

Eine  zwingende  Nothwendigkeit,  in  die  stetige  and  ruhige  £nt* 
Wickelung  der  westafrikanischen  Kolonien  mit  Staatsmitteln  einzu- 
greifen, liegt  zur  Zeit  nicbt  vor.  £s  fragt  sich  indess,  ob  sich 
nicht  doch  die  Aufwendung  von  Öffentlichen  Mitteln  empfehlen  möchte 
für  Zwecke,  welche  die  sich  langsun  vollziehende  £ntwiclceliiBg  in 
eine  schnellere  Gangart  za  setzen  geeignet  erscheinen. 

Za  diesen  Zwecken  reehnen  wir  1.  die  Errichtung  eines  Kranken- 
hanses  oder  mehrerer  an  geeigneten  Orten.  2.  die  Herstellung  von 
Wegen  nnd  Zugängen.  3.  die  Beschaffung  resp.  die  Vermehrung  der 
Schutztruppe.   4.  die  Uerstellnng  einer  Verbindung  mit  dem  Benue. 

Die  Errichtung  TOn  Krankenhäusern  erscheint  einfach  als  ein 
Gebot  der  Pflicht  onseren  Leib  und  Leben  einsetzenden  afrikanischen 
Pionieren  gegenüber.  Die  Bedeutung  guter  Wege  nnd  Kommuni- 
kationen zwischen  der  Küste  und  dem  üinterlande,  aowie  zwischen 
den  Faktoreien  unter  sich,  wird  Niemand  nnterschfttzen  wollen.  Was 
endlich  die  Sohutztmppe  anlangt,  so  ist  in  bemerken,  dass  eine 
aktnelle  Veranlassung  za  dieser  Forderung  nicht  gerade  vorliegt  In 
jOngster  Zeit  ist  von  nennenswerthea  Unruhen  nicht  die  Bede  ge* 
wesen,  obwohl  ein  wirklieh  freundliches  YerhUtniss  zwischen  den 
Eingeborenen  der  Küste  nnd  den  Bnropftem  noch  nicht  besteht  Bs 
ist  jedoch  kdneswegs  aasgeechloesen,  dass  Konflikte  der  Weissen  mit 
den  bekaontermassen  etfersAohtig  Aber  ihren  Zwischenhandel  wachen- 
den Bingebofenen  nnd  Hiadel  der  Büigeborenen  nntor  sich  entstehen, 
welche  verfaAngnissvoll  werden  können  Ar  den  m  den  besten  Anfin- 
gen befindlichen  Plantagenban.  Wissen  die  fhrbigen  Stämme,  dass 
das  Reich  Aber  eine  kraftvolle,  ausreichende  Schntztmppe,  Aber  nn- 
mittelbare,  stets  bereite  Machtmittel  gebietet,  dann  wflrden  in  Znknnft 
ungleich  s<diwerer  Unruhen  m  insoeniren  sein,  die  sonst  den  müh- 
samen Kulturen  verh&ngnissvoU  genug  sieh  gestalten  mOehton. 

Fflr  alle  diese  auf  die  Wohlfahrt,  auf  die  Hebung  des  Handels 
nnd  die  Ruhe  der  okknpirten  Gebiete  abzielenden  Massnahmen  wflr- 
den verhftltnissmftssig  geringe  Betrftge  ansieichend  sein,  —  mit  einigen 
hunderttausend  Mark  Iflsst  sich  schon  viel  erreichen!  Bs  ist  auch 


üiyitizcü  by  GoOglc 


Di«  dmMbm  KoloBi«. 


189 


aozimehmen,  dass  die  Vermehrnng  derEiDnahmen  der  Kolonien  sehr 
schnell  derartig  aufgewandte  Summen  wieder  einbringen  werden. 
Wir  hoffen  daher,  daas  diese  Anregungen  dazn  ffihren  werden,  daas 
anch  für  die  weatafrikaniaehen  Kobnien,  welche  dem  Reiche  bisher 
keine  weeentliohen  Koe^  gema/oht,  aber  sich  gut  entwickeife  haben, 
Mittel  TOD  Seiten  des  Bnndearaths  und  dea  fiekhatagi  bewilUgl  wer- 
den, wetehe  die  weitere  Entwicklung  nur  fi^rdem  und  deren  Beträge 
mit  den  fDr  andere  koloniale  Zwecke  bereite  bewilligten  Mittel  nicht 
veiglicben  weiden  kOnoen. 

Dum  aber  wird  ea  nothwendig  werden,  den  Fragen  nfther  zn 
treten,  welehe  ebenfiüla  immer  dringlieher  werden,  je  weiter  die  Be- 
aiedlnng  dea  Sehntagebietea  und  die  Erfoiachung  dea  Hinterlandes 
fortschreitet:  1.  die  Anlage  eines  Sanatoriums  auf  dem  Eamernn- 
beige;  2.  die  höhere  Besteuerung  des  Branntweins  und  3.  die  Be- 
sehrftnkung  der  Pulver-  und  WalEoneinfiihr.  Auf  den  letzten  Punkt 
ist  besonderes  Gewicht  zu  legen;  die  Schilderung  der  Veihfiltnisse 
im  sfidlichen  Eamerungebiet  zeigt  deutlich,  wie  die  Sudanneger  mit 
ihrer  guten  Bewaffiiung  die  schwächeren  VOlkerstftnune  zurflckdringen, 
und  daas  una  hier  im  Innern  eine  Gre&hr  fiber  kurz  oder  lang  er- 
wachsen kann,  welcher  wir  bei  Zeiten  begegnen  sollten.  Um  dies 
zu  ermOi^chen,  wfirde  allerdings  eme  Verständigung  mit  der  Boyal« 
Niger-Company  nothwendig  sein,  da  die  Sudanneger  ihre  Waffni  Tor- 
ISnfig  noch  Aber  den  Beoufi  beziehen.  Werden  aber  erst  die  Handels- 
wege vom  Innern  nach  der  Käste  begangen,  und  die  Zufuhren  von 
Mnnitkm  und  Waffen  leichter  werden,  so  bedeutet  die  Möglichkeit 
der  leichten  Beschaffung  iron  Feuerwaffen  seitens  der  mohamedani- 
schen  Sudanneger  fttr  uns  eine  nicht  zu  unterMshätiende  Gefohr. 

Beim  Schlüsse  der  Redaktion  hOren  wir  noch,  dass  den  in  Ka- 
meron  intereasirten  Firmen  gewisse  Privilegien  zugestanden  sind  (siehe 
Anhang).  Da  die  Augelegeuhdt  aber  noch  nicht  recht  klar  ist,  ent- 
halten wir  uns  noch  eines  Urtheils  Aber  die  Rathsamkeit  eines  solchen 
administrativeo  Vorgehens,  üeber  die  Abgrenzang  des  ffinterlandes 
haben  wir  uns  bereits  im  ersten  Artikel  ausgesprochen;  In  Verfolg 
des  Ahkommens  mit  England  kam  im  Oktober  Mi^or  McDonald 
nach  BeiUn,  dodi  waren  die  Verhandlungen  beim  AbseUnsse  dieses 
Artikels  noch  nicht  zu  Ende,  da,  wie  es  faless,  die  Engländer  sehr 
unbescheidene  Forderangen  stellten,  welchen  von  deutscher  Seite 
nicht  nachgegeben  werden  konnte. 


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I 


140 


Die  deutteheii  KolonieiL 


TogogeliUt 

Der  Mittelpunkt,  von  den  seit  mehreren  Jahren  nach  allen  Rieh- 
tnngen  hin  ForschunKsreisen  nntemommen  worden  sind,  ist  noch 
immer  die  im  Hinterland  ftnsserst  gfinstag  gelegen«  Station  Bismarek- 
bnrg,  welche,  abgesehen  von  ihrer  politischen  Bedeutung,  sowohl  ffir 
meteorologische  Beobachtungen  als  anch  für  den  Tersachsweisen  An- 
bau von  Knltnrgewflchsen  von  Wichtigkeit  ist  Im  Laufe  des  Jahres 
1889  wurde  die  Station  ausgebaut,  mit  einer  Pallisadenmauer  um- 
geben und  ein  Weg  nach  Ketschenki  hergestellt,  der  mit  Gummi- 
und  Melonenbäumen  bepflanzt  wurde.  Aus  dem  Berichte  des  Premier- 
lieutenant Kling  geht  hervor,  dass  Reis,  Baumwolle  und  Tabak,  wie 
anch  die  einheimischen  Nfthrgewfichse  Yams,  Maniok*.  Bananen 
u.  8.  w.  dort  gut  gedeihen. 

Von  dieser  Station  aus  war  das  Land  nach  verschiedenen  Rich- 
tungen bis  Fasugu  und  Salaga  in  den  Umrissen  erforscht,  aber  es  blieb 
in  diesiero  ziemlich  dichtbevölkerten  Landstrich  noch  so  mancher  kleine 
Häuptliüg  oder  Fetisehpriester  zu  besuchen,  welchen  für  die  deutsche 
Sache  zu  gewianen  von  Wi«*htigkeit  war.  Diese  Aufgabe  fiel  dem 
Premierlieutenant  Kling  zu,  welcher  sich  im  Juli  1889  in  das  sud- 
westliche Adeli  begab,  um  deu  obersten  Fetischpriester  Jaopnra  in 
Dadiassi  und  den  Hänptlini?  Kodjo  in  Uutukpenne  einen  Besuch  ab- 
zu>t;itt''n.  Der  Weg  führte  über  Pereu.  ein  berühmtes  Fetix  h- 
dorl,  iKi'  h  muiieherlei  Mühseligkeiten  durch  dichten  Urwald  nach  dem 
Sitze  des  mächtigen  Fetisciipriesters.  Würdevoll,  von  zurückhailen- 
dem  Benehmen,  machte  d»'r  ungefähr  40  Jaiir  alte  schöne  Mann 
einen  äusserst  günstigen  Eindruck,  was  al)cr  nicht  von  seinem  kleinen 
Dorfe  zu  behaupten  war,  das  einen  ziemlit'h  schiiintzigen  Anblick 
darbot.  Das  Land  zwischen  Dadiassi  und  hntukjx'ime  ist  ausser- 
ordentlich wildreich,  der  aufgeweichte  Lateritboden  ist  an  manchen 
Stellen  vollständig  zerstampft  von  den  Hufen  der  Hfiffcl.  Antilopen 
und  Wildschweine,  deren  Unterkiefer  bezw.  H'irner  die  Hütten  der 
Jäuer  in  den  Dörfern  als  Trophiien  >chniücken.  Zahlreii-iie  Affen- 
heerden  Itevölkerten  die  (ialleriewiUder  und  flüchteten  sich  unter 
lautem  Geschrei;  wählend  \on  den  HeruhäuLren  der  grosse  Pavian 
sein  rauhes  Gebell  vernehmen  liess.  Flephanten  sind  in  dieser  Gesend 
eb'Mifalls  noch  vorhanden.  Dutuk|>enne  ist  ein  netter,  reinlicher 
Ort,  von  ca.  90  gut  gebauten  Hütten  und  einem  schönen,  neuen 
Kathhause,  woran  sich  ein  grosser  schattiger  Platz  auschliesst.  Ueber 
den  Empfang  berichtet  Kliug  folgendermaasseu: 


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Die  d«nltdi«n  Kolonien. 


141 


Der  HinptUng  Kodjii,  von  meiner  Ankunft  unterrichtet,  empfing  mich,  umgehen 
von  sämmtlichen  Aeltesten,  würdeToll.  Er  zeigte  sich  über  meine  Ankunft  hoch 
erfreut  und  sagte,  d&ss  er  mich  bereits  seit  3  Monaten  erwarte.  Koiij/i  ist  ein 
luütiger,  ungemein  gesprächiger  Herr  von  ungefähr  55  Jahren.  Au  seine,  äich  un 
mittelbar  an  das  BntUiana  aMckUoiaettde.  WotauncT  nit  Vorhof  roihta  sich  halb- 
kreisfmra^»  den  grossen  PlaU  unachliessend.  die  Hatten  seiner  Weiber  an,  von 
denen  jede  Aine  bewohnt. 

Am  Abend  Hess  er  mir  zu  Kbren  eine  frrosse  TanzTorsteUting  auffüliren.  Der 
Tanzmeister  tog  mit  den  ilusikanicn  durch  das  Dorf,  um  die  Tanzlustigen  zum 
Tanze  zu  rufen.  Dicht  hei  uifinein  Zeltp,  vor  welchem  ich  mit  Küdjn  und  seinem 
ersten  Aiiniüter  Platz  genommen  hatte,  wurden  die  Trommeln  aufgestellt,  deren  be- 
tinbender  TOm  mir  wohl  das  Zwerebfell  ersehntterte,  Kodjo's  Redeiluss  aber  keino 
Uinute  unterbrach.  Die  Trommler,  welehe  entweder  neben  ihren  nwnnslangen  In- 
stmmenten  standen  oder  dieselben  rittlin^rs  bearbeiteten,  während  Andere  die  kleinen 
aaitcnurospannten  Trommeln  üher  die  Schulter  u'chrmfjt  hatten,  leiteten  unter  Be- 
pleitunp  von  Händeklatschen  und  Sologesang  des  Voitänzors  lion  Tanz  ein.  Aus 
dem  schnell  gebildeten,  meist  aus  händekIat>schciideiK  einen  eintönigen  üeaang  an- 
stimmenden Weibern  bestehenden  Kreise  .nprangeu  der  Reibe  nach  Solotinzer, 
welehe  sieb  eine  Zeit  lang  nnter  KSiperverrenkmigen  und  Wirbeln  hemmdrehtea 
und  dann  mit  einem  hohen  Lnfkkehrtspning  auf  ihren  Plate  begaben,  um  sofort 
durch  Andere  ersetzt  zu  werden.  f>ie  sich  besonders  auszeichnenden  Tänzer  wurden 
von  den  Umstehenden  durch  Schlag  in  die  hoch  erhobene  Flau'!  belohnt.  Die  nack- 
ten, schwarzen,  von  .'^chweiss  (rlfm/enden  Körper  der  Tanzenden,  unter  denen  l)e- 
sonders  einige  Weiber  mit  ihren  auf  dem  Rücken  hin-  und  herbaumelndeu  Ivindern 
anfielen,  gewihrten  bei  dem  trüben  Lichte  der  Palmöllampe  einen  fest  dimoniscbon 
Anblick. 

Anderen  Tags  'entfaltete  Kodjö  vor  mir  leine  verschiedenen  ReicbthSmer.  -Vor 
dem  Ratbbanse  hatte  er  einen  bunten,  ungeßbr  3  Meter  iiti  Durchmesser  messenden 
Sonnenschirm  und  einen  aus  Bambus  zierlich  geflochtenen  PaUnkin  aufL'<  >tel|t.  wäh- 
rend an  den  Wänilcii  verschiedene  kleine  Schirme  und  andere  Gegenstiinde  leimten. 
Er  selbst  sass  auf  einem  mit  Antilopenfell  überzogenen,  messinirbescblagenen  i>ehn- 
sessel,  nach  europiisdiem  Mutter  gefertigt.  Auf  dem  Kopfb  thronte  ein  sehwaT« 
xer  Sonnenhelm,' der  Körper  war  mit -einem  Banmwollgewande  bekleidet,  und 
über  seine  nackten  Füsse  waren  Sandalen  ^'ezoi;en.  Bald  darauf  erschien  er  wieder 
auf  einem  eumpSischen  .Scliaukelstuhl.  in  einer  Tnaa  vnn  europäischem  Zeutre  und 
weissem  Sonnen  heim.  Ais  er  nach  kurzer  .\li\ve,^enheit  wieder  kam,  hatte  er  ein 
kostbares  Uewand  von  A^chantiarbeit  an,  welches  aus  lauter  kleinen  mit  liaudatickereieu 
bedeckten  bunten  Zeugstücken  zusammengeMtst  mr,  dossmi  Preis  im  Innern  ueh 
auf  nngellbr  lOO  Kark  stellt,  an  der  Käjite  aber  fast  das  Doppelfe  werth  isL  Sein 
Haupt  schmückte  ein  violetter  Turban,  die  Beine  buntledeme  hohe  Salaga* 
Stiefel  und  als  Sitz  diente  ein  grosses  ledernes  Haussakissen.  Das  letzte  Mal  zeigte 
er  sich  auf  einem  schön  geschnitzten,  einheimischen,  kauriceschmückteu  Uolzschemel 
sitzend,  in  einem  gelben,  silhenlurchwirkten  Kleide,  Ilaus.sisandalen  und  einer 
schweren  Filigrangoldplatte  von  Aachantiarbeit,  wählend  aui  seinem  Kupfe  ein  von 
mir  geschenkter  schwarzer  Pilzhut  thronte,  fiber  den  er  seine  grosse  Freude 
iusserte  und  den  er  wihrend  der  gansen  Zeit  meiner  Anwesenheit  trug,  ausserdem 
hatte  er  stets  einen  Ebenbolzstock  bei  sich.  Auf  einer  grosseo  ZlehharOMnika,  der 
er  aber  nur  die  höchsten  und  niedersteii  Töne  entlocken  kopnte,  sang     mein  Lob* 


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142 


Als  ich  ihm  eine  durch  PsIdSI  verschmierte  Spieluhr  wieder  in  Gang  setzte,  hatte 

seine  Freude  keine  Grenien.  Fortwährend  streckte  er  mir  seine  Hand  ent^efen, 
mich  seiner  Freundschaft  versichernd,  und  war  sehr  aufmerksam  gegen  mich. 

Kodjö  versprach  nach  Einholung  der  Erlaubniss  des  Fetisrh- 
priesters  die  deutsche  Flagge  zu  hissen,  um  den  aus  der  Fonie  an- 
kommenden Leaten  zu  zeigeo,  wie  eng  das  Bündniss  mit  den  Deut- 
schen sei. 

Am  1,  Oktober  brach  Kling,  von  Jaoj)nra,  dem  Fetischpriester 
und  Häuptling  von  Dipongo  und  Dadiassi,  nach  ersterem  Wallfahrts- 
orte eingeladen,  über  Pereu  auf  und  wurde  von  Jaopnra  würdevoll 
empfangen.    Das  Dorf  wird  von  ihm  folgendermaassen  geschildert: 

Das  gante,  an  anderer  Stelle  als  „grosses  Fetischdorf  erwuhute  Ihponjio  be- 
steht WS»  9  Hätten,  die  sich  um  einen  Gummibaum  kreisförmig  gruppiren  und  von 
denen  lieben  wv  ven  Weibern  und  Kindern  Jaopan*i  bewohnl  lind.  Die  Fetieeb* 
bitte  beherbergt  die  Iniignieii .  Jeepnn^e  ale  Kinäg  und  obenter  Fetiaebprieeter  von 
Adeli.  Einige  riesige  StnuMOSchirme  von  einheimischer  Arbeit  und  europäischem 
bunten  Kattun,  ein  grosser,  wunderbar  geschnitzter  Aschantischemel  —  die  Einge- 
borenen sprechen  Assanti  —  mit  Glocke,  welchen  er  tu  jeder  grossen  Vorsamm- 
iuttg  vorausschickt,  aU  Zeichen,  dass  er  selbst  erscheinen  wird«  einen  merkwürdig 
fewrbelteten  Ledeignrtd  mit  vom  «ngeolfater  Bisenglocke,  welchen  vmt  Jaopum 
tragen  darf,  eine  tenanfitnige»  aii  LeopaidtnfeU  fibenogene  Tronme],  die  tarn 
Unicieebiede  von  den  übrigen  nicht  geschlagen,  M>ndern  mit  dem  SehlSgel  ge- 
strichen  wird ,  was  ein  eigenthümlich  schnarrendes  Ger&usch  hervorbringt,  und  ver- 
schiedene andere  Fetisch-  und  Königsauszeichnuncrcn  baumeln  bestaubt  von  den 
Wänden  und  der  Decke  oder  stehen  biutbespritzt  auf.  dem  Boden. 

Zwischen  seinen  beiden  Hätten  führt  ein  bteiter  Pted,  dessen  Beginn  dorcb 
xvd  qper  Aber  denselben  liegende  beilifs  Bennütimme  gel^ennleidlnel  ist»  sun 
greeisn  Petiieb  in  den  Wnld,  den  Ich  niebfc  betieteA  dwfte.  Hier  wurden  die  Hanpt- 
Istischfeste  abgehalten,  während  di«  gewohnliebant  bei  welchen  das  Abschlachten 
wn  Küi'hlein,  aus  deren  Art  des  Todeskampfes  man  dem  Fragesteller  eine  günstige 
oder  ungünstige  Auskunft  ertheilt,  die  Hauptrolle  spielt,  im  Dorfe  selbst  vollzogen 
werden. 

Der  Ruf  Jaopara's  ist  weit  bekannt.  Auch  bei  dem  Könige  von 
Ascbanti  steht  oder  stand  er  ytelmebr  in  groesem  Ansehen.  Br  bnt 

Onmassi  mehrmals  besucht  und  Händler  von  dort  kamen  yor  dem 

Kriege  mit  England  häufig  nach  Adeli. 

Noch  in  demselben  Monat  besuchte  Kling  den  grossen  H&npt- 
Ihiu,  und  Fetitichpriester  von  Tziari  in  Adjati,  Edjü  (Edje)  genannt, 
welcher  bereits  früher  eine  Kinladuiig  an  die  Deutschen^  ihn  za  be- 
suchen, gesandt  hatte,  der  aber  wegen  anderer  dringender  Arbeiten 
nicht  Folge  gegeben  werden  konnte.  Jetzt  war  er  über  die  vermeint- 
iirhe  Hintansetzung,  welche  er  dadurch  erlitt,  dass  andere  Häupt- 
linge vor  ihm  besucht  worden  waren,  (^rbost  und  wollte  keines 
Weissen  Antlitz  mehr  sehen.    Kling  lies»  sich  aber  dadurch  nicht 


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Die  deutschen  Kolonien. 


143 


abhalten,  sondern  nahm  fiber  Pertu  den  Weg  in  annlherd  nördlicher 
Riehtung  zn  dem  malerisch  an  einem  Abhänge  gelegenen  Dorfe. 
Die  vorausgeschickten  Leute  kamen  mit  der  MeldvDg  znrfick,  daas 
ihn  der  Hftuptling  empfangen  wolle  und  EUng  begab  aich  nach  dem 
BeratiiQngBorte.  Daa  Zeremoniell  des  Empfanges  war  aehr  originell. 

Dar  twBtU  Binpflfaig,  nagabeii  von  iMlinreB  AeHettea«  •mttrteto  nieb  und 
hid  «ich  tia,  an  im  Fettiohaltam  Pbia  sn  fukmm»  MMlb«  ömIhmI  ms  «iaem 
etwas  hoch  gelegten,  flachen,  blutheaprftllen  Steine,  auf  dem  «in  krummes  Schwert 
mit  pracbtvollem,  poidenera  Griffe  von  wtinderbarer  Ciselirarheit  und  drei  Stöcke 
lagen,  an  denen  dunkle,  wie  mit  ceninnenein  Blute  überzogene,  unerklärliche  Ge^eu- 
8t&nde  steckten,  die  auffalleude  Aebnlicbkeit  mit  den  am  offenen  Feuer  gerösteten, 
inimnif  nflnürhinipftin  Fiieheii  lad  fkieahitideB  amf  den  Mfiaebener  OktoberÜBete 
«IfltiB.  Uebt  vor  den  AMwt  naren  swei  BIt«Bet8dw  te  dia  ekealeUs  Bit  Blat 
bedeefcten  Boden  getrieben,  an  deren  oberen  Enden  diekeii  Müh  unten  in  die  Länge 
gezogene,  dunkle  KuKcln  klebten.    Auf  einer  kleinen  Terrasse,  10  iSchrift  oberhalb 
des  Opfersteines,  standen  ungefähr  40  Krieger  mit  gespannten  Gewehren,  während 
drei  andere  die  Kriegstrommel  und  Glocken  schlugen  und  in  die  Homer  stiessen. 
Der  zweite  Hftuptling  befrnaete  mich  und  frug  umA  dem  Grunde  meinee  Kominens» 
Sr  tagte,  da«  iMn  nrir  aUeidfa«»  «ia«  abeeUigiga  Aatimt  erlheilt  ha^,  da  wir 
nna  ftat  xwel  Jahra  auf  der  Station  wiren  und  nooh  NianiaBd  la  iliaan  fekemmen 
aei.    Sie  wären  deshalb  erzürnt  gewesen  und  bitten  überhaupt  keinen  Weissen 
mehr   bei   sich    sehen   wollen.     Ausserdem  hätten   sie    mein   Kommen    nach  so 
langem  Warten  sich  nur  damit  erklären  können,  dass  ich  einen  l'fberfall  beabsich- 
tige,   ich  setzte  ihnen  meine  friedlichen  Absiebten  auseinander  und  legte  ihnen  die 
Oiiado  dir  langen  Verzögemng  klar  dar,  woarft  aidi  die  Laoia  daan  tmk  »Md«a 
eiUirtan  und  mich  wiUlieonien  hieaaen.   Hierauf  nahm  olwngeaaantw  Htoptliny 
einen  der  Petischst&be  aua  deot  Boden  und  bielt,  gao  Osten  gewendet,  eine  laute 
Ansprache  an  den  Fetisch.  Als  diese  beendet  war,  erschien  der  Oberhäuptling  und 
Priester  in  unserer  Mitte,  ein  alter,  grosser,  bärtitrer  Tlerr  von  ehrwürdigrem  Aus- 
sehen und  mit  einem  beständigem  Lächeln  auf  seinen  Lippen.  Er  trug  als  Zeichen 
seiner  Würde  einen  mit  Kauris  besetzten  Elepbantenschwauz  in  seiner  mit  16  Eingen 
feaebanektan  Eecbtan  und  Uaaa  anidi,  naehdan  er  diaaalbaa  Fiagen  gaatollt  und 
daaaelbea  Grund  ariner  früberen  Ablage  ai^iegeben  hatte,  wie  aem  Stellvertreter, 
ebenfalls  willkommen. 

Der  OberT^riester  mit  seinem  Stabe  erwiderte  den  Besuch,  der  Eti- 
kette des  Landes  gemäss,  nnd  ea  entwidcelte  sich  ein  lebhafter  Verkehr 
mit  den  Adjntileaten,  einem  aassergewöhnlleh  kräftigen,  mit  stark 
hervorspringenden  Muskeln  begabten  Menschenschlag.  Wie  Kling  bei 
allen  GebirgsvOlkem  dieser  Gegend  gesehen,  hatten  auch  hier  viele 
Leute,  sowohl  Weiber  wie  Mftnnem,  Alte  wie  Kinder  nngehenre 
KrSpÜa.  Als  Kling  von  Edj6  Abschied  nahm,  dankte  deraelbe  ihm 
nnd  aagke,  daaa  die  Weiaaen  gleich  Gott  wftren  nnd  Kling  Aber  ihn 
nnd  aein  Land  verfügen  kOnne,  welches  ja  nnn  ihm  gehOre.  Gleich- 
zeitig  veraprach  er,  in  nftdiafcer  Zeit  eine  Abtiieilnng  seiner  jungen 
Leute  mit  Gesehenken  an  ilm  absenden  zu  wollen. 


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144 


Die  dratodimi  KftUmien. 


Während  dieser  Strcifzfige  des  PremierlieateDaot  Kiiog  war  Stabs-  • 
arzt  Dr.  Wolf,  der  Leiter  der  Stjation,  auf  einer  grösseren  Reiae  nach 
Dahome  begriffen.  Er  verliess  am  23.  April  Bismarckbarg  nnd 
wandte  sich  nach  der  Oatgrenze  Dahomea,  mit  der  Absicht,  das  Laad 
nördlich  tu  amgehen,  und  In  das  Hinterland  yon  Lagos  einzadringed. 
Die  Reiae,  «eiche  bis  Kdali  (schon  za  dem  grossen  Seiehe  Biriba 
gehörig)  nngefilhr  30  Marschtage  betragen  mochtei,  fahrte  fast  durch- 
weg durch  mnhamedanisches  Land  mit  starken  Bindvieh-,  Pferde-, 
Esel-  und  Schafheerden.  Die  grossen  Dörfer  daselbst  beherbergen 
eine  kriegerische  BevOlkerang,  welche  über  schon  geschmfiekte  Pferde 
verfdgt  nnd  deren  HaaptbeschftfÜgnng  in  Sklavenranb  nnd  Ueber- 
fallen  der  von  Lagos  nadi  Salaga  nnd  den  Nigerstaaten  ziehenden 
Hansssr  nnd  anderen  Karawanen  besteht  Das  Entgegenkommen  der 
nnr  iUisseriich  mnhamedanischen  BevOlkemng  war  ziemlich  freund- 
lich, da  Wolf  stets  mit  den  MoUahs,  den  mnhamedanischen  Geist- 
lichen, gute  Beziehungen  pflegte.  Von  8ugn  Wangira  wollte  Wolf 
das  als  räuberisch  verschrieene  Biriba  betreten,  stOrzte  aber  am 
11.  Jnn!  mit  seinem  Pferde  Ober  einen  Baumstamm  nnd  verletzte 
sich  am  rechten  Arm.  Nach  diesem  Stnrze  soll  bei  Ür.  Wolf,  der 
bereits  am  1.  Jnoi  einen  heftigen  Fieberanfall  gehabt  hat,  das  Fieber 
in  schnell  hinter  einander  folgenden  AnfiUlen  austreten  sein.  Obwohl 
ziemlich  krank,  reiste  Dr.  Wolf  doch  theils  zu  Pferde,  theils  in  der 
Hfingematte  bis  Ndali  weiter,  einem  Dorfe  4  Stnnden  von  dem  Bi- 
riba-Hauptorte  Mpellele,  der  Residenz  des  „Küuigs-*  Eoto.  £s  stellten 
sich  bei  ihm  die  Symptome  des  pemiciösen  Fiebers  ein,  Dr.  Wolf 
erkannte  seineu  Zustand  vollkommen  and  beauftragte  den  Dolmet- 
scher, ihn  nach  dem  Ableben  in  die  deutsche  Flagge  /u  hüllen,  eine 
Salve  von  20  S<huss  über  seinem  Grabe  aljzufjeben  und  die  Mann- 
j^rliaft  sicher  zur  Station  zurückzultringeii.  Am  2(1.  Juni  Abends 
>rljliet'  Dr.  Weit'  sanft  liinüber  und  wurde  aiidcivii  J'ages  vor  dem 
Üoiie  an  der  Strasse  in  einem  Sarge  aus  i'aimeurippeu  zur  Kuhe 
bestattet. 

Ludwig  Wo  1 1' war  am  iJO.  .luni  l{?i')0  zu  lia^t'n  in  ilarmover  ge- 
liiiren;  er  studirte  in  Wüi/Iiuii;  nnd  Greifswaid,  machte  l)ereits  in 
den  .lahren  1874  bis  1878  mehrere  Reisen  als  Srliitfsarzt,  trat  am 
•  1.').  Septeuiber  1878  iji  das  1.  sächsische  l'\'hl-A rt illerie-Kegiment 
Nn.  12  als  eiiijährii;-freiwillii;er  Arzt,  und  wurde  im  Jaiire  1881  zu 
einer  Heilanstalt  nacli  Leipzig  kummandirt.  In  Leij)ziy:  verwirklichte 
sich  ihm  der  lange  ^.diegte  Wunsch,  nach  Afrika  zu  gehen.  1883  be- 
traute der  KOuig  Leopold  II.  von  Beigieu  den  durch  seine  südäquato- 


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Di«  deutielMii^  KolaiiiiB. 


145 


riale  Darchqneroog  A^ka's  berähmt  gewoideneD  AfiikareiBeadeQ  Herr 
maim  Wteuuin  mit  der  Leitimg  einer  der  gröesten  wiesenBchaftr 
licheii  Afrika  -  Expeditionen,  deren  Anlisabe  banptsftehlich  die*  Er- 
fonchung  der  efidlidhen  Gongo-ZnfllleBe  sein  sollte.  Wolf  erhielt 
Urlaob  von  1883—1886  nnd  trat  ale  Ant  nnd  Anthropolog  in  die 
Expedition  ein,  der  ansser  dem  schon  berfihmten  jaqgen  Offizier  an 
der  Spitse  noch  Hanpthnann  Kurt  v.  Fninoois  als  Geograph,  Ltente- 
nant  Franz  Mfiller  als  Meteorolog  nnd  Photograph,  Lienteoant  Hans 
KfiUer  als  Zoolog  nnd  Botaniker,  ferner  der  von  Pog^  erprobte 
Schifiiasinunermann  Bngslag  nnd  die  Bftohsenmacher  Schneider  nnd 
Heyer  angehörten.  Die  Expedition,  welche  am  16*  Dezember  1888 
Hambnrg  ▼erliess,  nm  am  16.  Jnli  1884  von  Hahmge  anfznbreoben, 
hatte  einen  glfinzenden  nnd,  man  mochte  hinzniHgen,  militfirisch  ord* 
naegsmässigen  Yerlanf.  Die  Entferanngen  wurden  von  der  in  drei 
Abtheilangen  .marschireDden  Karawane  in  yerhfiltnissmftssig  kurzen 
Zeitfristen  inrQckgelcgt,  grosse  StOmngen  kamen  trott  der  Kftmpfe 
anf  dem  Eassai  nicht  vor;  zwar  wnrden  Franz  Hfiller  nnd  Bflchsen- 
maeher  Meyer  vom  BdlMr  hingerafft,  aber  die  anderen  enropftisdien 
Mitglieder  hielten  sich'anfrecht  bis  znm  Congo,  der  bei  der  Ewa- 
Mflndnng,  also  an  einer  ganz  anderen  Stdle  als  erwartet,  erreicht 
wurde.  Hier  allerdings  mnsste  Wissmann,  der  noch  in  Leopoldvilie 
schwer  erkrankte,  das  Kommaudo  der  Expedition  an  Wolf  übergeben, 
den  auch  der  iieberkranke  Lieutenant  Hans  Müller  verlassen  musste. 
Da  Hauptmann  Fran^ois  seine  Reise  nach  dem  Tschuapa  angetreten 
hatte,  üel  jenem  die  verantwortuu;;svolle  Aufi^abe  zu,  am  5.  Oktober 
1885  die  Rückreise  in's  Innere  zu  machen,  uiii  die  Baluba,  die  treu, 
wenn  auch  nicht  ohne  Wanken,  die  Expedition  bis  hierher  begleitet 
hatten,  versprochenermaasseii  iu  ihr  Land  zurückzuführen.  Wolf  hatte 
schon  früher,  wälirend  Wissmann  am  Lulua  weilte,  zu  Ealamba  zu- 
rückkehren müssen,  um  ihn  zur  Mitreise  an  den  Kassai  zu  vermögen; 
er  hatte  dann  von  Luluaburg  eine  selbständige  Reise  zu  den  Baknba 
gemacht  und  war  von  Leopoldvilie  con^oabwärts  gegangen,  um  mit 
Sir  Francis  de  Wintou  wegen  Ueberlassuug  eines  Transportdampfers 
zu  verhandeln.  Wolf  liatte  bei  seiner  Reise  zu  den  Baluba  zum 
ersten  Male  vom  Sanknrru  als  einem  Nebenflusse  des  Kassai  sprechen 
hören,  und  fuhr  am  5.  Oktober  1885  mit  den  Dampfern  „Stanley" 
und  ^En  Avant"  den  Kongo  und  Kassai.  hinauf.  Von  der  Mündung 
des  Luebo  in  den  Lulua  aus,  wo  er  eine  Hafenstatiou  gründete, 
marschirte  er  nach  Luluaburg.  So  war  Kalamba  mit  seinen  Leuten 
nach  manchen  Schwierigkeiten  versprochenermaassen  in  die  Ueimath 

KolouialeB  Jabrbucb  1890.    "  in 


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146 


Di»  dtatadiaD  KoIoDitii. 


znrftckgelaogt.  Mit  dem  kleiiMii  Dampfer  »En  Avant*  ghig  er  dum 
Anikiige  1886  in  den  Sankurm,  einen  mftditigen  Strom  von  2000 
bis  8000  Meter  Breite,  nnd  half  so  den  totliehen  Theil  dee  gewaltigen 
Kaaflai-Sjetems  m  entaefaleiem.  Nadi  Dentechland  mrOehgekehrt, 
wurde  er  vom  BeiehalEaiizler-Amt  im  Jahre  1886  mit  der  Angabe 
betrant,  nördlich  von  Togo  eine  Station  zn  grfinden,  nnd  wihUe  dazu 
den  in  geographischer,  militSrischer,  gesnndheitlidier  mid  politischer 
Besiehnng  geeigneten  Ort  im  AdeUland,  wo  er  Bismnrokbarg  er- 
baute. Von  welcher  Wichtigkeit  illr  spatere  Zeit  Bismarekbarg 
wnrde,  ist  anf  diesen  BUttem  geschildert  w<nden.  Zwar  brachte 
der  politische  Yortheü  der  weit  voinesehobenen  SteUug,  w^che  den 
Gürtel  der  missgflnstigen  Zwisdienhfladler  hinter  der  Ellste  durch- 
brochen hatte  nnd  einen  wichtigen  Handelsweg  nach  dem  Niger  be- 
herrscht, den  Nacfatheil  der  allzogrossen  Nfthe  der  Mnhamedaner  mit 
sich,  welche  nach  Nordosten  zn  die  nächsten  Nachbarn  sind,  aber  auch 
diese  Schwierigkeit  hat  Wolf  n  besiegen  verstanden.  Diese  guten 
Beiter,  welche  gewohnheitsmisdg  alle  paar  Jahre  dnen  Einftül  in 
Adeli  machen,  hat  Dr.  Wolf  persönlich  anljseencht,  um  firemdschafl^ 
liebe  Beziehnngen  ansnknflpfen,  and  aberhanpt  Bnhe  mid  Frieden 
swisehoi  den  sich  bekämpfenden  StAmmen  herznstellen  gesucht 
Friedrich  BataMl  schildert  den  Bdsenden  in  einem  nflt  warmer  Bm- 
pfindang  geschriebenen  Nekrolog')  folgendeimaassen: 

Lndwig  Wolf  «ar  mhtdgross,  sehnig  gebaut  «iMtiidi  von  B«v«gaBir;  arnh 
«•OB  «r  in  gtwthltem  OiTÜ  enchien,  was  er  w«bl  gern  «busal  that,  war  die  min- 
täriscbe  Hattung  nicht  zu  verkennen.  Zu  ihr  passte  das  offene  Gesicht,  in  welchem 
der  Ausdruck  der  Energie  und  derjenige  eines  heiteren  Naturells  sich  vneinit^ten. 
Der  martialisch  hinausgezogene  blonde  Schnurrbart  kontrastirte  einigermaassen  mit 
dem  feinen  Schnitt  der  Züge.  Wer  mit  ihm  in  Berührung  kam,  rahmte  luerst  seine 
gewiimeiMle.Liebenawärdigkeit.  Darüber  kann  man  nur  Sümm»  Vörmu  JMe 
Vonfige  des  Oumktora  und  OdKes  lagwi  tiefer.  Idi  nSebte  tlt  eoldie  beeendm 
boehentviekelte  WUleaeknll,  Pfliehttrenft  nnil  ^isf  gewisse  Oersdlinlgkeit  des  Den- 
kens bezeichnen,  welche  den  Aufgaben,  die  sie  scharf  zu  stellen  liebt,  ohne  Um- 
schweife auf  den  Leih  rückt.  Wolf  war  kein  genialer,  aber  ein  im  höheren  Sinne 
praktischer  Mann.  Auch  sein  Stil  ist  in  erster  Linie  sachlich,  zweckmässig.  Seine 
wissenschafilicben  Beitr&ge  bezeugen  eine  vielseitige  Vorbildung,  au  deren  Vertiefung 
•r  noch  vor  swner  zweiten  Reise  eifing  arbeitet».  WerthroU  wie  sie  ^nd,  wollte 
er  sie  nur  als  Uaterial  angesehen  wissen.  Als  Afrikareisender  gehörte  er  der  Schnle 
Ton  Pogge  und  Wissmenn  an,  deren  Kennseidien  der  Erfolg  in  schwierigsten  Unter- 
nehmungen ist.  Auf  Pogge  führt  Wissmann  seine  vielbevährte  Kunst  des  Ver 
kebrens  mit  Ne?em  zurück,  und  von  diesem  hat  wieder  Wolf  pelernt.  Einige 
Idonate  vor  seinem  Tode  schrieb  er  aus  Bismarckburg:  „ Leider  gehören  die  Ein- 
geborenen nicht  zu  den  harmlosen  Wilden,  die  Behandlung  derselben  ist  oft  eine 

*)  Beilage  nr  Allgemeinen  Zeitung  (Beilage  No.  71,  1590). 


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Di*  dmttehtB  KotoniMi. 


U7 


recht  lehwitrife,  welche  alle  Künste  und  Kniffe  der  afrikanitelwB  Difrionutie  tr- 
fordert.  Einen  Itleinen  Feldzug  kann  man  leicht  haben.  Dass  ich  ohne  einen 
solchen  hierher  (gekommen  bin,  betrachte  ich  als  ein  besonderes  Glück.  Ein  krie- 
gerisches Vorgehen  kann  der  Afrikaforscbung  empfindlich  schaden.  Folgt  daraus 
ein  Rückzug,  so  werden  sieh  dann  dem  spitertn  Reisenden  empfindliche  Hiuder- 
niiM  in  den  Wcf  stelleD.  Mit  Gedvld  und  Lsognnith  kommt  mm  in  AHrikn  tm 
weitesten.  AdeU  war  vor  unserem  Eintrefen  noch  nioht  fon  Weissen  betreten, 
noch  pflegten  Hindier  von  der  Koste  hierber/.ukommen,  weil  sie  Gefahr  liefen,  nicht 
nur  ausgeplündert,  sondern  anch  noch  als  Sklaven  bebandelt  zu  werden.  Jetzt  sind 
die  Verbältnisse  bereits  erheblich  besser  ijcworden  und  ich  sehe  hofToangsvoll  in 
die  Zuitunft."  Wolf^d  Beurtbeiiung  der  Neger  ging  nicht  vom  Pessimismus  aus. 
Audi  dnrla  tdilieert  er  sidi  an  Pogge  und  Wissmum  n.  Ansoerdem  «ar  «r  sa 
•ehr  Ant  oad  MataifMielMr,  «b  dii  aalieUegwide  U^»«fMh&twng  dee  Knltar- 
manselMn  gegenüber  dem  linlbBaekteato  nnvortlioillMft  lieh.gtbeBdin  iaiMgonllMiAo 
theiica  sn  köniwii. 

PiwieriieiiteiiADt  Kling  raste  im  April  nach  Togo  larikk  und  tob 
da  auf  UrUmb  naeh  Dentacblaiid.  Der  Teeliinker  Bngalag  fOlurte  die 
VerwaltDBg  der  Station  weiter  bis  zum  Eintreffen  toh  Dr.  Bfittner, 
weleher  im  Anftrage  des  Answftrtigea  Amtes  das  Togogebiet  bota- 
niseb  erforBeben  wollte.  Bngslag,  von  Hanse  ans  SchüEuimmermaBn 
nnd  ans  Scbleswig  gebürtig,  ist  bekannt  geworden  als  Begleiter 
Y.  Ifeebow^s  nnd  später  Wissmann's  anf  des  letzteren  EassairReiBe. 
Dr.  Bicbard  Bftttner  ist  bereits  im  Jahre  1885  im  Anftnge  der 
„Afrikanischen  Gesellschaft  in  Dekitsehlaad"  am  Congo  th&tig  ge- 
wesen  nnd  hat  dort  eine  Reise  von  S*  Salvador  zum  Hnene  Pnte 
Kassongo  am  Knango  ansgeffihft 

Im  Februar  und  März  hatte  der  damalige  interimistische  Kom- 
missar jenes  Schutzgebietes,  v.  Puttkammer,  mit  einer  Karawane 
von  150  Mann  einen  Zug  nacli  dem  Innern  unternommen.  Derselbe 
hatte  den  Zweck,  durch  Besprechungen  mit  verschiedenen  Stammes- 
häuptlingen und  durch  Ausgleich  von  Zw  istigkeitcn  der  Eingeborenen 
unter  einander  die  Sicheriieit  der  Handelsstrassen  m  befestigen. 
Gleichzeitig  beabsichtigte  der  Kommissar,  einen  geeigneten  Ort  für 
eine  nach  Westen  hin  neu  zu  begründende  Station  ausfindig  zu 
machen.  Die  48  Haussa-Soldaten  der  Karawane  standen  unter  dem 
Befehle  des  Polizeimeisters  v.  Piotrowski.  auch  befand  sich  der 
Regierungsarzt  Dr.  Wicke  dabei,  welcher  hygienische  Gesichtpunkte 
geltend  machen  sollte.  Allenthalben  zeigten  sich  die  Häuptlinge  sehr 
entgegenkommend,  in  verschiedenen  Orten  wurden  von  ihnen  Land- 
schenkungeu  gemacht.  In  einem  Palaver  zu  Agome  Falinie  erklärten 
die  Häuptlinge  des  Atigbc-Stammes,  welche  oft  die  Handelsstrasse 
bedroht  hatten^  dass  sie  den  Verkehr  nicht  mehr  gefährden  wollten. 

10* 


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148 


IM«  dentielMii  Kalonitn. 


Von  da  aus  zog  die  Karawane  über  einen  Kamm  von  600  m  Höhe 
nach  Tomegbe.  Auf  diesem  Marsehe  wurde  ein  geeigneter  Platz  für 
eine  Station  gefunden.  Derselbe  liegt  etwa  20  Minuten  hinter  Jo. 
Das  Gebirge  streckt  dort  eine  nach  allen  Seiten  in's  Thal  &lle]ide 
Landzunge  vor.  Die  Kuppe  ist  eben  und  bildet  ein  genügend  grosses 
Plateau.  Am  Fusse  derselben  tliesst  ein  klnier  Gebirgsbach  über 
Felsen.  Unmittelbar  vom  Bache  ans  beginnt  der  Aufstieg  auf  den 
Jo-Pass:  der  Platz  wurde  von  Tenu,  dem  alten  Häuptling  von  Jo, 
geschenkt  und  ,.Mi8a>Höhe^'  genannt.  Er  ist  von  Lome  auf  sicheren 
Wegen  in  fünf  Tagen  zu  erreichen,  nach  Kpandu  hat  man  von  da 
zwei  Tagereisen  und  nach  Bismarckbnrg  sieben  bis  acht  Tage.  Ffir 
diese  Station  war  als  Leiter  Lieutenant  Herold  vom  westfälischen 
Fnss-Artillerie-Regiment  Xo.  7  in  Köln  bestimmt,  welcher  sich  am 
8.  März,  begleitet  von  dem  Mechaniker  Stöhr,  in  Hamburg  nach  Togo 
einschiffte.  £r  kam  am  6.  Mai  mit  13  Hanssa-Soldaten,  18  Trägem  nnd 
2.  Dienern  am  Orte  seiner  ßestinmrang  an,  am  7.  Mai  ging  dort 
am  schnell  aufgerichteten  Flaggenmast  die  deutsche  KriegsBagge 
hoeh,  begrflsst  von  drei  Salven  der  schwaraen  Soldaten.  Dann 
wurde  mit  der  Eniehtnng  der  Station  begonnen.  Ringsum  wurde 
der  Busefa  umgesehlagen  und  verbrannt  Felder  und  Gärten  wurden 
angelegt,  Pferde-  und  Hflfanerstall,  Waarenhaus  und  Wachtlokal 
gebaut  Bis  zum  5.  Juni  bewohnte  Herold  das  im  Buaoh  auf- 
geschlagene Zelt  Als  aber  ein  Wirbelsturm  in  einer«  Nacht  dieses 
Zelt  einfach  umwarf  ging  er  schleunigst  an  die  Errichtung-  eines 
provisorischen  Wohnhauses. .  Bs  ist  aus  P^mrippen  und  Psslmblftttem 
errichtet  und  enthält  zwei  recht  hübsche  Räume,  ein  Wohn-  und  ein 
Schlafzimmer,  Die  Station  liegt  etwa  500  m  hoch,  ringsum  von 
200  m  hj&herem  Gebirge  umgeben,  nur  im  Sfidosten,  in  der  Richtung 
nach  der  Efiste  hin,  ist  der  Blick  in  die  Ebene  freu  Die  Umgebung 
ist  romantisch,  und  erinnert  an  den  Harz  und  den  Thfiringer  Wald; 
nur  die  zahlreichen  Oelpalmen  imd  des  Mittags  die  Bitze  zeigen, 
dass  man  in  Aftika-ist  Die  Station  hat  gutes  Trinkwasser,  eine 
wichtige  Sache  in  den  Tropen.  Das  EUma  ist  keineswegs  so  schlecht^ 
wie  es  in  Deutschland  manchmal  dargestellt  wird;  Morgens  7  Uhr  zeigt 
das  Thermometer  meist  22  Grad,  sogar  21  Grad  Celsius,  Abends  9  Uhr 
meist  24  Grad^  unter  Mittag  ist  es  natfirlich  heiss.  .Sie  sehen,* 
sehreibt  Herold  in  einem  Privatbriefe,  ,es  ist  hier  bei  dieser  Tem- 
peratur, bei  gutem  Trinkwasser,  in  herriicher  Waldluft,  hoch  oben 
auf  dem  Berge,  unmittelbar  unter  deq  Wolken  thronend,  anssuhilten. 
UnbescbreibUch  scbOn  sind  die  Tropennächte.  Ich  sitze  oft  bis  11  Uhr 


üiyitizcü  by  GoOglc 


Di«  deuUcben  Kolouieo. 


149 


unter  einer  Oelpalme,  unter  der  ich  auch  bisher  ungfestraft  meinen 
Kaffee  und  Ealvao  trinice,  und  kann  nicht  müde  werden,  die  Wuuder 
der  mondhellen  Tropennacht  zu  geniesseu.  Wenn  das  zu  meiner 
Rei'hteu  befindliche  südliche  Kreuz  in  seiner  milden  l'rarht  am  Ho- 
rizont verschwindet,  dann  ist  es  Zeit  zum  Schlafen;  denn  Morgens 
dVo  Ühr  heisst  es  aufstehen  und  die  Arbeiter  anstellen,  Sonntags 
arbeite  ich  nicht,  nach  dem  biblischen  Vorbilde,  um  zu  sehen,  was 
ich  in  der  verflossenen  Woche  gethan  habe  und  in  der  kommenden 
zu  thun  gedenke.  Bisher  habe  ich  eine  Reise  von  Nyambo  zu  dem 
mächtigen  Könige  Blako  gemacht,  einmal  war  ich  auch  auf  dem 
Towe-Markt« 

Fauna  und  Flora. 

Das  unmittelbare  Küstengebiet,  ein  schmaler  unfruchtbarer  Sand- 
streifen,  ist  öde.  wenig  l)el)aut  und  kaum  von  anderen  Thieren  belebt 
als  solchen,  welche  in  der  Nähe  des  Meeres  leben,  Crustaceen,  Krabben, 
Seevügeln  u.  s.  w.  Das  unangenehmste  Thier  der  Küste  ist  aueh  leider 
hier  der  SaudÜoh,  welcher  gelegentlich  in  das  Innere  verschleppt 
*  wird.  Die  von  Krokodilen  wimmelnde  Lagune  ist  in  Folge  ihres 
Fischreichthums  ein  Sammelpunkt  für  die  mannigfachsten  Arten  von 
Strand-  und  Sumpfvögeln.  Dass  es  hier  an  Moskitos  und  Ochsen- 
fröschen  nicht  fehlt,  ist  selbstverständlich.  Steigt  man  von  der  La- 
gune in's  Festland  in  den  „Busch",  so  zeigen  sich  verschiedene 
Holztaubenarten  und  der  prächtig  rothe,  behaubte  Turako  macht  sich 
bemerklich.  Die  Landschaft  weist  Kokospalmen-  und  Oelpalmen- 
Bestände  anf,  Hochwald,  Busch  und  Savanne  wechseln  mit  einander 
ab,  gelegoitlich  sind  auch  einige  Strecken  von  den  Eingeborenen 
urbar  gemacht.  Der  Bosch  beherbergt  allerlei  wildes  Gethier  und 
eine  Unzahl  von  Insekten,  unter  denen  die  Ameisen  besonders  be- 
merkenswerth  sind,  welche  auch  in  der  eigentlichen  Savanne  —  in 
Togo  fast  durchschnittlich  Graslandsdiaft  mit  knorrigen  verkrüppelt 
aussehenden  Bäumen,  die  auffallende  Aehnlichkeit  mit  unseren  Obst- 
bäumen haben  —  eine  grosse  Plage  bilden.  Denn  nichts  kann  dem 
Andringen  einer  Ameisenschaar  Stand  halten;  wer  sich  ihr  in  den  Weg 
stellt,  wird  angegriffen  und  nur  schleunige  Flucht  kann  vor  ihr  retten. 
Myriaden  kleiner  schwarzer  Fliegen,  von  denen  einige  Arten  schmerz- 
haft stechen,  fiUen  Aber  den  Wanderer  her  und  sind  namentlich 
während  der  Regenzeit  eine  empfindliche  Ph^^e.  Wild  ist  in  der 
Savanne  noch  zahlreich,  Antilopen,  Bäffel,  Wildschweine,  Hyänen, 
Elephanteo  kommen  fiberall  vor,  der  Leopard  zeigt  sich  nicht  gerade* 


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150 


Dia  dtntoelwft  KoUrnitn. 


Belten,  wfthrend  der  LQwe  sieh  nur  noeh  gelegentlich  in  das  Togo» 
laad  Terirrt,  Krokodile,  welche  in  der  Lagone  hiafig  sind,  tteten 
hinter  dem  Gebirge  wieder  ant  Von  sonstigen  Sanriem  ist  die 
riesige  VTameindedise  TOfnehmllch  znerwfthnen,  ausserdem  kommen 
aber  noch  mehrere  andere  Eidechsenarten,  von  denen  manche  sich 
mit  Vorliebe  in  den  Hftosem  oder  deren  Nahe  anfhalten,  vor.  Schlan- 
gen, giftige  nnd  lugiftige,  sind  xiemlidi  hftnfig,  Biesenschlangen  werden 
im  Innern  oft  gefangen.  Auch  an  der  Küste  foUen  dieselben  nicht 
nnd  in  dem  Lagnnendorüs  Ghn^ii  bei  Klein-Popo  befindet  sich  ein 
eigeDs  Air  sie  bestimmter  Schlangentempet  (dicht  daneben  liegt 
Sebbe,  der  Sitz  des  kaiserlichen  Kommissariats).  In  jedem  Neger- 
dorfe, Ton  der  Kfiste  bis  Adelt,  findet  man  mit  wenigen  Ausnahmen 
das  schwarze,  sehr  degenerirte  Schwein,  Ziegen,  Schafe,  Bindvieh 
meist  porto^^esisdiMi  Ursprungs,  HandOi  wfthrend  Pferde  nur  im 
Innern  vorkommen.  Wss  das  Geflflgel  anbetrifft,  so  ist  das  Hahn 
in  allen  Grossen  und  Farben  überall  vertreten  nnd  bildet  mit  seinem 
meist  mageren  und  zähen  Fleische  die  Hauptkost  der  Reisenden. 

Wirthschaftliches. 

St'iteDS  des  kaiserlichen  Kommissariats  für  das  Togo-Gebiet 
sind  seit  etwa  zwei  Jahren  im  Verein  mit  der  Firma  J.  K.  Victor 
auf  dem  Regierungsgrundstück  bei  Sebbe  Versuche  mit  dem  Anbau 
tropischer  Pflanzen  in  kleinem  Maassstabe  vorgenommen  worden. 
Dieselben  haben  günstige  Ergebnisse  erzielt.  Es  hat  sich  gezeigt, 
dass  Tabak  gut  gedeiht  und  von  Sachverständigen  in  grösserem  Stil 
mit  Aussicht  auf  Erfolg  angebaut  wenien  könnte.  Die  Berichte  über 
die  nach  Deutschland  gesaiulten  Tabaksproben  lauten  so  günstig, 
dass  Herr  Vietor  beal)siciitigt,  ein  grösseres  Unternehmen  zum  Zwecke 
des  Tabaksbaues  in  Togo  zu  Stande  zu  bringen.  Eine  kleine  KatTee- 
plautage  von  etwa  100  Bäumchen  ist  angelegt  worden;  ein  L'rtlieil 
über  das  Ergebniss  ist  jedoch  erst  in  etwa  vier  Jahren  zu  erwarten. 
Die  angepflanzten  BanmwoUenstauden  haben  sich  gut  entwickelt,  so 
dass  ein  praktischer  Baumwollpflanzer,  Goldberg,  naih  Togo  gereist 
ist,  um  dort  Versuche  im  Grösseren  zu  unternehmen.  Auch  mit 
der  Anpflanzung  von  Kakao  sollen  demnächst  Versuche  gemacht 
werden.  Wir  können  uns  aber  nur  der  Ansicht  des  Herrn  J.  K. 
Vietor  anschlicssen,  welcher  es  nicht  für  rathsam  hält,  jetzt  schon 
grosse  Kapitalien  hiueinzusteciieu.  ^)   Die  Schwierigkeit  liegt  in  der 

*)  Ein  gntes  Bild  von  den  Anfangsscbwiorigkeiten  des  Plaotagenbftus  giebt 
Or.  Henriei,  der  Vertreter  der  Togogeselteebaft,  wenn  er  in  einem  Plaidoycr  im  Zoll- 


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Dia  dentsehen  Kolonieo. 


151 


Arbeiterfrage.  Aus  einem  beinahe  nackten,  mit  etwas  Flaeh  und 
Maisbrot,  einem  Sdmapa  und  etwas  Tabak  znMedenen  Hensdien 
einen  tflehtigen,  bmnehbaren  Arl>eiter  za  erziehen,  ist  nieht  kioht 
Dazu  gehört  viel  Arbeit  nnd  noch  mehr  Gednld.  — •  Das  Geediftft  an 
der  KflBte  wsr  yot  Knrzem  bei  dO  bis  dö  Prozent  immer  noch 
leidlieh  za  nennen,  nnd  die  Ellste  hat  sich  sehr  gehoben,  was  sieh 
am  besten  darin  zeigte  dass  an  Stelle  der  früheren  Holzhänser  jetzt 
gnte  solide  Hftoser  ans  Ziegelstein  erbant  sind,  aber  mehr  imd  mehr 
stellt  sich  die  Nothwendigkeit  herans,  von  der  Prodoktion  der  Sm- 
geborenen  nnabh&agig  zu  werden,  zn  welchem  Zwecke  eben  der  Plan- 


ermässiguDf^  auf  deutsche  koloniale  Produkte  —  einen  Gedanken,  welchem  schon  frähor 
einmal  die  deutsche  Kolouial-Gesellschaft  näher  getreten  ist  —  schreibt:  Planlagen- 
önternehmungen  kosten  viel  beld,  und  unsere  Kolonien  haben  bisher  noch  nicht 
einmal  leichte  Verbindung  mit  dem  Mutterlande.  Man  vergesse  auch  nicht,  dass 
dir  PflwMT  in  bither  onkoltiTirten  0«g«Dden  «nt  Jahn  lang  Erfahrung  sam- 
meln moM,  uid  dM  ist  korti|ri<U|f.  Nehmaii  wir  dnanl  d«u  Tabaktbra.  Ba 
vefgeben  drei,  vier  Jahre»  die  die  Trocken-  und  GUuungabedingungen  etwa  fnr 
Ostafrika,  Kamerun  oder  Togo  festgestellt  sind;  bis  dahin  hat  der  Tabak  aber  noch 
nicht  seinen  Vollwerth  erreicht,  er  erzielt  vielleicht  170  Mark  für  den  Zentner,  was 
im  Durchschnitt  noch  günstig  wäre.  .Nun  gehen  70  Mark  für  Zoll  ab,  15 — 20  Mark 
für  Seetrauäport,  10  Mark  für  Landtransport  uud  Verschiffung,  S  Mark  für  Ver- 
paekung,  daa  aind  103  Hatk  Unkoataa  bii  Hamburg  oder  Branan,  bMbaiL  in  gSxf 
aligaten  Falle  67  MaA  fnr  den  Produia&ten.  Dabei  haben  wir  Veraichenni^  Makler- 
gebohr  und  deiglaichen  noch  gar  nicht  gerechnet.  Im  Allgemeinen  wird  der  Zent- 
ner wirklich  Tersendeten  Tatiaks  kaum  über  50  Mark  bringen.  Die  Produktions- 
koeten  sind  aber  in  den  Kolonien  ungeheuer  gross.  Rechnen  wir  auch  nur  einen 
Weissen  auf  eine  Station,  so  bezieht  dieser  an  Gehalt  gegen  3000  Mark  mindestens, 
das«  freie  Station.  Die  Verpflegung  ist  aber  In  tropische  u  and  unwirtblichen  Oa- 
biatan  aehr  theaer,  da  fnt  alle  Yonitha  ana  Europa  gesehiekt  wodam  mfiaian. 
Von  N agwfcoat  kann  unter  hundert  SnropiarB  bSchatana  ainar  kkn.  So  ateUea  aiah 
denn  die  VarpAegungsunkosten  auf  mindeetens  8000  Mark  auch  noch  für  jeden 
Einzelnen;  sie  "vermindern  sich  erst,  wenn  der  Viehstand  heranwächst,  Gartenwirth- 
sebaft  eingeführt  ist  und  dergleichen,  bleiben  aber  doch  hoch,  da  der  Europäer  des 
Weines  in  den  Tropen  dringend  beuuthigt.  Die  Produktionskosteu  werden  aber 
auch  dadureh  ungeheuer  hoeh,  daea  allea  Aekerland  erat  garod-at  nnd  dann  Jahra- 
lang  nit  dar  flaad  baarbaitat  werden  mnai,  ehe  dar  Mng  durehgahan  kann.  So 
erfordert  es  lange  Jahre,  ehe  bai  dem  jetzt  dröckandaa  Zoll  eine  Pflanzung  wirklieb 
ErtTiiy'c  bringen  kann.  Welchen  besonderen  Grund  hat  deutsches  Kapital  daher 
unter  den  jetzigen  Verhältnissen,  in  unsere  Kolonien  zu  geben?  Brasilien  und  Ar- 
gentinien liegen  näher  und  haben  bliutige  Verbindung;  die  Bodenverhältnisse  dort 
sind  günstig,  das  lüima  auch;  tief  in  das  Land  hinein  ist  geordnete  Verwaltung. 
Einen  Vortbatl  irgend  walcher  Art  bietet  dar  Plantaganban  in  den  deutschen  Kolonien 
nicht,  und  deshalb  zieht  er  auch  nicht  an.  WIta  ea  nicht  ana  Liebe  zum  Vater- 
lande,  >o  würden  die  jetzt  Torhandeaan  Pbuitagenbasitaar  nicht  in  dla  dantaehan 
Kolonien,  sondern  in  günstigere  Oabieta  gegangen  aato. 


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153 


Dk  dtDticben  Kolonun* 


tagenban  dienen  80IL  Die  Kanflente  vob  Klein  •Popo  nnd  Porto- 
Segaro  haben  bebnfe  Walinaig  ihrer  kanfkninniBchen  Interessen  eine 
Handelskammer  gebildet  Der  Zweck  dieser  i^Haadebkammer  von 
Klein-Popo  nnd  Porto-Segaro*^  ist  nach  dem  Statut,  gemeinsam 
kommdriielle  Angelegenheiten  in  berathen,  -anf  Abstellmig  von  Miss- 
brSnchen  sowie  nacbtheiligen  £inn'ehtnngen  hinzuwirken,  nnd  mit 
allen  &8ften  m  fördern,  was  im  Geaammtinteresae  des  Handels  sich 
ab  nOthig  erweisen  sollte.  Die  Handelskammer  wird  regelmftssig 
ain  1.  jedes  Monats  znsammentreten. 

•Eine  für  die  Entwiokelnng  der  englischen  Ooldkfisten-B^olonie  und 
des  deutschen  Schutzgebietes  wichtige  Neuigkeit  betrifft  die  Schiffbar» 
keit  desVolta.  Dieser  bedeutende,  aber  vemachlflsrngte  Fluss  ist  im 
Oktober  1S89  von  einem  deutschen  Dam^jfer  etwa  830  Kilometer  von 
seiner  Mfindung  aufwArts  befohren  worden,  .bis  Kra^i.  Nachdem 
der  Franzose  fionnat  im  Dezember  1875  und  Januar  1876  den  Yolta 
bis  Eratji  in  Booten  befehren  hatte,  ist  dieses  Wagniss  auch  im 
Jähre  1890  dem  Afrikareisenden  G.  A.  Krause  gelungen,  obwclU 
Stromschnellen  die  Schifffahrt  sehr  erschwerten.  AVelche  Bedeotung 
die  Entdeckung  der  Schiffbarkeit  des  Volta  für  den  üaudel  haben 
wird,  Iftset  sich  heute  noch  nicht  absehen. 

Aus  dem  Hinterlande  des  Togogebiets  sind  Nadirithten  über 
den  flotten  Kautschnkhandel  gekouimen.  Premierlicutenaiit  Kling 
berirlitct  darüber  aus  Bif^inarcksburg :  „Den  Bewoliueru  des  Hinter- 
landes von  Togo,  uainentlieh  den  Adelileuten,  war  bis  zu  unserer 
Ankunft  die  Gewinnung  des  Gummis  unin-kannt,  ^Nur  aus  Spielerei 
machten  die  Seliwarzen  manclunal  Gummikugeln  und  gaben  einmal 
auf  der  Station  zehn  kleine  derselben  gegen  eine  Schnur  Perlen  im 
AVerthe  von  ungefähr  10  Pfennigen.  Seit  beinahe  zehn  Monaten  nun 
beginnt  ein  sehr  starker  Zuzug  von  schwarzen  Händlern,  englischen 
Unterthanen  aus  Akkra  und  dessen  Umgebung,  die  nach  den  Dorfern 
von  Adeli  und  Tribu  kommen  und  ungeheuere  Preise  für  Gummi 
bieten.  Da  das  Gebiet  in  dieser  Bi-zii-iiung,  wie  oheu  erwälmt.  voll- 
kommen jungfrätilicli  ist  und  die  I^andolphia.  die  Gummi-Liane, 
welche  den  feinsten  (iuinmi  giebt,  in  den  Galeriewäldern  der  un- 
zähligen Flussläufe  und  Biiche.  welche  das  Gebirge  durchströmen, 
in  selir  grosser  Menge  vorkommt,  so  wnrd"  binnen  kurzem  eine 
ziemliche  Masse  zusammengebracht.  Tausende  von  Zentnern  sind 
schon  von  obengenannten  Händlern  nach  der  englischen  Küste  ge- 
schleppt worden.  An  einem  Tage  kamen  hier  Eingeborene  mit 
27  starken  Lasten  durch.   Die  Händler  bezablea  ungeheure  Preise. 


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I 


Die  deutschen  Kolouieo. 


153 


Für  eine  Anzahl  Kugeln  im  Qewichte  vob  ungefähr  10  Pfimd  er- 
hielt der  Yerkftiifer  4  Stick  Kattun,  an  der  englischen  Bofiste  jedes 
mmdestens  4,5  Hark  werl^v  sowie  4  grosse  ^nmeeser,  im  nnge- 
ffthren  Weithe  Ton  1  Mark  jedes,  so  das«  sich  die  erkauften  10  Pftmd 
Gummi  demnach  auf  nngeffthr  15  Mark  ohne  Unkosten  itlr  Trfiger, 
ünterhdt  und  Gewinn  stellten.  Da  man  nnn  an  ^r  Ktste  w&hrend 
meiner  Anwesenheit  das  Pfand  Gummi  mit  OO-— 90  Pfennigen  be- 
zahlte, 80  gaben  die  Akkralente  ohne  die  erwAhnten  Unkosten  min- 
destens 60  Pfennige  mehr.** 

Der  Sklavenhandel  ist  in  der  Sitznnis:  des  Reichstag  vom  57.  No- 
vember 1889  anch  zur  Sprache  gebracht  worden,  und  es  zeigte  sich  diil)ei, 
dass  auf  beiden  Seiten  über  das  Ziel  hinausefeschossen  worden  if^t. 
Während  Herr  Geh.  Legationsrath  Krauel  das  Vorhandensein  des 
Sklavenhandels  in  Togo  leugnete,  beharrte  Herr  Krause,  der  die 
Beschuldigung  ört'entlieh  ausgesprochen,  bei  seiner  Behauptung.  Der 
letztere  war  sogar  in  der  Lage,  oinen  im  Auftrage  von  Dr.  Wolf, 
dem  damaligen  Chef  von  Bisnmrckburij:,  wahrscheinlich  von  dessen 
Dolmetscher  nnoli  Salaga  an  Abdul  Kleina  geschriebenen  Brief  mit- 
zutheilen,  in  welchem  eine  Sklavengeschichte  bebandelt  wird.  In 
einem  von  anderer  Seite  herrührenden  Schreiben  aus  Togo  heisst  es 
ebenfalls:  „hh  sah  in  Denn  einige  Fremdlinge,  die  ich  sofort  als 
Stammen  im  Innern  angehörend  und  darum  als  Sklaven  erkannte. 
Als  ich  nachfragte,  war  es  richtig  so,  und  auf  meine  weitere  Frage, 
wo  sie  dieselben  gekauft,  hiess  es,  in  Lome.  Im  deutschen  Protek- 
torat könne  man  gegenwärtig  viele  Sklaven  kanten,  weil  es  die 
Beamten  gewahren  lassen.  Man  thue  Barmherzigkeit  an  den  armen 
Menschenkindern,  wenn  man  sie  den  Sklavenhän<llern  abnehme."  Die 
Thatsache,  dass  im  Togogebiet,  und  zwar  au  der  Küste,  Sklaven  ge- 
handelt werden,  ist  also  unleugbar,  aber  wie  Herr  Vietor  aus  Togo 
schreibt^  ist  „die  Behauptung  des  Abgeordneten  Richter,  dass  das 
Togogebiet  ein  Schlupfwinkel  für  den  Schmuggel  und  Sklavenhandel 
sei,  ebenso  irrig,  als  wenn  der  (ieheime  Le^ntionsrath  Krauel  be- 
streitet, dass  Sklaven  im  deutscheu  Schutzgebiete  verkauft  werden. 
Die  Wahrheit  liegt  in  der  Mitte.  Ebensowohl  wie  in  der  englischen 
Goldküstenkolouie  und  in  den  französischen  Kolonien  täglich  Sklaven 
gekauft  und  verkauft  Vierden,  ebenso  werden  sie  in  der  deutschen 
Kolonie  gekauft  und  verkauft.  Die  Karawanen  kommen  von  den 
Skla^veomärkten  ans  dem  Innern,  welche' nicht  im  deutttchen  Gebiete 
liegen,  besonders  von  Salaga,  und  bringen  häntig  Sklaven  mit  Der 
einzige  Unterschied  ist  der,  dass  im  englischen  Gebiet,  wo  der 


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Di«  d«oticlMD  KoIodIml 


Sklavenhandel  amtlich  verboten  ist,  meiBtens  nor  Kinder  nnd  grOBtere 
Midehen,  hier  aber  anch  grossere  Joagen  uid  Männer  Yerkaaft  wer* 
den,  anch  Bind  die  Sklaven  in  der  Goldkflatenkolonie  40  Mark  im 
Dnrehechnitt  thenror.  leh  miflebillige  den  SkUveahandel  imd  die 
Sklaverei  darehane,  nnd  ich  glanbe,  daes  die  Segiemng  mit  d^r  Zeit 
dagegen  einachreiten  wird  nnd  einBchreiten  mnae,  wie  aie  Jetrt  schon 
SUaveigagden  in  ihrem  Gebiet  ahndet  Aber  ich  mOdite  nur  dem 
entgegentreten,  dass  es  hier  schlimmer  aussehe  als  anderswo,  oder 
dass  man  gar,  wie  es  nach  den  Verhandlnngen  den  Anschein  hat, 
voranssetst,  dass  die  Begiemng  diesen  Handel  nnterstAtEe." 

Was  den  Branntweinhandei  anbetriflit,  so  ist  die  Frage,  wie 
dem  Uebel  abgeholfen  werden  kOnne,  nicht  leicht  an  beantworten. 
Die  von  derBegierang  befolgte  Zollpolitik,  die  sammtlichen  Ansgaben 
dnrch  Zolle  auf  Spiritnosen,  Pnl?er,  Gewehre  nnd  Tabak  an  beaM» 
ten,  ist  gewiss  sehr  richtig  and  wird  schon  etwas,  wenn  auch  einst- 
weilen wenig  zur  VerbesBemng  der  Veiiiiltnisse  beitragen,  besonders 
nachdem  die  ZoUe  erhöht  worden  sind  (siehe  Anhang).  Das  anzu- 
strebende Ziel  ist  aber  nnbedingt  dasjenige,  dass  sämmtliche  earo- 
piische  Regierungen  gemeinsam  die  Einfahr  s&mmtlicher  Spirituosen 
verbieten.  Ein  einseitiges  deutsches  Verbot  wftre  eine  schwere  Schä- 
digung des  deutschen  Handels,  würde  aber  auch  den  Zweck,  dem 
Neger  das  Trinken  unmöglich  zu  machen,  vollständig  verfehlen. 
Aus  den  benachbarten  englischen  und  französischen  Gebieten  würde 
der  Bedarf  der  Togo-Kolonie  mit  Leichtigkeit  zu  schmuggeln  sein. 
Aber  einen  grossen  Dank  würde  sich  die  deutsche  Regierung  bei 
allen  denen  erwerben,  welchen  die  Zukunft  unserer  afrikanischen 
Kolonien  am  Herzen  liegt,  wenn  sie  ihren  ganzen  Einfluss  darauf 
verwenden  wollte,  dass  die  Regierungen  eine  allgemeine  Vereinbarung 
träfen,  dass  kein  Branntwein  in  Afrika  eingeführt  werden  dürfe.  Der 
allgemeine  Handel  würde  auf  die  Dauer  durch  dieses  besondere  Ver- 
bot gewiss  nicht  leiden,  vielmehr  der  Verbrauch  aller  andern  nütz- 
lichen Waaren  bedeutend  zunehmen. 

Die  Eweer  sind  sehr  bildungsfähig,  geschickt  und  anstellig. 
Fast  jeder  spricht  einige  afrikanische  Sprachen,  die  jode  von  einander 
80  verschieden  sind,  wie  etwa  deutsche  und  romanische  Sprachen,  und 
Manche  verstehen  englisch,  deutsch  oder  portugiesisch.  Die  schwarze 
Bevölkerung  an  unserer  Westküste  wird  früher  oder  später  auf  eine 
höhere  Kulturstufe  gelangen,  und  es  ist  Sache  der  Europäer,  sie 
dahin  zu  bringen,  damit  sie  es  nicht  auf  eigene  Hand  thut  und, 
ihrer  Kraft  bewnsst,  dass  Joch  der  Fremden  später  abschüttelt.  Vor 


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Di«  deuUcbeu  Kolonien. 


155 


allem  aber  ist  das  Christoithiini  dasa  bemioD,  imd  mir  diet  kann 
mit  seiner  höheren  Knltar  den  Islam  verdiiageii,  der  wiederom  eine 
höhere  Knltorstafe  als  die  frOhers  heidniiehe  war.  Was  die  Religion 
desYolkes  anbetrifft,  so  ist  diese  kein  nackter  Feüsehismns,  wie  gewOhn* 
lieh  angenommen  wbd,  seodem  eher  monoth^stisch.  Die  Volkssttmme, 
soweit  sie  z.  B.  Henriei  kennen  gelent  hat,  glauben  alle  an  einen 
Gott,  das  GMienbild  ist  nur  Sinnbild  des  Ueberiidischen.  Tief  nnter 
diesem  einen  Gott  stehen  noch  dne  Anzahl  Götter  oder  Genien;  selbst 
die  abgeeehiedenen  Seelen,  besonden  die  fon  Htoptliogen,  werden 
verehrt  (ihnlich  den  Heroen  bei  den  Grieehen).  Tief  philosophiseh 
ist  die  Anifossnng  von  der  Seele.  Diese  war,  so  lantet  die  Lehre, 
▼on  Anfimg  an  vothanden.  Naeh  der  SehOpfung  schickt  sie  Gott  in 
den  KOrper  und  ruft  de  naeh  dem  Tode  wieder  zn  sieh  zarfiolL 
Diese  Sede  ist  aber  nnr  eine  Aensseruig  der  Lebenskraft  Ausser* 
dem  giebt  es  noch  ein  höheres,  sittliches  Wesen,  das  bei  Gott  ver- 
bleibt, also  ähnlich  wie  in  der  Ideenlehre  des  Plate.  Zwischen  Thier- 
seele and  Menscbenseele  ist  kein  Unterschied  vor  Gott.  Trotzdem 
sind  die  Lente  keine  Vegetarianer,  denn  sie  tOdten  beim  Thiere  ja 
nur  den  Lebensodem;  vor  derTOdtnng  giebt  man  dem  Thiere  hänüg 
noch  einen  Schlnck  Wasser,  damit  die  Seele  auf  ihrem  Wege  za  Gott 
nicht  verdurste.  Neben  dieser  Volksreligion  giebt  es  noch  Orakel, 
die  von  den  Fürsten  befragt  werden,  wie  schon  vorhin  initgetlieilt 
ist.  Von  Festen  sind  die  Mondfeste  sehr  beliebt,  die  mit  Gesang, 
Tanz  und  llüllenlärm  gefeiert  werden,  besonders  wird  sehr  stark  und 
eifrig  dabei  getrommelt.  ' 


Deutsch -SQdwestafrfka. 

Die  Schntztrnppe. 

Die  Verhältnisse  in  Deutsch-Südwestafrika  haben  im  verflosse- 
nen Jahre  sich  wenig  verändert;  nach  wie  vor  herrscht  hier  eine 
Stagnation,  welche  sehr  empfunden  wird,  aber  sich  unter  den  schwie- 
rigen Verhältnissen  noch  nicht  ändern  liess.  Das  Jalir  1888  brachte 
die  bekannten  politischen  durch  die  Agitation  von  abenteuernden 
Engländern  herrührenden  Wirren  mit  den  Hereros,  in  Folge  dessen 
das  Ilereroland  faktisch  von  den  deutschen  Repieruugsbeamten  auf- 
gegeben wurde.  Doch  hat  dieser  unwürdige  Zustand  glücklicher 
Weise  nicht  lange  gedauert.  Die  kaiserliche  liegierung  bildete  eine 
neue  Schatztmppe,  weiche  anter  Führung  des  Hauptmanns  v.  Frau- 


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156  IM*  dtolMhM 'Kolonien. 

ijo\A  im  Sominer  1888  in  WaMaohbu  emtraf.  Ihre  Anfisabe  war 
weaentüch  zwiefacher  Natar;  einmal  die  engUaohen  Umtriebe  zu  nnteiv 
drftcken,  dann  aber  auch  die  fiiogeborenen  eowmt  zur  Raieon  zn 
bringen,  dase  Yorgftnge  wie  die  fiüheren  eich  niebt  wiedeifaolen 
konnten.  Die  Eingeborenen  nnd  aneh  die  Heren»  sind  an  nnd  Ar 
eich  den  Dentscben  nicht  feindU<di  gesinnt  Die  Sebald  an  den  nn- 
leidüchen  Yerfailtmssen  trogen  fremde  Agitatoren,  welche  die  Ein- 
geborenen dvreh  Branntweinspenden  und  Waffenliefemngen  zn  ge- 
winnen wossten,  and  den  so  erlangten  Einfhiss  zn  Hetzereien  gegen 
die  dentsehen  Hindier,  die  dentschen  Beamten  nnd  die  deutsche 
Scbntzherrschaft  verwendeten.  Haoptmänn  t.  Francds  zog  von  Wal- 
iiscbbai  sofort  nach  Otyimbingiie,  wo  er  am  8.  Joli  eintraf,  um  von 
doit  ans  die  Bewegungen  der  Gegner  zn  beobachten.  Die  8ohnts- 
tmppe  machte  knrz  daranf  einen  Abstecher  nach  Omamm,  nm  den 
dentsch-firsnndlichen  Hftnptling  Hanasse  zn  besnchen,  kehrte  aber 
bald  zurück,  da  sich  die  Nachricht  verbreitete,  Lewis  würde  mit 
seinem  Anhange  in  das  Sdratzgebiet  einrücken;  statt  seiner  kam 
aber  nur  ein  grosser  Scbnapstransport  Am  6.  August  bat  Haupt* 
mann  v.  Fran^  den  Hftnptling  Zacharias  nm  eine  Baustelle  jenseitB 
des  Fhisses,  der  deatechen  Niederlassang  gegenüber.  Der  Häupt- 
ling hatte  anf&n glich  gegen  den  Bau  nichts  einzuwenden,  machte 
aber  schliesslich  doch  einige  Schwierigkeiten,  so  dass  der  Haupt- 
mann kurz  entschlossen  mit  der  Schutztrappe  davonritt.  Zacharias 
sandte  ihm  eine  Keitertruppe  nach,  um  sich  nach  dem  Grunde 
des  plötzlichen  Aufbruches  'zu  erkundigen,  welcher  bei  der  im 
Daiuai  ahitl  bestehenden  Sitte,  alle  Maassnahmen  durch  oft  wochen- 
lange Bes[)rechungen  einzuleiten,  den  Eingeborenen  allerdings  auf- 
fallend erselieinen  konnte.  Das  Gerücht  vergrösseHe  die  Bedeutung 
dieses  Schrittes  des  Häuptlings  in  eine  Art  Kriegserklärung  der 
IJcreros  gegen  die  Schutztrnppe  nnd  vemrsachte  in  Deutschland 
einige  Beunruhigung,  erwies  sich  aber  bald  als  falsch.  Der  Haupt- 
grund des  ])lötzlichen  Aufbruches  der  Schutztruppe  war  wohl  die 
Absicht,  Lewis  aiizutaugen,  der  es  aber  vorzog,  das  Schutzgebiet 
nicht  zu  betreten. 

Die  Schutztruppe  setzte  sich  etwa  40  Kilometer  von  Otvimhinijue 
auf  dem  Wege  nach  Wallischbai  bei  einer  kleinen  Ansiedlung  Tsaol)is 
(sit'he  Karte  im  .lahrgaiig  1880)  fest,  und  erhaute  dort  ein  Fort, 
wftclies  Wilhelmsfeste  genannt  wurde.  Das  Fort  ist  aus  rohen  Steinen 
ohne  Mörtel  aufgeführt:  die  Mauern  sind  an  der  Basis  P/.,  m  dick, 
nach  oben  etwas  verjüngt  und  etwa  3  V2  ^  hoch,  das  Fort  bildet 


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Die  deuUcbeu  Koloniw. 


157 


ein  Bechteck  von  35  bis  SO  m  JJage  mit  anf  den  Ecken  vonpringent 
den  Thünnen.  Auf  allen  Seiten  nnd  nach  allen  Richfongen  hin  and 
Schiessechacteii  angebracht,  sa  daes  'es  nach  dortigen  Yerbftltmsseii 
unanfechtbar  iet  Diese  Arbeit  worde  in  Ph  Monaten  tollendet» 
nnd  war  in  jeder  Hinsicht  eine  tflehtige  Leistung  der  Schntstrnppc, 
welche  allein  schon  sie  in  dem  Respekt  der  Bingeborenen  hob.  IMose 
Station  wnrde  bald  von  schntzsuchenden  Eingeborenen  als  Zuflocbts« 
ort  betrachtet  nnd  in  ihrer  Nfthe  lieasen  sich  knne  Zeit  nachher 
Aber  700  Familien  der  Bergdamara  und  der  Bastaida  (MiscUinge 
▼on  Weissen  nnd  Hottentotten)  nieder.  Von  der  Scbutstroppe  wurden 
die  Monitionssendimgen,  die  nach  Otyimbiogue  gehen  soUten,  mit 
Beschlag  belegt,  die  dortigen  darftber  aufgebrachten  englischen  HSndler 
anf  Tsaobis  gefangen  gesetzt  nnd  anch  alle  vorbeikommenden  Güter, 
die  Lewis  oder  der  mit  ihm  verbundenen  Minengesellsehaft  gehörten, 
im  Giiuzen  neun  Wagen  voll,  angehalten.  Von  dem  stellvertretenden 
Reichskommissar  Nels  wurde  dem  Besitzer  kundgegeben,  er  dürfe 
mit  seinen  Minenarbeiten  erst  beginnen,  wenn  er  sich  der  bestehen- 
den Gesetzgebung  unterworfen  habe.  Er  müsse  also  die  vom  Reiche 
eingerichtete  Bergbehörde  anerkennen,  sich  bei  derselben  anmelden 
nnd  eine  Bescheinigung  darüber  bringen.  So  lange  das  nicht  ge- 
schehen sei,  würden  seine  Maschinen  festgehalten  werden.  Damit 
war  aber  Lewis  nicht  einverstanden;  er  hatte  bekanntlich  im  Jahre 
vorher  dem  Reichskommissar  in's  Gesicht  gesagt,  dass  er  die  deutsche 
Schutzherrschaft,  also  auch  den  kaiserlichen  Beamten,  dort  nicht  als 
eine  Autorität  anerkenne.  Demgemäss  wollte  er  sich  auch  über  die 
Bergbehörde  wegsetzen.  Als  er  aber  sah,  dass  man  deutscherseits 
seine  Proteste  nicht  achte  und  Ernst  mit  Einhaltung  der  gesetzlichen 
Bestimmungen  machte,  kehrte  er  in  Walfischbai  um  und  beschwerte 
sich  in  Kapstadt.  Da  seine  Klagen  bei  der  Kapregierung  kein  Gehör 
fanden,  begab  er  sich  nach  England,  um  bei  der  Staatsregierang 
Hülfe  zu  suchen,  erhielt  aber  auch  dort  dieselbe  Antwort  wie  in 
Kapstadt  nämlicli,  dass  man  sich  in  deutsche  Angelegenheiten  nicht 
mischen  könne.  Damit  war  dem  ganzen  Widerstande,  der  1888  in- 
Damaraland  eich  gegen  die  deutsche  Scbntzherrschaft  erhob»  die  Gmnd<« 
läge  entzogen. 

Die  An(iregQng  unter  den  Uereros  hatte  nun  awar  nachge« 
lassen,  aber  es  hatte  sich  doch  als  nothwendig  heransgestelit,  der 
Schntartnq[>pe  eine  Verstärkung  zuzusenden,  zumal  die  Kämpfe  zwischen 
Hereroe.  und  dem  räuberischen  liendrik  Witbooi  und  die  des  Letzte« 
rot  mit  aaderen  üottentQtten-Hftapüingen  es  nicht  aaageschlossea 


158 


Di«  deatMiMi  KiloiikB. 


eredieiiMn  UeBwn,  daas  die  Sdmtttnippe,  welclie  snr  OffinnTe  zu 
Khwach  war,  m  die  Kimpfe  verwickelt  weiden  kflnnte.  Dieselbe, 
ans  40  Hann  beetehend,  m^r  Ffifarong  des  LienftenaDt  Mkrker,  langte 
am  S5.  Janoar  in  Sandwicfahafen  an  nnd  begab  sidi  aofort  naeh 
Tsaebia. 

Anftngs  Deiember  begab  sieh  Hauptmann  t.  Fran^ois  naeh 
Behobodi  za  den  dentseh-frenndliefaen  Bastards  nnd  besnohte  Wind* 
hoek,  einen  jetzt  wflsteo  Fiats  anf  der  YdlkerMbeide  der  fiereros 
nnd  Hottentotten,  üer  Ort  zeichnet  sich  aber  dnreh  Wasserqnellen 
nnd  die  MOgliehkeit  der  Anlage  von  Knltnren  ans.  Das  Wasser  ent> 
quillt  10—12  warmen  Quellen  mit  einer  Temperatnr  von  70^  bis 
80®  R.,  die  an  dem  Westrands  einer  805  m  langen,  das  MiToan  des 
}¥indhoeker  Flnsses  nm  95  m  liberstehenden  Tercasae  deh  beSnden. 
Im  Jannar  besnehte  Hauptmann  Francis  Ton  Hoachanas  ans 
das  Gebiet  des  Hioptlings  Lambert  (Amraal-Hottentotten)  nnd  nnter- 
nahm  too  da  ans  mit  drei  Mann  der  Sehntztmppe  nnd  mehreren 
Singeborenen  eine  Foraehnngsreise  naeh  dem  Kgami-8ee,  wo  die 
EngUoder  bereits  Mher  mit  dem  dort  wohoenden  üftoptUng  Morenii 
Vertrage  abgeschlossen  hatten.  Der  Weg  von  üoachanas  nach  dem 
Ngami-See  ist  von  guter  Beschaffenheit.  Das  Gelände  trägt  den 
Charakter  einer  Ebene,  die  von  zahlreichen  kleineren  nnd  grösseren 
Kesselbildungeu  und  den  Flussgebieten  des  Nosop  und  Epukiro  unter- 
brochen wird.  Oestlich  des  Nosop-Gebietes  bildet  lichter  Wald,  der 
nach  dem  Ngami-See  an  Dichtigkeit  zunimmt,  die  vorherrschende 
Bedeckung;  westlich  davon  überragen  Busch,  vereinzelte  Bäume  und 
Banmgroppen,  etwa  zwei  Fuss  hoch,  büschelförmig  stehende  Gräser. 
Der  Boden  ist  meist  sandig.  Kalkstein,  Quarz  und  Schiefer  treten 
hiiutig  zu  Tage.  Die  Wasser  Verhältnisse  sind,  auch  in  der  Regen- 
zeit, so  ungünstig,  dass  der  Reisende  für  das  Leben  seiner  Zugthiere 
besorgt  war.  Da  der  von  Norden  kommende,  den  Ngami-See  8]»eisende 
Okawango-Fluss  zur  Zeit  noch  kein  Wasser  führte,  hatte  der  See 
niedrigeu  Wasserstand.  Sein  zeitweiliges  Ufer  befand  sich  noch  etwa 
40  km  ostlich  des  Ortes  Bnlibanc:,  und  war  bis  dahin  die  thonige 
Sohle  mit  üppigem  Grase  bestanden.  Die  Bevölkerung  ist  denkbar 
gering.  Wohnplätze  hnden  sich  nur  im  Nosop-  und  Iwas-Thal  (Am- 
raal-Hottentotten), sowie  im  Ngami-Gebiet  (Betscliuaneu).  Dazwischen 
wohnen  zerstreut  in  ersterem  Gebiete  Bergdamaras  und  Busch- 
leute, in  letzterem  ein  dem  centralafrikanischen  Zwergvolk  ähnliches 
Buschvolk.  Der  Gesundheitszustand  des  Reisenden  und  seiner  drei 
deatscben  Begleiter  war  aadaaemd  gut   Dagegen  erkrankte  das 


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Die  d^ntaebeu  Kolonien.  159 

geflammte  farbige  Penonal  —  2  Bastards,  4  Bergdamann  und 
8  Namas  —  im  Ngami-Gebiet  am  Flebw.  Die  an  fielen  Plfttzen 
letztgenannteii  Gebietes  beobachtete  Tsetse-Fliege  fügte  den  Zng- 
ochsen  kahieD  Scbaden  zu,  trag  aber  dazu  bei,  daes  die  mitgenomme- 
nen Pferde  einer  miasmatiflchen  Brlsnmkong  znm  Opfer  fielen.'} 

Des  Vorigen  Brnder,  Lieotenaat  t.  Fhmgois,  ivar  am  5.  Hirz  mit 
42  Berittenen,  2  Ochsenwagen,  einem  Icidneren  Fuhrwerk  nnd  den  ans 
Dentsddand  gesandten  Leiter-  nnd  Wasserwagen  Ton  Tsaobis  (Wil- 
helmafeste)  nach  Otyimbingne  aufgebrochen.  Die  Dentschen  Ol^ini- 
bittgnee  wann  der  Sdintatrappe  eine  halbe  Stande  entgegengekommen 
nnd  begrüssten  dieselbe  mit  frendigem  Hnrrah.  Im  Oiie  selbst 
schien,  als  die  Tmppe  am  6.  März  anlangte,  alles  ausgestorben. 
Nur  einige  hier  nnd  da  ans  den  Weiften  hervorschanende  Köpfe 
zeigten,  dass  noch  Menechen  daselbst  weilten.  In  Folge  des  Auf- 
tretens der  Truppe  fassten  die  Eingeborenen  jedoch  bald  Zntranen, 
und  als  am  11.  März  der  Weitermarsch  von  Otyimbingne  erfolgte, 
wurde  Lieutenant  v.  Francois  eine  ganze  Streclvc  lang  von  der  jauch- 
zenden Menge  begleitet.  Die  Truppe  marschirte  auf  Okahandja.  Der 
Weg  dorthin  steigt  ganz  allmäblich  in  mehr  oder  weniger  kurzen, 
von  Nord  nach  Süd  streichenden  Wellen  nach  Okahandja  an.  Die 
weiten  Flächen  sind  mit  dichten  Dombüschen  und  üppiger  Weide, 
die  Flussthäler  mit  schönem  Baumwnchs  bestauden.  Der  Boden- 
uutergrund  besteht  zum  grössten  Theil  aus  humösem  Sandboden. 
An  vielen  Stelleu,  wie  auch  in  Ot)  iuibingue,  Barmen  und  Okahandja, 
ist  der  Sand  mit  graufarbigem  Lehm  untermischt,  der  sich  zur  Her- 
stellung von  Ziegeln,  die  ungebrannt  in  Gebrauch  genommen  werden, 
vorzüglich  eignet.  Okahandja,  woselbst  die  Truppe  am  24.  März 
eintraf,  liegt  am  Nordhange  der  rechtsseitigen  Erhebungen  des  Tsoa- 
chaub,  inmitten  schöuer  (Härten.  Der  untere  Theil  wird  vou  christ- 
lichen, der  obere,  grössere,  vou  heidnischen  Hereros  bewohnt.  Etwa 
40  Lehuihäuser  und  400  Lehmhütten,  die  auf  einer  3  km  langen 
Strecke  zerstreut  liegen,  gewähren  etwa  2000  Menschen  Unterkunft 

Maharero  liess  der  Truppe  durch  voransgesandte  Boten  einen 
sehr  schönen  Lagerplatz  westlich  von  Okahandja  anweisen.  Lieate- 
nannt  von  Frankels  stattete  ihm  bald  nach  seinem  Eintreffen  einea 
Besuch  ab  und  wnrde  in  freondschaftlichster  Weise  empfangen.  Ende 
März  brach  die  Tmppe  von  Okahandja  nach  Eehoboth  aof.  Noeh 

Oi«  Fferdekrankbeit  war  im  Jahr«  1890  reeht  verbreitet  im  Damara-  und 
Namaland;  man  schätzt  die  Zaiil  der  daran  tu  Onmde  gegai^neii  Pferde  auf 
miMleeteaa  IdOO  Stick. 


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160 


Di«  dcatfclieii  XolMii««« 


be^or  letzterer  Ort  erreicht  warde,  traf  üaaptoninii  t.  Francois,  vom 
Ngami-Scc  kommend,  mit  der  Tmppe  zosanmieil  QDd  rückte  »iQ 
0.  April  in  Eehoboth  ein.  Er  wnrde  daselbst  von  der  c^esammtea 
BevOlkerong  auf  das  Feierlichste  begrusst.  Der  männliche  Theil  der- 
selben, etwa  200  Bewafihete,  hatte  eine  halbe  Stunde  nördlich  des 
reich  beflaggten  Ortes  imter  dem  Häuptling  in  zwei  Ol  jedem  an  der 
Strasse  Au&teUnng  genommen.  Bei  ADD&hening  der  Trappe  wurden 
Htte  geschwenkt  und  üochmfe  ausgebracht,  was  von  der  Trappe 
entsprechend  erwidert  wurde.  Die  Trappe  hat  nieht  verfehlt,  flberaU 
einen  grossen  Eindrack  hervorzoroftn«  Allgemein  wird  die  stattliehe 
Erscheinong  der  Leate  nnd  ihre  militSiische  Aasbildang  bewanderte 
Aach  erregte  das  vorzfiglich  sehiessende  Gewehr.  M/88  das  grOsste 
Interesse.  Haaptmann  v.  FraiM^ia  beabsichtigte  Anbng  Mai  mit  dar 
Schatztrappe  m  Starke  von  2  Offizieren,  38  Mann  nnd  6  Wagen  das 
östliche  Damara-Gebiet  zu  bereisen.  Am  1.  Jnli  ist  Haaptmann 
V.  FranQois  mit  der  Sehntztmppe  in  W^belmsfeste  wieder  einge- 
troffen. ... 

Die  Mission  Dr.  Goering's. 

Um  die  Eingeborenen  ab^  wieder  aof  die  deatsche  Seite  za 
bringen,  war  es  nothwendig,  dasa  auch  die  Diplomatie  einsetzte.  Mit 
den  VerhSltnissen  des  Sohotzgebietes  war  Dr..Goering,  welcher 
nach  seiner  Rückkehr  nach  Deutschland  für  einen  Eonsnlatspoeten 
in  Weatindien  aasersehen  war,  wohl  am  besten  bekannt,  seiiie 
konziliante  Natur  liesa  ihn  ausserdem  als  denjenigen  erscheinen, 
welcher  die  Aufgabe  am  ehasftsn  Utseii  wfbrde..  Es  handelte  si^h  vor- 
nehmlich darum,  Maharero  dem  englischen  Einflüsse  zu  entziehen 
und  die  Häuptlinge,  welche  noch  keine  Verträge  mit  Deutschland 
hatten,  besonders  aber  den  Häuptling  des  Boudelzwaarts,  welcher 
Dr.  Büttner's  Aufforderung  zum  Abschlüsse  eines  Vertrages  nicht 
nachgekommen  war,  zu  letzterem  zu  bewegen. 

Dr.  Goering  war  am  14.  Mär/  in  Wallischbai  angeicommeü  und 
hatte  sich  sofort  uach  dem  Innern  begehen.  Xoeh  auf  dem  Wege 
dabin  erlu  ss  er  Ende  Mar/,  zwei  Veronluungeu,  betreffend  die  Ein- 
fuhr und  den  Handel  mit  Waffen  und  Munition,  sowie  mit  Spirituo- 
sen. Er  suehte  zunüt  hst  Otyimbingue  auf  und  ging  dann  nach  Oka- 
liaudja,  zu  dem  Sitze  Maliareros,  au  beideu  Orten  fand  er  Kutgegeu- 
komnien  und  erhielt  von  den  Vornehmen  die  Versicherung,  dass  sie 
die  früher  al)gesehlossenen  Vertrage  halten  würden.  Im  Auftrage 
Maharerüs  erklärte  der  Häuptling  Mauasse  von  Omaruru  nam^U6  .der, 


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Die  dentschen  Koloaton. 


161 


ganzen  Herero-Nation,  dass  dieselbe  an  dem  mit  Dcntschland 
abgeschlossenen  Sc  Ii  atz  vertrage  festhalte  und  die  Deat- 
Bcben  als  ihre  Brüder  betrachte.  Dann  begab  sich  der  Beichs- 
kommissar  nach  Rehohotb  za  den  Bastards  vnd  von  da  zn  den 
Boodelzwarts,  in  den  sadOetUchen  Theil  dee  ans  gehörigen  Ge- 
bietes, wo  bisher  die  deutsche  Hoheit  nodi  gar  nieht  ansgefibt 
war.  "Er  besachte  von  dort  sowohl  Wannbad,  als  Stolzenfels  am 
Oranjeflnss^  nahe  d«r  Grenze  von  Betschaanaland.  Der  Ort  Warmbad 
im  Gebiete  der  Bondelz warts,  wo  Dr.  Goering  am  21.  Aogost  anter 
Zalaaf  aller  in  jenen  Gebieten  ansSssigen  Weissen  die  dentsche  Flagge 
hisste,  liegt  angeftbr  anter  28^  30'  sfldlicher  Breite  and  18®  50' 
östlicher  Lftoge.  Der  Ort  ist  seit  Anfong  dieses  Jahrhanderts  ein 
Sitz  eoropäischer  Mission.  Von  1805  an  sassen  mit  einigen  Unter- 
brechnngen  englische  Missionare  fast  60  Jahre  dort.  Vor  naheza 
80  Jahren  llbemahm  ihn  die  Rheinische  Mission  in  Barmen.  Die 
Missioosarbeit  hatte  den  Berichten  der  Missionare  zafolge  gate  Port- 
schritte gemacht;  die  Zahl  der  Gemeinde-Mitglieder  belief  sich  anf 
497  £nde  1889.  £nde  Jnni  ging  er  von  Rehoboth  ab  and  war 
Anfang  September  bereits  in  Kapstadt  aal  der  Rflckreise  nach  Deot- 
schland  eingetroffen. 

Dr.  Goering  hat  mit  dem  U&uptling  der  Bondelzwarts,  Willem 
Christian,  nnd  mit  dem  Veldschoedragers,  einem  von  den  Bondel- 
zwarts and  Hendrik  Witbooy  gleichzeitig  bekämpften  Namaqaa- 
stamme,  Verträge  abgeschlossen,  in  denen  sie  die  Hoheit  Deatsch- 
lands  anerkennen.  Wenn  diese  Verträge  znr  Geltang  kommen  und 
die  richtige  Form  haben,  so  werden  sie  anf  die  Verbältnisse  nicht 
nur  im  Süden  unseres  SchutzgebiQtes  heilsam  einwirken.  Auf  jene 
Häuptlinge  wirkten  die  im  benachbarten  Kaplande  und  in  ßritisch- 
Betschuanaiand  beliiidü»  hen  Engländer  in  schliunner  Weise  ein.  in- 
dem sie  den  uniiihigeti  Häuptlingen  wie  Hendrik  Witbooy  Waffen 
und  Munition  in  Massen  lieferten;  auch  entlockten  sie  den  Häupt- 
lingen Konzessionen  und  bekamen  damit  eine  Handhabe,  in  unsere 
Angelegenheiten  sich  einjaimischen  und  angebliche  Rechte  zu  l)ean- 
spruchen.  Es  ist  zu  lioften,  dass  die  Verträge  eine  mehr  bindende 
Form  haben  als  die  früher  mit  den  Hereros  abgeschlossenen,  welche 
den  Häuptlingen  viel  zu  viel  SelltstsUtudigkeit  lassen.  Es  kann  nicht 
oft  genug  wiederholt  weiden,  dass  das  Deutsche  Reich,  wenn  es  sein 
•Schutzgebiet  wirklich  beherrschen  will,  nicht  in  einein  blossen  Ver- 
tragsverhältnisse zu  tlcn  Eingeborenen  bleiben  und  die  Häuptlinge 
als  selbstständige  Fürsten  behandeln  darf.    Deut«>chlaud  mass  alle 

KoloniiLleK  Jabrbucb  16'JO.  1 1 


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163 


Dto  dMtMhM  KakttiM. 


diese  Häuptlinge  fest  unter  seine  Hoheit  and  Disziplin  nehmen,  dann 
erst  i&8st  weh  eine  richtige  Verwaltung  herstellen.  Man  sollte  sich 
g«nz  nach  dem  Beispiele  der  Engländer  in  Britisch-Betächaan&land 
nchtm,  wo  in  einigen  Jahren  Erstaunliches  geleistet  worden  ist  Unter 
den  jetzigen  Umständen  müssen  wir  schon  froh  sein,  weoB  die  üerero* 
flftaptlioge  nns  Einhalten  der  Verträge  zusichern. 

Dr.  Goering  hat  auch  sonst  mit  ordnender  Hand  eing^riffen  :  einmal 
bat  er  den  Schnapshandel  im  südwestafriicanischen  Sebitzgebiet  mit 
emer  staurkeB  Lizeazsteuer  belastet  und  die  jedesmalige  Einfuhr  von 
Spiritaoten  von  te  ErtbeUong  einer  Spezialerlaubniss  abhängig  ge» 
nacht,  um  der  nngeniAiB  entaittlichenden  Wirkong  des  Schnapses 
anf  die  Eingehorenen  vorzubeugen.  Die  Hftndler  hatten  bei  diesem 
Geschäft  sehr  viel  verdient,  da  sie  den  von  ihaett  ait  etwa  75  Pfennige 
pro  Liter  in  Kapstadt  gekauften  Sdumpe  fbr  eiwi  10  Sohilüng  in 
Vieh  vetkaiiftdn.  Unter  den  flereros  aelbtt  vir  sohon  eise  Be^ 
wegnng  fegan  cBeseD  Handel  in's  Leben  getreten,  da  vMe  dtti  Uumd 
dacaiis  erwMhseiiea  Schilden  «ehr  woU  einaaheii,  dag«gio  sdieioen 
die  BotteDtotten  mebr  als  Je  unter  der  TnmkmMiit  n  kiden.  Dann 
aber  wiid«  die  Binfahr  and  der  Haadel  mit  Waffen  and  Mvnition 
einer  strengen  Kontrolle  nnterworfen,  nnd  die  BrtbeUaBg  van  IGaen- 
JmBseasionen  seitena  der  eingeboreoeo  Hiaptinge  ia  der  ganzen  dent- 
sohen  Intenesenaphftre  von  einer  Genebmigong  des  fieiobakoaniisars 
abhiogig  gemaafat. 

Darob  die  obengenannten  Vertrage  ist  muMpebr  dar  davtaebe 
BesitaBlaiid  einigennaassen  gaaicbeit,  es  bleibt  nun  noeb  Mg,  mit 
dan  Hii^tlingan  des  Ovambolaadea  Vartrlge  an  aoUiessen  nnd  das 
Gaiuet  am  Taebobe  imd  Sambaai,  welcbaa  darob  daa  dantaobHNigliaeban 
Veitrag  nna  znerkaaat  ist,  za  beaaizfln,  weaa  liefa  diaa  jeirt  soboo  dar 
Mibe  lobaen  sollte. 

Wirtbscbaftliehes. 

Die  wirkhsebaftlicbe  EatwioUang  des  Gebietes  bat  im  6eriabt> 
jabre  kaam  ^aea  Sebritt  aacb  vonvirta  giBMeht  Waa  daa  Gfoaa» 
NaauJand  aabatrift,  so  baatfttigt  eia  naaer  aaparlaüashar  Beobaebftar, 
£.  Harmann,  dia  Mberea  BaobadiiaagaB,  daaa  aftnUieh  dar  WoU- 
sbud  aeiaer  Bewabaar  gans  yaliig  lorfakgegaagen  sei,  bawmdafs 
dneb  den  Enin  dee  Wildatandea  naddnreb  das  8labaa  dar  Bindf  ieb> 
Preise  in  Kapstadt.  Das  Greas-Kamalftod  aiit  einer  FlAebe  von 
etwa  400000  qkm  beberbergt  etwa  20000  Eingeborene,  während 
gutes,  geeignetes  Land  für  eine  Viehzucht  treibende  Bevölkerung 


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Di«  diiitwlm  Mnim.  163 

von  etwa  100000  Mmchea  4ß  jst,  leM  weav  nuui  mr  «mf  je  eine 
Qaitotawlle  4es  veniQodXMm'JlMidef  <etvit  Mttel)  Ifea- 
tehea  reebnet  Die  fiehviengibwtflB  Uegßß  i|r  die  Fjuebs«^  «her 
»  der  g«riiiiw  JUiaU  4er  WasterpUtae  luul  I9r  4w  ^duirbaQ  Ui 
der  BegeiMgkeit  wb4  der  IMwpüf kdt  kflaelMker  Aefffeeemag, 
welche  du  «H  groasen  Kosteo  dpreh  Xhal^^emvi  Q«d  dergl.  zu 
enoekhen  iat  Soldw  TfatlspeReo  ^  die  eogUeclie  Segiei^Dg  in 
deai  KJein-IbuMr  und  Betaelnenaleiid  avt  gcoeseioi  Keetey  p»ebrfacib 
eilegen  lauen  and  dadaseh  die  Vorbediogmig  iSr  :üppjg  ife^Nhapde 
Fddor  and  Triften  geieludfan.  Aw^  an  Hoaehme  in  mixm 
MatcgeMete  kann  imui  eeben,  w  «aeh  4er  Men  i^eaiiB  Arbeiter 
—  leider  eind  die  flottentofeten  «a  fanl  —  lehnt.  Der  dortige  Mis- 
Mar  Jadt  enitcfte  toih  1.  Weimiconi  70 Ine  80  Aehren;  m  aeinem 
Garten  gadeüioii  aUe  Feldfrflfibbe,  jegUehae  ^bet,  Wein,  SOdfrOchte, 
Manlheeihiaflie,  ««saerdein  hesiint  er  ane  id«lien  Aaf^en  jetzt 
etwa  50  bis  60  Bie&enatOoke.  Aber  fBr  den  Aaaw4tndecer  bietet  4m 
hud,  wie  JSB  ist,  notk  wenig  Ao^hongsluaft,  da  eioapal  wegen  des 
Fehlens  einer  direkten  DampferverbindoDg  mit  Deutscbbnd  die  Reise 
nach  dortiün  fftr  den  Darcbschnitt-Ao&wanderer  vieJ  za  tbeaer,  der 
Absatz  seiner  Producte  zu  unsicher  ujid  wejii^  Schutz  vor  Raabereien 
Yorhandeo  ist.  Günstiger  liegen  die  Veriiaituisüe  in  Herero-  oder 
Damaraland.  Der  Werth  und  die  Bedeutung  jener  Lande rst recken 
ist  lauge  nicht  gonufi  gekannt  und  gewürdigt:  in  den  meisten  Fällen 
schreckt  die  Trockenheit  derselben  ab  und  lässt  sie  besonderer  Be- 
achtung nicht  Werth  erscheinen.  Das  ist  aber  ein  Irrthuip  nach  ver- 
schiedenen Richtungen  hin.  Zunächst  mag,  was  für  ^en  iJandel  mit 
dem  Sarabesigebiet  von  Wichtigkeit  ist,  hier  nur  darauf  hingewiesen 
werden,  dass  unser  Schutzgebiet  in  Südwest-Afrika  den  bequemsten 
Zugang  zum  mittel-afrikauischen  Hochplateau  bildet:  ein  auch  nur 
annähernd  so  bequemer  Weg  bietet  sich  weder  vom  Süden  noch  vom 
Osten.  Dr.  C.  G.  Büttner  giebt  in  seiner  Broi^Cihüre  „Das  Hinter- 
land von  Waltischbai"  folgende  Darlegungen  dazu:  „Von  dieser  Küste 
hebt  sich  das  Land  sehr  rasch  nach  dem  Innern  bis  zu  einer  Höhe 
von  wenigstens  1300  m  und  erreicht  im  Zentrum  dießer  Höhenlinie, 
dem  Omatako  und  dem  Awasgebirge,  nahezu  3000  ni,  in  einei-  Ent- 
fernung von  etwa  30—35  deutschen  Meilen  vom  Oz.eau.  Wenn  man 
diese  Höhen  von  der  Küste  aus  erreichen  will,  hat  mau  es  niclit  sowohl 
mit  einem  Erklimmen  schrotVer  Gebirge,  scmdern  mehr  mit  einer  all- 
mählich ansteigenden  Höhe  za  thon,  aus  welcher  die  einzelnen  her- 
vemiiendeB  Beige  sieb  wieder  aar  1000,  bdchstBoe  3000  Fuss  erheben 

II* 


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164 


Die  deatseheD  Kolonien. 


Und  nnr  das  Barometer,  sowie  die  immer  mehr  zmiehmende  Nacht- 
kftlte  zeigen,  welche  Hobe  man  erreicht  bat.  Ist  aber  der  angegebene 
höchste  Band  einmal  erstiegen,  so  befindet  man  sich  wieder  auf  einer  fut 
3ndlos  erscheinenden  Hochillche,  welche  sich  fist  unmerklich  und  last 
nnnnterbroehen  nach  Osten  za  bis  an  den  Okawange  mid  den  Tschobe, 
ja  bis  an  den  Sambesi  hinabsenkt,  bis  die  tiefste  Stelle  im  Zentram 
Sfidafrikas,  im  Becken  des  Ngami-Sees,  aber  noch  immer  mehr  als 
300  m  Ober  dem  Heere  erreicht  ist  Wcdd  jemand  einmal  ^ne  Bisen- 
bahn von  dieser  Kfiste  ans  in*8  Innere  planen  wollte,  so  würde  hier 
dieses  Land  nnr  ganz  ungemein  geringe  technische  Schwierigkeiten 
fOr  den  Bau  des  Bahnkörpers  bieten.  Schon  jetzt,  da  so  gut  wie 
gar  nichts  iiir  den  Wegebau  gethan  wird  in  dem  gebirgigen  Lande, 
wo  fast  überall  da»  Urgestein  za  Tage  liegt,  kann  man  von  dem 
Ozean  bis  nach  dem  Ngami-See  reisen,  ohne  anch  nnr  einmal  den 
Hemmschah  anzulegen.  Und  wo  jetzt  der  Weg  dem  Ochsen  wagen 
Schwierigkeiten  bietet,  sind  es  immer  nur  solche  Stellen,  wo  man 
fiezwungon  wird,  das  ebene  Land  zu  verlassen  und  in  die  Flnssbetten 
hinabzusteigen,  um  in  der  Nfthe  von  Braunen  einen  Lagerplatz  auf- 
zusiu'hen.  von  dem  das  Zugvieh  nieht  allzuweit  zum  Trinkwasser  zu 
geben  liat  -  Leider  ist  Waltischhai,  der  Schlüssel  zu  diesem  (rebiet  in 
deutschen  ILinden  und  "nst  lieincnd  noch  wenig  Aussiciit.  dass  durch 
finen  Znx'huss  von  iSeitcn  des  Koielies  etwaigen  Ansiedlern  in  dem 
Hderoland  ausreichend  Unterstützung  gegeben  wird.  Ohne  einen  snl- 
<'lien  bietet  das  I-and.  obwohl  es  gesund,  fruchtbarer  und  was>enei<  lier 
als  Gross-Xainaqualand  ist.  augenblicklich  wenig  Anziebnngskraftl'ür 
unternehmende  Leute.  Auch  der  im  Besitze  Heiidrick  Witbnny's  be- 
lindliche  nördliche  Streifen  des  Gross-Namalandes.  welcher  manche 
Wasserpliitzc  aufweist,  kann  noch  der  Kolonisation  ersciilossen  werden, 
wenn  es  eben  gelingt,  diesen  Räut)crhauptmann,  welcher  von  seiner 
F'^ste  Hornkranz  aus  seine  Zöge  unterninnnt,  unschädlich  zu  machen. 
Die  Schutztruppe  hatte  bislang  die  Weisung,  sich  nicht  in  die  Kämpfe 
dtM"  Eingeborenen  zu  mischen,  tri-treulich  befolgt,  doch  scheint  mau 
•  utllich  ''ingeselien  zu  haben,  dass  dieser  Zustand  unwürdig  ist  und 
beabsichtiut  .  Hendrik  Witbooy  lahm  zu  legen.  Dieser  religiöse 
Si'hwärinei-  und  IJäuberhauptniann  hatte  sich  nach  den  Kämpfen  im 
Süden  itn  Snnmier  gegen  die  1  lereres  gewandt  und  ihnen  viel  Vi«'h 
gestohlen.  Die  Hereros  verlangten  alter  jetzt  eiu  i  i:i<cli  nach  Sehnt  z 
iregen  ihren  Feind,  und  um  nicht  die  neuen  Freuritle  wieder  zu  ver- 
lieren, wird  ni  'II  sich  fion  t/r^  mal  gre  wohl  zu  der  sauren  Arbeit  be- 
quemen müssen.  Sodann  wird  mau  der  Frage  nicht  aus  dem  Wege  gehen 


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Die  «Iwtidiai  Kotonian. 


165 


kdimeii,  wie  und  wo  ein  Ersatz  för  den  an  England  flberiasBenen  Hafen 
iton  Walfischbai  gescbaifen  werden  kann.  Die  I4derit3sbacht  kann  wohl 
nur  für  das  sQdliehste  Drittel  des  Sehntzgebietes  in  Betraeht  kommen; 
sollte  sieh  die  etwas  mythische  Bncht  von  Kap  Gross  za  einem  Hafen 
ansbanen  lassen,  so  Hesse  sich  der  Wettbewerb  von  Walfischbai  da- 
dnrch  völlig  lahmlegen,  denn  Kap  Gross  bildet  den  direktesten  Zu- 
gang za  dem  nördlichen  Theile  des  Schutzgebietes,  zum  Herero- 
und  Ovambolande.  Vielleicht  liesse  sich  auch  die  Swakopmfindong 
verwerthen,  doch  ecfbrdem  diese  Fragen  noch  ^in  genaues  Studium. 
Im  Anschloss  an  die  Hftfen  würden  sodann  Strassen  und  Feldbahnen 
nach  dem  Innern  anzulegen  sein,  wo  durch  Thalsperren  und  andere 
Bewftssemngsanlagen  die  Vorbedingungen  laadwlrthscfaaftlicher  Be- 
triebe und  damit  einer  deutschen  Kolonisation  geschaffen  werden 
mftssen,  welche  hier  von  dem  gesondea  Klima  mehr  als  irgendwo 
begünstigt  wird. 

Von  Resultaten  des  Bergbanes  hört  man  wenig;  obwohl  an  ver- 
schiedenen Stellen  Gold  gefunden  wurde,  so  hat  doch  bis  jetzt  nir- 
gends festgestellt  werden  können,  dass  dieses  Edelmetall  in  abbau- 
würdijfcr  Menge  vorbanden  sei.  Das  „Südwestafrikanische  (iuUl-Syii- 
dikat**  hat  seine  Arbeit  eingestellt,  die  ^Deutsch- Afrikanische  Miiien- 
gesellschaft**  hat  dagegen  ihre  Thätigkeit  nach  kurzer  Unterbrechung 
wieder  aufgenommen;  über  die  FortsL-hritte  der  englischen  Gesell- 
schaften ist  nichts  Authentisches  bekannt  geworden.  -  -  Neuere  Unter- 
suchungen auf  abbauwürdige  Erzlager  im  Gebiete  des  Oranjellusses 
haben  ebenfalls  noch  nicht      befriedigenden  Ergebnissen  geführt. 

Die  Deutsche  Eoionial-Gesellscbaft  für  Sfidwest-Afrika 

war  im  Jahre  1885  zu  dem  Zwecke  gebildet  worden,  um  die  von 
F.  A.  E.  Lüderitz  in  Südwest-Afrika  erworbenen  Besitzungen  zu 
übernehmen,  durch  andere  Erwerbungen  zu  erweitern  und  diesen 
Besitz  zu  bewirthschaften  und  zu  verwerthen.  Eine  Uebertragung  von 
Hoheitsrecbten  durch  Kaiserlii  hen  Schutzbrief,  wie  bei  der  Deutsch-Ost- 
afrikanischen Gesellschaft  und  der  Neu-Guinea-Konipaü;nie,  fand  nicht 
stand.  Die  Gründer  der  Gesellschaft  waren  sich  darüber  klar,  dass  es 
sich  nicht  um  ein  gewinnbringendes  Geschäft,  sondern  um  die  Erfüllung 
«'iiitT  \ aterliü)dis<'hen  Pflicht  handle.  Von  dem  auf  rund  1  •^ill'"'^*-'" 
Mark  sich  beUiuteuden  Gesammtkapital  wurde  über  1  Million  auf  den 
Ankauf  der  Lüderilz'schen  Besitzungen  und  auf  den  Erwerb  von 
Bergwerksgerechtsamen  u.  s.  w.  verwendet.  Für  die  eigentlichen 
Yerwaltongsausgaben  blieb  mithin  ungelähr  h^.  Million  Mark  zur 


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i66 


Die  dMrtteh«  KoloflfM. 


VerligMg.  HieraiM  wftfdaB  zniAsI  KMten  der  zum  Theil 
schon  vem  LMarits  begoiiBeiMa  Sxp«ditk>B«»  nr  Erforschung  dw 
LttdM  fliit  efWK»  tbet  mOOO  Mark  Ie8t#itfe».  Die  Erg«biriM» 
dieser  EijMNÜlioBini  waren  derart^  daes  die  GeeeHBehaft  eich  oicbt  ^«r- 
anlaeet  eele«  koAnte,  mK  eigeaea  ÜntenielMMHigMi  weiter  vem- 
gefaea,  es  MM  ür  weller  ndeMe  «Mg,  üi IhfeAlMtaBtMd  in aid- 
westMi  MMHam  sa  be#«lfrei  «ad  fAnk  raCeMetmaf»  nur  Ki- 
forsekog  «lad  Amhemmg  dee  LaMdee  M  «atefatfiM.  Dfeieii  Fr»> 
granm  ist  die  GeeelbelMill  tM  geMiekeo,  Mt  iei  Mre  I$87  die 
SotdeokaAg  aageküek  ftleker  M^Bager  In  ffwakop-FknsbetI  duith 
aeetraliad»  DIgger  die  Boftfogf  aiaf  eiae  keeeero  6ei*altiiig  der 
Dmge  erweckte,  la  dieeef  HeffiiAg  wnrdea  eHto  Sckatrtfuy^  md 
eiae  BergbekO#de  eiagerlektoU  Die  ftoetea  ikeriakai  die  Gmil- 
sckafl«  obwohl  «I«f  dato  ia  Bftüigiiuqg  eiaes  EatserMMD  Matt- 
briefes  nicht  verpflichtet  war. 

Die  BokiiCztnippe  wafde  aack  den  VoreMgea  de»  fietebehom- 
missare  organiiirt;  sie  beetaad  «nter  deia  OberbefeU  des  fiooiaMuis 
ans  3  DIfisiera«,  9  Ualsrofli^enn  aad  elier  Aaiahl  Eingebore- 
aea,  deren  Aawerbiiifg  dem  fteickekoanviaMir  dberiaMea  blieb.  Die 
Bergbekorde  worde  aaf  Oraad  der  lÜBerltcheu  TererdaaDg 

Ute  1888  diireh  die  Qeeelfeekafl;  ekigMet2t$  sie  bestand  aas 
eiaeiB  Votsteber  ood  dessoa  BtelhertfiBter,  denea  aoek  tfwei  Beif- 
tecbnlker  beigegeben  wafeo,  ha  Oaksni  alea  ans  vlef  Firsonen.  Die 
persönlichen  Und  saekHehefl  Aasgabeb  fBr  die  Matztneippe  and  die 
Bergbehörde  beHefea  sich  zoeafflmea  auf  rund  334  000  Mark.  Die  Oe- 
sellschaft war  aber  auch  in  anderer  Weise  mittelbar  für  die  Entwicklung 
des  Schutzgebietes  thätig.  Aus  dein  Kreis  ihrt^  Mitglieder  wurde 
das  „Südwestafrihanisebe  Gold -Syndikat"  mit  einem  Kapital  von 
750000  Mark  ges^röndet.  Unter  wirksamster  ik'ihülfe  der  (iesell- 
sihaft  entsandte  das  Syndikat  eine  nöter  Fiiliiuiig  des  Herrn  Dr. 
Görich  stehende  bergmännische  Expedition  znr  weiteren  Eiforschung 
der  MinoralschätjJe  und  zör  Ausbcntting  der  Goldfunde  na(  h  Südwests 
Afrika  Der  Deut»<ih  - Westafrikunischen  Kompagnie,  \vel«be  sich 
haupt«a<lilirh  Zum  Betrieb  eitler  ExfKtitsehläehterei  f^eWldet  hatte, 
wurde  das  da/u  erforderliche  Gelände  in  Sandwich-Hafen  bereitWilHiifet 
überlassen.  Ueberhanpt  war  die  (Tesellsehaft  bestrebt,  deutsoiien 
rnternehmeni,  welche  sich  an  sie  wandten,  mit  l^ath  und  That  nach 
M<»gliilikeit  beizustehen,  Wie  dies  nicht  allein  dem  patriotischen  Zweck 
ihrer  (irüiiduiiu.  sondern  atlch  ihrem  eigenen  Interesse  eiit^sprach. 
i:'ür  grossartige  LuternehniungeQ  tut  Yerbeeserafig  des  Landes  war 


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Die  deutschen  Kolonien. 


167 


der  TerfQgbare  Betrag  von  einer  halben  Million  von  vornherein  mt\A 
-zureichend  nnd  da  die  erwarteten  Einnahmen  aus  dem  Bergregal  au»- 
"tjlieben,  musste  die  Gesellschaft  auf  Verminderung  ihrer  Ausgaben 
Bedacht  nehmen.  Da  die  Gesellschaft  ans  eigenen  Mitteln  nicht  vor- 
gehen konnte  und  das  deutsche  Kapital  sich  an  Unternehmungen  in 
Sudwest-Afrika  nicht  heranwagte,  so  trat  sie  in  Unterhandlungen  mit 
einem  englisch-holländischen  Konsortium,  welches  mit  grossen  Mitteln 
an  die  Erschliessung  des  Landes  gehen  wollte.  Die  Gesellschaft  be- 
absichtigte den  nördlichen  Theil  ihres  Gebietes,  das  sterile  Küstenland 
umfassend,  und  die  Bei"gwerksgerechtsamc  an  die  Gesellschaft  abza- 
treten  und  mit  den  erhaltenen  Millionen  den  ihr  verbliebenen  sädlichen 
Theil  mit  der  Lüderitzbucht  zu  behalten.  Dieser  sogenannte  GroU'sche 
Vertrag  stiess  aber  bei  seinem  Bekanntwerden  in  einen  Theif  der 
Presse  und  im  Publikum  auf  eine  lebhafte  Opposition,  besonders  aus 
Gründen  politischer  Natur.  Dieselben  wurden  von  der  Gesellschaft 
nicht  getheilt;  die  Personen,  mit  welchen  verhandelt  wurde,  gaben 
Sicherheit  dafür,  dass  man  es  nur  mit  Geschäftsleuten  zu  thun  hatte, 
die  durchaus  in  keiner  Verbindung  mit  den  Politikern  der  Kapstadt 
oder  mit  den  Führern  der  britisch-südafrikanischen  Gesellschaft,  wie 
Khodes.  Donald  Currie  u.  s.  w.  standen.  Ueherdies  war  die  deutsche 
Schutzgewalt  in  Südwest-Afrika  weit  fester  begründet,  als  sie  es  im 
Jahre  1885  war,  durch  die  Verträge,  welche  seitdem  mit  eingebore- 
nen Häuptlingen  abgeschlossen  worden  waren  und  vor  allem  durch 
die  Thätigkeit  der  Schutztmppe.  Wenn  eine  kapitalkräftige  hol- 
ländisch-englische Gesellschaft,  im  vollsten  Gegensatze  zu  der  von 
deatsch-feindlioben  Leuten,  wie  Lewis  etc.,  vertretenen  Politik  sich 
ansdrücklich  anter  dentschcn  Schutz  gestellt  nnd  einen  Theil  des 
dentechen  Schutzgebietes  dnrch  Erbauung  einer  Eisenbahn,  Anlage 
von  Strassen  nnd  Bmnneii,  Betrieb  von  Bergwerken  etc.  wirthsehaft- 
lieh  werthvoll  gemacht  hätte,  so  würde  dies  eher  eine  Stärkung  als 
eine  Schwächung  der  dentechen  Schutzgewalt  bedeutet  haben.  Dnrch 
eine  auf  Wonseh  and  unter  Mitwirknog  des  Auswärtigen  Amts  abge- 
sehloBseoe  besondere  Uebereinknnft  waren  überdies  Bestimmungen 
getroffSeo  worden,  welche  der  Kaiserlichen  Regierung  einen  weitgehen- 
den Einfluss  auf  die  Gesehäftsführnng  der  zu  bildenden  Gesellschaft 
etnrftnmtea  und  die  letztere  zu  erhebliehen  Leistongen  im  Interesse 
der  Yerstärkiing  der  dentsehen  Sehntigewalt  ?eiplUehteteii. 

Aber  dmmoch  wurde  die  Oenehmiginig  der  ÄuMehtsbehOrde  211 
dem  Vertrage  dnreh  den  damaligen  Beicbskaasler,  Firsten  von  Ble- 
maick,  im  Pebmar  d.  J.  rersagt,  ebenfidls  ans  Gründen  poKtiseher 


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168 


Die  deutschen  Kolonien. 


I 


Natur.  Der  Gedaoke  an  einen  Kauf  wurde  sp&ter  von  einigen  deaU 
sehen  Fii-men  anfgenommen,  welche  anfragten,  ob  die  Gesellschaft 
geneigt  sei,  mit  einem  von  diesen  Firmen  nnd  englischen  Kapitalisiea 
zn  bildenden  dentsch-engüschen  Konsortimn  Ober  ein  umfassendes 
Verkanftgescbftft  in  Verhandlung  zn  treten.  Die  Gesellschaft  ant- 
wortete, dass  sie  sich  in  nene  Yerkanfsverhandlongen  sieht  einlassen 
werde,  ohne  znvor  der  Znstimmting  des  Answ&rtigen  Amtes  givwiss 
zn  sein.  BemgemSss  wurde  eine  Anfrage  an  das  Answftrtige  Amt 
gerichtet  nnd  es  erging  darauf  wieder  ein  Bescheid,  welcher  an  dem 
Staodpnnkte  festhftlt,  dass  die  Terftusserong  des  grOasten  und  werth- 
vollsten  Theils  der  Besitzungen  der  Deutsehen  Kotonial-Gesellsehaft 
für  Sfidwest-Afrika  an  eine  anslftndiscfae  Gesellschaft  nicht  genehnaigt 
werden  k5nne.  Die  Furcht  vor  den  Englftndem  scheint  wohl  etwas 
zn  weit  getrieben,  obwohl  nicht  verkannt  werden  soll,  dass  eine  eng- 
lische kapitalkrftftige  Gesellschaft  uns  bei  4er  geringen  Entwicklung 
des  deutschen  Schutzgebietes  gelegentlich  die  grOesteo  Schwierigkeiten 
machen  konnte.  Ob  sich  nunmehr  eine  deutsche  Gesellschaft  bilden 
wird,  welche  das  zur  wirthschaftliehen  Entwicklung  des  Schutzgebiets  er- 
forderliche Kapital  auizubringen  vermag,  muss  die  Zukunft  lehren.  Die 
Gesellschaft  hat  einen  Landwirth,  G.  Herrmann,  welcher  schon  frfiher 
in  ihren  Diensten  gewesen  war,  wieder  hinausgeschickt,  um  im  Gross- 
Namalande  wirthsehaftliehe  Untemehmnngen,  besonders  Viehzucht 
vorzubereiten. 

Wir  stehen  auch  in  Südwest-Afrika  augenscheinlich  vor  einer 
Neugestaltung  der  Verhältnisse.  Es  versteht  sich  von  selbstt  dass 
die  Aufgabe  dieser  Neugestaltung  nur  dem  Reiche  zu&Uen  kann  in 
Verfolg  .der  Schntzherrschaft,  die  es  in  Südwest-Afrika  flbemommen 
hat  Bereits  heute  unterhftlt  das  Reich  dort  einen  Reiohskommissar 
und  Kanzler,  eine  Sohutztruppe  nnd  eine  Bergbehörde.  Die  Grund> 
Züge  einer  Reiehskolonialverwaltung  sind  also  schon  vorhanden,  und 
es  bedarf  nur  noch  einer  Vervollstllndigong  dieser  Organisation.  Die 
Ausgaben,  die  hieraus  entstehen,  werden  in  ühnlicher  Weise  durch 
Einnahmen  der  Kolonie  allm&hlich  zu  decken  sein,  wie  dies  bisher 
in  den  Reichskolonien  Kamerun  und  Togo  geschehen  ist  Ob  die 
in  letzteren  Kolonien  eingefahrten  oder  ähnliche  Abgaben  und  Zolle 
auch  in  Südwest- Afrika  einen  Ertrag  abwarfen  würden,  weleher  zur 
Deckung  der  Verwaltungskosten  ausreicht,  ist  freilich  bei  der  natür- 
lichen Beschaifienheit  und  GrOsse  des  Gebietes  zweifelhaft,  so  lange 
die  Regierung  sich  nicht  entsehliesst,  mit  grosseren  Mittehi  an  die 
wirthsehaftliehe  Aufschliessung  des  Landes  heranzutreten.  Inwieweit 


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Die  deutäcbea  Kolonien. 


169 


und  io  welcher  Weise  4ie  Kolooialregieruug  aus  dem  Bergregal  Kotzen 
ziehen  kann,  iat  eine  Frage,  die  erat  die  Znicnnft  lOsen  wird;  da- 
gegen kann  sie  sofort  die  Entwiciclang  und  Erleichterung  des  Ver- 
liebrs  und  die  Kolonisation  des  Landes,  namentlich  der  verbältniss- 
m&ssig  fruchtbaren  nördlichen  Theile  desselben,  in  die  Hand  nehmen. 
Aber  wir  stehen  nicht  an,  zu  sagen,  dass  es  ganz  besonderer  Ver- 
günstigungen bedürfen  wird,  mögen  dieselben  nun  von  der  Regierung 
oder  Gesellschaften  ausgehen,  um  eine  Auswanderung  geeisneter 
dentscher  Elemente  in  das  von  der  Natur  stiefmütterlich  bedachte 
Land  in  das  Werk  zu  setzen.  Unter  den  Plätzi  ii  aber,  welche 
Krystaliisationspunkte  für  die  deutsche  Kolonisation  abgeben  können, 
stehen  Windholk,  Hoachana.s  und  Stolzenfels  oben  an.  Die  th-utsrhe 
Kolonialuesellsehaft  maeht  neuerdin|jr>  Anstrengungen,  um  Koloni.si(.'n 
unter  günstiKen  Bediniiungen  dort  ansiedeln  zu  können  und  es  ist 
zu  hoflfen,  da^s  ihre  gemeinnützige  Thätigkeit  von  Erfolg  begleitet 
werden  möge. 


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I 


I 
I 


Deoteeh-OstafHka. 

Die  Schatztruppe. 
Oer  Zug  naeh  Mpwspwa. 

iii&on's  tn  der  Küste  gelenditet  hatte^  igl  ihm  auch  iaamt  bei  triam 
UDtemehmaDgen,  die  sieh  tnf  die  Sidiemng  der  Karawaneastrasseii 
richteten,  tren  geblieben.  Br  brach  am  9.  September  1889  von 
Bagamoyo  auf,  einmal  um  Bnschiri  abzufangen,  dann  aber  auch  eine 
Wanjamwesi-Earawane,  welche  während  des  Aufstandes  an  der  Küste 
znrückgehalten  nnd  zu  Freunden  der  Deutschen  geworden  war, 
sicher  durch  das  gefährdete  Gebiet  hindurchzuleiten.  Nach  einem 
kurzen  siegreichen  Gefecht  bei  Pangire,  wo  zwei  Schuppen  mit  Reis 
gefunden  wurden  —  ein  sicheres  Zeichen,  dass  sich  der  Feind  hier 
hatte  festsetzen  wollen  — ,  kam  die  Truppe  am  22.  in  Simbamweni 
an.  Kiiigo,  der  mächtigste  HäuplliiiK  von  Simbamweni,  hatte  sich 
der  liierher  getiiuhteten  französischen  Missionare  gegen  Bnschiri  an- 
genommen und  es  wurden  ihm  deshalb  zur  Befestigung  seines  grossen 
Dorfes  die  nöthigen  Anleitungen  gegeben.  Nachdem  Wissmann  die 
französischen  Missinnare  durch  Kingo  für  gesichert  hielt,  zog  er  weiter 
nach  Mnkondokwa.  welches  er  am  5.  Oktober  erreichte.  Auch  hier 
brachten  die  Eingeborenen  Geschenke  und  erhielten  Schutzbriefe, 
nachdem  ihnen  für  den  Fall,  dass  sie  die  Missionen  nicht  schützen 
würden,  mit  Krieg  gedroht  worden  war,  und  dann  nach  Mpwapwa. 
Bnschiri  hatte  vor  zwei  Monaten  Mpwapwa  abermals  heimgesucht, 
die  dortige  englische  Mission  niedergebrannt  und  die  Missionare  zu 
fang!  n  versucht,  was  ihm  aber  nicht  gelungen  war,  da  sich  dieselben 
nach  einem  Ugogodorf  Kisokwe,  welches  sie  schützte,  gefluchtet  hatten. 
Auch  die  Heratisgabe  des  Gescliüt/.es  und  der  vier  Mausergewehre, 
die  Lieutenant  Giese  einem  Bäuptiiug  Chipangilo  übergeben  hatte, 


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Deutocb-OsUfrik«. 


171 


war  Bmehfii  von  letsUvem  ▼•rw«fg«ii  woidM.  Am  13.  ttaf  Wis»- 

rnann  in  Mpwapiva  ein,  wo  er  die  MiMionare  zwar  navarletet^  BOnifc 
aber  Allee  zerstört  fand.  Das  Grab  von  dem  in  Diensten  der  drataeb- 

ostafrikanisohen  Gesellsehaft  emnordeten  dänii^chen  Matroseo  Nielsen 
wnrde  mit  einem  geschnitzten  Kreuz  versehen  und  als  Sühne  für  seine 
Ermordnng  worden  drei  Araber  und  Belutaehen  wegen  Spionage  und 
Betheiiigiing  an  der  Ermordang  der  Fogumissionare  aufgehängt  Chi- 
pangilo  liess  das  Geschütz  nebst  Material  ansliefern.  Hier  in  Mpwa- 
pwa  waren  am  11.  Oktober  vier  Soldaten  von  Stanley  und  einer  von 
Emin  Pascha  angekommen  und  der  überraschten  Welt  wurde  nach 
langer  Pause  zuerst  wieder  genau  Kunde  von  der  englischen  Emin 
Pascha-Expedition.  Danach  befanden  sich  Stanley,  Emin  Pascha  und 
Casati  Mitte  September  in  Usukuma  nii<i  inarschirten  aut  Mpwapwa  los, 
welches  Wissmann  den  bedeutendsten  Knotenpunkt  für  Karawanen 
in  ganz  Afrika  nennt.  Denn  es  treffen  hier  zwei  Strassen  von  Ba- 
gamoyo,  eine  von  Saadani,  von  Dar-es-Salaam  und  vom  Rufidji  nach 
dem  Innern  znm  Ukerewe,  zumTanyangika  ond  zum  Lualaba  zusammen. 
In  Mpwapwa  wurde  ein  Steinfort  mit  zwei  Bastionen  an  einer  Stelle 
Jiebaut,  von  der  aus  die  an  die  Wasserplatze  gebundenen  Karawanen- 
plätze, sowie  sämmtliche  im  Thal  von  Mpwapwa  gelegeneu  Dörfer 
der  Eingeborenen  beherrscht  werden.  Das  Fort  wurde  mit  einem 
Offizier,  zwei  Unteroffizieren,  100  Sudanesen  besetzt,  mit  einem  Schnell- 
fenergeschütJJ  versehen  und  anf  Monate  hinans  mit  (ietreide  und  Vieh 
versoiigt,  90  dass  es  bei  einem  gut  geregelten  Wachtdienst  allen 
£veBtaaHtäten  gewachsen  war.  Diese  Station  war  deshalb  von  be- 
aoflderef  Wichtigkeit,  da  hier  der  ganze  Karawanenverkehr  Mhoii 
tos  dem  Grunde  kontrolirt  werden  konnte,  weil  die  etwaigen  ande- 
ren Rollten,  welche  noch  nebenher  liefen,  von  rSnberiscben  Stämmen 
ge;<perrt  waMn.  Am  15.  Oktober  trat  die  Wanjamwesi-Karawane 
den  Weiterraarsch  nach  ihrer  Heimath  an,  mit  etwa  fiOO  Gewehren, 
tiel  Pnlver  nod  Geschenken  fftr  ihren  H&nptllng  Pandischaro  ver- 
sehen, weldier  ein  Gegenwiefat  gegen  die  Araber  in  Tabora  bilden 
«oute.  Am  20.  Oktober  ntareehirte  Wieamann  nach  der  Kaste  ab, 
einem  engliecben  Misaionnr  mit  fnm  nnd  Sind  dne  Geleite  gebend, 
nnd  «Wir  «nf  der  griMen  mittleren  Stranee,  nm  dann  nach  8nadani 
abbiegen  n  können.  Der  Empfeng  Miten»  der  Bevölkerung  wat 
Oberau  reokl  'gut,  aber  da  CMebte  von  eine«  Vetdringen  der  MafitI 
m  loste  elnliefeo,  eo  ging  Wieemnan  nkkt  anf  Snadnai,  eondem 
in  Bilmärsdheb  anf  Bogaaioyo,  wo  er  am  2<  November  efaitrnf.  Br 
hatte  den  ROckmarscb  mit  ef n(*r  Kamwane  von  600  Mann  in  1 1  Tagen 


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172 


DMitsch-Oatafrik«. 


aoBgefOhrt,  eise  Leistnng,  die  berechtigt,  aaoh  in  dieser  Bedehiing 
mit  dem  Trappenmaterial  2iifriedea  za  sein.  HandBlekarawaueti 
mareehiren  aof  dieser  Strecke  . 25 — 30  Tage.  Die  MsDiiscbaft  war 
wohl  und  gesond,  und  trotz  der  kAmmerlicheo  Ernfthning  iu  dei* 
trockeaeu  Jahreszeit  waren  die  mitgenommenen  Tragthiere  in  ans- 
gezeichnetem  Zostande,  die  Tsetsefliege  kommt  in  diesem  Strich  dt- 
afrika's  nicht  vor;  Rindvieh  gedeiht  fiberall  gnt  nod  es  fsoden  sich 
Heerden  von  vielen  tausend  Stfick  bei  den  Hassai. 

Oer  Ansturm  der  Mafiti. 

Wfthrend  der  Zeit  der  Abvrasenheit  des  Majors  von  Wissmann  war 

sein  Vertreter  Herr  v.  Gravenrenth  nicht  nnthfitig;  er  besetzte  am 
10.  September  in  der  Nacht  Kondutscbi,  ein  berüchtigtes  Nest  derSklaven- 

hämller  und  -Räuber,  doch  leider  war  eine  Verfolgung  in  die  Usaramo- 
berge  uiciit  niöglieli.  Gravenrenth  besuchte  dixiin  die  Station  Tanua. 
wo  Alles  ruhig  war,  und  marst  liirte  mit  <leni  Chef  Krcuzler  von  Mwoa 
aus  längs  der  Küste  dunii  das  /ieinli<  h  l>c\i»lkerte  und  steilenweise 
sogar  sehr  fruehtlmre  Gebiet  der  Wadigos.  Einige  reiche  xVraber. 
welche  sich  der  Expedition  in  Tanga  angeschlossen  hatten,  begleiteten 
sie  bis  Pangani.  Das  überhaupt  dieser  Familie,  Haniiss  ben  Kasim, 
wurde  zum  Akida  von  Tangata  ernannt,  zumal  sich  der  deutseh- 
l'reumliiclie  Wali  von  Pangani,  Soliman  bin  Nasr,  für  ihn  verbürgte. 
In  Pangani  war  Alles  in  guter  Ordnung,  der  Chef,  Dr.  Schmidt,  hatte 
eine  Expedition  nach  T>ewa  unternommen,  wo  noch  einige  Gebäude 
standen,  während  das  Wohnhaus  zenstört  war,  und  die  Bauten  der 
Station  selbst  waren  nahe  vor  ihrer  Vollendung.  In  Bagamoyo  war 
eine  grosse  Karawane  der  Wasukunias,  an  2500 — 3U00  Menschen 
stark,  mit  400  Elfeidieinzähnen  und  3000  Kindern  und  eine  zweite 
WanjannvL'si-Karawane  von  400 — .'>00  Trägern  eingetroffen,  so  dass 
der  Handel  dort  äusserst  lebhaft  war.  In  du'se  Stille  Helen  aber  be- 
unruhigende Gerüchte  über  das  Vordringen  der  Matiti.  znhiähnlicher 
wilder  Völkerstümme  dns  Innern,  welche  Buschiri  gegen  die  Deut- 
si  liL'u  aufgewiegelt  und  zu  einem  Kaubzuge  an  die  Küste  veranlasst 
hatte.  Alitte  Oktober  kamen  grosse  Schtiaren  von  Flüchtigen  nach 
Bagamoyo,  und  als  Gravenrenth  hörte,  dass  Buschiri  s  Hauptlager  sich 
b'  i  thtmbo  befände,  marschirte  er  am  16.  von  Bagamoyo  ab.  Nach 
einigen  Tagereisen  schon  fand  man  verwüstete  oder  völlig  leere  Ort- 
schaften, und  die  scheusslichsten  Grausamkeiten  von  Seiten  Buschiri*s 
Banden  wurden  erzählt.  Jumbes,  die  im  Besitze  von  deutschen 
Schutzbrieieu  augetroffen  wurden,  hatte  man  die  Fässe  abgehackt  mit 


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Deutscb-OsUfrika. 


173 


dem  Bedrateo,  sie  mOehten  dof  h  Dim  zo  ihren  Freanden  nach  Baga- 
mojo  lanllni,  und  viele  andere  ScheoBalieblceiten  waren  verfibt  worden, 
weiche  die  Feder  niedemiachreiben  sich  strftnbt*  Am  19.  traf  6ra^ 
renrenth  fttr  den  Gegner  völlig  überraschend  in  Jombo  ein,  einer 
sehr  hügeligen  Gegend.  Es  ziehen  sich  zwei  Thäler,  ziemlich  para- 
lell,  etwa  eine  halbe  dentache  Heile  hin;  sie  waren  jetzt,  in  der  Regen- 
zeit, etwas  sumpfig  nnd  nur  schwer  zn  passiren.  Anf  dem  HAhen- 
zage,  welcher  Ostlich  von  dem  linksseitigen  Thale  liegt,  hatte  Bnachiri 
zwei  Lager  errichtet.  Das  grossere  Lager  schien  fOr  500  Krieger 
eingerichtet  zu  sein ;  Bnsehiri  nnd  die  vornehmeren  Hftuptlinge  hatten 
sich  Lehmhütten  erbauen  lassen.  Lieatenant  v.  Behr  erhielt  den 
Auftrag,  vom  rechten  Flügel  ans  umfassend  anzugreifen,  Gravenreuth 
selbst  sties!»  direkt  anf  das  Lager.  Er  wurde  von  heftigem  Gewehr- 
iind  (iesphützfener  besTösst,  welches  aber  den  raschen  Lauf  der 
Trup{)e  fiiflit  hinderte,  die  das  Laj^fer  nach  halbstündigem  Kampf  er- 
oberte. Man  fand  au  200  e:efan^eue  Wasararoos.  meist  Weiber  und 
Kinder,  vor,  welche  Alle  vielfache  Spuren  von  erlittenen  Misshand- 
Inngen  trugen,  zahlreiches  Vieh  und  grosse  V^orräthe.  In  Buschiri's 
Haus  lagerten  au  60  Fässchen  Pulver.  Plötzlich  wurde  die  Reserve 
mit  dem  Gepäck,  welche  nach  dein  Lager  nachrückte,  von  den  Matitis 
angegriftcn.  Der  Angrit!*  wäre  vielleicht  von  Erfolg  gewesen,  hätte 
nicht  Lieutenant  v.  Perbandt  rechtzeitig  eingegriffen.  (Tleichzeitig 
belebten  sich  die  undieirenden  Hügel  mit  Malitis.  welche  in  Haufen 
von  f)00  —  600  anstürmten.  Das  Lager  rasdi  anzündend,  benutzte 
Gravenreuth  dasselbe  gleichsam  als  llückciKleckum;  nach  drei  Seiten 
hin.  in  einer  einzit;en  Schützenkette  den  Anprall  aulnehmend.  In 
vollem  Kriegsschmncke  mit  Wurfspeer.  Keuli-  und  grossem  Rinds- 
hautscliild  stürmten  die  Matitis  an  oder  tauchten  emzeln  phitzlieh  in 
dichter  Nahe  aus  Gras  und  Husch  auf.  Dreimal  erneuerte  sich  der 
Ansturm,  beim  zweiten  Theile  udaiii;  es  denselben,  an  einer  Stelle 
einzubrechen,  ein  Sudanese  wurde  in  Reihe  uud  Glied  niedergestossen, 
ein  zweiter  durch  zwei  Speerstiche  iu»  Brust  uud  Arm  verwundet: 
währenddem  begnügten  sich  die  Araber,  aus  sicherer  Entfernung  zu 
feuern,  wobei  aber  höchstens  Matitis  getrolTen  wurden.  Wenn  in  diesem 
kritischen  Augenblick  die  schwarzen  Soldaten  Furcht  gezeigt  hätten, 
80  wäre  die  Lage  sehr  kritisch  geworden.  Glücklicherweise  sind  die 
Wallen  der  Matitis  nicht  so  gefährlich  wie  ihr  Aussehen.  Kleine, 
leichte,  etwa  l'/2  ra  lange  Wurfspeere  als  Waften  und  grosse,  1  7.2  "™ 
hohe  ovale  Schilde  aus  Kuh-  oder  Qazellenhaut  als  Abwehrmittel 
sind  ihre  game  kriegerische  Aosröstang.   In  diese  dichten  Haufen 


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174 


kuMMi  feierte  die  bnve  ManMchilt  8alve  «af  Salve,  «o  4*b8  eich  die 
AagriftlyrfM  der  Gegier  iinmer  oMlir  Mietet,  «Is  die  Mafitis 
eHttch  eraitfhen,  daae  6pkea  «ad  &M1  mük  Mrer  and  dMk 
■kiit  TÜraliaiMB  kianen,  Mea  aie.  Da  die  IMceUiät  tünn- 
Bttbaeeheii  begaaa,  fcoieteto  OravenMitk  dea  ajflwttalaiWMW  de> 
amnpeDdea  ilQgel,  Qepiek  and  die  beMtan  WaaanMi  mit  amer 
geaaMDteii  tf aaaachaft  mit  eiaer  dkidwi  UateaakaMe  aaanwMiaanwid 
Bea  Jindereo  MeiieB  ItoiMlatiite  «r  daich  PakveailUa,  Aaas  dar 
Gi^er  in  der  Siditaag  aaeli  Doada  tia  aatflohea  war  aad  kehile 
aaeli  Bagamaya  aoriok.  Der  Gegaer  ia  der  SMake  vaa  auadii- 
«toas  9000  Maaa  hatte  bei  ionbo  fibcr  200  Mann  ladt  aaf  dam 
Platae  griasaea.  Bbeaao  aaeifcamnaiwertä  «ne  <die  Imiahiupa  im 
GaMt  var  die  ijmdaaer  der  Thiype  im  MaaMlaria;  ama  aioh» 
aet  aaf  dea  laraokgelegtaa  Weg  aeelM  gaete  TagamindM,  aie 
hatte  daaaelbca  «laaeidieMliflh  daa  Gefechte  ia  «iar  mvItekgöl^Et, 
dte  Eanpier  aimmtMA  aa  Foaa  «oter  halhem  Waaaemmagel  aad 
BoMliMgatar  Yeiftfeipag.  Dar  Steg  naida  aadi  aSaa  girhtMiM 
hin  gat  anagenttat  and  dar  Feind  domh  mehrem  StaniMfaana  ^ms 
UeamaM)  veitrieben.  Dte  em«dawi  Banden  vnrdea  theiia  van  daa 
PataaalHea,  theO»  voa  der  erbittertoa  BevSSceroag  an  daa  fermiaaden- 
aton  Pnabtea  aiedargemaeht.  fiagamo^FO  war  «eeettat»  dte  Waaata» 
ama  teiiteton  dir  .Aafedenuig,  aa  ihrör  Feldarbeit  aartokaakehaoi, 
beraitiviUigat  Felge.  Dagegea  hattea  dte  Terfailbiteae  am  Pm^aai 
wieder  eine  dmhtaie  Geatelt  aageaemmea.  Dte  aagiiadie  Mteiiaa 
m  Masila.  in  dema  Nihe  ZaaanmMarettnnaea  irtatlMinfhndaa  haltea. 
machte  dta  Chef  von  Pangaai,  Dr.  Sdmndt,  daauf  aatemikeaai, 
dam  etara  MO  Bebeltea  dae  MeaUgte  SteUmig  aüt  «iaem  Var- 
peatea  vea  MO  Mann  eniehtet  hattea.  Dr.  Schmidt  griff  diaedhe 
aofoit  mH  100  Haan  aa,  darohbiadi  dte  Bema  and  Mdtete  aa 
SO  ifaaa  der  Feinde,  anter  ihaea  aaefa  den  flaaptfittmr  der  fie» 
wegaag  bei  Paagani.  Die  theihaeiee  aut  SÜbar  aendartea,  aehr 
schOaea  Wafien  der  GetSdteten  lieaaea  daraaf  aeUiemaa,  dam  aneh 
waldhabeadere  Araber  sieh  dabei  betheSigt  hatten. 

Bana  Herl  nad  d<er  Pall  Baaehiri*«. 

Baaa  Heri,  der  IrOhem  Waii  von  Saadani,  «in  aehr  miehtiger 
arabiaoher  Mmr,  hatte,  nachdem  flaadaai  aeratört  war,  seit  Monatea 
<Be  DeataelMB  mit  Friedenaiierhaadlaagen  aad  aicht  eifftllten  Ifer- 
apaeehangea  bingehalteo,  dte  IranslBisehe  Ifiaaionaatetioa  in  Handera 
bedroht,  Oberau  Befestigangeo  angelegt  und  die  Wasegaha  gegen  dte 


175 


]>6BtBcheM  M%6raist;  er  mwte  utor  «Um  IknrtftiMlflB  godenflUugt 

CMs  y.  Zfllwdci  mid  !»«rtheiJte  JlMlUcn  and  die  Leute  4er 

Wmk«iiia4bnuvaae,  antor  deaea  «ich  iur  HiaptfiK  Tenkeet  iMted, 
der  ebenae,  >«ie  er  vor  einen  Jahre  teeü  aar,  Iber  die  Dentoebea 
knidafla,  fliek  jeftik  liiart  aan  LoeBoUi^ea  gi^ea  die  WMe0«ha  bot 
Vem9m$  «kaHto.  Mit  dea  WaairicBDA  halte  tkk  jalat  «a  Üudich 
«Btes  ^eihlltaies  arie  adUa  fiflkar  aafc  dea  Wm^ßtammi  henuw- 
«ehttdet»  ma  »och  Mx  qfitter  lan  WicMglnil;  lat  IMdumi  ist 
alfihafc  Pn^jamweei  das  «rtaate  laKl  «jchtigato  Laad  !■  deatoehea 
fiehategebiete  vod  dehot  mA  y<m  VilofcoriarMTaaa  Ue  lut  aar 
peeatt  KiaraaiaBWiafaraiae  aaeh  UdaehidocM  aaa.  Zdevald  ao«  mt 
der  Trappe,  aiehiwro  oMc  hrfeatjgto  Itefer  enbamd,  daroh  Oee- 
gifca  aad  traf  aai  9.  llovcaaher  io  fiaadaai  ein,  wo  Tage  foriier 
Viaeauaia,  aakewtitst  m  «iaera  Laadaagaooq^  der  ffaiaeriiehea 
Maiiae,  «elaadot  aar.  WiiaaiaaD  beachleaa,  fiiateallNU  awiachea 
tagaai  aad  BapoMgro  <«od  mMw^i^  ^  tberwacheo.  Qxwm- 
naflh  aad  Zelearaki  iraadea  aaeh  Mbaa^^  geaeUekfc»  «eleiiea  am  11. 
«adi  eiaen  teaen  üanofeUt,  «o  eiaife  AraAier  ÜUenliad  kiate- 
tea,  pranaiBiiB  and  ptOTiaeriMh  bitfwiigt  anrde.  Das  BayedMeaa- 
eerpe,  nadi  Noidtii  ateifeeiiBaadüread,  haMe  den  Aidlraf  ^  «in  ttuk 
boiMÜgtee  Dorf  Xakaroao,  «e  sieh  eeit  neiia  Jaiaea  anttaafeae 
SIciRTeB  «n  Asyl  gebildet,  ge^m  4ie  Angriffe  der  Ante  gehakea, 
ja  aegar  «iae  Aaerioannag  seiaer  Enieleaeibeiofililigaag  w  fiaid 
Bargaseh  «Mit  baltea,  an  beenohea  aad  eveataell  an  aaterMtfai 
«ad  daan  anf  Kipoiabare  aluih  der  fiOete  ekli  beraatenazlalua. 
VAhnad  das  «apeditloascoipB  MaiouQro  nnkemnwf,  besetake  Wise- 
»ann  Cpvabaa,  nacbden  4er  „Speiier*  dank  fieaekiesssa  des 
4iekt  an  der  Kfiate  liegendea  Ckrtos,  wo  ein  deatsekfrevadlieker  Akida 
enaaedet  worden  ww,  die  Landnng  eingeleitot  hatte.  Das  sfteMan- 
weiae  aiit  Manem  and  Baalieaen  stark  befeetigte  Dorf  war  aber  ver^ 
kaaea.  VsssaMnn  kehrte  naeh'SaasflNur  aarfiok  und  sofaiciGte,  da  die 
flfenase  BagaBoyo-Mpwapwa  wieder  danh  kleinem  BiabeihaBden 
aaaieher  gemebt  aar,  8snn  t.  «Grafearealh  mit  lao  Mann  aar 
ünterstlltznog  der  I[arawanen  und  aar  üsberiNangung  4er  Ycm 
4enlsoben  fimia  Faseba^Koarit^  gew&hrteo  Htife  §k  Eaiia  Ftoeha 
in's  Innem.  In  Pkngaoi,  wehin  aaMierweile  das  Zdewsld'sohe  Bs- 
peditieascorps  gelangt  war,  trafen  von  allen  Seiten  HAaptlinge  ein, 
wm  fbia  üaterwedoBg  aazuzeigeD,  selbst  ans  Usambara,  von  Sim- 
bodja,  den  dortigen  mlohtigsteo  Uftaptliuge,  traf  die  Nachricht  ein, 


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176 


DeuUeh-Ostefrik«. 


dass  es  in  seioer  Absidit  läge,  sich  mit  deo  JOeatsehen  auf  fried- 
lichem Wege  auseinanderzusetzen.  Das  ganze  nördliche  Uaegolia 
sagte  sich  ?on  Bana  üeri  und  Biuehiri  los  ond  die  UanptUnge  ver- 
weigerten  sogar  dem  letzteren,  welcher  nnr  noch  40  Mann  bei  sieb 
haben  sollte,  den  Durchzog  nach  Norden  in  das  engtiache.  Gebiet 
Der  Chef  Dr.  Schmidt  hatte  in  Erfabning  gebrochi,  dass  die  Hftnpt- 
linge  es  aber  doch  noeh  nicht  wagten,  gegen  ihn  vorzugehen;  er  brach 
daher,  sobald  er  von  dem  Lagerplatf  Boaebiri's  durch  Meldong  von 
Eingeborenen  Eenntaise  eibalten  hatte,  anf  and  fiber6el  denselbeD 
wfthrend  der  Nacht  Da  trotz  des  strengsten  Befehls,  dass  nicht  ge- 
schossen werden  dürfe,  dies  docti  gesehah,  so  gelang  es  Bnaehiri 
von  s^nem  Lager  in  einen  dichten  Bosch  zn  entkommen,  während 
fast  alle  seine  Lento  im  Lager  gefimgen  oder  niedergemacht  worden. 
Dr.  Schmidt  marschirte  non,  von  Eingeborenen  geführt,  nach  einem 
anderen  Dorfe,  in  welchem  sich  drei  anfstftndiscbe  Jombes  von  Baga- 
moyo  mit  etwa  80  Hann  nnd  200  Weibern  nnd  Kindern  verschanzt 
hatten,  in  der  Yoraossicht,  dass  Bnschiri  sich  dorthin  flüchten  werde, 
was,  wie  letzterer  spftter  anssagte,  aoch  seine  Absiebt  gewesen  war. 
Die  Jombes  mot  ihrem  ganzen  Anhang  worden  überrascht,  über- 
wältigt osd  geftmgen.  Es  worden  non  von  den  Eingeborenen  die- 
jenigen Leote  Bnsehiri's,  denen  die  flocht  vor  dem  nfiditlichen  Ueber- 
fall  gelangen  war,  gefimgen  eingebracht  nnd  Schmidt  Hess  sftmmt- 
lichen  Eingeborenen  in  der  Umgegei|d  bekannt  maxshen,  dass,  wer 
Bnschiri  anfnfthme,  J^bestraft",  wer  ihn  finge,  «belohnt*'  werden 
würde.  Nachdem  Bnsehiri  sich  zwei  Tage  im  Gebüsch  hemmgetrieben 
hatte,  kam  er  in  ein  Dorf  des  Häuptlings  Mohamed  Soa.  Er  worde 
sofort  von  den  Dorfbewohnern  gebunden,  nnd  an  Dr.  Schmidt  ans- 
geliefert  Der  einzige  von  Pnschiri's  Anhang  Entkommene  war  der 
Komore  Jehasi,  der  sich  bei  allen  Kämpfen  Bnschirt's  als  dessen 
Unterführer  betheiligt  hatte.  Von  den  vielen  Anssagen,  die  Bnaehiri 
machte,  war  die  interessanteste  die,  dass  der  Snltan  Said  Khalifa 
ihm,  bevor  ich  ihn  znm  ersten  Male  bei  Bagamoyo  geschlagen  hatte, 
habe  sagen  lassen,  wenn  er  nch  gegen  die  Dentsohen  halte,  so  würde 
er  ihn  später  zum  Vezier  der  ganzen  Küste  machen.  Irgend  welchen 
Beleg  konnte  er  aber  nicht  vorbringen. 

Djiss  Bnschiri,  sobald  er  in  die  Hände  der  deutschen  Schutz- 
tiuppen  gefallen,  iils  Rebell  behandelt  werden  würde,  war  voraus- 
/nsehen.  Nach  Ausweis  der  Weissbücher  hatte  Major  Wissraann 
schon  am  1.  Mai  v.  J.,  gleich  nach  seiner  Ankunft  in  Ostafrika, 
dem  Fürsten  Reichskanzler  gemeldet:  „Herr  Admiral  Deiuhard  hatte 


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.  Dtotseb*Ostalnluu 


177 


bis  zu  meiuer  Ankunft  mit  Boschih  eioen  Waffenstillstaud  gesi-lilossea 
und  hatte  iBaschiri  Bediogaogcu  gestellt,  unter  denen  er  Frieden 
schliessen  wollte.  Ich  nahm,  da  ich  noch  nicht  schlagfertig  »war, 
den  Waffen  still  stand  an,  liess  jedoch  Baschiri  zugleich  sagen,  dUB 
ich  nar  mit  ihm  als  Rebellen  verkehren  würde  und  seine  Friedena» 
bedingnngen  zurückweise.   Die  Bedingun<;cn  waren  derartig,  dasB 

man  sie  nur  mit  dem  Namen  „lächerlich''  belegen  kann  

Sein  Todesurtheil  überraschte  ihn  sehr,  jedoch  blieb  er  gefasst. 
Zuletzt  bat  er  Wissmann  noch  nm  eine  Unterredung,  die  derselbe 


ihm  gewährte;  er  theilte  ihm  mit,  daas  einer  der  gefangenen  Jnmbes 
die  Banptschnld  trage  an  dem  Erscheinen  und  den  Grendthnten  der 
Mafiti  —  es  war  dies  ein  Jumbe,  der  dn  ganzes  Jahr  hindurch  tien 
an  Bnsehiri  gehalten»  überall  mit  ihm  gefochten  und  einen  TheÜ  der 
Hafiti  auf  seinen  Befehl  herangezogen  hatte*  Das  Urthefl  wurde  am 
15.  Dezember  vollzogen  und  die  Leidie  Bnschiii's  den  in  Pangani 
ansSssigen  Arabern  auf  ihre  Bitte  zur  Bestattung  übergeben. 

Mit  Bnachiri  erlosch  die  Seele  des  Aufetandes,  wozu  ihn  seine 
grosse  Hansmaeht,  seine  eigenthümliche  Stellung  dem  Sultan  von 
Sansibar  gegenüber,  vor  Allem  aber  seine  Kriegserfahrenheit  (er  hatte 

KolmialM  hMmA  lt9a  12 


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178 


Deotseb-Ostafrika. 


schon  unter  Seyid  Ma^jid  Feldzilge  angeführt)  befähigten.  Er  war  dabei 
habeftehtig  wie  ein  echter  Araber,  prahlerisch  and  anmaassend,  wie  ans 
seinen  Foiderongen,  die  er  Wisemann  stellte,  hervorgeht,  gransam  und 
heimtfielüseh»  ein  nicht  zu  veraditender  Gegner,  der  das  Land  and 
seine  HilfiiqQellen  genau  kannte.  Bin  alter,  etwas  belebter  Araber,  in 
seiner  Art  ein  Lebemann,  der  ^eh  stets  sehr  got  kleidete  nnd  merk- 
würdig genng,  trotz  seines  Hasses  gegen  die  Dentsdien  doch  gelegent- 
lich Anwandinngen  von  Grossmnth  hatte,  wenn  er  z.  B.  Dr.  Meyer 
nnd  Banmann  nnd  die  katholischen  IGssionare  gegen  Lösegeld  los^ 
üess  nnd  die  englischen  Missionare  freigal».  Aneh  spricht  zn  seinen 
Gnnsten,  dass  er  die  Missionare  zn  Bagamoyo  nicht  belfistigte,  aber' 
seine  Grenelthaten,  die  Bnnordnng  Ton  Nielsen  insbesondere,  mnss- 
ten  dnrch  seinen  Tod  gesühnt  werden.  Weon  anch  Tielleicht  zn  be- 
danem  ist,  dass  dieser  zielbewusste  energische  Mann  fallen  mnsste, 
da  er  nns,  würe  er  zn  Zeiten  richtig  behandelt  worden,  ein  schätz- 
barer Bnndesgenosae  hftUe  werden  können,  so  mnss  man  anf  der 
andern  Seite  doch  sagen,  dass  er  den  Tod  hnndertfach  verdient 
hatte,  nnd  dass  die  von  ihm  begangenen  Gransamkeiten  die  strengste 
Bfihne  erheischten. 

Die  Eft^mpfe  mit  Bana  Herl. 
Das  Gebiet  Bana  Heri's,  sadwestlich  nnd  attdlich  von  Mkwadja, 
zeigte  aber  noch  keine  Neigung  zur  Unterweifong,  so  dass  eine  Be- 
kognoszimng  unter  dem  Chef  Lieutenant  Schmidt  unternommen  wurde, 
welche  aber  nnglficklicfa  ablief.  Lieutenant  Schmidt  gelangte  nach 
Mlonbule,  wo  sich  Bana  Heri  aufhielt,  aber  efai  Angriff  auf  die 
Buschboma  wnrde  vom  Feinde  mit  ziemlich  bedentendem  Verluste 
t&r  uns  abgeschlagen,  zumal  die  Zulne  nicht  vorwftrts  zu  bringen 
gewesen  waren.  Sobald  Wissmann  Von  dem  Yorge&Uenen  Eenntniss 
erhielt,  landete  er  in  Saadani,  dem  nächsten  Landnngsphitz  zn  Mlem- ' 
bnle;  alle  abkömmlichen  Truppen  und  brach  mit  500  Mann  zum  An- 
griff aaf ;  da  er  sieh  mindestens  einer  dreifach  überlegenen  Macht  In 
einer  gut  befestigten  Stellung  gegenüber  be&nd,  so  mnsste  er  vor- 
^^ii•htig  zu  Werke  gehen.  Am  Abend'  des  4.  Januar  traf  er  äuf  ein 
grosses  befestigtes  Luger,  welches  von  defi  Fefaideil  nnter  höhnischen 
Zurufen  und  Kriegsgehenl  verlassen  wurde,  als  die  Torderste  Kom- 
]iagnic  eindrang.  Sie  stand  nun  vor  einem  schmalen  Thal,  auf 
«lesjien  gegenüberliegender  Seite  sich  ein  isolirt  stehender  Berg  er- 
Ih.I),  der  mit  dichter  Urwalddschungel  bedeckt  war.  *  Dnrch  eine  circa 
600  ni  breite  Oeffnuug  des  Waldes  gewahrte  man  auf  der  Kuppe 


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Deutscb-OsUfrika. 


des  Waldes  eiiM  PdUBadenwand  tmd  dahinter  Dfteher.  Wisemann 
begann  zonftohal  mit  4  GeadiAtiea  anf  400  m  den  efchtbaren  Theil 
der  Borna  mit  Granaten  zn  besehieeaen;  der  erste  Schnee  wnrde  mit 
jnbdodem  Gehenl  Ton  drfiben  begrfiset  und  von  da  ab  wAhrend  der 
ganien  Zeit  des  Kampfes  mit  knraen,  wohl  dnrch  Verlnste  vemr- 
saefaten  Unterbieehnngen  ein  Kriegagesang  nnterhalten.  Wissmaon 
besefaloas,  den  Feind  in  der  Stellang  doreh  Fener  möglichst  zu  er» 
sehnttem,  wihrenddessen  eine  schwache  Stelle  der  Befestigung  zn 
snchen  nnd  dann  znm  Stmm  fiberzngehen.  Nachdem  er  gnt  eingo- 
schoesen  war,  begann  er  mit  SehrapoelB,  mit-dem  ICagazingewehr  nnd 
mit  Saiten  zn  arbeiten,  aber  dem  höhnischen  Geheul  nnd  dem 
mit  Hinterladern  heftig  unterhaltenen  Feuer  des  Feiodes  nach  zn 
scUiessen,  war  die  Wirkung  nicht  gross.  Wissmann  liess  dann,  um 
ein  wirksameres  Feuer  mit  geringerem  Fatronenveibranch  zn  ermög- 
lichen, sftmmtliche  Enropfter  &st  eine  Stunde  lang  Schfttzenftner  auf  die 
Punkte  erOffiicD,  an  denen  nach  der  Bauchentwicklung  die  feindlichen 
Schlitzen  und  eine  Kanone  postirt  waren.  •  Eine  Kompaguie  wurde 
in  die  rechte  Flanke  des  Feindes  gesandt,  da  hier  der  Beig  am  zu- 
gänglichsten erschien«  Nach  zweistAndigem  Fenergefeeht  schien  Wiss- 
mann  das  Fener  des  Gegners  etwas  schwftcher  zn  werden  und  er 
erhielt  ICeldung  von  emer  nach  links  detachiiten  Kompagnie,  dass 
viele  Fussspnren  in  die  Sfldlisi^re  des  Waldes  f&hrten  und  dort  ein 
Zugang  sein  mfisse.  £r  sandte  zur  ersten  Kompagnie  Sudanesen 
nun  einen  Zug  Askaris  der  detachirten  Kompagnie  nach  mit  dem 
Befehle,  falls  es  das  Terrain  erlaube,  den  Sturm  von  dort  zu  ver- 
Sueben  nnd  vor  dem  Bajonnetangriff  ein  Zeichen  mit  der-  Flagge  zu. 
geben.  Wfthrend  des  Vorgehens  der  drei  Angriftfcolonnen  wurde 
ein  forolrtes  Geschütz-  und  Salvenfener  anf  die  Boma*  unterhalten 
nnd  das  ftindliehe  Fener  wurde  heftiger  und  wirksamer.  Der  Feind* 
flüilte,  dass  die  Bntsflheidnng  nahe;  es-  roaohie  einen  wunderbaren 
Eindruck,  als  man  in  der  Feuerzunahme  die  Besatzung  der  Boma 
naeh  Inntem  Vorsingen  eines  Vorbeters  .zu  AUah  rufen  hOrte  das 
erste  Mal  .wShnnd  der  Kämpfe,  dass  ein  Zeichen  von  religiOsein 
FanatismoB  bei  den  Gegnern  konstatiit  werden,  konnte.'  Die  An* 
griffisabtheilung  .  hactte  unterdees  dio  Waldlisitee  -  erreicht,  fand  die 
Oeffinnng,  die  in  die  Boma- ftthrte,  und  die  Sudanesen  gingen  mit 
dem  Bi^oonet  unter  Hurrah  vor4  Die  Angegrüfenen  erwiderten  den 
Angriifsnif  ebenfalls  mit  Hnrrah  und  im  Walde  entspann  sieh  ein 
heftiges  Fenergefeeht.  Jetzt  ging  auch  Wissmann  in  der  Front  vor, 
aber  bevor  er  die  Höbe  erreichte,  erschien  schon  die  schwarz- weiss- 

12* 


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1^0 


Deutsch-Ostafrika. 


rothe  Fahoe  aof  der  Borna,  der  Jabel  der  Sadaoesea  Uber  den-  ge- 
Inogenen  AngrifF  war  gross,  die  Freude  der  Earoftfter  sieht  minder« 
denn  die  Borna  war  die  stftrIcBte,  welche  bislang  erriehtet  worden 
war.  Hinter  4  m  hoben,  starken  PaUisaden  waren  maandiohe  Srd- 
deckongen  aofgeworfen,  die  auch  den  Granaten  widerstanden  hatten. 
An  den  Ecken  waren  regnlftre  Bastionen  erbant,  vor  den  PaUisaden  ein 
freies  SchnssÜsld  von  20  m  Ansdehnuug  geschaffen,  an  das  sieh  rings- 
hemm  die  diebte,  fast  nndnrchdringliche  ürwaldsdsebnngel  aasehloss. 
Der  Feind  hatte  mit  grosser  Bravonr  ansgehalten,  jeder  Baom  in 
der  Borna  hatte  eine  grosse  Zahl  von  Schlissen  anfanweisen.  Die 
Scbrapnel-  nnd  Granatsplitter  lagen  fiberall  im  Lager  nmher;  Leichen, 
die  man  nicht  mehr  hatte  in  den  Wald  schleppen  können,  zeigten 
Massen  von  Wunden.  Die  Borna  Mlembnle  wnrde  verbrannt,  nnd 
der  Feind  verfolgt,  aber  der  Erfolg  war  gering,  da  die  Urwald- 
dschuDgel  von  vielen  ganz  schmalen  Pfaden  durchkreuzt  wurden. 
Der  Kampf  war  der  erbittertste,  der  bis  jetzt  gefQhrt  worden  war; 
einmal  war  Bana  Herl  noch  nie  von  einer  Trappe  besiegt  worden, 
abgesehen  von  Saadani,  wo  die  GeschOtze  der  Kriegsschiffe  in  Thfttig- 
keit  getreten  waren,  und  dann  hatte  der  Sultan  von  Usegaha,  wie 
er  sich  nannte,  es  verstanden,  eine  Art  religiösen  Bandes  um  seine 
Anhänger  zu  schlingen  und  sie  bis  zu  einem  gewissen  Grade  zu 
fanatisiren. 

Freiherr  v.  Gravenrenth  hatte  unterdess  einen  sehr  erfolgreichen 
Streifzng  in  das  Innere  unternommen,  in  Ukami  den  Rebellen  Ma- 
kandu  nach  Sfiden  getrieben,  die  wohlbefestigto  Missionsstation  To- 
nnngura  und  Simbamweni  besucht,  dessen  Dorf  bdiest^t  wurde,  war 
dann  nach  Mhonda  gegaagen  und  weiter  nach  Norden  darch  Xgnm 
und  einen  Theil  des  Gebietes  der  Wakuafi  (ansässig  gewordene 
Hassai)  nach  dem  Hinterlaade  von  Saadani.  Er  folgte  Boschiri's 
Zug  nach  Norden,  bis  er  hOrto,  dass  derselbe  gefangen  sei.  Von 
dort  giDg  er  wieder  nach  Sfiden,  erbeutete  verschiedenes  Bana  Heri 
gehöriges  Elfenbein  nnd  Waaren,  marsehirte  wieder  fiber  Mhouda 
zu  Kingo  von  Tonungum  nnd  kehrte  am  12.  Jannar  nach  Baga- 
moyo  znrftek.  Er  wurde  jetzt  wieder  von  Wissmann  von  Bagamoyo  ans 
nach  Nordwesten  dingirt,  um  fiber  den  Aufenthalt  Bana  Heri  s  £r- 
kundigQDgen  einzuziehen  und  ihn  womöglich  aufzuhalten.  Gravenreuth 
wfthlto  die  starkbefestigto  Missionsstation  Mandera^)  zu  seiner  Ope- 

'}  Interessant  int  folt^ende  Proklamation,  welche  <»ravenreiilh  Jnrt  erüess: 
„1.  la  Zukunft  neiden  die  VVasegubas  und  Wadocs  als  deutsche  Untertbaneu  be- 


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]>tutseb-0*Ufrikm. 


181 


nttODsbaais  und  stieas  dabei  anf  Bana  Heri,  der  sich  in  Palamaka 
wieder  feetznsetseii  Tersiiohte.  Durch  geaehidctes  Manöver  zwang  er 
die  RebeUen  zur  Eotwiddimg,  eddog  einen  Angriff  derselben  ener- 
gisch ab,  und  marschirte,  da  er  nur  ftber  ca.  100  Soldaten  und  ca. 
800  Eingeborene  veriftgte,  nach  Bagamoyo  znrfiek,  nachdem  er  Man- 
dern im  S&dwesten  von  P^amaka  znr  weiteren  Beobachtnng  Bana 
Heri*s  hatte  besetzen  lassen.  Ghef  Lientenant  Schmidt  hatte  von 
Saadani  ans  ebenfalls  zwei  Bekognossimngen  gegen  den  Feind  Torge- 
nommen,  und  nach  den  fiberdnstimmenden  Meldungen  ergab  sich, 
dass  seine  Stellung  schlecht  gewfthit  war,  so  daae  ein  vernichtender 
Schlag  gegen  ihn  geführt  werdea  konnte.  Palamaka  ist  in  &  Standen 
Ton  Saadani  ans  zn  erreichen  and  HHssmann  befishl,  ihn  nicht  weiter  zn 
stOfen,  nm  ihn  in  Sicheiheit  einzuwiegen.  Wissmann  verfilgte  zur  Zeit 
auch  nicht  Aber  hinreichende  militärische  Krifte.  Denn  eine  Truppen- 
abtheilnng  war  unter  dem  Chef  Dr.  Schmidt  im  Januar  von  Pangani 
nach  Masinde  aufisebroehflii.  Simbo^ja  unterwarf  rieh,  bezahlte  1000 
Rupies  in  Gold,  ca.  2800  Bupies  in  Elfenbein  als  Strafe  fBr  deut- 
schen Reisenden  In  irftheren  Jahren  gemachte  Schwierigkeiten,  gab  eine 
AnzaU  Hinterlader  zurflck,  und  verplliehtete  sieh  zn  Gehorsam  und 
Heeresfolge,  wof&r  er  die  Terantwortliche  Beaufeiohtigang  des  nörd- 
lichen Theiles  von  Usambara,  die  deutsche  Fhigge  und  ein  Gehalt 
Ton  100  Enpies  monatlich  erhielt.  Dr.  Sdimidt  ging  dann  weiter 
auf  der  grossen  Karawanenstrasse  bis  Goiua,  von  wo  ans  er  den 
Herrn  Ehlers  mit  den  Geschenken  des  Kaisers  an  den  Sultan  Man- 
dant^) in  Moschi  und  v.  Eitz  als  Agenten  fttr  den  Kilimandscharo, 

trachtet.  Als  solche  schulden  sie  den  deutschen  Behörden  an  der  Küste  Unter- 
würfigkeit utid  Gehorsam.  2.  Sie  dürfen  keinerlei  Gemeinschaft  haben  mit  den 
Uebellen  der  Küste;  sonst  würden  sie  ihre  Dürfer  in  Flammen  aufgeben  sehen. 
Wenn  jene  flüchtig  sind,  müssen  sie  dieselben  einzufangen  suchen.  Für  jeden  Fang 
wird  ihmn  ttne  B«tobmniK  n  Theil  wenleii.  8.  Olt  FeUem  Dorf  gegen  I>orf 
■fiiMn  «afhSrwi;  Alle  lolleo  toh  jetst  an  in  Biatmdit  leben.*  Die  katboliichen 
Uissionare  fügten  obiger  Proklamation  die  folgenden  Artikel  bei,  welche  die  zu* 
ständige  Genehmigung  erhielten:  „4.  Der  Kindsmord  ist  untersagt.  Wer  dor  Tödtung 
einen  Kindes  schuldig  befunden  wird,  verfällt  einer  schweren  Strafe,  selbst  der 
Todesstrafe.  5.  Die  Beschuldigung  der  Zauberei  ist  in  Zukunft  nicht  mehr  zu- 
llsiig.  e.  Die  Sireitigkeiteii  «eidea  von  nva  «i  eatireder  bei  den  groeeen  Hlnpt- 
Unfin,  welche  die  Oeieehiigkeit  beobediteii,  oder  in  der  lOeiioii,  oder  endlich  in 
Bagamoyo  geschlichtet." 

')  Mandara  hat  die  Geschenke  erhalten,  die  aber  leider  so  unpassend  wie  möglioli 
gewesen  waren,  da  in  Berlin  kein  Sachverständiger  zu  Käthe  gezogen  war.  Man  hatte 
dem  Negerbäuptlingi  der  wie  alle  Neger  nur  für  praktische  Dinge,  welch«  einen 
Werth  haben,  Siaa  bat.  allerlei  Krimikruia  geeehickt,  der  fSr  ihn  geradem  werth- 


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Dtatoeh-OitaMkt. 


auf  dem  sicheren  Wege  weiterschickte,  während  er  BellMii  naeh  Norden 
zum  Umba  abbog.  Um  Bana  Herl  jegliche  Zufuhr  von  Lebensmitteln 
abzuschneideD,  wurde  die  Kü.ste  zwiBehen  dem  Kingani  und  Mkwadja 
l>lokirt  und  dadurch  Bana  Ueri  gezwungen,  sich  durch  Plünderung  in 
den  umliegenden  Landschaften  Lebensmittel  zu  verschaffen.  Wissmann 
marschirte,  nachdem  die  Marinetmppen  die  Stationen  Tanga,  Pangani 
und  Dar*68-Salaam  besetzt  liatten,  welche  sonst  von  Soldaten  fast  ganz 
entblöset  gcweaen  wären,  am  8.  März  von  Saadani,  mit  700  Einwohnern 
und  5  Gest-bützen  des  Abends  um  11  Ulur  ab  and  traf  des  Morgens 
5  ühr  vor  Paiamaku.  einem  Komplexe  von  etwa  10  Dörfern,  der 
ein  von  Sftden  nach  Nord  verlaufendes  Thal  ausfüllt,  ein.  Die  Ueber- 
raschung  gelang  aber  nichts  die  ersten  Dörfer,  auf  weiche  die  Ex- 
pedition stiess,  waren  verlassen.  Der  Feind  hatte  keine  grossere 
Befestigung  angelegt,  sondern  den  für  ihn  bei  weitem  wichtigeren 
Kampf  in  kleineren  Abtheilnngen,  die  Qberail  in  den  ftnsserst  be^ 
deckten,  buschigen  Geländen  vertheilt  waren,  vorgezogen. 

Ueberau  wurden  solche  kleineren  Trupps  von  Aufständischen  ver- 
trieben und  die  nar  kurze  Zeit  vom  feinde  gehaltenen  Ortsohailen  zer- 
stört. Wissmann  bezog,  um  zunächst  Nachrichten  fiber  eine  eventoeUe 
starke  Stellung  des  Feindes  einzuziehen,  am  fiande  des  Thaies  ein  Lager. 
Noch  bevor  er  Auf  klärungsabtheilnngen  ansgesandt  hatte,  erschienen 
von  allen  Seiten  BebeUentnipps  und  griffen  ebenso  muthig,  als  un- 
orsichtig  das  Lager  an,  indem  sie  ans  dem  umliegenden  Bosch,  der 
ein  verhältnissmässig  nahes  nnd  verdeektes  Herankommen  des  Feindes 
ermOgHehte,  Feuer  erOffiieten.  Nur  da,  wo  sieh  stärkere  Abtheilnn- 
gen  zeigten,  liess  er  dieses  Feuer  durch  Salven  erwidern,  während 
die  Europäer  ihre  wohlgezielten  Schfisse  auf  die  einzeln  im  Gelände 
sich  hemmtreibenden  Wu^chälse  richteten.  Trotz  der  grossen  Ver- 
luste, die  hierdurch  dem  Feinde  erwuchsen,  hielt  derselbe  doch  so 
lange  die  Dickichte  besetzt,  bis  Wissmann  zwei  Abtheilungen  vor- 
gehen liess,  die  das  Vorterrain  säuberten  nnd  die  Bebellen  vertrieben. 


lofi  war.  ^äudara  wollte  Kanonea  uud  Scbiessmatorial  haben,  um  aeine  Feinde 
ntcbdraekKch  in  tnelitig«ii.  Br  hat  dton  aveh  dio  nmliegeod«!  Linder  Tenrnttet 
und  es  miiM  da  oben  «n  KiUoandeebaro  lebr  b5i  annebMi.  BUen  oaebte  am 
2.  M&rz  noch  «nan  Abatecher  durch  das  Land  der  Wameru,  nach  der  Wakuafi* 

kolonie  Aruscha  waju,  welche  bereits  früher  von  (iraf  'IVIeki  besucht  war.  Der 
Häuptling  Lomu  veranlasste  Ehlers  in  sein  Dorf  zu  /.iehen  uud  presste  aus  ihm 
durch  Drohungen  soviel  Waaren  als  nur  irgend  möglich  heraus.  Ehlers  gab  es  auf, 
Dteh  dan  XaDjaiaaea  dvichtndriDgen,  sondam  kahrta  aaeb  Moaehi  nnd  apitar  aber 
Ta* eta  nach  Mombaa  zuraek. 


Deutsch-Ofitafrika. 


183 


Am  Naelimittag  sandte  er  noehmate  stirkere  PMroiillleii  naeh  aUen 
Seiten  ans.  Dieeelben  warfen  ftbeiall  den  7e!nd  nnd  serstOrten 
sämmtfiehe  Ortsehaften  von  Palamaka,  bie  auf  eine,  die  .TeilUUtniBa- 
mtesig  stark  besotit  war  nnd  derartig  im  Dickicht  lag,  dass  die  be- 
treffonde  Abtbeünng,  die  drd  Sehwerrerwnndete  hatte,  nicht  im  Stande 
war,  einzndringen.  Die  Patronillen  kehrten  mit  Eintritt  der  Dunkel- 
heit znrttok.  Am  nfichsten  Moigen  sandte  Wissmann  Freihem  Ton 
GiaTenrenth  mit  einer  stftrkeren  Abtheihmg  nach  der  snletst  erwfthn^ 
ten  Ortschaft;  dieselbe  wnrde  nach  knner  Beschiessang  mit  Gra- 
naten nnd  dem  Maxim-Gnn  mit  Stnrm  genommen  nnd  der  Feind, 
soweit  es  das  Gelinde  erlaubte,  veiiolgt  Gleichzätig  wnrde  aber- 
mals von  drei  Kompagnien  die  ganze  Gegend  abgesucht.  Nur  wenige 
vereinzelte  Rebellen  wurden  angetrofien.  Der  Feind  hatte  in  kleinen 
AbtheUnngen,  wie  er  gefochten  hatte,  wfihrend  der  Nacht  nach  Nor- 
den, Westen  und  Sftden  das, Thal  und  die  umliegenden  Hohen  ver- 
lassen. Es  fehlte  bei  den  eben  beschriebenen  Gefechten  auf  gegne- 
rischer Seite  durchaus  an  einer  Leitung;  die  bei  Hlembule  g»> 
schlagene  Macht  war  auf  ca.  400  Mann  zusammengeschmolzen, 
Lebensmittel  wurden  nirgends  gefanden.  Es  hatte  also  der  Hunger 
nnd  wohl  die  Einsicht,  dass  tan  weiterer  Widerstand  nutzlos  sei, 
den  grOssten  Theil  der  bei  Mlembnle  Fechtenden  veranlasst,  die  Sache 
Bana  Heri*s  zu  verlassen.  Bana  Heri  selbst  hatte  nach  Aussage  der 
Gefangenen  schon  seit  8  Wochen  erwartet,  augegriifen  zu  werden. 
Er  hatte  seit  jener  Zeit  nur  bei  Tage  seine  Ortschalten  besucht  und 
in  der  Wildniss  geschlafen.  Nach  Falamaka  zurückzukehren,  war 
dem  Feinde  wegen  Maugel  an  Lebensmitteln  nicht  m(igUch.  Wohin 
er  sich  nun  auch  wenden  mochte,  flbeiall  traf  er  auf  Deutschen  et^ 
gebene  Eingeborene.  Im  Süden  beobachtete  'Lieutenant  Langheld 
mit  50  Mann  und  einigen  Hundert  Eingeborenen  von  der  fran- 
zösischen Missionsstation  *Maadera  aus  die  Strassen;  im  Norden 
wohnte  Mohamed  Soa,  derselbe  Häuptling,  der  Buschiri  ausgeliefert 
hat,  und  im  Westen  die  von  jeher  Bana  Heri  feindlich  gesinnten 
Wasegnha,  die  F^eiherm  von  Graveoreuth  vor  2  Monaten  auf  seinem 
Znge  gegen  die  Anhänger  Bana  Heri's  begleitet  hatten.  Da  die 
Verhältnisse  eine  wdtere  Verfolgung  als  durchaus  aussichtslos  er- 
scheinen liessen,  so  marsehirte  Wissmaan  auf  Saadani  zurück  und 
verschiffte  sofort  die  Trappen  nach  ihren  beziehiuigsweisen  Garnisonen. 
Die  Lage  Bana  Herl's  war  in  der  That  unhaltbaT  geworden;  seine 
Leate  kamen  nach  Mkwa^ja,  um  sieh  zu  unterwerfen  und  er  selbst 
schickte  Boten  nach  Saadani  mit  der  Bitte  um  Lebensmittel,  da  er 


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184 


Deutsch- Osufnka. 


und  Beine  Leate  dem  Verimngern  nahe  seien.  Die  umliegenden 
St&mme  wagten  es  nicht  mehr,  ihm  solche  za  liefern.  Es  wurden 
Lebensmittel  gesandt  nnd  ihm  bedeutet,  er  solle  selbst  hemnter- 
kommen  nnd  seine  Unterwerfung  anzeigen,  in  welchem  Falle  ihm 
Begnadigang  nnd  R&ckgabe  seiner  Besitzungen  zugesichert  wurde. 
Ein  Sohn  Bana  Heri*s  kam  dann  nach  Sansibar,  um  die  Unter- 
werfung seines  Vaters  anzuzeigen  und  Wissmann  schickte  am  8.  Aptil 
Gravenreuth  und  Soliman  bin  Nasr  nach  Saadani,  wo  die  Uebergabe 
stattfinden  sollte.  Am  Tage  nach  der  Ankunft  kamen  bereits  etwa 
60  Leute  in  Trupps  von  6  bis  8  Mann,  alle  verhungert,  mit  Keulen, 
Speeren,  Pfeil  und  Bogen  bewalfiiet,  aber  Bana  Herl  kam  erst  am 
Ostersonntag.  Den  Berichten  eines  Augenzeugen  entnehmen  wir 
folgende  Sehllderong: 

Vou  Norden  her  ersclieiut  eine  lange  McDScbenreiiie,  eine  wei&^e  Fahne  flat- 
tert fib«r  den  eben  iichtbaren  Kopfeu,  der  dampfe  Scball  groseer  Mefertromoieln 
dringt  bernber,  ^e  xweite  Ftebae,  eis  dritter  Zag  von  Sfiden  ber:  Bann  Heri 
kommt.  —  Hinter  einer  Terrainwelle  lagert  die  ^anze  Gesellschaft,  eine  Oeetnlt  löst 
sich  von  der  Manse:  Omar,  der  Schwiegersohn  Bana  Heri's.  Chef  Sigl  und  Lieute- 
nant V.  Arnim  geben  hinunter,  etwa  200  Schritte  weit,  dem  Abgesandten  entgegen, 
um  ihtü  die  Weisung  zu  geben,  dass  die  ganze  üacht  sich  hinter  dem  Fort  lagern 
aolL  Die  Sudaneiea  heben  eeberf  geladen,  die  Kmonen  lind  mit  KnrtuBcben  ver- 
seben,  aber  ee  ist  ensdradtlieh  Yorboteo,  daee  irgend  ein  Inropier  oder  Sndaneoe 
äich  liei  den  Geschützen  sehen  liest,  damit  nicht  im  letzten  Augenblicke  die  gante 
Ge>ellscbaft  in  alle  Winde  zerstiebt  Nach  einer  kurzen  Unterredung  mit  Chef 
Si^^I  giebt  Omar  ein  Zeichen  und  hinter  der  Terrainwelle  hervor  treten  In  endlosem 
Zuge,  im  Gänsemarsch,  die  drei  Züge  in  einer  Gesammtstärke  vou  400  Uann  in  die 
freie  Ebene.  Yonn  eine  seltsame  Qcalalt:  von  dem  Kopfe  stehen  nach  beiden 
Seiten  swei  micbt^e,  an%eriditete  Adlerflögel  ab,  den  Bicken  bedeekt  mit  einem 
]«$irenfell,  perleivestickte  Binder  hängen  vom  Koiper  herab,  so  trippelt  der  Zaube- 
rer und  VortSnzer,  denn  einen  solchen  haben  wir  vor  i\n$,  in  kurzem  Trabe  und  in 
Schlangenlinien  vor  dem  Zuge  her,  beschreibt  Kreise,  läuft  hierhin  und  dorthin, 
unermüdlich.  Ihm  folgen  drei  Trommler,  auf  mächtigen  Ngomas  (Negertrommeln) 
einen  langen  Whbel  schlagend,  dann  die  veiaeen  Fabnen,  ihnen  nach  die  Krieger,. 
Araber,  Behidschen,  Sklaven,  WaiOamvesi,  Waaehenal,  Wascgnha,  alle  m5f> 
liehen  Stämme.  Die  meisten  Leute  sind  sehr  gut,  Tiele  Araber  pri^tif  gekleidet, 
einige  Neger  befinden  sich  im  Kriegsschmuck,  den  Kopf  mit  aufgerichteten 
Federbüscheln  bedeckt  (wahrscheinlich  Massais).  Fünf  bunt  geschirrte  Esel  be- 
finden sich  im  Zuge.  Fast  alle  Leute  sind  mit  Gewehren  bewaffnet,  nur  etwa 
dreissig  tragen  Speere  oder  Bogen  und  Keden.  So  beireft  sieh  der  Zug  auf  die 
Station  so,  ein  bSchst  malerisehco  Bild.  —  Da  der  ihnen  angovlMene  Plati 
gerade  unter  der  Mündung  des  grossen  Foldgeochntiet  liegt  — >  für  den  Neger 
ein  höchst  verd&chtiger  Umstand  —  so  bitten  sie,  etwas  entfernt  davon  lagern 
7.U  dürfen.  Hier  findet  zunächst  das  unvermeidliche,  unendliche  Scliauri  statt, 
(.'hef  Sigl  und  der  Wali  von  Fangani  verhandeln  mit  Bana  Heri.  Bana  Her! 
macht  Scbauri  mit  seinen  Leuten,  was  mehr  als  7«  Stunden  dauert.  Endlich 


l>euti>cb-08Uifrika. 


185' 


könnt  M  itt  oincn  RemilUt.  Chif  Sigt  meldet  Herrn  Omtenreutli:  Bun  Herl 
liesse  dem  Bana  Mkuba*  dem  Simba  Mrima  (Löwe  der  Küste,  Beiname  Gimven» 
reuth's)  seinen  Salam  sagen  uiul  bitte  um  die  Erlaubuiss,  ihn  selbst  begrüssen  tu 
dürfeu.  Kr  sei  in  ganz  friedlicher  Absicht  gekommen:  was  ihn  beträfe,  so  sei  dei 
Krieg  au&  und  vorbei  und  er  unterwerfe  sieb  allem.  Zu  bitteu  habe  er  tolgeudes: 
Sr  Mi  hnA  nit  Miner  bwtaii  Hadit  gikonnen,  um  m  nSKüchtt  feierHcber  Weise 
Mim  ÜBlenreritiiif  su  eiUiren;  non  habe  er  aoch  600  Maiu  in  Minen  Lefir  bei 
PklMMkai  ebenso  eeieii  dort  die  Weiber  und  Kinder  und  du  ganu  Gepäck.  Zu 
OMon  bitten  lie  gar  uicbta,  Uunition  ebensowenig.  Herr  v.  Gravenreutb  möge  ge- 
gestatten,  dass  er  selbst  mit  einer  Abtheilung  abzög»-.  uni  jenes  Lapifer  berbeizuholeoi 
bezw.  die  Leute  in  ihre  Dürfer  zu  entlassen.  Die  anderen  Abtbeilungen  sollten  in 
der  K&be  sich  niederlassen  dörfen,  es  nöchten  ilinen  ScbuUebriefe  gonibrt  werden. 
—  Alle  Ponkte  wurden  ngielaaden,  die  Nadvieht  davon  hinabgecandt,  in  Nn  kam 
dM  ganze  Lager  auf  die  Beine  und  in  fnerlieben  Zuge^  in  der  voiber  beacfariebe- 
uen  Ordnung;,  näherte  sieb  der  Zug  dem  vorderen  Eingang  zum  Fort,  Hana  Ileri, 
sein  Sohn  Abdallah,  (»mar,  Jehasi,  der  Adjutant  Buschiri's,  andere  Araber,  14  Jum- 
bes  und  die  ganze  Macht.  Hana  Heri  i&t  von  kleiner  Statur,  etwa  54  Jahre  al 
intelligent,  fast  würdig  aussehend,  das  Gesiebt  etwas  toU,  der  kurze  Schnnrr-  und 
Kinnbaii  halb  eifiant  Er  trag  ein  gelbieideiMa  Araberhemd,  den  K<Hiif  ton  einem 
blauen,  i^t  anliegenden,  hinten  zum  Knoten  geeobfintoa  Tuche  umwunden.  Im 
Gürtel  steckte  der  pr&chtige  Maskatdolcb.  Als  Herr  t.  Gravenreuth  auf  ihn  zutrat, 
legte  er  die  Hand  zum  Grusse  an  die  Stirn,  ergriff  dann  mit  beiden  Händen  firaven- 
reutb's  Hechte  und  begrüsste  ihn  mit  „Jambo,  jambo  sana,  jambo  sääuää  (sei  (re- 
grösst,  sei  herzlich  gegrüsst,  sei  auf  das  allerbeste  gegrüsst)."  Dann  fügte  er  hinzu: 
„Aeh,  Herr,  wire  ieh  doeh  Deinem  Briefe  gefolgt!"  (Herr  Oravenrenth  hatte 
ihn  Mber  mr  üebeigabe  anfgelördert)  Dm  Ganse  maehte  den  Elndrack,  als  ob 
Bana  Heri  ausserordentlich  froh  sei,  den  Krieg  zu  Ende  zu  sehen.  Mit  grosser 
Herzlichkeit  schüttelte  er  allen  die  Hände,  dann  bat  er  selbst  nochmals,  sogleich  ab- 
ziehen zu  dürfen,  was  ilun  erlaubt  wurde,  zumal  ein  Rc;ienj;uss  alle  im  Autrenblick 
bis  auf  die  Haut  durchuüüste.  Hana  Heri  versprach  noch,  in  spätestens  vier  Tageu 
snrack  au  Min,  bat,  sich  wieder  in  Saadani  niederlaaMn  nnd  verlier  nach  Snntibar 
kommen  zu  ddrfsn,  nm  Oerm  M^or  Wisamann  Minen  Salam  an  sagen.  Er  erhielt 
Reis  und  Mtama  und  nach  vielen  herzlichen  Danksaj^uogen  und  Salams  zog  er  ab. 
Abdallah,  Omar.  Jehasi  und  die  Jurobes  blieben  im  Kort  zurück,  um  ihre  Schute- 
briefe zu  erhalten.  Nach  etwa  zweistündigem  Aufenthalte  waren  die  .lumbes  mit 
ihren  Briefen  versehen  und  alles  zog  ab:  der  Aufstand  im  No/deu  war  be- 
endet im  ganun  hat  Bana  Heri  noeh  etwa  1900  Leute  gehabt,  naebdem  neben 
Oefedite^  dM  letzte  Anbng  Hirz,  gegen  ihn  geUelut  werden  waren.  Bin  Theil  der 
Leute  hat  sich  nach  Ukwadja,  ein  anderer  nach  Uvindji,  andere  nach  Windi  gewandt, 
um  sich  in  der  Nähe  der  dcntsrhen  Stationen  niederzulas.seu :  der  Rest  kommt  nach 
Saadani,  wo  über  sie  bestimmt  werden  wird.  —  Schon  am  iiürhsteu  Morgen  erschien 
in  der  Station  ein  Jumbe  von  Maliposa  (welcher  mit  den  Deutschen  gegen  Hana 
Heri  gefbchten  hat)  mit  40  Hann,  welche  einige  hundert  Hühner,  aeehs  Zi^en  nnd 
einen  Stier  zum  Terkanf  braditen.  Da  HalipoM  twlMhen  Palanakn  und  Handera 
im  Innern  liegt,  so  muss  sich  eben  die  Nachricht  von  der  Unterwerfung  Bana  Heri^s 
und  der  Beendigung  des  Aufstandes  mit  Windeseile  verbreitet  haben. 

Nach  dem  Gefecht  bei  Palaiujika  besuchte  Major  Wis.smauii 
mit  Uerru  Htgor  Lieber!,  beiuem  Berliuer  Vertreter,  welcher  vom 


186 


'  Drotseh-OitafrUn. 


Answirtigen  Amte  naeh  Sansibar  gesehickt  war,  die  Kflatenplitae. 
Eine  bemerkenawerthe  Inspektion  der'  Küstenstationen  in  HtabMek 
auf  wirthsehafUidie  Bezielrangen  hatte  Wisamann  bereits  im  Jamiar 
mit  dem  Direktor  der  Deatech-Ostafrika  niechen  GeseUadhaft,  Hemi 
Yobsen,  nnd  dem  Generalvertreter  fierm  St-Panl  Dlaire  miter- 
nommen.  Die  letitere  ist  so  wichtig,  dasa  dabei  Unger  ver- 
weilt werden  mnss.  Die  Deutsch  -  Ostafrikanische  Gesettsohaft, 
weldie  den  Zeitpunkt  immer  nfther  herankommen  sah,  wo  sie 
eine  Erwerbsgesellschaft  werden  wftrde,  Iiatte  den  in  Ansehnng 
des  sieh  steigernden  Verkehrs  nnd  in  Erwartong  der  neuen  Dampfsr- 
linie  sehr  richtigen  Plan  gefiust,  mit  der  Büdong  von  Faktoreien 
auf  dem  Festlande  den  Anfiuig  zn  machen,  nnd  zur  Einleitung 
dieser  wirthsebaftiichen  Organisation  Herrn  Konsul  Vohsen  nach 
Ostafnka  entsandt.  Dersdbe  beabsichtigte,  in  Anlehnung  an  Er- 
fahrungen, welche  er  früher  in  Westafrika  gesammelt  hatte,  vor 
allem  des  Landes  Produktion  von  einheimischen  Artikeln,  unter 
denen  namentlich  Oelfrftchte  eine  grosse  Rolle  spielen  (wie  auch  das 
Beispiel  von  Mozambique  gezeigt  hat),  zu  h^en.  Konsul  Vohsen 
vertheilte  demgemftss  an  die  grosseren  Sklavenbesitzer  und  Hftnpt^ 
linge  Samen  und  die  GeseUschaft  verpflichtete  sich,  für  einen  von 
beiden  Theilen  festgestellten  Preis  die  Ernte  einzukaufen,  und  für 
entsprechende  Ablieferung  der  Ernte  den  Hftuptlingen  Prftmien  zu 
bezahlen.  Hinsichtlich  der  Inspektionsreise  des  Herrn  H^or  Liebert 
verweisen  wir  auf  S.  97  und  geben  in  Nachfolgendem  nadi  den  Be- 
richten des  Herrn  Dr.  Neubaur,  welcher  zu  eben  dieser  Zeit  die 
Stationen  besuchte,  ein  genaueres  Bild  der  damaligen  Situation: 

Organisation  der  Schatztrappe. 

Das  Beichskommissariat  wurde  bekanntlich  geschaffen  durch  ein 
kaiserliches  Kommissorium  vom  8.  Februar  1889.  Die  Arbeit  dea 
ReichskommissaiB  in  seinem  Wirkungskrsis  begann  schon  am  l.  April 
1889,  und  zwar  erfolgte  dies  formell  durch  die  TJebemahme  der  von 
allen  ostafrikanischen  Kfistenplätzen  allein  noch  von  der  Deutsch- 
Ostafrikanischen  Gesellschaft  behaupteten  Stationen  Bagamoyo  und 
Dar-es-Salaam.  Durch  die  bekannten  GefiBcbte  gelang  es,  nicht  nur 
das  nSehste  Hinterland  dieser  Stationen,  sondern  bald  auch  die 
meisten  vrichtigen  Kfistenhfifen  des  Nordens  und  dnen  bedeutenden 
Theil  der  grOssten  Karawanenstrassen  mit  dem  wichtigen  Knoten- 
punkt Mpwapwa  wieder  in  die  Hand  der  Deutschen  zu  bringen  und 


Deutscb-ÜsUfrika. 


187 


dnreh  ftste  Stationoi  voUkommeii  m  neheni.  Nflehd«ii  am  6.  April 
der  letzte  Rebell  des  Nordens,  Bana  Heri,  sich  ergeben,  kann  man 
sagen,  dass  die  Wiedergewinnong  des  ganzen  Nordens  innerhalb 
Jahresfrist  erfolgt  ist. 

Entsprechend  der  Ausdehnung,  welche  der  Aufstand  im  Norden 
während  dieses  Jahres  allmählich  angenommen  hatte,  hat  sich  auch 
die  Organisation  des  Reichskommissariats  während  dieses  Jahres  ent- 
faltet, niid  der  Verwaltimgsapparat,  wie  er  in  diesem  Augenblick  in 
Thätigkeit  ist,  lasst  kaum  noch  die  Bedingungen  erkennen,  unter 
welchen  das  Reichskommissariat  in  seinem  Beginn  bestehen  mnsste. 

Der  Reichskommissar  ist  bekanntlich  der  einzige  von  der  Re- 
gierung entsandte  kaiaerliche  Beamte,  während  alle  sonstigen  Mitr 
glieder  der  Schatztrnppe  in  einem  rein  privaten  Kontraktsverhftltniss 
zu  W'issmann,  also  vorläufig  in  keiner  direkten  Verbindung  mit  dem 
Reich  stehen.  Otfiziere  und  Cnterofliziere  haben  vor  ihrem  Eintritt 
in  die  Schntztmppe  definitiv  ihren  Absi  hiod  aus  dem  Reichsdienst 
zu  nehmen.  Es  befanden  sich  im  April  in  Wissmann's  Dienst  52  Offi- 
ziere, 21  Deckoffiziere  (Zahlmeister  nnd  Deckoffiziere  der  Marine) 
fQr  den  Dienst  anf  der  Wissmann-Flotte,  bezw.  für  den  Dienst 
anf  den  Kfistenpl&tzen,  sowie  134  Unteroffiziere.  Von  diesen  waren 
anf  den  Norden  Tertheilt  23  Offiziere,  12  Deckofliziere  nnd  55  Unter- 
offiziere. Der  Best  war  ffir  die  Besetzung  des  Sfidens  anserseÜen, 
bezw.  in  vorlftnfig  zwei  Expeditionskorps  fonnirt  Sehwarze  Mann- 
schaften hatte  der  Reicbskommissar  im  April  1200  Sudanesen,  880 
Zulns,  120  Askaris  (Sansibarsoldaten)  und  10  Somali.  Die  Somali 
haben  sich  sehr  schlecht  bewfthrt;  in  dem  feuchten  Togetationsreichen 
Klima  ist  der  grössere  Theil  derselben  schnell  gestorben  und  zwar 
hauptsächlich  aus  Mangel  an  moralischer  Widerstandsflhigkeit.  Die 
noch  vorhandenen  Somalis  waren  den  Polizeimannschaften  zugetheilt 
Die  europäische  Besatzung  des  Nordens  war  folgendermaassen  anf  die 
einzelnen  Stationen  vertheilt: 


Sansibar     .  . 

6  Offiziere,  5  Deckoffiziere,  10  Ünterofliziere, 

Bagamoyo  .  . 

4 

3 

n 

9 

n 

Paiigani  . 

3 

1 

» 

9 

rt 

Dar-es-Salani  . 

2 

2 

rt 

10 

Tanga    .    .  . 

3 

» 

9 

5 

n 

Saadani  ,    .  . 

2 

n 

9 

6 

n 

Mkwadja    «  . 

2 

1» 

1 

6 

n 

22 

n 

12 

» 

55 

n 

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m 


DwtMh>OftafHI». 


Die  in  Ansdcht  genommene  Besatmng  für  den  Sftden  war  bis 
zum  Beginn  der  Aktion  (1.  Hai)  gleichmftesig  auf  die  Stationen 
Bagamoyo  nnd  Dai^es-Salam  vertheilt  gewesen.  In  Bagamoyo  waren 
dieselben  in  der  sog.  Znlnkaseme  nnteigebracht,  in  Dar-ee-Salam  war 
durch  die  Sudanesen  der  dortigen  Besatmng  eine  f&r  600  Hann  ans- 
reichende  Kaserne  ans  Latten  nnd  Strauchwerk,  in  einzelne  Wohn- 
räume abgetheilt,  in  vortrefflicher  Wdse  hergerichtet  worden.  . 

Die  Leitung  des  Rdchskommissariats,  sowohl  was  den  tasseren 
wie  den  inneren  Verkehr  anlangt,  ging  von  Sansibar  aus,  von  wo 
er  Beichskommissar  die  Geschftfke  der  Kommandantur  leitete.  Die 
Kommandantur  selbst  war  in  einem  grossen  Araberbaus  eingerichtet, 
in  welchem  sich  auch  die  Wohnung  Wissn^n^s,  des  Adjatanten  Dr. 
Bnmiller  und  zweier  anderer  Offiziere  befand.  Die  anderen  in  San- 
sibar beschäftigten  Offiziere  bezw.  Aerzte  waren  in  zwei  weiteren 
Araberhäusern  untergebracht,  die  ünterofBziere  in  Privatwohnongen 
oder  Hdtels.  Die  Kommandantur  hatte  als  Unterabtheilungen  die 
Verwaltungs-Abtheilung  und  die  See-Abtheilnng,  zwei  in  sich  voll- 
ständig selbstständig  Amgirende  Sektionen,  welche  jedoeh  Ihre  Be- 
fehle von  der  Kommandantur  erhielten.  Die  Verwaltungs-Abtheilung 
um&sate  die  ganze  Verwaltung  des  Beicfaakommissaiiate,  nicht  nur 
was  die  Einnahmen  nnd  Ausgaben,  sondern  audi  was  Verpflegaug, 
AusrQstong  nud  Bekleidung  der  Trappen,  Mnnitionsersatz  n.  s.  w. 
anlangt. 

Die  See-AbtiieiluDg  bestand  im  Wesentlichen  in  der  technischen 
Leitung  des  Schiftsapparats;  der  Chef  denselben,  Kapitäulieutenant 
a.  D.  V.  Sievers,  war  dem  Keichskoinmissar  für  die  Schiffe  und  die 
Ati.sriistuug  derselben  verantwortlich.  Die  Flotte  bestand  iu  der 
Hauptsache  aus  den  vier  Dampfern  „Harmonie"'  (ca.  200  Tonnen), 
^München*'  (ca.  50  Tonnen).  „Max"  (ca.  40  Tonnen),  „Ve.-^uv« 
(ca.  20  Tonnen);  ausserdem  befand  sich  auf  den  Stationen  eine  An- 
zahl dem  Keiciiskommissariat  gehöriger  Walboote,  Gigs  und  anderes 
Seematerial;  vermittelst  der  genannten  Dampfer  wurde  ein  zwar  nicht 
rej^ehnässiger,  aber  fortwährender  Verkehr  zwischen  Sansibar  und  den 
Küsteustationen  aufrecht  erhalten.  Die  Dampfer  besorgten  den  IVt.st- 
und  Passagierverkehr  zwischen  Sansibar  und  der  Küste  und  zwar  in 
vollständig  ausreichender  Weise.  Für  Passagiere  bedurfte  es  natür- 
lich, da  ein  Entgelt  nicht  geleistet  wurde,  der  speziellen  Erlaubnis.-^ 
Wissmann's.  Die  Post  wurde  in  der  Kommandantur  abgegeben  und 
abgefertigt,  nur  die  ostafrikanische  Gesellschaft  fertigte  ihre  Post  in 
eigenen  Postsäckeu  ab.  Vor  Abgang  eines  Dampier  wurden  die  ost- 


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Deattcli-0»tefHka. 


189 


afrikanische  Gesellschaft  and  die  dentsehen  Finnen  in  Sansibar  darch 
Zirkulare  von  der  EommandaDtiir  benachrichtigt  Die  Dampfer  fahr- 
ten die  dentsche  Handelsflagge. 

Von  Sansibar  ans  erfolgte  anch  die  Leituig  der  Sanitäts-Ab- 
theilnng  des  Reicbskommissaiiats.  Chef  der  Abtheilnng  war  rar  Zeit 
Stabsarzt  Beeker,  welcher  mit  dem  Asustemtant  Dr.  Stenber  demWiss- 
maon-Hospital  in  Sansibar  vorstand.  HospitiUer  an  der  KOste  bestanden 
in  Pangani  nnd  Bagamoyo.  Letsteres  Hospital  war  znr  Zeit  noch 
Hanptsanititsstation  an  der  Efiste.  Unterstützt  wurden  die  Aerzte  anf 
den  Stationen  nnd  in  Sansibar  dnrcfa  freiwillige  Krankenpfleger  nnd 
Schwestern.  Die  übrigen  hier  nicht  genannten  Haaptstalionen  hatten 
freiwillige  Krankenpfleger  nnd  Lazarethgehilfen. 

Unter  dem  Reiehskommissar  war  bisher  der  ganze  Norden  bis 
znm  Rnfidschi  herab  Herrn  v.  Gravenrenth  als  Direktionsehef  nnter- 
stellt  Die  einzelnen  Stationen  verwaltete  je  ein  Stationsrhef,  der 
sowohl  den  politischen  jrw  den  militärischen  Theil  seines  Bezirkes 
leitete.  Befehle  von  der  Kommandantur  erhielt  nnd  für  Vorkomm- 
nisse in  seinem  jeweiligen  Bezirk  dem  Reiehskommissar  verantwort- 
lich war.  Einem  jeden  Stationsehef  war  znr  Erledigung  des  kanf- 
mftnnischen  Theils  der  Stationsgeschäfte  ein  Verwaltnngsbeamter 
(Zahlmeister)  heigegeben.  Das  Ezpeditionskorps,  einschliesslidi  der 
nen  angekommenen  Sndanesen,  stand  unter  dem  Oberbefbhl  des  Herrn 
V.  Zelewski. 

Abgesehen  von  militArischen  Dispositionen  des  Reichskommissars, 
welche  plötzliche  Verschiebungen  hervorriefen,  fuhr  der  Reichskom- 
missar bebnfe  Revision  seiner  Stationen  allmonatlich  einmal  dieselben 
ab.  Die  Fahrt  dauert  —  bei  9 — 10  Seemeilen  in  der  Stunde  —  von 
Sansibar  nach  Saadani  2*7«  Stunden,  Bagamoyo  8  Stunden,  Dar-es- 
Salaam  6  Standen,  Pangani  9  Stunden,  Tanga  10  Stunden.  Die  Sta- 
tionen waren  verpflichtet,  bis  znm  25.  eines  jeden  Monats  der  Eom- 
mandantur  Aber  die  politischen  und  militftrisrhen  Vorgänge  in  ihrem 
Bezirk  Bericht  zu  erstatten. 

Die  Stationen  und  der  Dienst  auf  denselben. 

Die  Leistungen,  welche  anf  dem  Gebiete  des  Stationsbanes  nnd 
der  Einrichtung  derselben  seitens  des  Reichskommissars,  seiner  Offi- 
ziere und  Truppen  geschaffen  sind,  mflssen  mindestens  als  fast  ebenso 
bewundemswerth  bezeichnet  werden,  wie  die  Schnelligkeit  und  die 
Erfolge  der  Kriegszfige  an  sich,  besonders  wenn  man  sieh  veigegen- 
wärtigt,  dass  die  Erbanimg  der  Fort«  durchgängig  fest  allein  durch 


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190  D«iitMli*Ottafrflu.. 

die  sudanesischen  Trappen  unter  Leitung  ihrer  Offiziere  erfolgt  ist 
ond  noch  erfolgt.  Bei  einem  grösseren  Tbeil  der  Stationen  sind  als 
Kein  des  Forts  gewöhnlich  ein  oder  mehrere  groese  und  feste  Ara- 
ber- oder  Inderhänaer  benutzt  worden,  ao  i.  fi.  in  Dar-ea-Salaam 
und  Bagamoyo. 

Die  bebreffenden  Hftoaer  aind  dann  meiat  im  InBem  gSaslieb 
umgestaltet  und  auaaerordentUch  ieat  magebaut  worden;  hier  vnd 
da  sind  Stockwerke  au%eeeizt  w<Hrden  und  an  den  Kern  der  fietten, 
ala  Wohnrftume  fftr  die  Offiziere  und  UnterofiBziere,  ala  Menea 
und  Vomtbaränme  dienenden  Gebftnde  aind  dann  mSebtige  Mauern 
und  Baationen  av^efOhrt,  inneibalb  deren  aieh  die  Wobsnngen 
ffir  die  audaneaiacfaen  Truppen,  die  Hnnitionamagazine,  StaUungen 
etc.  befinden.  Ala  Grundlage-  fir  den  Bau  galt  im  Allgemeinen: 
sturmfrei,  iSnriefatung  für  GeaehOtz-  und  Gewehrverthddigung,  mit- 
geringer Besatzung.  Durchweg  iat  f&r  neue  Bauten  ala  Grnnd- 
risa  daa  baationftre  Vlereek  ala  daa  am  beaten  zu  Terthaidigende 
Werk  gewShlt.  Die  lokalen  VeriUUtnisse  und  die  Yoibandenen 
Baulichkeiten  haben  natftrlich  Einflusa  auf  den  FUUsheBranm  und 
den  üm&ng  der  einzelnen  Forts  geQbt.  Von  der  Auahebung  eines 
Grabena  wurde  grundsfttzlich  Abstand  genommen,  da  die  Erd- 
arbeit in  der  Nähe  der  Wohnrftume  in  den  Trepen  nnvermeid- 
lieh  Krankheiten  hervorruft,  ansaerdem  der  Graben  durch  An- 
i*ammlung  von  Feuchtigkeit,  Fftulnissstoffen  und  ünrath  auch  q»ft- 
ter  der  Garnison  geOhrlioh  werden  konnte.  Da  Holzbanten  keine 
Dauer  verapreehen,  so  ist  als  Baumaterial  flberall  der  landiBsfibUohe 
Korallenstein  yerwendet  worden.  IHe '  ümfassnngsmacera  aind  zwi- 
schen 2,5  und  3  m  hoch  und  sichern  absolute  Sturmfreiheit;  -Ueber- 
hanpt  können  sämmtliche  Werke  den  AngrifÜBrnittehi  der  Eingeborenen 
«.'egenüber  ats  nneinnehmbar  bezeichnet  werden.  Die  Kflste  ist  durch 
diesf  Anla'f^eii  auf  die  Dauer  gesichert,  selbst  wenn  die  Fort«  nur  mit 
verhältnis^massig  geringer  Besatzung  versehen  sind.  Durch  die  Ver- 
besserung der  Wohnungen  hat  sieh  der  Gesundheitszustand  ausser- 
nnlentlieh  besser  gestaltet  als  zuvor.  Die  häutigen  Kikraiikungeu 
der  Europäer  an  der  Küste  waren  zweifellos  zum  weitaus  ii^rössten 
Theil  lediglich  auf  die  früher  bestehenden  höchst  ungunätigeu  Wohn- 
verhältnisse zu  sehicben.  • 

Die  von  Wissmann  anijelegten  Stationen  für  den  nördlichen  Theil 
des  Interessengebiets  von  Wanira  bis  zom  Rutidschi  herab  waren  im 
April  14  an  der  Zahl,  und  zwar  7  grosse  und  7  kleine.  Die  im 
Nachstehenden  bei  den  Isameu^der  einzelnen  iStatiouuu  aufgefüiuten 


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Dmtich-OitafHka. 


191 


BesatznogBStärken  BoUteo  für  einige  Zeit  bestehen  bleiben.  Die 
Namen  der  Stationen  »iud: 

1.  In  üsambant: 

a)  GiüBse  Stationen;  Tanga  (50  Sndaneeen).  Pangani  (40  Su- 
danesen). 

b)  Kleine  Stationen:  Bweni  (SO  Sudanesen).  Lewa,  Plantage 
der  dentsch-ostafrikanisdien  Plantagen-Geaellschaft  (10  Su- 
danesen). Bas-Mnhesa  (10  Sodanesoi). 

2.  In  üsegnha: 

a)  Grosse  Stationen:  Saadani  (50 Sudanesen).  Mkwadja  (50  Su- 
danesen). ' 

b)  Kleine  Stationen:  Handera,  katholische  Missionsstation  (10  Su- 
danesen). 

S.  In  Usaramo: 

a)  Grosse  Stationen:  Bagamoyo  (60  Sudanesen).  Oar^s-Salaam 
(65  Sudanesen). 

b)  Kleine  Stationen:  Mtoni,  Fähre  Aber  den  Kingani  (12  Su- 
danesen).  Tonungura  (8  Sudanesen). 

4.  In  Osagara:  Mpvapwa,  grOsster  Knotenpunkt  der  Karawanen- 
strassen,  10  Tagemftrsehe  von  Bagamoyo  (150  Sudanesen). 

5.  Am  KOimandseharo  (20  Sudanesen). 

Ausser  dem  Hauptfort  in  Bagamoyo,  in  welchem  die  stSndige 
Garnison  untergebracht  ist,  befindet  sich  am  anderen  Ende  der  Stadt 
an  der  sog.  Dundastrasse  in  der  Nfihe  der  katholischen  Mission  die 
sog*  Zulukaseme,  ein  ausgedehntes  ebenfells  ausgebautes  Araberhaus, 
in  welchem  für  Expeditionszwecke,  StreiMge  u.  s.  w.  das  Expedi- 
tionskorps I  in  der  Stärke  von  183  Hann  stationirt  war;  das  Expedi^- 
tionskoips  II  war  fftr  die  Seen-Expedition  Emin  Pascha's  nach  dem 
famem  detachnt 

Die  Armirung  jeder  Station  ist  je  nach  ihrer  Wichtigkc^  ver- 
schieden. Die  grosseren  Stationen  besitzen  einige  FeldgeschQtze, 
HOrser,  4*7  cm-Geschtttze  und  einige  Revolverkanonen;  Das  von 
Seiner  Higestät  dem  Kaiser  der  Wissmanntruppe  geschenkte  Haiim- 
geschtttz,  welches  sich  ausserordentlich  bewährt  und  auf  die  Auf- 
ständischen den  gr5ssten  Eindruck  hervorgebracht  hat,  befindet  sich 
bei  dem  Expeditionskorps  I  in  Bagamoyo.  Im  weiteren  üm&nge 
ist  jedes  Fort  von  einem  starken  Stächeldrahtzaun  umgeben,  inner- 
halb  desten  die  Wachtposten  das*  Fort  zu  umgehen  haben.  •  Der 


>)  Dto  Uli»  4«r  Stettonm  und  ihre  BMatttui^  im  August  siehe  im  Anhäufe. 


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192 


Deatsch-Ostafriiu. 


l'latz  inuerhalb  des  Stacheldralitzauues  wird  aus.s>  rdein  als  Weido 
für  die  Reitthiere  und  als  Lagerplatz  für  Baumaterial  und  dcr- 
flleichen  benutzt.  Die  Hülfe  der  Kingebnrenen  hei  der  ErbaiiunL; 
der  Forts  ist  hauptsächlich  für  den  Transport  von  Sand  und  Strincii 
in  Anspruch  genommen  Nvord<'n,  und  zwar  hat  sich  dabei  ergtben, 
dass  die  Eingeborenen  uusnahmsbis  und  ohne  jede  Anwendung  von 
Zwang  gegen  einen  geringen  Lohn  freiwillig  sich  zur  Arbeit  gemeldet 
haben.  (Am  auffallendsten  trat  dies  zu  Tage  beim  Ausbau  des  Forts 
von  Saadani:  Die  Leute  Bana  Heri's,  welche,  etwa  70  an  der  Zahl, 
vor  der  eigentlichen  Uehergabe  in  fast  verhungertem  Zustand  An- 
fang April  auf  der  Stutinn  ankamen,  wurden  2  bis  3  Tage  von  der 
Station  ernährt,  sahen  die  Art  der  Hehiindlung,  die  Thätigkeit  der 
beim  Bau  der  Station  Bcsrhäfti^ten  und  meldeten  sich  oacU  kaum 
drei  Tagen  allesammt  freiwillig  zur  Arbeit.) 

Als  Reitthiere  für  OfHzicre  und  weisse  Unteroffiziere  waren  bis 
jetzt  seitens  des  Reichs-Kommissariats  mit  gutem  Erfolge  Maskatcsel 
verwandt  worden:  der  Versuch  mit  Pferden  hat  keine  guten  Hesul- 
tate  ergeben,  da  das  Klima  für  dieselben  offenbar  zu  feucht  ist. 

Was  den  Dienst  auf  den  Stationen  anlangt,  so  ist.  derselbe  in 
der  Weise  geregelt,  dass  jede  grössere  Station  einem  Chef  unter- 
stellt ist.  (Abzeichen:  drei  goldene  Streifen  auf  der  fast  niemals 
zur  Verwendung  kommenden  blauen  Uniform,  drei  gelbe  Streifen  anf 
dem  Aerrael  des  weissen  Leinen-Anzuges:  der  oberste  Streifen  trägt 
eine  Schleife.)  Der  Chef  ist  für  den  gesammten  Dienst  auf  seiner 
Station  verantwortlich,  ebenso  ist  ihm  der  zu  seiner  Station  gehörige 
Landesbezirk  unterstellt,  endlich  übt  er,  so  lange  das  Kriegsrecht  an 
der  Küste  besteht,  die  oberste  Gericlitsbarkeit  in  seinem  Bezirk  aus. 
Dem  Chef  sind  je  eine  Anzahl  Offiziere,  je  nach  der  Stärke  der 
Station  (die  Zahlen  für  die  einzelnen  Stationen  sind  bereits  früher 
angegeben  worden)  unterstellt.  Je  einer  der  Offiziere  anl  der  Sta- 
tion hat  den  eigentlichen  Stationadienat  anter  sich;  za  diesem  gehört 
besondere  auch  die  Beaafaichtigung  der  ankommenden  and  abgehen- 
den Karawanen  und  der  gesammte  Verwaltungsdienst.  Die  anderen 
Offiziere  fnngiren  als  Kompagnieführer,  beziehungsweise  haben  sie 
den  Artilleriepark  nnd  den  Geschützdienst  anter  sich.  Die  ebenfalls 
bereits  früher  erwähnten  Deckoffiziere  sind  entweder  mit  Beigabe 
von  Unteroffizieren  im  Verwaltungsdienst  (kaufmännische  und  Mate- 
rial Verwaltung)  beschäftigt,  oder  sie  haben  das  seemännische  Mate- 
rial der  betreffenden  Stationen  (Signal wesen,  Bootsdienst,  Seezeichen 
a.  8.  w.)  anter  sich. 


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Deutscb'Ostefrika. 


193 


Der  Dienst  der  Trappea  selbst  zerfällt  in  den  eigentlichen  Mili- 
tärdienst and  den  Arbeitsdienst.  Die  Exerzirübangen  gescbehon 
besonders  für  die  von  Anfang  an  vom  Reichskommissariat  ange- 
worbenen Sudanesen  — ,  fast  ausnahmslos  nach  dem  Morgenappell 
(6  Uhr)  bis  gegen  9  Uhr.  Naeb  dem  Exerzirdienst  folgt  der  Ea- 
semendianst  (F*utzen  q.  s.  w.).  Am  Nachmittag,  beziehungsweise 
schon  YOn  11  Uhr  Vormittags,  giebt  es  Arbeitsdienst  unter  Lei- 
tung der  deutschen  Unteroftiziere.  Zum  Arbeitsdienst  $^ehört  die 
Anlage  von  Strassen,  ferner  die  Aoli^e  von  Gullen  für  Stations- 
zwecke, zum  Bau  von  Gemüsen  n.  s.  w.,  die  Instandhaltang  der  Vieh- 
barden, endlich  die  Au^fühninp:  von  Bauten. 

Die  neoangeworbenen  Sadanesen  haben  selbstverständlich  nur 
Militärdienst  und  zwar  neben  dem  Exerziren  ganz  besonders  Feld- 
diensi-  nnd  Schietwubimgen.  Das  Kommando  ist  durchweg  deutsch, 
und  swar  auch  si  ittDs  •!  r  sudanesischen  Unteroffiziere;  nur  das 
gegenseitige  Anrufen  der  Wachtposten  bei  Nachtzeiten  geschieht  auf 
arahist  h,  wobei  die  einzelnen  Posten  ihre  Nammer  immer  dem  nächst- 
folgenden /uriifen.  In  den  Forts  und  auch  die  Strafgefangenen 
untergebracht;  dieselben  werden  mit  zum  Arbeitsdienst  besonders 
zum  Erdetragen  und  znr  Wegebessernng  verwandt 

Was  die  ViM-pflegang  auf  den  Stationen  anlangt,  so  haben  die 
Sndanesen  selbst  dafür  zu  sorgen.  Die  meisten  derselben  haben 
ihre  Weiber  bei  sich  nnd  eigenen  Haushalt;  die  unverheiratheten 
fahren  unter  •  iiumder  gemeinsame  Menage  oder  betheiligen  sich  an 
dem  Haushalt  der  Verheiratbeten.  Einzehie  Stationen,  so  besonders 
Bagamoyo  nnd  Dar-es-Salaam,  haben  grosse  dem  Reicbskommissariat 
gehörige  Viehbestände;  in  Bagamoyo  beispielsweise  betrug  die  Rinder- 
heerde bis  zu  2000  Stuck,  im  April  etwa  400,  in  Dar-es-Salaam 
etwa  800.  Es  wurde  im  Allgemeinen  das  System  befolgt,  dass  alles 
Vieh,  welches  mit  den  Karawanen  ans  dem  Innern  kommt,  von  den 
Stationen  fQr  annehmbare  Preise  aufgekanft  ?nirde,  um  auf  diesem 
Wege  den  *  indischen  Zwischenhandel  zu  umgehen,  welcher  fSr  die 
Verpflegung  der  Stationen  i^eibstverständlieh  ausserordentlich  hohe 
Kosten  bedingen  wQrde.  Kleinvieh  und  besonders  Geflfigel  wird 
grossentheils  von  den  sudanesischen  Frauen  selbst  gehalten,  oder 
aber  es  wird,  und  zwar  ziemlich  reichlich,  von  den  Negern  aller  um- 
liegenden Ortschaften  zum  Verkauf  gebracht.  Der  Preis  ffir  eine 
Ziege  beträgt  in  Bagamoyo  etwa  4  Rupien  6  M.),  f&r  einen 
Ochsen  15-20  Rupien.  Offiziere  und  Unteroffiziere  führen  ihre 
eigenen  Messen  auf  eigene  Kosten. 

KolooUlM  Jihrbach  IBOO.  iq 


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194 


DmtMh-Ottefrika. 


Kulturarbeiten  auf  (ien  Statioix^n. 

Die  Lösuni;  kultureller  Aufgalien  auf  den  einzelnen  Stationen 
ist  grösstentheils  den  Stationschel's  überlassen,  oder  aber  es  wird  ihnen 
wenigstens  nach  gegebener  Anregung  vom  Reichskoramissar  die  Aus- 
führung der  Arbeiten  völlig  selbstständig  übertragen.  Das  hierbei 
befolgte  System  hat  einen  ausserordentlicheu  Wetteifer  der  Stationen 
nnter  einander  und  damit  eine  erhöhte  Tbätigkeit  der  Betheüigfcen 
hervorgemfen. 

Als  eines  der  weaentüchsten  Erfordernisse  stellte  sich  sogleich 
nach  der  Besetzung  der  einzelnen  Stationou  am  Festland  und  nach 
der  vorläufigen  Befestit^ung  derselben  die  Nothwendigkeit  heraus,  für 
den  zwischen  dem  Zentnilsitz  der  Verwaltung  in  Sansibar  und  den 
ililitärstatiftnen  durch  die  vier  Dampfer  der  WissminiTiflotte  einge- 
richteten Verkehr  in  den  Häfen,  beziehungsweise  auf  den  Rheden 
Vorkehrungen  für  die  Si(^li«'rheit  der  Schifffahrt  zu  treffen.  Die- 
selben bestanden  in  der  Aufrichtung  von  Land  marken  nnd  in  der 
Legung  von  Bojen  zur  Bezeichnung  des  Fahrwassers,  bezw.  der 
Ankerplätze.  Nächst  der  Sichemng  des  Fahr^sassors  waren  es  die 
Bauten  von  Landongspiers.  welche,  in  den  üäfen  angelegt,  einen 
bleibenden  Nutzen  für  sich  beanspruchen.  Solche  Piers  aus  Balken 
und  Bohlen,  mit  einer  ausserordentlichen  Zweckmässigkeit  errichtet, 
finden  sich  in  Dar-es-Sahuun,  Pangani  und  Tanga,  wfthrend  die  offe- 
nen Rheden  von  Bagamoyo  nnd  Saadani  solche  Bauten  von  selbst 
ansschliessen.  Im  weiteren  Verfolg  der  seemännischen  Aufgaben 
wurden  die  Deckoffiziere  d^s  Reichskommissariats  auf  ihren  be- 
züglichen Stationen  mit  Peilungen  nnd  sonstigen  Anfhahmen  be- 
schäftigt. 

Einen  wesentlichen  Gesichtspunkt  bildete  ferner  die  Absicht, 
<lie  Stationen  allmählich  zum  Theil  sich  selbst  unterhalten  zu  lassen. 
Zu  diesem  Zwecke  wird  einmal  auf  den  Stationen  selbst  ein  Vieh- 
stand gehalten  und  nach  Möglichkeit  durch  Ankäufe  und  durch  Zucht 
vermehrt.  In  gleicher  Weise  sollen  die  Stationen  den  Garten-  und 
Gemüsebau  kultiviren  und  es  wurden  zu  diesem  Zweck  zum  Theil 
durch  die  Sudanesen,  zum  Theil  unter  Zuhilfenahme  der  Strafgefange- 
nen, bezw.  der  sich  zur  Arbeit  anbietenden  Neger  in  ziemlich  be- 
deutendem ünfang  (iärten  und  Pflanzungen  angelegt,  welche  ihrerseits 
wieder^  ihren  belehrenden  Kinflnss  auf  die  einheimische  Bevölkerung 
Husfiben. 

Die  beiden  letztgenannten  Arbeitszweige  sind  auf  den  Stationen 


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Deutscb-Ostafrika. 


195 


<lemj«nigen  Offizier,  bezw.  dessen  Unteroffizieren  unterstellt,  welcher 
den  Verwaltungsdienst  oder  Stationsdienst  als  solchen  zu  überwachen 
hat.  Zu  seiner  Thätigkeit  gehört  auch  die  Abfertigung  der  Karawanen. 
Letztere  werden  besonders  auf  den  grossen  Karawanenstrassen  mit 
Passirscheinen  versehen,  in  welchen  auch  die  Stärke  der  Karawane, 
die  mitgebrachten  Waaren  u  s.  w.  vermerkt  sind.  Die  Passir- 
scheinc  werden  von  dem  mit  dein  Verwaltungsdienst  auf  den  Sta- 
tionen au  der  Küste  betrauten  (3flizier  revidirt,  die  Trügerkolonnen 
ühorwacht:  bei  Abgang  von  Karawanen  aus  den  Küstenplätzen  nach 
(lein  Innern  werden  dieselben  gemustert,  die  Gewelirbestände,  bezw. 
Pulvervorräthe  revidirt  und  anderes  mehr,  ^seben  der  Ueberwachung 
der  Karawanen  tritt  dabei  die  Absieht  hervor,  durch  den  tnrt wübreu- 
den  freundsciialtliehen  Verkehr  mit  den  Führern  der  Trägerkoloniien 
und  der  Stamme  aus  dem  Innern  eine  Wirkung  dahin  auszuüben. 

Von  der  grössten  kulturellen  Wichtigkeit  und  Bedeutung  sind 
die  Aufgaben,  welche  dem  Stationsehef  selbst  überlassen  sind.  Die 
Thätigkeit  derselben  ist  eine  durchaus  selbstständige,  nur  dass  die 
von  ihnen  gemachten  Vorsehläge  bei  den  vierwöehentlichen  Visitations- 
reisen des  Reichskommissars  die  Billigung  desselben  einziihob'U  haben. 
Ebenso  wie  die  Statioiischefs  für  ihre  Bezirke  dem  Keichskommissar 
vt'rantwortlich  sind,  ist  ihnen  die  Aufgabe  gestellt,  in  den  ihren  Be- 
fehlen unterstellten  Ortschaften  diejenigen  Verbesserungen  zu  trcfl^en, 
welche  sie  für  angemessen  halten,  bezw,  eine  geordnete  Verwaltung 
dort  einzuführen.  Auch  hier  hat  der  Wetteifer  grosse  Resultate  von 
dauerndem  Werth  gezeitigt.  Bei  einzelnen  Stationen,  so  bei  Saadani 
und  Dar-es-Salaam  war  der  Thätigkeit  des  Chefs  insofern  ganz 
freier  Spielraum  gelassen,  als  es  sieh  hier  um  den  vollständigen 
W'iederaufbau  zerstörter  Ortschaften  handelte;  bei  anderen  Stationen, 
wie  Bagainoyo,  langa  und  Pangani  handelte  es  sich  um  den  Ausbau 
<ler  Ortsehatten,  bezw.  um  V^erbesserungen  innerhalb  derselben.  Auf 
beiden  (lebieten  sind  die  Leistungen  gleich  gross  zu  nennen.  Der 
Wiederaufbau,  bezw.  der  Ausbau  der  Ortschaften  ist  geschehen  und 
ueschiebt  noch  nach  einer  von  den  einzelnen  Cliels  genau  über- 
wachten Bauordnung,  welcln^  an  Stelle  des  planlu^un  Durcheinanders, 
welches  sonst  arabische  und  Negerort sciiaften  darbieten,  breite  und 
gerade  Strassen  mit  völlig  gleichmässigen  Bautluehtlinien  geschatlen  hat. 

Der  beste  Beweis  dafür,  wie  gross  das  Vertrauen  der  Araber 
und  Inder,  sowie  der  einheimischen  Bevölkcnmu;  auf  die  durch  die 
Thätigkeit  des  Reichskommissars  geschaffene  Rulle  und  Ordnung  ge- 
worden, war  die  aasserordeutlich  rege  Baalast,  weiche  sich  freiwillig 

13* 


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196 


Deutsch-Ottafrika. 


fiberali  in  den  Ortschaften  geltend  machte,  ßagamovo  war  im  April 
bereits  wieder  eine  Stadt  von  mehr  als  20000  EiDwohnern,  Üar-es- 
Salaain  von  mehr  als  10000«  and  wuchs  von  Tag  zu  Tag,  wie  auch 
Paugaui  und  Taoga.  Die  neu  aufgeführten  HftOBer  sind  fast  aus- 
nahinslo»  massiv.  Die  ilerstelluug  der  Strassen  selbst  geschah  unter 
Aufsicht  des  Stationsi^hefs.  und  zwar  innerhalb  der  Stadt  durch  die 
Anwoliner;  soweit  es  sich  um  VerbioduogeD  der  Forts  mit  der  Stadt 
oder  am  die  Neuanla.;«»  voti  später  zu  bebauenden  Strassen,  beson- 
ders von  solchen,  in  denen  deutsche  Firmen  Ländereien  zur  Nieder- 
lassung zu<:e\vieseu  erhielten,  geschah  die  Strassenanlage  durch  die 
Mannschafteil  des  Kon)ini>-ariats  und  durch  einheimische  Arbeiter. 
Hand  in  Hand  mit  dem  Wiederaufbau  und  dem  Ausbau  der  Ort- 
schalten war  die  Verbesserung  der  Verwaltung  innerhalb  derselben 
fortgeschritten.  Die  Einführung  einer  Strassen-Polizei,  die  Hein- 
haltung der  Strassen,  die  Entfernung  der  Abfälle  von  denselben  waren 
alles  Vortheile,  welche  die  deutsche  Verwaltung  zum  ersten  Maie 
gezeitigt  hatte  und  welche  in  Sansibar  selbst  zum  Beispiel  durch  ihr 
vollständiges  Fehlen  den  Aufenthalt  zu  Zeiten  unertrfiglich  machen. 
Ja  sogar  bis  zur  Strassenbeleuchtuog  war  es,  z.  B.  in  Bagamoyo  und 
Dar-es-Salaam,  gekommen,  da  die  indischen  Eauflente  vor  ihren 
Läden  Laternen  aufhängen  mussten.  Ebenso  waren  die  Marktplätze 
in  den  Uanptorten  der  Kfiste  festgel^  und  in  Bagamoyo  sogar  eine 
zwar  primitive  aber  immerhin  mit  Wellblech  gedeckte  Markthalle 
errichtet  worden. 

Die  bisher  aufgezählten  Verbesserungen  haben  sich  als  von 
einem  ganz  wesentlichen  Einfluss  auf  den  Gesundheitszustand  in  den 
betreffenden  Ortschaffen  erwiesen;  Stationen,  welche  frfiher  als  höchst 
ungesund  galten,  wie  z.  B.  Dar-es-Salaam,  zeigten  bald  einen  ver« 
hältnissmässig  gfinstigcn  Gesundheitszustand,  sowohl  bei  den  Europäern, 
als  auch  bei  den  Farbigen.  Für  die  letzteren  war  eine  unschein- 
bare Maassregel,  nämlich  die  Ueberwachung  der  Brunnen,  von  sehr 
günstigem  Einflnss  gewesen.  Nicht  unwesentlich  hat  zur  Verbreitung 
des  deutschen  Einflusses  die  Maassregel  beigetragen,  dass  alle  Far- 
bigen, gleichviel  ob  Inder,  Araber  oder  Neger,  den  Weissen  zu  grossen 
haben,  eine  Maassregel,  welche  von  den  Betheiligten  keineswegs  als 
Härte  oder  Tyrannei  empfunden,  sondern  willig  und  mit  grossem 
Kifi'r  befolgt  wurde. 

Eben:*o  wie  die  Verwaltung  der  Stationen  nach  politischer,  mili- 
tärischer und  kultureller  Hinsicht,  liegt  auch  die  Rechtsprechung 
grusstentheiis  in  den  Händen  des  Stationschefs,  welcher  bei  Streitig- 


Deutoch-OsUfrikft. 


197 


keiten  der  BingeboreneD  und  Farbigen  zvweilen  Araber  hinzazielit, 
oder  fllr  Streitigkeiten  der  Neger  unter  sich  einen  Kadi  bestätigen 
Ifiaet.  Die  Daitshf&bmng  des  dentschen  Systems,  die  Schnelligkeit 
und  Sorgfidt  in  der  AnsfOhrang  nnd  Ueberwachaog  desselben  hat 
denn  auch  die  Bewnnderong  der  vornehmen  arabischen  BevOlkemng 
in  Sansibar  selbst  hervorgerufen.  Die  Araber  sprachen  es  unum- 
wunden aus,  dass  der  von  den  Deutschen  in  der  kurzen  Zeit  ihres 
Hierseins  gewonnene  Einfluss  und  die  von  denselben  geschaffenen 
Zustftnde  von  ihnen  selbst  nicht,  für  möglich  gehalten  wurden,  und 
sie  verglichen  die  deutschen  Erfolge  mit  denen  der  Englander,  die 
seit  50  Jahren  in  Sansibar  eine  bedeutende  Rolle  zu  spielen  versucht 
hatten,  ohne  aber  sehr  Bedeutendes  zu  leisten. 

£min  Pascha. 

Am  11.  Oktober  1880  waren,  als  Wissmann  sich  noch  in  Mpwa- 
pwa  aufhielt,  einige  Soldaten  von  Stanley  und  Emin  Pascha  einge- 
troffen, welche  meldeten,  dass  Emin  Pascha  mit  Casati,  Stanley  mit 
seinen  englischen  Begleitern,  zwei  Hissionaren  des  Kardinals  Lavi- 
gerie,  Aegyplem  und  Sudanesen  von  Usukuma  nach  der  Kflste  unter- 
w^  seien,  und  die  Welt,  welche  l&r  alles  Grosse  und  Heroische 
Verstftndniss  bat,  freute  dch,  dass  die  gefthrliche  Reise  Stanley 
gelungen  war.  Allerdings  war  der  Zweck  der  Expedition,  Emin 
Hilfe  zu  bringen,  so  dass  er  sich  gegen  die  Madhisten  halten,  und 
die  Provinz  für  die  Engl&nder  reserviren  konnte,  verfehlt,  aber  die 
EQhnheit  des  Stanley 'sehen  Entsatzzages,  welcher  fast  achtlos  über 
viele  Menschenleben  hinweggegangen  war,  und  die  endlidi  trotz  un- 
sagbarer Hindernisse  erreichte  Vereinigung  mit  Emin  machte  einen 
tiefen  Eindruck,  der  leider  durch  spätere  Ereignisse  wieder  zum 
Theil  zerstört  wurde.  Aoi  10.  November  traf  die  Karawane  in 
Mpwapwa  ein,  wo  sie  von  Lieutenant  Schmidt  begrfisst  wurde. 
Stanley  war  sehr  liebenswfirdig  nnd  äusserte  sich  anerkennend  Ober 
die  gemachten  Fortschritte,  Emin  Pascha  war  auf  das  höchste  er- 
freut, besonders  Ober  den  Oruss,  welchen  Wissmann,  der  berfihmte 
Forscher,  ihm  entboten  hatte«  Er  nehme  dies,  so  schrieb  er  am 
12.  November  zurfick,  als  ein  glfickliches  Omen  fQr  seine  weiteren 
Pläne  und  wflrde  sieh  jedenfalls  Irenen,  wenn  er  das  grossartige 
Unternehmen,  an  dessen  Spitze  Wissmann  stände,  durch  seine  Er- 
fahrungen wenigstens  eingermaassen  fOrdem  kOnne.  Am  13.  No- 
vember brach  die  Karawane  wieder  auf,  diesmal  aber  auf  Wunsch 
WiS8m»nn*s  unter  deutscher  Flagge,  anstatt  unter  ägyptischer  mar- 


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198 


DenUeb-OsUfriluu 


Bchirend,  und  j;olaiigte  nach  Sinilt  imweiiiJ)  wo  bald  darauf  fin  Theil 
der  »Schnt/tnippe  unter  der  Fühnint;  Gravenreuth's,  der  kurz  zuvor 
den  berühmten  Sieg  übur  die  Maüti  errungen,  einrückte  und  Emin 
Pascha  und  Stanley  einige  Trägerlaslen  allerlei  nothwendiger  und  lang- 
entbehrter Sachen,  welche  zum  Theil  durch  das  deut.<clie  Emin  Pascha- 
Konjite  geliefert  waren,  übergab.  Am  Kiugani  kam  Wi.ssmaun  der 
Karawane  entgegen,  welche  dann  am  4.  JJezember  18J^i)  ihren  feier- 
lichen £inzug  in  Bagamoyo  hielt.  Die  ganze  Stadt  war  mit  Palmen- 
zweigen geschmückt  und  sammtliche  Einwohner  eraptingen  die  glück- 
lich Zurückgekehrten  mit  ungeheurem  Jubel.  Als  Emin  und  Stanley 
das  Meer  erblicktem,  begann  eine  Batterie  donnernde  Salven  zu  geben, 
den  auf  der  Rhede  liegenden  KrtPL^^thiefcn  Emin's  Ankunft  ver- 
kündend. Am  Abend  wurde  ein  leierliches  Bankett  gehalten,  Toaste 
aof  Toaste  drän<„'ten  einander  und  Emin  Pascha  hielt  mit  seiner  so- 
noren Stimme  ebenfalls  eine  schwungvolle  mit  grossem  Jubel  auf- 
genommcno  Rede.  Leider  hatte  das  Fest  einen  jähen  Abscliioss. 
Emin  Pascha  hatte  sich  nämlich  in's  Freie  begeben  wollen,  war  einem 
dunklen  Gange  gefolgt  und  hatte  ein  bis  zum  Boden  Verabreichendes 
Fenster,  an  welchem  kein  Geländer  angebracht  war,  für  eine  Tliür  ge- 
halten, war  von  da  auf  ein  VVellblechdach  und  dann  auf  die  Erde  gefallen. 
Der  Arzt  konstatirte  eine  Schädelfraktur  nnd  £min  Pascha  schwebte 
lange  Zeit  zwischen  Leben  und  Tod,  bis  seine  im  Grnnde  kräftige 
Natur  den  Sieg  davontrug.  Stanley  bracht©  unterdcss  di<  A»  gypter 
und  Sudanesen  nach  Kairo  nnd  begann  dann,  wüthend  darüber,  dass 
Emin  Pascha  in  deutsche,  nicht  in  englische  Dienste  zu  treteu  be- 
absichtigte, und  dass  er  mit  ihm  in  Europa  nicht  paradiren  konnte, 
eine  ziemlich  kopflose  Polemik  gegen  Emin.  Der  hässliche  Streit, 
auf  den  hier  nicht  näher  eingegangen  werden  soll,  der  aber  Stanley 
manche  Freunde  entfremdete,  ist  noch  nicht  a^^ 'schlössen,  da  Emin 
Pascha  es  bislang  verschm&ht  hat,  auf  die  Anklagen  zu  antworten, 
und  Stanley's  Behauptungen  nicht  kontroliirt  w(;rden  können.  Als 
Emin  Pascha  sich  wieder  einigermaassen  wohl  fühlte,  befand  er  sich 
in  einer  unangenehmen  Lage,  die  Zukunft  lag  dunkel  vor  ihm.  In 
ägyptische  Dienste  gedachte  er  nur  im  änssersten  Xothfalle  zurück- 
zukehren, wie  er  es  auch  nur  als  einen  Nothbehelf  ansehen  konnte, 
wenn  er  sich  von  den  Engländern  hätte  engagiren  lassen  müssen, 
da  er  gern  seine  Dienste  der  deutschen  Sache  gewidmet  hfttte.  In 

0  Bb  ist  di«B  die  gewöhnliche  Schreibweiie,  obwoU  Simbt-muene  (rimba  = 
der  Löwe  und  mnene  in  Dielekte  der  Kisagum  der  fflbiptUng,  »Im  der  «HftoptUng 
l.öwe"  »  der  Tapfere)  riditigw  «Ire. 


DeatadfOitafHka. 


199 


diesem  Sinne  hatte  er  mit  Wiasmann  gesprochen,  der  am  1.  Januar 
dem  Ffirsten  Bismarck  meldete,  dass  Emin  Pascha  den  lebhaften 
TVnssch  hege,  seine  Erfahrungen  in  deutsche  Dienste  zu  stellen.^) 
Emin  habe  ihn  gebeten,  dies  zur  Eenntniss  des  Ffirsten  und,  wenn 
aogftngig,  auch  des  Kaisers  zu  bringen,  dessen  Gnade  er  sich  tief 
▼erpflichtet  ffihle.  In  Deutechland  war  schon  Iftngst  die  Frage  auf- 
geworfen, ob  es  sich  nicht  ermöglichen  lasse,  eine  so  ansgezeichnete 
bewfthrte  und  in  afrilcanischen  Angelegenheiten  wohlerfahrene  Kraft, 
wie  Emin,  für  deutsche  Dienste  zu  gewinnen.  Denn  es  ist,  wie 
dies  bei  einem  so  jungen  Kolonialvolke,  wie  dem  deutschen,  erklfir- 
lich  ist,  Mangel  an  wirklich  erfahrenen  Kolonisatoren  und  Verwal- 
tongsbeamten.  Wenige  Tage  nach  Eingang  der  Meldung  Wissmann's 
telegraphirte  Graf  Bismarek  an  den  Kaiserlichen  Kommissar,  dass 
die  Dienste  Emin  Pascha's  willkommen  seien,  und  am  6.  Mftrz  er- 
folgte seine  Anstellung  zunächst  kommissarisch  unter  Vorbehalt  kfinf- 
tiger  definitiTer  Anstellung.  Seine  Aufgabe  war,  innerhalb  der  deut- 
schen Interessensphäre  mit  den  Häuptlingen  zwischen  Viktoria  Nyanza 
und  Tanganyika  Verträge  abznschliessen,  die  drohende  Verbindung 
zwischen  den  Arabern  von  Tabora  und  den  Madhisten  in  der  Aequa- 
torialprovinz  zu  unterbrechen,  im  Innern  sowohl  wie  am  Viktoria- 
'See  Stationen  zu  errichten,  um  die  deutsche  Herrschaft  fiberall  sicher- 
zustellen, ffir  spätere  wirthschaftliche  Unternehmungen  bahnbrechend 
zu  wirken  und  genaue  Routenaufiiahmen  und  andere  wissenschaft- 
liche Arbeiten  zu  unternehmen.  Am  20.  April  ,  reiste  die  Expedi- 
tloii,  deren  Chef  Emin,  welcher  wieder  in  den  deutschen  Unter- 
thanenverband  getreten,  war,  von  Bagamoyo  ab;  sie  bestand  aus 
400  Trägem,  100  Sudanesen  und  Zulus  und  50  Askaris  der  Schutz- 

')  Zu  dem  detiuitivt'ij  Kutschlusse  vou  Emin,  dfii  palriotischeu  Wejr  einzu- 
schlagen, wie  er  selbst  seine  ilandluugäweise  in  einem  Briefe  au  Dr.  Zuccbinetti  be- 
«niMill,hBt  t^taliah  aodi  derUmttHid  beigetragen,  daitStaiiley  seinen  Namen  ftlach- 
Ueb  minbrandit  hatte.  Stanley  hatte  naeh  seiner  Rfidtkehr  nach  Sansibar  vor  dem 
dortigen  englischen  Konsulargericht  einen  Entaehldigangsproxess  g«fen  Tippo-Tipp, 
den  bekannten  Sklavenhändler  und  Gouverneur  der  Kongoregierung,  wegen  ver- 
schiede ner  unerfüllter  Zusagen  augestellt,  durch  deren  Nichterfüllung  die  britische 
Expedition,  welche  zur  „Rettung"  Emin's  vom  Kongo  nach  dem  äudan  zoß,  schwere 
Nacbtbeile  zu  erleiden  hatte.  Bei  der  Einleitung  dieses  Prozesses  spielte  auch  der 
damals  in  Bsgampyo  krank  damiederliegende  Enain  Paseha  eine  Bolle^  insofern  der 
Name  desselben  ftlsehlich  aof  den  Aashang  gesetzt  wordoi  war,  der  die  Vorladmig 
Tippo-Tipp's  Tor  das  englische  Gericht  in  Sansibar  dem  arabischen  Publikum  zur 
Kenntniss  brachte.  Emin  protestirte  öffentlich  gegen  diesen  Missbrauch  seines 
Namens  und  erklärte,  mit  der  Klage  des  „Engländers"  Stanley  gegen  Tippo-Tipp 
nichts  gemein  zu  haben. 


200 


Dentseh^Ostarrika. 


trappe,  mit  ManseivGewehTOD  bewalfoet,  unter  Ffihmng  der  Lieute- 
nant Langheld  und  Dr.  Stohlmaon,  sowie  zweier  Unteroffiziere.  Dr. 
StaUniann  war  bereits  im  Jahre  1888,  mit  zoologisehen  Unter- 
anehnngen  beschflftigt,  in  Ostafrika  gewesen;  er  nahm  die  Grelegen- 
heit  wahr,  sieh  an  Emin  Pascha  anznschliessen,  um  seine  wissen- 
schaftlicben  Ziele,  welche  besonders  die  niedere  Famia  mnfassten,  zn 
verfolgen.  Femer  begleiteten  die  Expedition  eine  Anzahl  Sudanesen 
des  Pa8cha*s  ans  der  Aeqnatorialprovinz  nnd  Wanyamwesi  und  Pater 
Schynse  von  der  algierischen  Mission,  der  schon  mit  Emin  ans  dem 
Inneni  gekommen  war.  Die  Expedition  führt  ein  3,7  cm-6eschfitz, 
drei  Pferde  nnd  Anf  Esel  mit  sich  nnd  ist  aof  eine  mehijShrige 
Daner  berechnet.  Der  Marsch  nach  Mpwapwa  war  bei  forcbtbarem 
Begen  nnd  gelegentlicher  Kllte  sehr  b^chwerlich;  in  Farhani  wnrde 
unter  lebhafter  Betheilignng  der  Häuptlinge  ein  grosses  Schanri  ab- 
gehalten, und  die  Sicherheit  der  Karawanenstrasse  endgültig  dnrch 
die  Yerhandlnngen  mit  ihnen  verbürgt.  In  Mpwapwa  wiederholte  sich 
die  Erscheinung,  dass  von  weither  Abgesandte  von  Häuptlingen 
kamen,  welche  sich  und  ihr  Land  unter  den  Schutz  der  deutsehen  Be- 
hörden stellen  wollten.  Der  Earawanenverkehr  war  vollständig  wieder 
hergestellt;  Tausende  von  Trägem  waren  unterwegs  zur  Küste,  und 
die  Strenge,  mit  welcher  die  deutschen  Behörden  gegen  Diebereien 
von  Seiten  der  Karawanenleute  und  den  Landfriedensbrach  von  Seiten 
raublustiger  Nachbarn  vorgegangen  waren,  hatte  fiberall  den  besten 
Eindrack  gemacht.  Hier  in  Mpwapwa  traf  Emin,  eine  denkwürdige 
Begegnung,  auch  auf  die  deutsche  Emin  Pascha-Expedition,  über 
welche  später  noch  berichtet  werden  wird.  Von  Mpwapwa  zog  Emin 
nach  dem  Lande  ünjanjembe,  hisste  in  Tabora  die  deutsche  Flagge 
und  zwang  den  Häuptling  Sike,  welcher  schon  seit  langen  Jahren 
nur  eine  Puppe  in  den  Händen  der  Araber  war,  zur  Unterwerfung 
und  Tributzahlung.  Emin  zog  dann  weiter  nordostwärts,  nm,  wie 
es  heisst,  in  Usanga,  der  Ansiedlung  von  Stokes,  eine  Station  zu  er- 
richten, die  mit  einer  anderen  am  Viktoria-Nyanza  im  Hinblick  auf 
spätere  Dampfer-Unteroehmungen  Wissmann^s  anzulegenden,  korrespon- 
diren  sollte.  Die  besten  Wünsche  des  deutschen  Volkes  begleiten 
Emin  Pascha  auf  seinen  ferneren  Untemehmungen;  er  schreibt  selbst 
in  einem  Briefe  an  einen  Freund,  dass  er  —  während  des  schwierig 
gen  Marsches  nach  Mpwapwa  —  „wie  gefeit  und  obgleich  recht  alt 
geworden,  doch  noch  immer  auf  den  Beinen'  sei.  Ob  er  aber  dies- 
mal heil  zurückkommen  werde,  sei  ihm  doch  mehr  als  zweifelhaft. 
Hoffen  wir,  dass  ihm  diesmal  AUes  zum  Besten  einsdilagen  mOge. 


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Deatseh-Ostafrika.  201 

Sein  Leben8\\crk  in  der  Aeqätorialprovioz  war  nicht  mehr  zu  retten 

—  CS  ging  an  der  Verdorbenheit  der  ägAptischc'n  Beamten,  dem  Einfall 
der  Madhisten  und  der  englischen  Emin  Pascha-Expedition  zu  Grunde*) 

—  hier  eröffnet  sich  aber  der  fröhlirlie  Ausblick,  dass  dasjenige,  was 
£niin  Pascha  jetzt  erschafft,  noch  för  Generationen  von  Dentschen 
▼OD  Bedentang  sein  werde. 

Im  Voihei^eliPTHleii  ist  auch  des  Irländers  Stokes^)  £rwähnung 
gethan  worden,  da  dieser  Mann  eine  gewisse  Rolle  in  nnserem  Schutz- 
gebiet /u  spielen  berufen  scheint.  Er  ist  ein  Händler,  der  besonders 
gute  Beziehungen  zu  dr  □  Wanyamwesi  hat,  unter  denen  er  seit  langen 
Jahren  lebt,  und  auf  Emin"s  Rath  für  die  dentschen  luteressen  ge- 
wonnen ist.  Dieser  llaudler,  welcher  früher  eine  durchaus  europäer- 
feindiiche  Rolle  spielte,  hat  sogar  dazu  bciziitrairen,  dass  der  vertriebene 
christliche  König  Mwanga  Ton  Uganda  seinen  Bruder  Kareuia  besiegen 
konnte,  und  Wissmann  that  sehr  wohl  daran,  durch  Engagirung  dieses 
Freundes  der  Wanvamwesi  den  Einflnss  der  Dentschen  nach  Westen 
aaszndehnen.  Wie  wir  hier  gleich  vorweg  b'-merken  wollen,  ist 
Stokes  mit  einem  Theil  der  Schutztruppe  nnter  FOhmng  des  Lieute- 
nant Sigl  nach  Tabora  abgesandt  und  hatte  unterwegs  bis  Mpwapwa 
die  Lage  vollkommen  friedlich  gefunden.  Er  ist  verpffiehtet,  im 
Laufe  des  Sommers  1891  mit  einigen  Tausend  Wanyamwesi  wieder 


^)  Die  Geachicbte  der  »Rettuog*  Emin  Pascb«**  entbehrt  niebt  seltmmer 
Ironie.  Die  Retter  waren,  wie  Jepbeon  (siebe  Literatvr)  nacbw^st,  die  Förderer  der 

ReTolutioo,  Bmin  Pateba  wnrde  nur  mit  Widerstreben  , gerettet*  und  kehrte  bald 
in'.H  Innere  /iirück,  und  schliesslich  wurde  die  deatscbe  Emin  Pascha- Expedition 
zwecklos,  da  Emiu  l»ertit>i  „^.'t  rcttet"  war. 

Als  Stokes  im  Frühjahr  in  Ilandclsgeschüften  wieder   die   Küste  l»e- 

sucbte,  befand  äicii  in  sviuer  Karawuue  der  Araber  Mobamed  bin  Kaäüim,  der^Mörder 
des  Kaufmanns  Gieeecke,  welcb  letzterer  im  Jabre  1887  als  Vertreter  der  Hamburger 
ElfenbeinfinAa  0.  A.  Veyer  nacb  Tabora  gereist  war.  Die  Firma  hatte  den  Versuch 
{gemacht,  da.s  Monopol  der  Araber,  betreffend  den  Elfenbeinbandel  des  Innern,  zu 
durchbrechen  und  als  Sitz  ihrer  UnicrnehrautiL'cu  Tabora  auspf sucht,  weil  die  dort 
wohnenden  Wanyamwesi  liitses  Haudclsmcnopol  der  Araber  bereits  oft  genug  durch- 
brucheu  hatten.  L*er  Führer  der  Expedition  war  Uardeiü,  welcher  aber  bald  starb, 
und  Gieseeke,  welcher  kun  darauf  ankamt  wurde  bereits  auf  dem  Ruekmamche  nach 
der  Küste,  welchen  er  in  Begleitung  von  TIppo^Tipp  angetreten  hatte,  am  26.  Sep> 
ember  1887  erschossen,  so  dass  der  einzi^re  Ucberlebende  der  Expedition  Kurt 
Toeppen  war.  Es  wurde,  besonders  durch  das  Zcntruis;  des  Herrn  Dr.  Junker, 
zweifellos  festgestellt,  dass  Moliamed  bin  Kassim  au  dem  Verbrechen,  entweder 
als  Anstifter  oder  Thäter,  beiueiligt  war,  und  demzufolge  fand  am  6.  Juni  seine 
kriegsgerichtliche  Exekution  statt,  sumal  sich  w&hrend  der  Untersuchung  noch  heraus- 
gestellt hatte,  dass  es  seine  Absicht  gewesen  war,  die  Station  Mpwapwa  zu  überfallen. 


202 


Dentsch-Ostafrika. 


an  der  Kü^ste  zu  ersrlioineu,  um  den  von  Wissmann  geplanten  Dampfer 
für  dea  Victoria-Nyauza  nach  dortiiin  zu  befördern. 

Die  dentsche  Eniin  Pas rha-Ex peditou. 

Die  Nachricht  von  der  Ermordung  des  Dr.  Peters,  welche  im 
November  des  Jahres  1889  auftauchte,  hat  sich  glücklicherweise  als 
falsch  erwiesen,  sie  ist  darauf  zurückzuführen,  dass  es  am  oberen 
Tana,  in  Oda  Born  Euwa,  wo  bereits  englische  Expeditionen  gewesen 
waren,  zu  einem  kriegMUChen  Zusammenstose  mit  den  Gallas  kam, 
bei  dem  ein  Häuptling  und  eine  Anzahl  Gallas  fielen.  Die  Gallas 
wurden  zersprengt  und  Peters  wartete  auf  die  Kolonne  des  Kapitän- 
lieatenant  Bast,  da  er  nur  wenige  Tauschartikel  besass,  aber  Huat 
war  wegen  schwerer  Erkrankung  wieder  den  Tuna  hinabgefahren  und 
Borchert  mühte  sieb  noch  am  unteren  Tana  ab,  für  die  Expedition  thätig 
zu  seio.  Er  hatte  den  Auftrag,  Dr.  Peters  die  Nachricht  von  der  Kfick- 
kelir  Stanley's  und  Eniin's  niitzutheiien,  aber  als  es  ihm  nach  grosser 
Mühe  gelang,  bis  Oda  Boru  Ruwa  vorzudringen,  fand  er  Peters  nnd 
Lieutenant  v.  Tiedemann  bereits  abmarschirt.  Am  21.  Oktober  war 
die  Expedition  aufgebrochen  und  hatte  sich  westwftrts  nach  dem 
Gebiete  des  Kenia  gewendet  Sie  bestand  ausser  den  beiden  Enro- 
pftem  damals  ans  25  SomaU,  etwa  60  Trägem  nnd  20  ihr  zuge- 
laufenen Sklaven;  sie  führte  8  Eameele,  6  Esel  nnd  1  Pferd  mit 
Als  sie  im  Westen  der  Gallalfinder  die  Grenze  der  gefärchteteo 
Massai  erreichte,  bedurfte  es  tagelanger  UnterhandlangeD,  um  die 
Letzteren  zu  ftberzengen,  dass  die  Dentschen  in  friedlicher  Absicht 
kamen.  So  durchzog  die  Expedition  das  ganze  obere  Tana-Land 
bis  zu  dem  Kenia,  zum  Theil  wilde  Hochgebirgslandschaften  von 
grossartiger  Schönheit,  die  der  reissende  Strom  in  emer  Reihe  ge- 
waltiger Katarakte  durchbricht  Trotz  der  Verhandinngen  an  der 
Grenze  der  Massai-Gebiete  gelang  es  Peters  nicht,  diesen  Theil  der 
Reise  ohne  ununterbrochene  Kämpfe  mit  den  Eingeborenen  zarftck- 
zolegen,  die  in  herausfordernder  Weise  seinem  Vordringen  stetig 
Hindernisse  zu  bereiten  suchten.  Jenseit  des  Kenia  erreichte  die 
Expedition  wieder  ein  bekanntes  Gebiet,  Leikipia,  das  noch  durch- 
quert werden  musste,  ehe  der  vor  Jahren  in  der  ostafrikanischen 
Geographie  so  viel  genannte  Baringo-See  'erreicht  wurde.  Auch  in 
Lelkipia  erforderte  die  Reise  fortwiüirenden  Vertheidiguogskampf,  der 
namentlich  im  Gefedit  bd  Elbejeto,  am  22.  Dezember,  einen .  er- 
bitterten Charakter  annahm.  Diese  ununterbrochenen  Kämpfe  nnd 
die  Strapazen  des  gefahrvollen  Marsches  kosteten  der  Expedition 


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DeatMb-OataiUka. 


203 


/ablrciebe  Meoscbenleben,  vermocbten  aber  die  Energie  der  beiden 
Fahrer  nicht  zu  beagen.  —  Am  7.  Janoar  1890  erreichte  man 
Njemps  am  Baringo-See,  am  13.  Jannur  ging  es  wiedcrom  in  west- 
licher Richtung  weiter,  zunächst  bis  zu  Wakore'e  Residenz  (nördUeh 
vom  ViiLtoria-Nyanza)  fort;  hier  war  sie  nur  mehr  5  Tagereisen  von 
ehemaligen  Miiitfirstationen  £min*8  entfernt.  So  verh&ltnissm&ssig  nahe 
dem  Ziele  erfuhr  jedoch  nui  Peters,  dass  £min  Pascha  mit  Stanley 
die  Aeqnatoriaiprovinz  bereits  verlassen  habe  and  nach  der  Kflste 
aufgebrochen  ^ei.  So  wurde  es  zwecklos,  den  Weitermarsch  in  der 
Hichtang  auf  Wadelei  fortzusetzen.  Peters  schwenkte  daher  sfld- 
westlich  ab,  durch  Usoga,  in  dem  Bischof  Hannington  und  seme 
sehwarzeii  Begleiter  ermordet  worden  waren,  nach  Uganda,  wohin 
ihn  der  König  Hwanga,  die  französischen  und  englischen  Missionare 
eÜDgeladen  hatten.  Bei  fiipon-Falls  fand  am  19.  Februar  der  Ueber- 
gang  fiber  den  Nil  und  der  Vormarsch  durch  Uganda  statt,  welches 
sich  hier  heillos  verwflstet  zeigte.  Tage  hing  ging  der  Harsch  durch 
völlig  ausgebranntes  Land.  Am  25.  Februar  langte  die  Expedition 
in  Mengo-Bubagha  an,  wohm  bei  ihrem  Anmarsch  der  König  Mwanga 
und  die  Weissen  von  ihrer  Insel  Buliogogwe  znrflckgekehrt  waren. 
Hier  half  Peters  nach  Kr&ften  an  der  Regelung  der  Verhftltnisse  in 
europftisch-christlichem  Sinne.  Mit  Unterstützung  des  Superiors  der 
französischen  Mission,  P.  Lourdel,  gelang  es  ihm,  am  28.  Februar 
mit  König  Mwanga  einen  Vertrag  zu  schliessen,  wodurch  dieser  sein 
Land,  unter  Annahme  der  bezüglichen  Bestimmungen  der  Kongo- 
Akte,  dem  Handel  und  Verkehr  aUer  europäischen  Nationen  eröffnete 
und  zuglnch  mit  Deutschland  m  ein  besonderes  Freundscbaftsverhftlt- 
niss  trat.  Trotz  der  Einsprache  englischer  Missionen,  welche  den 
Handel  in  Uganda  für  die  britisch-ostafrikanisohe  Geselladiaft  zu 
monopolisiren  gedachten,  blieb  der  König  fest  bei  dem  Vertrage. 
Die  englische  Hilfe,  welche  Mr.  Jackson  bringen  sollte,  war  ausge- 
blieben! Am  16.  März  erliess  König  Mwanga  ein  feierliches  Verbot 
des  Handels  mit  Sklaven  and  der  Siciavenansfabr.  Um  den  König 
in  diesen  seinen  B'  strehungcn  zu  unterstützen  und  ihm  den  Widerstand 
gegen  das  vom  Sklaveuraiib  und  Sklavonliaiidel  lebende  Arabcrtlium 
möglich  zu  niathen,  gab  iliiii  i'etür.>  l  int'u  ^ru.sseii  Tiieil  seines 
Pülvervoriutlis  al)  und  uuteniabm  es  auf  deu  Wuuscli  des  Königs, 
«leu  arabischen  Kiiiliuss  im  Westen  des  Viktoria-Nvaii/a  zu  brecbeii. 
Es  galt  vornehmlicii,  den  Araber  Kimliulii  an^  Husiba  zu  euttcriieii, 
welcher  den  Verkeiir  und  die  l^ulverzululir  vnii  l'iijaii jeiiibi-  nach 
Ui\joro  vermittelte.  Poterä  fuhr  mit  eiuigeu  Hundert  ^Soldaten,  welche 


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204 


Üevttch-OstafrHuL 


ihm  der  KOnig  zur  Verfügung  gestellt  hatte,  iD  80  Booten  westlich 
um  den  See.  Kirabola  und  der  den  Arabern  ergebene  Sultan  Uta- 
tembora  in  Bnsiba  ergrifTen  bei  Annäherung  der  Expedition  die 
Flndit,  das  Land  nntorwarf  sich  dem  christlichen  Mwanira  und  er- 
klftrte  sich  zu  danenuler  Tribatzahlnng  bereit.  Einen  Monat  biieli 
Peters,  dem  Wunsche  des  Königs  entsprechend,  in  Uganda.  W&breod 
dieser  Zeit  strömten  die  Einwohner  massenhaft  in  das  verwüstete 
Land  znrück.  Von  Uganda  wandte  sich  Dr.  Peters  nach  der  sfld> 
lieh  vom  Viktoria-Nyanza  gelegenen  Landschaft  Usuknma  und  zog  auf 
dem  nächsten  Wege  nach  der  Kflste.  In  Ugogo  verlangte  ein  Häupt- 
ling Tribut,  wie  ihn  Stanley  gegeben,  aber  das  Ende  war,  dass  er 
Tribut  gab  uod  die  deutsche  Flagge  hisste.  Am  29.  Juni  marsehirte 
£min  Pascha  nach  Westen,  Peters  nach  Osten  durch  das  schOne  Usagara 
und  erreiehte  Bagamoyo  am  16-  Juni.  Er  kehrte  bald  darauf  nach 
Deutschland  zurück,  wo  er  in  hervorragender  Weise  gefeiert  wurde. 
War  auch  der  Zwedc  der  Expedition  verfehlt,  waren  auch  die  Mittel 
ohne  grossen  Nutzen  ffir  die  Allgemeinheit  ausgegeben,  mochte  auch 
der  Beitrag  zur  Ldsung  geographischer  Fragen  gering  sein,  und  die 
Sympathie  für  Peters  durch  die  gegen  England  gerichtete  Spitze 
gelegentlich  etwas  ftberschwftnglieh  erscheinen,  so  ist  doch  klar,  dass 
Peters  und  v.  Tiedemann  die  Expedition  mit  Muth  und  Energie 
durchgeführt  und  dem  deutschen  Namen  in  Afrika  Ehre  gemacht 
haben. 

Die  Eroberung  des  Südens. 

Nachdem  der  Norden  besiegt  war,  blieb  noch  als  Aufgabe  für 
Wissmann  die  Unterwerfung  des  Südens  zu  erledigen,  besonders  jener 
Hafenstftdte,  an  deren  Bewohnern  die  Ermordung  von  Deutschen 
während  des  Aufstandes  im  Jahre  1888  zu  rächen  war.  Eine  Ende 
März  unternommene  Rekognoszirung  auf  dem  Dampfer  „Mfinehen** 
und  8.  M.  8.  „Carola"  nach  Eilwa^)  zeigte,  dass  die  Bebellen  sich  mit 

')  Kilwa  Kisiwaiii  ist  oiiicr  der  filtpsten  in  den  I  rkunden  über  Ostafrika  erwühn- 
tt;ij  Urle.  Ob  Kilwa  tbaUäcLliub  loit  deuj  büdlicbsteu  vou  Uüaiern  und  Griccben 
erreichten  Rfaapta,  welches  der  Ml^cnpfau*  beiebreibt,  identisch  ist,  wird  Tielleicbt 
nienuds  mit  Oewissbeit  erwiesen  werden  können.  Arabische  Chroniken  bebaap- 
ten,  dass  Kilwa  im  Jahre  987  durch  Ali,  einen  von  Ormus  iD  PertischeD  Golf 
dortbin^ekommenen  Sohn  des  persischen  Stiltans  von  Scbira«,  gegründet  worden 
sei.  Am  12.  Juli  1502  wurde  die  Stadt,  w«lih(»  nai'ii  einigen  portugiesischen 
Scbriftälelicrn  41)00  und  nach  andern  1200Q  Hinwuliner  zäliUc,  jedenfalls  ein  eigenes 
kleines  Königreich  bildete,  von  den  aus  Indien  beimkebrenden  Portugiesen  unter 
Vaseo  de  Gama  erobert,  die  ihrem  Erstaunen  über  die  arabi8cb*ostafiikani8cbe  Kultur, 


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I>«at«di-OstafHlM. 


205 


alier  Mischt  wehren  wollten;  die  „Carola"  warf  ein  Dutzend  Graoft- 
ten  nach  EUwa;  auf  eine  Dampfpinasse,  die  den  Versuch  machte, 
nSher  zu  kommen,  wnrde  dreimal  aus  Vorderladerkanonen  geschossen; 
sie  erwiderte  dieses  Feuer  mit  dem  Revolvergescbötze.  Wissmann 
mnsste,  um  einen  entscheidenden  Schlapp  zu  führen,  noch  Verstär- 
kungen abwarten,  die  dann  am  2.  April  durch  600  neu  i(ewor))ene 
Sadanesen  eintraten,  worauf  der  Angriff  gegen  die  von  fuiatischen 
und  hartnäckigen  Leuten  vertbeidigte  Stellang  unternommen  werden 
konnte.  Die  gesammten  Truppen  und  Fahrzeuge  wurden  am  Abend 
des  29.  April  in  Dar-ee*Salaam  versammelt  8.  M.  S.  „Carola**  war 

über  die  kleinen,  aber  mit  Komf^asseu  versehenen  Schiffe  und  die  kleinen  Kanonen 
auf  den  Stadt« iilleu  in  den  uns  überlieferten  Aufzeichnungen  einen  lebhaften  Aus- 
druck gegeben  haben.  Schon  der  Portugiese  Cabrai  hatte  festgestellt,  dass  Bich  die^ 
Hemcbaft  Kilwat  nach  Sfiden  bis  fiber  Honmbiqne  binaus  eritr«cke.  Am  38.  Juli 
1505  entthrontMi  dto  Portngiaaen  unter  d^AImeida  d«n  «ideiKpeDttigan  Scheich 
Ibrahim,  an  dessen  Stelle  unter  dem  Schutz  einer  portugiesischen  Besatzung  der 
Europäerfreund  Mohamed  den  Tlirou  bestieff.    Bei  d'Almeida's  Geschwader  befanden 
sich  damals  drei  von  Aui^sburger   Kaufleuteii  ausgerüstete  Schiffe,  die  später  in 
Li:isabun  auf  ihren  Antheii  au  der  Kriegsbeute  von  Kiiwa  Anspruch  erhoben  und 
lum  Theil  ansb  erhielten.   Balthaaar  Sprenger  hat  im  Jahre  1509  ebie  Gesebiohte 
der  Reise  hefinsgegehea  unter  dem  Titel:  »Die  MeerCurt  von  Erfunnf  nÖTer  Sehiffung 
und  Wf$Tc  7.U  TÜe  onerkannten  Inseln  und  Knnigreichen  von  dem  grossmechtigen 
PiirUJijrdi^rlien  Kunig  Emannel  Ki  forscht,  funden,  bestritten  vnd  lugenoininen,  auch 
wundiibat iiclie   Streyt.   Ordnung,   b-ben,   wesen,   bandluriiz   vnd   wuudernerkf  des 
Volks  und  Thjere  dar  inne  wonende,  fiude.stu  in  die.>sem  buchlyn  wahrhattigiieh  be- 
scbryben  von  abkttnterfeyt,  wie  ich  Balthasar  Sprenger  soUichs  selbs:  in  kurz  wschynn 
Zeiten  gesehen  «nn  erfaren  habe  etc."  Allerlei  Unruhen  ffihrten  1508  dazu,  dass  die  por- 
tugiesische Besatzung  zurückgezogen  und  der  nunmehr  portngiesenfreundlieh  [lewordene 
Scheich  Ibrahim  wieder  eingesetzt  wurde.    1589  wurde  Kilwa  von   den  Haiden  des 
aus  Innerafrika  hervorbrechenden  Harbarenstammes  dt-r  Wazimita  einirenommen  und 
ein  grosser  Theil  der  Einwohner  niedergemetzelt.  Von  diesem  Schlage  >cheint  sich, 
darnach  zu  nrtheilen,  dass  die  Ueberlieferungen  mehrere  Jahrhunderte  lang  den 
Namen  Kilwa  kaum  mehr  erw&hnen,  der  ehedem  blähende  Hafenplatz  nie  wieder 
erholt  zu  haben.    Die  grossen  Kuppelmoscheen,  Pallete  und  Festungswerke  liegen 
jetzt  von  tropiscliem  Pflanzenwuchs  umwuchert  in  Trümmern.    Noch  1815  scheinen 
die  Araber  von  Maskat  und  Sansibar,   welche   in)  Jahre  1(>98   den  Porlu^ivseu  das 
nördliche  Ostafrika  entrissen,  einen  Versuch  zur  llerstelbing  tl^-r  alten  portugiesischen 
Festungswerke  unternommen  zu  haben.   Aber  bereits  wenige  Jahre  später  mftwen 
die  nicht  sehr  zahlreichen  Bewohner,  welche  hier,  wo  vom  Nyassasee  her  die  wich- 
tigsten Karawanenstrassen  ausmünden,  einen  schwunghaften  Sklavenhandel  betrieben, 
von  dem  niinenliedeckten  Inselchen  Kilwa  Kisiwani  nach  der  seichten,  für  euro- 
päische Schiffe   schwer  zugruiirliclicn   Festlandsküste   üheriiesiedelt  sein.    I>ort.  wo 
diese  eingefleischten  Sklavenhändler  vor  den  Naclisteilungen  europäischer  Kriej>,schifl'e 
sicher  zu  sein  glaubten,  {gründeten  sie,  etwa  2'>  Kilometer  nördlich  von  Kilwa  Kasi- 
wani,  den  Ort  Kilwa  Kivindje  —  das  heutige  Kilwa. 


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206 


Deatach-OstaIHkt. 


bereits  nach  Kihva  Kivindje  voransgegangen,  um  die  Stadt  zu  beob- 
achten. Am  30.  Morgens  fand  die  EiuschiffoDg  der  Truppen  statt 
und  liefen  noch  am  Vonnittage  S.  M.  Kreuzer  „Öchwalbe'",  ferner  die 
Fabrzenge  ^üannonie*',  „Barawa",  „Mflncben",  „Max<*  ond  „Vesuv* 
aus  dem  Hafen  aus.  Der  Sfldwestmonsun  hatte  nm  volln  vierzehn 
Tage  früher  eingesetzt  als  gewöhnlich  und  zwar  mit  solcher  Kraft« 
(lass  der  Reise  der  Expedition  erhebliche  üemmnisse  sich  entgegen- 
»telltt'ii.  Dio  SchifTf  waren  irezwungen,  besonders  der  „Harmonie" 
wegen,  io  den  .Matia-Kanal  eiiizniaufen  und  zweimal  Nachts  zu  ankern.*) 
Erst  am  2.  Mai  traten  die  Sehiti"e  auf  der  Höhe  von  Kilwa  Kivindje 
ein,  woselbst  auf  der  Hhede  S.  M.  S.  „Carola"  und  das  englische 
Kriegsschiff  «Turquoise''  lagen.  Da  nach  dem  Urtheil  des  Herrn 
Rorvetten-Eapitäns  Hirschberg  wie  des  Kapitäns  der  „Harmonie* 
ffir  letztere  bei  weiterem  Ankämpfen  gegen  den  immer  noch  anhalten- 
den steifen  Monsnn  die  Gefahr  des  Henterns  vorlag,  mnsste  der  ver- 

')  In  PHicin  Briefe  des  Korvettenkapitäns  Valette  aus  San^-ihar  wird  die  Be- 
detilunp  der  Mitwirkung  der  detitsrhen  Flotte  liei  den  T^nteriiehmungcn  geschildert 
uud  von  den  schwierigeo  VerhültQis»en  folgende  Jdittbeilung  gegeben:  „Am  2.  3Jai 
Slorgens,  tu  welcher  Zeit  Vigor  Wiamwnn  in  Kiriwani  linden  wollte,  sollte  ein  heftige» 
Bombardenent  beginnen,  welebee  bis  sam  EintreiTen  der  Tnippen  U^or  Wisiaiuui*!, 
welche  dnrcb  Mhwtrs-weiss-rothe  Flaggen  kenntlich  waren,  fortgesetzt  werden  sollte. 
Zunächst  stellten  sicli  df m  Transport  der  Truppen  unöberwindlidie  Hindemisse  ent- 
gegen, die.  wenn  ich  mich  nicht  unter  diesen  t'mständen  bereit  erklärt  hätte,  einen 
Tbeil  de»  Landnngscorps  auf  S.  M-  Krzr.  „Scbwalbe"  ein/.u.schi(Ten,  den  Hesrinn  der 
Operationen  auf  Wochen  binuu^geseboben  hätte,  «eil  Major  Wissmann  nicht  in  der 
Lage  gewesen  würe  —  der  SW.-Monsoon  mit  seiner  hohen  See  hatte  schon  einge- 
setzt —  seine  Tnippen  nach  den  Söden  zu  transportiren,  znnal  ihm  nnr  die 
Dampfer  ^Harmonie"  und  „Barawa''  zur  Verffignng  standen.  Die  kleinen  Schlepp- 
«larapfer  mussten  Dbaus  mit  (ii^päck  u  w.  schleppen:  dieselben  eignen  sich  über- 
haupt nicht  zum  Truppeniransp'ut  auf  solchen  langen  Strecken  und  bei  solcher  See. 
K»  war  dem  Major  Wisämann  nur  möglich  gewesen,  trotz  der  grüssten  Anstrengungen 
vom  Sultan  nur  einen  Transportdampfer  zu  chartern,  ebenso  zerschlug  sieb  der  Ver- 
such, in  Bombay  einen  passenden  Dampfer  zu  erhalten."  Dem  Korrttleakapilin 
Hirachberg  wird  fo^irendes  Ztugnias  ansgaetellt:  »loh  kann  hierbei  nicht  nnerwUint 
lassen,  dass  lediglich  dem  Eingreifen  des  Korvettenkapitins  Birschberg  und  seiner 
grossen  Kenntniss  dev  Fahrwassers  des  Mafia-Kanals  es  tu.  verdanken  ist,  ila.ss  die 
Flottille  üLt'rhaupl  den  Süden  erreicht  hat;  es  ist  mir  dies  auch  wiederholentlich 
durch  Major  Wissmaun  in  anerkunuendster  Weise  ausgesprochen  worden,  welcher 
mir  ebenfalls  eifclirte,  ohne  die  HiMe  der  Marine  bitte  er  die  Bxpeditlon  aufgeben 
mossen.  Ee  hatte  andi  gerade  an  diesen  »Ttigett  derartig  gew^t  und  war  solebe 
hohe  See,  wie  sie  Jahre  lang  nicht  gewesen  sein  soll."  An  einer  anderen  Stelle 
wird  ausdrücklieb  festgestellt,  dass  es  in  erster  Linie  der  Wirksamkeit  des  Bom- 
bar  letuents  der  Flotte  zuzuschreiben  ist,  dass  Kilwa  so  leicht  in  die  Hftnde  der 
deutäcben  Truppen  gelangte. 


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Dentscfa-Ostafribu 


207 


abredete  Plan  ffir  die  Landung  der  Trappen  aufgegeben  nnd  als  Lan- 
dungsplatz der  Hafen  von  Kilwa  Kisiwani  gewfthlt  werden.  Die 
Weiterfahrt  sftmnitlicher  Fahrzeuge  nach  dahin  mit  Angnahme  der 
«HarmoDie",  welche  innerhalb  der  Riffe  nach  einem  noch  nördliche- 
ren. Punkte  gesandt  werden  mnsste,  erfolgte  noch  am  gleichen  Nach- 
mittage. Die  Schiffe  erreichten  den  Hafen  von  Kisiwani  4  Uhr  Nadi- 
mittags,  nnd  gelang  es,  da  sich  die  Bewohner  nicht  feindselig  benahmen, 
noch  bis  zmn  Einbreehen  der  Dunkelheit  die  Truppen  an  der  Sfld- 
spitze  der  von  Küwa  Kivindje  nach  Saden  auslaufenden  Halbinsel 
zu  landen.  Während  der  Nacht  zum  8.  Mai  marschirte  Wissmann  in 
die  Nfthe  der  weiter  nOrdlich  in  ruhigem  Wasser  ankeniden  „Har- 
monie*. Hit  Tagesanbruch  des  3.  wurde  der  Rest  seiner  Truppe 
ton  «Harmonie*'  gelandet,  wobei  S.  U.  Kreuzer  „Schwalbe**  die  be- 
reitwilligste Unterstfltzung  gewährte.  Noch  während  der  Landung 
wurden  seine  nach  Norden  vorgeschobenen  Vorposten  durdi  einen 
Trupp  von  200  Hann,  der  offenbar  auf  die  Nachricht  der  Landung 
hin  von  Kilwa  Kivindje  ausgesandt  war,  angegriffen.  Der  Gegner 
wurde  nach  kurzem  Gefechte  unter  bedeutendem  Verluste  zurfickge- 
worfen.  —  Obgleich  Wissmann's  Leute,  besonders  diejenigen,  welche 
auf  der  „Harmonie*'  eingeschifft  waren,  nach  dem  schweren  Arbeiten 
der  Schiffe  und  den  fortwährenden  Regengnssen  total  erschöpft  waren, 
trat  Wissmann  den  Harsch  nach  Norden  sofort  nach  vollendeter 
Landung  an,  um  Kilwa  so  wenig  als  möglich  Zeit  zu  Gegenmaass- 
regehi  gegen  einen  Angriff  von  Land  zu  lassen.  Gefangene  Einge- 
borene, die  von  einer  Patrouille  in  der  Nacht  eingebracht  worden 
waren,  dienten  als  Ffibrer.  Wissmann  ging  zunächst  der  Käste  lang 
nach  Norden,  bog  aber  dann  nach  Nordwesten  .ab  in  der  Richtung 
auf  den  Kisimo-Berg.  Der  Vortrupp  unter  Chef  Leue  stiess  bei 
jedem  eine  Vertheidigung  bietenden  Terrainabschnitt  auf  Araber  und 
Kilwaieute,  warf  jedoch,  nach  einigen  Salven  sofort  zum  Sturm  vor- 
|[ehend,  den  Feind  so  schnell,  dass  sich  das  Gros  nirgends  zu  ent- 
wickeln brauchte.  Erst  nach  eingetretener  Dunkelheit  wurde  Biwak 
in  einer  verlassenen  Ortschaft  bezogen.  Die  Nacht  verlief  ohne  jede 
Störung,  obgldch  das  sehr  bedeckte  Terrain,  die  Nähe  und  die 
grosse  Zahl  des  Feindes  einen  nächtlichen  Ueberfall  vermuthen 
Hessen.  Am  4.  Horgens  wurde  der  Vormarsch  fortgesetzt  und  fan- 
den wieder  während  der  ersten  zwei  Stunden  kurze  Avantgardenr 
Gefechte  statt  Gegen  7  Uhr  wurde  das  Feuer  S.  H.  S.  „Carola** 
nnd  „Schwalbe**  hörbar.  Als  die  Trappe  sich  gegen  8  Uhr  der 
Stadt  von  Sftdwesten  näherte,  dirigirte  Wissmann  das  2.  Bataillon 


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208 


DMtKh-Ostafrika. 


(jedes  Bataillon  /u  3  Ktunpaynien  von  120  Mann)  aul  den  Süden 
der  Stadt,  das  1.  auf  die  Westlinie  derselben,  wahrend  das  o.  Ba- 
taillon als  Reserve  tVds^te.  i)irlit  vor  der  Stadt  Hess  er  einige  Gra- 
uaten  in  dieselbe  werten  und  sandte  eine  starke  Patrouill»'  rechts 
nach  dem  Meeresstrand  mit  der  deutsehen  Flagge,  um  der  Marine 
ein  Zeichen  zum  Hinstellen  des  Feuers  zu  t^cheii  und  zum  Angriff 
vort(elieu  zu  können,  /n  ihrer  nicht  gerinuen  Fcht'rrasehuns  kam 
die  Trup|ie  in  die  Stadt,  diinc  Feuer  zu  erhalten.  Diesellie  war 
während  der  letzten  Nacht  Ilüchtig  «ieräumt  worden  —  das  Klügste, 
was  der  Gegner  hätt»-  thun  können,  denn  die  Stadt  war  nach  Fand 
zu  nicht  befestiut.  und  hatte  nach  Erstürmung  des  südlichen  Stadt- 
tlieiis  das  I.  Bataiihm  von  Westen  her  den  Kück/ng  des  Feindes 
abgeschnitten  und  denselben  in  den  Terrainabschnitt  zwischen  der 
Meeresküst«'  und  dem  Fluss  gedrängt,  wo  er  ertrunken  oder  iu  unsere 
Hände  gefallen  wäre.  Xuch  der  See  zu  war  Kilwa  stark  befV'^tigt 
durch  mit  Boden  ausnetullte  doppelte  Pallisadenrcihen.  An  ver- 
schiedenen Stellen  waren  reguläre  Bastionen  gebaut:  im  Norden  und 
Sfiden  stiessen  die  Befestigungen  an  Knicks.  Die  Armirung  bestand 
in  8  Geschützen.  Die  Stärke  des  Feindes  wurde  von  zurückkehren- 
den Indern  auf  5 — 7000  Mami  ans;egeben.  Kameele.  Esel,  Rind- 
nnd  Kleinvieh  in  grosser  Zahl  waren  zurückgelassen,  desgleichen' 
Geschützmunitiou  und  eine  lirosse  Anzahl  von  Gewebren.  Der 
vierte  Theil  der  Stadt  ungefähr  war  niedergebrannt  »lurch  zündende 
Granaten  oder  nach  Aussage  der  Inder  durch  Feuerletcn  des  Üüch- 
tigeu  Feindes.  Den  noch  am  gleichen  Ta-^e  sich,  wieder  einstellendea 
lodern  und  Banianen,  die  sich  bei  der  allgemeinen  Flucht  in  der 
Nähe  der  Stadt  in  den  Maisfeld<'rn  verborgen  hatten,  theilte  Wiss- 
niann  mit,  dass  das  auf  der  Rhede  liegende  englisdie  Kriegsschiff 
bereit  sei,  sie  nach  Sansibar  za  überführen.  Tags  darauf  schitIteD 
sich  117  von  deubuiben,  wornnter  nur  12  Männer,  auf  der  „Tur- 
quoise"  ein;  die  übrigen  etwa  '200  verblieben  in  der  Stadt  Am 
5.  Mai  begann  zun&ch.st  da.s  Löschen  der  zur  Herstellung  einer  pro- 
visorischen Befestigung  nöthigen  Materialien  und  der  Geschütze. 
Hoch  hatte  es  seit  der  xVbfabrt  von  Dar-es-Salaam  nicht  angehört, 
Tag  nud  Nacht  in  Absätzen  za  regnen,  so  dass  die  ganze  Truppe 
seit  der  Zeit  nicht  trocl;eD  geworden  war.  Ktlwa.  übrigens  die 
grOsste  Stadt  an  der  ganzen  dem  Sultan  gehörigen  Küste,  mit  vielen 
Steinhäusern,  war  durch  diese  Niederschläge  so  zu  sagen  in  einen 
Sumpf  umgewandelt.  Dass  unter  diesen  Umständen,  besonders  da 
Erdarbeiten  nicht  zu  vermeiden  waren,  in  der  schlechtesten  Jahres- 


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DtotMh-Oitalnka. 


909 


zeit  Malaria-Infektionen  in  grossem  Umfange  statt6nden  würden,  war 
vorauszusehen.  In  den  nächsten  Tagen  sandte  Wissmann  eine  Patrouille 
von  3  Kompagnien  auf  mehrerc'Stunden  in  das  Hinterland:  dieselbe 
kehrte  mit  der  Melduni?  zurück,  dass  der  erste  Halt  der  tlüchtii^cii 
Aufständischen  7  Stunden  von  Kilwa  entfernt  wäre.  Am  R.  waren 
die  Befestit;uiigen,  die  Vcrbiudungs-  und  Vertheidigungseinrichtungen 
von  vier  Steinhäusern  so  weit  gediehen,  dass  Wissmann  besehloss, 
nach  Lindl  aufzubrechen.  Er  übergab  die  Station  mit  15  Europäern, 
2  Kompagnien  und  5  Geschützen  rhcf  v.  Zelewski, 

Nach  Beendigung  der  EinsehitYung  ging  die  Expedition  am  Mittag 
des  9.  mit  S.  M.  S.  „Carola"  und  „Schwalbe",  der  „Barawa",  „Mün- 
chen" und  dem  „Vesuv"  nach  Lindl  in  See,  wo  sie  am  Morgea 
des  10.  eintraf.  Die  ,,Harmonie"  blieb  in  Kilwa  zurück.  Die  Ope- 
rationen gegtni  Lindi  eröffnete  S.  M.  S.  „Carola"  mit  drei  schweren 
Granaten  von  der  Rhede  aus,  während  die  anderen  Schiffe  in  den 
Lindittuss  einfuhren.  Da  letztere  von  beiden  Seiten  des  Flusses 
Feuer  erhielten,  entwickelte  S.  M.  Kreuzer  „Schwalbe"  ein  inten- 
sives Feuer  auf  400  m,  das  seine  Wirkung  nicht  verfehlte  und  eine 
verlustlose  Landung  der  Wissmann-Truppe  ermöglichte.  Wissmann 
Hess  5  Kompagnien  nach  allen  Seiten  durch  die  Stadt  vorgehen  ood 
das  dichtbuschige  nächste  Hinterland  vom  Feinde  säubern;  ein 
Trupp  desselben,  der  sich  im  Nordosten  der  Stadt  festsetzte,  wurde 
nach  einem  energischen  Anlauf  zerstreut.  Ein  Bataillon  bezog  Vor- 
posten und  die  übrigen  Truppen  begannen  noch  an  demselben  Tage 
mit  Löscharbeiten.  Gegen  Abend  zurückkehrende  feindliche  Trapps, 
die  unsere  Vorposten  an  verschiedenen  Stellen  angriffen,  wurden 
stets  abgeschlagen,  ohne  grössere  Verluste,  da  das  Terrain  überall 
Deckung  gewährte.  Bei  dem  bis  gegen  2  Uhr  Nachts  fortdaoeiDden 
Geplänkel  wurde  diesseits  ein  Unteroffizier  verwundet.  Zur  provi- 
sorischen Befestigung  wurde  die  Verbindong  von  drei  Steinhäusern 
ansersehen  und  sofort  mit  den  Arbeiten  begonnen.  Der  bedeutendste 
Araber,  Selim  ben  Selum,  kehrte  mit  der  weissen  Friedensflagge 
nach  der  Stadt  zurück  und  bot  seine  wie  sämmtlicher  Araber  Unter- 
weifuog  an;  ebenso  sandten  die  beiden  Uauptführer  der  Aiifst  indi- 
schen  in  Lindi  Boten'  mit  weissen  Flaggen,  auf  denen  Briefe  mit 
Bitten  um  Frieden  und  Begnadigung  aufgeheftet  waren.  Eingeborene 
kehrten  fortwährend  in  die  Stadt  zurück.  Am  11.  ging  S.  M.  S. 
t^Carola"  in  See,  zeigte  sich  vor  Mikindani  und  kehrte  von  da  nach 
Sansibar  zurück.  Am  12.  ging  Wissmann  mit  der  «München**  den 
Lindißuss  aufwärts,  besachte  dabei  die  Niederlassung  des  obenge- 

KoU>BUa«s  Jalirbocli  189a  2^ 


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210 


DMtwIi-OstelHka. 


nannten  Selim  ben  Sclum,  wo  sämmtliche  Araber  der  üragegend 
versammelt  waren,  um  ihm  ihre  Unterwerfung  anzuzeigen.  Am  Mi. 
übergab  Wissniann  die  Station  mit  18  Kuropäem,  2  Kompiucnien 
und  6  Geschützen  Chef  Lieutenant  Schmidt  und  brach  nach  Ver- 
schiffung der  üi)rigen  Truppen  nach  Mikiudani  auf,  wo  die  Schiffe 
Nachmittags  4  l  hr  einliefen.  —  Wissmann  hatte  von  Lindi  aus  über 
Land  an  den  Wali  vnu  Mikiudani  einen  Brief  gesandt  mit  der  Ant- 
forderung,  sich  bei  seinem  demnächsten  Eintreffen  friedlich  zu  unter- 
\v<M-l'en.  —  Kilwa  und  Lindi  seien  bereits  von  iiim  besetzt.  Bei  Her 
Kinfahrt  in  den  Hafen  kamen  ihm  denn  anch  Boote  mit  weissen 
Flaggen  entgegen,  dio  iiim  Briefe  vom  Wali,  die  Unterwerfung  der 
Mikindaiii-Bewohuer  enthaltend.  ül»('rbrarhten.  W^issmann  ging  mit 
einem  Oflizier  an  Land  und  fand  beim  Fort  gegen  100  meist  bewaff- 
nete Araber  mm  hauri  versammelt.  Er  theilte  den  Leuten  mit, 
dass  er  am  nä<  hsten  Morgen  die  Truppen  ausschiffen  und  mit  dem 
Bau  einer  Befestigung  beginnen  würde,  und  ermahnte  die  Einwohner, 
sich  ruhig  in  den  rings  um  den  Hafen  dicht  gelegenen  Ortschaften 
zu  verhalten.  Bei  Tagesanbruch  des  14.  fand  die  Landung  statt. 
Es  wurde  eine  um  ein  passendes  Steinhaus  liegende  Oilsciiaft  ge- 
räumt zur  Unterkunft  für  seine  Leute  und  mit  Vorbereitungen  zum 
Bau  der  Befestigungen  begonnen.  Nor  ein  Dorf,  das  einzige,  das 
die  weisse  Flagge  nicht  gehisst  hatte,  wurde  Hüchtig  geräumt.  Nach- 
dem Wissmann  noch  den  Wali,  den  Jemadar  und  Akida  des  Sultans 
in  seinen  Dienst  genoninx  n  und  sie  7U  Gehoi-sam  verpflichtet  hatte, 
ül)erliess  er  die  weiteren  Art)eiten  Herrn  (  hef  Dr.  Schmidt  uod  ging 
mit  der  „München"  in  See  nach  Sansibar  zurück. 

Auf  der  Rückkehr  wurde  Lindi  und  Kilwa  nochmals  angelaufen 
und  daselbst  Alles  in  l>est<'r  Ordnung  gefunden.  In  Kilwa  hatten 
sich  einige  Hundert  Eingi'l)(»rene  wiedereingestellt;  der  grosste  Theil 
der  Aufständischen  war  allerdings  noch  einige  Tagereisen  von  Kilwa 
entfernt  versammelt.  Kilwa  Kisiwani  hatte  als  Vertreter  einen  völlig 
verarabisirten  Italiener.  Jetzt  Jussuf  genannt,  an  Chef  v.  Zelewski  ge- 
sandt mit  der  Bitte,  auch  in  Kisiwani  Truppen  zu  Stationiren.  Der 
Ge8iindbeit/,u-t;iiid  in  Kilwa  war,  wie  vorauszusehen,  ein  selih'chter. 
Nach  nochmaligen)  Ankern  wegen  schlechten  Wetters  in  der  Dschungn- 
ßai  erreichte  Wissmann  Sansibar  am  Nachmittag  des  17.  und  ging 
am  18.  Mai  na(  h  S.iadani.  Wahrend  seiner  Anwesenheit  hatte  ihm 
Baua  Heri  sein  Schwert  als  Zeichen  seiner  vollständigen  Lnter- 
werfung  mit  der  Bitte  überreirlien  lassen,  ihm  ein  anderes  zu  se»i- 
deo,  cHm  er  voo  ooq  ab  nur  in  deutschen  Dienatea  trugen  werde. 


Deotoch-Oatofrika. 


211 


Diese  Erfolge  des  Reichskommissars  hatten  etwas  verblöfFendes. 
Von  Anfang  an  hatte  man  in  sachknndigen  Kreisen  die  ünterwerfong 
der  südlichen  Kü8te  des  deutschen  Interessengebietes  für  den  schwie- 
rigsten Theil  der  Aufgabe  gehalten,  welche  dem  Reichskommissar 
in  Ostafrika  gestellt  war.  Nnn  hatte  sich  diese  Besetzung  der  süd- 
Kehen  Koste  durch  die  Reichstruppe  in  wenigen  Tagen  vollzogen, 
wahrend  die  Unterwerfung  des  Nordens  fast  ein  Jahr  erfordert  luitte. 
Mit  den  Häfen  Kilwa,  Lindl  und  Mikiiulani  waren  die  Hauptver- 
schiffnngspiätze  für  iSklaven  und  zugleich  die  einzigen  Küstenstädte, 
welche  der  deutschen  Herrschaft  in  Ostafrika  bisher  noch  wider- 
standrii,  in  unsere  Gewalt  gebracht.  Diesen  überraschenden  Erfolg 
darf  man  wohl  dem  Zusammenwirken  einer  Reihe  günstiger  Um- 
ständen zuschreiben.  Zuiun  hst  hatte  sich  während  des  letzten  Jahres 
in  Folge  der  völligen  Unterwerfung  der  Araher  des  Nordens  in  Ost* 
arfrika  die  Ueberzengnng  verbreitet,  dass  über  die  bisherigen  Allein- 
herrscher von  Ostafriku,  die  Araber,  ein  Stärkerer  gekommen  sei. 
Wie  diese  Ueberzeugung  mehr  und  mehr  den  Mnth  der  Araber 
beugte,  »0  bewog  sie  die  eingeborene  Negerbevrdkerung,  das  Joch 
des  Araberthums  abzuschütteln  und  sich  dem  Mächtigeren,  dem  deut- 
schen Schutzherrn,  in  die  Arme  zu  werfen.  Die  interessanten  Mit- 
theilnngen  des  Pater  Schynse  werfen  auf  die  schnelle  Wandlung  in 
der  Gesinnung  der  Neuer  ein  helles  Licht;  Kenner  der  Verhältnisse 
hatten  sie  aus  dem  Negercharakter  heraus  vorhergesagt,  denn  der 
Neger  gehorcht  gern  dem  Mächtigen,  der  ihn  gegen  jeden  schützen 
kann.  Sodann  hatte  die  deutsciie  Truppe  während  der  Kämpfe  des 
verflossenen  Jahres  den  Feind  und  die  Art  seiner  Bekämpfung 
kennen  gelernt,  während  zugleich  ihre  Dlszi|)lin  in  h(»hem  C4rade  ge- 
festigt wurde.  Mit  am  meisten  hat  aber  jedenfalls  die  Zahl  der  im 
Süden  verwandten  Truppen  zu  deren  Erfolg  beigetragen;  betrag  sie 
doch  mehr  als  doppelt  soviel  als  die  anfänglich  für  den  Krieg  im 
Norden  bereit  gestellte.  Wie  im  Norden,  so  hat  auch  im  Süden 
die  deutsche  Marine  wesentlich  mit  eingegriffen,  indem  sie  durch  ihre 
Granaten  die  Aufständischen  fll)erzengte,  dass  ihres  Bleibens  an  der 
Kü0l6  nicht  sein  könne.  Wissmann  trat  dann,  nachdem  er  sich  am 
26.  Mai  vom  Sultan  verabschiedet  hatte,  einen  mehrmonatlicheD  Ur* 
laab  ao,  Mf  weichen  wir  sp&ter  za  sprechen  kommen  werden. 

Dr.  Meyer  und  Dr.  Banfliaiio. 

Nachdem  Dr.  Hai»»  Merer  bereits  im  Jahre  1888  den  Kili- 
msfidaeliaro  bestiegen,  bis  eine  Eiswand  öein  WeiteFkommen  nnmOg- 


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Deutscb-OsUfrika. 


lieh  gemacht  hatte,  war  er  im  Jahre  1889  znm  zweiten  Male  in 
Begleitnng  des  geschalten  Alpinisten  Dr.  PartsefaeUer  nach  Ostafrika 
anfgebrochen  nnd  hatte  den  Weg  von  Mombas  über  Tavete  nach 
Manuiga  genommen,  wo  er  am  35.  September  anliam.  Am  2.  Okto- 
ber Uigerten  die  beiden  Bergbestoiger  bereite  anf  dem  Sattel-Platean 
(4350  m),  von  wo  sie  halb  drei  Uhr  Nachte  aufbrachen,  nm  in 
4780  m  die  das  Gletscherthal  sfidlich  flankirenden  Lavarippen  za 
erreichen.  Um  7  ühr  worden  auf  der  rechten  Thalwand  in  etwa 
5000  m  flöhe  die  ersten  Fimflecke  in  Felsschute  berührt  Um  8  Uhr 
war  die  Hohe  von  5350  m,  nm  9  Uhr  50  Minuten  bei  5570  m  die 
untere  Grenze  des  geschlossenen  Eismantels  erreicht,  der  hier  sdkon 
in  Form  einer  Eiewand  von  85 o  Steigung  auftrat,  während  die 
Gletscherzunge  bb  5400  m  hinabgeht  Es  waren  Stufen  zn  schlagen 
und  Klüfte  zu  queren.  Je  höber  hinauf,  desto  zerklflfteter  nnd  zer- 
fressener ward  das  Eisfeld  und  bot  zahllose  Hindernisse.  Als  nach 
grossen  Anstrengungen  um  1  Uhr  45  Minuten  der  Firnrand  des  Kibo 
erreicht  war.  zeigte  es  sich,  dass  der  höchste  Gipfel,  durch  drei  aus 
dem  Firn  einige  Meter  hervorragende  Felsklippen  gebildet,  noch  etwa 
Marschstunden  zur  Linken  lag.  Mat:ii  l'/2tägiger  Rast  wurde 
am  5.  Oktober  zum  Biwak  in  einer  bei  4620  ra  liegenden  Lavahülde 
aufgebroclieu  und  am  6.  unter  Benutzung  der  Stufen  vom  vorigen 
Male  der  Anstieg  mit  frischeren  Kräften  wiederholt.  Die  Felsspitzen 
wurden  ohne  aussergewöhnliche  Schwierigkeiten  erreicht  und  auf  der 
mittleren  und  höchsten,  die  rund  6000  m  hoch  ist,  die  deutsche 
Flagge  aufgepflanzt.  Dr.  H.  Meyer  hat  vorgeschlagen,  diese  Spitze 
„Kaiser-Wilhelm-.Spitze"  zu  nennen.  Der  Ausblick  von  ihr  auf  den 
grossen  Kibo-Krater,  der  2000  m  breit  und  200  m  tief  nnd  in  seiner 
unteren  Hälfte  mit  einem  mäclitigen  Eisgürtel  umpanzert  ist,  wah- 
rend ein  Answurfskegel  von  150  m  in  der  Mitte  sieh  erhebt,  wird 
als  ein  gn'S^artige^  ;;esehildert.  Die  eingehenderen,  zum  Theil 
packenden  Sehilderungen  in  den  Berichten  lassen  überhaupt  die  land- 
schaftlichen Schönheiten  der  Kilimnndseharo-Hnchregionen  als  unge- 
wöhnlich erscheinen.  Unter  grossen  Sehwierigkeiten  wurde  später 
der  Maweuzi  bis  zur  Hohe  von  5266  m  bestiegeu  und  das  ganze 
Kilimaudscharogebiet  noch  gründlich  durchforscht.  Die  beiden  Kei- 
senden  stiegen  dann  südwärts  in  die  Landschaft  Kahe  hinab,  um 
von  da  nach  Ugueno.  dem  bergigen,  durchschnittlich  1400  Meter 
(Gipfel  von  1330  und  1740  Meter  wurden  zur  Orientirung  bestiegen) 
hoch  gelegenen  Lande  im  Winkel  zwischen  Kilimandscharo  und  Jipe- 
See  vorzudringen.   Dgneno  kann  wegen  seiner  Höhenlage  und  Be- 


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Dtntseh-Oatafrika. 


218 


wüsserang  als  ein  wirthschaftlieh  besonders  werthvoller  Theil  des 
deutschen  Schutzgebietes  angesehen  werden,  war  aber  in  dem  un- 
gemein wildreicheit,  steppenhaften  westlichen  Theil  noch  nie  von 
einem  Europäer  besucht  worden.  Nur  Kersten  hat  von  der  Land- 
schaft Usangi,  die  im  iSüden  liegt,  Bericht  gegeben.  Die  im  Norden 
wohnenden  Dschagga  scheinen  gewohuheitsmässige  Kaubzüge  hieher 
zu  unternehmen,  wodurch  weite  Gebiete  entvölkert  sind,  während 
der  Rest  der  Bevölkerung  sehr  misstrauisch  ist.  Im  Süden,  bis 
wohin  diese  Raubzüge  nicht  dringen,  wo  vielmehr  friedlicher  Verkekr 
ßtattündet,  erwies  sich  das  Land  besser  bebaut,  bevölkerter,  die  Leute 
entgegenkommender.  Der  Boden  ist  Gneiss,  scheint  reich  an  Eisen- 
erz, ist  grossentheils  anbaufähig,  der  menschenleere  Nordwesten  und 
die  Randberge  sind  bewaldet.  Die  Wagueno  sind  den  Wasambara 
n&chstverwandt.  Politisch  ist  der  Norden  als  Raubgebiet  Mandara's 
anzQsehen,  während  die  Mitte  und  der  Süden  dem  Häuptling  Naguru 
von  Usangi  gehören.  Nachdem  so  ein  schönes  Stück  Deutsch-Ostafrika 
erschloeseD,  anch  kartographisch  aufgenommen  war,  wandten  sich  die 
Beisenden  zum  Kilimandscharo  zurQck,  um  die  Westseite  des  Gebirges 
zn  erforschen.  Eigentliche  Besteigungen,  die  vom  oberen  Urwald 
der  Dschag(^Landschaft  Kiboso  her  nnternommen  werden  sollten« 
scheiterten  an  den  täglich  um  Mittag  einsetzenden  Gewitterstürmen 
der  fiegenzeit.  Doch  konnte  von  Madschame  ans  die  Westseite  im 
Allgemeinen  aufgenommen  worden.  Die  Reisenden  enreichten  Aber 
Taveta  wieder  am  14.  Dezember  Mombas. 

Dr.  0.  Baumann  hatte  von  der  Deutsch-Ostafrikanischen  tie- 
sellschaft  den  Auftrag  erhalten,  eine  Tracc  für  eine  Eisenbahn  von 
Tanga  nach  Usambara  mit  dem  Hinblick  auf  Verlängening  nach  dem 
Kilimandscharo  aufzunehmen.  Er  brach  mit  50  Trägern  und  10  Sol-. 
daten  der  Wissmann'schen  Schutztruppe  am  6.  M&rz  von  Tanga  auf 
über  die  englische  Missions-Station  Misozwe  nach  den  Lnkindo- 
Bergen,  von  dort  nach  Korogwe  am  Pangani  und  znm  Hochweiile- 
gebiet  von  Wugira.  Hier  weht  ein  kühler,  erfrischender  Wind,  in 
den  Th&lem  fliessen  zahlreiche  klare  Bäche  and  nichts  erinnert 
daran,  dass  man  sich  in  Afrika  befindet  Die  zahlreichen  Dörfer 
mit  ihren  bienenkorbartip^en  Rundhütten  liegen,  dem  Geschmacke  der 
Waschamba  entsprechend,  meist  hoch  auf  den  Graten,  oft  auf  schrof- 
fen, nur  von  einer  Seite  zugänglichen  Felsblöcken.  Für  den  Euro- 
päer besonders  erfrt'ulich  ist  der  xVnblick  der  schönen  zahlreichen 
Kinder,  welche  anf  den  grünen  Alpenböden  weiden.  Durch  dieses 
Gebiet,  welches  grttostentheils  der  jnngen  Königin  von  Bnnga  nnter- 


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DMtaeh-OtUlrikt. 


stebt,  bej^ab  er  sich  nach  Wiiga,  der  ihm  bereits  wohlbekannten 
Hauptstadt  Usauibaras.  v(»n  Wuga  aus  nach  Bumhuli.  einem  sehr 
grossen  hocliKelegenon  Dorfe,  und  von  dort  nach  S(  lierabekesa,  wel- 
ches wie  ein  Adlcrnest  auf  steilem  Berggrat,  weit  und  breit  da* 
Land  beherrschend,  gelegen  ist.  Durch  Weidegebiete,  die  einen 
völlig  eur(i|)iiischen  Charakter  haben,  stieg  die  Expedition  ab  naeh 
dem  ziemlich  unfruchtbaren  Distrikt  des  Häuptlings  Schutu,  und 
(hirch/og  hierauf  in  starken  Märschen  die  wasserarme,  öde  Nvika- 
Steppe,  die  sich  am  Nordfiisse  von  l'saml)ara  ausdehnt.  Sie  hatte 
dai)ei  als  Führer  einen  Eingeijorenen,  der  mit  erstaunlicher  Orts- 
kenntniss  die  AlTeiibrothäume  auftand,  deren  kolossaler  Stamm  oft 
förmliche  Zisternen  recht  trinkitaren  Wassers  enthält.  Der  Gegensatz 
wai'  ein  überraschender.  aU  di(*  Expedition  aus  diesen  heissen, 
trockenen  Niederungen  /u  den  külilen  wasserreichen  Weidedistrikten 
von  Mti,  Mtai  und  Mbalu  anstieg.  Wie  meist  in  Usand)ara  liegen 
hier  die  Dörfer  auf  den  höchsten  Kämni'  ii,  von  welchen  man  eine 
herrliche  Aussicht  auf  die  sclRini)ar  unendliche  Steppe  n)it  ihren 
in>elförmigen  Kuppen  im  Norden,  auf  das  dunkle  l'areU''l>irge  im 
Westen  und,  n(»rd\v('>tlic!i  Alles  überragend,  auf  den  kolossalen 
Schneedom  des  Kilimandscharo  geuiesst.  Ein  Berg  und  zugleich  ein 
Gebirge,  bietet  er  besonders  Morgens  und  Abends,  wo  er  mit  seinen 
glitzernden  Sehn  'efelderu  förnilich  über  dem  Dun-t  der  Troiten- 
niederuug  zu  schweben  sclieiut,  einen  wahrhaft  erhebenden  Anblick. 
Baumann  dundizog  hierauf  die  Weidegebiete  der  Wambugu,  eines 
merkwürdigen  Naturvolkes,  welciies  das  Innere  von  Usambara  bewohnt; 
doch  ist  der  Stamm  im  Aussterl»en  begrifl'en.  und  \iele  üppige  Wei- 
den liegen  verödet,  da  der  räuberi.-^che  Nomaden.stamm  der  Massai 
das  Land  unaufhörlich  mit  seinen  Einfällen  beUbtigt,  die  von  dem 
hekannlen  Häuptling  Simbodja  unterstützt  werden.  Alle  bereisten 
(iebiete  waren  ruhig,  nur  waren  säninitliehe  Eingeborene  in  hohem 
(irade  aufgebracht  gegen  Simbodja,  der  in  Masinde  residirt  und  alle 
Durchreisenden  in  der  unverstdiämtesten  Weise  ausplünderte,  wie  Dr» 
Baumann  bekanntlich  selbst  schon  188^^  erfahren  hatte 

Die  gründlichen  Kenntnisse,  welche  sich  Baumann  über  Usam- 
bara verschallt  hat,  hat  ihn  noch  mehr  in  der  Ueberzeugung  vom 
Werth  und  von  der  Kulturtahigkeit  dieses  schönen  Landes  überzeugt. 
Er  wandte  sich  hierauf  dem  Tare-Gebirge  zu  und  dur»  hzog  dasselbe 
in  verschiedenen  Hichtungen  in  allen  seinen  Theileu,  vom  Südende 
bis  Uguero  am  .Ii}>e-See.  Obwohl  Pare  sich  !ii<  ht  mit  Usambara 
vergleichen  iUüSt,  luuU  er  in  dem^elbeu  doch  ein  scböues  wasber- 


DOTtMb-OttefrUak 


215 


reiche«  Gebirgsland,  das  ihm  besonden  flir  Viehsaeht  geeignet  eoheint 
und  auf  seiner  Hohe  vieUiush  dichten  hochetitanmigen  Urwald  trigt. 
Die  Eingeborenen,  die  sehr  nnrOebsigen  nnd  fobelhafk  bedfirfidsBloeen 
Wapare,  ffihren  hente  noch  ein  ziemHcfa  bedanemawerthes  Dasein, 
da  die  wilden  Horden  der  Masaai  hier,  wie  anch  in  dem  jetzt  ^on 
Kimneri  nnabliängigen  Ewambngn  nnd  Kord-Usambara  nnanfliOrlich 
einbrechen  nnd  den  Viehstand  dezimiren,  sowie  anch  einige  Hftnpt- 
linge  des  nmliegenden  FUichlandes  Pare  gern  zum  Ziele  ihrer  Banb- 
sOge  zu  machen  pflegen.  In  mehreren  FflUen  gelang  ea  ihm  gelegent- 
lich der  Ton  der  dentsch-ostafrikanischen  Gesellschalb  gewfinschteo 
Schanris  wegen  Einffihmng  nener  Oelfraditknltoreb  n«  s.  w.  TieUach 
durch  gfitlichen  Zusprach  den  Frieden  herzustellen,  indem  er  den 
räuberischen  Jnmbes  die  flblen  Folgen  vorhielt,  die  ihr  Gebabren 
für  sie  haben  könnte.  Die  Massaigefiahr  freilich  dauert  noch  unge- 
hemmt fort  Das  Pare-Gebirge  stellt  sich  als  ein  aufiMeigender  Berg- 
waU  mit  geringer  Breiteentwickelung  dar.  Am  Fasse  desselben, 
etwa  bis  zu  einem  Drittel  der  H&nge  ansteigend,  dehnt  sich  ein 
Gflrtel  von  NyikarVegetation,  also  Domgestriipp,  hartes  Gras,  Baum- 
Euphorbien  etc.  aus.  Dar&ber  findet  man  das  Eulturgebiet  mit  Fel- 
dern und  Weilern  der  Eingeborenen,  mit  zahlrdchen  Wasserlftufen 
und  kllnstlichen  Bewftssemngskanftlen:  offenes,  fruchtbares,  Dschagga 
gleichendea  und  ebenbfirtiges  Land.  Das  letzte  höchste  Drittel  der 
Hänge  nimmt  Hochweidegebiet  ein,  bezeichnet  durch  niedriges,  weiches 
Ghras,  Erika  und  Farne,  sowie  durch  eingestreute  Bergwaldparzellen. 
Hier  gedeiht  die  untersetzte,  kurzgehörnte  Basse  der  Pare-Einder, 
hier  finden  sich  auch  noch  Schfiferhfltten.  Im  nördlichen  und  süd- 
lichen Theil  des  Gebirges  läuft  dasselbe  in  einen  einzigen  schmalen 
Kamm  ans,  welchen  man  nur  zu  fiberscbieiten  braucht,  um  an  den 
anderen  Hang  zu  gelangen.  Im  mittleren  Theile  jedoch  dehnt  sich 
auf  der  Höhe  in  ca.  2000  Meter  ein  welliges  Plateau  mit  geling 
geneigten  Bachtbftlem  aus.  Dasselbe  hat  an  den  Bändern  Hocb- 
weidevegetation,  in  der  Mitte  jedoch  bedecken  riesige  feuchte  Ur- 
wälder das  Plateau,  jenen  der  Bergwaldsregion  Usambaras  gleichend. 
Von  den  beiden  Hängen  ist  der  Osthang  jedenflEÜls  der  begttnstigtere, 
da  derselbe  der  Fallrichtnng  der  Schiebten  (Gneiss  und  krystalli- 
niscfaen  Schiefer)  konkordaat  verläuft,  und  ist  schon  ans  diesem 
Grunde  schwächer  geneigt  und  qudlenreicher,  als  der  steile  West- 
haog,  an  welchem  Schichtenköpfe  zu  Tage  treten.  Femer  trägt  die 
gegen  die  fiauchten  Seewinde  offene  Lage  des  Osthanges  viel  zur 
Erhöhung  der  NiederscUagsmenge  und  daher  auch  der  Fruchtbarkeit 


L.idui^cü  uy  Google 


I 


216  Deutftcb-Ostafrika.  . 

bei.  Alle  Bftche  enthalten  Eisenstanb,  der  von  Eingeborenen  ihnlieh 
wie  zn  üsangi  gewonnen  nnd  verarbeitet  wird.«  Die  Wapare  be- 
wohnen beide  HSnge  des  Gebirges  in  der  vorher  besprochenen  Knltor- 
zone.  Dörfer  giebt  es  Iceine.  Die  Eingeborenen  leben  in  verstrenten 
Hfltten,  zwischen  welchen  sieh  die  Felder  von  Hais,  Bohnen,  Zncker- 
rohr,  etwas  Kürbissen,  Ricinns  nnd  sfisser  Kartoffel  absdehnen.  So 
elend  die  Hfitten  sind,  so  gnt  gehalten  sind  die  Felder.  BesonderB 
merkwürdig  ist  das  System  kleiner  Bewfisserangskanäle,  deren  Wasser 
geschickt  von  den  B&chen  abgedftmmt  nnd  —  Öfters  sogar  mit  leichter 
Steigung  —  den  HSngen  entlang  geleitet  wird.  Wo  letztere  steil  sind, 
da  werden  die  Felder  dnrch  gute  Trockenmanem,  Ähnlich  wie  in  8Sd- 
tirol,  abgestuft  Die  Tiehzncht,  sowohl  in  Bezog  anf  Rinder,  wie  anf 
Ziegen,  war  Mher  sehr  bedeutend;  die  nnaofhOrlichen  RanbeinflUe  ans 
den  Ebenen,  haben  sie  jedoch  stark  herabgemindert  Der  Handel  ist 
ganz  unbedeutend..  Einige  Elfenbeiuzähne  und  RhinoceroshGnier,  die 
Kie  hie  und  da  erbeuten,  Sklaven  und  Kleinvieh,  die  an  kleine  Suaheli» 
H&ndler  oder  die  Jnmbes  der  Ebene  verkauft  werden,  sowie  die  Ver- 
proviantiiuug  der  vorbeigebenden  Karawanen  genügen,  um  den  be- 
dürfiiissiosen  Wapare  etwas  Baumwollenzeug,  Metalldraht,  Glasperku, 
Halver  und  (Tcwehro  zu  vcrschafi'en.    Den  sehr  interessanten  Ab- 
sehluss  seiner  Inlandreise  bildete  eine  Tour  dureh  Nord-Usegua  nach 
Xgura   (oder  riehtiger  Ungi'i)  anf  grösstentheils  neuer  Route.  Das 
nördliche  üsegua  stellt  sieh  als  ein   leicht  gewelltes,  von  breiten 
Thalmulden  durchzogenes  Land  von  hoher  Fruchtbarkeit  dar.  Man 
kann  stundenlang  durch  Sorghum-  (Mtama-)  Felder  wandern,  die  weit 
und  breit  das  Land  hiUleten.   Anfangs  August  findet  die  Ernte  statt: 
Mais   und  etwas  Bohnen   werden  in   guter  Qualität  angebaut  nnd 
!)ringen  eine  zweite  Ernte  im  Jahre.    Derartigen  Anbau  gestritten 
die  Aecker  drei  Jahre  hintereinander,   worauf  man  sie  längere  Zeit 
brach-  resp.  als  Weiden  für  das  /ahlreithe  Rindvieh  liegen  lässt. 
Fliessende  Gewässer  fehlen   vollständig,   doch   wird   aus  Zisternen 
rcirhiii'li  Wasser  genonmien.    Die  Brvöiki'rung  lebt  unter  Junibes  in 
Dörfern   mit  bis  zu  500  grossen  gut  gobauten  Hütten.    Neben  den 
Wasegua  sind  auch  Wakuati  im  Laude,  besonders  in  Nord-Xgurn. 
ansässig,   die   in   viereckigen  Tembes  wohnen   und   von  Viehzucht 
leben.     Xord-Nguru   bietet  dem  Ackerbau   nicht  ganz  so  gunstit^t^ 
Bedingungen   wie  Usegua,   spielt  jedoch   als  Stapelplatz  des  Elfen- 
bein-, F.sel-  uiul  Klein viehhaudels  mit  den  Massai  eine  wichtiuc 
Holle   und   ist   stark  bewohnt.     Die  Viehzucht  leidet  überall  stark 
unter  den  Einfällen  der  Massai  von  Kibaia  und  Bukoi.    Es  wäre 


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DentMfa-OitafHkft. 


217 


wirklieh  an  der  Zeit,  dass  diesem  HaBBai-Unwesen,  welehes  im 
«ranzen  Umba-Paogani-Gebiete  eine  wahre  Landplage  ist  und  die 
Viehzncht,  also  eine  der  wichtigsten  ProdaktionsqueUeii,  fSrmlioh 
unterbindet,  endgültig  gesteuert  werde.  Dies  könnte  ohne  besondere 
Schwierigkeiten  geschehen,  indem  man  die  stSndigen  Lager-  nnd 
Wasserplfttie  der  Massai,  wenn  anch  nnr  momentan,  besetzt,  den 
Massai  einige  tüchtige  Schlappen  beibringt  und  ihnen  vor  Allem  das 
überall  znsammengeraabte  Vieh  wegnimmt.  Unsere  natürlichen  Ver- 
bündeten und  Führer  wären  dabei  die  Wakuafi^  die  geschworenen 
Feinde  der  Hassai  Was  die  Wasegoa  anbelangt,  zo  zeichnen  sich 
dieselben  durch  sehr  ansgeprfigten  Sinn  für  den  Handel  ans.  Nicht 
nnr  Terkaufen  sie  ihre  Produkte,  Ziegen  und  FeldfrQchte,  Elfenbein, 
an  die  überall  im  Lande  herumziehenden  kleinen  Snaheli-Hfindler, 
sondern  unternehmen  anch  selbst  hftufig  HandelsKüge  nadi  der  Küste. 
Europftisches  Zeug  und  andere  Erzeugnisse,  sowie  Pulver  und  Ge> 
wehre  sind  überall  massenhaft  vorhanden  und  zum  Bedürfnisse  ge- 
worden, Kupferpesa  selbst  in  Ngnru  noch  gangbar.  In  Nord-Ngum 
traf  er  an  einem  Orte,  den  nie  vorher  ein  Weisser  besucht,  zoftUig 
den  greisen  Pöre  Haehon,  den  Vorsteher  der  Hission  Mhonda,  der 
zum  ersten  Male  diesen  nördlichsten  Bistrikt  seines  Hissionsrayons 
bereiste,  dennoch  überall  von  den  Eingeborenen  mit  grosser  Sympsr 
thie  begrüsst  wurde.  Diese  pflegen  ihm  auch  ihre  kleinen  Hftndel 
vorzutragen  und  seine  Entscheidung  unbedingt  anzunehmen,  was 
gewiss  die  hohe  Achtung  zeigt,  welche  selbst  der  Neger  vor  dieser 
wahren  Eulturmission  empfindet 

Seyid  Khalifa  und  Seyid  Ali. 

Kadi  dem  im  Jahre  1889  erfolgten  Tode  von  Said  Bargasch  bestieg 
den  Thron  Seyid  Khalifa,  der  wegen  seiner  schwankenden  Haltung  nnd 
wegen  mancher  anderer  Gharakterfehler  es  niemals  zu  rechter  Aner- 
kennung seiner  Stellung  bd  den  Arabern  bringen  konnte.  Nachdem 
er  lange  sich  nach  der  englischen  Seite  hingeneigt  hatte,  und  einer 
Aeusserung  Buschiri*s  zufolge,  wfthrend  des  Au&tandes  wohl  ein 
falsches  Spiel  gespielt  hatte,  bequemte  er  sich  schliesslich  dazu, 
den  selbst  in  Sansibar  immer  mehr  Terrain  erobernden  Deutschen 
freundlicher  zu  sein  und  schloss  mit  der  deutsch-ostafrikanischen  Ge- 
sellschaft durch  Vermittelung  des  Konsuls  Vohsen  am  13.  Januar 
1890  einen  neuen  Vertrag  ab,  welcher  fOr  dieselbe  durchaus  günstig 
war.  Am  18.  Februar  starb  er  aber  plötzlich,  wie  —  allerdings 
ohne  Beweise  ~  behauptet  wird,  durch  Gift,  und  sein  Bruder  Seyid 


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218 


Deutidi-OftftfrUn. 


Ali  Bin  Said  bestieg  den  Thron.  Seyid  Ali  stand  im  sechsunddreis- 
»igsten  Jabre,  das  scharf  markirt«,  gelbe  Gesicht  zeigt  verschlagene 
und  ein  wenig  harte  Zuge.  Im  Palaste  kleidet  er  sieh  einfach  und 
tragt  gewöhnlich  die  weisse  Negermütze.  Mehr  Glanz  wird  bei  den 
täglichen  Ausfahrteu  entwickelt.  Eine  gut  berittene  Leibgarde  mit 
blutrothen,  goldgestickten  Uusarenjacken  reitet  dem  Viergespann  von 
schönen,  rei<  h  geschmückten  Pferden  voran.  Der  Sultan  ist  aber 
in  jeder  Beziehnng  eine  Puppe  in  den  Händen  der  Engländer,  in 
einem  viel  höheren  Maasse  als  es  je  Seyid  Khalifa  war.  In  polizei- 
licher und  sanitärer  Hinsicht  ist  es  aber  trotzdem  unter  ihm  nicht 
besser  in  Sansibar  geworden,  zumal  das  Kommando  fiber  Truppen 
nod  Polizei  aus  den  Händen  des  Englanders  Mathews  einem  Araber 
flberp:ebon  warde.  Das  Ansehen  Seyid  AU's  sank  seit  dem  Bekannt- 
werden der  engliseh-deatschen  Abmachungen  bei  Arabern  und  Ne- 
gern noch  mehr;  zumal  er  seiner  freien  Lebensweise  und  ^diroilen 
Auftretens  wegen  stets  unbeliebt  gewesen  war.  Infolge  der  Ueber- 
nahme  des  Protektorats  über  Sansibar  seitens  der  Engländer  ist  er 
zu  einer  recht  bescheiilenen  Stellung  herabgedrückt,  obwohl  er  pe- 
kuniär nicht  viel  schlechter  tahreu  dürfte.  Im  Jahre  1889  brachten 
die  Steuern  auf  Nelken  für  Sansibar  und  Pemba  fast  80  000  Pfd. 
Sterling  ein.  Der  Saitan  ist  femer  Besitzer  von  Häusern  und  an- 
derem Grundeigenthnm,  welches  nnter  dem  englischen  Protektorat 
bedentend  steigen  wird.  Wenn  man  den  gewöhnlichen  Zinsfuss  der 
Summe  von  4  Millionen,  welche  für  Abtretung  der  Küste  von  der  Kaiser- 
lichen Kegierun^^  bezahlt  wird,  rechnet,  femer  die  von  der  britisch-ost- 
afrikanischen Gesellschaft  jährlich  zu  zahlende  Summe  und  die  Ein- 
nahmen aus  Zöllen  und  Stenern,  so  hat  der  Sultan  etwa  300  000  Pfd. 
Sterling  jährliches  Einkommen,  ohne  dafür  die  Kosten  der  Verwal- 
tung zu  tragen  zu  haben.  Das  englische  Protektorat  über  Sansibar 
wird  auch  insofern  wohlthätig  wirken,  als  es  eine  Sicherheit  des  Be- 
sitzes  der  Araber  gewährleistet  und  Anregung  zu  neuen  Untei> 
nehmungen  giebt 

Die  Sklavereifrage  in  Ostafrika. 

Deutschland  hatte,  als  es  den  grössten  Tlieil  der  ostafrika- 
niachen  JKuste  besetzte,  damit  die  moralische  YerpHichtung  über- 
nommen, auch  seinerseits  gegen  den  die  innerafrikanischen  Länder 
entvölkemden  Handel  vorzui^ehen.  Die  Küste  war  oifenbar  der 
wirksamste  Puukt,  die  Sklavenhandel  zu  unterbinden,  denn  wenn 
auch  ein  Theii  der  aus  dem  Innern  gebrachten  Sklaven  an  der 


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319 


Küste  für  den  dortigen  Plantagenbau  verwendet  wurde,  so  wurde  die 
Mehrzahl  doch  über  See  verschifft.  Das  ReichftkAiDmiwariat  hatte 
gleich  im  Beginn  seiner  Thätigkeit  ulle  Aostnngangen  gemacht»  deo 
Sklavenhandel,  besonders  den  Menschenfang  an  der  Küste  zu  unter- 
drücken, und  mit  solchem  Erfolge,  dass  die  Araber  bald  den  Uandel 
onterliessen  und  die  Eingeborenen  den  deutschen  Behörden  Araber  und 
Küetenlente,  die  sieh  mit  dem  Sklavenhandel  befaeston,  sar  Bestrafong 
.fiberiieferten.  Die  eigentlichen  Sklavenjagden  zu  nnterdrflcken  kann 
oatQrlldi  nur  dann  gelingen,  wenn  man  durch  Vorachieben  von  Stationen 
in  das  Innere  den  Heerd  derselben  immer  weiter  einengt  Diese  Lander 
liegen  fiist  ansschlieaaUch  innerhalb  der  Grenzen  des  Kongoetaales'), 

Das  Hauptgebict  der  Sklavenjugdcu  wird  von  dem  Becken  des  üban;;hi  und 
«iem  des  oberen  Oaello  begrenzt  und  erstreckt  sieb  längs  des  5.  Psrallelkreises  nach 
Osten  hin.  Di«  bmitdilwrton  üfnrhadadiaftni  dtt  Albert*  imd  d«  Vletorit-My- 
ansMMt,  in  denen  die  Negerreiehe  Ugandn  und  Unjoro  belegen  sind,  Imben  gans 
besoaden  schwer  unter  den  Yerheerangen  der  SUnfeqjagdni  m  Mden.  Der 
Sklavenfang  und  der  Sklavenhandel  tragen  an  den  verscbiedenen  Stellen  durchaus 
nicht  denselben  Charakter,  sondern  zeiiren  in  Bczutr  auf  die  Mittel,  mit  denen 
sie  betrieben  werden,  und  die  Verwendung:  der  Heute«  sehr  grosse  Verschieden- 
heiten. Namentlich  ist  das  Verfahren  bei  den  Jagden  im  Osten  wesentlich 
«ndsrs  als  bei  denen  im  Westen.  Am  mittbren  Kongo,  im  Kasssitlud,  im  Lmnda 
gebiet  und  an  den  Ufein  des  mittleren  Sambesi,  wird  die  SUave^jagd  auascUicse- 
lich  durch  die  eingeborenen  Ncgerh&nptUnge  betrieben.  Und  zwar  geschieht 
dies  mittelst  kriej,'erischer  Unternehmun};en ,  Streif-  und  Plüiuleruniiszügen.  Die 
erbentetcn  Menschen  werden  entweder  als  Lust-  und  Arbei'sthiere  gebraurht, 
oder  sie  dienen  als  Tauscbwaare,  hüuHg  auch  als  Scblachtopfer  bei  den 
rituellen  Menscbeaopiera.  In  der  westlichen  Hälfte  des  Sudan  bläht  dag^en  «ter 
i%eatli«he,  von  den  Arabern  oigaDisirte  ll«uch«nhandeL  Die  bier  erbeuteten 
Sklaven  dienen  tbeils  daan,  um  die  Triger  (or  die  Karawanen  sa  liefern, 
welche  den  Elfenbeintransport  nach  der  Küste  besoigen,  thcits  um  die  M&rkte 
des  Orients,  auf  denen  bekanntlich  die  Mt  iiM-henwaare  für  die  Haussklaverei 
einen  sehr  gesuchten  Artikel  hiKli  t,  m  vers(jrj,'en.  Bezüglich  der  Zahl  der  jähr- 
lieben  Opfer,  welche  dem  bkiaveuiiaudel  verfallen,  schwanken  dm  Augai-en  sehr  und 
sind  von  den  Verhiltnissen  und  den  Beobaebtongsmethoden  abhingig.  Sine  auf 
Cbnnd  von  Darchscbnittsberecbnungen,  denen  neuere  Daten  ans  suverlftssiger  Qneile 
SU  Grunde  lagen,  angestellte  statistische  Erhebung  hat  nachstehende  Besultate  er- 
geben. Ks  werden  jährlich  auf  die  ausseraftikanischen  Sklavenmärkte  gebracht:  15  000 
Individuen  aus  dem  westlichen  Sudan,  2j  OOU  Individuen  aus  dem  östlichen  Sudan, 
40  000  Individuen  aus  dem  z«ntralen  Afrika.  Im  Ganzen  würden  aisu  bUUüO  Menschen 
die  Beute  des  Sklavenhandels.  Kechnet  man  hiereu  noch  die  Zahl  der  Schwarzen, 
die  auf  den  Uiriiten  im  Innern  zuröckgebalten  werden,  die,  welehe  auf  dem  Trans- 
poit  su  Grunde  geben  und  in  Folge  der  Kim|rfo  und  Kntbehmngen  anf  den  U&r- 
schen  fallen,  dann  kann  man  annehmen,  da^is  Zeutialafrika  jedes  Jahr  zum  Min- 
desten 400  001)  mensLliliche  Existenzen  einbüsst.  Ks  ist  daher  nichts  IJntfewühn- 
liches,  dass  Landstriche,  die  so  gross  sind  wie  ganze  Reiche,  vüllig  entvölkert  sind, 


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220 


DevtMh-Oitarrlkft. 


aber  der  Abzug  der  gejagten  Sklaven  geht  zam  grGssten  Theil  nach 
Deutsch-Ostafrika  undwird  übereinige  ganz  bestimmte  Strassen  gleitet» 
an  denen  sich  die  Sklavenhändler  Stützpunkte  geschafien  haben,  wieTflr 
bora  und  üdsciüdschi.  im  Jahre  1889  hatte  Wissmann  im  Innern  nur 
die  Station  Mpwapwa  errichtet  können,  in  dem  Engpass,  durch  den  die 
grösste  afrikaDiscbe  Sklavenkarawanenstrasse  hindurchfuhrt,  und  am 
KilimandHcharo  einen  Bcobachtungsposten  errichtet«  da  es  die  Mittel 
nicht  erlaubten,  anch  dort  eine  entsprechende  Truppe  zu  stationiren. 
Es  vr^nh  sich  von  selbst,  dasB  eine  l  eberwachnng  Tabora's,  als 
den  bedeatendsten  Enotenpnnktes  der  Handelsstrassen  im  Innern 
nicht  nur  aus  hnmanitären,  sondern  auch  ans  politischen  Gründen 
nothwendig  war,  da  dort,  wo  seiner  Zeit  socjar  ein  Gouverneur 
des  Öultans  von  Sansibar  gewohnt  hatte,  viele  wohlhabende  Araber 
sich  aufhielten.  Es  ist  bereits  erwähnt  worden,  dass  Eniiu  Pascha 
in  Tabora  die  deutsche  Flagge  gehisst  nnd  dort  Kuhe  und  Ordnung 
hergestellt  hat.  Wissmann  ging  aber  noch  einen  Schritt  weiter, 
der  Antisklaverei-Kommission  der  Deutschen  Kolonialgesellschaft'), 
tbeilte  er  bereits  Anfang  des  Jahres  mit,  dass  es  nnnmgäuglich  noth- 
wendig  sei,  sowohl  die  Karawanenstrassen  nach  dem  Innern  zu  be- 
wachen, als  auch  für  den  Victoria  Nyanza,  Tanganyika  and  Nyassa 
bewaffnete  Dampfer  zu  schaffen,  ein  (bedanke,  dem  er  Sp&ter  in 
Deutschland  beredten  Ausdmck  gegeben  hat 

Die  Engländer,  welche  in  Verfolgung  ihrer  alten  Politik  in 
den  letzten  Jahren  allen  ihren  EinÜuss  auf  die  Sultane  von  Sansibar 
zn  Gunsten  der  Abschaffung  der  Sklaverei  aufgeboten  hatten,  hielten 
nun  die  Zeit  für  gekommen,  einen  neuen  Schlag  gegen  den  Sklaven- 
handel za  führen.    Sie  veranlassten  den  Sultan  Seyid  Ali  am 


nnd  d«n  Gebiete,  die  teben  einen  gewissen  Grad  von  Knituraitwidiehing  teigten, 
wieder  in  Barbarei  nnd  Wildniss  xuräckfallen.    Gleichviel  wo  und  unter  weleben 

Umständen  der  Sklavenfanc  im<l  der  SklaTenbandel  betrieben  wird,  die  WirkuDgen, 
die  or  nai'h  >ich  zieht,  sind  stets  die  nämlicliei» :  1.  Systematische  Ausrottunp  der 
erwachsenen  männlichen  Bevülkerung,  mit  Niederbrennen  der  Wohnsitze  und  Zer- 
Htörung  der  wirtbscLaftlieben  Kulturen.  2.  Fortführung  der  Frauen  und  Mädchen, 
der  Einen,  nm  rie  an  hinslieheii  oder  lindlicben  Arbeiten,  der  Anderen,  um  sie 
cur  Fortpllansnng  nnd  an  Zweekea  des  Lastera  cn  mweodea.  8.  Oebnmch  der 
SehnsiwalTo  als  eines  iin>  ^  tl  •  hrli'  ben  Werkzeuges  für  die  Sklavenjäger,  teien  diea 
Araber,  oder  SIestizen,  oder  Nejjer,  ilobamedaner  oder  Fetischanbeter. 

')  L'ieselbe  eab  V.ivio  des  Jahres  1890  ihr  Mandat  in  die  Hündf  des  Aus- 
schusses zurück,  da  infolge  der  bevorstebendeu  Uebernahme  der  Küste  durch  das 
Reich  und  der  Erfolge  dea  Reiehal^ODiniiisan  die  Sacldage  aieh  bedeutend  Verla- 
dort  hatte. 


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Deutodi-OitalHka. 


231 


1.  August  eine  Proklamation  zu  erlassen,  wonach  von  dieser  Zeit 
ab  unbedingt  jeder  Tausch,  Kauf  und  Verkauf  von  Sklaven,  Hans 
Sklaven  oder  anderen  verboten  war.  Es  sollte  kein  Sklavenhandel 
irgend  welcher  Art  oder  Gattung  mehr  stattfinden.  Alle  Häuser, 
welche  bisher  von  Sklavenhändlern  zum  Zwecke  des  Handels  mit 
Haussklaven  gehalten  wurden,  sollen  für  immer  geschlossen  werden, 
Sklaven  beim  Tode  ihrer  Eigenthümer  nur  an  die  gesetzlichen 
Kinder  vererbbar  sein.  Hat  der  Eigenthümer  solche  Kinder  nicht 
hinterlassen,  so  sollen  seine  Sklaven  bei  dem  Tode  ihrer  Eigen- 
thümer frei  werden.  Jeder  Araber,  welcher  gewohnheitsmässig 
seine  Sklaven  misshandelt,  verfällt  harter  Bestrafung.  Die  Unter- 
thanen,  welche  sich  mit  Personen  verheirathen,  die  der  britischen 
Rechtspflege  unterworfen  sind,  werden  ebenso  wie  diejenigen,  welche 
ans  solchen  Ehen  hervorgegangen  sind,  für  unfähig  erklärt,  Sklaven 
zu  halten.  Die  befreiten  Sklaven  werden  ebenfalls  für  unfähig  er- 
klärt, Sklaven  za  halten.  Jeder  Sklave  soll  berechtigt  seio,  za  jeder 
Zeit  hinfort  seine  Freiheit  zu  einem  gerechten  and  angemessenen 
Preise  za  erkaufen.  Diese  Proklamation  rief  die  gewaltigste  Auf- 
regong  in  Sansibar  hervor,  denn  wenn  sie  durchgeführt  worden  wäre, 
80  würde  sie  den  Ruin  der  besitzenden  Klasse,  besonders  der  ara- 
bischen Grundbesitzer^)  unweigerlich  nach  sich  gezogen  haben.  Denn 
wird  darcb  den  Mangel  an  Arbeitskräften  die  Arbeit  selbst  ver- 
theaert,  so  ger&tb  der  Araber  in  die  Waeherb&nde  des  Inders,  mid 


')  Oerselbe  Fall  würde  aucli  in  Westafrik» •intreten.  Mau  unterscheidet  dort  swei 
Klassen  ton  Unfreien  und  zwar  die  im  Innern  gekauften  eigentlichen  Sklaven  und 
die  im  Lande  selbst  ^'oboreticn  Naclikominen  eines  Sklaven.  Die  Sklaven  au  der 
Westküste  Afrikas  äiud  ein  im  Laude  üblicher  Uandelsgegenstand  und  bilden  in 
Bnnangelung  baaren  Oeldes  den  Haaptbestaadtbeil  eines  grossen  Termogens.  Es 
giebt  deshalb  dort  sneb  keine  eigentlichen  ffliIaTenh&ndler,  die  diesen  Handel  als 
aSpesiaUttt*  betreiben,  sondern  die  SItlaTen  wandern,  wie  jeder  andere  Handflls- 
gegenstand,  aus  einer  Hand  in  die  andere.  Im  Dorfe  seines  Herrn  erhält  er  pe- 
wöhnlicb  etwas  (Irund  und  Boden  angewiesen,  um  sich  dort  mit  Ililfe  seiner 
engeren  Landsleute  eine  Art  (iemüseKarten  anzulegen,  er  für  seinen  eigenen 
Unterhalt  selbst  sorgen  moss.  Er  darf  sieb  nvn  auch  verheirathen,  doch  gehören 
siomtUehe  Kinder  nnd  Kindeskinder  vom  Bigenthnm  seines  Herrn,  der  dieselben 
in  der  Regel  aber  nicht  weiter  Terkaufen  darf.  Es  giebt  im  Lande  geborene  Skia^ 
ven,  die  sich  mitunter  eines  grösseren  Wohlstandes  erfreuen  als  ihre  eitjenen 
Herren,  oder  doch  andere  freie  Männer  und  welche  die  von  ihrem  Herrn  geforderten 
Dieaatleistungen  wiederum  durch  ihre  Sklaven  verrichten  lassen.  Dennoch  aber 
konamt  eine  formliche  Freilassung  des  Sklaven,  sei  es  nnn  durch  Loskmf  oder 
einen  anderen  Akt,  niemals  vor,  der  Sklave  bleibt  immer  Eigenthum  seines  Herrn, 
der  über  Leben  nnd  Tod  desselben  nnbedingte  Macht  beeitst, 


2*23 


Dentaob-Oitafrika. 


lotztercr  erwirbt  allmählich  den  grössten  Theil  des  Grandeigenthums 
Mtif  Sansibar  nnd  Pemba.  Mit  Bekanntwerden  des  Dekretes  nahm 
die  Behon  lange  gäbrende  Erbitterung  de<«  Arabers  gegen  den  Saltan 
stetig  zü;  selbst  seino  nächsten  Verwandten  worden  spine  griiD* 
niiifsten  Feinde,  obwohl  sie  einsahon.  dass  er  persönlich  nnr  ein 
Werkzeug  in  der  Hand  des  englischen  Greneralkonsnls  war.  Es  gab 
stOrmische  Scenen  im  Palaste;  die  angesehensten  Araber  ersehieoen 
nnd  maehten  dem  Sultan  die  heftigsten  Vorwürfe.  £i  ner  zofriss 
sogar  vor  seinen  Angen  den  Abdruck  des  Dekrets  in  Stöcke.  Sie 
forderten,  dass  entweder  die  Ausffihrong  des  Dekrets  für  InTm  >  lahre 
versehoben  werden  mri«!se,  damit  sie  ihre  Maassregeln  danach  treffen 
konnten,  oder  Entscb&dignng  für  die  ihnen  drohenden  Vermögens- 
nacbtheile  ihnen  zagebilligt  wfirde;  falls  sie  keine  befriedigenden 
ViTsicherangen  bekämen,  würden  sie  dem  Snltan  den  Gehorsam 
aafkfindigen.  Die  Lage  des  Snltans  war  nicht  angefährlich,  da  die 
Araber  heimlich  Wafl'en  bei  sieh  ffthrten  nnd  beabsichtigt  haben 
sollen,  Seyid  Ali  in  der  Versammlung  zn  ermorden,  falls  er  ihre 
Verhaftung  befehlen  wfirde.  Aach  die  Neger  hatten  an  den  Bera- 
thangen der  Araber  theilgeiiommen  and  die  bewalTnete  Menge  vor 
dem  Palaste  verstftrkt  Dem  mit  angewohnter  Eiomüthigkeit  fort- 
gesetzten ]>räDgeD  seiner  Dnterthanen  gegenfiber  bedarfle  es  des 
Versprechens  engHscber  militäriseber  Hilfe,  am  den  Saltan  an  be« 
stimmen,  die  geforderte  Antwort  auf  einige  Tage  ta  verzögern.  Es 
soll  darüber  zo  einem  heftigen  Aaftritt  zwischen  Seyid  Ali  und  dem 
englischen  Konsolats-Dragomaii  gekommen  sein.  Das  Resultat  war 
srhliesslich,  dass  der  Saltan  versiwiich,  er  werde  in  der  Praxis  in 
die  bestehenden  Verhältnisse  möglichst  wenig  eingreifen.  Durch  ein 
neoes  Dekret  vom  9.  August  wurde  aber  doch  das  frühere  Dekret 
erheblich  dadurch  abgemildert^  dass  der  Freikauf  der  Sklaven  von 
d«r  Zostimmang  ihrer  Herren  abhängig  gemacht  omI  den  Bigen« 
thflmero  die  Stmfgewalt  Uber  ihn  Sklaven  für  leichtere  Veigehen 
wieder  eingeiftumt  wurde.  Daneben  gab  der  Snftan  den  Sklaven* 
maklem  den  Wink,  sie  konnten,  wie  bisher,  den  Kauf  und  Terkaaf 
der  Sklaven  vermitteln,  nur  sollten  sie  sieh  nicht  von  den  Bnglftn- 
den  fassen  lassen.  Nadi  einigen  Wochen  war  natürlich  wieder  alles 
beini  alten. 

Diese  Proklamation,  weldie  auch  direkt  zu  den  spfttei'en  Un- 
rahen  in  Wita  beigetragen  hat,  hatte  an  der  deutschen  Efiste  selbst 
noch  ein  NachspieL  lütte  September  wnrde  n&mlich  von  Sansibar 
an  die  «Times*",  wekhe  gewehnheitamiesig  den  gröbsten  EntsUlkugen 


DMlMMMsfrUn. 


328 


über  die  Verhältnisse  innerbalb  der  deatsehen  ostafrikanischen  Inter- 
essensphäre Anüsabme  gewährte,  telegraphhrt,  dass  die  dentsehe 
Behörde  in  Bagamoyo  eine  Prokhnnation  erlassen  habe,  wonach  der 
A»>  und  Verkauf  voo  Skla?eo  dort  naeli  wie  ynt  geaattot  sei  nnd 
die  ans  Sansibar  ansgewieeenen  SUavenhindler  sich  in  Bagamoyo 
etabUn  hatten.  Die  Bngitader  geriethen  hierftber  in  die  li(»cbate 
EapOmng,  engUsdie  ZeilnngeB,  welefae  bislaag  daran,  daas  das  Laden 
nnd  LOscte  der  DaB|iffer  der  British-India-Conipanj  zum  ttberwie- 
genden  Tbeil  von  daich  engüsehe  Kanfleste  Tennietbeta  Sklmen 
nnd  Sklavinnen  beaoi^  worde,  keinen  Anstoee  genommen  hatten, 
griffen  in  einer  naangenehoMn,  sehr  ferletfenden  Weisa  die  dealselie 
Begienrag  an,  welche  sofort  eine  Unterraebong  dieses  Pallea  an- 
ordnete. Es  stellte  sich  dabei  heraus,  dass  eine  solche  Proklamation 
nicht  existirte,  dass  die  Sache  anf  folgendes  zorfickzaflihren  war: 
Als  der  Araber  Soliman  ben  Nasr  nach  seiner  Rückkehr  ans  Bnropa 
Bagamoyo  besachte,  klagten  ihm  die  dortigeo  Araber,  sia  wftian  ia 
der  SfclaTenfrage  viel  schlechter  gestellt  als  ihre  Landslente  in  San- 
sibar Und  wären  infolge  dessen  kanm  in  der  Lage,  die  im  Anfttande 
verwfisteten  Landgüter  wieder  in  Enltar  zn  nehmen.  Denn  wenn 
aocb  in  Sansibar  das  Dekret  des  Snltans  Aber  die  ÜnterdrScknng 
clor  8kla?«verkiafo  verOffentUcbt  sei,  so  werde  es  doch  in  der  Praxis 
▼oir  Niemandem  beachtet,  während  in  Bagamoyo  jenes  Verbot  awar 
Dicht  gelte,  daffir  aber  thatsächlich  alte  Veränssernngen  ton  Sklafen 
verhindert  würdeu.  Soliman  ben  Xum-  besprach  mit  den  Leuten  die 
Mögliclikeiten  einer  Abhilfe  und  nai^te  zn,  er  wolle  sicli  bei  dem 
Stationschef  für  sie  verwenden.  Zu  dem  Zwecke  verfasstc  er  deu 
Entwurf  zn  einer  Proklamation  nnd  legte  die-^  Schriftstück  dem 
Stationsrhef  vor.  Der  Letztere  nahm  den  Entwurf  einfach  zu  den 
Statidiisakten,  ohne  auf  die  Sache  weiter  einzugehen,  doch  drang 
auf  bisher  unerkhirte  Weise  eine  Kopie  de.s  Entwurfes  in  das  Publi- 
kum. Machte  sich  hiernacli  iiiiit  riialb  der  deutsehen  Interessensphäre 
Bennmhigung  über  das  Vor|;ehen  der  Behörden  gegen  den  Sklaven- 
handel bemerkbar,  so  hatte  in  Sansibar  die  tiefe  Missstirnmung  viele 
Araber  zu  der  Aeusseruug  veranlasst,  sie  würden  nach  der  Zession 
der  Küate  an  die  Deutschen  auf  das  Festland  übersiedeln.  Den- 
jenigen, welche  ein  Interesse  hatten,  dies  zu  verhindern,  musste  also 
daran  Hegen,  das  Reichskommissariat  zur  Publikation  jenes  Snltans- 
dekretes  auch  innerhalb  dos  deutschen  Verwaltnngsgebietes  zu  ver- 
anlassen. Diesen  Schritt  liutTte  man  dadurch  zu  erzwingen,  dass 
man  es  ööentiick  dem.  Vorwurfe  der  Begunstigong  des  Sklaveahau- 


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324 


Dmtteb-OttebikA. 


dels  aussetzte.  Hierzu  sollte  der  Entwurf  zu  der  Proklamation 
dienen,  der  angeblich  von  dem  Stationschef  in  Bagamoyo  gezeidmet 
und  uflfentlich  angeschlagen  sein  sollte. 

Die  Urheber  dieser  verläumderischen  Angaben  konnten  nicht 
ermittelt  werden,  da  der  englische  Generalkonsul  Euan  Smith,  wel- 
cher den  kaiserlichen  Generalkonsul  Michahelles  unter  Beifügung 
einer  Abschrift  der  angeblichen  Proklamation  interpelUrt  hatte,  auf 
das  Ersuchen  des  Letzteren,  ihm  seine  Gewährsmänner  namhaft  zu 
machen,  ablehnend  erwiderte.  Bei  dieser  Gelegenheit  hat  die  deutsche 
ReichsregieruDg  auch  ihre  Stellung  zar  Skiavereifrage  mit  folgender 
Auslassung  im  Reicbsanzeiger  etwas  genauer  formulirt: 

-Seit  Sultan  Seyid  Bargascb  ist  auf  dem  Gebi«'te  des  Sultanats  Sansibar  der 
pt'werb.suiässipe  Handel  mit  Sklaven  unter  Androhung  einer  Gefüiii^nissstrafe  von 
sechä  >loiiaten  und  darauf  folgender  Verbannung  verboten;  daf^cgen  blieb  es  er- 
laubt, dm  «in  Sklave  aui  dem  Eigeatlraai  leineB  Hem  in  dasjenige  eines  anderea 
dureh  Kanf,  Sehenkmig,  Thnseb,  deegleichen  dnreh  letstwillige  Verffigniig^  oder  im 
Wege  der  lateetaterbfelg»  ibeiging.  An  diesem  Rechtszustande  ist  bislang  seitens 
der  deutschen  Verwaltun?  im  Küstengebiete  nichts  geändert  wordeu ;  dagegen  hat 
Sultan  Seyid  Ali  durch  Dekret  vom  1.  August  d.  J.  bestimmt,  dass  fernerhin  jede 
Veräusserung  eines  Sklaven  bei  Strafe  verboten  sei  und  nur  noch  durch  Vererbung 
an  Deetendenten  das  BIgenUram  an  einem  Sklaven  nbertragen  werden  könne.  Wie 
tief  diese  Yerfogung  bei  wirklicher  Durebfabning  in  die  Lebensreriilltttisse  der 
ganzen  Bevölkemng  einschneiden  würde,  mag  daraus  entnommen  werden«  dass  die 
Sklaven  r.nm  grossen  Theil  auch  selbst  wieder  Sklaven  besitzen,  denen  gegenüber 
sie  dieselben  Rechte  haben,  wie  ein  freier  Mann  übor  seine  Sklaven.  Ferner  ist  es 
sowohl  in  Sansibar  wie  an  der  Küste  üblich,  dass  die  auf  eiueui  ländlichen  Grund- 
stfidc  beschäftigten  SiilaTen  sls  tu  denuelben  gehörig  betrachtet  nod  mit  ihm  sn- 
sammen  Terkauft  werden;  das  Verbot  des  SldaTenTorkanli  wurde  daher  mit  der 
plötzlichen  bntwerthung  des  Grundeigenthums  anf  der  Insel  um  etwa  50  Prozent 
gleichbedeutend  sein,  und  die  Inder,  welche  gejien  Verpfändung  der  Sklaven  Vor- 
schÜHse  gegeben  haben,  gingen  der  Sicherheit  für  ihre  Schuldforderunpen  verlustig. 
Diese  neuerlichen  Bestimmungen  haben  denn  auch  auf  der  Insel  Sansibar  eine  so 
grosse  Aufregung  hervorgerufen,  dsss  sie  bis  Jetzt  nicht  sur  Durebfihrung  gelangen 
konnten,  der  Sultan  sich  vielmebr  genSthtgt  gesehen  hat»  dnreh  Dekret  vom  S.Angust 
dieses  Jahres  seine  frühere  Anordnung  in  einzelnen  Punkten  zu  modifiziren. 
Dekrete  des  Sultans  von  Sansibar  erlangen  für  das  unter  deutscher  Gewalt  stehende 
Küsteni;ebiet  keine  Geltung;  die  deutsche  Re^nerunn  nahm  jedoch  ihrerseits  in 
Erwägung,  ob  es  angezeigt  sei,  auch  für  jenes  Gebiet  schon  jetzt  bezüglich  der 
häuslichen  SklaTorst  ihnliche  Bestimmungen  sn  treffen,  wie  rie  das  Dekret  des 
Sullsns  vom  1.  Angnst  enthält  In  Uebereinstimmnng  mit  den  Vorschlägen  des 
Oenerslkonsuls  in  Sansibar  und  des  steliTertretenden  Reichskommiasars  ist  diese 
Krage  ans  dem  Grunde  verneint  worden,  weil  es  bedenklich  erschien,  nachdem  eben 
Ruhe  und  Ordnun;:  wieder  hergestellt  war  und  die  Bewohner  sich  au  die  neuen 
Zustünde  lu  gewühneu  anfingen,  unvermittelt  mit  liaassregeln  vorzugeben,  welche 
in  die  socialen  und  wirtbscbafllicben  Verhältnisse  der  Bevölkerung  tief  eingreifen 
und  darum  die  Gefahr  neuer  Aufregungen  und  Beunruhigungen  in  sieb  bergen. 


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Dentseh-Oitafrika. 


22d 


Entsclilos&eii,  wie  bisher  nicht  nur  den  Sklavcnjagden,  sondern  auch  ilern  <;eworb,s- 
mässigen  Sklavenbandel  uunachsicbtlich  und  mit  ailea  Uittelu  eDtgegeQ£utret>  n, 
Iwhilt'tteh  dift  deutscb«  Regieraiig  in  voil«r  0»ber0iiutimmiiiif  mit  dtn  auf  der 
Bröneler  Konferois  öbernommenen  V«rpflicbtmig«n  vor,  d«n  Moment  selbst  xu 
wählen,  der  ihr  für  weitere  Beschränkungen  der  herrschenden  Sklaverei  geeignet 
erscheint;  sie  wird,  wenn  der  Zeitpunkt  dazu  gekommen,  die  bezü^^lichen  Maass- 
re>;elu  nicht  nur  anordnen,  sondern  auch  für  die  strikte  Dorcbfährung  derselben 
Sorge  tragen." 

Die  A II t  i s k l a V e r e i- K o u f c r e  11  z ('  11. 

Um  durchgreifend«'  Mittel  zur  Bekämpfung  des  Sklavenliaiulcls  im 
Innern,  der  Jagd  auf  iSklaven,  welche  zum  Verkaufe  bestimmt  sind, 
und  der  Fortttihning  von  Sklaven  zur  See  zu  vereinbaren,  hatten 
sieh  einer  Einladung  des  Königs  der  Belgier  und  der  Könia^n  von 
England  folgend  die  Vertreter  der  Mftchte  in  Brüssel  am  18.  November 
lbö9  versammelt.  Nach  laogwierigoi  Verhandlungen  wurden  die  Er- 
gebnisse der  Beschlüsse  in  einer  Generalakte  von  sieben  Kapiteln  za- 
sammengestellt.  Der  Artikel  1  des  Kapitel  1  lautet: 

Die  Mächte  erklären,  dass  die  wirksamsten  Mittel  nr  Bekimpfnng  des  Sklaven- 
bandels  im  lunem  Afrikas  folgende  sind: 

1.  Fortsrhreitemle  Oif^anisation  der  Verw.iltunfr,  der  (tericlit-sliarkeit,  sowie 
der  kirchlichen  und  militüriM-licu  Eiiinchtmit^eii  in  den  der  Iluheit  odor  dem  Pro- 
tektorate der  zivilisirten  Nationen  unterstellten  Gebieten  Afrikas. 

2.  Aliuiühliche  Errichtung  von  Stationen  im  Innern  Seitens  der  Mächte,  m 
denen  die  betreffenden  Gebiete  im  Abhängigkeitsverhältnisse  stehen,  und  swar  mit 
einer  derart  starken  Besattung,  dass  in  den  durch  die  Menschenjagden  verwüsteten 

(lebieten  ein  kräftiger  Schutz  der  P^ine:eborenen  und  eine  wirksame  Unterdrfickuug 
des  SkiaTenbandele  ausgeübt  werden  können. 

3.  Atdaue  von  Strassen  und  nanientlicli  EL^eubalmen,  welche  die  vorffeschol>e- 
nen  Statioiien  mit  der  Kü^le  verbinden  und  den  ZuL'H'ig  zu  den  Hinnenircwässci  ii 
und  zu  dem  oberen  Laufe  der  durch  die  Schuelleu  und  Katarakte  unterbrochenen 
Ströme  und  Flosse  erleichtern,  um  auf  diese  Weise  billige  und  schnellere  Trans- 
portmittel  an  die  Stelle  des  jetat  üblichen  Trägerdienstes  zu  setzen. 

4.  Kinfohntng  von  Dampfschiffen  auf  den  schiffbaren  Flössen  des  Innenlande» 
und  auf  den  Seen,  sowie  tu  deren  Unterstützung  Anlegung  von  Stützpunkten  an 

den  Ufern. 

5.  Errifhtun?  von  Telegraphenlinien  zur  Sicherung  der  Verbindung  der  Stütz- 
punkte und  Statiunen  mit  der  Küste  und  den  Verwaltunirszentren. 

6.  Orgarli^atioIl  \'  U  Kxj>eilitionen  und  tnobileu  Trup[ienkürpern,  welche  'l  e 
Verbindung  der  Stationen  unter  sich  und  mit  der  Küste  aufrecht  erhalten,  bei 
der  Unterdrückung  des  Sklavenhandels  mitwirken  und  die  Verkehrswege  sichern. 

7.  Beschrtnkung  der  Einfuhr  von  Feuenraffen,  wenigstens  der  vervollkomm- 
neten sowie  der  Munition  in  der  ganzen  Ausdehnung  der  von  dem  Sklavenhandel  be- 
rührten Gebiete. 

KoloaialM  Jabrbedt  1890.  I5 


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226 


DratMli-Otliifrika. 


Die  folgenden  drei  Kapitel  eiitliHlten  RestiinTTiiiniifn  über  die  \''^'- 
känipfuug  des  Sklavenhandels  an  den  Ursprun^soilen.  über  tlie  Ueber- 
wachnn?  der  Kara\v;ni('ii>h:issen  behufs  Verhinderung   von  Sklaven- 
trans|)ortt'ii  zur  Küste,  ülter  <lie  Unterdrückung  dos  Sklavenhandels 
zur  See  und   über  Xlaassnahnien   in  denjenigen  Bestimmungsländern 
der  Sklaven,  in   wekhen  die  Sklaverei   noeh   als  gesetzliche  Ein- 
riehtiirnng  anerkannt  ist.    Kapild  fünf  l)etrint  die  Einriehtnng  eines 
internationaU'n  maritimen  Hürfaus  in  Sansibar,  Austausi-h  der  auf 
den  Sklavenhandel  bezügliciirii  Urknnden   nnd  Auskünfte  unter  den 
Reiiicrungeu.  Sehnt/  der  in  Freiheit  gesetzt.(Mi  Sklaven.   Kapitel  seclis 
entliiilt  Maassregeln,  bctrcftend  die  Beschränkung   des  Handels  mit 
Spirituosen  innerhalb  einer  Zone,   welche   vom   "20.  Grad  nördlicher 
Breite  und  vom  '22.  Grad  südlicher  Breite  begrenzt  wird  nnd  welche 
sich  im  Westen  bis  an  den  atlaut  isi  Im  h  Ozean,  im  Osten  bis  an  den 
indischen  Ozean  und  seine  Dependenzen  einschliesslich  der  bis  zu 
einer   Entfernung   von    100  Seemeilen    vom   Meeresufer  gelegenen 
Inseln  erstrecke.    Ferner  ist  noch  hervorzuheben,   dass  für  dieselbe 
Zone  auch  strenge  Bestimmungen  hinsichtlich  der  Einfuhr  von  Feuer- 
watVen  und  Pulver  erlassen  worden  sind.    Die  Zeichnung  der  General- 
akte fand  am  *2.  Juli  durch   die  Vertreter  der  betlieiligten  Machte 
mit  Ausnahme  derjenigen  Hollands   und  der  Türkei   statt.    Um  die 
nachträgliclK'  Zustimmung  der  beiden  genannten  Staaten  zu  ermöglichen, 
ist  vereinbart  wdrden.   dass   ihnen   die   l'nterzeichiuing  no<'h  sechs 
Monate  (•ffen  i;ehalten  werden  sollte.    Der  Widerstand  Hollands  ist 
darauf  zurückzuführen,  diiss  neben  den  Bestimmungen   der  General- 
akte Tiocli  ein  Son<lerabkommen  getrotVen  worden   war.   welches  die 
Berliner  Generalakte  vom  '26.  Februar  1884  dahin  moditi/irte.  dass  die 
Signatarmiichte  oder  die  beitretenden  Mächte,  welche  in  d«'m  konven- 
tionellen Conuo-Becken  B^'sitzniiL:  n  halien  oder  eine  Schutzherrschaft 
ausüben,  daselbst  von   den  eingeführten   Wuaren   Zölle  erheben 
köiuien,  deren  Tarif  10"  o  dt?s  Werthes  im  l">iiiluhr-Iiafcn  nicht  über- 
steigen darf,  jedoch  mit  Ausnahme  der  Si)irituosen.  für  welche  der  Ar- 
tikel sechs  der  Brüsseler  Gen(>ralakte  inaass^ebend  bleibt.   Der  Grund 
für  diese  Durchlöcherung  der  Handelsfreiheit  ist  darin   zu  suchen, 
dass  der  Congostaat  zu   seinem   terueren   Bestehen   nnd  zur  Aus- 
führung der  Bestimmungen  der  (ieneralakte  nothwendiger  Weise,  da 
die  Ausfuhrzölle  nur  einen  sehr  massigen  Ertrag  gewahrten,  neuer 
beträchtlicher  Mittel   bedarf,   während  Holland   weniijer  das  Allge- 
meine als  die  Interessen   der  grossen   llotterdamer  Nieuwe  Afri- 
kaaiische  Handels- Veonotächap  vertrat,  deren  Geschäft  darcb  die 


Üiyitizcü  by  GoOglc 


827 


EinflShrang  der  Einlnbrzölie  in  Gefahr  staod,  roinirt  zn  werden. 
MonatelaDg  tobte  ein  heftiger  Zeitangs-  und  Broscharenkampf  zwi- 
schen Hollftndeni  nnd  Belgiern  nnd  als  im  November  die  Vertreter 
der  Mftchte  wieder  in  BrQssel  zusammentraten,  nm  innerhalb  der 
Maximal-Grenze  von  10%  Werthes  die  Bedingungen  des  im 
konventionellen  Gongobecken  einznftthrenden  Zoll-Systems  za  verein- 
baren, war  noch  keine  Anssieht  vorhanden,  dass  Holland  in  der 
Frage  des  Einfuhrzolles  nachgeben  würde. 

Am  22.  September  wurde  in  Paris  dureh  den  Kardinal  Lavigerle 
ein  Antisklaverei-Kongress  eröffnet,  welcher  einen  flberwiegend  katho- 
lischen Charakter  hatte,  obwohl  Vertreter  der  engiischen  Antisklaverei- 
Gesellschait  theilnahmen.  Für  das  Jahr  1889  war  der  Rongress  in 
Lnzeni  geplant  gewesen,  aber  wegen  des  voranssiehtlicben  Ueberwiegens 
des  dentschen  Elementes  noch  im  letzten  Augenblick  aufgegeben 
worden.  In  der  Eröffnungsansprache  erklärte  Kardinal  Lavigerle, 
der  Krenzzng  ffir  die  Abschaffimg  der  Sklaverei  sei  von  dem  Papste 
Leo  XIII.  eröffnet  worden.  Die  Sklaverei  sei  in  Afrika  ein  wesent- 
licher Bestandtb^l  des  gegenwärtigen  sozialen  Lebens.  Ihr  plötz- 
liche« Verschwinden  wflrde  unberechenbare  Schäden,  Ja  ein  so  un- 
geheures Chaos  hervorrufen,  dass  nichts  diesen  Zustand  fiberleben 
wOrde.**  Ffir  den  Augenblick  mfisse  man  sich  darauf  beschränken, 
gegen  den  Sklavenhandel  vorzugehen;  er  sei  die  Geissel,  von  der 
man  die  Menschheit  befreien  mflsse.  Den  Sklavenhändler,  den  Hen- 
ker von  MiUionen  von  Menschen  mfisse  man  ohne  Verzug  vor« 
schwinden  lassen,  bn  Vebrigen  aber  sei  abzuwarten,  „bis  die  Zeit 
nnd  das  Vorgehen  Europas  die  sozialen  Elemente  als  die  Grundlage 
zu  dem  Fortsehritt  geschaffen  haben,  der  allmählich  an  Stelle  der 
Sklaverei  treten  mflsse.** 

Der  Kongress  nahm  11  Resolutionen  an,  deren  hauptsächlichste 
folgende  sind:  Die  Autisklavereisache  wird  in  nationale  Komitees  ein- 
getheilt,  deren  Organisation  nnd  Thätigkeit  unabhängig  von  einander 
sind.  Der  Kongress  zählt  vor  allem  auf  friedliehe  Mittel,  haupt- 
sächlich auf  die  moralische  Thätigkeit  der  Missionare.  Die  natio- 
nalen Komitees  werden  sich  bemfihen,  die  private  Hingebung  nnd 
freiwillige  Hilfeleistung  unter  den  bei  der  Konferenz  in  Brfissel  be- 
kannt gegebenen  Bedingungen  wachzurufen.  Der  Kongress  druckte 
den  vom  Papste  gebilligten  Wnnsch  einer  jährlichen  Kollekte  ffir  das 
Werk  der  Antisklaverei  aus,  machte  die  mohamedanischen  Mächte 
auf  die  Gefahren  anfinerksam,  welche  durch  die  Ausbreitung  ge- 
wisser mohamedanischer  Sekten  ffir  die  Civilisation  und  die  Freiheit 

15* 


228  Dfoteeh-Ostornl». 

der  Scinvai-zen  entstehen  und  sprach  den  AVnnscIi  aus,  dass  von  den 
nach  Afrika,  eotsaodteo  Missionaren  keiue  Zölle  erhoben  werden 
mochten. 

Wissmann  in  der  Heimath. 

Major  \V issmann,  welcher  am  '2(>.  Mai  sich  von  Seyid  Ali  ver- 
ahschicdet  hatte,  langte  von  seinem  Adjutanten  Dr.  Bumiller  und  dem 
deütsclifreundlichen  angesehenen  Araber  Solinian  hen  Nasr  begleitet, 
in  Dentschland  an.  als  die  Veröftentlichong  des  KeiduMDzeigers  über 
das  vorläufige  deutsch- euüilische  .Xbkommen  bereits  ersehienen  war 
und  in  vielen  Kreisen  der  Kf)h)iiiaifreunde  lebhaften  Unwillen  er- 
regt hatte.  Besonders  schmerzlich  wurde  die  UeberJassuDg  Sansibars 
an  die  £ngländer  empfunden,  doch  gelang  es  Wissmann  noch  durch 
seine  persunliche  Intervention  wenigstens  Mafia  unter  Preisgabe  der 
für  nns  ziemlich  werthlosen  Stevenson  Road  zwischen  Nyassa  und 
Tanganyika  für  Deutschland  /u  retten.  Mafia  liegt  in  der  Nähe  der 
wi(htigen  Hafeaplätze  Eilwa,  Lindl  nnd  Mikindani  und  Wiaemann 
hoHt,  dass  es,  schon  jetzt  mit  einer  volkreichen  Stadt  versehen,  mit 
der  Zeit  för  den  sadlichen  Tbeii  unserer  Kolonie  zu  einem  zweiten 
Sansibar  werde  gemacht  werden  kOnnen.  Der  Kaiser  ehrte  üm  durch 
Verleihnng  des  Adels  nnd  von  allen  Seiten  wurde  ihm  in  f&r  ihn 
schmeichelhaftester  Weise  der  Dank  fttr  das  von  ihm  Geleistete  dar- 
gebracht. Aber  leider  erkrankte  er  bald  am  Gelenkrheamatismns 
und  musste  längere  Zeit  in  Lanterberg,  wo  seine  Mutter  wohnt,  ver- 
weilen,  wo  er  nach  kaum  beginnender  Genesung  sich  damit  be- 
schäftigte, ein  grosses  Werk,  welches  seme  dritte  im  Auftrage  des 
Königs  der  Belgier  zur  Gründung  'von  Lulnaburg  u.  s.  w.  unter- 
nommenen Reise  behandelt,  zu  schreiben  und  eine  Auseinander- 
setzung mit  den  evangelischen  Missionaren  über  ihre  Missions- 
methode, an  der  er  mancherlei  auszusetzen  hatte,  auszufechten.  Die 
Lage  hatte  sich  in  dieser  Zeit  sehr  verändert,  die  Ueberzeugnng 
'  hatte  sich  geltend  gemacht,  dass  nach  Niederwerfung  des  Aufstaudes 
eine  Zivilverwaltung  des  Gebietes  eingesetzt  werden  musste,  und  dass 
femer  die  von  dem  Reichskommissar  auf  eigenen  Namen  angewor- 
bene Sehutztruppe  in  eine  Reichstruppe  umzuwandeln  sei.  Die  letz- 
tere Maassregel  war  nach  jeder  Richtungen  hin  angezeigt,  emmal 
ist  der  Eolonialdienst  sehr  anstrengend  und  aufreibend,  so  dass  die 
sich  ihm  Widmenden  eine  besondere  Berficksichtigung  verdienen, 
andererseits  war  der  Marine  bereits  das  Zngeständniss  gemacht  wor- 
den, dass  den  Mannschaften  der  Dienst  in  Ostafrika  während  der 


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Deutscb-Ostafrika. 


229 


Blokade  und  des  Anfstandes  aU  Kriegszeit,  d.  h.  doppelt,  angerech- 
net wird.  Im  Interesse  der  Stftrkung  des  moraliseben  Elementes  in 
der  Schütztroppe  war  es  ferner  erforderlich,  die  dentschen  AnhOrigen 
derselben  anf  die  gleiche  Stnfe  mit  den  Angeliörigen  der  milit&risohen 
Macht  des  Reiches  zn  stellen.  Das  Retchskommissariat  bedurfte 
nach  üebergang  der  Kfiste  in  die  deutsche  Yerwaltong  dner  Nen- 
oiganisation.  Doch  wnrde  ^ssmann  fiberraschender  nnd  anilldliger 
Weise  nicht  mit  der  Einrichtung  der  Zivil-Verwaltung  betraat,  son- 
dern der  bisherige  Gouverneur  von  Kamerun,  Freiherr  v.  Soden, 
Ende  September  nach  Ostafrika  delegirt,  um  über  die  künftige 
Gestaltung  der  inneren  Verwalliiug  und  die  HeRolun^  d«'r  Juris- 
diktionsverbiiltnisse  au  (l»r  Küste  Ermittelnugeu  anzustellen  und 
darüber  zu  berichten.^)    Major  v.  Wissmauu,  dessen  Ki>n)misr^oriuui 


')  In  dem  seit  zwei  Jabreo  Torhandenen  Titel  „für  ^aassregelu  zur  üuter- 
drfiekiiofr  des  SklambsDdels  md  znm  Schutse  der  deutsch«»  Intcretstn  in  0«t> 
«frikft*  werden  im  Etat  des  Amw&fti^en  Amts  fär  IS91/92  3500000  Mk.  verltnvt 

griren  4  500  000  Mk.  im  vorigen  Jahr«.  Wenn  auch  die  Htupttbatsacben  »chon  aus 

früheren  YerülTentlichunffen  bekannt  sind,  sind  die  Ausführungen  datu  doch  be- 
tnerkenswerth,  namcntlioli  in  oinein  V  ergleiche  der  Vertheiluntj  der  Kosten  mit  dem 
▼orjährigen  Etat.  In  der  Heiirüiidung  zum  Etat  heisst  es:  Es  wird  beabsichtigt, 
die  ^om  Reicbskomtui&sar  für  U>tafrika  auf  eigenen  Namen  angeworbene  Scbutx- 
(ruppe  in  eine  Ktiierliehe  Sebulstnippe  umzuvandeln,  sowie  die  von  ihm  sns 
Reicbsmittehi  beschallte  Flottille  beirabehslten  und  der  Kaiserlichen  Marine  anxu- 
sebliessen.  Für  die  Zivil- Verwaltung,  bei  welcher  zunicbst  auf  eine  Mitwirkung 
von  Offi^ien^i  und  Mannsdiaften  der  Schtilztruppp  nirht  verzichtet  werdin  kann, 
i^t  ein  tinuverneur  mit  dein  erforderlichen  Beaniit  tiiM  r>(>iiai  iu  Aussicht  gciitKumt'ii. 
Nach  den  auf  Grund  eingehender  Beratbungen  autgeäteliten  und,  soweit  aich  die 
Verhftltnisse  übersehen  lassen,  detaiIHrten  Ansehligen  werden  sich  die  Angaben  be> 
laufen:  1)  fSr  die  Schntitnippe  auf  2  200000  Hk^  S)  für  die  Klotille  auf  800000 
Mk.,  3)  für  die  Zivil-Verwaltung  auf  ÖOOOOO  Uk.  Diese  Summe  verringert  sieb 
nach  dem  mit  der  deutach  -  ostafrikauisclien  Gesellschaft  abgeschlosseneu  Vertra<re 
um  den  Ertrag  aus  den  Zolleinkünften,  welcher,  aKzü^lich  der  an  die  Gesellsd  aft 
xn  xahlenden  Summe  von  600  üOO  Mk.  jährlich,  für  die  Verwaltung  des  liebicts 
verwendet  werden  kann.  Nach  den  bisherigen  Erfahrungen  wird  voraus^icbtlich 
zu  diesem  Zwecke  1  OOOOOO  Mk.  jihriich  cur  Verfägung  stehen.  Eine  weitere 
Verminderung  in  Höhe  von  etwa  Millionen  Mark  jihriich  ist  aus  dem  Ertrtg- 
uiiiS  der  lokalen  Einiiahmen  zu  erÄ-arlcu,  in  welcher  Bezielmnsr  die  Berichterstal- 
lunir  citiPH  nach  Ostafrika  ent.sandten  höhertii  Zivi|l>eaintfn  in  #\us>>ioht  >tt»ht.  E  ne 
« i)ts|»r.  cluii!ie  Ermässi^uuiT  der  Forderung'  von  3'  2  Millionen  Mark  Meiltl  demnach 
vorbehalten.  Sollten  sich  diese  Erwartungeu  erfüllen,  so  würde  dos  Keich  im  näch- 
sten Reebnungsjabre  nur  2 OOOOOO  Mk.  fSr  Ostafrika  snschiessen  müssen.  —  In 
dem  Blat  für  1890/91  waren  nach  den  detaiUirten  Ansehl&gen  des  Keichskommis- 
aars  und  des  Majors  Liebert  an  laufenden  Ausgaben  verlauirt:  3  0S$5H0  Mk.,  und 
swar:  für  Unterbaltung  des  europaifchen  Personais  750  000  Mk.,  für  Unterhaltung 


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DmUdi-Otttfrilw. 


erat  mit  dem  1.  April  des  Jahres  1891  ablief,  reiste  Anfang  No- 
vember znrflck  nach  Oetafrika,  wo  er  die  Ueberführang  des  Hau[>t>- 
quartiers  von  Sansibar  nach  der  Küste  so  schnell  als  mOglieh  be- 
wirken wollte.  Dann  wollte  er  eine  iuepektionsreise  oaeh  alleo 
KflsteoetatioDeD  notemehmen ,  die  nothwendige  Bauten  aufTühren 
lassen  und  vorkommen  den  Falls  für  die  Rt'krimpfang  der  Gefahr, 
welche  die  MaUti  und  Yao  der  Sicherheit  der  Küste  noch  bereiten 
konnten,  die  etwa  erforderlichen  Schritte  thon.  Ueber  seine 
Thätigkeit  nach  Ablaaf  seines  Eommissorinms  veiiantet,  dass  er 
wahrscheinlich  im  Innern  zar  Ansfühmn^c  ein«  >  grossen  Planes  ver- 
wendet werden  wird,  fftr  den  er  in  Deutschland,  soweit  es  seine 
amtliche  Stellung  gestattete,  onansgesetzt  thätig  gewesen  war.  Be- 
reits im  Frühjahr  1889  hatte  er  an  die  Antiskiaverei-Kommission 
der  r)('nt<«luii  Ko!öni;ilL:t'SHllscliaft  ein  Schreiben  gerichtet,  in  dem 
er  als  das  einzige  Mittel  zur  Unterdrückung  des  Sklavenhandels  in 
Ostafrika  die  Anlage  von  Stationen  nach  dem  Innern  nnd  die  Schaf- 
fung von  Dampf»  rn  für  den  Viktoria  Nyanza.  Tanganyika  und  Ny- 
assa  f&r  uothwen  lii;  erklärte.  Aber  auch  handelspolitisch  war  dieses 
bestreben  von  Wichtigkeit,  denn  auf  der  einen  Seite  dringt  der 
Kongostaat,  welcher  durch  seine  ausgezeichneten  Wasserverhältnisse 

der  farbigen  Trtii)i><»  (17<  0  Mann)   1  35S  580  Mk  .   lür  latifemle  Reise-  und  Aus- 
läatungskostci),  Abtindungsgelder  u.  s.  f.  aus  Anbss  eines  Weibhelä  im  Fersonal- 
iMStaDde  der  Truppe  85  000  Uk.,  Kottea  für  den  Schiffsbetrieb  (4  Kämpfer  und 
1  BarkMie)  eiuechlieMlich  der  Bauunofi^Beioldttiifea  385000  Mk.  uad  Inr  ver- 
eebiedeae  eonttiKe  sacblieb«  Aueftbea  510000  Uk.    Dasa  tiaten  an  einmaligeD 
Ausgaben  für  Ankauf  einer  Dampf  ><arkaiiKe  und  von  ßrandunpsbooten,  zur  Cbarte- 
riinp  von  Tratisportschiffen,  für  Erpfinzunp  ''es  Kriepsroaterials,  Hann-  und  Kaser- 
nen-Einrichtungen, für  die  Stationen,  Ausrns  unc»«-  und  Rei^iegcider  845(  00  Mk. 
Dann  hatte  sich  daa  Bedürfniss  erfi^eben,  zu  unvorhergesehenen  Ausgaben  einen  Re* 
serTefonds  von  566  4S0  Mk.  auakawerfen.    ScbUesalicii  ward«  benetkt,  daa  vor- 
auasichüich  bia  Silin  Finalabachlmae  der  Lap^tionskaaae  fir  1889/90  aicb  eino 
Uebersclireitung  der  bewilligten   Krr  lito   von   "65  000  bi«  400  000  Mk.  eicaben 
«erden.     \Ur  rnterscbied   in   den  beiden  Elatsanfsf olinncen   ist  ein  (»rnsver  nnd 
augenfälliuer.    Für  die  Schutztrnppe  an  sich  wir<l  annähernd  difselbe  ^umnie  ver- 
langt, uamlicb  2,2  lIiliion«n,  gc^en  2,1  Millionen  Mark.    Dagegen  fällt  der  Posten 
für  Auarüatungan  wag:  fnr  die  Flottille  wird  eine  runde  Snimna  von  800000  Mk. 
verlangt,  «Ibrend  dia  Wiiamanniclie  FJottillo  bitber  an  drei  bis  v.er  Ctatstiteln 
betbeiligt  war.    Die  sachlichen  und  dio  unvor')  r^ohilieneu  Ausgaben  sind  diesmal 
ganz  wet'LM'fallen :  mi  konnte  man  500  (KX>  Mk    für   die  Zivilvt-rwaltung  auswerfen 
und  doch  den  g.inzen  Etat  für  Ostafrika   uoi  eine  Million    herabsetzen.    Dass  man 
der  ganien  Berechnung  nicht  vollständig  sicher  ist,  geht  daraus  hervor,  dass  lueh- 
rer»  Male  in  der  Begründung  die  Einacbaltang  vorkommt:  eoweit  sich  die  Varbül** 
nisaa  übersehen  iassen. 


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Dwtoeb-OstefribL 


981 


eioe  gr0686  Zukunft  hat,  mächtig  vor,  auf  der  anderen  Seite  liegt 
dar  NjMsaweg  der  Engländer,  welche  nach  ihren  Gebieten  den 
EarawaiK  II  verkehr  hinüberzaziehen  sich  bestreben.  Man  darf  das 
Seengebiet  eigentlich  als  die  zweite  KOite  Ostafrikas  betrachten  and 
Wissmann  führte  den  Gedanken,  daes  man  jetzt,  nachdem  die  Ost- 
liche Küste  dnrch  Einrichtung  der  Dentsch-Oitafrika-Linie  in  direkte 
Verbindung  mit  Dentschland  gebracht  sei,  nmi  «ach  die  westliche 
Küste  entwickeln  mfisse,  mit  warmer  Ueberzengnng  ans.  Der  Appell 
an  das  deutsche  Volk  war  nicht  veigeblich;  in  ▼erhältniesmaasig 
kurzer  Zeit  waren  einige  Hunderttaosend  Mark  gesammelt  (et  ver- 
dient liervorgehoben  zu  werden,  dass  in  Hambarg  allein  fast  80  OOn 
Mark  zasammenkamen)  und  Wiasmann  konnte  einen  Dampfer  bei 
der  Uambnrger  SchitTsban-Firma  Janssen  &  Schmilintky  bestellen. 
Derselbe  ist  für  den  Viktoria-Nyanza  bestimmt  und  wird  88  Fnss 
lang,  16  Fuss  breit  and  hat  8  Fuss  Tiefgang.  Die  Maschine  er- 
hftli  eine  St&rke  von  220  Pferdekrftften.  Zum  Transport  der 
Dampfor  nach  dem  Viktoria  hat  eich  Stokes  verpflichtet,  im  Sommer 
mit  6000  Waqamweei-Trftgem  an  derEtete  zu  erscheinea. 

Das  Witugebiet 

Die  Yeihfiltnisse  im  Witugebiet  hatten  sich  Ende  des  Jahres  1889 
dnrch  das  Vordringen  der  Engländer  in  einer  Weise  zugespitzt,  welche 
eine  Eiida  in  nahe  Aussicht  stellte.  Anfang  Dezember  hatte  eine 
Gesandtschaft  der  britiseh-oetaMkaaischen  GeseUschaffc  den  Sultan 
Famo  Bakari  besucht,  um  ihm  mitantheilen,  dass  der  Sultan,  wenn 
er  den  Beledsoni-Eanal  nicht  gatwiUig  rftnme,  mit  Gewalt  vertrieben 
werden  wfirde,  and  ihm  10000  Rupien  im  Falle  einer  friedlichen 
AnseiaandersetzoDg  aonbieten.  Der  Sultan  glaubte  es  seiner  Ehre 
schuldig  zu  sein,  die  deutschen  Interessen  am  Tana  zu  vertreten, 
und  wies  die  Gesandtschaft  ab,  da  er  im  vollen  Vertrauen  daranf 
war,  daas  die  deutsche  Regierung,  welche  ihm  wieder  im  Jahre  1889 
die  Zollerhebung  gestattet  hatte,  ihn  femer  nnterstatzen  wflrde. 
Er  hatte  sich  aber  in  dieser  Annahme  sehr  getAoscht  Am  28.  De- 
zember kam  S.  M.  S.  «Schwalbe''  nach  Lamu  and  brachte  einen 
Brief  vom  Gteneralkonsul  in  Sansibar  mit  dem  Befehle  der  Kaiser^ 
liehen  Begiemng,  die  Station  am  Beledsoni-Eanal  sofort  aufamgeben, 
der  Sölten  solle  spftter  seine  Rechte  auf  den  Eanal  geltend  machen. 
Der  Sultan  von  Witu  gehorchte:  Die  britisch-ostafrikanische  Gesell- 
schaft sandte  Ende  des  Jahres  1889  eine  Streitmacht  nach  dem 
Eanale  ab,  vor  der  sich  die  Wituleute  zurQckzogen;  die  Englfinder 


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232 


Dwtseh-Ottafrilou 


waren  thats;i("hli«  h  Ilernjn  des  vielumstritteneii  (icbietes.  Da  ihnen 
jiucli  Lamu  durc  h  Schiedsspruch  des  Barons  v.  Lamberruont ')  zu- 
e  kannt  war.  griffen  sie  weiter  nach  Maiida  und  l'atta  über,  be- 
hanpteten.  dieselben  vom  Sultan  von  S;iu>il)ar  gepaehtet  zu  haben, 
niietheten  dort  Häuser  und  setzten  Ai^enti'H  ein.  Die  eimliselie  Re- 
gierung de>a\ouirte  aber  das  eigenniächtiLre  Vorgehen  der  Gesell- 
."chaft  und  ^ab  die  Erkläruntr  ab.  dass  nach  (U'u  bestehenden  Ver- 
♦Mubaruntien  ohne  \oraut'gegaiig»'iii'  nähere  Verständigung  zwisch-'U 
I  ><'nts<-hland  und  Knirland  weder  der  Sultan  von  Sansibar  zur  Er- 
iheihing  fiiH-r  solchen  Konzession,  noch  die  eimlixh*'  <Iesellschatt 
zur  liesitzergreitunii  der  Inst-ln  und  Aufhissnntr  der  Fhiggf  daselbst 
berechtigt  war.  Man  konnte  also  auf  deutsciier  Seite  hoffen,  dass 
als  theilweiser  Ersatz  für  das  Verlorene  wenigsten  diese  wichtigen 
Inseln  uns  erhalten  blieben,  auf  welch«'  der  Sultan  von  Witu  wohl- 
begründete  historische  Ansprüche  erheben  konnte.  Das  Auswärtige 
Amt  nahm  au<li  einen  Anlauf,  in  diese  Verhältnisse  Ordnung  zu 
bringen.  Am  5.  April  landete  dei-  (Icneralkonsul  Dr.  Michahelles 
mit  gros-eni  Gefolge  in  Lamn.  um  Fumo  Bakari  einen  Besuch  ab- 
zustatten. In  Witu  am  (j.  angelangt,  wurde  er  vom  Sultan  em- 
pfangen, der  durchaus  entgegenkommend  '.vur  un<l  sich  iiereit  zeigte, 
einen  formlich''ii  Schutzvertrag,  welcher  bisher  noch  nicht  bestand, 
zu  unterzeiehiieii.  Das  Znstandekommen  des  Vertrages  und  die  Be- 
b-itit:nng  der  freundscliaftlichen  Beziehungen  war  der  Hauptzweck 
d'-r  Mission  des  (leiu'ralkonsuls.  Am  7.  April  wunle  der  Verti^ag 
in  feierlicher  Wei^e  unter/eichnet  und  der  Sultan  empfing  ausser 
einem  Bilde  des  Kaisers  eine  Anzahl  werthvoller  Geschenke.  Um 
so  überraschemler  wirkte  daher  später  die  Nachricht,  dass  die  Kai- 
serliche Regierung  das  ganze  Wiltiirebiet  nebst  dem  Selmt/ycbiete 
von  Kweiho  bis  zum  Jiib  an  Hugland  als  Kompensation  für  Zuge- 
ständnisse Englands  im  Hinterlande  unserer  ostatrikanisclien  Be- 
sitzniiLTen  al>treten  wolle.  Ali^esehen  von  den  wirthsihaftlichen  Er- 
wägungen (siehe  darüber  die  Denkschrift  im  Anhang)  war  hier  wohl 
mit  entscheidend.  da>s  die  in  Afrika  interessirteu  Deutschen  allmah- 
lii'h  bei  dem  lauen  Interesse  der  deutschen  Regierung  die  Unhalt- 
barkeit  ihrer  Position  eingesehen  hatten.  Aergerliche  Streitigkeiten 
zwisehen  den  Deutschen  verhinderten  ein  fruchtbringendes  Hand-in- 
Haud-Arbeiten ,  so  dass  ^iemaod  auf  einen  grüueu  Zweig  kommen 


')  Der  Schiedsptttch  ist  am  16.  September  1890  ausfuhrlieh  im  BdohsaiueiKer 
abgedruckt  worden. 


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Denlidi-Ottafrik«. 


•2^3 


konnte.  Die  Transaktionen  der  Witngesellschalt  hatten  keinen  Er- 
folg, der  Import  war  bei  der  geringen  Kaufkraft  der  BevOlkerong 
nubedentend,  Exportartikel  waten  in  grosseren  QoantitAten  nicht  zn 
beschaffen.  Dazu  kam  noeb,  dass  die  British  India  Schiiisgesellschaft 
in  nngehenerlicher  Weise  dem  Eanfmaone  hohe  unerschwingliche 
Lasten  auferlegte,  gelegentlich  Lamu  gar  nicht  anlief«  und  das  Ka- 
pital der  Gesellschaft  Är  eine  energische  Ansnfitzuilg  ihres  Land- 
besitzes, auf  dem  nur  einige  Kokosnussplantagen  angelegt  waren, 
zu  gering  war.  Unter  diesen  Verhfiltnissen  war  ffir  die  Witugesell- 
schaft  eine  gedeihliehe  Entwiekelung  nur  durch  Vereinigung  mit 
einem  anderen  kapitalfähigen  Unternehmen  zu  erhoffen;  in  einer 
Sitzung  am  16.  November  1889  sprach  sich  der  Verwaltungsrath 
einstimmig  dahin  aus,  dass  die  auf  eine  Verschmelzung  des  Witu- 
Unternehmens  mit  der  deutsch-ostafrikanischen  Oesellschaft  gerich- 
tete Offerte  der  GeneralTersammlung  zu  empfehlen  sei.  In  einer 
Generalversammlung  vom  10.  Mai  1890  wurde  die  Verschmelzung 
genehmigt.  Die  deutsch -ostafrikanische  Gesellschaft  erklftrte  sich 
bereit,  das  Unternehmen  in  seinem  damaligen  Bestände  f&r  ihre 
Rechnung  fernerhin  zu  betreiben  und  dagegen  den  Gesellschaftern 
der  Deutschen  Witngesellschaft  für  alle  geleisteten  Einzahlungen  auf 
Antheilschelne,  welche  durch  JC 1000  tbeilbar  sind,  liberirte  Antbeil- 
scheine  zu  gleichem  Betrage  ihres  eigenen  Unternehmens  herauszu- 
geben. 

Das  deutschrenglische  Abkommen  hatte^ber  noch  ein  sehr  be- 
trfibendes  Nachspiel.  Es  ist  erklftrlich,  dass  der  Sultan  auf  das 
schmerzlichste  von  der  Veränderung  seiner  Stellung  berOhrt  war, 
wodurch  er  seinen  heftigsten  Feinden,  den  Engländem,  ausgeliefert 
wurde.  Er  gab  auch  seinem  Missmuth  gegenüber  dem  ihn  be- 
suchenden englischen  Konsularagenten  offen  Ausdruck.  Noch  mehr 
wurde  aber  die  Bevölkerung  durch  das  Sklavereidekret  des  Sultans 
von  Sansibar  vom  1 .  August  und  durch  das  Vorgehen  der  Engländer 
gegen  die  Sklaverei  aufgebracht,  so  dass  es  hier  nur  eines  äusseren 
Anlasses  bedurfte,  nm  die  Glnth  zur  hellen  Flamme  zu  entfachen. 
Im  Sommer  1890  war  ein  bayerischer  Landwirth  Andreas  Eflntzel, 
welcher  bereits  mehrfach  im  Witngebiete  thätig  gewesen  war  und 
sieh  des  Vertrauens  des  Sultans  erfreute,  in  Deutsehland  thätig  ge- 
wesen, eine  Gesellschaft  zum  Zwecke  der  Ausnutzung  der  Holz- 
bestände des  Witowaldes  zusammenzubringen,  und  obwohl  manche 
Bedenken  gegen  das  Unternehmen  sowohl  als  gegen  den  Leiter  des- 
selben laut  wurden,  fanden  sich  doch  die  Mittel  dazu,  und  Käntzel 


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234 


Devttch-Ogtafiik«. 


landete  mit  oeiui  Begleiteni  nnd  einer  goten,  seinein  Zwecke  tage- 
passten  AntrOetang  am  24.  Angast  in  Lamn.  Die  Expedition  fie- 
delte nach  Hkonombi,  einem  Eflstendorfe  im  Sultanate  T^tn,  ftber 
und  schaffte  die  SSgemftble  ans  Land.  Ein  Schoppen  wurde  er- 
richtet nnd  mit  den  Bewohnern  des  Dorfes  ein  frenndschaftüohes 
Yerhftltniss  unterhalten,  w&hrenddem  Kfintzel  mit  dem  Soltan  von 
Wita  fiber  die  firlanbniss,  eine  SSgemOble  zn  errichten,  verhandelte. 
Nach  Efintcels  Aenssemogen  War  Fnmo  Bakari  seinen  Plänen  jiicht 
abgeneigt;  ehe  er  indees  seine  Einwilligong  ertheilen  wollte,  ver- 
langte er  ein  Binffihningsschreiben  des  englischen  Konsuls,  und  es 
war  der  erste  ernste  Differenzpunkt,  dass  Kfintzel  ein  solches  bei- 
zubringen ausser  Stande  war.  Der  Sultan  ist  offienbar  der  Meinung 
gewesen,  dass  nach  Entziehung  des  deutschen  Protektorates  auch 
der  Schutz  Aber  ReichsangehOrige  nicht  mehr  von  deutschen  Behör- 
den geflbt  werde,  sondern  ebenfiüls  auf  England  fibergegangea  sei. 
Das  Schreiben  hatte  für  Fumo  Bakari  den  Werth,  festzustellen,  an 
wen  er  bei  etwaigen  Streitigkeiten  mit  den  Ansiedlem  sich  zu  wen- 
den haben  wflrde.  Ehe  der  Punkt  geregelt  war,  Hees  Kfintzel  seine 
Genossen  nach  dem  Dtuani -Walde,  etwa  zwei  Stunden  von  Witu 
entfernt^  vorrficken  und  dort  eine  Hfitte  errichten.  Er  hatte  dann 
offenbar  erfiihren,  dass  dies  dem  Willen  des  Sultans  zuwider  lief, 
denn  er  Hess  seine  Leute  warnen,  da  ernste  Nachrichten  aus  Witu 
eingegangen  seien.  Fumo  Bakari  Hess  nun  am  U.  September  die 
in  IJtuani  befindliche  A|^theilung  nach  Witu  geleiten,  in  einem  flause 
unterbringen,  verpflegen  und  ihnen  die  Waffen  abnehmen.  Tags  zu- 
vor hatte  er  an  E.  Toeppen,  den  Vertreter  derWitogesellschaft,  der 
in  Lamn  war,  gesehrieben  und  ihn  ersucht,  nach  Witu  zu  kommen, 
offenbar  um  die  Streitiglieiten  mit  Kfintzel  zu  ordnen;  unglficklicher 
Weise  brach  Toeppen  erst  am  15.  auf  und  kam  an,  als  die  Kata- 
strophe schon  eingetreten  war.  Am  Nachmittag  des  14.  September 
kam  auch  Kfintzel  mit  Fritz  Horn  in  Witu  an,  und  die  Lage  der 
Europfter  wurde  bedenklich.  Nach  Behauptung  des  Sultans  hftite 
Kfintzel  auf  dem  freien  Platze  vor  dem  Pakist,  wo  der  Flaggenmast 
des  Sultans  steht,  Öffentlich  Schmähreden  gegen  Fumo  Bakari  ansge- 
stossen,  und  auch  der  einzige,  dem  späteren  Blutbad  entronnene 
Deutsche,  der  kein  Suaheli  verstand,  giebt  an,  Kfintzel  sei  sehr 
heftig  gewesen  und  habe  auf  dem  Platze  laut  geschrieen.  Als  nun 
am  15.  September  Vormittags  die  um  das  Haus  der  Europäer  ver- 
sammelten Soldaten  zahlreicher  wurden,  beschlossen  Kfintzel  und 
Genossen  gewaltsam  durchzubrechen;  sie  vertheilten  die  ihnen  ver- 


DMrtMh  OatafrUuu 


235 


btiebeoen  Waffeo,  und  in  eioem  Augenblick,  als  die  Soldaten  sieb 
zerstreut  zu  haben  schienen,  eilten  sie  nach  dem  Bfldlichen  Stadt- 
thore.  Während  Kfintzel  mit  Clane,  Jarwieeld,  Stanf  und  Meneehel 
die  daa  Thor  verBCfalieeBenden  QoerhOUer  anfrisaen,  fielen  hinter 
ihnen  die  ertten  Schfiase;  ?on  welcher  Seite  znerat  gefenert  worden, 
wird  wohl  niemals  festznstellen  sein.  Dem  Friedrieh  Horn,  Urban 
and  Drottlef  ist  es  fiberhaapt  nicht  geglfickt,  bis  ans  Thor  an  kom- 
men, nnd  sie  sind  schon  in  der  Stadt  niedergemacht;  KAntzel,  Stani^ 
Glans  nnd  Jarwiecki  wnrden  anf  der  Flacht  getftdtet,  nnd  nnr  Jleu- 
sichel  gelang  es,  durch  hohes  Gras  ▼eri>0Tgen,  trotz  seiner  Verwun- 
dung nach  Eipini  zu  entkommen,  wo  ihn  Toeppen  fand  nnd  auf 
einer  Dhan  nadi  Lama  brachte.  Wie  Famo  Bakari  Toeppen  gegen- 
fiber  behauptet  hat,  habe  er  versucht,  seine  Leute  von  Feindselig- 
keiten zurflckznhalteo,  sie  hätten  aber  nieht  mehr  anf  ihn  gehört, 
<la  auch  auf  ihrer  Seite  mehrere  gefidlen  wftren.  Durch  die  Blutthat 
ianatisirt,  wandte  sich  die  Volksmenge  dann  mordend  und  brenneod 
siegen  alle  europüschen  Niederlassungen,  die  sie  erreichen  konnte,  und 
so  fielen  ihr  in  Mkonumbi  der  junge  Eari  Horn,  der  Kflntzels  Lager 
beaufsichtigte,  und  in  Baltia  bei  Idio  der  Kolonist  Bebnke  zum  Opfer. 
Die  AnsiedelaDg  des  Penndorf  im  Walde  von  Utnani  wurde  nieder- 
gebrannt,  ebenfslla  einige  Tage  später  der  Sitz  des  englischen  IDssio- 
nara  Düring  und  eine  Palmenscbamba  der  früheren  Witn-Gesellschaft 
bei  Eiongwa;  die  fibrigen  im  Sultanate  ansftssigen  EuropAer,  Kolo- 
nisten wie  Hissionare  konnten  sieh  reditzeitig  retten  und  flftchteten 
nach  Lama. 

Eine  rahige  fieurtbeilang  der  Vorgänge  iässt  erkennen,  dass 
Kflntzels  Vorgehen  keineswegs  einwandfrei  war,  ^)  aber  die  über- 
wiegende Schuld  triftt  sicher  den  Sultan,  welcher  weder  offen  uud 
ehrlich  aufgetreten  war.  noch  auch  mit  der  nfttliigen  Enerp;!»'  gehan- 
delt hatte,  um  seine  Leute  von  der  Blutthat  zuriu-kzuhalten.  Ob 
dazu  die  Autorität  des  Sultans  uit  ht  aust;ereicht  hat  —  er  konnte 
nicht  einmal  dw  Beerdiguug  der  Erniordeteu  befehlen  —  oder  ob  er 
wirklich  von  Anfang  an  srhledite  Absichten  hegte,  hat  sich  nicht 
feststellen  lassen.  Jedenfalls  erheischte  die  Blutthat  eine  schwere 
Sühne.  Der  Admiral  Fremantle  zog  seine  Flotte  von  10  Schitlfn 
zusammen,  mit  welcher  er  nach  Laniu  altdanijdte,  wo  er  am  2(5.  Ok- 
tober 930  Mariuesoldat«iu  and  Matro&eu  landete.    Die  arubiächeu 


I>ic  offiziollou  Horirhte  üttcr  die  Ennordunr^  KönUtls  vod  Oenossaii  bracht« 
der  Reichs-  und  .Siaatsanzoiger  vom  27.  Oktober  1890. 


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236 


Dcutsch-OstafHkB. 


Trappen  des  Wati  von  Lama  erklftrten,  nicht  gegen  GlanbensgenoBsen 
fechten  zn  wollen.  Die  vom  Snltan  von  Sansibar  zur  Veifignng 
gestellten  Soldaten  hielten  sich  brav.  Am  26.  wie  27.  Oktober 
wnrden  die  Englftnder  anf  ihren  Terschiedenen  Marschlinien  von  den 
Witnlenten  stark  belfistigt,  wobei  5  Ortschaften,  darnnter  Mkonnmbi, 
in  Brand  gesteckt  wurden.  Am  28.  wurde  With  angegriffen  nnd 
nach  einem  etwa  dreistfindigen  Bombardement  von  den  Witnlenten 
gerftnmt  Ein  glflcklicher  Granatschnss  steckte  das  Pulvermagazin 
im  Soltanshause  in  Brand.  Witu  wurde  von  Grund  aus  veraiditet, 
die  wenigen  Steinh&user,  darnnter  das  Haus  des  Sultans,  mit  Schiess- 
baumwolle niedergelegt;  die  Trftmmer  sind  keinen  Meter  hoch.  Die 
Witulente  verloren  in  den  Gefechten  vom  26.-28.  Oktober  nach 
glaubwfirdigen  Nachrichten  62  Todte.  Auf  Fumo-Bakari*s  Ein- 
bringung wurde  ein  Preis  von  10000  Dollar  gesetzt.  Der  Verlust 
der  Engländer  betrug  7  englische  Verwundete  und  3  Todte.  Da- 
mit endete  ein  wenig  rfihmliches  Blatt  der  deutschen  Eolonial- 
geschichte. 

Das  SomaUland. 

Die  Schutzerklftrnng  der  Kaiserlichen  Regierang  aber  den  Kfisteii- 
streifen  zwischen  Kweiho  und  Kismayu  liatte  die  Hoffnung  in  man- 
clieii  kolonialen  Kreisen  rege  gemacht,  dass  nun  der  Zeitpunivt  ge- 
kommen sei,  um  mit  neuer  Kraft  anf  die  Erwerbung  des  Somnli- 
landes  loszusteuern,  soweit  dassr'lbe  nicht  I)ereit8  von  den  Italienern, 
welche  das  Sultanat  Ohbia  etwa  vom  8.  (irad  n.  B.  und  später  die 
Kiislc  his  Kismavu  uiitm-  ihren  Schutz  genommen  hatten,  in  Anspruch 
genommen  war.  Es  wurde  deshalb  eine  Expedition  ausirerüstet. 
welche  Ende  18S9  luicli  ILilnle.  dem  Sitze  des  Sulluiis  Usiinui,  wel- 
ch'T  mit  (k r  (]eutsch-o>talrilvaiiist  li(  ii  Oesellschatt  Beziehungen  ange- 
knüpft hatte,  abreiste,  aber  unverrichteter  Sache  nach  Aden  zurück- 
kehren musste.  Der  eiiientliche  Leiter  des  Unternehmens,  Kegie- 
rungsbaumeister  K.  lloiVmanu.  braeh  deshalli  mit  fünf  Deutschen 
Ende  Febinar  nach  dem  Siini;i  Ii  lande  anf  und  i)esuchte  am  13.  März 
Halule.  ohne  aber  *  inen  Erfnin  /u  er/.ielen.  Der  Sultan  des  Med- 
jertin  lehnt''  »•>  bistiminl,  wenn  auch  in  höflicher  Weise  ab,  den 
Deutschen  Liindereien  und  Wohnsitze  anzu\vei>en,  denn  ihr  Land 
solle,  wie  er  sich  in  einem  Schreiben  an  den  ihm  von  früher  her  be- 
k  amti-n  Het;ieriini;sl)aunieir-ter  IIr)rnei'ke  ausdrückte,  frei  Ideiben  von 
Fremden,  „wir  wollen  weib-r  diiden  noch  Christen,  weder  Europäer 
nucli  Araber  liabeu,  sondern  einzig  und  allein  die  Stämme  von 


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Deutscb-Ostafrika. 


237 


Medjeiiin.*  Obwohl  ein  Theil  der  Somali  mit  den  deatschen  Herren 
n&here  BezieboDgen  aogeknüpft  hatte,  so  war  doch  die  Weigenuig  des ' 
Sultans  maassgebend  nnd  die  Expedition  fahr  deswegen  nach  Sansibar, 
nm  eventuell  in  HohenzoUemhafen,  in  dem  damals  noch  deutschen 
Schutzgebiet,  eine  Ansiedelang  anzulegen.  Diese  Absicht  konnte 
aber  nicht  ansgef&hrt  werden,  da  der  deutsche  Generaltconsal  drin- 
gend davon  abrieth,  dorthin  zu  gehen;  ohne  Anlage  einer  Militär- 
station im  HohenzoUemhafen  könne  an  die  AosfQhraag  des  betref- 
fenden Planes  nicht  gedacht  werden.  So  war  auch  leider  der  letzte 
Yersnch,  das  Somaliland  f&r  die  deutsehen  lateressen  zu  gewinneo, 
endgültig  gescheitert 

Die  deatsch-ostafrikanische  Gesellschaft 

Die  leitenden  Orgaue  der  Gesellschaft  hatten  während  der  Dauer 

des  Kommissariats  die  cingoheiidsten  Erwögungen  über  die  Nea- 
regeluntr  dt-r  Verhältnisse  in  Ostafrikn  auiiestellt.  Es  imndelte  sich 
dabei  iiitht  nur  niii  die  A ut".>t«'llüii-  ihres  zukünftigen  Programmes 
in  wirtiischaltlichi  r  HL/ichiing,  ulsi»  um  die  Festlegung  des  Planes 
lür  dif  llandt'lstli;itigkeit  <l<'r  (iescllx  halt  und  iiire  Einwirkung  auf 
die  Landesproduktion.  >(ind('rn  auch  um  <lie  Oidnung  ihrer  Bezie- 
liuiigen  zum  »Sultan  \on  San>ibar.  Mit  Seyid  Khalita  war  sie  in  eine 
R^'ihe  srhwerwit'm'udcr  DitVerenzen  gerathen,  welche  im  .lahrgang 
lb8y  naik-r  daruclctit  wurden  sind.  Ks  ersehieu  nicht  w<.hl  mög- 
lich, die  Stn'it[Minklt>  anders,  als  durch  direkte  Verliandlungen 
zwischen  dejnsclhen  un«!  einem  ad  hoc  abzux'ii.j.  iidtMi  Vertrauens- 
mann der  (Ie>ell>rhati.  luiz-ulegen.  Kl)enso  ertorderle  die  Vorberei- 
tung (h'r  \Vic(ier;iutiialime  der  wirthschattlicheu  Thätiukeit  auf  dem 
o?-tafrik.ani>cheu  Fe>lhiuile.  dass  eine  mit  den  Verhältnissen  der  Ge- 
seilsciiaft  in  jeder  Hinsieht  vertraute  Personlii'hkeit  naclj  Ostafrika 
sich  begebe.  Zwecks  Litsimi;  di  r  beiden  i:enamiten  Aufgaben  reiste 
Uerr  Direktor  VoIimmi.  naciidem  der  Herr  lieichskanzler  seine  Zu- 
stimmung zu  der  beabsiciitigten  Neuregulirung  des  Vertragsveriiält- 
nisses  zum  Sultan  von  Sansibar  ausues|»rochen  hatte,  Anfangs  De- 
zember ISi'^V»  nach  Ostafrika  ab.  Kmh'  De/end)er  lS,Si»  in  Sansibar 
.•■.ngelangt,  trat  er  sehnt  in  Unterhandlungen  mit  Seyid  Kiuilifa  ein 
und  am  13.  .lanuar  1S'.}0  kam  es  zu  ein(?r  Einiunng  mit  (L'in  Sultau 
über  die  Abänderung  des  Vertrages  vj»m  20.  April  1S,S8:  gleich- 
zeitig gelang  es  Herrn  Vohsen.  die  gesammten  zwischen  dem  Sultan 
und  der  (lesellschaft  streitigen  Punkte  vollkommen  zu  begleichen. 
Das  Kontraktverhältniss  znm  Sultan,  wie  es  in  Geuiässheit  des  Ab- 


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238 


Dcutftcb-Osiafiika. 


kommeos  vom  13.  Janaar  sich  dantellt,  trag  einerseits  den  Wfln- 
schen  des  Saltans  Rechnang,  insofern  nicht  das  Resaltat  der  Zoll- 
regie  des  Aafstandsjahres  1888/89  allein,  sondern  das  Dorchsebnitts- 
rcsnltat  der  Zollregie  der  Reduungsjahre  1888/89,  1889/90  nnd 
1^90/91  für  die  Bemossang  der  in  späteren  Zeiten  dem  Soltan  za- 
komroenden  Beute  maassgebend  sein  sollts,  undererseits  aber  wäre« 
geeignet,  der  Gesellschaft  erhebliehe  Vortheile  zaznfilhren.  Der  Ver- 
tr:ig  mit  dem  Saltan  versprach  der  Gesellschaft  vom  18.  Angnst 
1891  an  ganz  erhebliche  Ueberschösse  aus  den  ZoUeinahmen.  Für 
den  Verzicht  auf  Betheiligung  von  Vortheilen  ans  der  Zollverwaltung 
in  den  Jahren  1890  und  lh91  hatte  die  Gesellsehaft  einen  Nutzen 
»«•hon  vorweg  erlialten,  da  der  Sultan  ihr  in  Verbindung  mit  diesem 
Verzicbt  auf  den  Werth  von  100  000  Hupies  ^esdiatzte  Häuser  in 
i)ar-es-Sahiam  übereignet  hatte.  Die  wirtbsehaftliciie  Kntwickelung 
Wi'ss  sich  somit  selir  hdtTnungsvoU  au.  Die  grossen  „Friedens- 
srhauris",  wek'he  im  Februar  von  dorn  Reichskommissar  und  Direk- 
tor Vohsen  in  den  wiclitigen  Küstenplätzeu  abgehalten  wurde,  hatten 
sieh  zu  bedeutsamen  Kundgebungen  uaeh  dieser  Richtung  gestaltet. 
Zu  den  Versammlungen  war  die  Einwohn('r><-hal't  auch  der  TniLr»'- 
uond  der  einzeln. 'n  Küstenorte  entboten  worden.  Sie  hatte  sich 
massen weise  emgestellt.  um  die  ErötTnungeri  über  die  iiuf  die  Lan- 
deserschliessung  gerichteten  Absichten  entgciit  ii/uiit'lnneii.  und  die 
Kingeborenen-Cliefs  erkhlrten  der  mit  der  Austheihuiii  von  (Jescheu- 
k<'n  und  mit  dem  Versprechen  einer  Prämie  für  sie  verbundmcn 
\ ufforderunt;.  ihre  Landsleute  zu  den  Kulturen  von  Oelfrüchten.  na- 
mentlicli  von  Erdnüssen  nnd  Sesam,  behufs  Verkaufes  an  die  G> - 
sells<'haft  anzuspornen,  gerne  iiaehknmnicii  zu  wollen.  Denn  nur 
(lureh  liebunü;  der  allLioriieinen  Laudeskultur  kann  ein  duichschla- 
gender  und  dauernder  Kiutluss  auf  die  Linjeborenen  i^ewunnen  und 
kennen  dieselben  der  Zi\ilisation  entgegengelührt  werden.  Der  in 
Sansibar  zentralisirte  Handel  Ostafrikas  ist  in  den  letzten  Jahren  in 
eine  rflekläufige  Beweguns:  gerathen.  In  erster  Linie  hat  dies  an 
dem  Preisfall  der  meisten  £xportprodakte  gelegen,  als  deren  Gegen- 
werth in  Folge  dessen  nor  ein  gegen  fnihrr  best  hrfmkies  Quantnm 
von  Einfuhrwaaren  abgesetzt  werden  konnte.  In  dieser  Hinsicht 
einen  vollkommenen  Wandel  za  schaffen  und  Ostafrikas  ganze  Be- 
deatang  erst  liervortreten  zu  lassen,  wird  die  aasgedehnte  Erschlies- 
sunir  nller  natürlichen  Hülfs(iuellen  des  Landes,  mit  ander»>n  Worten 
eine  Mehrung  der  festländisrhr'n  Produktion  durch  Massenpflege  der 
hergebrachten  nnd  dnroh  Einfährnng  neuer  Ealtaren  (inbesondero 


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DeuUcb-OsUfrika.  239 

Tabmk,  Kaffee,  Baumwolle,  Indigo  iL  b.  w.)  berafen  sein.  Hierza 
bedarf  es  vor  allein  einer  ^kten  Berflfamng  mit  den  Eiogeboreneii. 
Die  von  Europäern  seither  auf  Sansibmr  betriebenen  Geschäfte  waren 
wesentlich  Eommissions-  nnd  Rreditgeschftile  mit  Indiem  gewesen. 
Faktoreien  an  der  Rfiste  nnter  enropftischer  Leitung  gab  es  nicht. 
Die  von  der  Gesellschaft  in  AnsfOhrong  des  Vertrages  mit  dem  Sul- 
tan vom  28.  April  1888  nach  dieser  Richtung  gemachten  Versuche 
zerfielen,  da  die  damals  herrschenden  arabischen  Elemente  sich  in 
ihrer  willkürlichen  Ausbeutang  von  Karawanen  und  in  der  Hand- 
babnii?  de»  Menschenhandels  durch  die  Festsetzung  von  Europäern 
au  der  Küste  auf  das  emptindlichste  bedroht  sahen  und  in  der  Ii - 
regung  des  Anfstandes  ihre  Rettung  suchlen.  Die  arabischen  Gou- 
verneure im  Vereine  mit  den  Dorfältesten  waren  an  der  luhaltuni; 
der  seitherigen  Zustände  am  meisten  interessirt,  denn  sie  hatten  fdr 
ihre  eiirene  Rechnung  den  Karawanen  sowohl,  wie  den  indischen 
Haudltrii,  Hüben  dem  gesetzlichen  Eltenl»einzoll  —  Ib^l^  ad  val«^- 
rem  —  weitere  Abgaben  bis  zu  "20 o/o  des  Werthes  auioriegt.  Diese 
Misswirthschaft  hatte  nunmehr  ihr  iMide  gefunden,  und  die  durch  den 
Aufstand  unterbrochene  Arbeit  kannte  unter  dem  Schutze  deutscher 
Wehrkräfte  mit  Sicherheit  aufgenommen  werden.  DieVorzüce,  welche 
die  Etablinmg  au  der  Küsti  ge-^eDüber  der  seitherigen  Cieschättsmethode 
in  »Sansibar  bot.  lai^L  ii  auf  der  Hand.  ¥nv  ein  direkt  nach  der  Küste  ex- 
portirendes  und  mit  den  Eingeborenen  und  Indern  an  der  Küste  in 
direkte  llandeLsverbindungeu  tretendes  Geschiift,  wie  es  dnreh  die 
subventionirte  deutsche  Dampferlinie  ermöglicht  wird,  fahen  die  dop- 
pelten Versehift'nngen.  die  l'inhidungen,  die  Kominissionsgebühr  u.  s.  w. 
weg,  und  es  wird  der  Handel  sehr  bald  niciit  mehr  den  weit  kost- 
spieligeren Weg  über  Sansibar  nflinien.  sondern  auf  die  Festlands- 
kOste  sieh  konzentriren,  wenn  dem  Käufer  daselbst  mindestens  gleich 
grosse  Vortheile  zum  Verkauf  seiner  Trodukte  und  zur  Beschatlung 
seiner  Waaren  geb()ten  werden.  Die  (iesellschaft  begann  daher  in 
liagamnyo,  Dnr-es-Salaain.  Taniiani  und  1  anga,  später  auch  in  Kilwa. 
Lindi  und  Mikiiuhmi  mit  der  Anlai;e  von  Faktoreien  vorzugehen,  v(»n 
denen  Bagamoyo  noch  in  18^)0  (Jeschäfte  machte,  während  für  die 
übrigen  der  Anfang  18U1  als  der  Beginn  des  Uaudüisbetriebes  fest- 
gesetzt war. 

Femer  wurden  wirtiiscliattürhe  Airenten  nach  dem  Hinterlandi! 
uesciiickl.  von  denen  besonders  hr.  Haumann  in  l  sarnhara  den  Ver- 
kehr der  produzireiidon  I-ingelHuenen  mit  den  Faktureien  herbei- 
führen sollte.    Da  die  deutsch  -  r^stalrikauische  Plauta^engesellschaft 


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'240 


Deuttfch-Oitafrika. 


ihre  Arbeit  auf  Lewa  wieder  aofgenommen  nod  die  deutsche  Pflanzer- 
gesellBchait  ihre  Arbeit  bei  Tanga  begonnen  hatte,  so  konnte  die 
deatsdi-ostafnkanische  Gesellschaft  sich  auf  die  Anlage  einer  Ver- 
sachsplantage beschränken.  Znr  Erleichterung  des  Gflter-Ümsatzes 
in  ihrem  Interessengebiet  ist  eine  eigene  Silber-  und  Knpfer- 
MQnze  der  Gesellschaft,  entsprechend  dem  TVertbe  der  indischen 
Posa  nod  der  Rupie  geprfigt  worden.  Der  Hauptabechluss  des  Jahres 
1889  ergab  in  Debet  und  Kredit  Mark  3  782  367;  das  Verlustsaldo 
war  wie  seither,  auf  Landbesitz-Konto  übertragen,  welches  sich  nun- 
mehr am  31.  Dezember  1889  auf  Mark  2  404  289  stellen.  Der 
eigentliche  Geschäftsverlust  in  1889  bezifferte  sich  nur  auf  Mark 
92  686.  Die  Hauptversammlung  am  19.  Mai  genehmigte  den  Ge- 
schäftsbericht und  eine  vorläufige  Abmachung,  nach  weicher  die 
Witugesellschaft  ihren  Besitz  in  Ostafrika  der  ostairikanischen  Qe- 
Seilschaft  abtrat  In  einer  am  4.  Juni  1890  abgehaltenen  ausser- 
ordentlichen Hauptversammlung  wurde  Beschluss  gefasst  fiber  die 
Ausgabe  von  Vorzugsantbeilen  und  eine  Anleihe  von  8  Millionen  Mark 
zu  je  1000  Mark  aufgelegt.  Der  Zeitpunkt  für  die  Ausgabe  der 
Anleihe  war  insofern  ungünstig,  als  der  deutsch-englische  Vertrag 
die  Gemfitber  sehr  erregt  hatte,  obwohl  die  deutsch-ostafrikanische 
Gesellschaft  ihr  Möglichstes  that,  im  Vertrauen  auf  die  Entwicke- 
iungsifthigkeit  der  Kfiste  die  Bedeutung  von  Sansibar  für  die  deutsche 
loeressen  herabzusetzen,  und  ja  auch  bereits  Schritte  gethan  hatte, 
um  die  wirthschartjiche  Abhängigkeit  der  Koste  von  Sansibar  zu 
lösen.  Dass  die  Auslieferung  von  Sansibar  Deutsch-Ostafrika  einfseh 
werthlos  gemacht  habe,  war  eine  durch  nichts  gerechtfertigte  Ueber- 
treibnng.  Kapital  und  Thatkrart  können  sehr  wohl  auch  diese  Sach- 
lage flberwinden,  aber  schwierig  bleibt  die  Neugestaltung  immerhin. 
Schwierig  schon  aus  dem  Grunde,  weil  man  altgewohnte,  bequem 
gewordene  Bahnen  verlassen  muss;  schwierig  wegen  der  finanziellen 
Abhängigkeit  der  Araber  von  den  Indem  Sansibars,  schwierig,  weil 
auch  im  Rücken  eine  Gefahr  droht.  I^chon  seit  Jahren  haben  sich 
die  Engländer  bemüht,  den  Karawanenbandel  vom  Tanganyika  nach 
dem  Nyassa-Schire  abzulenken,  und  der  neue  Vertrag  setzt  diesen 
Bestrebungen  kein  Hemmniss  entgegen;  denn  der  Handelsverkehr 
zwischen  den  Seen  ist  auch  für  die  Engländer  völlig  frei.  Zugleich 
aber  war  durch  den  Uebergang  des  Küstengebiets  an  das  Reich  die 
Gesellschaft  insolem  in  eine  neue  Lage  gebracht,  als  der  Zeitpunkt 
immer  näher  rüitkto,  da  sie  ihre  Hoheitsrechte  an  das  Reich  abzu- 
treten hatte.   £s  wurden  Verhandlungen  zwischen  dem  Auswärtigen 


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« 


Deutscb-Uät&frika.  24 1 

Amte  und  der  Gesellediaft  eisgeleitet,  welche  schlieedidi  zum  Ab- 
Bchlnsge  folgeoden  Vertrages  führte,  der  in  der  HauptversaniniliiDg 
vom  20.  KoTember  aogenommen  wurde: 

Der  Vertrag  zwischen  der  Kaiserlichen  Regierung  und 
der  Deutsch- Ostafrikanischen  Gesellschaft 

§  1.  Die  Kaiserliche  Re$^ierun^  beabsichti>^t  den  Abschlnss  einM  StutSfer- 
trages,  durch  welchen  die  Hoheitsrechte  ülier  das  der  deutschen  Interesseiupbira 
in  Ostafrika  vorire lagerte  Küstenget»iet,  sammt  dessen  'Zubehörunpen  nnd  der  Insel 
Mafia  gegen  EutschädiguDg  Seiner  Uoheit  des  Sullaus  von  Sansibar  au  Seine  Mige" 
sttt  dtn  Dratieh«!!  Ktiter  abgetretta  «irdea  aoUea.  Du  gegenwärtige  U«lMr- 
•inkonmcn  tritt  nur  unter  der  Voranuetznng  in  Reditswirknng,  dass  der  Toifte» 
dachte  Vertrai^  spätestens  am  1.  Desenber  1890  zum  Abachlnss  gelangt  ist  nnd 
daas  in  diesem  Vertrage  der  L^eberganjr  der  Hoheitsrechte  von  Seiten  dos  Snitan» 
von  Sansibar  auf  keinen  späteren  Zeitpunkt  als  den  1.  Januar  1891  feslge* 
setzt  wird. 

$  2.  Zvm  Zweck  der  Betahlnnir  der  d«n  Sultan  v<m  Sanallmr  für  die  Ab- 
tretuDf  seiner  Hoheitarecbte  «i  gewihrenden  Entseh&digang  verpflicbtet  aieh  die 
Geaelhcbaft,  der  Kaiserlichen  Regierung  spätestens  am  38.  Dezember  1890  den  Be* 
traj^  von  vier  (4)  Milliionen  Mark  Deutscher  ReiehswUimng  in  Oold  cur  Verfügung 

zu  stellen  und  auszuzahlen. 

Die  Kaiserliche  Regierung  wird  dafür  besorgt  sein,  dass  der  Gesellschaft  zum 
Zweck  der  Aufbringung  der  Mittel  fir  diese  Zahlung,  sowie  an  den  in  §  S  diesea 
VertraiEea  beaeiebueten  weiteren  Zwecken  recbtseitig  die  nach  dem  Prensiiecben 
Gesetx  tod  17.  Juni  1833  (Oes.>Samnl.  18^  S.  75)  erforderliche  landesherrliche 
Oenehmig'nng  xur  Aufnahrae  einer  mit  h  Prozent  jUirlird  verzinslichen  und  halb- 
jährlich mit  0,3257  Prozent  ihres  Nennbetrages  zuzüglich  der  aus  den  ersparten 
Zinsen  tilgbaren  Nominalbetrüge  zu  amortisireuden,  zum  Kurse  von  105%  rü<  k- 
lablbaren,  Dabrlebnsscbuld  in  auf  jeden  Inhaber  lautenden  Schuldverschreibungen 
und  die  nach  §  37,  Ziffer  4,  und  $  42,  Ziffer  3,  der  Satznngen  der  Oeeellicbaft 
notbige  Genehmigung  ihrer  AnfisiehtsbehSrde  ertheilt  werden. 

§  3.  Zur  Anfbrinßung  der  Mittel  für  die  nach  §  2  an  die  Kai.serlicbe  Regie- 
rung zu  leisten<le  Zahlung  sowie  7Tir  Verwcndmig  für  dauernde  wirthschaftliche  .An- 
lagen in  dem  Deutsch-Ostafrikanischen  (lebiet  und  /ur  befürderung  des  Verkehrs 
nach  demselben  verpflichtet  sich  die  Gesellschaft  gegenüber  der  Kaiserlichen  Regie* 
nmg,  eine  Anleihe  im  Oesammtbetrage  ven  10556000  Ibrk  zu  schaffen. 

Dia  Oesellsdiafk  Ist  gebaltea,  aoa  dam  Brtoaa  der  Anleihe,  sowait  ala  die  in 
§  8  vorgesehene,  sofort  zu  leistetnl-^  Zahlung  übersteigt,  die  Retonnung  der  Häfen 
im  Küstengehiotp  nach  Ma.issg.il)t'  «Ic^  uiit<^r  dem  -1.  Mai  1890  von  Seiten  des 
Reichs-Marineaiiits  ausgearbeiteten  l'laties  aiis/iiführen,  sowie  Beleuchtungsanlagen 
im  llöcbstbetrage  von  250000  Mark  zu  macheu.  Mit  dieser  Arbeit  wird  spätestens 
an  ].  April  1891  begonnen  werden. 

Bina  Terweadung  des  Erlfisea  der  Anleihe  mvaa,  sofern  diaaa  Verwendung 
-sich  nicht  innerbalb  der  in  Ab.«.  1  gedachten  Zweekbeatimmong  hllt»  auf  Verlangen 
der  Kaiserlichen  Rederung  unterbleiben  — 

I»ie  Vcrwcuiiung  muss  innerhalb  det    ersten    10  Jahre   erfolgen,   soweit  die 
Kaiserliche  Regierung  eine  Verlängerung  nicht  eintreten  lässt. 
Koienlatss  Jahrtaeh  1890. 


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242  DeutMli-Ottafrilia. 

i  4.  Der  von  der  Gesellidiaft  am  28.  April  1888  mit  Seiner  Hobelt  dem 

Sultan  von  Sansibar  abgeschlossene  und  durch  das  NacbtTagsübcreinkomnen  vom 
13.  .lai  iiar  1800  moditizirte  Vertra'j  wird  mit  dem  Zeitpunkt  der  Zahlunp^  der  Ab- 
fiiidunti^-suinine  (§  2)  ausser  Kraft  gesetzt,  insoweit  ^eine  Festsetzungen  nicht  durch 
den  gegenwirti^en  Vertrag  ausdrücklich  aufrecht  erhalten  werden. 

Die  Kaiserliche  Regierung  fibemimmt  von  diesem  Zeitpunkte  ab  die  Ver- 
waltung des  Kfiatengebietee  und  seiner  Zubeborungen,  der  Intel  Mafia,  sowie  des 
Sehoticebietee. 

Der  Kaiserlichen  Refpening  fallen  dementsprechend  alle  vom  Zeitpunkte  der 

rehernahmo  der  Verwaltung  ab  eingehenden  Zölle,  sowie  die  etwa  zur  Hebung  ge 
langenden  Steuern  und  sonstigen  öffentlichen  Gefalle  jeder  .\rt  zu. 

§  5.  Dagegen  verpflichtet  sich  die  Kaiserliche  Regicning,  vom  1.  Januar  1891 
ab  bis  dahin,  dass  die  von  der  nescll-x  haft  aufzunehmende  Anleihe  (§§  2  u.  3)  lur 
völligen  planmässigen  Tilguut:  gelaugt  ist,  an  die  von  der  Oesellschaft  su  lieieieh- 
nende  Stelle  tum  Zweck  der  Versinsung  und  Amortisation  der  anfsunebmenden 
Anleihe  ans  den  von  der  Kaiserlieben  Recriemimr  vereinnahmten  Brntto-Zollertrigen 
der  Ein-  und  Ausfuhr  in  das  Küstengebiet  bezw.  aus  demselben  ohne  jeden  Abzug 
und  ohne  jede  Aufrerbming  unter  allen  Umständen  den  Jabresbetrag  von  Sechs« 
hunderttausend  (6<)(»(*')0.  Mark  zu  zahlen. 

Die  Zahlung  erfolgt  iu  halbjährlichen  Kateo  von  je  300000  Mark  au  jedem 
80.  Juni  und  20.  Detember. 

Vier  Podien  nach  Abscblnsa  jeder  Monatsaufiitellnng  der  Zolleinginge  wird 
der  GesellBchaft  von  ihrem  Betrage  Kenntnias  gogeben. 

I  6.  So  lange  die  Verpflichtung  der  KaiserlichMl  Regierung  zu  der  in  $  5 
bedungenen  Zahlung  besteht,  wird  die  Kaiserliche  Regiemng  Aenderuneen  der  zur 
Zeit  des  Vertragsschlusses  an  der  Küste  geltenden  Zollsätze  nicht  eintreten  lassen, 
sofern  eine  solche  Aenderung  das  Aufkommen  eines  Brutto- Zollerträgnisses  von 
miudchteus  600000  Mark  jährlich  gefährdet. 

Werden  Zollstelleu  seitens  der  Kaiserlichen  Kegierung  ausserhalb  des  Küsten- 
gebietes  erriehtet,  ao  worden  für  die  Daner  der  Vortragsaeit  aueb  die  Brtrigniiso 
dieser  Zollstellen  sur  Aufbringung  der  vorerwihntan  600000  Hark  verwendet 
werden. 

Falls  iu  einem  Jahre  oder  in  einer  Mehrheit  von  .laliren  der  für  dcTi  Dienst 
der  Anleihe  erforderliche  I'.etrat:  von  fiOdOOO  Mark  durch  die  Brutlo-Krtrfignissp 
der  Zölle  nicht  erbracht  werden  Kolite,  ist  die  Differenz  aus  den  den  Betrag  von 
€00000  Uark  überschreitenden  Ertr&gnissen  späterer  Jahre  nachcuzablen  (§  5). 

Die  Kaiserliche  Regiening  räumt  der  Gesellschaft  als  ein  ferneres  Entgelt  für 

die  Aufgabe  ihrer  Rechte  aus  dem  Vertrage  vom  — A^^-  die  folgenden 

\o,  Januar  iBsO 

Befugnisse  ein: 

1.  Tribciihadet  der  von  der  Gcsclhchaft  ausserhalb  des  Kü.stentrebietes, 
seiu<'r  Zubehörungen  'ind  dt  r  lusel  Mafia  1)  sowie  ausserhalb  des  Ge- 
bietes, für  welches  der  Kaiserliche  Scbutzbriet  ertheilt  ist,  vertragsmassii; 
erworbenen  Rodite  tritt  die  Kaisertiehe  Regierung  der  Oeaellsebaft  fnr 
das  Kostengebiet,  dessen  Zubobömngen,  die  Insel  Mafia  und  das  Gebiet 
dos  Schutzbriefes  das  ausschliessliche  Recht  auf  den  Eigenthnmserwerb 
durch  Ergreifung  des  Besities  (Okkupationsrecbt)  an  herrenlosen  Orund* 


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DmtedhOitefriks. 


243 


stücken  und  deren  unbew^trlicben  ZubebörangeOt  vornehoiUcb  al<o  ftaeh 

•Im  Okktip'itionsrecht  an  Wäldern  ab,  jedoch  mit  dem  Vorbehalt 

a)  der  wohlerworbenen  Rechte  Dritter  an  dergleichen  berrealosen  Orand> 
stücken; 

b)  des  Rsehts  der  Kaiserlicben  RegierunKt  herrenlose  Orundstficke,  in- 
soweit solche  nach  ihrem  Eroiessen  zu  öffentliehen  Bauten  im  Inter^ 
eese  der  VervaJtnog  und  der  Sicbemng  dos  Kosten.-  und  des  Sdivts- 
gebietes  erfordert  «eiden,  dnreb  OkkopsÜmi  für  das  Reieh  sn  Bigen- 

thum  zu  erwerben; 

c)  des  Rechts  der  Kaiserlicben  Regierung,  für  die  Ausnutzung  der 
Wälder  auch  für  die  Gesdlscbaft  verbindliche  Gesetze  und  Verord- 
nuBfsn  im  Interesse  der  Landes-  und  Forttkultur  so  erlassen. 

3.  In  Bexug  auf  die  Oewinnong  von  Hineralien  werden  der  Geeellschaft  fir 
das  Küstengebiet,  dessen  Zubehürungen,  die  Insel  Mafia  und  das  Gebiet 
des  Kaiserlichen  Sobulzbriefes,  gleichviel  ob  die  Oeseilschaft  seiest  oder 
ein  anderer  der  Finder  ist,  die  gleichen  Vortlicile  inliesondere  auf  die 
Verleihung  von  Feldern  eingeräumt,  welche  die  iu  jenen  Uebieieu  jeweilig 
geltende  Gesetzgebung  dem  Finder  zusteht.  Ausserdem  verpflichtet  sich 
die  Kaiserliche  Regierung,  bei  Verleihung  von  Feldera  an  andere  ale  die 
Gesellschaft,  dem  Belieheuen,  insofern  er  ni  hi  der  Finder  ist,  eine  Ab- 
gabe von  fünf  (5)  Prozent  der  von  ihm  geförderten  Mineralien  zu  Gunsten 
der  (jesellscliaft  aiifxiioi  le.'i'ii 

3.  Bei  der  Konzes^iouirung  des  Baues  und  Betriebes  von  Eisenbahnen  im 
Kttstengebiet|  dessen  Zubehörungen,  auf  der  Insel  Hafla  und  dem  Gebiet 
des  Kaiserlicben  Sebutsbriefes  soll  der  Gesellschaft  im  Falle  der  Geber- 
nähme  und  der  Erfüllunir  'Icr  gestellten  Konz^-ssions  Redinenniren  ein 
Vorrecht  vor  anderen  Hewerbern  zustehen.  Die  ihr,  im  Fall  sie  von 
diesem  Vorrecht  Gebrauch  macht,  zu  ertbeilende  Bau-  und  Betriebs- 
Kilaubniss  soll  öbeitr.'gbar  sein. 

4.  Der  GesellsebafI  wird  das  Recht  auf  Errichtung  einer  Baak  mit  dem 
Privilegium  der  Ausgabe  von  Notoi  erthellt  werden. 

5.  Die  Gesellschaft  verbleibt  im  Besitz  der  ihr  zur  Zeit  des  Vertragsschlusses 
zustehenden  Hefucniss,  Kupfer-  und  Silltc! -Münzen,  wel'  iie  an  den  öffent- 
lichen Kassen  de-  Küstenu'ebiete-*,  dessen  Zulieliörungen  unil  iler  Insel 
Matia  tiowie  dei»  (icbie(es  des  Kaiserlichen  .'üchutzbriefeä  la  Zahlung  ge- 
nommen werden  mnssen,  zu  prägen  und  auszugeben. 

§  8.  Vor  dem  Brlass  von  Gesetzen  und  Verordnungen  für  das  Küstengebiet, 
dessen  Zubehörungen,  die  Insel  Mafia  und  das  Gebiet  des  Kaiserlicben  Schutz- 
briefee  wird  die  Kaiserliche  Keirierung  die  Gesellschaft  zur  gutachilicben  Aeusserung 
auffordern,  sofern  nicht  die  Dringlichkeit  des  Falles  eine  Abweichung  von  der  R^l 

erheischt. 

§  \K  Insoweit  es  sich  nicht  um  Hechte  handelt,  welche  die  Geselhchaft  auf 
Grund  der  ihr  liier  ein^^erüumten  Mefiif^nisse  wahrend  der  Dauer  dieses  Vertrages 
erworben  hat  (vgl.  §  7,,  tritt  das  gegenwärtige  Ucbereinkommen  ausser  Geltung, 
sobald  die  aufennehmende  Anleihe  (§|  2  und  3)  getilgt  isL 

In  den  zwischen  Dentschland  nnd  Euglaud  gewechselten  Noten, 

dnich  welche  das  Abkommen  betreffs  des  deutsch -ostafrikanischen 

16' 


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244  '  Deutsch-Ostafrika. 


Efisteogebietes  perfekt  wurde,  wurde  die  Verpflichtnng  des  deatecben 
Reiches  folgeDdermaasseii  formiilirt: 

I.  Die  Kaiserliche  Regierung  wblt  in  London  bi«  zum  81.  Detember  de* 
laafeaden  Jahres  die  Samme  von  4  (vier)  Uillionen  Ifark  in  Gold. 

II.  Bis  die  Zahlanir  dieser  Sanne  vollstindig  erfolgt  ist,  fthrt  die  Deutsch' 

Ostafrikaoische  Qesellsebaft  fort,  dem  Sultan  tnonatlichc  Abrecbnangea 
über  die  von  ihr  eintrcnommpncn  Znlle  zu  peben  und  ihm  diejenif^en 
Zahhinpen  zu  leisten,  auf  welche  er  nach  (ien  bestehenden  Abmachungen 
Anspnicb  zu  erbeben  bat.  Die  Zollbeträge,  welche  seit  dem  30.  Juni 
d.  J.  eiBbataahen  worden  sind,  werden  sofort  ausbeiaiilt,  soweit  dies  nicht 
bereits  geschehen  ist. 

III.  Nach  erfolgter  Zahlung  'der  in  Arlihel  T  erwftbnten  Snnaie  wird  sich 
die  Deutsch-OstafrikaDiscbe  Gesellschaft  jeder  Eiomiscbting  in  die  An- 
frelegenbeiten  der  Zollverwaltung  (cu^tom^house)  in  Sangbar  enthalten. 

IV.  Die  Dcutsch-Ost.i^  iV  '  sehe  Oescllscbaft  wird  spätestens  am  21.  Dezember 
d..I.  alle  von  ilii  lieiiiitzten  Waarenhäuser  tind  sonstigen  Gcbände,  welche 
Ei<.'e[it[ium  des  Sultans  sind  und  entweder  einen  Theil  des  Zollhauses  in 
Sansibar  bilden  oder  sich  an  dieses  auscbliesaen,  räumen  und  dem  SuHan 
wieder  sur  Verf^nuig  stellen.  Auch  wird  die  Gesellschaft  die  rvelt- 
stlndige  Xietbe  für  diese  Geb&ude«  soweit  dies  noch  nicht  geschehen  Ist, 
sofort  und  die  laufende  Mietbe  bis  anr  lUunnng  nonatlieh  sahlen. 

Wirtlischaftliche  Errungenschaften  und  Projekte. 

Im  vorherEfeheiulen  ist  bereits  mehrfacli  der  neuen  snbventionir- 
ten  Dampferliuie  nach  Ostafrika  gedaclit  worden,  deron  Einrichtnn;]^ 
einem  lang  gefühlten  Bedilrfnisse  entgegen  kam.  Die  Aktieni^est  ll- 
schaft  „Deutsche  OstafrikarLinie" verpflielitet  sich,  nachstehend 
aufgeführte  Dampferlinien  einznrichten  und  wätirend  zehn  hinter  ein* 
ander  folgender  Jahre  zn  unterhalten: 


'  l  IMc  Aktienire^ellschaft  hat  sich  in  Hamburg  mit  einem  <  Grundkapital  von 
C>  Millionen  Mark,  auf  welches  ziinfichst  "25**  i>  eingezahlt  sinil,  koiistituirt.  Das  Kon- 
»iortium  zur  L'eberuabme  dieser  Linie  besteht  aus  den  folgenden  Firmen:  in  iiamburi; 
Norddeutsche  Baak,  Vereinsbank,  Konner»-  nnd  Diskonto-Bank,  L.  Behrens  und 
Sohne,  Hardy  n.  Hinrichsen,  C.  Woemann,  P.  Laeisi,  Ang.  Bolten  Nacbf.,  Hansing 
u.  Ko. ;  in  Berlin:  Direktion  der  IMskonto-OescIlschaft,  Berliner  Handelsgesellschaft, 
S,  HIeichrödet,  Mendelssohn  u.  Ko.,  Robert  Warschsuer  u.  Ko. ,  Delbrück  Leo  u. 
I\i>.:  ferner:  Hheiiiisihe  Kredithaiik  in  Mannlieltn.  Sal  ( >ppcnhei."i  jun.  u.  Ko,  in 
Kulu,  V.  d.  Heydt,  Kersten  u.  Sohne  in  LIberfelil  und  die  Mecklenburgiscbe  Ilypo- 
theken*  und  Weebselbank  in  Schwerin.  Der  Vorstand  besteht  ans  den  Herren 
Bduard  Bohlen  und  Eduard  Woemann;  der  Aufeichtsrath  ans  den  Herren  Adolph 
Woeimann,  Vorsitzender;  Direktor  Raners  (Norddeutsche  Bank);  E.  Laeisz;  General- 
konsul Kduar'l  Behrens;  Karl  v.  d.  Heydt;  I)r.  Ilardy:  Oher-HrirpertTici>.ter  a.  D. 
Weber,  Herlin:  Hugo  'Oppenheim;  Justizratb  Winlerfeld,  Berlin;  L.  F.  Uansiug 
und  C.  Erich,  Kerlio. 


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DratMh^tUfnk».  '  245 

A.  Eine  Hauptlinie  zwisoheu  Hain^^ur^'  unil  Dclagoabay.  mit  Anlegeo  in 
einem  niederländischen  oder  bel^iücbeu  Uafeu,  di'ssen  Wahl  der  <>euehmi- 
Cnng  des  Keichskanzifrs  tinlerlic<rt,  ferner  in  Lissabon,  Neapel,  I'ort  Said, 
Aden,  Sansibar,  Dar-cä-Salaain  oder  an  einem  anderen  vum  Heicbskao^^ler 
XU  bestimmenden,  innerbilb  der  denttdiHMtafribanieehen  InteceeMnspb&re 
belegenen  Käatenplats  vnd  Mosanbiitue. 

B.  Eine  Kistenlinie  swiseben  Sansibar  und  Lamu  über  Bagamoyo,  Saadani, 
Pangani,  Tanga  eder  Dares-Salaasa,  Pemba  und  Mombassa. 

C.  Eine  Knstenlininie  svisehen  Sansibar  und  Inhambane  über  Silva,  Undi, 
Ibo,  Quelimane  und  Cbiloane. 

Auf  der  ersten  and  dritten  Linie  sind  jährlich  13  Fahrten  in 
jeder  Bichtang  in  Zeitabschnitten  von  4  Wochen,  anf  der  zweiten 
wenigstens  26  in  Abstftnden  von  14  Tagen  anszaflihren.  Als  Fahr- 
geschwindigkeit sollen  fQr  die  Hanptlinie  dorchschnittiicb  miodestens 
10  Vs  Seemeilen  in  der  Stande  eingehalten  werden,  nach  dieser  hat 
sich  die  Fahrgeschwindigkeit  anf  den  Kflstenlinien  in  angemessenem 
Verhftltniss  zu  gestalten.  Der  Reichskanzler  bestimmt  die  Plfttze, 
wo  die  Post  anfzonehmen  nnd  abzaliefem  ist  Der  vom  Unternehmer 
aofgestellte  Fahrplan  wird  vom  Beichskanzler  genehmigt  Andere 
als  die  fahrplanmftssigen  Hftfen  dfirfen  ohne  besondere  Oenehmigang 
des  Reichskanzlers  nicht  angelanfen  werden.  (Die  Dampfer  laofen 
Rotterdam  an,  da  Rotterdam  der  natfirliche  Ausfuhrhafen  fAr  den 
ganzen  Rheinverkehr  in  weitem  Umkreise  ist;  nach  Rotterdam  ging 
der  gauze  Handel  Westdeutschlands,  so  lange  es  keine  Eisenbahnen 
gab,  und  noch  heute  sind  die  Beziehungen  des  Westens  nnd  Sfideus 
zu  dem  hollftndischen  Hafen  vielÜEUshe  und  bedeutende.  Im  Mittel- 
meer berfihren  die  neuen  Dampfer  Neapel,  w&hrend  bisher  die  deut- 
schen Subventionsdampfer  in  Genua  und  Brindisi  verkehrten.  Wird 
auch  Genua  immer  seine  Bedeutung  für  unsem  deutschen  Verkehr 
mit  Ostasien  und  Australien  behalten,  so  bietet  doch  Neapel  manche 
Vortheile,  bei  seiner  Berflhrung  wird  an  Zeit  gespart,  sowohl  gegen- 
über dem  Anlaufen  in  Genua  als  auch  dem  in  Brindisi.)  Für  die 
Hauptlinie  sind  mindestens  4  neue  Dampfer  mit  einem  Raumgehalte 
von  nicht  unter  2200  Registeitons  brutto,  und  fflr  die  beiden  KOsten- 
linien  mindestens  2  neue  Dampfer  mit  je  500  Registertons  brutto 
Kaumgehalt  einzustellen.  Die  Dampfer  mfissen  vor  ihrer  Fahrte 
einsteliung  durch  vom  Reichskanzler  zu  ernennende  Sachverständige 
geprüft  werden,  der  Reichskanzler  ist  ermächtigt,  diese  PrOfung 
jederzeit  wiederholen  zu  lassen.  Ohne  Genehmigung  des  Reichs- 
kanzlers dürfen  die  in  die  Fahrt  eingestellten  Dampfer  auf  anderen, 
als  vertragsmSssigen  Linien,  nicht  verwendet  werden.   Die  für  die 


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246  0«tttMh-Ostafrtta. 

neuen  Linien  nothwendigon  Dampferneubauten  mössen  auf  deutschen 
Werften  mit  möglichst  deutschem  Material  ausgeführt  werden.  Das- 
selbe gilt  von  allen  p;rösseren  Instandsetzungen.  Auch  der  Kohlen« 
bedarf  muss  in  DeutschUmd  gedeckt  werden.  Die  Schiffe  sind  zur 
höchsten  Klasr^e  heim  Germanischen  Lloyd  zu  klassißziren.  Der 
Unternehmer  hat  för  eio  in  Verlust  geratbenes  Schift*  Ersatz  zu 
schaifen  —  nod  /war  muss  d^  r  Neubaa  innerhalb  18  .Monaten  er- 
folgen —  bis  zur  Fertigstellung  des  nenen  Dampfers  ist  der  unge- 
störte Fortgang  des  Dienstes  zu  sichern.  Die  Dampfer  l)efördem 
die  Post  und  deren  etwaige  Begleiter  unentgeltlich  (Verpflegung  der 
letzteren  einbegriflfeu).  Alle  ans  dem  Fostbeförderungsdienste  her- 
rShrenden  Einnahmen  bezieht  das  Reich.  Der  Unternehmer  darf 
keine  anderen  Briefe  oder  posf/w^iigspliichtige  Geccnstamlo  befördern, 
als  solche,  welche  ihm  direkt  oder  indirekt  dnrcii  die  Postbehörden 
eingeliefert  werden,  auch  haftet  der  Unternehmer  tfir  den  Schaden, 
der  dem  Reich  durch  Verlust,  Beschädigung  oder  verzögerte  Be- 
förderung von  Postsachen  erw&chst.  Die  Fracht-  und  Ueberfahrts- 
gelder  nach  dem  mit  Genehmigung  des  Reichskanzler  festgesetzten 
Tarife  fallen  dem  Unternehmer  zu.  Der  Tarif  für  die  Güterbeförde- 
rung von  und  nach  Bremen  soll  mit  demjenigen  von  und  nach  Ham- 
burg völlig  gleich  gehalten  werden.  Der  Unternehmer  verpflichtet  sich 
an  den  vom  Reichskan/liu-  bezeichneten  Stellen  des  Reichsgebiets 
Agenturen  als  Sammelstellen  für  Güter  und  Postsachen  einzurichten. 
Die  Agenten,  auch  im  Auslande,  müssen  Keichsangehöri^e  st  in.  Alle 
im  Dienste  des  Reiches  oder  eines  Bandesstaates  reisende  Beamten, 
kaiserliche  Schutztmppen,  Marinemannschaften,  Missions.umi'hörige 
und  Krankenpfleger  u.  s.  w.,  ferner  alle  Güter  der  kaiserlichen  Marine 
und  der  Schutztrappen  sind  mit  20°/o  Tarifermftssignng  za  befördern. 
Der  Unternehmer  ist  femer  verpflichtet,  Gefangene,  welche  entweder 
nach  Dentschland  transportirt,  oder  umgekehrt  einer  fremden  Re- 
gierung ausgeliefert  werden,  aufzunehmen  und  ffir  ihre  sichere  Unter- 
bringung Sorge  zu  tragen.  Jeder  Daniitfer  mnss  ein  Beschwerdebuch 
mit  sich  führen.  Die  regelmässigen  Fahrten  müssen  spfitestons  im 
liflrz  1891  in  vollem  Umfange  aufgenommen  und  in  den  zehn  darauf 
folgenden  Jahren  regelmässig  ausgeführt  werden.  Vorläufig  sollen 
jedoch  mit  dem  Monat  Juli  beginnend,  drei  oder  vier  Fahrten  mit 
je  achtwöchenüichen  Zwischenrüumen  stattfinden.  Für  die  Erfüllung 
der  übernommenea  Verbindlichkeiten  erhält  der  Unternehmer  eine,  an 
jedem  Monatsschluss  zahlbare  jälirlich(j  Vergütung  von  900000  Mark, 
dafür  steht  es  dem  Reichskanzler  jedesmal  frei,  von  den  Geschäfts- 


Dentsdi-OttafrikB. 


247 


büchern  des  Unternehmers  Einnicht  zn  nehmen.  Erc^iebt  das  Unter- 
nehmen (ianernd  f^rössere  Gewiuue,  so  darf  der  Reichskanzler  höhere 
Li'istunpeii  fordern  —  abgesehen  von  der  Erhöhung  der  Fahrge- 
schwindigkeit. Im  Falle  von  Meinungsverschiedenheiten  entscheidet 
ein  Schiedsgericht  darüber,  ob  dauernd  grössere  Gewinne  vorliegen 
nod  in  welchem  Umfange  Mehrleistungen  beansprucht  werden  können. 
Werden  die  regelmässigen  Fahrten  nicht  iunerlialb  der  vertrags- 
mässig  angesetzten  Frist  begonnen,  so  kann  der  Reichskanzler  für 
jeden  Tag  der  Verspätung  auf  300  Mark  Strafe  erkennen,  ebenso 
wird  jede  Verspätung  in  der  Abgangs-  und  Ankunftszeit  am  Anfangs- 
beziehungsweise Endpunkt  der  Linie  mit  30  Mark  Strafe  für  die 
Stunde  belegt,  nach  rjstünditjer  Verspätung  erhöht  sich  die  Stundeu- 
strafe  auf  das  Doppelte.  Als  Kaution  stellt  der  Unternehmer 
100  000  Mark,  Ohne  Genehmigung  des  Reichskanzlers  darf  der 
Unternehmer  sein  Unternehmen  weder  an  andere  überlassen,  noch 
ganz  oder  theilweise  in  Afterpacht  geben.  Hält  der  Reichskanzler 
eine  Aenderung  in  der  Zahl  der  Fahrten  für  nothwendig,  so  muss 
der  Unternehmer  gegen  angemessene  Vergütaag  die  entsprechenden 
Einrichtungen  treffen. 

Der  „Reichstag^  (2300  Reg.-Tonnen)  war  der  erste  im  Sommer 
nach  Ostafrika  geschickte  Dampfer.  Er  hatte  insofern  Unglück,  als 
er  an  der  engen  Einfahrt  in  den  Hafen  von  Dar-es-8alaam  auf  den 
Grund  gerieth,  ohne  aber  irgend  welchen  Schaden  zu  nehmen.  Er- 
wünscht wäre  es,  dass  der  Fahrplan  insoweit  geändert  würde,  dass 
auch  noch  Tanga  und  Lindl  angelaufen  würde,  da  der  eine  Küsteu- 
hafen  bald  genug  für  den  Verkehr  nicht  mehr  ausreichen  wird,  und 
dass  die  verhältnissmässig  hohen  Tarife  für  den  Esport  nach  Europa 
ermässigt  werden. 

Ein  ausschliessliches  Erforderniss  ersten  Ranges  ist  auch  die 
Anlage  von  Eisenbahnen  in  Ostafrika,  für  welche  sich  das  sonst  für 
UntemebmangeD  in  unseren  Kolonien  so  zurückhaltende  Kapital  all- 
mfthlioh  zn  erwärmen  scheint.  Es  siod  eine  Anzahl  Projekte  auf- 
getaucht, welche  sich  etwa  in  folgender  Weise  gruppiren  lassen 
können.  Im  Norden  wird  eine  Linie  von  Panga  nach  Usanibara  be- 
iibsichtigt,  welche  weniger  dem  Karawanenverkehr,  der  hier  nicht 
sehr  bedeutend  ist,  dienen,  als  vielmehr  das  fruchtbare  Hinterland 
erschliessen  solL  Im  mittleren  Gebiet  wird  eine  Linie  projektirt, 
welche  entweder  von  Bagamoyo  oder  Dar-es-Salaam  ausgehen  und 
vor  allem  bis  Mpwapwa  fortgeführt  werden  soll,  um  den  Karawanen- 
verkefir  auf  gewisse  Punkte  zu  konzentriren.   Dann  aber  liegt  noch 


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248 


Deutsch-Ostafrika. 


ein  Projekt,  wenn  auch  nur  in  Umrissen,  vor,  nm  mit  BenutzuDg 
des  Rofidschi  und  Ulanga  nach  dem  Nyassa-See  zn  gelangen.  Die 
Herren  v.  Wissmann  und  v.  Gravenrenth,  welche  mit  nie  ermüden- 
dem Eifer  auch  für  die  wirthschaftliche  Erschliessung  des  Landes 
thätig  sind,  haben  grossere,  besonders  süddeutsche,  Kreise  für  den 
Bau  einer  Küstenbahn  von  IJaganiovo  nach  Dar-es  Salaam  interessirt 
in  Ausehuug,  dass  liagaraoyo  der  Endpunkt  des  Karawaueuverkehrs 
bleiben  werde,  während  Dar-es-Sahiam  als  Sitz  der  Zentrale  und 
Aolaufehafen  für  die  Dampfer  eine  stets  wachsende  Hedeutuni?  p;e- 
winnen  müsse.  Diese  Eisenbahn,  deren  ller>telluni'  auf  drei  Millio- 
nen Mark  veranschlagt  ist,  soll  >i)iiterhiu  dem  Laufe  des  Kiuiiani 
folgend  na<'h  dem  Inneren  weitergeführt  werden.  Da-s  eine  sukiie 
Bahn  ein  Bedürfniss  ir^t.  liatlcn  die  rpithcn  Inder  wohl  eintjeseheu, 
da  sie  bei  Herrn  v.  Gravenrenth  um  die  Konzession  zum  Bau  der- 
.»t'lben  eingekoninien  waren. 

Unter  den  wirth^chaftlichen  Ma>>nalinien  ist  uuch  zu  erwühneu 
dass  dem  Maniiel,  dass  in  0.«*talVika  s|ji-h  ni)t  li  keine  deutsche  Post- 
a.;eutur  betand,  im  Laufe  des  Jahres  durch  Einrichtung  von  Agen- 
turen in  Sansibar.  Bagamoyo  und  Dar-es-Salaam  abgeholfen  worden 
ist.  Die  Post  wird  den  deutschen  Dam}dern  in  Neapel  zugeführt 
und  Dar-es-Salaam  bez.  Sansibar  in  etwa  21  Tagen  nach  dem  Ab- 
gange von  Berlin  erreichen.  Für  den  Telegraphenverkehr  der  Post 
mit  den  deutschen  Schutzijehieten  haben  bisher  eigene  Anlagen  mx-h 
nicht  hergestellt  werden  können.  Es  sind  aber  Schritte  i^viliaii  so- 
wohl für  Kamerun  und  das  Togogebiet  wie  aucii  für  OstulVika.  das 
deut.sche  Telegra[>heniiebiet  ara  Anfangs-  und  Endpunkte  thunlichst 
unabhängig  von  fremden  Verwaltungen  zu  uiacinn.  Für  Ostafrika 
insbesondere  wiudr  ein  Vertrat^  «leschlossen,  wonach  die  Kastorn  and 
South  Africau  Tt  lciiraph  Company  übernahm,  ein  Kabel  \on  San- 
sibar über  BaL;amnyo  nach  Dar-es-Salaam  zu  legen.  Dieses  Kabel 
ist  dann  von  «lern  Heichsj)ostamt  gegen  eine  bestimmte  Jahresvergü- 
tung gemietht'i  und  Telegraph-Agenturen  sind  in  Bagamoyo  und 
Dar-es-Salaam  errichtet  word<'n  (die  "Wortgebühr  nach  Deutschland 
itetrügt  7  '  85  Pf.).  F^s  besteht  die  Al)sicht.  nach  und  nach  alle 
Küsteuhäfen  telegraphisch  mit  einander  zu  verbinden. 

Die  Scbutztruppe  im  Sommer  und  Herbst  1890. 

Als  .Major  v.  Wissmaim  0>tafrika  verlassen  hatte,  wurde  mit 
seiner  Vertretung  für  die  Zeit  seint'r  Abweseidieit  Chef  Dr.  Schmidt 
l)eauftragt,  ein  „alter  Afrikaner",  der  bereits  im  Jahre  löÖ6  in  Ost- 


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DeutMh-Ostafriluu 


249 


afrika  gewesen  war.  Er  gehörte  damals  zu  der  Expedition  der 
Deatach-Ostairikaiuficlieu  Gesellschaft,  die  um  jene  Zeit  unter  LeitOBg 
des  Assessor  Lucas  nach  Afrika  ging.  Schmidt,  ein  geborener 
Braonschweiger,  zur  Zeit  Reserve-Lieutenant  im  8.  bayerischen  In- 
laute rie-Regiment,  hatte  als  Geologe  den  Auftrag,  die  geoloj^rische 
Untersuchung  de»  Kilimandscbaro  vorzunehmen;  die  Ausführung 
dieses  Auftrages  wurde  aber  durchkreuzt,  und  so  schloss  sich  Schmidt 
xniiftchst  der  Expeditiou  Hörnecke  an,  die  damit  begann,  iu  Usam- 
bara  zu  Korogwe  am  Pangaui  eiue  Station  anzulegen.  Im  Juni  188« 
erwarb  Dr.  Schmidt  die  Oberhoheit  über  die  OstkOste  von  Groes- 
Komoro,  welche  aber  später  nicht  anerkannt  wurde,  sowie  ausser- 
dem als  Frivateigeuthuin  der  Ostafrikauischeu  GeseUschaft  1000  Mor- 
gen Land  auf  dieser  In^el.  Eiue  Zeit  l&ug  war  er  auch  GeneraL- 
Yertreter  der  Geeellschiift  in  Sansibar.  Seine  Masse/eit  in  Europa 
benutzte  er  dazu,  ein  Wirk  über  Sansibar  zu  sclireibeu,  das  iu 
kulouialen  Kreisen  grosse  Beachtung  gefundeu  hat.  Er  trat  im  Früh- 
jahr 1889  iu  die  Schatztruppe*  ein  und  seit  der  Zeit  sehen  wir  ihn 
wiederholt  an  hervorragender  Stelle  an  der  Beruhigung  der  Gegend 
betheiligt.  Die  Verhältnisse  waren  während  seiuer  Stellvertretung 
bchon  ziemlich  kousolidirt,  die  Ausdehnung  der  Operationen  uach 
dem  Süden  und  Inneren  hatte  bereits  den  Erfolg  gehabt,  dass  die 
grosse  Mehrzahl  der  Häuptlinge  mit  den  Deutschen  Frieden  liaben 
wollten.  Der  Häuptling  Kingo  aus  Nguru  war  persönlich  acht  Tage 
iu  Bagamoyo  unwesemK  um  seine  Friedensliebe  zu  dokumentiren. 
Sefu,  der  Sohn  Tippu  Tips,  stand  sowohl  in  Sansibar  als  in  Baga- 
moyo in  freandlichem  Verkehr  mit  den  Deutschen,  und  die  Zufuhr 
von  Elfenbein  aus  dem  Innern  war  zu  Zeiten  enorm.  Es  waren  bis- 
weilen in  Bagamoyo  allein  13—14000  Wanjamwezis  und  andere 
I^eger  ans  dem  Innern  versammelt,  welche  Elfenbein  gebracht  hatten. 
Auf  der  Earawaoenstrasse  nach  Mpwapwa  und  Tabora  herrschte  eben- 
falts  ein  Äusserst  lebhafter  Verkehr.  Schmidt  erliess  mehrere  ein- 
schneidende Bestimmungen  hinsichtlich  der  Stempelung  der  Waften 
im  Verwaltongsgebiete  des  Reichskommissars,  über  den  Eautschuk- 
baodel,  um  der  Verfälschung  dieses  werthvollen  Produktes  durch 
die  Neger  vorzubeugen,  und  aber  die  vorl&ttfigeu  Abgrenzungen  der 
verschiedenen  Stationsbezirke.  Gegen  die  Mafiti  unternahm  er  im 
Juli  eine  Expedition,  welche  ihn  zurfick  nach  der  französischen 
MissioDsstation  Xununguru  führte.  Dort  wurde  ihm  mitgetheilt,  dass 
die  Mafiti  sich  etwa  3  Tagereisen  sfidlich  der  Station  niedergelassen 
haben,  und  er  marschirte  nach  Zungomero,  welches  aber  verlassen 


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I 


250 


Davtach-OstafrikA. 


war  und  niedergebrannt  wurde.  Dif'  Expedition  wandte  sich  dann 
nach  dem  Rutidsehi  zn,  wo  der  Jambe  Pangire,  der  schon  öfter  ge- 
nannte Parteigänger  Buscbiri's,  sich  auf  Guade  und  Ungnade  unter- 
warl  Der  Rückmaradi  nach  der  Küste  wurde  den  Finss  Raiidfichi 
entlang  an^'etreteo,  von  dem  «as  Dr.  Schmidt  sich  nach  Dar-ea- 
Saiaam  begab,  während  Chef  Ramsay  über  den  Fluss  nach  Kilwa 
marschirte,  um  bei  dieser  Gelegenheit  auch  das  dortige  Hinterland 
etwas  weiter  aufzuklären.  Die  Mafiti  hatten  in  der  ganzen  G^eiid 
schrecklich  gehaust.  Der  nrudli-  he  Tlieil  von  üsaramo  war  voll- 
ständig vernichtet  und  entvölkert.  Jedenlalls  werden  bald  in  Mahenge, 
<lem  eigentlichen  Gebiet  der  Matiti,  welches  rieh  westlich  bis  an 
den  Nyassa-See  aasdehnt,  befestigte  Stationen  angelegt  werden  mfia- 
sen,  damit  diesem  Treiben  ein  Ende  gemacht  werde.  Die  Lage  im 
Süden  hatte  sich  in  dieser  Zeit  sehr  verbessert.  Von  Kilwa  iin'.:e- 
f&br  drei  Tagereisen  nach  dem  Innern  hatten  die  Aufständischen  eine 
Borna  errichtet  und  beabsichtigt,  sich  dort  zn  vertheidigen.  Aber 
schliesslicli  hat  rieh  doch  der  erste  der  drei  Hauptchefs  von  Kilwa, 
Mnini  Makarani,  mit  seinem  gesammten  Anhange  nach  langen  Unter- 
handlungen zur  Kackkehr  bewegen  lassen  und  die  alten  Quartiere 
wieder  bezogen,  und  es  war  gegründete  Hoffnung,  dass  auch  die 
anderen  .lumbes  seinem  Beispiele  folgen  würden.  Die  Mörder  von 
Hessel  und  Krieger  sind  hingerichtet  worden.  Im  Oktober  unter- 
nahm der  steilverlaretende  Keichskommissar  von  Lindl  ans  eine  Re- 
kognoszining  nach  dem  Ro^mma.  Das  Mukoude-Phit«  au,  welches  bald 
hinter  I.indi  beginnt,  wird  von  Schmidt  als  dicht  bewaldet,  reich  an 
Kautschuklianen,  und  sehr  fruchtbar  geschildert.  Der  feindliche 
nrm])tling  Machembe,  der  sein  Hauptquartier  in  einem  undunh- 
dringlichen  Busche  aufgeschlagen  hatte,  suchte  der  Kcdonne  den  Weg 
zu  verlegen,  wurde  aber  zurückgeschlagen.  Die  Expedition  traf  am 
16.  Oktober  in  Masasi  ein,  wo  die  Englische  Universitäten-Mission, 
leider  immer  durch  feindliche  Waijwanijwara  bennrnhigt,  eine  Station 
hat.  Die  anderen  Stationen,  weh  he  diciit  daneben  liegen,  sind  Nevaia 
und  Kitangali,  deren  Gebäude,  selbst  die  Kapellen  und  Kirchen,  aus  eben 
dem  Grunde  einfach  aus  Bambus  aufgeführt  sind.  AVegeu  Zeitmangel 
war  iSchniidt  gezwungen,  seineu  Plan,  von  Masasi  nach  der  Einmündung 
des  Lndjenda  in  den  Rovuma  zu  marscliiren,  aufzugeben  und  ging 
nach  Nevaia  Unterwegs  liattc  die  Expedition  noch  einen  Kampf 
mit  wilden  Wayaos  zu  bestehen  und  von  Chef  End  mit  zwei  Kom- 
pagnien wurde  ein  auf  einem  Hügel  gelegenes  feindliches  Dorf  mit 
Sturm  genommen.   Das  Dorf  lag  auf  einem  ungefähr  600  Meter 


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Dttttieh-OstelriU. 


251 


hohes,  sehr  stetleo,  mit  Buschwerk  bewachsenen  Berge.  In  der 
ersten  HftUte  Ahrte  der  schmale  Pfad  stetig  in  einer  Steignng  von 
30  Grad,  in  der  zweiten  fast  senkrecht  aufwftrts.  Die  St&rke  des 
Gegners,  der  mit  Hartnäckigkeit  nnd  Ansdaner  gefochten  hatte,  aber 
m  hoch  schoss,  so  dass  der  Verimt  der  Schntztnippe  gering  war, 
seb&tzte  End  anf  mindestens  100  Gewehre.  Ueber  das  Dorf  Ma- 
ehembe's,  gegen  welches  nvn  Wissmann  nach  seiner  Rückkehr  bald 
vorzugehen  beabsichtigte,  den  weiteren  Harsch  Torzunehmen,  warde 
Schmidt  von  den  Hissionaren  abgerathen,  da  die  za  durchziehende 
Strecke  dicht  bewaldet  war  und  au  Wasser  Hangel  hatte,  so  dass 
er  sich  entschloss,  längs  des  Bovuma  zur  Kfiste  zu  gehen.  Schmidt 
hatte  einige  Stückchen  Kohle  im  Bette  des  Rovuma,  welcher  wenig 
Aber  50  Heter  breit  ist,  gefunden,  aber  er  f&rcfatet,  dass  jene  Kohle 
weder  der  Karbonformation  angehört,  noch  flberhaupt  mnen  Abbau 
lohnen  wird.  Der  Bovuma  dftrfte  nach  Schmidt's  Ansicht  hinsicht- 
lieh der  Schiffbarkeit  niemals  eine  höhere  Bedeutung  erlangen.  Da- 
gegen spricht  er  sich  Aber  den  Rufidschi  ganz  anders  aus.  Er  hat 
im  Sommer  mit  Dnterstfttzung  8.  H.  'S.  „Sehwalbe*  eine  Erforschung 
der  Rnlidschi-Hfindung  ausgeffthrt,  bei  welcher  sich  ergab,  dass  es 
sogar  für  ein  Schiff,  wie  S.  H.  Kreuzer  ^Schwalbe*,  mOglich  ist,  in 
die  beiden  nördlichsten  Hflndungeo  des  Flusses  einzudringen.  Hit 
dem  Dampfer  «Hänchen*  von  6  Fuss  Tiefgang  wurde  der  Flnss 
15  Seemeilen  weit,  d.  h.  durch  das  Delta  hindurch  bis  in  den  eigent- 
lichen Fluss  hinauf  befahren,  ohne  auf  irgend  welche  wesentliche 
Hindemisse  zu  Stessen,  und  Schmidt  nimmt  an,  dass,  wenn  keine 
Stromschnellen  und  Fälle  vorhanden  sind,  der  Fluss  bei  seiner  on- 
gehenren  Breite  sehr  weit  hinauf  fohrbar  sein  mOsse.  Wo  er  den» 
selben  seiner  Zeit  mit  der  vorhin  erwähnten  Espedition  flberschritten 
habe,  ungefthr  95  Seemeilen  von  der  Kfiste,  habe  derselbe  noch  un- 
gefähr eine  Breite  wie  die  Elbe  bei  Hagdeburg.  Hit  flachgehenden 
Dampfern,  wie  sie  die  Engländer  fttr  den  Sambesi  gebaut  haben, 
sollte  es  nach  unserer  Ansicht  sicher  möglich  sein,  bis  zu  den  Pan- 
ganifällen  vorzudringen;  von  da  bis  zu  den  Schuguli^en  sind  Strom- 
schnellen und  Fälle,  welche  den  Landweg  nothwendig  machen.  An 
diesen  SchugulifiÜlen,  bei  denen  der  weithin  schiffbare  Ulanga  endigt, 
wünscht  Dr.  Schmidt  eine  Station  errichtet,  um  hier  die  Hafiti  im 
Zaum  zu  halten,  wei  he  bekanntlich  ein  eben  solcher  Schrecken  fär 
die  dortigen  Volker  sind,  wie  die  Hassai  für  die  nördlicher  woh- 
nenden. 


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252 


Dm  Sehtttzgebiflt  der  Ntn-GiiiiiMi-KoDpagiii». 


Das  Schutzgebiet  der  Neu -Guinea- Kompagnie. 

Die  EotwickeluDg  dieses  Schutzgebietes  ist  im  Berichtsjahre 
langsam,  aber  stetig  gewesen;  es  bat  au  Hücivsehlägen  ebenfalls 
nicht  gefehlt,  aber  sie  unterbrachen  wenig  den  orduangsmässigon 
Gang  der  in  notbweiidiger  Folge  zu  erwartenden  Ereignisse.  Was 
die  Verwaltung  anbetrifft,  so  iiatte  als  Kaiserlicher  Kommissar  Be* 
giemngsrath  Rose  am  1.  November  1889  dieselbe  übernommen, 
während  Herr  Hans  Arnold  als  kaufmännischer  und  technischer 
Generaldirektor  in  Fiuschbafen  von  derselben  Zeit  an  thätig  war. 
Leider  starb  dieser  selur  thätige  uud  umsichtige  Beamte  bereits  Ende 
Januar  des  Jahres  1890.  Die  durch  den  Tod  des  Generaldirektors 
verwaisten  Geschäfte  fibemahm  anf  telegraphisches  Ersncben  llerr 
Begieningsrath  Rose  provisorisch,  doch  bald  ernannte  die  Direktion 
zum  Nachfolger  des  Verstorbenen  den  Kaufinann  Eduard  Wissmann, 
der  seit  13  Jaiiren  in  Soerabaya  thätig  gewesen  und  als  Verwalter 
des  dortigen  Kaiserlichen  Konsulats  auch  mit  den  Verhältnissen  und 
Interessen  der  Neu-Guinea-Eompagnie  betraut  geworden  war  und 
am  17.  Juni  in  sein  Amt  eintrat  Die  Funktionen  des  Kanzlers 
sind  Henn  Gerichtsassessor  Schmiele,  welcher  seit  Juli  1886 
als  Kaiserlicher  Richter  im  Schutzgebiet  thätig  gewesen  ist,  Ober- 
trägen  worden.  Derselbe  hat  seinen  Amtssitz  anf  der  neuen 
Uauptßtation  im  Bismarck-Archipel,  Herbertshöhe  auf  der  Gazelle- 
Halbmsel,  während  der  Kaiserliche  Sekretär  Herr  Referendar  a.  D. 
Hildebrand  mit  dem  Amtssitz  in  Finschhafen  die  richterlichen  Ge^ 
Schäfte  von  Kaiser-Wilhelmsland  wahrnimmt  Herr  Begierungsrath 
Rose  begann  seine  Th&tigkeit  mit  einer  Informationsreise  durch  das 
Schutzgebiet,  um  statistisches  Material  über  die  Ausdehnung  der  im 
Schutzgebiet  vorhandenen  Flentageu,  sowie  über  den  Umfiiug  des 
Handels  zu  sammeln. 

Stationen  auf  Kaiser  Wilhelmslaud. 

Was  die  Kulturarbeiten  anbetrifft,  so  waren  am  1.  Dezember 
1889  in  Finschhafen  bepflanzt:  mit  Baumwolle  11,2  ha,  mit  Mais, 
Bataten,  Sorghum  und  Maniok  9,3  ha,  zusammen  20,5  ha.  In  Vor- 
bereitung für  die  Pflanzung  von  Mais,  Baumwolle  und  Yams  waren 
8  ha  und  1,1  ha  lag  in  Brache  für  Bataten.  In  Butaueng,  der 
Kebenstation,  welche  als  solche  im  August  1889  aufgegeben  worden 
ist«  waren  bepflanzt  mit  Baumwolle  2,39  ha,  mit  Kaffee  2,62  ha, 
mit  Sweet  potatoes  1,38  ha,  mit  Mais  0,»8  ha,  zusammen  7,27  ha. 


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Dm  Schultgebiet  der  Nen-OnioMrEooipiipile. 


253 


In  der  Zeit  voD  Mai  bis  Oktober  1880  waron  in  Finschhafen  40000 
Pfond  Biitaton  geenitot  worden :  auf  dem  dafür  ijut  geeigneteo  Bod.'n 
von  Matakakum  stellt  sich  der  £rtrag  auf  1 20  Ctr.  per  ha.  Aach 
Mais  nnd  Yat)!<  hutten  eine  gnte  Ernte  ergeben.  Ansser  Bananen, 
von  denen  Schäaslinge  ans  Snerabaya  bezogen  worden  sind,  worden 
Kokospalmen  angi  pflanzt;  nach  Botaneng  wurden  versnchsweisc  von 
Finschhafen  700  Kaffeepflaozen  versetzt  welche  gut  gediehen.  Die 
Baumwolle  hat  der  Erwartung,  welche  man  anf  sie  setzte,  volilcomroen 
entspTOcfaen.  Der  Stapel  ähnelt  dem  der  sogenannten  Se»-Island-Qna- 
litftt  An  Vieh^)  waren  in  Finschhafen  bei  der  Inventur  am  31.  März 
1889  vorhanden  16  Pferde,  45  Stflck  australischen  und  21  Stflck 
japanischen  Rindviehs,  12  Zugochsen,  81  Schweine  und  3t  Ziegen. 
Von  dem  Bindvieh  eignet  sich  das  australische  wegen  seiner  Wild- 
heit nicht  als  Zugvieh,  sehr  gut  dagegen  das  japanische,  so  dass 
mehrere  Stflck  davon  auch  an  andere  Stationen  abgegeben  worden 
sind.  Die  Zahl  der  in  Finschhafen  und  Butaueng  beschäftigten  Ar- 
beiter bewegte  sich  in  der  Zeit  von  April  bis  November  1889  zwischen 
140  und  160;  durch  die  Zuffihmng  von  neugeworbenen  Arbeitern 
aus  dem  Bismarek-Archipel  stieg  sie  im  Dezember  auf  nahezu  300, 
fiel  später  aber  auf  etwas  fiber  200.  Die  Anpflanzungen  hatten  im 
Frflhjahr  1890  unter  einer  grossen  Trockenheit  zu  leiden,  selbst  im 
Mai  und  Juni  folgte  ein  regenloser  Tag  dem  andern,  so  dass  die  Kap- 
seln der  Baumwolle  vor  der  Reife,  die  Batatenanpflanzungeo  ganz  ver- 
trockneten und  der  quantitative  Ertrag  der  Baumwolle  geringer  sein 
wird  aU  im  Vorjahre  (siehe  unter  Constantinhafen). 

Gonstantinhafen  (Astrolabebai).  Die  trockenen  Zeiten  des 
Jahres  1889  waren  den  Kulturen  im  Allgemeinen  nicht  gflnstig,  doch 
wurden  von  etwa  10  ha  im  Ganzen  etwa  60000  kg  Baumwolle  ge- 
emtet  Der  Ertrag  kann,  obwohl  die  Pflanzen  anfangs  durch  Trocken- 
heit und  Schädlinge  gelitten  hatten,  als  gflnstig  angesehen  werden, 
da  auf  den  Fidschi-Inseln,  wo  die  Baumwolle  schon  seit  längerer 

*)  Das  srrobe  (htis  (AlaiiL;-AIant;),  welches  überall  in  Neu'Ouinea  vorkomtot, 
t'i'jrif't  sioh  iiath  I>r.  Fins.^irs  Ansicht  »ehr  trut  /tir  Krnfihrung'  vnn  Riinlviph  nii  l 
l'fenlen,  wi--  «las  ijiiif  «ieilcihen  tier  Iet/ter«-n  in  Port  Mores' y  7.eipf.  Auch  das 
anntrftliM'he  Kindvieh  tiedeilit  bei  «lieser  Nahrung  reiht  gut,  üu  dus.s  für  Virhzui-ht 
Sten-Onhiw  tieb  vitlleicbt  gnt  eignen  därfle.  Eine  Kreainng  von  Qneensland*Knhen 
mit  Zebu-Bollen  «fire  tu  empfeblen,  da  sie  eine  gute  Rawe  abftiebt.  Viebinebt  tur 
Flei»ehge«ionuii|(  l&MSt  sich  nur  wie  in  Australien  und  Westrexas  betreihen,  li.  h. 
in  ansgvdebnton  mit  StaclK^Hraht  pln^ozäunten  rjehictcn,  in  denen  sich  das  Vieh 
frei  Termebit  und  dann  durch  besondere  Hirten  zusammengetrieben  und  gefangen 
wird. 


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254 


Dm  SchutiKebtot  der  Nmf<hii]iM^KMi(Nigiüe. 


Zeit  kultivirt  wird,  500  kf;  p.  ha  als  gute  Krnle  geitou.  Die  dorligo 
Baumwolle  sowobl  wie  die  vuii  rinschhafen  zeigt  ganz  vorzüglicheu 
J^tapel  und  wurde  in  Bremen  mit  HO  Pf.  per  ^.jKilo  verkauft. 
Zur  Reinigung  der  Baumwolle  wurde  die  Statiou  mit  Gins  verseben. 
I>ie  Zahl  der  beschäftigten  farbigen  Arbeiter  belief  sich  im  Jahre 
1SS9  auf  W  bis  40;  sie  soll  im  laufenden  Jahre  auf  100  t'rh<»ht 
werden.  Leider  hielt  die  nasse  Witterung,  welche  nn  der  Station  im 
Dezember  ISSli  eingetreten  war.  bis  Juni  an,  wodurch  die  ausgesäteu 
BaumwoUbestimde  sowohl  als  die  zweijährigen  erheblich  litten.  tJuter 
der  feuchten  Witterung  wucherten  aber  die  Bataten  sehr  ü[>pig,  wäh- 
lend der  Mais  zu  stark  in  die  Halme  schoss  und  inlol^e  dessen 
keinen  befriedigenden  Ertrag  lieferte.  —  l'ie  probeweise  angelegteu 
kleinen  Katt'ee-  (ca.  40  PHänzlinge)  und  Kakaopllanzuugen  haben  sich 
tmtz  ungünstiger  Verhaltnisse  gut  entwickelt,  doch  sind  von  dem 
ausgepflanzten  Kakao  nur  ca.  50  l'llanzlinge  übrig  gebliebeu.  Am 
30.  April  befanden  sich  unter  Kultur:  TJ  ha  zweijährige  Baumwolle, 
14  ha  einjährige  Baumwidle.  6  ha  Bataten,  1  ha  Mais,  1  ha  Kaifee 
und  Kakao.  Die  rui^htbäuiua  wie  Gitroueii«  Maugo,  Orangen  o.  s.  w. 
gediehen  gut. 

In  Stei>hausort  (Astrclabebai)  war  im  Sommer  1889  ein  mit 
Uochwald  bestandenes  Terrain  von  19  ha  geklärt,  wenn  die  nothweu- 
digen  (iel)äu<ie  hergestellt  und  14  ha  mit  Tabak  beptlniizt.  Hier  hatten 
Insekten,  namentlich  in  der  ersten  Zeit,  die  IMlänzliiige  beschädigt, 
jedoch  in  geringerem  L'infange  als  in  Uatzfeldthalen,  dagegen  litten 
die  späteren  l'tlanzuugen  unter  Trockenheit.  Die  im  Se{itember  be- 
endete Krnte  wird  als  in  der  Quantität  zufriedenstellend  bezeichnet, 
jedoch  machte  das  Sortiren  wegen  des  Mangels  an  geiditeu  Arbeitern 
Schwierigkeiten.  Auf  14  ha  Tabakland  wurde  nach  der  Aberntung 
Baumwolle  gepüauzt,  deren  Ernte  im  Mai  bei-auu.  Bis  zum  Juli  1890 
w  aren  nach  und  nach  16  ha  nur  mit  Tabak  beplianzt;  die  neuen  Ernten 
hatten  Anfang  Juli  begonueu  und  war  eine  Trockenscheune  bereits  ge- 
lüllt.  Die  guten  Erfahrungen,  weiche  der  Station.s-Auf>t  In  r  ll-  rmea 
mit  zwei  chinesischen  Tabakaufsehern  gemacht  hatte,  hatten  ihn  daza 
bestimmt,  in  Singapore  vier  chinesische  Mandurs  oder  Tabakaufseher 
za  engagiren.  Dieselben  haben  sich  in  Stephansort  gut  eingeriditet. 
Die  aus  der  Umgebung  von  Finschhaten  angeworbenen  Arbeiter 
waren  Anfangs  iu  der  Arbeit  recht  schlecht,  gf^wöhnten  sich  aber 
nihoälii;  daran,  80  dass  ihre  Leistungen  zufriedenstellend  wurden. 
In  der  rnigebnn:;  von  Stephansort  ist  für  Tabaksbau  geeignetes 
Laud  und  zwar  in  anseheinend  unbegrenzter  Fläche  vorhanden,  so 


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Dm  Schvtiftbitt  d«r  Nea->Giuo6ft*KoiafMgiito. 


255 


dass  hier  die  Anadebnnog  der  Pflanzungen  nur  darcli  das  Maase  der 
verf&gbaien  ArbeitskrSfte  bediogt  erscbeiDt 

Erima.  In  der  Astrolabe-Bai  zwischen  Stephaosort  und  der  nörd- 
lii  h  von  dieser  Station  gelegenen  Gorima-Spitze  ist  im  Monat  Mftrz  eine 
nime  Pflanz-nngsstation  angelegt  worden,  welche  nach  einem  nl^rdlich 
davon  gelegenen  Eingeborenendorf  den  obigen  Kamen  erhielt  Von  den 
ffir  die  Tabakplantage  projektirten  30  ha  Land  sind  24  ha  mit  schwe- 
rem Urwald  bestanden.  Bis  Ende  Jnni  waren  17*/»  ha  Wald  ge- 
schlagen nnd  2V8  lui  davon  ger&nmt  Anf  der  Station  sind  anch 
bereits  die  nOthigen  Geb&nlichkeiten  errichtet. 

Hatzfeldthafen.  Anf  der  nArdlichsten  Station,  welche  als  die 
»•hönste  nnd  malerischste  Lage  des  ganzes  Scbntzgebietes  beeitzend  ^ 
in  der  Nfthe  des  sehr  thfttigeo  Vnlkans  der  Vnlkaa-Insel  —  gerfihmt 
wird,  waren  bis  Mftrz  des  Jahres  1889  etwa  10  ha  filr  Tabakbau  vor- 
bereitet nnd  63  Saatbeete  angelegt,  doch  worden  die  Pflftnzlinge  von 
Wflrmem  nnd  Ranpen  befallen,  so  dass  der  Ertrag  ein  geringerer 
war  als  wenn  bei  Erhaltung  der  Pflftnzlinge  die  Anspflanznng  anf 
allee  dazn  vorbereitete  Land  rechtzeitig  hätte  geschehen  kOnnen.  Mit 
der  Ernte  des  Tabaks  wurde  im  Jnni,  nachdem  er  75  Tage  im  Felde 
gestanden,  begonnen,  mit  der  Fermentation  Ausgang  September. 
Die  Ernte  langte  Ende  Mai  in  Bremen  an  und  wurde  zu  einem  an- 
nehmbaren Preise  verkauft  Die  Erfahrung  hat  ergeben,  daan  die 
Anlegung  der  Saatbeete  bezw.  die  Auspflanzung  des  Tabaks  mit 
Rttcksicht  auf  die  WittemngsverbftltniAse  frfther  im  Jahre  geschehen 
müsse  als  bisher  fflr  zweckmässig  gehalten  ^urde,  und  deshalb  wurde 
in  1890  der  Beginn  der  Pflanzung  bereite  iin  Januar  vorgenommen. 
Das  mit  Tabak  bepüanzte  Areal  dflrfte  sich  anf  etwa  20  ha  belaufen. 
Bis  Ende  Mai.  aLs  die  Trockeuln  it  einset/.te,  waren  •200r)00  Tabaks- 
pllanzen  auf  die  Felder  gebraeht.  Im  März  bei;aiiii  die  lünte  und 
Ende  Juni  wjireii  ISOTOO  f*liaiizen  urseliniltcu.  \V(>lrhe  (iO>^0  kg  ge- 
bündelten Tal>ak  lietert«  n.  Die  Zahl  der  Arbeiter  war  ini  Jahre  1881) 
dureh8elinillii<  ii  1  •_'().  unter  ihnen  sind  eine  Anzahl  ..Jabinileute"  aus 
der  Uiiiee;;en<l  Finsi  hhat'en,  weleho  sich  auf  mehre  Monate  haben 
anwerben  la>sen.  Der  St  itioiisvorsteher  giebt  ihnen  das  Zeu^niss, 
da8!5  sie  sieh  sehr  uut  /u  allen  Tahak^-arbfiten  eiunr-n;  di'"«  ii<'lte  aoeh 
von  Leut»'n  aus  liataeul  in  Nni- rdinniern,  di»'  weir*'ii  Ablauf  ihrer 
Dienstzeit  iiarli  Hause  zurürkkehrteu.  ihre  lialdiue  I\üi'kkrhr  aber 
versjuaehen.  Von  den  auf  <lt'r  Station  bexdiiiltiL^tvu  Mala  rii  blirh  'ii 
1.')  über  die  \trtrai:>nKi-siL:t'  Z<Mt  hinaus  auf  iluen  WiiiimIi  im 
Dienste.  Ein  guter  Autaug  ht  damit  gemacht,  den  t'arbigeu  Arbeitern 


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256 


Du  Sehnt^biet  der  Neo-OniDM^Koapagiiie. 


ans  dem  Bismarek-Archipel  kleine  Grundstücke  zu  ühcrlnssen,  auf 
denen  sie  ihnen  zusagende  Früchte  ziehen  können :  sie  bearbeiten  die- 
selben gern  und  willig  in  ihrer  freien  Zeit.  Kine  Desertion  von  32 
Leuten  an^  der  Nähe  von  Kap  König  Wilhelm  fand  im  Juni  1890 
Rtatt  und  es  ist  nicht  gelungen,  derselben  wieder  habhaft  zu  werden. 
Leider  ist  das  bisher  leidlich  gute  Einvernehmen  mit  den  Be- 
wohnern der  Bergdörfer  dadurch  getr&bt  worden,  dass  am  21.  No- 
vember 1889  Eingeborene  ans  Tamberro  die  im  Walde  bescbftftigten 
Malaien  überfielen  und  verwundeten.  Der  Stationsvorsteher  zerstörte 
das  Bergdorf  mit  den  darin  gefundenen  Waffen  und  Vorrüthen.  Ein 
besonderer  Grund  fQr  das  feindselige  Verhalten  der  Eingeborenen 
ist  nicht  zu  ermitteln  gewesen,  ebenso  wenig  wie  bei  dem  üeberfall 
auf  die  in  der  Tabakplantage  bei  der  Station  arbeitenden  Malaien, 
welcher  am  23.  Jnli  18S7  stattfand,  und  bei  welchem  fünf  der  letz- 
teren schwer  verwundet  wurden,  üeber  die  vom  Strande  aus  sicht- 
baren Küstengebirgsdörfer  Tamberro  und  Tchiriar  ist  wegen  der  Feind- 
seligkeit der  Eingeborenen  noch  Niemand  hinausgekommen.  Das 
Verhältniss  zu  den  Bewohnern  der  Küstendörfer  bat  sich  im  Laufe 
des  Jahres  1890  gut  entwickelt  Um  aber  die  Tabaksknltnren  von 
der  Arbeit  der  Eingeborenen  etwas  unabhfingiger  zu  machen,  sind 
in  Singapore  70  chinesische  Knlis  mit  einem  Tandil,  sowie  5  Banju- 
resen  für  die  Kompagnie  angeworben  worden,  welche  im  November 
d.  J.  in  Hatzfeldhafen  ankamen.  Weitere  Verhandlungen  wegen  An- 
werbung von  Knlis  aus  Mittel-China  sind  im  Gange.  Es  damit  end- 
lich damit  ein  guter  Anfang  gemacht,  für  den  intensiven  Tabaksban 
geeignete  Arbeiter  nach  Nea-6ninea  zu  schaffen.  Wenn  einmal  Plan- 
tagenbetrteb  im  Grossen  eingerichtet  werden  soll  —  und  dies  ist 
das  Einzige,  welches  Erfolg  verspricht  —  so  mnss  man  dieses  System 
der  Anwerbung  chinesischer  Arbeiter  aber  noch  in  einer  ganz  anderen 
Weise  durchführen,  als  es  bis  jetzt  der  Fall  ist 

Von  den  geplanten  Pflanznngsgesellschaften  hat  sich  in 
Hamburg  am  13.  November  die  „Kaiser  Wilhelmsland  Plaatagen- 
gesellschaft*'  mit  einem  Grundkapital  von  500000  JC  konstitnirt,  um 
Pflanzungen  von  Kakao  und  Kaffee  anzulegen.  Die  Neu-Guinea^ 
Kompagnie  ist  von  der  neuen  Gesellschaft  durch  die  Hergabe  des 
erforderlichen  Landes,  für  welches  sie  Antheile  erhält,  betheiligt. 
Als  Leiter  des  Unternehmens  ist  der  Pflanzer  L.  Kindt,  welcher  be- 
reit« anf  Trinidad  tropische  Kulturen  geleitet  hatte,  angenommen,  und 
nachdem  er  sich  in  Ceylon  die  erforderlichen  Kakao-Samen  beschafft 
hatte,  am  20.  August  von  Soerabaya  nach  dem  Schutzgebiet  abgereist 


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Dat>  Schutzgebiet  der  ^seu-Ciuiuea-Koiopagoie. 


257 


Dort  wird  er  die  Errichtimg  der  Pflanzang,  f&r  welche  Land  in  den 
Th&lem  und  auf  den  Abhängen  der  Berge  an  der  Astrolabebai  in 
Anssicht  genommen  ist,  inzwischen  in  Angriff  genommen  haben. 
Ueber  die  Bildung  einer  Pflanznngsgesellschaft  för  Tabtk,  eben&lls 
anf  Grand  des  Reichsgesetzes  vom  15./19.  Hftrz  1888,  sind  Verband- 
langen  noch  im  Gange.  Die  Untersnehnng  von  Proben  des  Bodens 
in  Astrolabebai  anf  der  Bremer  Moor- Versuchsstation  Iftsst  er- 
kennen, dass  ihre  Mehrzahl  hinsichtlich  des  Huraus-,  Stickstoff-, 
Kalk-  und  namentlich  Ealkgehaltes  den  Deli-Boden  auf  Sumatra 
überlegen  ist 

Forschungsreisen. 

Eine  Reise  zur  üntersuchong  der  Ufer  des  Augustu-Flusses  im 
Hinblick  auf  den  Tabakbau,  wurde  von  dem  Direktor  einer  iSchweizer 
Tabakpflanzung  auf  Sumatra  mit  einigen  Beamten  der  Kompagnie 
unternommen  uml  wir  entnehmen  einer  anonymen,  iu  der  Köln.  Ztg. 
erseiiieneneu,  Besclireibunu  des  Flusses  Folgeudes: 

Am  Abend  des  14.  März  passirten  wir  von  Hiitzfeldthafen  kommend  westlich 
von  d«r  Vulk&Dinsel  diu  Küste.  Der  Vulkan  wart  die  ganze  Nacbt  hindurch  Feuer 
Mia,  und  LmitrSmtt  TOiUm  VBMfbörlich  an  «einen  Settm  henk».  Bei  TigeeanlMnicIi 
erreichten  wir  die  Hfindnng  des  AugtieU'Ftosees.  Sie  lebeint  ffir  einen  so  nsfteh- 
tlgtn  Strom  wie  der  AugustS'Plass  sebr  eng  zu  sein;  sie  ist  nur  eine  scbmftle 
StiMSe  zwiscbcn  den  Kronen  hohen  Bauradickichts,  welche**  wrind.irtij  an  beiden 
Seiten  sich  erhebt.  Die  gau^e  Landscliaft  iu  weitem  Umkreis  sttiit  hier  unter 
Wasser.  Sagopalmen  bilden  auf  den  übertichveinmteu  Ufern  durch  ihre  -i  Zull 
langen,  nadelartigen  Stacheln  ein  so  diebiverfloehtenes,  undurchdringliches  Bollwerk, 
dass  es  dem  diekhlutigsten  Hippopotamos  nicht  mSg lieh  sein  wfirde^  hindurehsokom- 
ssra.  Wabrscbeiniieh  bat  der  Aagasta-Fluss  noch  andere  lländang:«kan&le.  Nach 
halbtiLfnsiPr  Fahrt  verschwindet  zwar  der  sumpfartiire  Charakter  der  Landschaft  nicht 
(^z,  doch  tretet)  «iie  alten  Sagopalmen,  die  wie  alle  Cycadeen  den  Hlüthen-  und 
Frucbtächaft  aus  der  Mitte  der  Kroue  heraustreiben,  schon  manchmal  zu  zwei  Dritt- 
tbeilen  aus  dem  Wasser  berror,  auch  erscheinen  allerhand  Weicbboixb&ome,  Feigen-, 
Brotftuehtbinme,  Hihisesn  n.  s.  w.,  wenn  auch  nur  in  Stranehform,  neben  Pandanen, 
Dtncänen,  Tnkkas.  Das  Piusswasser  (von  Meeresebbe  und  Piut  unabblngig)  hat 
angenseheinlich  jetzt  den  höchsten  Stand,  da  höhere  W.issermarken  an  Stämmen 
n.  8.  w.  nirtrends  wahrzunehmen  nind.  Weiter  stromaufwärt ■»  treten  die  Uferränder 
hin  uud  wieder  etwas  über  den  Wasserspiegel.  Verschwinden  die  sumpfaiizeigenden 
Sagopalmen  auch  nicht,  so  nehmen  doch  die  Hocbwaldbüume  einen  gesundem  Cha- 
rakter an;  Kokospalmen  seigen  die  Mibe  von  Mensehen  an;  Feigen>,  Brotfrueht*, 
Mango-,  Akasienbhume  u.  s.  w.  erreichen  ihre  in  Neuguinea  gewöhnlichen  michtigen 
Formen  und  an  einiu'en  wenigen  trocltonen  Uferplätzen  werden  Kingeborenendörfer 
Nicbtbar,  deren  Bewohner  mit  <,'rossein  Eifer  sich  auf  ilire  Kai;oes  werfen  und  uns 
vn  folgen  suchen.  Sie  fülireu  lauge  Schaufelruder,  die  >ic,  im  Boote  stehend,  ohne 
Üollen  mit  beiden  Uauden  takimüssig  gebrauchen.  Hierin  unterscheiden  sich  die 
KoJoaiaks  Jshrbocli  189a  j7 


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258 


Dts  8elNitig«hi0t  Amt  Mot  fliiinia  KwmugiiSe. 


Au{^sta-FIus8-Leate  von  Jen  äbrigea  Papiiai  mid  in  Kaiser  Wilhelm«- 

Laiid,  Bismarck-Archipel  und  Salomon-Gruppe,  welche  sit/.end  odfr  hockend  ihre 
kürzuni,  spit/ci  II  Ktidor  j^ehrauchen.  Auch  haben  die  Aujiusta-Fluss-Leute,  im  Unter- 
schiede vüu  ieiztgeuanuten  Völkern,  sehr  robe  Kauoes  aus  hohieu  (nicht  immer  aus* 
gebSblteB)  BtiüMtiinineii.  8fe  blieben  trotz  groeser  Anadaner  bald  weit  sorfick. 
EiiuKe  BoetiniMen  aehwaag»»  grAne  Bäsebe,  anfeaacbeinllch  ala  Friedenaaeiebeti. 
Gehren  Abend  eraehienen,  bakl  nach  Passlrunf^  einer  grossen  Flusschleife,  prachtYoll 
geleijenc,  weit  austredehute  prüue  Gra-sflüchen  an  '»eideu  Seiten  des  Flusses.  I>ie 
ersten  Marücheu  liegen  hinter  uns  und  die  Geest  tritt  nun  an  beiden  Seiten  an  den 
Flus8  herau.  Die  , Ottilie"  dampfte  zwischen  den  Grasbügelo  noch  eine  Strecke  auf- 
«iita  vid  mnf  bei  Somieiniiitergaog  in  etwa  10  FIm1«i  Waaaer  Anker  westUdi  TOn 
eiuem  Singeborenendorfe. 

Die  Lvft  war  gans  anaaen^ewobnlidi  Idar,  aodaaa  wir  die  VulkaD-lneei ,  welche 
docb  an  80  Kilometer  entfernt  war,  sehr  deutlich  sahen.  Der  Blick  hatte  ringsum- 
her und  auch  landeinw-irts  bis  zum  entferutesten  Strich  am  Ilori/.ont,  ausser  diesem 
hoben  Vulkan,  kein  Uin  lerniss.  Nur  tlaches  und  nach  Westen  Ifise  gewelltes  Land 
lag  da.  Die  bchnüden  steilen  Korallen  wände,  deren  boffnungaloaer  Anblick  mir  seit 
IdmonatlleherAnweaenbeit  in  Finachbabn  ao  cur  Qual  geworden,  waren  nna  meinim 
Oeaiebtakreia  verachwunden  und  anch  die  unbeimlietien  Sämpfe  der  AngostafluBs» 

Niederongen  lat^en  hinter  mir.  l>it'  Siiminung  aller  an  Bord  war  eine  sehr  vcr- 
gnagte,  wurde  aber  bald  durch  den  lIohnge>ang  bedeutender  Muskitoschwärme 
furchtbar  gedämpft.  Diese  hier  besonders  schrecklichen  Plagegeister  trieben  uns 
abwechselnd  vom  Verdeck  in  die  üojen  und  aus  den  Kojen  auf  das  Verdeck.  Alle 
Mittel  «rwiaaen  aieh  ala  nuMoa.  Dia  Böaawiebtar  kreebak  unter  die  Fliegennetae, 
atachen  doieh  Leinlfieher  und  Jlger-Oateijacken.  leb  bfillia  mieb  in  'hbabawelken 
und  sah  adr  anf  dem  Verdeck  den  fernen  Vulkan  an«  von  dem  ohne  Unter* 
brecbuog  bald  inallikem,  bald  in  aebwiebem  Stiömen  die  glöbradeLav»  hemnter- 
rieselte. 

Andern  Morgens  dampften  wir  bis  10  Uhr  weiter  stroinautwürts,  dann  begleitete 
ich  Herrn  Bluutschli  auf  seiner  Heise  ins  Land.  Vier  malayiecbe  Uatroeeu  hatten 
groaae  Mfibe,  gegen  die  atarke  Stifininng  nasukiinirfen  und  una  ua  Ufer  tu  aetaen. 
Wir  drangen  dureb  dnen  aebmalen  Buaebatralfen  in  daa  dahioter  gdegene  OraslaaA' 

Die  Grasarten  sind  dieselben  wie  bei  Finschbafen  (binter  Mattatakkum  auf  der  Höhe), 
docb  findet  sich  kein  Alanij-AIaug  d.-ininfer,  nur  ..wilder  Hafer"  und  „Känguruh- 
(irai",  die  allerdini,'»  leicht  au.'^zurotten  .sind.  I'astiras,  welches  in  Australien  liöch- 
stens  vier,  gewöhnlich  zwei  Fuss  buch  isL,  erreicht  hier  eine  Uühe  von  /.wuit  Fu>». 
Meine  Bdeegel&hrten  hatten  aua  der  Entfemnng  vom  fiebiffi  ans  geglaubt,  wir 
wurden  wie  auf  einer  kurzgebalienen  Viehweide  bequem  dabinaehreiten  und  «ne 
meileaweite  Tour  machen  können;  hier  scblus  una  daa  Graa  hoeb  aber  den  Köpfen 
zusammen.  Nur  sehr  mühsam  konnten  wir  bei  der  brennenden  Mittagssonne,  genau 
unter  dem  2.  Grad  siidlicher  Breite,  langsam  vorrücken  bis  zu  einem  Punkt,  wo 
Herr  H.  eine  Probe  des  Boden;»  nahm.  Der  Hoden  besteht  aus  einem  steifen  gelb- 
lichen Lehm,  der  an  den  obern  Schiebten  bis  zu  etwa  '.s  Fuss  durch  liumus  eine 
etwaa  dunklere  Farbe  erhalten.  Der  Lehm  ist  sehr  fein.  Daaa  er  sich  etwaa  körnig 
anfühlt,  kommt  von  der  Beimischung  feinen  Kieselsandea  her.  Der  Boden  i^t 
xweifcdlos  äusserst  fruchtbar,  aber  reichlich  scliwer  und  wenig  durchlässi«; ;  doch 
möchte  die  Sandmischung  diesen  mir  Terdächlii:  dicht  vorkommenden  Lehm  für 
Tabakpflanzung  genügen  lassen.    Wir  di äugen  auf  eine  tiefe  (ieläudefalte  vor  and 


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Dm  Sebatzgebi«t  dtr  Nea-Guinefr-Kompagiito. 


259 


tnfm  iwiMh«!  grobea  IU«d-  ond  SanergriMm  stahwidM  Watser.  DIa  medtmiif 

batte  dem  Augenschein  nach  keinen  direktMi  Abfluss  nach  dem  Meer.  Die  AnwCMii« 
heit  des  Wassers  und  die  Art  dtr  Gräser  verstärkten  meinen  Vorda<  ht  der  Anwesen- 
heit des  für  Flachland  in  rc^eureicbcu  Gegenden  so  sehr  gefürchleten  undurchläääigen 
Gcterbodens.  Doch  habe  ich  die  feste  Ueberzeugong)  das^i  sm  obern  Ottilieolhisse 
ganz  bedoutond«  Flieh«a  basten  Bodens  vorhaDden  dnd,  di«  sieh  nicht  nur  fir 
Tabnk,  sondern  f&r  Baumwolle,  Bela,  Mais  n.  s.  «.  fonngUch  eignen. 

Die  Kingeboreoon  am  Augustaflass  hatten  bei  den  Beamten  der  Kompapnie  in 
Neuguinea  bisher  einen  bösen  Ruf.  Es  liefen  l»pän£rstiffende  Krzähluntren  von  flie- 
yeiidt  n  Ffei!e;i  und  erhobenen  Speeren  um,  und  grade  auf  der  Stelle,  wo  wir  mit 
dem  Boote  laodeteD,  soll  eine  Art  Oefecht  stattgefunden  haben.  Wir  landeten  unter 
den  Augen  lon  Bingeberami,  die  in  iknn  Booten  uBherfabrsn,  nmehivteo  ndt 
VDsera  Gewehren  uBbebuMIch  nad  echweisstiiefend  in  des»  pfidleeen  hoben  Grase 
~-  gänzlich  tingestorti  nnd  gehmgten  naeh  mehntindiger  Abweaenhoit  wohlbehalten 
an  Bord  zuröck." 

Meteorologisches  und  Klimutnlogisches. 

Bei  den  nicteorologisclieu  ßeubuthtungeu  vou  1S86 — 1888  hatte 
sich  bereits  die  überraschende  und  für  dcu  l*llaiizuiigsl»etrieb  sdn* 
wichtige  Thatsuche  lierausgestellt,  dass  hinsielitlieh  der  jahreszeitlichen. 
Vertheilung  der  Niedersehlage  ein  grosser  (iegeusat/  zwischen  Fiusch- 
hafen  einerseits  uud  Konstautiuhafeu  und  Hatzfeldtliafen  andererseits 
besteht.  Wahrend  an  ersterer  Station  die  Hauptregeii mengen  in  der 
Zeit  von  Juni  bis  September  fallen,  sind  im  westlichen  Theile  vou 
Kaiser  Wilhelms-Land  die  Monate  Januar  bis  April  die  llauptregen- 
zeit  und  die  Monate  Juni  bis  August  die  trockensten  des  ganzen 
Jahres.  Die  neueren  Untersuchungen  haben  dies  bestätigt,  wie  folgende 
Zusammenstellung  beweist.  Es  fielen  in  l'rozenttheileu  der  geaamm- 
ten  Regenmenge  des  Jahres  (Juni  bis  Mai): 


Finscb- 
kafta 

Konstaatia- 
halte 

Uatsfeldtp 
AafM 

den  Monaten  Dezember  bis  Apiil  1886/87 

11% 

58% 

62% 

• 

,     ,  1887/88 

180/0 

69% 

68% 

■ 

^     ,      1888  89 

24  «/o 

GO«o 

Juni  bis 

Septeuiber  188G 

o8% 

n  • 

1887 

62% 

18»/o 

17*Vo 

a  • 

1888 

420/0 

5% 

5% 

Die  Gesnndheitsverhältnisse  sind  im  Allgemeinen  günstig,  ins- 
besondere hat  Kerawara  und  auch  Hatzfeldthafen  wenig  Kranken  an 
.Malaria  anf/mveisen,  dagegen  hat  im  Jahre  18S9  eine  bösartige 
Dysenterie  unter  den  Eingeborenen  der  Astrolabebai  viele  Opfer  ge- 
fordert, ist  von  ihnen  auch  nach  Stephansort  und  KoDstantinbafen 
übertragen  worden,  und  hat  sowohl  W^eisse  als  Farbige  ergriffen. 
Relativ  am  zahlreichsten  waren  im  Jahre  1889  Erkrankungen  an 

17» 


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260 


Du  Sebatigobkt  der  N«a-Giil]iMrKomiMgiiie. 


Malaria  in  Finschhafen,  aber  im  Jahre  1890  ist  der  Prozentsatz 
hemntergegangen.  Unter  Foronkeln  nnd  tiefer  liegenden  Abscessen 
leiden  sowohl  Weisse  als  Farbige.  Die  Inflnenzaepidemie  ist  aof 
ihrer  Reise  nm  die  Welt  flbrigens  auch  nach  Kaiser  Wilhebna-Land 
gekommen. 

Bismarck-Arehipel. 
Die  anf  der  Insel  Kerawara  dnrch  den  vormaligen  Landeshaupt- 
mann Frhm.  t.  Schleinitz  angelegte  Station  bot  wegen  des  nnbedenten- 
den  Um&nges  der  Insel  nnd  der  geringen  Ausgiebigkeit  des  Bodens 
kein  Feld  für  Enltnrarbeiten,  so  dass  eine  Verlegung  der  Station  nach 
der  Gazelle-Halbinsel  im  Frfihjahr  1890  dnrchgeffihrt  worden  ist 
Die  Station  Herbertshohe,  welche  dicht  neben  der  bekannten  Ralum- 
Plantage  liegt,  wird  von  Herrn  Parkinson,  einem  durch  langjfthrige 
Thätigkeit  auf  der  Plaotage  wohlerfahrenen  Manne,  verwaltet  und 
hat  iflr  Pflanzungszwecke  Äusserst  passenden  Boden.  Dampfschiffe' 
liegen  auf  geschfitzter  Rhede  in  geringer  Entfernung  vom  Lande  nnd 
für  Boote  ist  eine  durchaus  sichere  Landnngsstelle  vorhanden.  Da 
die  Ralum-Plantage  als  sehr  gesund  bekannt  ist  und  das  erworbene 
Terrain  ganz  ahnliche  Hohenverh&ltnisse  hat  als  jene,  so  wird  die 
neue  Station  auch  als  Gesundbeitsstation  Werth  haben.  Sie  wird 
auch  femer  als  Arbeiter-Depot  dienen.  Die  im  Ganzen  etwas  un- 
ruhigen Eingeborenen  haben  aber  der  Station  bald  nach  ihrer  Grün- 
dung Schwierigkeiten  bereitet;  sie  erschlugen  einen  Aufseher  und  der 
kaiserliche  Kanzler  stellte  fest,  dass  der  Ueberfall  wohlfiberlegt  und 
dass  von  Seiten  des  erschlagenen  Aufeehers  keinerlei  Versnlassnng 
gegeben  war,  wodureh  der  UeberMl  hätte  motivirt  werden  kOnnen. 
Da  die  Eingeborenen  eine  sehr  herausfordernde  Sprache  führten,  so 
beschloss  der  Kanzler,  sofort  energisch  vorzugehen,  um  so  mehr,  da 
die  St&mme  sich  mit  Nachbardistrikten  zu  verbinden  suchten  und 
einen  Ueberfall  der  Station  Herbertshohe  planten.  Am  30.  März 
früh  ,3  Uhr  brach  deshalb  eine  bewaffnete  Mai^t  von  Ralum  anf, 
bestehend  ans  der  Polizeimannschaft  des  kaiserlichen  Kanzlers  sowie 
ans  Hfllfsmannschaften  der  Ralumpflaiizung.  Die  Leitnng  und  Ffihmog 
übernahm  der  Stationsvorsteher  Herr  Parkinson.  Es  gelang  in  der 
Dunkelheit  bis  dicht  an  die  feindlichen  DOrfer  zu  gelangen;  bei 
Tagesgrauen  wurden  dieselben  gestürmt,  nicht  ohne  Widerstand  von 
Seiten  der  Eingeborenen,  die  jedoch  den  überlegenen  Feuerwaffen 
der  Angreifer  auf  die  Daner  nicht  zu  widerstehen  vermochten.  Die 
landeinUegenden  Dörfer  Gunagonoi,  Karawia  und  Litarebareba  wur- 


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Du  Schntigebiet  d«r  Nen-GuinearKompagm«. 


961 


den  auf  GelK'iss  des  Kanzlers  zerstört.  Vor  dem  Dorfe  Karawia 
hatte  ein  Trupp  von  Eingeborenen  sich  festffesetzt.  und  hier  wurde 
einer  getödtet:  leider  wurde  auch  einer  der  Rahiniarheiter  von  einer 
Kni^el  getroffen  und  starb  mehrere  Tage  darauf  an  seiner  Wunde. 

Die  Erwartung,  dass  die  Eingeborenen,  durch  diese  Lection 
bt'leiirt.  sich  auf  Vi'rhandluniitMi  einlass^»n  würden,  bestätigte  sich 
nicht.  Im  Gi'gentlieil  vcrbandt'n  sie  sieh  mit  mehreren  volkreielien 
Inluudsdistrikten  und  grifVen  am  2.  April  Ralum  an.  wurden  jedoch 
mit  einem  Verluste  von  3  Todten  zurückgetrieben.  Am  4.  wurde 
deshalb  ein  neuer  Zug  gegen  die  feindlichen  Dörfer  unternommen. 
Am  foigendt'u  Tage  begannen  die  einirt  schüehterten  Dorfschafteu  mit 
dem  Kanzler  in  l'nterhau<üun_'  zu  treten.  Es  wurdt^  von  ihnen  ver- 
langt, zunächst  als  Friedenszeiclien  eine  bestimmte  Quantität  Muschel- 
geld  zu  zahlen  und  die  Mörder  auszuliefern. 

Diese  prompten  und  effektvollen  Massnahmen  seitens  der  An- 
si«'dler  werden  einen  dauernden  EinHuss  auf  die  Sicherheit  derselben 
sowie  deren  Eigenthum  ausüben.  Die  Kü.ste  der  Gazellehalbinsel 
am  Eingange  der  Blanchebueht  hat  in  den  letzten  Jahren  mehr  und 
mehr  ein  zivilisirtes  Ansehen  erlangt  durch  die  verschiedenen  per- 
manenten Ansiedelungen  der  Weissen.  Bisher  wurden  solche  aus- 
gedehnte Expeditionen  in  der  Regel  den  kaiserlichen  Kriegsschiffen 
auferlegt;  die  Eingeborenen  erhielten  dadurch  den  Eindruck,  dass 
die  Weissen  selber  nicht  im  Stande  wären,  sich  zu  beschützen.  Diese 
Annahme  ist  jetzt  wohl  zerstört  worden,  weitere  Aasschreitongen 
daher  vor  der  Hand  wohl  kaum  za  erwarten. 

Als  Depot  für  die  Arbeiter  gewann  diese  Station  bald  grosse 
Bedeutung.  Parkinson  hatte  vom  20.  bis  27.  Oktober  1889  an  der 
Blanche-Bay  nnd  an  der  Küste  von  Ken-Mecklenburg  im  Ganzen 
100  Arbeiter  angeworben  und  dehnte  nun  seine  Operationen  im 
November  nnd  Dezember  bis  nach  Buka  ans,  welches  za  den  Salome- 
Inseln  gehOrt  Fflr  die  Arbeiter-Anwerbung  ist  neuerdings  ein  eigener 
Segelschoner  „Senta"  gebaut  worden.  Parkinson  hat  auf  seiner  Heise 
interessante  Beobachtungen  Uber  die  Bevölkerung  von  Buka  und 
besonders  Aber  die  der  kleinen  Atolle  Ostlieh  von  den  Salomo-Inseln 
gemacht  Auf  einigen  der  letzteren  ist  die  Bevölkerung  im  allmäh- 
lichen Absterben  begriffen,  und  zwar  ohne  dass  die  Weissen  hierauf, 
wie  es  sonst  an  vielen  Stellen  der  Fall  ist,  irgend  welchen  Einfluss 
haben.  Die  Grfinde  dieser  Erscheinung  sucht  der  Beobachter  wohl 
mit  Recht  darin,  dass  auf  den  kleinen  Atollen  die  Inzucht  besteht 
und  damit  eine  allmähliche  Deteriorirung  der  Bevölkerung  entsteht. 


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262 


Das  SchoUgebMt  der  lieu-OuijMt-KoBipagnM. 


Sie  liegen  zu  weit  auseiannder,  al»  dasij  überhaupt  eine  Vermischuuf^ 
der  verschiedenen  Stämme  und  Gruppen  entstehen  könnte.  Er  nimmt 
an,  dass  in  einem  nicht  allzulangen  Zeitriiuine  diese  theilweise  von 
roiynesieni  bewohnten  Inselgruppen  vollkommen  ciitvidkert  .sein  werden, 
für  die  MarkeHas-Inseln  (britisch)  sei  dies  mit  Bestimmtheit  zu 
erwarten.  Die  Fea<l-Insulauer  sind  z.  B.  im  Aussterben  begritieu, 
und  auch  die  Lord-lIowe-Gruppe,  wo  die  deutsihe  Flagge  gehisst 
wurde,  lässt  trotz  ihrer  dii  hteren  Bevölkerung  doch  eine  Abnahme 
erkennt'u.  Dort  sind  allerdings  von  den  Europäern  schon  Krank- 
heiten einiieschleppt  worden,  wie  z.  B.  die  Musem,  welche  sehr  unter 
den  l^iügelM^renen  wüthcii. 

Ein  anderes  Arbeitcr-De[)ot  ist  im  Finschliafen  t'rrichtet  worden, 
von  wo  aus  Anwerbetouren  im  Miirz  nach  dem  Huongolf  und  im 
Mai  nach  der  Küste  nördlu  h  von  Finscidiafcn  zwischen  Blücherhuk 
und  Kap  König  Wilhclin  und  dann  nach  Xeu-P<jmmern  und  der 
Kook-Iusel  unternommen  und  Mann  angeworben  wurden.  Die 
Eingeborenen  waren  hier  und  dort  sehr  misstrauisch  —  wahrschein- 
lich in  der  Annahnif^,  dass  sie  von  den  Weissen  gegessen  werden 
würden  —  und  eine  Keise  im  August  nach  dein  Huongolf  richtete 
dort  ebeuluils  noch  verhält^issuiäsäig  vveuig  aus. 

Die  Purdy-Inseln-Phosphate. 

Dei  erste  im  Jahre  1S89  gemachte  Versuch,  von  den  I^urdy- 
Inseln  die  Phosphate  zu  holen,  ist  insofern  ergcbnisslos  verlaufen, 
als  nach  Lage  der  Kiffe,  der  Meerestiefe  und  »It  r  Bi  aiidungsverhält- 
nisse  eine  sichere  Befestigung  des  für  die  Beladung  bestimmten 
SchiHes  unmö^ilich  war.  Da  die  Küste  derniassen  steil  abfällt,  dass 
man  am  Vordertheil  eines  dort  ankernden  Schiffes  50  und  am  ilinter- 
theil  l:)0  m  Wassertie!e  gemessen  hat.  da  es  keine  Bnclit  gicbt.  die 
als  Hafen  dienen  kann,  und  eine  fürchterliche  Brandung  ansteht, 
so  hat  das  Ankern  der  Schifte  eben  so  grosse  Gefahren  wie  das 
Landen  der  Boote.  Die  Purdy-Inseln  selbst  sind  winzig  kleine  und 
ganz  niedrige,  nher  dicht  bewaldete  und  durch  diesen  ihren  hoch- 
ßtammigen  Baumwuchs  au<'h  ziemlich  weit  sichtbare  Koralleneiiande. 
Etwa  einen  Meter  tief  unter  der  Dberiläche  beginnen  jene  weisslich- 
gelblicheii  Phosphatlai;er,  die,  wenn  man  ein  Stückchen  zwischen 
den  FiiiL;erii  zerreibt  oder  sonst  zerkleinert,  das  Gefüge  winzig  klei- 
ner MusehelM  liiiiclien  erkennen  lassen.  Auf  eine  weite  Stre<-ke  wur- 
den die  Pht».->pliatlager  der  Mole-Insel  so  freigelegt,  dass  mit  der 
Ausbeutung  begomien  werden  kounte.  Die  Entdecker  dieser  Bodeii'> 


Das  Scbnt«gebi«t  iar  Km-Ouinea-Komptgiiie. 


S6d 


schätze  sind  Engländer  t^ewesen.  die  eine  Zeit  lanj?  die  Ausbentung 
selbst  in  die  Hand  zu  nehmen  beabsichtigten.  Genanere  Plane  der 
La^^crstätten  hat  dann  im  Auftrage  der  Compagnie  Dr.  Hollrung  an- 
gefertigt. Ob  die  Behauptung,  dass  ähnliche  Phosphatlager  auch  auf 
dem  Festlande  von  Xeu-Guinea,  insbesondere  in  der  näheren  Um- 
gebung von  Finsc.hhafen,  vorkämen,  richtig  ist,  ist  noch  nicht  er- 
wiesen. Es  ist  dann  ein  zweiter  Versuch,  nachdem  die  erforderlichen 
Hölfsmittel  zum  Festlegen  des  Schiffes  beschafft  worden  waren, 
Quteraommen  und  sind  1000  Tods  Phosphate  gebdeo  worden. 

Thätigkeit  der  Marine. 

Im  Jahre  1889  hatte  S.  M.  Kreuzerkorvette  „ Alexaniiriue"  eine 
Rundreise  durch  den  Bismarck-Archipel  unternommen,  um  Einge- 
borene, welche  auf  Neu- Mecklenburg  zwei  deutsche  Händler  er- 
schlagen hatten,  zu  züchtigen,  hatte  Finschhafen  besucht  und  war 
dann  schliesslich  nach  der  zur  Howe-Gruppe  gehörigen,  zwischen 
159,19  Ü.  und  5,24  S.  gelegeneu  Ong-Tong- Insel  gefahren,  auf 
welcher  die  deutsche  Flagge  aufgezogen  und  eine  auf  die  Erklärung 
des  deutschen  Protektorats  bezugnehmende  Proklamation  von  Herrn 
V.  Prittwitz  verlesen  wurde.  Die  gleiche  Förmlichkeit  wurde  auf 
der  Insel  Ysabel,  Saloinonsgruppe,  wiederholt.  S.  M.  Kreuzerkorvette 
„Sophie"  traf  am  14.  Februar  in  Finschhafen  ein,  fuhr  auf  Er- 
suchen des  Kaiserlichen  Kommissars  nach  Hatzfeldthafen ,  wo  das 
Erscheinen  eines  Kriegsschiffes  auf  das  Verhalten  der  dortigen  noch 
immer  feindlich  gesinnten  Eingeborenen  von  Einfluss  zu  sein  ver- 
sprach, und  besuchte  dann  die  Gardner-  und  Sir  Charles  llardy- 
Inseln,  um  Repressalien  gegen  verschiedener  Unthaten  angeklagte 
£ina;eborene  auszuüben.  Die  „Alexandrine"  hat  am  26.  Juli  Matnpi 
und  Herbertshöhe  besucht  und  war  vom  2. — 4.  August  in  Finsch- 
hafen. Von  dort  besuchte  sie  in  Begleitung  des  Kaiserlichen  Kom- 
missars den  Bismarck-Archipel  und  landete  am  1.3.  August  auf  der 
Sir  Charles  Hardy-lnsel  ein  Detachement  Polizeimauuschaft.  Finsch- 
hafen ist  vom  22.  August  bis  3.  September  wieder  von  dem  Kreuzer- 
geschwader unter  dem  Befehl  des  Kontre-Admiral  Valois,  bestehend  aus 
S.  M.  S.  „Leipzig"  und  ^Sophie",  besucht  worden.  Der  seit  Jahren 
nicht  dagewesene  längere  Aufenthalt  Kaiserlicher  Schiffe  am  Sitze  der 
Kaiserlichen  Verwaltung  wurde  natürlich  mit  lebhafter  Freude  be- 
grüsst  und  hat  auch  auf  die  Eingeborenen  sicher  einen  guten  Ein- 
druck gemacht 


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264 


MwrBchall-Intein. 


Das  Schutzgebiet  der  Marechall- Inseln. 

In  Folge  des  mit  Strenge  dnr<*h?efri!irteii  Verbotes  des  Kredit- 
gebens und  dadurch,  dass  die  Häiipllinjie  durch  den  Kaiserlichen 
Kommissar  zu  steter  Abzahlung  ihrer  alten  Schulden  angehalten 
wurden ,  hat  sich  die  Schuldenlast  der  Eingeborenen  im  laufendtMi 
.lahre  auf  15  000  Mark  vermindert.  Sie  würde  bereits  völlig  getiliit 
sein,  wenn  nicht  ein  Theil  der  Häuptlinge  sich  noch  im  Besitze 
europäischer  Srgelschooner  betände,  mit  denen  sie  nur  mangelhaft 
iimzut:t'hen  verstehen  und  welche  deshalb  fortgesetzt  kostspieliger 
Keparaturon  bedürfen.  Die  Befreiung  der  Häuptlinge  von  Schulden 
wird  auch  den  Kautieuten  zu  Gute  kommen,  da  die  Eingeborenen  sich 
iiatürgemäss  mit  mehr  Lust  und  Fleiss  der  Produktion  von  Knpra 
widmen,  wenn  sie  wissen,  dass  sie  für  ihre  Mühe  bezahlt  werden, 
als  wenn  sie  den  grüssten  Theil  des  Erlöses  ihrer  Arbeit  zur  Tilgung 
der  von  ihreji  Häujitlinueii  kontrahirten  Schulden  verwendet  sehen. 
Die  Erziehung  der  Eingeborenen  liegt  leider  nocli  sehr  darnieiier 
und  wird  nach  Ansicht  maassgebender  Kreise  auch  keine  Fortschritte 
machen,  so  lange  nicht  an  Stelle  der  eingeborenen  Zöglinge  der 
Boston  Mission  Society  europäisclie  Missionare  treten. 

Der  Kaiserliche  Kommissar  a.  i.  für  die  Marsi  liall-lnsehi,  Vi/»'- 
konsul  Bierrnaun,  hat  in  der  Zeit  vom  29.  Septeniher  bis  ]!•.  OktoInT 
188?^  an  Bord  Sr.  M.  Kanonenboot  ^Wolf"'  eine  Heise  diircli  das 
Schutzgebiet  unternommen  und  die  Atolle  der  Ralik-Kette.  Ebon  und 
Namorik,  sowie  diejenigen  der  Ratak-Kette.  Likieb.  Maloelab.  Arno, 
Majeno  und  Mille  besucht.  Im  Anfang  des  Jahres  wurde  auch  der 
etwa  100  Meilen  südlich  gelegenen  Insel  Nauru  (IMeasant  Island), 
welche  zum  Schutzgebiet  der  Marschall-Inseln  gehört,  ein  Besuch 
abge.stattet.  welcher  sj)ater  von  dem  Sekretär  Eggert  wiederholt 
wurde.  Derselbe  hat  eine  genauere  Besdireibung  der  Insel  gegeben, 
deren  äusserer  Umfang  etwa  *20  km  beträgt.  Das  Küstenland  ist 
sehr  dicht  mit  gut  tragenden  Kokospalmen  besetzt  und  die  Einge- 
borenen plhuizen.  wo  irgend  Raum  ist.  weitere  Bäume  au.  Das 
Innere  der  Insel  ist  hügelig  und  durchschnittlich  — 40  m  über 
dem  Meeresspiegel  erhaben.  Auf  der  Insel  leben  ca.  1050  Einge- 
borene, welche  in  zwölf  Stämme  getrennt  sind,  welche  urs}>rringlich 
Familien  und  nicht  Verbände  von  verschiedenen  Ortschaften  gewesen 
zu  sein  scheinen.  Dafür  sprii  ht  die  noch  jetzt  herrschende  Be- 
stimmung, dass  Niemand  sich  mit  einem  Mitgliede  seines  eigenen 
Stammes  verheiratheD  dürfe.    Die  iosel  hat  trotz  ihrer  Kieiuiieit 


>larsch«lMDsefai. 


265 


eine  gewisse  Bedentung;  es  befinden  sich  anf  ihr  das  Kaiserliche 
Bezirksamt  nnd  die  Küste  ist  mit  ueun  Faktoreien  and  zwei  Missions- 
stiitioiien  besetzt. 

Die  Kreuzerkorvette  „Alexandrine*  besuchte  im  Mai  die  Mar- 
srhail-Inseln,  traf  am  10.  Mai  in  der  Lagune  von  Jaluit  ein  nnd  fuhr 
dann  natli  der  Insel  Xamorik,  woselbst  der  Kaiserliche  Kommissar 
verschiedene  Geschäfte  zu  erledigen  hatte.  Ende  Mai  verliess  die 
Korvette  das  Schutzgebiet,  um  die  Hückfahrt  nach  Apia  anzutreten. 

Der  Jahresbericht  der  Jaluit-Gesellsciiaft  theilt  mit.  dass  die 
Uebernahme  der  Faktoreien  und  Bestände  der  l)eiden  überliefernden 
Firmen,  der  Deutschen  Handels-  und  Planta^en-desellschaft  der  Sfid- 
see-Inseln  und  der  H<'rreii  Robertson  &  Ilernsheim,  welch«'  bereits 
am  1.  Februar  ls88  stattiinden  sollte,  in  Folge  mangelhafter  Post- 
verbindung  niciit  inue  gehalten  werden  konnte.  Der  Termin  für  die 
Faktoreien  auf  den  Marschall-Inseln  musste  auf  den  1.  April  18S8 
verschollen  werden  und  zog  sich  für  die  Stationen  auf  den  Carolinen- 
Inseln  sogar  bis  zum  1.  Februar  1890  hinaus.  Diese  Uebernahme 
der  ca.  60  Handelsstationen,  welche  auf  einer  Wasserflüche  vertheilt 
liegen,  deren  Ausdehnung  von  Osten  nach  Westen  über  2  1()0  See- 
meilen beträgt,  hat  nicht  unerhebliche  Störungen  des  geschäftlichen 
Betriebes  verursacht,  wie  auch  die  Kinfüiirung  der  deutschen  Reichs- 
währung an  Stelle  der  kursirenden  chilenischen  nnd  bolivianischen 
Dollars,  welche  vom  nationalen  Standpunkt  Wünschenwerth  war,  nicht 
unerhebliche  Opfer  gekostet  hat.  Alle  diese  Umstände  haben  dem 
ersten  Geschäftsjahre,  nel)en  den  Gründungs-  und  St«mpelkosteii  eine 
schwere  Last  ausserordentlicher  Unkosten  anfirebürdet,  so  dass  sich 
ein  Verlust-Saldo  von  77  UM  Mark  ergiebt :  die  allgemeine  Geschäfts- 
age ist  aber  gat,  denn  die  KaufTähigkeit  der  Eingeborenen  hat  ganz 
bedeutend  zugenommen  und  die  Gesellschaft  war  dem  yesteigerten  Be- 
dürfnisse entsprechend  in  der  Lage,  reichliche  Waareu-Vorr&the  nach 
ihren  Faktoreien  zu  legen.  Auch  der  enropfiische  Markt werth  des 
ansschlag^ebenden  Produktes,  Kopra.  welcher  anfänglich  tiefer  als 
je  zuvor  gesunken  war,  liat  sich  allmählich  erholt.  Soweit  sich  also 
die  Verhältnisse  übersehen  lassen,  dürften  für  das  zweite  Geschäfts- 
jahr recht  befriedigende  Resultate  erwartet  werden.  Das  für  den 
Verkehr  zwischen  den  einzelnen  Inseln  bestimmte  Schiflfsmaterial  be- 
findet sich  in  tadellosem  Znstande  und  ist  allen  Anforderungen  ge- 
wadksen.  Die  Eokosplantage  der  Gesellschaft  auf  der  ,Providence- 
InseP)  liefert  zur  Zeit  bereits  einen  genügenden  Ertrag,  nm  alle 

0  Durch  Kaiserliche  Verordnung  vom  13.  September  1886  wurde  das  deutsche 


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266 


Kosten  ihres  Unterhaltes  zu  decken ;  nach  weiteren  fünf  bis  sechs 
.Jahren  wird  dieselbe  ein  werthvolles  Objekt  bilden,  von  welchem 
eine  fortdauernde  reLielmässige  Einnahme  zu  erwarten  ist. 

Seit  Oktober  1888  ist  Jaluit  dem  Weltpostverein  eingereiht  und 
eine  Postageutur  daselbst  errichtet;  die  Beförderung  der  Briefe  ge- 
schieht zur  Zeit  noch  durch  Schiflfsgelegenheiten  von  Sydney  and 
San  Fraucisco. 


Uebor  Samoa. 

Die  Generalakte  der  Samoa-Eonferenz,  aaf  Grood  deren  Knhe 
und  Ordnung  auf  den  von  Partei  kämpfen  zerrissenen  [nseln  her- 
gestellt werden  soll,  enthält  acht  Artikel.  1.  Eine  Erklärung,  be- 
treffend die  Unabhängigkeit  und  Neutralität  der  Samoa-In sein,  worin 
den  Bürgern  und  Untertbanen  der  Vertragsmächte  Gleichheit  der 
Kechte  auf  den  genannten  Inaehi  gesichert  nnd  fOr  die  sofortige 
Wiederherstellung  von  Frieden  und  Ordnung  auf  denselben  Sorge 
getragen  wird.  2.  Eine  Erklärung,  betreffend  die  Aendemng  be- 
Btebender  Verträge  nnd  die  Zustimmung  der  Samoanischeu  Regie- 
rang zn  dieser  Akte.  3.  Eine  Erklärung  über  die  Errichtung  eines 
obersten  Gerichtshofes  für  Samoa  and  die  Bestimmung  seiner  Zu- 
ständigkeit. 4*  Eine  Erklärung,  betreifend  Aoeprficbe  auf  Lfinde- 
reien  in  Samoa,  durch  welche  die  Vcrffignng  der  Eingeborenen 
daräber  beschränkt  and  für  die  Untersnchnng  der  Landanspr&che 
nnd  die  Eintragung  gültiger  Titel  Sorge  getragen  wird.  0.  Eine 
Erklärong,  betreffend  den  Munizipal-Distrikt  von  Apia,  durch  welche 
für  eine  lokale  Verwaltung  desselben  Sorge  getragen  and  die  Zu- 
ständigkeit des  Munizipai-Magistrates  bestimmt  wird.  6.  Eine  Er- 
kl&rnng,  betreifend  Besteueraug  und  Einkünfte  in  Samoa.  7.  Eine 
Erklärung,  betreffend  die  Beschränkung  des  Yerkaofs  and  Gebrauchs 
Ton  Wafleo,  Manition  und  beraaschenden  Getränken. 

Zn  dem  Oberrichter  ist  ein  Schwede,  Herr  t.  Gederkrantz, 
ernannt  worden,  welcher,  nachdem  er  sich  den  Regieroogen  von 
Deutschland,  England  and  Nordamerika  vorgestellt,  am  Ende  des 
Jahres  1S90  in  seinem  neuen  Wirkungskreis  eingetroffen  sein  dfirfte, 
wo  man  seiner  Ankauft  mit  Spannung  entgegensah. 

Schutzgebiet  ancb  über  di«  ProTid^nee-liiMt  aasgedehnt,  obwohl  die  IbmI,  welche 
unter  9^  40'  n.  Br.  nnd  161^  5.  L.  liegt,  nach  der  ßrenxe  dea  am  17.  Dezember 
1885  abgeschlossenea  spaniscb-dcatacben  Karolinen -Vertrages  als  zur  apaoi^chen 
Interessenapbftre  gehörig  sn  rechnen  wire. 


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Denknclirlft 

über  die 

MweggrUnde  zu  den  dairtseb-eigliicbeii  AbkMiMiLO 

(An»  dem  Dtatvcbtn  Beicb»-  und  K6nifL  JPFrauiKbcn  8tMta-Ajis«iser^ 


Ntcljdem  d&s  deutsch- eujrlische  AI)kommen  lom  1.  Juli  d.  J.  die  zu  seiiuT 
Gültigkeit  erforderlicbeo  Stadien  »oweit  durcblAufen  bat,  d&ss  seiner  Äusfübrun^ 
HiadiCBitM  nkht  mthr  «ntfSffMUtolMOt  mU«  onanelir  dkjmiifen  GMiehtepiuilttt 
diig«l«gt  wtrdfla,  wM»  §ü  die  KaiMrii^  Bafiamiff  bei  AbMhloM  diMellMa 
iiiaaif»b«id  gtwMtn  tind. 

AUera  voran  stand  das  Bestreben,  unsere  durch  Stammesverwandtscbaft  uud 
dvitb  die  geschichtliche  Kiitwickeiung:  beider  Staate»  {,'ejfebenen  truten  Beziebun);en 
za  England  weiter  zu  erhalten  und  zu  befesti^'en  uud  dadurch  dem  eigenen  Inter- 
esM  wie  den  dM  Weltfriedens  ni  dienen.  Hit  der  dnrcb  die  Ausdebnong  unserer 
ibewsieelm  Beiiebvnfm  ud  koloniilta  Bettrtboaffen  fsgebaiMi  Venetmuig  der 
BeriknncipaBktB  ait  uderaD  StMteo,  Baimiiitlich  ndt  Baglind,  hatte  aach  die 
Weltiecllrinlicllkeiti  ▼efmBimende  Reibungen,  weiter  wirkende  Differenzen  nicht 
immer  rermeiden  zu  können,  zneenommen.  Solche  Wirkungen  sich  nicht  bis  auf 
die  ;ill<: ein  eine  Politik  fortsetzen  und  diese  daduriii  cefTihrden  zu  lassen,  miis^to 
das  vomehmste  Ziel  der  Verhandlungen  »ein.  Der  Gedanke:  uiu  eines  kolonialen 
Zwiilei  «ilkn  ift  letstor  laitaas  vm  Zervür&iae  nit  Bngiand  ge<ir&nct  wnden  n 
können,  dnrfie  keinn  Ranm  gewinnen.  Et  konnte  nidit  iweiMhoft  aein,  daaa 
nnser  kolonialer  Besitz,  materiell  bei  Weitem  nicht  werthvoll  geuut:  ist,  um  etwa 
gar  die  Nachtheile  eines  den  beiderseitijren  Wohlstand  auf  das  Tiefste  erschüttern- 
den Kriefres  aufzuwägen.  Aber  nicht  bloss  der  Krietr  mit  den  Waffen  in  der  Hand 
mutste  vermieden  werden,  auch  die  Verfeinduug  der  Nationen,  die  Verbitteruuß  der 
Stimmoflg  in  weiteren  Intereiaentenkreisen*  die  diplomatische  Fehde  durften  in 
mumm  koloninlen  Beaiti  keinen  Boden  finden.  Wir  wnnachen  driufend,  die  alten 
gvlen  Besjebnogen  u  England  aueb  aaf  die  Znknnit  tu  fibertragen. 

Wie  weit  Gemeinsamkeit  der  Interessen  oder  verbriefte  Verträge  im  Stande 
sind,  in  unnerer  acbnelllebenden  Zeit  die  Politik  der  Staaten  über  allen  Wechsel 


Diese  Denkschrift  ist  auch  als  No.  1  der  Sammliuig  amtlicher  Veröffeni- 
liebenffUL  ana  dem  Reicbs-  und  Staateanzeiger  (Beriin»  (krl  Heynunns  Verlag) 
zum  Preise  von  50  Pfennigen  zn  becieben. 


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268 


Beweggründe  xa  dem  deatich-engtiwbeii  Abkommen. 


der  Personen  und  der  V'erhälliiisse  fort  auf  längere  Zeiträume  fest  zu  Idnden,  ma? 
dabin  gestellt  bleiben.  Zweife]lui>  aber  wird  das  sicherste  Mittel  für  ein  freund- 
acbeftlicbee  Einvernebmen  svteeben  swei  Slaaten  enf  die  Dener  darin  feeoebt  werden 
kSnnen,  den  man  sieb  beetrebt,  alle  diejenigen  Punkte  su  finden  und  zu  begldcben, 

welche,  die  Keime  zuküuftif^er  Verwickelungen  iu  sich  tragend,  die  Nationen  mit 
der  Zeil  einander  entfremden  könnten.  Je  mehr  die  Politik  mit  nationalem  Em- 
pfinden, mit  pesteigertera  Ehrgefühl  der  Völker  zn  rechnen  hat,  um  so  mehr  muss 
sie  danach  trachten,  schon  früh  die  ersten  Anfänge  nationaler  Verstimmungen  zu 
entfernen. 

Aber  anob  von  dem  b^^renzteren  6land|nuikt  der  geddblieben  Bntwiekelung 
nneerer  dgenea  nberseeiscben  Politik  «Ire  jede  weiter  greifende  Differenz  mit 

Kurland  tief  zu  beklagen.  Wir  sind  in  ttneeven  überseeischen  Beziehungen  vielftusb 
auf  das  freundschaftliche  Verhalten  der  grösseren,  äl''^ren  Seemacht  angewiesen. 
England  gestattet  unserer  Marine  überall  hereitwillig  die  Mitbenutzung  seiner  Häfen, 
Docks  und  anderen  maritimen  Anstalten;  Handels-  und  Kriegsmarine  beider  Lander 
erfreuen  sieb  gegenseitigen  Wohlwollens. 

Hiebt  in  demselben  Kaasse  indess  war  es  fibeiall  geglückt,  ancb  ans  der 
kolonialen  Politik  beider  Reiche  unliebsame  DifTerenzen  fem  zu  halten.  Es  waren 
hie  und  da  Reibungen  zwiM-hen  den  beiderseitisjen  Oespllschaftcn  und  Organen, 
welche  sich  die  I'flege  kolonialer  Angelecenheifen  und  Interessen  /.'ir  Aufgabe  ge- 
macht hatten,  eingetreten.  Diese  sieb  in  scheinbar  unbegrenzten  Räumen  bewegen* 
den  und  mit  unbenannten  Grössen  reebnenden,  vieUkeb  mebr  an  die  Phantasie  als 
an  dos  Ortheil  ihrer  Landslente  appellirenden  Oesellscbaften  nud  Organe  verstanden 
OS  aiobt  selten,'  die  öffentiidio  Meinung  zu  beeinflussen,  und  es  konnte  nicht  au«- 
bleiben,  dass  dabei  auch  die  Regierungen  in  eine  gewisse  Mitleidenschaft  !rez<^n 
wurden.  Die  Konkurrenz  und  die  F.iforsucht  der  Kolonial-Interessenten  limclifen  es 
mit  sich,  dass  furtwidirend  Reklaniationen  wetren  d'^r  wirklichen  und  verineintü  ■li>  ii 
UebergriiTe  i'er  Einen  k^K^^  *'>^  Anderen  erhoben  wurden,  und  dass  die  Keiiieruu^en 
einen  wesentlichen  Theii  ihrer  internationalen  Bedehungen  in  der  Erledigung  dieser 
Reklamationen  erblicken  mossten.  Seit  1886  wurde  Aber  diese  Ansprnebe  und 
Streitiv'keiten  der  gegenseitigen  Interessenten  zwischen  den  Rsgierui^n  verbandelt, 
im  einzelnen  Falle  diese  und  jene  Streitigkeit  ausgeglichen  oder  vertagt,  im  All- 
gemeinen aber  blieb  als  Ergehniss,  dass  eine  völlige  Begleichung  nicht  «•ingetret.'n 
war.  Die  Notbwendigkeit,  diesem  Zustande  fortdauernder,  das  gute  Einvcrnehmfu 
beeinträchtigender  Zwistigkeiten  ein  Kode  tu  machen,  war  der  deutseben  wie  der 
englischen  Re^erung  sum  Bewusstsein  gdti>maien.  Anfiings  dieses  Prölyabrs  hatten 
sich  deshalb  beide  Regierungen  verstlndigt,  olmmtliche  strittige  Fragen  dnrdi  De- 
legirte  einer  genauen  Prüfung  zu  unterziehen  und  dabei  zu  versuchen,  inwieweit 
sich  auf  Grund  dieser  mündlichen  Erörtenmgen  eine  Einigung  erreichen  lassen  werde. 

Am  3.  Mai  d.  J.  traf  zu  diesetn  Behüte  8ir  Percy  .\ndorsoii  in  ßerliu  ein  und 
ging  mit  dem  Geheimen  Lcgatiouä-Kath  Dr.  Krauel  iu  mehrfachen  Beratbuugeu  die 
simmtliehen  afrikanischen  Streitpunkte  durch.  Bs  stellte  sich  dabei  bald  berans, 
dass  diese  Detail-Brorterungen  die  Angelegenheit  nicht  absebliessen  konnten,  und 
musste  vielmehr  versucht  werden,  einen  allccmeinen  Standptmkt  zu  finden.  Es 
wurde  daher  diesseits  als  für  uns  leitender  <ie>ichtspunkt  hintrestellt,  dass  die  ver- 
schiedenen streifiireti  üeiretistände  als  ein  untrenn  t)ares  Ganzes  behandelt,  und 
üasä  als  Tauschobjekte  diejeuigeu  Punkte  verwcrtbet  werden  scditeu,  deren  relativer 
Werth  für  die  beiden  Slaaten  ein  versiAiedener  wu*,  so  dass  das  Interesse  des 


t 


Btweggrüude  zu  dem  deutscb-eugliscbeu  Abkommen.  26U 

• 

•inen  mit  dem  d«f  anderen  bei  einem  UmUmieh  vereinigt  werden  konnte.  Bs  er- 
schien wohl  mSgflich,  einen  Vertrag  zu  Stande  zu  bringen,  in  welchem  zwar  keiner 
der  beiden  Theile  alle  seine  Wünsche  hpfrieilict  schon  würde,  in  welchem  aber  auch 
Jeder  von  Beiden  einen  (Jewinn  gerade  an  deujeiiiiren  Stelloti  zu  verzeichnen  bitte 
««lebe  von  »einem  besonderen  Standpunkt  au»  die  werlbvullereu  waren. 

Nacbdem  diese  Qeiicbtspunkte  die  AUeriiaclwte  BUUgung  Sr.  Majesl&t  des 
Kaisers  erlangt  hatten,  konnte  der  deutsebe  Botschafter  Graf  Hatsfeldt  die  besög- 
iiebmi,  allgemeineren  Verhandfaingen  mit  Lord  Salisbnry  in  London  beginnen. 
Bereits  am  17.  Juni  kam  es  zu  der  Torlänfigen  Verständigung,  welche  in  No.  145 
des  Deutschen  Reichs-  und  Königlich  Preussischen  Staats- Anzeigers  veröffentlicht 
ist.  Die  Einzelheiten  dieses  Abkouimentt  wurden  soduuu  zwischen  den  obengenannten 
Detegirten  der  beiden  Regierungen  in  Berlin  auf  der  nunmehr  gefundenen  Orund- 
faige  dnrdigearbsitet,  nnd  es  konnte  nach  angestrengter  Arbeit  das  Abkommen  am 
1.  JttU  Abends  geceiebnet  werden. 

Im  Einzelnen  waren  dabei  ffir  uns  folgende  Srwignngen  maassgebend  ge- 

OS  vWU  « 

I.  Wert-  und  Sililwest-AfHka. 

Das  dentsebe  Togogebiet,  welches  reich  an  knitnrfthigom  Land  ist  und 
fiut  alle  tropischen  Produkte  hervorbringt,  kann  in  Zukunft  ein  ergiebigea  Feld  für 

den  Betrieb  von  Plantagen  bieten.  Die  in  dieser  Beziehung  eingeleiteten  Unter» 
nehiniingen  befiiulen  sii  h  imlessen  noch  in  den  ersten  AnfUnsjen.  Von  Bedeutung 
ist  <*iii.stft eilen  allem  litr  Handelsverkehr,  welcher  t  ine  erfreuliche  Entwickelung  ge- 
uommen  hat.  An  dem  nur  wenige  Meilen  laugen  KiiütetiHtreifen  von  Lome  bis 
Klein>Popo  sind  11  enroplische  Firmen  angesessen,  welehe  in  der  Zeit  vom 
1.  April  1888  bis  31.  Mirs  1889  einheimische  Produkte  —  namontiich  PalmoU 
Pldmkeme^  Gummi,  Elfenbein,  Erdnüsse  —  im  Werthe  von  1  900  000  M.  aasgeführt 
haben  und  deren  Einfuhr  nach  Togo  sich  in  der  gedachten  Zeit  auf  einen  Werth 
von  -  Millintien  Mark  beiiflVrt  hat.  l>t  r  gedachte  Verkehr  wurde  durch  112  Schiffe, 
welctie  die  Rhede  von  Klein- Popo  unlieteu,  vermittelt.  Für  da»  Jahr  1889/30  liegen 
genaue  statistische  Nachrichten  noch  nicht  vor,  nach  dem  ErgelNiiss  der  Zolldn- 
nabioen  darf  aber  erwartet  werden,  dass  der  Handelsumsats  sieb  auch  in  diesem 
Zeitraum,  mancher  ungünstig  wirkender  Verhiltnisso  ungeachtet,  ungefthr  auf 
gleichem  Niveau  wie  im  Vorjalire  gehalten  hat. 

Bei  der  rüiiinluh  geringen  Ausdehnung  dex  Schutzgebietes,  welches  im  Osten 
durch  frauzüstäche»  und  im  VVetiteu  durcti  en,:liscbeä  Gebiet  begrenzt  wird,  ist  für 
die  Weitorentwickelung  des  Handels  in  Togo  der  Verkehr  mit  dem  Hinterlande  von 
grösster  Bedeutung.  Um  das  In  gerader  Linie  hinter  dem  Togogebiet  liegende 
Hinterland  zu  erforschen  und  dem  Handel  zu  ersch Messen,  ist  seiner  Zeit  im  Adeli- 
lande  die  Station  Bismarcksbunr  angelegt  worden.  Von  dort  aus  sind  freundliche 
Beziehungen  mit  den  umlie-j^endeu  Eingeborenen  Stämmeu  augeknüpft  und  auch  in 
anderer  Beziehung  ^Beförderung  der  Gummi-üewinuuug  etc.)  Erfolge  erzielt  wurden. 
Wichtiger  ala  diese  Gebiet«  sind  aber  die  nordwestlich  von  der  dsotsehen  und 
hinter  der  englischen  Interessensphäre  gelegenen  Gegenden  von  Salaga,  Jendi  und 
Gam>>aga,  welche  tbeils  von  heidnischen,  tbeilweise  aber  auch  »<chon  von  mobammo" 
dänischen  Völkerschaften  bewohnt  sind.  Von  dort  aus  findet  schon  jetzt  ein  reger 
Karawanenverkehr  nach  der  Küste  statt.  Den  P.erifiiten  der  deut-ehen  Forschuugs- 
leiauudeu  ^iiauptmaun  v.  Franvoiü  und  Dr.  Wolt;  zufuigc  ist  der  Handel  nach  jenen 


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270  Benegin^ode  to  den  dMta«b-eD|liteh«ii  AbkiNDi 


GeeendeD  aber  einer  weiteren  sehr  erbeblicben  Steigerung  ftbi(;  Namentlich  kommt 
in  dieser  Bcziehunsr  die  Stadl  Sfila<j.i  in  Betracht,  welcho  einerseits  den  Mittelpunkt 
für  die  aus  dem  Innern  Afiikas  iumI  den  Gejfenden  lies  oberen  Nijfer  kommenden 
Karawanen  und  den  ätapelplau  für  die  Produkt«  jener  üegeudeu  bildet,  auf  d«eu 
llnrkt  aadAraneito  aber  aneb  für  «oropliidM  Artikal  tMm  äkufM  gabataa  iat 
Um  Jen«  Gegenden  dem  deoteebea  wie  dem  engUeeben  UnterDebmingifeiit  nutzbar 
SU  mdiei,  Ist  iu  dem  im  Jahr»  1888  nit  Eni^land  abffeecbtossenen  AbkoBinen 
rrreinbart  worden,  dass  dipsplhen  netitml  bleiben  sollen,  und  dass  in  dieser  nen- 
traten  Zone  keine  dor  heidt-n  Mächte  Hoheitsrechte  erwerben  darf,  .leilenfalls  würde 
UeuUcbiand  UoterDebmungeu  gegenüber,  welche  diese  Neutralität  berühren  künuteo, 
auf  Grand  dar  ton  daai  Haaptiaann  t.  Franfois  gescbloaeeaen  Schutsvertrftge  das 
Rflcbt  der  Piioritlt  sa  baaaspmdiea  baben. 

Wenn  dnrcb  dieie  Maaisaabnien  dafar  Sorge  getrairen  ist,  dem  Handel  von 
TofTO  weite  (Jebiete  offen  zu  lialfen,  so  hat  es  sich  aber  weiter  als  nötbig  erwiesen, 
auch  dafür  Vorkehrungen  zu  treffen,  dass  eine  bequeme  und  sichere  Verbindung 
/.fvischen  äalaga  und  dem  deutschen  Schutzgebiete  iiergealellt  wird.  Iu  dem  vorher 
gedachten  Abkommen  vom  Jahre  1888  «raren  die  Gebiete  am  unteren  und  mittleren 
Laufe  des  Volta  swiscben  den  beiden  X&chlen  nacb  Landsebafken  getbeilt;  Deutsch- 
land waren  die  f^andsebaften  von  Kewe,  Towe,  Agotime  und  das  Gebiet  nördlicb 
von  Crepi  (Peki)  zugesprochen,  während  England  die  Landschaften  von  .\qnamn 
und  Crepi  «rhalten  hatte.  Alsbal'i  aber  ergaben  sich  Zweifel  über  die  Ausdehnting 
jener  Landschaften.  Namentlich  bezüglich  de»  Gebiets  vuu  Feki  standen  sich  die 
Angaben  ochroff  gegenüber,  indem  die  einen  dasselbe  dicht  über  dem  Orte  Peki 
endigen  liesien,  wlbrend  andere  nicht  nur  die  Stadt  Kpandn,  aondem  aneh  die 
Gebiete  von  Inkoaja  nnd  Buen  fSr  Tbeile  von  Orepi  erlilirtan.  Diese  Veriilltnisse 
scblossen  eine  doppelte  Gefahr  für  den  deutschen  Handel  in  sich.  Die  Unsicherheit 
der  Grenzen  in  Verbindung  mit  dem  seit  langen  .lalnen  von  England  geübten  Kin- 
fluss  hatten  zur  Fol^e,  dass  in  den  streitik'en  ureuzbezirken  jeder  Verkehr  mit  den 
deutscbeo  l^üstenplätzen  von  den  Eingeborenen  vermieden  wurde.  Schlimmer  aber 
war,  dass  die  Karawanenatrasse  ans  der  oben  erwibaten  nevtralan  Zone  durch  den 
streitigen  Theil  von  Crepi  und  nanmiCUch  über  KiNuda  fihrt»,  und  daas  die  Kara- 
waaen,  von  der  Stimmung  der  dortigen  Einffebort-nen  beeinflnsst,  von  dem  ccdaebten 
Orte  aus  ihren  Weg  nicht  mehr  wie  früher  na^  h  ileiii  im  deutschen  Gebiet  belegenen 
Lome,  sondern  nach  dem  britischen  Tbeile  der  küsie  nahtneu.  I'urch  dma  neue 
Abkommen  werden  beide  Gefahren  beseitigt,  die  in  demselben  festgesetzte  Grenz- 
linie ist  leieht  an  Ort  und  Stelle  featxalegeo;  überdies  aber  entspricht  sie  den 
deutacben  Interessen  und  Wünschen,  indem  nunmehr  die  Earawaaenatrasse  von 
Salaga,  Jendt  etc.  leditriich  deutsches  Gebiet  berührt  und  somit  der  von  Alters  her 
bestebeinle  dlickic  Verkehr  von  dort  nach  Lome  gesichert  i>t.  Die  Ilerste|lu:i<: 
einer  andec-ii  \  fi  iuiidunj^  nach  der  neutralen  Zone  wäre,  wenn  ulierhaiipt  in  diu 
iiuchsteu  Jahren  erreichbar,  mit  vielen  Mühen  und  Opfern  verknüpft  gewesen.  Kür 
die  Bntwickelttog  iles  Handels  im  Togogebiet  ist  daher  die  durch  das  Abkoiimen 
herbeigeführte  Grenzregniimng  ein  namhafter  VortheiL  Auch  ist  nicht  zu  verkennen, 
dass  dieser  Vnrtheil  wesentli<  h  einer  britischen  Konzession  zu  verdanken  ist,  denn 
PS  kann  nach  dem  v.ir;^el»' achten  Material  kaum  einem  Zweifel  unterliegen,  dass  die 
liuher  in  Aus^i.  ht  >;en'Muinene  rniersiu-huun  an  <h\  und  Stelle  sicher  bei  Kpandii. 
wabrächeinlicb  aber  auch  bt  i  Buem  und  lukunja  die  Zugobörigkeil  zu  der  Euglan  I 
zuerkannten  Landschaft  Ciepi  ergeben  bitte. 


Beweggründe  za  d«m  danUch- englischen  Abkommen.  271 


la  Kamtrnn  iat  der  Boden  Ibolidi  vie  in  Toga  rar  Erasttgimg  tut  sinDt* 
lieber  tnpiechen  Produkte  goe^oei.  Der  Plantegeobetrieb  liat  hier  bereit«  eine 

grössere  Entwickelung  genommen,  indem  auf  d>'n  Pflanzungen  der  Kamerun-Laiid- 
md  Plantagen-Gesellscbaft  nnd  der  Tabakbau-Gesellschaft  Karoemn  erfreuliche  He- 
snltate  mit  Tabak  erzielt  worden  sind.  Auch  mit  dem  Aaltau  von  Vanille  niid 
Kakao  sind  erfolgreiche  Versuche  gemacht.  Ebenso  wie  in  Togo  tritt  aber  au«  b 
bier  der  Plaatagenbetrieb  gegen  die  Bedeatung  der  HiiMlelsuBtomehmnngen  weit 
inraefc.  Der  Handel  von  Kamerun  Hegt  in  den  Binden  von  9  Firmen,  damnter 
2  groeaen  deutschen  Häusern.  Faktoreien  dieser  Untemebmnngen  sind  anf  einselne 
Funkte  des  Südens  und  des  Nordens  dos  Sotiiitzffehietes  Tcrtheilt. 

Die  Hauptausfubrartikel  bilden  Palmöl,  l'alnikerne,  Kaul>i  liuk  und  Klf«'nbeiii 
Die  Einfuhrartikel  sind  sehr  verschiedauer  Art,  eine  Uebersicht,  aus  welcher  sich  die 
in  der  Zeit  vom  1.  JoU  Ui  31.  Desember  v.  J.  impoitirten  Oegenatinde  und  denru 
Mengen  ergeben,  ist  in  dem  Deateehen  Kolonialblalt  No.  1  auf  Sdta  4  veröflbntUdit. 
Die  SoUe,  mit  welchen  die  Einfobr'von  Spirltnooen,  WaSm,  Pulver,  Sali  nnd  Bete 

belegt  iat,  eigaben  einen  Krtrag 

in  dem  Etatsjabr  1888,d9  von       844,4 i  M. 
n    ,         ,       1889,90    .    •>00bro,\)i  , 

Der  Bin-  und  AnifohTVMlE^r  wurde  ermittelt 

im  Jabre  1887  durch  81  i^hifle, 
,     .    1888    .     97  , 
„      .     1889     ,     82  . 

Em  wesentliches  Hindomiss  für  den  Handel  in  Kainertni  hat  bisher  der  Ton 
den  Eingeborenen  an  der  Küste  betriebeue  und  monopolisirte  Zwischeuhandel  ge- 
bildet Im  SMen  iat  dieaea  Monopol  anm  grosien  Tbeil  durch  die  Ezpeditiooen 
des  Hanptmaana  Kundt  und  des  Ueutenaata  Hoigen  dorebbroebeu,  im  Norden  ist 
hierin  durch  die  letzte  Expedition  des  Dr.  Zintgraff,  welcher  bis  nach  Adamna  hin- 
auf mit  den  Eingeborenen  Beziehungen  anffekmipft  hat,  wenigstens  ein  Anfang  ge- 
macht. Ist  der  Zwischenhandel  erst  völlig  hc9Piti.rt  und  der  Vorkehr  auch  mit  dorn 
weiter  entfernten  Uiuterlande  frei,  so  darf  auf  eine  erheblictie  Hebung  des  Handels 
von  Mamenm  gebolR  werden.  Die  in  dem  neuen  Abkommen  getroffene  Bestimmung, 
dsM  der  DordigangaTerkebr  iwiseben  den  beiderseitigen  Gebieten  und  dem  Tschad. 
See  frd  sein  und  keinen  Transitabgaben  unterliegen  soll,  durfte  sich  alsdann  als 
äusserst  nützlich  für  Kamerun  erweisen.  Durch  dieselbe  wird,  auch  wenn  encliscbe 
Uiiternehmungin  in  jenen  Ländern  Detitsohlaiid  zuvorkommen  sollten,  dem  Handel 
nnserea  Schutzgebiets  der  freie  Verkehr  mit  den  in  diesen  Gegenden  aii<;o;!iiedelteu 
reichen  mohamedaniscben  Völkerschaften  offen  gehalten.  Was  die  in  dem  Vertrage 
getreffcno  Bestimamng  über  die  Nordgrense  dee  Kamerungebiets  (von  der  See  bis 
XU  den  Rapide  des  Crossflusses)  betriffi,  so  haben  hier  dotnltife  Bestimmungen 
nicht  erfolgen  können,  weil  der  Köniijlich  grnssbritannischen  Rftrierung  die  Ergeb- 
uiHso  der  vor  Kur/om  :in  Ort  und  Stelle  vort,'cnommenen  englischen  Vermessungen 
noch  nicht  zugegangen  waren.  Für  Kamerun  kommt  es  inde>s  bei  der  vorliegenden 
Frage  fast  allein  darauf  an,  ohne  Aufgabe  von  werthTollem  Land  eine  Grenze  zu 
halten,  «siebe  eine  leichte  und  wenig  kostspielice  Zollnberwaebong  gestattet.  Dieses 
Bednrfiiiss  hat  bei  den  Verhandlungen  ▼olle  Keachtung  gefunden,  und  es  ist  dem- 
nach 7.U  erwarten,  dnss  sich  wegen  der  definitiven  GrentreguHrung  leicht  eioe  ent- 
sprechende Vereinlianing  erreichen  lassen  wird. 

Das  Südwest-afrikanische  Schutzgebiet  zeigt  einen  wesentlich  anderen 


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272 


Beweggrände  zu  dem  deutäch-eoglischen  Abkommen. 


Cbankler  atte  die  Sehntsgebiete  von  Kameniii  nnd  Togo.  Einen  Fllebenrmnm  von 
15000  bis  SO  000  deutscheu  Qnadratmeilen  umfassend,  ist  das  zur  dentsehen  Inter- 
essensphäre gehörige  Gebiet  von  etwa  150  bis  IGO  Tausend  Eingeborenen  und  400 
bis  500  Weissen  bewohnt.  Der  Handelsurasatz  hat  sich  demtreraäss  bisher  in  be- 
scbeideoeu  Ureuzeu  geb&lteu  und  eioe  erheblichere  Kaiwickelung  desselben  ist  auch 
erat  bei  Älterer  Betiedelung  de«  Sdratigebtotot  in  erwarten. 

AuMicbten  fSr  die  Znkuoft  eröibel  des  Gebiet  in  doppelter  Riebtang.  Bin> 
mal  sind  vom  Norden  bis  mm  Süden  der  Intereeseesphlre,  n>ni  Kaoko-Felde  bis 
zum  Gebiete  der  Bondelzwart:«  z.il  lro'i  he  Funde  von  Oold  und  anderen  Metallen 
(namentlich  Kupfer)  gemacht  worden.  Allerdings  ist  das  Vorkommen  von  Gold  in 
abbauwürdiger  Gestalt  bisher  noch  uicht  völlig  erwiesen.  Die  verschiedenen  von  ein- 
zeiueu  Uuternebmern  angestellten  Nachforschungen  und  gemachteu  Fuude  geben  noch 
kein  abgeschlossenes  und  sweifellöses  Bild.  Wenn  man  aber  die  Entwickelong  der 
Qoldgebiete  in  Tranevaal  betrachtet  nnd  wenn  man  die  Knrse  der  Zwit,  in  weldier  die 
Forschungen  nach  Metallen  in  dem  deutseben  Gebiete  stattgefunden  haben,  sowie 
die  nicht  immer  zureichenden  Mittel  in  Erwägung  zieht,  so  liegt  kein  Grund  vor 
einen  vielleicht  recht  bedeutenden  Erfolg  für  die  Zukunft  auszuschliessen.  Zur 
Ausforschung  und  Ausbeutung  des  Mineralreicblbums  des  Landes  haben  sich  deutsche 
und  englische  Gesellschaften  gebildet 

Weiter  ist  das  Sdintxgebiet  namentlieh  in  demjenigen  Theilen,  welche  sich 
Tom  Hererolande  sndiriLrts  etwa  bis  xnm  M.  Gr.  sfidUeher  Breite  erstrecken,  zur 
Resiedelung  durch  deutsche  Ackerbauer  wohl  (reeignet.  Wenn  aur^h  die  Fracbt- 
barkeit  des  Landes  durch  Trockenheit  beeinträchtitjt  ist,  so  kann  doch  in  jenen 
(.iegcMiien  mit  .\usuabme  des  unfruchtbaren  Küstenstreifens  Viehzucht  betrieben 
werden,  wuichu  den  Reichthum  des  Landes  darstellen  wird,  wenn  für  die  nöthigcn 
Transportwege  gesorgt  und  dem  Absats  elB  entsprechender  Ausgang  gesehailNi  wird. 
Znm  Aekerban  bieten  diejenigen  Flnssthiler  Gelegenheit,  welche  aneh  in  der  beissen 
Jahresseit  genügende  Feuchtigkeit  bewahren»  Bei  dem  ausserordentlich  gesunden 
Klima  wäre  hier  für  eine  nach  mehreren  Tausenden  au  beaiffemde  Zahl  von  An- 
siedlern eine  geeignete  Unterkunft  geboten. 

Was  die  in  dem  Abkommeu  mit  England  bezeichneten  Grenzen  zwischen  den 
beiderseitigen  Interessensphären  betrifft,  so  waren  dieselben  im  Allgemeinen  bereits 
durch  frühere  Verhandinngen  fsstgesetit  Nen  'ist  lediglich  die  nördlich  des 
iS.  Breitegrades  voifenommene  Abgreosang.  Bei  derselben  sind  die  Interessen  des 
deutschen  Schutzgebiets  völlig  gewahrt,  indem  demselben  der  Zugang  zum  Zambese- 
Fluss,  welcher  für  die  künftige  Ktitwickehmg  des  Handelsverkehrs  von  Bedeutung 
sein  kann,  gesichert  wurde.  Andererseits  ist  den  Wünschen  dt-r  englischen  Re- 
gierung entgegengekommeu,  iudem  das  Gebiet  des  N'Uami-Sees  der  britischen  Inter- 
essensphftre  fiberlassen  wurde. 

Wenn  man  erwSgt,  dass  engliseherseits  mit  den  Bingeborenen  jenes  Landes 
Vertr&ge  abgeschlossen,  wihrend  deutscherseits  noch  keinerlei  Beziehungen  mit 
denselben  angeknüpft  waren,  so  wird  iu  dem  Verzicht  auf  jenes  Gebiet,  welches 
nrirh  den  neuesten  Berichten  des  Hauptmanns  v.  Fran^ois  überdies  keinesweirs 
werthvoll  zu  sein  scheint,  ein  Zugeständnis.^  erblickt  werden  können,  welches  dio 
deutschen  luteressen  unberührt  lässt  und  nur  dem  Affektionsinteresse  entgegenkommt, 
welches  England  anf  diese  Gebiete  legt. 

Von  einigen  Seiteu  war  der  Wunsch,  das  kleine  Gebiet  der  Walfiscbbay  ganx 
an  Deutschland  abgetreten  an  sehen,  laut  geworden.   Es  darf  hierbei  zunftdist  nicht 


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B«w«ggriade  la  d«D  dentsek-engUtelMO  Abkommen.  273 


öberseben  «erden,  dass  eine  Abtretnng  des  genannten  QebieU  nicht  durch  die 
grossbritunniscbc  Rt'^noriiiig  allein,  sondern  nur  mit  Zustimmung  der  Kapkolouie 
vorgenumueu  werden  kounte.  Da  die  ILaiserliche  Regierung  austter  Stande  war, 
der  Kapkolonie  irgend  welche  Kompensationen  zu  bieten,  so  war  ein  Zugestäadaiss 
der  leUteren  in  dieser  Biehtimg  von  vornhwein  MMgeeeUoeaen.  Aber  meli  ab' 
geseben  bierroo  konnto  die  Keiserlicbe  Regienung  nicht  die  Uebecseugang  gewinnen, 
dass  die  über  den  Werth  von  Walfischbay  landläufigen  Vorstellungen  den  tbat- 
sächlichcn  Verhältnissen  entsprechen.  l)em  von  etwa  20  Europäern  bewohnten 
kleineu  Ort  wird  zumeist  um  deshalb  Gewicht  beigelegt,  weil  sein  guter  Hafen  einen 
zweckmässigen  Ausgangspunkt  für  den  Weg  in  des  Innere  bilde,  der  von  hier  aus 
lieh  am  körseeten  gestalte.  Ist  siAon  letstere  Behsoptung  in  ihrer  Allgemeinheit 
fiagwirdig,  so  Irt  die  Ansieht,  dass  der  Hafen  ein  gnter  sei,  geradezu  nmrichtig. 
Schon  frühere  Veröffeutlich untren  hatten  klar  gelegt,  dass  der  Hafen  allm&lig  ver- 
sandet. Die  neueste  vorn  -J.  .'uni  d.  J.  datirtc  Mittheilun«:  des  Kaiserlichen  Obcr- 
Rommaado!>  der  Marine  bestätigt  dies,  indem  sie  sagt:  „Was  die  Bucht  anbetrifft, 
so  verändern  sich  die  Tiefen  in  derselben  fortwährend  und  hat  man  jetzt  schon  auf 
1,^  Seemeilen  Entfernung  vom  Lande  nur  noch  m  Wasser.  Die  Halbinsel  selbst 
ist  an  einer  Stelle  bereits  gana  lortgespnit,  jedoch  sind  die  Helen  an  dieser  Stalle 
noch  80  gering,  dass  selbst  Hooten  die  Passaije  uninüglich  ist." 

Es  unterliegt  aber  keinem  Zwfifel,  «las-,  der  Ilafen  von  Angra  Pequena  er- 
heblich besser  ist  als  der  von  Walfischbay.  Ein  Vergleich  «ier  Lage  beider  Häfen 
zu  dem  deutschen  Schutzgebiet  entbehrt  so  lauge  jeder  Grundlage,  als  sich  noch 
nicht  annihenid  übersehen  Mist,  «eiche  Biehtang  die  Bntwieklong  dieses  Gebiets 
fibediaapt  n^men  wird. 

II.  Witu. 

I)ie  deutsche  Schutzherr.schaft  in  dem  ostafrikani.S' ben  Kü.steiigebiet  nr»rdl'.»  b 
vom  Taua  erstreckte  sich  von  der  Nordgrenze  der  noch  zur  englischen  Interessen- 
spbire,  gehörigen  Ortschaften  Kipini  und  Kan  am  linken  Ufer  des  Osl  nordwirts 
bis  zur  Sidgrenze  der  zu  Sansibar  gehörigen  Station  Xiamqu.  Der  südliche  Theil 
dieser  Küste  untersteht  dem  Sultan  von  Wito.  Von  deu  davor  1.i>rertr>ii  Inseln 
irehört  [.;imii  anerkauutermaassen  dein  Sultan  von  Sansihar.  I>i  ■  Inseln  Mandu  und 
Patta  beau»|»rucht  er  ebenfalls;  sein  Anspruch  war  aber  hislier  weder  von  Iieutscli- 
and  noch  von  England  anerkannt  worden.  Beide  Mächte  hatten  sich  vielmehr  hier- 
über vreitere,  Verhandluntren  vorbehalten.  Das  tiebiet,  über  welches  der  Sultan  von 
Witn  thatsIcMieh  die  Herrschaft  übt,  hat  nach  dem  Innern  au  nnr  eine  missige 
Ausdehnung.  Die  Grenzen  sind  nach  dieser  Seite  bin  nicht  näher  bestimmt,  wie 
ancb  in  dem  nördlichen  Theil  der  unter  deutschen  Schutz  (jestellten  Küste  eine 
Abgrenzung  des  Schutzgebiets  nuLh  ilcm  Innern  zu  nicht  stattgefunden  hat.  B'  i 
Kotgegenuahme  der  Anzeige  von  der  Uet>eruahme  dieses  Theiles  der  Küste  lu  diu 
deutschen  Schutz  hatte  die  grsnbritamusehe  Begierung  dw  Kaiterlichen  Hittheilunt; 
von  dem  Beslehen  zabireieher  Uteier  Vertrige  gemacht,  welche  die  britisch-ost- 
afriksniache  Gesellschaft  mit  Eingeborenen  im  Hiuterlando  abgeschlossen  habe. 
Diese  Vorträge  betreffen  namentlich  Gebiete  am  linken  l'fer  dt  i  Mittellautes  des  Tana. 

Deu  Bitten  um  Gcwülirimg  des  deutschen  8.  hu t /.es  welche  der  Sultan  von 
Witu  und  andere  benachbarte  Häuptlinge  an  die  Kaiserliche  Regierung  richteten, 
hatte  diese  sich  im  Hinblick  auf  die  liöglicbkeit  einer  glücklichen  EntwickelunK 
der  dortii^  dentsehen  Interessen  nicht  wohl  entziehen  können.  Die  Aussichten  atif 
KotoalalM  Jshrboeb  1880.  la 


874  Daweggrgaäe  n  d«a  dnrtaek-rafHtdMn  AbkoanMO. 


eine  solche  Entwickelung  aber  wareo  Ton  Tornherein  davon  abhängifr  —  und  dar- 
über hat  unter  den  deutschen  Betheilißten  von  Aiifanp  an  kein  Zweifel  bestanden, 
—  da98  die  Ansprüche  des  Sultans  von  Witn  auf  die  Inseln  Manda  und  Patta  sich 
gegeoäber  denen  des  SnHans  von  Sansibar  als  besser  begrandet  erweisen  würden, 
oder,  wenn  die«  nieht  der  Fall,  disa  es  dem  hasptaieUiek  am  der  BnehUestmif  dea 
Witalandes  interessirten  deutschen  UntemekB«!  faUDgen  würde,  von  den  SoHan 
Ton  Sansibar  die  Verwaltung  der  Inseln  prichtweise  zu  erhalten.  Keine  dieser  Vor- 
aussetzunpen  hat  sich  indessen  verwirklicht.  Bei  näherer  Prüfung  des  Sach-  und 
Rechtsverhältnisses  bezüglich  der  vori^enannten  Inseln  war  die  Ueberzeugnng  nicht 
«bniwciaeii»  dasa  der  über  deren  staatliche  Zugehörigkeit  proTozirte  Schiedsspruch 
nogwBBtig  für  den  Sultan  ton  Wtn,  und  aomit  für  die  dentscben  BeCheil^ten  aas- 
fidlea  würde.  In  der  Bewerbung  am  die  PlMbt  der  Zölle  aef  4tm  baabi  kaai  die 
britiscb-ostafrikaniscfae  Geselliebaft  in  geediickter  BemrtmBg  der  Teckiltaiaae  den 
deutschen  Unternehmen  zavor. 

Dem  deutschen  Einfluss  würde  hiernach  nur  der  Küstenstrich  in  der  oben  an- 
gegebenen B^frenzong  Terblieben  sein,  ein  Gebiet,  welches  inmitten  einer  fremden 
Intereiieiiipbire  md  abgesebnitlen  vea  den  Centran  der  dewimk  ealaftilauiedieB 
Bewefraafr  die  Be^Hnfimgea  einer  aelbitatindigen  polttiaeben  md  wirtbeekaftUeken 

Bntwickeluuß  entbehrt. 

Dte  Bevölkernnö^,  vorwiegend  vom  Stamm  der  SnnhtMi,  hat  ihre  Interessen 
theila  auf  den  Inst-in,  theils  auf  dem  Festlande.  Auf  dem  letztereu  fehlt  es  an 
einer  ton  sämmtlichen  dortigen  Stimmen  anerkannten  einheimischen  Autorität, 
weleke  nm  eo  nStiiiger  «ire,  ab  du  Andringen  der  Sonalf  ton  Norden  ker  elke 
etete  Bennmkignng  für  die  Külte  bildet  Zur  Herstellung  einet  wiikaanen  ScksiMB 
nach  Aii'^sen  und  geordneter  Zustände  im  Innern  beaitzt  das  Land  nicht  die  er- 
forderlichen Einnahmcquollen.  da  dit>  Rtnrtlkerung  weni(j  zahlreich  int,  die  laml- 
wirthschaftliche  Produktion  nur  den  oigiifn  Bedarf  deckt  und  die  Ausfrihrprodukte 
des  Hinterlandes  im  Wege  der  Zollerhebung  zu  diesem  Zwecke  nicht  herangezogen 
«erden  künnen,  weil  sie^  nn  inr  Koste  sn  gelangen,  das  firagHebe  GeUet  nickt  be- 
r6bren.  Die  Hanptremiltier  dea  Veikebro  swbcbeB  den  Itanem  nnd  der  K&te 
sind  die  Wasserstraasen  des  Tana  und  des  Jnba,  die  beide  ausserhalb  des  unter 
deutschem  .'^«  hnt/.  h<'finil!i'-h  {rewesencn  Küstengebiets  münden.  Was  an  Landes 
Produkten  auf  ilim-ii  bis  zur  Münduuu  irelanet,  wird  dort  von  den  Kü.stenfahrern 
übernommen,  für  die  Lamu  den  Hauptzieipunkt  bildet.  Der  llafen  am  Ausfluss  des 
Sekeri)  der  einzige  an  dieaem  Vheil  der  Küste,  hat  nur  «tne  unteigeordnete  Blr> 
deutni^  für  den  Verkebr.  Der  Ansbaa  der  an  sieb  als  Bisten  wertkfollen  Kanda- 
bucht  würde  nur  für  iliejeniire  M.idit  in  Fra?c  kommen  l  'i  ü.rn,  wiriebe  im  Beaitae 
der  Inseln  ist  und  den  Ztipani:  helierr^cht.  Es  erpicht  .sich  hicrans,  dass  bei  dem 
Mani.'el  der  Karawnnenstrasseu  die  Aussichten,  den  Export  üher  dieses  Küsten- 
gebiet zu  ienkeu,  nur  gering  sind.  Ebenso  wenir  wird  man  sich  ton  einer  Ent- 
friekehmg  der  landwirlksekaftKeken  Produktion  BiMg  verqmeken  können.  Dte 
dentodieneite  angeitollten  Vevsaabe  nit  dem  Anbau  von  Bsndelagewidwett  sind 
twar  an  sich  nicht  fehlgeschlagen.  Dwt  Ausdehnung  dieser  Betriebsart  steht  In- 
dessen der  M.-inpel  an  Arbeitern  entirepen.  Hh  die  Viehzucht,  welche  den  Haupt- 
erwerbszwcig  der  .streitbaren  IlirtenvOlker  im  Ilmterlande  bildet,  einer  höheren  Ent- 
wicklung fabig  ist,  darüber  lassen  sich  bei  den  spärlichen  Nachrichten  über  die 
Bodenbeachainnkrtt  daedbet  nur  Temratknngen  anMellen. 

Bei  dieser  Sacklago  war  tn  erwlgen,  ob  IBr  die  Kidasrliebe  Regierang  noek 


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Beweggrönde  zu  dem  dentscb-engliscben  Abkomman.  275 

«in  sosrsieheiider  Onmd  bestelle,  besSslieh  dieeei  KüstMutridis  die  TeteDtwofttieli- 
keit  einer  Sehntimaebt  fbrnerbfn  in  tranfen.  Denteehe  Interenen  eind  dort»  ab> 

gesehen  ^on  einigen  landwirthschaftlichen  Kleinbetrieben  nur  durch  das  Unter- 
nehmen vertreten,  welchos  von  den  Gebrüdern  Denhardt  eingeleitet,  von  der  deutschen 
Witu-OeseII*chaft  fortgesetzt  und  neuerdings  von  der  Deutsch-ostafrikanischen  Ge- 
sellschaft übemoinmea  worden  ist.  Diesem  Unternehmen  dient  als  Grundlage  ein 
ton  dem  Ssdten  von  Wita  Isnl  Vertrages  tobb  8.  April  1885  an  Cleoiens  Denhardt 
nit  aUan  Hohdtarechten  abgetretener  Landstrich  nordlieh  von  Kipini  an  der  Koste 
im  angeSlichen  Umfange  von  25  deutseben  Qoadratmeilen.  Dass  das  üeberein- 
kommen  mit  der  crosshritannisclien  Repierunp  Hie  erworbenen  Rechte  der  Dentsch- 
Ostafrikanischen  (teselischaft  vollkommen  unberührt  lässt,  bedarf  als  selbstverständ- 
lich hier  nur  der  Erwähnung. 

Im  Liebte  dieser  Enrftgungen  stelKe  sieh  das  Reehl  der  deutschen  Schnts- 
berraebaft  Aber  dfe  Käste  vod  Wita  ond  SonmlEand  ab  ein  Oegenatand  dar,  welcher 
«t  >,'en  der  Läse  dieses  Gebietes  im  Anschluss  an  die  englische  Interessensphftre  f8r 
Encrland  werthvrdler  als  für  uns  ist  und  dessen  Aufgabe  im  Kompcnsationswege 
ohne  Scbridiguni:r  dt>r  deotscben  Interessenten  —  wie  von  diesen  anerkannt  ist  ~ 
geschehen  konnte. 

IlL  Dia  dMittcb-ottafirUaMiMlw  lnftariniMitpliir»» 

Die  deutsche  Interessensphäre  in  Ost- Afrika  war  nach  dem  sogenannten 
Londoner  Abkommen  vom  29.  Oktober  /  1.  November  1886  wie  folet  begrenzt: 

1.  Im  Süden  durch  den  Rovuma-Fluss  und  im  Norden  durch  eine  Linie, 
welche  von  der  Mündung  des  Flusses  Wanga  oder  Umbe  aus  in  näher  bestimmtem 
Laofe  bis  ztf  demjenigen  Ftaokte  am  Ostufcr  des  ViMoffii-Nyanss  sieb  ibrtsetat, 
welcher  Ton  dem  1.  Grad  sfidlidier  Brsite  getroffut  wird.  Der  vor  diesem  Gebiete 
liegeude  Kfistenstreifen  in  dner  Breite  von  10  Seemeflen  war  dem  Snltcn  ton 
Sansibar  zugesprochen  worden. 

Das  deutsche  Interessengebiet  war  hiermit  im  Norden,  Süden  und  Osten  fest 
begrenzt.  Dagegen  war  aber  die  Ausdehnuug  desselben  nach  Westen,  also  nach 
dem  hteem  eine  Versinbarnng  in  dem  Abkoassen  Ton  1886  noch  nicht  ge- 
troffen  worden. 

Rrst  Milte  des  feigenden  lahres  wurde  deutscherseits  itf  London  eritliil,  dass 

wir  bei  dem  Abkommen  von  1886  von  der  Voraussetzung  ausgesrancfen  seien,  dass 
Enffland  un?  für  die  Zukunft  überhaupt  südlich  des  Victoria-Sees  und  Östlich  vom 
Tanganika-  und  Nyassa-See  freie  Hand  lassen  würde. 

Die  englische  Regierung  eridbrte  ihr  SinTorstlndniss  mit  dieser  Anftwsung 
untet  der  Vonnssetanng,  den  auch  die  deutsche  RSgiemng  Im  Ricken  der  eng- 
lischen Interessensphäre  keine  ErweAungen  zulassen  werde.  Die  deutsche  Re- 
giemng^  acceptirte  dies.  In  einer  vom  Auswärtigen  Amte  inspirirten  Note  des 
Grafen  Hatsfeldt  an  Lord  Salisbnry  vom  19.  August  t.  J.  beisst  es  in  dieser  Be- 
siehuog : 

mIii  Bethatif^ng  dieser  Auisssnog  bat  die  Kalseiliebe  RsgtmiDg  bei  Gelegen- 
heft  einer  von  dentsehetr  Seite  bsabsichtigten  Bxpeditiott  tarn  Bntsats  von  Emln 
Pascha  ausdrücklich  erklärt,  dass  Uganda,  Wadelai  nnd  andere  nördlich  des  ersten 
Grades  südlicher  Breite  gelegene»  Gebiete  sich  ausserhalb  des  Bereiches  deutscher 

Kolonialbestrebungen  befi n d o n .  * 

Eine  Besitzergreifung  von  Uganda  deutscherseits  war  hierdurch  ausgeschlossen. 

18* 


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276 


BeWflKgründe  zu  dem  deutbch-engliäi  üca  Abkuuiuiea. 


Deatsehe  InterMMO  waren  daaelbst  nie  vorhanden  gewesen.   Nor  engUaehe 

und  französische  (al^eriache)  Missionare  hatten  dort  einen  Einfluss  ausgeübt. 

Keine  Vereinbartintr  war  liislier  «retrofTcu  eiuer.ieits  über  dasjenige  Gebiet  im 
Norden  des  Tanfranika-Sees,  welches  zwischen  dem  Victoria-Sce  nud  dem  Koiigo- 
staat  liegt,  und  audercrseitä  über  dasjenige  (.iebiet  im  äüdeu  des  Taugauiiia-Seeä, 
welche»  iwiaeben  dem-  Kongostaat  im  Weeten  und  der  Steveneouitiisfle  und  dem 
NyasM-See  Im  Osten  begriffen  ist. 

Auf  das  letzte  Gebiet  Ic^tc  En<;land  ganz  besonderen  Werth.  Niebt  nur  be* 
ruht  die  Kenntniss  dieses  Landes  im  Wesentlichen  auf  den  zaiilreichen  Kreuz-  und 
Querzügen,  welche  Uavid  Livin^jstone,  der  Wierierentdeoker  des  Nyassa-Sees,  da- 
selbst in  den  Jahren  186ti  bis  186ü  und  1872  bis  Ib'iö  vulernommen  bat,  sondern 
ea  bat  «neb  im  Anseblnss  an  Liviogstone*»  Eeisen  daselbst  die  Begründung  vou 
MibsionS'Stationen  und  Handelsontemehmangen  stattgefunden.  Bebon  in  den 
00er  Jahren  hatte  die  anglilcaniache  Universititen-Miasitm  ihr  Werk  am  Schire  be- 
gonnen und  war  bis  zum  Nyassa  vorgedrungen,  an  dessen  Ufern  sie  mehrere 
Stationen  bes-ii/f.  Noch  weiter  nördlich  als  sie  i^t  die  schottische  freikirchliche 
Mission  vorgedrungen,  welche  ihre  ätationeu  bis  in  das  Gebiet  zwiscbea  Nyassa- 
uod  Taogaaika-See  vorgenchoben  hat,  für  welche  vor  etwa  10  Jahren  mit  erheb- 
lichen Kosten  und  Verlust  von  Menschenleben  eine  Verbindung  «wischen  dem  Myassa- 
und  Tanganika-See,  die  sogenannte  Stevenson-Strasse ,  anzulegen  versucht  wurde. 

Handelsgeschäfte  betreibt  die  „African  Lakes  Co."',  welche,  wie  bekannt,  noch 
in  letzter  Zeit  schwere  Kämpfe  mit  den  Arabern  am  Noidrande  des  N  yassa-Seees 
zu  besteben  hatte.  Sowohl  diese  Gesellschaft  wie  die  Missionen  besitzen  Üampf- 
sehiffe  auf  dem  Myasea^Sae. 

Diese  durch  britiaeben^  Untemabmungsgeist  eröffnete  Verbindung,  w^ehe  danjb 
den  Schire,  den  Nyassa-See  und  die  Stevensonstrasse  zwischen  dem  Tanganika^See 
und  dem  Zambesi  gegeben  war,  auf/.nopferu,  konnte  sich  die  englische  Regierung 
umsoweniger  entschliesscn.  als  sie  deren  Anfrechterhaltuns  im  Interesse  der  südlu  li 
am  Zambesi  gelegenen,  ihrem  Einflusä  untersteilteu  Gebiete  für  durchaus  erforder« 
lieh  erachtete. 

Die  Kaiserlieh  deutsehe  Regierung  sab  sich  um  so  mehr  veranlasst,  diesen 
berechtigten  Wünschen  der  ei^lischen  Regierung  entgegenzukommen,  als  einerseit«, 

soweit  bekannt,  das  Land  zwischen  dem  Nyassa-See  und  dem  Congostaat  einen  be- 
sondt-ren  Werth  nicht  besitzt  und  als  anderer.seits  die  Verldmlung  der  deutschen 
luteresseusphäru  mit  dem  Congu.staat  besser  und  bequemer  üt>er  den  Tauganika-See 
herzustellen  ist,  von  welchem  aus  die  Uauptkarawaueustrassea  nach  der  ostafrikanischen 
Küste  fuhren.  Ungleich  werthvoller  wie  der  Besite  einee  groaseren  Antheils  am 
Ny.is$a-8ee  erschien  es,  ^mm  mfigKchat  ausgedehnten  Küatenbeaitx  am  Victoria-See 
für  uns  zu  sichern,  wolcbui;  die  Verbindung  mit  den  reichen  und  fruchtbaren  Ge- 
bieten im  Norden  bihit  t.  Hier,  iu  dem  Gebiet  /wisrhen  dem  Victoria- Nyanza  und 
di'in  Congostaat,  bestaudeu  keine  älteren  eugiischuu  luteresseu,  und  Euglaud  bat 
dabei  bereitwillig  dieses  Gebiet  als  zu  unserer  Interessensphäre  gehörig  anerkannt 
War  hiernach  eine  Einigung'  über  die  Abgrensnng  nnaeres,  Gebietes  auch  im 
Westen  su  Stande  gekommen,  so  erschien  es  femer  erfcMrderlicb,  im  Osten  dem  un- 
natürlichen Zustande  ein  Knde  zu  machen,  wonach  notainell  «ii  ri  der  Sultan  von 
Sansibar  herrschte,  während  ihatsächlieh  die  Verwaltunj;  eine  detitsi  lir  war  und  der 
daselbst  ausgebrocbeue  Aufsiaud  durch  eine  deutsche  Truppe  uud  durch  deutsche 
Schiffe  niedergeworfen  ist   Die  Küste  bildet  die  Basis  für  das  Vorschreiten  ins 


Beweggrüude  zu  dorn  deutscb-eDgliscbeu  Abkommen. 


277 


Innere  des  Landes.  Eine  kraftToHe  nnd  zidbeinisste  Venraltniiirt  eine  Bracbifessiing 
des  Ltndes  ist  nnr  moflicb,  wenn  wir,  unter  Ansscblnss  fremden  Einflnsses,  'nn> 

beschränkte  Herren  der  Käste  sind.  Üm  ein  greifbares,  auch  den  Eingeborenen 
Terat&ndlicbes  Resultat  für  die  von  nns  auspeübte  Herrschaft  im  Lande  aufzuweisen, 
handelte  es  sich  daher  jetzt  darum,  ein  Abkommen  mit  dem  Su'tan  zu  treffen,  wo- 
nach der  Letztere  die  Küste  vou  Umbe  bis  Rovuiua  nicht  nur  pachtweise,  wie  dies 
bereits  geschehen,  deutschen  Interessenten  weiter  bellest,  sondern  avcb  formell  an 
das  Deutsche  Eeicb  abtritt.  Erst  nach  Abtretung  der  Knste  dnreh  den  Sultan  -  on 
Sansibar  kann  das  Reich,  ebenso  wie  in  Xeu-Guinea,  die  unmittelbare  Verwaltunff 
ül»ern»'liin(Mi :  denn  es  ist  ausgeschl"ssen,  dass  Se.  Majestät  der  Deutsche  Kaiser  als 
Beauftragter  des  Sultans  von  Sansiltar  Hoheitsrechte  ausübe. 

Fassen  wir  Vorstebeudes  zusammen,  so  ergiebt  sich  als  Grundgedanke  der 
VereinbaruDg  über  nnaeren  Ost-Afrika-Besits  das  Folgende: 

Es  kann  nicht  daraaif  ankommen,  weiter  auscngreifen,  sondern  einen  tnsammen* 
hängendeu  Besitz,  in  dem  fremde  Einmischung  aus!:escli!ossen  ist,  zu  i  :!  altrri,  um 
hier  unizestnrt  auf  die  »"kotiomische  Entwick!u!i<r  des  Landes,  die  Verl>r<'iti!ii;r  christ- 
licher (iesittung,  die  Sicheiun;:  df-r  Karawauenstrassen  und  die  Ausrottung  des 
Sklavenhandels  hinzuwirken.  Den  kühnen  Männeru,  welche  von  Begeisterung  ge- 
tragen, jene  weiten  Gebiete  für  Dentschland  erworben  hatten,  gebfihrt  unsere  vollste 
Anerkennung.  Aber  die  Periode  des  Flaggenhissens  und  des  Yertragsebliessens 
muss  beendet  werden,  um  das  Erworbene  nutabar  zu  machen.  Es  beginnt  jetzt  die 
Zeit  emster  unscheinbarer  Arbeit,  für  weiche  Toraussichtlich  auf  ein  halbes  Jalir- 
hiuuiert  ausreichender  Stoff  vorhanden  sein  wird.  Nach  Abtretuntr  des  Küstenstrich.s 
kann  die  Regierung  aus  dem  Kriegszustand  allmälig  zu  unmittelbarer  Keicb&ver- 
waltung  übergehen  und  in  Gemeinschaft  mit  der  Dentseh-Ostafrikaoisdien  Gesellschaft 
zu  friedlicher  Arbeit  schreiten.  Die  Regierung  bat  nun  erst  die  Möglichkeit,  ihren 
Willen,  die  Deutsch-Ostafrikanisehe  Gesellschaft  in  die  Höhe  zu  bringen,  tu  be* 
thätigen,  und  die  Petifsch-Ostafrikanische  Gesellscliaft  wird  befähigt  werden,  die 
Geldmittel  zu  erwirthschaften,  welche  Reiciiszuschüsso  euthehrlich  machen.  Es 
Steht  zu  hofTeo,  dass  die  Herstellung  klarer  Verbiiltnisse  und  das  Gefühl  der  Sicher- 
heit unter  dem  Schutz  der  Regierung  auch  dem  Kapital  einen  neuen  Antrieb  ge- 
w&bren  wird,  sieh  jenen  Gebieten  zuzuwenden. 

Wir  gelangen  nunmehr  zu  demjenigen  Theil  des  Abkommens,  welcher  sieb 
auf  die  üebernabme  des  Protektorats  über  Sansibar  durch  England  bezieht. 

Der  geL'enwärtiL'o  Zu>taiid,  welcher  den  Sultan  von  Sansibar  von  den  Schwan- 
kungen eines  mehr  oder  minder  ofleuen  Wettstreites  zwischen  englischen  und 
deutschen  Interessen  abb&ngig  macht,  war  unerträglich  geworden.  Bs  war  notb- 
wendig,  demselben  ein  Ende  tu  machen.  Dies  war  nur  in  der  Weise  möglich,  dass 
entweder  Deutschland  oder  England  der  leitende  Einfluss  in  Sansibar  zugestanden 
wurde.  Ua.ss  England  der  historischen  Entwickeinng  seiner  Stellung  zu  Sansibar 
gemäss  hierauf  einen  grösseren  Anspruch  hatte  als  Deutschland,  kann  wohl  nicht 
/W'-ifelhaft  sein.  Seit  langem  bestand  zwischen  Bombay  uud  Sansibar  eine  enge 
Uaodelsverbindung;  indische  Kaufleute  —  englische  Unterthaoen  —  hatten  sich  in 
Sansibar  niedergelassen  und  vermöge  ihrer  geschlftlichen  Gewandtheit  bald  Reich* 
thum  und  Binilnss  erworben.  In  politischer  Hinsiebt  war  England  seit  AnfiuR 
dieses  Jahrhunderts  mit  Sansibar  in  Verbindung  getreten.  Schon  1822  wurde 
englischerscits  mit  Seyid  Said  der  erste  Vertrag  a^.:c<cfilossen,  durch  welchen  dieser 
sich  terptlicbtete,  den  Sklavenhandel  vou  seineu  arabischen  und  afrikauiscbeu  Be- 


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276  Baweggrfinds  ni  d«n  dnitafib-eiigUaclieii  AbkooinM 


sitzunffen  aus  nach  dem  Auslande  zu  verhindern.  Wie  jn^oss  um  die  Mitte  diese» 
Jahrhunderts  das  englische  Ansehen  in  Sansibar  war,  beweisst  der  Umstand,  dasa^ 
als  nach  dem  Tode  Seyid  S&id's  im  Jahre  1856  zwischen  dessen  Söhnen  ein  Streit 
fibar  die  Hemchaft  ia  Suaibar  uod  lladtat  eiitstaDd,  dia  Entaehaidung  der  eng- 
Uselieii  Bifiarong  aakalniceatelU  imrda.  Dar  General-QoaTameor  von  Indiaa,  Lord 
Gamiing,  entschied  im  Jahre  1R61  dahin,  dass  in  Sansibar  Seyid  Madjid,  der  Vor- 
gänger des  bekannton  Seyid  B:irLrascl),  als  nerrscher  verbleiben  solle.  Sollte  über- 
haupt ein  l'i'itoktorat  über  Sausibar  begründet  wenlon,  so  musste  man  sich  offen 
sagen,  daA&  ein  deutsches,  Angesichts  der  bekannten  L^eklaratiun  vom  10.  Ukn  1862^ 
aicht  bloas  die  berechtigte  öffoDtliebe  Ifeinttiig  ia  England,  soodem  auch  dia  am* 
pindlicbe  Öffentliche  Ifeinoug  in  Frankreioh  gegen  aicb  gehabt  bitte.  Deutschland 
h&tte  einen  Erfolg  auf  diesem  Gebiete  jedenfalls  mit  einer  Verschlechterung  seiner 
Beziehungen  zu  Kni:1and  lie;rahleti  müssen,  und  hätte  den  beiden  erw&bnten  Staaten 
einen  geeijfneten  Hoden  ge|?enseitiger  Annäherung  gewährt. 

Bei  dieser  Sachlage,  einer  befreundeten  Macht  wie  England  das  Protektorat 
ober  die  InsaUi  Saaaibar  und  Pemba  ausugeataben,  konnte  am  ao  weniger  Bedenken 
haben,  als  kein  Orand  zu  der  Annahme  beateht,  daaa  deutsche  Firmen  und  Per- 
sonen auf  der  Insel  unter  englischem  Schutze  schteeht  fohfen  werden.  Deraelbo- 
Zustaiul  existirt  an  vielen  Stellen  <icr  Welt  und,  wenn  man  von  nationalen  Motiven 
absieht,  zur  Ziifrieiienhuit  der  Deutsuhen.  Treten  .'^chwierit^keiten  ein,  .so  werden 
diesellieii  auf  dem  Wege  der  Veriiuudluugen  mit  Lugiauü,  mit  welchem  wir  an 
wich  tigeren  Stellen  Berabrangapunkte  haben,  leichter  beaeitigt  werden  können,  ab 
gegenfiber  einem  von  unaichtbaren  Binden  geleiteten  Sölten. 

Die  Meinung  ferner,  dass  die  Insel  Sansibar  daa  Festland  beherrsche  und  aua 
diesem  (ininde  für  »ms  unentbelirlich  sei,  ertnanjelt  der  Begründung.  Diese 
Meinniitr  ist,  geo(ira|)liisch  ^rcuuuimeii,  unhaltbar,  da  man  sonst  mit  demselben  Rechte 
behaupten  könnte,  dass  etwa  Feruando-l'o  das  deutsche  Schutzgebiet  in  Kamerun 
beberiacha,  oder  die  Inael  Borubolm  die  Koate  Ton  Hemd  bia  Stralaund. 

Auch  vom  militftriacben  Standpunkt  aua  lisat  aicb  dieae  Anffaaanng  nicht 
rechtfertigen.  England  würde  schon  jet^.t,  falls  es  sonst  ein  Interesse  hieran  hätte, 
eine  ungleich  grössere  Zahl  von  Schiffen  bei  Sansibar  sfationiren  können  als  wir. 
Wir  wüiden  dies  nirht  «erhindern  können,  selbst  wi'iin  wir  uuserer>eit->  ilas  Pro- 
tektorat über  Sansibar  übernehmen  wollten.  Falls  Kugland  —  was  ausserhalb  aller 
Voranaaetsuogan  liegt  —  unaere  Käate  in  Oat-Afrika  blockiren  und,  aoweit  daa  to& 
den  Schiffen  aua  möglich  iat,  unsere  Enstenpl&tze  angreifen  wollte,  so  durfte  diea 
anch  ohne  den  Beaitz  Ton  Sansibar  kaum  schwierig  sein.  Der  ger&umige  Hafen 
von  Mombassa,  welcher  er.si  kürzlich  ein  bedeutendes  englisches  Oeschwader  ver- 
sammelt sah,  würde  eine  mindestens  ebenso  vortheilhafto  Operationsbasis  jrewälireu 
wie  die  libede  von  Sansibar.  Uiuderi  Malta,  wo  England  sein  grüsstes  und  bestes 
Geadiwader  nnterbilt,  die  Fransoaan  an  der  Avanutsung  von  Tnnia?  Warum  aoUte 
die  Intel  Sanaibar  in  engliachen  Binden  unserer  oatafrikanischen  Eolonie  bedrob- 
lichar  sein?  Dagegen  würde  für  den  Fall,  dasa  wir  in  jenen  Gebieten  mit  einer 
dritten  Macht  in  Kampf  ^erathen  sollten,  eine  englische  Scbutzherrschaft  über 
Sansibar  uns  eher  vorthcilhaft  »ein  können  Kine  kräftige  englisrlu-  Neutralität  auf 
der  Insel  sichert  dieselbe  vor  der  (jciuhr,  im  Kriege  in  die  iläude  einer  dritten 
Uaeht  zu  fallen,  was  wir  aelbst  nidit  durch  Schiffe,  sondern  nur  durch  Unterhaltung 
einer  Oaraiapn  auf  Sanaibar  unter  unverhiltniaamiaaig  groaaem  Aufwand  au  vcr- 
hindern  im  Stande  wiren. 


B«r«8grjiBdt  tn  te  dsQtMh-fBcUiekM  Abkfloma.  STD 


Es  bleibt  scbliesalich  noch  die  Frage  7.u  beantworten,  ob  die  Insel  Sansibar 
Tom  StaodpuDkt  der  Haadelsioteressea  aus  das  gegeooberiiegende  Festland  beherracbt 
and  für  daMelb»  nnentbebriieh  ist  Bei  oberflIchHeher  Betraebtong  kSante  ma 
in  Hinblick  auf  die  Bedeatong,  welebe  Sansibar  bisher  als  Mittelponkt  des  osi- 

afrUtaniscbeu  Handels  erreicbt  hat,  wohl  zu  diesem  Schloss  gelangen.  Bei  näherer 
Krwäguni;  inries^en  wird  man  finden,  dass  diese  Entwickelun^  Sansibars  lediglich 
von  äusseren  l  iDStfuiden  abhing.  Es  war  das  Gefühl  der  Terh&ltnissm&ssigen  Sicher- 
heit dieser  Insel  im  G^ensatx  zu  dem  gegenüberliegenden  Festlande,  welches  den 
Soltaa  8«yid  Said  veranlasste,  seine  Residenz  daselbst  ta  nehmen.  Aoi  dem 
gMehen  Omnde  tladelten  sieh  di«  svropiiiehsii  Kuflanta  daMlbst  an.  So  «nrds 
alloiilig  ein  Centrum  für  den  Bändel  gtaehaffen.  Den  ▼scfcebr  Mit  dwn  Fsstlande 
vermittelten  die  geschmeidigen  indischen  Gescbiftsleute,  welche  nicht  nur  in 
Sansibar  selbst  sich  niederliessen,  sondern  auch  nach  der  Küste  hinübergingen,  um 
dort  den  aus  dem  Innern  kommenden  Karawanen  aus  erster  Hand  ihre  Produkte 
absnkaufen  nnd  in  Dbaus  nacb  Sansibar  an  varscbiffen.  Die  wachsende  Bsdflntnng 
dar  laMlstadt  Binriebtongtt  mt  Dunpfirvstbindnngsn  orit  SniO|M  tnd  Indiaa 
herror,  welch»  dem  Haiidal  der  Insal  an  statten  kamen.  Der  Aasebloss  an  das 
Telegrapbennetz  ermöglichte  es,  die  daselbst  etablirten  Kaufleute  rechtzeitig  von 
den  Preisschwankungen  der  bedeutendsten  europäischen  H&rkte,  wie  insbesondere 
des  Londoner  Elfenbeiumarktes,  in  Keuntniss  xu  setzen. 

Abor  diese  gesammte  Entwiekelung  bemht,  wie  bereits  h«rvorgeboben,  nicht 
auf  einer  inneren  Nothwendighsiti  Tielmehr  spreehen  die  gewiehtigrten  Orinde  gegen 
die  Konaentrirung  des  oslslrihnnieehen  Handela  «nf  der  Insel  Siasibar.  Bs  Ist  on- 
natorlicb  und  erfordert  doppelte  Kosten,  die  Ausfuhrartikel  zunächst  an  der  Käste 
zu  verfrachten  und  dann  wiederum  umzuladen.  Dasselbe  gilt  von  der  Umladunr 
der  Einfuhrartikel  in  Sansibar.  Die  Kbe<ie  von  Sansibar  bietet  bei  Stürmen  keines- 
wegs ToUkommene  Sicherheit,  wie  deutsche  und  englische  Kriegssehiffe  wiederholt 
erfahren  haben.  Dagegen  leidet  die  gegenäberliegende  Koste  aa  gnften  Bheden  nnd 
H&fen  keineswegs  Mangel  Es  sind  hier  insbesondere  Taaga,  Dar-es-Salaant,  Kilwa 
und  Lindl  zn  erwähnen. 

Diese  Nachtheile  der  Stadt  Sansibar  als  Mittel[)unkt  seiner  Resitzungeu  hat 
übrigens  bereits  Seyid  Madjid,  der  Nachfolger  des  Seyid  Said,  erkannt.  Derselbe 
beabsichtigte,  seine  Residenz  nach  Dar-es-Salaam  zu  verl^en;  mächtige  Bauten  und 
Palisce  waren  ihrer  Vollendung  nahe,  als  der  Sultan  starb;  seine  Nachfolger  Heesen, 
vom  orientaliMhen  Absfgfanben  geleitet,  das  Werk  nnvoUendet 

Hatte  schon  Seyid  Madjid  die  Nothwcndi^ksit  der  Verlegung  seiner  Residenz 
nach  dem  Fcstlande  beschlossen.  obi:leich  für  dessen  weit  nach  Norden  ausgedehnte, 
zum  Theil  an  der  Küste  zerstreut  liegende  Besitzuntreu  die  Insel  Sansibar  vielleicht 
eher  einen  Mittelpunkt  bilden  konnte,  so  ist  es  für  uns  noch  weit  wichtiger,  dass 
der  Hanptort  einse  kompakten  Gebietes  ton  solcher  Ausdehnung  —  unsere  Inter- 
eweatphite  in  Ost*Afrika  umlasst  etwa  1000000  qkm,  die  prenssiaehe  Uonarehie 
848880  qkm  —  nicht  aus.serhalb  der  Peripherie  liet;t 

Ebenso  wie  die  entrlisch-afrikanische  (iesellschaft  nicht  gezögert  hat,  ihren 
fiauptsitz  nacti  ilombassa  zu  verlegen  und  dies  durch  Hafonbaiitcn.  Telegraphen- 
Verbindung  u.  s.  w.  dem  Handel  und  der  Schiffahrt  zugänglich  zu  machen,  hat  auch 
die  dentsdi-ostHfirikanisehe  Gesellschaft  stets  den  Stsadpnakt  Tortreten,  dsis  wir, 
um  unsere  Kolmiien  selbststtndig  nnd  unabbJkngig  zu  machen,  den  Sohwerponkt 
unserer  Interessen  nach  dem  Festlands  Terlegen  mfissso. 


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280 


B«wtggrände  ra  den  deiitoch*«iiglisdi€n  AbkoamciL 


„Nach  den  Erfahrungen"  —  "m^ssprt  sich  die  Gesellschaft  in  i' >  '»  titen, 
vor  dem  deutsch-enplischen  Abkommen  venttTentlichten  Geschäftsbericht  —  „welrhe 
in  anderen  afrikanischen  Kolonien  eemacht  wurden  sind,  hat  sich  der  Handel  immer 
von  den  Inseln  nach  dem  Fettlande  gezofren  und  too  da  den  FlÖMen  entlang  nach 
dem  Innern.  Bin»  ibnliebe  Entwiekehinff  wird  Mich  In  Oetafiikn  stattfinden,  indem 
nach  Etabllranur  enn^aeher  Ptlktoraen  aa  der  Festlaadakdite  durch  Eisinmiese 
an  Transportkosten  den  Einfrohnrenen  höhere  Preise  für  ihre  Produkte  bestblt 
Verden  können  und  der  Ilamlel  an  der  Ke.stlantisk Tiste  feHt<jehalfen  wird." 

Die  GesellHchaft  hat  mit  der  An!a<j-e  von  Faktoreien  an  der  Küste  be-jronnpii. 
Der  erste  Dampfer  der  deutschen  Ostafnka-Linie  wird  im  August  d.  J.  im  Uaten 
von  Dar-es-SaltMB  Anker  werfen,  ein  Kabel  wird  in  nicht  femer  Zeit  Bagamoyo 
Mild  Dar^es-Salaam  an  das  Tele((rapbenn«ls  anichliessen.  So  liest  aleh  hoffen, 
dass,  wenn  ancb  vielleicht  erst  nach  Jahren,  der  Handel  auf  diesem  wlehtigsten 
Theil  dos  nstafrikanischen  Festlandes  einen  erfreulichen  Aufschwnnir  nehmen  wird. 
Nicht  Sansibar  beherrscht  die  Küste,  somlcrn  die  Kilst»»  Sansibar.  Es  kann  keinem 
Zweifel  unterliegen,  dass  —  das  Protektorat  über  Sansibar  mag  für  England  werth 
sein,  was  es  wolle  —  für  uns  die  Erwerbang  des  10  Seemeilen-Kästenstreifeins 
einen  grösseren  Nutsen  bietet  Jetzt,  nachdem  der  Vertrag  mit  Bngtand  gesohlossen 
ist,  darf  anf  eine  amttidi  abgegebene  Aenssemnr  der  Vertreter  der  dentaeh-ost- 
afrikanischen  Gesellschaft  Bezug  genommen  werden.  Dieselben  erklärten,  dass, 
uenn  sie  die  \N  ah!  'icliabt  hätten,  das  Protektorat  über  Sansibar  mit  der  en  jliscben 
Interessensphäre  oiit>r  dif  jetzige  deutsrhe  Küste  und  Interesst  ii-i  hriri^  zu  erlialteu, 
sie  üich  für  die  let2t^e(.iacbte  Alternative  als  die  wertbirollero  eutschKÜt-u  haben  würden. 

Die  Feetsetznngen  im  Artikel  VIII  des  Abkommens  enthalten  die  gegenseitige 
Verpflichtung  beider  llkohte,  in  ihren  Innerhalb  der  Freibandelssone  gelegenen  Ge- 
bieten die  auf  diese  Zone  bezüi;lichen  fünf  ersten  Artikel  der  Generalakta  der 

r>L-rliner  Konferenz,  betreffend  die  Handelsfreiheit,  P'reihoit  der  Schiftfahrt  u.  s.  w. 
anzuwenden.  Der  Artikel  enthält  also  nichts  Nenes  und  bat  nur  die  Bedeutung, 
dass  auch  nach  einer  etwaigen  Aufhebung  der  Geucralakte  der  Berliner  Konferenz 
oder  Ton  Thailen  dersdben  die  in  Bezug  genommenen  Bestimmungen  Ifir  diejenigen 
denlsehen  nnd  englischen  Gebiete  in  Kraft  bleiben,  welche  innerhalb  der  Frei 
handelscone  liegen. 

Andl  über  den  Schutz  der  cbristlidien  IJissionen  sowie  über  die  religiöse 
I'iildung  und  Kreüii  t  des  ( inttesdienstes  nnd  Unterrichts  waren  im  Artikel  6  des 
1.  Kapitels  der  Gcri>raiakte  der  Herliner  Konferen/.  bereits  Hi'stiinmunuen  getroffen. 
Dieselben  sind  im  Artikel  X  des  vorliegenden  Abkommens  auf  alle  Gebiete 
Ost -Afrikas  ausgedehnt  worden,  welche  einer  der  beiden  vertngsehliessenden 
Michte  gehören  oder  nnter  ihrem  Binflnss  stehen. 

Die  Verbindung  mit  dem  Kongostaat  ist,  wie  bereits  erwähnt,  durch  das  vor- 
liegende Abkommen  gesichert.  Die  Kntwii'kelung,  welche  dieser  jun<;e  Staat  in 
den  letzten  Jahren  genotninon  hat,  die  Bestrebungen,  welclie  sich  unter  Leitung 
seines  uns  befreundeten  Souveräns  zum  Zweck  der  Herstellung  gesicherter  Verhält- 
nisse, der  ScbafTung  von  Verkehrswegen,  der  Hebung  des  Handds  nnd  AnabnitaBg 
der  CiYÜiaation  im  Allgemeinen  geltend  machen,  die  guten  BetiehnngeD,  in  welohen 
wir  stets  au  demselben  gestanden  haben,  stallen  ein  gedeibüches  Zusammenwirken 
im  Interesse  beider  Theilc  in  gegründete  Aussiebt 

Soweit  die  Hegründting  unseres  Abkommens  in  Bezut'  auf  Afrika.  Bs  ergiebt 
hkh  daraus,  dass  die  Interessen  unserer  iichutz^tebiete  durch  dasselbe  nicht  ge- 


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BewcggrSnde  ta  «km  dentsdi-eiiglischeD  Abkommen. 


281 


srhädijt  sind,  da^s  den  wirtli^chaftlichcn  Bedürfnisisen  für  die  »eitere  Kntwickeliinjr 
lies  deutschen  Kolonialbesitzes  Rectiuung  ^^utrageu  ist,  und  dass  wir  der  Doffniiug 
leben  dflifen,  in  Europa  gemefauaa  mit  England  angestSrt  auf  die  Brhmitimg  des 
Friedent  hinwirken  an  können,  in  Afrika  aber  deutsehe  nnd  engliaebe  Arbeit  anf 
iiestimmt  abfegronzten  Gebieten  Schalter  an  Schulter  denselben  zivilisatorischen 
Ideen  dienen  zu  sehen. 

Es  soll  daliei  nicht  verkannt  werden,  flass  für  <liejeni£ren  Männer,  deren  Enertrie 
wir  UQsern  Antheil  an  Afrika  verdanken,  wie  für  viele  von  Denjenigen,  welche  mit 
warmem  Interesse  die  gefabr-  nnd  mfibevollen  Schritte  Jener  begleitet  haben,  der 
eine  oder  der  andere  Wunsch  nnerinllt  geblieben  ist  Das  war  bei  dem  (Jeber- 
irant;  aus  den  Jahren  des  ersten  Aufwallens  kolonialer  Ideen  m  denen  emster,  in 
ihren  Zielen  beprenzler  Arbeit  —  ein  Ufl't- r;,MnL',  der  uns  in  unserem  jungen 
kolonialen  Üasein  nioht  erspart  werden  körnte  —  unverraeidlirh.  Die  Kaiserliche 
Regierung  durfte  der  Ueberzeu-^ung  leben,  dass  ein  Ersatz  für  das,  was  in  Afrika 
an  nationalen  Motiven  und  Wünschen  etwa  unbefriedigt  bleiben  mochte,  im  Wieder- 
gewinn Ton  Helgoland  gefunden  werden  konnte. 

Seit  Menschenalt.  in  hatten  Deutsche  aller  Stämme  schmor/Iirli  empfunden, 
d  ISS  unmittelbar  vor  der  Mündnii;?  der  Klbe.  der  Wfser  nnd  der  Jade  ein  fremde» 
Reich  Ht'rr  dfutsrlien  Landes  war,  und  dass  ein  echt  dt^ntsehi  r  Stamm,  von  seinem 
lieimatblande  losgerissen,  tiotz  humanster  liehandluni;  verkuimuerte.  War  dieses 
Gefühl  schon  immer  lebendig  gewesen,  so  steigerte  es  sich  seit  der  Wiedererrichtung 
des  Deutschen  Reiche  su  einer  Empfindiicbkeit,  deren  öffentliche  Erörterung,  weil 
sie  schmerzlich  berührie,  int^stlich  vermieden  wurde.  Die  Akten  des  Auswärtii;eD 
Amts  ffoben  Zenu'niss  von  den  zahlrii<hcu  Gesuchen  und  Vorschläfrcn,  wolchc  -^'-it 
d''n  TOcr  Jahren  über  die  Wiedererwcrbuni,'  von  Ilelfoland  fjemaclil  wurden:  die 
öffentliche  Meinung  bemäcbtiKte  sich  von  Zeit  zu  Zeit  in  Üeuiscblaod  und  England 
der  Frage  nach  der  Abtretung  der  Insel  an  das  Reich,  und  die  letatere  ist  wieder- 
holentlich  Gegenstand  emster  ErSrterangen  innerhalb  der  deutschen  Regierangs- 
kreise  gewesen.  Abjjesehen  aber  von  diesem  prctium  afTcctionis  bedeutet  der  Besitz 
der  Insel  T1o1l''*1  uid  für  f^eutschland  eine  wesentliche  Krhülinni,'  seiner  Wehrkraft 
zum  Schutz  der  Kütten  nnd  Khissroündungen  in  der  Nordsee.  Es  mau'  daran  er- 
innert werden,  wie  im  Jahre  1864  die  Insel  Ilcigoiand  den  Operationen  des  öster- 
reichischen Admirals  Tegethoff  Schwierigkeiten  bereitete.  Während  de«  Krieges 
1870  hat  das  neutrale  Helgoland  der  firaniösisehen  Flotte  das  Ausharren  vor  unserer 
Küste  erheblich  erleichtert.  Die  Insel  bot  durch  das  Leuchtfeuer  und  durch  die 
.^lü'^lichkeit,  sich  unter  ihrem  Schutz  der  Einwirkung  von  Wiml  und  Wetter  soweit 
entziehen  zu  könrien,  als  dies  zu  einer  Reihe  von  Verriehtnntren,  deren  eine 
moderne  Flutte  nicht  entratheu  kann,  erforderlich  ist,  dem  Feinde  eine  wesentliche 
Stülxe  frithrend  der  stSrmischen  Jahreszeit. 

Deshalb  erhoben  sich  schon  w&hrend  der  FriedensTbrhandlungen  im  Jahre 
1870  aus  den  betheiligten  Kreisen  Stimmen,  welche  auf  die  Wichtigkeit  des  Be« 
aitsee  TOn  Helgoland  für  Deutschland  hindeuteten.  So  hei>st  <  n  in  einem  Hericht 
dfS  Vize- Admirals  Jachmauu  vom  20.  September  1870:  In  jedem  KiieL'c  bietet  die 
Insel,  selbst  bei  Ueobaehtung  der  unumgäuglicben  Neutralitätsregeln,  dem  Feinde 
einen  sicheren  Stutzpunkt,  wihrend,  wenn  die  Insel  in  unserem  Besits  und  gut 
befestigt  wftre,  eine  feindliche  Flotte  sich  schwerlich  lingere  Zeit  vor  der  Elbe  und 
Weser  halten  künnte;  auch  für  W'ilhelmshaven  ist  die  Insel  von  grosser  Wichtig- 
keit, da  jedes  Schiff,  das  die  Jade  ein-  und  auslknft,  von  dort  gesehen  wird." 


382 


Bewcggriuui«  su  dam  dmitadi-«ngliBelMB  AhkomoMii. 


Für  Englaod  selbst  ist  der  Besitz  tod  Helgoland  niemals  wertbvoU  gewesen, 
und  «•  w«r  «loe  völlige  Vevkenmuig  dtr  thitiichWrlwa  TwMltiifaM,  frfihtr 
htor  und  da  der  Beiils  von  Edgoland  dem  Ton  Oibraltw  gkichgeeehtet  weiden  ist. 
Jn  dmilsdiea  Hiad«l  daf^egea  wird  Helgoland  die  Vertheidi^ng  unserer  Nordsee». 
kÜBten  wie  unseres  deutschen  Meeres  erleichtern,  eine  feiudliche  Blokade  ulier 
mindestens  sehr  erschweren.  Die  Insel  liegt  eben  anders  zu  Deutschlaad  wie  lu 
England  und  bat  für  beide  Staaten  einen  sehr  verschiedenen  Werth. 

Andi  erhlH  der  mr  Zeit  im  Btm.  begiiluM  NenH)itiee-Xaittd  ent  dardi  eta 
denteehee  Helgoland  eeinen  vollen  Werth  ior  den  KriegafcIL  Entlieht  sieh  die 
nähere  Dnrlefung  solcher  militärischen  Motive  naturgeiD&ss  der  öffentlichen  Be* 
Bpceehnng,  so  kann  hier  doch  bemerkt  werden,  <lass,  schon  als  Ende  1883  die 
Wiederaufnahme  der  den  Nord -Ostsee- Kanal  betrelTeadeii  Vorarbeiten  begann. 
Seitens  der  Kaiserlicben  Admiralität  betont  wurde,  wie  wünscbeuswerth  der  Belitz 
TOD  Hdgohmd  fSr  die  kriegerische  Ansiiutsiing  dieses  Kanals  sei.  Es  wde  aus- 
geffibrt,  dass  die  (Jebeifahmng  nnaerer  Flotte  von  Kiel  naeh  Wilhelmahaven  oder 
umgekehrt  Angesichts  eines  bei  Helgoland  liegenden  Feindes  nicht  ohne  ein  vor- 
aussichtlich unter  taktisch  ungünstigen  Vcrhäitnissfn  (hirchzumacliondes  Geffiht 
möirlich.  und  dass  sie  daniit  in  Fratre  gestellt  sein  würde,  ein  Einwand,  der  nicht 
entiirüftet  werden  konnte  und  demgegenüber,  da  die  Erwerbung  üelgoiuuils  damals 
ausgescbloasen  Mbieo,  von  anderer  Seite  die  Idee,  den  Kanal  von  dw  Ettwoiadniig 
naeh  Westen  his  in  den  Jadehnsen  fortsnföhren,  in  Anregung  gebracht  wurde,  eine 
Idee,  deren  AusfShmng,  wenn  überhaupt  möglicb,  enome  Kosten  verursacht  haben 
«iirde. 

Wenn  man  endlich  viclleidit  einwenden  wollte,  dass  Hcholand  uns  trotz 
seiner  natürlichen  Stärke  im  Lauf  eines  iiriegcs  doch  auch  einmal  genommen 
werden  könnte,  nnd  dass  es  dann  besser  gewMon  wäre,  es  hitle  ms  nie  gebort, 
sondern  wftre  neutral  geblieben,  so  könnte  man  mit  Ibnlichem  Grunde  etwa  befar> 
'   werten,  Diedenbofen  an  das  neutrale  Luxemburg  abzutreten. 

Auch  für  den  Einwand,  das»  die  Insel  in  absehbarer  Zeit  in  sich  selbst  iter- 
fallen  werde,  fehlt  die  tbatsächlichc  Unterlage.  Nach  gcülotri.scheu  Forscbuogen 
bat  sich  die  Insel  in  den  letzten  120  Jahren  kaum  merklich  verkleinert. 

Ist  die  künftige  Hegierung  von  Helgoland  geneigt  und  Im  Stande,  den  ktdnen 
Hafen  su  einem  Zuflnchtsoit  für  Handelsschiffe  und  FischerllotUlen  aussubauen,  wosn 
einiger  pekuni&rer  Aufwand  die  Voraussetzung  sein  würde,  so  wird  die  Insel 
nicht  nur  als  Badeort  ihre  friedliche  Bedeutung  behalten,  sondern  für  SchifFfahrt 
und  Fischerei  erhöhten  Wertli  erlanjren  Wir  werden  im  Frieden  wie  im  Kriege 
Anlass  haben,  uns  dieses  wiedererworl»i>iit'ti  Besitzes  zu  freuen.  Dass  das  deut-cb- 
englische  Abkommen  auf  die  Schonung  hergebrachter  Verb&ltnisse  der  Bevölkerung 
jede  mögliche  Bneksicht  nahm,  war  vom  Stsadpunkt  der  abtretenden,  wie  der  em> 
pfufenden  Kacht  gleich  natürlich. 


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YerwaltUQg/)  Zollpolitisches  und  Statistisches 


Kolonial- Abtbeilung. 

MrlgleBt:  Geb.  Lo^ationfiratli  Dr.  Kayser:  Vortractadw  Bttb :  Dr.  Rettich,  Wirklicher  lA- 

RHoBsrath;  stindise  Hülf.>iarb(-iter:  t.  König,  UiüsL  iimH.  G«rklitt-A«a«nori  U&lfMrbflitar: 
br.  T.  Nordenllycht,  kai»erl.  Kousnl;  SoDDeDSchda,  kaiMrL  KoonllMr;  T.  SdndtOUUill,  InÜMrL 
Tftekoaaal;  Frlir.    KsmcIw,  Legrtioiimltfettr. 


Kaiserliche  und  lokale  Behörden  in  den  Schutzgebieten. 

KkHeron:  (Joint  tiirt;r:  Fn'ihrrr  v.  Sod<»n  (bi-uil.);  Verfri'tfr:  Landgerictit.-irath  Zimmprer; 
Kanzkr :  Craf  l'feil,  V«m  t  r<  ti  .r :  Ui  if.  A^s  Lvhl-,  Sekrctürr:  Hauinspcktor  Schran.  Wallruuth :  Polizei- 
meüt«r:  Fromberg;  Zoliv^rw alter:  Ubir-ürcui-KontroUeur  Kurz;  Lehrer:  Christaller,  Klad;  Xizt 
dM  GoiiTernemenU :  Dr.  Zahl.  Uezirksamtmauu  iu  Victoria:  Dr.  Krahbes,  Polizeimeister:  Maarar. 

Expeditionen  im  aOrdlidm  Geliieti  Dr.  Ziatgndi;  LdUri  LinutBiiuit  t.  SpanfanbMiK 
Expeditionsmeister:  Howe  uad  Cuttanfeii.  —  In  Itdllebw  0«bl«kt  PnnlwlleataBMit  Ibiian, 

IiClier;  Assistent:  Zenker. 

T»iro:  Kommissar  a.  i.  t.  Pnttkamer:  Sekretir:  Relchclt;  Vertreter:  T.angp:  Pollzeimeiüter : 
T.  Plotrowski ;  ZollTcrwalter:  Bftder  ;  Arzt  des  Kommifisariat.<:  Stabsarzt  Wirke. 

Expeditionen:  Station  Bbrnarckburs.  Leiter:  PremierlieutciiAut  KHbk.  WIsmo- 
■dtaftiicbes  Mitglied:  Dr.  Büttaer.  -  Station  Misahöbe.   Leiter:  Prctnierlii  utcnant  Herold. 

SQdwestafHka:  Kommissar  a.  1.:  vacat;  8«krattrt  KftBSler  N*ll;  PolisaiB«btar:  T.  Gold' 
uuner.   Schutztrappe:  Führer :  Hauptmann  V. FlFU^bi  V«rlr»t«rt  MondÜMlmut  T. Fk«ll- 

Bergbehörde:   Berginspektor  Iriellngbans. 

Srhstzarebiet  der)  Tfea-GBlnea-Korapanl«:  Kommissar:  Reiricnin^rath  Rose:  Kanzler: 
Oflriebtsas^efi^rjr  Srlirniclo.  Sekretär:  H<-ferenaar  a.D.  A.  Hililfbraiult. 

SchBUgcblft  der  ■•nck»U*lu«lB:  KomoüaMr:  Vizekoosui  Bierouian;  Sekret&r:  Ji^ggert; 
y«rtrat«rt  Bnundtls. 


Reichskommissariat  in  Ostafrilca. 

Reichskommissariat:  Reichskommissar  Miyor  v.  Wissmann.  Virtreter  (beurl.):  Frei- 
iMir  TOa  Oravenrcath. 

BIlM  tr&hrend  der  Bearlaubuog  der^ielbeti  anfi^estellte  Tabelle  ergiebt  folgende  Gnippirung: 

Sansibar. 

4  Kommandantur:  Steil  Vertreter  Relchdnaunisfar  Chef  Dr.  Schmidt;  Adjutant:  Lleatenant 
HtnMa«.  b)  VagrwBltiuics-AbtlieilBngi  BarMwontead:  Preotierlleateaant  DoBUskr.  o>  See-AlH 
UMlaaf:  7ontaadi  PiwaterltootMiat  t.  8tfti»>  d>  MedlifaBl-AbtteUBacf  GbeAuit  Dr.  Beek«. 

I.  Kord-Distrikt. 

Ifaupfslatiimen. 

1.  TaiiKH.  .'^t.itionschef :  CtiLf  Krenzier:  Stationsoftlzier:  Sekondelientenant  Iloftrefe.  2.  Pan 
fBBl.  Statioiiscficf :  i'hcf  .loliaunes;  StatiHu^uliizier:  Sekondolieutenant  h'reiberr  v.  Vambüler; 
Assistenzarzt  Dr.  .'^leiiber.  8.  Sanclani.  Mationschef :  Sekondelieufenant  Albrecht:  Stafions- 
offlsier:  S.  koiHlcliciiti  nant  Fodlerh.  4.  Buramoyo.  Stationschef :  Chef  Hamsay  :  Stationsoftiziero : 
Sekondelieuteuauts  Fischer,  Brousart  rou  .Sctielleudorll;  Chetarzt:  G&rtner.  6.  Uar-ea-SAlaam. 
StutfoBMlMft  Chef  Leaei  StaUoBiofBaler:  .Sekoudelieoteaaat  WoUkaai. 

1.  BaMb  Stetloaidwf I  PraalailleBtaatat  ▼.  Perteadt  !•  latfaie.  8lMtkMieli«rt  Sekaade- 
UratMuat  Steasler.   t.  StaHoa  IUIbm  Hdeehwa.   StetloaMlMr:  MMBddlmtMiwt  t.  Bt». 


>)  i)i<  i:i  !.  I  leiten  Jahjfiagea  de«  KoloaJaleo  SthttmOm  «agallltttan  TeroidaBatMi  flad 
akiht  wieder  erwähnt  worden. 


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284 


Verwaltaiis,  ZollpoHtiscbM  und  StaliititeheB. 


4  MkvrmHJa.  Verwosor:  I  iiTkoflizicr  2.  KI.  Bluhin.  5.  Ifpvapca.  Stalii-tiM  lief:  ('liif  1- tt-itierr  von 
HQlow :  StaUou.suflizicrc:  Sckondi-Iieut^nants  df  la  Fremoirc,  .Jjuikc  «inl  il«.;«  .  Vrrirht«- 
dem*  KoiiiiiirihIok.  M  t  o  n  i -F  ä  h  r  •• :  DcckoftlziiT  1.  Kl.  Huliniltnt  liii.in:  Vi/cfeldweb«! 
Busch.  TiinuuKUU.  Sergeant  Krttd.  Mei  der  Karawaui-  dt-  Mr.  .<iiiki>^:  ^l•kMn<lelieat«■•llt 
Sigl.  Bei  der  Emiü  l'uclui-Expeditlon :  äekvudelteuteoantä  Laugheld  uud  Dr.  ätuhlmaan. 

n.  Süd-DlBtrikt. 

1.  Ktlwt.  Statlon.<(li'f:  '"hef  v.  Zelewskl;  Ftationsofflziere:  SekondelieutHnaiit.«  Ilerrnunn, 
V.  Elpoii.>:  As.sistfuzarzt  Dr.  ISuschow.  2.  Liadi.  Matiuii.Nchff :  Chef  Schmidt  Jl.:  Statiou.sofflxter : 
S«koud«lieut«iunt  JOrii  Aasistenzmt  Dr.  Brebme.  S.  JUUiilMi.  Sutloiucbef:  Clief  Jüid;  StaUons- 
ofRitor:  Sckonddlaatenuit  Scheniwr. 

« 

m.  Expeditionskörps. 

1.  KompaKuic  in  Lindl.  Kührer:  Sekondriieutenant  v.  /.itzcwitz.  2.  Kompaitnie  zur  Be- 
satzung Ma.oiiidcü  und  Muao.<;  vt-rwendct.  3.  Kompn:;ui«  in  Mikiodail.  Fühnr:  .Sfkoudcileotaoailt 
Priuce.  4.  Kompaguic  in  Baguaja.   Führer:  ^ekoudclieuteiiant  vou  dem  Kiiesebecli. 

Die  Aufstcllana;  datirt  ?»■  Mout  AagiMt.  End«  Oktober  wmo  bei  der  Trappe  192  Earo* 
päer  und  1531  £iugeboreue. 


Handels-Vertrag. 

Der  Freundschaft'«-,  Handels-  und  SchifTfahrts-yertriig  zwischen  dem  Deut  scheu  Reiche 
und  diin  Sultan  von  Sansibar  vom  1f.  .VuKUst  I8ft>  bf-tinunt .  dass  der  Sultan  bcrrrhllRt  sein 
soll,  von  allen  Wa-^ren  und  «iiitern,  welcher  Art  sie  auch  Süia  un>sen.  wi-Iche  über  Si-e  aus  frem- 
den Lindern  in  irgend  einen  Hafen  innerhalb  seines  «iebieies  riiiKrffihrt  und  dasell»t  gelandet 
«erden,  ohne  L'ntci. schied,  ob  sie  für  deu  lokalen  Konsum  oder  für  den  Versand  nach  auden-n 
PÜtsen  ganz  oder  theilwei»e  bcfUmmt  sind,  einen  Kiufuhr/.oll  zu  erheben,  der  5  pCt.  des 
Weithes  der  so  eingeführten  Waaren  nicht  überstcijn  n  darf.  Als  einzii?e  Ausnahmt'  von  dem 
festgesetzten  Maximal-Kinfuhrzoll  von  5  pCt.  ad  valorem  »oll  der  Sultan  berechtigt  sein,  einen 
höheren  Einfabrzoll  und  zwar  bis  so  25  pOt.  ad  valorem  zu  erhet><-n  von  Spirituosen  aller  Art. 
«eiche  vom  Auslände  in  sein  Gebiet  eingeführt  werden  und  l  iin  ii  .Mkohokdiait  von  20pCt.  und 
darüber  babeu.  Alle  auderen  gei»tlgen  tietränke  tou  woniKcr  als  pCt.  Alkohukebalt  (wie  bei- 
spielswei.4e  Biete  und  Weine)  unterUegen  dagegen  nur  dem  gewöhnlic  hen  Ma\inialeinfuhrzoll  v^n 
5  pCt.  ad  valorem.  Dagegen  soUen  von  Jedem  Einfuhrzoll  betnil  blfiben .  Alle  Waareu,  welche 
nach  einem  fremden  Hafen  besiimnit.  in  einen  d<  r  Hafen  df»  Sultans  an  Kord  eines  Ander<'U 
Schiffes  übergeladen  oder  zu  diesem  Zwecke  zeitwiise  gelamlct  werden.  Alle  Waaren,  weicht', 
ohu«  für  da»  Gebiet  des  Sultans  besiimrat  zu  sein,  atu  Versehen  k«  l.uiilft  wi-rdeu,  alle  Waan-u. 
«eiche,  um  die  von  einem  SchlfTe  erlittenen  Beschädigungen  aus/nbcss«  rn,  nun«  l.ideii  oder  an  Land 
gebracht  werden.  Kohlen.  Provianl,  sowie  alle  sonstigen  .\usrü>tinm->v;>  ti-tjinde.  welche  für  deu 
R«<larf  der  deutschen  Kriegsschiffe  eingeführt  «erden.  Landwnthschafilii  lie  .M.ischiuen  und  t;.'- 
rftthe.  desgleichen  alles  Material  zum  Wagenbau,  snr  Anlai;e  und  zum  lit  irn  l  e  von  Tramwuys 
und  Kisenbabnen,  S'iwle  auch  alle  Transportmittel,  soweit  .solche  Ailikt^l  uuth  Au.-<wcij  eiiii-s 
Kousulnr-Attcstes  für  die  deutschen  Schutzgebiete  bestimmt  sind.  Der  Sultan  \>\.  laut  Artikel  Vlll, 
berechtigt,  folgende  8pezlalz<<lle  von  deu  Waaren  uud  Laudescrzeuguisseu  zu  erbeben,  vcicbe 
aus  seinen  eigenen  Gebieten  oder  den  ausserhalb  derselbeD  tat  dem  cfrikadBisciMii  EoDttoeat  ge- 
legenen Territorien  lu  seine  U&feo  eingebracht  «erden : 


Tarif 

der  Im  Aitikul  \lil  und  ajidorw.  it  im  V.  rtrai;.-  -  rwiilinten  S|.i./ jal/i'llc,  welche  Seine  Hoheit  der 
Sultan  von  San-ili.ir  vtm  di  u  il;iriii  ;iiili;'  Iuhrt»'n  Waaren  nii'l  l..inili  .s.  izcii^iii.-i-t  u  zu  erheben 
berechtigt  ist,  welche  aus  scincu  eigi  uen  Oebieten  oder  deu  ausserhalb  deri>elbeu  anf  dem  afri- 
kAaischea  KontiMDt  gelegenen  Territorien  lo  seine  llifea  eingebracht  verd«!. 


1.  KIft  nbelB   15  pCt  ad  TttorWB 

2.  Ko[.al   15 

X  (tumtni   15 

4.  Nelken ,  clnsclUiesslich 

d.  i'roronlent  d.  iBMi 

Sansibar   SO 


Tt.  Sesamsaat 


12 


6.  Ürsellle  ans  den  Dis- 
trikten   zwis,  hl  u  Kls- 
m^u  und  Warscheicll, 
beide  H  ifi  ii  itibegcUESB  5 
von  ausserhalb    ...  10 

7.  F.beubolz  5 

8.  Bcirtiis  (Holzbalken)  .  10 
9  All<>  Art  einheiialldMS 

T.ibaks  5 

10.  Häute  10 

IL  Kbinoceroshörner  uud 

IlippopotMinssIlin«  .  10 


ft 


12.  Sit!ildi..-itt  

Kiiuns  

14.  l'l.  tr.'r  

15.  l'idriüs.si!  

1&  Mais,   Ncgerkiirn.  M»- 

«ele,  LiiiHcii.  sowie  alle 
Uinlii'hi'ti  Korn  iirlcr 
Hülsenfriii  iite,  •>o«eit 
sie  Uli  ht  amit'rwt'it  in 
dem  Tarif  beuauul  uud 
verzollt  sind:  85  Cantf 
pro  Djisla. 

17.  Reis,  untci  -^rhfilti'r:  2.'i 
Cents  pro  Ujisla. 

18.  «  hiroko:  1  UoU.  10  0. 
Uro  l'jisla. 

Ifi.  Kameele  2  Doli.,  I'ferdi 


1  DoU., 

Stück. 


lOpCt  ad  Valoren 

5  „ 
10  „ 
12  » 


Das  I >i.-lanjaass 
soll  :J«">0  Pfund 
Engl.  iS'egerkorn 
entbalten. 


10  Doli.,  Rindvieh 


Üchafe  und  Ziegen  25  Cculs  pro 


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Verwaltung,  ZollpoUtitchM  und  StatistiMli«. 


E  r  I  J  u  t  e  r  n  <1  p  B  «*  in  p  r  Ic  ti  n  k  c  ii 

Die  Hoht'n  Tertra;r>rhlit>>><iirl.'ii  Tliril«-  »iiiil  düruln-r  eiavcrsiaiidfii : 

1.  da>s  ;j11<'  \Na.i''  U  und  LandfMT/.t'uitui.^so  aus  dem  Sultanat  vun  Sansibar  uad  dt-ii 
n (  St Ul  li  d<  s  Ku.'<teni«  l>i<'te!>  di  s  lelzU-reu  belcceaea  Territorien  dta  Festlandes 
vii  l  lic  in  dem  vor>t<'lii'ndi-n  Tarif«  olellt  TWItichlNt  lind«  SOlUni  $lBd  Ulli  mit 

kvincai  /.idlf  bclck't  xmtiIch  dürf<'n; 

2.  das-,  falls  Waareii  ii:  li  LjupI.  ~r  ■ /.MiitnisM' .  wdrh«?  in  «lern  vor-tt-ht  udm  Tarife  ver- 
ici(  hnt't  sind,  von  eiiifin  au»l.iiiiiisi  licu  llaffU  über  See  in  da.»  (jcl.irt  >einer  Hoheit 
dt->  Sult.ins  von  San^ilt.ir  eiimdiiliit  wird^'u.  solche  Waareii  und  Lanil<->^crzeilgliliM 
nur  di-n«  im  Artikel  7  di^«  Vertriiiti^  ft-tKi  ><-titeu  KinitaniCHznll«»  unterliei<eu ; 

3.  dai!»  <li"-    \l  i?.il)cn.  wfji  In-  von  Hndeiii'i/ciu'nissen  erholfcn  wi-r<|t'ti,  die  von  den 
(irnnd>>iK'>'Ulliuin  inii'-ihalli  der  (icluete  Stiüfr  liolndt  de-  Sult.iiis  t?cwi>nM<'n  »erdPii. 
»••Ivtiis  vor  Abschhl^s  di-s  nctjriiw.iiti;;' ii  \  >  ifi.H;:t  >       h  ini  lt<  >it/.c  von  Fi«  in  l.  ri  ti<- 
iludtit,  ein  keiner  Weue  durch  die  lie>tiuiuiuui(eu  deä  Kogeuwartigeu  Vertrage»  beriilirt 
«•rden  aoUra. 

K  n  0  r  r. 

Moh»m«d  ben  Sslen  bea  Mohamed. 


Nea«ra  Veiwxrdiraiigeo  des  ReioliahommliiwiTlata. 

Ueboreinkomincn  swiscben  dem  Heiiii'ikonimi>'^ar  für  Ost.ifrika  und  d>-in  licneral Verwalter 
der  RritlMho^tafriluuilMb«!!  GeMlUcliaft  über  die  Beschriokaog  de«  Handel«  mit  Waffen  und 
Munition.  M>wie  aber  sonstig»  MMSsnabmen  la  den  belderMltiffeu  VenrattensvieUateiL  Vom 
24.  Februar  IS'-H). 

Koumandantar-Befeb],  betr.  die  Bioftilir  and  dm  Verkanf  Ton  Splrituonen  vom  5.  Anguct 
IMK).  Danach  ist  die  Einfuhr  von  Srbaa|M  in  dem  geeesmteii  K&stenxcbiet  nur  mit  Jedesmaliger 
besonderer  Erlaubnis»  der  Kommaadmiiiir  gestattet  Her  Verkauf  und  AuMchauk  Toa  Schnap« 
durch  dritte  l'er.«onen  ist  an  der  Küste  abeolat  an  nnterdrAclion.  An  goiattgea  Oetrinken  darf 

uffeutliib  unr  verkauft  werden:    Welu.  Bier  und  Werinuth. 

Koniminnlanlnr  Hi  !>  !il  Li  tr.  die  All^rl•tl.£uue  der  vi'rschledei.i-n  Si.itiiinsi;i  l-itte  vom  6.  An«. 
Ifi'M).  Viuiv  h  »iid  diu  Küste  lu  eiue  uördltche  und  südliche  Proviuz  eiugethcilt.  Die  nördliche 
!'r  viiiz  unir.i»!  die  Statlonebeslrke  Tanga,  Pangaat«  Saadanl,  BcganoTO,  Dar  ct>Salaam.  An  der 

Kufids(  hii-Müuduug. 

Verordnung,  betreffend  die  Stempelang  der  Gewehre  nnd  Verbot  der  Hinterlader,  vom 
t  August  im, 

Verordnung,  betreffend  den  KautachukbaudeU  um  der  Verf&Uchung  des  Kantschukü,  durch 
«elcb»  dw  Handel  weeeutUrh  fcecbidigt  wird,  in  stenernt  von  S.  September  189(1. 


StaÜstiMlies. 

TVr  Geeammtverth  dea  Importes  in  das  Vertmgsgeblet  der  Denlsch Ostafrikanischen  do- 
sellsduft  in  (Irr  Zelt  vom  18.  AuKust  188K  bis  28l  Februar  1889  bellef  sich  auf  65f>6G4  Knpies. 
In  der  Mt  vom  IS.  August  1889  bis  m.  Februar  1890  Ist  er  aaf  1998  221  Rnples  Kf^tieKen. 

Der  G«saromtwerth  des  Exportes  In  d«r  Zelt  vom  N-Aaciitiit  1888  bis  28.  Februar  1889 
bollef  sieb  auf  1  .v;^  m  Knples.  £r  ist  In  der  Zelt  vom  18.  August  1889  bis  28.  Febmar  1890  anf 

2O0OSS2  Rupies  Kr«tiei{en. 

Die  hinfuhr  mn  BaamwolLstoffen  betrug  in  der  Zeit  vom  18.  Au,;u<>t  1H88  bis 
28.  Febrnar  1889  392683  fioplee,  in  der  Zeit  Tum  \b.  August  1889  bis  28.  tebruar  l9l*«/ 
1.8S63l>:  liupi.  V 

Die  Ausfuhr  der  elnhelmlscbea  Produkte  in  der  Zeit  vom  18.  August  1889  bis  28. Februar 
1890  b.  ttus     I  it  iiinin  '.miT-i  Hupies.  Kopal  174578  Buples,  Sesam  143901  Buples,  Mtama 

187  liK)  liüyus,  Kautschuk  136397  Buplea. 


Kamerun. 

Das  Kc^etzlil  he  /.iihluiigsmilfel  in  K.inieriin  i>t  >eit  dem  h.  <  *kti'hci  ISvl  die  deuts'  be 
Reit  ii^ni^irk  Keilinnug,  und  es  i;elt> n  ,iN  i?.  -i  !itb>  t.r  Zabliiii«<wiittel  .lUf  <!.  mIm  li'-n  Münzen  (mit 
Ansiiahnie  des  ^iildencn  Füuf-Mark»tückes).  Betrefl5  der  früher  nach  Knis  abKeschlossenen  Ver- 
tr.iice  wuide  dai  WerthverbUtnifls  wie  lolgt  festgesetati  1  Km  =  20  Hark  =  SOUter  PalmOl  = 
16U  Liter  i'almkerne. 

Innerhalb  des  Kamerongebtetes  ist  der  Handel  mit  gelstiiton  Getrünkcn  an  Bord  aller 
Scblffe.  welche  die  H&fen  nnd  Mifdeo  dieses  iJcbietes  anlaufen,  verboten.  Dagegen  i<it  der  Handel 
mit  aÜeb  anderen  Gegenstfoden  an  Bord  vou  Schiffen  gesuttet,  voraasgesetst,  da.-ij  diese  mit 
einem  «om  Gouverneur  so  erthcilendeii  Erlaubui5.<!Rcbetn  versehen  sind.  Nur  der  Verkanf  von 
Feuerwaffen  nnd  Mnoitlon  ist  unter  alleu  Umstanden  verboten.  Die  für  den  Erlanbalssscheln  xn 
entrichtende  Gebühr  beträgt  für  Jedes  ^iichlff  UM  Mark  den  Monat.  Für  die  festgesetzten  istrafen 
(von  lOO  bis  50o  Mark)  ist  das  Srbiff  besw.  der  Kapit&n  nnd  Rheder  desselben  haftbar,  ohne 
K&cksicbt  daranf,  wer  die  Uebertretnng  verschuldet  und  ob  sie  mit  oder  obne  Vorwissen  des 
Kapltins  oder  Hbederi  stattgrAinden  bat.  An  die  kaiserlichen  KrlegsscblfllB  können  Oetrinke  und 
Leoensmittel  Jeder  Art  nach  ohne  hrlsnbnissschein  verkauft  weiden,  desgleichen  ancb  aa  alle 
übrigen  am  Flufise  wobnbaften  Einwobner,  voransgesetst,  dass  die  varkanften  Gegenstiade  snm 
penönlicbea  Gebrauch  nnd  nicht  tum  Wiederverkauf  bestimmt  sind. 


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286 


Verwaltung,  ZoUpolitiscbcb  und  Statistische». 


Mit  dem  10.  März  1887  siud  folgende  MaMW  f&r  des  Handel  mit  PalmOl  ud  PaloikenM  Ua 

gn.fmmtj.n  Schutzgcbict  iu  Kraft  setntea: 

I.  Für  PalnSl:  II.  F&r  Palmkerne: 

1  XaaM  ■atlialtend  80  Liter  =  1  Km  1  Maaa  «attattaad  MD  Ltter  —  i  Kra 

1    .         •        40    .    =  V»  .  'l    •         •        80    •    r=  »'s  . 
1     .         •        20    .    =  1  Kpg  l    ,         ,        40    •    =  1  Keg 

1    •         ,        10    •    =  1  Pi«gen  1    •         •         8    .    =  1  Bar. 

1    •         .         4    •  sslBar. 

Dnrcb  Terordonas  vom  •>  NoTenber  1887  atnd  die  dnrch  TerordaanK  vom  SO.  Jali  1885 
ringerebrtea  Z«lle  aaf  PalmOl  aad  Palatkarae  aaaiar  Kraft  «etretea.  Aa  Stelle  der  AakfahnOII« 
wrrden  innerhalb  des  Schatifabtalaa  »dt  daai  1.  JawMr  1888  EtafahnOUe  aaeh  UaaMvüM  da» 

folgunden  ZoliUurib  erhoben: 

A.  Spliflooaen  nlt  Aaaaaluaa  von  Wala  aad  Bier: 

Mark 

^  SSLm^  \  ^  etaaebneaitidi  49  pCt  TraUes    ....    Liter  0.10 
gJJJJ  /  BberdOpCtTiallee  0^ 

S.  AJle  amistffeo  allwliottaltlfeB  Oetrfaike,  j  ja  FEaadien.       .  OJO 


ala  I.  B.  UUn,  Sahul^  ete.  /in  OcMnden       .  845 

Hierbri  utrd  jedea  auefauene  Lit«r.  das  bdaat«  Jedea  «in  voUas  litar  nieiit  er« 
gebende  DebemaaBa  au  TaiMt  Ltter  gerecboet 

B.  Andaie  Waaren:  * 

1.  Fenerwaffiea  Jeder  Oattaaf  Stfick  ifiO  Mark 

9.  Palver:  gewobnllcbea   kg   0.10  . 

,      JagdpnlTer   0.90  . 

8.  Tabak   0,20  . 

4.  Kalx   Tonne  von  1000  ,     4.00  • 

5.  Reis   0,09  • 

Laut  VrrordnnuK  des  Goaveraeara  vom  8.  November  1887  wareu  vom  1.  April  1888  in  die 
bialiar  innerhalb  des  Schutzgebietes  an  einselne  UinptliuRe  seitaaa  der  fremden  GeftchliftjJilnser 
anterdeni  Namen  Kami  bexatalten  jährlichen  Abgaben  abgesrhafTt.  An  Stelle  dieser  At>gaben  trat  eine 
aeitens  der  Kaiserlichen  Regtomag  den  berechtigten  Hioptllngen  in  aablende  Somme,  bei  deren 
Bemessung  die  HOhe  der  von  den  einielnen  Hläptltngen  bisher  bengenen  Ababen  maaasgebend 
aeiu  BoUte.  Die  genaue  Festsetsnng  dieser  Snmnen  sollte  bis  mm  1.  April  des  Jabree  1889  er* 
fblfaa,  la  welckem  Monat  die  ente  ZaUang  dnidi  die  KaiserUeba  Begierang  galalitet  «erden 
a»llta.  Dia  von  der  Kaisarliebes  Beglening  an  anblenden  Svauiea  «erden  nnr  nn  dto  biaber 
In  Gannase  atnea  Knmi  befladUdien  HinptUngef  nlebt  aber  an  den  Badrtinaehfblger  beaablt 
«efden.  Der  Ooavenenr  tat  berechtigt,  dieae  Zabinaim  gaas  «dar  flwIhrelM  an  nntertaaien. 
«enn  einer  der  berechtigten  Hlnptliuge  dnreb  sein  verhalten  tn  eteer  derartigen  KaaMaabne 

AaUs-H  geben  sollte. 

Veroninuiin  vom  2.  Januar  IR'JO  bttreffcud  Auf^tt■lluIl({  ciiu  r  Statistik.  Danach  müssen  von 
1.  April  1.  .1.  :il>  <lii  hifT^in.iMifi  kIh  die  Werthaoirabe  der  l  iiizelnen  zur  Anssebiffang  Icommen- 
dt'u  \Vaareni;.tttuii»;cti  entliali<  ii  uiul  ist  jedn  im  ScbuUK'<>Met  augesesscne  UandelsUrma  oder  Er- 
wcrbsges''lls'  li.ifl.  so  jeder  Bt^itz^  r  einer  Pflanzung  verpflichtet,  »ieiteBMltttcb  ein  TefWicbntss 
seiner  ausgefatirteu  £rzeuguls8e  bei  der  Zollbehörde  einzureichen. 

Terordnnaff,  betreffend  AnfMelInng  einer  Statiatlk  Itr  Kaniemn,  tob  89.  Jaanar  IdOCc 

Verordnons:  vom  1.  Februar  1890  betreffend  die  Erricbtnng  eines  Friedhof^  in  Kamerun. 
Die  Beanfsichtigaug  und  Instandhattnng  des  Friedhofs  ist  einem  besonderen  Körnitz  flbertragen 
«Orden. 

Belcannimarliung  für  tlcn  n>zirk  Viktoria  Mini  1.  Oktober  If'W.  botriflt  Fcststollung  der 
(irundi  ti:cnthuni>ini-[iMi(  Iii'  di  r  diir' !i  Alikomiii-'U  mit  il-'i'  RiLsdet  Miüsion  in  d.is  .ni><('liliessllehe 
I-^igcntlium  di-s  KimsitIu  lu-u  <ii.u\i'rii<-ii<(  iii>  üb«  igiKaiigcin'ii  Tht-ilcs  der  ('»rfsi  haft  Vikffirla. 

lickanntmarhuuK  vom  27  Mu'.  Die  auf  di  u  Grund  uiiil  Hod<  n  di  r  Ri  irleruug  ' in 

Viktoria  ansäiisigen  Huk wir i-I.enie  li.ihi'ii  für  die  Kl-uuIzuiis;  dfr  <jrund<tiirko .  wclrhe  ihnen  von 
dl  :  kiiiTuiiK  überlassen  sind,  bi'i  Vi-i inriduiir  der  AuswcLsung  am  ."^ihliisse  jt-di'ii  Jahres,  und 
/s^  .r  /um  ififi  ti  Mal«?  am  31.  Hi  zcmbi  r  IffK»  eine  Abnabe  von  '2  Mark  xu  entrichten.  £s  atebt 
>!'  --II  II.  tili,  statt  dieser  Abgabi'  •  i;t,~pri  <  liende  (•«nieiiidedieiiste  an  lelateB,  denn  n**tlBI!g  nnd 
l  mfang  durch  den  Bezirksamtmaun  in  Viktoria  festgesetzt  wird. 

Kaiaerllebe  Verordanng,  betreffend  Lekahnlage  fbr  die  Hnlkbesattuag  In  Kameran.  vom 
10.  Oktober  1^90. 

Verordnnix  vom  1!»  DezemluT  IW»,  lntri(Te;id  Privilesien  au  rntenielnner.  Dieselbe 
lautet:  .Auf  «.rund  des  iic^f tz.  -i.  betrefTeiid  die  lie<  litj«verliältni.s>c  der  ili  ut«.  In  n  Si-lnitZk;i  l>iete. 
verordnet  di'r  k:u-ii  Iii  Ii»-  timiM  i  mur  wie  folgt:  5  1.  I iiijenigtii.  wclrlid  in  d<  ui  Si  Imiz^ebiet 
Von  Kamernii  Vi  r.iiisi.illuiisi'U  triflf.  um  (ieuenstande  zu  ^'1  winiiru,  lier/u -teilen  oder  zu  ver 
arbeiten.  weU  he  Idslie;  dem  Si  liutz::ebieti'  uiclit  au>.;i  fuhr;  «urdeii,  kann,  sofern  dies  zur 
Hebung  des  llanilels  iiiin  ili-r  Kultur  nützlirh  ersrlieint  ein  aiissclilie.sslii  lies  Recht  auf  die  (Je- 
wiununK.  VerwiMtliuiin  nnd  die  Ausfuhr  jener  < ieifeii^tinuir  ertheilt  Werden  5(2.  Demjenigen, 
welcher  in  «lekTiulen  des  Si  hutz<<  liieies.  woselbst  bisher  Weisse  nii  ht  anscesledelt  waren,  eine 
NiederlassiiiiK  ,ni!t  (f1  »nd  dailun  Ii  dem  liiesi^cli  ll.illdel  neue  •  lebietstheile  ersLhliesst,  kann  inner- 
hall)  diesi  i  (ii  lih  i-tlictle  liii  ausselillessliches  K'i  lIiI  zum  llaiidi  lslietriebe  in  dem  Sinne  ertheilt 
weiden,  dass  llaiuielsniederlassniiueii  Dritt'  i  d:iselbsl  au*.Ke>rlilos.sen  sind.  Die  Grenzen  des  (ie- 
biete*,  für  »clelien  diej»«  IJere«  liti^ung  (ii  ltung  hat,  werden  vom  kaiserliehen  Gouvernement  fest- 
gesetzt. §  3.  Die  in  !t§  1  uud  2  bezeichneten  Rechte  «erdcu  auf  eine  Zeltdauer  von  längiiten» 
10  Jabren  verlieben.  Die  Terlelbang  kaan  an  Bedingungen  geknüpft  «erden.   Die  Teilldticnen 


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Verwaltung,  ZoUpoUtiscbes  und  Statistisches. 


287 


Bedrte  kr<nuen  ohne  Entsi  hidljpnR  anfgehoben  werden,  wenn  dies  im  Intercsise  der  Scbutzir«biete 
«rforderllch  ist  Antri^e  auf  Krtbeilang  der  Rcdachfen  Rechte  sind  unter  Darleining  der  in  Be- 
tracht IcomtncndfQ  Vtrh&Itnisüe  schriftlicb  bei  dem  Icaiserlichen  GouTeruenieut  in  Kamerun  elu- 
xnrelchen.  §  4.  Ks  wird  vorbehalten,  für  die  Krthellung  der  in  §5  l  und  2  bezeii  Imeten  lit  clite 
eine  besondere  Fatentufobühr  lu  entrlrhfen  I>ley-<  Ibe  -oll  Ti  Prozent  des  Werthes  der  (»t  ftpnstiiide 
nicht  fiberschreiten,  welche  in  dem  prirelet^lrtfu  Industrie-  und  llantleisbetrii'be  aun  dem  Srhut/.- 
gcbiet«  ansRefübrt  werden.  §  .'>  Uritt«-.  weiche  den  aiisschli«  !<>lirh  \  i  lii  h« neu  H«'rechtii(utigen 
snwlderhandeln.  werden  vorbehaltlich  des  zu  lelstcndi  n  S<iiÄil<  n<  r-.itie.«  mit  iield^trafe  bis  zu 
aOOO  Hark  bestraft. - 

Die  Anulil  der  im  deataclieo  8chotxc*l>l*t  von  Kamerim  ansiieiigen  Weia««n  betrag  Im 
8ofln«r  tos»  «matn  0  OvaMkw. 


Dto  huiptilohlloliitBii  AfHkfll  ifof  ElnAihr  In  Kmonni. 

lBjabrel88£:                          Vom  l.Jnli  bis  3I.Dezbr.  1)^9:  Vom  1  Januar  bis  30.  JtalltMt 

Bob  1  »24 038 Liter                 Bum  und  Geuever  .'02.%  kg,  Bam  ^»«473  Uter 

Q*B*v«r  traOO  FludMO          im  Keider,  172U  Krüi^c.  m  CotBMttt  Uqaew  «tc  »tMIitar 

F4sser,  l'.'T  Ki-iten.  40  uW 
Liter  netto 
Cornac,  Uqnwire  a  •.  w. 
410  kf^  IM  KMm,  9HB  Utor 
netto 

PalT«r  57  475  kg                   141  ßSfl  kg  netto  133  647  kg 

Salz  1  ir> 000  kg                   704  213  kg  netto,  70  Kisten  1477 670 kff 

Tabak  fem                       ■>*      k^  netto,  S8  KistM,  IS  30  856  kg 

Halltn 

Gewehre  (Steint' hl  ^  1568  8t  5446  8t&ck  6795  StQck  bmtto 

Patronen  lOOu  .siuck  1710  kg 

SeiMe  MBa09  larde              Baamwollwaarea  36114  kg  BarnnwoIIwaaren  47  432  kg 

72  Kiaten,  629  Brftao  brutto.  41  K Ilten  brotto,  370  BIL 

Kleider  u.  Putzwaaiea.  Leib-  Kleider  etc.  420»  kf,  fl7  Kistea 

wa»  he  etc:.  2788  kg,4FISMr,  breite 

64  Kiaten,  7  Ballen  Leinengarn,  Lctoewaild  V.  •.  w. 

Seide  1  Kitte  12909  kg.  4  WMm  bnüß,  M 

Wollwaaren  1  Kiste.  1  BaU.  Bailea  bmtto 

Belt                                162419  kg  netto.  9  Flaeer  m859  kg 

Seife  aad  ParflUaeriea          10354  kg,  6  Flaeer.  aou  Kist.  28660  kg,  163  Kisten  teiMe 
Btetalehltft  vaA  XeUn> 

brinetti                       «»oao  kg  613990  1« 
Btfea,  Blaea-  and  Stihl-  _ 

waana                         S49M  kK»  fieser.  4»  Kitt  67 106 1«  »  Fieser.  91 

8801  Sttdt.  «13  Bollen  bintto,  liO  Baade  Itratlo. 

Die  Zolleiunahmen  für  das  Scbntz^ebiet  Kamerun  stellen  sich  im  Etatajatue  1880, <.)0  a)  im 
L  Ourtei  auf  51752,46  M.,  b)  im  IL  Quartal  6424U54  M..  c)  Im  UL  Qoartel  eaf  46701,86  IL,  d) 
!■  IT.  Qaarttl  aaf  47jBT^  K,  ineaaiaiea  MOIHM  M. 

Aisoelttit  wurden  im  Jahre  1866:  0(ener»  StaMitikeia  sind  nicht  rerölTeatttalit  watdaa.) 

Palmöl   1924  t 

Palrakema  '  16<>7  t 

Kant«cliBk  65.%  kg 

Klfenbefa  8372  kg 

Kak;i..   I'i21  kg 

In  Wirkllchk'  tf  w  ir  die  Hinfuhr  jiKlenfails  deilentender.  unter  anderem  schon  destialb.  weil 
Viktoria,  sowie  oin  Tlnil  der  Krisfeiii)lat7e  nicht  von  Kamerun  aus.  sondern  theilweise  unmittel- 
bar von  Earopft,  tiiellweise  von  Gabun  und  Kloby  durch  die  daselbst  beflndüdien  Hendelsgeschiifte 
TsneiKt  weraea. 

Ba  Jahre  IflP!*  sind  in  K.imemn  ancekoaunea: 

97  Schiffe  mit  in.'^ge.-iauimt    1256.'i7  lUg.-Tonaen, 

hiernnter 

42  deataclie  Sdülle  von  52  005  , 

96  brtttMlie     •      ,   166111  . 

Im  Jahre  IW  waren  daselbst  angekommen: 

82  Schiito  vuu  iu^geiuuumt   100467  Beg.-Toniieii, 

hierunter: 

.TK  dfUtMhe  Schiffe  (1  Dampfer)  mit   47  654 

W  britische  (41  Dampfer,  3  Segelschiffe)  mit  . 
T  iifer  den  Im  Jahre  eingelaufenen  SchilTen  befanden  sn  h  '2  (T)ritische)  Segelschiffe  von 
je  4.'>n  Ki»(.  Tonnen .  unter  den  im  Jahre  1889  angekommeiu  n  [»anipfem  waren  37  Wörmann'gche 
mit  denfi  fieimatbshafen  Hamborg,  einer  ein  Kieler  i^cbifT  Von  den  enfrlterhen  .'Schiffen  hatten  28 
ihren  Heimatshafen  in  LiverpooC  die  übriKeu  zum  grot-iten  Iheil  in  Uriälui.  Ausser  Betraellt 
sM  teiiUebsn  die  KUrttirtswieanij  sewie  die  4tiittthn>  oad  tresadltodisehen  Kriefsechilla 


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388 


Vemaltung,  ZoUpoUfiadiM  und  StetiatiicbMi 


Ht.'schrcibuinc  iler  (iala  nn<l  Interim.-,  riiifortneu  für  die  in  den  Schutzffbief f»  verwendeten 
l>i<h.-«b<-anit<Mi  und  Beschreibuns;  der  l  uifurmea  der  bei  den  Kaiserliclieu  Hehorden  in  dfu  drei 
»i  stafiikanischon  Schnfzicebietr n  verwendeten  Sekretäre  und  rufi  rbeamten.  (Deutstlie»  Kolonial- 
blatt  No.  1.  W.H)).  Durch  Kiii>erlirbe  Kabiuet.sordre  IG.  Juni  l'^'^U  uncb  auf  die  BflMBtMl  dMT 
ScbttUgebiet«  der  Mar^cliall-liuelB  and  der  Noa-tiaiaM-Kompagnie  augMlehBt. 


Togogebiet. 

Mit  dem  1.  .\iji£ti>;t  1*h7  ist  die  dentsrbe  Reichsmark  Kechnun.«  im  Togogebiet  eingeführt. 
Au-ssefili  in  weriieii  liiu list.'hende  fremde  (»oldmüiizen  als  ^e.setzlii he /.abluiiKsmittel  angenommen 
Dud  sind  dein  WertUverhallnis.«  zur  deutschen  Heicbsmark  wie  fol^t  bestimmt  woi^eo:  1  Pfand 
SterlinK,  eiiKliscb,  =  'H)  Mark.  1  französlisches  ZwMui8franken5täck      IG  Mark. 

VerordBOBS,  iMtrefleiul  dea  UmitUbtMA  M  Bocd  d«r  dte  Bhed«  das  ToMnUstas  tm- 
iMofmdMi  SebUb.  Vom  9.  Juli  1887. 

TtfiordBnilg,  lutreffend  Koüfr  .lle  der  einffeführten  zollpfliclitiKen  Waaren.  Vom  26.  JuU  1887. 

VcrordnoBf,  betreffend  Zahloug  der  Zölle  und  EinbriuL-cu  zollpflichtiger  Wuuen.  Vota 
9&  JvU  1887. 

▼«ffoidaiiBg,  betraOiBBd  Hie  Veiv&tiuis  tb  Teciast,  cntrtipdw  duieh  Aaaalck«ni  dw  Baau 
and  dareh  Brach  d«r  In  Efsten  wrpncktca  Titadm  ttU  Q«B«fir.  Tom  SS.  Jnll  1887. 

Verpflichtung  der  Schiff>führer  zur  AbfdM  Ibrtr  IfaillflMta  Mb  AaltttÜM  dar  KBltMiplilM 

des  To(?o«ebietes.    Vorn  1.'..  Februar  18*8. 

Verordiiun«  vom  7.  Februar  betreffend    den  Handel  mit  Palmkemen.   Danach  i>t 

der  Huii'lel  mit  I'Ältnkerneu,  welche  mehr  als  10  pt  t.  Sihale  enthalten,  verboten.  Eä  sind  Ucvi- 
-iou-..telleii  elngeriihtet  für  Klein-Popo  auf  dei  Sinlwe>t-.eite  von  Adjido.  für  Porto  Seguro  an  der 
landunRK-teiie.  Wer  Palmkeme  in  unpbng  nimmt,  ohne  diM  ibr«  Znliaaigkeit  nach  Mussgabe 
der  Verordnung  durch  Cbeck  ««tteu  der  Beuntea  Mieb8«wleaeii  Ist,  wird  alt  QeldMraflB  Ui  n 

WIK)  M.  bestraft 

Verordnung,  betrelTeud  das  Verbot  der  Anaführ  von  Erlenmitefl«!  au  da«  Tegogitiat 
oach  DabMBeh  wihrend  der  Dnner  der  filokade  vom  IL  April 


Uebereinkunft  zwischen  Deutschland  und  Frankreich  über  die  Einführung 
eines  Zollsystems  in  den  beiderseitigen  Gebieten  nn  der  Sklavenküste. 

Die  Retfieninit  Seiner  Majestät  des  Iieiitschen  Kal>ers  uml  du-  iitm.  nini;  der  FrauzTisiischeii 
Republik,  in  der  AlisjcLt.  die  Fiitwickelunif  des  Hiiiidels  in  den  i;ehieren  beider  Staaten  an  der 
Skl.iveiiku>ie  zwischen  den  ens^lischeu  ]ie<itzuiiKeii  an  der  (Mildkii-ie  im  We^-ten  und  Dahomey 
im  t  Kt.-ti  zu  sichern,  haben  beschlo.>seii.  die  von  ihnen  unter  dem  J.V  M.ii  l^>^7  »cetroffene  l'eber- 
eiukuuft  wegen  gemeiutchafUicber  Eiufübrnug  eiue«  ZoUsyslemü  in  den  beiderseitigen  Gebieten 
n  «raeaem,  nad  ta  dteaen  Zwaefc  die  folgenden  Bestlainiangea  getrofliM: 


GefauMade  dar  ▼•nollaag 

El  aheltea 

deutsche 
M.  Pf. 

fran- 
x6siBcbe 

Fr.  C. 

englische 

th  d 

Oenerer  {  Kist«  zu{  von  40  6U  pCU  TraUes  .... 
1 8  Litern  l  Uber  6ü  pCt         ,  .... 

1 

0  I  64 
U  1  96 

1  60 

0  03»/,o 
0  04^» 
0  08 

0  20 
A  OU 

1  1  00 
b  00 

0  1  80 

1  ,  30 
3  ,  00 
0  04 
0  06 
e  10 

0  2S 
6  25 

1  35 
10  00 

0  1  7*>/,ooo 
0  1  11»/»» 

0  '  0*M,MW 

0  1  OM/^ 

0  1  ^itm 

9  1  0 

1  0 

8  i  0 

.Vrtikel  2.  Die  deutschen  und  franrftflschen  Be^it/uulrell  nn  der  Sklavenkü.ste  sollen  ein 
eiiihr;' Iii  Im  s  Zollitebict  bilden  ohne  Zwischen  ZolUienie  <leri:e>lalt .  il.i-s  da-eibst  ein  und  die- 
selben Zolle  erhoben  werden,  und  da.ss  die  auf  einem  iiebiet  vorzollteu  Waaien.  ohne  einer  neuen 
Abgabe  an  nntcrIieKcn.  in  da^  andere  eingeführt  werden  k<'iuneu. 

Artikel  3.  Alle  anderen  alt  die  Torstetaeud  beteicboeten  Artikel  onterliegea  einen  Sin- 
fahnoUe  nicht 

Artikel  4.  Dia  Ahabaaf  dar  ZAUa  kaan  ia  daatachaB,  taasOiliebani  aad  aagUtahaB 

Oelde  erfolgen. 

Eine  Jede  auf  der  lirenze  des  eeiiipin<inmen  Zollgebiets  KeleKenc  HebesteUe  mjU  «ich  im 
Besitt  einer  gleichlautenden  Tabelle  betlndeu ,  welche  im  Einzelnen  den  betrag  der  im  Artikel  2 
voigeaeheaan  ZOUe  aagtobt,  Ja  aachdan  die  Brhebaaf  dnreh  die  latereaaaataa  ia  dar  elaea  oder 


Verwaltung,  ZoUpolitiacbes  und  Statiatiicbes. 


289 


In  «Itr  andoron  (jfldsorto  erfoiRt.  Die  vpr'irhicdi-iifn  Miinzsorten  Rcltt-n  Rbrigens  ah  Kesetzliehes 
Zahlinittt  l  in  Kh-iiher  Welse  wi«  in  ihrt  in  I  r^pruinf-Iandf .  si>  dnss  also  einerseits  «II«'  li^-iitsrhen. 
fran/.H>i.srh(n  und  fiiiflisclu'ii  ('loldtnünziu ,  SDwio  lii.»  friiiiZ"sl.M-licii  sill)erncii  Fünffninkiüstiicke 
und  die  deutsihcn  Einthal<  r>tü<  kf  (H  M  ),  so  lange  sie  in  Deutschland  tjesotzlirlics  Znhlmittel 
siü<I,  unbeschränkt  als  /.iihlniitti-l  Ki-ltiui,  während  undtrerseits  die  dont^rlifii.  fraiizcsisclieu  und 
englischen  Sc  ht  idi  münz*  n  nur  bis  zu  «iu«m  besUnimtea  Betrace  in  ilaUlaag  ([euommca  zu  werdea 
brauchen,  nämlich  die  drut^r'j.  u  .Mtinsea  bb  SO  30  IL,  die  tansOatsclMD  MS  SB  SO  Fkaaken  und 
die  «nKÜschrn  bi.s  m  4i)  Schillint;. 

Uio  Meaint«D  beider  l.&uder  haben  allmonatlich  einen  Austausch  der  in  die  beidr-rscitig<>ii 
KaSMO  («floaaeDca  t>ilbermüuea  vonaiiehmen ,  indem  sie  der  Aaswccliselang  du  darch  deu 
Tuff  bMtbnmte  WerthTerbUtniss  zn  Grande  legen  (l  Mark     I  ScIüUId«  =  1  FiMdcen  25  Cent) 

Artikel  5.  Das  neae  ZoUayatea  tritt  zu  Kleicher  Zeit  In  den  deotschen  nnd  franxtet- 
feben  Gebieten  In  Kxaft  and  iwar  Ton  15.  Min  mto  ab. 

Bb  Teint  fAr  die  Deoer  daei  Jähret  eiiiseführt  Wenn  die  vertragenden  Theile  nicht  aeehs 
MOMte  vor  AbUnf  dlaaer  Zelt  ihre  Ahetcht,  den  Vertrag  aufzubeben,  kundRcgeben  haben,  so  gilt 
deraaibe  als  für  ein  weiteres  Jahr  stillschweigend  Terlingert,  nnd  so  fort  bis  zum  Ablauf  der  folr 
geadon  Zeltrinme. 

Gesehehen  zu  Berliii  in  doppelter  AnafertiCBnc  den  aachsundzwanziR  «•  n  Dr  cembar  188BI 
(L.  S.)  Graf  Berciiem. 

(L.  8.)  Jnles  Herbetta. 


Statistik  der  «Ihread  des  Etatsjnhre'i  vum  1.  April  isso  bla  som  8L  Hin  1S80  la  daa 
Togogebiet  eingefBhrten  SOllpfllchtlgeu  Waaren  in  NettomenK<-n: 


Rum 

Oenerer 

Tabak 

Pulver 

Geweiirc 

SaU 

unter 
40pCt 

Liter 

40-fiOpCt 

Liter 

'  über 
1  GOpCt 

1  Liter 

unter     40  bis  1  über 
40  pCt.   60  pCt  i  GU  pCt. 

Kisteu  zu  8  Liter 

kg 

engl. 
Pfund 

Stück 

kS 

1  :t:{:i  »kj.-, 

14  187  SrAb,l 

182  742,1 

443  l'.C. 

H3U0 

49025 

Die  /oll.  innahmcn  stellou  sich  im  EtaUjahr  1889/90:  a)  im  I.  Quartal  auf  1856035  IkL, 
b)lm  n.  (,»uartal  auf  IC '.>i.W>  M.,  c)  in  HL  Qnutal  auf  18  483^       d)  la  lY.  Qaäital  ^ 

37  867.10  .M..  zii^animi-n  '.'1  iT.It.'.KJ  M. 

Die  Aii/.,il\'.  litr  liiflf,  wt  K  lic  im  .Lihn'  ls?0  die  Rhed«"  von  Klein-l'opo  ;iuIii'tVn  und  ver- 
Uessen,  betrug  l'.irunirr  l.t  laiKlen  sich  deutsche  Kriensschifle  und  l  cuglischüs ,  sowie  5(H 
Handelsschiffe  vnu  ziisainiii.  ii  sO  ITd  Reg.-Ton-  iK  tto  DaM  ii  'hO  deutsche  (42  Dampfer,  h  Se^el- 
üchifTe)  von  zusaninK-n  .'>1  .'4ti  Keg.-Tons,  15  «ugLLsche  (Dampfer)  von  17  794  Keg.-Tons,  ',^1  ita- 
lienische (sämmtlicb  Segeiscillff«)  TOB  1388  Baf.>T0D8  ood  7  ftamOBiacha  (8  OampliBr,  1  Sagel- 
scbiO)  von  8b'J2  Keg.-ToBS. 


Süd w estafr ikanisches  Schutzgebiet. 

TerordnnnK  dea  KaiaerUchen  KoouDiasaia,  betrelTend  die  ElDftihr  and  dan  Handd  mit 
Wallra  nnd  Mnnition  voni28uliir8  1S90.  Danach  hat  der  Importeor  die  Xrlanbniaa  dar  Bln- 
fhhr  nachsoholen  nnd  der  HSadler  JIhrlich  100  Mark  Lisensgebühr  an  entrichten. 

Beka  un  t  m  a  I- !i  II  11 «  ilr.  Kai-i.Tli«  hcn  Kniiimi»ars,  be'ren'4'nd  d<  ii  Handel  mit  Spirituosen. 
Der  HÄudler  hat  iiai  ii  Kiianünu«  ib  r  Lizenz  :ti«)  .Mark  jalirlirb  Cebühr  zn  zahlen,  uihI  vor  jedes- 
maliger Euifulir  eiiu'  Spezialerlaubriiss  einzuholen,  lieinjeiiiiieii.  welcher  «liirch  llandelu  mit  Spiii- 
taoseu  Aulass  zn  Ausschreltun;;en  iciobt,  kann  die  Krlanbni.-.s  zum  Handel  uhne  Weiteres  ent- 
sogen  werden. 

Kaiserliche  Verordnung,  betreffend  die  ÜcchtoTerbJiltniss«,  vom  10.  August  1880. 

Dienstanweisung  dea  Reidukaaslen,  betreffend  die  Aoslkbnng  der  Gerichtabarkelt, 

Tom  l'T   \  11 '.Ml  st  l'i'M» 

H  1  k  a  II  II  t  m a c  h  u u  K  des  Kaiserlichen  Kommi.ssars  vom  1.  .\  p  t  i  1  IKK.',  wonach  die  Er- 
theilunic  von  Miuenkonzessionen  seitens  der  eiimtborenen  H.iuptliiii;'-  um  mir  <  ,eiieliniii;iiiiL-  des 
iteicbskommiM^ars  rechtsgültig  erfolgeu  kann,  uuumeUr  tür  diu  gauiv  deutsche  Iulcie»>euspliitre  in 
Sfidwest- Afrika  Geltung  habe. 

Gesetze  nnd  Verordnungen  für  das  Schutzgebiet  der  Neu- 

Guinea  -  Compagnie. 

Bekanntmachung  des  Kaiserlichen  Kommi.ssar<i  v.  Oertzen  vom  8.  Jnni  1885,  l>etr. 
Ijaodenrerbnugeu,  VerlMt  der  Verabfolgung  von  Waffen,  Mnn  tion  und  Spiritnosen  an  Etogeborena, 
Verbot  der  Wegführung  Ton  £iDgahorenen  ans  den  deutschen  Schatsgebleton. 

▼ererdnnng,  betr.  die  ReehtaTarbUtaiase  Tom  5.  Jnni  1888. 

Erius>  <ii".  Keichskauziers.  betr.  die  Knn&chtignni;  des  Landaabanptmanna  Frelharm 
T.  Schleiailz  zur  Ausübung  der  (jerichtshariteit  vom  21.  Juni  1886. 

Kolonlalaa  Jalirbaah  UBO.  «n 


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290 


Vflrwaltimg;,  ZoIlpolititehM  und  StatittiMhu. 


▼erflKiiDK  dM  Reldukaaslm  Ton  1.  Nor«ml>«r  106.  dus  all  ElngilioniM  di«  An- 

StUtitm  dar  im  SchatzgebleCe  beinlieb«!!  SttnoM  and  die  ADKfili(lfflK«B  ndwer  teUcar 
ttama  umueb'M)  sin«!. 

DIenitan wüisuiiK,  biti.  die  Ausubuni?  der  rt<"richt.sbarkeit  vom  1.  Novi-mber  1888. 
Verordnung  dor  Direktion  der  Npu-i  luinra  ( "ouii'ak'iiie,  ti.'lr.  dir  MrhfbunK  mji>  '.tbuliren 
für  die  über  die  ]vhe»cbliessnns  n.  ».  w.  Torzuneluneudea  Uedchitte  vom  12.  November  ISXü. 
Elnffibrviiff  der  Beiduaerkredinaair  tm  L  April  1887. 

Vrrordnunk'.  bi  tr.  die  Hccbtsverhältni'ssc  für  Saloinonslnsidn  vom  1.  Jtlinar  18<}7.  Dl« 
Gesetz  ubt-r  dif  KunMilar  iJericlit.-barkcit  tritt  in  Knift.  Daran  scliliesst  alch  die  Ausdehnung  der 
VerordnunKOii  d>T  Neu  (iiiinfa-Cunipagnie  auf  (iitsc:^  lii'bict. 

Vfirordnunir  vom  \'^.  Jannnr  IShT,  bt-tr.  dii-  Krlaubniss  zur  Ausübung:  finii^er  (»eweibe- 
betrieb«.  Danach  In  «liirf  d<  r  ausd' m  klu  In  ii  U«  urhiniirun^;  di-s  I.nndfshaujjtinanns  der  Betrieb  d'-r 
Fischerei  auf  Ferlinuttermascbcln  und  l*i  ri>  n.  sowie  auf  Tripang:  «Iii-  Anibcntun^f  d.  s  Bodens  auf  Erze 
a.  s.  w.;  die  tlcwinnunK  von  (innn-i-,  «iic  Ausbeutung  von  niclit  im  Besitz  ilrt  1  irKeborenen  oiier 
sonst  im  Hrivateiirt-iithuni  belimlli' Inn  Kokospalmmbi  funde  aaf  Kopnu  Der  GeDchmi«aiiK  bedarf 
ferner  der  lU-irirb  di  r  Küstetitischf-n  i  und  Si  liLmen  vnii  HolS  IW  gmrcrbUelM  «Öd  Haadell» 
sweeke  auf  nicht  im  PrivatbesiU  betlndlichtn  L&uUeruien. 

▼erordnnnir  des  Lndednoptmann.«.  betr.  die  DurcbfQhniiig  d«S  OtMtSN  tob  4  Mal 
18TO  Ober  die  Eheschliessnng  u  s.w.  vom       Februar  1887. 

Kaist  rliche  VerordnunK  für  das  Verhalten  der  Kommandanten  der  Katscrllchen  Kriegs- 
iehUfe  im  >rlintzK<  biete  der  Neu-Ouiuea-(.'ompaKnic  vom  'Jf>.  Mai  IhST. 

Instruktion  der  Direktion  für  den  LaudesbAuptm&un  in  Uezug  auf  Anträge  au  die  Kom- 
mandanten KalswIiclMr  Sjittßf^'^  Gawihmng  tob  Scbnts  and  UatamtfttiaiiK  ▼om 
7.  Ja  Di  1687. 

▼erordBiiair  der  Direktion,  betr.  die  Blnrichtnng  trun  8— »WMimtim  Tom  7.  Jnli  1BB7« 

Strafverorduun»;  de.s  Lande^shauptmanns.  betr.  da» TSlbOt dOT  Tonbfelgnnc  VOB  WafÜMI, 

Munition,  Spiritnoseu  u.  s.  w.  vuni  Vi.  Januar  1887. 

Bekanntmachung  des  l^udeühauptmanu.<i,  betr.  da.<i  aus.srhUaMlidM  Bacbt  dar  Nan- 
Gaioaa-Compagnia  anf  das  berrenlote  Laad  a.B.w.  romS.  März  1887. 

Poll«el-Vof  icbrllten,  betr.  Strafkndrolninijr  bei  TTeberscbreltan^  des  Terbotat  der  Ver- 
ablblgmog  von  Waffen  n.  s.  w,  vom  cr,  Is*-?  r\V>  ind'  rüüu-  arn  '.T.  Jannur  IBRf). 

Kaiserliche  Verordnung,  betr.  den  higeittbuuiseruerb  und  die  dioglicbe  Beiastung 
dar  Orandatücke  vom  VO.  J  u  1 1  1887. 

Verfügung  des  Itei<  li.skanzlers  zur  Ausführung  der  Verordnung  vom  3o.  Juli  ISST. 

Anweisuni?  der  I>irektion  vom  10.  Antens t  18.M7,  betr.  das  Verfahren  bei  dem  «iruiid- 
«rwerb. 

Allgemeine  Bedingungen  für  die  l  eberlastuus  von  Grund.stücken  an  Aii.siedler  vom 
IS.  Pabrnar  1888. 

GasatXi  betr.  die  Heclit*verh5Itni.<.ie  der  denl.tchen  Schutzgebiete  vom  l.').  März  1S88. 

Anwel5unK.  Inlr.  die  Ausführung  von  Zustellungen  im  (iericht.'Jbezirke  des  Bismarek- 
Areblpal.'i  und  di  i  Sal.  nion— Inselu  vom  30.  Dezember  IhsT. 

Verordnung  di-»  Laudv^liauptmanns,  betr.  Einrichtung  von  (jrundbui libe/.irk*  n  u.  .s.  w. 
▼om  6.  Dezember  1887. 

Zollv'erordnung  der  Direktion  für  das  Scbntxgebiet  vom  Juni  1888,  nebst  ZoU- 
tarif,  welcher  Spirituosen  als  zollpflicbtig  bei  der  Einflabr,  Kopra  bei  ider  Au.sfuhr  bebandeit  (ToUOO 
VOO  1000  kg  4  Mk.)  und  Hinfuhr  von  Opium,  Waffen  o.  s.  w.  für  Eingeboreue  verbietet 

Verordnunt;  der  Direktion,  betr.  die  Erhebung  einer  Gewerlic  und  Einkommenateaer 
vom  !>,  Mai  ISsS 

Polizel-Verorduuug,  betr.  da.s  Muidcwcsen  vom  18.Anguat  lti87. 

Kalaeriieba  Verordnung',  betr.  die  RechtaverblttalM«  vom  18.  Juli  1888  ab  Er* 

giBinBV  der  Verordnung  vom  5.  Juni  18.843. 

Dienstanweisung,  betr.  die  Ausübung  der  Geriebtsbarkeit  vom  3.  August  1888. 

Tarif  für  die  BrbobaBg  voB  GebBbreB  1b  b&fgarllebcB  Baebtaatraltlsitaitan  n.a.w.  tob 

3.  Augast  1M8. 

Polls«l*Verordnnaff,  betr.  den  Stranan*  nnd  Marktrerkabr  tob  15.  Mal  1888. 

Verordunng,  batr.  die  ABwerbnng  ood  AnsfQhntng  von  EingeboranaB  das  Sdratxg^otes 
als  Arbeiter  vom  Vi.  Aognst  11*88.  Nachtrag  am  .'i.  Dezember  1889. 
Verordnung,  betr.  die  Albeiler  Depots  vom  16.  August  1888. 

Kaiaerlicbe  VerordBBBf  tob  7.  Juli  1888,  wonach  der  Compagnie  die  Anaftbnnt  der 
Gerichtsbarkeit  hber  die  EingelMrenen  Iris  1897  fliMrtrafen  wird. 

.'S  t  raf  ve  ro  rd  n  n  ns;  der  Kingcbon  nen  vom       Oktober  1S.KS.  Ergänzuni;  am  l>4.  Mira  1890. 

Verordnung,  betr.  Einrichtung  von  Gruudbncbbezirkeu  vom  16.  Oktober  188«. 

▼arfttgoBg.  betr.  ABlagnng des  GrandbndiM  ftr  Gaiallahalbiasal  tob  IL  Fabraar  18891 

Vcrordnnng  des  KaiserllcbeB KoBBinars  tob  4.DosoBbarl889htBslditUehdar  Aata> 

bcftignlsse  der  Stationsvorsteher. 

PoliselTerordnung,  betr.  Ordnung  de.s  Verkehrs  in  den  H&fcn  vom  13.  Dezember  1^>'.'. 

Kaiserliche  VerordnuoK,  betr.  Uebertragting  der  BeftigDisae  dea  elieDallgea  Laudee- 
havptBanas  aaf  den  EaiaerlldiaB  KoBmlssar  tob  S.  Mai  1880. 


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yerwaltong,  Zollpolitisches  and  Statistisches. 


291 


VerffignnK  des  Reicbb'kanzlers,  ^'-bf  riimBSg  IWlIlllaritdMir  Boflitllli»  Wtt  Htm  KftlB- 
nÜMar  f&r  das  ScEatsgebiet  vom  23.  Mai  IfiSa 

Verf&gang,  betr.  AMtdwug  der  AmMieftunlMe  der  Stetleuventeier  TOtt  4  De> 
seaber  1889. 


Soliutzgebiet  der  Harschall-,  Brown-  und  Providenoe- 

Inseln. 

YerordunigeB  ven  3.  Juni  t88e  ead  8.  Jsnner  1887,  betr.  die  VeniflIcJitoag  nicbt- 
d«itMker  ScUOer  sn  MUdoBf  M  tum  Veilieler  der  ITeherlteheB  Baclenn«  amlSSSt^ 

TerordnearTOD  8.  Jaai  1886,  betr.  dea  Verfceaf  tob  Weflea,  Moaltlon,  8pr«n«8ti>fffln 
aad  benuuchenden  Qetrlakea  an  Eioceboreo«  der  UancbaU-IaMlB  oder  ander«  anf  denselben 
•Idl  aafhalteDdc  Farbige. 

Verordnuni?  Tom  8.  Janaar  lt>87.  betr.  den  Erwerb  von  ürundciKjentlmni  und  die  An- 
meMuni,'  der  bestehenden  Ansprüche  Fremder  anf  Gnindeigeuthuni  iuiifrluilb  lUs  .Schutzt;ebiffc--. 
Danach  wurde  bis  auf  Weiteres  verboten,  von  den  Kiugeboreuea  de^  i?chul2gebietts  Gruudeigen- 
tbum  anf  irgend  eine  Art.  sli  t  -  dun  h  Kauf.  Tausch,  Schenknng  oder  als  Kecbtagescbift  zn  er- 
werben, wie  dieä  bereits  durch  die  Proklamation  des  Kommandanten  S.  M.  Kr.  „Nautilus"  bei 
Gelegenlieit  der  Hissung  der  dentschen  Flagge  im  Oktober  1888  angeordnet  war.  Die  Grund- 
elgenth&mer  wurden  aufgefordert,  ibre  Ansprüche  bei  dem  Kaiserlichen  Kommissar  ür.  Knappe 
Ms  1.  Jnll  anzumelden. 

Verordnang  Tom  25.  Jannar  1887,  betr.  das  Kreditgeben  an  Eiageboreae  nnd  die  An- 
meldong  alter  Sebalden  derselben.  Danach  wurde  es  Terboten,  eiaen  rangeborenen  ohne  die 
Geaehmirnng  des  Kaiserlichen  Kommissan  über  50  Dollar  Kredit  zn  geben,  nnd  eine  Prüfunnfrist 
Ar  die  Schöldea  der  Eingeborenen,  soweit  sie  diesen  Betrag  überstiegen,  festgesetzt  Durch 
VerocdBBac  tob  14  Avgaat  1887  eaftebobea  oad  etatt  daueia  verordaet:  Es  iit  Terbotea.  ela«a 
Btateboreaen  Kredit  n  gebaiL 

Hafeaerdamat  Ar  den  Bafw  tob  Jehitt  Tem  S4  JsBBsr  IttTi  eatUtt  beeoade»  Be> 

ettmmnng  über  Looteea  a.  ■.  w. 

Verordnung  v  u  in  15.  Märi  1887,  betreffend  die  polizeiliche  An-  und  Abmeldung  der  in 
dem  Schutzgebiete  der  .MarschaU-luseln  ansi^wigen,  daselbst  luziobeudeu,  bezw.  wegxitheudcn 
Fkemden. 

Verordnang  Tjom  8.  Mal  1887,  Ansfuhrverbut  von  Waffen,  Munition  und  Sprengstoffen. 
£•  tat  danach  Terboten,  eaa  den  Schntzgebict  Feuerwaffen,  Munition  und  Sprengstoffe  irgend 
welcher  Art  nach  anderen  Inseln  der  Südsee,  welche  nicht  unter  der  Landeshoheit  oder  dem 
Schutze  einer  fremden  Macht  stehen,  aasznführen,  wenn  die  genannten  Oegenstlade  dazu  be- 
stiiamt  stad,  diiekt  oder  durch  Hiadier  aa  £lBgeborMie  der  StUuee-IaielB  oder  aadere  FeiMce 
veikBaft  oder  soaet  feifaieeit  ib  «etdeB. 

PoliselverordBBBg  von  TL  Mal  1887  Ar  die  Luel  Jsbwor  Im  JthüMLtolL  betr.  die 
Srrfchtmig  tob  Scbankttellen.  Abladernag  eai  8l  Joli  1890. 

Verordnung,  betr.  den  Erlass  von  amtlichen  Rckanntmachnngen.   Oeffentliche  Dekanat» 

machungen  werden  aa  besonderen  Anscblxgsiulen  in  Jaluit,  Kbou,  Namorik,  Mille,  Arno,  Mejurn, 
JJaluelab.  Likleb  und  Piüvidcnce  angescillagen.  Die  Vt-rutTentlichuDgen  erfolgen  In  diut:-cher 
Sprache,  doch  wird  gewöhnlich  eine  englische  Uebersetiung  und  in  besonderen  Fällen  eine  solche 
1b  der  Sprache  der  Eingeborenen  beigefügt. 

Verordnung,  betr.  die  Einffihnutg  der  deatschea  fieichsmarkrecbnuag. 

BrkllraBff  des  Protektoratea  Iber  FlessaBt  Islsad  von  14  April  1814 

Yerordnaac  TOM  14  April  IM^  Mt.  Toitot  4er  nafkdur  vob  WsOib  BiS.w.  IKr 

Pleasaut  Island. 

Verordnung  vom  28.  Juni  1888,  betr.  den  Krwerb  Ton  herrenlosem  Land,  den  Betrieb  der 
Perlfischcrei  und  die  Ausbeutung  von  Guanolagern.  Enthält  die  l'rivilegien  aer  Jaloit-Gesell- 
»chaft:  1.  das  Kecht,  herrenloses  Laad  in  Bc.sitii  za  nehmen,  2.  das  liecht,  Fischerei  auf  Perl- 
schalen zu  betreiben,  soweit  solches  aicbt  tob  den  Elageboreaen  In  herkömmlicher  Welse  aoe. 
geflbt  wird,  S.  da«  Be«Mi  die  ToitiaadeaeB  Oaaaolacer  aBMobeBtn,  aabeeehedet  wobüenpoibeBer 
Be«tate  Dritter. 

Verordanag  TOB  S4  4bb1  1b  welker  la  f  1  Teibotea  wird,  aüt  Blageboraiea 
Veitrice  sbroichllMieB,  weldie  dea  Bnreib  tob  UltBBflMiiB  oder  dla^lebeB  fieditea  bb  Gnad* 
Mäkaa  oder  die  Beaatnag  der  letsterea  lam  Oegmitsade  bebea. 

Torordnung  am  28.  Juni  ISS8.  betr.  den  Uafen  von  Jalnlt  als  Einklarirnngshafon. 

Verordnnog  vom  6.  September  lt*B8,  betr.  die  Regelung  der  Sammlungen  für  Missions- 
zwecke. Danach  Ist  gestattet,  für  Mlssiouszwerke  im  Schutzg.  Liete  zweimal  im  Jahre  und  zwar 
in  den  Monaten  Januar  und  Juli  Sammlungen  abzuhalten.  Die  Heitrftge  müssen  freiwillige  sein. 
Von  der  Höhe  der  gesammelten  üeitrige  muss  dem  Kaiserlichen  Komml.isar  schriftlich  .\nzeige 
gemacht  werden.  Wer  den  vorstehenden  Bcstlmmangen  zuwider  MLssionskollcktcn  abbÄlt,  oder 
die  Höhe  der  gesammelten  lieitrilge  nicht  rechtzeitig  anzeigt,  wird  mit  Geldstrafe  bis  zu  50")  M. 
oder  GefängnissstraXe  bi»  zu  3  Monateu  bestraft.  Im  WieaerholuogsfiaUe  wird  die  UaliUgkelt 
des  Beetiaftea  xar  Aostbaag  der  IHieloarthMIgkelt  iai  Sebatsgebiete  taageeprocbea. 

VerordBBBf  tob  34  SeptoBber  1888  betolft  die  Ali  der  StOBererhebaBg  tob  dea 
im  SebvtageUete  saelisIgeB  iielaieB  PeiMBeB. 

TorordBBBt  tob  IL  DosoBber  1884  liotr.  die  swaacswelse  BiBtrellMBf  rMoliBdlger 
SteaerB» 

19* 


292 


V«nnltung,  ZollpoUtinhM  und  Statittiaebts. 


PoliseiverordnoDg  Tom  80.  Jaoiur  1890  fikr  Kanni  (PlaMsat  Iiland^  Zar  Erricbtonc 
neuer  wie  sar  Uebcrnabme  bestehender  Schankstellen  ist  die  ErUubai»  des  Kaiserlichen  Kein- 
misssr«  elnsttholeu.  Die  Erlanbniss  kanu  verweigert  werden,  wenn  kein  Bedürfnins  vorbajiden 
ist  oder  die  nscbsucbenden  Fer$ouen  keine  morsliscbe  Garantie  bieten.  Die  Erlaubnis»  kann  ent- 
zogen werden,  besonders  wenn  Keistlge  tJetränke  an  FarblRC  vürabfolRt  worden  sind.  Verbot, 
einem  Trunkenen  ffcistinre  GetrSnke  lu  vcrabfolsen.  Wer  dorch  Trnnkeiiheit  öffentlich  Aer(?emlss 
eneit)  wird  mit  GeMstraf«-  bis  zu  lOD  M.  bestraft,  und  im  Rfickfiilli-  mit  Verlust  di  r  Koiizt>ssion. 

VerordnunE:  vom  "i.  Jiitii  1K8',I,  bitr    unferhaJtlose  Fremde.   §  1  lautet:  .leder  Nlcht- 
eiuReboreiie  des  Si  liutzi^i  bielts,  wclclu  r  si<li  iti  (leni-rnieii  aufhält,  ohne  im  Besitze  i;eiiü;;iiicler 
Mittel  zum  l'nterltiilt  /.w  sein,  oiler  auf  Verlanir«"ii  eine  ( it  h'u'enlirit  zum  Krwerb  meines  L'uterbAlts 
durch  Arbeit  um  liv. .  i^-u  /u  iinnnen,  ist  i;r  li,iit,  .|.  Mir  iliiii         ri,-ra  Kaiserlichen  Koinmlmr 
gewiesene,  seinen  Kräften  angemessene  Arbeit  gegen  ort^ubliclieu  Liohn  >n  verrichten. 

Verordnung  rom  3.  Angiiet  t8Bi\  betr.  die  Erfaöhung  von  Gewerbestenem.  Vom  1.  Oktober 
lfl6e  «wdMi  dMMh  Q0mubmUßun  Ja  MsMider  Hille  «rbobeu :  a)  fftr  die  im  8fllrat«ebiet  UMlssIcea 
kMiMiiiiiMkra  Finra  nft  «iMm  iUuhchm  OMoMAMUiMts  von  600000  IL  nnd  dwQlwr  iOiiOeh 
9000  IL,  b)  fBr  dto  VlnMa  att  «Inen  JahKramiats  naler  800000  H.  6000  M.,  e)  flkr  8«lwak- 
vaA  QMlvlilbMkillMi  ttlm  Alt  800  IL,  d)  Ar  S^UIbi,  wdelie  Or  Rechnung  einer  im  ftdnts- 
g«M«t  oleht  «DflüsinQ  rima  «famlbai  Huid«!  tnibai  ftndtnc  T«M«b)  1000  H.  (Qr  j«d«  BrfM. 
•)  f&r  jede  Huid«lM»lfoii  In  Sehntsgeblet  der  Itanduul-lBseln  100  IL  JllirUcta.  fOr  Jede  Heodels- 
Stittlon  auf  PlesMUltaaland  '>0()  M.  jilhrlirb. 

Verii  nl  iinng,  b<>tr.  Verfrsute  mit  Kins:el»oreni;n  über  höhere  Wertli'>bjfKti'  vom  IG.  Oktober 
T^''.  N,n  h  <lcrselbeu  niu-v  j-  iba  Vertra«  mit  KinKi'borciieu  iiliet  . n  \\  .-n liobjekt  voi<  mehr  als 
2{M)  M.  schriftlich  abgeschlussen  werden  und  iMniarf  zu  »einer  «jltliigkeit  der  vorberigou  Genehmi- 
gung des  Kaiserlichen  Kumml.ssars. 

Btfkf-VerordnnDf  fir  die  BiacabonMo  Tom  iß.  Mirz  18S0.  tritt  mit  den  1.  Oktober 
1890  in  WfahMBlNlt 

Terordnnng  dee  SlulMekret&rs  des  BeidMIutae-Aali  vom  M.  Juli  190,  bcfMCnd 

die  'Vorrlthiffbaltung  Ton  Proviant  auf  Jahilt. 

Ve  r  o  r  il  I.  M  u  <ii-.  K  i  i>i  i  lirlini  K"i>n)nii--s;irs  vom  17.  A  |>  r  i  I  1890.  wonach  die  Eingeborenen 
ab  persnnlii  lie  ."^teuern  jalirlich  36UUÜU  Pf.  Kopra  ZU  liefern  tiaben.  Jeder  der  H&upiliage  erbilt 
nach  Ablieferung  i^einer  Steuer  de«  dritten  Tlitll  fltteo  Wertbee  (Im  Pfund  n  4  Pmmlff  geneb* 
oet)  als  Prämie  ausbezalUt. 

Im  Jahre  1868  let  Jdnlt  ron  90  Schiffen  in  65  Fahrten  mit  «Mtmaen  Reg.  Tonnen  be- 
tndtt  worden  und  zwar  von:  7  deutschen  In  17  Fahrten  mtt  Tntamwm  2661  Kg.  Tonnen,  1  brftf- 
Khern  iu  1  Fahrt  mit  '2G2  Bg.  Tonnen,  6  amefUtiBlichen  In  19  Fahrten  mit  xoiaiUBea  vM  Bg. 
Toiuien,  2  haerailschan  In  10  Fabrteu  mit  naammeo  681  Bg.  Tennen,  1  diniacbem  In  1  Führt  mit 
8Bb  Bg:  ToHMa,  9  etabelariaeben  in  17  Fahrten  nrit  lua— men  400  Itg.  Tonnen.  Von  den  ftMidmi 
6ddireQ  mmnu  «In  dentachea,  ein  bawallacbea  (tbelheetee)  nnd  eta  Bcblff  ebiea  Eingebennmi  alt 
iniaaaea  18  Fabrtai  nnd  777  Bg.  Tonnen  von  deataeben  f  innen  gectaarlat  Fbr  den  fraadat 
Bnndnl  hwnat  tener  «adi  In  piincht  ^  iawlbailniiii  Ulailnnaalilff  alt  3  Muian 
aaamen  880  Bm.  Tonnan.  Deotacben  Handtfahitewaan  hibin  idanaeh  jedlHtt  10  fidMb  In 
80  Fbbrian  aft  8418  Bag.  TMnan,  ftaadan  HaadeUntafaaaaa:  10  SchUb  In  88  Fahrten  alt 
9797  Bg.  Tonnen. 

Im  Jahre  1889  int  der  Einklariruüi;>baf>  n  -Taluit  von  87  ScliifTen  mit  zusammen  7701  Reg.  TMiuen 
antrelanfen  worden.  Von  den  Fchinen  fuhien  2(i  unter  deut.srlier.  "Jf»  unter  amerikanischer,  2  unter  eug- 
In  r,  1  unter  norwegischer  und  .'i  unter  hawaiisc  her  FlaiC^i-,  während  3il  Fahrten  durch  ."^i  liifTc  der 
ein({eborenen  Häuptlinge  au>t;i;irilirt  wurden.  Au?<«er  deut.M  In  n  Schiffen  war  auch  eine  AuzaiU  der 
fremden  Schiffe  vun  deutseben  Firmen  gechititi  it.  so  d.i.s'-  auf  deutsche  Handelsiutercaian  la 
Garnen  4197  Reg.  Tonnen,  aul  fremde  UandeLiiutereAüeu  3504  Beg.  Tooneu  eutlieien. 


Literatur. 


Afrika. 

OiUrrikatikcbe  Cl«i«rhf  rfnbrtf  n.  \  oii  I  >i.  H  a  u  s  M  y  c  r.  I.eipziK  IHOO.  Verlag  von  Dnncker  u.  Hum- 
blot.  Ks  i^t  ein  erfreulii  lie-  Z<  ii  In n  inr  da«  Kroi>s«ie  Aufmei ks^iiike II  uiul  Vermein  1111«  dtT deutsclion 
kolouittU-u  Leser,  da>^  jftit  uiuli,  wh»  es  in  Ku^Und  und  Kiankroirli  luii«sl  dir  Fall  Isf. 
deutsche  Verleger  die  Werke  der  Kek.-eiidcn  in  vorx&Jtlicln  r  N\  ri-u  iiiijsl.illeii  uud  dasjenige. 
waN  bli'iheiidi'ii  Werth  hit,  uui  \i  in  i  iit.-jin'chender  äusseier  I  niialiiining  vor  die  <  U'lTi'ijtlii  hkeit 
l)riiiii;eii-  I'er  Iii  jeder  Bi-zi^liiuiK  iiiei--f ci icüll j^en  Ausstatt» iiki:  i'iit>prii-lit  .ibev  aui  ti  di  r  Inhalt.  Ür. 
H.  M<-yer  li.Ht  inif  einer  (vttacit^j  ><t  ;'ur;M),<e,  dii-  iiarh  den  m.'iniii:;l.i<  heu  Hüoksrlil.i^eii  hewuiidemd 
auzuerkfciieii  i>t.  Im  Jalin'  l^-^:»  '«le  liereKs  auf  ;?eite  'Jltfl.  de^  Jahrbu«  he.>i  Keschüdert)  das  Klll- 
njaiuisrhiiro-  und  L'Kiieno-(iil/ii  1  nntersnrht  und  Dach  all«'n  Hi i  htunucn  hin.  jiolitischer,  wirth- 
«chaftlicher  und  itroifraiihisctu  r  N;tliir.  Aufscülfisse  i^egel  eK.  «rl.  ti'-  -•  iu'  ü  .VarhfulKi-rn  nicht  sehi 
\iel  r\\  thuti  ühriic  la>.>ien  werden.  Sriticni  rrthejU-  iitifr  die  l\<)lonl',)ii')nsm"sli'  hki-it  die-.'  r '1  i'hicte 
wünv«  hl  Ii  «ir  die  griisste  Verhrelliiiiif ;  sie  sind  fr''i  von  jeder  Ueberschwaiigli«  tik>'it  und  h-n  /eti 
uns  anf  di»-  ■  rn*te  Arbeit  vor,  welche  noch  zu  thnn  ist,  aollen  eiumal  die^e  ({esuodtn  lioi  hgelege- 
MD  Gebiete  für  Deutschland  vou  Nntzen  sein. 

Lei  liMt  i«  l'AfH^M  Kftalariale.  Par  Victor  Girand.  rart<>  IRTKi,  I.ibrairie  Harhette  et  Cle. 
Es  hat  Jabi«  laiiK  gedauert,  bis  die  Heise,  welche  Ton  1^)83-1885  au.<tf;i'führt  worden  i.st,  in  einem 
Juwdlicheo,  aasKeseichuet  illustrirten  Uaude  im  Abschlnsse  rorlieKt,  aber  (gerade  für  da.s  Deutsch- 
Ottltflrika  Ut  noch  Alles  ao  friacb  wie  vor  Jahren,  da  nach  dem  Heinenden  Niemand  wieder  den 

ESasten  Tlieil  des  eifortelltMi  Oebieta«.  welche»  beute  dem  deutschen  Schutze  unterworfen  ist, 
reiste.  Uirand  fiisg,  soweit  es  nu.ser  Gebiet  beiriflft,  von  Uar-eH-Salaam  nach  dem  nOrdUcbao 
Ufer  des  N)ra«sa-8e«s.  wo  jetzt  anrh  dentsche  Missionare  tbätiirsein  werden,  aber  er  batte'unendUcbo 
Scbwierickciten  zu  iiberwindeu,  ehe  er  die  Gebirgskett«,  welche  sieb  von  dem  östlicbw  Ufer  det 
HfMat-Sees  bis  nach  dem  TansaBTlka  hinzieht  überwand.  Das  beste  /eu^is»,  welches  man  den 
▼•iftMMr  ausstellen  kuo,  tat,  «MS  Paul  Heicbard,  einer  unserer  genanesten  Kenner  OstaMIUM. 
wMm  Mit  Oimad  dort  «— wwwBtHrf.  dem  6ebralk«r  dtosM  iMhnMUs  erkttrt  iMt,  iam  la  Jodir 
Ikrtilmiig  dw  AsMn  Aagdm  Mf  fcanMiUr  «od  iw<l«diilnli«lgai'  BoolMlttnf  ImtfMa. 

tu  mnellcigeMet,  ein  TheU  der  oatafrlkanlscben  Seenregion,  nach  dem  segenwitttean  Um- 
frage  der  Ernracfaung  von  Dr.  B.  Wiecbmann.  Lndwigslnst  18W,  buchdreckerei  Ton  C.Kober. 
Die  Seenregion  ist  Jenes  innere,  vor  etwa  30  Jahren  gintlleh  unbekannte  Hochland,  in  dem  die 
groaMU  WMMrlUdwn  der  Seen  All>ert.  Albert  Edwnid,  VIktori«,  Taogajiyüu  and  Nynsse,  aowie 
tue  Mnami-äeea.  einffebettet  sind  and  welches  ftUr  den  Kolonialfrennd  ein  imb  m  grdäMiw  iBtar* 
ene  gewonnen  bat,  d«  die  Grensen  von  Dcntnoh'OrtiIHkn  nn  die  crOtttM  6mb  rtoüt«.  Djb 
Mf  Grand  des  besten  lUteriato  aagNWlt»  TlaliwiliBai  lit  «MiiiffBBd  nod  mit  «taditafaMar 
Genauigkeit  durchgeführt 

Br.  Wnh.  Jaalirr'ii  Rrlies  in  .Urll«  1874 -IHM.  Zweiter  Band  (18?.» -18.^2).  Nuch  seinen  Tage- 
börherii  bearbeitet  und  heruu>Kei;i  lH  ii  Miti  dem  Ifei.si  iidi  n.  Mit  Vollbildern,  110  Illai<tratii)nen 
im  Ttvvt  und  <;  Ivniten.  Wien  uud  iHuiüti  l>»90.  Kduard  llnl/«!  Mit  diesen  LifferuiiKm  ist  der 
xweltr  Hand  von  Junker's  tfross  auicele^'tem  IJeisewerke  *bgeschlo.<seu.  l^r  enthalt  <  im-  Fuilf  vou 
Belehrendem  iiud  hi>rh>t  Intere-isuuti  m.  1  'lin>-  tlns.s  der  huhe  wisseuftchalfiii  lic  \S  •  rtli  ii.  >  Itiirhe- 
daruuter  ieidet,  ver.'teht  e--  Jiuiker.  die  »  In  uifn:jchlicbe  Neugier  nach  dm  (•lnfarh^ten  uud  ge- 
wöhiiiichsteu  VorKaiiJfii  "i  ()ir  l.rlirn^M  im-  der  von  ihm  besuc  htim  \  dlker  zu  l>elriedi«?cn.  l)er 
8inn  für  das  N'atnr»chune  tritt  in  Jrdi'ni  ivapitei  zu  Tage.  Kr  iKt  zu  den  nie  vun  einem  wei^tH.-;!  Manne 
beMH  h!i  ')  Kinder  der  .Ntttur  fast  unbewattnct  mit  wenigen  TruK<TU  als  reuud  gekoraueu,  und 
so  hat  er.  uiilit  Rezwuu^eu.  .-«ii-  mit  Feuer  oiid  Schwert  vvle  aiideri'  liei>i  ude  zu  veruichteu,  unter 
llensihenfre.s.Heni  zunu  i>t  hm  h^e.'.chitzt  und  in  Frieden  gelebt.  Di  r  in  Vorbercitunis'  bcliudlichc 
dritte  und  letzte  I^and  wud  »cewu  htiKe  Autscblüsse  über  die  früheie  Situation  Fnüiu,  mit  welchem 
Dinker  Jahre  lang  gemelnjichaftltch  der  Gefahr  trotzend  znbraclite,  geben. 

iMMr-AfrUta.  Erlebnisse  und  Beubacbtungeu,  von  Henry  Drummond.  Gotha,  1890. 
Friedrich  AiidreiLg  Perthes.  Wer  sich  über  Afrika  geuner  infonnireu  will,  hat  au  weit  ange- 
legten Baisewerkcu  keinen  Mangel,  wer  aber  nur  einig«  in  der  nene«len  Zeit  vielfach  besprochene 
TneaiAia  stndiren  will,  muss  sich  dieselben  erst  miib-'^jun  aus  allerlei  Werken  zuMDunenstellea. 
Dieses  Bucb  hat  den  Vorzog,  in  einer  Kclbe  abgeschlossener  Kapitel  einmal  über  den  in  der 
Menzeit  »o  «ft  besprochenen  i!>ami>esi-Sbire  Nyassa  We;  und  die  Njrassa  Tausanyika  Hochebene 
zu  unterrichtet),  dann  aber  auch  über  den  SiüavenJuodel  (.die  Herzkrankheit  Afrikas*),  seine 
PaUiolugie  und  Heilung.  Zu  erwihueu  i»t.  dnas  Liviaatoae  noob  als  der  Entdecker  der  Ntsss«- 
flaeu  MMart  wird.  Allmiiaitli  «arden  die  Sacliälar  «aU  «iMMtajwin.  data  dia  £kn  ilar 
Bntdackfliiff  daa  PocIwIcmb  caMOut,  «la  JtaWte  JMa  fthannMUT Miiüwrlmg  tet 


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294 


Litentar.  ' 


M.  Juktlit«  Ütta.  AaftaehoBf,  Btttanr  vaA  VUkng  BnimpMeha's,  OovranMvdsr 
AaqaitorUIppovliis.  Von  Henry  IL  8tftiil«y.  Auterlafrta  d«atsdw  AvscalM.  Au  dem  Ebb* 

Itocnen  von  H.  y.  Wobeser.   Zwei  B&nde.  Leipzie  l^OO.  F  A.  Brockhan«. 

Kala  Puckt  »4  i\t  Meitml  !■  ie^uUrla.  Ncunmouatlii  her  Aufenthalt  und  GefanKenscluft 
iu  der  Ictiten  der  Sudan-Provinzen.  Von  A.  I.  Mountenoy  Jephson  und  Henry  M.Stanley. 
Autori.sirte  deutache  AusRabe.  Mit  46  AbbilJuiiiten.  einer  Fac.«imilft;ifel  uud  einer  Karte.  Leipzig 
1800.  F.  .\.  liroi-lihaiiü.  Die  liüiinen  Tli.it i  n  '^taiiloy's  und  seiner  Ofliziere  zur  „Rettung^  hmiii 
Paschas  uirdi-u  immer  in  der  Ge.*chiclite  der  AfriltaforscliunK  einen  ehrenvollen  Platz  einnehmen; 
der  Mar-cli  diirdi  il«  ii  Congo-Urwald  war  eine  grosse  That,  an  der  man  nii  ht  nr.rgeln  soll,  und 
Stanley  gebülirl  dir  Veniiensf.  wieder  ein  grosses  Lindt  rKeblet  durch  seine  fi.senie  Energie  und 
gewaltige  Thätigive)t  der  allift  nieim  n  Kenntniss  er.-tlili  sseii  zu  haben.  Soine  Ansichten  und  Ur- 
theile  haben  manche  Anfcc  htutiK  erfahren,  aber  sieht  man  von  dem  ab,  was  auf  seine  Charakterver- 
anlagUDg  zu  setzen  i.^f,  so  bleibt  doch  uoch  »o  viel  Bedeutendes  übri^,  da.ss  es  siilj  lohnt,  «tlese 
Werke  genauer  zu  sfudiren.  Die  offenbar  schiefe  Heurlheilung,  welche  bei'l.-  Kmin  i'ascha  ange- 
'  deihen  lassen,  uud  die  hervortretende  Animosität  rtKcu  ilni,  sti  ren  aber  iiiiiillg  den  Gennss  an  den 
Werk«D,  doch  wird  man  vielleicht,  wenn  man  rutiiger  über  dicj>o  Sache  denkt,  das  persiialiche 
MOBCDt  wieder  hinter  dem  sachlichen  verschwinden  latieii. 

■tt  lluley  ud  Ball  raacka  dank  Bealsck-datcfrika.  BeJae-Taanbiteli  TOit  P.  Aug.  Sehynse, 
BuMUgeseb«!  vod  Kurl  Heapers.  Köln  1890,  Verlag  von  J.  P.  Bacbem.  Dm  BBddeln  hat 
«iaea  simmii  Tonu,  obne  Jede  Affaktatioo,  acblkbt^  olUM  rhetorlfdien  Sdnmn«  (dessen  Ab- 
wesMitMH  alMf  ftius  dem  vlrkUdi  Wiaabeglericen  eint  Ganntt«  ftr  fot«  fitobacbtonc  and  nftcb- 
Uta»  AaOmKUt  totHUe  BleknlM  aneb  der  Slate  tob  Tlkloito'NfsaM  m  eniUen.  Stanley 
ük  iUb  tb«r  MB  Weg,  vdcber  dvdi  dtalMliw  SdntsnM«!  flUvtai  nniiAwiegen,  ander» 
Werin  sind  nocb  nicht  erschienen,  vnd  so  nM  dteM  BSotWa  da»  MiaiiOBan  atats  eine  w«rtb> 
ToUe  Ergburang  zu  dem  pompösen  Relsewefk  des  Eni^odert  bflden. 

Garaogaai«;  or  Seren  Years'  Pioneer  Mission  Worlc  in  Central  Africa.  (Third  Edition.)  By 
Frederick  Stanley  Arnot.  Loudon.  James  E.  Hawkins.  Arnot  ist  eiu  muUiigcr  unerschrocke- 
ner Vorkimpfer  für  die  evangeli.'if  he  Mission,  dabei  mit  einem  NVi>^i  nsdurst  begabt,  wdi  hi-r  dem 
von  Livingstone  ähnelt.  Für  die  Fortschritte  der  evangelischen  Mission  In  Zentralafrika  iäl  es 
charakteristisch,  dass  beute  bi  reit^  enf^liscbe  Missionare,  ia  dl«  FnasaUpiMi  AlBOCS  tratand,  Uk 
dem  Mof  des  blutdürstigen  Tyrauueu  Msirri  tb&tig  sind. 

Iai4- Afrika.  Von  Hendrik  P.  W.  Möller.  Leiden  1890.  A.  W.  SUthofT  Der  Terfksser 
hat  die  Delagoabai,  Transvaal,  Natal  und  das  Capland  genauer  kennen  gelernt,  zeigt  sich  als 
scharfer  und  guter  Beobachter,  besonders  was  den  Charakter  der  Neger,  ünren  and  EngUnder 
betrUK,  and  lisst  überall  werthToUe  Schlüsse  auf  die  wirthachafUiche  fintwlekelong  des  Luidaa 
iMkea.  Das  Buch  sei  allen  denen,  wdehe  sich  fbr  Tfassvaal  IntarsaslnB  -r-  nad  Ihre  Zahl  «Idiat 
andi  oatar  den  Deutschen  —  bestens  empfohlen. 

Tel  4er  Cafstalt  las  Laad  ier  Masekikalaaibe.  Reisen  im  südlichen  AMka  In  den  Jahren  1883t 
bis  1887,  von  Dr.  Emil  llulub.  .Mit  ca.  IsO  Oriirinal-Holzschnltten  und  2  Karten.  Wien.  1889. 
Alfred  Hölder,  k.  k.  Hof-  und  Universitrits-Iiu<  hliändler.  Der  kühne  Zug  der  österreichischen 
Expedition  in  das  Land  der  verraihr  ris'  heu  Ma^chukulumbc  nahm  bekanntlich  einen  unglück- 
lichen Ausgang  und  llolub  und  seine  Frau  mussten  frnh  sein,  wenig  mehr  als  das  nackte  Leben 
gerettet  zu  liabeii.  .\b«  r  doch  war  die  wissenschaftliche  Aü-tuute  niclit  gering.  Uns  interossiren 
vor  allen  Dmgeii  die  >i  hildcrungen  von  dem  Leben  am  Sambesi  und  dem  Tschobe,  welche  die 
Grenzflüsse  des  nordf^sllichen  Theiles  ile^  (ieulschen  südwestaftikani.sr hen  (iebietes  sind,  und  die 
Charakterisirung  unserer  nächsten  Greuzliiiider.  Da»  Buch  ist  selir  hübsch  ausgestattet  und  unter- 
scheidet sich  vuitlieiUKifi  vor  manchen  andern  Rciscwerki n  durch  die  innige  Vertrautheit  Holub's 
mit  dem  Charakter  und  der  Bevölkerung  der  von  ihm  durchzogeneu  Länder,  da  diese  Reise  ge- 
«issermaasaen  der  Abschluss  früherer  mehrjähriger  Wanderungen  in  Südafrika  war. 

Im  deetsekea  G«Mlaa4e.  Rcisebilder  ans  dem  südwesUfrikanischen  Schutzgebiet  von  Dr. 
Barabard  Schwarz.  Mit  einer  Karte.  Berlin.  Verlag  von  Hermann  Peters,  Inhaber  Paal  Leist. 
*  108.  Der  Verfasser  war  der  Führer  einer  Expedition  der  südwestafrikanischeo  Minengesellschaft 
■bÄ  bat  einen  Tbeil  des  Herero-  ond  Damaralandee  darcbschnltten,  welchea  er  oiit  bekannter 
Uelatenchaft  der  ScbUdening  bescbieibt  Seins  Ansichten  Aber  den  knltareUea  Werth  des  Landes 
sind  Tfellelcbt  sn  peaslmistudi  und  verdea  hoffmtlleh  dnreh  die  Thatsaehen  bald  wieder- 
legt werden. 

I»el  Jakr«  aai  Caaitt,  \on  1'.  Aug.  Schynse.  Mit  7  Illustrationen  nach  Orlginal-Photo- 
graphlen.  Herausgegetj.  u  \  ii  Karl  Hespers.  Köln  188'J,  Verlag  von  J.  P-  Harbern.  P.  Schynse 
war,  ehe  er  nach  (Jstafnka  ging,  am  Congo  in  Diensten  der  kathollscbeu  Mission  angestellt  und 
hat  bei  Kwamouth  eine  Mis^ionsstation  erbauen  hellen,  welche  aber  »p&ter  in  Folge  von  Dlsposi- 
tloueu  seitens  der  Zentralleitung  hat  aufgegeben  werden  müssen.  Wer  die  Schwierigkeiten  der 
ersten  Anfinge  einer  solchen  Mi.s.^ion  in  burbari.<tchen  Geblatao,  iMBabyattdarZivlliaBttan,lMBBaa 
lernen  will,  kann  hier  seine  Wissbegierde  befriedigen. 

Die  fraasiiisck*  ItUaitllltcralir  über  WesUfrika,  besonders  über  das  Scnegalgebiet,  Dahomey 
and  Gabun  hat  manche  interessante  Erscheinungen  aufzuweisen;  wir  erwähnen  besonders:  C4ie 
acddeaUle  4'ürlfie.  Par  le  Colonel  Frey.  (Paris  l&CW.  C.  Marpon  et  E.  Flammarion),  welches 
reich  iUustrirt  und  populär  geschrieben  ist;  L«  Ceiga  Praaraii  4b  fiakea  k  BrauaTille,  von  dem  ver- 
storbenen L*on  Guiral  mit  vortrefflichen  Ausführungen  über  die  Pateke;  Le  Taagt,  von  Paul 
Blalse  (Paris.  H.  Lec^ne  et  H.  Oudin)  mit  guter  geschichtlicher  Entwickeiung  uud  wcrthvollen 
ethnographischen  Bemerkungen;  ein  älteres  Werk:  La  C4te  4es  Esciavts  •!  I«  lakaaer.  von  dem 
Abb6  Pierre  Bouche  (Paris.  E.  Plön,  Nourrit  et  CIc  mh'.  der  in  langiibriger  Thitigkeit  als 
Missionar  die  Länder  gut  kennen  lernte;  Ab  Sai4aa  Pnafaii  von  Ktienne  P^roz  (Paris,  Calman 
Lcvy  1889),  welcher  die  Staaten  desSami  n.-  besuchte,  den  die  Franzosen  endlich  besiegt  haben,  und 
eine  verdienstvolle,  mit  t&chtigem  Statist i.sth<'m  Material  ausgestattete  Arbeit  von  Alexandre  L. 
d'Albica:  Ut  BukllsscBcaU  fraaeali  4a  «alfe  4s  Btsia.  (Paris  1889,  Libralrie  MUitalre  de  L.  Bm- 
doin  et  Cie).  Ueber  schwebende  Tagesfrsgen  der  französischen  Kolonialpolitik  natoiildttats  M 
»rsita  oslsafaHa  da  ia  rraaaa.  Von  Hearl  Magar  (Paris  1890.  Charlaa  Bayla). 


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Utoratnr. 


395 


Lm  Tikftm  U  l'AM^«  to-B^Mltrial«  (Senefuibie,  Gnin^  Soudaa.  Haat-Nil)  p«r  Abel 
UoTeUcqa«,  proftnenr  k  l'teole  d'aatropoloiri«  de  Paris.  ATer  3'i  Hgnre«  InterceUee  duu  le 
texte.  Paris  1899,  Lecrosnier  et  Babe.  Ein  sebr  scbäUenswerlber  Beitrag  aar  KeDDtxüaa  des 
Memrebarakters.  Die  Stimme,  besonder*  diejcDigen  SeneKunbiens,  werden  in  ihrem  geiitlgMl 
«ad  kftrperlkbeB  EJfeuchaften  geschildert.  Sebr  einsebead  und  bis  auf  die  Neuelt  fortcaflOut 
ttad  die  untenaelniDgen  über  Ihr  Familtenleben,  Kleldanir,  Kftnste,  Indostrie,  Jagd  v.  a.  w.,  eo  dies 
der  Freund  aiithropolovrischfr  Stadien  bei  d»-r  I,»ktQii>  sr  uic  i:. .  In  nntf  finden  wird. 

Im  Langel  dm  Felltrki.  Kin  I,««b»nsbild  als  t^jiit  t««  1  .»frik.iiu'ii  Ij.  n  Vi>lk!<Ifben«,  rezeiebnet 
von  Hi  ir  -i  li  Iti.liner.  Missionar  auf  diT  tloldküstc.  H.(v<l.  l"'»»».  VitUk  <Iit  Mlssion.s  Boch- 
ban'lluiu'.  1  iiT  F'-tlsrli  ist  bt'kaniitlii  li  da«  Symbol,  liiuter  » eliiii  m  sich  die  un>ichtl>are  Macht  rer- 
liiri-'t.  !it.  wie  nit  frulier  Ei>(;laubt  worden  int.  eine  I'er*<iiiitikation  der  Maclit  selbst.  Daher 
kotuiiil  CS  dcuii  auih.  dft<s  die  tiu.trheinliarston  Dinge  zu  Ketisrhcn  Vfrw<*n<lft  wenli-u  k^un«*!!, 
da  uani  im  H»  li<  bcu  il<  r  <ii  li<  imprlester,  wcbhi'  das  ,Hi'ilii{thiim"  wahr'-ii.  Ii>'.;t.  ir..-'  tnl  «  twas 
zum  l  i  tisrii  zti  inarlu-n'  Di<-.-i' Ik trÜRerl«  hi-n  F<  ti>chpriester  haUt-u  eiuen  fast  uimlaubliclieu  Eiu- 
flWS  auf  das  Volk  Ki'wonnr-u. 

Calakar  and  ilt  ■!«•!•■.  By  II  u  k  h  G  o  I  d  i  e ,  missionary  at  Old  Calabar.  O I  i  p  h  a  n  t  Ander- 
son  and  Ferrit  r.  Luudon  189Ü,  aiid  Edinburgh.  Die  EugUnder  haben  es  in  lang'^n  Jahren 
nicht  Ten>tandea,  da.s  trotziKC  Calabar- Volk  so  zur  Baison  zu  brinKt^n.  <lass  Anfstandc  dort  nicht 
mehr  Torkouimni;  di<>  Mi-^sionare  waren  mristfn»  auf  h  .«tlbst  augi-\»icM'ii  und  zu  !«cllWMb«  um 
ibr| Gewicht  bei  den  blutigen  Kämpfen  zwischen  den  HiuptliDKeu  in  die  Wagschalc  zu  werfen. 
Die  Hudelstperre,  welche  ans  auch  in  Kaoaruii  ko  empfindlicb  »cbidlgt,  TcrIanKt  aber  zu  Zeiteil 
ein  energisches  Einschreiten  einer  MUltalrmacbt  nsd  nicbt  mr  den  gelegentUcbeo  Beeuch  elaet 
Kriegsschiffes,  welches  dann  ein  paar  Dftrfsr  niederbrennt.  Diese  Nnttaawendang  wird  jedem 
Leser  bei  der  Lectöre  des  Baches  anfstossen. 

Us  .MIstlsBS  Calhsll^ici  4'tfri^ue,  par  l<>  Baron  Leon  Bethune.  Secreiaire  <1>  I.txation  de 

8.  M.  le  Boi  des  BeUis,  doitt  ur  en  Droit  et  eii  rhilo-iophle  et  Lettres,  I'm  -,(i.  ut  du  (Jomit.- 
antiesclavasrlste  de  l  ArroudisMinent  d'Alost.  Aver  une  rarfe.  So.  ietr  Je  St.  Au«u-ti:i.  l'es<lee  et 
Brouwer  et  i'o.,  1S89.     Kiii  Krundn  s  NVi  rk  ii'  i  v  katbnlisi  h«  ii  .Mi.ssioui'H,  w.  li  li.  n  ilas 

zerstreute  uud  schwer  <  rr>  i' !iti;ifr  .Mati  ri:il  zusaiiiiiit  ufasst  und  für  Jedeu,  der  »icli  mit  dem 
Gegenstände  iri^eud  \M'   '      ii  .fi  :t.  iiuriitN-hrlirh  ist. 

Was  Irhrei  aas  di^  KriabraiKm.  welche  aadere  Vilker  kel  KslMltsiiaasTenarkaa  ii  Afrika  naarhl 
kakrn !  Von  A.  Mereii  -ky,  Mbsioussupertntendent.  Berlin  18"0,  Verlag  von  M.  E.  Mathies. 
Der  kli  lneii  Broschüre  Lst  die  weiteste  Verbreitung  zu  wünschen,  obwohl  uns  der  Verfasser  gegen 
die  Portugiesen  zu  sehr  eingenommen  zu  sein  scheint,  und  .«eine  Bevomgnng  der  F.iiKlinder 
nicht  überall  getiügend  belegt  wird.  Die  Mahnungen,  welche  er  an  on«ere  Kolonialfreunde 
richtet,  sind  beherzigenswerth ;  er  «arnt  vor  übergrossem  Enthusia.«mus  bei  der  Anlage  von 
Plantagen  and  bebt  Tollkonmen  richtig  berror,  daas  die  Eingeborenenpolltik  der  bei  «etteoi  wictl- 
Ügit«  Zwels  alter  kolonlaailortidMB  Thitl(kalt  in  OBaarea  afMkaalsebea  KotonlalgiritletMi  Ist 

Itarals  !■  tke  lllu  aal  SsiiWi«  Mefeeca.  A  narratlTe  of  ezploratlon  by  Joseph  Thomson. 
London.  George  Philip  *  Son  1^89.  Joseph  Thomson,  welcher  bekannt  geworden  ist  darch  seine 
bemerkenswerthe  Reise  in  das  Masaailand,  welche  ihn  nach  dem  nördlichen  Ufer  des  Victoria- 
Myania  führte,  hat  im  Jahre  1H88  Marokko  bereist  und  besonders  in  dem  (iebiet  des  Atlas  oft 
geinag  anter  Oefabr  fQr  sich  und  seine  Begleiter  neae  Wege  erscbloesen  and  seiner  Wissinschaft, 
Oer  Geologie,  wichtige  Dienste  geleistet  Das  sehr  hübsch  ausgestattete  Bach  ist  aber  iii<-ht  etwa 
fhr  Gelehrte  geschrieben,  sondern  für  ein  grösseres  l'ubliknra.  welches  sich  über  diese-;  iinin«'r 
noch  wenig  bekannte  Land  und  seine  fanatische  BevMkerum;  unterrichten  will.  \\<u  besoud'niu 
Werthe  Ist  da»,  was  er  mit  grosser  Freiheit  über  die  >t.  llmiic  <ler  Jiid<  ii  *agt,  welche  eralsdun  h- 
ans  nicht  so  gedrückt  schildert,  «ie  sonst  allKemeia  .<:ii,.  in  iuni<  ri  wird.  Kr  sifllt  sie  nehen  der 
Regierung  als  ili<'  lik'eiillii  Iumi  Il'  rr-i  licr  iiin.  zwix,  hi-ii  i1i  i,.mi  (b'r  arme  Maure  wie  zwi^<!i>  ii  zw<-i 
Mühlsteinen  im  L.nilr  iler  /elt  /.•■riiiidili  n  vserdcu  mu.ssc  uud  beuriiiuii  t  diese  ,\nsiclit  aui  ii  m  ciu- 
fabeuder  Wei^' 

lilder  am  \ord-ifrili».  \'ottr:iiri  /u  (iunsfen  di-r  G<-meind.'  Si  liiAaiidc»  l»ei  Ifrienz.  gehalteu 
Ton  <  irl  H.  Mann  in  il' ri  \[.iiiairn  April  und  Mai  l>'^^  >t|iHrat-Abdruik  aus  d'-ii  „Alpenrosen". 
Bern,  Buchilrnckeret  \(.n  J'aul  Uulli  r.  Das  Büchtetu  bat  mauclie  iuteressitute  Ausführungen,  von 
'denen  besond- die  über  Tuni.s  und  die  Transsahara  -  Bahn  Kegenwitrtii;  ein  lebhafteres  intcr- 
eese  beanspruchen,  da  die  Frauaosen  mit  ihren  kolonialpoUtiscbea  Pl&nen  hier  auf  's  Neue  ein- 


iamlsn  «bil  aal  JsM,  von  Dr.  Priadrich  Kayaer.  Zwatte  «rwellarto  nnd  ▼Alllf  dnrdi- 
taarbeltele  Anllage.  Mit  einem  Tltalbiid  In  Rvlwndnick.  118  ninstratlonea  Im  Text,  17  TonbOdam 
n»i  1  Karte.  Freibnrg  in  BcalaiM,  18m.  B««d«r*scna  Veriafrimcfehandlni^  Dn  Werk,  wonn 
■ndi  dweliaus  popul&r  geschrieben,  Itt  doch  «o  aorgfUtlg  goaioeltet  dan  aaeli  liUiere  AnaprUcbo 
bafHedlgt  werden.  Sebr  angenehm  berührt  der  warme  Ton  bei  dem  Erwähnen  der  kopttscben 
CbiMan,  waleha  darch  Jabrnundertlange  Verfolgungen  ihr  Christentbom  gerettet  haben,  da  von 
■landMB  Seiten  die  Kopten  nicht  sehr  gUmpflich  behandelt  werden.  Die  Unterdrfiekaaf  dnrch 
den  Islam  hat  allerdings  den  Charakter  der  Kopten  sehr  uneünstig  beeinflosst,  aber  dass  sich 
das  Cbrlstentbum  hier  überbaopt  hat  halten  kennen,  ist  sowohl  eiu  Beweis  für  die  l'nzerstorbar- 
kelt  der  Idee  als  einer  Glaubens-Innigkeit,  welche  unter  besserer  Leitung  und  grös»erer  F'rfiheit 
gn  di  u  tu  -teil  Hoffnungen  für  spät,  r  berechtij;t. 

Nilfalirt.  Von  V.  Gonzei>l)arh.  Mit  'int^  lUu-tritiMurn  im  Text,  40  I,iclit<iruckti:M.rn 
nnd  Villen  Handvixni  tten  von  Kafarllo  Marino  Sfutt.;;irt,  l.ip.'i.:,  Hern,  Wien  D-ut-rtie 
Verlagsanstalt-  Das  Buch  will  vor  Allem  uuierhaiten.  ki-inc  KfU  intm  .Vbbandlniigeu  brlimen  o<i'-r 
gar  neue  und  gianzt-nde  Hypothesen  Vertheidi.;<  n ,  >on<b  rn  rini;"liend  das  Leben  auf  dem  Nil 
schildern,  »ic  e>  sirli  vom  Kord  einer  Da)iab)eh  an>  ansielit.  Jicute  ist  das  Belsen  aaf  der 
Dahabyeh  etwa-i  in-  iler  Mode  gekomtnen.  obwohl  es  e neu  b<-sonderan  poetischen  Beil  hat.  Dsa 
Buch  ist  prächtig  illusirirt  und  gereicht  jedem  Salon  zur  Zierde. 

Msfla.  MoUsie  nccolte  dal  prof.  Guiseppe  Sapeto,  Ordinate  a  riassunte  dal  comaado 
•4al  eoipo  dl  ttato  aagglora.  Koma  1890,  Vogbara  Carlo.  £lne  naammenCMseada  OaiakaUnnf 


aataan. 


296 


Litflvttnr. 


sowohl  der  abysslnlschen  G4><irh!rht«>  als  der  Öestalt  des  Landr.«  and  dir  SittcB  ud  Lebens» 
gewohnbeiten  der  BeTölkeruuK.  Am  unsfQtarlichsten  litt  der  dritte  Tbell,  die  GeseUcbte  Aetbl»- 
pieus  Im  19.  JabrhuiitliTt.  beliandrlt.  wdrho  llir  die  Italiener  von  grosser  Wirbtif^koit  Ist.  da  sie 
ans  derselben  lorni  u  kr>nnpii.  w<  lrb<Mi  (iefatircn  eine  Kolonisation  des  Laudos  durch  italienische 
Aniledlor  bficcuiif II  wi'inic. 

ThroiiKh  Abjniini«,  aii  rnvoj's  ridc  to  the  klng  of  Zion.  Hy  F.  Harrison  Smith.  U.  N. 
London  l^'.t(»,  T.' Fi-!i"  i  riiwin.  Der  Vcrfas-icr.  •*i-li-licr  il<  ni  Ni  «us  Neite^fi  riri  '^'ScInMik  der 
KfinJKiu  vt'H  Eiii;laii(l  zu  iibirln  iiikbu  liaite,  bi-Kali  sirh  im  Jahre  lS85  von  Mii.'<auah  nai  h  dem 
A><  hangi-See,  wo  ziii  Zeit  ili  r  K'-in.;  wi  ilti-  iiinl  x  liiliii  rt  s<  hr  ans<'Laiili(  Ii  dai«  dortit;e  Leben, 
»eine  »ctawieriKe  politiücho  l^üc,  die  ihm  vom  Ivouig  erwiescueu  ^breubezeugungcu  und  vur  Allem 
die  Str^fuen  dee  KActannnclies.  Dm  Baeb  let  lebendig  nnd  MbKb  geedirieben. 

Asien. 

Urr  Tabaktbao  in  D*!l.  Von  0.  F.  II  aareun,  ftUierem  Inspektor  der  Dell-Mnatscliappij  in 
Dcli.  Mit  '.)  AbbildiuiKi  u  uml  (iium!ris<en.  Amsterdam  I^^W.  V.  rlai;  von  II.  de  Hu»y.  l>ii  der 
Tabuksbau  aiirii  in  lUii  deutsi  lieii  ribt  i ■•fris(  licn  Ucsilzuiii:'  ti  .  nn-  l  i  druti-iule  Rolle  ZU  s|ii<'l<  ii  lie- 
iiifi'U  sein  wird,  >ijlltr  diese  Monographie  ^^^'hl•^  manche  aiitiin-rl>>aini-  Lr-er  fii.den.  l)er  zuküuf- 
tijce  deutsclie  Tabaksptliinzer  auf  Ni  ii  ■  <  iuiii«  a.  Ost-  oder  N\'i  stalrika  wird  sii  Ii  niiiucbe  Ent- 
tauscbuii^L-ii  (lud  maiu  In-  tlieuere,  soii-l  uu\ ei  ineidliebe  Lehiseld  ersparen,  wi  iin  er.  siatt  aiif 
unsicherer  (JrundlaKe  zu  e.xperinu  nf  ireu .  an  der  Hand  eines  eifabrenen  und  lien  Betrieb  theori - 
tisch  wif  praktisch  vollst&uditc  bi'berrsiiieiiden  I"ai  hiiiaiines  seiuf  Arlieit  bc^finnt  am  h  in 

andcn-ii  Landern  die  I^inielheiten  der  labaksknlinr  (lii'ilwri»e  andere  -ein  werdrii.  al-  in  jii  li,  vo 
wi-rrtt  n  siAvuhl  die  *>rundligeu  wie  am  h  die  nntürürhi-ii  Iii  dingnugeu  und  die  tectiuiiicbcu  Aubfüb- 
rnugi'ii  nahezu  dii"-elb<-n  seiu.  Wi<  htii;  i-t  lir-.mdrrs  der  Awdinitt  tbtt  die  Aibeltertragei,  d* 
dieselbe  in  Ustafrika  und  Neu-Guinea  autzutauchen  beginut. 

lUlra  !■  Wert  m4  IIU.  Eine  Schildernog  des  indischen  Keieerrelchs  von  Emil  Scblasint- 
welt  Mit  417  Illustratiuuen.  Zweite,  bis  auf  die  Neuzeit  Torfffefübrte  Auflage.  Leipzig  1881», 
Verlag  von  Schmidt  (c  Güutber.  Ein  I'iarlitwcrk  ans  dem  bekanüteu  Verlage,  welches  sich  den 
früheren  Fnblikattoneo  w&rdig  anreibt  und  daa  wundervolle  Itircbeoland  mit  einer  Liebe  nnd 
Treue  zeichnet,  welche  einer  Innigen  Beitanntacbaft  mit  demselben  entsUunnt. 

Al  itifDt  ISsirn  nnd  Flfltolllllin.  Von  Leopold  von  Jedina.  k.  n.  k.  T.iiii<  nsi  hifr-Iitnite- 
nant.  Mit  einer  Karte.  70  Vollbildern  und  170  TeviMI  d''i"ii.  \N  ien  niul  'Mniiil/,  Xfilag  >un 
Ldii.ird  Holzel.    I)as  östei  r«dt  hische  Kii  :  .lu.-*ana-   vcriii am  "Jl.  Annust  i'ida.   um  die 

ebi  n  aus  der  Akadi  inic  ausici  iiaisi «-i teii  s, .  ;,ai|<-iiin  in  d<  ii  pial^ti.si  licii  l»ieiist  t  üi/ulüiirtüi.  die 
belmisi  hl'  I  lagg«-  lui'ialirhsf  vi.-l  /.u  zeiKi  ii  iin  l  dir  < ii  Icei-nhi  ii  zu  sehatli'ii.  die  ii  indi  Nvcrh.ilt- 
nis>e  i  iitlcKener  'ie>t>  inlen.  vorzugsweise  aber  jeii<  i  ( ist  Arabii'iis  und  der  rersi.srhen  Hal-m  zu 
studireii.  L-  Ii' n  ji  tzt  erst  vier  Lieferungen  des  Weikes  vor.  welche  das  liotbe  Meer,  Maskat 
und  Hnsiliir  behandein,  aber  es  i;i>sf  sieh  s  lion  daraus  die  Scblussfolperung  ziehen,  dass  das 
Werk  durch  die  Treue  und  Karhi'  li.  r  Sehildi:  nullen  und  durcti  den  Bilücrschmnck  eine  hervor- 
ragende LeLHluug  KLuannt  zu  werden  vcrdieot.  Die  Beschreibung  Ut  flott  und  elegaut,  frei 
von  fitierflikaslieai  Bnlltst  nnd  wobl  fedgnet.  ein  Bild  dieeer  leiten  besnohten  Kttitenpönkle 
zu  geben. 

\  ib«a«Ka«d  milrn  nn  an  rirpkaal  in  th«  Sban  Slale»,  by  ll<>  1 1  II  n  II  e  r.  Fdiiil>iirftb  nnd  London 
18W.  \N  llli.ini  llliu  1^ vviioU  and  .'sons.  Hirniah.  Siam  und  die  .^hauMaateii  sjud  wieder  in  der  Neuzeit 
bei  der  stets  sic  h  s|,  ii;ei  nden  N\'iehtiK;kei!  d' r  (istllt  lieii  Markte  tiir  den  eiiropaisi  lien  Export  in 
den  Vordeixtund  Kerüekt  vM'rdeii  und  e-s  sii;d  besonders  Liifjlauder  daneben  auch  die  Deutschen), 
welche  bin  ein  l;rus>^lrtl^'es  .^vsteni  der  Koloiii-aii-m  durch  deu  Kiseubabnbao  bis  nacbi  hina  in  s 
Aut;e  «el.i-st  h.ilieii.  Der  voi  liegende  Hand  uuilassi  die  zn  diesem  Zweck  untiMnomnii  neii  Keij?en ; 
das  tluieli/(  .;eiie  Land  war  wenijc  bekannt  sowolil  liinsiehtlich  seiner  cominei eiellei,  il-  ii  ilitiscben 
Heziehnnt;eii  und  die  Heise  ist  daher  als  eine  Lntdeektinjrsteise  zu  lietiarhleii.  weli  lj.  üin  h  n>>rh 
besuiideis  liueksirht  auf  die  et hindogisclicn  und  KesrIiirlillKhen  \  erhaltnisse  dieser  Laiol' i  liiiiinit. 
Das  Buch  ist  w  ie  alle  iu  dem  beriilimtcn  englischen  Verlag  erscbieueneu  Werke,  in  einer  Weise 
nugestnOet,  wel<  he  sich  die  deutschen  Vcrlrger  nur  inm  Muster  nehmen  können. 

Itbui  Tai  Celrbet-Tjeea.  Circa  'i-V)  Alibiidniiffen  auf  »7  Tafeln  in  Licttdruck.  Heraasgegeben 
von  Dr.  A.  B.  Meyer,  Dresden,  1881).  Druck  und  Verlag  von  SteuKel  it  Mirkert  Der  b«> 
kannte  Leiter  des  K.  sooloaisrhen  nud  anthropoiogisch'etbnographlscben  Mnsenms  zu  Dresden, 
welcher  sich  nm  die  Ethnographie  der  PhilippinenOnseln  bereits  sehr  verdient  cemacbt  bat.  ver- 
Affentlicbt  bler  srioe  zum  grOf«ien  Teil  au»  Celeboe  mitgebrachten  Photographien,  welche  mit 
kuisen  Erüuteraagen  versehen  ttiud.  Besonders  iniereSMUit  sind  die  Dmtelinngeu  der  Bowohner 
der  Minabassa,  des  niMlicben  Gebietes  von  Celebes,  und  anderer  weniger  bekannter  veiker- 
stimme,  wie  x.  B.  der  Bnndks.  Dm  Stndlnm  der  Mnlayen  wird  fOr  alle,  welche  sich  eingehender 
mit  Kolonialpolltik  besch&ftigen,  immer  mehr  inm  BedftrfbbM»  da  die  grosse  Frage  noch  in 
Usen  ikt,  ob  wir  nach  Neu-GiUnen  eine  mnlnylaebo  oder  cbineilsdie  Auswanderung  begünstigen 
sollen.  Die  Pbotomphlen  geben,  nmal     eneb  Ansidileu  von  Stidten  nnd  l<>ndieb>lteB  bdn» 

Si,  ein  ansgeteicnnefes  Gcsanmtblld  fftr  Jeden,  welcher  die  hoUindbebe  Kolonlalrätwidcdnng, 
für  uns  III  üii'iMhit  t!i-i-ii'ii  ijiaassKeteiid  ist,  studireu  will. 

Nee4rrlanil  Tuliitriirn  De  Tr<i|itn.  Aiiidrliskunde  <>nzer  Kolonien  In  Oost  En  West  door  R. 
SchniliUK,  Leeraar  Aau  De  K!j^>ski\eeks.  Iimd  ie  Deventer  /wulle  De  Krven  .1.  J  I  ijl.  1889. 
Wer  einen  «uten  L'eberblick  über  diu«  grosse  hullitndich  indische  Keicli.  seine  Kulturen.  I'ro- 
duktiuu,  lliier  und  rilitnzenwell  ^^ewiuneu  will,  der  wird  dieser  selir  sori.;fa.tii;en  mit  viileu 
lUustfaÜoueu  Tcr^ebeueu  Arbeit  nicht  entrathen  können.  Befiondcrs  auziebeud  hiud  die  ivapitel 
Ikber  Inanllnde. 

Südsee. 

i  Natarallst  laang  the  Hea4-Ranlers.  Tly  Charles  Morris  Woodford.  Loudon,  George 
Philip  *  Son,  18tW.  Der  VerfsMer,  welcher  als  Naturforscher  mehrere  Belsen  nach  den  SalomO- 
teitbi  gemacht  hat  nnd  dabei  «neb  die  in  dem  dootichen  8clinta«ebiet  gehiMgen  Shortlaad-lniehii  nnd 


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Litomtnr. 


297 


YMbel  bmeht»,  lut,  obwohl  mIm  HmcMlUgwac  vonieliiBUch  lida  auf  da«  Sammeln  4«r  Ftam 
entrackta.  4aak  aiieli  daa  Ldiaa  dar  (nadi  aaliiar  Aaaldit  dahtnaatiartadaBdaa)  laaalaaer  tMtÄMlilaC 
Bla  jatst  hatta  nan  woU  aomnoaunai,  daaa  dla  Polyaaalar,  «alcha  aof  daa  Uainaa  laMla  iw- 
atcaot  labaflL  TOD  den  allmililisen  Auaatarbeo  bedroht  seien,  aber  die  melannische  BevOlkamclBr 
widerataadanbigar  sthalten.  Der  Verfasser  weist  aber  narh.  daia  Infolga  dea  KaanibaUanu  und  dar 
Jacd  nach  Uenaeheokopfeu  als  Tropb&eu  ein«  VermlDdemug  dar  Bitr61keru&s  uuuublefbUth  aeL* 
Er  eriUilt  gast  greoUcbe  GeKhlchtao  ftber  den  KaonibaUaatna,  obirablarMutdanSiacelNmiMB 
alle  GeredMgkeit  angedeihen  UaL  iDterenant  ist  daaa  er  siT  aelacBi  Beauebe  io  Taabd  aaocbe 
Binfeborane  wiUic  lud,  «Ich  anwerben  an  laaaen,  die  dann  aehr  entttnacbt  waren,  ala  dt  arftahraa«  daaa 
-  infolge  der  Erklimnc  dca  deutacben  Protdrtoratea  —  die  Arfoeiterscbüre  von  Qneenaland  und 
Fidaclii  sie  nicht  nebr  oaanebMi  dbrftan.  Daa  Bach  lat  ein  aahr  acbitabarer  Balfifac  nr  Kennt* 
nlM  der  Salomo-Inaeln.  wnidia  anm  Tbatl  ancb  nna,  waotgatana  naminell,  geb&ren.  wihrend  aber 
daa  enffUscbe  Kapital  von  Queensland  nnd  Fidachi  asa  Anstrengnngea  mariit,  um  den  Handel 
dicaer  L&oder  sn  entwickeln,  ist  von  deatacher  Seite  noch  nicht  daa  Geriugate  geadieban,  wenn 
man  tou  ein  paar  gelagaatUehmi  Tenncbea  abtlebt.  um  die  nSrdlidiea  Batomo-teNln  In  den  Krab 
btneinxnzicheu. 

r«r«l(  aa«  Caral  lalaadf.  By  James  D.  Dana,  L.  L.  D.  Third  Edition.  New  York 
Dodd,  .Mcjtd  and  Company.  Vm  Werk  von  Dana  gehOrt  sn  den  klassischen:  der  Verfasser  ist  der 

beüeutcuilste  Vettreter  der  Elevationstlicorie,  wibreud  I>ekanutlirb  r>3n«in  die  subsidente  ■  Theorie: 
aulKcstcUt  nnd  verfochten  hat.  Die  Fraire  ist  heute  noch  uueiitsciiuileu,  dorli  srh^ineu  sich  j«  tzt 
die  meisten  (icli-hrtpii  d(  r  AuITassuus  Dana  s  xuzuneiKen.  Die^is  W  irk.  ein  Muster  tlfttantcr  und 
solider  Ausstattung,  hat  in  der  ueueu  Auflage  die  i  orsctauuKeu  anderer  Gelehrter  heriickisicbtigt, 
so  da«s  es  in  seiner  Art  kann  ftbertroffen  werden  kann,  anmal  ea  im  besten  Sinne  p«pattr  ge< 
scIiri<'biMi  ist. 

Tke  Cent  I»aa4«  »1  ifce  Ptfillf:  thrtr  poopics  and  their  produrts.  Ry  H.  Stonehewer 
i'ooper.  L'jiiiion  \^y2.  l'.irhanl  Hi  nfU y  and  Son.  Das  Bncli  i>t  lux  h  vor  d«  t  lifsilaergreifung 
eines  'Ihi'lles  der  Südsti-  dun  h  dit»  I»iMit>rhoii  Kr»rhrii-l)i-ii.  aber  w»-u>-u  *ciuer  t^^uten  SaUldennigeB 
nucb  heute  sehr  lesbar,  zumal  der  Foi  tschrttt  in  di  r  .^üdsee  ein  iauKsamer  ist. 

Amerika. 

Kin«  Reise  tack  irr  RakiitMo- Crusoe  latrl.  Von  Alexander  Kmn  l.  Iiainl)ur(t.  IKS^K  L.  Krie- 
(imit  hsrn  u.  ("o.  I>i"  Imm  I  Juan  Kernandrz,  an  der  Küste  Chile  s  (uri  l»  i<.  n,  ivt  iliinli  «len  m  Imiti- 
schcn  Mtttroi-en  Helkirk.  welrlitT  liier  einige  Jahre  in  tiefster  Elnsaiiikeil  \i  rlebii-  iiud  liun  li  >eine 
'*rhirk«ale  <iie  l'li;intii'-ie  I)i-l<>e  s  enitlaninite.  ru  einer  Ik-rühinf beit  Ktwordtii.  wel(  |jf  weiiid  im 
V'rhaltiiis>e  zu  ititer  (itn.^.se  und  IteilputiiuK  stehen.  Im  Hesitze  der  rhileni-srlitn  lU'Kieruiig  hat 
sie  riu^sciilem  unter  der  nlltreineinen  südanierikaiii.-*!  lieii  .Mi«s\\  jjtlix  lialt  Uidi-n  iniii>:-en,  sodass 
sie  trotz  \ieler  naiiii  iii  lu  r  V<jizii;;e.  zu  denen  !ii>l» -oimIi  i.-  ein  .m.Nice/eichiiwtös  Klima  gehört. 
In  Hinslclit  ihrer  K"1"iii^;iMu-.i   hi:>  heute  >iark  veriiarlil.i«-::;;  wnriien  i.st. 

Rfisfbrirfe  aat  Mrviko.  \  un  I>r.  l'.  duanl  Sei  er.  Mit  8  T.Utln  uini  11  in  dm  Text  Re- 
drui  kt.  M  Atiliilduiitet\  lliTÜii,  lS>".i.  Ferd.  Dümmlers  VerlaK^tui' lib.  inlli.ui.',.  ritmoloiciNi  he  und 
urcluioliiKi.srhe  Mudieii  fülirf'-ii  l)r.  Seler,  welcher  viai  >eiiier  ii'-ni.ililiti  l>e;ileifit  war.  nach  dem 
A/.tekeiil;iiide  und  in  (jeutiC'  i  ,  '..elihe  wtit  ab  von  il.  u  >,'eYk  "(i  nlhh  \tin  luuii^teu  ^e^uchfen 
Strirlieii  li.  !j;en.  In  d' r  Form  von  Briefen  k»^- tu  u  eniliiilt  alter  il.i.s  Hui  Ii,  abgesehen  vun  den 
SchilderuiiKeii  Oer  IJeis-Mj.  eine  .Men«e  werihv-  lleii  Material>  zur  Heuilheilung  vcn  l.iuid  ud 
Leuten,  niul  i>t  ttir  .leiieii.  wi-Uhei  .-»ich  über  Mexiki)  iiitonniren  will,  von  tfros-seiii  Wrrthe. 

.Mr\ilio.  L.iinl  iinil  l.i  ufe.  Von  Ernst  v.  il  i  m>  e  W  i  r  f  e \Vieu.  Oluiiiti  1M«0.  Verlag 
von  Ed.  ilolrel.  l'er  Keimende  hat  di«' (ielejcenlieit  walin;enouiuien.  um  als  einer  der  ersten  l'ahsa- 
(fiere  iiiif  der  Ivri'llimiiic  der  von  den  Vereinigten  St.iaten  nai  h  Jilexiko  erbauten  Eisenbahn  das 
etwa.-,  schläfrige  I-aud  lier  spanischen  Kreolen  wieder  zu  boiiclien,  und  e.s  kümiiit  daher  der  Kon- 
tnust  zwiMheii  dem  vorwaits  hustenden  Anierikaucrthuiu  und  dein  iih lli-clieti,  \ er-.iinij>ften  mcxi- 
kaui-clieii  Leben  voll  zur  deliung.  Das  Hiuh  ist  reich  iUustrirt,  mit  einer  guten  Karte  vei.seluu 
and  eine  schützbare  IkreicheiuuK  der  Litteratur  über  Mexiko. 

I<e  Paragna).  Far  le  Ducteur  K.  de  üuurgade  la  Dardye.  Avec  2C  gravures  et  nue 
grande  carte  de  l'aiaguay.  Paris  Librairic  Plön.  Eine  er.schöpfeode  Arbeit  über  Paraguay 
nnd  wisseoscbaltlicb  bedeutsam,  da  der  Vaifasser  daa  atatiatiacbe  Maiterial  gnt  Terarbeitete.  obwohl 
nancba  VeibJUtnlaae,  beaondera  die  polltiacben  imd  aeaialen,  etwaa  an  rodg  angesehen  alnd. 

Verschiedenes. 

rrsUmi  ef  «realer  Irilala.  By  tbe  right  hon.  Sir  (  bar! es  Wentworth  Düke,  barL 
In  two  volumes,  with  map.«.  Serond  edition.  London  nud  New  York  I8'.iU.  Macmillan  and  Co. 
Der  bekannte  radikale  l'.iliijker  bespricht  Schritt  für  ^^rbrttt  jede  cinieliie  Kolonie  oder  DeaHTOBK 
der  Englisch- Kedenden,  dem  nach  auch  die  Vereinigten  Staaten,  nach  Grösse,  Uevidkernng  nnd 
deren  Ursprung.  RegieruiixsurKanisaiion,  (iewerhslbiitigkeit.  VertheidiKUUgsmitteln.  Das  Buch  hat 
somit  Ar  daa  Uebiet.  das  es  sich  abgrenzt,  einen  eucyklopidisch<'n  Werth,  Obne  dasa  ihm  der 
Charakter  des  Trockenen  anhintie,  der  von  der  Fncyklopfidie  sonst  selten  SU  trennen  tat  Dilke 
leixt  sich  Ton  dem  twfühl  der  tjr&we  des  britischen  Reiches  durchdrangen,  aber  er  siebt  auch 
▼oUstkndig  die  Gefahren,  die  ihm  droben.  Es  scheint  ihm  sieber,  dass  in  hundert  Jahren  es  nnr 
noch  drei  oder  vier  Weltmächte  geben  werde:  Itusslaud.  China  nnd  Kugiiicb-Bedende,  d.  h.  die 
Vereinigten  Staaten  uud.  wenn  es  nicht  Torber  auseinauderfillt,  das  britische  Reich.  Deutschland, 
Frankreich  nnd  Italien  treten  hiernach  in  den  Hinterfmnd.  Daa  noch  unbestimmte  Gef&hl  des 
Herannabena  einer  gewissen  Gefahr  in  dieser  Hinsicht  bat  liekaantlicb  auch  der  deutacboi  Kolo- 
nlalbewegsng  la  tiroode  gelegen.  Daa  Buch  ist  aber  weder  feindlich  gewen  Deutschland  nodi 
Fkankreidi.  Gebbrea  alebt  Düke  In  gewisaan  BiditangWi  die  sieh  In  den  Kolonien  selbst  kud> 
geben,  nnd  er  wbnacht  deshalb  eine  Ködentioa,  welche  er  in  seinem  Buch  Graater  Britein  bereita 
angedeutet  hatte.  Die  alte  englische  Sdwle»  «eidier  man  vorwari;  dasa  sie  kala  Haas  lllr  die 
Soloalea  habe  nnd  dl«  la  Ooldvia  Sodtb  ibraa  T«xti«tar  fto^  tat  Jctit  aahr  la  Mtaakradtt  ge- 
kommen, diese  sJ^blesM  einer  Weltnadir  weideo  dar  Ida«  «nr  Imperial  FedeiattM  ilclMHr  aane 
Aabiogar  lafUurea. 


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298 


Litoratur. 


Von  seinem  japauiscben  StAndpnnkte  beiirtheilt,  wa.s  hirr  im  Zu^ammeubuise  erwibat  werden 
mm,  Manjiro  Inaizaki  die  orientalisi-be  Frage  hin<!icbtlich  (l<-r  spiterSB  Elltwldk*lllBf  Jspu't 
in  dorn  Werke  Jepu  u4  tke  rtcilc"  (Londoa  lim,  T.  Fisher  Löwin). 

Ulli  Ii  IrtTellen,  scientific  and  nneral.  Edition  for  tbe  Conocil  of  the  Royat  Geognphlcal 
Society,  by  DoaKias  W.  Fretbfleld,  Hon.  8«c;  B.  O.  8.  ud  Captaln  W.  J.  L.  WhartOB, 
F.  R.  S..  Hydrograpber  to  tbe  AdminJtjr.  Slxtli  «dttioB,  mlMd  «od  «nlnifsd.  London  1889. 
Tb«  Royal  Geogn^ldeal  Sodety.  Das  Bach  Ut  iMnlts  tn  dtr  $MiilteA  Alflaco  «racbionon,  d«r 
bMt«  Beweis  fTir  sohl«  BrancbbarkeH.  Ea  bat  den  Tomv  vor  nuacbea  (rotton  deotadion  Wnknn, 
In  haodllchiT  Form  mr.itlich<t  viel  zu  liriuir^n. 

Jabrkatk  itr  Na(ar«i»(ei«rktttri  ISS!»  |S90.  Liiftr  MitwlrKung  Ton  l  achmiunem  herans- 
ge(?ebfn  von  iJr.  Max  W  i  1  d  c  r  ni  .i  nii  1- riilmri?  im  Brei^Mcaa,  Herder'Äche  Verla^shandlunn.  NVie 
in  ii»'n  fnih'-r<>ii  .lahrKitnui'ii  fiitliilt  auch  <icr  neueste  Baud  wieder  eiue  genaue,  oft  ersclinpfende 
l  i'ber>ii-ht  ubiT  die  Fortsrtiritle,  welcbi-  auf  ileu  liervoraa;eudsteu  Gebieten  in  dem  letzteti  Jabre 
sicli  i'r<'i((ni't  ti.iben.  Den  Kolunialfreuud  wird  )>eiiondera  die  Bnbrik:  Länder-  und  Völkerkunde 
auzit'bi  n.  >l.-t  in  iter- Hirn  ^uwubl  die  Deuestru  K rfondungOB  lUd FOttSOhctttO  IB  AftOtS  all  MCh 
iu  AmerUka,  Asien  und  Australien  mitgetbcilt  sind. 

Ma  aatlrUckea  fiuMOlwniM  nebst  ibren  Gattungeo  und  wlcbtigeren  Arten,  insbesondere  der 
Nntspllanzen,  bearbeitet  nnter  Mitwirkung  zahlreicher  bervomsander  Faebgelebrten  von  ProfeMor 
A.  Engler  nnd  Profeasor  K.  PrantL  Leipzig  ISIK),  Verlag  von  WUbelm  Bngelmann.  Das  Werk, 
valcbes  wir  «cbon  ftHhar  anxaiston,  ist  bis  znr  fiO.  Lidtemc  voigaaehritten.  Blnea  besondann 
Hiawelsea  bedarf  ea  Bklit  melir,  da  die  Namen  der  Heraaseber  Ar  die  TortrefflichkeK  des 
Vntemebmeas  bfirgen. 

fraktlKhe  Craaiaadk  ler Siakcli-Sprarlir,  jtn  b  fiu  den  Selbstanterricht.  VouA.  Seidel  Wien. 
FeSti  Leipzig-.  A.  Iliiitli  beu's  Verlag.  .Ifil.  r.  \s .  Ii  her  nach  ».»-(afrika  fcebf,  wird  dort  der  Kenntuiss 
des  Suaheli,  der  l.iusua  Iranca  des  Kü^ti  iJi^i  bieie;*.  bedürfen  und  tbnl  wobl  daran,  sirb  vorher 
«iurch  private.?  Studimii.  wt  ini  er  es  nicht  vorzieht,  am  orieiitali.si  Iumi  .■^rmnia.'^  FiiliTricbt  zu 
nehmen,  eine  gute  Keuütiu--  div»  r  Spr.i  tie  anzueignen,  welche  nicht  schwer  zu  erlernen  ist. 
Die  grammatische  Behandinnk'.  weh  lie  A.  m  Ke)>ildet<'n  DeutadME  BBH  eioaul  in  Fleiaeb  Ottd  BInt 
übcrKenans^eu  i.st,  erleicfiteit  un.,'emt  in  iU_^  Ver--(iiiiilniS'. 

AI?  Hilfsmittel  für  K'  iintni':-  d-  r  lu  trefTendei.  I  .ir  ii.  r  seien  noch  erwähnt:  Haaikaok  of  BrMst 
•Narlk  B«raea  U-oudon  ISI^J.  \\  illiatn  <  1-» er  aiui  ^  r  .Utlraliaa  Haadkeek  for  IV.K)  (London,  ijydnOf, 
Brisbane.  Cordon  and  (iotrh;.  Le  Brr>il  <  i'  l-'^  ■  l  .  sous  la  direction  de  M.  F.  J.  de  Santa  • 
Anna  Nery  (Paris,  rbarles  I)elagrav< ).  S«iitb  Urira  aad  k«v  It  rcatk  II  kj  tke  Castle  Llie  (London, 
'>impkin.  Maischall  and  Co.),  C^ogra^kie  dr  l  Klklapir.  von  dem  genauesten  Kenner  .\by.«.»iniens.  -\n- 
toioe  d  Abbadie  (faria  Gustave  liesuU,  öditeur;  und  resaeAlsMati  «  frelettenui  aarst«!  la  ilriea  IM* 
(Bmu  1880,  TogiMim  Cario).  I 

Karten. 

ifrlV«  in  0  HlStt>ru.  Von  K  LQddecke.  Mit  einem  Tollsfändimi!  Nnmeni>verzeicbniss. 
Preis  10  Mark.  (Joiha.  .Justus  l'ertbe.s.  Diese  neu  er>rhienene  an!  Leinwand  aulifezoitene  Karte 
im  Maassiitabe  von  I  :  1ihkk)0<>i.  v,<  lrbe  bereite  die  ilnrcb  die  neuen  Ab|crenziiui;en  1,'escliafTeue 
Sacblage  berfH-k^iehliKl,  ist  eine  imsseist  sorgfältig  aii.'Kefiihrle  itrütidliche  und  tecbniitch  voll- 
endete Arbeit.  l>ie  .<.liri(t  i.^t  äusseret  klar  nnd  die  rebi'r>ichtlichki-lt  leidet  nicht  unter  der 
Menge  von  Fintragunici-n.  Besonders  "irthvoH  ist  aber  das  Nanienverzeicliuis«,  da  es  viele  kl  Übe 
beim  Aufsurhen  ers^iart.  hie  Karte  «ii.l  nii  ht  htos  (»eocnipben,  sonderit  auch  JadaB  ZsItOBga» 
leser,  welcher  sich  etwas  geiianer  orientireu  will,  von  bedeuteadem  >iutsen  sein. 

Veae  Saeaialksrte  4er  deattckea  nad  brillicl«  laterMseasaUna  h  AeaiaMikMit>llMla.  Preis 

4 Mark.  Von  Blehard  Kiepert.  Zwei  BUttor.  Maassstab  l:8000000i  Berlin  1890.  Verlaf  von 
tUotrIdi  BolBor.  Die  Torliegenden  Karten  in  einem  MaasastalM,  welcher  da.«  Einxeicbnen  von 
des  mtfilan  wlohtlven  nnd  bekanUen  Namen  gestattet,  sind  das  Beste,  was  wir  Qber  die  Geofraplile 
von  OstaflrUu  In  dieeom  Maaatstato  aageublicklicb  beben,  nnd  werden  den  Snebenden  nie  im 
Stiche  lassen.  Die  Karte  nmfaist  aneli  nock  einen  Tbdl  der  Aoqutoriat-Protrins  nnd  den  Ober- 
lanf  des  Congo,  die  Gebiete,  welche  mehr  nach  dem  Zentrum  tu  liegen  nnd  in  der  Nenselt  bedeotend 
an  Wichtigkeit  gewonnen  balmi.  Znglalck  machen  wir  darauf  anftnerksam.  daas  in  demselben 
Verlag  die  politische  Wandkarte  Ton  Afrika  (von  Heinrich  Kiepert,  bearbeitet  Ton  Blehard  Kiepert, 
Maassxtab  1 :  f>iHH)il<ii)  In  verbes.^erter  .Auflage  bis  auf  die  Neuzeit  fort  geführt,  erschienen  Ist. 

Das  r, .  o  >cr  ap  h  i  sch  e  Institut  zu  Weimar  hat  es  .-ich  als  Ziel  genetzt,  mi''glicbst  schnell 
billige  und  ubersh  htlii  In-  Kartenbilder  bei /.ustellen,  um  den  Koloutalfreuod  immer  auf  dem 
Laufenden  /u  i  ilialten.  Bei  der  .'^i  biifllii;keit  abi-r,  mit  weblier  die  EntdeckuiiKeu  iu  .Afrika  fol- 
gen. \'  l.iltet  iii.iiM  hl  - .  wa-  flu  den  .\u,.  nl  lhk  \i'n  W'rrth  war.  in  kurzer  Zeit.  .\ber  anderes 
h.it  bleibenden  Wirth,  z.  B.  die  lUodkikrtr  lo«  lif iiisrli-(l,i.ifrika  fManss.sfab  1  j^inxCiX»)  von  Kettler 
(Preis  1  Mark),  web  he  die  .Kbun-nzinit;  der  v.-r^ciiieih  ii>  n  Venvaltir.u-bezirke  durrh«'  fuhrt  hat.  4 
Kine  I'ebersii  htskatii'  von  Drutst  h  .\frika  l'ieis  .'jU  l'feuniK;;  lial,  was  Kaniertiii  anbetrült,  eiue  be- 
deiiKlii  he  ■.Hill  nirlii  n  i  Inf- i  lutr  .\bgrenznnK.  daiteKeu  ist  die  zw4'it.' .Vullavr  rler  .Spezial»Wand- 
karte  (D  Maik;  we^eu  ihrer  ih.kraktcrtätischeu  deui liehen  Furbeugcbuug  zu  cmpfebleu. 


Dmokfehler. 

Seite  KiS  ist  zu  lesen  «ostatt  »Abtretung  der  Scbutztruppe"  »Abtretung  der 
ottafrikanischeu  Küste.'* 

Seite  172,  5  Zeilen  von  unten  ist  anstatt  »Bagamoyo*  »Dar-ei^Salaam"  zu  lesen. 


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Register 


Abkommen,  deutsch-englisches  12. 

—  englisch-portugiesisches  S. 

—  Englands  mit  Transvaal 

—  Englands  mit  Frankreich  20. 
Adamaua  1 14. 

Adjuti 

Afrikander  Bund  2. 
Afrikas  Vertheilung,  die  L 
Akwajafe  122. 
Anderson  LL  2fi8. 
Antilopen  ölL 

Antisklaverei- Konferenzen  2^ 

Araber  174,  ULL 

Arbeiterfrage  12«,  150,  254j  2fiö. 

Augustafluss  2Ö7. 

Bakoko  m 

Bali  LLiL 

Bana  Herl  174,  Ufiff. 
Banyang  112. 
Batanpaland  63j  120. 
Baumann,  Dr.  '211 
Baumwollbau  150,  2^2. 
Bethel  fifi. 

Bismarck- Archipel  260  fr. 
ßogadjim  äL 
Bojalli  IM. 
Bondelzwaarts  IRl- 
Branntweinhandet  72i  154,  161. 
BülTel  5L 
Bulle  2. 
Buschiri  174. 
Bwea  Gl 
Caprivi,  v.  24, 
Chinesen  '256 . 
Constantinhafcn  22lä. 
Dampfervorlage  81. 

Dampfer  für  den  Viktoria-Nyanza  231. 
l)ar-es-Salaam  75^  1^47. 
Denkschrift  über  die  Beweggründe  zu 
dem  deutsch-englischen  Abkommen  267. 
Deutsch-Ostafrika  12  ff.,  75  ff.,  170  ff. 

—  Verwaltung  225. 
Deutsch-ostafrikanische  Gesellschaft  186. 

235,  237. 
Dcutsch-Ostafrika-Linie  244. 
Deutsche  Kolonialßesellschaft  169,  230. 

—  —    für  Südwestafrika  165 ff. 
Duallasprache  Mi. 

Dntukpenne  140. 

Eisenbahnen  247. 

Emin  Pascha  92,  m. 

Emin  Pascha-Expedition,  deutsche  202. 

Kngland  und  die  Buren  2 

—  und  Deutschland  lOj  266. 

—  und  Frankreich  2L 

—  und  Italien  2iL 


England  und  Portugal  5. 
Erima  255. 
EtÄts  91^  223. 
Ewe  39,  154. 
Fang  133. 

Fetischismus  142 ff.,  150,  Ihh. 
Finschbafen  252. 
Freihandelszone  IT^  226  28Ö. 
Freroantie  235. 
Fumo  Bakari  2iLL 
Oeologisches  132. 
Giraffen  5fi. 
Goeriug,  Dr.  1 10. 
Gold  165,  272. 
Gravenreuth,  v.  LZ2ff.,  243. 
Handel  mit  Ostafrika  87,  195,  21£.  238^ 
274,  285. 

—  in  Kamerun  1^  125,  135, 271,  28fi, 

—  in  Südwestafrika  lii2. 

—  in  Marschall-Inseln  265. 

—  in  Togo  152,  2118. 
llandelsTerträge  284.  288. 
Ilatzfeldthafen  2n5u 
Helgoland  19,  2fiL 
Ilerbertshöhe  '2(]0. 
llereros  7J,  Liüff. 
Hinterlandstheorie  12. 
Hoachanas  II, 
Jaluit-Gesellschaft  265. 
Jabim  41. 

.faunde  129. 

Jagd,  afrikanische  4£ff. 

Kaffee  125,  2M. 

Kaiser  Wilhelms  and  81.  252  ff. 

—  —    Plantagen- Gesellschaft  256. 
Kakao  12i 

Kamerun  16,  22,  67,  llOff.,  271.  283, 285. 

Kasjua  133. 
Kautschukhandel  L52. 
Kayser,  Dr.  m 
Khoi-Khoin  35i 
Kilimandscharo  212. 
Kilwa  204  ff. 
Kisuaheli  22^ 
Knutson  119. 
Kodjö  UL 

Kolonialabtheilung  106,  2SiL 
Kolonialrath  IM. 
Kolonialsvstem.  extensives  L 

—  intensives  268^  2IL 
Kolonisation  163,  212, 
Kongostaat  23,  226,  28Ö. 
Krauel  107,  268. 
Küntzel  233. 

Lamu  TG,  235. 
Lavigerie  222. 


300 


Register. 


Lindl  m 
Lobengula  2. 
Löwen  Iii. 
Madagaskar  21. 
Madenhacker  ä& 
Mafiti  lütr.,  212. 
ilabarcro  1^ 
Makololos  L 
Malayiscb  1^ 
Malimba  69^  12^ 
Mandara  181. 

Marine  12L  206,  263,  2fi5. 
Masasi  ihSL 
Massal  202,  211 
Marscball-Inseln  83,  264, 
Mbam  131. 
Meme  119. 
Meteorologiscbes  2^ 
Meyer,  Ür.  21L 
Misahöhe  MS, 

Uission-sthätigkeit  66,  217.  - 
Mlembule  US, 
Mpwapwa  Ufiff.,  122. 
Mwanga  80,  2Q3. 
Namaland  liL 
Namaqua 
Mauni  2 1)4. 
Neu-Barmen  72. 

Neu-Guinea-Kompagnie  252,  2B3. 

Ngami-See  1  ")R- 

Nßao  1£L 

Ncirang  128. 

Nyassa  G,  81^  21fi. 

Okahandja  1^ 

Olukonda  14. 

Otyiherero  35» 

Otyimbinffue  73,  Ihlß. 

Ovambo  3L  IS. 

Palamaka  ifiÜ. 

Peters,  Dr.  2flQ, 

Pidgin  English  4^ 

Plantagenbau  125,  ILSL 

Polynesier  262. 

Pori  49j  112. 

Postalisches  248,  2fifi, 

Purdv-lDseln  2fi2. 

Raphia  122^ 

KeichstagsverhandluDgen  84  ff. 
Rehoboth  IL 
Rietfontein  Zü. 
Uottang  1^ 

Royal  Niger  Company  HL 
Rufidscbi  2hL 
Ruo  8. 
Sambesi  5  ff. 
Samoa  2S&a 
Sanseveria  12fi. 
Sansibar  18,  76,  222. 
Savanne  50^  UB,  142. 


Say  21. 
Schire  fL 
Schulen  L2fi. 

Schutztruppe  für  Ostafrika  91,  98,  llüff., 
2iaff.,  5^ 
—  für  Südwestafrika  72^  155. 
Serpa  Pinto  6* 
8eyid  Ali  21Z 
Seyid  Khalifa  211. 
Siar  EL 

Sklavenhandel  153,  212. 
Sklavereifrage  153,  212- 
Soden,  v.  123,  222. 
Sokoto  22. 
Somaliland  23fi. 
Sprachverhältnisse  2£L 
Stanley  12L 
j  Stationen  der  Schutztruppon  157, 189,283. 
Stephansort  254. 
Stokes  2ÜL 
Sudanesen  98,  173. 
Südwest  Afrika  14^  70,  155,  271,  282. 
Swasiland  3. 
Tabak  151,  254i  255. 
Tabora  22Ü. 
Tanga  75. 
Tanganyika  &L 
Thronrede 
Tiedemann,  2112. 
Togo  15,  140  ff.,  269,  283,  288. 
Transvaal  4. 
Tsaobis  156. 
Tschad-See  16,  21. 
Ubanghi  22. 
Uganda  23,  203. 
Urambo  78^ 
Urundi  81. 
Urwälder  4L  133. 
Usambara  78,  181,  213. 
Usambiro  12. 

Vertrag  zwischen  d.  KaiseH.  Regierung 
i       und  der  l).-ostafr.  Gesellsch.  241. 
Viktoria  77,  124. 
Vohsen  217,  232» 
Volksraad  5. 
Volta  Ui2^ 

Waffenzufuhr  139,  lß2. 
Waganda  12. 

Walfischbay  15,  164,  222. 
Warmbad  70,  IfiL 
Warneidechsen  150. 
Windhoek  158. 
Wissmann  170 ff.,  228 ff. 
Witbooy  70,  157,  IfiS. 
Witu  14,  2;il,  273, 
Wolf,  Ür.,Tl4i. 
Zeuner  f  118. 
Zintgraff  LLL 


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e 


Koloniales  Jahrbuch. 

Herausgegeben 
von 

Gustav  Meinecke. 

m- 

Vierter  Jahrgang. 
Das  Jahr  1891. 


Mit  lebn  PflantMibildeni  und  swti  Kaarteo  im  Text 


Berlin. 

Carl  Heymanns  Verlag. 
1893. 


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Ycrlif^AnUv  1810. 


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Inhaltsverzeichniss. 

Scit4- 

Afrikaniicbe  Diptomatie    Von  HerniBn     Wiismsnii   1~12 

Die  RcehtsverhiltniiM  der  deutschen  Sehotsgebieto.    Von  Profonor 

V.  Stenpel  in  Würzburff   13—31 

Die  evangelische  Missionith&tigkeit  in  den  (teiitscben  SchaUgebietOB« 

Ran.l.s.!iau  filr  1890  bis  I89I.    Von  K.  Wallroth   32—48 

Die  katholischen  Uissionen  ia  den  deutüchea  Schutzgebieten.   Von  Carl 

Uespers,  Köln   49— ßS 

Uebenicbt  der  beapU&ebllcbtleB  Knltni^  und  Matzpllenien  in  Kaiser 

Wilbelmsland  und  dem  Bisawrek-AreUpel.  Von Dr.RiehmrdHindorf  69—89 
Di«  AnhauTerbUtnine  der  Kutspflenten  im  TogORebiet.  Von  Hermann 

Rackow   90— 

Die  wichtigsten  Kultur-   und  Nutzpflanzen   L)eut8ch  -  Ostafrikas.  Von 

Carl  BGckiier   lÜO— llT 

Die  Koionialpoiitik  im  Reicbttage   118— 20Q 

Die  Kolonialpolitik  und  der  Kolonialmtb   801 

Die  denticben  Kolonien: 

Kamemn   213-227 

Togoland   227— 23i) 

Deutsch-Sudwot-Afrika   239—2.^1 

Ostafrika   261-301 

Das  Schntagebiet  der  Nen>Ottinea«Compagnie   301—311 

Da*  Scbntsgebiet  der  Marschall-Inseln   311—813 

Nachtrag   313-323 

Litteratur   324-  332 

Register  .  .   .'   833—335 


4t- 


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AIHkanische  Diplomatie. 

Von 

Hermaim  v.  Wlaamann. 


Der  uacbfolgende  Artikel  bat  eioe  besondere  Vorgeacbichte.  In  dem 
DentoebM  Wochwbltit  (No.  11.  1891)  war  •in  AiÜkal  ans  Tanga  orMhiMMn,  vom 
38.  Januar  datirt,  waleber  dia  poKtiaolie  Lag»  in  Dsambara  als  sehr  bedrohlidi 
sdiilderte  infolge  des  versöhnlichen  Auftretens  des  Dr.  Schmidt  jregenüber  Simbodja, 
dem  ersten  Häuptliuj;  des  Landes,  der  seiner  Zeit  'tie  Fieisendeti  I»r.  II.  Meyer  und 
T>r.  Raiimann  ausgeplündert  hatte.  Es  wurde  in  dem  Sohreiben  dem  Reirhs- 
kooimissar,  welcher  sich  damals  gerade  auf  dem  Wege  nach  dem  Kilimandjaro  be- 
fand, dar  Tonnirf  genMclit,  daas  er  sieb  von  SimlMxUn  babe  nbartolpeb  lasMo,  der, 
obwobl  er  in  demnthigster  Weise  Oehorsam  gelobt,  docb  alles  tbne,  am  die  Be* 
strebnngen  der  Dentschen  za  durchkrenten.  In  der  Nummer  13  eracbien  sodann 
eine  Einsendung  von  Dr.  Hans  Meyer,  welche  die  neue  Kolonialleitung  aufforderte, 
den  iinrerhtmässie,  nur  durch  Gf>w:ilt  ret'ierenden  Simbodja  abzusetzen,  welcher 
als  ein  Ausbund  aller  Schlechtigkeiten  geschildert  wurde.  Ür.  Baum.inn  seknndirte 
seinem  Reisegefährten  in  No.  16  in  der  löblichen  aber  unpoliti&chen  Absicht,  dem 
angebUcben  Becbte  des  Tbronlolgers  Kiniassi  snm  Siege  an  verbelfon,  und  sparte 
keineswegs  mit  sebweren  Ansebnldlgnngen  gegen  Simbodja,  dem  ancb  ein  EinTor* 
Stindniss  mit  dem  räuberischen  Massai  vorgeworfen  Wnrde.  Herr  v.  Wissmann  ant- 
woitete  darauf  in  No.  18  in  einem  aus  Bagamoyo,  8.  April,  datirten  Briefe,  in 
welchen)  er  Dr.  Schmidt  be-*onders  belobte,  dass  derselbe  sich  durch  die  allgemeine, 
zornige  ätimmung  über  Simbodja  nicht  zu  kriegerischen  Maassnafamen  hätte  bin- 
reissen  lassen,  weldw  für  unsere  Kolonien  Ton  nnabsebbarem  Nachtbeil  h&tten  sein 
können,  seUwt  wenn  die  Niederwerfnng  Simbo^as  eine  Kleinigkeit  gewesen  wire. 
Wissmann  stellte  fest,  dass  Niemand  etwaa  von  Riubereien  des  Simbodja  selbst 
wisse,  wohl  aber  von  einem  Tribut,  den  derselbe  früher  erhoben  babe  und  zu 
welchem  er  durch  die  Sicherung  der  Karawanenstrasse  voll  berechtigt  gewesen.  Seit- 
dem unsere  Flagge  über  Simbodja«  Ländern  wehe,  habe  auch  dieser  Tribut  auf- 
gehört. In  dem  Schreiben  wurden  auch  andere  thatsächliche  Irrthümer  berichtigt 
vnd  Wissnunn  wiea  besonders  dannf  bin,  daas  man  penönliebe  Oefnble  dem  all* 
gemeinen  Wohle  nntenrtellen  mnsse.  Dnreb  ein  kiiegerisehea  Vorgeben  gegen 
Simbo^  würde  die  grosse  Karawanenstrasse  auf  unabsehbare  Zeit  ToHständig  un- 
paasirbar  gemacht  werden.  »Wenn  ei  mir  meine  Mittel  «rJaubtan,  statt  1000  Sol- 
äolouiales  Jahrbuch  189L  i 


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2 


Afrikanische  Diplomatie. 


daten  in  Oatafrika  10000  zu  halteo,  so  würde  ich  eine  Reibe  von  Posten  ein- 
richten könneD,  die  die  Kanwanenstrassen  anch  ohne  Hiniusiehnng  frenndticher 
Eingeborener  aiehem  k&mten.   Da  dies  aber  nicht  der  Fall  ist,  so  nraas  ieh  die 

iiüthi^e  Sicherheit  mit  denjenigen  Blittelu  zu  erreichen  suchen,  die  sieb  mir  bieten, 
und  ilies  ist  durch  die  Verwendung  der  Macht  Simbodjas  in  unserem  Interesse 
geschehen.  Von  dieser  meiner  Pflicht  kann  mich  das  tiefühl  der  Hache  eines 
Privatmaunes  nicht  ablialten."  Dr.  Meyer  und  Dr.  liaumaun  autwoneteu  in  No.  19 
und  hielten  ihre  Behauptung,  dass  Simbodja  ein  gana  maehtloser  Häuptling  sei,  dasa 
«r  exemplarisch  bitte  bestraft  werden  mfissen,  —  man  denkt  dabei  an  das  fiat 
juatitia,  pereat  mnndus,  —  aofreeht  und  ersterer  erwartete  von  Dr.  Peters,  dem  das 
Usambaragebiet  als  Kommissariat  zugewiesen  war,  dass  er  in  Usambara  rechten 
Wandel  schaffen  werde  —  eine  Hoffnung,  die  sich  in  dem  Sinn,  wie  l»r.  Meyer 
meint,  keine>wegs  erfüllt  hat.  Denn  Dr.  Peters  schildert  in  einem  Privatbriefe  den 
Simbodja  als  einen  gemöthlicben  Philister  und  vergleicht  ihn  sogar  mit  einem  Ber- 
liner UniTersit&tsprofesaor.  Doch  dies  nur  nebenbei.  Zorn  besseren  Verständnisa 
des  fokandtn  Atttkels  war  es  nothwendig,  dies  ▼onuisavaehicken. 

D.  H. 

Da  man  aus  meiuen  fast  anssohliesslifli  militarisclien  B«Mi(iitt'n 
über  die  Art  des  diploniatisclien  Vrrkelirs  mit  unsoron  fast  noch 
ganz  wilden  schwarzeu  Scliutzhctnlilonon  in  Ost-Atrika  sdir  wenig 
tMsclicn  haben  kann,  so  will  ieh  einmal  meine  letzte  mililUrisihe 
Expedition  in  das  Kilimnndjaro-tiebiet  von  einer  Seit»^  beleuehten, 
die  einen  Eiiiltliek  in  diesen  Theil  meiner  Anfiiabe  tlinn  liisst.  nnd 
zeigt,  von  weleiit-r  M'irhtifj;keit  es  ist.  dass  der  Leiter  von  I^ximmü- 
tionen  mit  dem  Charakter,  den  Sitten  nnd  (iebraurlien  der  Eingebo- 
renen vertraut  ist.  Es  mochte  ^iaehstehendes  aueii  dazu  beitragen, 
zu  zeij^en.  wie  oberflächlich  der  meine  Thätigkeit  während  dieser 
Expedition  kritisirende  Anonymus  urtheilt,  di-n  das  „Deutsche 
"Wochenblatt''  trotz  des  Vorwurfs,  dass  der  Artikel  fast  nur  aus 
Unwahrheiten  zusammengesetzt  ist,  nicht  nennen  will. 

Mit  ganz  besonderem  Stolz  habe  ich  stets  auf  meine  erste 
Durcli(|uerung  Afrikas  zurückgoWickt,  weil  sie  nur  einem  Eingebo- 
renen im  Kampfe  das  I-ebcn  gekostet  hat.  In  demselben  Gefühl  ist 
es  mir  stets  strengste  Pflicht  gewesen,  Krieg  nur  als  auvermeidliche 
ultima  ratio  anzusehen,  was  sich  durchaus  mit  meiner  kriegerischen 
Thätigkeit  in  Ost-Afrika  vereinigen  liess,  nnd  mich  nicht  abhielt, 
wenn  ich  die  Nothwendigkeit,  Gewalt  anzuwenden,  emsah,  dies  mit 
aller  Nachdrücklichkeit  ohne  Zaudern  nnd  Zagen  zu  thnn. 

Ich  gebe  sogar  soweit,  Anwendung  von  Gewalt,  wo  es  nicht 
t  durchans  nöthig  ist,  gerade  dem  wilden  Eingeborenen  gegenüber, 
ein  Verbrechen  zn  nennen:  denn  wenn  wir  uns  in  die  Idee  des 
Wilden,  der  uns  den  Durchzug  durch  sein  Land  verweigert,  der 


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Äfrikaniscbe  Diplomatie. 


8 


seine  SelbBtständigkeit  bewahren  will,  hineindenken,  eo  mfiBsen  wir 
zugeben,  dase  nnser  Recbtestandpiuikt,  nneer  moraliecher  Standpunkt, 
dnrchans  kein  unangreifbarer  ist.  Ebenso  häufig,  wie  leider  ans 
Mangel  an  Gewissenhaftigkeit  nnd  mhiger  üebeilegiing,  wird  na- 
mentlich in  Afrika  gefocbten,  weil  der  Beisende  glanbt,  wenn  er 
nicht  wenigstens  einige  Gefechte  anfznweisen  hat,  sei  seine  Reise 
nicht  interessant  Ebenso  hftnfig  ist  Mangel  an  Kenntniss  der  Sitten 
nnd  Gebräuche  nnd  Charakter  der  Eingeborenen  an  nnnfltzem  Bint- 
▼ergiessen  Schuld.  Ein  Europäer,  der  im  Auftrage  der  Zivilisation 
und  Kultur  reist,  und  der  leiditsinnig  zur  fieseitigung  von  Schwierig- 
keiten zur  Bflchse  greift,  ist  nicht  besser  als  der  Araber,  der,  um 
sich  zu  bereichem,  Menschenblnt  zu  Tergiessen  sich  nicht  scheut,  ja 
er  ist  härter  zu  beurtheilen,  denn  er  sollte  auf  einem  höheren  morap 
lischen  Standpunkte  stehen  als  jener. 

Abgesehen  von  diesen  Beweggrfindon  giebt  es  noch  viele  prak- 
tische Gesichtspunkte,  die  den  Kenner  Afrikas  bestimmen,  Gewalt 
nur  anzuwenden,  wenn  und  wo  es  sein  muss. 

Beleuchten  wir  nnii  die  Praxis,  die  vorher  erwähnte  an  solchen 
Beispielen  reiche  Expedition. 

Es  kommen  in  dem  tiaü/en  nördlichen  Theil  unseres  Deutsch- 
Ost-Attik;i,  im  1  liiiterlandc  von  i'anjjani  und  Tan!j:a  an  unserer  nörd- 
lichen Karawani'Ufjtraijse,  folgende  Factoreu  iu  erster  Linie  iu  Be- 
rückbitlitiifunf?: 

1.  der  llanptiinij:  Simbodja  auf  dem  Wege  zum  Gebiet  des 
Kilimandjaro, 

2.  der  Hiinptline;  Mandara, 

3.  (bis  zu  meiner  Expedition)  der  Häuptling  JSiuiia, 

4.  Arnsclia  tschiui, 

5.  A  rn  sc  ha  Ju, 

6.  <lie  .Ma<>ai. 

Simhodja  ist  der  mächtiuste  Hrmptlinir  an  nnserer  KaravimtMi- 
strasse;  er  verfügt  über  eine  Macht  von  1500  ( Jowehren,  uu<l  hält 
durch  seine  ihm  dnn'haus  ernelHMien  Söluie  eine  Hcilie  von  \viclitiu;eii 
Ortschaften  an  der  Strasse  besetzt.  Da  er  in  frühen  n  Zeiten  amh 
für  die  Sicherheit  der  llandelskarawanen  Sor^e  tvuu;.  nahm  er  stets 
einen  Dnnli^ian^s/.dll.  Dieses  und  seine  Macht>t''llun';  betahii;ten 
ihn,  die  räuberischen  Massai  dnrch  Geschenke  oder  Drohungen  in 
Zaum  zu  halten.  Bei  dt>m  Vergehen  der  Deutsch-ostafrikanischeu 
(lesellscliatt  fühlte  sieh  Simbodja  in  seinen  Einnahmen  ebenso  be- 
droht, wie  die  Araber  und  Häuptlinge  weiter  südlich.    Ebenso  wie 

1* 


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4 


Afrikaniiehe  DiplooMtf«. 


jene  lehnte  er  sich  aiit,  da  er  hinter  den  Forderungen  der  Gesell- 
schaft nicht  die  JUacht  sah,  dieselben  durchzoBetzen.  Gerade  in  der 
Zeit,  in  der  er  mit  dem  grösseren  Theil  von  Deutscli- Ostafrika 
gegen  das  Vorgehen  der  Gesellschaft  aufstand,  fiel  ihm  der  Keisende 
Dr.  .Meyer  in  die  Hände,  and  er  nutzte  die  Grelegenheit  aus.  Wenn 
er  Meyer  hätte  unbehelligt  ziehen  lassen,  so  würde  d.Tscibe 
in  die  Hände  Buschiri's  gefallen  sein,  nadSimbodja  nickt  allein 
der  günstigen  Prise  verlustig  gegangen  sein,  sondern  sich  sogar  hier- 
nlx  r  mit  Buscliiri  verfeindet  haben,  weil  er  einen  Dentschen  habe 
dareb  sein  Gebiet  zieh' ii  hi  ^<  n;  und  jener  Araber  terrorisirte  da- 
mals gerade  den  nordliciieu  Theil  unserer  Besitzungen.  Simbodja's 
Feinde  haben  den  berechtigten  Tribut,  den  er  ciiiob,  nnd  das  Fest- 
balten der  Meyer 'sehen  Karawane  als  Räuberei  ausgelegt.  Man 
braucht  aber  kein  erfahrener  Afrikaner  zu  sein,  am  vom  Standpunkte 
Simbodja's  aus  dessen  Benehmen  für  einen  Neger,  der  er  ist,  ge- 
rechtfertigt zu  finden.  Bald  nachdem  ich  Pangani  genommen  hatte, 
unterwarf  sich  Simbodja  als  einer  der  ersten  und  führte  jeden 
Befehl  gewissenhaft  ans.  So  sandte  er  z.  B.  auf  meine  Verordnung 
hin  seinen  Sohn  mit  800  Vorderladern  zwecks  Abstempelung  in  die 
Station  Pangani,  lieferte  Hinterladewaffen  ans,  unterhielt  die  Ver- 
bindung zwischen  dem  Kiliman4jaro  und  der  Küste,  stellte  zu  allen 
Reichsnnternehmnngen  Führer  und  Träger,  und  gab  in  keiner  Weise 
Veranlassung  zu  ruzufriedenheit;  idi  sandte  zur  besseren  Kontrolle 
den  Chef  Dr.  Schmidt  zu  Simbodja.  Derselbe  erbaute  ein  Fort, 
welches  die  Residenz  Simbodja's  absolut  beherrschte,  machte  des 
weiteren  diesen  Häuptling  für  Ordnung  und  Ruhe  in  seinem  Gebiete 
verantwortlich  und  gab  ihm  dafür  ein  Gehalt  von  100  Ku])ie$  (140 ,  IQ 
monatlich,  was  gewiss  bei  den  vielen  ihm  auferlegten  Obliegenheiten, 
wie  Stellung  von  Trägern  etc.,  und  da  Simbodja  keinen  Tribut 
mehr  nehmen  durfte,  ein  geringes  Gehalt  genannt  werden  muss. 

Ich  war  damals  sehr  erfreut,  dass  sich  Chef  Schmidt  nicht 
hatte  hinreissen  lassen,  den  Häuptling  f&r  eine  unter  ganz  anderen 
Verhältnissen  an  einem  Deutschen  vorgenommene  Vergewaltigung  zu 
bestrafen.  Denn  um  das  von  Simbodja  überwachte  Gebiet  in  für 
uns  nOthiger  Weise  zu  sichern,  hätte  es  mindestens  dreier  befestigter 
und  stark  besetzter  Forts  bedurft,  abgesehen  von  den  in  jenen  Bergen 
darchans  nicht  viel  versprecbenden  Gefechten  mit  dem  mächtigen 
Häuptling. 

Es  mag  noch  erwähnt  werden,  dass  Simbodja,  der  die 
If  eyer'sche  Beute  mit  Buschiri  hatte  theilen  müssen,  wobei  natur- 


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AfrikaDiKbe  Diplomatie. 


5 


tick  Bnschiri  den  LOwenantheil  erhielt,  eine  £ntschädigaDg  von 
2000  Bnpies  in  Elfenbein  bezahlt  hatte,  die  an  den  Inder  Sewa 
Hadji,  welcher  wieder  Herrn  Meyer  die  kontraktliche  £ntachädi- 
gnnggennime  ausgezahlt  hatte,  fibergeben  wurde.  Es  war  soweit 
.  auch  nicht  der  geringste  Makel  nach  afirikanischen  RechtsbegriiTen 
auf  Simbodja  haften  geblieben,  als  ich  anf  dem  Wege  zun  Kill- 
mandjaro  von  dem  Häuptling  in  darchans  bescheidener  Weise  aofge- 
nommen  und  mit  meiner  Tmppe,  nahezu  900  Mann,  verpflegt  wurde. 
Es  wird  Simbodja  zum  Vorwurf  gemacht,  dass  er  mit  den  Massai 
gemeinsame  Sache  gemacht  habe.  Simbodja  war  klug  genug  zu 
wissen,  dass  er  von  den  gefürchteten  Nomaden,  deren  man  sich  in 
Folge  ihrer  Beweglichkeit  nicht  nachhaltig  versichern  kann,  am 
meisten  durch  Gfite  erreichen  konnte.  Er  hat  jedoch  diese  Freund- 
schaft lediglich  dazu  ausgenutzt,  die  Strasse  durch  sein  Gebiet  vor 
ihren  Ueberfftllen  zu  sichern,  und  sich  niemals  mit  ihnen  vereint  in 
«ine  Unternehmung  zu  unserem  Nachtheil  eingelassen.  Simbodja 
ist,  Alles  in  Allem,  viel  zu  klug,  um  nicht  durchaus  unsere  Partei 
zu  halten,  und  wie  schon  erwähnt,  erspart  uns  das  eine  Machtentfeil* 
tung,  die  bei  unseren  geringen  Mitteln  nur  auf  Kosten  der  Sicher- 
heit anderer  Gebiete  hätte  vorgenommen  werden  können.  Auf  mehr- 
^he  Klagen  von  Seiten  Simbodja*s,  dass  das  ihm  gewährte  Ge- 
halt nicht  ausreiche  fOr  die  von  ihm  geforderten  Leistungen  an  Ver- 
pflegung und  Stellung  von  Boten,  Ffihrem  und  Trügern,  and  um  dem 
Manne  zu  zeigen,  dass  er  in  unseren  Diensten  nicht  verarmen  8olle, 
verdoppelte  idi  ihm  sein  Gehalt  auf  280  Mark.  Wir  haben  alle 
Ursache,  zu  wünschen,  dass  Simbodja  uns  gegenfibcr  derselbe 
bleiben  möge,  wie  er  seit  seiner  Unterwerfung  war.  Jedenfalls 
glaube  ich  genügend  n.iehirewiesen  zn  liahen,  dass  sein  gegen  Dr. 
Meyer  verübter  Gewaltakt  unter  den  dainaliiri'ii  Verhältnissen  silir 
entschuldbarer  Xalui  i;e\vesen  ist  niid  (l;iss  wir.  da  diese  Schuld 
durch  seiiu!  Zahlung  i;e>ühul  ist.  keine  Veranlassung  iiahcn,  denselben 
unter  den  jetzigen  veränderten  Verhältnissen  noch  weiter  zu  räehen. 

Der  nächste  politische  Faktor  in  jenem  Gebiet,  den  ich.  von 
Simbodja  weiter  marsehirend,  berührte,  war  die  Landschaft  Aruscha 
tschini.  Die  Einuehorcncn  dieses  ausgedehnten  Komplexes  von  (ie- 
hötlen.  dit'  in  einem  wüsten  Gewirro  von  Hecken.  JJickichten  und 
Bornas  liegen,  hatten  sich  vor  nicht  langer  Zeit  hei  einem  Uehertall 
bethciliyt.  den  die  Leute  vnn  Aruscha  ja  gegen  die  Wapare  unter- 
nommen hatten.  Auti  dieseni  (Jrundc  hatte  ihnen  mein  Agent  für 
das  Kilimandjarogebiet  die  deutsche  Flagge  entzogen  und  ihucQ 


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6 


AMkaniiehe  Diplomitie. 


Bestrafniiu;  in  Aussicht  gestellt.  Nichts  Hess  sich  sehen,  als  ich  mit 
der  langen  Marschkolonne  über  die  weite  £bene  mich  der  Landschaft 
DÄherte,  und  ohne  einen  Eingeborenen  bemerkt  za  haben,  bezog  ich 
zttoäcbst  die  frühere  dentsche  Station,  die  hart  an  die  Landschaft 
grenzt.  Kaum  hatten  wir  uns  eingerichtet,  so  erschien  der  Präsident 
der  kleinen  Republik  —  denn  dies  ist  die  Staataform  von  Aruscha 
tschini  —  mit  einigen  Begleitern,  um  uns  zu  begrüssen.  Ich  stellte 
die  Gesandtschaft  wegen  ihrer  üebergrilTe  zur  Rede  und  verlangte 
eine  Strafezahloog  in  Vieh,  sowie  die  Auslieferung  der  damals  ge- 
fangenen Wapare;  um  von  vornherein  einen  Druck  auszuüben,  behielt 
ich  den  Präsidenten,  den  ich  entwaffnen  Hess,  als  Geisel  zurück. 
Gewaltiges  Getose  und  Ges«hrei  hinter  den  uns  die  rJehnfte  ver- 
bergenden Hecken  and  Dickichten  Hess  uns  deutlich  die  Wirkung 
dieses  Schrittes  erkennen:  Furcht  bei  den  älteren,  Wnth  und  Ent- 
rfistnnLc  ix  i  den  jüngeren  Kriegern.  Die  zur  Zahlung  gegebene  Frist 
verstrich  ohne  ein  Entgegenkommen  seitens  der  Bevölkerung,  und  ich 
wiederholte  meine  Drohung,  dass  ich  bei  Ausbleiben  der  von  mir 
verlangten  Sühne  gezwungen  sei,  die  Landschaft  anzugreifen.  Dies 
hatte  dann  zur  Folge,  dass  einige  Aelteste  erschienen  mit  einem 
Theil  der  Gefangenen  und  einem  kleinen  Theil  der  geforderten 
Zahlung  an  Vieh.  Ich  war  durchaus  nicht  erstaunt,  in  späteren 
kameradschaftlichen  Besprechungen  mit  meinen  OfSzieren  eine  gewisse 
Ungeduld  und  einen  gewissen  ünmuth  über  meine  langmfithige  Milde 
zu  konstatiren.  Die  Herren  konnten  sich  noch  nicht,  wie  ich,  in  den 
Charakter  des  Negers  hineindenken,  der  von  seinem  Standpunkt  aus, 
ohne  sich  schuldig  zu  fühlen,  nur  mit  grösster  Ueberwindung  eul 
Stück  seines  Eigenthums  sich  von  der  Seele  reisst.  Sie  über- 
schätzten noch  den  Neger,  indem  sie  meinten,  dass  ich  mir  etwas 
vergäbe,  wenn  ich  nach  europäischen  Begriffen  ein  Zaudern  im  Ge- 
horsam nicht  sofort  niul  streng  bestrafen  wollte.  Der  Scliluss  der 
einem  Europäer  unendlich  langwierig  erscheinenden  Verhaodlungen 
war  endlich  der,  dass  alle  Gefangenen  ausgeliefert  und  so  viel  Vieh 
herangeschleppt  wurde,  dass  ich  nach  afrikanischen  Begriffen  mich 
befriedigt  erklären  konnte.  Die  Geisel  wurde  frei  gegeben  und  die 
Aeltesten  der  Republik  iiessen  Proviant  heranbringen  und  schlössen 
mit  meinen  Offizieren  Blutsfreundschaft.  Wir  hatten  keinen  Tropfen 
Blut  vergossen  und  hatten,  was  für  derartige  Expeditionen  eine  der 
wichtigsten  Lebensfragen  ist,  Munition  gespart  für  spätere  Eventualis 
täten.  Die  Schuld  der  Waruscha  war  gesühnt  und  im  Jubel  zogen 
sie  mit  ihrer  neuen  deutschen  Flagge  ab. 


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Afrikuitehe  DiplonMtte. 


7 


Nun  kamen  wir  jedorli  zu  einem  Maclitfaktor  der  dortigen  Ge- 
biete, bei  dem  Xaehsicht  otVenbare  Schwache  gewesen  wäre,  dessen 
8ehuldhuch  zu  hoch  an !i;t' wachsen  war.  (h\<<('n  rüeksiclitslnse  Nieder- 
werfung deshalb  ein  warnendes  Beispiel  werden  niusste  für  alle 
übrig 'U.  Der  Häuptling  Sinna  von  Kiboscho  hatte  mit  meinem 
Agenten  ostentativ  gebrochen,  die  deutsche  Flagge  heruntergeholt  und 
die  des  Sultans  von  Sansibar  gehisst.  Kr  hatte  zwei  Landschaften 
in  seiner  Nachbarschaft  vollstiindig  zerstört  und  verwüstet;  er  be- 
theiiigte  sich,  wo  ls  nur  anging,  an  Menscheujagden,  und  verkaufte 
seine  schwarze  Waare  nach  Taweta;  er  hatte  es  sogar  gewagt, 
Mandara  zu  überfallen  und  fühlte  sich  in  seiner  äusserst  stark  be- 
festiuten  Burg  gct(fii  alle  Angriffe  sicher.  Manduia  halte  ihn  vor 
einiücr  Zeit,  verbündet  mit  den  ganzen  Stämmen  der  Sogonni  Massai, 
angegrifVen  und  war  schmählich  abgeschlagen;  dasselbe  war  den  zahl- 
reichen Horden  von  Aruscha  ju  widerfahren,  kurz,  er  war  der 
Schrecken  des  gan/t  n  Gebietes  geworden.  Er  verfügte  über  eine 
sieggewohnte  Schaar  von  über  1000  Kriegern  mit  vielen  Gewehren 
und  namentlich  überraschend  vielen  Hinterladern  und  Magazin- 
geweliren.  Zu  derselben  Zeit,  als  ich  schon  entschlossen  war,  Sinna 
anzugreifen,  kam  eine  von  englischer  Seite  an  uns  gerichtete  Be- 
schwerde ülier  Sinna  s  Sklavenjauden  auf  englischem  Gebiet.  Zu- 
nächst ging  ich  /u  Mandara,  dem  H;iu|>tling  von  Moschi,  der  Zahl 
der  tributären  Stiunme  nach  der  bedeutendste  der  dortigen  Macht- 
haber. Ich  fand  in  Mandara  einen  intelligenten  Neger,  der  klug 
genug  war,  schon  seit  lange  die  Partei  der  Deutscheu  zu  halten. 
Die  Station,  in  der  bisher  mein  Agent  mit  der  geringen  Macht  von 
nur  20  Sudanesen  und  30  Küsteuleuten  gesessen  hatte,  war  durchaus 
nicht  günstig  angelegt  und  durchaus  ungenügend  betesfint:  sie  war 
von  der  Deutsch-ostafrikanisclHMi  Gesellschaft  übernommen  worden, 
die  sie  im  August  1887  ohne  Berücksichtigung  taktischer  Gesichts- 
punkte, als  Ausgangspunkt  der  Anknüpfuntj  von  Haudelsbeziehungen 
mit  den  benachbarten  Stämmen,  ani^odci-t  hatte.  Ende  1888  war  sie  von 
dem  Vertreter  der  Gesellschaft  wie<ler  verlassen  und  von  einer  auf- 
ständischen Bande  theilweise  zerstört  worden.  Sofort  nach  einem 
Ruhetage  begann  ich  für  alle  Fälle  die  Station  so  stark  zu  befest ii^en, 
dass  sie  von  einer  ganz  gerin^^en  l^esatzung  zu  halten  war.  Soldaten 
und  Träger,  900  Menschen,  förderten  so  schnell  das  Werk,  dass  in 
wenigen  Tagen  das  Fort  den  nöthigen  Grad  ¥on  Starmfreiheit  erlangt 
hatte. 

Nun  brach  ich  gegen  Sinna  auf.  Ich  hatte  Mandara  befohlen, 


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8 


Afrikanische  Dlplomaü«. 


900  seiner  Krieger  zu  eteUen  nad  auch  die  nftchstliegenden  und 
deatBehfremidlieh  gesinnteu  Stftmme  in  eotsprechende  Heerfolge  ge- 
nommen. Diese  irregnlären  Krieger  sollten,  von  einem  Soropäer  ge- 
fllhrt,  hanptsächlich  nach  gefallener  Entseheidnng  zur  Ansbeotong 
des  l^eges  verwendet  werdoL  Mit  fSr  aftikanisehe  Verbfiltnisse 
seltener  PQnktUchkeit  nnd  last  in  der  befohlenen  Stärke  sehloss  ndi 
dieser  malerische  Trupp  der  Dschagga-Krieger  in  ihrem  phantastischen 
finegssehmnck  meiner  Marschkolonne  an.  Noch  am  Tage  des  Ab- 
marsches brach  ich  in  SinnaV  Landschaft  ein  nnd  focht  in  einem 
Labyrinth  von  dichten,  z&ben  Widerstand  entgegenstellenden  Hecken 
nnd  5  m  tiefen  Grftben  bis  znm  Abend,  ohne  dass  es  gelang,  wegen 
der  Unkenntniss  der  Oertlichkeit  nnd  der  totalen  Erschöpfung  der 
Truppen  schon  jetzt  ToUstflndige  Entscheidung  herbeiznfahren.  In  dem 
auf  unserer  Seite  meist  dnidi  Europäer  geführten  Feuergefedit  und 
in  dem  sieh  innertialb  der  Befestigungen  entspinnenden  Einzel  kämpf, 
Speer  gegen  Bayonett,  gelang  es  uns  jedoch,  wie  wir  später  kon- 
statirten,  dem  Gegner  einen  Verlust  von  über  100  Todten  bei- 
zubringen. 

Wir  erkannten  erst  gegen  Abend,  dass  es  sich  um  die  Einnahme 
des  Mittelpunktes  dieses  Gewirres  von  Hecken  und  Qber  Sprungweite 
breiten  Gräben,  um  das  besonders  starke  Gehöft  und  Hans  des 
Snitans  selbst  handle.  Trotz  der  Verluste  hatten  die  Leute  Sinna's 
den  Muth  nicht  verloren.  Die  ganze  Nacht  hindurch,  die  wir,  nur 
400  m  vom  Feinde  entfernt,  in  einem  der  tiefen  Gräben  zubrachten, 
hörten  wir  Spottrufe,  Kriegsgesänge  und  den  Schlag  der  Axt  zur 
Wiederherstellung  der  von  uns  in  die  Befestigungen  gelegten  Breschen. 
Mehrfach  antwortete  ich  in  der  Nacht  mit  dem  Knattern  des 
Maxim>gun,  das  noch  bei  Tageslicht  auf  den  freien  Platz  vor  dem 
Hanse  des  Sultans  eingestellt  war,  auf  den  Hohn  des  Feindes.  Am 
nächsten  Morgen  nahm  ich  von  Neuem  das  Gefecht  auf,  und  nach 
zweistündigem  Kampfe  sank  die  rothe  Flagge,  die  über  dem  zwei- 
stöckigen Hause  des  Siniia  wehte,  die  Flammen  schlugen  empor,  und 
in  iniichtiger  Detonation  Üog  der  Pulvervormth  Sinna's  auf.  Jetzt 
flüchteten  die  Wakiboscho,  d.  h.  sie  wurden  vor  unseren  Augen  von 
der  Erde  verschlungen.  Vier  unterirdische  Gänge,  die  von  der  Sohle 
der  tiefen  Gräben  in  die  mit  dichtem  Urwald  bestandenen  Schlachten 
führten,  nahmen  den  Kest  der  tapferen  Vertheidiger  auf,  und  nnn 
liess  ich  Mandara's  Hülfstruppen  los  zum  Einbringen  der  Beute, 
die  in  ca.  3000  Stück  Rindvieh  und  in  ebenso  viel  Kleinvieh  bestand.  * 
Noch  am  selben  Tage  kehrte  ich  zur  iStatitJU  zurück  und  war  nicht 


Afrikanische  IHploiuti«. 


'9 


wenig  erstaunt,  als  schon  am  nächsten  Morgen  Sinna's  Bruder  mit 
einigen  Unterhäaptlingen  furchtlos  in  der  Station  erschiene,  sie  vor 
meinem  Zelte  ihre  schönen  Speere  in  den  Boden  rannten,  und  sieb, 
mit  einem  Geschenk  von  £lien))ein  die  bedingungslose  Unterwerfung 
Sinna's  bringend,  vor  mir  niederwarfen.  Die  Geissei  dieser  ganzen 
Gegeud,  der  unüberwindlielie  Sin  na,  war  also  endgültig  niedei^eworfen, 
and  in  Folge  der  blitzschnell  nadi  allen  Seiten  hin  sich  verbreitenden 
Nachricht  erschienen  Gesandtschaften  von  allen  Stämmen  rings  umher, 
um  die  deutsche  Flagge  und  um  deutschen  Schutz  bittend.  Mandara 
bat  mich,  ihm  Sinna  zu  unterstellen,  ich  wies  dies  jedoch  ab;  denn 
nun  war  Mandara,  auf  die  Station  gestützt,  so  wie  so  der  Mächtigste 
der  gaqzen  Gegend,  und  ich  hielt  es  nicht  iür  richtig,  ihn  noch 
mächtiger  zn  machen.  Die  Häuptlinge  der  von  Sinna  früher  zer< 
störten  Landschaften  zogen,  nachdem  sie  ihre  Leute  gesammelt,  in 
ihre  früheren  Gebiete  zurück,  um  ihr  zerstörtes  Heim  wieder  aufzu- 
bauen. Die  Waruscha  ju  sandten  Botschaft  mit  der  Frage,  unter  welchen 
Bedingungen  ich  ihre  Unterwerfung  acceptiren  würde.  Ich  forderte 
von  ihnen  für  begangene  Räubereien  entsprechende  Zahlung  von 
Elfenbein  und  iEündvieh  und  baute,  da  ich  die  Verhandlungen  mit 
allen  St&mmen  rings  umher  persönlich  zn  Ende  führen  wollte,  was 
mich  noch  eine  Woche  beschäftigen  mnsste,  inzwischen  mit  der 
Truppe  die  Station  vollkummen  ans. 

Jetzt  kamen  Nachrichten  von  Unruhen  der  Massai,  deren  Gebiet 
ich  durchzogen  hatte.  Auf  meinem  Hermarsch  hatte  ich  einst  mein 
Lager  an  einer  Stelle  aufgeschlagen,  an  der  ein  Theii  der  Sogonoi- 
Massai  ihr  Vieh  zur  Tränke  trieb.  Am  Nachmittag  erschiw  eine 
Gesandtschaft  der  Nomaden,  die  mich  aufforderte,  mein  Lager  anders 
wohin  zu  verlegen  oder  für  die  Bcsetzuug  dieses  Platzes  an  sie  zu 
zahlen,  andernfalls  sie  uns  mit  Gewalt  vertreiben  würden.  Die 
provozirend  freche  Art  und  Weise,  in  der  dies  unverschämte  Ansinnen 
gestellt  wurde,  rief  bei  meinen  Oflizicren  Unwillen  hervor  und  <len 
Wunsch,  auf  solche  Provokation  mit  der  Waffe  zu  antworten.  Ich 
suchte  einen  anderen  Ausweg,  denn  ich  wusste,  dass  die  Massai 
schwer  direkt  zn  strafen  sind,  nnd  dass  es  uns  in  einen  langwierigen 
Buschkrieg  ▼erwiekeln  würde,  wenn  es  uns  nicht  gelang,  friedlich  mit 
ihnen  auszukommen.  Ohne  feste  Wohnsitze,  ohne  Felder,  ihren 
einzigen  Besitz,  die  Heerdeu,  leicht  beweglich  stets  mit  sich  führend, 
erscheinen  sie  heute  hier,  morgen  dort,  die  Karawanenstrasse  ge- 
fülirdcnde,  der  ^^trafe  sich  leicht  entziehende  lictrden.  Es  war  klar, 
dass  ich  der  frechen  Forderung  nicht  nachgeben  konnte,  nnd  ich  er- 


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Afrikaniicbt  Diplomatie.' 


widert«  daher  der  Gesaadtochatt,  dass  es  dan'bans  nicht  in  unserer 
Absicht  Ifige,  ihnen  zn  schaden;  es  sei  aber  nnsere  Pflicht,  die  ihre 
Weidelfinder  durchschneidende  Karawanenstrasse  zu  sichern,  und  wir 
dfirften  es  nicht  mehr  dalden,  dass,  wie  bisher,  die  Sicherheit  des 
Weges  Ton  ihnen  erlcauft  werden  mfisse.  Da  tiotz  dieser  Wamnng 
die  Hassai  auf  ihrem  Ansinnen  bestanden,  beschloss  ich,  ilmen  erst 
einmal  zn  zeigen,  dass  wir  ihre  Macht  nicht  tlrchteten,  und  liess  als 
Pfimd  ffir  unsere  Nachtruhe  in  der  Nfihe  weidende  Rinderheerden  in 
das  Lager  treiben  Sofort  verschwanden  jetzt  die  Sogonoi  aus  unserer 
Nfihe.  Da  auch  weiterhin  keine  Friedensbotschaft  kam,  liess  ich 
zunächst  8  Stück  Rindvieh  für  meine  Leute  schlachten.  Hierauf 
kamen  einige  filtere  Massai,  beschuldigten  die  jangeo,  heissblfitigen 
d  Moran  (die  Eriegerkaste)  der  an  uns  gestellten  Fordemug,  ver- 
sicherten uns  ihrer  friedlichen  Gesinnung  und  erbaten  ihr  Vieh  zurück. 
Am  nächsten  Morgen  beim  Abmarsch  liess  ich  auf  mein  in  Folge 
dieses  Entgegenkommens  gemachtes  Versprechen  die  Rinder  im  Lager 
zurAck  und  nahm  nur  wenig  Kleinvieh  mit,  dessen  ich  znr  Ver- 
proviaDtirnng  meiner  Leute  bedurfte;  ich  erklärte  dabei  den  Massai, 
dass  ich  dies  Kleinvieh  als  ein  Geschenk  betrachtete,  dnreh  welches 
unsere  friedlichen  Beziehungen  besiegelt  sein  sollten.  Ich  wusste 
wohl,  dass  dies  kein  nachhaltiges  Abkomtneii  sein  würde,  hoftte  aber, 
dass,  wenn  die  Massai  Siiiua's  Niederlage  geliört  haben  wflnleii,  sie 
klug  genug  sein  würden,  mit  uns  in  Freundschaft  ans/ukoinmen. 
Dass  meine  IlotVnnng  spater  scheiterte,  lioLrt  iiauptsächlii  Ii  daran,  dass 
die  wilden  Horden  keino  einheitliche  Leiluni;  lialjen  und  aut"  weite 
Strecken  zerstreut  sind,  und  dass  der  Theil,  der  sich  vor  uns  sieher 
glaubt,  natürlich  nicht  zum  Frieden  neigt.  Der  geradezu  viehisch-rohe 
Chanikter  der  Massai,  die  iii)rigens,  wie  wir  spiiter  konstatirten, 
ebenso  feige  als  frech  und  roii  sind,  Eigenschattei),  die  sich  bei  noch 
wilden  Afrikanern  nieist  vereinigt  finden,  that  zum  iScheitern  meiner 
friedlichen  HcdTnungen  das  Seinige.  Sei  kam  es  denn,  dass  die 
schwache  daud- Expedition  eines  deutschen  Reisenden  von  den 
Massai  bedroht  und  aufL^t  lialttu  wurde,  und  dass  die  bis  Masinde 
schweifenden  Sogonoi  es  s-i^ar  wagten,  dem  Chef  meiner  dortiiien 
Station  eine  Keule  als  Krieu^erklarnng  zu  senden.  l)amit  waren  die 
Aussichten  auf  friedliches  Au-^kommen  mit  diesem  Stamme  ge- 
schwunden, und  nun  niusste  ich  die  einzii:e  .Maassnahme.  die  sich 
gegell  ^nlche  räuberischen  Horden  bietet,  ergreifen:  Ich  musste  eine 
Jand  veranstalten  auf  alle  Sogoiu^i,  wo  und  in  welcher  Starke  sie 
sich  auch  zeigten,  um  ihnen  die  Gegend,  durch  welche  unsere  Strasse 


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Afrikaniiebe  Diplomatie. 


11 


fahrt,  grfindlich  za  verleiden.  Zu  diesem  Zwecke  wfihlte  ich  zum 
BAckmaroeh  die  südliche  Boate;  za  diesem  Zwecke  gab  ich  den 
Befehl,  auf  Jeden  Massai,  der  sich  zeigte,  zn  feuern,  ihre  Kraale  zu 
zerstören,  ihr  Bindvieh  wegzunehmen;  zu  diesem  Zwecke  sandte  ich, 
da  mich  seihst  die  Gesehfifte  an  der  Kfiste,  wo  der  nene  Gonvemenr 
baldigst  zu  erwarten  war,  dringlich  znm  Bfickmarsch  zwangen,  noch 
einmal  von  Maainde  ans  den  Chef  Johannes  mit  3  Kompagnien 
znm  Kilimandjaro  und  befrhl  ihm,  aof  seinem  Hin-  und  Bfickmarsch 
alles,  was  sich  noch  von  Hassai  finden  wflrde,  anzugreifen.  Chef 
Johannes  meldete,  von  seinem  Zuge  znrfickgekehrt,  dass  er  auf 
seinem  Hinmarsche  noch  einige  Stämme  vorgefunden,  dieselben  aber 
zerstreut  und  ihnen  ihre  Heerden  abgenommen  habe.  Auf  dem  Bfick- 
marsch sei  weit  und  breit  nichts  mehr  von  den  Sogonoi  zu  finden 
gewesen ;  es  sei  ihm  gemeldet,  dass  sftmmtliche  Aber  den  Panganiflusa 
nach  Westen  abgezogen  seien.  Ich  hatte  an  einer  Stelle,  an  der 
Karawanen  mehrere  Tage  in  der  Wildniss  lagern  mfissen,  den  an- 
gesehenen Häuptling  Manamata  veranlasst,  sich  anzusiedeln,  so  dass 
jetzt  Tag  Ar  Tag  bis  zur  Station  am  KilimancUaro  Karawanen  in 
Dörfern  der  Wapare  oder  Wasegua,  die  die  deutsche  Flagge  ffihren, 
fibemachten  können.  Bei  allen  Häuptlingen  an  der  Strasse  hatte  ich 
die  Massai,  die  wegen  ihres  feigen  Benehmens  gegen  uns  den  bis* 
herigen  Bnf  der  Furchtbarkeit  eingebfisst  hatten,  ffir  vogelfrei  erklärt, 
und  den  Chefs  von  Moschi  und  Masinde  ßesatzuugeu  gegeben,  die 
ihnen  erlaubten,  event.  von  den  Eingeborenen  unterstfitzt,  jede  sich 
wieder  zeigende  Massaiborde  zu  vertreiben. 

Von  nicht  geringer  Wiehtigiveit  für  später  war  der  Umstand, 
dass  ich  den  500  Kriegern  Mandara  s,  die  mit  mir  gegen  Sinna 
gefochten  hatten,  einen  reichlichen  Antheil  an  der  Beute  zugestanden 
hatte.  Es  war  ein  Präzedenzfall  geschaffeu,  indem  die  uns  be- 
ireundeten  Eingeborenen  ihren  Vortheil  darin  sahen,  zu  uns  zn  halten, 
wenn  nöthig  mit  uns  zu  kämpfen.  Ich  erwähne  znm  Schlnss,  dass 
Chef  Johannes  von  Handara  ans  die  Nachricht  mit  herunter 
brachte,  dass  die  Wamscha  ju  Elfenbein  gezahlt  und  sich  unter- 
worfen hätten,  und  dass  die  Unterbandlungen  sicher  dahin  fahren 
wurden,  dass  ihnen  der  Chef  von  Moschi  die  deutsche  Flagge  senden 
wfirde. 

Es  man  fiw^  dieser  kurzen  Wiedergabe  der  Maassnahineu,  die  ich 
zur  Regelung  des  schwierigen  [)oliti^<'heu  Verliiillnissi  s  an   unserer  . 
nordwestlichen  Karawanenstrasse  getroffen  habe,  ersehen  werden,  dass, 


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12 


Afriktnisehe  Diplomatie. 


wenn  keioe  unTOrhergesehenen  ZnfiUle  jede  Wahrecheinlichkeito- 
rechniiDg  dnrcbkreazen,  weon  kein  unvoraichtiges  Vorgeben  späterer 
Untenielunimgett  meine  Arbeit,  die  erst  allotäblicb  znr  Fmcht  reifen 
miiBB,  in  ibrem  Wadwtbnm  nnterbreefaen,  der  Zweck  erreicbt  ist  Es 
mag  ingleicben  bierans  erseben  werden,  dass  icb  Gewalt  stets  nnr 
als  unabwendbare  uUima  ratio  angeseben  babe,  dass  icb  jedoch  ancb 
andererseits,  wo  es  sein  mnsste,  meine  Machtmittel  nnd  die  mir  znr 
VerfOgnng  stehende  Zeit  rficksicbtsios  ausgenutzt  babe. 


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Die  Bechtsyerhältnisse  der  deutschen  ü^hutzgebiete.') 

Von 

Professor  v.  Stengel  iu  Würz  barg. 

i 

I. 

Einleitung. 

Am  24.  April  1884  wies  der  Reichskanzler  den  deutschen 
Konsul  in  Kapstadt  an,  amtlich  zu  erklären,  daas  die  von  dem  Kauf- 
mann F.  A.  E.  Lüderitz  aus  Bremen  durch  Verträge  mit  Kapitain 
Josef  Fredericks,  unabhäiigigeiii  Herrscher  von  Bethanien  in  dem 
nördlich  des  Oranjetlusses  gelegenen  (Iross-Xamaqualande,  erworbenen 
Besitzungen  unter  deutschem  Schutze  stehen.  Es  war  dies  der  erste 
Schritt,  der  seitens  des  deutschen  Kelches  auf  dem  Wege  einer 
aktiven  Kolonialpolitik  gethan  wurde.  Rasch  folgten  nun  iu  den 
niulistfolgenden  Jahren  eine  Reihe  kolonialer  Erwerbungen,  indem 
ausgedehnte  Gebiete  in  Südwestiifrika,  Westalrika,  Ostafrika  und  in 
der  Südsee  „unter  den  Schutz  des  Reiches"  gestellt  wurden.  Gleich- 
zeitig wurden  mit  England,  Frankreich  und  Portugal  eine  Anzahl 
von  Vereinbarungen  getroffen,  inhaltlich  welcher  eine  Abgrenzung  der 
beiderseitigen  Schutzgebiete  und  Intereasenephären  in  Afril^a  und  in 


')  Eine  eiugelieudo  Krörtening  der  Rechtsverhältuissc  der  deutschen  Srhiitz- 
j;etiitte  findet  sich  in  meiner  Schrift:  „Die  deut>chen  Schutzj^ebicte,  ihre  rechtUche 
StcliuDg,  Verfassung  und  Verwaltung",  Separat- Abdruck  aus  den  ^Annalen  dea 
Deittaehttn  ItoichM*  1889.  —  Bin«  kam  Dantellmig  —  unter  Berfiduiehtiguiig 
der  seit  dem  Jahre  1889  im  Bestände  und  in  der  Verftssung  und  Verwaltung  der 
Scliutzgebiete  rorgefallenen  Aenderungen  —  wird  mein  Artikel  „Schutzjfebiete"  im 
ersten  Ergänzungshcfte  des  Wörterbuchs  des  deutschen  Verwaltungs- 
reclits  bringen.  Da^selbst  finden  sich  auch  ausführlich«  Angaben  über  die  ein- 
scblägigea  Gesetze  und  VerordoungeD,  wie  über  die  koluntalrecbtlicbe  Litteratur. 


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14 


Die  BeehtsverfailtiiisM  der  dentsehen  Sehntigebiete. 


der  Sfidsee  stattfand.  Mit  dem  deut8ch-enp:Ii>(  hen  tJebereinkommen 
vom  1.  Juli  1890  haben  die  kolonialen  Erwcrbongon  des  Reiches 
znofichst  wenigstens  ihren  Abschloss  erreicht  Der  deutsche  Kolonial- 
besitz,  wie  er  sich  auf  Grand  der  erwähnten  internationalen  Ab- 
machungen und  der  sonstigen  Erwerbsakte  ergiebt,  ist  hiernach 
folgender: 

1.  0ES  südwestafrikanische  Schutzgebiet  (Angra 
Peqnena  n.  s.  w.).  Dasselbe  reicht  vom  Oranjefluss  Im  Süden  bis 
zum  Knnene  im  Norden,  im  Osten  stOsst  es  an  das  anter  englischer 
Hoheit  stehende  Betschaanland,  im  Westen  wird  es  vom  Heere  bezw. 
den  englischen  Besitzungen  an  der  Walfischbai  begrenzt  Die  Ab- 
grenzung gegen  die  portugiesischen  Besitzungen  erfolgte'  durch 
Vertrag  mit  Portugal  Tom  80.  Dezember  1886  („Kol.-Ztg.**  1887 
S.  505),  gegen  die  englischeil  Besitzungen  durch  eine  im  Frülqahr 
1885  mit  der  englischen  Regierung  getroffene  Vereinbarung  (Denk- 
schrift über  die  deutschen  Schutzgebiete^  Verfaandl.  des  Rdöhstags 
VI.  LegisL-Per.  II.  Sess.  1885/86,  Drucks.  No.  44)  und  durch  das 
deutsch-englische  Abkommen  vom  1.  Juli  1890  Art  III,  in  dessen 
letztem  Absätze  auch  die  genauere  Feststellung  der  Südgrenze  des 
britischen  WalÜschbai-Gebietes  Torbehaiten  ist   (»EoL-Blatt«  1890 

.  S.  122). 

2.  Kamerun  und  Topo.  Das  Gebiet  vrm  Kamerun  ;in  der 
Bi:ifiabai  erstreckt  sieh  vom  Kanipoflnss  (südlirli)  l)is  zum  sot;en. 
Rin  del  Rey  (nördlieh):  westlich  ist  dasselbe  voiu  Meere  beg;renzt.  im 
Osten  besteht  eine  feste  Grenze  gegen  das  Ilinterlaud  noch  niriit. 
Das  Togo  gebiet  ist  ein  kleines  an  der  Sklavenküste,  südlich  von 
Dahome  g<'lei;enes  Gebiet  mit  den  Ha tV'u platzen  Lome  und  Haui'ida. 
Die  Abgrenzung  beider  S<  lmtzLrt'l>iett!  ge'^en  die  englischen  Besitzungen 
beruht  auf  mehreren  Abnuichungcn  zwisihcn  (h'r  di'ut>chen  und 
englischen  Recjierung  im  Frühjahre  1HS5  und  Juli  und  August  1886 
(„Deutsche  Kolon.-Politik«  Heft  IV  S.  G5— r>9  uiul  J<ol.-Zt-.«  1886 
S.  ')3n)  und  Art.  IV  des  deutsch- englischen  Al)kommens  vom 
l.Juli  1890,  gegen  die  franzttsischen  Besitzungen  auf  der  Ueberein- 
kttuft  vom  24.  Dezember  1885  („Kol.-Politik"  Heft  V  S.  50  ff.) 

8.  Das  deutsch-ostafrikanische  Schutzgebiet.  Dasselbe 
wird  begrenzt  vom  Rowumafluss  im  Süden;  die  Grenze  im  Norden 
bildet  eine  von  der  Mündung  des  Umbeflusses  ausgehende,  in  nord- 
westlicher Richtnng  den  nördlichen  Abhang  des  Kilimandjaro  ent- 
lang bis  zum  Ostnfer  des  Viktoria  Nyanze  fahrende,  diesen  See  in 


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Die  Recbtäverhältuisse  der  deutschen  Schutzgebiete. 


15 


oetwestUchec  Bicfatmig  dardwchneidende  und  an  der  Ostgrenze  des 
EoDgoetaateB  endigende  Linie;  im  Westen  stOsst  das  Gebiet  an  den 
EongOBtaat,  den  Tanganyikasee  und  den  Nyassasee;  die  Ostgrenze 
bildet  das  Meer»  naehdem  der  Soltan  von  Sansibar  den  unter  seiner 
Hoheit  stehenden  Kflstenstreifen  sammt  der  Insel  Mafia  an  das  Reich 
abgetreten  hat.  Die  Abgrenzung  des  Gebietes  gegen  die  portngienschen 
Besitzungen  erfolgte  dnrch  den  bereits  erwfihnten  Vertrag  vom 
30.  Dezember  1886,  gegen  die  englisehen  dnrch  den  Vertrag  vom 
29.  Oktober  bezw.  1.  November  1886  („Eol.-Ztg.«  1887  S.  88  ff.) 
und  das  deutsch  -  englische  Abkommen  vom  1.  Jnii  1890  Art.  IL 
Inhaltlich  Art  XI  dieses  Abkommens  hatte  die  englische  Regierang 
anch  die  Verpflichtung  flbemommen,  den  Sultan  von  Sansibar  zur 
Abtretung  des  Efistenstriehs  und  der  Insel  Mafia  an  das  deutsche 
Reich  zu  bewegen.  Am  1.  Januar  1891  ist  das  Reich  in  den  Besitz 
der  vom  Snltan  von  Sansibar  abgetretenen  Gebiete  gelangt  (»Eol.- 
Blatt"  1891  8.  1). 

4.  Das  Gebiet  der  Neu- Guinea-Koniput;nie.  Dasselbe 
iimfasst  den  nordöstliclieu,  nicht  unter  englischer  oder  niederländischer 
Hoheit  stehenden,  im  Kaiserl.  J?chutzbriefe  vom  17.  Mai  1885  senaa 
bezeichneten  Theil  des  Festlandes  von  Neu -Guinea  —  „Kaiser 
^Vilhelms-Land"^  — ,  die  vor  der  Küste  desselben  liegenden  Inseln  — 
„Bisraarck-Arcliipel"  —  und  drei  zur  Salomons- Gruppe  .jrhörige 
Inseln.  Die  Abgrenzung  des  Gel)iets  beruht  auf  zwei  im  April  1S85 
und  April  18S6  zwischen  der  deutschen  und  entilisrhcn  Iv'gierung 
getroft'eiien  Vereinliarungeu  (^Nachrichten  über  Kaiser  VVübelms-Laud 
u.  8.  w."  U.  S.  49  und  51). 

5.  Die  Marschall-Inseln,  Brown-Inseln  und  Providence- 
Inseln,  einschliesslich  Pleasant-Island.  Drei  kleine  Inselgmppen  in 
der  Sfldsee.  — 

Sobald  das  Reich  die  ersten  Kolonien  erworben  hatte,  trat  :in 
die  lu'ichsregierang  die  Aufgabe  heran,  dieselben  zu  orcjaiiisiren  und 
zu  verwalten.  Bekanntlich  war  das  kolonialpolitische  Programm  der 
Kegiemng  zuuäcbst  ein  sehr  eng  begrenztes: 

Wie  die  Erwerbung  der  Schutzgebiete  von  Anfang  an  in  der 
Hauptsache  privater  Initiative  anheim  gegeben  vrar,  so  sollte  auch 
die  Regierang  und  Verwaltung  der  Sdiutzgebiete  Eolonialgesellschaften 
fiberlassen  werden,  die  sich  aus  den  in  den  einzelnen  Schutzgebieten 
betheiligten  Eapitalisten  und  Handlungshfinsem  bilden  und  auf  Grund 


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16 


Die  ReebtsTerfailtaisM  der  deotoden  Sdnitigeblete. 


ertheilter  Sehatzbriefe  vnter  der  Oberhoheit  und  Aufsicht  des  BeicheB 
in  ihren  Gebieten  naeh  dem  Vorbilde  der  englisch-ostindiaehen  und 
holländisch -oetindiaehen  Handekkompignien  Hoheitsrechte  ansflbeo 
sollten.  Bs  setgte  sich  aber  bald,  dasa  dieses  Programm  nicht 
dnrchf&hrbar  war,  da  sich  nnr  zwei  EolomalgeseUschaften,  die  Nen- 
OoiQeapKompagnie  nnd  die  Dentsch-ostafrikaniscbe  Gesellschaft,  bereit 
erklärten,  die  Begierang  nnd  Verwaltung  ihrer  Gebiete  zu  fiber- 
nehmen. In  den  flbrigen  Schutzgebieten  mosste  die  Begiemog 
kaiserliche  Beamte  zur  Ffihrang  der  Verwaltong  aufstellen.  Aber 
auch  der  mit  den  genannten  beiden  Kolonialgesellschaften  gemachte 
Versuch  ist  nicht  gelungen  ^  wie  sab  III  genauer  darzulegen  sein 
wird,  hat  jetzt  auch  in  den  Gebieten  der  Neu-Guinea-Eompagnie  und 
der  Deutsch-ostafrikanischen  Gesellschaft  die  Reichsregierung  die 
Verwaltung  selbst  in  die  Hand  nehmen  mfissen.  Das  ursprfingliche 
Programm  der  Beichsregieruog  ist  daher  jetzt  völlig  angegeben.  In 
gewissem  Sinne  war  es  schon  aufgegeben  mit  dem  Erlasse  des  Ge- 
setzes vom  17.  April  1886,  betr.  die  Rechtsverhfiltnisse  der  deutschen 
Schutzgebiete,  da  dieses  Gesetz  ein  viel  weiter  gehendes  Eingreifen 
der  Reichsregierang  in  die  Verhfiltnisse  der  Schutzgebiete  voraussetzt^ 
als  dies  nach  dem  urspr&nglichen  Plane  beabsichtigt  war.  Es 
zeigt  sich  dies  schon  in  der  Art  und  Weise,  wie  das  Gesetz  selbst 
zu  Stande  gekommen  ist  Am  12.  Januar  1886  legte  nSmlich  der 
Eeichskanzler  dem  Beichstage  einen  vom  Bundesrathe  beschlossenen 
Entwurf  eines  Gesetzes,  betr.  die  Rechtspflege  in  den  Schutzgebieten 
vor,  inhaltlich  dessen  die  Ausfibung  der  Gerichtsbarkeit  in  den 
Schutzgebieten,  sowie  die  Mitwirkung  der  deutschen  Behörden  bei  der 
Ausfibung  dieser  Gerichtsbarkeit  nnd  der  hierbei  zur  Anwendung 
kommenden  Vorschriften  des  bfirgerlichen  Rechts  nnd  des  Strafrechts 
dnrch  kaiserl.  Verordnung  mit  Zustimmung  des  Bundesraths  geregelt 
werd^  sollten.  Der  Beichstag  war  jedoch  der  Ansicht,  dass  die  ge- 
setzliche  Begelung  sich  nicht  auf  die  Bechtspflege  beschrftnken, 
sondern  die  Rechtsverhältnisse  der  Schutzgebiete  fib^aupt  betreffen 
solle  und  dass,  was  das  bfifgerliche  Recht,  das  Strafrecht  und  das 
gerichtliche  Verfiihren  einschliesslich  der  Gerichtsverfisssung  anlangt, 
zu  bestimmen  sei,  dass  in  dieser  Hinsicht  das  Eonsulargerichtsbarkeits» 
gesetz  vom  10.  April  1879  sammt  den  darin  in  Bezug  genommenen 
Beichsgesetzen  und  preussischen  Gesetzen  in  den  Schnt^bieten  in 
Eraft  zu  treten  habe.  Dementsprechend  wurde  der  Gesetzentwurf 
umgearbeitet  und  naeh  eriaugter  Zustimmung  des  Bandesraths  als 
Beichsgesetz  vom  17.  April  1886,  betr.  die  Bechtsverhältnisse 


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Die  Reebtsverfa&ltiiiM«  der  deutschen  Sebntsgebiete. 


17 


der  (leatscheu  Scbatzgebiote,  bekauut  gemacht  (»K.-G.-Bl«'' 
Ö.  75). 

'  Das  Reichsgesetz  vom  17.  April  1886  zerfallt  inhaltlich  in  drei 
Theile.  Im  ersten  Theile  (§  1)  ist  bestimmt,  dass  die  Schutzgewalt  * 
in  den  deutschen  Schutzgebieten  der  Kaiser  im  Namen  des  Reichs 
aasQbt.  Der  zweite  Theil  (§§  2  und  3)  enthält  eine  Regelung  des 
bfirgerlicheu  Rechts,  des  Strafrechts  und  des  gerichtlichen  Verfahrens 
einschliesslich  der  Gerichtsverfassung  dorch  Bezugnahme  anf  das 
Eonsnlargerichtsbarkeitsgesetz,  indem  gleichzeitig  zugelassen  wnrde, 
dass  dieses  Gesetz  in  verschiedenen  Punkten  dnrch  kaiserL  Verordnung 
abgeändert  werde.  Im  dritten  Theile  (§  4)  ist  endlich  bestimmt, 
dass  das  Reichsgesetz  vom  4.  Mai  1870,  betr.  die  Bheschliessnng 
und  die  Beurkondnng  des  Personenstandes  von  ReichsangehOrigen  im 
Aushmde,  auch  f&r  die  Schutzgebiete  Anwendung  finden  soll. 

Da  sich  bald  zeigte,  dass  die  in  dem  Eonsnlargerichtsbarkeits- 
gesetze  in  Bezug  genommenen  Reichsgesetze  nnd  preussischen  Ge- 
setze ohne  erhebliche  Abftnderangen  in  den  Schutzgebieten  nicht  an- 
wendbar seien,  wurde  zunächst  am  7.  Juli  1887  eine  Novelle  zum 
Schutzgebietsgesetze  erlassen,  inhaltlich  welcher  der  Kaiser  ermSchtigt 
wurde,  die  Beehtsvezhftltnisse  an  unbeweglichen  Sachen  durch  Ver- 
ordnung auch  in  anderer  Weise  zu  regeln,  als  dies  in  den  gemäss 
dem  Eonsnlargerichtsbarkeitsgesetz  zur  Anwendung  zu  bringenden 
preussischen  Gesetzen  i(<'srliehen  ist. 

Eine  zweite  umfassendere  Novelle  ericins:  am  1.').  Miirz  1888 
(,,R.-G.-H1.'*  S.  71),  in  welcher  das  kuiserl.  Voronlnung-sri'fht  in  Bezug 
anf  Stnitrcrht,  gerichtlieiies  W^rfahren  nnd  ^lerii-htsvcrfassnni;  noeh 
weiter  ausgedehnt  wurde  und  ausserdem  Hotinnnungen  über  die  Ver- 
fassung und  Stellung  der  KoKHiiulgesellsehalten,  die  Naturalisation 
von  in  den  Schutzgebieten  sich  aufhaltenden  Ausländern  und  Ein- 
geborenen u.  s.  w.  getrotien  siud. 

Durch  Art.  HI  der  Novelle  vom  15.  März  1888  wurde  der 
Reichskanzler  ermächtigt,  den  Text  des  Schntzgebietsgesetzes,  wie  er 
sich  aus  den  in  ded'  Artikehi  I  und  II  der  Novelle  festgestellten 
Aenderungen  ergab,  durch  das  Reicbsgesetzblatt  bekannt  zu  machen. 
Auf  Grund  dieser  Ermfichtigung  wurde  der  Text  des  Gesetzes  in  der 
neuen  Fassung  vom  19.  Mftrz  1888  („R.-G.-Bl*^  S.  75  ff.)  bekannt 
gemacht  In  dieser  Fassung  bildet  das  Reichsgesetz  vom  17.  April 
1886  die  Grundlage  des  Rechtszustandes  in  den  deutschen  Schutz- 
gebieten. 

KolonlalM  Jahriracb  1891.  2 


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18 


Die  B«cbUTerbälini88«  der  deuUcfaen  Schutzgebiete. 


II. 

Die  vdlkarrachtliGiio  und  ttaitsraohtllcho  SMIiiiig  der  Schutigeblete 

(Kolonien). 

Ünter  Kolonien  im  Sinne  des  Völkeneehts  tind  StaatBrechts  ver- 
steht man  ftbenedsche  Proviozen  oder  Nebeolftoder  enropftiseher 
Staaten.  In  der  Regel  sind  die  Kolmiien  vom  Hntteriand  rftnmliek 
getrennte,  in  einem  andern  Welttheil  liegende  Provinzen,  welche 
ebenso,  wie  andere  Provinzen,  seioer  Souveränität  unterworfen 
sind,  wenn  sie  anch  mit  Bficksicht  auf  ihre  Lage  und  eigenthümliche 
ethiiographi seile,  wirthschaftliche  nnd  politisclie  Verhältnisse  stets 
eine  besondere  Stellung  einuehmen  werden  und  sich  nicht  selten 
einer  grossen  Autonomie  erfreuen,  wie  z.  B.  ein  grosser  Thell  der 
englischen  Kolonien.  Zu  den  Kolonien  rechnet  man  aber  auch  die- 
jenigen Nebenländer  europilischer  Staaten,  die  nicht,  wie  Provinzen, 
ihrer  Souveränität  unterstehen,  sondern  nur  in  einem  völkerrecht- 
lichen Verhältnisse,  dem  sogen.  Protektorate  zu  ihnen  sich  be- 
finden. Solche  Kolonien  (Protektoratsländer,  Schut/.staaten)  hängen 
zwar  in  Bezug  auf  ihre  auswärtigen  Verhältnisse  von  dem  sie  im 
völkerrechtlichen  Verkehre  vertretenden  schutzherrlicheii  Staate  ab, 
sind  aber  hinsichtlich  ihrer  inneren  Verwaltung  gewöhnlich  in 
grösserem  oder  geringerem  flrade  autonom  und  selbstständig.  In 
einem  sohhcu  Protektoratsverhältnisse  stehen  z.  B.  Tonking  und 
Tunis  zu  Frankreich  und  die  indischen  Va^aiieustuateu  zu  England 
und  Holland. 

Man  kann  daher  a)  eigentliche,  der  Souveränität  des  Mutter- 
landes unterstehende  Kolonien,  und  b)  lediglich  in  einem  völker- 
rechtlichen Verhältnisse  zum  Mutterlande  stehende  Protektorats- 
läuder  mitersi'heiden. 

Die  deutschen  Schutzgebiete  sind  trotz  dieser  Bezeichnung 
eigentliche  Kolonien,  also  der  Souveränität  des  Reiches  iiiitcrstellt 
Es  ergieht  sich  dies  vor  Allem  aus  der  Erwerbung  der  Schutzgebiete. 
Das  Protektorat  kann  nämlich  nur  erwor})en  werden  durch  einen 
zwischen  dem  Schutzstaate  und  dem  schutzherrlichen  Staate  ab- 
geschlossenen Vertrag,  der  also  auf  demjenigen  Gebiete,  das  als 
Kolonie  erworben  werden  soll,  das  Bestehen  eines  staatlich 
organisirten  Gemeinwesens  voraussetzt.  Ist  dagegen  das  betreffende 
Gebiet  völkerrechtlich  herrenlos,  d.  h.  untersteht  es  überhaupt  keiner 
politischen  Herrschaft,  oder  ist  es  nur  von  barbarischen  oder  halb- 
zivilisirten  Völkerschaften  bewohnt,  die  es  noch  za  keiner  im  völker- 


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Die  BaebttverUltiiiaM  dtr  -dwitMlMn  SohotigaUeto.  19 


reehtUciien  Verkehr  anerkannten  staatlieben  Organisation  gebracht 
haben,  so  kann  nnr  durch  Besitzergreifiing  die  Souveränität 
Ober  ein  solches  Gebiet  erworben  werden.  Die  Besitz- 
ergreifung wird  symbolisch  durch  Flaggenhissen,  Setzung  von  Grenz- 
pfählen, Erlassimg  von  Proklamationen  n.  s.  w.,  vorgenommen,  ist 
aber  erst  dann  vollendet,  wenn  in  dem  betreffenden  Gebiete  Ein- 
richtDDgen  geschaffen  sind,  die  die  Ausfibong  einer  Öffentlichen 
Gewalt  und  die  Herbeiffihrnng  geordneter  Zustände  erni5glichen. 
flandelt  es  sich  um  Besitzergreifungen  an  den  Küsten  des  Festlan- 
des von  Afrika  dnrch  eine  der  Signatärmächte  der  Eongoakte  vom 
26.  Februar  1885,  so  muss  die  Besitzergreifung,  nm  als  effektiv  zu 
gelten,  auch  nach  Art.  34  der  Akte  den  fibrigen  Signatfinnächten 
mitgetbeilt  werden.  Abgesehen  nun  von  den  Besitzungen,  welche 
der  Sultan  von  Sansibar  auf  Veranlassung  der  englischen  Regierung 
an  das  Reich  ab^'etreteu  hat,  waren  die  sämmtlichen  Gebiete, 
welche  das  deutsche  ßeich  als  Schutzgebiete  erworben  hat,  völker- 
rechtlich herrenlos,  and  sind  auch  als  solche  von  Organen  des 
Reichs  bezw.  von  Eolonialgesellschaften  in  Besitz  genommen  worden. 
Wenn  trotzdem  mit  den  Häuptlingen,  Sultanen  n.  s.  w.  vieler  ein- 
geborener Völkerschaften  Verträge  abgeschlossen  wurden,  so  haben 
diese  lediglich  die  Bedeutung  von  die  Besitzergreifung  unterstützen- 
den Thatsar  iieii.  Ansserdem  wurde  durch  diese  Verträge  die  rechtliche 
Stellung  der  Keichsgewalt  gegenüber  insofern  genauer  bestimmt,  als 
in  ihnen  die  Häuptlinge  u.  8.  w.  sich  die  Gerichtsbarkeit,  sowie 
sonstige  Hoheitsrechte  über  ihre  Unterthanen  vorbehalten  haben. 

Wenn  hieniach  auch  die  Schutzgebiete  grundsätzlich  der 
Souveränität  des  Reiches  unterworfen  sind,  so  ist  doch  zu  beachten, 
dass  diese  Souvcränitüt  nur  insoweit  als  rechtlich  wirksam  zu  be- 
trachten ist,  als  das  Reich  das  betreffende  Gebiet  thatsächlich  okkupirt 
nnd  Einrichtungen  geschaffen  hat,  die  ihm  eine  staatliche  Herr&chafts- 
ausflbnng  daselbst  gestatten.  Dies  ist  aber  erst  bezüglich  einzelner 
Theile  der  verschiedenen  Schutzgebiete  der  Fall.  Insoweit  dies  nicht 
der  Fall  ist,  sind  die  Schutzgebiete  vorerst  noch  als  deutsche 
Interessensphären  zu  betrachten.  Unter  „Interessen-''  oder 
„Maohtsphäre*  versteht  man  nämlich  ein  auf  Grund  von  Verein- 
barungen mit  anderen  betheiligteu  Kolonialmächten  abgegrenztes 
Gebiet,  innerhalb  dessen  ein  Staat  ausschliesslich  berechtigt  ist,  seine 
koloniale  Herrschaft  zu  begründen.  Der  Inhalt  derartiger  Verein- 
barongen  geht  dahin,  dass  sich  der  eine  Staat  dem  kolonisatorischen 
Vorgehen  des  anderen  innerhalb  des  dessen  Einflösse  äberlassenen 


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20 


Di«  RechtsTerbUtnisn  der  deatscben  6ehulxg«biete. 


Gebiets  nicht,  entgegentreten  nnd  sich  selbst  der  Erwi'rbung  jeglicher 
kolonialer  Herrsehaft  innerhulb  dieses  (lebiets  enthalten  wird.  Die 
sub  I  erwühnten,  mit  Enuland,  Frankreich  und  Portugal  abgeschlossenen 
internationalen  Vereinbarungen  sind  nun  in  der  liau})tsacbe  Vertrüge 
über  die  Abgrenzung  beiderseitiger  Interessensphären,  also  Vertrüge, 
durch  welche  dem  Reiche  die  Möglichkeit  eingoräurat  worden  ist, 
unbehindert  von  dem  anderen  Kontrahenten  die  betreftenden  Gebiete 
zu  ükkupiren.  Soweit  dies  geschehen,  sind  Gebiete  der  Souveränität 
des  Reiches  unterworfene  Schutzgebiete,  d.  h.  eigentliche  Kolonien, 
im  Uebrigen  aber  erst  noch  zu  okkupirende  Interessensphären. 

Weil  bezw.  insoweit  die  Schutzgebiete  der  Souveränität  detf 
Reiches  unterworfen  sind,  gelten  sie  vom  Standpunkte  des  Völker- 
rechts als  ßestandtheile  des  Reiches.  Daraas  folgt,  dass  das  Reich 
in  Bezug  auf  die  Schutzgebiete  alle  Rechte  und  Filichten  hat,  die 
ihm  nach  Maassgabt  dr-  Völkerrechts  in  Bezug  auf  das  Reichsgebiet 
zustehen.  Das  Reich  kann  daher  jeden  dritten  Staat  nicht  blos  von 
der  Besitzergreifung  der  Schutzgebiete,  sondern  auch  von  jeder  Ein- 
wirkung auf  sie  und  der  Ausübung  hoheitlicher  Rechte  in  ihnen,  wie 
z.  B.  der  Gerichtsbarkeit,  abhalten.  Andererseits  hat  das  Reich  die 
Schutzgebiete  und  deren  Angehörige  völkerrechtlich  zu  vertreten,  in 
Folge  dessen  obliegen  ihm  in  Bezug  auf  die  Schutzgebiete  n.  A. 
alle  Verpflichtongen,  die  die  Eongoakte  vom  26.  Februar  1885  den 
Signatftrmikchten  auflegt,  die  an  den  Eflsten  von  Afrika  Besitzungen 
haben. 

Anlangend  die  staatsrechtliche  Stellung  der  Schutzgebiete,  so 
sind  sie  zwar  der  Souveränität  des  Reiches  unterworfen,  sie  sind  aber 
nicht  integrirende  Bestandtheile  des  Reichsgebiets,  weil  sie  nicht 
gemäss  Art.  1  dos  Reichsgesetzes  dem  Reiche  einverleibt  sind.  Nnr 
in  einzelnen  Beziehungen  gelten  sie  als  Roichsinland;  so  hat  z.  B. 
§  6  Abs.  3  des  Sebntzgebietsgesetzes  vorgeschrieben,  dass  die  Schatz- 
gebiete  im  Sinne  des  §  21  des  Reichsgesetzes  vom  1.  Juni  1870  über 
Erwerb  und  Verlust  der  Reich8>  und  Staatsangehörigkeit,  sowie  bei 
Anwendung  des  Reichsgesetzes  vom  15.  März  1870  wegen  Beseitigung 
der  Doppelbesteuerung  als  Inland  gelten.  Ausserdem  ist  zu  bemerken, 
dass,  weil  in  den  Schutzgebieten  eine  Anzahl  Reichsgesetze,  wie  das 
Reichs-Strafgesetzbuch,  die  Reichs-Justizgesetze,  das  Handelsgesetz* 
buch,  die  Wechselordnung  u.  s.  w.  eingeführt  ist,  die  Schutzgebiete 
in  Bezug  auf  diese  Gesetze  auch  als  Inland  gelten,  so  dass  z.  B.  ein 
in  einem  Schutzgebiete  bestrafter  Diebstahl  für  die  im  Reichsinlande 
zu  beantwortende  Frage  des  Rückfalls  in  Betracht  kommt  Die 


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Die  B««litmrbtltiii*H  der  detitseben  Schutzgebiete. 


21 


Oesammtbeit  der  dem  Reiche  Qber  die  Schatzgebiete  zastehenden 
Hoheitorechte  ist  im  Schntzgebietogesetze  als  „Schntzgewalt*'  be- 
zeichnet Diese  sogen.  Schntzgewalt  nmfasst  soiiach  an  nnd  fKr  sich 
die  sämmtlichen  ans  dem  Begriffe  der  sonveränen  Staategewalt  sich 
ergebenden  Befugnisse;  nnr  da^  wo  sich  die  H&uptlinge  der  ein- 
geborenen Volkerschaften  gewisse  Hoheitsreehte  fiber  ihre  Untergebenen 
vorbehalten  haben,  ist  insoweit  die  ySdrotzgewalt*  des  Reiches  -be- 
schiflnkt.  [m  Uebrigen  sind  der  Schntzgewalt,  da  sie,  wie  überhaupt 
die  Staatsgewalt,  territorialen  Charakter  hat,  s&mmtliche  Personen 
unterworfen,  welche  sich  in  den  Schutzgebieten  niedergelassen  haben 
oder  sich  daselbst  aufhalten,  mögen  sie  Reichsangehörige,  Angehörige 
anderer  zivilisirter  Staaten  oder  Eingeborene  sein.  Die  Angehörigen 
anderer  Staaten  sind  der  dentschen  Staatsgewalt  natfiriidi  nnr  unter- 
worfen, weil  und  solange  sie  sich  in  einem  Schatzgebiete  aufhalten.  Die 
Eingeborenen  sind  zwar  grundsfttzlich  der  Gesetzgebung,  Rechte 
sprechung  und  Verwaltung  des  Reiches  als  dessen  Vnterthanen 
unterworfen,  die  Reichsangehörigkeit  mit  den  daraus  sich  ergebenden 
Rechten  und  Pflichten  besitzen  sie  aber  nicht.  In  §  -6  des  Schutz- 
gebietsgesetzes vom  17.  April  1886  ist  jedoch  zagelassen,  dass  Aus- 
Iftndem,  welche  sich  in  den  Schutzgebieten  niederlassen,  und  Ein- 
geborenen die  Retchsangehörigkeit  durch  Naturalisation  vom  Reichs- 
kanzler oder  einem  von  ihm  hierzu  ermftchtigten  Beamten  verliehen 
werden  kann,  und  ausserdem  ist  bestimmt«  dass* auf  die  Naturalisation 
nnd  das  dadurch  begrflndete  Verhftltniss  der  Reidisangi^örigkeit  die 
Vorschriften  des  Reichsgesetzes  vom  1.  Juni  1870  ilber  den  Erwerb 
und  Verlast  der  Reichs-  und  Staatsangehörigkeit,  sowie  -Art  8 
Reichsver&sBung  und  §  4  des  Wahlgesetzes  f&r  den  deutschen 
Reichstag  vom  81.  Mai  1869  entsprechende  Anwendung  finden.  Da 
nun  Art.  8  Reichsverfiusung  bestimmt,  dass  die  Angehörigen  eines 
jeden  deutschen  Einzelstaatos  in  jedem  anderen  deutschen  Staate  in 
einer  Anzahl  von  Beziehungen  (Niederlassung,  Gewerbebetrieb,  Erwerb 
von  Grundstücken  u.  s.  w.)  den. Inländern  gleichzustellen  sind,  so 
folgt  aus  der  Anwendbarkeit  des  Art.  3  der  Reichsverfossung  auf  die 
naturalisirten  Ausländer  und  Eingeborenen,  dass  dieselben  in  den  an- 
gegebenen Richtungen  im  Reichsinlande  wie  Angehörige  deatscher 
Einzelstaaten  zu  behandeln  sind.-  Die  Anwendbarkeit  des  §  4  des 
Gesetzes  vom  81.  Mai  1869  hat  aber  die  Bedeutung,  dass  sie  in  den 
Reichstag  gewählt  werden  können,  während  ihnen  allerdings  das 
aktive  Wahlrecht  zum  Reichstag  fehlt 


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22 


Die  BachtmrblltBiaM  der  dentMb««  Scbatxgvbitt«. 


nt. 

Uonittetbare  und  mittelbare  Schutzgeliiete.  Dit  Ktlonial- 

gesellschaften. 

Nachdem  durch  kaiserl.  Schatzbrief  vom  17.  Mai  1885  der  Neu« 
Gainea- Kompagnie  für  ihr  Gebiet  und  dnrch  Schotzbrief  vom 
27.  Februar  1885  der  Beutsch-ostafrikanischen  Gesellschaft  für  das 
im  Schatzbriefe  genauer  beieichnefce  Gebiet  die  Aasfibnng  der  Landes- 
hoheit fibertragen  worden  war,  zerfielen  die  Schutzgebiete  in  zwei 
Klassen:  unmittelbare  und  mittelbare  Schutzgebiete  oder  Kronkolonien 
und  GeseilschaffcskolonieD.  Die  unmittelbaren  Schatzgebiete  worden 
anmittelbar  von  kaiserl.  Beamten  regiert  und  verwaltet;  in  den 
mittelbaren  Schatzgebieten  dagegen  wurde  die  Regierung  und  Ver- 
waltung von  den  Organen  der  betreiTenden  Kolon iaigeselbchaft  be- 
sorgt, während  dem  Reiche  lediglich  die  Oberanfsicht  zustand.  Dieser 
Unterschied  ist  jedoch  jetzt  verschwunden,  alle  Schutzgebiete 
sind  gegenwärtig  unmittelbare  Schutzgebiete.  Auf  Grund 
einer  am  30.  April  1889  beschlossenen  und  am  17.  Mai  1889 
Allerhöchst  geuehmigten  Statutenänderung  hat  nämlich  die  Direktion 
der  Neu-Guinea-Eompagnie  mit  dem  Auaw&rügen  Amte  ein  Ueber- 
einkommen  getroffen,  inhaltlich  dessen  vom  l.  Xovember  1889  ab 
die  staatliche  Landesverwaltung  einschliesslich  der  Rechtspflege  und 
der  Einzi^uog  der  auf  der  Landeshoheit  beruhenden  Steuern  und 
Zölle  u.  8.  w.  dnrch  kaiserl  Beamte  geführt  wird,  die  Kosten  der 
Verwaltung  aber  nach  wie  vor  der  Neu-Guinea-Kompagnie  zur  Last 
bleiben.  Verblieben  sind  jedoch  der  Gesellschaft  das  ihr  durch  den 
Schutzbrief  vom  17.  Mai  1885  gleichfalls  verliehene  ausschliessliche 
Recht,  in  ihrem  Gebiete  herrenloses  Gebiet  in  Besitz  zu  nehmen  and 
Verträge  mit  den  Eingeborenen  Ober  Land-  und  Grundberechtignngen 
abzuschliesssD,  sowie  die  ihr  nach  der  bestehenden  Gesetzgebung  n- 
stehenden  gewerblichen  Privilegien. 

£benso  hat  auch  die  Deutsch-ostafrikanische  Gesellschaft  auf 
die  ihr  im  Schutzbriefe  vom  27.  Februar  1885  verliehenen  Hoheits» 
rechte  verzichtet.  Inhaltlieh  eines  am  20.  November  1890  zwischen 
der  Gesellschaft  und  der  Reichsregierung  abgeschlossenen  Ueberein* 
kommens  („Kol.-Blatt*"  1890  S.  301  ff.)  hat  n&mlich  die  Reichs- 
regierung die  Verwaltung  sowohl  des  voa  der  Gesellschaft  durch 
Vertr&ge  vom  28.  April  1888  und  13.  Januar  1890  dem  Sultan  von 
Sansibar  abgepachteten  Küstenstreifens,  sowie  des  im  Schutzbriefe 
vom  27.  Februar  1885  au^gefährten  Gebietes  am  1.  Januar  1891 


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Di»  RaditrrerlilltauM  der  deutschen  ScbuUgebieto. 


23 


ftbemommen.  Dagegen  wurden  der  Gesellsehaft  fOr  das  Eflsten- 
gebiet,  dessen  Znbebörnngen»  die  Insel  Mafia  und  das  Gebiet  des 
SchntsbriefBS  gewisse  Vorrechte  eingerftnmt  besw.  belassen  (Gmnd- 
erwerbsmonopol,  Vorreehto  hinsichtlieh  der  Ckwinnnng  von  Mineralien, 
der  Eonzessionimng,  des  Baues  nnd  des  Betriebes  yon  Eisenbahnen, 
Banknotenpriviieginm,  Mftnzregal). 

Nachdem  die  genannten  beiden  Eolonialgesellschaften  die  ihnen 
seiner  Zeit  flbertragenen  Hoheitsreehte  wieder  anfifegebea  haben, 
haben  sie  ihre  frühere  Offentlieh-rediÜiche  nnd  obrigiceitliehe  Stollnng 
eingebfisst  Sie  sind  jetzt  ebenso  wie  die  fibrigen  yorhandenen 
Kolonialgesellsehaften  Erwerbsgesellschaften,  deren  Stellung  nach  den 
einschlSgigen  allgemeinen  Rechtsvorschriften  za  beartheilea  ist 

Kolonialgesellschaften  können  an  nnd  fOr  sich  jede  Beehts- 
form  annehmen;  sie  kOnnen  als  Aktlengeeellsohaften,  Korporationen, 
Genossenschaften  n.  &  w.  anftieton.  In  §  8  de«  Sdmtagebietsgeseties 
ist  jedoch  bestimmt,  dass  Kolonialgesellschaften,  welche  die  Koltmiaation 
der  dentschsn  Schntzgebiete,  insbesondere  den  Krwerb  nnd  die  Yer- 
werthong  von  Grandbesitz,  den  Betrieb  von  Land-  nnd  Plantagan- 
wirtbschaft,  den  Betrieb  von  Bergban,  gewerblichen  Untemehmnngea 
und  HandelsgeschAfteD  in  denselben  zum  anssohliesslichen  Gegenstand 
ihres  Unternehmens  nnd  ihren  Sitz  im  Beichsgebiet  oder  in  den 
deutschen  Schntzgebieten  haben,  oder  denen  durch  kaiserl.  Schutz- 
briefe die  Ausfibung  von  Hoheitsreehten  übertragen  ist,  auf  Grund 
«nes  vom  Reichskanzler  genehmigten  Gesellschaftsvertiags  (Statuts), 
welcher  nach  §  9  a.  a.  0.  gewisse  Bestimmungen  enthalten  mnss, 
durch  Beschluss  des  Bundesraths  die  Eigenschaft  einer  Korporation, 
d  h.  die  Ffthigkeit  beigelegt  werden  kann,  unter  ihrem  Namen 
Rechte,  insbesondere  Eigenthum  und  andere  dingliche  Rechte  an 
Grundstücken  zu  erwerben,  Veibindlichkeiten  einzugehen,  vor  Gericht 
zu  klagen  und  verklagt  zu  werden.  In  solchem  Falle  haltet  den 
GUnbigem  für  alle  Verbindlichkeiten  nur  das  Vermügen  der  Ge- 
sellachaft  Der  Beschluss  des  Bundesiaths  und  im  Auszüge  der 
Gesellschaftevertrag  sind  im  «Reichs-Anzeiger''  zu  veröffentlichen. 

Deutsehe  Kolonialgesellsehaften,  welche  die  im  $  8  erwfthnte 
Ffthigkeit  durch  Beschluss  des  Bnndesraths  erhalten  haben,  unter- 
stehen naeh  {  10  der  Aufeicht  des  Reichskanzlers.  Die  einzelnen 
Befugnisse  derselben  sind  in  den  Gesellschaftevertrag  aufeuwebmen. 

Kolonialgesellsehaften  dagegen,  die  nicht  nach  Maassgabe  des 
}  8  des  Sehutegebietsgesetzes  gebildet  sind,  sondern  die  Eigenschaft 
von  Aktiengesellschaften,  Genossenschaften,  Korporationen  im  Sinne 


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24 


Die  ReehtsverhlltoiSM  der  deotoehMi  Selnrtigebiato. 


des  preuss.  Landrechts  n.  s.  w.  haben,  nntcrliegen  einer  behurdlicheD 
Aufsicht  nur  dann  und  in  dem  Maass«s  wie  es  in  den  für  derartige 
GeseUschaften  überhaupt  geltenden  Bechtevorschriften  bestimmt  ist 

IV. 

Die  Steifung  des  Kaisers;  Gesetzgebung  und  Regierung. 

Durch  §  1  des  Schutzgebietsgesetzes  vom  17.  Ai)ril  1886, 
welcher  bestimmt:  Die  Schutzgewalt  in  den  deutschen  Schutzgebieten 
übt  der  Kaiser  im  Namen  des  Rciciics  aus,  sind  dem  K;ii-or  alle 
Hoheitsrechte,  welche  dem  Deutschen  Reiche  in  Bezug  auf  die  Schutz- 
gebiete zustehen,  zur  Ausübung  übertragen  worden.  Bei  der  Aus- 
übung dieser  Rechte  ist  der  Kaiser  weder  an  die  Zustimmung  des 
Reichstags  noch  auch  des  Bundestags  gebunden:  seine  in  Ausübung 
der  Schutzgewalt  erlassenen  Anordnungen  und  Verfügungen  bedürfen 
jedoch  selbstverständlicher  Weise  der  Gegenzeichnung  des  Reichs- 
kanzlers. 

Auf  (irund  der  ihm  durch  §  1  a.  a.  0.  gewordenen  Delegation 
hat  der  Kaiser  nanunitlich  das  Recht,  für  die  S.lnitzgebiete  Vor- 
ordnungen mit  Oesetzeskraft  zu  erlassen.  Nur  aiil  dem  Gebiete  der 
Rechtspflege  ist  der  Kaiser  in  dieser  Hiii-^iclit  beschränkt  durch  die 
§§  2  und  4  des  Schutzgebietsgesetzes  (vgl.  unter  V,  1). 

Das  ilmi  zustehende  Verordnnng.<reeht,  welches  nach  §  3  Z.  3 
des  Schutzgelnetsgesetzes  auch  die  Befugniss  zum  Erlasse  von  Straf- 
vorschriften in  Bezug  auf  Materien,  die  nicht  Gegenstand  des  Keichs- 
Strafgesetzbuchg  sind,  umfasst,  kann  der  Kaiser  sowohl  an  Kolonial- 
gesellschaften, als  auch  an  den  Reichskanzler  und  die  Behörden  und 
Beamten  der  Schutzgebiete  übertragen.  Eine  derartige  Uebertmgung 
ist  aber  natürlich  nur  dann  und  insoweit  nothwendig  bezw.  zulässig, 
als  den  betreftenden  Beamten  nicht  schon  durch  Gesetz  ein  etwa 
mehr  oder  mindei  niiifasseiides  Verordnungsrecht  eingeräumt  ist. 
Durch  §  11  des  Si  hut/u'bietsgesetzes  ist  nun  in  der  Tliat  dem 
Reichskanzler  das  Recht  verliehen,  die  zur  Ausfühning  dieses  (Jesetzes 
erforderlichen  Anordnungen  zu  treffen,  zugleich  mit  der  Befngniss, 
für  die  Schutzgebiete  oder  einzelne  Theile  derselben  polizeiliche  und 
sonstige  di<»  Verwaltung  betret^'ende  Vorschriften  zu  erlassen,  auch 
dieses  Reeht  auf  Beamte  der  Schutzgebiete  und  Kolonialgesellschaften 
zu  ubertragen.  Ausserdem  haben  auch  die  mit  der  Ausübung  der 
Gerichtsbarkeit  betrauten  Beamten  das  Recht  zum  Erlasse  von 
Poli/eivcruninungen  nach  Maassgabo  des  §  4  des  KoDsnlargerichts- 
barkeitsgesetzes  vom  10.  Juli  1879. 


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Die  Kechtsverhältubse  der  deutschen  Schutzgebiete. 


25 


Bie  Verwaltang  der  Schutzgebiete  wird  in  oberster  lostanz 
vom  Beichskanzler  als  veraDtwortUehem  Eolonialminister,  der  durch 
das  ibm  untergebene  Auswärtige  Amt  nntersttttzt  wird,  besorgt. 
Im  Auswärtigen  Amte  ist  seit  dem  1.  April  1890  eine  besondere 
,Kolonialabtheilnng*^  fDr  die  Besorgung  der  Angelegenheiten  der 
deutschen  Schutzgebiete  gcscbaffen,  welche,  soweit  es  sich  um  die 
Beziehungen  zu  auswärtigen  Staaten  und  der  allgemeiuen  Politik 
handelt,  dem  Staatssekretär  des  Auswärtigen  Amtes  unterstellt  ist, 
in  .alien  „eigentlichen  KolonialaDgelegenheiten"  aber,  insbesondere 
auch  in  allen  organisatorischen  Fragen,  selbstständig  unter  Ver- 
antwortlichkeit des  Reichskanzlers  fongirt  Der  Eolonialabtheilung 
steht  der  durch  AUerhOcbsten  Erlass  ?om  10.  Oktober  1890  („Eol.- 
Blatt^  1890  S.  267)  ins  Leben  gerufene  Kolon ialrath  als  sach- 
verständiger Beirath  zur  Seite,  dessen  Zusammensetzung  (Ernennung 
durch  den  Beichskanzler),  Zuständigkeit  u.  s.  w.  durch  Verfügung 
des  Reichskanzlers  vom  10.  Oktober  1890  genauer  geregelt  ist. 

An  der  Spitze  der  Verwaltung  der  emzelnen  Schutzgebiete 
stehen  kaiserL  Beamte  mit  dem  Tit^l  Gouverneur  (Kamerun, 
Peutsch- Ostafrika)  oder  Kommissar  (Togo,  Sfldwestafirika,  Ken- 
Guinea,  ilarschall-Insehi).  Dem  Gouverneur  in  Kamerun  und  dem 
Kommissar  in  Neu-Guinea .  ist  jo  ein  jaristisch  gebildeter  Kanzler,  * 
.  hauptsächlich  zur  Wahmehmnog  der  richteilicheo  Geschäfte,  bei- 
gaben. . 

Der  Umfang  der  Amtsgewalt  und  Zuständigkeit  . der  Gouverneure 
und  Kommissare  ergiebt  sich  theils  aus  den  ihnen  ertbeilteu 
Kommissorien,  tbdls  daraus,  dass  sie  an  Stelle  des  Kaisers  die  ge- 
samnjkte  Schutzgewalt  in  den  Schutzgebieten  auszuflben  haben,  soweit 
die  darin  liegenden  Befugnisse  nicht  dem  Kaiser  bezw.  dem  Reichs- 
kanzler und  der  Kolonialabtheilnng  vorbehalten  sind.  Bei  denjenigen 
Befugnissen,  welche,  wie  das  Verordnungsrecht  und  die  Gerichts- 
barkeit, eine  besondere  Ermächtigaog  voraussetzen,  muss  selbst- 
verständUcb  diese  Ermächtigung  vorliegen.  Die  Ermächtigung  zur 
Ausfibung  der  Gerichtsbarkeit  erfolgt  nach  Maassgabe  der  Vorschriften 
des  Konsulargericbtsbarkeitsgesetzes-  vom  10.  Juli  1879,  die  Ueber- 
tragung  des  Verordnungsrechts  auf  Grund  des  §  11  des  Schutz- 
gebietsgesetzes Tom  15.  März  1888.  Neben  den  mit  der  FAhmng 
der  allgemeinen  Verwaltung  und  Ansäbung  der  Gerichtsbarkeit  be- 
trauten Beamten  sind  in  den  Kolonien  auch  Beamte  für  spezielle 
Yerwaltungszweige  (Postwesen,  Bergwesen,  Zollwesen  n. s.  w.)  und 
die  nOthigen  Bureau-  und  Unterbeamten,  angestellt 


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26 


Die  BeehtSferbUtnisM  der  deatacben  Schutsgebiet«. 


Die  t<iiinmtlii"hen  Beamten  der  Schutzgebiete  sind  vom  Kaiser 
ernannte  Keicbsbeamte,  deren  Rechtsverhältnisse  sich  zunächst  nach 
dem  Reichs -Bearatengesetze  vom  31.  März  1873  und  (hmn  dem 
Reichs^esetze  vom  31.  Mai  1887,  betr.  die  Rechtsverhältnisse  der 
kaiserl.  Beamten  in  den  deutschen  Schutzgebieten,  zu  beurtheilen 
sind.  Nach  §  1  dieses  letzteren  Gcset^es  kann  durch  Beschhiss  des 
Bnndesraths  bestimmt  werden,  dass  den  kaiserl.  Beamten,  welche  iii 
den  deutschen  Schutzgebieten  eine  längere  als  einjährige  Verwendung 
gefunden  haben,  die  daselbst  zugebrachte  Dienstzeit  doppelt  in  An- 
rechnung zu  bringen  ist.  Ferner  ist  in  §  2  bestimmt,  dass  die 
Gouverneure,  Kanzler  und  Kommissare  für  die  deutschen  Schutz- 
gebiete durch  kaiserl.  Verfugung  jederzeit  mit  Gewährung  des 
gesetzlichen  Wartegeides  einstweiiea  in  den  Bahestand  versetzt 
werden  können. 

Bezüglich  der  Rechtsverhältnisse  der  Beamten  in  den  Schutz- 
gebieten von  Kamerun  und  Togo  ist  eine  besondere  kaiserl.  Ver- 
ordnung vom  3.  August  1888  („Reichs-Anzeiger"  vom  8.  August  1888 
No.  202)  ergangen,  welche  das  Reichs-Beamtengesetz  und  die  daza 
ei^angenen  Novellen  und  Neben gesetze  in  einigen  Punkten  abändert. 

Hervorzuheben  ist  endlich,  dass  nach  §  5  des  Schutzgebiets- 
gesetzes die  Befugnisse,  welche  den  deutschen  Konsuln  nach  anderen 
als  dem  Konsnlargerichtsbarkeitsgesetze  und  dem  Reichsgesetze  vom 
4.  Mai  1870  äber  die  Beurkundung  des  Personenstandes  und  die 
Eheschliessung  von  Reichsangehörigen  im  Auslande  zustehen,  durch 
den  Reichskanzler  Beamten  in  den  Schutzgebieten  übertragen  werden 
können.  Dies  ist  denn  auch  sowohl  in  Neo-Guinea,  wie  in  Deutsch- 
Ostafrika  geschehen.  (Verfügungen  des  Reichskanzlers  vom  23.  Mai 
1890,  „KoI.-BIaU«'  1890  S.  65,  und  1.  Jannar  1891,  „Kol-Blatt* 
1891  &  1.) 

V. 

Die  einzelnen  Verwaltungszweige. 

1.  Die  Rechtspflege.  Hinsichtlich  der  Gerichtsverfassung  und 
der  Rechtspflege  bestimmt  §  2  des  Schutzgebietsgesetzes,  dass  sieh 
das  bürgerliche  Recht,  das  Strafrecht  und  das  gerichtliche  Veifiüirai 
nach  den  Vorschriften  des  Ronaolargerichtsbarkeitsgesetzes  vom 
10.  Juli  1879  bestimmen,  und  nur  der  Zeitpunkt  des  Inkrafttretens 
dieses  Gesetzes  und  der  darin  in  Bezog  genommenen  deutschen  und 
preussischen  Gesette  in  den  einzelnen  Schutzgebieten  durch  kaiserl 
Verordnung  festzusetzen  sei  DaraoB  folgt,  dass  das  kaiaerl  Ver- 


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Die  RechtsTerhUtnisse  der  deutoehen  Schutzgebiete. 


27 


ordnungsrecht  im  gesammten  Gebiet  der  Rechtspflege  insoweit  aus- 
geschlossen ist,  als  die  Vorschriften  des  Konsulargerichtsburkeits- 
gesetzes  und  seiner  Nebengeset/e  zur  Anwuiulung  zu  kommen  haben 
und  daiier  nur  in  dem  Umfange  eintreten  kann,  als  dies  das  Schntz- 
gebietsgesetz  und  das  Konsalargerichtsbarkeitsgesetz  bezw.  seine 
Nebengesetze  ausdrücklieh  zulassen. 

Das  Konsulargerichtsbarkeitsgesetz  hat  nun  die  Gerichts- 
verfassung in  den  Konsulargerichtsbezirkeu  in  der  Weise  geregelt, 
dass  die  Gerichtsbarkeit  in  Civil-  wie  in  Strafsachen  durch  den  Konsul 
und  das  aus  dem  Konsul  als  Vorsitzenden  und  zwei  —  in  einzelnen 
Fallen  vier  —  ans  den  Gerichtseingesessenen  ernanuten  Beisitzern 
gebildeten  Konsulargericht  ausgeübt  wird.  Im  Uebrigen  kommen  die 
Reichs-Justizgesetze  (Gerichtsverfassungsgesetz,  Civilprozessordnun;;, 
Strafprozessordnung  und  Konkursordnung)  mit  einer  Reihe  durch  die 
besonderen  Verhältnisse  der  Kuusulargerichtj-bezirke  gebotener  und  im 
Konsnlargerichtsbarkeitsgesetzc  vorgeschriebener  bezw.  zugelassener 
Aenderungen  zur  Auwendung.  Um  das  bezüglich  der  Gerichts- 
verfassung und  des  gerichtlichen  V^erfahreus  in  den  Konsulargerichts- 
bezirken  geltende  Recht  in  den  Schutzgebieten  anwendbar  zu  machen, 
hat  nämlich  das  Schutzgebietsgesetz,  abgesehen  von  der  selbstver- 
ständlichen Bestimmung,  dass  au  die  Stelle  des  Konsuls  der  vom 
Reichskanzler  zur  Ausübung  der  Gerichtsbarkeit  ermächtigte  Beamte 
und  an  Stelle  des  Konsulargerichts  das  nach  Maassgabe  der  Be- 
stimmungen über  das  letztere  zusammengesetzte  Gericht  des  Schutz- 
gebietes tritt,  —  im  §  3  eine  Anzahl  von  durch  kaiserliche  Verord- 
nung zu  treffenden  Aenderaugen  zugelassen.  Von  diesen  Aenderun- 
gen sind  hier  hauptsächlich  zwei  iiervorzuheben,  dass  luimlich  den 
Gerichten  der  Schutzgebiete  auch  die  den  Konsulargerichten  ent- 
zogene Gerichtsbarkeit  in  den  zur  Zuständigkeit  der  Schwurgerichte 
gehörenden  Sachen  übertragen  und  an  Stelle  des  Reichsgerichts,  das 
die  zweite  und  letzte  Instanz  gegenüber  den  Konsulargerichten  bil- 
det, als  Berufungs-  und  Beschwerdegericht  ein  Konsulargericht  oder 
ein  Gerichtshof  im  Schutzgebiet  bestimmt  werden  kann. 

Was  das  Straf  recht  anlangt,  so  gelten  in  den  Schutzgebieten, 
wie  in  den  Konsulargerichtsbezirken,  das  Reichs-Strafgesetzbuch  und 
die  sonstigen  Strafbestinmiungen  der  Reichsgesetze.  Ausserdem  kann 
der  Kaiser  nach  §  3  N.  3  des  Schutzgebietsgesetzes  Strafverordnungen 
über  Materien  erlassen,  welche  nicht  Gegenstand  des  Reichs-Straf- 
gesetzbuches sind,  und  darin  Gefaugniss  bis  zu  einem  Jahre,  Haft, 
Geldstrafe  und  Einziehung  einzelner  Gegenstände  androhen. 


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28 


Di«  Rechtsmh&Itnisae  der  deuttebea  8ebutig«biete. 


Auf  dem  Gebiete  des  bürpjerli  chen  Rechts  gelten  zunächst  die 
sämmtlicben  cinscidä^igcn  R'  icbsgesetze,  insbesondere  das  Handels- 
gesetzbuch und  die  Wecliselordnuiif!:.  und  ausserdem  das  proussische 
Allgemeine  Landreclit  und  die  das  Inlrgerliiho  Recht  betreffenden 
allgemeinen  Gesetze  derjenigen  preussischen  Landestbeile,  iu  welchen 
das  Allgemeine  Landrecht  Gesetzeskraft  hat.  Dabei  hat  §  3  Abs.  2 
des  Schutzgebiotsgesctzt's  zugelassen,  da<js  durch  kaiserl.  Verordnung 
eine  von  den  Vorschrift cn  der  vorslehend  erwälinteii  Gesetze  ab- 
weichende Hegclunii:  der  Rechtsverhältnisse  an  nnbeweglicbeii  Sachen 
einscbiiesslicii  des  Bergwerkseigentbums  erfolgen  kann. 

Bezüglich  der  £bescblies8nng  nnd  des  Zivilstandes  ist  in  §  4 
des  Schutzgebietsgesetzes  ausdrficklich  das  Reichsgesetz,  betreffend  die 
Ehescbliessnng  und  die  Beurkundung  des  Personenstandes  von  Reichs- 
angehörigen im  Auslande,  vom  4.  Mai  1870  für  anwendbar  erklärt 
wordeiv 

Das  Eonsnlargericbtsbarkeitsgesetz  und  seine  Nebengesetze,  wie 
aneh  das  Reichsgesetz  vom  4.  Uai  1870  sind  nicht  auf  Grund  des 
Schutzgebietsgesetzes  von  selbst  in  den  Schutzgebieten  in  Kraft  ge- 
treten, sondern  sie  roussten  vielmehr  in  den  einzelnen  Schutzgebieten 
durch  kaiserl.  Veronlnung  erst  in  Kraft  gesetzt  werden.  Diese  Ein- 
führung ist  nun  in  sümmtlichen  Schutzgebieten  erfolgt 

Die  vorstehend  erwähnten  Gesetze  gelten  in  den  Konsulargerichts- 
bezirken  selbstverständlich  nur  für  die  deutschen  ReichsangehOrigen  und 
die  Scbutzgenossen.  In  den  Schutzgebieten  war  jedoch  eine  derartige 
Beschränkung  der  deutschen  Gesetze  weder  veranlasst,  noch  thunlicb, 
da  daselbst  das  Reich  über  alle  Personen  seine  Staatsgewalt  ane- 
zuüben  in  der  Lage  ist.  Demgemftss  hat  das  Schutzgebietsgesetz  in 
§  3  Z.  1  zugelassen,  dass  das  Konsnlargericbtsbarkeit^gesetz,  seine 
Kebengesetze  und  das  Reichsgesetz  vom  4.  Mai  1870  in  den  Schutz- 
gebieten auch  auf  andere  Personen  als  ReicbsangehOrige  und  Scbutz- 
genossen Anwendung  finden  können.  In  den  s&mmtlichen  kaiserl. 
Verordnungen,  durch  welchen  das  Konsulargerlchtsbarkeitsgesetz, 
seine  Nebengesetze,  sowie  das  Reichsgesetz  vom  4.  Mai  1870  in  den 
einzelnen  Schutzgebieten  eingeführt  wurden,  ist  auch  bestimmt,  dass 
den  deutschen  Gesetzen  und  der  deutschen  Gerichtsbarkeit  alle  in  den 
Schutzgebieten  wohnenden  oder  sich  aufhaltenden  Personen  (deutsche 
Reichsangehörige  und  Angehörige  anderer  zivilisirter  Staaten)  mit 
Ausnahme  der  Eingeborenen  unterstellt  sind.  Die  Eingeborenen  den 
deutschen  Gesetzen  zu  unterwerfen,  war  insoweit  unzulässig,  als  sieb 
die  Häuptlinge  einzelner  eingeborener  Stämme  die  Gerichtsbarkeit 


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Die  ReobtoverbUteine  der  dentoeben  Sebatsgrebiete. 


29 


vertragsmässig  vorbehalten  haben,  im  üebrigen  aber  anthunlirh,  weil 
nnzivilisirte  Völkerschaften  nicht  ohoe  Weiteres  dem  ßeehte  eines 
zlvilisirten  Staates  unterworfen  weaden  können.  Inini*  rliin  sind 
sowohl  im  Gebiete  der  Xen-Gainea-Kompagni('  wie  der  Marecball- 
Ineeln  schon  einzelne  StratvororJnungen  für  die  Eingeltorenen  erlassen 
worden,  die  im  Uebrigeu  den  Vorschriften  der  Polizei-  und  Steuer^ 
gesetze  ebenso  unterworfen  werden  können,  wie  die  übrigen  Bewohner 
der  Schatzi;<'hietc. 

2.  Die  Finanzverwaltung.  Als  ein  Bestandtlieil  der  dem 
Kaiser  übertragenen  Schutzgewalt  steht  dem  Kaiser  die  Finanzhoheit 
all»  in  zu.  Der  Kaiser  hat  daher  das  Recht,  durch  Verordunng  in 
den  Schutzgebieten  Steuern  (direkte  und  indirekte),  Gebühren  nnd 
Taxen  einzuführen,  welche  auch  die  Eingeborenen  insoweit  zu  tragen 
haben,  als  sie  nicht  dnrch  die  von  ihren  Häuptlingen  abgeschlossenen 
Verträge  der  Besteuerung  seitens  des  Reiches  ausdrücklich  entzogen 
sind.  Insoweit  Theile  deutscher  Schutzgebiete  im  sogen,  kon- 
ventionellen Kougobeeken  liegen,  ist  das  Reich  in  seinem  Besteuerungs- 
rechte dnrch  die  einschlägigen  Vorschrillen  der  Eongoakte  (Art.  5, 
14,  15,  16)  beschränkt. 

Direkte  und  indirekte  Steuern  sind  bisher  begreiflicher  Weise  in 
den  Schutzgebieten  erst  wenige  eingeführt  worden.  Von  grösserer 
Bedeutung  sind  dagegen  die  Zölle,  weiche  in  Neu- Guinea  (Zoll- 
ordnung vom  30.  Juni  1888,  „Nachrichten  u.  s.  w  "  1RS8  S.  81), 
Kamerun  (Verordnung  vom  8.  November  1887,  „Kol.  Juhrl).**  1S90 
8.  286),  Togo  (Verordnung  vom  2ß.  Juli  1887,  „Kol.  Jahrb.«  1890 
S.  288),  vor  Allem  aber  in  dem  vom  Sultan  von  Sansibar  abgetretenen 
Kfistengebiete  erhohen  werden  (vgl.  §  6  des  Vertrags  mit  der 
Deutsch-ostafrikanischen  Gesellschaft  vom  20.  November  1890  und 
Bekanntmachung  vom  28.  Dezember  1890,  „Kol.-Blatt*  1891  S.  1). 

Da  die  Schutzgebiete  keine  selbstständigen  vermögensrechtlichen 
Persönlichkeiten  sind,  sind  die  in  denselben  aufkommenden  Ein- 
nahmen grundsätzlich  Einnahmen  des  Reiches,  wie  die  Kosten  der 
Verwaltung  vom  Reiche  zu  tragen  sind.  Auf  Grund  von  besonderen 
Vereinbarungen  werden  jedoch  die  Verwaltungskosten  des  Gebiets 
der  Xeu-Guinea-Kompagnie  von  dieser  Gesellschaft,  und  des  Schutz- 
gebiets der  Marachall-Inseln  von  der  Jaluit-Gesellschaft  in  ITamburg 
dem  Belebe  ersetzt.  Selbstverständlicher  Weise  werden  die  Kosten 
der  Verwaltung  der  Schutzgebiete  zunächst  aus  den  in  denselben 
aufkommenden  Einnahmen  gedeckt,  insoweit  nun  die  Einnahmen  zur 
Deckung  der  -Kosten  ausreichen,  erschehien  die  Einnahmen  und  Aus- 


80 


Di«  RechUverh&lUuaM  der  deutacheo  Sobutsgtbiet«. 


gaben  der  Schutzgebiete  im  Keichsliausbaltsctat  nicht,  da  der  Kaiser 
vermöge  der  ihm  zustehenden  Finanzgewalt  zur  selbststandigen  Fest- 
stellung des  Etats  der  einzelnen  Sdiutzge biete  befugt  erscheint.  J^iud 
jedoch  Zuschüsse  ans  Keichsmitteln  nothwendig,  so  müssen  dieselben 
vom  Biuidesralh  und  Keichstag  in  der  Form  des  Gesetzes,  sei  es  de« 
Haushaltsgesetzes  oder  Spezialgesetzes,  bewilligt  werden.  Ebenso 
können  Anleihen  zu  Gunsten  der  Schutzgebiete  nur  in  der  Form 
von  Kciclisgt'setzen  aufgenommen  werden,  weil  das  Reich  für  die  der 
selbstständigen  Rechtspersönlichkeit  entbehrenden  Schutzgebiete  als 
Schuldner  eintreten  muss  (vgl.  Stengel,  Die  Finanzgewalt  des 
Kaisers,  „Deutsche  Kol.-Ztg."  1891  S.  41  ff.). 

3.  Die  Verwaltung  des  Innern.  Es  bedarf  wohl  kaum  der 
Hervorhebung,  dass  in  den  Schutzgebieten,  wo  erst  die  Grundlagen 
der  Kultur  und  Zivilisation  zu  b'uen  sind,  eine  entwickelte,  ins 
Einzelne  gehende  Verwaltung  auf  dun  (lebicten  des  wirthsrliaftlicben, 
sozialen  und  geistigen  Lebens  noch  nicht  besteht.  Die  Maa>sn'gelu, 
welche  uetroften,  und  die  Einrichtungen,  welche  geschaffen  wurden, 
sind  daher  nur  Anfänge  und  Grundlagen,  auf  <lenen  weiter  zu  bauen 
ist.  Hervorzuheben  sind  eine  Anzahl  Verordnungen,  durch  welche 
theils  aus  sicherheitspolizeilichen  Gründen,  theils  im  Interesse  des 
Schutzes  der  Eingeborenen  die  Kinlüliriuii;  und  der  Verkauf  von 
Waffen,  Munition  und  Spirituosen  tiezw.  die  Verabfolgung  dieser 
Gegenstande  an  Kingcbnreiie  verboten  oder  beschränkt,  sowie  die 
Anwerbung  und  Auslüiirung  von  Eingei)orencn  aus  den  Schutzgebieten 
verboten  oder  unter  behördliche  Aufsicht  gestellt  wurde. 

Eine  zweite  Gruppe  von  Maassregeln  bezieht  sich  auf  die  Ent- 
wickelung  und  Hebung  des  Verkehrs  und  der  gewerblichen  Verhält- 
nisse, wie  die  Einführung  der  Markwiihrung  in  einzelnen  Schutz- 
gebieten, die  Herstellung  von  Postanstalten  und  die  Aufnahme  der 
Schutzgebiete  in  den  Weltpostverein,  die  Errichtung  von  Postdampfer- 
linieu  nach  den  Schutzgebieten,  die  Hafenordnungen  für  einzelne 
Uäfcn,  die  Regelung  »jinzelner  Gewerbebetriebe,  wie  des  Hergwerks- 
betriebcs,  der  Perlmutterlisciierei,  der  Gewinnung  von  (^uano  u.  dergl., 
der  Krtlieilung  von  gewerblichen  und  Handelspris ilegieu  aii  einzelne 
Unternehmer  in  Kamerun,  und  ähnliche  Maassregeln. 

Je  mehr  sich  die  Verhältnisse  der  Schutzgebiete  konsülidiren 
und  entwickeln,  um  so  mehr  wird  sich  natürlich  das  Gebiet  und  der 
Umfang  der  inneren  Verwaltung  ausdehnen. 

4.  Die  auswärtige  Verwaltung  und  die  Militär- 
verwaltung.   Die  auswärtige  Verwaltung,  soweit  sie  sich  auf 


Die  RMbttrerikUtniaM  der  deutschen  Scbutagebiete. 


31 


die  Schutzgebiete  bezieht,  wird  vom  Kaiser  bezw.  dem  Reichskauzier 
und  dem  Auswärtigen  Amte  besorgt,  die  kaiserl.  Beamten  in  den 
Schutzgebieten  haben  auf  diesem  Verwaltungsgebiete  keine  Zu- 
ständigkeit. In  Folge  dessen  sind  auch  völkerrechtliche  Verträge,  die 
sich  auf  Verhältnisse  der  Schutzgebiete  beziehen,  vom  Kaiser  ab/u- 
schliesscu.  (Vgl.  z.  B,  den  Vertrag  vom  25.  Juli  18i)0  zwischen  dem 
Deutschen  Keiche  und  dem  Kon^ijostaate  über  die  Auslieferung  der 
Verbrecher  und  die  Gewährung  sonstiger  Rechtshülfe  in  Strafsachen 
zwischen  dem  deutschen  Schutzgebiete  in  Afrika  und  dem  Gebiete 
des  Kongostaates,  „R.-G.-Bl."  1891  S.  91).  Der  militärische 
Schutz  der  deutschen  Schutzgebiete  wird  zuniü  hst  von  der  bewaffneten 
Macht  des  Mutterlandes,  namentlich  der  Marine,  besorgt.  Doch  ist 
bereits  der  Anfang  mit  der  Schaffung  deutscher  Kolonialtruppcn  ge- 
macht. So  wurde  in  Südwestafrika  eine  kleine,  zunächst  als 
Polizeitruppe  thätige  Schutztnippe  errichtet  („Kol.  Jahrb.*'  1888 
S.  152.  —  1889  S.  171,  —  1890  S.  156).  Ebenso  ist  durch  Reichs- 
gesetz vom  22.  März  1891  („R.-G.-Bl."  S.  53)  zur  Aufrei  ht haltung 
der  ötfentlichcn  Ordnung  und  Sicherheit  in  Dcutsch-Ostafr ika, 
insbesondere  zur  Bekämpfung  des  Sklavenhandels,  eine  Schutztrnppe 
errichtet,  deren  oberster  Kriegsherr  der  Kaiser  ist,  und  die  in  Bezug 
auf  militärische  Organisation  und  Disziplin  dem  Reichskanzler  (Reichs- 
Marineamt)  unterstellt  ist,  betreffs  der  Verwaltung  und  der  Ver- 
wendung sowohl  zu  militärischen  Unternehmungen,  als  aucii  zu 
Zwecken  der  Zivilverwaltung  dem  Gouverneur  von  Deutsch-Ostafrika 
und  weiterhin  dem  Reichskanzler  (Auswärtiges  Amt,  Kolonial- 
Abthcilang)  untersteht. 


f 


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J>ie  eyangelische 

Hlssionstliätigkeit  in  den  deutschen  Schutzgebieten. 

Rondschao  für  1890  bis  1891 

S.  WaUroth. 

lu  Togo  machte  das  deatsch-eiiglische  Abkommen  vom  1.  Jnli 
1890  einen  grossen  Theil  des  bisherigen  Arbeitsfeldes  der  Nord- 
dentschcn  oder  Bremer  Missiousgesellschaft  deatsch.  Während 
Eeta  und  die  Pi-ki -Landschaft  englisch  blieben,  kamen  die  fjrüheren 
und  jetzigen  Missiousstat Ionen  Ada  Fiamu  am  Meere,  Waya  am 
Todschieflass,  Ho  (Alt-Wcgbe),  Kpcngoe,  Madse,  Avatime  (Jerusalem) 
unter  deutsche  Botmässigkeit.  Dir  Bei^station  AmedscboThe  ist 
kürzlich  angelegt,  und  nun  richten  sicii  die  Blicke  nord-  und  ostwärts, 
um  dem  deutschen  Ewheland  das  Evangelium  zu  bringen.  Wohl 
reden  viele  Missionsgräber  ilire  ernste  Sprache,  wohl  wird's  noch  viele 
schwere  Opfer  kosten,  aber  die  bisherige  Geschichte  dieser  Mission 
lehrt:  durch  Finsterniss  znni  Licht.  Auch  neben  anderen  Sprach- 
arbeiten sind  im  Anlo- Dialekt  der  Ewhe-Sprachc  grundlegende 
Arbeiten  geschaffen:  Der  Wrirtteniberger  J.  B.  Schlegel  (f  1859) 
flbersetzte  die  vier  Evangelien,  die  St.  Johaniiishricfe,  Offenbarung; 
jetzt  sind  mit  üilfe  der  britisch-ausländischen  Bibelgesellschaft  das 
ganze  neue  Testament  und  vom  alten  verschiedene  Bücher,  wie  1.  und 
2.  Mose,  Josua,  Richter,  Ruth,  beide  Samuelis,  beide  Könige,  die 
Psalmen,  Jesaias,  Jeremias,  als  mühevolles  Werk  der  Missionare 
Binder,  Lödholz,  Merz  und  W»  vlie  veröftViitlichr. 

In  Kamerun  entwickelt  sich  die  Baseler  Mission  trotz 
mancher  Notb  und  Trübsal  hofihnngsvoU  und  zählte  am  1.  Januar 

')  Die  nächste  Randschau  wird  diese  Bremer  Mission  eingebender  behandeln. 


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Die  «TangeUscbe  Uissionsthätigkeit  in  den  deatschen  Schutzgebieten.  33 


1B91  im  Ganzen  256  8eelen  nebst  842  Sehfllom.  Leider  starben  im 
Laufe  des  Jahres  1890  vier  jonge  enrop&iselie  Sendboten,  Bastian, 
Arntz,  Narr,  Schmitt,  vom  Klima  dahingenfft;  aber  nach  Ans- 
ffillnng  dieser  Lücken  lurbeiten  angenbliddleh  12  Missionare  anf 
diesem  Gebiete.  Bethels  Nebenplfttze,  floss-anf-  und  abwärts  ge- 
gründet, scheinen  die  anf  sie  Yerwandte  sorgfältige  Mflhe  zn  ver- 
gelten, und  die  Mittelsehnle  in  Bethel,  eine  hdhere  Stoib  der  Volks- 
schnle,  jetzt  mit  etwa  30  Zöglingen  besetst,  sd)  kflnftige  Lehrer  und 
Katecheten  heranbilden.  Der  im  „KoL  Jalnb.*  1889,  100  nnd  1890, 
66  erw&hnte  Gegensatz  gegen  die  froheren  englischen  Baptisteo- 
gemeinden  der  Kamemmmssion  seheiBt  .sich  dadnroh  noch  steigern 
zn  sollen,  dass  die  deutschen  Baptisten  ihre  dortigen  Glaubensgenossen 
unterstfitzen  und  neben  den  Baselern  eine  besondere  Baptistenmission 
nnternehmen  wollen.  So  besteht  in  Bethel  eine  hartnäckige,  eifrige 
Sondermission  der  Baptisten,  ferner  in  Hickory  oder  Bonaberi  am 
Duallafluss.  Aber  der  Baseler  Schölten  konnte  anf  ehier  neuen 
Predigtreise  bis  zum  Slephantansee  naeh  Borombi  seine  Bolsdiafk 
ansdehnen,  und  in  Bakinda4HipNamwili  am  Mongolliiie  wollten  ¥er^ 
scMedene  Männer  den  GOtzendieost  aufgeben  nnd  die  Bilder  ver- 
brennen, aber  die  Altw  der  Stadt  aohlugeii  dieee  Regung  nieder.  In 
Tokoto,  siklUch  von  Bethel,  an  der  Wori-Mfindnng,  halten  die 
Ghriaten  nnter  Leüong  des  trenen  Kateehetoi  Deibol  tiets  allerlei 
Anfechtung  wacker  stand,  nnd  in  Mungo,  nahe  den  gefiüniichen 
Mangrove- Sümpfen,  sowie  der  Mungo -Mflndung,  hat  sich  das 
Gemeindkin  vergrössert,  eine  Kqielle  und  ein  Lehieihans  konnten 
errichtet  werden. 

Nördlich  vom  eigentlichen  Duallaland  eriiebt  sich,  dorchstrOmt 
vom  Abofluss,  das  Hügelland  gleichen  Namens  mit  der  Hauptstation 
Mangamba.  Ein  Boot  fthrt  von  hier  aus  nach  dem  Wariflnas 
hinauf,  um  hin  und  wieder  die  Heilsbotscfaaft  zu  verkündigen.  Seit 
zwei  Jahren  regt  es  sich  in  der  Umgegend  dieser  Stätte;  Jfinglinge 
und  Männer  wenden  sieh  entschlossen  vom  Heidenthum  ab,  bilden 
einen  Bund  der  „Männer  Gottes*^  und  halten  treu  fest  Einer  der- 
selben, Sohn  eines  Häuptliogs,  wurde  angeklagt,  die  Seele  seines  ver- 
storbenen Nachbars  gegessen  zn  haben;  vemrtheilt,  musste  er  nach 
dortiger  grausamer  Sitte  den  Giftbecher  als  Heide  trinken.  Da  be- 
kannte er  offen:  „Wollt  ihr  mich  um  des  Mannes  Gottes  willen  um- 
bhogen,  so  will  ich  gerne  sterben;  denn  ich  kenne  nichts  Grösseres, 
als  Ihn;  aber  ihr  werdet  sehen,  dass  Gott  mächtiger  ist  als  ihr.*"  Br 
erbrach  das  Gift  und  wurde  nun  f&r  schuldlos  erklärt  üm  so  enger 

KolenielM  JaSibodk  1891.  3 


34  evaiigeliscbe  Müsioiisthätigkeit  in  Uea  deatscbeu  ScbuUgebieten. 


scbloss  er  sich  dem  Ghristenihiim  an.   Zwar  wfitfaeten  die  Heiden, 

wollten  die  Kapelle  zerstören,  welche  vor  einiger  Zeit  erbaut  worden 
war,  und  zwar  unter  Mithilfe  der  eingeboreoen  Christen,  aber 
42  Personen  konnten  doch  im  letzten  Jahre  der  Gemeinde  hiuzu- 
^^efiigt  werden.  Interessant  ist  Walkers  Bericht  über  den  Kapellenbau 
(„Hi'idenbote''  1891,  29).  Die  Aboer  wollten  nicht  eher  arbeiten. 
al8  bis  sie  vom  Vortheil  der  Arbeit  vollkommen  überzeugt  waren. 
Kaclitlem  sie  gesehen,  dass  ein  Dnalhimann  einige  t^iusend  Backsteine 
verfertigt  hatte  und  dass  es  hierzu  nur  ein  wenig  Uebnnix  bedürfe, 
sie  aber  mehr  als  den  gewöhnlieiien  Tageiidm  verdienen  könnten, 
gingen  auch  die  Aboleute  an  diese  Arheit.  Kheuso  gings  beim  Sagen, 
wo  die  heidnischen  Aboer  noch  strikeu  wollten.  Anders  benahmen 
sich  die  Christen  in  Mangamba;  20  Männer  brachten  über  1000  M. 
für  den  Kapelleiiliau  zusammen;  Hunger  und  Durst  wurden  ertragen, 
und  ein  erfreulielier  Anblick  war  es,  sie  nach  des  Tages  Hitze  mit 
Säge  und  Heil  auf  der  Schüller  in  IJeih"  und  Glied  unter  Sang  und 
Klang  vom  Walde  am  Missionshaus  vnrheikonmien  zu  f-ehen.  üeber- 
haupt  wird  der  Gesang  eifrigst  gepllegt,  christliche  Lieder  pflanzen 
sich  von  MiHid  zu  Mund  fort,  und  der  \<in  den  .Missionaren  ein- 
geführte Gruss  ^Loba  lo  namse  na"  (Gott  segne  dich!)  findet  vieltach 
Eingang.  So  riefen  nicht  vergehlich  die  von  Missioiisfreunden  der 
Ueiniath  geschenkten  ersten  (ilorken  am  Christabend  zur  Andacht 
zusammen,  und  unter  grosser  allLicnieiner  Freude  konnte  die  Kiu- 
weihung  der  Kapelle^)  am  28.  Dezember  1890  durch  die  Taufe, 
welche  an  29  Personen,  darunter  an  nur  H  Kindern,  vollzogen  wurde, 
festlichst  begangen  werden.  .letzt  arbeiten  hier  zwei  Missionare,  sechs 
eingel)orene  Gehilfen  auf  der  Hauj^tstation  und  deren  zwei  Predigt- 
plützen,  sowie  fünf  iMÜalen.  Von  hier  aus  nn"issen  noch  fünf  andere 
Aussenplatze  brdient  und  Keisepredigt  in  der  umliegenden  Landschaft 
getrirlien  werden.  Mit  Recht  ruft  das  „Evangel.  Missions-Magazin" 
1891,  284  bei  dieser  Darstellung  aas:  »Die  Ernte  ist  gross  und  der 
Arbeiter  sind  wenige.'' 

An  der  Ambas-Bncht  erhebt  sich  Viktoria  als  die  HanptstaüoD 
der  Mission  am  Eamenmgeburge,  aber  nicht  nnbehelligt  durch  die 
Eifersflchteleien  der  Baptisten.  Am  17.  August  1890  erfolgte  die 
EiDweihung  der  neaen  Kirche,  zn  deren  Bau  Enropfter  und  Ein- 
geborene 400  IL  beitragen  and  Freunde  in  Europa  Glocken  und  die 


Kl«inere  Katten^Kapellen  wurden  an  siebeiL  Orten  dieses  StatloiMcebietes 
erriehtet 


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Die  evangelische  Hissioiutb&tigkeit  in  den  deutschen  Schutzgebieten.  35 


heiligen  Geräthe  sehenkten.  Am  Sonntag  darauf  worden  4  Personen 
getauft,  während  andere  anfangs  hoflhongs^oUe  Tanfkandidaten  ins 
Heidenthnm  znrficksanken.  Das  800  m  Aber  dem  Heere  in  den 
Bergen  gelegene  Bnea  besitzt  bereits  ein  bescheidenes  Missionshans, 
nnd  das  etwas  sndlicber  am  Meerstrand  erbaute  Bimbia  einen  ein- 
geborenen Helfer,  doch  zeigt  sich  die  Bakwiri-BevOlkerong  gegen  die 
Verkfindignng  des  Heils  sehr  gleichgfiltig.  —  Da  die  Baseler  im 
Malimbagebiet  am  Sannagaflnss  einige  Gemeindeglieder  in  Pflege 
haben,  ist  neuerdings  ancfa  das  diesem  benachbarte  Bakokogebiet  am 
KnakuanndSannaga-Zusammenflnss  mit  seiner  zahlreichen  Bevölkerung 
ffir  sp&tere  Arbeit  ins  Auge  gefasst. 

Eigenartig  ist  im  Duallagebiet  die  Sinrichtung  der  Tielen 
Aussenorte  und  Filialkapellen  auf  ▼erbältnissmftssig  kleinem  Raum. 
Ein  Hauptgrund  sind'  leider  die  häufigen  Feindseligkeiten  zwischen 
den  einzelnen  Stadttheüen  und  die  sonderbare  Art  des  Wohnens; 
denn  eigentlich  bilden  die  Ortschaften  dieser  Flassgegend  eine  einzige, 
nur  wenig  unterbrochene,  etwa  4  Stunden  lange  und  20  Minuten  breite 
Stadt,  deren  Häuser  weit  auseinander  liegen.  —  Als  Ilauptschäden 
ueiiiu'ii  die  Baseler  Missionare  neben  der  liranntvveinsenche  die  Viel- 
weiberei, verbiimien  mit  Erwerlnuii;  der  Weiber  dureli  Kauf  und  Krb- 
schafl,  die  hieraus  entstehende  innere  Zerrissenheit  der  Familien  und 
iinssere  Ahiiiingigkeit  vom  Hei(h^nthnm,  Skhiverei  oder  Leibeiirensrljatt 
nnd  die  dadureh  ermötilirhte  Tr;ii;heit  gewisser  Klassen.  Ans  dieser 
Trägheit  ert;iebt  sieh  hinwiederum  das  bei  den  i)uaüa  su  geliirehtete 
Ung''thüni  namens  ,,lluni;er'',  dem  sie  unter  den  jetzigen  Verhältnissen 
nicht  mehr,  als  ehedem  ohne  Arbeit  dnreh  den  Handel  steuern  konnten. 
Hieraus  entspringt  zum  Tiieil  au«h  die  Unzufriedeniieit  mit  den 
]H)litiseheii  Zustäudeu  uud  das  „Wühlen"  gegen  die  deutsche 
Herrschaft. 

Das  ^Kol.  Jahrb."  I88S,  29  orwalnit.'  Alfred  Saker"s  wenn 
auch  noch  mangelhafte,  nnbeholfene.  so  (Inch  stannenerregeiide  Urber- 
setzniig  der  Bibel  ins  Jjnalla.  Der  nahen  lsubn-S[>rache  gab  der 
Baptist  Joseph  Merrick  1840  zu  Bimbia  das  Mattiiäns-Evang'  lium 
und  1847  das  1.  Buch  Mösls,  sowie  Johannes  Evangelium  und  die 
Apostel  licsrliichte. 

Die  Arbeit  der  amerikanischen  Presbyterianer  in  (Jross- 
Batanga,  siullich  von  Kamerun,  gedeiht  siciitlich,  wenn  auch  der 
Mangel  an  genügenden  Arbeitskräften  eine  erwünsclite  Ansdehnung 
ins  Inland  hinein  verhinderte.  Sowie  Verstärkung  des  Personals  ein- 
getroHeu  ist,  wird  auch  diese  begonnen.    Bei  gutem  Kirchen-  imd 

3* 


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36      ]>ie  «vanfelitehe  Miiriftnrthlrtgkeit  In  dm  deataehMi  SebattgtbielaD. 


Schulbesuch  koiinto  eine  grössere  Aii/ahl  Eingeborener  darch  die 
heilige  Taufe  der  Genieiiule  hiazugefügt  werdeu. 

Wenden  wir  uns  nun  nach  Südwestafrika,  und  zwar  zunächst  zum 
Ovamboland.  Nach  den  Unruhen  der  vorhergehenden  Jahre  konnte 
die  finnische  Missionsgesel Iseliaft  ihre  Arbeit  fortsetzen,  zu 
Olukonda  wurde  am  29.  September  1890  die  Kirche  eingeweiht, 
zu  Onipa  die  Taufe  an  29  Personen  vollzogen  un  i  auch  zu  Omaruru 
der  Unterricht  weiter  geleitet.  Im  Ganzen  giebts  auf  diesem  Felde 
230  Gemeindeglieder,  darunter  87  Abendmahlsgäste.  Auf  Grund 
einer  besonderen  Einladung  ging  der  Missionar  Weikkolin  ins  be- 
freundete Nachbarreich  Uukuambi.  Leider  klagen  auch  im  Ovambo- 
land die  Sendboten  über  die  zunehmende  Branntweiupest.  In  der 
dem  llerero  verwandten  0-Ndonga-Sprache  dieses  Gebietes  ist  1^84 
durch  Björklund  das  Lukas-Evangelium,  durch  M.  Kautanen  der 
Matthäus  und  Markus  nebst  den  Psalmen  erschienen  und  kürzlich  neu 
durchgesehen.  —  Die  zwei  für  das  Ovamboland  bestimmten 
rheinischen  Missionare  haben  in  Stellenbo^eh  die  hierzu  er- 
forderlichen Sprachstudien  getrieben  und  werden  bald  nordwärts 
ziehen.  Dies  führt  uns  zu  deu  rheimscheu  Arbeitern  im  üerero- 
oder  Damaraland. 

Die  deutsche  Regierung  hatte  hier  einen  schweren  Stand;  der 
KeichskoDiinissar  Dr.  Göring  musste  es  ansehen,  dass  vor  seinen 
Augen  Otyinibingue  vom  frechen  Hendrik  Witbooi  abgebrannt 
wurde.  Der  am  7.  Oktober  1890  erfolgte  Tod  des  heidnischen  Ober- 
häuptlings  Maharero  hat  bisher  keine  tiefgreifenden  Folgen 
fürs  Land  gehabt;  aber  solange  die  Kriegs-  und  Raubzüge  do.s 
Witbuoi,  vielleicht  anf  geheiinnissvolle  Weise  vom  Kaj)  her  mit 
Munition  unterstützt,  andauern,  und  solange  nicht  Deutschlunds  Ali 
sehen  in  diesem  Theil  Afrikas  wiederhergestellt  ist,  kann  an  eine 
ruhig«'  Missinnsarbeit  nicht  gedacht  werden.  Letztere  gestaltete  sich 
anf  den  einzelnen  Plätzen  sehr  verschieden,  und  die  geistliche  ße- 
wegung  in  den  Gemeinden  hat  sieh  in  dersellien  Stärke  wie  im  Vor- 
jahr nicht  erhalten.  Auf  Otyinibingue  herrschte  viel  Sorge  und 
N(*tii,  und  im  geistigen  Lehen  der  Gemeinde  ein  Steigen  und  Fallen; 
doeh  hielt  sich  das  Häuflein  der  entschiedenen  Christen  tapfer,  und 
die  deutsche  Sonntagsschule  wurde  von  Fräulein  Hälbich  mit  trrosser 
Treue  geleitet.  Auch  eine  Nähschule  konnte  für  junge  Mädchen  be- 
gonnen werden,  welche  einem  grossen  Bednrfniss  abhalf.  —  Wenig 
befriedigend  gings  in  Omaruru  her;  Fortzug  der  Gemeinde,  grosse 
DüiTO)  wirklich  und  geistig,  liess  die  meiste  Zeit  des  Jahres  über 


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Die  evangelische  Uissioiutb&tigkeit  in  den  deutschen  Scbutzgebi-  ten.  37 

diese  Station  h»t  ganz  leer  stehen;  erst  gegen  Ende  des  Jahres  kam 
die  Schnle  wieder  in  Ordnung.  Okomhahe  wnrde  nnr  von  den 
Aeltesten  und  Schnllehrem  ohne  einen  Missionar  versorgt.  Ombnro 
hiDgegeD  erhielt  seinen  Sendboten,  die  Zahl  der  Eatechnmenen  nnd 
Schüler  wnchs,  doch  bereitete  der  H&nptliDg  dem  Fortgang  des 
Ohristenthums  mancherlei  Hindemiss.  Otyikango  oder  Nenbarmen 
ist  eine  Filiale  von  Okahandy a  geworden.  Letzterer  Ort  ist  als 
Sitz  des  Oberhäuptlings  nnd  Hauptstadt  des  Hererolandes  die  Hanpt- 
stätte  der  Mission  geworden,  auch  ist  das  Augustinenm  oder  die  Er- 
ziehungsanstalt der  ein£?eborenen  Lehrer  und  Predieer  von  Otviinbingue 
hierhin  verlegt.  80  Heiden  empfingen  die  heilige  Taufe,  der  ein- 
geborene Evangelist  Elias  arbeitet  unter  dem  Kambazembisrhen 
Stamme  auf  Okandyoze  mit  sichtlichem  Geschick,  Fleiss  und  Segen, 
und  auch  die  Berg-Damara- Gemeinde  hielt  sich  wacker.  Von 
Otyosazu  aus  erfolgte  die  Vorbereitung  der  neuen  Station  in  Nosob, 
und  die  Missionsarbeit  gedieh  zur  grossen  Freude  des  Missi(»nars 
Eich:  Ende  Oktober  kam  Irle  aus  Deutschland  mit  neuer  Kraft  zur 
Verstärkung  zurück.  —  I)ennoch  muss  es  wiederiiolt  werden,  dass 
die  Versclilechterung  der  äusseren  Lage  des  Landes  leider  sehir  Daeh- 
theilig  auf  die  Arbeit  unserer  deutschen  Brüder  wirkt. 

Das  ganze  Neue  Testament  und  die  Psalmen  sind  durch  den 
Missionar  Brinker  ins  Herero  übersetzt  worden;  jetzt  gieht 
es  hier  7  Missionsstationen,  0  Missionare,  2520  (lenieiüdeglieder, 
283  Katechumenen,  8r)2  Tages-  und  59  Sonutagsschüler. 

Im  Namaland  hat  der  Reichskommissar  Hr.  (löring  die  letzten 
drei  südlichen  Gebiete:  Keetmannshoop,  Feldschuhträger  nnd  Warmbad 
unter  deutschen  Scliutz  gestellt.  Der  Feldschniitriigcrstamm  hatte 
seine  schon  seit  Jahren  wiederholt  ausgesprocliene  Bitte  um  einen 
Missionar  dringend  erneuert;  andererseits  dehnte  der  freche  oben  ge- 
nannte Hendrik  Witbooi  seine  Kaubzüge  auch  bis  in  den  Südtheil 
des  Xamalandes  aus.  Viel  mehr  Deutsche,  Holländer  ziehen  ins  Land, 
und  bereitwilligst  verkaufen  die  Nama  ihr  Gebiet  den  neuen  Ein- 
wanderern. Hoffentlich  bleibt  den  Eingeborenen  ein  hinreichend 
grosser  Antheil  des  Landes  reservirt,  wo  sie  allerdings  auch  mehr 
arbeiten  und  sich  in  die  neuen  Verhältnisse  schicken  müssen;  denn 
in  der  alten  Nachlässigkeit  und  Trägheit  dürfen  sie  nicht  beharren. 
Besuchen  wir  nun  die  einzelnen  Stationen:  In  Warmbad,  wo  am 
21.  AngQSt  die  deutsche  Flagge  gehisst  wurde,  war  der  Eirchenbesnch 
gnt,  aber  es  mangelte  an  der  Vertlefong  in  Gottes  Wort  nnd  bei 
manchem  an  standhaftem  Christenwandel.    Anf  der  Bastardstation 


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38  avaiiReUsehe  lllitioiuthiti^keit  ia  den  d»tttaeben  Selratigebieten. 


RietfoDteiii  konnto  dor  junge  Häuptling  nebst  zweien  seiner  Bruder 
^etüiift  werden  nud  auch  bis  zu  den  Bakkalahari,  d.  b.  den  Stämmen 
der  Kalabaristeppe,  sollen  die  Missionsreisen  ausgedehnt  werden.  Auf 
Keetmannshoop  erhielten  am  Palmsonntag  1890  aus  den  Heiden 
59  Seelen  die  heilige  Taofe  und  im  Gehilfen-Seminar  gings  rüstig 
vorwärts;  leider  aber  zerstörte  am  "26.  Oktober  ein  gewaltiger 
Wolkenbroch  sämmtliche  Gebände,  ein  hier  onerbörteB  Ereigniss.  In 
ßerseba  erhielt  die  Gemeinde  zu  Pfingsten  einen  Zuwachs  von 
32  Personen,  und  ausgedehntere  Reisen  führten  den  Missionar 
liege  ner  zo  VMW^hiedenen  entlegenen  Ortschaften.  l?am  in 
Bethanien  wurde  schwer  krank,  erlebte  aber  die  Freude,  20  Er- 
wachsene zu  taufen.  Auch  zu  Gochas  gings  vorwärts;  33  Erwachsene 
und  40  Kinder  wurden  der  Gemeinde  hinzugefugt  und  die  Schule 
zählte  sogar  159  Kinder;  hingegen  i.st  Hoachanasvom  rothen  Volke 
ziemlich  verlassen,  und  auf  Rehoboth  giebts  zwar  eine  starke,  aber 
nnter  sich  sehr  uneinige  Bastardgemeinde;  da/n  sind  die  Leute  sehr 
verarmt.  Aber  doch  erlebte  Missionar  Heidninnn  an  manchem 
Sterbebette  köstliche  Erfahnmgen.  Mit  Einschluss  der  englischen 
Walfiöchbai  giebts  9  Missionsstationen  mit  9  Missionaren,  4898  Ge- 
meindegliedern, 1017  Tages-  und  320  Sonntagsschüh  m. 

Auch  in  die  Namasprache  ist  die  Bibel  übersetzt;  schon  1818 
übertrug  Schmelen,  der  deutsche  Missionar  der  Londoner  Gesell- 
schaft, Theile  des  Neuen  Testaments,  z.  B.  die  Evangelien  nebst  den 
Psalmen,  aber  ohne  die  sonderbaren  Schnalzlaute  wieder/nir«  Im  ii  Der 
rheinische  Sendbote  Knudsen  ans  Norwegen  überarbeitete  das  Lnkas- 
Evangelinm;  aber  viel  bedeutender  ist  Krönleins  Werk,  1866  das 
Neue  Testament  (Berlin),  die  Psalmen  (Kapstadt  1872)  und  hand- 
schriftlich das  1883  vollendete  Alte  Testament,  dessen  Druck  unter- 
blieb, weil  die  Nama  lieber  Holländisch,  als  ihre  eigene  schwierige 
Sprache  reden  und  besonders  lesen. 

Ostafrika  erfordert  unser  besonderes  Interesse;  hier  ist  zwar 
das  Meiste  im  Werden  und  Entstehen,  aber  mit  grosser  Freude  ist 
der  Aufbruch  zweier  bewährter  Missionsgesellschaften,  der  Brüder- 
gemeinde und  der  Berliner  1.  begrüsst%  Zwischen  beiden  ist 
folgende  Vereinbarung  getrofl'cn  worden:  „Im  Norden  des  ^yassa* 
Sees  in  nicht  allzu  grosser  Entfernung  von  einander  sollen  die  ersten 
Stationen  angelegt  werden.  Für  die  weitere  Arbeit  wollen  sie  vor- 
behaltlich der  Führungen  Gottes  nugofähr  den  34.  Längenerrad  ö.  L. 
als  die  Grenze  bestimmen,  von  welcher  ab  westlich  die  Brüder- 
gemeinde nnd  östlich  Berlin  I  ihr  Arbeitsgebiet  suchen  soll.  ~  Sie 


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Die  evaofreHiehe  Missionstliitii^eit  in  den  dentseben  Sehnttgebieten.  89 


wollen  einander  bei  ihrer  Arbeit  gegenseitig  förderlich  und  bchilflieb 
eein  und  einander  dieneo,  wo  und  wann  sie  können.**  Vier  jonge 
Herrntinter.  in  entgegenkommendster  Weise  seitens  des  AnswftrtigeB 
Amts  in  Berlin  mit  Empfehlungen  n.  s.  w.  versehen,  langten  am 
20.  Mai  1891  in  Quelimane  an  nnd  werden  nnn  wohl  bald  an  Ort 
Dnd  Stelle  sein.  In  der  Landschaft  Ukakwe,  dem  Gebiet  der 
Awakukwe,  nnd  zwar  zu  Rungwe,  soll  die  erste  Niederlassung  er- 
richtet werden.  Diese  Stätte  liegt  etwa  halbwegs  zwistcheu  dem 
Hnkwa-  oder  Leopold-See  nnd  dem  Nyassa  in  ungefähr  7000  Foss 
Höhe. 

Di«>  Missionsgesellschaft  Berlin  I  missionirte  bisher  in 
Sfldafrika,  nämlich  der  Kapkolonie,  Orangefireistaat,  Natal  und 
Transvaal,  sowie  in  China,  und  sendet  nun  auch  ins  deutsche  Ost- 
afrika ihre  Boten  hinaus.  Der  bekannte  und  sehr  bewährte  Missions- 
snperintendent  Alt'xaiKlrr  Mcrensky  leitet  diesen  Zog  zom 
Nyassa  nnd  seinen  bergigen  Nordufern;  unter  den  Satzungen  ihrer 
Instraktton  behandelt  die  achte  die  direkte  Missionsarbeit  und  die 
nennte  das  thatsächliche  Einschreiten  gegen  den  Sklavenhandel. 

Die  Ostafrikauische  Missionsgesellschaft  oder  Berlin  III 
verlegte,  nachdem  Sansibar  englisch  geworden  und  das  Bedürfniss  in 
der  Hauptstadt  dieser  Insel  nicht  mehr  vorhanden  war,  nach  darauf 
bezüglichen  Verhandlungen  mit  dem  Auswärtigen  Amt  das  Kranken- 
hans nach  Dar-es-Salaam,  wo  der  Neubau  nnd  die  erste  £inrichtnng 
begonnen  hat. 

Hier  hatte  der  treue  Grein  er  unter  schwerer  Arbeitslast  das 
Hissionsgebäude  zum  zweiten  Maie  aufgeführt,  naehdoni  der  Krieg 
das  erste  zerstört  hatte.  Ungefähr  800  Morgen  Grundstück  wurden 
zu  einem  verhältnissmässig  billigen  Preis  für  die  Mission  erworben 
nnd  die  letzten  Spuren  des  Aufstandes  und  der  schworen  Kriegs- 
wirren verwischt.  Nun  geht's  in  die  eigentliche  Missionsarbeit  hinein, 
doch  sind  G reiner  s  Kräfte  so  geschwächt,  dass  er  zur  Erholung 
Deutschland  aufsuchen  muss. 

Unterdessen  versuchte  Krämer  in  Usanibara^  und  zwar  in  dem 
Hafenort  Tanga,  eine  zweite  Station  einzurichten.  Am  6.  Juli  1890 
langte  er  dort  an  und  errichtete  auf  einem  erkauften  steinernen 
Unterbau  ein  Holzhaus.  Am  6.  Angnst  kam  seine  Frau  als  erste 
Weisse  nach  und  erregte  das  Staunen  der  Bewohner.  Bald  darauf 
begann  die  Schale.  Die  Inder,  als  geborene  Geschäftsleute,  werden 
schon  um  äusseren  Vortheils  willen  ihre  Kinder  hinsenden,  schwerer 
die  fanatischen  Araber.  Leider  können  die  Kinder  nicht  fertig  Suahili, 


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40     Die  «vangtlMeh«  HiisionsÜiltigkeit  io  den  deutschen  8cbnt«gtbiAt«i. 

80  dass  oft  Arabisch  dazwischen  geredet  wird.  Vorläufig  wird  in 
Snahili  unterrichtet  und  in  dieser  Sprache  auch  der  Gottesdienst  und 
die  Morgenandaclit  abgehalten.  Das  Weihnachtsfest  fand  die  Missions- 
familie  im  neuen  Hause,  und  einige  Arbeiter  aus  der  benachbarfeu 
englischen  Mission  von  Magila  lasen  die  Weihnachtsgeschichte  vor, 
woran  der  Missionar  die  Erbauung  knüpfte.  Jetzt  sind  seit  März 
drei  neue  Gehilfen,  nämlich  Meinhardt,  Johannsseu  uod 
Wohlrab  ebenfalls  in  Tauga,  und  so  konnte  an  eine  Weiterführung 
des  Werkes  gedacht  werden.  Am  1.  April  1891  wurde  eine  ünter- 
suchungsreise  ins  Land  Usambara,  und  zwar  in  die  Landschaft 
Kwambugu  hinein  nnternommeo.  Nach  dem  Marsch  durch  die  Nyika, 
jene  fast  unbewohnte,  meiienlange  und  -breite  Steppe,  gelangt  man 
ins  grosse  Dorf  Mlalo^)  des  Häuptlings  Si  Kiniasi;  tief  im  Grund 
am  Fasse  des  Bergkegels  rauscht  der  ümba,  welcher  sich  von  hier 
nordwärts  und  dann  östlich  znm  Meer  wendet.  Si  Kioiasi  gab  die 
Erlaubniss,  an  dem  Yon  den  Sendboten  ausgesuchten  Högel  eine 
Missionsoiederlassnng  zn  errichten;  er  schien  allmählich  Vertranen 
zu  gewinnen  und  versprach  sogar,  Bauholz  schlagen  zu  lassen.  Nach 
einer  7tfigigen  Rückreise  waren  die  Missionare  am  22.  April  wieder 
in  Tanga. 

Unter  den  englischen  Missiousgesellschaften  des  deutschen 
Ostafrika  hat  die  der  Schottischen  Freikirche  eine  Station 
in  Kararamuka  auf  dem  Nordende  des  Nyassa.  Bekanntlich  ar- 
beiten  zwei  schottische  an  diesem  See;  die  eine,  die  der  schottisciien 
Staatskirche,  mit  dem  llauptort  Blantyre  im  Shirehochland,  nahe  dem 
Kilwa-See,  E^oht  uns  hier  nichts  an;  die  andere,  die  der  schottischen 
Freikirche,  wirkt  audi  im  Süden  und  im  Westen  des  Nyassa  mit 
dem  Hauptort  Bandawe  (etwa  12°  s.  B.),  nachdem  Livingstonia'^)  am 
Kap  Macloar  ^gesundheitshalber  aufgegeben  ist.  Seit  15  Jahren  hier 
thütig,  besitzt  sie  nur  16  Slatinneu  und  Aussenplätze  in  einem 
Flächenraum,  grösser  als  Sehotthmd.  Sechs  Sprachen  der  Ein- 
geborenen sind  in  Si-lirift  gebracht^),  eine  Anzahl  neuer  Schulen  er- 
richtet, über  3000  Kinder  stehen  im  Unterricht;  auch  in  Gartenarbeit, 
Tischlerei,  Buchbinderei  u.  s.  w.  werden  die  Eingeborenen  unter- 
wiesen.  Gewiss  sind  das  für  Afrika  gesunde,  weil  langsame  Fort- 

•)  Vgl.  Pelermann,  gegr.  Mitte  1889,  Tafel  IG. 

-')  Zu  £brea  Li  viugütone'd  bo  genauLt,  wie  dena  auch  diese  Minloil  kurzweg 
LiTingstonU'Mittion  heisst 

*)  Beeonden  durch  die  UlesioMre  Lawt,  Bain  und  Blmslie. 


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Die  enagditch«  UiasiOMtbitlgkflit  in  den  devtechea  Sebntigebieten.  41 


sehritte.  Von  Gowa  (etwa  15*^  8.  Br.)  stehen  sich  am  Westnfer  dee 
Nyasea  entlang  bis  zum  Kond»-Land  im  Norden  dieses  Sees  die 
lOssionsstätten  dshin  nnd  enden  auf  dentschem  Gebiet  mit  dem  oben- 
genannten Kararamnka^).  Bereitwilligst  hat  Kerr-Gross,  der 
schottische  Uissionar  der  letzteren  Station,  seine  Hilfe  den  Herm- 
hntem  bei  ihrem  neaen  Unteznebmen  im  nahen  Bongwe  angeboten. 
Gerade  diese  Gegend  wird  ein  hoffnungsvolles  Feld  für  die  Mission, 
will's  Gott,  werden.  Von  hier  werden  also  Berliner,  Hermhnter  nnd 
Schotten,  sich  frenndlich  die  H&nde  reichend,  weiter  dringen,  die 
letzteren  als  erfidirene  Berather  der  beiden  nen  Angekommenen. 

Die  anglikaiiisclie  Universitäten-Mission  wirkt  im  östlichen 
Nyassagebiet,  aber  in  dessen  portuj?iesischem  Theil.  Doch  sei  ihr 
Missionsdampfer  „Charles  Janson",  65  Fuss  lang,  12  breit,  mit  zwei 
Masten,  Segeleinrichtung  und  zwei  Maschinen,  nicht  unerwähnt:  hat 
doch  auch  er  seit  1886  auf  den  Wellen  des  Nyassa  der  Ausbreitung 
des  Heiches  Gottes  und  der  Kultur  fast  bis  zum  Nordufer  hin  gedient.') 
—  Ein  zweites,  nur  deutsches  Arbeitsfeld  dieser  Gesellschaft  ist  der 
R()  vu III a- Bezirk  mit  den  Hauptstationen  Masasi  und  Newala,  ausser- 
dem Chitangali  und  Lumanga;  hier  ist  kürzlich  der  erste  Afrikaner 
zum  Geistlichen  ordinirt.  Das  dritte  Gebiet  ist  das  auch  von 
Berlin  III  missioiiiite  I  sambara,  mit  der  Hanptstation  Magila  und 
andern-^),  im  Boiuleilaiide.  Besonder«^  Sorgfalt  wird  auf  die  Schüler 
verwandt  und  mit  Erfolg;  denn  600  Kinder  konnten  hier  unterrii  litet 
werden,  von  denen  manche  unter  Bäumen  ihre  Spielgenossen  weiter 
lehren.  Mit  Einschlnss  der  Arbeit  auf  Sansibar  zählt  diese  Gesoll- 
schaft etwa  17  ordinirte  Missionare,  20  I.aien,  20  niiverheirathele 
Damen,  2400  bekehrte  Heiden.  Ein  besonderes  Gewicht  wird  auf 
die  zivilisatorische  Thatigkoit  gelegt;  eine  Herbeiziehung  von  Xational- 
gehilfen  als  selbststäntliirt  n  Mitarbeitern  ist  schon  desshalb  noth- 
wendig,  weil  die  Znsamuienschaarung  der  vereinzelten  ('bristen  und 
die  Anlegung  eines  christli<}ien  Dorfes,  in  welchem  der  Missionar 
Hirte  und  gewissermaasseu  Häuptliog  io  einer  Person  ist,  sich  iu 

Die  in  der  vorigen  Riinfischau  (.Kol.  Jahrli."  1890,  80)  erwähnten  Stationen 
Uwiuiwauda  und  'iscbinga,  u&be  der  Steveusou-ölrai^e  (vgl.  Globus  ÖÜ,  3)  liegen, 
wi«  seboB  damaU  berichtet,  auf  englischem  Gebiet.  Daa  dort  genannte  Midinda  iit 
dasselbe,  «ie  Kararamuka  am  Kawtraflnss  im  Bundatiland  auf  der  Ukukwe- 
boebebene. 

^  Ausserdem  hat  die  Mission  einen  kleinen  Dampfer  «Charlotte*  nnd  ein 
Boot  auf  diesem  See. 

^)  Nimlich  Uuiba,  Mkuzi,  Misoxwe,  Msulaka  und  neuerdings  Ngagadu. 


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42      Die  •tangeUsehe  JUsaioutbitigkeit  in  den  dentsehen  Scbvtsgebieten. 

Miitolafrika  dnrehans  nicht  bewährt  hat  In  Usambara  litt  die 
MiBsion  sehr  unter  dem  Aufstand;  aber  naeb  dem  Frieden  ist  ein 
sehr  gutes  Verhältniss  zwisehen  diesen  Missionaren  und  der  dentsehen 
Eolonialregiemng  entstanden.  Ueberhanpt  ist  die  erste  Besorgnisse 
dass  bei  den  nationalen  Gegensätzen  und  den  nenen  Verhältnissen 
Ostaftikas  ein  gegenseitiges  Zusammenwirken  sehr  erschwert  werde, 
völlig  geschwunden.  Der  englische  Missionar  wird  den  deutschen 
Koloniidbeamten  achten  und  schätzen  lernen,  und  umgekehrt  Der 
Bischof  dieser  Üniversitäteu-Mission,  Smythies,  reiste  nach  Berlin, 
unterhandelte  mit  dem  deutschen  Reichskanzler  und  wurde  auch  dem 
Kaiser  und  der  Kaiserin  vorgestellt  Se.  Majestät  empfahl  dem 
Bischof  einheitliches  Wirken  der  christlichen  Missionare  gegenfiber 
der  Macht  des  Islam  und  des  fieidenthums. 

Die  Londoner  Missionsgesellschaft  hat  in  Centraiafrika 
auf  englischem  Gebiet  am  Südufer  des  Tanganyika  die  Station 
Niumkorlo,  etwas  östlich  davon  Fwambo  und  auf  deutschem  das  be- 
kannte Urambo.  Seitdem  die  deutsche  Herrschaft  sich  uberall  be- 
hauptet hat,  kehrt  Sicherheit  und  Friede,  am  Tanganyika  ein,  so 
dass  Missionar  Svann  das  äusserste  Nordende  dieses  Sees  besuchen 
konnte.  Leider  erlitt  Urambo  am  10.  September  1890  durch  die 
Bache  eines  zurückgewiesenen  Eingeboronen  eine  schwere  Feuers- 
bruust,  wodurch  das  Missionshaus  mit  gesammtem  Inhalt  und  darunter 
die  Handschriften  des  Sendboten  Shaw,  vernichtet  wnrde,  so  sein 
Ki-Njamwesi -Wörterbuch  und  die  Uebersetzung  des  Markus-  und 
Lukas-Evangeliums.  Die  Arbeit  aber  dieser  Stätte,  wo  nun  auch 
unsere  deutsclie  Flagge  weht,  liegt  noch  zu  sehr  in  den  Anfängen, 
als  dass  schon  Frfichte  zu  erwarten  wären.  T.  F.  Shaw  und 
W.  Draper  arbeiteten  tapfer  vorwärts,  machten  auch  Predigtreisen 
nach  Eanongo  nnd  Kirira,  etwa  15  engl.  Meilen  nordwestlich,  und 
fanden  bei  den  Häuptlingen  gute  Aufnahme.  Als  der  neue  Mit- 
arbeiter, Missionsarzt  Dr.  Wolfendale,  durch  Ugogo  nach  Urambo 
reiste,  wnrde  er  aus  den  Händen  der  Eingeborenen  nur  durch  eine 
nahe  deutsche  Karawane  gerettet  und  gelangte  gläckiich  ans  ZieL 
Uebrigens  loben  die  Londoner  das  dortige  Klima. 

Da  Uganda  der  deutschen  Macht  verschlossen  bleibt,  werden  wir 
von  nun  an  die  Arbeit  der  Englisch-kirchlichon  Mission  nur 
auf  dem  deutschen  Gebiet,  &Uo  an  der  Südhälfte  des  Viktoria-Njansa 
oder  ükerewe  verfolgen.  Doch  ist  zu  bedenken,  dass  die  Haupt- 
Station  am  Nordufer  auf  englischem  Gebiete  liegt  und  es  erst  abzu- 
warten ist,  in  wie  weit  diese  Missionsthätigkeit  auf  den  deutschen 


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Die  evangelische  Misäiouüth&tigkeit  in  den  deutschen  Schutzgebieten.  43 


üfem  sich  ausbreitet  Naeh  gefährlicher  Reise  durch  Ugogo  erreichte 
der  neue  Bischof  Tncker  am  18.  Oktober  1890  üsambiro  oder 
Makolo  am'Sfidufer  des  Sees,  wo  am  14.  November  Missionar  Hunt 
und  am  21.  d.M.  Bunn  starben;  so  giebts  hier  schon  fünf  Missions- 
gräber als  Saatkorn  der  Zukunft.  Eine  neue  Verstärkung  der 
Arbeiter  erfolgte  vor  Kurzem,  um  diese  Unyamwesi-Mission 
kräftiger  durchzufahren.  Denn  der  Boden  ist  hier  hart,  und  eine 
Unterredung  mit  den  Eingeborenen  fiber  ernste  Dinge  errefct  oft  nur 
stfirmisches  Gel&cbter.  Nasa  am  Speke-Golf  liegt  gesund  und 
frnehtbar,  auch  die  Bevölkerung  ist  zutraulicher,  musste  aber  vor- 
Uufig  als  Station  wieder  aufgegeben  werden.  —  Am  Eilimancyaro 
besitzt  diese  Missioosgesellschaft  im  Dschaggaland  die  Station 
Moschi,  wo  der  ehrgeizige,  schlaue  Mandara  gebietet,  und  die  Send- 
boten Morris  und  Steggal  unter  dem  Schutz  der  im  Februar  1890 
gehissten  Flagge  einige  Schiller  unterrichten,  auch  dem  Nachbarstaat 
Mworang  die  Heilsbotschaft  zu  verkQndigen  suchten.  Neuerdings 
hindert  Mandara  diese  Arbeit  und  umstellt  die  Missionare  mit 
Spionen  und  allerlei  Trug.  Doch  wurden  fast  2000  Kranke  ftrztlich 
behandelt 

Die  dritte  Missionsabtheilnng  der  Kirchlichen  Gesellschaft  ist 
Usagaramit  den  St&tten:  Mamboja,  Mpwapwa  und  Kisokwe. 
Während  jenes  Aufstandes  genossen  die  Missionare  das  volle,  feste 
Vertrauen  der  Eingeborenen.  Zwar  zerstörte  Buschiri  am  8.  Juli 
das  Mpwapwa,  aber  Missionar  Price  war  gerade  im  nahen  Kisokwe, 
und  uachdem  die  Deutschen  die  Ruhe  wieder  hergestellt  hatten, 
wurden  die  Gebftude  mit  bereitwilligster  Hilfe  der  Wagogo  wieder 
aufgerichtet  Nach  all'  den  Kriegsunmhen  scheint  eine  fär  Gottes 
Wort  empfänglichere  Zeit  anzubrechen;  der  durchreisende  Bischof 
Tuck er  konnte  allein  in  Kisokwe  dreissig  konfirmiren.  —  Hinsichtlich 
der  Bibelfibersetzungen  sei  bemerkt,  dass  das  Lukas-Evangelium  ins 
Ka-Guru  oder  Ngaru,  der  Matthäus  ins  Gogo,  desgleichen  die 
andern  Evangelien  und  die  Apostelgeschichte  durch  Price  und 
H.  Gole  fibersetzt  sind  und  durch  Wood  Bibeltheile  ins  Ki-Megi. 
Archidiakonus  Farler  veröffentlichte  das  Matthäus-  und  Lukas- 
Evangelium  in  der  Bondei spräche  des  Usambaralandes.  Die  Voll- 
endoug  der  ganzen  Bibel  im  Suahili  durch  Steere  und  Hodgson 
wurde  schon  in  der  vorigen  Rundschau  erwähnt  Shaws  Ueber- 
tragung  des  Markus  und  Lulcas  ins  Nyamwesi  verbrannte  zu 
Urambo. 

Wir  wenden  uns  nun  zur  grOssten  Insel  der  Welt:  Neu- 


44     IMe  •TUgelitehe  llisaloiittliitl(fkeit  in  den  dentieben  Sehntifsbietmi. 

Guinea,  und  insbesondere  zum  Kaiser  Wilhelms-Land.  Nach 
dem  Bericht  der  dortigen  rheinischeii  Missioo,  des  F.  Eich, 
gab  es  bis  jetzt  drei  Jahre,  reich  an  Trfibsal  and  Leiden,  aber  anefa 
reieh  an  S^en,  in  drei  Jahren  drei  Grftber^}  nnd  drei  Stationen, 
keine  grossen  Erfolge,  aber  auch  keine  veigebliche  Arbeit  Hissions- 
arbeit  bleibt  eben  S&earbeit  nnd  das  erste  Wirken  Pionterdienst 
Während  von  der  beabsichtigten  Ansdehnnng  der  Mission  nach  dem 
dentschen  Theil  der  Salomon-Insehi  fürs  erste  noch  abgesehen  werden 
mnsste,  konnte  eine  dritte  Station  angelegt  werden.  Schon  im 
Jannar  1890  wurde  eine  üntersuchungsreise  nach  der  kleinen  Rich- 
bsel  und  der  bedeutend  grösseren  Dampier-Insel  versucht,  aber  ohne 
Erfolg.  Eue  zweite  im  H&rz  gelang  besser,  so  dass  auf  der  ersten, 
zu  Siar  stattfindenden  Hissionskonferenz  die  Anlage  einer  Mission 
auf  dieser  Insel  beschlossen  wurde.  Sehr  erfreut  waren  die  Send- 
boten  über  die  Ankunft  des  Dr.  Probenius,  welcher  als  Missionsaxzt 
genug  zu  thun  erhielt  Scheidt  machte  einige  kleine  Reisen  ins 
Innere  von  Neu-Guinea,  sowie  grössere  in  das  Gebiet  des  Hatzfeld- 
hsfens  und  zur  Franklinbucht  hnmer  deutlicher  wird*s,  dass  in  der 
Astrolabebucht  die  RheinlscliOn  einen  guten,  vielleicht  den  bestes 
Theil  des  Landes  zum  Arbeitsfeld  erhalten  haben.  Auch  mflssen 
nach  neuester  ünteisuchung  im  Innern  noch  gut  bewohnte  Land- 
schaften zu  finden  sein.  Trotz  mancherlei  Krankheit  blieben  die 
meisten  der  sieben  Missionare  arbeitsfähig,  und  erfreulicher  Weise 
scheuit  das  Wort  Gottes  auf  den  beiden  älteren  Stationen  allmählich 
in  den  Herzensboden  einzudringen.  Mit  besonderem  Dank  betont  die 
Rheinische  Mission  das  ununterbrochene,  grOsste  Wohlwollen  und  die 
thatkräftige  ünterstfitzung  der  Beamten  der  Neu-Guioea-Gesellschaft 
Nun  zu  den  drei  Stationen: 

Auf  Bogadjim  (Bokadschi  vgl.  Peter  mann,  Geogr.  Mitth. 
1890,  Taf.  17),  dicht  bei  Stephansort  an  der  Astrolabelmcht. 
arbeitete  Eich  nebst  Scheidt  und  Frobenius.  Die  Gottesdienste 
werden  immer  zaiilreicher  besucht,  und  mancher  Zuhörer  zeigt  ein 
wirkliches  Verstundniss.  Trotzdem  ein  Kirchlein  erbaut  ist,  sind  die 
Leute  aus  unerklärlichem  Grund  zum  Betreten  derselben  nicht  zn 
bewegen,  wcshnlli  die  Ansprachen  von  der  IMattform  des  Missions- 
hauses aus  gelialten  werden.  Schlimm  ist  es  auch,  dass  für  einige 
wichtige  Bogriffe,  wie  z.  B.  Barmherzigkeit  und  Gnade,  kein  Wort 
za  finden  ist   Das  Kommen  des  Herrn  Jesu  können  sicli  die  Eiu- 


')  Am  27.  SepUmber  1390  &taib  der  junge  Klaus. 


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Dit  «vaagdiscfae  lUidoiiith&tigkeit  io  dea  dmiticbra  SehntsfaUeltn.  45 


geboreoen  trotz  aller  BelelmiDg  nicht  anders  vorBtellen,  als  auf  einem 
Dampfechiff  nnd  natftrlich  mit  fielen  Geschenken! 

Anf  dem  Eiland  Siar  im  Prinz  Heinridi-Hafen  gewöhnen  sich 
die  Missionare  immer  besser  ans  Klima  and  lernen  die  Sprache 
kennen.  Der  Dnterricht  wurde  dnrch  einen  Dorfstreit  nnterbrochen, 
anch  ist  der  Neid  der  Siar-Leote,  welche  den  Bewohnern  der  anderen 
Inseln  verbieten,  Lebensmittel  zu  verkanfen,  sehr  läsUg.  —  Am 
2.  Joli  1890  wnrde  von  Kunze,  BOsch')  und  Klans  mit  ffilfe  der 
Tier  mitgebrachten  Hiokesen  anl  der  Dampier-Insel,  nahe  an  der 
See,  am  Fnsse  eines  grossen,  die  ganze  Insel  bedeckenden  Vulkans 
die  neue  dritte  Station  erriefatet  Auch  diese  Insel*  kennt  hin- 
sichtlich der  BeTölkeruDg  den  Unterschied  zwischen  StrandbewohnerD 
und  Binnenländern  und  z&hlt  eine  zahlreiche  Einwohnerschaft.  Die 
ueae  Station  liegt  etwa  40  bis  50  m  hoch  auf  dem  nördlich  sich  er- 
hebenden Theil  des  ziemlich  steilen  Abhanges.  Der  Hafen  ist  fast 
Ivreismod  und  besitzt  etwa  300  bis  400  m  im  Durchmesser.  Die 
Seeseite  desselben  ist  mit  mehrfachen  Reihen  von  Korallenriffen  be- 
setzt, die  Ostseite  des  Hafens  nimmt  flaches  Uferland  ein,  auf 
welchem  das  Dorf  Kulobob,  etwa  eine  Viertelstunde  vom  Missions- 
platz entfernt,  liegt;  nach  der  anderen  ^eite  beträgt  die  Entfernung 
bis  zum  nächsten  Bergdorf  auch  nur  ebenso  viel.  Zehn  Bergdörfer 
sind  den  Missionaren  schon  bekannt.  Am  ersten  Tage  des  Stations- 
baues leisteten  die  Dorfbewohner  mit  eiserner  Ausdauer  viel,  zeigten 
dabei  eine  erstaunliche  Gewandtheit;  später  blieben  sie  weg,  doch 
kamen  dafür  Einwohner  eines  nahen  Bergdorfes  uud  konnten  zur 
Mithilfe  ermuntert  werden.  Es  fehlte  nicht  an  manchen  Diebereien, 
Streitigkeiten,  deren  Schlichtung  die  Klugheit  der  Missionare 
erforderte.  Anfangs  konnte  Kunze  die  Leute  schlecht  verstehe», 
obwohl  sie  fast  dieselbe  Sprache  wie  die  auf  Siar  zu  haben  schienen; 
später  stellte  es  sich  heraus,  dass  mau  hier  manche  Laute  einfacher 
und  leichter  aussprach,  als  auf  Siar.  Die  Bergbewohner  weiclien  in 
ihrer  Sprache  wiederum  mehr  von  der  der  Küstenleute  ab;  Ein- 
geborene aus  dem  Dorfe  Urit  bereclit igten  zu  schönen  lloffiaingen; 
schon  ihr  Blick  ist  herzgewinnend  und  erweckt  Vertrauen.  Die  mit- 
genommenen vier  Miokesen  (uitilohen  eines  Tages,  wurden  aber 
glücklicherweise  wieder  zurückgebracht.  Ob  es  auf  Dampier  gesunder 
ist,  als  in  der  Astrolabebacht,  mass  die  Zukunft  lehren;  die 


*)  Leider  kamen  im  Auisrust  1891  Bösch  und  Scheidt,  wahrscheinlich  bei  einem 
räuberischen  Ueberfall  der  Eingeborenen,  uod;  dies  ist  die  neuejte  TrauerboUcbaft. 


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46     Di«  '«Tangeliaclie  Hisiicmitbitigkeit  in  d«i  deotaehea  8diutig»bi«ton. 


Terapcratur  ist  gemässigter,  an  frischem  Wind  fehlts  auf  dem 
StatioDshügel  Diciit,  von  welchem  ans  man  nach  vom  die  sehr  nahe 
offene  See.  im  Nebel  das  Finisterra-Gebirge  und  die  Inseln  des  Prinz 

Beinrieh-IIafens  liegen  sielil. 

Iii  Simbung,  nahe  dem  Finsch-llafeu,  arbeiten  die  Neuen- 
Dettelsauer  bayerischen  Lutherauer  in  Verbindung  mit  der 
Immanneisvnode  Südanstralien  mit  fünf  Missionaren,  welche  leider  oft 
vom  Fieber  heimgesucht  werden.  Der  Schulbesuch  ist  geriiiij.  auch 
werden  die  sonntäglichen  Versammlungen  schwach  besucht.  Daza 
raffte  eine  schwere  Kranivheit  vierzig  vom  Hundert  der  Bevöllvening 
dahin,  auch  wohnen  die  Leute  sehr  zerstreut  und  sind  schwer  an 
Zusammenivommen  zu  gewöhnen.  Da  die  Mädchen,  sobald  sie  nur 
laufen  können,  ein  Tragnetz  über  den  Kopf  gehängt  erhalten  und  in 
die  Pflanzungen  mitgenommen  werden,  um  ihren  Müttern  zu  helfen, 
und  weil  ubeiiiaupt  Schreiben  und  Lesen  den  Eingeborenen  als  etwas 
sehr  Unnützes,  ja  Schädliches  erscheint,  muss  die  Geduld  der 
Missionare  oft  sich  bewähren.  D*'nno<  h  konnte  am  13.  April  1890 
zu  Simbaug  an  einer  Frau  aus  dem  fernen  Südosten  des  Landes  die 
erste  Taufe  vollzogen  wcrdon,  auch  stellten  sich  fünfzehn  Knaben 
ans  dem  Süden  zum  Arbeiten  und  Lernen  ein. 

Kürzlich  ist  durch  den  treuen  Bamler  und  andere  eine  zweite 
Station  auf  den  benachbarten  Tami-lnseln  errichtet  worden,  deren 
Bewohner  als  Handelsleute  im  beständigen  Verkehr  mit  den  Insehi 
südlich  von  Book  und  dem  Festlande  stehen,  aber  leider  von  Wasser- 
mangel allerlei  zu  erzählen  wissen.  Im  Uebrigen  sollen  die  Tami- 
lnseln  gesund  sein  und  zu  HolVnungen  berechtigten.  Soweit  die 
Neueudettelsauer  Missionare  die  Religion  erforschen  konnten,  tritt 
auch  hier  der  Ahnenkultus  in  den  Vordergrund;  vielleicht  ist  noch 
eine  ältere  Heligionslehre  vorhanden,  welcher  die  Weltschöpfung  an- 
gehört und  derselbe  Gottesuame,  mit  welchem  auch  die  Weissen  be- 
zeichnet werden.  Zwei  Mundarten  sind  von  den  Sendboten  in  den 
Forschungsbereich  hineingezogen,  das  .Jubim  von  Simbang  und  das 
Wonam  von  Tami;  letzterer  Dialekt  scheint  der  ausgebildetere  zu  sein 
und  wird  auf  den  beiden  Tami-lnseln,  Wonam  und  Kalal,  sowie  im 
Dorf  Taimi  am  Huongolf  gesprochen.  Natürlich  sind  auch  in  diesem 
Theile  die  Arbeiten  der  Missionare  über  den  ersten  Grund  nicht 
hinausgekommen;  aber  Hindernisse  und  Schwierigkeiten,  welche 
schwer  zu  beseitigen  schienen,  weichen. 

Im  Bismarck- Archipel  schreitot  das  Werk  der  australischen 
Wesleyaner  vorwärts.   Das  dortige  Arbeitsfeld  ist  leichter,  als  das 


Die  erangeliscbe  Hinionstbätigkeit  in  den  dentichen  Scbuizgcbieten.  47 


auf  Nea-Goioea,  weil  dort  nicht  eine  so  undurchdringliche  Wildnis» 
herrscht  nnd  bessere  Wege  oder  doch  Pfode  vorhanden  mnd.  Auch 
ist  es  kein  zn  grosses  Gebiet,  nnd  die  drei  Hanptstationen  sind  so 
gelegen,  dasa  man  Ton  einer  znr  anderen  in  einem  halben  Tage 
'  kommen  kann.  Jeder  Hanptstation  gehören  nngef&hr  ffinfeehn  N^ben- 
plätze  an,  welche  alle  sehr  dicht  bei  einander  liegen  nnd  wo  immer 
ein  Lehrer  seine  passende  Arbeit  hat.  Efirzlich  aind  ins  Prediger- 
seminar auf  Eandawa  (Witi- Inseln)  auch  vier  JQngiinge  ans  Nen- 
Pommem  (Neu-Britannien)  eingetreten,  die  Erstlingsfrncht  der  Selbst- 
hingebang  jener  nenn  jnngen  Fidschianer,  welche  anch  in  diesem 
Seminar  erzogen,  1875  nach  jenen  heidnischen,  verrufenen  Inseln  des 
Bismarck- Archipels  für  die  Ansbreitnng  des  Gottesreiches  hinfiber- 
siedelten. 

Der  Grundsatz,  mit  anderen  bekehrten  SQdsee-Insnlanem  anch 
hier  zu  arbeiten,  bewährt  sich  anfs  Beste.  Fast  1200  Kinder  erhalten 
christlichen  Unterricht,  1800  Personen  wurden  getaaft.  Leider 
wäthete  eine  schwere  Seuche  unter  den  £inwobnern  Nen-Lanenbnrgs, 
nnd  anhaltende  Krankheit  hinderte  die  Missionare  auf  Neu-Pommem 
vielfach  in  ihrem  Beruf.  Wenn  anch  anfangs  das  Verhättniss 
zwischen  den  englischeu  Missionsleitem  und  den  deutschen  Kolonial- 
beamten ans  verschiedenen  Gründen  etwas  gespannt  war,  so  wird 
mhige  Benrtheilnng  der  Sachlage  nnd  ein  Sichhineinfinden  in 
gegebene  Thatsacheu  alles  klaren.  Becht  ist  es,  dass  Sendbote 
Rickard 8  mit  aller  Mühe  Deutsch  lernte;  wohnen  die  Missionare 
doch  unter  deutscher  Oberhoheit,  anf  dentschem  Schutzi^obiet. 
Andererseits  sehen  die  deutschen  Angestellten  anch  die  Wichti^l^eit 
dieser  Missionsarbeit  ein  und  lernen  nach  längerem  Aufenthalt 
manches  besser  und  milder  anschauen.  Neuerdings  sind  die  gegen- 
seitigen Beziehungen  freundlich  und  die  deutschen  Kolonialbeamten 
suchen  das  Fricdenswerk  dieser  IJuteii  nach  Kräften  zn  fordern. 
Auch  für  die  Bibulül)erset/unp:  ist  auf  diesem  MissioDsfeld  gearbeitet: 
G.  Brown  erhob  di  -  Sprache  Neu-Laueuburgs  zur  Schriftsprache 
nnd  übersetzte  dariu  das  Markus -Evangelium  1882  nebst  ver- 
schiedenen Bibelabschnitten.  Dauks,  der  erste  Missionar  X'-u- 
Pommerns,  verfassto  hundert  Evangelieuab>'  liiiMto  in  einer  Mundart 
dieser  Insel  nnd  K.  H.  Kickard  die  Apostelgeschichte. 

Die    Arbeit    des    American    Board    zu    Boston    und  der. 
fiawai'schen  Evangelischen  Gesellschaft  auf  den  Mars(  ball-Inseln 
war  nie  so  vielversprechend,  wie  jetzt   Der  gute  Kirchenbesuch,  die 
Mehmng  der  Gemeinden  wächst;  anch  anf  den  ganz  heidnischen 


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48      Die  evangeliscbe  llissionstb&tigkeit  in  den  dentsehen  8diiitq[tWtteit, 

loselcheo  wird  das  Gotteswort  Terkfindigt  Eingeborene  Lehrer,  ine 
Hiram  von  EI)on  und  Jeremia  v<m  Jaloit  leisten  Tftditigee,  aber 
es  mfissten  solcher  Helfer  noch  mehr  sein.  Das  Gesang-  nnd 
Liederbach  ist  kfirzüch  nachgesehen  nnd  findet  gleich  anderen  Schnl- 
bflchem  erwünschte  Verbreitmig.  Dnrch  B.  Doane  nnd  G.  Pierson 
worden  schon  1858  nnd  1863  einige  nentestamentliche  Kapitel  in  die 
Ebon-Hnndart  fibersetzt  B.  G.  Snow  lieferte  den  Matthftos  nnd 
Lnlns,  1869  den  Johannes,  1867  die  Apostelgeschichte,  verbesserte 
den  Harkns.  B.  M.  Pease  ftbertnig  seit' 1877  die  meisten  tbrigen 
Schriften  des  Nenen  Testaments,  welches  1885  zn  Kew-York  dnrch 
die  Amerikanische  Bibelgesellschaft  vertfiSnitlicht  wnrde.  Ehnges 
hiervon,  z.  B.  die  beiden  Eorintherbriefo,  den  Epheser-  nnd  Philipper 
brief,  fibersetzte  J.  F.  Whitney,  welcher  nebst  Pease  nnnmehr  an 
der  UebertragnDg  verschiedener  alitestamentlicher  Bücher  arbeitet 

Unter  den  deutschen  Salomon-Inseln  eriiielt  Isabella  oder 
Bogota  (Mahaga)  das  Johannis-ETaDgeliom  in  dieser  Mundart 

So  wirken  auch  in  Sprache  und  Schrift  die  Missionare  an  der 
religiösen  und  sittlichen  Hebung  dieser  heidnischen  Eingeboreuec. 
Keine  wahre  Enltor  ohne  Fibel  und  Bibel! 


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Die  katholischen  Missionen  in  den  deutschen 

Schutzgebieten. 

Von 

Oarl  Heepefs,  Köln, 
i 

Deatsdi-OstalHka. 

Das  deutsche  Gebiet  in  Ostafrika  hat  folgende  kirchliche  Ein- 
theilung,  die  in  ihren  Grandzügen  schon  vor  der  deutschen  Besitz- 
ergreifung  bestand: 

1.  Apostolisthcs  Vikariat  Nord-Saiisibar;  Hauptmissiou:  Bagamoyo. 

2.  Apostolische  Präfektur  iSüd-Sansibar ;  liauptiuission:  Dar-es- 
Salaam. 

3.  Apostolisches  Vikariat  Unyamyembe;  Hauptmissiou:  Kipakpaia 

bei  Tabora. 

4.  Apostolisches  Vikariat  Tangauyika;   Hauptmission:  Karema 

am  See. 

5.  Apostolisches  Vikariat  Viktoria -isyauza.  Hauptmission  auf 
deutschem  Gebiete:  Bukumbi. 

I.  Apostolisches  Vikariat  Nord-Sansibar. 

Dasselbe  ist  der  Missionsgesellschaft  der  Väter  vom  h.  Geist 
anvertraut.    Die  jetzt  bestelieiuleii  Stationen  sind: 

1.  Bagamoyo.  Vorsteher:  P.  Stephan  Bauer.  Europäisches 
Personal:  3  Patres  (Geistliche),  8  Brüder,  10  Sciiwestern 
(Töchter  Mariil),  Waisenhaus,  Schule,  Werkstätten,  Plantal^en 
und  Ackerbausciiule:  im  Ganzen  304  Kinder,  178  Kualicii, 
1  "26  Mädchen.  Hospital  für  eingeborene  Kranke,  Asyl  für  Aus- 
sätzige. Schale  und  Krankenhaus  in  der  Stadt  selbst  im  Baa 
begriffen.    (Grundsteinlegung  am  26.  März.) 

Koloniales  Jabrbadi  lö91.  ^ 


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50         Di«  katlioUaclNii  Hinionen  in  den  dratMhen  Scbotigebieteii. 

2.  Mhonda  in  den  Ntrurn-Bergen.    Waisenhaus,  Schule,  zwei 

christliche  Negerdörfer,  Kraiikei)lKius. 

3.  Mandera  in  Usegua.  Schule  uud  Krankenhaus ;  christliche 
Dörfer  Mandera  und  St.  Ambrosius  am  Ufer  des  Wami. 

4.  Mrofjoro  in  Ukami,  Schule,  Kraiikcniiaus,  kleinere  Plantagen. 

5.  Tununguo  auf  der  Grenze  vou  Ukutu  und  Ükami;  christliche» 
Dorf,  Schule,  Knmktnihaus. 

6.  La  Longa,  Wüiseniiaus,  Schule,  Kraiikeiiiiaus,  drei  kleine 
christliche  Dörfer:  St.  Benedikt,  Condua.  Guthilf. 

7.  Kilema  am  Kilima-Ndscharo.  Die  Gründung  dieser  letzteren 
Station  erfolgte  18i>0 — 91.  Nachdem  nämlich  durch  die  um- 
sichtige und  erfolgreiche  Thatigkeit  Wissmann's  die  Küsten- 
gegenden bcruliigt  waren,  konnte  der  apostolische  Vikar  ernst- 
lich daran  denken,  die  Missiousstationen  nach  dem  Innern  vor- 
zuschieben. SeiiM'  Wahl  liel  zunächst  auf  die  überaus  fruchtbare 
und  gesunde  Gegend  am  Kilima-Ndscharo.  Der  Bischof  unter- 
nahm daher  in  Begleitung  der  bciilen  Missionare  P.  Gommen- 
ginger  und  P.  Le  Roy  eine  vorbereitende  Fors<  luiiigsreise 
zum  Kilimandjaro  (10.  Juli  bis  10.  Oktober  1890).  Am 
10.  August  erreichten  sie  den  reizenden  Jipc-See.  der  in  der 
Mittagssonne  wie  ein  grosser  Spiegel  wiederstrahlte. 

«UaMra  Blicke",  so  schreibt  ein  Mitglied  der  Expedition*,  »lichtAteD  sich 
unvcrwanfit  pofTHii  Nordwest  und  versuohtf-n  etwas  am  Horizonte  zu  unterscheiden. 
Da  plötzlich  tlifilten  sich  die  dunklen  Wolken  und  wie  diircli  einen  Riss  sahen  wir 
da  oben,  sehr  hoch  aui  blauen  Himmel,  etwas  \Vei:>äes  vou  ruuülichür  Form  er- 
•eh«i|i«ii.  Et  war  der  GipfU  des  Kibo.  Der  Anblick  dauert  ab«r  kann  twei  Mi- 
nnteo,  die  Wolken  sammeln  sieli  wieder  nnd  verdecken  den  Berg»  Am  sweit«n 
Tage  Abends,  als  vir  l&ogs  des  Seeufers  weiter  marscbirten,  /eiu'te  sieb  uns  das 
massive  Oebirpe  zum  ersten  Male  voll  und  frei  —  ein  prachtvoller  Anblick  Lassen 
wir  die  Blicke  7.ura  entfrepcngesetzten  .Seeufer  schweifen,  das  in  lebhaftem  Grün 
daliegt,  so  haben  wir  liuks  die  Berge  von  ügueno  luil  ihreu  tiefen  öchiuchten, 
reobts  das  bebe  Sebilf  des  Sees,  nberragt  von  den  duftenden  Oipfefai  blfibender 
Abasien,  geradeaus  sierliebe  HSgeU  binter  weleben  eben  die  Sonne  feuerrotb  unter> 
geht,  un<i  in  der  Ferne  erheben  sich  die  ersten  Abstufungen  des  Gebjrces,  ein 
prächtiges  I.:ind,  sehr  Gewohnt  und  sehr  bebaut,  aus  dtv..en  Feldern  eben  der  Rauch 
von  verbrannten  Kriiutern  aiif-.teii:t,  und  hoch  üli-  r  dem  allen  die  beiden  tüpfel  des 
Kibo  uud  des  Kimawcuäi,  dieser  schwarz  und  zackig,  jener  weiss  und  rundlich; 
beide  erbeben  sieb  msjest&tiaeb  in  den  Himmel  und  spiegehi  sieb  wieder  in  den 
rubigen  Flutben  des  Sees." 

In  Mopchi,  Mati^chame  und  Kilema  wurden  die  ^lissionare  von 
den  lliiuplliiij^en  freundlich  aufgenommen.  Einen  besonders  herzlichen 
Empfang  bereitete  ihnen  der  deutsehe  ätatiouächef,  Uerr  v.  Eitz. 


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Die  katholischen  Missionen  in  den  deutseben  Schutzgebieten. 


51 


Hit  demselben  veraaditen  die  MisBiooare,  die  höher  gelegenen  Re- 
gionen dee  Gebirges  zn  ersteigen. 

«Nicht  ohne  Mühe",  so  schreibt  P.  Le  Roy,  »geht  der  Aufsti^  tob  statten. 
Aber  vi«  reielilieh  «urdaD  niiim  Ufilieii  gelohnt  dmch  den  AnUlek  Ton  reizenden 
nnd  gromrtigan  Natorbildem,  wdehe  der  Reibe  naefa  an  nna  Torfibenogen!  Wir 

treten  den  Marsch  an  in  einer  Höbe  von  1200  m;  bei  1300  m  werden  die  Dörfer 
st  ltt  ri,  bei  1400  m  finden  wir  nur  hier  und  <ia  einifje  FoUier  in  WaKilichlungen,  in 
löUU  ni  n<"he  haben  wir  den  rrwald  in  si-iner  '^anzon  wiliit-n  Schönheit.  Noch 
höher  wird  die  Vegetation  mehr  und  mehr  verkrüppelt  und  auf  2500 — 2900  m 
treffen  «ir  groste  Wiesen,  auf  welchen  knnee  Oraa  wichst  nnd  wo  das  BnsdlweTlt 
mit  langem  granen  Mooe  bededtt  ist,  daa  im  Winde  hin  und  her  ecbankelt  Sin 
feuchter,  eisi^  kalter  Nebel  hallt  Alles  ein  und  giebt  dieser  fremdartigen  Natur  ein 
trann'ees  Aussehen.  2900  m  liber  dem  Meeresspiejrel  schlugen  wir  unser  Lager  auf. 
Am  andern  Morgen  mussten  zwei  Mitglieder  der  Expedition,  die  von  Fieber  ergriffen 
waren,  zurückbleiben." 

P.  Le  Roy  und  Horn  v.  Eitz  setzten  über  die  Kciso  nach  den 
gehoimnissvollen  Plölien  fort.  Dichter  Nebel  liüllte  die  AVanderer  ein, 
der  Kotnpass  war  ihr  eiiizitrer  Führer.  Knttre^cn  den  Vorstellniij^eu 
der  Einfiebon-nen,  von  weUdieii  sie  begleitet  waren  nnd  bald  im  Stiche 
gelassen  wurden,  drangen  sie  immer  weiter  vor.  gehend,  kriechend, 
kletternd,  alter  fast  immer  einem  breiten  Lavabette  folgend,  dass 
wie  eine  mächtige  Stiege  vor  ihnen  lag.  Sechs  Stunden  waren  die 
Forseher  marschirt.  dichter  Nebel  hüllte  sie  n(»ch  immer  ein,  schon 
wollten  sie  an  einem  Erfolge  verzweifeln,  als  plötzlich  der  Himmel 
in  heiterer  Klarheit  erschien.  Welch'  ein  prächtiger  Anblick'  Da 
reciits  der  Kimawensi  mit  seinem  schwarzen,  vom  eingestürzten 
Krater  zerrissenen  Gipfel,  zu  steil,  um  viel  Schnee  zu  trauen,  links 
die  imposante  Felsmasse  des  Kibo  mit  seiner  blendenden  Sclinee- 
kuppe  und  seinem  eisstarrenden  Mantel,  ihnen  gegenüber  der  Berg- 
rücken, welcher  beide  Kegel  verbindet.  Noch  zwei  Stunden  Marsch  und 
die  Reisenden  waren  auf  jenem  Hergrücken  2<^0()  m  linrh  angelangt. 

Nachdem  der  Bisehof  im  Einverständisse  mit  dem  Gouverneur 
den  Ort  für  die  neue  Missionsstation  gewählt  hatte.  Hess  er  den 
P.  Gommenginger  zur  Gründung  der  Mission  zurück;  er  selbst 
kehrte  zur  Küste  zurück  und  begann  in  Bagamoyo  sofort  die 
Organisation  der  neneo  Missionsexpedition.  Der  Plan  derselben  war 
wie  bei  den  meisten  Xeugründungen  der  Väter  vom  b.  Geist  folgender: 
Eine  Angahl  christlicher  Xegerjünglinge,  die  in  den  Anstalten  ton 
Bagamoyo  erzogen,  in  Handwerken  und  im  Ackerbau  ansgel)ildet 
sind,  bilden  unter  der  Leitung  eines  Paters  und  eines  Bruders  den 
Grundstock  der  neuen  Niederlassung.  Sie  errichten  die  nöthigen 
Bauten  fär  die  Mission;  jeder  der  jungen  Mftnner  baut  seine  Uütte 

4* 


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52 


Die  kadioHicbeii  lliaatonen  in  den  dentseben  Schutigsbietoii. 


auf  dem  ihm  xogewieseneii  Omnd  und  Boden  und  macht  boid  Feld 
nibar.  Dann  kehren  sie  nach  Bagamoyo  zornek;  ein  jeder  wftUi 
sich  ans  den  Ton  den  Schwestern  erzogenen  nnd  in  allen  häuslichen 
Arbeiten  nnterwiesenen  Kegermädchen  eine  Gattin.  In  der  Anstalt 
wird  die  Vermählnng  gefeiert.  Dann  dehen  die  jongen  Familien  in 
die  nene  Heimath  nnd  bilden  ein  christliches  Dorf,  das  durch  das 
Beispiel  der  Arbeit  nnd  der  Gesittung  einen  heilsamen  nnd  er- 
ziehlichen Einflnss  anf  die  umwohnende  Bevölkerung  ausfiben  soll 
P.  Gommenginger  hatte  inzwischen  in  Eilema  im  Ostlichen 
Theile  des  Gebirges  beim  Häuptlinge  Fnmba  eine  Missionsstation 
gegrfindet,  zu  welcher  der  letztere  ein  mit  Bananen  bepflanztes  Feld 
geschenkt  hatte.  Die  erste  ihm  nachgeschickte  Karawane  war  am 
14.  Januar  1891  von  Pangani  aufgebrochen  und  mit  der  Expedition 
Wissmann's  zum  EUiman^iaro  marschirt  Die  zweite  Kara- 
wane, bestehend  aus  dem  P.  Rhomer,  einem  Bruder  und  einem 
Dutzend  chrisÜicfaer  Neger) unglinge  aus  Bagamoyo,  hatte  mit  grossen 
Schwierigkeiten  zu  kämpfen.  Dieselbe  brach  am  20.  Februar  von 
Pangani  auf;  doch  unterwegs  entstand  unter  den  2ä0  Trägem,  welche 
die  fioirawane  begleiteten,  eioe  panische  Furcht  vor  den  Massai  wegen 
der  Kämpfe,  die  sie  angeblich  dem  Higor  Wissmana  bereitet  hätten. 
Zwei  Drittel  verliessen  ihre  Lasten  und  flohen.  In  Masinde  begegnete 
die  80  geschwächte  Expedition  dem  Major  t.  Wissmann,  der  vom 
Eilimandjaro  zurfickkehrte,  um  zur  Kflste  zu  gehen.  Der  Reichs- 
kommissar  gab  den  Missionaren  einen  Theil  seiner  Soldaten  zur 
Begleitung  mit  F.  Rhomer  ist  mit  seiner  Karawane  und  mit 
54  Trägern  am  21.  März  am  Eilimandjaro  angekommen.  Die 
Missionare  au  der  Küsto  waren  genötliigt,  eine  nene  Karawane  zu- 
saiiinieii/.ustellen,  um  die  auf  dem  Wege  liegengebliebenen  Lasten 
zur  Stution  zu  befördern.  Dieselbe  ist  um  20.  Juni  dieses  Jahres 
von  Pangani  ubraarseiiirt  nnd  Mitte  Jnli  in  Kilema  am  Kilimandjaro  an- 
gei\ommeu.  Anfangs  Juli  hat  der  apostolische  Vikar  eine  auf  mehrere 
Monate  berechnete  biscliOt  liche  Visitationsreise  in"s  Innere  angetreten, 
auf  weicher  ersämmtlieheStatiuuüu  seiner  Genoäseuschaft  besuchen  wird. 

II.  Die  apostolische  Präfektur  Sfid- Sansibar. 

Dieses  Missionsgebiet  ist  der  Sankt  Benediktus-Missiousgenossen- 
schaft  (Mutterhaus  St.  Ottilien  Oberbayern),  anvertraut.  Die  erste 
von  ihr  in  Ostafrika  gegründete  Missiousstation  Pugu  war  von  den 
Ant.-taiidisclien  zerstört  worden.  Als  die  Verhältnisse  an  der  Küste 
die  Wiederaufnahme  der  Missionstbütigkeit  gestatteten,  wurde  £\i- 


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Die  katholiächeu  Misäioaeu  in  deu  deuUcbea  Schutzgebieten. 


53 


nächst  eine  neue  Station  in  Där-es-Salaam  errichtet  Diese  Stadt 
wurde  deshalb  gewählt,  weil  von  hier  ans  die  spftter  im  Innern  zn 
gründenden  Stationen  leichter  versorgt  werden,  weil  femer  grössere 
.  nnd  für  alle  Handwerke  eingerichtete  Werlutfttten  einstweilen  nnr  an 
der  Efiste  eingerichtet  werden  können.  Die  hier  ansgebildeten  Hand- 
werker (Neger)  sollen  spftter  bei  Nengrfindnng  von  Stationen  im  In- 
nern verwendet  werden. 

Der  apostolische  Prftfekt  P.  Bonifatius,  der  mit  zwei  Brfidem 
bereits  am  80.  November  1889  in  Sansibar  eingetroffen  war,  begann 
im  Anfiing  des  folgenden  Jahres  mit  ünterstfltasnng  zahlreidier  Ar- 
beiter ans  der  Mheren  Station  Pngn  den  Bau  zweier  Hissionshftnser, 
eines  für  die  Brflder,  eines  für  die  Schwestern. 

Hit  diesen  Hftnsem  sind  mehrere  Werkstätten  verbunden,  in 
welchen  die  Brfider  die  Negerkinder  in  nfitzlichen  Handwerken  unter 
weisen.  Zugleich  wurden  zwei  Einderasyle  errichtet  ffir  die  befreiten 
Sklavenkinder,  'welche  im  Christenthum  und  in  der  Arbeit  unter- 
wiesen und  auf  Kosten  der  Mission  erzogen  werden.  Hinter  den 
Missionshäusern  liegt  ein  grosser  Garten,  in  dem  trefflicher  Salat, 
Bettige,  Kohl,  Stangenbohnen  und  anderes  Gemfise  angebaut  wurden. 
Ananas,  kleine  Palmen,  Orangenbäume,  Papäien  bilden  den  Haupt- 
schmuck  desselben.  Mit  der  Quantität  und  Qualität  der  europäischen 
Gemfise,  die  versuchsweise  gepflanzt  wurden,  waren  die  Brfider  zu- 
frieden. Die  Schwestern  widmen  sich  vorzfiglich  der  Erziehung  der 
Negermädchen  und  der  Pflege  der  Eranken.  Da  die  bisherige  Ea^ 
pelle  nicht  mehr  ausreicht,  vnrd  gegenwärtig  von  den  Missionaren  eine 
Eirche  gebaut 

Leider  hatten  die  Missionen  in  Dar-es-Salaam  sehr  vom  Fieber 
zn  leiden.  Von  den  neun  Brfidem  und  den  nenn  Schwestern,  welche 
1889  und  1890  ausgesandt  wurden,  sind  innerhalb  zehn  Monaten 
fflof  am  Fieber  gestorben:  P.  Bonifatins  Fleschfitz,  apost  Pro- 
präfekt  ans  Reicholdsriet  (Bayern),  Brader  Joseph  Irrgang  aus 
Badling  (Bayem),  Brader  Johann  Leis  aus  Rascheid  (Reinprovinz), 
Schwester  Pankratia  Aldenhövel  aus  Lfidinghausen  (Westfalen), 
Schwester  Johanna  Lämmermfihle  aus  Löningen  (Westfalen). 

Am  6.  Jnli  1891  wurde  zum  Ersatz  und  zur  Verstärkung  der 
Mission  eine  neue  Expedition  von  8  Mitgliedern  unter  Föhmng  des 
P.  Franz  Bau  mann  nach  Afrika  geschickt  Im  August  folgte  eine 
zweite  Ersatzexpedition,  zu  welcher  ffinf  Missionsschwestem  (sämmt- 
lich  Westf&linnen)  gehörten.  Diese  neuen  Missionskräfte  sollen  so- 
bald wie  möglich  eine  neue  grössere  Station  im  Innern  errichten; 


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54 


Die  katbolischen  Uissiooen  in  ifin  drataebtn  Scbatxgebieten. 


zagleicb  ist  ein  SAiiatoriiim  geplant,  in  welchem  sich  die  an  der  Etiste 
durch  fortwährende  Fieber  geschwächten  Missionen  erhalten  sollen. 

Das  If ntterbans  in  St  Ottilien  (Oberbayem)  erfrent  sich  wach- 
sender Blathe.  Die  Mitglieder  der  Missionsgesellschaft  zerfidlen  in 
drei  Abtheilongen:  Priester,  Katecheten,  welche  als  Lehrer  in  den 
Missionsschalen  den  erstem  eine  wirksame  Stütze  sein  sollen  und 
Arbeiter.  Die  Abtheilnng  der  Schwestern  zfthlt  Katecheten  zum  Un- 
terrichte der  Negermftdchen  und  Krankenpflegerinnen.  Dazn  kommen 
die  entsprechenden  Kandidaten-  nnd  Vorbereitongsklasseh.  Die  ge- 
sammte  Ansbildnng  der  Insassen  ist  auf  die  Missionsthfttigkeit  ge- 
richtet; die  Stadien  erstrecken  sich  aach  aof  das  insbesondere  dem 
Priester  nnd  dem  Katecheten  nothwendige  Gebiet  in  Sprucheo, 
namentlich  anch  aof  das  Snaheli. 

Die  Priester  nnd  Katecheten  flben  sich  aach  neben  dem  Stadiom 
tftglich  im  Handwerk  oder  Feldbao,  and  die  Arbeiter-Hilfsmissionare 
werden  in  den  Werkstätton,  im  Hansdienste,  in  Feld  and  Garten 
beschäftigt.  Handwerker  aller  Art  finden  sich  bereits  im  Kloster: 
Bachdraeker,  Mechaniker,  Schreiner,  Schlosser,  Sdiaster,  Schneider, 
Zimmerleate,  Gärtner,  Landwirthe,  die  sich  auf  Bodenkoltar  und 
Viebzacht  verstehen.  Die  beiden  KlOster  in  St  Ottilien  zählen 
augenblicklich  gegen  140  Mitglieder.  Eine  ganze  Grnppe  von  Ge- 
bäuden bildet  die  Elostergemeinde:  Kirche,  Schwesternhaus,  Haus 
der  Kleriker  und  Brüder,  grosse  Oekonomiegebäude  mit  80  Stück 
Vieh,  die  verschiedenartigsten  Werkstätten,  darunter  eine  Buch- 
druckerei und  Buchbinderei  u.  s.  w. 

Ii  in  neues  grosses  Schwesternhaus  wurde  Anfangs  Autnist  vom 
Bist  huf  von  Augsburg  eingeweiht.  Zugleich  begann  niiin  iii  t  der 
Erriclituiii;  eines  neuen  Missionsseminars,  welches  ein  den  Verlialt- 
ni.sseu  der  wachsenden  Konm-euation  entsprei  lieiider  Bau  werden  soll. 

Am  10.  -luiii  fand  die  Ein\veiliiiii!4;  einer  m  ueu  Filiale  der  Mis- 
sionsschwestern ^Maria-Hill'"'  zu  1  ulziiii;  am  >>tarnbergersee  statt, 
web'lie  Stittun;;  die  Mis.->ionsi;esellschaft  der  edlen  Freigebigkeit  des 
Frauleins  von  Kingscis,  der  Toeliter  des  bekannten  Müucheuer 
iVolossors  Dr.  Joh.  Xep.  von  iiiugseis,  verdankt. 

III.  Die  apostolischen  Yikariate  ünyanyembe,  Tangauyika 

nnd  Viktoria-Nyanza. 

In  diesen  drei  Vikariateii  wirken  schon  seit  1878  die  algeri- 
schen Mi>sionen,  von  ihrer  Kleidung  auch  „Weisse  Viiter"  tjenaont. 
Die  Geuo.sseuächalt  hatte  iu  deu  letzten  Jahren  iu  ihrem  Misslous- 


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Die  k&iliuliäcbeu  Missionen  in  den  deutschen  Sekatxgebieten. 


55 


gebiete  mit  sehr  groBsen  SchwierigkeiteD  zn  kAmpfen,  die  eineraeite 
durch  die  wiederholten  ümwSlznngen  in  Uganda,  andererseits  durch 
die  arabische  Bewegung  in  Ostafrika  hervorgerafen  waren. 

In  Folge  der  drohenden  Haltong  der  Araber  mnsste  die  blühende 
MisBionsstation  Eipalapala  bei  Tabora  in  Unyanyembe  im  Jnni  1889 
angegeben  werden.  Die  Hissionare,  darunter  der  bekannte  P.  Schy  nse 
(BheinlAnder)  retteten  sich  mit  den  Kindern  durch  schleamgeFlnehtzum 
YiktorispNyanza  und  erreichten  glficklich  die  Station  Buknmbl  am  Sftd- 
ufer  des  Sees.  Hier  und  in  dem  etwas  nOrdiich  gelegenen  Nyegesi  be- 
finden sich  anch  die  Missionare,  welche  aus  Uganda  vertrieben  waren. 

P.  Schy  nse  wurde  im  Oktober  1889  beauftragt,  den  an  den 
Augen  leidenden  P.  Girault  zur  KiVste  zu  geleiten.  Auf  dem  Wege 
traf  er  Stanley  und  Emin  Pascha,  mit  denen  er  im  Dezember 
1889  Bagamoyo  erreichte.^) 

Inzwischen  war  der  rechtmSssige  EOnig  von  Uganda,  Mwanga, 
der  viehrere  Monate  seines  Exils  in  der  Mission  von  Bukumbi  ver- 
weilt hatte,  mit  Hfilfe  der  Christen  in  sein  Reich  zurackgekehrt, 
hatte  den  Throorftuber  Earema  vertrieben  und  die  Missionare  per- 
sonlich zurflckgefOhrt  Die  Patres  Lourdel  und  Benoit  zogen  mit 
dem  siegreichen  EOnig  am  12.  Oktober  in  die  Hauptstadt  ein.  Später 
folgte  der  i^ostolische  Vikar  Bischof  Livinhac  mit  zwei  Missionaren. 
Während  der  Abwesenheit  der  Missionare  hatten  die  zurflckgebliebenen 
eingeborenen  Christen  eifrig  IBr  die  Verbreitung  der  christlichen  Lehre 
gewirkt 

Der  Eönig  von  Uganda  schloss  am  16.  März  1890  mit  Dr. 
Earl  Peters  und  dem  Vertreter  der  Mission,  dem  P.  Simeon  Lour- 
del, einen  Vertrag,  nach  welchem  Mwanga  sich  verpflichtet,  den 
Sklavenhandel  in  seinem  Lande  zu  verbieten  und  die  Sklavenans- 
fuhr  nach  Eräften  zu  verhindern.  Ausserdem  versprach  der  EOnig 
dem  apostolischen  Vikar  in  Zukunft  keine  verwflstenden  Baubzfige 
in  die  benachbarten  Länder  zu  unternehmen. 

Da  der  apostolische  Vikar  des  Nyanza,  Bischof  Livinhac,  zum 
Generalobem  seiner  Genossenschaft  gewählt  worden  war,  kehrte  der- 
selbe aus  Aequatorial-Afrika  nach  zwölQährigem  Aufenthalte  zuräok. 
Sein  Nachfolger  wurde  Msgr.  Hirth,  Bischof  von  Tebessa,  Elsässer 
von  Geburt.  Derselbe  berichtete  vom  20.  Januar  1891: 

,Es  cind  jetzt  18  Jahn  verflosaeo,  aeitdem  die  enten  Missionan  hier  unter 
dem  Aeqnator  den  Gnutdetein  sa  einem  Werke  legten,  weldies  eo  reich  geweebsen 

P.  Schynse,  Mit  Stanley  und  Eiuiu  Pascha  durch  Deatscb-Ostafrika. 
ReiBetagebneh,  beransgegebea  Ton  Karl  Hespers.  Köln,  Bachem,  1890. 


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56  kathoIischoQ  Missionen  in  den  deutschen  Schutzgebieten. 


iit,  dm  M  •ebrinen  kum,  Oott  hab«  ibm  du  wmidarbara  Waehstlmai  der  Bi«Mn* 
UniDtt  VBIcrer  Wälder  gegeben.    Die  Eingeborenen  um  unMre  Stationen  erhalten 

tmd  verstehen  allmählirh  die  Wohlthatcn  der  Civilisalion,  welche  ihnen  aus  der 
Freiheit  und  der  lU'ligion  erwachsen.  Freilich  trafen  wir  auf  grosse  Hindernisse. 
Die  mohauiedaniächc  Krisis  brach  über  uns  herein  und  drohte  an  einem  Ta^e  Alles 
sa  ^«nilcbtao,  di«  begonnene  Arbeit  und  unsere  Boffiiang  auf  die  Ziikiiafk  h 
Uguida  feblte  wmSg  und  die  Ninioiua«  kMneii  in  gnnsftner  Wein  um,  dieCbriiten 
wurden  versprengt,  die  Hlssion  zeitweilig  verniebteL  Auch  in  Unyanyembe  muMle 
die  Mission  aufgegeben  werden,  und  nur  unter  schweren  Verlusten  geleog  et  den 
Miesionaren,  ihre  Person  und  die  freipekauften  Kinder  zu  retten. 

Doch  schon  seit  einem  Jahre  haben  sich  unsere  Hoffnungen  neu  belebt  und 
«ind  stirfcer  als  zuvor.  In  einem  Heldenkampfe  hat  Uganda  den  Islam  niederge» 
«arfn,  im  Afiden  hat  die  Kolonne  von  £min  Paaeba  den  MbimpflidMn  Seblnpf- 
«iirird  von  Maaeansa  veniicbtet,  welcber  d«i  SaamolplKU  f3r  all*  die  onglöcklicbw 
Sklavoi  bildete,  die  aeit  Jabren  mobamedaniacbe  Halbier  an  allen  Kästen  des 
Sees  zusamroeniaffte. 

Auch  Unyanyomlie  und  Usukuma  scheinen  Dank  dem  Einschreiten  der  deut- 
schen Truppen  beruhigt". 

P.  Scliynse,  der  siih  einige  Monate  in  Sansibar  aufgehalten 
hatte,  schloss  sich  mit  P.  Achte  der  Expedition  Emin  Pasehas. 
der  über  Tal»<.ra  nach  dem  Viktnria-Xvun/.a  zog,  an.  Eiuh)  Septeni- 
l>er  lh9ü  errciciiten  die  Missionare  iliic  Stution  Bnkurnhi.  Im  Auf- 
trage des  a[Histolischen  Vikars  unternahm  P.  Schynse  eiae  For- 
scliuugsreise  um  die  Sudwesterke  des  Sees  naeh  Uganda. 

Er  bracli  am  28.  .laniiar  ism  von  Hnknmbi  mit  einigen  Sol- 
lten Emin  Pasdias,  einigen  Waganda  und  Wasuknina-Tragern  auf. 
Zwischen  dem  Golf  von  Biikumbi  und  der  von  Stanley  auf  seiner 
letzten  Reise  entdeckten  südwestlichen  Seebuelit  fand  Schynse  noch 
eine  dritte  Bucht,  die  von  Ngulula,  weldie  Iiis  2^  47'  südl.  Breite 
reicht.  Er  umging  dieselbe  und  untersuchte  die  Stanley'schc  Bucht, 
die  von  Bukome,  deren  südliches  Ende  Schynse  auf  2^  51'  südi. 
Breite  bestimmt.  Die  Bucht  sei  sehr  flach  und  die  letzten  4—6 
Meilen  hatten  für  die  Schifffahrt  wenig  Werth.  Von  Bukome  folgte 
Schynse  dem  See  in  nördlicher  Richtung  und  erreichte  am  14.  Fe- 
bruar nach  I(Uäuii;em  Marsche  (von  ßukumbi  an  gerechnet)  Ba- 
koba,  die  deutsche  Station  Emin  PnM;ha*8  unter  1"  20'  südlicher 
Breite.  Emin  Pascha  war  gerade  tags  zuvor  von  Bukoba  nach 
Westen,  nach  Karagwe  abmarschirt.  Von  Bukoba  ging  der  Missio- 
nar noch  sieben  Tage  nördlich,  überschritt  die  Kagcra,  die  Grenze 
der  deutschen  und  cn-ü-chen  Interessensphäre,  durchwanderte  Buddi, 
eine  Provinz  Ugandas  bis  0»  31'  südl.  Breite.  Von  dort  wollte  er 
nach  Westen,  um  die  Hinterländer  des  Sees,  Karagwe  und  Usuri 
zu  erforschen.  Doch  die  eintretenden  Hegen  zwangen  ihn,  nach  Bn- 


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Die  katholischen  ilissioneu  in  den  deutschen  Schutzgebieten. 


57 


koba  zarflckznkehren.  Hier  achiffibe  er  sidi  mit  Herrn  Stokes  ein 
imd  fahr  ^r  den  See  aaeli  Bnknmbi  zorQck.  Das  Land  nm  die 
Südwestecke  des  Sees  üsindja  ist  flacli,  von  GranitrQcken  dnrcb- 
zogen,  nnr  in  Ngnlnla  finden  sicti  bedentendere  Höhen.  Die  BevOl- 
kemng  ist  ein  Gemisefa  von  einheimischen  Wanyamwesi  nnd  einge- 
wanderten fialma  (Watnsi).  Sie  werden  Basindja,  anih  Wana  Mn- 
eri  genannt.  Dieselben  waren  beim  Anmarsch  der  Expedition  viel- 
fitch  gefiflchtet;  doch  gelang  es  bald,  mit  ihnen  in  frenndschaftlicben 
Verkehr  zn  treten,  ausgenommen  ihre  letzte  Landschaft  Eimuaui, 
wo  man  ihr  feindselig  gegenübertrat. 

Von  20  10'  südl.  Breite  wohnen  die  Baziba  bis  zur  Grenze 
Ugandas.  Das  Land  derselben  bis  zum  Eageraflasse  ist  ein  Berg- 
Sand  mit  flachen,  parallel  zum  See  verlanfenden  Thälem.  Diese 
meist  sumpfig,  sind  unbewohnt,  die  Höhen  dagegen  stark  bevölkert. 
Nach  Osten  zum  See  fallt  die  Höhe  steil  ab.  Die  Baziba  bilden 
eine  Stammesiusel  und  sind  sehr  von  ihren  Nachbarn  verschieden. 
Während  man  im  Süden  des  Sees  nur  die  Buckelochsen  kennt,  ist 
das  Rind  der  Baziba  unser  europäisches  plus  ein  l'aar  ungeheuerer 
Horner.  Das  Land  um  die  deutsche  Station  ist  sehr  fruohti)ar: 
überall  rieseln  Bäche  von  den  Höhenzügen.  Die  BevOlkLMung  ist 
zahlreich.  In  der  Station  wurde  rüstig  gebaut  und  gepflanzt.  Kaffee- 
pflanzungen, Gärten,  sogar  eine  öffentliche  Promenade  sind  angelegt 
worden.  Das  Bergland  endet  an  der  Kagera.  Nur  an  diesem  Flusse 
und  auf  den  kleineren  unbewohnten  Inseln  des  Sees  findet  sich  Ur- 
wald. Das  übrige  Bazibaland  ist  völlig  abgeholzt,  mit  hoiiem  Gras- 
wuchs bedeckt,  ein  schönes  Weideland.  Die  Provinz  Buddu  ist  leicht 
wellenförmig.  Hier  wurde  die  Expedition  von  den  dortigen  Christen 
mit  Jubel  aufgenommen. 

P.  Schynse  hat  über  seine  Reise  eine  werthvolle  Karte  ge- 
schickt, die  in  Petermanu's  Mittheilungen  veröffentlicht  ist. 

Inzwischen  war  dem  apostolischen  Vikar  am  Viktoria-See  die 
ersehnte  Verstärkung  gekommen.  Am  26.  August  1890  war  eine 
neue  grosse  Misi^iouskarawane  der  „Weissen  Väter"  von  Bayamoyo 
aufgebrochen.  Dieselbe  l)estand  aus  12  Priestern,  6  Brüdern,  zwei 
schwarzen  in  Mdlhi  ausgebildeten  Aerzten  und  mehreren  Hunderten 
von  Trägern.  Sie  bildete  zwei  Kolonnen,  die  eine  für  den  Viktoria- 
See,  die  andere  für  den  Tuiiganyika  und  Uuyauyembe  bestimmt.  Am 
20.  September  waren  sie  in  Mrogoro,  der  Station  der  Väter  vom 
heiligen  Geist.  Am  8.  Oktober  erreichten  sie  Mwapwa.  Daun  durch- 
zogen sie  Ugogo;  an  der  Grenze  dieser  Landschaft  trennten  sich  die 


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58         Di«  kathoUichea  Hiasionen  in  den  deoticbeii  8«huuge  bieten. 

Wege.  Die  eine  Karawane  marschirte  nordwärts  znm  Viktori^^See. 
Dieselbe  kam  am  30.  November  wohlbehalten  in  Bnknmbi  an.  Oer 
apostolische  Vikar  Msgr.  üirth  ging  mit  11  Missionaren  im  Anfimg 
des  Jahres  1891  Aber  den  See  nach  Uganda.  Dort  wurden  sofort 
•  zwei  nene  Posten  gegrflndet,  westlich  in  Bnddn  und  Östlich  in  Dsogi, 
während  einer  dritten  Abtheilnng  die  mflhsame,  aber  lohnende  Auf- 
gabe znfiel,  die  im  Lande  zerstreuten  Christen  und  EatecfanmeDeD 
au&nsnchen. 

Eine  zweite  Missionsexpedition  ging  von  Bnkumbi  nach  üslii- 
rombo,  wo  der  Provikar  von  Dn^anyembe,  P.  Gerboin,  mit  der 
Grflndang  einer  neuen  Station  beschäftigt  ist 

Die  Stationen  des  ajxostolischen  Vikariats  Viktoria-Nyauza  sind 
'  nun  die  folgenden:  1.  Baganda  (Rabaga),  2.  Buddn,  8.  Usogs, 
4.  Sesse-Inseln,  5.  Buknmbi,  6.  Nyegezi. 

Anstalten  und  Personal:  4  Waisenhänser  mit  2bO  Klndero, 

1  Seminar  fOr  Negerjüuglinge;  Anzahl  der  Christen  4 — MXK),  der 
Katechumenen  8 — 10000;  es  sind  thatig  18  Patres  und  Brfider, 

2  schwarze  Aerzte. 

Wie  P.  Sehynse  unterm  16.  Mai  1891  schreibt,  können  die 
Missionare  trotz  der  Verstärkang  die  Arbeit  nicht  bewältigen,  Haii' 
derte  von  völlig  uuterrichtetcii  Leuten  treflfen  überall  ein  und  bitten 
am  die  heilige  Taufe;  es  mösste  die  Zahl  der  Missionare  nochmals 
vervierfacht  werden,  um  wenigstens  den  dringendsten  Ansprücheu  zn 
genügen.  In  der  Hauptstadt  allein  werden  monatlieli  achtzig  bis 
huntiL'it  Erwachseue  getauft,  und  wir  spendeu,  ausser  in  Todesgefahr, 
die  Taufe  erst  iia«  Ii  vit'rjähriger  Vdrhereitun^.  Als  icii  auf  meiuer 
letzten  Reise  in  IJuvaiia,  einem  Distrikte  von  Huddu,  eintraf,  wurde 
ich  sofort  von  Ilundertiii,  Männern  und  Weii>ern  umringt,  die  niiih 
baten  zu  bleiheu,  um  ihren  Uuterrieht  zu  vollenden  und  sie  zu  taut-  n. 
Die  Tromnifl  rief  am  Aben<le  die  Leute  zusammen;  danu  erklärte 
der  ll;iiii»lling,  der  in  der  il;;uptstadt  t;etauft  war,  den  Katechismns"- 

Die  zweite  für  Unvauvembe  und  Ta^anvika  bestimmte  Koloiiite 
kam  am  15.  November  1890  in  Kij)ala|»ala  bei  Tabora  an.  Der 
Sultan  Sike  iuitte  diese  Station,  welciie  die  Missionare  i^89  ver- 
lassen mus>teu,  für  seine  Sklaven  uud  Kühe  in  Besitz  genonuiioii. 
Der  Führer  der  Missionskarawane,  1*.  van  Oost.  stellte  an  den  Sultan 
die  F(»rderuut(,  ihm  die  .Missionsstaliou  wiederzugeben.  „Die  Antwort 
war",  wie  einer  der  iMissionare  sciireibt,  „sehr  demüthig;  mau  merkt-' 
ihr  (üf  Furciit  vor  den  i)rursele  n  au.''  I)<'r  Sultan  liess  die  Slalioü 
reinigen  und  die  Miäöiuuure  konnten  ihr  Hemi  wieder  beziehen. 


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Die  kaibolitchea  Missioneu  in  den  üeaUcbeu  Schutzgcbieteo. 


59 


Aneh  das  Tom  Sultan  geraabte  Eigenthmn  der  Mission  srhielt 
P.  Tan  Oost  dnrch  die  Vennittelang  Tippu  Tips  zordek,  freiUeh 
gegen  wncherische  Zinsen,  welche  der  Araber  forderte.  Da  die  An- 
werbung Ton  Trägem  in  Taborn  sieb  verzögerte,  mnsste  die  für  den 
Tanganyika  bestimnite  Abtheilnng  zwei  Monate  in  Kipulapala  Hegen 
bleiben.  Sie  eriüelt  hier  die  traarige  Nachrieht  von  dem  Tode  des 
apostolischen  Yilcars  des  Tanganjika,  Msgr.  Bridonx,  der  am 
21.  Oktober  1890  in  Eibanga  am  westliehen  Ufer  des  Tanganyika 
an  einer  Leberentztlndaug  gestorben  war.  Deradbe  hatte  Irarz  vor- 
her sftmmtliche  Stationen  der  Genossenschaft  anf  einer  bischöflichen 
Visitationsreise  besucht.  Dieselben  sind:  anf  dem  westlichen  Ufer 
1.  Kibauga,  2.  Mpala,  3.  St.  Lndwig,  wo  Kapitän  Jonbert  seinen 
Wohnsitz  hat;  zn  diesen  drei  Hauptätationra  gehören  noch  11  Neben- 
stationen. Anf  dem  Östlichen  Ufer:  1.  Earema,  2.  St  Johann,  in 
IJiipa,  mit  5  Kebenstationen.  Eine  dritte  Station  Ejnmdo  in  Ufipa 
mnsste  wegen  der  Umtriebe  der  Araber  anfgegeben  werden.  Dueh 
nichtswürdige  Verlenmdnngen  und  Hetzereien,  bei  welchen  ihnen  das 
Vordringen  der  Deutschen  als  Vorwand  diwte,  gelang  es  ihnen,  den 
vorher  frenndlich  gesinnten  Häuptling  feindselig  gegen  die  Missionen 
zn  stimmen.  Sdiliesslidi  worden  die  Missionare  vertrieben  nnd  die 
Araber  trinmphirten. 

Ueberaos  interessant  ist  der  Bericht  des  Bischoft  Bridoux 
Aber  seine  Reise  zn  den  verschiedenen  Stationen  am  Tanganyika. 
Da  Earema  fllr  das  deutsche  Schutzgebiet  von  besonderer  Wiclitig- 
keit  ist,  so  müge  die  Schilderang  dieser  Missionsstation  hier  folgen : 

Wenn  man  sich  von  der  Seeseite  Kurema  n&hert,  so  bietet  sieh  dem  Auge 
znent  ein  attsgedehnter  Streifen  5den  Sandes,  den  der  Tanganyika  seit  etwa  swölf 
Jahren  in  Folge  seines  Zurückwcichenä  hier  ablagert.  Als  nämlich  die  Barriere  am 
Lukut,'a,  w'ch'hf  sich  ans  Saud,  I'apyrusstauden  und  S.iiilf  t,'ebi!(k't  hatte,  durch- 
brochen war,  küuiitL'u  die  \V;i~M_>r  dos  See's  im  Lukugu  einen  Aldluss  nach  dem 
Kougo  finden.  Der  Lukuga  ist  tjokanutlich  der  einzige  AusÜuttö,  welchen  der  Tau- 
ganjika  besitst. 

An  dem  jetst  bei  Kareaa  Torhandenen  Ufer  wurden  von  uns  fünf  kleine 

Dörfer  gegründet.  Die  Bewohner  von  zweien  sind  von  uns  atis  der  SklaTerei  be- 
freit und  leben  vom  Fi-sohfange.  Ausserdem  sind  sie  mit  der  Aufsicht  über  unse:e 
Barken  betraut.  Die  drei  andern  Dörfer  sind  auch  gleichsam  Dependenzeu  der 
Mission.  Die  Einwohner  derselben  siedelten  aicü  um  unsere  Station  au,  um  Frieden 
und  Sicherheit  sn  geniessen,  die  ihnen  dnreh  den  Schats  der  Missionare  ge- 
währt wird. 

Zwei  dieser  Dörfer,  das  eine  nördlich,  das  andere  südlich  von  der  Station, 

werden  von  Wafipa  bewohnt.  Die  Einwohner  des  fünften  Dorfes  sind  Wanpwana, 
die  früiier  in  dem  Missiou»^Iebiete  zerstreut  wuimten.  Da  die  Wati^wari;i  in  ihrer 
Zerstreuung  unter  den  Wulipa  einen  schlcchteu  Eiullusä  ausübten,  veraulasstcu  wir 


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Die  kttholiscben  Missionen  in  den  deutschen  Schntzgebieten. 


Bie,  sieb  in  dxmn  Dorfe  vniVL  ciaem  Hiaptiiiig  nmiriMielii,  der  uns  verantwortlich 
itt.  Alle  Dörfer  sind  von  einem  PalHsaden-Ring  umgeben.   An  der  Spitie  eine« 

jeden  steht  ein  Vorsteher,  Nyampara,  der  von  der  Mission  abbängip  ist. 

Was  bei  der  Ankunft  in  Kureina  7,uerst  die  Aufmerksamkeit  auf  sich  zieht, 
sind  die  alterlbümlicb  massiten  Bauten  der  Hissionsstatioo,  welche  einer  Festung 
des  NittelalterB  Uinlich  siebt  Die  Oeb&ade  erheben  sieb  auf  einem  Kegel  18Vs  m 
fiber  dem  Spiegel  des  See*s.  Dieter  Kegel  bildete  m  dem  BAektritt  des  Wsssers 
einen  Vorsprung  in  den  Tangsnjika.  Heute  ist  er  etwa  1500  m  davon  entfernt 
Von  der  Spitze  desselben  schweift  der  Blick  über  eine  Fläche,  welche  ringsum  von 
einem  Kranze  von  felsitren  Höhen  umgeben  ist.  Diese  Ebene  wird  von  zwei  Flüssen 
durchzogen,  dem  Kaniuhoho  und  dem  Mfume,  welche  dem  Nil  gleich  das  Land  durch 
ihre  Uebersebwemmangen  derart  befruehten,  dass  in  regnerisehen  Jahren  mehrere 
Ernten  ermöglicht  werden. 

Die  Missionsgebäude  bilden  ein  Weites  Tembe  in  Form  eines  unregelmässigen 
Sechsecks  \>hi  243  m  l'mfang.  Man  nennt  hier  Tembe  jedes  Dorf,  das  von  Erd- 
wäilcn  oder  von  Mauern  aus  getrockneten  Zie}.'elu  umgeben  ist.  Die  weitern  Be- 
festigungswerke und  Pallisadeu  ncuut  mau  Borna. 

Unser  Tembe  ist  gegeni^fg  viel  cu  mg  fSr  die  grosse  Zahl  unserer  Waisen- 
kinder. Wir  haben  wrlinfig  einige  Bftnme  tmi  wtgtmwftiM  Erde  heretellen  müssen, 
am  sie  alle  tinterzubringen.  In  diesem  Jahre  1890  hoffen  wir  die  nene  Kapelle  zu 
vollemlcii,  deren  Grundstein  horeits  itn  Ft'!>niar  ^ele<rt  wurde.  Sie  wird  50  m  lang 
und  13  in  breit  und  i<i-tindet  sich  zwischen  uuserm  Wohnhaus  und  dem  Tembe 
unserer  chtisllichen  Familien. 

Alle  Abhänge  des  Hügels  sind  mit  Bauten  bedeekt;  dem  Haoptwaisenbavs 
gegenüber  liegt  des  Hans  far  die  kleinen  Knaben.  Das  för  die  kleinen  U&ddien 
befindet  sich  im  Tembe  der  Familien.  Diese  Kinder  unter  7  Jahren  sind  der  Sorg» 
falt  und  der  l*f1ege  älterer  Noiroriimen  anvertraut,  welclic  den  Namen  „Mama" 
führen,  (lerade  für  (ücm-  Aiis^lalteii  bedürften  wir  driiiirend  der  pflegenden  Qand 
von  Schwestern:  doch  ist  dieser  Wunsch  leider  noch  nicht  zu  verwirklichen. 

Unser  Viehbestand  ist  tnsammengesetst  ans  etwa  IM)  Ziegen  nnd  Schafen, 
30  Kfihea,  welehe  ans  Unyanyembe  kamen  oder  ans  von  eingeborenen  ffiinptlingen 
zum  Geschenk  gemacht  worden.  Die  Ksrema-Kahe  stehen  denen  von  rmudi  und 
Uhha  weit  nach;  kaum  können  wir  von  den  unserigen  Morgens  und  Abends  für  uns 
und  unsere  Kranken  etwas  Mi  Mi  bL-knimnen.  Zu  unserm  Viehbestand  t;ehuren  auch 
drei  Esel,  alte,  treue  Diener  der  Mibsiouure,  welche  die  Mühseligkeiten  der  Reise 
Ton  der  Kfiste  bis  snm  Tanganyika  glücklich  überstanden  haben.  Ein  vierter 
Oranschimmel,  Abkömmling  der  alten,  gedeiht  vortrefflich.  Wie  in  den  andern 
Stationen  haben  sich  die  Esel  hier  gut  akklimatisirt.  Sie  dürfen  nur  nicht  zu  er- 
schöpft von  den  langen  Reihen  ankommen;  dann  erholen  sie  sich  rnVIit  leicht. 

Werfen  wir  noch  einen  Blick  auf  den  Hühnerhof.  Derselbe  ist  einer  christ- 
lichen Familie  zur  I^tlege  anvertraut.  Es  ist  nicht  schwer,  zahlreiche  Hühner  zu 
erhalten.  Von  den  Eingeborenen  essen  nur  die  Hftnner  —  nnd  auch  diese  höchst 
selten  —  Hühneilleisch.  Sie  betreiben  die  Hfihnenmeht  banptsäefalich,  um  ihre 
Wohnungen  von  Zecken,  Wanzen  und  sonstigem  Ungeziefer  jeglicher  Art  zu  be- 
freien. Der  A(>erglaube  verbietet  ihnen  den  cJeiiuss  der  Eier:  sie  glaulicu  fest, 
dass  ihnen  dadurch  die  Haare  ausfallen  und  der  Kopf  so  kahl  wie  eine  Eierschale 
werde. 

Nachdem  wir  unsere  kleine  Kolonie  besichtigt  habMi,  möchte  ich  Sie  in  die 


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» 

Die  kathoUaeliai  lUnidiuii  in  dm  dantiebeB  Sdratsgebittan.  61 


Kbene  führen  zu  den  Pflänzlingen  der  Kinder  und  der  jungen  Christen.  Die  aus- 
gedehnten Mais-,  Maniok-,  Shorgo-  und  Bataten-Felder  beweisen,  dass  der  Acker- 
bau bei  uns  hoch  in  Ehren  steht.  Es  sind  dies  die  wichtigsten  Pflanzungen,  da 
sie  lelbil  in  Jehren  der  Dfirre  nad  TroekeDhelt  eine  genügende  Snite  ttefSarn;  in 
feneliten  Jabren  herre^t  UeberihiM.  So  k»t  im  Jdure  1889  der  Beis  in  Karenie 
bundertAItige,  der  Mais  bundertandfünfzigföltige  Frucht  getragen.  Unsere  christ- 
lichen Neger  haben,  dem  Beispiele  nnd  der  Anleitung  der  Jünienare  folgend,  ihre 
Kulturen  ausgedehnt. 

Au  den  Ufern  des  l^uiuhoho  finden  sich  drei  weitere  Dörfer,  von  denen 
sirai  Ttm  Kateehnmenen  nnd  Gluriatan,  das  dritte  von  den  noeh  heldniiehen  Wa- 
bendi  bewolmt  ist 

Die  Eingeborenen  lassen  sidi  beim  Errichten  ihrer  Dörfer  sehr  wenig  von 
der  Gesundheit  günstigen  Bedingungen  leiten;  die  llauptsorge  ist  das  Vorhanden- 
sein von  Wasser.  Deswegen  bauen  sie  sich  nur  in  lier  Kbcue  an.  Die  Wasser- 
frage war  auch  für  uns  eine  brennende  geworden.  Denn  da  der  Taganyika  sich 
Jabr  für  Jahr  irnnser  mehr  rarnekzieht,  mnssten  wir  «natUoh  enrigen,  wie  wir  m 
Waaser  konunen  kSnnteo.  Die  ersten  Bohrrersoehe  hatten  lieinen  Erfolg,  doeb 
unsere  fortgesetzten  Bemühungen  wurden  endlich  belohnt:  wir  kmuiten  zwei 
Brunnen  anlegen«  die  reichlieb  Wasser  liefern,  mehr  als  wir  für  alle  nnaere  Leute 
bedürfen. 

Dem  Ufer  des  Kaniuhoho  folgend,  führt  uns  der  W^eg  zu  nnserer  Bauaneu- 
pflansong.  Dieselbe  wird  bersits  in  den  nlebsten  Jabren  hinreidiende  Frnehte  ffir 
unsere  Kinder  liefsm.  Die  Ebene  von  Karsma  ist  nunmehr  in  Folge  nnsersr  Kul- 
turen durch  ihre  Fruchtbarkeit  in  der  ganzen  Umgegend  berühmt  geworden.  Da 

indessen  hier  die  Resjen  nich»  so  reichlich  und  so  andauernd  wie  im  Norden  des 
See's  sind,  so  haben  die  europäischen  Gemüse  und  l-Vilclite,  welche  von  Sansibar 
mitgebracht  wurden,  nicht  ein  solches  Gedeihen  gezeigt,  wie  in  unserer  Station  Ki- 
banga  am  oatlieben  Dfer  des  See'a. 

Jeden  Abend  besnehe  leb  einige  nnaerar  Dörfer  nnd  bisweilen  aneh  die  weit- 
entfernten  der  W^abendi,  mit  welchen  wir  gute  Beziehungen  nnterbalten.  Ihre 
Häuptlinge  Ka-s.safjiibu,  Mrundi,  Muliraa,  Sirandn  etc.  machen  uns  häufig  Gegen- 
besuche und  koniinen  nie  mit  leeren  lläntlen;  natürlich  handeln  sie  so  im  eigenen 
Interesse:  es  ist  dus  „do  ut  des":  sie  hoflen  mehr  zu  erhalten  als  sie  bringen. 

Obgleich  die  Pflanzungen  unserer  Christen  sich  mit  jedem  Jahre  rergrössem, 
so  bietet  doch  die  Bbrae  tou  Karsma,  welche  mehr  als  100  Dörfer  nShren  könnte, 
noch  grosse  brachliegende  Strecken,  so«renanntea  »Fori*  (Wildniss),  das  nur  Ton 
wilden  Thieren  bewohnt  wird.  Zuweilen  bringen  uns  unsere  Jäger  einen  Eber,  eine 
Antilope  oder  einen  Hüffei;  es  ist  dies  ein  besonders  glückliches  Kreigniss  für  unsere 
W^aiscnkiuder,  die  nur  bei  solchen  Gelegenheiten  Fleisch  erhalten. 

Die  Ebene  ist  reich  an  Schlangen;  besonders  hftoflg  ist  die  Pythonsehhmge, 
welche  die  Eingeborenen  ala  die  Verkörperung  ihrer  Nsimn  oder  Oötsen  mit  scheuer 
Verehrung  betrachten.  Doch  unsere  Christen  und  Kinder  machen  ohne  Furcht  Jagd 
auf  dieselbe  Sie  haben  schon  solche  von  mehr  als  vier  Meter  Länge  und  15  cm 
Dicke  erleirt;  auch  solche,  welche  noch  eine  ganze  Antilope  im  Maf,'en  hatten.  Die 
sogenannte  äpei-Schlange  ist  schon  mehrere  Male  biä  in  unseru  Ziegeustall  gelangt, 
nm  ihre  Opfia«'  t«  veiadilüigen.  Sie  speit  Ihr  Oifk  in  die  Augen  ihrer  Opfer,  worauf 
der  Kopf  unYerbiltnissm&ssig  anschwillt  und  der  Tod  bald  eintritt.  Als  Gegengift 
wird  Mileh  gebraucht,  weebalb  die  Eingeborenen,  welche  von  der  Spei-Schlange  an- 


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Di«  luttboUadieii  MiatioiMn  in  d«n  deataeben  Sehntifebiettii. 


gegriffen  werden,  in  Ermangelung  von  Ziegen  zu  Ammen  ihre  Zaflucbt  nehmen 
und  die  Augen  mit  IGldi  aunnuchen;  sehon  nach  wenigen  Stand«»  tritt  dl« 
Hdlnog  «in. 

Zur  Z«it  der  Masika  oder  der  Rej;en  ist  all««  grün;  dann  Tersdi windet  man 
glnzlich  im  Grase,  im  Schilfe  und  iu  'Ion  Pflniizuniren.  Das  entpepenijesetzte  Bild 
bietet  die  trockene  Jahreszeit,  bcsnndcrs  wcuu  Schilf  und  Gras  zur  Dünsruug  des 
Bodens  niedergebrannt  sind.  Dann  bat  die  Ebene  von  Karema  ihre  Schönheit  ver- 
loren.  Ton  den  glnb«nd«n  Strahlen  der  Sonne  versengt,  liegt  si«  Icahl  und  5de  da; 
ringsom  stMTwn  di«  kalkigeii  B«tg>Abbing«,  «a  d«n«n  «b«nM«  j«d«r  B«st  d«r  Veg«« 
tation  dordi  Brand  verzehrt  ist.  Webe  dem  blendenden  Weiss  der  Gandara  (Kleid), 
wenn  man  im  Abendwind  ober  di«  Ascb«  und  di«  kalkigen  Stoff«  d««  Bodans 
sehreitet! 

Am  Abend  erschallt  das  Horn  und  kündet  das  £nde  der  Tages-Arb«it  an> 
Hunderte  von  Stimmen  bcgrüäsen  es  freudig,  und  in  raschem  Laufe  eilen  unsere 
Kinder  ihrem  Hana«,  unsere  Christen  ihren  •ehUfb«d«dtt«n  Hfitt«n  tn,  di«  nicht 
ohn«  «in«n  gawis««n  Knnstiann  «rbattt  «ind.  Di«  Werkzeuge  worden  ni«d«i!g«l«gt 

und  Alle  ruhen  sieh  «inig«  Zeit  behaglich  aus.  Beim  Abendläuten  versammeln  di« 
Insassen  des  Missionshauses  sich  in  der  Kapelle  zum  Abendgebet,  die  Einwohner 
der  Dörfer  unter  dem  „baüa  des  Gebetes",  wo  einer  der  Ersten  an  Stelle  des  Mis- 
sionars die  Andacht  abh&lt.  Die  Leitung  des  Ganzen,  der  Neophyten,  Katecbu- 
m«n«n  u.  8.  Wn  hat  bis  jetxt  noch  kein«  «mstlieh«  Sebwi«rigk«it  b«r«it«t,  obgl«{eb 
wir  w«d«r  PoUtei  noch  Gerieht«  h«b«n. 

Die  kl^en  Zwistifjkeiten,  welche  hier  wie  rdif-rnll  entstehen,  werden  Ton  d«n 
Missionaren  geschlichtet.  Während  der  MittaL^srn-t  darf  jede  Partei  ihr  Anlieeen 
vorbringen.  Sobald  der  Missionar  seine  Entscheidung  ausgesprochen  hat,  hört  jeg- 
liches Streiten  auf,  und  die  Parteien  söhnen  sich  aus.  Einer  meiner  Neubekehrten 
fuhrt  d«n  Tlt«!:  aNyampam*  (AnfBhrsr,  Vor«t«h«r);  «r  bi1d«t  mit  d«&  Myamptm 
d«r  andern  Dörfer  und  nnaerm  Steuermann  die  Ariitolcratie  von  Karema,  «in«  noch 
Ti«]  einfachere  Aristokratie,  als  zu  den  Zeiten  de«  Cincinnatus. 

Wir  haben  unter  den  Einpeborenen  schon  von  uns  ausgebildete  Handwerker: 
Schmiede,  welche  Hacken,  Niigel  u.  s.  w.  anfertigen,  Schreiner,  denen  nur  noch 
bessere  Werkzeuge  fehlen,  Maurer,  die  schon  anfangen,  einen  Begriff  von  Loth  und 
S«ts-W«ag«  tn  hab«n.  AU«  «rwdien  uns  di«  gro8St«n  Di«nst«;  li«  TOlUSbren  J«tit 
di«  Arb«it«n,  denen  früher  der  Hiirionar  ««Ibst  di«  koitbaren  8tand«n  widm«n  mvast«. 

Wir  sind  erst  eine  kleine  Heerde  ^jntsillus  grex",  aber  mit  Gottes  Segen,  der 
lins  l'isher  nicht  fehlte,  wird  Karema  bald  ein  wif-hliges  Kultur-Zentrum  am  Tan- 
ganyüia  werden.  Neben  der  materiellen  Seite  beschüfti^rt  uns  selbstverständlich  die 
geistige  Aufgabe,  die  wir  un»  gesteilt  haben,  im  höchsten  Maasse.  Hier  ist  die 
Wandelung  und  Umbildung  noch  viel  aug«n8eh«inlich«r. 

D«r  N«g«r,  d«r  durch  di«  Religion  Jean  Christi  und  di«  Arb«it  gl«ich8am  n«n 
g«boren  wird,  ist  nicht  mehr  jener  Wilde,  als  welchen  wir  ihn  fanden.  Die  Liebe 
Gottes  und  df\s  Näclisten,  Tutrenfl  und  Ptlichttreue  sind  an  Stelle  der  rohen  Gefühle 
getreten:  utile  Emptindunueu  i-rwaolien  in  seinem  Herzen,  und  er  zeigt  sich  würdig, 
einen  Platz  in  der  christlichen  (iesellschaft  einzunehmen. 

Eino  iifii*'.  die  10.  Missidiiscxiiedition  der  weissen  Väter  ist  Xü- 
laiii;  August  18'.»Ü  von  der  Küste  iii"s  Innen-  aufgehrochen.  Dieselbe 
hat  die  Bestiinmuug,  die  sdiou  beätehendeu  ätatioüeu  zu  verstärken 


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Di«  katholiiehen  Miukmtn  in  den  deutaehea  SdniligtbMMi. 


68 


und  mehrere  neue  zu  gründen,  eine  am  Tanganyikii,  eine  zweite 
zwischen  Tanganjika  und  Viktoria  und  die  dritte  im  Lande  der  Ba- 
ziba  in  der  Nähe  von  Bokoba.  Dem  neuesten  Briefe  des  P.  Sehynae 
vom  Südnfer  des  YiktoriapSees  entnehmen  wir  noch  Folgendes: 

pUnyamwesi  ist  nun  tollig  ruhiff,  die  deutsche  Flagge  wird  «bcnll  geachtet 
tmd  gefürchtet:  jeder  Stamm  sucht  diesen  kostbaren  Talisman  ru  erhfilfon:  auch  die 
Wangoni  wollen  auf  ihr  Käuberlehen  verzichten  und  friedliche  Hür^'er  werdcu:  doch 
wird  es  ihnen  wohl  schwer  fallen,  sich  an  ein  regelmässiges  Leben  zu  gewöhnen 
und  mnmeii  sie  jedenlUlt  einige  Zeit  fibennidit  werden.  In  Usbirombo  wnrden  die 
Missionare  mit  offenen  Annen  anfjf^enoinmen,  der  HlvptHag  quartierte  sie  in  der 
Ilniro  (Hanptstadt)  ein,  bis  das  Ende  der  Regenieit  das  Banen  gestattete.* 

Kumernn. 

Die  apostolische  Präfektur  Kamerun  wurde  im  Jahre  er- 
richtet. Als  die  Genossenschaft  der  Pallotiner,  die  bis  dahin  vor- 
ziiglich  in  Südamerika,  besonders  in  Brasilien,  Argentinien  und 
Uruguay  thätig  gewesen  war,  vom  deutschen  Reichskanzler  die  Er- 
lanbniss  erhalten  hatte,  in  Kamerun  katholische  Missionen  zn  gründen, 
röstete  sie  ihre  erste  afrikanische  Missionskarawane.  Zum  Prüfekten 
wurde  P.  Vieter,  ein  gjeborener  Westfale,  der  bis  dahin  in  Brasilien 
gewirkt  hatte,  ernannt.  Die  Ausrüstung  der  Expedition  wurde  in 
Köln  nnd  Hami)nrg  besorgt.  Ihre  MitsjHeder  waren  zwei  Priester, 
P.  Vieter  und  P.  Walter,  und  6  Laienbrüder:  1  Schreiner,  1  Schlos- 
ser, 1  Schuhmacher,  1  Koch,  2  Landwirthe. 

Am  7.  November  1890  fuhren  sie  von  Kamerun  ab,  um  sieh 
den  Sannagaflnss  anfwftrts  nach  Edea  za  begeben,  wo  sie  die  erste 
Hissionsstation  anlegen  wollten.  Bei  dem  Dorfe  des  H&uptlings 
Ntoko  erlitt  der  kleine  Küstendampfer  grossen  Sehaden,  so  dass 
derselbe  zur  Ausbesserung  nach  Kameran  znrfickkehren  mnsste.  Erst 
nach  einem  Monate  gelangten  die  Missionare  nach  Edea.  Doch  der 
Häuptling  Pome  widersetzte  sich  der  Niederlassung  der  Weissen. 
AxLfk  der  WOrmann'sche  Agent,  der  dort  eine  Faktorei  gründen 
sollte,  konnte  nicht  bleiben,  weil  ein  Ueberfall  der  argwdbnisohen 
Bevölkerung  zu  befürchten  war. 

So  kehrten  die  Missionare  nacli  dem  Dorfe  des  Häuptlings 
Ntoko,  Pungo  Sungo  gemiiül)or,  zurück.  Dieser  nahm  sie  freundlich 
auf  und  überwies  iliiiuii  für  ciueu  aniit.iimbarrn  Preis  einen  gesund 
gelegenen  und  hiuliui^lich  grossen  Platz  für  Anlage  eiuer  Missions- 
station. Da  leider  auf  der  Seefaiirt  von  JlamburL;  nach  Kamerun 
das  von  dort  mitgebrachte  Wohnhaus  aus  iioiz  wegen  eines  furcht- 


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Die  kttfaoUaeban  Ifisdoneii  ia  den  deutiehta  Sehnt^Bebleteo. 


baren  Sturmes  fiber  Bord  geworfen  werden  musete,  bauten  die 
Missionare  znerst  ein  Haas  nach  Landesart,  sodanii  eine  Kapelle 
und  eine  gerftnmige  Werkstätte. 

Ihr  Hanptangenmerk  richtetoi  die  MiBdonare  Toa  Anfang  an 
auf  die  Erzi^nng  der  Jugend;  die  Arbeit  unter  den  Srwachaenen 
versprieht  wenigen  Erfolg  namentlich  wegen  der  allgemein  herr- 
sehenden  Polygamie,  bei  welcher  die  Frau  nichts  als  Sklavin  nnd 
Handelsgegenstand  ist. 

Da  namentlich  wegen  der  nngfinstigen  Wohnongsverhfiltnisse  die 
Hissionare  vom  Fieber  ausserordentlich  zu  leiden  hatten,  erschien 
es  dringend  nothwendig,  ffir  eine  gesündere  Wohnnng  zu  sorgen. 

Sie  wählten  am  Abhänge  eines  Htlgels  eine  kegelartige  Er- 
höhung, die  dem  Wasser  nach  allen  Seiten  leichten  Abzug  gewährt 
Da  Steine  zu  den  Grundmauern  fehlten,  da  dort  weit  nnd  breit  nur 
Sand  und  Lehm  zu  finden  ist,  stellten  sie  das  Haus  auf  S&aleo, 
wozu  60  2  m  lange  Stämme  erforderlich  waren.  Das  Rothholz,  das 
hart  wie  Stein  ist  nnd  den  weissen  Ameisen  am  läuf^sten  widersteht, 
schien  am  besten  dazu  geeignet.  Die  Wände  wurden  nach  alter 
westfiilisciier  Bauart  gezimmert,  mit  einem  llolzgellecht  ausgefüllt 
nnd  mit  i.elim  Itcworfeii,  und  zum  Schlüsse  theils  mit  Zement,  tlieils 
mit  Kalk  überzogen.  Die  Länge  des  Hauses  betragt  13  m,  die 
Breite  11,  die  Höhe  8  m.  Das  Ganze  ist  von  einer  Veranda  um- 
gei)en.  Das  Innere  enthält  eine  Kapelle,  einen  Speisesaal,  vier 
Zimmer,  und  im  oberen  Theile  unter  dem  Dache,  das  mit  Matten 
gedeckt  ist  und  dessen  (iiebehvimde  aus  Baumrinde  gemacht  sind, 
einen  ^aTruuiiit^en  kühlen  Schlafsanl  für  die  Kinder.  Dazu  kommen 
noch,  ahi^esondert  von  detn  M issi^nshause,  verschiedene  Werkstütteu, 
namentlich  für  Schn'iner  und  Zininiermauu  und  eine  Schmiede. 

Dank  der  sehr  luftigen  Räume  und  des  trockenen  Unterbaues, 
den  bcständii:  frische  Luft  durchzieht,  hat  sich  der  Gesoüdheits- 
zustaud  der  Missionare  wesentlich  gebessert. 

Es  wurden  noch  aus  Bambus  errichtet  eine  20  m  lange  Arbeits- 
halle, in  welcher  während  der  Regenzeit  gearbeitet  werden  kaiiu. 
An  die  Arbeitshalle  grenzt  ein  Ziegen-  und  ein  Hühnerstall.  Da 
die  einheimisehen  Ziegen  nnd  Hühner  wenig  Werth  sind,  licssen  die 
Missionare  solche  von  Madeira  kommen,  um  den  Viehbestand  za 
heben  und  zn  veredeln. 

Etwa  20  Morgen  nm  die  Missionsstation  wurden  vom  dichten 
Urwald  gereinigt,  was  nicht  wenig  zur  Verbesserang  der  Gesnndheit 
beigetragen;  denn  je  weiter  der  feuchte  sumpfige  Wald  zurficktritt, 


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Di«  katholiMbco  WHiOBMi  ia  dtn  ömUmImii  8ciiiilig«bbln.  65 

desto  gerioger  weiden  die  giftigen  Anedflnstongen.  An!  dem  urbar 
gemaehton  Boden  wurden  Bananen,  Bataten,  enropftiiGfaeB  GemOae 
vnd  ?or  Allem  Mala  angebaut,  der  troti  des  siemUeh  eohlediten 
Bandigen  Bodena  priehtig  nnd  sohneil  gedeiht  Anoh  Bergreis  wurde 
▼ersnehaweiae  angebaut  Wenn  derselbe  gut  gedeiht,  ist  den  IGasio- 
naren  um  vielea  geholfen,  da  der  Beis  sowohl  für  die  Missionare, 
wie  für  die  Arbeiter  und  Kinder  sozusagen  daa  tägliche  Brot  ist 
Schon  nach  nicht  langer  Zeit  hatte  die  Mission  ans  Tokotown 
wie  aus  Pungo  Sange  und  Umgebung  etwa  40  Zöglinge,  darunter 
guuz  geweckte  Köpfe.  Augenblicklich  ist  man  damit  beschäftigt, 
ein  Schulgehäude  von  23  m  Länge  und  6  m  Breite  zu  errichten. 
Um  die  versihiedcnen  Dörfer  leichter  besiKlieu  zu  können,  haben 
sich  die  Missionare  ein  einheimisches  Boot  beschaflfl.  Die  Neger 
verstehen  sich  ausgezeichnet  auf  dieses  runde  schmale  Fjüirzeug,  auf 
weichem  sie  mit  dem  Flussdampfer  um  die  Wette  fahren. 

Um  den  Eingeborenen  in  der  Krankheit  Hülfe  leisten  zu  können, 
haben  sich  die  Missionare  eine  grössere  Apotheke  aus  Deutschland 
kommen  lassen,  die  besonders  mit  Arzneien  für  Wunden  und  Ge- 
schwüre, an  denen  die  Neger  sehr  leiden,  ansgestattet  ist 

Am  5.  Juni  1891  schiffte  sich  in  Hamburg  die  zweite  Hisaiona- 
expedition  der  Pallotmer  ein,  bestehend  ans  2  Patres  (Geistlichen): 
P.  Breintner  (Oberbayem)  und  P.  Bckmann  (Baden)  und  5  Laien- 
brfldem:  1  Zimmermann,  1  Maurer,  1  Sattler,  1  Bildhauer,  1  Land- 
wbrth.  Dieselben  sind  glücklich  in  Marienberg,  der  oben  geschilderten 
Missionsstation  am  Sannaga,  angekommen.  Der  Pdtfekt  P.  Vieter 
hat  inzwischen  eine*  Forschungsreise  in*8  Innere  angetreten,  um 
geeignete  Plätze  f&r  neue  Stationen  auszusuchen. 

In  der  Südsee. 

Die  Mission  in  den  jetzt  deutschen  Schutzgebieten  der  Südsee 
wurde  bereits  1881  der  Missionsgesellschaft  vom  Herzen  Jesu  über- 
tragen. Die  Gründung  und  Eröffnung  derselben  erfolgte  auf  der 
faisel  Neu-Britannien  (jetzt  Neu-Pommem).  Schon  begann  das  Werk 
aufenblühen  und  man  war  im  Begriffe,  mehrere  neue  Stationen  zu 
grflnden,  als  die  ganze  Missionsstation  durch  Brand  voilstftndig  zer- 
stört wurde.  Zwar  wurde  die  Mission  unter  Zuzug  neuer  Krftfte 
wieder  erOlfoet;  aber  auf  Veranlassung  des  neuen  englischen  Gouver- 
neurs Ton  Nen-Guinea,  der  persönlich  in  Rom  sieh  Missionen  erbe*, 
richtete  die  Genossensehaft  ihr  Hauptangenmerk  anf  Neu^Guinea. 

Kolonliki  labiboch  IML  5 


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66 


Dk  katboliMlitn  ÜMioiiwii  in  den  dmtadMB  SobatigvbitlflB. 


Auf  Veranlassung  des  Kardinals  Mo  ran  von  Sydney  (Austra- 
lien) Würde  in  Sydney  eine  Prokura  der  Missionare  errichtet  (1884). 
Dann  erfolgte  die  Gründung  einer  Station  aof  Tiinrsday-Island  und 
schliesslich  die  Errichtung  mehrerer  Stationen  an  der  SüdkQste  Neo- 
Guinea*«.  Der  apostolische  Vikar  P.  Navarre  erhielt  wegen  seiner 
hervorragenden  Verdienste  die  Wurde  eines  £nbi8clio&.  (7.  Sep- 
tember 1888.) 

Inzwischen  war  auf  mehrfache  dringende  Einladung  seitens  der 
Eingeborenen  auch  eine  Mission  anf  den  noch  herrenlosen  Gilberts- 
Insehi  gegrtndet  worden,  die  sieh  ansserordentlich  sohneil  zu  hoher 
Blftthe  entwickelte.  Wegen  der  ansserordentlichen  Ansdehnnng  des 
Boppel-Vikariates  «Hikronesien-Mebuiesien*  wnrde  yom  apostolischen 
Stöhle  wiederholt  eine  Thellnng  yorgenommen,  so  dass  nonmehr  drei 
apostolische  Vikariate  bestehen: 

1.  Das  apostolische  Vikariat  Nen-Goinea.  Apo^lischer  Vikar: 
Erzbischof  Navarre;  Coa^jotor  mit  dem  Rechte  der  Kachfolge: 
Bischof  Verios. 

2.  Das  apostolische  Vikariat  Neo-Britannien,  welchem  der 
Papst  dorch  ein  eigenes  Breve  vom  8.  Dezember  1890  ent- 
sprechend der  jetzigen  deutschen  Benennong  den  Kamen  Keo- 
Pommern  gab.  Es  omfasst  die  Admiralitäts-Inseln,  Neu- 
Pommem,  Keo-lfecklenburg  und  den  deotschen  Thefl  der  Salo- 
mons-Inseln.  Apostolischer  Vikar:  Msgr.  Couppe,  Bischof 
von  Lero. 

3.  Das  apostolische  Vikariat  Mikronesieii  umfasst  die  Marschall- 
Inseln,  die  Gilbert- Inseln  und  kleinere  Ius(  Igruppen.  Admini- 
strator: der  apostolische  Vikar  von  ^ea-i^ümuicru ,  Bischof 
Coupp^. 

Um  für  die  deutschen  Schutzgebiete  deutsche  Missionaro  auszu- 
bilden, hat  die  Genossensihalt  drei  deutsche  Missionshiiuser  gegründet: 
in  Salzburg,  in  Tilburg  und  in  Ant\vi'rj)en.  In  diesen  drei  Häusern 
und  in  andern  Anstalten  der  Geiiossensdiaft  sind  schon  mehr  als 
150  deutsche  Zöjilinge,  welche  sich  für  die  Mission  vorbereiten,  tlieils 
in  den  apostoiischeu  Schulen,  tbeils  im  Noviziate  oder  im  Schola- 
stikate. 

Auf  der  Insel  Neu-Ponimern  besteht  die  Station  Wlawollo  (Her- 
bertshüh)  mit  mehreren  Nebenstatioueii.  Die  Mission  zählt  ca.  400 
Katechumenen,  ein  Waisenhaus  für  Kinder,  die  aus  der  Sklaverei 
befreit  wurden,  ein  Personal  von  acht  Missionaren,  vier  Bräder  und 
vier  Patres. 


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Die  katbolischeu  Mi&siouen  in  den  deutdchon  Scliutzgebieten. 


67 


Am  16.  Juli  1891  sind  vier  neue  Ifuäooare  J.  K.  Eieft, 
O.  J.  Hnser,  A.  Friedebach  und  F.  Lakasse  von  Genna  ans 
nach  HerbertshOh  an  der  Blanche-Bid  abgereist  Der  apostolische 
Vikar,  der  in  Europa  weilte,  nm  sich  zum  Bischof  weihen  zn  lassen, 
wird  in  Begleitong  von  4  Hissionaren  nnd  6  Erankensdiwestem  nach 
IHawollo  znrfickkehren. 

Die  sehr  grosse  Schwierigkeit  der  Hission  besteht  darin,  dass 
das  hinere  &st  unnahbar  erscheint  wegen  des  ansgesprochenen  Han- 
ges der  dortigen  Bewohner  zur  Henschenjagd,  znm  Henschenmord 
nnd  Henschenfrass,  der  namentlich  auf  Nen-Pommem,  Nea-Hecklen- 
barg  nnd  den  Salomons-Insebi  im  höchsten  Schwnnge  steht  Die 
Kriege  nnter  den  verschiedenen  Stftmmen  haben  oft  keinen  andern 
Zweck.  Hat  der  AirikarSklave  bei  der  Gefangennahme  die  tranrige 
Aussicht,  unter  die  Knute  eines  granssmen  Herrn  zu  gerathen,  so 
blüht  dem  gefangenen  PapuarNeger  das  weit  grausigere  Loos,  bei 
dem  nächsten  öffentlichen  Gelage  der  GebirgsstSrnme  als  Festschmans 
zu  dienen,  nachdem  er  vorher  alle  Unbill  ausgestanden,  vielleicht 
nnter  den  ausgesuchtesten  Qualen  zu  Tode  gemartert,  nicht  selten 
sogar  bei  lebendigem  Leibe  gebraten  und  nöthigenfalls,  in  Ermange- 
lung des  erwflnschten  Grades  des  Fettseins  regehrecht  mit  Henschen- 
und  Schwebefleisch  gemästet  worden  ist  In  letzterem  Falle  befinden 
sich  vor  Allem  die  Kinder,  welche  bei  solchen  Baubzfigen  den  Siegern 
in  die  Hftnde  fallen.  Die  ersten  Hissionare,  welche  in  den  vier- 
ziger Jahren  in  diesen  Gewftssem  ihre  Bekehrungsversuche  anstellten, 
fiden  mit  geringen  Ausnahmen  dem  Kannibalismus  zum  Opfer,  der 
erste  Hissionsbischof  schon  beim  ersten  Schritt  auf  die  jetzt  deutsche 
Insel  Isabel.  Die  beiden  Knaben,  weh^e  der  Ifissionsbisehof  mit 
nach  Europa  brachte,  stellen  gleichsam  eine  lebendige  Verkörperung 
dieser  Thatsachen  vor  Augen. 

Der  eine  dar  Knaben,  welche  Bef.  sprach,  war  der  einzig  Ueber- 
lebende  von  20  Knaben  seines  Stammes,  welche  bei  dem  Hahle  eines 
andern  Kannibalenstammes,  der  jenen  besiegt  hatte,  geschlachtet 
wurden.  Das  Boot  der  Hisslonare  langte  gerade  bei  dem  Schreckens- 
ort  an,  als  19  Knaben  unter  dem  Opfermesser  veibhitet  waren.  Der 
Bischof  befreite  den  einzigen  noch  Lebenden.  Der  junge  Wildling 
entfloh  noch  am  (Reichen  Abend,  als  er  die  Hissionare  behn  Abend- 
essen erblickte;  der  Gebrauch  von  Hesser  und  Gabel  hatte  auf  ihn 
einen  so  nnheimlidien  Eindruck  gemadit»  dass  er,  nachdem  er  zu- 
rfickgebracht  war,  iSngere  Zeit  hindurdi  die  Furcht,  von  den 
„schwarzen  Vttem*'  gegessen  zu  werden,  nidit  flberwinden  konnte. 


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68  Dto  kftthdiMlMn  MiMiaii«B  In  den  dmitochen  SdmtivtbtalMi. 

Auch  der  andere  Knabe  wurde  mensehenfresRendea  Seeräubern  ent- 
riBSOD.  Die  beiden  Kindor  erscheineo  »ehr  befiUiigt  Die  französische 
und  englische  Umgangssprache  lernten  sie  in  wenigen  Wochen  von 
ihrer  Umgebung.  Aach  das  Deutsch«  üben  sie  und  Terstehen  den 
grOssten  Theii  der  iluian  deutsch  vorgelegten  Fragen.  Ludwig  der 
Jüngere  kennt  den  ganzen  Katechismus,  die  biblische  Geschichte  und 
einen  Schatz  Ton  Liedern,  En&hlongeD  und  Gebeten  mit  Sicherheit 
auswendig.  August  der  filtere  kommt  mit  seinen  Fragen,  die  um 
scharfer  Beobaobtongsgabe  und  oft  von  tiefem  Nachdenken  aengen, 
nie  sa  Ende.  Beide  Kinder  entstammen  kannibalischen  StftmmsD 
und  haben  trots  ihrer  Jngend  an  zahlreichen  Mahlzeiten  der  Kanni- 
balen theilgenommen  mid  za  Zeiten  Tage  lang  niebts  gegessen  als 
Menscbeolleisch. 


Uebersicht 

der 

hauptHäclilichstcn  Kultur-  und  Nutzpflanzen  in 
Kaiser  Willielms-Land  und  dem  Bisuiarek-ArGliipeL^^ 

Von 

Dr.  Rloliard  Hindort^) 

Auf  (ieu  folgeudeu  Seiten  soll  dem  Leser  in  knapper  Form  über  Vorkommen 
«nd  Verbnitiuic  der  benpMchliclwteB  NntspflMtMii  xmtm  SidiMberitiungen, 
ihn  die  ron  denielbeo  gewonnenen  SnengnisM  vnd  über  deren  Vervendony, 

Werth  und  WicbtigkMti  eei  es  för  die  Aasfuhr  oder  für  den  Verbreaeh  an  Ort  und 
Stelle,  Mittbeilung  gemecbt  werden.   Die  Uebersicht  betebrinkt  sich  darauf,  ohne 

systematisfhe  Onippirtm?  die  wichtipstcn  NtitrpfTan/.en  nnd  deren  Enreu^isse  mit 
kurzen  Worten  in  einem  Gesamratbilde  vorzuführen.  Es  liegt  also  ni<  ht  im  Kabmen 
unserer  Aufgabe,  eine  nähere  Beschreibung  der  angeführten  Pflanzen  zu  geben 
oder  die  Kultnr-  nnd  Waehsthnnsbedingungen  denelben  m  beepreeben. 

L 

Urtftirunglich  vorhandene  Kultur-  und  Nutzpflanzen. 

Die  Kokospalme,  Cocos  mtdßra.  Die  Kokospalme  iat  die 
^sichtigste  and  werthvoUste  Pflanze  unserer  Südseebesitzungen,  sowohl 
für  die  Eingeborenen,  als  auch  für  den  Handel  der  Europäer.  Unsere 
weiten  Inselgebiete  in  der  Südsee  bieten  ihr  die  denkbar  besten 

')  Die  Illustrationen  verdanken  wir  der  Freundlichkeit  des  Henn  W.  Engel> 
nuain,  in  dessen  Verlag  »Die  natürlichen  Pflanzen&milien**  erschienen  sind  (siehe 
Litenlar).  J>.  S, 

*)  Henr  Dr.  Hindorf«  welcher  frober  im  Dienste  der  Nen-GninanpKomptgnie 

gestanden,  bat  Ende  Juli  im  Auftrage  der  Deutsch-ostafrikanischcu  Gesellschaft  mit 

der  Anlage  einer  Versuchsplantage  im  Ilandeipebiet  in  üsamhara  !»p[!f>nnen  Ans 
einem  an  den  Heransf»(ber  gori-^hteten  Hriofo  eelit  li-Mvor,  dass  die  Plantagen  in 
einer  Höbe  von  600 — ÖOO  m  in  gut  bewaiiieteu  Terrain  angelegt  werden. 


70  üebersicht  der  haapMehlicbsteD  Kultur-  und  Nutzpflanzen 

WachsthnmsbedingaDgen  dar;  denn  sie  verlangt  ein  nieht  zu  trockenes» 
rein  tropisches  Klima  ond  gedeilit  am  schönsten  in  der  Nfthe  des 
Meeres  bezw.  dort,  wo  sie  noch  direkt  von  den  Seewinden  getroffen 
wird.  So  finden  wir  denn  in  jenen  Grebieten  an  der  Efiste  allent- 
halben reiche  Eokosbestftnde,  aber  auch  mehrere  Meilen  Ton  der  Küste 
entfernt  nnd  in  Höhen  von  mehreren  hundert  Metern  gedeihen  und 
tragen  die  Palmen  noch  fippig. 

Es  ist  bekannt,  dass  alle  Theile  der  Kokospalme  die  vielseitigste 
Verwendung  finden,  so  das  Holz  des  Stammes  zu  Banten  nnd  zu 
Gerftthschaften,  die  Blätter  zum  Dacbdecken  and  zu  Flechtwerk,  die 
zarten,  noch  in  der  Knospe  liegenden  Bl&tter  als  Gemüse,  die  stein- 
harte Schale  der  Nnss  als  Gef&ss,  die  ftiserige  ' Umhüllung  derselben 
als  Material  zu  Tauwerk,  und  vor  aUem  die  Nnss  selbst  als  wichtiges 
Lebensmittel  der  Eingeborenen,  sowie  zur  Oelgewinnung.  Der  Eem 
der  Eokosnuss  wu*d  von  den  Eingeborenen  roh  gegessen,  ganz  be- 
sonders aber  findet  derselbe  geschabt  als  Zuthat  zu  vielen  Speisen 
ausgedehnte  Verwendung.  Das  in  den  Kokosnüssen  eingeschlossene 
Wasser  schmeckt  nnr  bei  jungen,  noch  nicht  ausgereiften  Nüssen  gut, 
und  ist^  besonders  bei  langen,  heissen  M&rschen,  ein  köstlicher,  er- 
frischender Labetrunk,  den  Europäern  wie  Farbigen  gleich  will* 
kommen.  Dagegen  schmeckt  das  Wasser  ausgereifter  Nüsse  fade, 
ofbnals  sogar  verdorben,  daher  denn  auch  das  Wasser  ans  alten 
Nüssen,  die  hier  in  Europa  geöffnet  werden,  niemals  einem  Begriff 
geben  kann  von  dem  Genuss,  den  der  frische  küble  Inhalt  einer  eben 
vom  Baume  gepflückten  jungen  Nuss  dem  durstigen  Wanderer  ge- 
währt Zur  Gewinnung  von  Kokosöl  setzen  die  Eingeborenen  die 
geschabte  Kokosnuss  längere  Zeit  der  vollen  EinwirkuuLj  der  Sonne 
aus,  wodurch  dann  das  Gel  alsbald  ahzut  räufeln  beginnt.  Sie  benutzen 
dieses  Oel  nur  zum  Einreiben  der  liaut  und  der  Haare. 

Wir  finden  in  unserem  Schutzgebiet  an  der  Küste  kaum  ein 
Dorf,  das  nicht  von  Kokospalmen  beschattet  w&re.  Häufig,  und  zwar 
besonders  im  Bismarck- Archipel,  ist  der  Besitz  der  Dörfer  an  Kokos- 
palmen ein  ganz  bedeutender,  so  dass  die  Eingeborenen  die  vielen 
Nüsse  Iftngst  nicht  alle  selbst  gebrauchen,  sondern  grosse  Mengen 
derselben  an  die  Weissen  verhandeln  können.  An  solchen  Punkten 
werden  daher  gern  von  den  weissen  Händlern  Stationen  errichtet  zum 
Einkauf  der  Nüsse  nnd  zur  Bereitung  der  Kopra,  die  getrockneten 
Kerne  der  Kokosnuss.  In  anderen  Gegenden,  so  fast  fiberall  an  der 
Küste  von  Kaiser  Wilhehns-Land,  sind  dagegen  diese  grossen  ausge- 


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iu  Kaiser  Wilbelms-Land  und  dem  BUmarck-Archipel. 


71 


dehnten  Palmenw&lder  seltener,  Bodase  dort  ein  eintrftglicher  Kopra- 
lumdel  sieh  nicht  entwickeln  kann. 

Es  sind  besonders  zwei  Firmen,  die  Handels-  und  riantas^eu- 
Gesellschaft  der  Südsee-In?;oln  (zu  Hamburg)  und  Robertson  &  Hcrns- 
heim,  welche  den  Kopruhaiuiel  in  unserem  Schatzccehiet  betreiben. 
Sie  besitzen  zahlreiche  Koprastationeu  und  führen  beträchtliche  Mengen 
Kopra  nach  Deutschland  aus.  Die  jährliche  Kopra- Erzeugung  ist 
erheblichen  Schwankungen  unterworfen  und  beträgt  für  das  ganze 
Schutzgebiet  zwischen  1000  und  1500  Tonnen  im  Werthe  von  300  000 
bis  450  000  Mark. 

Die  Kokosfaser,  Koir,  welche  aus  anderen  Tropenländern,  so  be- 
sonders aus  Ceylon,  in  grossen  Mengen  nach  Europa  verschifft  und 
besonders  zu  Matten  und  Tauwerk  verarbeitet  wird,  findet  bis  jetzt 
in  unserem  Schutzgebiet  noch  keine  Verwerthung,  da  es  zur  Bereitung 
einer  marktfertigen  Waare  noch  zu  sehr  an  billigen  Arbeitskräften 
gebricht. 

Vor  mehrereo  Jahren  hat  das  Handelshaas  Farrel  anf  der 
Gazelle  -  Halbinsel  angefangen,  regelmässige  Kokospflanznngen  im 
grossen  Umfange  anzulegen,  nod  die  Ken-Gninea-Compagnie  thot 
desgleichen.  Da  die  Palmen  erst  nach  7  bis  9  Jahren  tragen  nnd 
anfangs  viel  Platz  zwischen  sich  frei  lassen,  so  bant  man  in  den  ersten 
Jahren  Baumwolle  in  den  Zwischenräumen;  später  dienen  dann  die 
weiten  mit  Kokospalmen  bepflanzten  Flächen  als  Viehweide.  Nach 
den  angestellten  Berechnungen  nnd  nach  anderwärts  gemachten  £r- 
fidirnngen  werden  diese  AoUigen  einen  recht  gnten  Gewinn  abwerfen. 

Die  Yams  (Yam),  Dioscorea  obito,  nnd  andere  Arten.  Die  Yams 
ist  die  wichtigste  Feldfrncht  der  Sfldsee- Inseln,  nnd  wie  die  Eokos- 
nnss  ein  Hanptlebensmittel  der  Eingeborenen.  In  den  Plantagen  der- 
selben nehmen  die  mit  Yams  bepflanzten  Flächen  meist  den  grOssten 
Raum  ein,  nnd  beinahe  während  des  ganzen  Jahres  bilden  die  Yams 
den  Hanptbestandtheil  der  Mahlzeiten  der  Eingeborenen.  Die  Yams- 
knoUen  entwickeh  sich  unter  der  Erde,  meist  eine  oder  zwei,  selten 
mehr  als  drei  Knollen  an  einer  Pflanze.  Knollen  von  mehr  als 
80  Pfnnd  Gewicht  nnd  von  50  bis  60  cm  Länge  nnd  Armdicke  sind 
nicht  selten;  in  der  Regel  beträgt  die  Länge  der  Knollen  15  bis 
35  cm  bei  einem  Durchmesser  von  6  bis  10  cm. 

In  Bezug  auf  Zusammensetzung,  Nährwerth  nnd  durch  Geschmack 
kommen  die  Yams  unseren  Kartoffeln  ziemlich  nahe,  und  sie  werden 
anch  von  den  Eingeborenen,  wie  bei  uns  die  Kartoffeln,  gekocht  oder 


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73  U«btnieht  der  hmptiiehUelistoii  Knltar-  «od  Nuttpflameii 


gebacken  und  auf  Bonstige  Weise  zubereitet,  ftst  bei  ieder  Eablseit 
gegessen;  anch  die  Weissen  bringen  dort  die  Yams  oft  anf  den  Tisch. 

Die  Tamspflanze  ist  ein  ScUinggewficfas,  nnd  es  mnss  daher  jede 
Pflanze  eine  Stütze  erhalten,  an  der  sie  sich  emporwindet  Da  auch 
im  üebrigen  die  Yamspflanze  Aehnlichkeit  mit  unserer  Stangenbohne 
hat|  so  sieht  eine  Yamspflanznng  einem  Bohnenfelde  nicht  nnfthnlich. 
Bei  der  grossen  Wichtigkeit  der  Yams,  and  da  die  Pflanze  die  auf- 
gewandte Mfihe  sehr  wohl  lohnt,  gehen  die  Eingeborenen  bei  dem 
Anbau  der  Yams  meist  recht  sorgfältig  zu  Werke,  und  besondeis 
lassen  sie  sich  eine  tiefe  und  grfindliche  Bearbdtong  des  Bodens  an- 
gelegen s^. 

Der  Ertrag  einer  Yamspflanzung  ist  je  nach  Boden,  Bearbeitung, 
Wetter  und  nach  der  angebauten  Sorte  sehr  schwankend,  und  bei 
dem  Mangel  an  BoobachtmiG^en  ist  es  schwer,  eine  richtige  Durch- 
schnittszifTer  jinziigeben.  ik'i  Anbauversuchen,  die  der  Verfasser  in 
Kaiser  Wilhelnis-Land  anstellte,  wurden  90  bis  120  Zentner  pro 
Morgen  geerntet;  jedoch  waren  die  Yams  nicht  besonders  geratheu, 
80  (lass  (Icnniach  eine  gute  Mittelernte  etwa  130  Zentner  pro  Morgen 
ergeben  würde. 

Wenn  ancli  in  der  Regel  jedes  Dorf  selbst  seinen  Bedarf  an 
Yams  wie  üborhau])t  an  Lebensmitteln  baut,  so  bilden  dennoch  die 
Yams  einen  nicht  unwichtigen  Handels-  und  Tausch-Artikel  für  die 
Eingeborenen  unter  einander,  l^esondors  aber  werden  von  der  Neu- 
Guinea- Knm])agnie  sowie  von  anderen  Unternehmungen  im  Schutz- 
gebiet bedeutende  Menc;en  von  Yams  eingekauft  zur  Ernährung  der 
zahlreichen  farbigen  Arbeiter.  Infolge  dessen  sind  die  Eingeboren«! 
schon  vielfach  dazu  Obergogangen,  ihren  Yams-Anbau  erheblich  aus- 
zudehnen, um  dann  für  ihre  Yams  allerlei  vielbegehrte  Tanschwaaren 
von  den  Weissen  einzuhandeln. 

Der  Taro,  Cohcada  esruhnta.  Der  stärkemehlreichen  Wurzel* 
Stöcke  wegen  wird  diese  Pflanze,  ähnlich  wie  die  Yams,  in  aus- 
gedehntem Maasse  von  den  Eingeborenen  angebaut.  Während  die 
Yams  grosse  Nftsse  nicht  liebt  and  meist  so  gepflanzt  wird,  dass  sie 
während  und  gegen  Ende  der  Trockenzeit  zur  Reife  kommt  und  ge- 
emtet  wird,  ist  der  Taro  eigentlich  eine  Sumpfpflanze,  er  liebt  und 
braucht  zu  guter  Entwickelung  grosse  Bodenfeuchtigkeit,  und  seine 
Ernte  wird  daher  an  das  Ende  der  Regenzeit  gelegt.  So  ergänzen 
sich  also  Yams  und  Taro  gewissermassen;  aber  der  Yams  kommt 
Ton  beiden  die  grossere  Bedeutung  zu.  Das  hat  seinen  Grund  auch 
wohl  darin,  dass  die  Yams  sich  lange  Zeit  gut  erhalten  nnd  audi 


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in  Kaiser  WiUielms-Land  und  dem  Biemarck-ArcfaipeL 


78 


den  Tnuisport  wohl  Tertngen,  wShrend  die  Tarokaollen  leieht  Cuden. 
In  Nahrwerth,  Gesehmack  und  Arten  der  Znbereitang  imd  Ver- 
Wendling  sind  Tarne  und  Taro  nicbt  erheblich  verschieden,  doeh 
wird  Ton  £nrop&em  wie  von  Biogeborenen  die  Tams  dem  Taro  stets 
vorgesogen.  An  jeder  Taropllanze  entwickelt  sieh  ein  Wunelstock 
von  kugelfÖHDiger  Gestalt,  mit  einem  Durchmesser  von  6  bis  10  em. 
Ueber  den  Emte-Brtrag  liegen  mir  sichere  Zahlen  nicht  vor;  er  wird 
sich  etwas  niedriger  steHen  als  bei  den  Yams. 

Die  Banane,  Musa  paradistaea^  nnd  andere  Arten.  Wie  fiberaU 
in  den  Tropeu,  wo  genügende  Feachtigkeit  vorhanden  ist,  so  ist 
auch  in  nnseren  Sfidseebesitznngen  die  Banane  die  wichtigste  Obst» 
fracht  nnd  zugleich  ein  Volksnahrongsmittel  von  grosser  Bedentnng. 
Ke  kommt  fiberall  in  nnserem  Sehatzgebiet  vor  nnd  wird  allerorten 
iü  grosser  Ansdehnnng  von  den  Bingeborenen  gezogen.  Vor  nnsecer 
Ankunft  besassen  die  Bingeborenen  bereits  mehrere  Sorten  von 
Bananen,  darunter  eiiüge  recht  gute,  letztere  jedoch  seltener;  es 
haben  die  weniger  saftreichen,  faden,  grossfrfichtigen  Sorten  die 
weiteste  Yeibreitnng,  wohl  deshalb,  weil  sie  reichere  Erträge  geben. 
WShrend  des  ganzen  Jahres  giebt  es  reife  Bananen,  und  sie  werden 
sowohl  roh,  als  anch  in  der  Asche  geröstet  oder  in  allerlei  anderer 
Zubereitung  in  Mengen  gegessen.  In  den  Dörfern  findet  man  hst 
immer  neben  den  Hütten  einige  üppig  entwickelte  Bananengruppen, 
welche  sehr  dazn  beitragen,  diesen  Ansiedelungen  der  Eingeborenen 
ihr  eigentbQmliches  Gepräge  zu  geben;  sie  fehlen,  ebenso  wie  die 
Kokospalmen,  fast  nie  in  der  Nähe  menschlicher  Wohnungen.  Die 
sehr  haltbare  Faser  der  Banane  findet  bei  den  Bingeborenen  keine 
Verwendung. 

Der  Brotfruchtbaum,  Ärtocarpus,  liefert  in  seinen  Früchten 
ein  weiteres  wichtiges  Nahrungsmittel  für  die  Eingeborenen.  Bs 
kommen  zwei  Arten  von  Brotfruchtbäumen  in  Neu -Guinea  vor: 
Artocarpus  incixa,  mit  grossen,  tief  eingeschnittenen  Blättern  und  mit 
eiförmigen  Früchten,  etwa  von  der  Grösse  einer  Faust  bis  zu  der 
eines  Kinderkopfes,  und  Artocarjms  hittf/rifolia,  mit  kleineu,  ganz- 
randigen  Blättern  und  bedeutend  grösseren  Fruchten,  oftmals  45  cm 
lang,  bei  einem  Querdurclimesser  von  20  cm.  Während  der  klein- 
früchtige  Brotfruchtbaum  in  Neu-Guinea  allgemein  verbreitet  ist  und 
huiilig  vorkniumt,  habe  ich  nur  g;anz  vereinzelt  Exemplare  von 
Art<>rarjd(.<  integrifolia  angetroffen.  Jm  eifientlichen  Hochwakle  oder 
in  unbewohnten  Gegenden  lindet  man  selten  Brotfruchtbäume,  dagegen 
ist  dieser  nützliche  und  zugleich  prächtige  Baum  iu  uud  bei  deu  * 


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74 


üebtnldit  dtr  hauptiieliliehsUD  Kultur-  und  Natzpflanxen 


Dörfern  der  Eingeborenen  stets  hAafig  Tertreten.  Die  sogenannte 
Brotfracht  ist  eigentlich  der  ganze  Fmchtatand  des  Baumes;  denn 
sie  besteht  ans  einer  fiuerig-Oeischigen  HftUmasse,  in  welche  die 
einzelnen  Frflchte,  an  Form  nnd  GrOsse  einer  Kastanie  sehr  fthnlich, 
in  Mengen  von  einem  bis  zn  mehreren  Dutzenden  eingebettet  sind. 
Die  Eingeborenen  essen  die  ganze  Brotfrndit,  also  die  Samen  mit 
der  UmhUUnng,  and  zwar  sowohl  roh  als  in  verschiedener  Zn- 
bereitong.  —  Aus  dem  Stamm  von  Artocarpus  indsa  fertigen  die 
Eingeborenen  hftufig  ihre  Kanus;  das  Holz  ist  weich,  leicht  und  hftlt 
sich  gut  im  Wasser.  FQr  andere  Zwecke  ist  es  kaum  brauchbar. 
Der  Bast  des  Baumes  dient  den  Eingeborenen  zuweilen  zur  Her- 
stellung von  einfachen  Matten  und  Decken. 

Die  Sagopalme,  Meiroon/lon  Bumpfai.  Die  Sagopalme  tritt  in 
sehr  feuchten  Niederungen  hAufig  auf,  meist  in  grosseren,  dichten 
Gruppen  vereinigt,  hftufig,  so  besonders  an  flachen  Flussufem,  aus- 
gedehnte Wfilder  bildend.  Um  den  Sago  zu  gewinnen,  wird  die 
Pahne,  wenn  sie  ihr  Wachsthum  beinahe  vollendet  hat,  d.  h.  wenn 
sie  Blfithenknospen  treibt,  gefiUlt»  und  der  Stamm,  der  alsdann  eine 
Lftnge  von  5  bis  10  m  bei  einem  Durchmesser  von  50  bis  80  cm 
hat,  aufgespalten.  Das  ganze  Innere  des  Stammes  ist  mit  einem 
festen,  von  Fasern  durchzogenen  Mark  ausgefüllt,  und  ans  diesem 
Mark  wird,  nachdem  es  recht  fein  gestampft  oder  zermahlen  wurde, 
mit  Wasser  das  SagomeU  ausgewaschen.  Trotzdem  die  Ausbeute 
eine  hohe  ist,  geben  sich  in  den  meisten  Gegenden  die  Eingeborenen 
nicht  häufig  mit  der  Bereitung  von  Sago  ab;  sie  scheinen  den  Sago 
nicht  sehr  zu  lieben,  und  nur,  wenn  die  anderen  Lebensmittel  knapp 
werden,  nehmen  sie  zu  demselben  ihre  Zuflucht  In  Neu- Guinea 
harren  noch  reiche  Sagobestände  der  Ausbeutang;  aber  Europäer 
werden  sich  wohl  nicht  in  den  feuchten  Niederaugen  mit  der  Sago- 
gewinnung befassen  können,  f&r  Chinesen  etc.  jedoch  steht  hier  noch 
ein  weites  Arbeitsfeld  offen.  —  Das  sehr  harte  Holz  der  Sagopalme 
wird  von  den  Eingeborenen  vielfach  zu  Speeren  verwandt 

Der  Mangobaum,  Mangtfera  mäka,  und  andere  Arten.  Die 
Frflchte  des  in  Neu-Guinea  heimischen  Mangobaumes  sind  feserig  und 
wenig  saftreich  und  halten  keinen  Vergleich  aus  mit  den  herrlichen 
Mangos  anderer  Tropenländer;  immerhin  sind  sie  ein  angenehmes  und 
gesundes  Obst  Der  Mangobaum  ist  in  den  Dörfern  nnd  deren  näherer 
Umgebung  fast  immer  in  einiger  Anzahl  anzutreffen,  weiter  entfernt 
von  menschlichen  Wohnsitzen  findet  man  ihn  seltener. 

Eine  Ganarium-Art,  ein  Baum  mit  mandehurtigen  Frachten  von 


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in  Kaiser  WUbelms-Land  und  dem  Bi«i]»rck-Ardtipel.  75 

feinem  Geschmack,  findet  sich  meist  in  der  Xiihe  der  Dörfer  .in 
einzehien  Exemplaren  vor.  Das  Holz  ist  hart  uud  schön  gezeichnet 
und  muss  als  wcrthvoll  bezeichnet  werden. 

Wie  die  Canarium-Kernc,  so  sind  auch  die  Früchte  einer  Oweuia 
bei  Weissen  wie  bei  Farbigen  beliebt.  Dii-selben  haben  in  Geschmack 
und  Aussehen  viel  Aehnlichkeit  mit  Aepfeln,  sind  aber  nur  von 
Kirschen-  oder  Pllauin<Mii;rösse.  Auth  dieser  Baum  wird  nur  ver- 
einzelt und  raeist  in  der  Niihe  der  Dörfer  angetroffen. 

Ebenfalls  fast  nur  in  den  Dörfeni  linden  sich  zwei  Arten  von 
Zitronen.  Citrus  medira  und  Citrus  bcn/din^a,  deren  Früchte,  mit 
dicker  griUier  Schale  versehen,  bei  der  Zubereitung  der  Speisen  Ver- 
wendung linden. 

Das  Zuckerrohr,  S(u:cJ(ani)ii  officiuarum,  wird  allgemein  von 
den  Eingeboren  ]i  m  geringer  Ausdehnung  angebaut.  Mit  der  Be- 
reitung des  Zuckers  sind  sie  unbekannt;  sie'  zerkauen  das  Rohr  und 
saugen  den  süssen  Satt  aus. 

Dies  sind  die  wichtigsten  der  Pflanzen,  die  den  Eingeborenen 
Lebensmittel  liefern.  Gelegentlich  müssen  ihnen  aber  noch  manche 
andere  Erzeugnisse  des  Pflanzenreiches  zur  Naiirung  dienen.  So 
gebrauchen  sie  zuweilen  den  Ingwer,  Zhujihtr  offuninh'.  zum  Würzen 
der  Speisen,  sie  essen  die  Blatter  verschiedener  Ptlanzen  als  (Jemüse, 
sie  verzehren  manciierlei  Beeren,  bereiten  sich  zuweilen  Speisen  aus 
anderen  als  den  bereits  genannten  WurzcUVüchten  u.  s.  w.  Als  Ge- 
uussmittel  scIi Hessen  sich  hier  noch  an  der  Tabak  und  der  Betel. 

Der  Tabak,  Nirotiatia  tahncmn,  ist  den  Eingeborenen  seit  alter 
Zeit  bekannt  und  das  Tabakrauchen  allgemein  verbreitet.  Jedoch 
raucht  der  Eingeborene  sehr  inässig.  und  daher  hat  auch  der  Aid>au 
des  Tabaks  eine  geringe  Ausdehnung.  Eine  besondere  Bereitung 
der  Ernte  findet  meist  nicht  statt.  Die  üntersuehung  von  Tabak- 
prol)en  der  Eingeborenen  hat  ergeben,  dass  der  Tabak  recht  gute 
Eigenschaften  hat,  jedoch  mangelt  ihm  eine  geeignete  Behandlung. 

Sehr  verbreitet  ist  bei  den  Eingeborenen,  bei  Männern,  Frauen 
und  auch  Kindern,  das  Betelkauen.  Man  findet  daher  überall,  be- 
sonders in  den  Dörfern,  Areca  CnfirJiu,  die  Areca-  oder  Betel- 
palme. Die  Früchte  dieser  schlanken,  schönen  Palmenart,  im  Aus- 
sehen den  Muskatnüssen  >ehr  ahnlich,  werden  zusammen  mit  Blftttern 
des  BetelpfetVers  (und  gebranntem  Kalk)  gekaut,  w(»durch  übrigens 
die  Zähne  glänzend  schwarz  werdefi.  Der  Betelpfeffer,  Piper  hctle, 
wie  der  gewöhnliche  PfefTer  eine  Kletter[)flanze,  wird  daher  von  den 
Eingeborenen  ebenialls  allenthalben,  aber  in  geringer  Menge,  gezogen. 


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76  ü«btnicbt  dar  baupteiAlidiMMi  Knltar-  und  BhilipfltiiMii 

In  d«n  DOifem  und  Plantagen  der  Bingeboranen  findet  man 
«tele  in  Henge  bnntblätterige,  benr.  sdiOnblflhende  oder  wofal- 
rieehende  Pflanzen,  die  znr  Anaeehmfickuig  dea  Eöipera^  beaondere 
zum  Tanze,  b&ofige  Verwendung  finden,  nnd  zwar  hanpteicliUeh  von 
Seiten  der  Mfinner.  Von  diesen  Zierpflanzen  aind  am  hflnfigsten 
versdiiedene  Arten  von  Oroton  nnd  Dracaena,  sowie  Bibiicu$  rota 
«nmw,  die  ja  aneh  bei  uns  viel£ftch  in  den  Gftrten  angetrofien 
werden;  eine  viel  angebante  wolürieehende  Pflanze  bt  Octmim 
mmchm. 

Von  grossem  Werth  nnd  von  vielseitigem  Nntsen  ist  für  unser 
Sdintzgebiet»  wie  dies  ja  anch  in  anderen  Tropenlfindem  der  Fall 
ist,  der  Bambus,  BanÄuaa  tUüis,  nnd  andere  Arten.  Die  Bambns- 
atangen,  welche  in  allen  Stftrken  bis  zn  Schenkeldicke  nnd  in  Lftngen 
bis  zn  15  m  vorkommen,  gewfthren  den  Eingeborenen  ein  vorzfig- 
lichea  Material  zum  Hai^bbaa  sowie  zum  Verfertigen  von  alleriei  Ge- 
räthen;  aber  auch  fftr  die  Weissen  ist  der  Bambus  von  unschätzbarem 
Werth,  da  er  leicht  nnd  doch  ausserordentlich  stark  und  haltbar  ist 
und  sich  bequem  und  leicht  verarbeiten  Ifisst,  so  dass  er  für  alle 
möglichen  Bauten  als  Trftger,  Wand-  und  Fnssboden-Beklddung, 
sowie  Ar  alle  nur  denkbaren  Gerfttbe  und  Zwecke  mannigfiütige 
Verwendung  findet  Gregen  HolzwQrmer,  Ameisen  etc.  schfitzt  man 
den  Bambus  dadurch,  dass  man  die  frisch  gehauenen  Stangen  vor 
dem  Gebrauch  einige  Wochen  lang  in  Wasser  liegen  iSsst;  er  wird 
alsdann  von  diesen  Insekten  verschont 

Der  Rottang  oder  das  Stuhlrohr,  CäUmus  roUan,  nnd  andere 
Arten,  kommt  im  Schutzgebiet  häufig  vor,  nnd  zwar  oft  in  grossen 
Beständen.  Der  Bottang  ist  eine  Eletterpalme,  die,  mit  ihren 
doinigen  Raokenblättem  an  benachbarten  Zweigen  nnd  Bäumen  sich 
haltend,  bis  in  die  Kronen  der  höchsten  Bäume  emporwächst  Unser 
gewöhnliches  spanisches  Rohr  ist  der  Stamm  eben  dieser  Palme, 
nachdem  er  von  den  Blättern  befreit  ist  Ein  solcher  Stamm  ist  von 
unten  bis  oben  unverzweigt  und  gleichmässig  stark,  die  Dicke  schwankt 
je  nach  der  Art  zwischen  der  eines  Bleistiftes  und  eines  Daumens. 
Der  feine,  bleistütdfinne  Rottang  wird  am  besten  bezahlt,  während 
die  ganz  groben  Sorten  wenig  Werth  haben.  Der  dickstämmige 
Rottang  ist  in  Neu-Gninea  fiberall  häufig,  aber  anch  die  dflnneren 
und  ganz  dfinnen  Sorten  kommen  in  reichen  Beständen  vor,  meist 
zusammen  mit  dem  Unterholz  der  Wälder  undurchdringliche  Dickichte 
bildend.  In  späterer  Zeit,  wenn  die  Arbeitskräfte  im  Schutzgebiet 
billigere  geworden  sein  werden,  wird  die  Ausbeutuig  der  Bestände 


bi  Kaiser  Wfllwliiit-L«id  und  d«m  MaoMrek-Ardilp«!. 


77 


nod  die  Aasfahr  des  Rottangg  nach  Eoropa  sicherlich  reichlich  lohnen; 
bis  jetzt  hat  dch  die  Aasbeate  anf  einige  Proben,  sowie  aaf  das  be- 
schränkt, was  an  Ort  and  Stelle  als  Binde-  und  Flechtmaterial  und 
beim  Hüaserbaa  gebranoht  wird. 

Die  Eingeborenen  anseres  Schutzgebietes  sind  recht  geschickt  in 
der  Znbereitiing  von  Pflanzenfasern  imd  in  der  Verarbeitung  der^ 
selben  za  Tan-  nnd  Flechtwerk  verschiedener  Art.  Die  von  ihnen 
verwandten  Fasern  nnd  die  ans  diesem  Material  hergestellten 
Eizengnisse,  als  da  sind  Taue  verschiedener  St&rke,  Tragenetze, 
grosse  Fischnetze  nnd  anderes  mehr,  sehen  gnt  ans  nnd  sind  sehr 
haltbar.  Eine  grosse  Anzahl  von  Pflanzen  liefert  den  Eingeborenen 
verschiedene  Faserstoffe,  von  denen  OrMariOy  ^tUwu»,  BmdanuSj 
F^aiurtu  genannt  sein  mOgen.  Yielleicbt  gelingt  es,  den  einen  oder 
anderen  dieser  Faserstoffe  in  grosseren  Mengen  zu  gewinnen  nnd  das 
Erzengniss  mit  Vortheil  anf  den  Markt  zn  bringen. 

Die  fippigen  (Jrwftlder  dort  in  nnseren  Sfldseebesitznngen  beigen 
noch  manche  Katnrsohätze,  die  daranf  harren,  von  nns  gehoben  zn 
werden.  Manche  derselboi  mögen  nns  noch  unbekannt  sein,  bei 
anderen  wieder  sind  bis  jetzt  die  Schwierigkeiten  der  Gewmnnng 
oder  des  Transportes  noch  so  gross,  dass  eine  regelrechte  Ansbentnng 
znsftchst  nicht  lohnt  —  In  den  ansgedehnten  Wftldem  giebt  es  neben 
vielem  nnbranchbarem  Material  aacb  zahlreiche  gate  Holzarten,  die 
sich  zam  Gebranch  im  Lande  selbst  znm  Haasban  nnd  zn  allen 
technischen  Zwecken  gat  eignen;  ausserdem  aber  kommen  edle  Hölzer 
in  ziemlichen  Mengen  vor,  mit  schöner  Maserung  und  vorwiegend 
danklerer  Färbung,  roth,  rothbraun  und  dunkelbraun,  die  sich  be- 
sonders für  die  Möbelfabrikation  eisinen.  Viele  der  nach  Deutschland 
gesandten  und  hier  verarbeiteten  Proben  haben  Bewunderung  erregt 
and  nicht  nur  Beifall,  sondern  auch  gute  Preise  gefanden.  Die 
werthvoUsten  Hölzer  sind  MaUava^  dmlia  su1)'<>r(hita,  CalojjJiijllum 
inophiUum,  I^trocarpus,  Htritwra,  Sid'roriflon  und  andere.  Mit  der 
Zeit  kann  sich  vielleicht  eine  lohneude  Holzausfuhr  aas  unserem 
Schutzgebiet  entwickeln. 

Die  Kinde  mancher  BUume  Ifisst  eine  technische  Verwerthung  zu, 
so  dass  die  Gewinnung  und  Ausfuhr  derselben  voraussichtlich  mit 
Erfolg  stattfinden  kann.  Zahlreich  sind  besonders  die  stark  gerbstoflf- 
haltigen  Kinden,  und  nach  solchen  ist  die  Nachfrac^o  auf  dem  Welt- 
markt immer  eine  lebhafte.  —  Stellenweise  tritt  ein  Baum  in 
m&ssigen  Mengen  auf,  der  die  gewQrzige  Massoirinde  liefert,  Massoia 
anmuUica,  Dieselbe  hat  einen  Geschmack  ähnlich  dem  des  Zimmtes 


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78 


Uebenkht  der  hupttSeblicbtten  Kultur-  uod  Mutspflaasok 


oder  der  Cassiarinde;  sie  wird  iu  gemahlenem  Zustande  namentlich 
in  Indien  vielfach  als  Gewürz  gebraucht.    Es  sind  bereits  grössert  ' 
Mengen  dieser  Rinde  aus  Nea-Goiuea  ausgeführt  oud  za  auaehmbaroo 
Preisen  verkauft  worden. 


Uabitiublld  eiuea  Famdamu,  etwa  '/«— *iW 

Die  in  unserem  Schutzgebiet  liaufig  vorkommenden  Muskat- 
nussbänme,  Mijnatira,  und  Gewürznelkenbäume,  Eugenia,  ge- 
hören nicht  der  edlen  Art  an  und  liefern  daher  wenig  aromatische 
Erzeugnisse,  die  für  den  Handel  keinen  Werth  haben.    Das  zahl- 


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in  KaiMr  Wilbtlms-Land  und  dem  BUiii«rck-Archip«L 


79 


reiche  Auftreteu  dieser  Bäume  und  dio  reicliiiclie  Fruchtfizi  uguug 
lassen  aber  hoften,  dass  aucli  die  edlen  Arten  in  unserem  Schutz- 
gebiet ein  gutes  Fortkommen  linden  werden.  Von  anderen  Gewürzen, 
die  in  den  Wäldern  des  Schutzgebietes  häufig  vorkommen,  seien 
noch  Ingwer,  Zhiffihe)\  Gelbwarz,  Curcuma,  und  Kardamon, 
Cardamomum,  angeführt. 

Schliesslich  sei  noch  erwähnt,  dass  zwar  manche  Pflanzen  in 
unserem  Schatzgebiet  vorkommen,  die  einen  gnmmiartigen  Stoff  ge- 
winnen lasm,  dass  es  aber  bis  jetzt  noch  nicht  gelungen  ist,  solche 
Pflanzen  in  genügender  Menge  zu  finden,  die  brauchbaren  Kautschuk 
oder  Guttapercha  liefern.  Bei  fortschreitender  Erforschung  des  Landes 
wird  sich  hoifentUcb  zeigen,  dass  dieselben  zahlreich  vorkommen, 
sowie  dass  ausser  den  bekannten  noch  mancherlei  andere  werthToUe 
Srzengnisse  ans  den  weiten  Wäldern  nnseres  Schutzgebietes  zu  ge- 
winnen sind. 

n. 

Von  uns  eingefBlirta  Kulturpflanzen. 

Von  den  Europäern,  welche  sich  im  Schutzgebiet  iiiederliesscn, 
wurden  natürlich  zunächst  eine  Anzahl  von  solchen  Kulturpflanzen 
mitgebracht,  die  zum  Unterhalt  von  Menschen  bezw.  auch  von  Vieh 
beitragen  sollten.  So  wurden  von  tropischen  Früchten  eingeführt: 
Papaya,  Ananas,  Tamarinde,  Soursop  (Anona)^  Liraone,  Grenadille, 
sowie  neue  und  bessere  Sorten  von  Banane  und  Mango,  und  zwar 
mit  bestem  Erfolge.  Die  Papaya  oder  der  Melonenbaum,  Oirica 
papmja,  wurde  im  Anfang  der  siebziger  Jahre  von  dem  russischen 
Reisenden  M.  Maclay  nach  Neu-Guiuea,  und  zwar  nach  der  Astrülal)e- 
Bai  gebracht.  Sie  gedeiht  vorzüglich  in  Nen-Guinea,  und  jetzt,  nach 
wenigen  Jahren,  ist  sie  bereits  an  weiten  Küstenstrecken  von  Kaiser 
Wilhelms-Land  heimisch  geworden;  sie  wird  dort  überall  von  den 
Eingeborenen  gezogen,  kommt  aber  auch  vielfach  wildwachsend  vor, 
und  die  schönen,  grossen,  stets  reichlich  vorhandenen  Früchte  sind 
bei  Weissen  und  Farbigen  sehr  beliebt.  Aus  den  Früchten,  sowie 
überhaupt  aus  dem  Saft  des  Melonenbaumes  lassen  sich  Pepsin- 
präparate herstellen.  —  Auch  die  Ananas  hat  bereits  Eingang  in 
die  Plantagen  der  Eingeborenen  gefunden. 

Mit  unseren  verschiedenen  Gemüse-Arten  v\iirden  ebenfalls  viel- 
fache Anbauversuche  gemacht.  Manche  derselben  wollten  natürlich 
in  dem  Tropenklima  nicht  gedeihen,  andere  wieder,  so  besonders 


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80  üebereicbt  der  hauptsächlichsten  Kultur-  und  Nutzpflanzen 

Bohnen,  Tomaten,  spanischer  Pfeffer,  Gurken,  Melonen,  Kürbisse, 
Radieschen,  Portulak,  wachsen  und  entwickeln  sich  ebenso  gut  wie 


Andropogon  Sorghum  BroL  A  die  SUmmform  (A  bAlepensls  Sibth).  B  eiae  Kaitarform  (vu. 
vulgnris)  nach  Rcicbcnbach;  D,  O  and  K.  vir.  vulgari», 

bei  uns;  doch  mnss  man  bei  Bohnen  und  Radieschen  hin  und  wieder 
frischen  Samen  aas  gemässigtem  Klima  beziehen,  da  dieselben  leicht 


in  XaiMT  Wilhelms-Land  und  dem  Bismarck-Archipel. 


81 


entartoB.  Audi  Salat,  EndiTieii,  Kohlrabi,  Artueboken,  Zwiebeln 
waeheen  und  geben  Erträge,  aber  doeb  in  unbefriedigender  Weise. 
]>eflgleiehen  lobnt  es  nicht,  Kartoffeln  zn  bauen.  Hit  vielen  Vor* 
aiditaniaafleregeki  gelingt  es  zwar,  ^e  Ernte  von  gnten  tdimaek- 
haften  Kartotfoln  zn  erzielen,  aber  die  Emtemenge  iat  nieht  viel 
grösser  als  das  verwandte  Saatgut,  und  anaa^rdem  entarten  die 
Kartoffefai  sofort.  Aber  eben  anf  den  Bergen  wird  man  reiche  nnd 
gnte  Ernten  von  Kartoffeln,  als  anch  von  allen  Gemfisen  machen 
können,  ebenso  wie  im  gemässigten  Klima,  wie  ja  die  Erfahrung  in 
anderen  Tropenländern  genugsam  gezeigt  hat. 

Gurken,  Meloneu,  Kürbisse  und  den  spanischen  Pfeffer  ündet 
man  jetzt  schon  häufig  in  den  Pflanzungen  der  Eingeborenen 
(Lagenaria^  Flaschenkürbis,  war  bereits  in  Neu-Guinea  vorhanden). 
Auch  der  von  uns  eingeführte  Mais  hat  bald  die  Gunst  der  Ein- 
geborenen gefunden,  und  mehr  und  mehr  bürgert  er  sich  in  den 
Pflanzungen  derselben  ein.  Er  gedeiht  vorzüglich  in  Kaiser  Wilhelms- 
Land,  giebt  reiche  Erträge  und  wird  deshalb  von  der  JNeu-Guineu- 
Kompagnie  regehnässig  in  einer  Ausdehnung  von  vielen  Hektaren 
angepflanzt.  Die  in  halbreifem  Zustande  gerüsteten  oder  gekochten 
Maiskolben  werden  von  den  Farbigen  gern  gegessen,  und  ein  grosser 
Theil  des  angebauten  Maises  wird  daher  zur  Arbeiter -Ernährung 
versvaudt;  ein  anderer  Theil  dient  als  i^'utter  lOr  Pferde,  Bindvieh, 
Schweine  und  Geflügel. 

Neben  dem  Mais  wird  auch  die  Negerhirse,  Sorghum  vulgare^ 
in  einiger  Ausdehnung  angebaut;  zur  menschlichen  Nahrung  dient 
diese  Körnerfrucht,  die  in  grossen  Gebieten  Afrikas  ein  wichtiges 
Lebensmittel  ist,  bis  jetzt  noch  nicht  in  Neu-Guinea,  weil  die  dortigen 
Farbigen  Körnerfrüchte  bisher  überhaupt  nicht  kannten  imd  sich  nur 
allm&hlich  an  dieselben  gewöhnen  lassen.  Das  Sorghum  findet  be- 
sonders als  Grünfutter  für  das  Vieh  eine  ausgedehnte  Verwendung. 

Pür  die  Besehaffong  von  Lebensmitteln  sind  dann  noch  besonders 
wichtig  zwei  Yon  uns  nach  dem  Schutzgebiet  eingeführte  Kultor» 
pflanzen:  die  süsse  Kartoffel  nnd  der  Maniok.  Erstere, 
Cöncokmlma  eäuUa,  mit  unserer  Winde  verwandt  und  ihr  ünsaerliob 
nicht  unfthnlieb,  gedeiht  gut  auf  jedem  nieht  zu  feuebten  Boden  und 
giebt  bei  geringer  Arbeit  reiehe  Ertrftge.  Wie  der  Name  sagt» 
aehmeokt  diese  Wurzelfruoht  etwas  süss,  ühnlidi  wie  gefrorene 
Kartoffefai;  aber  man  gewohnt  sich  daran,  und  die  süsse  Kartoffsl 
dient  den  fulHgen  Arbeitern,  aber  auch  den  Eoropftem  häufig  zur 
Nabnmg. 


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82 


Uebersicbt  der  hauptsächlichsten  Kultur-  und  Nutzpflanzen 


Der  Maniok,  ManViot  utHissima,  gedeiht  iin  Schutzgebiet  ganz 
besonders  gut.  In  keinem  anderen  Tropcnlande  habe  ich  den  Maniok 
in  solcher  Ueppigkeit  und  nirgend  solche  Erträge  gesehen.  Die 
mächtig  entwickelten,  stärkemehlreichen,  knolligen  Wurzeln  des  Maniok 
werden  in  gekochtem  oder  geröstetem  Zustande  gegessen  (roh  sind 
sie  nicht  zuträglich,  eine  Art  sogar  giftig).  In  vielen  Tropenländem, 
80  besonders  in  Südamerika,  wird  aus  dem  Maniok  ein  feines  Mehl, 
die  Tapioka,  gewonnen.    Bisher  ist  dies  in  unserem  Schutzgebiet 


Manihot  uttKstima  Pohl   A  HabltusbUd;  £       BL  im  Ulagsscbnltt;  C  Q  6L,  l&cg»  dnrcb- 
(»cluiitten;  D  reife  Fracht;  E-G  Samen  von  der  B&nch-  und  Bücitensoite,  lowie  Ton  der  Seite 
gesehen;  B  Bruch-  und  ThciUc^mer  der  Stärkekömer  de^>  WaraeL 


noch  nicht  geschehen,  jedoch  verspricht  diese  Industrie  daselbst  für 
später,  bei  reichlichen  und  billigen  Arbeitskräften,  gute  Erfolge. 

Den  gewöhnlichen  Reis,  Sumpfreis,  Oriza  sativa,  hat  man  bis 
jetzt  im  Schutzgebiet  noch  nicht  angebaut,  weil  zur  Reiskultur  sehr 
umfangreiche  Bewässerungsanlagen  nöthig  sind,  und  zur  Ausführung 
derselben  ist  es  noch  nicht  gekommen.  Dagegen  sind  kleinere 
Anbauversuche  mit  Bergreis,  Oriza  mmtanOy  gemacht  worden,  der 
der  Bewässerung  nicht  bedarf,  aber  auch  geringere  Erträge  giebt. 


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in  Kaiser  Wilkelma^Land  und  dem  Bismarck-Archipel. 


88 


Die  baldige  Eisfllhnuig  der  Beisknltiir  nach  noserem  Schntigebiet 
rnnsB  als  drisgeDd  wClBaehenswerth  beieiehnet  werden. 

Die  Erdnase,  Aracfm  hypogaea,  welche  vielfiush,  vor  allem  in 
Westafirika,  znm  Zwecke  der  Oedgewinnong  gebaut  wird,  dient  bis 
jetzt  in  uiBerem  Schutzgebiet  nur  als  NahmogsmitteL  Geriystet  wird 
sie  von  Enropfiem  gern  gegessen,  und  den  farbigen  Aibeitecn  eiod 
die  51-  und  eiweisereichen  Erdnüsse  eine  dienliche  nnd  auch  sehr 
willkommene  Beigabe  zu  der  meist  einseitig  st&rkemehlreichen 
Nahrung.  —  Erdnüsse,  süsse  Kartoffeln  und  Maniok  fangen  an,  von 
den  Einj^eborenen  unter  ihre  Kulturpflanzen  aufgenommen  zu  werden. 

Die  I'liaiize,  aus  der  das  Tahitische  Arrowroot  gewonnen  wird, 
das  von  anerkannt  guter  Qualität  ist,  Tcu'ia  pimiatifidii,  ist  in 
unserem  Schutzgebiet  überall  verbreitet;  merkwürdiger  Weise  kennen 
die  Eingeborenen  die  Verwerthune:  derselben  nicht.  Proben  dieses 
feinen  Mehles,  die  in  Neu-Giiiiiea  ans  Tarca  gewonnen  wurden,  haben 
in  Deutschland  sehr  gefallen,  und  es  ist  daher  die  Wurzelfruclit  seit 
einiger  Zeit  in  mässigem  Umfange  angebaut  worden,  um  die  Versuche 
mit  der  Arrowroot-Bereitung  in  grosserem  Maassstabe  fortzusetzen. 
Voraussichtlich  wird  sich  auch  dieser  Erwerbszweig  mit  der  Zeit  zu 
einem  lohnenden  gestallen  lassen. 

Um  das  nach  dem  Schutzgebiet  eingeführte  Vieh  l)es8er  und 
leichter  ernähren  zu  können,  wurde  neben  Mais  und  Sorghum  auch 
der  xVnbau  von  einigen  anderen  Futterptlanzen  vereucht.  Bei  Luzerne 
und  Esparsette  schlugen  diese  Versuche  fehl,  dagegen  gelang  es,  ver- 
schiedene bessere  Weidegräser  einzuführen;  übrigens  werden  durch 
das  Beweiden  die  Grasflächen  von  selbst  besser,  indem  sich  allm&hlich 
Werthvoliere  Gräser  und  Futterkr&nter  ansamen. 

Von  den  Ilandelsgewächsen,  deren  Kultur  wir  in  das  Schutz- 
gebiet eingeführt  haben,  dürfte  wohl  für  die  nächste  Zeit  der  Tabak 
am  wichtigsten  sein.  Die  ersten  Versuche  mit  Tabakbaa,  welche 
vor  S  nnd  4  Jahren  in  Kaiser  Wilhelms-Land  gemacht  wurden,  er- 
öffneten recht  gnte  Ansaichten,  nnd  die  fortgesetzten  Yersnche  haben 
die  ersten  Erfolge  bestätigt.  Der  von  der  Nen-Gninea-Kompagnie 
gezogene  Tabak  hat  anf  dem  Bremer  Markt  eine  sehr  gOnstige  Be- 
Qrtheilnng  er&bren;  das  Blatt  eignet  sich  seiner  Zähigkeit  nnd 
Feinheit  wegen  besonders  znm  Deckblatt  Der  Tabak  erzielte  gnte 
Preise  nnd  wird  bei  grösserer  GleichmAssigkeit,  die  erreicht  werden 
wird,  wenn  man  erst  das  Klima  genaner  kennt  nnd  auf  dasselbe  bei 
der  Emtebereitnng  mehr  Rücksicht  nehmen  kann,  noch  mehr  im 
Preise  steigen.    So  hat  denn  die  Nen-6ninea-Eompagnie  ihren 

6* 


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Ueb«nieht  dar  liMi|ittiddieliilm  Kiltar*  od  Mvbpflauta 


Tabakbau  bedeutend  ausgedehnt;  sie  besitzt  grossere  Tabakspflanzongeo 
in  Hatzfeidhafen  und  Stephansort  mit  mehreren  100  Arbeitern,  und 
sie  wird  in  nficliBter  Zeit  anftfthnlif.h6  Posteii  Tabak  auf  den  Markt 
bringen  kOnnen. 

Die  Kultur  der  Baumwolle,  Oossypiwn  herlxiceum  (yui.barbO' 
deme,  Sea-Island  Cotton)  ist  schon  vor  einer  Keihe  von  Jahren  in 
uiserem  S&dsee- Schutzgebiet  eingeföhrt  worden.   £b  ist  bekannt» 

dass  in  Samoa  und 
Fi4ii  und  auf  man- 
chen anderen  Südsee- 
luseln  grosse  Banm- 
wollenpflanznngen  im 
Betriebe  sind  (and 
zwar  zum  grossen 
Theil  in  Händen  von 
deutschen  Firmen), 
die  ein  vorzügliches 
Erzeugniss  liefern. 
Die  Aehnlichkeit  der 
H^fn^^^ii^rf^  Verhält- 
nisse Hess  gute  Er- 
folge mit  derBaum- 
woUkoltur  auch  in  un- 
serem Schutzgebiete 
erhoffen,  und  als  die 
Firma  Farrel  in  Ra- 
lun  auf  der  Gazelle- 
Ualbinsel  vor  nun 
bereits  längeren  Jah* 
ren  eine  BaamwoUen- 

pflanznng  anlegte,  entsprachen  die  Erfoli^'c  ganz  den  gehegten  Erwartun- 
gen: die  Emtemengen  sind  reichlich,  die  Baumwolle  ist  von  guter  Qua- 
lität, nnd  sie  erzielt  gute  Preise.  Im  Jahre  1887  begann  auch  die  Xeu- 
Guiuea-Kompagnie  damit,  Baumwolle  zu  pflanzen;  auch  hier  sind  die 
Ernten  sehr  reich,  die  Baumwolle  ist  langstapelig,  fein  und  gleich- 
mässig,  erzielte  auf  dem  Bremer  Markt  selir  hohe  Preise  und  wurde 
dort  den  besten  Erzeugnissen  Nordamerikas  und  der  Sfidsee-Inseln 
gleichwerthig  erachtet.  Die  Aussichten  für  den  Baumwollbau  in 
Neu-Guinea  sind  daher  die  besten.  Die  Neu-6uinea-£ompagnie  hat 
ilire  BaumwoUenpflanzungen  bereits  bedeutend  ansgedehnt»  nnd  vor- 


bmrbodenä*,'  L.  (Sea- Island,  BArbadoc«-  and  Htm- 
Orlouu-Gotton).  Zwdc  lalt  BL  nad  rtUaa  Fr. 


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in  Kaiser  Wilhelms-Lajui  und  dem  Bismarck-Arcbipei'  85 

aus8ichtlich  wird  diese  Kultur  bald  grossen  Umfang  annehmen.  Die 
Samenkerne  der  Baumwolle  enthalten  einen  hohen  Prozentsatz  an 
gutem  Oel,  nach  welchem  die  Nachfrage  in  den  letzten  Jahren  eine 
lebhafte  und  stetig  wachsende  gewesen  ist. 

Ausser  der  Baumwolle  sind  einige  weitere  Gespinnstptlanzen 
von  uns  nach  unserem  Südsee-Scliutzgebiet  gebracht  worden;  eine 
Kultur  derselben  im  Grossen  findet  allerdings  bis  jetzt  noch  nicht 
statt,  man  hat  sich  bei  denselben  zunächst  auf  kleinere  Probe- An- 
pflanzune;en  bp^chränkt,  hauptsächlich  deshalb,  weil  zur  Herstellung 
einer  mniktfertigen  Waarc  mancherlei  Maschinen  erforderlich  sind. 
Ich  nenne  zuerst  die  Jute  (Corchonis  sat'nms)^  die,  wie  bekannt  ist, 
auf  dem  europäischen  Markt  lebhaft  begehrt  und  besonders  in 
£nglisch-Indien  in  grosser  Ansdehnong  gebaut  wird;  femer  die 
Ramie  (Rameh),  BoeJmeria  nivea,  welche  eine  vorzügliche  und  sehr 
'werthyoUe  Faser  liefert,  die  zn  den  feinsten,  seidenglänzenden  Ge- 
weben verarbeitet  wird.  Leider  ist  die  Trennung  der  Faser  von 
den  anhängenden  PHanzentheilen  sehr  schwierig,  und  die  zahlreichen 
TXk  diesem  Zweck  erbauten  Maschinen  haben  die  Schwierigkeiten 
noch  nicht  zn  überwinden  vermocht,  sodass  aas  diesem  Grande  der 
Anban  von  Boehmeria  fiberhanpt  ein  beschränkter  geblieben  ist. 
Der  Bedarf  anf  dem  Weltmarkte  an  gnten  Faserstoffen  ist  stets  ein 
ganz  bedeutender;  wir  werden  nns  daher  in  Nen-Gninea  zn  ge- 
legener Zeit  dem  Anban  von  Faserpflanzen  zuwenden,  nnd  ich 
glaube,  dass  gerade  Jute  und  Ramie  ein  wichtiges  Erzengniss 
unserer  Sfidseebesitzungen  sein  worden.  —  Agaoe  mexkana^  deren 
lange,  schwertförmige  BiAtter  eben&lla  einen  sehr  dauerhaften, 
werthTollen  Faserstoff  liefern,  wurde  schon  vor  langen  Jahren  nach 
der  Gazelle -Halbinsel  gebracht  und  dort  angepflanzt,  aber  ohne 
das«  man  die  Faser  gewonnen  und  zubereitet  hfttte.  Der  Kapolc 
oder  die  Seidenbaum  wolle,  Mriodendrcn  anfradwmmt  wurde  sdion 
Tor  17  Jahren  von  Maolay  nach  der  Astrolabe-Bal  gebracht,  ist 
aber  jetzt  auch  an  anderen  Orten  des  Schutzgebietes  von  nns  ver- 
bratet worden.  WahrBcheäi]i<di  war  auch  schon  frfiher  die  Seiden« 
banrowolle,  Eriodenäron-  und  .Bbm^- Arten  in  Kaiser  Wilhelms- 
Land  heimisch.  Die  schneeweisse,  glänzende  Seidenbaumwolle, 
welche  in  üppigen  Flocken  aus  den  reifen  Samenkapseln  des 
Baumes  hervorbricht,  lüsst  sich  ihrer  Glätte  und  Bnichigkeit  wegen 
nicht  gut  zu  (ieweben  verarbeiten;  sie  findet  in  Neu-Guiiiea,  wie 
in  anderen  Tr()i)enliuulern  vielfache  Verwendung  zum  Füllen  von 
Eissen  und  Polstern.   Für  diese  Zwecke  ist  sie  anch  in  Europa  be* 


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86 


U^benidit  der  htnpttiehllchatm  Kaltnr-  aad  Ifatipiaaicii 


liebt  geworden.  Sydney  iat  ebenMs  ein  gnter  Harkt  für  Kapok; 
hier  wie  dort  werden  beträchtliche  Mengen  dieser  Faser  ans  andflcn 
Tropengebietra  eingeftbrt,  und  eine  ergiebige  Ansfohr  diosei 
Artikels  ans  unseren  Sfldseebesitsongen  ist  für  spitere  Zeiten  sdir 
wahrscheinlich. 

Eaflfoe  wurde  von  der  bereits  erwShnten  Finna  Farrel  sehfli 
Yor  7  Jabren  im  Bismarckarohipel  gebaut,'  und  zwar  Coffea  amätka, 
der  arabische  Eaflfee.  Bis  jetzt  hat  man  sich  auf  einen,  allerdinp 
lunfangreichen  Yersnch  besdiiftnkt,  denn  das  mit  Eafiee  bepflanzte 

Gebiet  nmfasst  etwa  8  Morgen.  Trotzdem  diese  Pflanzung  nur 
400  Fuss  über  dem  Meere  liegt,  entwickelt  sie  sich  prächtig,  der 
Kaffee  gedeiht  auf  dem  rein  vulkanischen  Boden  vorzüglich,  die 
Bäume  st-hcu  i;esuud  und  kräftig  aus  uud  tragen  reichlich,  ein  Kr- 
zeugniss  vuu  guter  Qualität.  Auch  die  Xeu-Guinea-Kompaguie  hat 
bereits  seit  mehr  denn  3  Jahren  mit  der  Anlage  von  Kaffee- 
pdan/.uugen  begonnen  uud  dieselben  in  letzter  Zeit  beträchtlich  er- 
weitert, so  dass  auf  einer  Anzahl  von  Hektaren  viele  tausend 
Bänmchen  angepflanzt  sind.  Natürlich  stehen  hier  weitere  Er- 
fahrungen noch  aus,  da  der  Kaffee  erst  im  vierten  Jahre  trägt;  bis 
jetzt  haben  die  Kaffeepllanzuny:en  der  Neu-(Iuinea-Kom[)agnie  sich 
gut  entwickelt  und  machen  den  besten  Eindruck.  Mit  seineu  hoheo 
und  ausgedehnten  Gebirgen  vulkanischen  Ursprungs  uud  mit  seiueo 
gfinstigen  Witterungsverhältnissen  dürfte  sich  unser  Südsee-Schutz- 
gebiet  in  hervorragender  Weise  für  den  arabischeu  Kaffee  eignen, 
der  am  besten  in  Höhen  von  einigen  Tausend  Fuss  gedeiht;  und 
die  Erfolge  werden  um  so  sicherer  sein,  als  die  verderbliche  Laub- 
krankheit  des  Kaffees,  HemUeia  vasUUrix^  noch  nicht  nach  Neu- 
Goinea  gedrongen  ist.  Ck>ffea  liberica,  der  liberische  Kaffee,  der 
auch  in  Meereshöhe  dauernd  gut  gedeiht,  und  der  von  der  Laob- 
krankheit  wenig  za  leiden  hat,  ist  nur  in  wenigen  Exemplaren  io 
Finschliafen  vorhanden.  Man  hat  bis  jetzt  von  einer  grösseren  An- 
pflanzung des  Liberia-Kaffees  abgesehen,  weil  die  Kultur-  und  die 
Wachsthums-Bedingungen  desselben,  sowie  die  Ernteergebnisse  nur 
wenig  bekannt  sind. 

Wie  für  Kaffee,  so  scheinen  mir  aach  f&r  Kakao  alle  Be- 
dingungen für  ein  gates  Gedeihen  in  nnserem  Schntzgebiet  gegeben 
za  sein.  Grössere  Anbau-Versnche  haben  noch  nicht  ansgefBbit 
werden  können,  bis  vor  Eorzem  hatte  man  sich  anf  die  Anpflanzong 
weniger  Eakao-Bänmchen  beschrflnkt;  Ergebnisse  von  Versochs- 
pflanzongen  liegen  also  noch  nicht  vor.   Die  gegebenen  ftosseren 


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in  KaiMT  WilhelmfLaiid  imd  dem  KMnafek-AreiiiptL 


87 


Verbältnisse  sind  aber  dem  Kakao  so  günstig,  dass  eine  Hamburger 
Gesellschaft,  weiche  mit  einem  Kapital  von  500000  Marie  in  Nea- 
Gninea.  Pflanzangen  anlegen  will,  zunftchst  mit  Kakao  beginnen 
wird;  die  Voiaibeiten  für  die  Anlage  der  Pflanznngen  sind  bereit» 
weit  Toigeschritten. 

Daae  der  Thee  auf  den  bAheren  Beigen  oneereB  Sehntigebietea 
gat  gedeihen  wfirde,  unterliegt  keinem  Zweifel;  jedoch  erfordert  der 
Iheebau  soviel  Handarbeit,  weil  die  Blätter  alle  mit  der  Hand  ge- 
pflöckt werden  mfiseen,  und  andererseita  verfügen  wir  in  Nea- 
Gninea  fiber  so  geringe  Arfoeitskrftfte,  dass  in  nftchater  Zeit  sicher- 
lich Niemand  versuchen  wird,  dort  Thee  im  Grossen  anzobanen. 
Eine  Anzahl  von  Theestrftachem,  denen  man  fftr  weitere  Yersndie 
den  nOthigen  Samen  entnehmen  kann,  befindet  sich  in  Finschhafen. 

Auch  der  Fieberrindenbanm  ((Xnehom)  wird  wohl  in  den 
nächsten  Jahren  in  Neu-Guinea  kaum  in  grosserem  Ifaassstabe  an- 
gebaut werden,  da  die  Chinarinde  sehr  im  Preise  ge&Uen  ist  und 
auch  der  Ifarkt  von  Java  und  Ceylon  reichlich  mit  Cinchona-Rinde 
versehen  wird.  Da  aber  dennoch  durch  Aenderuug  der  Verhältnisse 
Cinchona  wie  Thee  im  Laufe  der  Zeit  für  das  Schutzgebiet  von 
Bedeutuüg  werden  können,  so  durften  diese  beiden  an  sich  sehr 
wichtigen  KultuipllanzLii  hier  nicht  übergangen  werden.  Bis  jetzt 
sind  nur  einige  Exemplare  von  Citwhona  smciruhra  in  Fiuächhafen 
angepflanzt  worden. 

Hier  sei  auch  kurz  der  Cocastraucli  erwähnt  (Erijtrojylon  (  'o<  a)^ 
aus  dessen  Blättern  das  Cocuin  hergestellt  wird,  jenes  Alkaluid, 
\vc'l(bes  in  den  letzten  Jahren  für  die  Augenheilkunde  wie  überhaupt 
für  die  medizinische  Wissenschaft  eine  gesteigerte  Bedeutung  ge- 
funden hat.  Es  sind  einige  Cucastriiucher  in  Neu-Guinea  angepflanzt 
worden.  Ich  hatte  Geleg»'nlieit.  in  Java  eine  Coca- Versuchspflanzung 
zu  sehen,  und  soweit  sich  dies  nach  den  äusseren  Verhältnissen  be- 
urtht'ileu  lässt,  scheinen  mir  in  Neu-Guinea  die  Bedinguugen  für  die 
Coca-Kultur  ebenso  gut  vorhanden  zu  sein  wie  in  Java. 

In  Eiuschhafeu  befindet  sich  eine  kleine  An{)flanzung  des 
Anattostrauches  (Bixa  oreUana).  Dieser  Strauch  liefert  einen  rothen 
Farbstoff,  Anatto  genannt,  welcher  zum  Färben  von  Butter  und 
Käse  verwandt  wird.  Infolge  der  Steigerung  der  Kunstbutter-Her- 
stellung hat  dieser  Farbstoff  in  den  letzten  J:ihren  eine  erhöhte 
Kachfrage  gehabt,  und  ich  glaube,  eine  Auattopflanzong  in  Neu- 
Guinea  würde  sich  sehr  wohl  bezahlt  machen.  Der  Strauch  wächst 
leicht  und  schnell,  hat  kaum  irgend  welche  Feinde  und  trägt  im 


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88 


ütbmleht  der  hmptildiHdiftoii  Kultur^  nad  NntipflMiMii 


dritten  Jahre  Frfichte,  etwa  so  gross  wie  Apfelkenie;  sie  fiegen  zu 
6  bis  10  in  einer  Hfllse  und  sind  von  einer  dfinnen  Sehidit  einer 
rothen  Masse  nmgeben,  welclie  den  Ftobstoff  Anatto  liefort,  der 
durch  Waschen  der  Frftchte  und  daranf  folgendes  Siefasetzenlasseo 
gewonnen  wird. 

Eine  andere  Farbpllanze,  der  Indigo  (Indigofera  Hnäoria)^  ist 
ebenfalls  von  nns  nach  Nen-6ninea  eingefBhit  worden  nnd  wSehsk 
dort  jetzt  schon  vielfsch  wild.  Bis  jetzt  ist  dort  der  Farbstoff 
Indigo  noch  nicht  ans  der  Pflanze  hergestellt  worden,  ans  Mangel 
an  den  nOthigen  Einrichtongen.  Der  Indigoban  dfirfte  wohl  nicht 
leicht  Eingang  nach  Nen-Gninea  linden,  da  das  peknniare  Ergebniss 
bei  demselben  ein  nnsidieres  ist,  denn  die  Qnalitit  nnd  demnach 
der  Preis' des  Farbstoffiw  sind  grossen  Schwanknngen  nnterworftn; 
auch  würden  wir  kaum  den  Wettbewerb  mit  Englich-Indien  aof- 
Dehmen  können. 

Viele  unserer  Gewürze  werden  in  unserem  Sfldsee- Schutzgebiet 
gut  gedeihen  und  mit  Erfolg  angebaut  werden  können.  Leider  sind 
auch  hier  die  angestellten  Versuche  nicht  umfangreich  genug  und 
von  zu  kurzer  Dauer  gewesen,  als  dass  sich  aus  denselben  sichere 
Schlüsse  ziehen  liessen.  Aber  ein  Vergleich  mit  jenen  Tropen- 
ländern, wo  diese  Gewürze  gedeihen,  berechtigt  zu  der  Hoffnung, 
dass  wahrscheinlich  unser  Schutzgebiet  ebenfalls  ein  günstiges  Ge- 
biet für  dieselben  ist.  Die  kleinen  Anpflanzungen  von  Pfeffer, 
Ingwer  und  Vanille  in  Fiuschhafen  haben  sich  bis  jetzt  zufrieden- 
stellend entwickelt.  Gewürznelken  und  iliiskatnuss  werden,  so 
glaube  ich  bestimmt,  in  Neu-Guinea  gute  Erträge  geben;  Anbau- 
Versuche  mit  diesen  beiden  Gewürzbäamen  sind  leider  bis  jetzt 
nnterblieben. 

Die  Oelpalme  (Elaeis  guineensis)^  deren  Erzengniss,  die  Palm- 
kerne, bezw.  das  Palmöl,  in  so  bedeutenden  Mengen  aus  Westafrika 
nach  Deutschland  gebracht  wird,  ist  in  einer  Anzahl  von  mehreren 
Dutzenden  von  Exemplaren  in  Finschhafen  angepflanzt  worden«  Ob 
der  Anbau  dieser  Palme  durch  Europäer  lohnen  wird,  ist  eine  noch 
ZQ  entscheidende  Frage;  vorläufig  wird  man  sich  auf  Versuche  be- 
sehrfinlcen  mflssen.  Vielleicht  gelingt  es  mit  der  Zeit,  die  £nh 
geborenen  zur  Anpflanzung  von  Oelpalmen  zu  bringen. 

Das  Zuckerrohr  (Saocharum  offiänarum)  war  bereits  im  Schutz* 
gebiet  vorhanden;  von  nns  sind  dann  noch  einige  Varietäten  des- 
selben neu  eingeführt  worden,  allerdings  wohl  kaum  in  der  Absicht) 
in  Ken-Guinea  alsbald  Zuckerrohr  im  Grossen  anbauen  nnd  ans 


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in  KlUMr  Wilhelms-Lind  und  dem  Bismarck-ArehipaL 


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demselben  Zucker  herstellen  zu  wollen.  Denn  bei  der  jetzigen  Lage 
des  Zuckermarktes,  und  bei  den  noch  so  ganz  unfertigen  Ver- 
hältnissen in  unseren  Südseebesitzungen  wird  man  wohl  kaum  gleich 
im  Anfange  Rohrznckerfabrikon  anlegen  wollen.  Dieselbon  erfordern 
von  vornherein  so  viel  Kapital  und  sind  in  einem  noch  so  un- 
entwickelten Lande  so  schwierig  zu  erbauen  und  einzurichten,  dass 
man  sicherlich  lieber  mit  einfacheren  Untemehmongea  den  Anfang 
macht. 

So  hat  man  denn  auch  in  unserem  Schatzgebiet  zunächst  mit 
solchen  Ptlaiizaiigen  begonnen,  die  bei  einem  verhältnissmassig  ge- 
ringen Betriebskapital  schon  nach  kurzer  Zeit  einen  Ertrag,  bei  denen 
man  ausserdem  bald  übersehen  kann,  wie  die  Rentabilität  sich 
stellt.  Man  hat  also  zunächst  mit  dem  Anbau  von  Tabak  und 
Baumwolle  begonnen,  und  diese  Kulturen  werden  voraussichtlich, 
da  die  bisherigen  Ergebnisse  günstig  waren,  bald  einen  grösseren 
Umfang  annehmen.  Allmählich  geht  man  nun  auch  zn  anderen 
Kulturen  über;  die  Kaffeepflanzungen  werden  mehr  und  mehr  aus- 
gedehnt, Kakao  soll  ebenfalls  im  Grossen  angebaut  werden,  und  so 
ist  hoffentlich  die  Zeit  nicht  mehr  fern,  wo  wir  in  unseren  Südsee- 
besitzungen die  meisten  der  wichtigeren  Tropenkaltoren  in  grosser 
Ansdehuung  nnd  mit  gutem  Erfolge  betreiben. 


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Die  Aubauyerhältnisse  der  Nutzpflanzen  im 

Togogebiet. 

Von 

Hermann  Raokow.O 
i 

Die  ca.  52  km  lange  Küste  des  dentschen  Togogebiets  wird 
tut  in  ihrer  ganzen  Ausdehnung  vom  Hinterlande  dnich  eine  Lagone 
getrennt.  Sie  bildet  also  eine  Nehmng,  welehe  sich  Ton  Westen 
nach  Osten  keilförmig  zuspitzt  und  bei  Elein-Popo,  dem  östlichst 
gelegenen  Küstenplatz  des  Gebiets,  nur  noch  ans  einer  20  Schritt 
breiten  Düne  besteht,  welehe  bei  hohem  Wasserstande  der  Lagune 
häufig  ganz  fiberschwemmt  wird. 

Die  Vegetation  ist  auf  der  ans  Sandalluvium  bestehenden 
Nehrung  zwar  keine  üppige,  indess  gedeihen  nicht  nur  wilde  Dattel- 
und  Fächerpalmen  auf  derselben  sehr  gut,  sondern  sie  gestattet  auch 
stellenweise  eine  loiinciidc  Kultur  von  Nutzgewächsen,  wie  Yams, 
Kassada,  Baumwollenstaude  etc.,  während  das  Laguuenufer  mit  kräf- 
tigem Grase  oder  dichtem,  ü|)[iigeni  Gebüsch  bestunden  ist. 

Jenseits  der  Lagune  erhebt  sich  das  Land  zu  einem  welligen 
Plateau,  abwechselnd  in  einer  Höhe  bis  zu  300  m  über  dem 
Meeresspiegel,  bis  200  km  in  das  Linere  hinein.  Der  ganze  nörd- 
liche Theü  des  Gebiets  ist  Gebirgsland. 

Die  Oberfläche  des  Bodens  besteht  namentlich  hinter  der  Lagune 
aus  tief  roth  gefärbtem  Lehm,  während  weiter  im  Innern  auf  grauem 
Thon  oder  gelbem  Lehm  anfgeschichtete  Hamns,  in  Verbindung  mit 
dem  leachtwarmen  Klima  eine  fippige  Vegetation  hervormft 

Der  \  erfaaäcr  dieses  Artikels  befindet  sieb  aag<nblicklicli  auf  der  Tabak- 
plantage Bibondi  im  nSrdlicfaen  KamenmgeUet.  D.  B. 


Üiyitizcü  by  GoOglc 


Die  AobaaTerb&itnisse  der  NuUpflaDzen  im  Togogebiet. 


91 


Der  bei  weitem  grössere  Theü  der  Bodenflftdie  ist  mit  Gra»- 
nnd  BaunaaTaime  bestanden,  welebe  jedoch  &st  immer  nur  in 
sebmalen  Streifini  von  Urwald  dnrehsfthmtten  wird.  Zur  BeortbeUnng 
der  BodenqoalitSt  bedarf  es  erst  nicht  einer  eingehenden  Bonitirang, 
^elmehr  bietet  der  Banmbestand  nach  dem  Grade  seiner  Dichtigkeit 
und  Ueppigkeit  den  besten  nnd  sichersten  Maassstab  für  die  Fmdit- 
barkeit  des  Bodens.  Fflr  den  Beweis,  dass  der  dicht  mit  Urwald 
bestandene  Boden  an  Fmchtbarkeit  den  der  Savanne  fibertiifit^ 
spricht  schon  der  Umstand,  dasa  die  Bingeborenen  für  den  Anban 
ihrer  .  Nntzgewftchse  diesen  mit  Vorliebe  wählen,  obgleich  das  Urbar- 
machen desselben  bei  weitem  grössere  Schwierigkeiten  bietet,  als 
der  nnr  schwach  mit  Bftnmen  bestandene  Savannenboden. 

Bei  dem  von  der  spArlichen  Bevölkemng  nnr  wenig  nmfangreidi 
betriebenen  Ackerbau,  befinden  sich  nnr  Flftdien  von.  geriogem  Um* 
fange  in  Enltnr,  wShrend  der  bei  wdtem  grössere  Theil  der  Lftnde- 
reien  sich  im  Urzustände  befindet  nnd,  wie  gesagt,  ans  Savannen 
nnd  Urwald  besteht  Indessen  glebt  es  herrenloses  Laad  ün 
wahren  Sinne  doch  nicht,  viehnehr  machen  die  Häuptlinge  dw 
einzelnen  kleinen  Lfindchen  auf  allen  unbebanten  und  nicht  in  ander- 
weitigem Besitz  befindUcfaen  Gmnd  und  Boden  Anspruch,  sobald 
von  irgend  einer  Seite  auf  denselben  reflektirt  wird. 

Ißt  dem  geringem  UmiSuige,  in  welchem  der  Ackerimu  von  den 
Eingeborenen  —  den  Bwenegem  —  getrieben  wird,  steht  die  primi- 
•tive  und  urwüchsige  Art  und  Weise  der  Bodenbearbeitung  im 
Binklang. 

Ausser  dem  zwei  Fuss  langen  Bnschmesser  und  einer  an  einem 
10  bis  13  Zoll  langen  SÜA  befestigten  Hacke  kennen  die  Leute 
kein  Aidcer-  oder  Handgeräth.  Die  auf  der  zur  Kultur  in  Aussicht 
genommenen  FlSehe  befindliohen  Biomo  werden  in  der  Welse  be- 
seitigt, dass  um  ihren  Stamm  solange  ein  Feuer  unterhalten  wird, 
bis  sie  absterben,  und,  nachdem  der  Stamm  ganz  durchgebrannt  ist, 
umfallen,  um  dann  vollständig  verbrannt  zu  werden.  Besteht  der 
Boden  aas  Savanne,  so  wird  das  Gras  abgehackt,  und  nachdem  es 
genügend  trocken,  gleidiÜBlls  verbrannt,  womit  dann  die  eigeat]i<äie 
Bearbeitung  des  Bodens  beendet  und  zur  Anfiaahme  des  Saatguts 
vorbereitet  ist 

Wenn  trotz  dieser  mangelhaften  Bodenbearbeitung  sich  die  auf- 
gekommene Saat  dennoch  in  fiberraschender  Ueppigk^t  entwickdi 
und  die  Ernten  uberreichlich  ausfallen,  so  bietet  dies  einen  Beweis 
für  die  Fruchtbarkeit  des  Bodens,  sowie  f&r  die  sonstigen  günstigen 


92 


Die  AnbauTerbältnisse  der  NutzpflanMn  im  Togogebiet. 


WachsthnmabedingiiiigeiL  Das  Dfingen  des  Ackers  kennen  die 
Lente  ebenÜtillB  nicht;  ist  eine  Flielie  Us  zar  Bnnüdnng  abge- 
wirthschaftet,  so  wird  sie  einfach  der  Yerwildernng  überlassen  and 
neuer  Boden  in  Bearbeitung  genommen. 

Unter  dem  Anbau  Ton  Nutzgewächsen  nimmt  der  Mais  die 
erste  Stelle  ein.  ludess  geht  die  Produktion  desselben  nicht  über 
den  Eigenbedarf  hinaus.  Es  sind  zwar  in  letzter  Zeit  von  einigen 
Faktorei  Verwaltungen  Versuche  für  den  Export  von  Mais  nach 
Europa  gemacht,  indess  ist  kaum  Hoffnung  vorhanden,  davSs  der- 
selbe vorderhand  einen  h)hnenden  Umfang  annehmen  wird,  da  die 
theuren  Frachtspesen  und  Zölle  es  nicht  gestatten ,  für  dieses  Pro- 
dukt einen  Preis  an  Ort  und  Stelle  anzulegen,  welcher  dazu  au- 
gethan  wäre,  die  Eiogeboreoeu  zam  umfangreicberen  Maisbau  zu 
ermuntern. 

Vertreten  ist  im  ganzen  Gebiet  nur  eine  Specics,  welche,  ob- 
gleich die  Kömer  kleiner  und  weniger  platt  gedrückt  sind,  als  beim 
amerikanischen,  sog.  „Pferdezahn'',  mit  diesem  jedenfalls  dennoch 
identisch  ist,  wovon  sich  der  Verfasser  durch  Aubauversuche  mit 
.  verschiedenen  Sorten  überzeugte,  indem  gleich  die  erste  Nachzucht 
amerikanischer  Originalansaat  vollständig  degenerirte  und  die  Gestalt 
und  Farbe  der  im  Lande  vertretenen  Sorte  annahm,  während  die 
Anbanyersnche  mit  badischen,  nngarischen  etc.  Sorten  fast  voll- 
ständig resnltatlos  blieben  und  bei  kruppelhafter  Kömerentwickelnng 
keine  nennenswerthen  Erträge  lieferten. 

Der  Mais  findet  bei  den  Eingeborenen  als  Nahrungsmittel  in 
verschiedener  Form  Verwendung.  In  der  Nähe  der  Rüste  wird  aus 
dem  zwischen  zwei  Steinen  zerriebenen  EOmem  ein  brodähnlicbes 
Gebftck  —  ^^Einke**  —  hergestellt,  indem  das  Schrot  mit  Falmwein 
vermischt  und  za  faastgrossen  ElOssen  geformt  wird,  welche  man 
in  Bananenblätter  wickelt  nnd  auf  Eohlenfener  rAstet  Ziemlich 
beliebt  ist  anch  ein  ans  Haisscbrot  nnd  Wasser  heigestelltee  Brot 
Aach  wird  das  Eom,  bevor  es  vollständig  reif  nnd  hart  geworden, 
direkt  vom  Eolben  gegessen  oder  nachdem  letztere  mit  dem  daran 
haftenden  Eom  im  Feuer  gerOstet  sind. 

Die  zweite  Stelle  in  der  Ernährung  der  Eweneger  nimmt  der 
Tams  ein.  Der  Anbau  desselben  geschieht,  indem  mit  der  Hacke 
in  Abständen  von  1  bis  1^9  ni  kleine  Hflgel  aufgezogen  und  in 
diese  etwa  faustgrosse  Auswüchse  der  zur  Nahrung  dienenden 
grosseren  EnoUen  eingelegt  werden.  Von  der  Ansaat  bis  zur  Ernte 
gebraucht  der  Yams  8  Monate.    Er  gedeiht  hier  so  gut,  dass 


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Die  AnbauTerbältaiue  der  Natzpflauzeu  im  Togogebiet  93 

Knollen  von  der  GrOflse  eineB  Wamereimen  nusbt  m  den  Selten- 
heiten gehören. 

Die  chemischen  Bestandtheile  des  Yams  sind  dieselben,  wie  die 
der  Kartoffel,  nur  ist  der  Stärkegehalt  bei  iiim  grösser  als  bei  jener. 
Die  Eingeborenen,  bei  welchen  dieses  Gewächs  dieselbe  Bedeutung 
hat,  wie  die  Kartoffel  für  den  Nordenropäer,  essen  denselbea  im 
gekochten  oder  direkt  im  Feuer  gerösteten  Zustande. 

Wenn  die  Farbe  des  Yams  hier  auch  zwischen  weiss,  röthlich 
nnd  wachsgelb  variirt,  so  ist  dies  jedenfalls  nur  auf  verschiedene 
äussere  Einflösse,  als  Boden qualität,  Witterung,  Koltnnnethode  etc. 
und  nicht  auf  besondere  Spielarten  znrfickzufahren. 

Die  gfinetigste  Zeit  znr  Anpflanzung  des  Yan»  ist  der  Anfang 
der  grossen  Begenzeit,  also  Ende  Febnuur  oder  Anfangs  Hftrz. 

Ein  anderes  sehr  gnt  geddhendee  EnollengewSehs  ist  der 
Kassada  (Manihot),  indess  weniger  beliebt  als  Yams,  welehem  er 
auch  wohl  an  Nfthrwerth  nicht  nnbedentend  naehsteht 

Süsskartoffeln  (Bataten)  gedeihen  zwar  gleichfalls  gut,  jedoch 
werden  sie  nur  in  geringem  Umfange  angebaut  und  konsumirt. 
Eriieblich  umfangreicher  als  der  Anbau  der  Süsskartoffel  und  der 
Tomaten  wird  der  der  Erdnuss  betrieben,  wenn  auch  die  Produktion 
derselben  den  Eigenbedarf  nur  wenig  übersteigt  und  in  letzter  Zeit 
kaum  nennenswerthe  Quantitäten  ausgeluhrt  sind. 

Die  Hülsenfr&chte  sind  vornehmlich  in  einer  kleinen,  braunen, 
kriechenden  Bohne  vertreten,  welche  die  Eingeborenen  gleichfialls  wie 
den  Mais  zwischen  Steinen  zerreiben  und  aus  deren  Mehl,  genan 
nach  Art  des  Pfannkuchens,  ein  wohlschmeckendes  Gebäck  bereiten. 

Der  Reis  gedeiht  im  Togogebiet  sehr  gnt,  indess  wird  der  An- 
bau desselben  nur  am  Gebirge  nnd  auch  dort  nur  in  kaum  nennens- 
werthem  Umfange  betrieben.  Die  Knltnr  des  Snmpfreis  ist  ganz 
nnbekannt,  wenngleich  sieh  die  unteren  Thäler  des  Haho-  nnd  Zio- 
flnsses  vorzüglich  dazn  eignen  mfissten. 

In  verschiedenen  Spielarten  wird  die  Banane  bei  vorzfiglichem 
Gedeihen  ziemlich  umfangreich  knltivirt  Sie  liebt  einen  etwas 
bindigen  nnd  feuchten  Boden.  Ihre  Anzucht  ist  sehr  einfach  xmd 
leicht,  indem  die  WnrzdschOsslinge  filterer  Pflanzen  abgestochen  nnd 
verpflanzt  werden,  welche  schon  im  Lanfe  eines  Jahres  eine  BShe 
von  10  Fnss  nnd  darflber  erreichen,  tragfthig  werden  und  bis  zu 
60  Stack,  je  nach  der  Spielart  4—10  Zoll  lange  Früchte  erzeugen, 
welche  ihres  grossen  Zucker-  und  Stfirkegehalts  wegen  sehr  nahr- 


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94  Die  AnbmiTtrlilltiiisM  d«r  Notspflansta  ia  Togofebtot 

haft  uud  wohlschmeckend  sind.  Die  Neger  geniessen  sie  theils  roh 
ond  theils  in  Feuer  geröstet  oder  gekocht  und  zu  Brei  zerstampft. 

Eine  sich  ebenfalls  hier  sehr  schnell  entwickelnde  Pflanze  ist 
der  Meloneubaum  (Bapaya  carica).  Derselbe,  aus  dem  Kern  der 
Frucht  gezogen,  wird  schon  im  vierten  Monat  nach  seiner  An- 
pflanzung tragbar  und  erzeugt  ununterbrochen  4  Jahre  hindurch 
melonenartige  Früchte  in  Grösse  eines  Kindskopfes,  welche  stark 
zuckerhaltig  und  äusserst  wohlschmeckend  sind. 

An  einem  und  demselbeu  Baum  befinden  sich  niemals  Blüthen 
beiderlei  Geschlechts,  weshalb  also  die  Tragfähigkeit  isolirt  stehender 
Bäume  ausgeschlossen  ist  Falls  in  einer  Anpflanzung  Bäume 
männlichen  Geschlechts  im  Ueberfluss  vorhanden  sind,  so  können 
dieselben  zur  Erzeugung  weiblicher,  also  Fruchte  producirender 
Blüthen  veranlasst  werden,  indem  man  die  Krone  vollständig  fort- 
schneidet und  eine  neue  treiben  lässt.  Indess  ist  hierbei  auch  nicht 
aosgeschlossen,  dass  die  neue  Krone  wieder  männliche  Blüthen 
hervorbringt,  wodurch  diese  Operation  wenig  empfehlenswerth  wird. 
Man  kommt  bei  der  schnellen  Entwickelung  der  Pflanzen  eher  nnd 
leichter  zum  Ziele,  wenn  man  die  überschüssigen  männlichen  Bäume 
entfernt  und  an  ihrer  Stelle  von  Neuem  Samen  in  die  Erde  legt. 

Die  Neger  pflanzen  meistens  Melonenbäuine,  l^anaaen  und  Mais 
im  Gemenge,  —  ein  Verfahren,  welches  entschieden  maa»  praktische 
Bedeutung  hat,  insofern  als  die  einzelnen  Pflanzengattungen  hierbei 
bei  weitem  besser  gedeihen,  als  weim  sie  getrennt,  jede  Sorte  für 
sich  auf  einer  besonderen  Fläche  augebaut  würden,  da  bei  ersterer 
Knlturmethode,  jeder  einzelnen  Gattung  relativ  eine  grössere  Menge 
an  Nährstoflfen  im  Boden  zur  Verfügung  steht,  als  bei  letzterer. 

Wie  in  fast  allen  Tropenländem  gedeiht  die  Ananas  anch  hier 
ganz  vorzüglich.  Vertreten  ist  indess  nur  eine  Speeles  —  die 
orangefarbene.  Sie  wächst  vollständig  wild  und  mit  Vorliebe  im 
fruchtbaren,  dichten,  schattigen  Urwalde.  Die  Früchte,  welche  un- 
gemein saftreich  und  leidlich  aromatisch  sind,  erreichen  ein  Gewicht 
Ton  8  bis  4  Pfund  und  darüber.  In  der  £mfthrung  der  Ein- 
geborenen spielt  die  Ananas  indess  nur  eine  unteigeordnete  Holle. 
Ebenso  ist  sie,  trotz  voigedacbter  Eigenschaften,  welche  doch 
wesentlich  für  ihre  Empfehlung  sprechen,  als  Genussmitt^l  bei  den 
an  der  Efiste  nnp:*'s<  ssenen  Enropfiem  nicht  sehr  beliebt,  weil  ihr 
Geuuss  eine  krankheits-  und  namentlich  fiebererzengende  Wirkung 
haben  soll,  —  eine  Annahme,  deren  Berechtigung  wohl  nicht  zweifel- 
los ist 


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Die  'AnbrawUHnlfM  der  Nntqifliiiieii  im  Tefocebiet.  95 

AjkfslBlneiibftiime  sind  nur  in  geringer  Menge  ▼oriumden.  Auch 
sind  die  Fifielite  dendben  diekeehalig,  im  Innern  fiwerig  und  nicht 
«ehr  aromatisch.  Ehnge  Bftume  bringen  FriUshte  hervor,  welche 
▼oDstftndig  nngeDieeebar  ^d,  nnd  deren  Saft  sidi  sehr  gut  als 
Essig  verwenden  Iftsst  Die  Apfeleine  ist  hier  dnich  Enropfter  ein- 
geführt worden,  wie  anch  schon  ihr  Name  »Frodit  des  weissen 
Mannes*  andentet 

In  ungleich  grösserem  Maassstabe,  als  die  Apfelsine,  ist  die 
Citrone  (Limone)  vertreten.  Die  Früchte  sind  indess  bei  weitem 
kleiner,  als  die  Produkte  in  den  halbtropischen  Zonen,  wogep:en  sie 
diesen  in  Bezug  auf  Saftreichthum  und  Aroma  nicht  naclistebou. 

An  sonstigen  Kern-  uiul  Steinfrüchten  sind  noch  zu  verzeichnen: 
Die  Alligatorbirne,  eine  kleine,  gelbe  Pflaume,  jedenfalls  eine  Abart 
der  Mangopflaume  (Mangifera  gabonmsis),  und  eine  Apfel-  und  in- 
sofern eigenartige  Frucht,  als  der  Same  sich  nicht  innerhalb,  sondern 
in  Form  eines  wallnussgrossen,  homartigen  Auswuchses  dem  Stengel 
der  Frucht  gegenüber  befindet.  Die  beiden  zuletzt  genannten 
Früchte  sind  sehr  saftreich  und  haben  einen  eigenthümlicb  süsa- 
sauren  Geschmack. 

Wfthrend  der  Anban  vorgedachter  Bodenerzengnisse  im  All- 
gemeinen nnr  ffir  den  Hans-  nnd  Eigenbedarf  gesdiieht,  wird  die 
Oelpalme  (Elaeis  gmneenaia)  zur  Liefenmg  der  Handelsartikel  — 
Palmöl  nnd  Pahnkeme  ziemlich  umfangreich  knltirirt.  Die  nach 
Art  der  WaDnnss  ans  drei  Theilen  bestehenden  Frfiehte  finden  in 
der  Weise  Verwendung,  dass  ans  der  fleischigen  Umhfillnng  das 
Oel  dnreh  Anskochen  ao  Ort  nnd  Stelle  gewonnen  wird,  wfihrend 
der  innere,  haselnnssgrosse  Kern  dnrch  Zerschlagen  der  ihn  um- 
gebenden harten  Schale  zur  marktfähigen  Waaie  bearbeitet  wird, 
nnd  als  solches  den  Hanptansfohrartikel  nach  Enropa  bildet 
Eine  ziemlich  umfangreiche  Verwendnng  findet  die  Odpahne  indess 
auch  zur  Bereitung  des  „Palmweins*,  eines  Getrftnkes,  welches, 
IHsdi  genossen,  ftusserst  angenehm  und  erfrischend  schmeckt,  aber 
schon  5  bis  6  Stunden  alt,  stark  zu  gfihren  anOngt  und  bei 
widrigem  Geschmack  stark  berauschend  wirkt.  Zur  Gewinnung  des- 
selben werden  die  dazu  in  Aussicht  genommenen  Bäume  umgerodet 
und  ihrer  Zweige  entledigt,  wonach  unten  an  den  Wurzeln  ein 
Feuer  unterhalten  und  aller  in  dem  Stamm  befindliche  Saft  nach 
der  Spitze  desselben  getrieben  wird,  wo  sich  derselbe  in  einem 
handgrossen,  einige  ZoU  tief  eingehauenen  Loche  ansammelt  und  von 


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96 


Di«  AnbmttriiiltiüiM  te  Kwtqtowm  im  TofOKvblit 


hier  uns  daroh  ein  klein««  AbfloBsrohr  in  einen  nntergesteUtdn 
Topf  läuft. 

Unter  den  sonst  vertretenen  Palmenarten  kommt  in  be- 
schränktem Maa8se  die  Fächerpalme  als  Nats-  und  Bauholz  liefernde 
Pflanze  nnd  die  KokoepaLme  ikrer  Frnelitoneiigaiig  wegen  als  Nutai- 
gewiehs  in  Bekacht 

Wenn  auch  die  Akten  Uber  die  MeinnngsTenehiedenheit  in  Be- 
zog auf  die  Frag!e,  ob  die  Kokoepalme  tu  ihrem  Gedeihen  un- 
bedingt der  Kfihe  der  See  bedarf,  noch  nieht  gesohloeeen  sind,  so 
dfirfte  die  Behanptong,  daaa  sie  nur  in  den  Klleten-  gegenden  ge- 
deiht, jedenMe  berechtigt  sein,  ▼oransgesetit,  daes  es  eich  nicht 
nnr  nm  ihr  Fortkommen,  sondein  nm  ilur  anbanlohnendes  Gedeihen 
handelt;  denn  während  die  Kokospalmen,  welche  die  Negerdöifer 
an  der  Togoküste  in  ToUstfindigen  Hainen  umgeben,  sich  durch  ein 
flberaas  flppiges  Wachsthnm  nnd  eine  tadellose  Fmchtentwickdong 
anszeichnen,  macht  sich  sdion  unmittelbar  hinter  der  Lagone  em 
bei  weitem  weniger  üppiges  Gedeihen  bemerkbar,  wfihrend  die  Palme 
weiter  im  Innern  des  Landes,  wo  ue  vereinzelt  in  den  DOrfem  an- 
zutreffen ist,  ein  &8t  krfippelhaftes  Aussehen  hat  und  wenige  kleine 
FMehte  erzeugt 

Wenn  auch  die  Kultur  der  Kokospalme  an  der  Togoküste 
ziemlich  aasgedehnt  ist,  so  ist  der  Werth  derselben  bis  dahin 
doch  ein  untergeordneter  geblieben,  indem  der  Pflanze  ein 
solcher  meistens  nur  als  Schattenspender  beigelegt  wird,  während 
ihre  Frucht  in  der  Erafthrang  der  Eingeborenen  nur  eine  unter- 
geordnete Bolle  spielt  Jndeas  daifbe  gerade  dieses  Gewächs  ge- 
eignet sein,  die  ganze  Togonehmng  durch  die  Anpflanzung  derselben 
mit  Kokospalmen  und  der  Produktion  von  Reis  und  Kopra  nutz- 
bringend auszubeuten. 

Der  Aiibuu  der  BaninwoUcusitaiule  ist  allgeniuiu  verbreitet,  in- 
dess  nur  in  einer  Ausdehnung,  da^s  bei  weitem  niciit  der  Bedarf 
von  Kollmaterial  zur  Aiilerliguiig  der  (Gewebe  für  deu  Eigenbedarf 
gederkt,  sondern  noch  eine  bedeuLeude  Menge  an  Baumwolleii^arn  . 
von  Europa  aus  eingeführt  wird.  Verarbeitet  wird  die  Baumwolle, 
indem  sie  mittelst  Sj)iiid«dn  gesponnen  und  aus  dem  Garn  auf 
kleinen,  primitiven  Webestüiden  handbreite  Streifen  gewoben  und 
diese  je  nach  Bedarf  zu  grösseren  Stücken  zusammen  genäht 
werden. 

Sehr  h&ufig  findet  man  Gelegenheit,  die  Behauptung  ausgeprochea 


Die  AnbawerfallUkine  d«r  Notipflaiiitii  im  Togogebi«t. 


97 


zn  hören,  dass  die  fiaamwoUenstaude  hier  wild  wachse,  eine  Ansieht, 
welche  indess  nieht  zutreffend,  znm  mindesten  nieht  ganz  zutreffend 
ansgedrfickt  sein  dflrfte;  denn  bei  einiger  eingehenden  Beobachtnng 
wird  man  stets  die  Wahrnehmung  machen,  dass,  wo  dieselbe  im 
nnlcnltivirton  Znstande  vorkommt,  dies  immer  auf  GeUnden  der 
Fall  sein  wird,  welche  noch  Spuren  früherer  Enltor  aufweisen, 
während  man  das  Gewftchs  in  der  unberührten  Savanne,  sowie  im 
Urwalde,  vergebens  suchen  würde.  Es  berechtigt  also  dieser  Um- 
stand wohl  zu  der  Annahme,  dass  es  sich  hier  um  die  Reste 
früheren  Anbaues  handelt  und  man  füglich  nicht  von  einem  Wild- 
wachsen,  sondern  von  einem  Verwildem  sprechen  kann.  Wenn 
auch  an  und  für  sich  die  Sache  ziemlich  dieselbe  ist,  so  dürfte  der 
ivleine  Unterschied,  welcher  in  derselben  obwaltet,  doch  den  Beweis 
liefeni,  dass  die  Baumwollenstaude  hier  ihre  Heimatli  nicht  hat, 
sondern  als  Nutzptiauze  eingeführt  ist.  Nach  ihren  botanischen 
Eigenschaften  zu  schliessen,  ist  dieselbe  mit  der  amerikanischen, 
und  speciell  der  sea  islund-Staude  identisch,  welclier  Umstand  also 
einen  Zweifel  über  ihre  Herkunft  nicht  bestehen  liisst. 

Die  Baumwollstaude  gedeiht  hier  nicht  nur  äusserlich  gut, 
sondern  sie  liefert  auch  ein  Fr«)dukt,  welchem  von  Sachkennern  das 
Prädikat  „vorzüglich"  beigelegt  wird. 

Der  Gummibaum  sowohl  wie  die  Kautsrhukliane  sind  im  ganzen 
Laude  vertreten,  indess  wird  die  Gnmmiproduktion  nur  in  geringem 
Umfange  betrieben,  und  zwar  ausschliesslich  nur  in  den  nördlichen 
Landschaften  Agotime,  Agome  und  Adeli,  während  dieselbe  im  süd- 
lichen, der  Küste  näher  gelegenen  Theil  des  Landes  der  früher  von 
den  Eingeborenen  betriebenen  Raubwirthschaft  wegen  überiianpt 
nicht  mehr  lohnt. 

Ricinus  wächst  im  ganzen  Laude  wiM.  Die  Sträucher  erreichen 
bei  reichlicher  Fruchterzengung  eine  Höhe  von  20  Fuss  und 
darüber.    Vertreten  ist  nnr  eine  Spielart:  JUdnus  communis. 

Der  Indigo  (indigofera)  wächst  gleichfalls  im  ganzen  Lande 
wild,  und  zwar  in  Strauch-,  Ualbstranch-  und  Krautform.  Bei  den 
Eingeborenen  findet  die  Pflanze  zur  UersteUung  des  Farbstoffes,  des 
Indigoblau,  und  dieses  zum  Fftrbeo  von  baumwollenen  Geweben 
ziemlich  um&ngreiche  Verwendung,  während  seine  Produktion  bis 
jetzt  gleichfalls  nicht  über  die  für  den  Eigenbedarf  nothwendigen 
Mengen  hinausgegangen  ist 

Von  gewflrzeliefemden  Pflanzen  ist  vorwiegend  der  rothe,  sog. 
spanische  Pfefferstrauch  vertreten,  während  auch  der  schwarze 

Kolonltlw  JabriNicli  1881.  7 


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98  ^  Anbcnverhlltniaie  der  NitlipfltiiiMi  im  Togogebi«t 

Pfeffer  fi^per  nignm%  indeas  nur  eebr  vereinzelt,  Torkemmt  Ton 
den  Negern,  welche  ihre  Speisen  in  einer  für  den  Enropfter  nn- 
gemessbaren  Weise  pfeffern,  findet  auch  nnr  der  erstgenannte,  rotte 
Pfeffer,  Verwendong. 

Die  Weinrebe  ist  im  ganzen  Gebiet  in  vielen  Variationen  im 
wilden  Znstande  anzotreffan,  indess  ist  an  einen  Gennas  ihrer  sanreo 
nnd  dicksobaligen  Frfichte  nicht  zn  denken.  Es  käme  also  aaf 
einen  Yersnch  an,  ob  sich  dnrch  Eüiftthmng  von  Reben  aas  ge- 


Cl9$$gpium  arboreum,  L.  Zweig  mit  Bi.  uud  Fr.  Kommt  uacb  Euglor  ud  Prantl  UDie  uk- 
UkrUdiaB  PSunaCuBlUeii'*)  feganvlrtif  noch  Im  T«coc*blet  wmI  «neli  aoast  ia  AMk»  irlld  lot. 

mässigteren  Zonen,  vielleicht  von  den  Kanarischen  Inseln  oder  dem 
£[ap  nicht  ein  brauchbare!*  Produkt  erzielen  liesse. 

Wie  einzelne  durch  £nropfier  angestellte  Versuche  ergeben 
haben,  gedeihen  neben  den  vorgenannten,  meist  einheimischen  nnd 
tropischen  GewftcliseD,  europäische  Nutzpflanzen  gleichfells  sehr  gut 
Namentlicli  zeichnen  sich  alle  Kohl-  und  Gemüse-Arten,  wie  Weiss* 
nnd  Rothkohl,  Kohlrabi,  Kohkaben,  Mohrr&beo,  Radi  etc.  bei  voi^ 
ziiglichem  Gedeihen  dnreh  Zartheit  nnd  Wohlgescfamaek  ganz  be- 
sonders ans. 


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Die  AnbauverbUtnisse  der  ^utzpUauzeu  im  Togogebiet* 


99 


Ebenso  haben  die  allerdings  bis  dahin  wenig  nmfongreichen  An* 
banversnche  mit  sonstigen  tropischen  NntzgewSchaen,  als  Tabak,  Kaffee, 
Kakao  etc.  das  anbanlohnende  Gedeihen  derselben  yollanf  bewiesen. 

Wenn,  wie  ans  dem  AugefOhrten  hervorgeht,  sidi  der  Grand 
nnd  Boden  seiner  Frnchtbarkeit,  sowie  der  sonst  günstigen  Wachs- 
thnms-Bedingungen  halber  für  den  Acker-  resp.  Plantagenbaa  ganz 
vorzüglich  eignet,  weon  femer  auch  das  Klima  dem  Europäer  bei 
verständiger  Lebensweise  den  Aufentlialt  in  diesem  Laude  gestattet, 
so  ist  (loch  vor  der  Hand  an  eine  Kolonisinniir  desselben  durch 
europäische  Einwanderer  nicht  zu  denken,  indem  dieselben  nicht 
nur  eine  ganz  veränderte  Lebensweise  annehmen  müssten,  sondern 
ihnen  auch  das  Klima  eine  angestrengte  Thätigkeit  —  die  erste  Bedin- 
gung beim  Kleinbetriebe  der  Landwirthschaft  —  nicht  gestatten  würde. 

Dagegen  ist  es  wohl  zweifellos,  dass  sich  die  werthvollen,  jetzt 
nutzlos  brachliegendeu  Gelände  durch  das  Groaskapital  sehr  wohl 
nutzbar  machen  Hessen. 

Leider  ist  das  Fiasco,  welches  die  „Deutsche  Togogesellschaft", 
bezw.  der  an  der  Spitze  derselben  stehende  Philologe  Dr.  Henrici, 
mit  ihren  Versuchen  nach  dieser  Kichtung  hin  gemacht  haben,  zur 
Ermunterung  für  weitere  Unternehmungen  wenig  angethan. 

Was  die  Ursache  dieses  Misserfolges  betrifft,  so  bestand  die- 
selbe neben  dem  Mangel  verschiedener  sonstiger  Vorbedingungen  auf 
die  von  Hause  aus  jeden  Erfolg  ansscbliesseiule  falsche  Wahl  der 
Gegend,  in  welcher  die  Niederlassung  angelegt  wurde;  denn  ab- 
gesehen davon,  dass  bei  Gründung  derselben  das  Fehlen  jeglicher 
Verkehrswege  zwischen  der  Niederlassnngsstelle  und  der  Küste  und 
die  dadurch  bedingte  Schwierigkeit,  nnter  welchen  der  Transport 
von  Bedarfsgegenständen  nnd  Plantagenerzengnissen  von  bezw.  zn  den- 
selben nnr  stattfinden  kann,  vollständig  ausser  Acht  gelassen  war,  so 
schloss  der  absolute  Wassermangel  dieser  oa.  2  deutsche  Meilen  vom 
nächsten  Flnss  entfsniten  Gegend  jedes  Prosperiren  von  vorneweg  ans. 

£s  liefert  dieser  Fall  wiedemm  einen  Beitrag  zur  Bestätigung 
der  alten  Erfishrnng,  dass  die  Besiedelnngen  nnknltivirter  Länder 
unter  allen  Umständen  etappenweise  vor  sich  gehen  nnd  dass  bei 
Auswahl  der  Ländereien  ftar  die  Anlage  von  Plantagen  die  Be- 
dingung eines  mit  mOgliehst  wenigen  Transportkosten  zu  erreichen- 
den Absatzplatzes  an  der  Spitze  stehen  muss. 

Diesem  Grundsätze  nach  wfirden  also  die  Ländereien  an  den 
unteren  Finssläufen  für  die  Besiedelnng  zunächst  in  Frage  kommen. 


r 


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Die  wichtigsten  Kultur-  und  Nutzpflanzen 
Deutsch  -  Ostafrikas. 

Von 

Oarl  BöoknerJ) 
FMerttoffe. 

Ost-Atrika  ist  j^ehr  reich  an  Gespiunst-  und  Faserpflanzeu. 
unter  welchen  die  lia uiiiwo lle  am  iiuMsttMi  Berficksichtij^uug  liudeii 
dürfte.  Ge\v()Uii»'ii  aus  den  Sanienkajisehi  der  im  tropischen  Afrika 
auch  wild  und  vcrwildeit  vorkoniniendun  Gustyijptuta  l/arbadeim',  hir- 
sutuiii,  hcihivcam,  koiunicii  tür  uns  die  Sea-bland-  und  Uphmdstaude, 
Spielarten  der  beiden  erslgeuauuten  Formen,  besonders  in  Betracht. 
Die  Baumwolle  ist  bisher  in  i?rossen  und  kleineren  Versuchsplautauen 
aiiirepflan/t,  in  denen  fast  ohue  Ausnahiu-'  i^ute  Rohprodukte  erzielt 
wurden,  die  bei  richtiger  Ernte  und  Bearbeitung  der  guten  amerika- 
uisriit-n  Baumwolle  glfichkominen ;  auch  sind  die  Erntemengen  liü.'hst 
befriedi<:  'iid  ausg. 'fallen.  Zwar  hiess  es  vor  einiger  Zeit,  dass  unsere 
Baumwolle  auf  dem  Bremer  Markt  sehr  schwer  Abnehmer  gefunden 
hätte,  da  sie  zur  Verarbeitung  fast  untauglich,  infolgedessen  auch 
schlecht  bezahlt  sei,  doch  ist  dies  nur  auf  die  mangelhafte  Ernte- 
bereitung 2iirfi«'k/ufuhrau.  Die  Baumwolle  ist  für  den  Kleinbetrieb 
nicht  geeignet,  denn  sie  mnss,  um  ein  wirklich  marktfahiiies  Produkt 
herzustellen,  mit  meistens  kostspieligen  Maschinen  bearbeitet  werden. 
Xnr  wenn  sie  in  grösseren  Pflanzungen  angeban»  uird,  kann  sich  die 
Kultnr  rentiren.  Die  gute  Waare  ist  auch  bei  hohen  Preisen  immer 

'i  Vcrfajiser  bereiste  in  deu  Jahren  1886 — IS'.IO  West-,  Sü«iwest-  uu^l  Osl- 
Afrika,  legte  im  Sommer  1891  die  Köluuial-Abtheilung  im  Küuiglicb  BoLauiscbeo 
Gtrten  xa  Btrlin  an  und  befindet  sich  gegenwärtig  mit  der  Expedition  dee  Dr.  Zint- 
graff  in  dem  Hinterlande  von  Kamemn. 


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Die  vicbtigsteu  Kultur-  und  Nutzpflanzen  Deut(>cb-Oätafrika9. 


101 


gesucht,  dagegen  hat  die  Ueberfüllung  der  Märkte  mit  geringen 
Qualitäten  die  Preise  fQr  letztere  herabgedrückt.  Der  Boden  und 
das  Elima  sind  für  die  Baumwollkultur  besonders  günstig,  auch  die 
Eingeborenen  sind  bei  richtiger  Behandlung  und  Leitung  der  Euro- 
päer brauchbare  Arbeiter.  Da- 
mit jedoch  die  Baumwolle  kon- 
kurrenzfähig wird,  muss  der 
Transport  durch  Anlage  von 
Wegen  und  Bahnen  erleichtert 
und  verbilligt  werden,  wie  dies 
überhaupt  für  die  Kolonisation 
des  Landes  unumgänglich  nöthig 
ist.  Die  Eingeborenen  verar- 
beiten die  Baumwolle  schon 
seit  langer  Zeit,  auf  selbstge- 
fertigten, höchst  primitiven 
Webstühlen,  zu  Stoffen,  die  sie 
auchzu  färben  verstehen.  Durch 
die  Einfuhr  europäischer  und 
indischer  Baumwollstoffe  wer- 
den sie  dieser  Beschäftigung 
immer  mehr  enthoben. 

Ein  ebenso  wichtiger  Han- 
delsartikel ist  die  Jutefaser, 
aus  den  Stengeln  der  Corchonis 
(apsulm  is  und  C.  dUorhis  (Fa- 
milie Tilimeae)^  auch  in  Afrika 
wild  vorkommend.  Weil  die 
Nachfrage  nach  diesem  Produkt 
von  Tag  zn  Tage  steigt,  auch 
die  Zubereitung  der  Faser  bil- 
liger und  weniger  schwierig  ist 
als  die  der  Baumwolle,  so  ist 
die  Kultur  derselben  nur  zu 
empfehlen.  Die  Güte  der  Fa^ier 
wird  durch  die  ja  bei  uns  ge- 
nügend vorhandene  Luftfeuch- 
tigkeit bedingt.  Auch  feuchter 
Boden  und  dichter  Stand  tragen  dazu  bei. 

Besondere  Beachtung  verdient  die  Ramie  (Chinesische  Nessel) 


San$erieria  cphndricn,  Bojer.  In  Sansibar  beimlscb. 


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102 


Di«  iHeMigitan  Kvttin^  md  Kvtapi^uauk  DQataeh-OstefrOuM. 


Bodumeiia  mvea  (Familie  ürticaceae).  Dieselbe,  in  China  hanpt- 
•Achlich,  jedoch  aach  in  Ostindien  und  Aegypten  knltivirt,  liefert 
eine  lange,  aoBseigewöhnlich  starke,  seidenartig  glfinzeade  Faser.  Sie 
ist)  trotsdem  der  erste  Rohstoff  schon  im  Jahre  1810  in  England  im- 
portirt  wurde,  weniger  bekannt  nnd  knltivirt,  was  darauf  znrfickzn- 
fthren  ist,  dass  es  bisher  an  einer  passenden  Enti^uerangsmasdune 
gefehlt  hat  Der  Ertrag  einer  Ramie-Pflaninng  ist  zum  Theil  grOeser 
als  von  der  BanmKoUe,  znmal  die  Pflanze  weniger  Arbeit  eifordeit 
Pie  Bamie  hat  eine  grosse  Zukunft,  denn  die  Nachfirage  nach  Roh- 
stoff wird  bisher  nur  zum  geringsten  Theile  gedeckt 

Bogens tranghanf,  ans  denBl&ttem  der  Sa/imviera  gvianensU 
(Familie  Alaineae)  gewonnen,  liefert  dne  sehr  starke  Faser,  die 
hanptsftchlich  zn  Seilerarbeiten  gebrancht  wird.  Die  Pflanze  ist  fiber 
das  ganze  tropische  Afrika  verbreitet,  nimmt  mit  jedem  Bodm  fflrlieb 
und  eignet  sich,  da  sie  reiche  Erträge  liefert,  auch  zom  Anbau  in 
Plantagen.  Die  Eingeborenen  verarbeiten  die  Faser  zu  Matten,  wasser- 
dichten Gefässen  und  Körben.  Dasselbe  g\\t  von  dem  Mauilla- 
hauf  aus  den  Blättern  der  Mum  textüis  (M.  jHiradmaca  und  M. 
saiiientHm  (Faniilio  Musareae).  Die  Früchte  der  beiden  letztge- 
nannten, die  BananeutVüchte,  sind  eines  der  wichtii^sten  Mahrungs- 
mittol  der  Bewohner  der  Tropen.  Eine  PHan/.e  bringt  jäbrlieh  oft 
mehr  als  einen  Zentner  Fnlehte,  ans  denen  man  uu<  h  ein  berau- 
schendes Getränk  bereitet.  Die  Eiufolir  gedörrter  Früchte  iu  Enropa 
ist  bislang  ni<  ht  geinngen. 

Ausserdem  liefern  die  Ananas  {Anana.^sa  mtiiui),  At/arr  amrri- 
cana  und  .-1.  sisalayia,  aueh  Ahrlmnsdnifi  asculentus,  gute  export- 
fähige Faser.  Eriodoidron  anfraituusiim  und  E.  stropJiantu^  dagegen 
die  Seidenbaumwolle,  Ka])ok,  welehc  sich  aber  nicht  zn  Gespionsteu 
verarbeiten  lässt,  weil  sie  zu  glatt  oud  kurzstapeüg  iit. 

Oelpflanzeu. 

In  demselben  Maasse,  wie  die  Faserpflanzen,  gedeihen  hier  eine 
Menge  Oel  liefernde  Pflanzen.  Di  den  Küstengebieten  ist  die  Kokos- 
palme (Cocos  nudfera,  Familie  JPalmae)  die  wichtigste.  Sie  ent- 
wickelt die  Frfichte,  die  bei  uns  allgemein  bekannten  Kokosnüsse, 
zn  jeder  Jahreszeit,  ca.  20 — 30  Stück  an  jedem  Kolben,  und  bringt 
nnter  günstigen  Bedingongen  jährlieh  ca.  150  Nüsse.  Die  in  den 
unreift^n  Xusson  enthaltene  Alilch  giebt  ein  kühlendes  Getränk  and 
das  Fruchttieisch  eine  angenehme  Speise.  Die  reifen  Früchte  werden 
zerschnitten,  getrocknet  und  kommen  so  als  Kopra  in  den  HaodeL 


nyr      i  by  GoOgl 


Dm  wkbtigsten  Kvltar-  «nd  NQUplUai«n  D«otMli-0«tafnkfti. 


103 


Kopra  verarbeitet  man  in  letzter  Zeit  viel&ch  za  der  billigen  und 
wotfalsGhmeckeuden  Kokosnnssbatter;  man  gewinnt  ferner  Min  Kopia 
ein  zur  Seifen-  und  Schmierfabriivation  verwendbares  Oel.  Die 
Schalen  wandern  in  die  Knopffabriken.  Der  ans  den  Blftihenkolben 
gewonnene  Palm  wein  wird  zu  Arak,  Essig  und  Zucker  verarbeitet, 
die  um  die  Früchte  befindliche  Faser  kommt  als  filoir  in  den  Handel 
und  dient  /nr  Fabrikatton  von  Stricken,  Bürsten,  Läufern  nnd  vielen 
anderen  bekannten  Sachen.  Die  Eingeborenen  fertigen  ausserdem 
ans  den  Schalen  Trinkgefässe;  das  Oel  benutzen  sie  als  Speiseöl 
und  schmieren  sich  auch  den  Leib  damit,  oder  verwenden  es  als 
BrennOl,  und  aus  den  jungen  Blättern  bereiten  sie  Falmkohl. 

Ebenso  nützlich  wie  anspruchslos  an  Boden  und  Pflege  ist  die 
0  e  1  p  u  1 1)1  c  Elaeis  guineensis  (Familie  JPaimae)  fast  Qber  das  ganze  tro- 
pische Afrika  verbreitet,  welche  verdient,  regelrecht  angepflanzt  zn  wer- 
den. Die  Frucht  von  der  Form  einer  riesigen  Erdbeere  besteht  aus  ca. 
3000—4000  rothbraunen,  pflaumengrossen  Frflchten.  deren  öliges, 
faseriges  Fleisch  einen  steinharten,  haselnussgrossen  Kern  umscfaliesst 
Die  Eingeborenen  in  Westafrika  bringen  die  Früchte  ftber's  Feuer, 
oder  wie  es  öfter  der  Fall  ist,  in  £rdgraben,  zerstampfen  sie,  wenn 
Gfthrong  eingetreten,  in  einem  Mörser,  wodurch  die  faserigen  Höllen 
von  dem  Kern  getrennt  werden.  Erstere  werden  hierauf  in  einem 
Geiftss  mit  Wasser  geknetet,  gekocht  nnd  das  Oel  von  der  Oberflftche 
abgeschöpft,  nochmals  gekocht  und  dann  zum  Versandt  auf  Fftsser 
gefült;  das  angenehm  riechende  Oel  wird  zur  SeifBnfabrikation,  zu 
Kerzen,  Wagenfett  und  anderen  Schmiermitteln  verwendet  Die  Kerne 
werden  von  den  Eingeborenen  zerklopft»  man  hat  auch  eine  mit  der 
Hand  in  Bewegung  gesetzte  Maschine,  die  eine  sehr  schnelle  Ent* 
kerouog  ermöglicht,  erfunden.  Das  ans  den  Kernen  gewonnene  Oel 
ist  bedeutend  reiner  und  wird  auch  in  den  Tropen  als  Speiseöl 
vielfiich  benutzt  Der  gröeste  Theil  der  Kerne  wird  jedoch  nach 
enrop&ischen  HftfiBn  verschifft,  wo  sie  eine  sorgfältigere  Bearbeitung 
erhhren,  durch  welche  man  ein  grösseres  Quantum  Oel  erzielt  Die 
Pressrfickstände  werden  zu  Viehfutter  verwendet  Aus  dem  Schnitt 
des  mftnnlichen  Blöthenstieles  quillt  der  Palmwein,  der  im  gegohrenen 
Zustande  berauschend  wirkt,  von  den  Eingeborenen  gern  getrunken 
und  von  den  Europftent  als  Hefe  zur  Bftckerei  benutzt  wird. 

Ein  sehr  werthvolles  Produkt  ist  die  Erdnuss  (Jradiis  hffpth 
gaeß  (Familie  Bi^ßiomeeae),  in  den  Tropen  heimisch  und  knltivirt 
Die  Frucht  entwickelt  sich,  indem  sich  der  Fruchtknoten  in  die  Erde 
senkt  und  dort  ausreift  Die  von  einer  faserigen,  gerippten  Hölle 


104        I>ie  wicbtjgiteii  Kultur*  und  Nnttpihms«ii  Dentseh^OstafrikM. 


eingeschlosBeneo  Nüsse  liefern  Gel  und  die  PressrOokstände  den  nh 
Viehfutter  verwendeten  Erdnusskuchen.  Das  Oel  dient  als  Speiseöl, 
zur  Seifen-  und  Scbmierfabrikation;  das  Kraut  wird  als  GrQnfatter, 
wie  bei  iui8  der  Klee,  verwendet  Ebenso  werthvoll  ist  der  Sesam. 
Der  Same  von  Scsnmum  imUcum  und  Orientale  (Familie  Acanthcu'eae\ 
in  Ostindien  heimisch,  ist  bisher  eines  der  wichtigstep  Produkte  der 
Ostkflste.  Das  ans  demselben  gewonnene  Oel  ist  dem  Olivenöl  an 
Gfite  gleich,  wird  anch  wie  dieses,  hanptsftchlich  im  Orient,  als 
Speiseöl  gebrancht,  ebenso  aneh  znr  Belenchtnng  and  Parf&merie- 
fabrikation.  Im  Orient,  wo  der  Sesam,  wie  bei  nns  das  Getreide, 
gebaut  wird,  liefert  derselbe  ein  zn  den  feinsten  Backwaaren  Ter- 
wendetes  Hehl.  Der  Same  wird  anch,  wie  bei  nns  der  Kfimmel  und 
der  Mohn,  zum  Würzen  des  Bredes  gebraucht,  gequetscht  liefert  er 
eine  sehr  schmackhafte  Suppe;  ans  dem  Russ  des  Oels  bereitet  man 
chinesische  Tasche. 

Auch  das  RicinusOl,  aus  dem  Samen  von  Ridmu  ctmmum»^ 
B.  afrkanm  (Familie  Ei^fhorhiaceae) ^  in  Afrika  heimisch,  ist  ein 
nicht  unbedeutender  HandelsaitikeL  Das  aus  den  entiifilsten  Samen 
kalt  ausgepresste  Oel  wird  an  der  afrikanischen  Mittelmeerkfiste  als 
Speiseöl  gebraucht,  dagegen  ist  das  warm  gepresste  Oel  das  als 
Arzneimittel  bekannte  Ridnusöl,  welches  auch  bei  der  Seifenfabrikation 
Verwendung  findet. 

Ausser  einigen  geringwerthigeu  haben  wir  aber  auch  noch  andere 
einheimische  Oelpflanzen,  die  leider  bei  uns  weniger  bekannt,  aneh 
nocli  nicht  in  Kultur  geuomuiou  j^iud.  Es  ist  dies  die  Ramiilla 
Geifern  oder  Guizotia  oleiftra  (Familie  Comimiteae).  Dieselbe  ist  in 
Ostindien  und  Abyssinien  schon  lange  in  Kultur  und  ihre  Samen 
liefern  ein  sehr  feines  Speiseöl.  Auch  die  Telfairia  jmhita  oder 
Joliffa  afr/ccnxt  (Familie  Cuiurhitnmu)  verdient  in  Kultur  genommen 
zu  werden.  Die  kastanicnähnlichen  Samen  schmecken  wie  Mandeln. 
Das  aus  denselben  ^a-wuiiiieue  Oel  kommt  an  Güte  dem  Olivenöl 
gleich  und  kann  auch  als  solches  gebraucht  werden. 

Arzneilich  und  darum  nur  in  geringen  Mengen  findet  das 
Kr  0  ton  öl  aus  den  Samen  des  Croion  JujxlmrgJü ,  C.  oMonr/ifolins 
und  anderen  in  den  Tropen  verbreiteten  Arten  der  zur  Familie  Euj>hor- 
biaccae  gehörenden  Gattung  Croton  Verwendung.  Croton  77////V/,  in 
Indien  heimisch,  verdient  besonders  eingeführt  zu  werden,  auch 
Croton  cascariUa  und  Croton  i)!>eudochma\  die  beiden  letztgenannten 
liefern  die  Cascarill-  und  Copalcherinde ,  die,  wie  die  Chinarinde, 
gegen  Wecbselfieber,  Malaria  etc.  gebraucht  wird.   Man  gebraucht 


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Die  wichtigsten  Kultar-  und  Nutzpflanzen  Deutsch-Ostafrikas.  105 

die  Pflanzen  als  Zwischenpflanzeu,  weil  sie  von  allen  Thieren  mög- 
lichst gemieden  werden,  und  als  Einfassung  in  den  Plantagen  oder 
als  Schattenspender;  in  zusammenhängender  Pflanzung  sieht  man 
sie  weniger. 

Das  Oel  aus  den  Samen  der  Jatropha  Ciircas  findet  in  der  Me- 
dicin  Verwendung,  ebenso  die  Samen  der  Tetminalia  Catappa  (Ka- 


Telfairia  prdata.  Hock.  A      Bl.,  B  Q  Bl,  C  Swmen. 


tappenbaum)  und  der  SfercuUa  foetida  (Stinkmalve).  Von  der  letzt- 
genannten wird  auch  ein  berauschendes  Getränk  bereitet  und  das 
Oel  wird  gleichzeitig  als  Brcnnöl  verwendet. 

Jatorrhiza  palmata^  eine  Kletterpflanze,  liefert  die  bittere,  in  der 
Medizin  verwendete  Kolombowurzel,  welche  auch  zu  Verfälschungen 
des  Bieres  benutzt  wird. 

Kautschuk  und  Gummi. 

Einer  der  bedeutendsten  Handelsartikel  Ostafrikas  ist  der 
Kautschuk,  denn  schon  lange  nimmt  das  ganze  Afrika  den  zweiten 


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106        Di«  frichtigttoa  Kultur-  und  Nutzpflanzan  Dentsdi-Ottafrikai. 

BaDg  unter  den  Prodnktionalfindeni  ein,  wfthrend  den  meisten  Kant- 
Bchnk  Amerika  liefert  Doch  sind  die  Eantsehnck  liefernden  Pflanien 
Afrikas  weniger  bekannt  als  die  jedes  anderen  £rdtheUes.  Man 
gewinnt  den  Kantschnk  dnrch  Anzapfen  nnd  Anritzen  ▼erschiedener, 
den  Familien  der  Asdqnadaceaey  EuphofUac&aßf  Aptcjfnoßm^  Mofeaey 
angehOriger  Pflaaaengattnngen.  Bei  nns  kommt  vor  allen  die  Eant- 
schnkliane,  iMnddphia  florida  nnd  L,  Watsom  in  Betracht,  wfihrend 
Aeaäa  IMek,  Ju  aralncay  Ä,  S^ody  Ä.  vera,  A.  FersKe,  hanptsftch- 
lich  das  Gnmmi  arabicum  liefern.  Anch  Ikue  dastica  und  F,  nah 
geben  Kantsdink.  Ausser  diesen  bei  nns  heimisehen  nnd 
häufig  vertretenen  haben  wir  noch  eine  Menge  tropischer  nnd  sub- 
tropischer gammiliefemder  Pflanzen,  mit  denen  in  Ostafrika  schon  zam 
Theil  gelungene  Anbauversnche  gemacht  sind.  Unter  anderra  ist 
hier  zu  erwübiien  der  Ccara- Gummi  von  ManiJiot  Glaziovi,  der 
Fara-Kautsciiuk  von  der  ILvea  hrasil/t')isis,  und  Hancornia  spe- 
ciosa,  weh'h'  letztere  auch  sehr  wohlschmeckende  Früchte  liefert. 

Bisher  ist  der  Kautschuk  nur  von  den  Eingeborenen  gewonnen 
und  in  den  Handel  gebracht  Durch  deren  Raubbau  werden  aber 
nicht  nur  allein  eine  Menge  werthvolle  Pflanzen  zerstört,  sondern 
durch  das  angewandte  rohe  Verfahren  wird  das  an  und  für  sich 
vorzQgUcbe  Produkt  anch  veronreinigt  und  geringwerthig.  Daher 
dürfte  es  sich  empfehlen,  die  £mten  genau  zu  fiberwachen. 

Ebenso  ist  das  Kopalharz  ein  bedeutender  Handelsartikel, 
denselben  gewinnt  man  von  TVachf/lobitm  verrucomm  und  T.  Horne- 
mannium^  wo  dasselbe  am  oberen  Stammende  und  den  unteren 
Aesten  ohne  künstliche  Verletzuni;  dvv  liiii'lo  hervitibriibt  und  vor- 
dickt. Der  älteste  und  beste  Kopal  wird  jedocii  gegraben;  derselbe 
stammt  von  Trarhi/hbium  Martianum,  welche  das  Kopal  au  (k-n 
Pfahlwurzeln  entwickelt.  Von  einer  Jlyini  naia  spec.  fliesst  dasseU>e 
ab  und  verdickt  sieb  in  der  Erde,  eine  andere  (futhourtiu  (  <>iiaVtf,ra 
liefert  ein  sehr  reines  Kopal.  JJasselbe  findet  in  der  Lack-  und 
Firnisslabrikatiou  uud  zu  leinen  Drechslerarbeiteu  Verwendung. 

Keiz-  nnd  Genussmittel:  8pezialkuUuren. 

Vor  allem  ist  die  Kultur  des  Kaffees,  Coffea  arahicay  C  In 
berica  (Familie  Bubiaceae)  zu  berficksichtigen;  bekanntlich  sind  die 
beiden  genannten  Sorten  in  Afrika  wild  zu  finden,  erstere  besonders 
in  höheren,  gebirgigen  Lagen  in  Ostafrika  bis  an  die  grossen  Seeen, 
letztere  besonders  im  Tiefland  in  Westafrika.   Darum  sind  für  die 


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Die  wicbligäteu  Kultur-  und  NuUpfläQzeu  Deutscb-Oütafrikas. 


107 


Ealtor  beide  Spea  za  Terwendeo,  wobei  die  genannten  versehiedeneii 
Ansprftclie  auf  Lage  und  Boden  in*a  Auge  zu  fSteeen  sind.  Die 
Behimptnng,  der  liberiscbe  Kaffee  weide  Ton  der  Blattkrankheit  nicht 
be&Uen,  hat  eich  als  nicht  stichhaltig  erwiesen,  doch  vermag  er  ihr 
infolge  seines  kräftigeren  Wnchses  besser  zu  widerstehen.  Die 
Bniteertrftge  beider  Sorten  sind  gleich,  doch  ist  die  Bohne  des  li- 
berisehen  grosser  und  soll  ancfa  den  arabischen  an  Wohlgeschmack 
ftbertreflfon.  Die  Pflanze  bedarf  in  der  Jugend  sorgfältiger  Pflege, 
und  das  Verpflanzen  muss  von  besonders  sachkundigen  und  gewissen- 
haften Leuten  auagef&brt  werden,  weil  die  Pflanze  gegen  Beschädigung 
der  Wurzel  sehr  empfindlich  ist  Da  Boden  und  Klima  einiger 
Striche  besonders  gfinstig  für  die  Kultur  sind,  ist  zu  erwarten,  dass 
Ostafrika  dereinst  einen  bedeutenden  Platz  auf  dem  Kaffeemarkt  ein- 
nimmt 

Dieselbe  Bedeutung  wie  der  Kaffee  hat  f&r  uns  der  Kakao, 
Thedbroma  cacao  (Familie  BUUneriaceae);  von  den  im  tropischen 
Amerika  heimischen  10  Sorten  dieser  Gattung  ist  bis  jetzt  nur  die 
Theobr,  cacao  in  allen  tropischen  Gegenden  knltivirt,  und  die  in 
Westafrika  gemachten  Yersuche  haben  bewiesen,  dass  man  gn^te  Re- 
sultate zu  erwarten  hat 

Dieselbe  Verwendung  in  der  Chokoladenfabrikation,  auch  Ver- 
mischung mit  Kakao»  findet  die  Kolanuss,  Cola  aamimta  oder 
Stereuiia  acuminaia  (Familie  SteeniUaceae),  weldie  man  im  ganzen  mitt- 
leren Afrika  findet  Die  Nuss  hat  den  Vorzug,  dass  sie  nicht  so  Ölhaltig 
ist  sonst  aber  dieselben  Bestandtheile  wie  der  Kakao  besitzt  Dem 
Neger  ist  sie  ein  unentbehrliches,  tftgliches  Gennssmittel,  wie  dem 
Trfiger  ein  nnentbehrlicher  Begleiter  auf  dem  Marsch,  wo  der  Ge- 
nuss  der  Kola  seine  Leistungsfähigkdt  erhöht  Auch  kaut  sie  der 
Neger  vor  dem  Essen  und  Trinken,  wefl  sie  den  Gescbnmck  der 
Speisen  verfeinert  und  den  schlechten,  &uligen  Geschmack  des  Was- 
sers verdeckt  In  Natal  wird  Kola  bereits  im  Grossen  angebaut 
und  seiner  Kultur  an  der  ganzen  Ostkflste  steht  nichts  im  Wege, 
denn  sie  liebt  humusreichen,  porOsen  Boden. 

Der  Tabak  (Kulturarten  der  NiooHana  Sltioeum,  Familie 
Sdlanaceae)  ans  Sfldamerika,  Virginien  stammend,  gedeiht  bei  uns 
sehr  got  und  liefert  bei  sorgfältiger  BefaandUung,  Ernte  und  Zu- 
•  bereitung  ein  vorzfigliches,  als  Deckblatt  verwendbares  Produkt  Der 
von  den  Eingeborenen  in  den  Handel  gebrachte  Tabak  ist  gut,  jedoch 
wegen  mangelbafter  Bearbeitung  weniger  brauchbar.  Die  Tabakkultur 
muss  rationell  betrieben  werden,  denn  sie  erfordert  nach  jeder  Ernte 


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108  I^'*  wichtigsten  Kultur-  und  Nutzpflanzen  I)cut«ch-Ostafrikas. 


frische  Düngnng  und  sorgfältige  Bodenbearbeitung,  weil  der  Tabak 
den  Boden  mehr  wie  alle  anderen  Kulturen  erschöpft,  was  ja  der 
grosse  Aschengehalt  der  Blätter  am  deutlichsten  beweist;  infolge- 
dessen haben  einige  Gesellschaften  in  Westafrika  die  Kultur  schon 
mehr  in  den  Hintergrund  gestellt. 

Der  Reis,  Oryza  »ativa,  Sumpfreis  (Familie  Qi-amineae)  von 
indischen  Kaufleuten  eingeführt,  wird  bei  uns  unter  dem  Xamen  Padi 
allgemein  angebaut,  doch  nach  einem  sehr  rohen  Verfahren,  wie  es 
sich  leicht  denken  lässt,  und  ist  daher  geringwerthig.    Der  grösste 


Prrtta  grntittimo,  GArln.  Advoktt^nbirnc.  A  ein  Zweig  des  Danmes.  B  IM.  und  Kaosp^'o. 
»tÄrkcr  versTiissert.    C  2  Bl.  der  Blb.  mit  den  darorstelieuden  Stb.   D  Frkn.  im  LÄUKSschuitL 

£  Reife  Fracht  im  Längsschnitt.   J-  Saamea. 


Theil  der  Ernte  bleibt  im  Lande,  nur  eine  ganz  geringe  Menge  wird 
nach  Sansibar  verschifft,  welches  seinen  eigenen  Bedarf  nicht  deckeo 
kann.  Er  ist  den  Farbigen  sowohl  wie  den  Europäern  ein  Haupt- 
utüirungsmittel  und  für  den  Tropenbewohncr  überaus  gesund,  weil 
er  nicht  erhitzt  und  im  Magen  nicht  säuert,  dabei  aber  sehr  nahr- 
haft ist,  was  bei  den  vielen  Leberleiden  in  den  Tropen  von  grösster 
Wichtigkeit  ist.  Reisschleim  wird  oft  mit  Erfolg  bei  Ruhr  und  anderen 
Magenleiden  angewandt.  Dann  hat  der  Reis  noch  den  Vortheil, 
dass  man  für  jede  andere  Kultur  wegen  der  Nässe  unbrauchbare 
Ländereien  für  diesen  Zweck  ver^serthen  kann.    Ohne  Zweifel  wird 


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Die  wichtigsten  Kultur-  und  Nutzptlaiueu  DeuUcli-UstufriltM. 


109 


die  Reiskoltar  in  den  Flneslfiodeni  hier  einer  solchen  Ausdehnung  fthig 
sein,  dass  grossere  Mengen  in  den  Handel  gebracht  werden  kSnnen. 

Clewüne. 

Als  Spezialknltor  dArfen  wir  in  Zoknnft  die  Vanille,  VamiiBa 
pkmifoUa  (Familie  Orthideae)  behandeln.  Ton  mehreren  m  Mexiko 
heimischen  Arten  dieser  Gattung  ist  die  F.  pUmifdUa  die  ertragreichste 
und  anbanwflrdigste.  Die  bei  nns  angestellten  Knhnrversaehe  be- 
rechtigen zu  den  grOesten  floibungen.  Fenchtwarmee  Klima,  möglichst 
gleichmftssige  Temperatar,  nahrhafter  Boden,  schattige  geschitzte  Lage, 
wie  man  sie  in  der  Nftbe  der  EQste  findet,  sind  znr  Kultur  nOthig. 

Ingwer,  Zhigiber  ofßcitialis  (Familie  Ziiujiberaceae),  dessen  Ver- 
wendung als  Küchen^ewürz  allgemein  bekauut,  bei  uus  wie  in  allen 
tropischen  Gegenden  kultivirt.  Der  Wurzelstock  wird,  naeiidem  das 
Kraut  abgestorben,  gesammelt,  in  warmem  Wasser  gewaschen,  ge- 
trocknet, seiner  Schale  entledigt  nnd  auf  den  Markt  gebracht;  oft 
kommt  er  auch  im  rohen  Naturzustand  in  den  Handel.  Aus  der 
halbreifen  Knolle  wird,  in  Zucker  gekocht,  ein  Citronat  bereitet,  das 
hauptsächlich  in  England  genossen  wird,  ausserdem  tiudet  es  vielfach 
Verwendung  in  der  Medicin  und  Likürfabrik. 

Die  tiewürznelken,  (jinjophiUm  aromatirus  (Familie  Mip- 
tavt'Htf)  sind  bekanntlich  besonders  auf  den  Inseln  Sansibar  und  Pemba 
ge/ncren.  Die  Kultur  an  der  Küste  ist  versucht,  aber  immer  wieder 
autgegeben  worden.  Als  besonders  anbauwürdii;  ist  die  Muskat- 
nuss,  Mi/f/stlni  frafßuis.  M.  iH<>scJn(ia  und  (ironuitim  (Familie  ^[y- 
ristkai ca<-)  und  der  Kardamitm,  Kfrffurin  < nnhimohinni  (Familie 
Ä7^/we/«fv/p)  zu  empfehlen ;  beide  gedeihen  bei  uns  und  sind  gesu<  hte 
Handelsartikel.  Ob  sich  der  Zimmt,  CinniDiiomuni  zeHaniciun 
(Lnftnicf  ae) .  der  von  Sansibar  zu  uns  gebracht  ist,  in  der  Kultur 
bewilhrt,  bleibt  ab/uwarten,  dagegen  hotfe  ich  von  der  Kassia,  Ca.-<sin 
lüjnea,  Cdssia  ßstula,  meiste?itheils  jedoch  als  CinmD^tomam  co.^sitt 
bezeichnet,  einer  nahen  Verwandten  des  ('iniiamonmui  ^  von  der  i(di 
eine  Varietfit  auch  in  Ostafrika  (Usaramo)  gefundciK  sieheren  Erfolg 
und  Ersatz.  Die  Kassiarinde,  auch  Kassiablütlien .  werden  haupt- 
sächlich in  China  produzirt ,  und  die  gewürzliebenden  Südasiaten 
ziehen  diese,  weil  scfiärfer,  dem  Zimmt  vor.  Dagegen  ist  der 
Pfetler  Fiptv  Befh-  (Familie  Piperatcae)  bei  uns  einheimisch,  die 
Eingeboreueu  kuneu  denselben  mit  der  Betelouss.^) 

*)  Siehe  Artca  Caiechu,  Uetelnusa. 


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110 


Die  wichtigsten  Kultur-  und  Nutzpflanzen  Deutscb*Oat&fnkas. 


Verwandt  mit  der  eben  genumten  ist  P.  «t^mrn  und  P.  CubAa, 
doch  werden  dieee  ndetens  im  Firodoictioneltad  Terbnnciit,  nur 
von  der  letztgenannten  kommt  ein  kidner  Theil  naeh  unserer  nor^ 

dischen  Heimath,  unter  dem  Namen  Cnbebenpfeffer.  Der  rothe  Pfeffer 

für  den  Handel  wird  hauptsächlich  von  Capsicum  annuum,  C.  haccatum 
und  verwandten  Formen,  der  Familie  Solanaceae  angehorig,  gewonnen. 
Von  Sansibar  liudet  schon  lange  ein  nicht  ganz  unbedeutender  Ex- 
port statt:  ob  er  für  unsere  Ostküste  später  ein  Handelsartikel  wird, 
bezweide  ich  der  Kentabilitat  wegen,  trotzdem  die  Kultur  eine  sehr 
einfache  ist 


Bei  dem  heuticfn  Fortschritt  in  der  Chemie,  wo  fast  jede  Farbe 
auf  chemischem  Wege  herirestellt  wird,  die  den  Naturfarben  der 
Billigkeit  wegen  vorgezogen  wird,  ist  es  kaum  zu  empfehlen,  sich 
mit  der  Kultur  dieser  bei  uns  zum  Theil  wild  vorkommenden  Pflanzen, 
als  auch  solcher,  die  sich  bei  uns  leicht  einführen  lassen,  zu  befassen, 
trotzdem  will  ich  hier  einige  derselben  anführen. 

Die  Indigopflanze,  Indigofera  thictoria,  ist  in  verschiedenen 
Sorten  überall  in  Afrika  wild  anzutreffen,  doch  kann  von  einer  lohnen- 
den Produktion  keine  Bede  sein.  Dann  wird  in  China  ein  Indigo  von 
grfiner  Farbe,  von  Hhamnus  utHis  und  Eh.  dorophorus  gewonnen, 
welcher  jedoch  am  Produktionsort  verbraucht  wird  und  selten  in  den 
Handel  kommt;  er  ist  von  Malern  sehr  gescb&tzt,  wird  auch  zum 
Färben  von  Seidenstoffen  gebraucht. 

Das  Katechu  von  der  ans  Indien  stammenden  Acacia  catecku 
auch  Mimosa  Sandra  genannt,  ist  eine  sehr  werthvolle  schwarze 
Farbe.  Die  Binde  liefert  ausserdem  einen  vielgebrauchten  Gerbstoff. 
Der  Anbau  dieser  Pflanze  ist  zu  empfehlen.  Dasselbe  Produkt  liefert 
der  Gambir Strauch,  Unearia  Oambit  und  ü.  adda*  Die  Bestand* 
theile  des  von  beiden  Pflanzen  gewonnenen  Katechu  sind  derartig 
gleich,  dass  sie  sich  gegenseitig  ersetzen  können.  Aus  der  Akazie 
gewinnt  man  das  Produkt  aus  dem  Holz  des  Stammes,  von  der 
Uncaria  aus  Blättern  und  Zweigen. 

Ein  viel  begehrter  Farbstoff  ist  der  Safflor  aus  der  Blume 
der  CarÜuxmus  tmctoria  (Familie  Cmpoateae),  Die  Farbe,  welcher 
man  auch  andere  Schattlrungen  geben  kann,  ist  rosaroth;  man  ge- 
braucht sie  meistens  zur  Seidenfibrberei  und  Sehminke&brikation. 
Das  aus  den  Samen  dieser  Pflanze  gepresste  Gel,  ca.  85%,  ist  als 
Speise-  und  Brennöl  sehr  geschätzt,  man  verwendet  es  auch  zum 


Färb*  und  Oerbfltoflfe. 


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Die  wicbtigsieQ  Kultur-  und  NatxpfliaiMll  Deutäch-Ostafhkas.  Hl 


Lackiren  feiner  Schnitsereien.  Die  Pflanze  eignet  sich  Yorzfiglidi 
snr  Zwiechenlnütnr. 

Dasselbe  gilt  von  dem  Di  vidi  vi,  aus  den  Schoten  der  Cacsal- 
pinia  coriaria,  einer  Leguniinose,  gewonnen,  in  der  Gerberei  ver- 
wendet beschleunigt  es  den  Gerbeprocess  und  giebt  dem  Leder  eine 
schöne  Farbe.  In  der  Färberei  wird  es  als  Beize  gebraucht,  auch 
in  der  Tintenfabrikation  ist  es  uneutbehrlich  geworden. 

Diese  letzten  frenannten  Produkte  erzielen  von  Jahr  zn  Jahr  bessere 
Preise.  Da  die  Kultur  keine  grossen  Schwierigkeiten  macht  und 
die  Prodnktionskosteu  gering  sind,  dürfte  sich  der  Anbau  derselben 
vielleicht  enipffhlen. 

Ein  nicht  unbedeutender  Ausfuhrartikel  ist  die  Orseille,  Roc-' 
ceHa  tinctoria^  Farbetiechte  (Familie  Hymetioihcdami).  Aus  derselben 
gewinnt  man  einen  rothen  Farbstoff,  den  man  zum  Färben  von  6e- 
spinnsten  verwendet;  sie  liefert  auch  den  Lakmns,  Lacca  musica. 

Bei  uns  heimisch  ist  der  Safran holzbanm  {JEkieodenäron 
croceim  (Familie  CdaMrmea/s).  Dasselbe  kommt  als  Gelbholz  in 
den  Handel. 

Natehölzer. 

Unter  den  vielen  in  den  Handel  gebraciiten  feineren  Nutzhölzern 
ist  das  schwere  und  schwarze  Ebenholz,  der  von  gewöhnlichem 
weichem  Spliutbolz  umschlossene  Kern  einiger  Malta  und  Diospyro» 
spec,  der  Familie  E^imarf-ae  sehr  werthvoll.  Die  meisten  Bäume  tra- 
gen wohlschmeckende  Frücbte  und  ihre  Rinde  entb&lt  GerbstolT.  Das 
Tothe  Ebenholz,  Grenadillholz,  Diospyros  mespififolia  (Familie 
EbenMeae)  und  von  mehreren  AnthyUis  spec,  (Familie  FapiUonacea»}. 

Das  Sandelholz,  der  innere  Kern  von  Saniaium  album  (Familie 
Santalaceae)»  Das  gelbe  Sandelholz  von  durchdringendem,  rosea- 
artigem  Dnft  und  gewürzigem  Geschmack,  ist  als  feines  MObelholz 
bekannt.  Das  jOngere,  weisse  und  weiche  Splintholz  dient  zum 
Bftachem. 

Das  E isenholz,  schwarzes  und  weisses,  ersteres  von  Olea 
iaunfoHa  (Oleacea),  das  weisse  von  JPfeäronia  veniosa  und  It 
Mundüana  (Familie  BMueae)  liefern  ein  sehr  schOnes  II  Obelholz 
fflr  den  Bxport,  ausserdem  ein  wohlriechendes  Harz,  das  als  Weik* 
nmch  benutzt  wird. 

Ein  anderes  als  Eisenbolz  bezeichnetes  ist  das  Holz  der  Casua- 
rina  afncana  und  Casuarina  equisetifoUa  (Familie  Casuarina),  Das- 


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112        Di«  «ielitigtttii  Kaltnr-  und  Nvtipflauta  Deatieh^>itafri]Kaa. 

aelbe  ist  sehr  fest  nnd  schwer.  Die  Rinde  der  meisten  hier  ge- 
nannten Bäume  enthalten  alle  mehr  oder  weniger  Gerbstoffe. 

Ein  weitverbreiteter  Banm  ist  der  Akeschnbanm  (Anacaräkm 
ccadMidk  (Familie  Afuteardiaeeiui),  liefert  das  weisse  Mahagoni- 
holz  (Acajonholz)  für  den  Handel.  Die  nierenfftnnigen  Frflchte, 
ElephantenUnse,  resp.  deren  fleisehartiger  Fniehtboden,  schmecken 
w^artig,  snsslich  sauer,  und  wurden  Yon  den  Negern  gern  gegessen» 
anch  zur  Bereitnng  von  Branntwein  nnd  Essig  yerwendet  Ans  dem 
Stamm  der  alten  Bftome  schwitzt  ein  beinsteinartiges  Gommi,  das 
anch  als  Gnmmi  arabicom  in  den  Handel  kommt. 

Der  Manlbeerstranch,  Morus  cHha  (Familie  übreae),  wftchst 
hier,  ob  heimisch  oder  verwildert,  konnte  icJi  nicht  feststellen,  eben- 
folis.  Die  Blfttter  sind  die  Hanptnahmng  der  Seidenranpe.  Vielleicht 
liesse  sich  anch  Seidenzacht  bei  nns  betreiben,  jedenfalls  werden  Ver- 
Sache  nicht  lange  anf  sich  warten  lassen. 

Noch  viele  nützliche  Buuniarteii  sind  vorhanden,  aber  zum 
grössten  Theil  noch  nicht  bestimmt  und  auf  ihren  besonderen 
Nntzungswerth  untersucht.  Der  Botanik  steht  hier  noch  ein  grosses 
Feld  oifen. 

Tägliche  Nahrungsmittel  liefernde  Ttlanzen. 

Zuerst  mögen  einige  Palmen  erwähnt  sein,  die,  wenn  in  Kultur 
genommen,  wie  die  Kokospalme,  nicht  unbedeutende  Exportartikel 
erzengen. 

Die  Betelnnsspalme,  Äreca  Cbfecft«,  eine  ca.  17  m  hohe 
Palme  bei  einem  Stammdorchmesser  von  ca.  0,60  m,  entwickelt, 
nachdem  sie  im  April,  Hai  geblflht,  an  einem  Fruchtzapfen  bis  500 
von  einer  foseiigen  Hfille  umgebene  Frflchte  von  der  GrOsse  kleiner 
Hühnereier,  die  kurz  vor  der  Reife  abgepflfickt,  in  unreifem  Zu- 
stande enthfUst  und  darauf  in  Wasser  gekocht  werden.  Dann  wird 
die  Brfibe  abgegossen  und,  bis  sie  völlig  verdickt  ist,  überm  Feuer 
gehalten.  Nachdem  die  Früchte  zerschnitten  und  an  der  Sonne  ge- 
trocknet, werden  dieselben  mit  der  eingedickten  Hasse  abgerieben, 
wodurch  sie  eine  schwarze  Farbe  annehmen;  in  dieser  Form  gelten 
sie  als  Delikatesse.  Han  geniesst  die  Betelnfisse,  indem  man  sie  in 
das  Blatt  des  Betelpfeffer  ^)  vrickelt,  mit  dner  Hischnng  von  Ealk- 
pulver  nnd  Turmerik  überstreut.   Dir  Genuss  wirkt  vortheilhaft  anf 

Siehe  Pijper  B$U: 


Did  «ricbtigättiu  Kultur-  und  Nutzpllaazen  DeuUcb-Oätafrikas.  113 


die  Verdauung.  Die  Vollreifen  Früchte  liefern  ein  vorzfiglicheB  Zahn- 
pulver und  werden  vom  Drechsler  zn  Scbnracksachen  verarbeitet 

Die  Paimyrapalme,  Borassus  fiabeiHformis^  ist  eine  eehr 
nützliche  Palme,  die  in  Bezog  auf  Boden  nnd  Enltnr  die  geringsten 
Ansprfidie  macht.  Dieselbe  wird  bei  einem  Stammam&ng  an  der 
Basis  von  ca.  2  m  bis  24  m  hoch.  8ie  treibt  j&hrlich  ungefähr 
5—8  Fraditzapfen,  von  denen  jeder  15^18  Frfichte  von  der  GrOsse 
eines  Kindskopfes  trägt,  welche  je  3  harte,  von  einer  sehr  festen 
Schale  eingeschlossene  äamenkOmer  enthftlt,  die  man  frisch  nnd 
auch  zn  einem  Brei  geknetet  nnd  getrocknet,  geniesst  Das  Hanpt- 
prodnkt  ist  jedoch  der 
tkberans  znckerhaltige 
Saft,  den  man  ans  dem 
Stamm  abzapft,  von 
dem  3  1  Saft  1  Pfund 
Zocker  liefern.  Ans  den 
Blättern  fertigt  man 
Sftcke,  EOrbe  ond  Mat- 
ten, auch  kann  man 
darauf  schreiben.  Die 
Keime  der  jungen  Pflan- 
zen verzehrt  man  als 
Gemflse. 

Die  Sagopalme, 
lieiroxißon  Rumphü, 
ist  auch  ffir  den  Handel    ^^^^  r<,r«ca«a.  üann.    B-SKt.  von  e.  indka, 

wichtig,  dieselbe  liefert  Q*rta.  K  ScUaaebfraehL  8  Summ. 

den  vielbegehrten  Perl- 
sago. Eine  minderwerthige  Palme  ist  <Slot^  2aei;».  Noch  geringwerthi- 
ger  ist  die  bei  uns  heimische  Sagopalme,  Cy<m  Thouarm.  Daher  sollte 
man  die  erstgenannte,  Mdrox^/onBumphii^  die  echte  Sagopalme,  bei  uns 
einführen.  Dieselbe  wird  bei  einem  Stammdurchmesser  von  1  m 
nur  30  m  hoch.  Aus  dem  Stamm  gewinnt  man  ungeflihr  8  Ztr. 
Rohmaterial,  welches  4  Ztr.  reines  Mehl  liefert;  mit  geeigneten  Ge- 
rftthschaften  bringt  man  es  auch  bis  auf  6  Ztr.  Am  besten  gedeiht 
die  Sagopalme  in  niedrigen  fenchten  Gegenden,  eine  nennenswerthe 
Pflege  beansprucht  sie  nicht.  Ich  kann  den  Anbau  der  Sagopalme 
nur  empfehlen. 

Die  Dattelpalme,  Ihoenix  dac^ferot  ist  in  Afrika  heimisch 
und  wächst  bei  uns  wild.  In  Nordafrika  kultivirt  ist  die  Frucht 

KoloBlalM  JalwlMcIl  1891.  3 


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114  wichtigsten  Kultur-  uad  Nutzpflanzen  Deutaeh^ttfrikM. 

der  bedeutendste  Handelsartikel  nnd  das  wichtigste  Nahningsmittel 
f&r  die  Bewohner,  wie  bei  nns  die  Kolcospalme.  Die  Dattelpalme 
gedeiht  auf  dem  schlechtesten  Boden;  eine  Ifasseoknltor  ist  sehr  zn 
empfehlen. 

Einige  iniiiderwerthit^e  Palmen  sind  noch  bei  uns  heimisch,  es 
sind  dies  die  Wein-  oder  Bam  bu  spalme,  Baphin  x'hvfcra,  liefert 
V*almwein,  Rafliabast  und  die  Blattstiele  ersetzen  das  Bambusrohr 
als  Bauholz:  die  Zwergpalme.  CJiamaerops  humiUs,  aus  deren 
Bastfaser  Matten  und  Bastsäcke  angefertigt  werden.  Die  anderen 
haben  keine  Bedeutung  für  deu  Haudel. 

ObfltfHIdite. 

Der  Brotfrue  ht  l»au  m ,  Artoi  firpus  iniisa  (Familie  Artoi  arpeae)^ 
dessen  kopfgrosse  Fruchte  roh  und  geröstet  gegessen  werden,  ist  f&r 
die  Ernährung  der  Tropenbewohuer  von  grosser  Bedeutung. 

Der  MaTiiok,  Mnyiihot  utilisitima  (Eiiphorbidceae)  fehlt  bei  keinem 
Dorf.  Die  l)is  >20  Pfd.  schwere  Wurzel  liefert  das  Mandiok,  die  ans 
derselben  durch  Waschungen  gewonnene  reine  Tapioka  liefert  feineres 
Backmehl  und  das  in  den  Handel  kommende  Arrow-Root.  Letzteres 
gewinnt  man  au<  h  aus  dem  Wnrzelslock  der  Marantha  anindinaoea. 
Die  Blätter  des  .Manihot  geniesst  man  als  Oemüse,  den  sonst  giftigen 
Milchsaft  mit  Pfeffer  abgekocht  gebraucht  man  znm  Würzen  der 
Speisen. 

Der  Melonenbaum,  Carka  Bapaya  (Bapayacwe),  Die  me- 
lonenartigen Frfichte  werden  von  den  Negern  und  Europ&em  ge- 
gessen; sie  schmecken  angenehm  und  sind  erfrischend.  Erstere 
gebrauchen  die  Blfttter  als  Seife. 

Die  Mangopflaume,  Matigmfera  mim  (Anaeardiaceae).  Die 
bis  2  Pfd.  schwere  Frucht  ist  ein  beliebtes  Obst,  bewirkt  jedodi 
leicht  HautausscfalSge  und  Diarrhoe,  Ifisst  sich  zu  Wein  und  Essig 
verarbeiten.   Der  Stamm  enthält  ein  bitteres,  wohlriechendes  Oel. 

Die  Orangen,  Citrus  medka^  C.  trifdiata,  C.  Limmiumy  C. 
Limetia,  und  verwandte  Arten  dieser  Gattung  (der  Familie  Anran- 
iiaceae)  sind  als  beliebtes  Nahrungsmittel  sehr  wichtig.  Aus  den 
halbreifen  Frßchten  gewinnt  man  das  bekannte  Oel,  aus  den  reifen 
dagegen  Zitronensäure  nnd  Saft.  Für  Nordafrika  sind  die  Frfichte 
ein  bedeutender  Exportartikel;  nachdem  dieselben  zu  Zitronat  und 
Marmelade  verarbeitet  worden,  werden  sie  meistens  nach  England 
verschifft. 


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Die  wiebtigsten  Kultur-  uad  Mulzpflanun  Deatscb-Ostafrikaa. 


115 


Der  Mandelbanni,  Ami/tjdalus  umnnunis  (Familie  jhnijfjihh'af') 
p^edeilit  aiicli  in  unseren  Gebieten;  sein  Stamm  liefert  ein  sehr  schönes 
Möbelhol/. 

1)«M-  Zncker-,  Honif(-  oder 
Z  i  ni  m  t  a  |)  f  e  1 ,  Ano n a  C  'henmolia, 
A.  squamosa,  A.  murirata  (Familio 
Myristiifirrac),  eiiio  l)is  3  Pfund 
schwere  Frucht,  welche  ein  ange- 
nehm süss  säuerlich  schmeckendes, 
wohlriechendes  iscb  bat  und  eine 
beliebte  kühleodo  Speise  liefert. 
Aach  kann  man  aus  derselben 
einen  wohlschmeclceadeo  Most  be- 
reiten. Dasselbe  gilt  Ton  der  Gu- 
jave,  Fsidium  Quayava  (Familie 
Myrteae)  und  der  Barsea  graüssima. 
Die  Ananas,  Ananassa  saUva, 
Ä,  encida  (Familie  BromeHaceae)^ 
findet  man  im  ganzen  tropischen 
Afrika  wild.  Die  wohlriechenden 
Frftchte  werden  als  Obet  allgemein 
gegessen  nnd  liefern  mit  der 
Anona  zusammen  eine  Torzflgliche 
Bowle,  die  anch  in  Europa  ihre 
Verehrer  finden  würde.  Doch  be- 
darf die  ostalrikanische  Ananas, 
um  exportirt  werden  zn  kOnnen, 
einer  sehr  sorgfältigen  Enltnr.  Die 
ans  dem  Blatt  gewonnene  Faser, 
ans  der  man  sehr  feine  Gewebe 
anfertigt,  kommt  als  Pitra  in  den 
Handel. 

Getreide  (Oramineae). 

Ausser  dem  schon  genannten 
Reis  ist  vor  allem  der  Mais, 
Zea  Moj/s.  von  fjrossor  Bedeu- 
tunj?.  Derselbe  wird  ^M-röstet,  anch 

als  Brod  zubereitet  genossen.  In  dieser  Weisr  werden  noeh  einige 
Uirsearteu  verwendet,  wie  Fmnii<ttum  typhoieum^  Negerliirse,  F. 

8» 


rennisefum  typhoideum,  lUch. 


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116 


Die  wicbtigvten  Kultur^  niid  Nntti»flMiMn  D«otodi-Ott»friku. 


ditUdnum,  Negerhirse,  Bankum  tpicatum,  Hirse,  Eteusme  Gtracanay 
Eorakan,  Anäropoffon  Sorgkum,  Mohrhirie,  Ä.  tcKxiiarahu  vor, 
arundinaceum;  ^eusine  Tocusso,  dient  ansserdem  zur  Bier- 
bereitong  (Pombe).  Euddaena  mexicana  giebt  ein  sehr  saftiges 
Fattergras. 

Oemflse. 

VoD  den  Gemfisearten  gedeihen  mit  geringen  Ausnahmen  htt 
alle  enropftischen,  doch  leider  artet  nnsere  Kartoffol  ans.  Wir  haben 
aber  zom  Theil  Ersatz  in  den  Bataten  (SflssicartoflMn),  BaMas 
eäuUSf  Yamswurzeln  IHoscarea  äkUa^  die  nnserer  Eartoffol  an  Nfthr- 
werth  gleich  stehen.  Aneh  andere  Solanaceen  —  wie  Lycopenkum 
esoula/iium  — ,  Tomaten,  Sdaniim  Mdomg&nOy  Taro,  werden  roh  und 
gekocht  gegessen. 

Von  unseren  Hülsenfrüchten  (PapilmiaceaeJ  gedeihen  die  Bohnen, 
wie  Dolidios  Lablab,  Soja  hispida,  Canavalie  enstformis^  einige  Pha- 
medus  s)>€r,,  ebenso  aucli  Linsen  Ermm  Leus,  am  besten.  Erbsen 
dagegen  lialten  sirli  wenic^er  s^ut,  gedeihen  aber  auch  bei  einiger 
Pflege.  Die  Früchte  des  Bohnenbaumes,  Cajamis  hidiaiSy  sind  auch 
wohlschmeckend. 

Mit  Melonen,  Gurken,  Kürbissen  und  anderen  Cucurbitaceen 
haben  wir  sehr  ^(ute  Krtolge  erzielt,  Audi  die  Netzgurke,  Luffa 
aef/ifpfira ,  ist  für  den  Anbau  sehr  zu  em[)fehlen.  Sie  liefert  die 
allbekanuten  Luti'aschwämme  and  ähnliche  Fabrikate. 

Von  unseren  Kohlarten  gedeiht  der  Rosenkohl  vorzüglich,  und 
Weisskohl,  Kohlrabi,  Salat,  Eodivien,  Spinat,  Radieschen,  Rettig, 
Karotten,  Sellerie  nnd  Zwiebeln  werden  heate  bereits  für  die  Be- 
wohner der  Stationen  angebaut. 


Die  Suuhuliuaueu  der  wichtigsten  Kultarptlauzeo  sind: 

Kokospalme  mnasi,  reife  Nuss  nasi,  Cogra  nani  kafu,  Koir  knmba, 
Dattelpalme,  mtende,  A  re  cap  a  I  m  e  ^^opoo,  Od  pal  ine  vitschikitschiy  Hambus- 
oder  Weinpalme  muale,  Borassuspaime  mouma,  Dumpaiine  müansa,  Paadaaus 
mkadit  Maogrove  n^Boko  (Dachsparren,  ftoritO,  Bambaa  Mfaj»n%  Orangenbanm 
MtseAtM^KKi,  Citrone  ndimu,  Linona  tRlNNM,  Onyaf«  mpero,  Kandel  bäum 
mhri,  Mus kataussbaum  hmyumanga,  Nelkenbaum  kanfiif  Nelkenateagel 
rikonjo.  Auona  squarusa  mstofeU,  Mango  eniOe,  Artocarpus  intoprifolia 
infeMsi,  Feigenbaum  mtini,  Cinnamomum  ZoilaiiiiMim  Jiulalasini,  Kaffee- 
baum mbuni,  Sykomore  mbakuit  Affenbrotbaum  mbuyu,  Gelbholz  mpara- 
mmi,  TracbylobiuB  nwamlanMM',  Orenadillbols  «iptnpo,  Seidea-Baum- 


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Die  wichtigsten  Kultur*  und  Nutzpflanxen  Dentsdi-Oitefriku.  117 


wolUnbnvm  mmfi,  Landolphi«  tnj>tra,  Ricinus  mbarika^  Sesam  etiMtM 
oder  if^lto»  Sandelholz  Utca  oder  sandali,  Orscilleflecbte  ntaUUa,  Banane 
ndisi,  Yams  kiasi  kiktiu ,  Bataten  kiasi.  Aracliif!  njiifjK ,  Injjwcr  tangaicisi, 
Tomaten  nyania,  Eierpfiauze  miunguya,  Pfeffer  püipili,  Betelpfeffer 
teM&lc«,  Hanf  bangt,  Baumwolle  pamba^  Zuckerrohr  tnttia,  Reis  mpunga, 
MaU  mhmdif  PeDnisetum  hajiri,  WRanpo,  Sorghttm  mtama^  Maniok  muAo^ 
Sfir1»ii  «iftoyo,  Gurkenmofai^  Telfairia  ml««««,  Bohneo  ÜMiul«»  Pbateo» 
lus    Mango  Schirokko,    Voandzeia  subterranea  maue,  Panicom 

naxranje,  Elo  p  Ii u n  t  r nl  üuse  koroacho,  Terminalia  catappa  mJhifi^,  Cureas 
purgans  mbono  makabarine. 


Die  KolonlalpoUtik  im  Beichstige.') 


lieber  den  Etat  für  1891—92  „für  Maassregeln  zur  Unterdiückung  des  Sklaven- 
handels und  zum  Schutze  der  deutschen  Interessen  in  Ostafrika"  ist  bereits  genü- 
gendes in  dem  Jahrbuch  für  1890  (S.  229)  mitgctheilt  worden;  erwähnenswerth  ist 
noch,  dai>ä  der  Betrag  für  die  Erschliessung  Central- Afrikas  von  150  000  auf  200  000 
Hark,  der  für  Sfidwestafrika  auf  S92S00  M.  erböht  ond  ein  Betrag  von  25000  M. 
far  Anlage  einer  landwirthaehaflUeheii  Tertnehsitation  in  dem  letik  genannten 
Schutzp^ebiet  eingeaetst  war.    Die  Verhandlungen  in  der  Budgetkoninission  Hessen 
bereits  erkennen,  dass  die  Opposition  der  Freisinnigen  nach  wie  vor  sehr  lebhaft 
sein,  während  das  Centrum  sich  zur  Kolonialpolitik  noch  freundlicher   als  bishw 
stellen  würde.    Zum  Referenten  der  Budgetkommissioa  wurd»  deshalb  auch  Prinz 
Ärenberg  (Z.)  gewühlt,  der  während  der  späteren  Verhandlungen  sich  mit  Eifer  und 
QeaeUeUichkeit  «einer  aehwierigen  Aufgabe  entledigte.  Die  Btatatital  worden  in 
der  BudgvtkommiaBion  angenommen  mit  der  Ablnderang,  daaa  anatati  der  für  Oat- 
afrika  geforderten  S'/s  Millionen  nur  2V3  Millionen  bewillifrt  wurden,  nachdem  die 
aus  den  Zoll-Einuahnien  voraussichtlich  sich  erziehende  1  Million  in  Abruj^  gebracht 
worden  nar.    l>ie  Debatten  im  Reichstag  begannen  am  3.  Februar,  bei  dem  Etat 
des  Auswärtigen  Amtes. 


Herr  I>r.  Hnmmaelier  (nat)  nahm  snerstdas  Wort,  nmdie  EntsebidigangB - 

anspräche  doa  Kaufmanns  Hönigsberg  gegen  die  Rojal-Niger-Company  und  die 
Verhandlungen  mit  England  zur  Sprache  zu  bringen.  Hönigsberg,  welcher  seit 
mehreren  Jahren  Handelsgeschäfte  auf  dem  Niger  betrieb,  hatte  auch  ein  solches 
in  Egga,  einer  zum  Sultanat  Nupc  gehörigen  Ansicdlung  am  Niger,  oberhalb  des  Ein- 
flusses des  Benne  in  den  Niger,  besessen.  Als  er  gegen  Ende  des  Jahres  1887  in 
mehreren  Kaooes  verladene  Waaren  von  Egga  aua  atromabwirta  naeh  Onitaeha  fiUirea 
wollte,  wurde  er  von  der  Verwaltong  der  Royal^Niger-Company  davon  al^haltnn  mit 
der  Behauptung,  daas  es  verboten  sei,  Waaren  in  Onitscha  zu  landen,  dass  er  seine 
Waaren  an  einem  anderen  Orte  versoUen  mösbe.   Serr  Hönigsberg  erhob  Wider- 

0  Wir  babeu  iu  diesem  JahrsaBgc  <lic  licicb.stagsverhaiidlungon  etwas  ausführlicbor  als 
«on$t  behandelt,  da  mit  dcuselben  unserer  Ansicht  nach  die  prinzipiellen  Debatten  darüber,  ob 
Dcatächland  überhaupt  Koiouiea  besitteo  solle  oder  nicht,  abgeschlouen  sind.  Ferner  haben 
diese  Verband  laofeD  «Ine  gioase  BedeatBBff,  da  sie  noch  anter  den  NeehwiikBiitHi  die  daattch- 
eogUfchen  Abkonuneo«  standen. 


Der  Fall  Hönlgsbercr. 


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Di«  Koloikialpolitik  im  Reidutaga. 


119 


sprucb,  wurde  aber  dann  von  dem  Gericht  ikr  Royal -Niger  Company  in  Akassa  zur 
Zahlung  des  Zolles  in  doppelter  liühe  verurtbeiit,  ausserdem  zu  einer  gewi2>ätiu 
0«ldttrafi»  und  dtn  KMtm.  Di  H&igsberg  in  AkMMi  nfebl  di«  sn  nhlmd«  Sonme 
betchaSsn  konnte,  m  erfolgte  der  iwugsweiBe  Verkmif  seiner  Wearen  tn  einem 
Spottpreise  und  das  Vermögen  des  Hönigsberg  wurde  dadurdi  am  ehien  Betrag 
von  ungeßbr  1000  Pfund  Sterling  geschädigt.  Kiniire  Zeit  später  wollte  dann 
Hönigsberg  eine  Salzladung  den  Nisrcr  aufwärts  nach  E^pa  schaffen.  Aucli  diese 
Waare  kontiszirte  die  Koyal-Niger-Cumpany  und  e»  erfolgte  demnächät  auf  Grund  eines 
Aneweisimgsbefebls  gegen  Hönigsberg  dessen  Verbaftung.  Gestätsi  tn(  dieae  tbatsftch- 
lichen  Yerbiltnime,  wandte  aich  H$nigsbei(  an  das  dentaehe  Anawlrtige  Amt  mit 
einer  Beacliverde  über  die  ihm  xu  Tbeil  gewordene  Bebandlong  und  mit  dem 
Antrage,  za  seinen  Gunsten  bei  der  Royal  Niger-Company,  bez.  bei  der  Königl. 
grossbritannischen  Regierung  eine  Entschädigung  au>zuwirken.  Das  Auswärtige  Amt 
ist  diesen  Wünschen  des  üerrn  Uönigüberg  auf  das  Bereitwilligste  und  auf  das 
Energischste  entgegengekommen}  es  untersuchte  den  Fall,  acbiekte  den  Kommissar 
in  Togo,  Herrn  t.  Pnttkamer,  an  Ort  nnd  Stolle,  nnd  beriebteto  dem  Rciehstago 
ober  die  mit  der  groesbiitannisehen  Reciomng  gepflogenen  YerhandlnqgeD  nnter 
gleichzeitiger  Vorlegung  des  Berichts  des  Herrn  y.  Puttkamer  über  die  Torliegende 
Streitfrage,  in  welcher  die  Forderung  des  Hönigsberg,  (SOOO  l*fund  Sterlinj^,  als  eine 
bescheidene  und  billige  von  der  Regierung  selbst  bezeichnet  worden  sei.  Da  dem 
Reichstage  ein  Weissbuch  über  die  Interessen  der  Deutschen  am  Niger  und  Benno 
nidit  angegangen  sei,  so  stelle  er  die  Aanrage,  was  denn  aeitens  des  Anawirtigon 
Amtes  im  Sinne  des  Wsissbncbes  weiter  geschoben  sei  nnd  vorallgemoinere  die 
Frage  durch  den  Binweis  darauf,  dass  in  dem  Falle  Hönigsberg  ganz  eklatant  xnm 
Vorschein  trete,  wie  die  Royal-Niger-Company  im  Widerspruch  mit  der  Niger- 
Schifffahrtsakte  den  Iland«-!  auf  dem  Niger  zum  Nachtlu  il  von  der  deutschen  und 
anderen  Nationen  ougeburigen  Personen  so  zu  monopolisireu  ver»tauaen  habe  — 
boffmtlieh  aber  nicht  mehr  verstehe  -~  dass  es  unmöglich  sei,  neben  der  BoTsl- 
Niger-Company  Handel  auf  dem  Niger  sn  treiben.  Br  eritenno  die  Thitigkoit 
des  Auswärtigen  Amtes  in  der  Wahrnehmung  der  Interessen  Dentseblands  im  Aus- 
lande vollauf  an.  Je  wichtiger  es  aber  für  die  deutschen  Inlerfs^^cn  sei,  dass  der 
überseeische  Handel  Deutschlands  geschützt  werde,  dass  er  frei  bleibe  für  deutschen 
Unternehmungsgeist  und  deutsche  Tbätigkeit,  um  so  grösseres  Gewicht  habe  der 
Briebstag  daran!  sn  legen,  dass  besonders  in  FUIob  der  torUegondta  Art,  wo  dto 
Freiheit  des  Handels  anf  dnem  gesehloesenon  Vortrage  beruht  dorsslbo  nioht  eingo- 
sehrlnkt  werde  durch  die  Willkür  von  fremden  Völkern,  besw.  von  Angehörigen  der- 
selben. In  neuerer  Zeit  sei  die  Royal  Nii^er-Cumpany  auch  gegen  einen  Angehörigen 
des  französischen  Staates  ähnlich  gewaltthätit;;  tind  ungerecht  vorg^eschritten.  Wenn 
die  deutsche  Regierung  ihren  ganzen  Kinüu»»  bei  der  englischen  geltend  mache, 
dann  wird  sie  sich  dabei  auch  der  Unterstntsang  der  nbrigen  enropliadien  Miehto 
erlkonen.  Nun  seien  Herrn  HSnigsberg  von  der  Boyal-Nigor^Comgany  500  Lstr. 
als  Entscbidignng  angeboten  worden.  Das  Missverhiltniss  sei  so  arg,  dass  das 
Auswärtiire  Amt  sich  nicht  damit  zufrieden  geben,  vielmehr  wiederholt  unti  fort- 
gesetzt Anstrengung;  machen  werde,  um  Herrn  Hönigsberg  zu  einer  seinem  wirk- 
lichen Schaden  entsprechenden  Summe  zu  verhelfen. 

Stastssokretir  v.  Mnrsohnll  gab  die  boatlmmto  Veiaieherung  ab,  dass  die 
Begierung  nach  wie  vor  bestrebt  sei,  die  Interessen  dee  Horm  HÖnigsbofg  wahr- 
tunohmen.  Im  Sbrigon  müsse  er  aber  sn  seinem  Bedanern  mittheilen,  dass  diese 


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120 


Die  Kolonialpolitik  im  Reichstage. 


Angelegeobtlt  noeh  nieht  tiel  ir«iter  Mi,  ab  tu  Anfiuur,  obgleich  ile  muuDelur  drei 
Jahre  aU  lei.  (Hört!)  Die  denteebe  Regienag  vertritt  aaeh  wie  vor  den  Staad- 

punkt,  den  sie  von  AaSuag  an  eingenoainien  bat,  dass  die  englische  Nigergesellschaft 
durch  ihr  Verhalten  gegen  Höni£rshpr(»  sowohl  die  Niger -Schifffahrt^akfe  als  auch 
ii&s  bejionderH  deiatsch-englische  Abkommen  vom  IT),  üai  lbÖ5  verletzt  hat  (hört! 
bürt!;  und  diese  Recbtaansicbt  wird  wesentlich  durch  das  Urtheil  von  Angehöri- 
gwB  andennr  Nationen  fiber  das  Verhalten  der  Niger^jceellaebaft  bekrilUgt  Die 
engUaebe  Regierang  hat  swar  in  Teraehiedeaer  Hinaiebt  daa  Verhalten  der  M^er- 
Gesellschaft  rektül/irt,  sie  ba'  <ln>  Verbannun?-I)ekrct  gegen  Honigsberg  auf- 
gehoben und  auch  die  Z  Ile,  filier  deren  exorbitante  Höhe  allgemein  geklagt  wurde, 
in  Ktwas  rediizirt.  In  der  Hauptsach»"  aber  ist  die  englische  Regieiung  auf  ihrem 
früher  eingenommeneu  Standpunkt  stehen  geblieben,  dass  das  Vorgeben  der 
M%er»Oeaellichafl,  wenn  avdi  in  einielnen  Punkten  ungereebtfertigt,  ao  dedi 
in  d«r  Haaptuche  korrekt  war.  Ba  handelt  sidi  in  der  Hanptaaebe  darum,  ob 
daa  KSnigreich  Nupe  unter  englischem  Schutt  atehe.  r)ann  ist  die  EinfSbrung 
Ton  Zöllen  mit  Hecht  crfoljt.  Ist  dies  dagegen  nicht  der  Fall,  wie  wir  be- 
haupteten, Nupe  alsu  ein  sellistäudiger  Staat,  dann  waren  die  (iüter  llüni^ibbergs 
frei  von  Zoll.  Der  zweite  Punkt  der  Keklamatioo  betraf  die  Höhe  der  Zölle. 
Nach  dem  Abkommen  mit  England  aollen  Zolle  nur  aoweit  erhoben  werden, 
als  aie  nSthig  sind,  um  die  Verwaltungskosten  tu  decken.  Wir  haben 
na(  hber  Erhebungen  angeatellt  und  sind  dabei  zti  dem  Resultat  gelangt,  dass  diese 
/iiüe  frnnr.  exorbitante  waren,  was  davon  herrührt,  das*«  rn  den  Verwaltungskosten 
aucli  die  Zinsen  von  demjenigen  Kapital  «gerechnet  waren,  das  zu  Landeserwerbungen 
verwau  It  wird.  Nachdem  ein  Meinungsaustausch,  ohne  jedoch  die  Sache  zu  fördern, 
stuttgefundoi  hatte,  ist  Herr  t.  Puttkamer  aaeh  Lagos  geschickt  worden,  um  über 
die  einaehligigen  VerhIItnisae  Bericht  tu  erstatten.  Daa  Resultat  aeiaer  Unter- 
suchungen ist  in  einem  Weiaabuch  mitgetbeilt  worden,  er  hat  in  allen  Paukten  die 
Beschwerden  llönigstergs  gerechfertigt  gefunden.  Er  ist  zn  dem  Schlüsse  gekommen, 
dass  Nupe  ein  selbständiger  Staat  ist.  Die  englische  Reiiierung  hat  darauf  auch 
ihrerseits  einen  Kommissär  hingeschickt,  das  Resultat  dieses  Kommiss&rs  war  aller- 
dings ein  dem  nnsrigen  gerade  entgegengesetztes.  (Heiterkeit)  Dieser  Kommisir 
fsnd  daa  G^entheU,  dasa  nftmlidi  Nupe  bereits  seit  llagerer  Zeit  unter  engUachem 
Schutze  stehe.  In  diesem  Stadium  stand  die  Sache  im  Torigen  Frthjahr,  nach  zwei 
.lahren  der  Rede  und  Gegenrede,  des  lebhaften  Meinungsaustausches  war  die  Hoff- 
nung, über  die  prinzipielle  Fraee  zu  einer  Einigung  zu  kommen,  in  der  That  TÖllig 
gesunken.  Die  Regierung  hat  nun  gcf^lauVtt,  den  Versuch  machen  zu  sollen,  den 
Verhandlungen  eine  andere  Richtung'  lu  gel>en  und  wurde  dazu  insbesondere  dnrdi 
daa  Angebot  der  engliachen  Regierung  Teranlasat,  ohne  Prüfung  oder  Entscheidung 
der  Rechtsfrage  dem  HSn^aberg  eine  Entachidigung  tu  gew&bren.  Es  ist  richtig, 
dass  die  angebotene  Entschädigung  von  unserer  Seite  als  nicht  genfigend  bezeichnet 
worden  ist  und  glauben  wir  auch  auf  Grund  unserer  Erhebungen  zu  der  Annahme 
berechtigt  zu  sein,  da^s  Hönigsbcrg  eine  weit  höhere  Entschädigung  beanspruchen 
kann. ')  Ich  kann  nur  mit  der  Versicherung  schliessen,  dass  wir  nach  wie  Tor  wie 
^n  allen  FiUen,  so  auch  in  diseem,  die  Interessen  der  deutschen  8taalnageli6r^ai 


')  Die  Streitfrage  Ist  sodann  dem  belpi.««  hon  Ptaafsmftil-tnr  Jarnlis.  Schiedsrichter, 
unterbreitet  worden,  welcher  bislang  noch  nicht  zu  einer  Kut^cheiduni;  geltommen  ist.  Herr 
llOnif  Bbart  selbst  ist  Im  FiUUahr  UM  aa  ^aer  Langaaentstoilanff  tertorbea. 


Die  Koionialpoliük  im  Reiclistage. 


121 


gewinenJwft  f«rtr«teii  und  itots  darfiber  wacbeii  wtrdwi,  dait  die  inteniatioiialeii 
y«rtrlg6  gefaaltan  werdeiL  (B«if«U.) 

FOrdenmg  wiSBensöbafUiidier  BestrebvnKeiL 

B«i  den  einmaligen  Ausgaben  des  Ordinarino»  beantragten  die  Abgg.  Richter 

und  Bamberiver,  im  Titel  2  „zur  Forderung  der  wissenschaftlichen  Hestrebimgen 
zur  Rrs-hliessunc  Centralafrikas"  statt  der  von  dfr  Ho[ricruiifr  frefordorten  20OO0O  M. 
(50  000  M.  mehr  als  im  Vorjahre)  auch  diesmal  nur  15'i  dOO  M.  zu  r»owi!!igon.  !>er 
Abg.  Bamberg  er  will  bei  an  allen  kolonialen  Forderungen  Sparsamkeit  anwenden. 
W&brend  es  sieb  früher  wesentlich  nur  um  wissenschaftliche  Forschungen  handelte,  trete 
nunmehr  die  Explorirang  (Sr  Kolonialsvecke  mehr  in  den  Tordergrand*  Bs  seien 
seit  dem  Jahre  1886  700  000  11.  ffir  wissenschaftliche  Erforschung  Afrikas  Tonrendet 
nnd  wenn  man  bedenke,  dass  diese  dOCh  nur  zwei  HanJIungsli&asem,  die  das 
Monopol')  hätten,  im  üinterlande  von  Kamerun  Handelsniederlassungen  tu  begründen, 
zu  Gute  koiuroc,  so  würden,  selbst  wenn  man  diese  Privatinteres.MMi  mit  Reichs- 
interessen identifiziren  durfte,  die  Vortheile  dieser  beiden  Bandelshäuser  diese 
grossen  Kostea  doch  kaum  Terlobnen.  Was  nun  diese  Monopole  auf  Handelsnieder- 
lassungen selbst  anlangt,  misse  er  doch  darauf  hinweisen,  dsss  in  der  ganzen 
Jahrhunderte  alten  Oesehiebte  der  Kolonisationsbestrebungen  solche  Monopole  sich 
am  scbicchtesten  bewibrten  und  mehr  Schaden  als  Nutzen  brachten. 

T)r.  Kayser,  Diricrent  der  Kolonialabtbeilung,  betont  Herrn  Bamberger  gegen- 
über, dass  es  sich  um  rein  wissenschaftliche  Angelo£renheitcn  handele.  Zuzugeben 
sei  freilich,  dass  diese  wissenschaftlichen  Expeditionen  indirekt  auch  unseren 
Kolonien  xn  Chite  kommen,  das  sei  aber  lieis  Nacbtheil,  sondern  ein  Vortheil;  alles, 
was  der  GiTflisirung  Afrikas  diene,  gereiche  auch  unseren  Kolonien  nun  Yortheil. 
Nun  hat  Herr  Dr.  Bamberger  die  Frage  der  Handesniederlassungsmonopole  berührt; 
ich  will,  ohne  mich  über  Monopole  selbst  zu  äussern,  nur  bemerken,  dass  die 
dortigen  Vcrlifiltnissc  besondere  Berricksiohti<riing  verlangen;  ich  erinnere  zum 
Beweise  an  das  üesetz ,  in  dem  die  (rnlndung  von  Kolonialgesellschaften  in  Afrika 
mit  Genebmigting  des  Buudesratbs  soll  erfolgen  können,  und  das  der  Abgeordnete 
Hihnel  mit  dem  Hinweis  auf  die  eigenartigen  TeihUtnisse  in  Afiika  befürwortete. 
Diese  Monopole,  um  die  es  sich  hier  handelt,  sind  in  der  That  iniindischen  Patenten 
tu  vergleielien;  dlsM  Monopole  beschrlnken  sidi  ibrigens  darauf,  Handelsnieder- 
kssongen  im  Hintsrimdo  unserer  Kokmien  sn  gründen;  Handel  treiben  darf  dort 
jede  der  in  Kamenin  angese«;»enen  Firmen  —  es  handelt  sich  überhaupt  nicht  um 
zwei  Firmen,  wie  Herr  Hamberner  meinte,  sondeni  zu  den  beiden  deutschen  Firmen 
kommen  noch  mehrere  englische  und  schwedische  —  also  alle  diese  dürfen  dort 
HandeJ  treiben,  und  natSrUch  kann  «ndi  den  Bingeborenen  dies  Recht  nicht  Tor- 
sagt  werden.  Bedenkt  man  nun  ferner,  dass  dies  Monopol  jeden  Augenblick  ohne 
irgend  welche  Entscb&digung  genommen  werden  lunin,  und  die  dass  betreffenden 
Firmen,  um  die  ITandelsniederlassnngen  su  betreiben,  grosse  Opfer  an  Zeit,  Geld  und 
Gesundheit  bringen  müssen,  so  könne  Ton  der  Zuwendung  eines  so  grossen  Vor- 
theils  nicht  gesprochen  werden. 

Abg.  Dr.  Bamberger  hegte  über  das  in  Frage  stehende  Monopol  eine  andere 
Ansicht  wie  der  Herr  Yorrsdner;  er  könne  dem  Veigleiche  mit  einem  Patente  nicht 
sustimmen,  denn  der  Orundsug  des  Patentes  sei  der,  dass  es  verkluflich  sein  müsse 

*)  9Ub»  Koloniales  Jahrbuch  1890,  S.  286. 


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122 


Die  Kolonialpolitik  im  Reichstage. 


nnd  das  sei  doch  hier  nicht  der  Fall.  Br  gltnbe  ^elnehr,  nan  könne  dieeee 

Monopol  dem  alten  „Bannrecbt"  Tergleicheo,  dan  Demjen^eii,  der  es  besitst,  die 

alleinige  Tbätigkeit  zu.siiMiert, 

Der  Abg.  v.  Vellmar  (Soz.)  erklarte  sich  persönlich  für  die  Bewilligung,  da 
er  die  Ueberzeugung  gewonnen  habe,  üass  es  sich  hier  um  leia  wissenächafiiiche 
Zwecke  handle,  nnd  dar  Abg.  Windthorst  betonte,  dass  die  Abatimnnng  über 
diesen  Titel  mit  Kolonialpolitik  an  sich  nichts  an  thnn  habe.  Der  Abg.  Richter 
bestritt  nicht,  dass  mit  den  Bzpeditionen  wissenacbafUiche  Zwecke  Terbondan 
worden  seien,  aber  im  weaeutli<  lieii  lian  !cle  es  sich  indess  um  koloniale,  handels- 
politische Zwecke,  man  wolle  durch  Anlage  von  Stationen  etc.  das  Ilandelsmonopol 
der  Stämme  dos  Hinterlandes  im  Verkehre  mit  der  Küste  brechen.  Vor  kurzem 
erst  ist  eine  llandelsexpediiion  der  Firma  Jautzeu  und  Tbormädileu  von  Kamerun 
ans  snsammen  mit  der  wissenschaftlichen  Reichsexpedition  ia*s  Innere  anfgebroehcn. 
Wie  schidlich  eine  solche  Yerqaickung  von  Handel  nnd  Wissensebaft  ist,  hat 
früher  der  Abg.  Yirehow  nacbgewlbsen.  Wir  wollen  also  nur  so  viel  bewilligen,  als 
fär  die  rein  wissenschaftlichen  Zwecke  erforderlich  ist.  Kamerun  und  Togo  sind 
uns  ohnehin  theuer  genug,  es  ist  durctiau-.  falsch,  wenn  man  sagt,  Einnahme  und 
Ausgabe  decken  sieb  hier.  Die  reichen  Uamburger  Firmen,  die  ohuehin  dort  ein 
Monopol  babeu,  kuuuten  selber  mal  tiefer  in  die  Tasche  greifen.  Wir  sind  über- 
haupt der  Meinung,  dass  die  private  Th&tigkeit  inr  die  Wisswaehaft  watt  mabr 
leistet  als  Staatsbilfe.  Wir  sind  der  Regierung  sehr  dankbar  fär  die  Erkl&mng  in 
der  Denkschrift  sum  deotscb-ei^liscben  Abkommen,  dass  die  Periode  des  Flaggen- 
hissens  vorbei  sei.  Damit  sind  da*  AbMüanerlust  Grenzen  gezogen,  auch  ist  Afrika 
80  ziemlich  aufgethcilt.  Da  es  nun  eine  srewisse  Rii  htuug  giobt,  welche  unsere 
Regierung  dahin  zu  drängen  scheint,  durch  Kipeditionen  in  das  Hinterland  von 
Jüimerun  und  To^o  einen  Weg  bis  zum  T.-'chadäee  zu  babueu  und  so  anderen 
Nationen  smrcmnikommen,  so  ist  das  ein  Grund  mehr»  die  Mehrfordernng  nidit  sn 
bewilligen. 

Abg.  Seipio  (natl.)  stellte  demgegenüber,  dass  wir  doch  ein  Interesse  daran 
bitten,  für  die  Entwicklung  unserer  jetsigen  Kolonien  ta  aorgan,  woin  In  erster 

Linie  die  Erforschung  des  Hinterlandes  gehört.  Dieee  Territorien  sind  wissenschaft- 
lich theilwcise  noch  ganz  unbekannt,  die  Wasserl&ufe  und  Gebirge  sind  zum  Theil 
noch  unerforscht.  Es  ist  doch  nur  natürlich,  da&s.  wenn  überhaupt  die  deutsche 
Nation  für  solche  wissenschaftliche  Forschungen  Geld  übrig  hat,  und  das  ist  immer 
dar  Fall  gewesen,  wir  es  in  etster  Linie  fir  die  Territerfen  varwWMten,  welche 
unserer  Interessensphäre  xnntehst  stehen,  die  Hinterlinder  deijenigen  Knatentfone, 
die  unter  dem  Protektoiate  Seiner  Migestit  des  Ktlam  stehen  oder  als  Reichs- 
kolonicn  anerkannt  sind.  Er  halte  es  deswegen  förmlich  für  eine  Ehrenpflicht  fir 
Deutschland,  nachdem  dieser  erste  Schritt  gethan  ist,  dass  speziell  darauf  gedrungen 
wird,  dass  diese  Mittel  in  erster  Linie  zu  der  Erforschung  des  Hinterlandes  unserer 
Kolonien  verwandt  werden.  Er  habe  mit  grosser  Befriedigung  die  Darlegungen  tou 
Seiten  der  verbfindeten  Regierungen  Wbw  die  Verwendung  der  Mittel,  wie  iia  hialiar 
stattgefunden  hat,  in  der  Budgetkommiasion*)  entgegengenommen.  Wenn  nebenbei 
noch  handelspolitlsebe  Zwecke  befördert  weiden  können,  so  sehe  er  darin  kein 
Uebel;  die  Frage  sei  nnr,  ob  das  Geld  direkt  sn  handelspolitischen  Zwedten  ?er^ 


Die  Deukjschiift  über  die  Verweuduug  des  AfrUik-i' uudi  ist  abgedruckt  in  >iO.  3,  Jahr- 
tßag  1891  des  „OentscheD  KolonisIbUttw." 


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Die  Kolonüüpolitik  im  Eeidi&tage. 


123 


wandt  wwden  mU«,  oder  nur  iwb«Db«i  wiche  Zwecke  emicht  werden  können. 
Dasa  darin  eine  ScUdigong  der  wiaeenichaftUehen  Zwecke  Ue|{e,  mnase  er  Im- 

atreiten. 

Reichskanzler  v.  Caprivi:  Der  Abg.  Kicbter  berief  sich  darauf,  wenn  ich  ihn 
recht  verstanden,  dass  in  der  Denkschrift  zum  deutsch-englischen  Abkommen  der 
£>at2  Staude,  die  Periode  des  i*laggenbisäeus  und  Verträgeschliesseas  sei  mit  dem 
deotich-engUaeken  Abkemnen  tieendeL  Dw  ketnlTMide  Faaana  laatets  »Die  Periode 
deo  FlagfmkiiaenB  nnd  Yertiigeeehlieaaena  mnaa  beendet  werden,  um  nnaere  Er- 
werbuogen  nutzbar  zu  machen."  In  Oetafrika,  im  Hinterlaade  von  Kanenan  nnd 
Toeo  sind  wir  noch  nicht  so  weit,  um  das  Erworbene  uns  nutzbar  machen  zu 
können.  Ob  auf  dem  Wef^e  des  Flappenhissens  und  Verträpeschliessens  oder,  was 
ich  vorziehen  würde,  der  Anlage  von  Faktoreien  vorgegangen  wird,  darüber  kann 
ich  Mn  Urtbeil  nicht  abgeben.  Ich  will  hier  aber,  um  MiMventindoiasen  Torxu- 
bengen,  konatntlren,  dasa  die  Kolonial-Regiemng,  wenn  Sie  nür  dieoen  Anadruek 
erlaaben  wcUeo,  der  Meinung  iat,  daaa  die  Dinge  im  Hinterlaade  Ton  Kamerun  und 
Togo  noch  nicht  /.um  Abschlüsse  gekommen  sind.  (Beifall.)  Auf  die  Frage,  ob 
die  geforderten  2üÜ(XK)  Mark  vorherrschend  zu  Kolonial-  oder  zu  «rissenschaftlichen 
Zwecken  zu  verwenden  sind,  glaube  ich  nicht  einzugehen  zu  brauchen.  Ich  würde 
die  Frage  nach  dem  Werth,  der  der  Wissenschaft  dabei  zugelegt  werden  soll,  nach 
den  Antheile,  den  sie  dabei  haben  aoU,  für  bedenlend  halten,  wenn  in  nnaeren 
kolonialen  Gebieten  fir  wissenschaftliche  Foracbong  kein  Spielraum  mehr  w&re,  und 
wenn  wir  das  Geld  anderswobin  tragen  müssten,  um  wissenschaftlichen  Aufgaben 
genügen  su  können;  da  das  nicht  der  Fall  ist,  bitte  ich  Sie,  den  Foada  in  der  an- 
gegebenen Höbe  anzunehmen.  (Beifall.) 

Abg.  Richter  (dfr  ):  Ich  will  über  den  Sinn  der  betreffenden  Stelle  der  Denk- 
Schrift  nicht  mit  dem  Herrn  Reiehakansler  atreiten,  er  ist  ja  sein  bester  Interpret. 
Der  Eeiehakaailer  meinte,  das  ffinterland  von  Kameraa  nnd  Togo  wL  noch  nieht 
genügend  erschlossen.  Ich  meine,  diejenigen  unserer  Kolonien  sind  die  besten,  von 
denen  am  wenigsten  gesprochen  wird.  Das  sind  Kamerun  und  Togo,  und  wir 
sollten  uns  damit  begnügen  zu  erreichen,  dass  hier  Ausgaben  und  Eiunahmeu  sieb 
decken,  und  nicht  durch  Expeditionen  ins  Hinterland  neue  Verwickelungen  berbei- 
Inhren.  Was  wissenschaftliche  Zwecke  betrifft,  so  könnten  die  Herren  Kolonial- 
enthnaiastoD,  die  sieh  jn  bei  Festessen  so  eiftig  für  die  KohmialpoUtik  begeistern, 
aneh  einmal  dafür  Geld  hergeben. 

Reichskanzler  v.  Caprivi:  Auf  die  .Ausführungen  des  Abg.  Richter  über  die 
Kolonialenthusiasten  brauche  ich  nicht  einzugeheu,  da  ich  nicht  dazu  gehöre. 
(Heiterkeit.)  Was  Kamerun  und  Togo  angeht,  als  diejenigen  Kolonieu,  die  uns 
ttiehta  kosten,  die  eher  im  Begriis  sind,  etwas  einsttbriagen,  so  kann  ich  ihm  nnr 
ToUkommen  beitreten.  Aber  wenn  mich  nicht  allea  tinacht,  ist  gerade  von  jener 
Seile  ganz  vor  kurzem  der  Wunsch  ausgesprochen  worden,  man  möchte  doch  aus 
den  El  trägen  der  Kolonien  selbst  die  Kosten  für  etwaige  wissenschaftliche  For- 
schungen bezahlen.  Das  ist  eine  Ansicht,  mit  der  ich  sympathisiren  könnte.  Wenn 
aber  Togo  und  Kamerun  in  diese  Lage  gebracht  werden  sollen,  dann  müssen  sie 
dwn  hShere  Einnahmen  haben,  als  bisher,  nnd  ieh  halte  es  nidit  für  wahrschein- 
Ueb,  dsas  sie  dasn  im  Stande  adn  wurden,  ohne  die  Erschliessung  des  Hinter- 
landee. 

Abg.  v.  Vollmar  (Soz.):  Es  ist  eine  alte  (ieschichte,  dass  Handels-  und  Ent- 
deckungszüge niemals  su  trennen  sind,  und  es  ist  auch  der  billigste  Weg,  der 


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124 


Die  Kolonuüpolitik  im  Reichstage. 


IViiMiiidMft  in  dienen,  wenn  eine  Sipeditioa  gleichseitig  einen  merkaatiliseben 

Charakter  bat :  es  handelt  sich  hier  darum,  welches  der  vorwiegeode  Zweck  ist. 
Und  hier  f;:l;iiil'e  ich,  kann  darüber  kein  Zweifel  herrschen.  Ich  halte  die  Forde- 
rung für  gerechtfertigt  im  Interesse  der  Wissenschaft.  Es  ist  die  Hauptaufgabe 
eines  ao  grossen  Gemeinwesens,  wie  das  Deut^be  Reich  ist,  für  die  Wissenschaft 
«Ilea  zu  tlran,  wm  ihm  mofUdi  itL 

Abf.  Dr.  Bamberger  (dfr.):  Ich  kann  trets  dee  Oeh&ten  kein  dringaidea 
Bedvrfiliss  für  diese  Ausgabe  erkennen.  Im  übrigen  möchte  ich  auf  die  Bemer- 
kiinp^cn  des  Herrn  Reichskanzlers  duch  bemerken,  dass  längst  vor  dem  Anfange  der 
Koloiiialpolitik  im  Reichstage  deutsche  Kaufleute  in  Kamenin  und  Togo  Kolonien 
gründeten  und  zur  Hlütüc  brachten,  ohne  dass  sie  damals  an  eine  Reicbshülfe 
dichten. 

Bdehskaniler  t.  Caprivi:  Dem  Herrn  Abg.  Barn  berger  möchte  ich  nnr 

erwidern,  dass,  wenn  er  das  Blähen  der  Kolonien  in  Kamerun  und  Togo  auf 
Rechnung  der  Kaufleute  setzt,  die  sich  dort  ancrcsiedi'lt.  es  dieselben  Kaafleute  sind, 
die  jetzt  Hio  Au»>dehnung  nach  dem  ilinterlauiie  wünschen. 

Abg.  V.  Kardorff  meinte,  das.s  er  Koloniaiscbwärmer  gewesen  sei,  aber  nach 
den  deotsch-eogliscben  Abkommen  e*  nicht  mehr  sein  könne. 

Abg.  Dr.  Hammach  er:  Wenn  vir  uns  in  EolMialsehwirmer  vnd  in  Nidit- 
kolonialschw&rmer  trennen  wollen,  so  mnas  ich  auch  meinestbeiU  sagen,  dass  ich 
mich  niom:ils  zu  den  Kolonialschwririn^rn  gerechnet  habe,  wohl  aber  habe  ich  in 
dem  kolonialen  (iedanken  ein  sokiies  btreben  des  deutscheu  Volkes  gefunden,  dass 
ich  dem  auch  mit  einer  gewissen  Begeisterung  folgen  konnte  und  stets  zu  folgen 
gedenke.  Aber  diesen  Gencbtspnnkt  wollen  wir  hier  nicht  erörtern  nnd  ans  diesem 
Anlasse  TeiHefen.  Ich  stimme  mit  meinen  politischen  Prennden  fir  den  hier 
geforderten  Kredit  aus  dem  vom  Herrn  Reichskanzler  vorhin  geltend  gemachten 
Gesichtspunkte,  dass  wir  das  Interesse  von  Togo  und  Kamerun  im  deutlichen  Be- 
sitze durch  die  wissenschaftliche  Erforschung  des  Hinterlandes  fördern.  Also  ich 
Stimme  dafür,  weil  es  sich  um  die  Verfolgung  wissenschaftlicher  Zwecke  handelt, 
«msomehr,  weil  sie  auch  zugleich  den  wissensdialUiehen  und  den  Intereason  meines 
Vaterlandes  gelten,  ich  habe  mich  nicht,  nm  rar  Sache  selbst  in  sprschen,  ram 
Wort  gemeldet,  sondern  um  eine  Behauptung  des  Abg.  Richter  nicht  iiuwider- 
sprochen  ins  T.and  hineingehen  zu  lasspn,  als  ob  nämlich  in  der  Thal  in  den  für 
koloniale  Fragen  sich  inleressirendcn  krciMMi  nicht  die  genügende  Energie  ent- 
wickelt würde  nach  der  Richtung  bin,  dass  man  auch  die  wissenschaftlichen  Zwecke 
in  nnMitn  deutschen  Schntsgebieton  wad  aadwsn  Lindwn  verfolge.  Nein,  ich  bin 
sicher,  nnd  der  Abg.  Richter  wird  mir  darin  Recht  geben:  Bitte  Demtsebland  nieht 
mehr  gethan,  als  das,  was  das  Reich  durch  die.se  löOOOO  oder  auch  SOOOOO  Mark 
seither  gethan  hat,  uro  die  unbekannten  Welttheile  zu  erforschen,  so  wäre  das 
tjlutwfni^r,  und  es  ist  ja  in  der  That  auch  sehr  gering  gegen  das,  was  einzelne 
Personen  und  auch  die  kolonialen  Vereine  für  die  Sache  gethan  haben.  Es  sind 
die  Leistnngsn  der  Nen-6niiieft*Xoffipagnie  auf  diesem  Oebiote  erwiknt  worden,  die 
in  der  That  sehr  bedentoid  sind.  Audi  die  vielfiuh  angsfochtone  afidweataiiika- 
nische  Gesellscbafl  bat  aus  ihren  Mitteln  nicht  weniger  als  134000  Hark  für  die 
wissenschaftliche  und  kulturelle  Erforschung  des  südwestafrikanischen  Cicbietes  au«?- 
geizebeii.  Der  frühere  deutsche  Kolonialvcrein  hat  seiner  Zeit  67  000  Mark  im 
Interesse  des  Flegelfonds  gerade  aus  den  Beiträgen  gesammelt.  Der  Verein  ist 
also  nach  der  Richtung  bin  th&tig  gewesen,  wie  Herr  Richter  wfinscbt,  aber  n 


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Die  Koloniaipolitik  im  Keichstage. 


125 


•diMiii  Bedauern  ▼«rmiist  Ich  will  nicht  an  di«  Aoigaben  lud  Opfer  eionbier 
Peisonen  erinnern,  die»  mit  Geldmitteln  hinliofflieb  anagMtattet,  dieielben  dtsa  ver- 

wenden,  um  im  Interesse  dee  deotiehen  Volkes  die  unhekanntea  Gef^enden  jenes 
Welltheiles  den  Landslenten  zu  eröffnen  dadurch,  dass  sie  die  Ge<renden  bereisen 
und  Anderen  ilitlheilungen  darüber  zukommen  lassen.  Alles  im  Allem  können  wir 
mit  der  Art  und  Weise,  mit  der  deutschen  Kolonial politik  sowohl  nach  der  wis<ien- 
■ehnftUciieB  als  nneh  der  »ondiecheii  Seite  hin  sofrieden  edn,  wenn  wir  denjenigen 
UMMtteb  an  nneeren  seitheiig«!  Brfolg  anl^en,  der  ferstindtgerwdse  angelegt 
werden  muss. 

Der  Antraf;  Richter  wurde  t^epen  die  Stimmen  der  Deutscbfreisinnij^en,  Volks- 
partei  und  der  Sozialdemokraten  [unl  Ausnahme  der  Abu'?-  v  Vellmar  und  Bruns, 
die  dagegen  stimmen)  abgelehnt,  die  Ref^ierungbturderuug  bewilligt. 

Südwest-AMka. 

Die  Verbandlungen  am  4.  Februar  setzten  ein  bd  Beratbnng  der  einmaligen 
Ausgaben  im  Etat  des  Auswärtigen  Amtes:  Zuschuss  tur  Bestreitung  der  Ver- 
waltungsausgaben im  süd westafrikanischeo  Schuirgebiet  2^2  300  Mark, 
d.  i.  mehr  gegen  das  Vorjahr  23500  Mark.  Letzteren  Betrag  beantragen  die  Abgg. 
Btehter  wad  Bambeiger  abnlelmen. 

Referent  der  BudgetkoBmieelon,  Abg.  Print  Arenberg,  ÜBbrto  ana,  daia  MMb 
lUTerl&ssigen  Naebriehten  dae  deutsche  Gebiet  in  Södwestafrika  das  einsifa  aal, 
welches  sich  wegen  seiner  ausgedehnten  Weidegründe  zur  Ansiedlunp  empfehle. 
Die  Majorität  der  Kommission  ging  hierbei  davon  aus,  dass  das  Reich  keine  Ver- 
antwortlichkeit für  Ansiedlungen  äbemehmen  könne;  es  wärde  sich  aber  empfehlen 
rar  Anlage  einer  hadwirtbiebdllieben  YenndiMtatfeB  iSOOO  Mark  an  bewilligen, 
nm  aaf  deren  Reanttate  geetotat  weiter  torgeben  an  ktmien. 

Der  Abg.  Bamberger  wünscbto  im  Prinzip  die  Ablehnung  der  gansen 
Summe  und  nur  eyentuell  die  Bcwilligunc;  der  Summe  in  der  bisherigen  Röhe. 
Solche  Unterstützungen  von  landwirthschaftlichen  ünterneb munden  aus  Staatsmitteln 
hätten  sich  bei  allen  Kolonialunternehmungen  als  rerbängniäsvoil  erwiesen,  so  in 
Frankreich  unter  Lndwig  XIV  luid  so  in  Algier  noch  beotsutage.  Er  glaube  nicht, 
daaa  der  Abetrieb  gaanbniigt  werden  wfirde,  denn  die  Ifajoritit  dea  Hanaea  aei  ja 
für  Allee,  was  Kolonie  beiiae,  in  einer  aebr  fteigebigeii  Stimmung,  was  sehr  merk- 
wfirdig  sei.  Wir  hörten  gestern  aus  dem  ganzen  Hause  Erklärungen,  dass  eigent- 
lich Niemand  mehr  als  Kolonialenthusiast  bezeichnet  werden  wolle,  der  Reichs- 
kanzler, Herr  Windthorst  verwahrten  sich  dagegen,  auch  Herr  Dr.  llammacher  pro- 
teatirte  leise,  und  schliesslich,  last  not  least,  Terwabrte  sich  Herr  Kardorff  pro 
tempore  dag^n,  Kolonialentbnaiaat  an  aein.  Miditadeatoweniger  wird  aocb  dioi* 
mal  wieder  die  Forderung  der  Regierung  bewilligt  werden,  trotadem  kein  Punkt 
geeigneter  ist,  als  dieser  hier,  wenn  es  sich  darum  handelt,  zu  beweisen,  dass  man 
kein  Kolonialcnthiisia«tt  ist.  Denn  es  ist  hier  der  denkbar  nngönsti<;ste  Fall  von 
Kolonialbildun*?  für  die  Deutschen.  Dieses  Land  ist  typisch  und  prototypisch  für 
unsere  Kolonialpolitik  geworden.  Ich  weise  nochmals  darauf  hin,  dass  die  Schaffung 
der  ganzen  Kolonialstimmuog  erst  entflammt  wurde  durch  die  Schöpfung  dea  Herrn 
Lftdeiita.  Damaeb  erat  wurde  das  ganse  Kolonialprognunm  anliferoilt.  Bs  bat  sich 
geieig^  dass  die  ganze  Saebe  ungefähr,  um  einen  Ausdruck  des  Reichsgerichts  in 
einem  seiner  Urtheile  anzuwenden,  als  ein  vergeblicher  Versuch  mit  ungeeiuneten 
Mitteln  an  einem  ungeeigneten  Objekt  zu  bezeichnen  ist.   Die  Hoffnungen,  welche 


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126 


Die  KolonialpoUtik  im  RetcbsUge. 


vom  raf  ds8  Vorkofnmen  von  Gold  geaetst  liabe,  bittan  «idi         aiebt  erfailt. 

Wer  die  Oescbicbte  der  Metallgewimrang  in  Afrika  kennt,  der  wird  sich  von  dieser 
Aussicht  nicht  sehr  beoinflusspn  lasson.    SeUist  die  Gold-  «nd  Diamant  Felder  in 
Südafrika  haben  schliesslich,  volkswirthschafllich  gerechnet,  inehr  ScliaHen  als  Nutien 
gestiftet,  und  in  Transvaal   und  in  dem  englischen  Tbeile  Südafrikas  sind  diese 
Gruben  viel  mehr  ein  Gegenstand  von  wilden  Oeldipekulationen  geworden,  aU 
daaa  sia  ainan  raallan  Gairinii  reprlsaDtirtan.    8eU»«t  wann  dar  Baigbra  in 
Jan«!  Gagandan  lich  variahnt,  ao  kann  iidi  in  dar  Nilia  dar  Lager  dodi  knine 
Industrie  entfrickeln.    Alles  dies  wurde  in  der  Kommission  ausfiihrlich  eiörtirt, 
und  weder  von  Seiten  der  Vertreter  der  Südwestafrikaiiis«  hcn  Gesellschaft,  noch 
von  denen  der   Keiohsrefjicrung  wurde  hierbei  ir^jend  welcher  Eothusiasmus  g'e- 
zci^t,  man  hat  vielmehr  recht  absprechend  über  diesen  Punkt  gesprochen.  Die 
Regierung  erklärte,  sie  aei  nicht  gesonnen,  aich  in  iigend  welebe  K&mpfe  mit  den 
dortigen  Eingeborenen  eimnlaaaen,  weil,  wenn  Dentaehlaad  ent  einmal  ei^ngirt  sei, 
aofort  eine  endloae  Sebnnbe  der  Opfer  an  Geld  und  Menaeben  begiimeii  worde. 
Der  Vertreter  der  Regierung  und  der  Haupt  Vertreter  der  Gesellschaft  —  Vertreter 
nicht  im  materiellen  Sinne,   sondern  als  Fürsprecher  der  Gesellschaft  ß[odacht  — 
haben  sich  mit  wenii^'  Enthusiasmus  ausgesprochen,  tind  ich  bin  mit  allen  ihren 
Ausführungen  auch  eiuTerstanden,  nur  nicht  mit  der  daraus  gezogenen  Konsequenz, 
das«  num  mun  doeb  «iader  aablieaaUeb  beinaba  800000  Mark  an  diaa  Untemebmen 
«oiden  aoU.  Die  Frage  der  Yerkinlicbkeit  der  BeigwerfcdHmiaaaiooeB  aebwebt 
nva  aeit  einer  Reibe  von  Jabren.      Vorbehaltlich  besseren  Beweisee  ball«  idli  aa 
für  kein  Unglück,  wenn  die  Deutsche  Kolonial-Gesellschaft  für  Südwestafrika,  die 
sich  in  finanziellen  Schwierigkeiten   befindet,  durch   den  Verkauf  der  Berg-werke- 
konzessinncn  an  eine  zalihini,'>frtliiL'e  Gesellschaft  wieder  flott  tjemacht  würde.  Ich 
sehe  es  überhaupt  für  keinen  Fehler  an,  wenn  fremde  Gesellschaften  sich  mit  ihrem 
Gelde  an  nnaeren  Kolonien  betbeiligen,  ao  ezklnaiv  liad  die  Kobmlen  anderer 
Linder  nie  geweaem.  Nadi  meiner  AnflSsaanng  bat  aieb  die  Bagiemng,  wenn  ieb 
sie  richtig  veratand,  nicht  kategorisch  daffir  erklirt,  dasa  die  dortigen  Betgeraifa- 
kon7e88ionen  nun  für  alle  Zeiten  in  deutschem  Besitze  sich  befinden  mussten,  sie 
hat  sich  vielmehr  nur  eine  gewisse  Bedenkzeit  erbeten.    Ich  kann  eher  nicht  nmhi^ 
zu  sagen,  dass  es  nicht  nöthig  ist,  länger  zuzuwarten. 

lierr  Dr.  iiummacher,  auf  seine  gestrigen  Aeusserungnn  über  Kolon iai- 
eebwlnnerei  tnrnekkommend,  insaerte  aieb  dahin,  daaa  er  aUerdinga  nidit  sn  dt» 
aehnnmscblagenden  kolonialen  Sehwinnem  im  Dentseben  Reiche  gehfire*  Aber  er 
wolle  es  jetzt  noch  deutlicher  als  gestern  sagen,  daaa  er  in  der  Strömung  dea 
deutschen  Volkes,  welche  sich  auch  auf  die  Erwerbung  yon  ansl&ndiscben  Gebieten, 
also  von  Kolonien,  richtet,  den  idealen  Ausdmrk  einer  Volkskraftempfiuduntr  er- 
kenne, die  er  gern  sehe  und  der  er  demnach  auch  gern  mit  voller  politischer  üeher- 
zeugung  folge.  Der  Herr  Vorredner  stellt  nun  die  Begründung  der  südwestafrika- 
niseben  KolonisJgeaellachafl  mit  Reebt  ao  dar,  daaa  diejenigen  Personen,  «elebe 
derselben  beitraten  und  Geld  hergaben,  keineswcga  in  oraler  Linie  von  der  Absiebt 
geleitet  wnrden,  dab^  Geldgeachifta  zn  machen.   Das  ist  völlig  riebtig.   leb  habe 


>)  Die  VerbaaUluDgeu  zwucheo  der  Deutscheu  Küloulai-Gesellscbafl  t&r  tiüdwestatrika  und 
«iBem  holllodlsch-enffllscben  KoDsortlnm  haben  aieb  bekanntlich  serseblagen.  (Kolonial-Jakr' 

buch  18^10,  Seite  1C7.)    Es  hatte  slrh  dann  in  Ilambtiri?  eine  tuuc  Gi  sill-i  h.ift  Ki'bildtt.  \vi  l,!i.» 
unter  deaselben  Hedinsnagen  wie  die  Ir&bere  das  Laud  fibcruebmen  wollte.  Der  Vertras  uii 
4melben  Ist  dann  qilter  genSbmlgt  wordeai.  (SIdie  nnt«r  BMwMtafHka.) 


DIgitIzed  by  G( 


Die  Kolonialpolitik  im  Reichstage. 


127 


Mbon  «ine  frib«r»  Teraii1«nmi|f  benotst,  nm  hier  ta  erUlreo,  dut  der  Bewege 
^nd  in  enter  Unie  der  war,  die  Ehre  der  deutaeben  Kolonialpolitik,  welche  durch 

den  Fürsfen  Bismarck  durch  sein  bekanntes  Telepramm  an  den  Konsul  in  Capstadt, 
dass  das  ganze  (lebiet  der  südwestafriiianisctien  Küste  von  dem  Orangefluss  bis 
Cap  Frio  unter  unseren  Schutz  gestellt  sei,  engaj{iit  worden  war,  al»  die  Ebre  eines 
jeden  Dentsehen  auch  pnktis^  ra  eihaltmi.  h  der  Kommissioa  habe  ich  mich 
euch  dirfiber  anageeproeben,  wie  Herr  Liderits  leinerReit  dnreb  dje  ErfSUnng  der 
VcrbindKchkeitoo,  welche  er  in  Afrika  bei  der  Erwerbunj^  gewitser  Territorien  ein- 
gegangen war  und  durch  andere  Unternehmen  in  Südwestafrika  seine  Mittel  er- 
schöpft hatte,  und  vor  die  Frage  gestellt  war,  entweder  seinem  perstmlichen  Ruin 
entgegenzusehen  oder  das  dort  erworbene  Eigenthum  zu  veräussern.  Ich  habe 
treiter  mitgetbeilt  und  wiederhole  es,  dass  Herr  Löderitz  in  dieser  Nothlage  mit 
gewinen  Engtladem  sich  in  Verbindung  geietst  bette,  welche  gendgt  waren,  ihm 
«eine  Bedtiongen  in  Sfidwestafrika  abstthnfen.  Angesichts  dieser  Sachlage  ent> 
schloss  der  damalige  deutsche  Kolonialverein  sieh  dazu,  einige  Herren  zu  ernennen, 
und  denselben  den  Auftrag  zu  ertheilen,  dass  sie  in  Deutschland  eine  Kolonial- 
gesellschaft in's  Leben  riefen,  weiche  das  Eigenthum  des  Herrn  Lü<leritz  erwarb  und 
weiter  so  Tiel  Kapital  zusammenlegte,  um  das  erworbene  I'^igenthum  in  Südweat- 
Afrika  firnktifisiren  n  Unnen.  Mit  dieser  Aviisabe  wurde  —  nnd  ich  stehe  nicht 
an,  die  Namen  tu  nennen  —  der  jetdge  Finansninister  HcrrMiquel  und  ich  beCrant. 
Wir  Beiden  haben  damals  —  keineswegs  eine  von  autoritativer  Seite  tasammen- 
berufene  I^anquierskorporation,  wie  früher  wiederholt  hier  behauptet  wurde  —  uns 
bemüht,  das  nötbige  Kapital  aufzubringen,  und  es  ist  das  uns  in  einer  angemessenen 
Weise  gelungen.  Redner  ging  dann  auf  die  Th&tigkeit  der  Gesellschaft  ein,  welche 
nach  Ansiahlnng  grosser  Sommen  an  Lfideriti  noch  wdtere  erbebliche  Gelder  f&r 
die  Erforschung  des  Landes  nach  der  wissenschafüiehen  nnd  wirthschaftliehen  Seite 
aufgewendet  habe.  Leider  waren  alle  diese  Hemähungen  von  einem  grossen  Miss- 
fre<;rhick  heimgesucht,  an  dem  leider  auch  das  Answüttiire  Amt  uml  die  deutsehen 
\ertreter  in  dem  Hcreroland  nicht  ganz  unschuldig  sind.  Ais  der  deutsche  lievoll- 
mächtigte  Herr  Goering  mit  dem  Kamaherero  zur  Beseitigung  der  Streitigkeiten 
über  die  Antheflnabmo  an  den  einielnen  Minenbereehtigttngen  dne  Art  von  Frieden 
schloss,  stellte  er  die  Interessen  der  efidwestaMkanisehen  Gesellschaft  in  den  Hinter« 
gmnd  und  Hess  es  geschehen,  dass  Kamaherero  seine  sämmtlichen  Minen  an  dritte 
Abenteurer  hergab.  Dass  unter  solchen  EnttäuschunL'en  die  «ToselUchaft  nicht  mit 
der  Fremli.'keit  ihre  (Teschüfte  betrieb,  wie  sie  es  beai'sichtiglc,  werden  Sie  be- 
greifen. Zum  zweiten  ^ale  hat  derselbe  Herr  üoering  es  geschehen  lassen  müssen, 
•dass  Kamaherero  den  bekannten  Scfautsvertrag  mit  Deutschland  serriss  und  den 
Abeotenrer  Lewis  gewissermaassen  als  seinen  Vertreter  in  die  Regentschaft  ein- 
setzte, endlich  ein  Vorgang  neueren  Datums.  Das  Land  wird  von  Volksst&mmen 
bez.  Chiefs  gewisser  Volksstämme  zei fleischt,  welche  mehr  aus  Privatinteresse  als 
aus  allgemeinen  öfTcntlichcii  Interessen  sich  befehden.  Insbesondere  ist  es  der 
Häuptling  Hendrik  in  Gibeon,  ein  kleiner  Cromwell.  l'Ir  ist  Christ,  geleitet  von 
-egoistisch-religiosen  Grinden,  und  wie  kaum  ein  absolntistiscber  Fürst  von  der 
Gfittlichkeit  seinw  dynastischen  Berechtigung  durchdrangen.  Der  Hftuptling  be- 
findet sich  in  beständigen  Streitigkeiten  mit  den  Hereros  und  er  hat  vor  einigen 
Monaten  einen  Raubzug  gegen  den  Beherrscher  des  llererolandes  unternommen, 
indem  er  eine  vorwiegend  von  Christen  bewohnte  .Stadt  plünderte,  die  Häuser  in 
Brand  steckte  und  die  Viebbeerden  furttrieb.  Nur  wenige  Meilen  von  dort  entfernt 


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128 


Die  Kolonialpolitik  im  Reichstage. 


befand  sieb  der  Führer  der  deutscLen  Scbutztruppe  voa  Fran^ois  mit  50  Penoaeil 
und  ttli  Otw«hr  bei  Fan  in,  diM  der  Feind  des  dentsclieii  SehntaUiiga  den  leti« 
teren  beeilte,  ihm  teine  Stadt  und  Ei|r*ntbnm  nahm.   Daaa  unter  aolehan  Um* 

st&Dden  in  Deutschland  nicht  ein  gewisser  Unternebmvngegeist  erwacht,  um  in 
dieses  Land  hineinzntreten,  dass  8elbst  diejenigen  Personen,  welche  bereits  damit 
begonnen  hatten,  dort  geschäftliche  Unternehmungen  ins  Leben  zu  rufen,  zurück- 
schrecken, das  dürften  Sic,  wie  mir  scheint,  uanz  erklfirüch  finden.  Ich  weis* 
äberbaupt  nicht,  was  denn  Scbutzverträge,  die  ein  europäischer  Staat  mit  einem 
Finten  in  AMkn  nbeehlieat,  ra  bedentMi  haben,  wenn  aie  nicht  nach  dem  deot- 
sehen  Staate  die  VerpAichtnnp  aaferlegen,  diesem  Fönten  in  aeinm  Intermeen 
Schutt  ffegen  fremde  Feinde  angedeiben  zu  lassen.  In  der  Kommission  hat  nna 
der  Herr  Staatssekretär  die  Erklärung  abgegeben,  dass  der  mit  dem  Kamaberero 
abgeschlossene  Schutzvertraij  seitens  der  deutschen  Regierung  nicht  so  gedeutet 
werde,  dass  daraus  die  Verptlichtung  erfolge,  den,  mit  dem  man  den  Vertrag  ah- 
geechlossen  bat,  gegen  Feindseligkeiten  zu  schützen.  Ich  kann  das  rechtlich  nicht 
als  snÜBsig  ansehen,  «enn  ich  aneh  angaben  mnss,  dass  in  dem  gegebMien  Falle 
eine  gewisse  Sehen  berechtigt  sei,  die  deutschen  Interessen  in  vnäbersehbara  Ter» 
Wicklungen  hinein  zu  bringen,  teils  Hauptmann  v.  Franfoia  sich  dem  Einfall  Ton 
Hendrik  Witboy  in  das  Land  unserer  Schutzbefohlenen  entgegengesetzt  hätte.  Nun 
habe  ich  weiter  die  Pflirht,  darauf  hinzuweisen,  dass  die  Vorstell iiii!.',  das  Land  sei 
eine  zusammenhän^^ende  Sandhüchse,  irrig  ist.  Ich  sagte,  dass  in  den  ersten  Jahren 
dea  Erwerbs  in  den  dortigen  Schutzgebieten  das  Hauptaugenmerk  der  deutacbea 
Interessen  anf  die  Gewinnung  nnd  den  Abbsa  ton  Minen  geriehtet  war.  Das  Vor- 
gehen anf  diesem  Wege  hat  nicht  gnnatige  Resnltaie  herbeigeffihrL  Sa  sieht  bis- 
her nicht  fest,  dass  es  in  diesem  Gebiete  Minen  giebt,  welche  in  Biploitation  in 
nehmen  sich  vom  wirthschaftlichen  Standpunkte  lohnt.  Aber  dass  man  fast  ans- 
schlicsslich  auf  die  Minen  die  Aufmerksamkeit  lenkte,  hat  auf  der  anderen  Seite 
den  Nachtheil  gehabt,  dass  man  die  Untersuchung  des  Landes  für  landwirthscbaft- 
liche  Zwecke  ganz  aus  den  Augen  verlor.  Erst  im  Laufe  der  leisten  Jahre  hat 
tifä  Beamter  der  Oesellschaft»  ein  Herr  Hermann,  der  schon  seit  mshroron  Jahren 
in  dem  Schntagebiete  wohnt,  aieh  des  Studinma  dieser  Frage  angenomann  nnd  ist 
dabei  zu  solchen  Resultaten  gekommen,  die  es  in  der  Tbat  erhoffen  lassen,  wenn 
man  mit  der  nöthisren  Sachkenntniss  und  Vorsicht  und  dem  nöthiiren  Unternehmung 
geist,  ohne  den  überhaupt  Kolonial^escilschafteii  in  fremden  Ländern  nicht  möglich 
sind,  vorgeht,  in  einem  grossen  ausgedehnten  Tbeile  des  Schutzgebietes  den  Raum 
ür  hoffnungsvolle  deutsche  Niederlassungen  zn  finden.  Das  Klima  in  Sdintsgobiet 
ist  auq^eaeiehnel,  der  Boden  iat  frnchtbar,  wenn  ihm  das  ndthige  Wasser  sogoführt 
wird.  Nach  der  letsteren  Ricbtong  hin  bestohem  allerdings  Schwierigkeiten.  Die 
natürlichen  Kiederschl&ge  sind  zu  gering,  man  wird  deshalb  auf  kfinstlichem  Wege 
die  Wa.<ser  herleiten  und  zur  Berieselung  benutzen  müssen-  Ganz  ähnliche  oder 
fast  dieselben  Verhältnisse  sind  auch  in  Transvaal  gewesen.  Ik-r  Abg.  Bamberper 
spricht  mit  einer  gewissen  Besorgniss,  ja  er  urtheiit  sehr  absprechend  über  üiuen- 
kolonien.  Ich  stimme  ihm  anch  an  der  Hand  meiner  Stndien  über  diese  Frage 
vollkommen  bei,  dass  Wnenkolonien  als  solche  far  daa  Mutterland  in  der  Begol  die 
geringsten  Vorthelle  bringen,  im  Oegentheil,  namentlich  da  sie  moraliaebo  Sehl- 
digung  im  Gefolge  haben,  nicht  zu  den  besten  Kolonien  eines  Landes  gehören. 
Aber  ich  glaube  doch,  dass,  wenn  wie  bei  uns  die  Entwickelung  eine»  auseedehnten 
Bergbaues  mit  Entwickelung  der  Landwirtbschaft,  also  mit  der  Produktion  der- 


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Di«  Kolonialpolitik  im  Reichstage. 


129 


jenigen  Oegentttnde,  welche  die  arbeitende  BevSlkeniiig  In  dea  Hinendiitrikten 
eifordeilt  gei^ielit,  lieli  dann  rine  dnreiiaue  glneklid»«  Eifiiiiaiig  von  Kriflen 
findet,  welche  jene  Bedenken  des  Ab|;.  Bamber(;cr  aus  der  Welt  scbaSt.   Der  Herr 

Hermann  ist  davon  ül>erzeui;t.  dass  sirh  in  Süiiwestafrika,  namentlich  in  (Jross- 
Namaijualand,  t:anz  erhebliche  Flächen,  deren  l  nifaiig  sich  auf  15  000  Qu.-.Meileu 
bemisst,  tinden,  in  denen  man  insbesondere  die  Schafzucht,  also  Wollproduktion 
einfahren  konnte.  Er  urtbeiU  dabei  keineawegt  doktriiAr  und  theoretiseh,  da  schon 
in  Lande  greeie  Heerden  Torkooinen,  und  er  lagt  mit  ToUem  Recht«  daaa,  wenn 
auch  das  Land  keine  Zukunft  biete  für  die  Kntwickelung  eines  grossen  ausgedehn- 
ten 'ietrcidehaues,  doch  i^erade  di«-  Ki'j»'n-cliafteii  des  Landes  auf  eine  intensivere 
Kultur  auf  den  (jarteuliau,  und  nebeuliei  auf  die  l'rotluktiou  vou  Wolle,  die  Unter- 
haiiung  vua  öcba&fheerden  etc.  hinwiesen,  und  dass  dies  für  Deutschland  nur  in 
heheo  Manne  erfreulich  sein  könne.  Die  Vorlage  aoll  nur  dasn  dienen,  um  wei- 
tere  Vorbereitungen  xu  treffen,  eine  Art  rnntaritativer  Vorbereitung  ISr  die  nihere 
Untersuchung  des  Landes  botrdb  seines  wirtbschaftlicben  Wertbes  Itenustellen. 
Ks  sollten  die  Gegner  der  tjanzen  südwestafrikauischeu  Kolonie  und  der  gesammten 
Kolonialpolitik  doch  geneigt  sein,  gt'rade  für  diesen  von  ihrem  Standpunkte  aus 
letzten  Versuch  doch  die  Mittel  zu  bewilligen,  da  es  doch  auch  ihnen  niciit  leicht 
a«n  wurde,  wenn  Deutschland  in  die  Mothwendigkeit  kirne,  hier  von  diesem  seinem 
Kolonialbeeits  Abatand  nehmen  und  ihn  an  fremde  lAnder  übertragen  su  möMen. 
Dafür  haben  Sie  ja  alle  eine  lebhafte  EiDjifinduag,  dass  der  Rücktritt  von  einer, 
wie  ich  zugebe,  mit  einem  gewissen  Aplumb  in  Szene  gesetzten  Kolonialpolitik 
gerade  nicht  zu  den  angenehmen  politischen  Erfahrungen  eines  Freundes  seines 
Staates  gehört,  ich  erwarte,  dass  heute  der  Herr  Reichskanzler  die  ciüte  hat,  sich 
iber  dieae  Frage  aossusprecben,  ob  und  in  wie  weit  die  in  den  Zeitungen  stehende 
Nachrieht  richtig  last,  dase  seiner  Zeit  daa  Ziel  verfolgt  werde,  SSdwettafrika  sum 
Gegenstand  eines  Tauschobjekts  mit  anderen  Staaten  zu  machen.  Ich  kann  nicht 
annehmen,  deujs  diese  Nachricht  auf  Wahrheit  beruht,  und  hoffe,  dass  in  diesem 
Sinne  seine  Antwort  ausfallen  wird.  Redner  empfahl  dann  der  Reiritruug,  der 
neuen  Kolonialgesellschaft  für  Südwestafrika  die  üeuehmigung  nicht  zu  versagen. 

Der  Abg«  Dr.  Windthorst  wfinsehte,  dass  die  Regierung,  da  man  siebt  ohne 
weiteres  suruek  könne,  einen  festen  Pbm  ober  das  weitere  Vorgehen,  welehes  sie 
ins  Auge  gefasst,  vorlegen  möchte.  Da  der  Herr  Reichsknuler  kein  Kolooial- 
schwärmer  sei,  so  könne  man  der  weiteren  Kntwickelung  der  IMiif^e  ruhig  entgegen- 
sehen. Immerhin  habe  es  ihn  unangenehm  berührt,  dass  Hauptmann  v.  F'ran^ois 
den  dortigen  Dingen  so  ruhig  zugesehen.  Er  setze  seines  Theils  voraus,  dass  die 
'  Regierung  jeder  Zelt  bereit  sein  werde,  wenn  die  Verfakltnisse  ee  verlangten,  die 
Sache  anzugeben,  oder,  wenn  das  nicht  möglich  sei,  wenigstens  mit  nller  gebotenen 
Vorsidit  und  ümsicht  ▼onugehen.  Aber  er  wiederhole,  es  sei  ein  anderer  Stand- 
punkt, eine  Sache  beginnen  oder  eine  begonnene  aufjgoben,  und  von  diesem  Stand- 
punkte aus  werde  er  för  die  Vorlage  stimmen. 

Rede  des  Herrn  Reicbskanslers. 

Reichskantler  t.  Caprivi  steht  der  sfidvestnfirikanischen  Kolonie  kühl  gegen- 
über und  bekennt,  dass  sie  ihm  schon  manche  Sorge  gemacht  habe.   Es  ist  ja  bei 

der  Entstehung  unserer  Kolonieen,  die  zum  grossen  Theile  Kinder  des  Gefühls  und 
der  Phantasie   sind,   nur  zu  natürlich,   dass   plötzliche  Umschläge  in  der  Weith- 
sch&tzung  kommen,  und  während  man  Südwestafrika  vor  Jahren  als  eine  Art  von 
Koloniales  Jahrbneh  IML  9 


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130 


Die  Kolonialpolitik  im  Reichstage. 


PmmIIw  ■düldtrto,  in  dt«  HandmiaiMaii«  fon  Deutaehtn  Muwand«ni  kSantcii,  ia 
dem  Gold  und  ich  weiBs  nicht  wm  aomt  noch  allet  «uf  der  Stnate  Hg»«  ist  mut 

jetzt  in  ein  pessimistisches  Extrem  n«eb  der  anderen  Seite  umgeschlagen.  Die 
gegenwärtige  Kolonialre^iermig  hält  an  den  Traditionen  ihres  Vorgrinffers  au-.-h  in 
Bezug  auf  diese  Kolonie  fest,  wir  verfolpen  dieselben  Ziele,  wie  >ie  in  früheren 
Jahren  verfolgt  worden  sind.  Ich  will  Sie  nicht  damit  ermüden,  die  Motive  über 
du  OmsU  von  S.  Febroar  1888  tu  TwlMen,  durch  w«IehM  der  R«iditkonmiinr 
ür  Ostefrikn  eifMrtit  wurde,  in  d«n«n  gani  klar  MiagwprodiMi  worden  iit,  wie 
die  verbandeten  Regierungen  sich  dae  Yerbältniss  der  Regierung  in  den  Kolonieen 
SU  den  Weissen  und  zu  den  Eingeborenen  denken.  Genau  auf  diesen  Grundsätzen 
fussend  sind  die  Instmktioncn  gegeben  worden,  die  der  Zivilbeamte  und  der  *  »ffi- 
zier  in  Ostafrika  erhalten  haben.  Die  Instruktionen  g^eben  im  ganzen  darauf  bluau^, 
dasi  sie  die  Weissen  zu  schützen  haben^  sich  aber  in  Händel  der  Eingeborenen 
ideht  tu  miedieB  hitten.  Man  bat  weiter  die  Frage  geeteUt,  wie  die  Regfemogen 
sieb  denn  sur  Znlastong  «oaliBdiseber  Oeselliebaften  stellen  würden.  Wir  haben 
nichts  dagegen  und  haben  das  ja  durch  die  That  an  vielen  Orten  bewiesen,  winA 
auch  durch  Verträge  dazu  verpflichtet,  andere  als  deutsche  Gesellschaften  in  unseren 
Kolonieen  ziiziilassen.  Indes.><en  darin  weiche  ich  doch  von  dem  Abg.  üammacher 
ab:  wenn  es  acblieäi»lich  sso  weit  käme,  dass  eine  deutsche  Kolonie  uur  durch 
Nichtdeutscbe  exploiürt  würde,  so  wurde  ich  der  Meinung  sein,  dass  der  deutsche 
Sehnte  gegenstandslos  geworden  ist;  denn  was  haben  wir  Ifir  ein  Intersise  dann, 
dentsdies  Geld  nnd  deutsche  Bhre  für  Niehtdentaehe  an  engagirao?  (Sehr  riehtig!) 
So  weit  ist  die  Sache  indessen,  was  Südwestafrika  angeht,  noch  nicht  gekommen. 
Die  Zahl  der  Deutschen,  die  Ms  jetzt  da  thätig  sind,  ist  allerdings  sehr  gering, 
aber  wir  brauchen  die  HofTHung  noch  nicht  aufzugehen,  dass  sich  dieses  Verbfiltniss 
ändern  wird.  Im  Augenblicke  t>md  Verhandlungen  mit  einer  Gesellschaft  im  Gange, 
und  wenn  nicht  im  letzten  Augenblicke  noch  Stömngeu  eintreten,  so  lieben  wir 
die  HoAinag,  daas  dieselben  perfekt  werden.  Bs  handelt  aieh  um  eine  in  wesMit- 
ü^n  ans  Deutseben  nnd  dentsebens  Kapital  snsammengeeelste  Gesellschaft,  dis^  in 
Deutsdiland  gerundet,  sich  die  Aufgabe  stellen  wird,  einen  Theil  der  Geschifte 
zu  übernehmen,  die  bisher  in  der  Hand  der  södwestafrikanischen  Gesellschaft  waren. 
Bei  dem  gegenwärti^ren  Stande  der  Nerbandlungen  kann  ich  mich  nicht  auf  Km- 
zelbeiten  einlassen,  aber  ich  kann  mich  der  Hoffnung  hiugebeu,  dass,  wenn  dieser 
Vertrag  zu  Stande  kommt,  die  deutschen  Interessen  sich  in  Südwestafrika  in  einer 
gedeihliehen  Weise  entwickeln  kSnoen,  nnd  dass  damit  jeder  Grund  für  die  Regie- 
rung w^Ollt,  der  Gesdlschaft,  die  sieh  gründet,  oder  denen,  die  sieh  noch  gründen 
werdni,  die  Bestätigung  zu  versagen.  Denn  wenn  mein  Amtsvorgänger  bisher  tot» 
schiedeuen  Geseliscbaften  die  Cienehmisrunir.  ^-icli  in  Südwestafrika  zu  ctabliren, 
versagt  hat,  so  lre^cbah  es  nur,  weil  da^  keine  deutschen  Gesellschaften  waren. 
Der  Abg.  üammacher  hat  an  mich  die  Frage  gerichtet,  ob  ich  die  Absicht  hätte, 
oder  gehabt  bitte,  Südwestafrika  su  verkanfNi,  wie  es  in  den  Zdtungen  gestanden 
habe.  Ich  hatte  wirklieh  geglaubt,  bei  meiner  BnthaltBamkeit  in  Besng  auf  die 
Presse  nachgerade  über  dergleichen  Fragen  fort  su  adn.  Wenn  ich  auf  alles  das 
erwidern  sollte,  was  in  der  Presse  steht,  so  habe  ich  viel  zu  thun.  Wenn  nun 
weiter  die  Frage  angeregt  worden  ist,  <>\>  dieser  Standpunk?  der  Regierung  nun 
auch  für  alle  Zeiten  dersel'je  sein  würde,  so  muss  ich  >a2eii,  mir  fehlt  <iie  prophe- 
tische Gabe.  Wenn  ich  tu  Tautologien  reden  soll,  so  kann  ich  vorsichtiger  Weise 
nur  sagen,  das  ist  dsr  Standpunkt  der  Terbfindeten  Regierungen  heute;  fOn  dieeem 


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Die  Kolonialpolitik  im  UeicbäUge. 


131 


Standpuiikto  balMii  die  Yorlafe  eioferaiclit,  und  wfiiiBeheD»  dass  ta»  genebmigt 
wird.  Dmu  frt  tneh  du  VerliiltiiiM  uiuartr  Schntstruppe  in  den  Kimpfeo  Wit- 
boys  mit  den  Heraroe  beriährt  worden.  Uneera  SiAiitztruppe  besteht  au«  40—50 
anfangs  berittenen,  nachf^orade  «nheritten  gewordenen  Polizisten  (Heiterkeit).  An 

der  Spitze  steht  ein  Offizier,  zur  Zeit  Hauptmann  v.  Kran^ois,  dem  ich,  im  Gegen- 
satz zu  manchen  Anfeindungen,  die  er  erfahren  hat,  denen  jede  Polizei  vollends 
unter  braunen  llenscben  ausgesetzt  ist  (Heiterkeit),  das  Zeugnias  anastellen  muss, 
daaa  er  aainen  FnnlttiODeii  vonugHcb  genügt  oad  aeine  InatmktieneB  in  lehwie- 
rigen  YerlAltBiaBeB  genaa  beiblgt  hat  Er  ist  preoatiaebar  OfBiiar,  und  icb  weit» 
aus  seinen  Berichten,  dass  es  ihm  viel  schwerer  geworden  ist,  nicht  zu  schiessen« 
als  zu  schiessen.  Er  hat  aber  seine  Instruktion  befolgt,  und  ich  habe  gar  keinen 
Anlass,  diese  zu  ändern,  sondern  habe  sie  von  neuem  bestätigt  und  ihm  von  neuem 
eingeschärft.  Denn  was  soll  entstehen,  wenn  diese  50  Polizeisoldaten  sich  in  deu 
Streit  Ton  Völkerschaften  mnmiacben,  die  auf  der  einen  Seite  60000,  auf  der  an- 
deren vialleieht  19000  Menaeben  tUdan?  In  dem  itidUeben  Tbeile  nnaeraa  aud- 
waataMkaniaebtn  Oabietaa  iat  ein  Haan  auljKeatBnden,  balb  Prophet,  halb  Krieger, 
Witbey  genannt,  der  dM  Talent  hat,  seine  Umgebung  sn  begeistern  und  fortzu- 
reissen.  Der  hat  eine  Truppe  ton  450  nOO  Mann  7us,immen<»ebracht,  die  alle  mit 
Hinterladern  bewaffnet  sind,  und  iMnk  der  Freundlichkeit  unserer  Naclibarn  in 
Südwestafrika  (hört,  hört!)  auch  reichlich  mit  Munitiou  verseben  sind.  Mit  dieser 
Truppe  bat  er  aicb  in  ein  Felsennest  zurückgezogen,  von  dem  aus  macht  er,  wenn 
der  Hunger  ihn  treibt»  AuaAUe.  8o  iat  er  aueb  im  Herbat  vorigen  Jabrea  in  daa 
Land  der  ^eroa  geiogen,  um  dort  die  Vlehbeerden  w^tutreiben.  Daa  ist  ihm 
nneh  im  vollen  Umfange  geglückt.  Nun  sagt  man,  bei  dieser  6elei;enheit  habe  die 
deutsche  Sohutztnippe  («ewehr  hei  Fuss  dajifestanden.  Das  ist  richtig.  Ahor  ich 
bitte  Sie.  sich  einmal  die  Kunscquenzen  auszumalen,  wenn  sie  nicht  Geweiir  hei 
Fuss  gestauden,  sondern  das  Schiessen  gekriegt  hätte  (Heiterkeit).  Was  sollen 
50  Hinterlader  gegen  450—500?  Nun  will  icb  swar  die  Scbiessansbildung  der 
Deutschen  aehr  hoch  und  die  der  Hottentotten  sehr  niedrig  uMdilngen;  aber  auf 
die  Dauer  kommt  ein  Moment,  wo  aueb  von  sdileebt  gesieltem  Feuer  eine  grosse 
Zi^l  von  Schüssen  derartig  wirkt,  dass  50  Mann  vom  Erdboden  Tersch winden. 
Herr  von  Fran^ois  sagt,  er  würde  sehr  gern  einen  entscheidenden  Schlai:  gejyen 
den  Mann  geführt  haben.  Ich  muss  mir  indess  sagen,  wenn  dieser  lirave  Haupt- 
mann den  Schlag  riskirt  und  siegt,  nun  was  ist  die  Folger'  Wie  viel  Mann  wird 
er  von  seiner  Scbutxtruppe  noeh  übrig  behalten?  Was  madit  er  dann,  wann 
Witbo7  deh  wieder  nach  seiner  Felaräbnif  surocksiebt?  Cemiren  kann  er  ihn 
gar  niebt,  er  kann  tMk  «och  nicht  so  lange  behaupten,  bte  wir  ihm  neue  Unter- 
stitsnng  aebicken.  Nun  ist  die  Frage  angeregt  worden,  ob  sieb  Herr  v.  Fran^ois 
nicht  unseren  Freunden,  den  Hereros,  verbünden  könne  Herr  v.  Fran^ois  sagt, 
er  danke  für  (lie^e  Bundesirenossen  (Heiterkeit),  und  ich  ulaube,  er  hat  Recht. 
Zunächst  kommt  dabei  eine  Schwierigkeit  in  Betracht,  die  das  Land  bietet.  Cirüssere 
Abtbeilongen  sind  dort  sebr  schwer  im  Wege  der  Requisition  tu  em&bren,  und 
noch  schwerer  su  trinken.  Jene  Bundesgenossen  würden,  da  sie  nicht  voUwerthige 
Mitatroitsr  sind,  ffir  uns  nur  Ballast  sein.  Herr  v.  Fran^ois  hat  su  aeiner  Vermu- 
tbuDg,  dass  diese  Hereros  nur  Ballast  sein  würden,  auch  insofern  eine  Berechtigung, 
als  sie  sich  bisher  —  ich  will  der  Ehre  der  Hereros  nicht  zu  nahe  treten  —  durch 
einen  hohen  Grad  von  Vorsicht  ausgezeichnet  habtn.  ((irosse  Heiterkeit.)  Auch 
bei  den  letzten  Ereignissen  im  September  ist  keinem  Weissen  ein  Haar  gekrümmt 

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132 


Die  Kolonialpolitik  im  Reiihstage. 


worden,  so  viel  Respekt  bat  Witboy  vor  den  Weissen  gehabt;  er  bat  dM  Haus 
keines  Weissen  betreten,  ja  nicht  einmal  ans  der  Pfntie  getrlnkt,  von  der  Haupt* 
mann  v.  Francois  bebavptet.  sie  firehöre  ihm.   Trotsden  babm  die  Herero«  sieb 

wenig  oder  irar  nicht  penlliit,  sondern  haben  es  vorgezogen,  in  die  Hätisor  (hr 
Weissen  zu  latifeii  und  dort  Si-Imtz  zu  finden,  statt  sich  zu  wehren,  obwohl  sie 
eine  Bevölkerung  ist,  die  im  ganzen  600Ü0  ^eni>cben  7.ühlt.  Dass  wir  also,  so 
lange  niciit  deutscbe  InterMsen  in  grösserem  Umftunge  dort  engagirt  sind,  keinen 
Qmnd  haben,  deutsches  Blut  für  die  Hereros  sn  vei^essen,  ist  uns  sweifelles,  als 
die  Hereros  bei  den  Ereignissen,  vo  der  Bngl&nder  Lewis  eine  Rolle  spielte,  sieb 
uns  gegenüber  recht  unschön  benommen  haben.  NMchta  desto  weniger  würde  ich 
einer  Vermehrung  der  Srlmtztrnppe  nicht  abgeneigt  sein,  immer  aber  unter  der 
Voraussetzung,  dass  erst  mehr  zu  schützen  da  ist.  Man  bat  mich  wiederholt  an- 
gegangen und  gesagt:  Ja.  Gott,  was  wollen  Sie,  was  sollen  wir  unü  in  Südwest- 
afrika ttiederlasseii,  vir  finden  da  keinen  Schult;  orst  bringen  Sie  mal  eine  Tmp- 
penmacbt  hin,  die  uns  ein  ungestörtes  Arbeiten  garantirt.  Ich  kann  das  nicht 
aeceptiren,  ich  bleibe  bei  dem  Grundsatz  meines  Amtsvoigingers:  Brst  mnss  etwas 
zu  schützen  sein  und  dann  kommt  die  Trappe  hin.  Sonst  wfirde  es  eine  Schraube 
ohne  Ende  sein,  und  wir  bekommen  eine  Kolonialarmee,  die  wir  über  halb  Afrika 
zerstreuen  könnten.  Wir  wollen  nur  in  Ruhe  abwarten,  wenn  da.s  Haus  die  .\ntr;igo 
der  Regierung  genehmigt,  wie  das  Jahr  ablaufen  wird.  Wir  sehen  es  mehr  wie 
ein  Versnchsjahr  an,  wir  können  nicht  in  dl«  Znknnll  bUeken,  hibea  abef'  tidit 
den  mindesten  Orond,  an  der  Zukunft  sn  sweifsln,  denn  in  Besug  auf  das,  was 
der  Abg.  Hammacher  über  die  Zukunft  des  Landes  sagt,  kann  ich  ihm,  gestützt 
auf  meine  Kenntniss  der  tbatsicblicben  Verb&ltnisse,  die  wahrscheinlich  aus  den* 
selben  Berichten  datirt  wie  seine  Kenntni.ss,  nur  zustimmen.  Man  kann  nicht 
wissen,  was  aus  dieser  Kolonie  alles  wini,  s  iIkiM  man  erst  Zeit  hat  und  geneigt 
ist,  Kapital  hineinzustecken.  iJer  gegenwärtige  Zustand  ist  nicht  baltbar.  Geben 
Sie  uns  aber  sin  paar  Jahre  Zeit,  dann  werden  wir  sehen,  was  ans  der  Sache  au 
machen  ist. 

Der  Abg.  Richter  knüpfte  an  den  Ausprach  des  Reichskanslera  in  dem 

Versucbsjahre  an,  um  sich  gegen  die  Bewilligung  auszusprechen,  da  man  in  einem 
solchem  Falle  sich  enthalten  müsse,  irgend  etwas  Neues  in  dem  Schutzgebiete  an- 
zufangen. I)ie  Konsequenzen  solcher  Bewilli);unL'>  ii  könnton  sich  praktisch  sehr 
leicht  auf  eine  nicht  absehbare  Zeit  erstrecken.  Kr  habe  es  verstanden,  dass  das 
Zentrum  in  seinor  Kolonialpolitik  eine  gewisse  Wendung  macht«  und  flinea  Zu* 
sammenhang  zwischen  der  Kolonialpolitik  und  der  Dnterdrücknng  der  Sklaverei  an 
eritonnen  glaubte,  in  Südwestafrika  komme  aber  der  Sklavenhendel  absolut  nicht  in 
Betracht,  hier  handle  es  sich  lediglich  um  Kolonialpolitik-  I>er  Herr  Abg.  Windt- 
horst  meinte,  wir  müssten  unsere  überschüssigen  Arbeitskräfte  in  andere  Lfmder 
verpflanzen.  Haben  wir  denn  in  Deutschland  einen  Ueberfluss  an  laiidwirthschaft- 
licben  Arbeitern?  Gegen  die  Sacbsengängeret  wird  mit  allerlei  polizeilichen  Schika- 
nirungen  vo^egangen  und  ein  konservativer  Redner  hat  doch  noch  vor  wanigen 
Tagen  mit  Rncksieht  auf  die  Saehsongftngerei  vor  der  Herantersetsnng  der  Per» 
sonentarife  gewarnt.  Hier  will  man  nun  künstlich  eine  Afrikag&ngerei  insoealren. 
(Heiterkeit.)  l'io  Arbeiter  befinden  sieb  bei  der  Sachsengingerei  durchweg  ganz 
wohl,  bei  der  .Vfrikagäntrerei  würde  dies  weit  weni?er  dfr  Fall  sein.  Ich  möchte 
keinem  Sachsengünger  rathen,  sich  auf  Afrika  einzulassen,  er  könnte  »ehr  trübe 
Erfahrungen  machen.    Die  Regierung  ist  über  Werth  oder  Unwertb  von  Südwest* 


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Die  Kolonlalpoliük  im  Reichstage. 


138 


nfrika  iiocfi  durchatis  unklar.  Wie  kann  man  es  da  verantworten,  wie  Abg.  Ham- 
mailur  meinte,  ein  autoritatives  (intachten  abzugeben,  durch  welche.'«  sich  Arbeiter 
bestimuieu  \a&sen  könnten,  aus  Deutschland  nach  Afrika  zu  geben.  Die  Sache  hat 
eine  grnndifttsliehe  Bedentnng.  Die  Kolonialpolitili  litt  mae  schon  msocbe  Un- 
gelegenbeit  gebncbt,  ebw  die  Regierang  bat  sieb  gebfitet,  sieb  in  die  Koleoisttions- 
fra^^e  einzumischen.  Wer  dorthin  gebt,  thut  es  auf  eigene  Reebnnng.  Gans  anders 
liegt  (ÜB  Sache,  wenn  solche  Versuchsanstalt  eingerichtet  werden  soll.  Wenn  es 
noch  eine  reine  liegierungsan.stalt  wärel  Aber  man  will  einem  dort  angesiedelten 
Deutschen  einen  Zuscbuss  geben,  welcher  den  Landleuten»  die  dahin  kommen, 
Auskunft  geben  soll.  Das  ist  die  denkbar  ungläcklicbste  Verquickung  einer  autori- 
tativen Beliörde  mit  den  Privatinteressen.  Der  Privatmann«  der  eieh  auf  seiner 
Besitsnng  abgeschieden  von  alten  äbiigeo  befindet,  hat  doch  ein  gans  natfirliehes 
Interesse  daran,  Nachbarn  zu  bekommen  und  solche  Leute  dahiczulocken.  Es  ist 
nicht  unparteiisch,  trotzdem  soll  es  von  Reichswegen  eine  Autorität  erhalten.  Hei 
der  Lrricbtung  einer  landwirth:»chaftlicheu  Versuchsstation  kommt  es  nicht  nur 
darauf  an,  ob  da  etwas  w&cbst,  die  Frage  ist,  ob  das  auch  lohnend  veitauft  werden 
kann,  und  wenn  das  nicht  möglich  ist,  dann  ist  die  gaase  Produktion  der  betref- 
fenden Gegend  gar  nichts  werth.  Die  schöne  G^nd  dort  ist  von  jedem  Verkehre 
abgeschnitten.  Ganz  Südwestafrika  hat  gar  keine  regelmässige  Verbindung,  ab  iind 
zu  kommt  ein  Segolschiff  aus  Kapstadt  dürthin.  Ks  hat  15  — "iOOtJO  ileutsche 
Quadratmeileu  und  umlus^st  500  Europäer,  auf  40  Quadratmeilen  kommt  ein  Kuropüer 
und  auf  200 — .300  ein  Deutscher.  Wie  stebt^s  nun  mit  den  Rechtsverhältnissen? 
Ich  halte  die  Instraktionen,  w^che  die  Regierang  dem  Hauptmann  v.  Fraufois  ge- 
geben bat,  für  durchaus  verstindige.  Wenn  man  aber  dort  eine  Sehutitrappe  hat, 
die  ausser  Stande  ist,  einen  Sehuti  SU  gewähren,  wie  kommt  man  dann  dazu, 
sich  in  ilie  Kolonisationsfrage  einzumischen?  Obschon  man  dort  eine  Sobutztnippe 
bat,  kann  inau  doch  nicht  schützen,  da  dächte  ich,  dürfte  die  Krage  einer  Abtrat nn^' 
wohl  in':»  Auge  zu  fassen  sein.  Wir  haben,  ohne  unserem  Auseben  zu  schaden, 
unsere  Flagge  auf  den  Karolinen  und  anderswo  niedergezogen,  das  hat  ein  paar 
Kolonialsehvirmer  su  Zeitungsartikeln  veranlasst,  aber  geschadet  hat  es  uns  nicht. 
Heute  scheint  die  Regierung  selbst  zu  fühlen,  da.s.s  sie  bei  einem  Wen  it  imnkte 
stehl,  dass  es  so  kein  .Jahr  länger  fortgehen  kann:  da  kann  man  wohl  norh  anf  ein 
Jahr  die  alte  Bewilligung  ausbpreclien,  aber  ich  denke,  wir  tiaben  deshalb  keine 
Ursache,  sie  zu  einem  Vorgehen  noch  anzuspornen,  das  nimmermehr  zum  Wohl 
Deutschlands  sein  kann. 

Der  Abg.  vea  Vellmar  kann  nicht  begreifai,  wie  man  f&r  Sudwestafirika 
nicht  nur  Geld  bewilligen,  sondern  es  sogar  vermehren  wolle.  Disss  man  mit  den  Ein- 
geborenen Verträge  schlösse  und  sie  nicht  schütze,  könne  nur  das  deutsche 
Prestige  schädigen.  Nach  den  bisherigen  Erfahrungen  mit  den  l'rtheilen  Sachver- 
ständiger kann  man  nur  wenig  Vertrauen  zu  der  laudwirtbschaftlicben  Entwicklung 
SddwestafHkas  haben.  IMe  Herren  rechts  und  im  Zentram  spii^n  sich  immer  als 
Freunde  der  Landwirthschaft  und  Viehtnehtung  auf  und  sperren  sie  gegen  das 
Ausland  ab  —  nun  wollen  Sie  diesen  im  Inlands,  in  den  Kolonien  einen  Konkur* 
renten  schaffen  I  Wie  wird  e>  sich  hier  mit  dem  Viehzoll  mni  li.-m  Wollzoll  ver- 
balten?  Wer  für  <lie  Korderuni;  stimmt,  thut  dies  aus  den  anije^H'heiien  (inuulen 
nur,  weil  er  andere,  bessere  ürüudc  nicht  nennen  will.  L'urch  die  Bewilligung  der 
neu  geforderten  23500  Hark  wurde  man  sich  hier  weiter  engagiren,  wUrend  wir 
das  Land  am  besten  aufjKiben,  die  dortige  Scbutstroppe  auflisten  und  unsere 


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134 


Di«  KolonuJpoHtik  im  Rdehatage. 


(ganzen  Engagements  dort  lösten.  Man  sagt,  ein  grosser  Staat  könne  das  nicht  so 
•  tlino  Weiterps  tliun;  ich  verstehe  nicht,  wie  das  im  nationalen  Sinne  liegen  kann, 
weau  man  einmal  eine  Dummheit  gemacht  bat,  dabei  zu  bleiben ;  gerade  ein  grosser 
$tul  hon  4u,  ohne  aieh  «twas  su  vergebeii. 

D«r  Abg.  Dr.  Haomaeher  «riimarto  daran,  daia  der  Gedanke  daa  Ffirstaa 
Biaani^  avf  Sfidweatafnka  die  deutsebe  ScIintilierTadiaft  so  eratreeken,  doreh  das 
Kedärfuiss  der  ßarmer  Missionsgeseliscbaft  nach  politischem  Schatze  angeregt  mar. 
Kr  zweifle  nicht,  dass  Herr  Hr.  Windlliorst  und  seine  Freunde  auch  jetzt  im  Interesse 
der  Christianisirunu'  für  Süilwestafrika  die  nöthiffen  Mittel  bewilligen  werden.  l>er 
Uerr  Keicbskanzler  ging  wohl  von  einem  Irrthum  aus,  wenn  er  meinte,  ich  wünsche 
den  dentaehen  Sehtita  auch  dann  aufrecht  an  erhalten,  wenn  Dentachland  kein 
Intereaae  daran  habe,  nnd  hielte  eine  Znrnckwdanng  dieaea  Wnnaehea  fdr  neth> 
wendig.  Dem  gegenäber  bemerke  ich,  daas  ich  in  dieser  Seite  der  Frage  durchaus 
auf  dem  Standpunkt  des  Herrn  Reichskanzlers  stehe.  Rs  bandelt  sich  bei  dem  ia 
Rede  stehenden  Vertrage  über  die  Eigentbumsobjekte  der  Südwestafrikani-^chen 
(iesellschaff,  nicht  um  ein  Aufgellen  unserer  dortigen  Interessen,  er  soll  im  Gegen- 
theil  diese  Interessen  vertiefen  und  erweitern.  Daas,  wie  der  Keicbskanzler  meinte, 
tiei  der  Brwerbnnf  der  aiidweitafrikaniBchen  Sehntigebiete  in  Kolonialkreiaen  die 
Ueinung  geweaen  aei,  daaa  aofort  Hnnderttanaende  ton  Dentaehen,  die  das  Vater> 
land  verlassen  wollen,  dort  ein  geeignetes  Gebiet  knlturellcr  nnd  wirthaehaftlicber 
Tb&tigkeit  finden,  wüsste  ich  nicht.  Meiner  Erinnerung  nach  stand  man  der  Er- 
werbung Südwestafrikas  sehr  nüchtern  gegenüber,  was  ich  namentlich  Flerrn  Richter 
gegenüber  sage,  der  auf  meine  Ausführungen  mit  einer  der  Wirklichkeit  nicht  ent- 
sprechenden Kritik  vorging.  Der  Abg.  Richter  erinnerte  an  die  denkwürdige  Sitzung 
der  BadgetkoBsmisaion  im  Jahre  1885,  wo  ich  die  Anai^t  Tortreten  bitte»  die  Br- 
werbnnf liege  im  Intereaae  des  dentichen  Vaterlandea.  Daa  habe  ich  nicht  gelhan. 
Vielleicht  berichtigt  Herr  Richter  seine  Ausführungen,  wenn  ich  daran  erinnere, 
dass  es  sieb  damals  darum  handelte,  bei  der  Berathung  der  Uebernabme  einer  Zins- 
parantie  für  eine  Dampferlinie  den  Zusammenhang  zwischen  diesem  F,ntwurfe  und 
der  deutschen  Kolonialpolitik  darzuthun.  Ich  habe  damals  allerdings  erklärt,  dass, 
wie  die  Einrichtung  subventionirter  Dampferlinien  auch  die  Erwerbung  von  Schutx* 
gebieten  ein  Akt  dentaeher  Kolonialpolitik  aei  und  den  Intereiaen  Deutsehlands  im 
Auslände  dienen  Deahalb  gehöre  ich  aber  noch  nicht  an  den  Schanmachligem. 
Mit  diesen  bezeichnete  ich  eine  gewisse  Kat^orie  von  Kolonialfreumlen,  die  lieber 
phantastische  Ideen  in  unserem  Vaterlande  vertreten  wollten,  als  die  in  der  Kolonial- 
politik liegen<leii  vaterländisclien  Interessen  in  ihrer  vollen  Bedeutune  zu  würdigen. 
Die  Behauptung,  dass  das  BÜdwestafrikanische  Gebiet  nur  vermittelst  der  Walli>olibai 
zugänglich  sei,  ist  ein  Irrthum,  der  darauf  beruht,  dass  er  übersehen  hat,  da^^ 
Angm  Peqnena  von  nnacrer  Harineverwaltnng  ala  ein  guter  Hafen  angesehen  wird. 
Anaserdem  beateht  bweita  eine  nicht  nnwieht^e  Verbindung  gerade  awMian  der 
Kapkolonie,  speziell  zwischen  Kimberley  und  dem  südlichen  Tbeile.  Hendrik  Wit- 
boy  erhält  Waffen  und  .Munition  vnn  einem  englischen  Konsortium  in  Kimberley. 
Im  vorigen  Jahre  hat  er  allein  800O0  Patronen  von  Kimberley  erhalten.  Wenn 
überhaupt  das  Schutzgebiet  so  bedeutungslos  wäre,  wie  die  Abgg.  Richter  und 
Vollmer  mahlten,  wie  erklirt  ea  eich,  dasa  unausgesetzt  die  Bewohner  der  Kap- 
koionie  und  in  Europa  lebende  Englinder  wnnsehen,  jenea  Gelriet  ffir  die  Kap- 
kolonie  an  erwerben  nnd  dort  eine  wirthachaftUcho  TUUigkeit  an  entwidteln?  Sind 
diese  Herren  aolche  Narren,  die  für  eine  verlorene  Aulgabe  groaae  OeManrnmon  vor- 


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Die  KoloBialpolitik  im  Itoicbttactt. 


1S5 


wenden  wolle«?  Herr  Richter  stützt  sein  Urthei!  über  die  Werthlosigkeit  dieser  Ko- 
lonien wesentlich  auf  das  Ke.-ultat  dieser  Fxpedition,  aber  dieses  Resultat  ist  durchaus 
kein  definitives,  das  bat  auch  der  Herr  Reichskanzler  betont.  Mir  ist  von  sacbver- 
BtindifeB  Mmiaiii  vaivlebert  worden«  dus,  weim  man  mit  d«m  nötbigen  Kapital  Tor- 
g«he,  mit  Sielnriieit  auf  •bbmwvrdig«  OoMmines  s«  raclni«ii  td,  wie  «iiut  io  Trau^ 
▼aal.  Die  geologischen  Verhältnisse  sind  in  einem  groMan  Tb«i]e  VOB  Sfidwestafrika 
dieselben,  wie  in  Traii<>vaal  und,  darauf  gestützt,  behaupten  Bergleute  und  Geologen, 
dass  sich  auch  in  unserem  Schutrgebiete  ertragreiche  Gol  iminen  werden  aufscbliessen 
lassen.  Dir  steht  kein  Urtbeil  darüber  zu,  aber  diejenigen  Ausländer  und  Inländer, 
Ivtitira  antar  Fiknmf  4m  Htm  Wo«rmann,  welch«  entscbloMen  sind,  dieee 
grantn  lafritalien  dort  oiunlcfni«  mfinon  doeb  der  Attsiebt  eeia,  des*  die  BipM- 
tetion  anssiditavoll  iit.  Herr  Richter  spöttelt  nber  meinen  Antdraek,  die  Oeiell- 
schaft  betrachte  es  als  ein  nobile  officium,  Schildwacbe  vor  dem  deutschen  Schutz- 
gebiete zu  stehen.  Ich  habe,  als  von  verschiedenen  Seiten  behauptet  wurde,  die 
Gesellschaft  könne  ihre  Aufgabe  nicht  erfüllen,  das  Schutzgebiet  biete  keinen 
rationellen  Boden,  gesagt,  die  Oesellacbaft  werde  nach  Erschöpfung  ihrer  Mittel 
wenigateos  soviel  Kapital  snnrnmenbaltan,  daia  in  unaarem  Sebvlq{oUota  eine 
Ko1oniaI>Oesoilaehaft  fiberfaavpt  noch  «siatirf.  Ba  ist  selhstTerst&ndlich,  daaa  tie 
dabei  nicht  unth&tig  zu  sein  gedachte.  Die  Oesellschaft  wird  ihre  Vertreter  immer 
dort  behalten  und  dadurch  das  aktive  Be.sitzrorht  des  Reiches  dort  aufrecht  erhalten. 
Auch  die  Bemerkung  von  mir,  dass  nach  Ansicht  der  Landwirthe  für  eine  künst- 
liche Sammlung  des  Wassere  tut  Bewässerung  der  weit  ausgedehnten  fnr  Weiden- 
hoerden  gatigBetmi  Fliehon  geaorgt  «erden  mnaata,  hat  Herr  Richter  in^  Lieber» 
liebe  gemfen,  indem  er  sagte:  «Wo  kein  Waaaar  iat,  kann  fiberhaapt  niebta  «aehaan.* 
Ich  halte  Herrn  Richter  entprep:en,  dass  dasselbe  Verhältniss  auch  in  Södwestafrika 
und  in  Transvaal  stattfindet.  Ich  resuroire  mich  dahin:  Die  Schwierigkeiten  in 
Südweslafrika  sind  sehr  gross,  niemand  kann  jetzt  sa^^eu,  dass  die  Versuche,  dieses 
I^nd  für  Deutschland  nutzbar  zu  machen,  dafür  zu  sorgen,  dass  dort  in  der  Tbat 
Kolonisten  in  groaaem  Oebieto  aich  nioderlaaaen  könneo,  bia  jetit  aiebeigeatallt 
sind;  aber  allca,  waa  iber  Sndweatafrika  bia  jetzt  bekannt  gewoidan  iet^  llaat  nicht 
daran  verzweifeln,  daH^  r^an  zu  einem  besseren  Resultate  kommt.  Keinesfalls  liegen 
die  Verhältnisse  so,  dass  wir  die  Klint»  in's  Korn  werfen  sollen,  und  wenn  wir  uns 
dazu  nicht  entschHessen,  so  geschieht  es  ineinestbeils  aus  dem  Grunde,  den  ich 
mir  nicht  aus  dem  Herzen  reissen  lasse,  dass  es  unseres  Vatorlandea  nicht  würdig 
wire,  wenn  wir  eine  Kolonie  aalS|«ben  miasten,  die  erst  vor  «anig  Jahren  durch 
einen  der  grSasten  nnd  geacbickteaten  Feldiqga  gegen  England  erworben  worden 
ist  (BeHhll.} 

Nach  einigen  Bamerkunrren  oder  Richtif^stellungen  der  Abeg.  Windthont, 

Richter,  v.  Vollmar  und  I)r.  Hammacher  wurde  der  Antrag  Richter  gegen  die 
Stimmen  der  Deutschfreisinnigen,  der  Volks[>artei  und  der  Sozialdemokraten  und 
einiger  Mitglieder  des  Zentrums  abgelehnt,  die  Position  in  der  Höhe  der  Regierungs- 
forderong  bewilligt. 

Ostafrika. 

Im  Titel  6  werden  für  Ma.ssrei;eln  zur  Unterdrückung  des  .Sklavenhandels  und 
zum  Scbuue  der  deutschen  Interessen  in  Ustatrikü  3500000  Mark  gefordert;  die 
Bndgetiioauaiiaion  beantragt,  1  Million  abraaetaen.  —  In  VerWndnng  danrit  wird 
dar  Geeetaentworf,  betreffend  die  KaiaerUche  Scbvtatrappe  in  Oatafrika,  baratban. 


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136 


Di«  KoloDialpoUtik  im  RfliolwUge. 


GMetienhnirf,  betreffend  die  Scliiitztruppe  fDr  Deutsch-OstifKka. 

§  I  des  Entwurfes  lautet:  »Zur  Aüfrechtbaltung  der  uffentUdi»  Ordnung  ucd 
Sieberlieit  in  Dentaeb^Ostafrikn,  insbesondera  snr  Bek&opfaog  d«8  SkteTenbandcta, 
wird  eine  Schutxtruppe  terwendet,  deren  oberster  Kriegsherr  der  Kaiser  ist.**  In 

drei  weiter  folf^enden  Abtheilunfj^en  stellt  der  Entwurf  fest:  I.  Bildung,  Ergfimung 
und  Rechtsverhältnisse  der  Sohutztruppe;  II.  Versorguns;  III.  Ueherganssbfstim- 
rnunpon.  N.icli  <5  2  wird  die  Schut/tnippe  gebildet:  a)  au>i  Ofti/it-ren,  lii<;e:iieureu 
des  Suldateuätuudeä,  Sauitätsoftiziereu  des  Keichnheeres  und  der  Kaiserlicbeo  Marine, 
weiche  auf  Grund  freiwilliger  Meldung  der  Scbutztrupp«  tntweise  siigvtheüt 
werden:  b)  aus  Angeworbenen  Farbigen.  $  8.  Die  der  Schatstmppe  sugetlieiltea 
deutschen  Hilitirpersonen  und  Beamtm  scheiden  aus  den  Heere  und,  soweit  sie 
der  Kaiserliehen  Marine  angehören,  aus  dem  Etat  der  letzteren  aus.  Sie  gelten  ab 
ausser  dief^em  Ktat  stehende,  /<>itweise  abkoinmandirte  Aniiehöniie  der  Kaiserlichen 
Marine.  Die  der  .Schutztnif)[t»^  ziigetheilten  Zivillieainten  der  Militär-  oder  Manne- 
verwaitung  gelten  als  Militärbeamte.  §  4.  Die  hinsichtlich  des  strafgericbtlicbeu 
Verfahrens  gegen  die  zur  Scbutztruppe  abkommandirten  Milit&rpersonen  doreb  die^ 
besonderen  Verhftltnisse  der  Sehntztruppe  gebotenen  Abweichungen  von  den  Vor- 
schriften der  HiUtlr>Stra%OfielitsordBang  werden  durch  Kaiserliche  Verordnung 
bestimmt.  Nach  §  5  finden  in  Betreff  der  Venorgungsansprüche  der  zur  Kaiser- 
lichen Schutztruppe  abkommandirten  Militfirpt'rsniicn  un<l  ihrer  Anjjeliörigen  die 
Hestimmunffen,  welche  für  die  au.s  dem  Manne- Ktat  besoldeten  Miiitärpersonen 
gelten,  mit  einigen  besoudereu  Massgaben  Anwendung,  die  in  den  ^§  (i — 1(>  näher 
angegeben  w«rdon.  Nach  |  9  erhilt  jeder  Offiiier,  Ingenieur  des  Soldatenstandes, 
Deekoffixier,  Sanititsoffizier  oder  obere  Beaate,  welcher  nachweislich  dnreh  den 
Dienst  in  der  Schulstmppe  intalide  und  sur  Fortaetzung  dea  aktiven  Militär-  oder 
Scedienstes  unfähiL'  »[oworden  ist,  an  Stelle  der  im  §  12  desOesotses  vom  27.  Juni 
1871  torgesehenen  l'on.>)ionserliöhun£r  eine  Krhöhutip  der  Pension  von  1020  Mark 
j&briioh.  wenn  die  Pensioninini^  aus  der  ('liurLru  uiiios  Itcckottiziers,  bcziehunjrsweise 
eines  Lieutenants  oder  Hauptmanns  (Kapiiuu- Lieutenants)  Ii.  Klasse,  und  von 
760  Mark  jibrlidi,  wenn  die  Pensionirang  aus  einer  anderen  Chaigo  erfolgt  Oben 
Beamte  erhalten  die  Pensionserhöhung  ton  1020  Mark  jihrlieh,  wenn  ihre  Pen- 
sion! rung  aus  einem  pensionsfUiigen  Diensteinkommen  von  weniger  als  8600  Hark 
erfolgt.  Alle  übrigen  ob«Toii  Üpamten  erhalten  eine  Pensionserhöhtiiip:  von  750  Mark 
jährlich.  Militärpcr.sonen  dtr  l  ntL'rkla.>isen.  welche  in  der  vorbczeictineten  Weise 
^anz  invalide  geworden  sind,  erhalten  an  Stelle  der  Zulage  eine  l'en^ionserhöhung 
von  jährlich  300  Mark.  Für  diejenigen,  welche  der  Schutztruppe  ohne  Unter* 
'  breehung  länger  als  drei  Jahre  angehört  haben»  findet  ffir  jedes  weitere  volle  Dienst- 
jahr eine  Steigerung  der  Pensiouserhöhong  um  ein  Sechstel  bis  zur  Brreiehnng  des 
Doppelbetrsges  statt.  §  10.  bestimmt  weiten  Bei  denjenigen  aus  dem  Dienste  der 
Kaiserlichen  Scbutztnippe  scheidenden  Per.sonen,  welche  derselben  ununterbrochen 
mintlestens  12  volle  Jahre  arifrehürt  haben,  ist  eingetretene  Dienstunfähigkeit  nicht 
Vorbedingung  des  Anspruches  auf  Pension.  Fiir  den  Anspruch  auf  die  Pensions- 
erhühuogeu  (§  9)  ist  jedoch  der  Nachweis  der  Invalidität  erforderlich.  §  11.  Die 
Zeit  der  Verwendung  in  Afrika  wird  bei  der  Penrionimng  doppelt  in  Anrochnnng 
gebracht,  sofern  sie  mindestens  sechs  Monate  ohne  Unterbrechung  gedauert  hat 
Seereisen  ausserhalb  der  Ost-  und  Nordsee  rechnen  hierbei  der  Verwendung  in 
Afrika  gleich.  —  Ausgenommen  von  dieser  Doppelrcchnnng  ist  die  in  solche  Jahre 


Digltized  by  Coogl^«J 


Die  KolonMlpolitik  im  Rttietetage. 


137 


fallende  Dienstzeit,  welche  bereits  als  Kriegsjabr  zu  erhübtem  Ansätze  kommt. 
Na<  h  den  l  eherganpshestimmuiigeii  können  ausser  den  im  §  2  I,itt.  a  hezei«  hneten 
Militärpersoneu  in  die  Scbutztruppe  auch  solche  Deutsche  übernommeD  wi'i  ien, 
welche  der  von  dem  Reicbskommissar  für  Ostafrika  angeworbenen  Truppe  angehören. 
Sie  erhalten  hierdareh  die  Rechte  und  Pflicbten  der  vorerwihnten  Militftrpereoiieii. 
FSr  die  aof  Onrad  dieser  Beetimmniig  in  die  Scbatztrappe  fiberaommenen  Personen 
ist  der  in  der  Truppe  des  Reichskommissars  bereits  abfireleistete  Dienst  im  Sinne 
dieses  Geaetses  denjenigen  in  der  Scbutitruppe  gleich  zu  achten. 

Referent  der  Hud(;etkomiuissiou,  Prinz  Arenberg :  Die  dem  Reicbskommissar 
untentebenden  eingeborenen  Scbntstnippen,  sowie  der  dentsohe  Stab  derselben  und 
das  Veniallniigspeiaonal  fir  Ostafrika  machen  groase  Kosten  nfitbigi  femer  mache 
sieh  der  Mangel  einer  Reparaturwerkstatt  unangenehm  bemerklich;  dasn  kommt  die 
Olganisirunp^  der  für  das  Deutsche  Reich  nhprriommcnpn  Zollverwaltung  —  alles 
dies  genau  spezißzirt,  eririeht  eben  nur  die  .Summe,  die  die  Kommission  zu  be- 
willigen vorschlägt,  zumal  der  Regieruugsvertreter  selbst  zugab,  die  Zollverwaltung 
werde  keine  Kosten  Toranlassen,  sondern  noch  ein  geringes  Pins  Hefem.  Die  Kom- 
misaion wünschte,  den  apeiifizirten  Etat  fnr  Ostafrika  dem  Hause  in  der  Welse  vor- 
zule(^en,  wie  es  seit  zwei  Jahren  für  Kamomn  geschieht;  die  Regierang  gab  hieriber 
keine  bindende  Krklärun<}: 

Abg.  Dr.  Bamberger:  Als  nno  Art  Zusirljcruiii:  wurde  uns  im  Krnlijahre 
vorigen  Jahres  die  Krklärung  abgegebeu,  da!>8  uns  im  Herbst  des  Jahres  eine 
Anseinaadersetsnng  der  Regierung  an  Tbeil  werden  wfirde,  wie  in  Zaknnft  diese 
unklare  Materie  liinaichttich  der  ostafrikanisehen  Verhiltnisse  beliaadelt  werden  solle 
und  es  wurde  zugleich  gesagt,  diese  Erklärung  werde  zu  allseitiger  Befriedigung 
gereicheO'  rnmittelh;ir  darauf  fol£?r<'  d»T  Abschluss  rics  fl^-utsch  enfjlischen  Ver- 
trages. Meine  Freunde  und  icii  haben  uns  nicht  zu  Widcrsailiern  dieses  Vertraj^es 
gemacht.  Namentlich  meinten  wir  nicht,  dass  die  Regierung  in  Afnlia  zu  viel  auf- 
gegeben habe.  Im  Oegentheil.  Wir  mdnen,  je  weniger  Afrika,  desto  besser.  Von 
anderer  Seite  wurde  der  Gewinn  Heigolanda  als  gar  an  gering  dargestellt.  Sagte 
man  doch,  der  Vertrag  bedeute  so  viel,  wie  wenn  nma  eine  neue  Hose  hingebe 
fSr  einen  Hosenknopf.  Da  möchte  icli  schon  eher  saß^en,  wir  haben  sie  dahin  ge- 
geben gegen  eine  schöne  Husennadel,  und  ich  hoffe  nur,  dass  uns  das  Ktui  der- 
selben, die  Refestigung  Helgolands,  die  Freude  au  diesem  Juwel  nicht  verderbe. 
Die  HainongSTerschiedenbeit  swiacbon  meinen  Freunden  und  der  Regierung  trat 
aber  um  ao  heftiger  aoa  Tagealicht  bei  der  Bntsehliesaung  der  Regierung,  in  welche 
Verfassung  sie  das  uns  so  gebliebene  Gebiet  Afrikas  bringen  wolle.  Die  Regierung 
hat  den  Küstenstrich,  der  früher  dem  Sultan  von  .Sansil)ar  gehörte  und  von  diesem 
der  Deutsch-Ostafrikanischen  Gesellschaft  übergeben  wurde,  mit  dem  l)eutscheu 
Reiche  vereinigt.  Ganz  klar  sind  die  Staats-  und  TÜlkerrechtiicheu  Verhältnisse, 
die  daraus  folgen,  heute  nicht  tu  fixiren,  aber  jedeniüla  iat  der  Boden,  auf  wetdion 
sich  nach  den  früheren  Abmachungen  twischen  Reichstag  und  Reichsrsgiemng 
unsere  frühere  Rolonialpolitik  aufbaute,  und  wonach  wir  keinen  eiiienen  Reichs- 
besitz,  sondern  nur  Schutztrebietc  dort  etabliren  wollten,  verlassen  worden.  Wir 
sind  nun  der  Hetriennif^  und  speziell  dem  Reichskanzler  dankbar  dafür,  ilas>  er  uns 
im  letzten  Moment  vor  i^erathung  dieser  Vorlage  die  letzten  Nachrichten  aus 
Sanaibar  zuginglich  machte,  damit  wir  bei  der  vollen  Verantwortung  tiber  diese 
Sache  auch  in  voller  Kenntniss  derselboi  bandeln.  Bei  der  Lektüre  dieser  Berichte 


L.idui^cü  uy  Google 


138 


Dk  KolmiwlpoUtik  im  lUicbttagt. 


aber  hiitte  ich  den  EinHnirk  dt-«  Manne«,  welcher  fia£rto:  „Was  habe  ich  mit  der 
»ialet'te  zii  thun?"  Hei  den  Streilio:kt  iten  zwischen  Kmin,  Stokes,  Wis<mann  und 
wie  alle  diese  Leute  beissen,  kommt  man  scbiiesslicb  zu  der  Ueberzeuguug,  dass  am 
Ende  dat  Oaliinde  des  gaascn  Beiebes  in  den  HIaden  von  kibneii  Pfadfiiideni  eich 
befindet.  Ich  hebe,  flrabe  ieh,  im  »  Beichmiteieer*  gelesen,  daes  die  Regieivng 
sich  in  die  Einzelheiten  der  afrikaniiicben  Anselefrenheiten  nicht  einlassen  könne. 
Und  das  ist  auch  natürlich  hei  einem  Volke,  welches  in  kolonialen  Angelegenheiten 
noch  so  weniu'  Erfahrung  gemacht  hat.  wie  wir.  Itarum  müssen  wir  unseren 
dortigen  Beamten  eine  grosse  Verantwortlichkeit  und  Machtvollkommenheit  zu- 
billigen. Nun  sind  aber  diese  Leute,  die  sieh  nm  die  Enebllesennf  Afrikas  ver- 
dient maeben,  Abentenrer,  d.  b.  Abcntearsr  im  besseren  Sinne.  Wir  haben  «na 
von  abenteaerischen  Männern  immer  hinziehen  lassen  von  Station  zu  Station.  Als 
Fürst  Bismarck  hei  der  Frage  von  Angra  Pequena  di«*  Krage  der  Knlonieen  berührte, 
sagte  Peter«,  jetzt  ist  es  Zeit,  in  Ostafrika  Erwc-rbuniren  für  Deutschland  zu  machen. 
Er  ging  auf  eigene  Faust  bin,  scblofs  Verträge,  trank  Blutbrüderscbaft  mit  iiaupt- 
lingen  «.  s.  v.  Damals  wurde  über  ihn  viel  geliebelt  nnd  gelacht.  Aber  aehlieaa- 
lieh  hat  Herr  Peters  die  ostafrikanisehe  Gesellschaft  gegrfindet,  diene  emarb  Knslan- 
stricbe  von  Afiika,  es  entstand  der  Aufstand,  der  mit  Hälfe  des  Deutschen  Reiches 
gedämpft  wurde,  und  so  kamen  wir  schlies.slich  durch  da,s  ganze  A-H  C  dahin,  wo 
wir  uns  jetzt  befinden.  Dennoch  habe  ich  vor  Herrn  Peters  den  Respekt,  den  ich 
vor  jedem  Manne  habe ,  der  sein  vorgestecktes  Ziel  erreichte.  Ob  Herr  Peters  ge- 
eignet iit,  wie  es  jetst  heifst,  dem  Gonvemenr  an  die  Seite  gesetat  werden, 
um  die  Dinge  in  die  ri^tigen  Wege  ta  bringen,  weiss  ich  nicht,  geht  mich  aaeb 
nichts  an.  Ich  eiinnere  Sie  ferner  daran  wie  infolge  der  Kolonialbegeisterung  dar 
Englisch  -  Amerikaner  Stanley  bei  uns  pefeiert  wurde,  wie  dann  (ileiches  Herrn 
Wissmann  widerfuhr,  und  ich  muss  Herrn  Wissmann,  wie  nh  es  schon  früher 
that,  die  Uerecbtigkeit  widerfahren  lassen,  da&s  er  zu  unseren  Öiegeserfolgen  in 
Ostafrika  sehr  viel  beigetragen  bat.  Anf  die  ncoeren  Streitigkeiten  swisehen  Bmin 
nnd  Wisamann  will  ich  jetst  nicht  eingriien,  ich  fahre  ihn  nnr  snm  Beweiae  dafir 
an,  wie  aasserordentlich  gross  der  Eiofluss  aller  der  M&nner  ist,  die  wir  in  unseren 
Kolouieen  verwenden  müssen,  und  da.s8  deshalb  das  Iteutsche  Keich  die  Sachen  sehr 
sorgfältig  prüfen  müsse,  ehe  es  aus  dem  System  der  Schutzgebiete  in  das  der 
Keichskolonieen  übergebt,  weil  alle  die  üefabren,  die  früher  die  deutacb- 
ostafrikMilsehe  OfBellaehaft  lief,  jetst  van  dem  Denlaehen  Hci^  getragen  werden. 
Jetzt  haben  wir,  nm  es  rund  heranssusagen,  ein  afrikanisches  Dentsehland. 
Wir  sind  weit  abgekommen  von  dem,  waa  daamls  geplant  war,  als  die  Kolonial- 
politik  in  üebereinstimmung  mit  verschiedenen  Parteien  in  Angriff  genommen 
wurde.  Wir  können  (ien  Forderungen  der  Neuoreanisatiou  der  Regierung  zu  unserem 
Bedauern  nicht  zustimmen.  £s  ist  ja  gesagt  wurden,  das  ganze  Unteraebmen  wird 
vielleicht  produktiv  werden,  wenn  es  gouTeraemental  von  der  höchsten  Macht  aas 
geleitet  wird.  Ich  bin  der  entgegeagisststsn  Ansicht,  dasa  die  Sdmflkmg  elaea 
ostafrikaniaehen  deutseben  Reiches  nicht  im  Interesse  dee  Deutschen  Reicfaee  ist 
Wir  hatten  erwartet,  dass  die  Regierung  die  Verwaltung  über  die  Gebiete  der  ost- 
atrikanischeu  (ieselischaft  dieser  in  dem  Sinne  übergeben  würde,  wie  die  Dinge 
ursprünglich  lagen.  Das  Deutsche  Reich  hatte  sich  der  ostafrikanischen  Gesell- 
schaft, die  in  Schwierigkeiten  geratben  war,  angenommen.  Nun  dachten  wir,  es 
sei  natfirlieb,  dass  die  Regierung  sagen  würde:  Jetzt  ist  es  an  euch,  daa  dureb- 
zufuhren,  weesmi  ihr  euch  anheiachig  gmnaeht  Imbt.  Aneh  Abg.  Windthont  hat 


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Die  KoloDialpolitik  im  Raehstage. 


139 


im  Torigen  Jabre  erkl&rt,  er  erwarte,  dass  «iie  Vonfraltung  der  Gesellschaft  zurückgegeben 
werde.  AlsderKriepr  mitBuschiri  ausgebrochen  war,  schilderte  Graf  Herbert  Bismarck  die 
Leichtigkeit,  mit  welcher  der  Aufstand  zu  bewältigen  sei.  Mit  400—500  Soldaten 
wollte  man  sich  Buscbiris  bemächtigen«  dann  wurden  es  600,  1100  Mann,  immer 
lil«M  M,  of  Mi  «ine  Poliaeimaebt,  and  j«lat  tebn  wir  «iiM  kMii«  Atbm  vmi 
1700  llum.  Ob  die  ZoHe  and  tonstigen  Abgtben  die  Koaten  decken,  leheint  im 
höchsten  Grade  zweifelhaft.  Wir  haben  uns  aber  immer  dagegen  gewendet,  daat 
bei  vagen  (Unternehmungen  das  Reich  die  Lasten  tragen  soll,  wthrend  der  (Gewinn 
den  Unternehmungen  zufällt.  Die  Rejrierung  hatte  einen  Vertrag  abgeschlossen  mit 
der  Gesellschaft,  wodurch  ihr  die  Koutrabirung  einer  Anleihe  erleichtert  wurde,  es 
war  keine  Oanmtie  des  Beicliet  dabei,  aber  beüiahe  eine  Garantie,  und  leb  meine, 
wenn  einmal  daa  OnglAek  kommen  sollte,  daes  die  Geaellaebaft  ihre  Zinaen  nicht 
bezahlen  könnte,  so  wäre  nach  der  Art,  wie  die  Sache  verhandelt  worden  ist,  daa 
Deutsrtie  Reich  moralisch  dazu  verpflichtet.  Zu  einer  Garantie  wäre  das  Reich  be- 
rechtigt gewesen,  wenn  die  Kosten  wirklich  aus  den  Zöüoti  herauspfekommen  wären. 
Wir  können  der  Forderung  der  Regierung  nicht  zustimmen,  weil  wir  nicht  das 
Vertranen  haben,  daaa  wk  nach  menadrikdiem  Irmaeaen  anf  eiMa  Erfolg  bei  der 
Kolonialpolitik  in  hoffen  haben.  Sehen  wir  doch  anf  Algerien.  In  den  60  Jahren, 
die  es  tn  Prankreich  gehört,  hat  es  nach  Abzug  der  Einnahmen  4  Milliarden  Francs 
gekostet,  und  noch  jetzt,  nach  GO  .Jahren,  erfordert  es  einen  Zuschuss  Ton  87  Millionen. 
Was  Ostafrika  betrifft,  so  hat  man  den  .Afrikareisenden  Fischer,  der  ein  ungünstiges 
Urtheil  darüber  gefällt  hatte,  der  Befangenheit  angeklagt.  Man  wird  das  wohl  nicht 
einem  Manne  gegenfilm  tbon,  der  aaeh  Oitafrika  bereist  hat  and  ein  Scbw&rmer 
für  Kolmiialpolitik  ist,  ich  meine  den  Reisenden  Hans  Meyer,  welcher  n.  a.  den 
Kllimandscbaro  bestiegen  und  der  höchsten  Spitze  den  Namen  Kaiser  Wilbelmspitie 
gegeben  hat,  dem  der  Kaiser  als  Beweis  Allerhöchster  Gnade  und  als  Anerkennung 
seiner  Leistungen  sein  Bild  geschenkt  hat.  (Redner  verliest  hierauf  eine  längere 
Stelle  aus  dem  betreffenden  Reiseberichte,  worin  es  u.  a.  beisst:  Mit  Ausnahme  des 
Landes  an  der  Küste  und  den  grossen  Seeon  ist  der  grilaaoro  Tbeil  der  deutschen 
Intoreaoenq>hftro  in  Oslafrika  ein  onfrnchtbares  und  dSnn  boTSlkertes  Land,  in  dem 
wohl  der  genngaame  Neger  ausreichendes  Fortkommen  findet,  in  dem  aber  far  den 
Europ&er  weder  gewinnbringende  Wcrthe  vorhanden  .sind  noch  hervorgebracht 
werdet!  können.  Das  Klima  ist  im  ganzen  ungesund.  Selbst  am  Kilimandscharo 
in  Hübe  von  2000  Fuss  erkrankten  nicht  allein  Iiluropäer,  sondern  auch  Neger  am 
Fieber.  —  Mag  man  die  Handelsstationen  am  oberen  Kongo  oder  die  Missionen  am 
Myassa-  nnd  Viktoriaaee  beaadmi,  sie  alle  seigen  dn  Uppokratischeo  Gesicht*) 
Mit  dieawBetiachtungsehliesso  ich.  Sie  fägt  xn  meinen  staatareditlichen  nnd  politischen 
Bedenken  auch  noch  das  wesentliche  Bedenken,  dass  von  dieser  ostafrikanischen  Kolonie 
ein  solches  Reich,  wie  man  es  sich  hier  vorstellt,  nicht  zu  erwarten  ist. 

Staatssekretär  v.  Marschall:  Der  Abg.  Bamberger  hat  uns  in  einem  sehr 
wichtigen  Punkt  missverstanden,  indem  er  glaubt,  es  sei  die  Absiebt  der  Regierung, 
eine  staatsrechtUcho  Dreithelhing  des  ootafHkanisdien  Oebiotos  in  dem  Sinne  ein- 
treten  t«  lawon,  dass  nnr  daa  Knstengeblet  als  einheitiiche  Kronkohmio  gelten  solle, 
dahinter  daa  Schntigebiet  als  solches  verwaltet  werden  und  dann  noch  die  Interessen* 
Sphäre  verbleiben  solle.  Eine  derartige  Absicht  besteht  nicht.  Ich  habe  auch 
keinerlei  Aeus.seruugen  darüi'er  gethaii,  die  auf  eine  solche  Absicht  hindeuten 
könnten,  zumal  ein  solches  System  schon  aus  geographischen  Gründen  undureh- 
föhrbar  wire.  Schon  gegenwirtig  besteht  twischen  der  neu  orworbeneii  Kfiste  and 


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140 


Die  Kolonitipolilik  im  Raichttag«. 


dem  alten  Scliutz>;cl>iet  kein  Tuterschied  mehr.  l>ie  beiden  <iebiete  bilden  ein 
einbeitliches  Gaoze.  die  lDterei>i>eQ8pbäre  betrifft,  üo  babe  icb  auf  eine  Aufrage 

ciiMs  MitgUedw  der  BudgetkonoiiMion  geantwortet,  ob  und  wenn  man  «ueb  diese 
loteresBenspblre  unter  den  förmlichen  Sehuts  dee  Reichee  eufaebnien  eolle,  sei  noeb 
eiue  offene.  Es  schweben  darüber  noch  Krwit^uuzen,  die  Saohe  sei  nicht  so  einfach, 
weil  die  ünterschulzstellutiff  auch  gewisse  internationale  VerpflichtHngen  bedintre,  und 
CH  tiiöj;liclier\vcise  vorzuzielieti  sei,  nur  allraäll?,  nach  Maassgahe  der  faktischen 
Okkupation,  mit  der  Krkläruug  der  Intere^isenspbäre  zum  iScbutzgebiet  vorzugehen. 
Als  Ziel  sebwebt  der  Kolonielregierung  vor,  seiner  Zeit  das  gesammte  Gebiet  als 
•inbeitliehes  Oanxo  zu  venvalten. 

Die  Sittung  am  8.  Februar  wurde  durch  den  Herrn  Abg.  Oecbclhäuser 
eingeleitet,  welcher  auf  die  günstige  Entwickeluntr  des  Handels  mit  West-  und 
besonders  mit  Ostafrika  einging  und  annahm,  dass  nach  dun  l)ishcrij?eu  Uesuitaten 
der  deutKcbeu  0.>tafrika-liiuie  auf  eine  Ausfuhr  von  uindestuns  4,ö  bis  ö  Millionen 
Mark  im  laufenden  Jabr  geschlossen  werden  dürfe,  der  dreifKhe  Brtn^  des  Jabrss 
1889.  Es  ergab  sieb,  dass  in  der  kurzen  Zoit  des  Besiebens  der  snbventionirtmi 
Linie  benits  eine aossMgewöbnliebe  Bntwiekelung  stattgefundoi  babe.  Der  in  soleben 
Sachen  sehr  skeptische  Herr  Woermann  babe  sieb  selbst  erstaunt  darüber  ausge- 
sprochen, dass  die  Ausfuhr  in  diesem  Jahre  die  in  früheren  .lahren  erreichte  Höhe 
schon  mindestens  um  das  dreifache  übertrolTen.  Diese  Fuii^en  der  Linien  waren 
aber  durchaus  nicht  die  einzigen,  die  hierbei  in  Betracht  zu  ziehen  seien.  Znnicbst 
ist  ins  Aqg*  *v  fassen,  dass  die  Begrnndnng  dieser  Woemiann>Linie  ein  bedeuten- 
des Kapital  der  dentseben  Industrie  tugefobrt  bat  Es  sind  tou  Hamburg  aus  in 
direkter  Folge  dieser  subventionirten  Linie  6  Schiffe,  die  ausschliesslich  aus 
deuischem  Material  gebaut  werden  müssen,  für  Deutschland  in  Bestelluui;  gegeben. 
Ausserdem  erfordert  jede  Reise  einen  ungefähren  Aufwand  vou  100  — l'iOOUÜ  M., 
also  13  mal  wiederholt,  repräsenlirt  das  ungefähr  ein  Kapital  von  1,5  Millionen  Mark, 
welches  sich  auf  die  allerverscbiedenste  Weise  vertbeilt:  Gagen,  Gehftiter,  Aus* 
rustuBg,  Munition  u.  s.  w.«  also  ein  hodibedentender  Betrag,  der  der  deutseben 
Industrie  tu  Gute  kommt.  Diese  Folge  bestätigt  gerade  die  Ansicht,  die  ich  stet-^ 
hier  ausgesprochen,  dass  eine  kräftige  Entwickelung  unserer  Koloiiialpolitik  und 
überhaupt  unserer  üterseeischen  Verbindungen  nicht  bloss  vom  volkswirthschaft- 
licben  und  politischen,  sondern  namentlich  vom  sotialen  Standpunkt  aus  als  eine 
hochwichtige  Frage  au  bebandeln  Ist  Der  Herr  Kollege  Bambo^ger  verOhrt  natur-  - 
gemias  in  der  Behandlung  dieser  kolonialen  Fragen  kbniieb  wie  ein  F&dagoge  es 
machen  würde,  wenn  er  einen  Jungen  herunterputzt,  weil  er  noch  kein  Mann  ist. 
Es  ist  ja  gerade  die  Aufgabe  unserer  Politik,  diese  kleinen  Zahlen  in  grosse  tu 
verwandeln.  Sehr  richtig  bat  Herr  Bamberger  gesagt,  da>s  seit  der  letzten  Session 
die  ganze  Grundlage,  namentlich  die  Völker-  und  staabrechtlicbe  der  ostafrikani- 
scfaen  Kolonie  sich  vollstlodig  geftndert  habe,  durah  den  bekannten  Vertrag 
mit  England,  dann  durch  dm  an  SOi.  MoTember  abgeeeUottwen  Vwtrig  mit  der 
ostafrikaniscben  Gesellschaft.  Kr  selbst  habe  den  Vertrag  mit  England  vom  ersten 
Autjoiiblick  an  mit  günstigen  Augen  ange!«eben,  obgleich  er  /u  denjenigen  gehöre, 
welche  den  Uebergang  des  Protektorates  über  Sansibar  in  englische  Hände  nicht  so 
leicht  nehmen,  wie  es  von  vielen  Seiten  geschehen  sei.  Es  würde  nicht  leiebt 
fallen,  ein  anderes  Emporium  tu  gründen,  wenn  er  auch  nicht  daran  tweifle,  daas 
es  geling«!  werde.  Immmr  aber  weide  die  Konkurrent  von  Sanaibar  liager  empfind- 
icb  bleiben,  als  man  es  gUnbe.  Er  glaube,  daas  nach  bester  Ordnung  der  Be- 


Die  Kolouialpolitik  im  Keichntage. 


141 


stonenmif  und  einer  Redaktion  der  Arngnben  flr  die  Sebutotmppe  die  ganien  Ver- 
«altuogskosten  für  Ostafrika  aas  deo  Einnabmen  gedeckt  werdni  ktooen.  Die 

Verhältnisse  der  dcutsch-ostafriltanischen  (iesell^chaff  scheiden  nunmehr,  nachdem 
sie  ihres  völkcrrcrhtlirhen  «'harakfcr-;  entkleidet  sind,  aus  der  öffentlichen  l>is- 
iiusäioD  aus,  er  erkcuue  es  daixkbar  an,  dass  der  Abg.  ßamberger  gestern  dieser 
OeeelliclMft  gegenüber  eowobl  objekÜT  nie  mbjekliT  einen  anderm  Ton  «nge- 
seblagen  bnbe  als  fniber.  Die  Absiebt  der  Regiiening,  allmklif  fSr  des  ffinxe  Oe* 
biet  eine  einbeitlicbe  rechtlich«  Basis  su  schaffen,  i!«t  vollständig  zutreffend,  und 
wir  können  mit  trrosser  Ruhe  dem  entgegensehen,  was  demnächst  durchgeführt  wird 
Ich  wünsclitf  aber,  dass  im  nördlichen  Theil  unserer  Interessensphäre  recht  bald 
eine  Entscheidung  dieser  staatsrechtlicheu  Fragen  erfolgen  möge.  Gerade  im  nörd* 
lieben  Tb^te  Blossen  wir  mit  nnseren  Kobern  Frsnadon,  den  Bogllndem,  sosammen, 
und  wenn  aneb  noch  so  offizieller  Friede  swisebbn  Downinir  Street  nnd  der  Wil- 
belmstrasse  berrscben  mag,  so  weiss  doeb  Jeder,  dass  der  Kleinkrieg  mit  den  eng^ 
lischen  Apenton  in  Afrika  tinauseesetzt  fortgesetzt  wird.  Nach  einer  unwider- 
sprochenen Nachlicht  wollen  die  Kncländer  ihre  Bahn  nach  dem  Viktoria  Nyanza 
unmittelbar  bis  zu  unserer  Grenze  nach  Südwesten  führen.  Daraus  erhellt  ent- 
schieden die  Absicht  der  Engländer,  den  Karawaaenbandel  Ton  seinen  gewohnten 
Weiten  nach  Bagamoyo  nnd  anderen  dentsehen  Köstenbifen  nach  dem  Norden  in 
ibr  Gebiet  abzulenken,  um  dort  die  Ansftabrzölle  erheben  xo  Icönnen.  Desbslb  mösaen 
gerade  im  nördlichen  Gebiet  die  staatsrechtlichen  Verhältnisse  möglichst  rasch  ge- 
ordnet werden.  Mit  dem  Gesetzentwurf  über  die  ostafrikanische  Schutrtruppe  bin 
ich  vollkommen  einverstanden,  ich  bitte  aber  den  Staatssekretär,  das  lierücht,  dass 
den  ans  dem  ZivUstaade  hertorgegangeoen  Offizieren  der  Wissman'schen  Truppe 
ihre  Stelhiog  gekündigt  werden  soll,  als  nngereditfortigt  su  beseiehnen.  Es  gebt 
aach  schon  aus  dem  Gcsettentwnrf  selbst  hervor,  dass  die  Uitglieder  der  bisherigen 
Wissmann*8chen  Scbutztnippe  in  der  neuen  Verwendung  finden  sollen.  Es  handelt 
sich  dabei  um  7  Offiziere.  Zunächst  wird  eine  vollständige  Organisation  der  neuen 
Scbutztruppe  uüthig  sein.  Die  Regierung  hat  einen  glücklichen  Griff  getban,  indem 
sie  den  in  Kamerum  so  bewkhfton  Freiberm  von  Soden  zum  Gouverneur  bestellte. 
Ich  hol^  dass  er  sich  mit  einem  Stabe  anderer  bedeutender  Minner,  die  dort  ge« 
weaen  sind,  umgeben  wird,  damit  bald  eine  Organisation  su  Stande  kommt,  unter 
weicher  sich  die  wirthschaftlichen  Verbältnisse  voll  und  ganz  entwickeln  können. 
'Bei  dieser  Gelegenheit  danke  ich  Herrn  Bamberger  für  die  .Anerkennung  des 
Dr.  Peters,  welcher  die  (irundlage  für  unser  ostafrikanisches  Reich  gelegt  hat. 
Absolut  nothwendig  ist  in  Ostafrika  ein  einbeitlicbes  Wirken.  Die  Ostafrikanische 
Oesellsehaft  plant  eine  Eiaenbahn  in  Dsambara,  eine  andere  Oosellsebaft  eine  Bahn 
von  Dar>es-8alaam  nach  Bagamoyo.  Durch  freiwillige  Opfer  sind  dafür  bedeutende 
Beiträge  zusammengekommen;  aber  das  Reich  muss  alle  diese  Unternehmungen 
nach  einheitlichem  Plane  fördern,  wenn  auch  nicht  pekuniär  unter.stüt/.en.  Ich 
will  durchaus  nicht  auf  unser  Keicbsbudget  noch  bedeutende  Summen  für  Ostafrika 
nehmen,  die  dortigen  Zoll-  und  Steuereinnahmen  werden  genügen,  um  eine  gute 
Verwaltung  tu  sichern.  Je  schneller  wir  fortschreiten,  desto  grosser  wird  der  Erfolg 
sein.  Der  Abg.  Bambwger  hat  ein  Zitat  des  Reisenden  Hans  Meyer  über  die 
klimatischen  Verhältnisse  Ostnfrika's  vorgeführt.  Solche  Urtbeile  von  Reisenden 
kommen  in  eigenthümlicher  Weise  zu  Stande.  Man  kann  sich  sehr  wohl  für 
wissenschaftliche  Expeditionen  eignen ,  ohne  Handel  und  <iewerbf  beurtheilen  in 
können.    JUancbes  ürtheil  von  Afrikareisenden  würde  eine  scharfe  i'rüfung  nicht 


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142 


Die  Roloaisipolitik  im  Reielittag«. 


hestfhen.  Im  Gefensatz  ru  Herrn  Meyer  sprechen  sich  andere  Reisende  sehr  tor- 
theilhaft  über  Osfafrika  aus.  Man  kann  auch  njcht  über  (iebiete,  die  grösser  sind 
als  Kuropa,  ein  zusammeafassendes  trtbeil  abgeben,  das  wäre  ungefähr  dasselbe, 
alt  wran  man  «ine  RfliM  Ton  Stetttn  iiaek  Pomo  maebte  und  datmuf  bin  aber  die 
Gebiete  am  Schwanen  Heer  niibeilen  wollte.  AueeideBi  iat  die  Pnicbtberkeit  dee 
Bodens  allein  kein  Maassstab  für  die  Vortheile  von  Handelsbetiebungen  na^  Aliika. 
Arbeiter  dorthin  zu  locken,  kann  mir  natürlich  nicht  in  den  Sinn  kommen.  Wäre 
Herr  Bamberper  heute  hier,  so  würde  ich  ihn  um  eine  Klassitikation  der  von  ihm 
geschaffenen  Kategorien  der  Kolonialschwärmer  bitten.  Den  Abg.  Uammacher  kann 
man  doeb  nicbt  desbalb  so  beteiebnen,  weil  er  die  wirtbscbaftlicbe  und  politische 
Wiebtigiteit  des  KelonialbeeitBee  erkennt  Wie  man  Herrn  Windthont  sn  den 
KolenialediwinDem  reebnen  kann,  ist  mir  gans  unerfindlich.  Und  meine  Selbst» 
erkenntniss  gebt  ancb  nicbt  so  weit,  dass  ich  das  für  mich  zugestehen  könnte, 
wohl  aber,  dass  ich  etwas  optimistisch  gefärbt  bin.  Aber  was  ich  im  Lieben  er- 
reicht habe  und  geworden  bin,  verdanke  ich  meinem  Optimismus.  An  diese  Verhält- 
nisse müssen  wir  einen  grossen  Haassstab  anlegen.   (Beifall  bei  den  Nationalliberalen.) 

Qiaf  Hirbaeh  polemisiite  gtgta  Herrn  Riehter  und  ttallte  fett,  dass  in  Ott- 
afriba  ein  Tropsnklima  sei,  welobes  6—7  Zahntet  aller  Bnmpler  nbeihanpt  nicht 
vertragen,  bei  dem  aber  ein  groflser  Theil  sich  ganz  wohl  befinde.  Schwere  körper- 
liche Arbeiten  würden  allerdings  von  Deutschen  dort  nicht  ausgeführt  werden 
können;  landwirthschaftlicbe  Arbeiter  also  seien,  weni^rstens  in  tiefer  gelegeoen 
Gegenden,  nicht  zu  verwenden,  im  Ganzen  sei  aber  das  Klima  Afrika's  nicbt 
schlimmer,  als  andere  TropenUimata.  Die  Aeaseerungen  dee  Abteordnclan  Bam- 
berger nber  Hslgidand  seien  erfranUeher  ab  £e  dee  Abgeoadnrton  Riditer.  Helgo- 
land bat  zunacht  einen  grossen  idealen  Werth,  und  ideale  Warthe  wiegen  unter 
Umständen  '•ehr  viel  schwerer  als  materielle.  (Sehr  richtig!  rechts.)  Ein  Volk,  dass 
seine  hkiiie  verloren  bat,  steht  nicht  mehr  auf  der  aufsteigenden,  sondern  auf  der 
entschieden  abschüssigen  Bahn.  (Beifall  rechts.)  Ich  freue  mich  desbalb,  dass  der 
Reiehikanslar  aaeh  den  idealen  Bestrebungen,  allerdings  mit  einer  gewiaaen  Tor- 
siebt, Rechnung  getragen  bat.  Anaser  dem  idealen  Werth  hat  Helgoland  aUerdinga 
auch  einen  recht  bedeatenden  militärischen  Werth.  So  erfimnlicb  nun  für  uns  der 
Krwerb  von  Helgoland  ist  —  die  foliremlen  .Ausführungen  mache  ich  nicht  als 
Mandatar  roeinor  Fraktion  — ,  so  kann  ich  ihn  dooh  nicht  als  Kompensation  gegen- 
über den  weitgehenden  Abtretungen  au  Kngiaud  anstehen.  Ks  müssen  sehr  erheb- 
lidie  politische  Rockaiehten,  die  sich  naturgemisa  mebier  Kenntnisa  entsiehen,  bei 
dem  Vertrage  mitgewirht  haben.  Die  Insel  besw.  Stadt  Sansibar  ist  ein  so  domi- 
nirendes  Handelsemporium,  es  konientriren  sieb  dort  die  Fäden  des  ostafrikani- 
schen Handels  in  dem  rrnfantro.  dass  es  einer  aiiofestrencten  Thätigkeit  unserer 
Interessenten  \\:itirfnti  eines  ilonschoualtors  liodurten  wird,  um  glei'li  wertlnu"' 
Handelsplätze  au  der  Küste  ins  Leben  i\i  rufen.    60  lange  Witu  den  tleutM^heu 

Interessen  angehörte^  war  Bngland  «inkniirt;  seitdem  diese  Vinkulation  fortgefidlen 
iat,  bat  der  en^ehe  Besiti  einen  sehr  viel  höheren  Werth.  Danach  ist  es  kein 

Wunder,  dass  die  kolonialen  Kreise  den  Werth  von  Ostafrika  beute  niedriger 
schätzen,  als  vor  einem  .lahre.  Mir  persönlich  fällt  es  aber  durchaus  t)i»"ht  »^in; 
durch  eine  retrospektive  Kritik  irgendwie  da>  Ansehen  d»^r  verbündeten  Ucirierun- 
gen  alteriren  zu  wollen.  Ich  nehme  im  GegeDiiioil  ketueu  Anstand,  zu  erkläreu, 
und  ich  glaube  da  In  Uebereinstimmnng  mit  allen  meinen  politischen  Freunden  tu 
sein,  dan  diejenigen  Hinner,  in  deren  Hand  die  Entscheidung  lag,  mit  aller 


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Die  Kolonialpolitik  im  Ueicbtitage. 


143 


Entfgie  und  oaeh  bMtem  Win«ii  dit  IntoretMii  «umtm  Vatoriand«!  vertraten 
haben.  (Baitali  rechts.)  Ich  habe  allerdings  zun&chst  den  Wunsch,  dass  aus  un- 
seren weitgehenden  Konzessionen  ein  positiveres  Wohlwollen  Kneflands  gegenüber 
unseren  kolonialen  Bestrebungen  als  bisher  resultire.  Dass  die  deutsche  Reichs- 
ref^ierung  auf  dem  kolonialen  Gebiet  mit  den  allergrössten  Schwierigkeiten  zu 
kämpfen  bat,  liegt  auf  der  Hand.  Aber  gerade  die  Herren  der  Linken  haben  diese 
Schwiarigkeitaii  gaos  bMondars  vanehirft,  indain  aia  bd  jeder  Oelegenheit  ane« 
spncheiif  die  verbnadeteD  Begienmgea  worden  mH  ihrer  Kolonialpolitik  Fiasko 
machen,  die  Kolonieen  hätten  wirtbscbaftlich  keinen  Werth  u.  s.  w.  Ebenso  war 
in  der  freisinnigen  Presse  fortwährend  zu  lesen  und  ist  es  noch:  mit  der  Kolonial- 
politik ist's  nichts,  deutsche  Mitbürper,  haltet  die  Taschen  zu!  Beifall  rechts.) 
Eiuerseits  warnen  sie  das  Kapital  vor  Betbeiligung  an  den  kolonialen  Unter- 
nehmungen und  andereneits  sagen  sie;  wir  wollen  abwarten,  bis  die  Kapitalisten 
ihr  Gehl  dam  hergeben.  Daa  widerapricht  aieh.  —  Die  Srriehtnof  einer  Reidis- 
tmppe  bietet  die  «nxige  Müfliehkeit,  eine  Piilfiiining  dee  Landes  berbeixufahien. 
Wif  «erden  die  Uittel  dazu  bewilligen.  Vergessen  wir  aber  bei  unseren  kolonialen 
Beatrebnngen  nicht  daa  ideale,  was  dahinter  steht.  (Beifall  rechts.) 

Rede  des  Herrn  Reichskanzlers. 
Der  Herr  Reichskanzler  v.  Caprivi  p\ug  im  Hiublick  auf  die  Aeusserung  des 
Gfiifen  Mirbach  und  des  Herrn  v.  Kardorff  sowie  auf  den  Entrüstungssturm  in 
der  ileulscbem  Presse  nach  dem  deutsch-cncflischen  Abkommen  penauer  auf  die 
Kolouialpolitik  ein,  um  nachzuweisen,  dass  die  Regierung  keine  Fehler  gemacht 
hid>e.  Er  warf  einen  Ueberblick  auf  die  Lage  in  Ostafrika  vor  einem  Jahre,  die 
dem  Sultan  gehörige  Kfiste,  das  Sehatsgebiet  and  die  Interessensphire.  Im  Lande 
Kriegszustand,  die  Ansiedlungen  niedergebrannt,  in  Sansibar  deutscher  und  eng- 
lischer Einfluss  um  die  Gunst  des  Sultans  sich  bewerbend.  Der  Zustand  war  so 
schlimm,  wie  er  ntir  sein  konnte,  und  schon  unter  seinen  Amtsvorjränsxer  seien 
Verhandlungen  eingeleitet  worden,  die  dabin  gingen,  mit  England  zu  einem  erträg- 
lichen Modus  vivendi  zu  kommen.  Die  Verhandlungen  hatten  aber  noch  nicht 
begonnen.  Am  2.  Mai  t.  J.  gab  Se.  lüyestkt  der  Kaiser  für  die  Yerhandluigen 
der  ostafrikaniichen  Angelegenheiten  im  Immediatvertrsge  die  Entscheidang,  dasa 

1.  die  für  Kolonialswecke  verfügbar  lu  machenden  Mittel  in  erster  Linie  atif 
Ostafrika  zu  vorwendeu  sind; 

2.  dass  in  den  jetzt  bcgiunondeu  Verhandlunüjeu  mit  England  auf  Anerkeunuug 
der  deutschen  Ansprüche  auf  die  strittigen  Interessenspburen,  zunächst  auf 
die  nördliche,  dann  die  südliche  hingewirkt  werde,  und  dass  im  Notbfall  das 

*  Preisgeben  von  Witnland  bis  Kismi(ju,  vorbehaltlich  der  Befriedigung 
etwidger  berechtigter  Ansprache  der  dort  interessirten  Deutsehen,  als 
Kompensation  sullssig  sei; 

3.  dass  der  Ueberganj;  der  Hoheitsrechte  in  dem  innerhalb  der  deutschen  Zone 
liependcn  Küstenstriche  auf  das  l)eutsche  Hci-'h  aiii;<'strel»;  werde: 

4.  dass  die  Umwandlung  der  Truppe  des  Rcichskommissars  Wissmanu  in  eine 
kaiserlich  deutsche  Truppe  zu  bewirken  sei; 

5.  dass  die  SchaAing  einer  über  dem  Reichskommissar  und  den  sonst  be* 
theiligten  deatschen  BehSrden  und  Korporationen  stehenden  Zentralstelle  mit 
dem  Sitz  auf  dem  Festlande  ins  Aui;e  zu  fassen  und 

C.  dass  die  Ucbernahme  der  Verwaltung  des  Küstenslriches  und  des  Schuts- 
gebietes  in  die  unmittelbare  Eeichsver waltung  zu  betreiben  sei. 


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144 


Di«  KoloBialpoHtik  im  Rttkbstage. 


Nach  diesen  Allerhücbsten  DirektiveD  nun  —  ich  wiederhole,  sie  sind  unter 
dem  2.  Mai  v.  ,1.  «reffeben  worden  —  ist  die  deuische  Regierung  vorgegangen, 
nicht  einen  Schritt  davun  sind  wir  abgegangen,  und  noch  heute  steht  die  Kolouial- 
regierung  auf  dem  Boden  dieser  Direktive.  Es  war  notbwendig,  da&s  solche 
Direküveii  gtgaben  wurden  und  daia  nuu  sieh  klar  wurde,  wu  denn  ejgentlieb 
geeebeben  soIHe;  denn  dieser  Zuitend,  in  dem  vir  lebten,  war  eben  unertiftglicb) 
wir  mnssten  heraus  aas  ihm,  und  das  war  eine  der  wesentlichsten  Schwierigkeiten, 
die  uns  beim  Ab8ch!u>>s  des  Vertrages  mit  England  entgegentraten.  Kn'_'laud  hatte 
Zeit  und  war  nicht  begehrlich,  üesätti^jt  von  reichen  Kolonien,  spielte  etwas  mehr 
W'itu  oder  Sansibar  für  England  nicht  die  Kolle  wie  für  uns,  wo  ja  durch  die  Tüeil- 
nahme  der  Nation  an  dieeen  Dingen  die  Kolonien  ffir  une  einen  idealen  Werth 
gewonnen  hatten,  von  dem  in  England  keine  Rede  war. 

Eine  weitere  Enehwerung  der  VerbUtnisse  bei  den  Verhandlungen  lag  darin, 
dass  man  mit  Dingen  zn  thun  hatte,  die  geographisch  und  rt'clitlich  zum  grossen 
Theil  nicht  definirbar  waren.  Ks  liandelt  sich  um  ganz  unbekannte  und  unbenaunte 
Grössen.  Es  kam  hinzu,  dass  Euglaud  dem  Sultan  vou  Sansibar  gegenüber Mie 
•t&rkere  Stellung  einnahm.  England  iit  dort  seit  Anfiug  des  Jahchunderts  thitig 
gewesen,  und  wenn  ieh  gern  anerkenne,  dess  die  deutschen  politischen  Agenten, 
welche  in  Sansibar  tbitig  waren,  es  dort  bis  zu  einem  gewissen  Grade  von  Einflnss 
gebracht  hatten,  so  war  iler  Kn^länder  doch  der  stärkere  dem  Deutschen  gegenüber. 
Das  deutsche  Element  auf  der  Insel  und  in  der  Stadt  Sansibar  hatte  /.ugenommen, 
ein  starker  Zulauf  von  zum  Theil  fragwürdigen  deutsciieu  Elcmeuteu  hatte  statt- 
gefunden, und  dies  Vorhandensein  der  Deutseben  war  den  Verhandlungen  und 
unserem  VerlüUtnias  cum  Sultan  schon  seit  langem  nicht  mehr  forderlieh  geweeen. 
So  traten  wir  unter  nicht  leichten  Verhältnissoi  in  Unterhandlungen  mit  England 
ein.  Ich  werde  nachtier  darauf  zurückkommen,  was  wir  damals  erreicht  haben. 
Ich  bin  noch  heute  der  Ueberzeugunt,',  die  icli  beim  .Abschluss  der  Verhandlungen 
hatte,  dass,  wenn  wir  von  dem  Wertbe  von  lieigolaud  absehen  und  von  der  Frage, 
in  wie  wdt  sich  unser  Verb&ltaiss  xa  England  dadurch  gebessert  hat,  der  Vertrag 
für  uns  ▼ortheilbaft  war.  (Sehr  richtig!  links.) 

Ich  will  mir  nun  erlauben,  die  wesentlichsten  Vorwarfe,  die  dagegen  erhoben 
worden  sind,  ilurchztigehcn.  Eine  Menge  Kleinigkeiten  fasse  ich  unter  einen 
^'^rv^urf  zusammen:  Ihr  habt  nicht  genug  gekriegt;  und  in  der  deutschen  Presse 
ging  mau  soweit  tu  sagen,  der  brave  deutsche  Michel  hätte  sich  von  dem  pertideu 
Albion  Ubers  Ohr  hauen  lassen  und  wire  nur  mit  einem  kleinen  Stfick  der  Beute 
nach  Hause  gekommen. 

Man  hatte  die  Theorie  des  Uioterlandes  erfunden  und  war  in  deren  Anwendung 
nicht  sparsam  gewesen.  Nun  rausste  sich  die  Koloiiialrogiernng  aber  doch  die 
Frage  vorlegen:  was  können  wir  ant  die  Dauer  halten?  wie  weit  reichen  unsere 
Kräfte?  wie  weit  reicht  das  Geld,  was  Deutsche  in  Kolonien  anzulegen  gesonnen 
sind,  und  wie  weit  reicht  unser  Mensdienmaterial,  was  in  den  Kottntten  verwendbar 
ist?  Und  da  bin  ich  der  Meinung,  war  von  Hause  aus  eine  Scbwftobe  unserer 
Kolonialpolitik  —  und  ich  betone  wiederum  ausdrücklich,  um  jedem  Missverstindniss 
vorzubeugen:  ich  übe  hiermit  keine  Kritik  an  meinem  AmtsTorgänger  — ,  das  lag 
in  der  öffentlichen  Meinung,  in  den  \  erlifiltnisseii ,  wie  die  Kolonien  bei  uns 
geboren  wurden.  Mau  hatte  uäuilich  au  zu  vielen  Stelleu  gleichzeitig  angefangen  und 
hatte  nun  bdde  Binde  voll  mit  Dingen,  die  man  lu  verwerthen  nicht  im  Stande  war, 
weil  man  weder  Geld  noch  Menschen  dafür  hatte.  Ist  diese  meine  Ansicht  richtig. 


Üiyitizcü  by  GoOglc 


Die  KolonialpoJitik  im  ReicbsUge. 


U5 


so  folgt  weiter,  dass  aber  eine  gewiue  Grenze  hinaus  jede  VennehmDg  des 
Unfiukgs  unierar  Bedtzungen  in  den  Kolonien  sa  einer  SehwiebonK  werden  nuiste; 
denn  wenn  wir  doch  nicht  die  Kraft  liatlen,  das  lo  Terwalten  and  in  halten,  waa 
wir  gewonnen  hatten,  wo  mnsate  in  dem  Hehmehmen  Naase  gehalten  werden,  sonst 

wuchs  die  Schwäche. 

Hoiiner  ginp  dann  auf  die  Verliüllnisse  von  Witu  ein  und  zeigte  aus  dem 
6e»ch:tftsbericbt  der  Witu-üesellscbaft,  dass  der  Piautageubau  dort,  wenn  aicbt  durch 
Sklaven  erfolgend,  sich  nnrentabel  erweise.  Der  Werth  von  Witn  veningerte  sieh 
nn  so  mehr,  als  ee  im  Lauf»  der  Verlmndlungen  sweifellos  wnrde,  dass  wir  die 
beiden  Inseln,  Manda  nnd  Patta,  die  dem  Witvlande  Torlicfen,  nieht  bekommen 
konnten.  Dit*  Vorhältuisse  lagen  aber  so,  dass  die  RechtSVerständi^^en ,  die  wir 
darüber  hörten,  der  Meinung  waren,  liein  Schiedsgerit  ht  k<"nnp  uns  .Manda  und  Patta 
zusprechen.  Ohne  Manda  und  Patta  aber  war  dies  l'uh/''  Wituland  für  uns  ziemlich 
wertblüä;  denn  das  Beste  au  ibiu  war  eben  nach  meiner  Au«<icbt  der  Hafen;  bekamen 
wir  den  Hafen  nicht,  so  war  anch  das  Hinterland  nichts  nntae.  Man  war  die  Witn- 
GesollMhaft  im  Begriff,  sich  aufenlösen  nnd  sich  an  dij  Dentsch-Oetafnkanische 
Gesellschaft  zu  Teritanfen,  und  zwar  mit  der  ausgesprochenen  Absicht,  dadurch  ein 
Kompensationsobjekt  zu  schaffen.  Diese  Absiebt  hatte  die  Deutsch-Ostafrikanische 
üesells  baft  aoceptirt  auf  Instanz  der  Keffierung;  der  damalige  Staatssekretär  des 
AuswiirtiiTf n  Amts  hatte  der  Gesellschaft  eröffnen  lassen,  dass  das  Auswärtif;e  Amt 
gegen  den  Erwerb  des  Wilulandes  durch  die  Deutsch'Ostafrikanische  Gesellschaft 
nichts  einsawenden  hUte,  aber  nnr  unter  der  Voranssetsong,  dass  dieser  Erwerb  in 
Kompensationsswecken  erfolge.  Also  schon  damals,  schon  ehe  wir  in  den  Vertrag 
eintraten,  stand  fest:  Witu  soll  zum  Kompensationsobjekt  gemacht  werden. 

Redner  zeigt  dann  an  den  Kosten  der  englischen  Expedition  zur  Bestrafung 
de-^  Sultans  von  Witu,  aus  Anluss  der  Ermordung  der  Mit^•liedt'r  der  Expedition 
Künt/.l,  wie  kostspielig  zu  Zeiten  der  Besitz  eines  absolut  werthlosen  Landes 
werden  kunne.  Was  nun  Sansibar  anbetrifft,  so  waren  die  Zustände  dort  geradezu 
nnertrigUche.  Trots  der  Handetabesiehnngen  der  Inder  der  Kasten  mit  Sansibar 
mussten  wir  ans  von  Sansibar  trennen,  denn  dass  uns  bei  dieeem  Vertrage  das 
Protektorat  abgetreten  worden  würe,  wenn  England  nicht  gewollt  hätte,  das  war 
ansgesi  hlossen  Es  kunnte  damals  nur  der  Zustand  eintreten,  der  einzutreten  pflegt, 
wenn  zwei  Müchte  mit  einandor  verhandeln  und  e>  nicht  zuni  Kriege  kommen  lassen 
wollen,  sich  auch  zur  Zeit  kein  Kompensatiuusobjekt  in  der  allgemeinen  l'olitlk 
indet:  dass  mau  den  strittigen  Punkt  auf  sich  beruhen  und  den  Status  quo  fort- 
bestehen liest  Das  war  aber  das,  was  wir  nicht  konnten.  Denn  waren  wir  unbedingt 
in  der  Nothwendigkclt,  von  dem  sehn  Seeoieilen  breiten  Kastenstrdfen  die  Flagge 
des  Sultans  hemnterxubekommen;  wir  waren  weiter  in  der  Notb wendigkeit,  dies 
Resultat  zu  erreichen,  ohne  einen  (irc^riifMi  (idd  dafür  in  der  TaM-hf  zu  haben. 

Nun  hat  man  j,'t'sagt:  hättet  Ihr  ^»  wartet .  waie  Kucli  ja  dies  <:anz  von 
selbst  zugefallen.  Ja,  dus  i»t  ein  Mumeut,  was  meinerseits  nicht  als  durcbscblagend 
anerkannt  wird.  Wemu  nwn  die  Voraussetsong  hat,  den  die  VerhUtnisse  der  all- 
gemeinen Politik  einmal  so  werden  könnten,  dass  England  geneigt  wire,  far  irgend 
einen  Preis,  den  wir  anderswo  lahlen,  uns  daa  Protektorat  von  Sansibar  an  über- 
lassen  —  und  wenn  ein  solcher  Zustand  einmal  eintreten  könnte  — ,  so  weiss  ich 
nicht,  warum  derselbe  ni<  lit  jetzt  el^enNO  irut  eintreten  kann,  wie  noch  zu  der  Zeit, 
als  der  Suit'in  souveräner  Herr  v.in  Sansibar,  aber  unter  P>nglands  EinHuss  war. 

Ich  will  noch  auf  einen  Norwurf  eingehen,  der  uns  wiederholt  gemacht  worden 
Kotoalales  Jahrbaeb  1891.  Iq 


iJiyiiizea  by  CjüOgle 


146  Kolonialpolitik  im  ReictuUge. 

itt,  n&Mlieb  dmi,  dMt  'Ffiitt  Biamartk  dies«  Abtratanf  Mhwerlieh  Ktaacht  babea 

würde.  Man  btt  di«  j«tsi|re  Regieraog  darin  mit  der  vorigen  verglichen,  und  der 
Vergleich  fiel  zu  unserem  Naohthei!  au-*.  Nun  würde  ich  eanz  und  gar  ein  pfliohl- 
vertfe>seuer  ileosoii  >eiii,  wenn  ich,  als  ich  in  diese*  Amt  eintrat  und  solche  Ver- 
handlungen nbemahm,  mich  nicht,  selbst  wenn  mein  \  orgäuger  nicht  der  bedeutende 
Mann  giwam  «ira,  dar  ar  war,  davon  nbataangt  bitte:  «aa  sind  dann  far  Var^ 
ginga  da  nnd  was  liat  dann  di«  Bagianinff  in  dar  Saaba  vor,  was  bal  ^a  fir  ainaw 
Standpunkt  eingenommen?  I)as  war  ja  eine  gans  aalbstvarstiadliche  Pflicht,  xud 
Sia  können  glauheu,  dasn  ich  dieser  Pfli.ht  mit  grossem  Eifer  nachgegangen  bin. 

I>a  habe  ich  nun  in  Bezug  auf  Witn  ^'t  'utiden,  das>  im  Oktober  des  Jahres  1889, 
al»  der  l  ümt  Bismarck  sich  auf  seinem  Laudüitze  befand,  und  die  Frage  wegen  der 
AnnakUmng  dea  Kiaianatridia  von  Witn  bia  KissM^a  angeregt  wocden  war,  ar  nach 
Bariin  aebraiban  üasa:  »Mag  dia  Nacbriebt  riabtig  aein  oder  niebt;  jadanfblla  bittat 
der  Reichskanzler  dringend,  vor  jeglichem  Vorgehen  sich  sorgßltig  zu  vergewissern, 
ob  nicht  Enpläoder  daselbst  bessere  Rechle  h;it'eii  oder  auch  nnr  /n  haben  glauben. 
Die  Krhaltun^  vun  Lord  Salisbury  bat  für  Se.  Durchlaucht  mehr  Werth  wie  gani 
Witu/"    ^ilurt,  hörti  links.) 

Und  waa  daa  Plotaktorat  von  Sansibar  angabt:  aa  war  im  Dasanbar  1888; 
aa  batta  aina  Bndgatvaibandlnng  stattgafondaa,  bei  dar  dia  Fiaga  angarogt  wordaa 

war,  ob  man  nicht  das,  was  wir  jetzt  haben,  im  Wege  des  gütlichen  Vaigleicbs 
bekommen  könnte,  nämlich  den  Erwerb  des  Küstenstreifens  auf  dem  Fostlande, 
dieses  zehn  Seemeilen  breiten  Küsten.streifens.  durch  eine  .\btmdung  des  Sultans, 
und  ich  glaube,  der  Herr  Abg.  Oechelhauser,  unterstntzi  aucii  durch  Abgeordneta 
anderer  Fbrtaian,  bclla  dia  Anaicbt  aa1||aatellt,  man  konna  ISr  diesen  Knstanatrsifm 
woBl  10  Ua  90  Millionan  dam  Soltaii  fon  Sanaibar  bieten.  Bs  war  dann  die 
weitere  Idee  angeregt  wordm,  man  ItSnne  dann  den  Engländern  aa  einer  anderen 
Stelle  auch  zu  Willen  sein.  Da  bat  mein  Herr  Anitsvorsiünger  an  den  Rand  des 
Berichts,  der  ihm  über  diese  Kummissionssitzun^'  gemacht  worden  ist,  )?e>chneben: 
„Darüber  müssteu  wir  zunächst  England  fragen,  wu  ich  Zustimmung  kaum  erwarte« 
England  ist  für  una  wiebtiger,  wie  Sanaibar  nnd  OataMka.'   (Bort,  bort!  links.) 

leb  glanba  also,  dar  Vorwurf  sinaa  laiditainnigan  Abwaiobans  von  den 
Traditionen  meines  Vorgängers  oder  der,  eine  Islsehe  Bahn  eingeschlagen  zu  haben, 
weil  sie  ni<  ht  die  meines  Vorgingera  war,  kann  mich  in  dieser  Besiabang  niebt 
treffen.    (Hr.ivo!  rei-hts.") 

.Nachdem  wir  nun  unter  vielen  Mnban  —  und  ich  kann  ua^en.  ich  habe  Blit 
Spannung  den  Moment  erwartet,  in  der  lotsten  Stande  sog  er  sieb  noeb  bin,  bis 
die  Unterscbfift  unter  den  Vertrag  gesetst  war  — ,  nadidam  wir  das  mit  vieler 
Mühe  erreicbt  batten,  kam  die  vielleicht  noch  i^rüssere  Hübe.  Bngland  hatte  sieb 
in  dem  Vertra>re  verpflichtet,  uns  beizustehen,  dass  wir  gegen  eine  biilice  Kul- 
schädiifung  den  Kilstenstreifen,  soweit  der  .Suitiiti  liurh  Hi>heitsrechte  an  ihm  hatte, 
von  ihm  bekommen  sollten.  Ja,  eine  billige  Entschäüigung;  das  schreibt  sich  leicht, 
nacbber  aber  wird  das  Wort  sabr  drückend,  wann  man  positiv,  wie  wir,  kainan 
Pfennig  in  der  Tasebe  bat.  Womit  sollten  wir  den  Sultan  ontseb&digan?  Bs  blieb 
uns  also  nichts  übrig,  als  in  Verhandlungen  mit  der  Ostafrikaniscben  GesellsabafI 
einzutreten.  Während  wir  nun  hier  auf  der  einen  Seite  den  Versuch  machten,  aus 
den  Taschen  dei  O.stafrikuiiischen  (jesellschaft,  deren  Verwaltungsralh  um  die  Zeit 
nicht  zusammengebracht  werden  konnte,  weil  die  meisten  Mitglieder  auf  Reisen 
waren,  aiaa  Mark  naeb  der  anderen  batausxnbolan,  ao  versaehtaa  wir  auf  dar 


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Di«  £oloDMlpoUtik  im  K«icJistage* 


U7 


auderen  Seite  um  eine  Mark  uach  der  audereo  deu  i'reis  herunter  zu  drücken 
(Heiterkeit),  und  so  sind  wir  ron  den  urspräoglich  angeietatMi  Praiie  —  uai  ieb 
wiederliole  nochmals,  selbst  in  der  Budgetkommission  wsieo  10  bis  80  Millionen 

Dicht  für  zu  hoch  gehalten  worden,  <Jer  Herr  Major  liiebert  In  seinem  Berichte 
hatte  uuch   noch  die  Summe  von  zehn  Miliionen  als  eine  {?anz  zahlbare  für  deu 
(lewinn  dieses  Küstenstreifeiis  jrehalten  —  auf  vier  Millionen  heruntergekommen. 
Aher  auch  diese  vier  Millionen  wollten  beschafft  sein,  und  das  war  recht  schwer. 
Bs  reichte  »her  niebt  hin,  diese  vier  Hillionen  su  besehiffen,  wir  nimlsn  weiter 
Geld  bekommen,  um  du  Land,  wenn  wir  nun  die  Herren  gewordMi  waren, 
melioriren  tu  können.    Der  AuMand  hatte  das  Land  verwfistet,  die  kleinen 
Küstenstädte    waren    Haufen    TOn    Ruinen,    die    Plantage    I.ewa    war  nieder- 
gebrannt, zersti'irt     Nicht  allein  die  Schäden  mussten  wir  herstellen,  sondern  wenn 
aus  dem  Küstenstreifen  überhaupt  etwas  werden  sollte,  mussten  wir  in  der  Lage 
sein,  eine  Telegraphenlinie  anzulegen,  hier  und  da  Wege  zu  hauen,  und  eine  Zahl 
MeUoratioBsarbeiten  mussten  vorgenommen  werden,  die  die  Segierang  selbst  «orsu- 
nehmen  keine  Neigung  hatte;  sie  musste  Leute  finden,  die  sie  Tomehmen  wollten. 
Wir  mussten  also  zahlbare  Menschen  an  unserer  Seite  haben,  die  weiter  mitwirken 
wollen,  um  das,  was  wir  nun  durch  den  deutsch-englischen  Vertrag  in  Ost-Afrika 
gewonnen  hatten,  ausnützen  zu  können.    Es  wurde  darauf  der  Ihnen  bekannte 
ysrtrag  mit  der  Ostafrikanischen  Qeaellschaft  abgeschlossen.    Die  Oeselliehnft 
brachte  die  vier  Millkmen  noch  rechtseltig  auf;  am  89.  Desember  konnten  wir  sie 
zahlen,  und  aie  brachte  ansaerdem  eine  Summe  von  etwa  sechs  Millionen  anf,  die 
sie  sich  vertrat^smässig  verpflichtet  hatte,  in  das  Land  hineinzustecken,  um  es  zu 
melioriren.    Das  Reich  übernahm  die  Verpllirhtiing,  aus  den  Zöllen,  die  die  Ost- 
afrikanische  Gesellschaft  vom  .Sultan  vou  Saosibar  gepachtet  hatte  und  deren  Ertrag 
nunmehr  an  das  Reich  überging,  die  Gesellschaft  zu  einem  billigen  Zinsfuss,  der 
in  dem  Vertrage  feetgesetst  ist,  su  entscbidigen.  Die  Summe,  die  das  Reich  der 
Gesellschaft  dafür  jfthrlich  tu  zahlen  bat  —  600  000  Hark,  wenn  ich  nicht  irre  — , 
ist  geringer  als  der  Ertrag  der  Zölle,  seihst  in  dem  Aufstandsjahre,  wo  Handel  und 
Wandel  nahezu  panz   stille  gestanden   liaheu,  gewesen   ist.     Ks  ist  also  nicht 
wahrscheinlich,  dass  in  absehbarer  Zeit  die  Höhe  dieser  Zölle  heruntergehen  wird. 
Ich  will  Eins  zugeben  (weil  ich  nicht  das  Bestreben  habe,  hier  irgend  etwas  zu 
verschleiern):  die  Sache  hat  auch  ihre  Schwierigkelten.   Der  Blfenbeinhandel,  auf 
den  wir  bis  Jetzt  in  der  Hanptssche  basirt  sind  und  der  eine  Quelle  dieser  Z$Ue 
ist,  ist  Raubbau.    Es  wird,  wenn  es  so  weiter  gebt,  einmal  eine  Zeit  kommen,  wo 
keine  Elephanten  mehr  da  sind:  aber  noch  sind  wir  nicht  so  weit.    Und  dann  ist 
es  eine  Erfahrung,  die  andere  kolonisirende  Nationen  gemacht  haben,  nicht  mit  dem 
Klfenbein,  aber  mit  Gold  oder  anderen  kostbaren  Stoffen,  dass,  wenn  man  erst 
gewisse  Wege  eingeschlagen  bat,  die  ursprünglichen  Artikel  nicht  mehr  erforderlich 
bMben.  Bs  treten  andere  Artikel  an  deren  Stelle,  und  so  sind  wir  su  der  Annahme 
berechti<.'t ,  da^s  die  Deutsebafirikanische  Oesellschaft  nach  wie  vor  ihre  Rente  wird 
vom  Staat  erhaltou  können. 

Ich  möchte  mich  noch  gegen  etwas  verwahren,  was  der  Herr  Abg.  Bamberger 
gestern  missverstäudlich  sagte;  er  meinte,  das  Reich  hätte  die  moralische  Ver- 
pflichtung übernommen,  wenn  nun  doch  fiber  alles  Erwarten  die  Zölle  einmal 
geringer  worden,  dann  mit  seinen  Mitteln  beituapringen.  Daa  war  mir  ein  neuer 
Oedanke.  Diese  moralische  Verpflichtung  habe  ich  bisher  nicht  empfunden,  ich 
wdss  auch  nicht,  ob  daa  Reich  sie  empfinden  würde,  jedenfalls  würde  das  dann  von 

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Die  Kulonialpolitik  im  Heicbstage. 


Ihrem  Bmpfinden  abhlogen.  Wir  muwten  ja,  wann  wir  in  Ott-Afrika  waitn-  konaia 
wolltan,  hei  dam  Vartraga  mit  dar  Oaaallachaft  niebt  bloa  daa  iakaliacba  htcns» 

im  Auge  haben,  sondern  dieser  Gesellschaft,  die  ein  verhältnissBiiasiß  bedeutendes 
Kapital  in  Ost- Afrika  an^ele^n  hatte,  durch  den  Aufstand  kolossal  gelitten  hat,  und 
in  einen  Zustand  versetzt  worden  war,  dass  sie.  wenn  ihr  nicht  vom  Reich,  indem 
das  Reich  gewisse  Funlvtionen  übernahm,  gohüifen  wurde,  vielleicht  nicht  wieder 
lebeutifäbig  geworden  wäre;  der  Gesellschaft  mussten  wir  soTiol  Schonung  aage- 
deiben  lawan,  daaa  sie  labanafthig  bliab  und  mit  aiaigar  Anaaiebt  auf  Brfe^  ii 
Oat« Afrika  waitar  ifirkan  kann.  Ich  glauba,  daaa  aueb  diaiar  Yartrag  mit  dar  Ost- 
afrikanischen  Oesallschaft  aowoU  for  das  Intareasa  daa  Raieha  wie  f&r  das  der 
Gesellschaft  ein  guter  ist 

Nun  sagt  man,  —  und  ich  glaube  gestern  auch  von  dem  Hm.  Abj.  Ham- 
berger einen  Anklang  davon  gehört  zu  haben  — ,  Ihr  hättet  doch  das  Geschäft  qua 
Reich  machen  sollen  und  dia  4  Hillioneu  vom  Reich  aufbringen,  das  w&re  da- 
fiwhar  and  Tiallaieht  aneh  voniahmar  gewaaan.  Zwaifielloai  dann  tomabm  war  diu 
nidit  (Haitarkait),  das  gaba  ich  su,  wann  dia  Raiehsragiarmig'  aieb  bemnhan  mots, 
um  nach  und  nach  eine  Privatgesellschaft  dahin  zu  bringen«  daaa  lia  sich  überzeugt, 
dass  ihr  Interesse  und  das  Reichsinteressc  Hand  in  Han  l  f^eht.  wenn  sie  4  Millionen 
aufliriiijjt.  l>as  ist  nicht  vornehm,  aber  wir  konnten  nicht  an  den  Kei''hstag  geben, 
einmal  schon  zeitlich  nicht,  wir  mussteu  am  29.  Dezember  das  Geld  von  hier  ab- 
acbicken,  wenn  es  am  1.  Januar  in  Landon  gezahlt  sein  sollte.  Nnn  frage  ich, 
walcba  Chancen  hatten  wir,  daa  Oald  Tom  hohen  Hanaa  bia  tnm  S9.  DaiaailMr 
vorigen  Jahrea  an  bakomman?  WabrscbainUch  gar  kaine.  (Raitarfcait) 

Also  dieser  iaasera  Umstand  hinderte  uns  schon.  Zweitens  hatten  wir  gtr 
keine  Ncipung,  indem  wir  qua  Reich  den  Sultan  bezahlten  dessen  Rechtsnachfolger 
zu  werilen;  denn  der  Vertrag,  den  der  Sultan  mit  der  ( Ifsellschaft  gesclilossen  hatte, 
war  ein  für  den  Sultan  viel  ungünstigerer,  als  für  die  Gesollschaft.  Man  hat  dann 
weiter  gesagt:  ja,  Ihr  konntat  den  Saltan  regresspiiicbtig  machen,  wenigstens  wegeo 
dar  Kosten  daa  Aufilandas,  oder  Ihr  konntat  dar  Dantseh  -  OitafHkaniaeban  Gaedl> 
»thaSt  dia  Koatan  des  Aafttandaa  mit  ein  paar  Millionen  in  Rechnung  atellen  and 
ihr  erst  dann  Zinsen  zahlen,  wann  diese  Millionen  eingebracht  worden  wären, 
der  (ledanke  war  ja  naheliesrend  und,  wenn  ich  ihn  auch  von  Haus  nicht  für  er- 
folgreich gehalten  hal»',  s"  habe  ich  mich  docli  für  verpflichtet  gehalten,  ein  Votum 
des  Reichs-JustizamU»  darüber  einzuziehen;  wie  weit  geht  wohl  unser  Anspruch  aa 
die  RagraaaplUebt  dea  Snitana  and  dar  Ostafrikaniaeban  Gaadlaehaft.  Daa  Baiehs- 
Jttstiiamt  vamainta  den  Anapniob  naeb  baidan  Ricbtnngan.  Dar  Saltan  hatte  sieh 
sehr  waaantlicber  Hoheitsrechte  entäussert  nnd  dan  Vertrag  aabr  vorsichtig  abge- 
schlossen, dass  von  ihm  nichts  herauszukriegen  war.  Die  Deutsch  -  Ostafrikaniscb« 
Gesellschaft  aber  retrresspf^ichtitr  machen  zu  können,  verneinte  das  Reichs-Justizamt 
auf  Grund  des  Gesetzes  —  wenn  ich  mich  nicht  irre  —  vom  2.  Februar  18S9. 
Die  Motive  zu  dieser  lex  Wissmann,  in  denen  gesagt  worden  war,  dass  man  den 
Wissmann  com  Raicbakommiaaar  oder  einen  Raichskommiasar  dnaatxan  und  grone 
Aasgaban  machen  wollte  von  so  nnd  so  viel  Millionen,  niebt  im  Interaiaa  dar  dea^ 
sehen  Geaellschaft,  auch  nicht  um  Krieg  zu  führen  gegen  irgend  Jemand,  sondefB 
im  Interesse  des  Christenthums  und  der  Zivilisation,  würden  nicht  hingereicht  haben, 
ein  Gericht  zu  bewegen,  dass  es  die  Deutsch-Ostafrikanische  (jesellschaft  zum  K't'^ten- 
ersatz  verurtheilte,  wenn  wir  einen  solchen  Prozess  hätten  anstrengen  wollen. 

Nun  will  ich  zu  der  Frage  übergehen:  Was  haben  wir  denn  nun  erreicht? 


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Di«  Kolonialpolitik  im  Reicluti^. 


149 


wie  stehen  wir  nun  jetzt?  —  Wir  haben  also  zunächst   erreicht,   dass  wir  vom  • 
Sultan  nniibb&ngig  geworden  sind,  und  das   ist  Ktwa«,   was   ich   nicht  gerinsr  an- 
•cblage.  80  oft  ich  den  Vertrag  der  Deut»cb-Oätatrikauiäclieu  Gesellschaft  mit  dem 
Snltra  gslMen  habe,  so  hat  mir  das  Blut  etwaa  gekoebt,  wann  ieh  T<m  Sr.  Hobdt 
Fiagga,  von  8r.  Hobait  Baebtan  in  ainaitt  Paragrapban  ffin^  aaeba  Mal  latan  mmata. 
Fragen  Sie,  wen  Sie  wollen,  von  den  Herren,  die  aus  Deutscb-Ost-Äfrika  herkommeu! 
Ihre  Klagen  fanErt-n  damit  an:    so  !ari<^f  die  .Sultansflagge   in  Ost-Afrika   weht,  ist 
nichts  zu  machen,  kein  Araber  begreift   dass  hier  der  Hr.  von  Wissmann  Herr  sein 
«oll,  80  lange  die  Flagge  des  Sultans  webt,  das  muss  erst  in  UebereiusUmmung  ge- 
braebt  Warden.  Daa  ist  ain  waiantHebar  Erfolg,  und  ain  Erfolg,  den  wir  aadi  melaar 
Mtiouag,  ao  wie  die  Sachen  iagan,  dnreb  die  Konaeaaion,  daas  bigbod  daa  Pro- 
tektorat über  Sansibar  haben  sollte,  nicht  zu  tbener  erkauft  haben.  Der  Herr  Redner 
geetem  sagte,  wir  hätten  Sansibar  aufgegeben.   Das  möchte  ich  doch  nicht  in  diesem 
Wortlaut  zugeben,  denn  wir  hatten  es  nie,  es  war  ein  strittiger  Punkt;  wir  haben 
aber  unsere  Anspräche  von  Sansibar  zurückgezogen,  dio  übrigens  auch  nie  begründet 
waren,  aondem  nur  In  dem  fohtiieben  Wettatreit  twiseben  Deatiebland  nnd  Bngtand 
ibre  Begrfindung  finden  konnten,  und  beben  geglanbt,  daas  wir  ein  idir  gutee  Oe> 
achift  maeben,  iudem  wir  den  10  Seemeilen  breiten  Kästenstreifen  bekommen,  dn 
eebr  gutes  um  deswillen,   weil  wir  ohne  diesen  Küsteustroifcn   absolut   nicht  TOm 
Fleck  kämen.    Wenn  wir  den  nicht  bekamen,  war  der  Vertrag  mit   der  Ostafrika- 
uischen  Gesellschaft  nicht  möglich,  und  ich  mag  kaum  ausmalen,  welche  Zustände 
die  Folge  davon  geweaen  aein  worden.   Wir  haben  dnieb  den  Vertrag  ein  abge- 
grenstes  Gebiet  in  Ost*Afrika  bekommen  nnd  baben  dadurch  die  Möglichkeit,  mit 
Organisationen  vorzugehen.    Wie  wir  über  die  Interesaenapb&re  utd  das  Schutzge- 
biet und  den  Küsienstreifen  denken,  ist  Ihnen  gestern  gesagt  worden.  Da  die  Sache 
beute  noch  einmal  in  diesem  Punkte  angeregt  worden  ist,  so   will   ich  bemerken: 
gewiss,  wir  werden  unsere  unmittelbare  Reichäverwaltung  in  dem  Gebiet  der  inter- 
easeospbire  immer  welter  anadebnen  in  dem  Maasae,  ab  eben  Deutaebe  in  der  Inter» 
easensphire  vorgeben,  und  In  dieser  Bettehnng  hat  es  mieb  gefrent,  den  Werth  an 
bSren,  der  hier  vom  Hm.  Abg.  Oechelhäuser  auf  das  Vorgehen  im  Norden  gelegt 
worden  ist.   In  der  Vortragsentscheidung  Si.  Majestät,  die  ich  mir  erlaubt  habe,  Ihnen 
vor/ii lesen,  wird  schon  gesagt,  wir  sollten  auf  die  nördliche  Interessensphäre  hinwirken 
und  dafür  die  südliche  preisgeben.   Wir  hatten  schon  damals  den  Eindruck,  dass  die 
nSrdlicbe,  in  dw  der  ganze  Victorb-Myunn  nnd  ein  Uter  des  Taugaujika  liegt,  für 
nns  ungleich  werthToller  sei,  ala  die  andlicbe,  die  naeb  dem  portngieaiaeben  Gebiete 
hingeht.    Das,  was  der  Hr.  Abg.  Oecbelb&user  sagte,  und  die  Erfahrung,  die 
wir  bis  jetzt  gemacht  haben,  bestätigen,  dass  wir  in  dieser  Wahl  recht  getban  haben. 
Es  ist  vielleicht  Kurland  auch  nicht  i^anz  leicht  geworden,   uns  diesen  nördlichen 
Tbeil  zu  lassen;  denn  er  liegt  dem  nördlichen  englischen  Tbeil  nahe  und  ist  wobl 
nach  fimebtborer  im  Vergleich  an  dem,  wamm  England  am  Zambeai  aieb  noeb 
streitet  Wenn  wir  nun  au  oiganisiren  anfSuigen  werden,  ao  wird  nnaer  Bestreben 
dabin  geben,  das,  was  wir  nnn  sebon  Isst  haben,  nach  und  nach  weiter  auszubauen 
und  von  da  ins  Innere  zu  gehen,  also  von  der  Küste  ins  Inland  zu  organisiren  und 
nicht  umgekehrt.    Ks  hat  Afrikakenner  gegeben,   dio  der  Meinung  waren,  es  wäre 
besser,  mau  finge  bei  den  Seen  au  und  drehe  die  Sache  um.    Der  Meinung  sind 
wir  nicbt,  wir  m&aen  fem  da  ans^  wo  wir  unsere  Bezugsquellen  baben,  also  iron 
der  Koata  aua  nach  dem  Inlande  vorgeben.  Wir  werden  das  tbnn  in  dem  Maasae, 
ala  wir  die  Uttel  finden  und  nlcbt  auf  Scbwierigkelten  atosaen,  dtmi  Ueberwindnng 


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150 


Die  Kolonialpolitik  im  Reichstage. 


Zeit  uQ<i  Geld  kostet.  Soweit  ich  jetzt  überscheu  kann,  wird  das  im  Norden  uicfat 
der  Fkll  i«n.  Wir  werden  verhlltnissinigtig  ecbnell  ea  die  Seen  komneii,  und 
wenn  wir  mit  den  Torbandenen  Mitteln  euch  nur  eine  einsige  Kerawaaenstreste  nii 
Itleinen  Stationen  werden  befestigen  können,  so  glaube  ich,  dass  damit  viel  ge- 
wonnen sein  wird.  Wir  wollen  die  Verwaltun«;  als  unmittelbare  Reichsverwaltung 
oder,  wenn  der  Ansdnirk  erlaubt  ist,  obwofil  or  filr  Deutsche  Reich  absoUit 
unkorrekt  ist,  als  Kronkulonie  überiiehmcn.  l>er  Hr.  AKl'.  Harn  berger  bat  un< 
vorgeworfen,  dass  wir  damit  mit  unserer  Vergangenheit  brächen.  Es  kann  »ein^ 
dase  er  damit  Reeht  bat,  aber  die  Verbiltnisse  swiogen  uns  dazu,  und  «der  Noib 
(»eborebend«  nicht  dem  eigenen  Triebe,*  fibemebmen  wir  die  unmittelbare  Reicbe- 
verwaltuog,  weil,  wenn  wir  das  nicht  tb&ten,  aus  ganz  Ost-Afrika  vorauasicbtlicb 
nichts  werden  würde.  Die  Deutschostafrikanischo  Gesellschaft  ist  mit  uns  damit 
einverstanden,  da  nie  niclit  in  der  Lage  ist.  1  >entsch-Ost-Afrika  selbs^t  zu  verwalten. 
Sie  hat  sich  d{».hain  an  'lic  Hfirierun?  trewemlet  und  die  Regierung,  die  ja  iil'er 
ungleich  grössere  Mittel  vertilgt,  ist  Willens,  die  Sache  zu  übernehmen,  uui  bat 
die  nöthigen  Einleitungen  bereits  getban.  Das  ist  an  und  für  lirb  aaeb  gar  nidit 
etwas  so  Abnormes;  denn  wenn  man  sieb  mit  der  Oescbicbte  der  Kolonien  andern 
Staaten  beschäftigt,  deren  Entstehunpsweise  vielfach  eine  ganx  andere  ist,  swiscbea 
denen  und  den  unseren  eine  Parallele  beinahe  unmöglich  ist,  so  muss  man  doch 
das  znpeben,  in  der  Kindheit  pfletreii  die  Kolonien  selbständig  zu  sein  »ind  dann 
wietler  in  hohem  Alter,  kurz  ehe  sie  vom  Mutterlande  a()fallen;  ihr  mittleres  Leben 
wird  aber  faijt  immer  durch  eine  Regierung  Seitens  des  Mutterlandes  ausgeführt. 
Wenn  wir  nicht  so  schnell  in  die  Kolonialpolitik  hineingekommen  wiren,  bUte  man 
sieb  vielleiebt  sebon  auf  dem  einfachen  Wege  des  Studiums  sagen  k&men,  dam 
dies  das  Schicksal  der  Sache  sein  würde.  Wir  können  auch  aus  einem  anderaa 
Grunde  von  einer  stärkeren  Mitwirkung  der  Regierung  zur  Zeit  gar  nicht  absehen, 
weil  das  Land  faktisch  noch  nicht  pa/itizirt  ist.  Der  Norden  ist  zur  Zeit  —  es 
kommen  ja  kleinere  (Jefechte  vor;  das  will  aber  nicht  viel  safjen  —  beruhigt.  Wie 
der  Süden  ist,  das  wissen  wir  nicht;  es  sind  weite  Gebiete,  in  denen  überhaupt 
noeb  kein  Deutseber  gewesen  ist;  ich  darf  nur  an  eine  Expedition  gegen  den  Hiupt» 
ling  Macbembe  erinnern,  die  wieder  erfolglos  suriickgekommen  ist.  Eine  Qesellschaft, 
wie  die  Deutschostafrikanisi  he,  ist  überhaupt  nicht  in  der  Lage,  Krieg  zu  führen; 
das  kann  nur  das  Reii-h,  und  wir  können  gar  nicht  sagen,  ob  iliese  Art  der  l'azifi- 
/iniii^'  ^ich  in  1,  2,  3  oder  4  Jahren  voliiieben  wird.  Also  auf  Jahre  wäre  die 
Reichsregierung  ohnehin  cnuagirt. 

Liegen  nun  die  Verhältni-sse  so,  so  folgt  weiter,  dass  die  Truppe,  die  jetit  d« 
ist,  in  ihrem  Bestände  nicht  verringert  werden  kann,  dass  sie  aber  auch  in  der  bis- 
herigen Weise  nicht  weiter  bestehen  kann.  Das  kontraktliche  Verbiltnias,  dnreb 
das  die  Offisiere  an  den  Hijor  Ton  Wissmann  gebunden  sind,  ist  doch  nur  ein 
lockeres  und  kann  auf  die  Datier  nicht  den  liei-t  erzeugen,  den  eine  Truppe,  die 
711  so  schweren  Anfirahen  wie  die  Tni|»|ie  iti  nst-Afrika  berufen  ist,  unbedingt 
braucht.  Das  i^eht  nur,  wenn  sie  eine  andere,  höhere  Spitze  über  sieb  bat,  und  es 
erschien  —  darüber  ist  auch  in  der  Truppe  selbst  gar  kein  Zweifel  —  unbedingt 
notbwendig,  aus  der  Wissmann'schen  Truppe  eine  Eeicfastmppe  zu  macben. 

Sie  wissen  ans  den  Denheebriften,  wie  sie  organisirt  werden  toll;  ich  brauche 
darauf  nicht  einzugeben,  ich  kann  nur  sagen  —  und  das  sage  ich  im  Hinblick  auf 
eine  Notiz,  die  jetzt  durch  die  Zeituntren  geht  — ,  dass  das  Schicksal  der  Offiziere, 
die  jetzt  da  sind,  der  Kolonialregierung  am  Uerzen  Hegt.   Es  wird  allerdings  eine 


bfe  Kolonialpolitik  im  R«iel»tag«. 


151 


VerriDg^ening  in  der  Zahl  der  Offizier«  «intrtlen  mässen.  Es  wird  also  den  Einen 
oder  Anderen  das  S»  hii  ksai  treffen,  sei  es  aus  Gesundheitsnloksichten  oder  sei  es, 
weil  eben  zu  viele  da  sind,  das«  er  zurückkommen  muss.  Wir  werden  aln-r  das 
Bestreben  haben,  ibm  eine  Ueber^rangszeit  zu  schaffen,  die  ihm  den  Rücktritt  iu 
andere  VeiliiltniMe  erleichtert.  Was  für  Hittel  daio  erforderlieh  sind,  können  irir 
nicht  äbenehen,  vornnssichtlieh  sehr  fsringe,  es  wird  sieh  um  vier  bis  sechs  Olfi« 
sicre  handolii.  Ich  kann  aber  annehmen,  dsss,  wenn  wir  zu  diesem  Behuf  den 
Etat  überschreiten  werden,  das  hohe  Uaus  uns  deshalb  nicht  wird  Tih»']  wollen. 

Ks  wird  bei  der  Organisation  der  Schutztruppe  als  Grundsritz  festtjehaiten 
werden  müssen,  dass  die  weissen  üftiziere  uud  Unteroffiziere,  die  hingehen,  müg- 
liehst  das  Gdüihl  behalten,  daas  sie  Dentsehe  sind.  Die  Prsntosen  haben  nit  ihrer 
Truppe  die  achleehte  Brihhmnf  gemacht,  dass  wenn  Leute  dranssen  blieben  mit  der 
Aussicht,  ihr  Leben  lang  nicht  wieder  zurückzukommen,  ein  gewisser  Zustand  der 
Verwilderung  eintrat.  Das  werden  wir  zu  vermeiden  suchen  müssen.  Wir  werden 
danach  trachten,  einen  gewissen  Turnu.s  zu  finden,  in  dem  die  Truppe  sich  von 
hier  aus  ergänzt.  Wir  werden  neben  der  Laudtruppe,  wie  Sie  durch  den  Herrn 
Berichterstatter  gehört  haben,  eine  kMne  Flotte  haben  matten,  die  dwch  Schilfe 
den  Verkehr  an  der  Käste  vermittelt 

Wenn  Sie  mich  nnn  fragen,  wie  eine  (geordnete  Verwaltung  gc  sdiafan  werden  und 
wie  das  gedacht  werden  soll,  so  kann  ich  Ihnen  darüber  keine  Antwort  gehen.  Das 
lässt  sich  von  hier  absolut  nicht  übersehen.  .So  viel  kann  ich  aber  ül)ersehcu,  dass 
die  Verhältnisse  im  Norden  der  Küste  andere  sind  als  im  Süden,  dass  »ie  im  Innern 
ganz  andere  sind  als  an  der  Küste.  Wenn  wir  nicht  in  den  Fehler  verfallen  wollten, 
von  hier  ans  Maassregehi  an  ergreifen,  die,  wenn  die  Posten  sie  naeh  Ost-Afrika 
bringen,  nnausffihrbar  sind  oder  an  Ort  und  Stelle  unter  dem  helleren  Licht  der  tro- 
pischen Sonne  so  klare  Fehler  zeigen,  dass  der  Mann,  der  sie  ausfuhren  soll,  sie 
nicht  ausführen  kann,  so  blieb  uns  nichts  Anderes  übrijr,  als  einen  einzigen  Mann 
mit  möglichst  ausgedehnter  Volimacbt  uud  voller  Verautwortlicbkeit  an  Ort  und 
Stelle  SU  setimi. 

Bs  ist  der  Wunsch  ausgesprochen  worden  von  jener  Seite  dee  Hauses,  wir 
mochten  danach  traditeB,  mit  der  Zeit  das  Reich  xu  entlasten.  Ja,  gans  gewiss 

thuo  wir  das,  das  thun  wir  schon  jetzt;  und  wenn  die  ostafrikaniscbe  Kolonie  so 
gedeiht,  wie  ich  es  hofTe  und  für  wahrscheinlirfi  lialte,  dann  glaube  ich,  da-ss  das 
Reich  in  absehbarer  Zeit  in  die  1-age  kommen  wird,  diejenigen  Kosten,  die  es  heute 
noch  selbst  aufweudeu  mui»s,  au.s  den  Einnahmen,  sei  es  der  Zölle,  oder  anderer 
Btnnahmemittel,  die  sieh  uns  eröffiien  werden,  sicher  lu  stellen.  Ich  stimme  mit 
dem  Hm.  Abgeordneten  Grafen  von  Mirbach  darin  gans  fiberein  —  ich  glaube, 
er  war  ea,  der  das  sagte  — ,  dass  es  sehr  schwer  sein  wird,  den  Handel  von  San- 
sibar nach  der  Kü>te  zu  ziehen  .Aber  der  Versuch  muss  gemacht  werden  Wartim 
sollen  wir  unter  treinder  Kiaiiire  an  einem  dritten  Orte  hanlein?  Es  kann  das  — 
das  ist  ganz  richtig  —  Jahrzebuie  dauern,  bis  wir  so  weit  sind,  kein  Mensch  kann 
das  übersehen;  aber  ich  möchte  überhaupt  vor  dem  Olauben  warnen,  dan  das,  was 
was  wir  nun  in  den  Kolonien  vorhaben,  leicht  gehen  whrd.  Das  ist  gerade  ein 
Fehler  im  Anfange  unserer  Kolonisation  gewesen,  dass  auch  die  betheilig:ten  Kreise 
sich  die  Sache  viel  leichter  vorstellten  und,  als  es  nun  schwerer  war,  hie  und  da 
wohl  zu  ermatten  genei;jt  waren.  Keine  Illusionen!  l'a.s,  was  wir  da  treiben,  wird 
Hübe  und  Arbeit  noch  auf  lauge  Zeit  sein;  aber  ich  bin  der  Meinung,  wir  haben 
heinen  Orund,  davor  surucksuschrecken 


152  Di«  KotonialpoUtik  im  Rdchsteg». 

Die  KolonialregieruQg  hat  si<'Ii  dafür  entschiedeo,  Dar-es-Salaam  zur  Uaupt- 
•tedt  unsere  oslafrikauiscbeu  Kolouieu  zu  macben.  Dass  sie  au  der  Küste  liegea 
mmi,  lat  notor  d«D  fei^ebeoai  VarfailtaiaiMi  klar.  Di«  SachTentindigen  und  Oita- 
kenoer  sehwanktMi  iviaeban  Bagaatoyo,  den  frSiaeren  Haadelaort,  und  Dar-aa-Sap 
laam,  dam  baeaeren  Ilafen.  Dass  Dar-es-Salaam  unser  Kriegshafen  —  wenn  ich 
diesen  grossklingenden  Ausdruck  gebrauchen  darf  —  für  Ost-Afrika  werden  wird» 
ist  zweiftllos,  und  es  wird  sich  —  denn  liafür  schienen  uns  die  meisten  Motive  tu 
sprechen  —  empfehlen,  den  Schwerpunkt  unserer  Regierunj;  dahin  zu  verlegen-  In- 
wieweit Plantagenbau,  Beiigbau  möglich  sein  wird,  das  wird  zum  guten  Theil  auch 
TOB  der  Frage  abhlogaB,  wie  weit  ea  uns  gelingt,  die  BevjSlkeroog  an  Arbeit  n 
gewöhnen.  leh  atahe  vollkommen  auf  dam  Standpunkte  derjenigen,  die  aidi  dafnr 
begeistern,  den  Sklaventian  lol  abioachaifen  und  zu  unterdrücken;  man  kann  aber 
auf  der  anderen  Seite  ni.  ht  leugnen;  Für  unser  Kolonialunternehmen  war  es  tieV 
leicht  nicht  günstig,  dass  die  Unterdrückung  des  Sklavenhandels  mit  dem  Beginne 
des  Plantagenbaues  a  tempu  kam,  denn  bisher  ist  der  l'lanlagenbau,  wenigstens  wo 
er  tief  in  der  Kindheit  lag,  immer  nur  geglückt,  wenn  er  durch  Sklaven  betriebea 
wurde.  (Hört,  hört!  Unko.)  Wir  werden  aehr  aorgflUtig  darin  aain  miaaan,  daaa  wir 
die  Intereaaen  der  an  dar  Küata  wohnenden  Inder  achooen.  Wir  branehan  die  Leute, 
aie  aind  geborene  Handelsleute,  sie  haben  Beziehungen  bia  weit  in  daa  Innei«  TOB 
Afrikri,  und  wir  wären  nicht  im  Stande,  sie  zu  ersetzen.  Wir  werden  uns  be* 
streben,  ihre  Kräfte  uns  nutzbar  zu  machen;  fürs  Brste  aber  werden  wir  sie  schonaa 
müssen. 

Daa  wire  ungefähr  das,  was  aicb  von  der  Sache  sagen  l&sst,  und  ich  koaiaM 
nun  noch  einmal  darauf  auriiek;  dio  Hauptaaeha  iat  die  Paraonenfrag«.  Ba  hat  miek 
die  warme  Anerkannung,  dio  der  gegenwftrtiga  OouTtmaur  von  Kamerun  Frailieir 

von  Soden  hier  gefun<teii  hat,  gefreut.  Wie  in  der  Vortragsentscheidting,  die  ich 
mir  zum  dritten  Male  erlaubte  anzuführen,  schon  gesagt  worden  ist:  Es  muss  Einer 
über  Alle  gestellt  werden,  anders  kann  es  nicht  gehen.  Jetzt  raussten  wir  Einen 
suchen,  und  ich  glaube,  darin  werden  die  llerren  mit  mir  einveratanden  sein,  es 
mnaato  Binor  aain,  dar  fremd  bin  kam,  dar  mit  dtn  Dingen,  dio  da  jetat  vor  tüA 
gehen,  nichta  au  thon  gehabt  bat,  der  auch  Kenntniss  in  der  Verwallwv  troplaeher 
Linder  mitbrachte.  Und  der  einxigo  Itann,  den  wir  im  Anganblick  dafür  Sr.  Ma- 
jestät in  Vorschlag  bringen  k«»nnten»  war  Freiherr  TonSoden,  der  ttit  ao  gnmtm 
(ieschick  aus  der  Anfangs  auch  verzweifelt  scheinenden  Kolonie  Kamenm  etwaa  ge- 
macht hat.  Hr.  Freiherr  von  .Soden  ging  nun  hin,  um  sich  die  Sache  anzusehen, 
und  behielt  sich  seine  Entscheidung  darüber,  ob  er  das  Kommissorium  übernehmen 
könnte,  Tor,  bia  er  an  Ort  und  Stelle  geaaben  haben  würde.  Et  iat  wiodeige- 
kommen,  keineewega  ala  Optimiat  Er  vergleicht  mancbea  mit  Kamerun,  und  findet 
manehea  in  Kamerun  beaaer  ala  in  Oat-Afrika,  er  findet  auch,  dass  manche  Schil- 
derungen, die  er  vorher  gelesen  hat,  übertriebon  idnd,  er  kommt  aber  doch  wieder 
mit  d'  in  Glauben,  dass  aus  der  Sache  etwas  zu  machen  ist,  und  er  würde  den  Auf- 
trag nicht  übernouimen  haben,  wenn  er  nicht  diiser  l'eberzeutjung  wire. 

E.S  ist  nun  erwähnt  worden  das  Schicksal  der  Männer,  die  bisher  da  thätig 
gewesen  aind,  daa  Majora  von  Wiaamann,  dea  Bmin  Paaeha  und  dea  Hena 
'Petera.  Die  Kolonialregierung  iat  erbötig  und  wird  aich  aebr  freuen,  wann  dieae 
Herren  ihre  Erfahrung,  ihre  Enaigie  weiter  dmr  Koloniaatiou  von  Ost-Afrika  witlmen 
wollen.  Es  ist  ja  in  diesem  weiten  Terrain,  das  viel  grösser  ist  als  Deutschland 
— >  davon  ist  nur  ein  kleiner  Theil  bisher  erst  bekannt,  ein  kleiner  Tbail  eiat  unter 


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Die  Kolonialpolitik  im  Reichstage. 


153 


deutsche  Hemdiaft  gestellt  —  da  ist  lebr  riel  Raum,  nieht  blon  fär  drei,  londera 

aach  für  Männer,  die  da  arbeiten  wollen,  sodass  ihre  Plaziruni^  nicht  die  mindeste 
Schwierigkeit  bietet.  Wir  müssen  nur  eine  Redinprung  stellen,  dass  sie  in  letzter 
Instanz  von  dem  Gouverneur  von  Sodon  abhängij^  sind.  Ich  glaube,  die  letzten 
Ereignisse  werden  uns  gezeigt  haben,  wie  nüthig  das  ist.  Wir  können  von  hier 
aas  solche  Expeditionen  gant  nnnfiglieb  dirigiren,  das  kann  nur  an  Ort  vnd  Stelle 
geaebeheni  wir  sind  aber  gewiUt»  dl«  Saebe  «o  elnmriehten,  daea  fSr  die  Distrikte, 
in  denen  diese  Herren  wirken,  ihnen  Herr  Ton  Soden  von  den  weiten  llmnchten, 
die  er  bekommt,  so  viel  deletriren  kann,  als  er  für  nöthip  hält.  Ich  glaube,  dass 
damit  die  Herren  einen  Wirkunjjskreis  bekommen,  wie  sie  ihn  sich  nicht  be>;ser 
wonschen  können.  Sie  treten  aus  der  Abhängigkeit,  in  der  sie  früher  gestanden 
baban,  'ala  de  die  Expeditionen  anarniteten,  lediglidi  In  eine  Abbingigkeit  vom 
Reieb,  die  nnr  ao  weit  geltend  gemacht  worden  wird,  dass  sie  in  Besog  auf  ihre 
pekuniären  Mittel  und  in  ihren  Angaben,  die  ihbOn  vorzuzeichnen  sind,  vom  Reich 
•bhäiiKcii.    Im  Ucbriiren  wird  man  ihnen  vollkommen  freie  Hand  lassen. 

So  gebe  ich  mich  dem  Glauben  hin,  dass  wir,  wenn  wir  auf  Ost-Afrika  sehen, 
im  Augenblick  schon  ein  Bild  vor  uns  haben,  was  besser  ist  als  das  war,  welches 
wir  vor  einem  Jahre  vor  uns  hatten.  Und  ich  bolTe,  dass,  wenn  wir  nach  einem 
Jahre  wieder  vor  Sie  treten,  daa  Bild  noch  otwaa  beaier  geworden  sein  wird;  denn 
ich  wiederhole:  nnr  nach  grossen  Zeiträumen  können  wir  wirklich  in  die  Augen 
fallende  Erfolpe  erwarten.  Uh  habe  aber  den  festen  Glauben  an  die  deutsche 
Nation,  dass  sie  an  zfiher  Arbeit  hinter  keiner  anderen  zurücksteht  und  dass  e.s  ihr 
gelingen  wird,  das,  was  sie  einmal  angefangen  hat  zu  halten  und  zum  Heile 
DentaehlaiidB  auaxnnntion. 


Der  Herr  Abgeordnete  Richter  konstatirte,  dass  ein  grosser  Theil  der  Aus- 
führungen des  Herrn  Reichkanzlers  seinen  vollen  Heifall  hätte,  besonders  das,  was 
zur  N  ertheidigtiiig  des  deutsch-englischen  Abkommens  gesaut  sei.  I'er  Kntrüstungs- 
sturm  habe  sich  nur  auf  einen  ganz  kleinen  Kreis,  auf  den  verschwiudensten  Brucb- 
theit  der  Presse  beschrftnkt.  Derselbe  bestand  aus  einer  Annibl  reicher,  vomebmer 
Leute,  die  nicht  sehr  beacblftigt  sind  nnd  eine  angenehme  BeschiftiguDg,  ein  an- 
genehmes Spiel  ihrer  Phantasie  darin  finden,  den  kolonialen  Dingen  ein  gewisses 
Interesse  zuzuwenden.  Diese  Kreise  hatten  nichts  gemein  mit  den  Kreisen  von 
Handel  und  (Jowerbe.  je  weiter  von  der  See  und  überseeischen  Hingen  entf.  rut, 
desto  grösser  der  Kolonialenthusiasmus;  je  näher  der  See,  desto  nüchterner  würden 
diese  Dinge  betrachtet.  Ausserdem  seien  gewisse  ßankierskrelse  mit  der  Kolonial- 
politik liirt.  Von  dieser  Seite  habe  der  Kolonialontbaiiasmns  seit  dem  Rücktritt 
des  Fürsten  Bismarck  kein  weiteres  Oplw  mehr  su  erwarten.  Wenn  erst  einmal 
daa  Tnmetjahr  seit  dem  Rücktritt  des  Fürsten  Bismarck  vorbei  sei,  dann  werde 
man  sehen,  wie  gering  und  zusammengeschmolzen  diejenigen  seien,  welche  noch  das 
für  wahr  haltfii,  was  sie  frülit-r  in  der  Kolonialpolitik  vertreten  haben.  Inder  Haltung 
des  Abg.  Oechelbauser,  welcher  sich  heute  als  Optimist  vorgestellt  habe,  finde  er 
nnr  die  eine  Uebereinstimmang,  daas  er  immer  bereit  sei,  das  groase  Beicbs&aa 
anzuzapfen.  Herr  Oechelh&nser  habe  mit  einer  gewissen  Webmuth  gemeint,  honte 
würde  wohl  zum  allerletzten  Male  über  die  ostafrikanisehe  Oesellscbaft  gesprochen 
worden  sein.  I*a>  sei  ein  Irrthum,  da  sie  gamicht  so  privat  sei,  wie  man  dies 
hinstellen  muchte,  da  der  Keich>kanzler  sich  vorbehalten  hal>e,  die  Verwendung  der 
Gelder  jährlich  genau  zu  kontroUiren.    Dann  habe  derselbe  diese  Gesellschaft,  zu 


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154  Di«  KoloDialpolitik  im  R«khsteire. 

• 

deren  Leitern  er  ja  L'eliüre,  besonders  empfohlen  als  eine  solche,  die  sich  in 
patriutiscber  Kesi^nalion  hervorpetban  habe.  Eine  schöne  Resiu'nation  I  Die  Gesell- 
schaft wird  ausser  Besitz  gei>etzt  durch  einen  Aufstand,  der  zum  Theil  durch 
eigenes  Ungeschick  benrorgerafen  wurde,  und  nun  ist  sie  patriotisch  reaignirt,  sich 
wieder  in  Besits  setien  xu  lassen.  Andere  for  sich  bexahlen  lassen,  das  nennt 
fferr  Oeehelhinser  patriotische  Resignation!  Dann  mirde  die  Gesellschaft  srit 
einem  Voijel  verglichen,  dessen  Kettfedem  jetzt  vom  Reiche  ausgerupft  werden. 
(Heiterkeit  links.)  Sic  hahiu  gehört,  wie  ruppig  es  mit  den  Federn  dieser  Gesell- 
schaft immer  bestellt  gewesen  ist.  Ausi^eioc^en  ist  bei  dieser  ganzen  Sache  nur 
die  Ueicbskasse.  (Heiterkeit.)  Denn  diese  ganze  Gesellschaft  bat  überbaupt  nicht 
soviel  besessen,  vn  sieh  auch  nur  Bnsehiri*s  erwehren  xn  können,  vm  wirthsehaft- 
Uebe  Untemebmungen  machen  zu  können.  Redner  bemingelte  sodann  Oeehelhiaesr's 
juri8ti*-cbe  Auffassung  über  die  gescbiftliche  Au.<i>i>  ht  der  subventionirten  OstafrikSp 
linie  und  wandte  sich  t-'egen  den  untiT  dem  Vorsitz  des  Herrn  v.  Ciiny  im  Archi- 
tekf<  iiliaii>c  Vor  zwei  .lalircn  abgeli  iltenen  Kntnistuu;.'>'Stiirm.  Was  si»-  von  dem 
Ueiciiskanzler  trenne,  sei,  dass  er  ihnen  iu  der  Zurückfübruug  der  Kolonialpülitik 
in  beseh^dene  Grenzen  nicht  weit  genug  ginge  und  der  Strömung  von  der  andeten 
Seite  in  einem  Haasse  Rechnung  trage,  die  sie  nicht  för  gerechtfertigt  hielten. 
Die  jüngsten  Erfabningen,  die  beiden  verunglückten  Expeditionen  gegen  Macbemba 
mahnen  zur  grös'.t>  ti  Vorsicht  in  der  Ausdehnting  unseres  Kinllusscs  im  Süden. 
Wir  liuhtn  durt  ül-t-rhaupt  kein  deutM-lifs  Handels-,  oder  Missions-  oder  sonstines 
luteresäe.  Auch  die  Zijge  Kmiuä  machen  keinen  guten  Kindruck,  sie  beweisen  nur, 
dass  die  Verwaltung  dort  in  einer  Hand  liegen  muss,  dass  Missgriffe  aber  das 
Reich  treffen.  Ge^en  Herrn  Soden  als  GouTeroeur  wissen  wir  Kichts,  für  ihn 
sprictit  eine  Uebung  in  der  Kolonialverwaltung,  die  Wis<mann  nicht  hatte.  Die 
Stellungnahme  Wissmanns  gegen  Kmin  la.-se  es  bedenklich  erscheinen,  diesen  mit 
einem  anderen  Ijouverneur  zusammen  zu  Ia^^en.  Aerjr»'re  Wi<icrsprüclu'  wie  iu  den 
Berichten  Wissmanns  über  Emiu  fand  ich  noch  in  keinem  amtlichen  Berichte, 
Telegramme  und  briefliehe  Berichte  widenpreehen  sieb  direkt,  und  be^  sehen 
wir,  dass  Wissmann  dem  Emin  ungerechte  Vorwurfe  machte;  das  gilt  wesentUeh 
über  die  Stellnngm^me  in  Tabora  und  die  Rücksichtnahme  auf  Stokes;  Wissmann 
tadelt  Emin,  dass  er  sich  in  Massansa  in  ein  fifftcht  mit  Sklavenhlladlern  eiuliess 

—  das  ist  bezeiilmond  und  lehrreich  für  die,  «cictie  annelimen,  dass  es  sidi  bei 
der  ganzen  Kxpeditiun  um  Üuierdrückung  der  Sklaverei  handle  —  das  ist  eben 
nicht  möglich  durch  solche  Expeditionen.  Emin  scheint  eilig  abgezogen  zu  sein, 
ohne  genügende  Munition  vu  dergl.  die  Expedition  begonnen  zu  haben.  Bbio  ge- 
wisse Missstimmung  Emins  gegen  England  ist  mir  in  den  Berichlen  an^fallen, 
dafür  hat  er  aber  keine  thats&cbli<-h<-ii  (iründe  —  offenbar  handelt  es  sich  um  eine 
Authei/.iuig  durch  Dr.  I'elers ,  dir  Kmin  zuletzt  sprach,  utid  der  überall  gegen 
England  hetzte.  UcrrOecbelhäuser  ver^jiicb  l'eters  Zug  mit  dem  Ar^uuautenzug  —  aber 
er  brachte  uns  kein  goldenes  Vliess,  sondern  kostete  uns  8  Millionen!  Wir  sind 
dem  Reichskanzler  dankbar  für  die  Verlesung  der  Bismarck*seben  Noten,  aus  denen  folgt, 
dass  seine  Stellung  zu  England  viel  vernünftiger  war,  als  seine  Presse  es  hinstellte 

—  man  vergleiche  die  „  Engl&nderei",  uns  erscheint  die  Freundschaft  zu  Rngland 
auch  eine  Hauptsache.  Wir  wollen  unsere  Kol(Uii;ilpoliiik  dartim  möglichst  ein- 
schränken, weil  wir  unsere  i,'ai>zen  Kräfte  in  Europa  braucheu,  wie  einst  Fürst 
Bismarck  am  6.  Februar  löÖÖ  selbst  es  zum  Ausdruck  brac  hte. 

Reichskanzler  v.  Caprivi:  So  sehr  es  mich  erfreut,  von  dem  Herrn  Abge- 


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Die  Kolon iaipolitik  im  Roicbstage. 


155 


ordneten  Richter  Anschauungen  nbor  viiior  Terhiltnin  sv  Enf^land  aussprecben  in 

hüren,  welche  auch  die  der  Terbündeten  Regienin{»en  sind,  so  sehr  bedaure  ich  das,  was 
er  übfr  die  letite  Thätigkoit  des  Majors  v.  Wissmann  in  Afrika  gesagt  haf.  Auch 
ich  habe  die  Depeschen  mit  Aufmerksamkeit  gelesen  und  kam  zu  dem  Resultat, 
hier  «ordon  peraöalicbe  Differenzen  Torliegen ;  die  Sache  ist  aber  noch  nicht  spruch- 
reif. Wir  «iMen  Alle,  wu  vir  dein  Mijor  t.  Wiwnaim  in  Afrika  Tordaaken  und 
wenn  ich  Torbin  gesagt  habe»  daaa  wir  jetat  beaaar  atlndan  ab  vor  einen  Jähre,  ao 
verdanken  wir  das  im  Wesentlichen  der  Thätigkeit  dieses  Offiziers,  und  ich  bedaure 
deshalb,  dass  er  öffentlich  hier  so  schlecht  beurtheilt  worden  ist.    (Bravo!  rechts. 

Der  Al)g.  v.  Voihnar  meinte,  daas  wir  in  Deutschland  noch  so  viele  ideale 
Kulturaufgaben  zu  erfüllen  hätten,  dass  es  nicht  nötbig  sei  in  die  Ferne  zu  schweifen, 
luma)  wir  an  geelgoetea  MInnem  und  Geldnittoln  arm  seien.  An  Intereaee  für 
die  Erforscbnng  Ostafrikae  fehlt  es  anoh  bei  meinen  Freaaden  dnrobaas  nicht,  aber 
wir  wollen,  dass  Kulturbestrebungen  in  Afrika  aus  Mitteln  von  Privatpersonen  und 
l*rivatpesells(  haften,  nicht  awf  Kosten  des  Reiches  gefördert  werden.  Das  englische 
Abkommen  iht  in  so  fern  relativ  erfreulich,  als  es  iler  voliNtändieren  Ziellosigkeit 
der  deutschen  Bestrebungen  ein  Ende  macht.  Auch  der  Vertrag  unserer  Koichs- 
regierung  mit  der  Oatailrikaaiaehen  Oeeellaehaft  ist  ein  relativer  Vorthail,  weil  ein 
Theil  der  ans  durch  Ostafrika  erwaebsoien  Kosten  auf  jene  Gesellschaft  abgewftlst 
wird.  Gefreut  habe  er  sich,  dass  wir,  nach  den  Bericht« n  im  Weissbncb  an 
schliessen,  das  Morden,  Rauben  und  Senpen  nicht  <:erade  /.um  Prinzip  unserer 
Kriepsfülirung  pemarht  haben,  (ieraile  von  deutsclien  Forschern  ist  diese  Art 
früher  auf  das  Bestimmteste  verurtbeilt  worUeu.  Nur  in  einem  Bericht  des  Lieutenants 
Sigl  begegnen  wir  einer  Schilderung,  die  an  die  Stanley^eche  Kriegsfübning  er> 
innert;  es  wird  geschildert,  wie  ein  Dorf  «lastig  brennt*,  die  Flocbtigen  erbarmnngslos 
niedergeschossen  werden,  wie  unsere  Leute  dann  auf  ein  Dach  klettern  and  unter 
friedliche  Lcxi*e  scbiessen.  Der  komroandirende  Offizier  schlägt  dann  vor.  den 
ganzen  Stamm  der  Wangoni  auszurotten,  früher  würde  keine  .Aussicht  auf  eine 
Friedensarbeit  sein.  Das  überschreitet  doch  Alles,  was  ich  von  einer  deutschen 
Kipedition  erwartet  hatte. 

Abg.  T.  Kardorff  bedauert  dem  Herrn  Reicbskanxler  gegenüber,  wenn  aeine 
vorgestern  über  die  Kolonialpolitik  geiasserten  Worte  einen  schärferen  Klang  gehabt 
haben,  als  er  selbst  beabsichtigte.  Es  kam  daher,  weil,  nachdem  von  freisinniger 
Seite  sehr  scharf  über  die  Kolonialsrliwrirmer  hergezft.-en  war,  der  Reichskanzler 
seinerseits  erklärte:  ich  bin  auch  kein  Kolouials-h wärmer,  und  er  sagte  das  mit 
einer  Betonung,  dass  ich  danus  den  Schloss  zog,  dasa  er  Denjenigen,  die  sich 
bisher  für  Kolonialpolitik  orwkrmt  haben,  kdae  gute  Zensur  ausstellte.  Meine 
Aeusserung  sollte  auch  weniger  eine  retrospektive  Kritik  enthalten,  als  eine  Warnung 
für  die  Zukunft.  Es  hat  übrigens  eine  Zeit  gegeben ,  wo  Fürst  Bismarck  den 
koloniale!!  Unteruehrauntren  viel  f^'indlicher  gegenüberstand  als  der  gegenwärtige 
Reichskanzler.  Er  bat  aber  allmälig  die  Ueberzeugung  gewonnen,  dass  in  der  Er- 
werbung von  Kolonieen  doch  eine  wirtbschaftliche  Kraftsteigerung  des  deutschen 
Vateriandes  liegen  könne  und  müsse,  dass  es  nfitslich  w&re,  die  nberscbiesaenden 
Krifle  in  deutsche  Kolonieen  absugebent  wo  sie  dos  Deutscbthum  eihalten  bleiben, 
und  dass  es  bei  der  Weltmaehtstellung  Deutschl  inds  für  den  Schutt  dos  deutschen 
Handels  erforderlich  sei,  an  verschiedenen  Punkten  feste  Positionen  zu  haben. 
Eine  gewisse  Beschränkung  bat  auch  Fürst  Bismarck  in  der  Koionialpolitik  sich 
immer  auferlegt,  und  namentlich  stets  betont,  dass  eine  Kolonialpolitik  von  der 


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156 


Die  Kolonialpolitik  im  Rdehstaca 


Mehrheit  der  Natiou  unterstützt  sein  mÜBse.  Oass  letzteres  der  Fall  sei,  leugnet 
Herr  Hirlitcr.  leb  glaube,  dass  für  eine  Kolonialpolitik  in  den  vom  Fürsten  Bismarck 
ione^'ehaltenen  Grenzen  auch  im  Reichstage  noch  beute  eine  Majorität  vorhanJen 
iit:  (Wideräprucb  links.)  Unsere  Stellung  in  Zansibar  war,  wie  ich  anerkenne, 
keine  gans  sweiffBllose,  wir  hatten  immer  mit  einer  mlehtigen  Konkurrenz  m  kiapffta. 
Aber  blea  um  dee  gut«i  Verhiltoisaee  su  Boglaad  wUI«n  wire  lie  nieht  preim- 
geben  gewesen.  England  ist  durch  seine  eigenen  Interessen  auf  den  Dreiband  kli- 
pewiosen;  die  freundliche  Aiiseindersetzun);  wegen  Sansibar  wird  keinen  grOMca 
Eindruck  auf  das  enjlisotie  Puhlikura  machen.  Unter  Umständen  hätte  die  Positicm 
in  Zanzibar  uns  nützlich  sein  können,  zumal  auch  der  deutsche  Einfluss  zuweilen  d«r 
maassgebende  dort  war.  Jedenfalls  war  ea  daräber,  dass  wir  aus  dieser  Positke 
herausgegangen  sind,  erlaubt,  ein  Bedauern  auaniaprecben.  Dabei  aeldtM  iek 
Helgoland  keineswegs  so  gering.  Aber  so  hoch  ich  es  aehitse,  sage  ich  mir  du 
Eine:  für  England  war  es  gamicbts  werth,  während  Zanzibar  für  Beide  Werth  hatte. 
Die  Freisinnigen  würden  am  liebsten  noch  heute  Ostafrika  losschlagen.  Der  Meinunf 
sind  wir  nicht.  Trotz  <\vr  cricjer  i:oz()t:c!ieii  (iren/.en  bleibt  n<'ob  ei'i  Theil  übri^, 
der  segeubringeud  für  Deulücblauil  werden  kann.  Ks  war  mir  sehr  erfreulich,  wie 
objektiv  und  sachlich  gestern  der  Abg.  Bamberger  die  Kolonialfrage  besprach.  Brkat 
dabei  als  derjenige  Gentleman,  als  welchen  ich  ihn  immer  anerkannt  habe,  dem  Dr.Pettn 
eine  Bhrenerklftrung  gegeben,  wie  sie  nicht  besser  gedacht  werden  kann.  Ich  daake 
ihm  dafür.  Wenn  die  Energie  die  erste  Tugend  des  Menseben  ist,  so  hat  Bambeifer 
mit  Recht  diese  Anerkenuunij  Dr.  Peters  zugeschrieben.  Das  hat  TTerm  Richter 
nicht  verhindert,  seil  erseits  die  Opposition  t^egen  Dr.  Peters  festz'ihalten,  ich  glaube 
mit  Unrecht.  Peter»  ist  garuicbt  der  Hasser  und  Neider  Englands,  als  welcher  er 
Ton  seinen  Gegnern  hingestellt  wird  (Bedner  sucht  dies  auf  Grund  des  Weissbucfacs 
naehanweisen),  sonst  würde  er  nicht  von  seinen  früheren  Gegnern  jetst  nnefa  Bagkod 
itt  einer  grossen  Bondreiae  eingeladen  worden  sein.  (Abg.  Biehter:  er  Mast  liel 
fSr  Geld  sehen!)  (Heiterkeit  links.)  Herr  Richter  denkt  da  anders  wie  sein  FraktioBi- 
genosse  Hamberger.  Ich  hoffe,  da---  die  Kolonieeu,  wie  wir  sie  Jetzt  besitzen,  eine 
wirthscbaftliche  Krafläteigerun^  uuacrcä  \  aterlandes  mehr  wie  je  bedeuten  würden. 
(Beifall  rechts.) 


Bei  der  Berathung  am  6.  Felnmar  eröffnete  Dr.  Windhorst  das  Turnier  anl 
einer  Bede,  in  der  er  im  Binblick  anf  die  beruhigenden  Erklimngen  dea  Hwca 

Reichskanzlers  dem  Kommissionsantrag  zustimmte.  Er  hätte  keine  Einwendungen 
gegen  den  Vertrag  mit  Ku.;laud  zu  machen,  obwohl  er  allerdings  nicht  sehr  erfreut 
darüber  gewesen  sei,  tiass  wir  von  Sansibar  zurückcelreloti  seien.  Aber  er  habe  die 
Ueberzeugung,  dass  wir  uhue  das  Opfer  von  Sansibar  zu  einem  Abkommen  mit  Kug- 
land nlebt  gekommen  wiren,  und  da  sei  er  allerdings  der  Meinnug,  dass  die  Preuad- 
schaft  Englands,  ein  enger  Anschluss  Boglsnds  an  Deutschland  uttcndlich  wichtiger 
sei  als  unsere  Kolonien.  Dann  begrüsse  er  den  Vertrag  mit  Freuden.  Br  machte 
dann  auf  die  Anomalie  aufmerksam,  welche  dadurch  entstanden  sei,  dass  die  Reichs- 
verfassung Verhältnisse,  wie  diejenigen,  die  zu  dem  Staat.s-Vertratrc  zwischen  Gross- 
britannieu  und  dem  Deutschen  Keiche  geführt  hätten,  ni<  ht  vor  Augen  gehabt  hahe 
und  80  daas  so  wichtige  Abkommen  ohne  die  Zustimmung  des  Bundesrathes  und 
des  Beichstagea  getroffen  werden  konnten.  Wenn  in  einem  Handelsvertrage  irgend 
eine  Position  des  Zolltarifs  gekndert  werden  solle,  mnsae  die  Begieruog  «inen  dar* 
artigen  Vertrag  dem  Beichatage  sur  Genehmigung  vorlegen.  Fdr  den  deatsch-eBg> 


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Di«  Kolonialpolitik  im  RtlelMtage. 


167 


liich«ii  Vertrag;  über  Afrika  sei  dagegen  diese  Genehmigung  nicht  naebgesucbt 
worden.  Die  Verfassunßr  habe  derartlije  Verhältnisse  wolil  nicht  vor  Autren  pehaht, 
als  sie  trescbatTeii  wonieii  spj,  aber  es  sei  hier  eine  Lücke,  die  ausgefüllt  werden 
müsse.  Wenn  Keduer  mit  Üucksicbt  auf  die  Zweifelhaftigkeit  der  Frage  und  dar- 
auf, da»  die  Sache  tchon  erledigt  aei,  davon  abaebe«  Antrife  in  atollen,  so  wolle 
er  aicb  damit  ffir  die  Znlranft  triebt  pri^ndisiren.')  Dann  ricbtete  Windtborat  die 
Frage  an  die  Regierang,  oh  die  ßestimmung  der  Eongoakte  über  die  freie  Reli- 
gionsübung  in  Ostafrika  nach  Uebernabme  der  Kolonie  durch  das  Rei<  h  beibehalten 
werden  solle  und  sprach  die  Hoffnunj;  aus,  dass  die  um  die  Kolonialsache  verdienten 
Männer  auch  an  zweiter  Stelle  weiter  in  Ostafrika  arbeiten  möchten,  zumal  ihnen 
der  Reiehakaniler  naeh  aUeD  Seiten  hin  eine  freie  Bewegung  scbalTen  werde,  soweit 
es  m6f lieh  sei.  Er  hoffe  feroer,  dasa  in  Zakvnft  möglichst  wenig  Oeld  ton  den 
Reicbstag  verlangt  werden  würde. 

Der  Herr  Reichskanzler  erklärte  darauf,  dass  die  Regierung  die  Kongo- 
akte,  soweit  sie  sich  a\ii  reli^iüse  Verhältnisse  beziehe,  nicht  allein  in  Be/n^  auf 
die  Gebiete,  auf  welche  sie  sich  ursprünglich  erstrecken,  anerkenne,  sondern  dass 
aie  geneigt  sei  nnd  dieser  Neigung,  somit  Anlaas  vorlag,  bereits  Folge  gegeben  habe, 
nach  denselben  Qmndsltien*  in  demjenigen  OeUele  sn  Terfabren,  anf  welche  die 
Kongoakte  sieh  nicht  entreekt 

Der  Abg.  t.  Helldorff- Bedra  (kons.)  hielt  von  seinem  Standpunkte  aus 
das  Abkommen  für  ein  nach  allen  Kichfunj^'en  hin  befriedigendes.  Unsere  Erfolge 
seien  namentlich  in  Ostafrika  gross  gewesen,  die  Regierung  habe  in  Bezug  auf  die 
Kolonialpolitik  das  Richtige  getroffen,  was  zum  Heile  des  Landes  ausschlagen 
werde. 

Herr  von  Cnny  (natl.)  betrachtete  das  Abkommen  ala  vollendete  Thaisaebe 
und  kam  deshalb  nicht  auf  den  Tadel  mriek,  welchen  er  mit  manchen  seiner  poli- 
tischen Gesinnungsgenos-en  früher  ausgesprochen  hatte  Er  vertheidigle  geeen  die 
AiigriiTc  (ks  Abjitordnctcn  Kii  htcr  die  Stellung,  weUlic  or  und  verschiedene  seiner 
Freunde  speciell  mit  Bezug  auf  die  deutsche  Emin-rascba- Expedition  vor  zwei  Jahren 
England  gegenfiber  eingenommen  habe.  Sie  schitsten  denWerth  der  engUsehen  Frennd- 
schaft}  er  sei  aber  oberaengt,  dass  diese  engli^be  Freundschaft  nur  dann  suver» 
l&ssig  sein  werde,  wenn  die  Engländer  sich  auch  bewusst  seien,  dass  sie  auf  Gegen* 
sdtigkeit  beruht,  und  dass  die  Freundschaft  Deutschlands  für  England  gant  genau 

>)  Der  Grund  der  Unterlassang  ist  nun  wobl  kein  anderer  ah  der  TOB  Dr.  Windtborst 
aasogebeDe,  dass  die  Verfassans,  als  sie  geschaffen  wurde.  Verliiltaisse  wie  diiaenigen,  die  zn 
d«n  enrlhiiteB  fronen  Staats- Vertrage  zwischen  Groubritaonlen  and  dem  Deatscben  Reich  ge- 
führt haben,  nicht  vor  Augen  geliabt  und  nicht  als  in  der  Zukunft  liegend  vorgesehen  bat.  Des- 
lialb  Ist  das  Seicbagebict,  über  welcb<;s  sich  die  Autorit&t  von  Kaiser,  Bnodesratta  nnd  Keicbs- 
tag  erstreckt,  von  der  Verfaiisunii:  umsritricbcn,  ohne  der  Eventnalltit  Rechnnnic  sa  tragen,  dass 
jenes  Gebiet  dnfch  Erwi  rbun.:'  u  i n.<«liesonderu  auswärtige,  bberi^eeiscbe,  ü.  g  Kolonien  vcriadert 
nnd  (ms.  erweitert  werden  kann.  Denn  die  Erwerbnng  von  Gebieten  der  letzteren  Art  kann,  wo 
sich  data  Qelegeoheit  bietet,  jederzeit  auf  völkerrechtlichem  Wege  durch  den  Kaiser  erfolgen, 
der  ausdrftekllcber  BestloUDUIg  der  Verfa.>;-uDg  zufolge  das  Reich  völkerrechtiicb  zu  vertreten  bat. 
Dass  solche  Erwerbnngen,  wo  sie  geschehen  sind  nnd  in  Zukunft  noch  geschehen  werden,  nnr 
fttr  das  Reich  gemacht  sind  und  gemacht  werden  können,  wird  wohl  als  über  jeden  Zweifel  er- 
haben hiogestelit  werden  dürfen:  gleichwohl  wird  aber  dadarcb  alebts  gelndert  an  der  aus  der 
Bcichsverfassong  slcli  ergebenden  Konsequenz,  dsss  Autorität  nnd  Zu-itändigkeit  T<>n  Hundesratb 
nnd  Reichstag  sich  nicht  erstrecken  anf  simmtUche  deutüche  kotoniaicu  BeMlzuugen.  weil  diese 
nicht  als  Reichsgebiete  in  der  Verfa.>.sung  beielebset  sind,  vielmehr  darin  erst  Anfbshme  finden 
kOunen  durch  eine  betreffende  dem  Reicbstsge  sa  msebende  GesetzesTorlage,  die  sich  ah  Antrag 
snf  Aendemog  der  Verfassong  darstellt.  U.  U. 


158 


Di«  K4»kmialpoUtik  im  a«ieb»tag«. 


<l«iwdben  Werth  luibe  «ie  «lie  Freundschaft  Bnflaads  für  DwitMhlancl.  DifM-r  Oe- 
siebtspankt  h&be  vor  r.wci  .lahroti   ilm  und  <;eiri?  Freunde  ausserhalb  deä  Uauses 
Teranlasst,  in  einer  Ver*aininluug  Verwahrung  einzulegen  siegen    die  üebergriflfe 
Englandci  und  englischer  Stmatsangeböriger  gegenüber  unseren  Deutsch-Reicbsange- 
horigen.  Uotor  dm  Sachen,  die  denale  verbendeH  aeieo,  war  auch  apesiell  die  Be- 
schwerde de*  Hiadlen  HSoigeberg  fagen  die  Rejal*NigerCon|May.  Üleiee  Unrecht 
ist  seitens  des  Auswärtigen  Amtes  anerltaont  worden  und  beute  —  es  sind  seitdem 
zwei  Jahre  verflossen  —  heule  hören  wir  noch  immer,  da<s  die  Sacht*  nicht  weiter 
gerückt  sei.    In  jener  VerNauimlung  sei  aurli  ^,'etreii  den  Missbrauch  der  en-fTÜschen 
Blockade  gegenüber  dein  Dr.  Peters  prote^tirt  wurden,   was  ihr  gutes  Kecht  ge- 
wesen Mi.  Redner  wandte  lidi  dann  ▼oraehmlich  gegen  die  AeuaaeninKen  dea 
Herrn  Richter  über  den  Finten  Bienarcli  nnd  konatatirte,  daas  in  dem  Kreise, 
dem  er  selbst  angehöre,  die  Verehrung  für  den  Gründer  des  Deutschen  Reieiies,  ffir 
den   Fürsten  Bismarrk   ganz   in   derselben  Weise   fordeben   und   dass  es  nach 
«einer  Ueberzeugung  eine  Schande  (ür  das  Deutsche  Reich  sein  würde,  wenn  diese 
Verehrung  in  Kurzem  ersterben  sollte.    Nach  dieser  Polemik  gegen  den  Abg. 
Richter,  «defae  denadben  in  wiedsrholtsn  Unterhrechnngen  «efmdasate,  ao  daas  er 
rar  Ordnung  gemlsn  werden  nmsate,  betonte  v.  Cuny  noch,  daas  die  eitalHkania^ 
Gesellachaft  nicht  in  der  Lage  eines  Beschenkten  sei,  da  sie  dem  Reiche  durch  den 
Vertrag  eine  aelir  lukrative  (iabe  trebracht  habe  und  dass  die  Verwaltung  durch 
das  Reich  nnd  die  Schutztruppe  nicht  nur  zum  Schutze  der  deutsch-ostafrikanischen 
Gesellscbaft  und   ihre  Unternehmungen  eingerichtet   werde,  sondern  dass  jeder 
Cntemebmer  und  Kapitalist,  Deutscher  eder  Niehtdeutacber,  weleher  dort  seine  wirtb- 
aehafUiehen  nnd  aonstigen  Krifte  su  verwerthen  gesonnen  sei,  freien  Zutritt  und 
freie  Bahn  haben  werde.    In  der  Bede  des  Abg.  Windtherit  vermisste  er,  dass 
auf  die,  auf  Windtborst's  Antrag  hinsicbtlicb  der  Unterdridtttng  des  Sklaven- 
handols  angenommene  Resolution  nicht  hingewiesen  worden  sei.    Die  Organisirung 
der  Schutztru()pe,  die  Kiurichiuug  der  Station  Tabora  u.  s.  w.  bezweckte  ja  wesent- 
lich da^enige,  was  damals  als  Ziel  hiogestellt  worden  sei,  denn  um  den  Sklaven- 
handel lu  nntefdrft^en,  bedfiife  es  der  Behemebung  der  Karawanenstrassen.  Also 
jene  Organisatioa  und  die  Verwendung  dieeer  Mittel  giodmh  durchaus  in  dem  Sinne 
der  damals  auf  den  Antrag  Windtli  >>rst  gefassten  Resolution.  Wenn  er  (Rodner) 
als  Anhänger  der  Kolonialpolitik  »ich  bekenne,  so  thue  er  das  in   dem  vollen  Be- 
wusstsein,  dass  jede  Kolonisation  mit  manchen  Fehlern,  MissgrilTcii  und  vurüber- 
gebeuden  Unf&llen  anfange.    Die  Kolouialgeschicbte  aller  Nationen  zeige,  dass  sie 
noch  in  gant  anderer  Weise  bitten  Lehrgeld  sahlen  müssen.  (Sehr  riohtigf  reehta.) 
Fest  stehe  aber  die  Thataaehe,  dass  jede  grosse  Nation  sich  Kolonien  geschsien 
habe  und  keine  sie  freiwillig  aufgebe.  (Beifall  rechts.)  Er  halte  das  Deutsche  Reich 
jedem  anderen  Staate  für  ebenbürtig,  und  wenn  alle  anderen  Nationen  koloniale 
üntemelimuiifffii  für  richtig  erkannt  hätten,  dann  halte  er  o-<  auch  nicbt  für  einen 
llissgriü,  dads  die  Deutschen  denselben  Weg  beschritten  hätten. 

Der  Reichskanzler  von  Caprivi  erkiftrte,  er  sei  sich  nicht  bewusst,  dass  die 
gegenwirtige  Regierung  zu  einem  Urthml,  wie  es  der  Herr  Vorredner  ausgesprochen, 
über  ihr  Verhalten  Kngland  gegenüber  und  ihre  Auffassung  der  gegenwärtigen 
Kräfte  und  Machtverhältnisse  Anlass  geirel'cn  h.-ibc.  Was  Witn  anbetrifft  (d«M  Herr 
Vorredner  hatte  gebeten,  dass  auch  der  iuteresseu  der  uuirUuklichcn  IVivai>ri  in 
dem  Falle  Küntzcl  gedacht  werde),  so  erklärte  der  Uerr  iieichskauzler,  dass  die 
Expedition  Kintzel  sieb  aus  lauter  reditschaffenen  Vinnem,  Köntzel  ausgenommen. 


Die  Kolonialpolitik  im  Reicbätage. 


159 


suaMiineiigeMtxt  hftbe.  Er  wies  dies  im  EumIiuii  nadi,  tadelt«  das  Veriialten 

Kontzer»  iu  Witu  —  (er  habe  Holt  gesigt,  von  dem  es  zweifelhaft  sei,  ob  es  ihm 
gehöre  und  später  den  Sultan  in  Wifn  solli!*t  tfeschmäht),  worauf  dann  der  Ausbruch 
des  Unwillens  erfulgt  sei.  bei  dem  Kilnizel  und  die  and*'r<'n  Heiitsrlion  l.ebeu  und 
Eigeuthum  eingubüäst  hätteu.  Wenn  auch  äolche  Vorguuge  peinlich  üeien^  »ofem 
nimn  darauf  einer  anderen  Regierung  gegenfibor  Schritt«  gründen  solle,  so  babe  nichts 
desto  weniger  die  Kaiseriiehe  Regiening  getban,  was  sie  tfaun  konnte  nnd  fahre 
noch  fort,  die  Ausprüche  der  Qescbädi^ien  oder  deren  Erben  so  entschieden  als 
möglich  zur  Geltung  zu  bringen.  Das  dritte  Gravamen  do8  Herrn  t.  Cuny  sei  der 
Xeera-Fall  {gewesen,  die  iregenwiu tijje  Hetrionin^  habe,  wonn  ei  den  Herrn  Abge- 
ordneten recht  verstanden,  nicht  getliau,  vsas  nie  thuu  liuunie,  um  den  Herrn 
Peters  nnd  «er  sonst  aa  der  Neem  iMl&ettigt  war,  hinreiehend  sn  vertreten.  Br 
wolle  jetst  vorlesen,  was  unter  dem  36.  Urs  1889,  also  ehe  die  gegenwirtige, 
von  Heim  von  Cuny  getadelte  Regierung  ihr  Amt  antrat,  an  den  Grafen  Hatsüsldt 
in  London  von  hier  aus  telegraphirt  worden  ist: 

Ew.  Excellenz  sind  erinfichtijjt,  Lord  Salisbury  ßejrenülH'r  trele)?entlioh  zu 
wiederholen,  dass  die  Expedition  Peters  das  Reich  uichtä  angeht  nnd  er 
und  seine  Begleiter  für  uns  Privatreisende  sind,  bei  deren  Unternehmen  wir 
uns  von  jeder  Förderung  fism  halten.  Der  Reichskantler  würde  es  natSrIIeh 
finden,  dass  Snglaad  bewalfoeten  Zügen  den  Durchmarsch  dnreh  seine  Inter- 
essensphäre in  Ost-Afrika  versagt.    (Hört,  hört!  links.) 

Vielleicht  hat  der  Herr  Abgeordnete  tod  Cuny  die  Güte,  anzuerkennen. 
da8S  nach  diesem  Vorgantr  die  jetzige  Keffi^rnufj  kaum  in  der  Lage  war,  dif  An- 
sprüche an  die  Neera  anders  zu  vertreten,  als  .sie  es  gethan  hat.  (Sehr  richtig! 
BbnvD  links.) 

Der  Herr  Abgeordnete  Dr.  Barth  (dfr.)  meinte,  dass  seine  Partei  dem  Ab- 
geordneten von  Ouny  nur  snm  Vorwurf  gemadit  habe,  dass  derselbe  die  wahren 

Interessen  Deutschlands  bei  seinem  Verhalten  verkannt  habe,  dass  er  um  ein  Bis 
eben  Witu  oder  Ost-Afrika  willen  Deutschland  in  ein  {gespanntes  Verhältniss  zu 
England  habe  bringen  wollen .  Dem  Abgeordneten  Windthorst  »erde  es  nicht  ge- 
lingen, seine  Urbeberschaft  für  dasjenige,  was  sich  auf  kolonialpolitischem  Gebiet 
jetst  ereignet  habe,  für  die  Zukunft  wegsuwischon,  denn  die  Resolution  Windt- 
horst 0  sei  das  Blatt  gewesen,  von  dem  ans  weitergehende  kolonialpoKtisehe  Pllne 
verfolgt  worden  seien.  Windthorst  habe  wohl  auch  seiner  Zeit  sn  diese  Tragweite 
derselben  nicht  geglaubt;  habe  er  ji  doch  auch  heute  erklärt,  dass  d;e  verbündeten 
Regierungen  ihr  eine  weitere  Tragweite  sregeben  hätten,  als  er  beal  sichtigt  habe. 
Er  hätte  sich  aber  als  Staatsmann  gegenüber  einem  Politiker  wie  Fürst  Bismarck 
«•gen  müssen,  dass  daa  an  diese  Resolution  augebakt  werden  und  sie  das  Band 
sein  wurde,  mit  dem  er  und  seine  Freunde  in  die  Kolonialpolitik  hineiogeiogen 
würden.  Die  Frage,  ob  die  Ostafrikaniscbe  Gesellschaft  so  den  Kosten,  welche  aus 
der  Pazifizimng  des  Landes  erwüchsen,  herangezogen  werden  könne,  habe  das 
Reichs-Justizamt  wesentlich  aus  dem  Grunde  verneint,  weil  in  dem  betreffenden 
Gesetz,  das  aus  der  Initiative  des  Abgeordneten  Dr.  Windthorst  entstanden  sei, 
durch  die  Ueberscbrift  zu  erkennen  gegeben  sei,  dass  man  in  erster  Linie  den 
Sklavenhaodel  ins  Auge  gefasst  babe.  Schon  dieser  Umstand  beweise,  dass  der 
Abgeordnete  Dr.  Windthorst  für  das,  was  geschehen  sei,  mit  verantwortlich  sei. 

>)  Siebe  Koloniales  Jatirbach  1888,  S.  225. 


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160 


Die  Kolonfelpolitik  im  lUiebtU««. 


Gerade  durch  du,  wu  der  Abgeordnete  Dr.  Windthorst  in  Bezug  auf  seine  Re- 
solution erfahren  habe,  sei  die  Flaltung  seiner  (des  Redners)  Partei  um  so  mehr 
gerechtfertigt  wurdeu.  Ed  sei  eben  nur  der  erste  Schritt,  der  etwas  iioste,  und 
deshalb  habe  seine  Partei  «ich  gehütet,  in  der  KoloniaJpolitik  einen  einzigen  Schritt 
tu  thttn,  der  ihr  «ngdegt  ««rden  könat«»  als  ob  lie  feneift  vira,  äb«rlinipt  Ko- 
lonlal-Politik  la  treibea.  Sein«  Partei  ward«  lieber  bevU  maigm  liqiidiieii. 
Eine  Kolouialpolitik,  wie  sie  getrieben  werde,  sei  unzweckmissig  und  onwittb* 
tcbaftlicb.  Seine  Partei  hahe  diesen  Standpunkt  nicht  verlassen  und  markire  dies 
dadurch,  d^si  sie,  trotz,  leui  .>ie  jet^t  in  hohem  Maa&^e  durch  die  Ausführungen  des 
Reichskanzlers  befriedigt  kvi,  die  Millioueu  uicbt  bewillige,  weil  sie  die  starke 
Siamisebiiag  des  Deatieben  Reiches  in  OstslHlu  aicbt  wfinseh«.  DsUngegen  ssi 
sie  beate  noch  «ie  frnher  bereit,  die  «twaifen  Liquidationskostw  in  weitsstm 
Sinne  des  Wortes  zu  bewilligen.  Wenn  aan  ihr  einen  Weg  angeben  wolle,  anf 
dem  sie  aus  Ostafrika  qua  Reich  herauskomme,  sei  sie  bereit,  die  ilittel  dazu  zu  be- 
willitT'*!!.  iMe  SchalTiuig  einer  Kronkolonie  bezeichne  t  in  i:eues  i^tadium  der  Ko- 
louialpolitik.  Alles,  was  in  Ostafrika  geschehen  sei  auf  dem  üebiete  des  liaudeU 
«nd  sonstiger  wirflucbaftUeben  Tersndie,  sei  di«  reiiie  Bagatelle  gegen  das,  was 
von  Seiten  des  deataeben  Handele  alQIhrlieb  gewagt  werde  in  allen  Thailen  der 
Welt.  Nur  wagten  die  Kaufleute  hier  nichts  blindlintrs  und  unbesoonen,  sondern 
in  der  Gewissheit  späterer  Früchte  Gerade  weil  die  Hamburger  und  Bremer  Kauf- 
.leute  ausserordentlich  wenig  au  die  Zukunft  der  Kolonien  glaubten,  gäben  ^ie  für 
diese  Dinge  kein  Geld  her.  Er  freue  sich,  dass  es  in  Deutschland  solche  Kauf- 
lente  gebe,  die  för  utopische  Pline,  selbst  wMin  sie  von  Jenuud  in  Beicbstage 
enpfoblen  worden,  kein  Geld  übrig  bitten.  Br  lübtte  dann  Sir  Jobn  Pope  Hen- 
nessey  ins  Feld,  der  kurz  nach  dem  englisch-deutschen  Abkommen  einen  Artikel 
Teröffentlicbte ,  in  dem  er  den  typiüchen  Verlauf  aller  Kolouialbestrebungen  schil- 
derte und  hervorhob,  dass  das  erigli.sche  Parlament  auf  Grund  der  UnterMiclningen 
einer  Kommission  zu  dem  Üeschlusä  gekommen  sei,  dass  Jede  fernere  Auadehuung 
dea  TerritorialbMitses  oder  die  Uebemahna  dar  Kolonialregierung  oder  der  Ab- 
schluss  neuer  Vertrige  untweckmissig  sein  wurde  und  dass  das  Ziel  der  angliscben 
Politik  sein  mSsse,  die  Kiiigeb>  renen  fähig  zu  machen,  die  Verwaltung  selbst  xu 
fähren.  .Sir  llennessey  finde,  dass  die  englischen  Besitzungen  in  Afrika,  abgesehen 
von  .Siid-Afrika,  für  die  Englänier  /war  niclits  w<rtli  seien,  aber  dass  man  doch 
noch  vielleicht  einen  Werth  aus  diesen  liesitzungeu  her&us.-<chla;:eu  könne,  wenn  man 
aie  an  Frsnkreich  und  Deutschland  fortgebe.  Auch  ein  anderer  Kenner  von  Afrika, 
Bdw.  Diej,  betone,  dass  die  gesammte  öffentliche  Heinui^  von  Süd-Afrika  darüber 
einig  sei,  in  Zentral- Afrika  sei  nichts  xu  holen.  Er  schlage  eine  Politik  der  na>terl7 
inaclivitj,  der  nieisterbaflen  ünthätigkeit,  vor.  Auch  Hans  Meyer  komme  genau 
zu  denselben  Schlussfolgernngeu  auf  Gniud  derselben  Krfahrungen  in  Afrika,  und 
wenn  noch  etwas  nölhig  wäre,  um  zu  beweisen,  daNS  es  mit  der  dortigen  Herrlich- 
keit nicht  weit  her  sei,  so  möge  man  einmal  den  Ausspruch  des  Vorsitzenden  der 
englischen  Ostafrikanischen  Kompagnie  lesen:  Han  möchte  sich  für  die  nicbsto 
Zukunft  nicht  alltn  viel  Hollbung  machen,  man  würde  noch  lange  Ztit  die  Dividende 
in  Philanthropie  bezahlt  bekommen.  Im  Ganzen  biete  die  Kolonialpolitik  ein  traurigea 
Bild.  Seine  Partei  werde,  ihrem  früheren  Standfuinkt*'  i^eiren.  auch  diese  Forderung 
ablehnen,  obgleich  ^it'  si<h  nach  den  gestrigen  Htklärungen  des  Keichskanilers 
irgend  welchen  Befürchtungen  in  kolonialpolitischer  Beziehung  nicht  hinzugeben 
brauche.  (Beifall  links.) 


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Dia  KoloolftlpoHtik  im  KeiehsüiKe. 


161 


Der  Ab<r.  v.  Keudell  (frk.)  erirriff  sodann  »las  Wort,  um  das  enjjlisch-deulsche 
Abkomiuen  /n  verthcidiRen.  Er  sehe  oiii  politisches  Verdipn>-t  dos  deutsch-eng- 
lischen Abkommens  darin  —  und  das  sei  noch  uicbt  gesagt  worden  — ,  dass  es  in 
den  Köpfen  der  Feinde  nnd  der  Freunde  die  Vontellnng  zeittSrt  habe,  welche 
•idi  ra  hOden  befonnen  habe  ■ton  einer  anversöhalichea  Feindeebaft  svisehen  den 
Denttehen  und  den  Biffttadem.  Wolle  naa  einen  dieiaeltigea  Vertr»;  billig 
beurtheilen,  so  sei  es  rifhli(  h,  auch  mit  den  Augen  des  anderen  Thefles  zu  sehen. 
Vor  20  Jahren  habe  es  wohl  noch  keinen  Kn^Ifmder  gegeben,  der  es  nicht  als 
selbstverständlich  angenommen  habe,  dass  der  dunkle  Erdtheil  bis  7.um  Nil  nach 
und  nach  England  ganz  von  selbst  zufallen  würde.  Es  sei  daher  natürlich  gewesen, 
dasi  die  «raten  Anf&nge  der  deutschen  üntemebmungen  anf  kohnüaleni  Gebiete 
in  West-Afrika  nnd  in  der  SMsee  in  Englaad  mit  lebhaftem  Missvergn^en  begdisst 
worden  seien.  Bs  seien  eine  Reihe  Ton  Streitigkeiten  nnd  Zwistigkeiten  swisehea 
Privaten  nnd  den  Regierungen  entstanden,  welche  mehrere  Jahre  gedauert 
hätten.  I'n«  sei  immer  crescendo  gegangen,  fm  Jahre  1S84  habe  Deutschland  Arm 
im  Arm  mit  Frankreich  —  das  sei  ein  merkwürdit^es  und  erfreuliches  Schauspiel 
gewesen  —  die  Kongokonferenz  berufen.  Auf  dieser  seien  für  alle  koloniallustigen 
Nationen  gleiche  Rechte  festgeeetit  worden,  sehr  gegen  die  «iglisehen  Wunsche. 
Die  Besiehnngen  seien  nieht  firenndlieher  la  Folge  dessen  gewordea.  Der  frühere 
Rdehskaasler  haha  siidi  bei  dem  englischon  BotsdMUer  über  die  TeneUeehternng 
der  deutschen  Beziehungen  zu  England  beschwert.  Das  sei  am  5.  Febniar  1885 
gewesen.  In  demselben  Monat  sei  Dr,  Peters  zunlckgekomraen ,  in  der  Tasche 
sahlreiche  Si  hutzvorträge.  r>arüber  in  England  grosse  Erregung.  Dann  sei  die 
berühmte  Reichstagsrede  des  Fürsten  iiismarck  vom  2.  März  gekommen.  In  dieser 
Rode  hslw  er  Lord  Oroafttlo  in  der  Front  angegriffen,  habe  ihm  veraehiedene 
Yorwflrfh  gemaeht  nnd  sieh  besehwmrt  öber  die  ganse  Art  der  Miglischen  Qeoehifts- 
behandlvng  —  er  habe  128  scbrifUiehe  Noten  in  kolonialen  Angelegenheiten 
erhalten  — ,  und  nun  sei  damals  eine  merkmürdige  Wenduug  geschehen:  bald  darauf 
habe  Lord  Granville  im  Oberhause  mit  wahrer  Hochher/ipkeit  die  Rismarck'schen  Vor- 
würfe für  bcfTnlndet  erklärt,  und  den  (i.  März  habe  lieir  tiladstoiie  erklfirt.  wenn 
Deutschland  eine  kolouisirende  Macht  werden  wolle,  so  solle  es  willkommen  sein, 
dann  würden  das  bnndesfreundHehe  England  und  Deutschland  nebeneinander  cum 
Heil  der  llenschheit  die  kolonisatorischen  Aufisaben  16sen.  Ton  dieser  günstigen 
Stimmung  sei  sofort  Gebrauch  gemacht  worden.  Es  sei  in  den  Jahren  1885  und 
1886  die  Periode  der  Verständigung  zwischen  den  Interessen  Deutschlands  and 
Englands  gefolgt,  zuletzt  auch  für  Ost- Afrika.  F'as  Abkommen  mit  Kn<:Iaiid  vom 
1.  November  1886  enthalte  bereits  vollständi;;  die  Grundziipe  des  Abkommens 
von  1890.  Damals  seien  nur  die  Grenzen  bis  zum  Viktoria-Nyanza,  jetzt  bis  an 
den  Congostaat  abgesteckt  und  Sansibar  und  Witn  habe  man  damls  nooh  im 
Ungewissen  gelassen.  Die  KonzessionMi,  die  Ffirst  Bismarek  1886  gemadit  habe, 
seien  so  grosse  gewesen,  dass  er  (Redner)  sieh  gewundert  habe,  dass  er  nicht  mehr 
darüber  anjegrifTen  worden  sei.  In  dem  grossen  Territorium,  das  man  an  England 
damals  abgetreten  habe,  habe  sich  auch  Uganda  befunden,  das  von  Afrikafors-dicrn 
als  ein  Wunderland,  als  ein  zweites  Indien  bezeichnet  worden  sei.  Kr  (Redner) 
habe  es  nicht  beklagt,  dass  man  dieses  auch  jetzt  aufgegeben  habe,  denn  es  habe 
sohon  früher  über  aino  sslcho  SIrdikraft  forfügt,  die  den  Deutsehen  die  grünten 
Behwierigkeiton  entgogengisetst  haben  würde.  Nach  1886  seien  in  den  deutsehen 
Yerhiltnissen  mit  Bnglaad  wiederum  SobwierigkMten  manehsr  Art  horrorgetreten. 
Koloalaks  Jabrhaeh  18M.  1 1 


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162 


Die  Kolonialpolitik  im  R«icbatag«. 


Drei  Momente  seien  es  besonders  (i:ewesen,  die  zu  einem  neuen  Abkommen  hätten 
drängen  mÜMtn:  die  Verbältnisse  an  der  oeUfrikaniicheii  Kaste,  die  ?«• 
UlliiiBM  i&  SantllMr  «nd  die  durch  die  Agitation  Stwley't  henroigiisfiM 
Aufregung  in  England.    Den  letxten  Punkt  habe  der  Beiohskaniler  fsstei 

in  seiner  tnlUlrenden  Darstellung  nicht  gestreift.  Nach  wtAn»  (des  R«dn«n) 
Wahrnehmung  scboinc  derselbe  doch  für  das  Abkommen  ton  Bedeutmi 
gewesen  zu  sein,  weun  er  (Redner)  auch  die  näheren  Umstände  nicht  kenne, 
er  nach  seinem  Austritt  aus  dem  diplomatischen  Dienst  keinerlei  Nacbricbten  sus 
dem  Auswärtigen  Amt  erhalten  habe.  Bei  der  Regelung  der  Verbältnisse  tn  dir 
KieU  ud  in  Saniiter  sei  Deutachland  gut  lorlgekoBiimk.  D«r  eai^iMhe  BbAm 
••I  noch  im  letsten  Jahre  m  äherwiefend  feweaeii,  und  man  möiae  mtämtm, 
dass  England  seine  Zusage,  Deutschland  bei  der  Regelung  des  Verb&Itnissss  nit 
dem  Sultan  zu  unterstützen,  in  loyalster  Weise  erfüllt  habe.  Deutschland  habe  is 
England  nur  abgetreten,  was  es  überhaupt  nicht  habe  halten  können.  Welche  Mittel 
habe  Deutschland  deuu,  England  aus  dem  Besitz  des  Protektorats  über  die  Insel  Sansibar 
SU  verdrängen  ?  In  welcher  Weise  hätte  es  Frankreich  für  seine  Rechte  aus  dem  Ver- 
trage von  1868  entadiidigen  k&men,  was  fSr  England  dann  aina  Laiehti^aU  gewmm 
wlia?  Wita  habe  ar  imn^r  als  ain  Kompaosattonaolgakt  für  Halgirfand  betndiM; 
nnd  ala  ein  deutscher  Mann  habe  er  jetzt  Grund,  sich  über  die  Lösung  der  Tnst 
zu  freuen.  Die  Vorstelluni^en,  die  sich  in  Nationen  über  gcepenseitige  Freundsch&ft 
und  Feindschaft  bildeten,  hätten  den  grössten  Einfluss;  Napoleon  hätte  den  Kriff 
von  1870  nicht  unteruummeu,  wenn  er  nicht  getäuscht  worden  wäre  durch  di« 
damalige  feindselige  Stimmung  der  österraichischen  Bevölkerung  gegen  Deutschlsod. 
Sdcban  Irrthfinun  konnten  lüebt  Mos  Sintalna,  sondam  puma  YSIkar  vntiriiei» 
Man  ward«  aoch  hanta  noeh  ürsaaba  haben,  das  VarhlltniBS  Dantachlands  nit 
England  günstig  zu  gestalten.  Er  wolle  hoffen,  dass  auch  die  vielen  kleinen 
Differenzpunkte,  die  noch  zu  schlichten  seien,  sehr  bald  beseitigt  würden.  Auch 
in  Üst-Afrika  .seien  noch  Schwierigkeiten  mit  England  zu  beseitigen.  Die  Englinder 
strebten  jetzt  darnach,  den  ganzen  Handel  nach  ihrem  Sansibar  zu  lenken,  während 
Deutschland  daran  liegen  müsse,  den  Handel  nach  dem  Kontinent  zu  ziebes. 
HoffentUcb  werde  as  gaUngan,  daiartiga  Diferansan  and  dia  Ifissatinunang  darikr 
in  beseitigen,  sodass  England  für  den  Fall  einee  gröaaaran  aoroplisehan  KodUUn 
nicht  gehindert  werde .  seine  natürlichen  Interessen  wahrtnnahmen.  Er  theile  fii 
Ansicht  nicht,  da.ss  hinter  dem  englisch-deutschen  Abkommen  noch  tiefere  politische 
Gründe  steckten.  Für  die  Bewilligung  der  im  vorliegenden  Etat  geforderten  Summ« 
«erde  er  natürlich  stimmen.  Wenn  auf  den  in  den  letzten  dreissig  Jahren  ua 
das  Doppelte  gestiegenen  französischen  Etat  für  Algerien  hingewiesen  sei,  so  lehi 
man  ja  jetzt,  dass  die  dentsdian  Anagaban  fir  Ost'Afirika  baraüa  goringor  wirdi^ 
nnd  er  hoffe,  daas  Daataebland  in  Kamm  bald  niehta  mehr  ton  Raiehawofan  dilir 
anfitawenden  brauche. 

Abg.  Dr.  Windthorst  wiederholt,  dass  seine  politischen  Freunde  ihre  bis- 
herige Slellun*;  zur  Kolunialpolitik  im  Wesentlichen  nicht  geändert  hätten.  Sie 
hiitten  keine  Bedenken  getragen,  dafür  einzutreten  und  übernähmen  die  volle  Ver 
antwortung  dafür.  Wo  es  sich  um  die  Ehre  des  Vaterlandes  und  dazu  noch  in 
hnmsnitiia  Zwacke  handle^  worden  aie  immer  bereit  sein,  eintotretan.  Sia  hoAsi 
abar,  dass  man  in  der  biaherigen  voraiehtigmi  Waiae  auch  weiter  fottgaha. 

Abg.  Graf  von  Arnim  (frk.)  ist  nicht  ganz  befriedigt  über  das  Abkommen 
swiBchen  Deutachland  und  England  und  kann  sich  nieht  so  anthosiastiseh  daräber 


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Die  Koloniaipolitik  im  Reichstage. 


163 


tessm,  wie  sain  FraktiooifeiiOMe  tob  Kendill.  Ihn  (dem  Redner)  scheine»  Bng- 
lend  habe  sich  bei  den  Verfaaadhiagen  von  de«  Oefihle  leiten  Itssen,  dass  Dmtseh- 

land  einen  grösseren  Werth  auf  Englands  FrounHsrhaft  lege,  als  England  auf 
Deutschlands  Freundschaft  Werth  zu  legen  Anl  iss  luilte.    Diese  Ansicht  habe 
gewiss  anch  die  Missstimmung  weiter  Kreise  ülier  das  Abkommen  hertorgerufeu 
und  auch  den  Entrüstungssturm,  den  er  in  seiner  Schärfe  tadeln  müsse,  der  ihm 
aber  als  ein  eiftenli^r  Bewris  dalfir  gelte,  dase  in  der  K«ti<Mi  ein  sehr  lebbaftee 
und  stolaes  Selbttbemieslaein  heirsehe.  Er  begrSsse  dieses  GefäU  als  einen  Beweis 
der  Kraft  und  St&rke  des  Deutschen  Reichs.    Der  Abg.  von  Kcudcll  gehe  von  der 
Ansicht  aus,  England  meine,  der  schwarze  Erdtheil  gehöre  ihm.    Es  sei  das  ein 
wesentlicher  Irrthum  Englands,  und  Deutschland  als  eine  stolze  Nation  brauche  mit 
derartigen  Irrtbüuaern  nicht  2u  reebnen.    Er  (Redner)  könne  nicht  lugeben,  dass 
dae  Anfigeben  von  Witn  gani  desi  Brwerb  von  Helgoland  entspreche,  nidit  weil  er 
den  materiellen  Werth  von  Witn  sn  hoch  schitse,  sondern  weil  Deutschland  ein 
halbes  Jahr  vor  der  Abtretung  Witu  mit  grosser  Feierlichkeit  in  Schutz  genommen 
und  das  Bild  des  Kaisers  dort  aufgehängt  habe,  sodass  der  Sult&n  sich  unter 
deutschem  Schutze  sicher  gefühlt  habe.    Sansibar  verschmerze  er  leichter.  Im 
Lande  verstehe  man  auch  den  Vortheil,  den  die  Abtretung  der  Kijste  gebracht 
haben  solle,  durchaus  nicht.  Das  Voigeben,  das  England  in  Egypten  gezeigt  habe, 
bitte  für  Deutsehland  lehrreidi  sdn  können.  Er  gebe  aber  i«,  dass  der  jetsige 
Beirhskander  nicht  rem  intsgram  vorgefnnden   habe,  eondeni  daas  die  Ab- 
machungen schon  bestsnden  hätten.    Deutschland  habe  im  Jahre  1884  einen  rich- 
tigen Augenblick  versäumt,  als  die  Flottendemonstration  vor  Sansibar  stattgefunden 
habe.    Alle  Deutschen  hätten  damals  geglaubt,  dass  die  Flottendemonstratiou  mit 
der  Erklärung  des  Protektorats  über  Sansibar  endigen  würde.  Bekanntlich  sei  erst 
swei  Jahre  q»iter  das  gemeinsaaM  Protektorat  aber  Sansibar  ausgesprochen  worden. 
Doch  er  wolle  einen  Sdileier  Aber  das  Veigangene  werfisn.   Was  Dentschland 
aber  in  Zukunft  zu  thun  habe,  zeigten  die  Berichte  Emin  Paschas,  der  immer  da- 
rauf hinweise,  dass  es  die  höchste  Zeit  sei,  das  zu  sichern,  was  Deutschland  jetzt 
ernin-/*  II  h;ibe.    Deutschtand  müsse  jetzt  alle  Kraft  daran  setzen,  den  Besitz  aus- 
zubauen.   Der  Reichskanzler  habe  gestern  hervorgehoben,  das  Deutschland  jetzt 
von  -der  Kdste  nach  dem  Innem  tu  vorgehen  miase.  Viele  seien  anderer  Hebung. 
Heete  habe  Deotschhttd  noch  das  Prestige  der  lotsten  groeson  8i^  über  die  Ein- 
geborenen für  sich  und  müsse  baldigst  mit  der  Errichtung  von  Stationen  bis  an  das 
Seengebiet  hin  vorgeben.    Majnr  von  Wissmann    bezeichne    das  Seengebiet  direkt 
als  die  innere  Küste  Ost-Afrik.is,  >ind  andere  hervorragende  Kenner  des  Landes,  die 
jahrelang  dort  gelebt  hatten,   hätten   sich  in   demselben  Sinne  ausgesprochen. 
Ein  schnelles  Vorgehen  sei  das  ofauiigo  Mittel,  nm  Handel  und  Wandel  so  hejtMB. 
Die  Mittel,  die  der  Etat  verfagbar  madie,  schienen  ihm  deshalb  sehr  gering.  Dass 
man  den  nach  Afrika  gesandten  Hännera  einen  mögliebst  weiten  Spielraum  lassen 
müsse,  sei  selbstTerst&ndHch.  Auch  Emin  scheine  ihm  (dem  Redner)  ein  ganz  füg* 
samer  Mann  zu  sein,  und  man  sollte  seinen  Plänen  Rechnung  tragen.    Alle  Männer 
die  Deutschland  nach  Afrika  gesandt  habe,  wären  sicherlich  nicht  dortbin  gegangen, 
wenn  sie  sich  keine  Erfolge  versprochen  hätten.  Auch  der  Reieende  Meyer,  der  jetst 
fBr  die  Gegner  der  Kolonialpolitik  immer  aushelfen  misse,  habe  eine  Zeit  lang  gans 
anders  dber  Ost-Afrika  gedacht  In  einem  ihm  (dorn  Bedner)  vorliegenden  eigen- 
b&ndigen  Bericht  halte  er  die  Anlage   von  Kaffee-.  Thee-,  Tabak plantagen  und 
selbst  den  Getreidebau  für  höchst  aussichtaToll  und  bezeichne  deuuchen  Erwerb  als 

ir 


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164 


Die  Kolouialpuliük  im  Reichstage. 


sehr  ««rthvoll.  Die  deatsehe  KolmnalbewegoBf  Mi  eiie  iiSebit  fMonde,  ri»  td 
kein  Prodnkt  der  Sehwärmerei ,  sondern  des  BemuttMlns  der  Kraft  und  Kecht 

Deat»chlan<l>.  Wenn  die  Kaiserliche  Regierau?  iu  Zukunft  das  Motto:  „  Nunquam 
retrorsum".  d.  h.  Vorwärts!  auf  die  Fahne  unserer  Ko!oniaI[>olitik  schreibe,  werde 
die  Nation  nicht  blos  mit  warmem  llenceu,  sondern  auck  mit  dem  Geldbeutel  folgen. 
(Beifall  rechtsj 

Dmnuif  irorde  die  Fordemag  nach  dem  Koamiatfoniiatiige  in  Betreibe  vm 
2Vt  KUUoiMn  Mark  bewilligt 

Regionale  Abgrenzung  der  Missionsgebiete. 

In  der  SiUtnng  vom  11.  Kehruar  kam  f«tlL:ender  Antrap  Stöcker  zur  Berathuof: 
.Die  verbündeten  Regierungen  zu  ersuchen,  Maassregeln  zu  treffen,  durch 
«dehe  bei  Fettheltoog  des  Onmdaatses  der  Parittt  das  gleiehaeitige  Wirken 
von  HiBsionaren  Teraehiedoner  Konfessionen  in  demselben  Bezirik  der 
deutschen  Schutzgebiete  möglichst  verhütet  wird." 

Der  Abtr.  St.x  ker  inotivirt  seinen  Antra?  damit,  dass  es  das  Interesse  des 
l>eutsohcn   Reiches  erfordere,   dass  AIk'>  ^rethan  werde,   um  den  Missionen  einen 
Kampf  mit  gleichen  Waffen  und  gleichen  Mitteln  m  gewährleisten.  Da  müsse  er  nun 
immer  wieder  beklagen,  daM  in  gaas  ungerechtfertigter  Weile  vom  Hajor  von  Wiaa- 
mann  die  evangelischen  hinter  die  katholiseben  Missionen  snrnckgesetst  worden 
seien*  Die  Sache  habe  aldit  blos  in  katholischen,  sondern  selbst  in  unwiasenden 
protestantischen  Blättern  ihre  Ausbeutung  gefunden,  und  man  habe  für  die  evange* 
lischc  Kirche  höchst  verletzende  Aeusserunjren  vernommen.    Wenn  auch  der  Major 
von  Wissmaiin  nachher  in  der  „Post"^  seine  Aeusserungen  berichtigt  habe,  sei  noch 
immer  Vieles  zurückgeblieben,  was  man  ndt  gutem  Gründe  als  falsch,  als  auf 
mangelhafter  Kenntniss  beruhend,  abweisen  mflsse.  Ksn  hsbe  den  evangelischen 
Misaionen  vorgeworfen,  dass  sie  nach  dem  Spruche  Ora  d  iatam  vetfihren,  dasa 
tut  sie  das  Arbeiten  erst  das  Zweite  sei,  während  die  katholischen  Missionen  das 
labora  voranstellten;  er  (Redner)  erlaube,  kein  echter  Katholik  dürfe  sich  eine  solche 
Rangirung  gefallen  lassen.   Durch  pekaufte  Sklavenkinder  werde  in  diesem  Gebiete 
eine  Missionsstation  zuerst  bevülkert,  während  man  eine  grössere  Einwirkung  auf 
die  erwachsenen  Neger  sieh  versage,  weil  man  wisse,  dasa  mit  diesen  doch  nicht 
viel  au  nmehen  aeL  Das  Ideal  der  IGssionen  k&me  Umr  alefal  ohne  Weiteres  ver- 
wirklicht werden;  aber  die  Erfolge  der  evangcMscben  Mission  könnten  sich  gleich- 
wohl mit  denen  der  katholischen  durchaus  messen.    Mit  dem  blossen  Arbeiten  sei 
auch  nicht>  erreicht;  mau  gelange  damit  wohl  dazu,  schöne  Plantaben  aiizulosien, 
aber  könne  das  einen  vollen  Ersatz  bieten  für  die  Unterweisung  iu  der  Lehre  und 
Im  Olanben?  Die  sdiottischen  und  englischen  evangeliaehen  MissionsgeseOschaflBn 
bitten  in  dieser  Besiehung  glelchfells  sehr  erfreuliehe  Bigebnisse  anftnwelaan. 
Auch  die  Disziplin  solle  bei  den  evan^relischen  Missionären  nicht  so  straff,  die  Opfer- 
willigkeit schwächer  sein,  als  bei  den  katholischen,  die  zeitlebens  in  den  Kolonien 
bleiben.    Von  den  8  Missionaren,  die  nach  Kamerun  gegangen  sind,  seien  aber  im 
letzten  Jahre  4  gestorben.  Das  zeuge  doch  gewiss  von  seltener  Upfcrwilligkeit.  Die 
prunkhaftere  Art  ctos  Gottesdienstes  solle  auf  die  Wilden  grösseren  Eindruck  machen, 
das  traft  doch  auf  die  englischen  Missionen  mit  ihrem  hochUrdüichem  Kultus  nidit 
tu,  und  wenn  man  von  den  Erfolgen  beider  Misdonstt  spiedM,  so  weise  er  auf  die 
Kapkolonie  hin,  wo  allein  100  000  eingeborene  Kinder  in  die  HisdoOBSdralen  gehen. 
Utiior  von  Wissmann  hätte  doch  etwas  vorsichtiger  mit  seinen  Aeusserungen  sein 


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Die  KolonUlpolitik  im  Rdohttage. 


165 


und  die  schon  bestehende  Spuuiun£f  nicht  noch  vermehren  sollen.  Sein  Antraf 
berühre  die  Trennung'  der  Interessensphäre  der  Missionen  in  Afrika.  Wir  müssen 
wünschen,  dass  da,  wo  evangelische  Missionen  im  Entstehen  begriffen  sind,  nicht 
katholische  störend  eingreifen  und  umgekehrt.  Er  wolle  verzichten  auf  eine 
T^emrang  der  IntemMn^ebiete,  aber  er  k6nne  aar  dringend  bitten,  den  man  nicht 
lOnioneB  andorer  Eonftiiionen  snlaiee,  wo  sidi  eine  Mistion  schon  festgesetet  habe. 
Br  sei  in  dieser  Beziehung  nicht  ohne  Besorgniss  für  Dar-es-Salaara ;  er  verweise 
ausserdem  auf  die  blutigen  Vorgftnge  in  Uganda,  welche  aus  religiösen  Zwisti^eiten 
torgegan^en  seien. 

Dirigent  der  Kolonialabtheilung  Dr.  Kayser:  Schon  im  vorigen  Reidistage 
ist  bei  Gelegenheit  deaselbeii  Antrages  klar  geworden,  dass  anf  k^helischer  Seite 
keine  Neigung  für  die  Abgrensung  der  Mlssionsgebiete  bestdiL  Heute  sebeint  auch 

anf  evangelischer  Seite  nicht  mehr  grosses  Gewicht  anf  diese  Frage  gelegt  zu 
werden.  In  einer  früheren  Sitzung  hat  Herr  Windthorst  den  Antrag  Stücker  dabin 
charakterisirt ,  dass  er  eine  gewisse  büreaukratische  Reeinflu-sung  der  Missionen 
durch  die  Verwaltung  herbeiführen  wolle.  Die  einzelnen  Apostel  hätten  auch  keine 
bestimmte  Region  zugewiesen  erhalten.  Davon  stehe  in  der  heiligen  Schrift  nichts. 
Denselben  Standpunkt  bat  mir  g^enfiber  nenlieh  der  Bischof  Ton  Nen-HoUand  toT' 
treten.  Aehnlieh  bat  sich  Hwr  Hissionsinspditor  Zahn  von  der  Mmfddentsehen  Hie» 
sionsgesellscbaft  ausgesprochen.  Er  stelle  sich  gans  anf  den  katholischen  Standpunkt 
und  habe  hervorgehoben,  d.ass  auch  die  evangelische  Mission  keine  staatliche  Ein- 
mischung wolle.  Kim^  ^■erst^indig^lng  mit  der  katholischen  Kirche  sei  einfach,  da  ein 
siebtbares  Oberhaupt  in  dem  Papst  vorhanden  sei.  Anders  stehe  es  mit  den  zum 
Th^  schon  hnadert  Jahrs  alten  Ulssiois-Oeoellschalleo,  die  sich  vom  Kirdienregfanent 
und  Stent  TSUig  fni  eriialten  hfttt«i  und  dies  bleiben  wollten.  Die  einiebien  Mb* 
sionsgesellsclialten  würden  zum  Theil  von  verschiedenen  Landeskirchen  unterstützt, 
ond  sellist  wenn  eine  Verbindung  zwischen  ihnen  und  dein  Kircheiiregiment  möglich 
w5re,  dann  wären  wieder  Verliandhingen  mit  den  vcrscliicdcnen  Laudeskirchen  noth- 
weudig,  um  zu  einer  Verständigung  zu  gelangen.  Auch  müsse  man  die  Freimissio- 
nars berocksiehtigen,  die  keiner  Gesellschaft  nnterstinden.  Andrerseits  entstftnden  in 
den  Schutzgebieten  neue  Missionsgesellscbaften  und  die  Kolonialverwattnng  wirs  immer 
wieder  aufs  Neue  genöthigt,  Abgrenzungen  vonnnehmen.  Herr  Zahn  mehit  auch, 
dass,  wenn  die  Regierung  jetzt  wirklich  Abgrenzungen  vornehmen  wollte,  dies  zu 
spät  sei,  man  werde  bfi  einer  Theilung  des  CJebietes  Störung  und  Unfrieden  nicht 
vermeiden  können.  Angesichts  dieser  Strömungen  ist  es  der  Kolonialverwaltung 
unmöglich,  der  Frage  nlher  zu  treten.  Es  ist  nicht  schwer,  die  betreffenden 
Gebiete  matheomtisch  mit  dem  Pinsel  und  Lineal  aaf  der  Karte  abzngremen.  Aber 
es  fragt  sieh  doch,  ob  die  Gebiete  dann  gleiehwerthig  sind  «ad  die  paritttisdw 
Reichsregierung  würde  sich  in  solchem  Falle  leicht  dem  Vorwurfe  der  Parteilichkeit 
ausgesetzt  sehen.  Ich  bin  überzeugt,  da.ss  man  ohne  Mission  keine  Kolniiisation 
treiben  kann.  Das  Verhältniss  zwischen  der  Kolonialregieruug  und  der  Mission  ist 
ein  recht  freundschaftliches  und  wir  werden  über  die  Abordnung  der  Sendboten 
ond  ihre  Miederlassong  verstlndigt  und  lassen  sie  anf  alle  Weise  naterstatzen.  Im 
Grossen  und  Ganzen  fart  also  eine  Yentlndigttng  tn  Stande  gekommen.  Der 
Abgeordnete  Stocker  bat  mir  ein  Beispiel  angeführt,  wo  das  nicht  der  Fall  sei,  denn 
das  Beispiel  von  Katnenin  könne  er  (Redner)  nicht  gelten  lassen.  Das  Gebiet  von 
Kamerun  sei  gross  genut:,  uni  zwei  L'anz  verschiedene  Gesellschaften  von  ver- 
schiedener Konfessionalitüt  nicht  nur  zu  ertragen,  sondern  auch  deren  Wohlthaten 


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166 


Dto  KoloBUpetttIk  im  lUichft^ 


gut  gebrauchen  zu  können.  Was  den  Fall  Ton  Dar-eii-Salaam  betreffe,  !«ö,hat  sieb 
derselbe  zugetr.icen  unter  derii  Hei.  ii>,kf>mini.s8ariat.  Der  Reirhskommiss&r  habe  in 
dieser  Beziehung  gauz  eigeumacbtig  gehandelt,  er  (Hedner)  müsse  aber  erkläreo«  das 
dmdbe  dodi  Mitsdnildbtr  gvntm  hL  Im  Jahn  1888  Mi  duch  di«  Vtnnitthiiig 
dM  danalig«!!  GeB«nil-K«DMib  Dr.  MiehabeUM  md  imler  Uatnititnag  dca  Mham 
V.  Oravoireuth  eiue  Vereinbarung  geschlossen  wotdan«  «OBieh  «ich  die  Banediktioflr 
einverstanden  erklärt  hätten,  dass  sie  sich  von  Dar-et-Salaam  fern  halten  und  in  Pugu 
ihre  Niederlassung  nehmen  wollten.  Nun  sei  der  Aufstand  ausgebrochen,  die 
Benediktiner  seien  von  Pugu  verjagt  worden,  und  da  sei  doch  das  Verhalten  des 
Reichskommissars  nicht  so  tadelnswertb  gewesen,  weon  er  vater  dem  Drange  diuer 
Unietlade  damale  die  Beaediktiiier  mgelaieen  habe.  Uebenliee  liege  auch  aae  aa> 
deren  Ornadea  da«  ZaeaauBeabeetehen  der  beUtai  fleieHichaften  hier  nicht  e» 
schlimm.  Es  handelt  sich  dort  nur  um  ein  Missions-Depot  für  die  weitere  Missioninin^ 
des  Innern,  und  die  Sache  ist  nicht  so  schlimm,  wie  mir  ein  herforragemler  evange- 
lischer Geistlicher  versichert  hat.  Und  w.\3  die  Thätigkeit  der  Missi:ri;uc  an  der 
Käste  anbetreffe,  so  sei  eü  eine  alte  Erfahrung,  dass  das  ArabertLum  der  Mia^iouiruag 
«identehe,  dir  Yerervihate  Qeiatliche  habe  ihn  (den  Bednar)  bemerirt,  daM  die 
swei  engliachen  Mieteare,  die  eiebsdm  Jahre  laaff  in  Menbaaia  thltif  feveeen  «irea» 
aaf  heine  weiteren  Krfolge  Itaben  zurückblicken  künnen,  als  auf  vier  bekehrte  ArabeK» 
Das  verstellt  sich  aber  von  selbst,  dass  die  Regierung  ein  Interesse  daran 
liat .  die  rerst  liiedcnen  Konfession*-!!  in  .Afrika  in  einer  gewissen  Entfernung  von 
einander  zu  halten  vom  Staudpunkt  der  ätaatsverwaltung  aus  und  um  Stürungen 
dee  Friedeaa  wnter  den  Bingeboreoea  sa  vemeiden.  Die  Veiatfndigung  eei  im 
in  Wege  ireondidiaftliehea  Vorgeheae  erreieht,  and  dareh  da*  gegeaaeitife  Ver- 
tränen  sei  zwischen  der  KoIonialabtheUang  and  den  verschiedenen  MiseionsgeseU- 
Schäften  beider  Konfessionen  ein  gutes,  aber  auch  sehr  zartes  Verbaltniss  hergestellt. 
Er  würde  es  nicht  im  Interesse  der  Kolonialpolitik  und  der  für  die  Regierung 
eben  so  nütbigen  wie  segensreichen  Missionstbätißkeit  halten,  wcuu  der  Reichstag 
irgend  einen  BescUiiBS  fuste,  der  irgend  störend  in  das  jetzt  bestehende  Verbältnias 
eingreift. 

Abf.  Dr.  Windthorst  erUln  eieh  in  allen  Pankten  oH  den  Herrn  Begierm^ 

▼ertreter  ebiverstanden    Man  konnte  ans  Herrn  Stöckers  Vortrag  den  BindnMk 

gewinnen,  als  ob  er  blos  die  Aeusserungen  des  Majors  von  Wissroann  hier  zur 
Sprache  bringen  wollte.  Das  kann  aber  zu  gar  nichts  führen,  da  die  Frage  nicht 
zu  unserer  Kompetenz  gehört.  Zur  Sache  selbst  verlange  er  nur  Freiheit  der  Aktion 
Ifir  die  Miwiemen  nnd  8ehati.  Ohne  Meid  werde  er  anf  den  Erfolg  der  andern  Ken- 
fHcienan  eehen«  danit  dai  SchutsgeUet  gaas  ür  Dentaehlaad  gewonnen  wird.  Br 
glaube,  die  katholischen  Missionen  hätten  deehalb  ao  viel  Erfolg,  weil  feie  die 
Hauptgewicht  auf  die  Vorbereitung  der  Seelen  legen  und  oesiialb  mit  der  Kinder  erziehung 
anfangen.  Kr  ki  ulc  den  Antrag  Stöcker  nicht  mit  der  in  der  KuDgoakte  gewährleiste- 
ten Religionsfreiheit  in  Einklang  bringen.  Frieden  müsse  lo  den  Kolonien  gehalten 
weiden,  aonat  eei  eine  eegenbringende  Thatigfceit  nicht  nfig lieh. 

Abg.  Stöeker  iai  nit  den  «ange  der  Verhandtangen  volUnNaaian  tnfHeden. 
Anf  Zonen  habe  er  gar  nicht  pointirt.  ?<^in  ALtrag  sei  ja  viel  ilter  als  die 
Wissmann^schen  Aeusserungen,  konnte  also  nicht  gestellt  sein  wegen  der  Wider- 
legung der  letzteren.  Keine  Macht  der  Erde  würde  Herrn  Windthorst  abhalten, 
wenn  solche  Aeusserungen,  wie  die  Wissmann'schen  g^en  katholische  Missionen 
geeehehan  wiren,  diseelben  in  hundert  Xal  aehirferer  Weise  tarftcktnweitaa. 


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Die  KoionialpoUtik  im  Reiehati«». 


167 


Auch  er  sei  eia  Freund  der  Freiheit  für  Kirche  und  Schule.  Redner  zog  darauf 
•einen  Antrag  imilek. 

Sohnapsliandel  in  den  Kolonien. 

Es  folgt  die  Beratbung  eines  zweiten  Antrages  Stock  er:  „Die  verbündeten 
Regierungen  zu  ersuchen,  in  erneute  Erwipiing  zu  nehmen,  ob  und  wie  dem  Handel 
mit  Spirituosen  in  den  deatscben  Kolonien  durch  Verbot  oder  Beschränkung  ent- 
fegenzntreten  sei." 

Der  Abf.  SiSeker  weilt  dmnf  hin,  dui  der  Antrag  bereili  einmal  vom 
Reiehatege  fut  einattounig  anganottaMn  vorden.  Die  Wirknng  des  Beaehlnaaea 

aei  aber  nicht  derartig  geweten,  dass  wirkaame  Abhülfe  veranlasst  worden  sei.  Die 
Zunahme  des  Rranntweinkonsums  in  Kamerun  und  Togo  sei  durch  authentische 
Berichte  der  dortigen  Missionare  ausser  Zweifel  gestellt;  in  demselben  Maasse  hätten 
die  erschreckenden  Wirkungen  dieses  Konsums  zugenommen.  Die  deutsche  Uandels' 
weit  maebe  aidi  naeb  dieaen  Zengniaaen  einea  bSaen  Stficto  Knltnnrbdt  an  den 
nngeborenen  adniUHg,  indem  aie  die  Binftibr  der  Spiritnoaen  nidit  einacbrinke, 
sondern  im  Oegentbeil  auszudehnen  trachte.  Es  komme  dazu,  dass  das  deutsche 
Togogebiet  der  Schauplatz  des  stärksten  Schmuggels  des  billieen  deutschen  Brannt- 
weins nach  den  englischen  Kolonien  sei,  wo  der  Branntwein  eine  siebenfach  höhere 
Steuer  zu  tragen  habe.  Dieser  Umstand  sollte  allein  schon  die  verbündeten 
Begiemi^en  veraniaaMn,  mit  groaater  Energie  sn  erwigen,  ob  aelehe  Vethiltniiae 
dem  deutadien  Namen  wirkUeb  tnr  Khre  geratebten.  Bedaneriieber  Weiae  Imbe 
gerade  Deutschland  neben  anderen  M&ehten  widersprochen,  als  ober  die  Frage  des 
Verbots  der  Einfuhr  von  Branntwein  international  verhandelt  worden  sei.  Ohne  ein 
Radikalmittel  werde  Deutschland  von  diesen  Schattenseiten  »einer  kolonialen  Th&tig- 
keit  nicht  loskommen.  Dem  Import  von  Branntwein,  der  überall  in  der  christlichen 
Welt  Aergemisa  errege,  moaat  dnaml  gijfaidUdi  anf  den  Leib  gerückt  werden* 
Aveb  alle  engliaehen  Kdeolalbeamten  TemrtheUten  den  Schnapagennas  gerade  ao, 
wie  die  angefibrten  Stimmen  aus  den  Miasieiugeaenacbaflen. 

Gelieimw  Legations-Rath  Dr.  Kayser:  Es  sei  ganz  richtig,  dass,  wenn  er 
nicht  irre,  am  14.  Mai  1889  derselbe  Antrag  des  Abg.  Stöcker  mit  überwiegender 
Mehrheit  vom  Reichstage  angenommen  sei.  Aber  es  sei  nicht  richtig,  dass  darauf 
Seitens  der  verbündeten  Regierungen  nichts  weiter  veranlasst  worden  sei.  Es  sei 
ein  BeaeUnaa  dea  Bnndearatba  dnmala  nicht  herbeigeführt  worden,  well  die  Regierong 
im  Begriffe  geatanden  habe,  in  die  Yerhandhingen  einsntreten,  die  naohher  in 
Brüssel  stattgefunden  hätten,  und  deren  der  Antragsteller  Erw&hnong  getiban  habt.  In 
der  damaligen  Sitzung  des  Reichstages,  soweit  er  (Redner^  davon  ans  den  steno- 
graphischen Berichten  unterrichtet  sei,  sei  der  Wunsch  nach  einer  Abhülfe  gegen- 
über einem  etwaigen  Missbrauch  der  Branntweiaeinfuhr  in  deu  deutschen  Scbatz- 
gebieten  ein  beteabe  allgemeiner  geweaen.  Aber  man  aei  doch  aebr  aweifalbnft 
geweaan,  wie  aich  dieear  Wnnaeh  wflrde  TerwirkUehen  laaaen.  Ee  aeien  die  ver- 
schiedensten Mittel  dafür  angegeben  worden,  und  nur  eines  .sei  ein  solches  gewesen, 
welches  sich  einer  sehr  bedeutenden  Zustimmung  erfreut  habe,  die,  wie  er  glaube, 
auch  von  der  Itedenin?  damals  getheilt  worden  sei,  nämlich,  dass  man  in  wirk- 
samer Art  dem  schädlichen  Einwirken  der  Branntweineinfuhr  nur  auf  internationalem 
Wego  dwoh  die  Brnaaeler  Oeoeralakte  wnrde  entgegenbfttan  kinnan.  Oegenibar 
diaacn  Yeidienalen  der  Begiemng  würde  ea  doch  nicht  daranf  ankoaunen»  dnaa  in 
BtaneMhigen  rieh  tnwrilan  DentacUand  von  wrichen  BeatrabingeB,  wie  aie  dem 


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168 


Die  Kolonialpolitik  im  Baichttage. 


Aairagsteller  anganehm  gtvMOi  wirem  ferne  gehalten  lutbe.  So  w«t  diee  geecbahf 

sei,  so  sei  et  lediglich  deshalb  gesc  heben,  um  das  Ganze  nicht  scheitern  zu  1s we«. 
Im  UebrifPn  müsse  er  (Redner)  auch  in  dieser  Rpziehuiii;  noch  Einiges  bericbtiiren- 
Es  sei  nicht  zutreffend,  dass  Seitens  der  englischen  Regierung  der  Antrag  ge.-iellt 
worden  sei,  die  Hranntweiueiufubr  ganz  zu  verbieten,  sondern  es  sei  nur  so  riel 
richtig,  dass  England  einen  höheren  Zoll  gewünscht  habe,  da»«  es  aber  Ton  den 
meistbetheiligten  MEchten  nicht  nnteratntst  worden  seit  nnd  daM  Dontacblaad  in 
dieeer  Frage  eine  mehr  passive  als  aktive  Rolle  gespielt  habe.  Im  Uebrigen  aumoo 
um  sn  aeben,  was  die  Regierung  eigentlich,  seitdem  der  Antrag  des  Abg.  Stöcker 
angenommen  worden  sei,  in  den  deutschen  Schutzgebieten  geleistet  habe,  und  um 
es  zu  kontroliren,  sich  daran  erinnern,  was  nun  auf  dem  internationale  Wege  in 
Brüssel  vereinbart  worden  sei.    In  Brüssel  habe  man  eine  bestimmte  Zone  fest- 
gestellt, die  für  den  Branntweinverkebr  von  Bedeutung  sein  solle,  und  habe  xwet 
baaptsleblicho  Bestimmnngen  getroffen.  Die  eine  beateho  darin,  dasa  da,  «o  dar 
BranntweiB  noch  nicht  oingeffihrt  aei,  wo  er  nach  der  Oesittnng  und  Religion  der 
Ureinwohner  noch  nicht  bekaont  sei,  er  auch  ferner  nicbt  eingeführt  weide. 
Zweitens  dass  in  der  Zone,  wo  der  lirauntwein  bereits  einj^eführt  sei,  man  siA 
über  eineu  bestimmten  Satz  geeinigt  habe,  und  zwar  sei  festgesetzt  worden  für  die 
ersten  drei  Jahre,  dass  derselbe  15  Centimes,  also  etwa  12  Pfg.  für  das  Liter, 
betrage;  in  den  nächsten  drei  Jahren  solle  eine  Erbübung  bis  25  Centimes  zulässig 
aein,  und  apiter  aolle  eine  Revision  des  ganien  ZoUgeselsos  erfolgen.  Frag«  man 
nnn,  ob  die  Regierung  das,  was  dfo  Bi&seler  Konfsrens  auf  intemationaleB  Wog» 
ins  Leben  führen  wolle,  in  den  deutschen  Kolonien  schon  erreicht  habe,  oder  ob 
de  noch  weit  entfernt  davon  sei,  so  werde  man  bei  einer  wohlmeinenden  Beurthei- 
lung  allerdings  sagen  müssen,  dass  sie  zum  >;rossen  Theil  diese  Bestimmungen 
erreicht,  ja  übertroffen  habe.    Er  möchte  nur  daran  erinnern,  dass  in  Ost-Afrika 
die  Einfuhr  von  Branntwein  nur  gestattet  sei  mit  jedesmaliger  Erlaubni&s  der 
Kommandantur.  Der  Verkan^  der  Ansschank  von  Spirituosen  sei  grundsfttdicb  ver- 
boten. Ee  dfirfen  nur  Wein,  Bier  und  Wermnth  öffentlich  verkauft  werden,  ud 
es  werde  für  eine  sehr  strenge  Durchführung  dieses  Verbotes  gesorgt   Es  worden 
Haussuchungen  und  Revisionen  vorgenommen,  Waaren  konfiszirt,  und  es  könne 
neben   einer  hohen  Geldstrafe  auch  noch  die  Entziehiing'  der  Ausschankerlaubnis'^ 
verfügt  werden.   Die  Regierung  habe  ferner  in  Neu-Uuinea  und  auf  den  Marschalb- 
Inseln  bereits  seit  einer  Reihe  von  Jahren,  seit  1886/87,  den  Verkauf  von  Spirituos^u 
an  Eingeborene  nberhanpt  unter  Strafe  gestellt.   In  WestrAftika      «las  sei  ja 
daqenige  Gebiet,  auf  weldiee  der  Antrsgsteller  beute  gaox  besonders  die  Aufmeik- 
samkeit  des  hoben  Hauses  gelenkt  habe  —  seien  die  Zustände  freilich  noch  niaht 
so,  wie  die   Regierung  sie  wünsche,  und  auch  anstrebe.    Aber  doch  müsse  er 
(Redner)  auch  hier  wieder  hervorbeben,  dass  die  Zollsätze  in  Kamerun  7.um  Theil 
den  Brüsseler  Normalsatz  überstiegen,  und  dass  auch  in  Togo  für  Geuever  der  Zoll 
noch  hoher  sei,  als  der  in  Brüssel  festgestellte  Tarif.  Die  Regierung  sei  aber  bin- 
sichtUcb  einer  Zollerhöhnng  in  West-Afrika  in  einer  nicht  gans  angondunon  Lage. 
Sie  k^e  in  Kamerun  unoiogticb  einen  hüheren  Zoll  auf  Spirituosen  legen,  wen 
sie  nicht  ganz  bestimmte  Vorsorge  gegen  den  Schmuggel  treffen  könne,  wozu  ihr 
die  Mittel  fehlten.    Von  Kaiabar  aus,  das  jetzt  zu  einer  englischen  ILronkoIonie 
gemacht  werden  solle,  und  wo  überhaupt  zur  Zeit  ein  Zoll  auf  Spirituosen  nicbt 
erhoben  werde,  stehe  der  Schmuggel  nach  dem  deutschen  Schutzgebiet  in  schönster 
Blütbe,  und  ?fas  der  Regierung  engiiscberseits  gegen  das  Togogebiet  vorgeworfen 


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Die  Kotonialpolitik  im  Reielwtag«. 


169 


werden  sollte,  das  künne  sie  in  Bezug  auf  Kamerun  zurückgeben.  Es  feblteu  die 
zum  Zollschutz  iiöthigcu  lleiil-  und  Machtmittel.  So  werde  es  auf  jeder  Seite  immer 
Mängel  geben,  die  mau  nach  den  Verhältuisseu  nicht  vollständig  werde  vermeiden 
kDnn«n.  Im  Uebrigeu  sei  die  Regienmg  in  Togo  auch  deshalb  nicht  vGUig  frei, 
«eil  de  mit  der  fremöelichea  Nacbbarkohmie  einen  Zoll? ertng  abgetcbleeien  liebe. 
£•  betttnden  eher  snr  Zeit  Yerhradlnngen,  velehe  dennf  gerichtet  seieo,  aneh  hier 
die  Einfahr  zu  erschweren.  Er  könne  femer  noeh  dtrauf  aufmerksam  machen^  dass 
auch  in  Südwest-Afrika,  welches  früher  das  Schmerzenskind  der  Brauntweiueiiifiilir. 
nämlich  aus  der  Kapkolonie  trewesen  sei,  durch  Verordnungen  des  Kai^ierlicbeu 
Kommisi»ars  Bestimmungen  getroffen  worden  seien,  welche  den  Ausschank  vou 
Branntwein  an  hohe  Steuern  knüpften,  und  aoeaerdem  nech  feiteetzten,  dass  die 
KoBiesaion  entsogen  «erden  könne«  ao«ie  edMlle,  daie  durch  m  reichliehen  Ant- 
schuk  Ton  Bnmnl«ein  en  Eingeborene  ein  Scheden  deiedben  in  sittlieher  Besiehang 
entstehen  könnte.  Das  seien  die  Vorschriften,  «eiche  die  Regierung  (getroffen  habe. 
Nun  glaube  er,  dass  nicht  nur  der  Antragsteller,  sondern  auch  das  hohe  Ums  davon 
üherzeußt  sein  werde,  dass  die  Regierung  sich  bemühe,  dieser  Branntweineinfuhr 
entgegenzutreten,  soweit  sie  wirklich  schädlich  sei.  Er  (Redner)  müsse  aber  auch 
aufrichtig  anerkennen,  dass  nach  dieser  Richtung  hin  Ton  beiden  in  Betracht  ' 
hemmenden  Seiten  sehr  viel  übertrieben  «erde.  Br  «die  anf  die  einzelnen  FUle 
nicht  efaagehen,  aber  er  «Ire  hier  in  der  Lage,  mie  den  Akten  der  Begiening  und 
aus  Berichten  von  Reisenden  Slittheilungen  zu  machen,  die  gänzlich  entgegengesetzt 
denjenigen  seien,  die  hier  der  .Antragsteller  angeführt  habe.  Er  (Redner)  wolle  sich 
aber  nur  mit  einem  Beispiel  begnügen,  um  zu  zeigcti,  wie  sorgßiltig  die  Verwaltung 
bemüht  sei,  ähnlichen  Klagen  oder  Beschwerden,  die  au  sie  gelangten,  nachzugehen. 
Bs  sei  im  Sommer  vorigen  Jahres  in  einer  Zeitschriftt  »Der  Misaionsfreuud"  eine 
lUttbeilnng  aber  die  verheerenden  Wiiknngen  dee  Brannt«einhandele  in  Kamemu 
enthalten  ge«eeen,  nnd  inebMondere  sei  bemerkt  «orden,  dass  Kinder,  vom  Brannte 
weingenuss  fast  leblos,  in  die  Biasion  getragen  worden  seien  u.  d.  m.  Der  Kaiser- 
liche Koramis>iar,  der  hierüber  rnva  I?erioht  aufgefordert  worden  sei,  habe  sich  mit 
der  dortigen  Mission  in  Verbindung  gesetzt  und  habe  auch  bei  der  Unterredung, 
die  er  gehabt  habe,  konstatireu  künnen,  dass  auch  die  Missionare  selbst  über 
diese  Uebertreibung  ausser  sich  geratben  seien  und  erklärt  hätten,  dass  an  der  That- 
eeehe  von  den  fast  lebloe  Tom  Schnape  bemnschten  nnd  in  die  llieeion  getragenen 
Kindern  hein  Wort  «ehr  sei.  Also  man  könne  in  dieeer  Bichtnng,  gimbe  er  (Redner), 
tagen:  Extra  et  intra  peccatur!  Es  würden  sowohl  von  den  Gegnern  dee  Bnnnt> 
weins,  als  auch  von  denen,  welche  die  Schnapseinfuhr,  wenn  auch  nur  als  noth- 
wendiges  Uebel,  wollten,  allerdings  Berichte  nach  Europa  geschickt,  deren  Richtig- 
keit man  nicht  gänzlich  kontroliren  könne  und  die  oft  von  den  Eindrücken  abhängig 
seien,  unter  denen  sie  geschrieben  würden.  £r  habe  hier  z.  B.  einen  Bericht  des 
Beiesnden  Dr.  Zintgraff  ?or  eich,  «elcher  mefohre,  «ie  gans  Tenehieden  et  eei, 
«enn  man  in  einen  wichen  Ort  komme,  an  «ddiem  gerade  em  Feiertag  begangen 
werde  oder  ob  das  nicht  der  Fall  sei,  und  jenachdero  werde  man,  «enn  man 
darüber  Berichte  erhebe,  wie  sich  in  diesem  Ort  der  Branntweinkonsum  stelle,  zu 
einer  sehr  verschiedenen  Meinung  gelangen.  Dann  glaube  er  (Redner)  aber  auch 
ausserdem,  dass  man  einen  zu  geringen  Werth  dem  Genuss  der  einheimischen  be- 
rauschenden Getränke  beilege.  Gerade  der  Missionar,  auf  den  bei  Berathung  des 
vorigen  Gegenstandea  der  Abg.  Stöcker  anftneAaam  gemadit  habe,  der  Wieleoar 
Ibekay,  berichte,  dass  der  Palnnreingenttse  in  Oet- Afrika  in  tehr  erheblichem  Maaaae 


170 


Di«  Kolonialpolitik  im  R^dntig«. 


gwtiefen  sei.  nnd  dass  die  Wirkiiti£ren  desselben  in  so  h<^hera  Hraiie  schädlicb 
geworden  seien,  dass  os  nothwendiV  werden  wünic,  dagegen  einzuschreifen.  Es  sei 
also  nicht  bloss  der  Import  des  europäischen  oder  deutschen  Brauutweins  alleio^  der 
diM6  «BfeiblifllMii  yerlie«niag«n  aaricbto.  Ja,  m  gtbe  Mgar  ReiMnde  imd  Sadi- 
kemwr,  weldie  behraptetoD,  dan  doreli  die  Binlahr  des  Branntweins  der  frdher 
öhermässige  Genuas  der  einheimischen  berauschenden  und  ebsn  to  sebldlichen 
Getränke  erheMich  eini7f"*ihrnnkt  worilen  sei.  Aber  m<"tre  dorn  nnn  sein,  wie  ihm 
wolle,  die  Kaiserliche  Regiening  sei  u&'^h  wie  vor  ernstlich  bemüht,  so  weit  es 
irgend  möglich  sei,  der  Branntweineiufubr  in  ihren  schädlichen  Wirkungen  ent- 
gegenzatraten.  Du  werde  sieb  aber  iricbt  auf  dmasl  anden  lenen,  sondern  es 
nur  aUniblieb  geecbeben  ktenen,  soweit  nicht  damnter  der  allgenMine  Handel  leide. 
Darauf,  ob  Deutschland  Ackerbau-  oder  Handelskolonien  haben  solle,  wolle  er  bei 
dem  Gegenstände,  der  hier  lur  Sprache  stehe,  nicht  eingehen.  Aber  da,s  Eine  stehe 
fest,  dass  Deutschland  nach  dem  Urtheile  der  hervorragendsten  Sachverständigen  • 
auch  der  andern  betbeilgtcn  Nationen  nicht  in  eine  Kolonialpolitik  eintreten  könne, 
wenn  ea  anf  einmal  den  Branntweio  Terbieten  solle.  Man  könne  es  eben  nur  schritt- 
weise thon.  Jm  Uebrtgen,  glaube  er,  dass  die  Statistik,  welehe  der  Antragateller 
gewünsebt  bebe,  um  fsstmtnllen,  von  welebem  Ufsimingsort  der  Brsnntweük  nulk 
Afrika  eingefilhrt  werde,  nicht  bloss  eine  seiir  mfihefolle  und  kostspielige,  sondern, 
wie  er  (Redner)  fürchte,  eint-  sehr  unsichere  werden  würde,  sodass  der  Abg.  Stöcker 
▼ermittelst  dieser  zu  dem  bestimmten  Urtheil,  welches  er  wünsche,  nicht  gelangen 
wurde. 

Dr.  Windtborst  tbeilt  die  Ansebauungen  des  Antngstellen  anf  diesen 
Gebiete  Tollstindig,  meint  aber  doeh,  der  Reiehsl^  habe  keinen  Anlass,  naeb  den 

Mittheilongen  des  Bundeskommissars  den  Antrag  so  bald  zu  erneuern.  Br 
würde  vorschlagen,  mit  Rücksicht  auf  die  heutigen  EiklXmngen  des  Kommissars 

über  den  Antrag  zur  Tagesordnung  riber/iii^t  l)en. 

Im  Schlusswort  erwidert  Stock  er  dem  Kommissar,  dass  sich  tbatsächlicb  nicht 
das  Gerii^e  in  den  iigerlichen  Zustinden  dea  west-  nnd  südwestafrikanisehen 
Distrikts  geindort  habe,  und  bittet,  seinen  Antrsg  nicht  durch  üebeigang  snr 

Tagesordnung  zu  beseitigen.  Geheimer  Legat ious- Rath  Dr.  Kayser  verweist  darauf 
dass  eine  erhebliche  Beschränkung  oder  gar  A<ifhebung  des  Branntweinhandels  eine 
plötzliclu'  Handelssperre  hervorzurufen  geeignet  sei.  fiemäss  dem  Antrage  Windt- 
borst gebt  das  Haus  über  den  Antrag  Stöcker  zur  motivirten  Tagesordnung  über. 

Zweite  Lesung  des  Gesetzes  über  die  Kaiserliche 

Sohutztruppe. 

Bei  der  zweiten  Beratbung  des  Gesetzes  über  die  Kaiserliche  Schutztruppe 
am  10.  M&ra  nahm  der  Abg.  von  Keudell  (Reichsp.)  das  Wort,  um  noch  eine 
Tbatescbe  attsufSbren,  welehe  er  bei  der  ersten  Lesung  der  Torisge  Teigeesan  hatte, 
nämlich,  dass  tob  engliseher  Seite  eine  siemlieh  weitgehende  Forderung  In  Beeng 

auf  die  Abgrensnng  des  ostafrilcanischen  Gebiets  nach  Westen  erhoben  worden  sei, 
aber  als  zu  weitgehend  an  dem  Widerstande  der  lleichsregierung  scheiterte.  Weder 
habe  die  Denkschrift  diesen  Umstand  erwähnt,  noch  sei  er  hier  in  den  Verhand- 
lungen des  Hauses  zur  Sprache  gekommen.  Lord  Salisbury  hatte  weniger  Grund, 
snrnekhalteBd  gegen  seine  Lendsleute  in  sein.  Br  habe  eikllit,  es  sei  eigentlich 
der  Wunsch  der  engUacben  Intereesenten  gewesen,  ein  Gebiet  lu  besitien,  das  vom 


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Di«  KolonMpoHtik  im  lUidnlag«. 


171 


Kaplande  bis  xu  den  Nili|uellen  reichte.  Dies  Gebiet  könne  nicht  sehr  breit  sein 
und  sieb  naturfifeiiiäss  nicht  zur  Hamielsstrasse  entwickeln.  Gleichwohl  habe  er  mit 
Rücksicht  auf  den  Wunsch  der  ülTenilichen  Meinung  diese  Forderung  bei  den  Ver- 
bandlangen  mit  Deutschlaad  gestellt,  ab«r  dieselbe  sei  gescheitert.  Mau  erkenne 
»  dieMr  Fordwuig  «in«  gniSbmn  Spur  der  •ngUsckm  VorttoUuiif  »  dan  mit  Ant' 
ludiBM  der  portngiesiMbra  lud  ürMnÄniidun  Baritraagea  gans  Afnlw  Bagkiid  ta- 
fillen  müsse.  Was  hatte  nun  die  ReichsregieroBg  demgegenüber  gethan?  Hat  sie 
Kompensationen  angeboten?  Nein.  Lord  Saliabary  era&hlt,  Deutschland  habe  einen 
sehr  scliwir  widerlegbaren  Grundsatz  aufgestellt,  näralicb,  dass  dem  Eigenthümer 
der  Küste  das  ganze  Uinterlaud  gebühre  bis  dahin,  wo  ein  anderer  europäischer 
Staat  Besitzungen  fa«be ;  im  vorliegenden  Falle  also  bis  zum  Kungostaat.  Deshalb 
haba  aich  Lord  Salialnirr  ibanaogan  aiaian,  daaa  ain  BaiMMB  mf  aiiBar  Fmda- 
nmg  raaoltatloa  aaia  wfird«.  Dia  Saehe  aal  an  aleh  md  in  Baaqg  auf  dia  allge- 
meine politische  Lage  intoeiaailti  dem  es  gehe  daraus  bertor,  daaa  in  diesen  Ver- 
handlungen ein  Moment  gewesen  ist,  wo  England  einen  grösseren  W^erth  auf  das 
Zuatandekouimen  der  Verhandhingen  ßelegt  habe,  als  wir.  Dieser  Beweis  sei  hier- 
mit erbracht  und  er  fühle  sich  verpflichtet,  den  Vertretern  der  Reichsregierung  für 
die  Art,  wie  sie  die  Verbandlungen  geführt  habaa,  aeinen  Dank  zu  sagen. 

Abg.  Bembarger  wird  in  Konaeqnens  frabarar  Baaeblfiaae  encb  bier,  wo  ea 
aieb  vaa  die  Beebta-  und  PenaioBaverbUtiiiaae  der  Sebutatrnppe  bandelt,  dagegen 
atimmen. 

Abg.  Graf  v.  Arnim  (freikoni.)  bittet,  die  Wohlthaten  der  Pensionsberechti- 
gungen  nach  diesem  Gesetz  auch  auf  die  hochTerdienteti  Männer  auszudehnen, 
welche  vor  der  Gründung  de^i  Eeichakommiasariata  sich  um  Ostafrika  verdient  ge- 
macht haben. 

Daa  Oeaeta  wurde  in  alIeD  BesttoBurai^ren  angenommen. 

Die  Denksolirift  von  Jantzen  und  Thormählen. 

Zur  Erklärung  der  nachfolgenden  Kämpfe  über  den  Modus  der  Beschaffung 
der  Gelder  für  Kamerun  lassen  wir  hier  einen  Auszug  aus  einer  Denkschrift  folgen, 
welche,  von  der  oben  genannten  Firma  ausgegangen,  eine  eingehende  Schilderung 
des  Zustandes  der  Kolonie,  ihrer  bistierigen  Entwicklung,  der  Verwaltung  bandeis- 
politiacber  Lage  gab  und  diaa  eine  Darlegnag  der  wunaebenawertiien  Nenordnung 
der  Dinge  bradita.  Znr  Erreiebvog  letsteren  Zweekae  wurde  voigeadilagen  eine 
Million  Mark  einmal  und  je  400  000  Mark  auf  zehn  Jahre  zu  bewilligen.  £a  aebiaa 
aber  nicht  in  der  Absicht  der  kommpetenten  Reichsbehörden  zu  liegen,  die  vor- 
stehend erwähnten  Ziele  auf  dem  Wege  einer  direkten  Bewilligung  von  Mitteln 
seitens  des  Keichs  zu  fördern.  Es  sollte  vielmehr,  wie  verlautet,  auf  Grund  der 
von  der  Firma  Jantzen  &  Thorm&blen  seit  der  Abfaaaong  der  Denkschrift 
1889  gepflogenen  Verbaadliuigan,  von  Seiten  der  in  erster  Reibe  iatereasirten 
Flmen  dweb  die  Verarittelnag  einiger  Baaken  eine  5%igen  Kobmialanleibe  in 
Höhe  von  IV*  Millionen  Mark  aufgenommen  werden»  deren  Verzinsung  und  Amor- 
tisation vorweg  durch  die  auf  dem  Verwaltungswege  erfolgende  Anweisung  auf  die 
im  Eamerungebiete  erhobenen  Zölle  und  Ab;;aben  gedeckt  werden  würde.  Die 
Amortisation  würde  mit  jährlich  etwa  l"/o,  die  Rückzahlung  zu  105%  stattünden 
Der  wesentliche  Inhalt  das  Schlusskapitels  lautet  wie  folgt: 

»Die  Bntwiekeluig  der  Dbige  in  Kuaeran  macbt  eine  Mengeatiltaig  der 
wirtbaebafUieben  VerhUtniiae  dort  nötbjg.  Wenngleleb  es  Tbatsaebe,  daaa  das 


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173 


Die  Kdonialpolitlk  in  B«ldiiti«0. 


Sinken  des  Werthes  chifv  Reihe  der  zentral-afrikanischen  Hodenprodukte  auf  dem 
europäischen  Markte  eauz  wesentlich  da/u  heigetragen  hat,  das  zentral-wcsiafrika- 
niscbe  Uandelägeschäft  zum  Rückgang  zu  bringen,  so  liegt,  wie  schon  au  anderer 
SteDt  aingdiMuifr  eiwi<m  worde,  in  Kaaeiun  «ia  b«toiid«r«r  Orund  vor,  der 
Uieht  sn  beb«D,  und  dtstea  Hebun;  daaorad  Batten  A«fsebvuaf  Ter- 
spricht.  Der  gense  Handel  Kameruns  ist  Tolletftndig  in  den  Händen 
des  Küstenstarames,  der  Duallas.  Es  ist  seihst  heute,  nach  fnnfjrihri^er 
deutscher  Besitzergreifung,  dem  europäischen  Kaufmann  nicht  möglich,  auch  nur 
eine  irgendwie  nennenswertbe  Menge  Palmkeme  oder  Gummi  direkt  von  Produ- 
tratatt  im  Intteni  >n  beBfofaen.  Die  DoeilM  TerfrehreB  den  an  die  Kdtte  ItomneD- 
den  Kamwtnen  den  Dardigaag  dnreb  ihr  Gebiet,  bezablen  nnglrabKeb  niedrige 
Preise  und  verbandeln  die  eingetauschten  Wearen  mit  oft  bis  zu  dOO^/o  Gewinn  in 
die  Europäer.  Die  gezahlten  Preise  sind  heute  schon  so  niedrig,  dass  einzelne 
Stämme  des  Innern  es  überhaupt  fast  auftregeben  haben,  ihre  Dandelsprodukte  an 
die  Küste  heruuter2ut>ringen.  Solange  auch  diese  Art  von  Handel  genügenden  Ge- 
winn ebwerf,  lag  freilich  für  die  deutschen  Kaufleute  kaum  eine  Nötbigung  vor, 
hier  mit  groeeen  Opfern  an  Hemeben  nnd  Geld  eine  Aenderang  der  Dinge  herbei- 
tofihren;  nnd  de  selbst  bei  diesem  Torgehen  die  «ngehraden  Zölle  die  Kosten  der 
Verwaltung  deckten,  hatte  auch  die  Regierung  keine  direkte  Pflicht  des  Einschrei- 
ten«. Anders  ließt  es  heute.  Schon  seit  Jahren  begannen  die  deutschen  Firmen  den 
Versuch  zu  machen,  vom  Handel  zum  Plantagenbau  überzugehen,  und  es  könnte 
scheinen,  dass  hiermit  ja  nur  die  in  vielen  überseeischen  Gebieten  sich  voUsiehende 
Rntviekelnng  vor  sieh  ginge.  So  heben  wir,  gemdninn  mit  der  Firma  G.  Woer* 
mann,  nnter  dem  Namen  «Kamemn-Land  nnd  Plantagen-OeseHadiaft*  am  SS.  Juli 
1885  «ine  Kommandi^geaeiliehaft  mit  Antheilen  von  je  1000  Mark  gegründet,  welche 
bei  Bimbia  Plantagen  von  Cacao  tind  Tabak  anleecn  «!oIl.  deren  T.eitung  Herr 
Teusz,  bekannt  als  vortrefflicher  Botaniker,  zunächst  il«  r  Loango-E.xpedition  des 
Majors  von  Mechow  und  später  der  belgischen  Assoziation  am  Kongo,  übernommen 
hat  Die  Gesellschall  hat  sieh  seit  Knnem  in  eine  Korporation  nach  RddMgeoats 
nnter  AnMeht  des  Beiehskanslera  umgewandelt  W^teriün  dnd  su  erwibneB  ver- 
Sditedene  private  Plantsgenversuche,  so  auch  des  früheren  OonTemeors,  Herrn 
von  Soden,  vor  allem  aber  der  des  Mitinhabers  unserer  Firma,  Herrn  General- 
Konzil  C.  r.  Dollmann  hei  Nimanga  in  der  Geirend  dos  Kap  Dibuntscba,  und 
die  labakApluutage,  welche  wir  mit  ersteu  Bremer  Tabaksbäusern  bei  Bibuudi  ins 
LabsB  gemlto  haben. 

Doeh  dieser  vollattBdige  Uebergang  cum  Plantaganbaa  erseheint  nieht  ala  ^ 
allein  mögliche  Mittel  zur  Hebung  der  Kolonie.  Die  Hinterländer  von  Kamemn 
sind  bisher  in  keiner  Weise  als  durch  Raubhandol  handelspolitisch  entwerthet  zu 
betrachten.  Vielmehr  haben  die  seit  der  deutschen  Besitzergreifung  ins  Werk  ge- 
setzten wissenschaftlichen  Expeditionen  unzweifelhaft  dargethan,  dass  noch  weite, 
fast  nnersehlossene  Gebiete  gans  unermessliehe  ReiebthSmer  an 
Naturprodukten,  Tor  allem  Gummi,  bergen.  Bünig  und  allein  die  Art  der 
Stellung  der  Küstenstimme  dem  Handel  aus  dem  Innern  gegenüber  ist  an  der  Lage 
der  I'inge  schuld.  Immerhin  konnte  man  eine  Neuordnung  dieser  Verhältnisse  noch 
verschieben,  wenn  der  Plantagenbau  vollen  Ersatz  zu  bieten  vermöchte.  Je  mehr 
nun  aber  die  bisherigen  Versuche  ergeben  haben,  dass  wir  in  Kamerun  ein  ganz 
ausgezeichnetes  Gebiet  für  den  Bau  tropischer  Produkte,  vor  allem  Kakao  und 
Tabak,  besitsen,  umsomehr  ist  es  tu  bedauern,  dass  der  Mangel  geeigneter 


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Die  Kolonialpolitik  im  Eckhstage. 


173 


Arbeitikraft  eine  Durchführung  des  Plantagenbaaes  im  grossen  bie 
heute  zur  Uomri}:!  ichkeit  macht.  Die  Duallas  sind,  wie  scboo  erwähnt,  durch 
den  jahrzehntelangen,  mühelosen  Zwischenhandel  zu  jeder  krirperlichen  Arbeit  un- 
fähig geworden,  Kru-Neger  sind  von  der  Liberianischen  Küste  kaum  in  genügender 
Zahl  zu  bescbaffen  und  Ulden,  da  sie  meistens  nur  einjährige  Arbeitsverträge  ein- 
gtheii  nad  daan  in  ihre  Heinath  snräekfalf hrk  «erden  mäMeo,  ein  tu  tbeneree 
nud  Mr  nimcbe  Kaltaren  auch  sa  wenig,  sessbaftes  Arbeitannateiial;  an  die  Bin- 
fnhronf  von  KuUa  aus  China  kann  im  Hinblick  auf  die  flössen  Transportkosten 
und  in  Rücksicht  auf  den  allgemeinen  Charakter  solcher  Kinwanderunfi  nicht  ge- 
dacht werden.  Die  Zuleitung  von  Negern  aus  anderen  afrikanischen  Gebieten  ist 
tbeils  staatlich  verboten,  tbeils  wegen  zu  grosser  Transportkosten  nicht  angängig. 

An  allen  diesen  Wirren  vermaf  ein  einsiger  Seliritt  Klarheit  in  bringen: 
Unsere  Stellang  sa  den  Daallas  mase  eine  TSIIig  andere  werden.  Ge- 
wiss haben  wir  mit  ihnen  Sdiatsfortiige  geschlossen  und  sind  so  die  Verpflicbtuni;^ 
der  Wahrung  ihrer  Rechte  einpepanpen.  Höher  aber  steht  doch  die  Pflicht,  durch 
unseren  Schutz  solche  halbziviüsirton  Völker  nicht  nur  in  ihrem  Besitzstande  zu 
sichern,  sondern  sie  auch  zu  grösserer  Kultur  zu  führen.  Es  widerstreitet  also 
dem  Onindgedanken  der  SehotsTevtrige  nleht,  wenn  wir  als  Heilmittel  der' 
Lage  der  Dinge  in  Kameran  das  gewaltsame  Darehbreehen  des 
Zwischenhandels  der  Duallas  und  ihre  durch  moralische  und  phy 
sische  Machtmittel  durchgeführte  Erziehung  zur  Arbeit  hinstellen. 
Naturtremäss  ist  dies  nur  unter  Entfaltunp;  gewisser  Macht  ins  Werk  xu  setzen. 
Der  durchzuführende  Plau  würde  etwa  folgender  sein: 

Han  erriehte  eine  Schatstrnppe.  Dieselbe  wire  dem  Goaveniear  Yon 
Kamerun  in  ontersteUen.  Die  eigentlidie  Truppe  mosaten  S— 800  Hanssa  •  Neger 
ans  dem  Sudan  bilden.  Sobald  die  nötbigen  Organisations-Arbeiten  in  Kameran 
selbst  beendet,  dürfte  hier,  unter  dem  Ilöchstkommandirenden,  nur  ein  Stock  von 
etwa  50  Mann  verbleiben,  und  der  Rest  wäre  unter  dem  Kommando  der  weiteren 
Offiziere  auf  vier  bis  sechs  an  der  Grenze  des  deutschen  Schutzgebietes  gelegene 
Stationen  im  Innem  zu  Twtheilen.  Diese  Stationär  wurden  zunächst  keinerlei 
direkten  Besitssrgreifiuifiswscken  sa  dienen  haben,  sie  mösston  sieb  vielmehr  dar^ 
auf  besehrinken,  die  ^ndalswege  nseh  dem  Innem  wie  aach  der  Koste  sa  öAien 
and  frei  sa  erhalten.  Ihre  Errichtung  dürfte  sacbgemäss  somit  nur  an  den  Orten 
erfolgen,  wo  eine  der  deutschen  Firmen  eine  Handelsniederlassung  unterhält  oder 
gleiclizeitig  gründet.  Es  wird  sogar  in  jedem  einzelnen  Falle  zu  erwätren  sein, 
wenigstens  bei  ungestört  ruhigem  Verlauf  der  Dinge,  inwieweit  in  Rücksicht  auf 
Personen  und  Lage  die  Leitung  der  Stationen  nicht  in  die  Hand  des  Militirs,  son- 
dem  in  die  des  Kanfinannes  gelegt  werden  kann  nnd  sollte. 

ffin  ernstlicher  Widerstand  der  Duallas  ist  kaum  sa  lirchten,  die  Stämme  des 
Innem  werden  aber  solches  Vorgehen  auf  das  Freudiirste  be^rüssen.  Sobald 
diese  Organisation  in  die  \Vo(;c  jje  leitet,  wird  sich  dem  Handel  ein 
ganz  ungeahnt  grosses  neues  Gebiet  erschliessen.  Der  Europaer  wird, 
in  direktem  Veifcehr  mit  den  Prodasenten  stehend,  die  ungebeorsn  Kosten  des 
Zwisehenhandels  d«r  Daallas  ersparend,  auch  bd  der  heatigsn  niedrigen  Preislsgn 
der  afrikanischen  Produkte,  noch  auf  Jahrzehnte  hinaus  durch  den  Handel  allein 
verdienen;  die  diesem  auferlegten  Lasten  werden  schon  bald  die  Kosten  jeder  Ver- 
waltung vermindern,  wenn  nicht  ganz  deckea  können.  Doppelt  muss  die  Rück- 
wirkung solchen  Vorgehens  auf  die  Duallas  sein.   Sie  werden  sich  bald  genütbigt 


174 


DI«  KolonidpoUtik  In  B«ielMtag«. 


Mhes,  ta  die  Stell«  d«s  Tcrlorenen  so  r«kb«a  0«iriiiii  ftbw«if«iid«n  Zwi«eh«nhand«it 

eigentliche  Rndenarbeit  treten  zu  lassen,  wenn  zanicbst  auch  noch  nicht  selbst,  so 
doch  durch  ihre  Sklaven.    Es  mas'.  wie  auch  hier  nochmals  hervorgehoben  werden 
mnss,  Wunder  nehmen,  von  direkter  >k laverei  in  Kamerun  zu  hören.    Seit  Jahr- 
zehnten bat  der  Dualla,  nach  genügender  ikfriedigung  im  Besitz  europäischer  Er- 
xeugniss«  «ll«r  Art,  t«iiiMi  gaossn  Y«rdi«iist  in  8khT«D,  v«r  aII«Qi  Weibern,  ange- 
lt B«  besteht  siriecb«ii  ihm  xnA  dies«B  Skleren  eine  Art  Hensklftveni,  oder 
beeser  gecegt,  ein  gewisses  HSrigkeitsTerh&ltniss.  Yen  dgenUieher  Sklarerei  aber, 
wie  wir  sie  in  Ostafrika  and  anderen  Theilen  des  sehwarsen  Erdtheils  finden,  kann 
in  keiner  Weise  die  Rede  sein.    So  würde,  wenn  eine  geordnete  Thätigkeit  den 
Duallas  eipen  wire,  dieser  Zustatui  recht  helfen  können,  eine  gesunde  Entwickelunff 
der  Kolonie  zu  garantireu.    Da  aber  weder  lierr  noch  Sklave  irgendwie  arbeitet, 
sondern  jener,  alleia  und  mit  diesem,  dnreb  ndgHehst  sebeeheriiBflen,  oft  gewalt- 
thiMgen  Handel  sieh  nnd  seinen  SklBvenbesils  ni  erhniten  eneht»  so  «nc  «ino  joder 
Knltnrsntwickelnng  sehidUehe  ladolens  die  Folge.   Diese  wird  dnrah  des  boob- 
sichtigte  Vorgehen  mit  einem  Schlage  aufgehoben,  und  für  den  schon  eingeleiteten 
Plantapenbau  werden  sofort  geeitrnete  einheimische  Kräfte  in  wenigstens  für  den 
Anfanp  genügender  Zahl  vorhanden  sein.    Hierdurch  aber,  d.  h.  durch   eine  er- 
weiterte baDdelspolitische  Erscbliessung  des  Innern,  wie  durch  eine  thatkräftige 
DnrdifShraog  des  Pientagenbanes  tn  der  Kfiato  sind  die  Omndbedingungen  für 
eine  nene,  denend  nattbringende  Knltiretion  des  Kememngebietee  gegeben. 

Ins  Anschhiss  an  die  gekennzeiehnete  Thitigkeit  der  sa  erriehtendoa  Sohnti- 
tmppe  worden  natoigemies  noeh  weitere  Koltararbeiten  in  Angriff  sn  neiunen  «ein» 
In  erster  Linie  steht  hier,  wie  fast  überall,  die  Vorbessernng  der  Verkehrs* 

wege.  Das  eipentliche  Dualla-Gebiet  wird  zwar  von  dem  Kamerunfliiss  und  seinen 
Verzweigungen  fast  vollständii?  beherrscht,  so  dass  hier  allein,  und  wobl  nur  in 
geringem  ^aasse,  Quaiaulagen  und  ähnliche  Arbeiten  in  Betracht  kommen;  anders 
aber  liegt  es  im  lanem.  Hier  müssen  neben  den  Flusslänfen  direkte  Ueberland- 
wege  gebrochen  nnd  offen  erhalten  werdra«  namentlieh  im  endlich  gelegeooa  Bo- 
tanga-Oebiet  nnd  in  den  Gebirgen.  Direkte  Verwendong  als  Arbeiter  aoU  die 
Sehotxtrappe,  schon  um  ihren  moralischen  Einfluss  auf  die  Eingeborenen  nicht  zu 
verlieren,  nicht  finden;  wohl  aber  wird  sie  diesen  Arbeiten  Unferstützung  und  F^'r- 
derung  gewähren  Wann  und  in  welchem  Slaasse  in  dieser  Richtung  vorzugehen 
ist,  wird  der  jeweilige  Gouverneur  jederzeit  selbständig  zu  unterscheiden  haben. 

Es  liegt  in  der  Natur  der  Dinge,  dass  die  Schutztruppe,  um  die  Käst«  und 
die  Flussläufe  beherrschen  zu  können,  sich  auch  auf  mehrere  kleine  armirtf 
Dampfer  wird  stützen  können  müssen.  Wieweit  diese  die  llarinestation  entlasten, 
wteweit  ete  andererseito  noch  den  btersseen  dee  Handys  werden  sn  diooen  vor- 
mogen,  liest  sich  wohl  erst  im  Gange  der  Entwickelnog  jeweilig  benribeilem  «id 
entscheiden. 

Wichtig  wire  aneh  noch  dte  Brriehtnng  eioes  Sanatorinns.  Daaaelbo  wMe 
sich  in  unmUtelbarer  Nahe  Ton  Kamerun  erbauen  lassen;  am  besten  wohl  in  dem 

hochgelegenen,  pesunden  Distrikt  von  Viktoria.  Eine  solche  Anstalt  könnt«  es 
zweifellos  gar  manchem  durch  das  Klima  ermatteten  Beamten  gestatten,  neue  Kräfte 
zu  gewinnen,  ohne  die  für  ibu,  sein  Geschäft  oder  den  Staat  kostspielige  xeitweis« 
od«r  danerade  Bidtkefar  nach  Boropa  nfttfaig  cn  machen. 

Wird  in  der  gekennzeichneten  Weise  vorgegangen,  eo  ist  nach  don  CFr- 


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Die  KoIoBialpoIitik  im  lUiebitage. 


175 


tbtile  aller  SacbTerstindigen  Kamerun  in  karser  Zeit  SU  einer 
dnnernd  blühenden  Kolonie  zu  gesUllen.* 

Dritte  Lesung. 

Bei  der  dritten  Leesag  dee  Etat»  am  13.  Mftis  bei  der  Fordernng  fnr  den 
Gonvemenr  von  Keaienin,  winsehte  der  Abg.  Bichter»  due  die  Begierai^  eine 
Madiricbt  klar  stelle,  welche  wiederholt  in  der  kolonialfreundliehen  Presse  mit 
grosser  Bestimmtheit  verbreitet  werde,  dass  zum  Vortheü  von  Kamerun  eine  Anleihe 
ton  l'/s  Millionen  Mark  demnächst  an  die  Börse  gebracht  werden  solle,  unter  Ver- 
pfanduDg  der  Zölle,  welche  da»  Ueich  dort  erhebe,  zur  Sicberstellung  der  Zinsen 
nnd  der  Itficksaliliuig  dieeer  Anleihe.  Dieae  Nadiriebt  könne  nnnSgUch  richtig 
eein.  Eine  Anleihe  dieser  Art  kSnne  nnr  mit  Znatimarang  dee  Reiehetages  anf> 
genommen  werden,  während  man  in  jenen  Blättern  zu  glauben  echoine«  daat  eine 
solche  Finaaioperation  ohne  Znetimmnng  dea  Keichatagea  TOfgenommen  werden 
könnte. 

Gebeimer  Legations-lUth  Dr.  Kayser:  Auf  die  Aufrage  des  Abg.  Richter 
k&BM  er  endden,  dam  in  der  Tbat  Verhandlungen  wegen  AnfiMhme  einw  Anleilie 
fnr  daa  Scbutsgebiet  von  Kamemo  achvebtant  und  zwar  aeile  fSr  diese  Anleihe, 

a&mlicb  znr  Verzinsung  und  Tilgung  deia^tn,  ein  Tbeil  der  Einkünfte  dee  deutschen 
Schutzgebiets  von  Kamerun  verwendet  werden.  Nach  dem  Gesetz  über  die  Rechts- 
Terbältnisse  der  Schutzgebiete  sei  im  §  1  ausgesprocbon,  dass  dem  Kaiser  in  den 
Schutzgebieten  die  Scbutzgewalt  zustehe.  Dieser  Paragraph  verdanke  seine  Ent- 
stehung der  InitatiTe  der  danuügen  Reiehstagskommission,  nach  einem  Antrage  der 
Abgg.  Dr.  Haanel  nnd  Dr.  Mejer;  nnd  nach  den  Rrkllrangen  in  der  Kommiaaion 
aalbat,  wie  nach  dem  Kommisaionaberidit  und  nach  den  BerathuBgen  üi  dleeem 
hohen  Hanse  müsse  man  es  als  ganz  zweifellos  ansehen,  dass  die  oberste  Finanz« 
hoheit  in  den  Kolonien  dem  Kaiser  zustehe,  und  dass  in  dieser  Beziehung  in  dem 
Oesetz  selbst  keiue  Beschränkung  vorhanden  sei.  Sei  das  aber  der  Fall,  so  könne  auch 
der  Kaiser  oder  mit  seiner  Erm&chtigung  die  Kaiserliche  Regierung  in  den  Schutz- 
gebieten ^e  AnleÜM  aufnahman,  und  swar  ohne  daas  ea  hieran,  wie  er  glaube, 
der  Mitwirkung  dea  Boicbataga  bedürfe.  Nun  aei  ea  ja  gans  aelbstveiatindlicb,  dasa 
wenn  an  dieser  Anleihe  Binnabmen  des  Schutzgebietes  verwendet  wöiden,  die  nach- 
her zur  Deckung  der  Kosten  für  die  Verwaltung  des  Schutzgebietes  nicht  aus- 
reichten, dann  die  verbündeten  Regierungen  sich  an  den  iieichstag  wenden  luüssteu, 
um  den  Reichstag  um  einen  Zuschuss  für  die  Verwaltung  des  Schutzgebiets  zu 
enueben.  Ea  win  sogar  angemaasen,  dasa,  wenn  eine  solche  BTentnalitit  erwaitet 
werden  aoUt^  aehon  forher  bei  Anfiiahmo  der  Anleihe  die  verbfindsten  Bogierungen 
an  ofaie  Betheiligung  dM  Reicbstagea  diohten.  Er  sage  aber,  so  liege  die  Sache 
nicht.  Im  Einvernehmen  mit  den  betheiligten  Häusern  sei  cioe  ausserordent- 
liche Vennehrung  der  Kinkünfte  des  Schutzgebiets  in  Kamerun  in  Aussicht 
genommen  dergestalt,  daää  die  Regierung  in  der  Lage  sein  werde,  mindestens  die 
doppelte  Summe  an  erhalten,  welche  lur  Teninaung  und  Tilgung  dieaer  Ueinon 
Anleihe  ea  aden  im  Ghmaen  etwa  iVt  Millionon  in  Anselcht  genommen  —  ana- 
rskhan  werde.  Er  könne  also  nach  menschlicher  Voraussicht  den  Fall  ab  gar  nicht 
gegeben  ansehen,  dass  die  verbündeten  Regierungen  in  der  Lage  wären,  zur  Deckung 
der  Kosten  für  die  Verwaltung  des  Schutzgebiets  den  Reichstag  augeheu  zu  müssen; 
sondern  er  glaube  vielmehr,  dass  noch  eine  erhebliche  Summe  übrig  bleiben  werde, 
die  zu  weiteren  laufenden  Ausgaben  in  dem  Schutzgebiet  von  Kamerun  werde  ver- 


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176 


Dia  KoloBfadpoIitik  in  Rfliehati««. 


wendet  werden  könn«B.  Diese  Anleihe»  dl«  «iij|«M»Dmen  werden  solle  —  und  eben 
weil  die  Verbandluneen  schwebten.  Tennößre  er  nShere  Detsüs  hier  nicht  anzuceben 
—  solle  eine  durchaus  produktive  sein,  .'oder  gute  Hausvater  und  jeder  gute  Kaufmann 
würde  unter  äbnlicben  Umständen  gar  keine  Bedenken  tragen,  eine  solche  Anleihe 
wdaanAmm.  Er  sei  ganx  fMt  fibenengt,  dass,  wenn  eie  tu  Stande  kommen  lolhe, 
vnd  wenn  die  Regierung  bei  der  lAebctett  Beratbnng  dee  Efato  Tor  den  BdekiUig 
trete,  dieser  damit  ganz  zufrieden  sein  werde.  Denn  man  könne  eine  ganxe  Reihe 
TOn  Ausgaben,  die  zur  Ilcbunir  der  Kultur  im  Schutrgebieto,  zur  Fördcninc  von 
Handel,  Verkehr  und  Schifffahrt  nothwendiir  sei»ni,  aus  den  laufenden  Emuahmen 
nicht  bestreiten,  weil  diese  eben  nur  auüreichteu,  um  die  Ausgaben  zu  decken. 
Man  bedürfe  einer  gröaaeren  Snmme  inr  einmaligeii  Yerwendiuif ,  nnd  diese  Summe 
eoUe  die  Anleihe  veraebaian;  da  die  Wirkungen  dieaer  Anleihe  den  künftigen 
Geschlechtern  Tor  allem  zu  Onte  kommen  würden,  so  zieme  ee  sieh  aacb,  dass  man 
einen  Theil  der  Lasten  auf  sie  abwälze.  Das  sei  der  ganze  Zweck,  den  die 
Regierung  mit  der  Anleihe  verfolge.  Sie  glaube,  dass  hierzu  formell  eine  Ge- 
nehmigung de8  Reichstages  nicht  erforderlich  sei,  ebenso  wenig,  was  ja  auch 
Seitens  des  Abg.  Richter  anerkannt  sei,  wie  bei  der  Aufnahme  der  Anleihe  für  das 
oetafrikaniaehe  SehntsgaUet  eine  Genehmigung  des  Reiehstagea  varfiMaungsmladg . 
gebeten  gaweaen  ui. 

br.  Freiberrr  von  .<^tauffenberff  fragt,  wer  die  Anleihe  anfiBehme  und  wer 

der  Schuldner  dieser  Anleihe  sein  werde. 

Geheimer  Legations-Kath  l»r.  Kays  er  .intwortet,  dass  die  Regierung  für  die 
Verzinsung  und  Tilgung  der  Anleihe  aus  deu  Einkünften  des  Schutzgebietes  von 
Kamerun  eine  beatimmte  Summe  bei  einer  Bank  zur  VerfSgung  aCelte,  ohne  daaa 
jedoch  daa  Reich  eine  Haftung  nbemehme,  wenn  dieae  Summen  nicht  eingingen. 

Vom  Abg.  Richter  iat  der  Antrag  eingegangen,  zu  erklären,  dass  die  verbündeten 
Regierungen  verfassungsmässig  nicht  bercch'iirt  seien,  Anleihen  im  Interesse  der 
Schutzgebiete  unter  Verpfandung  dortiger  Einnahmen  ohne  Zustimmung  des  Keichs- 
tagä  aufzunehmen. 

Abg.  Richter  ist  im  hohem  Maasse  erstaunt  über  die  Antwort  des  Regieruogs- 
Vertreters.  Wae  habe  ea  ifo  efaien  Zweck,  wenn  überhaupt  ansaerordentUehe  Auf- 
wendungen von  iVa  Millionen  Mark  angemessen  seien,  den  Reichstag  zu  umgehen? 
Das  Reich  könne  viel  billicrer  (  Jeld  aufnehmen,  als  es  mittels  solcher  Manipulationen 
möglich  sei.  Das  Reich  bekomme  eine  .Anleihe  i:egen  3%  für  84,40,  während  ein 
Konsortium,  das  eine  solche  Anleihe  begebe,  mindestens  5%  mehr  bezahlen  mässte 
für  dne  ihnli^  Sunme.  0er  l^taadpnnkt  überhaupt,  einselne  flSnnahmeqnellen 
dea  Staate  zu  verpllnden,  um  eine  Anleihe  anfeunehmen,  sri  ein  aolch  veralteter, 
barimriaeher,  in  der  ganzen  FInanxwirtbschaft  ein  wahrhaft  afrikanischer,  dass  man 
sich  wundern  müsse,  wie  man  auf  solchen  Gedanken  kommen  könne.  Sobald  die 
Regierung  eine  Zolleinnahme  verpfände,  lieschränke  sie  sich  die  Disposition,  über 
diese  Zölle  anderweitige  Bestimmungen  zu  treffen.  Die  Haupteinnahme  aus  diesen 
Zöllen  entstehe  ans  der  von  allen  Seiten  so  missbilligten  Scbnapseinfohr.  Durch 
Yerpflndnng  dieaer  Zolleinnahme  maehe  die  Regierung  ügend  wddie  Kulturmaass* 
reget  gegen  die  Srimapseinfuhr  unmöglieh.  Entweder  hsibe  die  Sache  die  Zu 
Stimmung  des  Reichstages,  dann  liege  kein  Grund  vor,  die  Sache  auf  künstlichem 
Wege  7.U  machen,  oder  sie  habe  nicht  die  Zustimmung  des  Reichstages,  dann 
sollte  man  diese  Hinterthüren  nicht  betreten,  um  Gelder  zu  erlangen,  von 
denen   man   annehme,    dass    man    sie   auf   geradem    Wege   nicht  erlangen 


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Die  Kolonialpolitik  im  UeiclisUge. 


177 


könne.  Er  könne  nicht  «nnebmen,  das«  irgend  Jemand  bei  dem  Gesets 
über  die  Sebntsgebiete  daran  gedacht  habe,  allgemeine  Beatimmnagen  der 
Verfosrattgsarkimde  imd  die  Finanigesetse  anseer  Knft  ni  Betten.  Daa  Qeld- 
bevilhgungsrecbt  des  Reichstages  werde  hier  g'eradezu  in  Frage  gestellt.  Waa  in 
Kamerun  geschehe,  könnte  in  viel  grösserem  Umfange  in  Ost-Afrika  vorkommen. 
Man  könnte  in  Ost- Afrika  unter  weiterer  VerwendnniT  der  Zölle  grössere  Aulehen 
für  Eisenbaliuprojekte,  etwa  im  Hetrai.'e  von  20  bis  '60  Millionen  aufnehmen.  Er 
habe  den  Eindruck,  dass  die  Regierung  selbst  nicht  ganz  die  Tragweite  der  Maass- 
regel in  recbtlieber,  finanspoUtiaeber  und  kolonialpoUtiaeber  Betiebong  erwogen  babe, 
er  stelle  daher  den  Anti^,  weil  er  nicht  annehmen  könne,  daaa  man  diese  Frage 
Tollst&ndig  in  ihrer  voUeo  Tragweite  im  Reichstage  gegenwärtig  ta  erfassen  vermöge, 
den  Titel  des  Gouverneurs  im  Kolonial>Etat  mit  seinem  Antrage  an  die  Badget- 
kommission  zurückzuweisen. 

Abg.  V.  Bennigsen  erklärt,  dass  die  Frage  eine  weitgehende  Bedeutung  habe 
und  durch  den  Vertreter  der  Regierung  weder  tbata&cblicb  noch  rechtlich  genügend 
dargestellt  sei  und  beantragte,  dtm  Antrag  Riebter  der  Bndgetkommiasion  sn  ober- 
weisen.  Darauf  wurde  die  Ueberweisnng  dss  Antrages  Richter  beschlossen,  der 
Titel  selbst  aber  genehmigt 

Die  Sitzungen  der  Budgetkommission. 

Die  Budgetkommission  trat  bereits  am  14.,  Vormittags,  zusammen.  Der 
Regierungskommissar  Geh.  Legationsrath  Dr.  Kayser  erkl&rte,  daes  die  in  Kamerun 
interessirten  Hamburger  Firmen  dem  Reiehskansler  den  Betrag  von  l'/i  Millionen 
Mark  sur  YerfBgung  stellen  wollen.  Dieselben  erhalten  dafür  SebuldTersehrelbungen 

k  1000  M.,  unterzeichnet  vom  Oourenenr  Stt  Xamenin.  In  den  SehuldTerschreibungra 
soll  die  Vp! pflichtung  übernommen  werden  zur  Verzinsung  und  alljährlichen 
Tilgung  einer  hrstimmten  Summe.  Die  hierfür  erforderlichen  Reiträue  werden  auf 
die  Zolleinnalimen  von  Kamerun  angewiesen,  derart  dass,  wenn  diese  Zolleiuuabmcn 
für  die  Verzinsung  und  Tilgung  nicht  ausreichen,  die  Regierung  keine  Verpflichtung 
übemiBmt,  Zoscbuss  an  leisten.  Wenn  aber  spiter  einmal  die  Zolleinnalimen  wieder 
den  erforderlieben  Betrag  übersteigen,  so  soll  das  Mehr  benutst  werden,  um  ein 
Deflsit  der  Vorjahre  zu  decken. 

Der  Referent  der  Kommission,  der  freisinnige  Abgeordnete  v.  Bar  bestritt 
entschieden  das  Recht  der  Repierung,  eine  derartiire  Anleihe  ohne  Zustimmung  des 
Reichstags  aufzunehmen,  unter  Berufung  auf  die  Verhandlungen  in  der  Kommission 
und  im  Plenum  zu  dem  Oesets  fiber  die  RecbtsverbUtnisse  in  den  Schutzgebieten. 
Der  Rsgiemngskommissar  Geb.<Rath  Kayser  Isgte  die  Befngniss  der  Regierung 
zur  Aufnahme  einer  solchen  Anleihe  ohne  Zustimmung  des  Reiebstags  dar.  Die 
Diskussion  wurde  abgebrochen,  da  man  es  der  Wichtigkeit  der  Sache  für  ent- 
sprechend hielt,  bei  dem  Fehlen  sämmtlicher  Centrumsmit'jlieder  in  der  Kommission, 
ülier  die  Angelegenheit  erst  in  einigen  Tapen  zu  verhandeln.  Schatzsekrctär 
V.  Maitzahn  gab  die  Erklütrung  ab,  dass  die  Rei!ierun<;  bis  zur  Entscheidung  des 
Reichstags  keinerlei  Schritte  thun  werde  zur  Begebung  der  Anleihe. 

In  der  niebstMi  Sitzung  am  16.  MIrs  blieb  der  Abgeordnete  Riebter  mit 
seiner  Behauptung,  dass  das  Verfiihren  der  Regierung  ein  nngessixliches  sei. 
gänzlich  allein.  Insbesondere  wurde  er  in  seinen  Ausfähr ungen  von  den  Staats- 
sekrctfir  v.  Marschall  völlig  widerlegt.  Derselbe  wies  nach,  rluss  der  Antratr 
Richter  der  .Sache  selbst  nicht  entspreche,  dass  es  sich  hier  um  ein  üoheitsrecht 
Koloaiales  Jabrbacb  18J1.  to 


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178 


Dto  KokoulpoUtik  in  fiddHlag«. 


der  Krane  liandle,  imtm  Bedeutung  schon  bei  den  ersten  VeriuuMUongen  dce 

Gesetzes  kUr  erkannt  und  von  den  Abgg.  Ilänel,  von  Strombeek  nnd  Dr.  Windt- 
borst  in  seinem  ganzen  rmfaii!;  als  ein  unumschränkten  gekennzeichnet  sei.  Auch 
der  Ah^.  Hartmann  erkannte  die  Rechtmässigkeit  des  Vorgebens  der  Regierun? 
au.  Dem  Kaiser  lei  eiu  Uobeitsrecbt  überlragen,  das  er  ausüben  könne  ohne 
Rnekticht  «if  die  ipltere  Folfeu  Pfir  den  MMag  tnte  em  der  Vomcnl  rar 
Aktion  ein,  iftmi  er  eliiMi  Znednie  beviUifen  eoUte.  Der  Ab(.  t.  Bennlf  aen 
erkürte  ebenfalls  das  Verfahren  für  zulässig,  indem  er  insbesondere  darauf  hinwies, 
dass  die  RepiTung  bezüijlicli  iles  VertraL'es  mit  «ier  Ostafrikanischen  Gesellschaft 
noch  viel  höhere  Verbinduchkeileu  dtr.scllteii  An  eingegangen  sei,  ohne  dass  der 
Keicbtag  Kiusprucb  erhoben  hätte.  Eiue  Belastung  des  Etats  der  Schutzgebiete 
ffir  die  Znkonft  knbe  bei  AnateUoi«  der  Beaatea  aebea  Iraker  alaUBeAiadsa, 
nnd  ancb  hier  habe  der  Reicbsttif  dareb  Stillsehweifen  seine  Oenehniiipinf  ertbeilt, 
Abg.  Bamberger  gab  naeb  einer  tbatilchlicben  Aafkl&runt;:  des  Geheimen  Le^ations- 
Rathes  Kayser  zn,  dass  Ton  einer  posititen  Rechtsverletzunir  nicht  die  Rede  sein 
könne;  die  Sache  sei  mindestens  zweifelhaft  und  noch  nicht  entschieden,  aber  eben 
deswegen  dürfe  man  kein  Pr^udiz  schaffen.  Die  Bedingungen  der  Anleihe  seien 
harte,  deshalb  aolle  eich  die  Regienng  an  den  Beicbstag  wenden.  Freihecr  ?.  Httene 
gab  foroell  den  Standpunkt  der  Regierung  ala  richtig  ra,  bemingalte  aber  gWcb- 
Mla  die  Bedingungen  der  Anleihe  und  wünschte,  daaa  die  Regierung  sich  an  den 
Reichstag  wenden  möchte,  um  dessen  Zustimmung  zu  erlangen.  Vor  Ostern  könne 
die  Sache  nicht  entschieden  werden.  Die  Vereammluag  tertagte  iieb. 

Dritte  Lesatig  des  Oesetzes  ftber  die  Sohutstnippe. 

Bei  der  dritten  Leanng  dee  Oeeeiiee  iber  die  kaiseriiebe  Sebntttruppe  fnr 
Deataeb-Ostafrika  am  17.  Ulis  beoerkte  Graf  Mirbaeb,  daia  der  Beiebakansler 
bei  der  aweiten  Beratbung  eine  ta  wenig  beachtete  Aeusserung  s^ethan  habe«  er 
meinte,  dass  wenn  der  Gang  der  allgemeinen  Politik  später  einmal  dahin  führen 
sollte,  dass  Kugland  geneigt  ȟre,  auf  Sansibar  tu  Deutschlands  Gunsten  zu  ter- 
zichten,  diese  Kntwickelung  durch  den  deutsch-englischen  Vertrag  nicht  präjudizirt 
wire.  Dieoe  Aennernng  habe  aeine  volle  BefHedigang  gehabt,  nnd  er  hoÄ,  dase 
wenn  tin  solcher  Znatand  der  allgemeinen  Politik  eüilraten  aollte,  der  Reiebekanaler 
diese  Worte  nicht  Tergessen  haben  werde  nnd  dass  die  verbündeten  Regierungen 
sich  diese  Worte  zur  Eichtschnnr  anf  dem  Gebiete  der  ostafiikanischea  Politik 
nehmen  werden. 

Hierauf  wird  der  Gesetzentwurf  unreilndert  angenommen. 

Der  Nadhtragsetat. 

Dem  Reichstag  Ring  bald  darauf  ein  Nachtragsetat  ala  a^naehuss  lur  For- 
derung von  Kultur  und  Handel  im  Schutzgebiet  Ton  Kamerun"  im  Betrage 
von  1  425  0(X)  Mk.  mit  folgender  Begründung  /.u : 

Der  iiaudel  mit  den  Kingeboreneu  des  Kamerungebietes  hat  sich  bisher  im 
Wesentlichen  auf  die  Küste  beaehitnkt,  woeelbst  enropliacbe  Firmen  seit  langer 
Zeit  Faktoreien  besitsen.  Neuerdinga  haben  die  Firmen  aneb  Handelseipeditionen 
in  das  Inuere  des  Landes  unternommen  und  mehr  und  mehr  versucht,  Beziehungen 
iiach  dem  Hinterland  zu  gewinnen,  ohne  welche  der  Handel  an  der  Küste  bald 
heralisiukeit  würde.  Es  hat  sich  dabei  das  fie  lürfniss  nach  besseren  Verkehrswegen 
herausgestellt.  Insbesondere  ist  dies  im  Süden  des  Schutzgebiets  der  Fall»  wo  eine 


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Die  Kolonialpolitik  im  Reiebitag«. 


179 


sinbon  T^emlnebe  weht  Urwaldiono  dio  Kötto  tob  fflntorlaado  Irauit  -  Der  Wef 
würde  entweder  Tom  Campo  aus  oder  von  Kribi  («q  der  Küste)  über  die  Jenndo- 
Station  bezw.  den  Mhamfluss  mul  8anna|?a  entlanff  nach  N^Ia  eeführt  werden 
können.  Im  Norden  würde  die  Herstellunix  eines  Weges  nach  der  Haromhi-Station 
am  Eiepbantensee  unter  Benutzung  des  Mungoflusses  sowie  nach  Bali  in  Betracht 
komneiL  Für  eiae  WeiterfShiung  der  Wege  worden  svnlekil  ttUiere  Ermittelungen 
fiber  die  eiasaechlegendeii  Ricbtoogen  erfSvrderlich  sein.  WenngMeh  es  sieh  nicht 
am  Herstelleng  lUirbarer  LondstrHoeo,  sondern  mir  um  den  Darchbrno  von  soge- 
nannten Karawanenwegen  für  Träger  handelt,  so  sind  doch  bei  den  in  Betracht 
kommenden  Verhältnisst'u  hierfür  beträchtliche  Mittel  erforderlich,  zumal  da  für 
Sicherung  und  Unterhaltuner  der  Wege  durch  Anlage  von  Stationen  gesorgt  werden 
muss,  welche  durch  Weisse  und  eine  Anzahl  von  Eingeborenen  zu  besetzen  sein 
Wörden.  Diese  Stationen  worden  gleiehaeitif  den  Karawanen  als  Etappen*  und  Rube- 
pnnkle  sn  dienen  babea.  Naeh  den  Berieten  der  Indssrlioben  Beamten  nnd  den 
UittbeUnngen  laadknndigtr  Reisender  wnrde  dnivb  die  Hemtdhinf  sicberer  Wege 
der  Handel  aus  dem  Innern  an  die  Küste  mit  Erfolg  herabgeleitet  werden.  Glelcb- 
zeitig  wijrden  diese  Wege-  und  Stationsanlagen  auch  den  bereits  in  das  Innere  Torge- 
drungenen  und  noch  weiter  vordringenden  Missionen  in  statten  kommen  und  ihnen 
insbesondere  den  sur  Zeit  noch  fehlenden  Schutz  durch  äussere  Machtmittel  ersetzen. 

bl  et  dnecsrils  erfördertieb,  den  Karawanen  der  Weissen  nnd  der  einge* 
borenen  Hlndier  in  der  Torstdiend  daifdegten  Weise  die  Wege  su  babnen,  so  ist 
ee  anf  der  anderen  Seite  als  dringend  notbwendig  besdcbnet  worden»  aacb  anf  dno 
Erleichterung  des  Verkehrs  an  der  Küste  hinzuwirken.  Dies  kann  geschehen  durch 
Anlegung  eine'*  Quais  längs  des  Kamerunflusses,  welches  nicht  blos  für  die  Er- 
leichterung der  Entlöschung  und  Befrachtufi?  der  SihilTe,  sondern  auch  für  die 
Besserung  des  üeäuudheitszuslandes  von  Bedeutung  ist.  Ganz  besonders  ist  aber 
snf  die  Notbwendigkeit  bingewiseen  worden,  an  der  Mindang  des  Kamemnflasses 
eine  Landnogsbrneke,  sowie  ein  Slip  nnd  Werkstitten  for  die  Reinignnf  nnd  lU- 
paratur  von  ScbUTen  benostellen.  ffia  bieranf  besngHeber  Bauplan  ist  bereits  im 
Jahre  1889  von  dem  Bauinspektor  des  kaiserlichen  Gouvernements  in  Kamemn  unter 
Beistand  eines  Offiziers  der  kai-jeriicben  Marine  ausgearbeitet  worden. 

Die  EröfTuiinp  eines  \Ve>,H'S  im  Norden  nebst  Anlage  der  erfonlerlichen  je 
zwei  bis  vier  Stationen  ist  aunähernd  auf  350  000  Mk.  zu  schätzen,  während  die 
ErSftrang  naeh  dem  Sfiden  wegen  der  nngleieh  schwierigeren  TerndnTerbiltniaso  anf 
400000  Mk.  toranseblagt  wird.  IMe  snr  Brieicbterang  des  Verkehrs  an  der  Knsto 
so  vorwendende  Snmme  in  Höhe  der  noch  verbleibenden  G75  000  Hk.  bat  die  nach- 
stehende Bestimmung:  Eine  Landungsbräcke  für  Seeschiffe,  welche  7  Ueter  Tief- 
gang haben  muss  l,')0OOO  Mk.  Eine  eiserne  liferhefcstiguTiir  (400  Mk.  für  das 
laufende  Meter)  iu  einer  Ausdehnung  von  750  Meter  und  zur  Verbindung  der  Joss- 
platte mit  Aqua-Bell  und  Didoätadt  300  000  Mk.  Slip  für  Schiffe  von  50  Meter 
LIngo  9O00O  Mk.  Workstattoinriehtnng  oinsebKeaslich  dos  erforderliehen  Materiala 
an  MaseUtton,  Werksong  u.  s.  w.  65000  Uk.  Bin  neues  Bootsbana  86000  Mk. 
Brunnen  mit  Pumpe  SOOO  Mk.  Steinerner  Thnim  mit  Laterne  und  Pegel  (Leucbt-  * 
thnrm)  8000  Mk.  Offene  Wellblecischuppen  zur  Arbeit  im  Freien  im  Anschluss 
an  die  Werkstatt  10  000  Mk.  Unvorhergesehene  Ausgaben  bei  Herstellung  der 
Torgeoannten  Gesammthauteu  13  0*30  Mk. 

Die  üesammlausgabe  ist  eine  eiumalige  und  verfolgt  insofern  produktiTO 
Zwedte,  als  die  geplantm  Maassnabmon  eine  Steigomng  der  Ertragsfähigkeit  des 


iJiyiiizea  by  CjüOgle 


180  Di«  KoIoaMpoHtlk  im  RsiehttaK«. 

Schutrjfebiets  herbeizuführen  bestimmt  unii  geeignet  sin  i.  I'ie  Flüssigmachung  der 
erforderlichen  liittel  im  Wege  der  Anleihe  würde  sich  hieroacb  rechtfertigen  und 
konnte  bei  d«r  ursprünglich  b««biichtigten  BM^aftmg  m«Hltlbar  fir  EechniiDg 
und  SU  LMtm  des  Sduttsgebiett  allein  in  Pnif«  kommen,  da  die  lanfradea  Bin- 
nahmen  des  Schutzgebiets  zur  Anfbringang  der  bezüglichen  Snmme  auch  nicht 
annähernd  ausreichten.  Hei  der  gegenwärtig  in  Aussicht  genommenen  Rereitstellung 
eines  Reichszuschusses  empfiehlt  es  sich  indessen,  den  vcrhälttiissmässig  nicht  er- 
heblichen Zuschussbetrag  im  Hinblick  aut  die  vorgesehene  Rückerstattung  desselben 
und  im  Interesse  thunlichsler  Einschrftnkunff  des  Anleihekredits  durch  HatrilnilBr- 
beitr&ge  zn  decken. 

Die  Zweckbestimmung  der  eintelnen  Aufwendungen  and  die  im  Znaammen- 
baage  mit  den  geplanten  Maa^snahmen  ausführbare  Steigerang  der  ZoHerträge 
bezw.  der  sonstigen  Einnahmen  des  Schutzgebiets  lisst  eine  allmälipe  Rücker- 
stattung des  Kfichszuschusses  durch  das  Schutzgebiet  gerechtfertigt  und  angängig 
erscheinen.  Nach  Lage  der  Verbältnisse  kann  die  Zahlung  von  Jahresraten  mit  je 
90750  Mk.  in  sichere  Ansiidit  genommen  werden.  Bei  Zugrundelegung  dieeei  Be* 
träges  und  unter  Abetandnabme  Ton  einer  Veninsung  des  Zuschusses  würde  die 
Abbfirdung  der  Oesammtsumme  einen  Zeitraum  von  16  Jahren  erfordern.  Da  eine 
grössere  Ergiebigkeit  der  Einnahmcquelbn  des  Schutzgebiets  bereits  für  das  Etats- 
jahr 1891/92  zu  erwarten  steht,  ist  die  erste  Rücksahlungsrate  für  das  Eutsjahr 
angesetzt. 

Debatten  über  den  Naolitracrsetat. 

Die  erste  Berathung  fand  am  4.  Mai  statt;  sie  wurde  durch  den  Abg.  Barn- 
berger  einireleitef,  df-r  sich  ffegen  die  Bewillicunff  der  Summe  »für  Kriegsführung 
zu  GuLsttn  des  Handels"  a'j.NS[>rach.  In  der  Kommission  sei  die  Sache  nicht  zum 
Austrag  gekommen,  und  man  habe  es  vorgezogen,  eine  Vorlage  einzubringen  in  der 
VoraussetsoDg,  dass  der  Reiebstag  das  Geld  bewilligen  wurde.  Die  deutsche  Aus- 
fuhr naeh  Kamerun  habe  1888  4  Uillionen  betragen,  darunter  über  1*1%  Hillien 
haare«  Geld.  Die  Regierangen  hätten  selbst  nicht  daran  gedacht,  dem  Reiche  die 
ZumuthuDg  zu  machen;  man  habe  in  der  Kompetenzfrage  nachgegeben,  aber  sich 
dafür  d<  n  ursprüntrücli  abgelehnten  (ied;inken  augeeiirnet,  der  in  einer  Denkschrift 
des  Hauses  .Jautzen  u.  Thormählen  von  l8äU  niedergelegt  sei.  Da^  Ziel,  welches 
die  beiden  Hamburger  Firmen  verfolgten,  liege  klar  zu  Tage:  sie  wollten  ihre  Kon* 
kurrenten,  den  gar  nicht  unzlTilisirten  Stamm  der  Dnallas,  mit  Hülfe  von  Raiehs- 
geldern  aus  dem  Wege  räumen.  Sie  beschwerten  sich  ofini,  dass  diese  Duallas  bis 
zu  500°'o  verdienten.  Was  würden  die  beiden  Firmen  sa^en,  wenn  die  Duallas  sich 
über  sie  beschwerton!  (Heiterkeit.)  Man  habe  überdies  diesen  Stamm  unter  den 
Schutz  des  Deutschen  Reiches  gestellt,  lu  der  Uenkscbrift  der  beiden  Finnen, 
welche  dem  Reichskanzler  eingereicht  worden  sei,  heisse  es:  sie  sollen  mit  Gewalt 
niedergehalten  werden,  d.  fa.  sie  sollen  niedergeschlsgtn  werden,  damit  Ü9  nieht 
mehr  zwischen  das  Faktoreiland  an  der  Küste  und  das  Hinterkuid  eindrlngwi  kon- 
•  nen.  Die  Firmen  klagten  auch  über  die  Faulheit  der  Duallas;  ja,  diese  trieben 
Handel  und  g^ewüniieii  dabei  so  viel,  dass  sie  nicht  zu  arbeiten  brauchten.  Damit 
sie  nun  für  die  Faktoreien  arbeiteten,  sollten  sie  ihres  Handels,  ihrer  Existenz  be- 
raubt werden.  Der  Rtichakanzler  habe  früher  gesagt,  die  kolonisatorische  Thätig* 
keit  müsse  gleichseitig  mit  der  Flinte  und  der  Bibel  voigehen.  Ihm  (dem  Redner) 
«Cheine,  bisher  habe  die  Flinte  die  Thitigkeit  der  Mission  sehr  gesehftdigt.  Wollten 


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Die  Kolonialpolitik  im  Reichstage. 


181 


die  beiden  Firmen  ihre  Geschäfte  in  Kamerun  ausdehnen,  so  sollten  sie  selbst  da- 
ffir  soifen,  b«Mmden  «eim  es  auf  ein«  wirUisehftfUich,  potttiaeh  und  fiiHmti«n  lo 
«iisserordentUeta  tweidantige  WcIm  geacbehoD  solleu  Waram  solle  das  Deutacba 

Reich  das  'iel'I  ji^eben?  Ein  Krieg,  wie  man  ihn  hier  tu  fähren  beabsichtigte,  werde 
nicht  spielend  abzumachen  sein:  man  denke  nur  an  die  Vonjäncre  in  Ost-Afrika 
und  an  den  Verlauf  der  sogenannten  wissanschaftUcben  Expedition  des  Herrn 
Ziutgraff. 

Staatssekretir  Freiherr  t.  Harsch  all:  Wollen  wir  überhaupt  Kolonialpolitik 
treiben,  ao  mäaaan  wir  aueb  den  Weg  beaebreHen,  den  vor  uns  andere  Nationen 
gegangen  aind.  Wir  fugen  an  der  Kfiate  an,  wir  legen  Plantagen  an,  wir  dringen 

allmäblich  in  das  Innere  vor  und,  wo  uns  bewaffneter  Widerstand  entge^zentritt,  da 
schla'.'cn  wir  ihn  mit  den  Waffen  nieder.  Andorn  können  wir  zu  einetn  gedeihlichen 
Ziel  nicht  j^elanfjen.  (Zuruf  links.l  Auch  die  Knelündor,  auf  die  der  Herr  Abg, 
bam  be  rg  e  r  sich  bezieht,  haben  niemals  in  anderer  Weise  Koionialpolitik  getrieben. 
Und  was  verlangen  die  verbündeten  Kegieruugen  von  dem  hohen  Haus?  Ein  Anlehen 
von  niebt  gans  1V>  Millionmi  Mark  fBr  eine  Kolonie,  die  aieb  bia  jelst  Tollkommen 
aelbat  erhalten  bat,  von  der  wir  wiaaen,  daaa  ihre  ateigenden  Binnabmen  in  den 
nächsten  Jahren  den  verbündeten  Regieningen  die  Möglichkeit  fieben,  in  Jahr  und 
Tag  dieses  Aulehen  vollkommen  zurückzuzrihlcn.  (Widerspruch  links.)  Ich  möchte 
meinen,  dass  der  Herr  Abgeordnete  B am  berge  r  doch  etwas  zu  schweres  Cie- 
schütz  aufgefahren  hat,  wenn  er  die  heutige  europäische  Situation  zitirt,  um 
das  hohe  Haus  sn  bewegen,  diea«  Forderung  nicht  zu  bewilligen.  Wae 
nnn  die  Denkacbrift  betritt,  ao  kann  ieb  ja  natorlicberweiae  niebt  ^e  toll- 
koennene  Garantie  dafir  nberaebaen,  ob  all  die  Mittel,  die  biet  angegeben  aind 
SU  dem  Zwecke,  das  Hinterland  von  Kamerun  zu  erscblieaaen,  die  absolut  richtigen 
sind,  ob  nicht  vielleicht  andere  Mittel  eher  zum  Ziele  führen  wünlen.  Die  Kolonial- 
abtheilung  «nd  ich,  wir  müssen  uns  verlassen  auf  das  l'rtheil  der  Männer,  die  im 
Lande  selbst  ihre  Erfahrungen  gemacht  babeu;  uud  wenn  der  Herr  Abg.  Bam- 
berger dem  niebt  glanbt,  waa  diaae  Herren  gesagt  haben,  so  asnaa  icb  micb  eben 
damit  trösten,  daaa  er  ebenaowenig  klar  weise,  waa  snm  Heile  dient,  ala  wir  Tom 
grünen  Tiacb  aua  (Znrnf  linka.)  —  leb  bedanre  aebr;  nachdem  wir  Deutsche  eine 
koloniale  Politik  inaugiirirt  haben,  halte  ich  es  geradezu  für  eine  Sache  der  Würde 
Deutschlands  (sehr  richtig!  rechts.  —  Widerspruch  links),  auch  dort  zu  bleiben,  wo 
wir  sind  (Bravo  rechts)  und  Alles  zu  thuu,  um  jene  Landstriche  zu  entwickeln. 
Und  was  soll  das  beissen,  wenn  der  Herr  Abg.  Bamberger  als  ein  besonderes 
Otatamen  gegen  dieae  Yorlage  ins  Feld  fährt,  dass  die  Herren  Jantsen  dfcTbor- 
mihlen  und  Woermann  vielleicbt  irgendwie  einen  geaebiftlieben  Vortheil  davon 
sieben.  Ja,  meine  Herren,  anf  dieae  Weise  kann  man  acbUesslich  gegen  jede  Re- 
gieruDg^TOrlage  ins  Feld  ziehen,  wenn  sie  dahin  strebt,  dem  Handel  Vortheile  zu- 
kommen zu  lassen;  irgendwelchen  Personen  werden  schliesslich  die  Vorthcile  zn 
Gute  kommen.  Damit  ist  Seitens  dos  Herrn  Abg.  Bambergor  meines  Kraclitens 
zu  viel,  also,  wie  der  Jurist  folgert,  nichts  bewiesen.  Ich  wiederhole  also,  ob  allo 
diese  Maaasregeln  nun  Ziele  ffibren,  dafnr  können  wir  kdne  Garantie  nberaebmen, 
wir  können  nna  nur  darauf  bedeben,  daaa  andere  LAndw  ebenao  gebändelt  baben 
wie  wir.  Im  Uebrigen  wird  mein  Herr  Kollege  von  der  Kolonialabtheilung  nooh  in 
der  Lage  aein,  jade  nähere  Auskunft  ilber  die  Details,  wie  sie  dort  in  Auasicht  ge- 
nommen, tu  ertbeilen.  Der  Ilorr  Abg.  Bamberger  hat  dann  anch  aiif  England 
ezemplifixirt  und  hat  uns  zugerufen:  machen  Sie  es  doch  wie  die  Engländer;  die 


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182 


Die  Koloaialpoliük  im  Reichstage. 


Enffllader  gvben  Mn  Geld  in  soleb«:!  Dingen;  dort  sind  e»  di*  OeMlItdHiftMi. 

Ja,  meine  üerren,  wir  haben  den  Versuch  gemacht,  in  dieser  WiiM  fOnragehea, 
wnd  wir  holTon  beispielsweise  in  dem  dem  Herrn  Vorredner  so  unsTOpatbischen 
West-Afrika  auf  diesem  Wt-^'e  zum  Ziele  zu  peiaiigen  Im  Uebrigen  ist  es  toll 
kommen  irrig,  wenn  der  Herr  Vorredner  glaubt.  daȟ  die  englische  Regierung  nichts 
för  ihre  Kolmiien  nnfvendei  leb  weise  dtianf  Uo,  dacs  beispielnreiee  für  Betechnana« 
land  die  engUtebe  Regiernng  jibriieb,  glanbe  ieb,  2  Millionen  Mark  ansgiebt,  imd 
idi  habe  nichts  darüber  gelesen,  dass  in  dem  englitcbea  Parlament  darüber  so  aus- 
gedehnte Debatten  stattgefunden  hätten,  wio  bei  uns;  wenn  l'/s  Millionen  nicht 
ii  fonds  perdu,  sondern  als  Anleheu  von  Seiten  des  Reichstages  verianßt  werden, 
dann  muss  icb  doch  den  Reichstag  gegen  eine  AeuKseruug  des  llerm  Dr.  Bam- 
berger in  Sebuts  nehnen,  nimlieb,  dass  der  Reiehetag  gewohnt  aei,  ailo  Forde- 
rungen koloninipolitiaeber  Natur  der  verbündeten  Regierungen  so  ohne  Weiterea  — 
der  Herr  A  l-g^eordnete  brauchte  den  Ausdruck  »kritiklos"  —  zu  bewilligen.  Nun, 
meine  Herren,  die  verbündeten  Regierungen  haben  gewiss  keinen  Anlass,  sich  über 
den  Reichstag  zu  beklagen,  aber  da»s  lier  Reichstag  die  Gewohnheit  habe,  Geld- 
forderungen für  koloniale  Zwecke  so  kritiklos  zu  bewilligen,  diese  Erfahrung  habe 
icb  bia  jetit  nicht  gemacht*  (S^r  richtig!)  Im  Gegentheil,  ich  entainne  mich,  dan 
apeziell  bei  den  Forderangen  für  Oat^Afirika,  woin  wir  2,  8  oder  4  MilHonen  Tcr- 
langten,  eteta  eine  mehrtigige  Debatte  vorherging  und  scblieealich  die  BewilUgnng 
nur  mit  verschiedenen  Reserven  und  Kautelen  erfolgt  ist,  die  den  verbündeten  Re- 
gieninfren  den  Wefrwei>er  geben  sollte,  nm  später  wo  möglich  mit  geringeren  For- 
derungen an  den  Reichstag  heranzutreten.  Die  verbündeten  Regierungen  sind  ja 
besöglich  der  Kolonialpolitik  insofern  in  einer  etwas  schwierigen  Lage,  dass,  wäh- 
rend  auf  der  einen  Seile  ihnen  voi|^worfen  wird,  daaa  aie  nberbavpt  eine  Kolonial- 
politik treiben,  daaa  aie  daa  dentache  Volk  in  phaataaUaebe  Dioge  hineinbringen, 
auf  der  anderen  Seite  von  den  Freunden  der  Kolonialpolitik  vielfach  der  entgegen- 
gesetzte Vorwurf  erhoben  wird,  da'is  die  ganze  Kolnnialpolitik  eine  schwache,  ener- 
gielose sei,  und  dass  man  die  Sache  ganz  andere  anfassen  müsse,  als  es  jetzt  ge- 
acbäbe.  Vielleicht  ergiebt  sich  gerade  aus  die^en  entgegenstehenden  Vorwürfen  die 
Tbataaehe,  daaa  die  Terbnndeten  Regiemngen  den  riehtigeB  Mittehreg  bei  ihrer 
Xolonialpolitik  eingeacblagen  haben.  Unter  allen  Umatinden  kann  ich  deo  Herrn 
Vorredner  darüber  beruhigen,  daaa  —  man  mag  über  die  heutige  enropliache 
Situation  denken,  wie  man  will,  man  mag  sie  als  eine  „heitere"  oder  wenig  heitere 
betrachten  — ,  unter  allen  Umständen  ist  sie  nicht  so  ernst,  dass  wir  nicht  inner- 
halb des  Rahmens,  wie  wir  ihn  jetzt  gestellt  haben,  unsere  Kolonialpolitik  weiter 
fähren  können.  (Bravo!)  Zum  Schlnsa  mochte  ich  den  Herrn  Vorredner  noch  anf 
einen  kleinen  Irrtbum  anfmerkaam  machen,  in  welchem  er  aieh  im  Eingänge  aeiner 
Reil«'  Im'w  «  i^'tc ;  er  hat  wiederholt  von  einem  Kolonialamt  gesprochen  in  dem  Sinne, 
als  ob  eine  den  Hchürden  in  anderen  Ländern  ähnliche  selbständige  Zentralbehörde 
bestehe  und  es  eigentlich  dieser  N'eucriin,r  zu  verdanken  sei,  dass  die  verbündeten 
Regierungen  jetzt  mit  solch  horrenden  Dingen  vor  den  Reichstag  treten.  Das  ist 
ein  Icrthnm.  Ein  Koloniahmt  beateht  nicht  im  Dentachen  Reich,  ee  beataht  eine 
Kolonialabtheihing,  die  Ton  einem  Dirigenten  geleitet  wird.  Dieae  Kohmlalabthei- 
Inng  iat  aber  ein  Theit  dea  Auawirtigen  Amte,  aie  steht  unter  verantwortlicher 
Leitung  des  Staatssekretärs  des  Äuswärti>:en  Amts  und  des  Herrn  Reichskanzlers. 
Es  ist  also  tiiclit  zntrefTend,  wenn  der  Herr  Abg.  l)r.  Bambersrcr  aus  der  Einführung 
eines  Kolouialamles  die  vortiiu  erwähnten  Schlüsse  gezogen  bat.  Ich  rcsumire  mich 


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Die  EolonialpoUtik  fan  Raielwtag«. 


188 


dahin,  dass  ich  dem  hohen  Haus«  driogend  die  Annahme  dieser  Vorlage  empfehle, 
die  in  keiner  VVei^e  die  Steuerzahler  belnslet,  wohl  aK>er  eine  Garantie  dafür  (jeben 
wird,  dass  eine  unserer  hoffnnnpsreichsten,  vielU'irht  die  hofTuun^r^reichste  Kolonie, 
Kamerun,  ihrer  Förderung  Uüd  ihrem  Uedeibcn  weiter  zu(;eführt  wird,  (bravo!) 

Naebden  der  Abf.  Bebel  tieh  Bocb  dagegen,  der  Abg.  v.  Kardorff  tidi  fBr 
die  Vorlage  aiuKcaprodieii  batten,  ergriff  Geb.  Legati<Miiratii  Dr.  Kayeer  das  Wort: 
Wenn  mao  das  für  ricbtig  anerkennen  kdnnte,  was  die  beitton  Herren  von  den 
iMiallas  Torgebracbt  b&tten,  so  Terdienten  dieee  ja  alle  Sympathie,  und  es  würde 
ein  ausserordentliches  Vergehen  sein,  wenn  man  ihnen  mit  Waffengewalt  entgetren- 
treten  wollte.  Indessen  Augenzeugen  schildern  sie  doch  ganz,  anders.  Wollte 
man  den  europäischen  Zwischenhandel  mit  dem  der  Duallas  vergleichen,  so  würde 
man  dem  ereterea  ein  ecbreiendee  Onrecbt  tbna.  Der  Zwieebeabandel  der  Doallae 
best^  darin,  dass  eio  den  ans  dem  Innern  kommenden  Karawanen  anflanemt 
ihnen  mit  Gewalt  die  Waaren  wegoebmen,  ihnen  die  Skleren  rauben  nnd  ibnen 
Preise  festsetzen,  die  geradezu  l&cberlich  sind.  Dieser  Zwiscbenbandel  setzt  sich 
zusammen  aus  Rauh,  Erpressung  und  Refnig  (Heiterkeit),  und  er  verdient  nicht 
als  (iegeiiNland  der  Sympathie  empfohl*'ii  zu  werden.  Ks  handele  .'<ich  nicht  um 
die  Organisirung  von  itriegerlüchen  Expeditionen,  auch  nicht  darum,  den  Herren 
Jantsen,  Tbormilen  nnd  Woermann  irgend  welebe  Vortheile  nisnweiiden,  sondern 
um  die  Brfnllnnf  der  Verpfliebtnng  des  Staate,  wie  ele  jeder  andere  Staat  anf  eicb 
nehme.  Die  Regiemng  wolle  nnr  die  Sieberbeit,  den  Frieden  nnd  die  Rube  im 
Lande  herstellen,  damit  Handel  und  Verkehr  ihren  ruhigen  Fortgang  finden  und 
insbesondere  auch  die  Kulturarbeiten,  die  dort  zu  erfüllen  seien,  in  ungestörter  und 
friedlicher  Weise  erfüllt  w i  rden  könnten.  I'ie  R<^i,'ieru!i(;  beahsichtige  eiue  Art  der 
Kolonisation,  die  so  alt  t>ei,  wie  die  Koloni^uiiou  überhaupt.  So  hätten  schon  die 
alten  R5mer  koloniiirt,  als  sie  ibre  Caatra  am  Sbeis  angelegt  bitten,  so  kotonirirten 
ancb  die  EngÜndw,  nnd  so  mnsee  aneb  das  Dentsebe  Reicb  kolonisiren,  wenn  es 
nberbaupt  Kamerun  erbalten  wolle.  Bs  bebe  durch  die  Beschlfiese  der  Brnsseler 
Antisklavereikonferenz  eine  ganze  Reihe  von  Verpflichtungen  übernommen,  in  Ka- 
merun zur  Unterdrückung  des  Sklavenhandels  beizutragen,  und  habe  bisher  für 
die>ien  Zweck  nur  weiii?  thun  können  aus  Mangel  an  Mittf-In.  Ks  habe  froh  sein 
müssen,  dass  es  mit  den  äkiaveuhaltern  in  Hube  und  Frieden  habe  leben  können. 
Wenn  man  dem  Sklatenbandel  ancb  in  Xamemn  entgegentreten  wolle,  eo  müsse 
man  diee  mit  besonderer  Entfaltung  Ton  Maebt  tbnn,  nnd  er  glaube,  dass  die  Br- 
fttlinng  dieser  Kulturaufgabe,  die  das  kleine  Belgien  unternommen  habe,  doch  nicht 
zu  schwer  sei  für  die  Macht  und  Grösse  des  Deutschen  Reichs.  Der  Abg.  Dr.  Bam- 
berger habe  über  die  Entstehnnsjsgeschiohte  dieser  Vorlage  allerlei  Mittheilun^en 
gemacht,  die  lieii  Thatsachen  geradezu  widersprächen.  Die  Ke^nertintr  habe  sich 
keineswegs  gestützt  auf  den  ßehcht  oder  die  Denkschrift  der  Herren  Jantzen  &  Tbor- 
mihlen  und  Woormsnn,  sondern  aaf  ibre  luformationeB.  Der  Oonvemmir  v.  Soden, 
der  6  Jabre  in  Kamema  gewesen  sei,  bebe  sieb  bei  den  eingebenden  ^ratbnngen 
in  Berlin  nicht  bloes  einverstanden  eikltrt  mit  dem  Binbringen  dies«r  Vorlage, 
sondern  er  sei  ausserordentlich  erfreut  darüber  gewesen,  dass  es  endlich  gelungen 
sei,  diese  Vorlage  ins  Leben  zu  führen,  da  schon  seit  Jahren  darauf  gedrängt  wor- 
den, dass  irsjend  etwa.s  in  Kamerun  geschehen  müssto,  um  den  Handel  und  Ver- 
kehr, llissiou  und  Ansiedelung  zu  schützen.  Kr  könne  den  Vorwurf  des  Abg.  Dr. 
Bamberger,  dass  er  sdne  bfwiBatimeo  auf  Interessenton  nnd  Sadiverstlndige 
stntie,  dnrebans  niebt  als  gerecbtfertigt  anerkennen.  Br  mSdite  wobl  wissen,  in 


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184 


Die  KoloDialpoUUk  im  ReicbtUge. 


welcher  Weise  eiue  Behörde  bessere  Informatiougquelleu  haben  koone  aU  lateres- 
senten  und  S«ebverfttadfge.  Und  wenn  gesa^  wird,  et  sei  nothwendig,  dus  der 
Leiter  der  kolonialen  Abtbalang  etoige  Jnlire  in  Atnk^  aein  nSsste,  nm  darüber 

reden  zu  können,  so  frage  er,  mfisste  nicht  mit  demselben  Reebt  der  Leiter  dee 
Auswärtigen  Amts  aus  eiiiener  Anschauung  die  Verhältnisse  der  ganzen  Krde  kennen 
lernen,  um  über  Din^^'o  eine  Kntschüessung  su  fassen,  die  im  Augenblick  wichtiger 
seien  als  die  deutschen  Kolonien? 

Der  Äbg.  Richter  erl[lirt,  dass  die  Rede  des  Staatss^cret&ra  Freiberm  von 
llanchall  auf  alle  mogUeben  Kolonialforderungen  gepasst  habe;  sie  sei  so  allgemein 
gewesen,  daas  sie  auch  für  eine  Forderung  Ton  hnndert  Millionen  geeignet  gewesen 
sei.  Kamerun  sei  als  jiiristische  Person  von  der  Kommission  nicht  anerkannt 
worden;  man  scheine  aber  auf  rinwc(;en  wieder  dahin  irelangon  zu  wollen.  I  tn 
das  zu  verhindern,  müsse  der  iieichsta^^  den  Etat  von  Kamerun  von  jetit  ab  in 
allen  aeinen  Einietbeiten  fsstaetsen.  JedenMb  aollte  er  kein  Paniebqiiantaffl  be- 
willigen, welches  ihm  vielleicht  auch  knnftige  Dnteriialtnngskosten  auferiegen  konnte. 
Wie  Terbalte  sich  ausserdem  diese  ganze  Forderung  zu  der  jährlichen  Bewilligung 
von  200000  tf.  xnr  wissenscbaftlicben  Erforschung  des  Hinterlandes  von  Kameruni' 
Alle  Küstenbauten,  welche  in  Aussicht  cenoimnen  seien,  um  das  Anlanden  der 
Schiffe  zu  erleichtern,  würden  ja  doch  nur  im  Interesse  der  \Voermatiu'?chen 
Dampfer  angelegt,  diese  Bauten  sollte  also  die  Firma  für  eigene  Rechnung  aus* 
fähren.  In  gans  Kamerun  mit  allem  Hinterland  wohnten  nur  88  deutsche  Rauf- 
leute, ünd  daneben  habe  das  Reich  einen  Apparat  von  nicht  weniger  als  80  deut- 
schen Regierungsbeamten  dort.  Er  müsse  der  Täuschung  ent^etrentreten,  als  ob 
Kamerun  sich  bisher  selbst  bcziihlt  gemacht  habe.  Schon  jet/t  beziehe  Kamerun 
Jahr  aus  .lahr  eiu  .'iOUuOr)  M.  Zuschuss  vom  Keich.  I'en  Zusammenhang  der  von 
den  beiden  Firmen  an  den  Reichskanzler  188J  gerichteten  Denkschrift  mit  der 
Torlage  zu  leugnen,  sei  ein  starkes  Stuck,  nachdem  ein  Tbeil  der  Denkeehrift  in 
der  «Hamburger  Börsenballe*  veroffeotlicbt  worden  sei.  Warum  theile  man  dem 
Reichstage  nicht  die  Denkschrift  in  extenso  mit?  Ks  handle  sich  thats&cblich  nur 
darum,  eine  ungünstige  Geschäftskonjunktur  in  I'almül  und  I'alinkernen  auf  Kosten 
des  ii^ichs  für  die  beiden  Firmen  /.u  verbe>iscrn.  l>a,H  gehe  unwiderleglii  h  ;tus  der 
Denkschrift  hervor.  Das  aber  neuue  der  Staatssekretär  Freiherr  von  Marschall  die 
Pflicht,  die  Wurde  des  Reichs  xn  wahren.  Das  Tertrsgsmissige  Recht  der  Duallas, 
in  ihren  HandelsTerblltoissen  gescbntst  su  werden,  nnterschitse  er  nicht,  aber  in 
der  Denkachrifl  heisse  es:  „Höber  als  die  Verträge  steht  doch  die  Pflicht,  durch 
unseren  Schats  solche  balbzivilisirte  Völker  nicht  nur  in  ihrem  Besitzstand  zu 
sichern,  sondern  sie  auch  zu  grösserer  Kultur  zu  bringen  *  Es  werde  das  an- 
erkannte Recht  also  dem  Kitlturinteresse  hintangesetzt.  Die  Duallas  dürfe  man 
nicht  80  schlecht  hinstellen,  nachdem  man  oft  gesagt  habe:  »Wenn  wir  Kolonial- 
politik machen,  so  landen  wir  an  einer  Käste,  tianen  Plantagen  und  achlagen  alles 
nieder,  waa  rieb  um  widersetzt"  Die  Duallas  wahrten  sich  nur  ihr  Monopol,  seien 
also  keine  schlechteren  Menschen  als  die,  welche  Kolooialpolitik  trieben.  Die  Frage 
betreffe  auch  nieht  nur  die  iMiallas.  Diese  wohnten  nur  im  Norden  der 
Küste,  die  Uälfle  der  geforderten  vSumincu  solle  alter  zur  Anlegung  von  Strassen 
im  Süden  des  Uiuterlandes  verwendet  wer  ien.  [dadurch  werde  nicht  nur  der  Weg 
TOn  der  Käste  nach  dem  Hinterlande  bequemer,  sondern  auch  nmgekehrt  Im  Bin- 
terlande  begegne  man  aber  schon  den  Sudannegem,  welche  vom  Niger  und  Benue 
her  mit  Gewehren  und  europäischen  Knltnrmitteln  versorgt  seien«  Daher  arimi  anch 


Die  KotonialpoHtik  in  Beiehrtage. 


185 


die  blutigen  Zusammenstösse  mit  den  deutschen  Expeditionen  erfolg  die  an  den 
Kästen  niemals  is^ewesen  seien.   In  dem  „Kolonialen  Jahrbuch"  von  Gustav  Meinecke, 
einem  Kolonialenthusiasteu«  der  ganz  auf  Seiteu  der  Rechteu  stehe  und  auch  in 
KoIonialTereinen  eine  grosse  Rolle  spiele,  heisse  es:  «Die  leichtere  BescfaaiTung  von 
FeuermffBii  und  Manitioii  seitens  der  nabanedaniscben  Sndonneger  bedeutet  eine 
niebt  SU  nnteisebltsende  OelUir  far  die  Sicberbeit  unserer  Faktoreien  an  der  Küste.** 
Die  Regierung  hoffSe  durch  bühere  Zolleinnabmen  in  Kamerun  nach  einer  Reibe 
▼on  Jahren  die  ausserorJetitlicht'  Aufwendun?  dt^okfri  zu  kömitMi.   Vom  1.  Juli  1889 
bis  I.Juli  1890   hal)e  Kamerun   t'\uc   Zolleiunahme   von  TJUiJOO  M.,   davon  allein 
für  Schnaps  113270  M.  und  für  tJewehre  und  Pulver  40368  M.  gehabt;  seien 
also  auf  Scbnaps,  Oewebre  und  Pulver  entfallen,  die  Hoffnung  der  Regierung  be> 
mbe  sonaeb  darauf«  dass  Sobnaps  und  Pulver  nocb  nebr  einbringen  würden  als 
bisher,  denn  was  Sonst  eingeführt  werde,  komme  wenig  in  Betracht.    Die  böberen 
Zolleinnahmen  könnten  durch  einen  höheren  Zollsatz  erreicht  werden;  Hagpfren 
könne  man  nichts  sat,'en.    Mau  l>eabsichtiixe  aber  durch  Ausilehnung  des  Absatzes 
auf  das  Hinterland  zu  höheren  Einnahmen  zu  gelangen.    Künne  man  aber  den 
Scbnapsbandel  und  den  Handel  mit  Gewebren  und  Pulver  niebt  weiter  in  das  Innere 
auadebnen,  so  sebeitere  die  ganse  Spekulation.   Die  Einfuhr  von  fiber  1  MUlion 
Liter  Sobnaps  sei  sehr  bedeutend.  Herr  Woermann  sage  zwar,  es  sei  nicht  Alkohol, 
sondern  nur  eine  Mischung  mit  40proz.  Alkohol.    Dann  blieben  also  700000  Liter. 
In  Deutschland  rechne  man  auf  den  Kopf  der  Bevölkerung  jübrlich  4V'j  Liter  Alkohol. 
Darnach  könne  man  also  mit  dieser  Schnapseinfubr  löOOOO  Kameruuer  an  den 
8ebnapsgeuu».ä  gewöhnen.   Das  beweise,  wie  reebt  der  Abg.  Stecker  habe,  wenn  er 
den  Branntwein  dort  gani  verbieten  wolle.  Der  Reiehslag  solle  sieb  nun  in  Unter« 
nebmungen  einlassen,  die  den  Scbnapsbandel  nocb  tiefer  in  Afrika  hineinbringen 
wollten.  Es  handle  sich  thatsäcblich  nur  um  eine  Unterstützung  des  ScbnapshandeU 
der  Firmen  Woermann  und  Jantzen  <fe  Thormählen,  da  diese  in  Kamerun  ein  Mono- 
pol hätten.    Der  Scbnapsbandel  wirke  am  meisten  der  Thätigkeit  der  Missionen 
entgegen.  In  Kamerun  sei  von  eigentlicher  Sklaverei  nocb  keine  Rede;  werde  aber 
durch  diese  Aufwendungen  der  Plantagenbau  erldcbtert,  so  werde  Haussklaverei 
eiogefohrt  werden.  Mit  «Uesen  Bewilligungen  gdie  man  auch  fiber  den  Rahmen  der 
Kolonialpolitik  hinaus.   Der  Staatssekretir  meine,  wenn  es  nach  den  Abg.  Dr. 
Bamberger  ginge,   würde  niemals  etwas  aus   Kamerun.    Was  Kamerun  bedeute, 
habe  es  schon  vor  der  lieutschen  Kulonialpolitik  bedeutet,  denn  diese  Firmen  luUten 
schon  zehn  Jahre  und  läuger  vurber  dort  dieselben  Geschäfte  gemacht,  liier  mische 
sidi  du  Reich  snm  ersten  Mal  mit  seinen  Mitlein  in  geadi&fdiehe  Fragni  ein, 
irtJirend  man  bisher  rieb  auf  die  Ausdbung  der  Hobeitsreebte  bescbriokt  habe, 
und  Fürst  Bismarck  selbst  diese  den  Firmen  habe  Überlaasen  wollen«  Man  beziehe 
sich  auf  die  Kolonialpolitik  anderer  Länder,  sogar  des  alten  Rom,  man  g-  he  eben 
uui  so  weiter  zurück,  als  man  aus  der  tiegenwart  die  Nützlichkeit  nicht  be.'rüiiden 
kuune.    Wenn  die  Kngländer  höhere  Aufwendungen  gemacht  hätten,  so  hätten  da- 
mals die  freien  Linder  nocb  einen  gani  anderen  Werth  gehabt  als  diese  Land- 
striche. Bevor  die  Bnglinder  eine  Flagge  bissen  Hessen,  erkundigten  sie  sidi  gans 
genau,  wer  den  Gouverneur  besolde.   Die  Bnglinder  wendeten  nach  einer  Aufstel- 
!un<:  der  kolonialfreundlichen   Münchener  „.Allgemeinen  Zeitung"*  jährlich  für  die 
Kolonieeu  nur  4',a  Millionen  Mark  auf,  also  nicht  viel  mehr  als  Deutschland.  Kug- 
land könne  sich  in  seiner  insularen  glücklieben  Lage  manches  erlauben,  was  für 
andere  Staaten  bedenklich  sei.  Das  Deutsche  Reich  habe  sdiim  in  Buropa  Scbwie- 


186 


Di«  KoUwialpoimk  im  Rmelwtac«. 


rivkeit.  n  e^nii?.  uro  zu  den  Schwiericrkeiten  in  Ost-Arika  and  Sädveat'Afrika  noch 
Schwierigkeili'ti  in  K.imerua  herbeizufnhr«'U. 

Der  Abj;.  liaiu berger  erwiderte  dfm  Herrn  Staatssekretär,  welcher  ibm  Tor- 
g«worfeB  batto,  dm  «r  ate  Feiad  von  Kolonitn  Mi,  «r  Mi  mir  «in  Feind  von 
seblMhloi  KolooicB,  wi«  von  alln  Mbleebten  Dingmi.  Ton  gvtmi  Koloaiaa  würde 
er  ein  Freund  Min.  Er  macbe  auch  den  beiden  Hamburg^er  Häusern  keinen  Vor- 
vtirf  (!arau<i,  wenn  sie  das  Reich  für  ihr  Interesse  in  Anspnicb  nähmen;  sie  thäten 
daran  tranz  Recht,  aber  Mine  Partei  tbäte  ganz  recht,  wenn  sie  im  Interesse  des 
Reichs  dagegen  anii&mpfe. 

StaaUMkretir  Freihtrr  t.  Martehmll:  Wir  Inlm  Ja  Mbon  tia»  ganM  Reihe  von 
Kolonialdebatteo  in  dieMm  Baiue  gehabt,  nnd  ich  erinnere  mich  dnnk^,  da«  die 
Beffirchtang,  m  konnton  dort  Leute  Fieber  bekmumen,  sie  konnten  todt^eschlagen, 
todt(;escbns8*'n  werden  oder  einen  anderen  Tod  erleiden,  von  Herrn  Hamberi;er 
auch  «chon  in  frühert-n  Zeiten  peilen  die  Koloiiialpoütik  ins  Feld  geführt  wurde, 
ich  glaubte,  da  alle  diese  Fragen  bereits  genugsam  beleuchtet  sind,  bei  der  jetzigen 
Oeicb&ftlage  des  Hauses  darauf  nicht  mehr  n&her  eingeben  zn  sollen*  Im  Uebrigen 
handelt  ee  sich  ja  gar  nicht  daran,  hier  Reden  tu  halten,  da»  Jemand  todt 
geMhlagen  werden  mII,  Madem  um  ein  gans  glattM  OeMbIfl,  dan  wir  ein  Anleben 
wünschen  goo^en  das  Versprechen,  M  ndt  Heller  nnd  Pfennig  zurückzuzahlen.  Ich 
wende  mich  schlieshlich  noch  tragen  eine  Remerktine  des  ITerm  Abgeordneten 
Richter,  der  mir  imputirte,  ich  hätte  es  als  Sai  lic  il.  r  Würde  dt-s  Deutschen  Reichs 
bezeichnet,  dass  man  diese  Vorlage  annehme.  Die.-er  Cieschmacklosigkeit  habe  ich 
mich  nicht  Bcbuldig  gemacht,  leb  werde  Niemandem,  der  gegen  dioM  Vorlage 
votirt,  vorwerfen,  dMi  er  damit  gegen  die  Würde  DeutMblanda  gefehlt  habe.  Ich 
habe  von  der  Würde  DentKhIande  geiproehen,  als  mir  auf  die  Fra<;e,  was  die 
Herren  wollten  in  Kamenin  ,  zugerufen  wiirde:  hinansaehon I  Tiid  da  habe  ich 
gesagt,  nein,  wir  wollen  nirht  hinausgehen,  das  ist  eine  Kraije  der  Würde  des 
Deutschen  Reichs,  dass  wir  da,  wo  wir  einmal  festen  Fuss  gefa^ät  haben,  auch 
bleiben,  nnd  dM  wiederhole  ich.  Und  die  Sadie  hat  doch  aneb  eine  poUtisdie 
Bedeatnng.  Wenn  wir  nach  der  Anleitnng  dM  Zwiaehenmfif  wirklich  ana  nnaeren 
Kolonien  heransgoben  sollten,  wenn  wir  dort  unsere  Zelte  a^brHchen,  unsere  Scbiffb 
verbrennen  und  unter  Führung  des  Herrn  Abgeordneten  Bamberger  stillrergnügt 
nach  Hause  zurückkehren  mit  dem  Zngeständniss  vor  aller  Welt:  wir  sind  zu  arm, 
wir  sind  zu  schwach,  wir  sind  zu  energielos,  um  ein  Werk  zu  vollenden,  was  wir 
begonnen  haben,  dann  wurde  ein  FaJttor  berihrt,  der  mA  Inr-  die  enropiiwbe 
Politik  von  groiMr  Bedentnng  iat,  ea  würde  abgeechwicbt  die  Ueberseogong,  die 
jetat  bei  anderen  Nationen  besteht,  dMs  in  Dentschland  ein  allcMit  fester  Wille 
nnd  auch  ein  starkes  Können  vorhanden  ist.  (Bravo!)*  —  Die  Yorlage  wurde 
sodann  der  Budgetkommiuion  überwiesen. 

Die  Lage  in  EamenuL 

Die  Rede  des  Herrn  Geb.  L«gations-RathM  Dr.  Kayser  in  der  Bni^t» 
kommisalon  katsto  nach  der  stenographischen  Aufiieichnnng  fblgendermassen: 

In  dem  Plenum  sin  1  v  u  regnerischer  Seite  die  DoallM  berangeiogen  worden, 
üeber  diese  möchte  ich  mich  mit  einigen  Worten  äussern 

In  den  Verträgen,  welche  von  Dr.  Nachtifal  hei  der  I  cbernahme  des  Schutzes 
den  Duallas  zugesichert  worden,  sind  folgende  Reserven  aufgestellt  worden: 
1.  RMbto  Dritter  sind  vorbehalten.  S.  Frühere  Freundscbafts-  nnd  Handelsvertrl|e 


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Die  Kolonblpolitik  im  ReiditUgt. 


187 


behalten  Gültigkeit  3.  Grund  und  Boden  der  Städte,  Dorfscbaften  und  ihr« 
Bewohner  verbleiben  deMselben.  4.  Die  Iläiiptliiige  behalten  ilirc  bisherigen  Abgaben. 
5.  In  der  ersten  Zeit  sollen  Sitten  und  Gebräuche  der  Eingeborenen  respektitt 
werden. 

Tod  «Iner  formliebMi  Kuttebemng  tbm  Monopols  dos  Ztrisehoiihaiidsls  ist 
Irdno  Kodo,  nur  thatsielilleh  hst  man  ilm  sii  Anfani?  gsdaldot.  Naeli  efneai  Briefs  des 

kaiserlichen  Gouverneurs  vom  16.  December  bat  derselbe  bezü(?lich  des  Ton  dsft 
Duallas  beanspruchten  Zwischenhandels  in  einem  Palaver  ihnen  eröffnet,  dass,  wenn 
ihnen  ein  Recht  zum  Zwischenhandel  auch  zustände,  sie  ihn  jedenfalls  nur  in  den 
Gegenden  betreiben  dürften,  in  denen  sie  ihn  bisher  betrieben  haben,  d.  b.  bis  zu 
dm  Wasssrfillai  und  StrooMchiiollen  des  Kamenm-Flusses,  etwa  30—40  englische 
SsesieilOD  von  der  Hnndung  weiter  hinein  in  das  Laad  könns  ein  jeder  srin  OIöcIe 
versnclien.  Diessn  Befehl  haben  sich  die  Doallas  irefigt,  Bnropier  sind  tief  in  das 
Innere  eingedrungen  und  haben  dort  Stationen  angelegt,  ohne  dass  08  sn  irgend- 
welcher Gewaltthat  gekommen  wäre. 

Ich  gehe  nun  zu  der  Darstellung  der  Verhältnisse  und  ihrer  Entwicklung  über. 

Zu  der  Zeit,  als  die  deutsche  ^^chutzberr8cbaft  über  Kamerun  erklärt  wurde, 
befanden  sich  daselbst  nur  Handelsolederlsssuugen,  weleho  iLre  Faktorsien  an  dem 
Meeresgestado  oder  in  der  Nlbe  des  Heeres  an  den  Dfsrn  des  Kamemn>Fliisses 
gegrandet  hatten.  Plaatagon  waren  nicht  vorbanden  und,  abgesehen  von  Viktoria, 
das  sich  wegen  seiner  ganzen  Anlage  in  der  Nähe  des  Kamerun-rJebirges  nicht  für 
den  Handelsverkehr  ei^'uet  und  wo  sich  eine  cii(,'lische  Mi-siims'joscli^chaft ,  die 
Baptisten-Mission,  niedergelassen  hatte,  waren  Mis^iouen  in  dem  eigeatlicben  Schutz- 
gebiete nicht  vorhanden.  Die  Handelsverbiltnisse  waren  dersrtig,  dass  die  Knstsn* 
boTölkemng,  die  DoallarNeger,  die  enroplisehen  Hindler  gegen  die  Zshlung  eines 
bestimmten  Tributeo  tum  Handel  ruliesscu,  aber  auch  andererseits  selbst  den 
Handel  zwischen  ihnen  und  den  Producenten  im  Innern  vermittelten. 

Mit  der  ErklärunL,'  der  deutschen  Schuf/herrsch  ift  hat  zwar  die  staatsrechtliche 
Stellung  der  Dualla-Neger  eine  Veränderung  erfahren,  der  üandel  aber  ist,  soweit 
es  nicbt  gelnngen  war,  dass  einxolno  Firmen  in  dem  Hintorlaode  Posto  fiMsen 
konnten,  im  wesentlichen  dersslbe  gelieben.  Im  Omnde  genommen  ist  es  ein 
Raubhandel.  Es  gelangt  aus  dem  Innern  an  die  Käste,  was  das  Innere  producirt, 
ohne  Rücksicht  darauf,  ob  auch  die  Sant  mit  der  Ernte  gleichen  Schritt  h&lt.  Bei 
der  Natur  der  Uandelsverhällnisse  und  bei  diesem  System  des  Kaubhandels,  welches 
ohne  Rücksicht  auf  den  Nachwuchs  kein  anderes  Interesse  hat,  als  das  Vorhandene 
gegen  europüacbe  Handelsartikel  einxntanschen,  ist  es  erklftrlieh,  dsss  der  Handel 
des  grSsslo  Interesse  dsran  hat,  ein  m5glidiBt  wtitss  Gebiet  rieh  nntxbar  ta 
machen,  ein  Gebiet,  welches  gross  genug  sein  mnss,  um  in  unerschöpflicher  Ffille 
seine  Güter  an  die  Käste  gelangen  fu  lassen.  Dieses  Gebiet  kann  sich  erst  dann 
verringern,  wenn  es  (relingt,  die  Einceboreneu  soweit  der  Arbeit  und  Kultur  zugängig 
zu  machen,  dass  sie  sich  selbst  Mühe  geben,  auf  eigenem  Grund  und  Boden  zu 
pflanseo,  tu  sien  und  zu  ernten. 

Um  der  eigenen  Sieheiheit  willen  haben  sich  die  Faktoreien  andi  in  der 
ersten  Zeit  des  deutschen  Protektorats  auf  die  Kistengetiete  besdirlnken  missen. 
Erst  als  mit  dem  letzteren  allm&hlich  das  Gefühl  einer  grösseren  Sicherheit  für 
Lehen  und  Eigenthum  entstanden  war,  hat  sich  der  Han<lel  allmählich  von  der  Küste 
in  das  Innere  auszudehnen  begonnen,  hat  erst  eine  llissionstbätigkeit  eintreten 
können. 


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188 


Die  Kolontalpolitik  im  Reielutag«. 


Gegenwärti}?  bestellen  12  Handelsfirmea  in  dem  Schutzgebiete  mit  19  über 
das   Land   zerstreuton   Faktoreien,   unter   diesen  3   deutsche   Handelsfirmen  mit 
9  Faktoreien.    Die  Deutschen  haben  begonnen,  auch  die  Plautagenwirthschaft  ein- 
zuführen.    Von  ihnen  sind  4  grosae  Plantagen  angelegt  in  Bimbia,  Bibundi, 
Dibnndtcba  und  B«t«ig«.  An  Stelle  der  in  Viktoria  enBieeig  geweeenen  emglieelmi 
Baptisten  ist  mit  Brweiternng  ibrer  Thitigkeit  die  Baieler  HissioasgeseUeeliaft 
getreten.    Seit  dem  vergangenen  Herbst  hat  die  katholische  Mission  der  Pallotiner 
unweit  der  ldia-Fä!le  am  Mbam-Flusse  ihre  segensreiche  Thätigkeit  besonnen.  Die 
Zahl  der  Europäer  ist  nach  der  letzten  ZähluiiLr  auf  137  gestiegen,  darunter  be- 
tiudeu  sich  73  Deutsche  gegenüber  23  Engländern,  und  unter  den  Deutschen 
81  Kaufleate,  ein  Beweis,  daas  der  deutsche  Binfloss  sich,  trotx  des  Uebergewichtes 
der  fremden  Firmen,  eiye  anateblaggebende  Stellang  zu  erringen  gewatet  hat.  Der 
AoilKbvQng,  den  die  Kolonie  genommen  hat,  spricht  sich  am  besten  darin  aas,  dass 
sie  sich  seit  dem  Jahre  1888  auf  eigenen  Füssen  hat  erhalten  können  und  das 
Reich  um  einen  Zuschuss  nicht  mehr  in  Anspruch  zu  nehmen  brauchte     Die  Ein- 
nahmen aus  den  Zöllen  zeigen  eine  fortdauernde  erhebliche  Steigerung.  Sie  betrugen 
im  Jahre  1888    ....    174859  M.  81  Pf. 
.     „     1889   ....   232781  .  38  . 
,     ,     1890  .      .  .  889007  ,  98  » 

Ich  möchte  aber  schon  bei  diesem  Anläse  darauf  hinw^en,  dass  dieser  Aaf- 
Schwung  der  Zolle  durchaus  kein  genügender  Beweis  dalfir  ist,  dass  der  Handel 
■ich  in  dem  gleichem  Umfange  erhalten  wird.  Ebenso  wenig  wie  man  bei  einem 
Ranb^>au8y^tem  eines  Forstes  auf  dauernde  Erträgnisse  des  Waldes  rechnen  kann, 
ebenso  wenig  wird  angenommen  werden  können,  dass  der  Ranbbandel,  wie  er  von 
den  Eingebomen  des  Kamerun- Gebietes  betrieben  wird,  dieselben  daaemdan  Erfolge, 
wie  bisher,  haben  wird.  Nichtsdestoweniger  wird  man  an  der  Tbatsaehe  feetbaltea 
müssen,  dass  der  Handel  in  Kamerun  von  Jahr  su  Jahr  su  grosseren  üeberschosten 
an  Zollen  geführt  hat. 

Fragt  man  sich  nun,  welche  dauernden  lu'stitutioneu  das  Reich  für  ila^  Schutx- 
gebiel  geschaffen  hat,  so  beschränken  sich  diese  auf  die  lOiurichtuug  eines  GouTer- 
nemeutji  mit  einer  lieamtenuibl,  wie  sie  auch  hätte  besteben  müssen,  weuu 
Kamerun  ein  fremdes  Gebiet  gewesen  wäre,  und  wir  bei  dem  Vorhandensein  dar  Um- 
lidien  dentsehsn  Interessen  ein  Konsulat  bitten  einrichten  mtssen,  sodann  auf  die 
Anwesenheit  eines  KrtegssehiflSas,  auf  nnan  Flnesdampfer,  welcher  bis  su  gewissen 
bescheidenen  Bntfemuugen  im  Stande  ist,  in  die  Flüsse  einsudiingen,  auf  eine  sehr 
mkssige  ßetonnung  des  Kamerun-Flusses  und  einige  wissenschaftliche  SzpeditOBea 
SUr  Erforschunff  der  zoologischen  und  botanischen  Natur  de.s  Landes. 

Es  würde  ungerecht  sein,  wenn  ich  nicht  hier  olTeu  kon^tatiren  wollte,  dass 
auch  die  deutseben  Firmen  dss  Ihrige  beigetragen  haben,  um  durch  grSssere  Szpe4i> 
lionen  in  dss  Innere  dem  Verkehr  neue  Gebiete  abiugewinnen.  Es  ist  seitens  der 
Finna  Jantxen  dt  Thormfthlen  in  Gemeinacbaft  mit  Firma  Woermann  eine  ExpeditioB 
in  den  südlichen  Tbeil  des  Schutsgebietes  den  Mbam-Fluss  entlang  unternommen. 
Es  bat  t-päter  die  erst^cdachte  Firma  eine  ähnliche  Expedition  gegen  Norden  be- 
gonnen un<l  (lieser  ist  im  wesentlichen  die  Atilegung  der  Uarombi-  und  der  Bali- 
Station  in  verdanken.  Beide  Firmen  haben  mit  erbeblichen  Opfern  Plantagen  mit 
Tabak  und  Cacao  angelegt  und  Versuche  mit  BamwoUenpflanzungen  begonnen,  deren 
Ergebnisse  einen  guten  Portgang  versprechen.  Erschwert  wurden  diese  Untere 
nehmungen  durch  die  Abneigung  der  Küsten>Neger  gegen  Feldarbeit,  und  ein 


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Die  Kolonialpolitik  im  Keicbstage. 


189 


wfditiger  Zweck  der  von  den  deutsehen  FinneD  in  das  Hinterland  unternommenen 
Bipedittoaen  bestand  darin,  dtis  Arbeitekrifts  gewonnen  wsrdsn  sollten,  die 
rieb  snm  Plstagonbau  oigaottn.  Wenn  man  gerecht  und  billig  denkt,  so  gelangt 

man  xu  der  Annahme,  dass  das,  was  ton  privater  Seite  für  üfTentlicbe  Zwecke 
hat  geschehen  können,  im  wesentlichen  von  den  deutschen  Firmen  in  Kamerun 
geschehen  ist.  Nunmehr  ist  aber  die  (irenze  erreii  ht.  Uns  Schutzgebiet  ist  in  ein 
Stadium  der  Entwicklung  eingetreten,  daüs  wir  entweder  durch  ein  weiteres  Vor- 
dringen, durch  Anlegung  und  Sicherung  von  Strussen  einen  weiteren  Fortschritt 
für  die  Znknnft  gewinnen  oder  xnseben  mnsson,  dsss  wir  in  nnserom  Hinterlands 
ym  anderen  Nationen  nberflfigalt  und  snrn<&g«drlngt  werden.  Bs  ist  nlebt  sn  sr- 
warten,  auch  nicht  an  vsriangen,  dass  die  einzelnen  Handolsblnscr,  insbesondere 
die  deutschen,  grössere  Veranstaltimpen  und  Hinrichtungen  auf  ei^'ene  Kosten 
treffen  soliten,  die  in  ihren  ErgebniNSi^n  nicht  ilinen  ausschliesslich,  sondern  der 
üesammtheit  nützen  würden.  Die  Anlegung  und  Sicherung  von  Verkehrstrassen, 
die  iosbesondere  nicht  nur  zur  Vermittlang  und  Hebung  des  Verkehrs,  sondern 
aneh  mm  Sehnts  von  Leben  nnd  Bigentbnm  dar  Missionen  nnd  Ansiedlnngm  aller 
Art  dienen  soUan,  hat  man  bisher  als  dna  Pflieht  des  Staates  nnfgeliMst  Ancb  in 
Deutaehland  legt  der  Staat  SU  diesem  Zwecke  Eisenbahnen,  Kanäle  und  Strassen 
an,  ohne  die  Fordcnin?  zu  stellen,  dass  die  Kaufleute,  deren  Handel  hierdurch 
mittelbar  geföniert  wird,  die  Kosten  allein  aufbringen.  Höchstens  werden  sie  durch 
Erhöhung  der  Steuern  mittelbar  zu  Beiträgen  herangezogen;  anders  sollte  man  auch 
in  unserm  Schutzgebiet  nicht  vorgehen.  Ich  kenne  die  VermögensTerh&ltnisse  der 
dentsehen  Finnen  in  Kamomn  nieht,  ich  glanbo  aber  nicht,  dass  sie  in  der  Lege 
sind,  1  Vs  Milliimen  fir  Zwseko  nufniwenden,  welche  nieht  ihrem  Handel  aosschliess- 
lich,  sondern  auch  Anderen  zugute  kämen,  dio  nichto  dafür  thnn,  nnd  welche  ins- 
besondere Staatszwecke  im  eijrentliclicm  Sinne  sind.  Wohl  aber  sind  sie  bereit, 
sich  zu  diesem  Behufe  höheren  Steuern,  Zöllen  umi  Auflagen  zu  unterwerfen. 
Dadurch  würJe  die  Kolonie  im  Stande  sein,  eine  Summe  aufzubringen,  welche, 
wenn  wir  den  Maassstab  der  Erfahrungen  dm  lotsten  Jahre  anlegen,  mehr  als  das 
Doppelte  deijenigen  Summe  botragon  wdrdo,  welche  in  dem  Naehtragsotat  als 
Absahlungsqnantnm  in  Ansaieht  genommen  ist.  Die  jibriiche  Verwendong  bloss  dieses 
erhöhten  Einnabmebetrages  wnrde  jedoch  nicht  genigen,  am  das  in  mreichen,  was 
uns  Tinththut.  Hierzu  bedarf  es  vielmehr  einer  grosseren  Summe  zu  einer  einmaligen 
Anlage,  dergestalt,  d.iss  diese  einmal  aufgewendeten  Kosten  aus  deu  Einkünften  des 
Schutzgebietes  allmählich  getil^'t  werden  können.  Das  Leitmotiv,  welches  in  allen 
Bndgotdobalton  des  Roicbstags  seit  der  Zeit,  da  Deutschland  in  eine  KolonialpoUtik 
eintrat,  vorberrsehto,  war  dies,  dsss  nnsoro  Sehnt^^^ioto  ihre  voräboigehonden  nnd 
dansmden  Bedfirfbisso  a»a  sieh  selbst  herauswirthsebaften  soUtsn.  Diese  Mitiro 
waren  auch  für  das  Bestreben  massgebend,  als  wir  die  Aufnahme  einer  Anleihe 
für  das  Schutzgebiet  geplant  haben.  I'ie  rechtlichen  Gesichtspunkte  will  ich  ausser 
Betracht  lassen,  da  zur  Zeit  ein  Anlass  nicht  vorlie^it,  und  hitr  nur  hervorheben, 
dass  nach  sehr  sorgfältigen  und  eiui^ehcuden  Berechnungen  und  Erwägungen  die 
Mdgliehkdt  eines  sptteren  Zuschusses  dss  Reichs  ffir  die  Kolonie  ausgeschlossen 
war.  Soweit  menaehUcho  Voranasicbt  reicht,  stand  nicht  tu  befürchten,  dass  einmal 
das  Roieh  bitte  genothigt  werden  können,  in  Folge  dieser  Anleihe  eine  Znschass 
zu  der  Verwaltung  des  Schntzgebietes  zu  bezahlen.  Ks  kann  nicht  geleugnet 
werden,  dass  die  Bedingungen  für  eine  solche  Anleihe  des  .SchutzgeV»ietes  haben 
hirtere  sein  müssen,  als  wenn  das  Reich  mit  seiner  Macht  und  seinem  Kredit  selbst 


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190 


Di«  Kolooialpolitik  im  Baidwtag«. 


auf  eigenen  Namen  dne  mlche  Anleihe  anfoimmt;  denn  für  die  geplante  Anleihe 
sollten  die  Gläubiger  wegen  ihrer  Forderungen  Ip<li!j!ich  auf  die  Kirikünfte  aas  dem 
Schutzgebiete  angewiesen  sein,  gerade  so  wie  dies  mit  Bozu^'  auf  die  Garantie  weftQ 
der  ostafrikaniscben  Zollaaleibe  der  Fall  ist.  Da*is  für  eine  solche  Anleihe  mehr 
ti»  3Vt  Procent  Zinsen  geseblt  werden  mÖMen,  ist  offenbar,  und  «ach  4u 
Diraktorinm  der  Bdcfasbank  hat  la  einem  erbetenen  Qntaditen  erldlrt,  den  sich 
nadi  Lage  des  Qeldniarktea  ediirailieh  beaaere  Bedingoagen  wirdea  errdebm 
laaaen.  Auch  müsste  man  erwägen,  dass  gerade  diejenigen  H&user«  «debe  die 
üebem&bme  der  Anleihe  vermitteln  sollten,  selbst  wieder  diejenigen  waren,  welche 
durch  Erhöhung  der  Zölle  die  Mittel  für  Veryniisung  und  Tilgung  der  Anleihe  auf- 
lubringen  hätten.  In  der  Uudgetkommiss  iun  war  jedoch  eine  weit  verbreitete 
Mefamng,  dass  das  Schutzgebiet  zu  billigeren  Bedingungen  das  benötbigte  Geld  wt 
Hälfe  dea  Reieba  eriangen  l^öonte,  nnd  die  verbindeten  Regierungm  beben  ga^aaht, 
dieeen  Aadentongen  folgen  su  aollen.  Der  voifelegte  Machtragaetat  ecbittal  «b 
einen  Toracbnae  ffir  daa  Schutzgebiet  dieselbe  SnooM,  die  ana  der  geplanten  Anleihe 
erworben  werden  sollte,  und  er  stellt  dieselbe  Summe  als  erste  AbaeUageodilaBf 
ein,  die  j&hrlich  zur  Verzinsung  und  Tilgung  nöthig  gewesen  wäre. 

Zunächst  handelt  es  sieb  um  die  Elerstellung  und  Sicherung  zweier  gTO-is«n 
Wege  im  Norden  und  Süden  des  Schutzgebietes.  Jm  Norden  steht  die  Ricfatung 
naeb  Adamann  und  weiter  hinauf  fast.  Im  Süden  eoll  die  Biditnng  aadi  enmrtw 
Brwigungen  nlfaer  beetimmt  werden,  da  ee  aieb  ob  Kribi  und  eine  eebiifs 
Linie  oder  der  Kampo  und  eine  gerade  Linie  der  Anagangapunkt  sein  sollen.  Ei 
handelt  sich  dabei  nicht  um  sogetianntc  Expeditionen,  denn  diese  haben,  sowie  <i« 
auf  ein  einzelnes  Ziel  gerichtet  sind,  vorzugsweise  auch  nur  eine  vorübenrenJe 
Wirkung.  Verträge,  die  von  solchen  Expeditionen  abgeschlossen  werden,  bäugeu, 
bezöglich  ihrer  Festigkeit,  mehr  oder  weniger  von  dem  guten  Willen  der  £ioge- 
borenen  eb  und  von  der  Anweaenbeit  fremden  Kinftnaaea.  Für  uaa  bandelt  es  ikh 
darum,  tum  Tbeü  auf  tebon  bekannten  Pfbden  und  naeb  bekannten  Oegeadce 
gangbare  Strassen  herzustellen ,  zu  erhalten  und  tu  aidiem.  Bs  ist  in  Afrika  eia» 
von  allen  Reisenden  bekundete  Erfahrung,  dass,  wenn  Strassen  eeschafTen  sind,  dif 
Eingeborenen  sie  auch  benutzen.  Dabei  kann  selbstverständlich  nicht  von  Land 
oder  Fabrstrassen  in  europäischem  Sinne  die  Hede  sein ;  es  handelt  sich  um  durcb- 
aubanende  Karawanenwege,  auf  welchen  Träger  ihre  Lasten  fortschaffen  liönafa. 
Sokbe  Wege  nfiaaen  aber  erfaaltan  weiden,  und  daan  ist  eine  daaemde  Thiligkcit 
enropüacher  Fährer  aad  ebie  «buerade  Mitwirkung  der  Bingeboranen,  wenn  aacb 
nur  in  bescheidenem  Maaaae,  nöthig.  Gleichzeitig  aber  mässen  diese  Wege  gesichen 
werden  Um  Eigeuthum  und  lieben  der  Karawanen  zu  schätzen  und  den  Aosied- 
lungen  der  Missionare  und  Kaufleute  Sicherheit  zu  gewähren,  ist  die  Anlefuiisr  ^c^' 
Stationen  in  bestimmten  Zwischenräumen  erforderlich,  die  mit  einer  kleinen  Hesauuiu; 
suverllasiger  Neger  aaler  Tielleicbt  aar  eiaem  weissen  Führer  dafär  Sorge  tragen,  dsM 
Bemobungea  uad  Diebetlhle  aicbt  stattfinden  uad  die  etamal  beigeriebtetea  Wtf* 
nicht  wieder  vemicbtet  werden.  Der  Unterhalt  dieeer  Stationeu,  die  eo  aagwieiWt 
werden  müssen,  dass  sie  sich  zum  überwiegenden  Theile  selbst  erhalten  können, 
kann  leicht  aus  den  laufenden  Mitteln  des  Schutzgebietes  liestritten  werden.  Nuf 
die  erste  Anlaijje  ist  ilie  kostspielige.  Diese  Kosten  würden  aus  dem  jährlichen 
Etat  nicht  zu  bestreiten  sein.  Bei  dem  Mangel  einer  Schutztruppe  sind  solche 
Stationen,  welcbe  aieb  mehr  und  mehr  in  das  Innere  vorschieben,  auf  die  Dmv 
niebt  an  entbehren.  Die  Kolonisation  durah  'Anlegung  aolcber  Stationen  iat  allh«r 


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Die  Koiouialpolitik  im  Reichstage. 


191 


Kebraeht  'So  haben  irbon  die  Römer  kokHiisirt,  eo  gehen  ueh  beute  die  Bnglin» 
der  vor,  nie  ja  s.  B.  bekannt  iat,  dau  die  Britiscb'Ostafrikaniaehe  Oeeelltcbaft  voa 
Uonbaaia  bereits  sieben  Stationen  in  das  Innere  ibres  Gebietes  vor(reschoben  hat; 
80  |;eben  wir  selbst  in  Ostafrika  vor.  Sind  wir  nicht  im  Rtandf,  auf  fesicherten 
Wejfen  solche  Stationen  auch  nach  Norden  und  Süden  des  Kamonm-liebietes  vorzu- 
schieben, dann  werden  wir  es  mit  unserer  Verantwortung  nicht  mehr  vereiubareu 
können,  wem  vir  mleiira,  daes  enropUidke  lUiA»are  und  Kaafleote  weiter  in 
du  Innere  Tordringen. 

Wer  die  eraten  Berichte  der  Pdlotiner  von  den  Indla*Piilen  geieaen  hat,  wird 
die  Schwierigkeiten  ihrer  aehntslosen  Lage  angesichts  der  frechen  Rlahereien  der 
Eingeborenen  mit  Bedanera  e*'kenoen.  Die  Schicicsile  der  letzten  ZintirrifT\rhen 
Expedition,  wie  sie  amtlich  bekannt  gegeben  sind,  lassen  deutlich  erlienneti, 
weichen  üefabreu  wir  das  Leben  der  Europäer  in  Kamerun  aussetzen,  wenn  wir 
aidit  eine  gewiaie  Kraft  daran  wagen,  die  Feindaeligkeit  der  Stämme  an  dnreh- 
brechen.  Hier  tritt  auch  die  grome  Frage  der  Sklaverei  in  den  yordergrnnd,  die 
nicht  hloaa  in  OitaMhn,  aondem  anch  in  Weetafrikn  ihre  Bedeutung  hat  Bei  den 
beschränkten  llittein,  die  uns  dabei  lur  Verfägung  ateben,  haben  wir  für  die  Ab- 
schaffung der  Sklaverei  in  Westafrika  so  gut  wie  gar  nichts  thun  können.  Wir 
haben  froh  sein  müssen,  dass  wir  selbst  in  Frieden  mit  den  Sklavenhaltern  haben 
leben  küunen.  Unsere  Aufjgabe  aber  muss  es  »ein,  auch  in  diesem  Gebiete  die 
Sklaverei  alfanihlidi  in  ihren  grant«miten  Zügen  in  veryehtM^  und  anch  dieaea 
wird  möglich  lein,  wenn  wir  nna  mit  einer  beecheidenea,  aber  beotimmten  Macht 
mehr  und  mehr  fat  dem  Gebiete  faitaetawi. 

Für  die  aSrdlicbe  und  södliebe  Ronte  ist  eine  Länge  von  etwa  300  Kilometer 
in  Aussicht  genommen.  Der  Weg  würde  in  rnüf^Iichst  einfacher  VVeise  herzustellen 
»ein,  da  später,  wenn  die  Stationen  eingerichtet  sind,  die  erforderlichen  Ver- 
besserungen durch  das  ätutiun.spersonal  hergestellt  werden.  Ein  Topograph  würde 
der  Banptkolonne  mit  einigen  geübten  Arbeitern  voraufiragehttt  haben,  um  die 
Tnce  tu  beatimmcD.  Ob  aich  dieae  Hauptkolonne  aus  etwa  100  Arbeitern  oder 
aus  der  doppelten  AniabI  auaammemuselaen  haben  wird,  das  hingt  im  weaent- 
licbcn  noch  von  weiteren  Erw&gunfen  ab,  die  erat  der  ausführende  Buropier  an 
Ort  und  Stelle  würde  vornehmen  können. 

Nach  einem  Alischnitt  von  itwa  GU  Kilometer  VVeps  würde  eine  Station  er- 
richtet werden,  auf  deren  iiau  etwa  50  Tage  zu  rechnen  sind.  Nimmt  man  iOO 
Arbiter  an,  so  wirde  man  60  Kllomfter  in  «Iwa  100  Tagen  beendigen  können. 
Ob  die  Hilfte  der  Frist  erfordeilicb  ist,  wenn  die  Ansahl  der  Arbeiter  rerdoppelt 
wird,  liest  sich,  wie  erwihnt,  von  hier  aua  nod  nnablikngig  von  den  obwaltenden 
Verhältnissen  nicht  bestimmen.  Die  Station  würde  unter  dio  Aufsicht  eines  weissen 
Leiters  nebst  einem  oder  zwei  Gehülfen  zu  stellen  sein,  weK  lnni  etwa  20  zuver- 
lässige Eingeborene  beizuget>en  sind,  die  eine  dreifache  Aufiialie  hahtMi.  Sie  haben 
einerseits  für  die  Anpflanzung  von  Reis,  ^ais.  Bananen  und  Yams  u.  s.  w.  zu 
ihrem  eigenm  Ontoihalt  tu  sorgen;  sie  lieben  sodann  far  die  Aufticht  der  Wege 
stt  eoigen  und  mit  Hölfe  der  benacbbaiten  Stimme  dieselben  aussubeaaem;  sie  haben 
endlich  anch  durch  Patrouillirung  in  entsprecheadar  Zeit  dafür  Sorge  su  tragen, 
dass  die  Wege  anch  die  nöthige  Sicherheit  für  Leben  und  Eigentham  der  An* 
»iedelungen  und  Karawanen  bieten:  und  das  wird  nur  möglich  sein,  wenn  den 
Stationsleitern  es  gelingt,  mit  <icn  eingeborneu  Stämmen  in  ein  freundsciiaft- 
liches  Verhältuiss  oder  sogar  in  ein  Bündniss  zu  treten.  Wie  Dr.  Zintgratl  berichtet. 


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192 


Die  Kolon^alpolitik  im  Rtiebttag«. 


sind  die  allernächsten  Stämme  zu  einem  solchen  Bändniss  mit  d<*n  Deotschen 
bereit,  ein  Theil  Ton  ilinen  hat  auch  bereits  den  Reweis  gegeben,  das<i  hereil 
siud,  Gut  und  Hlut  für  ihre  doiitsi'tien  Krotinde  zu  opfern,  und  es  ist,  >ow-  it  min 
von  einer  sicheren  iloifuung  reden  kann,  hier  eine  solche  vorbanden,  da:«s  die 
deataeban  B«bSitd«ii  im  Stande  lein  werden,  sich  aus  dieeen  Stimmen  eine  be- 
waiftiete  BnndeBgenoMenscbaft  su  bildoi,  nnd  dass  anf  dieee  Weise  Friede  md 
Sicberbeit  auch  in  dem  Binterlande  von  Kamenim  hergestellt  werden  wird.  Airf 
die  Vortheile  der  Stationen  in  wirthschaftlicher  Beziehung,  insofom  sie  ihre  Auf- 
merksamkeit durch  ein  eingehendes  Beobachten  auf  die  Hölfsquellen  des  Lande« 
dauernd  werden  richten  können,  auf  die  civiiisatorischen  Vortheile,  indem  dtirrh  *if 
den  Missionen  die  mögliche  Sicherheit  gegeben  wird,  ihre  segensreiche  Tbätigkeu 
vnnnterbrodien  nnd  bssebitst  fiben  an  können,  anf  die  poliiiaebco  Yeitbeile,  indem 
die  Stationen  einen  Ansiehnogspnnkt  Kr  die  Eingeborenen  bilden  und  sieh  naeb 
und  noch  zu  Verkehraeentren  entwickeln  worden,  brancbe  ieh  nicht  erat  hier  ein- 
sugohen. 

Eine  Berechnung,  wie  sie  an  der  Hand  der  bisherigen  Krfahnmcen  für  Expedi- 
tionen und  Weu'tnnachen  atiftrestellt  ist,  crL'iebt  für  die  nördliclie  Keule  eine  Atisi-nK- 
von  rund  350  000  Mark,  für  die  südliche  Uoute  ist  diesHi  Summe  um  50  0(X)  Mark  höher 
voranschlagt  worden,  weil  hier  grössere  Torraiaschwierigkeitoii  torliegen  sollen.  Dil 
andere  Htlfte  der  vom  Reiche  erbetenen  Summe  soll  sn  Anbgen  an  der  Kaste 
seihet  verwendet  werden. 

Der  Kamerum-Fluss,  dessen  Wasserstand  in  Folge  Ton  Ebb«  und  Flutb  um 
etwa  2  Meter  wechs.'lt,  wird  durch  flach  in  den  Strom  reichende  Ufer  mit  sandigem 
l'i.terpmnd  gegen  die  umgrenzenden  steil  abfaHeihleii  Höhen  eingefasst.  Auf  diesen 
innerhalb  des  Flutbgebietes  liegenden  Ufern  lageit  sich  der  Schlamm  ab  und  bindert 
einersoitSi  die  üfer  während  der  Sbbeaeit  für  den  Vorkehr  au  benutsen,  andrersdts 
entströmen  diesem  stets  abwechselnd  trockenen  und  feuchten  Schlamme  unter  den 
Binflnss  der  Troponsonne  ungesunde  Dünste,  welche  die  gefthrliehea  Fieber  er> 
sengen.  Es  ist  dessbalb  in  Aussicht  genommen  eine  Quai-Anlage  von  vorliofig 
750  Meter,  die  so  angelegt  werden  soll,  dass  die  Oberkante  etwa  1  Meter  über 
FUitlihöhe  liegt,  und  dass  vor  dcrsolhen  der  Roden  bi>  zur  Kbhehölie  abyfetragen 
wird,  um  hinter  derselben  als  Ausfüllung  zu  dieuen.  Der  d^uai  erhält  dadurch  ein« 
solebo  Tiefe,  dass  selbst  sur  Bbbeseit  das  Ufsr  nicht  gans  trodion  Ikuft,  wihrood 
hinter  dem  Quai  eine  vom  Strome  unboröhrto  gut  ansgeiroekneto  Verkehreatrasst 
geschaffen  wird,  die  sich  zur  Aufirtellung  von  Kr&hnen  eignet,  um  die  Waaron  aas 
den  Booten  in  die  Niederlassungen  zn  schaffen.  Die  Quai-Mauer  selbst  mass  in 
Eisenkonstniktion  ausgeführt  werden.  I)ie  Berechnung  eruiebt  etwa  400  Xk.  fir  ^ 
den  laufenden  Meter,  so  dass  die  (lesarnnilkosten  300 CXK)  Mark  betragen. 

Eine  Quai-Anlage  mit  solcher  Tiefe,  da.s8  Seeschiffe  direkt  an  derselben  an- 
lege« könnten,  wflrde  mit  ausserordentlichen  Schwierigkeiten  und  ganz  ungemeaaenea 
Kosten  verknöpft  sein,  andrerseits  ist  sur  Löschung  und  Beladung  der  Seeaeh^  | 
dringend  erforderlich,  eine  feste  Verbindung  mit  dem  Lande  lU  schaffen.  Die  bis* 
herige  Eut-  und  Befrachtung  erforderte  nicht  bloss  einen  grossen  Aufwand  von 
Mensrhenkräfteti,  die  nicht  immer  in  ueeitrneter  Weise  zu  haden  sin<l,  sondern 
briujjt  andrerseits  die  Waaren  in  grosse  Gefahr,  bcschruiigi  zu  «erden.  Es  »st 
desshalb  die  Anlage  einer  Landungsbrücke  in  Aussicht  genommen,  welche  sieh 
direkt  an  den  vorgenannten  Quai  anachliesst,  in  einer  Breite  von  8  Meter  und  ia 
einer  Linge  von  45  Meter  in  den  Strom  hinaus  gebaut  wird,  dort  sich  in  einem 


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Die  KoIonialpoUtik  in  Rdehstag». 


198 


Brückenkopf  von  10  Meter  Breite  und  40  Meter  Länge  erweitert,  so  dass  die  See- 
üchiiTe  direkt  dort  anlegen  können,  da  die  Tiefe  bei  Flutb  dort  6  bis  7  Meter  be- 
Mgt.  Die  Broeke  mit  den  erlMrderlicheii  KrUmen  iet  »vf  160  000  Hark  vemiaohlagt 
An  der  Knete  von  Kamemn  findet,  wie  an  der  Weetiinete  Ten  WettafHka  nber- 
Innpt,  eine  Eöstenfahrt  Ton  nicht  unbedeutendem  Umfange  statt.  Drei  Küstenfahr- 
zeuge, wie  der  „Mbonirwe"  von  der  Firma  Witt  Bilsch,  lior  .('laiser'*  von  der 
Firma  gleichen  Namens,  der  „Elobi'"  von  der  Firuui  Woermanu,  sind  in  fortwäh- 
render Bewegung.  Auch  die  Regierung  hat  verschiedene  iiegierungsfabrzeuge,  die 
«Naebtigal",  Dampf  beikaaien,  die  la  kleinen  Fahrten  in  die  Flfine  venrandet 
«erden  mfiaaen,  endlich  kooraien  noch  die  Statienire  der  kaiserliehen  Harine  hi 
Betracht.  Zu  Reparaturen  für  die  nn  der  Küste  von  Kamerun  verkehrenden  Dampf* 
im«!  Sopcl-ichifTe  fehlt  es  an  jeder  Möglichkeit.  Auch  in  der  N&he,  in  anderen, 
nichtdeutschen  ilfifen,  ist  die  Möglichkeit  einer  Reparatur  au.sgeschlossen,  und  unsere 
Marine  ist  genüthigt,  zu  solchem  Zwecke  bis  nach  Kapstadt  zu  fahren.  Es  ist 
effenbar,  dam  dadnreh  nicht  blose  fir  die  betheiligten  Rheder,  eondem  inebesondere 
auch  fir  die  Regierung  selbst  erhebliehe  Keeten  entstehen ,  denn  es  bleibt  nichts 
fibri^,  als  bei  Baußlligkeit  das  Schiff  so  lange  zu  benutzen,  bis  es  gänzlich  nn- 
tauglich  ist.  Und  schon  jetzt  ist  die  Käste  des  Meeres,  bezw.  sind  die  Ufer  des 
Kamerun-Flusses  mit  Wrarks  von  Schiffen  geradezu  besäet.  Schon  seit  Jahren 
dringen  die  Marine  wie  das  kaiserliche  Gouvernement  auf  die  Anlage  eines  Slip, 
das  in  einer  Länge  von  etwa  40  Meter  gebaat  wird,  um  die  dort  stationirten  Schiffe 
in  gntera  Znstande  sn  erhalten.  Nach  den  ▼oi|;enommenen  Untersndrangen  wflide  dn 
soldMM  Slip  mit  90000  Mark  hemstellen  sein,  und  die  Kosten  wurden  sich  nicht  bloss 
in  den  Ersparnissen  der  Regierung,  sondern  auch  in  der  Erhebung  von  Abgaben  der  be- 
tbeiligten  Rheder  bezahlt  machen.  Dasselbe  gilt  auch  in.«!ofem  von  den  Qttai -An- 
lagen und  der  [..andungsbrücke  mit  Krähnen,  als  dafür  Brücken-  und  Krahnengclder 
erhoben  werden  können.  Das  Gleiche  gilt  übrigens  auch  von  den  Wegegeldern, 
sobald  ordentliche  Wege  hergestellt  werden. 

Nur  nebenher  möchte  ich  enriUinen,  Ton  wie  grossem  RinfinsB  auf  die  Hebung 
der  sittlichen  Stufe  der  Eingeborenen  e.s  sein  wird,  wenn  solche  bei  der  Herstellung 
dieser  Arbeiten  verwendet  un'l  in  ilt-n  M;i.srhinenwerkstätten  ausgebildet  werden 
können  Bi<hor  ha*ien  einzelne  Beamte  auf  ihre  Kosten  gelehrige  Neger  nach 
Deutschland  geschickt  und  sie  hier  in  einzelnen  Handwerken  unterrichten  lassen. 
Bei  Einxelnen  sind  sehr  gute  Erfolge  ersielt  worden,  aber  in  Ermangelung  der 
nSthigen  Binrichtongen  ist  die  Wirkung  siif  die  Allgemeinheit  doch  nur  sine 
geringe  gewesen. 

Allo  i]l>'<('  Anstalten,  die  wir  mit  dem  VorschusKc  des  Reiches  planen,  sind 
dauernde  und  produktive.  .Sie  werden  «ia^  Land  mehr  und  mehr  erschliessen,  unsern 
Handel  und  Verkehr  weiter  ausdehnen,  neue  lluils^uellen  erutTneu  und  damit  auch 
die  Binnahmen  des  Sehutigeyetss  vergrössem,  sie  wwden  aber  aneh  im  eiuebim 
QeflUIe  abwerfsn;  wir  werden  Wege-,  Quai-  und  Krahn-Qebnhren  erheben,  und  es 
wird  endlich  die  Abtragung  des  Voracbusses  dadurch  gesichert,  dass  eine  Ver- 
doppelung der  Zölle  eintritt,  wie  bereits  erwähnt  ist.  Diese  Erhöhung  der  Zölle 
winl  aVter  im  wesentli'ticn  ilie  Spirituosen,  Waffen  uu'l  Munition  treffen,  und  wir 
werden  mit  den  dafür  te>tge!>ctzten  Gebühren  weit  über  das  Maass  hinausgehen, 
welches  die  Brüsseler  Kongressakte  als  den  Nonnalsatz  feststellt.  Damit  wird  auch 
denjenigen  Wfinschen  Rechnung  getragen  werden  können,  welche  wiederholt  anf  eine 
grSssere  Belastung  des  Spiritnosenhandds  gerichtet  sind. 

XoloeialM  Jahrbaeli  t89L  |3 


I 


194  Die  Kolonuüpolitik  im  RttidMtag«. 

leb  habe  Dur  uocb  wenige  Worte  beizufügen.  Ich  möchte  aicbt  unterlufen, 
einen  Bericht  dtt  kaiterUehen  OoaTeraeim  vom  4.  Febrntr  1891  vu  IbmütSm  4» 
Kommiiiioii  su  bringet  in  welchem  raf  die  bcdenkUehen  Zoetinde  dar  fik- 
senge  —  bedenklieh  «neh  ffir  die  Sicherheit  im  Sehntsgebiete,  dae  Lehm 

Eigenthtim  unserer  Landslente,  sowie  anderer  Europäer  —  hingewiesen  wird,  b 
wird  die  Nothwendipkeit  der  von  uns  beantrafrfen  Bauten  );ereehtfmigt  und  namenl- 
lieh  bemerklich  ^.'omacht,  wie  lohnend  sie  auch  in  ihren  Erträgnissen  sein  werdea- 
Zum  Schluss  noch  ein  Wort  über  die  Sklaverei.  Das»  wir  derselben  aucb  ii 
Weetafrika  entgegentreten  mässeu,  ergiebt  sich  schon  ans  der  Brnseeler  EimiMmi- 
akte.  Unaere  Fordeniag  wegen  Anlage  von  Wegen  nnd  StationaB  iat  niehta  Awhni 
ala  eine  tbailweiae  ErfnIInng  der  in  der  Akte  flbemommeikea  VerpAicUoif» 
Gerade  die  Anlage  von  Wegen  in  das  Innere  und  die  Errichtung  Ton  Station« 
wird  in  der  Akte  als  wirkvames  Mittel  7,ur  Bekämpfung  des  Sklavenhandel  \'t- 
/.eichnet.  Man  hat  der  Regierunt:  voruewurfen,  dass  sie  ihre  Forderunp  für  Kamenia 
auf  eine  Denkschrift  der  Uerren  Jautzen  und  Thormählen  stütze.  Wie  im  Pleaua, 
so  kann  ich  auch  hier  aar  förmlich  wiederholen,  daaa  dieae  Behauptung  nickt » 
trill.  Jene  Denkachrift  bringt  lediglieh  die  Interanan  der  Handdahinaer  mU  9m 
mehr  oder  minder  berecbt|gl«B  Bgoiamna  mr  Sradieinmif  .  TU»  fiegiaung  bat  tM0r 
Terstindlich  auch  diese  Denkschrift  studirt,  aber  sie  bat  sich  ihre  Auaföhrungen  ov 
soweit  anj^eeignet,  als  sie  sachlicher  Natur  waren  und  mit  den  allgemeinen  Intere$Ki 
des  S«  hutzgebietes,  den  materiellen  kolonial-politischen  und  den  ideellen  Zieles, 
welche  wir  verfolgen,  übereinstimmten. 

Zweite  Berathimg  des  Naohtragsetate. 

üeber  die  eztraordinire  Forderaag  von  1 425000  Kark  fnr  Kameraa  bericMili 

Abg.  Prinz  Arenberg.  I>ie  Kommission  empfiehlt  die  Bewilligung  der  Forderunf; 
die  Anträge  auf  Vrrworftmg  oder  Abmindemng  der  Forderung  aind  mit  äb«vwiego- 

der  Mehrheit  abgelelint  wurden. 

Abg.  HauHsmann  entwickelt  sein  Bedenken  gegen  die  Einrichtung  von  äcbuu- 
truppen  und  Stationen  für  Karawanenstrasaen  auf  Reichskosten,  eine  gaaa 
Binriehtung,  der  gegenüber  nun  giundaltdich  Bedenken  haben  muaae.  Ea  achiiii 
ihm  auch  der  /Msf  ^ermoiMM  nicht  tu  entqtrechen,  daaa  maa  des DuaUaa  anrdM- 
wegen  den  Zwischenhanddl  unter  Verletzung  der  mit  ihnen  abgescUoiaeoen  V<r 
träge  gewaltsam  nfhme.  weil  sie  zu  viel  verdienten.  Wie  denke  man  sich  tihtr- 
haupt  in  der  Kichtung  der  K.irawarienstrassen  nach  Norden  die  Souveränetäl  dfc 
Deutschen  Reiches?  Habe  dort  das  Deutsche  Reich  die  Souveränelät,  und  tronsf  i 
gründe  sie  sich?  Bs  sei  nicht  der  Nachweis  erbracht,  dasa  daa  Reich  aothwendil 
ffir  die  fiaaoiiellen  Opfsr  eintreten  miese,  die  hier  gefördert  wurden.  Die  Kok« 
Bsit  der  Flinte  aber  solle  man  in  diese  Regionen  aieht  hineiatiagmi.  Wie  d«r  Bf 
kimpfnng  der  Sklaverei  damit  gedient  aein  solle,  dass  man  alle  60  km  weit  eine 
Station  mit  20  Negern  und  zwei  Weissen  errichte,  ^ei  ihm  nicht  klar.  So 
Deutschland  ausserdem  aut  diesem  Gebiete  noch  viel  gut  zu  macheu  habe,  schein« 
es  ihm  einfach  eine  Verschwendung,  diese  Summe  auch  unter  der  Firma  der  B^ 
k&mpfung  der  Sklaverei  in  Afrika  hinzugeben. 

Geheimer  Legations-Rath  Dr.  Kays  er  erwidert,  daaa  dort,  wo  die  RegiM 
Stationen  tu  errichtra  beabsichtige  und  Besatxungen  hinlegen  wolle,  dfo  Deutseh« 
unbestritten  die  Herren  seien  und  Niemand  drein  xu  reden  habe.  Die  Beoerknsf 
besüglich  der  DoaUas  habe  er  neulich  achon  ala  ungerechtfertigt  luiuekgewicMe- 


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Die  KoloDialpolitik  im  Reichstage. 


195 


Die  Miflsioncs  bsidar  KonlessioDeii  Mko  der  Rcgiemng  ffir  ihr  Voisebeix  eebr 
denkbar. 

Dr.  Barth  beschränkt  sich  darauf,  den  Theil  der  Forderung  lu  beleuchten, 
welcher  sich  auf  die  Herstelluijg  und  Sichcniiiu'  der  Verkehrswejje  des  Innern  be- 
ziehe. Seine  Partei  habe  stets  vor  dem  weiteren  Eingeben  auf  kolouialpoiilische 
Projekte  gewarat  uod  die  MitveimntworUicbkeit  für  das  Risiko  ebgelebni.  Jetzt  stelle 
nea  die  Sehaiaiif  tob  VerkebrawegMi  int  bmere  alt  Kein  nebeniidilleh  dar,  aber 
thataldilieh  »erde  dadureh  der  Rabmen  der  KeleiiiaipoBtfk  i»  Weat^AMka  niid 
überhaupt  jeder  Rabmen  der  enrop&iscben  KoIonialpoHtik  überhaupt  verlassen.  Daa 
Handelsmonopol  der  Duallas  bestehe  seit  einigen  Hunderten  von  Jahren,  kein  euro- 
päischer Staat  habe  es  bis  jetzt  zu  durchbrechen  gesucht.  I)ie  jetzt  beabsichtigte 
Durchbrechung  bedeute  Krieg  oder  Ausrottuuff  gegeu  die  Duallas.  Das  müsse  mit 
darren  Worten  ausgesproeben  weiden,  die  Dnalha  bitten  gar  keine  andere  Moglicb- 
keit  der  Emlbnag,  ala  den  TanaebbandeL  Die  ganae  Bxiatont  dieeer  Ncgenrolker 
beruhe  auf  dem  Durchfubriiaade].  Sie  würden  sich  natürlich  nicht  ohne  Weiteres 
diesen  Handel  nehmeii  lassen,  wenn  die  Deutschen  auch  mit  Pulver  und  Blei  in 
genügender  Menge  da/u  im  Stande  snien.  Dieser  ganze  Kntwickelungsprozess  könne 
nur  unter  Strömen  von  Blut  sich  vollziehen.  Einerseits  zeige  mun  sich  so  ausser- 
ordenlUcb  boniht,  ein  paar  Neger  zum  CbristamtbnD  zu  enieben,  und  aebe  anderei^ 
eeite  ieicbtbin  der  ETontualit&t  entgegen,  Taoaende  von  Negern  vmbrlngen  tn  laaaen. 
Ihm  scheine  die  Frage,  ob  Palmkeme  und  Palmöl  etwas  billiger  an  die  Küste 
kümen,  nicht  so  viel  wertb,  um  die  Würde  des  deutschen  Namens  durch  einen 
solchen  unmenschlichen  Ausrottungskrieg  aufs  Spiel  zu  setzen.  Den  Missionen 
könne  man  durch  die  Stationen  nicht  viel  nützen,  aber  was  richte  man  für  Unheil 
an,  wenn  man  dieses  Handelsmonopol  mit  Gewalt  durchbreche?  Er  halte  dieeea 
Auidelamonqiol  auch  ffir  Terwerfflich,  aber  etwaa  anderes  aei  es  doeb,  za  seiner  Be- 
aeitignng  einen  Ausrottungskrieg  zu  unteraebmen.  Dass  das  Reich  dadurch  zu  den 
aebweraten  Verwickelungen  kommen  werde,  darüber  seien  sich  auch  die  Herren 
Jantzen  und  Thormählen  klar.  Seine  Partei  werde  {unter  diesen  Umständen 
diese  Forderung  ablehnen. 

Geheimer  Legations-Rath  Dr.  Kayser:  Wenn  man  anerkennen  wolle,  dass 
diese  Nigger  ein  woblerworbenea  Recht  anf  den  DnreUnhrbandel  bitten,  dann  mfiaae 
uuk  oberbanpt  auf  die  Kultivining  und  Ci? iliairung  jener  Gegenden  venicbten. 
Bs  sei  in  der  Kommission  ansfübrlich  nachgewiesen  worden,  dass  die  Dnaltos  nur 
ein  Raubsystera  befolgten  und  keinerlei  Rechte  irelten  i  mai  hen  könnten. 

Abg.  Dr.  von  Har  bemängelt,  dass  ilie  vnn  ilein  Altir.  llaussmann  gtstellle 
Frage  wegen  der  Souveräuetut  des  Reichs  nicht  genügend  beantwortet  worden  sei. 
Wenn  auch  die  Stati<men  innerludb  der  deutaeben  Intereeaentpblre  l&gen,  so  bebe 
Deutaebland  noch  keinen  recbtiiehen  Titel  zum  Besitz  dieser  betreffenden  Orte. 

(leheimcr  Legations-Rath  Dr.  Kayaer:  Der  Abg.  Dr.  von  Bar  sei  ein  Me 
zu  bedeutender  Recbtslehrer,  um  nicht  zu  wissen,  dass  die  Rechtsbegriflc  in  West- 
Afrika  anderer  seien  als  liier.   (iirns>>e  Heiterkeit  links.;    I)ie  Verträge,  welche  1885 
Nachtigal  Namens  des  Kai.sers  mit  den  Dualiu»  abgescblos»en  habe,  hinderten 
die  Regierung  gar  nicht,  wie  er  (Redner)  schon  in  der  Kommission  ausgeführt  habe. 

Abg.  Dr.  Hamm  ach  er  (natl.):  Der  Zweck  der  Anlegung  der  Wege  ist,  den 
Dnrchfabrbandel  dnreh  das  Gebiet  der  Duallas  zu  ermögiiehen.  Das  beiast  doeb 
nicht  die  Duallas  vergewaltigen!  Das  steht  doch  nicht  im  Widersprufh  mit  den  ab> 
geschlossenen  Vertrkgen.   Der  Handel  von  Kamerun  bestand  bia  zum  amerikani- 


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196 


Die  Xolonkipolitik  im  Beiclistag«. 


•dien  Sezessionskriege  nur  im  Sklavenhandel.  Von  einem  leiritimen  Handel  war 
nicht  die  Rode,  und  daher  kann  Flcrr  I>r.  Barth  doch  nicht  von  dem  jahrhunderte- 
langen Hantielsimonopol  der  Dualias  sprechen.  Ich  wei.ss  nicht,  wie  man  die  hier 
iu  Aussicht  genommenen  Msssregeln  als  den  Anfang  eines  Veroicbtungskrieges 
gegen  die  Dnalbs  beteickaea  kaan.  Bs  baadelt  ticb  Uer  io  ertter  Liaie  am  die  «Irtt- 
sehafkUehe  Heboaf  einer  dentadiea  Koloaiei  die  sedaaa  anch  la  einer  wirksamen 
Bektopfong  der  Sklaverei  fübiMl  wiiti,  aad  die  Dnallas  werden  genöthiprt  werden, 
sich  einem  lepitimen  Handel  zuzuwenden,  so  dass  die  kulturelle  Wirkung  ier  Vor- 
lage gar  nicht  zweifeüiaft  sein  kann.  Es  ist  nicht  richtig,  dass  hit^r  nur  die  HandeU- 
interessen  rweier  Hamburger  Exportfirmen  gefördert  werden  moIIcu;  e«  wird  biet 
ein  Feld  der  TUMgkeit  andi  fnr  aadere  Firawa  erSfiiet,  aad  ich  tweifle  aickti  daas 
im  Laufe  der  Jahre  Dnteeade  nnd  Hnaderte  «oa  Firmen  eiae  gedeihUehe  Thitig^ 
keit  dort  entfalten  worden:  Kamenm  wird  allroählig  eine  &hn1iche  Entwi^elnag 
aehmea»  wie  sie  viele  holländische  Kolonien  gehabt  haben.  (Beifall^ 

Abg.  Dr.  Barth:  .L)er  tranze  Handel  Kamenin-i  ist  in  den  Händen  der 
Daallaj)',  so  sei  würtiich  in  der  oft  erwähnten  Denkschrift  der  beiden  interessirten 
Firmen  tn  lesen,  welche,  wie  doch  nicht  geleugnet  werden  köaaei  beetimmeod  mtf 
die  Geslaltnag  der  Vorlage  eingewirkt  habe.  Gebe  man  jetit  gegen  dieoea  Handela- 
aioDopoI  Tor,  so  müsse  maa  in  ernsthaften  Konflikt  mit  den  Dnallas  kommen.  Ein 
emsthafter  Kampf  sei  unTermeidlicb,  sie  würden  niedergeschlaeen  werden,  und  dann 
werde  man  die  Kultur  zu  Wege  gebracht  haben,  Ton  der  der  Abg.  Dr.  Hammacber 
so  viel  Redens  mache. 

Abg.  Dr.  von  Bar  bleibt  dabei  stehen,  daas  es  doi  Oentschen  Reichs  Pflicht 
sei,  aach  dieaea  Völkera  gegeafiber  dea  Staadpvakt  des  Hechts  eialgermaasea  sa 
respektirea. 

Die  Forderung  wird  darauf  bewilligt. 

Dritte  Berathung  des  Naclitragsetats. 

In  der  Sitzung  am  9.  sprach  bei  der  Forderung  für  Kamerun  Abg.  Bam- 
berger seine  Befriedigung  darüber  atis,  dass  gestern  Abend  aach  eia  grosser  TM\ 
dea  ZeatruBis  gegea  diese  neue  Forderung  für  unsere  kolonialmi  Projekte  gestimmt 
haii  es  sei  erfreulich,  dass  diesem  Theil  des  Zentrums  der  rein  geschlftÜche  Cba- 

rakter  der  neu  geplanten  Unternehmungen  nicht  genügt  hat,  um  Reichsmittel  in 
so  erheblicbim  rmfani:«-  Privatleuten  zur  Verfügung  zu  stellen.  l»if  Aii'^ftihrungen 
des  Ab;;,  ilammacher  und  des  (.ieheimraths  Kayser  über  den  \Vfrtb  der  neuen 
Bewilligungen  fir  das  gemeine  deutsche  Wesen  bitten  also  auf  den  Reichstag  nicht 
den  erwarteten  Bindmek  gemacht  Sedner  dankt  der  Regleruag,  daas  sie  eiae  eo 
missigc  Forderung  gestellt  habe,  denn  bei  der  Stimmuag  des  Reidistags  bitte  sie 
auch  11  Millionen  statt  14-25  000  Mk.  bewilh^jt  erbaltea;  es  seien  also  immerhin 
noch  13  Millionen  gespart  worden.  'Heiterkeit.} 

Abg.  Graf  Ballestrem  (.Z.)  konstatirt,  dass  in  der  Vorbesprechung  des  Zen- 
trums ohae  jedea  Widerspruch  festgestellt  worden  ist,  dass  daaselbe  für  die  Forde- 
rung eintreten  wurde. 

Abg.  Bamberger  bleibt  dabei,  diese  seine  Behauptung  werde  nicht  blos  dareh 
seine  eigenen  Wahrnetimungen,  sondern  auch  durch  die  Berichte  der  Zeitungen 
uiiterotritzt  werden.  Nai  h  den  Mittheilunsen  de>  (irafen  Ballestrem  könne  er  nur 
glauben,  dass  der  betreffende  erhebliche  Theil  des  Zentrums  gestern  Abend  durch 
die  wenn  aueh  aar  kuiae  Debi^  eimsa  Bessern  belehrt  wordm  ist 


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Die  KolonialpoUtik  im  Reicb&tage. 


197 


In  dar  Abttimmniig  wird  die  Fonlenuig  bevilligti  die  anweMiiden  Mitglieder 
4iee  Zentnimt  etiiDiDeii  mit  einziger  Auenahme  des  Abg.  Hng  defir. 


Die  verschiedenen  Anspielungen  auf  die  Kolouial-Tbätiglieit  des  Fürateu  Bis- 
marck riefen  in  den  Hamburger  Nacbricbten,  welche  augenseheiolicb  Ton  Friedricbs- 
mh  ans  insptrlrt  «uideoi  meiurfiicbe  Bntgegnongen  hervor.  In  einem  Artikel  wurde 
die  Mittheilnng  CapriTi'a,  vom  5.  Februar,  dam  Fürst  Bismarek  nimlicli  in 

einer  SJar^inaluotiz  geschrieben  habe  ^ England  ist  für  uns  wichtiger  wie  Sansibar 
und  Ostafrika"  (»iclie  Seite  14»)^  mit  der  Behauptuuij  zurückgewiesen,  das» 
eine  Situation,  in  welcher  Deutsohland  etwa  zwischen  dem  Bruche  mit  l\nglaiid 
oder  dem  Verzichte  auf  Kolonien  bätteu  wählen  müiiseu,  im  Jahre  IS'JO  nicht  vor- 
lag. Der  Schlnss  mehrwer  Zeitungen  sei  sehr  gewagt,  daas  nlmlidi  der  frühere 
Reichskanzler  sich  bereits  mit  der  Abriebt  getragen  habe,  die  Sphlre  unserer  Wirk- 
samkeit in  Afrika  soweit  einzaschränken,  wie  dies  heute  der  Fall  sei.  ,Herr  von 
Oaprivi  reditfertiVt  den  Vertrat'  auch  in  der  Hauptsache  nicht  als  ein  Zwangfs- 
ert^ebniNS  der  ütiertintniiieneu  (.ie.schüftslage,  .suiulerii  als  ein  Abliommen,  welches 
sich  vermöge  der  \\>rtheile,  die  es  Deutschland  gewährt,  äacblich  empfohlen  habe. 
Der  Inhalt  seiner  Bede  vertritt  den  Absehhtss  objektiv,  als  einen  for  das  Reich 
nntsliehen  und  verdienstlichen.  Die  AuifMsnng  wird  allerdings  abgesehwftcht  durch 
den  Versuch,  einen  Theil  der  VmntwortKchkeit  für  den  Abschluss  auf  seinen  Vor- 
gänger irn  Amte  zu  übertragen  und  demselben  einen  Antheil  au  dem  Verdienste 
des  Vertra;^'>ahscli!iiss  zuzuweisen,  einen  Autheil,  welelieu  Kürst  Bismarck  nie- 
mals für  sich  in  Anspruch  genommen  hat.  Wir  dürfen  vielmehr  nach  Veröffent- 
lichungen vm  Interviewern  aus  dem  vorigen  Jahrs  annehmen,  dass  der  frühere 
Kanzler  ausdräeklieb  gesagt  hat,  er  würde,  wenn  er  noch  im  Amte  gewesen  wire, 
zu  dem  Abschlüsse  über  Sansibar  nicht  gerathen  haben.  Br  1^,  wie  auch  aus 
dem  Inhalt  seiner  von  seinem  Nachfolger  veröffentlichton  vertraulichen  Marginalien 
hervorgeht,  hohen  Werth  auf  die  rcbereiiistimmung  mit  England,  <;cncrell  sowohl 
als  auch  in  Ost-Afrika,  wir  vermuthen  aber,  dass  er  an  volle  Gegenseitigkeit  dieser 
Wertbscbätzung  bei  Lord  Salisbury  stets  geglaubt  hat,  aber  nicht  an  das  Bedürf- 
niss  und  noch  weiuger  an  die  Nothwendigkeit,  die  Fortdauer  der  englischen  Freund- 
schaft durch  das  frsgliche  Abkommen  zu  sichern;  er  hatte  an  der  Festigkeit  diMor 
Freundschaft,  so  lauge  Sal  isbury  Im  Amte  ist,  ans  allgemeinen  politischen  Gründen 
überhaupt  keinen  Zweifel." 

In  der  Nummer  vom  l5>.  Februar  schrieb  dann  dieselbe  ZeituiiL' :  ndass  die 
Peters'sche  Expedition  von  der  damaligen  Regierung  entschieden  missbiliigt,  wider* 
ratben  und  zu  verhindern  versncbt  worden  war,  und  zwar  deswegen,  weil  es  darauf 
ankam,  alles  zu  vermeiden,  was  direkt  oder  indirdtt  dem  Bemühen  bitte  schaden 
können,  die  unbestrittene  deutsche  Interessensphäre  in  Ostafrika  vor  jeder  Ein- 
roischiin'j",  namentlich  vun  englischer  Seite,  zu  sichern,  die  dort  unbeqtiem  und  ge- 
fährlich hütte  werden  k^muen.  Ks  ist  unzulässig,  aus  der  Haltung  I'i  utschlands  in 
den  speziell  afrikanischen  Fragen  Schlüsse  auf  die  gesammte  damalige  auswärtige 
Politik  des  Reiche«  England  gegenüber  zu  ziehen.  Wenn  Herr  von  Kendell  in 
•einer  Rede  insserte,  zur  Zeit  des  1886  er  Abkommens  wIre  sowohl  Wita  wie  San- 
sibar als  ausserhalb  der  deutschen  Interessensphärs  betrachtet  worden,  so  bt  dem 
entgegen  zu  halten,  erstens  das  San>ilar  im  Jahre  1886,  wenn  auch  nicht  auf 
Orund  von  ausdrücklichen  Abmachungen  mit  England,  so  doch  ^hatsächlich  als  zur 


Das  Nachspiel  zur  Kolonialdebatte. 


198 


Die  KoloDÜüpoUtik  im  Rciditt««. 


deutscbon  hiteressensphSre  gehörijf  betrai^htct  wnr(lt\  zweitens,  dass  »ich  die  Ver- 
hältnisse >'  ii  jener  Zeit  in  einer  jeiie  Bezugnahme  ausschliessenden  Weise  ge- 
ändert haben  und  das»  der  Hauptfort^chritt,  den  uD8«r  Verkehr  mit  Sansibar  ge- 
macht Imti  g«ndft  in  die  Zeit  von  1886<-90  fiUit.  Diete  Entwidtehmg  ««r  ein« 
■o  groMe,  4ms  die  dmüber  miasTergnifften  EngUnder  ihrem  Aeiger  in  dem  be- 
kannten Worte  Luft  machten:  soL'ar  in  den  Gefängnissen  anf  Sansibar  üHerwogeii 
die  Deutschen.  Herr  von  Keudeli  hat  bei  seiner  Vcrtheidigting  des  Sansibar 
preisgebenden  Vertra;.M's  mit  Knulaml  nicht  diejenige  Bekanntschaft  mit  der  Sach- 
lage besessen,  die  von  ihm  als  redueriscbeui  Beistand  der  Kegterung  zu  erwartea 
geweteo  «Ire.* 

Der  Reiehaaiudger  breehte  daran!  am  16.  Abends  sehen  folgende  Bnridemnf : 

In  Nr.  40  der  .Hamburger  Nachrichten*  vom  15.  d.  M.  ht  antässlich 
einer  Kritik  aber  die  Kolonialpolitik  u.  A.  bemerkt:  «dass  Sansibar  im  .Iihre 
1886,  wenn  auch  niclit  auf  (irund  von  ausdrücklichen  Abmachunjicu  mit  Eng'Iand, 
so  doch  that^ärhlich  als  zur  deutschen  Interessensphäre  gehörig  betrachtet  worden.** 
Dieae  Behauptung  widersprieht  den  Thatsachen.  Dnreh  das  in  Form  einen 
Notenweehsels  swisehen  Deutschland  und  Orossbritannien  getroffene  Uebereinkomssra 
vom  29.  Oktober  bis  1.  November  1886  ist  ausdrücklich  die  Sonverinetit  des 
Sultans  von  Sansibar  über  die  Inseln  Sansibar  und  Pemba  u.  s.  w.  anerkannt 
worden,  rnraittelbar  darauf  hat  die  deutsche  Regierung  in  Paris  Schritte  gethan, 
um  Frankreichs  Zustimmung  zu  dem  oben  erwähnten  Ueiiereinkommen  zu  erhalten, 
und  ist  mittelst  Notenaostauscb  der  frantösiscb-engliscben  Deklaration  vom  10. 
Hirz  1862  beigetraten,  in  welcher  die  •Unabhingigkeit*  von  Sansibar  stipnlirt 
ist  Bei  den  Verbandlungen  mit  der  franxösiscben  Regiernng  ist  es  dentscbersmta 
ausdrücklich  „für  den  Sultan  als  eine  wertbvolle  Errungenschaft  bezeichnet,  wenn 
durch  unseren  Beitritt  zu  der  Erklärung  vom  10.  März  \HC,2  die  Anerkennune  der 
Unabhiingigke  it  von  Sansibar  innerhalb  festbestimmter  (irenzen  gewährleistet 
wird.  Unter  diesen  Umständen  würde  es  gegen  die  ausdrücklichen  Abmachungen 
mit  England  und  Fhmkreieh  Verstössen  haben,  wenn  Dentsehland  Sansibar  als  tn 
seiner  Intereasensphlra  bitte  betrachten  wollen.* 

Gegen  die  Berichtifrunir  des  Reichsanzeigers  betreib  Sansibars  brachten 
darauf  die  Hamb.  Nachr.  einen  Artikel  worin  es  hiess: 

.Es  ist  allerdings  Thats.u  he,  dass  durch  das  zwischen  I)eut.schland  und  (iross- 
britannieu  gelrulTeue  Ueberemkumuien  von  1886  die  Souveränetät  des  Sultans  von 
Sansibar  aneikannt  worden  ist,  ebenso  trifft  es  su,  dass  die  dentsche  Regierung 
in  Paris  erfolgreiche  Schritte  gethan  hat,  nm  Frankreichs  Zustimmung  tu  dem  oben 
enrtbnten  üebereinkommen  zu  erhalten.  Wenn  aber  hieravis  die  Schlussfolgening 
gezogen  wird,  dass  schon  der  damalige  Reiciiskan/ler  die  Preisifubo  von  Sansibar 
geplant  habe,  so  ermangeln  die  betreffenden  Blätter  eniweder  eine*  genüijenden 
Aktenkenntniss  oder  des  Verständnisses  tur  die  Politik  und  ihre  &lüglichkeilen. 
Zur  Zeit  der  Kongohmfereot  war  der  poUtisehe  Rintuas  Boglmds  fai  Sansibar  noeh 
gering;  es  galt  dagegen  für  englische  Absicht,  Afrika  so  wmt  als  moglidi  mit  einem 
Kästen  vorhange  in  en>:li'  liem  Besitz  zu  umgeben,  der  die  schliessUche  Herrschaft 
über  das  Innere  des  Landes  von  selbst  sicher  stellen  musste.  Wenn  mnn  in  diesem 
Vorhänge  eine  Lücke  t'ew  innen  wollte,  so  bestand  der  erste  Schritt  hierzti  in  der 
Uerüteilung  desjenigen  Grades  von  Unabhunj^igkeit  des  Sultans  von  Sansibar,  die 
ihm  durch  die  dentsche  und  frantSstocbe  Anerkennung  seiner  Souverinetiit  su  Tbeil 
gewoiden  ist.  Erat  dadurch  wurde  die  Möglichkeit  geschaffen,  in  Sansihar  dem 


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Die  Kokmlalpolitik  im  H«ielittag«. 


199 


Sultan  gegenüber  oine  der  englischen  ehenbürtipe  Haltung  einzunehmen.  Wenn 
bi  der  Anerkeuuuug  des  Sultans  ein  Verzicht  auf  zukünftige  Präponderanz  gelegen 
hittei  10  wvrdt  England  diaiai  Vondeht  fiel  firabwr  aki  vir  auagesprachon  haban, 
und  doch  baberraeht  ea  honte  Sanaibar.  Nachdem  die  dentaehe  Tertretang  auf 
Onind  ihiir  Aneifcennung  des  Sultans  in  Sansibar  der  englischen  ebenbürtig  ge- 
wordfti  war,  hepann  der  deutsche  Einfluss  auf  d<r  Insel  Hiejeiiij-en  Fortschritte  zu 
macheu,  licreu  Krtr<'l>niss  im  Jahre  1890  bei  den  Kngländern  deu  Kimlrurk  des 
deutschen  Uebert^ewichtea  in  Sansibar  bervorgebracht  bat  Bei  weitereu  Fortscbritten 
in  dicaor  Richtung  wördo  aidi  daa  dentebe  Torgewicht  in  Sanribar  ohM  Birndi  mit 
England  tbataldilicb  ergeben  haben  nnd  wa  aeiner  vdlkerrachtUeben  Aneiitennvngi 
auch  durch  England,  würde  sich  im  Verlaufe  der  weiteren  Sntwickelnng  der  allge- 
meinen Politik  wohl  auch  eine  Gelegenheit  gefunden  haben.  Deutschland  bedurfte 
dazu  nur  der  1886  durch  die  Anerkennung  des  Snltans  gewonnenen  Gleichstellung 
mit  England  unter  Fortdauer  der  freien  Konkurrenz  der  beiden  befreundeten 
Mächte  im  Handel  mit  Sanaibar.  Die  Zeitungapolitiker,  welche  in  dem  Vertrage  von 
1886  einen  Versieht  Dentadilanda  auf  den  knnftigon  Erwerb  Sanaibara  erbliekeo, 
gehören  eben  in  denen,  welchen  ein  Hanptarfordemiaa  orfo^reidior  poMtiaeher  Kon- 
zeption fehlt,  nämlich  die  Fähigkeit  zu  warten,  bis  der  richtige  Augen- 
blick zum  Ernten  gekommen  ist  und  bis  dahin  die  Wege  so  zu  wählen  nnd 
zu  ebnen,  dass  die  Ernte  ohne  Schädigung  anderer  Beziehungen  gewonnen  werden 
kann.  ..." 

Die  oflixiöae  Wiener  Politiadie  Korreapondona  brachte  sn  denolben  Zeit  dnen 
Brief,  welcher  aieh  ebenlalla  mit  der  Stellung  der  Regierung  sn  den  Kolonial- 

firagen,  wie  sie  sich  in  den  letzten  Reichsta;.'^^<!cliatten  zu  erkennen  gegeben,  be- 
schäftigte. Die  Tendenz  dieses  Briefes  iriiiL'  dahiu,  nachzuweisen,  dass  sich  der 
Reichskanzler  von  Caprivi  in  dieser  Beziehung  völlig  in  den  Traditionen  seines 
Vorgtiugers  bewegt.    Es  heisst  in  dem  Briefe: 

•Jodenihlla  ist  sweifeUoa  dargelegt,  dass  die  eigentliche  t&aterielle  Vorbereitong 
dea  Vertrages  doch  im  Weaenttiehen  von  dem  Fürsten  Biamarck  herrfihrt  Gans 
abgesehen  von  dem  darüber  beigebrachten  urkundlichen  Material,  hätte  e>  doch  auch 
geradezu  unerhört  erscheinen  müssen,  dass  die  neue  Regierung  an  das  Aufgeben 
von  Witii  und  Sansibar  hätte  denken  sollen,  wenn  nicht  die  frühere  Regiernn?  be- 
reits dahiu  gebende  Intentionen  gehabt  hätte.  Was  Witu  anbelangt,  so  handelt  es 
Bich  hier  kaineawega  nur  nm  Dinge,  die  in  den  Akten  dea  annwärtigen  Amtes  be- 
graben sind,  sondern  die  Sache  war  ottiieller  O^enstand  von  Verhandinngen  mit 
der  Ostafrikanischen  Geseilschalt,  welcher  der  Erwerb  von  Wituland  gestattet  wurde, 
um  ein  werthTollercs  Rompensations -Objekt  zu  besitzen,  weil  die  Ostafrikanische 
wie  die  Witu-Gesellschaft  vollständig  überzeugt  waren,  dass  naeli  dein  eingetretenen 
Verluste  von  Lamu  und  nach  dem  bevorstehenden  Verluste  von  Patta  und  Manda 
Witu  für  Deutschland  nicht  mehr  zu  halten  war.  W«m  noch  Anfang  1890  eine 
Hission  an  den  Sultan  von  Witu  von  Deutschland  entaendet  wurde,  ao  hatte  diese 
nur  denZwaak,  den  Werth  des  Kompensations-Objekt^  noch  wdter  tu  erhoben;  ob 
iaB  politisch  richtig  war,  muss  allerdings  nach  den  späteren  Ereignissen  sehr  stark 
angezweifelt  werden.  A\icli  die  Autgabe  von  Sansibar  war  in  den  Kreisen  der  ost- 
afrikanischen Gesellschaft  lange  befürchtet,  da  alle  Versuche  der  letzteren,  dem  Sultan 
von  Sansibar  grossere  Vortheile  abzuringen,  stets  au  der  ablehnenden  Haltung  des 
Answirtigen  Amtes  gescheitert  waren.  Der  lotste  Zeitpunkt  fir  eine  fieaitzergreifung 
Sansibars  war  bei  der  grossen  Blokade  im  Jahre  1885.  Diese  Gelegenheit  wurde 


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200 


Dt9  Koloiiüüpolitik  im  Reichstage. 


gerade  mit  Rückaicbt  auf  Engiaud  ungenützt  vorüberi^eiasseu,  und  von  da  ab  «ar 
die  SduHumg  dar  tnfUicheii  InterMnn  ein  danemder  Beediverdegrund  för  die 
oetüfrikaniBche  Gesellsehaft  und  ihre  Untenebmungen.  Alke  diesee  ist  ia  den  niher 
betheiligteD  Kreisen  lingft  bekennt  gewesen;  dnse  man  es  anch  in  weiteren  KrnM 

erfuhr,  ist  der  letzten  Kolonialdebatte  zu  danken  geweeen.  Wenn  ein  so  weit 
blirkender  Staatsmann,  wie  Fürst  Bismarck,  es  für  angezeigt  hielt,  eine  Politik 
gegen  England  m  verfolgen,  wie  sie  sicli  aus  den  jetzt  bekannt  jrewünienen  M»f- 
ginalnotizeu  ergiebt,  su  bat  er  sicherlich  seiue  guten  Gründe  dazu  gehabt,  und  die 
Zahl  derer,  die  deshalb  mit  ihm  reebnen  möchten,  ist  aieherlich  nicht  groea.  W« 
mochte  aeinem  Nachfolger  einen  Vorwurf  daraus  machen,  dass  er  den  vorgesoeb* 
neten  Weg  weiter  ging  nnd  die  KonseqnenMii  sog,  die  sichaus  der  SitQation  klar 
ergaben." 

Darauf  erfolgte  in  den  „Hamburper  Nachrichten"  folgende  Notiz: 
„Wir  begegnen  in  der  Presse  einer  gewissen  zurückhaltenden  l>rohung  oait 
weiteru  Veröffentlichungen  au»  Akten  zum  Nachtbeile  des  Fürsten  Bis- 
marck. Wir  können  nur  wünschen,  dass,  wenn  wiederum  Maiginalien  des  fruhwa 
Reichskanzlers  TeröffentHebt  werden,  auch  der  Wortlaut  des  Textes,  xa  dem  die 
Randbemerkungen  gemacht  wurden,  nicht  Terschwiegen  wird;  denn  erst  dsdnrch 
werden  letztere  verständlich.  Auch  die  Frage  ist  bei  Beurtbeilung  der  Tragweit« 
einzelner  Kandbenierkungen  von  Erheblichkeit,  ob  nicht  noch  andere  Marginalien 
als  die  auirefülirtiu  auf  demselben  Papier  vorhanden  sind.  Ohne  dass  ein  Gesammt- 
bild  gegeben  wird,  hat  eine  einzelne  Kaudbeuicrkung  keine  huhere  Bedeutung  als 
ein  Fragment,  das  ans  einer  lingem  Rede  ohne  Rödtsicht  darauf  berauagenonunen  ist, 
was  Torhergeht  unl  was  nachfolgt* 

Eine  Veröffentlichung  ton  Texten  ist  unterblieben. 


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Die  Ikolonialpolitik  UBd  der  KoloiüalratlL 


Der  Vertrag  vom  2.  Juli  18!»0  miiss,  wenn  man  auf  die  kolonial- 
politischen  Vorgänge  zurückschallt,  als  ein  bedeutsamer  Markstein 
genummen  werden,  denn  er  bereitete  den  grossafrikauischen  Bestre- 
bungen in  Deutschland  zwar  ein  jähes  Ende,  leitete  aber  auch,  den 
Verheissungcn  der  kaiserlichen  Kegieruiig  entsprechend,  eine  neue 
Acra  nüchterner,  stetii;er  und,  was  die  Hauptsache  ist.  erfolgreicher 
Friedensarbeit  in  unscrii  Kolonien  ein.  Es  waren  wesentlich  drei  Auf- 
gaben für  die  Kei;ierung  zu  erfüllen,  einmal  die  Beziehungen  zu 
frennlen  Staaten  zu  ordnen,  soweit  dies  aus  dem  Abkonnnen  noth- 
"wendig  wurde,  dann  aber  an  Stelle  des  kolonialpolitischen  Wirrwarrs 
in  Ostafrika  geordnete  Verwaltungsverhältnisse  zu  schaften  und  die 
Entwicklung  der  Schutzgebiete  durch  Stärkung  der  dort  thätigeo 
Gesellschaften,  und  zwar  ohne  grössere  Inanspruchnahme  von  Mitteln 
des  Reiches  oder  schwer  erhältlichen  Geldern  von  Privaten  zu  fördern. 

Es  bedurfte  zur  politischen  Sicherstellung  der  ostafrikauischen 
Küste  vorher  noch  einer  Vereiubsrang  mit  Frankreich,  welches  mit 
England  den  Besitz  des  Sultans  von  Sansibar  garantirt  hatte.  Am 
17.  November  1890  kam  die  Vereinbarung  in  der  Weise  zu  Stande, 
dass  Dentschhind  die  Schutzherrschaft  Frankreichs  über  Madagaskar 
anerkannte,  wftbrend  Frankreich  keinen  Einsprach  gegen  die  Erwer- 
bung der  festländischen  Besitznngen  des  Sultans  von  Sansibar  und 
der  Insel  Mafia  durch  Dentschland  erhob.  Die  Ordnung  der  Grenz- 
▼erh&ltnisse  in  Kamemn  hat  dagegen  noch  keinen  Schritt  nach  vor- 
wärts gethaa.  Von  sonstigen  Yertrfigen  ist  etwa  noch  der  Vertrag 
zwischen  dem  Deutschen  Reich  nnd  dem  Kongo-Staate  fiber  die  Aas» 
lieferong  der  Verbrecher  imd  die  Gewährung  sonstiger  RechtshfilfiB 
in  Strafisachen  zwischen  den  deutschen  Schutzgebieten  in  Afrika  und 


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202 


IHo  KolonialpoKtik  und  der  Kolonlalrath. 


dem  Gebiete  des  Kongostaates  und  die  Genehmigang  der  General- 
Akte  der  Brüsseler  Ai)tisklavorei-Koiiferenz  durch  den  Reichstag  zu 
erwähnen.  Obwohl  in  Folge  der  Weigemng  Frankreichs  der  Termin 
der  KatißkatioD  der  Generalakte bis  znm  2.  Janaar  1892,  für  die 
Vereinigten  Staaten  sogar  bis  znm  2.  Febmar  1892  hinausgeschoben 
werden  mnsste,  so  ist  man  auf  deatscher  Seite  doch  bestrebt,  die 
vomehmlichsten  Bestimmungen  derselben,  welche  sich  anf  die  Ver- 
hindemng  des  Sklavenhandels  und  Unterdrückung  oder  Einschränkung 
des  Schnapshandels  nnd  der  Waffen-  und  Mnnitions-Einfuhr  be> 
ziehen,  jetzt  schon  in  den  Kolonien  za  erfüllen.  Dem  Bandesrath  ist 
femer  ein  Gesetzentwarf  betreffend  Bestrafung  des  Sklavenhandels*) 
zagegangen. 

In  Ostafrika  ist  nunmehr  an  Stelle  der  streitenden  Gewalten, 
des  Reichskommissars,  des  von  Engend  beeinflnssten  Sultans,  des 
deatschen  Generalkonsuls  und  der  deutsch-ostaliikanischen  Gesell- 
schaft, ein  einziger  kaiserlicher  Statthalter  mit  höchster  Gewalt  ge- 
treten, nachdem  die  ostafrikanische  Eflste  deutsch  geworden.  Dann 
ist  die  Umwandlung  der  Wissmann'schen  Truppe  in  eine  Beichs- 
truppe  durchgefQbrt  und  die  Zollverwaltung,  welche  bis  dahin  von 
der  deutsch -ostafrikanischen  Gesellschaft  für  den  Sultan  geschah, 
durch  das  Gouvernement  übernommen  worden.  Die  deutsche  Ver- 
waltung hat  im  Küstengebiete  die  Gmndzüge  der  Organisation, 
welche  schon  durch  Major  v.  Wissmann  gelegt  waren,  weiter  ent- 
wickelt,  und  die  Reichstmppe  ist,  wie  dies  bei  dem  jetzigen  Stande 
der  kolonialen  Streitkr&fte  nicht  anders  müglich  war,  der  Hanne  zu- 
gewiesen worden,  welche  seiner  Zeit  bei  den  Kftmpfen  der  Wiss- 
mann'schen  Schntztruppe  bekanntlich  grosse  Dienste  geleistet  hat. 
Zugleich  sind  die  bedeutenden  „Afrikaner'  v.  Wissmann  und  Peters 
als  Kommissare  „zur  Verfügung  des  Gouverneurs"  angestellt,  wfthrend 
man  für  Emin  Pascha  die  Stelle  noch  offen  hftlt 

>)  Reichs-Gesetzbl.  1891,  S.  91. 

*)  Siehe  Seite  285»  Kol.  Jahrbueh  1890. 

*)  Tenuiatalter  und  Anffibrer  von  Sklave^jagden  «erden  mit  Zacbthnw  Ton 
drei  Jahren  aufwäits  bestraft.    Kommt  i>ei  sulcben  Jagden  ein  Todesfall  vor,  eo 

bössen  alle  Tlii ünelmer  der  Jagd  mit  Ziichtlinns  nicht  unter  drei  Jahren.  Ebenso 
wird  bklaveuliaiitiei  und  Alles,  was  damit  /.iisainmenbänpl,  mii  Zuchthaus  luxtrafl. 
Bei  nilderudeu  ümstäudeu  darf  auf  Gefänituiss,  joiioch  nicht   unter  drei  Monaten, 

erkannt  «erden.  Neben  der  Freiheiteatrafe  i»t  Znlässigkeit  von  Poliseianfiiiebt  statt- 
liaft.   Wer  den  kaieerlieben  Verordnnngen  zur  Verbätong  des  Sklaveobandeli  ni- 

widerbandell,  wird  mit  Geldstrafe  bis  za  0000  U.  oder  mit  Gcfäui;niss  b  istraft.  Die 
HcstMiimnnp  lies  Strafi^esetzluniics  über  die  \  t  rfolgung  im  Auslande  begangener 
Verbrecben  tiudet  auch  auf  Sklavenjagd  und  Sklavenhandel  Anwendung. 


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Die  Kolonialpoiitik  und  der  Kolonialratb. 


203 


In  Folge  der  Schwierigkeiten,  welche  der  Reichstag  bei  Geld- 
bewilliguDgen  fllr  Edonien  machte,  deren  direkter  Nntzen  noch  nicht 
211  Qhersehen  war,  muBBte  die  Kegierung  darauf  bedacht  sein,  die 
dort  vorhandenen  GesellBehaften  so  zn  stärken,  dass  sin  auch  noch 
ffir  staatliche  Zwecke  Leistongen  übernehmen  konnten  and,  um  das 
sehr  spröde  Privatkapital  heranzuziehen,  den  Unternehmern  besondere 
Vergünstigungen  zu  gewähren. 

Die  deutsch-ostafrikanische  Gesellschaft  ist  nnn  in  Folge  der 
Neuordnung  rccbt  günstig  gestellt;  sie  bezieht  aus  dem  Zollertrage 
vom  Reich  eine  feste  jährliche  Rente,  welche  es  ihr  ermöglicht  hat, 
unter  günstigen  Bedingungen  eine  neue  grosse  Anleihe  aufzunehmen, 
sie  zu  verzinsen  und  demnäch^^t  zu  tilgen.  Den  zivilisatorischen 
Zwecken  in  O^tafrika  dienen  auch  die  Dampfcr-Unteruchniungeu  lür 
den  Viktoria-Nyanza,  welche  in  Folge  der  Aufwendungen  ans  der  von 
der  Regierung  gebilligten  Antisklaverei-Lotterie  eine  feste  pekuuiiire 
Ba>is  gewonnen  lialieii.  da  die  Sauiralnngen  für  den  Wissniann- 
Dampfer  etwa  250000  iL,  für  den  IV'ters-Daiiipfer  nur  an  70000  M. 
ergeben  hatten.  Die  liäten  der  Küste  von  Dentsch-Ostafrika  waren 
bald  uach  dem  deutsch-englischen  Vertrag  durch  eine  Postdarapfer- 
linie  unmittelbar  mit  Deutschland  in  Verbindun?  gesetzt,  während 
eine  Dampferlinie  nach  der  gegenüberliegenden  Küste  des  Indischen 
Ozeans,  insbesondere  nach  Bombay,  in  der  Entstehung  begrifi'en  ist. 
Ausser  durch  die  Post  hat  Deutsch-Ostafrika  auch  durch  den  Tele- 
graphen Anschluss  an  Kurojta  und  deu  Weltverkehr  gefunden. 

Was  für  Ostafrika  bisher  geleistet  worden  ist,  wird  nun  auch 
fn  Karaernn  in  Angriff  genommen.  Nach  Bewilli-iuiiL;  der  Anleihe 
von  1 '  •>  Millionen  Mark  seitens  des  Reichstages  werden  auch  hier 
die  Arbeiten  mit  Nachdruck  und  in  ähidiche  Weise  wie  inOstulVika 
aufgenoninien  werden,  und  das  erfreuliche  Zusammenwirken  der  Ke- 
<iierunc(  mit  den  llandelsinteressenten  und  den  Missionen  wird  auch 
hier  seine  Früchte  tragen.  In  dem  verhaltnis^nlassig  kleinen  Togo- 
gebiet geht  freilich  noch  ziemlich  alles  im  alten  (Jeleise,  und  das 
ist  kein  Wunder,  wenn  dort  seit  Jahr  und  Tag  ein  Keichskommissar 
ad  Interim  mit  dem  andern  aliu echselt.  Es  kann  dabei  von  einer 
planvollen  Verwaltunt;  ktMue  Rede  sein.  Touo  ist  jetzt  das  Stiefkind 
unserer  Kolonialpolitik  geworden  an  Stelle  des  vielgeschmähten  Süd- 
westafrika. Für  letzteres  scheint  die  PrüfuIll^^/eit  zn  Ende  zu  (^ehen. 
Nachdem  dit;  Reichsregierung  den  Verkauf  eines  grossen  Besitzes  der 
dortigen  Kolouialgcsellschatt  an  eine  rein  englische  Gesellschaft  ab- 
gelehnt hat,  ist  es  gelungen,  die  Bildung  einer  kapitalkräftigen 


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204 


Die  KolonUlpoUtik  und  der  KdoDialnth. 


deutßcli-euglischeu  Gesellschaft  welche  unter  Vertrag  mit  der  Begie» 
rang  die  V^erwaltang  des  Landes  in  die  Hand  nehmen  wird,  in  die 
Wege  zu  leiten.  Sie  wird  auch  der  Regierung  die  Mittel  verschaffen, 
dort  endlich  Ordnung  und  Frieden  herzustellen  nnd  insbesondere  dem 
B&ttber  Hendrik  Witboy  das  Handwerk  za  legen. 

Ans  diesem  kurzen  Ueberblick  ist  zn  ersehen,  mit  welcher  um- 
sichtigen Thätigkeit  besonders  die  Kolonialabtbeilnng  des  Answftrdgen 
Amtes  unter  ihrem  hervorragenden  Dirigenten,  dem  Wirkl.  Geh.  Lega- 
tionsrath Dr.  Kayser,  die  Geschäfte  geführt  hat,  nnd  wie  sehr  die 
Arbeiten  an  Umfang  nnd  Inhalt  sich  vermehrt  haben.  Je  tiefer  in 
die  kolonialen  Arbeiten  eingedrungen  wird,  desto  gr^Vssere  nnd  um- 
fassendere Arbeiten  sind  nothwendig,  zumal  man  meist  vor  Ent- 
scheidungen sttfht,  für  welche  kein  Vorbild  vorhanden  ist  Ausser- 
dem sind  noch  ganz  neue  dauernde  Einrichtungen,  wie  der  Kolonial- 
rath, hinzugekommen,  weiche  einen  nicht  geringen  Aufwand  von 
Arbeitslast  erfordern.  Die  Kolonial-Abtheilung  wird  den  filteren  drei 
Abtheilungen  des  Auswärtigen  Amtes  bald  an  äusserem  Um&nge 
nachkommen,  wie  sie  in  politischer  Beziehung  denselben  heute  schon 
nicht  mehr  an  Bedeutung  nachsteht.  Sie  wird  sich  dem  Auswärtigen 
Amte  entwachsend  naturgemäss  zn  einem  Kolonialamt  entwickeln 
mfissen,  in  dem  die  verschiedenen  praktischen  Gebiete,  Missions- 
wesen, Verwaltung,  Kolonisation,  Auswanderung,  Organisation  der  Ver- 
suchsphintagen,  Rechtswesen  neben  den  mehr  wissenschaftliehen 
Arbeiten  der  Forschung  eine  entsprechende  Vertretong  finden. 

Was  den  Kolontalrath  anbetrifft,  so  ist  nach  der  kaiserlichen 
Kabinetsordre  vom  10.  Okiober  1890  bis  zu  der  Ernennung  der  Mit- 
glieder und  dem  Zusammentritt  noch  geraume  Zeit  verflossen,  wo- 
durch den  gegnerischen  Parteien  ein  willkommener  Anlass  zur  Her- 
absetzung und  vorläufigen  Kritik  dieser  Körperschaft  gegeben  wurde, 

')  I)or  XXI.  JttriiiteDlag,  welcher  im  So|itenaber  in  Köln  tagte,  bat  hierüber 
folgende  Kesuiution  anuenommen:  ,Für  die  Uidmnig  der  Rechtspflege  in  den  Schulz- 
gebieten ist  die  ji  tzi«:*.'  (iruiidhiüe  zunäclist  liei/^ulM-liaiieii,  unbeschadet  ihrc-i  Wt-itei - 
bildoDg  Dach  Mau»gabe  des  durch  die  pruktibcbe  Krfahruug  sich  ergebenden  Uc- 
dorfniises.  Hiwbei  ist  in  erster  Linie  die  Rechtslage  der  Indier  und  Araber  in 
Deat8cb*0stafHks  xu  berficksicbtigen  und  zwar  sowohl  durch  Hemniehung  dieeer 
Bevölkeruugselemente  zur  Gerichtsorgauisation  als  auch  durch  s&cbgemäss  hetrreDZte 
Anwendung  ihres  materiellcii  Rochts.  Vuu  einer  Ausdehnung  de-;  deutschen  itechts 
und  des  deutschen  i  icrichlivei  fahrons  auf  die  uuzivilisirlen  Eingeborenen  ist  für's 
Krate  abzusebeu,  utid  sind,  suweit  uüthig,  iusbesoudere  was  Strafrecbt  und  Strat- 
Ter&hren  betrilß,  besondere  Becbtsuormen  für  die  Eingeborenen  su  erlassen.'* 
(Siehe  Seite  280:,  Kol.  Jahrb.) 


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Die  KolonMpolitik  md  der  Kolonialratb. 


205 


welche  bald  als  eine  Art  Nebeoparlament,  bald  als  eine  bedeutungs- 
lose Sachverstftndigen-Eommisaion  geschildert  wnrde.  Die  fiegienmg 
liesB  bald  darfiber  keinen  Zweifel,  dasa  man  bei  der  Benrtheilnng  der 
Stellung  des  Kolonialraths  sich  von  Gedanken  an  Institutionen  ge- 
mischten, halbparlamentarischen  Charakters,  wie  z.  B.  Volkswirth- 
Schaftsrath  oder  Staatsrath,  die  einzebe  grosse  gesetzgeberische  Auf- 
gaben vorzuberathen  hatten,  freimachen  musste.  Der  Kolonialrath 
sollte  eben  ^ein  saehverständiger  Beirath  tdr  koloniale  Angelegen- 
heiten' im  engeren  Sinne  sein,  welcher  die  Kolonialverwaltang  in 
ganz  konkreten,  praktischen  Dingen  der  Entwicklung  unserer  Schutz- 
gebiete zu  berathen  und  die  Stellung  der  Eolonialabtheilnng,  welcher 
früher  mit  Recht  oder  Unrecht  oft  das  Regieren  vom  grünen  Tisch 
vorgeworfen  wordt-n  ist,  uiich  aussen  und   innen  zu  stärken  hatte. 

tür  die  Hegieriing  bestanden  angensrheinlich  grosse  Schwierig- 
keiten, sowohl  die  richtige  Zahl  der  Mitglieder  /u  treffen,  als  die 
passende  Auswahl  vorzunehmen.  Es  war  nothwendig,  dass  die  in 
der  Kolonialbewegung  zum  Ausdruck  gelangten  Strömungen,  die 
wirthschaftliche.  patriotisch-ideelh*  und  humanitäre,  vertreten  waren. 
Eine  zu  grosse  Anzahl  von  Koloniahäthen  hätte  dem  Institut  die  zu 
vermeid-Mul«'  lifdeutunu  eines  Nebenparlameiit«^  goi^eben  und  die  Ver- 
handlungen erseliwert,  das  reherwiegen  von  Forschern  und  Gelehrten, 
welche  jetzt  keine  direkten  Interessen  mehr  im  Schutzgebiet  zu  ver- 
treten haben,  ihm  den  Charakter  des  rein  (ieschätlsinässigen  ge- 
nommen. Es  wurde  daher  versueht,  die  richtige  Mitte  zu  finden. 
Das  Auswärtige  Amt  wandte  sich  im  Mai  au  die  verschiedenen 
Kolonialgesellschaften,  welche  mit  bedeutendem  Kapital  in  den  Schutz- 
gebieten thätig  sind,  um  Vorschläge  für  die  Ernennung  von  Mit- 
gliedern zu  erhalten,  und  nahm  unter  anderen  mit  der  Koionial- 
bewegung  eng  verbundenen  Männern  eine  Auswahl  vor,  die  zn  fol- 
genden Ernennungen  führte:  Geh.  Hofrath  Colin,  Stuttgart;  Geh. 
Kommerzienrath  von  Hanse  mann,  Berlin;  Hörnsheim,  Direktor 
der  Jaluitgesellsehaft,  Hamburg;  Staatssekretär  a.  D.  Herzog  in 
Berlin;  Dr.  C.  Hespers,  Ehrendomherr  in  Köln;  Bankier  v. d.  Heydt 
in  Elberfeld;  Ffirst  zu  Hohenlohe -Langenburg;  Staatsminister  v.Hof- 
mann,  Berlin;  Staatssekretär  a.  D.  v.  Jacobi,  Berlin;  Geh.  Ober- 
postralh  Krfttke,  Berlin;  Geh.  Kommerzienrath  Langen,  EOln; 
Lucas,  Direktor  der  Deutsch-Ostafrikanischen  Gesellschalt;  Graf 
Joachim  Pfeil;  Dr.  Scharlach,  Rechtsanwalt  in  Hamburg; 
Dr.  Schröder,  Direktor  der  Deutsch-Ostafirikanischen  Plantagen- 
gesellachhft;  Professor  Schweinfurth;  J.  Thormfthlen,  Hamburg; 


iJiyiiizea  by  CjüOgle 


206 


Die  KolooiftlpoUUk  und  der  iioionialraUi. 


EoDsol  a.  D.  Vohsen,  Berliu;  Yizekouöul  a.  D.  Weber,  Berlin  and 
A.  Woermaun,  Hamburg. 

Die  Erneniiunm;ii  wurden  überwiegend  günstig  aufgenommen 
und  der  Erfolg  iiat  gezeigt,  dass  die  Wahl  den  Antorderuiigen  ent- 
ßpraeh,  obwohl  es  vielleicht  angebracht  gewesen  wäre,  mehr  unab- 
hängige Leute  hineinznnehmeu,  welche  nicht  mit  den  bestehenden 
Kolonial-Gesellschaften  zu  eng  verbunden  sind.  Wenn  sich  erst  in 
den  Kolonien  neben  den  Gesellschaften  noch  anderes  geschäftliches 
Leben  re^t,  so  wird  man  sicher  auch  diesem  eine  Vertretung  im 
Kolonialrathe  geben  müssen.  Besonders  sollte  aber  Werth  auf  die 
Heranziehung  von  Leuten  gelegt  werden,  welche  in  den  Kolonien 
selbst  langjährige  Erfahrungen  zu  gewinnen  in  der  Lage  waren. 

Der  Kolonialrath  wurde  am  1.  Juni  mit  einer  ansgezeiehneten 
Rede  des  Vorsitzenden,  des  Wirkl.  Geh.  Legationsraths  Kayser  er» 
öffnet,  welche  nach  einem  Ueberblick  über  die  einzelnen  Kolonial- 
gebiete mit  folgenden  sehOnen  Worten  schloee: 

«Das  deutsche  Volk  ist  ein  altes  Koionialvolk.  Schon  ton  den  KaroIin?er 
Zeiten  au  hat  es  an  der  0.>t-  und  Nordmark  des  Reiches  mit  staunenswerthen  Erfi)!^'«'n 
kolonisirt,  und  gerade  aus  seinen  koloniäirendeQ  Tbeilen  ist  an  der  Nordmark  jeues 
mächtige  Staatswesen  entstanden,  das  in  unseren  Tagen  das  neue  Deutsche  Reich 
geschaffen  hat  und  an  dessen  Spitse  steht.  Die  reiche  Seeidirt,  die  von  Reicht' 
st&dten  Snddentschlands  und  von  dem  Hensebund  Norddeutschlands  betrieben  wurde, 
bat  unverschuldet  in  Folge  der  Schwächung  des  Reiches  unser  Vaterland  leer  aus- 
frehpn  lassen,  als  andere  Nationen  die  Kolonisation  der  neuen  Wcittheile  in  die 
Hand  nahuicn.  In  fremdem  Interesse  nur  hat  >ich  das  deutsche  Volk  daran  be- 
theiligeu  kunnen,  indem  es  seine  Schiffe,  seine  KauHeute  und  seine  Missionare  in 
reicher  Zahl  über  das  Meer  schickte.  Als  wiederum  hier  von  Brandenburg  aus  der 
Grundstein  zu  einer  neuen  deutschen  Staatsordnui^  lEelegt  wurde,  hat  Friedrich 
Wilhelm,  der  Gru^sp  Ktirfür.st,  inmitten  schwerer  Kämpfe  und  Sortren  seinen  deutschen 
Landsleuten  den  Weg  der  überseeischen  Kolonialpolitik  cewiosen.  Was  dem  Ahn- 
herrn bei  Sellien  trcrinpon  Machtmitteln  zu  erreichen  versagt  war,  seinem  Enkel  ist 
es  zu  erwerben  bescbieden  gewesen.  Nach  ächtet  Bohenzollernart  , Immer  der 
Erste  au  sdn  und  sich  auenneiehnai  vor  andren*  hat  Kaiser  Wilhelm  II.  die 
Schutzherrschaft  über  unsere  Kolonien  übernommen  und  i;efesti|rt.  Unter  dem 
Schutze  seiner  Guade  sind  wir  r,u  unserer  Arbeit  r-usammenuetrctcn,  und  wir  wollen 
sie  beginnen  mit  dem  alten  ein  Gelöbnise  enthaltenden  Spruch:  „Mit  Oott  für 
Kaiser,  Könip  und  Vaterland." 

Der  Kolouialrath  stellte  die  Gosciiäftsordnung  fot,  erwählte  in 
einen  ständigeu  Ausschuss  die  Herren  Staatsmini.ster  v.  Hofmann, 
Staatgsekretiir  a.  D.  Herzog  und  Bankier  v.  d.  He) dt,  berittb  in 
verschiedenen  Sitzungen  über  die  Eisenbahnkonzessioit  für  die  Linie 
Tanga-Korogwe,  die  Frage  der  Banmwollenkultnr  und  der  Zulassung 
aoaländiseber  Gesellschaften  zum  Geschäftsbetrieb  io  den  deutschen 


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Di*  Koloiiialpolitik  und  der  KotoBÜünth, 


207 


Sehatigebieten.  Der  am  28.  Juni  ge&eete  Beachlnss  hinsichtlich  der 
FOrdenuig  der  Baomwollenknltur  hat  folgenden  Wortlaut: 

I.  Bs  «mpfiehtt  rieb,  in  deo  deuteebea  8ehatig«bieten  den  Anbau  aoleber 
BftdninMigniaM  n  b«iinnitig«n,  «elcbe  fnr  die  Asilubr  Stapelartikel  bildm:  int* 
besondere  empfiehlt  M  sich  zunächst,  die  Banmvollenkultur  in  denjenigen  deutseben 
Scbiitzgebieten,  wo  die  natärticiieQ  Bedingungen  des  Erfolge«  vorhanden  sind«  zu 

fördern. 

II.  Es  empfiehlt  sich,  wo  das  Land  im  Be>itz  der  Recienine  sirh  befindet, 
dem  Unternehmer  Land  unentgeltlich,  unter  Vorbehalt  von  Bedingungen,  welche  die 
Ansföhrung  der  Knltar  siebeni,  tn  nberlatsen  and  die  Vemessungskosten  zu  tragen: 
«0  Landbeaüs  der  Regieranf  nicht  beeteht,  anf  die  snr  Verfügung  Berechtigten 
dahin  ektsnwirken,  daas  Land  mientgeltlieh  oder  doch  an  billigen  Bedingungen 
überlassen  werde;  die  Plantagengrundstficke  ▼on  Grund-  und  Gcb&udeateuer  in  der 
Band  des  ersten  Besitzers  auf  die  Daner  von  zehn  Jabren  freixula^sen. 

III.  Es  empfiehlt  sich: 

a)  die  Mitwirkung  der  Kegierung  zur  Ileraaziehung  von  Eingeborenen  zur 
Plantagcnarheit  für  längere  Zeit,  insbesondere  durch  ihre  Vermittelung 
bei  Oew&brung  von  Schutz  der  Arbeiter  durch  gesetxlicbe  Anordnung 
nnd  Kontrolle  ihrer  Auafnhning;  in  Ott-  und  West- Afrika  insbesondoro 
durch  Entsendung  von  Expeditionen  in^s  loaere,  bdrals  Anregung  und 
Sicherung  des  Zusugos,  sowie  durch  Anlegung  und  Regüustigung  von 
SimmolplätrcTu  an  welchen  Arbeiter  aneeworben  werden  können: 

b)  wo  der  Mani^el  an  eingeborenen  Arbeitern  oder  die  besondere  Art  der 
Arbeit  den  Bezug  ausliiudischer  Arbeiter  nüthig  macht,  die  Vermittelung 
der  BegieruDg  bei  den  betreffenden  ausllndisehen  Regierungen  behufs 
Erwirkung  der  Erlaubnlss  zur  Auswanderung  sowie  Anordnung  der 
nötbigen  Maassregeln  sur  Sicherung  des  Transportes  der  Arbeiter. 

IV.  Es  empfiehlt  sich  Einrichtung  und  Betrieb  grösserer  Musterpflantnngen 
behuli 

a)  Zucht  des  für  das  ein/eine  St  tiut/.gebiet  am  besten  sich  eignenden  SatDens, 

b)  Ermittelung  der  besten  Ptlanzuugsmethoden, 

c)  Ermittelung  der  cur  Kultur  am  besten  sich  eignenden  Arten  von  Baum- 
wolle» 

d)  Ermittelung  der  besten  Methode  sur  Erzeugung  eines  gleichmSssigen 

Produktes, 

e)  Ueranbildtine  von  wei<-sen  Aufsehern  und  von  Vorarbeitern  aus  Ein- 
geborenen: in  Vorbindung  mit 

f)  der  Aufstellung  von  Maschinen  zur  Reinigung  und  Verpackung  der  Baum- 
wolle, deren  Benutzung  auch  Anderen,  namentlich  kleinen  Pflanzern  gegen 
ein  angemessenes  Entgelt  su  gewihren  sain  wurde. 

y.  Es  empfiehlt  sich  die  Begünstigung  des  Kleinbetriebes  durch  Beihfllfe  snr 
Beschafiung  von  Sämereien  und  ErMchternng  des  Verkaufs  seiner  Produkte  durdi 
Einrichtung  von  A^nafunestollon. 

VI.  Es  empfiehlt  sicii  ilif  '  n  währung  einer  Prämie  bei  der  Ausfuhr  markt- 
fähiger, im  Schutzgebiet  erzeugter  Baumwolle  in  Uühe  von  10  Pf.  per  Kilogramm 
aaf  die  Dauer  von  zehn  Jabren. 

yil.  Es  empfiehlt  sich,  die  Herstelhmg  direkter  und  regdoslsaiger  Dampfsr- 


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208 


Die  Kolonfalpolitik  und  der  Kolonialntli. 


Verbindungen  zwischen  den  einzelnen  Scbutzf^ebieten  und  dem  Mutterland,  wo  solche 
noch  nicht  Torbaoden  sind,  und  die  Herstellung  von  öffentlichen  Wegen  und  Hafen- 
bauten  zur  Erleicbtening  des  Verkehrs  in  den  Schutzgebieten  zu  unterstützen. 

Hoffentlich  werden  nun  aber  auch  die  „empfohlenen"  Besrhlüsse 
in  die  Wirklichkeit  ubertragen  und  steuert  das  Reich  bedeutende 
Mittel  zu,  um  Versuchsplantagen  einzurichten.  Denn  was  den  Be- 
zog von  Baumwolle  aobetriiTt^  so  geht  Deutschland  einer  völlig  un- 
sicheren Zukunft  entgegen,  wenn  wir  nicht  rechtzeitig  Mittel  und 
Wege  finden,  uns  in  diesem  so  wichtigen  Handelsartikel  Töllig  nn- 
abhängig  zu  machen.  Die  Gesammtprodnktion  der  Erde  an  Roh- 
Banmwolle  betrftgt  jftbritcfa  Ober  12Vs  Millionen  Ballen,  von  denen 
7,0  anf  die  Vereinigten  Staaten,  0,33  auf  das  flbrige  Amerika,  4,2 
auf  Asien,  1,0  auf  Afrika,  0,01  anf  Europa  nnd  0,002  auf  Australien 
iallen.  Während  die  Vereinigten  Staaten  Ober  die  Hälfte  des  Ge- 
sammtbedaifs  lieferten,  folgen  weiter:  Britiscfa-Ostindien,  China, 
Aegypten,  Persien;  dagegen  kommen  die  fibrigen  Ptoduktionsgebiete 
kanm  in  Betracht.  Ffir  nnsem  Zweck  wird  es  genflgen,  zunächst 
nur  die  amerikanischen  Verhältnisse  näher  in*s  Auge  zu  fassen. 
Nach  Ellisons  „Jahresfibersiehten*  verbrauchten  die  Vereinigten 
Staaten  im  Jahre  1889/90  in  runder  Zahl  2  300000  Ballen  Baum- 
wolle fär  ihre  eigenen  Fabriken,  während  sie  nach  England  2800000 
und  sonst  nach  Europa  2  100  000  Ballen  ausführten,  d.  h.  der  Ex- 
port betrug  der  amerikanischen  Ernte  im  Werthe  von  circa 
999  Millionen  Mark,  eine  Summe,  von  der  135  Millionen  auf  Bremen, 
den  Hauptbanm wollenmarkt  des  Kontinents,  kommen.  Unser  Jahres- 
verbrauch an  Baumwolle  beträ«;!  otwa  980  000  Hallen,  eine  Zahl,  die 
im  Steitj;en  bcijriffen  ist,  wie  die  Zifterii  aus  di'ii  letzten  10  Jahren 
unwiderleglich  (iaithun,  und  die  grosse  Zukunftsfrage  ist  nun.  wie 
die  Verhältnisse  sich  für  die  Befriedigung  uusres  Baumwollenb»'(larf9 
gcstalteu  werden,  wenn  die  McKinley-Bill  nnd  die  weiteren  IMiino 
des  Staatssekretärs  Blaine  so  weit  Wirklichkeit  geworden  sind,  dass 
wir  die  Folgen  mit  Händen  i^reiten  k«iniieii.  Dt'nti  dass  in  F(»l?e 
der  Mc  Kinlev-Bill  Amerika  darauf  hingewiesen  wird,  die  von  ihm 
produ<Mrt('  I^aumwojlp  seihst  zu  verarbeiten,  dass  demnach  immer 
geringere  (Quantitäten  amerikanischer  BaufiiwoUe  auf  unsern  Markt 
kommen  werden,  ist  eiu''  nothwendige  Konsequenz,  an  der  sieh 
schwerlich  etwas  ändern  lässt,  wenn  nicht  in  Amerika  die  Erkennt- 
niss  zum  Durchbruch  kommt,  dass  es  auf  die  Dauer  der  Mitarbeit 
Europa's  nicht  entrathen  kann.  Das  Letztere  aber  beweisen  wir  ihm 
wohl  am  besten,  wenn  wir  unsrerseits  uns  rechtzeitig  wirthschafb- 


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Die  Kolonklpolitik  und  der  Kolonüüntb. 


209 


lieh  von  den  Vereinigten  Staaten  zn  emanzipiren  suchen,  und  da  ist . 
der  entscheidende  Punkt  die  Banmwollenfrage.  Einige  Einzelheiten 
der  Bescblüsse  des  Eolonialrathes  geben  vielleicht  zu  Ansstellnngen 
Veranlassang,  so  die  Begfinstignng  des  Kleinbetriebes,  aber  auf  dem 
angegebenen  Wege  kann  das  erstrebte  Ziel  wohl  erreicht  werden. 
Denn  unsere  Banmwolle  mnss  vor  Allem  konknrrenzfthig  sein,  da 
ein  Markt  dafür  in  Deutschland  vorbanden  ist.  Sie  nnterscheidet 
sich  insofern  wesentlich  von  andern  Eolonialprodnkten,  z.  B.  Sesam, 
Arachis,  Orseille,  Elfenbein  n.  s.  w.,  deren  direkter  Import  in  grossen 
Mengen  trotz  der  ostafrikanischen  direkten  Dampferlinien  nach 
Deutschland  wegen  des  fehlenden  Marktes  und  zum  Theil  auch  wegen 
der  DoppelzOlle  noch  fast  unmöglich  ist  Wir  werden  trotz  der  Aus- 
fnhrprftmien  für  einige  Artikel  schwerlich  Aber  die  ZoUermftssigung 
für  manche  Eolonialprodukte  und  Auf hebnng  der  Exportzolle  in  Ost- 
afnka  hinwegkommen  können.  Die  Frage  sollte  wohl  einer  eingehen- 
den üntersndiung  gewfirdigt  werden. 

Die  Beschlfisse  betreffend  die  Znlassiing  von  Gesellschaften  lauten : 

,A.  Juristiscbe  Teräoneu  des  Auslandes,  iusoferu  sie  Erwerbsgesellscbafteu 
lind,  inibesondere  Aktieogeaellidititfln  und  Komnanditgttiellielwftoii  auf  Aktien, 
bedfirfen  snr  Ansfibiing  ibras  Oeaditftsbetriebn  innwhidb  des  SchuUgebietos  der 
Gcnehmigong  der  Refrierunf. 

Es  sollen  Auunluuugeu  getrofTen  wenitni.  liamit  dieser  Grundsatx  imverzöglicb 
auch  iu  deu  deutscheu  Intei  e-sseu^itliftreu  iu  Knifl  gesetzt  werde. 

B.  Ausländische  üesellschat'teu  ^A)  haben  vor  ihrer  Zulassung  im  Schutzgebiet 
den  Nachweis  genügender  Mittel  ^enogenden  verbenden  Kapitals)  zu  erbriagen. 

C.  Austtndiaebe  Gesellscbnften  (A)  baben  eine  Zweiptiederlassung  in  dem- 
jenigen Schutzgebiete  zu  begränden,  iu  welchem  sie  Zulassung  zum  Betriebe  be- 
anlratreu.  Nach  dem  Krmessen  der  Regierung  kaun  die  Bestellung  eines  Vertreters 
und  die  Begründung  eines  Gerichtsstandes  im  Schutzgebiet  als  genügend  erachtet 
werden. 

D.  1.  Die  von  den  migeboranen  H&uptlingen  gewährten  Befugnisse  öffentlieh 
reehtUcber  Natnr  sind  nicht  als  leehtsbeetSndig  ansaeikennen.  Inibesondere  gilt 
dies  ffir: 

a)  ausschliessliche  Wege*  und  Eisenbahnkoniessionen, 

b)  Hanil''lMTioiiü[>ule, 

c)  das  auäschlies>lirlie  Recht  zum  Bergbau, 

d)  die  Verleihung  von  Berg  Werksberechtigungen  und  Rechten  an  ömnd  und 
Boden  über  das  gesammte  Gebiet  eines  Stammes  oder  einen  grosseren 
oder  unbestimmten  TheiJ  desselben. 

2.  Sofern  die  Regierung  Rechte  der  vorstehend  unter  1  a — d  beschriebenen 
Art  einer  Erwerhsiresellschaft  einräumt,  muss  die  Ausübung  solcher  Rechte  unter 
der  Furm  einer  iu  Deutschland  oder  im  Schutzgebiet  nach  deutschem  Rechte  be- 
gründeten Geseliächaft  erfolgen." 

Was  die  auslfindisehen  Gesellschaften  hetriift,  so  waren  hei  den 

Koloniales  Jahrboch  1891.  14 


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210 


Die  Koioiiialpolitik  nnd  der  Ko'ooialratb. 


Berathnngen  zunächst  alle  Gesellschafteo,  welche  nicht  Erwerbezwecke 
verfolgen,  z.  6.  die  HissionsgeseUsdi&ften,  von  den  Erwerbsgeeell- 
Bohaften  ferner  die  offene  flandeisgesellschaft,  sowie  die  einfache  Kom- 
manditgeseUschaft  ansgescbieden.  Im  Uebrigen  sollen  anslftndische 
Gesellschaften  mm  Gesehftftebetriebe  innerhalb  der  Schatzgebiete  nnr 
mit  Genehmigung  der  Regierang  zugelassen  werden.  Es  entspricht 
dieser  Grundsatz  dem  in  Preussen  von  Alters  her  bestehenden  Recht, 
welches  durch  die  Reichsgesetzgobung  ausdrücklich  aufrecht  erhalten 
worden  ist.  Die  Ausdehnung  dieses  Grundsatzes  auf  die  Schutz- 
gebiete rechtl'ertic^t  sich  ohne  Weiteres,  weuu  erwogen  wird,  welchen 
Einfluss  das  unk<»ntroi)irte  Eiiuiringen  fremder — •  im  Augenblicke  eng- 
lischer —  Gesellschaften  mit  ^rossen  Ka|)italien  auf  dip  G<'staituu|^  des 
wirthschaftlichen  Lebens  der  noch  uneiit wickelten  Schutzgebiete  aus- 
zuüben geeignet  ist.  Man  braucht  hierbei  nicht  nur  an  die  (n  tahren 
zu  denken,  welche  der  Festigung  der  wechselseitigen  Beziehungen 
zwischen  dem  Schutzgebiete  und  dem  Heiclic  erwadisen  können. 
Eine  unmittelbare  Schädigung  der  Eutwickelung  unserer  Schutz- 
gebiete würde  zu  besorgen  sein,  weuu  die  Möi;lichkeit  bestimde, 
unter  Benutzung  der  leichteren  Formen  ausländischer  Gesetzgebungen 
in  den  Schutzgebieten  mit  der  (iründung  von  Gesellschaften  vor- 
zugehen, denen  die  solide  Grundlage  fehlt  und  deren  Zusammenbrach 
auf  Jahre  hinaus  wirthsehafüiche  üuternehmuDgen  in  den  Schutz- 
gebieten in  Misskredit  bringen  wfiide.  £s  wird  andererseits  erwartet 
werden  dürfen,  dass  die  Regiemng  für  die  Zulassung  ausländischer 
Gesellschaften  nicht  Bedingungen  aufstellen  wird,  welche  das  aus- 
ländische Kapital  von  der  wünschenswerthen  Betheiligung  an  der 
wirthschaftlichen  Erschliessang  der  Schutzgebiete  abschrecken  kOnote. 

Wie  zwischen  diesen  widerstreitenden  Interessen  die  Mitte  zu 
finden  sein  wird,  Iftsst  sich  durch  allgemeine  Vorschriften  im  Voraus 
nicht  nSher  bestimmen*  Der  Kolonialrath  hat  eine  weise  Zurück- 
haltung geübt,  wenn  er  in  dieser  Beziehung  nnr  zwei  Pnnkte  be- 
sonders erwähnt  hat  Die  Regiemng  soll  einmal  vor  der  Zulassung 
ausländischer  Gesellschaften  den  Nachweis  genfigenden  werbenden 
Kapitals  fordern.  Sie  soll  zweitens  darauf  sehen,  dass  die  Gesell- 
schaften in  dem  Schutzgebiete  stete  in  einer  Weise  yertreten  sind, 
welche  ihren  Gläubigem  das  Risiko  und  die  Weitläufigkeiten  erspart, 
die  mit  der  Verfolgung  von  Rechtsansprüchen  im  Auslande  verbun- 
den sind. 

Bs  handelt  sich  aber  dann  auch  allgemein  um  die  Frage  der 
CHlltigkeit  der  Konzessionen  der  Eingeborenen,  ohne  Unterschied,  ob 


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•4 


Die  Kolonialpolitik  uuti  der  Koloniulratb. 


211 


8ie  an  Inlftoder  oder  Auslftoder,  an  Eüizelpersoiieii  oder  Gesellsebaften 
eriheilt  worden  sind.  Die  Art,  in  der  viele  dieser  Eonzessionen  er- 
worben sind,  ist  sattsam  belcannt  Gegenstand  der  Verleihnng  sind 
oft  die  werÜiTollsten  Herrscliafts-  nnd  Bigentlinmsreclite,  Landstridie 
von  der  Ansdebnnng  von  Königreichen,  die  gesammten  Mineralschätze 
eines  Landes  and  ausschliessliche  Berechtigungen  der  mannigfaltigsten 
Art  gewesen.  Der  Kolooialrath  ist  mit  Redit  der  Ansicht  gewesen, 
dass  die  Schntzherrschaft  des  Reiches  als  eine  Art  Yormondschaft 
fiber  die  Eingeborenen  zu  betrachten  ist,  die  in  ihrem  Verlcebr  mit 
Weissen  nicht  als  handlnngsfthig  augesehen  werden  können.  Einer 
der  ersten  AIcte  der  Regiemng  in  den  Schutzgebieten  ist  dem- 
entsprechend anch  der  Erlass  von  Bekanntmachungen  gewesen,  wo- 
durch die  Gfiltigkeit  der  ßecbtsgeschftfte  zwischen  Eingeborenen  und 
Weissen  Uber  Grundeigenthum,  Bergwerksbereehtigangen  and  dergl. 
an  die  Genehmigang  der  Regierung  geknüpft  wurde.  Fraglich  blieb 
es  nur,  wie  es  mit  derartigen  RechtsgesßhSflen  aus  der  Zeit  vor  der 
Erklärung  der  Bchutzherrschaft  gehalten  werden  sollte.  Ein  Versach 
zar  Regelung  dieser  Frage  ist  in  dem  Abkommen  mit  England  vom 
vorigen  Jahre  gemacht  worden,  wo  zwischen  Konzessionen,  die  Soa- 
veränetfttsrechte  zum  Gegenstand  haben,  und  solchen,  welche  die  £r- 
laubniss  zum  Handelsbetrieb  oder  zum  Bergbau  enthielten,  oder  die 
Abtretung  von  Grundeigenthum  betrafen,  unterschieden  worden  ist. 
Zwischen  Deutschland  und  England  ist  damals  vereinbart  worden, 
dass  die  Ausübung  von  Souveränetätsrechten  allemal  von  der  Zu- 
stimmung der  schutzherrlichen  Regierung  abhängig  sein  müsse. 

Der  Kern  derselben  liegt  darin,  dass  der  Kolonialrath  nicht  nur 
in  der  Verleihung  ausschliesslicher,  monopolurtiger  Erwerbsberechti- 
guni^en,  sondern  auch  in  der  Abtretung  des  Eigenthums  an  dem  ge- 
sunimlt'ii  Staniniesgfhiet  oder  un  unveriialtnissmassig  grossen  oder 
ungenügend  abgegrenzten  Tiieilen  des  Gebietes  einen  Verzicht  auf 
Hüheitsrcclite  sieht,  den  die  Regierung  als  rechtsgültig  anzuerkfunen 
nicht  gelialtt-n  ist.  In  der  Tbat  liegt  in  dfiarti^en  Kr\veri»ungen 
gewissennaasst'ii  eine  Okkupation  des  betreffenden  Gebietes.  Ollen- 
bar  widerspricht  es  dem  Begriffe  der  Oherhoiicit  eines  Staates,  wenn 
n  dem  dieser  Oberhoheit  unterstellten  Gebiet  die  Angehörigen  eines 
anderen  Staates  Kigentiiums-  und  Nutzungsrechte  besitzen,  welche 
weit  über  die  Grenze  der  Möglichkeit  der  w irtlischaftlichen  Ver- 
wertliung  durch  Einzelpersonen  hinausgehen  und  die  Entwickelung 
des  Landes  vollständifi  in  die  Iland  dieser  Besitzer  legen.  Wer  das 
Eigenthum  an  dem  ganzen  Laude  hat,  hat  damit  auch  die  Herrsehatt 

14* 


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212 


Die  KolonfaUpolitik  und  der  Kolonialnth. 


über  dessen  Bewohner  and  bestimmt  deren  gesellschaftliche,  gewerfo- 
lidie  tmd  politische  Entwickelnng.  Sind  Minder  die  Erwerber  eines 
derartig  aasgedehnten  Besitzes,  so  tritt  das  Widersprochsvolle  einer 
solchen  Gestaltong  nicht  so  offenbar  hervor.  Der  Art  nach  ist  es 
dasselbe.  Es  leachtet  daher  ein,  dass  bei  den  Bescfalfissen  anter  d) 
die  Unterscheidong  zwischen  Inlftndem  nnd  Aaslftndem  nar  insoweit 
henrortritt,  als  der  Begiernng  empfohlen  wird,  in  den  Fällen,  wo  sie 
nach  Lage  der  Verhftltnlsse  sich  bewogen  findet,  Eonzessionen  der- 
artigen Inhalts  anzaerkennen,  als  Bedingung  hinzastellen,  dass  die 
znr  Uebemalime  der  Eonzession  za  bildende  GeseUschaft  anter 
deatschem  Becht  stehen  mass. 

Der  Eolonialrath  trat  am  21.  Oktober  za  einer  neaea  Sitzong 
znsammen,  deren  Beschlfisse  wir  im  Anhange  mittheilen. 


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Die  deutschen  Kolonien. 


Kamerun. 

I.  Das  nördliche  Gebiet. 

Die  fixpedition  Zintgraff. 

Seit  dem  20.  Dezember  1884,  als  ansere  Ifatroseo  die  ▼on  800 
mit  eoglischen  Hinterladeni  bewaffiieteii  Dnallas  besetzte  Anhühe 
von  Joastown  erstftnDteo,  ist  in  unsereo  westafirikaDiscben  Kolonieeii 
nicht  Boviel  Blnt  geflossen  wie  am  81.  Jannar  d.  J.  in  Kameran. 
Der  Grand  zn  diesem  Kampf  eiigiebt  sich  Idar  ans  einer  Bemer- 
kung, die  Dr.  Zintgraff  vor  zwei  Jahren  von  den  Hftuptliugea  der 
Banyaug  und  Bafnt  zn  hOren  bekam.  Sie  wollten  ihn  am  Vordrin- 
gen hindern,  „damit  er  nicht  den  Bnschleaten  allznyiel  Verstand 
beibrftidite**.  Dr.  Zinligrair  hatte  im  Jahre  1889  im  nördlichen 
Theile  des  Hinterlandes  von  Kamemn  die  Station  Balibnrg  gegrfln- 
det.  Der  intelligente  H&uptling  Garega  hielt  zwar  den  Reisenden 
halb  zwangsweise  drei  Monate  lang  zurück,  war  aber  in  jeder  an- 
deren Hinsiebt  sehr  entgegenkommend,  so  dass  die  Station  einen 
Stützpankt  für  alle  weiteren  binnenländiscben  Untemebmmigen  der 
Deutschen  abzugeben  bestimmt  war.  In  seinen  Briefen  aus  dem 
Jahre  1889  spricht  Zintgraff  von  1500  Bali-Kriegem ,  welche  ihn 
eine  Strecke  weit  begleitet  hätten.  In  nordöstlicher  Richtung  folgen 
auf  die  Bali  ebenfalls  freundliche  Stämme,  nordwestlich  dagegen  die 
heimtückischen  Bafut,  deren  Hinterlist  Zintgraff,  als  er  1889  durch 
ihr  Land  marschirte,  blos  durch  schleunigen  Abzug  entgangen  ist. 
Zintgraff  erwähnte  18S9  blos  ein  einziges  8000—10000  Einwohner 
zählendes  Dorf  der  Baiiit,  deren  Ilaujttling  Kualeni  (zu  doutsrii 
„Eisen")  heisst.  Von  den  Bafut,  welche  ihre  Hütten  ebenso  wie  un 
der  Küste  rechteckig  bauen,  sind  es  nur  weuige  Tagemärsche  zu  den 


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214  Die  deatseben  Kolonien. 

mnden  Hütten  der  Hanssa-Bewohner  von  Adamana.  Die  Bewaff- 
xiiing  aller  dieser  StftiDme,  welche  ihre  nicht  gerade  fthermässige 
Tapferkeit  dnrch  Hinterlist  zn  ergänzen  pflegen,  besteht  ans  sehr 
langen  Steinschlossgewehren. 

Der  Zweck  der  neaeston  Expedition  war,  die  vorher  dorch- 
zogenen  Länder  dem  Handel  und  Verkehr  von  Kameran  ans  zu  er- 
schliessen.  Die  IrOhere  Expedition  von  Kameran  zum  BennS  hatte 
festgestellt,  dass  die  Hauptqaellen  des  Handels  ans  dem  afldlichen 
B^nnSbecken  näher  bei  Kameran  als  beim  BennS  lägen  nnd  dass  dn 
Handelsnntornehmen  vom  BennS  ans  za  den  OneUIändero  ebenso 
einer  Karawanenstrasse  benOtbigt  sein  wfirde,  wie  ein  solches  von 
Kameran  ans,  anaserdem  aber  den  Nachtheii  gegen  die  bei  Kamerun 
die  See  erreichende  Kameraner  Handelsstrasse  voraushaben  würde, 
dfiss  von  der  Benue-Station  per  DamptV'r  die  Produkte  den  Niger 
liinabgebrac'ht  werdt  u  iiiü.^stou.  Flegel  hatte  bereits  in  sehr  richtiger 
Auftii>.sun'!;  (Irr  iiandelspolitischen  Verhältnisse  im  Beiiiie-Gebiete  das 
AibeitstVUl  in  zwei  verschiedene  Theile  getheilt.  Ziut^raff  prä- 
zisirt  diese  dahin,  dass  er  ein  Heidengebiet  von  der  Küste  circa  300 
Kilometer  in  das  Innere  sich  erstreckend  nnd  dnrch  eine  Linie  Ta- 
kum  —  Bai,^nio — N'daundere  von  dem  deutschen  Adainiia.  sowie  vom 
Benui*  getrennt,  annimmt.  Das  andere  Gebiet  ist  das  nördliche  Be- 
nnei)t  rken,  das  Ts(  hadseegebiet  mit  Bornu,  Bauhirmi  u.  s,  w.  Da 
sich  uns  die  Bearhcitunu:  des  ersten  Abschnittes  vom  Benne  ans 
nicht  empfielilt.  mnsste  vini  Kamerun  aus  mit  allen  Mitteln  die  Er- 
schliessung dnrchgeführt  werden.  Am  4.  Okto])er  1890  traf  Zint- 
gratf  in  Begleitung  des  Lieutenants  Span  gen  berg  sowie  des  Ex- 
peditionsmeisters Huwe  in  Kamerun  ein.  la  seiner  Begleitung  war 
die  Eamerun-Hinterland-Handelsexpedition,  von  der  Hamburger  Firma 
Jantzen  &  Tbormäblen  ansgerfistet,  deren  Führer  Nehber  bis 
vor  kurzem  Leiter  der  von  ihm  angelegten  Kakaoplantage  Bibundi 
am  Eamernngebirge  war.  Ausserdem  nahmen  noch  die  Eaufleute 
Tiedt,  Ca n well  nnd  Eggert  an  der  Expedition  Theil,  der  letz- 
tere wurde  aber  bereits  auf  dem  Mungoflusse  durch  den  Schlag  eines 
Elefanten  getOdtet.  Zintgraflf,  mit  kommissarischen  Befugnissen 
ausgerastet,  langte  am  19.  Olctober  anf  der  Barombistation  an,  wo 
sich  bereits  der  Ezpeditionsmeister  Carsten  sen  befand.  Es  wnidea 
zunächst  die  Arbeiten  vorgenommen,  welche  nOthig  waren,  um  die 
Station  flBr  die  Zukunft  als  Stätzpunkt  für  hin-  und  hergehende  Ka- 
rawanen zu  erhalten,  P6anzungen  angelegt,  sowie  ein  Stflck  Urwald 
urbar  gemacht,  und  Beis,  der  aus  Monrovia  mitgebracht  war, 


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lUmeraiL 


ausgesät.  Am  27.  Oktober  wurde  Lieatenant  von  Spangenberg 
▼oraasgeschickt,  nm  mit  deo  Banyang»  FriedeDsanterhaiui hingen  an- 
zuknüpfen, und  Provisionen  dort  niederzulccr'^n  zur  Verpflegang  der 
später  durolimars(  Iiireuden  Karawane.  Diese  Expedition  war  insofern 
glücklicli,  als  der  Banyang-Hänptling  Di  fang  zur  Sühne  für  seine 
frfiheren  AiigrifTe  sich  bereit  erklärte,  25  Elfenbeinzähne  zu  liefern, 
einige  Dörler  abzatreten  und  die  Expedition  bis  zu  den  Balis  zu  be- 
gleiten. Dieser  Vertrag  wnrde  von  Di  fang  nach  Landessitte  be- 
schworen, indem  er  nnd  Spaogenberg  nach  einem  liesserstich 
Blnt  in  einen  Becher  Wasser  rinnen  Hessen  und  diesen  zusammen 
leerten.  Dieser  Aasgang  war  um  so  erwünschter,  als  ein  etwaiger 
Krieg  mit  den  Banyang  sicher  zn  einer  Verödung  dieses  recht 
fruchtbaren  Gebietes  infolge  einer  Auswanderung  der  Bewohner  ge- 
führt haben  würde.  Am  20.  November  begann  von  der  Baronibi- 
Station  aus  in  nördlicher  Richtung  der  Abmarsch  der  einzehien  Ex- 
peditionsabtheiinngen.  Jede  der  beiden  Expeditionen,  also  die  Zint- 
graffsche  (im  Auftrage  der  Regierung)  und  die  ilaudelsexpedition 
der  Firma  Jantzen  &  Thormäiilen,  zählte  je  200  Weijungen,  • 
mit  anderen  Worten  dem  Vei-  oder  Weistamme  angehörende  Lente. 
Diese  Wei  sind  dem  Kru  ganz  nahe  verwandt  und  stummen  wie  diese 
aus  Liberia  und  der  südöstlich  davon  gelegenen  Küste.  Unterwegs  fand 
die  Expedition  bei  dem  Durchzug  durch  das  Land  keine  Schwierig- 
keiten, die  Banyangs  kamen  zwar  nicht  im  Sinne  europäischer  Auf- 
fiusung  den  eingogangenen  Verpflichtungen  nach,  thaten  aber  alles, 
um  wenigstens  ihren  guten  Willen  zu  bekunden.  In  ihr  schönstes 
und  grösstes  Dorf  Miyimbi  wurde  eme  kleine  Besatzung  gelegt,  um 
die  Banyang  beobachten  zu  lassen.  Am  9.  Dezember  gelangte  die 
Expedition  wohlbehalten  in  ßaliburg  sn,  wo  neue  Gebäude  aufge- 
führt nnd  die  erforderlichen  Gemfisegärten  nnd  Pilauzungen  zum  Un- 
terhalte der  Mannschaften  angelegt  wurden.  Der  Bali-Häuptling 
Garega  machte  das  Zugeständniss,  dass  die  Europäer  allenthalben 
im  Lande  umherreisen  nnd  Handel  treiben  därften.  Der  benach- 
barte den  Bali  feindliche  Häuptling  der  Bafnt  trat  aber  der  Expe- 
dition entgegen.  Die  Ursache  zum  Kriege  gab  die  Ermordung 
zweier  Wei-Jungen  durch  den  Häuptlmg  von  Bafiit»  welche  Dr.  Zint- 
graff  a&  ihn  geschickt  hatte,  um  ihm  ein  Freundschafts-  und  Han- 
delsbändniss  anzubieten.  Der  Grund  dieser  Haadlungsweiee  war 
oiFenbar  Neid  und  beleidigter  Stolz,  dass  der  Balihäuptling  Garega 
ihm,  dem  weit  mächtigeren  Herrscher,  vorgezogen  worden  war.  Aus- 
serdem kam  allmählich  der  Handel  in  Gang,  und  es  ist  bekannt,  wie 


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216 


Di0  dentoebeD  Kolonien. 


solir  das  Monopolriystem  der  Häuptlinge  zu  erbitterten  Kämpfen 
führt.  Die  kriegerischen  Bali  glaubten  die  Bafat  mit  Gewalt  zur 
Nachgiebigkeit  zwingen  zu  können  und  boten  ihre  gesammte  kriege- 
rische Maimschaft,  5000  Mann,  auf,  der  sich  auch  Dr.  Zintgräff 
und  die  Handelsexpedition  anschloss.  Am  81.  Januar  gelang  es  den 
vereinigten  Krfiften,  das  Hauptdorf  der  Bafut,  Badanz.  zn  erstürmen, 
niederznbrennen  nnd  siegreich  vorzurücken.  Am  Nachmittage  jedoch, 
als  die  Balis  bereits  den  grössten  Theil  ihrer  Munition  versdiossttn 
hatten,  drangen  die  Bafat  mit  anderen  Stämmen,  angeblich  gegen 
10000  Mann,  gegen  die  ersteren  vor.  Es  kam  zu  einem  blutigen 
Gefecht,  bei  welchem  die  Bafut  zwar  den  stärkeren  Vorlust  (mehr 
als  500  Mann)  erlitten,  die  Bali  aber  und  die  beiden  deutschen  Ex- 
peditionen zum  Rückzug  nöthigt«  n  Dr.  Zintgräff  verlor  von  seinen 
Leuten  etwa  1 70  Eingeborene.  Leider  fielen  aber  auch  in  dem  6e- 
techt  Lieutenant  von  Sjumtrenborj?.  sowie  Expeditionsmeister 
ünwe  und  von  der  Handelsexpcditinn  Thiede  und  Nehber. 

Die  Ziffern  von  5000  bezw.  10000 Mann  beweisen  die  Dichtigkeit 
der  Bevölkernng  des  Hinterlandes  und  lassen  die  Aussichten  für  den 
Handel  mit  jenen  Gegenden  für  die  Ausfuhr  afrikanischer  und  die 
Einfuhr  europäischer  Erzeugnisse  als  sehr  gut  erscheinen.  Vorläufig 
mnsste  aber  der  Plan,  nach  Adamaua  zu  gelangen, ,  aufgegeben 
werden. 

Nach  dem  Gefecht  blieb  Dr.  Zintgräff  noch  14  Tage  in  Bali- 
bürg,  um  die  Folgen,  eventuell  einen  Angriff  der  Bafut,  abzuwarten. 
Als  jedoch  alles  ruhig  blieb,  Hess  er  den  Expeditionsmeister  Car- 
stensen  mit  140  Mann  dort,  madite  Cauwell  mit  25  Mann  bei 
Miyimbl  im  Lande  der  Banyang  pnsftsBig  und  kehrte  nach  Kamerun 
zurfick,  um  Munition  zu  beschaffen. 

Dr.  Zintgräff  ging  von  Kamerun  nach  der  Barombi- Station 
zurflck  und  legte  eine  Strasse  von  dort  nach  dem  Balilande  an,  um 
eine  sichere  Verbindung  mit  diesem  befreundeten  Stamme  herzustellen. 
Von  Barombi  aus  war  der  Unterbeamte  des  kaiserlichen  Gouveme* 
ments  HOrhold  in  Begleitung  des  Agenten  der  fiandelsexpedition 
Co n ran  mit  120  Hann  nach  Balibnrg  aufgebrochen,  um  dorthin  Ge- 
wehre und  MunitioD,  sowie  Waaren  fftr  die  Handelsexpedition  sicher 
zu  geleiten.  Wie  die  Sache  sich  dort  weiter  entwickehi  wird,  ist 
noch  unbestimmt,  zur  ünterstfltzung  Zintgräff s  ist  Rittmeister 
Freiherr  von  Gemmingen  und  Lieutenant  Hntter  hinausgeschickt 
worden,  welche  am  25.  Juni  wohlbehalten  auf  der  Barombi-  Station 
eingetroffen  sind.  Lieutenant  Hutter  brach  bereits  am  28.  Juni  nach 


Digitizcc  1  ,  ("loogle 


Kamerun. 


217 


der  Balibnrg  auf.  Mit  den  Vorarbeiten  zu  den  geplanten  Wegebanten 
(siehe  8.  179)  ist  bereits  begonnen  woren.  Ausser  der  Bali-Station 
sollen  an  den  Wegen  drei  Stationeo,  Miyimbi,  Diknmi  und  fiarombi 
angelegt,  bezw.  unterhalten  werden,  so  dass  vom  Mungo  aus  die 
Strecke  Mungo — Barombi-Dikumi,  von  Dikumi  aus  die  Strecke  Di- ' 
kumi— Miylmbi  und  von  Miyimbi  aus  die  Strecke  Miyimbi— Bali  in 
Angriff  genommen  wird.  Dr.  Zintgraff  be&nd  sieb  nach  den  letzten 
Nachrichten  in  Baliburg. 

n.  Das  Büdliohe  Gebiet» 

Die  Expedition  des  Premier-'Lieutenant  Morgen. 

Seitdem  die  Erforscbnng  Kamernos  von  Seite  des  Reichs  syste- 
matisch in  Angriff  genommen  ist,  war  das  Bestreben  der  aasgesandten 
Reisenden  darauf  gerichtet,  eine  Verbindung  des  sQdlichen  Theils  xm- 
seres  Besitzes  mit  Adamana,  herzustellen,  von  der  Gross-ßatanga-Küste 
ans  im  Bogen  um  das  Kanierun-Aestuar  herum  gegen  den  Benue  vor- 
zudringen. Diesem  Zwecke  waren  die  ersten  Expeditionen  der  Herren 
Kund  und  Tappenbeck  und  die  des  Premierlieutenauts  Morgen 
gewidmet. 

Am  2.  .luni  1890  konnte  I^ieutenant  Morgen  von  Kribi  aus 
eine  zweite  Reise  antreten,  diese  bereits  in  Verbindun«^  mit  einer 
Handelsexpedition  der  Firmen  C.  Woermann  und  Jautzen  und 
Thor m ;i Ii  1  en,  vertreten  dureli  die  Herren  Kessel  und  Weiler. 
Den  Marsch  zur  Jiiuiule-Station  legte  er  diesmal  tlieilweise  auf  einer 
anderen,  mehr  nürdlii-hen  Koute  zurück,  auf  dem  ihn  nur  ein  Ueber- 
fall  des  Häuptlings  Tun^a  belustigte.  Zwölf  Stunden  laug  wurde 
die  Karawane  aus  dem  Wald  beschossen,  ohne  selbst  zum  Schusse 
zu  gelangen.  Auf  der  Jaunde-Station  hielt  sich  Lieutenant  Morgen 
diesmal  vier  Wochen  auf.  Dass  er  nicht,  wie  ihm  von  maucher 
Seite  zum  Vorwurf  gemacht  wird,  versucht  hat,  ostwärts  vorzudrin- 
gen und  dadurch  den  Bestrebungen  der  Franzosen  zuvorkommen, 
erklärt  er  dadurch,  dass  seine  Ausrüstung  nicht  einer  solchen  Expe- 
dition angepasst  war,  dass  seine  Träger,  deren  Dienstzeit  bereits  al)- 
gelaufen  war.  ihm  ostwärts,  von  der  I\üsle  weg,  nicht  gefolgt  wäreu, 
dass  ihn  die  der  llamlt'l.skarawane  gegeuüb<*r  eingegangenen  Ver- 
pflichtungen nach  Norden  führten.  Vom  Osten  wusste  er  nichts, 
aber  vom  Norden,  dass  er  viele  Reichthümer  barg.  Schliesslich  gab 
ein  geographisches  Moment,  die  Aufgabe,  die  Schiffbarkeit  des  Mham 
festzustellen,  der.  von  wichtigen  Haudelsstrasseu  überquert,  direkt 
nach  Adamaua  führt,  den  Ausschlag. 


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218 


Die  deutäcbeu  Kolonien. 


Am  21.  Jnli  1890  trat  der  Reisende  seinen  Marsch  von  der 
Janndo-Station  nordwärts  an;  von  Ngila  nngemein  gastlicli  aufge- 
nonimeii,  benutzte  er  die  lange  Zeit,  die  er  bei  diesem  zubringen 
niusste,  zur  Anlegung  einer  Forschungsstation  „Kaiser  Wilhelras- 
Itury"*,  wahrend  Herr  Weiler  eine  Plantage  anlegte.  Der  kaufuiiiu- 
uiseiie  Verkehr  mit  Nijila  war  sehr  schwierig,  da  dieser  nicht  zu  be- 
wegen war.  für  seine  Waaren  teste  Preise  zu  berechnen.  Herr 
Weiler  sei,  so  saijte  er.  ei>enso  Koni^^  ^vie  er  selbst,  und  unter  Kö- 
nigen werde  nicht  Handel  getrieben,  man  maciie  sich  gegenseitig 
nur  (iescheiike.  Trotzdem  sind  die  Verhaiidhinueii  so  verlaufen,  dass 
der  Ertrag  der  nandelsex|)editi(»n  ihre  Kosten  vrdlkommen  gedeckt 
hat.  Ein  kriegerisehes  Kreiijniss  ermögliciiie  es  endlich  dem  Reisen- 
den, von  Ngila  fortzukommen.  Der  westlich  von  Ngila  ansässige 
Häuptling  Xgaundere,  ein  grosser  Sklavenräuber,  liel  in  das  Land 
Ngila's  ein.  Lieutenant  Morgen  liess  sich  von  Ngila  bewegen, 
gegen  Xgaundere  in's  Feld  zu  ziehen.  £ä  gelang  ihm,  dessen 
äusserst  wohlbedacht  mit  Bastionen  befestigte  Stellung  einzanehmen. 
Da  aber  er  selbst  und  Herr  Weiler  verwundet  worden  und  21 
seiner  Leote  gefallen  waren,  zog  er  sich  wieder  in  eine  rückwärtige 
Stellung  zurück,  brachte  aber  Ngaundere  durch  ein  wohlnnter- 
liaitenes  Feuer  so  weit,  dass  er  um  Frieden  bat.  Da  trotz  seines 
Versprechens  Ngila  ihm  auch  Jetzt  keine  Fuhrer  stellte,  brach 
Lieutenant  Morgen,  obwohl  am  Wnndfieber  nnd  Dysenterie  leidend, 
aHein  auf  und  zog  zuerst  in  nordöstlicher  Richtung.  Während  süd- 
lich von  Ngila  die  Savanne  von  Bnschstreifen  durchaetzt  ist  und 
breite  Galleriewftlder  sich  an  den  Flfissen  ausbreiten,  ist  nOrdlich  die 
Savanne  ganz  kahl.  Die  Savanne  ist  reich  an  Antilopen.  Der  Ele- 
fant verschwindet  aber  mit  dem  sechsten  Breitegrad,  wfthrend  am 
BenuS  derL5we  auftritt  Nach  7  tfigigem  Marsche  erreichte  er  Joko, 
die  Grenze  zwischen  den  Reichen  der  Wute  und  der  FuUah.  Erst  am 
29.  November  kehrte  die  kleine  Gesandtochaft,  die  er  am  37.  Ok- 
tober an  Amu  Lamu,  den  jungen  Herrsdier  von  Tibati,  gesandt 
hatte,  um  die  Brlaubniss  zum  Eintritt  in  das  Land  zu  erhalten,  nach 
Joko  zurQck.  In  der  Zwischenzeit  fand  Lieutenant  Morgen  Gelegen- 
heit, die  ethnographischen  Verhflitnisse  kennen  zu  lernen.  Ngila'e 
Vater  ist  von  den  Wute  aus  Tibati  sftdlich  gedrängt  worden,  die 
Wnte  selbst  wurden  von  den  Fulia  südlich  getrieben.  So  geht  ein 
starker  Völkerstrom  von  Norden  nach  Süden;  am  Benue  erscheinen 
schon  die  Araber;  Kuka  ist  schon  ganz  unter  arabischem  Einflnss, 
was  zu  Nachtigal's  Zeilen  noch  nicht  der  Fall  war. 


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Kameruu. 


219 


Am  29.  November  zog  Lieatenant  Morgen  in  Sanserni-Tibati, 
dem  Krie^^shij^er  von  Tibati,  ein  und  wurde  freundlieh  aufKcnoramen. 
Die  Bewoliner  sind  reine  Fullah  mit  gelbem  Gesieht  und  glattem 
Haar,  sie  Kind  Muhamechnier  und  von  den  Sklavenjagden  entschieden 
schwerer  uii/.ulialten.  als  die  Neger.  Der  Sklaveniiandel  dürfte  diesen 
Tlieil  des  Kamerun-Hinterlandes  nahezu  entvidkern.  Allein  einer  der 
unterworfenen  Stämme  hatte  500  Miinner,  Weiber  und  Kinder  als 
Tribut  zu  zahlen,  von  denen  der  ijrösste  TIihH  für  Jola  und  Sokoto  be- 
stimmt war.  Amu  Laniu  freute  sich  stets,  wenn  ihm  der  Reisende 
von  unserem  jun|L;i'U  Kaiser  und  von  seinen  vielen  Soldaten  erzählte, 
und  klatschte  vor  Freude  in  die  Hände,  als  er  eine  Schachtel  mit  Blei- 
soldaten erhielt.  Amu  Lamu  kann  aralii>eh  lesen  und  schreiben  und 
bat  den  Reisenden,  ihm  doch  einen  Mann  zu  senden,  der  seine  Söhne 
uml  Beamte  im  Lesen  und  Schreiben  unterrichten  könne.  In  Sanserni 
fand  täglich  grosser  Markt  statt,  täglich  wurden  zwei  Ochsen  ge- 
schlachtet, von  der  gmsse  Russe  mit  einem  Buckel,  die  JNachtigal 
in  Knka  sah.  Die  Zahl  der  vorhandenen  Pferde,  die  nur  im  Schritt 
und  Galopp  geritten  werden,  dürfte  HOO  betragen.  Am  Weihnachts- 
abend sandte  Ama  Lama  dem  Reisenden  als  Geschenk  einen  Bapp- 
hengst  und  sieben  schöne  Weiber.  Da  Lieutenant  Morgen  nur 
enteren  behielt,  die  Weiber  aber  zarücksandte,  war  Ama  Lama 
sehr  ungehalten,  nnd  schliesslich  nrasste  sich  der  Reisende  ent- 
schliessen,  wenigstens  zwei  Weiber  znm  Waschen  seiner  Ffisse  anf 
dem  Marsche  anzunehmen.  ,Die  ffir  den  linken  Fuss*  lief  aber  bald 
davon,  wfthrend  die  andere  sieh  jetzt  auf  der  Mission  in  Lagos  be- 
findet Am  25.  Dezember  brach  Lieatenant  Morgen  anf,  am  in  grossem 
Bogen  nach  Bagnio  za  ziehen.  Er  hatte  dabei  den  Mbam  zu  fiber- 
schreiten, dessen  Fahrrinne  hier  noch  immer  3—4  Fuss  Wasser  hatte 
and  der  noch  weiter  hinanf  schiffbar  sein  soll.  Ueber  Bagnio,  Gaschka 
and  Enndi  gelangte  Lieutenant  Morgen  an  den  Benn^  nach  Ibi. 
Es  ist  traurig,  zu  sehen,  wie  das  Land  durch  die  Sklavenjagden 
verwfistet  wird,  Bagnio  und  Gaschka,  die  gar  nichts  produziren,  leben 
allein  vom  Sklavenhandel.  Diesen  zu  vernichten,  wfirde  sich  nach 
Morgen*s  Ansicht  ein  Zusammenarbeiten  mit  den  Englftndem,  spe- 
ziell mit  der  Royal  Kiger-Compaguie,  empfehlen.  So  grossen  Schaden 
diese  uns  durch  ihre  üebergrifTe  zugefügt  hat,  so  sollten  wir  doch 
von  ihrer  mnstergültigen  Organisation  lernen,  bei  der  sie  allerdings 
▼on  der  Ansicht  geleitet  warde,  dass  sie,  wenn  ihr  Kapital  anfge- 
braucht  sein  wird,  vom  Staate  übernommen  werden  wird.  Für  unse- 
ren Besitz  iu  Adamaua  ist  es  unumgänglich  nothweudig,  dass  uus 


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2-20 


Die  deutschen  KoloDien. 


Jola  zugesprochen  wird,  wo  sich  der  Sitz  des  Herrschers  über  die 
hds  gehörigen  Gebiete  befindet.  Die  Ostgrenze  unseres  Kamenm-Ge- 
bietes  als  dnreh  die  bisherigen  Abmachungen  festgelegt  zu  betrach- 
ten, bezeichnet  Lieutenant  Morgen  als  absurd  und  anmassend.  Das 
Innere  des  Landes  erweist  sich  als  geeignet  zur  Ansiedelung  und 
Anpflanzung;  zu  seiner  Erschliessung  fQr  den  Handel  sind  die  auf 
weite  Strecken  schiffbaren  Flfisse  Sannaga  und  Mbam  berufen. 

Da  Premierlieutenant  Morgen  nicht  wieder  nach  Kamerun  zu- 
rfickzukehren  beabsichtigte,  wurde  als  Clief  der  Expeditionen  im 
südlichen  Gebiet  Freiherr  v.  Graveur  oiith,  der  bekannte  Ostafri- 
kaner ausersehen,  welcher  Anfang  Juni  mit  dfii  Lieutenants  Scheff- 
1er  und  Steiniiäu  ser.  welch"  Letzterer  bald  in  Lai^os  starb,  nach 
dem  Schutzgebiet  auibiacli.  Wenn  auch  seine  Thatiijkeit  sich  vor- 
iieliiiilich  auf"  den  Süden  erstrecken  solL  so  wird  er  doch  zuerst 
l>r.  Zintgratf  bei  seinen  weiteren  Unternelmiungen  beistelien.  Die 
Wahl  des  Hau])tmanns  v.  (Jravenreutli,  weh^lier  r»ich  in  OstatVika 
durch  Külmheit  und  Energie  ausgezeichnet  hat,  lür  diesen  Posten 
halten  wir  für  selir  glücklich. 

Das  Vordringen  des  Muhameda n isnius. 

Die  Völkerverhältnisse  in  Kamerun  sind,  wie  schon  früiier  er- 
wShnt,  recht  ei^enthündii  iie.  die  an  der  mittleren  und  südliclien  Küste 
wohnenden  Bautustanime  müssen  im  Inneren  bald  den  Sudaunegerii 
weichen,  welciie  Muhamedaner  sind.  Der  Boden  ist  theils  von  den 
reinen  f  ullahs,  theils  von  den  gemisc  hten  iieidnischen  Grenzstämmen 
Adamanas,  von  den  Wute,  Bali  nnd  Batut  kolonisirt.  Der  vom 
Westen  kommende  Europäer  sieht  sich  plötzlich  in  eine  fremde  Welt 
versetzt,  unter  Völker,  die  anders  sprechen,  anders  sitzen,  sich  an- 
ders kleiden,  anders  essen,  andere  Watten  tragen,  die  fast  in  allen 
Stücken  von  den  Stämmen  an  der  Küste  gänzlich  verscliieden  sind. 
Zwischen  beiden  droht  ein  erbitterter  Kampf  ums  Dasein,  weil  die 
Sudanneger  stetig  nach  Süden  vordringen.  Die  Wute  z.  B.  haben, 
wie  Morgen  mittheilt,  „nach  fibereinstimmenden  Aussagen  früher 
viel  nördlicher  gesessen**;  sie  sind  jedoch  von  den  Fullah  nach 
Süden  geschoben  worden,  so  „dass  ihre  jetzige  Nordgrenze  etwa  der 
6.  Grad  nOrdl.  Breite  ist,  während  sie  sich  nach  Süden  bis  an  den 
Sannaga,  nach  Westen  bis  an  den  Mbam  und  nach  Osten  etwa  bis 
an  den  13.  Grad  östlicher  Länge  von  Gr.  ausdehnen.'  Die  Wute, 
ein  starkes  kriegsgeflbtes  und  mutbiges  Volk,  drücken  ihrerseits 
wieder  auf  die  benachbarten  Bantu  in  der  Plateauregion  zwischen 


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Kamerun. 


221 


Hbam,  Samaga  und  Njong.  „Die  Völker,  welche  dieses  Gelände 
bewohnen,*'  schreibt  Premierlientenant  Morgen  in  den  Mittheilan- 
gen  aus  den  deutschen  Schutzgebieten  „haben  seit  dem  Vor- 
jahre bereits  eine  Verschiebung  erlitten,  und  zwar  die  Ngnraba  und 
Jaunde  eine  solche  nach  Norden,  die  KwoUe  und  Jetoni  nach  Westen 
und  die  Mwclie  nOrdlich  des  Sannaga  nach  Süden  und  Südwesten. 
Auf  die  beiden  ersten  drücken  die  Mpangwe  von  Süden,  auf  die 
zweite  Gruppe  die  Mwelle  von  Osten  und  auf  die  letztere  die  AVute 
vom  Norden  her."  Eine  grosse  Völkerversehiebuiig  steht  hier  bevor 
und  es  ist  kuum  zweifelhaft,  diiss  j«ie  zu  (iunsten  (Kt  Muhammedaner 
aiislulkMi  wird.  Dw  Kampf  liedeutet  gleichzeitig  ein  langen  zwischen 
islani  und  llcidcntiiuni .  und  uns  werden  sieher  au<-ii  hier  einmal 
ernste  (iefaiiren  erwadisen.  Wenn  auch  nach  Mnr^^ens  Heobaeli- 
tungen  «der  Islam  vun  der  ü:rossen  Masse  lau  aufgeiiüinmen  wird,  so 
stellt  sieh  doch  der  Haupt liiig  als  ein  gläubiger  Anliän;.ier  desselben 
hin.*"  Der  M(thainedaiiisnius  tritt  sieher  kullurförderud  auf,  der 
Neger  gewöhut  sich  an  gewisse  Reinlichkeits-  und  Speisegesetze, 
lernt  die  Nacktheit  verachten  und  sein  geistiges  Fassungsvermögen 
erweitert  sieh.  Das  (ireu/volk  der  Wute  hat  sieh  im  fortgesetzten 
Verkehr  mit  den  Tihuti  autfallig  üher  die  henaehbarten  heidnischen 
Bantu  hinausgt-arbeitet  N(Kdi  höher  stehen  die  Tihati  (l'iiUuli) 
selbst,  hei  (Icnt  ii  fast  jeder  Sklave  eine  Tohu  oder  einen  Burims 
trägt.  Ihre  Hiiust'r  sind  sorgfältig  herg*Tichtet  und  mit  einer  hohen 
Strohwand  umgeben,  um  die  Bewohner  und  iiewohnerinnen  derselben, 
inshexindere  din  Geheimnisse  des  Harems,  den  Blicken  Vorüber- 
gehender zu  entziehen.  Diesen  Vortheilen  stehen  auf  der  nnderen 
Seite  desto  schwerer  wiegende  Nacht  heile  entgegen.  Statt  der  klei- 
nen, untereinander  meist  feindlichen  heidnischen  Staaten  dndit  uns  die 
geschlossene  disciplinirt<>  Macht  des  mohammedanischen  i  iiiialireiehes 
Adamaua.  Als  Premierlieutenant  M(trgen  dem  Sultan  von  Tihati 
die  deutsche  FlagL^e  üherreichen  widlte,  wies  der  unseren  Forscher 
sonst  sehr  freundli«  h  ucsiiinte  jugendliche  Häuptling  dieses  Geschenk 
mit  der  Bemerkung  /uiiick.  dass  er  hierzu  erst  di*'  Krlaubniss  des 
Oberiierrn  vnn  .Inla  einholen  müsstr.  Der  lläu[)tlini;  von  Jola,  dessen 
Sitz  am  Bennii  nach  der  f^ondoner  (irenzregnlirung  vom  27.  Juli  bis 
2.  Auirust  188fi  in  die  eiinlistlie  lnteressensi)li;ire  gefallen  ist,  hat 
ohne  Zweit.  1  eine  leitende  Stellung,  wie  dies  auch  noch  jüngst  durch 
die  Reisen  V(»n  Dr.  Zintgraff  uud  des  Major  Mac  Donald  mieh- 
gewiesen  ist.  Der  Aufsaugungsprozess  der  eingeborenen  Heiden 
durch  die  Muhamedauer  geht  im  Ailgemeiueu  aber  langsam  vor 


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222 


Die  detitscben  Kolonien. 


sich;  selbst  am  nniereo  Benne  haben  sieh  noch  maoohe  tüchtige 
heidnische  Stämme  erhalten. 

Verwaltung  und  Wirthschaftliches. 

In  der  Beschreibnng  der  Verwaltungsthätigkeit,  welche  dnrch 
Freiherm  v.  Soden  (dem  als  Gonverneor  Dr.  Zimmerer  folgte)  gut 
eingerichtet  war,  sind  nnr  wenig  Nenbeiten  zu  verzeichnen,  es  sind 
die  nOthigen  BestimmuDgen  über  die  gesnndheitspolizeiliche  Kontrolle 
der  den  Hafen  anlaufenden  Schiffe,  fiber  die  zu  entrichtenden  Hafen- 
abgaben und  die  Meldepflicht  der  Niehteingeborenen  erlassen  wor- 
den. Die  Bantbätigkeit  war  sehr  rege.  Die  Gebäude  am  Sitze  des 
Gouyemements  haben  durch  den  Ban  eines  weiteren  Verwaltungs- 
gebäudes einen  Zuwachs  erhallen.  Es  kamen  dabei  die  Mouier- 
wfuide  zur  Verwendunu:,  deren  l'alui kanten  später  das  ausscliliess- 
li<'lio  Kecht  der  ^eNverlilichen  Verwcrtliuiig  des  Alonierverfahreus  für 
Kamerun  auf  10  .lalire')  patentirt  wurden  ist. 

Bedeutendes  ist  auch  in  V^ietnria  an  der  Ambasbuclit  geleistet, 
wo  ein  Bezirksamt  eingerichtet  ist  uml  sicii  auch  die  Baseler  Mission 
niederiielasserj  liat.  Wo  früher  sieh  Sümjife  und  pfadiose  Diekiehle 
dehnten,  sind  jetzt  l)lü}ieiidt'  (Jarten  und  Farkanlai;eri.  Breite  rein- 
liche Wege  erleichtern  deu  Verkehr  und  schmucke  teste  AVohnuugen 
laden  zum  Verweilen  ein.  An  geeigneter  Stelle,  an  den  Abhiingeu 
des  Hügels,  welchen  die  Wolinnng  des  Bezirksamtmannes  schmückt, 
sind  KakaopHanzungen  und  ein  botanischer  (harten  angelegt.  Auch 
Kribi  im  Batangaland  wird  zu  dem  Sitze  eines  Bezirksamtmannes 
gemacht  werden.  Ueber  die  sonstigen  Kamerun  betreffenden  Fragen 
giebt  der  Artikel  ^Die  Kolonialpolitik  im  Reichstage''  genügenden 
Aofschluss.  Die  Kakao-  und  BaumwoUkultur  ist  vielversprechend, 
über  die  Güte  des  Tabaks  gehen  die  Ansichten  auseinander.  Im 
Soden  sind  die  Handelsverbindungen  schon  recht  ausgedehnt  und 

')  AkliengesolUohaft  für  MonifT bauten  vorm.  (i.  A.  Wayss  A'  Co.  in 
Beiliu  fabrizirt  gair/.o  Hauwerkc  in  <ier  Ait,  dass  enlwedir  Uiiiul-  und  Fa^ooeisen 
in  Cementmörtel  eingisoiikt  oder  dat>s  auf  aDKe»paDi)te  Drabtgcweb6  und  OelleeLte 
Cementmortel  anfgetragcn  wird.  Ferner  werden  Hartgipsdielen  aus  «ner  Mischung 
von  Gips  mit  Beis&tsen  (Kork,  Pflanienmark,  Strob,  Cetlulose,  LeimwaBser,  Dextrin 
u.  s.  w.)  hergestellt.  IMe  ^eroiüchte  Masse  wird  auf  Lathen  von  Schil^hr,  Bfi  sen, 
P.amitus  oder  ."ihnlichen  lan<rfaser!pen  StDfTon  in  beliebiger  Form  ausfregossen  und 
auf  Tialnrüoliein  oder  künstlirliem  ^Vege  {.'etiorknct.  Die  (lipsdielwande  sioliern 
gegen  die  Wärme  und  Unpe/iefir,  die  ller.siUUing  der  Fus>bödtn  aus  (Vuieut 
macht  ein  Faulen  derselben  unmöglich,  verleibt  zugleich  den  Uäumcn  mehr  Küble 
und  erleichtert  das  Rsinhalten  derselben. 


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Kamerun. 


223 


bald  wird  die  Anomalie  verecbwinden,  dass  40  deutsche  Meilen  di- 
rekt hinter  Kamerun,  im  Wateland,  Ober  1000  Händler  sitzen,  weleho 
jfthrlich  flnnderttansende  von  Pfänden  Elfenbein  über  100  Meilen 
weit  anf  die  Mftrkte  von  Enlca,  Sokoto  und  Eano  bringen.  Beson- 
ders za  wOnsclien  w&re  es  nach  den  Vorgänuen  des  letzten  Jahres, 
dass  anstatt  der  Polizeitrnppe  auch  hier  eine  kaiserliche  Schotztruppe 
eingerichtet  und  ein  Hospital  erbant  wörde.  Die  Ilaiidplsstatifitik 
von  Kamerun  liegt  noch  im  Argen,  da  nur  (icwicbt  der  Einfuhr  an- 
gegeben wird.  Die  lokalen  Eiiinahuieu  betrugen  im  Jahre  1890 
289007  M.  gegeu  232  781  M.  in  1889. 

Die  Tschadsee- Frage. 

Infolge  des  deutsch  -  englischen  Abkommens  und  der  späteren 

Yereinbarong  zwischen  England  und  Frankreich  über  eine  Grenze 

vom  Niger  znm  Tschadsee  hatte  die  Abgrenznngsfrage  f8r  unsere 

Kolonie  Eameron,  welche  leer  ausgegangen  war,  eine  besondere  Be- 

dentnng  gewonnen.    Da  sich  die  englische  und  französische  In- 

teressensphAre  am  Tschadsee  berührten,  so  hfttte  man  erwarten 

können,  dass  aach  deutsche  Bestrebungen  nach  dieser  Richtung  hin 

thätig  sein  würden.    Der  Artikel  5  des  Abkommens  mit  England 

setzte  ein  gewisses  Provisorium  fest,  da  es  heisst: 

Es  vird  Tereinbart,  dass  durch  Vertrig«  und  Abkommen,  welch«  von  oder  su 
Gunsten  einer  der  beiden  H&ehte  in  den  Qefenden  nördlich  vom  Benue  getroffen 

«erden,  das  Kocht  der  aadern  Macht,  im  freien  Durchgangsverkehr  un<i  ohne  Zah« 
lung  Ton  Durcbgan^szü  leu  nucL  und  von  den  Ofem  des  Ischsdsees  Handel  su 
treiben,  nicht  beeinlrftchtigt  werJen  soll. 

VoD  allen  Vertrugen,  welche  in  dem  zwischen  dem  iienue  und  Tschadsee  be- 
legenen Gebiete  geschlossen  werden,  soll  die  eine  Uacbt  der  anderen  Anzeige  er- 
statten. 

Der  Ausdruck  nOrdlieh  vom  Benufi  ist  ebenso  unbestimmt,  wie 

der  andere  zwischen  dem  Benue  und  Tschadsee.  Er  lässt  die  Deu- 
tung zu,  dass  das  ganze  rechte  Ufer  des  Benne  noch  als  umstritten 
ungesehen  werden  könnte.  Dieselbe  dürfte  aber  niriit  anzuii«  Innen 
sein,  dji  unsere  Grenze  bekanntlieh  bei  Jola  am  oberen  Benue  endet, 
und  es  sieh  nur  um  eine  Fortführung  dieser  Linie  nach  dem  Tschad- 
see handeln  dürfte.  Oberhalb  .lola  hat  die  Koyal-Niger-Company  in 
der  Landsebaft  Hibago  in  Garua  i}ereits  eine  Station  angelegt,  welche 
zulel/t  noch  vuu  dem  Alajor  Aiacdouald  besucht  wordeu  ist.^) 

l)ie  Expetiiiiou  war  den  benue  aufwärts  gedampft,  hatte  die  verschiedenen 
Emire  besucht,  war  aber  von  dem  Oberbäuptlinge  von  Jola  nicht  empfangen  wor- 


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224 


Die  deatacbea  Kolonien. 


Von  Seiten  der  Englfinder,  welche  in  ihren  Uandelsbeziehnngen 
durch  den  Vertrag  mit  Deutschland  nchergesteUt  waren,  droht  aber, 
zumal  der  Sultan  von  Bornn  es  ablehnte,  mit  ihnen  einen  Vertrag  zu 
schliessen,  ans  nicht  dieselbe  Gefahr  wie  durch  die  Franzosen,  weldie 


den,  der  erklärt  hatte,  daes  er  memale  einen  weiwen  Hann  aehoi  wollte;  obvobl 

Uacdonald  ihm  ein  Exemplar  seines  Rinfübrungsscbreibens  von  der  Königin  von 
England  nbersandte,  blieb  er  docb  hartnäckig  und  wt-ij^erte  sich,  den  (lesandten  zu 
empfantren,  wenn  er  nicht  ein  Schreiben  des  Sultans  von  Sokoto,  seines  Herrn, 
übeibringeu  könnte.  Die  Expedition  fuhr  stromaufwärts,  erreichte  die  Vereinijunu 
des  Faro  und  Benue,  passirte  das  durch  Barth  bekannt  gewordene  Taepe  und 
hielt  bei  Gania  in  dem  Gebiete  Ribago,  welches  unter  der  Oberhemehaft  von  Joln 
ist.  Am  Hofe  von  Garua  waren  wie  auch  in  Jola  Vertreter  des  Reiches  Boran  an- 
wesend. Hier  ist  die  äusserste  SMtion  der  Royat-Niger^Company  am  rechten  Ofer 
des  Flusses  pelepen,  also  bereits  in  dem  Gehiefo,  welches  man  als  zu  dem  deut- 
scheu Hinterlande  gehöris,'  betrachtet  hat.  Zehn  Meilen  von  Garua  fliesst  der  Kebbi 
in  den  l>enue,  weich  letzterer  sich  bald  nach  Süden  wendet  und  zu  einem  unbe- 
deutenden Gebirgsbacbe  wird.  Die  durchschnittliche  Tiefe  des  Kebbi  w&hre&d 
dieser  Zeit,  fast  Hochwasser,  war  10—12  Fuss,  die  dnicbsehnittliche  Breite  350 
Yards.  An  seinem  Unterlauf  wohnen  noch  mohamedanische  Fnlbe,  aber  bald  hören 
die  bewohnten  Gegenden  auf,  die  Grenze  zwischen  den  mohamedanischen  und  beid- 
ni.Mchen  Stämmen  beginnt.  Etwa  50  englische  Meilen  von  Gania  tauchten  am  Ufer 
Hunderte  von  nackten,  mit  3  Sfaereu  bewaffneter  Krieger  auf,  hinter  Felsblöckon 
Schulz  suchend,  &o  da^is  nur  die  glauzendeu  äpeerspitzeu  sichtbar  waren-  Dieser 
Glanz  war  insofern  beruhigend  fär  die  Expedition,  als  daraus  hervorging,  dass  die 
Speele  nicht  veififtet  waren.  Es  trat  eine  Pause  ein.  Dann  begann  der  Fulbe- 
Dolmetscher  in  einem  Dialekt  der  Battawa  die  Heiden  tu  begrössen,  welche  glück- 
licherweise den  Dialekt  verstanden.  Ihre  erste  Frage  war,  ob  die  Reisenden  Mo- 
hamedaner  wären,  da  sie  in  diesem  Falle  den  Durchzug  verhindern  wurden;  sie 
wären  die  Verpusten  der  Ueidenslämme  und  hätten  dahin  gehende  Hefelile.  Als 
sie  in  diesem  l'unktc  beruhigt  waren,  legten  sie  der  Weiterfahrt  keine  Hindernisse 
mehr  in  den  Weg,  weldbe  entlang  den  Dorfern  Katso  und  Kaku  In  einen  Von  den 
Eingeborenen  Nabarat  genannten  See  fahrte  (unter  dem  14°  ö.  L.  und  9"  45'  n.  Br.), 
dem  ipssersten  Punkte  der  Sohiffbarkeit  Die  ^Bevölkerung  war  friedlieh,  aber 
llae  Donald  ist  der  Ansicht,  dass  ein  ADgriiT  derselben  doch  unausbleiblich  ge- 
wesen wäre,  zumal  sie  augenscheinlich  keinen  HegrifT  von  der  Gefährlichkeit  der 
Feuerwaffen  Imtiiu.  l'ie  Weilur  und  Alänuet  umdiaiigien  das  Üchiff,  augenehme 
Figuren  mit  wohlgestalteten  Geaichtszügeu,  aber  »ehr  spurlich  bekleidet.  Der  See 
wurde  gleich  darauf  selbst  für  den  nur  einen  Fuss  tief  gehenden  Dampfer  unfishr- 
bar  und  es  gelang  nicht,  weiter  sn  kommen,  ala  bis  sn  einer  Stelle,  welche  von 
Dama  in  der  Tnburi-Gegend,  dem  entferntesten  von  Dr.  Vogel  in  1854  «nrdchten 
Punkte,  noch  etwa  30  Alcilen  eutferni  war  Dieser  See,  welcher,  allem  Anschein 
nach  t  ie  Quelle  des  Kebl»i  bildt  t ,  soll  nucli  Aussagt'  der  Eingeborenen  auf  den 
vierten  Theil  seines  l'mfanges  in  tler  troi-keueii  Jahrcs/A-it  /usamuieusohrtimpfen ; 
es  wird  über  alle  Zweifel  bewieseu,  d&a  der  Kebbi  selbst  in  der  Kegeuzeit  keine 
Verbindung  mit  dem  Tftehadsee-BtMin  hat,  dass  wenige  Heilen  hiervon  die  Wasser- 
seheide swisehen  dem  Niger-  und  Ttehadsee  liegen  milsse. 


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Kamerun. 


225 


den  Traum  eines  groBsen,  von  Algier  nach  dem  Kongo  reichenden, 
unter  framOsischer  Oberhoheit  stehenden  Gebietes  za  realisiren 
wünschten.  Der  Tschadsee  hat  flkr  die  Franzosen  angensdheinlicfa 
mehr  ein  ideales  als  ein  praktisches  Interesse,  denn  der  Handel 
der  Gegenden  des  Tsehadsee  wird  im  Lanfe  der  Zeit  seinen  na- 
tflrlichen  Abflass  nach  Sfidwesten  finden,  um  die  Wasserstraase  des 
Benn^Niger  benutzen  zu  kOnnen.  Ihirch  die  Agitation  für  die 
Transsahara-Bahn  angeregt,  bildete  sich  aber  in  Paris  das  Oomitö 
de  TAfrique  fran^aise,  welches  in  einer  gMz  systematischen  Weise 
durch  Entsendung  von  Expeditionen  vom  Sanga,  übangi  und  BenuS 
aus  unser  Hinterland  zu  beschränken  suchte.  Von  Sftden  gingen 
'  zwei  Expeditionen  nach  Norden,  die  eine  Ton  Fourneau  geleitet, 
den  Sanga  hinauf,  einen  rechten  Nebenfluss  des  Kongo,  dessen  Quell- 
gebiet  nOrdlich  vom  10®  0.  L.  liegt,  wahrscheinlich  in  dem  Gebiete, 
welches  uns  durch  Vertrag  mit  Frankreich  unbestritten  gehört.  Eine 
andere,  von  Crampel^)  geleitet,  ging  den  übanghi  hinauf,  und  er- 
reichte die  Grasländer  des  Sudan.  Beide  wurden  aber  von  den  Ein- 
geborenen fiberliBllen  und  wahrend  Fourneau  entkam,  bttsateCram- 
pel  seinen  Forsdiungseifer  mit  dem  Tode.  Obwohl  Dybowski 
die  Grampersehe  Expedition  neu  organisiren  will,  so  hat  er  doch 
ebensowenig  Aussichten  wie  sein  Vorgänger,  da  nach  den  letzten 
Nachrichten  aus  Zentral-AMka  die  europ&erfeindüche  Richtung  der 
Senuschiten  immer  weiter  um  sich  greift  und  den  Reisenden  den 
grttesten  Gefahr«i  aussetzt  Ueber  den  BennS  versucht  Lieutenant 
Hizon  nach  dem  Innern  vorzudringen. 

Obwohl  wir  den  Tschad see  als  Eud/icl  unserer  IMäne  im  Auge 
behalten  sollen,  so  mahnt  doch  das  Schicksal  der  Expeditionen, 
welche  nicht  dunh  ^^oiiiiirendc  Stationen  geschützt  waren,  zur  Vor- 
sicht. Der  Weg  dorthin  kann  nur  durch  systsmatische.  beharrlich"' 
Arbeit  gewonnen  werden,  nicht  durch  Hiegende  Expeditionen,  deren 

0  Did  im  Jahrgang  1889*  8.  194  uigedentflto  Möglichkeit,  dtM  der  fnaiö- 
dsdie  Rdsend«  Paul  CrAiapal  auf  einar  Raiaa  in  Jabra  1888—1889  daa  dantaeha 

Gebiet  im  Süden  gestreift  hat,  hat  sich  nicht  bestätigt,  nachdem  in  dem  aBulletin 
de  la  Societe  de  Geographie  de  Paris"  (4.  Trimestre  1890)  die  Routoüaufnahrae 
des  Reisenden  veröfFentlicht  worden  sind.  Darnarli  verlief  die  Rückreise  etwas  süd- 
lich vom  20  Gr.  n.  Br.  Er  giebt  in  seinen  Behebt  seinen  Landsleuten  einig«  be- 
meikesswerthe  Ratbaehl&ge,  «ia  dar  Handal  dar  Fan,  «aleba  auch  im  Hintarlanda 
miaaiar  Kamanuikoloiiia  wohnan,  von  Balanga  abgalankt  waidan  könna»  indam  ar 
ampfiaUt,  am  obaren  Ogowa  eine  Hilit&ratation  einzurichten  und  den  Ivindo,  einen 
rechten  Nebenfluss  desselben,  walchar  bia  dicht  an  dia  dantaeha  Granxa  gaht,  für 
fiandelsz wecke  zu  benutzen. 

Koloniales  Jabrbnch  1891.  J5 


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226 


Die  deatsehen  Kolonien. 


oveutuellc  Verträge  kaum  das  Papier  werth  sind,  da  der  earopAiftchen 
Madit  alle  Mittel  fehlen  die  Innehaltaog  derselben  darchzosetaEen. 
Wenn  wir  nicht  geschickt  vorgelien,  werdeo  wir  bereits  in  Ada^ 
maiia,  dessen  in  Jola  residirender  Häuptling  von  Earopäem  nichts 
wissen  will,  eine  Barriere  finden,  die  schwer  za  überschreiten  ist. 
Um  diesem  Menschen  nnd  Geld  verschlingenden  Wettlaofen  ein  Ziel 
zn  setzen,  wftre  es  empfehlenswerth,  dass  die  interessirten  Mftchte 
eine  genaue  Abgrenzung  ihrer  lespektiven  Interessenspfaftren  anf 
diplomatischem  Wege  voni&hmen. 

Letzte  Eftmpfe. 

Im  Früiijaiir  dieses  Jahres  hatten  die  am  Abo-Flusse  (welcher 
mit  dem  Wuri  zusammen  den  KameruiiHiiss  bildet)  wohneudeii 
Stämme  d<'m  Gouverneur  in  Kamerun  den  Gehorsam  gekündigt  und 
den  zur  Stiltuug  des  Friedens  entsandten  Kauzler  Leist  augegrifFeu. 
Gleichzeitig  hatten  sie  ihre  Hauptsitze  befestigt,  den  Fluss  gesperrt 
und  fortgesetzt  Drohungen  gegen  das  Gouvernement  gerichtet.  Die 
Behörden  des  Schutzgebietes  erachteten  es  zur  Aufrechterhaltung  des 
deutscheu  Ansehens  uud  Gehorsams  für  erforderlich,  die  Abo-Stämme  . 
mit  Gewalt  zur  Unterwerfung  zu  zwingen.  Die  Mittel  boten  sich 
in  dem  Umstände,  dass  der  Hauptmann  von  Gravenreuth,  mit  einer 
Expedition  nach  dem  Süden  des  Schutzgebietes  beauftragt,  seine 
Kolonnen  in  Kamenm  sammeln  mnsste,  so  dass  sie  zu  einem  Streif- 
zug gegen  die  Abos  verwendet  werden  konnten.  Gleichzeitig  hatte 
der  äteJlivertcetendc  Goavernenr,  Legationsrath  von  Schnckmann  be- 
schlossen, den  Flnssdampfer  .Soden''  zu  befestigen  und  ebenfalls 
stromanfw&rts  gegen  die  aufständischen  Stämme  zu  fähren. 

Nach  einem  Ende  Oktober  eingetroffenen  Telegramm  des  Le- 
gationsraths von  Schnckmann,  Vertreter  des  anf  Urlaub  befindliehen 
Gonvemenrs,  ist  der  Zug  gegen  die  Abos  erfolgreich  gewesen.  Die 
beiden  befestigten  feindlichen  Hauptorte  lOang  nnd  Bonakwase  wur- 
den nach  erfolgter  Landung  nnd  heftigem  Kampf  von  der  Expedition 
Gravenreuth  unter  Beihilfe  der  Mannschaften  von  dem  MHabichf 
nnd  der  „Hyäne**  gestfirmt  nnd  diese  Orte  sowie  verschiedene 
NebendOrfer  zerstört.   Die  Verluste  der  Abo-Stämme  sind  sehr  gross. 

Die  Nachricht  kam  etwas  äberraschend,  aber  da  die  Abo-Stftmme 
zu  den  Zwischenhändlern  gehören,  welche  den  Kfistenhandel  als  ihr 
Privileg  ansehen  und  deshalb  sogar  den  Abo-Fluss,  einen  Neben- 
fluss  des  Wuri,  gesperrt  hatten,  so  mussten  sie  mit  Gewali  von  der 
Nutzlosigkeit  ihrer  Haltung  flberzeugt  werden.   In  Kamerun  scheint 


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Togoland.  227 

also  jetzt  der  in  Aüssicht  gestellte^ernsthafte  Kampf  gegen  den  Zwischen- 
handel zu  beginnen.  Die  Abo -Stämme  stellen  den  zweiten  Ring 
der  Zwischenhändler  dar. 

Togoland. 

Roisrn. 

Im  Innern  des  Togogebietes  sind  zwei  wissenschaftliche  Stationen 
errichtet,  Bismarck  bürg  und  aJs  jüngste  die  der  Kfiste  näher 
liegende  M  isahöhe.  Auf  der  ersteren  war  Dr.  Büttner  th&tig;  derselbe 
nntemahm  im  Febmar  eine  Heise  in  das  Anyanga-Land,  welches 
nach  Ansicht  der  Reisenden  bedeutend  besser  als  Adeli  ist;  es  weist 
grosse  Dörfer  mit  ansgedehntem  Feldbau  auf  und  die  Eingeborenen 
treiben  viel  Viehzucht  Im  Mai  hat  Dr.  Büttner  eine  weitere  Reise 
nach  der  nordöstlich  gelegenen  Landschaft  Tscbautjo  unternommen, 
mit  deren  Häuptling  der  verstorbene  Stabsarzt  Dr.  Wolf  in  nähere 
Beziehung  getreten  war.  Nach  den  Berichten  aus  dem  Sommer 
herrscht  im  ganzen  Adeli-Land  Ruhe  und  Ordnung  und  der  bei  der 
Station  befindliche  Markt  war  im  raschen  Aufblühen  begriffen.  Die 
Dorfhftuptlioge  wetteiferten  im  Aufrichten  der  grOssten  Flaggen- 
stangen, um  die  ihnen  übergebenen  deutschen  Flaggen  daran  aufzu- 
hissen. 

Preinierlieuteuant  iioruld  auf  Misahühe  liatte  seine  Tbätigkeit 
vorzugsweise  auf  die  nus  durcli  das  Gren/ubkomiueu  mit  Gross- 
britaunieii  zugefaiieuen  (lehietstbeile  gericbtet  und  iu  denselben,  unter 
Aufnahme  genauer  Routenskizzen,  mehrfach  Reisen  unternommeu. 
Von  der  Station  der  Xorddeutscben  Missionsgesellachaft,  Ho  (S.  32) 
empfint^  er  einen  günstigen  Eindruck.  Sie  liegt  auf  einem  etwa 
40  m  hohen  Hügel,  umgeben  von  Gartenanlagen  und  Versuchs- 
plantagen mit  Katfee  nnd  Kakao  und  unterhielt  unter  Anderem  eine 
Brieftaubenzucht.  Die  an  und  für  sich  gesunde  Lage  ist  man  be- 
ständig bemuht,  durch  zweckentspreeiiende  Anlagen  noch  zu  ver- 
bessern, so  dass  Ho  später  einmal  als  Erholungsstätte  für  erkrankte 
Europäer  in  Betracht  kommen  kann. 

Das  Togogebiet  war  früher  bis  zur  Grenze  von  Dahomey  raehr- 
lach  von  Missionaren  der  Basler  Missionsgesellschaft  und  Xorddeut- 
scben Mission  durchzogen  worden,  obwohl  Niemand  von  iliii»  ii  bis 
in  die  (Jegend  von  Bisniarckburg  kam.  Dies  war  einem  Paar  Xeger- 
pastoreu  Hall  und  Clerk,  von  welchem  der  Letztere  in  Basel  gebildet 

15* 


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228 


Die  dcutidim  Kotoniea. 


war,  ▼oibebalten.  Die  in  deutscher  Spniche  beschriebene  Reise^) 
giog  am  15.  März  1890  von  Annm  an  der  am  linken  Volta^ 
nfer  liegenden  Landschaft  Feld  ans  nod  führte  Aber  Kpandn  bis 
Ntschumam,  wo  der  Negerpastor  Hall  wohnte.  Beide  logen  weiter 
nach  Wnmpong  nnd  besuchten  dort  den  Fetischpriester,  einen  von 
Natnr  gütigen  Mann  nnd  Freund  von  Pfarrer  Hall!  Es  ist  Nieman- 
dem erlaubt,  der  eine  Bededning  an  den  Fflssen  trügt,  sein  Hans  zu 
betreten;  doch  liess  er  die  Missionare  nicht  nur  mit  ihren  Stiefeln 
hinein,  sondern  bot  ihnen  sogar  Sitze  in  seinem  Hause  an.  Nur 
Ton  der  Regel,  dass  er  Niemand  die  Hand  reicht,  wollte  er  Iceine 
Ausnahme  machen.  Auf  die  Anidage,  er  sei  Schuld,  dass  die  Leute 
nicht  Christen  würden,  sagte  er,  er  wünsche  von  Heizen,  dass  die 
Missionare  Leute  bekämen,  aber  das  unsittliche  Leben  hindere  die 
Leute,  sich  zu  bekehren.  In  der  Landschaft  BoSm  weiter  am  Yolta 
hinauf  waren  die  Leute  eifrig  bei  der  Reisemte  beschüftigt,  ^fast 
wie  die  Bauern  in  Europa*'.  Morgens  früh  gehep  die  Männer  auf 
die  Plantagen,  die  Frauen  folgen  ihnen  nach,  nachdem  sie  das  Früh- 
stück gekocht  haben,  und  bleiben  dort  bis  Abends  spät,  üm  die 
Dörfer  und  Städte  yor  Feuersbmnst  und  Diebstahl  zu  bewahren, 
werden  Wächter  angestellt.  In  Apafo  wurde  den  Missionaren 
Schnaps  angeboten,  und  Clerk  beklagt,  dass  von  Bagida  aus  in 
die  inneren  Länder  jetzt  viel  Schnaps  und  Schiesspuher  ein- 
geführt werde,  so  dass  man  im  Innern  diese  Waaren  billiger  kaufen 
kann,  als  in  Akra.  Ganz  im  Innern  yerlangten  die  Leute  oft 
Schnaps  und  wollten  den  Missionaren  nicht  glauben,  dass  sie 
keinen  Schnaps  tränken.  Viele  von  ihnen  hatten  früher  wahr- 
scheinlich die  Getränke  nicht  einmal  gekannt,  noch  weniger  gekostet, 
doch  hatten  ne  einen  unausldschlichen  Durst  danach.  Das  Haupt- 
geschäft des  Apafostammes  besteht  im  Eisenschmelzen.  In  Botoi, 
wo  Tschi  bereits  yerstanden  wird,  erboten  sich  viele  Eingeborene, 
dem  Lehrer  Häuser  zu  bauen  und  ihm  Kinder  zu  schicken.  In 
BoSm  wird  allgemein  Sklavenhandel  getrieben.  Die  Stadt  Worawora 
ist  hübsch  gelegen  und  nach  Clerks  Ansicht  für  eine  Hauptstation 
geeignet.  Von  BoSm  ging  die  Reise  in  nordüsÜicher  Richtung  durch 
die  Landschaften  Oposso,  wo  über  den  übermächtigen  Einüuss  der 
Fetischpriester  geklagt  wird«  In  dem  Dorfe  Epanko  (dem  Dipongo 
in  den  „MittheiluDgen  aus  den  deutschen  Schutzgebieten^,  UL  Tal  Ul) 
wurde  den  Missionaren  von  den  Fetischpriestem  das  Predigen  nicht 

MittbeiluDgen  der  Geographischen  GeselUcbaft  für  Tbäriagen  lu  Jena. 
Bd.  CL  Htfl  8  und  4. 


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Togolnd. 


gestattet  «Am  7.  Januar*,  so  fthrt  der  Bericht  fort,  „fiuiden  wir's 
ffir  angezeigt,  vor  Allem  die  Deutschen  an&nsnchen  nnd  uns  Er- 
lanbniss  znm  Predigen  einzuholen;  denn  am  Konen  land  Pfarrer  Hall 
einen  von  ihnen,  der  ihm  sagte,  dass  wir  nm  die  Erlanbniss  zuerst 
hfttten  die  deutsche  Regierung  fragen  sollen.  Nach  einer  Stunde 
Gehen  in  Ostlicher  Riditung  kamen  wir  in  das  Dorf  (Jege),  worin 
Konton  wohnt.  Eine  halbe  Stunde  davon  .entfernt,  auf  einem  Berge 
wehte  die  deutsche  Flagge  mitten  im  Hofe  der  Niederlassung  (Bis- 
marcksburg). Wir  trafion  einen  der  Deutschen  dort;  einer  sei  auf 
einer  Erforsehungsreise  gestorben  (Dr.  Wolf)  und  ein  anderer  war 
damals  in  Salaga.  Der  dort  Angetroffene  erlaubte  uns,  zu  predigen. 
Die  Niederlassung  bat  Oberaus  schOne,  gesunde  und  trockene  Lage, 
die  Hänser  in  dem  viereckigen  Hofe  sind  provisorisch  und  auf  Pfählen 
gebaut  mit  Grasdächem.  In  der  Nähe  haben  sie  2  oder  3  Plan- 
taiieii,  worin  Fisansf,  Bananen  und  dergl.  schön  gedeihen.  Jener  Herr 
sah  sehr  Irisch  aus  und  sagte,  er  sei  immer  gesund.  Die  Missionare 
zogen  nach  Salaga  („eine  der  grössten  Stiulte  Westafrikas,  aber  auch 
eine  der  unreinlichsten")  und  predigten  in  der  Königstadt  Kpambi 
vor  dem  muhamedanischen  Herrseher  und  seineu  Aeltesten,  doch 
<ihne  dass  diese  das  geringste  Interesse  dafür  gezeigt  hätten.  Ihr 
ganzes  Benehmen  bei  der  l'redigt  war,  als  wollten  sie  sagen:  Was 
machen  diese  Schwätzer!"  Die  Rückreise  ging  über  Kratji  auf  der 
linken  deutschen  Seite  des  Yolta,  wo  der  Fetischismus  wieder  über- 
hand nimmt,  nach  Auum. 

In  diesem  Sommer  ist  das  Hinterland  nach  Salaga  zu  durch 
den  Hauptmann  Kling,  welcher  von  seinem  in  Deutschland  ver- 
brachten Urlaub  zurückgekehrt  war,  besucht  worden.  Nachdem  die 
Expedition  in  Begleitung  des  Reichskommissars  a.  i.  Grafen  Pfeil 
za  Anfang  Juli  von  der  Küste  ins  Innere  aufgebrochen  war, 
durchzog  sie  zunäclist  die  westlichen  Grenzgebiete.  In  Ho  scbloss 
sich  ihr  Prem.-Lieut.  Herold  an.  Dann  marschirte  man  weiter  bis 
Kj)andu  in  der  Nähe  des  Grenzflusses  Volta.  Von  hier  ans  kehrte 
Graf  Pfeil  zur  Küste,  Lieutenant  Herold  nach  Misahöhe  zurück,  wäh- 
rend Hauptmann  Kling  weiter  über  Kratschi  nach  Sahiga  marschirte, 
um  sich  später  Ostlich  nach  Bismarclcsburg  zu  wenden.  Man  wird 
wohl  nicht  fehlgeben  in  der  Annahme,  dass  Hauptmann  Kling  die 
Aufgabe  hat,  in  dem  wichtigen  Salaga,  welches  durch  den  deutsch- 
englischen Vertrag  rorlftufig  neutralisirt  worden  ist  und  auf  das 
auch  die  Franzosen  ihr  Augenmerk  gerichtet  haben,  die  deutschen 
Interessen  wahrzunehmen,  sowie  audi  die  Besitamahme  der  angren- 


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230 


Die  deuUcbea  Kolouieu. 


zendoD  Gebiete  dnreh  die  Firanzoeen  thnnlicbst  zu  Terblndern.  Was 
die  Beise  des  Grafen  Pfeil  Iftngs  der  Westgrenze  nach  Epandn  betrifft, 
Bo  galt  dieselbe  offenbar  der  Regelung  der  versebledenen  Unznträg- 
licblceiten,  welche  sich  ans  den  Grenzbestimmiingen  des  deatscb- 
engliscben  Vertrages  in  den  Grenzgebieten  ergeben  hatten.  Wsbrend 
nikmlich  Ton  Salaga  abwärts  der  Voltaflnss  in  dorchaas  zweckmässiger 
Weise  die  Grenze  bildet,  zieht  sieh  dieselbe  am  Unterlauf  diese» 
Flosses  in  scharfem  Zickzack  Aber  Land  nach  Osten  hin  bis  zar 
Käste,  so  dass  im  Kflstengebiet  beide  Ufer  des  Volta  znm  englischen 
Machtbereich  gehöreD.  So  kommt  es,  dass  das  englische  Eeta  östlich 
der  VoltamfindaDg  der  Daturliche  Hafen  nnd  Stapelplatz  für  das 
deutsche  Gebiet  im  Osten  des  Volta  ist.  Es  ist  in  Folge  dessen 
nicht  mehr  als  natürlich,  dass  die  Stämme  am  deutschen  Volta-Ufer 
auch  politisch  mehr  oder  weniger  nach  Eeta  hinneigen,  nnd  dass  es 
ganz  besonderer  Maassnahraen  bedarf,  um  die  politischen  nnd  Han- 
delsinteressen Deutschlands  dort  wirksam  zu  vertreten.  Nachdem 
die  Engländer,  um  den  Handel  des  deutschen  Voltafjebietes  gauz 
nach  ihrer  Küste  zu  ziehen,  kürzlich  auch  noch  die  Zölle  in  Keta 
auf  ein  Minimum  Ijeschrünkt  haben,  bleibt  für  uns  dort  nichts  Anderes 
übrig,  als  lüngs  unserer  verschrobenen  Landgrenze  von  der  Küste 
bis  zum  Voitu  hin  eine  wirksame  Zollgrenzt!  zu  ziehen,  welche  den 
Uebergang  nach  bez.  von  dem  englischen  (Gebiet  möglichst  erschwert 
und  den  Handel  des  deutschen  Hinterlandes  nach  der  dentschen 
Küste  lenkt.  Schon  iu)  Interesse  der  deutschen  Zollcinnuhmen  au 
der  Küste  ist  eine  solche  Maassregel  unvermeidluli.  IVis  jetzt 
hat  man  den  dün  h  die  englischen  Maassnahinen  auf  deutscher  Seite 
entstandenen  beträchtlichen  Ausfall  au  Z<»lleinnaliinen  dadurch  za 
decken  gesucht,  dass  man  au  der  deutscheu  Küste  eine  hohe  Firmen- 
steuer von  den  kaufmünuis<dien  (Jeschäften  erhebt.  Die  Folge  ist, 
dass  sich  manche  Kaufleute  aus  dem  Tngogebiete  zurückziehen  und 
sich  nach  dem  zollfreien  enülisclieu  Keta  beuehen  werden,  wo  sie  das 
Jlandelsübergewiclit  dieses  Hafens  den  (leutsrhen  Hafen  gegenüber 
nur  noch  verstärken  helfen.  Auf  diese  Weise  muss  die  Kntwickelung 
des  deutschen  Togogebietes  n<tth\vendig  zurückgehen.  Am  einfachsten 
würde  es  sicher  sein,  wenn  die  Kngländer  uns  auch  das  linke  l'fer 
des  unteren  Volta  abträten  gegen  eine  angemessene  Entschädigung, 
denn  die  Errichtunu  einer  Zollgrenze  im  afrikanischen  Busch  würde 
für  uns  eine  neue  kostspielige  Erscheinung  werden.  Auf  das  L  ni- 
>i<  litnrifen  des  Schnap'^lianih'ls  iu  Folge  dieser  Verhältnisse  wird 
später  noch  eingegangen  werden. 


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ToKdttuL  231 
Die  Eweer. 

Bei  jeder  Kolonisation  in  den  Tropen  ist  die  Frage  nach  den 
Cbarakt«r-Fähigiveiten  und  der  BUdang  der  Eingeborenen  immer  die 
\\ichtigste,  denn  der  Weisse  wird  immer  ein  Fremdling  in  diesem 
Lande  bleiben,  das,  wie  ganz  Westafrika,  ein  dem  Europäer  un- 
günstiges Elima  bat.  Man  bat  dieses  Land  uacb  einem  kleinen 
Volksstamm,  dem  Togostamme,  baiaimt  und  ancb  einen  Namen  ge- 
wählt, der  wie  sonst  die  Ländernamen  meistens,  das  Volk  gleich  za 
erkennen  giebt;  der  zutreffende  Name  würde  Evlie-  oder  Epbe- 
land  sein. 

Evheawo  beissen  sie  in  ihrer  Sprache  nnd  Evheme  würden  sie 
ibr  Gebiet,  das  Land  der  Evbeer,  nennen,  wenn  sie  ein  Bewusstsein 
ihrer*  Einheit  hätten  oder  ein  politisches  Ganze  bildeten.  Allein  es 
scheint  dem  Afrikaner  selten  möglich,  ein  grosses  Reich  zu  bilden, 
es  sei  denn  unter  Fremdherrschaft  oder  Tyrannenherrschaft.  Die 
Fremdherrschaft  ist  den  Evheern  nicht  nahe  gekommen.  Von 
Tyrannenberrscbaften  haben  sie  zwei  in  der  Nachbarschaft,  im  Osten 
Dahome,  im  Westen  Asante.  Diese  beiden  grossen  Negerreiche  sind 
schon  in  früheren  Zeiten  und  auch  noch  in  den  Zeiten  der  jetzt 
lebenden  Generation  in  s  Evheland  eiogerQckt,  aber  haben  nicht  ver- 
mocht, das  freie  Volk  sirii  /u  uiterwerfcn.  Die  Gefahr,  von  zwei 
grösseren  Nachbarn  eines  Tages  verscblnckt  zu  werden,  hat  jedoch 
die  Evheer  nicht  veranlasst,  sich  zu  einigen.  Wobl  hat  es  grössere 
Verbände  von  Stämmen  gegeben,  in  denen  ein  Stamm,  meistens 
durch  kriegerische  Tüchtigkeit,  die  Führerschaft  gewonnen  hatte.  So 
war  an  der  Kfiste  der  Anglostamm  die  Vormacht,  im  Innern  der 
König  des  Pekistammes  Oberhaupt  vieler  Stämme.  Aber  die  grösseren 
Verbftnde  haben  an  Bedeutung  verloren;  das  Volk  lebt  in  seine 
Stimme  getrennt,  und  nicht  einmal  der  einzelne  Stamm  ist  immer 
ein  geschlossenes  politisches  Ganze.  Das  Band  der  Einheit  ist 
Evhogbe,  d.  i.  die  Evhesprache.  Freilich  auch  dies  nur  in  dem 
liaasse,  als  die  Einheit  der  Sprache  in  .einem  Volke  erhalten  bleiben 
kann,  das  so  zerrissen  ist,  und  das  Im  politischer  Trennung  keine 
Literatur  hat,  welche  die  Spracheinheit  rettet.  Nicht  nur  der  Fremd- 
ling, auch  der  Evheer  wird  nicht  immer  leicht  verstanden,  wenn  er 
in  eines  andern  Theil  des  Landes  zieht  Bei  der  Beweglichkeit  der 
Negervölker  ist  es  auch  nicht  nur  ein  Sprachvolk,  das  den  Westen 
der  Sklavenkflste  einnimmt,  lieber  den  Volta  hinüber  sind  Tschi 
redende  Neger  gedrungen,  und  auch  mitten  unter  dem  Volke  der 
Evbeer  finden  sich  einige  zerstreute  Reste  anderer  Völker.   So  lebt 


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232 


Die  dentaeben  Kolonien. 


im  eigentlichen  Togo  ein  von  der  Goldivüste  stammender  Bruchtheil 
des  Gavolkes.  Von  demselben  Volive  stammt  die  Bevölkerung  der 
Landsciiaft  Agotime,  d.  i.  das  Land  der  Acjo,  der  Fächerpalme.  Oh- 
gleieh  die  Bewohner  Evhe  verstehen,  hab^ii  sie  tloeh  ins  heute, 
anderthalb  Jahrhundert  naeh  ihrer  Einwanderung  ihre  Muttersprache 
das  Vir  beibehalten.  Und  in  Avatime,  der  Landschaft,  in  welcher 
die  Station  Amedscliovhe  liegt,  wird  sogar  eine  Sprache  geredet, 
welche  anzudeuten  scheint,  dass  das  Völklciu  gar  nirht  der  Vrdker- 
familie  angehört,  welche  sonst  diesen  Theil  Afrikas  bewohnt.  Allein 
auch  hier  versteht  man  Evhe,  weiches  von  der  überwiesenden  Mehr- 
zahl im  Lande  geredet  wird  und  bei  dem  steigenden  Verkehr  mit 
der  Zeit  diese  kleinen  Reste  andcrf-r  Sprachen  überwindeii  wird,  um- 
somehr,  als  das  Evhe  durch  die  Mission  zur  Schriftsprache  erhoben 
ist.  Missionar  Knüsli  in  seinem  Wörterbuch  der  Evhesprachc  taxirt 
das  Gebiet,  in  welchem  Evhe  geredet  wird,  auf  8—5)00  l^>uadrat- 
meilen  (etwa  50000  Quadratkilometer)  und  die  Evheer  auf  zwei 
Millionen.  Das  würde  in  dem  sprachzerrissenen  Afrika  ein  sehr 
günstiges  Verhältuiss  sein. 

Wie  der  Mangel  einer  Literatur  zeigt,  gehört  dies  Volk  nicht 
zu  den  sogenannten  Kulturvölkern,  aber  man  würde  Unrecht  thun, 
wenn  man  ihm  jede  Kultur  absprechen  oder  auch  seinen  Kulturstand 
für  ganz  gering  halten  wollte.  Die  Mehrzalil  der  Evheer  sind  Acker- 
bauer. Da  das  Land  —  ob  aus  Gleichgültigkeit  seiner  Bewohner 
oder  um  seiner  natürlichen  BeschafTenheit  willen,  wissen  wir  nicht 
zu  sagen  —  arm  an  Vieh  ist,  so  giebt  es  keine  Viehzucht  und  auch 
keinen  Betrieb  der  Ackerwirthschaft  mit  Hülfe  von  Vieh.  Der  Land- 
bau ist  Handarbeit  mit  Werkzeugen,  welche  die  "Weissen  schon  vor- 
fanden, als  sie  ins  Land  kamen.  Die  Hauptfrucht  ist  die  afrikanische 
Kartoffel,  der  .lanis,  welcher  in  10 — 20  verschiedenen,  auch  ver- 
schieden benannten  Arten  von  dem  Landmann  gepflanzt  wird.  Da- 
neben wird  an  der  Küste  Mais  gepQanzt,  im  Innern  Reis.  Die  Dich- 
tigkeit der  Bevölkerung  nötliigt  den  Evheer  noch  nicht,  denselben 
Acker  Jahr  aus  Jahr  ein  zu  bestellen  und  mit  künstlichen  Mitteln 
die  Ertragfähigkeit  zu  erhalten.  Er  wechselt  mit  seinem  Felde  und 
hat  bald  hier,  bald  dort  seinen  Acker.  So  wenig  entwickelt  diese 
Landwirthschaft  ist,  so  ist  der  Evheer  doch  so  fleissig,  dass  sie  ein 
Volk  von  2  Millionen,  das  in  keinem  ueunenswertheu  Maasse  Fleisch 
geniesst,  von  den  Früchten  des  Feldes,  die  seine  Arbeit  gewinnt, 
ohne  eingeführte  Nahrungsmittel  ernährt.  Wo  Wasser  ist,  insbeson- 
dere an  der  Küste,  liegt  der  Evheer  auch  mit  seibstgefertigten 


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Togolaod. 


233 


Netzen  dem  Fischfang  ob,  und  es  gilt  den  Eüstenbewohnern  fftr  eine 
der  Entbehrungen,  die  man  im  Binnenlande  za  ertragen  hat,  dass 
man  dort  keine  Fische  hat  Die  Fische,  welche  im  Handel  in's 
'  Innere  kommen  nnd  von  den  Weissen  ans  leicht  zn  errathenden 
Grflnden  Stinkfische  genannt  werden,  können  diesen  Mangel  nicht  er- 
setzen. Dem  k(^nnen  wir  gleich  beiffigen,  dass  auch  der  Handel 
dem  Evhelande  nicht  fehlt,  welcher  die  Oflter  des  Landes  nnd  in 
unseren  Zeiten  auch  die  Güter  Europas  auf  den  Markt  bringt. 
Ausser  den  Fischen  war  es  schon  frfiher  das  in  der  Lagune  gewon- 
nene Salz,  welches  von  dem  Händler  in*8  Innere  getragen  wurde. 
Jetzt  kommen  die  iMiropäischen  Güter  hinzu,  üeberall  im  Lande 
giebt  es  Wocheumaiktc,  auf  welchen  gekauft  und  verkauft  wird. 
Der  Evheer,  wie  der  NcjEfer  überhaupt,  hat  eine  grosse  Neigung 
zum  Handel.  Mann  und  Weib,  Gross  und  Klein  treiben  gerne  Han- 
delsgeschäfte. Der  Mangel  an  Vieh  und  an  Gemeinsinn  nothigen  den 
Händler  freilich,  die  Handelswaare  auf  dem  Kopf  auf  den  schmalen 
und  nie  gradlinigen  Fasspfadeo  in'ä  Innere  und  vom  Innern  au  die 
Küste  zn  trac;en. 

"Wie  Laudbau  und  Handel,  so  ist  auch  das  Handwerk  vertreten. 
Die  Geräthe,  die  der  Evheer  gebraucht,  hat  er  selbst  hergestellt. 
Die  Matte,  auf  welcher  er  schläft,  hat  er  selbst  geHochten,  das  Kloid. 
das  er  trägt,  allerdings  sehr  einfach  in  der  Arbeit,  aber  vollstiindiger 
als  man  denkt,  für  die  Festtage,  liat  er  selbst  gearbeitet.  Die  im 
Lande  wildwachsende  Baumwolle  spinnt  der  Evheer  selbst,  er  färbt 
sie,  er  webt  sie  auf  seinem  Webstuhl  und  näht  die  schmalen  Streifen 
zu  einem  Kleide  zusammen.  Auch  der  Topf,  in  dem  das  Weib  das 
Wasser  holt,  die  Speisen  kocht,  die  Schüssel,  aus  welcher  der  Mann 
isst,  sind  einheimisches  Fabrikat.  Es  giebt  Städte  wie  Bolu,  die  be> 
rühmt  sind  wegen  ihrer  Töpferei.  Auch  das  Eisen,  das  im  Lande 
vorhanden,  hat  der  Evheer  bearbeitet.  Bei  Amedschovhe  finden  sich 
Spuren,  dass  dort  in  früheren  Zeiten  in  Eisen  gearbeitet  ist,  und 
aus  Sandrokofi  brachte  Missionar  Homberger  an  Ort  und  Stelle  ge- 
arbeitete eiserne  Hacken  mit 

Man  sieht,  es  ist  durchaus  nicht  ein  Volk  niedrigster  Kultur- 
stufe und  man  thut  Unrecht,  diesem  Volke,  das  sich  selbst  nfthrt, 
kleidet,  seine  Werkzeuge  bereitet  und  im  Handel  die  GQter  aus- 
tauscht, Torzuwerfen,  es  sei  trilge.  Es  ist  flberhaupt  ein  Irrthum, 
den  Fleiss  als  die  voinehmste  Tugend  hinzustellen,  welche  dem  Neger 
beizubringen  sei.  Er  ist  gerade  so  Üeissig,  dass  er  seine  Lebens- 
bedilribisse  befriedigen  kann.  Was  ihm'fbhlt,  smd  höhere  Lebens- 


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234 


Dia  d«attcb«n  Kolonien. 


ziele  und  damit  höhere  Lebensbedürfnisse  und  dann  die  Kraft,  diese 
zu  befriedigen.  Die  scliwache  Seite  des  Negers  ist  der  Mangel  au 
SelbstbelitTrschung.  Kr  kann  weder  gehorchen  noch  herrschen,  am 
wenigsten  sicli  selbst  beherrschen.  Soll  er  ein  höheres  Ziel  erreicheu, 
muss  er  die.se  Kraft  empfaii!?cii. 

Dies  höhere  Lcl)ens/.iel  luid  die  Kraft,  demselben  naclizustrobeu, 
sollte  U.A.  die  Religion  einem  Volke  geben.  Das  Evhevolk  ist  an  und 
für  sich  niclit  ohne  Ht'iigioii.  Ks  n-thA  auch  in  seinen  iSprichwörteni 
von  einem  höchsten  Wesen,  von  Mawu,  Das  Wort  bedeutet  wahrschein- 
lich: der  Erhabeni\  Aber  dieser  Erhabene  ist  zu  erhaben,  als  dass  er 
sich  viel  um  die  Menschen  und  diese  sich  viel  um  ihn  bekümmern.  In 
die  Lücke  treten  die  (Heister,  die  Trowo,  die  des  Ehveers  ganzes 
religiöses  Denken  ausfüllen.  Die  Furcht  vor  diesen  Trowo  ist  die 
Macht  der  Priester  und  die  Last,  welche  auf  dem  Volke  ruht.  In 
den  Bekenntnissen  derer,  die  Ciiristen  werden,  nimmt  das  Verlangen, 
aus  dieser  Kurelit  befreit  und  den  Han<len  der  Priester,  die  sie  aus- 
nutzen, zu  entrinnen,  eine  Haupt  stelle  ein.  Diese  Furrht  hat  aber 
nur  geringe  oder  keine  sittli*:le'  Wirkung:  sie  giebt  dem  Evheer  keine 
Maclit,  Herr  zu  werden  über  sicii.  Der  maasslose  sinnliche  Genuss 
jeder  Art.  die  Zügellosigkeit,  welche  ein  Staatsleben  bereits  unmög- 
lich gemacht  hat,  und  der  Druck  der  Fetischpriester  sind  der 
Fluch  des  Volks.  Wer  einem  afrikanischen  Volke  höhere  Lebens- 
ziele in"s  Herz  pflanzt,  die  Kraft  der  Sellistbeherrschung  und  das 
Vermügeu,  dieäcu  Zielen  eutgegeu  zu  btrebeu,  giebt,  der  hat  es  ge- 
rettet. 

A  berglanbe. 

Der  Afrika-Keisende  (iottlnh  Ad.  Krause  hat  der  „Kr.  Ztg.*" 
aus  Salaga  folgenden  von  einem  Schwarzen  herrnlirenden  Brief  ge- 
schickt, der  in  freier  l  ebers>"tzuut;  folgeuderniaassen  lautet:  „Kralschi, 
10.  Aj>ril  18in.  Ich  habe  die  Elire,  Ihnen  über  eine  aulTallcnde 
Thatsache  zu  bericiiten.  (ior  ich  hier  beigewohnt  habe.  Am  9.  d.  M. 
starb  ein  gewisser  .lau  Bordu,  worauf  dessen  Leichnam  unter  Billi- 
gung des  Königs  und  Priesters  (obosomfo)  von  dessen  Leuten  herum- 
getragen wurde,  bis  die  Träger  vor  dem  Hause  einer  Frau  Halt 
machten  und  diese  beschuldigten,  den  Tod  des  Verstorbenen  veran- 
lasst zu  haben.  Am  uiichsten  Morgen  wurde  dieselbe  auf  eineu 
freien  Platz  bei  Kele,  der  Stadt  nahe  bei  K rätseln,  in  der  die  ILiussa 
und  andere  Fremde  wohnen,  geführt  und  alle  Eingeborenen  von 
verschiedensten  (tegenden,  wie  Ada,  Awuna,  Fante,  Akwapem.  ver- 
sammelteu  sich  dort,  um  zuzuschauen.   Einer  der  Leute  (der  „Ver- 


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Togolaad. 


285 


gifter'*)  ergrifT  eine  kleine  mit  Gift  gefüllte  KürbisflaBche  und  gal> 
der  Frau  7  Mal  za  trinken,  bis  sie  starb.  Als  vor  etwa  4  Jahren 
der  (Englische)  Hauptmann  Firminger  mit  Trappen  nach  Salaga  ge- 
schickt wurde,  nm  HekrataD  anzuwerben,  warnte  er  die  Lente  von 
Kratschi  vor  Wiederholung  solcher  Szenen,  nnd  vor  Kurzem  that  ein 
deatecher  Offizier,  der  hier  war,  dasselbe,  gleichwohl  hören  sie  da- 
mit nicht  anf.  Alle  wir  Eingchorencn  hier  bitten  Sie  ganz  ehr- 
erbietig, diesen  Vorfall  an  den  deutschen  Kommissar  in  Togo  zu  be- 
richten. Seit  sie  gewarnt  worden  sind,  haben  sie  etwa  acht  oder 
zehn  Leute  auf  diese  Weise  geti^dtet.  Meine  Ansicht  geht  dahin, 
dass  dieses  Volk  dieses  Vergiften  („odom")  nicht  eher  anfgeben 
wird,  als  bis  der  König  und  der  Priester  (oboeomfo)  gefongen  weg- 
geführt und  einige  Jahre  ins  Gefängniss  geworfen  werden.*  Herr 
Kranse  schreibt  dazn:  „Soweit  der  Brief,  den  ich  an  das  Kaiserlich 
Dentsehe  Komniissariat  für  Togo  in  Aneho  flbersandt  habe.  Der  ge- 
schilderte Vor&li  ist  nicht  etwa  «nzelstehend.  In  vielen  Gegenden 
Afrikas  herrscht  unter  den  Heiden  der  Aberglaube,  dasa  der  Tod 
eines  Mensehen  durch  die  Schuld  eines  anderen  eintrete.  Um  den 
Schuldigen  zu  ermitteln,  wird  der  Leichnam  herumgetragen,  der  an- 
geblich vor  der  Hatte  des  Schuldigen  zu  verstehen  giebt,  dass  hier 
der  wohnt,  welcher  ihm  das  Leben  geraubt  Er  wird  dann  angeklagt, 
und  wie  man  in  Europa  zum  Angeklagten  sagt,  wir  kOnnen  es  dir 
nicht  beweisen,  aber  wenn  du  es  nicht  gewesen  bist,  so  bringe  einen 
Alibi-Beweis,  so  sagt  man  in  Afrika  zu  ihm:  trinke  dieses  Gift, 
wenn  da  es  nicht  gewesen  bist»  wird  es  dir  nichts  schaden.  Es  ist 
begreiflich,  dass  kein  Mensch  sicher  ist,  ob  nicht  im  nftchsen  Augen- 
blick ein  Todter  vor  seinem  Hause  Halt  machen  wird:  ist  er  reich, 
so  verliert  er  sein  Eigenthum,  indem  er  den  Vergifter  erkauft,  ist 
er  arm,  sdn  Leben.  Besonders  in  den  Gebirgsgegenden  im  nörd- 
lichen deutschon  Togo-Gebiet  herrscht  diese  grausame  Sitte  des  Gift- 
trinkens. Vor  einigen  Jahren  wurde  selbst  idi,  nOrdlich  von 
Atakpame,  mit  demselben  bedroht.  Die  Entvölkerung  der  erwähnten 
Gebirgsgegenden  hat  in  erster  Reihe  in  dieser  Sitte  ihren  Grund.  Jeder 
Angekhigte  muss  seine  Unschuld  dadurch  beweisen,  dass  er  Gift  ver- 
tragen kann.  Möge  die  deutsche  Regierung  bald  diesem  Unfuge  Einhalt 
thun,  der  im  benachbarten  englischen  Gebiete  streng  bestraft  wird> 

Die  Verwaltung. 

Ffir  das  Togogobiet  ist  leider  noch  nicht  in  der  Weise  wie  in 
Kamerun  ein  stfindiger  Gouverneur  ernannt,  obwohl  dies  auch  hier 


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236 


Di«  d«ntteb«ii  Kolonien. 


dringend  oothwendig  wird,  da  das  Schutzgebiet  trotz  seiner  Kleinheit 
and  geringen  hafenlosen  Kftstenansdehnnng  sich  recht  zufrieden- 
stellend entwickelt  Von  neuen  Verordnungen  ist  erwShnenswertb, 
dass  seit  dem  1.  Juli  1891  jede  in  Togo  bestehende  Firma,  weldie 
Import-  und  Exporthandel  treibt,  eine  Jahresabgabe  zu  entrichten  hat 
welche  auf  1000  M.  für  die  Firma,  welche  nur  eine  Niederlassung 
'  besitzt,  normirt  ist.  Finnen,  welche  mehrere  Handelsniederlassungen 
im  Sehntzgebiete  haben,  haben  Ar  eine  der  letzteren  1000  M.,  för 
jede  weitere  Zweigniederlassung  500  M.  zu  hinterlegen  Die  ver- 
besserte Verordnung  zum  Zwecke  der  Aufstellung  einer  Ein-  und 
Ausfuhrstatistik  (vom  15.  Juni  1891)  hat  einen  sehr  praktischen 
Werth.  Danach  betrug  in  dem  Etatjahr  1889/90  der  Werth  sfimmt- 
lieber  eingeführter  Waaren  etwa  1680000  H.;  im  ersten  Halbjahr 
des  Etatsjahres  1890/91  (vom  1.  April  bis  80.  September  1890) 
etwa  533022,14  M.  Der  Werth  der  Ansfahr  ist  noch  nicht  sicher 
zu  bestimmen,  da  erst  die  AusfahrziiTern  ffir  das  ganze  Jahr  abge- 
wartet werden  mfissen.  —  Als  noth wendig  stellt  sich  der  Bau  eines 
Krankenhauses  heraus,  für  welches  Stahsarzt  Dr.  Wicke  wahrend 
seines  Aufenthalts  in  Deutschland  im  Sommer  lebhaft  eingetreten 
ist.  Die  Zahl  der  weissen  Patienten,  welche  die  Hülfe  des  deutschen 
Resierungsarztes  in  Anspruch  nehmen,  beträgt  durschschnittlich  etwa 
130  bis  150.  Dr.  Wicke  ist  ferner  erfolfjjeich  für  Verbesserungen  in 
der  Gesundheitspflege  eingetreten.  Es  sind  neue  gesunde  Wohnungen 
entstanden,  es  wird  mehr  auf  gute  abwechselnde  Kost  und  gesundheits- 
dienliche (ii'triirike  Rücksicht  gcnnmnien,  man  hat.  worauf  Dr.  Wicke 
grossen  "Werth  legt,  mit  Anlage  von  kleinen  Gärten  begonnen,  die  frische 
(4emüse  liefern,  und  hat  durch  Erbauung  von  Regenwasser-Zisternen 
die  Wasserversorgung  gebessert.  Die  Folgen  dieser  Maassnahmen 
haben  sich  bereits  in  einem  erfreulichen  Rückgang  der  Sterblichkoits- 
zitTer  gezeigt.  Einige  Schwierigkeiten  hat  aber  nun  doch  die  Unter- 
bringung derjenigen  Schwerkranken  gemacht,  welche  von  fernen 
Niederlassungen  nach  Klein -Popo,  dem  Wohnsitze  des  Dr.  Wicke, 
gebracht  wurden.  Dr.  Wicke  hält  es  daher  für  dringend  nöthig, 
dass  lialdigst  ffir  Togo  ein  Krankenhaus  in  Klein-Popo  erbaut  wird. 
Anch  die  Einrichtnng  einer  Schule  dürfte  sich  ebenfalls  bald  als  notb- 
wendig  heransstellen.  —  Die  Uerstelinng  brauchbarer  Landstrasseo, 
eines  der  wichtigsten  Erfordernisse  von  Kolonien,  wie  die  Geschichte 
der  Goldküste  zeigt,  verlangt  grössere  Mittel,  als  die  Kolonie 
augenblicklich  aufbringen  kann,  aber  man  sollte  anch  hier  thfttig 
eingreifen  im  Interesse  des  Handels  und  PUntagenbans. 


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Togolud. 


237 


Es  fragt  sich  nur,  von  welchem  Punkte  der  Eflste  ans  mit  der 
Anlage  von  Wegen  begonnen  werden  soll.  Denn  wenn  man  von 
Westen  naeh  Osten  geht,  so  folgen  einander  die  Ansiedlongen  Lome, 
Bagida,  Porto  Segnro,  Anehö  (Kl.  Popo)  nnd  dleht  an  der  franzG- 
sisehen  Grenae,  etwas  von  der  Eflste  entfernt^  Sebbe,  wo  das  Kaiser- 
liche Kommissariat  seinen  Sitz  hat  Hinter  dem  ganzen  Kostenstrich 
liegt  eine  bald  sehmalere,  bald  breitere  Lagnne,  welche  in  dem 
sogenannten  Togo-See  ihre  gritaste  Ausdehnung  hat,  und  es  mfisste 
naturgemäss  von  der  Ansiedlung,  die  den  grOssten  Handel  hat  und 
am  gflnstigsten  an  der  Kfiste  üegt,  der  Ausgangspunkt  genommen 
werden. 

Der  Schnapshandel. 

Die  neuesten  Zifiem  Aber  die  Sdmapseinfnhr  lassen  die  HolT- 
mmg  aufkommen,  dass  der  Höhepunkt  dieses  bedenklichen  Handels 
schon  erreicht  worden  ist  und  allmfthlich  eine  Abnahme  stattfindet. 
Vom  1.  April  1889  bis  81.  Hftrz  1890  hatte  die  Schnapseinfuhr  für 
die  kurae  Togokfiste  die  hat  unglaubliche  Hohe  von  2  458751  1 
erreicht  Die  Einfuhr  yom  1.  Januar  bis  15.  Hftrz  1026  000  l 
war  besonders  hoch,  da  vom  letzteren  Datum  die  Uebereinknnft 
zwischen  Deutschland  und  Frankreich  über  die  EinfQhmng  eines 
Zollsystems  in  den  beiderBeitigen  Gebieten  an  der  Sklaveokflste  in 
Kraft  trat,  wodurch  die  Schnapseinfnhr  bedeutend  hoher  als  früher 
besteuert  wurde.  Die  Englftnder  hatten  sich  frOher  mehrfach  über 
den  Schmuggel  beklagt,  welcher  Ton  Togo  nach  der  Goldkfisten- 
Kolonie,  wo  die  Schnapszölle  höher  waren,  stattfand,  und  griffen 
nun  zu  einem  geradezu  verzweifelten  Mittel,  um  die  Deutschen  lahm 
ZV  legen.  Es  wurde  ein  neuer  Zolltarif  an  der  Goldkfiste  eiogefflhrt, 
welcher  die  Einfuhr  westlich  vom  Yolta  sehr  stark  besteuerte,  das 
Land  zwischen  dem  Flusse  und  dem  deutschen  Gebiete  dagegen  fast 
steuerfrei  liess.  Der  Tarif  trat  mit  dem  1.  Mal  1890  in  Kraft  nnd 
die  deutschen,  Schnaps  importirenden  Kaufleute  der  Togokflste  sahen 
sich  plötzlich  im  Besitze  riesiger  Qnantilftten  Waaren.  Ein  grosser 
Theil  des*durch  das  deutsch-englische  Abkommen  deutsch  gewordenen 
Togogebietes  liegt  bekanntlich  dicht  hinter  der  englischen  Kflste.  Da 
natorlich  eine  Zollgrenze  hier  nicht  leicht  eingefflhrt  werden  kann,  so 
strömte  der  ganz  billige  Schnaps  von  dem  englischen  Keta  in  das 
Land  hinein.  Die  Folge  dieser  direkt  gegen  die  Deutschen  gerich- 
teten ZoUverordnuDg  war,  dass  die  deutsche  Einfuhr  m  Togo  sank; 
sie  betrug  vom  1.  April  1890  bis  zum  81.  Mftrz  1891  nur  541221  1, 


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238 


Die  deolMlien  Kolonien. 


niid  uaturgeinäss  zeigte  «las  t'rste  VierttMjalir  die  scliwächste  Einfiilir, 
(33  718  1.  Im  letzten  Vierteljahr  ist  die  Einfuhr  allerdi[i2;s  wieder 
auf  2 KM  1-2  1  gestiegen.  Vom  1.  April  1891  bis  30.  Juni  1891 
hat  die  Srliiiaps»Miifuhr  dii-  Hrdie  von  ll'>217  1  erreicht,  was  also 
im  Jahre  450000  1  ergeben  (lürlt»'.  Wenn  nnn  also  in  der  deutstdion 
Togo-Kolonie  die  ScLnapseintuhr  eingeschränkt  worden  ist,  so  hat 
das  englische  Keta  dagegen  riesige  Massen  Schnaps  eingeführt.  Im 
Vierteljahr  Juli  bis  September  1890  wurden  in  Togo  nur  9G943  1 
eingeführt,  in  die  (loldküste  dagegen  in  derselben  Zeit  fast  eine 
Alillion.  In  der  englischen  Goldküsten-Kolonie  hat  die  Hegiening 
im  Jahre  1891  für  793  Vollmachten  zum  Branntweinverkauf  etwa 
44  300  M.  eingenommen.  In  Keta,  welches  mit  nächster  Umgebung 
etwa  4000  Einwohner  zählt,  sind  40  Branntweiuschänken  aufgethan! 
Nach  diesem  Resultat  »oll  man  uns  füglich  mit  dem  Gerede  von  der 
Kolouial-Erbweisheit  der  Engländer  verschonen,  wie  aoch  uieniand 
mehr  sie  ernst  nehmen  wird,  wenn  sie  sieh  über  die  Sehnapseinfukr 
nach  den  deutschen  Kolonien  sittlich  entrüsten.  Beklagenswert)! 
bleibt  es  dabei  im  höchsten  Grade,  dass  durch  solche  Zoll  kämpfe 
ein  afrikanisches  V'oik  moralisch  und  körperlich  za  leiden  hat,  uud 
dass  es  nicht  ermöglicht  zu  werden  scheint,  eine  Eiaignng  in  der  Weise 
lierboizuführen,  dass  die  Zollsätze  gleichmässig  za  einer  fast  pro- 
hibitiven  ÜObe  gesteigert  werden. 

Plantagen  bau. 

Die  Versuche  der  Deutschen  Togo- Gesellschaft,  welche  Tabak 
and  Baumwolle  kolUvireii  wollte,  sind  zwar  misslnngen,  aber  da 
diesem  Unternehmen  wegen  der  Aaswahl  der  ersten  Anlage  von 
vornherein  kein  zu  gunstiges  Prognostikon  gestellt  werden  konnte, 
80  hat  dieser  Misserfolg  weiter  keine  Bedeutung.  Viel  wichtiger 
sind  die  Versuche  an  der  Küste,  zumal  wenn  die  Produkte  der  dort 
angelegten  BaamwoU-,  Kakao-  und  KatVeeplantagen  konkurrenzfähig 
sind.  In  grösserem  Maasse  wird  das  in  Togo  nur  möglich  sein, 
wenn  der  Eingeborene  «Ii  -e  neue  Kultur  aufnimmt  und  zwar,  wenn 
er  sie  freiwillig  und  für  sich  betreibt.  Eine  Plantagenwirthschaft 
mit  earopäischem  Personal  in  der  Leitung  und  Beaufsichtigung 
w  inl  immer  sehr  grosse  Unkosten  haben  in  einem  Lande,  in  welchem 
eiu  Europäer  jeder  Stellung,  wie  allgemein  angenommen  wird,  für 
das  baaro  Leben  ohne  Wohnunn,  Kleidung.  Reisen,  Verdienst,  2000  M.- 
jährlich  brancbt.  Die  Znkanft  des  Landes  wird  davon  abhängen, 
ob  anter  eärop&ischer  Anregnng  der  Eweer  selbst  grosserem  Arbeits- 


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DentoelfS&dwMt-Afnka. 


239 


Inst,  Geschick  ood  Unternehmniigegeist  bekommt,  woftr  die  Ane- 
siohten  günstig  sind.  Ueber  das  Gedeihen  der  BaamwoUe  im  Togo- 
gebiet kann  im  allgemeinen  kein  Zweifel  sein;  dieselbe  wurde  während 
der  Jahre  1865  bis  1870  von  den  Eingeborenen  in  grosseren  Mengen 
knltivirt  und  von  den  Fremden  gekauft,  gereinigt  and  exportirt. 
Bei  den  hohen  Preisen,  die  wfthrend  der  Zeit  des  nordamerikanischen 
Bürgerkrieges  gezahlt  wurden,  legte  sich  Alles  in  dem  Haasse  auf 
die  BanmwoUkaltnr,  dass  darfiber  selbst  das  Anpflanzen  von  Lebens- 
mitteln' versäumt  wurde.  Als  der  Baumwollenkrach  kam,  war  die 
Baumwolle  unverkäuflich.  Die  Eingeborenen  hatten  weder  Geld  noch 
Lebensmittel,  es  brach  eine  grosse  Hnngersnoth  aus  und  die  Häupt- 
linge beschlossen,  keine  weitere  Baumwolle  zu  pflanzen.  Es  hat 
daher  jetzt  einige  Mflhe  gekostet,  die  Häuptlinge  zu  neuen  ratio- 
nellen Versuchen  zu  veranlassen.  Von  Seiten  des  Auswärtigen  Amtes 
ist  ein  Pflanzer  Goldberg  hinausgeschickt  worden,  welcher  die 
bereits  an  mehreren  Stellen  angelegten  Versachsfelder  für  Baumwolle 
untersudite,  in  Ordnang  bringen  liess  und  neue  anlegte.  Es  wird 
wird  sich  dabei  ergeben,  welche  Arten  von  Baumwolle  fQr  die  Kultur 
die  geeignetsten  sind,  wann  die  beste  Zeit  der  Saat  ist,  und  ob  die 
Pflanzen  jährlich  neu  gepflanzt  werden  mflssen  oder  ob  sie  perennirend 
gehalten  werden  können.  Es  ist  Herrn  Goldberg  gelangen,  unter  den 
Eingeborenen  der  Küste  reges  Interesse  für  die  Kultur  der  Kokospalme, 
die  bislang  wenig  angepflanzt  wurde,  wachzurufen.  Es  sind  bisher 
etwa  25000  Bäume  gepflanzt;  etwa  50000  Bäume  sollen  im  nächsten 
Jahre  eingesetzt  werden,  so  dass  nach  Ablauf  einiger  Jahre  ein 
reicher  und  bedeatender  Kopra«Ezport  in  Aussicht  steht.  0ie  Ein- 
geborenen beschäftigen  sich  auch  bereits  mit  der  Ankm^e  von  Kaffee- 
plantagen; so  zählt  die  unter  Goldberg*s  Anleitung  von  einem 
Mulatten  d'Almeida  angelegte  Kaffeepflanzuog  der  Liberia-Sorte 
bereits  etwa  50000  Pflanzen,  von  denen  etwa  3000  Stück  schon  in 
regelmässigen  Abständen  vorschriftsmässig  versetzt  sind. 


Deutsch  -  SfldWMt- Afrika, 

Die  Verhältnisse  in  Südwest-Afrika  sind  nach  wie  vor  wenig 
erfreolioh,  da  die  kaiserliche  Regieruug  hier  die  Politik  des  Ab- 
Wartens  noch- weiter  befolgt,  und  von  privater  Seite  wenig  mehr  als 
Vorbereitungen  für  spätere  UuternebmuDgen  geschaffen  sind.  Mau 
hat  von  vielen  Seiten  die  einzige  Hoffnung  für  das  Schutzgebiet  auf 
das  Zuätaudekommen  der  neuen  Gesellschaft  gesetzt  und  der  Reichs- 


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240 


Di«  dentiehw  KoloBiw. 


kaazlor  Iiat  im  Frfilgahr  auf  ein  Veraacbqahr  angespielt,  obwohl  es  doch 
fraglos  ist,  daas  Sfidwest-Afrika,  in  welchem  die  Bhelnische  Mission  seit 
langen  Jahren  thfttig  ist  nnd  an  mehreren  Stellen  bereits  Gmndlagen 
für  die  spfttere  Gntwicklnng  gesdiaffen  aind  (es  zfthlte  am  1.  Januar 
539  Europäer),  anch  ohne  besondere  Hülfe  Ton  anssen  weiter  vor- 
wärts kommen  wird.  Wir  gehdren  aber  keineswegs  ra  denen,  welche 
das  Schntzgebiet  ans  sich  selbst  herans  sich  entwickeln  sehen 
möchten,  da  die  Kapkolonie  nnd  die  englischen  Konzessionäre  nns 
sonst  schrittweise  Terdrängen  würden,  sondern  wir  meinen,  anf  die 
Kenntniss  des  Landes  nns.  stätzend,  dass  mit  allen  Mitteln,  von 
Seiten  der  Regierung  nnd  Privaten  eingelegt  werden  mnss,  nm  dieses 
Land,  Ober  dessen  Vorzfige  nnd  Nachtheile  die  Verhandinngen  im 
Reichstage  genügendes  Licht  verbreitet  haben,  za  halten.  Die 
Schwierigkeiten  sind  gross,  aucli  nach  der  politischen  Seite  hin,  denn 
es  tanelien  immer  wieder  die  Ansprüche  von  Eimlandern  auf,  wie 
auch  die  Kapkolonie  in  der  Frage  der  Abgrenzung  der  Walliscbbai 
uiciit  im  Geringsten  nachzugeben  gewillt  ist. 

Englische  Anspräche. 

In  dem  deutsch -(.nglischen  Abkommen  vom  1.  Juli  1890  war 
eine  neue  Festsetzung  der  Südgrenze  des  britischen  Wallischbai-Ge- 
biet<\s  in  Aussicht  genommen  und  zugleich  eine  Frist  vou  zwei 
Jahren  bestimmt,  innerhalb  deren  eine  Vereinbarung  über  die  Ab- 
grenzung versucht,  andernfalls  die  Sache  einetii  S<  hiedsgericht  über- 
geben werden  sollte.  Von  Seiten  der  ^Deutsdien  Kolonialgesellschaft 
für  Südwest-Afrika'*  war  im  Oktober  v.  J.  eine  Eingabe  an  die 
Kolonialabtheilung  des  Auswärtigen  Amtes  gerichtet  worden,  welche 
den  Stand  der  Angelegenheit  genauer  darlegt.  Wie  aus  dem  Be- 
richt der  Gesellschaft  über  das  letzte  am  31.  März  1891  abgelaufene 
Geschäftsjahr  erhellt,  beündet  sich  aber  die  Frage  immer  noch  in  der 
Schwebe,  und  es  scheint  auch  kaum  Aussicht  vorhanden,  dass  sie 
anf  dem  Wege  beiderseitiger  Vereinbamng  ihre  Lösung  finden  wird. 
Da  auch  vorläufig  gar  keine  Hoft'nuug  .vorhanden  ist,  dass  die  Kap- 
kolonie WaUischbai  aufgeben  wird,  so  sollte  man  alle  Versuche 
machen,  einen  neuen  Hafen  entweder  zu  finden  oder  anzulegen,  denn 
in  wenigen  Jahren  werden  wir  doch  voraussichtlich  eine  regel- 
mässige Dampferverbmdnng  zwischen  Dentschland  nnd  unserem 
Schutzgebiete  haben. 

Dann  aber  waren  mehrere  englische  Gesellschaften  oder  viel- 
mehr Syndikate,  die  Anglo- German  Territories  Company,  llines 


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Dentsek-Sadwett-Afrfk« 


241 


CoDtract  Company,  Kharas  Koma  Syndicate,  Otyraakoko  Syndicate 
n.  s.  w.,  welch'  letztere  sich  auf  die  bekannte  Geueralkonzession  des 
R.  Lewis  stützt,  Iiervorgetreten  und  suchten  die  deutsche  Regiemiig 
zur  AnerkennuDg  ihrer  Eonzessionen  zn  drängen.  Soweit  Lewis  sieh 
bemühte,  zwei  bestimmte  Untemehmaogen,  den  Abbaa  der  Ebony-  Qud 
der  Otavi-Mine,  fortzuführen,  bewegte  er  sich  früher  in  rechtmässigen 
Bahnen.  Seine  Rechte  auf  diese  Minen  sind  von  deutscher  Seite  bis 
jetzt  noch  nicht  bestritten  worden.  Anders  steht  es  mit  seiaem  An- 
spruch auf  das  aassehliessliche  Recht  anf  die  Gewinnung  von  Mine- 
ralien in  ganz  Damaraland.  Dieser  Anspruch  greift  in  die  Rechte  der 
Deutschen  Kolonialgesellschaft  für  Südwest- Afrika  ein  und  wird  von 
dieser  bestritten.  Der  Lewis'sche  Titel  ist  eine  Urkunde,  die  erst 
mehrere  Jahre  nach  dem  Datum,  das  sie  trägt,  an's  Tagesücht  ge- 
kommen ist  Die  angeblichen  Aussteller,  der  nunmehr  zu  seinen 
Vätern  versammelte  Kamaherero  und  ein  Theil  seiner  Hathsleute, 
iiaben  sieh  zu  ihr  nur  während  der  Tage,  wo  die  Lewis'sche  Agitation 
gegen  die  deutsche  Schutzherrschaft  den  HAhepunkt  erreicht  hatte, 
bekannt.  Vorher  wussten  sie  nichts  von  ihrer  Existenz  und  nachher, 
nachdem  der  Bausch  des  von  Lewis  ausgeschenkten  Branntweins 
verflogen  war,  gaben  sie  zu,  dass  hier  eine  freche  Fälschung  vorliegt. 
Der  Beichsanzeiger  vom  3.  April  hat  in  folgender  Weise  sich  zur 
Sache  aasgelassen: 

•hl  dar  «agUidMa  Pnaao  iit  nraerding«  wiejderiioU  von  gwviina  Koiit«Mioa«n 

die  Rede  gewesen,  die  der  Englliider  Robert  Lewis  von  dea  Hereros  «^itlten  zu 
haben  behauptet.  Es  wurde  ausgerübrt,  d&ss  auf  Orund  dieser  Konzessionen  da« 
ausschliessliche  Recht  zum  Betriebe  des  Bergbaues  und  zur  Anlegung  von  Kisen- 
bahnea  in  Damaraland  ihm  oder  seinen  Rechtsnachfolgern  zustehe,  und  dass  die 
iroD  der  Xdserlichen  Regierung  untemomiDeae  Regelung  dei  Bergwetene  In  rad- 
weatefrikaiitoebeB  SeJiatigebiel  der  recbtUehen  ChrundUige  entb^rt  liabe,  iaeofem  aie 
dme  Berücksichtigung  aeiner  Konzessionen  erfolgt  sei.  Demgegenöber  ist  zu  be* 
merken,  dus'*,  selbst  wenn  dio  Darstellung  des  Robert  Lewis  von  den  Vorgängen, 
die  zur  Ertheilunt;  der  Konzessionen  geführt  haben  sollou,  richtig  wäre  —  was  in- 
dessen nicht  zugegeben  wird  — ,  von  einer  Anerkennung  rechtlicher  Wirkungen 
dienr  Komaaatonen  durch  die  Kaiaeriiehe  Regierung  inioweit  keine  Rede  aein 
kann,  a]a  die  BrUieilnng  an  Robert  Lewis  als  ein  Akt  politiaeher  Agitation 
anzusehen  ist,  der  mit  seiner  Aufwiegelun^r  gegen  die  Befestigung  der  deutschen 
Herrschaft  innerhalb  eines  international  anerkannten  deutschen  EinSussgebietes  in 
engstem  Zusammenhang  stand.  I.,ewis  ist  wegen  dieser  Aufwiegelung  aus  dem 
Schutzgebiet  ausgewiesen  worden.  £in  derartiger  der  Kaiserlichen  Regierung 
gegenüber  feindliefaer  politiaeher  Akt  kann  niemals  als  geeignet  an- 
erkannt werden,  nm  Privatrecbte  an  befrAnden,  die  anf  ihren 
Sehntx  Anaproeh  iiitten.* 

Was  die  Znlassnng  der  anderen  englischen  Syndikate  anbetrifft, 

Koloafales  JataiMieh  UM.  Ig 


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242 


Di«  dealtcheB  Koloiiieii. 


so  hat  der  Kolonialratli,  um  <;tnvi>üen  Eventaalitäteu  vorzabeugeii 
(sielie  S.  209).  die  Normen  aufgestellt,  welche  für  die  alltjenieiiie 
Praxis  ausrei<-hen,  aber  eine  Eutscheiduog  über  die  Einzeifragea 
oatürlicb  oicbt  tretTen  könneD. 

Die  Verwaltung. 

Ans  dem  Vorlicigehcnden  ergiebt  sich,  dass  heute  der  Schwerpunkt 
der  südwestafrikanischen  Frage  nicht  in  dem  Sehntzgebiet,  sondern 
in  Berlin  lieiit,  wo  gewissermaasseu  erst  die  Vorbediiiijnngen  für  ein 
weiteres  Vorgehen  gescliaffen  werden  sollen.  I);ihri  erklärt  sich 
aueu  das  Hinau.sschieben  der  Erledigang  der  Konzessionen  der  eng- 
lischen und  anderen  Gesellschaften.  Denn  es  bedarf  einer  geordneten 
Verwaltung,  um  z.  II  die  Ansprüche  der  Engländer  auf  ihr  richtiges 
Maass  znrückzuführeti,  und  eine  Art  Steuersystem  einzurichten,  welche 
übrigens  einen  grossen  Theil  der  Kosten  des  Schutzgebietes  jetzt  schon 
decken  würden,  mit  einem  Worte,  eine  gewisse  Organisation  wie  in 
den  anderen  Kolonien  einzuführen.  Aber  leider  ist  selbst  die  äusserliche 
Vertretnng  der  Reichsgewalt  in  Südwestafrika  immer  mehr  zusammen- 
geschrumpft. Es  giebt  zur  Zeit  weder  einen  Reichskommissar,  da 
Dr.  Goering  nicht  wieder  in  das  Schutzgebiet  geschickt  worden  ist, 
noch  einen  Vorsteher  der  Bergbehörde  dort,  vielmehr  siod  die  Amts- 
befuguisse  Beider  dem  Befehlshaber  der  Schutztroppe,  Hauptmann 
V.  Franvnis,  übertragen  worden,  der  in  dem  Schutzgebiet  somit 
die  Autorität  dreier  höchster  Reicbsbeaniter  in  seiner  Person  ver- 
einigt. An  diesen  Verhältnissen  ist  wenig  dadurch  geändert  worden, 
dass  man  dem  Kommissariat  einen  Regiemngs-Assessor  beigab,  denn 
dies  Belassen  der  Verwaltung  in  einem  provisorischen  Zustande  in 
einer  Zeit,  da  das  Schutzgebiet  sich  in  einer  bedeutsamen  Erisis 
helindet,  hat  grosse  Bedenken.  Immerhin  haben  v.  Franko i 8  und 
der  Kanzler  Xels  in  schwierigen  Lagen  sich  zu  halten  verstanden 
nnd  einige  bemerkenswerthe  Verordnungen  erlassen.  Einmal  ist  es 
verboten  worden,  Berg-Daniarns  oder  andere  Eingeboreue  des  Schatz- 
gebietes anzuwerben  nnd  als  Arbeiter  ans  dem  Schutzgebiete  anszu- 
ffibren  oder  dieselben  zur  Auswanderung  zu  veranlassen.  Da  die 
Eingeborenen  nomadenartig  mit  ihrem  Vieh  umherziehen  nnd  die- 
jenigen Stellen  zeitweise  besetzen,  an  denen  sich  gerade  Wasser  nnd 
Futter  vorfindet,  so  kommt  es  nicht  selten  vor,  dass  die  Karawanen 
auf  den  :im  liäufigsten  befahrenen  und  zu  förmlichen  Strassen  aus- 
gebildeten Linien  plötzlich  sogenannte  Viehposten  vortinden,  d.  h. 
eingeborene  Hirten  mit  den  ihrer  Aufsicht  anvertrauten  Herden,  üm 


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Deatseh-Sadwest-Afrika. 


24a 


nan  solche  Verspercang  der  gangbaren  Strassen  zu.  veiiiindeni,  hat 
der  kaiserliehe  Kommissar  ferner  eine  Verordnong  betreffend  die  Frei- 
haltong  der  Strassen  nach  Walfischbai  erlassen.  Dieselbe  geht  dahin,  die 
Strassen  von  Klein-Barmen  nnd  Omanira  nach  der  Walfischbai  für 
den  Frachtverkehr  von  Viehposten  freizuhalten.   Zn  gleicher  Zeit 
hat  der  kaiseriiche  Kommissar  eine  Verordnnng  erlassen,  nach  welcher 
die  Frachtfiihrer  von  nnd  nach  Walfischbai  mit  drei  Frachtscheinen 
verseben  sein  müssen,  auf  welchen  die  Art  dör  verfrachteten  Sachen 
genan  angegeben  ist/  Die  Haassregel  ist  offenbar  bestimmt,  dem 
Einschmuggeln  ilnerlanbter  Waaren  an  begegnen.  Ein  Fraehtsehein 
ist,  wie  überall,  für  den  Fiacht&hier  nnd  seinen  Auftraggeber  be- 
stimmt. Der  zweite  Fraehtsehein  ist  ffir  die  dem  Wagen  begegnende 
Patrouille  oder  den  Trappenposten,  bei  welchem  der  Frachtfahrer 
vorbeifährt.    Der  dritte  ist  für  das  Kommissariat  in  Otjimbingue. 
Die  rnterlassuug  der  Absendung  eines  Frachtschciiies  au  das  letztere 
wird  mit  Haft  bis  zu  14  Tagen  oder  100  M.  Geldstrafe  bestraft. 
Aber  noch  ist  nicht  der  geringste  Schritt  zu   einem  organisa- 
torischen Vnigchen  geschehen,  obwohl  <his  Beispiel  der  Englander 
•  in  Betsciiuanaland  so  nahe  liegt,  welche  allerdings  unter  Aufwendung 
von  bedeutenden  Mitteln  etwas  gesrhatTen   haben.    Auf  die  jetzige 
Weise  kommen  wir  aus  der  Krise  nicht   heraus;   die  Unternehmer 
verlangen  urösseren  Schutz,  die  Regierung  will  aber  erst  den  Schutz 
bewilligen,  wenn  etwas  mehr  zum  Beschiitztwerden  da  ist  als  einige 
Missionare,  die  mit  den  Eingeborencu  stets  friedlich  ausgekommen 
sind  und  den  geringsten  Anspruch  auf  Schutz  machen,  oder  die 
wenigen  Händler,  —  und  vielleicht  die  Schutztrappe  I 

Die  Schutztruppe. 

Die  Schatztruppe  bat  sich  vielfach  im  Lande  nmgeseben; 
von  Tsaobis  ist  sie  nach  Windhoek  gezogen  und  hat  dort  grössere 
Bauten,  sowohl  auf  Gross-  als  in  Klein-Windhoek  je  eine  Kaserne, 
errichtet,  welche  andeuten,  dass  sie  dort  langer  zu  bleiben  beab- 
sichtigt. Der  Sitz  des  Kommissariats  ist  eben&Us  dorthin  verlegt 
worden.  Windhoek  war  früher  Wohnsitz  ton  Jan  Jonker  und  Jan 
Afrikaner,  aber  seit  dem  Tode  beider  verlassen.  Das  Gebiet 
hat  mancherlei  Vorzfige,  es  ist  quellen-  und  grasreich  und  recht 
gesund.  Lieutenant  v.  Fran^ois  schätzt  das  hier  gelegene,  ffir 
Wollschaf-  und  Pferdezucht  geeignete  Terrain  auf  etwa  22500  qkm; 
Wasserplfitze  sind  in  genOgeoder  Zahl  vorhanden  und  liefern  der 
SchStzung  nach  das  ganze  Jahr  hindurch  5000  cbm  Wasser,  tftglich 

IG* 


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244 


Dto  dwtfdMD  Koloniaii. 


soviel  wie  fOr  5000000  Schafe  erfordorlieh  siod.  IfiUionen  Tonnen 
Wasser  Tersickern  aber,  nnd  es  bedarf  hier  noeh  besonderer  Anlagen, 
nm  dies  za  ▼eiliiBdeni.  In  sfidwestUeher  Riehtoog  von  Windhoek, 
m  Gross-Hensis,  Ist  ebenfoUs  eoie  Kaserne  der  Schntztmppe  eibant 
Hauptmann  t.  FranQois  brach  am  1.  Deaember  naeh  O^yzon- 
dynpa,  dem  fibgeborenennamen  fOr  den  Waterberg,  anf,  wnrde  von 
den  Siageborenen  gnt  empfingen  nnd  besoehte  das  Ovamboland. 
Am  20.  April  nahm  er  Ton  Windhoek  den  Weg  Iber  O^ikango, 
Omamm,  TiMuibis  naeh  OtjimbiDgne,  das  Land  auf  seoMn  Koloni- 
sationswMth  intersaebend.  Besonders  intevsssaat  sind  die  Beobach- 
tungen über  die  warmeo  Oellen,  welche  anf  einer  Toa  Sidoat  nach 
Nordwest  gerichteten  Linie  liegen,  welche  parallel  zur  Kflste  Ter- 
Unit  Die  MSchtigkeit  der  Quellen  untereinaader  yerg^idien  ist 
ziemlich  gleich.  Am  stärksten  sind  wohl  die  Qaelien  bei  Gross- 
Windhoek,  deren  Temperatur  anch  die  hOchste  ist,  so  warm,  dass 
man  Eier  darin  kochen  kann,  was  in  den  anderen  Quellen  nicht  der 
Fall  ist.  Die  nördlicheren  Quellen  verlieren  mit  der  Entfernung  von 
Gross-Windhoek  stetig  an  Temperatur.  Das  Wasser  der  Quellen 
schmeckt  etwas  nach  Schwefel,  ist  aber  abgekühlt  für  Menschen  und 
Vieh  geniessbar. 

Lieutenant  v.  Franc ois  reiste  Mitte  Dezember  nach  Tsaobis 
(Wilhelmsveste),  welche  in  guter  Ordnung  gefunden  wurde.  Die 
Ernte  im  Garten  hatte  alle  Erwartungen  übertroffen.  Mais,  dessen 
•  Kolben  600  bis  700  Körner  zählten,  und  die  verschiedensten  Kohl- 
nnd  Melonenarten  standen  vorzüglich.  Von  dort  marschirte  er  nach 
Waltischbai,  zurück  über  Tsaobis  naeh  WMndhoek  nnd  unternahm 
im  März  mit  seinem  zum  Besuch  dort  befindlichen  Bruder  Major 
▼  on  FranQois  nnd  dem  der  Schntztruppe  attachirten  Lieutenant 
V.  Bülow  eine  Rekognoszimng  nach  Homkranz  zu  Hendrik  Witboy*) 
und  dann  nach  Rehoboth,  der  Ansiedlung  der  deatBchfrenndlichen 
Bastards.  Die  Bastards  von  Rehoboth  sind  nach  seiner  Ansicht 
entschieden  das  beste  Element  im  Lande,  sie  sind  als  Viehzüchter 
und  Ackerbauer  besser  wie  die  Herero  und  Bergdamara,  als  Arbiter 

*)  Die  Frage,  ot»  er  sich  nicht  unter  deatochen  Schnts  stellen  werde,  hesnt- 
wortete  Witboy  siemlich  kars,  dass  ihm  das  nicht  einfiele  nnd  wsmin  nnd  wie  der 

deutsche  Schutz  überhaupt  geübt  werde.  Als  ihm  nun  Major  von  Fran^ois  des 
Längeren  auseinandersetzte,  dass  <lcr  !^ohuiz  zufolge  von  Staatsverträgen  ausgeültt 
werde,  dass  dt^rselbe  namentlich  bezwecke,  den  Eingeborenen  die  Vortheile  der 
Kultur  zu/.ufübreu,  sie  vor  (iewalttbätigkeit  weisser  ilüudler  und  Ansiedler,  vor 
unberechtigter  £inwanderung  u.  s.  w.  sn  schätzen  —  meinte  Hendrik,  er  wolle  erst 
einnnl  solche  Vortheile  und  Gefahren  abwarten  und  sich  danach  spiter  entsehKessen. 


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Deutsob'SädwMt-Alriluu 


245 


für  alle  Zwecke  zu  benotseo,  TOitieff  liehe  Fraditfidiier,  vermittalo 
4ie  Nacbriobten  im  Lande  and  sind  ftgsame  UDteithanen.  Her- 
roanna  vaa  Wyk,  der  EapitSn,  ist  der  richtige  DoifBChalze,  eine 
jDftditige,  knochige,  schon  etwas  gebückte  Gestalt,  ehrlich  nnd  ge- 
recht. Er  ist  Eapitftn  seit  1868  nnd  hat  in  demselben  Jahre  die 
Bastards  Ober  den  Ora^je  nach  Bethanien  nnd  1872  in  ihre  jetzigen 
Wohnsitze  um  Behoboth  gefl&hrt  Der  Unterkapitftn  Willem  Koop« 
mann  ist  geistig  geweckt  nnd  energisch,  doch  ist  ihm  sein  Vertreter 
Hans  Diergaard  weit  überlegen.  Magistrat  ist  Dirk  Yan  Wyk, 
welcher  früher  in  englischen  Diensten  den  Eoranna-Erieg  mitgemacht 
hat  Als  Szerziermeister  ist  er  dnroh  Carolns,  einen  früheren  Treiber 
von  der  Sehutttmppe,  ersetzt  worden,  da  den  Bastards  das  dentsche 
Exerzieren  besser  gel&llt.  Drillmeister  beim  Ezerziersn  ist  Schmidt, 
4er  früher  als  ünterofEzier  bei  der  Schntztmppe  gestanden  hat  Die 
Spaltung  in  die  deutsche,  in  die  ens^ische  und  die  Unahhftngigkeits- 
parte!  besteht  noch  immer;  doch  werden  diese  Parteiungen,  die  übrigens 
bei  dem  friedlichen,  auf  Erwerb  gerichteten  Sinne  der  Bastards  wenig 
zu  sagen  haben,  bsld  beseitigt  sein.  Die  deutsche  Psrtei,  an  deren 
Spitze  Haas  Diergaard  steht^  wünscht  in  den  UaterthsMeaverband 
des  Deutschen  Reiches  aulgenonuDen  zu  werden.  —  Die  Bastards, 
Mischlinge  von  Europüem  mit  Hottentottenfrauen,  hatten  uiaprünglich 
ihren  Sitz  hauptsüdilich  im  Bereiche  der  Eapkolonle,  sie  wurden 
dort  von  den  Boren  und  von  den  Eingeborenen  hart  bedrüagt  und 
von  den  Hottentotten  geschä^,  fanden  aber  trotz  vielCacher  Be- 
schwerden und  Antrüge  bei  der  Eap-Begierang  keinen  Schatz;  sie 
wanderten  daher  nordwärts  aas.  Die  Bastards  folgten  suent  in 
kleinen  Truppe  den  sich  nordwärts  wendenden  Hottentotten;  ihre 
grüsste  Eolonie  bildete  aich  dann  am  Westrande  der  Ealahari.  Später 
folgte  aus  Eaplaad  eine  Auswanderung  in  grOaseren  Maaawtahe 
unter  Führung  des  Missionars  Heidtmann;  von  diesen  Leuten  wurde 
Behoboth  und  Grootfontain  gegründet  Einaalne  kleinere  Baalard- 
gruppen sind  unter  den  Hottentotten  zerstreut;  im  ganzen  rechnet 
man  ihre  Zahl  in  Namaqualand  auf  SOOO  unter  vier  HäuptUngen 
(Eapitünen).  Behoboth  hat  etwa  600  bia  800  Einwohner. 

Herero  und  üottentotten. 

Unter  den  Machtverhältnissen  der  Vülkerstämme  sind  einige 
Verschiebungen  vor  sich  gegangen,  über  deren  Tragweite  man  sich 
heute  noch  nicht  recht  klar  ist  Der  alte  Eamahersro  ist  am  7.  Sep- 
tember 1890  geatorben,  aber  sein  Sohn  Samuel  hat  weder  die 


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246 


Die  dtataebett  Ko1oni«ii. 


Energie  noch  die  Klutrheit  meines  Vaters  cjeerbt,  so  (his<  die  Leut«'  um 
üendrik  Witlioy   kühner  als  je   wurden.    Hendrik  Witbdv   hat  im 
Frühjahr  mehrere  Mal  mit  den  llerero  gekämpft,   sogar  um  Oiyim- 
bing\ie,  das  erste  Mal  ist  er  gesehlagen  worden  und  hat  si(?h  zurück- 
gezogen, dann  aber  ist  er  wieder  erschienen  und  iiat  ihnen  grosse- 
Mengen   von   Vieh  abgenommen.     Das   sind   Zustfmde.    die  ihres 
Gleichen  nicht  haben,  dass   nämlieh  mitten  im  Sehutzgebiet-'  einer 
europäischen  Grossmacht,  auf  weldiem  sieh  eine  sogenannte  Sehntz- 
truppc  befindet,   die   ansässigen  J-eute   keinen  Schutz  finden  und  in 
oftenetn    Kampfe    von   faulem    Gesindel    beraubt    werden  können. 
Hendrik  Witboy   und  seine  Hottentotten   haben   sich   noch  niemals 
wohler  befunden  als  unter  der  deutsehen  ..Herrschaft".    Die  Herero 
siüd  dadurch  veranlasst  worden,   sich  nach  Norden   zu  ziehen,  die 
VOM  ihnen  iime  gehabten  \Veidepunkte  aufgebend.   Oh  dieser  Auszug 
andauernd  sein   und   nun  auch  Otyimbingue  verlassen  werden  wird^ 
ist  noch  nicht  zu  erkennen,  aber  sicher  ist,  dass  viele  Wasserstellen 
des  mittleren  Theiles  des  Srhut/gebietes   verlassen  sind.    Ein  Theil 
der  Herero  hat  dann  die  Gegend  von  Waterberg  besetzt,  ebenso  wie 
die  Gegend  von  dort  bis  Grootfontein.    Sie  haben  die  dort  ansässigen 
Buschleute  und  Bei^damara  theils  getödtet,  theils  vertrieben.  Dieses 
Zurückweichen  der  Herero,  welche  sich  in  Bezug  auf  den  deutschen 
Schutz  uegcii  die  Hottentotten  getäuscht  haben,  ist  gewisseni  aa^sen 
ein  negati\er  Erfolg  der  Schutztruppe,   der  aber  unter  rmstaiiti-ii 
ziemlich  hoch  anzuschlagen  ist,  da  hier  der  deutschen  Einwanderung 
einige  Aussieht  crölTnet  werden  könnte,  zumal  die  Hottentotten  nicht 
stark  genug  sind,  die  Plätze  zu  besetzen.    Das  frei  gewordene  (Ge- 
biet, zwischen  Nania(|na-Land  und  Damara-Land  gelegen,  oder  etwa 
zwischen   dem  Khantlusse   und  Kui-^ib,   wird   als  für  Viehzucht  in 
grövsserem  Maassstabe  geeignet  bescliriel)en.   Diese  Gebirgslandschaft, 
etwa  800  Quadratkilometer  umfassend,  ist  mit   Buschsavanne  be- 
standen,   ohne   fliessende   («ewässer,    aber   mit    Grundwasser  und 
Quellen,  und  klimatisch  günstig.   Wenig  versprechend  für  Ackerbau, 
ist  das  Eaud  ausgezeichnet  für  Viehzucht.   Da  die  Arbeitslöhne  hoch 
sind,   würde  man   nur  die  Ansiedelung  von  Familien  befürworten 
können,  bei  welchen  einige  Mitglieder  im  Stande  sind,  die  Arbeiter 
zu  ersetzen.    Die  Familien  müssen   gut  beleumundet  sein  und  üiier 
ein  kleines  VermöL^en   von  etwa  10000  M.  verfügen.    Das  zut  Zeit 
geeignete  Ausiedelungs  -  Gebiet ,   welches  als  Krouland  erklärt  wer- 
den sollte,   würde   etwa    198   Familien    Platz   gewähren,  welche 
sich  auf  38  beäooderä  geoanute  Plätze  za  vertbeileo  hätten,  die 


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DeuUcb-Südwest-Afrika. 


247 


vom  Haoptmann  v.  FraoQois  erkandet  oder  selbst  besichtigt  nod 
in  der  That  als  angeDbliddich  herrenlos  gefunden  worden  sind,  in 
der  YerOlTentlichang  dieses  anch  in  anderer  Beziehung  ganz  ein- 
gehenden Berichtes^)  liegt  impUcUe  die  Anffbrdemng  an  deutsche 
Auswanderer,  anch  Südwest-Afrika  in  den  Kreis  ihrer  Betrachtungen 
zu  ziehen,  zumal  auch  die  Adresse  des  von  der  Regierung  subven- 
tionirt^  Herrn  Hermann,  welcher  als  Beamter  der  Deutschen 
Eolonialgesellscfaaft  für  Sfidwest- Afrika  weitere  Auskunft  zu  er- 
theilen  in  der  Lage  ist,  angegeben  wird.  Derselbe  hat  eine  Station 
Kubub  im  Namalande,  auf  dem  Wege  von  Lfideritzhafen  nach 
Bethanien,  angelegt,  und  nach  dorthin  besonders  Wollschafe  gebracht« 
für  deren  Zucht  die  Aussichten  nach  den  Angaben  er£shrener  Hftnner 
gfinstig  erscheinen.  Herr  Hermann  war  zum  Zwecke  der  Beschaffung 
zur  Zucht  tauglichen  Viehs  nach  der  Kapkolonie  gezogen  und  ist 
auf  dieser  Reise  zu  der  Ansicht  gekommen,  dass  die  Eapkolonie  in 
der  natfirliehen  Beschaffenheit  keinen  Vorzug  vor  dem  deutschen 
Schutzgebiet  hat  Den  höheren  wirthschafUichen  Werth,  den  sie 
heute  habe,  verdanke  sie  allein  den  geordneteren  Verhftltnissen  und 
der  höheren  Kultur. 

K  o  1 0  II  i  s  a  t  i  0  n  s  g  e  b  i  e  t  e. 

Aus  dem  Vorhergehendeu  ist  ersichtlich,  dass  gewissermaassen 
drei  Kolon isutionsgebiete  untcrschied^^n  werden  können,  die  Gegend  um 
Kabnb,  der  westliche  gebirgige  Theil  des  mittleren  Landes  und  das 
ostliche  Hochplateau,. letzteres  mit  dem  Zentralsitz  Windboek,  welcher 
allerdings  300  km  von  der  Küste  entfernt  liegt  Die  deutsche 
Kolonialgesellschaft  bemüht  sich  in  sehr  dankenswerther  Weise,  über 
Windboek's  Vortheiie  nicht  nur  anfzaklären,  sondern  hat  auch  be- 
reits Unterstützungen  f&r  Leute  der  Schutztrappe,  welche  sich  dort 
ansifuleln  wollen,  ausgesetzt.  Dai?s  dio  Regierung  hier  helfend  ein- 
greift, scheint  v(»rl:iiifig  noch  nicht  in  Aussicht  zu  stehen,  obwohl  die 
Erfahrungen  der  Engländer  mit  deutschen  Ansiedlern  in  Kaffraria^) 

>)  Nr.  7,  1891,  1).  Koi.-BL 

-)  »Eia  sieailidi  erlplgntfehw  KolonintionraBteraebmeii  mar  di«  Änsiedlung; 
der  Dentiebes  in  Sud-Afrika  in  18M— 58.  Einige  Tansend  Soldaten  vom  Konti- 
nent, meittant  Deutsche,  welche  unter  den  britischen  Fahnen  im  Krirokrioge  ge- 
dient hatten,  waren  beim  Kndo  des  Krieires  in  Bedrängniss  und  erhielten  nicht  die 
Krlaubniss,  in  ihre  Heimathlfmder  /urrn-k/ukehren.  Die  britische  Regierung  sie- 
delte sie  deshalb  in  Uürfern  im  iierzeu  Katliurias  au,  wo  sie  von  ihrer  Pension 
labten  und  aber  Soldaten  als  Ansiedler  waren.  Sie  wurden  ioi  Jabre  1857  nacb 
Indien  geacbaill,  wo  die  Empörung  ansgebrocben  war,  und  der  OouTemenr  vom 


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248 


Di«  deatseh«!!  Kokmira. 


and  Natal  gezeigt  haben,  da88  die  AnslageD  eich  wohl  bezahlt 
maeheD.  Aber  dort  waren  allerdings  mit  einigen  Tausend  Mark  Un- 
Icoeten  fllr  die  Familie  Ackerbauer  anzusiedeln,  während  in  naserem 
Gebiete  schon  wegen  der  Entfemnng  von  der  Küste  vorläufig  Vieh- 
zucht die  Hauptsache  bleiben  wird.  Und  dazu  bedarf  es  von  Aufaog 
an  grösserer  Mittel. 

Die  sporadische  Ansiedliiiig  ist  jetzt  aber  bei  dem  geringen 
Schutze  und  dem  Cliarakter  der  Bevölkerunc:  noch  nicht  zu  em- 
pfehlen; CS  bedarf  ziemlich  geschlossener  Ansiedelungen,  welche  in 
einer  beständigen  Berührupg  mit  einer  sehr  kapitalkräftigen  Zentrale 
l'leibeu  müssen,  mag  dies  nun  die  Regierung  (»der  eine  Kolonisations- 
bank sein.  Wenn  die  Regierung  nicht  selbst  kolonisiren  will,  so 
sollte  sie  wenij;stens  das  freie  Land  zum  Kronland  erklären  und  ver- 
trauenswerthen  patriotischen  Gesellschaften  entweder  umsonst  oder 
zu  einem  billigen  Preise  üi)erlassen.  Dann  würden  sich  sicher  auch 
<lie  nothwcndigen  Kapitalien  für  solche  Unternehmungen,  welche  bei 
richtiger  Leitung  auch  einen  Gewinn  versprechen,  in  Deutschland 
finden.  Neben  diesen  Bestrebungen  laufen  nun  noch  die  Versuche 
der  Deutsehen  Kolonialgesellschaft  für  Südwest- Afrika  und  der  neu 
zu  bildenden  Kolonialgesellsehaft,  über  welche  der  Geschäftsbericht 
der  ersteren  Gesellschaft,  vom  1.  April  1890  bis  81.  März  1891, 
folgendes  mittheilt: 

-L'nspre  schon  im  letzten  Jahresbericht  erwähnten  Bemäbun(![en ,  durch  Ver- 
äusseiuti^::  eines  Theils  unserer  Resitzungen  die  Mittel  für  eine  nutzbringende 
Th&tigkeit  in  dem  uns  verbieibendeu  Gebiete  zu  erlangen,  haben  daa  Ergeboiäg  ge* 
habt,  dass  unterm  94.  Pebniar  1891  xwischen  ans  md  einem  Deatseben  Koo- 

Kap  ersetzte  hie  durch  3000  besonders  ausgesuchte  deutsche  Familien,  welche  die 
L&ndereien  und  Häuser  der  Soldaten  besetzten.  Diesen  Leuten  ist  es  ausserordeat- 
lich  gut  gegangen,  de  iliid  imMmm  PteoMr  «ad  Mhr  «ohlhabMid.  Die  Koetoi 
4er  UeMUurt  wardea  ihnen  nnüiriieh  Totfieehoesea  nnd  es  scheint,  dsss  sie  die- 
ealbea  sowohl  als  den  Preis  der  von  ihnen  besetzten  L&ndereien  und  Hätten  zaräck- 
gezahlt  haben.  Die  Regierung  schoss  90  000  Pfd.  Sterl.  vor  für  die  Rationen  des 
ersten  Jahres  unter  der  Bedingunp,  dass  die  Auswanderer  das  Geld  zurückzahlen 
sollten:  sie  thaten  dies  jedoch  nicht  und  es  wurde  schliesslich  von  der  Reg^ierung 
gestrichen.  Diese  Unterlassung  der  Zahlung  verändert  allerdings  betricbtlicb  das 
Urtheil  ober  das,  was  sonst  als  ein  t<rtlkoiMiiener  BrMf  dieser  KoloaiMtion  be- 
seiehnet  werden  nfiaate.  Diese  erfolgreiohe  Ansiedfainf  lisnn  aber  kana  als  Vor- 
bild fir  ähnliche  KolooisationsuDtemehmaBgen  mit  Englindem  genosmeo  werden, 
denn  es  waren  ausserordentlich  fleissige  Arbeiter:  M&nner  von  Pommern,  Po?en, 
mid  Schlesien,  welche  ihr  ganzes  Leben  lancr  von  Schwarrbrod  und  Milchsuppe  (I) 
gelebt  hatten;  sie  Standern  lieira  Tagesgrauen  auf,  arbeiteten  bis  in  die  sinkende 
Nacht,  und  waren  sehr  sparsam."  Bluebook  1891,  Report  from  tk$  Seket  Gsm- 
nHtM  on  CobmStaHoHt  P>  47. 


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Deutsch-Südwest- Afrika. 


249 


•ortiam*)  ein  Vertrag  abgesehlosiea  wurde,  woueh  unaere  Blmmtlioben,  nordlieb 
des  26**  s.  Br.  gelegenen  Hesitzungen  und  Rechte  an  das  genannte  KonsortiuB 

verkauft  worden  sind.  Das  Konsortium  bat  sich  Torbehalten ,  die  von  ihm  crwor- 
lienon  Rechte  auf  eino  in  (iemässheit  des  Keichsgesetzes  vom  15.  März  l.**88,  be- 
treffend die  Recbtsverbältnisse  der  Dentscben  Schutzgebiete,  zu  gründende  in  Ham- 
bnig  domisilirttt  Kekmudgeielliebeft  tu  ibertragen.  Der  Yertrag  let  unterm  U.  Fe« 
bmnr  1891  ven  den  Verveltungtreth  und  unter  dem  18.  Februar  1881  von  dem 
Herm  Reichskanzler  als  der  Aufsichtsbehörde  genehmigt  worden,  nachdem,  ebenfalls 
mit  Oenohinigunp  des  Verwaltungsrathes ,  gewisse  Vereinbarungen  mit  der  Kai-^or- 
lichen  Regierung  über  die  Verwendung  eines  T  heil  es  d  er  K  au  fsu  m  ni  e -/.  u  tu 
öffentlichen  Nutzen  des  Schutzgebietes  getroffen  worden  waren.  Auf  den 
Eaufpreie  efad  ber^  140000  H.  (ipller  nodi  80000  HO  angezahlt,  davon  jedodi 
nur  100000  IL  im  Berichtiilahr  in  Terredmen.  Der  Rest  soll  in  verschiedenen 
Fristen  erst  erst  nach  Gründung  der  neu  zu  bildenden  Kolonialgesellscbaft  fällig 
werden.  Die  voroiu^iarte  Frist  für  die  Gründung  dieser  Gesellschaft  geht  mit  dem 
IS.  Februar  1892  zu  Knde.  Von  Innehaltung  derselben  b&ngt  die  Perfektion  des 
Vertrages  ab." 

8 eh  Iii  SS  wort. 

Xach  dem  vorstehend  Mitgetlieilten  ist  es  erklärlich,  dass  das 
Ansehen  Deutschlands  bei  den  Deutschen  in  Südafrika  tief  gesunken 
ist,  da  man  es  dort  nicht  begreift,  weshalb  Deutschland  diese 
Kolonie  so  zu  sagen  brach  lieseu  lässt.  Es  ist  dies  um  so  be- 
klagenswerther,  als  bei  dem  noch  vielfach  im  Werden  bcgrift'enen 
Zustande  Südafrikas,  wo  Buren  und  Englander  sich  gegenübersteheu, 
auch  dem  dortit^en  Deutächthum  eine  gewisse  Rolle  zufallen  könnte. 
Inmitten  der  Buren  und  der  KafTernstämme  haben  sich  manche 
bluheude  deutsche  Gemeinwesen  erhoben,  in  oiniseii  Städten  flos  Ka[)- 
landes  und  Transvaals  hat  sich  ein  kräftiger  deutscher  Kaufraanns- 
stand  entwickelt,  und  endlich  hat  es  auch  den  Anschein,  als  ob  eine 
deutsche  Zeitung  sich  werde  halten  können  und  ein  „Deutsches 
Haus"  in  Kapstadt  als  Mittelpunkt  des  gesammten  deutschen  Lebens 
gegründet  wird.  In  dem  schwach  bevölkerten  Lande,  wo  beständig 
ein  Streit  zwischen  den  Buren  und  den  Engländern  um  die  Vorherr- 
schaft besteht,  gewinnt  das  Deutschthutn  von  Tag  zu  Tag  an  Be- 
deutung, so  dass  die  Südafrikanische  Zeitung  jünust  schreiben  konnte, 
von  dem  Prozentsatze,  in  welchem  sich  das  deutsche  Volk  an  der 
ElDwauderung  von  Geld  und  Kapital  betheiiige  und  von  der  Gestal- 

0  Des  Syndikat  bilden  die  Herren  Ad.  Woerannn,  Carl  Wichmann,  in  Flrsaa 

Görlich  u.  Wich  mann,  Agenten  der  deutschen  SprengstofT-Compagnie,  A.  Philipp, 
in  Firma  Max  A.  Philipp,  Vorsitzender  des  Aufsichtsratln-s  der  Dynamit-Aktien-Ge- 
sellschaft  vorm.  Alfred  Nobel  \i.  Co.,  alle  drei  in  Hamburg,  sowie  I»r.  Scharlach, 
Rechtsanwalt  und  Notar,  J.  N.  Ueidemann,  Generaldirektor  der  Tereinigten  Kölo- 
Rottweiler  Pnlferliibfiken,  in  K5ln  a.  Rh. 


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250 


Die  deuUcben  Kolonieo. 


tang  der  Verhriltinsse  in  unserem  dentschen  Schutzgebiete  hinge  es 
ab,  ob  das  Deutschthuin  in  Südafrika  von  der  dritten  Rangstufe,  die 
es  bisher  einnehme,  allmühlicii  zu  einer  höheren  emporrückeu  werde. 
Die  Deutschen  in  Südafrika  hoffen  augenscheinlich,  dass  mit  der  B>i- 
siedelung  unserer  südwestafrikanischen  Kolonie  vorgegangen  werde 
in  der  ganz  richtigen  Erkenntniss,  dass,  wenn  sich  hier  einmal  erst 
die  deutsche  Kultur  eingebürgert  haben  wird,  das  Deutschthom  von 
Südafrika,  welches  heute  uns  noch  so  gut  wie  verloren  ist,  eine  Art 
von  Rückhalt  haben  werde.  Diese  Hoffnung  ist  für  die  englischen 
Besitzer  des  Kaplandes  natürlich  eine  Befürchtung,  während  di3 
Buren  den  Arbeiten  der  Deutschen  sympathischer  gegenüber  stehen. 
Denn  das  deutsche  Element  hat  seiner  Zeit  dem  Afrikanerbund,  be- 
sonders dem  ..Oprechten  Afrikander'*  llofmeyer  die  wärmste  Unter- 
stützung geliehen.  Die  den  Buren  geistig  so  sehr  überlegenen  Deut- 
schen brachten  ihren  Enthusiasmus  über  die  heroischen  Freiheits- 
kämpfer der  „niederländischen  Vettern^*  in  flammenden  Reden  und 
kräftigem  Einschreiten  zum  Ausdruck.  Barghersdorp,  wo  die  Dent- 
schen zahlreich  mit  den  Buren  gemischt  sassen,  wurde  der  Kern  der 
neuen  Emanzipationsbewegung.  Die  jetzt  den  Engländern  freund- 
lichere Stellung  des  kaplundischen  Burenthums,  welches  unter  Ffih- 
rnnR  von  Gecil  Rhedes  eine  Föderation  der  südafrikanischen  Staaten 
und  Kolonieen  unter  dem  Schutze  Englands  anstrebt,  ist  aber  keines- 
wegs nach  dem  Sinne  der  Deutschen.  In  Transvaal  hat  sich  nun 
eine  ganz  nene  Organisation  gebildet,  welche  auf  die  Mitwirkung 
sämmtlicher  sessbafter  Bewohner  des  Landes,  gleichviel  welcher 
Nationalität,  rechnet,  und  damit  einen  gewissen  Gegensatz  gegen  das 
dortige  exklusive  Burenelement  in  sich  schliesst.  Unter  dem  Drucke 
änsserster  Notbwendigkcit  hat  zwar  die  Burenregiemng  deo 
„Uitlanders"  die  Scheinbetheiligung  an  der  Verwaltung  in  der  Ge- 
stalt einer  zweiten  Kammer  eingeräumt.  Die  Werthlosigkeit  dieser 
Haassregel  haben  Volk  und  Abgeordnete  aber  rasch  erkannt  and 
Engländer  und  Dentsehe  regen  sich  nun,  eine  volle  Gleichberechti- 
gung zu  erkftmi^feii.  Wenn  die  Deutschen  der  verschiedenen  Staaten 
sich  verdnigen,  so  haben  sie  ein  gewisses  Gewicht  in  die  Waagsdiale 
zu  werfen  nnd  es  beginnt  deshalb  anch  bereits  ein  Wettrennen  nm 
ihre  Gnnst  Seitens  der  Politiker.  Ob  sie  sieh  aber  vereinigen  wer- 
den, hängt  von  nnberecheobaren  Umständen  ab,  doch  dürfte  eine 
kräftige  Politik  Deutschlands  in  Sfidwest- Afrika  dazn  den  ersten  An- 
stoss  geben.  Vorläufig  ist  die  Betrachtung  des  Nienwe  Rotterdamsche 
(Mourant  leider  noch  maassgebend,  wenn  er  sehreibt: 


Ostafrika. 


2Ö1 


„Was  aneh  immer  mit  englischen  Einwanderern  in  Transvaal 
—  welelie  ootorisch  mit  den  Tendenzen  holländischer  Ansiedler  be- 
stftndig  in  Widersprach  gerathen  —  der  Fall  sein  mag,  das  dentsehe 
Ein  Wandererelement  seinerseits  verhält  rieh  passiv  und  macht  vorlänfig- 
noeh  keine  Ansprflefae  anf  völlige  politische  Gleichberechtigung  (m  !). 
Es  giebt  vielmehr  nach  Möglichkeit  noch  die  eigene  Nationalität  zn 
Gansten  anderer  anf  (geeß  goo  mogdijk  nog  zijne  nationalUeit  ten 
gutute  van  anderen  of).  Vom  eigenen  politischen  Standpankt  ans 
ist  dies  ein  Fehler,  den  der  Deutsche  begeht,  und  der  wohl  darin 
seinen  Grand  hat,  dass  er  nicht  mit  genügendem  Vertrauen  der 
eigenen  Zukunft  entgegensieht  Die  Engländer  und  die  Holländer 
in  Sfidafnka  im  Allgemeinen  haben  ein  genaues  Ziel  tot  Angen, 
welches  ihnen  beständig  nenen  Math  nnd  Hoffimng  einflösst  Doch 
warum  —  könnte  man  fragen  —  verbinden  sieb  die  Dentsehen  mit 
ihrem  Sfidwest-Protektorat  nicht  gleichblls  an  einer  eigenen  Partei? 
Vielleicht  thiin  ne  dies  bald,  doch  vorläufig  können  sie  das  noeh 
nicht  Soviel  aber  ist  sicher,  dass  ihnen  eine  wichtige  Rolle  in  der 
Znkirolt  vorbehalttti  ist** 


OstaffHkä. 

Während  Major  v.  Wissmann  im  Sommer  1890  in  der  Heimath 
weilte,  war  Dr  Schmidt  (1)  mit  seiner  Stellvertretung  beauftragt.  Die 
Verhältnisse  in  den  unterworfenen  Gebieten  entwickelten  sich  zu- 
friedenstellend, anf  den  Stationen  wurde  fleisslg  gebaut,  und  abgesehen 
von  einer  Bekognoszirung  gegen  die  Mafiti,  welche  nach  Verwflstodg 
von  Usaramo  die  Missionsstation  Tununguo  bedrohten,  aber  vor  der 
Schntztmppe  zurfickwiehen,  waren  im  mittleren  Gebiete  keine  neuen 
Kriegszügu  nothwendig.  Bei  der  letzteren  Ezpedition,  welche  im 
Juli  stattfand,  war  insofern  ein  Erfolg  zu  verzrichnen,  als  der 
von  der  KOste  geflüchtete  Jumbe  Pangire,  seiner  Zeit  ein  eifriger 
Parteigänger  Bnachlris,  sich  unterwarf.  Die  Gefahr  von  Seiten 
der  Mafiti  war  im  Süden  aber  nach  wie  vor  sehr  gross,  da  die 
gewöhnlich  unter  diesem  Namen  zusammengefassten  Räubervolker 
Mahenge,  Magwangwara  und  Wahehe  fast  jedes  Jahr  bis  in  das 
Hinterland  von  Kilwa  und  Lindl  vordringen.  Bei  seiner  Inspektions- 
reise im  Süden  fährte  Schmidt  auch  noch  eine  Explorirung  des 
Rnfidschi  aus.  Es  ergab  sich  dabei,  dass  es  sogar  für  ein  Schilf 
wie  den  Kreuzer  „Schwalbe**  möglich  ist,  bei  Hochwasser  in  die 
beiden  nördlichen  Mündungen  des  Flusses  einzudringen.    Mit  dem 


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252 


Die  deuUcben  Kolonieu. 


dem  BeichskonuDisaariat  gehörigen  Dampfer  «MfiDchen*',  von  6  Fuss 
Tiefgang,  wurde  der  Haas  15  Seemeilen  weit,  d.  h.  daieh  das  Delta 
hindarch  bis  in  den  eigentlichen  Flns»,  hinanfgefiüiren,  ohne  anf 
irgend  welche  wesentliche  Hindemisse  zu  stossen.  Noch  nngefi&hr 
98  Seemeilen  von  der  Efiste  betrftgt  die  Breite  des  Stromes  die  der 
Elbe  bei  Magdeburg,  und  es  ist  natürlich,  wenn  man  anf  diese 
grosse  Wasserader,  welche  bis  zu  den  Schiiguli- Fällen  sieber  für 
flachgeheiide  Fahrzeuge  schiffbar  ist,  für  die  spätere  Kolonisation 
des  Laiules  grosse  Hoffnungen  setzt.  Da  aber  die  Verhältnisse  im 
Hinterland  von  Lindi  wegen  der  Häubereieu  des  Häuptlings  Macheniba 
wenig  befriedii^end  waren  und  auch  die  Wahehe  sich  stets  auf 
dem  Kriegspfade  befanden,  bescbloss  Chef  Schmidt  durch  eine  Ex- 
pedition dem  Unwesen  ein  Ende  zu  nia<'hen.  Die  Wahehe  hatten  im 
September  bereits  seitens  der  Schut/.truppe  in  Mpwapwa  eine  emplind- 
liche  Züchtigung  erhalten,  so  dass  sie  Geschenke  sandten  und  um 
Frieden  baten.  Des  Herrn  v.  Bülow  Versuch,  mit  ihrem  Oberhäupt- 
liiig  einen  Freundschaftsl)und  zu  scldiessen,  war  aber  anscheinend 
erfolglos  geblieben,  und  die  Folge  hat  gezeigt,  dass  ihren  Yersiche- 
rangen  nicht  zu  trauen  war. 

Die  Expedition  gegen  Machemba. 

Der  Marsch  wurde  von  der  Station  Lindi  aus  am  6.  Oktober 
angetreten,  die  Tmppe  hestand  ausser  dem  stellvertretenden  Reichs- 
kommissar nnd  vier  Europäern  aus  drei  Kompagnien  Sudanesen,  und 
führte  ein  4.7  cm  Schnellfeuergeschutz  sowie  das  Maximgun  mit. 
Nachdem  das  Hochplateau  erreicht  war,  befand  man  ach  auf  dem 
Makonde-Bergland,  ohne  jede  Lücke  und  Unterbrechung  von  einem 
dichten,  durchaus  undurchdringlichen  Busebwalde  bestanden,  welcher 
die  Heimath  der  hier  in  grosser  Menge  vorkommenden  Gnmmi -Liane 
ist  Die  Urbevölkerung  hiideo  die  Makonde,  sie  worden  zum  Theil 
verdribigt  durch  die  von  Sflden  gekommenoB  Wayao-VOlkentimme, 
unter  donen  ein  Häuptling  llaehemba  grosses  Ansehen  erworben 
hatte.  Seitdem  es  ihm  geglückt  war,  die  Magwangwara  zurück- 
zuschlagen, betrachtete  er  sich  als  Herrscher  des  gesammten  süd- 
lichen KQstendistriktes  und  glaubte  auch  selbst  europftischen  Angriffen 
in  dem  natürlichen  Bollwerke  seines  Busches  mit  Erfolg  Widerstand 
leisten  zu  kOnnen.  Am  8.  Oktober  fand  bereits  ein  Plftnkler-Gefecht 
statt,  am  9.  Oktober  wurde  ein  anf  einem  HQgel  gelegenes  Dorf 
Machembas  besetzt  und  die  Expedition  traf  am  16.  Oktober  nach 
überaus  beschwerlichen  Härschen  auf  der  englischen  llissionsstation 


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Ottefrito. 


253 


Masasi  ein,  welche  wegen  der  stets  drohenden  Gefahr  seitens  der 
Magwangwum  nnr  Bauten  ans  leiditem  Material  aufweist.  Die 
Hanj^tstation  ist  das  sicher  auf  einer  Hohe  gelegene  Newala.  Auf 
dem  RSekwege  hatte  die  Expedition  am  20.  Oktober  ein  ernsteres 
Gefecht  bei  Kisanga  zu  bestehen,  einem  anf  einem  etwa  600  m 
hoben,  sehr  steilen  und  mit  Busdiwerk  bewachsenen  Berge  gelegenen 
Dorfe.  Bei  dem  Sturm,  welchen  Chef  End  kommandirte,  wurde 
Chef  Schmidt  II.  verwundet,  aber  trotz  der  Schwierigkeitett  des 
Terrains  gelang  es  dod)  den  Gipfel  zu  erreichen  und  den  Gegner 
aus  sdner  yorzügfich  gewfthlten  Stellung  zu  vertreiben.  Bemerkens- 
werth war,  dass  der  Feind  mit  vielen  Gewehren  bewaftiet  war;  es 
erkiftrt  sich  dies  daraus,  dass  Machemba  die  Mittelq»erson  einiger 
portugiestsdier  Hftndler  in  lYaffen  und  Munitioii  und  nördlich 
wohnender  Stämme  war.  Es  wurde  wegen  der  Schwierigkeit  des 
Terrains  beschlossen,  Macbembas  Stellung  diesmal  noch  nicht  auza- 
greifen,  sondern  längs  des  Rovuma  znr  Küste  zu  marschiren.  Kohle 
wurde  niii  dem  Wege  gefanden,  dürfte  aber  nach  Schmidts  Ansicht 
niciit  den  Abbau  lohnen.  Der  Kovuma,  dessen  eigentliche  Flass- 
rinne  wenig  über  50  Meter  Breite  erreicht  und  gar  nicht  mit  dem 
Rufidschi  an  Mächtigkeit  zu  vergleichen  ist,  enttäuschte  Schmidt 
sehr.  Am  81.  Oktober  traf  die  Expedition  wohlbehalten  in  Mikin- 
daui  ein.  Im  Dezember  unternahm  Chef  Ramsay  mit  zwei  Sudanesen- 
und  zwei  Solu -Kompagnien  einen  neuen  Zug  gegen  Machembu, 
auf  dessen  Leute  am  20.  ^»"^tnssen  wurde.  Es  entwickelte  sich 
ein  Gfröjiseres  Gefecht,  bei  dem  der  Feind  vertrieben  wurde;  auch 
am  nächsten  Tage  geschah  dassell)e,  aber  da  der  Marsch  fortwährend 
durch  dichten  Busch  führte,  welcher  eine  Marschsicherung  nicht  ge- 
stattete, die  W<^ge  infolge  der  Regenzeit  ungangbar  geworden  waren, 
und  die  Verproviantirung  in  dem  Buschwerk  nicht  zu  bewerkstelligen 
war,  der  Feind  fortwährend  die  Kolonne  beunruhigte,  ohne  dass  er 
selbst  zu  fassen  war,  beschloss  Ramsay  nach  Lindl  zarückznkebren. 
Es  war  sehr  klug  von  ihm,  die  Tmppe  in  dem  unwegsamen  Gelftnde, 
io  welchem  jede  Fernsicht  unmöglich  war,  nicht  zu  aventnriren, 
und  spfttere  Ereignisse  haben  die  Richtigkeit  seiner  Taktik  bewiesen, 
aber,  wenn  auch  Machemba  später  sich  unterwürfig  zeigte,  es  bleibt 
doch  nichtsdestoweniger  die  Nothwendigkeit  bestehen,  solche  mäch- 
tige Uäaptlinge  in  der  N&he  der  Küste,  welche  eine  beständige 
Gefahr  bilden,  einmal  grflndlich  die  deutsche  Macht  fühlen  zu  lassen. 
Aus  dem  Monat  November  ist  auch  noch  als  bemerkenswerth  zu 
erwähnen,  dass  in  Kilwa  die  Mörder  von  Krieger  und  Hessel  ge- 


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254 


Die  deutsch«!!  Kolonien. 


fangen  genommen  und  standrechtlich  erschossen  worden.  Die  Be- 
völkerung kehrte  allmfiiig  nach  Jülwa  znr&ck,  aber  ihr  MisBtraiien 
ist  noch  lange  nicht  besiegt. 

Em  in  Pascha. 

Dem  Reichstag  wurden  Ende  November  und  Anfang  Dezember 
1890  Weissbficher  vorgelegt,  welche  wesentlich  Berichte  ans  Ostafrika, 
beBonders  Uber  die  Keise  £min  Paachas  enthielten  nnd  deshalb  be- 
sonderes Aufsehen  erregten,  weil  man  in  denselben  die  Motivining 
ffir  das  scharfe  Vorgehen  des  Majors  vonWissmann  gegen  Emin  Pascha 
sachte.  Hijor  von  Wissmann  war  am  Ende  November  wieder  in 
Ostafrika  eingetroffen  nnd  hatte  die  Gesch&fte  fibemommen.  Eine 
seiner  ersten  Amtshandlungen  war  die  ZnrGckberafnng  Emin*s, 
welche  vom  Beichsanzeiger  in  der  Nnmmer  vom  5,  Dezember  mit 
der  Motivirong  Wissmann's  angekündigt  war,  dass  „Emin  Pascha 
die  Arbeit  von  Stokes  erschwere  nnd  jeden  Befehl  missachte.''  Die 
Verftffentlicbong  dieser  schroffen  Abweisong  machte  ein  nngehenres 
Anfsehen,  and  es  sind  bente  die  Gründe  noch  nicht  klar,  weshalb 
diese  karze  Depesche  seitens  der  Regierarg  verüffentlicht  wnrde, 
welche  doch  Wissmann  nnr  schaden  konnte.  Es  ist  möglich, 
dass  dadurch  ein  Druck  anf  die  Öffentliche  Meinong  versnobt 
wurde,  welche  sich  mit  Emin  lebhaft  beschäftigte,  nachdem  dessen 
Programm  in  der  Deutschen  Kolonialzeitung  ^)  am  29.  NoveniUer 
veröflentlicht  war.  Dieses  Progranini,  aus  Tabora  den  18.  August 
1890.  datirt,  em[>fahl  die  Anlage  einer  festen  Zentralstation  Ta- 
liuvd.  von  wehlier  aus  nit  iirere  Paukte  zu  besetzen  wären.  Das 
Material  für  diese  Statinm'n  .seien  in  Freiheit  gesetzte  Sklaven.-) 
Diese  Stationen  .>>ollten  zugleich  Kulturzentren  sein  nnd  sich  nach 
Ausgai)e  der  Aulagekosten,  welche  Emin  lür  das  erste  Jahr  auf 
1  Million  Mark,  für  das  zweite  auf  die  Hallte  schätzte,  /um  grösstoii 
Theil  selbst  erhalten.  Er  stellte  ferner  die  delinitive  Besetzung  uud 
Aufsehliessung  der  Seengehictc  als  erste  Bedingung  hin,  da  es  nur 
so  möglich  würe,  die  Verwaltungskosten  zu  decken,  und  hielt  zugleii  Ii 
die  Entsendung  von  Dampfern  nach  den  Seen  vou  grösster  Wichtig- 
keit. Zur  ünterdrückang  des  Sklavenhandels  empfahl  er  eine  mili- 
türiäche  Maclitentfaitang  und  die  Forderung  katholischer  Missious- 
aostalten.   Diebem  Programm  ist  wegen  verschiedener  Cmstluide  nicht 

Deutsche  Kolouial/.eilung,  Nr.  25  1890. 
*)  später  ScLyose  schlägt  vor,  die  Wangoni  dafnr  tu  Tenrenden,  den  Salus 
venrandto  kriegerische  VollisstiLmme  des  Innern. 


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Oite^riki, 


255 


näher  getreten  worden,  obwohl  es  in  klarer  Weise  nur  dasjenige 
nni-h  einmal  ausspricht,  was  beständig  von  nnanchen  Kolonialpnlitikern 
für  Ostafrika  (  iiipfohlen  wurde,  —  eine  extensive  Kolonialpolitik  im 
Innern  in  der  Verbindung  mit  intensiver  Kulturpolitik  an  der  Küste. 
Da  dieser  Gegenstand  noch  später  behandelt  wird,  80  fahren  wir  in 
der  Schilderung  des  Zuges  Emin's  fort. 

Emin  Pascha's  Auftrag  ^)  bestand  nach  Wisemann's  Aufiaasnng  vor- 
nehmlich darin,  für  dasDampfer-Cnteraehmen,  welches Wissmaan  bereits 
im  Frühjahr  1890  in  Aussicht  genommen  hatte,  vorbereitend  za  wirken, 
sich  zu  diesem  Zwecke  mit  dem  Händler  Stokes,  welchen  Emin 
selbst  empfohlen  hatte,  in  Verbindong  zu  halten,  und  möglichst  ohne 
K&mpfe  eine  friedliche  Mission  zn  erfüllen.  Die  Ungewissheit  der 
Lage,  die  Aussicht,  vielleicht  noch  Uganda  der  deutschen  interessen- 
sphäre  zu  gewinnen,  di6  Schwierigkeiten  und  Vervögemngen  des 
scbriftlicbeD  Verkehrs  verleiteten  nun  Emin  Pascha  za  einer  Reihe 
von  Maassregeln,  welche  seine  Zarückbemfnng  durch  Mi^or  von  Wiss- 
mann verständlich  machen. 

Einmal  hatte  Wissmann  nicht  gewfinscht,  dass  Emin  nach  Tabora 
ging,  da  er  selbst  dort  Ruhe  und  Ordnung  schaffen  ivollte.  In  Tabora 
herrschte  wie  an  der  Rüste*  das  arabische  Element;  wenn  dasselbe 
aber  auch  durch  die  Vorgftnge  an  der  Eflste  eingeschüchtert  war,  so 
kannte  Wissmann  doch  die  dortigen  Verhältnisse  zur  Genüge,  nm 
zn  wissen,  dass,  bevor  man  dort  unseren  Einflnss  als  genchert  be- 
zeichnen konnte,  eine  wirkliche  Hachtenfaltung  nOthig  sei.  Emin 
ging  aber  doch  nach  Tabora;  eine  darauf  bezügliche  Anfrage  hatte 
er  bereits  von  Hpwapwa  an  Wissmann  gerichtet,  später  seine  ver- 
änderte Disposition  durch  Mangel  an  Trägem  entschuldigt,  was  Wiss- 
mann sehr  verstimmt  hat,  wie  aus  seinen  folgenden  Auslassungen^ 
üervorgeht: 

„Ich  hatte  einen  mir  ergebenen  Araber^,  der  natürlich  f;ui  beiablt  war, 
schon  vor  Emin  nach  Tabora  gesandt  und  war  sicher,  dass  er,  da  ihm  persönlich 
an  der  Sicherheit  der  Strasse  nelegcu  >eiii  musäte,  das  St'iijii:e  zu  einer  fried- 
lichen Regelung  thun  wSide.  So  kam  es,  dass  in  Tabora  »chou  die  deutsche 
Flagg0  wehte,  als  Emin  ^gen  meineii  Befehl  doch  dorthin  zog.  Zwar  betete 

')  Seite  199,  Jahrbuch  J80O. 

^)  „Mein  fünftes  grosses  L'uteruehueu  in  Afrika.**  Velbagen  &  Klasiug's 
UonaUhefie,  Oktober  1891. 

Nach  dem  Weissbuch,  Ostafrika  Nr.  64,  war  dies  ein  Beludsehe  Ismael, 
aus  dessen  Berieht  henroigeht,  dass  die  Araber  anf  seiner  Seite  standen,  wftbreud 
der  Häuptling  Sike  von  Unjamwesi  feindlich  war.  Anf  dessen  Niederwerfung  hatte 
es  Wissmaun  besonders  abgesehen. 


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'  256 


Die  deutMiMB  KoktniMi. 


Emin  Bucha  mit  den  Arebern  und  Terlas  Konuispräche  unter  der  deutsdiei 

Flagge;  als  er  aber  weitergiDg  und  Araber  wegen  SklaTenbandels  hinrichten  liess» 
flammte  belle  Wuth  pegen  ihn  auf,  und  nur  die  Furcht  vor  dem  Vorrücken  einer 
grossen  Macht,'  auf  die  bis  jetzt  die  Leute  ton  Tabora  von  Monat  zu  Monat  war- 
teten, hat  Kmiu  vor  der  Rache  der  Araber  beschützt,  gegen  die  er  im  Ernstfalle 
viel  sa  tehwach  gewesen  wtre.* 

Eine  gewisse  Yerstimmang  zwisehen  Emin  Pascha  und  dem 
stellvertretenden  Beiehskommiasar  ISsat  sich  aneh  leicht  ans  dem 
Weissbndi  nachweisen.  Ffir  Emin  Pascha's  Bxpeditipn  waren  60,000 
Mark  ausgesetzt,  aber  er  belastete  fortwährend  das  Reichskommissariat 
in  einer  Weise,  welche  Dr.  Sdimidt  nicht  ra  Tcrantworten  könoen 
glaubte;  letzterer  war  „angesichts  der  durchaus  erforderlichen  Spar- 
samkeit*' nicht  in  der  Lage,  abgesehen  von  der  gewünschten  Manitioo, 
die  weiteren  Forderungen  Emin  Pascha  »  um  Verstärkung  und  Nach- 
schub zu  erfüllen. 

Als  ein  anderes  Moment  für  AVissmanns  Entschluss  kam  noch 
hinzu,  dass  Stokes,  welcher  später  als  Emin  aufgebrochen  war  mit 
dem  Auftrage,  sich  mit  demselben  iu  Verbindung  zu  setzen,  ihu 
nicht  erreichen  konnte  und  in  einer  Aergerniss  erregenden  Weise 
über  Emin  Pascha  berichtete,  ^deni  er  nicht  bis  in  die  Mondberge 
folgen  wolle.'*  Da  Wissmann  ein  gutes  Thcil  Verantwortung  für 
Emiu  Pascha  übernommen  hatte,  und  die  Neuregelung  der  Verhält- 
nisse in  Ostafrika  im  Frühjahr  1891  bevorstand,  rief  er  Emin  zur 
Küste  zurück.  Dieser  Schritt  ist  dem  Major  von  Wissmann  vielfach 
verdacht  worden,  aber  die  späteren  Erfahrungen  haben  gelehrt,  dass 
sein  Vorgehen  durch  die  Verhältnisse  doch  geboten  war. 

Emin  Pascha  hatte  seine  Reise  bis  Mpwapwa  ohne  Schwierig- 
keiten zurückgelegt;  von  dort  aas  Hess  er  wichtige  Mittheilungen  an 
das  Reichskommissariat  gelangen,  welche  sich  besonders  auf  die 
Bewaffnung  der  Karawanen  bezogen  nnd  später  befolgt  worden  sind. 
£r  rieth,  keiner  arabischen  Karawane,  welche  von  Bagamoyo  fort- 
gehe, irgend  weiche  ^[unition  za  gestatten.  Es  sei  eine  «gene  and 
wohl  za  beaditeode  Wahrnehmung,  dass  die  aus  dem  Innern  kom- 
menden, mit  werthvollem  Elfenbein  beladenen  Karawanen  nahezu 
ohne  Waffen  nnd  gewiss  ohne  Polver  zur  Kflste  gingen,  während 
man  dort  zur  Bedeckung  von  ein  paar  Stoffballen  ihnen  Mengen  von 
Mnnition  nnd  Gewehren  gestatte.  In  Mpwapwa  traf  Emin,  wie 
bekannt,  mit  Dr.  Peters  zusammen,  welcher  fiber  seine  Ei^mngen 
nnd  Verträge  in  Uganda  berichtete,  von  welch  letzteren  Emin 
Pascha  Abschriften  nahm.  Peters  „konnte  Emin  nach  bestem  Wissen 
nnd  Gewissen  nur  rathen,  bevor  er  irgend  etwas  anderes  thne,  zn- 


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Oatafrika. 


257 


n&cbst  Tabora,  oder  einen  geeigneten  Platz  in  der  Nfthe  von  Tabora, 
zu  besetzen.  ^)  Am  12.  Jnni  theilte  der  stellTertretende  Relefaskommis- 
sar  mit,  dass  Major  Wissmann  am  26.  Mai  einen  Urlaub  angetreten 
habe,  und  Stoke«  bald  mit  Truppen  zar  AnshÜlfe  von  Saadani  abmar- 
schiren  werde,  der  den  Befehl  habe,  in  Tabora  eine  Station  anzulegen. 
Angesichts  der  Verhandlungen  über  die  Abgrenznngsfragen  ersuchte  er 
Emin  Pascha,  sich  von  Bxpansionsgelflsten  nach  Möglichkeit  fem  zu 
halten,  und  sich  der  Hauptsache  nach  auf  die  Anlage  von  Stationen 
und  Anknüpfung  von  Verbindungen  zu  beschränken. 

Am  22.  Juli  erfolgte  der  Abmarsch  von  Mpwap  wa,  es  ftmden  einige 
Kämpfe  mit  den  Massai  und  den  Wagogo  statt,  und  am  6.  August  wurde 
die  glackliche  Ankunft  in  Tabora  gemeldet  Emin,  zu  dessen  Expedition 
die  Offiziere  Freiherr  v.  Bolow'),  Langbeld  und  Dr.  Stuhlmaon  ge- 
hörten, schloss  am  1.  Angust  einen  Vertrag  mit  den  18  dort  an- 
sässigen Arabern,  in  welchem  die  letzteren  die  deutsche  Regierung 
in  Unjanjambe  snerkannten,  und  das  Recht  einen  Wall  zu  wählen  er- 
hielten, welcher  aber  unter  dem  Befehle  und  Leitung  des  Stationschef, 
im  Fall  der  Gründung  einer  Station,  zu  treten  hatte.  Deutschland  ver- 
pfli^tete  sieh,  der  Ausfibung  der  Religion  keine  Hindemisse  in  den 
Weg  zu  legen  und  den  gegenwärtigen  Besitzstand  der  Araber  an- 
zuerkennen. Sklavenhandel  und  die  Entbendnng  von  Expeditionen  um 
Sklaven  zu  machen,  war  auf  das  Eotschiedenste  verboten.  Die  Araber 
lieferten  zwei  Geschfitze  aus  und  erwäblten  Seff  bin  Saad  als  Wall,  der 
naob  Emins  Angabe  ganz  tfichtig  ist  Emin  hatte  sich  genOthigt  ge- 
sehen, dort  bedeutende  Einkäufe  zu  machen,  aber  wie  schon  mitgetheilt, 
machte  der  stellvertretende  Relebskommissar  Schwierigkeiten.  Es 
wfirde  sich  vielleicht  empfohlen  haben,  in  diesem  Falle  eine  Aus- 
nahme zu  machen  und  för  Emin  bei  dem  Answärtigeu  Amt  be- 
sondere Mittel  zu  verlangen,  da  ein  so  ausserordentlicher  Mann 
wie  Emin,  in  einer  besonderen  Weise  behandelt  werden  muss,  aber 
es  warsn  wohl  damals  schon  Bedenken  Aber  Emins  femere  Pläne 
aufii^etaucht 

Hier  in  Tabora  war  Emin  äusserst  thätig,  am  23.  theilt  er  mit, 
dass  er  der  Firma  H.  A.  Meyer  in  Hamburg  gehöriges  Elfenbein  zur 
Käste  senden  werde,  schickte  seine  naturwissenschaftlichen  Samm- 
longen und  theilte  mit,  dass  alles  von  der  Expedition  in  Zukunft  zu 
sendende  Elfenbein  zur  Deckung  der  Expeditionskosten  bestimmt  sein 

')  Die  deulhche  Emin  Pascha- Kxpedition.    Von  I)r   Carl  Pclers.    Seite  515. 
^)  Zu  der  Mitnahme  des  Premier- Lieuteoant  t.  BüIüw  war  Eiuiu  uicbt  berecb* 
tigt;  dmelb«  ist  bald  dtfanf  aaeh  Mpwapwa  zorückgc^chidit  worden. 

KolonialM  Jahrbuch  IBM.  17 


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258 


Die  d«ut«di«B  Kolonien. 


wflrde.  Am  24.  AugoBt  kam  er  auf  die  YerhftltnisBe  in  Urambo  m 
sprechen,  dessen  Herrscher  Pandaschara,  nach  den  Berichten  des  dort 
ansftssigen  englischen  Missionars  Shaw  den  Deutschen  freundlich 
gesinnt  in  einem  Kampfe  mit  den  Waogoni  gefallen  war. 

£min  beabsiditigte  nach  Usongo  zn  gehen,  nm  dort  die  nOthigen 
Vereinbamngen  zn  treffen,  dann  direkt  nach  dem  Victoria-See,  nnd 
die  Regelung  der  Verhältnisse  in  Urambo  den  Lieutenants  v.  Bfilow 
nnd  Langheld  zu  überlassen,  welch  letzterer  ihm  dann  nach  dem 
See  nachfolgen  sollte.  Am  80.  August  wurde  Emin  Pascha  der 
Wortlaut  des  deutsch-englischen  Abkommens  geschickt  uod  ihm  noch 
einmal  der  Wunsch  nahe  gelegt,  mit  Stokes  doch  in  Verbindung  zu 
bleiben  und  das  Arbeitsterrain  zu  theilen.  Schmidt  rechnete  dabei 
Dr.  Emin  vor,  dass  die  Expedition  im  An&ng  Juli  bereits 
120000  Mark  gekostet  habe,  obwohl  nur  60000  Mark  dafär  aus- 
gesetzt gewesen  seien.  Nicht  recht  verständlich  war  zu  der  Zeit 
allerdings,  wie  Emin  bereits  von  Mpwapwa  aus  noch  40  bis  60  Lasten 
Mauserpatronen  und  137  Lasten  Zeog  Terlangen  konnte,  da  er  sich 
noch  einen  Monat  vorher  im  Besitz  von  35  Lasten  Mauserpatronen 
und  147  Lasten  Zeug  befiiuid.  In  einem  Schreiben  des  Dr.  Schmidt 
vom  7.  September  wird  vorausgesetzt,  dass  Emin  bereits  mit  Stokes 
Verabredungen  getroffen  hat  und  dass  ersterer  die  Station  Tabora 
(Emin  Pascha  hatte  als  Station  das  dicht  dabei  gelegene  Kipalapala 
empfohlen)  und  Udjidji  (Earema)  flbemehmen  oder  anlegen  würde, 
während  Stokes  die  Station  am  Victoria-See  zugewiesen  erhalten 
sollte.  Schmidt  beklagte  sich,  dass  Emin  Pascha  Ober  dienstliche 
Vorgänge,  Meldungen  über  Verlauf  der  Expedition,  weitere  Absiehten 
u.  s.  w.  fast  nichts  berichtete  und  rief  Emin  Pascha  ins  Gedächtniss, 
dass  er  zu  obigen  Meldungen  dienstlich  angehalten  sei. 

Emin  war  bereits  am  28.  September  von  Tabora  nördlich  auf- 
gebrochen und  hatte,  wie  vorhin  erwähnt,  den  Lieutenant  Langheld 
nach  Urambo  in  nordwestlicher  Richtung  abgeschickt,  wo  derselbe 
mehrere  gifickliche  Gefechte  den  Wangonis  lieferte  und  mit  dem 
Beherrscher  des  Distriktes  Urambo  einen  Vertrag  abschloss.  Emin 
war  in  der  Zeit  schon  weiter  nach  Usongo  nordwärts  geeilt 
und  marsohirte,  ohne  Langheids  Zurfickkunft  abzuwarten,  zum  Schutze 
der  angeblich  am  VictoriapSee  bedrohten  katholischen  Missionare 
durch  Usukuma  nach  Bukumbi  ab.  Dort  erfuhr  Emin,  dass  die 
Spannung  zwischen  den  katholischen  und  protestantischen  Missionaren 
in  Uganda  aufs  höchste  gestiegen  sei.  In  der  Nähe,  in  Massansa, 
hielten  sich  zu  der  Zeit  Araber  auf,   die   einen  ausgedehnten 


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Ostafriluk 


259 


Sklavenhandel  trieben,  und  Dr.  StnhlmanB  wurde  abgeschickt,  dieses 
Rftnbemest  za  zerstören.  Das  Araberlager  worde  erobert,  den  Sklaven 
die  Freiheit  geschenkt  und  130  Stfick  Elfenbein,  daninter  35  grosse 
Zähne,  erobert,  welche  als  willkommener  Beitrag  znr  Deckung  der 
Kosten  der  Expedition  nach  der  Küste  geschickt  wurden.  Am 
19.  October  reiste  Emin  fiber  den  See  mit  23  Uganda-Booten  nach 
Bnkoba  am  Westnfer  des  Victoria-Sees  (1®  25'  s.  Br.),  wo  er  am 
31.  October  eintraf,  während  Dr.  Stahlmann  den  Landweg  einschlng. 
Es  fand  hier  bei  Bnmpeke  ein  schweres  Gefecht  statt,  da  drei  grosse 
gnt  vertheidigte  Bornas  genommen  werden  mnssten,  nnd  es  sogar 
zn  einem  erbitterten  Handgemenge  kam,  aber  schliesslich  zog  sidi 
der  Feind,  welcher  mehrere  hundert  Todte  and  Yerwnndete  hatte, 
znrflck.  Das  Gefecht  hatte  fast  2  Standen  gedauert^  in  dieser  Zeit 
Warden  2000  Patronen  and  36  Granaten  verfeuert  gegen  einen  wohl- 
verschanzten  Feind  von  600  bis  700  Mann.  Am  15.  November 
kam  aach  diese  Abtheiinng  in  Bnkoba  an. 

In  dieser  Zeit  hatte  aber  aach  Lieatenant  Laoghdd  neue  nnd 
harte  Kämpfe  za  bestehen.  Nachdem  er  von  ürambo  kommend 
in  Usongo  angelangt  war,  traf  hier  am  4.  Oktober  Stokes  ein, 
bei  dessen  Karawane  sich  Lieotenant  Sigl  und  ein  Unteroffizier 
der  Schatztrappe  befand.  Er  hatte  seine  Expedition  auf  dem 
kürzesten  Wege  von  Kapalata  aus  über  Uveriveri  und  Ussure  nach 
Usongo  geffthrt  (während  Emin  bekanntlich  einen  Abstecher  nachlUtora 
gemacht  hatte),  um  hier  nun  die  von  Wissmann  gewünschte  Station 
zur  Sicherung  der  Strasse  nach  dem  See  anzulegen.  Von  hier  aus 
wollte  Stokes  später,  da  Emin  schon  weiter  marschirt  war,  zunächst 
nach  dem  Viktoria-See  marschiren,  um  sich  dort  mit  Emin  zu  ver- 
einigen und  zu  gemeinsamem  Handdn  zu  berathen.  Inzwischen 
hatten  nun  die  bei  Urambo  geschlagenen  Stämme,  die  Watnta  oder 
WaDgoni  sich  aufgemacht,  sich  mit  den  Eiogebornen  nürdUeh  von 
Usongo  verbündet^  um  sich  an  Lieutenant  Langheld  für  die  bei 
Urambo  erlittene  Schlappe  zu  rächen.  Es  kam  so  am  12.  Oktober  zu 
einem  (von  Stokes  für  nothwendig  gehaltenen)  neuen  Kampfe  bei  Tinde, 
in  welchem  Stokes  1000  seiner  Waiijamwesi  dem  Lieutenant  Sigl  and 
Langheld  beigab.  Die  Trappen  suchten  mit  grosser  Mühe  zuerst 
ein  Tembe  zu  erstfirmen,  welches  angezfindet  wurde,  aber  als  sie 
Herrn  der  Situation  zu  sein  schienen,  taochten  plötzlich,  wie  aus  der 
Erde  gestampft,  an  Tausend  Feinde  auf  und  beschossen  sie  heftig. 
Die  Ragaruga,  die  Hülfstruppen  von  Mtinginya  von  Usongo,  (des 
Schwiegervaters  von  Stokes)  waren  geBohen,  und  obwohl  ein  Vor« 

17* 


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•260 


Die  deatwhan  Kolonien. 


stosB  gemacht  wnrde,  so  war  doeh  bald  eiozneeheo,  dara  die  Hooitioo 
nicht  mehr  genflgte,  tun  weiter  vorzagehen,  oder  die  Tembe  za  be- 
setzen. Es  worde  deshalb  ein  vollstftndig  rohlger,  geordneter  Rück- 
zog angetreten,  aber  nnr  der  ansgezeicbneten  Disziplin  ist  es  zo 
verdanken,  dass  keine  Katastrophe  eingetreten  ist  Infolge  dieses 
Rflekschlages  nnd  der  Eibittemng  der  Araber  Aber  das  Gefecht  bei 
Massansa,  welche  viele  Verwandte  in  Tabora  hatten,  nnd  dos  Ge- 
rüchtes, dass  Araber  bei  einem  frenndlichen  Beanche  im  Lager 
Kmin  Paschas  ergriffen  worden  seien^),  waren  die  frQheren  Errangen- 
sehaften vorlftnGg  wieder  fraglich  geworden.  Nach  dem  Gefecht  bei 
Tinde  bemfihte  sich  daher  Stokes  die  Wanyamwesi  za  einem  Bachezoge 
zn  bewegen  nnd  brach  mit  den  Lientenants  Sigl  and  Langheld  wieder 
gegen  Tinde  anf,  welches  diesmal  geringen  Widerstand  leistete.  Am 
4.  Janaar  traf  die  Expedition  in  Ugera,  der  Residenz  des  HftaptUnge 
Kapera,  ein,  welcher  sich  unterwarf  und  das  Bfindniss  mit  den  Wangoni 
aufgab,  gegen  deren  Hanptdorf  am  5.  Jannar  ein  eotscheidender  Schlag 
geführt  warde.  Das  stark  befestigte  Dorf  wurde  nach  einem  hitzigen 
GeÜDchte  genommen  und  die  Waogoni*s  in  mehreren  Gefischten,  in 
denen  sie  immer  die  ihnen  eigene  Bravoor  beim  ersten  AngriiF  be- 
kündeten,  geworfen  nnd  verjagt  Stokes  sandte  nach  Beendigung 
dieser  Kämpfe  Lieutenant  Sigl  nach  Tabora,  um  den  Aufbau  einer 
Station  in  Angriff  zn  nehmen,  wfthrend  er  selbst  sich  nnn  endlich 
mit  Emin  in  nfthere  Verbindung  setzen  konnte. 

Es  liegt  anf  der  Hand,  dass  Wissmann*8  Anschauiing,  Emin 
Pascha  habe  durch  seinen  schnellen  Harsch  eine  Uebereilnng  be- 
gangen, abgesehen  davon,  dass  er  gegen  die  ihm  gegebene  Direktive  han- 
delte, viel  fOr  sich  hat  Wftre  Emin  in  Usongo  geblieben,  h&tte  Stokes 
erwartet  und  mit  ihm  fiber  fernere  Maassregeln  sich  geeinigt,  so  wftre 
die  Zerfahrenheit  in  der  Kriegf&hmng  vermieden  und  er  h&tte  die 
unklaren  Verhältnisse  in  Uiyamwesi  mit  friedlichen  Mitteln  ordnen 
können.  Stokes  hat  sich  zwar  später  noch  mit  Emin  vereinigt,  aber 
ihm  nicht  mehr  getraut  und  besonders  Wissmann  gegenüber  das  Be- 
nehmen £min*s  gerOgt,  »welcher  mit  Arabern  und  TQrken  kokettire.^ 

Am  6.  Dezember  hatte  Wissmann  eine  neue  Instruktion  an  Emin 
abgeschickt  und  ihn  gebeten,  sobald  als  möglich  zur  Kfiste  zurück- 
zukommen, ■  da  eingreifende  Aendeningen  in  der  Verwaltung  des 
Reichskommissariats  vorgesehen  seien,  aber  Emin  hat  darauf  nicht 
weiter  reagirt 

')  Ks  hicss,  EmiQ  habe  diese  Araber  wegen  Sklevenhendela  hinrichten  kaeen, 
doeh  ist  fuix  Sieberei  dwüber  niemel«  veröflbntlieht  worden.' 


Oftefrlka. 


261 


Von  £min  Pascha  liegen  seit  der  Zeit  nur  kaize  amtliche  Be- 
richte vor.  während  sich  ans  Privutbriefen  etwas  mehr  Material 
schöpfen  lässt.  Am  16.  Jannar  schreibt  er,  dass  der  Statiousbaa  in 
Bukoba  gnt  fortschreite,  zwei  grosse  üäaser  für  Offiziere  und  Unter- 
offiziere, sowie  provisorische  Magazine  stSnden  fertig,  ein  Garten 
and  eine  KalTeepflanzang  angelegt  seien.  Etwas  veiter  sadlich  davon 
Würde  eine  Station  Kara^we  anp:elep:t  und  später  im  Sommer  Moansa 
an  der  siUl liehen  Einbuchtung  des  Sees  (Jordan  Nnllab).  Mit  fünf  in 
der  Nähe  der  Station  angesessenen  Häuptlingen  worden  Verträge 
abgeschlossen,  in  denen  die  UftapÜinge  sich  verpflichteten,  unter  • 
den  Schutz  der  dcuts<  h('ii  Regiening  zn  treten,  das  Gebiet  deutschem 
Handel  Steuer-  und  abgabenfrei  zu  eröffnen,  Sklavenhandel  in  ihrem 
(iebiete  oder  Sklaventransporte  durch  ihr  Gebiet  nicht  zu  gestatten. 
Die  Kaiserliche Regiemng  sicherte  den  H&nptlingenSchutz  für  sich,  sowie 
Nachkommen  nnd  Land  zu.  so  lange  von  ihnen  die  Bestimmungen 
des  Vertrages  eingehalten  würden.  Dr.  £min  hatte  die  Absicht^ 
nach  Ruanda  (westlich  vom  Victoria-Nyanza  und  südwestlich  vom 
Albert  Edward -Ny an za)  und  von  da  nach  dem  Tanganyika  vor- 
zudringen und  iu  Ruanda  i^leichfalls  noch  eine  Station  anzulegen. 
Wie  Dr.  Stuhlmann  ans  Kafnrro  in  Karagwe  Mitte  M&rz  schreibt, 
brach  die  Expedition  am  12.  Februar  auf: 

«l)a  (lurrh  Ausfall  (ies  ReiTens  seil  pinijjeii  .lalireii  sehr  starke  Dürre  und 
Nahruiifjsm.inpt'l  lierrsclilt" ,  rnusstfii  wir  nach  zwei  Tagen  Mars,  h  iti  West  iiacli 
KitaQguiti  i^also  nach  N.)  uiubiegeu  uud  so  eiueu  grossen  Umweg  macheD.  ünivu 
FJon,  den  Kaiyavassi,  uod  swei  neu«  Se«n  entdeckte  ieb  dabei  und  konnte  koo- 
stfttiren,  den  der  Kagera  (Alexandra-Nil  Stanley*«,  der  HauptsoflaM  des  Victoria, 
alflO  die  ei^entKcbe  Nilquelle)  bis  oberhalb  Kitangale  schifTbar  ist,  ebenso  der  Kan- 
jatassi.  I)as  franze  Gebirge  hier  im  Westen  ist  eine  der  l'rschiefer-Formation  an- 
gehöri»;»^  (^uarz-,  Qnarzit-  und  Tliouschiefetinasse  mit  vielem  eisenschüssigen  Gestein, 
ein  Piateau  von  1300  bis  IGOO  ui  mit  darautgesetzten  Uundbügclu.  Dieses  l'lateau 
wird  von  drei  grossen  Falten,  die  SSO.  bis  NNW.  gehen,  durebsebnitten.  Die 
breite  Kagera-Bbene  ist  mit  Akazienbnseb,  stellenweise  anch  mit  Steppenwald  be- 
standen und  äusserst  trocken.  Auf  den  HSben  finden  sich  weite  Orasebenon.  die 
meist  baumlos  sind.    Selten  sieht  man  einen   Fions.  einen  Protrastrauch 

Oller  eine  vcrkrüpfielte  Akazie.    An   geschüuten  .Stellen   tindeu  sich  Dracäna.  In 

den  Fullen  des  Terrains  steht  bisweilen  etwas  Buschwerk  Die  Eingeborenen 

bauen  Bananen,  die  wegen  der  Dürre  in  diesem  Jahre  kann  getragen  haben,  sowie 
Bohnen,  Elenrinelcom,  rotbe  Hobrbirse  (wenig)  und  endlich  gelbe  Erbsen  (Amm 
arvensr  I..)^  die  von  unsem  europäischen  nicht  zu  unterscheiden  sind.  Nach 
Dr.  Emin  Pascha  sollen  die  Erbsen  nnch  in  Nkole,  selten  in  Uganda  und  im  .sud- 
lichen Gallaland  vorkommen,  uml  glaubt  derselbe  ihre  Verhrcituüg  aus  der  Ein- 
wanderung der  Wabuma  erklären  zu  können.    Kafiee  wächst  hier  oben  nicht,  aber 

*)  Deutsches  Kolonialblatt,  18.  Juni  1891. 


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263 


Di«  deulBchai  Kolonieii. 


sollte  nicht  Thee  fortkommen  ?  Kinitre  Tabora-Leute  ba«ien  etwas  süsse  Ba- 
taten, Maniok  xmd  Weiten  und  aus  der  Zeit  der  arabiscbec  Niederlassungen  hier- 
selbst  bsstaht  noch  ja  sin  Maogo^  sfiaser  Citronaa>,  LinoDea-  und  <}raiiatap(al> 
banm.  Wann  irgend  möglicli,  manehiran  wir  von  hier  nach  Upororo  und  tum 
Mfiiin^)iro-Berge.  Der  Mfiunbiro  liegt  offenbar  holfuietid  südlich  vom  1°  südl. 
Breite  (der  (iienr.e  der  Interessensphären)  und  werden  wir  diiri  h  dessen  Hitizuziehunff 
zum  englischen  Gebiet  sehr  geächüdigt.  Ei  ist  indess  wohl  müglicb,  dass  der  Al- 
bert Edward-See  sich  noch  bis  diesseit  des  ersten  Grades  südlicher  Breite  erstreckt. 
.  .  .  Wir  haben  jetzt  mit  ans  mar  11  Sudanesen  vnd  81  Sansibar-Soldaten.  .  .  . 
Die  Augen  des  Dr.  Emin  Pascha  aind  reeht  seblecbt,  hoffentlich  kommt  einmal  ein 
Ant,  der  den  Staar  operiren  kann." 

Tom  13.  Mai  liegen  mehrere  Nachrichten  vor.  Emin  Pascha 
schreibt  Ton  dem  Sfldweet-Ufer  des  Albert  Edward-Sees.  Das  an 
eme  Verwandte  gerichtete  Schreiben  enthalt  nnr  wenige  Zeilen,  die 
Mittheilnng,  dass  es  ihm  nicht  schlecht  gehe;  seine  Leute  seien  fünf 
Tagereisen  von  seinem  Lager  entfernt;  befinden  sich  aber  jedenfalls 
aneh  in  guter  Verfassung.  Am  Schlüsse  deutete  er  an,  dass  es  jetzt 
,mit  den  Verbindungen  alle**  sei.  Zur  selben  Zeit  sandte  auch  Dr.  Stuhl- 
mann einen  Brief  ein,  ans  welchem  folgendes  mitgetheilt  worden  ist: 

«Von  Kafnno  nordwestlich  nach  Karinjo  in  Iwanda,  von  dort  westlich  durch 
Mpororo  und  Butumbi  hierher  irar  der  Marsch  langsam,  da  der  vielen  Lasten  wegen 

unsere  Leute  den  Wep  immer  zweimal  machen  mussten.  Der  Wep  war  sehr  ge- 
birgit:,  dicht  am  See  nooh  2100  Meter  hoch  imd  jenseits  des  Sees  wieder  el)en^^• 
hohe  Berge.  Der  Mfuuibiro  liegt  1"  19'  südl.  Breite  und  etwa  30=  4'  ösÜ.  Lange. 
WSW.  vor  ihm  eine  ganze  Kette  von  6  Vnlkankegeln,  von  denen  einer  »Kinigali* 
sehr  schroff  und  wohl  4000  bis  4500  Mster  hoch  ist  Der  westliebste  .Viningo' 
ist  noch  tlätig.  Leidttr  kamt  ich  nicht  hingeben.  Der  Marsch  ging  ohne  viele 
Schwierigkeiten  vor  sich,  nur  einmal  wurden  vier  Trüsrcr  beim  Nahrungseinkauf 
erstochen,  so  dass  ich  mit  den  Soldaten  einseiireiten  musste.  Während  Mpororo 
und  Butumbi  starke  Wahuma-Bevölkeruug  bat»  sind  hier  mehr  Wakonju- Neger. 
Von  Kaiague,  Mpororo  und  Butumbi  sieben  sich  von  SW.  nach  NO.  kahle  Grubeige 
hin,  hat  gans  ohne  Unna;  sie  bestehw  «na  Urschieier  und  stellenweise  ans 
Granitdurchbruch.  Die  2100  Meter  hohen  Randberge  zur  See  sind  am  Westabhang 
bewaldet  ,  oben  Krikagebüsch,  unten  westafrikani.scher  Wald  mit  Graupapageien  und 
L'himpauseu:  in  einem  Thal  interessanter  Kund  von  Vergi^smeiunicht  und  Uirten- 
lischcben ;  hier  sollen  auch  Kiephauten  vorkommen ,  ich  sah  jedoch  nur  einige 
Knochen.  In  der  Oiasebene  sidlich  vom  See  viele  Antilopen  und  Büffel.  Der 
See,  welcher  um  870  Meter  hoch  liegt  (nicht  1000,  wie  Stanley  angiebt),  hatte 
einst  viel  grössere  Au.sdehnung  nach  Süden,  was  noch  aus  .subfossilen  Schnecken 
ersichtlich  ist.  Vor  60  Jahren  soll  er  noch  bis  au  die  diti  Stunden  westlich 
gelegenen  Bustueherge  gereicht  haben.  Mit  den  geogruplii^cheu  Resultaten 
kann  ich  sehr  sufrieden  sein ;  die  Rente  ist  durch  fortwährende  Wegpeilung,  astrO' 
nonische  Bestimmungen  und  Aneroidableaung  festgel^  und  manches  Neue  enft« 
deckt.  Ferner  wurden  eine  Menge  Pflanzen  gesammelt,  darunter  viele  interessante 
Gebirgsformen.  Die  zoologischen  Sammlungen  fallen  ans  Spirituamangel  etwas 
kläglich  BUS.  Meine  Gesundheit  ist  ausgeseicbnet.* 


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Oltefrika. 


268 


Ans  diesen  Mittheilangen  ergab  sich,  dms  die  Lage  des 
Mfumbiro-Berges,  welcher  bekanntliGb  in  die  englische  loteresseii- 
gph&re  einbezogen  ist,  etwas  weiter  nach  Westen  vevsdiobeD  werden 

muss  als  früher  angenommen  wurde  and  dass  die  Expedition  sieh 
aller  WahrsL-heiulictikeit  nach  bereits  in  der  engiischen  Interessen- 
Bphäre  befand.  Aof  die  Verletzung  des  Vertrages  mit  Grossbritannien 
ist  dabei  wenig  Gewicht  zn  legen,  da  Emin  als  Privatmann  beim  Be- 
treten des  englischen  Gebietes  anzusehen  ist.  Aber  schwerer  wiegt  die 
Frage,  ob  Emin  mit  Absicht  das  deutsche  Gebiet  verlassen  hatte.  Bs 
wftre  die  Annahme  mOgUch  gewesen,  Emin  hätte,  nm'  das  Mfumbiro- 
MassiTzn  umgehen,  einen  grossen  Bog^  machen  müssen,  aber  diese  Er- 
klärang  schien  auf  der  anderen  Seite  wieder  wenip:  glaublich,  da 
andere  Gerüchte  wissen  wollten,  Emin  Pascha  beabsichtige  nach 
Wadelai  znrückzakehren,  um  sein  Elfenbein  zu  holen,  oder  gar 
nach  Kamerun  zn  gehen.  Es  ist  eine  bekannte  Thatsachc.  dass 
Emin  sein  altes  Reich  —  denn  das  war  Wadelai,  nachdem  ihm  der 
Kedive  gänzlich  freie  Hand  daselbst  gegeben  —  nicht  freiwillig, 
sondern  von  Stanley  gezwungen  verlassen  hat.  üeber  den  Zweck 
der  Gewaltthätigkeit  des  Beanftragten  der  englisch-ostafrikanischen 
Gesellschaft  herrscht  aber  nirgends  mehr  ein  Zweifel,  es  liegt  viel- 
mehr offen  am  Tage,  dass  ihn  Stanley  durch  Versprechungen  zu  be- 
wegen suchte,  Wadelai  nn(  h  fernerhin  als  Beamter  der  Gesell- 
schaft zn  vorwalten,  und  dass  er,  als  dies  nicht  anging,  Emin 
hinterlistig  festhielt  und  gewaltsam  mit  sich  führte,  nm  im  Interesse  der 
englischen  Afrika-Politik  jcnesGebiet  zu  einem  sogenannten  herrenlosen 
zu  machen.  Emin  hat  uach  seiner  Rückkehr  an  der  Küste  aber  doch 
wieder  mit  den  Engländern  verhandelt,  sogar  noch  wenige  Tage  vor 
der  Abreise  uach  dem  Innern,  und  es  hat  erst  der  entsrtiiedenen  Er- 
klärung Wissmann*s  bedurft,  er  werde,  wenn  Emin  nicht  in  den  nächsten 
Tagen  aufbreche,  seine  Hand  von  ihm  zurückziehen,  am  Emin  znm  Ab- 
marsch zu  bewegen.  Die  Verträge,  welche  seitdem  England  mit  Deutsch- 
land, Italien  und  Frankreich  abgeschlossen,  hält  nun,  wie  es  scheint, 
Emin  Pascha  mit  Bezug  auf  sich,  als  früheren  Beherrscher  des  Landes, 
nicht  für  bindend,  besonders  da  W^adelai  weit  davon  entfernt  ist,  von 
England  that.sächlich  occupirt  zu  sein,  üebrigens  käme  auch  dies  nur 
in  Frage,  wenn  er  sich  wieder  dauernd  in  Wadelai  festzusetzen  trachtete. 
Will  er  dort  —  aber  jetzt  als  privater  Abenteurer  —  nur  sein 
Elfenbein  holen,  so  stehen  ihm  die  afrikanischen  Verträge  zur  Seite, 
welche  in  ganz  Ostafrika  gegenseitige  Freiheit  des  Verkehrs  stipu- 
liren.  Er  wäre  ebenso  berechtigt,  auf  eigene  Gefahr,  sein  in  Wadelai 


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264 


Die  dduUch«B  Kolonien. 


zurückgelassenes  Elfenhein  zu  holen,  als  irgend  einen  Koft'er,  den  er 
dort  in  der  Kile  stehen  gelassen.  Die  Verträge  verbieten  fremden 
Staatsuijg» 'hüi  i;;en  nur,  seihständige  dauernde  Verträge  mit  dea  Häupt- 
lingen zu  sehliessen  u.  dcr^'l. 

Nach  den  letzten  Mittheilungen  unterliegt  es  kaum  noch  einem 
Zweifel,  dass  Kinin  seine  Stellung  niedergelegt  liat  und  nach  Nordwesten 
abniarsehirt  ist.  Der  Keichsanzeiger  brachte  am  28.  Oktober  fol- 
gende Notiz: 

.Der  Kaiserliche  Gouverueur  für  Deutsch  -  Ostufriiia  bat  telegraphiscb  eine 
Msldnnff  dar  Station  Tabora  an  das  Auswirtiffo  Amt  fibonnittelt,  wonaeh  die 
Expeditionen  Stein  und  Jacques ')  Anfangs  September  dort  wohlbeballen  einge> 

troffen  seien.  Von  Emin  Pascha  meldet  die  gedachte  Station  ,  dass  er  und 
Im.  Sttihlmann  n.it  «einer  Expedition  Anfangs  .luii  vritn  .Aliiert  Eduard  -  See  nach 
dem  Albert -See  aufirebroclien  sei.  Andere  Nai-lirii'litt^ii  lietron  nicht  vor.  Bei 
den)  Verlassen  der  Deutschen  lutereHsensphare  hat  Emin  l'ascba 
Regen  den  ibm  amtlieb  ertbeilten  Auftrag  gebandelt;  er  allein  wird 
die  Verantvortuni;  für  sein  Vorgeben  tragen  müssen.  — 

Am  2.  November  theilte  der  Reichsanzeiger  ferner  folgendes  mit: 

«Sofort  nach  Eintreffen  der  Heldun^f,  dass  Emin  Pascha  vom  Albert  Edvard- 
Nyanxa  narh  dem  Albert  Nyanra  .niftrcbrochen,  wurde  der  Botschafter  Graf  Hatz- 
feldt  in  Lnmjdu  beaiiftragt,  den  Premierminister  Lord  Salisbiiry  hiervon  in  l\eiint- 
nias  zu  setzen  und  ihtn  uiitzutheilcu,  d&H^  Emin  bei  diesem  Zuge  in  die  englische 
Interessenspbfre  gqren  die  ausdrückliche  Instruktion  bandle  und  dass  die  kalset- 
liebe  Regierang  unter  diesen  Umst&nden  die  Verantwortung  für  sein  Unternehmen 
ablehnen  müsse.  Der  Botschafter  meldet,  der  Premierminister  habe  ffir  diese  Mit- 
theiJuDg  seinen  I);ink  aus<resprochen." 

Schliesslich  kam  auch  noch  eine  iiaii/.  cigciu'  l'^rkliirung  filr 
Emin's  Zu^  von  K.  v.  Steinen,  weh  licr  einen  Brief,  datirt  vom  Fe- 
bruar aus  Bukoha,  niitthoilte,  in  welchen  niclit  eine  Silbe  auf  die 
Absicht  eines  Zni^es  nach  Wadelai  und  eines  Uebergriffs  in  das 
englische  Gebiet  hindeutet.  „Emin  r.ischa  möclite  von  Uuhanda 
nach  Kamerun.  Kr  setzt  ein  freudiges  Vertrauen  in  die  Ausffihr- 
barkejf  des  Planes,  da  die  Leute,  dlo  StotVe  u.  s.  w.,  die  er  besitze, 
völlig  ausreichend  sein  würden,  und  er  nur  noch  einer  (^Kiantität 
Gewehre  und  Tatronen  bedürfe.  Er  zweifelt  nur.  ob  er  die  Erlaub- 
niss  «iazu  bekomme."  „Ich  höre-  —  diese  Zeilen,  die  über  den  Ur- 
sitniiig  des  Gedankens  aufklären,  miiciite  Steinen  zu  citiren  nicht 
unterlassen  —  ^dass  Major  v(,ii  Wissmann  zum  (Jouverneur  der 
Seenprovinz,  d.  i.  hier,  bestimmt  ist,  wo  für  mich  eigentlich  kein 
liaam  mehr  bleibt." 

')  I>ie  E.\pedition  Stairs  war  Ton  der  Compagaie  du  Katanga  entsandt  worden, 

lim  doii  Englfiudern  in  Katanga  ztivnrrtiknmmpn,  wiUirend  die  Karawane Jacques  die 
katholiscbco  Missionen  in  Upala  und  iiLareuia  verstärken  soll. 


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Ostarrika. 


265 


Emin  Pascha  hat  jcdt  iifalls,  sind  diese  XarhrichteB  begründet, 
den  zwischen  ihm  und  dem  Reichskommissariat  iresohlossPTien  Ver- 
trü'z,  aufgelöst,  und  ist  eben  damit  seiner  fiigenscbaft  al»  Beamter 
und  Beauftragter  des  Reichs  verlustig  gegangen  (s.  S.  202).  Als 
erschwerender  Umstand  tritt  aber  noch  hinzu,  dass  er  einen  anderen 
deutschen  Kolonialbeamten,  Dr.  Stuhlmann,  und  die  ihm  vom  Reich 
anvertrauten  und  von  diesem  mit  Waffen  und  Proviant  ansgerüsteten 
MannschaftfMi  <Ier  deutschen  Schutztnippe  bewogen  hat,  unter  Bruch 
ihres  Dieustgelöboisses  ihm  auf  seinem  Zuge  zu  folgen  und  seinen  Zwecken 
dienstbar  zu  sein.  £r  ist  eben  damit,  wie  schon  der  „Reichsanzeiger** 
zu  erkennen  gegeben,  ein  wenn  audi  nicht  mit  dem  gewöhnlichen 
Maassstabe  zu  messender  kolonialer  Abenteurer,  ein  Privatmann, 
geworden,  welcher  mit  anderen  privaten  Abenteurern  auf  eigne 
Gefahr,  freilich  unter  Aneignung  fremder  Mittel  handelt.  Das  Deutsche 
Beieb  würde  ihn  hierfür  zur  Verantwortung  ziehen  mfissen,  wenn  es 
in  seiner  Macht  stünde,  ihn  und  seine  Genossen  zu  fassen.  Inzwischen 
herrscht  in  den  weitesten  Kreisen  Deutschlands  begreiHiches  Bedauern, 
dass  gerade  Emin  Pascha  als  Beamter  sieh  unzuverlässig  und  damit 
onTerwendbar  erwiest-n  haben  soll  und  man  hofft  immer  noch,  dass 
sieh  eine  befriedigende  Lösung  der  sein  Thun  verhüllenden  Bäthsel 
ergeben  möge. 

Wissmann's  Schlussbericht. 

Major  V.  Wissmann,  welcher  Ende  November  1890  nach  Ost^ 
afrika  zurückgekehrt  war,  besuchte  zuerst  die  Eüstenstationen  und 
unternahm  dann  die  Kilimandscharo-Expedition,  welche  hier  nur 
kurz  angedeutet  werden  soll,  da  die  wichtigsten  Momente  derselben 
in  dem  ersten  Artikel  schon  hervorgehoben  worden  sind.  Er  ver- 
Hess,  nachdem  er  die  ihm  dargebotene  Stellung  als  Kommissar  an- 
genommen und  mit  dem  Gouverneur  sich  über  seine  spätere  Thätig- 
keit  geeinigt  hatte,  Sansibar  und  langte  Ende  Mai  in  Deutschland 
an.  Nach  Beendigung  seiner  Th&tigkeit  als  Beichskommissar  hat  er 
die  Ergebnisse  derselben  noch  in  einem  Schlussbericht  zusammen* 
gefasst,  dem  wir  Folgendes  entnehmen: 

»Die  ofttafrikaniacle  Koste  ist  rarfiokerobert  und  ihr  Beiits  deraitif  gesieliert 
darcb  Anlage  von  Befestigunpswerken  und  Kommunikationen,  dass  dieselbe  mit 
einem  im  V'crliältniss  zur  (ifösse  des  Landes  .äusserst  geringen  Tnipponkontinsent 
gegen  alle  Eveutualitäten  behauptet  werden  kann.  Die  gro»jsen  KarawaDeu»trab>en 
sind  auf  weite  Strecken  gesieliert  und  unser  Macbteinfluss  bis  an  die  äuMersten 
Orensen  nnieres  Gebietes  ensgedelmt,  dem  deutseben  Namen  bis  dorthin  Aelitnng 
und  Respelit  venebsflt  worden.  Im  Norden  ist  das  Hinterland  von  Tanga  und 
Pangsni  Ms  snm  Kilima-2]dsebaro  hinauf  als  eadgfillig  gesichert  anzusehen.  Die 


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266 


Dia  d«tttseb«a  Kolonien. 


grosse  Strasse  von  liagamoyo  und  Saadani  aus  ist  bis  Mpwapwa  gesichert  und  eioe 
weitere  Sicherung  in  UDyamwc»i  von  Emin  Pascha  und  Stokes  eingeleitet  Mar  in 
^gOfS^t  «0  Handelskarawanen  noch  des  Oefteren  geftbrdet  werdeni  bleibt  eine  Lneke 
ansxnfjUlen.  Aneb  im  Süden  nnserer  Besittonf  ist,  seitdem  Hataebemba  sieb  unter- 
worfen hat,  das  nächste  Hinterland  beruhigt.  Nur  eine  schwarze  Truppe  mu*  der 
rastlosen  krietrerischen  Tliütijkeit,  wie  sich  solche  Hier  entfalten  musste.  g^ewachs^n. 
Die  im  Verhaltniss  zu  der  gewaltigen  Ausdehnung  unseres  Gebietes  verächwindeude 
Truppenstärke  bedingte  ein  ununterbrochenes  Uia-  und  Henieheu,  ohne  Röcksicbt 
auf  die  klioatiseben  VerbUtnisse.  Diesem  Umstände  sind  die  meisten  Verluste  an 
«nfoplisebem  Personal  sttsusebr^ben.  Die  von  vornherein  verfolgto  Taktik,  den 
Feind  bei  allen  Gefechten  durch  einen  kräftig  eingeleiteten  und  schnell  ausgeführten 
Angriff  moraliach  zu  überwältigen,  bewahrte  die  Truppe  stets  vor  grossen  Verlusten 
im  Gefechte  selbst.  Immerhin  sind  die  Verluste,  wie  vorher  erwähnt,  hauptsäch- 
licb  durch  die  Strapazen  in  dem  ungewohnten  Klima  verhältnissmässig  grösser  als 
bei  einem  enrop&iscben  Kriege.  Der  Oesammtverlnst  der  Truppe  im  Gefecht  (Todte 
und  Venmndete)  betrftgt  21  Bnrop&er  und  151  Farbige,  was  bei  Zugrundel^ng 
einer  Kombattanten  stärke  von  l&O  Europäern  und  1200  Farbigen  für  erstere  einen 
Verlust  von  14,  für  letztere  von  12'  a  Prozent  bedeutet  Die  Verluste  der  Tnippe 
an  Tüdten  überhaupt  betragen  20  Kuropäer  und  208  Farbij^e,  was  für  eine  (le- 
sammtslärke  von  200  Europäern  und  1800  Farbigen  Ceinschlicäslich  der  Nicht- 
kombattanten) fnr  erstere  10,  für  letztere  11 '/s  Proient  ansmaebt  Erst  allnAUieh, 
naeb  Wiedergewinnung  verschiedener  Kostenpunkte,  naeh  VergrSsaemng  des  Sani« 
titopersonals,  nach  Durchführung  der  Impfung  aller  Truppen  konnte  die  ärztliche 
Pflege  der  Truppe  eine  wirksamere  werden,  aber  erst,  nachdem  die  Unterkunfs- 
räume  ausgebaut  und  die  Krdarbeiten,  die  eine  Entwickelun'JT  des  Malaria-Bacillu-N 
begünstigen,  beendigt  waren,  wurde  der  allgemeine  Gesundheitszustand  ein  be- 
deutend besserer.  Quto  Unteriranft  schütste  vor  Malaria,  Desinfektion  und  Ifaaso- 
nahmen  sur  Erlangung  guten  Trinkwassers  vor  Dysenterie,  Impfung  vor  Pocken- 
erkrankungen, den  drei  die  Truppe  am  meisten  gefährdenden  Krankheiten.  Jetzt, 
wo  die  kriegerischen  Strapazen  zum  grössteo  Theil  überwunden  sind  und  durch  die 
Fürsorge  der  Kep^ieruii}:  das  Sanitätspersonal  für  das  kommende  .lahr  um  das 
Doppelte  verstärkt  ist,  nird  der  Gesundheitszustand  sich  jedenfalls  weiterhin  be- 
deutend bessern. 

Was  die  Brfo^  der  friedUeben  Arbeit  betrifl,  so  mussten  die  durch  die 

milit&rische  Tbitigkeit  auf  Seiten  der  Eingeborenen  entsUndene  Furcht  und  Scheu 
zunächst  gehoben  werden.  Strenge  Gerechtigkeit  und  Wohlwollen  von  Seiten  der 
Europäer  der  Sohut/.truppe,  die  unterdess  mit  den  Sitten  und  (lewohnheiteu  der 
Inder,  Araber  und  Neger  mehr  und  mehr  vertraut  geworden  waren,  und  strenge 
Oeberwachong  der  Unbestedilicbkeit  der  farbigen  Beamten  etteugten  bald  Ver- 
trauen, wo  früher  Furcht  gewaltet  hatte.  Das  erste  Zeichen  von  einem  Oefnhl  der 
Sicherheit  unter  unserm  Schute  war  die  massenhafte  Rückkehr  der  während  des 
Kriefres  Geflohenen  und  .Ausgewanderten.  Während  wir  beim  Beginn  der  Expedition 
in  l!.'ig,inio\o  täglich  nnjjefähr  ein  Dutzend  Leute  verptleL'ten,  die  zu  alt  und  krank 
gewesen  waren,  um  mit  den  Andern  zu  entfliehen,  hat  jet^t  schon  Bagamoyo  min- 
destens seine  alte  Bevölkerungssabl  wieder  erreidit.  Es  fällt  jedem  Fremden  mit 
Ersteunen  auf,  wie  jeder  Buropter  auf  der  Strasse  in  unseren  Kfistenorten  freund- 
Iii  h  und  vertraulich  von  Überall  begrüsst  wird.  Araber  und  Belutscben,  BaigMOtt, 
Hindus  und  Paisis,  Goanesen,  Suaheli-Sklaven  und  Karawanenleule  ans  dem  Innern, 


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OstafrikA. 


367 


griechische  und  Levantiiier  Händler,  sogar  Chinesen  fühlen  sich  im  lebhaft  zurürk- 
gekebrtea  Handel  und  Verkehr  sicher  unter  der  deutschen  Flagge.  Der  Druck  des 
friher  hemclittiidiii  Arab«ra,  dm  seine  Kepitalmacht  misebrancheDdeii  Inden  hat 
rafgebört.  Die  Brpreerangen  der  Uoherigen  Walis,  Kadi*  und  Jombes.  die,  da  sie 
ven  ihrer  Regierung  unbesoldet  blieben,  sieh  selbst  bezahlt  machen  musstsn,  sind 
einer  unparteiischen  un<i  unbesteohlii-hen  Rechtspflege  und  Polizei  g^ewichen.  Der 
Sklave  findet  sein  Recht  wie  der  Uerr.  Durch  möglichst  seltenen  Wechsel  in  den 
Stellea  der  StatioDi>cbefs  wurde  bei  diosen  das  regste  luieresüe  au  dem  Wachslhum 
ihrer  Stationen  vnd  Distrikte  eixielt  und  damit  manche  Binrichtnng  cum  Vortheil 
des  Handels,  zu  hygienischen  und  Verscbönerangssweeken.  Die  Zerstömngen  in 
manchen  Küstenstädten  in  der  ersten  Periode  des  Anfstandes  durch  die  Granaton 
der  Marine  erlaubten  nachhaltiges  Dnrchj^reifen  beim  Wiederaufbau.  Ks  wurden 
breite,  gerade  Strassen  angelegt,  Hniekeu  und  Wasserleitungen  erbaut,  Sümpfe 
trocken  gelegt,  Murklhallcu  eiugerichtet,  ätrassenbeleuchtung  durchgeführt,  utTene 
Plitte  freigehalten  und  durch  Oartenanlagen  Terscboaert,  sowie  dnreh  entsprechende 
pollteiliebe  Aulrieht  auf  Ordnung,  Reinlichkeit  und  Sicherheit  hingewiriit.  Für 
Unterkunft  der  Karawnn.ri  sind  Karawansereien  errichtet  und  kürzlich  ist  der 
Grundstein  für  das  erste  Uospital  für  Kingeborene  (unsere  bisherigen  Krankeuhfuiser 
waren  nur  für  Europäer  und  die  schwarze  Truppe  eingerichtet)  und  die  erste  Sehulu 
for  die  Kinder  der  indischen  liiindier  gelegt  worden.  Die  bevorstehende  Aukuuft 
des  lotsten  der  drei  Fahrzeuge  der  Kfistenlinie  wird  boientlieb  hald  ein  allgemein 
erwfinschtfs  regelmlsstges  Anlaufen  der  Kustenplfttze  ennSglichen  und  ebenso  ist 
zu  boiTen^  das«  den  \  irarbeiten  für  die  Kisenbahnen  die  Volleiidun?  bald  folgen 
möchte.  Die  allgemeine  Wiederaufnahme  des  Feldbaues  seit  lern  Wif>ilereintritt 
friedlicher  Verhältnisse,  das  Wiederauflilühen  de>  Karawaneuhandels  narh  erfol^jter 
Sicherung  der  Strassen  und  jede  nur  mügiiebe  Maassnabme  zur  Förderung  des 
Hsndeb  müssen  eine  allmihliche_  Abnahme  der  unserer  neuen  Kolonie  gebrachten 
Opfer  bringen,  müssen,  wenn  wir  nachhaltig  weiter  arbeiten  an  d«m  Schaffen  neuer 
werthvoller  Exportprodukte  durch  Plantagenbau,  nu«  Ii  mit  der  Zeit  far  unsere  Opfer 
Zinsen  tragen.  Jeder  Europäer,  der  während  des  Aufstandes  unsere  Küste  gesehen 
hat  und  sie  jetzt  nach  nur  zweijähriger  Arbeit  wiedersieht,  muss  die  IJeberzeuguug 
gewinnen,  dass  diese  Schlüsse  nicht  optimistisch  sind,  sondern  das  Keüultat  sach- 
licher Beobachtung. 

Die  Dampfer-Expeditionen  und  die  Antisklaverei-Lotterie. 

Wer  diesen  stolzen  Bericht  liest .  der  iniis.s  sich  sagen,  dass  es 
eine  grosse  Selbstüberwindung  Wissniann  s  \v;ir.  in  den  zweiten  Hang 
zu  treten.  Ks  war  nämlicli,  um  sowcihl  ihm,  als  Dr.  Fetcrs  und 
Emin  Pascha  eine  Thätigheit  geben  zu  können .  weiche  sie  in  leid- 
licher üiiabh;ininif;kcit  liess.  die  eij^enthümliche .  Sftwohl  mit  dem 
Gouverneur  als  mit  den»  Auswärtigen  Amt  in  Fühlung  stehende 
Einrichtung  der  „Kommissare  znr  Verfügung  des  Gouverneurs'* 
getrolVeu  worden.  Major  von  Wissmanu  hatte  sieher  die  trrossten 
Ansprüche,  den  Gf)nverneursposten  zu  bekleiden,  denn  die  Bevtdke- 
rung  der  Küste  kannte  seine  Enerpjie  und  Kraft,  die  iS(ddateu 
hingen  ihm  mit  grosser  Liebe  ao,  er  hatte  sich  au  vergänglichen 


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368  Die  d«u<4cb«n  Kolönien. 

Ruhm  durch  die  Niederwerfung  des  Aufstandes  erworben  und  „sein 
Koininissjirium  zur  vollen  Zufriedenheit  Sr.  Majestät  des  Kaisers" 
beendet.  Aber  er  war  kein  Verwaltnngsbeamter  und  dieser  Mangel 
veranlasste  das  Auswärtige  Amt,  iiin  bei  der  Einrichtung  der  Zivil- 
verwaltung in  die  zweite  Stelle  za  rückeu,  da  ein  anderer  gangbarer 
Weg,  ihn  zum  Gouverneur  zu  ernennen  und  ihm  einen  höheren 
Verwaltungsbeamten  beizugeben,  nicht  beliebt  wurde.  £s  sollte  mit 
aller  Gewalt  die  Periode,  welche  an  das  Kriegführen  erinnerte,  eio 
Ende  nehmen,  der  Etat  sollte  wegen  des  Drdogens  des  Reichs- 
tages nach  und  nach  balanzirt,  die  Sehutztrappe  in  ihrem  Bestände 
an  Europäern  reduzirt  werden,')  kurz,  der  Krieger  hatte  vor  dem 
Biirc  nikraten  zurückzutreten.  Es  ist  dies  der  natürliche  Vorgang, 
aber  die  Erfabnmg  liat  gezeigt,  dass  die  Trennong  der  Zivil-  und 
Militärgewalt  grosse  Missstände  im  Gefolge  hatte  und  die  Kinrich- 
tnng  der  Zivilverwaltang  in  der  beliebten  Ausdehnung  wohl  noch 
verfrüht  war.  Wissmann  kehrte»  Ende  M;ii  nach  Deutschland  zurück, 
voll  grosser  Plilne  für  die  Ausführung  des  Dampfer-Unternehmens. 
Der  Dampfer'-^)  war  bereits  nach  Ostafrika  unterwegs  und  traf  dort 

0  Nach  den  V«roffeiitliehttB0eii  im  amtlieben  KoloniBlblatt«  von  1.  September 

1890  und  vom  1.  Oktober  1891  betrugen  am  1.  September  1890  bezw.  1891  die 
Weissen  iu  der  ost.-ifrikanisrlion  Srhutztruppe  abzüglich  der  Bearlaubten«  jedocb  ein- 
schliesslich der  am  17.  August  1591  Gefalleuen: 

1890  1891 

a5  i  24  OfÜBiere, 

16  I    0  Deekoffiaere, 


107 

5 
0 
0 
0 


35  riiteroffisiere, 

10  Aerzt(>, 

15  Zahlmeister- Aspiranten, 

16  LuzaretbgebiifeD, 

2  Sebreiber;  snsamoen  also 


163     102  Weisse;  daninter  anscbeinend 

1&8       69  Offiziere,  Deck«  und  Uuteroffiziere, 
5        43  Aerzte,  Lai'.arothgehülfen,  Zablmeister- 
Aspirautcu  und  Schreiber. 
Die  Zalil  der  Farbigen  betrug  am  1.  September  1891  1580  Maon. 

Das  ans  deutschem  Stahl  angefertigte  Schiff,  welcbet  allen  Anünderongen, 
die  an  ein  seetnehtiges  Fahrzeug  gestellt  werden,  entsprechen  musste,  bat  eine 
Linge  Ton  85'  6"  =  26  Meter,  eine  Breite  von  Iß'  8"  5,078  Meter,  seine" 
ganze  Tiefe  beträgt  vom  Dei'k  bis  zum  Kiel  8  '  6  ",  der  Tiefgang  5  resp.  6  Fuss 
(danach  berichtiut  sich  die  Notiz  im  Kolonialen  Jahrliuch  1890,  Seite  231).  Der 
Kaum  ist  durch  eiserne  Schotten  in  6  verschiedene  Theile  getheilL  Mit  der  Ma- 
schine von  220  ittdisirten  Pfsrdekrirten  kann  eine  Pahi^esebwindigkeit  von 
8Vs  Knoten  per  Stunde  erzielt  werden.  Das  Gesammtgewicbt  des  ganzen  Schiffs* 
kSrpers  mit  allem  Zubehör  und  Resenretheilen  wird  sieh  auf  ca.  85  Tons  =  85000  kg 


i^iyiu^cü  üy  Google 


Ostafrika. 


369 


Mitte  Juni  ein,  w&hreod  Wissmann  sich  bemfihen  mneste,  die  fOr 
seinen  Transport  nöthigeo  Gelder  aufzubringen.  Die  von  ihm  ein- 
geleiteten Sammlnogen  hatten  etwa  250,000  Mark  ergeben,  aber  diese 
Samme  genügte  bei  Weitem  uidit.  In  diesem  Momente  bot  sich 
ihm  die  Antieklaverei-Lotterie  als  Aashilfsmittel  dar  nnd  er  s&umte 
nicht,  dasselbe  anzauehmeo.  Das  Koinite  der  Antisklaverei-Lotterie 
hatte  sein  Entstehen  einer  von  Koblenz  ausgegangenen  Initiative  zu 
verdanken.  Dort  hatten  mehrere  Männer,  vor  aUem  Bergrath  Dr 
Busse,  der  Idee  eine  praktische  Gestalt  gegeben.  Am  18.  März 
bildete  sich  das  Komite  zu  Köln  und  erwählte  foli^ende  Herren  in  den 
geschäftsführendeo  Ausschuss:  Fürst  zu  Wied,  Vorsitzender,  Berg- 
rath Dr.  Busse,  f.  stellvertretender  Vorsitzender,  Geh.  Kommer- 
zieurath  Engen  Langen,  II.  stellvertret.  Vorsitzeuder,  Graf  vou  BrQhl, 
Schriftführer,  Eommerzienrath  Später,  Schatzmeister,  Oberstaatsan- 
walt liamm,  Graf  von  und  zu  Hoensbroech,  Justizrath  Sieger,  Pro- 
fessor Dr.  theol.  Fabri.  An  Stelle  des  Herrn  Justizrath  Sieger, 
welcher  nachträglich  die  Wahl  mit  Rücksicht  auf  seine  Stellung  als 
Vorsitzender  des  Afrikavereius  deutscher  Katholiken  abgelehnt  hatte, 
wurde  später  der  Direktor  im  Reichspostamt,  Herr  Sachse,  an  Stelle 
des  verotorbeneu  Dr.  Fabri  der  Frhr.  v.  Vin(  ke  erwählt.  Der  ge- 
schäftsführondo  Ausschluss  beschloss,  das  Unternehmen,  frei  von 
jeder  Beeinflussung  durch  ein/dne  IlHudels-Gesellscbaften  aK  ein 
rein  hnmanes  und  deutsch-nationales,  dem  Allgemeinen,  nirht  dem 
Besten  Einzelner  dienendes  durchzuführen,  umi  leitet''  Vcriiandlinmon 
mit  den  einzelnen  deutschen  Staaten  zum  Zwecke  der  Kouzessio- 
nirung  ein.  Um  in  Prensscn  die  Konzession  zu  erlangen  war  Major 
V.  Wissmann  besonders  thätig.  Das  Komite  konnte  am  14.  Juli 
mit  einem  Bankk(»nsortium  den  Vertrag  schliessen,  wonach  200  000 
Loose  in  zwei  Ziehungen  mit  18  930  Gewinnen  =  4  Millionen 
Mark  ausgegeben  werden  sollten,  bei  einer  (jesammteinnahme 
von  8  400  000  Mark  (unter  der  Voraussetzung,  dass  alle  Loose  ver- 
kauft werden).  Der  dem  Körnitz  zu  überlassende  (iewirm  war  auf 
1  824  000  Mark  festgesetzt.  Die  erste  Ziehung  der  Koloniallotterie 
hat  am  24.  —  26.  November  stattgefunden,  die  Ziehungstage  der 
zweiten  fallen  auf  den  18.— 23.  Januar. 

stellen.   |)ie  schwersten  Theiie,  die  ihrer  Bestinmniig  wagoi  nicht  Terkleinert 

werdtMi  durften,  als  die  Zylinder,  Ilintersteveti,  Sternwelle  u.  8.  w.  wiegen  je  etwa 
4(Mj  kg.  Jeder  Theii  de.s  SclutTts,  der  .Masclmie  und  des  Kiels,  der  über  l.'jö  k^' 
Gewicht  eutbäit,  i>t  zu  deu  scbwereu  gerechnet  «urdco,  ihrer  werden  etwa  2U  ^ein. 
Sämmtliebe  sonstigen  Tbeile  babso  nur  ein  Gewicht  von  1  bez«.  8  Trägerlasten, 
et»«  80  bis  60  kg. 


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270 


Di«  deutschen  Kolonien. 


In  den  statntarischen  Bestimmangeo  war  vorgesehen,  daes  der 
geschftftsfahrende  Aoflschass  am  fftnf  Mitglieder  verstftrkt  werde, 
welche  der  Reichskanzler  ans  den  Mitgliedern  des  Eolonialrathee  zu 
ernennen  habe.  Es  wurden  darauf  folgende  Herren  delegirt:  Fürst 
fiermann  zu  Hohenlohe-Langenburg,  Ehren-Domherr  Dr.  Heapers. 
Bankier  Carl  von  der  Heydt,  Staatssekretär  a.  D.  Dr.  von  Jttcobi, 
Professor  Dr.  Schweinfurth.  Ausserdem  wurde  der  Wirkliehe  Ge- 
heime Legationsrath  Dr.  Kayser  zum  Reichkommissar  bei  dem  ge- 
schaftsfuhrenden  Ausschusse  ernannt. 

Am  25.  Juli  trat  in  Koblenz  der  gesehftftsfShrende  Anssehuss 
mit  dem  Reichskommtssar  zu  seiner  ersten  Sitzung  zusammen,  als 
deren  Ergebniss  bekannt  wurde,  dass  als  wirksamstes  Mittel  zur  Be- 
kftropfnng  des  Sklavenhandels  und  der  Sklavenjagden  (entsprechend 
einer  früheren  Anregung  Wissmanns)  zunftchst  die  Indienststellnng 
von  Dampfern  und  Schnellseglem  auf  den  grossen  ostafrikanischen 
Seen,  insbesondere  auf  dem  Viktoria  und  Tanganyika  erachtet  und 
dementsprechend  beschlossen  wurde,  für  die  Durchführung  des  Wias- 
mann-Dampfer-Unternehmens  und  der  Zwecke  der  Peters-Stiftung  einen 
Betrag  bis  zu  700000  Mark  zu  verwenden,  zuerst  aber  eine  Expe- 
dition nach  dem  Viktoria  zu  entsenden,  welche  die  Tiefen-  und  Eflsten- 
verhftltnisse  des  Viktoria  in  den  zunftchst  in  Betracht  kommenden 
Theilen  untersuchen  und  feststellen  soll.  Der  Ertrag  der  eben  er- 
wähnten Peters-Stifiung,  welche  im  Sommer  1890  gegründet  war, 
sollte  Verwendung  finden  zu  einem  «dieEolonial-Ioteressen  in  Deutsch- 
Ostafrika  fi^rdemden  Unternehmen  von  bleibendem  Werthe.*  Die 
Wahl  des  Unternehmens  war  Herrn  Dr.  Petera  flberiassen  geblieben, 
der  nach  kurzem  Schwanken  sich  dafür  entschied,  die  Gelder  für 
einen  Dampfer  zu  verwenden,  da  er  der  Ansieht  war,  der  Wias- 
mannVhe  Dampfer  habe  für  den  Viktoria-See  einen  zu  grossen 
Tiefgang.  Der  Peters'sche  Dampfer  war  demgemäss  als  ein 
Efistendampfer  gedacht,  später  kam  noch  der  Plan  einer  Schiffbau- 
anstalt  in  fiukoba  hinzu.  Als  Führer  dieser  Expedition  war  Oskar 
Borchert,  welcher  bei  der  deutschen  Emin-Pascha-Expedition  thätig  ge- 
wesen war,  in  Aussicht  genommen.  Die  Zeichnungen  fQr  die  Peters- 
Stiftung  hatten  die  Höhe  von  einigen  fünfzigtansend  Mark  erreicht 
Die  Vorexpedition,  vom  Ingenieur  Hochstetter^)  geführt,  sollte  schleu- 
nigst vorgehen  und  die  Tiefenverhältnisse  des  Sees  untersuchen;  sollte 
sich  hierbei  die  Behauptung  der  zu  geringen  Tiefe,  welche  von 
Dr.  Peters  und  Dr.  Junker  aufgestellt  wurde,  thatsächlich  als  be- 

')  Starb  Ende  November  in  Bagamoyo  am  Sonnenstieb. 


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Ottsfnka. 


271 


grftndet  herausstellen,  so  beabsichtige  Migor  v.  Wissmaim  seinen 
Dampfer  direkt  nach  dem  Tanganyika  zn  schaffen,  üm  für  diesen  Fall 
jeden  Umweg  zn  ersparen,  sollten  die  Nachrichten  der  Untersnchnngs» 
expedition  in  Tabora  abgewartet  werden,  was  nach  Lage  der  Ver- 
hfiltnisse  möglicherweise  ohne  eine  Verzögerung  des  Dampfertrans- 
ports geschehen  konnte.  Würden  beide  Dampfer,  der  Wissmann- 
Daropfer  und  der  Peters-Dampfer,  nach  dem  Viktoria  gehen,  so  war 
die  Beschaffung  emes  dritten  Dampfers  fQr  den  Tanganyika  alsbald 
ins  Auge  gefasst.  Major  v.  Wissmann,  welcher  zur  Unterstützung 
seiner  Behauptung,  dass  der  Viktoria-See  genügend  tief  sei,  die  An- 
sichten von  Mackay,  Livinhac,  Levesque,  Stokes  u.  s.  w.  für  sich 
hatte,  willigte  um  des  lieben  Friedens  wiUen  in  Alles  ein,  und  brach 
Anfang  August  wieder  nach  Ostafrika  auf,  wo  sich  aber  bereits  ein 
drohendes  Unheil  zusammengezogen  hatte.  Der  Dampfer  war  in 
Saadani  ausgepackt,  dort  befanden  sich  die  Herren  der  Expedition 
versammelt,  Kapitän  Prager,  v.  Eitz,  lUich,  de  la  Fr^ire, 
welche  mit  Wissmann  gekämpft  hatten,  wfthreod  Dr.  BnmlUer,  sein 
früherer  Adjutant  und  Vertreter  bei  der  Dampferexpedition,  noch 
in  Europa  zurückgehalten  war.  Der  Gouverneur  hatte  Major  v.  Wiss- 
mann einige  Kompanien  Sudanesen  nebst  Offizieren  als  Begleitung 
zugesagt,  und  ein  Verbot  der  Anwerbung  von  Trftgem  erlassen,  da- 
mit die  Dampfer-Expedition  nicht  gefährdet  werde,  konnte  aber  seine 
Zusage  hinsichtlich  des  letzteren  Punktes  nicht  lOsen,  da  die  gnrOsste 
Anzahl  der  Tr&gor  mit  der  Expedition  Zelewski  in  das  Innere  ge- 
gangen war.  Glücklicherweise  hatte  Wissmann  nicht  mehr  die  Tau- 
aende  von  Leuten  nothwendig,  da  er  als  Beförderungsmittel  eine 
Feldeisenbahn  in  Aussieht  genommen  hatte,  deren  Bedienung  nur 
1000  Mann  erforderte.  Die  Feldbahn,  welche  240  m  Schienenlftnge 
hat,  besitzt  ein  rollendes  Material  von  82  Wagen,  welche  mit  dem 
6000  Trfigerlesten  umfassenden  Ezpeditionsgut  beladen  werden  konn- 
ten. Der  Mechanismus  ist  sehr  einfach;  w&brend  die  Wagen  fortge- 
rollt werden,  nehmen  die  Arbeiter  die  Schienen  hinten  weg  und 
legen  sie  vorne  auf  dem  etwas  vorbereiteten  Boden  nieder  in  die 
fieihe.  Die  Vorzüge  der  Feldbahn  sind  unverkennbar;  das  ganze 
Gepftck  bleibt  zusammen;  es  können  grosse  Proviant-  und  Transport- 
vorrftthe  mitgeführt  werden,  die  Arbeiter  sind  gut  zu  überwachen, 
die  Feldbahn  kann  des  Nachts  zu  einer  Wagenburg  verschoben  wer- 
den u.  8.  w.,  so  dass  es  sich  lohnte,  einmal  einen  Versuch  mit  die- 
sem für  Afrika  neuen  Beförderungsmittel  zu  machen.  Am  20.  Sep- 
tember war  die  Feldbahn  ausgepackt,  zusammengestellt,  die  Wagen 


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273 


Die  dentflditn  Kolonieii. 


waren  verladen  und  die  Vorinehruiiii  der  fiOO  unttoworbenen  schwar- 
zen Träjjer  auf  1000  dun  li  Vertrag  mit  dem  bekannten  indischen 
rnternchmer  Sewa  Madji  gesichert.  Der  Gouverneur  Frlir.  von 
Soden  und  die  Offiziere  S.  M.  Scliift"  ^^Schwalbc"  besichtigten  auf 
eine  Einladuiif;  des  Herrn  v.  Wissinann  das  Lager  und  die  übrigen 
Vorbereitungen  der  Expedition,  die  soweit  gefordert  waren,  dass  der 
Aufbrucli  erfolgen  konnte,  sobald  der  Rest  der  Träger  durch  Sewa 
Hadji  gestellt  war.  Von  der  Begleituiiii  der  Karawane  durch  einen 
Theil  der  Schntztruppe  wollte  Major  v.  Wissmaun  in  den  sicheren 
Kfistetigegenden  zunächst  at)sehen,  die  Hürkkehr  der  Zelewskischen 
Expedition  abwarten,  um  seine  Truppe  aus  derselben  zu  verstärken, 
nud  alsdann  die  vorausgesandte  Karawane,  welche  mit  d^Mi  in  der 
Bennt/ung  der  Fcidbiihn  noch  ungeübten  Mannschaften  im  Anfange 
nur  hiimsam  vordringen  konnte,  wieder  eiidiolen.  Das  Eintreffen  der 
entsetzlichen  Nachrieht  von  der  Vernichtung  der  Zelewskischen  Ex- 
pedition liess  diesen  Plan  nicht  zur  Ausführnng  kommen.  Der  Gou- 
verneur welcher  der  Veriiiclitiniix  der  Zelewskischen  Ex[ietiitiou  nur 
eine  örtüclie  Bedeutung  beilegte,  wurde  durch  dieselbe  doch  ausser 
Stande  gesetzt,  dem  .Major  v.  Wissmann  eine  Schützt rn[H)e  in  der 
vorher  in  Aussicht  gein^mmenen  Stärke  zur  Verfügung  zu  stellen. 
Die  Träger  liefen  zu  Hunderten  weg  und  Wissmann  sah  sein  Unter 
nehmen  vorläufig  gescheitert;  denn  l»is  genügend  Sudanesen  vor- 
handen waren,  mussten  Monate  vergehen  und  war  dann  das  Eintreten 
der  grossen  Keyenzeit  zu  erwarten.  Die  Vt-rnichlunu  der  Expedi- 
tionsi  orjis  der  Scliut/truppe,  welches  er  mit  so  unendlichen  Muhen 
herausgebildet,  die  allgetneinen  damals  nicht  gerade  erireulichen  Ver- 
hältnisse U.-tafrikas,  wirkten  sehr  niederdrückend  auf  seinen  Ge- 
müthszustand  ein.  er  bekam  heftige  (Jalleiiaffektionen  und  löste  die 
Expedition  vorliiiitiu  ganz  auf  in  der  Absicht,  die  Sache  später 
wieder  aufzunehmen.  Er  entlies>  die  Beamten  und  Träger  bis  auf 
3  Eiiro[Ȋer  uinl  15  Schwarze,  welche  das  Material  bewachen  und  in 
Stand  halten  sollten,  das  in  einem  ZoUschuiipen  unmittelbar  am  Fort 
in  Saadani  untergebracht  worden  i>t  und  ging  auf  teleyraphische  Ordre 
nach  Kairo,  um  dort  Sudanesen  für  die  Schulztruppe  anzuwerben.  Da 
ihn  die  Unten edungen  n)it  dem  Gouverneur  davon  überzeugt  hatten, 
<lass  er  von  <iie>er  Seite  keine  grosse  Ford-  rung  seiner  l'läne,  welche 
eine  Machtentfaltung  an  den  inner-afrikanischen  Seen  im  Auge  hatten, 
zu  erwarten  hatte,  reichte  er  sein  Demissioiisu'such  als  „Koinndssar 
zur  V<  rtü_nng  de>  ( louverneurs''  ein.  Wie  diese  Verhältnisse  sich 
eDtw  ickeiu  werden,  äteht  bei  Abfuääaug  des  Berichtes  uoch  uicht  fest, 


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Ostafrika. 


273 


doeh  ist  zu  hoffen,  daBS  sich  eine  Vertagung,  wenn  nieht  gar  Be- 
seitigung des  Eonffiktes  ermöglichen  Iftsst. 

Die  AnsfQbmngslcommission  der  AntisklaTerel-Lotterie  ist  am 
7.  November  wieder  in  Berlin  znsammengetreten  and  hat  in  Ge- 
nehmigung der  bisher  getroffenen  Maassnahmen  folgendes  beschlossen : 

1.  Znr  Erfondrang  d«r  TiefiNiverblltnisse  dM  Victoria'NyaiiM  (Dk^we)  nifd 
unter  Führung  d«S  Bauiospektors  Hocbstetter  eine  Expedition  entsendet 

2.  Mit  Einrichtung  einer  SchiiTswerft  ;itn  l'kerowe,  mit  Ilerslelhinfr  mehrerer 
Segelboote  daselbst  und  mit  «lern  Traiispnrt  eines  leichten  Dampfers  (»Peters"- 
Dampfer)  nach  demselben  wird  Herr  0:>kar  Borcberl  beauftragt 

8.  Die  Yonuhme  von  Vorbtiten  zar  Hentdlnng  «inM  fidirbaren  Wegas  von 
dar  Köato  -fiber  dan  Kilimandscliaro  nach  dam  Dkarawa  wird  Harm  Dr. 
Oskar  Baumann  übertragen. 

4.  Der  Beschluss  der  letzten  .Sitzuntr,  betreffend  den  Trans[)ort  des  Wissmann- 
Dampferü  nach  dem  Ukerewe  lie/.w.  nach  dem  Tanganyika,  zu  dessen  Aus- 
fäbruDg  Major  v.  Wissmauu  zuletzt  noch  unter  dem  6.  November  d.  J.  sich 
talagraphiaeh  dar  AntfohrangskommiRsion  gaganiibar  barait  arUirt  iut,  wird 
anftaelti  ariialtan,  da  in  dan  VarliUtniaaan.  ?on  DantBeli*Oata&ika  aina  Aanda* 
rang  des  im  Juli  d.  J.  in  Koblenz  gefassten  Beschlusses  nicht  begründet  ist. 
Es  wird  Sorge  gebragan  wardanf  daas  der  Dampfertransport  sobald  als  möglich 
begonnen  wird. 

Die  Maassnahmen  des  Herrn  Soden. 

Die  Umwandlung  des  Reichskommissariats  in  ein  Gouverne- 
ment und  die  Uebemahme  der  Verwaltung  in  Deutech-Ostafrilca 
durch  Herrn  y.  Soden  hatte  sich  unter  gfinstigen  Vorzeichen  voll- 
zogen; auch  der  letzte  Gegner  der  deutschen  Herrschaft,  der  Wayao- 
Häuptling  ICachemba,  hatte  sich  unterworfen  und  mit  dem  Ver- 
treter der  Regierung  einen  Friedens-  und  Freundschaftsvertrag  abge- 
schlossen. Schon  bald  nach  der  Expedition  des  Lieutenants  Ramsay 
stellte  es  sich  heraus,  dass  die  Verluste  Machembas  grösser  ge- 
wesen waren,  als  man  zuerst  angenommen  hatte,  einige  UnterfDhrer 
und  zahllose  Sldaven  aus  dem  Kfistengebiete,  welche  seine  Macht 
verstärkt  hatten,  fielen  von  ihm  ab  und  unterwarfen  sich  dem  Reichs- 
kommissar, welcher  ihnen  volle  Straflosigkeit  zusicherte,  wenn  sie 
sich  ganz  von  dem  Anfrfihrer  lossagten  und  zu  ihrer  friedlichen  Be- 
schäftigung zurückkehrten.  Machemba,  dessen  Macht  durch  diesen 
Abfiill  bedeutend  geschwftcht*  war,  suchte  nun  ebenfalls  mit  dem 
Reichskommissariat  in  Unterhandlung  zu  treten,  schickte  seinen  Sohn 
mit  50  Mann  nach  Mikindani,  um  dem  Stationschef  seine  Unter- 
werfung anzuzeigen  und  wurde  dann  vom  Chef  End  selbst  besucht. 
Machemba  versprach  kl&nftig  Frieden  zu  halten  und  sich  den  An- 
ordnungen des  Reichskommissariats  zu  fügen. 

KoloalalM  Jahilmdi  189L  ]3 


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274 


Die  deutiebeB  Kolonien. 


Die  wicbtigBle  MmHftnahme  des  Gouverneurs  betraf  natürlicii 
die  Einrichtung  einer  Verwaltung,  der  Debernahme  des  Zolls,  und 
eine  Regelaug  der  Stenerverhältnisse.    Zanftehst  wurde  eine  neae 

Eintheilung  der  Verwaltungsbezirke  für  das  ganze  Küstengebiet  ein- 
geführt, während  die  bisherige  Eintheilung  sich  nur  auf  den  nörd- 
lichen Distrikt  bezog.  Die  Küstenländer  zerfallen  jetzt  in  die  fünf 
Bezirke  Tanga,  Hagamoyo,  Dar-es-Salaam,  Eilwa  und  Mgan  (Lindl); 
an  der  Spitze  jedes  Bezirkes  stellt  ein  Bezirkshauptmann. 

Ein  andererGnuvernementsbefehi  regelte  die  Zollverwaltung,  welche 
am  1.  Juli  von  der  Ostafrikanischen  Gesellschaft  auf  das  Reich  öberge- 
gangen  ist.  £ine  gute  Einrichtung  des  Zolldienstes  ist  namentlich 
(leshalb  von  {grosser  Wichtigkeit,  weil  ans  den  ZoUeiniiabmen  der 
grösste  Theil  der  Verwaltungskosten  der  Kolonie,  sowie  die  der 
Ostafrikanisi  heii  Gesellijchafb  zuerkannte  Eotsch&digiiDg  zu  bestreiten 
ist  liauptzoUüniter  sind  nunmehr  in  Tanga,  Pangani,  Bagamoyo, 
Dar-es-b^alaam,  Kilwa,  Lindi  und  Mikindani  eingerichtet,  Nebenzoll- 
ämter  in  17  anderen  Küstenorton  und  in  Schole  auf  der  Insel 
Mafia.  Der  direkte  Handelsverkehr  mit  dem  Auslande  ist  nur  über 
die  sieben  IlanptzolläiDter  und  über  Schole  gestattet,  die  anderen 
NebenzoUämtir  dienen  nnr  dem  Küstenverkehr.  Alle  Plätze,  in 
denen  kein  Zollamt  besteht,  sind  für  den  Seeverkehr  geschlossen. 

Weiterhin  wurde  durch  eine  Verordnung  eine  Hafen ge hü  hr  füi 
einheimische  Fahrzeuge  (Dhans)  eingeführt  und  für  die.<elben  die 
Führung  eines  deutschen  Mt  ssbriefes  angeordnet.  Für  den  ausser- 
ordentlich lebhaften  Dhauverkelir  in  Ostfafrika  ist  diese  Massregel 
von  einschneidender  Bedeutung,  aber  sehr  i&stig. 

Wenn  schon  in  ihr  eine  Art  Besteuerung  der  Eingeborenen, 
beziehungsweise  der  Araber  und  Indier  im  deutschen  Schut/gebieto 
liegt,  weiche  zur  Erhöhung  der  Staut  seinnahmen  beiträgt,  so  sollte 
letzteren  Zweck  in  weit  umfassender  Weise  eine  andere  Verordnung 
betreffend  die  Einführung  einer  llandelsst encr  und  Schankge- 
bühr  erfüllen.  Sämmtliche  innerhalb  des  di-utsehen  Schutzgebietes 
ansässigen  kantniiiimischen  Geschäfte  haben  ohne  Rücksicht  auf  die 
Nationalität  der  Geschäftsinhaber  oder  auf  den  Umfang  oder  die 
Natur  der  von  ihnen  betriebenen  Geschäfte  eine  jährliche  Handeis- 
Steuer  zu  entrichten,  deren  Hohe  nach  der  Grösse  des  jährlichen 
Umsatzes  bemessen  wurde.  Durch  diese  Steuer  sollten  namentlich 
auch  die  indischen  Millionare  in  Ostafrika  herangezogen  werden. 
Sie  betrug  1  Prozent  des  jährlichen  Umsatzes,  für  den  Umsatz  unter 
1500  Mk.  jährlich  1,5  Prozent.  (!)  Zum  Zwecke  der  Feststellung 


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276 


der  Steuer  sollten  in  jedem  der  ftnf  Bezirke  zwei  EmadiAtznnge- 
kommissionen,  die  eine,  ans  Farlngen  bestehend,  üGir  die  fiirbigen 
Qesehflftslente,  die  andere,  ans  Weissen  bestellend,  Ar  die  weissen 
Gesehfiftslente,  gebildet  werden.  Das  Feilhalten  und  der  Verkauf  von 
Spirituosen  ist  mit  Ausnahme  von  Wein,  Bier  und  Wermuth  veiv 
boten.  Fiir  die  Berechtigung  zum  Ausschank  der  erlaubten  Ge- 
tränke war  eine  jfthrlicbe  Schankgebfihr  von  150  Hk.  zu  zahlen. 

Die  letzten  beiden  Steuern,  von  denen  die  Handelssteuer  dn- 
fach  unausführbar  war,  wurde  aber  bereits  am  1.  August  durch  eine 
Verbrauchssteuer  und  eine  neue  Besteuerung  von  geistigen 
6et rftn  k  en  und  der  Ausfibung  des  Scfaankgewerbes  ersetzt  Die  Ver- 
branchssteuer soll  vom  1.  Januar  1892  erhoben  werden;  danach  soll 
von  jeder  Ein-  und  Ausfuhrwaare  iVs  Prozent  ihres  Werthes  als 
besondere  Steuer  erhoben  werden.  Bei  Feststellung  der  Steuer  ist 
allein  der  Werth  der  Waare  maassgebend,  ohne  EUcksicht  daraof, 
ob  dieselbe  zollpflichtig  oder  zollfrei  ist  Bei  Berechnung  dieses 
Werthes  sollen  die  Preise  der  Efiste  zu  Grunde  gelegt  werden,  die 
von  der  Zolldirektion  von  Zeit  zu  Zeit  verOfientlieht  werden. 

Die  am  1.  Angust  erlassene  Verordnung  Aber  die  Besteuerung 
von  geistigen  Getränken  verfügt:  Die  Einfahr  von  geistigen 
Getränken  ist  jedermann  gestattet;  doch  ist  för  jedes  Liter  eine 
X  Licenz-Abgabe  von  16  Posa  (74  Rupie  «  35  Pfennigen)  zu  ent- 
richten, wobei  die  Beschaffenheit  und  der  Alkoholgehalt  der  Getränke 
keinen  Unterschied  macht  Diese  Bestimmung  stimmt  mit  den  Ab- 
machungen der  Brflsseler  Antisklaverei-Konferenz  iiberein.  Dort 
war  bekanntlich  der  Vorschlag  eines  Verbotes  der  Branntwein-Ein- 
fuhr nicht  zur  Berathung  gekommen.  Doch  hatte  man  sich  geeinigt 
der  Einfuhr  von  Alkohol  durch  möglichst  hohe  Abgaben  entgegen- 
zuarbeiten. Der  Hektoliter  Alkohl  sollte  in  den  ersten  drei  Jahren 
mit  mindestens  15  Franken,  dann  später  nüt  25  Franken  verzollt 
werden;  ein  Zoll  von  16  Posa  auf  den  Liter  macht  auf  den  Hekto- 
liter 85  Mk.  oder  42^/s  Franken,  flbersteigt  also  den  Minimalsatz 
um  fast  das  Drei&che.  Das  kommt  einem  Ver<>ote  ziemlich  gleich. 
In  Cebereinstimmung  mit  diesen  Beobachtungen  verfügte  die  Verord- 
nung  des  Gouverneurs  an  zweiter  Stelle:  Das  bisherige  Verbot  des 
Verkaufs  und  Ausschankes  geistiger  Getränke  solle  vom  1.  Oktober, 
dem  Tage  des  Inkrafttretens  der  Verordnung,  dahin  abgeändert 
werden,  dass  es  sich  in  Zukunft  nur  noch  auf  Farbige  erstreckt, 
indess  der  Verkauf  und  Ausschank  derselben  an  Weisse  unbedingt 
freigegeben  ist  An  Farbige  dürfen  geistige  Getränke  nur  ausoahms« 

18» 


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276 


Die  deattchen  Kolookn. 


weise  mit  besonderer  schriftlicher  Genehmigang  der  OrtsbehOrde,  etwa 
io  ErkrankangsfäUen  verabreicht  werden.  (!)  Unter  geistigen  Ge- 
tränken sind  Spiritus,  Schnäpse  aller  Art  nnd  Liqnenre  zn  Ycrstehen, 
nicht  aber  Wein,  Bier,  Wermnth  oder  FrachiÄfte.  Zuwiderhand- 
lungen werden  mit  Greldbnsse  bis  zn  MX)  Rupien,  mit  zeitweiliger 
oder  danemder  Entziehung  der  Schankkonzession  bedroht  FQr  die 
Festsetzung  der  Geldstrafe  ist  das  Kaiserliche  Bezirksamt  zostfindig, 
Beschwerden  dagegen  sind  binnen  einer  Woche  an  den  Gouverneur 
zulässig.  Die  Umwandlung  der  Geldstrafe  in  GeOngnissstrafe  ist 
vom  Bezirksamte  bei  dem  zuständigen  Ejüserl.  Bezirksgerichte  zu 
beantragen.  Dieselbe  erfolgt,  wenn  jemand  ohne  Eonzession  Schnaps 
verkauft  und  die  ihm  auferlegte  höchste  Geldbusse  nicht  zu  ent- 
richten vermag.  Die  AnsQbung  der  Schankgerechtigkeit  wurde  ent- 
sprechend dieser  Verordnung  dann  auf  den  Ausschank  von  geistigen 
Getränken  jeder  Art  ausgedehnt. 

Endlich  wird  noch  durch  eine  fernere  Verordnung  eine  Gebflhr 
fär  das  Schlagen  von  Bauhölzern  auf  dem  im  Eigenthnm  des 
kaiserliehen  Gouvernements  befindlichen  Grund  und  Boden  eingefährt 
Die  Gebfihr  besteht  in  dem  dreifochen  Betrag  des  Zolles,  der  bei  der 
Ausfuhr  von  den  betreffenden  Hölzern  erhoben  wird,  welche  nament- 
lich io  der  Form  von  Stämmen  (bariU)  nach  Sansibar  und  selbst 
nach  Arabien  versdiickt  werden.  Besonders  wird  im  Rnfidsehi-Delta 
viel  Mangroveholz  geschlagen,  einem  der  wenigen  Punkte,  wo  an  der 
Küste  noch  ffir  Bauzwecke  passende  Hölzer  in  genfigender  Moige 
vorkommen.  Da  sich  das  Gouvernement  vorbehalten  hat,  in  gewissen 
Gegenden  das  Fällen  von  Bäumen  oder  das  Schlagen  von  Bauhölzern 
Oberhaupt  zu  verbieten,  so  kann  hierdurch  der  Waldverwöstung 
einigermaassen  Einhalt  gethan  werden.  Femer  war  noch  eine  Steuer 
auf  Kokospalmen  vorgesehen,  aber  man  hat  vorläufig  von  der  Dureh- 
ffihrung  Abstand  genommen. 

Der  Erwerb  von  Grundeigenthum  seitens  der  Beamten  des  Gou- 
vernements und  der  Offiziere  und  Unteroffiziere  der  Schutztruppe  ist 
durch  Gouvemementsbefehl  von  der  Genehmigung  des  Statthalters 
abhängig  gemacht.  Als  besonderes  Zeichen  der  planmässigen  Ent- 
wickelung  der  Kolonie  kann  die  Bauordnung  für  die  Hauptstadt 
Dar-es-Salaam  gelten,  welche  sidi  auf  einen  sehr  zweckmässigen 
Bebauungsplsn  grändet.  Im  Norden  der  Hafenbucht,  um  den  kreis- 
förmig sich  hinziehenden  Strand,  soll  sich  die  Hauptstadt  erheben. 
Im  Anschlnss  an  die  bereits  bestehende  Hauptstrasse  (Barra  Basta), 
sowie  die  Araber-  und  Inderstrasse  ist  ein  fibersichtliches  System 


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Ostafrika. 


277 


von  neuen  Strassen  in  der  Breite  von  10,  12  und  16  ni  vorgesehen. 
Den  Hafen  entlang:  zieht  sich  die  Strasse  „Am  Strand"  und  die 
Kaiserstrnsse.  die  dahinterliegende  Uanptstrasee  findet  ihre  Verlänge- 
rnng  in  der  breiten  Wissmannstrasse,  rund  um  die  Stadt  führt  die 
Gurtelstrasse.  Alle  diese  Strassen  sind  durch  zahlreiche  Querstrassen 
verbanden.  Anf  den  Baublöcken  Iftngs  des  Strandes  und  im  Östlichen 
Viertel,  welches  an  das  Gonvernement  grenzt,  dürfen  nur  earopäische 
Häuser  errichtet  werden,  auf  den  dahinterligenden  Blöcken  sind  anoh 
arabische  Häuser  gestattet,  die  Negerhütten  sind  au  die  äussersten 
Grenzen  der  Stadt  verwiesen.  Die  Hälfte  jedes  Banblocks  ist  al  > 
Hofraum  bezw.  (Tiirten  freizuhalten.  Jeder  Bau  bedarf  der  behörd- 
liehen  Genehmigung.  Der  Platz  für  zwei  Bahnhofe  ist  au  der  (  hit-tel" 
Strasse  vorgesehen,  ebenso  die  Ansehlnssgeleise  von  dort  nacii  dem 
ZoUbafen. 

Diese  Steuern  haben  natürlich  in  Ostafrika  viel  bOses  Blut  ge- 
macht; einige  sind  auch  sicher  zu  ho<  Ii  iregrißen  nnd  dürften  ab- 
geändert werden,  aber  im  Grossen  nnd  Ganzen  wird  man  diesen 
Maassnahmen  nur  zustimmen  können,  deren  Dnrcbf&hmng  allerdini^s 
einen  absolut  ruhigen  Zustand  an  der  Küste  voraussetzt,  ein  Mit- 
wirken aller  Kräfte  und  keine  Betonung  des  Gegensatzes  zwischen 
den  „alten**  Afrikanern  nnd  dem  Gonvemenr  mit  seinem  grossen 
Stabe  nener  Beamten.  Aber  leider  zeigte  sich,  dass  über  die 
Zweckmässigkeit  der  Stenern  verschiedene  Ansichten  bestanden,  dass 
gegen  den  bana  mknba  cartassi  (den  grossen  Herrn  mit  den  Papieren) 
eine  gewisse  Animosität  sich  geltend  machte,  welche,  wie  wir  hoffen, 
nur  den  Ciiarakter  einer  Episode  haben  wird.  Bei  dem  jetzigen 
Stande  der  Verhältnisse  ist  es  schwer  zu  ersehen,  auf  wessen  Seite 
die  Schuld  liegt,  wenn  überhaupt  eine  solche  vorhanden  ist,  nnd  wir 
Wörden  den  Rahmen  einer  strengen  Objektivität  \t  i  la8sen.  wollten  wir 
anf  Grund  des  jetzt  noch  ungenügenden  Materials  kritisch  vorgehen. 
Jedenfalls  ist  der  Gouverneur  ein  äusserst  thätiger  und  rohiger  Mann, 
welcher  sich  bald  in  die  ihm  noch  etwas  fremden  Verbältnisse 
hineingeiebt  haben  dürfte. 

Die  Wahehe. 

bewohnen  das  Land  zwischen  dem  Ulanga  und  Ruaha,  aber  greifen 
an  einigen  Stellen  über  den  Ruaha  nach  Norden  hinüber  bis  nach 
Ugogo,  und  nach  Osten  nach  Usagara  und  Khutu.  Die  Hauptmasse 
ihres  Landes  ist  ein  Plateau,  bedeckt  von  oder  Savanne  oder  fast 
undurchdringlichem  Dickicht,  voll  grosser  Granitblöcke,  welche  aber 


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278 


Die  deotodMii  Kohmimi. 


nicht  erratisch  sind,  sondern  durch  die  Thätigkeit  der  AthmosphS- 
rilien  geschaffen  worden.  Das  Klima  ist  onaogenehm,  besonders  aaf 
der  Hochebene,  da  dort  scharfe  Temperatarwechsel  stattfinden.  Die 
Geschichte  des  Landes,  soweit  sie  nns  bekannt  ist,  reicht  nicht  weit 
znröck;  vor  dreissig  Jahren  war  Uhehe  noch  ein  kleines  Land, 
welches  Tribut  an  den  mächtigen  Häiiptliiifc  Merere  von  ürori  zahlen 
DQsste*  Der  Wahebe-Häufitling  Machioga  besiegte  aber  Merere, 
welcher  sich  weiter  nach  Westen  sog  nnd  am  Nyassa  fest^<et7t< . 
Nach  Machittga,  der  eines  gewaltsamen  Todes  starb,  kam  Maoüe 
znr  Begiernng,  weklier  Merere  gänzlich  vernichtete.  Vor  etwa 
dreissig  Jahren  begannen  anch  bereits  die  Einiftlle  der  Mafiti  oder 
Masita  vom  Sfiden  ans:  sie  trieben  die  Wahehe  vor  sich  her,  so  dass 
dieseibMi  nOrdlich  bis  nach  Ugogo  sich  verbreiteten.  Die  Waheh** 
stehen  zwar  aaf  einer  niederen  Kaltursinfe,  ragen  aber  doch  über 
andere  Neger  hervor;  sie  sind  schlank,  muskulös,  nicht  allzu  gross, 
mit  echten  Negergesichtern.  Sie  werden  vielfach  mit  Mafiti  ver- 
wechselt, aber  man  muss  die  Völkerstämme  anseinander  halten. 
Ihre  Hautfarbe  ist  s'  lir  dnnkel  und  spielt  ins  Schw&rzliche,  aber  da 
sie  Kachts  in  der  Asche  schlafen,  ist  sie  grau.  Sie  reH>en  sich  den 
Körper  mitOel  ein,  so  dass  sie,  da  eine  Beinigung  nie  vorgenommen 
wird,  recht  sclimnt/.ig  aussehen.  Sie  tragen  die  Haare  entweder 
ziemlich  kurz  and  schneiden  sie  mit  scharfgeschlifieneu  Pfeilspitzen 
ab,  oder  lassen  sie  in  der  Form  bis  auf  die  Schaltern  herabfallender 
Padellocken  stehen.  Jede  Spur  von  Bart  wird  mit  Zangen  ausge- 
rissen. Der  Mhehe  geht  vollstftndig  nackt,  trägt  nicht  einmal  ein 
Amalet  an  Händen  oder  Fftssen,  wfthrend  die  Weiher  Sciiür/en  an 
einem  Gnrt  oder  feile,  neuerdings  auch  die  Stoffe  der  Küste  zu 
verwenden  pflegen.  Die  Kinder  sind  ziemlich  hAsslich,  während  im 
Aligemeinen  Negt  rkinder  hfibsch  sind;  sie  werden  von  den  Müttern, 
die  mit  18 — 20  Jahren  anch  schon  hervorragend  bässlich  sind,  stets 
anf  dem  Rucken  getragen,  mag  nan  die  Matter  arbeiten  oder  tanzen. 
Die  üanptbesobfiftignng  der  Wahehe  ist  Viehzucht,  von  der  sie  gleich- 
wohl wenig  verstehen;  sie  ziehen  unansehnliche  Buckelrinder,  welche 
man  anch  in  (Jgogo  trifft.  Die  Thiere  geben  des  Tages  höchstens 
einen  Liter  fettarmer  Milch,  aus  dem  man  kaum  einen  Löffel  Bntter 
gewinnen  kann.  Die  Pflege  der  Rinder  ist  dem  Manne  überlassen, 
welcher  sie  anch  melkt,  damit  die  Fraa  nicht  Milch  naschen  kann. 
Die  Milch  wird  entweder  frisch  oder  in  geronnenem  Zustande  (aber 
niemals  gekocht)  genossen.  Der  Ackerbau  ist  unbedeutend,  die 
Wahehe  bauen  nur  soviel  Bleusine,  wie  sie  zur  Pombebereitoog  ge- 


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Oilifrika. 


279 


brauchen,  dessen  Verbranch  während  der  Erotezeit  so  stark  ist, 
dass  dem  Reisenden  die  fortgesetzten  Scenen  der  Völlerei  wenig 
aogenehm  sind,  zumal  die  Wahehe  sich  in  solchen  Zuständen  schlimmer 
nnd  frecher  als  je  zeigen.  Dann  werden  noch  wohlschmeckende 
Kürbisse,  Garken  und  grosse  helle  Wassermelonen  gebaut,  deren 
Gennss  für  den  Europäer  aber  nngesund  ist.  Die  Hausgeräthe  sind 
die  denkbar  einfachsten.  Ausser' Milch  gebrauchen  die  Wahehe  anch 
Fleisch  zur  Nahrang,  gönnen  sich  dasselbe  aber  kaum,  so  dass  sie 
nur  alte  nicht  mehr  milcbgebende  oder  kranke  Kühe  sclilachten. 
Die  Wahehe  sind  Liebhaber  von  Hundpfleisoh  und  der  Überall  in 
Afrika  vorkoromende  kleine  rothiuirijje  Koter  mit  einem  Fuchs- 
geeicht  wird  von  ihnen  gem&stet  Im  Charakter  sind  die  ^Wahehe 
im  Allgemeinen  genügsam,  zeigen  ziemlich  hohen  Mnth  und  können 
ansserordentlicbe  Strapazen  ertragen.  Sonst  aber  haben  sie  alle  Un- 
tugenden der  Neger;  sie  stehlen  und  lügen  nnd  halten  den  für  einen 
guten  Diplomaten,  der  am  meisten  lügen  kann.  Sie  bewahren  stets 
eine  gewisse  Rnhe  nnd  Wfirde,  halten  auch,  wenn  möglich,  Ver- 
sprechungen, nnd  man  kann  ihnen  nnter  Umständen  selbst  eine  ge- 
wisse Ritterlichkeit  nicht  absprechen.  Der  Reisende  Girand  ist 
allerdings  besonders  schlecht  auf  sie  zu  sprechen,  doch  machte  er 
seine  Reise  gerade  während  der  £mtezeit,  wo,  wie  gesagt,  der  Wa- 
hehe we;:^en  des  Pombetrinkens  stets  zu  Excessen  aufgelegt  ist,  und 
Unannehmlickeiten  bereitet.  Die  Häuptlinge  f&hren  ein  starkes 
Regiment  und  ihnen  wird  unbedingt  Folge  geleistet,  wenn  es  sich 
nicht  um  Frivat-Ängelegenheiten  handelt,  in  welche  sich  der  Wahehe 
nicht  gern  hineinreden  lässt.  Jeder  waffenfähige  Mann  hat  Heeres- 
folge zu  leisten:  die  Bewaffnung  besteht  ans  Wurf-  und  Stosslanzen, 
als  Schatz  wird  ein  Schild  getragen,  welcher  aber  von  Kugeln  durch- 
schlagen wird.  Die  Lanzen  sind  ausserordentlich  gefährliche  Waften; 
die  Stosslanze  wird  im  Einzelkampt'  gebraucht  nnd  die  Wahehe 
&88en  sie  wie  die  Somali  nicht  in  der  Mitte,  sondern  am  änssersten 
Ende  an.  Die  Wahehe  sind  äusserst  ausdauernd,  reisen  ohne  Ge- 
päck, machen  des  Nachts  nicht  einmal  Feuer  an,  was  sonst  der 
Neger  regelmässig  tliut,  und  können  viernndzwanzig  Standen  im 
Geschwindschritt  oder  Trab  zurflckiegen. 

Die  Expedition  Zclewski's. 

Der  diesjälirige  Einfall  der  W^ahehe,  des  kriegerischen  und  räa- 
berischen,  wahrscheinlich  den  Znlus  nahe  verwandten  Volksstammes 
des  Uhehe-Plateaos,  begann  im  Februar,  als  sie  in  Usagara  die 


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280 


Die  deutscben  Kolonien. 


Dörfer  verbrannten,  die  Wasaijara  erscliluaen  oder  in  die  Sklaverei 
i'ortsohleppfen  und  die  katlioiisclien  Mi:^si(»neu  bedrohten.  Da  die 
südliclie  Karawanenstrasse  nach  Mpwapwa  gesperrt  war  und  Gefahr 
vorlag,  dass  die  damals  auf  etwa  1000  Mann  geschätzten  Wahehe- 
banden  üsauara  ganz  verwüsten  könnten,  wurde  Chef  Ramsay  mit  etwa 
150  Mann  nach  üsagara  geschickt.  Derselbe  fand  die  Bevölkerung 
in  grosser  Aufregung,  viele  Araber  hatten  bereits  iiirc  Frauen  in 
den  Scliutz  der  Station  Farhani,  etwa  eine"  Stunde  von  Mkoiidoa, 
gebracht,  wo  Ranisay  ein  Lager  aulschlug.  Da  wegen  seiner  ge- 
ligen  Streitkräfte  kricgerisrhe  Maassnahmen  sich  \m  selbst  verboten, 
so  kuüpftc  Kauisay  dun  h  die  dnrt  ansässigen  Aral)er  und  Belutschen, 
die  viele  Handelsbeziehungen  nach  l'iiehe  haben,  Verhandlungen  mit 
dem  zu  nächst  wohneiidcn  Häuptling  Farbe nga  an.  Da  in  Ihehe 
ein  Uiierhiniptlinir  i  xistut,  ohne  dessen  Willen  keine  Krieus/iige  ge- 
macht werden,  si»  hatte  llainsay  vor  seinem  Abmarsch  aus  Bayanioyo 
dorthin  schon  Briefe  geschickt,  weil  es  den  Anschein  hatte,  als  ob 
die  Grenzhäu[>tliiige  auf  ei^viie  Kaust  gi'haiidelt  hätten.  Xacii  mehr- 
tägigen Uuteriiandhiiinen  erschien  auch  Farheuiia  im  Lager,  brachte 
Tribut  mit  und  versprach,  in  Zukunft  Frieden  zu  halten  und  den 
Missionären  kein  Hinderniss  in  Lhelie  in  den  Weg  zu  legen.  Der 
au  den  Oberliäuptüng  ^Muinga"  abgesandte  Bote  brachte  die  Nach- 
richt, dass  Muinga  die  Forderungen  der  Deutschen  annehme,  die 
Wahehe  stellten  ji  dncii  ihrerseits  die  Forderung,  dass  ihnen  gestattet 
sein  solle,  ungehindert  zum  llaiidelsbelrielie  /ur  Küste  zu  kommen, 
und  Pulver  und  Gewehre  zu  kaufen.  Die  Gewährung  der  crsteren 
Forderung  sagte  Chef  Uanisay  zu.  behielt  sich  jedoch  be- 
züglich der  letzteren  die  Genehuiigung  des  (iouverneurs  vor. 
Kaum  war  ai>er  Ivamsuy  nach  der  Küste  zu  marsciiirt,  so  fingen 
die  Wahehe  wietler  zu  plündern  an,  und  da  die  Mafiti  im  Hiuter- 
laude  von  Kilwa  uiul  l)ar-es-Salaam  ebenfalls  auf  dem  Kriegspfade 
waren,  sf>  be>clilo-s  der  Kommandeur  der  Scliulztruppe,  v,  Zelewski, 
,.nach  erwirkter  Zu>timmung  des  (iouverneurs*',  einen  Zug  zur  Be- 
strafung der  Räuber  zu  unternehmen.  Er  brach  deshalb  am  '2'2.  Juni 
von  Kilwa  aus  mit  dem  Expeditionscorps,  welches  sieh  aus  der  5., 
().,  7.,  8.  Kompagnie  zusammensetzte.  Von  Oftizieren  nahmen  Kom- 
pagnieführer V.  Zitzewitz,  die  Lieutenants  v.  Tettenborn,  l'rince. 
v.  Birch,  V.  Heydebreck  theil .  ausserdem  begleitete  der  Arzt 
Dr.  Buschow  die  Expedition,  welcher  noch  8  deut.sche  Unterotlziere 
und  etwa  320  Sudanesen  und  Sulus  angehörten.  Die  K.\pedition  war  auf 
das  vorzüglichste  ausgerüstet,  die  Kauoneu,  zwei  Maxim-Geschütze  und 


Ostafrika. 


281 


zwei  4,7  cm  SchneUfeaergeschütze,  waren  aaf  Eseln  verpackt,  an 

Tifigein  war  kein  Mangel,  so  d:i<=i  lÜc  l>"<ton  Aussichten  auf  (1:i3 


Gelingen  vorhanden  waren.  Herr  v.  Zelewski  beabsiclititito  luifh 
Mkondoa  und  Mpwapwa  zu  gehen.  Er  traf  bereits  drei  Stunden 
nordwefttUch  von  Kilwa  auf  die  Lager  der  Mafiti,  die  aber  verlassen 


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283 


Di«  dcntschen  Kolonial 


worden  waren.  Der  diesjährige  Mafiti- Einfall  war  als  beendet  an- 
zusehen, da  ein  Häuptling  Abdallah  bei  Kitambi  dieselben  zurück* 
geschlagen  hatte,  weh  he  sich  dann  in  ihre  Wohnsitze  am  Nyassa 
zurückgezogen  haben  sollten.  Am  30.  «Juni  marschirte  Zelewski 
von  Matumbi  nach  Korogero  am  Rufidschi,  schickte  von  dort  die 
8.  Kompagnie  unter  Lieutenant  Prince  nach  Dar-es-Salaam ,  ging 
Aber  den  Fluss,  berührte  Mbamba  und  bezog  ein  Lager  am  Mjombo- 
Flnss,  einem  Nebenflnss  des  Mukondokwa.  Der  Wahehe-Häaptling 
Tamarakangwe,  welcher  sein  früheres  Verspreeheo  gebrochen  «ad 
Menschen  ^:oranbt  hatte,  weigerte  sich  za  erscheinen,  so  dass  sdne 
Befestigung  besi  hossen  und  genemmen  werden  musste.  Hier  beging 
nun  V.  Zelewski  die  zum  mindesten  gefährliche,  bei  Zelewski's 
Erfahrung  schwer  zu  erklärende  Unvorsichtigkeit,  den  Feind  in 
seinem  eigenen  Lande  angrpif*'ii  zu  wollen.  Der  Bericht  des  Lieute- 
nants V.  Tettenborn  über  den  Fortgang  der  Expedition  lautet: 

Am  30.  .Tuli  hrarh  die  Expedition  über  Marore  zu  den  Wahchchäuptlinpen 
Mamkussa  und  Manamtua  am  Kititibach  im  Rubeliugcbirge  auf.  Die  Iläuptlinge 
flQcbtetea  und  batteu  bis  auf  wenige  Stüclt,  welcbe  uns  in  die  Hände  fielen,  ihre 
Rinder  und  Kleinideh  abgotrloben.  Tom  &  bis  6.  Angott  wurden  etv*  85  Tembon 
den  Flammen  preisgegeben  und  S  Feinde  getodtet.  Dsnmf  marschirte  die  Kaiavaao 
über  Marore,  den  Ruaha  bei  Masombi  überschreitend,  auf  Mgowero  nach  Ma>;e.  Am 
14.  August  traf  die  Expedition  dort  ein  und  bezog  Lager.  Zum  ersten  Male  hatten 
sich  dort  Wahehekrieger  in  grösserer  Metiiie  gezeigt;  bewaffnet  waren  sie  tnit  Schild 
und  äpeer,  selten  mit  Flinten.  Einzelne  äcbüäüe,  von  uns  abgegeben,  Teräclieucbten 
die  Fehide  in  westlicher  Richtung.  Nachdem  am  14.  in  der  Nfthe  unseres  Lagsrs 
mehrere  Temben  feri»rannt  worden  waren,  dnrehsog  die  Truppe  am  15.  und 
16.  August  die  Ilochebene  von  Mage  und  überliererte  in  der  sehr  xahlreich  bevoU 
kerten  (iegend  etwa  50  Temben  den  Flammen.  Am  16.  AugUSt  erreichten  wir  etwa 
den  Ort,  wo  auf  der  Karte  Lula  ^steht. 

Am  17.  August,  6  Uhr  Vormittags,  brach  die  Karawane  in  der  Richtung  auf 
Mdawaro  (Hdairo?)  auf.  Die  Marsdiord&nng  war  folgende:  Mehrere  sehwarte  Fahrer 
unter  Bedeckung  von  10  Zulu,  Kommandeur  v.  Zelewski,  Aizt  Dr.  Bascbow,  Lieu- 
tenant V.  Pirch,  7.  Kompagnie.  Untcrofßzier  Schmidt,  Büchsenmacher  Hengelhaupt. 
Darauf  folgte  die  Artillerie:  Cnteroffizier  Thiedemann,  Unteroffiziere  Herrich  und 
Wutzer,  dann  Lieutenant  v.  Heydebreck.  Hieran  scbloss  sich  Lieutenant  v.  Zitzewitz 
j.  Kompagnie,  Unteroffizier  v.  Tieüewitz,  Lazarethgehiilfe  Hemprich.  Zwischen  die 
Tr&ger  vertheilt  waren  40  Sudanesen  der  6.  Kompagnie.  Feldwebel  Kaj,  Lieutenant 
Tettenborn  mit  30  Sudanesen  der  6.  Kompagnie,  hintw  welchen  SO  Stuck  Bind- 
▼ieb,  60  Schafe  und  Ziegen  unter  Bedeckung  von  12  Sudanesen  6.  Kompagnie. 

Ttcgen  7  lilir  Vormittags  Hess  der  Kommandeur  auf  einem  kleinen  kahlen 
Hügel  halten,  um  den  Zusammenhang  der  Marschkolonne  wieder  herrustellen.  Jen- 
seits dieser  Erbebung  begann  ein  dichter  Busch,  in  weichem  vielfach  grosse  FeU- 
stttcke  seistreut  lagen.  Ksiim  hatte  die  Kdonne  bis  olnsehliettlieh  Artinerie  dieses 
Geströpp  enreieht,  als  ein  Signalsehuss  ertönte  und  gleich  darauf  die  Wahehe  in 
grosser  Uebenahl  höchstens  80  Schritt  ?on  der  Kolonne  seitlieh  auflanehten  und 


L.idui^cü  uy  Google 


OsUfrika. 


288 


toit  wildem  Geschrei  und  Ungestüm  auf  diese  eindrangen.  Die  Soldaten  konnten 
nur  ein-  bis  zweimal  feuern,  schnell  war  der  Feind  in  ihren  Reiben.  Die  Ver- 
wirrung ward«  TAmthrt  durch  die  wilde  Fluebt  der  ArtiU«ri«-BMl,  waleha  in  die 
5.  Kompagnie  eindmgen.  Die  Aakaris  wandten  sieh  nun  nnairfhalfam  sor  Flueht, 
von  den  Feinden  enefgiaeh  verfolgt.  Lienienant  v.  Hejdebreck,  Murgan  EfTendi 
und  etwa  20  Askaris  gelang  es,  eine  nahe  gelegene  Tembe  zu  erreichen  und  hier 
mehrere  Stürme  der  Wahehe  mit  Erfolf^  abzuschlagen.  Auf  das  heftige  Feuern  begab 
ich  mich  mit  meinen  20  Soldaten  in  barsch  Marsch  an  der  Tiägerkoloune  vorbei 
auf  die  obengenannte  Höbe,  welche  ich  noch  nicht  erreicht  hatte.  Hier  waren  Im 
wäaten  Durcheinander  Tilger,  welche  ihre  Lasten  weggeworfen  hatten,  Wabebe 
welche  dieselben  dorchsoditen,  sterbende  Krieger  und  xuroekkebrende  vielfach  ver- 
wundete Soldaten.  Nachdem  ich  die  Wabehe  durch  Schüsse  verjagt  hatte,  besetzte 
ich  die  Höhe  in  einer  kreisrunden  Stellung,  in  deren  Mitte  Träger,  Verwundete  und 
unsere  Viebbeerde.  Ich  nahm  an,  dass  rechtsi^eitlich  von  mir  das  Gefecht  zum 
Sieben  gekommen  sei,  und  wollte  mit  meiner  Stellung  dem  Gros  als  Stfittpunkt 
dienen.  Die  deutsche  Flagge  wurde  an  einem  hoben  Banme  gebisst,  und  meine 
Hornisten  gaben  in  knrxen  Unterbrechungen  unsere  nblidien  Signale  ab.  Das 
Feuergefecht  verstummte  etwa  nach  lO  Minuten  bis  auf  einzelne  Salven,  welche, 
wie  ich  nachher  erfuhr,  aus  der  Tembe  des  Lieut.  v.  Reydebreck  kamen.  Auf  die 
Meidung,  dass  in  meiner  Nähe  ein  Europäer  mit  einem  Geschütz  sei,  sandte  ich 
diesem  durch  eine  Patiouille  den  Befehl,  sich  an  mich  heranzuziehen.  Dieser  Befehl 
erreichte  Lieut  v.  Heydebreck,  welcher  um  8  Uhr  SO  Min.  Tormittags  selbst,  dureb 
iwei  Speerstiche  hinter  dem  rechten  Ohre  verwundet,  blntöberstremt  bei  mir  eintraf. 
In  seiner  Regleitung  waren  Unteroffizier  Wutzer,  Murgan  Kffendi  und  12  Mann. 
Von  diesen  hörte  ich,  »Jass  unsere  3  Geschütze  vom  Feinde  genommen  seien,  und 
dass  unsere  Verluste,  namentlich  bei  der  Artillerie  und  der  5.  Kompagnie,  sehr  be- 
trächtlich seien.  Ich  bescbloss  hierauf,  meine  Stellung  auf  der  Uöhe  zu  halten,  in 
dar  HoAinng,  dass  sich  Versprengte  unserer  Expedition,  die»  wie  ich  jetst  annehmen 
musste,  vollstindif  anlgeiiehett  war,  bei  nk  einfinden  würden. 

Auf  allen  Seiten  in  dem  mich  umgebenden  Gestrüpp  waren  VVahehegruppeu 
sichtbar,  welche  durch  unsere  Kuircln  verscheucht  wurden.  Die  Wahehe  hatten  • 
ringsumher  das  dichte,  eben  nicht  hohe  Gras  in  Brand  gesteckt.  Die  Flammen 
wurden  uns  durch  heftigen  Wind  näher  gebracht  und  gestatteten  unsere  Lage  zu 
einer  recht  bedenklichen.  Unsere  Verwundeten  waren  dem  Flammentode  prda- 
gegeben.  Um  9  Uhr  Vormittags  wurde  Sergeant  Tiedemann,  mit  einem  schweren 
Speerstich  und  durch  Brandwunden  verletzt,  herbeigeschafft.  Wir  legten  ihm  einen 
Notlivfiband  an  und  boitctcn  ihn  in  einem  Zelt,  auch  wurden  nach  Möglichkeit 
unsere  scliwcir^eu  Verwundeten  vcrbuuilen.  Auf  mein  fortgesetztes  Signalldaseu 
hatten  sich  bis  4  Uhr  Nachmittags  etwa  GO  Soldaten  und  70  Träger  eingefunden. 
Da  mein  Rncksog  immer  geftbrdeter  werden  musste,  je  mehr  die  von  der  Verfolgong 
sorflckkehrsnden  Feinde  sich  zu  sammeln  begannen,  marsebirte  ich  in  eine  über 
unser  am  Ta«rc  vorher  aufgeschlagenes  Lager  hinansliegende  Tembe,  nahe  am 
Wasser,  und  betest  igte  mich  hier.  Noch  immer  war  ich  der  Ansicht,  hier  in  der  . 
Nähe  U  Stunde)  des  Gcfechtsfeldes  auf  der  einzigen  Rückiiugslinie  mit  meinem 
endgültigen  Abmarsch  warten  suiiou,  obgleich  mir  meine  beiden  schwarzen  Offiziere 
Murgan  und  Gaber  Effendi  riethen,  soweit  als  möglich  abzumaraohiren.  Es  gab 
doch  noch  eine  HSgliehkeit,  dass  aich  kleine  Abtheilungen  und  vereinselte  Euro» 
|Aer  im  Busch  verateckt  hielten,  denen  nur  mit  meiner  Hülfo  ein  Entkommen  mSf* 


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384 


Die  deuttehen  Kolonieii. 


lieh  gewesen  wäre.  Ich  beschloss  derngfetnäss,  (jt^n  nächsten  Tajr.  doD  18.  Augu>t, 
noch  hier  auszubaltcn.  Die  Wabelie  grifTen  mich  «eder  in  der  Nacht  noch  am 
folgenden  Tage  an,  sondern  zofreo  sieb  in  grösseren  Massen  seitlich  in  der  Ricbtuug 
aaf  Mage  vorbei  Et  erschien  mir  nunmehr  bedenklich,  auf  dem  alten  Wefe  ober 
Mage  abznmarschiren,  and  ich  beschloM,  aber  daa  itetia  Oabirge  im  Sädoeten  von 
Lula  auf  den  Ukose,  und  I&d^s  dieses  den  Raaba  erreichend,  abzuziehen.  Aof  die- 
sein  Wege  durfte  j'oh  narh  An^sn^re  pines  angeblich  ortskundigen  Fahren  hoAsa, 
auf  keine  feindliclie  IJevülkeruufj  zu  stn-^on. 

Nach  diesem  Plane  brach  ich  am  18.  August  um  9  Ihr  Abeuds  auf,  marschirte 
vielfach  des  Nachts  und  ohne  Weg  durch  die  Wildniss,  überschritt  am  27.  Auguät. 
4,90  Tormittags,  den  Roaba  nngeflhr  hart  nördlich  der  Mwega-MSndnng,  nachdem 
ich  mttthmassiidi  Ifcnla  und  Mdene  passirt  hatte.  Da  der  Marsch  me&Mr  Kaimwaae 

ziemlich  wenig  bekannt  wurde  und  ich  fast  stets  wegen  meiner  Nacbtm&rscbe  und 
Gescbwindiiikeit  überraNchen  i  auftrat,  wurd»»  ich  von  der  uns  wcnie  freundlich  üe- 
sinnten  Bevölkerung  wenig  gess-irt  tind  erreiclite  am  29.  Auf^ust,  Nachmittags  um 
3  Uhr,  den  Mjombo-Fluss,  wo  ich  vun  der  Bevüikerung  freundlich  empfangen  wurde. 
Nach  Aussage  von  Einwohnern  sind  gestern  hier  13  Soldaten  von  uns  durcbgekom- 
mm  und  nach  Koadoa  weitergegangen.  Ich  marschire  morgen  nach  Kondoa,  ver- 
bleibe dort  so  lanL'f,  bis  ich  die  in  Mpwapwa  Hebenden,  für  die  Karawanen  be- 
stimmten I,.i^ton  ht  ran<.'.'h  >It  habe,  and  breche  dann  na<'h  Dar-es-Salam  auf. 

l'eber  den  Verbleib  dt-r  Kuropüer  vermag  ich  Fi«l;:ende.s  zu  berichten:  l'nter- 
offizier  Tiedemann  erlag  seinen  schweren  Verletzungen  in  der  Nacht  vom  17. 
som  18.  und  wurde  in  der  Tembe,  der  Sicht  der  uns  stets  umsplhenden  Wahdie 
entzogen,  begraben.  Nach  Aussage  einiger  Schwarzen,  welche  sieh  bei  Beginn  des 
Uebcrfalls  in  der  Nfilio  des  Kommandeurs  befanden,  soll  derselbe  sowie  Dr.  Bn- 
schow  und  Lieutenant  v.  Pirch,  noch  auf  den  Esvln  sit'cmi,  durch  viele  Snoer- 
sticbe  niedergemacht  worden  st  in.  V.m  den  übri  ji  n  Kurnpficiu  ist  mit  absoluter 
Bestimmtheit  nichts  zu  sagen;  doch  kommeu  die  Aussagen  tler  wenigen  aus  dem 
vorderen  Gefecht  Entkommenen  dahin  nberein,  dass  sie  rtmmtlich  den  Tod  ge- 
funden haben.  Bei  mir  befinden  sich:  Lieutenant  v.  Heydebreck,  dessen  Wun- 
den fast  (Tchcilt,  Feldwebel  Kay  und  Unteroffizier  Wutzer,  Murgan  Effendi,  Gabor 
KfTendi  und  IM'  Soldaten,  von  denen  11  ver«und<  t.  74  Träger,  von  denen  7  ver- 
wundet; ausserdem  4  Esel,  eiui,:e  Lasten.  I  n^er  Verlust  beläuft  sidi  auf  10  Euro- 
päer (4  Offiziere,  6  Unteroffiziere;,  etwa  '2bO  Sol  lateu,  ebenso  viele  Gewehre  und 
8  Geschütze,  23  Esel  und  96  TrSger  und  den  Haupttheil  unseres  Gepicks.  Die 
Anzahl  unserer  Angreifer  dnrfle  mit  3000  nicht  zu  boeh  geschfttzt  sein,  wovon  viel- 
leicht 700  getödtet  worden  sind.  Ihr  UfiuptHng  Kuawa  und  Führer  Marawatu  sind 
gefallen.  Nur  dem  Umstände  der  Fübrerlosigkeit  unserer  Feinde  schreibe  ich  unser 
glückliches  Ki.tkoiiiuicii  zu." 

Zur  Witleiie;;uiig  der  (ierüclit»' ,  du.-^s  oiiizi'liie  der  Oflizifre  der 
Schntztruppe,  welche  iiaeh  dem  Ueliertall  durcli  die  VVahehe.  als 
vermisst  c:emeldet  w(»rdeii  sind,  sich  in  der  (  J'-fanuejischart  der  Feinde 
hcfiinden  oder  sonst  wo  aufhielten,  verotVeutliclite  (h-r  Keichs-Anz. 
am  2S.  Oktober  ein  von  dem  Auditeur  der  Schutzfnippe  auf- 
genommenes Vernehmungsprotoküll  des  Lieutenants  xnn  Heydebreck, 
V.  Tetteuboru,  des  Feldwebels  Kay  und  des  Liiterotti/.ierö  Wutzer,  die 


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Ostafrika. 


28ä 


alle  fibereinstimmeDd  es  fUr  ansgeechloflsen  erldftrteo,  dass  noch  irgend 
ein  EoTOpäer  von  der  Expedition  nach  der  Kfiste  zarftckkehren  kfinne. 
Die  Aussagen  der  beiden  Offiziere  sind  aber  anch  noch  in  anderer 
Hinsicht  von  Interesse.  Lientenant  v.  Tettenborn  befand  sich  be- 
kaimtlieh  bei  der  Nachhat,  hat  also  an  dem  Kampf  zuerst  nicht  theil- 
genommen.  Lieutenant  v.  Heydebreck  dagegen  giebt  eine  genauere 
Schilderung  des  Ueberfalls,  aus  der  sich  ergiebt,  dass,  als  der  An- 
griff erfolgte,  die  Kolonne  einschliesslich  der  Artillerie,  sieh  auf  dem 
von  beiden  Seiten  von  Busch  umgebenen  Wege  befand,  während 
der  folgende  Theil  der  Kolonne  mit  Lieutenant  v.  Heydebreck  nur 
auf  der  rechten  Seite  Busdi,  auf  der  Linken  einen  von  hohem  Gras 
bestandenen  Abhang  hatte.  Im  Busch  selbst  und  von  diesem  Ab- 
hang aus  erfolgte  der  Angriff  der  Wahehe.  Von  irgend  einer  fiekog- 
noszirung  des  Busches  oder  dieses  Abhanges  war  offenbar  keine  Rede 
gewesen,  obgleich  der  Busch  so  wenig  dicht  war,  dass,  wie  Lieute- 
nant V.  Heydebreck  anführt,  die  Suln  «in  schnellem  Lauf  durch  den 
Busch  entflohen.**  Dass  ein  Theil  der  Expedition  dem  Untergang 
entging,  ffihrt  Herr  v.  Heydebreck  darauf  zurück,  dass  die  Wahehe 
infolge  eines  Schusses,  deu  Lieutenant  v.  Zitzewitz  auf  einen  Adler 
abgab,  zum  Angriffe  übergingen,  ehe  die  ganze  Expedition  vom 
Busch  eingeschlossen  war.  Dass  der  Ueberfall  die  Expedition  ganz 
unvorbereitet  traf,  ist  um  so  auffftUiger,  als  Lieutenant  v.  Heyde- 
breck konstatirt,  die  Expedition  habe  sich  tagelang  unter  Beobach- 
tung durch  die  Wahehe  befunden.  Dass  die  Wahehe  bis  dahin  nicht 
zum  Angriff  fibergegangen  waren,  hatte  den  Kommandeur  offenbar 
in  Sicherheit  gewiegt  Dass  die  Expeditionstruppen  auch  in  dem 
Busch  gefechtsbereit  hfitten  marschiren  können,  ist  jetzt  auch  fest- 
gestellt. Lieutenant  v.  Heydebreck  sagt  aus,  die  Truppe  sei  bis 
zu  dem  Hfigel,  an  dem  der  Kommandeur  Halt  machen  liess,  um  den 
Zusammenhang  der  Kolonne  wieder  herzustellen,  ,im  Busch*^  mar- 
schirt  Auf  dem  Rfickmarach  schlug  der  Rest  der  Expedition  den- 
selben Weg  ein,  den  sie  Morgens  frfih  marschirt  war.  Aber  nach 
dem  UeberM  marschirte  man  unter  Lieutenant  v.  Tettenborn  etwa 
eine  Stunde  weit,  auf  etwaige  neue  Angriffe  gefasst,  «in  geschlossenem 
Viereck.*  Es  hfttte  also  nichts  entgegengestanden,  dass  auch  vor 
dem  Ueberfall  und  in  Vorbereitung  auf  einen  solchen,  die  ganze 
Truppe  oder  wenigstens  ein  Theil  derselben  „in  geschlossenem  Vier- 
eck" vorgegangen  wftre.  Diese  Berichte  bestätigen  demnach 
lediglich  die  Annahme,  dass  der  Untergang  der  Expedition  in  erster 
Linie  die  Folge  der  Sorglosigkeit  gewesen  ist,  mit  der  sich  dieselbe 


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286 


Die  dmitaehen  KolonieD. 


tief  im  Gebiete  des  Feindes  bewegte.  Daiu  aber  ist  die  Nieder- 
Uige  einem  taktiseben  Fehler  znzoschreiben.  Herr  v.  Zelewski  war 
nftmlieh  der  Ansiebt,  welche  er  frflher  ancb  einmal  schriftlieh  nieder- 
gelegt hatte,  dass  die  Eingebomen  nicht  genng  Stosskraft  hätten,  nm 
eine  anf  dem  Harsch  befindliche  Kolonne  zu  dnrebbrechen  und  hatte 
demgemtes  den  Sicherheitsdienst  vernachlässigt  '  Da  der  dem  Dienst- 
alter nach  nächste  Offizier  nicht  znm  Kommandeur  der  Schntztnippe 
ernannt  wnrde,  so  gewann  in  Ostafrika  die  Meinung  Glauben,  dass 
Herr  v.  Soden  selbst  gleichzeitig  Kommaadenr  der  Sehntztmppe  werden 
solle.  Dies  veranlasste  eine  unbehagliche  Stimmung  unter  den  Offi- 
zieren, nnd  sie  gaben  derselben  gegenüber  dem  Gouverneur  in  einem 
Protokolle  Ausdruck,  dessen  fiauptmotivirong  in  der  Betonung  lag, 
dass  Herr  von  Soden  nicht  Offizier  sei.  Auf  telegraphische  Anfinge 
in  Berlin  wurde  alsdano  Korvetten-Kapitän  RAdiger  von  der  «Schwalbe* 
einstweilen  zum  Kommandeur  der  Schutztruppe  ernannt 

Die  Öffentliche  Meinung  in  Deutschland  hat  der  Ansicht  zu- 
geneigt, dass,  wenn  Major  v.  Wissmann  in  seinen  urspränglichen 
Funktionen  als  Hochstkommandirender  belassen  worden  wäre,  die 
Niederlage  wahrscheinlich  vermieden  worden  wäre.  Wir  theilen 
diese  Ansicht  zunächst  wegen  der  persönlichen  Eigenschaften  Wiss- 
manns. Durch  reiche  Erfahmngen  erprobt,  boten  dieselben  die  denk- 
bar beste  Garantie  dafür,  dass  unter  seiner  Verantwortlichkeit  wag- 
halsige Kzkursionen  von  zweifelhaftem  Werthe  flbetliaupt  nicht 
unternommen,  sondern  nur  nfltzliche  Maassregeln  ergriffen  worden 
wären,  die  auf  genauer  Kenntniss  aller  Verhältnisse  beruhten  und 
das  gesteckte  Ziel  mit  vollster  Energie,  aber  ohne  Improvisationen 
und  Velleitäten,  die  darüber  hinausgingen,  zu  erreichen  suchten. 
Ausser  diesen  persönlichen  Bürgschaften  gegen  unliebsame  Ueber^ 
raschungen  bot  auch  die  Organisation,  die  unter  Wissmann  bestand, 
grossere  Sicherheit  gegen  Missgeschick  als  die  heutige  Einrichtung, 
wo  ein  Givilgonvemenr  mit  mehreren  Militärs  fibertias,  was  geschehen 
oder  unterbleiben  soll,  zu  berathen  nnd  zu  entscheiden  hat.  Ein- 
helligkeit der  Führang  und  vollste  Alleinverantwortlichkeit  eines  ein- 
zigen, alle  Gewalten  in  sich  vereinigenden  Befehlshabers  sind  unseres 
Erachtens  unerlässliehe  Voraussetzungen  jeder  auf  die  Dauer  erfolg- 
reichen und  gesicherten  Aktion  in  Afrika. 

Expedition  gegen  die  Mafiti. 

Die  Expedition,  welche  unter  dem  Kompagnieführer  Schmidt  (II) 
im  August  gegen  die  Mafiti  unternommen  wurde,  setzte  sieh  aus  zwei 


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OsUfrika. 


287 


Kompagnien  znsammen,  einer  kombinirteD  —  77  Mann  —  nnter  dem 
KompagniefOhrer  End  nnd  einer  Snln-Kompagnie  —  132  Hann  — 
anter  Lientenant  Prince,  sowie  einem  Sanitäts-Detacbement  nnter 
Dr.  Kanzki  nnd  Trägern.  Am  16.  Angost  bracb  die  Expedition 
von  Bagamoyo  anf  nnd  marachirte  in  sadwestlicber  Ricbtong  naeh 
Tnnnngno.  Fast  alle  Dörfer,  welche  nicht  in  unmittelbarer  N&be  der 
Küste  lagcD,  waren  ans  Furcht  vor  den  Mafiti  verlassen,  einige  der- 
selben sogar  von  letzteren  unter  Verfibung  von  Gransamkeiten  ge- 
plaudert worden.  Da  die  Mafiti  Usamoro  bereits  seit  einer  Woche 
verlassen  hatten,  marschirte  die  Expedition  von  Tunungno  nach 
Westen  in  das  Land  der  nördlichen  Mafiti  oder  Mahenge,  welche  in 
den  letzten  Jahren  die  Kinftlle  in  Usaramo  nnd  unser  nördliches 
Schutzgebiet  gemadit  nnd  auch  in  diesem  Jahre  Usaramo  und  die 
Gegend  der  grossen  Karawanenstrasse  heimgesucht  hatten.  Ihr  Land 
bildet  einen  Theil  der  Landschaft  Gbuto,  ist  ausserordentlich  frucht- 
bar und  dicht  bevölkert  und  kann  eine  grosse  Anzahl  von  Kriegein 
stellen.  Die  Expedition  erreichte  zunSchst  Hongo,  welches  verlassen, 
aber  ebenso  wie  die  fibrigen  Maflti-Dörfer  mit  Lebensmitteln  reichlich 
angeföllt  war.  Eine  Anzahl  von  den  Mafiti  gefangener  Wasaramo 
wurde  daselbst  vorgefunden  und  in  Freiheit  gesetzt  Demnächst 
wurde  Korongo  erreicht,  welches  nach  kurzem  Feuergefecht  von  den 
Dorfbewohnern  ger&umt  wurde.  Das  benachbarte  Dorf  Backira  war 
kurz  vor  Ankunft  der  Expedition  ebenfslls  verlassen  worden.  Die 
erwähnten  Dörfer  sowie  Kissaki,  das  Dorf  des  berQchtigten  Häupt- 
lings Fikatika,  Kumanka,  das  Dorf  des  Mamuro,  Mohombe,  das  Dorf 
des  Makiye  nnd  die  Dörfer  der  Landschaft  Songomero  wurden  zer- 
stört, die  Ernte  anf  den  Feldern  aber  den  geschädigten  Eingeborenen, 
von  welchen  einige  Hundert  sich  der  Expedition  angeschlos^(en  hatten, 
fiberlassen.  Am  1.  September  war  die  Expedition  nach  Tnnanguo 
zarückgekebrt  und  marschirte  am  2.  September  nach  Uruguro,  dessen 
Bewohner  mit  den  Matiti  in  Verbiudaug  stehen,  wenn  sie  auch  au 
den  Kriegszügen  der  letztem  niemals  theiigenommen  haben.  Sie 
wurden  ermahnt,  jede  Verbindung  mit  den  MaÜti  zu  vermeiden. 
Einer  ihrer  Jurobes,  Mambarawe,  wurde  als  Geisel  nach  Tunun^uo 
geführt,  weil  einer  seiner  Leute  beim  Durchzu^^  do^  (leoloi^eii 
Dr.  Lieder  einen  Träger  desselben  hinterrücks  niederi^estocheu  und 
dessen  Gewehr  gerauht  hatte  Am  12.  Sopterabcr  traf  dio  Kxj)e(litioii 
wieder  in  Bagamoyo  ein.  Nach  Ansicht  der  Missionare  in  Tiinunguo 
wird  die  Expedition  dazu  beilrageu,  die  Raubzüge  der  Maliti  zu  be- 
schränken. 


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288 


Die  deutseben  Kolonien. 


Dr.  Peters. 

Dr.  Peters,  znni  Kommissar  zur  Verffi^nng  des  Gouverneurs 
ernannt,  ging  im  Frühjalir  1891  nach  Ostafrika,  in  welchem  ihm  als 
besonderer  Wirkungskreis  das  Kilimandscharogohiet  zugewiesen  war. 
Er  brach  mit  dem  Chef  Johannes  von  Tanga  auf  und  erreichte  ohne 
weitere  Kiimpfo  Mosrhi,  den  Sitz  des  bekamitfn  Maiulara.  Mosclii 
hielt  er,  worauf  sclion  vou  mehreren  Seiten  hinf^ewiesen  worden  ist,  als 
Station  nidit  für  günstig  gelegen,  da  es  ja  in  der  Tiiat  seine  Anlage 
nur  den  guten  IJezieiiungen  Maudaras  zu  den  Deutschen  verdankte,  und 
beschloss,  einen  Zug  nach  Osten  zu  machen,  welchen  er  in  Beglei- 
tung des  Freiherrn  v.  IVehmann.  mit  Sergeant  Schubert,  iO  Asikaris 
und  30  Triigern  am  1.  August  antrat.  Den  Platz  der  neuen  Statious- 
anlagc  in  Marangu  beschreibt  Dr.  Peters  foltjendermaassen : 

„Den  Platz,  den  ich  mit  Hülfe  der  Kinpeboreuen  gefunden  habe,  liest  un- 
mittelbar westlich  oberhalb  des  Unna-Flusses,  dessen  Rauseben  deutlich  auf  dem 
laoggestnekten  Abteng  hörl»ur  ist  Auf  d«r  Sitlielmi  Sdt«  di«iM  Abhuigw  flieut 
der  Sangeoi'Bad),  so  dan  wir  auf  bdden  Seiten  fliesaendee  Waaeer  bmbeii.  Ueber 
den  Abbaof  selblt  aber  ist  eine  Wasserleitung  von  den  Bergen  hergeführt,  so  dass 
für  rJartenanlagen  und  daran  sich  schiiessende  Ackerfelder  Feuchtigkeit  reichlich 
vorhanden  ist.  Von  dieser  Höiie,  weKho  nach  dorn  AMoroidharonu'ter  lö.')()  Meter 
hoch,  ßiilt  der  Blick  über  Felder  und  Hochwald  hinweg  unmittelbar  auf  den  obeu 
beiriebneten  Hügel,  an  weleben  die  Tawetaatrasse  über  den  Himo  fobrL  Breit  und 
langsam  senkt  sieb  hier  das  Gelinde  in  die  Steppe  hinab,  eo  dass  das  Herana- 
seblagen  eines  Fahrweges  für  die  untere  Station,  welche  etwa  12  Kilometer  entfernt 
Hegt,  keine  Scbwieri^'keitcn  hat.  Dahinter  sieht  man  den  Pangani-Fluss.  Ugueno 
und  in  einiger  Entfernunf:  die  Umrisse  der  Parebcrge.  Links  liegt  der  Jipe-See 
in  seiner  vollen  Ausdehnung,  Taweta  und  der  Lumi-Fluss.  Rechts  ist  Kabe  mit 
der  Pangani  -  öteppe  iDoerhalb  Gesicbtsweite.  Wir  vermögen  die  Stellen  aassu- 
machen,  an  denen  wir  gelagert  und  die  FInsae  übersehritten  haben.  Der  Boden 
hier  ist  der  beste,  den  es  giebt  Schwane  Lavaerde  mischt  sieh  mit  Thon.  Ge- 
treidefelder wechseln  mit  Bananenhainen  ab  vi  ml  das  Ganze  wird  nach  der  Steppe 
zu  und  links  unterhalb  ujisorer  Station  von  Hnchwald  eingerahmt.  Die  Landschaft 
gewährt  einen  Eiudrtick  etwa  wie  die  ndrinde  de>  Tliü.iiiger  Waldes  mit  der  gol- 
denen Ebene  datiinter  vom  Kvdhauscr  aus.  Ich  glaube,  es  giebt  nicht  leicbt  eine 
Stelle  im  deutsch*ostafribaniscben  Schtttsgd>iet,  welche  sich  an  Omutigkeit  ailM- 
Erfordeniisse  fir  eine  Stationsanlage  nnd  an  landsehafllicber  Schönheit  mit  dieser 
messen  konnte.  Die  Luft  ist  von  einer  seltenen  Reinheit  und  Frische.  Das 
Thermometer  war  an  drei  Taj;eii  bis  11  lUir  Morgens  nicht  auf  120  R.  gestiegen 
und  des  Altoiids  iv,t  ev  l'ittcrlich  kalt.  Die  Station  tnuss  von  vornherein  mit  Ofen- 
heizung augelegt  werden.  Aber  wenn  dann  die  Sonne  hervorkommt,  80  wird  ea 
beiss,  nnd  der  Oirtner  auf  der  katholischen  Mission  ist  nberseugt,  das«  neben  den 
enropliaehen  Gemflsw  nnd  Getreide  (aaeh  Weisen  ist  gnt  aufgegangen)  die  meisten 
tropischen  Kulturen  möglich  sind.  Diesen  Platz  habe  ich  für  unsere  S'atiousanlage 
gewählt  und  mir  gpsftrn  von  Marealo  rin  Tcirriiti  von  mindestens  20000  Morgen, 
abwechselnd  Getreideland  und  Hochwald  bestand,  für  die  Kaiserliche.  Regierung  ge* 


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Oatafrika. 


289 


•ifbert.  Ich  habe  das  Lud  wa  beiden  Seiten  des'Unna-Fhines  genommen  und 
gebe  benacb  mit  dem  Himo  in  die  Ebene  bioab.  Wir  baben  dai  abfetretene  Ge- 
biet zunächst  durch  Peiinneen  nach  Landmarken  festgelejft  und  müssen  uns  eine 
genauere  Abgrenzung  vorbehalten.  Kingeschlossen  in  den  Kauf  ist  das  Recht  der 
fizpropriirung  gegen  Entsohüdigung  der  auf  dem  Terrain  angesessenen  Privat- 
beaitser.  leb  habe  nun  sofort  mit  dem  Bau  eines  provisoriscben  Blockhauses,  16  m 
-lang,  5  m  breit,  beginnen  laaien.  Morgen  erwarte  ich  den  Frhn  der  katboliscben 
Hiiaion  mit  S&mereien,  welcher  nna  gleich  eiDcn  Garten  nnterbalb  der  Gebinde 
anlegen  will.  Ranm  tnr  Ausdehnung  haben  wir  nach  dem  Gesagten  in  jeder  lUeb- 
tung,  und  diese  Station  wini  demnarh  auch  ihre  eigenen  Boilnrfnisse,  wie  das 
schon  beute  die  katholische  Mission  im  Wesentlichen  thut,  sich  hei  richtigem  Be- 
trieb bald  selbst  prodoziren  können.  Mosebi  mache  ich  in  Zukunft  zur  Neben- 
Station,  mit  einem  Posten  besetst  Posten  von  je  sechs  Hann  At&rko  lasse  ich 
femer  nach  Habe  nnd  Anischtsehini  legen.  Zum  Sehlnss  weise  ich  noch  daxanf 
hin,  dass  wir  von  unserm  Platz  aus.  auf  welchem  wir  seit  gestern  Nachmittag  lagern 
und  arbeiten,  mit  dem  Glase  den  Platz  sehen  können,  an  dem  die  geplant»«  Hrückf 
nördlich  von  Ugueno  über  den  Pangani  gebaut  werden  soll.  Die  Verbimlung  von 
hier  nach  der  Küste  ist  nm  eineu  Tag  kürzer  als  von  Moschi.  Sie  Tollziebt  sich 
in  adit  Etappen.  Ffir  die  von  mir  hier  gegröndete  Station  bitte  ich  gehonasut 
den  Namen  «Kilimandscharo-Station*  genehmigen  zu  wollen.  Den  Avssichtshfigel 
von  Kili'ma  habe  ich  zu  Ehren  des  ersten  Erwerbers  dieser  Länder,  des  im  Dienste 
für  die  koloniale  Sache  gefallenen  Dr.  Jnhlke,  „Jühlkes-FIöhe"  benannt." 

Dr.  Peters  marsdiiite  weiter  nach  Osten  imd  hatte  hier  ein  Ge- 
fecht in  der  Landsehatt  Rombo,  bei  weicher  der  Sergeant  Schubert 
fiel.  In  seinem  Bericht  bestätigt  er,  was  Major  Wissrnann  in 
Kiboscho  bereits  ;^'esrhildert  hat,  die  geradezu  geuiale  BefestigougB- 
weise  dieser  Stämme: 

„Das  i^t  ein  Netz  enger  Gfini^'e,  ilauern  und  Pallisadeu,  so  recht  <iazn  an- 
gethan,  die  NahwafTe  zur  vollsten  Wirkting  zu  bringen.  Die  Lanze  ist  hier  wirk- 
samer als  die  Bnehse  und  der  Eintelklmpfer  vermag  mehr  als  die  organisirte 
Truppe,  weil  in  dem  Labyrinth  von  Gingen  einheitliebe  Fobrang  vnmoglich  ist. 
Ich  beschloes  demnach,  auf  keinen  Fall  einen  Sturm  auf  solche  Bananctt-B^esti- 
gungen  zu  gestatten,  sondern  vielmehr  mich  darauf  zu  beschränken,  von  der  unteren 
Kulturgrenze  an  die  Harwinen  durch  die  Waschagga  Schritt  für  Schritt  umhauen  zu 
lassen  und  dann  die  darin  betindlichen  Gehöfte  zu  nehmen  und  zu  verbrennen. 
Diese  Dorfer  stod  theilweise  mit  Cyklopen-Hanem  bis  in  6  Hetem  H5he  umgeben, 
gegen  welche  auch  unser  Oeschnts  nichts  vennSchte.  Aber  die  Gegner  haben  Ter- 
säumt,  dieselben  von  Innen  mit  einer  Brustwehr  in  verseben,  und  können  demnaeh 
die  Mauern  nicht  vertheidigen.  Ich  liess  in  Folge  dessen  Leitern  anfertigen,  um 
unsern  Asikaris  zu  ermöglichen,  die  Mauern  ibrerseita  aU  Brustwehr  zu  benutzen 
und  von  oben  hineinzu.schiessen.  .  .  . 

Als  ich  bei  den  unteren  Befestigungen  der  Wakeroe  ankam,  waren  diese  be- 
reits in  den  Binden  Pechmanns  nnd  Schuberts  und  die  Hinser  standen  in  Flammen. 
Die  Eingeborenen  hatten  mehrere  Verluste  erlitten;  auf  unserer  Seite  war  noch  kein 
Uenseh  geraileo.  Ich  befahl  nun,  mit  dem  Niederhauen  der  Bananen  zu  beginnen, 
fnr  etwaige  Stoinbefestigiingen  die  mitgebrachten  Leitern  zu  benutzen,  da  es  nicht 
mehr  in  meiner  Macht  stand,  das  Gefecht  abzubrechen.  Jede  Nachgiebigkeit  in 
Keleatsles  Jabrbadi  1891.  j9 


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290 


Die  deuUeben  Kolonieu. 


diesem  Attcenblick  würde  «OS  «U  Furcht  und  Sehirf^be  au^^e^  worden  tein 

Wir  gingen  nun  Schritt  um  Schritt  treffen  den  Berfj  vor,  wobei  freilich  die  einge- 
borenen Hiiudcsgenossen  sich  scheu  ziirüclthielten.  Im  Verlauf  einer  Stunde  nahmen 
wir  an  20  bi»  30  üebufte,  welche  ich  als  Keprestalio  gegen  die  verstümmelten  und 
•naordet«!  Botai  in  Brand  iteekw  Utfs. .  .  * 

Ich  UeM  Dun  unser«  Leiehen  und  Verwandeten  tnrfidibriiigen  und  nbeimliiD 
dann  die  Ffibrang  des  Gefechtes  in  mcioem  Sinne.  Ich  Hess  eine  lange  Linie 
bilden,  deren  rechten  Flüfrel  Peihm.inn  befehligte,  w&hrend  ich  die  linke  Seite 
führte.  Wir  rasirten  jetzt  das  Terrain  von  den  Hananen  und  caben  damit  unserer 
Feuerwafl'e  ihr  natürliches  liebergewicbU  Die  Eingeborenen  versuchten  zweimal 
einen  Masseiumgriff,  worden  aber  dnreb  die  Salven  der  SeUteenUnie  sarickgeworfeOi 
Bis  aar  Dnnkeiheit  batten  wir  Iris  an  foobig  DSrfer  verbrannt.  Die  Gegner  batten 
eine  Reihe  von  Verlosten,  unter  denen  sich  zwei  ihrer  Sultane,  Ealunguli  und 
Kororo,  bef3n<len,  während  wir  keinen  Mann  mehr  verloren.  I>er  Zwe<k  der  Be- 
strafun^r  des  Landes  Keioa  war  jedenfalls  erreicht.  In  der  Nacht  l)iwakirtcn  wir  auf  dem 
Oefecbtsfelde.  Am  nächsten  Morgen  eskortirte  ich  die  Leiche  Schubert's  und  unsere 
Verwundeten  an  Kinabo,  wo  idi  awei  Tage  stellen  bKob.  Unter  dem  Bindroek  des  Ge- 
feebts  sebiekten  an  diesem  Tage  oiebrer«  Soltane  von  Bombe,  so  der  einflnssreiebe 
Matschale,  Tribut  und  Unterwerfung  ein.  Am  6.  September  traf  ich  ohne  weiteren 
Zwischenfall  wieder  auf  der  Kilimandscharo-Station  ein,  und  am  Naohmitta?  dieses 
Tages  haben  wir  dem  .Sergeanten  Schubert  die  letzten  militärischen  Khren  erwiesen." 

Die  Thätigkcit  des  Herrn  Dr.  Peters  dürltc  voriieliiiilich  boi  der 
bevor.^teiiendüii  Greuzreguliruog  mit  den  Engläuderu  für  uas  sehr 
Werth  voll  sein. 

Die  deatsch-ostafrikanische  Gesellschaft. 

Durch  den  Vertrag  mit  der  Kaiserlichen  Regiening  waren  der 
Gesellschaft  bekanntlich  ganz  bedeutende  Kapitalien  zugeflossen,  f&r 
die  sie  nm  so  mehr  eine  erspriessliche  Verwendung  erhoffen  darf, 
da  ihr  in  §  7  des  Vertrages  aosserordentlich  werthvoUe,  in  der 
Bedeutung  Ar  die  Zukunft  von  der  Begierung  wohl  nicht  richtig 
geschätzte,  monopolartige  Befugnisse,  insbesondere  das  ausschliess- 
Uche  Okkupationsrecht  an  herrenlosen  Gmndstfioken  im  KQsten- 
und  im  Schutzgebiet,  eingeräumt  worden  sind.  Der  Geschäftsbericht 
ffir  das  Jahr  1890  besagt: 

„Unsere  Thäb'gkeit  hatte  nunmehr  ausschliesslich  wirthschaft- 
lichen  Charakter  anzunehmen.  Mit  ganzem  Nachdruck  legten  wir  uns 
andererseits  auf  die  beschleunigte  Fertigstellung  unserer  Faktoreien 
in  den  Kflstenplätzen  des  Festlandes,  auf  dem  mit  der  Jahreswende 
die  Herrschaft  des  Sultans  von  Sansibar  zu  Ende  gehen  sollte.  Dup 
selbst  —  nämlich  in  Tanga,  Pangani,  Bagamoyo,  Dar  es  Salaam, 
Kilwa  und  Lindl  —  Hessen  wir  fär  unsere  Bureanx  und  Magazine 
und  fär  die  Unterbringung  unserer  Beamten  sowohl  massive  Stein- 
häuser, wie  auch  die  von  Hamburg  aus  gesandten  Fachwerkhäuser, 


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Ostafrika. 


291 


aufrichten.  Nach  der  Stockung  allen  Verkehrs,  welche  der  Anf- 
Bteod  natnrgemäss  mit  sich  gebracht  hatte,  war  zonftchst  nar  eine 
langsMie  Bntwickelung  des  Geschäftes  möglich;  dazu  kam,  dass  die 
erforderlichen  zahlreichen  Krftfte  f&r  die  Thfttigkeit  an  den  ver- 
sehiedenen  Orten  nnr  allmählich  von  uns  heranzaziehen  and  heran- 
zubilden waren.  Brst  im  laufenden  Jahre  haben  wir  diese  Organi- 
sation ganz  dnrchznfnhren  vermocht,  nachdem  Herr  Konsul  Karl 
£beiiau  (von  1872—1885  Vertreter  der  Herren  Wm.  O'Swald  &  Co. 
in  Ostafrika)  die  Leitung  unserer  Augelegeuheiten  in  Ostafrika  fiber^ 
nommen  hatte.  Wir  sind  bestrebt  gewesen,  auf  aHeii  Gebieten 
nnsem  Aufgaben  gerecht  zu  werden,  und  haben  insbesondere  nach 
NlederwerfQDg  des  Aufstandes  Henm  Dr.  Baomann  nach  Ostafrika 
entsandt,  um  ihn  die  zukunftsreiche  Landschaft  Usambara  zwecks 
Gewinnung  des  Materials  f&r  die  vorlftnige  Trace  der  von  Tanga 
in  der  Ricfatnng  auf  Korogwe  zu  erbauenden  Eisenbahn  bereisen  zu 
lassen.  Die  Berichterstattung  des  Herrn  Dr.  Baumann  hat  uns 
dahin  geführt,  die  Inangrifinahme  des  Eisenbahnbaues  in  Usambara 
sofort  zu  beschliesseD. 

Unser  Handelsbetrieb  hat  gegenwärtig  schon  einen  beträchtlichen 
Umfang,  ^vir  glauben  aber,  denselben  binnen  verhältnissmässig  kurzer 
Frist  kräftig  weiter  steigern  zu  können.  Die  Centralleitnng  mnss 
einstweilen  in  Ssnsibar  belassen  werden,  da  durch  die  vorhandenen 
Verkehrsmittel  noch  keine  genügende  Verbindung  der  einzelnen 
Küstenplätze  unter  einander  hergestellt  ist.  Auf  die  Erwerbsthätigkeit 
in  Mikindani  haben  wir  nach  Abgabe  der  Zollverwaltung  verzichtet, 
weil  die  Umschläge  an  diesem  Platze  unter  Erwarten  gering  waren, 
hingegen  nehmen  in  Tanga,  Pangani,  Bagamoyo,  Dar  e.s  Salaam, 
Kilwa  und  Lindl  unsere  Faktoreien  am  Geschäfte  regen  Antheil. 
Die  Bevölkerung^  in  der  Umgebung  der  deutschen  Hüfen  bringt  der 
neuen  Ordnune?  der  IMnge  theilweise  Vertrauen  entgegen,  in  einzelnen 
Strichen  ijidessen,  namentlich  des  Südens,  hält  sie  sich,  eingeschüchtert 
durc  h  die  Schläge,  welche  der  Aufruhr  gebracht  hat,  noch  abwartend 
fern,  und  es  wird  weiterer  Bemühungen  und  Anknüpfungen  bedürfen, 
bit'  mit  allen  Stämmen  unweit  der  Küste  der  Güteraustausch  in  dem 
früheren  xMaassc  und  der  früheren  Weise  wieder  statttinden  kann. 
Die  auuenblickliche  unfriedliche  Haltnns  einzelner  Elemente  im 
Innern  (ler  Kolonie  dürfte  auf  den  Handel  und  unsere  Interessen 
kaum  irgend  welche  wesentliclie  Einwirkung  ausüben  und  selbst 
vom  Untergang  der  Expedition  von  Zelewski  im  August  d.  .1..  mag 
ihr  Schicksal  noch  so  sehr  zu  beklagen  sein,  sind  nachhaltige  un« 

19* 


I 


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292  Di*  deutschen  Kolonien. 

günstige  Folgen  für  das  Geschftft  nicht  zn  befGrehten.  Danic  dem 
seit  dem  FrOl^abr  1891  bestehenden  regelmftssigen  direkten  Dampfer- 
vericehr  zwischen  den  deutschen  Kflstenplätzen  in  Ostafrilca  einerseits 
nndJ^nropa  andererseits  mittelst  derSchiflTe  der  deutschen  Ostafrilia- 
Hnie  bat  die  Geschftftsthitigkeit  anf  dem  ostafrikanischen  Festlande 
aDgefangen,  vom  Sansibar-Markte  unabhängig  zu  werden;  die  Küsten- 
linie  der  genannten  Gesellschaft  bietet  aasserdem  monatlich  einmal 
die  Möglichkeit  zur  VerschifTnng  von  einem  Hafenplatz  der  Kfiste 
zum  andern  nnd  von  .und  nach  Sansibar.  Eine  Bessening  des 
gegenwärtigen  Verkehrs-Znstandes  nnd  eine  FQrderang  nnseres  Ge- 
schäftsbetriebes erhoflTen  wir  zunächst  von  der  Herstellang  einer  un- 
mittelbaren Schiffsverbindung  zwischen  dem  deutsch-ostafrikaniseheii 
Festlands  und  Bombay.  Die  indische  Produktion  und  Fabrikation 
namentlich  von  Baumwollgeweben  hat  seit  langen  Jahren  einen 
Massenabsatz  in  Ostafrika  geftinden  und  ist  eher  ein  Wachsen  als 
eine  Mbderung  dieses  Konsums  innerhalb  absehbarer  Zeit  zu  er- 
warten. Zudem  bestehen  die  intimsten  Beziehungenzwischen  beiden 
Ländern  durch  das  zahlreiche  indische  Zwisehenhäudlerthnm,  das 
aberall  in  Ostafrika  ansässig  ist,  und  durch  die  indisehen  Gross- 
händlor  auf  Sansibar.  Der  Sultan  von  Sansibar  hat  mit  Rficksicht 
darauf  regelmässig  seine  Schiffe  nach  Bomliay  und  Kalkutta  geben 
lassen  und  die  British  India  Steam  Navigation  Coiii[)aDy  hat  seit 
Kurzem  gleichfalls  wieder  begonnen,  direkt  zwischen  Bombay  und 
Sansibar  zu  fahren.  In  diesen  Verkehr  werden  wir  im  kommenden 
Frühjahr  eingreifen,  indem  wir  gemeinschaftlich  mit  der  Deutschen 
Ost-Afrika-Linie  eine  Rhederei  Bombay  —  'l'anga —  Dar-es-Salaam 
—  Sansibar  —  Bombay  betreiben.  Einstweilen  ist  hierffir  ein 
ttinziger  Dampfer  vorgesehen.  Derselbe  soll  im  Februar  1892  fertig 
erbaut  sein.  Nach  den  Besultaten  seiner  Fahrt  wird  die  Rathsam- 
keit  weiterer  Schiffsanschaffungen  zu  beurtheilen  sein. 

Neben  der  systematischen  Ausdehnung  unserer  kaufmännischen 
Anstalten  haben  wir  seit  Beginn  des  laufenden  Jahres  der  Wieder- 
aufnahme landwirthschaftlicher  Betriebe  obgelegen.  Zunächst  gingen 
wir  daran,  unsere  Baumwollpflanzung  Kikogwe  gegenflber  Pangani, 
welche  bis  dahin  vielversprechend,  bei  Beginn  des  Anfstandes  hatte 
verlassen  werden  mfissen,  neu  anzulegen  und  ihr  einen  erweiterten 
Rahmen  zu  geben.  Unter  den  Händen  unseres  bewährten  Pflanzers 
ist  die  Baumwolle  daselbst  in  den  letzten  Monaten  gut  fortgekommen 
imd  wir  dürfen  hoffen,  demnächst  ein  schOnes  Produkt  auf  den  Markt 
bringen  zn  kOnnen.   Fflr  die  Beantwortung  der  Frage,  inwieweit 


OitafrUn. 


S93 


Deatsch-Ortafrika  befiUiigt  ist,  Baumwolle  zn  enceogen,  wiid  dadurch 
wertlivolles  Material  gegel»ea  sein,  ohne  dass  indessen  damit  ein  ab- 
schliessendes ürtheii  Aber  diese  Frage  ermöglicht  wftre.  Vielmehr 
werden  nnsere  Enltoren  sich  nach  und  nach  auf  alle  Banmwollarten 
zn  erstrecken  haben,  nndes  wird  zu  eimittelii  sein,  ob  den  sftmmt- 
fichen  Banmwollprodnkten  charakteristische  Besonderheitisn  gemein 
nnd  ob  sonaeh  Boden  nnd  Klima  Ostafrikas  Spezialqualitftten  her- 
vorzubringen geeignet  sind.  Wir  glauben,  dass  die  Kosten  bei 
der  Massenproduktion  sich  anf  Grund  unserer  demnftchstigen  Ar- 
beiten nicht  allznschwer  schätzen  lassen  werden,  wobei  zn  berflck- 
sichtigen  ist,  dass  die  Banmwollerzengung,  wie  in  anderen  Län- 
dern, so  auch  in  Deutsch-Ostafrika,  nicht  nur  anf  den  Pflanzuogen 
der  Europäer,  sondern  noch  mehr  auf  den  Feldern  der  Bängeborenen 
heimisch  werden  mässte.  Bin  zweite  landwirthsehaftliche  Anstalt, 
und  zwar  grteseren  Stils,  wird  unsererseits  gegenwärtig  in  üsäm- 
bara  ins  Leben  gerufen.  In  dieser  Landschaft,  in  welcher  nach  fiber- 
einstimmenden Berichten  die  natfiriichen  Voraussetzungen  fär  den 
Erfolg  tropischer  Kulturen  gegeben  sein  sollen,  beabsichtigen  wir  die 
Anlage  von  Nutzangsplantagen,  insbesondere  von  KaffSee,  Theo  nnd 
Kakao  und  grössere  Versuche  im  Anbau  der  hauptsächlichen  in  an- 
deren Tropenkolonien  gedeihenden  Pflanzen.  Dem  Herrn  Dr.  Richard 
Hindorf,  der  eine  vielseitige  theoretische  und  praktische  Vorbildung 
mitbringt,  haben  wir  die  Einleitung  und  Direktion  dieser  Unter- 
nehmungen anvertraut  und  ihm  entsprechendes  Personal  unterstellt^) 
Der  Genannte  hat  üsambara  in  den  Monaten  Juli  und  August  d.  J. 
durchreist  und  in  der  Landschaft  Msasa,  etwa  5  Grad  8  Min. 
südlicher  Breite  und  88  Grad  38  Min.  Östlicher  Länge  (von  Green- 
wieh)  in  Hohe  von  800  Meter  die  Niederlassung  Derema  begrflndet. 
Die  Entwickelung  dieser  Pflanzstätte  verfolgen  wir  mit  lebhaftem 
Interesse  und  in  der  Hoffnung,  dass  die  Arbeitswilligkeit  und  Tüchtig- 
keit der  eingeborenen  Bevölkerung  sowie  fortdauernde  Unterstützung 
durch  den  Rechtsschutz  der  Regierung  uns  der  Nothwendigkeit,  zu- 
nächst &rbige  Arbeiter  von  auswärts  einzuführen,  überheben  werden. 

Der  Bau  und  Betrieb  der  Usambara-Eisenbahn,  vorerst  in  der 
Richtung  von  Tanga  auf  Korogwe,  wird  Sache  einer  selbstständigen 
Gesellschaft  sein,  welche  den  Namen  ,»Eisenbahn  Gesellschaft  ftr 
Dentsch-Ostafrika  (Usambara-Linie)*'  führt  Diese  Gesollschaft  ist  im 
August  d.  J.  unter  unserer  namhaften  finanziellen  Betheiligung  kon- 

Denalba  i«t  Bad«  Oetober  kntaUititaluabcr  «iettor  nach  Deutscbltad 
xnrfiekgakehrt. 


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f 


294  Di»  deutaehen  Kolonien. 

stitairt  und  mit  einem  Kapital  von  2  Millionen  Mark,  wovon  25  pCt. 
eingezahlt  sind,  ausgestattet  worden ;  die  Verleihung  der  Rechte  der 
jaristiscben  Person  an  die  Gesellschaft  seitens  des  Bundesraths  dürfte 
demnächst  erfolg^Q.  Unserer  Mitwirkung  bei  der  Begründung  der 
Gesellschaft  war  eine  besondere  Vereinbarung  zwischen  der  kaiser- 
lichen Regierung  und  uns  vorausgegangen.')  Zu  der  definitiven  Tra- 
cimng  der  Eisenbahn  auf  Grandlage  der  Vorarbeiten  des  Dr.  Bao- 
mann  in  der  Ingenieur  Mittelstadt  mit  anderen  Technikern  im  Juli 
d.  J.  nach  Tanga  abgegangen.  Die  Eiseubatm  ist  lediglich  als  £r» 
Schliessungsbahn  gedacht,  um  einer  sich  hoffentlich  allmählich  ent- 
wickelnden grossen  Produktion  Usambaras  und  der  Kilimandscharo- 
L&nder  die  Bewegung  znrEflste  zu  erm^yglichen.  Von  der  Befugniss 
zur  Ausgabe  von  Kupfer-  und  SilbermOnzen  haben  wir  umfang- 
reichen Gebranch  gemacht  Bis  jetzt  sind  rund  280000  Ganze-Rnpie- 
Staeke,  80000  Halbe-Rnpie-Stftcke,  15000  Viertel-Rupie-Stücke  und 
9  Millionen  Pesa-Stficke  ausgeprägt  und  in  Verkehr  gebracht  worden. 
Die  Einführung  der  Mfinzen  auf  dem  ostafrikanischen  Festlande  ist 
ohne  irgend  welche  Weiterungen  vor  sich  gegangen.** 

Aus  dem  Gewinn-  und  Verlnst-Gonto  ist  zu  entnehmen,  dass 
der  Saldo  des  Betriebeverlustes  in  Hohe  von  128193  M.  wieder  auf 
LandbesitZ'Gonto fibertragen  worden.  Die  Einberaftang  einerweiteren 
Einzahlung  auf  die  Vorzugs- Anthdk  ist  vorlAufig  nicht  in  Aussicht  ge- 
da  die  Gesellschaft  über  reichliche  flüssige  Mittel  verfügt  Die 
Büaoz  schliesst  auf  beiden  Selten  mit  dem  Betrage  von  22510264  M. 
Die  Vorzugs-Aktien  erhalten  keine  Dividende,  da  auf  die  Vorzugs- 
Antbeile  vom  1.  Joli  1890  bis  81.  Dezember  1890  erst  5  pGt  ein- 
gezahlt sind.   Der  Vorstand  schlug  vor  zn  verbuchen:  2000000  M. 

')  Nacti  den  noch  nicht  veröffentlichten  Vereiubarungen  zwischen  der  Reicbs- 
ragiemiigiindder  DsBmb«r«-Eis«ab«liit-AktieDKesetlacbaft  hat  letzter«  dMaiuMhUees- 
lidie  Recht  sum  Bau  und  Betriebe  der  Eisenbahn  von  Tanga  oaeb  Korofwe  anf 

die  Dauer  von  50  Jahren  erhalten-  Gutem  Veraehnen  oacb  sind  der  Gesellschaft 
von  d«'r  Regierung  beträchtliche  Be'^ünstigUDgen  zng^estanden  worden,  liauptsü-  hü  h 
durch  L'ptierweisiing  dos  läntrs  der  Hahn  geleg^enen  Landes  bis  zu  einer  gewissen 
Grenze.  Aua  den  Bci>ilzuugcu  der  Rejfieriing  darf  die  Gesellschaft  ihren  iiaubedarf, 
naaentKdi  an  Holl,  Kalb,  Steinen  etc.  nnen^ehlieh  entnehmen,  ISr  das  ein* 
aniffibrende  Elaenbahnmaterial  bat  sie  TÖUige  Zollfreibeit  erlangt»  aaeb  ein«  theil- 
weise  Steuerfreiheit  ii^t  ihr  gewährt  worden.  Dagegen  musste  sich  die  Gesell- 
schaft verpflichten,  die  Kiaenbahn,  welche  eiisfj.U'isig  und  schmalspurig  (l  Meter 
breit)  angeleirt  werden  wiid.  innerhulli  vier  Jahren  inindestens  zur  Hälfte  —  bis 
Maliauga  —  dem  Betriebe  zu  übergeben,  wöcbenüicb  mindestens  einen  Zug  für 
Peneoea  und  Güter  anf  der  ganaen  Strecke  ▼ecfcebran  su  laseen,  die  Poet  ca  be- 
fördern und  für  den  Regierungsdienst  besondere  TarifbegonsUgungen  einsurftunien. 


L.idui^cü  Uy  Google 


Osterrikft. 


295 


auf  ein  Abschreibungs-Coiito  mit  Rücksicht  auf  die  Werthveiminde- 
rang,  die  einzelne  der  Aktiven,  insbesondere  das  Landbesitz-Conto, 
durch  den  Vertrag  mit  der  Kaiserlichen  Regierung  vom  20.  November 
1890  erlitten  iiaben;  3421 890  M.  auf  ein  Separat-Gonto  znr  Ver- 
wendung in  Gemässheit  des  oben  genannten  Vertrages. 

Sehr  wichtii;  er:^(  lieint  die  Vergleichnng  der  Statistik  der  Ein- 
fuhr und  Ausfuhr  mit  dem  Vorjahre.  Im  Jabre  1889 — 90,  vom 
18.  August,  dem  Tage  der  Zollfibernahme  an,  gerechnet,  betrug  die 
Einfuhr  2654919  Dollars  (unter  Dollar  wird  der  Maria-Theresia- 
Thaler  verstanden  =  2  Rnpie  2  Anna  oder  je  nach  dem  Silberkurs 
et\vn<  mehr  oder  weniger  als  3  Mark)  also  etwa  8  Millionen  Mark. 
Die  Ausfuhr  hatten  zu  derselben  Zeit  eiuen  Werth  von  5015915 
Rupies,  war  also  ungefähr  etwas  über  7^2  Millionen  Mark.  Der 
Handelsumsatz  ist  daher  auf  mindestens  15  Millionen  Mark  zu 
schätzen.  Im  Jahre  1888  bis  1889  betrug  die  Einfuhr  778684 
Dollars  =  2336052  Mark.  Die  Ausfuhr  2847  101  Rupies  — 
4270651.  zusammen  etwas  über  6',.>  Millionen  Mark.  In  dem  letzten 
Jahre  hat  sich  also  Einfuhr  und  Ausfuhr  mehr  als  verdoppelt. 
Bei  den  Exporten  ist  die  grOsste  Stetgerung  in  Elfenbein  zu  be- 
merken, während  die  andern  irrossen  Artikel  wie  Kautschuk  und 
Eopal  ziemlieh  stationär  geblieben  sind.  Bei  den  Importen  spielten 
die  BaumwoUstoft'e  wieder  die  grOsste  Bolle.  Die  Steigerung  hat 
in  diesem  Jahre,  über  welches  genaue  Angaben  noeh  iiiclit  verOfTent- 
licht  sind,  sicher  angehalten,  so  dass  wiihrscheinlirh  der  Ertrag  aus 
den  Zöllen  und  Steuern  anderthalb  Millionen  Mark  ergeben  dürfte. 


Meteorologisches. 
Mittelwftrme  einiger  Orte  in  Gelsinsgraden: 


Ort 

B«ob. 
Jahre 

S.  Br. 

E.  L. 

See- 
böhe. 
m 

.labr 

Mo 
wärmster 

Q 

D  a  t 
kühlster 

Q 

5 

6*10' 

39»  15' 

26.  8. 

28. 4.  Min 

25.  l.JnU 

IV« 

0»  20' 

32«  45" 

laoo 

21.4. 

22.  LMftn 

20. 1.  Aug. 

(n.  Br.) 

Nordküste  des  Tan- 

4° 

830 

24.  3. 

27.  1.  Okt 

22. 9.  Da. 

Kskoow  -  Igonda  .  .  . 

1 

5»  40* 

1130 

28.8. 

«0.8.  Okt. 

18.1.JiiBi 

Blantvre   

1 

15«  47- 

35»  4- 

1050 

18.7. 

28. 4.  Okt 

U.  6.Joii 

Ein  Vergleich  der  veischicdeueu  Plateaustufen  Ostafrikas  er- 
giebtj)  ein  wie  grosser  Theil  der  Landflftche  ein  rein  tropisches 


0  Siebe  Stadien  aber  Ostafrika.  Von  Dr.  Karl  Dove,  (Das  Aoaland.  Jahr- 
gang 64,  No.  17),  dem  wir  hier  folgen. 


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296 


Dit  dmitaelMD  Koloni». 


Klima  hat  uud  wieviel  Land  audereii  gemässi^teren  Klima regionen 
zugerechnet  werden  muss.  in  dem  Gebiet  Östlich  von  'AO^  E.  L., 
welcher  sich  /wischen  dem  6^  und  10^  s.  Br.  ausdehnt,  liegeu 
unter  1000  m  rund  510  000  qkm,  wo  die  Mitteltempenitur  aller 
Monate  fast  allenthalben  200  und  darüber  betrügt.  (iTOOOO  qkm 
der  angegebenen  (iradfelder  lioi^en  zwisclien  1000  und  2000  m  See- 
höhe; je  weiter  man  sich  auf  dieser  zweit'  ii  Sttit'e  vom  Niveau  des 
Mceress[)iegels  eiillernt,  uni  so  mehr  liemerkt  mau  von  selbst  im 
Norden  OstulVikas  die  Wirkungen  der  Höhe.  Schon  am  ükerewe  ist 
die  Temperatur  kühl  und  angenehm  und  dasselbe  ist  der  Fall  mit 
den  Hochländern  im  Südosten  des  Taugauvika  und  im  Norden  des 
Nvassa.  Zwischen  '2000  und  3000  m  Se^dulhe  liegen  etwa  40  000 
qkm.  Im  Norden  und  Süden  ist  die  Temperatur  schon  unterhalb 
des  i.-<ophypse  von  2000  m  konstant  ;;emassigt.  d.  h.  es  erreicht  die  , 
mittlere  Warme  auch  der  heissesten  Z«'it  nicht  mehr  200.  Dort  ist 
dies  der  Fall  wegen  der  Gleichmassiiiki  ii  der  Feu<  htigkeit  und  Be- 
wölkung, welche  das  ganze  Jahr  hindurch  herrscht;  hier  ist  die  Ur- 
sache die  geographische  Breite.  Nur  in  der  Mitte  der  ostafrikani- 
scheii  Landschaften,  in  den  Landern  östlich  von  Tan;;anyika.  muss 
man  die  Höhe  von  2000  m  nodi  überscli reiten,  um  in  die  „Terra 
fria**  der  afrikani>ciien  Aeijuatorial/one  zu  gelangen.  Ihre  (irenze 
lässt  sich  in  diesen  Striclien  mit  sciiarfen  jahreszeitlidien  tiegeu- 
sätzen  zu  2200  bis  2;'500  m  berechnen.  Wo  die>e  litdie  überschritten 
wird,  kann  man  überall  mit  Sicherheit  auf  das  Vorhandensein  von 
Mitteltemperalureu  unter  20^  auch  im  Summerhalbjahr  schliessen. 

Wie  Düve  auf  Grund  der  meteorologischen  Verhaltnisse  richtig 
sagt,  muss  man  sich  vor  einem  verurtheilenden  Ausspruche  über 
den  Kulturweith  Deutsch-Ostafrikas  ebenso  hüten,  wie  \nr  übereilten 
Lob>prüchen.  Jeileufalls  ist  e>  unrichtig,  nach  unseren  heutigen 
Kenntnissen  vit-r  Fünftel  von  Deut>ch-Ostafrika  für  unbrauchbar  zu 
erklaren.  Die  Steppenm^n^  inli'u  machen  höchstens  ein  Fünftel  des 
ganzen  (lebietes  aus.  F^utscliiitlen  zu  weit  würde  jedoch  derjenige 
gehen,  welcher  z.  B.  das  Hochland  im  Ost'  ii  des  Taiiganyika  für 
unbrauchbares  Steppenland  erklaren  wollte.  Gewiss  trägt  es  eine 
weniger  reichhaltige  und  weniger  anziehende  Vegetation  als  das 
Küstenland  und  die  küstennahen  Gebiete  oder  als  manche  Land- 
schaften am  ükerewe.  Aber  dass  es  von  jenem  auf  Grund  seiner 
Vegetation  nicht  getrennt  wi  rdeii  kann,  zeit;t  schon  seine  Zugehörig- 
keit zu  einem  gemein>cbaftlichen  Florenreich  mit  jenen  besser  be- 
wässerten Strichen.    Soduuu  ist  l'ür  die  Beurtüeüuug  des  Kuitar- 


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Ostafrilia. 


297 


wertbes  eines  Landes  nicht  das  lundschaftliche  Aeussere  Riaaflagebend, 
sondern  vielmehr  die  sachliche  Beantwortnog  der  Frage:  wie  viel 
Köpfe  einer  arbeitsamen  Bevüliverang  vermag  die  betreffende  Fläche 
selbständig  za  ernähren?  Und  von  dieser  Fragestell nng  aus  läset  sich 
seines  Erachtens  den  Savannenhochebenen  Ostafrikas  keineswegs 
eine  Bedeutung  für  die  Zukunft  absprechen.  Denn  die  Grundlage 
aller  Kultur,  der  Ackerbau,  ist  auch  dort  ohne  künstliche  Bewässe- 
mng  des  Bodens,  also  ohne  allzu  grosse  Schwierigkeiten  möglich, 
ohne  dieselbe  unmöglich  scheint  nur  '!<  r-  Anbau  europäischer  Ge- 
müse niid  Getreidesorten  zu  sein,  da  diese  völlig  in  der  kühleren 
und  trockenen  Jahreszeit  reifen  müssen.  Die  afrikanische  Feldfracht 
erhält  während  der  Regenzeit  der  Masika  genügende  Bewässerung, 
und  es  ist  klar,  dass  die  während  desselben  herrschende  gleich- 
mässige  Wärme  zu  ihrem  baldigen  Keifen  aosreicbt.  Bei  Ealcoma 
2.  B.  giebt  es  überhaupt  kein  fliessendes  Wasser,  welches  zur  Be- 
wässerang  «if  r  Felder  während  der  trockenen  Monate  benutzt  werden 
könnte,  aber  die  t>eträchtliehen  Niederschläge  ermöglichen  doch  die 
Anlage  von  Aeckern  seitens  der  Eingeborenen. 

Auf  seinen  ferneren  Stadien  ist  Dove  zu  der  Ueberzengung  ge- 
kommen, dass  innerhalb  der  Grenzen  von  Dentsch-Ostafrika  zwei 
Gebiete  vorhanden  sind,  von  denen  das  eine  mehrere  hundert,  das 
andere  mindestens  tausend  Quadratkilometer  zählt,  welche  mit  Sicher- 
heit aus  klimatischen  GrOnden  als  malariafrei  anzusehen  sind.  Es 
sind  dies  der  höhere  Theil  des  Kilimandscharo,  das  Jahresmittel 
sinkt  in  2200  m  Seehöhe  unter  15o  herab,  die  Grenze  ffir  die 
Malaria-Entwickelang.  Mit  grosser  Wahrscheinlichkeit  darf  femer 
der  Satz  aufgestellt  werden,  dass  auch  auf  dem  nördlich  und  nord^ 
ösUieh  vom  Nyassa-See  gelegenen  höchsten  Theil  des  dortigen 
Plateaus  die  Midaria  endemisch  oder  epidemisch  nicht  mehr  auftritt. 

Schlusswort. 

Der  Untergang  der  Expedition  Zelewski  ist  mehrfiich  die  Ver- 
anlassung gewesen,  die  Fragen  eines  Kolonialsystems  einer  erneuten 
Erwägung  zu  unterziehen,  zumal  der  Deutsche  es  nun  einmal  liebt, 
systematisch  vorzugehen.  Es  stehen  sich  hierbei  die  Anbänger  der 
intensiven  und  extensiven  0  Kolonialpolitik  ziemlich  schroff  gegen- 
über, während  eine  dritte  Partei  eine  vermittelnde  Richtung  zu  behaupten 
sucht   Die  extensive  Richtung  sucht  an  möglichst  vielen  Punkten 

0  Siehe  Koloniales  Jahrbuch  1890^  Seite  1.  »Die  VertheUuag  AMke*«." 


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298 


IMe  d«ntteb«ii  Koloiiies. 


des  Innern  Stationen  zu  schaffen,  um  dem  Handel  Stützpunkte  za 
geben  und  den  Elfenbeinbandel,  welcher  dorch  die  Bestrebungen 
der  Belgier  und  Engländer  nach  dem  Kongo  und  Nyassa-See  abge- 
lenkt  zu  werden  droht,  dauernd  für  Ostafrika  zu  sichern.  Zugleich 
sollen  durch  die  Machtentfaltung  auch  im  Innern  die  dortigen 
Missionen  geschützt,  neue  Kulturzentren  geschaffen,  die  Beziehungen 
der  Inland-Stämme  zur  Küste  befördert  und  dem  Sklavenhandel 
wo  es  irgend  angeht,  Abbruch  gethan  werden.  Zur  Ausführung 
dieser  Pläne  gehören  bedeutende  Aufwendungen  von  Geldern  und 
Menschen,  man  wird  gelegentliche  Misserfolge  in  den  Kauf  zu  nehmen 
haben,  aber  wenn  der  kolonisirende  Staat  mächtig  genug  ist,  um 
för  längere  Zeit  diese  Opfer  zu  bringen,  so  werden  die  Resnltate 
aller  Wahrscheinlichkeit  nach  grosse  sein.  Die  intensive  Kolonial- 
politik begnügt  sich  dagegen  mit  einer  Entwickelung  der  Küste  und 
des  iifu  list*  II  üiuterlandes;  sie  ist  mit  einer  blossen  Polizeitrnppe 
zufrieden,  überlässt  das  Innere  sieh  selbst  und  bescheidet  sich,  wie  es 
die  Portugiesen  (in  recht  schlechter  Weise  allerdings)  in  Mozambique 
gethan,  mit  einer  zollpolitisch-polizeilichen  Thätigkeit,  dabei  die 
Zivilisation  in  konzeutriscben  Kreisen  in  das  Innere  tragend. 
Letztere  Methode  hat  den  Vorzug  für  sich,  ungleich  sicherer  und 
billiger  als  die  vorige  zu  sein,  aber  dasjenige,  was  vor  dreissig, 
vierzig  Jahren,  als  das  Innere  noch  unbekannt  war,  vollkommen 
richtig  gewesen  wäre,  ist  es  beute  in  dieser  Begrenzung  nicht  mehr. 
Es  sollte  deshalb  nach  wie  vor  die  Verbindung  dieser  beiden 
Systeme  durchgeführt  werden,  welche  darin  besteht,  dass  die 
Küste  entwickelt,  zugleich  die  grossen  Karawanenstrassen  nach  dem 
Victoria  und  Tanganyika  See  gesichert  und  am  erstem  der  Aus- 
bau der  Stationen  nebst  einem  SchifVfahrtsbetrieb  in  Angriff'  ge- 
nommen werden.  Daneben  ist  aber  auch  das  Gebiet  des  Kilima- 
ndscharo zu  erschliessen,  da  in  dortiger  Höhenlage  Europäer  wahr- 
scheinlich unbclüstigt  durch  Fieber  wohnen  können.  Diese  Ziele 
sind  mit  den  vorhandenen  Mitteln  zu  ciTeichcn,  obwohl  es  immer 
schwierig  sein  wird,  die  Stationen  im  Innern  zu  verproviantinni.  Aus 
diesem  Gesichtspunkte  heraus  wird  man  auch  den  Zug  Zelewski's 
nach  Uhehe,  welches  von  unserem  Aktionsgebiet  entfernt  liegt,  für 
nicht  angebracht  halten  müssen.  Diese  trübe  Erfahrung  soll  uns 
♦•ine  Lehre  sein,  unsere  Kräfte  zu  konzeutriren  und  nur  kürzere 
Expeditionen  von  festen  Stationen  aus.  welche  bis  Tabora  zu  ver- 
stürkcn  sind,  vorzunehmen.  Zugleich  aber  sollte  das  fruchtbare 
Usagara,  welches  den  Einfällen  am  meisten  aasgesetzt  ist,  durch 


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OfUfrün. 


299 


einige  Stationen  gegen  die  fiänbervölker  der  Wahehe  und  Mabenge 

geschützt  werden. 

Bei  dieser  Gelegenheit  wollen  wir  ni("ht  unterlassen  darauf  hinzn- 
woisen,  dass  eine  Art  intensiver  Kolonisation,  in  der  N&he  ;der 
Küste,  einzurichten  wftre.  In  der  jetzigen  Weise  kann  es  zwar 
weiter  getrieben  werden,  es  wii'd  aber  doch  uotlnveiidig  sein, 
ein  Eaitnrsysteni  einzuführen,  in  einer  ähnlichen  Weise,  wie 
es  seiner  7oit  die  Jesuiteji  in  Paraguay,  oder  van  der  Bosch 
in  Java  durchgesetzt  haben.  Der  £inwarf,  dass  heute  in  unserer 
vorgesclirittenen  Zeit  solche  Systeme,  die  eine  Art  von  Hörigkeit 
voranesetzen,  nicht  mehr  eingeführt  werden  können,  wird  natürlich 
von  den  Verteidigern  der  abstrakten  Menschenrechte  erhoben,  aber 
wir  müssen  als  Kolonialfreunde  uns  doch  fragen,  weshalb  wir  Kolo> 
nialpolitik  treiben.  Etwa  der  humanitären  Prinzipien  wegen?  Sicher 
nicht,  obwohl  die  Hoffnung,  die  Neger  zn  branchbaren  Mitgliedern  der 
men8chli(  iien  Gesellscliatt  heranzuziehen  and  den  entsetzlichen 
Sklavenhandel  und  allmählich  die  Sklaverei  zn  vernichten,  eine  der 
Triebfedern  für  Viele  gewesen  ist,  sich  der  Kolonialbewegnng  anzu- 
schliessen.  Auch  das  rein  nationale  Moment  war  nicht  ausschlag- 
gebend, denn  es  ist  ein  leerer  Wahn  anzunehmen,  dass  Deutschland» 
Machtstellang  nun  mit  einem  Male  eine  andere  sein  würde,  wenn 
es  einige  Tausend  Qnadratmeilen  zentral-afrikanischen  Bodens,  wel<^e 
doch  den  Deutschen  niemals  bleibende  Wohnsitze  bieten  können, 
sein  eigen  nennen  kann.  Der  Hauptgrund  der  Bewegung  lag  in  den 
wirthschaftlichen  Bestrebungen;  es  sollte  der  Gesiditskreia  erweitert, 
für  manche  unternehmungslustige  Kiemente  Ellenbogenraum  ge- 
schafl'en  werden  (früher  nach  Amerika,  jetzt  nach  Atrika)  man 
wollte  die  tropischen  Nutzpflanzen  selbst  ziehen  und  sich  da- 
durch von  £ngland  und  Amerika  emanzipiren,  die  SchiÜ'ahrt  heben 
n.  s.  w  .  Aber  wenn  auch  Mancherlei  erreicht  worden  ist,  so  lässt 
sich  doch  nicht  leugnen,  dass  gerade  auf  dem  wichtigsten  Gebiete, 
dem  des  Plautagenbaues,  noch  sehr  wenige  Fortschritte  i,n'inu<  ht 
worden  sind.  Ueberall,  sowohl  in  Kamerun  als  in  Westafrika,  labo- 
riren  die  Plantagen  an  Arbeitermangel.  Und  wenn  man  bedenkt, 
dass  dies  in  verhaltiiissmüssig  gut  bevölkerten  Strichen  der  Fall  ist, 
wo  die  bestehenden  Plantagen  an  den  Fingern  zn  zählen  sind,  so 
wird  man  nicht  mehr  daran  zweifeln  können,  dass  es  unsere  vor- 
nehm liebste  Pflicht  sein  wird,  die  Schwarzen  zur  Arbeit  zn  erziehen, 
d.  h.  zn  einer  geregelten  Arbeitsleistung.  In  Kamenin  wird  zwar 
das  Aufhören  dea  Zwischenhandels  mit  sanfter  Gewalt  die  DnaUa 


300 


Die  dentaeheii  Kolonfen. 


zur  Arbeit  überleiten,  in  Ostafrika  besteht  aber  nicht  einmal  diese 
Aussicht;  hier  ist  allein  die  Hoffnung   vorhanden,   dass  die  Neger 
sich  allmählich  an  grössere  Bedürfnisse   gewöhnen  und  deshalb  die 
Arbeit  bei  den  Weissen  aufsuchen  werden.   Die  Erfahrung  hat  aber 
in  Amerika  gezeigt,  dass  selbst  der  Neger,   welcher   bereits  durch 
Generationen  an  Arbeit  gewöhnt  ist,  nach  Fortfallen  des  Zwanges 
durchschnittlich   nur  soviel  arbeitet,  wie   zur  Befriedigung  seiner 
geringen  Bedürfnisse  nothwendig  ist    Das  „grosse  afrikaniBche  Pro- 
blem'' der  Vereinigten  Staaten  von  Nordamerika  besteht  darin,  dass 
im  ganzen  Süden  eine  gewaltige  Minorität,  (in  einigen  Staaten  sogar 
Majorität)  von  unkultivirten,  zeitweise  arbeitsscheuen,  vagabondirendeu, 
freien  Schwarzen  vorhanden  ist,  welche  auf  keine  Weise  mit  der 
weissen   Bevölkerung  assimilirt    werden    kann.     Noch  schlimmer 
werden  sich  für  uns  später  die  Verhältnisse  in  Ostafrika  gestalten, 
da  die  Europäer  dort  nicht  andauernd  leben  und  sich  fortpflanzen 
können,  wenn  es  uns  nicht  gelingt,  durch  eine  Art  Kuitursvstem 
rentable  Plantagen wirthschaft  einführen  und  dabei  den  Neger  auf 
eine  höhere  Stufe  bringen  zu  können.    W^er  soll  aber  ein  solches 
System  unteraehmen  ?    Die  Deatsche  ostafrikauische  Gesellschaft  ist 
eine  reine  Erwerbsgesellschaft  geworden  und  betreiht  Dtir  nebenher 
Plantagenban,  so  dass  in  der  That  allein  die  Regierung,  welche  ja  auch 
die  Kulturträgerin  par  exeBmce  sein  soll,  zur  Uehemahme  solcher 
omfasseDden  Arbeit  sich  eignen  dürften.    Voraussetzung  ist  aller« 
diogs  eine  gewisse  Entwickelung  der  Küste,  welche  ja  hier  vorhanden 
ist,  eine  kräftige  Herrschaft  und  eine  grössere  Kapitalsaufwendung. 
Wir  verweisen  die,  welche  sit  h  für  die  Sache  interessiren  und  der 
..wilden"  Kolonisation  abhold  sind,  deren  Haaptkraft  trotz  ihrer 
Planlosigkeit  in  der  beginnenden  Monopolisirung  von  Grand  und 
Boden  besteht,  auf  die  Serie  von  Artikeln,  welche  Dr.  Üübbe-Sehleiden 
in  der  Deutschen  Kolonial-Zeitoog  (Jahrgang  1887,  Nnmmeni  14| 
Id,  16,  17)  über  das  «Vertragssystem"  veröffentlicht  hat.  Ohne 
auf  die  (lestaltuog  dieses  Systems,  welches  nur  als  ein  Versuch  be- 
trachtet werden  muss,  weiter  einzugehen,  wollen  wir  nur  erwähnen, 
dass  Versnchsplantageu,  (welche  unter  staatlicher  Leitung  in  grösserem 
Maassstabe  unternommen  werden  sollten)  für  nothwendig  erachtet 
werden,  vor  allem  ein  As^oziationsverhaltniss  mit  den  Machthaberu,  den 
^ Stammherren, (wie  11.  S.  sie  nennt^,  her/ustellen  und  der  Gesell- 
schaft ein  Monopol  für  di6  von  ihr  zur  Erziehung  der  Neger  einzu- 
l  icliteiiden  Produktionsbetriebe  zu  gewähren  wäre.    Die  Organisation 
der  Arbeit  denkt  sich  Uäbbe-Schieiden  auf  der  untersten  Kulturstufe 


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Oslafrik«. 


BOl 


durch  die  Haaa-  nnd  Familieodienstbarkeit  oder  Hörigkeit,  welche 
den  Negern  von  Natur  eisen  ist.  Nur  auf  dieser  Gnindlacje  ist 
mit  Hülfe  der  Häuptlinge  io  Natorl&ndern  eine  ^allgemeine  Arbeits- 
pflichf*  einzuführen,  wenn  man  denn  das  Streben,  inöirlichst  alle 
Rräft(;  zur  Kultivation  heraoznziehen,  so  nennen  will.  £s  ist  eioe 
falsche  Sentimentalität,  wenn  jet/t  bereits  von  manchen  Hnroauitäts- 
aposteln  verlangt  wird,  die  Deutschen  sollten  jetzt  schon  die  milde 
Form  der  Haus8kla?erei  abschafifen;  wenn  auch  dieses  als  Ziel  im  Auge 
behalten  werden  niuss,  so  ist  es  doch  wahrhaftig  angebrachter,  mit 
den  bestehenden  Faktoren  zur  Erreichung  höherer  wirtbscbaftlicber 
Ziele,  welche  fttr  die  niedrig  stehenden  Völker  auch  stets  Knltur- 
ziele  sind,  zu  rechnen  nnd  nicht  dnrch  Sentimentalitäten  sich  beirren 
zu  lassen.  Wer  aber  wird,  so  fragen  wir,  die  nöthige  Kraft  und 
geistige  Vollkommenheit  besitzen,  nm  eine  fOr  Ostafrika  passende 
Art  des  Vorgehens  zn  ergrfinden,  klar  darzustellen  nnd  vor  Allem 
mit  deutscher  Tiefe  nnd  Grfindlichkeit  durchzuf Ohren?  Wir  fürchten, 
dasB  heute  —  leider!  —  nur  tauben  Ohren  gepredigt  wird,  da  der 
deutschen  Kolonial-Weisheit  höchster  Schlnss  darin  zn  liegen  scheint, 
nicht  den  Airikaner  aus  sich  heraus  sich  entwickeln  zu  lassen,  son- 
dern ihm  die  europäische  Zivilisation,  für  die  er  erst  in  vielen  Ge- 
nerationen reif  sein  wird,  mit  nnheimlicher  Hast  aufzupfropfen. 

Das  Schutzgebiet  der  Neu-Guinea-Compagnie. 

Kaiser  Wilhelmsland. 

Im  Laufe  dieses  Jahres  ist  die  Keu-GuineapGoropagnie  von  sehr 
schmerzlichen  Verlusten  betroffen  worden,  welche  aber  um  so  weniger 
den  Gang  des  Unternehmens  aufhalten  konnten,  als  kurz  darauf 
einige  Aussichten  sich  als  durchaus  vielversprechend  zeigten.  Wie 
bekannt,  war  Finschhafen  der  Sitz  der  Zentralstation,  aber  wegen 
der  ungesunden  Lage  des  Ortes  und  der  geringen  Ausdehnung  knltnr- 
fähigen  Landes  in  der  Nähe  war  schon  seit  längerer  Zeit  die  Ver- 
legung der  Station  nach  einem  anderen  Hafen  beschlossen.  Aber 
dessen  Wahl  die  Direktion  noch  in  Zweifel  war.  Beschleunigt 
wurde  die  Verlegung  der  Station  durch  das  Ausbrechen  eines  bös- 
artigen MalariaBebers  daselbst  im  Februar  d.  J.,  welchem  der  Ge- 
neraldirektor Wissmaon  und  acht  Beamte  und  Angestellte  der  Com- 
pagnie,  unter  ihnen  der  Arzt  Dr.  Weinland,  erlagen,  nachdem  be- 
ceits  im  Januar  zwei  Beamte  an  der  Krankheit  gestorben  waren. 
Die  Krankheit  begann  mit  schwachen  FieberanfftUen,  welchen  dann 


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302 


IM«  dratMbea  Kotonies. 


oine  plotzlirhr*  Steitrernng  der  Hlutwftnne  zn  solcher  Höbe  folgte,  dass 
der  Tod  rasch  eiotnit.  Der  üerican?  war  danach  von  dem  der 
Malaria-Erkrankonc^en .  welcher  io  Fiii-diliafen  bisher  beobachtet 
worden  ist,  nicht  verschieden.  Bezüglich  der  £otstehang  der  Krank- 
heil  ist  zu  vernmthen,  dass  in  Folge  der  ansserordentlicheo  Trocken- 
heit und  hoben  Temperatar,  welche  in  den  Monaten  .lannar  niid  Fe- 
bruar in  Finschhafen  s:eherrsclit  haben,  Korallenklippen  im  Hafen 
und  an  der  Küste  blosgelegt  worden  aiod.  \v»']rhe  sonst  von  Wasser 
bedeckt  werden,  nnd  das^  uns  den  »ich  hierbei  vollziehenden  Ver- 
wesungsprozessen  der  Koralleuthi<>re  die  Krankheitserreger  entstanden 
sind  nnd  sieb  verbreitet  haben.  Aehnliche  Vorcränge  mit  darchans 
dbereiDStinUDraden  Wirkungen  sind  bei  gleichen  örtlichen  Verbält- 
niseen  in  Snmatra  nnd  in  Java  beobachtet  worden.  Trifft  diese  An- 
nahme zö,  für  deren  Richtiijkeit  spricht,  dass  in  anderen  Stationen 
des  Srhntzgebietes  bei  gleichen  klimatischen  Verhältnissen,  aber  ver- 
schiedener Bodengestaltung,  eine  perniziöse  Malaria  nicht  aufgetreten 
istf  so  ergiebt  sich,  das»  letztere  in  Finschhafen  durchaus  lokaler 
Natur  und  nicht  die  Folge  aligemeiner  klimatischer  Ungunst  jrewesen 
ist.  Gleichartige  trübe  Erfahrungen  sind  kolonialen  UntemehmuDgen 
in  tropischen  Gegenden  fast  nie  erspart  geblieben.  Batavia,  Singa- 
pore,  Deli  bieten  dafür  Belage.  Es  wird  daher  das  vereinzelte  Vor- 
kommen einer  lebcnsf^efahrlichen  epidemischen  Krankheit  keinen 
Grund  abgeben  dürfen,  das  Klima  von  K uiser  Wilhelmsland  in  Ver- 
ruf zu  erklären  und  wegen  seiner  Gefährlichkeit  die  Znknnft  des 
Unternehmens  in  Zweifel  zu  ziehen ,  nnd  zwar  um  so  weniger,  als 
sich  nach  Erkenntniss  der  Gefahr  dieselbe  bei  Anlegung  neuer 
Stationen  voraussichtlich  wird  vermeiden  lassen. 

Die  Geschäfte  des  Generaldirektors  hat  nach  dem  Tode  des 
Herrn  Ed.  Wissmann  alsbald  der  kaiserliche  Kommissar  Herr  Regie- 
rungsrath Kose  übernommen,  der  nach  einer  Abmachung  mit  dem 
Auswärtigen  Amt  für  den  Fall  der  Verhinderung  des  Generaldirektors 
zu  dessen  Vertretung  berufen  ist  und  diese  Vertretung  schon  im 
vorig(>n  Jahre  vor  dem  Amtsantritt  des  Herrn  Wissmann  durch 
6  Monate  geführt  hatte. 

Die  ganze  Verwaltung,  staatliche  und  lesellschaftliche,  siedelte 
Mitte  März  nach  Stephansort  an  der  Astrolabebai  über,  da  Finsch- 
hafen als  Station  und  Butaueng  als  Nebenstation  aufgegeben  werden 
sollten.  Die  überraschend  glückliche  Entwickelung  des  Tabakbaues 
im  Hinterlandc  der  Astrolabebai  hatte  schon  früher  zu  dem  Plane 
geführt,  den  Schwerpunkt  der  Tbätigkeit  der  Compagnie  und  ihrer 


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Dm  Sehnt^abitt  der  N«a«QainM*Compafl[ni««  803 

Verwaltuug  nach  dorthin  zu  übertragnen,  znmal  auch  die  klimatischen 


Verh&ltiiisse  gfinstiger  erschienen.  Dagegen  hat  Stephansort  insofern 
einen  grossen  Nacbtlieü,  als  es  keinen  Hafen  bat  nnd  die  Landongs- 


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304 


Di«  deatscben  Ko1oai«ii. 


Verhältnisse  weii^on  d'  r  starken  Brandung  nn^finstig  sind.  Früher 
schon  war  Alexishafeii  als  neuer  Sitz  in  Aussiebt  genommr^n  \^-orden, 
aber  nach  gcnancrer  Uiiti  rsni  hnns:  darch  den  kaiserlichen  Kom- 
missar ist  der  Friedrii-h  Wiiiielnisliafen  znm  Zentrum  der  Verwaltung 
ansersehen  worden,  nachdem  sieb  herausgestellt  hat,  dass  die  Jomba- 
nnd  Astrolabeebene^  welche  sein  Hinterland  bilden  und  von  ihm  ans 
leicht  erreichbar  sind,  das  für  Kulturen  bestgeeignete  Land  in  fast 
unbegrenzter  Ausdehnung  bieten,  und  dass  die  Sumpfbildungen  und 
Mangrovedicki«  hte  an  dem  inneren  Hafen  eine  geringere  Ausdehnung 
haben,  als  anfönglii  h  angenommoTi  wurde.  Die  Station  Friedrich 
W  ilhelnishafcn  liegt  auf  der  Nordseito  dor  Schering-Halbinsel, 
während  das  Haus  des  Generaldirektors  auf  der  nördlich  von  der 
Halbinsel  liegenden  Eickstedt-lnsel,  von  den  Eingeborenen  nach  dem 
darauf  liegenden  Dorfe  auch  Beiiao  genannt  (auf  dem  Kärtchen  ist 
der  Name  nicht  besonders  angegeben),  errichtet  worden  ist.  Auf 
der  Insel  ist  auch  Raum  für  die  Gebäude  der  Landesverwaltnng, 
welche  ihren  Sitz  aber  vorläufig  bei  Bogadjim  etwa  auf  Jahresfrist 
zu  behalten  wünscht,  damit  vorerst  die  Bauten  fär  die  Stations-  nnd 
Zentralverwaltung  zu  Ende  geführt  werden  können.  Auf  der  nörd- 
lich davon  gelegenen  Insel  Siar  oder  Aly  wohnen  Missionare  der 
Rheinischen  Mission  (siehe  S.  45). 

Betrai  Ilten  wir  nun  die  Stationen  der  Astrolabebai  von  Süden, 
nach  Norden  gehend,  so  wird  in  Constantinhafen  vor  Allem 
Banmwollkultur  betrieben,  für  welche  fortlaufend  neue  Terrains  urbar 
gemacht  werden.  Es  folgt  dann  Stephansort,  von  dem  bereits 
151  Ballen  Tabak  zu  60  Kilogramm  im  November  1890  in 
Bremen  ausserhalb  des  Marktee  verkauft  worden  waren.  Im  Jahre 
1890  waren  im  Ganzen  von  dem  Pflan/iHmsareal  45  Hektar  bestellt, 
davon  14  Hektar  mit  Baumwolle,  16  Hektar  mit  Tabak  und  15  Hektar 
mit  Mais.  An  Baumwolle  wurden  200  Zentner  geemtet,  an  Maie 
600  Zentner,  die  Tabakernte  ergab  158  Ballen  n  b  r  252  Zentner 
für  den  Versand;  sie  gelangte  im  August  d.  J.  in  Bremen  zur  Ein- 
schreibung und  wurde  ausnehmend  günstig  beurtheilt.  sowohl  was- 
Form  lind  (Irosse  des  Blattes,  Elastizität,  Reichthum  an  ätherischen 
Gelen,  Feinheit  der  Struktur  und  Vortreffiichkeit  des  Brandes  an- 
betraf. Der  Haupttheil  der  Blätter  sortirte  auf  0**  und  l*"  Länge. 
Der  erzielte  Durclischnittspreis  betrug  3  Mark  26  Pf.  für  das  Pfund,, 
ohne  Zoll,  und  die  allgemeine  Ansicht  ging  dahin,  dass  der  Neu- 
Guinea-Tabak  von  der  Astrolabe-Bai  einer  grossen  Zukunft  entgegen 
ginge.  Auch  in  Erima,  wo  bis  zum  Mai  100000  Tabakpflanzea  in* 


Du  Scliotifebiet  der  Neu-GnioMfCompaguie.  305 

die  Felder  eingesetzt  worden  waren,  soll  der  Tabak  von  ausser- 
ordentlicher Schönheit  sein.  Etwas  nOrdlich  liegt  Gorima,  die 
Station  der  Kaiser  Wilhelmsland-Plantagen-GeseUschaft,  welche  aber 
in  Folge  nngeeigneter  Leitung  nicht  den  erwarteten  Erfolg  gehabt 
hat  Die  Saatbohnen  von  Kakao,  welche  ans  Ceylon  herfibergeschickt 
worden  waren,  haben  die  Reise  nur  znm  geringen  Theil  aasgehalten 
nnd  der  Direktor  hat  es  nicht  verstanden,  mit  den  Eingeborenen 
nmzogehen;  es  fitnden  so  nnangenehme  Streitigkeiten  statt,  dass 
der  Kaiserliche  Kommissar  sich  veranlasst  sah,  die  wettere  Uober- 
lassnng  von  Eingeborenen  als  Arbeiter  an  die  Pflanzung  zeitweilig 
zn  untersagen.  Das  Vertragsverhältniss  mit  dem  Pflanznngsdirektor 
wurde  unter  diesen  ümstftnden  gelöst  nnd  die  Gesellschaft  mit  einer 
nen  gebildeten  Gesellschaft,  der  Astrolabe-Compagnie,  vereinigt. 

Die  Astrolabe-Compagnie 

ist  demnach  die  zweite  grosse  Gesellschaft  in  Kaiser  Wilhelmsland. 
Sie  hat  sich  am  27.  Oktober  mit  einem  Grundkapital  von  S 400000  M. 
auf  Grund  des  Beichsgesetzes  vom  15.  M&rz  1888  mit  dem  Sitz  in 
Berlin  konstitnirt 

Die  Direktion  besteht  aus  dem  Geheimrath  A.  v.  Uansemann 
als  Vorsitzenden  nnd  den  Stellvertretern  Wirkl.  Geh.  Rath  Herzog, 
General-Konsul  Rüssel  und  Banrath  Lent  Gesehftftsfilhrende  Direk- 
toren sind  Senator  Job.  Achelis,  Bremen,  Freiherr  v.  Eckardstein 
auf  Prötzel,  Dr.  jor.  Hammacher,  Berlin,  M,  flerrings,  Tabakplan- 
tagen-Besitzer, Berlin,  Erbprinz  Kraft  zu  Hohenlohe*  Oehringen  auf 
Slaventzitz,  Louis  Ravenö,  Grosskanfkaafmann,  Berlm,  Direktor 
H.  Schinkel,  Hamborg,  A.  Woermaun,  Schiffsrheder,  Hambarg.  Die 
Antheile  lauten  anf  500  Hark. 

Die  Aassichten  der  Gesellschaft  sind  gut;  das  Gebiet  der  Astro- 
labebai  zeichnet  sich,  sowohl  was  Klima  wie  Bodenbeschaffenheit  be- 
trifft, durch  gflnstige  Verhältnisse  aas,  die  dasselbe  fBr  mannichfaltige 
tropische  Kaltaren,  insbesondere  auf  der  weit  ins  Innnere  des  Lan- 
des sich  erstreckenden  Ebene  für  die  Erzeugung  eines  hochwerthigen 
Tabaks  geeignet  erscheinen  lassen.  Schon  im  Jahre  1887  hob  Herr 
Professor  Maerker  auf  Grund  der  Analyse  der  ihm  vorgelegten  Erd- 
proben die  vielversprechende  Bodenbeschaffenheit  hervor,  nnd  durch 
alle  weiteren  Erforschungen  ist  das  Urtheil  desselben  bestätigt  wor- 
den. Die  Hoorversuebsstation  in  Bremen  hat  eine  Anzahl  von  Erd- 
proben  anf  die  Tauglichkeit  des  Bodens  Ar  Tabakkaitor  nntersocbt. 
Aas  den  von  ihr  festgestellten  Ergebnissen  heben  wir  hier  Folgendes 

KolOBtake  Jabilmeh  IBM.  ^ 


306 


Dit  dmitaeheit  KoloBleii. 


hervor:  Auf  einem  Hektar  Landes  in  einer  30  cm  mtohtSgw  Boden- 
sducht  in  trocknem  Znstande  fanden  sich: 


1)  Nen-6ninea,  Astrolaljebai: 


HllBllt 

8tUkM 

Kdi 

Kalk. 

1« 

kt 

kg 

JombapEbene,  weit  im 

118  415 

7459 

4817 

30  458 

4040 

Astrolabe  •  J  omba-£bene 

68  393 

4626 

4259 

43  613 

2808 

A8trolabe-£b6ne,  ca.  1 

Staude  vom  Meer 

86  397 

5746 

6171 

55  754 

4256 

2)  Sumatra,  DeU, 

vorzüglicher  Tabaksboden ; 

zum  Vergleich 

mit  obigem: 

88  4id 

486d 

3183 

4489 

3873 

Die  Moonrersncbstation  bemerkt,  dass  die  Mehrzahl  der  nnter- 
sncbten  Boden  hinsichtlieh  ihres  Hnmns-,  Stickstoff-,  Kali-  nnd 
namentlich  ihres  Ealkgehaltes  den  Deli-B5den  fiberlegen  ist.  Es  sei 
kaum  zn  bezweiMn,  dass  aoch  auf  dem  geringwerthigsten  Boden 
Tabak  sehr  gnt  wachsen  werde. 

Znr  Anlage  von  Plantagen  war  die  sogensimte  JonbtrBbeoe 
anf  ihrer  Brauchbarkeit  nntersncht  worden  und  nach  oberflftchlicher 
Sohfttznng  sind  etwa  3500  Hektar  für  Tabakbau  ausgezeichnetes 
Land  gefunden  worden.  Der  Sumatrapflanzer  Georg  P&ff  hat  in 
Singapore  nnd  Sumatra  die  nOthigen  chinesischen  KuUs,  im  Ganzen 
397  Arbeiter  und  Au&eher,  engagirt  und  hat  im  Herbst  bereits  die 
Arbeiten  auf  Jomba  Station  in  Angriff  genommen.  Bald  daianf  hat 
auch  Herr  v.  Puttkamer  noch  250  chinnmche  und  jaTaaische  KuUs 
nach  der  zweiten  bei  Gorima  ananlegenden  Tabakpflanzung  hinflber. 
geführt.  Zu  Statten  kam  M  diesen  Anwerbungen,  dass  der  Tabakbau 
auf  Sumatra  infoige  der  schlechten  Ernten  von  1890  und  1801  eine 
Einschrflnkuttg  erfahren  hat,  welche  das  Engagement  von  Euüs  und 
AnfB^em  erleichterte,  während  dieser  Bfickgang  zugleich  die  Aus- 
sichten dafihr  steigerte,  dass  der  gute  Astrolabe>Bai-Tabak  bei  ver- 
ringertem Angebot  von  auawftrts  euMu  lohnenden  Preis  auf  dem 
Markte  flnden  Wirde.  Die  TabakpAanzongen  der  Neu-Guinea-Kosn- 
pagnie  in  Stephanaort  und  Erima  dnd  bereitB  an  die  Astn^be-Kom- 
pagnie  flbertnigen  worden. 

Yen  der  ntodliehsten  Station  Hatsfeldthafen  wurden  m  die- 
sem Sommer  an  6500  kg  Tabak  m  Bremen  znm  Verkauf  gebracht, 
doch  ist  der  Preis  nicht  angegeben;  in  diesem  Jahre  sind  348  000 
Tahnkbtame  gqpflaazt  worden«  mit  deren  Setmitt  Ende  Aprtt  be- 
gonnen worden  ist  Der  Tabak  soll  an  Gröeee  und  Länge  bedeutend 


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Dtt  Scbatsgttbiet  der  Nw-QniiiM  Compagnie. 


307 


besser  sein  als  der  Toijftbrige  und  üeh  auch  in  der  Qoalitit  ver- 
bessern. Im  November  und  Dezember  y.  J.  waren  unter  den  ans 
Soerabaya  mitgebrachten  Ghineeen  Oholoraerkzanknagei  ausgebrochen, 
welche  an  28  Chinesen  nnd  Malayen  hinraffle,  die  Bnropier  aber 
verschonte.  Die  Ißssionare  Scheidt  and  BOsch  der  Banner 
MissionsgeseUschaft  sind  bekanntlich  (siehe  Seite  45)  darch  die  Ein- 
geborenen der  Franlclin-Bneht  eimordet  worden,  es  ist  dann  die 
nothwendige  Eiekntion  gegen  die  in  den  Bäsch  flflohtenden  Ein- 
geborenen vorgenommen  worden,  deren  viele  getOdtet  worden  sind, 
und  Aehnliohes  hat  sich  anch  bei  der  Station  Erima  der  Nen-Gnine- 
Eompagnie  ereignet  Die  Missionare  werden  hoffentUdi  diesen  Wink 
benntzen  und  nicht  zu  schnell  mit  der  Anlage  der  Stationen  dort 
vorgehen,  wo  sie  einmal  keinen  Schatz  vor  Yergewaltigong  finden, 
dann  aber  anch  die  Regiemng  znm  Einschreiten  veranlassen,  was 
draossen  mit  grossen  Opfern  verknikpft  ist  Bislang  hatten  sidi  die 
dortigen  Hissionen  entweder  dicht  bei  den  Stationen  oder  anf  Inseln 
wie  Siar,  Dampier,  Tami  niedergelassen,  neuerdings  aber  war  Bösch 
die  treibende  Kraft  gewesen,  weiter  nach  Norden  nach  dem  Hatzfeld- 
Hafen  vorzudringen,  wo  die  Eingeborenen  noch  sehr  wild  sind.  Die 
IGssionsleitong  hatte  ihn  zur  Vorsicht  gemahnt,  zumal  mehrere  Hissio- 
nare seit  Grfindung  der  Hission  in  Neu-6uinea  schon  gestorben 
sind,  aber  BOscb  liese  sich  in  seinem  Thatendrange  nicht  halten.  Nach 
der  Mittheiinng  der  Barmer  Hissionsgesellschaft  handelten  die  Ein- 
gebomen ganz  verrfttberisch;  zuerst  ermordeten  sie  den  im  Lande 
gebliebenen  Bosch  bei  einem  Halala  genannten  Dorfe  an  der  Frank- 
lin-Bucht, wo  eine  Station  angelegt  werden  sollte.  Am  27.  kamen 
Scheidt  und  Herr  v.  Hoisy,  ein  Ststionsbeamter  in  Hatzfddthafen, 
in  einem  Boote  an.  Als  das  Boot  auf  den  Strand  lief,  kamen  die 
Eingeborenen,  wie  es  gewöhnlich  geschieht,  ins  Wasser,  scheinbar 
um  das  Boot  ganz  auf  den  Strand  zu  ziehen.  Dabei  griffen  einige 
nach  den  vorne  im  Boote  liegenden  Gewehren  und  gleich  darauf 
wurde  Herr  v.  Hoisy  von  einem  Speere  getroffen  und  stürzte  ins 
Heer.  Scheidt  wurde  ebenfsUs  gleich  von  Speeren  getroffen,  von 
elf  im  Boot  befindliehen  schwarzen  Arbeitem  sind  nur  zwd  mit  dem 
Leben  davon  gekommen.  Es  wfire  sicher  wflnachenewerth,  wenn  die 
Hissioneo  sich  nicht  gerade  an  den  exponirtesten  Punkten  nieder- 
laseen  wollten. 

Wenn  nun  auch  gHtoeere  Verbinde  unter  den  Eingeborenen 
nicht  bestehen,  und  der  Bestand  der  Stationen  daroh  irgend  welche 
gewaltsame  AngrifB  der  Eingeborenen  nicht  geftbrdet  werden  kann, 

80* 


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808 


Di9  deatidnn  Kolonito. 


00  haben  doch  diese  Vorgäoge  nnd  die  Wahrscheinlichkeit  einer  ge- 
ringeren Gute  des  Tabaks  gegenüber  dem  der  Astroiabebai  die  Di^ 
rektion  der  Neu-Guinoa-Knmpns^nie  bewogen,  den  Entschloss  zur 
EinziehiiDg  der  Station  Hat/.fcldthafen  zu  fassen. 

Es  ist  bekannt,  dass  die  Neu-Oninea-Kompagnie  neben  der  Er- 
zeugung kotoniftler  Produkte  auch  die  Ausfahr  von  Höizeni  und 
Phosphaten  ans  dem  Schutzgebiete  in  Aussiebt  genommen  hat 
Nach  den  jetzt  vorliegenden  Mittheilungen  gelans^ten  von  den  in 
Kaiser  Wilhelms-Land  heimischen  Nutzhölzern  im  Laufe  des  .lahres 
einige  Sendungen  nach  Europa.  Hauptsächlich  das  in  Farbe  dem 
Mahai^oni  ahnliche  Calopbyllnm  Inophyllom  fand  auf  dem  Markte 
rasche  Aafoahme.  Es  kamen  davon  bis  August  d.  J.  17  Stämme 
an,  welche  in  Bremen  zum  Preise  von  200  Mark  per  Kubikmeter 
verkauft  wurden.  Der  Dampfer  der  Gesellschaft  „Esmenüda**  hat 
42  weitere  St&mme  dieses  Holzes  und  2  Blöcke  einer  nenen  werth- 
vollen Gattung  —  Malawa  genannt  —  in  Hamborg  ansgcschiiTt  Mit 
der  ^Esmeralda"  kamen  auch  die  ersten  auf  der  Moleinsel  ge- 
grabenen Piiosphato  in  Hamburg  an.  Die  Ansgrabungsarbeiten  auf 
der  Moleninsel  wurden  im  Dezember  1890  mit  .^0  farbigen  Arbeitern 
wieder  aufgenommen.  Durch  die  in  Angriff  genommenen  Aus- 
schfichtungen  ist  bis  zum  Juli  d.  J.  eine  beträchtliche  Menge  von 
Phosphaten  guter  Qualität  ausgehoben.  Die  Sortirnng  dieses  werth- 
vollen Materials  bot  für  die  erste  Ladung  grosse  und  unQberwind- 
liche  Schwierigkeiten.  Auch  erschweren  die  Ladnngsverhältnisse  an 
der  Insel  das  Ankern  der  zur  Aufnahme  des  Guano  bestimmten 
Schilfe. 

Was  den  Verkehr  zwischen  dem  Schutzgebiete  und  Europa  be- 
trifft, so  wird  derselbe  nunmehr  nach  dem  Verluste  des  Gesellschafts- 
dampters  „Ottilie",  (welcher  am  14.  Mär/  1891  auf  das  zu  den 
Purdy-Inseln  gehörige  Latenriff  auflief)  durch  gecharterte  Dampfer 
unterhalten,  welche  in  Singapore  an  die  deutsche  Sunda-Linie  an- 
schliessen  und  alle  2  Monate  von  dort  auslaufen.  Für  diesen  Dienst 
ist  vorläufig  der  der  Bremer  Gesellschaft  „Hansa*'  gehörige  Dampfer 
„Nierstein",  welcher  im  Oktober  die  erste  Fahrt  von  Singapore  aus 
angetreten  hat,  engagirt.  Die  Verbindung  mit  Singapore  nnd  die 
Grösse  des  Schiffes  erleichtern  den  Bezug  der  für  die  Tabakp6an- 
zungen  erforderlichen  chinesischen  Kulis,  sowie  der  fflr  dieselben 
nothwendigen  Arbeitaraittel  und  den  Bezug  von  Kohle. 

Den  inneren  Dienst  innerhalb  des  Schutzgebietes  und  die  Unter- 
haltung des  Verkehrs  unter  den  Stationen  besorgt  der  der  Neu- 


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Du  Sdiatigvbirt  der  NM«Ouia«»*CoiBpagiiie. 


809 


Guiuea-Kompagnie  gehörige  Dampfer  „Ysabel",  dessen  Leitung  Ka- 
pitftn  Dallmann,  der  bekannte  Führer  des  Dampfen»  »Samoa"  auf 
der  ersten  Erforachnngsreiae  nach  Nea-Guioea,  überaommen  hat. 

Erfors  f  Illings  reisen. 

Der  Botaniker  Dr.  C.  Lauterbach  hat  von  Ende  Oktober  bia 
Anfang  De/ember  1890  eine  Forschungsreise  in  das  Hiuterlaud  der 
Astrolaue-Bei  unternommen.  Er  ist  zunächst  in  die  Mündung  des  Gogol- 
tfnsses  hineingefahren  und  bat  seinen  Zug  dem  Flusslaufe  entlang 
unter  ungeheuren  Mühseh  Ii  gkeiten  gemacht,  da  man  sieh  selbst  dorch 
den  Wald  und  das  Sciiilf  /um  grOssten  Theile  Bahn  iueeheD  masste. 
Die  Ergebnisse  seiner  Expedition  fasst  er  kurz  folgendermaassen  zu- 
sammen: Der  Gogol  ist  der  grOeste  in  die  Astroiabe-Bai  mündende 
FioBs;  er  bildet  den  Zugang  za  einer  gewaltigen,  südlich  und  west- 
lich des  Stromlaufes  gelegenen  Ebene.  Dieselbe  h&ngt  mit  der 
Astrolabe-£bene  durch  ein  schmales  Thal  zusammen,  weiches  durch 
das  dicht  an  den  Fluss  herantretende  Oertzengebirge  und  die  nörd- 
lich den  FInss  begleitenden  Höhenzüge  gebildet  wird.  Die  Gogol- 
Ebene  ist  durchweg  mit  mächtigem  Urwald  bestanden;  sie  besitzt 
einen  äusserst  fruchtbaren,  tiefgründigen,  lehmigen  Boden.  In  drei 
bis  vier  Meter  Tiefe  liegt  blaner  Thon.  Zwischen  dem  nördlichen 
Ooi  (1440  29'  östl.  L.)  und  dem  ihm  von  Süden  zuströmenden 
ElisabethflusH  (144^  59'  östl.  Länge)  ist  der  Gogol  ohne  weiteres 
für  Fahrzeuge  von  1  m  Tielgang  schiffbar.  Unterhalb  des  Elisabeth- 
flusses müsste  das  FluBsbett  erst  von  den  zahlreich  im  Boden  fest- 
sitzenden Treibholzstämmen  gereinigt  und  ttne  Fahrrinne'  geschaffen 
werden.  Die  Barre  an  der  Mändnng  ist  bei  hohem  Wasserstande 
fdr  Fahrzeuge  von  1  m  Tiefgang  passirbar.  Die  Gogolebene  und  die 
linksseitigen  Höhenzüge  sind  verhäitnissmässig  dicht  bevölkevt 

Die  Expedition  hat  einen  Weg  von  uugefilhr  70  km  ins  Innere 
gemacht,  den  Rückweg  nach  der  Küste  konnte  sie  in  vier  Tagen 
zurücklegen.  Die  Ansicht,  dass  die  Eingeborenen  im  Allge- 
meinen finedlich  sind,  bestärkt  der  Bericht,  von  dem  man  die  Ueber- 
zeugung  gewinnt,  dass  die  Eingeborenen  lediglieh  durch  die  Furcht 
vor  den  Wdssen,  vereinzelt  auch  durch  die  Neigung  zum  Diebstahl, 
zu  Feindseligketten  gegen  die  in  der  Kolonie  beschäftigten  Personen 
veranlasst  werden.  Die  Eingeborenen  von  Kaiser  Wilbelms-Land 
befinden  sich  bekanntlich  noch  in  dem  Eulturznstande  der  Volker 
der  Steinzeit;  sehr  interessant  ist  folgende  Beschreibung:  ,1ch  hatte 
unseren  Lagerplatz  diesmal  ganz  frei  schlagen  lassen,  um  Sonne 


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810 


Die  dtnlMlnD  Kolooitii. 


zum  Trocknen  der  Saramlungen  und  Kleider  zu  gewinnen.  Es 
mnssten  /n  diesem  Zweck  auch  ein  paar  etwa  einen  halben  Meter 
dicke  Bäame  fallen.  Mit  Staunen  sahen  die  Eingeborenen  nnserem 
Treiben  zu.  Als  die  ersten  Axthiebe  fielen,  schien  ihnen  die  Sache 
noch  nicht  recht  klar.  Als  wir  das  Werk  rasch  förderten,  wuchs 
ihr  Staunen.  Als  jedoch  nach  etwa  10  Mioatea  der  Stamm 
krachend  in  den  Flass  stürzte,  kannte  ihr  Staunen  und  ihre  Be- 
wunderung keine  Grenzen  mehr.  Heulend  und  jubelnd  umrineten 
sie  uns,  betasteten  und  besahen  sich  die  Schneide  des  Beü^  be- 
fühlten die  Maskeln  des  Mannes,  der  dasselbe  geführt,  knrz,  gaben 
durch  ihr  ganzes  Verhalten  zu  erkennen,  dass  ihnen  die  Wirkung 
des  Eisens  völlig  unbekannt,  ja  völlig  unbegreiflich  sei.  Mehrere 
versuchten  selbst  das  Beil  sa  l&hren,  doch  brachten  sie  nieht  viel 
za  Stande,  da  sie,  wie  sie  es  TOn  ihren  Steinbeilen  mit  waagerecht 
stehender  Schneide  c^ewohnt  waren,  die  Hiebe  senkrecht  führten  und 
schnell  ermüdeten.  Die  Leute  hatten  wohl  Ursache  zum  «lubel» 
traten  sie  doch  mit  dem  heatigen  Tage  aus  der  Steinzeit  in  das 
Zeitalter  des  Eisens.  Sie  besassen  kein  Wert  für  Eisen.  Ihr  Ver- 
hmgen  naeh  Hobeleisen,  deren  Verwendung  ich  ihnen  erst  zeigen 
musste,  war  ein  sehr  geringes.  Meine  Lftage  imponirte  ihnen  sicht- 
lich. Sie  tnaassen  dieselbe  an  ihren  Speeren  und  machten  sich  in 
in  der  betretenden  Höhe  Zeichen,  wahrscheinlich,  um  ihren  Ange- 
hörigen daheim  von  dem  weissen  Manne  zu  endhlen.  Trotz  aller 
Znthnnlichkeit  hatten  sie  doch  auch  wieder  grosse  Scheu  vor  uns. 
Nach  langem  Besinnen  wagte  Einer  meine  Haut  zn  befählen,  die 
er  fQr  gefärbt  oder  unecht  halten  mochte.  Er  fuhr  entsetzt  zurück. 
Dagegen  hockten  sie  den  gansen  Tag  in  nftohster  NAhe  und  beob- 
achteten jede  naserer  Bewegungen.* 

Bismarck- A  rch  ipel. 

Die  Einrichtung  der  nenen  Station  Herbertshöhe  au  der  Blanehe- 
bucht  auf  Nen-Pommem  war  im  Sommer  der  Hauptsache  nach 
durchgeführt.  Das  Stationsgebäude- Bureau,  Lagerhaus,  5  Wohn- 
häuser für  Assistenten  nnd  Aufseher,  die  Messe  mit  Küche,  ein 
Krankenhans  und  swei  Arbeiterhftnser,  liegen  nahe  der  Küsle 
nnd  den  Halsnanlagen,  welche  ans  einer  Landnagsbrücke  mit  Boots* 
schnppen  bestehen.  Das  Wohakms  de»  Stationsvorstehers  mit  Za- 
behOr  ist  etwa  800  m  landeinwärts  auf  ansteigendem  Terrain  erbaut 
Getrennt  von  beiden  Anlagw  ist  das  Amtshaos  nnd  das  Wohnhaus 
des  Eaiserliehen  KansIerB  auf  einem  frei  Begendeu  Bügel,  der  sieh 


yiu^jciby  Google 


Das  Sebittifabi«!  d«r  Neo^Gviiiea-ConipagDi«. 


811 


bis  etwa  200  m  über  die  See  erhebt  und  von  dieser  6 — 700  m 
abliegt,  errichtet.  Zu  den  ersteren  gehört  ein  WohnhauB  für  den  6e- 
ricbtschreiber;  in  der  Nähe  des  Wohnhanses,  welches  von  Crarten- 
anlagen  umgeben  ist,  kommen  ein  Hans  mit  einem  Speise-  nnd 
einem  Fremdenzimmer,  die  Kflche,  ein  GeHügelbof  und  ein  Haos» 
welches  das  Wohngelass  fflr  einen  Polizeionteroffizier,  das  Gefängniss 
und  einen  Vorrathsraum  enthält,  zu  liegen.  Die  Station  liegt  gesund 
und  die  Rhede  entspricht  den  Erwartungen.  Auf  den  BanmwoUenbau 
bei  der  Station  verwendet  die  Nen-Guinea- Kompagnie  besondere 
Mühe.  Im  Juni  d.  J.  waren  40  Uei^tare  mit  Baumwolle  ange- 
pflanzt. Das  Pflücken  hatte  im  November  begonnen,  und  die 
Ernte  versprach,  nach  den  Berichten  des  Statioiisvorstehers,  einen 
guten  Erfolg.  Behufs  Ausdehnung  der  POaasangea  ist  der  Wald 
nach  der  Ostgrenze  hin  geklärt,  und  das  so  vorbereitete  Land  soll 
nocb  in  diesem  Jahre  boptianzt  werden.  Auf  den  Baumwollfeldern 
smd  Kokospalmen  derart  gepflanzt,  dass  auf  den  Hektar  120  Bäume 
vertheilt  sind.  Die  Reinigung  der  Baumwolle  und  Packung  soll  im 
Friednch-Wilhelmshafen  vorgenommen  werden,  wo  die  dazu  nöthigen 
Gins  und  Compressen  aufgestellt  werden.  Die  Baumwolle  ist  von 
ausgezeichneter  Qualität 

Bekanntlich  lieferte  die  Bevölkerung  des  Bismarck- Archipels 
bereits  seit  vielen  Jahren  die  Arbeitskräfte  ffir  die  Plantagen 
mehrerer  Südseeinseln  (z.  B.  Samoa  und  Fidschi).  Auch  die  Neu- 
Guinea-Kompagnie  hat  die  Arbeiteranwerbnng  daselbst,  welche  der 
Station  Uerbertshöhe  obliegt,  mit  gutem  Erfolge  vorgenommen.  Im 
Jahre  1890  sind  auf  den  verschiedenen  Inseln  des  Archipels  im 
Ganzen  1273  Eingeborene  als  Arbeiter  engagirt  worden,  nnd  zwar 
für  die  Zwecke  der  Neu-Guinea-Kompagnie  714,  während  die  übrigen 
nach  Samoa  ausgeführt  oder  auf  den  kleinen  Ansiedlungen  im  Bis- 
marck-Archipel beschäftigt  sind.  Von  diesen  Arbeiteni  stammten 
aus  Neo-Mecklenburg  und  Neu-Hannover  1044,  aus  Xeu-Pommern 
nnd  Neu-Lanenbui^  130,  von  den  Salomons-Inseln  99.  Im  Juni  1891 
waren  auf  der  Station  Herbertshöhe  139  Arbeiter,  darunter  34  aus 
der  Umgebung  der  Station.  Auch  Eingeborene  aus  Kaiser  Wilhelms- 
land ^  insbesondere  aus  der  Umgebung  von  Finschhafen,  liessen  sich 
gerne  dorthin  anwerben. 


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312 


Di«  deotseh«!!  KoloDien. 


Schutzgebiet  der  Marschall-Inseln. 

Von  diesem  kleinen  Srliut/ijel)i»*t  »Irint^t  wimiIü  in  die  Welt,  da 
die  Vf'iliältnisse  si(di  auf  den  seliwacli  Ix'vrdkiTten,  weit  von  einander 
lietieiiden  Korali<Miinsein  nur  sehr  allmälilieli  veriind-'m.  liekanut- 
lieli  wird  die  Verwaltung  dureh  einen  Kaiseriielien  Koniiiiissar  i,'e- 
tiilirf.  und  welcher  im  Sommer  die  Ingeln  Ailins^lablal),  Majuro  und 
Millf  h' >iit  iitt ,  wo  die  Besitzvüriiältuitääe  der  Elugeborenen  auf  fried- 
liciie  Wei>e  i;eri  ijfdt  wurden. 

Was  das  liesuitat  des  Ceschüftsjalires  1800  der  Jaluit-ronipany 
anbtdangt,  so  ist  zuna<-list  hervor/uhehen,  dass  einige  grössere  Inseln 
unter  anhaltender  Diirn'  zu  leiden  hatten,  dass  dunh  die  von  dem 
anierikanix  hen  MissionsschitT  eingesfdileppte  Masernepidemie  viele 
Eingehnri  iii'  dahinj^eratTt  und  uanze  Ortschaften  monatelang  arheits- 
unfiihig  gemacht  wurden,  und  dass  schlic^-in  h  der  Mandel  auf  den 
Karnlim  ii  durcli  die  Aufstande  der  i'.ingcixirenen  ucgen  die  Spanier 
wiederholt  lanuere  Störungen  erlitten  hat.  Wenn  die  (iesellschaft 
trotzdem  auf  ein,  zwar  hinter  ihren  Erwartungen  zunn  kldeibendes, 
aber  in  Ilücksicht  auf  die  erwähnten  Verhältnisse  immer  noch  be- 
frit'digeiide.s  Ges(diäftserncl)niss  zuriiekblieken,  so  trug  dazu  eine  vor- 
übergehende beiieulende  Steigerung  der  Koprapreise  in  Europa 
inchl  unwesentlich  bei,  vor  allem  aber  der  Umstand,  dass  durch 
hinreichende  und  zweckeiitspri^chende  Versorgung  der  Stationen  die 
Kaufkraft  ihns  Ge^cilätt^distrikts  gut  ausgenutzt  werden  konnt-e. 
Das  SchitV>Tuaterial  für  den  Inselverkehr  ist  ausreichend,  und  die 
zwei  nenangesiduilVten  Schuner  sind  zu  vollständiger  Zufriedenheit 
ausgefallen.  Die  Kidwickelung  der  Kokosplaiitaiie  auf  der  Provi- 
denee-Insel  macht  gute  Fortschritte.  Die  fortgesrtzt'  ii  Bemühungen, 
eine  deutsidie  Missions.:. '>cil^chaft  für  das  Schutzgebiet  zu  gewinnen, 
waren  leider  bisher  erf(dulo>.  di»H  Jescll,>chatt  hotVl  ituloch  demuäehst 
zum  Ziel  zu  gelangen.  Dauegen  konnte  für  die  (Gesellschaft  mit 
rnterstiit/ung  der  Kaiserlichen  Kegierung  die  Entsendung  eines 
Arztes  bewerkstelligt  werden,  und  zwar  idine  zu  gro-se  Lasten.  Im 
Allgemeinen  kann  sie  die  heutige  Geschältslage  als  befriedigend  be- 
zeichnen. Die  guten  Folgen  der  im  Verein  mit  der  Kaiserlichen 
llegjerung  für  das  Schutzgebiet  der  Marscjiall  Instdn  erlassenen  Ver- 
ordnungen treten  imnter  mehr  zu  Taue,  und  auch  auf  den  Karolinen 
hat  sich  allmähli<di  ein  frieillieher  Verkehr  wieder  herstellen  lassen: 
die  lioprapreise  iu  Europa  sind  zwar   von   ihrer  vorübergebeudeu 


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Das  Sehat«gebi«t  der  MartchatMiiteln. 


313 


Höhe  wieder  gewichen,  doch  haben  sich  die  firwartangen  bezQglicib 
der  Weiterentwickelnng  des  Handels  innerhalb  des  bearbeiteten  Ge- 
biets soweit  als  vollständig  berechtigt  erwiesen,  so  dass  die  Gesell- 
schaft für  das  laufende  Jahr  befriedigenden  Erträgen  entgegensehen 
darf.  Die  Gesellschaft,  welche  den  Jahresbericht  ffir  1890  mit 
1813226  Mk.  bilanzirt,  ist  in  der  Lage  eine  Dividende  von  4% 
an  die  Aktionäre  zn  zahlen,  die  erste  Kolonialgesellschaft,  welche 
eine  Dividende  gezahlt  hat  Man  muss  allerdings  in  Betracht  ziehen» 
dass  sie  ans  schon  bestehenden  Geschäften  sich  gebildet  hatte.  Das 
Resnltat  ist  aber  jedenfalls  sehr  erfreulich. 

Der  Einklariningshafen  Jaloit  ist  im  Jahre  1890  von  91  Kauf- 
lahrteisehiiTen  mit  zusammen  11434  Reg.  Tons  gegen  87  Schiffe 
mit  7  701  Reg.  Tons  im  Vorjahre  angelanfeo  wurden,  von  denen 
21  Schiffe  nnter  deutscher  Flagge  fahren;  ansserdem  wurden  14 
Fahrten  von  Schiffen  eingeborener  Häuptlinge  ausgeführt  Dem 
deutschen  Handel  dienten  43  Schiffe  mit  6093  Reg.  Tons  gegen  48 
Schiffe  mit  5344  Reg.  Tons  im  Voijahre. 


Nachtrag. 

Der  Kolonialratli. 

ist  am  21.  Oktober  wieder  zusammengetreten;  es  wurUou  die  Lokal- 
Etats  des  Schutzgebietes  berathen  und  vom  Wirkl.  Geh.  Legationsrath 

Dr.  Kayser  mitgetheilt,  dass  die  Vorschläge  betreffend  die  Baum- 
wollenkultnr  zur  Kenntniss  der  Gouverneure  und  Kommissare  ge- 
braelit  und  diese  zn  B^'richteii  vcniida-^st  worden  seien,  wie  weit 
ihrerseits  die  Wünsche  des  Kolniiialnithes  f;<'t'urdert  werden  könnten. 
Einige  andere  Vorlagen  wurden  einer  Kommission  überwieseu,  die 
am  22.  tagte.  In  der  Scblasssitznng  am  25.  wurde  die  ZoU- 
ordnung  im  Weseniiiehen  in  der  von  der  Kommission  vorgelegten 
Form  genehmigt.  Dem  Gouverneur  wurden  ffir  die  Berechnung  des 
AVerthes  folgende  leitende  Grundsätze  zur  Erwfignnc:  'j^egeben:  Für 
<iit'  l^intiilir  der  Werth  am  Urspruniis-  Ihv.w.  Falirikationsort  mit 
iiiuzureehuung  der  Trausport-  und  Versicherungskosten,  sowie  eines 
ZnscblageB  von  10  Proz.  dieser  Gesammtsnmme.  FAr  die  Ausfuhr 
der  Marktj)reis  am  Yerschiffnngsort.  weleher  vom  Gouverneur  in 
regelmässigen  Zeitrfiumen  festzustellen  ist.  Mit  Bezug  auf  das  Ver- 
la hreii  hei  drr  Straffestsetznng  wurde  der  Erlaus  einer  besonderen 
Verordnung  dureh  den  Gonvernenr  befürwortet.  Die  Liste  der  voui 
Einfuhrzoll  befreiten  Gegenstände  wurde  etwas  erweitert.  Die  An- 
trftge  der  Kommission,  betreffend  die  Vergfinstigung  der  Missionsge- 
sellschaften bei  der  Zollbehandlung,  wurden  einstimmig  angenommen. 
Sie  lauteten  dahin: 


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314 


Ntcbtraf. 


Ii.  C>«geii9t&niie,  welche  unmittelbar  den  Zweeken  dei  Gottesdienstes  der  Christ« 
liehen  Bekenntnisse,  des  Unterrichts  und  der  Krankenpflege  dienen,  in  die 
Liste  der  vom  Einfuhrzoll  befreiten  Gegenstände  aufzunehmen. 

2.  Nach  Ablauf  eines  jeden  Rechnungsjahres  auf  Antrag  jeder  in  Deutsch-Ost 
•frikft  thitigen  christlichen  Missionsgesellschaft  den  Betrag  für  diejenigen 
im  Laufe  des  Jahres  verzollten  Gegenst&nde,  welche  zum  unmittelbaren  Ge> 
brtnch  der  MissiooMiutaltea  und  ihrer  Mitglieder  bMUmmt  waren,  bis  zur 
H5b«  Ton  1300  Mk.  wiederzuerstatten. 

8.  Bei  Regelung  der  ZollTerhältnisse  in  den  anderen  Schutzgebieten  unter 
Würdigung  der  MiMiouathktigkeit  aaf  entapraebende  Vergünstigungen  Be- 
dacht zu  nehmen. 

Dem  Vorschlage  der  Kommission  gemftss  fasste  endlich  der 

Eolonialrath  folgende  Resolation: 

Der  Kolonialratb  ist  der  Ansicht,  dass  es  zur  Förderung  von  wirtbscbaftlicben 
UntemebmuDgen  in  den  deutschen  Schutzgebieten  und  zur  Belebung  des  Handels- 
verkehrs dieser  Schutzgebiete  mit  dem  Mutterlande  sich  empfiehlt,  die  Einfuhr  von 
Erzeugnissen  aus  den  deutschen  Kolonien  nach  Deutschland  durch  Befreiung  dieser 
Erzeugnisse  vom  Eingangszoll  oder  doch  durch  Ermässigung  des  Bingangszolls  zu 
erleichtern. 

Der  Kolonialratb  ersucht  die  Kaiserliche  Regierung,  in  dieser  Riehtang  eine 
Aenderung  der  deutschen  Zollgesetzgebung  herbeizuführen. 

Etats. 

Der  Reichstag  trat  am  17.  November  wieder  zusammen;  eiue 
beaehtenswertbe  Abänderung  hat  der  Etat  des  Auswärtigen  Amts 
erfahren.   Bisher  waren  in  demselben  die  Lokaletats  für  die  Kolo- 

nialgebiete  als  Anlage  beigefl^  Der  neue  Etat  enthielt  nur  noch 
das  Pauscliquantum  für  Maassroc^eln  zur  Unterdrücknng  des  Sklaven- 
handels u.  s.  w.  in  0!<tatiika  in  der  bislierigen  Höhe,  wozu  bemerkt 
wurde,  daäs  die  Erfahrung  eines  weiteren  Jahres  abgewartet  werdcu 
mfisse,  om  einen  ToraiisoUag  für  die  Verwendung  der  Ausgaben 
nad  Einnahmen  machen  zn  IcOnnen.  Es  kOnne  aber  als  zweifeiloe 
angesehen  werden,  dass  im  nächsten  Jahre  mindestens  dieselbe 
Summe  wie  in  diesom  Jalire  (2'  i  ^li'li<>iien  Mark)  nothii?  sein  werde. 
Die  Etats  für  die  Schutzgebiete  Kamerun,  Togo  und  Südwestafrika 
sind  dieses  Mal  im  ZusammenhaDg  mit  einem  Gesetz  über  die  Ein- 
nahmen nnd  Ausgaben  dieser  Sehntzgebieta  vorgelegt  worden. 

Bei  Kamemn  ist  die  Jabreseinnahme  von  270  000  Hk. 
auf  566  000  Mk.  erhöht  worden  durch  Verdoppelung  der  Zölle,  Ab* 
gaben  und  Gebühren.  Demgemäss  sind  auch  fast  alle  ein/einen 
Ausgabetitel  erhöht  worden;  die  Besoldungen  von  .'18  500  anf  Bo  100, 
die  anderen  persönlichen  Ausgaben  für  Weisse  von  40  600  auf  61600; 
diejenigen  für  Farbige  von  74  000  auf  100  000;  bei  den  enteren 
kommen  folgende  Posten  vor:  znr  Remnnerimng  von  HflUUehrem,. 
von  Dolmetschern,  Kansleigehülfen  und  Geholfen  für  den  Arzt; 
Transportkosten,  Löhnung  und  Verpflegung  für  Handwerker,  Arbeiter, 
Bootsleute  n.  s.  f..  beim  Gouvernement,  den  Bezirksämteni,  den 
Zollstatiunou  und  auf  dem  l'lussdaujpfer  „Soden*  und  endlidi  für 
die  Polizei truppe;  dieselbe  soll  aas  mindestens  50  Mann  bestehen. 
Zb  sadüiehen  nnd  gemisehten  Ansgaben  sind  171  800  Mk.  gegen 
55  000  Mk.  im  Vorjahre  angesetzt,  darunter  ein  ganz  neuer  Posten; 
.für  Expeditionen  nnd  Stationen  100  000  Mk.   Es  handelt  sich  hier- 


Kaektn«.  815 

bei  nm  vier  Stationen,  zwei  im  nördlichen,  zwei  im  südlichen  Theile 
der  Kolonie.  Da  in  denselben  auch  wissonschaftliche  Zwecke  ver- 
folgt werden,  so  wird  ans  dem  Afrikafooda  des  Aaswärtigeo  Amtes 
ein  ZuscbaBS  von  20  000  Mk.  gewährt. 

In  Togo  zeigt  sich  ein  Rficlcgang  der  Eiunahmen,  der  wohl  im 
ZQ8amnienhan<;e  mit  den  im  h<'iiachbarten  englischen  Gehiete 
«ergriffenen  Zolhnaassregeln  steht:  die  Einnahme  ans  Zöllen,  Steuern 
und  sonstigem  ist  daher  von  142  000  auf  116  000  Mk,  herabgesetzt. 
Die  Ausgabe  für  eine  schwar/e  l\»li/.eitrii])j)e  hat  sich  von  29  000 
auf  20  000  Mk.  vermindert;  auch  ist  der  Gärtner  in  Lome  entlassen 
worden.  Wie  im  Schatzgebiet  von  Kamenin,  so  hat  steh  aneh  in 
Togo  die  Herstellang  von  Verkehrswegen  in  das  Hinterland  als  das 
geeignetste  Mittel  zur  wirthschaftlichen  Erschliessnng  desselben  er- 
wiesen. Um  diesen  Zweck  thnnlichst  zn  fördern,  ist  die  in  den 
Etat  für  Togo  für  das  laufende  .lahr  eingestellt  gewesene  Summe 
zur  Ausführung  öffentlicher  Arbeiten  für  1892       erhöht  worden. 

Der  Etat  für  Südwestafrika  ist  auf  297  000  Mk.  festgesetzt, 
ist  also  nm  4700  Hk.  erhobt,  da  eine  Einnahme  in  dieser  Hohe  an 
Gebfihren,  Abgaben  n.  s.  w.  eingestellt  ist,  wfthrend  im  vorigen 

Jahre  nur  300  Mk.  als  Einnahme  berechnet  waren.  Die  einzelnen 
Gehaltsposten  sind  getrennt  aufgeführt:  der  Führer  der  Schutztrupfie 
erhält  9000,  sein  Stellvertn>ter  7ö<'0  Mk.,  der  Vorsteher  der  Berg- 
behörde 1()  500,  sein  Vermessungsbeanjter  7500  Mk.  Kennzeichueud 
ist,  dass  in  dem  Titel  der  fortdaoeniden  Ausgaben:  Besoldungen 
und  Pensionen  keine  Summe  ausgeworfen,  vielmehr  die  Bemerkung 
hinzugefügt  ist:  Etatsmässige  Landesbeamte  sind  im  südwestafrika- 
nischen Sehiitzgebiete  nicht  vorhanden.  Für  die  Krrichfnnu  der 
wirthschaftlichen  Versuchsstation  sind  wieder  25  OOO  .Mk.  ausge- 
worfen worden.  Das  Unternehmen  in  Kubub  ist  inzwischen  soweit 
gefordert,  dass  auf  dem  von  der  dentachen  Eolonial-Gesellsebaft  fttr 
SQdwestafrika  znr  Verfügung  gestellten  Grund  und  Boden  die 
nöthigsten  Gebftnde  nnd  Anlagen  hergestellt  worden  sind  nnd  mit 
der  Beschaffung  einer  Stammheerde  durch  den  Ankauf  von  1000 
Wollschafen  und  150  Angoraziegen  der  Anfang  gemacht  worden  ist. 
Zur  Vervollständigung  des  lebenden  und  todten  Inventars  in  einem 
dem  Zwedce  des  Unternehmens  entsprechenden  Umfange  bedarf  es 
noch  weiterer  Aufwendungen  im  gleichen  Betrage  wie  im  Yoijahre, 
deshalb  sind  25  000  Mk.  auch  in  den  nächstjährigen  Etat  als  Rest- 
zusehnss  zn  den  Kosten  dieser  Station  eingestellt  worden. 

Etatgesetz  fflr  die  Schntzgebiete. 
Der  dem  Reichstage  zugegangene  Entwurf  eines  Gesetzes  über 
die  Einnahme»  nad  Ansgäen  der  Schutzgebiete  hat  folgenden 

Wortlaut: 

§  1.  Alle  EiQDabmen  uml  Ausfftb«n  der  Schutzgebiete  mü^:jeu  für  jodes 
Jahr  veranscblagt  und  auf  den  Etat  der  Schutzgebiete  gebracht  werden.  Letzterer 
wird  vor  Be<.nriii  lios  ICtatsjahre-s  dur.  h  (lesetz  festgestellt.  §  2.  Bald  nnfrlich^t  nach 
Schtuss  des  Etatsjabres,  spätestena  aber  in  dem  auf  dasselb«  folgenden  zweiten 
Jaltr  iit  dam  Bnodtmitti  uad  dta»  RtickMag  Mm  Ueb«iiiebt  liaiatlicbtr  gm- 


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316 


Naehtraf. 


Dahmen  und  Ausgaben  des  erstereii  .Iahre><  vorzul«><ren.  In  dieser  Vorlage  sind  die 
über-  und  au^siteretatsmässigen  AusL'ahen  zur  ua<'lilrägliclieu  iionehinigunj;  besonders 
Dacbsuweisen.  Die  Erinnerungen  der  RechniiiiKsleguiig  werden  durch  die^e  Geoeb- 
ini'.'wuir  nicht  berührt.  §  3.  Uelier  die  Verwendung,'  aller  Kirinuhmen  ist  diircii 
den  Keicljs'üanzler  dem  Bundesrath  und  dem  Keichstag  zur  Kutla^tuug  jährlich 
Rechnung  zu  le>:cn  §  4.  Im  Falle  ausserordentlichen  Bedörfnisses  erfolgt  die 
Aufnahme  eiuer  Anleilie  sowie  di  •  Ufbernahme  einer  Garantie  zu  Lasten  eines 
Schutzgebiete«  im  Wejje  der  üesetzifebung.  5.  Für  die  aus  der  Verwaltung 
eines  Schutzgebietes  entstehenden  Verbindlichkeiten  haftet  nur  das  Vermögen  dieses 
Gebietes.  §  6.  Der  diesem  'Jesetz  als  Anla'je  bieiijefügto  Mtal  der  Schut/gehiete 
auf  das  Etatsjahr  1892/93  wird  in  Kinnahme  und  All^;:abL'  für  da.s  Schutzgebiet 
Kamerun  auf  566  000  Mk.,  für  das  Schutzgebiet  von  Togo  auf  1 16  000  Mk.  und 
für  das  sud wf  stafrikaiii.sche  Sehut/ijebiet  auf  297 '^00  Mk.  fest{ie>tellt.  Derselbe 
bat  auch  in  Zukunft  für  liie  Ktat-rujf>teliun>i  der  Schutzgebiete  als  Norm  zu  dienen. 
$  7.  Auf  Schutzgebiete,  deren  Verwaltungskosten  ausschlicsslieh  von  einer  Koio- 
nialiresellschaft  zu  bestreiten  .^inll.  ti-iden  die  Bestimmungen  dieies  Gesetzes  keine 
Anwendung.  Für  da.s  o>iafrikaui.s(  he  Schulzirebiet  treten  die  Vorschriften  unter 
§  1,  2  und  3  dieses  Ge>etzes  t'r>t  mit  dem  1.  April  1894  in  Kraft,  sofem  Dicht 
durch  kaiserliche  Verordnung  ein  früherer  Zeitpunkt  festgesetzt  wird. 

Bestrafaug  des  Sklavenhandels. 

Dem  I!(  i(  li>ta{^  war  ein  Gesetzentwnrf  betieffeiid  die  Bestrafung 
des  Sklaveiihaiuiels  (weleher  auf  S»'ite  202  in  den  Hauptpunkten 
angegeben  ist)  zugegangen  und  gleich  am  17.  begann  damit  die 
Debatte. 

Prinz  Arenberg  knfipfte  an  eine  Zeitnngsmeldiuig  an,  wonach 
im  deutschen  Togogebiet  der  Sklavenhandel  von  den  deatsohen 

Beamten  nicht  nur  geduldet,  sondern  gefördert  werde  und  ersuehte 
um  Aufklärung.  Geh.  Kath  Dr.  Kayser  hiloiite.  dass  snwohi  im 
Togo-  wie  im  Kameruugebiet  die  sogenannte  liausskiaverei  bestilude, 
eine  mildere  Form  der  Hörigkeit,  wie  wir  sie  anch  im  Hittelalter 
gekannt  hätten.  Er  bestreite  aber,  dasd  es  in  irgend  einem  miserer 
Schatzgebiete  Skhivenmärkte  gäbe.  Der  Uebergang  eine.s  Sklaven 
von  der  einen  Hand  in  die  andere  durch  Tausch,  Kauf  oder  ein 
anderes  Hechtsgesehäft  eharakterisire  sieh  im  wesentlichen  nur  als 
eine  Art  von  üesindeüberlas.suug.  Die  Behandlung  der  Sklaven 
ergiebt  sich  auch  unter  anderem  daraas,  dass  die  Sklaven  in  Bezug 
anf  Mord  und  Todtschlag  einem  Freien  ganz  gleichwerthig  gehalten 
werden,  ebenso  dass  Sklaven müdcben  frei  werden,  wenn  sie  einen 
freien  Neger  heirathen  und  dass  ihre  Kinder  frei  werden.  Alles  das 
sind  Recht >giuniisätze,  die  auf's  deutlichste  beweisen,  dass  diese 
Daussklaverei  kein  mit  besonderem  Drucke  iühlbares  Institut  ist. 
Der  einzige  Unterschied  liegt  lediglich  in  einem  Zwange  zur  Arbeit. 
Der  freie  Neger,  mag  er  sich  noch  so  sehr  durch  VertrSge  zur 
Arbeit  verpflichtet  haben,  arbdtet  nur  freiwillig  und  nie  gezwungen, 
nur  gegen  den  Sklaven  kann  ein  Zwang  zur  Arbeit  ausgeübt  werden. 
Nun  kommt  noch  hinzu,  dass  im  Tog(»gebiet  die  Sklaven  dort  in 
Dörfern  mit  ihren  Herren  zasammeiiwolmen,  während  es  im  Kameruu- 
gebiet besondere  Sklavendorfer  giebt,  die  sehr  weit  von  der  Efiste 
entfernt  liegen,  in  denen,  wie  der  Goavemeur  erst  kfirzlich  mifge- 
theilt  hat,  die  Sklaven  >irh  einer  ausserordentlichen  Freiheit  erfreuen, 
dass  es  mitunter  sehr  schwer  wird,  von  diesen  Sklaven  die  ihnen 


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Nachtrag. 


317 


obliegende  Arbeit  auch  zu  verlangen.  Man  sieht,  dass  ans  diesen 
aussorordentlichen  Verhältnissen  schon  fine  Art  Emanzipation  sich 
zn  entwickeln  beginnt.  Wenn  njan  diesen  Skhiv<Mi  die  Frcilicit 
geben  würde,  so  würde  mau  ihnen  keineswegs  eine  Wohlthat  er- 
weisen, wenn  man  nicht  gleichzeitig  auch  die  Sorge  dafSr  über- 
nimmt; im  Gegentbeil,  die  Freiheit,  die  sie  erwerben  würden,  wfirde 
nach  den  übereinstimmenden  Mittheilungen,  die  der  Rcijiening  ge» 
macht  worden  sind,  nur  eine  Freiheit  sein,  nämlich  die.  Hungers  zn 
st(Ml)eii.  l^iu  anderer  Knlstelinn^^sjiunkt  der  Sklaverei  sei  die 
Sklaverei,  die  durch  Schuldhaft  entsteht.  Auch  hier  ist  ein  Kecht»- 
grnndsatz,  den  wir  bei  allen  alten  Völkern  wiederfinden,  dass  der 
Schuldner,  der  seine  Schulden  nicht  bezahlen  kann,  der  Schnldknecht 
des  Glänbiyers  wird,  bis  er  von  seiner  Familie  oder  von  seinen 
Freunden  ausi^elöst  wird.  Auch  dieses  Institut  ist  so  eng  mit  den 
uan/eii  Kreditverhältnissen  und  dem  ganzen  Verkelirsleheu  der  Kiri- 
geboreuen  verwachsen,  dass  es  sehr  misslich  sein  würde,  dieses 
Institut  anfiniheben. 

Ganz  ebenso  wie  ich  hier  die  Znstftnde  in  unserem  Togo-  und 
Kamemngehiet  geschildert  habe,  sind  sie  an  der  benachbarten  engli- 
schen Goldkfiste  und  in  der  franzn-^isclH'u  Knlonie.  Wir  haben  zwar 
besondere  Verordnungen  und  (Jesetz«'  gegen  die  Sklaverei  der  Ei?)- 
geborenen  nicht  erlassen,  während  solche  Gesetze  iu  den  benach- 
barten englischen  und  finmzOeisehen  Kolonieen  beateben.  Ffir  unsere 
Kolonien  im  Togo-  und  Eamemngebiete  genfigt  es  vollständig,  daas 
die  Eingeborenen  unseres  Schutzgebietes  wissen,  dass  die  Regierung 
die  Sklaverei  als  ein  Keichsinstitut  nicht  anerkennt,  dass  die  Regie- 
rung jede  Mitwirkung  bei  (Jeschätten  über  Sklaverei  verweigert  und 
dasä  sie  Klagen  über  Sklaverei  nicht  annimmt,  ebenso,  dass  sie  bei 
irgend  welcher  grausamen  Behandlung  der  Sklaven  einschreitet 

Was  nun  Ostafrika  betrÜTc,  so  hat  auch  hier  der  Gouverneur 
sofort  die  Sklave  n  fr; i:;e  in's  Auge  gefasst.  Hier  ist  sie  d*  <\vi  i^en 
schwieriger,  weil  das  arabische  Element  dazwischen  steht,  welrlh  s 
nicht  bloss  selbst  Haussklaverei  treibt,  sondern  welches  auch  einen 
sehr  schwunghaften  Sklavenhandel  seit  Jahrhunderten  von  der  Küste 
aus  nach  Saoiailmr  und  den  fibrigen  Gegenden,  die  ein  Absatzgebiet 
darstellen,  getrieben  hat  Seit  Monaten  hat  aber  die  Marine  keine 
Sklavendaus  mehr  aufbringen  können.  Was  dagegen  die  Haus- 
sklaverei betrilTt.  so  bezeichnet  sie  der  Gouvenieur  nach  den  Ver- 
hältnissen, wie  sie  sich  historisch  an  unserer  Küste  entwickelt  haben, 
als  ein  durchaus  segensreiches  Institut,  das  ohne  Druck  empfunden  wird 
und  ohne  erhebliche  Störung  der  wirtbscbaftlichen  Beziehungen  nicht 
aufgehoben  werden  kann.  Es  ist  hier  auch  eine  erhebliche  Aende- 
rung  dadnrch  eingetret<'ii.  dass  wie  in  Westafrika  die  Behörden  eine 
ablehnende  Haltung  beobachten:  sie  wirken  nicht  mit  bei  0*^<(li;iften 
mit  Sklaven,  sie  nehmen  keine  Klaijen  an.  wo  es  sich  um  Sklaven 
handelt.  Der  (Gouverneur  berichtet  unter  dem  30.  August,  er  stehe 
auf  dem  Standpunkte  und  habe  diesem  Standpunkt  öffentlich  Ans- 
druck  gegeben,  dass  die  Sklaverei  als  öffentliches  Institut  nicht  «n- 


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318 


Nächtig. 


erkannt  werde,  und  dass  somit  rechtliclie  Konsequenzen  daraus  nicht 
abgeleitet  werden  künuten,  dass  aber  der  thatsächliche  Zustand  der 
wäre,  dass  die  Sklaverei  geduldet  werden  müsste.  £iue  plötzliche 
AbsehAffQDg  dereelben  wflrle  auf  lebhaften  Widerstand  stomen,  nnd 
es  sei  eine  AendeniDg  in  dieser  Beziehung  nur  schrittweise  mdfiicfa; 
dem  entsprechend  hahc  er  auch  die  deutschen  Beamten  und  nament- 
lich die  Bezirkshauptleute  ane^ewiesen.  sich  bei  der  Sklaverei  jeder 
amtlichen  Einwirkung  zu  enthalten,  um  der  Bevölkerung  nicht  den 
Schein  zu  geben,  als  ob  die  Sklaverei  in  irgend  einer  Weise  von  den 
Behörden  anerkannt  wftrde.  Daraus  folgt  nun,  daas  die  Stntfgewalt 
des  Herrn  aar  Zeit  in  ein  Zaehtignngsreeht  Terwandelt  ist,  dass  es 
fsmer  eine  Aasfbhr  von  Sklaven  nicht  mehr  giebt,  dass  diese  viel- 
mehr strafbar  und  verboten  ist,  ebenso  verboten  aber  auch  der 
Aufkauf  PVemder  als  Sklaven.  Nur  das  eine  muss  ich  hervorheben 
—  und  das  erwähnt  auch  noch  ausdrücklich  der  Gouverneur  —  das 
übliche  Tauschen,  Verkanfsn,  Versehenken  des  einzelnen  Sktaven 
wie  es  bisher  unter  den  Eingeborenen  dort  in  Uebnng  war,  bestdit 
auch  jetzt  noch  weiter.  Der  Grouvemeur  hat  femer  eine  besondere 
V'  rordnnng  unter  dem  1.  September  d.  J.  erlassen,  in  welcher  zu- 
nächst ausijcsprochen  wird,  dass  jeder  Sklave,  der  von  einem  Ein- 
geborenen an  einen  ^'ichteiugeborenen  verkauft  wird,  gauz  von  selbst 
die  Freiheit  erhftlt  Es  ist  f&r  den  Freibrief  eine  ganz  beaeDdere 
Form  vorgeschrieben,  und  es  ist  endlich  die  Abmaehnng  flir  znl&ssig 
erklärt  worden,  wonach  der  Sklave  si(  h  von  seinem  Herrn  soll  selbst 
loskaufen  dürfen.  Doch  muss  eine  derartige  Vereinbarung  —  so  heisst 
es  im  §  3  der  Verordnung  —  vor  einer  deutschen  Behörd«'  schriftlich 
abgeschlossen  werden  und  unterliegt  ihre  Genehmigung  derselben. 
Die  Behörde  hat  das  Interesse  der  Losznkanfsnden  dabei  zu  wahren. 

Was  den  angeblichen  Sklaventiandel  im  Togogebiet  anbetrifft,  so 
verlas  Dr.  Kayser  Briefe  des  gerade  in  Berlin  sich  Miflialtenden 
Kaiserlichen  Gouverneurs  von  Kamerun,  Herrn  Zimmerer,  welcher 
bis  zum  Herbst  voricfen  Jahres  Kommissar  in  Togo  gewesen  war, 
und  des  Herrn  v.  Futlkamer,  der  als  Nachfolger  des  Herrn  Zimmerer 
seitdem  die  Geschfifte  bis  zum  Frfthjahr  dieses  Jahres  in  Togo  ge- 
flhrt  hat  In  dem  Berichte  des  Letzteren  wurde  gegenüber  den  Be- 
hauptungen des  Afrikareisenden  G.A.  K rause (siehe Kol.  Jahrb  Jahrgang 
1889.  Seite  205  und  18«)0,  Seite  158)  festgestellt,  es  sei  vollkommen  un- 
richtig, dass  die  meisten  von  den  nach  Salaga  gebrachten  Sklaven 
nach  dem  deutschen  logogebiet  weitergingen.  Die  grosse  Mehrzahl 
derselben  verbreitet  sich  von  Familie  zu  Familie,  von  Stamm  zn  Stamm 
langsam  in  den  verschiedensten  Gegenden,  ohne  je  mit  der  Küste 
oder  einem  unter  europäischer  Schntzherrschait  stehenden  Gebiet  in 
Berührung  zu  kommen.  Ein  sehr  geringer  Brnchtheil  der  Sklaven 
kommt  mit  Handelskarawanen,  welche  Haute,  Leilerwaaren,  Vieh  und 
Pferde  und  sonstige  Produkte  aus  dem  iuneru  mit  .sich  führen,  zur 
Eflate,  von  dieser  aber  nataifemles  wieder  der  bei  wntem  grbaste 
Theii  nach  den  Plätzen  der  eng^hen  Goldkfiste,  hauptsächlich  naeh 
Akkra,  wohin  die  alten  lang  gewduten  Handelsatrassen  fühlen  nnd 


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NMhtng. 


319 


wohin  der  seit  Menschenaltern  be{?rün(lete  Ruf  eines  gewaltigen 
Waaren-ümsatzes  die  Handelsleute  in  grossen  Schaaren  an  sich  lockt. 
Von  solchen  Handelszügen  zweigen  sich  verhältnissniässig  nur  ver- 
einzelte Gruppen  nach  dem  deatscheu  Togogebiet  ab,  wo  der  junge 
Handel  eben  erst  im  AnfblOhen  begrilFen  ist.  Dieselben  werden  im 
dentschen  Togogebiet  genau  so  behandelt,  wie  ihre  Genossen  an  der 
englischen  Goldküste,  d.  h.  sie  tauschen  ihre  Waaren  ungehindert 
siegen  europäische  Artikel  ein  und  kehren,  nicht  nur  mit  Schnaps, 
Pulver  und  (Gewehren,  sondern  aueli  mit  Baumwollenzeugen,  Seide 
und  dergl.  beladen,  in  ihre  Hcimath  zurück.  Dasä  Sklavenhändler 
mit  Sklaven  als  Waare  an  die  Küste  kommen,  ist  einfach  nnwahr, 
denn  sie  wissen  ganz  genan,  dass  letztere  nor  zu  entlaufen  brauchen, 
um  frei  zu  sein,  da  an  der  ganzen  Kflste,  anch  im  Togogebiet,  der 
Sklavenhandel  nicht  geduldet  wird. 

Für  die  Abschaffung  der  Sklaverei  in  unseren  Schutzgebieten 
wirkten  nicht  allein  Gesetze  und  Verordnungen,  es  müsste  dabei 
die  Zivilisation  das  ihrige  thuu,  nnd  es  liege  namenflich  darin 
eine  der  schönsten  Aufgaben  unserer  Missionsgesellschaften.  Noch 
niemals  sei  seitens  der  Missionsgesellschaften  eine  Klage  laut  ge- 
worden, wegen  des  Verhaltens  der  Regierung  in  der  Sklavereifrage. 
Dies  sei  um  so  wichtiger,  als  diese  Sklavenfrage,  und  namentlich 
auch  die  Haussklaverei  das  Werk  der  Missionen  sehr  wesentlich  er- 
schwere; denn  mit  der  Hanssklaverei  pflege  anch  die  Vielweiberei 
verbunden  zn  sein. 

Die  Regierung  könne  fftr  sich  in  Anspruch  nehmen,  dass  sie 
nach  ihren  Kräften  die  Missionsgesellschaften  in  ihren  Bestrebungen 
unterstütze,  und  sie  habe  auch  die  P'rende,  zu  konstatiren,  dass  diese 
Unterstützung  von  den  Missionsgesellschaften  beider  Konfessionen  mit 
Dank  anerkannt  werde. 

Abg.  Rintelen  (Ctr.)  erklärte  sich  mit  den  Ansffthrungen  des 
Vorredners  im  Allgemeinen  zufrieden,  wrinschte  aber  im  Speziellen 
eine  noch  eingehendere  Unterdrückung  auch  der  Haussklaverei :  man 
könne  nach  der  kurzen  Zeit  der  Bestrebungen  zur  Unterdrückung 
des  Sklavenhandels  nicht  zu  viel  erwarten,  aber  die  Verwendung  vou 
Hanssklaven  anszorotfeen  dflrfte  bei  der  Energie  der  Eolonialbeamten 
nicht  schwierig  sein. 

Das  Gesetz  wurde  dann  eiper  Kommission  von  14  Mitgliedem 
aberwiesen. 

Am  27.  nahm  der  Keichskaiizler  die  Gelegenheit  wahr,  um 
das  deutsch-englische  Abkommen  vom  vorigen  Jahre  za  vertbei- 
digen  nnd  die  Ansicht  ansznsprechen,  dass  wir  mit  dem,  was  wir 

bekommen  hätten,  vollkommen  zufrieden  sein  könnten.  Bei  der 
ersten  Berathung  des  Gesetzentwurfes  über  die  Einnahmen  und  Aus- 
gaben der  Schutzgebiete  am  1.  Dezember  bekämpfte  Herr  Bamberger 
wieder  die  Kolonialpolitik  mit  denselben  Gründen,  welche  bereits 
frOher  ansfährlleh  wiedergegeben  sind  (S.  137),  Dr.  Kayser  ant- 
wortete, und  l&r  die  Koionialpolitik  sprachen  noch  Abg.  v.  Strom- 


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320 


Nachtnf. 


beck  (Z.)  und  Abg.  Scipio.  Neucfj  kam  dabei  wenig  zu  Tajje:  es 
stellte  sich  aber  heraus,  dass  das  Zentrum  nach  wie  vor  der  Kolonial- 
politik günstig  sei.  Da  aber  iiedeoken  iu  praktischer  Beziehung 
gehegt  worden,  wenn  die  Schatzgebiete  ab  selbstatftndige  icorporative 
Verbände  gedacht  wfirden,  so  wurde  die  Vorlage  an  die  Bndget- 
kemmission  zur  Vorberathong  flberwiesen. 

Eisenbahn-Gesellacbaft  für  Deutsch-Ostafrika. 

Der  Reichsanzeiger  hat  einen  Auszag  aas  dem  Gesellschafts- 

vortrage  der  Fi^  nhahn-GMellschaft  für  Deatsch-Ostafrika  (Usambara- 
Lini»)  veröffentlicht,  dem  wir  Folgendes  entnehmen:  Die  Gesell- 
srhaff  hat  ihn-n  Sitz  in  Berlin.  Ihr  Zweck  ist:  in  Deutsch- 
Ostatrika  Eiseubabueu  und  etwa  dazu  dienliche  UaiVuanlagen 
za  banen,  anszarfisten,  za  erwerben  and  za  betreiben,  oder  be- 
treiben zn  lassen,  bei  anderen  Eisenbahn  -  Untemehmangen  sich 
za  betheiligen,  Lagerhäuser  zu  errichten  and  über  die  in  Ver- 
wahrung genommenen  Güter  Latrerschcine  ans/nstellen,  sowie  Lände- 
rcicn  /u  verwerthcn.  Zunächst  wird  die  tit'sellschaft  eine  Eisenhahn 
von  Tauga  nach  Korogwc  auf  Grund  der  von  der  Kaiserlichen  Re- 
gierong  ertheilten  Konzession  baaen,  aasrfisten  and  betreiben.  Das 
Grandkapital  ist  aaf  2  Millionen  Mark,  eingetheilt  in  1500  Antheile 
zu  je  1000  Mark  und  2500  Antheile  /u  je  200  festgesetzt.  Die 
Antheilsscheine  lauten  auf  den  Inhaber.  Die  Hauptversammlung 
kann  über  die  Erhöhung;  des  (Irundkapitals  bis  zu  15  Mill.  Mark  he- 
schliesseu,  sowie  die  Bedingungen  für  die  späteren  Verausgabungen 
feststellen  and  eventnell  Vorzugsrechte  IQr  die  nen  aaszngebenden 
Antheile  bestimmen.  Es  folgen  weitere  Bestimmungen  über  Er- 
neuerungsfonds, Gewinnvertheiluug  und  Auflösung  der  Gesellschaft. 
Die  Aufsicht  über  die  Gesellschaft  wird  vom  Reichskanzler  geführt. 

Von  Emin  Pascha. 

Nach  einem  dem  Kaiserlichen  Goavernenr  Freiherrn  von  Soden 
ans  Bukoba  unter  dem  1.  August  von  Lieutenant  Langheld  er- 
statteten Bericht  traf  am  19.  .luli  ein  Mann  aus  Kon^Ljwe  in  Bukoba 
ein,  welcher  meldete,  Eo)in  Pascha  sei  bis  Usongoro  im  forden  des 
Albert  Edward  Nyanza  vorgedrungen,  habe  sich  dort  mit  seinen 
frfiheren  Leaten  aas  der  Aequatorial- Provinz  vereinigt  und  siegreiche 
Gefeehto  bestanden:  er  sowohl  wie  Dr.  Stuhlmann  befänden  sich 
wohl:  darüber,  ob  und  in  wie  weit  der  M*'ldunir  dieses  Mannes 
(ilauben  zu  schenken  ist.  spricht  sieh  Lieutenant  Lan^held  niclit  aus. 
Jjirekte  briefliche  Nachrichten  von  Emin  Pascha  sind  nicht  an  die 
Kaste  gelangt. 

Bericht  des  Lientenants  Langheld. 

Seitens  des  Premier-Lieutenants  Langheld  ist  d.  d.  Bnkoba,  den 
22.  August  1891,  an  den  Kaiserlichen  Gouverneur  Freiherm  von 
Soden  ein  Bericht  erstattet  worden,  dem  wir  folgendes  entnehmen: 

Die  Bevölkei'UDf?  unseres  Theiles  des  Viktoria-Nyanza  ist  im  Allgemeinen 
ein  leicht  zu  behandelndes,  fast  noch  ganz  unt>erührtes  Volk.  Auch  der  Einflnu 
der  Araber  iit  su  jungen  Datams,  nm  iifend  welche  Spuren  snräekgekaaen  haben 


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NaditTH.  321 

2U  krituHM).  So  ■>('hvn  sip,  Wasukmna  wie  Wasiba,  fal  dem  Kuropäcr  mehr  den 
Mann,  welcher  ibneu  seine  Sachen,  sei  es  für  geleistete  Arbeit,  sei  es  für  Tausch* 
artiket,  bringt,  als  ihren  Hemeher.  leb  flanbe  webl  in  den  Sinne  meiner  Von;e> 
setzten  gehandelt  tu  haben,  dass  ich  dieser  AufTassung  nicht  zu  schroff  entgegen- 
getreten bin,  sondern  nnr  in  Fallen,  wo  es  unbedingt  uöthig  war,  mit  ueineu  Sol- 
daten eingeeebritlen  bin.  Entgegenfeeetst  den  Waniamweeie,  welche  dnreh  das 
viele  ,tiir  Küste  pehon"  !^chon  mehr  dem  Wangwana-Wesen  sich  nfiherii  und  be- 
vor sie  eine  Dieustleiätung  thun,  erst  den  Lohn  dafür  in  der  Uaud  haben  müssen, 
sind  die  hiesigen  Leute  stets  bereit,  dem  Europäer  nnd  seinen  Leuten  xn  helfen 
vnd  ruicli  ohne  Entgelt  sie  zu  unterstützen.  So  habe  ich  z.  15.  hier,  trot/jlein  «Ii»« 
Statiousarbeiten  schon  über  sechs  Monate  währen,  immer  noch  von  allen  benach- 
barten Sultanen  freiwillige  Leute  snr  Arbelt,  welche  mir  doch  eine  sehr  angenehme 
Unterstutsun^  >in<l,  wenn  ihre  Arbeit  im  Rin/.elnen  auch  nicht  in  Entferntesten  an 
die  Arbeitsleistung  eines  Soldaten  heranreicht. 

An  manchen  Tagen  erreicht  die  Ansahl  dieser  freiwilligen  Arbeiter  die  Höhe 
TOn  60()  Maiin. 

Die  einzelnen  für  die  hiesige  Station  in  Betracht  kommenden  Sultane  halten 
sich  gegenseitig  die  Waage,  so  dass  es  bei  den  stets  vorhandenen  Feindschaften 
zwischen  ihnen  leicht  ist,  von  Allen  etwas  zu  erlangen,  ohne  dafiir  zu  viel  ge- 
währen ZU  müssen.  An  Macht  gebietet  ein  hiesiger  Sultan  über  400  bis  600  Ge- 
wehre nnd  SOOO  bis  5000  Speertrftger  durchschnittlich,  doch  sind  sie  sehr  friedlie- 
bende Leute  tind,  wenn  es  zum  Kampf  kommt,  sehr  feige.  Der  Sultan  von  K  t- 
rag«e,  fünf  Ti^emärsche  westlich  von  hier,  soll  über  das  l)reifache  der  angegebe- 
nen MacbtrerhiTf  nfsse  verfugen.  Dr.  Bmin  Pascha  theilte  mir  mit,  dass  er  mit  dem- 
seibin  einen  Vcrlrap  und  Dr.  Stubimann  mit  ihm  Mlutsfieundschaft  geschlossen 
habe.  Den  Wortlaut  des  Vertrages  habe  ich  nicht  erhalten.  Kiu  weiterer  mächti- 
ger Chef  im  Gebiete  des  Sers  ist  Kassassnra  ton  üsuf,  welcher  frdher  starken  Hongo 
gefordert  haben  soll.  Stanley  entschloss  sich  auf  seiner  letzten  Bspedition,  dieses 
Land  zu  umgehen,  da  er  kriegerische  Verwicklungen  füccbtete. 

In  der  letzten  Zeit  habe  ich  von  keinen  tJebergrilfen  mehr  gehört,  er  hat 
aber  auch  keine  Ot  sandtcn  wie  die  übrigen  Sultane  hierher  entsendet. 

Sein  Reich  liegt  südwestlich  von  hiesiger  Station.  Ausser  Roma,  welcher  den 
Deutschen  dnreh  die  Niederwerfbng  Kilimiras  sehr  verpflichtet  ist,  ist  dann  bis 
Hoansa  kein  weiterer  L'rÖN^ercr  Herrscher.  Nördlich  von  Moansa  ist  der  Sultan  der 
Halbinsel  Ukerewe  wohl  der  Mächtigste,  doch  ist  mir  das  Land  dort  zu  wenig  be- 
kannt, um  über  Verhftltnisse  nördlich  von  Moansa  ein  ürtheil  tu  flllen. 

Der  g^Ö8ste  Theil  aller  dieser  I/iiider  war  früher  den  WagMuda  trihutür,  do  Ii 
seitdem  die  Streitigkeiten  zwischen  der  englischen  und  französischen  (evangelischen 
und  katholischen)  nrtei  in  Uganda  ausgebrochen  sind,  haben  sie  sich  um  diese 
Länder  nicht  mehr  bekümmert,  und  jetzt  Mnd  die  Waganda  theils  noch  zu  -«ehr 
mit  sieb  selbst  und  ihren  äusseren  Feinden,  den  Wanyoros,  beschäftigt,  theils  haben 
sie  einen  zu  grossen  Respekt  vor  unserer  Macht,  um  je  wieder  etwas  g^n  diese 
Gebiete  zu  unternehn  en.  Die  kommerziellen  Verhältnisse  haben,  wie  die  politi- 
schen, auch  in  den  letzten  Zeiten  mehrfache  Wandelungen  erfahren.  Nachdem  der 
Mubamedanfsmus  durch  Mnanga  zu  Boden  geworfen  woraen  war,  hatten  sich  ein- 
zelne übri^'  lileil»ende  Araber  an  das  Südoinle  des  Sees  zurückgezogen  und  trieben 
Über  denselben  einen  starken  üandel  mit  Stoffen,  Pulver  nnd  Gewebren  geg^n 
Elfenbein  und  Sklaven. 

Ilir  Sitz  war  am  Südost-Ufer,  die  Strasse  Tabora-Msalrila  (oder  Nura)-Mas>aiisa. 
Durch  häufige  Einfalle  der  Waganda  beuniubigt,  nahm  der  Handel  dort  mehr  und 
mehr  ab,  bis  ihm  Dr.  Bmin  Pascha  durch  die  Einnahme  von  Hasssnsa  den  Todes- 
stoss  versetzte.    .Jetzt  denkt  keine  aralusche  Karawane  mehr  daran,  iliescn  We^  zu 

Sehen,  und  kein  Araber  wird  sich  mehr,  für  die  nächste  Zukunft  wenigstens,  am 
stufer  des  Sees  niederznlassen  w^n.  Nur  Mr.  Stokes  sitzt  in  Hoama  mit  sei- 
nen Waaren  und  versendet  dieselben  auf  seinem  Boote  über  den  See«  Er  hat  den 
Vortheil  erkannt,  welchen  er  durch  das  billige  Trägermaterial,  die  Wasukuma,  hat, 
vad  Usst  jetzt  seine  Lasten  von  Waniamwesi  nnr  bis  üsango  tragen  und  sendet 
dann  na«h  U>aiigo  die  billigeren  Wasukuma,  um  sie  zum  See  zu  bringen. 

Die  Araber  haben  sich  jedoch  andere  Karawauenstrassen  eröffnet    Sie  gehen 
jetzt  von  Tabon  durch  Msala'a,  Mbogue  an  das  Westufer  des  Sees  und  treiben 
Xotoolales  Jahrbeeb  189L  oi 


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332 


Nacbtnfir» 


nur  noch  auf  dem  Landwege  Uaodel.  Ihnen  •ehliessen  sich  schon  Tiele  Waniam- 
wesi-Karawnnen  an,  und  lo  sind  x.  B.  im  Monat  Jult  vierzehn  Karawanen  mit  über 

im  rSanzen  10(X)  StolTlasten  Iiier  durcbsrckommen,  um  theils  in  unserem  Gebiete, 
tbeils  nach  Nkole,  Unjoro,  Uganda  bis  zum  Albert  Eduard-See  hin  Handel  zu  trei- 
ben. Bis  jetzt  sind  diese  Karawanni  nur  das  trowesen,  als  was  sie  sich  ausf^aben, 
Hamlelskarawauen,  welche  für  ihre  Stoffe  Elfenbein  suchen.  Gewehre  und  l*ulver 
führten  sie  in  nur  sehr  geringer  Menge  mit  sich,  so  dass  ich  sie  mö);licb8t  unter- 
«tfitzt  und  aa  Btmi  Siffl  in  Tabora  (resehrieben  habe,  er  möge  die  Araber  in  Ta> 
bora  aufforderBf  Xarawanen  hierher  zu  senden. 

Ich  bin  nberaeitgti  dass  sich  der  hiesige  Handel  mehr  und  mehr  heben  wird, 
da  nach  Aussagen  aller  Karawanenfnhrer  in  hiesiger  Gegend,  sowie  in  den  Theilen 
nördlich  unseres  Gebiets  das  Elfenbein  am  billitrsten  sein  soll. 

Sollte  aber  jemals  der  Versuch  gemacht  werden,  hier  Sklaven  zu  handeln,  so 
bin  ich  mit  den  mit  mir  Hand  in  Hand  gebenden  Eingeborenen  stark  |?enug,  auch 
dar  >lüik.sten  Araberkarawane  mit  Erfolg  pepenübertreten  zu  können. 

Die  Gründe,  welche  mich  zur  Wahl  Bukobas  zur  Uauptstatiou  bestimmen, 
sind  folgende; 

I)  der  l'nterhalt  einer  Station  in  Rukoba  wäre  leicht  von  den  Einwohnern 
aufeubringen,  wie  ja  .«chon  jetzt  die  geeammte  Stationsbesatzong  nur  von  Liefe» 
mngen  Eingeborener  verpflegt  wird. 

8)  Ist  für  dl«  Oefenwart  Bnkoba  der  Haupthandda-  uod  Verkahraplata 
am  See. 

3)  Ist  die  Verbindung  Ugandas  mit  dem  Sädnfer  des  Sees  nur  längs  der 

Westküste  de>isellpen. 

4)  Ist  Bukoba  für  die  Aufnahme  einer  Besatzung  von  100  Mann  erbaut. 

5)  Ist  Bukoha  der  gesundeste  Platz  an  unserem  Theil  des  Sees. 

Eine  Station  in  ^loansa  halte  ich  nothwendig,  um  die  Verbindung  mit  der 
Kaste  aufrecht  zu  erhalten  und  eine  leichtere  Kontrole  über  den  Bootsverkehr  auf 
dem  See  vornehmen  zu  können:  ausserdem  hätte  diese  Station  die  Ruhe  und  Ord- 
nung in  Usukuma  aufrecht  zu  erhalten.  Da  dort  nur  viele  kleine  Sultane  sind,  so 
würde  eine  Macht  von  25  .Mann  hinreichen.  Welche  Station  im  Laufe  der  Zeit 
Uauptstatiou  werden  wird,  ist  wohl  bei  den  jetzigen  Verhältnissen  noch  nicht  ab- 
zu.sehen,  jedooh  ist  es,  wenn  die  Regierung  einen  Dampfer  auf  dem  See  besitzt,  bei 
der  Ausdehnung  desselben  stets  leicht  mögrlicb,  innerhalb  zweier  Tage  die  Truppen- 
macht aller  Stationen  an  einem  bedrängten  Punkte  zu  vt reinigen. 

Von  Elfenbciu-i-hätzcn  des  Dr.  Emin  Pascha  sind  mir  nur  die  in  Massansa 
konfiszirten  bekannt,  welche  mit  Bericht  und  Verzeichniss  im  November  1890  von 
mir  zur  Küste  gesandt  wurden.  Ausserdem  übergab  Dr.  Emin  Pascha  mir  hier  ca. 
lOOO  Pfd.  Elfenbein,  welches  ich  mit  Mr.  Stokes  zur  Küsto  sandte.  Ausserdem 
habe  ich  etwas  Elfenbein  hier  gesammelt,  dass  ich  auf  ca.  1200  Pfd.  taxire.  Auch 
Feldwebel  Hoffmann  in  Moansa  hat  für  die  Regierung  etwas  Elfenbein  erhalten.  Er 
berichtete  bisher  über  sechs  Zähne.  Vou  weiteren  Elfenbeinschätzen  des  Dr.  Etnin 
Pascha  weiss  ich  nichts,  es  sei  denn,  dass  er  auf  dem  weiteren  Verlaufe  der  Expe- 
dition seit  dem  Uärz  1891  Elfenbein  gesammelt  habe. 

Haii|»t  iji  a  iin  v.  (!  ravenreut  h  f. 
Eine  Trauerbotschaft,  die  in  den  weitesten  Kreisen  lebhaftes 
Bedauern  erregte,  liat  der  Telegraph  aus  ivameruu  übunuittelt. 
Wie  der  stellvertretende  Kaiserliche  Goavemear  unter  dem  16.  d.  H. 
meldete,  ist  der  Hauptmann  Freiherr  v.  Gravenrenth  auf  dem 
friedlichen  Vormarsch  vor  Buca  angegriffen,  nach  drei- 
tägiger Belagernng  bei  Einnalmic  der  Stadt  heldenmüthig 
gefallen.  Der  Tod  des  Hauptmanns  Freiherrn  von  (rravenreiith 
bedeutet  einen  schweren  Verlust  für  die  koloniale  Eutwickelung, 
welcher  seit  Beginn  der  Verstorbene  seio  Leben  gewidmet  hatte. 

Kail  Freibanr  von  Gnveoieuth  mr  am  18.  Desenbar  1858  ala  Sohn  des 
bayerischen  Kinnerers  Freiheini  von  Oravenrauth  geboren.  Am  80.  Jali  1S77 


Naebtraf. 


323 


trat  ar  in  das  3.  Königlich  bayeri-che  Infanterie-Regiment  ein  und  wurde  am 
7.  Hai  1879  zum  iSecood-Lieuteoant  ia  deooMlbea  Regimeut  befördert.  Seine 
Kameradscbaftliehkait  «ad  rittaiü^«  Oetfanoag  machten  ibn  bald  m  eimai  be- 
liebten Mitßüede  de«  Offizi6r>KorpR,  seine  militärische  Tüfhtijikpit  erwarb  ihm  ilie 
ADerkeDDuog  seiner  Vorgewiatan.  —  im  Februar  1885  suchte  er  seine  Versetzung 
zu  den  Offizieren  der  Reeenre  nach,  um  aieb  einer  Expedition  nach  dem  Innern 
Afrikas  anzuschliaa«en.  Er  trat  zunärhst  in  den  Dienst  der  <>'?tafrikaniscbea  Gesell- 
ecbaft  und  wurde  wagen  seiner  vorzüglicben  Haltung  bei  der  Verwaltung  und  Ver- 
tbeiiliRvng  Bagamoyos  vom  Kaiser  Ende  1888  mit  dem  Rothen  Adler*Orden  vierter 
XlaaM  mit  Schwerttrn  i  /HirluH  t.  Zu  Keginn  des  Jahre««  1889  trat  er  in  den 
Dienrt  des  ßeicbskomniüssars  und  wurde  gleichzeitig  unter  Stellung  k  la  auite 
seines  Tnippentbeils  tum  Premier-Lientenant  befördert  Br  fibemabm  tuniebst  die 

VeitrftiiritT  t|'>  Hcirhsknmmissars  in  l'.i'rün  tind  tring  demnächst  wiederriin  nach 
Ust-Atrika,  wo  er  einen  bedeutenden  Antbeii  au  der  Niederwerfung  des  Aufstandes 
hatte,  z.  B.  bei  der  Erstirmnng  des  Lagers  Ton  Bnsebiri  bei  Bagamoyo  am  8.  Hai, 
sowie  bei  der  Kinnahme  von  Saadaui  am  fi.  Juni  1889.  Als  der  Reichskommi<;sar 
im  September  eine  grössere  Expediion  nach  Upwapwa  unternabm,  vertrat  üraven- 
renth  denselben  an  der  Kflste  nnd  lieferte  am  19.  Oktober  daa  bekannte  Gefecht 
bfi  Joinbo  pepen  Busohiri,  diir'  !i  w^-lifs  er  die  Küste  V'>r  «Icr  \'(  rhponinp  durch 
die  vou  Buscbiri  zu  Uilfe  gerufenen  wilden  Horden  der  Matiii  scbützle.  Ende  188i* 
und  Anfeng  1890  sicherte  er  durch  eine  grössere  Expedition  das  Hinterland  von 
I?  i|;;amnyo  tiTul  Saadani  und  nahm  am  4.  Januar  an  ilor  Krsttlrmnn,.'  ticr  I^cfestipung 
Buäcbiri's  bei  ^lembule,  sowie  am  8.  und  9.  M&rz  1890  an  der  Diuuabme  vou  l'ala- 
raakaa  Theil,  wo  die  letzten  Reste  der  Aofrtlndisehen  zersprengt  wurden.  Seine 
aagcprifTene  Gesundheit  nöthistc  ihn,  im  April  1^90  oinen  Ifingenni  Urlaub  anzu- 
treten. Für  seine  Verdienste  erhielt  üravenreutb  den  königlich  preussiscbeu 
Kronen>Orden  dritter  KbMse  mit  Sebwertem  und  das  Rftterkreus  zweiter  Klasse  des 
königlich  bayeri'il  hpn  Miütair-Verdienst-Ordons.  Seine  Beförderung  zum  TTi'ijittmnn 
erfolgte  im  September  läUO.  I>ocb  wurde  er  nicht,  wie  vielfach  erwartet  wurde, 
zum  Kommandeur  der  Ostafrikaniachen  Schutztrappe  ernannt  Nachdem  er 
einif^e  Zeit  im  Atiswilrtipen  Amte  gearbeitet  hatte,  wurde  er  mit  der  Leitunp  der 
südlichen  Forscbungsexpeditiou  im  Utnterlande  von  Kamerim  betraut  und  reiste 
am  5.  Juli  an  seinen  Bestimmnngaort  ab. 

Ueber  die  Eftmpfe  gegen  die  Abo- Stämme  ist  bereits  Mher 

(S.  226)  Ijeriehtet  worden.  Weshalb  Gravenreuth  den  Zug  goijen 
Biiea  ;iin  Kamerniigobirge  unternahm,  ist,  da  wir  diese  Zeilen  sciireiben, 
noch  nicht  völlij;  iiufq;('kliirt. 

Zum  Führer  der  Expedition  ist  der  frühere  Chef  Rauisay  vou 
der  ostafrikanischen  Schntztrappe  aasersehen,  welcher  Mitte  Dezember 
nach  Kameran  abgereist  ist. 


Pro  2:r;i  mma  tische». 

Anf  einen  Brief  dos  Lieutenant  Sigl  aus  TalMua.  in  dem  das 
Treiben  der  sklavcnliandelnden  Araber  grell  Ixdeiichtet  wird,  henierkt 
der  Gnuverneur:  „Dieser  Bericht  dürfte  zu  der  L'eherzeuguni;  führen, 
dass  eine  Verstärkung  unserer  Position  in  Tuboru  dar>  h  Erhöhaug 
der  dortigen  Besatzung,  sowie  durch  zeitweise  Entsendung  einer 
grösseren  Kxji  'ditions-Truppe  gewiss  \\  inivchenswertii  erscheint,  da-s 
aber  die  Ausdehnung  einer  eigentiich'-n  deutschen  Knlonialherrsrliaft 
bis  nadi  jenen  Gegenden  zur  Zeit,  wo  wir  eh"U  ^rst  an  der  Küste 
festen  l''uss  gel'asst,  ein  abeuteiu  riiclies  Bei;inni'n  wäre,  wodurch  selbst 
das  bisher  Erreichte  wieder  in  Frage  gest*  ilt  werden  könnte!" 

(Kol.-Blatt  Nr.  25.) 


81* 


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zu 


Idtentur. 


Literatur. 


Aflrlk«. 


SMdliii-Dragoiiwu  ▼od  Dr.  F.  FMbwr  tob  NattsIbUdt  Lalpdc,  F.  A.  BrochhaitK 
189L  Dtf  Vetfuser  htt  daa  aehiirlarfff«  Matt rial  «ttimd  ailMa  Aaflnfhallaa  m  Dcniscb-Ottafrlka 
■Maamatt  und  in  daai  feaaBBtan  Warin  aahr  faaelddkt  baarbaltet  Ba  lal  talaa  OnmmaiUc,  da 
dar  MSaahall'Dfacoaun*  di«  Aalk^ba  bat,  aaHMt  tSu  Gaaprleb  mtt  daa  Nagam  ftbar  die  nöthig- 
atan  Diaca  es  atniglialiaa.  Ola  VBaatbabrUeban  fiaaiBiatikatiaebaB  UBtanrabBanB  fehlen  aber 
la  daoi  warita  Blifet  mldiaa  aach  mit  afaiaai  aahr  aaaflUirllabaa  WAitarimch  Ib  Boaheli-Deatuch 
BBd  OaBlMh-SaalMi.  laaaaMaa  B«ha*a  10000  WOrtar  aaiAusaad.  auceatattet  iat.  Was  den 
SaabaU^Dfasoaiaa  btaasdeta  bnuKlilMr  aiachl,  tlad  dla  daa  alBMlaaa  Gaapricbeo  auKeb&ngtcn 
UBtarweltaBfaB  fibar  daa  Varitahr  aalt  da«  BtBcabotaaaaB  aad  ftbar  daa  Laben  in  den  Stationen. 
Dia  vtcbCIgataD  Varatdaauaa  Obar  daa  Dlaoat.  AavaiaaBgan  BarswaekailMlcen  Lebensweise  und 
afaM  baiiaaaia,  dareb  ataaSarta  Ulaatrlita  Oaboafebl  bbar  daa  naia  GaWat  dar  Kolonie  und  ihre 
StatfoBaa  varvoUatiadlgaa  diaaaa  Tball.  HanptvBBa  Ftrbr.  wallrBTaaraaiii,  dar  bekannte  frühere 
Sldlvartratar  daa  Bateukernnüiaara  voa  WlaanaaB,  bat  data  Warte  aia  «arm  ampfablaBdaa  Vor» 
wort  mftgageben. 

Der  tchwarzo  Erdtheil  und  seine  Erforaoher  Vmi  Friedrich  Seil  er.  nh  lcrrld  und 
LeipziR.  Verlas  von  VtlhaRcn  «.  Kla?.inK.  ISUl.  Di».-  Uiirli  ist  eine  Neubearljcituns  und  Fort- 
seliuiiK  tii'-  Wi  rki  s  von  HL-iahurd  '/AAlui-r .  <  itic  /.ii-iuiiHiu>nfas8ung  dos  J!cst<-ii  und  Wlch- 
tiktNt*«!!.  fiuf  übr-i >irli(lii  he  unii  B«-mi*iiiV(  r<taii(llii  lu'  I )ar--t<'Iluiifr  desseu.  was  in  dem  letzten 
M<  iisi  liiM)alter  im  x  liwarzi  ii  Knitlicil  (celiitcn  iiml  ^''leistet,  puwagt  und  «owonncn  Igt  Seit 
Zollm  r  s  Todi!  sind  iin  tit  nur  eine  MfiiKc  bidi-uteiider  utui  schirksalsvolh  r  KntdeckunKS- 
rciscn  zu  Ji-n  fruhen-n  hiiiiii  Ki^kuninim,  xnidi  rn  das  Dt  iit-rbc  I.'l-h  Ii  liat  aui  h  Hi-silz  er 
giirrcn  von  einem  sfuten  Sliicke  iifrikani-ithen  Itoilons.  Iis  räumt  den  Kämpfen  und  FrrunKon- 
«ii  hnfti  M  unserer  V.dkütenosscn  im  schwarzen  l.rdtlieil  einen  hervorrnifendeu  I'latz  ein.  ohne 
doeli  darum  die  tiru-^iliaten  v^n  Livinnston«.  Canieron  und  Stanley  geriuKer  zu  <■  liilzcu.  Alles  ist 
in  einer  leichtfa<slit  !ien  l"orin.  oiine  .\n*inruch  auf  VollslindiKiceil,  abgefasst.  1  .-nnd.  rs  iin  Hin- 
bliclc  auf  die  reifere  Jui;end;  aber  der  Verf;isst>r  hat  auch  fibernll  deu  iiolitisi  heu  Aufgaben 
für  die  Zaitunft  Kecbnung  Retraneti,  und  mit  Vi  t.-t mdniss  die  weitere  Entwicltcluni?  voraus- 
gesehen. Das  Bueh  i.<<t  mit  zahlreichen  AbbiiduuKen,  weiche  zum  grössten  Theil  allerdings 
I'hantasiearbcit  .sind,  geschmbcktt  Qnd  mit  atalgaB  KaitaB  TanabaB,  «aleba  Ar  daa  Zwack  dar 

Oiiriitirung  ausreichen. 

Forschungen  und  Erlebniaaa  Im  «dBBkalalaa  Afrika*  Von  James  S.  Jame»on.  IJam- 
burg.  VerlagRanstalt  und  Druckerei- Aktien -Gesellschaft  (vormals  J.  F.  Hichtcr).  WM.  Die 
Blätter  des  Tagebuches  des  verstorbenen  Jameson  sind  nach  mehreren  liicbtungen  hin  sehr 
iuittruktiv,  sie  geben  mehrfach  wichtige  cthnolugische  Aufschlüsse,  ein  iclares  lUld  der  Nachhut 
der  Emin  Pa.scha  EipediHon  und  sind  besonders  werthvoii  wegen  der  Schilderung  des  Arabar- 
tbums  am  oberen  Kongo.  Jameson  l&sst  den  Arabern  als  Kulturträger  alle  Gerechtigkeit  wldai^ 
fahren,  überschätzt  sie  sogar  in  dieser  Minsirbt,  aber  sieht  die  Gefaiiren,  welche  dem  KoBg<^ 
Staate  von  ihnen  drohen,  vollkommen  ein.  Auf  seiner  lUise  vom  Vambuyalager  nach  Nyangwe 
hat  er  den  Kongo  und  das  Araberlhum  grQudlich  kennen  gelernt,  und  e.«  i>l  kein  Zweifel,  dos« 
ar  voD  Tippu-Tipp  hinter  da«  Licht  geführt  worden  ist  Et  befand  sich  allerdings  in  einer  sehr 
schwierigen  .Situation,  und  mancher  andere  Mann  w&re  ebenso  siebar  wie  er  in  seinem  Unter- 
nebman,  die  n<>thigen  Träger  zur  Expedition  zusammenzubringen,  gescheitert.  Stanley  umcht 
Ibm  bekanntlidi  den  Vorwurf,  die  Ti'idtung  ond  Verspeisung  eines  Mädchens  darch  Kanuibnleu 
TaraaJasst  zu  babeo,  doch  ist  die  Sacba  kaioeawaga  aulseklirt,  lud  ei  scbaint,  dam  dia  Anacbatdl- 
(BBg  wasaBtHeb  dam  Haaaa  Staalay'a  Ibra  BatatäiBaff  vardaakt 

ba  iBaara  AIHkii.  Dia  Eribtaabaai  daa  Raaaai  talferaad  dar  Jakra  1883,  1884  aad  1885. 
Tob  HarmBBB  voa  WlaamaBBt  Ladwlf  Wolf,  Kart  von  Francols.  Haus  MBlIer. 
Drttia  Aflflaca.  Lafptlff.  F.  A.  Broekbaaa.  1891.  Don  Laaf  daa  mlebtlgttan  südlichen  Nebenflusses 
das  KoBfo,  des  Kassai,  Bad  idBaa  waltTafBwalgtaB  Natsaa  vea  Zaflüssen  endgültig  festgelegt  zu 
baboB,  iat  daa  boba  Vardlaaal  WlauMaa't  aad  aalaar  Baslalter.  Er  bat  damit  aioa  baqoama 
Wasaarstraiaa  laa  laaora  f«i  Afirlka  biada  arMfket  aad  dar  Kongostaat  sanderte  nicfat,  anf  Ihr 
Ua  la  dar  tob  daa  doBtaebaa  OflIslaraB  gacrbadataa  Statloa  LnlnabarK  vorzudi  ingaa  aad  diasaa 
BoUvark  der  ZlTlUsatloa  la  Boslts  sa  adnua.  Abar  ancb  di«  Ethnographie  datfte  mit 
d«r  Aadweto  lafrladaa  aalat  warda  doeb  voa  dam  Badaltar  Wlssauum's,  dem  inzwischen  ia 
Daboflio  faatorbaaaa  Stabant  Dr.  Wolt  daa  Torbaadaeama  voa  sablreictaf n  Zwerg-Stämmen,  dea 
Battu,  fastgastallt  aad  daraa  Labea  aaaebaaUeb  gaacbildarf  t  apltar  bat  bakanotlich  Stanley  dia 
Zwarsa  aacb  Im  Urwaldo  daa  Arawbiml  satrofTaa.  Waa  abar  dam  Werke  seinen  nnvarginglicbea 
Warta  fikr  daataebo  Laaargiabt  Ist  akbt  aUata  dar  «taiaaaebaftUcba  Oabalt.  soadern  aacb  dar 
ümstaad,  daai  dlaio  KaüMrataa  al»  dla  Sdmia  la  bdnehtea  Ist,  la  welcher  sich  die  H&nner 
erprobtaa*  dla  apltar  ibram  Tatarlaada  Im  iaakala  Wdtttudla  Ibra  llrachtbringenden  Dienste 
wMbaa  koaataa.  BowaadafBBB  arfksat  daa  Laaer,  voBa  ar  aleM.  wie  planvoll,  wie  frledlicb, 
mit  valflb'  «arlacoB  Mtttahi  tob  dea  waekaraa  daatadwa  OfOziereo  die  schwierifa  Expeditloa 
«1  ataam  jlOckUcboB  Eada  gaflUirt  warda.  Mtebt  da  ab  die  Anwohner  des  Kassai  immer  fdod* 
liabaade  Oesellea  wiren,  abar  Wlsamana  aad  aaiao  Baalolter  rerstanden  es,  die  Eingeborenea 
maaacblleb  tn  behandeln  nnd  selbst  mit  Kannibalen  onne  Blntrergiessen  anssakommen.  Dasa 
ala  sich  dabei  nUht  demüthi^ten,  beweist  das  Gcfc  ht  :iiit  den  moidglerigen  Bassongo  Mino. 

Meine  zweite  Durchquerung  Aequatorial-Afrikas  vom  Kongo  zum  Zambesi  während  der  Jahre 
1886  und  1887.  Von  Hermann  von  Wissmanu.  Frankfurt  u.  O.  Verlaif  der  Ki-niifl.  Hofbuch- 
driK  kei.-i  Trowitzsi  !i  u.  Sohn.  Das  m  iir-;(c  Werk  Wlssmann's  ist  mit  nuffetlieilt>  lu  Heifall  auf«i  iiom- 
ni'  II  worden,  obwohl  es  allem  Ansihein  nai-h  (wahr-'  liemlKh  um  MauRel  an  Zeit)  srhnell  nnd  flüihtig 
gearbeitet  iit.  Wie  alle  Bücher  Wissmaun  s  ist  es  ia  dem  karg  bemesseoeu  Zeitraum  zwischen  Unter- 


Litenlnr. 


325 


aehroangcn  in  Afrika  geschrieben  worden,  und  man  kann  niclit  genug  die  Spannkraft  des  Geistes  be- 
wundern, weiche  in  einer  an  ZerslreuunKen  Qb«rrelchen  Zeit  noch  sofchß  Werke  .«  hafft.  Es 
ainfa»st  im  ersten  Tlieil  die  Arbeiten  mit  Kand.  Tappenbeck  uud  Wolf,  und  schildert  be.<«ondcra 
die  Tbatigkieit  auf  I^nlnaburg,  die  Ordnung  der  politi'-rheii  Verhrtltiiisso  in  Labuku,  und  im 
tweiten  die  gefahrvolle  Rei.HO  nach  dem  Tanganyika,  wo  Wi»»mann  8ct)attdernd  die  Grouei  der  Skiaren 
Jagden  mitansehen  musste.  Ma«  arabisclic  Ivlenient  am  Kontco  befand  sich  damals  in  grosses 
(iährnng.  es  gelang  Wlssmann  nur  mit  gr'>Mter  Diplomatie  von  Nyangwe  nach  dem  Tanganyika 
zu  kommen.  Von  dort  wird  die  Keise  über  den  Nyassa  verh&ltDissmäs.><ig  leiclit.  Ein  Kros->er 
Werth  des  mit  einigen  «ehr  guten  Kartfn  versehenen  Buches  liegt  in  «lern  EthnoIoKischcn,  der 
Cbarakterislruni;  der  lialubu.  I<.is<hilang>>  und  Araber,  welch'  letztere  in  Osfafrikii  besiegt  and 
vollkommen  untcrworft-n  zn  haben,  Wissmann  stets  zum  grössten  Knhm  gereichen  wird. 

Die  deutsche  Emin  Patcha-Expedition.  Von  Dr.  Carl  Peters.  M&ndieii  und  Leipzig.  Drack 
.  und  Verlag  von  H.  Oldenbourg.  1891.  Das  Bacb  bat  ein  berechtiges  Anficbea  gemacht  and  wird  als 
ein  Denkmal  deutschen  Muthes,  welcher  aicb  Inden  tchwlerigiten  Lagen  bewihrt«. Stets  einen  schönen 
Beitrag  unserer  Afrika-Llleralnr  bilden.  El  Ist  nnclelch  den  gelehrten  Reisebeschreibungen  unserer, 
man  ist  versucht  zu  sagen,  klas«tsehen  Periodedcr  Afrika-Literatur. deren  leuchtendsteSteme  Nachtigal 
nnd  Schwelnfnrtfa  siod.  In  einem  flotten  fealUetonlstisclieii  Style  gehalten,  aber  »enn  bebanptet 
worden  ist,  dass  es  nnr  eine  LektOre  f&r  die  reifere  Jagend  sei.  so  ist  dieses  Urtbeil  nngerecht 
Dafür  zeigt  das  Bach  doch  zu  viele  SpniW  T«B  eingebender  Kenntnh»  des  Charakters  des  Negers, 
bringt  zu  auffallende  Schilderungen  oer  dvrchreisten  Landscbafleu,  so  dass  es  sich  über  das 
>«tveau  der  Jugend.schriften  erhebt  Ueber  die  Emin-Pascba-Expedition.  die  Motive  and  Darch- 
fUbrung  ixt  es  unnöthig.  ein  Wort  zn  Terlieren:  der  Streit,  ob  Petera  die  Kämpfe  mit  den  Ein- 
geborenen h&tte  vermeiden  soUeo  oder  niclit,  ist  durchaus  mttaslfi  ebenso  ist  das  Be- 
danern geographischer  Kreise,  dass  auf  diesem  Zuge  so  wenig  für  die  WiMenUchaft  ai^flülen 
bt.  schon  desbalb  anberechtigt,  weil  die  Eipedillon  gar  keinen  wissenschaftlichen  Zweck  ver- 
folgen konnte.  Das  Buch  ist  das  hervorragende  Ergebniss  der  Thätlgkeit  einer  kurzen,  aber 
nerkwüidigen  Periode  unserer  kolonialen  ß«>str('btiugcn.  ^fa. 

Das  Volk  der  Xota-Kaffern  im  fiiitliili<  ri  Afiik;i  n.K  li  >oin»'r  flesrhirlite.  Flgenart.  Verfassung 
nad  IleliKion.  Von  Dr.  A.  l\if>i>f-  Iliilm,  lUKliliaiiiiliusi;  di-i  Itrilimr  cvauKeliMlien  Misslous- 
gesell-clialt.  I8?<'i.  Kein  Aiit^r  war  tuTiifcnei ,  eine  MoiiOKraphie  über  den  grossen  Zweig  der 
Baiituvolk' I  7.11  -ibreibeu.  als  Im.  Kmi]iI,  il<  r  4i  Jahre  unter  den  Xosa  Kaltem  als  Missionar  gelebt 
und  mit  ilintii  Frcuil  uml  Lii<\  i4»iln  iit  hat.  Das  Volk  Ist  anf  das  KingehenfNte  mit  liebevoller 
Siiiiflalt  i;i  si  liiidiTl  in  srineu  'l  uvenden  und  Fehlern.  I-"()lt;eudi'  8<  hil<lurunK  i-i  ■~<-lit  uniQsant. 
«Die  Haltung  drs  Manins  ist  stratniii  inilitfirisch,  worauf  sie  sirh  i-twas  zu  (lUtv  tliun  iiud  deshalb 
mit  Spott  und  VerachluiiK  auf  die  W(is-.'  ii  iiciub-ihcn,  lifsondtTs  auf  di  ii  driitsiheu  Arbeits- 
mann, der  durch  seine  harte  Arbeit  in  simoi  Haltnng  nnd  si  im-m  (Jangi'  stiil  und  unbeiiulten 
geworden  ist.  Sl'-  lirb  ;<i'n  ihn  mit  alli-rbd  Spottnanii-ii .  Si  lui  ( bciii,  KlauiMikranker,  .*^telfb^•lu, 
rllephani'-nklauc  u.  s.  w.  .Stn!/.  in  scim  in  .'^rhritt,  \  i'iachtnng  im  Auicc",  streckt  di'r  KatTer 
bi  im  *ii  hi  ii  s<-ineu  Kopf  nai  h  hiutrii,  la.->st  dii'  breit«;  volle  Urust  hfrau.-tn  tcn.  die  Arme  etwas 
nach  innen  gebogen  frei  schweben,  die  Fösse  dreht  er  nach  aussen,  den  11  . . . .  nach  rechts  nnd 
Uaka.  Das  sdieiai  ikia  4«  kOnli^iclM  Oaag  ta  sein.* 

8eMa  Aaal  ■•!  Sadaa  Efhlaua.  Ifemorie  di  BomolA  tlmA  Pascik,  pnbblicate  da  Falle« 
Ge  s»i.  MUano,  Llbrerin  Edltriee  GslU  di  Chfesa  A  F.Oaladaal,  1B9L  Das  von  dm  Sakaa 
Veistorbenen  heraasgegebene  Werk  nbit  ans  die  heldenmfithlgen  Kimpfe  der  Trlcer  der  ZIHU- 
latlon  gegen  die  Barbarei  des  Sudan  mit  seinem  entsetslidicn  Skiavenundel  aad  die  LaldM  das 
Enrop&ers  lebhaft  vor  Augen  aad  liest  uns  tiefe  Rücke  In  den  damaligen  Zastaad  dca  Landes 
than,  welches  bald  nach  dem  Tode  Gessi's  der  Kultur  wieder  «af  laaga  Zeit  entrftekt  «aidm  ist 
Romolo  Gessi,  im  Jahre  18S1  geboren,  ging  Im  Jahre  1874  von  Soakba  nach  Berber  «ad  Ghlr■eB^ 
von  wo  ans  er  von  Görden  Pascha  mit  der  geograpliischeu  Erforaebang  des  Nils  betraot  werde. 
£r  bereist«  den  Albert  Nyanza  (welchen  die  Italiener  noch  Mvutan  nennen,  während  henteallcanwia 
als  Mntan  Nsige  der  südlichere  Albert  Edward-See  bezeichnet  wird).  Später  kämpfte  ar  adir 
glDrklich  im  Balir-el>Ghaxal-G«btet  gegen  die  SUarenhiadler,  aber  bei  der  Radkkabr  von  MaaluaF 
el-Uek  geriethea  seine  Fahneaga  in  die  Ambatsehdlckidite  des  Gazeilenflusses,  handerta  Toa 
Menschen  kamen  vor  Hunger  um.  und  Gessl  Psscba  starb  Im  Jahre  1881  an  den  fbrehtbaren 
Strapuen  dieser  Reise.  Der  (Hauepunkt  seiner  Tbltl^alt  bt  der  Feldzug  gegen  Sollman  Ziber, 
dea  er  mit  eiaer  Energie,  Einsatz  seiner  Person  aad  Aasaatmag  der  Fehler  seines  Oegnais  fürt«, 
arelcbe  flim  dl«  Anerkeanaag  der  Mit»  aad  Nachwelt  slehoni  mkssea. 

DeutSch-SQdwost-Afrilia  vdii  Dr.  IliUis  Schinz.  Oldenburg  nnd  Leipzig.  Schulzi'scln' 
Hotbuchhandinne  und  Hunnu  hdruckend  (A.  .'^chwartz).  Der  Keisi-nde  war  Mittr  diT  Arhtziger 
als  iScitantr  ■  I  My'A  .Ir-m  leider  verstorbenen  1, fideritz  engagitt  und  machte  i  -<  ir  Jii  isc  von 

Augrii  l'<  '(U(  iia  nach  Norden  bis  über  di  u  l  uneiie  hinaus  nnd  nach  ().*ti-n  \n>  nun  Ngami-See. 

in-  ihm  (i'/legenheil  gab.  das  Land  giündlich  kennen  zu  lernen.  Nnch  l.iitop.i  zurückgeliebrt, 
liat  er  <la5  Resultat  seiner  Forschungen  mit  dem  grössten  Flei-sc  v.-i arli.  itci,  und  da  er  geologische 
und  ethnologische  Stadien  ebenfalls  betriti"  ii,  so  Ist  si'in  liu' h  >;i  i  mI'  Zu  i  r -i  Iii  jitri.d  zu  nennen. 
Dabei  hat  Schiuz  es  sehr  geschickt  verstandcu,  die  Klippe  der  übuictos-i  n  l'Dpnhiritit  zu  uin- 
scliiffeii.  .so  das.<  sein  Much  sich  unseren  gro^iscn  ICeisewerken  vin  .N.i(hti«ai  und  iiarth 
würdig  anieiht.  Ks  ist  d.is  Ueste.  was  je  über  Süd«,  ^tafrika  ge.srhriebcu  ist.  nnd  Nii  niand,  d<  i 
sieb  mit  dorn  I n-«in-iaiid  beschüftigt,  wird  ilie.ses  Hncho,  w(d'  iies  auch  ein.'  m  h;  trntr  Kmic 
Landes  briiut,  eiitbrlufii  kennen.  Hesondcrs  wcrthvoll  >\uil  ^ein^•  Angaben  ül>ei  'l.  n  Ki)|ninv,iti.ins- 
Werth  des  Landes,  da  Schinz  rein  w  i-;«' um  liali  I  ich  objektiv  x  ine  l  rtli(':|i'  fiillt,  uml  ul"  t  ili'  Kiii- 
geboreni'ii.  deren  Geschichte  er  genau  studirt  hat.  Kr  bi'tont  beiondiTs  die  V.itzük'lirhkeit  des 
Gross-Namalandes  fTir  W  ollschafzucht  uud  rath  zu  gni.'seiiu  \  i  •>iicheii,  auch  hiiH  '  i  i  il>  agrarische 
Kolonisation  dann  für  i-rtoigreicli.  wenn  i'S  gelingt,  den  d,i>  held  lieliaueuden  liauem  einen 
siclieren  und  Ii  ii  hl  ni  erreichei.deu  .Markt  zu  verscIiatTen.  Jetzt  h-hlt  die^er  noch  uud  kann  erst 
dann  ins  Leben  t;.  iiifen  werden,  ueun  der  Abbau  der  Krzlagerstatten  in  die  ilanii  genoinnieii  sein 
Wird.  Die  landläniige  .\n>i<  lit.  dass  sich  die  den!»i  he  -udwest.ilnkunisi  he  Inteii-,--riisj>hare  durcli- 
ao»  nicht  zur  agrarischen  Koloiiisaliun  eigne.  i>t  nach  seiner  .\nsicht  iinliedingt  unrichtig,  da 
grosse  8treck<Mi  de*  Landes  sicher  nicht  schlechter  seien  als  die  bei-tlieli.lit.  i  Strichi'  des  Trus- 
▼aal,  uneudlich  viel  besser  als  der  nördliche  uud  nordwestliche  Teil  der  Kapkolonie. 


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326 


Litoiatiir. 


Reisebilder  aus  Liberia  Von  1.  H ü  1 1 1  ko f-- r.  I, «111.11.  K.  1  ürill.  IMK).  Der  VerfasstT, 
KonS'  Tvator  de?  ZooloKi!>rtii-ii  Hfirhsmusrtiiii'-  in  1..  Iili-n,  hat  in  tlif>rii)  tun  hbr(i<<utsainr-n  Werl»«- 
di<  Frucht  m<  hrjahrigiT  Ri  is«^n  in  der  K.  pul)lil<  J^il  rria  nicil«  m«  Ittt ,  wri.  h.'  vt  rliäli nissm.issig 
wt  nig  —  und  meisti-ulheiis  von  <1«  1  srhii  i  lit«  st<n  S.  itr  -  Ix  kiinn»  i-t,  Raib.irci  und  Zivilisulion 
Stessen  lii<'r  hart  au'i'inandi-r,  iIm  1  > s  rtrhi  int  doch,  da>>  d<  r  i^influ^^i  d<  r  LiIh  liani  r  mi  h  mit  der 
Zeit  80  (iüiistig  äu>-'  in  wird,  wie  i  s  dir  ann-rikanischi  n  l'iiilaiithnii>.  n  fjuhi  r  beabsichtigt 
haben.  I)er  erste  Hand  bringet  die  zur  Anlawi'  von  Saniinluntrrn  nt\t-  rucnniin,!  u  lü  lsen  an  der 
Kü>le.  die  Flüiisi'  liinauf  und  in  der  .ManRnive  i  r-'  k^.  wobrj  die  Fakto: >  i- 11  und  Missionen 
besucht  wurdi-n,— in  den)  immerhin  noch  wilden  ad ikiiiii>cle  n  I.andi'  k- ine  su  b  icht«- Sache,  da 
das  Fieber  hier  zu  Hanxe  ist.  I»er  zweite  Hand  mthiilt  die  <ie-;(  tiii  hii  de<  Lande.*,  Schilderung 
der  FiiKt'-boreiien  und  der  Tbierwi-lt.  alb'ji  mit  er-tauiilicheni  l'|iiN--e  bearbeitet,  so  das.s  dies« 
Monographie  untfr  unsere  uros-ien  U'  isewr-i  kr  k;erei  hn'-t  werden  mus.-*.  Nai  lidem  die  ceosraphische 
For^chuntc  im  (Jrossrn  und  (i.iii/en  die  w  li  hiiKsti  11  l'robletne  Keb'>st  hat,  iniiss  die  Kinzelfors«  hunic 
eintraten,  um  dii-  Länder  unf  näher  zu  brinc-  ii,  in  tl> neu  <li.'  k"l'iiiisatori-'che  Thatitckr  it  .  in- 
zusefzt  ti  liat.  und  wir  mein- n.  ()a->  die  Zeit  b.ild  kmiuieti  iiiii^s  -  wenn  sie  nicht  gehen  da  i-t 
wo  die  stilli-,  ,nufiiii1VrunKs\ ol  Ic  Thätii;keit  dir  <  h  '.ehrt,  n,  u.lcli,-  besondi-ri-  kb'iner<- r.ebief.-  dunh 
forscht,  nicht  nerlntter  tjesch.itzl  w.-r'lm  wird  aU  das  kuhni«  Vurdrin^-en  der  For^cln  r  in  unbekannte 
Gegenden,  l'er  Titel  scheint  lui'*  daher  711  br-rtieiden  gewählt  für  1  in  Werk,  welches  eine 
rnmenK<-  der  werthrolisfeu  .Vufschlüsss  über  da-  Land  Kieljt,  iliis  für  un«'  in-of.-rn  noch  eine 
\\i«S'  Itr^leutung  hat,  als  der  deutsche  Handel  hier  si-lir  th.itiit  ist  und  al-  wir  ib  r  noch  unab- 
liäiiKi>;<  n  Kewohner  des  s&dlichen  Gebiet«»,  der  Kru-  und  V'cy-Juugeo  iu  unseren  weslafrikaniscbea 
Kolonien  sehr  bed5ffBiu  Dm  Werk  «Dthllt  ■«bm  sckr  Tteko  lUuitnaracB  aaeli  sehr  gnte« 

Kartenmaterial.  ßf. 

Dr.  W.  Junker's  Reisen  in  Afrika.  Wim  und  1  ilniüfz  I>'.K).  Vella^;  vnn  Kdnard  n<dzel. 
Der  dritte  uud  letzte  Hand  dieses  bedeutenden,  mit  ui.i»teni  1  bisse  herge.-tellten  Werke-  liegt 
nunmehr  vor,  er  enthält  die  Kreuz-  und  yuerzii^e  in  der  Aequatonalprovinz  und  die  Hinkkihr 
durch  das  dentsi  he  Gebiet  nach  d«r  Kflste.  Der  Ictitere  Tbeil  briocl  aucb  eine  »ehr  wichtige 
Koutenanii  .Inn.  über  Taboi»  Bidi  BflcuDOyo.  Dm  Bndk  acbUMtt  ildi  den  betten  Belwwwkia 

über  Afrika  wnriliir  an. 

Im  Herzen  der  HaussalSnder.  Von  l'aul  Staudinger.  Zweite  Auflage.  Mit  einer  Karte, 
oldenbnrn,  Schulze  sche  liofbuchhandlung  (A.  Schwartz).  Itei  seinem  ersten  Erscheinen  fand  dos 
Kuch  bereits  eine  ausnahra.slos  günstige  Anftiahme  und  Heurthcilnng  im  Pnbliknm  sowohl,  wie 
von  Seiten  der  Presse,  und  t>cdeatcnde  Ethnographen  begrnssten  es  als  eine  herrorragende 
Fr<cheinung;  denn  die  F.xpedition  Rtaudinger»,  der  l^eberbringer  der  Briefe  and  Geschenke  des 
hochseligon  Kaisers  Wilhelm  I.  an  die  Sultane  von  Sokoto  und  Gandn  war.  ist  von  bestem,  roU- 
!<t&ndigem  Hrfolpe  cekrönt  worden.  Ks  gelang  dem  Verfa.sser,  einen  tiefen  Hinblick  In  das  Leben 
eines  der  interessantesten  Halbkultarvölker  2u  thun.  und  in  Folge  seines  Scharfblicks,  seiner 
gewissenhaften  Beobachtungen  und  seiner  IJnermüdlichkeit  ist  es  ihm  gelangen,  uns  ein  Gebiet 
zu  erschliessen,  welche.';  mit  Recht  aN  eine  terra  incognita  bezeichnet  werden  konnte.  AUe  Milie 
Forschuiigs  und  Fntdeckungsergebnisse .  seine  Irrfahrten.  Leiden  nnd  EntbehrunfHI  flndet  dw 
Leser  auf  diesen  Blattern  in  höchst  anziehender  nnd  fesselnder  Weise  geschildert. 

Zum  Rudolfsee  und  Steptianiesee.  Von  L.  HAhnel.  Bitter  etc.  Lief  1  a.  2.  Alfred  HMder. 
Wien  18!*1.  Wir  möchten  aiclit  unterlassen,  auf  da.«  in  dem  bekamit«!  Verlage  erscheinend« 
W'erk  anfmerksam  zu  machen,  da  es  nach  den  ersten  Lieferangen  zu  mttatlen  in  einer  würdiseo 
Weise,  was  Beschreibung  and  dekorativen  ScbiDBCk  aubettifft,  die  »OMe  JagdfUirt  Teleklt, 
welche  «ich  in  eine  Entdeckungsfahrt  UVimdelle,  «dlildert.  In  den  beMen  enton  Liefemngea 
werden  sehr  auschanlicb  die  Vorbereitangen  zur  Reise  und  der  Marsch  nach  Korogwe  geschildert, 
mit  all  dem  A erger  und  der  Plackerei,  welcher  an  der  Kftito  mit  den  Trägem  anssnstehen  ist 
Teleki  hat  bekuintUcb  «piter  die  Uaaeai  TielAicb  ffaKhli|«B  nnd  sich  nach  den  ünrchsnc  durch 
Ihr  I<nnd  «fxvBaswn. 

^|lof«tl«M  Ii  wlwhn»  dan»  l'AfMqw  i^Mlnrtal»  nur  Flonatla  Lorlot  J^rti,  Oowm 
et  Co.,  UM.  Dm  BMh,  von  einem  ktUiolladMa  Sla&dpwdcto  was  ganhiMiau  adUMwt  dit  Beb* 
Uvtngatone'e  nnd  kuBplt  doma  ein«  recht  hübsch  Torgetwusao  Gesdriehl«  d«r  fraaiSiilsehea 
Miwionen  am  Tangaojrika  «nd  In  Cgaada.  Blalge  Intfumer  «tad  aas  aalfeslhltfla«  so  s.  B.  wird 
die  Mgaoda  rnkaU  der  grr.sste  Wald  In  Ott^AIHkajsiiaant.  «Umnd  sia  dodi  aar  «teo  tmso.  w 
Zeiten  sehr  waiaoriose  Steppe  ist,  aof  ««Ichsr  der  maehmn  dtaaar  tat  als  das  aMkaatoehe 
Port  Im  Allnnolnsa  sn  sein  vdciBt  Das  Bnch  Ist  da  krlMgar  Appdl  an  dlo  Bamaatttt  Baropas, 
den  sdlladUchea  SklaTenhaaoel  sn  nnterdrficken. 

■•ins  Erlobaiise  In  der  Wittmann-TniMe,  Von  G.  Riehalmana.  Hanpimaan.  Macde- 
burg,  Crents'scbe  Verlagsbacbhandlang,  1892.  Das  B&chlein  eothitt  eine  sehr  frisdi nnd  aumnthig 
geschriebene  Geschichte  der  ostafrikanLscben  Kinpfe,  au  denen  Richelmann  einen  benrorragenden 
Antheil  nahm  and  berührt  angenehm  wegen  des  uneingeschränkten  Lobes,  weldies  Wbsmaun 
gezollt  wird.  Am  interenantcsteu  sind  die  Kapitel,  welche  die  Kampfe  mit  den  Maflii  behandelu 
und  die  Beziehungen  sn  Emiu  Pascha  datsteilen.  Die  Araber  halten,  wie  Richelmann  schreibt, 
Emin  sichur  für  einen  (ilaubeusgenosseu  uud  der  Pascha  liissl  sie  dabei.  Eine  Aufklärung  darflber, 
weshalb  Emin  nicht  nach  Europa  gekommen  ist,  bringt  auch  er  nicht:  «r  schreibt  darüber:  „Eins 
nur  habe  ich  lebhaft  bedanert,  dass  der  Paicba  nicht  zu  bewegen  war,  Dcut«cblaad  zu  besuchen. 
Er  bitte  das  schon  seiner  Aagcn  wegen  unbedingt  tliun  sollen,  doch  alles  Zureden  war  ver- 

Bhens;  »Jetzt  noch  nicht,  später  vielleicht*  erwiderteer  nur.  Wie  richtig  Wissmann  die  von  den 
legisrischon  Völkern  des  Innern  drohenden  Gefahren  voraussah,  geht  daraus  hervor,  dass  er  nach 
selaor  Bfickkebr  von  Mpwapwa  hach  der  Küste  den  Fehler,  welcbeu  Gravenreuth  und  die  anderen 
OfOsiere  dadurch  begangen  hatten,  dass  sie  die  (jcgner  uuterscbäztcn,  lebhaft  rügte.  Wenn  nur 
Zdewsld  in  die  em  sinne  gehandelt  hätte! 

AfrlkaBiscIio  Petrefakten.  Von  A.  W.  Schleicher,  Berlin.  Theodor  Fröhlich  ISiU. 
Schleicher  leitet  dii-  ganze  Bevölkening  Afrik.i<.  Zwi'igvMker,  N<-ger,  Bantu  und  llamileu,  weiche 
er  als  ptiinar.  sekund.ir.  tertiär  unci  i|uartar  l^r/eii  hii'  t.  vim  .Asien.  >peiiell  von  der  mesupola- 
misrhen  Ebene  ab.  1  r  ti. mit  die  IbittentiHten  vnii  ilen  1  irenzvrdki-rn.  ohue  ihnen  eine  be- 
stimmte Stellung  einziu .Hiiiien.  und  wei>t  njn  Ii.  unserer  An-i.  lit  na'  h  das  Wichtigsti',  dass  die 
Fulbe  nahe  Veiwandti'  <l4  r  .Somali  >iii<i.  Line  andere  w  issenst  hattlii  Lii  litung  betianptet.  dass 
die  obeugeuannti^n  Volker,  mit  Ausnahme  der  liumiten,  Afrika  »chou  zu  einer  Zeit  bevölkert  haben, 


Litwatar. 


327 


wo  die  Coutif^iir&tion  der  « 'inittiieiit«  vou  der  ji^tziKuu  kahz  Tcrschicdou  w&r.  Die  Teadeni  der 
Schrift  erwirbt  »irh  .tus  ilem  Satze.  da.-.s  das  Heil  für  die  semiti.schea  SpnctlfonellM'  in  enter 

Liuii'  iui  Studium  der  hunnti.M  In-ii.  in  /.wi  itcr  diT  Rautnspracheu  liei?e. 

SUnleyt  Macbhut  In  Yambuya  unter  Major  Edm  ■.  Barttelot  Von  M.ijor  \Valr.-r  'i.  If.irt- 
•  elot,  äbersetzt  vou  F..  Oppcrt.  ilainburi;.  Verla4<<-iui-italt  um!  I>ru<  kfi'M  Aktiou  -  (icsi  ll.-i  hart 
(vormals  J.  F.  Richter)  181M,  I>as  Schicksal  <l<-s  uii^iiricklu  tirii  Majur  iiaitt.  Im,  welcher  von  einem 
KlnRebon;iieii  ersohoasea  wutU«,  uach8l4nl*->  >  Au^-abc  .iu>IUcb'-  wi.->;cu  der  mju  ihtii  b>'KaQi;eUfii 
Hrutulitiiten,  Ist  (leffenstaiid  so  lebhafter  Krrirtcrungcii  in  ■Icr  l'n-sse  Kewesen,  dii>s  darauf  nicht 
weiter  zurürkKelioninieu  werden  soll.  Slauli>  hatte  ullfnlar  einen  Kro^.sen  Kchlci  ;;'-inaili',  als 
er  die  Nachhut  ühiif  ticnÜKcnde  Vorräthe  zuriicklii  ~s,  wahrend  Barttelot  S'  im  r i  -  leij.  r  luclit  da» 
Vcrtratieii  t  intl«is>te,  wi  lchcs  die  Narliliut  zu  ihm  hal-eii  inusste.  Huch  t-rz.ilil'  n iie  ^ohr  traurige 

Geschichte,  aber  es  hat,  da  ej«  aN  TaKel'ucti  herausge-geben  ist,  einen  eii^'en.-i  ;eir,  besonders 
auch  Wesen  der  Auf^clilii-'^e  rit)er  'las  Vor'lritiiteii  der  Araber.  I'nr  Koiiifost.iat  ui'iihte  ^ich  Kerne 
der  von  ihnen  drohenden  ticfalir  versrhiiei.>ien.  und  Nietnaml  <-inen  l-'.inbllrli  in  iiie.se  VerhahnH^i» 
Keütatten.  Die  Fnxl.inder  seilen  unsieii  h  klarer  und  schätzen  die  von  den  Arabern  diuheude 
W^hr  nach  ihrem  Wi-rtlu-. 

Deutsche  Pionierarbeit  in  Ostafrika.  Von  Fritz  l;ley,  Herlin.  Veriai?  von  Faul  l'arey 
1891,  Der  \'erfa-ser  w.ir  in  Diensten  i!>'i  li.  utsch-ttstafrikani.'ichen  «iesidlschaft  <'hef  der  Station 
I'sun^rula  und  hat  liier  manche  .\nbau'. .  t -m  lie  reuiachf,  welchi-  nach  <ler  Niederwerfun«  des  .\uf- 
siandes  nicht  wieder  aafRenommen  worden  >iiid.  Er  hat  die  (;ele;;enlielt  wahrtriininineii.  sich 
besonders  über  die  Wasaramo  und  Mutiii  zu  inform>ren  und  brniKt  hier  manches  n,  ue  Material 
in  sehr  .iii-prechender  Form.  l>i>'  an  und  für  sich  sehr  hübsch  erzählten  .1  i;;ii.;iscliichtet» 
wirken  alter  >  twas  stauend  auf  den  i  iesitnimtcharalitftr  de»  Buche«  ein.  Ein  sehr  wiihiiaes  Kapitel 
ist  das  über  den  Hausbau  in  ileu  Irop.-n  und  maa  toUte  41*  dOlt  SledtlVeletton  JMlhnM|eB 
alli^emeiner  verwerthen  als  bis  letzt  kti  sclielieii  ist. 

Documents  relatifs  au  Congres  libre  AntiesolavafMa;  tMU  h  Paris  \tn  21.  22  et  23  S9fi- 
tembtc  Ih'Mi  Paris.  A  la  direction  generale  ile  l'ieuvre  antiescIavaKiite.  Der  Kon^ress  umfaMte 
wesentlich  die  katholischen,  auf  Hef reiben  des  Kardinab  Lavigerie  ins  l.eben  Kerufeneu  ABtl- 
sklavereivereiue :  er  hat  mehrere  liesolutioneii  angenommen,  in  ib  rieii  die  /usliminiinK  zu  den 
Ke!<timniungen  der  Brüsseler  'ieiieralakte  austi  (i i  ü.  k»  und  clie  liililuiig  nationaler  Komitees  vor- 
Kesehen  wird,  wekln'  \or  allem  die  Missii.in  ii  uiiteistülzen  sollen.  Iliue  uudero  iiesolulioii  befür- 
wortete Massrei(.  In.  um  <lie  l'i.  ii  di  r  .Ne;;er  /u  sichern  und  den  Mi.ssbriucbeo bei  der  .\nwerbunK 
in  atenem,  eine  andere  den  Kampf  gegen  die  tienuasiteu.  Ein  Preia  von  20000  Mätk  wurde  für 
du  belle  popidlM  Werk  Uber  die  AbedMinuiB  der  Skbverel  aoiBeeatit 


Deutsch  Meuguinea  und  meine  KrsteiKiing  des  Finisterre-ticbirKes.  Vou  Huro  Zoller.  .Mit 
4  Karten.  24  Vollbildern  und  2  Paiioiamcn.  Stuttgart,  I  nion.  Deutsche  Verla^jSKi  sellscbaft.  Der 
lielseude,  welcher  früher  beieits  Toi<o  und  Kamerun  besucht  hatte,  schildert  sein  eistes  eifolK- 
reiches  VordrinKen  /.n  lieu  l;.  u.iiti^eii  lli.ch^cbiicei;.  w-  b  he  wahrscheinlic  h  da-  k'aii/.e  Inueie  der 
Inael  ausfüllen  durften,  uml  au  in.incheu  i^tellen  bis  duht  an  lile  Küst.  n  herauUeteii.  Die  Keisc 
naCuate  allerdings  luii  eiuiu'e  l  ai^e.  aber  sie  Kenü.;te.  um  über  die  l'ormation  de.s  Lande«  Licht 
tn  Terbr<  iteii.    Der  Verfasser  hat  sich  auch  sonst  mehrl.o  h  iiu  Lande  umKeseheu,  die  Sprache 

der  KiiiK' ;  iie»  zu  erkunden  versucht  und  ihre  Sitten.    Danti  aln  r  schildert  <■.  vornclinilich  iu 

einer  frischen  und  anmuthif<  feuilletonistischen  Weise  alles  das,  was  dem  vu  Uereust-'u  Manu  dort 
als  merkwiirdiK  h-c  ^'neii  mus-te  und  Riebt  recht  hübsch-',  abgerundete  Milder.  \  iel  Gewicht  hat 
er  auf  die  l'ntersuchuu»?  der  Kolonlsationsverhiiltni.sse  der  Neu  (iuinea  KonipaKUie  j;.dcgt.  so  da>s 
sein  Werk  •  Iii''  teilte  Frsanzun;;  zu  den  .Mlrtheiluii>cen  der  KompaKuir  l.ibb  f.  zumal  er  auch  recht 
eiu^elii'ud  den  Uismarck-.Vrchiptd  behandelt  und  die  nur  sehr  «euij;  t;esuchti  n  Salomo  liiseln. 
Das  Buch  i.st  ausgezeichnet  ausgestattet,  entli.Hlt  viele  PhotoKrapliien  (son  denen  die  besten  von 
Parkinson  herrühren),  und  ist,  solange  oiiht  in  einer  streng  wissenschafilichcn  Wei>e  Kaiser- 
WilheliuslaiKl  uiui  der  Iti-inari'k  Ari  hipel  untersnclif  sein  werden,  mass>;.  beini,  da  es  auch  in  den 
AuhMigi'!!  über  Sjirai  lie  d.  r  1  ini;eborenen.  die  (h  IucIo  betreffende  Literatur  und  in  der  Tabelle 
geedllcht lieber  Daten  man.  hes  U  i -.s. 'i  -w  i  ■  I..   i  nitheilt 

Two  Years  among  the  Savages  of  Mew  üuinea.  By  W.  D.  l'iicaira.  Lonilon.  Ward  .V 
Downey.  Der  Verf,i-s,  r  hat  b.  >ouders  ilas  englische  New  fiuiuea  uud  die  der  Südostecke  vor- 
licgcuden  liis(dri  keinien  uMlirni  zu  einer  Zeit,  als  dort  da«  Goldtii-ber  herrschte,  von  dem  ei  reiht 
realistische  Schildernuk'eii  bt.  und  hat  dann  eiin'ii  .Vbstecher  durch  deu  Bismarck-.\rcliij.el 
gemacht.  Fr  wei«s  nicht  «eiiug  Maiiipi,  Miok".  die  I'alnienpllauzunKen  dort  u.a.m.  zu  luiiim  i, 
aber  die  i;ev»isse  sonvei.tne  Veriuhlunv;,  mit  der  it  sich  übet  die  Zollvor-chrifteii  sowohl  im 
englischen  wie  deutschen  (jebiet  hm wci;-eizt,  berührt  unangenehm,  da  er  »ich  dessen  stets  lühmt. 

Teil,  iravil  and  discovery  in  British  New  tJuinea  by  Theodore  F.  I^ovau.  London,  Kegaii 
Paul,  Trench.  Trübner  u.  t.'o.,  IKiO.  Bevan  hat  in  den  Jahren  von  1884  durch  Krfor.schuiig  de> 
Jubilee  uud  Philip  liiver  das  Seinige  beigetragen,  über  Neu-tiuinea  aufzuklären,  und  daher  ein 
Kecht,  <len  jetzigen  Zustand  der  Dinge,  wie  er  sich  nach  Frklaruiig  'les  Protektorates  herausgestellt 
hat.  zu  bi'klageii.  r>cnii  füi  die  l^irwlcklun«  des  Landes  wird  nadi  seiner  .\usiclit  viel  zu  wenii; 
aufgew eiiflet .  w  ilirend  er  die  Anstrengungen  der  Deutsclien  in  Neu-ttuinea  n.u  h  <»ebühr  schätzt. 
Bevan  gehört  zu  den  Leuten,  welche  man  lu  einer  k'i  w  issi  u  deuts,  hen  Fresse  .  Kolonialschw.irm'  i  • 
ueuut,  obwohl  sein  Ziel  iu  nichts  anderem  besieht,  als  das  Land  unter  .\ufwendniig  grosser  Milt.  I 
zu  eröffnen,  I  ropeiiprodukte  fhr  den  ausf ralischeu  Markt  zu  ziehen,  und  die  Fingeborenen  voi  dt» 
.Mternative  zu  stidleii,  entweder  zu  arbeiten  oder  unterzugehen.  Letzteres  hatte  naturln  h  im  Gegeu- 
satz  zu  dei  philuiithroidsi  ben  Schule  zu  geschehen,  w<  lcbe  augenblicklich  noch  dar  in  denkt,  deo 
i'apua  zu  erzieheu  und  Neu  (iuinea  für  die  N'eu-Gninenser  (und  die  Missionare i  zu  erhalten. 

Let  Nouvelles  Höbrides:  Avcc  unc  carte  et  sept  gravuie».  Par  K.  N.  Im  haus.  Berger- 
Lerranlt  et  L  ie.  Paris.  Nancy  1S'.*0.  Das  Buch  verdankt  dem  Streit  xwi^chen  England  und  Frank- 
reich &ber  die  neuen  Hebriden  seine  FntAtehung.  enthält  aber  doch  mehr  als  eine  gewöhnliche 
trelegenheifs.schrlfl.  Fs  retzt  das  bisher  recht  spärliche  Material  zu  sehr  anschaulichen  Schil- 
derungen zu.sammeu,  da  der  Verfasser  lange  auf  den  Ins>  lu  verweilte.  £r  selbst  bezeichnet  sich 
als  ,|lobe  trotter*,  aber  «eloe  BeobaciitangeB  verretheu  ungleich  mehr  geistige  Bedeutung,  als 
nun  der  eben  gennnnten  Spesiet-MeDScben  taerkennt 


Südsee. 


328 


Literatur. 


Eine  Reit*  «Mk  Hawaii.  Von  Tlieodor  Kirchhoff.  Altona.  Schlüter'schc  liuchhandlung. 
Ib'.HJ.  Wer  den  immer  utirker  »erdendco  Zur  der  Nnrdatnerikaner  nach  diesen  glücklichen  InsaUl 
(etb^e$i;hen  vom  Au^^afz)  und  die  wirthsrhiiftlii  b  i<  h  iiiuner  mehr  acroutuin-nde  Abh&ngigkalt 
d<  r  letzteren  von  d.  n  tr>t«  reu  betrachtet,  der  kann  über  daj^  Sdiick-al  <iii  -.-^  K'''iiii4.'rei<  bes  kanm 
n  »rh  im  Zweifel  st  in.  Am  Kirctahoffs  Schilderong  geht  hervor,  <i,i^>  d  .  Vi  rann  rikanisirnnc 
rdssi-ndo  Fortschritte  maclit.  Es  i*t  die>  für  uns  vou  grosser  l!i-.lontunK.  da  einmal  der  deutsch« 
Handel  dort  beträchtlich  ist,  dann  aber  Hawaii  gewissermasjen  einen  Hrückenpfeilcr  nach  8amoa 
bildtt.  n.  r  Verfasser,  welcher  lau^e  Jahre  in  Kalifornien  gelebt  hat.  giebt  in  diesem  Huche  ein 
farb-'ufiriirhtigeü  Hlld  der  schönen  Inseln,  deren  Bewohner,  geologische  Eigeuthümlichkeiten  and 
Uaudcl  einaeheDd  and  mit  Wime  gatebUdort  werdao.  KaUkaiu  kommt  bei  Ulm  achlecbt  weff; 
die  Ta«»  dleees  VencfawendM»  «wra  damaia  bereit«  «tiUilt 

Amerika. 

Thn  West  Indies.  By  Washington  Eves.  S«cond  editiou.  London,  Sampson  I<ow,  Marston 
SteatlrA  Kivington  If^'M.  Das  Hurh.  unter  den  Auspizien  de«  Royal  Colonial  Institute  veröfTentlirbt 
i't  mehr  als  eine  illustiirte  hübsch  geschriebene  ItelsebeschreibnnK.  Ks  verfolgt  den  sehr  prak 
tisrhen  Zweck,  <lie  Engländer  auf  die  ungeheure  Wichtigkeit  der  westindischen  Kolonien  furihreu 
Il.ind)'!  hitizuw<>isen.  damit  dann  den  Vereinigten  Staaten  mehr  Widerstand  eiitgegengesctst  werde. 
l>i'>  w.  stiiidiscben  Kolonien  haben  znin  grOs^ten  Theil  ihren  europäischen  Markt  verloren,  nnd 
di^'  KiiKlaiider  werden  besondfre  Anstalt<-n  treffen  müssen,  damit  nicht  auch  politisch  die  west- 
indischen Inseln  nach  den  Vereiiuk'ten  Staaten  gravitiren.  Die  Beschrelbnng  umfasst  daher 
wesentll'  h  die  englischen  He^ilziuitfen.  aber  au«  b  die  anderer  Nationen  sind  beschrieben,  soweit 
sie  in»  Wegi-  des  Verfassers  lasen,  welcher  der  der  Uoyal  Afail  Steam  Packet  Company  war.  In 
dtr  That  giebt  <s  für  den.  wp|rli<  r  einige  Monate  unserem  .strengen  Winter  entfliehen  will,  kaum 
eine  ungenehmere  lieise,  als  iiacb  Westindien,  und  unsi.-re  Brustkranken  sollten  mehr,  als  c»  jetxt 
ge.scbieht,  sich  dorthin  wenden,  wo  sie  angleich  mehr  AnreguDS  tiudeu  aU  a.6.  in  Madeira  odier  Al((ier. 

Amariiia.  Die  Geschichte  ieiner  Entdednuig  von  der  ilteeteB  M>  naf  die  neiMte  ZaU. 
Verftast  and  iUaatrirt  von  Badolf  Oronna.  Mit  ct.  400  lUaetniHonen.  Erster  Band,  Leipiit. 
Verla«  von  Abel  a.  HAUer.  Badolf  Cronao,  weldier  sieb  dvreh  Buche  popuUre  B&cher  obw 
Aroerika,  daa  er  in  mehijibrigen  Wanderungen  kennen  lernte.  rOhBlleb  berroisethan  bat,  hat  ee 
nutemommen,  ein  grAseer  angelegtes  Werk  an  eebrelben  and  dafbr  apeilelle  Stadien  jemaebt 
Was  dem  Rnche  aar  beaonderen  Zierde  ger^dit,  sind  die  darcbans  entoentiscben,  tob  verftaser 
selbst  angefertigten  Natnranfkiabmen,  tumal  er  sich  in  Zentral-Amerika  anf  den  Pbdai  der  alten 
spanischen  Erol»erer  bewegt  Sehr  interessant  ist  sein  Nachweis,  dass  die  Gebdne  dee  Coiumbns 
noch  anf  San  Domingo  mhen,  und  da.ss  die  nach  (3uba  übergefSihrten  Reste  die  seines  SobaessiBd. 
Die  wirltücben Gei>«in«  von  Colnmbas  wurden  zuflUigent  im  Jahre  1877  entdeckt;  es  glScIcte  Crooan 
Iii  diesem  Jabre  Ib  Beisein  hoher  Wflidentriger  and  der  Consuln  die  zweite  rnteraadiung  Tor- 
nehmen  so  kfinnen,  welche  die  Frage  endgültig  entschieden  hat.  Von  Wichtigkeit  Ist  selbe 
Bestitignng  einer  schon  früher  aufgestellten  Hypothese,  and  zwar  auf  Grund  an  Ort  und  SteUs 
angestellter  Untersnchangen ,  da.s$  Guanahani  identisch  mit  Watliug  Island  ist  Rudolf  Cronan 
legt  das  Haaptgewicht  nicht  auf  die  Schilderung  der  persönlichen  Erlebnisse  der  einzelnen 
Forscher,  sondern  in  erster  Linie  auf  die  Schilderung  der  von  ihnen  entdeckten  Linder  und 
Völker,  so  dass  sein  Werk  nicht  unr  ein  getreues  Bild  der  allmihUcbeD  st&ckweise  erfolgten 
Erschliesanng  Amerikas,  soiwleni  ngleidi  auch  aeiner  Beacbaffeiitaeit  nnd  Verhiltnisse  darbietet 
Das  Warb  ist  eine  wertoroile  Gabe  an  der  4Wjibrigen  Jabelfeter  der  Bntdedmng  ABerlkaa. 

Chile  und  die  deutschen  Colonien.  Von  Hugo  Kunz.  Kommis.^ionsTerlag  Ton  J alias 
Klinkhardt  in  Leipzig,  l'm  die  deutsche  Finwauderung  nach  Chile,  welche  in  den  letzten  Jahren 
etwss  zurückgeblieben  war.  wieder  zu  beleben,  hat  der  Vcrfa.sser  mit  einem  nicht  genug  auzner- 
kennenden  Fleis<c  das  ganze  geographische,  statistische,  wirthsch.ifilicho  Material  über  da»  Land  ver- 
arbeitet und  wenn  auch  die  Hevolution  viel<  s  zrrstt^rt  haben  sollte,  doch  ein  Werk  von  bleibendem 
Werthe  gescbaflcn.  Denn  die  Republik  erstheiut  doch  soweit  vorgeschritten,  daj;s  nicht  anzu- 
aehmen  ist,  die  Bevointioav  wakbc  den  Sieg  der  Kougresspartei  gegen  den  l'snrpator  Balmaceda 
anr  Folge  hatte,  werde  daa  Laad  wirthsrhaftlich  sehr  schädigen.  Daa  Deutschlbum  besonders 
erscheint  auf  so  festem  Gruude  ruhend,  da.ss  selbst  wenn  auch  die  eine  oder  andere  grosse  Han- 
delsfirma gelitten  haben  wird,  die  deutscheu  Kolonien  dennoch  fortschreiten  werden.  EtWM 
Schönflirberei  ist  sicher  bei  der  Beschreibung  angewendet  worden,  deun  daa  Verbiltnias  iwischen 
den  Mestizen  und  Deutschen  ist  keineswegs  so  harmonisch,  wie  es  dargeateltt  wird,  und  einige 
Kolonisationsversuche  der  Deutschen  sind  wegen  der  schlechten  Lage  der  RegierangsUndereiea 
durchaus  als  verfehlt  zu  betrachten.  Im  grossen  und  ganzen  kann  man  nar  wünschen,  dass 
die  Kenntaiss  der  Verhiltnisse  Chile's  bei  uns  eine  weitere  Verbreitung  finde.  Der  Name  des 
Verfassers  bürgt  dafHr,  dass  dass  beste  Material  verwendet  worden  Ist,  und  wir  kAnnen  einem 
Jeden  Auswanden^r  unr  rathen.  sich  vorber  in  d(  iiis<  lb< n  üb«  r  das  Wirhiifisti-  Rath  zu  erholen 

Erlebnisse  in  Argentinien  Von  Fritz  llallir.  Hern,  llallcr  schi'  Bui  hdruikerci.  1891. 
Das  BBchlein.  ubnc  I'ratenl u  i;i'M-l(rii-ben.  sdiildret  in  einer  ansprechenden  Weise  die 
SchwiorixkiMt'  ii  ••im  s  Itti«  bdriick«  in  ili'Ui  frcnidi'n  Lande  fesft  n  Fuss  zu  fassen  und  giebt 
manclurli'i  '^u'-  i:  itlis(  bl;ii<i'.  web  he  leider  gi-wöbnllrb  nirlil  befolgt  werden.  Die  Auffassnni;  hat 
sieli  nun  ciidib  h  linn  bueninsi  u,  da>s  (l.i>  «etiäumte  Srhlar.ifleiileben  in  .\merika  nicht  zu  linden 
ist;  un>  düit  vi.twarls  /ti  kommen.  l>odiiif  es  einer  Kressen  Aii-dauer  und  eiiu-s  ccwissen  An- 
passun«sverniij;ten>,  \N'i  r  sich  dort  eine  ntue  lli  iniatli  Rrüiub-u  will,  mnss  den  alten  Meiivchcn 
auszi)-lieu  und  inanclie  europäi-i  he  dewnlinheilen  iilier  Bi>i<l  werfen.  Für  besonders  kialligc 
Naturen  liegt  liieiiu  ein  ;;cui>Ner  Auieiz.  den  au'h  unser  Iterner  wohl  euipfumlen  hat.  aber 
srhwichlii  be  solleu.  elii'  .-ie  .•-iib  zu  dein  k'ewaKteii  .•»cbritti-  der  AuswauderiiiiK  cnlsctiliessen. 
eist  solche  einfachen,  populären  Darstellungen  über  das  vou  ihueu  ins  Auge  gefasste  Land  durch- 
lesen and  sieb  dadnrcb  vor  sp&teren  Eattiuscbungen  b&ten. 

Airriktilttir. 

Die  Düngung  der  wichtigsten  tropischen  Kulturpflomen.  Von  Ur.  A.  .Stutzer.  Vorsteher 
dar  landwiitlisi  haftliiben  Versuchsstation  in  Bonn  liie  lru  h  (  nhen,  Itimii.  Km  für  jeden 
Pllanser  und  koluni^teu  uneutbehrliches  nraktisches  liuKsbucb,  weiches  die  Bestandtbeile  und 
Nntaaaweadaat  der  ▼eiacbiedeaen  Grtn-,  Stall-  nad  Uaadelidlkacar  im  aUcemeiaea  and  bei  be- 


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Litoratar. 


829 


stlBintea  tropitcben  KaltarpfUmsca,  anch  die  Wlrknn«,  Art  4er  T«nr«adaiut  md  Beluuidliuic 
denelben  in  d«n  Tenchi«dan«i  BodenartMt  nod  kUnutlfdini  Lun  ■tagahtnd,  J«docli  kxact 
md  l«idit  flusUeh  bdumdaM.  B«i  dorn  Maas«!  d«r  Ar  ut  TvrwndMVNi  trofbdMa  AnUmttiir' 
Literatur  tit  dee  Werk  beeonden  wertiiTolL  C.  B. 

Die  tropischen  Nutzpflanzen  Ott-Afrikas,  ihre  Anzucht  and  ihr  <>vontuelU>r  Plantasenbetrit'b. 
Von  Professor  Dr.  Ii.  Sadebeck.  Aus  dem  Jahrbuch  der  HamburKischfii  WisseiisLhaftlirheu 
AnstAlten.  IX.  Hamburg.  1891.  Komini.Hslousverlag  vou  Luc«.«  üriifo  und  Slllpm.  Ein  sehr 
schätzenswtrtht-r  Beitrag  für  den  piaktischen  Pflanzer,  da  der  Verfa.<tser  mancherlei  Vi-rsuch«'  mit 
der  Aufzucht  von  I'flanzen  gemacht  hat.  deren  Krsebnlsse  beachtet  werden  sollten,  zumal  geratle  in 
der  tropuclieu  Agrikultur  iioih  sehr  viele  Irrthümcr  ans  Unkenutni.sü  der  bei  der  l  inntlanzuug 
Bothwendigen  liedingungen  —  man  braucht  nur  an  die  KalTeekultnr  zu  denken  —  begangen 
«erden.  Der  Vcrfa.<iser  ist  sehr  hoil'nuugüfroh  hinsichtlich  des  Anbaues  fast  aller  tropis«  tien 
Produkte  in  Ost-Afrika  und  spricht  sich  in  einer  ähnlichen  Weise  aus  wie  der  Autor  des  den- 
•elben  Gegenstand  in  diesem  Jahrgang  beliandelndeu  Artikels.  Seinem  Wunsche,  dass  die  tropische 
Agrikultur  eine  staatliche  Unterstntznng  finden  sollte,  kann  man  nar  snsUmmen;  ein  schwacher 
Anfang  Ut  bereits  in  der  Einrichtung  einer  botanischen  ZentralateUe  am  botanbchen  Garten  in 
lierlin  gemacht,  aber  uns  fehlen  noch  wissenschaftliche,  kos  Staatamittela  unterhaltene  Versuchs- 
plautagen  in  den  Kolonien,  deren  Ergebnisse  sicher  unserer  tropischen  Landwirth!<chaft  eiuen 
OMien  Impuls  geben  würden. 

Handbuch  der  tropischen  Aorlkultur  für  die  deutschen  Kolonien  in  Afrika  Erster  Üand. 
Die  natürlirh'  ii  Faktoren  der  tropischen  Agrikultur  uud  die  M^rkinalf  ilirt-r  Uviiitln  ilniiK.  Von 
Dr.  F.  Wuhltmann,  l'rivatdozent  für  Liiudwirthschaft  an  der  l  niver.iita!  Halle,  Leipzig, 
Verlag  von  Duncker  &  Humblot.  Wxl.  \).\-^  Kto^^v  Semler'schc  Werk  über  Tropcu -Agrikultur, 
dessen  der  Verfasser  mehrfach  lobend  i  i  wähnt,  -  es  ist  auch  in  der  That  eine  staunenswerthe 
Leistung,  wenn  man  bedenkt,  da.ss  Semler  zur  /,<it  dir  Abfassung  in  San  Krancisco  lebte,  —  ist 
in  der  ••inen  oder  anderen  Hinsicht  durch  die  moderne  Forschung  überholt.  Während  Semler 
hinriwirttmchaftliche.  technische,  sowie  reine  I'rodnkdons-  und  Handelsfragen  vielfach  behandelt, 
hat  Vi'> fa-M-r  eingehender  die  Veget-ationsverhältnisse  der  Knlturgewächso  geschildert.  Der  vor- 
liegend: i  i^;e  Band  behandelt  hauptsächlich  die  Kigeuthüralirbkciten  der  Ürundlage  jeder  tro- 
pischen und  subtropischen  Agrikultur  und  bespricht  dabei  vornehmlich  die  Verhaltui.sse,  welche 
denen  der  Landwirihscli;i((  in  der  genia--sjgten  Zone  mehr  oder  minder  frcnd  sind.  Kr.^t  auf 
Ornnd  einer  solchen  Arln-it  i.-t  «  ine  Itcurtheilung  unserer  tropl!«chen  uud  subtropischen  (ielände 
zu  «1  In  n  und  die  P'ragH  n.ich  der  Einführung  dieser  oder  jener  Kulturen  in  liit'scm  oder 

jeut  ni  (lebiele  zu  cntstlieiden.  Wenn  in  dein  ersten  Baude  des  Werkes  afrikanische  Verhi»ltnlBse 
hier  und  da  besondere  Herücksiihtigung  erfahren  haben,  so  entspricht  dieses  dem  Geiste  der 
ganzen  Arbeit.  In  «iem  ersten  Kapitel  über  die  Vcbes.serung  und  künstliclie  Veranlagung  der 
natürlichen  l'roduktion>fornien  ist  selt.samerweise  der  grossen  BewiussiriuKs.iiilagen  bei  Mil- 
dura  in  Australien  nicht  gedacht  worden.  Das  zweite  Kapitel  behandelt  die  natiirlklien 
fiiundlagen  tropi.scber  und  subtropischer  Agrikultur,  nach  .Ntmosphäre,  Klima.  Lithosph.ire  etc., 
und  liier  wird  u.  A.  eine  höchst  intetessante  Abliaudlung  iibt-r  die  Ent.sfehnn*  tli's  Ijit<'rites 
veiipni.|i||i(  dt,  und  über  >L'i[ieii  Kultutwertli.  Kapitel  '\  enüiiilt  dl.-  wiiiieii  Nattn i  i Zeugnisse,  iliro 
Abliaijiiigkeit  von  lien  iiuuirlii  lien  (irundingeu  und  ihre  HedcutuntC  für  die  Beurtheiluug  eines 
Laiido  und  d.is  letzte  Kapitel  du-  tri>[i;s«  lieii  und  sublrüidsclien  Kulturgewächse  und  Hausthiere 
mit  ihrer  Vegetations-  und  Fxisteii/aiispim  hen.  Der  Raum  verbielut  uns  leider,  auf  einzelnes  ein- 
zugehen. Wir  können  das  Hurh  eiiieni  jeden  Koloui.ilfniuude  nur  auf  das  Wärmste  empfehlen; 
der  Verfasser,  welrhcr  Brasilien  niul  Westafrika  aus  eigener  Anschauung  kennt,  hat  sich  um 
VOMre  Ki)K>hu>.IImmi  I  nning  ein  bleibendes  Verdienst  erworben. 

Die  natürlichen  Pflanzenfamilien  neli<t  Ihren  i Haltungen  und  wiehti^reren  Arten,  ins- 
besondere den  Niitzpllan/eii ,  bearlieiti  t  luiti  r  Mitwirkung  zahlreicher  hervorragender  Fach- 
gelehrten, von  A.  Engler  und  K.  Praiitl  Leipzig.  Verlag  von  Wilhelm  Enirehnanu 
Filter  den  mannigfachsten  ErscheinunKen  d-  r  bolanis«  heu  Literatur,  welche  flu  den.  der 
sich  in  der  idiieii  oder  andern  Weif  mit  Kolonialfra;;eii  besiimftigt,  von  Bedeutung  sind, 
nehmen  die  im  \erl.i'je  von  Wilhelm  Engelmann  in  Leipzis;  im  Erscheinen  begrifTencn 
.Natürlichen  Pttan/eiif unilien*  von  Engler  und  l'rar>(l  unstreitig  den  ersten  Bang  ein. 
Es  ist  da.s  ein  Werk,  wie  e«  in  der  ;:esainniten  Litt<  raiU'  km  /Antes  giebt.  Schon  zu  wieder 
holten  Malen  wuirle  es  \on  herviirrii|{eiiilen  Botanikern  iiiiteriiominen ,  sSnimtlirhc  I'flanzen 
gatlougen  zu  besdireiben .  aber  seit  einem  halben  Jahrhundert  ist  l  in  derartiges  Unternehmen 
iiitlii  mehr  zu  .Stande  gekommen.  Die  Itutaniker  haben  sich  damit  l>ei,'nii;eii  müssen,  entweder 
nur  bald  grössere  liald  kleinere  (Jnippen  bis  auf  die  Gattiiuk''  n  voliMm  Ii.;  zu  beschreilipn  oder 
aber,  wenn  sie  es  unternahmen,  ein  Bild  vou  dem  gesamniteu  Pllaiizenieiche  in  «ros-sen  Zügen 
zu  .Ti  heu.  sich  auf  die  liaupt^achliehsten  F'aralllen  zu  beschrünkeu  und  nur  eine  Auswahl  der 
(•attungeii  zu  geheil  F--  ist  das  In  der  Überwältigenden  Masse  des  zu  verarbeitenden  Materials 
naturgeniäss  Im  .-rundet.  Di-rartige  grösser«  Uiilernelinnnu'.  n  laborirteii  ferner  in  Folire  davon, 
dass  nur  einer  oder  weui«,'-  sich  an  die  l'.earheitnnic  h-  ranw .igten  ,  an  d.  m  grossen  Fetudsiiinde, 
dii>-i  Jahrzehnte  veiuinic  ii .  ehe  das  Werk  al<kre^rhh.--.  n  war.  Ein  anderer  Maucrl  trat  in  der 
eiitweiler  vollständig  fehlenden  nder  nur  unvolNt^iudiL'i  ii  llliistrirung,  welche  zudem  sehr  Ii  luli.^ 
alle,  längst  bekannte,  keineswegs  immer  «ute  liiMer  br.ichte.  zu  Tage.  Es  mu^-^te  deshalh  .  i  :: 
allen  Seiten  freudig  beicrü'-st  werden,  uls  ,^u  li  die  heli  um'e  Verhufsdrma  darauf  einli.  s^.  ein  W  erk 
herau>znneben,  wejrhc,  l  ine  w i^-^en^chaftliclir  nii<l  dabei  ddch  alL'  Uieiu  ver-t  nidlh  he  Ii.  ,i  hreiluiug 
sÄmmtllcher  Familien,  sowohl  dir  lilüthen-  als  ancli  li.-r  bluthenh.-en  rilaiizen,  sowie  samintlii  her 
bisher  bekannter  Gattungen  briiii-'i'ii  ^idlte.  und  welches  auch  ziemlich  jede  (iattung  durch  ein 
gutes,  möglichst  neues  Bild  illnstnren  sollte  Ein  solches  rnfernehin.  u  kuniite  iiatnrgemiiss  nicht 
von  Einem  oder  einigi-n  Wenigen  abtcefasst  werden,  es  Kehurte  vielmehr,  süllte  iniders  die  Fcrlig- 
stellung  in  absehbarer  Zeit  stattfinden,  ein  grosser  Stab  von  Mitarbeitern  dazu.  So  sind  denn 
au(  h  so  ziemlich  saniintliche  systematischen  Botaniker  Deutsclil.inds  au  dem  Werke  betheiligt, 
welches  in  rascher  Fiil^je  in  l.ieferunuen  von  je  drei  BoKeii  erscheint.  Sollte  das  Werk  aber  an<  h 
nur  anniihernd  die  ifwalfiKeii  K  i-t.  ii  decken,  so  war  es  unbedingt  nothwendig.  dass  dasselbe  den 
weitgehendsten  Anfcnderuuiren  entsprach,  dass  jeder,  der  irRendwie  rnil  l'tlanzen  etwas  zu  thuu 
hat,  in  dem  Wei  ki-  <  in:;i  lii  ii.|ste  Helehruug  fand.    F.<  .iI-d      it hweiidig .  lia^s  die  einzelnen 

Arbeiten  nicht  uur  wijiseuschattliche  Thatsachcn  brachteu,  sondern  daas  auch  der  Kaufmann,  der 


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880 


Litentur. 


Laiiü-  nud  Forstwirth,  der  ciärtner.  der  Apotheker,  der  Holztechuiker.  der  PlantagenbesiUcr.  der 
Reisende,  der  Liebhaber  auf  jede  sich  ihm  aafdrüiiKendc  FraKe  in  dem  Werke  j\jitwort  erhielt. 
Die.«  machte  e»  nothwendiK,  auch  alle  diejenigen  Art^n.  weiche  in  irgend  welcher  Beziehung  ein 
Interesse  boten,  nicht  nur  dem  Naiiu-n  iiarh  anzuführen,  sondern  auch  mit  einer  kurzen  Be- 
schreiljunic  zu  versehen,  so  da.s8  auch  dem  Nichtfachmann  die  Möglichkeit  geboten  war,  sich  von 
der  Identität  einer  Pflanze  zu  überführen.  Für  Kolonialkreise  erhält  das  Werk  noch  ganz 
besonders  dadurch  erhöhten  Weilh,  das«  in  demselben  nicht  nur  diejenigen  Pflanzenarten  Auf- 
nahme gefunden  haben,  welche  bereits  in  den  versrhicdenen  Kolonien  kultirirt  werden,  »sondern 
aui  li  dii'jvnigen .  von  denen  bisher  nur  der  Botaniker  aus  kurzen  Notizen  der  Sammler  wusste, 
»-ie  %on  den  Kin(?cborpnen  zu  die.'icm  oder  jenem  /wecke  verwendet  werden.  Ks  wird  h\'-r- 
durch  sicherlich  vielfiirb  Anregung  zum  Anban  von  Ptlaiizcu  ^^egeben  werden,  welche  sich  bL-her 
nicht  in  Kultur  betiudeu.  Da  auch  in  diesen  F&Ucn,  .soweit  dies  irgend  möglich  war,  die  ein- 
heimiM^ben  Pflanzennameu  angegeben  worden,  so  i.st  damit  die  Möglichkeit  gegeben,  an  Ort  und 
Stelle  bei  den  Eingeborenen  Nachforschungen  nach  den  betrefl'cuden  Pflanzen  anzustellen  resp. 
sie  durch  dieselben  besorgen  zu  l.isscu.  Der  Stofl"  in  den  einzelnen  Familien  gliedert  sich  in  der 
Welse,  dass  nach  einer  Angabe  der  wichtigsten  Literatur  zunächst  die  Merkm;ile  der  Familie  in 
knapper  Form  und  allgemein  verständlicher  Darstellung  gegeben  werden.  Hieran  schlies.st  sich 
eise  Besprechung  der  Vegetatlomsorgaue  mit  Rücksicht  auf  die  Existenzbedingungen  sowie  der 
anatomischen  Verhältnisse.  Es  folgen  dann  allgemeine  Besprechungen  der  Blüth'-nverhultnisse 
mit  liücksiibt  auf  Entwicklung  und  Kistäubungseinrichtangen  und  von  Frucht  und  i>anien,  ebea- 
falls  mit  Kücksii'ht  auf  Entwicklung  und  auf  Verbreitnngsroittel-  Alsdann  Vierden  die  geographl.scbe 
Verbreitung  und  die  verwandlsrhattlichen  Beziehungen  der  Fnmilie  erörtert.  Nunmehr  folgt  ein« 
analytische  Eintheilung  der  Familien  in  I  nterfamilien,  (irujipen  und  (iatlungen.  Hei  sehr  grossen 
Familien  werden  die  oben  genannten  Hesiirechungen  und  En*rteningen  erst  bei  den  Unterfamilien 
und  Gruppen  ansführllcher  gebracht.  An  diese  analytische  l'ebersicht,  welche  es  jedem  ermöglicht, 
eine  bestimmte  Gattung  zu  Identiflziren ,  reihen  sich  sodann  die  einzelnen  Gattungen,  welche 
mindestens  mit  den  nnterscheidenden  Merkmalen  «<iwie  Angaben  des  Vorkommens  und  der  Arten- 
zahl versehen  sind.  Hier  werden  auch  alle  dityenigeii  Arten,  welche  an  der  Vegefationsdecke  der 
Erde  hervorragenden  Antheil  nehmen,  die  nützlichen  und  schädlichen  .\rten  namhaft  gemacht. 
Eine  ausführliche  Besprechung  der  Nutz|illanzen  und  ihrer  Produkte,  sowie  der  besonders  schäd- 
lichen Arten  schliesst  die  einzelne  Gattung.  Dieser  kurze  Ueberblick  giebt  am  besten  eine  Vor- 
stellung von  der  ansaerordentlichen  Mannigfaltigkeit  des  Gebotenen.  Ks  mag  hier  erwähnt  werden, 
dass  ein  Eiemplar  Kmin  Pascha  rpgelnia.ssig  zuge-^eii<!et  wird  und  da-i^s  er  sich  wiederholt  in 
anerkennendster  Welse  über  die  vi.  l-  n  Dienste,  welche  ilini  das  Werk  bereits  geleistet,  gt-äu-ssert 
hat.  Trotz  der  Keirhbaltigkeit  und  (iediegenheit  des  Gebotenen  und  trotz  der  in  jeder  Hinsicht 
vornehmen  Ausstattung  ist  der  Preis  des  Werkes  ein  geradezu  beispiellos  niedriger,  nämlich  nur 
1  Mark  50  Pf.  für  die  Lieferung.  Indessen  tritt  nach  der  Fertigstellung  des  ganzen  Werkes  eine 
Preiserhöhung  auf  da«  Doppelte  ein,  weshalb  ein  möglieh.st  baldiges  Abonnement  im  eigenen 
Interesse  liegt  Uebrigens  werden  aurh  einzelne  Lieferungen,  allerdings  nur  zu  dem  erh<iliteu 
Preise  von  S  Mark,  abgegeben.  ]».is  erste  Heft  ist  zur  Auslebt  durch  alle  Hurhb^indlnngeii  zu 
beziehen;  ein  kurzer  i'ro-pekt  und  ein  i'i idieheft  (20  S- lUfleich  aasf&luriiche  Ankündigung)  icratla 
auch  vom  Verleger  Hi-lirr  ^iüd  •  i m  hi< m  n  :  die  GfBdMMptllMB*  AtoMOIIOCOtyledonen,  ein  grpncr 
Tbeil  der  Dykoiyledonea  und  der  Kryptogamen.  Udo  Dammer. 

MedbtinlBches. 

Aerztliclier  Ratitgobor  für  Ostafrika  und  tropische  Malariagegandan.  Von  Dr.  Paul  Kohl- 
st «jek.  Herlin.  Verl.ig  von  Hermann  Peters.  Ih'M.  Dr.  Koblstock  hatte  als  Assistenzarzt 
w.ihiend  des  deut.s' h-otrikanls<  hin  Aiifstandrs  vielfach  (ielegenheit  nicht  nur  die  infolge  der 
Kriegsfübrung  eutslamiciien  Krunkheitcu  zu  beobachten,  sondern  auch  ein  l'rtheil  über  die 
kUmatiacheu  Verbältni.'^se  und  die  Anforderungen,  welche  der  iMeii-'t  in  i!>'u  Trupen  stellt,  zu 
erwerben,  und  hat  spfiter,  mit  der  rntersurhung  der  für  Ostatnk.i  brsi Imind  ii  Mannschaften  lie- 
traut.  viel  schätzbares  Material  gesammelt.  Der  erste  Tbeil  seines  Bucties  innf.i-st  ullifemeiuc 
Rathschlage  für  Anf.iithalt  Lebensweise  und  Thätigkeit  In  Ostafrika  und  liir  iii-,nt,  rn  viel- 
faches lnteie>-i-,  als  lii  ij.-ni .  "i-lcher  in  die  Tropen  zu  reisen  be.tlisii  htigt,  r  l  iin  M.isso 
von  Angaben  vereinigt  lindet .  welche  er  sich  sonst  mühsam  aus  allen  incgli«  heii  Hn^e- 
werken  herausklauben  niuis.  Der  zweite  Theil  enthalt  die  Vcrhaltungsma;tssregelii  für  ein- 
zelne Krkrankungen.  Verwundungen  und  plötzliche  Luglürksfalle  beim  Mangel  bezw.  bi^  zur 
Ankuiitt  .ii/tlnher  Hibc.  und  hier  sind  natürlich  die  Malaria-  und  Dyseotcrle-Erkraukungeu 
aufs  eingehendste  behandelt.  Im  dritten  Tbeil  befindet  sich  die  Zusammenstellung  der  für 
den  Gebranch  in  < )st4ifrika  und  tropischen  Malariagegendeu  notliweiidigen  Arzneien.  Veib.nnl- 
mittel,  Instrumente  und  andere  Gebrauchsgegeust.iiide  zur  Kranken-  und  Verwundeten  l'tlr^e, 
Si-it  niebreien  Jalireu  bat  sich  in  (-)slafrika  das  Prim  ip  bewuhrt,  .lurli  den  Laien  nach  Mo^lu  h- 
ktit  zu  helfendem  Kinsreifen  bei  Erkrniikunifeu,  Verw  uiidniigen  und  I  "ngliu  k>fiUlen  (iele.ent.eit 
und  Anleitung  geben,  mit  v;b  lelizeitigcr  Gewnlirung  der  dazu  ausreichenden  \i/.iirimittel  in  pi;ik- 
tischer  Form.  D.i  iii'  ht  überall  Acrztc  statiouirt  werden  können,  so  ist  der  Laie  vielfach  au( 
einen  ärztii<  iien  ii;iniiceber  angewiesen,  dessen  «iiicttlwBdei,  «mtt«  Lektüre  ilin  TOr  BMIcbeB  Un- 
glücks- und  Kruukbeitslalleu  bewahren  wird. 

Tropische  Krankheiten.  Anleitung  zu  Ihrer  Verhütung  und  Behandlung  speziell  für  die 
Westküste  von  Afrika.  Von  l'r.  med.  Fisch.  Basel.  Verlag  der  Missionsbiubliandlung.  P^Ol. 
Obttleich  das  Büchlein  speziell  ffir  'die  Westküste  von  .Mrika  gesrliriebeii  worden  ist.  so  wird 
es  all' Ii  fiir  die  übritcen  Tropenlander  sehr  Kute  Dienste  iluiii,  denn  die  'I  ropenkraiiUhi  iten 
siti').  >o  vii  L'e-talti;:  sie  sein  mÖKen.  im  (iriinde  imnii  r  wieder  du  si  llieu,  IS  sind  desli.ilb  h 
vornelimlieli  die  vier  wirhtltrsteii  KnuiklicitsKrnpiieii  des  tropischen  .\fiika:  .Malaria.  Dvseiitei  le, 
Leber-  und  Milzkrauklieiteii  li.-pT.Mhrn  wi.rdcn.  I  »as  was  man  Tropen  Hygiene  nennt,  i^t  bei 
dem  Kapitel  über  Verhütung  der  M  il  nia  untpruelirae'it.  Den  Sehluss  des  liii«  Ideins  bildet  die 
Charakteristik  der  empfohlenen  Mittii  deren  wiclitii:sti'  .'Synonyma  ^;eKebeu  wealcn,  und  ein  Vor- 
schlag, betreffend  Medikiim- nte.  die  auf  jeder  i.uropiiet >tatioii  voii.ittiii:  sein  sollten.  Der  Artikel 
über  WundbeliandkuiK'.  -'iwie  vieb'  der  Scblus.«artikel.  unter  andeieui  i\\<-  Heispiele  von  Tropen- 
häusern, »ind  \om  Herauskceber  Herrn  Dr.  F.i  khardt  web  tu  r  ebenfalls  Missionsarzt  an  der  Gold- 
küste- ist,  abgefas.st.  Der  Ilauptzwei  k  dieses  einpfelil"  n>w rriheii  .'^chriiti  Leus  i>(.  eine  rationelle 
Bebandung  der  Malaria  anxubabneu,  und  neben  den  verschiedenen  Bathschlägeu  zur  Vermciüunc 


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Literatur. 


881 


«ad  Babandlaiui  der  KraDkiMttea  «ach  dabia  8a  wirkflo.  daia  daa  aoatdiweifande  L«b«o  eiaea 
groaaMi  Thills  der  Eu«vi*r  >b  eniateat*  Gelibr  IBr  Jadan,  dar  alch  Iba  ergldit,  erkannt  werde. 

Falkentteln,  AartWeker  RettefeeplaHer  und  Haeafrtaatf.  Eine  Anleitung  xur  Terbfitans  von 
ICranklieitf^n  and  Batluchliirp  zu  doren  Kchandlnng  bei  Mansfl  an  &rztlicber  Hilfn.  Verlag  von 
Tb.  Chr.  Fr.  Enalin  (Richard  Schoefi)  in  Berlin.  Der  Verfasser  hat  bereits  die  Erfahningen» 
welche  er  fr&ber  In  den  Trop<-u  !>iniiii<  lte,  zar  Vervcrthang  (br  &ber8o«-i«cbe  Helsen  in  anerkannter 
Form  der  OefTentlichkeit  überKeben.  Dcübalb  war  er  der  rechte  Mann,  die  üchwierlge  Auffabe 
tn  erfüllen,  dem  Laien  überall  dort,  wo  im  Aui^enblick  ärstllebe  Hilfe  fehlte,  brauchbaren  Hath 
tu  crtbeilcn.  Er  wird  allen  AnforderauKen  gerecht  da  er  anner  allgemetuvu  erklirenden  Be- 
lehrungen über  den  Bau  des  menschlichen  Körpers,  Aber  Oerandheits-  nnd  Krankenpflege,  Krank- 
heitsb^rille  nod  ähnlirbes,  di«  inneren  aad  ansseren  Erkrankungen  der  einzelnen  Organe,  In- 
fectioukraakheiten.  Frauen-  und  Kinderknukheiten,  Vergiftungen.  UiiKläcksfäUe,  Heil-  aud  GenoM- 
mtttel,  sowie  Heispwinke  crllatert.  Gate  Abbildungen  Ton  Verbänden  uixl  ein  ftlMfiidltliekea 
Regialer  erhöben  das  Verstindain  aad  die  Leichtigkeit  der  Benutzung  deä  Buchea. 

AllfOBeliiM. 

Uaaere  Kolenlen.  Laad  aad  Leale.  Von  Dr.  Hcrthold  Vols.  LeipziK.  V.  A.  Brockhans. 
1891.  Das  Buch  iüt  eine  tieisiiixc.  auf  dem  vorhandenen  schon  recht  umfangreichen  Material 
gestfitzte  Arbelt,  welche  in  nicht  zn  grosser  Ausdehnung  eine  Darstellung  unserer  Kolonial- 
gebiete für  weitere  Kreise  giebt.  Land  und  Leute  eines  jeden  Gebietes  sind  nach  ihren  wesent- 
licheu  Merkmaien  eingehender  gezeichnet,  während  das  Hild  der  peripherischen  Thaile  dagegen 
mehr  in  grossen  Zügen  entworfen  ist  Da  das  vorhandene  Material  oft  spr6<lo  und  vnvollstnndig 
ist,  nnd  beständig  neue  Auffassungen  airh  geltend  machen,  so  sind  mancue  Irrthümer  mit  unter- 
gelaufen, doch  eine  eingebende  Kritik  erscheint  uns  auü  dtm  eben  angeführten  Grunde  unge- 
recht Wir  Termi.v<cn  leider  eine  Bescbreibnng  des  Witulandes.  welche  mit  mehr  Recht  aU  dla 
von  Pondoland  biitte  Aufnahme  (luden  müssen,  da  die  dentsch-ostafrikanische  Gesellschaft  das  tiebial 
der  früheren  Witugesellschaft  privatrechüich  und  boheitsrflchllich  besitzt  wibrend  Ober  die  Ver* 
hiltnisse  des  deutscheu  Pondobesitzes  lebhafte  Zweifel  bestehen.  Man  kann  nur  wünschen,  dass  der 
SchlDSSsatz  des  Vorwort«»  allgemeine  Beherzigung  finde:  ,MOge  denn  mit  der  Ktkenntaiaa 
dessen,  was  wir  in  unseren  Kolonien  besitzen,  im  dentachen  Volke  auch  die  Befriedigung  darüber 
wachsen,  daaa,  was  andere  Nationen  erst  in  Generationen,  wir  in  wenig  Jahren  gewonnen  haben: 
einen  da.<i  Mutterland  vielfach  an  Ausdehnung  fibertreffenden  Kolonialbesitz,  der  wie  ein  Baum  dem 
Pflanzenden,  wcun  auch  zögernd  und  sparsam,  lii  n  I nkilii  aber  in  reicher  Flllle  Frucht  tras«  »  wiril  • 

A  Kistorical  Qeography  of  the  British  Colonies,  by  V.  P.  Liica.s.  III.  vi>l.  Oifünl.  At  tho 
Clarendon  Press,  IHKH.  In  dm  Irtxten  Jahren  sind  l  ine  Mint;«'  mitci  .  inflisr  lu  r  Publikationen 
über  dii-  Kolniucn  nschifiiun,  uuKCUScbetnlirli  beiüntlusst  >lurrh  <li>'  Coiuni.-il  1  Aliibilicm  un<l  den 
scramMt'  in  Afuka.  »eiche  eine  I'opnlarisir  hk  ilo  riesigen  die  englischen  Kr'l<iiiieti  b.  tielTi  iiib-n 
Materials  bezwecken.  Ein  solches  Werk  mus.>  übersichtlich  sein,  darf  iiicbt  /u  viel  liniiici  ii.  iiber 
das  ^lit^etbcilte  mu.ss  von  <1ct  grössten  Genauigkeit  sein.  I  n<l  in  ilifser  llm-i.  ht  ist  ilas  Much 
üu>jerst  wcrthvdll.  da  der  Verfasser  in  seiner  Stellimi^  als  Heanit.  r  der  ruiiiuiul  uriie.-  dir  besten 
Informationen  besass  umi  gute  Mitatbiiter  ber.ih/.ieln-n  kimute.  Ih  r  •  istt  Hiind  »(iibt  eine  kurze 
Kolonialgeschichte  oder  vielmehr  die  lint wii  klunic  der  Theorie  luid  l'raiis  bei  d.n  vct^cliiedeuen 
kolonisirenden  Vrdkerschaften :  in  d«-ni  zwfiteii  Hand  beginnt  di.  besond-  r«-  Hisihniliung  der 
einzelnen  Kolonien  mit  di'n  europäisi  heu  und  den  kii  ineren  asuti-i  heic  im  diiiti-n  Knud  uird 
\N'i  »lindi' II  b- liandi  jt.  I)ie  weiteren  B.uide  .stehen  noch  au-;  wenn  sie  auf  d<'t >elbi  ti  !b  Ii.  bb  il  .  n, 
wird  das  Werk  als  ein  klii-^sisches  bezeicbnef  wen)<  it  k"iiii>-n.  Itesonderes  (iew  i.  bf  «  inl  aiu  b  auf 
die  Literaturnachweise  teleict,  die  eltirm  jeden  j^tudi  nti  n  di  r  Kitl^iiialwissenschatt,  als  welrh'-  •■ich 
anch  allm&hlich  in  l'eut.'-ehland  ein«-  brsondere  l>i.sziplin  herausbilden  dürfte,  von  grossem  Nutzen 
■ein  werden.  Denn  wenn  es  an  die  Kolonisationstechnik  (nach  geschehener  Si(beruiiK  der 
Kolonien)  geht  so  messen  die  Krfahrunicen  anderer  Völker  stndirl  nnd  uns  nutzbar  gemacht 
werden,  wollen  wir  nicht  zu  viel  l.ehricrld  bezahlen.  Wer  die  KolonisatiuusKeschirhte  kennt,  iler 
kann  die  tlmhe  üebanpfung.  „dass  der  germanische  'ieist  aus  sich  heraus  in  ilen  Kolonien  etwas 
grossi's  srbatli  n  « <  rdr".  nm  Kutiniitlii^'  belächeln:  wir  müssen  m<'hr  oder  weniirer  Nachahmer  sein. 

L'expansion  de  la  France,  par  Louis  ViKuon.  Paris,  I.ibrairi»'  Guillaninin  u.  Co.  1S!)1. 
In  Frankreich  hat  xjrh.  trotzdem  oder  vielleicht  «erade  weil  t-s  seit  Jahrbundert«-ii  Kidoiiialp^ilitik 
treibt,  die  ofTentliche  Meinung  bis  heute  noch  nie  einstimmig  für  eine  Knjoni.ilp'ditik  (cii'>-«-i( 
Styls  ausgesprochen:  die  Ansätze,  weh  d.»/u  \iTb,iiidrn  waren,  wurdi  ii  (-  bri  irnind  i  iiht  un- 
güiisfiKen  .'iituation  vernichi<-t.  Her  Kehl<  r  [ak  /um  1  Ih  iI  darin,  dass  die  Koloiii.ilpnlitik  unter  der 
inneren  zu  leiden  hatte  und  in  einem  K-mi  .liid.  r<  ii  M.t^-e.  als  dir-,  in  Deutsrhl.itid  bis  jetzt  der 
Fall  war.  Viiiucn  sucht  nun  darauf  hinzuwirken,  dass  die  Kolonialpolitik  über  die  Streitieikeiten 
der  Kolonien  und  (iruppen  binausic-diobeii  werde,  und  nachzuweisen,  dass  die  i  i.--<  lurlite 
des  .kolonialen  Frankreich"  mit  der  ileschichte  des  .kontinentalen  Frankreirli'  ens;  ver- 
banden ist.  y.T  weist  aus  der  französi<clieu  KoloniaU-eschicht«  in  gründlicher  und  ansfuhrlii  lier  Weise 
nach,  dass  rlie  nationale  franz^isisrh.-  Politik  in  i:uio[ia  die  des  .recueilleiuetii "  und  der  W  üide  — 
anaserhalb  Kun^pas  der  Verwerlliuu;;  d.--  üherseriscben  Hesif/.es.  der  VeitlieidiRisu;;  dr^  frauzTc 
sischen  Handlls  und  der  leKitimen  inorali'^ilirn  Autorität  gcKeti  die  gesainnite  Konkurrenz  der 
V>  Iki  !  -«  in  müsse.  Dem  Verfassi  r  si dweht  .|,i(m  i  nai  h  .\ualoi?le  des  .Greater  Htitain*  ,1a  Plus 
(Jrande  Fraure-  vor,  sein  Prou-ramm  i-t  im  lie-si'n  n  Sinne  dr-  Wortes  ■lniiviiii-ti-ih,  obwohl 
wir  eine  Si  hlu<sfnl_'erung  nicht  bilHijen  kr.nni  ii.  d.i-s.  weil  zw  isibm  di-m  Klieiu  und  d4'i  .*^i  ine  sich 
kein  Hinderniss  erhebt,  da  die  Vogesen  und  Ardenueu  keine  H.nriere.  nullt  i  inni;il  eini'  fe-te 
Grenze  bilden,  Frankreich  früher  eine  Kontinental-  als  eine  See-  nnd  Kolon  lalina«  ht  hatte  -ein  müssen. 

Der  überflietsende  Strom  in  der  Wissenschaft  dea  Erfereohtt  der  Hanefiten  und  Schafeitea. 
Arabischer  Text  vom  Schech  Abd  ul  Kadir  Mnhammed.  Uebersetzt  und  erläutert  von  Leo 
Hirsch.    Leipzig.  F.  A.  Brockhaus,  Durch  unsere  engen  BeziehunRen  zu  den  Arabern  in 

Ostafrika  sind  wir  jetzt  in  die  La^e  gekommen,  uns  praktisch  auf  das  (ieuanestc  mit  den  Sitten 
nnd  Gewohnheiten,  den  Satzungen  des  geschriebenen  wir-  des  (Jewohnbeitsrechtes  von  Völkern 
be.icbäftiicen  zu  müssen,  lieren  VVohb  rgehen  umi  /ufriedenheit  zu  fördern  schon  unserer  eigenen 
St.  bi  rb'  if  wei;.-n  d.is  Ziel  unserer  Hestrcbungen  s«-in  inüsstc.  Der  Verfasser  hat  in  löblicher 
W.  isi-  es  unti  rnommen,  clas  Frbrecbt  ein>  s  berühmten  arabischen  Schach,  mit  dem  er  in  .\den 
bekannt  geworden  war,  nicht  nnr  xa  übersetzen,  Mudem  anch  in  erliotam.  DaM  die  rechtlichen 


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882 


Utwmtar. 


Vorhält üis.ip  der  muhammedani.schcu  l'nforlhanon  in  nnsoren  Besitznii(c<n  t-inst  eluer  den 
l'nisfäii'i'  II  entaprtThenden  ReRplum?  zur»  lührt  wenlen  müssen.  b<'(larf  keiner  Krago  Ks  wird 
vii  lsi  itigt  r  und  anilancmder  Arbplt<  n  bcdürff-n,  bis  hier  ein  Hecht  enUUhen  luaa,  welches  nater 
Mit^t^irkunK  eingeborener  AutoritätoD  hergestellt,  fQr  alle  Mnhammedaner  anter  dmtsdwrHtnNlMft 
gleicboiMis  Geltaog  twbeo  m&ute;  dic««t  Bacblein  ist  ein  Bsostaia  dm. 

Ai Atltm HilM «MinnliiMfiM.  Vfl«iIi«opol4tr.jr«4lia«.  WIta «. OlmAls.  Bd.BaaiL 
U9L  D«r  BiüMisof  LeopoUFerdlaand,  mkSmimfüm  18B7  «atUBS  «Im  grtaMra 8«anbe uf 
der  «Flu•1la^  mtoratlm,  batto  setatr  Kalt  T«Ml««b  ftfUirt^  ««IAm  all  ßnmUatt  fir 
ein  tpiterM  Werk  dtenen  sollte.  D»  dl«  ▼«riWMrtllqwat  turtsfUIeb,  hat  toh  Jadlaa  vntar  B«» 
avtsang  von  CMgUial-AnflaaluB«!  ada«  Kattwa  vararbaftel  Wcaa  darsellM  steh  aaeb  bat  dar 
Besdnaibaaf  d«a  Oesehaaea  daraaf  beacbiiakta,  «lafach  die  EiadrIIcke  wled«fsncd>en,  welche 
Jeder  Toaiw  «mpOngt,  so  alad  docb  bia  «ad  vieder  einige  rata  geographische,  statistische  oder 
gesdilobtllclM  Daten  «afefUut,  welche  aaaMbt  d«B  oWileUea  PabUkafloaea  aa  Ort  aad  Stelle 
eataeaiawn  alad  aad  daB«r  besoadem  Warth  beaamradiMt.  Das  KrtogasehUr  basadite  Toider- 
aad  HlaterladieB.  Ntededladladl  ladluu  Cblaa,  Jäpaa»  dl«  FhtilpimiM  aad  Slam,  wo  rieb 
bberall  Odegeabelt  aa  latensaaatea  BaichnibKagaB  ftad.  Deaa  weaa  wir  aach  aiebrere  san 
Tbett  recht  gat  gaaebiMMMM  Belaemtb«  Uber  diese  Uader  beaitsen,  so  ist  es  doch  klar,  dass  dem 
▼erfiuaer  darcb  selaa  Beriehangea  vMea  aa  sehea  TeivOaat  war,  was  andere  BeiseBde  aar  «eltea 
la  Erihhraag  briagea  kBaaen.  Besond«ri  lateraaaat  riad  iU»  Schildemagen  dar  wenig  beancbtea 
Hifta  aa  ür  araMsebea  Kttste  im  pertlsdiea  QM,  da  die  frtasle  Aaiaal  voa  Bsiaeaden  direkt 
aaeb  Vorderiadlea  Ohrt,  aneh  alad  die  sarbekgebllebeaea  aortagleBlaelioa  Besitraagea  elagehead 
gesdilldert  Das  Bach  ist  nlt  einer  grossen  Ansahl  sehr  guter  and  ^rakterntlscber  lUa* 
atratlonen  nach  Orlginal-Phi  tncraptii- n  vnriiehm  ausgestattet. 

Orundiüge  einer  Philosophie  der  Tracht.  Von  Heinr.  Schurti.  StuttKatt.  Cotta  199! 
r>er  Vcrfii.'isi'r  nennt  si'in  NV<  rk  m  Ibst  clueu  Yersncli,  tlie  Deduktion  und  induktiv.'  Metliode 
in  der  Ktliiiolii;;ie  lu  verbinden.  Er  stellt  als  er>ten  HewegKrutid  zur  Erfinduiii?  d- r  Tracht 
das  Si  baniKefidil  hin.  während  an'li  re  Form  her  hierfür  die  klimatischi  n  Erfordernisse.  Srii  n- 
heilsKefüliI  (nnd  später  Gewulinheit)  annehmen.  Er  su  bt  den  FU'woi4  für  s<-inr  Hihnnpt-.iiiK  mit 
besonilerer  Hi-rü«  ksii'htigting  der  Nrgervftlker  (l.nliin  ti  m  t  ilin  -i.  er  n.n  hw.  ist.  'i-i  i'.e;;:rin 

einet  einenilirhen  KieiduuK  Kehe  stet.«  von  einer  lleder kimn  il«  r  (n  .s.  hslhrilo  au-  lunl  <l;>ss 
da'i  St  hainicefulil  nirgends  fohle.  Sehr  fiberzenKcnd  ist  die  IU'Wei>liit»ruiiK  dafür,  da>s  «iie  en«« 
Beziehuni;  der  Tischt  zu  Keschlechtlicheu  rnterschieden  und  VorKünKen  sich  ütieniü  i>uf  das 
schärfste  ausspreche  und  da.s.«  alle  wii  htigeii  Ereignisse  des  i ies.  hiei  lilslebens  in  der  Kegel  von 
einer  Aca<leiunK  der  Tra<  ht  äii<>i  rll<  h  begleitet  und  clmraktorisitt  sind  und  dass  die  Kleider- 
tracht  parallel  mit  dem  I  n'  t  l.<  n  .ii  ,  ;  -eschb-chtliiiien  Alleinhesitzes  —  der  Ehe  «ehe. 

Einzelbilder  aut  der  Wellwirthschaft.  D.  i  Tabak.  Ih  r  H<  \>  IMe  Haumwulle  Die  Wolle, 
Von  Dr.  Alwin  Oppelt.  4  Händchen.  Itremen.  Pruck  und  Verlag  von  Max  N'cssler.  1891. 
Die  verst  hietleneii  Broschüren  sind  aus  Vorträgen  hcrvorgegauKen,  welche  der  in  Hi  einen  wohnhafte 
Verfisser  dort  im  Winter  ish'.'  'Xt  .iI>ki  lialten  hat  über  diejenitfeu  Produkte,  wriclie  sowohl  in  d.-r 
Woltwirthschaft  als  irn  Hrcmist  hen  llandid  eine  besonders  wichtige  Stellung  eiunehmen.  Sie  ver- 
folgen nicht  den  Zweck,  den  (iegeustand  mit  allen  seinen  Einzelheiten  liistori.schcr,  gcis'  '!'''''^  i, 
poliiiNchcr  und  anderer  Art  enchöpfeod  sn  behandeln,  sondern  skiuiren  nur  das  Auziebeodäte 
und  Wichtigste  ia  sehr  klarer  aad  AberaichtUcher  Webe,  aaterstfttrt  intdk  DlagmaiaM  aad 
lilo^tratloneo. 

Repertoriu«  der  deatsoM«  KelealaI  •LHaratar.  1889 -189a  Bearbeitet  ron  Haxlmilian  B  r  o  s  e. 
Bibliothekar  der  dentscbea  Kolonlalgeaellscbaft  Georg  Wiakelnaan.  Berlin.  In  wenigen  Jahren 
ist  unsere  Koloniallitteratnr  so  angeschwollen,  dass  Jeder,  weldier  sich  mit  Koloui&lfragen  beschif- 
tigt,  es  sehr  dankeuswerth,  well  viele  Mfkhe  des  Nachsehlagens  ersparend,  ansehen  wird,  wenn  ihn 
hier  Oelegeahelt  geboten  wird,  sich  in  Kfiree  über  das  Wichtigste  zn  informircu.  Der  iUhmen  Ist 
so  weit  gesogen,  dass  wenig  ausgelassen  werden  musste;  jedenfaUs  sind  unsere  wicbttRStea 
rein  kolonialen  Poblikationeu  wie  die  haaptsächlichsten  koloalalaa  Artikel  wissenschafUTcher 
Zeitschriften  nach  einem  bestimmten  Plane  flelssig  and sorgfUtlgeseeiplrt.  Die  Rubrik  Allgemeines 
enthält  die  Nachweisung  des  amtlichen  Materials  politischer  aad  wlitbscbafllicbcr  Natur  über 
Uaadi-1,  Geologisches,  Hygiene,  Klimatologic,  Mission,  Araberfrage  u.  s.  w.,  das  Schema  der  ela- 
lelnea  Kolonien  ist  so  aufgestellt,  dass  von  dem  Ailgemeinen  nach  dem  Beaoaderea  foitgeachrfttea 
Ist,  and  sehr  bbersichtllch,  so  dass  das  Gew&ascbt«  leicht  sa  flndea  ist 


Aequatorlal-Ost-Afrika.  In  deai  Kartenverlage  ron  Dietrich  Keimer  (Hocfer  u.  Vohsen)  la 
Berlin  ist  soeben  eine  nach  den  neu  orten  Forschungen  bearbeitete  dritte  Auflage  der  im  vorigen 
Jäkn  ansgegcbcnen  .äpezialkarte  tou  Aeqnatorial-Ost  Afrika  ton  lUchard  Kiepert*  erschienen, 
welche  ganz  besondere  Beachtnag  rerdicnt.  Die  früher  in  2  liUttem  getrennt  ansgegebene  Karte 
ist  jetzt  zu  einem  einzigen  grossen  Kartcubilde  vereinigt,  welches  eine  klare  Uebersicht  der 
polltiscben,  hydrographischen,  orograpbischcn,  ethnographischen  und  handelsgeographischen 
Verbiltaisse  von  Deutsch-0«t-Afrika  und  den  angrenzenden  L&ndem  gestattet.  Die  politischen 
Grenzen  entsprechen  den  neuesten  Staats  Verträgen,  ferner  sind  mit  grosser  Sorgfalt,  zum  Tbcil 
nach  offttiellen  MittheHnngen ,  die  Ausdehnung  der  Schutzgebiete,  die  Dampferlinicn,  Misüions- 
Stationen,  Müitärstationen,  Itezirki-,  Haupt-  und  Nebenortc,  Haupt-  und  Neben  Zollämter  ein- 
gelraceii  und  ausserdem  in  einem  Karton  neu  ein  Plan  von  Dar  es-Salam  nebst  den  Tlefen- 
Terliältni-sen  des  Hafens  hinzugefügt.  Einen  besonders  praktischen  Werth  erhJLit  die  Karte  durch 
das  der-elben  beigef&gte  Yerzcichniss  aller  auf  der  Karte  vurkommeadM  Namen,  \u  K  lies  es 
eraöglii  hr,  jeden  Ort,  die  Gebirge,  Jeden  Staaun  und  Jede  Louidscbaft  a.  a.  w.  sofort  nnd  ohne 
Ulkhe  aut/.utiiiden.  Wir  machea  aasere  Leser  aaf  diese  Jetst  sdar  seltgemisa  eiaehleaea«  Kait« 
gerne  anfmerksaaL 


Register. 


333 


Register. 


A. 

Aberglaube  2M. 

Abgrenzung;  der  Missionsgebiete  LM. 

Abkommen  mit  Frankreich  2iLL 

Abo  33j  225. 

Albert- t:dward-See  2ii2. 

Amedschohve  32. 

American  Board  iL 

Amulamu  21B< 

Ananas  94^  162,  L15. 

Anatto  81. 

Anleihe  für  Kamerun  175. 
Antisklaveiei-Lotterie  267. 
Arachis  83^  1112. 
Arnim-Muskau,  v.  I£2< 
Aruscha  Wh. 
Aruscba  tebini  3.  £L 
Aätrolable-Compagnie  3Q^ 
Australische  Wesleyaner 


Bafut  215. 
Baliburg  iUu 
Hamberger  LH  ff.,  Ifiö. 
Bambus  liL 
Banane  73,  23- 

Bairaer  Mission  36,  44,  304,  307. 
Hasler  Mission  32. 
Bastards  2ih^ 
Hataiiga  35,  217. 

Baumwolle  84^  96,  100,  207,  238,  293. 

Bayrische  Lutheraner  ÜL 

Haziba  ^  32L 

Berlin  I  3fi. 

Herlin  III  32. 

Betelnuss  75, 

Bethel  32. 

Bismarck,  Fürst  v  193. 
Hi^marck•Archipel  65,  ü,  ällL 
Bogailjim  11. 
Bremer  Mission  32. 
Bridoiix  iiiL 

Bro<lfruch(baum  75,  1 14. 
Brüdergemeine  38. 
Hudgeikommisäion  III. 


Bukoba  56,  259,  261,  m 
Bürgerliches  Recht  28. 
Bumpeke  2^ 
Buschiri  4,  A2L 

C. 

Caprivi  t.  123,  liS  ff,  143  ff. 
Crampel  225. 

D. 

Damaraland  36,  127,  245. 

Dampfer-Unternehmen  255,  2fi2. 

Dampier-Iosel  Hl. 

Dar-es-Salaam  39,  52. 

Deutsch-englischer  Vertrag  14.^. 

Deutsohe  Colonial-Geseilschaft  für  Süd- 
west-Afrika 218. 

Deutscb-ostafrikaniscbe  Gesellschaft  203« 
22D. 

Deutschthum  in  Südafrika  212. 
Dualla  22. 

E. 

Emin  Pascha  56,  15^  254,  320. 
Emin  Pascha  Expedition,  deutsche  IM 
Englisch-kirchliche  Mission  12. 
Etatgesetz  für  die  Schutzgebiete  215. 
Euts  3U. 
Eweer  222  ff. 

Expedition  v.  Zelewski's  212. 

F. 

Finanzverwaltung  2£L 

Fioiiiscbe  Missionsgesellschaft  36. 

Finschhafen  HO'i- 

Fran^ois,  Hauptmann  v.,  244  ff. 

Friedrich  Wilheimshafen  301. 

0. 

I  Generalacte.  Brüsseler  202. 

Gerii'hlsverfassung  'Hj. 
i  Gesetzentwurf  betr.  die  Schutztruppe  für 
i      l)eutsch-()>tafrika  136,  170,  LZfi. 

Gogoifluss  'ML 

Gravenreuth,  v.  2^  226,  222. 
Gross- Damaland  32. 


334 


Register. 


H. 

Hamroarber.  Dr.  81,  118^  124,  126,  184. 

UaUfeldtbafen  Süfix 

üerold,  Premier-Lieutenant  22!L 

ilötiigsberg  1 18. 

Hottentotten. 

L 

Indigo  8S.  9L  LIÖ- 
Inf^wer  109. 
Interessensphären  ÜL 
.lantren  4  Tfaomäblen  ITlj  215. 
Johannes,  Chef  11. 
.lombaebene  305. 
Juristentag  204. 
Jute  85,  lilL 

K. 

Kaffee  86,  lÜiL 
Kaffraria  ;LiL 
Kaiser  Wilbelmland  aOL 
Kauaharero  24."). 

Kamerun  14,  63,  121^  17_L  il^i  11^  IMi 

Kararamuka  lü. 
Kardorff  124,  Uth. 
Karema  5ä< 

Kautscbuck  97,  105,  122- 

Kayser,  Wirkl.  Geh.  Lesationsrath  121. 

165,  HTL  175,  183,  204,  am 
Kebbi  ÜJL 
Kiboscbo 
Kilema  ML 

Kilimandscharo  'i,  ff.,  50,  2flä. 
Kling,  Premier-Lieutenant  22iL 
Kokospalme  69,  96,  1112. 
Kola  lüL 

Ktdoniaißesellscbaften  22^ 
Kolonialrath  201,  üLä. 
Kolonien,  eii^entliche 
Kolonisationsgebiete  in  Südwest -Afrika 

247. 
Kopal  lÜfL 
Krotonül  104. 
Kulturpolitik  254,  222. 

L. 

Langheld  2h&. 

Lauterbach,  Dr.  300. 

Lewis  21L 

Livinbac  .^5,  271. 

Londoner  Missionsfresellscbaft  42. 

M. 

Machemba  2Ä2- 
Mofili  2Mi 
Mais  81,  92j  Iii 
SJandara  i. 


Man^amba  3^. 

Maniok  82,  [)3.  114. 

MaranKU  28S. 

Marienberg  tLL 

Marschalls  Inseln  15,  312. 

Marschall,  v.  119.  139,  181,  l&fL 

Ma<sai  iL 

Meteorolo(>iscbes  Oütafrika  295. 
Meyer,  Dr.  1,  i. 
Mfumbiro  2fi3. 
Mirbach  142^ 

Missionen,  evangelische  32  ff,  165.  304. 

2ÜL 

Missionen,  katholische  iä  ff-,  l£h 
MiüsionsKeselischaft  vom  Herzen  Jesu  6h± 
MIalo  40. 

Monierverfahren  222. 
Morgen,  Prlt.  212. 
Mpwapvta  256. 

N. 

Nachtrapsetat  178,  UiAi 
Neiiorhirse  SL 
Ni-ila  218. 

Nutzhölzer  III,  m 


0« 

Oechelbäuser  140. 
Oelpalme  88,  95,  102. 
Ostafrika  14,  135,  202,  25L 
Otyimbingue  'äSu 
Ovamboland  ßß. 

F. 

Palmyrapalme  112. 
Papaya  79,  94,  Ul. 
Papua  fiL 

Peters.  Dr.  152,  288, 
Phosphate  308. 
Priifeklur  Kamerun  QIL 
Präfektur  Süd-Sansibar  52« 
Protektorate  IS. 

Ramie  85j  lüL 
Ramsay  280,  323. 
Rechtspflcßo  2fi. 
Rechtsverhältnisse  13  ff. 
Reichsgesetz  vom  12.  April  1886  H. 
Reichstag  30,  IIS  ff.,  MIl 

Reis  82,  ma. 

Richter,  E.  132,  1.53.  175,  176,  IM. 
Rombo  232. 
Rottan?  VL 

Royal-Niger  Company  Ija,  219,  223. 
Rufidschi  2hL 


Register. 


335 


8. 

Sa{(opalme  74,  1  ü 

S.  Beuedictu^-Missionsgenossenscbaft  £2. 
Saaseviera  102. 
Schlegel  32. 

Schlussbericht  Wissmann^s  2fi^ 
Schmidt,  Dr.  3^  4.  2ÄL 
Scbnapshandel  1Ü7,  185,  287,  275. 
Schutzgebiet  der  Neu-GuiDea-Compagnie 

15,  69^  aHL 
Schutzgewalt  21^  125. 
Schutztruppe  für  Ostafrika  136,  2hl  ff. 
Schynse 
Sesam  IM. 
Siar  45. 
Simbodja  1,  iL 
Sinna  2  ff. 

Sklavenhandel  219»  25L  26L  316,  223. 
Soden,      152,  273^  323. 
Stephansort  3Ü2. 
Steuern  in  Ostafrika  22^ 
Stöcker,  Anträge  lfi4. 
Strafrecht  21. 
Stuhlmann,  Dr.  261^  320. 
Südwestafrikaniscbes    Schutzgebiet  14, 

125,  232. 

Schutztruppe  212. 
Syndikat  für  Südwestafrika  2iS. 

T. 

Tabak  83,  107^  304. 
Tabora  255. 
Tacca  83. 
Tami-Inseln  i£> 
Taro  12. 
Tinde  253. 
Tippu-Tip  52. 


i  Togo  LL  90,  22L 
I  Tschadsee  223. 


j  Universitäten  Mission  iL 
ürambo  25S. 

Usambara  •  Eisenbahn  -  Gesellschaft  294, 

32(1 

Vanille  lAS. 

Verordnungsrecht  des  Kaisers  2itx 
Verwaltung  der  Schutzgebiete    25  ff., 

150,  202,  222.  236.  242.  234. 
Vicariat  Nord-Sansibar  43  ff. 
Vicariat  Nord-Unjanjembe  etc.  54  ff. 
Victoria  ^  1^22. 
Victoria-Nyanza  h&s 

W. 

Wahehe  252,  2TL 
Windboek  24L 
Windthorst  156,  Ififi. 
Wissmann  1,  152,  254. 
Wilboy  36,  127,  244. 
Witu  L45. 
Wlawollo  gfi. 
Wute  2211 

Y. 

Yams  70»  22. 

Z. 

Zelewski,  v.  S78. 
Zintgraff,  Dr.  213. 
Zollverordnung  31.^. 

Zulassung  von  Uesellscbaften  201),  241. 


avdndtt  M  JoUm  SittmifU«  In  B«dlii  W. 


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