Archiv für
Frankfurts
Geschichte
und Kunst
Frankfurter Verein
für Geschichte und
Landeskunde, ...
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ARCHIV
FÜR
FRANKFURTS GESCHICHTE
UND
KUNST.
Dritte Folge.
Herausgegeben
von dem
Vereine für Geschichte und Alterthumskunde
zu
Frankfurt am Main.
Sechster Band.
Mir einer Tale!.
FRANKFURT a. W.
K. TH. VOLCKHR'S V HR LA G.
i S99.
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Ünifkerri von AtiiiST ÜiTl.umtTii in Frankfurt a. M.
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Inhalt.
Seite
I. Dr. E. Fromm, Frankfurts Textilgewerbe im Mittelalter . . i
II. Dr. H. v. Nathusiu8-Nein8tedt, Die Frankfurter Kirchen-
buchführung 16 1
III. Dr. B. Müller, Sebastian Furck, Kupferstecher und Contra -
faiter von Frankfurt a. M. Hierzu Tafel I . . . . 187
IV. Prof. Dr. I. Kracauer, Frankfurt a. M. und die französische
Republik 1802— 1803 253
V. Ch. L. Thomas, Die Ausgrabungen im Domhof und auf dem
Weckmarkt 1896 -1897 314
VI. Kleinere Mittheilungen.
1. Prof. Dr. F. Falk, Zur Biographie der Frankfurter
Reformatoren M. Ambach , J. Bernhard und
Th. Sartorius 323
2. Dr. R. Jung, Archivalische Findlinge: Gutachten zweier
Frankfurter Aerzte 1425. — Geschichtliche Anfrage
König Maximilians bei Frankfurt 1 505. — Cochlaeus
als Bewerber um das Rektorat der Frankfurter
Lateinschule. 1520. — Familienforschung vor 300
Jahren. — Gedicht auf J. Ch. Senckenberg, 1772. —
Ertrag eines Hauses auf dem Römerberg während
der Krönung von 1790 327
Geschäftliche Mittheilungen.
I. Bericht über die Thätigkeit des Vereins im Jahre 1896 III
II. Rechnungs-Abschluss für das Jahr 1896 .... XIII
III. Bericht Uber die Thätigkeit des Vereins im Jahre 1897 XVII
IV. Rechnungs-Abschluss für das Jahr 1897 .... XXIX
V. Bericht Uber die Thätigkeit des Vereins im Jahre 1 898 XXXIII
VI. Rechnungs-Abschluss fUr das Jahr 1898 ... Xl.I
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L
Frankfurts Textilgewerbe im Mittelaller.
Von Dr. E. Fror
Die Darstellung des Frankfurter Zunftwesens im Mittelalter ist
gefordert worden, 1 und sie ist eine reizvolle Aufgabe, weil die Zunft-
ordnungen und Zunfturkunden von der Mitte des XIV. Jahrhunderts
ab in Frankfurt a. M. in reicher Menge, fast vollzählig erhalten sind
und bisher nur spärliche Benutzung oder Veröffentlichung gefunden
haben. Hier soll nun als erstes Stück dieser Untersuchung eine
Darstellung des Frankfurter Textilgewerbes im Zeitraum des XIV. und
XV. Jahrhunderts gegeben werden; ich wähle gerade dieses Frank-
furter Gewerbe, weil die Weberei weitaus das bedeutendste von allen
Frankfurter Gewerben war, und weil dementsprechend das für sie
erhaltene Urkundenmaterial das reichste ist.
Jede Untersuchung zur Geschichte des mittelalterlichen Zunft-
wesens scheidet sich von selbst in einen rechtsgeschichtlichen und in
einen wirtschaftsgeschichtlichen Abschnitt. Der erste Teil hat die
• Antwort zu geben auf die Frage nach der Grösse des von den
betreffenden Zünften ausgeübten Z wangsreclrts im Inneren, wie
weit schafft die Zunft selbst ihr Gewerberecht, in welchen Grenzen
erzwingt sie polizeilich seine Bewahrung und wie weit hält sie Gericht
über ihre Mitglieder ab, bezw. wie weit ist sie in diesen Stücken vom
Rat abhängig, und der Ausdehnung der Zwangsgcwalt nach
aussen, gegenüber gewerbetreibenden Nichtmitglicdem, also eine
Beantwortung der Fragen nach der Zunftautonomie und dem Zunft-
zwang. In dem zweiten, wirtschaftsgeschichtlichen Abschnitt ist die
Fragestellung die, wieweit sind die von der Zunft umschlossenen
Gewerbetreibenden Lohnwerker oder Freiswerker. Im ersteren Fall
fragen wir nach den Beziehungen zu den Arbeitgebern, im letzteren
' Vergl. Bücher, Bevölkerung von Frankfurt a. M. im XIV. u. XV. Jahr-
hundert, S. 76.
l all nach der Grösse der Produktion, ob sie nur auf die Befriedigung
der örtlichen Nachfrage sich einrichtet, oder ob sie auch für einen
auswärtigen Bedarf arbeitet. Es ist dann weiter zu prüfen, wie die
schwankenden wirtschaftlichen Schicksale der betreffenden Produktion
auf die soziale Stellung der Produzierenden, die soziale DifTerenziierung
unter ihnen, die Stellung ihres Hülfspersonals u. s. f. einwirken. Die
Beantwortung dieser Fragen ermöglicht allein erst auch ein Ver-
ständnis der politischen Geschichte der städtischen Territorien und
der Geschichte der städtischen obrigkeitlichen Gewalt.
i. Zünftige Autonomie und Zunftzwang bei den Weberzünften
Frankfurts.
In dem Rate der Stadt Frankfurt, der seit 1220 bezeugt ist,
finden wir seit der zweiten Hälfte des XIII. Jahrhunderts Handwerker.
Neben die 14 Schöffen und die 14 Ratsmänner aus den Geschlechtern
treten als dritte Abteilung 15 Ratsmänner aus den Handwerkern.
Allerdings haben diese 15 Handwerker gegenüber der Mehrheit von
29 Geschlechtern nie eine bedeutsame politische Rolle gespielt. Seit
131 1 führen Bürgermeister den Vorsitz im Rat, und in diesem Bürger-
meisteramt finden wir zuerst 1358 Handwerker.'
Die erste Erwähnung einer Organisation von Handwerkern tritt
uns in einer Urkunde von 1284 entgegen. 1 Die erste klarer erkenn-
bare Frankfurter Zunft ist die der Gerber von 1311.' 1324 begegnen
uns Zunfthäuser der Kürschner und der Schuster, 1335 ist die Zunft
der Wollenweber bezeugt, die damals ein Ratsmitglicd stellt, 1346
wird uns berichtet von einem Briefwechsel der »zunft zu Frankfurt
und der zunft zu Mentze«, 1348 und 1350 werden die Zunft- bezw.
Kaufhäuser der Weber erwähnt, eine Zunft der Leineweber begegnet
uns zuerst 1377. 4
1 1558 als II. Bürgermeister Andreas Heilgeyst, Wollenweber. S. Kriegk,
Deutsch. Bürgertum im Mittelalter. S. 474 fr. giebt er ein urkundliches Verzeichnis
der Frankf. Bürgerm. von 1 51 1 — 1866.
1 Böhmer, Codex dipiomaticus Moeno-Francofurtanus (zitirt als Cod.) S. 214:
Die molcndinarii et molendina habentes. Strafen fallen '/s an den Schultheiss,
l h an den Rat, Vs an die artiftees, qui antweregenoz dicuntur.
' Siehe Kriegk, D. Bürgertum im Mittelalter, Neue Folge, S. 409 : zwei cerdones
nomine omnium cerdonum et ex parte societatis et fraternitatis eorundem conduxerunt
domum ...
4 Cod. 476: domus pellifkum sita retro domum calcificum; beglaubigte archi-
valische Notiz in Ugb C. J2. S des Stadtarchivs ; Cod. 600; Zunfthauser der Weber
vergl. Battonn, Örtliche Beschreibung der Stadt Frankfurt a. M.. IV. 177, iSj.
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Die Frankfurter Zünfte zeigen bis gegen r 370 eine weitgehende
Autonomie. Die urkundlichen Belege für die Selbstverwaltung der
Frankfurter Handwerke /.wischen 1300 — 1355 sind spärlich; aber die
nach dieser Richtung hin zu Tage tretenden Züge im ersten Hand'
werkerbuch von 1355 lassen sich unbedenklich auf diese Zeit über-
tragen. 1
Aus dem Jahre 1352 haben wir einen Zunftbrief der Schneider und
einen Bundesbrief der Bäcker aus den acht Städten Mainz, Worms,
Speyer, Oppenheim, Frankfurt, Bacharach, Bingen, Boppard.'
Die Schneider haben, so erklären sie, gewisse Artikel unter sich
gemacht und versehen diese Satzungen mit dem Siegel ihrer Zunft.
Aus dem Fehlen jeder weiteren Angabe ergiebt sich, dass sie den Rat
gar nicht weiter gefragt haben. In ihrem Brief tritt uns die Zunft
entgegen unter der Leitung von sechs Meistern, die nach Ablauf ihres
Amtsjahres sich selbst die Nachfolger wählen. Die Ordnung enthält
eine Reihe gewerblicher Beschlüsse. »Wenn ein Meister ein Werk
zuschneidet, und er rindet damit nicht die Zufriedenheit des Kunden,
so dass dieser es einem anderen Meister zur Anfertigung übergeben
will, so darf kein Meister aus dem Handwerk diese Arbeit annehmen.«
Wer dieses Verbot übertritt, dem legt die Zunft eine Geldstrafe auf,
und dazu soll der Lohn an den abgegeben werden, der das Kleid
zugeschnitten hatte. Die Zunft verbietet die Nachtarbeit zu gewissen
Zeiten, in Notfällen können die Zunftmeister die Erlaubnis erteilen.
Die Strafgelder werden von den Meistern bestimmt, von ihnen im
einzelnen Fall, verhängt und durch den Zunftknecht eingezogen zum
Nutzen der Zunft.
In dem Bundesbrief von 1352 ordnen die Bäcker der acht Städte
hauptsächlich die Verhältnisse ihrer Knechte. Selbstständige Verab-
redungen der Zünfte mehrerer Städte unter einander gelten immer
als ein Zeichen bedeutender Erstarkung der zünftierischen Selbst-
ständigkeit.
Grade in diesem Jahr 1352 sehen wir nun den Rat im Kampf
gegen die Selbstständigkeit der Zünfte. Aber eben was er ihnen
1 Wenn es in der Urkunde von 1284, Cod. 2i.|, in welcher der Rat die
gewerblichen Beziehungen der Müller /.u den Bäckern ordnete, heisst : omnes molen-
dinarii . . . coram nobis (dem Rat) hdeliter promiserunt se ad hoc voluntate
spontaoea obligantcs, quod . . ., so ist dies nicht stark zu betonen. Der Aus-
druck ist formelhaft; er kehrt z. B. wieder in dem Vertrag zwischen Schultheiss,
Schorfen, Rat und den Antonitern von 1287, Cod. 228: »dicti quoque fratres pro-
miserunt dare ad pontem decem solidos«, und die Antoniter versichern: »no*
quoque recognoscinius esse obligatos. . .«
J Cod. 62 5 ; Cod. 62 >.
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verbieten muss, zeigt wieder, was sie an Rechten besassen. Die
statutarischen Bestimmungen des Rates von 1352 1 stellen den Versuch
dar, die Zünfte von der Ratsgewalt abhängig zu machen, ihre damals
dem Rat bedrohlich erscheinende Unabhängigkeit zu vernichten.
Schon seit hundert Jahren gingen damals Handwerker auf den
Rat, aber nicht einmal diesen, sondern dem ganzen Rat soll die
gewerbepolizeilichc Aufsicht über die Zünfte zustehen.
Für die Bäcker ernennt der Rat aus sich zwei Mitglieder, welche
die Brote zu besichtigen haben. Es sind nicht die zwei Bäcker,
welche die Zunft in den Rat schickt. Je zwei Wochen dauert die
Amtsthätigkeit dieser zwei Aufseher; säumen sie in der Übernahme
oder der Durchführung der ihnen von den Bürgermeistern über-
tragenen Obliegenheiten, so verfallen sie in eine Geldstrafe, die in
der Ratssitzung von ihnen erhoben wird. Den Bäckern schreibt jetzt
der Rat die Art ihrer Brote sowie die Preise vor, »uff dass das ein
yglich arm mann sine nottorf finde«. Auch aus der Umgegend
werden Brote eingeführt; die Beaufsichtigung soll sich auch auf
diese erstrecken.*
Zur Beaufsichtigung des Fleischhandels der Metzger ernennt der
Rat die zwei Metzger, die auf den Rat gehen. Hier waren eben
Sachkenntnisse nötig. Strafgelder fallen zur Hälfte an den Rat, zur
Hälfte an die Beschauer. Die Beschau hat täglich zu geschehen, und
die zwei haben darauf zu achten, dass die Metzger das gekaufte Vieh
richtig bezahlen.'* Bis dahin geschah die Aufsicht durch zünftige
Organe, jetzt durch Organe des Rats.
Die Zünfte sollen nicht allzuviel Mitglieder haben. Es darf die
Zunft nur solche Mitglieder aufnehmen, die vorher das Bürgerrecht
erworben haben. Selbst solche Handwerker, die schon in der Zunft
sind und das Bürgerrecht nicht besitzen, müssen nachträglich vor den
Bürgermeistern die Bürgerschaft empfangen. Übertritt ein Handwerk
diese Bestimmung, so soll es Strafe erleiden, »als der rad ubir queme.« 4
Bis dahin hatten die Zünfte viele Mitglieder gehabt, die nicht Bürger
waren.
Die Forderungen, welche die Zunft an ihre Mitglieder zu stellen
hat, werden in diesen Verordnungen ausserordentlich beschränkt.
1 Aufgezeichnet im Gesetzbuch Ia, schlechter Abdruck bei Scnckenberg,
Selecta juris et historiarum 1734. Band I, 6—84. Vergl. Orth, Anmerkungen zur
Frankfurter Reformation V, 332.
* Senckenberg Kap. II, S. 6 u. Kap. XLIII, S. 41.
3 Kap. XIV. S. 20.
4 Kap. V, 5 2. S. 12.
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Die Zunft soll nach der Absicht des Rats von jetzt ab nur sein,
einmal eine geschlossene Körperschaft im Kriegsheer der Stadt,
. »man ensal der zunft nit dynen dann zu der stede noden zu uzferten«
u. s. f. und dann eine Gesellschaft zu gottesdienstlichen Zwecken
»zu den Kerzen.« Verweigert einer seiner Zunft selbst diese Leistungen,
so soll wiederum nicht der Zunft die Gerichtsbarkeit zustehen, auch
nicht die Exekution des Urteils.'
Gewerbliche Korporation mit eigener Gewerbepolizei soll die
Zunft nicht mehr sein. Zwar wird eine vom Rat geübte positive
Gewerbepolizei nur bei den Nahrungsmittel-Gewerben ausdrücklich
erwähnt. Aber den Schmieden wird der »Verband«, der feste Tarif,
den sie unter einander für ihre Arbeitsleistungen und Waaren fest-
gesetzt hatten, verboten. Es ist nach dem Beschlüsse des Rates kein
Schmied an diese Preise mehr gebunden, es soll vielmehr jeder so
billig beschlagen und verkaufen, als es ihm möglich ist. Auch ihr
Versuch, vom städtischen Markt die Erzeugnisse auswärtiger Schmiede
fernzuhalten, sich ausschliesslich den Absatz zu sichern, scheitert am
Eingreifen des Rates. »Wenn einer Kaufmannschaft herbringt von
Nägeln, Eisen u. s. f., den sollen sie verkaufen lassen, als ihn der
Markt lehrt. Wer einen daran hindert, soll einen Monat vor die
Stadt.« 1
Auch den vereinigten Zimmerleuten, Steindeckcrn und Stein-
metzen wird das Festsetzen konventioneller Preise für ihre Arbeiten
untersagt ; auch ihr Versuch, nicht dem Verband angehörige Arbeiter
ihres Gewerbes von der Arbeit in der Stadt fernzuhalten, stösst auf
ein Verbot des Rates. »Man soll jeden hier arbeiten lassen um sein
Geld, er sei Bürger oder Gast, und sollen ihm das nicht wehren.«
Wir sehen hier das erste Streben einer Frankfurter Zunft nach dem
Zunftzwang.*
Aber selbst solche Zünfte scheinen dem Rat noch zu gefährlich,
und so verbietet er 1353 die Vermehrung der Zünfte über die Zahl,
in welcher sie damals vorhanden waren. Den bestehenden Zünften
schärft er dabei noch einmal ein, dass sie keine Gesetze unter sich
machen dürfen ohne des Rates Wissen und Willen. 4
Indessen war die Autonomie der Zünfte doch schon viel zu fest
eingewurzelt, als dass sie der Rat mit seinen Beschlüssen so ohne
« Kap. XXII, S. 22.
1 Kap. VII, S. 14.
» Kap. VIII, S. 15.
1 Kap. XXII, $ 2, S. 25.
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weiteres entfernen hätte können. Es kam zum Kampf, und die von
den siegreichen Zünften veranlasste Kodifikation ihres Rechtes zeigt
wieder den Zustand in der Autonomie, den sie selbst als ihre »alte
Gewohnheit« bezeichnen, den Zustand seit etwa 1300. Die Rats-
beschlüsse von 1552 und 1353 wurden beseitigt.
In einem Bericht der Schorlen an Kaiser Karl IV. melden diese,
dass zu der Zeit, als der Kaiser in der Lombardei abwesend war (es
ist Ende 1354 oder Anfangs 1355 gemeint), die Handwerke ihre
»frunt« in den Rat geschickt hätten mit der Forderung, »der rat
solle sie hanthaben bei solchen gewonnenen, als sie von alter gehabt
hätten.« Der Rat habe zunächst ihre Forderung abgelehnt, schliesslich
sei es zu einer Verhandlung im Barfüsser-Kloster gekommen. Dort
hätten sich alle Zünfte solidarisch verbunden erklärt, und vor ihrer
geeinten Macht habe der Rat nachgeben müssen. Immer drei aus
jedem Handwerk hätten die eingereichten Statutenentwürfe als die
Zusammenfassung ihrer althergebrachten Rechte durch Eid bekräftigt,
dann seien sie vom Rat als Gesetz anerkannt worden.
Die Zusammenstellung dieser Statuten ist das I. Handwerker-
buch.' In ihm verpflichtet sich der Rat, die Zünfte in dieser ihrer
althergebrachten Selbstständigkeit zu schützen, selbst vor Eingriffen
des Königs. An einer Stelle wird betont: »Dieses Recht haben
1 Der Druck im Cod. enthält einzelne Fehler. Der Bericht der Schöffen
ist gedruckt Cod. 666 ff. F.r ist geschrieben 1559 nach Kompletierung des Schöffen-
gerichts und wird vom Kaiser beantwortet 24. Febr. 1360, Cod. 671. Die
Frank!'. Zunftunruhen sind dargestellt von Kriegk, Bürgerzwistc, S. 22-80. —
Der offizielle Namen für die V erbindungen der Gewerbetreibenden in Frankfurt
ist »das hantwerk«, während »Zunft« zunächst noch nicht vorkömmt. »Handwerk,
Gewcrk« ist im Gegensat/ zu »Amt« u. ä. ein Titel der selbständigeren Stellung,
»das hantwerk entperen«, »sein hantwerk abthun«, »ein neues hantwerk treiben«
u. ä. bedeutet »das Zunftrecht nicht gemessen, seine Zunft verlassen, in eine
andere Zunft eintreten«. Das Recht der Zunft wird »gewonheit, bescheidenheid,
willekure« genannt. Die Strafsätze heisscu »busse, eynungea, die Zunftgenossen
»gesellen«, ein Name, der erst viel später auf die Knechte übergeht. — Flkan,
Frankfurter Gewerberecht von 1617—1631. S. 17—2$ giebt aus dem ersten Hand-
werkerbuch einen Auszug »der für das Gewerberecht jener Zeit charakteristischen
Bestimmungen«. Dieser Auszug enthält viele Fehler. Wenn er den ersten Satz
der Gcwandmacher-Artikel dahin deute:, dass hier der Zunftzwang ausgesprochen
sei, so ist das ein Interpretations-Schnitzcr, mit dem er der geschichtlichen Ent-
wicklung dieser Zunft widerspricht. '] > derselben Ordnung erwähnt die »ingesiegel,
do man die tuche mydde besiegelt«, F. übersetzt: »die Siegel, womit die Tuche in
der Mitte (!) besiegelt werden«- u. s. f.
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unsere Eltern gehabt von Eueren, um unsere Einung und Willekure;
Ihr sollt uns daran nicht drängen, sondern uns dazu behülflich sein.«
Die 14 Zünfte, die hier auftreten, sind die Gewandmacher,
Metzger, Kürschner, Bäcker, Schuster, Loher, Fischer, Schneider,
Schiffer, Steindecker, Zimmerleute, Steinmetzen, Bender und Gärtner.
Das ist die Reihenfolge, in welcher die einzelnen Ordnungen zu-
sammengeschrieben sind. Weitaus die umfangreichste ist die Ordnung
der »gewandmechir«, der Wollen weber. Die Tuchhändler, die
Gewandschneider, hatten in dieser Bewegung bei dem Rat, gegen die
Zünfte, gestanden, und erst später schlössen sie sich den Zünften an.
Eine Zunft der Leineweber treffen wir noch nicht. Die autonomen
Rechte der einzelnen Zünfte sind nach dem I. Handwerker-Buch nicht
gleich, sie sind in hervortretendem Masse verschieden.
Bei den Gewandmachern scheint das jiUn_£tj* e riejj t recht
umfassend. »Auch han wir die gewonheit um unser willekure, um
unser busse und um unse bescheidenheid, die unserm hantwerke zu-
gehorit und von alder gehabit han , ob yman vur uch qweme der
von uns cleyde um der stucke eynes adir nie, daz ir in hinder sich
wvset an sin zunftgenozin und ime nicht bestendig cnsit.« Seine // 4
Schranke findet das Zunftgericht nur darin, dass es auf rein gewerb- // / / /
liehe Dinge beschränkt ist. Wenn einer sonst gegen die Zunft sich ver- : J w{i ■ -
geht (wenn wir einen finden, die »dem hantwerke schedelich weren«), 1 '
dann ist der Bürgermeister der Richter. Das Zunftgericht geht
selbst gegen Zunftfremde, Pfandleiher, vor; es nimmt diesen Rohstoffe
ab bei dem Verdacht, dass sie durch Veruntreuung in deren Hände
gekommen sind, und es verwahrt sie bis zu einem gerichtlichen
Austrag. Das Zunftgericht kann zur Durchführung seiner Urteile
notwendigen Falls ein Mitglied zeitweilig aus der Zunft ausstossen,
und wenn »das Jahr aus ist, soll er über die Wiederaufnahme
teidingen mit den Meistern um ihre Gnade.« Die Geldstrafen bei
gewerblichen Vergehen zeigen bei den Gewandmachern sehr hohe
Sätze, bei den anderen Zünften sind sie viel geringer. Die Straf-
gelder fallen bei allen Handwerken ganz der Zunftkasse zu, bei einigen
wird ein Teil an das zünftige Besichtigungspersonal gezahlt, der Rat
erhält nichts. Die Exekution der Urteile des Zunftgerichts geschieht
bei den Gewandmachern ganz selbstständig, bei den anderen Zünften
unter Assistenz eines städtischen Polizeibeamten. ' Wie bei den
Gewandmachern ist es damit nur bei den Fischern.
1 Schmoller, Strassb. zur Zeit der Zunftkämpfe S. 10, irrt sich: »In Frankfurt
müssen die meisten Zünf te noch im XIV. Jahrhundert, so olt sie Gericht halten wollen,
sich vom Rat einen Richter leihen; davon hatten sich eben die Zünfte in anderen
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Dagegen hat das Zunftgericht bei den Backern und Bendern viel
engere Schranken : »wers das schinberliche clage vor uns qweme,
so solden wir unser selbes nicht sin und svolden nach unser herren
rade dar zu tun.« Selbst Streitigkeiten auf der Trinkstube ziehen
die Bäcker und die Bender nicht vor ihr Gericht; sie legen nur dem
von den streitenden Zunftgenossen, welcher im öffentlichen Gericht
verurteilt worden ist, eine Zusatzstrafe wegen Störung des Zunft-
friedens auf.
Zur Durchführung ihrer Urteile haben die Kürschner und Loher
nicht die scharfe Zwangsgewalt wie die Gewandmacher. Sie müssen
sich darauf beschränken, den Zunftgenossen, der dem Zunftgericht
unbotmässig ist, in eine Art Bann zu thun; mit einem solchen soll
keiner aus der Zunft verkehren, der Lohnarbeiter, der bei ihm arbeitet,
soll von keinem aus der Zunft mehr Arbeit bekommen u. ä. m.
Die Besichtigung der gewerblichen Betriebe ist durchaus
Sache der Zunft. Ihre Organe haben Gewalt, schlechte Werkzeuge
zu vernichten und schlechte Waaren unbrauchbar zu machen. Nur
bei den Bäckern geht mit den zwei Zunftmeistern ein Schöffe und
ein Ratsherr zu den Besichtigungen.
Bei den Gewandmachern allein werden auch die Rechte der
Zunft Versammlung erwähnt. Das Zunftgebod hat ein freies
Gewerbegesetzgebungs-Recht : »was wir finden mögen, das unserm
hantwerk nuzlich sy, das wir das hohen und nydern mögen, daz
gehorit nit zu dem gerichte adir dem rade.« Die Versammlung der
Zunftgenossen setzt auch die Löhne fest, welche die Lohnarbeiter in
der Zunft zu beanspruchen Haben.
Die stärksten autonomen Rechte haben nach dem I. Handwerker-
Buch die Gewandmacher, die schwächsten die Bäcker; Fischer und
Schiffer stehen ersteren, Kürschner, Loher und Bender den letzteren
näher, die Rechte der anderen Zünfte stehen in der Mitte.
Der Zunftzwang findet sich ausgesprochen in den Ordnungen
einiger Zünfte,*in anderen fehlt seine Erwähnung, bei den Gewand-
machern ist er sicher nicht vorhanden. Bei den Schustern heisst es:
»es soll niemand Schuhe machen, er habe denn die Zunft«, bei den
Schneidern : »wir haben die Gewohnheit, wer hier einen neuen Rock
machen"will,^da leihen uns die Bürgermeister ihre Hülfe, dass wir
Städten linkst losgemacht.« Sclim. kommt zu dieser Verkennung der Autonomie
der Fr. Zünfte durch ein Missverstandnis in der Auffassung der Bezeichnung »Richter«.
••Richter« ist im Frankfurt des XIV. Jahrhunderts der Titel der niederen Polizei-
beamten, die zu Exekutionszwecken von den Zünften geliehen werden.
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den dazu zwingen, unserer Zunft gehorsam zu sein«, bei den Zimmer-
leuten: »wer die Zunft nicht hat und wider den Willen der Zunft will
arbeiten, den pfänden wir«, bei den Steinmetzen: »es darf niemand
hier wirken, er muss zuvor die Zunft kaufen«, bei den Bendern : »wer
hier unser Handwerk treibt, den zwingen wir, dass er Lieb und Leid
mit uns leidet«. Bei den Metzgern wird der Einzelverkauf von Fleisch
im Ausschnitt nur den Zunftgescllen vorbehalten, Grosshandel mit
ganzen Fleischmassen mag jeder treiben. Bei den Bäckern heisst es:
es soll keiner in der Stadt backen, der nicht unsere Zunft hat, ausser
so viel wie er für den Hausgebrauch braucht. Eine Erwähnung des
Zunftzwangs fehlt bei Kürschnern, Lohgerbern, Fischern, Schiffern,
Stcindeckem, Gärtnern. Bei der Weberzunft Frankfurts von 1355 ist
der Zunftzwang sicher nicht vorhanden. Es dürfen auch Nichtzünftige
Tuche gewerbsmässig herstellen. Nur ist das Einweben von Litzen
an die Tuchränder als eines besonderen Erkennungszeichens sowie
die Besiegelung der Tuche mit dem Zunftsiegel ausschliesslich für
die zünftig gewebten Tuche vorbehalten. Andere können Tuche
weben, aber ohne Litzen und Siegel. Indem indessen die Zunft die
Tuche der nichtzünftigen Weber darauf hin besichtigen kann, ob sie
keine Litzen und Siegel haben, indem sie von nichtzünftigen Webern,
die diese Verbote übertreten, eine Busse verlangen kann, wird der
Zunftzwang angebahnt.'
In Frankfurt lässt sich kein Zusammenhang rinden zwischen der
grösseren und geringeren Autonomie einer Zunft einerseits und dem
Vorhandensein bezw. Fehlen des Zunftzwangs andererseits. Ebenso
widersprechen unsere Beobachtungen der Annahme, dass der Zunft-
zwang eher bei den Preiswcrkern aufkomme als bei den Lohnwerkem.
Wenn wir in Frankfurt in dieser Zeit eine starke private Weberei
finden, so erklärt sich das einmal als die Nachwirkung der Vergangen-
heit, in welcher die Weberei im Rahmen häuslicher Nebenarbeit steckte,
und dann durch die Annahme, dass die Vorteile der Zunftangehörigkeit
1 Ähnlich verhalt es sich mit der Entwicklung des Zunftzwangs bei den
Webern Ulms. Von 1346 liegt die erste Urkunde der Ulmer Leineweberzunft vor
(Nübling, Ulms Baumwollenweberei im Mittelalter. Leipzig i8yo, S. 5). In i)ir
heisst es: «Wenn ein Burger oder ein Gast Leinwand weben lasst, die sich als
schlecht erweist, so hat der Weber, der sie in Ulm gewebt hat, eine Busse an die
Zunft zu zahlen. Wenn Ausbiirgcr oder Fremde ihre Leinwand am offenen Markt,
neben den Zunftgenossen, feil halten wollen, so müssen sie auch cv. Bussen ans
Handwerk zahlen.« Ls können alle in Ulm weben, sie unterstehen aber der Schau
der Zunlt. Dieser ^sachliche« Zunftzwang erscheint schon 1405 (Urkunde bei
Nübling, S. 8) in den »persönlichen« Zunftzwang verwandelt. — Auch für Strass-
burg stellt Schmoller in dieser Zeit eine bedeutende ausserzünftige Weberei fest.
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nicht allzu grosse gewesen sein müssen. Es lag aber nicht an einer
Erschwerung bei der Aufnahme in die Zunft. Die Aufnahme ist
leicht zu erlangen. Kur der Ehrlose, »der besprochen ist und seine
ere nicht bewahrt hat«, ist ausgeschlossen; für den unehelich Ge-
borenen gilt bei den meisten Zünften Frankfurts 1355 der grausame
Satz: »des Hurensohnes Geld wollen wir nicht haben.«'
Ein besonderes Aufnahmegeld " wird bei den Gewandmachern
nicht erwähnt, eben so wenig ein Nachweis von Kenntnissen.
Bald nach dem Sieg der Zünfte 1355 brachen neue Unruhen in der
Stadt aus. ' Der Sieg der Zünfte, welche die Anerkennung ihrer gewohn-
heitsrechtlichen Autonomie erzwungen hatten, war für einen anderen
Teil der Bevölkerung, der bis jetzt nicht zu den Zünften gehalten
hatte, verlockend. Die Gadenleute, die Kaufleute, welche eingeführte
Tuche ausschnitten, traten mit der Forderung auf, dass man ihr
Monopol zum Ausschnitt gesetzlich festlege. 4 Die Forderung stiess
auf den Widerstand des Rates, des Wollenwcber-Handwerkes und
anderer Zünfte, welche betonten, dass jeder Bürger hier Tuch aus-
schneiden dürfe, wo er wolle. Die Gewandschneider beruhigten sich
1 In Strassburg zeigt sich eine andere Behandlung unehelicher Kinder: »man
soll keinem unelichen Kinde sein Recht anders setzen als jedem Handwerker, der
das Handwerksrecht neu gewinnen will.« (Küfer-Ordnung von 1 595 bei Brucker,
Zunftordnungen, S. 51 j.)
a Die Zunftkauf-Gebühren in Frankfurt 135S betrugen
bei Kürschner
» Backer .
» Schuster
» Loher
» Fischer .
» Schneider
» Schiffer .
Geld
Pfund Wichs Wein
Heller Pfund Viertel
.2 2 2
6 2 I
I 2 2
4 I 2
4 4 4
3 4 2
I 4 4
bei Stcindecker .
» Zinmierleute
» Steinmetzen
1» Bender . .
» Gärtner . .
n Gewandmachcr - —
Geld
Pfund Wachs Wein
Heller Pfund Viertel
3 5 3
3 3 3
222
4 6 6
— — — | nichts
— I erwähnt.
Bei den Schustern heisst es : wer nicht schuhe kan machen, der sal keinen veyle han.
' Darstellung bei Kriegk a. a. O. ; Reimer, Hess. Urkundenbuch, II. Abtheilung
Bd. III bringt viele Urkunden über den Verkehr Ulrichs von Hanau mit Frankfurt
in dieser Zeit, aber kein neues Material über diese Dinge. Vergl. a. a. ü. no. 275
Anmerkungen.
* Die Zahl dieser Gadenleute muss nicht gering gewesen sein, wenn neben
den 1290 zuerst auftretenden »Tuchgadcn« 1354 eine ganze Strasse als »Neue
Tuchgaden« aultritt. (S. Battonn III, 265 IV.) Noch heute heisst die betr. Strasse
»Tuchgaden«.
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— 1 1 —
nicht bei dem ablehnenden Bescheid. Sie verliessen die Seite des
Rates, auf der sie bis jetzt gestanden, sie suchten und fanden Unter-
stützung bei den Zünften. Zunächst reichten sie Beschwerde bei dem
Kaiser ein. Karl IV. beauftragte den Landvogt der Wetterau, Ulrich
von Hanau, zu prüfen, ob die Gewandschneider das geforderte Monopol
als altes Gewohnheitsrecht beweisen könnten; in dem Fall müsse
der Rat die Gewohnheiten der Gewandschneider so gut anerkennen
wie die »anderer Leute«. Trotz des Eingreifens des Landvogtes gab
der Rat nicht nach. Der Streit erweiterte sich dann. Die durch den
Beitritt der Gadenleute neu gestärkten Zünfte forderten eine Änderung
in der Besetzung der Ratsstellen, durch die sie eine Verstärkung ihres
politischen Einflusses zu erlangen hofften. Anfangs siegten die Zünfte.
Die »Richtung«, welche der kaiserliche Beauftragte zwischen den
beiden Parteien 1358 vornahm, bewilligte den Handwerkern sechs
neue Ratsstellen. Als dann aber der Landvogt das Schöffengericht
neu ordnen wollte, kam es zu lang andauernden Unruhen, in deren
Verlauf die Zünfte gegen den Kaiser Partei ergriffen. Es erfolgte
1366 das Eingreifen des Mainzer Erzbischofs; die neuen, von den
Handwerkern direkt gewählten Ratsmitglieder wurden wieder aus
dem Rat entfernt, die Siegel der Zünfte wurden zerschlagen, und
1368 erteilte Karl IV. dem Rat den Auftrag, die Angelegenheiten
der Handwerker neu zu bestellen. Die zünftigen Führer in diesen
Kämpfen wurden 1372 durch ein kaiserliches Edikt für ewige Zeiten
aus der Stadt verbannt.
Dem kaiserlichen Auftrag kam der Rat gern nach. Das neue
Handwerkerrecht wurde 1377 in die Form gegossen, welche unter
den notwendigen Änderungen durch Jahrhunderte in Kraft blieb.
Das Gewerberecht von 1377 stellt den Umschwung dar von der bis-
herigen Zunftautonomie zur Bevormundung der Zünfte durch den Rat.'
Das II. Handwerkerbuch enthält von 1377 datierte Ordnungen
der alten Zünfte von 1355, bis auf die Steindecker und Zimmerleute,
deren dort eingeheftete Ordnungen erst von 1424 stammen, und die
Metzger, Schiffleute, Steinmetzen und Gärtner, von welchen das
Buch gar keine Ordnungen enthält. Neu treten in den Ordnungen
von 1377 auf die Zünfte der Gewandschneider, der Leinenweber, der
Schmiede, der Wener und Ptluger und die Sammelzunft der Sattler,
Schilder, Maler, Glaser, Kummeter und Scherer (Barbierer). Von den
_ •
1 Aus dem II. Handwerker-Buch sind bis jetzt nur einige Stucke aüs den
Ordnungen der Hacker. Kürschner und Fischer von Böhmer abgedruckt. Cod.
749-7S5-
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— 12 —
vier alten Zünften von 1355, deren Ordnungen hier fehlen, konnte
ich Ordnungen von 1377 im Archiv nicht finden.'
Während die Selbstständigkeit der einzelnen Zünfte in Gericht
und Verwaltung 1355 mannigfach abgestuft war, wird 1377 vom Rat
allen Zünften die gleiche Form der Abhängigkeit aulgesetzt. Die
Paragraphen, welche die Verfassung der Zunft u. ä. behandeln, sind
bei allen Zünften von gleichem Wortlaut.
Rein äusserlich kennzeichnet sich der Unterschied der beiden
Ordnungen von 1355 und 1377. Hiess es 1355 »wir die mevster
gewandmechir zu Fr. tun kund unse gewonheid und unse bescheiden-
heid«, so führt sich das neue Buch ein mit den Worten: »daz hernach
geschrebin stet, sint die geseze des wollinhantwerks, alse yn die der
rad erleubit und crnuwit hat.« Mehrfach wird dann betont, dass sich
der Rat die Macht vorbehalte, »in allen diesen Artikeln sämtlich und
in jedem besonders zu wandeln und anders zu machen, wann und zu
welcher Zeit und wie oft es ihn dünke, dass es not sei.«
Eine neue Auflehnung will der Rat den Zünften unmöglich
machen, indem er ihnen aus sich einflussreiche Führer setzt, an die
Stelle der bisherigen, aus und von den Zünften gewählten Zunftmeister.
1
Aus dem Rat werden jedem Handwerk zwei »Oberste«, »Rats-
frunte des Handwerks« gesetzt, wohlweislich nicht aus der Handwerker-
bank des Rats, sondern aus den Geschlechtern. Sie sind die Führer
der Zunft bei den kriegerischen Unternehmungen der Stadt, sie be-
rufen die Versammlungen der Genossen und sitzen diesen Geboden
vor. Dieses Gesetz, Zu n ft ve r sa m in 1 un gen nur in 'Gegenwart
der zwei Patrizier abzuhalten, wird im XV. Jahrhundert nicht mehr
strenge durchgeführt. 14.64 sehen wir die Wollweber ihre Gebode
abhalten unter dem Vorsitz ihrer zünftigen Siegehueister, denen dabei
eine Disziplinargewalt zusteht, und um 1500 heisst es in den Ord-
nungen der Schneider: »Sie sollen kein Gebod unter sich machen,
ohne Wissen derer, die ihnen vom Rat zu Herren gegeben werden.
Es mögen auch dieselben ihre Herren zu jeder Zeit, wenn es ihnen
beliebt, in ihre Gebode gehen und dabei sein.« a Zwei Arten von
»Geboden« unterscheiden die neuen Gesetze: »Gebode von des rades
• Im II. Handwerker-Buch Fol. 172.1 werden die Zünfte aufgeführt, die Trink-
stuben haben dürfen, zu datiren etwa 145 Unter ihnen findet sich wieder die
Zunft der Met/gcr, eine spätere Hand hat zu dem Verzeichnis hinzugeschrieben
»Gärtner — zuzulassen«, die Zunft der Schiller und der Steinmetzen fehlt aber
aucl) hier.
1 III. Ilandw.-Buch, Fol. 161 l>.
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— 13 -
;' wegen« und »Gcbodc zu ihres Handwerkes Not«. Wer in den ersten
nicht erscheint, zahlt eine fünfmal so hohe Busse, als wenn er eine
Versammlung der zweiten Art versäumt. Die Kompetenzen dieser
Zunftversammlung sind sehr verkleinert; sie beschränken sich auf die
Festsetzung der Löhne für die in der Zunft beschäftigten Lohnarbeiter,
auf die Abnahme der Rechnungen der Zunftbeamten, — diese Funktion
giebt das Gebod bald nach 1400 an einen Zunftausschuss ab — , auf
die Formulierung von Vorschlägen und Gesuchen an den Rat. Gewerb-
liche Beschlüsse werden nicht gefasst. Alle gewerblich-technischen
Neuordnungen der nächsten Jahrhunderte leiten sich mit Formeln
ein wie »auf furbrengungen und anmudungen des hantwerkes hat
der rad gegonnet und erleubit«, »wir haben dem gemeynen hantwerk
zu gud mit rade der meister darinne gesehen« u. ä.
Karl IV. hat durch den Rat »alle globedc, gebode und ver-
buntnisse der zünfte« abthun lassen, d. h. er hat ihnen ihre Gerichts-
barkeit nehmen lassen. 1 Das Zunftgericht tritt kaum mehr auf.
Die Straten sind im Zunftbuch für alle denkbaren gewerblichen Ver-
gehen festgelegt, das Besichtigungspersonal verhängt sie nach den
Paragraphen des Zunftbuches. Wer vom Handwerk auf Grund der
Ordnung gestraft ist und sich mit Unrecht gestraft glaubt, der mag
an den Rat appellieren. Wird da seine Berufung verworfen, so muss
er seiner Zunft die Prozesskosten ersetzen (Leineweber 1521). Das
Zunftgericht hat nicht einmal mehr die gesellige Polizeigerichtsbarkeit.
Für Beleidigungen und Schlägereien auf den Zunftstuben heisst es in
allen Zunftordnungen : der Beleidigte mag das Gericht des Rates auf-
suchen, und das soll ihm die Zunlt nicht wehren. »Wenn einer unter
ihnen nicht rechtes Gewicht oder Ellenmass hat, so zeigen sie es
den zwei Bürgermeistern an, dass der Rat strafe.« »Wenn einer
gegen die Beschauer ein Messer zieht, so zeigen sie es den zwei
Obersten an, die strafen nach Gefallen und Gelegenheit« (1495 Wollen-
weber). »Ks sollen die Meister keinem anderen Meister das Hand-
werk verbieten, es geschehe denn mit ihrer Herren, die ihnen vom
Rat gegeben sind, oder der Bürgermeister Wissen und Willen«
(Schneider, III. Handw.-Buch Fol. 164 b). Handwerker, die wegen
gewisser Vergehen aus der Zunft ausgestossen wurden, müssen über
die Wiederaufnahme sich wenden »an des rates gnade«. Die Straf-
gefalle, die 1355 zwischen Zunftmeistern und Zunft geteilt wurden,
fallen jetzt zur Hälfte an den Rat und nur zur Hälfte an die Zunft.
1 Vcrgl. Schmoller. Strassb. /. Zeit der Ziinltk.impl'c, S. jo über Aufhebung
der Brcslauer Innungen durch Kaiser Sigmund.
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- f 4 -
Die Besichtigung der gewerblichen Betriebe geschieht auch
!in dieser Periode durch rein zünftige Organe, nur bei den Bäckern
finde ich die Aufsicht durch ein vom Rat geschicktes Personal aus-
geübt. Aber die Beschauer haben nicht mehr so weitgehende Gewalt
wie 1355. Jetzt müssen sie schlechte Waaren oder etwa Tuche,
welche Kämmerinnen trotz des Verbotes weben, den Bürgermeistern
übergeben, erst diese können sie vernichten oder anderweitig darüber
verfügen. Für einige gewerbliche Betriebe ernennt der Rat aus der
Zunft geschworene Beschauer, wie für den Handel der Waidgäste
und Wollenweber.
Wie ängstlich besorgt der Rat im XV. Jahrhundert für die Auf-
rcchterhaltung seiner Macht über die Zünfte war, lehren die vielen
Gesetze dieses Jahrhunderts, die auf die wiederholte, in ganzen
Perioden jährliche Leistung des Treueides der Handwerker an den
Rat dringen, und noch deutlicher eine Bestimmung aus der Mitte des
Jahrhunderts: »Die Zünfte sollen keinen versiegelten oder ver-
schlossenen Brief, der an sie in die Gemeine geschrieben ist, öffnen;
er soll verschlossen einem Bürgermeister überantwortet werden und
von ihm soll Bescheid erwartet werden«.' Es beleuchtet diese Rats-
verfügung recht hell die abhängige Lage der Zünfte.
Was den Zunftzwang anbetrifft, so haben die Gewandschneider
ihre alte Forderung von 1355 durchgesetzt. Sie haben den vollen
persönlichen Zunftzwang, der jedem Nichtgenossen das »Schneiden
und Verkaufen mit der Elle« verbietet. »Es soll niemand Gewand
ausschneiden, er stehe denn unter den Gaden«, d. h. er gehöre ihrer
Zunft an. Wer immer in Frankfurt das übertritt, zahlt ihrer Zunft
eine beträchtliche Busse (30 Schilling).
Aber ebenso sicher ist es, dass die Statuten der Wollenweber
und die der Leinen weber von 1377 nichts vom Zunftzwang wissen.'
Auch 1377 ist eine private ausserzünftige Weberei vorhanden, die
von den Zunftgesetzen in keiner Weise berührt wird. Auch hier
wird bestimmt, dass das Einweben von Litzen Sache der zünftigen
Weber sei. »Litzen darf keiner einweben, der ein ander Handwerk
treibt oder sonst niemand noch geistliche Leute«, andere Tuche darf
jeder weben. Auch 1377 wird von einer Weberei in der Haushaltung
der Schöffen und im Kloster gesprochen, es werden die Rechtsbe-
ziebungen erörtert, die sich aus der Arbeit der in der Zunft stehenden
Hülfsgewerbler wie der Färber und Walker für Nichtzünftige ergeben.
' III. Handw.-Buch, Fol. 161 b.
2 Unrichtig urteilt Kriegk, Bur»emvistc S. 577.
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- 15 ~
Es darf keiner aus dem Handwerk Zunftfremden Litzentuch färben
oder walken helfen u.a. Wirklich zeigt eine Eidliste von 1387' eine
grosse Zahl von Handwerkern, für deren Gewerbe längst Zünfte vor-
handen waren, ausserhalb der gewerblichen Organisation, in der »Ge-
meinde«. Speziell aus den zünftig organisirten Textilgewerben sind
aus den Bezeichnungen, die sie in der Eidliste tragen, 12 Handwerker
ausserhalb ihrer Zünfte zu erkennen. Die Zahl wäre sicher grösser,
wenn die Eidliste häufiger dem Eigennamen die Berufsbezeichnung
hinzugefügt hätte. Ein wechselseitiger Übertritt von »Gemeinde«
zur Zunft ist nicht gerade selten; ebenso wird der Fall des Übertritts
von einer Zunft zur anderen vorgesehen, während Doppelzünftigkeit
ausgeschlossen erscheint. »Wolde ymand, der eyn andir hantwerg
künde, sin hantwerg abe tun und dit tryben, der sal iz vore mit dem
rade uztragen und dem hantwerg sin recht gebin. wan daz geschyt,
so möge he dithe hantwerg tryben.« Es muss die Frage offen ge-
lassen werden, ob etwa ein Metzger, der aus seiner Zunft zum
Wollenhandwerk übertritt, nun sein bisheriges Gewerbe aufgiebt und
ein Weber wird, oder ob er Metzger bleibt und als solcher in der
Weberzunft steht, ob, allgemein gesprochen, Handwerker aus zünftig
organisirten Gewerben Aufnahme finden in einer Zunft, welche die
Gewerbetreibenden einer anderen Branche umfasst. Bücher' bejaht
aus der von ihm bearbeiteten Bürgerliste von 1387 heraus diese Frage,
. ohne dass ich seinen Beweisen beipflichten kann. Die Statuten der
Zünfte von 1377 nehmen auf derartige Zunftmitglieder nirgendswo
Rücksicht.
Im Laufe des XV. Jahrhunderts entwickelt sich allmählich der
Zunftzwang auch in den Weberzünften und den anderen Zünften
Frankfurts, bei welchen er im XIV. nicht vorhanden war. Der Umstand,
der in Köln und Strassburg im XV. seine Ausbildung so wesentlich
gefördert hat, dass jeder Bürger sich einer Gaffel und Konstofel oder
einer Zunft als den politischen Teilgemeinden anschliessen muss,
kommt für Frankfurt nicht in Betracht. Die Stuben und Zünfte
Frankfurts waren nie politische Unterabteilungen der Stadt. 5 Es müssen
für seine Ausbildung in Frankfurt andere Gründe aufgesucht werden.
Die einzelnen Stufen in der Ausbildung des Zunftzwangs müssen,
. um zu einem Verständnis zu kommen, für die einzelnen Städte erst
sorgfältiger geprüft werden. Darf der Ausscrzünftigc z. B. weben,
• Bücher, a. a. O. Seite 122.
* a. a. O. Seite 99.
3 Zu betonen «egen Bücher a. a. O Seite 1 59. Siehe weiter unten.
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— 16 -
mit Hülfe zunftfremder Arbeiter oder mit Hülfe der in der Zunft
stehenden Lohnarbeiter, a) nur für seinen privaten Gebrauch, b) oder
auch zum Zweck eines gewerblichen und Handels-Betriebs? Findet
er nur für die Herstellung des kleinen Hausbedarfs an Geweben die
Hülfe der zünftigen Lohnarbeiter, während sie ihm für die Herstellung
von Geweben für den örtlichen oder auswärtigen Markt versagt bleibt;
ist ihm dann wenigstens dieser Betrieb noch mit zunftfremden Hülfs-
kräften gestattet, oder ist ihm jede Herstellung von Geweben für den
Handel untersagt? Wann wird ihm die Hülfe der zünftigen Lohn-
arbeiter auch für Herstellung von Geweben eigenen Gebrauchs ver-
sagt, und wann ist schliesslich der strenge Zunftzwang durchgeführt,
dass der Private überhaupt nicht mehr weben darf, auch nicht mehr
mit zunftfremden Arbeitern, dass er alles, auch was er unmittelbar
im Hause braucht, bei den zünftigen Meistern kaufen muss? Bei
Gewerben, die fremde Hülfskräfte nicht nötig haben, ist natürlich die
Fragestellung eine andere.
Die Zunft der Wollen webe r regelt die Leistungen der in ihr
stehenden Lohnarbeiter für Private in einer diesen durchaus wohl-
wollenden Weise. Fs wird im nächsten Abschnitt zu fragen sein,
wie weit in dieser Zeit die'Mitglieder des Wollen- und die des Leinen-
handwerkes darauf angewiesen waren, Beschäftigung bei Privaten zu
suchen. 1471 warnt die Wollenweberzunft ihre Mitglieder vor Ver-
untreuung der ihnen von Zunftfremden anvertrauten Rohstoffe. »Wer
hinfort am Handwerk den Leuten das ihre versetzt, soll des Hand-
werks Verstössen sein und bleiben.« Den Färbern aus der Zunft wird
1456 zwar verboten, einem, »der des Handwerks nicht ist« Wolle zu
färben, »uff dass niemandes im handwerke sine wolle vermencit
' CT
werde«. Aber ausdrücklich wird es ihnen erlaubt, für die Bürger zu
färben, soweit diese die Wolle nur zu Tuchen eigenen Gebrauches
verweben wollen. Das Verbot sollte offenbar nur die darüber hinaus-
gehende Thätigkeit der Zunfttremden treffen. Als 1476 den zünftigen
Webern wieder eingeschärft wird, für ihre Tuche sich an die vor-
geschriebenen Masse zu halten, da wird den Bürgern vom Rat vor-
geschrieben: Ihre Tuche, »die sie machen wollen, sich, ihre Frauen
und Kinder damit zu kleiden«, sollen nicht länger als 36 Ellen sein,
um nicht mit zünftigen Tuchen verwechselt werden zu können.
Noch 1482 gedenkt der Rat des Hinkaufs von Wolle durch zunft-
fremde Bürger, »zu verarbeiten, nicht um sie weiter zu verkaufen.«
Bei den Leinewebern sprechen die Zunftgesetze mehrfach
vom Kinkauf des Rohstoffes durcli private Haushaltungen. Gegen
1450 heisst es, dass der Zunftgenosse, der einen grösseren Garnkauf
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thut, nicht bloss seine Zunftgenossen, sondern auch jeden Bürger auf
Wunsch an dem Kauf teil nehmen lassen muss. Wenn 1482 es den
Meistern verboten wird, Garn als Zwischenhändler einzukaufen, so
wird als Ausnahme gestattet, dass ein Meister des Handwerks für
einen Bürger, der ein Stück für seinen Hausgebrauch weben will,
eine Quantität Garn einkauft oder ihm einen Teil von seinem eigenen
Garn ablässt.'
1408 finden wir eine Straf bestimmung für die in der Leineweber-
zunft stehenden Lohnarbeiter, welche den Leuten ihr Garn versetzen.
Noch 1550 wird scharf gerügt, dass einige aus dem Handwerk an-
vertraute Stoffe, die man ihnen zur feineren Ausarbeitung übergab,
unter die Juden versetzten. 14x8 wird bestimmt, dass die festgesetzten
Masse für Länge und Breite der Leinen nur für die Tuche gelten,
welche von zünftigen Meistern für den Markt hergestellt werden.
Hat aber ein Zunftgesell einem Bürger Tuche herzustellen aus dessen
Gezug, welche der Private in seinem Hause gebrauchen will, so mag
er sich an die Masse halten, welche der Arbeitgeber vorschreibt.
Aber nicht viel später wird bestimmt, dass die leinenen Tuche,
die sich der Bürger von zünftigen Lohnarbeitern aus seinem Rohstoff
machen lässt, »sich, seine Frau und Kinder mit zu kleiden«, nur mit
Erlaubnis der Siegelmeister der Zunft gemacht werden dürfen, und
dass auch solche Tuche der Schau der Zunft unterliegen. Ob die
Herstellung jedes einzelnen Leinens der Erlaubnis bedurfte, oder ob
die Erlaubnis einem Bürger ein für alle mal gegeben ward, ist nicht
zu erkennen. Man möchte das erstere annehmen, weil das besser
zu dem offenbaren Zweck der Massregel stimmt, der Zunft die
Kontrolle zu ermöglichen, dass nicht ein Bürger mit den Händen
zünftiger Lohnarbeiter Tuche für den Markt herstellt, unter dem
Vorwand, sie für seinen Hausgebrauch anzufertigen. Es wird dem
Zunftfremden verboten, hier Tuche weben zu lassen, um sie hier
oder anderswo zu verkaufen. Aber nur der zünftige Weber, der trotz
des Verbotes einem Bürger Tuche über dessen Hausgebrauch hinaus
webt, verfällt der Strafgcwalt der Zunft, nur er, wenn er dem Bürger
Tuche für den Hausgebrauch webt ohne Erlaubnis der Siegelmeister.
Den Bürger kann die Zunft nicht fassen, sie kann ihm nicht verbieten,
mit Hülfe von zunftfremden Webern Leinen für den Handel herzu-
stellen. Nach den Leineweber-Ordnungen selbst scheint es allerdings
kaum berufsmässige Leineweber-Lohnarbeiter ausserhalb der Zunft
gegeben zu haben, sodass also thatsächlich jenes Verbot sich als eine
' III. Handw.-Buch Toi. i > 3 h und Fol. 1 >6 b.
2
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Reservierung der Leineweberei zu Zwecken der Unternehmung an
die zünftigen Meister erkennen lässt.
Ks liegt auf der Hand, wie die Entwicklung des Zunftzwangs
bei den beiden Weberzünften parallel läuft. — Schärfer tritt das Wesen
des Zunftzwangs in der Wollenweberzunft in der zweiten Hälfte des
XV. Jahrhunderts entgegen in dem Kampf des Handwerks gegen
einige Tuchschlichter, die nicht ihrer Zunft betreten wollten (1466)'
und in der eifersüchtigen Abgrenzung der Thätigkcitssphären gegen-
über dem Schneiderhandwerk. 2 Von 1466— 1485 prozessiren die
Wollenweber und die Schneider vor dem Rat über die Frage, welchen
von beiden Gewerben das Tuchscheren zustehe. Der Rat entscheidet
mehrfach im vermittelnden Sinn. 1466 klagen die Weber vor dem
Rat gegen einige Planerer, die sich dem Eintritt in die Weberzunft
entziehen wollten ; der Rat solle sie zum Eintritt zwingen. Sie berufen
sich darauf, es stehe in ihren Gesetzen, dass keiner Tuch bereiten
dürfe, der nicht ihrer Zunft angehöre. Aber sie scheinen selbst diesen
Rechtssatz als von sehr zweifelhafter Natur anzusehen, denn sie führen
dem Rat noch eine ganze Reihe von Argumenten vor, um damit zu
schliessen, nur wenn der Rat ihrer Bitte nachkomme, könnten sie
im Handwerk sich ernähren; blieben die beklagten Planerer ausser-
halb ihrer Zunft, so würde diese zerstört.'
Es ist hier noch zu sprechen über die geschichtlichen Abwand-
lungen in den Aufnahmebedingungen unserer Zünfte in dieser
Zeit. 1377 wurde bei den Gewandmachern nur Besitz des Bürgerrechts
und Zahlung von drei Pfund Heller an die Zunft gefordert. Erst als
gegen 1420 eine Walkmühle von der Zunft erbaut, und als 1430 ein
kostspieliges Färbchaus neu errichtet worden war, steigert das Wollen-
handwerk sein Aufnahmegeld um fünf Gulden, zu zahlen an die Ver-
waltung von Mühle und Kumphaus. 1469 wird für diese Zunft schärfer
der Nachweis ehelicher Geburt als Aufnahmsbedingung verlangt.
1488 findet ein Briefwechsel zwischen Kaiser und Rat statt in Sachen
eines Tuchschlichters, welchen das Handwerk wegen unehelicher
Geburt seiner Frau nicht aufnehmen wolle. Die Frau sei aber durch
Kaiser und Papst legitimirt, von dem Makel befreit. Es solle deshalb
1 Ugb D 11, Z No. 14 Stück 1 und 2.
3 III. Handw.-Ruch, Fol. ija, 14 a, 15 b.
» 1 > 14 hat derR.it auch dieHrwerbsspharen zwischen Schneidern und Kürschnern
abzugrenzen, was für Arbeiten diesen und was dir welche jenen «gehören«.
(III. Handw. -Buch, Fol. 140b.) Siehe die Forderung der »Reformation K. Sigmunds«
(Ausgabe von Rohm, S. 218) »das yedernun sein aygen hantwerck und gewerb
treiben sol« und ihre Begründung.
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— 19 -
der Rat die Wollcnweber zur Aufnahme dieses Mannes zwingen
Auch der Mainzer Erzbischof schreibt in dieser Sache an den Rat.*
Schärfere Aufnahmebestimmungen finde ich bei den Tcxtiizünften
erst nach 1500. Die Wollen weber fordern 1531 vom Rat in ausführ-
licher Begründung, in ihr Buch den Artikel setzen zu dürfen: »Wer
hinfort Willens sei, in ihre Zunft einzutreten, müsse es zuvor redlich
gelernt haben und es mit der Hand beweisen.« Aber erst 1609 rinden
wir bei ihnen ein genau vorgeschriebenes Meisterstück eingeführt.
Bei den Leinewebern finden wir 1594 die Forderung, dass derjenige,
der bei ihnen Meister werden will, zuvor zwei Jahre ununterbrochen
bei einem der Zunftmitglieder gearbeitet haben muss. 1604 ist die
Ableistung eines Meisterstücks bei ihnen nur Sitte, erst 1609 beantragen
sie beim Rat seine obligatorische Einführung. Bei den Tuchscherern
allein finde ich den Wanderzwang (1554). Wer bei ihnen aufge-
nommen werden will, muss nachweisen, dass er nach seiner Lehrzeit
zwei Jahre gewandert ist. Die textilen Zünfte Frankfurts sind in der
Ausbildung des Befähigungsnachweises weit zurück hinter der Frank-
furter Schneiderzunft, bei welcher schon seit 1479 das Meisterstück
gefordert wird, das damals schon sehr ausführlich reglementirt ist.'
Um ein Urteil zu gewinnen über das eben festgestellte Mass
von Autonomie und die jetzt abgegrenzte Ausdehnung des Zunft-
zwangs bei Frankfurter Zünften dieser Zeit, sind die entsprechenden
Fragen auch für Zünfte mit Frankfurt entwicklungsverwandter Städte
des deutschen Westens zu stellen. Zum Zweck der Vergleichung
wähle ich Strassburg und Basel, welche beide im XIV. Jahrhundert
die politische Herrschaft der Zünfte sahen, Nürnberg, wo im Gegen-
satz zu ihnen die Zünfte nie eine politische Rolle gespielt haben, und
Köln, dessen Gewebe-Produktion eine der bedeutendsten des deutschen
Mittelalters war; es sind weiter nach dieser Richtung hin die Ver-
hältnisse in Dortmund und Lübeck geprüft.
1 L'gb D 11, Z No. 8.
2 Vcrgl. III. Handw.-Buch. Fol. 167a, 161 a, 170b zu 1496, Fol. 141b zu
i$2o u. s. f. — » Auch in Hasel fGcerin«, S. 62) ist es das Tuchscherer-Handwerk,
welches zuerst von tllen Jorgen Handwerken ( 1 1K4) 2— 3 Lehrjahre und 2 Dienst-
jahre lordert.
2"
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— 20 —
i) Strassburg.'
Schmoller' unterscheidet drei Perioden in dem Verhältnis von
Zunftautonomie zur Ratsgewalt bei den Zünften des mittelalterlichen
Strassburgs. Auf den ersten Abschnitt von 1150 — 1300, die Zeit der
Bildung und Anerkennung der Zünfte, folgt die Periode von 1332
bis zum Ende des ersten Drittels des XV. Jahrhunderts, die Zeit der
politischen Zunftherrschaft und mit ihr innerlich verbunden die der
hochgesteigerten Zunftautonomie. In ihr sehen wir die Zünfte
Strassburgs selbstständig Vergleiche treffen mit auswärtigen Zünften,
selbstständig ihre Aufnahme-Gebühren festsetzen, Schulden machen,
sich ganz autonom ihr materielles Gewerberecht festsetzen. Nach
1400 beginnt die Wendung zu dem dritten Abschnitt, in welchem
die politische Zunftherrschaft zurückgedrängt und die zünftige
Autonomie stark beschränkt wird. Es wird die Zunftgerichtsbarkeit
beschränkt, es wird den Zünften die selbstständige Finanzverwaltung
entzogen,' es wird vom Rat allen Zünften ein einheitliches Eintritts-
geld vorgeschrieben, es wird in betreff des Schuldenmachens der
Zünfte auf die einschränkende Ordnung von 1322 zurückgegriffen
u. ä. m. 4 Es ist aber diese dritte Periode zugleich die Zeit der Um-
bildung des Zunftwesens, des Aufbaues aller der Reclnsinstitute, die
eine falsche Ansicht schon den Zünften des früheren Mittciahers zu-
schreibt. Damals erst, zwischen 1450—1550, bildet sich der Zunftzwang
im eigentlichen Sinne. Wenn hier und dort früher der Zunftzwang
auftritt, ist er nur gemeint in dem Sinn, dass jeder, der ein Gewerbe
treibt, der betreffenden Zunft helfen soll bei ihren militärischen
Diensten und ihren Steuerleistungen, die sie der Stadt schuldet.
Durch die von Brucker veröffentlichten Zunftordnungen Strass-
burgs ist uns eine Nachprüfung dieses von Schmoller wesentlich nur
auf Grund der Weber-Ordnungen Strassburgs gezeichneten Bildes
ermöglicht.
Typisch für die Zeit der höchsten Zunftautonomie ist die Ord-
nung der Fischer aus dem XIV. Jahrhundert. 5 In der Überschrift
1 Litteratur: Schmoller, Tucher- und Weberzunft, 1879; ~> Strassburg zur
Zeit der Zunftkämpfe und die Reform seiner Verfassung im XV. Jahrb., 1875;
Brucker, Strassb. Zunft- u. Polizei -Verordnungen, 1889.
* In Tucher- und Weberzunft, Kap. III, V, S. 449—458, VI und in dem
zweiten Werk.
J Siehe II. Tucherbuch 1457/145}, Art. 41 und 102 (gedruckt in »Tucher- u.
Weberzunft«).
* Gedruckt in Mone, Zeitschr. für Gesch. des Oberrheins, XVI. Band, S. i8j.
5 Brucker, S. 166, von ihm nicht genauer datirt, aus inneren Gründen der
ersten Hälfte des XIV. Jahrh. zuzuweisen.
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dieser Ordnung drückt sich schon die weitgehende Selbstständigkeit
aus; und diese »Beliebung« der Fischer enthält nicht etwa nur Be-
stimmungen über das innere Zunftgetriebe, sie enthält vielmehr fast
nur solche materiell -gewerberechtlicher Art, die den Verkehr der
Fischer mit dem Publikum betreffen.' Die Zunft bestraft das Mit-
glied, welches anstatt vor dem Zunftgericht vor dem Rat klagt in
Sachen, die das Handwerk anbetreffen. Diese Ordnung enthält den
Zunftzwang. »Wer zum Fischfang fährt, soll sein Recht gewinnen.
Thut er das nicht, so soll ihm der Zunftmeister Schiff und Geschirr
abnehmen.« Dass aber dieser Zunftzwang nur in dem oben ange-
deuteten Sinne zu verstehen ist, zeigt eine weitere Bestimmung:
»Wenn einer auf dem zweiten Fischmarkt jetzt mehrere State hat,
so hat er nur Anrecht auf einen, die anderen muss er neu aufzu-
nehmenden Mitgliedern abtreten.« Die Tendenz der Zunftschliessung
fehlt. Diese Ordnung giebt dem Zunftmeister auch Polizei- und
Gerichtsgewalt Fremden gegenüber. Die Zunft verbietet Fremden
und Auswärtigen innerhalb einer bestimmten Flussstrecke ihre Netze
auszuwerfen ; wo man trotzdem einen findet, dem nimmt die Zunft
Schiff und Geschirr ab. In streitigen Fällen richtet der Zunftmeister.
Den Umschwung von dieser weitgehenden Autonomie der Zünfte
zur Unterordnung unter die Ratsgewalt, die Schmoller in die Zeit
nach 1420 setzt, muss ich wesentlich früher einsetzen. Es geht damit
der schematische Zusammenhang verloren, den Schmoller zwischen
der allgemeinen Reform der Strassburger Stadtverwaltung und diesen
Veränderungen betont. Schmoller selbst führt an , ohne darauf
grossen Wert zu legen, dass 1361 die Weber wieder daran erinnert
werden, dass sie vor dem Städtemeister Gericht nehmen und diesem
einen Teil der Strafgefälle abliefern sollen.
Von 1368 liegt eine Ordnung der Kürschner vor. 1 Nach ihr
haben die Zunftmitglieder selbst gar nichts in die Ordnung ihrer
gewerblichen Angelegenheiten hineinzureden.
1370 vernichtet der Rat die Autonomie der Bäckerzunft. ' Es
wird den sämmtlichen Meistern der Bäckerzunft ein Eid abgefordert,
dass sie ihre bisherigen selbstgemachten Statuten, soweit sie nicht
mit den eben vom Rat erlassenen übereinstimmen, aufgeben wollen,
dass sie nicht neuerdings Artikel machen wider die ihnen jetzt ge-
gebene Ordnung. Neue Bestimmungen sollen nur dann gültig sein,
• Schmollcr, Tucherzunlt, S. 47$ ff. macht nach dieser Richtung hin einen
Unterschied zwischen »Zunftbucli« und «Ordnung«.
2 Brucker, S. 322.
' A. a. O. S. 86 und 89.
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22
wenn sie der Rat genehmigt und der Ordnung von 1370 hinzuschreibt,
»damit sie wissen, dass ihnen nicht mehr erlaubt ist, als was ver-
zeichnet steht«. Sie sollen von jetzt ab niemnnd in ihr Handwerk
aufnehmen, der nicht vorher vom Rat auf die neue Ordnung vereidigt
ist. Die Zunftbeamten der Bäcker haben dem Rat zu schwören, dass
sie Vergehen der Zunftmitglieder gegen die neue Ordnung dem Rat
anzeigen werden, denn Städtemeister und Rat seien über solche Ver-
gehen Richter, »so gut wie sie Richter seien über Wunden und Tot-
schlag«. Der Rat schreibt 1370 den Bäckern ihre gewerblichen Pflichten
vor; zur Besichtigung der Brote ernennt der Rat aus sich eine Kom-
mission, und wenn diese auch bei ihren Besichtigungen von den Zunft-
beamten zu begleiten ist, so erhält jene einen Teil der Strafgefälle,
diese nichts.
Auch 1392 werden ganz ähnliche Bestimmungen wiederholt
eingeschärft, besonders wird immer betont, dass die Festsetzung
von Grösse und Gewicht der Brote Sache des Rats und nicht der
Zunft sei.
Auch die Ordnung der Metzger aus dieser Zeit zeigt das Zunft-
gericht sehr gering, gradezu nur auf das Rügerecht und die Pflicht
der Anzeige an den Rat beschränkt.'
In der Ordnung der Schiffer aus dem XIV. Jahrhundert ist es
der Rat, der das Eintrittsgeld festsetzt. 2 In ihr sehen wir den Zunft-
zwang. »Es soll keiner unserer Bürger Gut um Lohn fahren, er
habe denn den (!) Einung und diene mit den Schiffleuten.« Ich
weise hin auf die Fassung des Zunftzwangs in dem Ausdruck »dienen
mit der Zunft«.
Die Schuster tragen 1377 ihre Ordnung, die sie unter sich
gemacht haben, dem Rat vor; erst durch dessen Bestätigung wird
sie Gesetz. Das gleiche wiederholt sich in umständlichem Ver-
fahren 1402.*
Als 1395 unter den Küfern ein Streit entstanden war über die
Geltung älterer oder neuerer Artikel, die ihre Zunft besass, da er-
teilte der Rat dem Ammanmeistcr und den alten Ammanmeistern den
Auftrag, die Artikel zu prüfen und aus ihnen eine neue Ordnung
zusammenzustellen und zu redigiren. Die von den Ammanmeistern
beschlossene neue Ordnung musste erst noch dem Rat vorgelegt
werden; erst als dieser sie genehmigte, wurde sie gültig. Materiell
1 A. a. Ü. S. }44.
2 A. a. O. S. 4jo.
* A. a. O. S. 448.
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schreiben in ihr die Ammanmeister den Küfern die Eintrittsgelder
und die Strafsätze für alle einzelnen gewerblichen Vergehen vor.'
Zeigt also die Veröffentlichung Bruckers, dass der Rückgang der
zünftlerischen Autonomie schon ins letzte Drittel des XIV. Jahr-
hunderts zu setzen ist, in die Zeit, wo die politische Zunftherrschaft
in ihrer Blüte stand, so bestätigen sie aber für das XV. Jahrhundert
den von Schmoller aus den Weberordnungen Strassburgs aufgezeigten
niederen Stand zünftlerischer Selbstverwaltung.
Die Kompetenzen des früher starken Zunftgerichts sind an den
Rat übergegangen. Zunftgericht und Zunftbeamte erscheinen nur als
Rügeinstanz, verpflichtet, die gewerblichen Vergehen der Zunftgenossen
dem Rat zur Aburteilung anzuzeigen.* Die Festsetzungen von Straf-
sanktionen für gewerbliche Vergehen kann nur durch den Rat erfolgen.
Die Zunft der Schifferleute muss den Rat bitten, Strafsätze zu be-
stimmen für die Zunftmitglieder, welche die Transporte unter den
festgesetzten Lohnsätzen sich bezahlen lassen. ' Die Strafgefälle, die .
früher zwischen Zunft und Zunftvorstehern aufgeteilt wurden, fallen
jetzt zum grösseren Teil an den Rat.
Das materielle Gewerberecht wird jetzt vom Rat geschaffen. Er
schreibt 1425 den Fischern bis ins einzelne die Enge der Maschen
an den Netzen, 1438 den Maurern die Zahl der von jedem Meister
zu haltenden Lehr- und Lohnknechte, 1483 den Metzgern die Preise
und die Auswahl der Fleischsorten, 1493 den Bäckern Preise und
Gewicht der Brote vor u. s. f. Die Besichtigung der gewerblichen
Betriebe geschieht durch Ratsdeputirte.* Wo diese von Zunftmit-
gliedern begleitet werden, da haben doch nur sie Verfügungen zu
treffen, die Begleiter aus der Zunft sind bloss Beirat. i Die Aufnahme-
gelder bestimmt der Rat. 6
Wir sehen allerdings in der Verwaltungspraxis des Rats auch
Schwankungen. So überlässt er um die Mitte des XV. Jahrhunderts
dem Zunftgericht der Metzger die Aburteilung geringerer gewerb-
licher Vergehen der Zunftgenossen und den Zunftgeschworenen die
Fleischbeschau. Aber schon 1483 ist die Metzgerzunft in diesen
Stücken wieder vom Rat abhängig. 7
• A. a. O. S. 312.
1 Siehe Ordnung der Fischer 1425, a. a. O. S. 1S2 und der Metzger 1455, S. 345.
3 A. a. O. S. 4ji.
♦ Beispiele: 1435 Metzger a. a. O. und 1449 Fischer.
* Metzger a. a. O. S. 352.
6 Maurer 1438 a. a. O. S. 339.
~ A. a. O. S. 566 und 1483, S. 334.
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Es muss aber darauf hingewiesen werden, dass die Zunft der
Goldschmiede nach ihrer Ordnung von 1482 sehr autonom ist. 1 Ks
fehlen weitere Urkunden dieser Zunft, um ein Urteil darüber möglich
zu machen, ob auch das nur eine'Episode ist ähnlich der eben ge-
nannten Ordnung der Metzger. Das Gericht der Goldschmiede ist
1482 sehr stark, die Aufsicht über den Gewerbebetrieb wird durch
die zünftigen Organe sogar bei den fremden Gold warenhändlern aus-
geübt, die in Strassburg ihre Waaren ausbieten.
Bei den Metzgern ist 1435 das eifrige Streben nach dem Zunft-
zwang im Sinne der Zunftschliessung zu erkennen. Der Rat tritt
diesem Streben fest entgegen.*
2) Basel.»
Die Verfassung der Baseler Zünfte zeichnet sich vor der anderer
Städte durch einen sehr hohen Grad von Autonomie und durch die
durchgeführte Fassung des Zunftzwangs aus, und zwar gehören diese
ihre Eigentümlichkeiten schon der zweiten Hälfte des XIII. Jahr-
hunderts an.
Diese Zeit kennt in Basel die Zunftautonomie in zwei Ab-
stufungen entsprechend den zwei in ihrem Ursprung verschiedenen
Arten von Handwerkergenossenschaften. Die alten »ofticia« unter-
stehen der Leitung durch einen hohen bischöflichen Ministerialen
und unter diesem der eigentlichen Führung durch einen niederen
Ministerialen; bei den »offenen Handwerken« steht gleich bei ihrer
Konstituierung zur Zunft unter dem bischöflichen Offizialen ein vom
Bischof gesetzter magister de ipsorum opere. Schon bald nach 1250
fällt in diesen Verbänden der Offizial^ weg, und nicht viel später
erlangen sie das Recht, den magister de ipsorum opere selbst wählen
zu dürfen. Jene, die »Amtshandwerke« haben sich etwas später dieser
freieren Verfassung angeglichen, indem sie zunächst neben den bischöf-
lichen Beamten einen Zunftausschuss zur Bcrathung stellten, der dann
schnell die bischöflichen Zunftbeamten verdrängte.
Um 1300 gleicht sich die Verfassung beider Arten von Genossen-
schaften vollständig, und zwar ist sie durchaus autonom. Sie haben
• a. a. ü. S. 24 j.
2 A. a. Ü. S. 346 und $4^
> Litteratur: Geering, Handel und Industrie der Stadt Basel bis zum Hnde des
XVII. Jahrhunderts, 1886.
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— 25
im XIV. und XV. Jahrhundert in gewerblicher Hinsicht last keine
Schranke ihrer Selbstständigkeit, Eingriffe des Rates in die Angelegen-
heiten der Zünfte sind kaum zu erkennen.'
Am stärksten tritt diese Autonomie in der Zunftgerichtsbarkeit
zu Tag. Sie haben nicht nur volle Gerichtsbarkeil gegen die Zunft-
mitglieder und die Möglichkeit, ganz selbstständig die Durchführung
ihrer Urteile zu erzwingen, sie ziehen vielmehr auch Zunftfremde vor
ihr Gericht und sprechen gegen diese ihre Urteile aus. 1
Die Waaren-Schau wird bei allen Zünften nur durch zünftige
Organe vollzogen.
»Erst seit 1526/15 30, in der Zeit des rein zünftigen Rats, erscheint
die Autonomie der Haseler Zünfte beschränkt auf den Standpunkt, wie
bereits 100 und 200 Jahre früher in Strassburg, Frankfurt, Nürnberg.« '
Die ältesten Baseler Zunftordnungen haben den Zunftzwang.
Bei den alten officia war naturgemäss das Recht zum Gewerbebetrieb
vom bischöflichen Beamten nachzusuchen, bei den »offenen Hand-
werken« heisst es schon in den Anerkennungsurkunden aus der Zeit
von 1226 — 1268: »qui vero ex ipsorum opere in eorum societate
noluerint interesse, ab officio operandi pro suo arbitrio et a foro
emendi et vendendi et a tota communione penitus excludatur« und
ahnliches. 4
Aber dieser Zunftzwang ist nicht scharf durchgeführt worden.
Dem stand einmal die in Basel weit verbreitete Doppelzünftigkeit
entgegen, durch die man verschiedene Gewerbe neben einander be-
treiben konnte, wenn man nur den betreffenden Zünften gewisse
Geldleistungen entrichtete. Andererseits sind noch 1429 nicht weniger
als 20% der Bevölkerung ausserhalb des zünftigen Rahmens, von
welchen ein gründlicher Kenner» dieser Verhältnisse wenigstens einen
Teil als Handwerker anerkennt.
Einzelne Zünfte führen ihren Zunftzwang schärfer durch, aber
bei ihnen grade ist Doppelzünftigkeit stark verbreitet. Andere Zünfte,
so die Weber, führen ihn nur recht lose durch; bei ihnen muss die
1 Gcering a. a. O. Kap. 1, Kap. II S. 45 tf., S. 118.
2 142 t bestraft die Schlüssclzuntt nicht nur den Zunftfremden, der in Basel
Tuch ausschneidet, sondern auch den Haseler Bürger, der in Frankfurt Tuch einkauft,
ohne ihrer Zunft anzugehören. Eine andere Zunft bestraft bei ahnlichen Vergehen
den Zunftfremden nicht bloss mit Geldstrafen, sondern sogar mit Konfiskation seiner
Waaren.
I (ieering a. a. O. S, JS5. ?)7. d° rl die Belege.
* Kürschner-Urkunde bei Fechter, Archiv für schweizer Geschichte XI, j>,
Gcering S. 17 Note 1 führt die Fundstellen der bez. Urkunden an.
5 Gcering a. a. O. S }6 und 17.
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Zunft nur haben, wer das Handwerk mit Knechten und Jungen
treiben will.
Erst 1441 sehen wir einen Umschwung. Damals erhöhen die
Zünfte ihre Eintrittsgelder auf eine solche Höhe, dass die Absicht
der Zunftschliessung unverkennbar ist. Der Rat schreitet dagegen
ein, ohne aber auf die Dauer es verhindern zu können.'
3) Nürnberg.*
Die Polizei - Ordnungen Nürnbergs zeigen die Gewerbe in der
wenigst autonomen Verfassung; wenn dort auch schon frühe Hand-
werker in den Rat eintraten, so spielten diese acht Handwerker unter
den 42 Ratsmitgliedcrn doch keine Rolle.
An der Spitze ihrer gewerblichen Ordnungen steht der Satz,
welcher ihnen verbietet, selbstständig Strafbestimmungen bei Ver-
gehen gewerblicher Natur zu treffen. } Die gewerblichen Vorschriften
werden durch den Rat ausschliesslich erlassen. Zur Aufsicht über
die Innehaltung dieser Vorschriften ernennt der Rat Meister aus dem
Handwerk, aber diesen steht keinerlei Gericht zu. 4 Strafgelder bei
Übertretungen fallen zum Teil an den Schultheiss, zum Teil an den
Rat und zum Teil an die Meister, die es besehen. Die Zunft erhält
nichts von diesen Gefällen. (So bei den Tuchern , Messerern,
Schustern.) Auch die anderen Abgaben, die bei den Besichtigungen
gezahlt werden müssen, werden aufgeteilt zwischen Rat und Be-
schauern, ohne dass die Zunft einen Anteil davon erhält.
Von einem Vorrecht der Zunftgenossen auf den Gewerbebetrieb
ist nichts zu sehen. Das Recht ist nur geknüpft an den Besitz des
Bürgerrechts, bei einigen Gewerben auch an den Nachweis eines ge-
wissen Vermögensbesitzes, aber die Quellen erwähnen nichts von
einem Zunftkauf. Bei einzelnen Gewerben (Tuchern , Schustern)
finden wir allerdings eine Beschränkung im Rechte zum Gewerbe-
betrieb auf die Besitzer von Bänken. Aber man achte auf den Aus-
druck : »Es hat der Rat gesetzt dass kein Schuster, der neue
1 Gccring a. a. O. S. 64.
2 Litteratur: Hegel, Chroniken deutscher Städte, Band II, Baader, Nürnberger
Polizei-Ordnungen 1861.
* Baader a. a. O. S. 153.
* Siehe /.. B. die begrenzten Kompetenzen dieser Beschauer in den Ordnungen
der Messerer, Baader S. 158.
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Schuhe macht, oder ein Lederschneider Schuhe oder Leder verkaufen
soll, sie hätten denn eine Bank auf dem Schuhhause«. »Es soll nie-
mand stehen mit . . Tuch zu Markt, er habe denn eine Bank in dem
Wathause.« Wenn trotz dieser Bestimmungen zugleich die Verhält-
nisse der Gewerbetreibenden unter Schustern und Tuchern, die keine
Verkaufsplätze haben, geordnet werden, so ist es klar, dass nur eine
Einrichtung des Marktrechtes vorliegt, nicht eines abschliessenden
Gewerberechtes; es soll nur für eine leichtere Kontrolle und eine
bessere Einziehung der Verkaufs-Abgaben gesorgt werden.'
Die Verleihung des Meisterrechts ging vom Rat aus, in die Zu-
lassung zum Gewerbebetrieb hatte die Zunft nichts hineinzureden.*
Erst im XV. Jahrhundert werden Zunftkaufgelder eingeführt, die
aber vollständig dem Rat zufallen.
Zum ersten Male etwas wie eine Art von Zunftzwang finde ich
in einer Fischer-Urkunde des XV. Jahrhunderts. J »An den Rat ist
von etlichen Bürgern, die Gerechtigkeit in die Pegnitz haben« —
sie nennen sich nicht einmal Zunft der Fischer — »gelangt, dass
ihnen von manchen Personen Abbruch zugefügt werde. Solches zu
verhindern, ist der Rat übereingekommen, dass hinfort niemand im
Fluss fischen soll, ohne Erlaubnis derjenigen, den solche Wasser zu-
stehen.« Sonst beschränkt sich der Zunftzwang im Nürnberg des
XV. Jahrhunderts darauf, dass der Rat bei einigen Gewerben eine
Zahl, bis zu welcher Meister zuzulassen sind, festlegt, die er aber,
sobald es ihm passend erscheint, wieder verändert. 4
4) Köln. 5
Wir unterscheiden in der geschichtlichen Abwandlung des Ver-
hältnisses der Kölner Fraternitäten zu den Stadtobrigkeiten bis 1396
hin vier Abschnitte.
1 Ähnlich erklärt Böhmert, Beiträge zur Geschichte des Zunftwesens, 1862
gleiche Bestimmungen in Zunfturkunden Bremens, a. a. O. S. 6.
* Hegel a. a. O. S. 512.
J Baader a. a. O. S. 189.
♦ Hegel a. a. O. S.
> Litteratur: Ennen und Eckertz, Quellen zur Geschichte Kölns (zitirt als Qu ) ;
Stein, Akten zur Geschichte der Verfassung und Verwaltung Kölns im XIV. und
XV. Jahrh. (zitirt als Akten), Hegel, Chroniken deutscher Städte, Band XIV, Einleitung
(zitirt als Hegel, Verfassungsgeschichte); H. Kruse, die Kölner Richerzeche, in Zeit-
schrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgesch., Band IX, 1888; Stein, Zur Vorgeschichte
des Kölner Verbundbriefes von 1 596, in Westdeutsche Zeitschrift für Geschichte und
Kunst, Jahrgang XII, 1893 ; Hegel, Städte u. Gilden der german. Völker, Band II, 1891.
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I. In der ersten Periode, die im Juli 1370 mit dem Sieg der
aufständischen Weber ihren Abschluss fand, steht vorwiegend die
Richerzeche als Obrigkeit über den Zünften. Die Zünfte sind (abge-
sehen von der Zeit 1259—1262) ohne jede politischen Rechte im
Stadt-Regiment.
II. In der Zeit vom Juli 1370 bis Ende 1371 besetzen die Zünfte
den weiten Rat aus sich. Die Richerzeche wird dauernd ihrer poli-
tischen Vorrechte entkleidet.
III. Nach der Weberschlacht ist vom November 1 371 — 1396 die
Stadtherrschaft wieder durchaus in den Händen der Geschlechter.
Der Rat tritt jetzt den Zünften in ihren gewerblichen Angelegenheiten
als Übrigkeit gegenüber, an die Stelle, die früher die Richerzeche
inne gehabt hatte.
IV. Nach den Zerwürfnissen unter den Geschlechtern tritt 1396
die wesentlich zünftige Stadtherrschaft durch den Verbundbrief in Kraft.
Für die Stellung der Kölner Zünfte in der ersten Periode sind
zunächst die Urkunde für die Bettzeuchen -Weber von 1149, die für
das Deutzer Wollenamt von 1230 und die Akten des Schiedsspruches
von 1258 zu beachten. '
Die fraternitas der Bettzeuchen-Weber hat nach jener Urkunde
selbstständig sich als Bruderschaft konstituirt, sich eine Ordnung ge-
schaffen, ein Bruderschafts-Vermögen angesammelt, Verabredungen
und Einrichtungen mit der Genossenschaft der textores peplorum
getroffen. Die Bestätigung durch die Stadtobrigkeit giebt ihnen nur
noch ein gewisses Zwangsrecht gegen alle Bettzeuchen-Weber in der
Stadt, auch gegen die ausserhalb ihrer Verbindung stehenden.
Nach der Urkunde des Deutzer Wollenamtes, die an und für
sich in der Ausdehnung der Befugnisse des Kölner Wollenamts über
das zu Deutz bedeutsam ist, hat das Kölner Wollenamt selbstständig
das polizeiliche Recht, die tägliche Arbeitszeit der Weber zu be-
stimmen, das Recht, dass die Besichtigungen der Betriebe, Werk-
zeuge und Waaren nur durch zünftige Organe vorgenommen werden,
und die Befugnis, selbstständig Strafsätze über gewerbliche Vergehen
anzusetzen und im einzelnen I'all zu verhängen. Kur da, wo die
Gewalt der Zunft nicht ausreicht, wenn Zunftmitglieder sich weigern,
den Anordnungen ihres Amtes zu folgen, tritt das Gericht der Bürger-
meister ein.
Aus den ausführlichen Akten des Schiedsspruches sind für uns
einige Beobachtungen heranzuziehen.
' Qu. I 329, Qm. II 12 Qy. II jXoff.
■
fe
- 29 -
Die Ämter setzen damals gewohnheitsrechtlich die Preise für
die Waaren und Leistungen ihrer Mitglieder und die Preise für deren
Rohstoff-Einkäufe fest. Sie besteuern Käufe und Verkäufe ihrer Mit-
glieder für die Bruderschafts-Kasse. '
Die magistri civium üben Tim 1258 eine Gerichtsbarkeit aus,
welche der Erzbischof verwirft, die aber die Schiedsrichter anerkennen.
Wichtig für uns ist hier ihre Gerichtsbarkeit de falsis mensuris et de
meinkauf, welche sie konkurrierend mit dem Sendgericht innehaben.*
Diese Gerichtsbarkeit bringt sie in Verbindung mit den Fraternitäten,
und, um vor diesem Gericht gute Verteidiger zu haben, wählen
diese sich »Meister« ihres Amts und zwar wohl auch aus ihrem
Amte selbst, besonders aber aus der Richerzeche. } Diese sind zugleich
in der Lage, exzedierende Bruderschafts-Mitglieder gütlich zur Ordnung
zu bringen, als Vorinstanz vor dem Gericht der Bürgermeister. Es
ist durchaus ins Belieben der fraternitas gestellt, sich solche Meister
aus der Richerzeche zu wählen, und nur zu eigenem Vorteil wählen
sie sich die Handwerker aus ihr. Diese Meister nehmen für Ver-
teidigung der Handwerker vor Gericht Geld oder andere Dienste als
Lohn. Drückend erscheint das bloss dem Erzbischof.
Die Bürgermeister besitzen 1258 auch einen Teil der Verwaltungs-
hoheit, welche sie mit den Handwerker-Ämtern in Verbindung bringt.
Sie haben ein Bcsteuerungs- Recht gegenüber Gemeinde und Fraterni-
täten, welches sie benutzen, um die Kosten ihrer Wahl wieder heraus-
zuschlagen. Es wird ihnen das verboten. Die Richerzeche hatte
keinen Teil an diesem Recht.
Die Bürgermeister, darin vielleicht in Verbindung mit der Richer-
zeche, haben Bestimmungen zu treffen über die Betriebe der Bierbrauer,
Bäcker und Metzger und haben deren Abgaben zu bestimmen. Diesen
Fraternitäten konnte ihre Gewalt lästig werden. 4
1258 hatten demnach die Zünfte insgesammt sich zu beschweren
über die Amtsführung der Bürgermeister, oder dieser und der Schorlen,
nicht aber über die der Richerzeche.
1 A. a O. ad art. 2 S. 592. Die Schiedsrichter bezeichnen beides als verwerflich.
J Dass die Bürgermeister die Richter de falsis mensuris waren und dass sie
diese Gerichtsbarkeit an der Spitze der Schöffen ausübten, ergiebt sich aus a. a. O.
art. 51 S. 585 und ad art. 20 S. $92 (uiudicem secularem« in Verbindung mit Qu. H
S. 412, wo der mag. civ. bezeichnet wird als iudex) und ad art. jt S. 594, vergl.
noch Hegel, Vertgesch. S. XLV /u 12,9. Damit erledigt sich die Behauptung Hegels
a. a. O. S. I I note 1. Sein Beweis ist umzustossen aus ad art. 1 u. 2, S. 591 im
Schiedsspruch.
> Qu II S. ;8> art. 44 11. S. 592 ad art. 2.
« Siehe Qu. 11 S. 382 art. 21, S. 58 > art. 42, daj:u ad art. 20 S. 599.
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- ?o —
Auch 1259 klagen Gemeinde und Fraternitäten nur über Bürger-
meister und Schorfen, besonders über deren Gewalt in vendendis et
emendis quibuslibet et maxime alimentorum. Die Nahrungsmittel-
Gewerbe leiden vorzugsweise unter ihrer Verwaltung.'
Aus der Zeit zwischen 1225— 1370 ist eine nicht unbeträchtliche
Zahl von Ordnungen Kölner Zünfte bekannt. Aus ihnen ist zunächst
ersichtlich, dass in dieser Zeit die Verleihung eines Zwangsrechts an
Handwerker-Ämter und die Bestätigung zünftlerischer Statuten Sache
der Richerzeche war.* Aber einerseits rinden wir in derselben Zeit
auch recht häufig Verleihung und Änderung der Statuten durch den
Rat, und andererseits zeigen sich genug Ordnungen, die von gar
keiner obrigkeitlichen Gewalt bestätigt doch Rechtskraft besassen. 5
Aber eine Bestätigung der Statuten durch eine Obrigkeit oder
das einer solchen zustehende Recht zu Statuten-Änderungen berührt
in Köln in dieser Zeit die gewerbliche Autonomie gar nicht so tief.
I:s handelt sich zunächst darum, wie steht es mit dem gewerblichen
Gericht bei Vergehen der Zunftmitglicder.
Die Ordnung der Gewandschncider von 1247 stattet diese Ge-
nossenschaft aus mit dem Recht, die Aufnahmegelder festzusetzen
und sie im einzelnen Falle nach ihrem Willen zu ändern, dem Recht,
einer unter ihnen stehenden Teilkorporation den Verkaufsplatz anzu-
weisen und zu verändern. Die Vorsteher der Genossenschaft haben
ein Gericht (placitum) mit voller Zwangsgewalt gegen die Mitglieder,
verboten wird ihnen nur, Fremde vor dieses Gericht zu ziehen. Straf-
gefälle aus diesem Gericht fallen an die Gewandschneider selbst. Ihr
commune consilium beschliesst, dass keinem Fremden, der einem
Zuuftgenossen etwas schuldig geblieben ist, von Zunftgenossen
Waaren auf Kredit gegeben werden dürfen. Die Bestrafung etwaiger
1 Qu. 1 S. 323, Qu. II S. 410. Wenn es dort heisst: »Der Krzbischof werde
auch die rectores oflicii dicti richereegheyt, welche in den betr. Angelegenheilen
bei der Gemeinde keinen guten Leumund besitzen, aus ihren Stellungen vertreiben«,
so ist dabei an die Bürgermeister früherer Jahre zu denken.
2 7m den Fällen praktischer Anwendung dieses Rechtes der Richerzeche,
welche Kruse a. a. O. S. 172 anführt, nenne ich noch : Statut der Gewandschneider
von 1247 Qu. I 335, des Wollenamts von 1332 Qu. I 381.
* Für das erstere: Die Ordnung der Gewandschncider von 1352 (Qu. I 367)
und von 1360 (a. a. Ü. S. 360), der Farber (Qu. 1 384), besonders aber ist er-
wähnenswert die Zulassung fremder Werkleute gegen den Willen der Bruderschaften
1335 (Akten II, No. 7) und das Eingreifen des Rats in den Handel der Metzger 1348
(Akten I, No. 12): für das andere: die Ordnung der Gewandschneider von 1344
(Qu. I 345) und von 1568 (Qu. 1 362). des Wollenanus (Qu. 1 370) u. a. m.
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— 3i -
Übertreter dieses Beschlusses überträgt die Versammlung dem Gericht
ihrer Vorsteher. 2
Hundert Jahre später, 1344, zeigen die Ordnungen der Gewand-
schneider wieder diesen hohen Grad von Autonomie. Statuten werden
erlassen von* den verdienten Brüdern aus der Korporation, Veränder-
ungen derselben sind gültig, wenn sie bei diesen eine 2 / 3 - Majorität
gefunden haben. An der Spitze der Genossenschaft stehen vier Meister
aus den verdienten Brüdern, die u. a. eine Abgabe an Richerzeche
und Bürgermeister zu zahlen haben. Neben ihnen steht ein »Rat unter
den Gademen.« 3 Dieser Rat hat weitausgedehnte gerichtliche Kompe-
tenzen. Schuldklagen der Gewandschneider unter einander sind vor
ihn zu bringen, für Schlägereien der Genossen unter einander ist er
Sühne-Instanz. Seine Zwangsmittel zur Durchführung seiner Urteile
sind Einbehaltung der einem Zunftmitglied aus der Zunftkasse zu-
stehenden Kompetenzen, Verbot an die zünftigen Unterkäufer, einem
solchen Mitglied beim Tucheinkauf behülflich zu sein, Ausstossung
aus der Genossenschaft. Aber die Bussen können von der Zunft nicht
zwangsweise beigetrieben werden; wer nicht zahlt, den spricht die
Zunft an, »vor wat gericht sie willent.«
Aufnahmegelder und Bussen fallen ohne Abzug in den Schrein
der Zunft zum Nutzen der verdienten Brüder. 4
Es ist diese Autonomie nichts singuläres bei den Gewand-
schneidern.' Das Wollenamt erhebt 1332 Bussen von einem Nicht-
mitglied, das sich der ihm verbotenen Hülfe von Lohnarbeitern aus
dem Amt bedient. Die einzige Beziehung dieses Amts zur Richerzeche
zeigt sich darin, dass die Bürgermeister Geldleiher zur unent-
geltlichen Herausgabe beliehcner, veruntreuter Rohstoffe an die
Weber-Eigentümer zwingen. 6
1 Qu. I 335. Hier kommt alles an auf die Interpretation des Ausdrucks
»domini nostri«. Nach Hegel, Verfgesch. S. I. XX Villi und Note 5 dorts. und
wieder Städte und Gilden II S. 353 heisst es »Vorstand der Gewandschneider«.
Ihm ist beizupflichten.
2 Eine von Kruse a. a. O. S. 171 Note 2 genannte, noch ungedruckte Urkunde
für die Gewandschneider von 1325 konnte von mir nicht benutzt werden.
' Über diesen »Rat unter den Gademen« (aus 7 Mitgliedern) siehe Hegel,
Verfgesch. S. CXUX.
« Qu. I S. 34}- 359.
5 Hegel, Städte u. Gilden II S. 353 betont mit Recht: »Nur dem Rang nach
stand die Brüderschaft unter den Gademen durch Vermögen und Ansehen allen
anderen Zünften voran;« aber mit sich selbst im Widerspruch urteilt er .1. a. O.
in den »Ergebnissen« S. 491 etwas anders.
6 Qu. I S. 370.
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Bei dem Fleischamt ruft es 1 348 gar einen Aufstand hervor, als
der Rat den Metzgern Vorschriften über den Fleischhandel machen
will, als er nämlich vorschreibt, dass sie das Fleisch nach dem Ge-
wicht verkaufen sollen. 1
Bei einem einzigen Amt sehe ich in dieser Periode eine wirkliche
Abhängigkeit, den Kannegiessern, 2 deren Ordnung auch sonst auf-
fallende Verschiedenheiten gegenüber den der anderen Ämter zeigt.
An ihrer Spitze steht ein von der Kicherzeche ernannter Obermeister.
Aufnahmegelder und Bussen fallen zum Teil an die Richerzeche. In
schwierigeren gewerblichen Streitigkeiten ist das Gericht der Bürger-
meister aufzusuchen. Aber selbst bei ihnen erkennen wir noch
immer ein Gericht der Zunft, dessen Kompetenzen gegenüber dem
Bürgermeister-Gericht nicht abzugrenzen sind, und auch bei ihnen
heisst es: »ever so hadde wir in macht gegeven, wat si under in
setten of machden umbe reingheyde irs amptz mit dem meisten parte,
dat sulde macht hain.«
Bei keinem Gewerbe sehe ich die Beschau durch Organe der
Richerzeche ausgeübt, überall ist das die Sache von der Zunft ge-
wählter Beamten.
Ich sehe also in der Zeit bis 1370 die Kölner Zünfte in recht
autonomer Stellung. Die Richerzeche war zufrieden, wenn Teile der
Aufnahme- und Buss-Gebühren in ihre Kasse flössen; dafür lieh sie
ihnen ihre Unterstützung zur Durchführung ihrer selbstgemachten
Statuten. Mir scheint die Autonomie der Kölner Zünfte in dieser
Periode, die ohne Kampf von ihnen errungen worden ist, zwar ge-
ringer wie die der Baseler, aber viel grösser wie die der Nürnberger,
und ungefähr auf der gleichen Stufe mit der der Strassburger und
der Frankfurter Zünfte vor dem Umschwung im letzten Drittel des
XIV. Jahrhunderts bezw. 1377.
In dieser gewerblichen Selbstständigkeit sind die Kölner Zünfte
reich und mächtig geworden. Was ihnen fehlte, waren die politischen
Rechte. Diese erstrebten und erlangten sie durch den Aufstand im
Juli 1370.
Schon im November 1371 wurde der Anteil der Zünfte an der
Stadtregierung durch die Weberschlacht von den Patriziern wieder
beseitigt. Die Richerzeche, die in der kurzen Zeit des Sieges der
Handwerker aller ihrer politischen Vorrechte beraubt worden war,
' Akten I No. 12. Ich verweise noch auf die weitgehende Autonomie der
St. Jakobs Brüderschaft der Waidhandler. siehe Knnen, Geschichte II 606.
J Ordnung von ijjo, Qu. I jN<>.
_ 35 ~
erhielt diese 1372 nicht wieder zurück. In das Aufsichtsrecht der
Richerzeche über die Zünfte trat damals der Rat als Erbe ein. Aber
er machte aus diesem seinem neuen Besitz ein wesentlich anderes,
eingreifenderes Recht.' Ks ist, als ob der Rat schon früher zur Er-
kenntnis gekommen war, 2 dass aus der gewerblichen Autonomie der
Zünfte ihnen die Kraft zufliesse, die der patrizischen Macht gefährlich
werden konnte. In der Beachtung dieser richtigen Erkenntnis ver-
nichtete der Rat von 1 372 an die Autonomie der Zünfte. Der Periode
von 1372 — 1396 gehören an die Ordnungen der Hutmacher von 1378,
der Sarwerter von 1391 und der Färber von 1392. 5 In diesen drei
ausführlichen Statuten treten uns übereinstimmend entgegen vom
Rat gesetzte Obermeister, unter dessen Leitung die Handwerker über
ihre Statuten beraten und in dessen Hand sie den Eid auf ihre Ord-
nungen leisten. Der Obermeister ernennt jetzt das gewerbliche Bc-
sichtigungs-Personal, gewerbliche Verstösse sind ihm von diesem
anzuzeigen, nur er kann Gericht abhalten; an ihn fällt der grössere
Teil der Aufnahme- und Busse-Gefälle, nur der kleinere verbleibt
dem Amt. Zwischen 1390 und 1391 hebt der Rat eine Zunft auf und
betont bei dieser Gelegenheit seine absolute Machtvollkommenheit
den Ämtern gegenüber. 4
Die Revolutionen von 1396 führten in Köln das Zunftregiment
herbei, nicht aber scheinen sie den Ämtern ihre frühere Autonomie
zurückgegeben zu haben. Es fehlen uns zur genügenden Beantwortung
dieser Frage Kölner Zunftordnungen des XV. Jahrhunderts. Wenn
aber 1457 der Rat sämmtlichen Ämtern vorschreibt, alle an sie ge-
richteten Briefe ungelesen dem Rat zu übergeben, wenn er 1466 be-
fiehlt, alle Streitigkeiten in den Zünften ihm selbst zur Entscheidung
vorzulegen, wenn 1482 bei den Bäckern offenbar der Rat die Be-
sichtigung vornimmt, so sind das Belege für meine Annahme. 5
Was die Frage des Zunftzwangs in Köln betrifft, so ergiebt eine
Prüfung der Zunfturkunden das folgende Resultat.
Der älteste Zunftbrief, der der Bettzeuchen- Weber von 1149,
enthält nichts vom Zunftzwang in dem Sinn, dass die Aufstellung
eines Webstuhles abhängig ist von der Erlaubnis des Verbandes oder
der Aufnahme in ihn. Es kann jeder weben; nur unterliegt sein Betrieb
1 Siehe Eidbuch von 1372, Akten I No. 28, II $ 22 und III $ 12.
' Belege: Das zweifache Vorgehen des Rats gegen die Zünfte 1355 u. 1 548
(Akten II No. 7 und Akten I No. 12).
i Qu. I 351, 405, 382.
4 Akten I No. 4s $ 7.
* Akten I No. 186, No. 210, No. 267.
3
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- u -
der Aufsicht der Zunft, es ist jeder Weber, ob er Mitglied der Bruder-
schaft ist oder nicht, gewissen gewerbepolizeilichen, von der Zunft
erlassenen Bestimmungen unterworfen. Die Urkunde enthält den
Zunftzwang »sachlicheres nicht »persönlicher« Abgrenzung.'
Von den Zunftbriefen aus der Zeit zwischen 1225— 1370 ergiebt
sich aus den der Gewandschneider und Genossen von 1247 und 1344
mit Sicherheit, aus dem der Dccklecher von 1336 mit Wahrscheinlich-
keit das Fehlen des Zunftzwangs.* Im Wollcnamt ist nach seiner
Ordnung von 1332 der Zunftzwang bis zu der Stufe gediehen, dass
zwar jeder weben kann, dass aber zunftfremden Webern bei ihrem
Betrieb und Handel die Unterstützung durch die in der Zunft stehenden
Lohnarbeiter entzogen wird.' Ganz allgemein tritt der Rat allen
Zunftzwangs -Massregeln 1335 entgegen und er trifft Anordnungen
zu Gunsten des Arbeitens fremder Werkleute in der Stadt gegen
zünftlerische Behinderungen. 4
Umgekehrt enthalten die von der Richerzeche erlassenen Zunft-
briefe für die Gürtelschläger von 1327 und für die Kannegiesser von
1330 sicher den Zunftzwang im schärfsten Sinn. Diese beiden Briefe
stehen einander in ihren stilistischen Wendungen sehr nahe; in beiden
wird zu Eingang das Recht der Richerzeche zur »Lehnung der
Bruderschaft« betont, eine Wendung, die in den anderen Zunftbriefen
fehlt; in beiden wird eine merkwürdig ausführliche Begründung ge-
geben, dort wird hingewiesen, wie bei schlechtem Betrieb der Kauf-
mann so sehr betrogen werde, hier, wie durch schlechten Betrieb
Krankheit und Seuchen bei den Käufern entstehen. Es lässt sich
nicht erkennen, was grade bei diesen Gewerben den scharfen Zunft-
zwang zuerst aufkommen liess; es mögen die von der Richerzeche
angegebenen oder irgend welche andere Eigentümlichkeiten der
beiden Gewerbe Veranlassung dazu gewesen sein.' Auch die Metzger
1 So interpretiere ich den Satz (Qu. I 329) »ut omnes . . . huic fraternitati
quo iure a . . fratribus constat disposita subiciantur« gegen Schnioller, Weberzunlt
S. 382 und 385 grade zu Gunsten seiner Grundanschauung vom Fehlen des persön-
lichen Zunftzwangs bei den älteren Weberzünften.
* Qu. I 3 36 item notandum quod nullus illorum qui pannos radunt inter nos
stabunt nisi f ratern itatem acquirant. »inter nos stare« ist die örtliche Bezeichnung
des betr. Verkaufsplatzes. An anderen Plätzen kann jeder Tuch scheeren ; Qu. I
356, III. Absatz, 359, II. und III. Absatz; Qu. I 399, VII. Absatz.
5 Qu. 1 373, VI. Absatz, 374, IV. Absatz. Über die einzelnen Stufen des
Zunftzwangs siehe in der F.rörterung der Frankf. Verhältnisse, oben S. 17.
« Akten II No. 7.
s Qu. I 387, 10. Zeile von oben und Qu. IV S. 121 unten ff. und 122,
18. Zeile von oben.
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scheinen vor 1348 den Zunftzwang als abschliessende Berechtigung
gehabt zu haben.'
Während entsprechend den oben angeführten Ordnungen sich
noch 1350 ein grosser ausserzünftiger Gewandschnitt nachweisen
lässt,' spricht 1352 der Rat für den Handel der patrizischen Gewand-
schneider in schärfster Weise den Zunftzwang aus,* während für die
in derselben Urkunde erwähnten Weber das entsprechende Recht
nicht gewährt wird..
Als die Verfassung des Verbundbriefes von 1396 eingeführt
wurde, die jedem Bürger den Eintritt in ein Amt oder eine Gaffel
zur Pflicht machte, da lag es in der Natur der Sache, dass jeder
Gewerbetreibende Aufnahme suchte bei dem Amt, dem seine Gewerbs-
genossen angehörten. 4 Die Zunfturkunden Kölns aus dem XV. Jahr-
hundert liegen auch dafür zu spärlich vor, um erkennen zu können,
ob und wann die Mitgliedschaft zu einem bestimmten Amt Vor-
bedingung für einen Gewerbebetrieb ward>*
1 Akten I No. 12.
* Ennen, Geschichte II 607.
» Qu. I S. 568.
« So bezeugt auch Schmoller von Strassburg, dass der Umstand, dass die
Zünfte politische Teilgemeinden wurden, auf die Entwicklung des Zunftzwangs
gewerblicher Natur den grösstcn EinHuss gehabt hat.
> Siehe die Urkunden für das Fleischamt 1397 bei Hegel, Chroniken deutscher
Städte, Band XIV S. CCXXX.
6 Zur Kritik: Hegel gelangt für die Geschichte der Kölner Zunftautonomie
im wesentlichen zu denselben Resultaten wie meine Darlegungen, welche ihm
gegenüber sie nur eingehender begründen. In der ersten Periode bis 1370 weit-
gehende Autonomie der Zünfte, »Lchnung durch die Richerzeche« bedeutet nicht
viel, den Zünften fehlen nur die politischen Hechte (Verfgesch. S. CXI.VIII, CL, CLI
und Städte und Gilden II S. 352). In der dritten Pertode nach 1371 entzog der
Rat den Amtern die Autonomie, das vom Rat geübte Zunftaufsichtsrecht war ein
ganz anderes als es die Richerzeche gehabt hatte (Verfgesch. S. CLIV und CLVI,
Städte und Gilden II S. 354). Unbewiesen scheint mir Hegels Behauptung (a. a. O.
S. 335), dass nach 1396 die Zünfte in der starken Abhängigkeit vom Rat geblieben
seien. Aus der Zeit liegen nur die zwei Urkunden der Bäcker und Metzger, beide
von 1397, vor. — Über den Zunftzwang äussert sich Hegel, Städte und Gilden II
S. 351: »Durch die Verleihung der Brüderschaft erhielt das Gewerk ein Zwangsrecht
gegen alle diejenigen, welche das gleiche Gewerbe in der Stadt betrieben.« Das
ist ein Irrtum, welcher daraus stammt, dass Hegel für die Beantwortung der Frage
nur die drei Urkunden von 1 149, 1327 und 1330 benutzt, denen doch die Gewand-
schneider-Urkunde 1247 (Q- u - 1 H) : i ura nostra perduximus de officialibus de
Richirzegheide . .) und die anderen oben erwähnten Urkunden entgegenstehen.
Kruse in der Savignv-Zeitschrift Band IX: Die Behauptungen Kruses, bis
in die Zeit zwischen 1216 und 1223 habe das Aufsichtsrecht über die Zünfte dem
Schöll'ensenat zugestanden, um diese Zeit sei es an die Bürgermeister übergegangen,
3*
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denen dabei die Offizialen der Richerzeche nur als Beirat zur Seite standen, erst
nach 1258 sei es an 'die Offizialen der Richerzeche selbst gekommen, können hier
unerörtert bleiben. Aber seine Behauptung (a. a. O. S. 177): »die Richerzeche sei
auf diesem Gebiet Alleinherrscherin gewesen und habe den Rat zur Ohnmacht ver-
dammt« ist falsch. Sie wird umgestossen durch den Hinweis auf das Eingreifen des
Rats in zünftige Angelegenheiten 15 $5 (Akten II No. 7) und 1 548 (Akten I No. 12)
und in den oben (S. 50 Note 3) besprochenen Fällen.
Gegen die Art, wie Kruse (a. a. O. S. 175 fr. und die Verallgemeinerung S. 177)
die einzelnen Kompetenzen der Richerzeche in der Zeit bis 1570 gegenüber den
Zünften bestimmt, ist einzuwenden, dass er jedes einzelne Stück nur aus einer oder
zwei Urkunden, anstatt aus allen vorliegenden Ordnungen, ermittelt; so sind sie
alle anfechtbar. 1) Die Richerzeche habe das Recht, die Artikel einer Zunft zu
mehren und zu mindern. Es gehe hervor aus den Urkunden von 1527 und 1330.
Von mir wird das nicht völlig zugestanden, siehe oben S. 30 Note 3. 2) Sic habe
das Recht, besondere Deputirte über eine Fraternität zu setzen. Das sieht auch
Kruse nur in der einen Urkunde, von 1330. Doch seien solche Obermeister wohl
auch in anderen Zünften gewesen; es sei das zurückzuschliessen aus der Zeit na h
1370, wo der Rat, der damalige Rechtsnachfolger der Richerzeche, allen Amtern
Meister schicke. Die Herrschaft solcher Obermeister sei sehr drückend gewesen,
es sei das zurückzuschliessen aus der Urkunde von 1 378 (auch nur eine Urkunde
Qu. I 331). Der ganze Rückschluss ist nicht erlaubt. 3) Die Richerzeche habe ein
Strafrecht gegenüber den Gewandschneidern bei gewerblichen Vergehen gehabt
(wieder nur bewiesen aus einer Urkunde von 1525. Diese Behauptung kann von
mir überhaupt nicht nachgeprüft werden, weil die Urkunde noch ungedruckt ist).
Ganz falsch ist die Behauptung Kruses (a. a. O. S. 174, 162): »Lehnung der
Bruderschaft bedeutet Konstituirung eines Vereines von Handwerkern zur obliga-
torischen Genossenschaft sämmtlicher Handwerker derselben Branche«; »das Recht,
die Genossen einer gewerblichen Bruderschaft zu autorisieren, alle anderen Genossen
desselben Gewerbes zum Eintritt in dieselbe zu zwingen« ; »Der Zunftzwang ist das
wesentliche der ganzen Verleihung«. Wieder gewinnt Kruse seine Ansicht aus nur
drei Urkunden. Das irrtümliche der Behauptung ist oben in der Kritik Hegels
angegeben.
Stein in Westdeutsche Zeitschrift Jahrg. XII: Ganz gegen meine Dar-
legungen behauptet Stein (a. a. O. S. 192), die Zünfte litten in der Zeit vor 1370
sehr unter dem Druck der Richerzeche. So sehen sie gegen 1370 ihren Hauptfeiltd
in der Richerzeche und dem dieser aftiliirten Schöffenkolleg. Sie verlangen Juli 1370
wesentlich Beseitigung der ihnen drückenden Rechte der Richerzeche und Entfernung
der Schorlen aus dem Rat, erst in zweiter Linie Anteil am Stadt-Regiment. Gegen
den Rat als solchen hatten sie nichts, denn die verdienten Amtleute der Richerzeche
sassen zum grösseren Teil im Schöffenkolleg und nur zum kleineren im Rat.
Ich wende ein: 1) Stein übernimmt aus Kruses Aufsatz die Bestimmung der
Kompetenzen der Richerzeche (a. a. O. S 188 Note 139). Hatte Kruse Recht, so
wären diese für die Zünfte drückend. Nach den obigen Erörterungen ist die Kom-
petenzen-Begrenzung Kruses falsch. 2) Zwei der drückendsten und einschneidendsten
Massregeln gewerblicher Art gingen grade vom Rat aus (i}>5 Akten II No. 7,
1548 Akten I No. 12). 3) Steins positiver Beweis aus den Versen der Weberschlacht
(Chroniken deutscher Städte. Band XII S. 249 v. 232) ist untzustossen aus den
vorhergehenden Versen (v. 226 227). 4) Nach Steins Auffassung bleibt es unerklär-
lich, wie in den Kämpfen gegen die SchörTenpartei 139J, die nach ihm als Fort-
setzung der alten Kampfe von 1570 bezweckten, der Richerzeche und den Schöffen
- 37 -
5) Dortmund. 1
Der Dortmunder Rat hat nach 1250 seine gewerbepolizeilichen
Rechte teils als Erbe der Grafengewalt, teils als Rechtsnachfolger der
alten Gilde. 1
Wir unterscheiden in Dortmund zwei Klassen von Verbänden
Gewerbetreibender. An erster Stelle stehen die bevorrechteten sechs
Gilden der Gerber-Schuster, Bäcker, Fleischhauer, Schmiede, Butter-
leute und Krämer; unter ihnen mit geringerem Ansehen die in den
»Ämtern« organisierten Handwerker (Pelzer u. s. f.). Hine besondere
Stellung nimmt die »Gesellschaft der Gewandschneider« ein. 3
Die Geschichte dieser Verbände zerfällt für uns in zwei Ab-
schnitte, deren Wendepunkt in dem Aufstand der Handwerker gegen
die Geschlechter von 1399 liegt.
Vor 1400 haben die Handwerker geringe politische Rechte,
geringe gewerbliche Autonomie, aber den scharf durchgeführten
Zunftzwang.
Die sechs Gilden haben einen kleinen Anteil am aktiven Wahl-
recht zum Rat, in ihn gewählt werden, können ihre Mitglieder
überhaupt nicht; die Ämter haben nicht einmal diesen schwachen
Einfluss auf die Stadtregierung. 4
auch die Rechte zu nehmen, die ihnen damals geblieben waren, die Zünfte auf
Seiten der Schorlen partei standen. Stein will (a. a. O. S. 294) die Überlieferung
von der Stellung der Zünfte in diesen Kämpfen durch historische Kritik aus dem
Weg räumen, wie mir scheint, ohne Erfolg. 5) In der kurzen Episode Juli 1370
bis November 1571 müssten sich die Zünfte nach Stein auf einmal autonome Rechte
zugelegt haben. Er giebt nämlich an (a. a. O. S. 193, 292), 1372 habe der Rat
den Zünften die selbstständige Ausübung ihrer Korporationsrechte genommen. Weder
wissen die Quellen etwas von jener Umgestaltung des Gewerberechts nach der
Seite zünftiger Autonomie während jeuer kurzen Zeit, noch sind neue Zunftordnungen
aus dieser Zeit vorhanden. Es ist das letztere allerdings ein argumentum ex silentio.
Gegen Steins Ansicht, von der lästigen Abhängigkeit der Zünfte von der
Richerzeche in der Periode vor 1370 bleibe ich, mit Hegel, bei der Behauptung,
dass sie damals recht autonom gewesen sind.
Ennen, Geschichte I 543 und II 630 stellt über den Zunftzwang in Köln für
mich unverständliche Behauptungen auf. Ich kann überhaupt nicht in ihren Sihn
eindringen.
1 Litteratur: Rubel, Dortmunder Urkundenbuch ; Frensdorf!", Dortmunder
Statuten und Urteile 1882 ; Hegel, Städte u. Gilden der german. Völker II; Chroniken
deutscher Städte XX.
1 Siehe Frensdorf! a.a.O. Einleitung S. 54 u. 191: Bestätigungsrecht gewerb-
licher Beschlüsse, Anteil an den Bussen u. s. f.
5 Diese hält Frensdorff für den Rest der alten Grossgilde, Hegel a. a. O.
S. 366 bestreitet es.
* Hegel a. a. Ü. S. 365.
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- ,8 -
Die gewerbliche Autonomie ist gering. Die älteste Ordnung
der Butterleute von 1 346 hat den Rat zum Verfasser ; es wird diesen
Gewerbetreibenden verboten, von sich aus ein Mitglied ihres Ver-
bandes zu »verkeysen oder verloven« um ihrer Sachen willen , sie
haben vielmehr die Klage vor dem Rat zu verfolgen. Die Gilde hat
das abschliessende Recht auf den Kleinhandel mit Butter und Käse,
doch droht der Rat bei Auflehnungen gegen seine Befehle, sie in
diesem Vorrecht zu schädigen und jedermann das Recht zu dem
Handel zu gewähren. Auch die angesehenen Gewandschneider müssen
sich 1379 die Bestimmung über ihr wichtigstes Recht, über das
Monopol des Gewandschnittes, vom Rat erteilen lassen.'
Durch den Aufstand von 1399 erlangen die Handwerker auch
Sitz und Stimme im Rat und überhaupt grössere politische Rechte.
Auch ihre gewerbliche Autonomie erstarkt nach 1400 so sehr, dass
sie Klagen des Kölner Jirzbischofs hervorruft.' Sie ist festgestellt
in dem Sechsgildenrecht, welches von den Handwerkern selbst ver-
einbart ist.* Nach ihm hat das Gericht jeder einzelnen der sechs
Gilden und über diesen das Gericht der Gesamtkorporation der
Sechsgilden weitgehende Berechtigungen. Die in ihm zu erkennenden
Schranken der Gilden-Gerichte sind weitgesteckt. 4 Die Quellen lassen
nicht erkennen, wie es damit bei den »Ämtern« bestellt war.
Um 1450, der Zeit politischer Macht und gewerblicher Autonomie
der Dortmunder Zünfte, wird aber der Zunftzwang, den sie im
XIV. Jahrhundert schon scharf durchgeführt hatten, durchbrochen
und teilweise beseitigt.*
6) Lübeck. 6
Die lübischen Handwerker- Ämter waren während des ganzen
Mittelalters von jedem Anteil an der Stadtregierung ausgeschlossen.
Ihre Aufstände in den Jahren 1384 und 1408 hatten keine Ver-
fassungsänderung zu ihren Gunsten zur Folge.
* Rubel a. a. O. I So. 598 u. II So. 87, S. 104.
1 Frensdorff, Einleitung S. CXXXI.
> Frensdorff .1. a.D. Beilage XII. in Betracht kommen die 58—41, 61 u. 62.
* Hegel a. a. O. S. 568.
5 Chronik d. Städte Band XX, Bericht des Kcrkhörde zu 1450 S. 113 ff.,
Hegel a. a. O. S. $69.
* I.iiteratur: Wchrmanti, die alteren lübischen Zunf trollen 1864; Hegel, Städte
und Gilden Bd. II.
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Ihre gewerbliche Autonomie erscheint sehr gering, ^lle Be-
schlüsse der Amtsversamnilung bedurften der Genehmigung durch den
Rar. Gerichtsbarkeit in Gewerbesachen hatten die Ämter gar keine,
ihre Vorsteher waren blosse Rügeinstanz, während die Gerichtsbarkeit
selbst ausgeübt wurde durch zwei für jedes Amt jährlich ernannte
Ratsherren als »Weddeherren.«' Bei manchen Handwerken hatte der
Rat allein das Recht, die Krlaubnis zum Gewerbebetrieb zu erteilen
und im Falle des Ablebens des von ihm konzessionirten Handwerkers
seinen Platz wieder zu besetzen. Andere Ämter konnten die Aufnahme
eines neuen Mitglieds als eigene Sache ansehen, aber jede Neu-
aufnahme musste auch bei ihnen erst vom Rat genehmigt werden.
Der Rat gestattete vielfach fremden Zugezogenen ein Gewerbe zu
treiben, ohne dem Amte beizutreten, und so verhasst diese »Freimeister«
den Ämtern waren, so konnten sie doch nichts gegen sie ausrichten. 1
Der Zunftzwang begegnet uns in Lübeck gar erst im XVI. Jahr-
hundert. } Verordnungen gegen die »Bönhasen« führt Wehrmann
erst von 1569 an. Und wenn 1664 ein Vertrag zwischen den kauf-,
mannischen Kollegien und den Handwerker -Ämtern abgeschlossen
wurde, in welchem jene diesen versprachen, nicht bei den »Bönhasen«
arbeiten zu lassen, so zeigt das, dass selbst damals noch nicht das
Ausschliessungsrecht der Ämter rechtlich seinen schärfsten Ausdruck
gefunden hatte. 4
Die Zünfte Frankfurts waren während des ganzen Mittelalters
politisch machtlos, die Mitglieder der Handwerkerbank im Rat hatten
nur sehr geringen Einfluss auf die Stadtregierung. In gewerblicher
Beziehung waren sie bis gegen 1370 autonom, in gewissen Grenzen
besassen sie selbstständig das Recht der Gewerbe -Gesetzgebung,
-Polizei und -Gerichtsbarkeit. Von 1377 an waren sie in diesen
' Hegel a. a. ü. S. 452, 456 ff.
* Wehrmann a.a.O. S. 26: Erklärung von »Lehen« lür »Amt«, S.41IT. und
die Kap. 3, $, 6, 7 der Einleitung passim.
' Hegel a. a. O. S. 457: »Der Zunftzwang sei in dem Masse vorhanden, dass
eine feste Bestimmung der Anzahl der Amtsmitglieder durch den Rat erfolgt«. Das
ist nach den obigen Darlegungen nicht ganz richtig. Der Zunftzwang in Lübeck
unterscheidet sich von dem zu Nürnberg, auf welchen Hegels Charakteristik passen
würde (S. oben S. 27.)
4 Irrig ist die Behauptung Stiedas, Zur Entstehung des deutschen Zunft-
wesens 1876, S. 89, dass den Lübecker Amtern schon 1294 die Gewerbe-Gerichts-
barkeit verliehen worden sei.
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Stücken durchaus vom Rat bevormundet. Die gewerbliche Autonomie
der Frankfurter Zünfte war in ihrem Masse im einzelnen geringer
als die der Baseler und Strassburger (vor etwa 1370) Zünfte, etwa
gleich der der Kölner Handwerker- Verbände, viel grösser als die der
Nürnberger Gewerke und der Lübecker Ämter.
Den Zusammenhang zwischen politischer Macht und gewerblicher
Autonomie bei den Zünften der in den obigen Darlegungen besprochenen
Städte lässt die folgende Tabelle erkennen. Sie zeigt, dass ein der-
artiger Zusammenhang nicht besteht.
Es sind die Zünfte
Frankfurt a. M.
Strassburg
Nürnberg
Köln
Dortmund
politisch
gewerblich
politisch
gewerblich
politisch
gewerblich
politisch
gewetbli-'h
politisch
gewerblich
politisch
gewerblich
politisch
t machtlos
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j einflussreich
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' abhingi
j monomer
I herrschend
abhangig
w ihren d des ganzen Mittelalters machtlos
- » abhlngig
Den Weg von der geringeren zur grösseren gewerblichen
Autonomie legt unter den besprochenen Städten Dortmund, den
umgekehrten Frankfurt, Strassburg, Basel, Köln zurück, in immer
gleicher Bevormundung durch die städtische Obrigkeit beharren
Lübeck und Nürnberg. In Frankfurt wie in Köln ist die Bevormundung
durch den Rat durch Zunftunruhen herbeigeführt, in Strassburg durch
keine erkennbare ähnliche Veranlassung.
Die Entwicklung des Zunftzwangs läuft nicht parallel
der der Zunftautonomie. 1 Der Zunftzwang tritt vereinzelt schon im
XIV. Jahrhundert auf, seine eigentliche Ausbildung zu einer aus-
schliessendcn Bevorrechtigung der Zünfte fällt erst ins XV. Jahr-
hundert. Für eine geschichtliche Erklärung, wieso der Zunftzwang
bei einzelnen Gewerben einzelner Städte früher, bei anderen später
auftritt, ist man noch auf Vermutungen angewiesen. Man könnte
1 Kruse a. a. Ö. in der Savigny-Zeitschrift Band IX S. 175 stellt eine der-
artige Verbindung her: Die Zünfte im Besitze des vom Rat verliehenen Zunftzwangs
seien vom Rat abhängig, die Zünfte ohne diesen Zunftzwang seien unabhängig.
V
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- M —
daran denken, dass dieses Rechtsinstitut zuerst auftritt bei den im
Preiswerk arbeitenden Gewerben, bei den im Lohnwerk stehenden
noch fehlt. Ihre innere Begründung würde diese Annahme darin
finden, dass man in einer Zeit noch nicht weit gehender Arbeits-
verfeinerung den Haushaltungen der Bürger noch nicht vorschreiben
konnte, ihre Hülfskräfte nur einem bestimmten Verbände zu ent-
nehmen; das Monopol bei den Preiswcrkcrn könnte man eher als
einen Ausfluss des Marktrechts ansehen. Manche Belege für diese
Theorie sind aus unserem Material zu erbringen, andere aber wider-
sprechen ihr.
Schmoller spricht die Vermutung aus,' der Zunftzwang fehle,
wo das betreffende Gewerbe noch viel in der häuslichen Wirtschaft
nebenher betrieben wird, so mangele er den älteren Weberzünften.
Er sei vorhanden, wo das Gewerbe schon vollständig aus dem Hause
ausgeschieden ist. Aber diese Vermutung zerfällt vor der Thatsache,
dass nach den obigen Darlegungen der Zunftzwang vielfach fehlt,
wo an einen hauswirtschaftlichen Betrieb des Gewerbes der Natur
der Sache nach nicht zu denken ist.
Jedenfalls ist nach unseren Ergebnissen die Ansicht v. Below's
nicht aufrecht zu erhalten: 1 »Die Zunft ist ein Zwangsverband, dessen
Mitgliedschaft die Voraussetzung für die Ausübung eines bestimmten
Gewerbes innerhalb der Gemeinde bildet. Zu dem Zweck, die dem
zu begründenden Verbände nicht beitretenden Handwerker von der
Ausübung des betreffenden Gewerbes auszuschliessen, wird die Zunlt
konstituirt.« Stieda hat sich dahin ausgesprochen: 5 »Es kann fraglich
sein, ob der Zunftzwang im XIII. Jahrhundert schon überall existirt
hat. Wo wir in den Urkunden nichts vom Zunftzwang ausgesprochen
finden, dürfen wir behaupten, dass ein solcher auch nicht vorhanden
war.« Nach unseren Darlegungen darf sein Zweifel auch noch für
das XIV. Jahrhundert erledigt erscheinen. Unrichtig erscheint mir
eine neuerdings von Stieda gegebene Erklärung: 4 »Von vorneherein
ist auf den Zunftzwang Gewicht gelegt, d. h. auf die Bestimmung,
dass alle das gleiche Gewerbe Ausübenden sich der Korporation an-
schliessen müssen.«
Die Ursache für die mannigfache Abstufung in der Autonomie
und dem Zunftzwang bei den einzelnen Zünften glaube ich in der
1 Strassb. Tucherzunft S. 449.
s Entstehung der Stadtgemeinde, S. 71 u. Note 207.
p Zur Entstehung des deutschen Zunftwesens S. 8> u, 86.
♦ Handwörterbuch der Staatswissenschaüen VI 882.
- 42 -
Geschichte der Entstehung der verschiedenen Verbände sehen zu
sollen. Über die Entstehung der deutschen Zünfte sind neuerdings
zwei Annahmen ausgesprochen worden, von Stieda und von Nitzsch. 1
Stieda geht davon aus, dass in den Städten des früheren Mittelalters
auf städtischen Fronhöfen Handwerker-Verbände vorhanden waren,
organisirt und in der gleichen rechtlichen Stellung wie die hofrecht-
lichen Handwerker -Ämter auf dem Land. Ihre Geschichte erfuhr
eine Wendung, als um und nach 1200 eine Massen-Einwanderung
vom Land in die Städte erfolgte, und zwar sowohl von Hörigen, die
in der Stadt frei wurden, als auch von verarmten Freien. In der
gleichen Zeit blühte auf den städtischen Märkten der Handel stark
auf, er machte viele Gewerbebetriebe nötig und lohnend, und in
solchen suchte und fand die Mehrzahl der Einwanderer ihr Brot.
Diese neuen Handwerker boten aber dem Bischof u. s. f. die Möglich-
keit, billiger und besser zu seinem Bedarf an Gewerbeerzeugnissen
zu kommen als aus den Ämtern seines Fronhofes. So lockerte er
den letzteren die Bande des Hofrechts, er gewährte ihnen die gratia
emendi et vendendi, und als Reste der hofrechtlichen Abhängigkeit
behielt er sich nur noch gewisse von ihnen zu leistende Abgaben und
Dienste und das Recht vor, ihren Ämtern den Vorsteher setzen zu
dürfen. Andererseits sahen die neuen freien Handwerker, dass das
Publikum lieber kaufte bei den alten, organisirten Handwerkern,
deren Betriebe von Meistern kontrollirt wurden, und um ihnen gleich
und wirtschaftlich vorwärts zu kommen, schlössen auch sie sich zu
Verbänden, Innungen, zusammen. Wenn sie den Stadtherren um Be-
stätigung ihrer neuen Organisationen ersuchten, da gelang es diesem
leicht, das Recht an sich zu ziehen, auch ihnen den Meister setzen
bezw. den von ihnen gewählten Meister bestätigen zu dürfen. Es
gelang ihm ferner, auch ihnen in der Form von Steuern ähnliche
Abgaben aufzuerlegen, wie sie die alten Handwerker als Reste ehe-
maliger hofrechtlicher Abhängigkeit zahlten. Allmählich haben sich
dann ehemalige Ämter und freie Innungen einander angeglichen,
wobei in der Entwicklung bald die einen, bald die anderen führten. 1
Nach Stiedas Darlegungen nehme ich an, dass ein Bischof u. s. f.
in verschiedenem Masse den einzelnen Ämtern je nach der wirtschaft-
lichen Lage der jeweilig entsprechenden freien Handwerker das Hof-
recht milderte, und dass er je nach ihrer Zahl und Stärke, auch nach
1 Zur Entstehung des d. Zunttwesens 1876, Nitzsch in Monatsberichte der
Berliner Akademie 1879. S. 4—44-
» Stieda a. a. O. S. 50-52 u. S. 58-88.
- 43 -
persönlichen Hinflüssen den neuen Handwerkern mehr oder minder
autonome Rechte bewilligte oder verwehrte. Die Verschiedenheit
bei der Entstehung tritt noch in der Geschichte der Zünfte im XIV.
und XV. Jahrhundert in der Verschiedenheit ihrer Autonomie zu Tage.
Nitzsch hat zwischen »Bruderschaften« und »Ämtern« unter-
schieden. 1 »Bruderschaft« ist eine Verbindung von Handwerkern
zunächst nur für religiöse Zwecke, die erst später auch die gewerb-
lichen Angelegenheiten in den Kreis ihrer Beratungen zieht, und
zwar sind ihre Beschlüsse nach dieser Richtung hin ganz autonom.
Dieser autonomen Gesetzgebung fehlt aber gegenüber den Brüdern
selbst und gegenüber den Handwerkern des gleichen Gewerbes ausser-
halb der Bruderschaft jede Zwangsgewalt. Diese erlangt die Bruder-
schaft durch ihre Anerkennung seitens der Stadtobrigkeit. Dafür
büsst sie auch ihre absolute Autonomie ein; die Behörde, die ihr
den Zwang verleiht, die sie zum »Amt« macht, beansprucht eine
Kontrolle ihrer Beschlüsse. »Amt« ist von Hause aus eine Organi-
sation des Hofrechts, mit fester Polizei im Inneren, und von vorne
herein mit ausschliessenden Rechten nach Aussen. Recht ist in ihr
das Gesetz des Herren. Indessen mit und vor der Lösung des hof-
rechtlichen Bandes bildet sich im Amt vielfach eine zunächst nur
religiösen Zwecken gewidmete Bruderschaft, die aber bald mit der
herrschaftlichen Gewerbe-Polizei in deren Kompetenzen konkurrirt.
Als das Hofrecht verschwand, bewahrte die erstarkte »Bruderschaft
innerhalb des Amtes« das kostbare Erbe des alten Amtes, die Organi-
sation und Polizei im Inneren und den Zwang nach Aussen. Die
Reste von herrschaftlicher Gewerbepolizei, welche die »Bruderschaft
innerhalb des Amtes« noch nicht an sich gerissen hatte, gingen auf
den Rat über.
In manchen Städten werden die Handwerker organisirt in An-
lehnung an das Vorbild der bruderschaftlich autonom gewachsenen
Verbände (die »Bruderschaften« Kölns 1 ), in anderen, wo an eine
wirkliche hofrechtliche Herkunft nicht zu denken ist, nach dem Muster
der alten Ämter.
Jene Verbände zeigen sich also anfänglich als autonom, aber
ohne jede Zwangsgewalt, späterhin als weniger autonom, aber im
Besitze eines — schwankenden — Zwangsrechts; diese sind anfänglich
ohne Autonomie, aber im Besitze scharf abgegrenzter Zwangsrechte,
die ihnen auch später verbleiben, wo ihre Autonomie wächst.
1 Über die »Innungen«, die dem Norden angehören, ist hier nicht zu sprechen.
* Über diese bemerke ich bei Nitzsch eine Unklarheit. A. a. O. S. 1} will
er in ihnen ehemalige »Bruderschaften« sehen, S. 14 »Amter«.
Die Darlegungen Nitzsch's ergeben verschiedenen Ursprung von
Bruderschaft und Amt. Auch das, was sie ausgleicht, die Verleihung
des Zwangs an die eine bezw. das autonome Element in dem anderen,
kann die Verschiedenheit im Ursprung nicht ganz verwischen. Das
Ziel des bruderschaftlich autonom gewachsenen Verbandes war die
Zwangsgewalt. Aber diesem Ziel hat sich jede einzelne Bruderschaft
je nach ihrer Bedeutung, Stellung, Mitgliederzahl u. s. f. in ganz ver-
schiedenem Grade genähert. Die Anerkennung giebt jedem derartigen
Verband nur das Mass von Zwangsgewalt, das er in jenem Augen-
blick wirklich brauchte und erstrebte; es ist also nur ein mehr oder
minder vollkommenes Zwangsrecht. Als Gegenleistung fordert der
Rat von den um Bestätigung nachsuchenden Brüdern das Recht der
Kontrolle, deren Umfang auch wieder im einzelnen verschieden be-
stimmt wird. Die im Hofrecht entstandenen Ämter bezw. die ihnen
nachgebildeten Verbände haben dagegen ein scharf ausgebildetes,
exaktes, einheitliches Zwangsrecht.
Diese aus dem Ursprung stammenden Unterschiede haben sich
sicherlich zwischen den verschiedenartigen Verbänden einer und der-
selben Stadt oder denen verschiedener Städte nach einer Mittellinie
ausgeglichen, die hier näher nach der einen, dort nach der anderen
Seite lag. Immerhin darf angenommen werden, dass die mannigfache
Abstufung von Zunftautonomie und Zunftzwang im XIV. und XV. Jahr-
hundert noch auf jene Unterschiede zurückgeht. Dabei erklärt Nitzsch's
Annahme mehr wie die Stiedas auch die Verschiedenheiten in der
Ausbildung des Zunftzwangs.'
s. Sozialer Aufbau und Arbeitsteilung im Textilgewerbe
Frankfurts.
Wir haben uns in diesem Kapitel eine Anzahl von einzelnen
fragen vorzulegen.
Ist Frankfurt im Mittelalter ein Markt für den Grosshandel mit
fremden, eingeführten Tuchen, und wer sind in diesem die Verkäufer
und die Käufer? Von wem wird das in Frankfurt verbleibende fremde
Tuch an die Haushaltungen der Bürger im einzelnen ausgeschnitten?
Ist dieser Gewandschnitt, der im Norden und Osten Deutschlands
1 Ich weise zur Begründung noch darauf hin, dass noch 137$ der Kölner
Krzbischof daran erinnert, dass einige Amter »ihre Konhrmazien von ihm hätten«
(Qu. V S. in), und dass noch 1 577 die Ordnung der Schuster Strassburgs (Brucker
a. a. O. S. 451) der Rechte des bischöflichen Burggrafen bei diesem einen Amte
gedenkt. Also noch damals ausdrückliche Betonung der Verschiedenheit des Ursprungs.
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— 4) —
vielfach Sache der angesehensten städtischen Bevölkerungsklasse ist,
aut einzelne Bürger moriopolisirt? Ist eine zünftige oder gildeartige
Organisation der Gewandschneider Frankfurts zu erkennen?
Für das eigentliche textile H a n d w e rk s leben Frankfurts sind
die Fragen andere.
Noch heute wird vor unseren Augen die Thätigkeit für die
Herstellung mancher Bekleidungsstücke aus einer Sache der Haus-
wirtschaft zu der einer gewerblichen Werkstatt. Noch hört man in
vielen Haushaltungen das Klappern der Stricknadeln, mit welchen
Matronen und Dienstboten die eingekaufte Strickwolle zu Strümpfen
verarbeiten, während doch mehr und mehr, auf dem Lande weniger
als in der Stadt, in den einzelnen Landschaften Deutschlands ver-
schieden, die Haushaltungen ihren Bedarf an Strümpfen bei dem ge-
werblichen Strumpfwirker einkaufen. Der Bau von Strickmaschinen
hat erst in den letzten Jahrzehnten begonnen. Die Anfertigung von
Frauenkleidern wird in ärmeren und mittleren Familien noch vielfach
durch die Hausfrau und ihre Töchter vorgenommen; daneben wird
wohl eine berufsmässige Schneiderin ins Haus genommen, oder es
wird einer solchen Tuch und Zuthat in ihr Haus gegeben. Mehr
und mehr vollzieht sich auch hier die Wandlung, dass die Kleider
in einem Magazin gekauft werden, welches seinerseits Handwerker,
die in allen möglichen rechtlichen Beziehungen zum Unternehmer
stehen, für sich arbeiten lässt. Das Zwischen- und Unterarbeiterwesen
im Konfektionsgewerbe Berlins ruft neuerdings die öffentliche Auf-
merksamkeit wach.
Die Umbildung der Weberei aus einem hauswirtschaftlichen
Geschäfte in einen berufsmässigen Gewerbebetrieb gehört für West-
und Süddeutschland der Zeit gegen 1200 für die Wollweberei, für
die Leineweberei einer um 50—100 Jahre späteren Zeit an. Aber
diese Umbildung vollzog sich nur schrittweise, immer nur einzelne
Verrichtungen gab die Haushaltung ab, das Schlagen der Wolle,
das Walken und Färben der Tuche u. s. f. früher als das eigent-
liche Weben. Die geschichtliche Entwicklung dieser Umbildung
hat im XIV. Jahrhundert die soziale Struktur der Weber-Handwerke
bestimmt.
Welche textilen Zünfte begegnen uns in Frankfurt als gesonderte
Gewerbe und wann treffen wir sie? Sind ihre Mitglieder Lohn werker
oder Preiswerker? Wie ist das gewerbliche System der einzelnen
Zunft in sich aufgebaut (Unternehmer, selbstständige Hülfsarbciter,
Knechte)? Soweit Material vorliegt, ist die wirtschaftliche Geschichte
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der Blüte und des Niedergangs der textilen Gewerbe Frankfurts kurz
anzugeben. 1
Um das für Frankfurt eigentumliche in der gewerblichen und
sozialen Struktur seiner textilen Zünfte zu erkennen, ist schliesslich
das entsprechende Bild aus dem wirtschaftlichen Leben einiger mit
Frankfurt entwicklungsverwandter Städte heranzuziehen. Wir wählen
zu Zwecken der Vergleichung Basel, Strassburg, Speyer und Köln.
I. Frankfurt war besonders während der Zeit der Messen ein
bedeutender Markt für fremde Tuche. Kölner Kaufleute erschienen
mit flandrischem und mit Kölner Gewand zu den Messen in Frank-
furt, sie hatten dort zwei Häuser zur Tuchniederlage.' Wir hören
ferner von grossen Tucheinkäufen, welche die Baseler Gewandschneider
auf den Frankfurter Messen vollzogen. 1 Unser Material erlaubt uns
nicht, die verschiedenen Fäden, welche auf dem Frankfurter Tuch-
markt zusammenliefen, auseinander zu ziehen. 4
1 Die zur Beantwortung dieser Fragen benutzten Urkunden
sind, soweit sie in der Urkunden-Abteilung dieser Schrift abge-
druckt sind, an der jeweiligen Stelle nicht zitirt. Sie lassen sich
leicht nach der Einleitung zur U r k u nd en- A bt ei 1 u ng auffinden.
1 Die zwei Herbergen »Brüssel* und »Frankenstein«, zwei neben einander
liegende Hauser neben der alten kaiserlichen Sala. Eimen. Gesch. II S. 616 und
Battonn IV 7$, 77; siehe weiter unten.
1 Siehe weiter unten in der Darstellung der Baseler Verhältnisse.
» In der Nahe des »Salhofes« vollzog sich der Handel der fremden Tuch-
verkäufer. Die Strasse am Salhof hiess gradezu die »Tüchergasseo (Battonn IV,
80 n. 84). Zwischen dem Salhof und dem Main lag das Haus »Brabant« (schon
1358 führt das Haus diesen Namen, a. a. O. S. 114, 1584 "die halle zu Brabant«,
1403 heisscn zwei Häuser »Brabant«, a. a. O. No. 1 2 j), 1450 liegt diesem Haus
gegenüber noch eine »Tuchballen (a. a. O. S. 112 und Note 117). Die Namen
weisen auf die Herkunft der fremden Tuche hin. Im Gegensatz zu Köln ist dieser
Passiv-Handel in Frankfurt "n i c h t in ein Kaufhaus gewiesen. — Ich notire aus
den »Inventaren des Frankfurter Stadtarchivs«! noch folgende Angaben :
Zum Verkauf erscheinen auf den Frankfurter Messen Tuche aus Hessen,
besonders aus Friedberg (1405 Inv. I 51, 1402—1461 Inv. II 180, 231), aus König-
stein i. T. (ca. 1360, Inv. II 143), Kreuznach (1 397 Inv. IV 88), Köln (1478 Inv. HI
157), Aachen (1449 Inv. I. 195), Mccheln (1448 Inv. I 191), Brabant 11411, 1417
Inv. I 70 u. 92), Löwen und Brüssel (1411 Inv. I 70), selbst aus Prag (136t Inv.
III 45), doch dürfte das letztere nur spärlich geschehen sein Messbesucher aus
den flandrischen Städten werden in den Inventaren vielfach schon in der zweiten
— 47 —
Welche Ausdehnung um 1400 dieser Tuchhandel gehabt hat,
beweist das eine Datum, dass sich 1406 nicht weniger als 169 Personen,
74 Frankfurter und 95 Fremde, für ihn als Unterkäufer vom Rat
einsetzen Hessen.'
Erst zu 1503 finde ich eine sehr ausführliche Ordnung für die
Unterkäufer bei diesem Handel, die »Tuchstreicher« a Die Fremden
sollen offenbar nur im Grossen verkaufen, es wird den Streichern
verboten, Abschlüsse unter Vi Tuch zu vermitteln. Allerdings finden
wir auch die Teilung, dass die Tuchstreicher bloss die amtlichen
Messer der fremden Tuche sind, den Unterkauf aber andere Personen
besorgen. Die Tuchstreicher sind als eine »Gesellschaft« organisirt.
Es darf niemand Tuch streichen, der nicht vom Rat »in das Amt
aufgenommen ist«, ihrer Gesellschaft angehört. Sehen sie jemand
Tuch messen, der nicht vom Rat die Erlaubnis hat, so melden sie es
den Bürgermeistern. Aufnahmebedingungen sind Besitz des Bürger-
rechts, Zahlung eines Gulden an den Rat und eines an die Gesell-
schaft, Ablegung des Eides »alle Tuche recht zu streichen, jedermann
die rechte Länge zu sagen, Recht zu thun Käufern und Verkäufern«.
Zur Unterweisung des Neuaufgenommenen im Streichen bestimmt
die Gesellschaft zwei ihrer älteren Mitglieder.
Die Thätigkeit der Tuchstreicher erstreckt sich nur auf die Zeit
der Messen. Zu Beginn jeder Messe hat jeder Streicher auf der
städtischen Rechnerei ein Zeichen in Empfang zu nehmen, welches
er in Ausübung seiner Thätigkeit tragen muss, und welches er nach
Ablauf der Messe wieder abgeben muss. Während der Dauer der
Messe haben sich sämmtliche Streicher morgens um 6 Uhr an einer
Stelle (m der Nähe des Salhofes, bei welchem die fremden Tuch-
niederlagen waren) einzufinden; dort wird jeden Tag von den Vor-
ständen der Gesellschaft das Messinstrument nachgeprüft. Wer um
diese Zeit nicht da ist, darf den ganzen Tag nicht arbeiten. An dem-
selben Platz, »bei den Kloben«, haben sie sich den Tag über auf-
zuhalten, dort lässt sie der Verkäufer rufen. »Welcher Streicher zu-
Halfte des XIV. Jahrhunders erwähnt, ohne dass dort bezeichnet wird, Welche
Waaren sie nach Frankfurt brachten. Vermutlich ist dabei an Tuche zu denken.
Als Käufer von eingeführten Tuchen erscheinen nach den Inventaren i t ■
Frankfurt Bürger von Strassburg (1419 luv. I 98), von Basel, einmal einer von
Laibach ( 1478 Inv. III 157). Umgekehrt hören wir auch von Frankfurter Burgern,
die nach Köln /um Tucheinkauf reisen (145O Inv. II 238).
1 Bücher S. 254; zu gleicher Zeit gab es für den Handel mit Spezerei 12,
mit Fellen 9 Unterkäufer.
* III. Handw.-Buch, Fol. 275 a.
erst in eine Halle kömmt und ein Tuch streicht, welcher Streicher
danach käme, der soll das nächste Tuch, das zu streichen wäre,
streichen, und so für und für nach Ordnung, dass keiner dem anderen
Eintrag thuc, und dass dem Kaufmann desto förderlicher verholfen
werde. Wenn ein Gewender mit dem Streicher nicht zufrieden ist,
so mag er sich einen anderen rufen. Wenn ein Streicher trunken
ist, so darf er den ganzen Tag nicht mehr streichen.« Die vom Rat
festgesetzten Löhne für das Streichen der einzelnen Tuchsorten sind
nicht hoch.
Der Handel der Fremden war sehr ausgedehnt. Eine Veränderung
zeigt sich gegen 1500 nur darin, dass an die Stelle der bis dahin
gangbaren niederländischen Tuche englische Waare mehr und mehr
tritt. Das Handelsrecht, welches z. B. die Kölner Verwaltung so
reich ausgebildet hat, für den Handelsverkehr zwischen Fremden und
Fremden, zwischen Fremden und Haushaltungen u. s. f., rinde ich in
meinen Quellen wenig kodifizirt.'
An der Stätte dieses Handels mit fremden Tuchen finde ich eine
Gewandschneiderzunft zuerst 1377.*
1 Uber die Einschränkungen des Handels zwischen Fremden und Fremden
.ml' den städtischen Markten siehe die Darstellung bei Stieda, zur Entstehung des
Zunftwesens S. 68—70.
* Schmoller, Tuchcrzunft S. 590 behauptet, dass in Südwest- Deutschland
Gewandschneider-Korporationen, die im Norden und Osten von so grosser Bedeutung
sind, fehlen. Er rindet den Grund darin, »dass in dieser Gegend älterer Kultur
weniger Bedürfnis für ein genossenschaftliches Zusamnienschliessen der Gewand-
schneider vorhanden war, und dass dem alten Patriziat gegenüber der Egoismus der
Gewandschneider nicht zum Siege kam.« Zunächst ist der Satz, »dass im Südwesten
im XIV. Jahrh. nirgends Gewandschneider-Gilden mit Vorrechten zu finden seien«
(a. a. O. S. 591), anzugreifen: 1) von der Geschichte Basels (siehe weiter unten),
2) von der Frankfurts. Ich möchte viel eher das lokale Bestehen bezw. Fehlen von
Gcwandschneider-Verbänden in Zusammenhang bringen mit dem Bestehen und Fehlen
eines Handels fremder Tuchhandlcr in einer Stadt. Ein solcher Tuchmarkt scheint
in Strassburg zu fehlen, wenigstens in grösserem Umfang, wenn die Baseler in
Frankfurt einkaufen statt in dem ihnen viel naher gelegenen Strassburg, er fehlt
sicher in Speyer. Dort fehlen auch die Korporationen. Frankfurt und Basel mit
ihrem grossen Tuchmarkt haben Gewandschneider-Zünfte.
Auffällig ist es, dass in unseren Statuten der Gewandschneider trotz ihrer
festen Organisation für ihre Genossenseluft jeder Titel, wie Handwerk, Zunft, Gilde
fehlt. Sie werden genannt »die gewantsnydere«, »die g. unter den gadenu. »Die
Gaden« ist gradezu der Namen für ihre Zunft. Man vergleiche die Gegenüberstellung :
dit sint die gesetze des wollenhantwcrks — die gesetze der gewantsnyder, die
penen fallen halb dem wollenhantwerk in gemeinschaft — den gewantsnydern in
gem. nutz, wer verzogen ist von tft. und will das hantwerk wieder treiben - ■ und
will wieder gewant snyden. wer in des hantwerks orten den andern beleidigt —
wer in der gewantsnyder orten . . u. mehr.
— 49 —
Woher rekrutieren sich diese Gewandschneider? Sind sie in
irgend einem handwerklichen Betrieb selbst thätig oder sind sie
ausschliesslich Kaufleute?
Von 1290 ist uns eine Urkunde erhalten, in welcher der folgende
Mietsvertrag bekundet wird.' Volkwin von Wetzlar vermietet in
seinem Haus die apothecae quae vulgariter gadame nuncupantur an
21 Mieter. Von diesen Mietern werden kenntlich gemacht einer als
Münzer (Conrad monetarius), einer als Krämer (Henricus institor),
einer als Schneider (magister Eppelin sartor), einer als Weinküfer
(Ulricus weinschrodern). Der Mietvertrag schreibt vor, dass die
Mieter nur in diesen Läden ihre Tuche verkaufen dürfen, die gleiche
Vorschrift gilt für den Vermieter. 1305* verkauft Volkwin sein
Haus mit Ausnahme der Gaden. Über sie habe der Käufer nichts
zu disponieren. Einen einzigen Eckladen, welchen Walter dictus
Seddelere gemietet hat, möge der neue Hauseigentümer als Durch-
gang während der Messe benutzen ; dann müsse er aber so lang dem
Mieter einen anderen Laden zur Niederlage seiner Tuche im Nachbar-
haus abtreten. 1294' beurkundet Hermannus de veteri moneta, dass
er dem Kloster der Reuerinnen aus Anlass der Aufnahme seiner
Tochter einen Teil des ihm zustehenden Jahreszinses von zwei Gaden,
vermietet an Thilmann von Köln und Eberwin quondam pannifex,
schenke. 1 301 4 beurkundet er dieselbe Schenkung von neuem und
spricht dabei von den zwei apothecae Th. de Colonia et Eberwini
dicti duchmechers, in quibus pannos suos vendere consueverunt.
Die Frage bleibt offen, ob der Letztgenannte Gewandschneider und
Weber, oder ob er früher Weber, jetzt aber nur Gewandschneider war.
Der Ausdruck quondam pannifex legt die letzte Annahme nahe.
1300 sehen wir also 24 zu Gaden stehende Tuchhändler, 1334 ist
ihre Zahl so gestiegen, dass neue Gaden für sie eingerichtet werden. $ . 6
1 Cod. 247.
* Cod. 352.
I Cod. 288.
4 Cod. 342.
J Cod. 530
6 Es kann hier nicht vorübergegangen werden an der auch für mittelalter-
liche gewerbestatistischc Untersuchungen wichtigen Frage, bis zu welcher Zeit be-
deuten gewerbliche Bezeichnungen, wie pistor, carnifex, pannifex, textor, duch-
mecher u. ä., dem Vornamen ohne weiteres, ohne »dictus«, »genannt«, hinzugefügt,
dass die Träger der betr. Eigennamen wirklich jene Gewerbe betreiben, bezw. von
wann an sollen solche Bezeichnungen als blosse Familien-Namen aufgefasst werden,
wie etwa unsere heutigen Namen Müller. Becker, Metzger, Tucher u. ä. Es stehen
sich gegenüber die Ansichten von Fichard (F.ntstehung der freien Reichsstadt Frank-
4
- 5 o -
Während diese Zeit also eine nicht kleine Zahl von Gewand-
schneidern kennt, wird uns ausdrücklich gemeldet, dass sie vor 1355
keine Organisation als Zunft hatten. Damals waren sie mit der For-
derung aufgetreten, ihnen das Monopol des Tuchschnittes festzulegen,
waren auf den Widerstand des Rates gestossen und hatten sich dann
erst zünftig organisirt. Das II. Handwerkerbuch von 1377 bringt die
Statuten dieser jüngsten Zunft an erster Stelle.
Die Gadenleute haben alle an einer Stelle in der Stadt ihre
Verkaufsplätze. Sie sind ausschliesslich Kaufleute. »Wenn ein Kunde
fragt, wo ist das Tuch gemacht, so sollen sie die Wahrheit sagen,
so gut als sie es selbst wissen.o 1 Über alle Tuche, die in den Gaden
zum Ausschnitt kommen, übt der Rat eine Aufsicht aus.
Sie haben ihre Forderung von 1355 durchgesetzt. Es soll niemand
Gewand schneiden und mit der Elle verkaufen, er sei denn Bürger
und »stehe unter den Gaden«, d. h. er gehöre ihrer Zunft an. Wer
immer in Frankfurt das übertritt, wird von ihnen in eine hohe Geld-
strafe genommen.
So exklusiv die Gewandschneider nach aussen sind, so suchen
sie innerhalb ihrer Genossenschaft den Gewinn möglichst gleichmässig
auf alle zu verteilen. Dahin zielen eine Reihe von Bestimmungen.
Frankfurt a. M., S. 116) und Kriegk (Geschichte S. 127), auf der anderen Seite die von
Kirchner (Geschichte 1, 184) und Bücher (a. a. O. S. 74). Fichard lässt schon die
in Urkunden von 1219, 1222. 1225 u. s. f. als Schöffen auftretenden W. pistor,
Ulr. carnifex u. s. f. nicht mehr als wirkliche Metzger und Bäcker gelten. Bücher
hinwieder nimmt die Zünfte von 1587 gar nicht als rein gewerbliche Verbände,
u. a. aus dem Grund, weil sie auch Mitglieder haben, welche ihr Beiname charak-
terisiere »als einen dem Hauptgewerbe ihrer Zunftgenossen fremden Beruf inne
habend.« Ich möchte gegen die letztere Annahme, nach der noch 1387 eine solche
Benennung als Berufs- Bezeichnung anzusehen ist, einige Belege anführen. 1) Im
1. Handw.-Buch von 1355 Artikel der Steinmetzen tritt ein »Hannemann Gertcner«
auf, der sicher Steinmetz ist. (Cod. 647). 2) Eidbuch Fol. 22 a zu 1410 Gerlach
Kurscner als Rechenmeister des Rats. 3) Für Köln stellt Hegel, Chroniken Bd. XIV,
S. XXV fest, dass dort Familiennamen seit 1 1 50 vorkommen und Ennen, Gesch. I,
S. 549 führt für das XIII. u. XIV. eine grosse Zahl gewerblicher Bezeichnungen
als Familiennamen auf. Unter den patrizischen Gadenbrüdern Kölns finde ich 1247
(Qjj. I, 336) Henricus molendinarius. — Andererseits werden in den Artikeln der
Frankf. Bender von 135$ (Cod. "648) die betr. Gewerbetreibenden bezeichnet als
Rudolf bender, Michel bender u. s. f. Ich muss die Frage in der Schwebe lassen,
aber mindestens darf davor gewarnt werden, aus solchen Namen sicher das Gewerbe
des Trägers erkennen zu wollen. Man vergleiche auch oben Ebcrwin quondam
pauifex, und danach E. dictus duchmecher. Siehe übrigens zu dieser Frage
Boos in der Einleitung zum Urkundcnbuch der Stadt Worms.
• II. Handw.-Buch Fol. 3 a.
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— 5i —
Die Gaden dürfen nicht vor einer bestimmten Stunde (bevor man die
prime, die erste Messe läutet) geöffnet werden, sie müssen alle gleich-
zeitig am Samstag zur Vesperzeit geschlossen werden. Wenn der Mann
im Gaden anwesend ist, darf die Frau nicht beim Messen des Gewandes
helfen. Wenn ein Kunde bei einem Gewandschneider eine Farbe
sucht, und der Zunftgenosse wirft schnell die gesuchte Farbe aus
seinen Waaren auf seinen Ladentisch, um den Käufer anzulocken, so
verfällt er in Strafe. Wenn andererseits der Kunde mit dem einen
nicht handelseinig wird und zu dem anderen geht, so darf ihn der
erste nicht zurückrufen. Es darf kein Gewandschneider einem Schneider
Geschenke machen, dass er ihm die Käufer zuführe.
Unter den Gewandschneidern sehen wir keine Spezialisierungen
und keine sozialen Abstufungen. Bezeichnend ist es, wenn bei ihnen
vorgeschrieben wird, dass alle, die zu Gaden stehen, vollen »Har-
nesch«, die ganze Ausrüstung haben müssen, während es bei allen
anderen Handwerken heisst : wer 30 Gulden besitzt, soll ganzen
Harnesch haben, die anderen nach margzal und Verhältnis.
Die Zunft der Gewandschneider ist im II. Handwerkerbuch von
1377 zuerst aufgetreten, sie tritt in ihm auch zuletzt auf. Schon im
Bürgerverzeichnis von 1387, welches die einzelnen Zünfte aufführt,
fehlen die Gewandschneider, und auch weiter wird ihre Genossen-
schaft nie mehr genannt. Zu 1435 werden alle Zünfte aufgeführt,
welche Trinkstuben haben dürfen, da fehlen wieder die Gewand-
schneider. ' Kein äusserlich ist auf eines aufmerksam zu machen.
Das II. Handwerkerbuch ist gleichzeitig um 1377 geschrieben; zwischen
den einzelnen Paragraphen liess der Schreiber Raum für spätere Ein-
träge. Dieser Zwischenraum ist denn auch bei allen Handwerken
während des nächsten Jahrhunderts zu Nachträgen stark benutzt
worden. Bei den Statuten der Gewandschneider ist der Zwischenraum
blank geblieben, dort sind keinerlei Zusätze zu dem 1377 Geschriebenen
zu sehen.
Was aber die Auflösung dieser Zunft herbeigeführt hat, ist nicht
zu erkennen. Möglicherweise hat die erstarkte Katsgewalt ihnen das
Monopol, das sie ihnen- nur widerwillig, unter dem Druck kaiserlicher
Befehle, gewährt hatte, wieder entzogen. Der Gewandschnitt ist im
XV. Jahrb. in Frankfurt frei, hauptsächlich scheint er von Schneidern
betrieben worden zu sein, nur den Juden ist er untersagt. Daneben
' Siehe oben S. 12 Note t.
4-
- 52 -
hören wir noch von besonderen »Duchgewendern« als Gewand-
ausschneidern. '
II. Frankfurt war auch ein Markt für fremde, eingeführte Lein-
wand, Leinengarn, Flachs und Hanf. Ein der Gewandschneiderzunft
entsprechendes Zwischenglied zwischen fremden Verkäufern und
heimischen Konsumenten, wie es uns in der Baseler Krämerzunft und
in den Kölner Leinwandmengern begegnet, fehlt wie in Strassburg
und Speyer auch in Frankfurt.*
Seit 1399 ist der Verkaufs-Handel fremder Importeure von
Leinwand und Rohstoff ins Leinwandhaus konzentrirt. 1 Ausserhalb
der Messen dürfen sie nur dort feil halten, während der Messen auch
sonst in der Stadt. Im Leinwandhaus muss von jedem abgeschlossenen
Geschäft, Haus- und Mess-, bezw. Wäge-Geld bezahlt werden. Als
Käufer treten auf Bürger, besonders für den Rohstoff-Einkauf Leinen-
weber, und Fremde. Was während der Messen ausserhalb des Hauses
verkauft wird, muss doch im Hause gemessen, bezw. gewogen werden
' Bücher S. 81 u. 90 n. will nicht annehmen, dass sich die Gewandschneider-
Zunft aufgelöst habe, dass die Gewandschneider »in die Gemeinde« zurückgekehrt
seien. Er selbst stellt (S. 249) zu 1438 fest, dass damals nur noch 13 Gaden be.
nutzbar waren; davon waren zwei in einer Hand, und von diesen 12 Gadcnleuten
waren zwei Mitglieder der Schneiderzunft. Ein Gewandschneider von Beruf wird
noch 1479 erwähnt (Inventare II, 261). a) Im III. Haudw.-Buch, Artikel der Schneider
Fol. 166a heisst es: Wenn ein Schneider in seinem Haus Gewand feil hat und es
kömmt ein Kunde zu ihm und will Tuch für Kleider kaufen, will er diesem sein
eigenes Tuch anschneiden, so soll er ihm zuvorsagen, dass das Tuch ihm, dem
Schneider zustehe. Will dann der Kunde das Tuch nicht, so soll er mit ihm zum
Tuchkauf gehen, wohin der Kunde will. Es soll aber kein Schneider einem Frem-
den, der nicht Bürger ist, Tuch mit der Elle ausschneiden, b) A. a. O. Fol. 139a
heisst es : Dem Rat ist es vorgekommen, dass einige Duchgewender den Schneidern,
die bei ihnen einkaufen, von jeglicher gekaufter Elle Tuch Geschenke machten.
Dadurch entstehe der Verdacht, dass der Käufer (Kunde des Schneiders) beschwert
werde. Der Gewcnder soll nichts schenken, der Schneider nichts annehmen. Kauft
ein Schneider für einen Fremden bei einem Gewender einige Ellen Tuch, die er
jenem verarbeiten soll, so darf er gar kein Geschenk annehmen. Will aber der
Fremde das ihm von dem Schneider gekaufte Tuch ausserhalb Frankfurts verar-
beiten lassen, so darf der Schneider von dem Fremden ein Geschenk fordern. Diese
beiden Bestimmungen sind etwa 1450 erlassen. 1485 u. 1490 wird den Juden der
Ausschnitt von Tuch verboten. Penen von den L'ebertretem soll das Schneider-
handwerk rügen und einfordern.
1 Siehe weiter unten in den Darstellungen der Verhältnisse dieser Städte.
3 Uebcr das Leinwandhaus Battonn IV 3 und Kote 4. Ein Teil hiess auch
»Garnhaus«. Ein Abgabentarif von 1439: Ein Hundert Leinwand zu messen 18
heller, halb der Verkäufer und halb der Käufer, ein Zentner Garn 6 heller der
Verkäufer und 4 heller der Käufer.
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- 53 -
und die entsprechenden Abgaben zahlen. Haus- und Messgeld zahlt
halb der Verkäufer und halb der Käufer. Es ist für heimische und
fremde Käufer gleich hoch. Als Personal stellt die Stadt in ihrem
Leinwandhaus an: i) einen Hausmeister, der für das dort lagernde
Gut der Fremden und für die Kasse des Haus- und Messgeldes ver-
antwortlich ist, 2) mehrere Leinwandmesser. Verkaufte Waare muss
durch sie gemessen oder gewogen werden, sie lassen sie nicht eher
zum Haus hinaus, bis 3) der Schreiber die Länge der Leinwand und
das Gewicht des Garns nach ihren Angaben notirt hat.
III. Das Heraustreten einer berufsmässigen Weberei in Frankfurt
sehen wir nicht so früh wie in Basel (etwa 1260), Speyer (ausführ-
liche Weber-Ordnung von 1298), Köln (vor 1230). Das Frankfurter
Stadtrecht von 1297' enthält gewerbepolizeiliche Bestimmungen über
Metzgerei, Brot-, Wein- und Ülverkauf, nichts aber über Weberei.
12 1 5 begegnet uns der erste pannifex in einer Zeugenreihe, 1291 wird
ein Tuchrahmen erwähnt, 13 10 zwei textores laneorum pannorum,
1290 ein Färber. Das erste Datum für gewerblichen Betrieb der
Leinenweberci liegt fast 100 Jahre später als die erste Angabe über
gewerbliche Wollweberei; 1300 wird eine Strasse inter linistas er-
wähnt. Das Auseinanderliegen beider Daten stimmt überein mit der
allgemeinen Entwicklungsgeschichte beider Gewerbe.*
Die Zunft der Wollweber ist zuerst urkundlich bezeugt zu 1335,
dann zu 1348, die Zunft der Leineweber erst zu 1377.
Welche Elemente umschlicsst die Zunft der Gewandmacher oder
der Wollenweber? Wir erkennen ihren sozialen Aufbau am besten,
wenn wir die Arbeitsteilung in ihr uns zeichnen.
Wolle wurde sowohl von auswärts eingeführt, vermutlich von
den grossen westdeutschen Wollmärkten Strassburg und Köln (schon
1294 wird über den Zoll verfügt, den eingeführte Wolle zu zahlen hat),
als auch in Frankfurt selbst aus der Schafzucht gewonnen.'
Für den Wollhandel gab es »Wollenwieger« oder »Unterkäufer
an der Wolle«. Ihre Stellung ist schon 1373 geregelt, zwischen 1400
bis 1425 werden ihre Pflichten ausführlicher bestimmt. Sie dürfen
in erster Linie nicht selbst Wolle als Zwischenhändler kaufen, über-
1 Gedruckt bei Thomas, Oberhof S. 217.
* 121 5 Cod. 23. 1291 Cod. 257. 1310 Cod. 388. 1290 Cod. 253. »inter
linistas« Battonn III, 282.
i Cod. 291 und Senckenberg S. 57.
- 54 -
haupt nicht grössere Mengen von Wolle bezichen. Wenn sie für
sich Wolle kaufen, um sie für die eigene Haushaltung zu verweben,
so müssen sie ihre Absicht ausdrücklich mittheilen. Sie haben die
Wolle auf ihren Werth zu schätzen, dem Käufer die Wolle auszu-
suchen (kiesen), die gekaufte Wolle nachzuwiegen, und sie sollen
dabei »Käufern und Verkäufern, Bürgern und Ausleuten gleich und
Recht thun.« Ausserhalb der Messen ist das Maklergeschäft beim
Wollhandel nur ihnen gestattet, während der Messen betreiben auch
andere den Wollunterkauf, doch bleibt auch dann das Nachwiegen
der Wolle das Geschäft der Wollenwieger. Sic bekommen für ihre
Thätigkeit vom Verkäufer und vom Käufer eine Geldabgabe für den
Unterkauf und für das Wiegen, über die festgesetzten Löhne hinaus
dürfen sie keine Geschenke annehmen. Ihre Einkünfte schütten die
einzelnen Wollenwieger in eine gemeinsame Kasse; bei den monat-
lichen Zusammenkünften der Unterkäufer wird der Inhalt gleich-
mässig geteilt, nachdem zuvor ein beträchtlicher Abzug zu Gunsten
des Rates gemacht ist. Eine spätere Bestimmung ändert diese Ein-
richtung. Nach ihr behält jeder einzelne Wollenwieger, was er ver-
dient, muss aber davon zwei Drittel an die Stadt abliefern. Um jedem
Verdacht einer unredlichen Vermittlung die Grundlage zu nehmen,
soll der »Unterkäufer an der Wolle« keinen Wollverkäufer bei sich
beherbergen und in seinem Hause keine Wolle lagern. Nach seiner
ein Jahr dauernden Amtsführung soll er im nächsten Jahr nicht wieder
Makler für den Wollhandel sein. Die Zahl dieser Unterkäufer schwankt
zwischen 4—7 (Strassburg hatte nach 1300 dreizehn Unterkäufer an
der Wolle).
Dass der Rat durch seine Zollverwaltung oder dass die Zunft
durch geschlossenes Auftreten der heimischen Wollweberei Vorteile
beim Wolleinkauf gegenüber fremden Wollkäufern verschafft hätte,
kann ich nirgendswo sehen.
Der Weber kauft die Wolle ein und lässt sie, wohl in seinem
Hause, von seinen Knechten, die er auch zu den anderen Manipu-
lationen verwendet, waschen und schlagen. Von besonderen Woll-
schlägern, die in Strassburg eine so grosse Rolle spielen, die auch in
Speyer neben den Weberknechten gesondert für sich sind, hören wir
in Frankfurt, ähnlich wie in Köln, nichts.'
1 Es fehlt in den Frankfurter Ordnungen vollständig der Namen der »Woll-
schläger«. Nur in der Eidliste von 1387 taucht der Namen auf. Von 312 Mit-
gliedern des Wollenhandwerks werden dort 5 als »Wollschläger« bezeichnet.
(Bücher a. a. O.) Für das Verhältnis der Wollschlägerci zur Tucherei hat
Schmollcr drei Entwicklungsgänge gezeichnet (Tucherzunlt S. 438), und zwar
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Die gereinigte Wolle übergibt der Weber einem besonderen
Personal zum Kämmen und Verspinnen. Es sind Frauen, Kämmerinnen
und Spinnerinnen, welche in ihrem Hause, nicht in der Werkstatt
des Webers arbeiten, aber dort von der Zunft gründlich beaufsichtigt
werden. Diese Frauen sind selbstständige Zunftmitglieder. 1 Die
Wolle wird ihnen vom Weber vorgewogen, bei der Rücklieferung
wird das Garn wieder nachgewogen. Die Beamten der Zunft haben
darauf zu sehen, dass die Frauen die anvertraute Wolle nicht nass
werden lassen oder unreinlich halten, dass sie nicht die Wolle mehrerer
Meister mit einander vermengen, dass sie nichts unterschlagen, dass
sie die Rücklieferung der Wolle nicht länger als vier Wochen hinaus-
schieben. Die Angabe des Webers bei einem Streit über das Gewicht
der Wolle, welches er ihnen gegeben hat, muss von zwei Zeugen
bestätigt werden, »es wären Mann oder Frau, sein Gesinde oder anders
wer.« Wenn die Zunftbeamten bei der Kämmerin oder Spinnerin
Wolle finden, die sie für veruntreut halten, so nehmen sie die Wolle
an sich bis zu einem gerichtlichen Austrag. Um Unterschlagungen
unmöglich zu machen, wird diesem Hülfspersonal verboten, selber
Tuche oder Stücke zu machen, und bestimmt, dass bei Uebertretung
dieses Verbotes ihnen die Tuche ohne weiteres abgenommmen werden.
Aus dem Hause der Kämmerin und Spinnerin wandert das Garn
zum Färber. Er arbeitet in dem der Zunft gehörigen Kumphaus.
1430 hören wir von einem kostspieligen Neubau desselben, welchen
die Zunft aus den verschieden abgestuften Beiträgen der Zunftgenossen
aufführte. Damals wurde auch den Färbern verboten, Ausserzünftigen
Wolle zu färben. Die Färber sind nicht Knechte des Webers, sondern
selbstständige Gewerbetreibende, die um Lohn die Aufträge der Weber
ausführen. Vor Veruntreuung des Garns durch die Färber soll der
Weber geschützt werden durch Bestimmungen, welche die Bürger
Frankfurts warnen vor dem Einkauf von gefärbtem Garn, vor dem
Beleihen von gefärbter Wolle u. s. f. Neben dem Färben der Wolle
nimmt er für den Südwesten Deutschlands an, dass sich hier überall im Laufe des
XIV. Jahrh. das Gewerbe der Tuchmachcrei aus dem der Wollschlägcrci gebildet
habe (vcrgl. unten). Wenn man auf seine Autorität hin, die schon zu der Zeit, in
welcher das Weben selbst noch Sache der Hauswirtschaft war, das Bestehen einer
berufsmässigen Wollschlägcrei überall annimmt, auch in Frankfurt ursprünglich ein
Gewerbe der Wollschlägcr bestehen lässt, so ist die Thatsachc, dass es 1 577 spur-
los im Wesen und Namen verschwunden ist, zu auffällig, um sie einfach in den
Webern -Unternehmern wieder zu finden.
1 Vcrgl. zu 1416: »Es soll niemand mit den kleinen Kämmen kämmen; wer
es übertritt zahlt . . . und soll ein Jahr das Handwerk entbehren« und vcrgl. dazu
oben Seite 6, Note 1.
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oder des Garns hat der Färber wohl auch erst das fertige Tuch zu
sieden.
Den Farbstoff, den Waid, kaufen die Weber ein, seltener die
Färber. Der Waideinkauf ist ein offizielles Geschäft der ganzen Zunft.
Er vollzieht sich auf dem grossen Kaufhaus der Wollweberzunft;
dorthin kommen auch Bürger und Auswärtige als Käufer. Ange-
stellt sind für den Waidhandcl i) Messer, 2) geschworene Waid-
Schätzer mit ihren Knechten und 3) ein Schreiber. Die Waidgäste
fahren ihre Waare an, die Messer lassen sie durch ihre Knechte
mengen, dann wird der Waid von einem Färber geprüft, der zuvor
schwören muss, »dass er Gästen und Käufern nach besten Sinnen
dienen wolle, dass er das Quantum Wolle oder das Stück Tuch, das
er zur Probe färbt, nur mit Waid und Wasser behandeln wolle.«
Je nach dem Ausfall der Probe setzen die Waidschätzer den Preis
fest. Erst dann darf der Verkauf beginnen. Das Waidmass bewahrt
der Rat auf; wenn es gebraucht wird, ist es auf dem Rathaus zu
holen, und sofort nach der Benutzung ist es dorthin zurückzuliefern.
Mehrfach, 1405, 1410, 1424 u. s. f. nimmt der Rat Prüfung und Aichung
des Waidmasses vor. Trotzdem kam es über seine Zuverlässigkeit
vielfach zu Streitigkeiten zwischen der Zunft und den fremden Waid-
händlern. Das Messen bei jedem Waidkauf hat durch die Messer zu
geschehen. Waid wird verkauft zur Verwendung in der Stadt an
zünftige und zunftfremde Weber und »zur Stadt hinaus«. Die Ab-
gaben beim Waidhandel werden zuerst 1423 genau festgelegt. Der
Waidgast zahlt an die Zunft für jeden Haufen, den er in ihr Kauf-
haus lagert, 1 5 thornes (Turnosc), beim Verkauf eines jeden Gesetzes
3 Heller zum Weinkauf für die Zunftorten. Er zahlt weiter an die
Messer und ihre Knechte für jeden gemengten Wagen 3 thornes, an
den Schreiber 2 thornes. Zunftfremde Käufer zahlen für jedes Gesetz
den Messern 1 thornes, den Knechten 6 Heller; Zunftgenossen zahlen
nur 3 Heller an die Messer. Später wird der Tarif abgeändert, indem
neben der Zunft und den beim Waidhandel thätigen Beamten auch
der Rat eine Abgabe erhebt. Gegen 1495 kauft die Zunft als solche
durch die Waidschätzer den Waid für alle ihre Mitglieder ein, von
ihr beziehen ihn dann die einzelnen Meister. 1
Nach dem Färber tritt der Weber selbst in Thätigkeit an seinem
Material. Unter den Webern selbst giebt es soziale Abstufungen.
1 Der Waid kam von Erfurt. 1401 beschwert sich der Landgraf v. Thüringen
und die Stadt Erfurt über Beeinträchtigung ihrer Waidhändler durch die Wollwebcr
in Frankfurt (Inventarc I, 41). Weber aus Windecken kaufen Waid in Frankfurt
ein (1440 Inv. II, 225).
— 57 -
Neben den Weber- Unternehmern, welche Tuche auf Bestellung wie
für den Markt anfertigen, stehen die Weber -Lohnarbeiter, vielfach
als Vorsteher einer eigenen Haushaltung, verheirathet. Es sind Meister,
welchen das Kapital fehlt zum Ankauf von Rohstoff oder zur Her-
richtung einer Werkstatt. Diese ärmeren Weber arbeiten für ihre
glücklicheren Zunftgenossen; für diesen Fall setzt die Ordnung von
1355 ihre Bezahlung im Tagelohn wie im Stücklohn fest. Daneben
arbeiten sie auch im Brot privater Haushaltungen. Im Webereibetrieb des
XIV. Jahrh. wird noch kaum von der Hülfe von Knechten gesprochen. 1
Die einzelnen Bestimmungen für den Webebetrieb gehen von
dem doppelten Bestreben aus, die Echtheit der Waare zu sichern, den
Konsumenten zu schützen, zu sorgen, »dass den Leuten ihr Gut be-
wahrt und unsere Bürger Glauben behalten«, und den Produzenten
zu sichern, dafür zu sorgen, »dass sich der eine so gut ernähre als
der andere.« Dieses soll erreicht werden durch das Verbot, auf mehr
als zwei Webstühlen zu wirken (»wo man ein heimlich • gezauwe
findet, der gibt . . zur busse«), Rohstoff aufs Land zum Verweben zu
geben u. ä. m., dahin zielen auch die mehrfach vorgenommenen Be-
schränkungen der Produktion des einzelnen Meisters. Jenes aber,
die Echtheit der Tuche, wird durch vielfache, ins einzelne gehende
Webe-Ordnungen zu erreichen gesucht; zur Erreichung dieses Ziels
werden die mannigfachsten Besichtigungen des Webereibetriebs ein-
gerichtet, hierhin gehören die Vorschriften, welche auf das richtige
Mass der Tuche und auf die gute Beschaffenheit der zu den einzelnen
.Tuchsorten zu verwendenden Rohstoffe dringen.
Der Weber hängt zunächst eine Anzahl Fäden neben einander
an einem Kamm auf, den Zettel oder die Werfte. Die Anzahl der
aufgehängten Fäden bestimmt die Breite des Tuchs. Gleich hier be-
sichtigt die Zunft, ob die Werfte breit genug ist, sie zählt »die Gänge«
und die in ihnen enthaltenen Fäden nach. 1432 kommt ein neuer
eiserner Kamm für die Werfte in der Zunft zur Einführung, und es
1 Die Zahl der für die Weberei nötigen Hulfskr.itte im Betriebe eines Webers
betrug bei Anwendung von 2 Webstühlen, welche für die Herstellung besserer
Tuche dreischäftig sein sollten, an welchen aber auch der Weber selbst, ev. auch
seine Söhne mitarbeiteten, noch nicht sechs, selbst wenn immer Arbeit für die zwei
Webstühle da war.
Löhne: für den Tag im Sommer 16 Heller, im Winter 14 Heller; im Stück-
lohn für ein zehngebundiges Tuch 5 Schilling, für ein neungebundiges 4 1 1 Schilling.
Den Schilling = 12 Pf. = 24 Heller gerechnet, stellt das erste Tuch eine Arbeits-
leistung von 7 1 /, Sommer- bezw. 9 Wintertagen, das letztere Tuch eine solche von
fast 7 Sommer- bezw. fast 8 Wintertagen vor.
- S 8 -
wird den Zunftgenossen bei Androhung von schweren Strafen vor-
geschrieben, nur Kämme der neuen Breite, deren Zähne und Riede
in derselben Entfernung wie bei dem Modell auseinander stehen,
anzuwenden.
Ebenso wie die Breite und die Dichtigkeit des Gewebes durch
diese Vorschriften gewahrt wird, so ist auch die Länge des Werft-
ramens, an welchem die Werfte aufgebäumt wird, um mit ihr den
Einschlag zu verweben, vorgeschrieben. Die Werftramen werden von
der Zunft nach einem Normalmass (Snor) auf ihre Länge geprüft
und dann gebrannt.
Ist die Zählung der Werfte zur Zufriedenheit ausgefallen, so
hängen ihr die Besichtiger ein Wachssiegel (Pitschyt) an; erst dann
darf sie aufgebäumt werden. Finden sie Zettel in einem je nach der
Art der Tuche zu schmalen Kamm, so ist der Kamm und der Zettel
verloren.
Nocji auf dem Webstuhl, der Gezauwe, wird das ausgewebte
Tuch besichtigt und auf das Siegel hin geprüft. Man darf vor dieser
zweiten Besichtigung das Tuch nicht »abweben«, nicht vom Web-
stuhl abnehmen.
Es wird gefordert, dass die Tuche nicht an den Enden grober
gewebt sind als in der Mitte, dass Werfte und Wefel, Zettel und
Einschlag aus gleichem Material sind; auf weisse Werfte soll kein
Einschlag von Kemmelin (minderwertige Wolle) verarbeitet werden,
es sollen im Tuch keine Streifen vorkommen, wie sie durch Ver-
webung eines andersfarbigen Fadens im Einschlag entstehen (warf
stryfet duch), u. s. f.
Von zünftigen Meistern aus eigenem Rohstoff gewebtes Tuch
trägt, an den Rändern eingewebt, eine Marke, eine Litze, die allen
unzünftig gewebten Tuchen versagt bleibt.' Für solche Tuche hatte
das Publikum mehr Kauflust, da sie unter zünftiger Aufsicht herge-
stellt waren. Nur die Schöffen dürfen ausserdem Gewand mit diesen
Streifen machen, soweit sie es selbst in ihrer Haushaltung tragen
wollen, und die gleiche Ausnahme, noch erweitert, wird der Werk-
meisterin im Kloster der weissen Frauen zugestanden: »si mag
duch machen mit lytzen von des convents wegen und mag solches
gewand snyden adir virkouffen.«
Das ausgewebte Tuch kommt zum Walker (Zouwer, Bereiter).
Er hat die Tuche zu waschen und mit Walkererde zu bearbeiten,
1 Auch für Strassburg stellt Schmoller fest, dass nur die zünftigen Weber
blaue Fäden in das Ende ihre Tuche einweben dürfen als Zeichen der gewerbs-
mässigen Weberei. Tucherzunft S. 424 u. »Druckfehlerverzeichnis.«
um das lose Gewebe zu verfilzen. Um die Güte seiner Leistung zu
sichern, wird vorgeschrieben, dass kein Walker an einem Tag mehr
als ein Tuch waschen darf. Jeder Walker hat seinen besonderen
Kumph und Rahmen, den kein anderer benutzen darf. Die Zouwer
sind Lohnarbeiter der Weber, beschäftigen aber selbst wieder Knechte.
Die Löhne für die Walker setzt die Zunft fest (12 Schilling für grobe
Tuche, für bessere Tuche wird der Lohn in gütlichem Übereinkommen
zwischen Weber und Walker im einzelnen Fall festgesetzt). Es darf
kein Weber höhere Preise dem Walker zahlen, wie auch kein Walker
seinen Knechten höhere Löhne geben darf, als sie die Zunft für diese
bestimmt. Bis 1428 geschah das Walken rein mechanisch und er-
nährte dementsprechend eine grössere Zahl von Meistern und Knechten.
Damals wurde eine Walkmühle gebaut, und dieser Bau muss eine
Menge von Arbeitskräften überflüssig gemacht haben. Nach 1430
gab es, wie es scheint, nur zwei Walker. Diese erscheinen dann als
eine Art von Beamten der Zunft, nicht mehr als Gewerbetreibende.'
Das gewalkte Tuch wird vom Zouwer zum Trocknen an die
Rahmen angeschlagen. Hier wird es wieder besichtigt darauf hin,
ob es gut gewaschen ist, und wie stark seine Masse sich im Walk-
verfahren verändert haben. Vor der geschehenen Besichtigung darf
kein Tuch vom Rahmen genommen werden.
Erst wenn die Besichtigung zur Zufriedenheit ausgefallen ist,
darf das Tuch gekardet werden. Nach einer Bestimmung von 1377
sollen nach dem Karden alle Tuche, mit Ausnahme der weissen, ge-
schoren werden. Die Tuchschererci löste sich bald von der Ver-
bindung mit der Walkerei und wurde ein Spezialgcwerbe. Besondere
Tuchschercr gab es schon 1377 in der Schneiderzunft. Ihr Gewerbe
war indess das Scheren des beim Gewandschneider eingekauften
fremden Tuches für den Kunden bezw. dessen Schneider. Erst im
letzten Drittel des XV. Jahrh. verlegten sich diese Tuchscherer aus der
Schneiderzunft auch auf das Scheren der in Frankfurt gewebten
zünftigen Tuche. Das führte zu Streitigkeiten zwischen Wollweber-
und Schneiderzunft.
Im Laufe des XV. Jahrh. erscheint zum Scheren hinzugetreten das
Pressen, das Planern oder Schlichten, das Glattmachen der Tuche.
Diese Manipulation scheint seit etwa 1470 so viele Personen bc-
1 Über »Zouwer« vergl. Bücher S. 216 n. »zauwen ist im Allgemeinen
Tuch bereiten, daher gezauwe- Webstuhl.« Zauver im engeren Sinn ist in Frankfurt
der Walker, ebenso in Köln der zeuwer. Schmoller S. 442 hält ihn für den Weber.
Das mag für den Erfurter zöwerer gehen.
- 6o —
schäftigt zu haben, dass seit damals das Handwerk den Namen »Meister
Wollenweber und Planerer Handwerk« führte.
Die damit fertigen Tuche kehren in das Haus des Webers
zurück. Dorthin werden die Siegeler der Zunft (einer oder mehrere
von den sechs) gerufen; ihr Urteil ist von grosser Wichtigkeit.
Finden sie das Tuch fehlerlos hergestellt, so hängen sie ihm das
Siegel an, welches ihm die Thüren des Kaufhauses öffnet. Haben
sie an dem Tuch etwas auszusetzen, so versagen sie ihm das Siegel
und drücken es dadurch ausserordentlich im Preis. Den Siegelern
wird die strengste Gerechtigkeit und Unparteilichkeit, das sofortige
Erscheinen, wenn sie gerufen werden, schnelle Entscheidung zur
Pflicht gemacht. Tuche, die erst nach der Abnahme vom Rahmen
gefärbt werden sollen (gesottene tuche), erhalten von ihnen ein erstes,
provisorisches Siegel, das zweite, endgültige Blei erst bei der Rück-
kehr aus dem Kumphaus. Finden sie es nach dem Färben nicht mehr
sicgelswcrt, so schneiden sie das erste Siegel ab.
Nach dieser Besichtigung beginnt die kaufmännische Thätigkeit
des Webers. Seine Lohnarbeiter, Kämmer, Spinner, Färber, Weber,
Walker und Scherer hat er nach festen Sätzen entlohnt. Die Löhne
werden von Zeit zu Zeit im Gebodc aller Zunftgenossen festgelegt.
Diejenigen, welche den Weber auf höhere Löhne drängen, werden
bedroht : »denen soll niemand zu arbeiten geben und sie sollen einen
mond des hantwerks entperen.« Wer solchen doch zu arbeiten giebt,
verfällt in eine Geldstrafe. Der Weber, der freiwillig höhere Löhne
zahlt, verfällt in die gleiche Strafe. Er soll offenbar nicht durch das
Mittel höherer Löhne sich die Arbeitskraft der Lohnarbeiter sichern
vor seinen Genossen, die er so benachteiligen würde.
Der Weber stellt seine Tuche zum Verkaufe im Kaufhausc
seiner Zunft. In das Kaufhaus dürfen nur die von den Zunftbe-
hörden besiegelten Tuche gebracht werden. Was das Siegel nicht
bekommen hat, mag der Weber zur Zeit der Messen auf den Märkten
ausbieten. Wer unbesiegelte Tuche ins Kaufhaus trägt oder selbst
ein Siegel anhängt, unterliegt schwerer Strafe. Fremde, nicht in
Frankfurt gemachte Tuche dürfen bei schwerer Strafe nicht ins Kauf-
haus gesetzt werden. Während des Jahres vollzieht sich der Tuch-
handel nur im Zunft-Kaufhaus: »ez sol nymand kein duch uzwendig
der zwey kaufhaus verkaufen oder lassen schauen oder besehen
auf den kauf« ; zur Zeit der Messen und je zwei Wochen vor- und
nachher können die Weber überall in der Stadt feil halten. Zur
Zeit der Messen erscheinen die fremden Kaufleute zum Einkauf im
Weberkaufhaus. Zahlenmässig konnte ich die Grösse des Aktiv-
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— 6i —
handels der zünftigen Weber nicht fassen, der Umsatz wird nur immer
im Allgemeinen als sehr bedeutend bezeichnet. Die Weber verkaufen
ihre Tuche nur im Ganzen, sie schneiden in der ersten Hälfte des XV.
Jahrh. nicht aus. Sie überlassen diesen Detailhandel Krämern und Hocken,
die bei ihnen einkaufen. Erst 1500, in der Zeit, wo ihr Grosshandel
fast aufgehört hatte, suchen sie den Ausschnitt ihrer Tuche wieder
an sich zu ziehen.
Zwischen den Webern und den Gästen vermitteln die » Unter-
käufer an Gewand.« Zwischen 1406— 1437 giebt es nur 4 Gewand-
unterkäufer aus den Webern, die allein deren Aktivhandel vermitteln.
Sie müssen ein sehr grosses Einkommen gehabt haben. 1352 ordnet
der Rat zuerst die Stellung der Makler in Frankfun. Es wird da-
mals allgemein von jedem Unterkäufer der Eid gefordert, nicht zu-
gleich das Handwerk zu treiben, an dem er Unterkäufer ist. So
verbieten die Statuten der Gewandmacher von 1355 den Unterkäu-
fern an Gewand, Tuch zu weben.
Ihre Vermittlungsthätigkeit erstreckt sich nur auf die Zeit der
zwei Messen; es wird ihnen verboten, ausserhalb der Messen Unter-
kauf zu treiben. In der Messzeit haben sie die Fremden in das
Kaufhaus der Weber zu führen, nicht aber in das Privathaus des
einzelnen Webers. Der Weber, der einem Unterkäufer die Gebühr
bezahlt, welcher ihm in sein Haus einen Gast zuführt, zahlt eine
Busse an die Zunft. Der Unterkäufer bekommt für jedes verkaufte
Tuch 9 heller. Vermittelt er kein unmittelbares Kaufgeschäft, son-
dern ein Tauschgeschäft »stichung gegen rosse oder anders gewar,
das man an gewand gibt,« so wird seine Maklergebühr in freiem
Übereinkommen bestimmt. Dem Rat allein steht die Macht zu,
die Zahl der »Unterkäufer an Gewand« zu vergrössern oder zu ver-
ringern. Dem Unterkäufer wird es zur Pflicht gemacht, nicht den
einen Weber dem anderen vorzuziehen, ihm eher seine Tuche ver-
kaufen zu helfen. Er hat nach seiner Einsetzung vor den Bürger-
meistern und den zwei Ratsfreunden des Wollenhandwerks zu
schwören' »gleich und recht umbzugehen mit käufern und Ver-
käufern, kein Tuch besser zu loben dann sie dunket daz es sy und
keines tuch virergern dann sy bedunket daz ez sy; an solchen
tuchen, die sie den Leuten verkaufen, nicht anteil zu nemen.« Will
er für sich oder seine Familie ein tuch einkauten, so muss er das
ausdrücklich mitteilen. Beauftragt ihn ein Fremder durch Briefe
oder Boten, für seine Rechnung Tuche einzukaufen, so soll er auf
1 Der Eid ist im Gesetzbuch 2a erst zu 1406 eingetragen, ist aber alter.
dessen Vorteil bedacht sein. Er soll auch keinem Weber einen
Gast als vermögend anpreisen, dessen Verhältnisse ihm als ungünstig
bekannt sind, wenn ihm dabei auch einmal der Verdienst einer Ge-
schäftsvermittelung entgehe. Nach der Ablegung des Eides erhält
er ein Abzeichen »daran man erkennen kann jeden, ob er geschworener
unterkäufer ist.« Wer, ohne vom Rat eingesetzt zu .sein, Unterkauf
treibt, »den wolle der rad also straffen, daz sich ein ander daran
stosse.« 1
1 Hier sind einige Notizen zu geben über die Art der im Kaufhaus ausge-
botenen zünftigen Tuche und über das Weberkaufhaus.
Die Ordnung von
1355 unterscheidet
1) Litzentuch, aus dem
besten Material herzustel-
len, darf nicht mit »Bynt-
farbe oder Schwarze« ge-
färbt werden.
2) »nameioz« tuch, ohne
Litzen, darf nicht länger
sein als 33 Ellen, um es
schnell vom Litzentuch
unterscheiden zu können.
Die Ordnung von
1377 unterscheidet
1) die langen tuche,
43 Ellen lang, neun Ge-
bund, dazu noch 4 Gänge
breit,
2) die kurzen tuche
39 Ellen lang, 7 Gebund
und j Gänge breit,
3) abgepasste Stücke.
»Gebund«, 1 ist ein Bündel von Gespinnst. Nach
Schmoller, Tucherzunft S. 423 und Note »ergibt die
Zahl der Gebunde bei einer festgesetzten Breite des
Gewebes die Länge des Stückes.« Unsere Ordnungen
ergeben, dass die Zahl der Gebunde in Frankfurt grade
die Breite bestimmt, während die Länge nach Ellen
angegeben wird.
Die Statuten des
XV. Jahrh. unterscheiden
1) die »besten tuche,«
47 Ellen lang, 10 Ge-
bund oder 3% Ellen breit
auf der Werfte oder im
Zettel, jeder Gang enthalt
16 Fäden. Nach dem Wal-
ken müssen sie noch 44
Ellen lang und 3 Vi Ellen
breit sein. Sie sind mit
drei Schlägen zu weben
(Schlag, gleich dem heu-
tigen Blatt, bestimmt das
Tuchmuster) , nur blau,
grün oder roth in der
Wolle zu färben, aus reiner
Wolle bester Art ohne
Zusätze,
2) die »mittleren tuche«,
43 Ellen lang, 8 Gebund
oder 3»/4 Ellen breit, nach dem Walken noch 39 bezw. 2*/« Ellen, mit zwei
Schlägen zu weben, nur an der Wolle zu färben, aus mittelguter Wolle, ohne
Borsten und Haare,
3) die »fuder tuche,« 40 Ellen lang, 7 Gebund oder 2 7 /« Ellen breit am
Werftrahmen, nach dem Walken 37 bezw. 2*/» Ellen, im Tuch mit jeder beliebigen
Farbe zu färben, aus schlechtester Wolle mit eingeschossener Rauf- u. Lampwolle
(dem Abfall beim Kämmen der Wolle), Flocken u. ä. — Wenn die Tuche vom
Walkrahmcn für den Verkauf abgenommen werden, so müssen beträchtliche Streifen
in der Länge und Breite abgeschnitten werden, »damit das Tuch an den Enden
nicht zerreisst.« Es kamen also nicht die ganzen obigen Ellen- Zahlen in den
Handel. — Die »besten Tuche« tragen im Ganzen 5 Siegel von den Besichtigungen
am Werftrahmen, Webstuhl, Färbchaus, Rahmhof, das fünfte, das Ratssiegel, erhalten
sie auf dem Rathhaus, unmittelbar vor dem Eintritt ins Kaufhaus. Die mittleren
Tuche tragen vier, die geringsten drei Siegel.
Tuche mit Litzen müssen die vorgeschriebenen Masse haben; daneben mag
der Weber »Stücke,« ohne Litzen, nicht für das Siegel weben. Tuche, welche der
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- 6} -
Zusammenfassend betone ich : Die Zunft der Wollenweber um-
schliesst als gleichberechtigte Zunftgenossen Lohnarbeiter wie Unter-
nehmer. Der einzige Unternehmer in diesem Betrieb ist der Weber,
der die Wolle einkauft und das fertige Tuch im Ganzen verkauft.
Kr ist aber nicht bloss Kaufmann, sondern in seinem Hause arbeitet
das Jahr über der Webstuhl. Neben dem zentralen Betrieb des
Webers stehen eine ganze Reihe gleichgeordneter Spe/.ialbetriebe,
welche, vielfach selbst wieder mit Knechten ausgerüstet, in Lohn-
arbeit für den in der Mitte stehenden Betrieb thätig sind. Nicht im
Hause des Webers, sondern in eigener Werkstatt arbeiten diese Hülfs-
gewerbler; sie sind selbstständige Existenzen, keine Knechte.
Die Arbeitsteilung im Wollenhandwerk Frankfurts ist nicht die
wohl sonst z. B. in der Lausitz auftretende, zentralisirte, in welcher
einzig und allein die Werkstätte des Webers, ausgerüstet mit sehr
Weber für seine Haushaltung webt, mag er ohne Litzen nach beliebigen Massen
machen, doch wird auch für solche Tuche eine maximale Lange festgesetzt, um
eine betrügerische Verwechselung mit der Marktwaarc unmöglich zu machen.
Wenn ein fremder Kaufmann Tuche in anderen als den vorgeschriebenen Massen
bei einem zünftigen Weber bestellt, so bedarf es zu ihrer Herstellung besonderer
Krlaubnis der Bürgermeister. Solche Tuche dürfen dann nicht besiegelt oder ins
Kaufhaus gebracht werden.
Den Webern lag daran, ihren Käulern eine grössere Auswahl bieten zu
können. So erhalten sie auf ihre Bitte vom Rat ijoi die Erlaubnis, von den zwei
ersten Tuchsorten auch halbe Stücke zum Siegel und damit zum Handel ins Kauf-
haus bringen zu dürfen. 1509 reicht das Handwerk dem Rat ein Gesuch ein, auch
an Stücke und Schnitttuche Litzen weben zu dürfen. Solche Stücke könne man
dann in den Messen oder auf den Markten der Umgegend verkaufen und vom Er-
lös dann »richtige« siegclswerthe Tuche für das Kaufhaus herstellen. Der Rat be-
willigt die Bitte.
Das Kaufhaus der Weber war zugleich Platz der geselligen Zusammen-
künfte, der Orten, Platz der Zunftgebode, und als wichtigstes Verkaufshalle für
die Weber-Unternehmer. Schon früh, etwa seit 1300 finden wir Frankfurter Hand-
werke im Besitze solcher Zunfthäuser. Die reiche Wollenweberzunft besass zwei
Häuser (vergl. das Kölner Wollenamt mit seinen beiden Häusern Airsburg und
Criechmart). 1350 wird zuerst als domus communis textorum »das grosse Kauf-
haus« erwähnt; von ihm nur durch wenige Häuser und die Mauer des Barfüsser-
Kirchhofes getrennt lag »die Sommerwonne.« 1348 gehörte dieses letztere Haus
der Weberzunft erst zum Teil, 1381 hat es die Zunft ganz an sich gebracht
(siehe Battonn IV 177, 183). Das Kaufwerk war im wesentlichen nur für den
möglich, der eine Verkaufsstelle, einen Stat, in den zwei Kaufhäusern hatte. Die
Zahl dieser Plätze war aber sehr beschränkt. Ein Teil der Meister stand mit seinen
Tuchen im Kaufhaus, ein anderer im Haus zur Sommerwonne, und noch blieben
viele Meister trotz ihrer Wünsche ohne State. — Noch heute heisst das an der
Stelle des alten Weberhauses aufgeführte Gebäude »Zum Kaufhaus.« — Frankfurter
Wollwcbcr beziehen mit ihren Tuchen auch auswärtige Märkte, so z. B. die Nörd-
linger Messe (1433 Inventare I, 138).
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- 64 -
vielen Knechten, alle einzelnen Arbeiten ausführt, wo alle nötigen
Spezial-Verrichtungen vom Kämmen der Wolle bis zum Scheren des
Tuches an einer einzigen Stelle vorgenommen werden. Vielmehr
ist der Tucherei-ßetrieb in Frankfurt durchaus dczentralisirt. 1
Die soziale Struktur des Wollenweber-Handwerks hat sich im
Laufe des XV. Jahrhunderts vielfach wesentlich geändert. Wir sahen
schon um 1377 in der Zunft geschieden Weber-Unternehmer und
Weber-Lohnarbeiter. Die Scheidung vertiefte sich so sehr, dass sie
gegen 1430 uns als ausgesprochene Parteiung in der Zunft entgegen-
tritt. »Hausgesellen,« die Besitzer der Verkaufsplätze in den Weber-
Kaufhäusern, und »Nichthausgesellen« führen erbitterte Streitigkeiten
mit einander. 1377 standen beide Parteien als gleichberechtigt neben
einander, 1430 erscheint die Klasse der Unternehmer als geschlossen,
bemüht, keine neuen Mitglieder eindringen zu lassen, die andere
Klasse sozial herabgedrückt, von den Zunftämtern ausgeschlossen.
Hin Teil der Nichthausgesellen unter Führung des Webers Grefe-
henne erzwang in jenen Kämpfen den Weg zur gewinnbringenden
Handelsunternehmung und den Zugang zu den Zunftämtern.
In der zweiten Hälfte des XV. Jahrh. ist der Handel der
Zunft mit ihren Tuchen überhaupt stark zurückgegangen. Starke
Wollausfuhr, steigende Einfuhr fremder Tuche, denen sich die Mode
zuwandte, stärkerer Vertrieb der billigen halbwollenen, baumwollenen
Produkte und der Barchente Hess die Frankfurter Wollweberei an
»Personen und Handel« stark abnehmen. Die Hülfsgewerbler, die
jetzt bei den Unternehmern aus der Zunft ihr Brot nicht mehr fanden,
suchten ihre Existenz, indem sie mit ihren Fertigkeiten den fremden
Tuchhändlern und ihren Waaren dienten, an sie sich lehnten. Ehe-
mals geknüpft an den Betrieb des zünftigen Webers, wuchsen sie
gegen 1500 mit ihrer Thätigkeit aus der Zunft heraus.
Der Rat hatte feierlich als Ziel seiner Gewerbepolitik ausge-
sprochen, für die Sicherung einer weitgehenden Gleichheit der Er-
werbsmöglichkeit in der Zunft zu sorgen. Solche Politik konnte
doch nicht hindern, dass die Kluft zwischen den »armen und reichen«
Meistern Tuchherstellcrn immer grösser wurde. Um 141 5, wo zu-
erst die Streitigkeiten zwischen beiden Gruppen in der Weberzunft
1 ver^l Knothc, Geschichte des Tuchmacher -Handwerks in der Oberlausitz,
Neues Lausitzisches Magazin Band 58, 1882, S. 240.: Besondere Kämmer erst 1476,
das Walken als Spczial-Gewcrbe erst 16 |i, 1 508 wird der erste selbststindige Tuch-
scherer erwähnt und von 1557 an scheren die Weber durch ihre Knechte wieder
selbst, 1 jo der erste Farber.
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ausbrachen, die den Rat bis 1430 beschäftigten, 1 hatte die soziale
Differenziirung schon solche Fortschritte gemacht, dass die ge-
trennten Zunftgenossen sich auch in den geselligen Zusammen-
künften, denUrten, nicht mehr zusammenfanden. Die reichen hatten die
ärmeren von der Trinkstube im grossen Kaufhaus ausgeschlossen,
diese hatten sich eine besondere Stube im zweiten Zunfthaus ein-
gerichtet und verlangten damals die Bezahlung ihrer Ausgaben für
diese Stube in der »Sommerwonne« aus der Kasse der gesamten
alten Zunft. Der Rat als Richter lehnte ihre Forderung ab, anerkannte
ihr Recht zum Besuch der alten Trinkstube und erklärte grundsätzlich
die beiden Häuser als Gemeinbesitz der ganzen Zunft, nicht als
Sondergut der reichen »Hausgesellen«. An den Staten in beiden
Häusern ward das .private, vererbliche Eigentum der jetzigen Besitzer
vom Rate zugestanden.
Schon 1427 brachen neue Streitigkeiten zwischen den »Haus-
gesellen der beiden Häuser« und den »aus der Gemeinschaft desselben
Handwerkes« aus. Die Weber aus der Gemeinschaft hatten Geld
zusammengelegt und zusammen für sich 27 in der Sommerwonne
gelegene freie State gekauft. Uber die Zahlungsmodalitäten kam
es zu Schwierigkeiten mit den Hausgesellen. Der Rat erkannte,
unter Aufhebung des Urteils von 141 5, auf den Eid der Hausgesellen,
dass die beiden Zunfthäuser der engeren Korporation in der Zunft
erb- und eigentümlich zugehörten, dass Einkünfte aus denselben den
Hausgesellen zufliessen, Ausgaben für sie von diesen getragen werden
sollten. Die Häuser seien einst vom privaten Vermögen der Vor-
fahren der jetzigen Hausgesellen und nicht aus der Kasse der Zunft
gebaut worden; das Kaufgeld sei der privaten Verwendung der
Hausgesellen zuzuführen. — Aber trotz seiner eigenen Entscheidung
griff der Rat sofort in das Verfügungsrecht der anerkannten Eigen-
tümer ein. Es solle hinfort kein Hausgesell noch Verkaufsplätze
an sich ziehen. Was von Staten frei werde, darauf hätten die Weber
aus der Gemeinschaft des Handwerks, die noch keine Plätze hätten,
ein Vorkaufsrecht. Allen Zunftmitgliedern hielt der Rat den Zutritt
zur Trinkstube im grossen Kaufhaus und den Besuch des Hauses
zu Zwecken des Waideinkaufes orTen. Dafür sei auch die Ausrüstung
der Stube Sache der ganzen Zunft, während die sonstige Finanzver-
waltung der Häuser nur die Hausgesellen angehe.
1 Vergl. die Prozessakten des Streites des Webers Grefehenne gegen die
Zunlt in Ugb C 32 A2 fol. 10b— 22b (beste Abschrift!).
S
— 66 -
Ich brauche kaum daran zu erinnern, dass ein wichtiger Teil
des Tuchhandels gesetzlich auf die Verkaufsplätze in den beiden
Häusern beschränkt war.'
Wie die Weber aus der Gemeinschaft sozial hinter den Haus-
gesellen zurückstanden, so wurden sie auch rechtlich zurückgestellt.
Die Nichthausgesellen kamen nicht in die Zunftämter. Von 1428 an
forderten sie unter der Führung des Webers Grefehenne Anteil an
der Zunftverwaltung, die Möglichkeit, die Verwaltung der Zunftkasse
zu kontrolliren, Schutz gegen zu hohe Bussenansetzungen des nur
aus den Hausgesellen gewählten Besichtigungspersonals. Der Rat
gewährte den Nichthausgesellen einen Anteil an den Zunftämtern,
ein Teil der Beamten solle immer aus ihnen gewählt werden. Bei
vermeintlich zu Unrecht geschehener Bestrafung durch Beschauer
aus den Hausgesellen sollen sie an den Rat appelliren.
Rechtlich hat dann bis 1432 der Rat beide Klassen von Zunft-
genossen einander gleichgestellt, aber sozial konnte er sie nicht
einander angleichen. 1537 treten uns wieder beide Klassen entgegen.
Im Laufe des XV. Jahrhundens ging die Frankfurter Tucherei
zurück aus denselben Ursachen wie die Strassburger. 1 Während
diese aber nach 1500 bezw. 1550 einen neuen Aufschwung erlebten,
hat sich die Frankfurter Weberei von ihrem Niedergang nicht wieder
erholt. Zunächst litt die Zunft unter der starken Wollausfuhr, die
den Rohstoff unendlich verteuerte. Eine ganze Reihe von Bestim-
mungen des Rats richtete sich gegen das Furkaufertum, den Zwischen-
handel und das Spekulantentum im Wollhandel (1482) u. ä. m.
Die weitere Gefahr lag in der immer steigenden Einfuhr fremder
Tuche, welche billiger als früher und dadurch der lokalen Tucherei
gefährlicher wurden. Englische Tuche überschwemmten den Frank-
furter Markt.
Die Mittel, welche der Rat teils aus eigenem Entschluss, teils
auf die Bitten der Zunft während des XV. Jahrhunderts gegen den
Rückgang der Weberei in Anwendung brachte, waren wirkungslos.
1430 merkten es die Meister des Handwerks zuerst, dass ihre
Tuche auf dem Kauf hause liegen blieben und keine Abnehmer
fanden. Sie schlugen dem Rat in einem Gesuch vor, jedem Weber
in der Zunft die Zahl der Tuche vorzuschreiben, welche er höchstens
für jede Messe anfertigen dürfe. Als Massstab solle die Höhe der
Beiträge gelten, welche die einzelnen Meister bei einem erst kurz
* Siehe oben Seite 60.
2 Siehe unten Seite 80.
- 6 7 -
vorher aufgeführten Neubau in der Zunft (Färbehaus) geleistet hatten.
Der Rat entsprach ihrem Gesuch; auch er halte eine solche Ein-
schränkung für das Beste des Handwerks. So bestimmte er für die
nächsten zwei Jahre, dass von den 135 Webern • Unternehmern in
der Zunft 11 für jede Messe 36 Tuche, 40 Meisterzwischen 24 — 12,
82 Meister zwischen 10—4 Tuche herstellen dürfen. Mehr Tuche
dürfe keiner machen.
Diese Regelung der Produktion half nichts. 1494 berief der
Rat die Meister zu einer Besprechung, wie man ihrem Handwerk
aufhelfen könne. Die Gutachten von 33 Meistern wurden bei dieser
Gelegenheit entgegengenommen. Das Resultat der Enquete war
eine Revision der Weber-Ordnungen; neue Masse für die Tuche
wurden vorgeschrieben, die Besichtigungen wurden schneller und
weniger störend eingerichtet u. a. m.
Die Zunft suchte verständig, ihre Technik zu heben und den
Käufern bessere Stoffe, eine grössere Auswahl zu bieten. Sie er-
langte vom Rat die Erlaubnis, auch »gemengte« Stoffe weben zu
dürfen, von den besseren Tuchsorten auch halbe Stücke ins Kauf-
haus setzen zu dürfen u. s. f.
Daneben suchte sie ihr Heil in recht kleinlichen Hülfsmitteln.
Von 147 1 an kämpften sie mit den Schneidern um das Scheren der
Tuche. Das Scheren aller Tuche gehöre in ihr Handwerk und
dürfe von den Schneidern nicht vorgenommen werden. Der Rat
gestattete den Mitgliedern beider Zünfte das Scheren der gekrompenen
(gepressten) Tuche, während das Scheren roher Tuche nur dem
»Wollenweber und Planerer« Handwerk zustehe. Bis 1485 hatte der
Rat Streitigkeiten zwischen diesen beiden Parteien über angebliche
Übertretungen der Grenzen, die er dem Gewerbebetrieb beider Hand-
werke in Bezug auf das Scheren gesteckt habe, zu schlichten.
1466 führte die Zunft vor dem Rat einen grossen Kampf gegen
einige Planerer, die sich ihr nicht anschliessen wollten.
1475 reichten die Weber ihre gravamina bei dem Rat ein: Hocken,
Krämer und alle möglichen Leute schnitten Tuch aus, Weber aus
den benachbarten Ortschaften stünden mit ihren Stücken täglich, auch
ausserhalb der Messen in Frankfurt zu Markt. Die verdienten viel
Geld, und sie, die zünftigen Meister, verarmten. 1499 verbot der
Rat den Tuchausschnitt durch Fremde. Das waren also die Klagen
der Webermeister, die früher in den Messen in ihrem Kaufhaus einen
grossen und blühenden Exporthandel betrieben hatten! Mit diesem
Grosshandel war es vorbei. 1495 erklärte der Rat aus sich, er habe
zu seinem Kummer bemerkt, dass die fremden Kaufleute Abscheu
- 68 -
hätten, »die Frankfurter Tuche zu kaufen und zu verführen.« Den
Grund des Rückgangs sah der Rat darin, »dass sich die Tracht der
Menschen in allen Ländern merklich geändert habe, ohne dass die
Weber in ihrem Betrieb den Veränderungen der Technik und Mode
genügend Rechnung getragen hätten.«
IV. Ähnlich wie in Basel und Köln, aber verschieden von Strass-
burg und Speyer, tritt um 1377 in Frankfurt ein besonderes Hand-
werk der Leinenweber auf. Seit 1399 sind sie im Besitz eines Zunft-
hauses. — Im Leinenhandwerk stehen neben einander Lohnarbeiter,
welche den Rohstoff von den Haushaltungen zur Verarbeitung be-
kommen, und Unternehmer, welche den Rohstoff selbst einkaufen
und für den Handel weben. Die Verhältnisse beider Klassen von
Leinewebern ordnet der Rat gleichmässig während des XV. Jahr-
hunderts. Bei ihnen hören wir aber nichts von Streitigkeiten zwischen
den »Kaufwerk«- und den »Lohnwerk« -Treibenden, wie bei dem
Wollenhandwerk. Die zwei verschiedenen Thätigkeiten, Lohnwerk
und Preiswerk, sind im Leinenhandwerk gar nicht auf zwei gesonderte
Personenklassen verteilt; derselbe Meister, der Unternehmer ist,
macht auch Arbeiten im Lohnwerk, allerdings giebt es auch Lohn-
arbeiter, die nicht zur Unternehmung kamen.
Unter den Leinewebern-Unternehmern selbst aber entsteht genau
wie im Wollenhandwerk, seit dem ersten Drittel des XV. Jahrhunderts,
der Kampf der grösseren Betriebe gegen die kleinen Unternehmungen,
welchen letzteren auch hier der Rat seine Hülfe angedeihen lässt.
Es zeigt sich unter den Leinewebern nach 1430 eine weitere Arbeits-
teilung in Leineweber, Decklacher und Barchentweber, von welchen
jede Gruppe im wesentlichen nur ihre Spezialität herstellt. Aber die
einzelnen Gruppen sind nicht durch Gesetz auf ihre Spezialität be-
schränkt. Der Leineweber stellt im Nebenbetrieb auch Barchent
her u. s. f. Ganz falsch ist es, wenn Bücher' diese drei Spezialitäten
innerhalb der Zunft seit der Mitte des XV. Jahrhunderts sich zu drei
verschiedenen Zünften trennen lässt ; sie blieben vielmehr in derselben
Zunft, welche nach 1430 den erweiterten Namen »Barchent-, Decklecher-
und Leineweber-Handwerk« führt.
Vielfach reglementirt ist zunächst der Einkauf des Rohstoffes,
des Leinengarnes und der Baumwolle. Das Garn kam schon vor-
' a. a. O. S. 84, 97, 240.
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bereitet nach Frankfurt, im Bauernhaus wurde Flachs und Hanf zu
Gespinnst verarbeitet. Daneben gedenken unsere Statuten zu 1550
besonderer Spinnerinnen im Dienste des Leinewebers. Als Käufer
auf dem Rohstoffmarkt, der sich seit 1399 im städtischen Leinwand-
haus befand, erscheinen zünttige Leineweber, Bürger, fremde Mess-
besucher. Der Rat sorgt dafür, dass der Verkehr ein unmittelbarer
ist, dass sich in ihn keine Zwischenglieder einschieben, durch welche
der Rohstoff verteuert wird (furkauf). 1 Der Rat sucht dann weiter
zu verhindern, dass die reicheren Leineweber den ganzen Rohstoff
an sich bringen und den kleineren Meistern den Einkauf unmöglich
machen oder erschweren. Eine ganze Reihe von Bestimmungen ordnet
an, dass der Meister, der einen grösseren Garnkauf thun will, es
zuvor den Zunftmeistern anzeigen soll. Diese haben es dann allen
Mitgliedern der Zunft mitzuteilen, und wer dann Anteil an dem
Kauf haben will, dem muss der Meister einen Teil ablassen. Von
141 5 an wird das Quantum Rohstoff, für welches die Anzeige-
pflicht gilt, immer kleiner angesetzt, 1484 die Anzeigepflicht und das
Mitkaufsrecht aller Zunftgenossen für jeden Garnkauf eines Meisters
angesetzt. Die reicheren Meister, welche durch die Anzeigepflicht
nicht zu grosse Mengen aufkaufen konnten, suchten den Ausweg,
dass sie Freunde oder gar ihr Hausgesinde als Genossen zu ihren
Grosskäufen treten Hessen. Das wird ihnen 1482 verboten. Die
Beschaffung grösserer Mengen von Rohstoff zum Grossbetrieb oder
zum Zweck des Zwischenhandels wird ihnen auf dem städtischen
Markt unmöglich gemacht. Der Rat kann ihnen (Bestimmungen von
1430, 1459) nur den Weg offen lassen, sich ausserhalb Frankfurts
Garn oder Baumwolle zu kaufen oder zu bestellen, »dass er selbst
auszieht oder die seinen ausschickt.« Als Lohn für die Gefahr, in
welche sie sich dabei begeben, mag ihnen dann der grössere Gewirrn
zufallen.
Es stehen solche Anordnungen im Zusammenhang mit dem be-
wussten antikapitalistischen Vorgehen der Verwaltung in den meisten
deutschen Städten um 1450 und 1500. —
Das Garn wurde in der Stadt gefärbt. Besondere Färber wie
im Wollenhandwerk gab es nicht, das Garn wurde im Hause des
Leinewebers von diesem selbst gefärbt. Auch wurde die Hülfe der
zünftigen Färber aus der Schwesterzunft in Anspruch genommen.
An dem Garn trat der Leineweber in Thätigkeit. Eine Gruppe
von Bestimmungen trägt die Überschrift »uff daz vortcr jedermann
1 Siehe die Forderung von Verboten gegen Furkauf in der » Reformation K.
Sigmunds«, Ausgabe von Bochm, Seite 235.
das seine in irem handwerk desto besser gemacht bekomme«, sie
gilt für den Leineweber-Lohnarbeiter. Sehr viel mehr reglementirt
zeigt sich der Betrieb des Unternehmers. Er kauft den Rohstoff ein,
in seiner Werkstatt wird er verwebt, von ihm gebleicht, und er
übernimmt auch den kaufmännischen Vertrieb.
Die Arbeitsteilung in einzelne Spezialitäten setzt nach 1400 ein.
Der Leinweber fertigt nun vorzugsweise Leintücher an (gezogene
duche, 9 Ellen lang), während der Decklecher Decklachen und Bank-
tuche, abgepasste Stücke (von diesen werden 5 Arten unterschieden,
die zwischen 4—7 Ellen Länge und 3 — 6 Ellen Breite variiren), dazu
Tisch-, Brot- und Handtücher in den Handel bringt.
Im ersten Drittel des XV. Jahrhunderts hat man in Frankfurt
begonnen, mit dem leinenen Zettel einen Einschlag von Baumwolle zu
verweben, und diese Barchentweberei, die um hundert Jahre später
hier aufkam als in Ulm, eroberte sich bald die Gunst des Publikums
und brachte die alte Leineweberei zum Rückgang.
Der Barchentweber fertigt lange Tuche an (56 — 58 Frankf. Ellen
lang, 900 — 950 Fäden breit). Der Zettel soll aus bestem Leingarn
(flessem garn, Flachs?) hergestellt werden. Die Breite wird nach
einem Normalmass der Zunft geprüft. Neben den gewöhnlichen
Barchent tritt der »rippechte« Barchen. Jeder Meister hat für seine
Barchente ein besonderes Zeichen, das nur er, er aber in alle seine
Tuche weben soll. 1498 besitzt die Zunft für ihre Barchente ein
ganzes Buch von Mustern (»Dessins, Abstechungen«), dessen Inhalt
geheim gehalten werden soll. 1
Auch im Webebetrieb legt der Rat der Gross - Unternehmung
Zügel an. 1421 soll jeder Meister nur vier Gezauwe haben, gleich-
zeitig sollen davon immer nur drei in Betrieb sein. Es trat diese
Bestimmung damals als eine Neuerung auf; es wurde den Webern
etwa ein halbes Jahr Zeit gelassen, sich darauf einzurichten. Gegen
1450 sollen nur auf zwei von diesen drei Stühlen Decklachen her-
gestellt werden, auf dem dritten Stuhl mag dabei Barchent oder
Leinwand gewebt werden. Die grösseren Unternehmer suchten diese
lästigen Bestimmungen zu umgehen, indem sie ihre Baumwolle oder
ihre halb verwebten Produkte, die Werfte u. s. f., an unselbstständige
Weber-Lohnarbeiter verkauften und dann am fertigen Produkt Anteil
nahmen oder es sich zurückkauften. Solchen »geverden« Geschäften
1 Siehe Inventare II, 109 zu 1498 über die Bestrafung eines Barchentwebers,
der trotz des Fides der Verschwiegenheit über die Heimlichkeiten des Handwerks
Muster aus dem Buche des Handwerks nach Mainz verkauft hat.
- 71 —
tritt der Rat 1450 entgegen. Noch später wird die Zahl der gleich-
zeitig in Betrieb zu haltenden Stühle auf zwei beschränkt. 15 15 wird
der Betrieb eines dritten Stuhles nur für die gestattet, »welche eine
besondere Kunst auf gebundene oder andere Werke gelernt haben«.
Doch dürfen sie auf diesem dritten Stuhl keine Frankfurter Barchente
weben.
Ebenso wird die Zahl der Knechte dem einzelnen Meister be-
schränkt. —
Die Weberei der Leinen und Decklachen war im einzelnen nicht
so ausführlich reglementirt wie die der Barchente. Bei jenen sind
nur Länge und Breite von der Zunft nachzumessen, ausführlicher
bedacht ist die Herstellung dieser. Der ausgewebte Barchent, der
Rohbarchent, wird sofort nach der Abnahme vom Webstuhl besichtigt,
und zwar im Rathaus der Stadt, im Römer. Dort werden die vor-
gelegten Stücke von Zunftbeamten in Gegenwart der zwei Raths-
freunde besichtigt und besiegelt. (Fehlerlose Barchente erhalten als
Siegel zwei Adler, geringere einen Adler, schlechte werden in drei
Stücke zerschnitten und können so nicht im Ganzen verkauft werden.)
Vom Römer wandern die Barchente auf die Bleiche. Die Zunft
besass einen grossen Bleichplatz, für welchen Bleicher von der Zunft
angestellt waren. Für jedes Stück ist eine Bleichgebühr von fünf
Schilling an die Zunft zu entrichten. Die Bleicherei nahm lange
Zeit in Anspruch, und ärmere Meister, die ihr Geld schnell brauchten,
waren gezwungen, ihren Rohbarchent ungebleicht zu verkaufen. Für
sie bestimmt der Rat, dass sie ihre ungebleichten Barchente nicht
zur Stadt hinaus, sondern nur an ihre Zunftgenossen verkaufen sollen.
Andererseits soll derjenige, der schon durch den Ankauf von Frank-
furter Rohbarchenten, die er nach der Bleiche mit grossem Nutzen
verkauft, reich wird, nicht auch auswärts Rohbarchente aufkaufen,
um sie in Frankfurt zu bleichen.
Auf der Bleiche übt die Zunft die Aufsicht aus. Die fertig ge-
bleichten Stücke kamen ungefärbt in den Handel.
Der Rat zeigt sich bemüht, den Handel des einzelnen Meisters
nicht zu gross werden zu lassen, er schützt auch hierin den kleineren
Meister. Der Aktivhandel der Leineweber, Decklecher uud Barchent-
weber vollzog sich ursprünglich in den Häusern der einzelnen Weber,
seit 1500 zeigt er sich in ihrem Zunfthaus konzentrirt ; daneben darf
aber auch da noch jeder in seinem Gewölbe verkaufen. Dagegen
wird 1454 verboten, Barchent auf der Strasse auszubieten. Es darf
der zünftige Meister nur Tuche Frankfurter Produktion hier feil
halten, keine fremden Barchente oder Decklachen, gebleichte oder
ungebleichte. Aber auch nicht einmal Erzeugnisse seines eigenen
Gewerbefleisses darf der einzelne Meister in zu grosser Zahl aus-
bieten. Er darf in den Messen keine halbfertigen, ungebleichten Tuche
verkaufen, er soll nicht mehr Stücke feil halten, als ein »gewöhnlicher
Meistere in seinem Hause auf zwei Stühlen zu machen pflegt. Die
Kontrolle darüber war ermöglicht durch die Vorschrift, dass ein
jeder in seine Tuche sein bestimmtes Zeichen zu weben hatte, und
dadurch erleichtert, dass der Messhandel sich mehr und mehr in das
Zunfthaus zog.
Nicht verstand man es in Frankfurt, das Beispiel Ulms nachzu-
ahmen, durch Einrichtung einer billigen Landweberei städtische Ver-
leger und Exporteure von Barchent zu schaffen.
Die gewerbliche Struktur des Leinenhandwerks ist eine andere
als die des Wollenhandwerks. Dort neben dem Betrieb des Unter-
nehmers eine Reihe von Betrieben hülfsgewerblicher Art, hier nur
selbstständige, sich selbst genügende Betriebe. Aber dieses Sichselbst-
genügen machte in der Leineweberei die Hülfe eines zahlreichen
Gesindepersonals nötig. Die Verhältnisse der Knechte und Lehrlinge
sind in den Statuten des Leinenhandwerks unvergleichlich viel aus-
führlicher geordnet als in denen des Wollenhandwerks. '
Wir haben im Vorstehenden versucht, den sozialen Aufbau und
die Arbeitsteilung der Zünfte aus dem mittelalterlichen Textilgewerbe
Frankfurts zu zeichnen. Zur Vervollständigung dieses Bildes sollen
einige Zahlenangaben gegeben werden.
Bücher hat seinen gewerbestatistischen Untersuchungen ein Ver-
zeichnis zu Grunde gelegt, welches die Namen und Bezeichnungen
der Bürger, und zwar aller überzwölfjährigen männlichen Einwohner
mit Ausnahme* der Geistlichen und Juden enthält, welche auf Befehl
des Rates 1387 den Bürgereid leisteten.* Diese Liste führt die
Schwörenden aus den Zünften und die aus dem ausserzünftigen Teil
der Bevölkerung, »der gemeinde« in zwei Abteilungen gesondert auf.
Die Bevölkerung zählt 1387, nach Büchers Berechnungen, annähernd
1 Die Frankfurter Leineweber verkauften ihre Gewebe auch auf dem Markt
zu Mainz. 1400 u. 1408 beklagen sie sich über die zu hohen Abgaben, die sie
in Mainz zahlen müssen (Invcntare II, 176 u. I, 63), 1428 erhebt die Stadt
Frankfurt selbst für ihre Leineweber die gleiche Klage (Inv. I, 123); 1444 wird
den Frankfurter Leinewebern in Mainz ein neuer Verkaufsplatz angewiesen.
(In I, 178).
a a. a. O. S. 56 ff.
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- 7? -
10,000 Seelen. Die Zahl der aufgeführten Handwerke ist 20 gegen 15
im II. Handwerkerbuch von 1 377. Ich halte die Behauptung Büchers,
der in diesen 20 Genossenschaften andere Verbände sich denkt als
unter den Zünften, deren Ordnungen wir in den Handwerkerbüchern
lesen, für nicht erwiesen. Seine Behauptung stützt sich auf die
Beobachtung, dass in der Eidliste unter den Mitgliedern der einzelnen
Zünfte sich Personen finden, »welche ihr Beinamen charakterisire als
einen dem Hauptgewerbe ihrer Zunftgenossen fremden Beruf inne-
habend«. Wir sahen oben, 1 wie wenig es angeht, Beinamen ge-
werblicher Art auszunutzen zur Bestimmung des Berufes ihrer Träger -,
es können solche Beinamen sehr wohl Familiennamen darstellen.
Einige wenige sichere Fälle, welche Bücher (aus der Liste der Bader-
zunft) anfuhrt, beweisen nur, dass hier und da etwa der Zunft der
Weber der Sohn eines Webers angehört, welcher selber Schmied u. ä.
geworden ist, oder dass sich im Fischerhandwerk Personen finden,
deren Väter Fischer waren, während sie selbst Weber oder Zimmer-
leute sind, als solche aber noch der Zunft ihrer Eltern angehörten,
welche gar kein oder geringeres Eintrittsgeld von ihnen forderte.
Gegen Büchers Annahme spricht der Umstand, dass in den Statuten jede
Erwähnung derartiger Mitglieder fehlt, während Bücher* selbst bezeugt,
»dass die Zunftstatuten von 1 377 offenbar die gesamte Meisterschaft der
betr. Handwerke zur Voraussetzung nehmen.« Damit fällt Büchers Ein-
teilung der Zünfte von 1387 in einen engeren gewerblichen und einen
weiteren politisch-militärischen Verband. Damit schwindet auch die
Analogie mit den Zünften Strassburgs und den Kölner Gaffeln, welche
wirklich politisch-militärische Unterabteilungen der Stadt waren.
Die Zahlen, welche Bücher für die einzelnen Zünfte anführt,
bedürfen nach seinen eigenen, gründlich dargelegten Bedenken ver-
schiedener Berichtigungen, wenn man ziffernmässig die wirklichen
Gewerbetreibenden erfassen will. Wer schwört 1387? »mannesnamen
und ire sone, die über zwelf jare sin.« Zunächst sind ausgeschlossen
und fehlen in der Liste Frauen. Wir sahen aber, dass z. B. dem
Wollenhandwerk Frauen als Zunftmitglieder in gewerblicher Thätig-
keit (Kämmen, Spinnen) angehören. Das Verzeichnis führt auch
die Söhne über 12 Jahre auf. Von ihnen sind die Angehörigen der
untersten Altersstufe noch nicht als Gewerbetreibende anzusehen.
Bei der Wollenweberzunft werden 312 Namen aufgeführt,
darunter 4 als Färber, 5 als Wollschläger, 1 als Spuler, 1 als Tuch-
1 S. 49, Note 6.
' a. a. O. S. 140.
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scherer, i als Walker kenntlich gemacht. Das sind vielleicht zufällige
Markirungen; wir können daraus das Zahlenverhältnis von Webern
zu ihren Hülfsgewerblern nicht feststellen. Das Fehlen von Käm-
merinnen und Spinnerinnen erklärt sich nach dem obigen Hinweis.
Die Zahl 312 ist gross; aber Büchers Vermutung, dass der Zunft alle
angehörten, die mit dem Gewerbe in irgend einer Beziehung standen,
wird durch unsere früheren Darlegungen zur Gewissheit erhoben.*
Unter Zugrundelegung eines vorher berechneten Reduktionsfaktors für
die einzelnen Altersstufen reduzirt er diese Zahl auf die von 223 ge-
werblich thätigen Meistern des Wollenhandwerks.
Die Leineweber-Zunft führt 52 Namen auf; nach Anwendung
des Reduktionsfaktors giebt das 37 gewerblich thätige Leineweber.
Hülfsgewerbe werden in Übereinstimmung mit meinen Beobachtungen
nicht erwähnt.
Bei einer Seelenzahl von 10,000 hat 1387 Frankfurt 1378 in
Zünften zusammengeschlossene Handwerker. Unter ihnen stehen an
erster Stelle die 312 Namen der Wollweberzunft, als 22,7% der
Gesamtzahl zünftiger Handwerker. Die Zahl ist in Ansehung des
lokalen Bedarfs einer Kleinstadt zu gross. Sie erklärt sich aus
der Annahme einer Weberei für den Export; wir haben oben
diese Annahme anderweitig begründet,* dagegen entspricht, wieder
in Übereinstimmung mit früheren Resultaten, die Zahl von 37 Leine-
webern, denen keine arbeitsteiligen Hülfsberufe zur Seite stehen,
durchaus der anzunehmenden heimischen Nachfrage.
Auch in der Ausdehnung der Arbeitsteilung wird die Woll-
weberei in Frankfurt von keinem anderen Gewerbe übertrofTen.
Schmoller beurteilt die Frankfurter Wollweberei auf Grund der Eid-
liste von 1387 dahin, dass sie der von Strassburg weit überlegen
war, dass Frankfurt an Umfang der Produktion Köln kaum nach-
gestanden haben dürfte. 5 Ich bin nicht in der Lage, dieses Urteil
Schmollers nachprüfen zu können.
Im Laufe des XV. Jahrh. ist durch Errichtung der Walkmühle
die Gruppe der Walker in der Zunft stark zusammengeschrumpft,
und neuerdings stärker aufgetreten ist die Spezialität der Planerer.
Für das Jahr 1432 ist die Zahl von 132 Meistern Tuchherstellern in
der Zunft belegt ; über die Zahl der dieser Tuchproduktion entsprechenden
Hülfsgewerbler liegt dabei keine Angabe vor. Für 1440 hat Bücher
1 Bücher a. a. O. S. 90 und oben S. 63.
* Seite 60.
J Tucher- und Weberzunft S. 436.
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— 75 —
wieder eine Art Eidliste benutzt.' Ihre Ausnützung zu gewerbe-
statistischen Untersuchungen stösst auf noch grössere Schwierig-
keiten, als es bei jener von 1387 der Fall war.
Bei einer Bevölkerung von 9000 Seelen erscheinen damals 159
in der Wollweberei Beschäftigte, darunter 115 Tuchhersteller, der
Rest Hülfsgewerbler. Seit acht Jahren vorher ist die Zahl der
zünftigen Tuchhersteller von 133 auf unter 115 zurückgegangen;
denn es stecken in der Zahl 115 auch zunftfremde Weber. 1495
treten uns 41, 1 539 wieder 49, 1613 nur 36 Mitglieder der Wollen-
weberzunft entgegen; unter diesen 36 sind aber in Wahrheit nur
4 Tuchscherer, 5 Gewandschneider, 1 Wollenwieger, also 10 Leute
in der Tucherei beschäftigt, die übrigen gehören allen möglichen
Berufsarten an. (Ugb C 32 S.)
Immerhin ist um 1432 die Tuchproduktion noch blühend; sie
lässt sich auf 3360 Stück für das Jahr berechnen.' Strassburg
produzirtc in der Blüthezeit seiner Tucherei 1488 zwischen 1800—
2000 Tuche. Da ist die Frankfurter Weberei von über 3300, durch-
schnittlich 40 Ellen langen Tuchen, bei einer Bevölkerung von 9000
Seelen, wesentlich auf den Export berechnet. Die Kölner Tuch-
produktion fertigte vor der Weberschlacht 12,000, gegen 1400 nur bis
7000 Tuche jährlich. Hier ist aber die Quote für den lokalen Bedarf
bei einer 5 — 6 mal grösseren Bevölkerung, als sie Frankfurt hatte, zu
bedenken.
Falsch ist Büchers Angabe, dass die gegen 1430 auftretenden
Barchentweber eine eigene Zunft gebildet haben. Sie blieben in der
Leineweberzunft. 1440 begegnen uns 86 Gewerbetreibende der Leine-
weberei. Darunter stecken auch Ausserzünftige. Zu erkennen sind
21 Leineweber, 22 Decklecher und 38 Barchentweber.
1) Basel.'
I. Basel besitzt um 1 370 eine Zunft der Gewandschneider unter
dem Namen der Zunft der Kaufleute oder der Zunft »zum Schlüssel.«
Die Mitglieder dieser Zunft stehen vielleicht durch Abstammung,
sicher durch ihren Besitz und ihre sozialen Verhältnisse, sowie durch
gewisse politische Vorrechte dem Patriziat sehr nahe. Ihre Thätigkeit
ist der Import und der Ausschnitt fremder Tuche. Sie kaufen
flandrische, brabantische, niederrheinische und mittelrheinische, unter
1 a. a. O. S. 177 ff.
* Vergl. oben Seite 67 Qber die Regelung der Produktion.
* Geering, Handel und Industrie der Stadt Basel, S. 34—56» 134. 169, 248
bis 265, 359-304.
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- 7 6 -
diesen auch Frankfurter Tuche auf den Frankfurter Messen ein.
1 391 gehen einmal von einer Frankfurter Messe nicht weniger als
für 10—12,000 Gulden Tuche nach Basel. Sie schneiden in Basel
aus und vertreiben ihre Waare weiter nach Süden. Sie haben zwar
ein Monopol auf den Gewandschnitt, aber durch die in Basel stark
verbreitete Doppelzüngigkeit finden wir auch Wollweber, Krämer
von der Safranzunft und Schneider, die bei ihren Zünften leibzünftig,
bei der Schlüsselzunft aber zugleich geldzünftig sind, mit dem Aus-
schnitt fremder Tuche beschäftigt.
Mit der Schlüsselzunft verbunden als Teilzunft ist das Handwerk
der Tuchscherer. Sie scheren dem privaten Käufer das einzelne,
bei den Gewandschneidern eingekaufte Stück Tuch. S i e können
nicht einmal durch Doppelzüngigkeit bei ihren Genossen in der
gleichen Zunft das Recht des Gewandschnittes erwerben. Wer von
ihnen Gewand schneiden will, muss die Schlüsselzunft ganz von
neuem kaufen und muss »die Schere liegen lassen.«
Um 1500 trat eine Veränderung in dem Gewerbe der Tuch-
scherer ein. Die damals stärker eindringenden englischen Tuche
kamen schon geschoren auf den Markt. Zum Ersatz für den damit
verlorenen Erwerbszweig bildeten die Scherer das Netzen, Glätten
und Appretiren der Tuche aus und übernahmen auch das Färben der
Tuche. Das führte zu Streitigkeiten mit den Färbern.
In Basel war aller Transitverkehr, ferner aller Import, welchen
Fremde ausboten, aber auch was heimische Verkäufer im Grossen
an Fremde weiterverkaufen wollten, ans Kaufhaus gebunden. Für
diesen Teil ihres Handels standen auch die Baseler Gewandschneider
im Kaufhaus; für diesen Verkehr dienten ihnen ihre Teilzünftler,
die Tuchscherer, als »Unterkäufer von Gewandes wegen.« 1 Von
Gaden in der Stadt, wo sie an Heimische ausschnitten, wird in Basel
nichts erwähnt.
Die Zahl der Gewandschneider war 1429: 78.
II. Die Zunft der Krämer oder die Safranzunft umschliesst die
Importeure und Verkäufer von fremden Leinen-, Baumwoll- und
Seidenstoffen bezw. der entsprechenden Rohstoffe, dazu von Spezerei,
Nürnberger und Mailänder Pfcnnwcrten u. s. f. 1362 erlangten die
Krämer auch das Recht, die billigen elsässischen Wolltuche einführen
und ausschneiden zu dürfen. Als sie dann aber (1430) auch die den
* In überraschendem Gegensatz zu dem Unterkäufer - Recht anderer Städte
nimmt Geering für Basel an, dass es den Unterkäufern gestattet war, Handel zu
treiben mit den Waaren, für die sie Unterkäufer waren. Aber für die Tuchscherer
führt er wieder das entsprechende Verbot an (a. a. O. S. 167 bezw. S. 52).
- 77 -
Kauf lernen - Gewandschneidern zustehenden wertvollen Tuche ein-
führten und ausschnitten, kam es zu Streitigkeiten zwischen den
beiden Zünften, welche durch einen Vergleich beendigt wurden, nach
welchem die Krämer ein ausschliessendes Vorrecht auf alle billigen
Wolltuche (bis zu 4 Schilling die Elle) erhielten, den Gewandschneidern
aber das Monopol gewahrt blieb auf die teuereren Tuche.
Von eigentlichen Weberzünften hat Basel zwei, die der »Grau-
tücher« und die der »Weber und Linweter.« Die beiden Zünfte
sind sozial weit von einander geschieden, die Zunft der Grautücher
nimmt unter den elf artes mechanicae Basels den ersten, die Weber-
zunft den letzten Rang ein.
III. Die Grautücher, zünftig organisirt seit etwa 1260, führen
schon 1326 die Hälfre ihrer Produktion aus, die andere Hälfte ver-
treiben sie auf dem lokalen Markt. Der Ausschnitt ihrer selbstgewebten
Tuche stand nur ihnen zu. 1362 gestattete der Rat den Krämern
die billigen elsässischen Tuche, welche den Erzeugnissen der Grau-
tücher an Güte gleich kamen, einzuführen. An dieser Konkurrenz
ging die Tucherei der Grautücher zu Grunde. 1380 schon war ihre
Zahl so gesunken, dass die damals zünftig neu organisirten Reb-
leute als Teilzunft »zur Verstärkung ihrer Zahl« ihnen angegliedert
wurden; 1429 gab es noch 25 Grautücher, aber schon 1453 nur noch
5 — 8 Wollweber, die sich von der Verbindung mit den Rebleutcn
lossagten und Aufnahme fanden bei der Schlüsselzunft. Erst nach
1500 blühte die Baseler Wollweberei wieder auf, dadurch, dass sie
sich auf die Herstellung feinerer Tuche warf.
IV. Die gewerbliche Leineweberei ist von vornherein in Basel
scharf geschieden von der Wollenweberei. Schon 1268 tritt uns
eine Zunft der »Weber und Lineweter« in Basel entgegen. Die
Leineweber Basels im XIV. Jahrhundert sind Lohnarbeiter im Dienste
privater Haushaltungen ; auf eigene Faust, für den Markt produzieren
sie nichts. Handel mit Leinwand war Sache der Krämer.
Um 1380 kam in Basel die Schürlitz- (Barchent-) Weberei auf.'
1 Gecring a. a. O. S. 260 irrt sich, wenn er Frankfurt als »eines der frühsten
Produktionszentren von Barchent (schon um 1577)« ansieht. Frankfurts Barchent-
weberei tritt erst um 1450 in die Erscheinung, sehr viel später als in Ulm und
später als in Basel. Siehe oben S. 70. — Über die Grösse der Frankfurter Barchent-
weberei finde ich Angaben erst aus der Zeit von 1577 in »Ugb C 50 C, Rechnung
über Barchentbesiegelung.« Danach wurden zur Besiegelung gebracht in dem Jahr
Juni 1577— Mai 1578: 511 Barchente, 1578/1579: 541 Barchente, 1579/1580: 608,
1 s 80 1581: 608, Juni 1581/Juni 1582: 715 Barchente. Es gab in den angeführten
Jahren in Frankfurt : 9, 10, 10, 10, 1 1 Barchentweber, die Tuche zur Besiegelung
brachten.
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- 7 8 -
Zuerst war sie in der Weise organisirt, dass die reichen Krämer ihre
Baumwolle von den Leinewebern um Lohn verweben Hessen, den
Handel mit dem Barchent aber sich selbst behielten. Im Laufe des
XV. Jahrhunderts aber wurden die Baumwolle -Verweber zu selbst-
ständigen Marktproduzenten, während die Leinengarn-Verweber Lohn-
arbeiter blieben. Diese Schürlitzweber Basels produzierten indessen um
1450 nur für den lokalen Markt, eine Exportproduktion schufen sie
nicht, weil sie es nicht verstanden, etwa nach dem Muster von Ulm
zu Verlegern von Landwebern zu werden. Es nützte auch nichts, dass
die Schürliizweber (zw. 1450— 1500) sich der Herstellung feinerer
Barchentsorten zuwandten. Nach 1500 gaben die Baseler Weber
die Herstellung von Schürlitz mehr und mehr auf und suchten
Zuflucht bei der damals wieder aufblühenden Wollweberei. 1506
vereinigten sich Grautücher und Weber zu einer Weberzunft.
2) Strassburg.'
Schmoller hat ausführlich die soziale Struktur der textilen Zünfte
Strassburgs geschildert. Hier können zu Zwecken der Vergleichung
nur die gröbsten Züge seines Bildes abgezeichnet werden. Äusserlich
unterscheiden sich die Strassburger Verhältnisse von denen Frankfurts
und Basels darin, dass in Strassburg eine Gewandschneiderzunft und
eine Zunft der Leineweber fehlt und dass andererseits die Wollweberei
unter zwei getrennte Zünfte geteilt ist.
I. Strassburg war während des XIV. Jahrhunderts ein Markt für
den Handel mit fremden Tuchen. Zu erklären bleibt es, warum dann die
Baseler Kaufleute ihre Tuche in Frankfurt einkauften statt in dem
viel näher gelegenen Strassburg. Neben den Fragen des Zollwesens,
die hier heranzuziehen wären, scheint wesentlich die Differenz, dass
in Strassburg der Verkauf von Fremden an Fremde für den Tuch-
handel verboten, in Frankfurt erlaubt war.*
Die fremden Tuchverkäufer müssen in Strassburg alle ihre
Waaren ins Kaufhaus bringen. 14 11 wird ihnen für die Dauer der
Messen der Ausschnitt ihrer Tuche auch ausserhalb des Hauses ge-
stattet. Sie dürfen im Kaufhaus nur an Strassburger Bürger, nicht
■ Vergl. Schmoller, Strassburger Tucher- und Weberzunft, die Kapitel IV
und VII.
1 Siehe Schmoller a. a. O. S. 428/429; «n Frankfurt bestanden ähnliche Ver-
bote für den Weinhandel, siehe Senckenberg, Selecta juris et historiamm Bd. 1,
S. 8, cap. III.
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- 79 —
aber an Fremde verkaufen. Als Käufer treten auf Bürger aller mög-
lichen Berufsarten, Tucher, Weber, Krämer, Schneider u. a. Doch
scheint thatsächlich am meisten durch die Tucher eingekauft worden
zu sein. Der Ausschnitt von fremdem Tuch ist allen Bürgern der
Stadt, die Geld und Lust zum Einkauf bei den Fremden haben,
freigegeben.
II. Das Weben war in Strassburg bis gegen 1300 noch Sache
der Hauswirthschaft. Die Hausfrau kaufte die Wolle ein und über-
gab sie zum Waschen, Schlagen, Kämmen, Spinnen einem Woll-
schläger von Berufe. Verwebt wurde das von diesem hergestellte
Gespinnst in der Haushaltung selbst.
Um 1 300 trat eine doppelte Veränderung ein. Der Wollschläger
kaufte selbst die Rohwolle ein, und von ihm bezog die Hausfrau erst
das Wollgarn, und zweitens, die Hausfrau berief auch zum Verweben
berufsmässige Hülfskräfte.
Im Laufe des XIV. Jahrhunderts vollzog sich die eingreifendste
Wandlung. Die Wollschläger behielten mehr und mehr ihr Gespinnst
für sich, sie verwebten es selber und brachten erst das fertige Tuch
zum Verkauf, sie wurden »Tucher«.
Um 1350 hat Strassburg zwei Zünfte des textilen Gewerbes.
Die erste ist die der Tucher- Wollschläger. In ihr stehen die Tucher,
welche jetzt nur noch kaufmännisch thätig sind im Wollecinkauf und
im Tuchverkauf. Neben ihnen stehen im gleichen Verband Meister
Wollschläger, ärmere Meister, welche bei dem Erwerbszweig der
Wollevorbereitung hatten bleiben müssen und diese nun um Lohn
für ihre ehemaligen Erwerbsgenossen aus der Wollschlägerei besorgen.
Sie sind sozial kaum verschieden von den Wollschlägerknechten,
welche sich die Tucher halten. Das eigentliche Weben lassen die
Tucher für sich vornehmen von Knechten oder von den Meistern
Webern aus der zweiten textilen Zunft. Weiter gehören der Tucher-
zunft an als Meister die Walker; es fehlen in ihr Meister Färber,
weil das Strassburger Tuch in dieser Zeit ungefärbt, und Meister
Karder und Scherer, weil es ungeschoren verkauft wurde. Den Tuch-
scherer beschäftigte erst der Bürger, der sich seine paar Ellen Tuch
vor der Verarbeitung zum Kleid scheren Hess; seit 1362 bildeten die
Tuchscherer in Strassburg eine eigene Zunft zusammen mit den
Müllern und Ölleuten.
Die Tucher konnten ihre Tuche im Kaufhaus, aber auch überall
sonst in der Stadt feil halten. Zwischen Tuchern und fremden Käufern
und Tuchern als Käufern und fremden Gewandverkäufern vermitteln
die selben Unterkäufer. Fremde Gäste kaufen bei den Strassburger
- So -
Tuchern ein i) deren eigene Erzeugnisse, 2) die von ihnen aus der
Fremde bezogenen Tuche, während die Tuche, welche die Tucher
in Strassburg selbst von Fremden einkauften, in der Stadt selbst
nicht weiter an Fremde verkauft werden durften.
Als zweite textile Zunft erscheint die Zunft der Weber. Es
sind die Handwerker, die schon vorher um Lohn für die Haus-
haltungen gewebt hatten, welche jetzt auch die Lohnaufträge der
Tuch er besorgen. Neben der Wolle verweben sie auch das Leinen-
garn der Haushaltungen.
Während des ganzen XIV. Jahrhunderts kämpfen die beiden Zünfte
der Tucher und der Weber um die scharfe Trennung zwischen
Kaufwerk und Lohnwerk. Die Tucher sollen nach Wunsch der
Weber nur Kaufleute sein; die Ausführung von Lohnaufträgen
Privater sollen sie den Webern überlassen, und auch zum Betrieb
ihrer eigenen Webstühle sollen sie durchaus die Webermeister
der anderen Zunft um Lohn heranziehen. Die Weber hinwieder
sollen nach Wunsch der Tucher durchaus kein Kaufwerk treiben.
Mit der Zusammenziehung der beiden Zünfte in eine (1483) hörten
diese Streitigkeiten auf und die scharfe Abgrenzung verschwand.
In der Zeit von 1450 an, besonders gegen 1500, ging die Strass-
burger Weberei überhaupt stark zurück. Der Rat geht, um ihr auf-
zuhelfen vor gegen die steigende Wollausfuhr und die Verteuerung
der Wolle durch den Zwischenhandel, sowie gegen die unendlich
gestiegene Einfuhr fremder Tuche. Positiv sucht er die Technik
der Weberei auf die Höhe der fremden zu heben. Besonders die
Färberei wird im XVI. Jahrh. vielfach durch eingewanderte Nieder-
länder neu ausgebildet. Herzog Alba hat unbewusst viel für die
deutsche Weberei gethan. In Strassburg gelingt es schon nach 1550
die Tucherei wieder etwas in die Höhe zu bringen.
IIL Eine Zunft der Leineweber hat Strassburg nicht gehabt.
Besondere Meister Leineweber sind vereinzelt erst seit 1533 nach-
zuweisen.
3) Speyer.'
Die Verhältnisse Speyers zeigen manche Ähnlichkeiten mit
denjenigen Strassburgs und damit die gleichen Verschiedenheiten
von denen Frankfurts.
• VergL: Hilgard, Urkunden zur Geschichte Speyers. Mone, Zeitschrift für
die Geschichte des Oberrheins.
i
- 81 —
I. Eine Zunft der Gewandschneider kommt in Speyer nicht vor. 1
II. Um 1350 begegnen uns »die (offenbar fremde) Leinenkleider
feil habenden« ; es wird ihnen eine bestimmte Stelle des Marktes
angewiesen. a
III. Die älteste Weberordnung von 1298* zeigt eine Weber-
zunft, deren Mitglieder Preiswerker sind. Der Bundbrief der
13 Zünfte Speyers von 1327 4 zeigt drei textile Zünfte, und zwar an
erster Stelle die Zunft der ducher, gewender unde snider, an zehnter
Stelle die Zunft der wober, an dreizehnter Stelle die Zunft der linweter,
altgewender, mudder und sagdreger.
Was zunächst das Verhältnis der beiden in der Wollweberei
beschäftigten Zünfte betrifft, so gewährt Klarheit der Vergleich,
welchen der Rat 1336 zwischen Tuchern und Webern traf. 5 Der
durch ihn geschlichtete Streit zwischen den beiden Zünften hat sich
offenbar um zwei Punkte gedreht. Die kaufmännischen Tucher
verlangten das alleinige Recht, in Speyer Tuche für den Handel
herzustellen, und zwar zum Weben ihrer Tuche nur Knechte der
eigenen Zunft verwenden zu müssen. Die Weber bestritten ihnen
jenes Recht, und sie verlangten, dass die Tucher alle ihre Gewebe
durch sie, die Webermeister, herstellen lassen müssen, und weiter,
dass den Tuchern die Übernahme jedes Lohnauftrages für Private
verboten werde.
Der Vergleich von 1336 anerkannte das Vorrecht der Tucher.
Nur Mitglieder ihrer Zunft dürfen Tuche für den Markt herstellen. 6
Die erste Forderung der Weber wurde nicht bewilligt, es wurde den
Tuchern vielmehr gestattet, Webstühle im eigenen Hause durch
Weberknechte aus der eigenen Zunft oder durch ärmere Meister
1 Siehe die Aufzählung der Zünfte Hilgard a. a. Ü. No. 371, dazu Monc a. a.
ü. XV 34. überhaupt scheint gegen 1 300 nur wenig fremdes Tuch in Speyer
ausgeschnitten worden zu sein, wenn es in der Weberordnung von 1298 heisst:
item pannos extra civitatem factos qui emerit. si est civis, illum pannum nulli vendere
in civitate debet, nisi predieat ementi, antequam sibi exhibeat pannum pro denariis,
istc pannus non est hic factus.
1 Hilgard, Anhang IV, S. 48s Z. }j.
3 Hilgard, No. 199.
* a. a. O., No. 371.
* a. a. O., No. 441. Diese für die Speyerer Verhältnisse grundlegende Urkunde
konnte Schmoller (Tucherzunft S. 421) noch nicht benutzen.
6 Noch auf einige Zeit wird einigen, mit Namen aufgeführten Webern neben
ihrem Lohnwerk auch Preiswerk gestattet (sie mögen weben in der ducher zunft
und ouch der wober und andern luden). Ihre Nachkommen sollen das Recht nicht
mehr haben.
6
- 82 -
Tucher betreiben zu lassen. Dieses Recht machte die Tucher unab-
hängig von der Hülfe der Weber, aber in der Praxis gestaltete sich
die Sache anders. Grade der Vergleich bespricht ausführlich die
Thätigkeit der Weber für die Tucher; er setzt die Löhne fest, welche
die Tucher den Webermeistern geben sollen, und bestimmt, wie viel
davon die Weber wieder an ihre Knechte abgeben müssen. Die
Besichtigung der für den Tucher zu webenden Stücke findet im Hause
des Webermeisters statt durch eine Kommission, zusammengesetzt
aus zwei Tuchern und zwei Webern. Ihre zweite Forderung wurde
den Webern zugestanden; nur sie dürfen um Lohn für die Privaten
arbeiten.
Soweit ist die Scheidung klar. Die Tucher sind Kaufleute, sie
kaufen die Wolle ein und verkaufen das Tuch, die ganze dazwischen
liegende Thätigkeit wird für sie ausgeführt durch eigene Knechte
oder durch Webermeister aus der anderen Zunft. Die Weber sind
Lohnarbeiter für Tucher und für Haushaltungen.
Unklarheit wird in den Vergleich hineingebracht durch die Be-
stimmung: daz die wollensleher . . den webern als wol als den
duchern gehorsam sullent sin zu wirkene unde zu dienen mit irme
ant werke. Wozu brauchen denn die Weber die Dienste jener? Noch
mehrfach betonen unsere Quellen den Dienst der Wollschläger auch
für die Weber. 1 Man könnte denken, dass die privaten Auftraggeber
ihren Lohnarbeitern, den Webermeistern, Einkauf und Vorbereitung
der Rohwolle überlassen; das wenige an Wolle, welches die Weber
für Tuche eigenen Gebrauchs nötig haben, kann allein jene Be-
stimmung nicht nötig machen.
In Wahrheit scheint die Scheidung zwischen Tuchern und Webern
von 1336 nur auf dem Pergament des Briefes bestanden zu haben,
wenigstens soweit darin den Webern die Tuchherstellung für den
Handel verboten wurde.
1381 klagen die Tucher, 1 dass viele Leute ausserhalb ihrer Zunft
in Speyer Tuche zum Verkauf machen. Ihr Handel gehe zurück, es
sei fast besser für sie, in die Weberzunft einzutreten, um (das ist
wohl der Sinn) in der Lohnarbeit ein besseres Auskommen zu finden.
Der Rat bestimmt auf ihre Klage : Die Bürger dürfen jährlich nur
bis zu acht Tuchen weben. Wer mehr machen will, muss in die
• 1 343 u. 1346, Hilgard a. a. O. No. 476, S. 427 und No. 282, S. 22s, No. ; :
Die Gesellschaft der Wollschläger- und Weberknechte schwört vor den Tuchern
und Webern, die dazu zusammen kommen sollen.
» Mone IX, S. 166.
- 83 -
Tucherzunft eintreten. Doch sollen von dieser Beschränkung aus-
genommen sein die Weber, die sollent verliben bi iren rehten als si
biz her komen sint. Nur wird den Webern befohlen, niemand in
ihre Zunft aufzunehmen, »er könne denn mit der Hand selbst weben.«
Die Weber sitzen also selbst am Webstuhl, die Tucher lassen andere
für sich weben. Das würde nur einen Unterschied in der Grösse
der Tuchproduktion für den Markt herbeiführen. Nach einer Be-
stimmung von 1401 sind dementsprechend die Weber in ihrer Markt-
produktion rechtlich gar nicht beschränkt; 1 ebenso finden wir 1474
die Mitglieder der Weberzunft in der Tucherei zu Zwecken der Unter-
nehmung beschäftigt.*
Daneben behielten die Weber auch noch ihre alte Lohnthätig-
keit für die Tücher bei. 5
IV. 1327 begegnete uns eine besondere Zunft der Leineweber.
Sie ist mir in den Quellen nicht weiter begegnet. Gegen ihren Fort-
bestand spricht eine Bestimmung von 1362, nach welcher die Weber-
meister bezw. die Weberknechte neben der Wolle auch Leinen für
die Tucher verwirken. 4
4) Köln. 5
I. Gewandschneider begegnen uns in Köln zuerst 1247 als
pannatores qui suos pannos incidunt in fest organisirter Bruderschaft. 6
Es sind nach Ausweis der Namen zum grossen Teil Mitglieder der
Geschlechter. Als Unterabteilungen ihrer Bruderschaft neben der
Hauptgruppe der Gadenbrüder selbst erscheinen, gewerblich in sich
geschlossen, aber ohne eigenes Gericht und in der Aufnahme von
Mitgliedern von den Gewandschneidern abhängig: Schneider (Schröder),
Scherer (Schorren), Leinwandmenger, qui incidunt ad forum, Tuch-
1 a. a. O.: Bürger ausserhalb beider Zünfte dürfen ausser Tuchen des
eigenen Bedarfs nur vier Tuche jährlich zum Verkaufe weben, Nichtbürger dürfen
gar keine Tuche zu feilem Kaufe weben.
■ Mone XVII 41.
* Siehe die Lohnordnung von 1 362 bei Mone XVII 58.
4 a.a.O., S. $9. — Danach halte ich die Ansicht Schmollers über die Speyerer
Tur und Weber für irrtümlich (S. Tucherzunft S. 421).
s VcrgL Ennen und Eckertz , Quellen zur Geschichte der Stadt Köln
(/tun als »du.«); Stein, Akten zur Verfassung und Verwaltung Kölns im XIV.
und XV. Jahrb. (zitirt als »Akten«).
* Qu. I m .
1
Google
- «4 -
händler, welche (fremde) pannos integros vendunt, Wirte und Unter-
käufer. '
Die Thätigkeit der Gewandschneider ist eine rein kaufmännische.
Schon um 1247 kommen flandrische und brabantische Weber nach
Köln und bieten ihre Tuche in ihren Herbergen aus. Dort kann
jeder bei ihnen einkaufen; der Gewandschnitt ist zunächst in Köln
durchaus frei. Es werden als Käufer angeführt:* die Gadenbrüder,
andere Kölnische Gewandschneider, Kölner Bürger, die ihren Haus-
gebrauch decken und auch zur Ausfuhr auf auswärtige Märkte ein-
kaufen, und Fremde, die zur Ausfuhr einkaufen.
Im XIV. Jahrhundert bemüht sich die Kölner Gadenbruderschaft
um ein doppeltes, einmal sich das ausschliessende Recht zum Gewand-
schnitt zu verschaffen, und dann schon beim Einkauf bei den fremden
Händlern jede konkurrirende Nachfrage als preiserhöhend zu entfernen.
Während noch 1344 ein nicht unbeträchtlicher ausserzünftiger
Gewandschnitt in Köln zu Recht besteht, gewährt zuerst 1352 der
Rat den Gadenleuten das Monopol und verbietet den Schnitt fremder
Tuche jedem anderen, besonders den Webern. Aber noch 1360 und
sogar noch 1400 ist deutlich zu sehen, dass mit jenem Verbot, welches
1 374 wiederholt wurde, der unzünftige Gewandschnitt durchaus nicht
gänzlich beseitigt war; er bestand trotz des Verbotes fort. Das
Verbot galt überhaupt nicht für die Zeit der Messen; solange diese
dauerten, blieb der Ausschnitt fremder Tuche für jedermann frei.»
■ In einer Gewandschneider -Urkunde von 1260 (Qu. II 435) erscheinen als
neue Unterabteilung die »alincstendere« ; wer diese sind, kann ich nicht sagen. Ver-
schwunden sind in ihr die Leinwandmenger und die integros pannos vendentes.
1344 (Qy. 135t) erscheinen: Gewandschneider, Leinwandmenger, Wirte, Schröder,
Schorren. Die integros pannos vendentes sind mir nicht wieder begegnet ; zu 1388
heisst es einmal »Wirte, die ganz Gewand verkaufen«. Die Thätigkeit der Tuch-
scherer in der Gadenbruderschaft ist nach Analogie von Basel darin zu suchen,
dass sie dem Privatmann sein kleines Stück Tuch vor der Verarbeitung zum Kleid
scheren; nicht aber werden sie sich am Gewandschnitt beteiligt haben. (So fasst
es E. Otto, Archiv für hess. Gesch. N. F. I S. 439.) Die linwatmengere bringe ich
zusammen mit der Krämerzunft in Basel und mit den »Leinenkleid feil habenden«
in Speyer. — Aus den Namens Verzeichnissen, die Ennen (Qu. 1 336 u. 338) für die
Mitglieder der einzelnen Abteilungen der Gadenbruderschaft giebt, sind aus leicht
ersichtlichen Gründen wirkliche Zahlenangaben nicht zu gewinnen.
* Qu. I 368 u. 369.
1 1344: Qu. I 359, siehe auch Ennen, Geschichte II 607, No. 4.
1352: Qu. I 367.
1360: Qu. I 360.
1374: Qu. I 362, zu datiren nach Ennen, Geschichte II 611.
1400: Akten I No. 66; wiederholt zu 141 3 : Akten I No. 107, XVI.
Falsch ist danach die Angabe Hegels (Städte u. Gilden II 3 s 5), dass
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- 8 5 -
Gegen den Einkauf der Haushaltungen für den Hausbedarf
unmittelbar bei den fremden Händlern wenden sich die Bestimmungen,
dass die Fremden nur im Grossen verkaufen dürfen.'
Gegen den Einkauf von Fremden bei den Fremden hatte sich der
Rat schon 1335 gewandt.* Aber damals lag es dem Rat mehr daran,
zu verhüten, dass Fremde nicht in Köln einkaufen, um gleich dort
wieder weiterzuverkaufen. Zur Ausfuhr konnten die Fremden bei den
Fremden noch Tuche in Konkurrenz mit den Kölnischen Gewand-
schneidern einkaufen. Gegen jeden Einkauf Fremder bei Fremden
wendet sich der Rat schärfer erst 1372.' Damit wäre für das fremde
Tuch in Köln eine Art Stapelrecht erklärt gewesen.
Um alles das zu überwachen, und zugleich um für eine bessere
Erhebung der Accise sorgen zu können, drängte der Rat die Fremden
mit ihren Tuchen aus den Wirtshäusern in die städtische Kaufhalle. 4
Zwischen 1350 bis 1360 wird geschieden zwischen Tuchstreichern
die das verkaufte Gewand nachmessen, und Unterkäufern, die den
Handel vermitteln. * Die »Unterkäufer im Gewandhaus« dienen
der Geschäftsvermittlung zwischen den Fremden und den Kölnischen
Gewandschneidern; die Zahl der Tuchstreicher beträgt 1360 nur
vier bis sechs.*
II. Während so die Gewandschneider aus der Bruderschaft unter
den Gademen ihre Ziele erreichten, haben die in der gleichen Zunft
umschlossenen Leinwandmenger, die den Vertrieb fremder Leinwand
zu ihrem Geschäft gemacht hatten, keine Erfolge gehabt. Ihre Ver-
bindung scheint sich aufgelöst zu haben. Im XV. Jahrhundert verkaufen
die fremden Leinwandhändler unmittelbar im Grossen und im Aus-
schnitt an Bürger und an Gäste. Der Vertrieb der fremden Leinwand-
händler ist seit 1355 durchaus in die grosse »Kaufhalle« gewiesen,
1 396 die Brüderschaft der Gewandschncider verschwunden war. Im
Verbundbrief werden sie nur nicht ausdrücklich unter den 22 Gaffeln
genannt.
Für die Messen: Qu. I 62 und V 557.
' Diese Bestimmung für den Tuchhandel finde ich erst zu 1372, die ent-
sprechende für andere Handelszweige datirt schon früher: Akten 11 No. 44, § 5;
zu 1400 a. a. O. No. 87 u. öfters.
J Akten II No. 4.
J a. a. O. No. 44, 5 12, No. 66, $ 1.
♦ Noch 1360: Akten II No. 39, § 9, aber zwischen 1370 bis 1380: a.a.O.
No. j: I, § 1 und 3.
Akten II No. 36, No. 35, S 3, No. 51 I, $ 10.
« Zahl der Tuchstreichcr : a. a. O. No. 39, 5 j ; Bestimmungen über die Kölner
Unterkäufer siehe a.a.O. No. 198 und Akten 1 No. 159, Zusätze b.
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eine Abteilung derselben ist »das Leinwandhaus«. 1 Es bleibt zu
erklären, wieso sich zwischen die fremden Tuchhändler und die
Konsumenten das Zwischenglied der Gewandschneider schob, während
sich der Verkehr bei der fremden Leinwand unmittelbar vollzog.
Im Leinwandhaus (Garnhaus) spielt sich auch der Handel mit
eingeführten Rohstoffen, Leinengarn, Flachs, Hanf ab. 1 Als Käufer
treten auf die »Amte und Bürger, die sich daran genehren« und
Fremde. 1466 klagt der Rat, dass zur Umgehung der Accise viel
Garn in Frankfurt eingekauft werde; er belegt das von dort be-
zogene Garn mit der gleichen Accise, die das in Köln eingekaufte
zahlen muss.
Von eigentlichen textilen Handwerken begegnen uns in Köln
1) das Wollenamt, 2) das Tirteys-Amt, 3) das Amt der Decklachen-
macher, 4) das Amt der Leinefärber. Die 1 149 auftretenden 1 textores
culcitrarium pulvinarium (Bettziechenweber) und die textores peplorum,
welche damals einen gemeinsamen Verkaufsplatz sich einrichteten,
sind im XIV. Jahrhundert als solche nicht wieder zu finden. 4
III. Das Kölner Wollenamt erscheint schon 1230 mit einer
Ordnung, von der es heisst, dass sie sie schon »diutius observaverunt«. 5
Sie werden in jener Urkunde in der Thätigkeit für den Tuch handel
erwähnt, nicht mehr als Lohnwerker. Ihre Zunft war damals schon
so ausgebildet, dass ihnen auch die Aufsicht über das Deutzer
Wollenamt übertragen wurde. Eine ausführliche Ordnung des Wollen-
amts liegt mir erst zu 1332 vor. 6
Die Wollweber sind durchaus Unternehmer. Nur an einer
Stelle finde ich ihre Lohnarbeit für Private erwähnt. 7
Der Tuchverkauf der Kölner Weber und der Schnitt ihrer
Tuche ist an ihre zwei Zunft-Kaufhäuser Airsburg und Kriechmart
• Akten II No. 35, 5 1 und 2; Ordnung des Leinwandhauses von 1466:
a. a. O. No. 274. Alle verkaufte Leinwand muss im Hause nachgemessen werden.
Angestellt sind im Leinwandhaus ein Hausmeister, ein Schreiber, zwei Streicher,
vier Unterkäufer.
a Für diesen Handel sind angestellt städtische Wieger und ein Pundcr
(Waage-Meister).
J Qu. I 329.
* Im Verbundbrief von 1396 erscheinen: 1) Wollenamt, mit ihm verbunden
Scherer und Tirteicr, 2) Leinenfärber, Waidener, 3) Zychwebcr, Decklachwebcr
und Leinweber. (Akten I No. 52.)
5 Qu- II 122.
« Qu. I 370.
7 Qu. I 37}, Absatz 3 und über den Sinn der Stelle Absatz 6. Danach ist
es den Webern nur verboten, Zunftfremden Tuche für den Handel weben zu helfen.
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- 8; -
gebunden. Wir hören auch, dass Bürger bei den Webern ganze
Tuche kaufen, und dass sie dann den Nutzen vom Ausschnitt haben; 1
ganz wie die Frankfurter Weber den Ausschnitt ihrer Tuche Hocken
und Krämern überliessen.
Bedeutend war der Export zünftig gewebter Tuche aus Köln.
Ein Hauptabsatzgebiet für die Kölner Weber waren die Frankfurter
Messen.
In Köln hören wir nicht wie in Strassburg und Speyer von
Webermeistern-Lohnarbeitern im Dienste von Tuchern-Unternehmern.
Es besteht nur die eine Wollenweberzunft. In der Mitte des Weberei-
betriebes steht der Unternehmer; ihm dienen, von ihm um Lohn
beschäftigt, aber als selbstständige Meister in der Zunft: Zeuwer
(Walker), Röther (Rothfärber), Schlichter (Schoere). Ausserdem
gehören zum Zunftverband die Kämmerinnen, welche im eigenen
Hause arbeiten, und die Nopperinnen. 1 Die Schlichter scheinen zum
leil dieselben Persönlichkeiten zu sein wie die Scherer aus der
Gadenbruderschaft.'
Sorgfältig geregelt ist der Einkauf der Wolle durch die Weber.
Um Köln herum muss die Schafzucht 1 391 sehr ausgedehnt gewesen
sein, sie wurde damals eingeschränkt. 4 Daneben scheint viel Wolle
vom grossen oberrheinischen-elsässischen Wollmarkt nach Köln ge-
kommen zu sein. 5
Der Waidhandel ist in Köln wichtiger für die Leinenweberei als
für die Tucherei. Schon zu 1255 werden eine Anzahl zusammen-
wohnender Waidmenger erwähnt;* später hören wir von der St. Jakobs-
Bruderschaft, einer Verbindung derer, die bei den Landleuten den
Waid in Köln einkaufen und ihn dort weiterverkaufen. Ihre Ge-
nossenschaft hat keinen Zunftzwang. 7 1372 hören wir von ihr
nichts mehr. 1
1 Qu. I 368/369, siehe auch Ennen, Geschichte II 614.
1 Diese haben am verkaufsfertigen Tuch im Hause des Webers die vom
Zusammenknoten abgerissener Fäden beim Weben entstandenen Unebenheiten
zu entfernen.
> siehe Akten II No. 51 I, $ 3.
< Mone IX, 175.
* Der Wollhandel vollzog sich in der Wollküche, 14 10 ernennt der Rat
allein die Richter, Wieger und Unterkäufer in der Wollküche, 1493 ist das Wollen-
amt an deren Ernennung beteiligt. (Akten II No. 119 u. No. 481, siehe auch
No. 471.)
« Qu. II 354.
^ Qu. I 417-
« Akten II No. 82 XXIII.
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- 88 -
Als Waidverkäufer erscheinen auf dem Waidmarkt die Bauern,
die ihren Waid auf Karren ausbieten. Nur auf dem Waidmarkt
darf sich der Handel abspielen. Vorher wird der Waid geprüft
durch einen Färber, in Gegenwart des »Richters auf dem Waid-
markt«. Die heimischen Abnehmer sind vorzugsweise die Färber,
auch Fremde kaufen Waid ein, um ihn auf dem Rheine weiter zu
führen. Die Stadt bestellt geschworene Messer und Waidunterkäufer
zur Vermittlung zwischen dem »Landmann« und dem »Steedemann«. *
Die Tirteyer stellen geringe Wolltuche her; ihrer wird in den
Quellen nicht viel gedacht. Im Verbundbrief (1396) erscheinen sie
als ein blosses Anhängsel des Wollenamts.'
IV. Zu 1336 erhält das Amt der Decklacher seine Ordnung.'
Sie stellen abgepasste weisse Leinwandstücke für den Handel her und
sind im Besitze eines eigenen Kaufhauses, in welchem sie ihre Deck-
lachen feil halten. 4
Für die Zunft der Leinefärber finde ich eine Ordnung zu 1392. s
Ihr Gewerbe ist das Blaufärben von Leinengarn und Seide mit Waid.
In ihrer Zunft sind manche Meister von den anderen um Lohn be-
schäftigt. Daneben stellen die Leinefärber auch selbst eine besondere
Art von Leinwand her (die blauen kogeler). Schon 1347 geht ihre
blaue Leinwand bis nach Brügge. Auf Klage der Brügger ordnete
damals der Rat Maasse und Farbe der kogeler. Zur Bildung einer
Zunft war ihr Gewerbe in jener Zeit noch nicht gekommen.' 1392
wird ihr Leinwandverkauf an »die Kaufleute« mehrfach besprochen.
Unsere Darlegungen ergeben, dass unverkennbar die Bilder des
textilen Lebens in Strassburg und in Speyer ähnliche Züge aufweisen,
und dass, von ihnen scharf unterschieden, Basel und Köln sich nach
dieser Richtung hin nahe stehen. Frankfurt a. M. ist in der Ent-
wicklung seines Gewebehandels und -Handwerks der letzteren Gruppe
zuzuweisen.
In Strassburg und Speyer fehlt die Zunft der Gewandschneider,
die in Frankfurt, Basel und Köln vorhanden ist. Kein Analogon findet
1 a. a. O. No. 114 LV; No. 11 1 zu 1406; Prüfung des Waids : a. a. O. No. 184.
a a. a. O. No. 500, 18 zu 1423.
* Qu. I 397.
* Ennen gibt Qu. I 401 die Namen von 50 Decklachern zu 1360 an; ob
das nicht eine Sammelliste ist?
s Qu. I 382-
6 Akten II No. 26.
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- 8 9 -
in Frankfurt die Zunft der Weber-Lohnarbeiter Strassburgs und Speyers.
Wenn allerdings die Berufsart in Frankfurt auch vertreten ist, so
fehlen doch die für die Entwicklung wichtigen Kämpfe zweier ge-
sonderter Weberzünfte gegen einander. In Frankfurt, Basel und Köln
entwickelt sich eine Zunft der Leineweber gesondert von der Woll-
weberzunft, in Strassburg und Speyer nicht.
«$. Urkunden
Einleitung.
Es sind hier einige Angaben zu raachen Uber die von mir benutzten
Zunfturkunden.
1) Dasl. Frankfurter Handwerkerbuch, Archivbezeichnung:
Ugb C 29 A, ist ein dünner Band von 11 Pergamentblättern, einge-
schlagen in ein Stück hebräischer Handschrift. Es ist geschrieben 1355; die
Ordnungen der damals vorhandenen i^Zünfte sind von derselben Hand fort-
laufend eingeschrieben. An erster Stelle ist die Ordnung der Gewandmacher
eingetragen, sie nimmt 2 7» Blätter ein. Gedruckt ist das L Handwerker-
buch bei Böhmer, Codex diplomaticus moenofrancofurtanus S. 635 ff.
2) Das II. Frankfurter Handwerkerbuch, Archivbezeichnung:
Ugb C 29 B, mittelstarker Band in folio, Pergamentumschläge, 172
Blätter Papier. Ein handschriftliches Register zu diesem Buch hat Kriegk
angefertigt. (Repertorien B 52 Handwerker insgemein.) Das Buch ent-
hält Ordnungen einzelner Zünfte von 1377, anderer von 1423, 1424,
1426, 143 1 und 1435. Den einzelnen Zunftordnungen sind am Schluss
oder in marginalen und interlinearen Noten Zusätze und Abänderungen
hinzugefügt. Die ältesten Zusätze tragen das Datum 1 388 (Bender-
Ordnung von 1377 Fol. io5bis) und 1399 (Schmiede-Ordnung von 1377
Fol. 39a); die jüngsten datiren von 1436 (Fischer -Ordnung von 1377
Fol. 115b) und von 1438 (Zimmerleute-Ordnung von 1424 Fol. 49a). Die
einzelnen Ordnungen des Buches zeigen die verschiedensten Hand-
schriften ; das Buch ist entstanden aus einer Zusammenheftung vieler
zerstreut vorhandenen Einzel - Ordnungen Frankfurter Zünfte. Wann es
zusammengeheftet und mit einer fortlaufenden Paginirung versehen
worden ist, kann ich nicht bestimmen. Nach der Art der Zusätze möchte
ich annehmen, dass es vor den 1430er Jahren geschehen ist, und dass
das ganze Buch in dieser Zeit schon ausser Gebrauch gesetzt worden ist.
Wir finden in ihm die Ordnung der Gewandschneider an erster
Stelle auf fol. 1 — 3. Zusätze sind bei ihr nicht gemacht. An zweiter
Stelle stehen die Ordnungen des Wollenhandwerks von 1377 mit einer
- 9<> -
Reihe von Zusätzen aus der Zeit 141 5—1432, fol. 7— 266, an i7ter
Stelle die Gesetze des Leinenhandwerks mit Zusätzen aus der Zeit
1408 — 1430, fol. 127 — 134a.
Gedruckt sind aus dem II. Handwerkerbuch nur einige Stücke und
diese nur unvollständig in Böhmer, Cod. diplomat. moenofrancof.
S. 749 ff. (Gesetze der Bäcker, Kürschner und Fischer).
3) Das III. Frankfurter Handwerkerbuch, ohne weitere
Archivbezeichnung, dicker Band in Holztafeln gebunden, 317 Blätter
Pergament und Papier. Der Band als solcher ist wie das II. Handwerker-
buch durch Zusammenheftung einzelner längst vorhandener Stücke ent-
standen; wann es geschehen ist, ist nicht zu bestimmen. Die durchlaufende
Paginirung ist sehr wenig sorgfältig vorgenommen.
Das Buch enthält die Ordnung des Wollenhandwerks auf Fol. 1—32,
mit Zusätzen bis zum Jahr 1540, die des Leinenhandwerks auf Fol. 143
bis 161, mit Zusätzen bis zum Jahr 1551.
4) Ordnungen des Wollenhandwerks liegen noch vor in Ugb
C 32 A, erstes Exemplar, 40 Blätter Pergament, Holzeinband, der
nach einer Archivnote von 1471 stammt und in UgbC32A, zweites
Exemplar, 35 Blätter Pergament und Papier. Ich zitire sie als Ugb
C 32 Ai und Ugb C 32 Ai. Weiterhin liegt eine Ordnung der Wollen-
weber vor in Ugb C 32 B.
5) Ordnungen der Leineweber liegen noch vor in Ugb C 50 A,
erstes Exemplar, 30 Blätter Pergament, und in Ugb C 50 A, zweites
Exemplar, 44 Blätter Pergament und Papier. Auf dem Titelblatt
enthält dieses die Wappen der zwei Ratsfreunde des Handwerks, Johann
v. Meiern Schöff und Johann Adolph v. Holzhausen, welche nach I^rsner,
Chronik von Frankfurt, I. S. 280 ff., 1581 und 1595 in .den Rat kamen;
der erstere wurde 1591 Schöffe. Ich zitire beide Ordnungen als Ugb
C50A1 und Ugb C 50 Ai.
Zur Datirung einzelner unserer Zunfturkunden und der in ihnen
enthaltenen Bestimmungen war es nötig, die chronologische Reihenfolge
der einzelnen angeführten Ordnungen festzulegen. Das Ergebnis, zu
welchem ich dabei kam, ist das folgende:
<
I. Wollweberzunft:
Ihre Ordnung im II. Handwerkerbuch ist nach den Schriftcharak-
teren 1377 geschrieben. Sie war das vom Rat benutzte Handexemplar,
in welches er sich die Nachträge, zuerst undatirt, später (zuerst 141 5)
mit Angabe des Datums, immer jeweils gleichzeitig mit ihrem Erlass
einschreiben Hess. Der Rat behielt diese Ordnung in Benutzung bis
1432; Nachträge aus der Zeit nach 1432 sind nicht mehr eingetragen.
Ob sich 1377 auch die Zunft eine Abschrift ihrer Gesetze herstellen
Hess, kann ich nicht sagen; sie ist im Archiv nicht zu finden.
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— 9 i -
Gegen 1440 liess sich der Rat eine neue Abschrift ihrer Ordnung
herstellen. Als Vorlage diente dem Schreiber die alte Ordnung aus II :
Ugb C 32 Ai. So mechanisch ward diese Abschrift vorgenommen, dass
z. B. im Artikel 1) der Satz blieb, die Weber haben geschworen, unserem
Herren Kaiser Karl treu zu sein. Die Abschrift lässt weg, was in der
Vorlage durchstrichen ist, und fügt gleich in den Text ein, was dort als
Nachtrag am Rand steht. Das neue Buch war noch 1493 in Benutzung.
Von diesem Buch liess sich die Zunft (und zwar nach Art der Nach-
träge zwischen 147 1 — 1476) eine Abschrift herstellen: Ugb C 32 Ai.
Dieses ihr Buch benutzte die Zunft sicher noch zur Zeit Kaiser Maxi-
milians I. An den betreffenden Stellen (Artikel 1) u. s. f.) ist »Karl«
durchstrichen und »Maximilian« dafür gesetzt.
1495 ness s * cn der Rat eine neue Ordnung der Wollenweber
schreiben: die ins III. Handwerkerbuch eingeheftete.
Aus ihr liess sich auch die Zunft ein neues Buch schreiben: Ugb
C 32 B, und zwar zwischen 1495 — 1501. In III. ist ein Stück zu
Artikel 3) nachträglich eingeschoben, in Ugb C 32 B steht es gleich im
Text. Dieses Buch benutzte die Zunft bis 1616. Es trägt die Notiz: »Zur
Kanzlei den 16. März 161 6.«
II. Leineweberzunft.
Ihre erste Ordnung im II. Handwerkerbuch ist 1377 geschrieben
und wurde bis nach 1430 benutzt. Sie enthält Nachträge aus der Zeit
zwischen 1377 — 1430, aber keine mehr aus späterer Zeit.
Nach 1430 liess sich der Rat ihre Ordnung neu schreiben: die
ins III. Handwerkerbuch eingeheftete.
Nach 1400 liess sich die Zunft ein Exemplar ihrer Gesetze schreiben:
Ugb C 50 A 1. Die früheren Nachträge sind undatirte, das erste Datum
bei einem Nachtrag ist 1466. Noch 1596 stand diese Ordnung in Be-
nutzung bei der Zunft. Den beiden letztgenannten Ordnungen diente
die in II. zur Vorlage.
Die Zunft liess sich gegen 1600 ein neues Buch schreiben, welches
sie 16 16 dem Rat ausliefern musste: Ugb C 50 At.
6) Weitere Ausbeute ergab sich für unsere Darstellung aus den
noch ungedruckten »Gesetzbüchern t, ib, 2, 2a und 3«, sowie aus dem
»Eidbuch oder Buch der Dienstanweisungen« und dem »Alt Aidt Buch«,
deren Inhalt dem ersten Viertel des XV., bezw. dem XV. und XVI. Jahr-
hundert angehört. Einzelne für unsere Zwecke wichtige Urkunden fanden
sich für die Wollweberei in dem Faszikel Ugb C 32, für die Leineweberei
in dem Faszikel Ugb C 50.
Schmoller weist darauf hin, dass die Strassburger Zünfte im XTV.
Jahrhundert nur sehr kurz gefasste, im XV. Jahrhundert aber sehr aus-
führliche Ordnungen besitzen. Ganz ähnlich enthält das I. Frankfurter
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Handwerkerbuch auf elf Blättern die Gesetze sämmtlicher Gewerbe,
während nach 1400 für jede Zunft sich umfangreiche Zunftbucher finden.
Für Strassburg stellt Schmoller ' den Gegensatz fest zwischen »Ord-
nungen« und »Zunftbüchern«. Jene umfassen mehr die äussere Seite, die
Verhältnisse des Gewerbes in seinen Beziehungen zum Publikum, diese
nur die innere Seite wie innere Zunftverfassung, Zunftgericht u. s. f. Erst
die Zunftbucher des XVI. Jahrhunderts vereinigen in sich beide Elemente.
Die Frankfurter Zunftbucher lassen diese Unterscheidung nicht zu ;
schon die ersten Ordnungen enthalten alle Bestimmungen der beiden
Arten neben einander.
Protokolle aus den Zunftversammlungen, »Gebodbücher«, liegen
in Frankfurt erst aus der Zeit von 151 5— 161 1 vor (Ugb C 32 D, E
No. 1 und K).
1. Gesetze der Gewandschneider von 1377.
Aus Handwerkerbuch II. Fol. I — 3b.
Nota daz hernach geschrebin stet sint die geseze der gewant-
snydere alse in die der rad erleübit und ernuwet hat anno domini
m. ccc. 1. XX. VII. feria secunda ante Gregorii.
[1] Zum ersten hant alle die die gewant snyden undir den gaden
in guden truwen globet und zu den heiigen geswaren unserra heren
keyser Karl alse eyme romischen keyser irme rechten naturlichen heren
getruwe und gewer zu syne, und den scheffln und dem aldin rade zu
Frankinford indes selben unsers heren keyser Karls und des richs wegin
gehorsam und biibestendig zu syne, und nicht wiedir sie zu thune indie
heynewiis alse daz vor alder wole here komen ist, und daz auch alle
globede gebode und vorbüntnisse, obe sie die mit ymande zu Frankinford
heymelich adir uffinlich getan hetten die widder aide redeliche geseze
der stede zu Frankinford geschehen weren abesin sollen und ensollen
vorbaz von yn nit geschehen, und alse in auch die scheffln und der
aide rad zu Frankinford mogede und macht behaldin han in allen diesen
hernach geschrebinen artikeln semplichen und in irm yclichen besundirn
zu wandiln und andirs zu machin wanne und zu welchir zyd und wie
dicke is sie dunckit daz iz noyd sü und in eben komet bys an unsers
heren des keysers widderruffen, daz sie des gefolgit und gehorsam sollin
sin ane alle widdirredde und wiedirsaz indieheinewiis ane alle bose funde.
[2] Auch sollen alle gewand snyder undir den gadin die daz dryben
und die zu im dagin komen sin diesen vorgnanten eid alle jar tun adir
alse dicke als die scheffln und den rad zu Frankinford bedunckit daz is
nod sii und yn ebin komet.
• Tucherrunft S. 480 ff.
[3] Item auch sollen alle die pene die hernach in den gesezen
begriffen sin halb dem rade gefallen und halb den gewantsnydirn in
gemeynen nuz.
[4] Item auch wer da stet undir den gewantgaden der sal gantzen
harnesch habin hubin beyngewant und waz darzu gehöret.
[5] Item auch ensal nymand gewant snyden daz he mit der elen
virkeuffen wil, er ensii dan eyn burger und stee undir den gaden und
endarf nymand darumb nicht tun adir geben, wer iz darubir tede, der
were mit XXX Schilling zu pene virfallen alse dicke des noyd geschyt.
[6] Item auch obe man by eyn sin solde iz were ynnewendig adir
uzwendig der stad zu der stede noden und daz von der stede wegen
virkund wurde, wer dan nicht enqueme alse uff yn gesast ist adir auch
in andirn Sachen nit gehorsam were den den is befalen were von der
stede wegen der ist zu ieder zyt alse dicke des noyd geschyt mit i mark
zu pene virfallen und mag yn dar zu der rad buzsen alse in dunckit
daz der frabel groz adir cleyne sii.
[7] Item auch wan man eyn geboyd von des radis wegen machet
wer daran sümig wurde, der ist mit 5 Schilling phennigen zu pene vir-
fallin alse dicke des noyd geschyt und ensollen auch keyn gebod raachen
ane geheizse der die der rad dar zu gesast hat.
[8] Item auch mögen sie zu ires gewantsnydens noden gebod lazsen
tun von geheizse der die der rad dar zu schickit und wer daran sumig
wurde, der were von iedem geböte mit 1 Schilling junger hellir zu pene
virfallin und sollen auch die die der rad dar zu setzit by den gebodin sin.
[9] Item auch wer andirswar zuhet wonhaft und nit vorfluchtig
ist von schulde adir frabil, wil der anderwerbe gewant snyden zu
Frankinford, der sal vöre burger werden und is mit dem rade uzdragen.
[10] Item auch ensal ir keyner falsch duch adir plocken durh
snyden is enwere dan in der messe, wer is dar ubir tede den man do
midde funde adir gewar wurde, der were mit 30 Schilling hellirn zu
pene virfallin.
[n] Item auch ensal nymand der zu gaden stet, die gaden vor
pryme uff sliszen is enwere dan in der messe.
[1 2] Item auch sollen sii alle samstage die gaden zu slizsen wanne
man vesper zu hauff ludit alse man zu chore get.
[13] Item auch sal man uff aller aposteln abent die gaden zu
vesper zyt zu slizsen alse man zu hauffe ludet zu chore und sal iren
tag fyren und nit zu gaden sten. wer is darubir tede der were mit
5 Schilling heller zu pene virfallen.
[14] Item auch ensal nymand keyn gelt heizschen vor des andirn
gaden. wer is darubir tede, der were mit 5 Schilling heller zu pene
virfallin.
[15] Item auch ensal nymand keyn gewant messen is ensii dan
henesyt sines deles.
- 94 -
[16] Item auch ensal keyn frawe gewant messen, wan ir huswirt
bii ir stet, wo is darubir geschehe, der were mit 5 Schilling heller zu
pene verfallen.
[17] Item auch feylschet eyner eyne farwe und würflet eyn ander
die seibin farwe her uz, iz sy man adir frawe, der ist mit 5 solidi heller
zu pene virfallen.
[18] Item auch komet eyner vor eynen und feylschet gewant umb
in und get von yme und komet zu eyme andirn und feylschet gewant
umb den, so ensal er yme nit her widdir ruffen, er enkome dann von
heine. wer is darubir tede der were mit 5 Schilling hellem zu pene virfallen.
[19] Item auch wanne eyner fregit, wo ist daz gewant gemacht,
der sal yme die warheit sagen, is sy man adir frawe, alse verre siez
wizsen. wer des nit entede, der were mit 5 Schilling heller zu pene
virfallen.
[20] Item auch ensal nymand keyme snyder keyme scherer adir
undirkeufler keyn dringgelt gebin iz ensy dan in der messe.
[21] Item auch sal der rad den gaden eynen richter lyhen, wo sie
gewar werden daz man gewant zu feylem kaufte mit der elen snydet
uzwendig den gaden, daz sie den phendent für 30 Schilling heller alse
dicke des noyd geschyt.
[22] Item auch wer in der gewantsnyderen orten den andirn mit
worten ubel handelt mit lygen adir den andirn sine mudir hiezse gefryhen
adir sus vorkaren worte tede adir furtze adir andirs unhefng were adir
unbezalet uz irer orten ginge, der were von yedem stucke mit eyme
engelschen zu pene virfallin. doch alse welchem der frabel geschehe,
der mochte gerichte suchen, obe he wolde und den ensolde is nymand
weren adir virbieden.
2. Gesetze der Wollenweber von 1377.
Aus Handwerkerbuch II. Fol. 7— 13b
daraus abgeschrieben in L'gb C 32 Ai Fol. 1 — 10, Ugb C 32 Ai Fol.
1— 13, modifizirt in IIL Fol. ib — nb.
In HI. fehlen die Artikel 14, 24, 2$, 46, 48, 50, 54, 58, 59, 63, 69, 71;
die Artikel 26—31 sind durch neue ersetzt.
Aus III. wörtlich abgeschrieben in Ugb C 32 B Fol. 1 — 143.
Nota daz hernach geschrebin stet sint die geseze des wollin-
hantwerckis alse yn die der rad erleubit und ernuwit hat anno domini
m. ccc. L XXVII. feria secunda ante Gregorii.
[1] Zum ersten hant alle die die da? wollinhantwerg trybin in
guden truwen globet . . u. s. w., wörtlich Ubereinstimmend mit dem
ersten Artikel der Ordnungen der Gewandschneider.
[2] Item auch sollen alle die die daz wollinhantwerg dryben, die
zu iren tagen komen sin . . u. s. w., wörtlich Ubereinstimmend mit
dem zweiten Artikel aus den Ordnungen der Gewandschneider.
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[3] wörtlich Ubereinstimmend mit dem dritten Artikel aus den
Ordnungen der Gewandschneider.
[4] Item auch wer drizsig guldin werd hat, der sal sinen ganzen
harnesch han und darnach nach marczal. wer des nit enhette, der were
mit 10 Schilling phenningen zu pene virfallin alse dicke man daz besehe.
[5] Item auch obbe man by eyn sin solde . . u. s. w., wörtlich
ubereinstimmend mit Art. 6 d. O. d. Gew. -Sehn.
[6] Item auch wan man eyn gebod von des radis wegen machet, . .
u. s. w. wörtlich Ubereinstimmend mit Art. 7 d. O. d. G.
[7] Item auch mögen sie zu ires hantwerkis noden gebod lazsen
tun, . . wörtlich Ubereinstimmend mit Art. 8 d. O. d. G.
[8] Item auch ensal nymand daz wollinhantwerg trybin 1 der iz biz
an die zyt nit getrebin enhat da unser here keyser Karle alle globede
und vorbuntnusse abe ted die hindir dem riche unde dem aldin ratio
zu Frankinford geschehen waren,' he ensy dan vore burger und habe es
mit dem rade uzgetragen. wan daz gesehyt, so sal he dem hantwercke
drU phund geben, die sollen fallen in gemeynen nutz des hantwerckis
und eyn virteil wynes, daz sollin die von dem hantwercke verdringken.
wan daz gesehyt, so hand he und sine kynder recht zu allem dem daz
dem hantwercke in gemeynschaft zu gehöret.
[9] Item auch ensal nymand der eyn andir hantwerg trybet oder
nymand andirs noch geystliche lüde odir nymand von iren wegen gewant
mit lyzschen machen ane die scheffin, die mögen sie mit lyzschen
machen alse sie von alder getan han und die wizsen frawen die mögen
sie auch in irm Cluster machen alse sie von alter getan han. 3
[10] Item auch ensal den vorgeschrebinen die dieses hantwerckis
nit ensin nymand weben ferwen odir bereydin gewant mit lyzschen.
wilcher undir diesem hantwerke daz tede, der were mit eyner mark zu
pene virfallen alse dicke man daz gewar wUrde.
[n] Item auch wolde ymand der eyn andir hantwerk künde, sin
hantwerg abe tun und dit tryben, der sal iz vore mit dem rade uztragen
und dann dem hantwercke sin recht gebin alse vor geschrebin stet,
wan daz gesehyt, so mag he dithe hantwerg trybin.
[12] Item auch wer gewand uzwendig der stad machet, der in der
stad sizet, der hait daz gewant vorloren. daz sal durch godis willen
an die brücken gefallen und sal dar zu zwo mark von iedem duche zu
pene geben und sal des hantwerckis entperen uff des rades gnade.
[1 3] Item auch ensal nymand keyn gewand von den ramen nemen
iz sii wys odir welchirley iz sii, die sygelere enhaben iz danne vore
1 Im IIT. steht der Zusatz : und sollen alle jare uff Sant Ullrichs tag als
man pfleget die ampt zu eidigen des rats teil ingefordert und dem Bürgermeister
uberantwortet werden.
1 Von »der« bis »waren« fehlt in III.
> In III. fehlt die Ausnahme für das Kloster.
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besehen, und wer ez darubir tede der were von iedem duche alse dicke
iz noyd geschehe mit nun Schilling heller zu pene virfallen. so sollen
auch die sygelere wanne sie des irmanet werden eyme iglichen he sti
riche adir arm sine duche besehen und daz nymande vorziehen ane
geverde ir yglicher by eyner pene eynes thornoses alse dicke des noyd
geschehe, mochte man auch nit gewissen wer daz duch abgenommen
hette, so sulde der der solich duch angeslagen hette die busse gebin
oder den sagin und benennen wes daz duch gewest were oder wer daz
abgenommen hette.
[14] Item auch mögen sie ire lone an irem hantwercke sezen nach
dem alse sie duncket daz zu ieder zyt bescheidinlich sii und wer da me
gebe der were zu ieder zyt mit nun Schilling hellem zu pene virfallin
alse dicke des noyd geschehe, wer sie auch drangin wolde ubir die
gesasten lone der solde des hantwerckis eynen mand entperen und dem
ensolde nymand zu arbeidin geben, wer iz darubir tede der ist mit
nun Schilling hellem zu pene virfallen alse dicke des noyd geschyt.
[15] Item auch sollen die die da vorwerter ubir die geseze des
wollinhantwerkis, die hie vore und hernach geschrebin sten, gesast werdin,
globin und sweren iz sin sygelere adir die andim ir yglicher die stucke
die yme befalen werden und yn undirscheiden werden, eyn iar zu halden.
[16] Item auch wer eyne bruch in dem kumphuse dut an eymern
an seylen odir an andirn Sachen daz sal man von des hantwerckis wegin
unvorzogenlich widdir machen und wer den bruch getan hat, der sal
daz bezalen und dar zu zu pene gebin funff Schilling phenninge.
[17] Item auch wo man der sesser eynen suchet der in sime huse
were und man sin leukente und nit her uz enginge, alse dicke were
yglicher des man leukente mit eyme alden groszen zu pene virfallin.
[18] Item auch wer eyn bly selbir an sluge der were mit drey
marken zu pene virfallen alse dicke des noyd geschehe.
[19] Item auch mögen sie uff den mercketen duche die nicht bly
enhan virkeufen.
[20] Item auch wer duche die nicht zu Frankinford gemacht ensin
undir sine duche sezit, der ist mit eyner mark zu pene virfallin von
iedem duche alse dicke des noyd geschyt.
[21] Item auch wer unbesiegelte duche hat, der sal iz den gesten
sagen obbe die geste darnach fragen, wer des nit entede, der ist mit
eyner halbin marg zu pene virfallen alse dicke des noyd geschyt.
[22] Item auch wo der sesser dry ubir eyn duch komen und nit
ende geben, so ist yglicher mit eyme aldin groszin zu pene virfallin
alse dicke des noyd geschehe iz enwere dan daz sie iz sich nit vorstunden.
[23] Item auch wer anderswar zuhet wonhafft und nicht vorfluchtig
ist von schulde adir von frabele, wil der andirwerbe daz hantwerg zu Frankin-
ford trybin, so sal he vore burger werdin und iz mit dem rade uztragin
und dem hantwercke auch sin recht gebin alse vor geschrebin stet.
- 97 -
[24] Item auch wer in des hantwerckis husern odir in iren orten
den andirn mit worten ubelhandelte mit lygen odir den andirn sine
mudir hizse gefryhen odir sus vorkaren worte tede odir furze odir andirs
unhllbysch were adir unbezalet uz irer orten ginge, der were von iedem
stucke mit eyme engelschen zu pene virfallen. doch also wilchem der
frabel geschehe, der mochte gerichte suchen, obbe he wulde und dem
ensolde iz nymand weren odir vorbieden.
[25] Item auch sal der rad daz weytmas bestellin und die knechte
die darubir gesast sin, sollen den burgermeystirn globen und sweren
von des radis wegin den burgirn und den gesten recht zu messin und
recht zu tune. 1
[26] Item auch sollen die wobir machen die langen duche von
dren und virzig elen von ganzer wollin und . . 1 genge und nun gebund
breyd und mit funfzehin geworffin. wo man sie smaler funde in eyme zwene
und nungebundigen kämme alse manig ryd alse lere ginge alse manig
dry hellir solde eyner geben zu pene darumb daz die geste bewaret
werdin und unser burger glaubin behaldin.
[26b] 5 auch als der genge zwene gewest sin als vorgeschoben stet
und darnach ezliche zyt her vier gewest sin, des sal iz vorter by den
viern gehalden werden und bliben. scriptum sabbato ante dominicam
letare anno 141 5.
[27] Item auch funde man der seibin langen duche keynes in eyme
achtegebundigen kämme adir in eyme kämme der mynner hilde dan
zwene und nune, der kam solde sin vorlaren und solde eynen virdung
zu pene gebin, 4 umb daz daz man daz siegel die baz beware und daz
mögen die besehen uff den gezauwen die darubir gekaren sin alse dicke
alse iz noyd tud.
[28] Item auch sal man die kurzin duche machen von nununde-
drizsig elen und mit ganzer wollin und die sollin dryscheftig sin und
dry genge und syben gebunt alse von alder.
[29] Auch die kurzin duche von vierhande stucken ane lyzschen
sollin sin von sestirhalbin elen und driszig elen und wer sie lengir
mechte der solde eyn phund hellir gebin zu pene darumb daz nyman
keyne lyzschen dar ane newe und icht vor lange duch vorkauft werdin.
[30] Auch wer der vierhande stucke mit lyzschen mechte odir
lengir mechte dem sal man daz duch nemen unde sal iz den burger-
1 Durchstrichen und darübergeschrieben: dcletur; abgeschafft vor 1435, fehlt
schon in Ugb C 32 Ai.
* In die Lücke ist später eingetragen : viere.
I Der Art. 26b ist spater eingeschoben.
4 Zu dieser Stelle ist am Rand hinzugeschrieben : und auch als manig* gang
als einer auch hinden zu smal hettc als manig 5 Schilling solde er zu pene geben,
bette er auch fornzu in dem isen zu smal, so solde er auch von iJem riede 3 heller
zu pene geben.
7
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meistern entworten, die sollin iz zu snyden und sollen iz den armen
ludin gebin durch god.
[31] Auch waz sie sagen von den vierhande stucken die daz hant-
werg rurend, des sal man yn glouben und sal mogede und macht habin.
[32] Auch ensal nymand keyn duch karten an dem hantwercke iz
ensy dan vore besehen, daz iz wol geweschin sii. wer iz darubir tede,
der sal gebin zwene grosze zu pene.
[33] Auch geschehe iz noyd daz die pizmeister die dar ubir ge-
karen werdin eynen hyszen eyn duch baz weschin daz nit wol geweschin
were und he iz dan durch mutwillen nit entede, der solde umb nun
Schilling hell ir komen zu pene und welcher sines pizhellers nicht gebin
enwolde, der solde umb zwene grosze vorfallin sin zu pene.
[34] Auch sollen die die von dem rade darubir gesast werdin die
kemmerschen besehin. zum ersten wo kemmerschen me wollen ubir
eyme sine kämmen dan eynerley wollin, die sollen eynen groszen gebin
zu pene umb daz daz sie den ludin icht ir gud virwandiln adir vor-
menget werde.
[35] Auch wem sie syne wollen angehebin zu kämmen daz sie
keyne wollin me dar under kämmen sollen dan die eynes wollen die
sie angehaben hand. wo sie des nicht entedin, so sint sie auch mit
eyme groszen zu pene virfallin.
[36] Auch wan sie den ludin ir gud unreynlich haldin und in nassen
oder in fuchtegunge lechten, die wem auch mit eyme groszen zu pene
virfallin und ensollen keyme syne wollin lenger halden dan vier wochin.
wilche ez dar ubir tede, die vorlore zwene grosze zu pene. '
[37] Auch wo man eyner kemmerschen ir gewichte gebit von wollin
und daz nicht wiedir brechte daz kuntlich were zweyn zu dem des die
wolle were, iz weren mane odir frauwen sin gesinde adir andirs wer sie
weren, dar für ensoldin sie nicht sweren.
[38] Auch ensal nymand uff keyn geverwit garn nit lyhen odir
keuffin odir zu phande haldin, man enwizse dan kuntliche, wannen iz
sii komen. wer iz dar ubir tede, der muste iz umb süst wiedir geben,
is sy cristen odir jude ane alle geverde.
[39] Auch ensal nymand keyn duch mit byntfarwe verwen odir
mit swerzen. wer iz darubir tede, der vorlusit daz duch, wan iz bose
ist und ged abe und man nyman do midde bewaren kan.
[40] Auch ensal nymand me weben dan uff zweyn gezauwen by
vonff mark zu pene, dar umb daz sich eyner alse wol irnere alse der ander. 1
1 Späterer Zusatz: und sal dar zu ein ganz iar des hantwerckes entberen wer
daz ubirfure, es sii man adir wib daz sie entruwen globt hau unde bii den eyden
die sie dem riche und dem rade getan hand zu halden. wer auch die globedc nicht
getan had, die sollen es noch tun.
Dig
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[41] Auch wer eyn warflf stryfet duch machet daz unbesiegelt
blybit, der ist mit zweyn groszen zu pene vorfallin umb daz daz daz
gewand destebaz gereyniget werde.
[42] Auch wer eyn duch vorkeuffit ane blye, daz daz waz had, der
sal zwene grosze zu pene geben.
[43] Auch wer an eyn duch lyzschen newit, der gebit eyne mark
zu pene, darumb daz nymand betragin werde da midde.
[44] Auch wer eyn duch feyle dreyt in der kaufhusern eynes daz
man nicht besiegeln ensal, der ist mit nun Schilling hcllern zu pene vir-
fallin, darumb daz die kauflude in den husern deste baz bewarit werdin.
[45] Auch wo man eyn heymelich gezauwe funde, der solde eyne
mark zu pene gebin, dar umb daz sie keyn bose gewant do uffe webin.
[46] Auch wer eyn duch haid, daz durchkartet ist, daz iz darumb
unbesiegelt blybit, der ist mit zweyn groszen zu pene vorfallin und von
eyme ungefirtigen duche dem daz siegel virsed wirt, da ist der zauwer
mit zweyn groszin zu pene virfallin.
[47] Auch wo man eyn duch fyndet daz zu cleyne ist, der ist mit
eyme virdunge zu pene virfallin.
[48] Auch wen man nachtes findet weben uff eyme breydin gezauwe
der ist mit eyner mark zu pene virfallin, dar umb daz man nachtes
nicht also gud gewant kan gewebin alse tages. 1
[49] Auch wer eyn kemmelin machit uff eyme wiezse werffte, der
ist mit eyner mark zu pene virfallin, darumb daz iz bose aldir nymmet.
[50] Auch wer eyn morechin machin wil, der sal daz waz wies
uff der ramen nemen und in dem kaufhuse daz blye. wo man iz andirs
funde uff der rame daz dez blyes nit enhaid, daz sal eyne mark gebin
zu pene darumb daz man iz wys baz besehit dan swarz.
[51] Auch ensal nymand uff den suntag adir zweilfbodin tag keyn
duch abe nemen odir stucke, wer daz tede, der ist mit eyme virdunge
zu pene virfallin.
[52] Auch wer eyn sygel bische an eyn duch dem daz siegel
vorsed were und nicht sygels werd were, der ist mit eyner mark zu
pene virfallen.
[53] Auch wer eyn duch mechte daz an beyden enden graber
were dan mitten von wefel, und da mitten graber were von warffe dan
uff den enden, der ist auch mit eyner mark zu pene virfallin.
[54] Auch sal man alle duche erden und scheren ane wiezse duche.
wer des nicht entede, der ist mit zweyn grozsin zu pene virfallin.
[55] Auch ensal nymand me duche helfin weschin eynes dagis dan
eyn duch. wer dar widder tede , der ist mit zwein grozsin zu pene
virfallin, daz die duche deste baz gemacht werdin.
1 Späterer Zusatz: wörtlich übereinstimmend mit dem Zusatz in Note S. 98.
r
[56] Auch ensal keyn wober adir verwer weyteschin keufin die
zwene enhaben sie dar» vore besehen die man darubir küset von des
radis wegen , daz dut man dar umb daz man gude eschen keufe und
den luden ir gud bewarit werde.
[57 J Auch ensollin die juden uff keyn ro duch liehen, sie enwizsen
dan odir irfaren kuntlich daz iz des sii der iz vorsezit.
[58]' Auch sal eyn richter gen mit den die der rad dar ubir sezit
und kuset die pene dieser geseze uff zu heben und sollen die globin
und sweren, die pene uff zu hebin von den, die sie vorbrechen alse
verre sie der gewar werdin nach iren besten synnen ane alle geverde
und der stad ir teyl der pene alle fronefasten in die rechenunge zu
entworten und sal der rad und daz hantwerk den die dar ubir gekaren
werden und den richter von den buszen und penen Ionen.
[59} Auch waz alse bose ist alse die vierhande stucke odir böser,
daz sal man auch nemen und dar zu tun alse zu den vierhande stucken.
1 60 1 Auch ensal keyn kemmersche, die umb Ion kämmet stucke
oder duche machen, und wilche iz dar ubir tede, der sal man iz nemen
mit gerichte und den burgermeystirn brengen in allir der mase alse die
vierhande stucke.
|6i] Auch wo die zwene, die da geen ubir die kemmerschen
wollin oder garn fyndent bii kemmerschen odir bii spynnerschin da sie
duncket daz sie ez den der iz ist nicht widdir gebin wollin, daz mögen
sie angryffin mit gerichte und haldin uff eynen uzdrag bys daz man
den weren fyndet der iz mit dem rechten uz ziehe daz iz sin sii.
1 62 1 * Auch alle die duche die man syden sal, die sal man uff den
ramen besiegeln mit eyme bly, obe die dunket die dar über globet und
geswaren han daz sies wyrdig sin. wanne dan die vorgenanten duche
geferwet werden ygliches alse ime zu gehöret und uff die ramen komet,
so sollen is die besehen die is auch vore besehen han. duncket sie
dan, daz eyn kaufman da midde bewaret sii, so sollen sie dem selben
duche noch eyn bly by daz ander bly gebin. wers aber daz der vor-
gnanten duche keynes missewaret were an der farwe ader an anderer
sache, so solde man daz erste bly abe snyden und daz siegel den
meistern wider antworten und sal man daz duch virkaufen fuer eyn
unbesigelt duch. wers auch daz keyner der vorgnanten duche eynes
oder me abeneme und wolde is virkaufen mit dem ersten sigel umb daz
he besorget were, daz ime daz ander sygel nit werden mochte, wer daz
tede, der were von yedem duche mit eyner marg zu pene virfallen alse
dicke des nod geschehe..
[63] Auch alle die duche die man erdet, da sal man von yedem
duche sehs aide hellir gebin den knechten die die duche erden und
1 Art. 58 ist durchstrichen.
* Die Artikel 62—64 sind von einer anderen Hand geschrieben.
— IOI —
daz sollen die auch besehen die die geweschen duche besehen, dachte
sie dan daz die duche nit wol geerdet wem, so sulden sie sie widder
yn heyssen gen und sulden sie alse lange erden bys daz sie wol
geerdet wem. wilcher des nit entede, der were mit zwene groszen zu
pene virfallen alse dicke des nod gesehyt, uff daz sie die duche destebas
erden, auch wilcher sine sehs heller nit engebe zu erden von sinen
duchen alse vor stet geschrebin, der were auch mit zweien grozsen zu
pene virfallen von yglichem duche alse dicke des nod gesehyt.
1 64 ] Auch sollen alle die, die da weben acler bereiden ader scheren
dem hantwercke ader ferwen uff irem zinse, es sy stucke ader duche
vore burger sin und is mit dem rade uzdragen und dem hantwergke
sin recht gebin mit namen 3 phunt und eyn virteil wynes.
[65] 1 Auch ensal nyraand keyme undirkeufer von eyme duche me
gebin dann nun aide heller, he adir nymand andirs von sinen wegin und
ensal auch nymand keynerley batte adir geferde dar inne suchen geyn
keyme undirkeufer. auch ist gemacht wo eyn undirkeufer eyme eyne
stichunge machit es sii von pherdin adir anders gewar die man an
gewande gebit, der mag yme gebin daz zytlichen und bescheidinlichin
ist und mögen sich gutlichin dar umb mit eynandir vireynigen. diese
articule von der undirkeufer und von der stichunge wegin, alse vore
begriffin ist, hand daz hantwerck wollinwober globit zu haldcn by der
seibin pene und buzse alse den artikel uff zweyn zawen zu webin in
allir der mazse alse daz vore in diesem buche beschrebin sted und hand
daz globet zu haldin by den eyden die sie dem riche und dem rade
getan hand. wer auch der globede nicht getan haid, ez sy frawe adir
man, die sollen es noch tun.
[66] Auch mögen die die der rad in über daz hantwerg uz dem
rade gegebin had adir noch gebit, me undirkeufer dan bis here adir
mynner machen und sezin an dem gewande mit des hantwerckis rade»
also daz sie in irm kaufhus gend mit den gesten und da ynne keufent
gewand daz zu Frankinford gemacht sii uff daz daz eyner der kaufman-
schaz alse wole gewar werde alse der ander und sollen auch keynen
uzsuchen vor dem andim sin gewand zu virkeufin danne wo dem gaste
sin syn zu sted, da sollen sie eyn glichis zu vyndin und redin alse verre
sie craft und macht dar zu dreid ane alle geverde und bose sunde und
sollin daz tun uff den eyd den sie dem riche und dem rade getan hand.
[67] Auch ensal keyn undirkeufir von eyme duche me fordern adir
nemen dann nun alte hellir by den seibin eydin und globeden alse
vorgeschrebin stend.
[68] Item auch ensal nymand in des andim cumph geen weschin.
Item ez ensal nyemand an des andim rame slahen. Item auch ensal
1 Die Art. 6> — 68 sind wieder von einer anderen Hand geschrieben.
— 102 —
nyemand dem andirn sine seyle und rechen nemen. wer daz breche
der virlore von den dryn stucken alse vorgeschrebin Stent von iedem
articule nun Schillinge hellir.
[69] 1 Auch wilche zwene eyn duch erden die selben zwene sollen
iz auch uff die ranie bereiden iz were dan daz iz ir eyner oder sie beide
vor liebes noden nit virmochten oder in der stad nit weren ane geverde.
wilcher daz ubirfure, der were mit nun Schilling hellirn zu pene vir-
fallin alse dicke des noid geschee.
[ 70] Auch wilcher weschen wil in dem kumphuse, der sal vor der
fünften höre nach mitternacht in dem kumphe uff siner arbeid sin.
wilcher des nit entede, da ist iglicher der daz ubirfure mit 2 Schilling
hellirn zu pene virfallen alse dicke des noit geschyt.
[71] Auch ensal nymand kein duch uzwendig der zweyer kaufhuse
virkeufen odir lassen schauwen odir besehin uff den kauf uzgescheiden
in den zwein messen und zu yder messe vierzehindage vor der messe
und vierzehindage nach der messe, wer iz darüber ubirfure, der were
von yedem duche mit 3 groszen zu pene virfallin alse dicke dez noit
geschieht.
3. Gesetze der Leineweber von 1377.
Aus Handwerkerbuch II. Fol. 127— 128a; Ugb C 50 Ai, innere Seite des
Deckels und Fol. 1 — 2b ; Handwerkerbuch III. Fol. 14 ja— 145a ; Ugb C öo Ai Fol. u— jb.
Nota daz hernach geschrebin sted sind die gesetze des lynenhant-
werckes alse yn die der raid erleubet unde irnuwet haid anno domini
m. ccc. 1. XXVII feria quinta proxima post Michahelis.
[ij Zum ersten hand alle die die daz lynenhantwerk tryben . . u. s. w.
wörtlich Ubereinstimmend mit Artikel 1 der Ordnungen der Gewand-
schneider.
[2] Item auch sollen alle die die daz lynenhantwerg tryben . . .
u. s. w. wörtl. Ubereinstimmend mit Art. 2 d. O. d. G.
[3] wörtl. übereinstimmend mit Art. 3 d. O. d. G.
[4I Item auch wer driszig gülden werd hat . . wörtl. Uberein-
stimmend mit Art. 4 d. Ordnungen des Wollenhandwerks.
[5] wörtlich übereinstimmend mit Art. 6 d. O. d. G.
[6] wörtlich Ubereinstimmend mit Art. 7 d. O. d. G.
[7] Item auch mögen sie zu ires hantwerckes noden geboid lassen
tun . . u. s. w. wörtl. Ubereinstimmend mit Art. 8 d. O. d. G.
[8J Item auch ensal nymand daz lynenhantwerk tryben . . u. s. w.
wörtlich Ubereinstimmend mit Art. 8 d. O. d. Wollenhandwerks. Nur
wird hier statt eines Aufnahmegeldes von drei ein solches von zwei
Pfund gefordert.
[9] Item wo eynes meisters son oder dochter dit hantwerg tryben
wil, die sollin dem hantwerke 10 Schilling in gemeynen nuz gebin.
' Die Art. 69-71 sind von einer anderen Hand geschrieben.
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[io] Item auch sal iglich meisten 6 heller zu fronenfasten gelde gebin.
[n] Item auch sal eyn leregesinde 8 Schilling gebin dem hant-
werke zur entphahunge des hantwerckes.
[12] Item auch wer under yn nit recht gewichte oder elenmaes
hette, daz sollen sie bii iren eiden den burgermeistirn rügen daz sie der
raid dar umb straeffe.
[13J Item auch wer dem andirn daz sine zur brichet, der haid zu
pene verlorn 2 Schilling heller unde "sal daz widder machen unde maig
der dem der schade gesehyt auch gerichte suchen.
[14] Item auch ensal ir keyner umb des andirn gesinde werbin
oder yme abespannen, des gesindes zyl enwere dan uz. wer iz dar ubir
tede, der were mit 5 Schilling phenninge zu pene virfallen alse dicke
des noid geschee.
[15J wörtlich übereinstimmend mit Art. 23 der Ordnungen des
Wollenhandwerks.
[16] Item auch wer in des hantwerckes orten den andirn mit
worten ubel handelte . . u. s. w. wörtlich übereinstimmend mit Art. 24
d. O. des Wollenhandwerks.
4. Verbot, die Wolle mit den kleinen Kämmen zu kämmen. 1416.
Aus Handwerkerbuch II. Fol. 14b; Ugb C 32 Ai Fol. 10 a, Ai Fol. ija.
Auch sal nymand mit den kleinen kemchin kämmen, wer das
darüber tede, iz were man odir frauwen name, der were mit fünf marcken
zu pene verfallen und sulde des hantwercks darzu ein ganz iar enberen
und daran nit erbeiden. actum feria quinta ante assumptionis Marie
anno m. cccc. XVI.
5. Vergleich des Rats zwischen dem Wollwetier-Handwerk
und den Waid Verkäufern Uber Prüfung und Schätzung
des Waids. 1405.
Ugb C }2 At Fol. jo 11. 35; loser Zettel beigelegt Ugb C 32 B; ebenso Ugb C
32 Ee, in 2 Abschriften.
Wir der rat zu Franckfort bekennen das wir die meistere des hant-
wercks der wollenwober by uns und die weytgeste die by uns plegen zu
faren umb solichen gespan und zweytracht als sie bys here underein
gehabt han, fruntlich vereyniget han als hernach geschrieben steet.
Zum ersten das die prüfe als die itzunt ist und hinder unsern rat
gelacht ist by dem stahel fortmere bliben sal und nicht gehoet gesterket
noch gemeret noch auch nit gemynnert oder gekrencket werden ane
geverde.
Item wan unser rat erkennet mit den meystern das e/ner prüfe
noit ist zuerfrischen die erfrischunge sal gescheen das sie by dem stahel
blibe als itzunt ane geverde.
Item das die schetzere unserm rade sweren sollen den weyt zu
schetzen uff die selben prüfe und stahel nach iren besten sinnen und
vernunften als der itzunt ist eynem als dem andern zu thun und den
auch schetzen by dem achtenteyle und welchem das allernest ist das
man das dan dem zugebe.
Auch sal man zu der schatzunge nymant nemen dan die darzu
gesworen han ane geverde.
Item das man die wollen vor der budden sal wigen eyn clude mit
der stede gewicht und da mit recht umbgeen ane geverde.
Auch sollen die ferber globen und sweren getruwelich mit der lüde
gude und dem ferben wollen und wigen umb zu geen den gesten
burgern und allermenglich nach iren besten sinnen als ferre sie craft
und macht getragen mag ane alle geverde. und weres das eyn ferber
mit der färbe zu Hechte fure, so sulde er dru phunde heller die ime
der gaste zubegiessen geben sulde halb zu pene verloren han also das
er ime uff die zyt nit mee dan drissig Schilling heller zubegiessen geben
sulde und sulde der ferber da mit an sinem eyde ungestraft sin.'
Auch sollen die meistere zu yder zyt eynen prufherren geben den
der der eldeste an dem ferben und prüfen gewest ist. hette der aber
nit wollen, so sulde man es darnach dem eldesten geben uff das es
umbgee als von alter her gewest und eym als glich geschee als dem
andern.
Item wan eyn huff weyts cleyn oder grosz zu Franckfort gemenget
und geprufet wirt, das man das weytmas dan in den nesten zweyn
zukomenden Franckforter messefriheiden den gesten an allen intrag
lihen sal wenig oder viel hien zu messen an welche stede sie wollen
dar man es begert ane geverde also das sie dem hantwerck sin recht
da von tun als von alter herkomen ist.
Weres auch ob ymante eynen huffen weyt gemengel und ungeprufet
ganz uff obenture verkeufen wulde usswendig der messe friheit, so sal
man das maisze darzu lihen ane widderrede als von alter herkomen ist.
Auch sal man alle andere artickule von des weyts wegen halten
als herkomen ist ane geverde.
actum et scriptum anno domini millesimo quadringentesimo quinto
feria sexta post Michaelis archangeli.
6. Prüfung und Aichung des W'aidmasses durch den Rat.
Eidbuch J Fol. 32.1; wörtlich gleich in L'gbC 32 Mm No. 1. 14 10.
Zuwissen sy das man ein nuwe weitmas uff hude beschudet hat
gein einem alden das 40 iar alt sy als die wober sagten und ist nichts
usgeworfen worden dan slechts usgestrichen. daby ist gewest Gerbrecht
von Glauburg, Conrad zum Gerung, Wygand Wydembusch und Gerlach
1 Der l-id ist wiederholt Handwerkerbuch III Fol. 25 b.
Digitizedi4, ^A.
- io> -
kursener rechenmeister von des rats wegen, so von der wober wegen
Conrad Porroff, Rene von Kungslein, Heinze von Acarben, Symon von
Aldenstat, Thomas Bechenheymer, Wernher Brell von Geilnhausen,
Henne Dringstobe, Henne Kachelhart, und hat das getan Schel Clas
Ulin der sacktrager in dem Fronhofe, doch hat er es nit gebrant, dann
das aide ist auch nit gebrant noch gezeichent gewest und sagte auch
derselbe Clas, das er es nit zu rechte du, sunder zu fruntschaft. anno
m. cccc. deeimo.
Eidbuch I Fol. 32a; inhaltlich gleich Ugb C 32 Ee No. 3; wörtlich gleich in
UgbC 32 Mm No. 3. 1424.
Nota als die herren hatten das weytmasz zu beschuden den rechen -
meistirn bevolhen und die rechenmeister us in schichten dry, mitnamen
Eberhart im Steinhuse, Clas Appenheymer und Volmar von Biebra, die
von des rats wegen das han tun, Heilen sacktrager' beschuden mit
korn. do hilt das weytmasz der vier ein gesetz, tun zwey sommern,
anderhalben sechter, ein halb gescheit und ein hantfolle korns. des
lieszen sie das zu stunt beschuden mit wicken, da hilt das masz zwey
sommern, anderhalben sechter und dry fuste oder hantfolle mit zugetaner
hende. auch waren darby gegangen zuzesehen Sibolt von Wetzlar,
Henne von Ostheim und Henne Vechenheymer, itzunt der weitmeszer,
und Jacob von Caldebach auch weitmeszer. actum circa Larencii anno
m. cccc. XXIIII.
7. Abgaben beim Waidhandel. 1423.
Einzelnes Blatt eingeheftet in Handwerkerbuch II, zw. Fol. 20 u. 2t.
Diz ist der meystir der webir nuz von dem weyde. von ydem
höffen habin sye 15 tornes zu wynkaufe, her sye grosz adir kleyne, da
sye mart yn machin. dye mus der weytgast gebin.
Item von ydem geseze weyd habin sye auch 3 heller zu wynkaufe
waz da hye gemessin wirt, is kome uz der stat addir blibe in der stat.
Item so habin dye messer und knechte besundern nuz da von. den
gebit man von ydem wagin 3 tornes uff zu. eigen.
Item und von ydem wagin 3 tornes zu mengin und von ydem
wagin 3 tornes uff zu messen, daz gebit der gast.
Item dem schriber gebet man von ydem wagen 2 tornes zu schribin.
daz gebit alles der weyt gast.
Item waz danne uz der stat gemessin wirt und den, dye des hant-
wergis nicht enhaben, da gebet man den messern von ydem gesez
1 tornes zu messen, und den knerhtin 6 heller.
1 Statt »sacktrager« in Ugb C 32 Ee »niottcr« genannt.
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— io6 —
Item dye messer dye habin von ydem geseze noch besundern
3 heller von den meystirn zu messen.
Auch so habin sye 2 tornes zu kerbe geld.
Scriptum Lamperti anno XXIII.
8. Verbot des Waid-Einkaufs vor der Prüfung des*Waids. 1456.
Ugb. C 32 A« Fol. 25b, Ai Fbl. 30, B Fol. 15b; Handwerkerbuch HL
Fol. 12 b.
Auch sal nymand an dem weber hantwerg zu Franckfurd umb weyd
marckten noch keuffe machen dan die gesworrt die im hantwercke zu
iglicher zyt darzu geordent und gesast sin. isz sal auch nymand der des
weber hantwerckes ist, an weyde teile oder gemein han. so sal auch
keyner am hantwercke in eynich weyd stechen mit duchen noch anders
dar inne das hantwerg nit margt gemacht enhette. und wer solichs
uberfure, der sulde zehen gülden zu pene Verliesen die halb unsern
herren dem rade und halb dem hantwerg gefallen sollen.
9. Eid des Zunftschreibers beim Waidhandel. 1440—1479.
Ugb C 32 Ai Fol. 34b.
Des wullenwober hantwercks schriber sal in guten truwen globcn
und zun heiligen sweren getruwelich dem uszern und dem innern offzu-
schriben. und als auch die messer globen und sweren das sie nit messen
sollen, eyn schriber sy dan daby, das er, so er darzu gefordert werde,
sich, off das furderlichst er möge darzu fugen, daby sin und das gever-
lich nit verziehen wolle, alles sonder geverde.
Item herre Thomas juravit diesen eyt vor den burgcrmeistern quinta
post Martini episcopi anno m. cccc. 1. XXIX.
Item Marx Rusche Clas von Arhelligen Eydem juravit diesen vor-
geschrieben eit vor den burgermeistern quinta in die sancti Jacobi
anno (14) XC. III.
10. Abgaben vom Waidhandel. Waidmass 1495.
Handwerkerbuch III. Fol. 16 b; Ugb C 32 B Fol. 20a.
Als hievor wir der rate das weytmas bestelt, das hinder uns be-
halten und die weytknecht, so dick und vil sie des zu messen notturftig
gewest sin, darutnb by unsern burgermeistern inen das zu lyhen uff ire
widderstellnis gebeten haben, soll forter mere der massen gehalten
werden und die knecht so darüber gesetzt werden denselben unsern
burgermeistern dar über geloben und sweren, den burgern und gesten
recht zu messen, auch recht daran zu tun on alle geverde. und von
eynem gesatzt weyds das gemessen und us der stat gefurt wird, dry
Schilling heller und nit mere nemen, das ist zwölf heller den messern,
den knechten sehs heller und uns dem rate und dem hantwerg neun
heller, halber uns dem rate und halber dem hantwerck zugefallen, wes
aber von weyd den meistern des hantwergs hie in der stat geraessen und
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— ioj —
under inen behalten wirdet, sollen sie von dem gesetz nemen zehn
heller, den messern dry und den knechten vier heller, uns dem rate
und dem hantwerg dry heller gedyen und werden laiszen.
EI, Bestimmungen Uber den Waidhandel 1500.
Handwerkerbuch III. Fol. 31b; Ugb C 32 B Fol. 22a.
Item das nun hinfure, wan des hantwerges geschworn schetzer mit-
sampt anderen die dar by gehören eyn mart in eyn häufen weyts ge-
macht han, sali es also bliben und gehalten werden, das an demselben
häufen nyemant, er sy fremde oder heimsche, nicht mehr arbeiden sali,
esz gesche dan mit willen und wyssen der meister des hantwerges. ist
es aber sache, das yemant von demselben häufen, der also ime mart
lyt, ettliche wagen mynder oder mehe ungeverlich davon han wolt, so
sollen die geschworen weyt messer uft des selben anzeigen mit ihren
knechten ein graben dar durch schroden als von alter herkomen und
gehalten worden ist und iren lohn dar umb nemen. wo aber solichs
uberfaren und der gemart häuf mit ichtes verrocket oder zurbrochen
wurde, es were wenig oder vil, so solt soliche häuf zu brochen und dan
further solicher kauf absin und nyt mehe dar von gemessen werden,
der wurde dan anders ingeben zu prüfen und ein neuwer margt ge-
macht, und wer solichen bruch der hinter dem hantwerg, der solte von
iedem gesetz das also hinweg qwem geben dry Schilling heller vor sin
meszgelt, dar zu wollen unser herren der rat denselben straffen nach
gelegenheit. conclusum in consilio quinta post divisionis apostolorum
anno domini millesimo quingentesimo.
12. V erbot für die zünftigen Färber, Ausserzünftigen Wolle
zu färben. 1456.
UgbC 32 Ai Fol. 25 b; Handwerkerbuch III. Fol. 12b; Ugb C 32 Ai Fol. 30b,
B Fol. 15 b.
Auch sal nymand der des weber hantwerckes zu Franckfurd ist,
imandes der des hantwerckes nit ist, einche wolle ferben, off das ny-
mandes am hantwercke sin wolle vermenget werde, uszgescheiden unsern
herren den scheffen oder den burgirn zu Franckfurd die duche darusz
machen wulden an sich oder die iren zu cleyden oder zu wircke garn
decklachin bankduchin oder der glichin sachin ungeverlich. und welcher
am hantwercke solichs uberfure, der sulde ein marg zu pene Verliesen
so dicke des not geschee, halb unsern herren dem rade und halb dem
hantwerg zugefallende, actum quinta ante Bonifacii anno m. cccc. 1. VI.
13. Ueber die Art der Farbe. 1473.
Ugb C 32 A, Fol. 28b; Handwerkcrhuch III. Fol. 14b; Ugb C 32 Ai Fol. 35a,
B Fol. 18a.
Item uff den artic kel von dem ferben mit der bintfarbe oder
swerzcn han wir der rat zu Franckenfort gecleret und gesast, das
- io8 —
nyemant zu Franckenfort wonhafftig weder fremden oder heymischen
eynige ganze oder halbe duche mit litschen, mit der bintfarbe swerzen
gauckelfarbe oder der glichen umb sost oder gelt ferben sal, by verlust
eyner marg, das ist anderhalben gülden, von eynem yeden duch ganz
oder halb so dicke des noit geschieht, halb dem rade und halb dem
gemeynen woberhantwerg zugefallen, aber die jenen die desselben
hantwergs nit syn, mögen den luden duche und stucke one litschen als
die lüde an sich kleyden wollen auch placken und sust alte cleyderc
mit solichen färben ferben. doch behalten wir uns heran abe und zu
zuthun zu mynnern und zu meren wan und wie uns fuglich ist. actum feria
tertia in die sanetorum Petri et Pauli apostolorum anno m. cccc. 1. XXIII.
14. Verbot, auf Webstühlen mit einem Schlag zu weben. 1428.
Handwerkerbuch II. FoL 14b; Ugb C 32 At Fol. 10b, Ai Fol. 14a; Hand-
werkerbuch III. Fol. 12a; Ugb C 32 B Fol. 14b.
Auch wen man findet mit ein slage weben, der sal nun Schilling
zu pene virlorn han als dicke des not geschieht.
15. Bestimmungen Uber den Webebetrieb von 1432.
Handwerkerbuch II. Fol. 25 ; Ugb C 32 At Fol. 22 b, A t Fol. 28a.
Actum quinta feria post nativitatis Johannis Baptistae anno m. cccc.
XXXII.
[r] Item wer furwerter an dem hantwerg duche machen wil, der
sal sie machen uff die nuwe breyde und im nuwen ysen und sal iglichs
halden vier und nune, und wil einer einen gang zu sezen, das mag er
tun und nit me, obe is yme gefuglichen ist. auch mag er einen gang
zwene drii oder me uszwendig dem ysen sezen nach martzal oder als
vil ym eben ist. weres aber das einer einen gang oder einen halben
gang zu smale worffe im nuwen ysen, der sal ufT solichen duchen sin busze
verlieszen nach des buchs uszwysunge.
[2]' Und sullen die vier siegelmeister die über soliche siegel uff der
gezauwe zu besiegeln globt und gesworn han als man nun forwerter
alle jare in sunderheit vier personen darzu kiesen sal, das gewant uff
der gezauwe besorgen zelen und messen eyme iglichen ane alle geverde
und welichs dan gerecht ist, das sullen dan die selben uff der gezauwe
besiegeln bii den eyden die sie gethan han und das siegel sal es be-
halden bis vor den kaufman. wer auch ein duche weben wil oder tun
weben, der sal die vorgeschobenen vier holen, ee das duche abgeweben
ist, das sie isz zelen und messen, und ist isz dan gerecht, so sullen sie
esz besiegeln, welicher aber die selben viere nit enhiesche, ee dannc
das duche abgeweben ist, der sal des hantwercks ein halb iar enpern
uff unsrer herren des raits gnade.
1 Die Artikel 2—4 finden sich wiederholt Handwerkerbuch III Fol. 12a und
Ugb C 32 B Fol. 15 a.
— 109 —
[3l Auch sullen die echte, die über das siegel globt und gesworn
han die duch besehen in beiden kaufhusern und in den pressen oder
wo sie Wullen, finden sie dan daz siegel nit an solichen duchen die
zu Franckfort gemacht sin, so sal der des die duche sin verbussen bii
der busse als der gewant uszwendig Franckfort gemacht hat nach des
buchs uszwysunge.
[4] Und wer duche verkeufet hie oder anderswo, das soliche siegel
nit enhat, uff der gezauwe genomen, von weme man daz also geware
wirt, der sal des hantwerckes ein halb iar enberen uff unsrer heren des
rads gnade.
[5] Auch wer da worffet in eyme kämme der mynner heldet dan
vier und nune, der sal die busse geben als in dem buche geschrebin
steet. darzu sal er des hantwergs ein halb iar enberen uff des rads gnade.
[6] Auch als in dem buche geschrebin steet, das die langen duche
halden sullen dryundvirzyg elen, da bii sal esz blyben. doch weres das
ein kaufman zu eyme an dem hantwerg qweme und begerte ym ezliche
duche lenger zu machen, das mochte eyner zu iglicher zyt mit laube
der burgermeister wol tun. also das man soliche duche nit besiegeln
sal und auch bii andirn duchen im kaufhus nit feile han.
actum (]uinta feria post Johannis nativitatem anno m. cccc. XXXII.
16. Regelung der Produktion 1432.
Handwerkerbuch II. Fol. 26d.
Zu wissen daz die meister des wollenwober hantwergs zu Franckfort
den ersamen wiisen dem rade daselbst zu Franckfort vorbracht han, das
sie umb nutzes und bestes willen der gemeinschaft an dem selben
hantwercke uberkomen sin und gesatzt haben, iglichem ein zal duche
uff igliche messe zu machen und des einen begriffe undzeddel lassen hören
lessen und gebeden den selben rad yn des zu gönnen und zu erleuben,
und nach dem der rad beduchte und auch irkante uff dismale, das isz
der gemeinschaft des selben hantwergs bestes were, so han sie yne das
gegonnet und irleubet, derwyle es auch der meynster menge des selben
hantwergs wille was, diese neste zukommende zwey iare zu halden und
nach zugeen, also daz ir keins an dem hantwerke me duche dan yme
uffgesazt ist, mache oder duwe machen, noch ir einches dem andirn
an dem hantwercke keyn duch machen oder weben sal dan esz sal
alleyn sin selbs zale duche machen als vorgeschrebin steet. wer daz
uberfure, der were von iglichem duche, das er ym selbis oder eym
andirn darüber mechte, mit 5 marcken zu pene verfallen und sullen
auch alle die an dem hantwerg sin, sie sin manne oder frauwen bii
iren menlichen und frauwelichen eren, wo sie des gewar wurden, daz
iz darüber geschee, als dicke des not geschee, den sigelmeistern fur-
brengen, uff daz daz gestraffet werde, und hat ym auch der rad macht
behaldin, solichs zu mynnern, zu meren oder zu male abezutun, obe ym
— iio
daz ebin wirt. doch daz ir iglicher auch burgern oder andern die des
hantwergs nit sin stugwerg machen möge, und ist die vorgeschribene
satzunge als hernach geschrebin steet, zu machen zu yeder messe.
mit namen n personen zu 36 duchen
item 22 personen zu 24 duchen
item 10 personen zu 16 duchen
item 8 personen zu 12 duchen
item 20 personen zu 10 duchen
item 13 personen zu 8 duchen
item 49 personen zu vier duchen
und ist dem vorgeschribenen hantwerge des ein zedel gegeben in ir
buch zu stecken in der masse als vorgeschriben steet sich darnach zu
richten, actum post nundinas quadragesimalibus anno m. cccc. XXXII.
17. Regelung der Produktion und Bestimmung Uber die
gemengten Tuche 1459, 1465. 1480, 1490.
Ugb C 32 At Fol. 26, Ai Fol. job.
Item als die meister des wollenwober hantwergs miteynander in
gespennen gewest srn und der mererteile begerunge was, eyne zale
under yne zusetzen, wieviel eyn iglicher duche under yne off eyn messe
machen sulde und mochte und auch das sie gemengte duche machen
mochten das sie hofften dem hantwerg gemeinlich nutzlich und gut sin
sulde, dargein ettliche der mynnerteile innrede hatten, soliches dan
das hantwerg vor den rat bracht und der mererteile gebeden hat, dem
hantwerg soliches zu gönnen und eyn zale under dem hantwerg zusetzen
und als der rat beider teile vornemen und inrede verhört hat und die
meinste menige hoffet das soliches dem gemeynen hantwerg zu frommen
und zum besten kommen sulle, so hat der rat umb irer fliszigen bede
willen yne im besten gegonnet und verwilliget iglichen eyn zale zu
setzen und auch gemengte duche zumachen, die nesten zukomenden
sehs iare. und als sie eyn schatzunge under yne gehabt han als von
buwes wegen, was iglicher dar zu geben hat, daruff so ist mit wissen
und willen des rats geordent und gesatzt, die nest zukomende sehs
iare, welche zu der vorgemelten schatzunge geben han zu drittehalbe
und zu zweyn gülden, das derselben eyner machen mag zu iglicher
messe dryszig duche und nit darüber, so die geben han zu anderhalben
und zu eyrr.e gülden, das derselben eyner machen mag zu iglicher messe
messe zwenzig duche und nit darüber, so die geben han zu acht
tornosen zu halben gülden und zu orten, das derselben eyner machen
mag zu iglicher messe zwelf duche und nit darüber, und darzu so hat
der rat gemoglicht und gesatzt den zweyn des rats die ye zu zyden von
des hantwergs wegen in den rat geen, das der iglicher off eyn messe
fünf duche nie machen mag dan ime sost zusteet und gebort, und off
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— III —
das keyn furtel in diesen Sachen gesucht werde, so ensal nymant dem
andirn woln oder garn geben lihen noch verkeufen, da man geverlichkeit
in irkennen möge, und wer soliche obegeschriben zale oder anders
uberfure, der sal zu pene geben X gülden die halb dem rade und halb
dem hantwerg gefallen sollen und darzu die duche verloren han die
über soliche zale gemacht weren, so dicke des not geschieht, auch
mag darzu eyn iglicher machen dru stucke duchlenge off das die duche
destebas gereyniget und gemacht werden, und weres sache das eyner
darüber me mechte, das sulde ime an siner duch zale abegeen.
Auch als die meinste menige des hantwergs begert han die
gemengten duche zumachen und alsdan vor eyn artickel in dem buche
geschriben steet das nymant mit den cleynen kemmechin arbeiden sulle,
des so hat der rat yne gegonnet und gewilliget die vorgeschribenen
iarezale, wer soliche gemengte duche machen wulle, das der die machen
sal off lenge und off breide als die andern duche off das sigel und sich
der cleynen kemmechin gebruchen zu denselben gemengten duchen und
stucken und nit wyder. und wer solichs uberfure und die cleynen
kemmechin gebruchte wyder dan zu den gemengten duchen und stucken,
so sal es steen off dem artickel als vor in dem buche geschriben steet
von den cleynen kemmechin. und soliche gemengte duche und stucke
sollen auch in die zale geen. und hat der rat ime mogde und macht
behalten diese vorgeschribenen uberkomunge punete und articule zu
mynnern zu meren oder zumale abezutun, wan und welche zyt dem
rade fuglich und eben wirt. actum feria tertia post Sixti anno
m. cccc. 1. IX.
Item der rat hat dem hantwerg aber gegonnet und erleubt diese
neste zwene vorgeschoben articule von der zale und der gemengten
duchen nach dem die sehs iare us und vergangen sin aber sehs iare die
nesten nacheynander zu halten in aller der masse die uswisen. und umb
des willen das die deste steter gehalten werden, so sollen nun forter
me die vier sigeler die off der gezauwe sigeln ire kerben haben und
eime iglichen in Sonderheit sin duche an sin kerben snyden so er ime
sine duche sigelt und zu eyner iglichen messe so man ofthoret webens,
so sollen die meystere eyn gemeync gebot machen, darzu dan eyn
iglicher sin kerben mit ime brengen und da uff sinen eit behalten sal
das er oder nymant von sinen wegen eyn soliches uberfaren habe,
actum der herbstmessse anno 1. XV.
Item of dinstag nach Remigii anno 1. XXX. sin ettliche des hant-
werckes meister von des gemeynen hantwerckes wegen als sie sageten
komen und han gebeten diese vorgeschriben dry articule umb ein zale
duche zu machen besagende dem hantwercke aber ettliche jare zuver-
gonnen, daruff der # rat die dry articule dem hantwercke gegonnet und
zugelassen hat die nestkomende X iare so ferre und lange es dem rade
eben blibet.
— 112 —
Item uff dinstag nach Dionysii anno 1. XXXX. sin etliche des
hantwerckes meister von des gemeynen hantwerckes wegen für den rat
kommen und han gebeten diese vorgeschrieben dry articule umb eyn
zale duche zumachen besagende dem hantwercke aber etliche iare zu-
vergonnen. daruff der rat die dry articule dem hantwercke gegonnet
und zugelassen hat die nestkomende IV. iare dem meynsten XX, dem
mittein XVI und dem mynsten XII duche so ferre und lange es dem
rade eben blibet.
18. Neue Bestimmungen Uber die Maasse der Tuche 1495.
Handwerkerbuch III. Fol. 5a; Ugb C 32 B Fol. 5 b.
Item man sol hinfur als bisherc gewonheit gewest ist kein breide
duch mehe machen, wer das uberfure, soll zehen gülden zur busse ver-
lorn han.
Die besten duche
Item sollen die besten duche uff der werfte oder im zetel sieben
und vierzig ein halten.
Item sollen die besten duch zehen gebonde breidt sin, iglich gang
mit sechtzehen federn geworfen und mag man eynen gang und nit mehe'
darzu machen, doch das die kern und riede nit witer wan itzunt ge-
setzt werden sollen, sollen auch sin von ganzer wollen und hären und wole
geweben. auch mit aller arbeit darzu gehörig mit vlys gebessert werden.
Item sollen dieselben duch uff der getzauw in die breide halten dry
ein und dry firtel mit dem dumen, als das isen clerlicher uszwisen wirdet.
Item dieselben tuch sollen mit dreyen siegen geweben werden.
Item sollen dieselbigen duch uff der ramen dry elen und ein firtel
gebreit werden und bleipt ein gang dar inn, umb des willen das man
die duch nit zur risz. es plipt auch uff der ramen vier und vierzig elen
und soll man weren den kaufman dry und vierzig elen und bliben
vier elen im duch.
Die mittel duch
sollen halten uff der werfte sieben und vierzig elen und sollen halten
acht gebund mit sechtzehen federn die genge und nit mynder. doch
mag man eynen gang zwen oder dry darzu machen.
Item sollen dieselben tuch von der mittel wollen und nit von hosten
hären gemacht werden nach erkentnus der gesworn, so iglich zyt darüber
gesatzt werden.
Item sollen die tuch in der gezauwe dry elen ein firtel mit dem
dumen breit sin und soll iglicher sin kern und riet darnach stellen, so
er sie weben wil soll er sie mit zweyen siegen weben.
• /wen oder dry spater über die durchstrichenen Worte »und nit mehe« gesetzt.
Item sollen die tuch uff der siegel ramen dry elen mynder eyn
firtel breit sin und neun und dryssig elen lang uff der ramen, den kauf-
man weren acht und dryssig elen. 1
Die fuder thucher
sollen halten uff der werfte vierzig elen und sieben gebund in die breide,
mit sechtzehen federn die genge und nit mynder. doch mag man eynen
gang zwen oder dry darzu machen.
Item dieselben tuch sollen von der siechsten wollen gemacht werden,
dar in mocht man schieszen raufwollen ader lamp wollen und plocken.
die sol man mengen under lamp wollen und kein schroden dar in weben.
Item darnach sollen sie in rieden und kemmen sin dryer elen
mynder ein halb firtel mit dem dumen breit und were solich kern und
riet nit hett, der sol sie machen lassen.
Item sollen die tuch uff der siegel ramen zwo elen und anderhalb
firtel breit sin und sollen gelengt werden sieben und dryssig elen und
den kaufmann weren sechs und dryssig elen.
Item die besten und mittelsten tuch soll man brun grün und bla
an der wollen ferben und die minsten tuch an duchen und mag man
was färb man wil yeder tuch machen.
Auch weres das ein tuch webes kartes noppes odir wescheshalber
ungesiegelt bliebe, sol der jhene der daran ursacher were verbuessen
mit zweyen alt thornesen.
Item das kein werft oder zetel nit von der werf ramen abgetan
werden, sie weren dan zum minsten von zweyen getzauw siegelern
besichtiget, das sie ire lenge haben, by verlust dryer gülden zur busz.
Item die werf ramen sollen alle gebrant werden, iglich uff ire lenge.
wo dar über einer uff einer ungebranten ramen werft, sol dry gülden
zu pene verloren han.
Item die zauw siegeler sollen ein snor han und iglich leng an der
snor zeichen, die werf ramen do mit zu uberziehen.
Item so dieselben zauw siegeler den zetel besichtiget haben, sollen
sie ein pitschyt mit was hinden an den zedel drucken und sol keiner
kein zetel beymen, er hab dan der getzauwe siegeler pytschyt gesehen
by verlust einer halb marg.
Item denselben getzauw siegelern soll werden von iglichem zetel
ein heller, und welcher sin heller nit als balde geben wolle, soll derselb
als dick ein thornes zur busze verloren han.
Item das kein tuch mit litzschen uszgeweben noch von der getzauw
getan werde, es sy dan durch die zauw siegeler besichtiget, das es sin
genge und sin breid hab, by verlust dryer gülden zur busze.
* Eine spätere Hand hat »neun und dryssig« und »acht und dryssig« ersetzt
durch »vier und vierzig« bezw. »drcv und vierzig.«
8
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Item alle ducher, so litzschen han, sollen uff das siegel gemacht
werden, doch mag man aller hand stuck on litzschen und nit uff das
siegel machen, wer solich tuch mit litzschen nit uff das siegel mechte,
sol anderhalben gülden zu pene verloren han.
Item wo die gezauw siegeler uff erfordern den zetel uff der werf
ramen oder das tuch uff der getzauw nit besehen, sondern das abezuthun
vergönnen oder laub geben hetten, sollen dieselben zauv siegeler yeder
ein gülden zur busze verloren han.
Item sie sollen an allen tuchen ire lenge und ire breid, so uff
gesetzt ist, in einem zweyen tagen oder dryen im rame hofe geben, die
duch sollen sunst nit gesiegelt werden, doch wo wetther zufiele, das
es nit gesin künde, sol er mit laub der meister das tuch abethun bys
zu gelegener zyt.
Item ellwohr und fleckwohr mag man verarbeiden zu swarzen duchen.
Item ein iglicher mag tags oder nachtes weben, welche zyt ine gelüstet.
Auch funde man der langen oder anderer duch, die erleupt sin,
eins odir mehe in eym kam, der minder hielte, dan die besten zehen
gebund, die mittelsten acht und die minsten sieben gebund, der kam
und das tuch sollen sin verloren, die sol man den burgermeistern
andelagen, das sollen sie zu snyden und armen luden umb gottes
willen geben.
Item ob einer einen gang in den oben angezeigten duchen durch
usz oder mehe zu smahel hette der solte das duch verloren han wie
obstet, hette aber einer etliche genge hinden zu smale als manchen
gang als manig fünf Schilling, solte er zu pene geben, hette einer auch
vorn zu in dem isen zu smale, so solde er auch von yedem riede dry
heller geben zu pene, umb das man das siegel destebas beware. und
das sollen die besehen uff den gezauven die darüber gekorn sin als
dick als es noit thut.
Item welcher kam zu gier were über sechs riede, der solde von
yedem ried dry heller zu pene verloren han.
Item alle buszen in den gemeynen artickeln über alle duche sagende
sollen von den mynsten duchen halb genommen, usgescheiden, wo die
duch verloren sollen werden.
Zusatz von 1501.
Es mag auch eyn iglicher wober von den mittelen und von den
besten duchen eyn halb duch machen, das sol besiegelt und die ramen
nach demselben maisz gebrent werden, conclusura in consilio tercia
post dominicam Invocavit anno millesimo quingentesimo prirao.
19. Besichtigung der Tuche. 1440— 1450.
L'gb C?2 At Fol. 24 a, Ai Fol. 29b.
Auch sollen alle die die des wollenhantwen ks sin und gewant
machen yre duche anslagen und vor die siegelmeistere brengen und
lassen steen und er oder nyemand von sinen wegen soliche duche abe-
thun also lange bis es die gesworen besehen hant und yme sine ende-
schaft werde gegeben von den gesworn. und wer das uberfure, es were
man oder frauwe, der sal des hantwerrks entberen eynen niandt uff unse
herren des rats gnade und darzu nun Schillinge heller geben KU pene.
auch wo die sigelmeister eyn duche fynden das sie beduchte wandelbar
sin, das mogent sie verbieden bis uff die gesworen, ader weme die
obgnanten meister das bevelen unde den gesworen knechten zuverbieden
alse von alder herbrarht ist. und were es sache das solich duch yn
entweldiget wurde das sal man wider für die geswornen brengen als
man das auch von alder herbracht hat. auch ob ymant begert sin
duche zu bessern, das sollen ym die siegelmeister gönnen, so ferre das
er gereden sal solich duch wider für die geswornen zu brengen und nit
abezuthun bii der vorgenanten pene, die gesworen haben ym dann sin
endeschaft gegeben.
20. Das Siegel der Tuche. 1387.
Gesetzbuch II Fol. 12b, IIa Fol. 49a.
Die dry rede sin ubirkommen und wollen daz sygel damyde die
wobir ir tuche plegen zu besigeln und auch daz weitmasz in ir hand
nemen wollin', und daz dem gemeynen lande, dem rade und der stad
gemeinlich zu nüze und zu eren zu bestellin. und das sal sinen gang
han nach der entscheidunge so sie entscheiden werden als von der sache
wegen darumb sie zweyen.
2t. Siegelung der Tuche. 1495.
Handwerkerbuch III Fol. 7b; Ugb C $2 B Fol. 8b.
Siegelung der ducher.
Item die besten tuch sollen haben ein siegel uff dem webestulc,
eins us dem komp, zwey im rame hof und das fünfte uff dem ratehus.
von demselben des rats siegel soll ein iglicher neun heller geben.
Item die mittel duch sollen haben ein siegel uff dem webstule,
eins us dem komp, ein siegel uff der ramen und das vierde uff dem
rathus. von demselben des rats siegel sol ein iglicher sehs heller geben.
Item die minsten ducher sollen haben ein siegel uff der gezauv, eins
im rame hof und des rats siegel. von demselben sol man geben vier heller.
22. Erden der Tuche. 1440— 1450.
Ugb C32A! Fol. 25 a; Handwerkerbuch III. Fol. nb; Ugb C 32 Ai Fol. 13 b,
B Fol. 14 a.
Wer an dem hantwerg sin duche erden wil, der sal sie erden also
das es geschee vor oder uff den siebenden tag nach dem und man zu
1 In Gesetzbuch IIa ist das Wort nwolliu« ausradirt, statt »die dry rede sin«
»der rat ist«.
8«
- u6 -
iglicher zyt der messe ingeludet hat. dan wer sin duche uff den sie-
benden tag nach dem und man der messe ingeludet hat vor XII uren
zu mittage im komphuse nit hat, die sollen uff dieselben entstanden
messe nit genetzet noch geerdet werden by Verluste der pene des
artickels in dem buche darüber sagende, und sollen auch die duche die
uff denselben siebenden tag vor XII uren im mittage in das komphus
komen desselben tags geerdet und nit bis uff den andirn tag damit ver-
zogen werden by der vorgnanten busse zu pene. weres auch das
solicher siebende tag gefiele uff eyn sontag oder uff unser lieben frauwen
tag oder uff eyn aposteln tag, so sulden die duche uff den abent vor
XII uren im mittage in das komphus getan und damit gehalten werden
by den penen in massen vorgeschribin steet.
23. Ueber das Walken der Tuche. 1428.
Handwerkerbuch II. Fol. 14b; Ugb C 32 A » Fol. 10b; Handwerkerbuch III.
Fol. 11b; Ugb C32 Ai Fol. 13b, B Fol. 14b.
Auch sal nyman die duche mit litschen so die messe angegangen
und achtdage in iglicher messe virgangen sin me erden oder nezen bisz
die messe unde achtdage nach iglicher messe virgangen sin by virluste
der pene wer funden wurde uff me dan uff zwein gezauwen weben als
dicke des not geschieht.
24. Ueber die Siegelmeister. 1428.
Handwerkerbuch II. Fol. 14 b.
1 Der rad ist auch uberkommen das die siegelmeister ir keyner sin
eigen duche oder einwesen sins gesellen versigeln sal. dann were sache
das ir eyner zu zyden kräng oder nit inheimsch were oder ime sust
ungelegen were daby zusin ungeverlich, so sulden die sesser einen
andirn uz in den sessern uff die zyt darzuschicken, mit namen ist er
ein husgeselle der also darby nit gesin mochte, so sollen sie einen us
den husgesellen darzu schicken, ist er aber uz der gemeynde, so sollen
sie einen uz der gemeynde darzu schicken, actum dieser drier * arti-
kele ipsa die Petri et Pauli anno m. cccc. XXVIII.
' Desglichen sal auch keiner für sin eigen duch oder sust ein
ander duch, daz er geferbet geweben oder sust bereit hette, geen das
zu besehen oder darüber zu irkennen als vorgeschriben steet, sundern
die andirn einen andirn die zyt darzunemen als auch vor under-
scheiden ist.
1 Der Artikel ist durchstrichen. Am Hand: diese artikelc hat der rad umb
der weber aller bede willen abe getan quinta feria ante Jacobi anno m. cccc. XXXIII.
1 Dazu gehören noch Stück 23 (S. 116) und Stück 14 (S. 108).
1 Zusatz späterer Handschrift.
■
- H7 -
25. Wahl der Beamten der Zunft. 1430.
Handwerkerbuch IL Fol. 24; Ugb C }2 Ai Fol. 21b, Ai Fol. 27, B Fol. 37 b.
Von der kore.
Item als bisher gewonheit gewest ist an dem hantwercke wan
man iars die ampte bestellen solle, das dan die zwene meister und die
sesser bii eyne quamen und koren und soliche ir kore in eyme zedel
verzeichet vor die zwene brachten die von irs hantwergs wegen in den
rad geen und die selben zwene dan macht hatten da inne abe und
zu zutune und die zedel zu virandirn als sie dan bequemelich und gut
beduchte, und als nun die meister und die sesser zu dieser zyt also
gekorn und ir kore als vorgeschrebin steet vor die zwene des rats
bracht han, die selben die zedel ezlich masze veränderten und abe und
zu gethan han nach dem sie beducht hat das bequemelichin und gut
were und die gesellen des hantwergs us der gemeinschaft ezwas rede
dar inne gehabt und da dorch under ein spenig worden sin und darumb
zu rede und Widerrede vor uns den rad quamen, so han wir der rad zu
Franckford zusehen yn von beiden teilen tun reden und sie vereiniget als
sie das auch dem rade gleubeten, also das soliche kore als sie itzunt gethan
hatten, uff diesz male genzlich abe sin sal und ist, beheltenis doch irer
aller ere, und sollen die zwene die von irs hantwergs wegen in den
rad geen, die zwene meyster und die sesser widder bii eyn komen und
kiesen uff ir eyde und nach allen iren besten synnen und vernunften,
dem hantwerge zu besten und nutzsten und soliche ir ampte von irs
hantwergs wegen von nuwes bestellen eins nach dem andirn als sich
gebort, und ist es sache das die zehen der kore eins werden und ein-
hellichlichin kiesen oder ein meinunge under yn gewonnen , so sal
soliche kore iren furgang han und bii der kore und meinunge blyben.
wers aber das die zehen zweyspellichin koren und uff eyn syte als fyle
vielen als uff die andere und kein meinunge under eine gewonnen
mochten, so sulden sie soliche ir kore von beyden teylen vor uns den
rad brengen und welicher parthii wir der rad dan bestunden und zu
fielen, die selbe parthy sulde dan iren furgang han und dabii bliben.
und sullen auch die selben zehen alle worte und sache als sich in der
kore machen verlaufen und verhandeln, bii iren eyden helen und ver-
swygen, uff das dar dorch kein hasz oder Unwille entstee, und sullen
auch nun furwerter alle iar jerlich so sich ire ampte von irs hantwergs
wegen gebort zu bestellen und zu kiesen , den sachen mit der kore
nachgeen und kiesen in der masse als vorgeschrebin steet, uff das sie
deste friedelicher bii ein gesin und blyben mögen, actum in die dimis-
sionis apostolorum anno m. cccc. XXX.
— n8 —
26. Vergehen gegen die Siegelmeister. 1495.
Handwerkerbuch III. Fol. 3a; Ugb C 52B Fol. ja.
Item weres das yemant von mannen oder frauwen mit freveli« hen
worten die siegelmeistere oder sechser im rame hofe ubergeben oder
sunst verkorn wort gegen ine bruchen wurden, sollen ir iglicher sechs
Schilling zu pene verloren han, so dick und vil des noit geschee. wo
aber von meyden oder knechten im rame hof solichs geschee, so
sollen dieselben iglichs dry Schilling, so oft und dicke des noit geschieht,
zu pene verloren han.
Weres aber das dieselben ein messer im ramehofe zugten oder
frevil hant an die siegelmeister oder sechser legeten, sollen sie ein
gülden zur busse verloren han. und die siegelmeister oder sechser sollen
solichs by iren eiden den ratsfreunden, so die duche versiegelcn, sagen,
die sollen nach irem gevallen und gelegenheit strafen, domit sich ein
ander daran wisze zu stossen.
Item wer aber einen doselbst im ramehofe wonte mechte mit
stechen hauwen oder werfen, der solle vier gülden zu pene verloren
han und sollen es die bemelten siegelmeister wie obsteet furbrengen und sol
es auch wie es in demselben artickel witer begriffen ist, gehalten werden.
27. Verhalten in Geboden und Orten. 1464.
Ugb C p Ai Fol. 27a, Ai Fol. 32b; Handwerkerbuch III. Fol. 12b.
Anno domini m. cccc. 1. XIIII uff den donestag nach sant Eliza-
beth tag sint husgesellen und gemeyn gesellen des hantwergs für dem
rade gewest von irrunge wegen zusehen yne waren, hait sie der rad
darumb gesast und vereyniget, und yne diese nachbenanten artickel ge-
williget und zugelaiszen, doch daz der rad yme macht behalden hait,
solichs zu mynnern zu meren zu andirn oder zumale abezutun wann yme
eben ist, nemlich
[i] 1 wann fortermehe ein gebot uff das kaufhus gemacht wurde
zu des hantwergs notdorft, das man us Sachen reden solde und dann
etlicher ungepurlich sich hilde so man umbfraget, so sulde yne ein
siegelmeister heissen swigen zu eym male zu dem andirn male und zu
dem drittenmale. welcher dann so frebel were und nit swygen wolde,
der solde mit eynem thornes zu pene verfallen sin und ein halbfirtel
wyns zu husrecht als dicke des noit geschieht.
[2] Item obe eyner den andirn in ernstem mude hiesze liegen,
fluchte oder sin mutter gefryen in geboden oder orten, der solde mit
eynem ort eyns gülden zu pene verfallen sin und ein halb firtel wynes
zu husrecht geben als dicke des noit geschieht.
(3] Item obe eyner dem andirn eynen mulstreich gebe, mit eyner
kannen krug oder anders worfe, eynen degen oder messer über eynen
* Die Art. 1 u. 2 auch in Handwerkerbuch III Fol. 2b u. Ugb C 32 B
Fol. )a, bezw. Handwerkerbuch III Fol. 12b u. Ugb C 32 B Fol. 15 b.
119 -
uszoge, der sulde mit eynem gülden zu pene verfallen sin und darzu
geben ein halbfirtel wynes zu husrecht, als dicke des noit geschieht.
[4] Item welcher so frevel were in geboden oder orten, das er
eynen wont mechte mit stechen hauwen oder werfen, das derselbe sulde
mit vier gülden zu pene verfallen sin und ein halb firtel wynes zu hus-
recht als dicke des noit geschieht.
[5] Und weres sache das eyner soliche vier gülden nit geben wulde,
der solde so lange von dem kaufhuse in orten und geboden bliben,
bis er das gebe, doch unschedelich an sinen eren.
[6] In allen vorgeschriben sachen und artiekeln usgescheiden unser
herren den rad und des heiigen richs gerichte.
Und obe eyner des richs gcriechte oder des rates recht darumb
ersuchen wulde als vor berurdt ist, sal man yme gönnen, doch das er
dem hantwerg die pene auch gebe.
[7] Item diese pene und bussen sollen gefallen halb unsirn herren
dem rade und halb dem gemeynen hantwerg zu gude, glich andirn penen als
vorgeschriben steet und sal ein sigelmeister die uffheben und verrechenen.
28. Verwaltung der Orten. 1499.
Handwerkerbuch III. Fol. 30a; Ugb C 52B Fol. 21a.
Item hait sich der rat den meistern und hantwerg zu gute und im
besten verordent, das furter raehe alle viertzehen tage zwen rechen
meister, der orten und gesellen, so sie by eynander sin, zu warten,
gekorn werden sollen, und dieselben zwene sollen in der orten macht
haben, die gesellen heiszen swigen by der busz eyn halbfirtel wynes wie
dan vor in diesem buch geschrieben steet. und welcher dar über un-
gehorsam erfunden wirdet die bussen also zu nemen.
29. Tragen von Waffen. 1511.
Handwerkerbuch III. Fol. 32a; Ugb C 32 B Fol. 22 b.
Wir der rat dieser stat Franckenfurt haben betracht, das nit allein
uff und inne den gassen sonder auch in den gesellschaften, do doch
billich alle zucht und redelichkeit gehalten wirdet, uffrure gescheen, und
wollen darumb, das nun hinfure kein meister oder knecht des wollen-
wober hantwergs dieser stat Franckenfurt er sy reich oder arme jung
oder alt, dar zu auch kein frembder by tag oder nacht einich swert
lange messer oder tegen, die lenger syn dan von alter ein masz zu
Franckenfurt gegeben und an dem Romer verzeichnet ist, uff die stoben
tragen soll, und sollen dieselben, die solich masz haben, stompecht sein,
es soll auch nyemands einich spitze, sorglich switzer tegen noch sunst
unmessig broitmesser harten fuschin heymer werfgezug oder der glichen
uff der burgermeister erkentnus tragen, usgescheiden wan von rats ge-
botten lüde zu hüten uft der stoben gelegt werden, und sollen des die
heymbschen eynen iglichen frembden warnen, er sy irs hantwergs oder
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nit. und welcher das under inen uberfure, der solle als dick des
geschieht, mit den waffen und mit sechs Schilling hellem halb dem rat
und halb dem hantwerg, und ob derselb oder ein ander solichs dar nach
verachten und syn spotlich rede dar uff halten, in hoher straf nach des
rats enkentnus verfallen sin.
conclusum in consilio feria quinta post festum Simonis et Jude
apostolorum anno m. ccccc. undeeimo.
30. Aufnahme in die Zunft. 1469.
Ugb C32 Aj Fol. 27b; Handwerkerbuch III. Fol. 14a; Ugb C32A1 Fol. 34 a,
B Fol. 17 b.
Wer forter zu Franckfort duche machen das wollcnweber hantwerg
triben duche slichten planeren oder bereiden wil und das hantwerg von
sinen eidern oder vorfaren nit hat, der sal vor burger auch elich geborne
und fromme sin, und sal das hantwerg kaufen und darumb geben dru
phunt heller und eyn firtel wins, darzu fünf gülden an die walgmolen
und das komphus und sal forter zu des hantwergs Sachen iars geben
und tun was sich gepurt als eyn ander, actum et admissum in consilio
feria quinta post assumpeionis Marie anno m. cccc. 1. XIX.
31. Erhöhung der Aufnahmegebühr. 1540.
Ugb C 32 B Fol. 18a.
Nachdem sich aber das wöber hantwerck hievor erboten zu
ainer neuwen walckmulen ain suma gelts zu geben, welche inen zu
gutem ayn erbar rat itzo zu bauwen furgenomen daran ir ieder zwen
gülden erlegen müssen, so ist auf begeren und bitt gemaines hantwercks
in sitzendem rat bewilligt zugelasssen und beschlossen, das nun hinfur
ayn ieder so in ire hantwerck aufgenomen wird, er habs ererbt oder
beger von neuvem dar in zu komen, über das so man in solch hant-
werck von alter her zu geben schuldig noch zwen gülden entrichten und
bezalen soll, actum donerstags nach dem hayligen ostertag anno m. d. XL.
32. Ueber die Aufnahme in die Zunft. 1499.
Handwerkerbuch III. Fol. 30a; Ugb C 32 B Fol. 20b.
Item hait der rat zugelaiszen und vergönnet, wo sich furter mehe
einche persone es sy manne oder frauwe, die das hantwerg vor hyn nit
hait, zu eyner andern personen im hantwerg vermahelt, das dieselbe
persone dem hantwerg zwölf Schilling gemeynem hantwerg zu gut und
eyn firtel wynes geben soll, das firtel wynes sollen die meistere drincken
und die 12 Schilling verrechenen.
33. Aufnahme von Knechten. 1469.
Handwerkerbuch III. Fol. 13b; Ugb C 32 A« Fol. 27b, At Fol. 34a, B Fol. 17a.
Der rat ist uberkomen, welch meister einen knecht enpheet oder
offnymmet zu arbeiden, der dem rade nit glubde und eide getan hat,
— 121 —
der sal den knecht bynnen den nesten achttagen nach der enphahunge
für die burgermeister brengen by dem eide den er dem rade getan hat,
das derselbe knecht der knechte eit auch globe und du. .welcher meister
des nit tede, der were after den achttagen alle tage mit fünf Schilling
phenninge zu pene verfallen.
34. Desgleichen von 1499.
Handwerkerbuch III. Fol. 30a; UgbCp B Fol. 20b.
Item wan ein meister eynen knecht oder knaben dinget ine das
hantwerg zu leren, derselbe knechte oder knabe sol dem hantwerg
geben zehen Schilling in gemeynen nutze dem hantwerg zu dienen und
sollen das die meistere verrechenen in irer rechenung, und der meister
der solichen knecht oder knaben gedingt hait, vor die zehen Schilling
gut sin das sie gegeben werden, so ferre der nit von synem vatter das
hantwerg vor hin hette.
35. Das Handwerk ersucht den Rat, ihm die Forderung
des Befähigungsnachweises bei N eu a u f z u n e h m e nd en zu
gestatten. 1531.
Ugb C ja Gg.
Fursichtigen Ersaraen Weysen Gunstigen Lieben Herren unser
undertenige schuldig und willig gehorsam seyen E. F. W. alzeit zuvor,
nachdem ein erbar rath (on zweifei) gut wyssens haben wie das unsere
hantwerg so ganz in abgang und ye mer kommen ist, erfint sich under
andern Ursachen diese, das etwan durch unser forfarn und uns selbs
solich leut in unser hantwerg zugelossen, die es nit gelernt noch mit
der hant beweysen moegen und auch uns nit geburen wolt solchen das
hantwerg oder zunft abzuschlagen, dweyl wir solchs aus unserm zunft-
buch (so von eynem erbarn rath geben ist) nit erhalten mochten und
also dohyn kommen, das die zunft und baumeyster, so jerlich geweit
werden nit mit weniger mühe die zyns so jerlich von der moein, kauf-
hus und ramhof gefallen kummerlich erreychen mögen, ursach das
unserm hantwerg durch solich leut, die zunftig sein woellen und doch
kein gewant machen, grosser abpruch geschieht, dan sie an obgemelte
zynsen mit nicht zu. hilf kommen, ist derhalben unser linderten ig
vleissig bit und begeren an F.. F. W. unser zunft zu gut gunstiglich zu-
begaben mit disem nachvolgende arti< ul und in unser zunftbuch setzen,
nemlich,
Wer hinfurt willens unser hantwerg und zunft anzunemen, das der
zuvor es redlich gelernt hette und mit der hant beweyste. und obe es
wer, das eyncr von seynen eitern ererbet hette und sich uff solich
erbschaft zyhen das hantwerg zugebrauchen und doch nit gelernt hette,
— 122 —
das dem selbigen uff sein ansuchen das hantwerg sol abgeschlagen
werden, domit wir unser hantwerg in statlichem wesen erhalten moechte-
(Hier folgt als zweites eine Bitte betr. die Siegelung der Tuthe.)
datum 17. Julii anno 1 53 1.
E. F. W.
gehorsame meystere des woellen-
weber hantwergs.
36. Nachweis der ehelichen Geburt. 1609.
Ugb C 52 B Fol. 44 a.
Dasz den handwerckern und Zünften über kundschaft ehelichen
geburt zeugen abzuhören hinfurters verboten sein soll.
Demnach bis dahero bey den handwercken und zunften dieser statt
breuchlich gewesen , wann einer bey ihnen zunftig werden, oder das
handwerck lernen, und darauf einer eelichen geburt und herkommens
beglaubte uhrkund furlegen sollen, do weren derselbig dem handwerck
lebendige zeugen vorgestellet, dasz dieselben abgehört und nach be-
findung derselben kundschaft der ansuchende theil in das handwerck
ufgenommen worden, und aber daran nit wenig gelegen, dasz in solch
feilen die zeugen umbstandtlich erinnert und ire aussagen Reissig ge-
mercket und ufgezeichnet werden , welches gleichwol bey den hand-
werckern und ztlnften so eigentlich und umbständlich nit beschehen, weil
die jenigen, so dar zu gebraucht werden, die nothwendige clauselen,
darauf die zeugen gefraget werden sollen, entweder Selbsten nit wissen
noch auch der zeugen aussagen also begreifen und verfassen, dasz man
sich darauf sicherlichen verlassen können, und also mancher an seinem
rechten verkürzet worden, und wie man bey der canzley erfahren, seines
geburtsbriefs aus mangel der zeugen und anderer notwendiger berait-
schaft beraubt sein müssen, als haben wir der rhat diser statt dahin ge-
dacht, wie solchem gebrechen hinfurters vorkommen werden möchte,
ordnen darauf und wöllen, das alle und jede handwercker künftig, wan
eyner bey inen in die zunft angenommen oder das handwerck zulernen
und ingeschriben zu werden begeren wurde, denselben zuvor und ehe
nit zulassen ufnehmen oder einschreiben, er habe dann zuvor seine ehe-
liche geburt und redlich herkommen mit schriftlichem schein und uhr-
kunden, mit denen das handwerck zufriden sein könne, gnugsamb er-
wiesen und sich nun hinfurter des zeugen furstellens, auch dieselbige zu
beaidigen und abzuhören genzlich und zumahl enthalten, mit der betroung,
da sie darwider handien wurden, sy derwegen in unsere straff nit allein ge-
fallen, sondern auch solche Vorstellung und abhörung der zeugen nichtig
und von unwürden, und das handwerck der vernachtheilten partheien
veruhrsachten schaden und uncosten zuerstatten schuldig sein sollen,
darnach sich unsere Zünften und handwercker zu richten wissen werden.
conclusum in senatu Jovis den 9. Februarii A. 1609.
- 12} -
37. Versetzen des anvertrauten Rohstoffes. 1469.
Ugb C 32 Ai Fol 27b, Ai Fol. 34a, B Fol. 17a; Handwerkerbuch III. Fol. 13b.
Auch wer forter mc an dem wollenwober hantwerg oder planerer
den luden das ire versetzet verkeufet oder entreget anc iren wissen und
willen mit offsatze, der sal des hantwergs Verstössen sin und bliben, off
das sich cyn ander und menlirh dar inne offrichtig fromlich und er-
berklich halle.
38. Den Bürgern ist nur gestattet, Tuche zu eigenem Ge-
brauch herzustellen. 1476.
UgbC32Aa Fol. 28b, Ai Fol. 35a, B Fol. 18a; Handwerkerbuch III. Fol. 14b.
Item off dinstag nach Egidii anno m. cccc. 1. XXVI hat der rat
geordent das die wobere ire duche machen sollen nach lüde irs buches.
were aber eynig burger der eyn duche machen wulte sich sin husfrawe
und kinde damit zu cleyden, vil oder wenig davon nit zuverkeufen, der
mag das tun und sal daz duche machen ane lytschen und nit über XXXVI
clen lang.
39. Gegen den Grossbetrieb. 1476.
Ugb C32 Ai Fol. 28b, Ai Fol. 35.
Item wo die meistere erfinden das eyner under ine wollen die mit
dem kemmechin gestrichen weren oder warff das davon gemacht were
keufte forter zuverarbeiden oder eyner das verarbeidet hette, das sollen
die meister bussen nach irs buchs sage. 1
40. Ueber den Wollhandel. 1482.
Ugb C32 Ai Fol. 29a, Ai Fol 35b, BFol. 18b; Handwerkerbuch III. Fol. 15a.
Der rat hat umb bede willen des hantwergs gesast und geordent
zuhalten so lange dem rade eben ist, so eyner er sy fremde oder heimsch
hie zu Franckfort wollen off vorkaufe keufet und eyner des hantwergs
oder sost eyn burger dar zu komet ehe die wolle gewogen und ge-
hebert ist und begert ime eyn teile davon zu lassen, ime selbs zuver-
arbeiden und zugebruchen und nit forter zuverkeufen, dem sal der
furkeufer der wollen eyn teile als sie ungeverlich für hant liget werden
und folgen lassen, in solichem kauf als der bescheen ist. doch also
daz dem furkeufer für solich wollen zu stont bezalunge beschec oder
willen gemacht werde.
Mehe so hat der rat gesast und ernüwet als auch von alter gewest
ist, das keyner der des hantwergs ist' er sy fremde oder heimsche der
1 In UgbC32 Ai durchstrichen, am Rand: »ist ab«.
' In Ugb C32 Ai u. in Handwcrkerbuch III steht hier noch: »selbs oder
durch sin husgesindc dheinetu«.
wollen off furkauf keufet, wollen hie zu Franckfort keufen, dingen,
beslagen oder enphaen sal by Verluste von iglichem clude wollin so dicke
und vil das not geschieht eyn orte eins gülden zu pene halb dem
hantwerg und halb dem rade und das so lange dem rade fuglich und
eben ist. actum feria quinta post Viti anno m. cccc. 1. XXXII.
41. Besichtigung der Gewichte. 1476.
Ugb C32 Ai Fol. 29a, Ai Fol. 35a, B Fol. 18b; Handwerkerbuch III. Fol. 15a.
Item hat der rat den meistern des woberhantwercks gegennet das
sie die spynne' phunde und andere phunde der sie sich geprauchen
under ine besehen und was sie strafbar finden das sie das bussen
mögen, die busse sal sin eyn gülden halb dem hantwercke und halb
dem rade werden sulle.
42. Einfuhrung neuer eiserner Massstäbe. «495-
Ugb C 32 Aj Fol. 30b.
Item uff donestag nach conversionis Pauli anno m. cccc. XC. V
ist beslossen das man dem wollenwober hantwerg uff die nuwe ordenung
des duchemachens werden laiszen und geben das maisz mit der snore
und isen, auch das vorne isen mit dem attele lenge und breide an der
ramen zu zeichen, und hait der rate eynen gegenwechsel der obgemelten
stucke hinder ime behalten, die by den stale der weit proben inne des
rates schancke thun halten.
43. Einleitung zu den neuen Ordnungen des Wollenweber-
handwerkes. 1495.
Handwerker buch III. Fol. la; Ugb C 32 B Fol. ia.
Als in vergangenen iaren wir der rat zu Franckenfurt den meistern
wollenwober hantwergs diesser selben stat ein ordenung umb friden
und eynigkeit zwischen inen zu behalten vergont und sunst domit wie
sie ire tuche mit iren breiden lengden färben auch der wollen und
andern Schickungen machen und bereiden sollen uftzeichenung geben,
und aber sich syt here die tracht der mentschen in allen landen merg-
lich geendert han, do durch der kaufman dieselben tuche zu keufen
und zu verfuren abscheuwen gehabt, haben wir gemeynem hantwerg zu
gute mit rate der meistere dar in gesehen, der artickel eyns teyls so
dem gemeynen kaufman zu irem verdrieb undienlich gewest sin, abgetan
und andere an ire stat gesetzt verneuwet und bys uf unser widderrufen
crleubt. wollen auch die also diewile wir die nit enderen by den bussen
und penen daruff gesetzt die halber dem rate und halber dem gemeynen
hantwerg zu stene und gereicht werden sollen wie hernach geschrieben
stet gehalten und vollenzogen haben, und ist soliche ordenung ein-
1 Nur in Ugb C 32 Ai steht für »spynne« »spindc«.
— 125 -
trechtlichen im rate uffgericht und beslossen uff dornstag nach conver-
sionis Pauli anno domini mii'.esimo quadringentesimo nonagesimo quinto.
44. Streit zwischen den Zünften der Wollenweber und
der Schneider wegen des Tuchscheerens. 1466.
Ugb C 32 A, Fol. 27b, A 1 Fol. 33b, B Fol. 16b: Handwerkerbuch III. Fol.
13a (Jahreszahl dort falschlich 1471).
Als wollenwobere und snydere hantwercker spennig und irrig waren
von des duchscherens wegen, des hat der rat off hüte fritag nach
Bartholomei anno m. cccc. 1. XVI zusehen yne erclert und usgesprochen,
das die wobere mögen duchscheren einem iglichen grosz und cleyn
stucke, also das sie keyn duchscheren ushencken sollen und ire dische,
dauff sie scheren wollen, sollen sie in iren husungen und wonungen hinder
sich setzen, also das man zusehen des huses laden und swellen und dem
seheredische geen möge, und die duchscherer sollen und mögen duch-
scheren ushencken und einem yden gross und cleyn stucke scheren wie
das dan von alter herkomen ist. und alsdan das snyderhantwerg eyn
duchschere an ire geluchte zu sant Bartholomeus hatte tun malen und
machen, das sie die abetun sullen.
Zweite Entscheidung. 1471.
Ugb C 32 A, Fol. 28a, Aj Fol. 31 b, B Fol. 17 a; Handwerkerbuch III. Fol. 14a.
Als irrunge gewest ist zusehen den meistern wollenwober und
planerer hantwergs uff eyne, den snydern und duchescherern am andern
deyle umb die gekrompen duche zu karten scheren und bereyden, also
nach verhorunge beyder syten, so han wir der rad zu Franckfort zusehen
ine darumb gesast und geordent, das die planerer und duchscherer zu
Franckfort igliche parthie an die das gesonnen wirt gekrompen duche
karten scheren und zubereyden möge, und die rohen ungekrompen
ducher sollen den planerern zusteen und wir behalten uns macht die
dinge zu lutern, dar ane abe oder zu zuthun wie und wan uns gefuget
und eben wirdet.
Und als darnach von den wobern und planerern clage quame das
die duchscherer über die Stange kerten, das die wober meynen, von
alter nit herkomen, auch irem hantwerg und nit den duchescherern zu-
gehore, daruf han wir der rad gecleret und geordent, das die duch-
scherer über die Stange nichts karten sollen, es were dan das yemant
solichs an sich cleyden wolte. actum tertia post Juliani martiris anno
domini m. cccc. I. XXL
Dritte Entscheidung. 1485.
Ugb C 32 Ai Fol. 29a, At Fol. 35b, B Fol. 19a; Handwerkerbuch III. Fol. 1 jb.
Item als der rat er< lerunge der spenne und irrunge vormals zusehen
wulnwober und snyderhantwercken von des duchscherens wegen getan
— 126 —
hat und aber zweyspellikeit under ine gewest ist von eins wegen der sich
planerer und slichter hantwerckes gebrucht und eyn duchschere als ein
duchschern sliffer usgehangen gehabt, da hat der rad off hude erkant,
das derselbe dwile er sich des planerer hantwercks geprucht nach lüde
der alden clerunge keyn duchschere ushencken sulle. und welcher furter
dieselbe vorgeschriben erclerunge mit den schere dischen zusetzen oder in
andirn puncten ubcrferet, der sal von eynem iglichen stucke mit eym orte eins
gülden zu pene verfallen sin halb dem rade und halb dem hantwercke so oft
des not geschieht, actum feria tercia post Egidii anno m. cccc. I. XXXV.
Item und als auch hievor vom rade zusehen den genannten woln-
wobern und planerern eins, snydirn und duchscherern andirn teils urnb
die gekrompten duche zu karten, scheren und bereyten gesatzt und ge-
ordent ist, das die gekrompten duche iglich parthy karten scheren und
zubereyden möge und die rohen ungekrompten duchere den planerern
zusteen sollen, deshalbe dan aber zusehen den genanten parthyen irrunge
entstanden waren, hat der rat geeiert das die duchscherer keyne rohe
duche scheren, auch keyne duche strecken oder gestreckte duche, die
nach dem strecken wyder rohe duche genennet werden, scheren oder
bereiden. auch keyne deckel oder mentel noch schauwefalden machen
sollen, dan daz den planerern und slichtern in ire hantwerg zugehört,
doch so mögen die duchscherer gekrompte duche scheren und off die
nalden 1 zubereiden und off den vier orten mit der nalden mit vier Stichen
heften, und hat der rat off hude off solichen puncten der iztgemelten
alten satzunge und ordenunge auch diese erclerunge und auch off den
puncten von dem karten über die stange wer der eyne oder mer uber-
fure off eyn iglich derselben uberfarunge eyn halben gülden zu pene halb
dem rade und halb dem hantwercke als oft des not geschieht verfallen
zu sin gesatzt. actum die et anno ut proxime supra.
45. Klage derZunft Uber den Tuchausschnitt der Fremden.
1499.
Handwerkerbuch III. Fol. 31b; UgbC}2 B Fol. 21b.
Und als sich die meister wollenwober hantwergs under anderm
beclagen das die frembden und usmerekere kramere hocken und andere
alhie zu Franckenfort tuche mit der elen us snyden, und auch zwuschen
den messen von wegen der frembden mit der elen verkeufen, das inen
zu verderplichem nachteil und schaden reiche, solichs haben unser
herren der rat erclert und Wüllen, dwile tuchemachen ein besonder
werg und gewant us snyden auch ein besonders und darzu ein kauf-
handel ist, das kein burger oder inwoner alhie zu Franckenfort einchem
frembden, der nit burger hie ist, sin tuch zwuschen den meszen mit der
elen ussnyden soll, actum feria tercia post Epiphanias Domini anno a
nativitate eiusdem millesimo quadringentesimo nonagesimo nono.
1 In U>;b C ]2 Ai, B und Handwerkerbuch III: »nalcn«.
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46. Den Juden wird der Tuch ausschnitt von neuem
verboten.
Gesetzbuch III, Fol. 105 b, Fortsetzung Fol. 107 a. 1485.
Auch als den juden von alter here verboten ist, das sie keyn
duche mit der elen ussnyden norh mit der elen verkeufen sollen by der
pene von alter herkommen und doch gegonnet und nachgelassen, daz
sie eyn ganze duche, eyn halbs oder eyn firtel eins duchs samenthaft
verkeufen mögen und das mit der snore und nit anders von den wobern
die recht stricher sint strichen lassen sollen, darzu sollen sie die rleydere
die ine versatzt werden nit anders dan sie yne versatzt sin machen
lassen, ist der rat uberkommen welcher jude das durch sich selbs oder
imant anders von sinen wegen uberfure, der stille von iglicher elen die
also usgesnyden oder mit der ele usgemessen were und von iglichem
veränderten cleyde eyn gülden zu pene geben halb dem rade und halb
dem snyderhantwerg die soliche pene rügen und infordirn sollen, zii
werden und zu gefallen, actum quinta feria que sint dies sanctorum
Fabiani et Sebastiani anno 1. XXXV.
Gesetzbuch III, Fol. 108 b. 1499.
Der judden duch verkaufens halben, als den ein ganz oder ein
halbs oder ein firtel eins duchs zuverkeufen und mit der snore strichen
zu laiszen vergönnet ist, des rats clerunge, obe über eyn firtel oder das
halb oder ganz duche etliche elen uberliefen und an eynem stucke
kauft oder verkauft und mit der snore gestrichen wurden, davon solle
man keyne pene zu geben schuldig sin.
47. Beisteuern des Rats zu den Ausgaben der Zunft. 1499.
Handwerkerbuch III. Fol. job; UgbC32 B Fol. j8b.
Als wir der rate mit zytlicher Vorbetrachtung vermerckt gehabt,
das sich das gemeyne wollenwober hantwerg by uns mit personen und
auch im handel zu abnemen ereyget und dar umb demselben hantwerg
zu nutz etlich artickele irs alten buchs geändert, auch eins teils abgethan,
auch wo noit zugesetzt, doch den merer teyle by der alten ordenung
beruhen und solichs by eyn in disz besonder buch beschriben das wir
inen ubergeben laiszen haben, dar umb uff gemelten des gemeynen
wober hantwergs fiisziger bete willen, domit sie das hantwerg und
geselleschaft dester statlicher gehalten und in wesen pliben wegen ver-
gönnet und zugelaiszen als her nach geschriben folget.
Item nachdem alle gelt und pfenyng buszen so jerlichs in gemeynem
wüllenwober hantwerg lute dieser hie vorgeschriebener artickel uns dem
rate zum halben teile zugestanden und gefallen sin, und die hantwergs
meistere von gemeynes hantwergs wegen die buszen und gefelle inzu-
brengen mit besichtigung der gewicht getzauwe und andere muhe arbeit
sumenisz und Unkosten liden muszen, ist unser des rats meynung.
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Item zu welcher zyt man iars die pfunde harnesche und die
wollen under den iudden oder ander geware besichtiget, das dan an
eynen halben gülden zu Unkosten ertragt, dar an wil der rat gemeynem
hantwerg das halb teyle des unkostens, das sint sehs Schilling von des
rats teile buszen zu stuer komen laiszen. wan man die jars in der
stede rechenunge Hebert.
Desz glichen von dem eynen gülden so das hantwerg iars dem
richter die buszen inzubrengen und uffzuheben gibt, wil der rat von
des rats teile der buszen, wan das gefeilet das anzal und gepurnis, das
sin zwölf Schilling dem richter werden laiszen.
Item von den zweyen gülden so das hantwerg iars dem schriber
von dem weit uffzuschrjben und das geld inzufordern geben hait, dar
an wil der rat den halben teile, das ist ein gülden, von des rats teile,
so das geliebert wirdet von dem weitmaisz, dem schriber gedihen laiszen.
Item nachdem das gemeyne wober hantwerg iars den weitknechten
in gemeyn eynen halben gülden für zwey par schuwe, das weitmaisz
zu holen und widder zu antwurten geben hait, wil der rat von dem
gefelle des weitmaiszes dem hantwerg sehs Schilling* heller zu gute
herüszer geben.
Item die schuppen zu machen und die in wesen zu halten, das
sich iars leufet uff eynen gülden und sehs Schillinge wil der rat zum
halben teile tragen, das sint 15 Schilling.
Item den personen so füer usgeet, die zu den eymern leitern und
heche verordent sint und die zum füer und widder davon getragen
haben, wil der rat denselben personen eyn firtel wynes von gemeynem
gelde an den buszen und weitmaiszen vor der teylung werden laiszen.
Aber nach dem man iars rechenung thut und umb zwo und
zwenzig person des hantwergs dar by erfordert werden, der halber man
zerüng von gemeynes hantwergs wegen halten musz, das sich ungever-
lich umb zwene gülden leufet, und wie wole solichs des hantwergs sachen
der meisten deile und sie selbst betriffet, so wil ynen der rat iars eyn
firtel wynes zu stuer irer zerunge geben und werden laiszen.
Nota brengt die somme iars . so der rate dem hantwerg zu gut
komen leszet zwene gülden funfzehen Schillinge und zwey firtel wynes.
48. Ernennung und Verpflichtung derer, welche in der
Messe Unterkäufer an der Wolle sein sollen und Ver-
fügung, dass ausser der Messezeit nur die fünf Wollen-
wieger den Unterkaufan der Wolle nehmen sollen.
Gesetzbuch 1 Fol. 12a No. 55. 1573.
Primo Cunze von Buchen, Heinze Rilund Folze von Buchen, Wille
Ilennekin Rockinberger der aide. Henne sin son, Rüpel Schelhorn
diesse sollen nun an der wollen alle underkaufer sin, unde uswendig der
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messe sail nymand underkauf nemen dan die fünf wollinwiger unde hand
intruwen globet unde zun heiigen gesworn, der staid den virdin phennig
ynnewendig unde uswendig der messe alle samstage in die rechenunge
zue entworten von allein dem daz sie verdienen unde von dem clude
wollen von ieder syten i heller zu nemen unde nit des kauflude zue
syne des sie underkaufer sin.
49. Ueber Woll-Unterkäufer und Woll- Wieger.
Alt Aidbuch (Eidbuch II) Fol. 44b, inhaltlich gleich Eidbuch I, Fol. 20a. ca. 1425.
Die underkeufer und wollenwiegere sollen in guten truwen globen
und zun heiligen sweren glich gemeyne lüde daran zu sin gein keufern
und verkeufirn und yderman getruwelichen und ungeverlichen zu den
sachen helfen werbin und raden und das mit keyme ofTsaze noch geverde
verziehen und soliche geware nit durer oder hoher anslagen dan sie
gegolden hette und sollen yne keyne wollen keufen dan als vil sie mit
irem gesinde verarbeiden wollen und auch keyn teile oder gemeyne
haben an der wollen, und sollen yne auch selbs keyne wollen usz oder
ynne wiegen oder ire frauwen kinde oder gesinde yne oder andirn luden
wiegen laszen. und sollen auch von. nymant weder Scheper oder
anders liebe oder myde nemen, man du es dan gerne und auch nymant
über den rechten offgesasten underkauf und meszlone nodigen oder be-
schetzen, sonder keufirn und verkeufirn burgirn und andirn glich und
recht tun und umb keinerley sache willen laszen. und sal auch ir
iglicher, so er von diesem ampt komet, bynnen dem nesten iare darnach
keinen underkauf triben oder nemen ane alle geverde. und was ir
iglicher verdint ane alles abetun in eyn bussen werfen, soliche busse
mit dem gelde den rechenmeistirn antworten, davon dan dem rade zwey
teile und yine eyn teile werden sal.
Von eym clucle wollen zu underkauf 2 heller yde parthy halb.
Von eym clude wollen zu wiegen 2 heller yde parthy halb.
Von eym clude zu kiesen 2 heller yde parthy.
Es sal auch uswendig der messe nymant anders underkauf tribin.
Obe auch eyn ander bynnen der messe einen kauf mechte und
die wollenwieger die wollen wiegen und kiesen musten, so sal man yne
ire wiegegelt gebin und auch ire kiesegelt als vorgeschrebin steet.
Die wollenwiger sollen auch nymant zu gaste by ine halten, die
wollen feile han oder der keufen oder verkeufen noch auch nymant
hinder sie in ire huse oder sost in irem zins legen.
Item das irer keyner inwendig Franckfurt über 50 clude wollen
wigen sal und uswendig Franckfurt sal ir keyner wollen wenig oder vil
wigen, er habe dan sinen mitgesellen einen off das mynste darby und
tun das mit laube des rats oder irer rechenmeister.
Item sie sollen auch alle vier «rochen zu Minen komen und
miteyn re< henen umb was ir yder dahynnen verdint hat und was ire
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ydem davon zu steet, daz sal er ane alles abetun in sin beslossen
bussen werfen.
item was ine auch mit willen geschenckt wirt, das sollen sie alle
vier glich untereyn teilen.
item sie sollen auch nymant wer der sy ane erleuben des rats der
wagen gewichte noch irs wigens underwisunge cleyn oder grosz geben
oder tun ane alle geverde.
Die Namen der Weber, Tuchschecrcr u. s. f., welche den Eid als Wollen-
wieger in der Zeit 1488-1541 leisteten, werden hier aufgeführt.
50. Ueber die Gewand-Unterkäufer.
Gesetzbuch IIa Fol. 43b. 1406.
Der rad zu Franckenfurt ist uberkommen und gebudet allermen-
lichen, das nymand er sy fremde oder heimsch keinen underkauf an
gewande oder an spetzery, fardeln, wasze oder des glichen zu Francken-
furd begynnen oder triben sulle, er sy dann vor der burgermeistirn und
des radsfrunden die darzu bescheiden sin gewest und habe darüber
globt und gesworn und auch ein zeichen von in gnommen daran man
erkenne einen iglichin obe er gesworner underkeufer sy. und wer
darüber underkauf triebe, den wil der rad also straffen, das sich ein
ander daran stosse und wil das tun als dicke des not geschieht.
actum feria sexta ante assumptionis Sancte Marie virginis.
anno m. cccc. sexto.
Gesetzbuch IIa Fol. 44b.
Item underkeufere an gewande sollen globen und swern glich und
recht mit keufirn und virkeufern umbzugeende und keim kein duch
besser loben dann sie duncket daz iz sy ane geverde und auch keim
sin duche vernichtigen und virergirn dann sie beduncket daz sie sin ane
geverde, und auch das sie an sotichen duchen als sie den luden keufen
oder verkeufen nit sollen teil oder gemein haben, bedorfte einer aber
gewands ym selbis oder sime gesinde, das er keufen wulde, das sulde
er keufen mit wissen des umb den er das duch keufte, das er wiste daz
iz ime sulde. sente auch ein gast eim underkeufer brieffe oder boden
und bede yn ime gewand zu keufen, des beste sulde er getruwelich
virkeren und sollen auch den gesten beholfen sin als verre sie mögen
das sie ires geltis umb das gewand bezalt werden und keim auch keinen
gast loben oder vurziehen das er riche oder sicher sy da sie anders
beduncket das einer arm oder unsicher sy umb des willen das ein kauf
vur sich gee uff das sie iren underkauf virdieneten. und auch was
duche sie strychen, das sie die auch gerecht strychen und yderman die
rechte lenge sagen und sollen das nit lassen durch liebe, durch miede
gäbe gunst oder hasz oder durch keinerley ander sache willen, sundirn da-
myde glich und recht umbzugeen in vorgeschriebener masse ane alle geverde.
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Gesetzbuch IIa, Fol. 44b.
Nota als die weber mit laube des rads viere irs hantwercks gekorn
han zu underkeufirn an irme gewande zuschin den messen, so hat der
rad gecleret, daz die seibin vier alleyn underkeufer an irme gewande
sin sullen zuschin den messen und sost nymand. doch das die selben
viere und auch andere underkeufer an andirn gewande underkeuf trybin
mögen und wessel und Stiche machin, also daz sie daz vor des rads-
frunde vor ustragin, darüber sweren und ir gelt uff antworten als sich
geboret, und sal auch ir keiner die duche strichen, daran er under-
keufer gewest ist.
actum feria quinta ante Martini anno m. cccc. XXXVI I.
51. Ordnung der Tuchstreicher. 1503.
Handwerkerbuch III. Fol. 275.
Die stricher sollen inne glitten truwen geloben und mit uffgeregten
fingern sweren, alle duche darzu sie gefordert werden recht zu strichen
mit der snore hie zu Franckfort und yederman desz duchs rechte lenge
als es halden sol und die uberlenge zu sagen, dar inne recht zu thun
nach iren besten verstentenis dem keufer und verkeufer, und das nit zu
laiszen umb liebe mydde gäbe gonste oder hasse noch durch keyne
anderley sache willen, wie die sin mögen one argeliste und geverde.
es sal auch ire keyner sin eigen duche, als die verkauft weren, strichen,
were auch das sie geware wurden jemant duche strichen und dar über
als vorsteet nit globt und gesworen, auch davon das zeichen nit hette,
solichs sollen sie den rechenmeistern furbrengen. were auch das einche
stat ire altherkomen lengede und werunge kurtzete, das sollen sie den
burgermeistern furbringen. sie sollen auch über iren gewonlichen lone
nymant meher heischen und zu usgang der messe ire zeichen widder
liebern. wo sie auch beduchte ichtis gehandelt oder furgenommen wurde,
da durch der stat rente und gefcllc enzogen und gemyndert werden
mögen, davon sollen sie den burgermeistern oder rechenmeistern an-
brengen und nit verswigen.
Zum ersten sal nyemant zu Franckenfort das stricher ampt driben,
er sy dan zuvor bürgere und von dem rate zu Franckenfort zu solichem
ampt ufgenomen und habe dar über gelobt und gesworn diesen vorge-
schoben eit.
Und welcher also ufgnomen und vom rate zugelaiszen wirdet, der
sal als balde eyn gülden in der stede rechenunge und eyn gülden den
strichern gemeynlich geben zum drincken, die ynen auch das stricher-
ampt underwisen und leren sollen, und sollen die stri( her als balde
zwene us ynen verordenen, die den ufgenomen strichcr den ersten tag
und dar nach die nachfolgende tag, allen tag zwene die ynen leren
sollen, bis so lange er das stricher ampt gelernet habe, und sal der
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nuwe stricher allen tag den zweyen synen lere meistern iglichem eyn
masze wynes oder achte heller dar für zu geben schuldig sin. und wo
er sins Strichs ampts fertig und von den strichern geleret worden und
probirt ist, so sal er der gemeyn geselleschaft acht Schilling in die ge-
meyn zuverzeren geben.
Es sollen die stricher, die des tags in den messen strichen und
arbeiten Wullen, morgens so die uwer sehs slehet by dem kloben mit
syner snore erschinen, und iglicher sin schnore den zweyen gekorn
meistern messen und ziehen laiszen, domit dem kaufman und den
gewendern recht geschee. und welcher dieselben zyt des tags mit der
snore wie obsteet, nit'dar komen wurde, der solde den tag nit strichen.
Es sollen auch die stricher zu angang einer iglichen Francken-
forter vasten und herbstmesse eynen zetel und zeichen in der stede
schribery holen und nemen, und nach usgang eyner iglichen vasten und
herbstmesse dieselben zetel und zeichen widderumb uberliebern und sich
mit der schriberey nach alter gewonheit des martzeichens dankbarlich
halten.
Auch sal keyn stricher keyn gemessen snore verkeufen oder abe-
messen laizen by verlust sins ampts und dar zu zehen gülden zu pene.
Die stricher sollen sich in den messen by eynem sondern orte umb
den sale hoff und schonestein das ine bequemlich ist by ein zuchtigen
handelung worte und werke halten und dem kaufman uff sin erfordern
unverzogelich zu strichen verbonden sin, und keyner den andern uber-
geben, auch sin verlust oder Vergessenheit fursagen by verlust eyns ort
eyns gülden, und wo der frevel groisz were, sal dem schultheiszen und
gericht syne straiffe furbehalten sin.
Welcher stricher zu erst in eyne halle komet und eyn duch strichet,
welcher stricher dan dar nach auch queme, der sal das ander duch das
zu strichen were, dem kaufmann strichen, und also für und für nach
ordenung, domit keyner dem andern intrag thun und der kaufman deste
furderlicher verholfen werde.
Es sollen auch die stricher nymant bynnen oder usserhalb der
messen under eynem firtel eins duchs nit strichen, by verlust eins gülden,
so dicke des noit geschieht.
Obe eyn kaufman oder gewender an dem stricher keynen genügen
hette, der mag eynen andern stricher nemen, und das duch strichen
laiszen. und wo sich die mit dem strichen verglichen, sal der kaufman
iglichem stricher synen lone zu geben schuldig sin. wo die zwene
stricher aber sich nit verglichen wurden, sollen dieselben stricher eynen
dritten stricher nemen, dem sie Ionen sollen, und uff welche syt der
dritte stricher kompt, by dem sal is pliben. und welcher über eyn
halbe ele feiet, der sal denselben tag von der zyt an nit strichen und
dar zu vier cngels zu pene verfallen sin der geselleschaft zu ver-
drinken.
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Und welcher stricher vor salne (?) zyt mit drincken uberladen und
druncken wurde, der sal desselben tags furter nit strichen und darzu
keyn teyle an dem strichen haben, und was er den tag verdienet hette,
soll den gesellen zu pene verfallen sin.
Item sal man von eym Londischen dtirh oder anders das vierzig
elen heldet zu strichen geben vier Franckenforter aide heller. Item von
andern durhern dry heller.
Item vier heller von einem kotze zu strichen, heldet sechzig elen,
sal man offen strichen nach der hant. wer das nit thete, sal vier
Schillinge zu pene verfallen sin und sal keyner verlustig sin an cynem
kotze zu strichen, er vergesse dan ein halb snore, sint fünf elen.
Item obe ein kaufman oder andere duche ubirslagen laiszen wulten,
sollen die stricher halben strichlone nemen und ob eincher mangel er-
funden wurde, dar an sal der stricher nit verlustig werden.
Wan die klobenmeister ein geböte machen den strichern, welcher
ungehorsame were, der sal vier engels zu pene verfallen sin, er habe
dan laube von den klobenmeistern, und sal der jungst stricher am ampt
uff befehel der klobenmeister die gebot zuverkunden und wyne ufzutragen
und andere dinstbarlich hantreiche zuthun verbünden sin.
Auch sollen die stricher alle iare eynen nuwen klobenmeister by
den alten machen und sollen die klobenmeister die schnorc messen,
und welche snore nit gerecht werc, die sollen sie zu snyden.
Und wesz von gelt buszen gefallen, sollen die zwene klobenmeister
nach yeder messe den dritten teile inne der stede rechenunge liebern
und der gemeynschaft die zwey teyle behalten.
actum feria quinta post assumptionis Marie anno domini millesimo
quingentesimo tercio.
52. Ueber den Handel mit frem er Leinwand und Garn.
Gesetzbuch ib, Fol. 17 a. 1 399.
Die rede sin' ubirkommen daz man alle lynwat garn flasz und
hanf uswendig der messe in der stede hus füren sulle und davon messe-
gelt und husgelt gebin, als sich davon geburt. auch inwendig der messe
so mag man die obgnante kaufmanschaft in andirn husern feil han, also
wan die kaufmanschaft virkauft wirt, daz man dann die linwat in der
stede hus füren sulle und sie dar inne messen, und sal der stat husgelt
und messegelt davon gebin. so umb daz garn flasz und hanf sal man
wiegen in der stede wagen und der stat davon auch husgelt und wige-
gelt gebin. auch sal nymant ubir ein hundert linwads messen dan der
gesworn messer.
actum feria quinta ante Bartholomei anno 1. XXXXIX.
1 Durchstrichen und darüber gesetzt: der rad ist
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Gesetzbuch IIa, Fol. 41a. 1454.
Die rads raeynunge ist, das man keyn linwat uff der Strassen
zuschin der pharre und dem wyddel oder sost off der gassen feil sal
han dan iederman in sinen kremen oder verzinseten laden, usgenommen
vor dem linwathuse inwendig und uswendig den messen, wer is darüber
tede, der sulde als dicke mit 4 Schilling hellem zu pene verfallen halb
dem rechenmeister richter, der darüber gesast ist und halb dem rade
zu werden.
actum et denove clarificatum in crastino Sancti Albani anno 1. IUI.
53. Verwaltung des Leinwandhauses.
Eidbuch I, Fol 21 b. 1400— 1425.
Der in dem linwathuse sin husfrauwe und sin gesinde die damyde
umbgeen, sollen in guten truwen globen und zun heiligen sweren des
linwathuses getruwelich zu warten und der lüde gudes, das dar inne
kompt zubewaren und behuden, das keyn schade darzu geschee oder
das virstolen werde oder darus entragen oder sust virweselt und das
gelt das von dem duche oder andirn gewar da inne geborit zu messe-
gelt oder husgelt uffzuheben getruwelichin und in der stede kisten als
sich igliches gebort zu tun und des nymant zuerlassen oder zu uber-
sehen ane geverde, und sal auch nyman anders das gelt also uffheben
dan die darüber globt und gesworen han, sundirn des rades und stede
Franckfurt und auch des linwathuses schaden in allen Sachen zu warnen
obe sie erfuren einche sache, die daran schedelich sin mochte und mit-
namen auch obe des huses mit messen oder andirn Sachen nit gewartet
wurde, das sie das nit verswigen sullen und das unverzugelich der stede
rechenmeistirn zu iglichen zyden furbrengen ungeverlich. und was auch
von flasz da gefellet, das sie das getruwelich samenen sullen und nach
iglicher messe den rechenmeistirn antworten.
Die linwatmeszere sollen in guten truwen globen und zun heiligen
sweren, des huses und meszens zu iglicher zyt als sich geburt getrulich
zu warten und den luden zu andelagen und zu meszen, so sie förder-
lichst und endelichst mögen so man das an sie vordert und recht zu
messen dem keufer und verkeufer und von keinem duch zu geen das
sie gemeszen hant, sie haben dann vor dem schriber gerufen und gesagt
wievil des sy, uff das er ez geschryben möge, das dem rade und stat
ir gelt gefalle das davon geburet und auch getrulich zu zesehen, das
nichts es sy duche oder anders usz dem huse verstolen, verwechselt
oder entragen werde, sundern des rads und stede Franckfurt und auch
des huses schaden zu warnen, bestes zu tun und furkeren und auch mit
des rats und stede gude dem rade und stat zum besten und der geste
und kauflude gude den gesten und kaufluden zum nutzsten und besten
getrulich umb zu gehen, on alle geverde.
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Auch die bolze, die sich do innc geburen zu messen, die sal man
messen by der stede kisten, ofT daz das gelt möge davon gefallen oder
sost ingeschriben werden zu fordirn.
Auch sollen die knechte und meszere, so sich das geburt ye eins-
teils und nit zumale usz dem huse gehin zu zeren, so do innc ist
zumeszen.
54. Bestimmungen Uber den Handel mit Leingarn und
Baumwolle.
Handwerkerbuch IL Fol. 128b; Ugb C 50 Ai Fol 2b, Ai Fol. 4a; Hand
werkerbuch III. Fol. 143 a- 141 5.
Auch wilch meister einen kauf dut, es were an garn, wollen oder
andere wäre zu dem hantwerck gehörende, und ein ander meister oder
me den hantslag sehen und begern gesellen in den kauf zu sin, die sal
man myde in den kauf lassen dreden. also wilcher anders dem kauf-
man den kauf virendet das ime gnuglich ist für sin anzal des geldcs.
wilcher aber der virendeschaft also nit endut, den ensal man nit zu dem
kaufe lassen kommen, wilcher auch den kauf also virendet und in
der andere darzu nit wulde lassen kommen, so were der, der in daran
hinderte mit X Schilling heller zu pene virfallen als dicke des not geschee.
actum ipsa die Anthonii anno m. cccc. XV.
Handwerkerbuch II. Fol. 129b; Ugb Cso Ai Fol. 4a, At Fol. $b; Hand-
werkerbuch III. Fol. 146b. 1421.
Auch wilcher vurter einen kauf tede von wollen oder plocken, daz
sich treffe ubir zweye klude, der sulde daz brengen an des hantwercks
meister einen odir me. und an wilchen des hantwercks meister daz
also bracht wirt, der sol ane alle geverde mit des hantwercks knechte
daz allen meistern des hantwerckes tun verkünden und uff ein zyt darumb
bescheiden, und wilcher meister dann uff die gesasten zyt kommt und
ein geselle in den kauf sin wil, und dem kaufman sinen teil bezalt odir
darfur gnug tut, dem sal man des kaufs auch gönnen und zu einer
anzal komen lassen, und wilcher darubir einen kauf ubir zwey klude
wollen odir plocken tede und den nit vurter also tede den andirn
meistern virkunden oder ezlichen meister also darzu nit wulde lassen
kommen, der were von iglichem meister also mit einer marg zu pene
virfallen.
Handwerkerbuch II. Fol. 130a u. 134a; UgbC 50 Ai Fol. , l\ A 2 Fol. 8a;
Handwerkerbuch III. Fol. 148a. 1421 — 1430.
Von des garn kaufs wegen ist der rad ubirkommen. daz man alles
lynen garn daz feil und unverkauft herkomit, füren und legen sulle in
der stede Imwathus. und wulde da ein meister einen zentener odir me
- i 3 <5 -
odir sust einen teil us eyme ballen kaufen und ime der kaufman das
wulde lassen folgen, daz teil mochte der meister nemen und were daz
nymand plichtig myde zu teilen, wilcher meister abir ein ganze ballen
odir me keufet, wer dan daby ist odir sinen mechtigen gewissen boden
hat, er sy des hantwercks odir sust hie burger, und des auch begert
zunemen, und auch da zustunt mit syme gelde bereit ist, darfur gnug zu
tun vur sin geburnisz, den sal man darzu also lassen komen und teil
geben, by Verluste einer pene mitnamen X Schilling heller gein iglichem
dem er daz versagete. und sulde man daz uff der stede wagen weren.
Auch wer vor garn bestalt hette odir gekauft, ime anderswo her
zuschicken odir daz bezalt hette odir gelt also daruff gegeben ane alle
geverde, der were des nit schuldig, imand myde zuteilen, doch sulde
man daz auch uff der stede wagen weren.
Auch sal kein meister garn hie keufen odir bestellen usz der stad
Franckenfort in andere stede zu füren, by Verluste einer marg als dicke
des not geschieht.
Ugb C 50 Ai Fol. ioa, A»Fol.i4a; Handwerkerbuch III. Fol. 1 5 3 b. 1430—66.
Auch welcher meyster eynen garnkauf dut, des über ein zentener
ist, der sal solichen kauf eyme iglichem meister under yne, der sich des
gebruchet und verarbeidet, tun verkünden durch des hantwercks meistere
mit des hantwercks knechte uff ein nemlich zyt. und welcher meister
dan under yne deyle oder anzale begerte, den sal man darzu lassen
kommen, als ferre als er dem kaufman einen gnügen dut für sin anzale
und solichs feste und unverbrüchlich halden ane alle geverde zu glicher
wise, als auch vor in diesem buche geschrieben stet von woln und von
plocken und auch by derselben pene und busse, doch unschedelich
eynem iglichen burger hie zu Franckfurt obe der zu solichem kauf
qweme und auch deyle oder anzale begerte, das man yne auch darzu
sal lassen kommen als auch vor in diesen buche geschrieben stet.
Weres aber sache das ein meister mit syme selbs libe us zohe
und lip und gut darnach wägete oder die sinen darnach usschichte ane
alle geverde und ein ballen oder zwo brechte, die er also gekauft hette
oder als vil als er selbs gebruchen und verarbeiden mochte in syme
huse und nit me, und brechte das her uff sin angst und kosten, das
were der nymand plichtig mit zu deylen.
Ugb C 50 Ai Fol. 13b, At Fol. 20b; Handwerkerbuch III. Fol. 1 >6b. 1482.
Item uff dinstag nach Bartholomei anno m. cccc. 1. XXXII ist der
rad zu Franckenfort uberkomen, das alle garn so her gen Franckfurt
gefort oder bracht wirt, in der stede garnhus komen und dar inne abe
gelegt werden solle.
Auch ist der rad uberkomen und hat gesatzt, das keyner des
hantwergs durch sich, sin huszgesinde oder sust yemant von sinen wegen,
— t?7 —
für sich selbs odir andirn an wollen linen odir wollen garn furkauf
driben sal by der pene von iglichem centener eine marg, und das mehe
odir mynner nach anzale halb dem rade und halb dem hantwerg. es sal
auch keyn meister dem andirn garn odir wollen verkeufen, damit er
mehe duche, barchen, decklachen odir linen hinder sich brenge, dan so
viel er uff zweyen stulen gemachen möge, nach lüde des buchs one
geverde, by der pene von iglichem stucke eyn ort eins gülden zuge-
fallen als vorsteet. were aber das eynig burger zu Franckfort ein odir
zwey stucke duchs zuweben hette, in sinetn huse zugebruchen, da mochte
ein meister des hantwercks ime keufen odir zu kaufe geben ein phunt
fünf odir sehs lynen odir wollen garn one geverde.
Ugb C 50 Ai Fol. 14a, At Fol. 21b; Handwerkerbuch III. Fol. 157a. 148}.
Item als hievor ein artickel stet also ludende (auch welcher meister
ein garn kauf dut, das über ein centener ist, der soll solichen kauf eym
iglichen meister under ine, der sich des gebruchet und verarbeidet, thun
verkünden) hait der rad uff hude uberkomen und geordent, welcher
meister nun furter eyn garn kauf thut, wenig odir viel, der sali solichen
kauf durch des hantwercks meistere und knecht verkünden den meistern,
obe eyncher under ine teyl odir anzale begerte, den odir die darzu
komen lassen by den penen und wie in den obgemelten vorgesatzten
artickel furter davon geschrieben stet, gehalten zuwerden.
actum uff dinstag nach Dionysii anno m. cccc. 1. XXXIII.
UgbC 50 Ai Fol. 18a, Ai Fol. 26b; Handwerkerbuch III. Fol. 160a. 1500.
Als ettwan die baumwollen und sonderlich itzt, so die merglichs
kaufs ist, von ettlichen meistern barchenwober hantwercks mit der menge
uffkauft wirdet, das andre darzu nit kommen mögen und also an irer
arbeit verhindert werden, darumb sin unser herren der rat umb der meister
nutzes und bestes willen uberkommen, das welcher meister des hantwercks
nun hinfure baumwollen keufet, es sy wenig oder viel, der soll solichen
kauf eynem iglichen meister under ine der sich des gebruchet und ver-
arbeitt durch des hantwercks knecht verkünden laiszen, ob eyncher
under ine teil oder anzale begerte, den oder die wo sie also mit irem
barem gelde bereit sin, sol man sie für ire geburnisz darzu komen
laiszen, by eyner pene nemlich zehen Schilling heller von eynem yeden,
dem solichs verslagen wurde.
actum uff dornstag nach der eylftusend jungfrauwen tag anno domini
millesimo quingentesimo.
Ugb C 50 Ai Fol. 18a, A« Fol. 27a; Handwerkerbuch III. Fol. 160b. 150}.
Der rat dieser statt Franrkenfurt hait uf manigfeltige clage so die
meistere banhenwober hantwercks der wollen halber, d.i^ sie darzu von
- i 3 8 -
der furkeufere wegen nit körnen mögen, bys an herre gehabt haben,
geordent und gesetzt, das eyn iglicher bürger oder burgerin die des
barchenwober hantwercks sin, der oder die zu Franckenfurt baumwoln
uf widder in der stat zuverkeufen, barchen garn oder anders darus zu
machen, in oder usserhalb den messen keufen oder kaufen lassen, der
oder die sollen solichen kauf und were die kauft habe, eynem gemeynen
barchenweber hantwerck durch den stoben knecht verkonden, und
welcher des hantwercks ist, die baumwoln uff der barchenwober stoben
eine tragen lassen, alsdan sal der keufer zuvor ab den dritten teil aller
wollen bosz und gut fry nemen, und darnach an den andern zweyhen
teylen, sol der selb eyn teyl mit anderen, so viel der barchenweber
teil daran haben wollen, das er eynem yeden umb sin bare gelt zu-
gonnen verbünden sin solle, by einer pene neralichen zehen Schilling
heller von eynem yeden dem solichs verslagen wurde, glichlich teylen
und und auch nemen.
actum feria tercia nach dem heyligen pfingstag anno domini
millesimo quingentesimo tercio.
diesen artickel hat der rat mit willen und wissen eins gemeynen
hantwercks dem hantwercke zu gute abegetan. actum uff dornstag
nach Circumcisionis anno domini millesimo quingentesimo vice-
simo septimo.
55. Strafbestimraung Uber das Versetzen anvertrauten
Rohstoffes. 1408.
Handwerkerbuch II. Fol. 128b; Ugb C 50 Ai Fol. 2b, At Fol. 3 b; Hand-
werkerbuch JH. Fol. 145 a.
Wer auch den luden ir garn oder ander war oder das ire das
im befolhen were zu machen oder gemacht hette ane der lüde willen
und virhengnisz der iz ist verseste, der were von iglichem stucke als
dicke des not geschee mit eim gülden zu pene verfallen, iz were dan
sache das einer imands ichtis gemacht hette das man nit von im losen
wulde, der mochte das für sinen Ion und nit hoher versetzen und sulde
iz doch dem des iz were vor kuntlichen zu wissen tun, und wan er iz
dan versast hette, so sulde er isz im zu stunt ane alle geverde mit eim
richter virkunden. actum ipsa di Anne anno m. cccc. VIII.
Ugb C$o Ai Fol. 26b, Ai Fol 36a; Handwerkerbuch III. Fol. 164b. 1 $50.
Nachdem under den barchenwebern decklachern und leinenwebern
auch iren Spinnerinnen je zu zeitcn etliche funden werden, die gewebene
barchen, decklachen und leinwat, auch wolle, garn und anders so inen
zu weben und zu spinnen vertrauet wird, under die juden und sonst
versetzen, und also den jhenen, denen sie das ire treulich verarbaitcn
beraiten und wider lifern solten, in nachtail und schaden füren,
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so hat ain erbar rat, dieweil solichs durch die alt gepruchlich
Ordnung des suchens undcr den juden, die auch etliche jar her under-
lassen worden, nit der notturft nach hat geweret und furkomen werden
mögen, auf besonder ansuchon derwegen von den barchenwebern deck-
lachern und leinwebern handwercken beschehen, von neywem gesetzt
und geordent, das sy in allen dreien berurten handwercken, auch die
Spinnerin, sampt und sonder sich desselben ungepürlichen und gefärd-
lichen vorsetzens gänzlich enthalten sollen, dann, welcher oder welche
barchenweber decklacher leinweber oder Spinnerin ainicherlay barchen,
decklachen leinenthuch auch wollen garn oder anders, nichts ausge-
nommen, das inen zuverarbaiten zugestellt und vertrauet worden were,
under die juden oder sonst versetzen oder in andererwege gefärdlicher
weise verwenden, verthun oder hinderhalten, und solichs durch vorgemelt
gewönlich schulbandt erfunden oder sunst glaublich und mit warhait
angezaigt wurde, den oder die gedenckt ain erbar rat nach gestalt der
sachen an leib und gut andern zu exempel mit Ungnaden gevärlicher
weise zu straffen.
beslossen im rat donerstag den 13. Novembris anno 1550.
56. Ueber das Färben des Leingarns.
Handwerkerbuch II. Fol. 129b; Ugb C 50 Ai Fol. 4a, Ai Fol. 6a; Hand-
werkerbuch III. Fol. 146 b. 1421.
Auch waz man vorter in diesem hantwercke lynen garns dut bla
ferwen, daz sal man tun ferwen mit weyde und mit keiner andirn farwe
oder dingen, auch bii Verluste einer marg zu pene, als dicke des not
geschee. doch was izunt garns also hie geferwet were, daz man daz
vererbeiden möge, und vurter kein andirs also ferwen odir hie ver-
erbeiden bii der obgnanten pene.
57. Vorschrift Uber Länge und Breite der Decklachen,
Leinen u. s. f. 1418.
Handwerkerbuch II. Fol. 129a; Ugb C 50 Ai Fol. ja, Ai Fol. 4a; Hand-
werkerbuch III. Fol. 145 b.
Auch umb die deckelachen als sie plegen zumachen und zuweben
mit namen die achte eligen die da sin sollen vier elen lang und drier
elen breit, und die nun eligen, die da sin sollen funftehalben elen lang
und vierdehalber elen breit, und die zehen eligen, die da sin sollen
fünf elen lang und vier elen breit, und die zwelf eligen, die da sin
sollen sess elen lang und fünf elen breit, und die vierzehen eligen, die
da sin sollen sieben elen lang und sess elen breit, des ist des rads
meynunge , das sie dieselben masze an lenge und an breide halden
sollen an allen den deckelachen, die sie machen uff den kauf, und
wilcher darüber kurzer oder smeler deckelachen mechte oder tede
machen uff den kauf, der were von iglichem rore als iz smeler were
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— 140 —
dan als vorgesrhriben steet, mit sesz hellem zu pene virfallen. wilchs
deckelachen aurh kurzer were dann als vorgeschriben steet, der were
da von iglic hem dumen breit als iz dann kurzer were, mit drin Schillinge
hellem zu pene virfallen, doch hie inne usgescheiden, obe man imant
von sim gezuge deckelachen machen sulde, in sime huse selbis zuge-
bruchen, das sie den luden von ircm gezuge die dann machen mögen
nach irem willen und befelhnisz. und auch kinds deckelachen und des
glichen, das die auch nit bedorffen die vorgeschriben masse an lenge
und breyde haben, auch sollen sie iglich bankduch uff den kauf weben
und tun weben, das iz funftehalbs vierteils der elen breit sy uff dem
duche. wer das uberfur, der were von iglicher elen die also zu smal
were, mit zwein hellem zu pene verfallen, auch usgescheiden den luden
von irem gezuge bankducher in ire huse zumachen, die mögen sie in
dann machen nach irem willen unde befelnisz.
scriptum Urbani anno m. cccc. XVIII.
58. Vorschrift über die Masse des gezogenen Tuches. 1421.
Handwerkerbuch II. Fol. 129b; Ugb C 50 Ai Fol. 4a; H.mdwerkcrbuch III
Fol. 147 a.
Auch waz man hie gezogen duche machit, die sollen zum mynsten
nun elig sin und nit kurzer bii Verluste einer marg als dicke des not
geschee.
59. Bestimmungen Uber die einzelnen Gattungen der
gezogenen Tuche. 1523.
Ugb C 50 Ai Fol. 25a, Ai Fol. 33b; Handwerkerbuch III. Fol. 163b.
Viererley gattung gezogen.
Der raith dieser stat Franckenfurt hat uff ansuchen gemeyner
decklacher, so das gezogen werck uff dem dritten stul machen, inen
gegont viererley gattung zu machen, domit sie neben anderen auch das
ire verkeufen mugen.
[1] Zum ersten sollen die groszen sin sechs elen und dry flrtel
minder ein sechstzehentsteil, das ist ein halb virtel halb in die lengde
halten und sechsthalb el minder ein sechszehenteil in die breid.
[2] Die ander gattung sol sin sechsthalb el minder ein sechszehent-
leyl lang und fünf ein minder ein halb firtel follich in die breid.
[3] Die drit gattung sol sin vier elen und ein firtel lang und
virdehalb ein und ein halb firtel breid.
[4] Die vierdt und cleynst gattung soll sin vier ein minder ein
firtel lang und dry ein breidt.
actum uff donnerstag nach unser lieben frauwen tag liecht wyhung
im iare funfzehenhundert und drey und zwenzig.
— 141 -
Ugb C$o Ai Fol. 25 a, Ai Fol. 34a. 1528.
Noch hat eyn erbar rath diese zwo cleyne gattung im gebonden
werck den decklachern zu machen vergont.
item die erst gattung soll die brait sein drithalb Franckenfurter
ein und eyn firteil minder ein achtethail.
item die ander gattung sal halten in die braid dritthalb Francken-
furter ein minder ein halb firtel halb follich und sollen haben die zwo
gattung eyn leng, vierdhalb Franckenfurter elen.
und welcher dieser zweyer artickel und der obbemelten vier
artickel eynen uberferet, der sol glich gestraft werden, wie die bussen
in den alten artickeln gemacht stehen.
beschlossen im rate auf donerstag nach Appolonie anno domini
millesimo quingentesimo vigesimo octavo.
UgbC50 Ai Fol. 25b, Ai Fol. 34b. 1 529.
Item die siebeneligen die sollen sein vierdhalb Franckenfurter elen
lang und drithalb elen brait wie andere gattung vom daumen und rore
zu messen, bey welicher die zu kurz oder zu schmale erfunden wurden,
der sol gestrafft werden, wie die obbemelten bussen gemacht.
virebeslossen im rath auf donerstag den achten Corporis Christi
anno funfzehenhundert zwanzig und neun.
60. Regelung der Produktion.
Ugb C 50 Ai Fol. 14a, At Fol. 21a ; Handwerkerbuch III. Fol. 156b. 1482.
Mehe so ist der rad uberkomen und hait gesast, das keyn meister
des hantwergs in den messen mehe duche in des hantwergs kaufhuse
feil han und zu merte stellen solle, dann so viele ein iglicher meister
in sinem eigen odir verzinseten huse plege uff zweyen stulen und under
sinem zeichen nach inhalt des buchs zumachen, er sal auch furter in
der messe sich mit keynen frembden duchern beladen, es sy.an barchen
decklachen odir linenduch one geverde, by der pene von iglichem stucke
ein ort eyns gülden zugefallen als vorsteet.
61. Barchentweber-Ordnung.
Handwerkerbuch II. Fol. 131; Ugb C 50 Ai Fol. 6a, A t Fol. 8b; Handwerker-
buch III. Fol. 148 b. 1430.
Actum anno domini millesimo quadringentesimo tricesimo ipsa
die purificationis Marie Gloriose Virginis.
Barchenwober
[1] Als hernach geschrieben steet hat der rad von furbrengunge
und anmudunge wegen der barchenweber zu Franckenfurd den selben
barchenwebern gegonnet und irleubet ir barrhen, die sie da selbs uff
den kauf machen werden, zu weben zu machen und is da myde zu-
halden und beheldet ym der rad doch ganze macht, das er die artickele zu-
— 142 —
male oder einsteils mag mynnern meren verandern zu oder abe, wye dicke
yn beduncket, ime eben sin oder zumale abe tun ane alle ire Widerrede.
[2] Mit namen so sullen sie die barchen machen, das ir iglicher
des isenen masses breyt sin sal als yn vom rade gegeben ist oder breider
und nit smaler, und uff das mynste an der lenge halde und habe sehes
und fünfzig Franckenfurter elen und uff das meiste achte und
fünfzig Franckenfurter elen oder dazuschen. welcher barchan aber
an der breyde mynner hette dan vorgeschrieben steet, der were von
iglichem rore mit dryen heilern zu pene verfallen und sulde man auch
vor dem riede anheben zu messen, welcher barchan auch kurzer hette
dan sehes und fünfzig elen als vorgeschriben steet, davon verlor man
von iglicher elen als er korzer were, eynen tornos. welcher aber über
achte und fünfzig elen hette als vorgeschrieben steet, da verlor man von
iglicher elen als sie lenger were eynen englis zu pene. und welcher an
der lenge oder korze under oder Uber einer elen hette, da verlöre man
nach anzal von noch dem als vorgeschrieben steet.
[3] Auch sal ein igliche barchan gezedelt werden von flessem
garne und keyme andern und halden an den fedemen zehend halb
hundert oder uff das meynste nune hundert federn, by Verluste dryer
thornos, wo sie anders funden wurden, als dicke des not geschee. so
die rippechten barchan sal iglicher gezedelt werden mit achte hundert
fedemen mynner vierzehen federn und nit mynner, und halden uff das
mynste nunzehen rippe. wo das anders funden wurde, so verlure man
von iglichem auch dry thornos.
[4] Auch sullen soliche barchan gebuchet werden mit slechter eschen
oder auch mit weydeschen und nit anders, wo sich erfunde, das daz
anders geschee, da verlöre man von iglichem buche als anders geschee
eyn marg zu pene.
[5] Item so sal die bleich iglichs iaris bliben ligen und nit gc-
scheen vier wochen vor wihennachten und wider angehaben werden
vier wochen nach wihennachten. dan wo is do bynnen geschee, do were
man von iglichem barchan mit eym thornis zu pene verfallen.
[6] Item so sal man von iglichem duche zu bleychen geben fünf
Schilling und nit me.
[7] Item wan die duch uff die bleiche kommen, so sullen die, die
dar über gesast sin, uff die bleiche geen und besehen, das sie gelimp-
lich und nit so sere gespannen sin, das yn an der breyde abe gee und
an der lenge zu. dan wo das funden wurde, der hette von yedem stucke
dry thornos davon zu pene verlorn.
[8] Item so sullen alle iare von dem barchenwober lynenwober
und decklecher hantwerck mit biiwesen wissen und rade der zweyer
irer obersten, die yn von dem rade gegeben sin, zwen erbere manne
us den barchenwobern, die sie beduncket darzu dogelich und vorstendig
sin, gekoren werden in der masse als andere ire amptlude bisher gekorn
I
- »43 -
worden sin, die auch dar über globen und zun heiligen sweren sullen,
eynen iglichen barchan zu besehen und zu siegeln, nach dem er gut
und wert ist. und als hernach geschrieben steet, domyde glich und
recht umbzugeen nach allen iren besten synnen und vernunften, und
das nit lassen umb myde gäbe gunst oder hasz oder keynerley anderer
sache willen, wie man das erdencken mochte ane alle geverde. und
wanne sie die barchen also siegeln sullen, so sullen die zwene ir obersten,
die yn us dem rade gegeben sin, dobii geinwurticlich sin, oder zum
mynsten ir einer, und sal man von iglichem barchen zu siegeln geben
sehes heller, die man auch ane alles abetun in eyn bussen werfen sal
und ye zum firteil iaris, so wil der rad die busse uff tun sliessen und
is mit demselben gelde das davon gefallen ist halden und domyde umb
geen als yn dan beduncket redelich sin.
[9] Item und sal man die barchan in iglicher wochen als sie von
der gezauwe komen sin, uff den mitwoch und samstag zu zwölf uren
im mitdage uff das rathus dragen, und die besten besiegeln mit zweyn
adalarn und die darnach mit eym adeler. und welch duch dan da des
Siegels nit wert ist, sal man snyden in druwe stucke und iglich stucke
eynen thornes zu busse geben und sal auch keyner sin eygen duch als
vorgeschrieben steet besehen oder besiegeln, dan wan sich des zu
tun geburt, so sal einer also abetreden und sinen gesellen, der mit ym
darüber globt und gesworn hat, das also lassen besehen und besiegeln
by dem eyde als er darüber getan hat.
[10] Auch sullen alle duch, die uff den kauf gemacht werden,
besehen und für das siegel bracht werden als vorgeschrieben steet. und
welchs also nit besehen und für das siegel bracht wurde, wo man des
geware wurde, der hette das duch verloren, als dicke des not geschee,
und sulde solich duch dorch godis willen gegebin werden.
[11] Auch sal kein duch das uswendig Franckenfurt gemacht wirt,
is sy roe oder anders oder sy versigelt oder nit, hie bereidet oder ge-
bleichet werden ane sundirn willen und verhengnisz der zweyer die von
des rads wegen by das sigeln geen. wer das daruber tede, der verlöre
eyn marg zu pene, als dicke das funden wurde, die selbe marg dan
in dru teil geteilet werden sal und eyn teil gefallen dem rade, eyn teil
dem gemeynen hantwerg und eyn teil den zweyn an dem hantwerg die
zu zyden sigelmeister sin, darumb die seibin zwene in iglicher wochen
zu zweyn malen umb geen sullen von meistirn zu meistirn uff die bleiche
und besehen, obe sie imand funden, der soliche duche daruber bereide
und bleiche, die daz dan auch furbrengen sollen.
[12] Item so sal forwerter keyner zu meister an dem barchen-
wober decklecher und lynenwober hantwerg zu gelassen werden eygen
wergstad zu halden, er habe dan zuvor dru iare an dem barchenwober
oder linenwober decklecher hantwerg gearbeidet und das getrieben hie
zu Kranckenfurd oder anderswo.
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[13] Auch so ensullen alle die an dem barchen wober decklecher
und linenwober hantwerg sin oder nymand von yren wegen keyn baum-
wullen garn us der stad verkeufen bii Verluste einer marg zu pene.
[14] Item so sullen ir phunde halden eyn silber phond und vier
lod und nit mynner.
[15] Auch sullen alle buesze, die von diesen artikeln und gesetze
wegen gefallen, dem rade halb werden und gefallen und das andere
halbteyle dem hantwerg in gemeynschaft. und sullen auch dem rade
sin halbteil mit dem halben teile der busze als vor in irme buch be-
griffen sin und geschrieben sten alle iare brengen und ane intrag ant-
worten, doch usgescheiden solche gelt als von dem siegel gefellet, das
man is do myde halde als vorgeschrieben steet.
In Ugb C 50 Ai Fol. 8a findet sich der Zusatz zu Artikel 10:
Item so sal aurh eyn iglich meister soliche duche die er andern
luden machet von ime nit geben oder kommen lassen us siner gcwalt und
handen in dheine wise, er habe sie dan auch vor für das siegel bracht,
welicher meister sie darüber us sinen handen liesz kommen, ee sie vor
dem siegel gewest und da besehen worden weren, der verlöre von
iglichem duche eyn marg, so man des gewar wurde.
62. Neue Ordnung der Barchentweber.
i4jo— 1466.
Ugb C 50 Ai Fol. 10b, At Fol. 15a; Handwerkerbuch III. Fol. 154a.
Auch sal nymant keyne barchen hie zu Franckfurd lassen weben
oder tun machen us syme gezuge forter uff wynnunge zuverkeufen hie
oder anderswo, sost mag ein iglicher burger zu Franckfurd ein stucke
barchens lang oder korz us syme gezuge hie tun machen und weben
mit laube der sigelmeister, sich selbs sin hausfrauwe und kinde myde
zu cleiden ungeverlich das stucke er auch zu sygel antworten und
kommen lassen sal. wer das uberfure, der sulde den barchen ver-
lorn han.
Welcher barchenweber auch darüber imandes barchen webe und
mechte anders dan vorgeschriben steet, der sulde ein marg davon zu
busse verlorn han, so dicke is geschee.
Auch welcher meister under uns barchenwobern barchen machen
wil, der sal zusehen, das er baumewolle keufe, die do dogelich redelich
und kaufmans gut sy, das man gude duche darus gemachen möge, da-
midde der kaufman bewart si. wo sich erfunde, das das uberfaren
wurde an einchem meister under uns, der sulde die barchen und darzu
ein marg zu busse verlorne han, die duche man den burgermeistern
andelagen sal, die sie forter umb godes willen geben sulden.
Aurh sal man die rippechten barchen machen mit dryzehen rieden
und nit mee und mit lynen und wolne halden als bisher by Verluste
einer mark zu pene, als dicke des noit geschieht.
- M5 -
Auch sal kein meister in unserme hantwercke keinen fremden
barchen noch decklat hen keufen feil zu han, die nit in der stad Franck-
furd gemacht sin und die auch nit verkeufen by pene einer marg, so
dicke man das erlunde.
Item als wir barchenwober decklecher und linenwober unsers hant-
wergs hus kauft und gebuwet han, so sin wir mit willen und wissen unser
herren des rats uberkommen und gesatzt, das wir barchenwobere in den
messen unse duchere in dem halbenteile unsers hantwergs huse an Conze
von Konigspergs huse und an keinen andirn enden feile han sullen, us-
gnommen in unsirn verzinseten husen und wonungen mögen wir feile
han. und sal iglicher der in des hantwergs huse also feile hat, alle
messe fünf Schilling heller zu zinse gebin, die in notze und fromen des
gemeynen hantwergs und des huses gewant und gekoren sullen werden,
und wer . forter zum hantwerg komet und barchen machet, der sal auch
darynne und an keinem andern ende steen und feile han und es halden
als vorgeschriben steet. wer das uberfure der verlöre als dicke er das
uberfure eyn marg zu pene.
Auch wer eynen barchen off die schauwe brenget, da die meistere
erkennen das der genetzt oder befuchtiget und billich strafber ist, den
barchan sal man nemen und den burgermeistern antworten, die sollen
yne durch gots willen geben und er sal darzu dem hantwerg mit eyner
marg zu busse verfallen sin.
Auch sal nymant am hantwerg me dan zwene stule dryben und
sal auch nymant by nachte oder by lichte barchen weben, sunder ig-
licher sal by dage abe und zugeen. wer das uberferct der ist mit eyner
marg zu pene verfallen als dicke des noit geschieht, die busse halb dem
rade und halb in des gemeynen hantwert ks notze gefallen sal, und sal
derselhe darzu eynen mont das hantwerck nit dryben uff des rads gnade,
und sollen die zwene des hantwercks meistere, die zwene siegeler und
die zwene decklachen messere, die ye zu zyden sin, by iren geswornen
eiden darnach sehen, lernen und eriaren wer das uberfare und das
furbrengen.
Zusatz von 1507: der rat hait diesen vorgeschrieben artickel ge-
roeltiget und dem gemeynen hantwerg gegonnet, das sie Züschen Sant
Michahels des heiligen erzengels tag und Sant Peters tag ad kathedram
by dem liecht weben mögen am morgen zu fünf uren anzuheben und
am abent bis man die wyneglocke ludet, und welcher dar über ferner
betreten wurde, sal lute desz vorgeschrieben artickels gebusset werden.
conclusum in consilio feria quinta in octava Martini anno domini
m. ccccc. septimo.
Item es sal keyne meister nymant keyne barchenduche verkeufen,
das man uswendig der stat Franckfort bereiden sulle, sonder man sal
sie hie in der stat bereyden und wisze machen bis off den kaufe, und
welcher meister imant rohe barchen duchere verkeufet, der sal den sagen,
10
— 146 —
den er sie verkeufet, das dieselben barchen duchere hie bereit sullen
werden bis off den snyt und das ancleyden und nirgent anders, und
welcher meister das uberfure, der sulde zu pene verfallen sin von
iglichetn barchenduche eyne marg gelts und by Verluste des hantwercks
off unser herren gnade, und wer es sost uberfure, der des hantwerks
nit enwere, das der zu pene verfallen sulde sin von iglichem duche eyn
marg gelts, so dicke des not geschieht.
Es sal auch keyne meister keynen lereknecht dingen kurzer dan
dru iare. auch sal derselbe lereknecht dem meister dieselben dru iare
usdienen und sal der meister den knecht nit verkuden noch verkeufen
by Verluste vier marg gelts, zugefallen halb dem rade und halb dem
hantwerg. und sal auch der meister den knecht in vierzehen tagen für
das hantwerg brengen und dem hantwerg das zuversteen geben, und
sal eyn meister auch nit me han dan einen lereknecht zuwehen.
Ugb C $0 At Fol. 12b, Ai Fol. 19a; Handwerkerbuch III. Fol. 155 b.
1 466 — 1 468.
Item wer barchen weben wil, der sal desselben zeichen dar inne
weben des der barchen ist, und kein ander zeichen, by Verlust eyns ort
eines gülden.
Ugb C 50 Ai Fol. 15b, Ai Fol. 2}b; Handwerkerbuch III. Fol. 158a.
1494.
[1] Wie wole wir der rate vormals in eynem besondern arti< kel
gesetzt und verordent haben, das ein iglicher meister barchenwober
hantwergs syn eigen gewonlich zeichen und keyns andern zeichen inne
die barchen, so durch inen oder von synen wegen gemacht werden,
weben solle by Verlust eins orts eyns gülden, langt uns doch an, das
solichs ettwan miszbrucht und der meynunge dar umb solich unser
ordenunge usgangen ist nit gelept werde, her umb so ordenen und
setzen wir und Wullen das soliche gesetze inne syner craft pliben, und
obe eyncher meister durch sich selbst oder eynen andern von synen
wegen soliche zeichen, so duch vom siegel kompt, uszoege, der sal dar
umb eyn marg geltis unabeleszlich halb uns dem rade und halb dem
hantwerg zur busz zugeben verlorn han.
[2] Werisz auch das eynche meister so frevele were und eins andern
meisters oder sust eyn fremde zeichen in synen barchen zöge, solich
duch sal man demselben nemen und das den burgermeistern umb gottes
willen zu geben liebern, und sal darzu derselbe meistere des das duch
gewest ist, eyn mar« ke geltis wie obsteet zu pene geben, alles halb dem
rade und halb dem hantwerg.
[3] Wir der rate haben auch in vorzyten lud disz buchs mit der
meister wyssen und anwysunge geordent, das die ryppechten barchen mit
dryzehen rieden und nit mere gemacht und mit lynen und wollen ge-
- i 4 7 -
halten sollen werden als bis here by verlust von iglichem barchen eyner
marcken zu pene. davon ist unser ordenunge und meynunge, werisz
das yemant under ynen lynen garn zetelt für rippe. dem sal man das-
selbe duch nemen und den burgermeistern brengen, das umb gottes
willen zu geben, derselbe meisler sal darzu auch eyn marc-ke geltis zu
busze verfallen sin, die usrichten und bezalen. weresz aber also mit
geverden nit gescheen und der meister das mit dem eyde berechten
mochte, so sollen ime die burgermeistere das duch widder geben und
den vergessen mit der marck geltis zu busz straifTen und dar an nichtis
nach laiszen.
[4] Werisz auch das eyn broche nit ganz usginge, so solle der
meister sin busz geben nach anzal des brochs.
[5] übe auch eyner eynen lynen fadem hette gene do, das rippe
hyne gehöret und der woln fadem auch im werke ginge und ginge doch
nit do er hin gehöret, demselben meister sal man das duch zu snyden
und sal der meister umb die uberfarunge eynen ort eins gülden zu
busz geben.
[6] Nachdem sich aber eyn yeder aller billichkeit tlis/.en und nit
meher dan syns duchs in der lengde ist, dar uflT smytzen soll, ordenen
und setzen wir nit ohne orsache, werisz das yemant uff sin duch mere
smitzet dan der bleicher dar uff gesmitzt hette und das kuntlich wurde,
dem solle man solich duch nemen, das den burgermeistern umb gottis
willen zugeben bringen und darzu sal der meister mit eyner marg geltis
unabeleszlich zu geben für eyn busz verfallen, also dicke des noit ge-
schieht, alles halb uns dem rate und halb dem hantwerg.
actum in consilio et conclusum donestags nach der eilf dusent
junfrauwen tag anno domini millcsimo quadringentesimo nonagesimo
qiuuto.
Ugb C 50 A 1 Fol. 19a, Ai Fol. 27b; Handwcrkerbucli IM. Fol. 160.1. 1512.
Zu wissen nach dem die bar< henwober in irem buch eynen artickel
gehabt also lutende mitnamen sollen sie die barchen machen das ir
iglicher des isen masses breid sein sal als inen vom rat gegeben ist
odder breider und nit smeler und an der lengde sechs und fünfzig
Franckenfurter elen und uff das meist acht und fünfzig oder do z wuschen
halten sol. so ist dem rat dieser stat Franckenfurt furkommen, das die
niesser so vom hantwerck verordent sein, selten umbgangen, so werden
die barchen ge verlieh schmeler und auch kurzer dan der bemelt artickel
heldet gemacht als man das an vielen barchen uff den bleichen funden
hat, das dann dem hantwerck und gemeyner stat ein mercklicher ab-
broch ist, darumb wollen unser herren der rat, das hinfure die siegel-
meistere mit dem isen alle wuchen zu irer gelegenhcit umb gehen
sollen, die breyde zu messen,
io*
- i 4 8
Zusatz am Ende der Seite:
Johann Frosch und Gelbrecht Hulzhussen sin gewest burgermeister und
sin uns die artickel worden im iar 151 2
und sol man vor dem riet anfahen zu messen, und so sie eynen
barchen, der die breide nach dem isen nit hette, finden, den sollen sie
further uff das siegel zu weben verbieten by verlust des tuchs und sol
nichts destermynder derselb meister vom rorc wes des mynner ist dry
heller verbussen wie von alter.
Es sol auch nun hinfure eyn yeder barchen nit mynder dan sechs
und fünfzig elen halten, und welcher die nit ganze hielt, es sy so wenig
es wolle, der sol für eyn untogelichen barchen nit gesiegelt und darzu
wo es under eynem firtel were, mit eynem Schilling, wo es aber eyn
firtel und darüber, es sy als wenig es wil, bis in eyn halb ele mit zweyen
Schillinge und also fure und fure mit den firteln alwege mit eynem
Schilling gestrafft werden, darzu wo er über eyn ganze ele mynder dan
sechs und fünfzig elen hielte, sol der selb barchen zu der busz auch
zur snitten werden, wurde aber einer barchen lenger dan sechs und
fünfzig elen hallen, der sol nit gestrafft werden.
Darumb hat der rat geordent, das nun hinfure ein iglicher barchen-
wober syn tuch glich in sechtzehen lenge in synem hus legen und also
vor die siegelmeister uff den Römer brengen, doselbst ein daffel vierder-
halben elen lang mit zweien cloben abgezeichent sin sol. alsdan sollen
die siegelmeister die barchen strecken, und welcher die cloben nit er-
reichet, sol nit gesiegelt, sunder wie obstet gebusset werden, wo sich aber
uff der bleiche zutrüge, das das tuch so die cloben uff dem Romer in
die sechtzehen fach gelegt gerecht were und der maiszen gereckt, das
uff der bleich dasselb tuch zu kurz erfunden wurden sal solich tuch oder
das gelt darfur dem rat verfallen und zu dem tuch oder gelt noch ein
gülden zu busz gegeben werden.
Item es sollen hinfure die barchenwober so des hantwercks seyn
alleyn us ynen redelich und verstendig barrhen siegeler kiesen und sunst
niemant. doch' sol keyn bleicher zu eynem siegelmeister gekorn werden.
63. Die Siegel der Barchente.
Ugb C so Ai Fol. 24 a, Aj Kol. 53 a; Handwerkerbuch III. Kol. 165a. 1519.
Item nach dem die siegel von den barchen zu zeiten uf der bleich
abfallen und widder durch den bleicher angehenckt werden, ist des rats
ernstlich meynung, das nun hinfure die bleicher solichs nit thun sollen,
sunder die siegelmeister so die zur wochen uff die bleich geen, sollen
solich siegel widder anhencken. die siegelmeister sollen auch flys
1 Von »doch« bis »wer Jen« ist Jurclistrichen und dazu bemerkt: »disser
artickel ist abgelossen mit Zulassung eines ersamen rats der blycher halber, anno 1522.
- 149
ankeren, das die siegel notturftiglic.h und wole angehenrkt werden, das
die nit lichtlich abfallen.
beschlossen im rait uff dinstag nach Presentationis Marie anno
m. ccccc. XIX.
64. Zahl der Webstuhle festgesetzt.
Handwerkerbuch II. Fol. 129a; Ugb C 50 Ai Fol. jb, At Fol. $a; Hand-
werkerbuch III. Fol. 146a. 1421.
Nöda von der lynenwober deckelecher und bar< henme< her wegen
ist der rad ubirkomen, uff daz vorter yderman daz sin in irem hant-
werrk destebaz gemacht und redelirhe usgericht werde, daz dann iglicher
meister under in mögen haben vier gezauwe und stulc. doch daz man
ye zur zyt nit me dann uf drin stulen weben und erbeiden sulle, by
Verluste einer marg zu pene zugeben, als dicke des not geschee.
Ugb C 50 Ai Fol. 8b, Ai Fol. 12b; Handwerkerbuch III. Fol. 152b. 1450—66.
Item sal keyne meister nit me dan uff zweyn stulen uff decklachen
arbeiden by Verluste eyner marg zu pene als dicke des not geschie ht,
es sy inwendig oder uswendig sins huses ane alle geverde. doch das er
die macht auch hat, das er uff dem dritten stule barchen oder lincn-
wercke machen mochte.
Ugb C so Ai Fol, 9a, Ai Fol. ija; Handwcrkerhich III. Fol. 152b. i.jjo— 66.
Item als davor in eyn artickel geschriben stect, das keyn meister,
er sy de< klecher barchenwober oder linenwober nit me dan uff drien
stulen arbeiden sal, by Verluste eyner marg, soliches bis her uberfaren
ist mit vorkeufen und geverden keufen, als mit wollen garn oder werften
zuverkeufen und wercke daran zu nemen oder wie man dan soliche
geverde keufe bis her getan und fortcr tun mochte, des hat der rat
gesast und geeiert, das soliches nun forter me abc sy und nit me gescheen
sulle. also das keyn meister oder wer sich des hantwen ks gebruchet,
nit me dan uff drien' stulen arbeiden sal als vorgest hriben steet, in-
wendig oder uswendig sins huses ane alle geverde, by Verluste eyner
marg geltes, so dicke des not geschieht.
65. Zahl der Lchrknaben festgesetzt.
Handwerkerbuch II. Fol. 129b; Ugb C jo Ai Fol. 3b, A» Fol. 5b; Hand-
werkerbuch III. Fol. 146 b. 1421.
Auch sulle ir keiner me lereknaben haben dan zwene auch by
verluste einer marg zu pene als dicke des not geschee.
Doch mögen sie zusehen hie und unser lieben frauwen tage kerze-
wyhe nest komt weben uff als viel gezauwen als sie wollen und auch
als viel lerknaben han als sie wollen, und obe in einer abeginge,
1 »drien« spater ersetzt durch »zweyen«.
/ Google
- i$o -
ye einen andirn an des stad nenien, doch sich hie zusehen darzu rüsten
und bestellen asz affter dem vorgenanten unser lieben frauwen tage in
vorgeschobenem masze zuhalden by den vorgenanten penen.
actum anno m. cccc. XXI ipsa die vineula Petri.
Handwerkerbuch II. Fol. 130a, 134a; Ugh C 50 At Fol. 5b, A» Fol. 8b,
Handwerkerblich III. Fol. 148 b. 1421 — 30.
Auch als in der linenwober und irer gcselleschaft buch steet, daz
ein lereknabe zu enphahunge des hantwercks geben sulle acht Schilling
heller, des ist dez rads meynunge, wilcher also zu eim hantwercke undir
in zu enphahunge acht Schilling heller gibet, isz were zu linenweben
an duth, disthlachen, brotdiu hern odir hantwein, odir were an decke-
lachen odir an barchan zuwehen, als dicke er dan abir ein andirs undir-
steet zulernen, so sal er dem hantwercke geben vier Schilling hellir und nit nie.
66. Geheimhaltung der Dessins der Barchente.
Ugb C 50 Ai Fol 17b, Ai Fol. 26a; Handwerkerbuch III. Fol. 159b. 1498.
Uns den rat dieser stat Franckenfurt langt an, wie das die meister
barchenwober dccklacher und lynenwober hantwerger die bildung irer
barchen de< klacher und lynenwayt, so sie zumachen pflegen, auch die
gezauwen, der sie sich darzu gebruchen in ein besonder buch bracht,
die abstechen lassen und vil iare here zum heymlichsten under inen
gehalten haben, aber itzt durch etlichen us vergesz ein gezauwe sampt
etlichen bildenern usserhalb dieser unser stat verkauft, das dan wo es
mere verhengt und nit versehen werden solt, zu nachtcyl und zur-
storung cgerurter hantwerger dienen mochte, domit nun dieselben hant-
werge unzurtrennet in gutem wesen bliben mögen, wollen wir und ge-
bieten vestiglichen, das alle und igliche meister, meisters sone knecht
und knaben barchenwober decklacher und lynenwober hantwerger, die
itzunt sin und hernachmals ufgenommen werden, hinfur iren jaremeistirn
zu zyten geloben und sweren sollen egerurte ire abstiebe bildunge und
gezauwen, in iren buchern verzeichnet, usserhalb der stat Franckenfurt
nit verkeufen verussern oder komen lassen noch auch eynch buch ab-
stich oder gezauwe hinusz füren abstechen geben noch verwenden oder
zum wissentlichen verhengen sollen und wollen in keyne wyse. und
welcher das in Vergessenheit siner gelubde und eyde uberfure, den ge-
denken wir wie sich in solichem gepurt, ungestraft nit zulassen.
actum in < onsilio uff dornstag Sant Peters tag ad cathedram anno
domini millcsimo quadringentesimo nonagesimo octavo.
67. Ueber die Aufnahme ins Handwerk.
Ugb C 50 Ai Fol. 25 b, Ai Fol. 34 b ; Handwerkerbuch III. 16 ja. 1553.
Item nach dem ein jeder, so by den barchenwobern decklachern
und lynwobern meister will werden, dem handwerck und gemeyncr
- I5i -
zunft vierzehen gülden zu geben schuldig und bys her im anfang nit
mehr dan vier gülden entricht und folgendis allen fronfasten sontag die
nehsten nac h einander folgende ein gülden, so lang die uberige Zehen
gülden bezalt werden zubezalen zusagung thun, aber daran sumig werden,
haben unser herren ein erbar rath uf hude dato denselben artickel
erclert, also welcher zu meister des hantwercks angenommen wirt, der
sal im anfang vier gülden geben und darnach allen fronfasten sontag
ein gulden zuentrichten, und des dem hantwerck ein bürgen zu setzen
schuldig syn.
actum feria quinta post octavas trium regum anno domini millesimo
quingentesimo trigesimo tercio.
ügb C 50 Ai Fol. 25 b, Ai Fol. 35 a. 1574.
Diesen artickel hat ein erbar rath erclert. wo ein newer maister,
so seine vier gulden erstlich erlegt und ins hantwerck uffgenommen
worden, zudem für die übrige zehen gulden burgschaft gegeben hat,
mitler zeit ehe die zehen gulden für voll erlegt weren, aus der stat zigen
und das hantwerrk alhie verlassen wurde, auch dermassen Unvermögen,
das er sein schuldigen rest nit bezalen künde, so soll der bürg für
den übrigen rest welchen der jung maister nach seinen hinweg zihen
schuldig were, nit weithers verhaft, sonder der burgschaft erlassen sein.
decretum in consilio 18. Juni anno 1574.
Ügb C $0 Ai Fol. 27a, Ai Fol. 36b; Handwcrkcrbuch III. Fol. 16) a. 1551.
Ain erbar rath diser stat hat auf ansuchen und bitt der dreier
hantwerck bare henwöber leinenwöber und dec klac her gesetzt und ge-
ordent, welcher nhun hinfür derselben handwerck ains lernen will, das
derselb von keinem maister zu leren angenomen werden soll, er hab
dan zuvor seiner ehelichen gepurt und herkomens halben gewonliche
und genügsame urkund und schein in gemainer versamblung furgelegt,
damit hernach, wan er ausgelernt und als ain maister die zunft annemen
will, seiner ehelichen gepurt und herkomens halben kein weiter streit
noch ander unrichtigkait furfallc.
decretum in consilio Martis 17. Novembris a. 1 55 1 .
68. Die Aufnahme zu Meisterrecht gebunden an das Be-
stehen einer Lehrzeit von zwei Jahren. Beschränkung
im gleichzeitigen Betrieb von Barchent- und Leinen-
weberei. Den fremden Leinewebern wird es verboten, in
den einzelnen Häusern nach Arbeit zu fragen.
Ugb C so Ai Fol. 28a, Ai Fol. 38a. 1 594-
[1] Wir der rath haben uff underthönig ansuchen und pitt der
maister barchen und leinenwöber handwercks inen die nachgeschribne
drey articul gegeben, nemhlich und zum ersten, das hinfüro kein lediger
gesell obberürtes handwerrks alhie «um meister noch zu zunft an-
genommen werden soll, er habe dann zuvorderst zwey iar aneinander
bey zünftigen meistern in diser statt gearbeitet.
[2] Zum andern soll kein meister das barchen und leinwöber hand-
werck zugleich beyeinander treiben, er könnte dann glaublichen be-
weisen, daz er beyde handwercker redlich ausgelernt, auch daruf ge-
wandert hette. doch da itzund meister weren, die solche handwerker
zugleich neben einander trieben, denen soll es, ungeachtet sie diselben
nit beide gelernet hetten, also nachgesehen, ins künftig aber keinem
mehr gestattet werden, er habe sy dann wie gemelt redlich gelernet.
[3] Zum dritten soll hinfltrters den frembden und auslendischen
barchen und leinenwöbern in der statt von haus umb her zu gehen und
umb arbeit anzuhalten, nit mehr zugelassen sondern hiemit bey straff
zweyer gUlden verpotten, dargegen aber der burgerschaft ihr garn und
zeug den frembden wöbern ihres gefallens zuverarbeiden hinaus zu geben
ungewerth, sonders vorbehalten sein.
decretum in senatu Jovis 7. Februarii anno 1594.
L'gb C 50 Aj Fol. 43 b. 161 j.
Ein erbar rath dieser statt hat uff der leinen- und barchenwöber
zunft beschehenes untertheniges suppliciren und bitten ihnen hernach
folgende furbrachte articul confirmirt und bestätiget, nemblichen und
[1] Zum ersten soll nun hinfuro kein lediger gesell des barchen
und leinenwöber handwercks zum meister noch in die zunft uff und an-
genommen werden, er habe dann zuvorderst drey an einander folgende
jähr bei zunftigen meistern alhie gearbeitet, und da er unter des aus
der statt zöge und wider anhero gelangte, soll er solche drey jähr von
neuem wider anzufahen schuldig sein.
[2] Zum andern dieweil bishero das gesind hierzwischen entweder
aus muthwillen oder aber aus mangel ehelicher geburt oder auch weil
sie alhie nit zu burgern uffgenommen werden können, uff gemeiner
dieser statt dorfschaften sich heimblich untergeschlcift, so soll denselben
webern kein gesind zu halten erlaubt, sondern allerdings verbotten seyn.
doch hierin ausgenommen die jenige meister, so jetzo uff den dorfschaften
wohnen, dann denselben knecht zu halten nicht, sondern den zu-
kommenden gewehrt, doch aber einem jeden mit einem stuhl für sich
zu arbeiten verstattet seyn solle.
[3] Zum dritten soll den frembden und ausländischen barchen und
leinenwöbern alhie in der statt von haus umbher zu gehen und den
hisigen meistern die arbeit abzuspannen nit mehr- zugelassen, sondern
hiemit bey straff zweyer gülden uff die recheney verbotten, darunter
dann die wöber uff dieser statt dorfschaften nicht ausgeschlossen seyn
sollen, da dann solchen webern garn zuverarbeiten zugestelt werden
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- 1 53 ~
wolte, sollen sie solches nirgend änderst dann in ihren heuslichen
Wohnungen anzunemen und wider von sich zugeben bei obgedachter
pene schuldig und verbunden, auch da sie hierwider thun und betreten
wurden, den meistern des barchen- und leinenwöber handwerks alhie
das garn oder das pfand, so lang bis die zwen gülden erlegt worden,
hinter sich zubehalten unverwehrt seyn.
decretum in senatu Martis, den 14. December anno 16 13.
69. Nachweis der ehelichen Geburt. 1609.
L'gb C 50 A» Fol. 41a.
wörtlich Ubereinstimmend mit Urkunde 36 in den Ordnungen der
Wollenweber (S. 122).
doch rindet sich hier am Rand die Notiz:
uff der leinen und barchenwöber zunft den 14. december a. 16 13
beschehenes suppliciren ist zu rath dieser artieul wider uffge-
hoben und bey dem herkommen gelassen.
70. Meist er stuck.
Ugb C 50 Ai Fol. 42a. 1609.
Von dem maisterstuck
und wie es ins künftig damit, wie auch in gemein der leinenwöber arbeit
halben gehalten werden soll.
Ein erbar rath diser statt Franckfurt hat uff beschehen anhatten
und begeren, auch gethanen Vorschlag der barchen und leinwöber zunft
statuirt und geordnet, das nun hinfüro ein ider, welcher bey ihnen
zunftig zu werden begert, in die zunft eher nit eingenommen werden
soll, er hab dann zuvor sein maisterstuck, benantlichen den hertz crantz
und quater zinck wie es von inen genennet und der rhat zum maister-
stuck verordnet, passirlich verfertigt, darzu dann järlich vier schau-
meister solche maisterstuck zu besichtigen erwehlet, und deren alle jähr
zwen abgehen und den bleibenden zwen andere zugegeben, auch wann
sy erwehlet, jedesmals in die canzley gebracht und daselbsten solches
ihres ampts halben angeloben und schweren sollen.
Damit dann die junge angehende maister wegen solchen maister-
stucks nit zu hoch beschwerd würden, so soll ein ider, der es macht
nach Verfertigung desselbigen zwen gülden in des handwercks laden,
beneben dem andern gewönlich maister gelt, den schauwmeistern wegen
irer versaumnus, in allem mehr nit als sechs gülden, und also kein essen
oder zutrincken zu geben schuldig sein, da auch erfahren wurde, dasz
die schauwmeister im geringsten etwas mehr über solche sechs gülden
- 151 -
gefordert oder genommen, sollen sy diselbe verwurcket und solche halb
dem rhat und halb dem hantwerck heimgefallen sein.
Wann sich dann begebe, dasz einer im maisterstuck verfiele, soll
er zwar den schaumeistern die sechs gülden gehorter massen zuerlegen
schuldig sein, darauf aber ein viertel iahr stillstehen und vor verfliesung
desselben ferner nit ansuchen noch zugelassen werden.
Demnach auch der leinwöber und irer arbeit halben bishero viel-
faltige clag furkommen, als sollen hinfüro diselbe ire gemachte arbeit
sonderlich da es an sy begeret wurde, für obgedachte schaumeister zu-
bringen und besichtigen zu lassen schuldig sein.
decretum in senatu Martis den 7. Martii a. 1609.
71. Bestimmungen für die Ba r c h en t w eber.
Ugb C 50 Ai Fol. 21b, Ai Fol. job; Handwerkerbuch III. Fol. 161 b. 151 >.
Nach dem sich etlich gebrechen under den barchenwobern lyn-
wobern und decklachern gehalten, haben unser herren der rat diese
nachgeschrieben articulc dem hantwercke zu gute gegont und nach-
gelassen.
[1] Anfenglich nach dem von alter zwenc sigelmeister gewest und
itzt us verwilligung eyns erbaren rats dry sigelmeister gekorn worden,
ist betracht vor nutz und gut angesehen, das der drit siegelmeister hyn
für abgestalt und zwene meister von dem hantwerck nemlich eynen us
den eldesten und eynen us den mittelsten by iren eiden, domit sie dem
rat und hantwerck verwant sin, kiessen sollen, die der Sachen gnugsam
verstendig und bericht sein, doch das solichs mit wissen und by sein
der zweier verordenten ratsfrunde oder yre eins geschee. welche dan
auch, so sie siegelmeister kiesen wollen, by inen dem hantwerck er-
sehynen sollen, die selbigen also sehen und hören zu kiesen und sal
auch das hantwerck dieselben ire herren uff dieselbe zeit verbotten lassen.
[2] Item sollen die meister des hantwercks hinfure ir drinck stoben
winterzytt die wochen nit mehr dan zwene tag uffen haben, nemlich
von Sant Michels tag an bisz uff Sant Peters tag als er uff dem stule
gesatzt wart.
[3] Item wo ein meister were barchen lynenwober oder decklacher
hantwercks, der etliche besondere kunst uff gebunden oder ander werck
gelernet hett, kont oder driben wolt, dcrsclbige mag ein dritten stule
uffrichten. doch das er nit Franckenfurter barchen daruff weben sollen,
sunder allein nuwe werck, die hievor nit in ubung oder gebruch ge-
wesen sein, doch sollen die zwene furige stule behalten werden zu der
arbeit wie die meister die bis anhere gebrucht haben, luth der artickel
in irem buch bestimpt. doch so mögen die lynwober lynwat, wie sie
das bys anhere uff iren zweien stulen geweben haben, uff dem dritten
stule auch weben und zu machen macht haben, und sollen hyn furc
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die meisten des lynenwober hantwercks keynen knerht setzen oder uff-
nemen, er könne dan das hantwerck und hab zum wenigsten ein iare
dasselbe handwerck gelernet und etlich zeit daruff gearbeit.
[4] Item wan ein meister abging und k Inder liesz, das dieselbigen
kinder nit lenger dan zwey iare 2u lernen verpflicht sein sollen, doch
das ein yede person einem hantwerck, wie von alther gehalten ist,
acht Schilling heller geben soll.
[5] Item nach dem bis anhere ein frembder, der ein witfrauwe
unsers hantwercks oder eins meisters dochter zur ehe genomen halt,
ein gülden und ein ort für alle ding dem hantwerck geben, sal nun
hinfure ein frembder für alle ding zwene gülden dem hus an den zinsen
zu stuer zu geben schuldig und pflichtig sein.
[6] Item welcher auch alhie zu Franckenfurt selbst oder eynem
andern wollen spynnen lassen will, der soll doglich gut wollen spynnen
und sol auch recht gewicht haben, welcher solichs nit halten und über-
tretten wurde, er dreyb sunst was hantwercks er wolle, sal in maissen
wie die barchenwober ludt ihres artickels gestrafft und gebust werden.
conclusum in consilio feria quinta post dominicam Quasimodo-
geniti anno domini millesimo (juingentesimo deeimo quinto.
72. Beamte der Leinweberzunft.
Handwerkerbuch II. Fol. 129.1; Ugb C 50 Ai Fol. 3 b, Ai Fol. 5 a; Hand-
werkerbuch III. Fol. i.}6a. 1420.
Auch ist der rad uberkommen, daz die zwene meister, die daz
hantwerg darzu kiesen und setzen wirdet zu iglicher zyd unverzo^elich
den burgermeistern in guden truwen globen sollen uff die eide die sie
dem rade getan han, daz sie den sachin in vorgeschrebener masse
nachgeen und messen sollen, iz sy in selber oder andirn luden und
nymands daran zu ubersehen und mit namen auch daz sie an iglichem
stucke anheben zu messen vor dem rore.
actum feria quinta post Valentini anno m. cccc. XX.
Ugb C so Ai Fol. 9a, Ai Fol. 13b; Handwerkerbuch III. Fol. isja.
1410—1466.
Auch welcher dem gemeynen hantwercke zu meister gekorn wirl,
der sal globen den burgermeistern nach mogde und macht das hant-
wercke uffrichttclich zuhalden nach lüde dieses bin hes. und welcher
meister also gekorn wirdet und der globde als vorgeschoben steet nit
tun oder meister sin wulde, der sulde sich mit eide entslagen vor den
burgermeistern, das er des von unvermogenheit wegen sins libes oder
narunge nit vermöge zutun.
Ugb C so Ai Fol. 20b, Ai Fol. 29a; Handwerkerbuch III. Fol. 160b. 1512.
Es sollen auch hinfure dry siegelmeister umb mynder verdechtlich-
keit willen, so sie inen selbst doch besehen, gekorn werden, die mit
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fleisz und ernst ufsehens haben sollen , domit des rats siegel erlich
gehalten werde.
Item es sal auch mit den siegelmeistern ernstlich geredt werden,
das sie zusehen, das sie keyn schadehaftig duch siegeln lassen, dan wo
des eins und die siegeler hinlessig erfunden wurden, wil der rat die
nach gclegenheit zu straffen in macht behalten, domit sich eyn ander
hinfure darfur hab zu hüten.
Ugb C 50 Aj Fol. 20b, Ai Fol. 29b; Handwerkerbuch III. Fol. 161 a. 15 12.
Es sollen auch die bleicher, so sie tuch uffheben oder so sie die
nit zu bleichen lygen lassen wollen, die nit uff das blosze erterich
sonder zu berge oder uff diel legen, damit das underst duch nit verfule
und unrat entphahe.
Ugb C 50 Ai Fol. 21a, Ai Fol. 30a; Handwerkerbuch III. Fol. 161 a. 15 12.
Der bleicher eidt.
Es sollen auch hinfure alle bleicher eynem burgermeistcr geloben
und zu den heiligen sweren, den meistern und burgern ire tuch ge-
treulich als syn eigen ducher zuverwaren, des nit hinlessiglich legen,
domit den luchen schaden geschee, die mit fleisz wysz zumachen und
keyn tuch, das fleckecht oder unreyn sy, ane wyssen und willen des, des
das duch sy, zusammen zu legen, auch nit mehr elen uff eynen barchen
smitzen, dan er heldet und den siegelmeistern wie viel das tuch zu
kurz sy, anzeigen.
73. Rechenmeister der Orten und Verhalten in Geboden
und Orten.
Ugb C 50 Ai Fol. 12b, Ai Fol. iSa; Handwerkerbuch III. Fol. 155b. 1466.
Auch als wir alle vier wochen zwene rechenmeister orten zu rechen
und zu warten in unser geselleschaff plegen zu haben, uff das nun hienfur
aller orten desterbasz gewartet, die sachen under uns dester offrichtig-
licher zugehen und gehalten werden mögen, so sin wir aber eynmudig-
lich eyns worden und uberkommen, das dieselben zwene rechenmeister
die ye zu zyten sin alle und iglich orten, es sy zu liebe zu leyde oder
sust, wann wir by einander sin, unsers hantwergs meister eynen oder sie
beide, so ferre sie in der orten da genwurtig sin, were aber ir keiner
genwurtig, einen andirn meister, der ein arnpt hette, by soliche reche-
nunge nemen und sie darzu heischen sollen, dieselben zwene rechen-
meister sollen auch zu iglicher orten ir orten gelden und was uberleufet
in ein besunder beslossen bussen werfen, darzu die rechenmeister eynen
und des hantwergs meister den andirn sloszel han sollen, und so die
vier wochen usz sin, so sollen die rechenmeister und hantwergs meister
die bussen uff slieszen, und was dar inne funden wirt, sollen des hant-
J
— 157 -
wergsmeister hinder sich nemen, anzeichen und furter in unsers hantwergs
nutz und frommen keren und wenden, und welch rechenmeister das
uberfure und nit tede, derselbe sulde mit eyner halben marg geld zu
busse verfallen sin, so dicke des noit geschee, halb unsirn herren dem
rade und halb dem gemeynen hantwerg zu gefallen, und ist dieser
artickel durch unser herren den rad uns gegonnet und zugelaiszen uff
den dinstag nach dem sontage Vocem jocunditatis anno m. cccc. I. XVI.
Ugb C 50 Ai Fol. 14b, At Fol. 21 b; Handwerkerbuch III. Fol. 157a. i486.
Anno Domini vierzehnhundert achtzig und sehs iare uff donestag
nach Sant Albans tag hat der radt, als ime furkomen was, wie etliche
der barchenwober, decklacher und linenwober hantwercke uff irer stoben
zu zyten mit zudrincken und andern unschicklichen dingen sich un-
zuchtiglichen und unordelich zu halten understunden, davon diese nach-
geschrieben artickel geordent, und will das die von eynem yeden uff
derselben irs hantwercks stoben gehalten sollen werden, und wer die
in gemeyn odir besonder uberfaren odir verachten wurde, das des hant-
wercks meistere von eynem iglichen und umb eyn iglich stuck die pene
by iren eyden mit flys infordern und onableszlichen uffheben sollen,
wie underscheidlich hernach volgt.
[1] Item welcher, als man in gewonlichin orten ist, sich mit zu-
drincken, kannen oder ganzen glesern vollen eins umb das ander uszu-
drincken unordelichin unzuchtig und ungepurlich mit Worten odir wercken
hielte, der tglicher soll, so dicke das beschee, von eynem yeden male
mit eyn ort eins gülden und ein firtel wins zu pene verfallen sin. und
welcher sich der pene zu geben sperret odir weigert, der sal von der
stoben zu orten und geboden hüben, und man ime autrh kein andelage
im hantwercke thun, bisz das er die gegeben hat, doch ime an sinen
eren unschedelich.
[2] Item das keyner die meistere des hantwercks und wen sie darzu
fordern über irem dische, den die alden allewegen inne han gehapt,
wane zu zyten die gesworn etwas von des hantwercks wegen zuschicken
han, uberlaufen odir in solichen iren gesprechen verhindern solle.
[3] Item das auch keyner nach der gewonlichen orten nachorten
nock keyn besonder essen vor odir nach der gewonlichen orten uff der
stoben haben solle, er habe dan des redelich Ursache und dieselbe ursach
den zweyen Zunftmeistern vorgehalten und sy ime von denselben zweyen
Zunftmeistern odir ir eynem erleubet.
[4] Item das auch die rechenmeistere odir wer darzu geheischen
wirt, die orten machen und uffheben wollen, ein yeder sie das fried-
lichen handeln lassen und keyner ine iren wyn nit usdrincken solle.
[5) Item und das nyemant ane bevelhe der rechenmeistere us den
rieschen odir kannen, dar inne der knecht wyn holet, selbst schencken solle.
- i 5 8 -
[6] Und welcher dieser vorgeschrieben vier artickel eynen odir
mere verechte und darwidder thette, der solte von eym iglichen stuck,
so dicke das beschee, zu pene verfallen sin, mit eym thornes und eyn
firtel wins, die pene sal auch wie vorstet, inngefordert und ane abelesz-
lich gnommen werden, und wer die nit gebe, der solle zu geboden
und zu orten von der stoben bliben, und man ime im hantwerck keyn
andelage thun, bis das er die pene bezalt und geben hette. und soll
doch ime an sinen eren nit schedelich sin.
[7] Und sollen die vorgeschrieben pene und bussen als auch ander
halb dem rade und halb dem hantwerck gefallen und dem rade sin
teile liebern.
Auch hat der radt in den vorgeschrieben artickeln usgenommen
des gerichts recht und der stede recht von gerichts wegen.
Ugb C $0 A» Fol. 23b, As Fol. 32a; Handwerkerbuch III. Fol. 163 a.
1515—1519,
Als uns dem rait das gemeyn barchenwober hantwerck zuerkennen
geben haben, das inen merglich nochrede von wirten und beckern irs
stoben knechts halben begegnet seyen, solichs zuverkommen, haben der
mererteil sich einhelliglich doch uf unser verwilligung vertragen, also
das vier us inen alle fronfasten, nemlich zwen us den barchenwobern
eyner us den decklo< hern und einer us den lynwobern zu den rechen-
meistern gekorn werden sollen, der uf mynst so man orten helt eyner
ufl" die wercktag und uf die her dag u(T mynst zwen uf der stoben sein
und zusehen sollen, damit des hantwercks notturft versehen und wirt
auch becker bezalt werden, und weh her meister daran sumig wurde,
der sol mit eyner halben marg wie in furigem artickel die re< heiimeister
betreffen geschrieben steht, gebust werden, des glichen sollen die Zunft-
meister auch iglicher zeit ufsehens haben, das solichs alles ufrhhtig recht
und redlich gehalten werde.
•
Ugb C so Ai Fol. 24b, At Fol. 35a. 1521.
Item welcher er sy were der woll, so man gewonlich danze in der
barchenwober zunfthus helt, mit verleumpten unzuchtigen frauwen oder
meiden danzen wurde, sol ein ort eins gülden zur busz verfallen sin.
74. Gericht der Zunft.
Ugb C 50 Ai Fol. 24b, At Fol. 33a. 1521.
Welcher auch von einem hantwerg lud irs buchs gestrafft wurde
und solichs nit usrichtet, sonder vor rat begert, wo derselb unrecht
erfunden wirdet, der sol dem hantwerg sin Unkosten zuvor bezalen den
sie der halb gehabt hetten und darzu die doppel busz.
actum in consilio quinta post Assumptionis Marie anno 1521.
— 159 -
75- Vertrag der Städte Mainz, Worms, Speyer und
Frankfurt über die Ordnung der Knechte. 1421.
Ugb C 50 Ai Fol. 4b, At Fol. 6b; Gesetzbuch II, Fol. 51a; Handwerker-
buch III. Fol. 147 a.
gedruckt bei Kriegk, Bürger/wiste S. 54t.
76. Uebertritt des Gesindes aus dem Haus eines Meisters
in das des anderen. 1430 — 1466.
Ugb C so Ai Fol. 9b, Ai Fol. 15b; Handwerkerbuch III. Fol. 155a.
Auch als vor in eyn artickel geschreben steet, das keyn meister
umb des andirn gesinde werben sal by Verluste fünf Schilling pheninge,
des hat der rat geeiert und ist uberkomen, das eyn solicher, der des
andirn gesinde gewynnen wulde, vor zu sime meister, dem es dienet
oder gedienet hette geen und den fragen sal, obe sin zyt us und mit
willen und wissen gescheiden sy, ungeverlich by Verluste eyner marg.
derselbe meister yne des dan auch bescheiden sal by derselbe busze
ungeverlich. und wan das gesinde dan also ungeverlich gescheiden were,
so mochte der ander meister das gewynnen.
77. Vorschüsse der Meister an ihre Knechte. 1497.
Ugb C SO Ai Fol. 17a, Ai Fol. 25a; Handwcrkerbuch III. Fol. 159a.
Und als die knechte barchenwober deckelacher und lynenwober
hantwerrker zu zyten inen selbst zu nachteil mere dan sie mit irer
arbeit wochlich erwerben mögen verzeren und umb die meistere gelt
uff arbeit entlehenen, inen auch lolich gelt mit irer arbeit abezuver-
dienen in truwen und glauben versprechen, aber etwann zuvor und eher
sie den meistern soliche ire dargestreckt gelt abverdint haben us der
arbeit geen und ire wercke demselben meister zu schaden ungearbeit
ligen laiszen, setzen ordenen und wollen wir solichs zu verkommen, das
hinfur keyn meister der obberurten hantwercker eynchen knecht der
cgemcltcr maiszen handelen wirdet uffnemen oder ime auch arbeit geben
solle, derselbe knecht habe dan zuvor abe synen meister mit arbeit oder
gelt bezalt und domit dem meister willen gemacht, und welcher meister
solichs uberfahren und darumb von dem meister, dem der knecht also
schuldig blieben und uffgestanden ist, ersucht wirdet und dan denselben
knecht uff stundt und one sumen von ime nit kommen leszet, sollen
meister und knecht iglicher mit fünf Schilling pfenyng zu busze unabe-
leszlich verfallen und alsdan nichts desta mynder diesem artickel by itzt-
gemclter penen als oft des noit geschieht gehorsam sin.
actum in consilio tercia post Trinitatis anno domini m. cece. XC.
septimo.
- i6o -
78. Feuer-Ordnung.
1562.
Ugb C 50A1 Fol. 27 b, A t Fol. 37b.
Der rath hat geordnet und will, das die barchenwober haben und
halten sollen vier und zwanzig aimer, zwo laitern, ain hacken, ain gabel
und ain sprützen und darzu aus inen ordnen achtzehen mann, also
wann fewer ausgehet und man die sturmglock schlegt das von stund an
fünf man mit zwölf aimern, zwen mann mit ainer laitern, zwen mann
mit ainem hacken, ein mann mit der gabel und ain mann mit der
sprützen bei das fewer kommen daselbst wasser tragen und leschen
helfen, und dann auch zwen mann mit sechs aimern uff unser lieben
frauwen berg kommen und an idem ort der ratsfreund befel sich ge-
horsamblich halten und one derselben beschaid nit abweichen sollen,
weither sollen auch die barchenwober aus inen ordnen an die drei veld
pforten zu Sachsenhausen (nemblich die Affenpfort, Ulrichstain, die
Drenckpfort) und an das Fischerfeld pfortlin bei der brücken vier mann,
das ist an ide ainen mann, wann fewer ausgehet und man die sturm-
glock schlegt das dieselben geordneten personen alsbald gerust mit
irem hämisch, langen Spiesen oder handroren an gemelten pforten er-
scheinen und sich da der ratsfreund beschaids und bevels gehorsamblich
halten sollen.
Decretum in consilio martis 4. Augusti anno 1562.
■
II.
Die Frankfurter Kirchenbuchführung.
Von Bibliothekar Dr. H. v. Nathuaius-Neinstedt.
Der Gesammtverein der Deutschen Geschichts- und Altcrthums-
vereine hat sich in den letzten Jahren ausser mit den Fragen des
Denkmalschutzes und der Grundkarten in seinen Generalversamm-
lungen auch sehr eifrig mit den Kirchenbüchern beschäftigt. Seitdem
zuerst für die Generalversammlung in Sigmaringen 1891 die Frage
nach den fünfzehn ältesten Kirchenbüchern und dem Grund ihrer
Entstehung gestellt war, haben besonders die Versammlungen in Stutt-
gart, Eisenach und Konstanz darüber verhandelt. Herr Archivrath
Dr. Jacobs in Wernigerode und Herr Amtsrichter Krieg in Schlieben
in erster Linie haben sich Mühe gegeben die Frage zu lösen, besonders
letzterem ist es zu danken, dass die Regierungen fast aller deutschen
Staaten Nachrichten über alle erhaltenen Kirchenbücher sammeln, die
in verschiedenen Vereinszeitschriften erschienen sind und weiter er-
scheinen werden. Geplant ist dann als Abschluss der ganzen Arbeit
ein gemeinschaftliches Register für alle diese Veröffentlichungen, das
alle Namen enthalten würde. Auf Grund dieser bisherigen Ver-
öffentlichungen wollen wir, bevor wir die Frankfurter Kirchenbücher
näher betrachten, kurz die Frage der Kirchenbücher im Allgemeinen
ins Auge fassen. Oder vielmehr richtiger gesagt zwei Fragen, näm-
lich: wann sind die Kirchenbücher entstanden und aus welcher Ver-
anlassung sind sie entstanden.
Wir verstehen selbstverständlich hierbei unter Kirchenbüchern
nicht alle von Geistlichen oder Kirchenbehörden geführte Bücher,
sondern nur die, in denen die Taufen, Trauungen und Beerdigungen
verzeichnet wurden, die wir Tauf-, Trauungs- und Todtenbücher
nennen wollen, und lassen auch die Confirmanden- und Communi-
kantenverzeichnisse unberücksichtigt, da diese überhaupt nicht so
wichtig sind und in Frankfurt, wie wir später sehen werden, von
Amtswegen gar nicht geführt wurden.
11
- 162 -
Im Römischen Reiche 1 wurden auf Befehl der Kaiser, wahrschein-
lich schon seit der Regierung Marc Aurels in dem zweiten, sicher
seit dem vierten Jahrhundert unserer Zeitrechnung Geburtsregister
zum Zweck der Feststellung der Steuerlisten geführt, natürlich von
weltlichen Beamten, doch dürfen wir in ihnen unstreitig die ersten
Vorläufer unserer Kirchenbücher sehen. Seit dem dritten Jahrhundert
wurden auch von den Christengemeinden, wie die Kirchenväter be-
richten, Verzeichnisse der Getauften, Verstorbenen und Getrauten
geführt, um die zur Gemeinde gehörigen Personen feststellen zu
können, an den Bischofsitzen wurden zu demselben Zweck Verzeich-
nisse der Katechumenen angelegt. Die Diptychen, doppelseitige,
beschriebene Holz-, Elfenbein- oder Wachstafeln, von denen noch
einige erhalten sind, tragen die Namen verstorbener oder noch lebender
Bischöfe, Kirchenlehrer oder Wohlthäter der Kirchen, um sie der
Vergessenheit zu entreissen. Solche Verzeichnisse von Verstorbenen,
Nekrologien und Anniversarien wurden auch im Mittelalter von Kirchen
und Klöstern geführt, die ihre Wohlthäter und die zu deren Seelen-
heil zu lesenden Messen enthielten.
Auch andere geschlossene Gesellschaften besassen solche Ver-
zeichnisse, erhalten sind z. B. das der Schuhmacherinnung in Guben
und der Schrötergesellschaft in Hattenheim, beide aus dem 15. Jahr-
hundert; letzteres enthält ausser den Namen der Mitglieder auch solche
von Adlichen der Nachbarschaft, die sich um die Gesellschaft Ver-
dienste erworben hatten, Etwas Achnliches wie unsere heutigen
Taufscheine waren die Kundschaftsbriefe, die zur Feststellung der
Person und Empfehlung dienten; wenn sie in Bücher abgeschrieben
und so gesammelt wurden, entstanden Bücher ähnlich den Taufbüchern.
In Florenz soll es wirkliche Taufregister seit 1450 geben, ein solches
legte auch 1490 der Pfarrer Surgant an St. Theodor in Basel an, aber
nur zu seinem eigenen Gebrauch und Vergnügen, ebenso 1515 der
Pfarrer an St. Jean en Greve zu Paris. In Augsburg müssen früh
Bücher geführt sein, denn Süssmilch giebt Zahlen von Getrauten,
1 Benutzte Werke ausser dem Korrcspondenzblatt des Gesammtvereins und
den Veröffentlichungen der betr. Vereine: Uihlein, L'eber den Ursprung und die
Beweiskraft der Pfarrbücher in: Archiv ftir civilistische Praxis 15. Süssmilch, Die
göttliche Ordnung, 4. Aufl. Jastrow, Die Volkszahl deutscher Städte in: Historische
Untersuchungen 1. Richter, Evangelische Kirchenordnungen des 16. Jahrhunderts.
Hochhuth, Statistik der evangelischen Kirche im Regierungsbezirk Cassel. Böhmer,
Die Kirchenbuchführung der freien Stadt Frankfurt. Blanckmeister, Die Sächsischen
Kirchenbücher. Nicht gesehen habe ich die Niederlausitzer Mittheilungen und die
Mittheilungen der Gesellschaft für Salzburger Landeskunde. Abgeschlossen ist diese
Arbeit am 11. November 1897.
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- i6 3 -
Getauften und Beerdigten aus einem daselbst in Kupfer gestochenen
Verzeichniss seit dem Jahr 1 501 in fortlaufender Reihe. Doch waren
dies alles noch nicht eigentliche Kirchenbücher. Diese kamen erst
nach der Reformation auf, wir werden nachher sehen aus welchem
Grunde. Wenn wir nun zunächst die ältesten noch erhaltenen Kirchen-
bücher, die augenblicklich bekannt sind, zusammenstellen, so müssen
wir vorher darauf hinweisen, dass die ältesten jetzt noch vorhandenen
Kirchenbücher nicht auch immer die ältesten vorhanden gewesenen
sind. Oefter findet sich in ihnen ein Hinweis auf frühere Bücher.
So ist in Pyrmont Band 1 verloren, in Blankenheim fängt Band 2
erst 1574 an, in Elsterwerda 1575, in der Neustadt Eisleben 1581,
öfter lässt sich aus anderen Gründen schliesscn, dass ältere Bücher da
waren und durch Brand oder Plünderung im Kriege vernichtet sind.
Doch können, wir hier die Bemerkung nicht unterdrücken, dass durch
die Nachforschungen der letzten Jahre die frühere Annahme von dem
massenhaften Verlorengehen der Kirchenbücher im dreissigjährigen
Kriege immer mehr an Boden verliert und ins Gebiet der Sage ver-
wiesen wird. Gleichzeitig haben, um auch das zu erwähnen, diese
Nachforschungen den weiteren Vortheil für den, der Nachrichten aus
den Kirchenbüchern zu haben wünscht, dass er vorher weiss, aus
welcher Zeit er Nachrichten haben kann, und nicht von dem, der
das Buch jetzt in Verwahrung hat, die Antwort erhalten kann, es
seien keine Nachrichten vorhanden; wobei zuweilen die Antwort
lauten müsste, für mich sind diese Nachrichten nicht da, denn ich
kann sie nicht lesen.
Bei der folgenden Aufzählung der ältesten erhaltenen Bücher
halte ich mich also an das, was mir bekannt geworden ist, die in
der Vorarbeit befindlichen Veröffentlichungen für Schlesien und Hessen
würden wohl schon viele Einschübe bringen. Das älteste Buch ist in
Zwickau und zwar nach Mittheilung des Herrn Diakonus Klotz das
Todtenbuch von 1502, das Trauungsbuch von 1522, das Taufbuch
von 1533. Es folgen das Trauungsbuch von S. Sebaldus in Nürnberg
1524, Taufbuch in Hienwyl bei Zürich 1525', Taufbücher im Gross-
münster in Zürich, Turbenthal und üssingen bei Zürich 1526, Tauf-
buch für Eahraltorf bei Zürich 1528, das für Dynhard bei Zürich
1529, Tauf- und Trauungsbuch von S. Stephan in Konstanz 1 5 3 1 , im
selben Jahre das Taufbuch in Lindau, in beiden Orten für die pro-
testantischen Gemeinden.
1 Hochhuth giebt auch für Melsungen 1525 an; nach gütiger Mittheilung des
Herrn Metropolitan Fuldner fängt das Kirchenbuch erst 1659 an.
Ii*
164 —
1533 finden wir in Frankfurt a. M. Tauf- und Trauungsbuch, in
Nürnberg S. Sebaldus das Taufbuch, ebenso in Crailsheim, Steinsberg
und Biberach in Württemberg und in Creglingen im Ansbachischen
Tauf-, Trauungs- und Todtenbuch, 1534 das Trauungsbuch in Lindau
und das Kirchenbuch in Friedersdorf bei Luckau, 1535 das Trauungs-
buch in Crailsheim, 1537 das Todtenbuch in Nürnberg S. Sebaldus,
1538 Kirchenbuch in Edersleben bei Sangerhausen und Trauungsbuch in
Wolgast in Pommern, 1539 in Rieder bei Ballenstedt, 1540 in Rahnsdorf
bei Wittenberg, 1 541 in Leipzig S. Nikolai Trauungsbuch, 1542 in
Mühlhausen in Thüringen S. Blasii Trauungsbuch (gleichzeitig mit
Einführung der Reformation) und Trauungsbuch von Breslau Maria
Magdalena (katholisch), 1543 in Zschernitz bei Merseburg (Bruch-
stücke), 1545 in Lissen bei Weissenfeis, 1546 in Loberschütz im
Weimarschen und Benndorf in Sachsen, 1547 in Kosma in Altenburg,
Delitzsch und Löben bei Torgau, 1548 in Altenmünster in Württem-
berg, Chemnitz St. Johann, Euba, Grossrückerswalde und Hainichen
in Sachsen, Kistritz und Gröbitz bei Weissenfeis, Windehausen bei
Stolberg, Lützen und Eilenburg S. Nicolai, 1549 in Frankenhausen
am Kyffhäuser, Leipzig S. Thomas Trauungsbuch, Üssa bei Leipzig,
Eisleben S. Anna, Zöschen bei Schkeuditz und Hohenwarthe bei Burg,
1550 in Langenau, Neustädtel und Niederfrohna in Sachsen, Ebsdorf
im Lüneburgischen das Todtenbuch, Ellrichhausen in Württemberg
und Genf*, 1551 in Neustadt an der Orb, 1552 in Hohenmölsen bei
Weissenfeis und Breslau, 1553 in Hornburg bei Eisleben, Drackenstedt
bei Wolmirstedt (nur Notizen), Etzleben bei Eckartsberga und Unter-
lauter im Coburgischen, 1554 in Leipzig S. Nikolai das Taufbuch,
Grosswiederitzsch, Oberlichtenau und Weisstropp in Sachsen, Dettingen
in Württemberg, Helmershausen im Weimarschen, Winterthur und
Frohndorf bei Eckartsberga, 1555 in Dittmannsdorf, Ehrenfriedersdorf,
Frankenau, Pegau das Taufbuch und Seehausen in Sachsen, Coburg
S. Moritz, Sondershausen, Rossleben, Gross Kyhna bei Delitzsch, Wehr-
stedt bei Halberstadt, Mosbach und Kürnbach in Baden, Breslau Ge-
taufte und Verstorbene (nach Süssmilch), 1556 Wolkenburg in Sachsen,
Weikcrsheim und Schäftcrsheim in Franken die Todtenbücher, Sond-
heim vor der Rhön, Clingen in Sondershausen, Salzwedel S. Catharinen,
Langensalza, Werbelin bei Delitzsch, Jüdendorf bei Querfurt und
Ufhoven bei Langensalza, 1557 in Rudolstadt, Pflanzenvirbach und
Volkstedt im Rudolstädtischen, 1558 in Kiebitz in Sachsen, Geitersdorf
im Rudolstädtischen, Eisenberg in Altenburg, Elpersheim in Franken
1 Galliffe, Notices g£n£alogiques.
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- i6j
das Taufbuch (das Trauungsbuch 1559), Böblingen in Württemberg
und Oeschelbronn in Baden, 1559 in Hohnsdorf in Anhalt, Fechheiin
in Coburg, Fambach bei Schmalkalden und Woltenitz bei Delitzsch,
1560 in Höckendorf in Sachsen, Dresden Dreikönigskirche Taufbuch,
Rengershausen bei Frankenberg, Ringleben im Rudolstädtischen,
Affolden in Waldeck, Wittenberg, Gesell bei Ziegenrück, Kriegstedt
bei Merseburg, Anklam S. Nicolai das Taufbuch und Kehl das Tauf-
buch, 1561 in Metz das Taufbuch alphabetisch, das Trauungsbuch
chronologisch, Reinsdorf in Reuss ä. L. in Bruchstücken, Flemmingen
in Altenburg und Auenheim in Baden das Taufbuch (das Trauungs-
buch von 1562), 1562 in Gablenz in Sachsen, Urbach im Fürstenthum
Honstein, Tautendorf im Weimarschen, Altenburg, Tautendorf und
Engerode im Altenburgischen und Eisleben S. Andreas Taufbuch,
1563 in Clausnitz und Bockwa in Sachsen, Iba bei Rothenburg in
Hessen, Nienburg in Anhalt, Ohrdruf und Sonneborn im Gothaischen,
Bornstedt bei Wolmirstedt, Burgwerben bei Weissenfeis und Neckarelz.
Bei dieser Aufzählung ist nicht immer angegeben, wenn ein
weiteres Buch für andere Amtshandlungen beginnt, nachdem das erste
nur für Taufen oder nur für Trauungen bestimmt war. Zählen wir
für jede Gemeinde ein Buch, so haben wir bis zu dem Tridentiner
Concilsbeschluss im Jahre 1563 schon 132 bekannte Kirchenbücher,
dazu kommen 92 bis 1570, 200 bis 1580, 157 bis 1590 und 167 bis
1599, also aus dem 16. Jahrhundert im Ganzen 748 bis jetzt veröffent-
lichte Bücher, von denen die ältesten sich meist um Zürich, die
grösste Mehrzahl im Sächsisch-Thüringischen um Wittenberg herum
vorfinden.
Fragen wir nun weiter, aus welcher Veranlassung sind Kirchen-
bücher entstanden, so war es in mehreren Fällen die persönliche
Liebhaberei des betr. Pfarrers, in der Regel aber eine Anordnung der
Behörden, der wir die Bücher verdanken. Ersteres war immer dann
der Fall, wenn ein Kirchenbuch aus der Zeit vor Erlass von Verord-
nungen da ist, so die oben erwähnten von Basel, Paris, Zwickau,
Nürnberg, Hienwyl, die ältesten sächsischen ; auch das für den Osten
auffallend frühe Kirchenbuch, das der Pastor Weigenheim aus Frau-
stadt für die deutsche Gemeinde Augsburger Confession zu Posen
1596 anfing, gehört hierher, auch das einzige in Mecklenburg aus
dem 16. Jahrhundert erhaltene Kirchenbuch, das zu Rövershagen von
1580, mehrere von Braunschweig und Hannover und in anderen
Gegenden. Doch sind es immer Ausnahmen. Auch die älteste Ver-
ordnung erfolgte auf Anregung der Pfarrer. Die Lcutpriester in Zürich
baten nämlich den dortigen Rath wegen der häufig auftretenden
166
Wiedertäufer die getauften Kinder verzeichnen zu lassen. Am 30. Mai
1526 befahl in Folge dessen der Rath die Anlegung von Taufbüchern.
Ihm folgte im April 1531 der Rath von Konstanz mit Einführung von
Tauf- und Trauungsbüchern, im selben Jahre der von Frankfurt a. M.,
1533 der von Lindau mit dem Befehl Taufbücher zu führen. Im
selben Jahre wurden in Nürnberg Tauf- und Trauungsbücher ein-
geführt, in Brandenburg -Baireuth Taufbücher, während die Kulm-
bachsche Kirchenverfassung von 1528 dieselben empfohlen hatte. 1534
befahl Herzog Friedrich von Liegnitz die Anlegung von Taufregistern,
im August 1539 Franz I. von Frankreich dieselbe durch das Gesetz
von Villers-Cotterets. 1543 verordnete die Schweinfurter Kirchen-
ordnung die von Tauf- und Trauungsregistern, ebenso die Kölnische
Reformation für die Lutherische Gemeinde, 1548 Georg der Gottselige
von Anhalt die Führung von Büchern mit allen drei Registern für
Anhalt und das Bisthum Merseburg, wo er Coatjutor war, 1550
bestimmte die Kirchenordnung der Niederländer in London die Führung
von Taufregistern, 1553 die Hohenlohesche Kirchenordnung des
Grafen Ludwig Casimir die von Kirchenbüchern. 1555 wurden in
Folge von Kirchenvisitationen in Henneberg und Sangerhausen
Kirchenbücher eingeführt, 1556 in Langensalza, 1557 durch die General-
artikel Georgs von Sachsen Tauf- und Trauungsbücher. 1559 ordnete
Herzog Christoph von Württemberg die Führung von Taufbüchern
an, diese Kirchenordnung wurde dann in Baden eingeführt. 1560
wurden für die Erbachschen Lande alle drei Register, 1563 für die
Pfalz Taufregister angeordnet. Im November 1563 beschloss das
Tridentiner Concil die Einführung von Kirchenbüchern für alle katho-
lischen Länder, doch erfolgte sie erst sehr allmälig, meist erst im
17. Jahrhundert. 1566 wurden in Hessen wegen der Wiedertäufer
Taufregister eingeführt, 1567 Beerdigungsbücher von der katholischen
Synode zu Augsburg, ebenso 1568 Taufbücher durch die Weseler
Synode für die Niederrheinischen Reformirten, im selben Jahre alle
drei Register durch die Kirchenagende von Pommern, 1569 Tauf-
und Trauungsregister für die Braunschweigschen Lande, also auch für
das jetzige Hannover. Es folgen dann die Verordnung des Kölner
reformirten Kirchenraths vom 20. October 1571, die Oldenburger
Verordnung für Taufregister von 1573, die Brandenburgische Visi-
tations- und Consistorialordnung des Markgrafen Johann Georg und die
Weimarsche Visitationsordnung vom selben Jahre, 1574 die Nassau-
Saarbrückensche Kirchenordnung und die Verordnung der Dordrechter
Synode für die Französisch-Reformirten, 1579 im Mai das Gesetz
Heinrichs III. von Frankreich über Kirchenbücher, die Altenburger
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Verordnung von 1580, der Beschluss der Herborner Synode von 1586
für Nassau, Wittgenstein, Solms etc. und 1588 die Tecklenburgische
Kirchenordnung. Merkwürdig ist die Einführung des Kirchenbuchs
im Jahre 1599 statt der bisher üblichen Zettel in der Gemeinde Alten-
kirchen im Altenburgischen auf Wunsch der Gemeindeältesten. Im
17. Jahrhundert wurden Kirchenbücher in "Mecklenburg 1602, in Jülich,
Schaumburg, Elberfeld 1623, m den katholischen Theilen von Münster,
Rheingau, Oldenburg, Hildesheim, Osnabrück, Schleswig, Magdeburg
(1650) u. s. w. eingeführt, auch in Dänemark 1646.
Wir sehen aus dieser, natürlich unvollständigen Zusammen-
stellung, dass Jastrow' im Unrecht ist, wenn er sagt, die Einführung
von Kirchenbüchern sei wohl schon seit dem 15. Jahrhundert gleich-
massig in katholischen und protestantischen Ländern erfolgt. Ausser
Frankreich ist mir kein katholisches Land bekannt, wo vor dem
Tridentiner Concil irgend welche Register eingeführt wurden, und
hier dürfte vielleicht die nördliche Lage des Orts, in dem das betr.
Gesetz gegeben wurde, darauf hinweisen, dass das Beispiel der Refor-
mirten nicht ohne Einfluss war. Die Kirchenbücher waren ursprünglich
eine protestantische Einrichtung, die zuerst in Zürich, wo das kirchliche
Regiment mit dem weltlichen zusammenfiel, zur Einführung kam.
Wir sahen schon oben, dass Zürich und Wittenberg, die Ausgangs-
punkte der deutschen Reformation, auch zugleich die Mittelpunkte für
die Orte mit den ältesten Kirchenbüchern sind. Daneben leuchtet
sofort ein, dass die Bücher eine wesentlich kirchliche, nicht weltliche
Einrichtung waren, die der Landesherr, wenigstens in der ersten Zeit,
nur als summus episcopus anordnete. Bestätigt wird dies dadurch,
dass in den Büchern häufig auch die von uns nicht berücksichtigten
Verzeichnisse der Confirmanden und Communikanten geführt werden
mussten, und der Umstand, dass die Taufbücher überall zuerst vor-
kamen. Es sollte also die Zugehörigkeit der betr. Personen zur
Kirchengemeinde festgestellt werden, häufig, wie wir sahen, im Gegen-
satz zu den Wiedertäufern. In zweiter Linie folgt die Aufzeichnung
der kirchlichen Schliessung der Ehe, erst in letzter die des Todes
oder richtiger gesagt der Beerdigung, wie ja auch die Taufe, nicht
die Geburt eingetragen wurde, wenn auch beide, besonders in der
ersten Zeit wohl meist auf denselben Tag fielen. Dass daneben die
Bücher weltlichen Zwecken dienen konnten und wirklich dienten,
ändert daran nichts; auffallend ist, dass der Rath von Nürnberg neben
den Kirchenbüchern 1564 die Führung von Registern der Verstorbenen
1 Volkszahl deutscher Städte in Histor. Untersuchungen 1.
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- 168 -
durch die weltliche Behörde anordnete wegen der Vormundschaft über
die Kinder der Verstorbenen. Hätten die Kirchenbücher in erster
Linie weltlichen Zwecken dienen sollen, wären wohl nicht die Pfarrer
mit ihrer Führung betraut.
Die weltlichen Zwecke der Kirchenbücher konnten zunächst
rechtliche sein für Erbschaften, dann aber statistische und zwar
bevölkerungsstatistische, uns kommt es hauptsächlich auf ihre ge-
schichtliche Wichtigkeit an für Aufstellung von Stammbäumen und
Familiengeschichten. Darin beruht für uns auch die Wichtigkeit der
Frankfurter Kirchenbücher, auf die wir nun näher eingehen wollen.
Auch in Frankfurt haben wir mehrere frühe Bücher als Vor-
läufer der eigentlichen Kirchenbucher und zwar im Stadtarchiv I,
Archiv' des Bartholomäusstifts. Der in den Unruhen vor und bei
der Einführung der Reformation viel genannte Stadtpfarrer Dr. Peter
Meyer hat ein Buch geführt, das die Aufschrift hat Sponsalia nova.'
Es ist in Schmalfolio und enthält Eintragungen von Ehepaaren. Am
Rand sind durch Striche offenbar die Aufgebote angezeichnet, denn
wo nur zwei solcher Striche sich finden, ist der ganze Eintrag durch-
strichen, die Ehe also nicht geschlossen. Von anderer Hand sind
Zusätze über die Zahlung der Gebühren und Daten gemacht. Das
Buch soll Einträge von 15 12— 15 19 enthalten, die Einträge sind aber
nicht chronologisch; so steht zwischen Eintragungen von 15 18 die
Heirath Eckels v. Wetter mit Beatrix Schwartzenberger, die 151 5 als
Frau gestorben ist und nach Fichard 15 14 heirathete. Das Buch ist
vielleicht verbunden. Das früheste Datum, das ich gefunden habe, ist
in die bricii (13. November) XIIII (15 14)- An diesem Tage heiratheten
Margarethe Sorgenloch und Philipp v. Gerstein, dessen Persönlichkeit
Fichard zweifelhaft ist. Fichards Zweifel, ob Margarethe, Hamann
v. Holzhausens Tochter, 15 13 oder 15 16 Philipp v. Rhein heirathete,
löst Meyers Eintrag auch nicht, da er undatirt ist. Doch wird Meyers
Buch noch manche wichtige Nachricht enthalten, bei einigen kann
allerdings die Datirung Schwierigkeiten machen.
Ferner ist ein Heft in Schmalfolio vorhanden' mit der Aufschrift
Registrum Contrahcncium matrimonium 1525. Es beginnt A. die
Martini 1525 und hat keine Daten, nur mitten dazwischen den Ver-
merk, dass acht Tage vor Pfingsten, also am 13. Mai 1526 eine Ab-
rechnung stattgefunden hat. Vor jedem Eintrag ist dieselbe Figur
mit den Strichen wie in dem Meyerschen Buch wegen der Aufgebote.
1 Bartholomäusbücher VI, 6$.
* Barth. St. no. 471, 1525 u. 1526.
— 169 —
Von bekannteren Namen finden sich nur Johann Wolf, Sohn von
Bernhart Rohrbach, mit Margarethe Reiss und Johann v. Glauburg
mit Anna Knoblauch, letzterer Eintrag zweimal auf derselben Seite
von zwei verschiedenen Schreibern geschrieben. Der Schreiber meldet
einmal: mihi Uli dederunt pro salario meo, wohl Heller, und einmal
1 ß dedit, sonst sind keine Summen genannt. Zuweilen steht die
Wohnung der Brautleute dabei: vff unser liben (frauen) berg, im
Leymetzhaus (Leinwandhaus), borngassen, Schnurgassen.
In dem Buch liegen einige Zettel über erfolgtes dreimaliges
Aufgebot, nicht ausgefüllte Quittungen über Gelder für das Aufgebot
von Conradus Decker, parrochie Sancti Bartholomei Scriptor, und ein
Trauschein, ausgestellt und untersiegelt von Pleban dominica post
(diem) conversionis Pauli (28. Januar) 1526 für Hansonem Kriegk.
und seine Frau Gertrud.
Weiter ist ein Sammelheft in demselben Format vorhanden,'
dessen erstes Stück die Aufschrift trägt: Census parrochie et Recom-
pensationes. Recepta et Exposita continentur in Libro hoc. Es ist
also ein Buch für Einnahmen und Ausgaben der Dompfarrei. Weiter
steht auf dem Umschlag: Recepta Sponsalia in anno vicesimo Sexto
a Penthecoste. Einkünfte für Trauungen seit Pfingsten 1526. Auf
Seite 1 wird dieser Untertitel wiederholt, dann folgen die Einträge,
von denen einer besonders auffällt. Er betrifft »den poete zum
Goldtstein«, das ist Micyllus. Es ist jedesmal die Summa angegeben,
wie viel für das Aufgebot bezahlt ist, dann folgen : Sponsalia qui non
dederunt, anno 1526 a penthecoste. Hierbei finden sich zuweilen
Bemerkungen, wie: nichts gegeben, oder: sagt, er sey nicht schuldig
u. s. w. Dann folgen Census parrochie Franckfordensis in ciuitate
qui sunt dati anno 1525 Martini cedentes (Zinsen der Pfarrei in der
Stadt), Recompensationes altarum in ciuitate Franckfordensi Martini
cedentes sunt date in Anno 1525, ferner die Census non dati und die
Recompensationes non date, dann die Census villarum ad parrochiam
Franckfordensem cedentes Martini non sunt dati in anno 1525, schliess-
lich die Exposita, die Ausgaben. Es ist also neben dem, was wirklich
eingekommen ist, auch das verzeichnet, was nicht bezahlt ist, wohl
in Folge der 1525 in Frankfurt erfolgten Anerkennung der Reformation.
An dieses Heft sind angeheftet die entsprechenden Hefte für
1526, 1529— 1532, 1533/34 und 1538— 1540 mit denselben Unter-
abtheilungen, nur fehlen die Sponsalia, die Trauungslisten, die für
uns wichtig sein würden.
' Barth. St. no. 413, 1526—1540.
— 170 —
Dagegen besitzen wir noch ein besonderes Heft' mit der Auf-
schrift: Census parrochie et Recompensationes Rccepti in anno 1526
Martini cedentes. Recepta et exposita continentur in Libro hoc, das
sich also an das erste Heft des Sammelhefces als gleichartig anschliesst.
Es hat auch auf dem Umschlag und der ersten Seite den weiteren
Untertitel: Recepta Sponsalia in Anno 1527 und dann die Einträge
mit der jedesmal gezahlten Summe, wobei der Schreiber auch einmal
sein salarium erwähnt. Dann folgen unter der Ueberschrift : Sponsalia
qui non dederunt in Anno 1527 dreissig Einträge, zum Theil mit
Zusätzen des Schreibers, die sowohl seine Erbitterung über die Nicht-
zahlung des Geldes, als auch die Nichtachtung des Volks gegenüber
der katholischen Geistlichkeit, von deren Druck es durch die Refor-
mation befreit war, erkennen lassen.
So heisst es z. B.: Sein nit eingeleytt (eingeläutet) worden
sunder durch die Kirchengang gelauffen wie die scwc (Säue) die
Agnetis (21. Januar), oder: dedit dem alten capplan ein batzen, sagt
behalt Im, get dem Schreiber nicht vors pffargelt, oder : sagt ich geb
euch doch nicht. Einmal findet sich eine lange Erzählung : kamen
vorn pffarrhoff, sagtten wo ist der pfaff; das er nit wart, sagt ich,
ir habts nit angesagt, sagt ich, geth hin er wurdt komen, so lyfTen
sy durch die kirchen, das er nit alsobald da was; sein nit eingeleyt
worden. Ein anderer sagt in Gegenwart von des Dechants Knecht:
er sey nicht schuldig, wieder ein anderer sagt: geyt man pffargelt?
ander leut geben nicht, ich werdt auch nicht geben.
In den Einträgen ist häufig die Wohnung der Brautleute an-
gegeben: im Leymetzhauss (Leinwandhaus), im bruckhoff, vff dem
kornmarck, in der borngassen, Newengassen, Fargasscn, Hellcrgassen,
Steingassen, vff der Czeyl, in der Newenstat, under den Kangissern,
bein barfüssern u. s. w., also durch die ganze Stadt zerstreut. Am
Schluss des Heftes folgen dann noch die Census parrochie Franck-
fordcnsis in Civitate qui sunt dati in anno 1526 Martini cedentes.
Dieses Heft und das registrum matrimonium contrahencium hat
Pfarrer Battenberg 1 als zur Peterskirche gehörig betrachtet, wohl
verleitet durch den auf dem registrum befindlichen Zusatz einer
Hand des vorigen Jahrhunderts: in ecclesia S. Petri. Dass das Zins-
buch zum Dom gehört, kann einem Zweifel überhaupt nicht unterliegen,
da es zur parrochia, Pfarrkirche gehört, sich über die ganze Stadt
erstreckt und von derselben Hand geschrieben ist, wie die anderen
1 Barth. Stift no. 472, 1527.
1 Die alte und die neue Peterskirchc S. 57.
i
— I7i —
Zinsbücher, die nur zum Dom gehören können, weil die Peterskirche,
selbst wenn man das Wort parrochia auf sie deuten wollte, in den
genannten Dörfern keine Zinsen besass. Jeder, der das registrum
der Trauungen aufschlägt, sieht nun aber auch, dass der Zusatz der
Aufschrift falsch ist. Die Handschrift ist auch in ihm dieselbe wie
in den Zinsbüchern und auch in ihm finden sich Einträge aus der
alten Stadt, die sich nicht auf die Peterskirche beziehen können.
Zum Ueberfluss rindet sich in ihm und dem Zinsbuch, das Pfarrer
Battenberg gesehen hat, derselbe Eintrag betr. Bartel nodler und Anna
des pfiarhern von Bergen Schwester.
Wenden wir uns nun zu den eigentlichen Kirchenbüchern in
Frankfurt, so wollen wir hier umgekehrt wie bei den auswärtigen
erst die Bestimmungen über dieselben ins Auge fassen, dann die Bücher
selbst etwas näher ansehen. Ich gebrauche stets den gebräuchlichsten
Ausdruck Kirchenbücher, der für Frankfurt eigentlich nicht richtig
ist, wie wir sehen werden.
Die Bestimmungen finden wir am einfachsten und übersicht-
lichsten zusammengestellt in: Böhmer, Die Kirchenbuchführung der
freien Stadt Frankfurt a. M. Frankfurt a. M. 18.48. Dieses Werk ist
leider nicht vollständig erschienen, es sind nur sechzehn Bogen ge-
druckt, ein Titel ist bei einzelnen Exemplaren, offenbar später gedruckt,
vorhanden, der Rest der Auflage ohne Titel lagert ietzt auf der Stadt-
bibliotliek. Das Buch zerfällt in zwei Theile: A. Geschichtliche Ein-
leitung, die die Kirchenbuchführung in Deutschland, Frankreich und
Frankfurt behandelt, und B. Entwurf der Instruction für die Frankfurter
Kirchenbuchführung mit Anmerkungen, der unvollendet ist. Wir haben
es hier mit dem dritten Abschnitt des ersten Thcils, der Frankfurter
Kirchenbuchführung, zu thun.
In Folge der Einführung der Reformation in Frankfun im Jahre
1525 wurde der vorher schon bestehende Almosenkasten zum Evange-
lischen Almosenkasten umgewandelt, ihm die öffentliche Armenpflege
und dazu die Einkünfte einzelner Kirchen überwiesen und sechs Pfleger
bestellt, drei aus dem Rath, drei aus der Bürgerschaft, die am 19. März
1531 ihre erste Sitzung hielten. Noch im selben Jahre verordneten
sie die Verzeichnung der Namen der Getauften, Getrauten und Ge-
storbenen, sodass Frankfurt hinsichtlich der Anordnung von Kirchen-
büchern nach Zürich und Konstanz die dritte Stelle einnimmt. Die
Kirchenbücher in Frankfurt sind also keine kirchliche Einrichtung,
das Kastenamt war eine weltliche Behörde, dem z. B. auch die Anfänge
der Stadtbibliothek unterstanden, es war die Behörde für öffentliche
Armenpflege, etwa entsprechend dem heutigen Armenamt. Da aber
— 172 —
die Stadt lutherisch war, war auch der Almosenkasten in erster Linie
lutherisch, ebenso seine Kirchenbuchführung. Auch führte nicht ein
Pfarrer, was bei dem Umstand, dass alle Stadtpfarrer, noch dazu in
verschiedenen Kirchen die Amtshandlungen verrichteten, zu Unträg-
lichkeiten hätte führen können, die Bücher, sondern zuerst der Kasten-
schreiber, später der Kirchenbuchführer, d. h. Kirchendiener. Böhmer
ist unsicher, glaubt aber, der Kirchendiener habe sie geführt, nennt
auch immer diesen und führt sie sogar alle mit Namen auf. Ich
vermuthe, dass er die Bücher selbst gar nicht eingesehen hat, da in
diesen stets der Kastenschreiber sich nennt und durch seine Unter-
schrift Zusammenstellungen der jährlichen Eintragungen beglaubigt.
Wir können aus den Büchern folgende Kastenschreiber feststellen:
Conrad OfFenbach hat das erste Taufbuch 1533 angelegt, wie wir
sehen werden. In den sechziger Jahren ist Kastenschreiber Magister
Joannes Pauli aus Bonames, 1 561 finden wir seine Handschrift, sein
Nachfolger ist Laurentius Bauernheim aus Friedberg. Seit 1585 schreibt
J. Ziegler, 1592 unterschreibt er, 1595 finden wir Christian Seil, von
1599— 1613 Petrus Jost Mohr, dann bis 1632 Johann Bender, 1641 ist
Andreas Herbert Notarius Kastenschreiber, seit 1664 Barth. Willius
Notarius, dessen Adjunct Notarius Georg Peter Gorr seit 1685, seit
1691 Kastenschreiber. Dazwischen finden sich verschiedene Hand-
schriften, wohl von Hilfskräften, zu denen vielleicht auch die Kirchen-
diener gehörten, die später Kirchenbuchführer wurden, so Christian
Müller 1708. Wir müssen hierauf später bei der Besprechung der
Bücher selbst zurückkommen.
Die Aufsicht über die Kirchenbücher hatte das Kastenamt. Als
im Jahre 1728 das lutherische Consistorium errichtet wurde, glaubte
dieses auch die Kirchenbücher beaufsichtigen zu müssen und mischte
sich durch öftere Verfügungen an den Kirchenbuchführer in ihre
Führung. Dies gab Anlass zu einem Streit mit dem Kastenamt, be-
sonders als 1750 eine Revision der Bücher stattfinden sollte. Am
9. October 1750 entschied der Schöffenrath zu Gunsten des Kasten-
amts, das dann im November und December die Revision vornahm.
Seit einer Reihe von Jahren spielte nämlich ein Prozess zwischen den
Familien Henswig und v. Bostel, bei dem es sich nach Böhmer darum
handelte, ob der Kirchendiener Christian Müller 1726 den Tod eines
Herrn v. Overbeck richtig eingetragen hatte. Der Eintrag lautet:
»1727 September 11. Overbeck Herr Johann Bernhard Bürger und
Handelsmann von Iserloh in Westphalen, geb. Wittwer alt 82 Jahr.
Kam per pedes hieher in diese Herbst Messe und verstürbe bey
Hn. Joh. Gerhard Hebenstreiten neben Kumpen« (Haus in der Fischer-
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- 173 -
gasse). Was daran fehlerhaft ist, ist nicht zu ersehen. Auch wegen
Johann Nicolaus Dietz schwebte ein Prozess beim Reichshofrath, der
im August 1750 dem Rath eine sorgfältigere Führung der Bücher
empfahl 1 . Dieser Hess durch das Kastenamt dem Kirchendiener Nord-
mann die nöthige Weisung thun. Aber alle Mängel wurden auch
jetzt noch nicht abgestellt. Es handelte sich vor allem darum, dass
die Einträge nicht immer richtig waren, und dass sie lückenhaft waren,
weil nicht alle Amtshandlungen angemeldet wurden, also auch nicht
eingetragen werden konnten, worüber schon 1708 der Kirchendiener
Müller sich beklagte. Besonders war dies bei solchen geistlichen
Handlungen der Fall, die nicht in der Kirche, sondern in den Häusern
stattfanden, also Haustaufen und Haustrauungen, während Beerdigungen
weniger lückenhaft, aber, wie wir sehen werden, in ungenügender
Form zum Eintrag kamen. Die Haustaufen sollten durch die Wart-
frauen, die Haustrauungen, die in Ausnahmefällen erlaubt wurden,
durch den betreffenden Geistlichen den Kirchenbuchführern angezeigt
werden, beides geschah aber nicht immer, es finden sich deshalb
häufig nachträgliche Eintragungen, die oft erst nach langer Zeit ge-
schahen, wie aus den Handschriften hervorgeht. Wenn aber der
Kirchenbuchführer von einer solchen Amtshandlung nicht durch Zufall
später erfuhr, findet sich auch kein Eintrag; mir ist es schon mehrmals
vorgekommen, dass ich den Tod eines Kindes in den Büchern fest-
stellen konnte, das hier geboren sein muss, aber nicht im Taufbuch
steht ; auch Heirathen, noch im vorigen Jahrhundert, sind nicht ein-
getragen, obgleich sie aller Wahrscheinlichkeit nach hier stattgefunden
haben. Zu diesen Unregelmässigkeiten gehört nicht, wie Böhmer will,
das Fehlen der ungetauft verstorbenen Kinder im Taufbuch, diese
stehen eben als ungetauft nur im Todtenbuch. Diese Lücken dürften
übrigens eine Eigenthümlichkeit unserer Frankfurter Kirchenbücher
sein, in kleineren Orten, in denen nur eine Gemeinde bestand, deren
Kirchenbuch der Pfarrer führte, kamen sie natürlich nicht vor, und
alle grösseren Orte mit mehreren Kirchen sind meines Wissens in
verschiedene Gemeinden getheilt, in denen jeder der Pfarrer die Bücher
führte, nur Frankfurt besass für alle Gemeinden gemeinschaftliche
Kirchenbücher. Doch verdanken wir vielleicht diesem Umstand die
Erhaltung aller Bücher aus so früher Zeit.
1 Böhmer giebt übrigens ein Beispiel eines fehlerhaften Eintrags aus Frankreich.
Als Louise Donat 1825 heirathen wollte, fand sich, dass in ihrer Geburtsurkunde
vom 7. Januar 1800 Louis stand. Das Tribunal zu Lyon ordnete eine Untersuchung
an und gestattete dann die Heirath.
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Als der Fürstprimas zur Regierung kam, wurde der französische
Code civil eingeführt und mit ihm durch Instruction vom 24. November
1810 die Führung von Civilstandsbüchern vom 1. Januar 181 1 an, die
unter Aufsicht des Gerichts standen und für die Angehörigen aller
Bekenntnisse bestimmt waren. Daneben wurde im Gegensatz zu den
anderen französischen Ländern die nachfolgende kirchliche Trauung
verlangt, es mussten also die Kirchenbücher für diese weitergeführt
werden. Dasselbe geschah aber auch für Taufen und Sterbefälle, es
wurden also die alten Bücher alle ruhig fortgeführt, so dass in der
Reihenfolge der Bücher auf dem Standesamte heute sie erscheinen,
nicht die Civilstandsbücher. Am 1. Februar 18 14 wurden diese ge-
schlossen und die Kirchenbücher wurden wieder die allein maass-
gebenden staatlichen Bücher. Sie unterstanden aber von jetzt an dem
Consistorium, nicht mehr dem Kastenamt. Das Consistorium ver-
langte, dass, wie in die Civilstandsbücher, auch die Angehörigen der
anderen Bekenntnisse sich eintragen Hessen, der Rath verweigerte
dies zunächst, weil das Consistorium lutherisch war, und er den
Katholiken, Reformirten und Juden nicht zumuthen wollte, sich in
dieser Beziehung einer andersgläubigen Behörde zu unterstellen. Als
dann nach dem Gesetz vom 23. December 1817 die Bücher für alle
Bekenntnisse gleichmässig dienen sollten, wurden sie der Aufsicht
der neu gebildeten Kirchen- und Schulcommission unterstellt. Dieser
Zustand dauerte bis zum Jahre 185 1. Durch Gesetz vom 19. November
1850 wurde die Civilstandsbuchführung in Frankfurt eingeführt, am
1. Mai 185 1 die Civilstandsbücher mit neuen Bänden der fortlaufenden
Reihe begonnen. Am 6. Februar 1875 wurde durch Reichsgesetz die
Standesamtsbuchführung im ganzen Deutschen Reiche eingeführt, in
Frankfurt war dies keine Neuerung, der alte Zustand dauerte eben
ruhig fort. So haben wir denn in unsern Büchern, die auf dem
Standesamt aufbewahrt werden, ausser einigen besonderen Reihen,
die wir unten besonders betrachten wollen, eine dreifache fortlaufende
Reihe von Büchern, die wir nun, besonders für die älteste Zeit, etwas
näher ins Auge fassen wollen.'
Es sind dies zuerst die Taufbücher oder wie sie in ältester
Zeit heissen Kinderbücher. Band t derselben hat auf dem ersten
Blatt folgende Aufschrift: »Das erste Kinderbuch, darinnen alle Junge-
• Auch an dieser Stelle möchte ich Herrn Standesbeamten Garny meinen
Dank für die mit bekannter Liebenswürdigkeit gegebene Krlaubniss, die Bücher genau
durchsehen zu dürfen, aussprechen, ebenso den Beamten des Standesamtes, vor allem
Herrn Registrator König, für die schon öfter erprobte Unterstützung, die sie mir zu
Theil werden Hessen.
- 175 -
khinder, So allhie zu Franckfurt vnd Sachsenhaussen Auch zu Oberrodt
Niderrodt vnd zu Bornheim Ehelich vnnd vnehelich geboren vnd
Christlicher Ordnung nach getaufft worden mit Ihrem Auch Ihrer
Alltern vnd TaufTPatenn Nahmen vnd Zunahmen verzeichnet seindt.«
Dieser Band ist 1595 durch Christian Seil Kastenschreiber renovirt,
d. h. neu abgeschrieben, ursprünglich hatte ihn Conrad Orlenbach
Kastenschreiber, wie auf Seite 2 steht, angefangen. Er reicht von
1533 — 1 549, der erste Eintrag ist: Phingstag den ersten Tag des
brachmonats (Juni). Hanns Sensenschmit goltschmit zum bart vnd
elsgen sein eliche husfraw Sohn Johan. Auch der Pathe ist genannt:
Hans Zichler duchscherender. Es wurden also der Bestimmung des
Raths entsprechend auch die Eltern und Pathen eingetragen, bei den
Müttern zuerst nur die Vornamen, dann auch die Familiennamen.
Am Schluss des ersten Jahres finden sich gleich Nachträge aus dem
September, wohl bei der Abschrift vergessene Einträge. Ich möchte
hier gleich im Allgemeinen bemerken, die Einträge sind nicht die
ursprüngliche Niederschrift, wie sie bei der Anzeige gemacht wurde,
sondern Abschriften, die vielleicht wöchentlich gemeinsam eingetragen
wurden, wir können dies nicht nur aus der Gleichmässigkeit der
Schrift erkennen, sondern auch noch aus mehreren andern Umständen,
von denen auch die Rede sein wird.
Am Rand des Buches findet sich am Jahresschluss jedesmal die
Gesammtzahl der Kinder, 1549 sind am Schluss die Zahlen für die
einzelnen Monate angegeben. Dann werden die Liebekinder oder
Bastarde genannt. Die Register dieses und der folgenden Bücher bis
1656 einschliesslich sind alphabetisch nach den Vornamen des Vaters
angelegt, von 1657 nach dem Familiennamen, sie sind zu allen Jahren
vorhanden, häufig erst, wie aus der Handschrift oder auch der Unter-
schrift des betreffenden Kastenschreibers hervorgeht, nach Verlauf
mehrerer Jahre angelegt. In dem von 1597 — 1605 reichenden Bande
hat sich der Registermacher bei oft vorkommenden Namen z. B.
Johann ganze Spalten voll Namen geschrieben und diese dann nicht
alle gebraucht. Zu den Bänden von 1682—85 un ^ *686 — 90 hat der
Kirchendiener Christian Müller im Juni und September 1720 hinter
die alten noch einmal neue Register gemacht, da die alten »nicht
in der Ordnung« gemacht seien.
Der zweite Band beginnt 1550, in ihm und den folgenden sind
am Schluss der Jahre die statistischen Zahlen meist sehr viel reich-
haltiger, doch in den einzelnen Jahren sehr verschieden. So sind
meist die unehelichen Kinder besonders gezählt, ausserdem ist in fast
allen Jahren die Zahl der Verstorbenen angegeben, 1562 sogar nach
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Alter, Ständen und Geschlechtern getrennt, zuweilen für Frankfurt
und Sachsenhausen getrennt, mehrere Male sind die Deutschen von
den Wälschen, d. h. Französisch Reformirten getrennt. In vielen
Jahren ist auch die Zahl der Getrauten oder Eingeläuteten Paare oder
»Paar Ehevolcks« angegeben, 1575 dann zur Abwechslung wieder nur
die Zahl der Getauften am Rand, in mehreren Jahren ist gar nicht
gezählt. Am 12. October 1561 trägt Magister Pauli Kastenschreiber
die Taufe seines Sohnes eigenhändig ein, während sonst eine andere
Hand schreibt. Die Zusammenstellung von 1 J92 unterschreibt J. Ziegler
Kastenschreiber. Das Register dieses Bandes, des vierten, ist von
der Hand des Kastenschreibers Jost Mohr, der die Einträge seit März
1599 selbst schreibt bis zum 8. August 16 13, dann schreibt bis zum
13. Mai 1632 Johann Bender Kastenschreiber. Nun wechseln die
Handschriften öfter, so im September 1638, am 1. Januar 1639, 1670,
1676, 1693. Leider nennen sich die Schreiber nicht mehr, so dass
wir nicht mehr feststellen können, wer die Bücher führte. Im Juli
1638 finden sich noch Einträge aus Oberrad und von den Riederhöfen,
dann scheinen die aus den Dörfern aufzuhören. Die Sachsenhäuser
Kinder werden seit dem 9. August 1669 getrennt, meist nach Wochen,
hinter den Frankfurtern aufgeführt. Die Einträge selbst werden bei
vornehmeren Personen durch Titelangaben ausführlicher, auch sind
häufig die Stellvertreter von abwesenden Pathen genannt. Seit 1669
hat der seit 1708 im Amt befindliche Kirchendiener Christian Müller
Nachträge am Rand hinzugefügt, z. B. wenn die Getauften gestorben
sind. Diese Randbemerkungen werden später regelmässig und ver-
weisen entweder auf das Trauungs- oder das Beerdigungsbuch, meist
sogar mit der betreffenden Seitenzahl. Seit 1693 stehen dann am
Rand auch regelmässig die Namen der Pfarrer, die getauft haben.
Seit 1635 finden sich am Jahrcsschluss, aber nicht regelmässig, ge-
druckte Zusammenstellungen über die Getauften, Getrauten und
Beerdigten eingeklebt, die erste ist übrigens ein Neudruck. Die
Stadtbibliothek besitzt eine fast vollständige und handschriftlich er-
gänzte Sammlung dieser vom Kastenamt in seinen Jahresberichten
gedruckten Zusammenstellungen seit 1635, frühere scheinen also nicht
gedruckt zu sein. Seit etwa der Mitte des vorigen Jahrhunderts sind
ausserdem an den betreffenden Stellen verschiedene Papiere eingeklebt,
Tauf- oder Geburtsscheine auswärts geborener Kinder, Legitimirungen
unehelich geborener und ähnliches. Seit 1775 wird zuweilen der
Geburtstag neben dem Tauftag angegeben, dies wird allmählig zur
Regel, angeordnet war es schon 1764. In dem Band von 181 1 steht
vorn eine Bemerkung vom Kirchenbuchführer Baiser, der seit 1803
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im Amt war, dass etwa fehlende Einträge in den Civilstandsregistem
zu finden seien. Seit dem i. Februar 1814 sind dann wieder blos
die Kirchenbücher geführt und zwar durch Baiser und seinen Adjuncten
Sackreuter, der bei Einführung der Civilstandsbücher im Mai 185 1
Standesbeamter wurde.
Diese Taufbücher scheinen in der ersten Zeit eine Art Haupt-
buch gewesen zu sein, in ihnen finden sich ja auch die frühesten
Zahlen der Verstorbenen. Durch sie wurde die Zugehörigkeit zur
Kirchengemeinde erwiesen, und der kirchliche Zweck war bei den
Büchern doch schliesslich die Hauptsache.
Gleichzeitig mit ihnen beginnen die Träuungsbücher oder,
wie sie zuerst heissen Hochzeitbücher. Das erste beginnt : Hoch-
zeitbuch N. 1. Darinnen Alle die Jhenigen Eheleut, So von dem Jar
nach Christi geburt 1533 biß vff das Jar 1573 Jnclusive Allhie zu
Franckfurt vnd Sachsenhaußen Christlicher Ordnung nach eingesegnet
worden, begriffen jetzo Inn Ao 1596 durch befelch . . . der Herren
Casten Pfleger . . . Renouirt vndt Registrirt. Christian Seil Kasten-
schreiber. Der erste Eintrag lautet: »Hanns born hecker vnnd Otilia
michel muerers vonn obernheims tochter sint zv kirchen ganngen
vff den Heilgen Phingstag den ersten Tag des brachmonats.« Wenn
Böhmer sagt, zuerst sei nur der Name des Bräutigams eingetragen,
so ist dies, wie wir sehen, falsch und wohl ein neuer Beweis dafür,
dass er die Bücher gar nicht oder nur flüchtig angesehen hat. Am
Schluss der Jahre sind am Rand wieder die Einträge gezählt, in
einzelnen Jahren sind dann auch am Schluss des Jahrs die Zahlen
nach Monaten angegeben, das erste Mal 1549: »Summa deren so in
disem 49 Jar. In diser Stat ehlich vnd öffentlich Iren Kirchgang
volnbracht habenn.« Die einzelnen Bücher haben Register, alphabetisch
nach den Vornamen bis 1657, seit 1635 sind auch die Familiennamen in
sich wieder alphabetisch geordnet, von 1658 an sind die Register nach
Familiennamen. Seit 1593 sind am Schluss der meisten Jahre auch
die Zahl der Getauften und Gestorbenen angegeben. Seit dem 31. Juli
1599 schreibt Petrus Jost Mohr. Am Schluss des Jahres 1605 sind
die Einträge vom 16. December von anderer Hand geschrieben mit
folgender Bemerkung: »Nachbeschriebene Persohnen, so nicht Zue
buch getragen geweßen, sindt in A° 1627 den 6 t. Augusti durch mich
Johann Bender Castenschreibern hinzue gesetzt vnnd ergentzt worden.«
Bender schreibt seit 161 3 bis 13. Mai 1632, er fängt an Randbemer-
kungen über Beerdigungen zu macfien, aber nur ganz vereinzelt. 1689
ist zuerst eine gedruckte Zusammenstellung der Geborenen, Getrauten
und Gestorbenen eingeklebt, die wir im Taufbuch schon seit 1635
12
- i 7 8 -
fanden. Seit 1693 wurden die Einträge selbst ausführlicher, zuerst
erscheinen die Namen der Väter der Ehemänner, später die der beider-
seitigen Mütter. Von jetzt an wechseln die Handschriften sehr oft,
Neben Müller schreibt in den zwanziger Jahren häufig ein anderer.
Die Einträge selbst werden immer ausführlicher, besonders bei aus-
wärtigen, es wird das Datum der Taufe und etwaiger früherer Hei-
rathen angegeben, seit Ende des Jahrhunderts der Todestag nachge-
tragen, früher vergessene, meist auswärts geschlossene, Ehen werden
nachträglich eingeschrieben oder die auswärtigen Zeugnisse einge-
klebt. Am 20. Januar 1732 hatte der Rath eine Verordnung erlassen,
wonach höchstens 8—12 Hochzeitskutschen gestattet waren, da die
Kirchendiener dafür das Geld einnahmen, finden wir häufig die Zahl
angegeben, auch in den Beerdigungsbüchern. Während der prima-
tischen Zeit laufen auch die Trauungsbücher ruhig fort, geführt vom
Kirchenbuchführer und Civilstandsbeamtenvicar Kellner, seit 18 14
wieder von J. C. Baiser. Auch bei Trauungsbüchern fängt im Mai 1851
mit einem neuen Band die Standesamtsbuchführung ohne weiteres
äusseres Merkmal an.
Die dritte Reihe sind die Tod tenbücher, die eigentlich Be-
erdigungsbücher heissen müssten, denn der Tag der Beerdigung
ist eingetragen, nicht der des Todes. Böhmer schreibt irrthümlich:
»In erster Zeit wurden nur Todtenbücher geführt ohne Angabe des
Tages der Beerdigung; später Hess man jedoch den Todestag weg
und führte dagegen den der Beerdigung an.a Woraus er das schliesst,
ist nicht zu ersehen, schon in der ersten Zeit heisst es »aus dem
Spital, aus dem und dem Haus« nicht »im Spital«, später erscheint,
zuerst unregelmässig, als zweites Datum der Todestag; da die Bücher
ja Einträge der kirchlichen Handlungen enthielten, mussten schon
desshalb die Beerdigungsdaten genannt sein.
Das erste Buch beginnt 1565, das Titelblatt trägt in Federzeich-
nung, wohl von Paulis Hand eine schöne Randleiste mit Ranken,
Putten um einen Sarg, einer Uhr, einer Sanduhr und einen Todten-
kopf. Aussen herum stehen Sprüche. Böhmer nimmt an, ein früheres
Buch sei verloren gegangen, da Lersner (Chronik I, 2 S. 38) die
Zahlen der Verstorbenen von 1539, 1540, 1551, 1553—56 u. s. w.
angebe. Woher Lersner die ersten beiden Zahlen hat, wissen wir
nicht, die späteren können aus dem Taufbuch sein, jedenfalls müssen
ja irgend welche Zählungen schon vorgenommen sein, sonst könnten
ja im Taufbuch überhaupt keine Zahlen stehen. Dass unser Todten-
buch das erste ist, geht daraus sicher hervor, dass seit dem dritten
Band, der von 1567—1611 reicht, alle Bände eine Zahl auf dem Titel
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haben. 1597 war also sicher schon kein alterer Band vorhanden als
dieser, Lersner konnte keinen älteren mehr sehen.
Auf der Rückseite des Titels stehen die »Kastendiener: M.Johann
Pauli Kastenschreiber. Bastian Braunlünker aussreytter. Lorentz Wagner
Kyrchendiener. Hans Hauffe Zynssheber«. Die Einträge selbst be-
ginnen am 1. Januar mit: »Hans Adam Zimerman kind« und sind
alle sehr kurz. Arme Leute und Fremde werden selten mit Namen
genannt, z. B. Ein knegt aus dem Haus (wohl das Armen- und Ver-
sorgungshaus, das dem Kastenamt unterstand), Ein knegt aus dem
sphittal, Ein arm kind aus hans waltfogel schnurmachers haus, Ein
welsch kind, Ein frau aus dem gotzhaus, Ein alter welsch man, Balthasar
Hufschmied aus dem heyligen geist, Ein fremder Edelmann aus dem
krachbein, Ein alt frau aus dem katharinenkloster. Auch ungetaufte
Kinder kamen vor, zum Theil wohl Todtgeborene, da Nothtaufen
durch Hebammen in den Taufbüchern schon in früher Zeit stehen.
Am Schluss der Jahre wird die Summe angegeben, meist nach Welschen
d. h. Französisch-Reformirten und Deutschen getrennt, daneben fast
regelmässig die Zahlen der Getauften und Getrauten. Von 1576 an
schreibt eine andere Hand, wohl die Bauernheims. Die Namen der
Sachsenhäuser sind in den ersten Büchern getrennt am Schluss auf-
gezählt, wobei das Buch umgedreht wurde, auch für sie ist im ersten
Band eine schöne Randleiste gezeichnet. Vom zweiten Band an
sind die Welschen alle mit Namen genannt, aber mit dem Zusatz
»Welscher.« Bei einem derselben ist ein Irrthum des Schreibers
unterlaufen, den ich hier als Beispiel anführen will. Als Benjamin
Accart, fälschlich Aurach geschrieben, am 21. April 1584 Johanna,
die Tochter Ludwig de Barys heirathet, wird letzterer, der erst 1597
stirbt, selig, d. h. verstorben genannt. Es ist zufällig auf der ganzen
Seite immer der Vater der Braut schon selig, so schrieb wohl der
Schreiber auch dies falsche »selig«, als er die Reinschrift in das Buch
vornahm.
Seit 1585 schreibt Ziegler, dann Seil, von 1599 — 161 3 Mohr.
Seit 1666 stehen die Sachsenhäuser wöchentlich zwischen den Frank-
furtern. Nun kommt auch hier die Zeit des häufigen Wechsels der
Handschrift, so 1666, 1671, 1673, 1685. Die ersten neun Bände reichen
bis 1692, sie haben alle keine Register. Vor etwa 10 Jahren haben
sich zu Band 6 — 9 von 1636— 1692 vier einzelne Registerbände nach
den Familiennamen wieder gefunden, sie gehören wohl zu den neun
Bänden, von denen Böhmer berichtet, Kirchendiener Müller habe sie
zu seinem Privatgebrauch über die älteren Kirchenbücher angefertigt,
1767 sollten sie an das Kastenamt gekommen sein.
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i8o —
In Band 10, von 1693— 16 99 lst eui Register nach den Vornamen,
von dann an sind sie alle nach den Familiennamen gemacht. Auf
die ersten Blätter von Band 10 hat Müller einen langen poetischen
Erguss über Vergänglichkeit und Sterben geschrieben, zu 1709 eine
für uns sehr wichtige Bemerkung. Die Katholiken würden im Kreuz-
gang des Doms, bei den Karmelitern und Dominikanern »durch unsern
Todtengräber« beerdigt, im Deutschen Haus und dem katholischen
Kirchhof in Sachsenhausen »sencket die Leichen ein, wer da will«,
eine Anzeige erfolge nicht, man wisse nicht, wer dort beerdigt werde.
Daraus dürfen wir also schliessen, dass die Frankfurter Katholiken
in dieser Zeit in unseren Büchern stehen. Seit 1710 wird dann meistens
das Alter der Verstorbenen angegeben, sehr bald auch der Tag der
Taufe, dann auch der Tag der Hochzeit und bei Wittwen der Tod
der Männer. Auch Nachträge finden sich, so schreibt Baiser zu 1758
einen in Bornheim Verstorbenen ein und klebt den Todtenschein
daneben. Seit Mai 1789 wird neben dem Beerdigungstage der Todes-
tag angegeben, gewöhnlich ist es der vorhergehende, die Beerdigung
erfolgte also sehr schnell. In den Beerdigungsbüchern finden sich
zuweilen längere Einträge, so zum 21. März 1704, als die Frau des
Handelsmanns Schubart aus Nürnberg Selbstmord beging im Alter
von 29 Jahr weniger 5 Monat. Sie hatte immer schon »schwere
Gedanken« gehabt, deshalb nahm er sie zur Messe mit hierher,
während er ausging, hing sie sich an ihrem Halstuch auf, wurde aber
doch wegen »allzeit geführten guten Wandels« vom Senior Heuson
beerdigt, die Leichenrede hatte zum Text: Accidit in puncto, quod
non speratur in anno. Ein merkwürdiges Licht auf die Dienstboten
damaliger Zeit wirft ein Eintrag vom 6. März 1720. »Gelbertin Anna
Catharina von Hannerod, alters 24 Jahr, hat in die 2 Jahr lang im
Wirthshaus Zum Neuen Eck auf der Zeil bey Andr. Kühn gedient
und sich daselbst treu und wohl erhalten.« Zum Jahr 181 7 ist ein
langer Eintrag, als ein Schreiner Moog seine Frau und fünf Kinder
und dann sich ermordete, dabei sind auch zwei gedruckte Gedichte,
eins mit Bildern eingeklebt. Sonst finden wir auch in den Beerdigungs-
büchern Nachträge und eingeklebte Todtenscheine, besonders von
auswärts Verstorbenen.
Die eigentlichen Kirchenbücher bilden, so wie ich sie jetzt
schildern durfte, einen wahren Schatz der Stadt Frankfurt, aber einen
sehr schlecht gehüteten. Sie stehen im Gläsern Hof, einem Fach-
werksgebäude, und bilden an den Wänden der Amtszimmer des
Standesamts eine vortreffliche Umrahmung für die zwischen ihnen
stehenden eisernen Oefen. Ein diesen in der Mittagspause, wenn die
— 181 -
Amtsräume geschlossen sind, entspringender Funke kann die Arbeit
von beinahe 4 Jahrhunderten vernichten.
Ausser diesen Büchern besitzt das Standesamt noch eine grosse
Zahl von andern, die zur Ergänzung und Vervollständigung dienen.
Es sind dies zunächst die Verzeichnisse der Proclamirten
oder Aufgebotenen, die von 1606 bis 1875 vorhanden sind und be-
sonders bei Auswärts Getrauten, z. B. Reformirten, die häufig in
Bockenheim getraut sind, den fehlenden Trauungseintrag ersetzen
können.
Dann die Civilstandsregister von 181 1 bis 1814, die, wie
ja schon Baiser bemerkt hat, häufig vollständiger sind als die Kirchen-
bücher.
Von den Taufbüchern sind Duplikate von 1751 — 1811
vorhanden, die aber bloss Abschriften der anderen Bücher enthalten.
Böhmer giebt an, diese Duplikate fingen 161 1 an. Ferner sind noch
andere Bücher vorhanden, die in dem gegenwärtigen sehr engen und
auch bei Tage nur mit einer Laterne zugänglichen Raum, in dem die
nicht zu fortwährendem Gebrauch notwendigen Bücher aufbewahrt
werden, nicht alle festzustellen sind. Es sind z. B. vorhanden Heiraths-
bücher der Barfüsserkirche, offenbar von den Pfarrern geschrieben,
von 1603 — 1610 und von 1655 — 1684, die besonders in erster Zeit mehr
Einträge enthalten als die vom Kastenamt geführten Bücher. Ferner
ein Sachsenhäuser Todtenbuch von 1664 an. Hoffentlich tritt mit
dem Neubau des Rathhauses hier eine Aenderung ein, denn trotz
aller aufgewandten Mühe der Beamten des Standesamts ist bei dem
gänzlichen Platzmangel eine ordentliche Aufstellung, also auch eine
Feststellung der Bücher unmöglich. Glücklicherweise ist der Raum
feuersicher und, wie es scheint, auch trocken.
Ausser dem Standesamt haben wir nun in Frankfurt noch Kirchen-
bücher auf dem Stadtarchiv I, als Depositum des Kastenamts.
Dort finden sich mehrere Bände Wochen zettel über Eingesegnete,
Getaufte, Verstorbene und Beerdigte aus den Jahren 1638 — 46, 1648,
1649, 1655 — 82, 1688 — 95. Durch sie wird meine Meinung bestätigt,
dass in den Büchern des Standesamts nicht die ursprünglichen Auf-
zeichnungen, sondern Abschriften stehen, wodurch leicht Fehler ent-
standen. Ausserdem sind vorhanden Verzeichnisse der Getauften aus
der Zeit von 1597 — 1740, die den Eindruck von 'Concepten machen,
theilweis sind nur die Register erhalten. Es sind also wahrscheinlich
aus den Wochenzetteln erst diese Bücher zusammengestellt, dann
davon die jetzigen Taufbücher abgeschrieben. Das Verzeichniss der
Copulirten von 1708— 13 steht in einem Rechnungsbuch, ausserdem
— l82 —
ist ein Register zum Verzcichniss von 1728—35 da. Die Verzeich-
nisse der Beerdigten sind von den Todtengräbermeistern geführt, das
erste von 1651— 1660 von Wilhelm Braun, das von 1681—95 von
Wilhelm Hungen, von diesem auch noch das nächste das 1702 be-
ginnt und auch die Einnahmen aus Kirchenstühlen 1660 und 1661
enthält. Die Todtengräber setzen auch jedesmal den Geldbetrag
hinter den Eintrag. Aus diesen Büchern der Todtengräber sind offen-
bar die Todtenbücher abgeschrieben. Diese Verzeichnisse reichen
bis 1734 und umfassen bis 1730 auch Sachsenhausen. Für letzteres
sind dann noch Verzeichnisse von 1788 -1802 vorhanden, ausserdem
ein Verzeichniss der Getauften von 1738—40.
Ein für die Forscher auf dem Gebiet der Frankfurter Familien-
geschichte sehr günstiges Ereigniss wäre die, wenn auch nur deposi-
tarische, Vereinigung der vorhin erwähnten auf dem Standesamt nicht
nothwendigen Bücher mit diesem Depositum des Kastenamts.
Sehen wir uns nun weiter in der Stadt um, so werden für die
lutherische Gemeinde, also den grössten Theil der Bevölkerung,
durch das Aktuariat der Gemeinde, dem die Pfarrer die nöthigen
Angaben machen, seit 1851 Bücher für Taufen, Trauungen und
Beerdigungen geführt, die neben den Civilstandsbüchern nur kirch-
lichen Werth haben.
Die früher in Sachsenhausen geführten Bücher sind, nach
Mittheilung des Herrn Senior Krebs, alle an das Standesamt abgegeben.
Wir sahen, dass sie dort augenblicklich nicht festzustellen sind. Böhmer
sagt, seit 1669 sei in Sachsenhausen getauft, seit 1703 ein besonderes
Taufbuch geführt vom Vorsänger, seit 1735 auch eins für die Be-
erdigten, es giebt aber schon eins von 1664, während Trauungen
drüben nicht erlaubt waren. Alle Samstag Morgen sei ein Ver-
zeichniss eingereicht zur Eintragung in die amtlichen Bücher, von
181 1 bis 1820 seien in Sachsenhausen keine Bücher geführt. Nach
den eingereichten Verzeichnissen sind dann die wöchentlichen Ein-
träge in den Büchern gemacht, die wir oben fanden.
Bei der Deutschordenspfarrei ist ein Buch vom Pfarrer
Johann Burkhard Baur 1747 begonnen, das mir Herr Inspector
Diefenbach gezeigt hat. Es war nur für den Orden und seine An-
gehörigen bestimmt und hört 1809, als die hiesige Kommende auf-
hörte, auch auf. Es enthält die Verzeichnisse der Getauften, Getrauten
und Beerdigten, dazwischen die Kirchenrechnungen und sonstige Nach-
richten geschichtlichen Inhalts. Die Frankfurter Katholiken haben
gemeinschaftliche Bücher für Getaufte, Getraute, Beerdigte und
Kommunikanten seit 1626. Soweit ich mit Herrn Kaplan Tewes,
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der mir die Bücher mit freundlicher Genehmigung des Herrn Geist-
lichen Raths Bahl zeigte, feststellen konnte, sind keine Lücken darin,
aber auch keine Register, die Verzeichnisse der Gefirmten beginnen
1828; ein nach Böhmer beim Stadtpfarrer befindliches Buch, in dem
die bei den Karmelitern häufig beerdigten Kinder stehen sollen, ist
jetzt nicht mehr vorhanden. Wie weit die Katholiken übrigens in
den Büchern des Standesamts stehen, ist nicht festzustellen. Seit der
Mitte des vorigen Jahrhunderts verlangte der Rath die Anmeldung;
wie sie z. B. bei Beerdigungen geschah, haben wir oben gesehen,
ohne die katholischen Kirchenbücher, die im Dompfarrhaus aufbewahrt
werden, würde eine sichere Feststellung einer Familie wohl unmöglich
sein. Beim Liebfrauenstift, das nie Gemeinde war vor 1889, sind,
wie mir Herr Geistlicher Rath Bernhardt mitgetheilt hat, nie Kirchen-
bücher geführt, die Gerüchte von solchen, die zuweilen aufgetaucht
sind, sind falsch.
Die Französisch-Reformirten haben früher nach Angabe
des Gemeindearchivars, Herrn Prof. Dr. Ebrard nie Bücher geführt,
sie stehen von vorn herein in den allgemeinen Büchern, wo wir
sie ja als Welsche fanden. Sie können aus ihren 1571 beginnenden
Gemeindeprotokollen nur Eheschliessungen nachweisen, zu denen das
Presbyterium die Erlaubniss geben musste. Seit 185 1 werden Taufen
und Trauungen, seit 1890 auch Todesfälle verzeichnet.
Die Deutsch-Reformirte Gemeinde besitzt nach Mit-
theilung des Herrn Consistorialraths Ehlers Taufbücher seit 1827,
Trauungsbücher seit 1788, Beerdigungsbücher, diese mit grossen
Lücken, Communikanten- und Confirmandenverzeichnisse seit 1789.
Generalregister sind vorhanden, frühere Bücher, an das Standesamt
abgegeben. Böhmers Angaben stimmen damit überein.
Die Israelitische Gemeinde, über die mir Herr Rabbiner
Dr. Horovitz in dankenswerrher Weise die Nachrichten verschafft
hat, ersetzt die Kirchenbücher durch verschiedene Verzeichnisse, die
natürlich alle hebräisch sind. Ein altes Verzeichniss der Beschnei-
dungen ist in der Bibliothek des verstorbenen Herrn Niederhofheim,
augenblicklich aber nicht zu finden. Ueber die Geburten sind seit
1748 Listen durch die Hebammen geführt, Trauungsverzeichnisse
bestehen seit 1729, daneben einzelne Ehecontracte und Notariats-
bescheinigungen über Ehen wohl schon aus früherer Zeit, Scheidungs-
briefe seit 161 1. Ueber die Beerdigungen führen die Beerdigungs-
vereine seit 1624 Verzeichnisse, daneben bestehen seit 1629 die
sogenannten Memorbücher, die ähnlich den Anniversarien der katho-
lischen Kirche die Namen von Wohlthätern der Gemeinde und hervor-
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ragenden Persönlichkeiten, aber auch von andern Personen enthalten.
Der erste darin vorkommende Name ist der der Truna, Tochter des
Rabbiners Herz Halevi.
Wichtig für Frankfurt ist Bockenheim, nicht nur als jetziger
Stadttheil, sondern weil dort viele geistliche Handlungen, bes. für die
Reformirten vorgenommen wurden. Nach Mittheilung des Herrn
Metropolitan Strobel beginnt das dortige Kirchenbuch 163 1 für Taufen,
Trauungen, Beerdigungen und Kommunikanten. In den Beerdigungen
sind Lücken 1650, 1657 — 1684 una< 1720— 1725, über die Trauungen
sind Register angelegt, auch finden sich ab und zu kurze historische
Bemerkungen. Die Confirmanden sind von 1684 — 1696 und dann
wieder seit 1703 verzeichnet.
Gehen wir nun auf die Dörfer und fangen in Born heim an,
zu dem auch die Riederhöfe und Bertramshof gehörten, so finden wir
nach Mittheilung des Herrn Pfarrer Strobel ein Buch, das seit 1600
ohne grössere Lücken die Taufen, Trauungen und Beerdigungen
enthält. Darin findet sich die Bemerkung: »a. d. 1600 den 19 ds
Monats Maj ist vf Bevelch der Herren Visitatoren dis Protocoll«, das
Schlusswort fehlt. Seit 1637 sind getrennte Bücher geführt, die seit 1738
Register haben. Die Confirmandenverzeichnisse beginnen 1621, die für
Communikanten 1624. Im Pfarrprotokoll finden sich historische Notizen.
In Oberrad sind, wie Herr Pfarrer D. Enders schreibt, die
Taufen, Trauungen und Beerdigungen ohne Lücken seit 1626, nach
Böhmer erst seit 1640 verzeichnet, die Communikanten seit 1630, die
Confirmanden ursprünglich mit diesen zusammen, seit 1730 für sich
allein. Register sind nur zum Theil erhalten, in den Büchern sind
historische Nachrichten über die Franzosenzeit vom Ende des vorigen
Jahrhundens enthalten.
Zu Niederrad wurden in früherer Zeit nach Böhmers Angabe
häufig die Höfe südlich und westlich der Stadt gerechnet. Die Ein-
träge beginnen nach Böhmer 1688, nach Mittheilung des Herrn Pfarrer
Encke für Taufen, Trauungen und Beerdigungen 1640 mit Lücken
von 1737—1757, die Confirmandenverzeichnisse 1797, die Communi-
kantenverzeichnisse 1803, die Register zu den Büchern 1758.
Von Niederursel schreibt Herr Pfarrer Lommel, dass die
Tauf-, Trauungs- und Beerdigungsverzeichnisse von 1827 — 1836 in
Rödelheim, von wo aus Niederursel vikarirt wurde, geführt und dann
abgeliefert sind. Seit 1837 sind dann auch Communikanten- und
Confirmandenverzeichnisse geführt, alle Bücher haben Register. Die
Bücher vor 1827 seien noch in Praunheim, von dem Niederursel
ehemals eine Filiale gewesen sein soll.
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Nach Hochhuth beginnen die Praunheimer Bücher, die Nieder-
ursel mit unifassen, 1650.
In Hausen fangen nach Mittheilung des Herrn Pfarrer Krebs
die Tauf-, Trauungs-, Beerdigungs- und Communikantenverzeichnisse
1772, die Confirmandenverzeichnisse 1821 an, alle Bücher haben
Register. Am Anfang des Contirmandenverzeichnisses steht eine
längere Vorrede über den Werth solcher Verzeichnisse vom damaligen
Pfarrer Becker. Vor 182 1 stehen die Namen und Charakteristiken
der Confirmanden in den Pfarrprotokollen. Ausser diesen Büchern
sind noch drei Bände »General- und Stammregister der Gemeinde
Hausen« vorhanden, worin die Einträge der andern Bücher nach
Familien geordnet sind.
Von Sulzbach schreibt Herr Pfarrer Schmidt, dass die Bücher
mit Soden gemeinschaftlich sind. Das für Taufen ist 1670 angefangen,
die ersten Einträge sind aber erst von 1689, das Trauungsverzcichniss
beginnt 1670 mit einer Lücke von 1672 — 1680, ebenso das Beerdigungs-
verzeichniss, das für Confirmanden auch von 1670 mit Lücken von
1673—75. Register zu den Büchern sind vorhanden.
In Dortelweil fangen, wie Herr Pfarrvikar Krauss schreibt,
die Tauf-, Trauungs- und Beerdigungsbücher 1645 an, das Communi-
kantenverzeichniss 1797, das Confirmandenverzeichniss 1800.
Ueber Niederellenbach hat mir Herr Hofrath Dr. Nick in
Darmstadt aus dem ihm vorliegenden Bericht des Pfarramts mitge-
theilt, dass von 1623— 1723 ein gemeinsames Buch geführt ist, dann
einzelne für Taufen, Trauungen und Todesfälle, alle ohne Lücken,
ferner Confirmandenverzeichniss seit 1827, Communikantenverzeich-
niss seit 1820, ein Familienbuch seit 183 1 und eine Ortschronik
seit 1723.
Am eingehendsten sind die Mittheilungen des Herrn Pfarrer
Enders über Bonames, der mir ein vollständiges Repertorium des
Pfarrarchivs geschickt hat.
Die Tauf-, Trauungs- und Beerdigungsverzeichnisse sind vom
Pfarrer Johann Henrich Henrici, einem geborenen Frankfurter, seit
1662 in einem gemeinsamen Buche, aber getrennt mit besonderen
Ueberschriften geführt. Das Buch reicht bis 1733, enthält am Schluss
eine Aufzählung von 17 Fällen von öffentlicher Kirchenbusse aus der
Zeit von 1664 — 1733, dann Berichte über Kirchenvisitationen von
1700 — 1709, dann ein Verzeichniss der sechzehn Pfarrer von 1662— 18 1 6.
Bei Mitgliedern der Pfarrerfamilie, bei der Familie v. Wunderer, auch
gestorbenen Soldaten sind die Einträge ausführlicher. Seit 1734
sind die Bücher getrennt geführt. Das Communikantenverzeichniss
12*
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beginnt 1736, das der Confirmanden 1768 und enthält zuweilen An-
gaben über Trauung oder Tod der betreffenden. Die Register be-
ginnen auch 1734, ebenso ein Band »Bonameesser Kirchen- Acta oder
Yerzeignus dessen was sich ausserordentliches bey der Kirche zu
Bonames zugetragen«, der historische Nachrichten und Berichte über
Kirchen- und Schulvisitationen enthält. Aus primatischer Zeit sind
sieben Bände Standesamtsbücher erhalten, ebenso die Standesamts-
bücher seit dem Jahr 185 1; dann ein sogenanntes Familienbuch, in
dem alle Familien seit 1833, anfangend mit den 18 17 geschlossenen
Ehen, verzeichnet sind. Dasselbe wird fortgeführt. Im Pfarrarchiv
sind ausserdem ein Band: »Ordnung derer Kirchen Stühlen« 1735 — 1812,
der auch ein »Register deren Begräbnisse in der Kirche« enthält, dann
Steinbücher über das Pfarrgut, Zinsbücher, Decretenbuch, Protokoll-
bücher, Kirchenrechnungen u. s. w. Pfarrerr Enders vermuthet übrigens,
dass schon vor 1662 Kirchenbücher geführt sind, dass aber nur das
damals letzte beim Brande des Pfarrhauses 1732 gerettet wurde.
Allen Herren, die mir bereitwilligst meine mancherlei Fragen
beantwortet haben, spreche ich "meinen herzlichen Dank aus.
Das Ergebniss dieser Zusammenstellungen ist vor allen Dingen
für die Stadt Frankfurt ein äusserst günstiges. Trotz mancherlei
Lücken ist für den grössten Theil der Bevölkerung seit verhältniss-
mässig früher Zeit die Möglichkeit der Feststellung Air Geburt, Heirath
und Tod gegeben. Sind doch nur die Deutsch-Reformirten, falls sich
die abgelieferten Bücher nicht wiederfinden, ungünstig gestellt, die
Israeliten können ihre Verstorbenen bis zum Anfang des 17. Jahr-
hunderts rückwärts feststellen, die Katholiken besitzen die Bücher
auch aus dieser Zeit, die Dörfer haben meist sehr alte Bücher. Die
eigentlichen Kirchenbücher der Stadt beginnen so früh, dass nur zehn
Orte Deutschlands ältere besitzen und es kaum anzunehmen ist, dass
durch weitere Veröffentlichungen noch weitere bekannt werden, die
älter sind, als die derjenigen Reichsstadt, die als eine der ersten die
Reformation, den Ursprung auch der Kirchenbücher, annahm, der
Reichsstadt Frankfurt am Main.
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III.
Sebastian Furck,
Kupferstecher und Contrafaitcr von Frankfurt a. M.
Von Dr. Bernhard Müller in Darmstadt.
Mit ein« Tifcl.
Erster Teil.
Einleitung.
Die Lage der deutschen, besonders der Frankfurter Kunst
während der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts.
Die deutsche Kunst des 17. Jahrhunderts kann man vergleichen
mit einem Baume, der Jahrhunderte zählt, in denen sein Stamm sich
immer mächtiger entwickelte und einen Zweig nach dem anderen
trieb, der aber nunmehr abstirbt und verheerenden Stürmen zum
Opfer fällt. Sic vermag sich nicht mehr aus ihrem eigenen Volkstum
weiter zu entwickeln. Daher bedarf sie mehr fremder Vorbilder.
Das Heimische tritt allmählich vor dem Ausländischen zurück.
Alle Zweige der Kunst liegen darnieder, ihre Hebung geht ver-
loren in den Schrecknissen des grossen Krieges, der Verwüstung und
Verödung unseres deutschen Vaterlandes; die Verbindung mit jener
Blüte, die das 16. Jahrhundert zeigte, ist zerschnitten oder mindestens
gelockert.
Die Baukunst gerät in fast vollständige Abhängigkeit von Italien,
Frankreich und den Niederlanden. Die kirchliche Architektur klammert
sich an das römische Barocco, und dieses wirkt auch teilweise auf die
Profanarchitektur, daneben der palladieskc Stil von Holland her. Und
am Hude des Jahrhunderts kommt wie die französische Kultur im
allgemeinen, so auch der französische Baustil immer mehr zur Herr-
schaft.
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- 188 —
Fast noch schlimmer steht es mit der Plastik jener Zeit, deren
Vertretern es zwar nicht an Aufgaben, wohl aber so sehr an Fähigkeiten
mangelte, dass sie fast ganz auf ausländische, besonders niederländische
Künstler angewiesen war.
Und die Malerei? Während in den stammverwandten Nieder-
landen nach kaum verstummtem Waffenlärm bereits allenthalben
neues künstlerisches Leben emporspross, das dann einen Rubens und
einen Rembrandt hervorbrachte, hatten wir in Deutschland eine Zeit
der »Virtuosen und Akademiker«. 1 Grosse Künstlerindividualitäten
fehlen ganz, bis auf einen : Adam Elsheimer von Frankfurt am Main.
Doch dieser ist ein »römischer Maler deutscher Nation«, und er »hat seine
eigentlichen Nachfolger und Geistesverwandten nicht in Deutschland
gefunden, sondern in den Niederlanden (Poelenburgh) und in Frankreich
(Claude Lorrain)«. Auch »erfindet« Elsheimer nicht in seiner Heimat
Frankfurt seine »neue Kunst«, sondern dieselbe offenbart sich ihm erst
in Italien, seiner zweiten Heimat, die er nicht wieder verlassen hat.
In den graphischen Künsten hatte das Deutschland des 1 6. Jahr-
hunderts so Bedeutendes geleistet, wie keine andere Kunstnation.
Kommt doch auch der deutsche Volkscharakter der Entwicklung
gerade dieses Zweiges der Kunstbethätigung besonders entgegen. Ich
brauche nur die Namen Dürer, Beham, Pencz, Burgkmair, Hans
Holbein d. J., Hans Baidung, L. Cranach, Virgil Solis, Jost Amman,
Tobias Stimmer zu nennen, vieler anderer nicht zu gedenken. Es
war »das goldene Zeitalter« des Holzschnitts und Kupferstichs. Einen
um so traurigeren Gegensatz bildet das 17. Jahrhundert auch auf
diesem Gebiete unserer Kunstgeschichte.
Der Holzschnitt verliert bei uns fast ganz seine Bedeutung, sein
bester deutscher Vertreter, Chr. Jegher, geht ins Ausland, nach Ant-
werpen, und stellt seine Kunst in den Dienst des gewaltigen Rubens.
Mit dem Kupferstich ist es nicht viel besser bestellt. Auch er
hat nur wenige wirklich hervorragende Meister in dieser Zeit gehabt.
Die Gründe hierfür haben wir nicht nur in dem allgemeinen
Niedergange, dem die deutsche Kunst infolge der traurigen politischen
Verhältnisse und des wachsenden Einflusses des ausländischen Ge-
schmacks anheimfiel, sondern auch in einer Zeitmode zu suchen.
Das Publikum verlangte Schilderungen kriegerischer Ereignisse,
Bilder von Festspielen und sonstigen höfischen Begebenheiten, von
interessanten Persönlichkeiten und Oertlichkeitcn. »Zugleich mit der
Ruhmgier zog die Neugierde durch das Land; mehr und mehr cr-
1 Janitschck, Gesch. d. deutschen Malerei, Berlin i8J)o, p. 535.
— 189 -
weiterte sich der Gesichtskreis der Masse; auch die gelehrte Welt
erhob gesteigerte Ansprüche; dazu kam das Illustrationswcsen der
allgemeinen Buchlitteratur weltlichen und religiösen Inhalts; alles
mehr realistische, mehr stoffliche, als künstlerische Anforderungen.« 1
»Es war die Zeit des Porträtluxus, der Freude am Gcncalogi-
sicren, am Aufstellen von Ahnenreihen und Familienbildnisscn zur
eigenen und zu fremder Verherrlichung. Der Sammeleifer warf sich
mit Vorliebe auf Bildnisse berühmter Männer und Frauen, auf ikono-
graphischc Prachtwerke u. dgl. Der Ikonograph, wie er sich gern
titulieren Hess, war eine gesuchte Persönlichkeit.«
Porträtwerke, Topographicen, Bücher über Kriegskunst, über
architektonische Technik, über Gartenanlagen u. s. w. erschienen,
und zu allen bedurfte man der Kunst oder Arbeit des Kupferstechers
in ausgedehntem Masse. War durch diese Thätigkcit einerseits die
Existenz der Kupferstecher eine ziemlich gesicherte und auskömmliche,
so ist andrerseits nicht zu verkennen, dass sie eine grosse Gefahr
in sich barg, nämlich die Versuchung zu verflachen und handwerks-
mässig zu arbeiten. Und dieser Versuchung sind die meisten Kupfer-
stecher jener Zeit auch erlegen.
Ihre Technik war zumeist eine gute und solide, sie hatten einen
kräftigen Rückhalt an den Werken der niederländischen Stecher, die
den Glanzpunkt in diesem Zeitraum der Geschichte des Kupferstichs
bilden. Hendrik Goltzius und seine Schule übertrafen in der Virtuosität
der Stichelführung alles bisher Dagewesene, und ihre Behandlungs-
weise wurde allgemein nachgeahmt.
Die niederländische Kunst hatte überhaupt, wie schon gesagt,
in Deutschland den grössten Einfluss. Hier waren in allen grösseren
Städten holländische und vlämische Künstler in der zweiten Hälfte
des 16. und im 17. Jahrhundert thätig und zum teil dauernd ansässig,
so auch in Frankfurt und dessen Umgebung. 1
Schon im 15. Jahrhundert scheint ein niederländischer Maler in
Frankfurt beschäftigt gewesen zu sein. Dies ist der Meister einer
Anzahl von Gemälden, die sich jetzt im Städelschen Institut und im
städtischen Museum zu Frankfurt befinden. Man hat ihn mit dem
Frankfurter Maler Konrad Fyol identifiziert, doch mit Unrecht.
Neuerdings hat diesen »Meister von Frankfurt« H. Weizsäcker zum
1 Lüuow, Geschichte des Deutschen Kupferstichs und Holzschnitts. Berlin
1891, p. 2JI-
J Vgl. Gwinncr, Kunst und Kunstlcr in Franklurt a. M.; Woermann, Gesch.
der Malerei, u. A.
— 190 —
Gegenstand einer eigenen Untersuchung gemacht in der Zeitschrift
f. christliche Kunst, X. Jahrgg. (1897), Heft i.*
In Frankfurt lebte bis zu seinem Tode, von ca. 1568—1612, der
Landschaftsmaler Martin van Valckenborgh, der wegen der Kriegb-
unruhen seine Vaterstadt Mechern verlassen hatte. Sein Sohn gleichen
Namens wurde (ca. 1590) dort geboren und starb ebenda 1536 an der
Pest. Auch der Architekturmaler H. van Stcenwyck d. Ä. fand hier
eine neue Heimat, wo ihm vermutlich sein gleichnamiger Sohn 1580
geboren wurde; ebenso der Italist Joost van Wingen. Des letzteren
Sohn Jeremias (1587— 1658) hat ausser der Zeit seiner Lehre in
Antwerpen und einer Studienreise nach Italien immer in Frankfurt
gelebt. Dazu kommen niederländische Stecher und Stichverleger.
Dicderick de Bry aus Lüttich (geb. 1528) wurde 1570 dauernd in
Frankfurt ansässig, wo er 1598 starb. Er hatte zwei Söhne, die ebenso
wie er Ornamentisten waren : Theodor, geb. 1561 in Lüttich, ge-
storben 1623, und Johann Israel. Des letzteren Geburtsjahr kennen
wir nicht, wissen aber, dass er 161 1 in Frankfurt gestorben ist.
Nur vorübergehend arbeiteten daselbst Johann Sadeler aus
Brüssel (1587) und Jakob Hoefnagel, ein Sohn des berühmten Miniatur-
malers Joris Hoefnagel von Antwerpen. Heinrich van der Borcht d. Ä.
(1583— 1660) aus Brüssel lernte in Frankfurt bei dem älteren Valcken-
borgh und Hess sich nach einer italienischen Reise und einem kurzen
Aufenthalt in Frankenthal 1627 dauernd hier nieder. In Frankenthal
befand sich eine Kolonie vlämischer Flüchtlinge, 1 der auch die
Landschafter Peter Schaubroeck und Gillis van Koninxloo angehörten.
Michael le Blon, dessen Eltern aus Möns stammten, wurde in Frankfurt
1587 geboren. Er war der väterliche Freund des Joachim von Sandrart.
Friedrich Hülsen, geb. 1566 als Sohn des gelehrten Mathematikers
Levinus Hulsius in Middelburg, kam mit diesem 1602 dahin und gründete
eine Kunsthandlung. Er verlegte auch einige Stiche des Scb. Furck.
Wilhelm Panncels und Abraham de la Rice, beide angeblich Schüler
des Rubens, haben zu Anfang der 30er Jahre des 17. Jahrhunderts
gleichfalls dort gelebt. Endlich sind noch zwei Goldschmiede zu
nennen: Joh. von den Popclierc und Antoni Williarts. Popeliere
(1574— 1640) wanderte aus Westflandern nach Frankfurt ein, und
Seb. Furck stach sein Bildnis. Auch Williarts hat er porträtiert und
1 Vgl. auch O. Donner-v. Richter, Die .Malerfamilie Fyol und der Römerbau,
im Archiv f. Frankfurts Gesch. u. Kunst. III. Folge, S- Bd., 1896, p. $6 ff.
2 S. Näheres darüber auch im Jahrbuch der Kgl. preuss. Kunstsammlungen,
1889, p. 57 ff.: J. L. Sponse), Gillis van Koninxloo und seine Schule. Vgl. C. van
Mander, Schilderboek, f. 268.
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— I9i —
in der Umschrift dieses Stiches als Goldschmied bezeichnet. Der
Name dieses Mannes lässt darauf schliessen, dass er niederländischer
Herkunft war, doch habe ich in der einschlägigen Literatur nichts
über ihn ermitteln können.
Die Gründe, weshalb gerade so viele Kupferstecher im 17. Jahr-
hundert in Frankfurt arbeiteten und gewiss sich dabei gut standen,
sind zum teil schon oben angeführt. Der eine davon ist, dass sie in
ausgedehntem Masse thätig waren bei der Buch- Illustration.
Nun war aber Frankfurt damals, was später und heute noch
Leipzig ist, der erste und grösste Büchermarkt. Schon in den sechziger
Jahren des XV. Jahrhunderts haben Fust und Schoeffer, die berühmten
Mainzer Drucker und Verleger, die grosse Frankfurter Messe zum
Absätze ihrer Erzeugnisse bezogen, und zur Zeit der Reformation
war jene Messe längst der unbestrittene Mittelpunkt des Buchhandels
nicht nur für Deutschland, sondern auch für das Ausland. Die Gegend,
wo die buchhändlerischen Geschäfte gemacht wurden, war besonders
die Mainzer Gasse, die im Anfange des 16. Jahrhunderts den Namen
Buchgasse bekam, den sie noch heute führt. »Schriftsteller, Dichter,
Gelehrte, Bibliothekare strömten zur Zeit der Messe dort mit den
Buchhändlern und Verlegern zusammen.« Näheres über jenes Leben
und Treiben findet man in Friedrich Kapps Geschichte des Deutschen
Buchhandels, Band I, p. 448 ff., worauf ich hier hinweise. Von Ver-
legern und Druckern aus Frankfurts buchhändlerischer Blütezeit wären
zu nennen: Nik. Basse, Joh. Bringer, Peter Fischer, Nik. Hoffmann,
Joh. Sauer, Joh. Theob. Schönwetter, Andr. Wechel, Joh. Wolff.
Georg Rab, Weigand Han, Simon Hüter, David Zöpfel und Johann
Rasch waren zeitweise mit Siegmund Feyerabend, dem bedeutendsten
Frankfurter Verleger des 16. Jahrhunderts, geschäftlich verbunden.
Auch viele Künstler arbeiteten für ihn. Aus seinem Verlag ging eine
Bilderbibel hervor, zu der Virgil Solis die Zeichnungen geliefert hat.
Ausserdem waren für ihn Jost Amman (Neuwe Biblische Figuren,
Frankfurt 1569) und der Salzburger Meister Hans Bocksperger thätig.
Feyerabends Signet war die Fama, die er ausser von den bereits ge-
nannten Künstlern auch von Tobias Stimmer, Melchior Lorch u. a.
immer aufs neue komponieren liess. Jost Amman hat auch sein
Bildnis radiert.'
Im Anfange des 17. Jahrhunderts begann der Niedergang des
deutschen Buchhandels, ausser infolge der Kriegsnöte durch die sieg-
1 Vgl. H. Falhnann. Siegmund Feyerabend. Archiv für Frankfurts Gesch. ti.
Kunst. Neue Folge Bd. 7. Frkf. 1 HS 1 Dort sind auch das erwähnte Bildnis Feyer-
abends und verschiedene seiner Signete photogr. reproduziert.
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— 192 —
hafte Konkurrenz der Holländer. Erst am Ende des Jahrhunderts
rafft er sich wieder auf, aber nun wurde Leipzig sein Centrum.
»Der alten Herrlichkeit der Frankfurter Büchermesse grub diese Renais-
sance das Grab.« 1
Ueberblicken wir kurz die in Frankfurt in der ersten Hälfte
des 17. Jahrhunderts thätigen deutschen Meister der Griffelkunst, so
wären zu nennen Philipp Uffenbach, Eberhard Kieser, die Merian und
der hervorragendste Schüler des ältesten und bekanntesten Mitglieds
dieser Künstlerfamilie: Wenzel Hollar, der auch an der Topographie
Deutschlands mitgearbeitet hat.
Alle diese sind in erster Linie Radierer höheren Ranges, als
diejenigen, von denen Lützow in seiner Geschichte des Kupferstiches*
als Dienern der Zeitmode redet.
Zu der letzteren Gruppe gehören in Frankfurt J. von der Heyden,
c. 1570— 1640, der Bildnisse der Helden des dreissigjährigen Krieges
ätzte, Johann Theodor de Bry, der Schwiegervater des älteren Merian
und Begründer der Bibliotheca chalcographica u. A.
Von den Radierern zu trennen sind die eigentlichen Kupfer-
stecher, deren Hauptstärke im Portraitstich liegt und deren be-
deutendste Vertreter im Anfange des 17. Jahrhunderts in Deutsch-
land Lucas und Wolfgang Kilian sowie Jeremias Falck sind, jene
von Augsburg, dieser von Danzig.
Zu der Klasse der »Contrafaiter«, wie sie sich neben der Be-
zeichnung »Ikonographen« nennen, gehört auch der Künstler, dessen
Leben und Thätigkeit in dieser Studie behandelt werden sollen.
L
Die politischen und sozialen Zustände in Frankfurt a. M.
in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts.
Seb. Furck hat fast vierzig Jahre seines Lebens in Frankfurt
als »Kupferstecher und Contrafaiter« zugebracht ; er ist nach seiner
Thätigkeit ein Frankfurter Lokalkünstler zu nennen. Daher dürfte
es wohl am Platze sein, ehe wir seine Thätigkeit betrachten, auch
einen Blick auf die politischen und sozialen Verhältnisse der Stadt
Frankfurt zu werfen und zu sehen, wie sie sich in der ersten Hälfte
des 17. Jahrhunderts gestalten.
' Kapp, a. a. O. p. $02.
* p. 241.
- 193 -
Es ist ein ziemlich trauriges Bild, das sich vor unseren Augen
entrollt. Schon ehe der dreissigjährige Krieg zum Ausbruch kam,
wurde die Stadt Frankfurt heimgesucht durch eine Revolution, den
s. g. Fettmilchischen Aufstand. Er war, wie Kriegk ' in einem detail-
lierten Aufsatze ausführlich erzählt, »eine Folge des mit der Re-
gierungsgewalt getriebenen Missbrauches. Dieser Aufstand erschütterte
das Frankfurter Gemeinwesen bis in seine Grundfesten hinein, brachte
die Stadt in Gefahr, ihre Freiheit zu verlieren, vernichtete die Zünfte
als politische Corporationen für immer, befestigte das Patriziat aufs
neue in seiner Herrschaft und gewährte der übrigen Bürgerschaft
keinen anderen Vorteil, als dass fortan die Aemterverwaltung besser
eingerichtet war und die gleichzeitige Mitgliedschaft von nahe mit
einander verwandten Männern im Rat verboten blieb.
Die letzten sechzig bis siebenzig Jahre vor und die nächsten
hundert nach dieser Revolution waren, in Bezug auf Macht, die Blüthe-
zeit des Frankfurter Patriziats, während die früheren Jahrhunderte
derjenige Zeitraum gewesen waren, in welchem dasselbe sich um
seine Mitbürger verdient gemacht hatte.« Ueber die Einzelheiten
des Aufstandes findet sich das Nähere bei Kriegk.
Dass dadurch die vorhandenen Missstände nicht beseitigt wurden,
geht schon aus dem oben Angeführten hervor. Erst ein viel späterer
neuer Aufstand, im Beginn des 18. Jahrhunderts, vermochte bleibende
Verbesserungen zu bringen.
Kaum zwei Jahre nach dem Fettmilchischen Aufstande waren
vergangen, als der dreissigjährige Krieg anbrach, der auch der Stadt
Frankfurt neue Schrecken brachte.
Während seines Anfanges, im Jahre 1619, hatte die Stadt zunächst
noch einmal das prunkvolle Schauspiel einer Kaiserwahl und -Krönung,
der Ferdinands II., 1 bei der die ausgebrochenen Streitigkeiten schon
eine grosse Rolle spielten. Die eigentlichen Kriegsereignisse rückten
erst mit dem Einmärsche Gustav Adolphs in die Nähe Frankfurts.
Am 17. November 163 1 zog der Schwedenkönig auf dem Marsche
von Würzburg her durch die Stadt »mit viel tausend Mann zu Ross
» G. L. Kriegk, Geschichte von Frankfurt a. M. in ausgewählten Darstellungen.
Frkf. 1 87 1, p. 237 fr.
a Vgl. Jo. Frid. Faust von Aschaffenburg, Der Statt Franckfurt Herkunfft und
Aufnehmen: Item Kayserl. Wahl- und Crönungs-Chronica; Franckfurt 166©. Hier
findet sich eine ausführliche Schilderung aller Ceremonien, die bei der Wahl und
der Krönung vorgenommen wurden. Ferner, auch für das Folgende: K. Chr. Becker,
Beiträge zu der Geschichte der bürgerlichen Unruhen zu Frankfurt a. M. Ebd. 1862,
p. 45 ff. Joh. Adolph Stock, Kurtz gefaßte Frankfurter Chronik. Ebenda 1745.
Kriegk, a. a. O. p. 418 ff.
U
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— 194 -
und zu Fuss; hat etliche Stück Geschütz mit sich hindurch geführt.
Den anderen Tag hernach sind mehr denn 18 Cornet wieder hindurch
gezogen 1 und ein ziemlicher Tross, dass sich Jedermann über solche
Menge Volk verwundert hat.« 1 So schildert uns einfach der Chronist,
und über den Zwang zur Allianz mit Gustav Adolph sagt er in seiner
schlichten Weise : »Den 20. November ist in Frankfurt eingezogen
der König von Schweden und ist im grossen Braunfels einlogirt
worden.« »Den 30. November sind die Burger allesamt uf den
Römer gefordert und (ist) ihnen vorgehalten (worden), wie es Ihr
K. M. gehalten haben will, nämlich, dass man ihn soll durch und
durch passiren lassen mit seinem Volk, den Feind des Evangeliunis
aber nicht passiren lassen; so will der König die Stadt beschützen
vor alles Feindes Gewalt und derselbigen beystehen mit Gut und
Blut und bey allen Freyheitcn und Privilegien der Burgerschaft.
Den ersten Tag December ist des Königs Volk zu Fuss und
Ross wieder durch die Stadt gezogen und viel gross und klein Geschütz.
Es hat wohl in die vier Stunden gewährt, bis alle sind hindurch
kommen.
Den 2. Tag Christmonat sind die Burger alhie zu Frankfurt
uf den Römer gefordert worden, haben alda den Herren und dem
König von Schweden schwören müssen, dass man ihm zu allen Durch-
zügen hin und her freyen Pass unverhindert lassen, dagegen unserm
Feind, den Kaiserlichen, keinen Pass gestatten wolle; wo es auch
dazu kommen sollt, dass der König Volk in die Stadt legen sollt,
wir sich ganz nit darwider sperren, mit diesem Versprechen, dass
das Volk all uf seine Kosten soll gehalten werden.«
Gewiss hat die Stadt in dieser Zeit ziemlich hart leiden müssen,
aus den Chroniken wissen wir auch von einzelnen Fällen, wo sich
die Soldaten gegen Bürger vergangen haben.
Im Laufe des Decembers dauerten die kriegerischen Operationen
in der Nähe Frankfurts fort, Mainz und der Rheingau wurden besetzt,
und in jener Stadt schlug Gustav Adolph zunächst seine Residenz auf.
Die Schrecken des Krieges selbst bekamen die Frankfurter
Bürger dann im Jahre 1635, nach der Schlacht bei Nördlingen, un-
mittelbar zu kosten, und dauernd. Ich verweise hierfür wiederum
auf die Darstellung von Kricgk. ' Schwer hatte die Stadt zu leiden
unter den Ereignissen des Krieges, noch schwerer unter Hungersnot
1 Nach Höchst zu.
3 Becker .1. a. O. p. 6> ff.
i p. 420 rt.
— 195 —
und Pest, die er im Gefolge hatte. Entsetzen ergreift uns noch heute,
wenn wir die Schilderungen lesen, welche die Zeugen jener Tage
von dem furchtbaren Elend geben. Hunde, Katzen, Ratten und Mäuse
hat man gegessen, das Aas vom Schindanger geholt und auf ofTener
Strasse gekocht und verzehrt, ja, es sollen sogar die aus der Um-
gegend in die Stadt gezogenen und auf den Strassen lagernden
Dorfbewohner des Nachts nach Art der Spinnen Schlingen aus-
gestellt haben, um die vorübergehenden Menschen gleich Fliegen zu
langen, und halbverzehrte Häupter von Kindern sollen gefunden
worden sein. Hüsgen berichtet von M. Merian d. J., dass er nur
mit Mühe aus einem solchen Netze entkommen sei, und dass sein
Lehrer Sandrart, entsetzt über diesen Vorfall, mit ihm die Stadt ver-
lassen habe.
Viele Menschen verloren durch den Hunger Gesicht, Gehör oder
Verstand, und viele stürzten plötzlich tot auf der Strasse nieder.
Dieses grenzenlose Elend wurde noch erhöht durch mehrere
Pestepidemien, von denen Frankfurt während des Krieges heimgesucht
wurde. Die erste war schon 1622, dann kehrte die Seuche eine
Reihe von Malen wieder in der Zeit von 1625 bis 1637, am heftigsten
in den letzten drei Jahren. 1635 sind in Frankfurt, abgerechnet die
Katholiken und Juden, nicht weniger als 6943 Menschen gestorben.
Deshalb ward auch die Kaiserwahl Ferdinands III. im Jahre
1636 nicht in Frankfurt, sondern in Regensburg abgehalten.
Ich schliesse diese kurzen orientierenden Angaben über die
Frankfurter Zustände in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts mit
den Worten Kriegks: 1 »Im Jahre 1648 endigte mit dem Abschluss
des westfälischen Friedens für Frankfurt, wie für das ganze Vater-
land eine lange Zeit schwerer Leiden. Die Bürger unserer Stadt
feierten dieses frohe Ereignis mit Recht nicht nur durch einen zwei-
maligen gottesdienstlichen Festtag, sondern auch durch zwei Denk-
münzen, durch Glockengeläute, Kanonendonner, Freudenfeuer auf dem
Main und Musik von den Türmen herab. Sic hatten noch mehr als die
Bewohner aller anderen Städte und Länder Deutschlands gerechten
Grund, Gott zu danken und der Freude Raum zu geben ; denn das
allgemeine grosse Unglück hatte bei ihnen weniger Wunden ge-
schlagen als anderwärts, und fast keine deutsche Stadt erholte sich
so schnell wieder und stellte ihren Wohlstand so bald wieder her,
als Frankfurt. Diese Stadt war die einzige in Süddeutschland, deren
Handel, besonders in Betreff der Messe, nicht nur mitten im Krieg
' P . 438 f-
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— 196 —
fast ununterbrochen fortgedauert hatte, sondern auch unmittelbar
nach dem Kriege wieder ebenso lebhaft war, als vor demselben.
Schon 9 Jahre nach dem Friedensschluss war die Frankfurter Messe
wieder so stark besucht, dass Lersner von der Herbstmesse 1657
fünfzehn blosse Messe-Sehenswürdigkeiten anführt, unter denen sich
zwei spielende Comödianten-Truppen, eine reich ausgestattete Geld-
Loterie, eine Reit- und eine Fechtschule befanden.«
Diese Sätze lassen es uns einigermassen erklärlich erscheinen,
dass trotz aller Schrecken und Greuel auch die Kunst nicht ganz
zu Grunde ging.
IL
Die bisherigen Nachrichten über Sebastian Furck.
In den Kunsthandbüchern finden wir über Sebastian Furck ziem-
lich reichhaltige Auskunft, doch widersprechen sich die Angaben zum
teil, und Belege für sie sind nicht gegeben. Man indentifiziert ihn
mit Sebastianus Fulcarus, aber es ist noch ganz unentschieden, ob diese
Indentifizierung richtig ist, ob wir also in jenem Namen, der auch
in der italienischen Form Folcaro »sich finden solid,' eine Umformung
des deutschen Namens Furck zu erblicken haben oder nicht.
Das Interesse an dieser Frage, das sich aus meiner Abhandlung
über die Zeichner und Stecher Bosios erklärt, 1 war es zunächst, was
mich zur Beschäftigung mit Sebastian Furck anregte. Bei dieser
Untersuchung bin ich jedoch zu der Ueberzeugung gekommen, dass
es der Künstler auch abgesehen davon wohl verdient, dass man ihm
einige Aufmerksamkeit schenkt, und so will ich denn im Nach-
stehenden sein Leben und seine Werke eingehend darzustellen ver-
suchen.
Ich gehe zuerst auf die bisherigen Nachrichten über Sebastian
Furck etwas näher ein.
Fuessli sagt in seinem Künstlerlexikon \ Bd. I, p. 258:
Fulcari (Sebastian), ein Kupferstecher zu Rom, wo er von 1612—1640
arbeitete. Man findet von ihm Kupferstiche in Paruti, Sicilia etc. Christ ver-
wechselt ihn mit Sebastian Furck.
1 Vgl. u. a. I.e Blani, Manuel de l'anuteur J'estampes, tome II, p. 242.
* Diese Abhandlung erscheint in den »Archäologischen Studien zum christ-
lichen Altertum und Mittelalter«, herausgegeben von Johannes Ficker. Freiburg i. B.
und Leipzig.
> Zürich 176;, 1767.
r ■
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P. 259 heisst es dann:
Furck (Scbast.), ein deutscher Kupferstecher: .irbeitete m Frankfurt
am Main. Seine Arbeit besteht meistens in kleinen Bildnissen, unter welche
man den sechsten Teil der Bibliotheca chalcographica rechnet. Er machte
auch eine Kopie von des Michelangelo jüngstem Gerichte. Christ führt sein
Zeichen p. 358 an.
Zur Kritik dieser Angaben bemerke ich gleich Folgendes. Fucssli
nennt als ein Werk des Sebastian Furck einen Stich nach Michel-
angelos jüngstem Gericht. Dieser trägt aber die Bezeichnung »Seb.
Fulcarus« und ausserdem das Monogramm Also widerspricht
sich Fuessli, seine Angaben sind somit unzuverlässig. In Brulliot,
Dictionnairc des monogrammes, chiffres. . . p. 292 f. Nr. 11 58 findet
sich auch nur eine kurze Notiz, welche lautet:
Sebasticn Fulcarus ou Furck, dessinatcur et graveur au burin, naquit
a Goslar en 1589, et mourut ä Francfort age de 77 ans. On a de sa main
un grand nombre de portraits et autres estampes dapres Raphael, Michel-
Ange, Titien et autres.
1) a aussi grave les figurcs qui ornent la description de la Sicilic,
publice par Paruta cn 1612. Sous lc titre: La Sicilia descritta com medaglic
da Filipo Paruta Palermo etc. 1 vol. in fol. ainsi que quelques pieecs pour
un ouvrage intitulc Cacremoniale Episcoporum etc.
Hier geht Brulliot auf die Frage der Identität von Fulcarus und
Furck nur insofern ein, als er sie einfach bejaht. Ausführlicher
äussert er sich zu der Sache in dem Dictionnairc des monogrammes,
niarques figurees etc., 1 in welchem des Sebastian Furck an ver-
schiedenen Stellen gedacht wird. Die hauptsächlich in Betracht
kommende findet sich in Band I, p. 233 f. Nr. 1834 und lautet im
Auszug :
Furck ou Fulcarus, Sebastian, graveur au burin naquit ä Goslar en
1589 . . . Quclques-uns prennent Sebasticn Furck et Sebastian Fulcarus
pour deux artistes differens, mais c'cst unc errcur qui vient de Fucssli; il y
a aussi peu de fondement dans ce qu'il rapportc dans son premier volumc
que dans ce qu'il dit dans son Supplement, puisqu'il indique lc jugement
dernier d'apres Michel Ange commc grave par Sebastian Furck et Sebastian
Fulcarus.
Das in diesem Citat erwähnte Supplement zu Fuessli habe ich
nicht bekommen können. Jedenfalls giebt Brulliot auch hier keinen
Grund an für seine Annahme der Identität.
In Band I, p. 263, Nr. 2067 lesen wir noch Folgendes über
Furck :
1 Munich 1817.
* Munich 1832 ff.
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Fulcarus ou Furck. Sebastian, graveur, dont nous avons d6ja parle au
No. 1834. On voit la premiere des marques ci-mentionnecs ainsi que Ic noni
de l'artiste sur unc estampe d'apres Michel Auge representant lc jugement
dernier; la seconde se trouve sur le titre de quelques livres in lölio, oü on
voit Apollon assis sur le Parnasse entourc des Muses . . .
Brulliots Ansicht ist in den späteren Werken über Kupferstich-
kundc allgemein beibehalten worden.
Irgendwelche Abhandlung, in der die Identitätsfragc einlässlich
behandelt wäre, ist mir nicht bekannt. Man hat wohl den Sebastian
lurck dieser Ehre nicht für wert gehalten.
Ueber sein Leben rinden wir im Zusammenhange Auskunft
einerseits in: Henrich Sebastian Hüsgen, Artistisches Magazin . . .
(Frankfurt a. M. 1790, p. 138 ff.), andrerseits in dem Buche von
Ph. Friedrich Gwinner: »Kunst und Künstler in Frankfurt am Main*,
der auf Hüsgcns Forschungen weiterbaut, und in den Zusätzen und Be-
richtigungen zu diesem Buche, von demselben Verfasser, Frankfurt 1867.
Was Hüsgen sagt, scheint mir auch im Stile so gut zu der
Persönlichkeit unseres Stechers zu passen, dass ich es hier ganz
citicre:
Sebastian Fürck.
War anfänglich Beysaß alliier, erlangte aber nachher die Burgerschaft,
und er/.eugte mit seiner Frau Maria Margaretha Ao. 164 j einen Sohn Johann
Jakob, der am 2jten July in der Barthol. Kirche, vermöge Taufbuch, getauft
wurde. Dabey ist er ein fleißiger und geschickter Kupferstecher gewesen,
der von Ao. 161 2 biß 1634 eine Menge hiesiger und auswärtiger Portrait*
verfertigte, die er meistens nach dem Leben, in ihren mancherlei Trachten
und reichen Anzug in 8vo Gröse auf Pergament mit Blcystöft erst sehr
fleissig Selbsten zeichnete, und hernach mit recht sinnreichen Nebenwerken
und Äusserungen meisterhaft in Kupfer gestochen hat : In welcher Art er
auch 5 ; Portraitc zu dem 6ten Theil der ßibliotheca Chalcographica, und die
Kupfer zur 2ten Ausgabe des Johann Wilhelms Architecturae Civilis Ao. 1654
lieferte. Er hat auch einen überaus fleißigen Prospeckt der Stadt Frankfurt
von der Sachsenhäuser Seite her nach Lorcntz Schilling gestochen, und auch
ein dergleichen runden Prospeckt, den Maynstrohm herauf, mit der hier
sonderbahren Historie, statt daß Christi Tauf sonsten im Jordan vorgestcllct
wird, so siehet man, daß dieses an der Wind-Mühl im Maynstrohm, in
Gegenwart eines hiesigen Capellenmeisters Namens Jeep geschichet, während
das Maynzcr Marktschiff vorüber fahrt und die Canoncn darzu abschiest;
Es ist mit musikalischen Noten auf die Worte: Dies ist mein lieber Sohn,
an welchem ich Wohlgefallen habe, eingefaßt, oben im rechten Fck stehet
das Kayserl. und im linken der Stadt Wappen, und unten diejenige, der
damalich regierenden beyden Bürgermeister Cronstätt und Hinspcrg, mit einer
1 Die Monogramme sind in der Littcr.uur durchweg ungenau wiedergegeben.
* Frankfurt a. M. 1862, p. 121 ff.
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Zuschrift an einen ganzen Hoch-Edlen Rath. Fürck muß ebenfalls historische
Bilder gestochen haben, wovon ich folgende Anzeige geben kann.
Eine Kopie des jüngsten Gerichts, nach Michael Angelo.
Das Ehrengedächtniß Gustavi Adolphi, gehalten zu Frankfurt am
Mayn i6jj.
Vier Blätter in 8vo mit Wappen und Ritter, auf die Vermählung
Hanß Georg, Herrn zu Warttenbergk, mit Sabina einer geb. Pfalt/grälin
beym Rhein.
Die Ovidischcn Verwandlungen in 51 quer 8vo Blätter, so bey Ebcrh.
Gossart 1681 in Cölln heraus kamen.
Die Anzahl seiner Portraite ist so groß, und sind dabey so zerstreut,
daß ich vor deren Verzeichniß zurück gescheucht bin.
Der Einfachheit wegen citicre ich auch das, was Gwinncr 1 über
Seb. Furck sagt, vollständig:
Sebastian Furck, c
ein tüchtiger Zeichner und Kupferstecher, nach den mir vorgelegenen Archival-
akten über seine Aufnahme in das hiesige Bürgerrecht zu Alterkülz bei
Castcllaun auf dem Hundsrück und nicht, wie Brulliot will, in Goslar ge-
boren. Die Zeit seiner Geburt und seines Todes konnte ich nicht ermitteln,
muß daher der Angabe Brulliots folgen, der die erstere in Jas Jahr 1 589 und den
letzteren in das Jahr 1666 setzt. Dagegen halte ich dessen Ansicht,
Furck sei mit Sebastian Fulcari eine und dieselbe Person ge-
wesen, für grundlos, oder doch mehr als zweifelhaft. Hüsgcn
und Andere haben, irregeführt durch die Schreibweise jener Zeit, welche das
lateinische u häufig mit dem Zeichen der Dehnung ü zu versehen pflegte,
wahrscheinlich um es von dem v zu unterscheiden, unsern Künstler Fürck
genannt, obgleich dieser jene Schreibweise nicht bloß bei seinem Namen,
sondern auch anderwärts gebraucht hat, z. B. Sebastianüs Fürck ad vivüm
scülpsit oder Seb. Fürck Küpfferstecher. Übrigens finden sich auch Blätter,
auf welchen das Dehnungszeichen über dem u fehlt, z. B. auf dem Portrait
des Mathematikers Faulhaber, des Dr. L. v. Hörn ig k u. a. Er nannte sich
Furck. Eine Familie dieses Namens lebt noch heute in Frankfurt.
Furcks Niederlassung dahier fällt in seine frühe Jugend. Seine hiesige
Thätigkeit soll er bereits 1612 begonnen haben, jedenfalls hatte er schon
viele Jahre als Beisasse hier gelebt, als er am 16. August 1642 in das Bürger-
recht aufgenommen wurde.
Die Zahl der von diesem Künstler sowohl für größere Werke, als auch
einzeln gestochenen historischen Blätter und Portraite ist so groß, daß schon
Hüsgen von deren vollständigen Aufzählung abstand. Zum sechsten Teile
der Bibliotheca chalcographica stach er jj Portraite, und die Kupfer zur
zweiten Ausgabe von Wilhelms Architectura civilis sind von seiner Hand;
so auch eine Copie des jüngsten Gerichtes von Michel Angelo. Seine Bild-
nisse, die er meistens nach dem Leben zuerst mit dem Bleistift auf Pergament
in verschiedenem Format sehr fleißig zeichnete und dann mit allerlei Rand-
verzierungen in Kupfer stach, machen eine gute Wirkung und den Eindruck
der Aehnlichkeit. Seine Zeichnung ist correet, sein Grabstichel rein und
kräftig, zuweilen etwas hart, was aber dem Werthe seiner Arbeit wenig Ein-
trag thut. Er pflegte sie mit seinem vollständigen Namen, zuweilen auch
« a. a. O
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— 200 —
nur mit dem Monogramm |T zu bezeichnen. Ich beschränke mich von seinen
Blättern nur die folgenden für Frankfurt bemerkenswerthen zu erwähnen« :
folgt die Aufzählung von 46 Werken (Einzelblättern) des Seb. Furck.
Weiteres in den Nachträgen und Berichtigungen, p. 121:
Sebastian Furck ward Freitag den 1. Juni 1655 beerdigt. Hieraus er-
giebt sich, daß Blätter seiner Hand, welche eine spätere Jahrzahl tragen, wie
das Portrait des Dr. von Hörnigk, nur Abdrücke später veranstaltetcr Auf-
lagen von durch fremde Hand renovirten Platten sein können.
Folgt eine Beschreibung von 8 Blättern des Künstlers, die in
meinem Verzeichnis seiner Werke berücksichtigt ist.
Es ist das Bild eines einfachen, äusserlich ganz prosaischen
Bürgerlebens, das wir aus diesen Darstellungen bekommen. Fest
steht davon bisher jedoch nur, dass Furck am 16. August 1642 das
Bürgerrecht erwarb, dass ihm am 25. Juli 1643 ein Sohn in der
Bartholomäuskirche zu Frankfurt getauft wurde, und dass er am
1. Juni 1655 beerdigt ward.
Sehen wir uns noch weiter in der Kupferstichlitteratur um, so finden
wir weder über das Leben noch über die Werke unseres Künstlers ferner
Neues. In manchen Werken wird er gar nicht erwähnt, so bei J. Heller,
prakt. Handbuch f. Kupferstichsammler 1 und bei A. Andresen, der
deutsche peintregraveur,' u. a. Bei anderen wird kritiklos nachgedruckt,
was in der älteren Litteratur sich findet, noch dazu manchmal unklar
und falsch, wie z. B. in Hellers Monogrammenlexikon,* wo es heisst:
Sebastian Furk, deutscher Kupferstecher um 1630. Dieser Künstler
wird irrig unter die Italiener gesetzt und Seb. Fulcari genannt.
Es ist unnötig, alle Notizen über Furck hier aufzuzählen, ich
will nur noch auf das eingehen, was Nagler in seinem grossen Werke:
»Die Monogrammisten« über ihn sagt. Er findet sich an einer Reihe
von Stellen behandelt; und ich citiere Naglers Ausführungen, soweit
sie für unsere Frage in Betracht kommen, wörtlich:
I) Bd. II, p. 684 f. Nr. 184's :
Sebastian Furck, auch Fulcarus genannt, Zeichner und Kupferstecher
von Goslar, war von 1612 — 1654 thätig, die längste Zeit in Frankfurt a/M.
Er stach viele Portraite, deren er selbst sehr fleisig mit dem Stifte auf Per-
gament zeichnete. Die Bildnisse dieses Künstlers sind gewöhnlich in Octav-
größe, und mit sinnreichen Beiwerken geziert.
II) Band II, p. 884, Nr. 2479:
. . . Das erste Zeichen,*) findet man auf einem Kupferstich mit dem
jüngsten Gericht nach Michelangelo, oder vielmehr in Copie nach einem
älteren Stiche desselben, kl. fol . . .
1 2. Aufl. Lpzg., 1850.
» Lpzg., 1864-78.
i Bamberg, 183 1; p. 326 f.
« S. o. S. 198, Zeile t.
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III) Bd. IV, p. x 125, Nr. 4055 :
Sebastian Furck, Zeichner und Kupferstecher, geboren zu Alterkülz im
Hundsrück 1589, gestorben zu Frankfurt am Main 1666.
IV) Band IV, p. n 09, Nr. 3971 :
Nach Heller's Monogrammen-Lexikon sollen vorstehende Buchstaben
(S. B. F.) einem Zeichner und Kupferstecher angehören, der, wie es scheint,
in Deutschland um 1630 thätig war. An S. Furck in Frankfurt ist wohl
nicht zu denken, da er anders signierte. Leider giebt Heller keine näheren
Anknüpfungspunkte.
Auch bei Brulliot findet sich über diese drei Buchstaben eine Notiz: 1
Suivant Heller ces teures appartiennent a un dessinateur et graveur,
vers l'annec 1630. L'auteur citc croit que ces lettres pourraient signifier
Sebastien Furck; mais cette Interpretation nous parait fort doutcuse, surtout
lorsqu'on trouve ces lettres separees par des points abbreviatifs, comme Heller
les indique.
Ueber diesen Punkt werde ich mich in den Vorbemerkungen zu
dem Verzeichnis der Werke Furcks äussern.
' Die Notizen: Nagler Bd. IV, p. 1124t"., Nr. 4054; p. 1127, Nr.
4073; p. 1129, Nr. 4085 sind unwesentlich. Sie haben aber mit dem
Citat p. 1 125 * das gemeinsam, dass die Identität des Furck mit
Fulcarus nicht mehr erwähnt wird, eine Thatsache, die neben der,
dass Nagler nunmehr als Geburtsort des Künstlers Alterkülz im Huns-
rück annimmt, darauf hinweist, dass Gwinners Buch, das inzwischen
erschienen war, den Angaben zu gründe liegt.
Fassen wir alles zusammen, was sich über Seb. Furck bis jetzt
mitgeteilt findet — und ich glaube nicht, dass mir etwas Wesentliches
entgangen ist, — so ist das, wenn wir es auf seinen wissenschaftlichen
Wert hin prüfen, herzlich wenig. Das einzige sichere Resultat sind
drei Daten aus seinem Leben, über die Idenjtitätsfrage ist nichts Zu-
verlässiges vorhanden.
Wie ist man überhaupt dazu gekommen, die Identität von Seb.
Furck und Seb. Fulcarus anzunehmen?
Offenbar ist einzig und allein schuld daran der schon mehrfach
erwähnte Stich nach Michelangelos jüngstem Gericht, denn dieser
wird überall ins Treffen geführt. Im vorigen Jahrhundert schon hat
man den Stich dem Seb. Furck zuerteilt, und zwar lässt sich das
zurückverfolgen bis auf Christ. 1
Welche Gründe diesen dazu veranlasst haben, wissen wir nicht,
wahrscheinlich jedoch lediglich die Aehnlichkeit der Namen und der
1 Dict. des monogr., marques fig. . . II, Munich 1833. p. 344. Nr. 2471.
1 S. o. Z. 1.
* Anzeige und Auslegung der Monogramme. Leipzig, 1747.
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Monogramme, wobei der unreife Zustand der damaligen Kunst-
forschung in Anschlag gebracht werden muss. Und bis heute ist
noch keine wissenschaftliche Untersuchung über die Richtigkeit der
Behauptung Christs angestellt. Was darüber gesagt ist, hat keinen
Wert.
Fuessli war zwar gegen Christ, widersprach sich aber selbst,
und in der Folgezeit einigt man sich stillschweigend, wohl nach dem
Vorgange Brulliots, ohne sich über die Gründe Gedanken zu machen,
dahin, die Identität anzunehmen.
Gwinner zweifelt sie wieder an, 1 dann endlich in den letzten
Bänden der Monogrammisten von Nagler fehlt daraufhin das sonst
hinter dem Namen Furck stereotype »oder Fulcarus«.
Jener ominiösc Stich nach dem jüngsten Gericht trägt unten
links die Bezeichnung:
Seb. Fulcarus . . . reinciditque »j£ *
Zwischen »Fulcarus« und reinciditque stand früher ein Wort,
das dann auf der Platte getilgt wurde. Spuren davon sind auf den
Abdrücken, die mir vorlagen, 5 noch deutlich sichtbar. Das Blatt
hat rechts unten die Adresse: »Gio: Jacomo Rossi formis Romc,
alla Pace.«
Die doppelte Signierung im Verein mit dem Wort reinciditque
und die Achnlichkeit des Monogramms mit dem des Seb. Furck
haben m. E. die ganze Identitätsfrage heraufbeschworen. Dabei
ist der erste Umstand durchaus nichts Wunderbares oder Auffälliges.
Doppelte Bezeichnung finden wir auch bei Albrccht Dürer, und
zwar mehrfach. Ich erwähne hier das Rosenkranzfest, dessen Signatur
lautet :
Excgit quinque-
semestris spatio Albertus
Dürer Germanus
MDVI
• Vgl. p. 37.
1 Das Monogramm besteht unzweifelhaft aus den Buchstaben S und F, trotz-
dem der obere Querbalken weit nach links herübergeführt ist. Einerseits ist nämlich
nur die rechte Seite des Querbalkens durch einen Haken ausgezeichnet, andrerseits
ist das F in dem ausgeschriebenen Namen von genau derselben Form wie das in
dem Monogramm.
3 2 Abdrücke des Kgl. Kupferstichkabincts, Berlin und 1 Abdruck des Städel-
schen Instituts, Frankfurt a. M.
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Achnlich auf dem Bilde der Eva in Madrid und dem Aller-
hciligcnbild.
Aus der doppelten Signatur auf zwei Künstler zu schliessen,
ist also unzulässig.
Aber das Wort »reinciditque« steht noch da. Vor ihm ist
eine Rasur, und wir wissen nicht, was an ihrer Stelle gestanden hat.
Jedenfalls war es ein Wort, das irgendwelches künstlerische Arbeiten
bezeichnet, darauf deutet das »que« bei »reincidit«, also vielleicht
delineavit, incidit, sculpsit oder instauravit. M. E. ist die Rasur für
unsere Frage belanglos. Sicher scheint, dass aus dem »reinciditque«
auf eine Wiederholung, d. h. Copie geschlossen werden muss. Dabei
giebt es aber nur eine Möglichkeit, nämlich dass Scb. Fulcarus seinen
Stich nach einem älteren gefertigt hat,' dessen Urheber nicht genannt
ist, und den ich auch nicht mit Sicherheit zu ermitteln vermochte.
Vielleicht ist es Martin Rota.
Falls Sebastian Furck nach Seb. Fulcarus das Blatt gestochen
hätte — diese Ansicht hat nach Brulliot Fucssli in seinem Supplement
ausgesprochen — so müsste doch eine stilistische Aehnlichkeit des
Blattes mit sonstigen Stichen des Seb. Fulcarus sich erkennen lassen,
abgesehen davon, dass die Annahme zurückzuweisen ist, die beiden
Signaturen bezeichneten zwei verschiedene Künstler. Doch jene Aehn-
lichkeit ist ebensowenig vorhanden — die Vergleichung mit Stichen
des Seb. Fulcarus in der Roma Sotterranea des Antonio Bosio ergiebt
das — wie eine solche mit Werken des Scb. Furck.
Auf Grund dieses Stiches die Identität von Furck und Fulcarus
anzunehmen, ist somit unmöglich.
Eine Aehnlichkeit der Namen und Monogramme ist freilich nicht
zu leugnen, auch die Zeit ihres Lebens scheint die gleiche.
Das Monogramm Furcks ist aber doch etwas anders als das
auf dem Stich nach dem jüngsten Gericht.
Das letztere ist kursiv, das auf den Stichen, die bestimmt Ar-
beiten Furcks sind, sieht dagegen so aus: jP t es kommt nie
kursiv vor.
Eine doppelte Bezeichnung habe ich gleichfalls auf keinem Werke
des Seb. Furck gefunden.
Ueber die Lebenszeit Furcks geben uns die Akten genauere Aus-
kuuit, durch sie wird die Identitätsfrage endgültig entschieden.
• Vgl. Heinecken, Nachrichten von Künstlern und Kunstsachen I, p. 401.
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III.
Das Leben des Sebastian Furck.
Im Frankfurter Stadtarchiv sind uns drei Supplikationen Furcks
erhalten: zwei, in denen er sich »um den Beysaß«, und eine, in der
er sich um das Bürgerrecht bewirbt. Ausserdem befindet sich im
Totenbuche die Notiz über sein Begräbnis, welch letztere Angabe
Gwinner in seinen Zusätzen und Berichtigungen bereits verwertet
hat.' Die Werke des Künstlers, von denen ein kritisches Verzeichnis
zu geben ich im zweiten Abschnitte dieser Untersuchung unternommen
habe, treten ergänzend hinzu.
Was ich auf Grund dieser Quellen über das Leben des Sebastian
Furck zu sagen vermag, ist Folgendes. 1
Wann der Künstler geboren ist , lässt sich nicht feststellen.
Brulliot giebt das Jahr 1589 an, doch fehlt dafür jeder Beleg, und
ausserdem hat sich das von Brulliot als Todesjahr bezeichnete Datum
als falsch herausgestellt.
Furcks Heimat ist Alterkülz bei Kastellaun im Hunsrück, jener
zu den ärmsten in ganz Deutschland gehörenden Gebirgslandschalt.
Von seinen Eltern und Angehörigen in der Heimat wissen wir
nichts. Aber aus demselben Orte wie Furck oder wenigstens aus
dem nahen Kastellaun stammt auch eine Familie Kieser, von der uns
zwei Mitglieder bekannt sind, Stanislaus und Eberhard. Stanislaus,
geb. 1549, gest. 16 14, war Pastor in Kirchberg. Sein Bildnis ist
von Furck im Jahre 1628 gestochen, im Hintergrunde desselben
erblicken wir, laut Beischrift, eine Ansicht von Castelhun. 1 Von
Eberhard wissen wir, dass er 1609 in Frankfurt am Main das Bürger-
recht erwarb. Gemäss seiner Supplikation kam er aus Castelhaun.
Ferner geht aus derselben hervor, dass er Goldschmied war. 4 Ich
glaube nicht fehl zu gehen mit der Annahme," dass dieser Eberhard
der Sohn des Kirchberger Pastors war.
Die Bekanntschaft mit der Familie Kieser wurde für den jungen
Furck entscheidend. Im Jahre 1617 oder 16 1 8 — seine eigenen An-
gaben sind in diesem Punkte schwankend — kam er nach Frankfurt
* S. oben S. 200.
* Ich werde der Uebersichtlichkeit wegen nicht bei jeder einzelnen Angabc
auf die betr. Qnellenstcllc hinweisen. Ich füge dafür im Anhange die Urkunden
im Wortlaut bei.
1 S. Verzeichnis der Werke.
* Nach gütiger Mitteilung des Herrn Stadtarchivars Dr. Jung in Frankfurt.
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zu Eberhard Kieser in die Lehre, vermutlich durch Vermittlung von
dessen Vater, oder Eberhard Kieser selbst hat vielleicht gelegentlich
eines Besuchs in der Heimat das Talent des jungen Furck erkannt.
Kieser hatte offenbar das Goldschmiedehandwerk entweder ganz auf-
gegeben, oder vielleicht nur nebenbei betrieben, hauptsächlich aber
sich dem Kupferstich, speziell der Radierung gewidmet.
Sebastian Furck hat bei ihm zehn oder elf Jahre »sich auf-
gehalten und das Kupferstechen bei ihm erlernt.« Im letzten Drittel
dieses Zeitraums wird er aber nicht mehr so sehr Lehrling als Geselle
gewesen sein, obwohl er in seinem zweiten Gesuch um die Gewährung
des Beisassenrechtes sagt, dass er sich »in seiner Lehrzeit« zehn
ganze Jahre bei Kieser aufgehalten habe.
Ein nettes Blatt aus jener frühen Zeit Furcks, das auch für das
freundschaftliche Verhältnis zwischen Lehrer und Schüler Zeugnis
ablegt, ist die Ansicht von Castellaun im siebenten Teile von Meis-
ners Thesaurus philo-politicus. 1 Hier sehen wir im Vordergrunde
links einen stattlichen Mann stehen, der mit der Rechten auf die
Stadt hinweist und dabei einen auf der rechten Seite ihm gegenüber-
sitzenden Jüngling anblickt, der das »Reisszeug« auf den Knieen hält
und mit der Aufnahme der Stadtansicht beschäftigt ist. Im Mittel-
grund erblickt man zwei Hasen in ihrem Lager.
Unter dem Bilde stehen die Verse:
Heic limen cernis natalc, mihi ac tibi notum
Ipse lepus patriae gaudet ineße Sua\
Es ist zweifellos, dass wir in den Männern Eberhard Kieser und Se-
bastian Furck vor uns haben.
Nun sind aber die Kupfer zu diesem Teile des Thesaurus ent-
standen im Winter 1625/26, nach Kiesers eigener Datierung, die in
der »Dedicatio« zu demselben steht. Zufolge der bisherigen Annahme,
dass das Geburtsjahr Furcks 1589 sei, wäre er 1625 bereits 36 Jahre
alt gewesen. Er sieht aber auf dem gedachten Bilde durchaus noch
jünglingshaft aus. Bedenkt man ferner, dass nach eben jener Annahme
Furck bei Beginn seiner Lehrzeit bereits 28—29 Jahre gezählt haben
müsste, so wird man wohl bereit sein, jenes Datum fallen zu lassen,
und meiner Vermutung beizupflichten, dass Furcks Geburtsjahr un-
gefähr mit dem Anfang des 17. Jahrhunderts zusammenfallen wird.
Im Jahre 1628 verlässt er Kieser, der späterhin noch einige seiner
Arbeiten verlegt hat, und macht sich selbständig. Gleichzeitig reicht
er bei Bürgermeister und Rat der Stadt eine Supplikation um das
1 Frankfurt, 162^ — 1630.
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Beisassenrecht ein, die aber am 3. Juni 1628 aus uns unbekannten
Gründen abgelehnt wird.'
Wir erfahren, neben seinem Hauptzweck, aus diesem Schrift-
stück, dass der Künstler sich damals schon einen eigenen Hausstand
begründet hatte. Ferner lässt die Bemerkung, »dass ich als Kupfer-
stecher und Contrafaiter mich reichlich auszubringen getraue,« darauf
schliessen, dass es ihm an Arbeit nicht mangelte, dass seine Leistungen
demnach als gute schon damals anerkannt gewesen sein müssen.
Im October desselben Jahres wiederholte Furck sein Gesuch
um das Beisassenrecht, und nunmehr wird ihm dieses am 23. jenes
Monats gewährt.
In dem zweiten Gesuch ist interessant, dass er als Gewährsmann
für seinen guten Ruf und seine Tüchtigkeit neben Kieser noch Mat-
thäus Merian erwähnt, den er als Mitarbeiter Kiesers am Thesaurus
kennen lernte ; dann die Mitteilung, dass er bereits einen Frankfurter
Bürgerssohn als Schüler bei sich habe. Wie dieser geheissen und
was er geleistet, wissen wir nicht.
Es ist dieses Gesuch äusserst demütig gehalten, doch zeigt der
Künstler in den Mitteilungen über seine Leistungen mit Recht einen
gewissen Stolz.
Nunmehr vergeht eine lange Zeit, während der nichts Urkund-
liches über das Leben Furcks verlautet; nur aus seinen Werken wissen
wir, dass er ruhig und stetig bei der Arbeit war. Geschäftlich blieb
er im Anfang mit Eberhard Kieser verbunden, dann verlegte einige
Stiche von ihm Friedericus Hulsius. * Später arbeitete er offenbar
ganz für seine eigene Rechnung.
Und er brachte gewiss etwas vor sich bei seiner Thätigkeit,
denn 14 Jahre, nachdem er Beisasse geworden, beantragte er das
Bürgerrecht, wozu der Nachweis eines ganz bestimmten Einkommens
oder Vermögens nötig war.
Am 16. August 1642 wurde sein Gesuch genehmigt, und nach
dem Eintrage im Bürgerbuch vom gleichen Datum hiess seine Gattin
Maria Magdalena Ungarin.' Was seine Familienverhältnisse betrifft,
so ist nur noch zu erwähnen, dass ihm nach Hüsgen am 25. Juli 1643
ein Sohn in der Bartholomäuskirche getauft wurde, der die Namen
1 Gütige Mitteilung des Hrn. Stadtarchivar Dr. Jung. Frankfurt.
* Gwinner a. a. O. p. 12 >. Ich bezweifle, dass Hulsius überhaupt gestochen
hat, mir ist wenigstens kein Blatt vorgekommen, auf dem er sich als Stecher be-
zeichnet hätte. Ich kenne im Zusammenhange mit seinem Namen nur die Bezeich-
nung »exeudit«. Er tritt auch nach den Akten nicht als Kupferstecher, sondern als
»Buchführer« in das Bürgerrecht.
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— 2oy —
Johann Jakob erhielt. Was aus diesem geworden ist, wissen wir
nicht.
Einen zweiten Sohn des Künstlers namens Heinrich erwähnt
Gwinner. 1 Er wird nach ihm unter den bei dem Neubau der Catha-
rinenkirche thätigen Malern genannt und starb am 3. October 1685.
Fast dreizehn Jahre noch lebte Furck als Frankfurter Bürger.
Dann finden wir im Totenbuche der Stadt von 1655 unter dem
1. Juni die Eintragung: »Sebastian Furck, Bürger und Kupferstecher
allhier, ward in St. Bartholomaei Kirch Creutzgang begraben.«*
Das ist alles, was wir Urkundliches von Furcks Leben wissen,
und ich glaube, wir haben auch kaum noch etwas zu wünschen. Aus
dem ruhigen Gange der Kunstthätigkeit Furcks geht hervor, dass sein
Leben ein stilles gewesen ist, das bei der Arbeit gleichmässig verlief
und keinen Raum bot für dramatische Ereignisse und Verwickelungen.
Ein bescheidener Mann wird er gewesen sein und gewiss bei
jedermann beliebt. Letzteres glaube ich daraus schliessen zu können,
dass er ebensowohl Bildnisse von Frankfurter Patriziern stach, wie
solche von einfachen Bürgern. Aus Frankfurt war er schwerlich längere
Zeit fort, wenn er auch, wenigstens in den zwanziger Jahren noch
in Fühlung mit seiner Heimat stand, wie seine unten näher zu be-
sprechenden Erstlingsporträts zeigen.
Seine Platten sind nach seinem Tode teilweise oder vielleicht,
soweit sie noch vorhanden waren, alle in andere Hände gekommen,
wenigstens zeigen einzelne Abdrücke ein Datum aus der Zeit nach
dem Tode Furcks und die Adresse des Paulus Fürst in Nürnberg, 1
der auch die ganzen Platten des Thesaurus Meisner-Kiesers erworben
hat und ihn 1678 noch einmal herausgiebt ; diese Abdrücke sind
grösstenteils sehr schlecht und unsauber, da die Platten naturgemäss
ihre Feinheit längst verloren haben und zum teil wohl auch von
ungeschickter Hand aufgearbeitet sind.
Das ergiebt sich aus den mitgeteilten Urkunden jedenfalls als
sicher, dass von einer Identität Furcks mit Sebastianus Fulcarus keine
Rede sein kann, so verführerisch auch die Gleichheit der Vornamen
beider, die Ähnlichkeit ihrer Zunamen und ihrer Monogramme sein mag-
Sebastianus Fulcarus ist 1 618 in Rom bei Bosio als Zeichner
und Stecher thätig 4 und Furck kommt in demselben Jahre, vielleicht
ein Jahr früher, nach Frankfurt, um das Kupferstechen erst zu erlernen.
* a. a. O. p. 124.
1 Gütige Mitteilung des Hrn. Dr. Cluilling zu Frankfurt a. M.
5 Vgl. dazu auch Gwinner, Zusätze p. 121 (s. o. S. 200.).
* Näheres hierüber bringt meine Abhandlung über »Bosios Illustratoren«.
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— 208 —
IV.
Die Kunst des Sebastian Furck.
•
Die biographischen Mitteilungen, welche Gwinner 1 über Eber-
hard Kieser, den Lehrer Furcks beibringt, geben nichts Neues. Wenn
er im Anschluss an Hösgen " behauptet, Kieser habe Porträts in Furcks
Manier gestochen , so können wir das dahin berichtigen , dass diese
Angabe in umgekehrter Form, d. h. mit Stellungswechsel der Namen
(Furck in Kiesers Manier) vielleicht zutreffen würde, wenn anders
überhaupt Porträts von der Hand Kiesers existirtcn. Mir sind keine
zu Gesicht gekommen.
Des Weiteren heisst es, seine zu Illustrationen bestimmten Kupfer
habe er in Georg Kellers Art ausgeführt; dies bemerkt Gwinner
gleichfalls auf Grund einer Notiz Hüsgens.
Georg Keller war als Illustrator ein sehr beschäftigter Mann. 1
Seine Lehrer waren Philipp UfTenbach und Jost Amman. Seine Radier-
technik zeigt vor allem mit Uffenbach starke Übereinstimmungen.
Seine Arbeiten, z. B. in den kriegswissenschaftlichen Büchern I. I.
Wallhausens, sind keineswegs hervorragend, sondern ziemlich monoton,
italistisch konventionell und nur von gegenständlichem Interesse.
Auch Kieser ist Radierer, aber seine Technik steht, zum teil im
Gegensatz zu der Kellers, dem Kupferstich nahe: bei der Darstellung
von Figuren verwendet er regelmässige parallele oder gekreuzte Strich-
lagen. Zartere Übergänge, besonders in den Fleischpartien, bringt er
durch Punkte zum Ausdruck. Sein eigentliches Gebiet ist die topo-
graphische Landschaft und der berühmte M. Merian hat, was bisher
noch nicht bekannt war, bei ihm gearbeitet.
Das umfangreichste der von Kieser illustrierten Werke ist der
»Thesaurus philo-politicus«, 4 eine Sammlung von 416 Tafeln, später
als »Sciagraphia cosmica« herausgegeben und auf 800 Tafeln erweitert.
Herausgeber der ersten sechs Teile des »Thesaurus«, wovon jeder
einzelne aus 52 Tafeln besteht, war ein gewisser »Daniel Meissner
von Commenthaw auß Böheimb, Poeta laureatus Caesareus,« der in
den Vorreden behauptet, er sei der Erfinder der Emblemata, die er,
' a. a. O. p. 127 f.
1 a. a. O. p. 147 f.
' Vgl. Gwinner a. a. O. p. 115 ff.
♦ Frankfurt 1625 ff.
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»oben mit einem Dicto, hernach (unten) einem lateinischen Difticho
vnnd vier deutschen Versen« cxplicirt habe, »wie dann auch hinter
jedes Emblema oder Morale eine vornehme Statt, so wol über- vnnd
Nieder Teutschlands, als anderer frembder Nationen recht Contra -
facturlich angegeben.«
Diese Erfindung ist jedenfalls nicht so zu verstehen, dass Meissner
eine vollständige Vorzeichnung zu jedem Blatte geliefert habe, denn
im Vorwort zu dem 6. Teile, der erst nach dem Tode Meissners er-
schien, sagt dessen Sohn: »Es hat mein Vatter Seliger . . . bißhero
etliche theil seines Thesauri Fhilo-politici auß allerhand lieblichen
Emblematen und andern schönen Inventionibus verschiedener Ma-
terien zusamen getragen, vnd damit . . . hat Eberhard Kieser, Burger
vnd Kupferstecher allhie solche Emblemata, das ist Sinn: und Lehr-
reiche gemälde nit allein auft's Kupffer gebracht, sondern auch mit
hiebeisetzung Lieblicher Contrafacturen vieler, ja der mciften for-
nehmen Statt und Schlössern artig und anmutig gezieret.«
Wir haben also für Meissner nur den Entwurf der »Emblemata«
und die schriftstellerischen Zusätze in Anspruch zu nehmen, während
alles Andere, mit Ausnahme des weiter unten noch näher zu Bezeich-
nenden, dem Eberhard Kieser zugehört.
Die einzelnen Blätter dieses Werkes sind ungefähr gleich gross:
Plattengrösse : 9,5 — 10,0 cm hoch, 14,0—15,0 cm breit.
Grösse des eigentlichen Bildes: 7 — 7,5: 14—14,5 cm.
Die Inschriften sind ebenfalls gestochen.
Den Charakter der Darstellungen des »Thesaurus« kann man
sich vorstellen nach der oben (S. 56 f.) gegebenen Beschreibung der
Tafel desselben, welche die Ansicht von Castellaun zeigt.
»Emblemata« hcissen im Altertum Zierstückc, die in Metall ge-
trieben und auf Gefässe oder andere Gegenstände aufgenietet oder
aufgelötet werden. Da diese Ornamente nun zumeist allegorische
Darstellungen enthalten, so hat man zur Zeit der Renaissance in
Italien den Namen der Technik auf den künstlerischen Inhalt über-
tragen. Seither bedeutet Emblema die bildliche Bezeichnung eines
Ganzen durch einen seiner Teile oder durch ein Zeichen, namentlich
die Darstellung eines ethischen Satzes durch ein Beispiel, wozu oft
eine Erläuterung durch Worte kommt (Devise, Motto). Da nun das
Interesse des XVI. Jahrhunderts in immer steigendem Masse auf die
Allegorie gerichtet war, so griff es eifrig auf jene Werke der Antike
zurück. Besonders die römischen Kaisernninzcn waren den Künstlern
für ihre Dekorationen bei Hoffesten, für Wappen- und Denkmäler-
entwürfe dienlich. Und diese antike Symbolik Linden sie verarbeitet
14
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und zeitgemass umgebildet in den ersten Kompendien der emble-
matischen Litteratur.
»Emblemata sunt picturae quaedam ingeniosac ab ingeniosis
hominibus excogitatae primum, dein repraesentatae, iisque litteris
similes, quae Hieroglyphicae ab Aegyptiis nominatae, arcana sapientiae
vetustissimoruni hominum symbolis et sacris celaturis continebant . . .
Eos enim aemulatus Alciatus . . . Quam doctrinae liberalis partein
ne mediocribus et non ita doctis invidisse videretur, eleganti explica-
tione illustravit . . .«
So werden wir in der Vorrede zu den »Emblemata« ' des Andreas
Alciatus von Mailand, des ältesten und berühmtesten Meisters in dieser
Kunst, belehrt.
Also »sinnbildliche Darstellungen mit kurzen Ausdeutungen«
haben wir vor uns, deren Stoff meist der antiken Mythologie oder
der Fabel, manchmal auch der Bibel entlehnt und durch Verse in
antiken Metren erläutert wird.
Ihr ursprünglicher Zweck war, wie schon oben erwähnt, Künstlern
Dekorationsmotive an die Hand zu geben. Aber allmählich gewannen
die Emblemata selbständige Bedeutung und heissen dann auch:
»Moralia«. Man nennt sogar moralische Gedichte ohne Illustrationen :
Emblemata nuda.
Es würde zu weit führen, den Charakter der emblematischen
Litteratur und Kunst, besonders im 16. und 17. Jahrhundert hier im
Einzelnen zu erörtern. Das ist Sache einer eigenen Abhandlung, die
des Neuen sehr viel würde bieten können, da die weite Ausdehnung
dieses Gebietes bisher nicht genügend gewürdigt wurde. Erst Winckel-
mann hat die Macht der Anschauungen zu brechen vermocht, die
ihren Urquell in der herkömmlichen Emblematik haben. Ihre Werke
bilden die Grundlage des umfassenden Bilderapparates für die Kunst
der Spätrenaissance und des Rococo und werden noch in unseren
Tagen unbewusst von Architekten und Dekorateuren befolgt. Die
nachstehenden Ausführungen dienen nur zur Orientierung für den
speziellen Zweck der vorliegenden Abhandlung.
Die emblematischen Bücher verbreiten sich im 16. Jahrhundert
von Italien nach Frankreich und nach den Niederlanden. Die be-
rühmte officina Plantiniana in Leyden druckte die italienischen Werke
dieser Art besonders eifrig nach, aber auch in Deutschland fanden
sie Verbreitung und Nachahmung.
1 hmblcnuta V. C. Andrcac Alciati Mcdiolanensu iurisconsulti; . . . LugJuni
B.iuvorum, ex officina Plantiniana. . . MDXCI.
Digitize
— 211
Allegoristerei und Gelehrsamkeit, die ihr höchstes Ideal in der
Antike sah, richteten damals nicht nur die bildende, sondern auch die
Dichtkunst arg zu.
Die traurige Poeterei jener Tage wurde schon von gleichzeitigen
Satirikern verhöhnt. Man lese nur die ergötzlichen Stellen aus Hart-
mann Rcinholds Satire: »Reime dich oder ich fresse dich«, die
Gervinus zitiert. 1
Zu der Schar der dort verspotteten Dichterlinge gehört auch
der »Poeta laureatus Caesareus« Daniel Meissner, der Autor des »The-
saurus Philo-Politicus«.
Die bildlichen Darstellungen dieser Art geben entweder ein
einfaches Symbol, wie z. B. Füllhorn (Reichtum) oder Anker (Hoffnung)
oder eine Handlung, wie den Sturz des Phaeton als Warnung vor
Tollkühnheit.
Falls die Moral eines Emblema durch eine Handlung versinnlicht
wird, so wird diese naturgemäss localisiert, sei es in einem Binnen-
raum oder im Freien. Je älter nun ein emblematisches Buch ist,
um so organischer und künstlerischer ist die Ausführung in dieser
Hinsicht. Später treten die landschaftlichen Hintergründe zu stark
zurück vor den besonders scharf hervorgehobenen sinnbildlichen Ge-
stalten. So schwindet natürlich der bildmässige Charakter der Dar-
stellungen; Vorder- und Hintergrund wirken wie zwei Darstellungen,
die einfach übereinander abgedruckt sind, oder wie im Theater
Kulisse und Prospect. Diesen Eindruck hat man in hervorragendem
Masse bei den Emblematen des Flor. Schoonhoven, die 1618 zu
Gouda erschienen sind.
■
Einen Schritt weiter geht Eberhard Kieser, indem er seinen
sinnbildlichen Figuren eine Stadt -Vedute als Hintergrund giebt. Jetzt
ist die Trennung vollständig, wir haben in einem Bilde deren zwei.
Es liegt für den Beschauer nun aber nahe, anzunehmen, dass die
Örtlichkeit zu dem ihr vorgesetzten Emblema in Beziehung stehe,
dass der Künstler durch ihre Anbringung ein Beispiel für die Wahrheit
seines »Morale« geben wolle. Das würde natürlich den Bildern einen
eigenen Reiz verleihen. Auch Meissner hat diese Möglichkeit erwogen.
Er sagt in der Vorrede zum Thesaurus: Meine Inventiones vnd
Emblemata sind durchauß tiit auff die Stätt oder Örter gerichtet,
sondern die Örter seyn den Inventiones vnd Emblematibus nur zur
Zier beigefügt. Er protestiert also ausdrücklich ^egen jede Beziehung
zwischen Vordergrund und Hintergrund der Bilder. Und doch ist
* Gervinus, Gesch. d. dtsch. Dichtung, III, S. 520 ff.
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— 212
sie bei einigen derselben vorhanden. Ich nenne besonders Tafel 36
des ersten Teils: »Nil melius arte«. Im Vordergrunde sehen wir
Neudörffer und Jannitzer, durch Namensbeischrift bezeichnet, an der
Arbeit, im Hintergrunde eine Ansicht von Nürnberg.' In solchen
Fällen liegt eine Inconsequenz vor, manchmal wohl auch ein Zufall.
Im allgemeinen geben jedenfalls die Darstellungen des »Thesaurus«
eine ganz mechanische Verbindung zweier heterogenen Kunst-
gattungen, der Allegorie und der topographischen Vedute.
Welche Stellung nimmt nun der Thesaurus in der topographischen
Litteratur ein?
Er ist der unmittelbare Vorläufer der Merianschen Topographie,
und wie ich schon aufgewiesen habe, hat Merian sogar selbst daran
mitgearbeitet. Das älteste Werk, das neben anderen auch topogra-
phischen Zwecken diente, war die von Wolgemut und Plcydenwurff
illustrirte Weltchronik Schedels, die 1493 erschien, 1543 folgte ihm
die »Cosmographey« Seb. Münsters, die in ihren späteren Auflagen
eine Reihe grosser Städteprospecte enthält. Diese beiden Werke
waren mit Holzschnitten illustriert. Das erste mit Kupferstichen ist
das Theatrum urbium, herausgegeben von Braun und Hogenberg
1572— 1618 und illustriert von dem berühmten Miniaturmaler Joris
Hoefnagel aus Antwerpen.
Die Veduten des Kieser'schen »Thesaurus« nun sind zum weitaus
grössten Teile nichts weiter als Copien aus dem »Theatrum urbium.«
Allerdings sind sie in der Stichweise manchmal zierlicher behandelt,
doch das ergiebt sich von selbst aus dem gegenüber den Hoefnagel-
Hogenberg'schen Blattern viel kleineren Formate. Einige der An-
sichten sind jedoch Originalaufnahmen, so z. B. die von Castellaun,
von der ich oben schon gesprochen habe: sie findet sich nicht in
Braun und Hogenbergs Buche. Andere sind in Auffassung und Stim-
mung etwas abgeändert , sodass sie doch ein gewisses selbständiges
Verdienst haben.
Neu sind also , von diesen Ausnahmen abgesehen , in dem
»Thesaurusa nur die Emblemata. Ferner ist darin neu die Combi-
nation von Emblema und topographischer Vedute, die sonst m. W.
überhaupt nicht vorkommt.
Die Behandlung der Gestalten ist recht wenig anziehend; sie
schliesst sich ganz konventionell an den italistischen Manierismus der
Zeit an, die Ansichten sind dagegen ziemlich fein und sauber aus-
geführt, und mehrere von ihnen gewähren der Anschauung wirk«
1 Dasselbe gilt von der Vedute von Castellaun. Vgl. oben p. 20;.
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liches Vergnügen. 1 Freilich laufen auch manche perspektivische
Fehler in der Wiedergabe der Architekturen mit unter.
Nachweisbare Mitarbeiter an diesem Illustrationswerke waren
Seb. Furck und M. Merian d. Ä. Von beiden ist dieser Umstand
bisher unbekannt gewesen , obgleich beide ihre Namensbezeichnung
verschiedentlich angebracht haben.
Bei Furck ist es nicht zu verwundern, denn er war ja Schüler
Kiesers ; was aber Merian anlangt, so ist es nicht ohne Interesse, dass
er hier mitgearbeitet hat. Wir haben allen Grund, anzunehmen, dass
dies auf den Plan der Herausgabe seiner berühmten Topographien
nicht ohne bestimmenden Einfluss blieb.
Furcks ältestes bekanntes Werk ist gleichfalls eine Radierung.
Es ist das erste Stück einer Reihe von sieben Einblattdrucken reli-
giösen Inhalts, die durch Eberhard Kicser herausgegeben sind. Jedes
dieser Blätter trägt oben eine bildliche Darstellung, die sich auf den
beigefügten Text bezieht. Dieser ist über ihr, an den Seiten und
unter ihr in Typendruck angebracht. Eine nähere Beschreibung werde
ich in dem Verzeichnis der Werke Furcks geben.
Hier interessieren uns nur die künstlerischen Eigenschaften. Das
Blatt ist laut Bezeichnung von 1618, also vermutlich aus dem
ersten, jedoch wahrscheinlicher dem zweiten Lehrjahre des Künstlers,
und das merkt man ihm auch an. Es zeigt den engsten Anschluss
an die Behandlungsweise Kiesers; die Figuren sind von demselben
Manierismus wie die des »Thesaurus« ; und dass sein Verfertiger ein
Anfänger war, sieht man an der noch sehr unbeholfenen Technik
und den vielen Zeichenfehlern. Immerhin ist es für die Zeit, in der
es entstand, eine nicht zu verachtende Leistung. Sie lässt erkennen,
dass Furck mit grossem Eifer und Flciss seinen Beruf ergriff ; und
man geht gewiss nicht fehl , wenn man darin, dass der Meister dem
Lehrling die Anbringung seines Namens auf dem Werke gestattete,
einen Beweis der Anerkennung sieht.
Die nächste nachweisbare Arbeit Furcks sind dann die bereits
erwähnten Tafeln des Thesaurus, in denen sich seine Behandlung
schon bedeutend freier und gefestigter zeigt. Doch wahrscheinlich
stand auch hierbei der Meister dem Schüler noch helfend zur Seite
und zwar vor allem schon damit, dass er den Entwurf zum Ganzen
machte. Auch an manchen anderen, nicht bezeichneten Blättern wird
Imurek Anteil haben, doch das bis in's Einzelne nachzuweisen, würde
■ Z. B. j. Teil, Taf. 14, 16, 26, 49; 5- Teil, Tal. 4, 5, 28; 7. Teil, Taf. 7,42.
8. Teil, Taf. 29 u. a. m.
eine Arbeit von zweifelhaftem Erfolge sein. Bei der Erweiterung
des »Thesaurusa zur »Sciagraphia cosmica« hat Furck ebenfalls mit-
gearbeitet , und dort sind noch folgende Blätter als Arbeiten seiner
Hand durch die Bezeichnung nachgewiesen:
Teil II, T. 15, 75, 99; Teil III, T. 13, 42, 44; Teil IV, T. 2, 3,
4, 9, 13, 14, 21, 49, 64, 65, 72, 82, 92; Teil V, T. 7, 30, 57, 76;
Teil VI, T. 11, 15, 80, 93; Teil VII, T. 7, 39, 44, 75, 98; Teil VIII,
T. 6, 9, 11, 21, 32, 37, 47, 54, 79, 80, 81.
Diese Arbeiten genügen, um uns erkennen zu lassen, dass Furck
inzwischen einen immerhin beträchtlichen Grad von Zartheit und
Feinheit in der Radiertechnik erreicht hat.
An der Sciagraphia haben übrigens noch mehrere andere Hände
mitgearbeitet, wie aus den Bezeichnungen ersichtlich ist. Vielleicht
sind das Mitschüler oder -Gesellen Furcks. Jedenfalls war er bei
Abschluss der Arbeit an der Sciagraphia bereits selbständig.
Wir greifen nunmehr wieder etwas zurück. Wahrscheinlich
Ende des Jahres 1624 oder Anfang 1625 hat Sebastian Furck das erste
Ergebnis auf dem Gebiete seiner Technik hervorgebracht , dem er
später sich fast ausschliesslich zugewendet, nämlich im Porträtstich:
das Bildnis des Johannes Christarius, Pfarrherrn zu Bacharach. Es
zeigt Sebastian Furck in einem üebergang, enthält sowohl Züge seiner
früheren als Züge seiner späteren Behandlungsweise; und ebenso
beschaffen sind noch drei Stiche der nächstfolgenden Zeit. Den
Hintergrund bildet nämlich eine freie Wiederholung der Ansicht von
Bacharach, die 1624 im »Thesaurus« erschien.
Dieses Bildnis werden wir als eine Radierung zu betrachten
haben. Der Grabstichel ist darin höchstens an einzelnen Partiecn
des Gesichts und der Hand zu Hülfe genommen, doch kann das auch
Arbeit der kalten Nadel sein. Die Behandlungsweise entspricht der-
jenigen in den emblematischen Darstellungen des Thesaurus, worin
die ziemlich grosse Regelmässigkeit der Strichlagen dem eigentlichen
Kupferstich nahekommt. Jenes System ist hier in dem Kopfe des
Dargestellten angewandt und noch feiner durchgeführt.
Die redliche Sorgfalt der Arbeit verdient jedenfalls volle An-
erkennung, wenn auch das Erreichte in mancher Beziehung dem
Gewollten noch nicht entspricht.
Die ganze Gestalt macht einen durchaus plastischen Eindruck,
aber auch einen steifen. Das Gewand ist zu hart behandelt und ge-
mahnt fast metallisch. Die Stellung er^lieint gezwungen, ein Fehler,
den Furck nie recht hat loswerden ki innen. Der linke Arm ist voll-
kommen verzeichnet. Es erklärt m Ji Jas aus der gewählten Stellung,
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die dem Ungeübten zu grosse Schwierigkeiten bietet. Noch auf-
fallender ist die schlechte Zeichnung der Hand, und ich kann hier
gleich bemerken, dass Furck es in der Darstellung von Händen nie
zur Vollkommenheit brachte.
Die Hauptarbeit ist naturgemäss auf den Kopf verwandt, und
man muss sagen, dass er nicht ohne Verdienste ist. Furck hat sich
bemüht, die Formen möglichst kräftig herauszuarbeiten, und das ist
ihm vollkommen gelungen, nur sind sie etwas zu scharf ausgefallen.
Der Ausdruck des interessant geschnittenen und nicht ohne Lebendig-
keit wiedergegebenen Gesichtes ist nicht ganz geglückt.
Dieser Arbeit, so mangelhaft sie auch noch war, hatte es Furck
doch wohl zu verdanken, dass ihn Kieser beauftragte, das Porträt
Daniel Meissners zu stechen. Meissner war im März 1625 gestorben
und sein Bildnis wurde dann dem sechsten Teile des »Thesaurus«
vorgedruckt. Es steht auf derselben Entwicklungsstufe des Stils, wie
das des Christarius, enthält aber noch gröbere Verzeichnungen.
Dasselbe wäre zu sagen von Heinrich Kormanns Konterfei, das
Furck 1627 zu stechen hatte. Aber dieses ist in der Behandlung des
Fleisches bereits entschieden weicher.
Hierin sehen wir noch weiter gediehen das Forträt des Stanislaus
Kicscr, womit die Reihe der Erstlingsbildnisse abschliesst. Es hat
gleichfalls einen dem »Thesaurus« entliehenen Hintergrund, aber eine
reichere und etwas grössere Umrahmung. Der Fortschritt in ihm
springt bei der Verglcichung mit dem Bildnis des Christarius sofort
in die Augen.
In den Stichen der nun folgenden Jahre kommt Furck in der
Zierlichkeit der Technik noch weiter.
Sprechende Beispiele dafür sind die Bildnisse der Maria Juliana
von Eyseneck , des Anton Geißheimer und der Anna Catharina
von Cronbergk. Man beachte besonders bei den beiden Erstgenannten
die Ausführung der Spitzen am Gewände, die von minutiöser Fein-
heit ist.
Aber diese Feinheit, die er mit vielen Zeitgenossen in Deutsch-
land teilt, lässt ihn, wie jene, nicht zu einer freien Auffassung der
Persönlichkeiten gelangen. Darin bleibt er noch befangen. Man
könnte zu seiner Entschuldigung nur anführen, dass die Dargestellten
wol keine besonders ausgeprägten Charaktere gewesen sein mögen,
und dass er eben auf Bestellung arbeitete.
Was das Beiwerk, die Umrahmung u. s. w. anlangt, so folgt
der Künstler hierin dem Zeitgeschmack. Er verwendet barocke Or-
namente, und zwar mit besonderer Vorliebe die aus den Niederlanden
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gekommene Modifikation derselben, nämlich den Aurikular-, zu deutsch
Ohrlappen-Stil, dessen Name schon eine Vorstellung von den ihm
eigenen knolligen, gezogenen und gequetschten Formen giebt.
Seine Technik hat er in der nun folgenden Zeit, den 30er Jahren,
kaum verändert. Doch macht er nun Fortschritte in der Charakterisie-
rungskunst. Das lässt sich unbedingt sagen von dem Bildnis des
J. A. Herbst, worin uns ein heiterer und gemütlicher Mensch vor-
geführt wird, von dem Fanatikerkopf des Joh. Ulrich Weis, von dem
energischen Soldatengesicht des I. Ramsay und von dem prächtigen
Forträt des Goldschmieds A. Williaerts, dessen mächtiger Bart be-
sonders vortrefflich behandelt ist.' Von anderen abgesehen.
In den vierziger Jahren hat Furck den Höhepunkt seiner Kunst
in der Porträtdarstellung erreicht. Gleich in das Jahr 1640 fällt das
ausgezeichnete Bildnis des Joh. v. d. Popelierc, der auch in dem Fett-
milchischen Aufstand eine Rolle gespielt hat; in diesem Werk hat
es der Künstler wohl verstanden, uns eine durch reiche Lebens-
erfahrungen gereifte, ernste und kraftvolle, vielleicht etwas verbitterte
Persönlichkeit vor die Augen zu führen.
In dieser Zeit haben wir einen bemerkenswerten Fortschritt des
Künstlers in seiner Technik zu verzeichnen. Sie wird grösser und
freier, »brillanter«, sucht mehr zu wirken durch die Schönheit der
Linienführung. Zwei aus dem Jahre 164 1 stammende Bildnisse, die
wohl überhaupt das Beste sind, was Furck geleistet hat, zeigen sie
in schönster Vollendung, nämlich die als Gegenstücke zusammen-
gehörigen Porträts des Zeiler und des M. Merian, der beiden Heraus-
geber der berühmten Topographien. Letzteres ist meines Erachtens
überhaupt der beste Bildnisstich, der von Merian existiert.* Derjenige,
welchen Eckardt seinem Buche des M. Merian beigefügt hat, er-
scheint daneben geziert und unwahr. Furck hat die Persönlichkeit
dieses Mannes viel treffender charakterisiert. Dass der Stich Furcks
recht beliebt, also als vortrefflich anerkannt gewesen sein muss, davon
zeugen mehrere Nachstiche.
Die Behandlung, welche in diesen Bildnissen angewandt und
oben von mir bezeichnet ist, wird nun aber bei Furck durchaus nicht
die Regel, sondern er arbeitet im ferneren Verlaufe zuweilen auch
wieder in der mehr strichelnden Manier, die seinen älteren Porträt-
stichen eigentümlich ist und der Radierung näher steht. Zu jener
Zeit hat er u. A. noch folgende Männer mit dem Stichel porträtirt:
• S. Verzeichnis der Werke.
a S. beiliegende Tafel.
1
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Tob. Oclhafcn von Schöllenbach, Joh. Schröder, G. Ph. von Schwal-
bach, H. Wilh. von Günterode, Joh. Schwindius, und zwar auch mit
trefflicher Charakterisierung. Aus den letzten Jahren von l : urcks
Leben ist mir nur ein Bildnis von seiner Hand bekannt geworden,
das des Adam Weinheimer. 1 Dieses steht jedoch nicht auf der Höhe,
die seine besten Arbeiten der vierziger Jahre einnehmen. Es fehlt
ihm an geistiger Vertiefung.
Bei der hier gegebenen Uebcrsicht über den künstlerischen Ent-
wicklungsgang Furcks habe ich nur seine datierten Werke heran-
gezogen. Diese sind auch bei weitem in der Ueberzahl und ermög-
lichen so eine ungefähre Einreihung der nicht datierten.
Hatten wir immerhin einige Stiche Seb. Furcks mit Aner-
kennung und Lob zu besprechen, so müssen wir nun aber leider auch
zugeben, dass manches von ihm wertlos ist.
Für die Wiedergabc weiblicher Individualität fehlt es ihm offen-
bar an Begabung, denn keines seiner Frauenbildnisse lässt sich an
Wert mit seinen männlichen Bildnissen vergleichen ; was zum teil
daraus zu erklären sein wird, dass sich ihm selten Gelegenheit bot,
Frauen darzustellen. Die von ihm porträtierten weiblichen Personen
mögen äusserlich getroffen sein, aber sie erwecken kein Interesse
in uns.
Andrerseits sind auch unter seinen sonstigen Arbeiten manche,
die des künstlerischen Wertes so gut wie ganz ermangeln. Da wären
z. B. die Bildnisse fürstlicher Persönlichkeiten zu nennen, die er
durchaus handwerksmässig gefertigt hat, um sie auf den grossen
Frankfurter Messen zu verkaufen. Er arbeitete sie ohne Zweifel nicht
nach der Natur, sondern nach Vorlagen, die gewiss auch ihrerseits
nicht hervorragend waren. Dieser Gattung gehören auch die Por-
träts im sechsten Teil der Bibliotheca chalcographica des Boissard
und de Bry an. Endlich Büchertitel und Vorstellungen von Zimmer-
mannskonstruktionen. * Es sind dies Arbeiten, die offenbar schlecht
bezahlt wurden.
Vielleicht dürfen wir aber auch den grössten Teil der minder-
wertigen Arbeiten, die unter dem Namen Furcks gehen, Gesellen-
händen zuschreiben. Wissen wir doch, dass er bereits im Jahre 1628,
als er sich soeben selbständig gemacht hatte, einen Schüler hielt.
Es ist nlso wahrscheinlich , dass Geholfen auch weiterhin in seiner
Werkstatt thiftig- waren.
1 S. Verzeichnis der Werke.
* Schmidt, Architectura civllic.
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Der grösste Teil der Personen, die l : urck abgebildet hat, waren
Frankfurter; und die meisten, wenn nicht alle, hat er zu diesem
Zwecke auch selbst gezeichnet. Auf vielen Stichen lindet sich aus-
drücklich der Vermerk: ad viuum delineavit.
Ausser den Stichen kennen wir auch einige Zeichnungen Furcks.
Diese sind auf ausserordentlich dick grundiertem Papier oder Per-
gament mit ganz spitzem Stifte äusserst fein und sorgfältig ausgeführt.
Die schönste mir bekannt gewordene ist das Porträt des Joh. Max.
zum Jungen 1 im Städel'schen Institut. Die Technik dieser Zeich-
nungen lässt sofort erkennen, dass es Vorlagen zu Kupferstichen sind,
denn ihre Behandlung ist auch schon eine durchaus kupferstich-
mässige. Jedenfalls sind es nicht zu verachtende Leistungen von
exaktester Ausführung.
Einige der Kupferstichplatten sind übrigens anscheinend nicht
für den Abdruck bestimmt gewesen, sondern haben vielleicht als
Plaketten oder Niellen gedient. Ich vermute das, da die textlichen
Angaben auf den Abdrucken in Spiegelschrift bestehen. Dafür spricht
auch der alte handschriftliche Vermerk auf einem Abdruck, der lautet:
Seb. Furck sculpsit in tabula argentea.
Versuchen wir nunmehr die künstlerischen Eigenschaften Furcks
zusammenzulassen, ihren Gesamtwert und Umfang zu bestimmen.
Es ist nichts Grosses und Prächtiges, das uns da entgegentritt,
nichts Neues und Bahnbrechendes, nichts Mannichfaltiges und Viel-
seitiges, und doch Gutes, wenn auch nicht Bestes. Furcks Kunst hat
ein enges Gebiet , er ist nur Kupferstecher. Als Maler hat er sich,
soviel wir wissen, nie versucht, und auch innerhalb des Kupferstiches
hat er seine Thätigkeit auf zwei Gebiete beschränkt. In seiner
Jugend und Lehrzeit radierte er topographische Prospekte, im Manncs-
alter, als selbständiger Künstler, stach er Porträts.
Man könnte annehmen, dass er auch in der späteren Zeit noch
Veduten radierte, und zwar etwa zu den Topographieen Merians, mit
dem er offenbar in näheren Beziehungen gestanden hat, aber das
scheint mir unwahrscheinlich wegen der grossen Menge Porträts,
die von ihm existieren. Er konnte dabei kaum viel Zeit erübrigen.
Doch behalte ich mir vor, auf diese Frage in einer Studie zurückzu-
kommen, die ich über Merian anzustellen beabsichtige.
Und was hat Furck geleistet? Neues nicht. Wenn auch eine
gewisse künstlerische Eigenart in seinen Leistungen unverkennbar
ist, so muss doch konstatiert werden, daß er sich ganz in den Bahnen
' S. beiliegende Tafel.
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bewegt hat, die dem damaligen Kupferstich durch die grossen nieder-
ländischen Stecher vorgezeichnet waren. Er hat sich, wie gesagt,
offenbar zunächst nur mit Landschaftsradierungen beschäftigt. Ihr
kleines Format nun verlangte eine zarte und feine Führung der Radier-
nadel, und dieser Aufgabe genügte er bis zu einem gewissen Grade.
Er erreicht dabei durch viele Uebung eine gewisse Sicherheit, andrer-
seits hat diese Thätigkeit aber vielleicht dazu beigetragen, das Gebiet
seiner Darstellungen noch mehr zu verengern, denn so lernte er
nicht, grosse Flächen mit dem Stichel zu beherrschen , und blieb
auch in seinen Bildnisdarstellungcn den kleinen und kleinsten For-
maten treu, die ihm freilich reichliche Gelegenheit zu zierlich feiner
Ausführung boten.
Dass es übrigens vor allem der Zeitgeschmack war, der ihn in
diese Richtung drängte, geht aus meinen Ausführungen über die
damaligen allgemeinen Kunstzustände hervor. Bedenken wir dazu
noch das düstere, ärmliche Leben während des dreissigjährigen Krieges,
so verstehen wir auch, warum Furck so viele Marktwaare lieferte.
Die Kunst war eben damals gar sehr gezwungen nach Brot zu gehen.
Das Kunstmass seines Lehrers erreichte Furck bald, und indem
er zum Porträtstich sich wandte, ging er darüber hinaus. Ausser
eigener Neigung hat ihn zu diesem Gebiet wohl hauptsächlich der
Umstand getrieben, dass er dabei auf ein gesichertes Auskommen
rechnen konnte. Das wollte er haben; er liebte die Kunst nicht
etwa nur um ihrer selbst willen. Da erinnert man sich, wie er als
Geselle sich einen Hausstand gründet, wie er sich um die Vorstufe
des Bürgerrechts , den »Bcysass« bewirbt, und wie er in seinem Ge-
suche erklärt, dass er als Kupferstecher und Contrafaiter durch seine
Arbeit wohl auszukommen gedenke und Niemandem zur Last fallen
werde.
So schafft Furck als biederer Handwerksmeister sein Leben lang
für den Tagesbedarf, indem er Bildnisse sticht teils von Mitbürgern,
die einen besonderen Ehrenplatz einnahmen, oder von Zeitgenossen,
die gerade infolge politischer Ereignisse im Vordergrunde des Inter-
esses stehen, teils von Privaten, die sich diese selbst bestellten,
wie man heutzutage zu einem Photographen zu gehen pflegt.
Aus diesem in ziemlich starkem Umlang t:eschäftsmässigen Be-
triebe erklärt sich zu gutem Teil Jas trockene Gepräge seiner Kunst.
Still geht er seinen Weg. Seine Werke haben etwas Monotones und
bleiben sich in der Anordnung und Ausstattung ohne grossen Wechsel
ziemlich gleich. Fast alle seine Bildnisse sind in ein Oval gesetzt,
das von einem Barockrahmen eingefasst wird. Die Personalien des
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Dargestellten giebt die Umschrift an, und die Unterschrift verherr-
licht ihn in Versen. Und aus diesen Ovalen schauen uns die Ab-
gebildeten fast immer gerade ins Auge, Kopf und Körper sind nur
leicht nach rechts oder links gewendet. Ein einziges Mal kommt
ein Profil vor, und das ist total verunglückt.
Diese Dinge sind aber zum Teil jedenfalls mit auf Rechnung
der Besteller zu setzen, denen das Schablonenhafte gerade recht war.
So verhält sich ja noch heute die breite Masse des Publikums.
Wenn wir gleich bei den Schwächen der- Bilder bleiben, so
haben wir uns auch an seine Zeichenfehler zu erinnern, besonders an
den schon erwähnten Mangel in der Wiedergabe der Hände. Es ist
aber immer zu bedenken, dass Furck im Porträt offenbar Autodidact
war. Als Beweis dafür, dass Kieser nicht Porträtstecher gewesen ist,
glaube ich noch den jedenfalls auffälligen Umstand anführen zu dürfen,
dass er 1625 das Bildnis des Daniel Meissner nicht selbst ausführte,
sondern von seinem Gesellen Furck machen liess.
Eine fernere Entschuldigung ist die, dass bei der grossen Zahl
seiner Leistungen naturgemäss nicht alles gleich gut sein kann.
Doch den Schattenseiten stehen, wie wir schon wissen, auch
genügende Lichtseiten gegenüber. Sein Fleiss und die Sauberkeit
seiner Arbeit sind anzuerkennen. Er ringt sich zu einer gewissen
Tüchtigkeit empor. Wir finden in der Geschichte seiner künst-
lerischen Lautbahn zwar keine scharfen Einschnitte, aber es ist eine
sichere Weiterentwicklung stets zu bemerken; und schon aus diesem
Grunde verdient die Thätigkeit Furcks einiges Lob. Er arbeitet
immer an seiner Vervollkommnung , und wir dürfen ihm die hand-
werklichen Arbeiten nicht zu schwer anrechnen; er selber wird sie
gewiss auch nicht als Kunstwerke angesehen haben, sondern eben
nur als Marktwaare für solche, denen doch an höherem Kunstgenuss
nichts lag, sondern es nur um Befriedigung ihrer Neugierde zu
thun war.
Seine Entwicklung geht gleichmässig vor sich in Technik und
künstlerischem Gehalt. Die Radierung ist der Ausgangspunkt seiner
Kunst ; diese feine Technik, die er von Eberhard Kieser gelernt hat,
wendet er zunächst auch auf das Porträt an, dem er sich dann fast aus-
schliesslich widmet. Allmählich kommt bei ihm daneben auch eine kräf-
tigere und elegantere Strichführung mit dem Grabstichel auf; sie ge-
winnt mehr und mehr die Ueberhand, und in einigen Bildern der
vierziger Jahre bringt es der Künstler in dem Linienstich zu einiger
Brillanz.
Ebenso geht es mit dem inneren Werte seiner Werke.
— 221 —
Anfänglich gelingt es ihm nicht, in seinen Porträts wirkliche
Persönlichkeiten wiederzugeben, aber auch das hat er mit seinem
stetigen Fleisse erreicht. Die Konrratacturcn seiner reiferen Zeit sind
nicht mehr nur formähnlich, was ja wohl auch die aus seiner Jugend
sind, sondern es sind wirkliche Porträts und von ^leibendem Werte.
Schon der Umstand, dass er ein so vortreftliches Bildnis des Matthäus
Merian geschaffen hat, eines Mannes, der für die Geschichte der
Kultur noch bedeutender ist als für die der Kunst, erscheint uns
gedenkenswert.
Vergleichen wir seine Stiche mit denen des Seb. Fulcarus, so
ergiebt sich, dass auch aus stilistischen Gründen von einer Identität
der beiden Stecher nicht die Rede sein kann. Fulcarus hat trotz
aller seiner Schwächen den der italienischen Stechmanier eigenen
breiteren Duktus, ebenso wie eine mehr plastische Behandlung im
Gegensatz zu dem vorzugsweise spezialisierenden und malerischen
Stil der Kordländer, den wir bei Furck vor uns haben. So vermag
er trotz aller seiner Zeichenfehler uns doch die Formen der ganzen
menschlichen Gestalt klarer zu veranschaulichen als Furck, dem das
nur bei den Köpfen seiner Porträts gelingt. Es fehlen ihm aber, wie
schon oben aufgewiesen, die zarteren Uebergänge zwischen Licht und
Schatten, die Furck durch zarte Strichelchen und durch Pünktchen
ausdrückt. Auch finden wir in seinen Stichen nicht die Schönheit
systematischer Linienlührung. Zwar verwendet auch er Kreuzschraf-
fierungen, aber willkürlich, mehr nach Art der Radierungen, während
umgekehrt Furck selbst bei radierten Platten sich möglichster Regel-
mässigkeit in der Schraffierung befleissigt.
Unter den bekannten Kupferstechern seiner Zeit steht Sebastian
Furck im Porträtstich, seinem eigentlichen Gebiete, den Kilian in
Augsburg am nächsten. Auch sie waren keine grossen Künstler,
sondern arbeiteten im allgemeinen ziemlich trocken und handwerks-
mässig. Das zeigt sich besonders bei den kleineren Bildnissen, die
sie in den 20er Jahren des 17. Jahrhunderts herausgaben. Diese
stehen teilweise hinter den Leistungen Furcks entschieden zurück.
Andere Stiche nach Werken niederländischer Manieristen führten sie
mit grosser Virtuosität der Stichelführung nach Goltzius' Art aus.
Hierin sind sie Furck bedeutend überlegen, dessen Kunst für Platten
von der Grösse, wie sie L. Kilian z. B. zur Reproduction der Bronce-
gruppe des hl. Michael mit dem Drachen (nach Hubert Gerhard)
anwendet, gar nicht ausgereicht haben würde. Doch hat er die Vor-
zeichnungen zu seinen Portraits immer selbst nach der Natur ge-
macht, was bei den Kilian nicht der Fall ist.
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Zwei andere Augsburger Porträtstecher, Matthäus und Melchior
Küsel, sind auch nicht unter die Meister ersten Ranges zu rechnen,
doch ist ihre Behandlungsart besser als diejenige Furcks. Sie stechen
eleganter und virtuoser, aber in den Gesichtern der von ihnen dar-
gestellten Persönlichkeiten treffen sie, wie Furck, durchaus nicht immer
den richtigen Ausdruck.
Der einzige deutsche Bildnisstecher, der weit höher steht als
Furck, ist Jeremias Falck. Dieser grosse Danziger Meister ist ihm
wie allen seinen deutschen Zeitgenossen sowohl in der Zeichnung
als in der Charakterisierungskunst bedeutend überlegen. Wir dürfen
dabei freilich nicht vergessen, dass er in W. Hondius einen vorzüg-
lichen Lehrer gehabt hat, während Furck im Porträtstich, wie schon
gesagt, Autodidakt war.
Ist somit Furck auch kein Künstler ersten Ranges, kein Genie
gewesen, so verdient er doch unzweifelhaft unsere Achtung ebenso
gut wie so mancher andere Künstler, der bekannter, aber nicht be-
deutender ist. In der traurigen Zeit der Kriegsnöte und Verwüstungen
hat er ruhig und stetig seinem Ziele zugestrebt, und wohl auch er-
reicht, was er der Natur seiner Begabung und der Lage seiner Ver-
hältnisse nach zu erreichen vermochte.
Beilagen.
Urkunden aus dem Archiv der Stadt Frankfurt a. M.
I.
Edele, Ehrnueste, fürsichtige, hoch- und Wolweiße gepietende
großgunstige herren: denselben kan Ich undesbemelder vnterthenig sup-
plicirende nit vorhalten, was maßen Ich mich bey Eberhardt Kießern,
bürgern vnd Kupferstechern alhiero, n. gantzer Jahr auffgehalten das
Kupferstechen bey selbigem erlernet, nuhmehr aber eine Zeitlang alhiero
zuuerpleiben vnd das handtwerck zu treiben entschloßen.
Wan aber gepietende großgunstige herren Ich mich vnlangsten bey-
neestens obgedachten Kießers als meines geweßenen Lehrherrens, bey eines
E. Wolweißen Raths verordtneten Inguisitiano herren der gebühr angemeldet.
Als ist vnd gelangt derowegen solchem allem nach an E. E. vnd
F. W. mein gantz vnterthenig vnd hochvleißige bitte, Selbige obiges
alles: sonderlichen das Ich mit meinem weibe keine kinder oder einigen
anhang, auch als ein Kupferstecher vnd Contrafaiter , mich reichlichen
außzubringen getrauere, vnd dahero ein : oder dem andern vff dem
marckt oder sonsten molcst vnd beschwerlich sein werde, genedig er-
wegen, vnd derowegen mich als einen Beysaßen vff ein Jahr zuuer-
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schreiben , großgunstig decretiren vnd erkennen wollen , vnterthenigen
erpiethens, mich also zuerzeigen vnd zuuerhalten, das nit allein E. E. vnd
F. VV : sondern auch menniglichen, mit mir contont vnd zufrieden sein werden.
E. E. vnd F. W.
Vntertheniger
Sebastian Furck von Alten-Külß bey Castellaun Kupferstecher vnd
Contrafaiter.
II.
WolEdle, Gestrenge, Ehrvfeste, hoch Achtbare , Fürsichtige, Hoch-
vnd Wol Weysse Herrn Schultheyß Bürgermeistern Vnnd Rath dieser de! 1 )
heiligen Reichs- vnnd WaalStatt Franckfurt am Mayn, hochgünstig ge-
pietend und gnedige herrn,
WolEdl. Gestr. Ehrnvfest. Vnnd hochAchtb. soll ich Endsbemelter
Vnderthänig Supplicirend nicht Vorhalten, welcher gestalt nechstver-
ruckter Tagen bey denen zur Inquisition Deputirten, meine Großgün-
stigen herrn, ich mich beneben meiner haußfrawen aller gebühr ange-
meldet, Vnnd Vrab den Beysaß allhier vff ein halb Jahr lang in aller
Demuth Vnderthäniges fleyßes angesucht vnnd gebeten,
Ob nun wol Ihr Ehrnvesten die herrn Deputirten mei Beruff, zu-
stand Vnnd Qualiteten von mir solcher gestalt eyngenommen, daß ich
nemblich in der löblichen Kupferstecherkunst, ohne Ruhm zu melden,
wol versirt , erfahren , auch deßwegen bey Eberhard Kiesern : als bey
welchem ich mich in meiner Lehrzeit zehen gantzer Jahr lang in Ehren
Vnd Trewen vfTgehalten: wie auch bey Mattheyß Merian, beyden auch
der Kunst, Vnd Bürgern allhier, wol beliebt und angenehm, Gestalt ich
dann solcher meiner Kunst halben allbereyt eines Bürgers allhier Sohn
bey mir lernend habe, also daß solches meines Beruffs vnnd hand-
thierung, wie auch bißhero allhier geführten Lebens vnnd Verhaltens
wegen, Gott sei Lob, kein Mangel erschienen ist,
So haben jedoch Ehrnermelte herrn Deputirte, Zweyffells ohne
auß deren Vhrsachen, weyl ich mich Verheyrathet, Vnnd jetzo in der
Ehe lebe , Bedenken gehabt , solch meine Bitt vor sich allein mir zu
verstatten , sondern an E. WolEdl. Gestr. Ehrnvfest. hochachtb. Die-
selbe mit einer Demütigen BittSchrifft hierunder zu begrüssen, mich
Großgünstig remittirt Vnnd Verwiesen,
Wann dann, Hochgünstig gepietend Vnnd gnedige herrn, meines
Beruffs halben, wie allbereyts gemeldet, Verhoffendlich eyniger Mangel
nicht obhanden, Sonsten aber, Vnd so Viel Vnsern HaußStand betrifft,
Wir beyde Eheleut biß annoch mit keinen Kindern gesegnet, Also Vnser-
scyts keines sonderlichen Abgangs an victualien oder dergleichen sich
Zu befahren,
Als gelanget an E. WolEdl. Gestrengh. Ehrevfest.
— 224 —
Vnnd Hoch Achtbar h. meingantz Demütig Vnnd hochfleissiges bitten,
sie geruhen mir sambt' meiner lieben Haussfrawen solchen Beysaß allhier
vff ein halbes Jahr lang, Weyle es in gar ein geringe Zeit, Hochgünstig
zu Verstatten,
Deß Will ich hingegen nicht allein alle schuldige Gebuhr ganz
Willig Vnd gehorsamblich erstatten, sondern auch solche hohe Gutt-
Vnnd Wolthat Vmb E. WolEdl. Gestrengh. Ehrnvfest. Vnnd hochAchtb.
aussersten ungespartesten Fleysses in Vnderthänigkeit zu Verdienen ieder
Zeit ohn Vergessen bleiben, Deroselben hochgünstigen Vnnd Gnedigen
Willfährigen Resolution Hierauff in aller Demuth gehorsamblichst erwartend.
E. WohlEdl. Gestrengh. Ehrnvf.
Vnnd hochAchtb.
Vnderthänig Demütiger
Diener
Sebastian Furck Von Castellaun
Kupfferstecher.
III.
WohlEdle Gestrenge, Ehrevöst hochgelährt, Fürsichtig Hoch vnnd
Wohlweyse großgebiettende herrn Burgermeister vnnd Rath.
Welcher gestallt Ich nicht allein von ehrlichen Eltern ehelichen
auff diese wellt erzihlet, sondern mich in meiner Jugendt die Kunst des
Kupfferstechens erlehrnet, vnd dieselbe schon vihl Jahr in dieser löb-
lichen Statt vnder Ew. Gestr: E. E. vnd Fr. W. gnädigem schütz
exerciret , vnd derselben furters mich zunehrn gemeint , Solches alles
habe verwichenen Freytages vff alhiesiger Inquisition beneben andern
requisiten berichtlich erstattet, vnnd respectiue mit vorgelegtem Geburths-
brieff beschienen , daruff auch vmb ertheilung alhiesigen burgerrechtens
vnderthänige ansuchung gethan; Wann nuhn großg. gebiettende herrn,
die wohlverordnete H. deputirte daselbst an Ev. Gestr. : E. E. vnd
Fr. W. zu suppliciren mich verwiesen, vnd verhoffentlich meiner Per-
sohn halber khein mangel obhanden sein würdt.
Allß beziehe Ich mich vff Ehrngedachter herrn Deputirten relation
vnd deroselben prothocoll, auch meinen der orths in einem vnnd an-
dern erstatteten bericht, vnd pitte Ev. Gestr: E. Ew. vnd Fr. W.
geruhen daruff zu dero gehorsamen burgern mich großg. uff vnd an-
zunehmen ; Welche bezeigende gnad, Ich in allem vnderthönigen schuld-
pflichtig gehorsam zuuerdienen gantz willigst geflissen bleibe
Großg. willfahrung mich getröstend.
Ev. Gestr. E. E. vnd Fr. W:
Vnderthönig trewwillig
gehorsamer
Sebastian Furckh Kupfferstecher.
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Z w e i t e r Teil.
Verzeichnis der Werke des Sebastian Furck.
Vorbemerkungen.
Es war ursprünglich meine Absicht, ein beschreibendes Verzeichnis
sämtlicher Werke des Sebastian Furck zu geben, aber aus äusseren
und inneren Gründen nehme ich davon Abstand. Einerseits würde
ein solches, konsequent durchgeführt, mit der peinlichen Wiedergabe
aller Um- und Inschriften, bei der Menge der zu besprechenden
Arbeiten einen weit grösseren Raum beanspruchen, als mir hier zur
Verfügung steht. Andrerseits aber wäre der Wert einer eingehenden
Beschreibung aller Kupferstiche des Künstlers nur ein zweifelhafter.
Sie vermöchte eine genaue Vorstellung der Bilder und einen Ersatz für
deren Betrachtung doch nicht zu geben. Ausserdem sind die Bildnisse
des Sebastian Furck einander in ihrer allgemeinen Erscheinung so
ähnlich, dass ich Wiederholungen über Wiederholungen hätte häufen
müssen. So gebe ich denn nunmehr von seinen Porträtstichen, die
den ersten Teil des nachfolgenden Verzeichnisses bilden, nur eine
Aufzählung in alphabetischer Reihenfolge. 1 Diese enthält: i) den
Namen des Dargestellten und seinen Stand, wenn dieser auf dem
Stich angegeben ist, oder ich ihn anderweitig ermittelt habe;* 2) die
Angabe, ob wir ein Brustbild, Hüftbild, Kniestück od. dgl. vor uns
haben; 3) den Vermerk : »Wappen«, wenn das des Dargestellten sich
auf dem Stich findet; 4) das Jahr der Entstehung des Bildnisses, oder,
wenn dieses auf dem Stich nicht verzeichnet ist, die Angabe: O. J.,
d. h. Ohne Jahr; 5) die Grösse (Gr.) des Blattes in Centimctern,
und zwar, wenn nichts anderes gesagt ist, die Plattengrösse ; 6) die
Notiz »Monogr.« oder »Unbezeichnet«, wenn das betr. Blatt nicht
mit dem vollen Namen des Künstlers oder überhaupt nicht signiert
ist (vgl. weiter unten); 7) die Aufzählung von Sammlungen, in denen
Abdrücke vorhanden (Vorh.) sind. Hier bedeutet »B.« die Kupfer-
1 Die Bildnisse unbekannter, d. Ii. durch keine Um- oder Inschrift gekenn-
zeichneter Persönlichkeiten stehen am Schluss des Verzeichnisses.
2 Im letzteren Falle in Klammern eingeschlossen.
— 226 —
stichsammlung des Herzoglichen Museums zu Brauoschweig, »D.«
das Kgl. Kupferstichkabinet zu Dresden, »F.« die Sammlung des
städtischen historischen Museums zu Frankfurt a. M., »FS.« die des
Städel'schen Instituts ebendort, »G.« die der Kgl. Universität zu
Göttingen, »M.« das Kgl. Kupferstichkabinet zu München. Sind
mehrere Abdrücke desselben Stiches in einer Sammlung vorhanden,
so nennt die Ziffer, die hinter dem die Sammlung bezeichnenden
Buchstaben steht, deren Anzahl.
Bei weitem die meisten Furck'schen Stiche befinden sich in
Göttingen. Das mag bei der Kleinheit der dortigen Sammlung zu-
nächst verwunderlich erscheinen, aber man wird es begreiflich finden,
wenn man erfährt, dass diese Sammlung ehemals Eigentum des Johann
Friedrich Armand von Uffenbach' in Frankfurt a. M. war, der sie
nebst seiner äusserst wertvollen Büchersammlung der Göttinger
Universitätsbibliothek vermachte. Die besten Abdrücke Furck'scher
Porträtstiche aber befinden sich in Braunschweig. Fast alle dortigen
Blätter sind frühe Abzüge und haben einen schönen breiten Rand.
8) Die auch von Gwinner in seinem Buche : »Kunst und Künstler
in Frankfurt a. M.« und in den »Zusätzen und Berichtigungen« ' dazu
aufgezählten Werke Furcks sind in meinem Verzeichnis mit einem
Vermerk darüber versehen, und zwar ist das 1862 erschienene Haupt-
werk einfach zitiert als: »Gwinner«, die »Zusätze und Berichtigungen«
als: »Gwinner, Zus.«
Ich hoffe, dass diese Angaben für Zwecke der Identifizierung
genügen werden.
Nur bei solchen Bildnissen, die von der Schablone abweichen, und
bei den Blättern der II. und IV. Abteilung des Verzeichnisses habe
ich eigentliche Beschreibungen gegeben.
Ueber den Typus der Bildnisstiche Furcks habe ich bereits im
ersten Teile dieser Arbeit gesprochen.* Es ist kaum nötig hinzuzu-
fügen, dass alle Dargestellten die Gewandung der Zeit tragen, ge-
wöhnlich mit Spitzenkragen und -manscherten, häufig den meist mit
Sammet verbrämten Mantel über den Schultern und den Degen an
der Seite. Geistliche sind in ihrer Amtstracht, Soldaten gerüstet
dargestellt. Die Mehrzahl der Stiche ist mit dem vollen Namen des
Künstlers bezeichnet, z. B. »Sebaftian Furck sculpsit« oder: »Sebaftianus
Furo 4 ad viuuni fecit«, meist mit dem Haken über dem u, der früher
1 Vgl. Gwinner a.a.O. p. 265. Allgcm. deutsche Biographie, Bd. XXXIX, p. 1 $2.
1 Vgl. oben S. 199.
* S. oben S. 219 und folgende.
* Die spateren auch mit dem Zusatz: »civis Francofiirtanus« od. dgl.
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zu der irrtümlichen Lesung Fiirck Veranlassung gegeben hat. 1 Wo
ein Monogramm vorkommt, ist es immer nur das oben S. 203 abge-
bildete, meist mit hinzugefügtem »fe:«, »fecit« od. dgl. Die in den
Kunsthandbüchern sich findenden Varianten sind mir nie vorge-
kommen, 1 und ich darf doch wohl annehmen, dass mir kaum viele
Blatter entgangen sein werden.
Die im Verzeichnis aufgeführten unbezeichneten Werke nehme
ich auf Grund kritischer Vergleichung mit den bezeichneten für
Furck in Anspruch.
Zum Schluss möchte ich auch an dieser Stelle den Beamten
der von mir benutzten Bibliotheken und Sammlungen, die in entgegen-
kommendster Weise meine Forschungen unterstützt haben, sowie
allen Anderen, die mir bei dieser Arbeit mit Rat und That zur Seite
gestanden, herzlichst danken.
I. Bildnisstiche.
1) Abegg, Johann Christoph, Bayerischer Geheimer Rat etc.
Brustbild. Wappen. O. J. Gr.: 20,8 h. 13,4 br. Vorh.: B. F. G. M.
Wie aus der Inschrift hervorgeht, frühestens 1644 entstanden. Gwinner,
p. 123, Nr. 31.
2) Albrecht I., Kaiser. Brustbild. O. J. Gr.: ca. 18,0 h.
12,6 br. Monogr. Vorh.: B. Aus einer Folge von Fürstenbildnissen,
zu der auch die Porträts Albrechts II., Ferdinands I. etc. gehören. 1
Die Serie wird im Folgenden als »Kaiserserie« bezeichnet werden.
Gleichmäßige, handwerkliche Ausführung kennzeichnet diese Bild-
nisse. Sie zeigen alle bis auf eins (Karl V.) das Monogramm Furcks
und dahinter »fe.« Vielleicht haben sie eine zusammenhangende
Publikation gebildet.' 1 Vgl. oben S. 217, 2. Absatz v. u.
3) Albrecht II., Kaiser. Brustbild. O. J. Gr.: 18,0 h.
12,6 br. Monogr. Vorh.: B. Aus der Kaiserserie. Vgl. Nr. 2.
4) Anselm Casimir, Erzbischof von Mainz. Rechteckiges
Blatt, architektonisch gegliedert. Im oberen Teile mitten eine Ansicht
von Mainz, darüber in den Wolken Gottvater, segnend, r. und 1. von
je drei geflügelten Engelsköpfchen umgeben. Unter ihm Inschriftband
mit den Worten : »Non est mortale quod opto«. Darunter 1. eine Hand
mit Feldherrnstab und der Ueberschrift : »Auctoritas« ; r. ein Füllhorn
» Vgl. oben S. 197 ff.
2 Auch Gwinner führt nur das eine Monogramm an. allerdings in nicht ganz
gen.nier Wiedergabe. S. o. S. 2ix».
5 S. 11. Nr. j. 36. 40. 41. etc.
« Vgl. dam Nr. 77.
— 228 -
mit Früchten und der Ucberschrift : »Felicitas«. R. und 1. von dieser
Mitteldarstellung in Nischen die Gestalten Johannes" d. E. und der
Maria mit dem Kinde, durch Ueberschriften bezeichnet. L. in der
Umrahmung der Mariendarstellung zwei gekreuzte Palmzweige mit
der Unterschritt: »Virtus«; r. ebenso über dem Bilde des Johannes
Sonne und Brennglas (?) mit der Unterschrift: Scientia. Im mittleren
Teile das Brustbild des Erzbischofs in der bei Furck gewöhnlichen
Art. R. u. 1. von dem Bildnis in Nischen die ebenfalls durch Ueber-
schrift bezeichneten Gestalten der Heiligen Casimir und Anselm. Im
unteren Teile mitten das Wappen des F>zbischofs, r. u. 1. davon je ein
liegender Hund mit den Unterschriften: »Vigilantia« und »Fidelitas«.
Unbezeichnet, aber aus stilistischen Gründen gewiss eine Arbeit
Furcks, und zwar in dem harten Stil seiner früheren Zeit. Viel-
leicht Titelkupfer eines Buches. Gr.: 21,2 h. 15,6 br. Vorh.: G.
(etwas beschädigter Abdruck).
5) Derselbe. Brustbild. Wappen. Gegenstück zu Georg
Anton, Bischof von Worms (s. Nr. 46). Mit 16 durch Beischrift be-
zeichneten Wappen adeliger Häuser auf der architektonischen Um-
rahmung. Die Inschrift giebt in 8 Zeilen Prosa einen Lebensabriss
des Dargestellten. 163 1. Gr.: 24,3 h. 15,4 br. Monogr. Mit der
Adresse des Eberhard Kiefer. Vorh. : B. FS.
6) Authaeus, Jodokus, Ratsschreiber von Frankfurt a. M.
Brustbild. Auf dem Totenbette liegend dargestellt. 1639. Gr. :17,7 h.
12,8 br. Vorh.: F 2. FS. G. Gwinner, p. 123, Nr. 23.
7) Bachmann, Konrad, Professor in Marburg, a. Hüftbild.
1639. Gr.: 14,7 h. 10,7 br. Vorh.: G. (Umrahmung etwas beschädigt),
b. Dasselbe. Vor der Inschrift. Auch fehlen noch die doppelten
punktierten Nahtlinien auf dem rechten und linken Brustteile, dem
rechten Aermel und dem rechten Schulterteile des Wammses, und
in der Bezeichnung steht statt »viuum« viuü. Vorh.: G. M.
8) Bender, Christoph, Senator von Frankfurt a. M. a. Hüftbild.
1640. Gr.: 12,2 h. 8,5 br. Vorh.: G. M. (beschnittener Abdruck: nur
das eigentliche Bildnis ohne Uni- und Inschrift erhalten), b. Dasselbe.
Vor aller Schrift. Vorh.: G. Gwinner, p. 123, Nr. 26.
9) Bender, Susanna geb. Ayrer. Pendant zu dem vorigen Stich.
i6jo. Gr.: 12,2 h. 8,5 br. Vorh.: F. Gwinner, p. 123, Nr. 27.
10) Bernhard, Herzog von Sachsen-Weimar. Brustbild. Wappen.
O. J. Bildgrösse: 24,3 h. 16,8 br. Mit der Adresse des Fr. Hulsius.
Vorh.: G. (mehrfach beschädigt und stark beschnitten). M. (gleichfalls
etwas beschädigt und ebenso stark beschnitten). Ich vermute, dass das
Bild im Jahre 1634 oder 1635 entstanden sei. Abgesehen von der Adresse
— 229 —
des Fr. Hulsius spricht dafür der Umstand, dass der Herzog nach der
Schlacht bei Nördlingen (5. 9, 1634) in Frankfurt und dessen Um-
11) Birghden, Johannes von den, »S. Caes. mai. aulicus et
quondam in incluta Mceno-Francoford. postae praefectus«. a. Hüftbild.
Wappen. 1638. Gr.: 20,1 h. 15,6 br. Vorh.: F. G. (stark beschnitten).
M. b. Dasselbe. Späterer Zustand. 1639. Die Devise auf a. in Spiegel-,
hier in richtiger Schrift, auch die Umschrift etwas geändert. Vorh.:
G. M. Gwinner, p. 125, Nr. 21.
12) Birghden, Anna Katharina von den, Gattin des Joh. v. d.
Birghden. a. Pendant zu dem vorigen Stich. Fast Kniestück. 1639.
Gr. 20,1 h. 15,6 br. Vorh.: G. M. b. Dasselbe. Späterer Zustand.
An Stelle der Spitzenhaube von a. eine solche ohne Spitzen. Das
Gesicht retouchiert, das Haar länger als im früheren Etat und in
Locken endigend. Yorh.: F. FS 2. Gwinner, p. 123, Nr. 22.
13) Burckhard, Andreas, Württembergischer Geheimer Rat etc.
Hüftbild. Wappen. 1645. Gr.: 20,3 h. 13,6 br. Vorh.: B. G. M.
(später geringerer Abdruck).
14) Christarius, Johannes, Pfarrer von Bacharach. Hüftbild.
Gr.: 19,5 h. 12,0 br. Vorh.: G. (am Rande etwas beschädigt). M.
Vgl. oben S. 214 f.
15) Christine, Königin von Schweden. Brustbild. O. J.
Gr.: 15,4 h. 13,0 br. Unbezeichnct, aber mit der Adresse des
Fr. Hulsius. Vorh.: G. Sicher Arbeit Furcks, und zwar aus seiner
früheren Zeit.
16) Dieselbe. Hüftbild. Umrahmung, Umschrift, Inschrift
und Adresse gleich dem vorigen Stich. Aber während die Königin
auf dem vorigen Bilde reichgeschmückt, in prächtigem Gewände und
ohne Kopfbedeckung dargestellt ist, erscheint sie hier in schlichtem,
nonnenhaften Kleid und trägt auf dem Kopfe eine grosse Haube mit
lang herabhängendem Schleier. Vorh. : G. Spätere Umarbeitung
des vorigen Stiches, und zwar hergestellt, wie sich aus dem Abdruck
ergiebt, indem das Mittelstück der Platte ausgeschnitten und durch
ein anderes ersetzt wurde. Das neue Mittelstück ist anscheinend
nicht in seinem Rahmen befestigt gewesen, denn es zeigt auf dem
Abdruck einen eigenen Plattenrand.
17) Christine Sophie, Landgrätin von Hessen. Pendant zu
Philipp, Landgraf von Hessen (s. Nr. 101). Fast Kniestück. O. J. Gr.:
20,8 h. 14,3 br. Vorh.: B. M.
18) Colchon, Leonhard, Abt von Seligenstadt. Brustbild.
Wappen. 165 1. Gr.: 19,0 h. i4,o % br. Vorh.: B.
gegend weilte.
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— 250 —
19) Corvinus, Andreas, Professor in Leipzig. Hüftbild. Wappen.
O.J. Bildgrösse: 13,0h. io,7br. Höhe derPlatte mitlnschrift ca. 16,5cm.
Vorh.: B. Aus dem Jahre 1637, denn der im Jahre 1589 geborene Cor-
vinus' ist laut Angabe des Bildes dargestellt im Alter von 48 Jahren.
20) Creidenmann, Johann Konrad, Hat und Syndikus von
Esslingen. Hüftbild. Wappen. 1648. Gr.: 20,2 h. 13,3 br. Vorh.:
B. G. M. (stark beschnitten).
21) Cronbergk, Anna Katharina von. a. Brustbild. Wappen.
O.J. Gr. :13,8 h. 10,5 br. Vorh. : G. (etwas beschädigt), b. Dasselbe.
Vor der Inschrift. Vorh.: M. (stark beschnitten). Vgl. oben S. 215.
22) Cron statten, Hier. Stefan von , Bürgermeister von
Frankfurt a. M. Etwas mehr als Brustbild. Wappen. O. J. Gr. :
22,3 h. 16,7 br. Vorh.: D. F. FS. M. Gwinner, p. 123, Nr. 25.
Da der Dargestellte laut Angabe auf dem Bilde 1639 gestorben ist,
so ist der Stich frühestens in diesem Jahre entstanden.
23) Di et r ichstein, Franz von, Cardinal. Brustbild. O.J. Vor
der Inschrift. Gr.: 20,9 Ii. 14,2 br. Vorh.: G. (stark beschnitten). M.
Der Behandlung nach aus der Zeit nach 1640.
24) Di lieh, Johannes Wilhelm, Festungsbaumeister. Hüftbild.
1636. Bildgrösse: 18,8 h. 13,4 br. Vorh. s F. G. (etwas beschädigt).
Gwinner, p. 123, Nr. 15.
25) Derselbe. Hüftbild. Figur fast genau im Gegensinne zu
dem vorigen Stich. O. J. Gr. : 10,6 h. 8,8 br. Ohne Umschrift,
Inschrift und Bezeichnung. Vorh.: G. Gwinner, p. 123, Nr. 16.
Unzweifelhaft Arbeit Furcks aus derselben Zeit wie der vorige Stich.
Vielleicht Probedruck von einer später niellierten Platte (vgl. oben
S. 218, 3. Absatz von oben).
26) (Dilich, Johann Wilhelm, Ehefrau des). Pendant zu Nr. 25.
Hüftbild. 1644. Gr.: 11,0h. 8,9 br. Inschrift in Spiegelschrift: »A° 1644.
/Etat. 23«. Ohne Umschrift. Vorh.: FS. (moderner Abdruck, hand-
schriftlich bezeichnet als Gattin des Dilich). Gwinner, p. 123, Nr. 17.
27) Dilich, Wilhelm, Historiker, Geograph und Architekt.
a. Hüftbild. 1637. Gr.: 11,0 h. 9,3 br. Unbezeichnct. Vorh.: FS.
(moderner Abdruck). Die Umschrift in Spiegelschrift. Ohne Inschrift.
b. Dasselbe. Vor der Schrift. Vorh.: G. Zweifellos Arbeit Furcks;
b. wohl Probedruck von einer nachher mit Umschrift versehenen und
niellierten Platte, von der nach Beseitigung des Niellos in neuerer Zeit
der im Städelschen Institut befindliche Abzug a. gemacht ist. Vgl.
oben S. 218, 3. Absatz von oben.
') Vgl. Allgem. deutsche Biographie.
- 2?I —
28) Dimpfel, Maria, Ehefrau des Johann Jakob Dimpfel, ge-
borene »Mauerin von Lintz inOberösterreich«. Hüftbild. Wappen. 1637.
Bildgrösse mit Inschrift : 14,7 h. 10,8 br. Unbezeichnet. Vorh.: G. (stark
beschnitten und am Rande etwas beschädigt). Sicher Arbeit Furcks.
29) Eiseneck, Johann Martin Bauer von, Kaiserlicher Rat etc.
Hüftbild. Wappen. 1634. Gr.: 21,9 h. 16,6 br. Vorh.: F. 4. FS. 2
(1 davon später Abdruck von der ganz verdorbenen Platte). G. M.
Gwinner, p. 123, Nr. 10.
30) Eiseneck, Maria Juliana Bauer von. Brustbild. Wappen.
1629. Gr.: 10,9 h. 8,7 br. Vorh.: D. FS. G. M. (später, geringer
Abdruck). Gwinner, p. 123, Nr. lt. Tochter des Vorigen im Alter
von 12 Jahren. Vgl. oben S. 215.
31) Eitz, Johann Peter, Hauptmann. Brustbild. Wappen. O. J.
Gr.: 15,8 h. 11,0 br. Vorh.: G.
32) Erhard, Lorenz, Lehrer des Frankfurter Gymnasiums und
Cantor. Hüftbild. 1648. Gr.: 17,4 h. 10,9 br. Vorh.: FS. M.
Gwinner, p. 123, Nr. 43.
33) Fair fax, Thomas, General des Londoner Parlamentsheeres.
Brustbild. 1649. Gr.: 15,5 h. 12,6 br. Unbezeichnet, aber mit der
Adresse Furcks. Vorh. : D. (später Abdruck). G. Handwerksmässigc
Leistung, wohl Gesellenarbeit. Gegenstück zu dem Bildnis Karls I.
von England (Nr. 76).
34) Faulhaber, Johann, Architekt und Mathematiker von Ulm.
a. Brustbild. 1630. Gr.: 16,0 h. 11,3 br. Mit der Adresse Kiesers.
Vorh.: B. G. Der Stich ist einem Blatt mit T\ pendruck eingefügt.
Dieses zeigt über und unter dem Bilde je 4 Zeilen erläuternden
Prosatext, unter den letzteren weiterhin 16 Zeilen gereitntcr deutscher
Verse in 2 durch einen Strich getrennten Kolumnen. Das Ganze hat
als Rahmen eine doppelte Pcrlenschnurkante. Grösse des Ganzen :
27.6 h. 16,9 br. b. Dasselbe. Späterer Zustand. 1634. Statt der
Adresse Kiesers die des M. Remboldt. Der Typendruck hat teil-
weise anderen Text. Vorh.: F.
35) Ferdinand I., Kaiser. Brustbild. O. J. Gr.: 18,2 h.
12.7 br. Monogr. Vorh.: G. Aus der Kaiserserie. S. Albrecht I. (Nr. 2).
36) Ferdinand IL, Kaiser. Analog dem vorigen Stich.
Vorh. : G. (stark beschnitten und etwas beschädigt).
37) Flegel, Georg, Maler. Brustbild. O. J. Gr.: 13,6h. 9,5 br.
Vorh.: F. Gwinner, p. 123, Nr. 18. Ueber den Maler Flegel eben-
dort p. 85.
38) Frangipani, Julius Antonius, kaiserlicher Kriegsrat etc.
Hüftbild. Wappen. O. J. Gr. 21,9 h. 15,7 br. Vorh.: B. D. M.
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- 2j2 -
39) Friedrieb, Herzog von Braunschweig und Lüneburg.
Hüftbild, 16^4/ Gr.: 21,5 h. 15,0 br. Vorh.: B. G.
40) Friedrich I., Kaiser. Brustbild. O. J. Gr. : 17,8 1k 12,6 br.
Monogr. Vorh.: B. Aus der Kaiserserie. Vgl. Albrecht I. (Nr. 2).
41) Friedrich III., Kaiser. Analog dem vorigen Stich. Vorh.: G.
42) Friedrich III., König von Dänemark. Brustbild. Ü. J.
Vor der Inschrift. Gr.: 14,4 h. 10,5 br. Vorh.: B.
43) Fuhrlohn, Theodor, hessischer Rat. Hüftbild. 1638.
Gr.: 18,5 h. 12,3 br. Vorh.: G.
44) Geißheimcr, Anton. Fast Kniestück. Wappen. O. J.
Gr.: 12,0 h. 9,2 br. Unbezeichnet. Vorh.: G. Ohne Zweifel Arbeit
Furcks aus seiner früheren Zeit. S. o. S. 215.
45) Georg, Herzog von Braunschweig und Lüneburg. Hüft-
bild. Hergestellt mit Benutzung des unten aulgeführten Porträts des
L Torstenson (Nr. 133), indem ein anderer Kopf eingesetzt und Um-
schrift und Inschrift entsprechend geändert sind. O. J. Gr.: 21,5 b.
15,6 br. Bezeichnet, aber ohne Adresse. Vorh.: M. Da das Bild des
Torstenson die Jahreszahl 1644 trägt, ist das vorliegende unbedingt
später entstanden.
46) Georg Anton, Bischof von Worms. Brustbild. Wappen.
Seitenstück zu dem zweiten Bildnis des Anselm Casimir, Erzbischof
von Mainz (s. o. Nr. 5). 163 1 . Gr.: 25,3 h. 15,6 br. Mit der Adresse
Kicsers. Vorh.: B. M. (etwas fleckig).
47) Georg Friedrich, Erzbischof von Mainz. Analog dem
vorigen Stich. Ohne Bezeichnung und Adresse. Vorh.: B.
48) Glauburg, Jakob Marquard von (Bürgermeister von Frank-
furt a. M.). Brustbild. Wappen. O. J. Gr.: 19,2 h. 14,3 br. Vorh.: D.
(stark beschnitten). FS. M. Gwinner, p. 123, Nr. 28.
49) Götz, Johannes, Pfarrer in Frankfurt a. M. Etwas mehr
als Brustbild. 1641. Gr.: 19,2 h. 13,4 br. Vorh.: F. FS. G. M.
Gwinner, p. 123, Nr. 30.
50) Gran fort, De Siebat Sieur de, schwedischer Hauptmann.
Hüttbild. O. J. Gr.: 19,4 h. 12,4 br. Vorh.: G. M.
Jl) Güldenbron, Johann Wintter von, Kaiserlicher Obrist-
lcutenant. Brustbild. Wappen. 1650. Gr.: 18.6 h. 144 br. Vorh.: B.
52) Günterode, Hektor Wilhelm von, Stadtschultheiss von
Frankfurt a. M. Hüftbild. Wappen. 1647. Gr.: 17,7 h. 13,0 br.
Vorh.: F. 2. PS. 2. G. M. Gwinner, p. 123, Nr. 134. S. o. S. 217.
53) Gustav, König von Schweden. Brustbild. O. J. Stichgr.:
27,1 h., 17,5 br. Vorh.: B. Aus einer Folge schwedischer Königs-
- 255 -
bildnissc, zu der ferner gehören: Gustav Adoli, Johann II., Karl IX.
und Sigismund (vergl. diese).
54) Gustav Adolf, König von Schweden, a. Hüftbild. Im
Jünglingsalter dargestellt. O. J. Bildgrösse: 13,9 h. 13,5 br. Vorh.:
M. (stark beschnitten), b. Dasselbe. Vor der Inschrift. Vorh. : H.
Anfängerhaft ungeschickt. Jedenfalls eine der ältesten Arbeiten Furcks.
55) Derselbe. Brustbild. O. J. Gr.: 17,9 h. 12,4 br. Monogr.
Vorh.: G. Zu der Kaiserserie gehörig (S. Nr. 2). Aus der Inschrift
geht hervor, dass das Bildnis nach dem Tode des Königs gemacht
ist, also frühestens Ende 1632. Demnach sind auch die übrigen Blätter
der Folge jedenfalls nicht früher entstanden.
56) Derselbe. Brustbild. O. J. Gr.: 27,7 h. 17,7 br. Mit
der Adresse des Fr. Hulsius. Vorh.: G. (beschädigt). M. Zu der
schwedischen Königsscrie gehörend, vgl. Nr. 53.
57) Derselbe, a. 'Fast Hüftbild. O. J. Gr.: 12,3 h. 7,9 br.
Bezeichnet*. Vorh.: FS. b. Dasselbe mit hinzugefügtem, breiteren
Rahmen, der Trophäen darstellt. Vorh.: M. (auf Pergament).
Gwinner, p. 125, Nr. 4?
58) Derselbe. Brustbild. O. J. Gr.: 18,1 h. 14,6 br. Mit
der Adresse Furcks. Vorh.: G. (am Rande beschädigt). M. Inschrift
gleich der auf Nr. 55. Also auch dieses Bild frühestens 1632.
59) Hammerstein, Friedrich Christoph von, schwedischer
General. Hüftbild. O. J. Gr.: 17,0 h. 13,2 br. Vorh.: B.
60) Harpff, Nikolaus. Brustbild. 1628. Gr.: 5,5 h. 4,3 br.
Monogr. Vorh.: G. (auf Seide). Wohl nur Probeabdruck einer
später nicllierten Platte, da Inschrift und Bezeichnung aul dem
Abdruck in Spiegelschrift erscheinen.
61) Herbst, Joh. Andreas, Kapellmeister in Frankfurt a. M.
Hüftbild. 1635. Gr.: 17,4 h. 13,3 br. Vorh.: B. G. 2. M. Gwinner,
p. 12, Nr. 123. S. o. S. 216.
62) Herdesianus, Justinus, Nürnberger Rat. Fast Kniestück.
Wappen. 1646. Stichgrösse: 23,6 h. 15,3 br. Bezeichnet: »G.
Strauch delineavit. Sebastian Furck sculpsit«. Vorh.: B. M. (stark
beschnitten).
63) Hörnigk, Ludwig von, kaiserlicher Rat etc. Fast Knie-
stück. Wappen. 1654. Gr.: 16,9 h. 13,6 br. Vorh.: G. (etwas
beschädigt). M.
64) Derselbe. Hüftbild. 1644. Gr.: 19,5 h. 14,9 br. Vorh.:
B. G. M. Gwinner, Zus. p. 22, Nr. 50 giebt, offenbar irrtümlich, die
Jahreszahl 1645 an. Spätere Abdrücke der aufgestochenen Platte
sind mir nicht zu Gesicht gekommen.
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- 234 -
65) Hoffmann (Ehefrau des Frankfurter Gerichtsschreibers).
Ovales Hüftbild ohne Umrahmung, sowie ohne Umschrift und Inschrift.
O. J. Gr. : 9,4 h. 7,9 br. Unbczeichnet. Vorh. : G. (etwas beschädigt).
M. Die obige Benennung findet sich in alter Handschrift auf dem
Münchener Abdruck. Zweifellos Arbeit Furcks. Probedruck einer
nachher niellierten Platte?
66) Hupka, Gottfried, Musikus zu Frankfurt. Gwinner, p. 125,
Nr. 13. Mir unbekannt.
67) Huxholtz, Wolradt, hessischer Leibarzt. Hüftbild. 1648.
Grösse des Bildnisses: 16,9 h. 14,8 br.; mit Inschrift: ca. 20,2 h.
Vorh. B.
68) Jacobinus, Paulus de la, Dr. juris und Bürger von
Frankfurt. Gwinner, p. 123, Nr. 36. Mir unbekannt.
69) J e c k e l , Johannes, Senator von Frankfurt a. M. Ovales
Hüftbild mit Umschrift. Ohne Umrahmung. 1642. Gr.: 12,2 h. 10,5 br.
Vorh.: G. (etwas beschädigt). M.
70) Jeep, Johannes (Kapellmeister in Frankfurt a.M.). Hüftbild.
Wappen. 1633?' Gr.: 17,4 h. 13,1 br. Vorh. : D. (späterer Abdruck).
G. (etwas beschädigt). M. 2. Gwinner, p. 123, Nr. 14. Auf dem Stich
ist der Name »Jeep« geschrieben.
71) Innocenz X., Papst. Rechteckiges Brustbild ohne Um-
schrift. Wappen. 1644? Bildgrösse mit Inschrift: 18,2 h. 9,7 br.
Mit Furcks Adresse. Vorh.: G. (stark beschnitten). M. (ebenfalls).
Frühestens 1644, die Unterschrift giebt wenigstens an, dass Innocenz
1644 zum Papst gewählt sei.
72) Jörger, Johann Septimius, »Dominus in Tollet, über baro
inKrenspach« etc. Hüftbild. Wappen. O. J. Bildgrösse: 22,5 h. 16,7 br.
Vorh.: FS.
73) Johann, Landgraf von Hessen. Hüftbild ohne Umschrift.
Die Inschrift nur Dedikation des Stechers. O. |. Gr.: 24,5 h. 16,1 br.
Vorh.: B. G. (stark beschnitten). M.
74) Johann 11., König von Schweden. Brustbild. Aus der
schwedischen Königsserie, vgl. Nr. 53. O. J. Stichgr.: 26,7 h. 17,2 br.
Vorh.: B.
75) Jungen, Johannes Maximilian zum (Schöffe von Frank-
furt a. M.). a. Brustbild. Wappen. O. J. Gr. : 19,3 h. 14,3 br. Vorh.:
FS. 2. M. b. Dasselbe. Vor der Inschrift. Vorh.: G. (etwas be-
schädigt). Gwinner, p. 123, Nr. 20. Offenbar gestochen nach der
1 Die Jahreszahl ist sehr klein und undeutlich.
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in der IV. Abtheilung des Verzeichnisses erwähnten und auf der bei-
liegenden Tafel reproduzierten Handzeichnung.
76) Karl I., König von England. Brustbild. 1649. Gr.: 15,5 h.
12,6 br. Unbezeichnet, aber mit der Adresse Furcks. Vorh. : B. G.
(etwas beschädigt). Seitenstück zu Nr. 33 (Thomas Fairfax).
77) Karl V., Kaiser. Brustbild. O. J. Gr.: 18,4 h. 12,6 br.
Bezeichnet mit vollem Namen. Vorh.: G. Aus der Kaiserserie,
vgl. Nr. 2.
78) Karl IX, König von Schweden. Aus der schwedischen Königs-
serie, vgl. Nr. 53. Brustbild. O. J. Stichgr. 26,7 h. 17,4 br. Vorh. : B.
79) Kellner, Johann Christoph (Schöffe von Frankfurt a. M.).
Hüftbild. Wappen. O. J. Gr.: 17,5 h. 14,2 br. Vor Inschrift, Um-
schrift und Bezeichnung. Vorh.: F. Zweifellos Arbeit Furcks, und
zwar wohl aus der Zeit nach 1640. Gwinner, p. 125, Nr. 29.
80) Ki eser, Stanislaus, Pastor von Kirchberg. Brustbild. 1628.
Gr.: 14,5 h. 1 1,1 br. Vorh.: G. M. S. o. S. 215.
81) Kirchcnsittenbach, Johann Jakob Letzel von, auf
Vorrha und Artelshofcn, Kriegsrat. Hüftbild. Wappen. 1643. Gr.:
20,2 h. 13,6 br. Vorh.: B. G. M.
82) Klein, Eberhard, Pastor und Senior in Frankfurt a. M.
Hüftbild. 1633. Gr.: 22,0 h. 14,4 br. Vorh.: M. Frühestens 1633.
Dieses Jahr ist als Todesjahr des Dargestellten in der Umschrift des
Stiches angegeben.
83) Kötlat, Bartholomäus, Giesscr. Hüftbild. 1635. Gr.: 15,1h.
11,6 br. Vorh.: G.
84) Korn mann, Heinrich, Dr. jur. von Kirchhain. a. Brust-
bild. Wappen. 1627? Gr.: 13,3 h. 10,8 br. Monogr. Mit der
Adresse Kiesers. Vorh.: G. Frühestens 1627, da laut Angabe des
Stiches Kornmann am 20. Oktober dieses Jahres gestorben ist.
b. Dasselbe. Vor der Todesangabe und der Adresse Kiesers. Vorh. :
B. M. S. o. S. 215, wo irrtümlich »Kormann« gedruckt ist.
85) (Lc Blon, Daniel, Kaufmann in Frankfurt a. M.). Brust-
bild. Wappen. 1630. Gr.: 9,1 h. 6,8 br. Vorh.: G. M. Vor der
Umschrift. Auf dem Münchener Abdruck in alter Handschrift be-
zeichnet als: »Daniel le Blon, Kaufmann in Frankfurt.«
86) Lotichius, Peter, Dr. med. Gwinner, p. 123, Nr. 33.
Mir unbekannt.
87) M a n s f c 1 d , Philipp Graf von, Rom. Kais. Maj. Hofkriegsrat,
Stadtobrister zu Wien und Feldmarschall. Brustbild. O. J. Vor der
Inschrift. Gr.: 20,7h. 14,0 br. Vorh.: G. (am Rande etwas beschädigt).
M. Aus Furcks reifster Zeit. Gegenstück zu Nr. 135.
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88) Maria Eleonore, Königin von Schweden. Hüftbild. O. J.
Gr.: 12,3 »• 7»9 *>r. Vorh.: M. Gegenstück /u Nr. 57.
89) Maximilian I., Kaiser. Brustbild. O. J. Gr.: 17,9 Ii.
12,7 br. Monogr. Vorh.: B. G. Aus der Kaiserseric, vgl. Nr. 2.
90) Maximilian IL, Kaiser. Brustbild. O. J. Gr.: 17,8 h.
12,6 br. Monogr. Vorh.: B. G. Aus der Kaiserserie, vgl. Nr. 2.
91) Meisner, Daniel, »Poeta laureatus Caesareus«. a. Brust-
bild. Wappen. 1625. Gr.: 13,5 h. 10,6 br. Monogr. Mit der Adresse
Kiesers. Vorh. : G. (stark beschnitten). M. (dsgl.) b. Dasselbe.
Späterer ütat. Statt der Adresse Kiesers die des Paulus Fürst.
Vorh.: B. S. o. S. 215. Gwinner, p. 123, Nr. 44.
92) Meiern, Philipp Ludwig von, Senator und Rcichstags-
gesandter von Frankfurt a. M. .1. Hüftbild. Wappen. 1652. Gr.: 22,9 h.
1 5,5 br. Vorh.: FS. M. b. Dasselbe. Vor der Inschrift. In der Um-
schrift ist das Lebensalter des Dargestellten, statt auf 48, auf 58 Jahre
angegeben. Vorh.: B. Gwinner, p. 123, Nr. 37.
93) Menni, Johannes Heinrich, Dr. phil. et med., kurfürstlich
Mainzischer Leibarzt. Hüftbild. Wappen. 1641. Gr.: 19,6 h. 12,6 br.
Vorh.: G.
94) Mcrian, Matthäus d. A., Kupferstecher. Brustbild. O. J.
Gr.: 18,0 h. 11,5 br. Vorh.: G. Reproduziert auf der beiliegenden
Tafel. S. o. S. 216, wo Z. 11 v. u. statt »des M. Merian« zu lesen
ist: »über M. Merian (Basel 1887)«. Gwinner, p. 123, Nr. 19.
95) Munro, Robert, »Tribunus«. Hüftbild. Wappen. O. J.
Stichgrösse: 20,7 h. 13,1 br. Vorh.: M. (stark beschnitten).
96) N eidlingen, Jacob Löffler von und zu, Württembergischer
Geheimer Rat und Kanzler. Hüftbild. 1638. Stichgrösse: 16,8 h.
12,3 br. Vorh.: G. Vor der Inschrift.
97) Nesen, Anton, Professor der Rechte und Procancellarius
der Marburger Universität, Hesscn-Darmstädtischer Rat. Hüftbild.
O. J. Gr.: 18,3 h. 12,6 br. Vorh.: G. M.
98) Ostermann, Peter, Kaiserlicher Hofrat etc. Brustbild.
O. J. Gr.: 18,1 h. 11,8 br. Vorh.: G. M.
99) Üxenstierna, Axel, Schwedischer Kanzler etc. Brustbild.
1633. Gr.: 25, 2 h. 17,4 br. Mit der Adresse des Hulsius. Vorh.:
B. D. G. (am Rande beschädigt).
100) Permcvcr, Johannes, a. Hüftbild. O. J. Gr.: 13,6 h.
9,1 br. Vorh.: G. b. Dasselbe. Vor der zweiten Untcrschriftzeile.
Vorh.: B. c) Dasselbe. Vor der Schrift, nur mit der Signatur des
Künstlers. Es fehlen auch noch die später oben auf dem Rahmen
angebrachten Medaillons mit cmblematischen Darstellungen. Ausser-
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dem zeigt das Bildnis selbst einige Abweichungen gegenüber den
späteren Etats, besonders ist der Knebelbart etwas breiter und läuft
nicht spitz zu. York: G.
101) Philipp, Landgraf von Hessen. Fast Kniestück. O. J.,
aber nach Angabe der Inschrift im Anfang der fünfziger Jahre seines
Lebens (also Anfang der 30er Jahre des 17. Jahrhunderts) dargestellt.
Gr.: 20,6 h. 14,6 br. Vorh.: B. G. (am Rande etwas beschädigt). M.
Pendant zu Nr. 17.
102) Philipp Christoph, Erzbischof von Trier etc. Brustbild.
Wappen. O. J. Gr.: 35,2 h. 25,7 br. Vorh.: M.
105) Pistor, Valentin, Prediger an St. Barthol. in Frankfurt a. M.
Brustbild. 1647. Bildgrösse: iS,6 h. 14,1 br. Vorh.: F. Gwinner,
p. 123, Nr. 35.
104) Pope Ii er e, Johannes von den. Goldschmied in Frank-
furt a. M. a. Mehr als Brustbild. O. J. Gr.: 14,7 h. 10,2 br. Vorh.: G.
(am oberen Rande r. ein wenig beschädigt), b. Dasselbe. Mit der
Jahreszahl 1640. Yorh.: FS. (späterer Abdruck). M. S. o. S. 216.
Gwinner, p. 123, Nr. 45.
105) Porsius, Dominicas, Hessischer Rat etc. Hüftbild. Wappen.
O. J. Gr.: 19,2 h. 13,1 br. Vorh.: D. G. Frühestens 1642, danach
Angabe des Stiches der Dargestellte in jenem Jahre gestorben ist.
106) Ramsav, Jakob. Brustbild. Wappen. 1636. Gr.: 25,9 h.
17,0 br. Vorh.: G. S. o. S. 216.
107) Derselbe. Brustbild. Wappen. 1636. Gr.: 17,0h. 12,1 br.
Vorh.: G.
108) Reinius, Marcus Cassiodorus, evangelischer Prediger in
Frankfun a. M. Brustbild. Gr. 25,2 h. 12,5 br. Unbezeichnet. Mit
der Adresse Kiesers. Yorh.: F. Wohl Arbeit Furcks aus dem Jahre
1625, da dieses auf dem Stich als Todesjahr des Dargestellten genannt
ist. Nach einem Bilde von G. Flegel.
109) Rudolf I., Kaiser. Aus der Kaiserserie. S.o.Nr.2. Vorh.:B.
110) Rudolf IL, Kaiser. Aus der Kaiserserie. Gr.: 18,2 h.
12,6 br. Vgl, Nr. 2. Vorh.: B. G. (am unteren Rande beschädigt).
in) Rul and, Nicolaus (Gebhard), Handelsmann. Gwinner,
p. 123, Nr. 46. Mir unbekannt.
112) Schöllenbach, Tobias Ölhafen von, Sachsen-Altenburg-
Coburgischcr Rat etc. a. Kniestück. Wappen. 1643. Stichgrösse:
27,6 h. 1 6,5 br. Yorh. : B. G. (am Rande beschädigt und ohne die
Unterschrift in Versen), b. Dasselbe. Späterer Zustand. Die }. und
\. Zeile der Inschrifttafel lauten statt: »Ill m ' Saxoniae Ducis Alten-
burgo-Coburgici, Patriaeque Reipublicae« »Hb" r " m Ducum Saxo-Alten-
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burgo-Coburgici et Wirtembergici, ut et Patriae Reip.« Vorh.: M.
S. o. S. 217.
113) Schröder, Johannes, Dr.med., Physikus von Frankfurt a.M.
a. Hüftbild. 1644. Gr.: 19,1 h. 12,4 br. Vorh.: G. (am unteren
Rande beschädigt), b. Dasselbe. Späterer Zustand. Auf dem Daumen
der rechten Hand ein Siegelring. Vorh.: B. FS. M. Gwinner, p. 123,
Nr. 32. S. o. S. 217.
114) Schütz, J. Jakob, Syndikus von Frankfurt a. M. Ovales
Hüftbild ohne Umrahmung und Schrift. Gr.: 12,8 h. 10,6 br. Vorh.:
FS. 2. G. Auf dem Göttinger Exemplar in alter Handschrift: »J.Jacob
Schütz Syndicus tfurtensis <jJV Auch die Frankfurter Abdrücke
schriftlich als Schütz bezeichnet. Im Städerschen Institut befindet
sich auch ein Nachstich des Blattes von anderer Hand und geringerer
Güte. Gwinner, p. 123, Nr. 39. Dort wird 1654 als Entstehungsjahr
angegeben; aus welchem Grunde, vermag ich nicht zu entscheiden.
115) Schütz, Ehefrau des Jakob Schütz, geborene Reckmann.
Gegenstück zu dem vorigen und ihm in der Grösse und Ausführung
gleich. Vorh.: G. Auf dem Abdruck in derselben Handschrift wie
bei Nr. 114 der Vermerk: »ejus uxor nata Reckmannia <f «.
116) Dieselbe. Aehnlich dem vorigen Stich. Doch befindet
sich die Dargestellte hier nicht hinter einer Brüstung, tragt keine
Halskette, die Hände sind nicht übereinandergelegt, die Blume wird
nicht in der Linken, sondern in der Rechten gehalten u. s. w. Auch
der Gesichtsausdruck weicht etwas ab, doch ist unzweifelhaft dieselbe
Persönlichkeit wie im vorigen Bild dargestellt. Gr.: 12,5 h. 10,5 br.
Vorh.: FS. 2. G. M. Auf den Frankfurter Exemplaren ausgegeben
für die 2. Frau des Jakob Schütz, Anna Maria, geb. Burckhardt, vgl.
auch Gwinner, p. 123, Nr. 40.
117) Schupp, Joh. Balthasar, Dr. theol., Pastor in Hambur».
Brustbild. O. J. Gr.: 17,0 h. 13,5 br. Vorh.: M.
118) Derselbe. Kniestück. O. J. Gr.: 21,2 h. 13,9 br.
Vorh.: B. G. (am Rande ein wenig beschädigt). M.
119) Schwalbach, Gcrnand Philipp von, Canonicus in Bleiden-
stat etc. Kniestück. Wappen. 1645. Gr.: 26,8 h. 16,2 br. Vorh.: B. G.
(beschädigt). M. S. o. S. 217.
120) Schwanz, Johannes, »Propraetor Fontis Montan.« Hüft-
bild. O. J. Gr.: 19,7 h. 12,8 br. Vorh.: G.
121) Schwebel, Nicolaus, Dr. jur. und Advocatus Reipublicae
Francof. Hüftbild. O. J. Gr.: 21,4 h. 13,6 br. Vorh.: F. FS.
Gwinner, p. 123, Nr. 39. Hier ist als Entstehungsjahr 1653 genannt,
doch findet sich auf dem Stiche keine Jahreszahl.
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122) Schwind, Johannes, Stadtschultheiss von Frankfurt a. M.
Hüftbild. Wappen. 1647. Gr.: 22,2 h. 14,1 br. Vorh.: F. Gwinner,
p. 123, Nr. 5. Die Jahreszahl ist dort verdruckt. S. 0. S. 217.
123) Derselbe. Hüftbild. Ohne Umschrift, Inschrift und Jahr.
Gr.: 12,8 h. 10,5 br. Vorh.: FS. M. Gwinner, p. 122, Nr. 6.
124) Derselbe. Hüftbild. Wappen. 1648? Gr.: 22,6 h. 15,0 br.
Vorh.: B. F S. G. (am Rande etwas beschädigt). Gwinner, p. 122,
Nr. 7. S. o. S. 217. Frühestens aus dem Jahre 1648, da dieses als
Todesjahr des Dargestellten auf dem Stich angegeben ist.
125) Derselbe. Auf dem Totenbette liegend. Ganze Figur.
Wappen. O. J. Gr.: 34,1 br. 28,7 h. Vorh.: FS. (moderner Abdruck?).
Gwinner, p. 122, Nr. 8.
126) Schwind, Regina, Gemahlin des vorigen, a. Hüftbild,
oval, ohne Umrahmung. Hinter einer Brüstung, an der in Spiegel-
schrift die Inschrift steht. Unten ausserhalb des Ovals die Signatur
Furcks in richtiger Schrift. 1638? Gr.: 12,6 h. 10,7 br. Vorh.: G.
Probedruck von einer später nieliierten Platte? Frühestens 1638
entstanden, denn in diesem Jahre ist laut der Inschrift die Dargestellte
verstorben, b. Dasselbe. Vor der Inschrift, aber mit der Bezeichnung.
Vorh.: M. Gwinner, p. 123, Nr. 9. Ob Gwinner mit dem Ausdruck:
»in zwei verschiedenen Platten« die vorstehenden verschiedenen Etats
ineint, oder ob ihm ein zweites Bildnis der Regina Schwind bekannt
war, erscheint mir zweifelhaft.
127) Sellinger, Johannes Friedrich, Th. Lic. von Strassburg.
a. Brustbild. 1640. Gr.: 12,3 h. 8,5 br. Unbezeichnet. Vorh. G.
Vor der Inschrift, b. Dasselbe. Anderer Zustand. An Stelle des
breiten Spitzenkragens befindet sich ein schmälerer weisser Kragen
ohne Spitzen etc. In der Umschrift sind hinzugefügt die Worte:
SS. TH. LIC. Auch das Gesicht ist retouchiert. Vorh.: G. (stark
beschnitten und am oberen Rande beschädigt). Sicher Arbeit Furcks.
128) Sigismund III., König von Polen und Schweden. Aus
der schwedischen Königsserie. Stichgr.: 26,7 h. 17,3 br. Vgl. Nr. 53.
129) Sprenger, Ernst, Dr. jur. Hessischer Rat und Advokat
in Frankfurt a. M. Brustbild. O. J. Stichgrösse: 18,3 h. 13,4 br.
Vorh.: F. Gwinner, p. 123, Nr. 38.
1 30) S t e n g 1 i n , Zacharias, Gesandter Frankfurts bei dem Friedens-
congress in Münster, Osnabrück und Nürnberg. Brustbild. Wappen.
O. J. Gr.: 30,3 h. 20,0 br. Vorh.: FS. In Grösse und Ausstattung
analog den Bildnissen in dem Werk: Icones legatorum, qui . . . ad
pacem universalem constituendam Monasterium Westphalorum et
Osnabrugam convenerunt ... ad vivum expressae per Anselmum
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v.m Hülle, Gandensem . . . Antverpi.ie 1648, worin St. nicht ver-
treten ist. Daher wohl als, freilich durchaus selbständige, Ergänzung
zu diesem Werke anzusehen. Gwinner, Zus. p. 22, Nr. 54.
131) Steuber, Johannes, Dr. theo!., Professor in Marburg etc.
Hüftbild. 1645. Gr.: 19,3 h. 15,1 br. Vorh.: B. FS. (stark beschnitten).
132) Tettelbach, Heinrich, Dr. theol., Fastor und Senior der
evangelischen Kirche zu Frankfurt a. M. Hüftbild. 1637. Gr.: 21,9 h.
14.3 br. Vorh.: G. Gwinner, p. 123, Nr. 42. Die dort angegebene
Jahreszahl 1657 ist falsch. Zwar ist die 3 sehr undeutlich, eine 5
aber ist schon deswegen unmöglich, weil Furck bereits 1655 starb.
133) Torstenson, Leonhard, schwedischer General. Hültbild.
1644. Gr.: 21,3 h. 14,6 br. Mit der Adresse Furcks. Vorh.: G.
(am Rande links unten etwas beschädigt). M. Vgl. oben Nr. 45.
134) Derselbe. Rechteckiges Bild ohne Umrahmung. Ganze
Figur. O. J. Gr.: 25,4 h. 16,7 br. Monogr. Mit der Adresse des
Paulus Fürst. Vorh.: M.
135) Traun, Sigmund Adam Herr von, Kaiserlicher Rat,
Kämmerer und Landmarschall in Oesterreich unter der Hnns. Brust-
bild. O. J. Gr.: 20,7 h. 13,8 br. Vorh.: G. (stark beschnitten und
am oberen Rande beschädigt). M. Gegenstück zu Nr. 87.
136) Vo Ick am er, Martin, Kaiserlicher General etc. Hüftbild.
Wappen. 1639. Gr. 19,8 h. 15,5 br. Vorh.: FS. G.
137) Vultejus, Hermann, Professor der Rechte in Marburg,
Comes Palatinus etc. Brustbild. Wappen. O. J. Stichgr.: 22,2 h.
16.4 br. Vorh.: B. Vielleicht von 1631, da laut Angabe der Inschrift
Vultejus 1555 geboren und im Alter von 76 Jahren dargestellt ist.
136) Weickard, Arnold, Dr. med. Kniestück. Wappen. O. J.
Gr.: 16,3 h. 12,3 br. Vorh.: G. (etwas beschädigt). Aus der frühen
Zeit Furcks, wohl vor 1630.
139) Weinheimer, Adam, Pastor und Superintendent zu
Esslingen. Hüftbild. 1653. Stichgrösse : ca. 21,3 h. 13,5 br. Vorh:M.
S. o. S. 217.
140) Weis, Johannes Ulrich. Brustbild. Wappen. 1634. Gr.:
1 1,9 h. 7,5 br. Vorh.: G. (am Rande oben rechts beschädigt). S. o. S. 216.
141) Weitz, Johann Daniel, Stadtkapitain. Gwinner, Zus. p. 21.
Nr. 48. S. u. Nr. 157.
141) Werden hagen, Johannes Angelicus von. Brustbild.
Wappen. 1640. Stichgrösse: 16,3 h. u^br. Unbezeichnet. Vorh. : G.
(stark beschädigt). Sicher Arbeit Furcks.
142) Wil hei m, Landgraf von Hessen. Brustbild. 1633. Stich-
grösse: 23,6 h. 17,2 br. Vorh.: G.
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143) W i 1 1 i .1 r t s , Anthoni, Goldschmied zu Frankfurt a. M.
a. Hüftbild. 1639. Gr.: 8,6 h. 7,2 br. Vorh.: F. b. Dasselbe.
Vor der Umschrift. Vorh.: G. 2. Ohne Inschrift. Signatur und
Jahreszahl in Spiegelschrift. Gwinner, p. 123, Nr. 24. S. 0. S. 216.
1 44) Z e i 1 1 e r , M., Mitherausgeber der Merian'schen Topo-
graphien, a. Brustbild. 1641. Gr.: 18,3 h. 11,4 br. Vorh.: D.
b. Dasselbe. Spaterer Ftat. Gesicht und Hintergrund sind etwas
retouchiert. Vorh.: G. Nach einer Zeichnung von Andreas Schlich.
Gegenstück zu dem Bildnis des M. Merian (Nr. 94). S. o. S. 216.
145) Ungenannter Mann. Hüftbild (nach rechts) eines Mannes
mit halblangem Haar, Schnurr- und Knebelbart, in gegürtetem Wamms
mit Schlitzärmeln und breitem Spitzenkragen. Die Linke gegen die
Hüfte gestemmt. Hinter einer Brüstung, an deren Vorderseite in
Spiegelschrift die Worte stehen: »Natus A°. 1599 d. Octob. 29«.
Stichgrösse: 11,7 h. 9,9 br. Unbezcichnct. Vorh.: G. (beschädigt
und stark beschnitten). M. (ebenfalls stark beschnitten). Sicher
Arbeit Furcks aus seiner mittleren Zeit, vielleicht Probedruck einer
später niellierten Platte.
146) Ungenannter Mann. Ovales Hüftbild ohne Umrahmung.
Nach links gewandt, den Beschauer anblickend. Mit halblangem Haar,
Schnurr- und Kinnbart, in Wamms mit Gürtel und spitzenbesetzter
Halskrause. Die geschlossene rechte Hand auf die Brust gelegt.
Ohne Bezeichnung. Unter dem Bildrand, seiner Krümmung sicli an-
schliessend in Spiegelschrift die Worte: Ift geftorben A°. 1632. den
3 Mertz. feines Alters 46 Jahr. Gr.: 13,2 h. 11,0 br. Vorh.: FS.
Vielleicht auch Probedruck einer später niellierten Platte.
147) Ungenannter Mann. a. Rechteckiges Bild. Kniestück.
Etwas nach rechts gewandt, den Beschauer anblickend. Mit langem
Haar, Schnurr- und Knebelbart, in schlitzärmeligem Wamms mit
breitem Spitzenkragen, Pluderhosen, mit Degen, Schärpe und Mantel.
Im Zimmer an einem Tische stehend. Links ein zurückgeschlagener
Vorhang, rechts ein Wandvorsprung, an dem das Wappen des Dar-
gestellten angebracht ist. Die linke an den Griff des Degens erhobene
Hand halt die Handschuhe, die rechte weist mit dem Zeigefinger
auf ein Stück Papier, das auf dem dreieckig in das Bild hinein-
springenden Tische mit geblümter Decke liegt, an dem der Dar-
gestellte steht. Auf dem Tische befindet sich ausserdem eine Standuhr,
unter die das eine Fnde eines aufgerollten Papiers geklemmt ist mit
den Zahlen 1605, 163 1, 1635. Auf dem erstgenannten Papier liest
man: »A Monüeur«. Unter dem Bild die Verse:
16
— 242 —
«Das die vns kommen nach von uns auch möchten wißen,
Würdt etwan Vnfer gftalt auf das papier gerißen,
Jedoch viel beßer ift, lie folgten diefem Raht,
Vnd übten, waß wir guts gethan, mit gleicher that.«
Darunter links: »S. Furck. fecit«. Gr.: 17,7 h. 13,2 br. Vorh.: FS.
M. b. Dasselbe. Vor der Unterschrift. Auch die Schraffierung von
Gesicht und Händen abweichend. Vorh.: M. Eine der besten be-
zeichneten Arbeiten Furcks.
148) Ungenannter Mann. Ovales Hüftbild ohne Ornament.
Hinter einer Brüstung, etwas nach links gewendet, den Beschauer
anblickend. Mit an den Seiten langem, in der Mitte kurzen und in
die Stirn gestrichenen Haar, in schlitzärmeligem Wamms mit Spitzen-
kragen und -manschetten, über der Schulter Mantel, der mit der
rechten Hand vor dem Leib zusammengefasst wird. Das Gesicht
zeigt eine gewisse Aehnlichkeit mit dem des Joh. Max. zum Jungen
(Nr. 75 und Tafel). Unbezeichnet, aber sicher Arbeit Furcks. Gr.:
13,1 h. 10,7 br. Vorh.: FS. M. (stark beschnitten).
149) Ungenannter Fürst. Medaillon-Brustbild mit reicher recht-
eckiger Barock-Umrahmung. Ueber dem Medaillon, von zwei Genien
mit Palmenzweigen gehalten, das französische Königswappen, unter
demselben ein weiteres Wappen, von zwei geflügelten Putten ge-
halten. Zu den Seiten des Medaillons im Rahmen je ein Füllhorn mit
Früchten und Trophäen. Brustbild, nach links gewendet, den Beschauer
anblickend. Jugendlich, bartlos, mit langem Haar. Im Harnisch,
über der Brust, von der rechten Schulter nach der linken Seite,
Ordensband mit daranhängendem Kreuz. Bezeichnet. Stichgrösse:
•31,5 h. 24,7 br. Vorh.: B. Dort bezeichnet als »Ludwig XVI.?«,
offenbar irrtümlich, denn dieser lebte ja viel später als Furck. Viel-
leicht Ludwig XIV.?
150) Ungenannter älterer Mann. Ovales Hüftbild, hinter einer
Brüstung, auf der die rechte Hand ruht, mit einem Ring am
kleinen Finger. Kopf oben kahl, an den Seiten halblanges Haar, mit
Schnurr-, Kinn- und kurzem Backenbart. Der Dargestellte, etwas
nach rechts gewendet, blickt den Beschauer an, und trägt ein ge-
gürtetes Wamms mit breiter Halskrause. Mitten unter dem Stichrand
die Bezeichnung: »S. Furck. fecit«. Gr.: 10,7 h. 8,8 br. Vorh.: M.
151) Ungenannter Mann. Ovales Hüftbild. Hinter einer Brüstung,
nach rechts gewendet und den Beschauer anblickend. Mit halblangem,
vorn in die Stirn «gestrichenen Haar und dünnem Schnurr- und
Kinnbart; in Wamms mit breitem Spitzenkragen. Der von der rechten
Schulter herabhängende Mantel ist um den rechten Arm geschlungen
- 24? -
und dann unter dem linken Arm hindurch wie ein Gürtel um den Leib
gelegt. Der rechte Arm, mit einem Papier in der Hand, ruht auf
der Brüstung. Den Hintergrund bildet eine Wand, an der rechts in
Gesichtshöhe ein wappenartiger Schild hängt mit der Darstellung
eines Bechers und den Buchstaben H. W. Auf dem Papier stehen
in Spiegelschrift die Worte: »Natus Francofurti A? 1604 d. 10 Maij.«
Unter dem Stichrand, gleichfalls in Spiegelschrift: »Sebaft. Furck.
fecit. 1632.« Gr.: 9,5 h. 7,9 br. Vorh. : M.
152) Ungenannter älterer iMann. Ovales Hüftbild ohne Um-
rahmung. Etwas nach rechts gewendet, den Beschauer anblickend.
Mit an den Seiten langem, in der Mitte kürzeren und in die Stirn
gestrichenen Haar, Schnurrbart und »Fliege«. In schlitzärmeligem
Wamms mit Spitzenkragen und -manschetten. Die rechte Hand ist
auf die Brust gelegt. Unbezeichnet. Gr.: 10,3 h. 8,5 br. Vorh.: M. G.
(stark beschnitten und etwas beschädigt).
153) Ungenannter Mann. Ovales Hüftbild mit schlichtem, recht-
eckigen Rahmen. Etwas nach rechts gewendet, den Beschauer an-
blickend, mit glatt zurückgestrichenem, ziemlich langen Haar, Schnurr-
und Kinnbart. In gegürtetem schlitzärmeligen Wamms, mit breitem,
schlichten, weissen Kragen mit schmalem Spitzenbesatz und ent-
sprechenden Manschetten, der sammetbesetzte Mantel von der rechten
Schulter herabhängend. Hinter einem Tisch, auf dem die linke Hand,
mit einem Siegelring am Zeigefinger, ruht. Mitten unter dem Stich-
rande die Bezeichnung: »Sebaftian Furck fecit.« Gr.: 13,6 h. n,obr.
Vorh. : G. M.
154) Ungenannter Mann. Hergestellt durch Einsetzen eines
anderen Kopfes aus dem Bildnis des Balth. Schupp, s. oben Kr. 11S.
Unvollendet. Der Hintergrund ist gänzlich weggeschliflen, ebenso
der Raum für einen erst leicht vorgerissenen, bis über die Schulter
reichenden weissen Kragen. Der Dargestellte, etwas nach rechts
gewendet und den Beschauer anblickend, hat halblanges, vorn in die
Stirn gestrichenes Haar, Schnurr- und Knebelbart. Vorh.: G.
155) Ungenannter Niederländer. Ovales Brustbild, mit einer
Doppellinie umrahmt. Nach rechts gewendet, fast Profil, den Be-
schauer anblickend. Mit ziemlich langem, lockigen Haar und kleinem
Schnurrbart. In schlichtem Wamms und breitem weissen Kragen mit
schmaler Spitzenkante. Die Nase des Dargestellten ist von ausserge-
wöhnltcher Grösse und Hässlichkeit. Unter dem Bilde stehen die Verse:
»Op Vrijenden groot verfoeck, en Janszoons soete tael;
Zoo laet ick u mijn schetz, doch hou het princepael.«
16«
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— 244 —
Darunter rechts: »C. Summers«, links: » fec.:« Gr.: 9,0 h. 7,0 br.
Vorh.: B. G. M.
156) Bildnis einer ungenannten Frau mit Kind. Rechteckiges
Bild ohne Umrahmung. Die Dargestellte sitzt in einem Zimmer,
das rechts einen zurückgezogenen Vorhang zeigt, unter dem ein mit
einer bis auf die Erde reichenden Decke belegter Tisch steht. An
der Rückwand des Zimmers hängt ein eingerahmtes Wappenbild
und unten an ihr, wie an der von einem Fenster mit Butzenscheiben
durchbrochenen linken Seitenwand zieht sich eine Bank hin, auf der
ein Kissen liegt. Die reich gekleidete Frau, mit breitem Spitzen-
kragen und Spitzenhaube, hält auf ihrem Schooss ein mit pelz-
besetztem Kleidchen und Pelzmütze bekleidetes Kind. Vor ihr sitzt,
zu ihr aufblickend, ein Hündchen. Unter dem Stichrand stehen, von
derselben Hand, wie auf den Porträts des Jakob Schütz und seiner
Gattin (s. o. Nr. 114 u. 115) geschrieben, die Worte: »Sebastian furck
fculp. in tab. argem.« Wir haben also wohl den Abdruck einer
später niellicrten Platte vor uns. Gr.: 17,4 h. 144 br. Vorh.: G.
S. o. S. 218.
157) Bildnis eines ungenannten Mannes. Ovales Brustbild ohne
Umrahmung. Etwas nach rechts gewendet, den Beschauer anblickend,
mit halblangem, etwas lockigen, vorn in die Stirn gestrichenen Haar
und Schnurr- und Kinnbart. In gegürtetem Wamms mit breitem
Spitzenkragen, den Mantel über den Schultern. Um den Kopf, am
Rande, innerhalb des weiss gelassenen Hintergrundes, die Inschrift:
»Fortuna invidiam femper habet comitem«. Unbezeichnet. Gr.: 5,5 Ii.
4,3 br. Vorh.: G. Gwinner, Zus. p. 21, Nr. 48. Danach Bildnis des
Stadtkapitäns Johann Daniel Weitz. (?)
158) Derselbe. Brustbild nach links. Der Mantel gürtelartig
um den Leib geschlagen. Ohne Umschrift und ebenfalls unbezeichnet.
Gr.: 5,9 h. 4,8 br. Vorh.: G.
159) Ungenannter junger Mann. Ovales Hüftbild ohne Um-
rahmung. Nach rechts gewendet, den Beschauer anblickend; mit
halblangem, vorn in die Stirn gestrichenen Haar, Schnurrbart und
»Fliege«. Bekleidet mit gegürtetem, schlitzärmeligen Wamms und
breitem Spitzenkragen. Die linke Hand gegen die Hüfte gestemmt.
Rechts vom Kopfe, innerhalb des Ovals, in Spiegelschrift die Be-
zeichnung: »A° 1640.« Darunter das Monogr. Furcks. Gr.: 10,0 h.
8,1 br. Vorh.: G. M. Später niellierte Platte?
160) Ungenannte Frau. Ovales Hüftbild ohne Umrahmung.
Sirzend, die rechte Hand an die Taille, die linke auf den Schooss
- 245 —
gelegt. Nach rechts gewendet und den Beschauer anblickend. In
reichem, spitzenbesetzten Kleid mit Schlitzärmeln, mit grossen Ohr-
ringen, reichem Kettenschmuck um den Hals und Armbandern an den
beringten Händen. Gr.:i2,8h. 10,5 br. Vorh. : G. M. (stark beschnitten).
161) Ungenannter Mann. Ovales Hüftbild ohne Umrahmung.
Nach rechts gewendet, den Beschauer anblickend. Oben dünnes, an
den Seiten langes, zurückgestrichenes Haar; Schnurr- und Knebelbart.
In gegürtetem, schlitzärmeligcn Wamms mit breitem Spitzenkragen
und Manschetten. Feldbinde über der Brust, an der rechten Seite
Degen. Die rechte Hand gegen die Hüfte gestützt. Rechts im Hinter-
grunde Wappen. Unten, im Abschnitt des Ovals, in Spiegelschrift
die Worte: »Alle ding zum besten, ein Selig Hundt ahm letzten 1638.«
Darunter, ausserhalb des Stichrandes: » j£ fecit«. Gr.: 10,6 h. 8,6 br.
Vorh.: G. (etwas beschädigt und stark beschnitten). Niellicrte Platte?
162) Ungenannter älterer Mann. Ovales Hüftbild ohne Um-
rahmung. Ganz wenig nach rechts gewendet, hinter einer Brüstung;
kahlköpfig, mit kleinem Schnurr- und Kinnbart. In Wamms mit
Ordenskette und breitem, weissen Kragen mit schmaler Spitze. Stich-
grossc: 11,6 h. 9,0 br. Unbezeichnet. Vorh.: G. (stark beschnitten
und etwas beschädigt).
163) Ungenannter Mann. Ovales Hüftbild ohne Umrahmung.
Hinter einem Tische sitzend, die linke Hand auf ein auf dem Tische
liegendes kleines Buch gelegt, die rechte gegen die Hüfte gestemmt.
Mit halblangem, gescheitelten Haar; in schlichtem, gegürteten Wamms
mit breitem, spitzenbesetzten Kragen. Unbezeichnet. Gr.: 12,1 h.
9,8 br. Vorh.: G.
164) Ungenannter Mann. Ovales, mit mehreren Linien um-
rahmtes Brustbild. Der Hintergrund weiss gelassen. Etwas nach
rechts gewendet, den Beschauer anblickend; mit ziemlich langem,
vorn in die Stirn gekämmten Haar und kleinem Schnurrbart. In
Wamms mit Schlitzärmeln und breitem, schlichten, weissen Kragen.
Unbezeichnet. Stichgrösse : 8,2 h. 6,9 br. Vorh. : G.
165) Ungenannter älterer Mann. Ovales Brustbild ohne Um-
rahmung. Nach links gewendet; mit halblangem, seitwärts gestrichenen
Haar und dünnem Schnurr- und Kinnbart. In Wamms mit breitem,
weissen, mit schmaler Spitze eingefassten Kragen. Unbezeichnet.
Gr.: 3,1 h. 2,6 br. Vorh.: G.
166) Ungenannter junger Mann. Ovales Brustbild ohne Um-
rahmung. Nach rechts gewendet. Mit halblangem, vorn in die Stirn
gestrichenen Haar und bartlos. In Wamms mit breitem, weissen
Kragen. Aul dem Hintergründe links das Monogramm Furcks, rechts
— 246 —
ebenfalls eins, zusammengesetzt aus den Buchstaben: C N P S K .
Gr.: 5,2 h. 2,6 br. Vorh. : G. Dieselbe Persönlichkeit, in etwas
höherem Alter, ist auf dem Porträt des Malers Flegel (Nr. 37) in
einem der Umrahmung dieses Stiches eingefügten Bildchen dar-
gestellt, also offenbar auch von jenem porträtiert worden.
167) Ungenannter Mann. Ovales Brustbild ohne Umrahmung.
Nach links gewendet, mit halblangem, in der Mitte gescheitelten
Haar, Schnurr- und Knebelbart. In Wamms mit breitem, von schmaler
Spitze eingefassten weissen Kragen. Unbezeichnet. Gr.: 2,3 h. 1,9 br.
Vorh.: G.: 1 Abdruck von der Platte und 1 Gegendruck eines Abzuges.
II. Kupferstiche mit verschiedenen Darstellungen.
1) Gedenkblatt auf die Vermählung des Stadtkapitäns Job.
Daniel Weitz. Gwinner, Zus. p. 21 f. Nr. 19. Der dortige Vermerk:
»Auf drei Platten gestochen« will besagen, dass Ueberschrift, Dar-
stellung und Unterschrift je auf einer Platte für sich ausgeführt und
dann unter einander abgedruckt sind. Das Ganze ist gross: 18,8 h.
9,3 br. Vorh.: G.
2) »Vier Blätter in 8 VJ mit Wappen und Ritter, auf die Ver-
mählung Hanß Georg, Herrn zu Wa rttenbergk, mit Sabina einer
geb. Pfaltzgrätin beym Rhein« zählt Hüsgen in seinem Aufsatz über
Furck unter dessen historischen Bildein auf. Er hat die historischen
Blätter Furcks aber kaum selbst gesehen, denn sonst würde er wohl nicht
sagen: »Furck muss ebenfalls historische Blätter gestochen haben. . .«
Gwinner erwähnt diese Arbeit nicht, und mir ist nur ein Blatt
derselben in einer Reproduktion in Hirths Formenschatz (1886, Nr. 186)
vor Augen gekommen. Das Bild zeigt einen nach links sprengen-
den Reiter in phantastischer Rüstung. Auf der rechten Schulter
trägt er eine Fahne, worauf dargestellt ist ein heraldischer Helm mit
Decke, darüber ein Boot, in dem eine weibliche Gestalt mit flattern-
dem Haar steht, die das Ruder führt. Um Pferd und Reiter herum
zieht sich ein Spruchband mit den Worten: »IOANNES GEORGIVS .
DOM1KVS . A . WARTTENBERG . REGNI . BOHEMLE . SVPRE-
MVS . PINCERNA . HEREDITÄR!,.« Unten links im Bilde steht die
Bezeichnung: »S. Furck fec.:« Trotz mancher Fehler im Einzelnen,
vor allem in der Bildung des Pferdes, ist das Blatt geschickt gemacht
und von guter dekorativer Wirkung.
3) Taufe Christi im Main. Das Blatt ist von Hüsgen (s. i>.
S. 198I.) und Gwinner (p. 122, Nr. 2 und Zus. p. 21) genau beschrieben,
sodass ich von einer Beschreibung absehen kann. Vorh.: FS.
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- 247 -
4) Ansicht von F rank f urt a. M. Rechteckiges Blatt. Frankfurt
und Sachsenhausen von Süden aus gesehen. Im Vordergrunde links
ein Mann und eine Frau, die sich unterhalten, rechts ein Mann mit
Gewehr, Degen und Rucksack, nach rechts schreitend. Ueber der
Stadt, in der Luft schwebend, zwei geflügelte Putten, die das Wappen
des Kaisers und das der Stadt halten ; letzteres ist zweimal dargestellt.
Darüber links: »Franckfurt«, rechts: »am Mayn«. Rechts unten
bezeichnet mit dem Monogramm Furcks. Unter dem Stichrand in
3 Columnen die Inschrift:
»Gott woll dieße berühmte Statt,
sampt eim Wohl Edlen, Vesten Rath :
Deßgleichen den Geistlichen Stanndt,
beschützen durch sein Göttlich Hanndt :
Der Bürgerschaft ihr Hertz Reglern
das sie ein Stilles leben führn:
la Demuth vnndt Gottseligkeit,
In aller Zucht und Krbarkeit,
Als dann wirdt Gott gedeyen gebn,
vnnd endlich auch das ewig Lehn,
AMEN.
Ita ex animo precatur
Johann :Jeepius.«
Gr.: 13,8 h. 20,2 br. Vorh.: G. Ich vermute, dass Hüsgen in seiner
Aufzählung (s. o. S. 199) diese Ansicht von Frankfurt gemeint haben
wird. Hätte er die von Gwinner, p. 122, Nr. 1 aufgeführte im Auge
gehabt, die rund ist, so würde er im Folgenden kaum besonders
hervorgehoben haben, dass der Prospekt mit der Taufe Christi rund sei.
Die von Gwinner beschriebene Ansicht habe ich leider nicht gesehen.
5) Gustav Adolf, König von Schweden, auf dem Paradebett.
Rechts und links zurückgeschlagene Vorhänge, an denen unten ge-
flügelte Putten sitzen, in den Händen zu Boden gekehrte Fackeln
haltend, ausserdem der linke ein Stundenglas, der rechte einen Schädel.
Dahinter liegt Gustav Adolf, einen Lorbeerkranz auf dem Haupte,
in Wamms, Mantel und Reiterstiefeln auf dem Todtenbette, die Hände
über dem Leib gefaltet. Rechts neben ihm auf einem Kissen Krone,
Szepter und Schwert. Im Hintergrunde erblickt man ein Gefecht mit
der Ucberschrift: »Vincimus, et fugimus? Mirum !« Mitten in der
Höhe erscheint in hellem Licht das Wort Jehovah in hebräischen
Lettern. Von ihm aus geht ein Strahl nach dein Antlitz des Toten,
in dem die Worte stehen: »Merces magna tua est in coelis Seme
lidelis.« Darunter links: J: Hulsman Inv:«, rechts: » j& fec: et exc:
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— 2|S -
Unter dem Bilde befindet sich eine Inschrifttafel in Aurikularstil mit
den Worten: »GVSTAVVS ADOLPIiVS D. G. SVEC GOTH. BT
VANDAL. REX, MAGNVS PR1NCEPS FINLAND. DVX ESTH.
ET CARELLfc, DOM1NVS INGRID etc.« Ucbcr dem Stich die
Worte : »Bey gehaltenem Königl : Schwed : Ehrengedächtnus Zu
Franckfurt am Mayn den 23 Juni im Jahr 1633 in der Kirchen zu
den Barfüßern musiciret« , unter ihm drei Columnen Verse zu je
sechs Zeilen, wovon drei lateinisch, drei deutsch denselben Text ent-
halten. Gr.: 24,2 h. 32,9 br. Vorh. : FS. Gwinner p. 122, Nr. 5.
6) Titelblatt zu des Wilhelm Arthusius Schreib -Kalender
auf das Jahr 1644. Der Text des Titelblattes lautet: »Alter vnd
Xewer Schreib Kalender sampt der Planeten Adspecten Lauff vnd der-
selben Influentzen auffs Jahr nach der Geburt JEsu Christi MDCXLIV.
Gestellt durch Johannem Godofredum Arthusium Mathem. J. U.
Candid. vnd deß Heyl. freyen Reichs-Statt Franckfurt am Mayn Ge-
richtsgeschwornen Procuratorem Ordin. Getruckt zu Franckfurt am
Mayn bev Sigifmundi Latoni S. Erben.« Dargestellt ist: Oben eine
Ansicht von Frankfurt a. M., rechts und links je ein geflügelter Putto;
mitten links der Genius der Zeit mit Stundenglas, Sense etc. und der
Beischrift: »TEMPVS« ; rechts der Genius der Astronomie mit
Himmelsglobus, Zirkel und der Beischrift : »ASTRONOMIA« ; unten,
rechts und links von einem geflügelten Putto gehalten, das Bildnis
des Verfassers, laut Umschrift vom Jahre 1633. Das Bild ist offenbar
mit Aenderung der Titeltypen immer wieder benutzt. Links unten
bezeichnet: »Sebaftian F. fe. Gr.: 17,6 h. 13,8 br. Vorh.: F.
Handwerkliche Arbeit.
7) Titelblatt zu »Job. Schröderi M. D. Pharmacopoeia Medico-
Chymica. Ulm, 1650. Oben in der Mitte das Bildnis Schröders nach
dem unter Nr. 113 beschriebenen Stich, rechts und links davon Ein-
blicke in eine Apotheke. Mitten links Bergleute bei der Arbeit, rechts
Gartenanlagen. Unten rechts und links Tiere aller Art in paradiesi-
schem Frieden vereinigt, dazwischen eine symbolische Darstellung
in Medaillonform. Gr.: 17,2 h. 13,0 br. Vorh: F. Handwerkliche
Arbeit. Unbezcichnet, aber gewiss von Furck oder doch wenigstens
aus seiner Werkstatt.
8) a. Titelblatt zu: »Der Prediger Salomo erklärt durch D.
Chunrad D i e t e r i c h. Nürnberg in Verlegung Johann Andr. Endters,
und Wolflg : deß Jüngern sei: Erben.« Vorh.: FS. b. Dasselbe. Titel:
»Der Prediger Salomo durch D : Chunrad Dieterich Erklcrt. In Verlegung
Johann : Görlins in Ulm.« Vorh. : M. Barockportikus mit Säulen,
allegorischen Figuren und Sinnsprüchen. Oben ein Medaillon mit
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dem Bildnis eines langbärtigen Mannes, jedenfalls des Verfassers.
Unten der Titel. Ganz unten rechts bezeichnet : »Sebaftian Furck
fculpsit.« Gr.: 29,4 h. 19,0 br.
9) Titelblatt zu: »M. ACCI PLAVTI . . . COMCHDLE XX
SVPERSTITES . . . PHILIPPUS P AREVS tertium recensuit. Francof.
Impenlis Philippi Jacobi Fischeri. A" MDCXLI«. In der Mitte, von
Lorbeerzweigen umrahmt, der Titel, darüber ebenso das Brustbild des
Verfassers en face mit der Umschrift: »PHILIPPVS PAREVS.
.ETAT. 66«, unten entsprechend das Medaillonbild des Plautus, wohl
nach einem antiken Relief, an den Seiten bezeichnet: »M. ACCIVS
PLAVTVS.« Ohne Signatur. Gr.: 16,0 h. 9,0 br. Vorh.: PS.
Handwerksarbeit, wohl aus Furcks Werkstatt.
10) Titelblatt zu: »TR ACT AT VS DE CAMBIIS AVCTORE
RAPHAELE DE T V R R I Prancoiurti Sumptibus Joannis Beyeri.
A." 1645«. Mitten im Vordergrund einer Landschaft erhebt sich ein
aus Quadern gefügter, massiver Turm mit Zinnenkrönung und rund-
bogiger Thür, über der ein Schild mit dem obigen Titel angebracht
ist. Zu beiden Seiten am Turm, mit einer Vorderpfote auf den Zinnen-
kranz gestützt, je ein ziemlich heraldisch gebildeter Löwe, der mit
der freien Vorderpfote einen Schild hält mit emblematischer Dar-
stellung und Inschrift. Zwei analoge Schilde hängen vorn von dem
Zinnenkranze des Turmes an Bändern herab. Auf dem Hauptturm
erhebt sich ein zweiter dünnerer und niedrigerer, ebenfalls mit Zinnen
versehen, an dem vorn das eingerahmte, ovale Brustbild des Autors an-
gebracht ist, mit der Umschrift : »RAPHAEL DE TURRI AET. LXII.«
Darüber schwebt Merkur aus den Wolken herab, in der Rechten den
Caduceus, in der Linken ein Buch haltend mit der Aufschrift : »LEX
ET TVTELA«. Im Hintergrund des Bildes sieht man rechts von dem
Turmbau Wasser mit einem Segelboot, auf dem Lande weiter vorn
einen nach links sprengenden Reiter (»Postreuter«) mit einer Tasche
an der Seite; links ein Haus mit Schild, vor dem ein Mann ein ge-
satteltes Pferd am Zügel hält (Relais). Im Vordergrund unten die
Bezeichnung: »Greg: deGrafso del: Sebastian Furck fculpsit.« Gr.: 30,3 h.
18,9 br. Vorh.: F. (stark beschnitten). Von dem Buche findet sich ein
Exemplar in der Stadtbibliothek zu Frankfurt a. M. ; ein weiteres, mit
gutem Abdruck des Titelblatts, in der Gr. Hof bibliothek zu Darmstadt.
11) Titelblatt zu: »DN. GVILHELM1 1 ABRICII HILDA NI.
OPERA Obfervationum et Curationum Medico - Chirurgicarum
QYVE EXSTANT OMNIA FRANCOFVRTl SVMPTIBVS IOANKIS
BEYERI M. DC. XLVI.« Thorbau in Barockstil. Oben und unten
allegorische Darstellungen und Embleme. In der Mitte des mittleren
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Teils der Titel. Rechts und links davon die Gestalten des Hippokrates
und des Dioscorides, darüber das runde Brustbild des Verfassers. Die
einzelnen Darstellungen sind durch Unterschriften gekennzeichnet.
Das Porträt hat die Umschrift: GVILHELMVS FABRICIVS HIL-
DANVS, CHIRVRGIC : MEDICAO ARTE NOBILISS : Av 16350.
Bezeichnet rechts unten, ausserhalb des Stichrandes: S. Furck fec :
Gr.: 31,0 h. 19,3 br. Vorh.: M. Das Blatt ist sorgfältig gearbeitet
und von guter dekorativer Wirkung.
12) Titelkupfer? Im Hintergrund ein Barockbau mit Säulen-
portikus, an dem mitten oben eine Tafel angebracht ist mit der
Inschrift: REGINA PALATI VM ELOQVENTL-E.« An den Säulen
links und rechts untereinander je zwei Plaketten mit kleinen bild-
lichen Darstellungen, die durch Umschriften erläutert werden, und
zwar links: »Triumphus Eloquentia,-« und »Templum Eloq.« ; rechts:
»Thronus Eloquent:« und »Tribunal Eloquentia.«. Vor den Säulen
steht links eine weibliche Figur mit Diadem auf dem Haupte und
Stab in der Linken, die Rechte zum Eintritt ladend erhoben; rechts
Merkur, der zwei rcichgekleidcten (fürstlichen?) Knaben seinen
Caduceus darbietet. Diese achten jedoch kaum auf ihn, sondern
schauen erstaunt der im Vordergrunde sich abspielenden Scene zu.
Dort stürzen fünf halbnackte und unbewaffnete Männer zu Boden,
niedergeschmettert von der in Helm und Panzer, mit der Aegis in
der Linken, dem Schwert in der erhobenen Rechten heranstürmen-
den Athena. Hinter ihr wird eine zweite weibliche Gestalt (Artemis?)
sichtbar, mit Strahlenkronc um dem Haupt und einem Köcher mit
Pfeilen auf dem Rücken, die im Begriff ist, ihren Bogen auf die
Männer abzuschiessen. Unten rechts die Bezeichnung : »Seb. Furck
fecit.« Stichgrösse: 18,6 h. 14,3 br. Vorh.: M.
13) Titelkupfer zu Georg Jac. Schützens Jus Francolurtanum
ad Moenum reformatum. Gwinner, Zus. p. 22. Nr. 53. Mir nicht
zu Gesicht gekommen.
14) Titelkupfer? Mitten ovales Brustbild des Anton Waltpott
von Bassenheim mit der Umschrift: »ADMODVM REVERENDO,
PR.ENOBILI, ATO AMPLISS: DNO DOMINO ANTONIO WALT-
POTT A BASSENHEIM, METROPOLITANA« und der Bezeich-
nung: »Sebastiä Furck fculp:«, links und rechtsjdavon, in ganzer Figur,
in Nischen stehend, »HENRICUS A WALTPOTT MAGN1 ORDINIS
TEUTONICI INCEPTOR« und JOANNES A WALTPOTT
FUNDATOR ECCLESI/E IN REICHENSTEIN«. Oben links Maria (?)
mit Krone und Scepter, darunter die Inschrift: »MATER SAP1EN-
TLfc«; rechts der Evangelist Johannes mit dem Adler und der
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Unterschrift: »AQUILA COELESTIS« ; in der Mitte das Wappen
des Anton von Waltpott, umgeben von den durch Beischritten
bezeichneten Familienwappcn der Waltpott, Nesselrath, Gimnienich
und Bungart. Unten links und rechts ein Schwan mit den Unter-
schriften: »FUKITAS MENTIS« und »GAUDIUM CONSCIENTLt«.
In der Mitte nochmals eine lateinische Dedikation und darunter zwei
lateinische Distichen. Gr.: 21,2 h. 15,3 br. Vorh.: G. (später, am
Rande etwas beschädigter Abdruck).
15) Buchillustration: Bildnis Martin Luthers. Aus einem
kleinen Buch. Auf Vorder- und Rückseite Randvcrzicrung in Typen-
druck. Unter dem Stich die Signatur: A II. Auf der Rückseite
rechts unten Custode: Mar-. Der Reformator ist in ganzer Figur
stehend dargestellt mit pelzbesetztem Talar und hohen Stiefeln. Die
rechte Hand hält den Talar zusammen, die linke ein Buch. Rechts
neben dem Kopfe Wappen, rechts zu seinen Füssen ein Schwan.
Cranach'scher Typus. Links unten die Bezeichnung : »^f:« Offenbar
Jugendarbeit. Vorh.: M.
16) Der Sünden fall. Erstes Blatt einer Reihe von sieben
religiösen Einblattdrucken , herausgegeben von Eberhard Kieser in
Frankfurt a. M. Es trägt die Ucberschrift : »Ena verlohr durch ihm
Abfall, Ihre füntf Sinn vtf einmal all«. Die von Furck gestochene
Darstellung des Sündenfalls (links unten bezeichnet: »S. Furck f. 1618.«)
wird umrahmt von Bibelstellen, Versen und einer Art Homilie in
Prosa, die einerseits den Sündenfall und seine in dem unseligen
Gebrauch der fünf Sinne bestehenden Folgen, andrerseits die durch
Christus gezeigte gute Bethätigung der Sinne zum Gegenstand haben.
Dies alles ist in Typendruck ausgeführt, und unten rechts befindet
sich die Adresse Eberhard Kiesers. Das Bild zeigt in einer von Tieren
verschiedener Art belebten phantastischen Landschaft mitten im Vorder-
grund den Baum der Erkenntnis. Aus ihm redet die mit mensch-
lichem Oberkörper dargestellte Schlange, mit der linken Hand ge-
stikulierend, mit der rechten nach einer Frucht des Baumes greifend,
aui die rechts vor ihr stehende Eva ein. Diese hat den rechten Arm
erhoben, um die von der Schlange gepflückte Frucht zu nehmen, die
linke reicht einen Apfel dem Adam hin, der rechts neben ihr auf
einem bewachsenen Fclsblock sitzt. Er stützt die Linke auf seinen
Sitz, die Rechte führt einen Apfel zum Munde. Ueber die stilistischen
Qualitäten dieser ältesten datierten Arbeit Furcks vgl. oben S. 21?.
Plattcngrösse des Stiches: 8,9 h. 10,8 br. Vorh.: FS.
— 252 —
III. Bücher, zu denen Furck Illustrationen in Kupfersti ch
geliefert hat.
1) Meisner-Kieser, Thesaurus philo-politicus. Frankfurt 1625fr.
Spater erweitert und mehrfach (z. B. 1678) herausgegeben unter dem
Titel »Sciagraphia cosmica.« Vergl. oben S. 207 u. 208 ff.
2) B o i s s a r d , J. J. Bibliotheca Chalcographica . . . Teil VI.
Frankfurt, 1628 und öfter. Vergl. Müsgen und Gwinner (oben
S. 198, 199).
3) Wilhelm, Johann. Architectura civilis. I.Auflage. Frank-
furt 1649. Vergl. Gwinner (oben S. 199). Titelkupfer und ver-
schiedene neue Tafeln zu der späteren, 1668 bei Paulus Fürst sei. Witwe
und Erben erschienenen, erweiterten Ausgabe sind von P. Troschel.
4) Die ovidischen Verwandlungen. Cöln 168 1 bey Eberhard
Gossaert. Nach Hüsgens Angabe (s. o. S. 199). Die Richtigkeit
derselben erscheint mir wegen des spaten Erscheinungsjahres —
26 Jahre nach dem Tode Furcks — zweifelhaft. Leider war mir das
Buch nicht erreichbar.
5) Theatrum Europaeum . . . Herausgegeben von Matthaus
Merian. Frankfurt 1634 C und öfter.
IV. Furcks Handzeichnungen.
Nur zwei Blätter habe ich auffinden können. Das eine befindet
sich im Städel'schen Institut zu Frankfurt und ist auf der beiliegenden
Tafel reproduziert, das andere gehört der Göttinger Sammlung an
und ist in derselben Art, mit Bleistift auf dick grundiertem Pergament,
ausgeführt (vgl. oben die Aeusserung Hüsgens, p. 198). Von einer
Beschreibung der Frankfurter Zeichnung kann ich mit Rücksicht auf
die Abbildung wohl absehen. Sie ist 14,6 h. 9,6 br. und verrat
durch die Art ihrer Ausführung deutlich, dass sie die Vorlage zu
einem Stich bilden sollte (s. oben, Abteilung 1 des Verzeichnisses,
Nr. 75 ). Die Göttinger Zeichnung, 7,0 h. und 5,4 br., ist von weit
geringerer Schönheit. Sie zeigt auf der einen Seite das Brustbild
eines nach rechts gewendeten Mannes mit ziemlich langem, in der
Mitte gescheitelten, lockigen Haar, Schnurrbart und »Fliege« und
unten links die alte handschriftliche Bezeichnung: »Seb. Furck«;
auf der Rückseite das nach links gewendete Brustbild eines Mannes
mit halblangem, ebenfalls in der Mitte gescheitelten, aber glatt
herabhängenden Haar, Schnurr- und Kinnbart. Die Gewandung ist bei
diesen beiden Bildnissen, im Gegensatz zu der Frankfurter Zeichnung,
nur angedeutet.
IV.
Frankfurt am Main und die französische Republik
1802—1803. ')
Von Prof. Dr. I. Kracauer.
Von dem Tage ab, an dem der genaue Inhalt des revidierten
Entschädigungsplanes vom 8. Oktober 1802 dem Frankfurter Rat zur
Kenntnis kam, eröffnete dieser, wie vorauszusehen war, einen diplo-
matischen Feldzug in Paris und Regensburg, um einige Paragraphen
des Planes zu Gunsten Frankfurts zu ändern. Alles was erreicht
worden : die Erhaltung der Selbständigkeit der Stadt, die Aufhebung
jeder anderen Souveränität innerhalb ihres Gebietes, die Zuerkennung
der Mediatstifter nebst den dazu gehörenden Einkünften nahm man
als selbstverständliche Thatsache hin. Dass aber die Stadt Soden und
Sulzbach ohne jede Entschädigung herausgeben, mehrere immer-
währende Renten zahlen, vor allem aber dass ihr die Immediatstifter
und Freihäuser nicht sämtlich zufallen sollten, das schmerzte tief.
Nach welch anderem Massstabe waren doch die Hansastädte behandelt
worden ! Deren Gebiet hatte ansehnlichen Zuwachs erhalten, und trotz
aller Gegenbemühungen Preusscns hatten sie es verstanden, eine
ihnen drohende beträchtliche Rentenzahlung von sich abzuwälzen.
Noch schöpfte man einige Hoffnung aus Schmids Schreiben.*) Der
Entschädigungsplan war zwar am 9. Oktober der Reichsdeputation
übergeben worden, aber es stand zu erwarten, dass er in deren Schosse
aut Widerstand, hauptsächlich auf österreichischer Seite, stossen und
manche Abänderungen und Berichtigungen erfahren würde. Jeder
Aufschub war von grosser Bedeutung, wenn man ihn nur auszunützen
verstand. Deshalb bat Schmid um schleunige Sendung des Herrn
von Bethmann nach Regensburg, der in seiner Eigenschaft als russischer
') Der erste Teil (1795 — 1797) erschien in dieser Zeitschrift Band III S. i j; IT.,
iler zweite (1797— 1802) in Hand V S. 2J2 ff.
J ) Datiert vom 9. und 10. Oktober.
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Hofrat mit seinen Wünschen mehr Berücksichtigung finden würde,
als Schmid. Kr selbst wollte inzwischen auch nicht unthätig sein:
schon jetzt rechnete er mit einiger Sicherheit darauf, die 55 000 Gulden
auf 45 cxx) Gulden »herunterzubetteln, natürlich müsste er vorher die
nötigen argumenta ad hominem anwenden.«
Schmids Schreiben kam nach Frankfurt zur gleichen Zeit mit
der Anzeige von Nassau-Saarbrücken, dass es die ihm zugefallenen
Dörfer Soden und Sulzbach provisorisch besetzt und in Verwaltung
genommen habe. 1
Diese eilige Besitzergreifung spornte den Rat zu raschem Be-
schluss an. Bethmann erhielt den Auftrag, schleunigst nach Regens-
burg zu reisen und im Verein mit Schmid zu retten, was noch
zu retten wäre. Zu ihrer Unterstützung wurde ihnen der schon
öfters mit diplomatischen Sendungen betraute Kanzleirat Böhmer
beigegeben. Bereits am 11. Oktober traf er in Regensburg ein,
Bethmann einen Tag später. Die Aufnahme, die dieser bei Mathieu
und Laforest fand, war zwar, soweit es seine eigene Person betraf,
durchaus zuvorkommend, 1 dagegen überschütteten sie den Rat
wiederum mit allen erdenklichen Injurien. Den Einwand, dass Frank-
furts Verfassung keinen ersten Konsul an der Spitze kenne, dessen
kraftvoller Wille bestimmend auf den zweckmässigen Punkt rasch
wirken könnte, sondern nur einen vielköpfigen, energischen Beschlüssen
abgeneigten Rat, Hess Matthieu nur halb gelten. Er wies auf Ham-
burg, Lübeck und Bremen hin, die auch von einer vielköpfigen Ver-
sammlung regiert würden und doch verstanden hätten, das Interesse
ihrer Gemeinden im richtigen Augenblick zu wahren. Und nun er-
zählte Mathieu, dass er gleich nach seiner Ankunft in Regensburg
überall habe nachfragen lassen, ob denn Frankfurt keinen Vertreter
oder Bevollmächtigten hergesandt habe, um ihn über die Wünsche
des Rates aufzuklären, aber niemand sei erschienen; nur ein Herr
Rüppell habe sich bei ihm als Frankfurter Bürger eingeführt und
versichert, dass die Stiftungen mindestens 100000 Gulden Rente
abwürfen; mithin sei die auferlegte Rente von 55000 Gulden nur
sehr massig ; * dies ergebe sich schon daraus, dass Hessen-Darnistadt
dafür noch jetzt toooo Gulden mehr biete, und auch Hessen-Kassel
die Stiftungen gern um eine hohe Summe übernehmen wolle.
' Militari* IX.
2 Dieser Rüppell — Vater des Afrikareisenden Rüppell — war hessischer
Oberpostmeister. Im Aultrage der hessischen Regierung sollte er die Stifter für
diese reklamieren; damit einstweilen abgewiesen, schlug er ihren Wert übermassig
hoch an, wohl in der Absicht, der Stadt dadurch eine um so höhere Rente aufzubürden.
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Nach dieser Unterredung hielt Böhmer die Sache Frankfurts für
so aussichtslos, dass er sofort wieder zurückreisen wollte. Der öster-
reichische Einfluss, auf den er zunächst baute, war, wie er sofort
erkannte, gleich Null, die französische Diplomatie dagegen übermächtig,
dabei verurteilte sie jede Annäherung an den österreichischen Hof als un-
verzeihliche Schwäche oder gar als Feindseligkeit gegen die Republik. 1
Nur auf dringende Bitten blieb er, um die weitere Instruktion der
gemischten Deputation abzuwarten. Sie traf auch bald ein und enthielt
die Anweisung, wegen verschiedener Punkte im Entschädigungsplan,
besonders wegen der angeblichen hessen-darmstädtischen Schutzrechte
und der Rentenzahlungen, vorstellig zu werden. Die gemischte Depu-
tation verlangte überhaupt Befreiung von jeder Rente, da auch den
anderen Reichsstädten die ursprünglich auferlegten Geldabgaben abge-
nommen seien; es betrügen ja auch die Pensionen für die Geistlichkeit
der aufgehobenen Stifter, die Kosten des katholischen Religionskultus
und des katholichen Schulwesens, die man freiwillig übernehmen
wolle, mehr als drei Zehntel der Stiftungseinkünfte. 1 Aehnlichcn
Inhalts war die Weisung, die Abel nach Paris erhielt. Weil die
Stadt im Entschädigungsplan schlecht weggekommen sei, und die
französische Regierung sie stiefmütterlicher behandelt habe als selbst
Augsburg, so solle er von jetzt ab die Hand fest auf den städtischen
Geldsack legen und mit den Gratifikationen an die französischen
Diplomaten zurückhalten. Wollten die Mächte dem Landgrafen von
Hessen-Kassel durchaus eine Entschädigung zuwenden, so seien dafür
doch noch andre Fonds vorhanden, als gerade das Frankfurter Aerar.
Im übrigen entspräche nach § 30 des Entschädigungsplanes' einer Rente
von 55 000 Gulden ein Kapital von 2200000 Gulden, eine Summe,
die den Wert der Mediatstiftungen bei weitem übersteige. Aber
angenommen, diese seien wirklich so viel wert, so bestimme ja
1 Nach Böhmer : Gehorsamster Bericht über das Resolutum der gemischten
Deputation vom 28. Mai etc. in G. K. XXI und Militaria IX.
■ G. K. XIX vom 15. Oktober. Besonders entrüstet war der Rat über die
angebliche Schutzherrlichkeit des Landgrafen von Hessen, die mit 21 000 Gulden
jahrlich abgelöst werden sollte. »So lange Frankfurt existiert, ist niemals auch der
Schatten eines solchen Hechtes von Darmstadt in Anspruch genommen worden.«
schrieb die Deputation. Das landgräfliche Haus in der Stadt war nur eine mit
Genehmigung des Rates erworbene Privatwohnung des Landgrafen, die ihm zum
Absteigequartier diente. Lediglich Steuerfreiheit war ihm für dieses Haus gewahrt
worden, sonst besass er kein weiteres Recht in der Stadt.
' Darnach sollten die immerwährenden Renten um das Yier/igtache des
Betrages kapitalisiert werden dürfen.
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Xo. 2 des § 34 ausdrücklich, dass zur Rente nur drei Zehntel der
wirklichen Einkünfte herangezogen werden dürften.
Peinlich genug war es Abel, statt für seine unablässigen Be-
mühungen Anerkennung zu finden, aus dem Schreiben der Deputation
einen leisen Vorwurf über manchen misglückten Plan heraushören zu
müssen. Da war es für ihn ein wohlthuendes Gefühl, dass Schmid
sich seiner aufs wärmste annahm. Er, der mit ihm vereint eine
geraume Zeit auf dem schwierigen Boden zusammen gearbeitet hatte
und alle die unberechenbaren Zwischenfälle kannte, die für den Ver-
treter einer unbedeutenden Macht, die höchstens durch Versprech-
ungen und Bestechungen wirken konnte, doppelt gefährlich waren,
rief der Deputation ins Gedächtnis zurück , was man alles Abel
zu verdanken habe: die Befreiung von einer Summe von 2 Millionen
Gulden, die der ursprüngliche Entschädigungsplan der Stadt auferlegt
hatte, sodann die Aufhebung des Schutzgeleites fremder Staaten und
die Gewährung der unbeschränkten Gerichtsbarkeit im ganzen Umfang
ihres Gebietes. Ob denn diese Errungenschaften so geringfügig und
wertlos wären, dass es sich nicht einmal lohne, ein Wort darüber zu
sagen? Man halte ihnen immer vor, was Augsburgs Abgesandte
durchgesetzt hätten. Davon sollte man aber kein so grosses Wesen
machen, denn diese hätten sich zu einer Zahlung von nicht weniger
als iVi Millionen Gulden an Bayern verpflichten müssen. Fände man
aber in der That die Rente für unerschwinglich und unannehmbar,
so gäbe es noch ein Auskunftsmittel, auf den Erwerb der Stifter
überhaupt zu verzichten; dann bekäme man für nichts nichts, und
man sei eben so weit, als wenn man keine Hand gerührt und sich
völlig leidend verhalten hätte. Bissig fügte Schmid hinzu,* für ihn
selbst bestünde die Ausbeute in der Erinnerung an die zahlreichen
Grobheiten, die er als Briefträger für seine Herren Kommittenten habe
ruhig einstecken müssen, um nicht die Sache noch mehr zu verderben.
Wenige Tage nach seinem Schreiben, am 17. Oktober, traf ein
von den drei Abgesandten gemeinsam abgefasster Bericht aus Regens-
burg ein, der die Geister im Rat noch einmal aufeinander platzen
Hess. Die Abgeordneten meldeten nämlich, dass der Entschädigungs-
plan bis auf geringe Abänderungen unzweifelhaft die Majorität
erhalten würde, und dass die daran beteiligten Mächte von den
ihnen zugedachten Ländern bereits provisorisch Besitz genommen
hätten, ohne jedoch die bisherigen Besitzer in der vorläufigen Nutz-
niessung zu stören. Die russischen Bevollmächtigten, von Böhmer
1 Schreiben vom t}. Oktober 1. c.
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und von Bethmann befragt, rieten unverzüglich ein Gleiches zu thun,
da im Unterlassungsfalle der Rat sich alle Nachteile selbst zu-
zuschreiben hätte und spätere Reklamationen schwerlich Berück-
sichtigung finden könnten. In ähnlichem Sinne sprach sich Mathieu
aus, der nur wünschte, dass man von seinem vertraulichen Rate
keinen öffentlichen Gebrauch mache. Da also Frankreich und Russ-
land auf Seiten der Stadt waren, empfahlen die Frankfurter Abge-
ordneten, keinen Augenblick länger mit der Einziehung der geistlichen
Besitzungen zu säumen ; sie lugten noch über die Art und Weise,
wie diese vor sich gehen sollte, einige »Generalbemerkungen« zu,
wobei sie sich an bekannte Muster anlehnten. Darnach dürften die
Absichten des Rates vor ihrer wirklichen Ausführung nicht bekannt
werden. Damit der Schlag alle unvorbereitet träfe, müssten sämtliche
Gebiete gleichzeitig besetzt und etwaige Einspruchserhebungen sofort
nach Regensburg berichtet werden. Für sehr wünschenswert hielten
es auch die Abgeordneten, wenn die Geistlichkeit sich von ihrem
wahren Interesse überzeugen Hesse und den städtischen Kommissaren
bei der Fertigstellung der Ftats, der Aufzählung aller auswärtigen
geistlichen Parzellen und Dependenzen hilfreiche Hand böte. Würde
aber »Mönchsgeist oder Mangel des Verstandes ihnen eine solche
Unterstützung verwehren,« so sollte der Rat, ohne sich weiter an die
privatrechtlichen Bestimmungen und Gesetze zu binden, kein zur
Erreichung seines Zweckes geeignetes Mittel unversucht lassen.
Unverblümt gesprochen hies dies also : Gewalt vor Recht ; diesen
Tribut hatten bereits die Frankfurter Abgesandten dem revolutionären
Geist ihres Zeitalters gebracht. Sie wiesen ferner auf ein Gerücht
hin, durch dessen geschickte Benutzung man leicht einen Druck auf
die etwa widerstrebende Geistlichkeit ausüben könne. F.s verlautete,
dass diese nicht von der Stadt, sondern aus dem allgemeinen Ent-
schädigungsfonds, aber in so schmählich unzureichender Weise
pensioniert werden sollte, dass sie ohne Zuschuss von irgend einer
Seite nicht bestehen könnte. Ihre Notlage müsse jetzt der Rat
benutzen und ihr, ohne sich dabei auf irgend welche Verbindlichkeit
einzulassen, die Gewährung einer Zulage von ihrem guten und bereit-
willigen Benehmen in der Folgezeit abhängig machen.
Um über diese Vorschläge schlüssig zu werden, trat der Rat am
iK. Oktober zu einer für die Geschichte der Stadt höchst bedeutungs-
vollen Sitzung zusammen. Alle hatten das Gefühl, dass damit eine
neue Aera für die Stadt anbreche; ob zu ihrem Heil, war manchem
sehr zweifelhaft. Ein Teil des Rates schreckte vor der Schwere der
Verantwortung zurück. Man verlasse, hiess es, die Pfade der jahr-
'7
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2 5 8
hundertelang erprobten konservativen Politik und breche für immer
mit der Vergangenheit. Zum Wortführer dieser streng konservativen
Partei warf sich Svndikus Danz auf und unterzog die äussere Politik
des Rates und der gemischten Deputation einer schonungslosen Kritik.
»Unsere Stadt«, erklärte er, 1 »ist ein kleiner, in der weiten Sphäre
der Politik unbemerkbarer Staat ; die Sicherung seiner selbst liegt
weder in der eigenen Macht, noch kann er sich auf den Einfluss
mächtiger Verbindungen stützen. Die Stadt muss also ihre reichs-
verbandmässigen Pflichten nach Kräften erfüllen, mehr auch nicht
thun wollen, alle ins Grössere gehenden Negoziationen durch etwaige
Anstellung besonderer Residenten, durch Abordnung von Deputierten
vermeiden, mit einem Worte: sie muss sich leidend verhalten und
auf diese Weise bei der französischen Regierung guten Willen zu
machen suchen. Liegt aber die Aufhebung unserer Selbständigkeit
in dem höheren Plan der Grossmächte, so kann sie davor auch durch
Negoziationen nicht geschützt werden«. Höchst bedenklich erscheine
aber jede Vergrösserung des Stadtgebietes, man solle sich vielmehr
Glück wünschen, wenn die Stadt gerade so, wie sie jahrhundertelang
glücklich gewesen sei, verbleiben könne, und sich von allen den Neid
und Hass der mächtigeren Nachbaren hervorrufenden Veränderungen
fern halten. Für derartige Erwerbungen habe die Stadt nicht einmal
einen Scheingrund aufzuweisen. Uebrigens seien ja die fremden
Besitzungen niemals dem Wohl der Bürger schädlich gewesen.
Doch die Mehrheit des Rates hielt die von Danz verfochtenen
Grundsätze zwar für sehr ehrenwert, aber auf das Gebiet der Politik
nicht anwendbar. In einer Welt der niedersten Ränke und der
krassesten Selbstsucht sollte Frankfurt allein die Rolle des Gerechten
und Uneigennützigen spielen, sich eines Teiles seiner Besitzungen
ruhig berauben lassen, ohne eine Hand dagegen zu rühren, mit einem
Worte, in den Mantel seiner Tugend eingehüllt, alles über sich
ergehen lassen!
Auch hatte man das Bewusstsein, dass man schon zu weit
gegangen war und dass die Absichten des Rates schon zu sehr
in die Oeftentlichkeit gedrungen waren, als dass er jetzt noch hätte
umkehren können. Dazu kam noch das von den anderen Reichsstädten
und besonders von den Hansastädten gegebene Beispiel.
Auf Grund all dieser Erwägungen beschloss die Mehrheit des Rates,
den § 27 des Entschädigungsplanes anzunehmen und mit der Besitz-
ergreifung des der Stadt Zugedachten nicht länger zu zögern. Noch
1 Die ausführliche Begründung seines Votums findet sich in G. Kr. 1. c
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in derselben Sitzung ernannte er 6 Ratsmitglieder zu Kommissaren,
denen zwei Gerichtsdiener oder Advokaten beigegeben werden sollten.
Sie erhielten den Auftrag, zunächst folgende geistlichen Güter nebst
allem Zugehörigen im Namen der Stadt in Besitz zu nehmen und
deren Archive, Urkunden u. s. w. nötigenfalls in mit Schildwachen
versehene Gebäude zu bringen :
1) Das Frauenkloster zur Rosenberger Einigung samt dem Hause
des Klosters Eberbach.
2) Das Bartholomäusstift.
3) Das Liebfrauenstift nebst dem Trierischen Hof.
4) Den Frohnhof und das Dompräsenzhaus.
5) Das Leonhardstift und den Aschatfenburgcr Hof.
6) Das Stift zur Vereinigung zum heiligen Friedrich nebst dem
Arnsburger Hof.
7) Das Karmeliterkloster und das Albaniterhaus.
8) Das Kapuzinerkloster, das Ilbenstädtcr- und das Hngel-
thalerhaus.
In der Frühe des darauffolgenden Tages (am 19. Oktober)
begaben sich die hierzu bestimmten Kommissare in Begleitung je
einer Ordonnanz' in die eben angeführten Stifter, legten überall das
städtische Siegel an, mit der ausdrücklichen Zusicherung, dass die
Besitzergreifung bloss provisorischen Charakter habe, und ihre bis-
herigen Inhaber einstweilen im Genuss und Bezug der Einkünfte und
Gefälle nicht verkürzt werden sollten. Die Vorsteher erhielten zu-
gleich eine Summe Geldes zur einstweiligen Bestreitung der Kloster-
bedürfnisse. So vollzog sich die Besitzergreifung völlig glatt und
ohne jede Störung; die katholische Bevölkerung verhielt sich durch-
aus ruhig, da man sie versichert hatte, dass weder in ihrem Gottes-
dienst noch in ihrem Schulwesen irgendwelche Aenderung eintreten
würde. An den Vorstehern der Stifter rühmte der Rat sogar den
guten Willen, mit dem sie seinen Kommissaren entgegen kamen.
• Das gab wohl Anlass zu der von der Hanauer Neuen Kuropäischen Zeitung
Nr. 166 vom 21. Oktober verbreiteten Nachricht, dass die Besitzergreifung unter
militärischen Anstalten erfolgt sei. Die Wachen an den Thoren und an der Mehl-
vvage seien verdoppelt, die Ratsherren mit militärischem Geleit in den Klöstern
erschienen. Auch seien die Vorsteher derselben schon Samstag in den Römer, der
Dechant des Domstiftes aber zum älteren Bürgermeister beschieden worden, um
von der bevorstehenden Besitznahme Kenntnis zu erhalten. In den öllentlichen
Blättern (Frankl. Staatsristretto Nr. 171 und Frankf. Journal Nr. 150) bestreitet der
Rat dies alles und berichtet den wirklichen, oben angegebenen Vorgang bei der
Besitznahme
'7*
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— 26o —
\ur die Frage, wie der Kurfürst. von Mainz, Karl von Dalberg,
die kirchlichen Umgestaltungen aufnehmen würde, erregte Besorgnis.
Am 20. Oktober hatte ihm der Rat von dem Vorgefallenen Mit-
teilung gemacht und dabei nicht eben wahrheitsgemäss versichert,
die Klöster u. s. w. seien ihm förmlich aufgezwungen worden; er
habe stets dagegen protestiert, dass sie in die Indemnisationsmasse
hineingezogen würden. Er verschwieg wohlweislich, wie lüstern er
nach ihrem Besitz gewesen war. Im übrigen versprach der Rat, es
sich besonders angelegen sein zu lassen, dass durch die erfolgte
Veränderung der katholische Kultus und der Schuldienst nicht im
geringsten zu leiden hätten; beide sollten vielmehr jetzt in zweck-
mässiger Weise neuorganisiert und eingerichtet werden. Hierbei
erhoffe man von ihm und der ihm unterstehenden Geistlichkeit die
nötige Anleitung und Förderung.
Daran knüpfte der Rat zugleich die Bitte, er möchte in Regens-
burg all seinen Einfluss dafür verwenden, dass der Stadt mit Rücksicht
auf die dem katholischen Kultus zu gewährende Unterstützung die
Rente von 55 000 Gulden erlassen würde.' Noch bevor der Kurfürst
das Schreiben erhielt, hatte er bereits in dieser Angelegenheit das
Wort ergriffen. Bei seinem milden, versöhnlichen Sinn wollte er
jedem Zwist mit der Stadt aus dem Wege gehen und erklärte deshalb,
aus Achtung vor den Vorschlägen der vermittelnden Mächte werde
er sich aller Bemerkungen über die vorgenommene Besitzergreifung
der geistlichen Güter enthalten und sich nur auf den Vorbehalt dessen
beschränken, was nach deutscher Staats- und Kirchenverfassung Kaiser
und Reich hierüber noch bestimmen würden. Er empfahl der Stadt
nur die Versorgung der katholischen Armen; über den beträchtlichen
katholischen Armenfond sollte sie mit Hinzuziehung der Geistlichkeit
verfügen ; er empfahl ihr ferner das Wohl so vieler würdigen Geist-
lichen, die das unschuldige Opfer der gegenwärtigen Staatsereignisse
geworden seien.* Das zweite Schreiben 3 des Kurfürsten war in einem
noch entgegenkommenderen Tone abgefasst. Auf die Wünsche des
Rates, dessen Schreiben er inzwischen erhalten hatte, eingehend,
erklärte er sich bereit, mit ihm gemeinsam das Kultus- und Schul-
wesen der katholischen Gemeinde auf der nunmehr veränderten
Grundlage neu zu ordnen. Zwei seiner Räte, Chandellc und
Kolborn, hatte er dazu ausersehen, sich mit den vom Rate hierzu
' Miliaria IX.
a Das Schreiben ist datiert Ascharicnhurt; den 22 X. s. U^b D ;8, Nr. ;S
Katholisches Kirchen- und Schulwesen
' Abpelasst am *?. X I. 0
- 26l
ernannten Kommissaren, dem Syndikus Seeger und Dr. Hofmann in
Verbindung zu setzen. Auch versprach er, mit Rücksicht auf die der
Stadt für den katholischen Kultus neu erwachsenden Ausgaben die
Kentenreduktion in Regensburg befürworten zu wollen. Somit schien
die kirchliche Frage einen über Erwarten günstigen Verlauf zu nehmen.
Die nächste Aufgabe des Rates war nun, die Güter, Renten und
Gefälle, welche den eingezogenen Stiftern und Klöstern ausserhalb
der Stadt Frankfurt und ihres Gebietes gehörten, genau zu verzeichnen,
um daraus deren Gesamtwert sowie deren Gesamteinkünfte zu er-
fahren. Von zwei verschiedenen Seiten wurde er zur schleunigen
Abfassung und Einsendung dieser Statistik gedrängt. Wie Abel
berichtete, fabelten die öffentlichen Blätter in Paris, wahrscheinlich
in gehässiger Absicht, wie er hinzufügte, von ungeheuren Summen,
die die geistlichen Güter dem Frankfurter Aerar einbringen würden.'
Dem gegenüber ständen nur bescheidene neue Ausgaben, da Frankfurt
beabsichtige, dem katholischen Kultus nur zwei Kirchen einzuräumen,
nur 6 Priester für sie anzustellen, obwohl doch die katholische Be-
völkerung der Stadt 13—14000 Seelen zähle. Wie sehr auch Abel
im mündlichen Verkehr und in Noten gegen die üeberschätzung der
jetzt der Stadt zumessenden Renten protestierte, seine Versicherungen
fanden keinen Glauben; überall hiess es, er unterschätze absichtlich
aus leicht begreiflichen Gründen die Höhe der Renten."
Nicht minder drängten die Frankfurter Abgesandten in Regens-
burg auf schleunige Einsendung des Etats der geistlichen Stifter.
Mathieu schien auf einmal wie umgewandelt und Hess es an Liebens-
würdigkeit und Zuvorkommenheit nicht fehlen, höchst wahrscheinlich
war ihm entsprechender Lohn dafür in Aussicht gestellt worden.
Er hatte erst in diesen Tagen durch Böhmer und Bethmann den
Rat auf das Stift Mockstadt im Isenburg-Büdingenschen aufmerksam
machen lassen, das zu einem Frankfurter Stifte gehöre, und dessen
schleunige Besitzergreifung anempfohlen. Er hatte ferner, was noch
viel wichtiger war, verheissen, über alle für die Stadt ungünstigen
Bestimmungen des Entschädigungsplanes einen ausführlichen Bericht
nach Paris zu senden, doch hielt er es später für erspriesslicher, dass
Schmid, dessen Anwesenheit in Regensburg nicht mehr von nöten
wäre, abermals nach Paris reise und diesen Bericht Talley rand selbst
vorlege. Uebrigcns waren Mathieu sowohl als Laforest der Ansicht.
• Der Publicistc vom 27 Yendemiairc (19. Oktober) labcltc von >ooooo
Jlorins de revenus.
* S. Schreiben Abels vom 19. X in G. Kr. XIX.
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dass nicht die Stadt, sondern die katholische Bevölkerung die Kosten
für den katholischen Kultus zu bestreiten habe; Mathieu warnte
dringend davor, bezüglich der Pensionierung der Geistlichen, der
Einrichtung des Gottesdienstes und des Schulwesens die geringsten
Verbindlichkeiten einzugehen. 1
Somit wurde mit grösster Emsigkeit an dem Verzeichnis sämt-
licher Güter und Gefälle, welche die in Besitz genommenen Klöster
und Stifter ausserhalb der Stadt Frankfurt und ihres Gebietes besassen,
gearbeitet. Bereits am 24. Oktober hatte Seeger die Aufzeichnung*
vollendet und sie alsbald nach Regensburg gesandt. Dort hatten
* Schreiben Bethmanns und Böhmers vom 19.. 20., 22. X (Schmie! war in-
zwischen nach Paris abgereist.)
2 Sie rindet sich in G. Kr. XIX unter Verzeichnis derjenigen samtlichen
Güter, Renten und Gefälle, welche nachbenannte geistliche Stifter und Klöster
ausserhalb der Stadt Frankfurt und ihres Gebietes besitzen:
I. Das Bartholomäistift bezieht:
1) an Temporalbestandfrüchten in auswärtigen Territoriis nach den da-
maligen Bestandkontrakten überhaupt : 483 Malter 3.2 Sri (= 3 Simmer
2 Metten);
2) an Zehnten auswärtiger Ortschaften :
a. den Frucht- und Weinzehnten zu Bischorlsheim,
b. den Frucht- und Weinzehnten von verschiedenen Distrikten zu Bergen
und Enkheim einschliesslich dessen, so Herr von Schelm als Erblehen
besitzt,
c. den Fruchtzehnten von einigen Aeckern zu Preungesheim,
d. den Neunten zu Trebur,
c. zu Dörnigheim eine Pension von 27 Malter,
1. zu Schwanheim eine Pension von 8 Malter,
g. den Zehnten zu Kelsterbach,
h. den Zehnten zu Schwanheim,
i. den Zehnten zu Bockenheim,
k. den Zehnten zu Bommersheim, Oberurscl und Stierstadt,
I. den Zehnten zu Griesheim,
m. den Zehnten im Diebsgrund, ingleichen dem Plazenberg zu Ursel,
n. den Andreashafer zu Obcrursel ;
3) an Grundzinsen auswärtiger Ortschaften überhaupt 28*) fl. 48 kr.
II. Das Liebfrauenstift bezieht in auswärtigen Territoriis an teils Erb- teils
Temporalbestandfrüchten überhaupt : 1 $8 (Malter), 1 (Simmer), 3 (Metzen).
III. Das St. I.eonhardstift in auswärtigen Territoriis an Pachtkorn und
Zchntcnfrüchtcn, und zwar was die letzteren betrifft, nach einem Durchschnitt
der letzten drei Jahre 250 (Malter), 2 (Simmer), 3 (Metzen).
IV. Das Karmcliterkloster besitrt auswärts:
1) an Weinbergen 28 Morgen, 3 Ruten,
2) an Aeckern 8 Morgen, '/» Rute,
3) eine Hofraite, 2 Häuser und einen Garten,
I) an Erb- und Teniporalbestandfrüchtcn 185 (Malter), 13 Simmcrn.
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inzwischen Böhmer und Bethmann der Reichsdeputation ihren Protest
gegen die Wegnahme von Soden und Sulzbach eingereicht, leider
aber hatte diese ihn einfach ad acta gelegt.
Doch nahm man diese Abweisung ohne grosse Aufregung hin:
kam es doch vor allem darauf an, welchen Erfolg der Mathieusche
Bericht an Talleyrand und das Auftreten Schmids in Paris haben
würde. Dieser hatte, ohne zuvor die Einwilligung der Deputation in
Frankfurt eingeholt zu haben, am 19. Oktober die Reise nach Paris
angetreten; seine eigenmächtige Abreise war nachträglich still-
schweigend gut geheissen worden, da seine Anwesenheit in Paris
nur nützen, und er Abel über eine Menge wichtiger Dinge, die sich
nicht gut schriftlich darlegen Hessen, besonders über die Vorgänge
in der Reichsdeputation, aufklären konnte.
Am 28. Oktober traf er in Paris ein und fand Abel in sehr
mutloser Stimmung. Dieser hatte sich vor keinem Gang zu den
V. Das Dominikanerkloster modo congregatio ad S. Fridericum besitzt
auswärts :
1) an Pachtfrüchten ij8 Malter, 1 Simmer, 3 (Mctzen),
2) an Grundzinsen 2 Gulden 36 kr.
3) an eigenen Gütern 31 Morgen, 2 Viertel,
4) und an Wiesen 4 Morgen, 3 Viertel.
VI. Das Kapuzinerkloster lebt von Almosen und kommt daher nicht in
Anschlag.
VII. Das Nonnenkloster der Rosenberger Einigung besitzt in aus-
wärtigen Territoriis :
1) an Erb- und Temporalbestandfrüchten 110 Malter und Stroh i*/t Fuder,
2) an Geld : ständigen und unständigen Gefällen 27 Gulden, 36 Kreuzer.
Pro Nota: Dieses Frauenklosters Vermögen kann, da es nach dem
Indemnisationsplan erhalten werden muss und nichts Ueberflüssiges
besitzt, eigentlich für keine Acquisition angerechnet werden.
VIII. Der A schaffen burger Hof des St. Petri- und Alexanderstiftes
bezieht teils in territoriis, teils extra territorium an Pachtkorn und Zehnten -
fruchten jährlich im Durchschnitt 207 (Malter), 2 (Simmer), 1 Metze,
8 (Gescheid).
Pro Nota: Die dem Kloster Arnsburg zugehörige Behausung ist bis-
her von einem Abt des Klosters und einem Pater desselben bewohnt
gewesen und hat also an Zins nichts rentiert.
Der Trierische Hofplatz ist vermietet, der Mietszins aber durch die
Interessen eines darauf haftenden Passivkapitals von 60000 Gulden
absorbiert.
Endlich die Häuser des Klosters Ilbenstadt, Engelthal, Eberbach, des
Stiftes St. Alb.ini sind mehr oder weniger verfallen, geringe, in abge-
legenen Strassen gelegene Häuser (als worüber die Bescheinigungen
sofort nachgebracht werden können).
(Zur L'ebersendung nach Regensburg, zu beweisen, dass wir für eine
Rente von 55000 Gulden viel zu hoch veranschlagt sind.)
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— 264 —
Ministern und deren Räten gescheut, die Zahl der Noten, in denen
er gegen die Höhe der Rente, die Besetzung Sodens und Sulzbachs
protestierte und die Erwerbung aller geistlichen und weltlichen Be-
sitzungen nebst ihren Dependenzen forderte, war nicht gering. Aber
bei der Rentenfrage stiess er auf so starken Widerstand, dass er jede
Hoffnung auf Erfolg aufgab. Er riet daher,' die Rentenangelegenheit
ganz fallen zu lassen, da andere Reichsstände — er nannte Hessen-
Darmstadt und Mainz — sich die fraglichen Stifter noch weit höher
in Anschlag bringen lassen würden. Sei doch sogar über österreichische
Mediatstifter zum Vorteil anderer verfügt worden. Frankfurt hätte
überhaupt kein einziges seiner Stifter erhalten, wenn nicht die fran-
zösische Regierung durch ihre Vertreter in Regensburg den Annexions-
gelüsten fremder Stände entgegengetreten wäre. Und schliesslich
bliebe doch der Vorteil auf Seiten der Stadt. Möge immerhin richtig
sein, dass die Einkünfte der neuen Erwerbungen nach Abzug der
lebenslänglichen Pensionen und der Kosten für den katholischen Kultus
gerade hinreichten, um die Renten zu bezahlen, so werde sich doch
im Laufe der Jahre durch das allmähliche Absterben der Geistlichen
und den Wegfall der Pensionen ein Ueberschuss ergeben.*
Trotz alledem hatte Abel am 25. Oktober noch einen letzten
.Sturmlauf auf Talleyrand unternommen, aber auch diesmal erfolglos.
Denn der Minister wollte nichts davon wissen, dass Frankfurt auf
gleichem Fusse mit den Iiansastädten behandelt werden müsste. In
sehr empfindlichem Tone bemerkte er, 5 die Forderungen der letzteren
seien bereits vom Direktorium bewilligt und ihnen in besonderen ge-
heimen Verträgen zugesichert worden. Hätte Frankfurt seine Wünsche
auch so zeilig der französischen Regierung zu erkennen gegeben,
anstatt erst in zwölfter Stunde, so wäre es höchst wahrscheinlich noch
besser als die Hansastädte weggekommen. Ebenso wies er einen
Vergleich mit Augsburg als unzutreffend zurück, da diese Reichsstadt
nur leere Häuser ohne Wert erhalten habe.
Da führte das Erscheinen Schmids eine erfreuliche Wendung
herbei. Unterstützt durch den für die Stadt günstigen Bericht
Mathieus und Laforests und durch die inzwischen nach Paris gesandte
Seegcrsche Statistik fand Abel jetzt mit seinen Forderungen geneigtes
Ohr. «Der Himmel scheint für Frankfurt immer heiterer zu werden,«
konnte er schon wenige Tage nach seiner Ankunft melden. »Die
1 S. Schreiben vom 22. Oktober I. c.
* Schreiben vom 22. X.
' Schreiben vom 25. X.
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Dependenzen der fremden Stifter ohne irgend welche Ausnahme
sind uns jetzt sicher. Ich hätte sogar das Komposteil für die Stadt
erlangen können, wenn nicht die Rücksichtnahme auf den dadurcli
verletzten Kurfürsten von Mainz mir Schranken auferlegt hätte.
Ebenso günstig steht jetzt unsere Rentenangelegenheit. Freussens
Verlangen, die Renten auf die Hansa- und Reichsstädte abzuwälzen,
tindet hier keine Unterstützung.« Am 4. November erhielt Abel die
offizielle Mitteilung, dem Vertreter der Republik in Regensburg sei
ausdrücklich eingeschärft worden, sich der Reichsstädte nach Kräften
anzunehmen und zu verhindern, dass die Reichsdeputation, die aus-
schliesslich aus fürstlichen Deputierten bestand, sie vergewaltige.
Im besondern sollten die Frankfurt auferlegten Lasten entweder ganz
abgenommen oder nach äusserster Möglichkeit erleichtert und auf
Hcssen-Darmstadt abgewälzt werden.'
Nach diesem Erfolg hielten sich Abel und Schmid für ver-
pflichtet, um den Eifer der französischen Behörden anzuspornen,
schon jetsjt ein »Viertel« abzugeben. Sie zweifelten keinen Augenblick,
dass Mathieu und Laforest diesmal energisch für Frankfurt eintreten
würden. Und diese Zuversicht täuschte sie nicht.
Der am 16. November von Laforest und Bühler der Rcichs-
deputation vorgelegte Entschädigungsplan zeigte in seiner neuen
Gestaltung überall die zu Gunsten Frankfurts und der anderen Reichs-
städte korrigierende Hand. So ward auch die auf Antrag Freussens
und Bayerns den 3 Hansastädten und Augsburg durch den Beschluss
vom 50. Oktober aufgebürdete Rente von je 50000 Gulden ver-
worfen, da diese schnurstracks den Grundsätzen zuwiderliefe, von
denen die vermittelnden Mächte sich bei Abfassung des Entschädigungs-
planes hätten leiten lassen. 1
Gehen wir jetzt die Abänderungen des Flaues, soweit sie Frank -
* Abels Bericht vom \. XL I. c.
2 Häusser S. 59) : »Die Auskunft, die getroffen ward, war schlimmer als
die den Städten zugedachte Steuer, es ward, um die fehlende Entschädigungssumme
zu beschaffen, ein Rheinoktroi eingeführt, dessen Verwaltung Kurmainz im Einklang
mit Frankreich besorgen sollte. Damit war die Last dem deutschen Verkehr auf-
gebürdet und der Erzkanzler des Reiches durch einen Teil seines Hinkommens zu
imch grösserer Abhängigkeit gegen die. französische Politik verpflichtet.« Auch in
Frankfurt vernahm man diesen Ausweg mit grossem Missbehagen. Man besorgte
.dlcrlei Hemmungen für den Frankfurter Handel und war jetzt auf den mehr oder
minder guten Willen beider Machte angewiesen. Man befürchtete vor allem ein
Fmporblühen der auf Frankfurts Blüte stets eifersüchtigen Stadt Mainz. Zur Ent-
schädigung für die Rente erhielt Darmstadt eine Virilstimmc und die Zusicherung
der kurfürstlichen Würde nach dem Erlöschen der Hessen-Kasselschcn Linie.
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- 266 -
furt betreffen, im einzelnen durch. Der § 7 war der Stadt aus
doppeltem Grunde anstössig gewesen: er sprach von einem an-
geblichen Hoheitsrecht Hessen-Darmstadts auf Frankfurt und legte
der Stadt eine Rente von 21000 Gulden für den Landgrafen auf.
In dem neuen Entwurf geschah dieser beiden Punkte keine Erwähnung
mehr. Im § 27, der sich ausschliesslich mit den Reichsstädten und
ihrer künftigen Stellung im Reiche beschäftigt, wurde der der Stadt
eingeräumte Besitz noch näher bestimmt, beziehungsweise erweitert.
Hiess es früher, dass die Stadt Frankfurt für die Abtretung ihres
Anteils an den Dörfern Soden und Sulzbach die in ihrem Umfang
gelegenen Kapitel, Abteien und Klöster mit allen ihren Abhängig-
keiten sowohl inner- als ausserhalb ihres Gebietes erhalten sollte,
so wurde jetzt noch hinzugefügt »und namentlich Mockstadt, sowie
alle geistlichen Güter, Gebäude — also sämtliche Immediatstifter —
Eigentum und Einkünfte in besagter Stadt und ihrem Gebiete mit
Ausnahme des Kompostells.« Dagegen wurde der Stadt die Zahlung
von Renten an die Grafen von Salm-Reiferscheid-Dyk von Stadion-
Warthausen und Stadion -Tannhausen im Gesamtbetrage von
34000 Gulden nicht abgenommen.
Zum Schluss enthielt der Entwurf noch die sehr wichtige Be-
stimmung, dass alle entschädigten Stände, soweit es bis jetzt noch
nicht geschehen sei, 8 Tage vor dem ersten Dezember den Civil-
besitz der ihnen zugewiesenen Güter anzutreten hätten. Strittige
Ansprüche sollten spätestens bis zum 1. Dezember 1803 durch ein
Urteil der Austräge, 1 gegen das eine Appellation nicht statthaft sei,
entschieden werden.
Mit diesem neuen Entwurf beschäftigte sich jetzt wieder die
Reichsdeputation. Durch das Drängen der französischen Diplomatie
zur Eile angespornt, beriet sie ihn in wenigen Tagen durch und
legte bereits am 23. November ihren Hauptschluss vor, es war die
dritte Redaktion des Entwurfs vom 18. August. Ueber den Kopl
des Kaisers hinweg, dessen Vertreter so ohne weiteres den Entwurf
nicht annehmen wollten, übergab ihn Laforest und Bühler verfassungs-
widrig am 6. Dezember dem Reichstag selbst mit dem Ersuchen,
das Werk in schleunigste Erwägung zu ziehen. Zugleich legten sie
eine Liste derjenigen Stände bei, die .uif Grundlage der neu ge-
schaffenen politischen Ordnung auf dem Reichstage allein vertreten
sein und schon jetzt über den Deputationshauptschluss beraten sollten.
Danach waren die von der Säkularisation Betroffenen von der
1 Also durch Austrjgalgcrichtc.
- 36 7
Abstimmung über die sie so tief berührenden Fragen ausgeschlossen.
Dass der Kaiser trotz anfänglichen Sträubens schliesslich doch, wie
bisher immer, dem Druck des Reichstages und der fremden Mächte
nachgeben würde, Hess sich voraussehen.
Ueber den neuen Entwurf jubelten Bethmann und Böhmer laut
auf.' Die Renten von 34000 Gulden und die zur Unterhaltung der
Reichskanzlei noch zu leistenden Beiträge hielten sie nicht für uner-
schwinglich hoch, da ja der Stadt jetzt eine Anzahl geistlicher Güter
zugefallen wäre. Triumphierend berichteten sie, die Fassung des
Frankfurts Besitzverhältnisse betreffenden Passus im § 27 des Ent-
schädigungsplans sei absichtlich so gewählt worden, dass man getrost
auch die Güter des Deutschen und des Malteser Ordens sich aneignen
dürfe; sogar über das Komposteil, das der Entschädigungsplan aus-
drücklich dem Kurfürsten von Mainz vorbehielt, Hesse sich noch
reden. Die etwaigen Proteste würden in Paris keine Berücksichtigung
finden, wenn Abel und Schmid die nötigen Schritte beim französischen
Ministerium unternähmen. Auch von seiten des Kaisers sei nach den
Versicherungen der französischen Gesandtschaft, denen Baron von Hügel
nicht widersprochen habe, kein Widerstand zu besorgen. Ueber-
haupt waren die Abgesandten der Ansicht, dass die Zeiten, wo man
auf den Klerus habe Rücksichten nehmen müssen, längst vorüber
seien. Die Schule, die sie jetzt in Regensburg durchmachten, be-
stärkte sie nur noch darin.* Noch einmal empfahlen sie eindringlich
dem Rate, dem Kurfürsten von Mainz nur im allgemeinen zu erklären,
»wie man dasjenige thun werde, wozu die Rechte der Landeshoheit
Ermächtigung geben, und was nach solchem in andern Kur- und
fürstlichen Staaten werde verfügt werden, dass man die landes-
hoheitlichen Pflichten in Ansehung der Lehranstalten, Kultusfragen u. s.w.
auf die redlichste Weise ohne irgend eine der diesseitigen Landes-
hoheit zu nahe tretende fremde Mitwirkung zu erfüllen trachten werde.«
Von einem Zusammengehn mit Mainz bei der Ordnung der kirchlichen
Angelegenheiten wollten sie nichts wissen, denn »Principiis obsta!
Noch ist es Zeit davon zurückzutreten. Nur keine schwankende
sondern feste Haltung ! Das Beispiel Nassaus und Darmstadts soll auch
für Frankfurt massgebend sein.«
• In ihrem Bericht vom 17. — 21. November. Böhmer hatte inzwischen aut den
Antrag des alteren Bürgermeisters einen etwas höheren und »seinen obliegenden
Verrichtungen angemesseneren Charakter«, nämlich den eines geheimen Legations-
rates erhalten, um sich desto freieren Zutritt zu den höheren Gesandtschaften zu
verschaffen.
J S. ihr Schreiben vom 5. XI. in Milit. IX.
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— 268 —
Aber dem Rate waren die Erfolge keineswegs so zu Kopf
gestiegen wie seinen sanguinischen Vertretern in Regensburg. Schon
die Wahl eines Mannes wie Seeger, den er mit einem Gutachten
über alle die Säkularisation und die Ordnung des katholischen Kultus
betreffenden Fragen betraute, bürgte hinlänglich dafür, dass er die
Geleise der Massigung und Billigkeit nicht verlassen würde. Andererseits
war nicht zu besorgen, dass Seeger die Rechte der Stadt preisgeben
würde, dafür schlug in ihm zu stark die protestantische Ader, und
sein Misstraucn »gegen die usurpierte Herrschaft der katholischen
Geistlichkeit« war zu tief eingewurzelt. Wo er daher zur Nach-
giebigkeit rät, sind für ihn lediglich die Gebote der Klugheit und
der Politik bestimmend.
Da sein Gutachten 1 von grösstem Einfluss auf die spätere kirch-
liche Politik des Rates ist, so wollen wir die Hauptpunkte darin kurz
berühren. Zuerst verbreitet er sich über die kameralistische Seite
seines Themas, über die beste Art und Weise, die säkularisierten
Stiftungen zu verwalten. Nichts entgeht hierbei seiner Aufmerksamkeit,
auf alle Einzelheiten geht er ein, sei es, dass es sich um Katalogi-
sierung der Klosterbibliotheken, oder um Inventarisation der Votiv-
kreuze und Kirchenornate handelt. Er beantragt die Einsetzung einer
besonderen Behörde, für die er auch eine detaillierte Instruktion
ausarbeitete, unter deren Aufsicht die Verwaltung des Kirchenver-
mögens zu stellen sei.
Als zweiten Hauptgegenstand behandelt er die Eragc, wie sich
der Rat bei der Neuordnung der kirchlichen Verhältnisse zum Erz-
bischof von Mainz zu stellen habe. Er geht dabei von der Ansicht
aus, dass »so lange Pabsttum und eine römische Kirche existieren
man sich vergebliche Hoffnung machen würde, durch irgend eine
äussere Gewalt ... die neuen kirchenstaatsrechtlichen Grundsätze der
Protestanten auch nur der unbedeutendsten katholischen Gemeinde
mittels blossen Befehles von Seiten der weltlichen Obrigkeit geradezu
vorschreiben zu wollen. Nichts als fortschreitende Aufklärung und
der Genius kommender Zeiten wird dieses Wunder einst wirken
können.« Aber gegenwärtig besitze die katholische Geistlichkeit
auch in protestantischen Ländern noch viel zu viel Gewalt über die
Gewissen. Dem müsse man klug Rechnung tragen und die öffent-
liche Meinung der katholischen Bürger für die Absichten des Rates
durch Unterhandlungen mit ihrem höchsten kirchlichen Oberhaupt
1 Iis zahlt nicht weniger als $7 enge Folioscitcn und Imdet sich in UgbOj8
Nr. ?8.
— 269 —
in Deutschland zu gewinnen suchen. Allerdings dürften bei einem
etwa zu schliesscnden Konkordate die Grundsätze des protestantischen
Kirchenrechtes dem Kurfürsten von Mainz nicht geopfert werden.
Im weiteren teilt er seine Ansichten über die Aenderung der
Kirchenverfassung und des katholischen Gottesdienstes mit, doch
stellt er keinen Antrag darüber, wie viel Kirchen den Katholiken zu
bewilligen seien; vor der Hand solle man ihnen erklären, »dass zwar
auf der einen Seite der katholische Gottesdienst nicht leiden, auf der
anderen Seite das städtische Aerar durch zu grosse Unterhaltungs-
lasten nicht beschwert werden dürfe.«
Die grössten Schwierigkeiten erblickt Seeger in der Trage des
Hrnennungsrechtes der Geistlichen und Lehrer, da dieses nicht mehr
dem Erzbischof allein eingeräumt werden dürfe. Er verlangt, dass die
von letzterem ernannten Geistlichen sich vor der Investitur dem Rate
zur Bestätigung vorzustellen hätten. Ueberhaupt müssten diese von
nun an aufhören, sich als besonderen Staat im Staate zu betrachten,
vielmehr« dem Rat den Huldigungseid leisten und sich der weltlichen
Gerichtsbarkeit unterwerfen; die geistliche Gewalt des Erzbischofs
sei ausschliesslich auf das religiöse Gebiet, wie Bestimmung des
Gottesdienstes u. s. w. zu beschränken.
Stiesse aber die Anerkennung der landeshoheitlichen Rechte
über die Geistlichkeit beim Erzbischof, wie vorauszusehen sei, auf
Widerspruch, so sollten die Verhandlungen mit ihm nur auf solche
Funkte sich erstrecken, in denen ein gegenseitiges Einvernehmen, der
Natur der Gegenstände nach, leicht zu erzielen sei; von seinem Rechte
dürfe aber der Rat auch nicht das geringste aufgeben.
Seegers Gutachten wurde am 16. November in der gemischten
Deputation verlesen und in fast allen Punkten gebilligt. Danach
unterbreitete diese dem Rate ihre Vorschläge, von denen wir die
wichtigsten angeben wollen.'
Zuerst beantragte sie die Einsetzung eines besonderen Amtes
unter dem etwas weitschweifigen Titel »Reichsstädtisch-Frankfurtisch
Geistliche-Güter-Administrationsamt«. Es sollte aus magistratischen
und bürgerlichen Kollegialmitgliedern, einem verpflichteten Aktuar
und einem Amtsdiencr bestehen' und hatte alle der Stadt, besonders
• Mitgeteilt in G. Kr. XX und Ugb I. c
* Der Rat verfügte, dass für dieses Ann 5 Ratsmitglieder — 2 davon aus
dem Handelsstande — durch Majoritätsbeschluss, ohne Kugelung gewählt werden
sollten. Dem Senior blieb das immerwährende Präsidium vorbehalten, die beiden
anderen wechselten alle > Jahre. Ihnen wurden noch 2 Rechtskonsulenten ah
Administrationsräte beigegeben. (I gb 1. c.)
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— 270 —
auf fremdem Gebiete, zugefallenen Güter und Renten zu ermitteln
und die vollständigen Inventare aufzunehmen. Alle diese Güter sollten
vom übrigen Stadtvermögen abgesondert, unter obrigkeitlicher Auf-
sicht des Rates und jährlicher Rechnungsrevision verwaltet werden.
Betreffs der Regulierung des künftigen katholischen Religions-
kultus und der katholischen Schulanstalten schlug die Deputation vor:
1) die Kollegiatkirchenversammlung der 3 Stifter, des Bartholomäus-,
Liebfrauen- und St. Friedrichstiftes sind aufzulösen. 2) Den Kapuzinern
und Karmelitern ist das Tragen der Ordenskleider zu verbieten und
ihnen das Anlegen weltpriesterlicher Kleidung anzubefehlen. Sie
sowohl, wie die Weltgeistlichen des St. Friedrichstiftes dürfen bis
auf weiteres in den Klöstern noch beisammen unter Aufsicht ihrer
bisherigen Vorgesetzten verbleiben. 3) Sämtliche Kleriker der aufge-
hobenen Stifter und ihre weltliche Dienerschaft geniessen die ihnen
nach dem Reichsdeputationschluss vom 26. Oktober bestimmten
Sustentationsgelder fort und verbleiben auch einstweilen in ihren
bisherigen Wohnungen. 4) Die Leonhards-, Kapuziner- und Friedrichs-
kirche sind sofort zu schliessen; die Bartholomäus-, Liebfrauen-
und Karmeliterkirche werden dem Gottesdienst eingeräumt und ihnen
drei Geistliche zugewiesen. In die Liturgie ist von jetzt ab das Gebet
für die Obrigkeit aufzunehmen.
Ferner befürwortete die Deputation die Ernennung von städti-
schen Kommissaren, die mit dem Erzbischof von Mainz nach den von
Seeger aufgestellten Gesichtspunkten über die künftige Kirchenver-
fassung gemeinsam beraten sollten.
In der Investiturfrage ging die Deputation über Seegers Vor-
schlag hinaus. Sie wollte dem Rat das Recht vorbehalten, die künf-
tigen Pfarrer und weltlichen Diener der Kirchen und die Schullehrer
zu ernennen und sie erst dann dem erzbischöflichen Ordinariat zur
Approbation und Investitur vorzustellen. Auch sollte die wirkliche
Einsetzung eines neuen Pfarrers vor der Gemeinde in Gegenwart von
Ratsdeputierten erfolgen.*
1 Die Deputation stellte auch den Grundsatz aut, dass der Rat allein über
das katholische Schulwesen zu verfügen habe. Das Schulkonsistoriuni erhielt den
Auftrag, einen Kommissar zu ernennen, der gemeinsam mit dem bisherigen Stadt-
pfarrer Kauth und den bisherigen katholischen Lehrern einen den veränderten Ver-
haltnissen entsprechenden Plan entwerfen und dem Rat zur Genehmigung vorlegen
sollte. Den Konventualinnen zur Rosenberger Kinigung sollte ihre bisherige Ver-
fassung und Vermögensverwaltung und die Fortsetzung ihres Schulunterrichtes ge-
stattet werden unter der Bedingung, dass sie von jetzt ab den Rat allein als höchste
Behörde anerkennen und seinen Weisungen nachkommen würden.
- 27 1 -
Dagegen stimmte die Deputation in der höchst wichtigen Frage
der geistlichen Gerichtsbarkeit völlig mit Seeger überein. In seinem
Sinne verlangte sie auch, dass die Geistlichen von jetzt ab dem Rat
als ihrer obersten Behörde den Eid der Treue zu leisten hätten,
ferner dass ihm allein auch über die Kirchengebäude, die Friedhöfe
und das Pfarrcisen unter völliger Beseitigung des Asylrechts die
Gerichtsbarkeit zustände. Die Verwaltung des katholischen Armen-
kastens wies die Deputation dem städtischen Pflegeamt, doch unter
Zuziehung der katholischen Pfarrer und einiger katholischen Bürger zu.'
Nachdem dieser Entwurf am 22. November die Zustimmung
des Rates erhalten hatte, versuchten die Gesinnungsgenossen Bethmanns
und Böhmers noch in letzter Stunde, diese Beschlüsse zu Fall zu
bringen. Nach ihrer Ansicht ging man viel zu schonend mit dem
Erzbischof um ; sie beantragten daher in der gemischten Deputation,
um jeder Vereinbarung mit ihm aus dem Wege zu gehen, einstweilen
noch keine Aenderung im katholischen Kultus zu treffen.
War schon die sofortige Schliessung der 3 Kirchen nicht nach
Seegers Sinn, so erkannte er aus dem letzten Antrag mit Schrecken,
welch bedenklichen Kurs das Schifflein der Stadt in der kirchlichen
I ragc einschlagen wollte. In beredter Sprache warnte er davor, den
Bogen der städtischen Oberherrlichkeit zu straff zu spannen.' Es ist,
erklärte er noch einmal, für den Rat als weltliche und zumal
protestantische Behörde platterdings unmöglich, den katholischen
Religionskultus aus eigner Machtvollkommenheit ohne Vereinbarung
mit der geistlichen Gewalt neu einzurichten. Den schlagendsten Beweis
dafür gäbe die französische Republik, deren erster Konsul, weit ein-
sichtiger als seine Vorgänger, trotz seiner glänzenden Erfolge eine Ver-
ständigung mit dem Pabst doch für unumgänglich notwendig gehalten
habe. Wähne etwa der Rat, dass die katholische Hierarchie ihm zu
Liebe von ihren Jahrhunderte lang beobachteten Grundsätzen abgehen
werde? Ihre Geistlichkeit würde sich auch nicht einseitig vom Rate
einsetzen lassen, noch die Anweisungen über den Gottesdienst und
die Liturgie *von ihm empfangen wollen, und hätte sie auch den
Willen dazu, so würde sie doch bei ihrer Gemeinde auf unüber-
windlichen Widerstand stossen.
Der Rat verschloss sich dem Gewichte dieser Gründe nicht, er
Hess den Gottesdienst in den 3 Kollegiatkirchen einstweilen weiter
bestehen und den katholischen Geistlichen nur eröffnen, dass er in
1 Näheres über Jie Verwaltung Jos Annenkastens in Ugb I. c.
2 L'gb 1. c. vom 2j. XI.
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— 272 —
den nächsten Tagen über die Regelung der kirchlichen Verhältnisse
nähere Bestimmungen treffen wolle. '
Da jetzt der Zeitpunkt herannahte, wo die Stadt den Besitz des
ihr nach dem Entschädigungsplane Zugefallenen antreten sollte,
hatten die gemischte Deputation und die Stadtkanzlei in den letzten
Tagen des November vollauf zu thun, um die Fülle von Bekannt-
machungen und Verordnungen zu bewältigen.*
Die Vorsteher der Klöster und Stifter erhielten die Weisung, 5
sich vom i. Dezember an aller Einnahmen zu enthalten, das in ihrer
Verwaltung befindliche Vermögen gewissenhaft den Bevollmächtigten
der Stadt zu übergeben und die bisherigen Verwalter und Einnehmer
von ihren Pflichten zu entbinden. 4 Ebenso wurden in den öffent-
lichen Blättern 5 die Schuldner, Mietsleute u. s. w. der geistlichen
Besitzungen crmahnt, bei Vermeidung doppelter Zahlung vom
i. Dezember ab die Gefälle nur noch an das Güteradministrations-
amt zu entrichten.
Am 6. Dezember brachte das Frankfurter Journal eine Bekannt-
machung des Rates, 6 die zur Beruhigung der katholischen Bevölkerung
ihr völlig freie Religionsausübung und die materielle Sicherung der von
der Säkularisation betroffenen Geistlichen u. s. w. versprach. 7 Da-
gegen schärfte der Rat den Katholiken ein, dass sie ohne Unterschied
— Laien sowohl als Geistliche — von jetzt ab in allen vorkommen-
den Rechtsfällen, 8 mit alleiniger Ausnahme der rein geistlichen und
Doktrinalgegenstände, sich der städtischen Gerichtsbarkeit zu unter-
werfen und bei Vermeidung von Strafe jeden von irgend einer Seite
versuchten Eingriff anzuzeigen hätten.
1 1. c. Ratsbeschluss vom 25. XL
* Die einzelnen uns bereits bekannten Erlasse an die Vorsteher des Kapuziner ,
des Karmeliterklostcrs, des St. Friedrichsstiftes, an die drei Kollegiatkirchen, an die
Priorin der Rosenberger Einigung, an die Vorsteher und Lehrer der katholischen
Gemeinde sind enthalten in Militaria IX. Ugb D j8 Nr. 12 — 38 ; G. Kr. XX— XXI.
' Ratsbeschluss vom 25. XL
* Sie sollten nur so viel zurückbehalten, als zur einstweiligen Fortdauer des
Gottesdienstes nötig wäre.
» So im Frankl. Journal vom 29. und ;o. XL unter »Averiissemcnts«, im
Frankfurter Staatsrist retto vom 29. XL u. s. w.
' Der Entwurf hierzu findet sich Ugb 1. c. Nr. vom 27. XL
' Auch die verschiedenen Armenstiftungen der katholischen Gemeinde sollten
wie bisher, nur ihrer Bestimmung gemäss, unter Zuziehung von Geistlichen und
Mitgliedern der katholischen Gemeinde verwaltet werden.
8 Also auch in den sogenannten Konsistorialfällen, wie über die Ehcverlob-
nisse, Ehestreitigkeiten u. s. w.
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— 2 />
Auch den Freihäusern 1 und den Postverwaltungen machte der
Rat bekannt, dass sie von jetzt ab unter seiner alleinigen Gerichts-
barkeit ständen. Nur ein Unkraut wucherte noch auf dem sonst
gereinigten Felde: die unter kaiserlichen Privilegien erscheinende
Oberpostamtszeitung. Sie war dem Rat stets ein Dorn im Auge ge-
wesen; ihre Artikel hatten ihm öfters, wie wir bereits erfahren haben,
Verlegenheit und Verdruss bereitet und der französischen Republik
den erwünschten Vorwand zu feindlichen Massregeln gegeben ; um
so eher war anzunehmen, dass die Republik dem Verlangen, auch
diese Zeitung der städtischen Censur zu unterstellen, nachgeben
und in den Kntschädigungsplan, an dem noch immer verbessert und
verändert wurde, eine darauf bezügliche Hrklärung aufnehmen würde. 3
Denn ohne Unterstützung Frankreichs war nichts in Regensburg
durchzusetzen. Das hatte sich am deutlichsten gezeigt, als die
Reichsdeputation den Protest des Rates wegen der Entziehung von
Soden und Sulzbach einfach ad acta gelegt hatte. Aber wenigstens
das städtische Privateigentum in diesen Dörfern wollte sich der Rat
sichern und dachte schon daran, dem von anderen Staaten gegebenen
Muster folgend, es militärisch besetzen zu lassen. Doch die Frank-
furter Abgesandten in Regensburg fürchteten von einem derartigen
Vorgehen unliebsame Verwicklungen mit der nassauischen Regierurtg;
sie empfahlen vielmehr, ein »empfindliches« Schreiben an diese zu
richten des Inhalts, dass man zwar die Hoheitsrechte auf Soden und
Sulzbach endgiltig aufzugeben bereit sei, dafür aber erwarte, dass
Nassau die Privatbesitzungen der Stadt und ihrer Bürger unange-
tastet lasse.'
Nicht leichten Kaufs hatte der Rat die beiden Dörfer aufgegeben.
Aber Abel und Schmid hielten jeden Versuch, sie behaupten zu wollen,
für ganz aussichtslos und rieten, sich endlich ins Unvermeidliche zu
fügen; Nassau würde sicher nicht wagen, gegen das dortige städtische
Privateigentum vorzugehen. Dagegen hielt Schmid die Möglichkeit,
dafür Nied, Schwanheim und Griesheim zu erhalten, nicht für ausge-
schlossen; einleitende Schritte nach dieser Richtung hatte er bereits
gethan; der Frfolg hing nach seiner Ansicht lediglich von der Höhe
1 G. Kr. XXI enthält die vom 24. XI. datierten Bekanntmachungen an zehn
Freihäuscr. Nur den österreichischen und preussischen Wcrbehausern sandte mau
aus triftigen Gründen keine Bekanntmachung. Der Kreisgesandte Günderrode sollte
sich auch über alle Kreisoffizianten protokollarisch die Jurisdiktion vorbehalten.
2 Protokoll der gemischten Deputation vom 2>. XI.
' Schreiben vom 23. November.
4 Schreiben vom ). Dezember in Militaria IV, 3.
der ihm zur Verfügung gestellten Geldsummen ab. Schmid hielt im
ganzen 400000 francs für nötig, um das »Geschäft ganz nach dem
Wunsche der Stadt abzuwickeln.« Dabei versicherte er,' dass er
keineswegs das Geld mit vollen Händen verteile.' »Unsere Idee
geht vielmehr dahin, nur für das, was wirklich erfolgt, volle Dank-
barkeit in billiger Proportion zu bezeugen.« Ausserdem betonte
Schmid die Notwendigkeit eines ständigen Vertreters in Paris —
Abel war ja nur für die Dauer der Verhandlungen in städtische
Dienste genommen worden — ; habe doch sogar die reichsständische
Ritterschaft die Wahrheit, dass ohne Frankreichs Schutz die Kleinen
dem Untergange geweiht seien, eingesehen und zur Erhaltung ihrer
Kxistenx jetzt einen ständigen Agenten bei der französischen Regierung
beglaubigt. Dass für einen derartigen Posten Abel der Geeignetste
sei, schien Schmid ganz unzweifelhaft.
Der unangenehme Eindruck, den die weiteren Geldforderungen
der Abgesandten hervorriefen, wurde durch eine höchst willkommene
Mitteilung Abels 1 einigermassen abgeschwächt. Man hatte in Paris ihm
gegenüber die Ansicht geäussert, dass die Stadt ihre Festungswerke
schleifen könne, da nunmehr ihre Neutralität durch Vertrag festgesetzt
sei und sie nur noch als Handelsstadt gelte. Der Rat begrüsste freudig
dieSe Anregung. Die Erfahrung dieses wie des vorigen Krieges hatte
hinlänglich gezeigt, dass die Festungswerke für die Stadt von keinem
Nutzen waren, vielmehr sie aufs höchste gefährdeten. Deshalb hatte
der Rat die in den letzten Jahren verfallenen Werke nicht wieder
herstellen, sondern zu Aeckern und Gärten umschaffen lassen. Jetzt
erhielt das Bauamt den Auftrag, über die Niederreissung und Ebenung
der Festungswerke schleunigst einen Bericht nebst beigefügtem Kosten-
anschlag einzureichen.* Man hoffte, dass damit eine neue Epoche
in der Entwicklung der Stadt beginnen würde, wenn sie sich des ihr
zu eng gewordenen Kleides entledigen und nach allen Seiten aus-
dehnen könnte.
Inzwischen begann sich die Wirkung der vom Rat erlassenen
Verordnungen und Proklamationen bemerklich zu machen. Von allen
Seiten liefen mehr oder minder scharfe Proteste gegen die bean-
spruchte Jurisdiktion oder Säkularisation ein und Hessen den ruhigen
Genuss des durch den Entschädigungsplan Eingeräumten nicht auf-
1 Schreiben vom 20. und 24. November in G. Kr. XIX.
1 Abels Schreiben vom 1. Dezember in (1. Kr. XIX.
> Ratsschluss vom 9 Dezember.
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kommen. Zum Teil war der Plan selbst daran schuld, weil er an
Ungenauigkeiten, die verschiedene Auffassungen zuliessen, und sogar
an Widersprüchen litt. Zwar die Protestschreiben des Gräflich- westen-
burgischen Rates wegen der Besitznahme des Ilbenstädter und Engel-
thaler Hauses, dann die der Kurfürstlich-mainzischen Kanzlei wegen
der Besitznahme der Dompräsenz, des Aschatfenburger Hauses, des
Rosenberger Stifts und des Englisch-Fräulein-Stifts legte man ruhig ad
acta.' Aber wie sollte man sich zu den Grafen von Isenburg-Büdingen
stellen? Die dem Entschädigungsplan vom 15. November hinzugefügte
Hrklärungsnote hatte ausdrücklich das Kollegiatstift Mockstadt der
Stadt eingeräumt. Als sie dieses aber in Besitz nehmen wollte, machte
die büdingensche Regierung Schwierigkeiten; sie sprach von einer
gemeinschaftlichen Konferenz sämtlicher isenburgischen Linien, die
über das Schicksal Mockstadts entscheiden sollte. 1 Das hicss, die
Sache in unabsehbare Weite hinausschieben. Anderseits konnte mau
doch nicht gut Zwangsmittel gegen Isenburg-Büdingen anwenden.
Sodann wollte der Graf von Solms durchaus nicht auf den Arnsburger
Hof verzichten. Auch ihn konnte man nicht so einfach abweisen,
da ihm Mathieu eine darauf bezügliche Zusage gemach: hatte und dies
auch jetzt den Frankfurter Abgesandten in Regensburg deutlich genug
zu verstehen gab. Was blieb anders übrig, da man es mit dem
mächtigen Mathieu nicht verderben durfte, als dessen Rat zu befolgen
und den erwähnten Hof dem Grafen abzukaufen?'
Der zäheste Widerstand drohte aber dem Rat von beiden geist-
lichen Orden, dem Malteser und dem deutschen, die sich mit aller
Energie gegen die Schmälerung ihrer Rechte und ihres Besitzes
sträubten. Stützte sich der Rat auf den Wortlaut des Entschädigungs-
planes, der ihm im ganzen Umfang seines Besitzes volle Hoheit und
jede Gerichtsbarkeit ohne Vorbehalt und Ausnahme sowie die in
seinem Gebiete gelegenen Kapitel, Abteien 11. s. w. einräumte, so
hielten ihm die Orden den Wortlaut des § 26 desselben Planes ent-
gegen, der ausdrücklich bestimmte, dass der Deutsche und Malteser
Orden in Erwägung der kriegerischen Dienste ihrer Glieder der Säku-
larisation entzogen und nach Verhältnis ihres Verlustes auf dem linken
Rheinufer Entschädigungen auf dem rechten Ufer erhalten sollten.
In sehr gereiztem Tone schrieben die Statthalter und Regierungs-
räte des Deutschen Ordens dem Rate, 4 dass ihm ebenso gut wie der
1 G. Kr. XX.
' G. Kr. XIX und XX.
' G. Kr. XIX. Schreiben Böhmers vom 21. Dezember.
♦ G. Kr. XX, datiert Mereentheim den 10. De/ember.
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Stadt die unbedingte Selbständigkeit zugesichert worden sei; das
Vorgehen des Rats streite wider alles Recht und zeuge von einer
unverzeihlichen Unkunde des Entschädigungsplanes. Sie forderten ihn
daher auf, den von seiner Kanzlei begangenen groben Irrtum schleunigst
wieder gut zu machen, und sandten nicht nur die überschickten
Proklamationen wieder zurück, sondern erwarteten sogar ein Ent-
schuldigungschreiben. Und als gerade in diesen Tagen der Pförtner
des Deutschordenshauses in Sachsenhausen starb, und ein städtischer
Gerichtsbeamter dessen Nachlass versiegeln wollte, duldete der Amt-
mann des Ordens, Rosalino, diesen Eingriff in seine Gerichtsbarkeit
nicht und weigerte sich hartnäckig, den von ihm heimlich entfernten
Nachlass auszuliefern. ' Für seinen Widerstand erntete er von seiner
Behörde hohes Lob.
Etwas gemässigter äusserte sich die Malteser Kanzlei," doch
sprach auch sie von Anmassung und schickte die städtische Prokla-
mation ebenfalls zurück, da man von ihr keinen Gebrauch zu
machen wisse.
Beide Orden führten zugleich über das Vorgehen Frankfurts
heftige Beschwerde beim Reichstage und suchten Himmel und Hölle
gegen die Stadt in Bewegung zu setzen.' Als dritter im Bunde
schloss sich ihnen der Vertreter des Pürsten von Thum und Taxis in
Regensburg an, Herr von Vrintz-Berberich, der zugleich Direktor des
Kaiserlichen Reichsoberpostamtes in Prankfurt war. Er pochte auf
den § 15 des Entschädigungsplanes, 4 der allerdings zu seinen Gunsten
sprach, und wies das Verlangen der Stadt, die Kaiserliche Ober-
postamtszeitung unter ihre Censur zu bringen, sowie überhaupt jede
Aendcrung des bisherigen Verhältnisses entschieden zurück.
Aber nicht genug damit, 5 jetzt drohte auch noch ein Konflikt
mit dem Kurfürsten von Mainz auszubrechen. Dieser war, wie wir
wissen, auf den Vorschlag des Rates, mit ihm gemeinsam die kirch-
lichen Verhältnisse in Frankfurt zu ordnen, bereitwillig eingegangen.
' G. Kr. XXI. Bericht des Gerichissubstituten Wagner vom 11. Dezember.
; Ihr Schreiben ist datiert Heidesheim im Kreisgau vom 10. Dezember.
• Siehe die Berichte von ßethmanrt und Böhmer hierüber im G. Kr. XXI. 4 b c.
* Dieser Paragraph garantierte dem Fürsten die Erhaltung der Posten nach
der Ausdehnung und Ausübung, welche sie zur Zeit des Lüneviller Friedens hatten,
und stellte sie unter den besonderen Schutz des Kaisers und des kurfürstlichen
Kollegiums.
> Auch die jüdische Bevölkerung Frankfurts machte dem Rate einige Schwierig-
keiten, sie hatte sich an den Reichstag und an die französische Gesandtschaft in
Regensburg um Hebung ihrer socialen und politischen Lage gewandt; doch hoHte
Böhmer, sie durch einige Zugeständnisse beruhigen zu können.
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Mit besonderer Genugthuung hatte ihn das Versprechen erfüllt, dass
für den Unterhalt der Geistlichen ausreichend gesorgt werden würde.
Daher sandte er zwei seiner Räte, Chandelle und Kolborn, nach
Frankfurt, und wirklich fanden im November Konferenzen mit den
beiden städtischen Deputierten, Seeger und Hofmann statt, die einen
erfreulichen Fortgang versprachen. 1 Ueber manche Fragen, über die
Anzahl der den Katholiken zu überlassenden Kirchen, die Pensionierung
der Geistlichen, den Unterhalt der Gebäulichkeiten u. s. w. erzielte
man rasche Verständigung, dank dem Entgegenkommen der erz-
bischöflichen Kommissare. Auf ihren Einfluss war es wohl auch
zurückzuführen, dass man in Mainz nach anfänglichem Widerstreben
in die Schliessung des St. Friedrichsstiftes einwilligte und die Schlüssel
nebst den Stiftspapieren dem Rate aushändigte, ebenso dass die
Priorin des Konventes zur Rosenberger Einigung sich schriftlich
verpflichtete, sich der Aufsicht der städtischen Behörden unterwerfen
zu wollen.' Andere Punkte, die allgemeiner Natur waren, liess die
Kommission einstweilen noch unentschieden, da man ihre Erledigung
von einem Reichsregulativ, das die künftige kirchliche Verfassung
Deutschlands festsetzen sollte, erwartete.
Plötzlich jedoch wurden die Verhandlungen jäh abgebrochen.
Am 9. Dezember teilten die erzbischöflichen Kommissare dem Rate
lakonisch mit, »dass sie durch die hier eingetretenen jüngeren Er-
eignisse sich bewogen fänden, die Konferenzen bis zur Einholung
neuer Instruktionen zu verschieben.« ■ Welches waren nun diese neuen
Ereignisse, die den Abbruch der Verhandlungen herbeiführten? Offenbar
der Erlass vom 6. Dezember an die katholische Bevölkerung. Die
darin beanspruchte Gerichtsbarkeit über die Geistlichen musste der
Kurfürst so ungeheuerlich rinden, dass er ihn nicht einmal einer
Beantwortung würdigte, sondern seine Vertreter anwies, Frankfurt
noch vor Jahreswechsel zu verlassen und von Aschatienburg aus die
geistliche Gerichtsbarkeit, ganz wie früher von Mainz aus, weiter
auszuüben. 4
Niemand war über die neueste Wendung so froh wie Böhmer
und Bethmann. Mit grossem Verdruss hatten sie von den Verhand-
lungen der Stadt mit dem Kurfürsten und von der Einsetzung einer
geistlichen Güteradministration gehört, die nach ihrer Ansicht schon
1 Die Protokolle über die Sitzungen in Milium IX und L'u'b }8, Nr. $9 — 12 :
)0 und 50.
» I. c. Nr. 59.
I l c. Nr. S4.
« Milium IX.
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2 7 8 -
mit dem Begriff der Säkularisation im Widerspruche stände. Xur
haldiges Verschmelzen der geistlichen Gefälle mit dem Staats-
vermögen und deren Verwendung zur Deckung der drückenden
Schulden sicherten nach ihrer Ansicht das gemeine Wohl. Bitter
beklagten die Abgeordneten den Mangel einer klaren, kühn und
konsequent durchgeführten kirchlichen Politik. Man begnüge sich
dafür mit halben Massregeln, schrecke vor jedem entscheidenden
Schritte zurück und zerstöre auf dem sogenannten rechtlichen Wege
alles wieder, was durch die politischen Verhältnisse geschaffen worden
sei.' Wo war, schrieb Böhmer an den älteren Bürgermeister,'
Frankfurts Genius, als der erste Schritt zu diesem unseligen Entschlüsse,
gemeinsam mit dem Kurfürsten die Kirchenangelenheiten zu ordnen,
geschah ? War etwa der Wunsch, die Gemüter der katholischen
Bürger zu beruhigen, massgebend? Dafür hätte ja die betreffende
Bekanntmachung vom 6. Dezember genügt, oder man hätte sich mit
den Angesehensten aus ihrer Mitte in Verbindung setzen müssen.
Jetzt sei der so lang ersehnte Zeitpunkt herbeigekommen, sich der
unausstehlichen Abhängigkeit von der Geistlichkeit für immer zu
entziehen. »Bei der Liebe gegen Ihre Vaterstadt beschwöre ich
Sie«, schliesst Böhmer sein Schreiben, »helfen Sie, dass der prekäre,
schwankende Zustand seine Hndschaft erreiche, dass wirklich säkular-
isiert werde; alsdann unterbleiben die Anmassungen von selbst.
Die Kurmainzliche Assistenz hat nur zur Folge, dass nun zum
Nachteil der Stadt einen Knoten knüpft, der durch höhere Hand
bereits zerhauen war. Das baldig zu erwartende Konkordat wird
mit einem Schlage alle Schwierigkeiten und Fragen lösen«.
Auch mit den beiden Orden, rieten Böhmer und Bethmann,
solle man nicht erst lange Federlesens machen, vielmehr an alle
ihre Besitzungen im Gebiete der Stadt die Katsproklamationen an-
schlagen und ihren Amtmännern und Hausmeistern einschärfen, dass
jede Verletzung der Proklamationen ernstlich geahndet werde. 5
Weder diese Katschläge noch der Appell an den Patriotismus
vermochten den älteren Bürgermeister, das Schirflein der Stadt in
den Strudel dieser Politik hineinzutreiben. Auch fanden seine Be-
denken im Rat fast allseitige Unterstützung. Um den überschwellenden
Eifer der Deputierten einigcrm.isscn zu dämpfen und sie vor unüber-
legten Schritten zurückzuhalten, unterzog der Bürgermeister in seinem
1 1. c.
1 Untergew. jX, Nr. 65.
> Militari* IX.
- 279 -
Antwortschreiben ihre Vorschläge einer eingehenden Kritik." So
einfach und klar, schrieb er nach Regensburg, lägen denn doch die
Dinge nicht, dass man nur nötig habe, Befehle zu erteilen, und es
darauf ankommen lassen könne, ob sie auch befolgt würden. Niemals
würde sich die katholische Geistlichkeit so etwas von einer weltlichen,
dazu noch protestantischen Obrigkeit bieten lassen. Das würde
schliesslich auf Gewissenszwang hinauslaufen, eine Stockung des
katholischen Religionswesens und überhaupt unbeschreibliche Ver-
wirrung herbeiführen. Vielmehr halte der Rat fest an dem Zu-
sammenwirken mit der geistlichen Gewalt. Das Beispiel des ersten
Konsuls sei in dieser Hinsicht belehrend genug; selbst er bei seiner
Allmacht habe die Unmöglichkeit eingesehen, mit physischer Gewalt
allein der Nation religiöse Einrichtungen aufzudrängen. Schliesslich
Verstösse der Rat , wenn er einseitig die religiösen Kultus- und
Unterrichtsfragen erledigen wolle, auch gegen den Wortlaut des
Entschädigungsplanes, * der dem Kurfürsten von Mainz ausdrücklich
alle Diözösanrechte vorbehalte. Bezüglich der Behandlung der beiden
Orden bemerkte der Bürgermeister, dass der Rat den Weg der
Gewalt gegen sie nicht betreten werde. Daher habe er auch das
Anschlagen der Proklamationen an deren Besitzungen unterlassen,
sie wären doch sofort abgerissen worden; und gar eine Strafver-
fügung halte er auf jeden Fall für höchst bedenklich. Denn beide Orden
hätten sich sehr hoher Protektion zu erfreuen, des Kaisers Bruder
Karl sei der Hochmeister des deutschen Ordens, während der
Malteser Orden, seitdem Paul I. sich zu seinem Oberhaupte habe
machen wollen, noch immer vom Petersburger Hofe begünstigt werde.
Während demnach der Rat und seine Abgesandten in den
kirchlichen Fragen weit auseinander gingen, stimmte jener mit
diesen doch darin überein, dass im übrigen die neuerlangte Landes-
hoheit im vollsten Umfange mit aller Kraft gegen jedermann ver-
teitigt werden müsse. Nicht einmal die Gerichtsbarkeit über das
Kompostell wollte der Rat dem Kurfürsten von Mainz lassen, da
der Entschädigungsplan ihm nur das Haus als Privateigentum ein-
räume. Das einzige, wozu er sich aus Rücksicht auf den Erzherzog
Karl und den russischen Hof verstehen wollte, war, die Orden durch
einen Austausch oder sonstige Entschädigung zu befriedigen.
Aber nur dann hatte man Aussicht, aus all diesen Wirren
als Sieger hervorzugehen, wenn man des Beistandes der vermitteln-
1 Ugb 58, Nr. 66.
1 S >s-
den Machte sicher war. Oder vielmehr das Beste war, wenn diese
selbst durch einen Machtspruch mit einem Mal den Knoten der
Verwicklungen lösten. Dass gerade um diese Zeit das Rechneiamt
angewiesen wurde, eine Anleihe von 100000 Gulden ohne alles
Aufsehen aufzunehmen, geschah wohl in der Absicht, um durch
weitere Spenden in Paris und Regensburg den Eifer für die Stadt
noch zu erhöhen. Zugleich machte der Rat seine Vertreter in
Regensburg und Paris auf den Widerstand aufmerksam, auf den er
bei der Ausführung der Bestimmungen des § 27 gestossen war, und
bat die Bevollmächtigten Frankreichs und Russlands um eine
authentische Erklärung dieses viel berufenen Paragraphen, um die
Ansprüche der beiden Orden und des Kurfürsten von Mainz zum
Schweigen zu bringen. Dessen Forderung auf Beibehaltung der
geistlichen Gerichtsbarkeit mass er weittagende Bedeutung bei; sie
berührte nicht Frankfurt allein, sondern alle protestantischen Stände,
die nach der neuen Ordnung der Dinge zur Einziehung geistlicher
Stifter berechtigt waren. Der Rat befürchtete aber, dass, wenn die
Fassung des § 27 unverändert bliebe, und er erst auf dem Wege des
Prozesses seine Ansprüche gegen den Kurfürsten beim höchsten
Reichsgericht verfechten müsste, dieses lediglich nach den bisher
noch geltenden Grundsätzen des deutschen Staats- und Kirchenrechtes
gegen ihn entscheiden würde. 1
Böhmer und Bethmann trugen die Wünsche, beziehungsweise
die Befürchtungen der Stadt den Vertretern Frankreichs und Russlands
in Regensburg vor. Laforest wollte zwar von einer genaueren Fassung
des § 27 — und darauf kam doch alles an — nichts wissen, da jede
nähere Bestimmung zugleich eine Beschränkung sei und zu Miss-
deutungen Anlass bieten könne; sonst aber bestärkten er und Baron
Bühler den Rat in seinem Widerstande gegen die Ansprüche der
verschiedenen Stände und warnten ihn vor dem geringsten Zu-
geständnis, denn auch nur eine einzige Ausnahme zu Gunsten irgend
jemandes würde ihn um alle erlangten Gerechtsame bringen. J Sogar
Baron Hügel billigte die Haltung des Rates gegen die beiden Orden
1 G. Kr. XX vom 7. Dezember.
1 Ugb 6 Nr. >6 und Militaria IX, Schreiben an Bethmann und Röhmer vom
10. XII. und Schreiben vom 11. XII. an Abel Ugb 1. c. Nr. 57. Wenn der Rat
am 20. XII. die erzbischöflichen Kommissare ersuchte, die abgebrochenen Kon-
ferenzen wieder aufzunehmen, so war er wohl selbst von der Erfolglosigkeit seines
Schreibens überzeugt, sonst hätte er nicht, indem er von der Verlegung des Vikariats
nach Aschaffenburg Kenntnis nahm, zugleich den Kurfürsten von Mainz ersucht,
von der Ausübung der geistlichen Gerichtsbarkeit abstehen zu wollen.
' G. Kr. XXI Schreiben aus Regensburg vom 16. XII.
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- 28 1 -
und verlangte nur aus Billigkeitsgründen eine angemessene Ent-
schädigung für sie. Mit Rücksicht auf diesen der Stadt günstigen
Wind rieten die Abgesandten, von dem Verlangen nach einer
detaillierten Erklärung des § 27 abzustehen und allen Reklamationen
gegenüber das alleinige Argument vorzubringen, es stehe nicht in
der Macht des Rates, die dem gemeinen Wesen zukommenden
Rechte willkürlich schmälern zu lassen.'
Je trüber die Aussichten der beiden Orden wurden, um so lauter
erschollen ihre Klagen gegen Frankfurt beim Reichstag. Der Gesandte
des deutschen Ordens, Herr von Ulrich, machte noch einen Versuch,
Mathieu für den Orden günstiger zu stimmen. Noch einmal rekla-
mierte er die Ordensgüter und die Beibehaltung eigener Gerichts-
barkeit. Aber mit der zweiten Forderung kam er bei dem französischen
Minister übel an. In brüsker Sprache zeigte ihm dieser sein äusserstes
Befremden über das anmassende Verlangen. »Die Allgemeinheit der
den Reichsstädten zugewiesenen Jurisdiktion ist der unveränderliche
Wille der französischen Regierung,« erklärte er, »mithin muss sie
auch vom deutschen Orden ohne die mindeste Widerrede, ebenso
vom Kurerzkanzler von Mainz bezüglich des Kompostells anerkannt
werden; dieses ist ihm nur als Privateigentum zugesichert werden.«
Ob aber die Güter des deutschen Ordens in Frankfurt ebenfalls als
solche und nicht vielmehr als geistliche Güter, also als säkularisations-
fähig zu betrachten seien, stände noch dahin.
Ganz bestürzt über diese Aufnahme suchte Ulrich wenigstens
den Privatbesitz dem Orden zu sichern; doch Mathieu verweigerte
hierüber jede Erklärung und verlangte erst die Berechtigung dieses
Anspruches in einer besonderen Denkschrift nachgewiesen, davon
würde die Entscheidung abhängen. Er unterrichtete sofort, nachdem
ihn Ulrich verlassen hatte, Böhmer und Bethmann von der Unter-
redung. Beide hofften, dass der Vertreter des Ordens sich jetzt etwas
weniger laut bemerkbar machen würde, aus Besorgnis, die Gunst
Frankreichs völlig zu verscherzen und dadurch den Orden auch noch
um seinen Privatbesitz in Frankfurt zu bringen.*
Von Mathieu abgewiesen, wandte sich Ulrich an Laforest. Er
fand ihn über die schwebenden Streitigkeiten genau unterrichtet.
Denn wenige Tage vorher hatten ihm die Frankfurter Abgesandten
eine Denkschrift' überreicht, in der sie gegen das Abreissen städtischer
• I. c. vom 18. Dezember.
* Bericht vom 19. XII. in Milium IX und (i. Kr. 1. c.
J Datiert vom 22. XII. in G. Kr. I. c. inul Miliuria I. c.
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Siegel durch Beamte des deutschen Ordens, sowie überhaupt gegen
dessen Verhalten protestierten und die vermittelnden Mächte baten,
die Rechte der Stadt gegen derartige Anmassungen zu sichern und
sie vor etwaigen Repressalien der Orden zu schützen. Laforest billigte
durchaus den Inhalt dieser Denkschrift. In höflichem, aber doch nicht
minder entschiedenen Tone riet er Ulrich, sich in die neugeschaffene
Lage zu fügen; jedes Rütteln daran würde die Sachlage nur noch
verschlimmern und die französische Regierung zu einer die Jurisdiktion
Frankfurts ausser allem Zweifel setzenden Note veranlassen. Davon
habe sie bis jetzt aus Hochachtung vor dem Erzherzog Karl Abstand
genommen. Für den besten Ausweg hielt er, den Streit mit der
Stadt friedlich, etwa durch Tausch zu begleichen, womit auch der
Erzherzog seines Wissens einverstanden sei. Mit diesem Bescheide,
den Laforest alsbald Bethmann mitteilte, wurde Ulrich entlassen, der
Rat aber ermahnt, in keiner Frage, soweit sie seine Landeshoheit
beträfe nachzugeben.
Wie erfreulich auch diese Botschaften waren, der Rat, beziehungs-
weise die Deputation, besorgte doch, dass die Vertreter der Stadt in
Regensburg den Wert derselben überschätzten. Was man ihnen bis
jetzt gegeben hatte, waren doch nur Versicherungen, schön klingende
Worte; durch bittere Erfahrung belehrt, verlangte die Deputation
durchaus eine sichere Bürgschaft, eine authentische Note, die über
den Umfang der landeshoheitlichen Rechte jede zweideutige Auf-
fassung ausschlösse.'
Abel und Schmid Hessen es in Paris nicht an Mühe fehlen, um
in den Besitz einer derartigen Note zu gelangen. In Denkschriften
und mündlichen Unterredungen suchten sie den § 27 des Entschädigungs-
planes in einem für die Stadt möglichst günstigen und unifassenden
Sinn auszulegen.* Für sie bestand nicht der geringste Zweifel, oder
wenigstens gaben sie sich den Anschein, dass die Ordensgüter unter
den Begriff von geistlichen Gütern Helen und daher Eigentum der
Stadt werden müssten. Weshalb wäre denn sonst als einzige Ausnahme
das Kompostell dem Kurfürsten von Mainz eingeräumt worden? Nur
die beiden Orden waren eigensinnig genug, den klaren Sinn des 5 27
durchaus nicht verstehen zu wollen. Daher beschwor Abel die fran-
zösische Regierung um eine offizielle Erklärung hierüber. Zugleich
wiederholte er die alte Forderung, die Frankfurt auferlegte Rente bis
auf drei Zehntel der Einkünfte der eingezogenen geistlichen Güter
• Schreiben an Böhmer vom 29. XII. G. Kr. 1. c.
1 Untergew. 38. Nr. 76 und G. Kr. XIX.
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- 28j —
herabzusetzen, das Eigentum der Frankfurter Korporationen in Soden
und Sulzbach zu schützen u. s. w.
Am 30. Dezember erhielt Abel im auswärtigen Amt die Ver-
sicherung, dass sein Gesuch den Beifall der französischen Regierung
gefunden habe und der Gesandtschaft in Regensburg mit der Weisung
zugeschickt worden sei, die Rechte der Stadt in einer besonderen
Note geltend zu machen. Schmid war jetzt davon überzeugt, dass
die Güter der beiden Orden der Stadt endgiltig zufallen müssten.
lir hielt seine Mission für beendet und reiste kurz nach Neujahr nach
Frankfurt zurück, »da für ihn in Paris nichts mehr zu thun wäre
und die Gegner kleinlaut würden.« Hatte doch sogar der Vertreter
des Kurfürsten von Mainz, Graf Beust, Abels Bemerkung, sein Herr
müsse sich jetzt möglichst eng an die kleineren Stände anschliessen
und ihnen nicht etwa Schwierigkeiten bereiten, als durchaus richtig
anerkannt und versprochen, in diesem Sinn dem Kurfürsten die
Sachlage darzustellen.
Bei dem so günstigen Stand der Dinge unterliess es einstweilen
der Rat, die mit den kurfürstlichen Kommissaren abgebrochenen
Verhandlungen wieder anzuknüpfen. Auch warnten Mathieu und
mehrere protestantische und katholische Minister davor, durch
besondere Unterhandlungen der künftigen Gestaltung des kirchlichen
Wesens in Deutschland vorzugreifen. Bacher erklärte Böhmer und
Bethmann als feststehende Thatsache, dass in Rom jetzt an einem
Konkordate mit dem deutschen Reiche gearbeitet werde, das die
Grenzlinien der bischöflichen Gewalt allenthalben bestimmen würde,
und selbst wenn dieses nicht zustande käme, empfahl er das Vor-
gehen der grösseren Stände erst abzuwarten, die — und gerade die
katholischen wie Bayern an der Spitze — die bischöflichen Rechte
sehr beschränken wollten.' Die Entscheidung hierüber musstc jeden-
falls das nächste Jahr bringen.
Fasste der Rat um die Jahreswende die Ergebnisse des für das
deutsche Reich und alle seine Glieder so bedeutungsvollen Jahres 1802
zusammen, so durfte er mit der Wendung, die die Dinge für Frankfurt
genommen hatten, zufrieden sein. Was er nach aussen hin verloren
hatte, wurde mehr als genügend aufgewogen durch die Befestigung
der inneren Verhältnisse, durch die Ausmerzung aller fremden Gewalten,
die bisher ein selbständiges Dasein im Gebiete der Stadt geführt und
1 S. Ugb j8, Nr. (y und 75.
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die freie Bewegung auf Schritt und Tritt gehemmt hatten. Auch der
Ausblick in die Zukunft war verheissend. England, der erbittertste
und hartnäckigste Gegner Frankreichs, die Seele und die treibende
Kraft des Widerstandes, hatte zu Amiens die Hand zur Versöhnung
gereicht. . Der Kaiser, der bisher den modifizierten Plan nicht an-
genommen hatte, begann allmählich seinen Widerstand aufzugeben.
Durch einige Zugeständnisse des ersten Konsuls hatte er sich ver-
pflichtet, seinen Einfluss für die ungesäumte Annahme des Haupt-
schlusses der Reichsdeputation zu verwenden. Durch diese Schwenkung
der kaiserlichen Politik schien jetzt der Friede endlich gesichert.' Handel
und Verkehr, die während des mit kurzer Unterbrechung schon zehn Jahre
tobenden Krieges unsäglich gelitten hatten, konnten wieder aufatmen,
und die Wunden, die der Krieg und die in seinem Gefolge auftretenden
Leiden dem Wohlstand des Gemeinwesens und des einzelnen geschlagen
hatten, allmählich verharschen. Aber selbst wenn dieser Friede nur
von kurzer Dauer war, und die überschwänglichen Hoffnungen, mit
denen das Frankfurter Staatsrist retto das neue Jahr begrüsste," sich
nicht erfüllen sollten, so blieb doch wenigstens Frankfurt und sein
Gebiet von jetzt ab von allen Schrecknissen des Kriegs unberührt;
dessen Wogen mochten draussen noch so heftig branden und toben,
Frankfurt überschwemmten sie nicht mehr, denn in der Zukunft sollten
ja alle Reichsstädte, sogar in Reichskriegen, unbedingte Neutralität
geniessen, von allen ordentlichen und ausserordentlichen Beiträgen
befreit sein.
Auch in staatsrechtlicher Hinsicht hoffte man durch die fast
völlige Auflösung des reichsstädtischen Kollegiums mehr gewonnen
als eingebüsst zu haben. Je geringer jetzt dessen Mitgliederzahl
geworden war, um so erhöhte Bedeutung fiel den übrig gebliebenen
Reichsstädten zu, um so weniger schwerfällig war der Geschäftsgang,
um so leichter waren sie zu einmütigem Handeln zu bewegen.
Schon Anfang Dezember hatte sich der Rat mit der Organisation
1 Hausser II, S. 597 ff.
' Die erste Nummer des Jahres 1805 enthüll eine poetische Verherrlichung
des Friedens; am Schluss des Gedichtes ist der Wunsch geäussert:
»Friede leite alle Stände
In das Land der Harmonie,
Halte treu die Scheidewände.
Hleibc immer, wanke nie,
Bis einst bei der Welten Falle,
Wunsch und Plan und Ziel verwehn.
Und der Schöpfung Geister alle
Aul den hellem Wegen gehn!«
■
28 5 -
des neuen reichsstädtischen Kollegiums befasst und Böhmer und
Selpert beauftragt, die Verhandlungen hierüber mit den Vertretern
der anderen Reichsstädte zu führen. Da am i. Dezember Regensburg,
das bisher das Direktorium im reichsstädtischen Kollegium geführt
hatte, in den Besitz Bayerns gekommen war, so sollte Nürnberg
vorläufig 6 Wochen lang an Regensburgs Stelle treten.
Mit grösster Ungeduld wartete der Rat und die Deputation auf
die Zusendung der authentischen Note. Mathieu und Laforest hatten
ja, wenn Abel und Schmid nicht getäuscht worden waren, vom
französischen Ministerium darauf bezügliche Instruktionen erhalten;
der Rat konnte sich nicht erklären, weshalb sie noch immer mit der
Ausfertigung der Note zögerten. Dies musste natürlich die Gegner
in ihrem Widerstande ermutigen und die Stellung der Stadt immer
schwieriger machen, und der Anbruch des neuen Jahres brachte wider
Erwarten nichts als Ycrdriesslichkeiten und Widerwärtigkeiten. Nur
Nassau war bereit, die Stadt für ihre Besitzungen in Soden und
Sulzbach zu entschädigen, aber der Rat schlug das Anerbieten einst-
weilen aus, weil er erst eine Antwort der französischen Regierung
auf die Abelsche Note betreffs der Besitzfrage in diesen Ortschaften
abwarten wollte. So kam man im Kampf um die landeshoheitlichen
Rechte keinen Schritt vorwärts; überall begegnete man nur ent-
schlossenem Widerstande* Die isenburgischen Herrschaften blieben
noch immer renitent, wie der Rat Abel klagte,' ebensowenig wollten
sich die beiden Orden von ihrem Unrecht überzeugen lassen. Noch
einmal hatte der Rat die Berechtigung seiner Ansprüche dem deut-
schen Orden weitläufig auseinander gesetzt. 1 Nur die tiefste Ehrfurcht
gegen den Erzherzog Karl und das Gefühl der Dankbarkeit gegen
ihn 5 habe den Rat abgehalten, gegen den Amtmann Rosalino einzu-
schreiten. Aber wenn dieser jetzt nicht vom Orden zum Gehorsam
gegen ihn ermahnt würde, so müsste er mit strengen Massregeln
gegen ihn vorgehen. Ausserdem drohte der Rat eine sofortige Er-
klärung der vermittelnden Mächte über den § 27 zu veranlassen und
eine Diskussion über die vorliegende Rechtsfrage herbeizuführen, die
für den Orden nur unangenehm ausfallen könnte. In gleichem Sinn
schrieb er am 4. Januar dem Malteser Orden nach Heitersheim. 4
#
• Schreiben vom 5. I. 180; in (i. K. XX: doch übergaben sie spater das
Stift Mockstadt der Stadt.
1 (i. K. XXI vom I. tSo;.
i Anspielung auf die traurigen Ereignisse des Juli 1796.
♦ I. c.
_ ^
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286 -
Aber die Orden Hessen sich nicht einschüchtern. Der deutsche
Orden erwiderte,' er habe das Schreiben dem Erzherzog Karl ein-
gesandt; schon aus Respekt gegen diesen würde der Rat nicht wagen,
seine Drohungen zu verwirklichen. Rosalino aber wurde ermahnt,
sich wie bisher gegen den Rat zu benehmen und über jede weitere
Rechtsverletzung sofort Bericht zu erstatten. Noch energischer war
der Protest des Malteser Ordens, der am n. Febru.ir einlief.' Ohne
authentische Interpretation wollte er nun und nimmer auf seine Rechte
verzichten, zumal ja auch andere Reichsstände Frankfurts Ansprüche
bestritten. Gegenüber der Drohung des Rates drohte er seinerseits
mit der Ungnade des russischen Kaisers Alexander I. Denn die frag-
liche Besitzung sei von diesem zum Quartier des russischen Gesandten
beim deutschen Orden bestimmt worden, man würde sofort nach
St. Petersburg berichten, dass der Rat das Quartier sich aneignen wolle.
In gleicher Weise äusserten die Kurfürstlich-mainzischen Regie-
rungsräte ihr Befremden darüber, dass der Rat dem Amtmann im
Kompostell die Proklamation zugesandt habe, im offenbaren Wider-
spruch mit § 25 des Entschädigungsplanes, der das Kompostell dem
Kurfürsten zusichere.
Auch der Fürst von Thum und Taxis wollte trotz »seiner
erleuchteten Einsicht«, an die der Rat appelliert hatte, noch immer
nicht begreifen, dass das Zensurrecht über die Oberpostamtszeitung
und die Gerichtsbarkeit über das in Frankfurt befindliche Reichspost-
personal nur der Stadt zukäme. Er steifte sich auf den § 13 des
Entschädigungsplans, der ausdrücklich fordere, dass die ihm unter-
stehenden Reichsposten in dem Zustande erhalten blieben, in dem sie
sich zur Zeit des Luneviller Friedens befunden hätten. 1 Alle diese
Protestschreiben wurden sofort nach Regensburg an Böhmer und
Bethmann geschickt, um sie den Gesandten der vermittelnden Mächte
vorzulegen und durch deren Machtgebot den an allen Ecken und
Enden aufflammenden Widerstand zu brechen.
• I. c. Schreiben von Mergentheini vom 7. I. beziehungsweise vom 6. 1. 1S0;.
1 I. c. , ,
* 1789 hatte der Rat mit der Thum- und Taxisschcn Behörde ein«jp Vergleich
über die Jurisdiktion geschlossen und diese im allgemeinen für sich gerettet, nur
in einigen nebensächlichen Punkten, wie im Öbsignationsrecht der Verla ssenschaften
hatte er Konzessionen gemacht, wovon jetzt nicht mehr die Rede sein sollte.
Dagegen beruhte die Zensurfreiheit der Oberpostamtszeitung auf keinem ausdrück-
lichen Vertrage, sondern nur auf altem Herkommen. Bei den Verhandlungen im
Jahre 1789 hatten die Unterhändler des Rates bloss mündlich zugesagt, an der
Zensurfreiheit nicht rütteln zu wollen. S.Schreiben an Abel vom 14. XIl.inG.Kr.XXI
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Dieser Widerstand schrieb sich ohne Zweifel von einer genaueren
Kenntnis des Umschwungs her, der in der politischen Konstellation
inzwischen eingetreten war, und dessen Ungunst Frankfurt jetzt
fühlen sollte. So lange sich nämlich Oesterreich gegen Frankreichs
Forderungen ablehnend verhielt und wegen der Anerkennung des
modifizierten Entschädigungsplanes Schwierigkeiten machte, waren
Mathieu und I.aforest l euer und Flamme für die kleineren Stände
und begünstigten alle ihre Forderungen, durch die entweder des
Kaisers Interesse selbst oder doch das seiner Schützlinge geschädigt
wurde. Jetzt aber, wo durch den Dezembervertrag von 1802 beide
Mächte sich wieder näherten, wurde die Haltung der Vertreter
Frankreichs und Kusslands gegen ihre Schutzbefohlenen zusehends
kühler, während die österreichische Gesandtschaft, die bisher mehr
im Hintergrunde gestanden hatte, immer fester auftrat. Nun atmeten
auch Oesterreichs Schützlinge wieder auf, und im Vertrauen auf
den starken Rückhalt wurde ihre Sprache zuversichtlicher. Zu diesen
Schützlingen gehörten aber die beiden Orden und die Thum- und
Taxissche Postverwaltung.
Jetzt mischte sich auch noch der Kurfürst von Mainz, der Fnde
Dezember in Regensburg eingetroffen war, persönlich in die Wirren.
Die Hoffnung des Rates, dass die städtischen Abgesandten durch
unmittelbare Verhandlungen in Regensburg ihn zu Zugeständnissen
bewegen würden, erfüllte sich nicht. Zwar fand Selpert, für dessen
staatsmännische Begabung Bethmann und Böhmer freilich nur ein
mitleidiges Achselzucken hatten, die Aufnahme beim Kurfürsten am
3. Januar glänzend; dieser sei voller Anerkennung über die Haltung
Frankfurts. Aber dem Wermutstropfen, den derselbe am Ende der
Audienz in den Honigbecher hineingoss, schenkte er nicht die ge-
bührende Beachtung. Dalberg bedauerte nämlich, dass die Stadt Schritte
unternommen habe, die keineswegs zu dulden seien, und gegen die
auch Kaiser und Reich voraussichtlich ihr Veto einlegen würden.
Offenbar plante der Kurfürst etwas gegen die Stadt, und bald erfuhr
auch Böhmer aus Baron Hügels Munde, dass von verschiedenen
Seiten Klagen gegen den Rat beim Kaiser eingelaufen seien, ins-
besondere beschwere sich der Kurfürst, dass der Rat nicht nur Anteil
an der Seelsorge der katholischen Bevölkerung beanspruche, sondern
sich auch die richterliche Entscheidung über die Ehesachen, mithin
über ein Sakrament, anmasse. Ueberhaupt stehe der Rat im Verdacht,
seine katholischen Unterthancn unter einem unerträglichen Drucke zu
halten. Wie aus ihrer dem Reichstag jetzt übersandten Beschwerde-
schrift hervorgehe, seien sie von manchen bürgerlichen Erwerbs-
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- 2SS —
quellen ausgeschlossen. So habe man auch dem Rechtsgelehrten
Brentano aus keinem anderen Grunde als lediglich seiner Religion
wegen die Zulassung zur Advokatur verweigern wollen.
Böhmer hatte einen schweren Stand, seine Behörde gegen diesen
Vorwurf zu rechtfertigen, denn in staatsrechtlicher und beruflicher
Hinsicht nahmen die Katholiken noch fast dieselbe Stellung ein wie
nach der Einführung der Reformation. Der Geist der Aufklärung,
der ja für die zweite Hälfte des verflossenen Jahrhunderts besonders
charakteristisch war, hatte die religiöse Engherzigkeit der regierenden
Kreise Frankfurts nicht zu überwinden vermocht ; noch immer waren
die Katholiken von der Beteiligung an der Regierung, von den
Aemtern ausgeschlossen; einige Zünfte nahmen sogar keinen von
ihnen als Genossen auf. 1 Böhmer suchte den Vorwurf der Intoleranz
durch den Hinweis zu entkräften, dass man 16 katholische Geitlische,
die aus linksrheinischen Orten ausgewiesen worden waren, in Frankfurt
aufgenommen und zu ihrem Unterhalt eine nicht unbeträchtliche
Summe ausgesetzt habe. Ebenso bestritt er die Behauptung des
Kurfürsten, man wolle seinen geistlichen Rechten zu nahe treten.
Der Rat beanspruche nur die Ausübung der Patronatsrechte über die
Pfarreien, die von seinen Bürgern dotiert worden seien.
Hügel ging nicht näher auf die Rechtsfrage ein. Er erwähnte
nur, dass von Mainzer Seite jetzt eine Broschüre unter dem Titel :
»Wie haben sich die Reichsstädte wider die neue Ordnung der Dinge
benommen?« verbreitet würde. Darin wurde behauptet, dass Frankfurt
die Metropolitangerechtsame, die der § 25 des Entschädigungsplanes
dem Kurfürsten vorbehalten hatte, diesem nehmen wolle, und eine
energische Zurückweisung des Rates entweder durch die vermittelnden
Mächte oder, wenn dies nicht anginge, durch den Reichshofrat ver-
langt. Der österreichische Diplomat hielt es für dringend geboten,
eine Gegenschrift abzufassen, in der der Rat seine Grundsätze und
sein Verfahren in den kirchlichen Fragen rechtfertigte.
* Auch die Juden hielten den gegenwärtigen Zeitpunkt für geeignet, abermals
sowohl in Regensburg, als auch in Paris, eine Besserung ihrer sozialen Lage zu bean-
tragen. Hier trat die Presse für sie ein, besonders der Mercure de France, der die
Aulhebung des Ghettos verlangte. Abel verfocht bei der französischen Regierung
den Grundsatz, dass die Judenverhältnisse innere Angelegenheiten seien, in die sich
keine fremde Regierung einzumischen habe. Doch riet er dem Rat, den Wünschen
der Juden insoweit Rechnung zu tragen, dass nun ihnen gesündere Wohnungen
anwiese, G. Kr. XIX, Schreiben vom 8. I. i8oj. Der Rat wies darauf den Juden
auf ihr Gesuch geräumige Rauplätze zu Wohnungen an und bewilligte ihnen, wie
er Abel schrieb, auch sonst alles, worauf sie billigerwcise Anspruch erheben könnten.
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— 289 —
Was Böhmer sonst noch gegen die Proteste der beiden Orden
und der Thum und Taxisschen Postverwaltung vorbrachte, begegnete
dem eisigen Stillschweigen Hügels. Böhmer empfand dies unangenehm
genug; die Stadt konnte also in ihrem Rechtsstreit zum mindesten
nicht auf den Kaiser rechnen. 1 Der Rat war der Ansicht, die mainzische
Streitschrift dürfe nicht unbeantwortet bleiben. Er erliess deshalb
am 13. Januar eine öffentliche Bekanntmachung,' in der er noch
einmal die Grundzüge seiner Politik darlegte. Zugleich beklagte er
sich, dass seinen in bester Absicht getroffenen kirchlichen Mass-
nahmen hier und da ein unrichtiger Sinn untergelegt werde, als ob
er die erzbischöfliche Diözesangewalt zu übergehen und einseitig —
zumal zur Seelsorge — solche Geistliche berufen wolle, die nach den
kanonischen Erfordernissen dazu ungeeignet seien. Er machte dem
gegenüber darauf aufmerksam, dass er erst nach vorausgegangenen
Verhandlungen mit den erzbischöflichen Kommissaren und nach er-
folgter kurfürstlicher Bestätigung den 3 Geistlichen Kauth, Menninger
und Marx die Seelsorge, den Volksgottesdienst u. s. w. übertragen
habe. Allerdings beanspruche er die Gerichtsbarkeit über die katholische
Geistlichkeit und die Entscheidung in Ehestreitigkeiten der katholischen
Bürger, aber nur in dem Sinn und nur in soweit, als die deutschen
Reichsgrundgesetze sie den evangelischen Ständen im Interesse ihrer
Landeshoheit ohnehin zugeständen. Noch einmal beteuerte er, die
Gewissensfreiheit eines jeden wahren zu wollen. Um aber auch durch
die That zu beweisen, dass er es an Wohlwollen gegen die Geistlich-
keit nicht fehlen lasse, schloss das Administrationsamt mit sämtlichen
Geistlichen der beiden säkularisierten Klöster über ihre künftige
Pensionierung ein für sie so günstiges Abkommen, dass sie es »mit
dem gerührtesten« Dank annahmen. Auch wies das Amt ihnen Gelder
zur Anschaffung der nötigen weltpriesterlichen Kleidung an. Der
Rat ging sogar in seiner Menschlichkeit, wie er von sich rühmte,
so weit, dass er auch für die Geistlichen und Laienbrüder, die von
fremden Klöstern dem Karmeliterkloster zugewiesen waren, bis auf
weiteres eine jährliche Summe von 4010 Gulden zum Unterhalte
auswarf und, wie schon früher bemerkt, den fremden Geistlichen,
die ihre Zuflucht in die Stadt genommen hatten, so lange Unter-
stützung zusagte, bis sie in ihre Klöster zurückgekehrt wären. 1
' Ugb 38 1. c.
1 Ugb 1. c. Nr. 88.
J In G. Kr. und Ugb 1. c. Nr. 38 findet sich eine detaillierte Berechnung der
Unterhaltungskosten. Den Vorstehern der Klöster bewilligte das Ann 6oo, den
Patres 450, den 6 Patres des Karmeliterklosters sogar 550, den Laienbrüdern 225
— 290 —
Alles dieses machte auf Dalberg nicht den erwarteten Eindruck.
Wie Hügel versicherte, steigerte sich noch seine Erbitterung gegen den
Rat. Denn dieser beharrte fest auf seinem Standpunkt in der kirch-
lichen Politik. »Wir sind«, schrieb er am 17. Januar im zuverlässigsten
Tone nach Aschatfenburg,' »von der Unwiderlegbarkeit unserer landes-
hoheitlichen Rechte auf das Kompostell bezüglich der Ausübung der
Gerichtsbarkeit so überzeugt, dass wir uns zum Ueberfluss auch noch
auf das entscheidende Zeugnis der in Regensburg anwesenden Gesandten
der vermittelnden Mächte sowie auf Albini berufen.« — Eine Ausnahme
zu Gunsten des Kurfürsten, fährt das Schreiben fort, könne der Rat
nicht machen, denn einmal verstiesse er dadurch gegen den aus-
drücklichen Wortlaut des Entschädigungsplanes und müsste besorgen,
von den vermittelnden Mächten und von Kaiser und Reich dafür
zur Verantwortung gezogen zu -werden, anderseits würden dann
die übrigen ehemaligen Freihäuser im Gebiet der Stadt denselben
Anspruch stellen.
Eine direkte Antwort hierauf erfolgte nicht, aber immerhin
konnte der Rat das Auftreten des über das Kompostell gesetzten
Hofkammerrats Feldmann als eine Antwort betrachten. Dieser erschien
im Römer und wollte dem Bürgermeister die Proklamation vom
27. November im Auftrage seiner Behörde wieder zurückgeben und
zwar »in vim protestationis et contradictionis«. Und als der Bürger-
meister die Annahme verweigerte, legte er sie auf den Tisch nieder
und entfernte sich.
Es war in der That Zeit, dass das entscheidende Zeugnis der
vermittelnden Mächte endlich den kurfürstlichen Beamten den Stand-
punkt klar machte. Aber gerade jetzt gaben einzelne Aeusserungen
der französischen Gesandten, die sich platterdings nicht mit ihrem
früheren Eifer für die Sache der Stadt in Einklang bringen Hessen,
dein Rat und der gemischten Deputation viel zu denken. Die Ge-
sandten räumten zwar ein, eine die Sache der Stadt empfehlende Note
vom Ministerium erhalten zu haben, wollten aber von etwaigen
Instruktionen, die sich daraus ergeben sollten, durchaus nichts wissen.
Aul einmal rieten sie, die Streitigkeiten auf Iriedlichem Wege zu be-
seitigen. ' Davon wollte aber der Rat erst dann hören, wenn sie
zuvor eine erschöpfende Erläuterung zum § 27 gegeben hätten.
Gulden. Für das Karmeliterkloster berechnete das Amt die jährlichen Ausgaben
au» n 20 Gulden, denen |8?j Gulden m Kr. Hinnahmen gegenüberstanden.
1 Militaria IX. G. Kr. XXI.
1 G. Kr. XIX im Schreiben an Abel vom 17. I. 1 805.
-
— 291 —
So kamen in Regensburg die Angelegenheiten Frankfurts trotz
aller Bemühungen Böhmers nicht nur nicht vom Fleck, sondern all-
mählich trat sogar eine Verschiebung zu Ungunsten der Stadt ein. Der
Frankfurter Abgesandte geriet in immer grössere Verlegenheit; die bis-
herigen Stützen wurden von Tag zu Tag unzuverlässiger, während
der Vertreter Oesterreichs immer fester gegen Frankfurt auftrat.
Nach dessen Ansicht konnte jetzt die Stadt nicht genug thun, um
den aufgebrachten Kurfürsten zu beschwichtigen; sie solle nur, riet
er dringend, nach einem beruhigenden Auskunftsmittel suchen. Als
solches schlug Böhmer dem Kurfürsten ein Provisorium und Ver-
meidung aller Kollisionsfälle vor.' Dalberg beantwortete diesen Vor-
schlag abermals mit Stillschweigen. Bald darauf kam Flügel mit neuen
Eröffnungen. Fr zeigte Böhmer ein zwei volle Bogen langes Schreiben
aus der Kaiserlichen Staatskanzlei, das die Erhaltung der bisherigen
Gerechtsame und des Besitzstandes des deutschen Ordens gegen die
l'ebergrirl'e Frankfurts nachdrücklichst verfocht. Als nun Böhmer,
durch so viele Bedrängungen mürbe gemacht, erklärte, dass der Rat
auf das Eigentum der Orden verzichten würde, wenn sie überhaupt
nicht säkularisiert werden sollten, wurde Hügel freundlicher. Er riet
zu einem Austausch der Ordensgüter gegen städtischen Besitz; ein
solcher würde auch den Kurfürsten derart umstimmen, dass er in
Polizeiangelegenheiten, unbeschadet seiner sonstigen hoheitlichen
Rechte, dem Rat die Oberaufsicht lassen würde.
Böhmer unterliess nicht, die Unterredung Mathieu und Laforest
mitzuteilen. Aber diese zeigten sich kaum verwundert, geschweige
denn entrüstet. Mathieu bemerkte nur ziemlich kühl, dass die Grund-
sätze, von denen sich der Rat bei der Behandlung der vorliegenden
politischen Fragen leiten lasse, zwar den vollen Beifall der franzö-
sischen Minister hätten, diese sich aber vor der Hand nicht darüber
äussern und noch viel weniger mit einer Entscheidung einschreiten
wollten; »wenn der Entschädigungsplan erledigt ist, dann haben wir
zu solchen Sachen, deren uns eine Menge vorliegt, hinlänglich Zeit
und Müsse«. 1
Böhmer besorgte jetzt mit Recht, dass die Vertreter Frankreichs
aus Rücksicht für den Kaiser und den Erzherzog Karl den Gegnern
der Stadt freien Spielraum lassen würden; er verlangte nun im Hin-
blick darauf neue Instruktionen. Aber die Deputation wollte von
einem Rückzug nichts wissen; sie wollte die französischen Diplomaten,
« Ugb 38, Nr. 90.
a Ugb 1. c.
19*
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— 292 —
denen man schon so viel geopfert hatte, nicht so leichten Kaufes
durch eine Hinterthür entwischen lassen. Sie befahl Böhmer, sich
Hügel gegenüber völlig passiv zu verhalten, ohne jedoch seine Projekte
von der Hand zu weisen; keineswegs aber sollte er sich bei Laforest
den Scheingeben, als ob man auf eine Note verzichten wolle, die den
bekannten Gesinnungen der französischen Regierung entspräche. Nur
insoweit trug die Deputation den Bedenken Böhmers Rechnung, als
sie ihm die Wiederaufnahme der im Vorgefühl des Sieges Anfang
Januar abgebrochenen Verhandlungen mit dem deutschen Orden ge-
stattete, freilich auf Bedingungen hin, die dieser nun und nimmer
bewilligt haben würde.' Die Absicht der Deputation war klar, den
Gegner bis zum Eintreffen der Note hinzuziehen und sich im schlimmsten
Fall den Rückzug zu sichern.
Aber Laforest wich geschickt jedem Ansinnen, ein bindendes
Versprechen zu geben oder eine Verpflichtung zu Gunsten der Stadt
zu übernehmen, aus. Auf die Klagen Böhmers über die Kämpfe der
Stadt um die Anerkennung ihrer Gerichtsbarkeit bemerkte er nur,'
dass sie bezüglich des Kompostells durchaus recht habe, nicht aber
dem Malteser und dem deutschen Orden gegenüber. Diese seien
ja gar nicht als geistliche, sondern als militärische Orden zu
betrachten und zu behandeln, mithin habe die Stadt nicht den
geringsten Anspruch auf ihre Besitzungen. Beiläufig bemerkte er
noch, es würde dem Rat wohl nichts anderes übrig bleiben, als dem
einen oder dem anderen der Gegner einige Vorrechte einzuräumen.
Dass sich Laforest hierdurch in schroffen Widerspruch mit seinen
früheren Erklärungen und Ansichten setzte, focht ihn wenig an.
Böhmer protestierte lebhaft gegen diese Zumutung mit dem uns
schon längst bekannten Argument, der Rat habe sämtlichen bisher
Privilegierten Abgabenfreiheit bewilligt, mit weiteren Zugeständnissen
an diese würde er direkt gegen den § 27 des Entschädigungsplanes
Verstössen. Mit demselben Rechte aber, mit dem er sich nicht an
den Vertrag binde, könnten auch andere Mächte, sich darauf berufend,
die Frankfurt betreffenden Bestimmungen des Entschädigungsplanes
für ungültig erklären und im Kriegsfalle die Stadt nicht mehr als
neutrql ansehen. Merkwürdigerweise fand Laforest gegen diese
Art von Logik nichts einzuwenden, trotzdem wiederholte er noch
eindringlicher seinen Rat, keine Reklamationen bei der Reichs-
1 Schreiben an Böhmer vom 22. 1. in G. Kr. XX. Der Orden sollte nur
mit einem Avcrsionalquantum entschädigt werden und dafür die Landeshoheit des
Rates anerkennen.
a Schreiben Böhmers vom 27. I. in G. Kr. XXI und Militaria IX.
- 295 -
deputation einzureichen, sondern sie bis zu dem Zeitpunkt zu ver-
schieben, wo der Entschädigungsplan zum Reichsgesetz erhoben
worden wäre. Böhmer erwiderte darauf richtig, schaue man bis zu
diesem Zeitpunkt den Bemühungen der Gegner völlig unthätig zu,
so sei das Schicksal der vorliegenden Fragen schon jetzt entschieden;
sie würden schliesslich dem Reichshofrat unterbreitet, und auf wessen
Seite sich dieser stellen werde, sei im voraus bekannt. Das Ver-
sprechen Laforests, dies hindern zu wollen, würdigte Böhmer nach
seinem wahren Werte als eine leere Phrase. Aber die Deputation
verzweifelte trotz alledem noch nicht, die Ordensgüter zu erlangen ;
noch immer glaubte sie, dass Laforest und Mathieu sich früher oder
später dazu bequemen müssten, den Pariser Instruktionen nachzu-
kommen. Deshalb schrieb sie Böhmer Ende Januar zurück, dass
Latorests letzte Aeusserung »bei ihr zwar Sensation erregen müsse,
sie aber dieses dem Herrn Minister Laforest zur Zeit nicht fühlen
zu lassen oder zu ressentiren gedenke.« Sie empfahl Böhmer ein
weiteres dilatorisches Verhalten gegen die Orden und die ihm von
Hügel vorgelegten Projekte und veranlasste ihn zur Abfassung einer
den vermittelnden Mächten vorzulegenden Denkschrift. Die darin
hervorzuhebenden Gesichtspunkte wurden ihm ausdrücklich angegeben.
Den ursprünglichen Plan, mit Augsburg und Nürnberg gemeinsam
eine Beschwerdeschrift an die Reichsdeputation zu richten, hatte sie
als völlig verfehlt aufgegeben.
Zwei Tage nach dem Einreichen der Denkschrift, 1 am 4. Februar,
erklärte Laforest dem Frankfurter Abgesandten kurz und bündig,
dem Verlangen des Rates jetzt nicht willfahren zu können. Um
die niederschmetternde Wirkung seiner Abweisung einigermassen
abzuschwächen, kleidete er sie in eine Menge hoffnungerregender
Redensarten. Mehreres als Böhmer wahrscheinlich erhoffte, werde
sicher geschehen , wenn es die Umstände zuliessen ; es seien
1 Datiert vom 2. II.; sie schildert all die Schwierigkeiten, auf die die Stadt
in der Durchführung des Entschädigungsplancs, der ihr doch die alleinige Juris-
diktion innerhalb ihres Gebietes eingeräumt habe, bei den verschiedenen Mächten
gestossen sei. Deren Vorgehen würden sich alle übrigen rum Muster nehmen und
somit »Li stipulation aussi sage que precise« völlig vereiteln. Ohne einen Einspruch
der hohen Mächte würde Frankfurt in die ernstesten Verwicklungen geraten, die
schliesslich den Ruin seines Handels herbeiführen könnten. Die Denkschrift schlicssi
mit der Bitte um eine »note particulicre que toutes les exemtions de la jurisdiction
du magistrat de Francfort dorn les maisons et possessions situecs dans cettc villc
et toute Tctcnduc de son territoire ont joui jusqu'ici, sont abolies et supprimees et
que par consequent ladite ville doit etre maintenuc dans sa Jurisdiction contre
toute att einte sans exception ni reserve.« 1. c.
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- 294 —
in dieser Sache mancherlei politische Rücksichten zu beobachten.
Böhmer solle nur bis zu erfolgter Bestätigung des Friedensschlusses
warten, dann wolle Laforest selbst den widerhaarigen Ständen den
Ungrund ihrer Proteste in einer Note darlegen. Bis dahin rate er,
mit möglichstem menagement zu Werke zu gehen und auf kluge
Art die etwaigen Kollisionen in Frankfurt zu vermeiden, überhaupt auch
hier (in Regensburg) von der Sache so wenig als möglich zu sprechen. '
Von Regensburg also war nichts mehr zu erwarten; Böhmer
war darüber so niedergeschlagen, dass ihm die Deputation sogar noch
Mut zusprechen musste. Jetzt blieb nur noch Paris übrig; von hier
aus musste das entscheidende und erlösende Wort gesprochen werden,
und die Pariser Verheissungen sich bewahrheiten. Mochten auch
immerhin die französischen Diplomaten Böhmer versichert haben,
diese Verheissungen seien nur »tours du bureau«, durch die Abel und
Schmid sich hätten täuschen lassen, so weigerten sich doch der Rat
und die Deputation, daran zu glauben. Mathieu und Laforest mussten,
wenn sie vom ersten Konsul oder von Talle vrand noch einmal, und
zwar nachdrücklichst, dazu angehalten würden, die ersehnte Note
veröffentlichen und damit jeden Stein des Anstosses beseitigen. Abel
wurde nun bestürmt, seine ganze diplomatische Gewandtheit nach
dieser Richtung zu entfalten. Zum Unglück für die Stadt war er
gerade in dieser kritischen Zeit durch eine mehrwöchige Krankheit
verhindert, irgend etwas zu unternehmen. Nach seiner Genesung
suchte er zunächst den kurmainzischen Vertreter, den Grafen Beust
auf, um ihn abermals über die Politik aufzuklären, die das wahre
Interesse seines Herrn erfordere, nämlich sich den Reichsstädten an-
/.uschliessen, ihr Vertrauen und ihren Beistand durch Zugeständnisse
zu gewinnen. Jetzt biete sich für den Kurfürsten die Gelegenheit,
sich Frankfurt für immer zu verpflichten. Die Stadt habe, setzte er
ganz ernsthalt hinzu, nur aus Hochachtung gegen Dalberg sich nicht
das von Frankreich leicht zu erhaltende Kompostell geben lassen;
das verdiene doch wahrlich eine Hrkenntlichkeit von seiner Seite.
Beust war so höflich, Abel zu ersuchen, diese Art von politischer
Weisheit in einer Note näher darzulegen, die er seinem Berichte für
den Kurfürsten zu Grunde legen wolle.' Hndlich am 26. Januar be-
willigte Tallcyrand Abel eine Unterredung. Durch dessen zahlreiche
Noten' war er über die schwebenden Fragen hinlänglich untcr-
1 Die Unterredung Böhmers mit Laforest siehe ebendaselbst.
* Ci. Kr. XI\. Militaria IX. Abel.*» Bericht kam am 2. II. in Frankfurt an.
* Die Noten wiederholten die alten Forderungen wegen der Aufhebung der
Renten. Jer Besitzverlultnissc in Soden und Sulzbach u. ». w.
- 295 -
richtet ; es musste sich jetzt zeigen, ob Mathieu und Lafcrest die
ihnen angeblich zugestellten Instruktionen unbeachtet gelassen oder
sicli innerhalb der ihnen gezogenen Grenzen bewegt hatten. Tallcyrand
sprach sich zuerst im allgemeinen über die zukünftige Gestaltung
der politischen Lage der Reichsstädte aus. Er erklärte es als un-
veränderliche Absicht des ersten Konsuls, an dem, was zur Erhal-
tung der Unabhängigkeit der 6 Reichsstädte im Entschädigungsplan
angenommen worden wäre, nicht rütteln zu lassen, auch ihnen keine
weiteren Verpflichtungen, als die Beiträge zu den Römermonaten,
aufzulegen. Was aber Frankfurts Differenzen mit anderen Ständen
anbetreffe — hier horchte Abel besonders auf — so habe er die
französische Gesandtschaft in Regensburg angewiesen, nur Rat zu
erteilen und darauf zu sehen, dass solche ä Tamiable verglichen werden
möchten, denn die französische Regierung könne doch unmöglich
dergleichen Sachen hinlänglich prüfen.
Es war somit klar, die französischen Diplomaten in Regensburg
hatten wirklich keine bestimmte Instruktion erhalten, wie man Abel
und Schmid aus eigennützigen Absichten in den Burcaux der Minister
vorgespiegelt hatte, und wenn sie jetzt zu einem Vergleich mit den
Gegnern rieten, so liess sich dagegen nichts sagen. Ereilich, der
Widerspruch zwischen ihrer Haltung im Dezember 1802 und der
jetzigen blieb bestehen.
Unter diesen Umständen riet Abel selbst, auf Vergleichsvorschläge
einzugehen; nur betreffs der unumschränkten Gerichtsbarkeit müsse
man auf einer unumwundenen Erklärung von seiten der vermittelnden
Mächte beharren. Talleyrands Bescheid lautete doch immerhin nicht
so ablehnend wie der Laforests und liess noch einen Schimmer von
Hoffnung aul kommen. Zwar das Tauschgeschäft mit den Orden liess
sich nicht vermeiden, es kam nur darauf an, es möglichst vorteilhaft
zu gestalten; das Administrationsamt hatte schon auf eine Reihe teils
unzuverlässiger teils zu entfernt (im Hanauischen) liegender Güter
und Gefälle, besonders auf die Zehnten, aufmerksam gemacht. Aber
noch wichtiger als der Güteraustausch war die Entscheidung, ob jetzt
ausser dem Rate noch eine andere Gewalt im städtischen Gebiete zu
befehlen habe.
Ueber die Frage der Gerichtsbarkeit und der damit zusammen-
hangenden Landeshoheit im Frankfurter Gebiet hatte Talleyrand sich
noch nicht endgiltig ausgesprochen; so wurde Abel angewiesen, hier
noch einmal mit aller Kraft den Hebel anzusetzen.' Denn das that
• Instruktion von» 9. II. in G. Kr. XXL
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— 296 —
not. Die Beamten des Kurfürsten und seine Geistlichen verhielten
sich gegen des Rats Verfügungen schroffer und ablehnender als je,
offenbar nach der ihnen von höherer Stelle zugekommenen Verfügung.
Als der städtische Archivar Hohlbein sich im Auftrage seiner Behörde
zum bisherigen Scholastiker des Liebfrauenstiftes begab, um sämtliche
Akten, Bücher u. s. \v. zu übernehmen und zu inventarisieren, wollte
ihm Marx nur die Rechnungsbücher, Obligationen und Hypotheken
ausliefern, mehr aber nicht. Derselben Weigerung begegnete Hohlbein
bei den Archivvorstehern des Bartholomäus- und Leonhardstiftes. Alle
drei erklärten, dass hierzu eine Anfrage beim erzbischöflichen Vikariat
nötig sei, dieses müsse erst einen oder mehrere Kommissare ernennen,
um die nicht ins Finanzwesen einschlagenden Papiere zurückzubehalten.
Marx weigerte sich ausserdem der Inventarisierung und der Aus-
lieferung der Urkunden beizuwohnen.'
Zur selben Zeit legte auch das erzbischöfliche Generalvikariat
durch den Stadtpfarrer Kauth gegen die Schliessung der Kapuziner-
kirche, die bis dahin unbeanstandet geblieben war, Protest ein. In
einer Sprache, die an herausfordernder Grobheit nichts zu wünschen
übrig liess, bekam der Rat zu hören, er werde sich hoffentlich nicht
beikommen lassen, die durch die geistliche Behörde ausschliesslich
zu verfügenden Anordnungen zu beschränken oder zu umgehen.
Kauth allein sei befugt, aus den aufgelösten Klöstern geeignete Priester
einstweilen zum Predigtamt und Beichthören auszuwählen.'
Bezeichnend genug für die Stellung der katholischen Geistlichkeit
zum Rate war die Thatsachc, dass sie sich weigerte, das Kirchengebet
für den Rat als nunmehrige Obrigkeit zu verlesen. 3 Was sollte nun
der Rat gegen die renitente Geistlichkeit thun? Mit Gewaltmassregeln
gegen sie vorgehen? Aber damit würde er die Kluft zwischen sich
und dem Kurfürsten, auf dessen mittelbaren oder gar unmittelbaren
Befehl sie gehandelt hatten, nur erweitern! Auf diesen selbst musste
man in Regensburg noch einmal einzuwirken suchen, damit er seinem
Generalvikariat und seiner Geistlichkeit andere Verhaltungsmassregeln
einschärfte. Der Versuch schien jetzt nicht ganz aussichtslos zu sein.
* Lgb I. c. Nr. 100. Der Rat beschloss hierauf in der Sitzung vom 29. Januar,
die von Marx angebotene Auslieferung der Hypotheken anzunehmen, aber auch
alle anderen Aktenstücke des I.iebfrauenstiites zu verlangen, da man ausser stände
sei, zu diesem Geschälte besondere mainzische Kommissare beizuziehen. Weigere
sich Marx, dabei anwesend zu sein, so sollte Hohlbcin einen Notar mit zwei Zeugen
hinzunehmen und die Richtigkeit der aufgestellten Register jedesmal attestieren lassen.
J Ugb Nr. 10«.
3 1. c. Nr. 125-127.
- 297 -
Böhmer wollte wissen, dass er durch den Ratserlass vom 1 5. Januar
milder gegen die Stadt gestimmt sei.
Somit suchte Böhmer wieder um eine Audienz beim Kurfürsten
nach, die ihm auch bewilligt wurde. Er übergab ihm ein Beschwerde-
schreiben des Rates über die kurfürstliche Regierung in Aschaffenburg
»wegen des von ihr gewählten höchst unglimpflichen modus pro-
testandi.« ' Der Kurfürst werde ja am besten in der Lage sein, die Ge-
sinnungen der vermittelnden Mächte zu erforschen; seine Gerechtig-
keits- und Billigkeitsliebc flössten dem Rate das höchste Vertrauen
ein u. s. w. Daher möge er seine Regierung anweisen, in ähnlich
vorkommenden Fällen dem Rate nicht die Ausübung seiner Gerichts-
barkeit zu erschweren, zumal man dabei mit der grössten Schonung
und Mässigung verfahren wolle. Als dann noch Böhmer hinzufügte,
wie schmerzlich es dem Rate sei, sein Missfallen erregt zu haben,
unterbrach ihn der Kurfürst und kritisierte seinerseits in massvoller
Sprache, die aber eine gewisse Gereiztheit nicht verleugnete, die
kirchliche Haltung des Rates. Bisher habe er Frankfurt stets hoch
geschätzt, um so unerwarteter seien ihm die Angriffe auf die Ge-
wissensfreiheit, auf seine Würde und Gerichtsbarkeit gekommen u. s. w.
Dabei verglich er die kirchliche Politik der französischen Republik
mit der des Rates, wobei dieser schlecht genug wegkam. Er sei
gewohnt, nach Thatsachen, nicht nach schönen Worten zu urteilen,
die Proklamation vom 25. November sei unter den Augen der
Kommissare erlassen worden, ohne dass man es für nötig befunden
habe, sie zu befragen. Dalberg gab als seinen festen Entschluss
kund, bis zur Publikation eines vom Kaiser und Reich festzustellenden
kirchlichen Regulativs alles in statu quo zu lassen. Käme es aber
nicht zu einem solchen, so wolle er sich nach den Bestimmungen
des Westfälischen Friedens richten. Böhmers Hinweis auf die fried-
liche Absicht seiner Behörde, die ja deutlich aus der Proklamation
vom 13. Januar hervorginge, fruchtete nichts. Der Kurfürst blieb
dabei, die Entscheidung des Kaisers abzuwarten und sich bis dahin
auf nichts einzulassen.*
Diese Unterredung machte auch der Fiktion, dass ein Wider-
spruch zwischen dem Kurfürsten und seinem Generalvikariat in
Aschaffenburg bestände, ein Ende. Dieses schrieb wohl noch das eine
oder das andere Mal sehr derb nach Frankfurt, um sich seine Rechte
' Gemeint ist damit das Auftreten Feldnunns gegen den alteren Bürger-
meister.
1 Ugb I. c. Nr. 109.
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zu wahren,' der Rat antwortete aber seit Ende Januar in der Regel
nicht mehr darauf, sondern teilte nur den mhalt Böhmer mit, damit
dieser gegen die geistlichen Anmassungen Klage führe. Von etwaigen
Massnahmen, um seine Rechte über das Kompostell oder die
katholische Geistlichkeit zu bethätigen, nahm er Abstand, obwohl
die französischen Gesandten jetzt Böhmer an den alten Spruch »beati
possidentes« erinnerten. Und als die drei katholischen Geistlichen,
die jetzt den Gottesdienst in den 3 Kirchen leiteten, noch immer
nicht das Gebet für die Obrigkeit sagen, auch nicht die Kirchen-
register an das Kastenamt abliefern wollten, beschloss der Rat nur,
sie noch einmal »in nachdrücklichen Terminisn zu ermahnen. 1
So hatte man in den kirchlichen Fragen nichts durchgesetzt,
man hatte den Gegner aus keiner seiner Positionen zu verdrängen
vermocht.
Den Rückschlag dieser Enttäuschung hatten zunächst diejenigen
Männer zu fühlen, die den Rat und die Deputation in diesen Kampf
hineingestossen hatten. So schrieb der Rat an Böhmer am 9. Februar,'
man bedauere, dass seine bisherigen Bemühungen fruchtlos gewesen
seien, und verspreche sich weiterhin keinen Erfolg mehr davon, denn
auf Laforests Verheissung, nach erfolgter Bestätigung des Reichs-
deputationshauptschlusses Frankfurts Partei ergreifen zu wollen, sei
nur wenig zu geben. Der Rat ersparte ihm nicht den schweren
Vorwurf, ihn durch die Berichte vom November bis Dezember 1802
auf die abschüssige Bahn seiner Politik gedrängt zu haben. Wie zu-
versichtlich und kühn habe damals seine und Bethmanns Sprache
geklungen, wie hätten sie jeden Kompromiss mit dem Kurfürsten
von Mainz oder den beiden Orden als ein Zeichen der Schwäche
und Feigheit gebrandmarkt und darin die unheilvollsten Folgen für
Frankfurts Zukunft vorausgesehen! Und jetzt, wo man sich bereits
zu Massregeln gegen die geistlichen Stände habe hinreissen lassen,
gebe er von Regensburg aus den wohlmeinenden Rat, sich stille zu
halten und jede Kollision zu vermeiden ! Dieser Rat käme jetzt, wo
man sich in eine Reihe unerquicklicher und unabsehbarer Verwick-
lungen gestürzt habe, zu spät .
1 Im Schreiben vom 16. II. drohte es bei dem geringsten Verbuch einer
Besitzstöruns,' mit den nachdrücklichsten Gegenmassrcgeln. G. Kr. XXI. Trotzdem
liess das Administrationsatnt die Weinvorrätc und das Mobiliar des St. Friedrichi-
stiftes versteigern.
* Ugb Nr. 125 — 127.
3 G. Kr. XXI.
- 299 -
Um für den ferner einzuschlagenden Weg in der Kirchen-
politik eine feste Richtschnur zu haben, beschloss der Rat schon
linde Januar, sich an das von anderen evangelischen Ständen erlassene
Regulativ über die Ordnung der Kirchenverhältnisse anzulehnen.
Soeben hatte die württembergische Regierung vor, über die bischöfliche
Jurisdiktion besondere Verfügungen zu erlassen. Der Rat bat um
deren Mitteilung, vor allem wollte er wissen, ob diese Verfügungen
nach vorausgegangener Besprechung mit den Bischöfen, die bisher
diese Rechte ausgeübt hatten, getroffen seien. Ferner bat er um
Auskunft darüber, welche Stellung die württembergische Regierung
zu der Gerichtsbarkeit über die Geistlichen in Zivilsachen und in
Fhestreitigkeiten einnähme. Diese Fragen hatten allerdings mehr
theoretischen als praktischen Wert, denn was Württemberg sich
gegen die Kirche herausnehmen durfte, konnte ein so winziges
Gemeinwesen wie Frankfurt kaum wagen. 1
Augenblicklich war übrigens im Kample zwischen der Stadt
und dem Kurfürsten Waffenstillstand eingetreten, der nur ab und zu
durch einige gehässige Artikel gegen Frankfurt, die in verschiedenen
Zeitungen erschienen,* unterbrochen wurde. Dem Rat ward darin
die Absicht untergeschoben , er habe nach der Aul hebung der
Klöster die Ordensmitglieder zum Bruch ihrer Gelübde veranlassen
wollen; es wurde noch hinzugefügt, dass dieser grobe Fingriff in
die Rechte der Kirche nach Rom berichtet worden sei, und von
dort demnächst eine Bulle gegen den Rat erwartet werde. Um diese
Gerüchte zu widerlegen, brachten die Frankfurter Zeitungen vom
17. Februar einen vom Rat inspirierten Artikel, der unter anderem
die überaus humane Behandlung der Ordensleute und die Bewilligung
von ansehnlichen Pensionen, die sogar auf fremde Ordensmitglieder
.iiisgedehnt worden sei, besonders hervorhob; der Artikel wies ferner
auf den Frlass des erzbischöflichen Vikariats vom 30. November
hin, zu dem gerade der Rat die Anregung gegeben hätte. 1 Auch
1 Ugb ;8, Nr. y6. Die württembergische Regierung sandte hierauf die Fun-
Jationsurkunde des den Katholiken in Stuttgart und Ludwigslust gestatteten Privat-
gottesdienstes ein und bemerkte dazu: »Keine bischöflichen Behörden dürfen die
Diözesanrechte oder geistliche Gerichtsbarkeit ausüben. Die katholischen Geistlichen
sind in allen Sachen der herzoglichen Jurisdiktion unterworfen, auch sind die
Matrimnnialstreitigkeiten katholischer Unterthanen ohne Unterschied den herzog-
lichen Khegerichten unterworfen.« (I. c. 116— 120 und 132.)
1 So im journal politique de Mannheim und in der Allgemeinen Zeitung.
} Dieser besagte, den Ordensgeistlichen wäre noch insbesondere zu bemerken,
dass »der allhiesigc Stadtmagistrat durch die in der ihnen zugegangenen Signatur
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— 3üo -
mit den anderen Gegnern, der Thum- und Taxisschen Post Verwaltung,
der nassauischen Regierung, mit der fortwährend Verhandlungen
über Soden und Sulzbach schwebten, war man noch um keinen
Schritt vorwärts gekommen. Aber der Rat hatte wenigstens die
Befriedigung, dass die Hügelsche Note mit ihrer Forderung, dem
deutschen Orden seine Rechte und Besitzungen im Frankfurter
Gebiet durch eine besondere Klausel zu sichern, von der französischen
Gesandtschaft abgelehnt wurde. 1
Voller Ungeduld wartete ganz Deutschland auf die endliche
Publikation des Entschädigungsplanes. Erst am 25. Februar wurde
er in seiner vierten Redaktion von der Reichsdeputation zum Abschluss
gebracht und dem Reichstag zur Genehmigung vorgelegt. Dies ist
der eigentliche Reichsdeputationshauptschluss oder Rezess, der die
Territorialverhältnissc Deutschlands völlig umgestaltete. ■ Die Reichs-
versammlung nahm nun ihre im Januar unterbrochenen Beratungen
wieder auf. Im Kurfürstenrat gaben Brandenburg und Bayern dem
Entwurf in seiner jetzigen Gestalt die Zustimmung, während dagegen
Böhmen, Mainz, Hannover und Sachsen noch ausdrücklich eine
Klausel zu Gunsten der beiden Orden hinzugefügt wissen wollten.
Auch im Kollegium der Reichsfürsten war die überwiegende Mehr-
heit für diese Klausel; dass die 6 Stimmen des reichsstädtischen
Kollegiums sich im Anschluss an das preussisch-bayrische Votum da-
gegen aussprachen, war von vornherein zu erwarten.
Der neue Entwurf verschaffte der Stadt, wenn auch die Rente
von 34000 Gulden nicht vermindert wurde, doch eine schwache
Aussicht auf Erleichterung. Er bestimmte nämlich, dass die Renten
aus dem Ertrag des Rheinschifffahrtsoctroi bezahlt werden sollten,
vorausgesetzt, dass sich nach Bezahlung anderer darauf unmittelbar
angewiesener Renten ein hinreichender Ueberschuss ergäbe. J Am
24. März kam das Reichsgutachten zustande; es Hei im Sinne der
österreichisch-mainzischen Partei aus und empfahl dem Kaiser unter
Hinzufiigung der Klausel die Bestätigung des Entschädigungsplanes.
Es war vorauszusehen, dass diese über kurz oder lang erfolgen würde,
und damit war das Friedenswerk beendet.
enthaltene Entbindung von den Ordensregeln und den OrdcnspHichtcn die Aut-
lösung ihrer Gelübde keineswegs verstanden haben wolle.« S. auch Ugb I. c, Nr. 1 1$.
■ G. Kr. XXI.
1 Häusser, deutsche Geschichte II, 399-400.
* Schon im Februar hatte Abel auf Anregung der Deputation in Paris be-
antragt, der Stadt zum Entgelt etwaiger ihrem Handel nachteiligen Bestimmungen
(wie Einführung von Rheinzöllen u. s. w.) die Renten abzunehmen. Die Grafen
von Reifferscheid und Stadion könnten ja aus dem Rheinoctroi entschädigt werden.
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Der § 27 des Entschädigungsplanes blieb unverändert, Abels
Bemühungen in Paris um Erlangung einer erläuternden Note waren
erfolglos geblieben. Die Stadt sollte also in dem Kampfe mit den
beiden Orden, gegen die nassauische und kurmainzische Regierung
ihrem Schicksale überlassen bleiben. Dann fiel natürlich die Ent-
scheidung zu Gunsten des Stärkeren aus. Eine Probe von dem, was
für die nächste Zukunft zu erwarten stand, hatte man eben jetzt
bekommen. Als am 3. März ein städtischer Baumeister in Sulzbach
einen dem Kornamt gehörenden Schuppen abbrechen Hess, protestierte
die nassauische Regierung gegen diese Frevelthat als einen Eingriff
in ihre Eigentumsrechte und beanspruchte eine angemessene Ent-
schädigung. '
Es galt also jetzt die kurze Spanne Zeit, die noch bis zur Auf-
lösung der Reichsdeputation blieb, kräftig auszunützen, um von den
Vertretern der vermittelnden Mächte doch noch eine günstige Lösung
der Streitfragen zu erlangen.
In den fortwährenden Mahnungsschreiben erblickte Böhmer einen
Vorwurf, dass er es an dem nötigen Eifer oder Geschick habe fehlen
lassen, und im Unmut hierüber bot er seine Entlassung an.' Er
glaubte seine Schuldigkeit im vollsten Masse gethan zu haben, aber er
befand sich seit der Abreise Bethmanns ganz allein einer geschlossenen
Koalition gegenüber, die ihn völlig an die Wand drückte. Ja, vor
persönlichen Demütigungen war er nicht zurückgeschreckt, um nur
einen Vorteil für seine Vaterstadt zu verlangen. »Das eine Mal,«
schrieb er in seiner Erregung nach Frankfurt, »wurde ich von Laforcst
wie ein ungestümer Bettler empfangen, dessen man sich entledigen
will; das andere Mal sagte er in der Gesellschaft Bühlers und Görtz'
so laut, dass ich es wohl hören konnte: meine Kommittenten und ich
verfolgten ihn mit den Angelegenheiten Frankfurts wie in der Komödie
der Apotheker den eingebildeten Kranken mit der Klistierspritze.
Derlei Behandlung habe ich erduldet und zu einem bösen Spiel ein
gutes Gesicht gemacht.« 1
Die ganze Schale seines Unmuts ergoss Böhmer nun über den
unglücklichen Abel. Ihn bezeichnete er als den, der für die bis-
herigen Misserfolge zur Verantwortung zu ziehen sei. Seine unglück-
liche Hand sei in allem, was er anrühre, sofort herauszufinden; des-
halb hätten ihn auch die Hansastädte noch nicht zu ihrem ständigen
1 Das Protestschreiben ist datiert: Wiesbaden, den 1$. Mar/.
2 Im Schreiben vom 17. März in Militaria IX.
J G. Kr. XIX.
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Agenten in Paris ernannt, und ob sie ihm überhaupt einen so schwierigen
und verantwortungsvollen Posten anvertrauen würden, sei höchst
zweifelhaft. 1 Seine Thätigkeit beschränke sich auf ewige Noten-
schreiberei, die aber keinen Nutzen, und in Sachen der Ordensgüter
nur Schaden gestiftet hätte.
Abel seinerseits schob die Ursache seiner Misserfolge in der
letzten Zeit auf Intriguen, die gegen die Stadt gesponnen worden
seien. Er berichtete von Briefen, die man der französischen Regierung
in die Hände gespielt habe, um alle diejenigen, welche für die Stadt
agitierten, zu verdächtigen. Dadurch seien deren Gönner einge-
schüchtert worden; ihre Gegner hätten die Oberhand gewonnen,
und so seien die Angelegenheiten in Stagnation geraten. Dazu hatte
Abel noch mit Vorurteilen gegen Frankfurt zu kämpfen. Die Er-
eignisse des Jahres 1792 und die sich daran knüpfenden Ver-
dächtigungen waren noch immer nicht vergessen; die Behauptung,
dass Frankfurt und andere Reichsstädte ein Schlupfwinkel der Feinde
der Republik seien, wurde sogar vom Moniteur verfochten.» Abel
wollte zwar den Redakteur zu einem Widerruf nötigen und hatte
sich deswegen an den Staatssekretär Marat gewandt, doch erfahren
wir nicht, ob seine Bemühungen von irgend welchem Frfolg be-
gleitet waren.
Auch das intolerante, dem Zeitgeist widerstrebende Verhalten
des Rates gegen die katholischen Mitbürger musste in einem Lande,
das, wenige Bruchteile abgerechnet, einen ausschliesslich katholischen
Charakter hatte, manchen Unwillen gegen Frankfurt erregen, dem
' Darin irrte sich aber Böhmer, denn gerade um diese Zeit ernannten die
drei Hansastädte Abel zum ständigen Residenten in Paris, und auf Vorschlag der
Deputation erhielt er bald darauf auch vom Frankfurter Rat die Bestallung als
stadtischer Vertreter bei der französischen Regierung.
a Schreiben vom 12. Februar in G. Kr. XIX und 13. März in L'gb 1. c,
Nr. 128. Nr. 102 des Moniteur vom Jahre 1805 enthielt folgende Frankfurt ver-
dächtigende und bedrohende Korrespondenz : II est des maisons de Franclort, Nurem-
berg, Hambourg qui ont longtemps cte les canaux par oü Ton soldait tous los
crimes qui ctaient excites sur le continent. S'il ctait vrai que la faction ennemie
du repos de l'Hurope voulüt continuer ä sacrifier les tresors de ce peuple brave
et illustre ä tant de titres . . . nous leur conseillons d'y mettre de la circonspection
et aux magistrats de ces villes d'y veiller, car tous les pays, principalement les
villes de commerce qui donnent refuge aux agens de cette faction parce que se>
magasins soiit au-delä des mers et qui mettent dans cette lutte de l'argent et non
du sang, doivent sentir par experience que la guerre porte avec soi des desastres
dont leur laiblesse peut les rendre encore plus victimes que les autres. Les villes
dont rexistence tient au commerce sont donc intercssees plus que personne ä ce
que la paix si heurcusement retablie soit de longue duree.
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die Blätter der Hauptstadt Ausdruck verliehen. Schon Ende des
Jahres 1802 hatten die Katholiken Frankfurts schriftlich ihre Be-
schwerde auch dem ersten Konsul überreichen lassen, später sogar
mehrere Deputationen nach Paris gesandt, um Abhilfe der schreiendsten
Missstände zu erriehen. 1 Die Beschwerden der Katholiken konnte
Abel nicht entkräften, versuchte aber eine Intervention der franzö-
sischen Regierung zu verhindern, indem er ihr vorstellte, dass sie
sich doch nicht in die inneren verfassungsmässigen Zustände eines
deutschen Staates einmischen könne. Im übrigen setzte Abel seine
Notenschreiberei, worin er die alten Forderungen der Stadt wegen
Rentenerlass, Erhaltung des städtischen Besitzes in Soden u. s. w.
wiederholte, emsig fort. Leider stand der Erfolg in gar keinem
Verhältnis zur aufgewandten Mühe; ob Tallevrand die Noten über-
haupt gelesen hat, ist sehr fraglich.
Da Abel in Paris noch immer nichts durchgesetzt hatte,* be-
schloss die Deputation, noch einen letzten Versuch in Regensburg
zu machen. Bethmann hatte sich bereit finden lassen, dorthin zurück-
zukehren und die Macht seiner Persönlichkeit und seiner Ver-
bindungen zu Gunsten der Stadt zu verwerten; ausserdem sollte er
den schmollenden und missmutigen Böhmer in bessere Stimmmung
versetzen und ihn der steten Dankbarkeit des Rates für seineu
unermüdlichen Eifer versichern. Er traf dort Ende März ein, zu
einem Zeitpunkt, der für die Förderung seiner Absichten geeignet
schien. Mathieu, der sich in Geldnot befand, trug sich mit dem
Gedanken, Frankfurt um ein grösseres Darlehen anzugehen. Als die
Abgesandten darauf einzugehen schienen, wurde er zugänglicher.
Auch Laforest nahm Bethmann sehr zuvorkommend auf und hielt
1 Ugb I. c. 128. Ihre Hauptbeschwerde war die, dass, obgleich sie den vierten
Teil der christlichen Bevölkerung in Frankfurt ausmachten, sie im Laufe der Zeit
nicht nur vom Rate sondern auch von den Zünften ausgeschlossen worden seien,
eine Ausschliessung, die um so drückender empfunden werde, als jetzt den Katho-
liken der einzige Weg, ihre Kinder anstandig zu versorgen, durch die Säkulari-
sationen verschlossen sei. Der Kurfürst von Mainz versprach, das (Jesuch der Frank-
furter Katholiken, wenn es im Reichstage zur Sprache käme, nachdrücklichst be-
lürworten zu wollen.
* Zwar teilte um diese Zeit (j. März) Hirsinger aus einem von Paris er-
haltenen Briefe dem älteren Bürgermeister folgende Stelle mit : »La ville de Fr.
peut etre tranquille sur les contestations de Jurisdiction qu'elle eprouve de la part
de quelques princes; l'intention du gouvernement cn soutenant et fortillant meme
l'existence des villes imperiales est qu'elles soient degagees dans leur territoirc de
toutes entraves de cette espi.ee.« Aber da das Schreiben keinen offiziellen Charakter
hatte (den Namen des Absenders erfahren wir nicht) beachtete man es mit Recht
nicht weiter. War es vielleicht auch »un tour du bureau?«
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es sogar für nötig, sein passives Verhalten in der letzten Zeit zu
verteidigen. Er bemerkte unter anderm, von Paris aus sei ihm nur
im allgemeinen die Sache Frankfurts empfohlen worden, aber wer
von allen, die nach Regensburg gekommen seien, hätte nicht
Empfehlungsschreiben mitgebracht?' Auf derartige Empfehlungen
hätte er keinen Wert legen können, sondern nur auf ausdrückliche
Anweisungen, diese seien aber für Frankfurt nicht erfolgt. Nichts-
destoweniger wolle er jetzt noch, um seinen guten Willen durch die
That zu beweisen, beantragen, dass entweder auch die übrigen
Reichsstädte zur Zahlung der 34000 Gulden Rente herangezogen,
oder die Grafen Salm-Reifferscheid-Dvk und Stadion anderweitig
entschädigt würden. Diesen könne man die Güter der bereits sehr
reichlich entschädigten Grafen von Salm-Reifferscheid-Bedborg an-
weisen, jene in ähnlicher Weise befriedigen. Auch dachte Laforest
an eine subsidiarische Anweisung der Renten auf das Rheinoctroi. 1
Ausser dieser Verheissung hatte die Unterredung auch einen greif-
baren Erfolg. Als Bethmann das brüske Schreiben der nassauischen
Regierung vorlegte, in dem sie sich als alleinige Herrin von Sulzbach
gerierte, versprach Laforest sofort an sie eine Note zu richten, damit
sie sich nicht länger sträube, die Stadt im ungestörten Besitz ihrer
Grundstücke zu lassen. Und er hielt Wort. Am 11. April richteten
Laforest und Bühler eine identische Note in diesem Sinn* an die
nassauische Regierung, in der sie Frankfurts Eigentumsrecht auf seine
Privatbesitzungen in den beiden Dörfern ausdrücklich bestätigten.
In diesem kleinen Erfolg erblickte Bethmann den Vorboten
weit grösserer ; er hoffte doch noch, die heiss ersehnte Erläuterungs-
note (note explicative) zu § 27 zu erhalten, die der Stadt die unein-
geschränkte Jurisdiktion und Landeshoheit bestätigte. 4 In dieser Zu-
versicht wurde Bethmann durch das auf einmal ganz veränderte
1 Herr von Ulrich hatte sogar vorn ersten Konsul ein eigenes Handschreiben
an Laforest erhalten.
* Schreiben Bethmanns an Abel vom jo. III. in G. Kr. XIX.
' Die Note nimmt darauf Bezug, dass die Minister Frankreichs und Russ
lands schon früher mündlich dem Vertreter der nassauischen Regierung. Herrn von
Gagern, dies erklärt hätten, ohne dass er sich daran gekehrt hätte ; daher jet*t
eine schriftliche F.rklärung von nöten sei. Sic lautet : Les biens appartenants
ä plusicurs des corporations pieuses de la ville de Francfort et a son departemert
des approvisionnements (Kornamt) situes dans les banlieues de Sulzbach et de
Soden ctant des proprictes particulieres et ne pouvant etre consideres comme
doniaines de l'litat ne sont pas compris dans la cession stipulee de sa part au\
villagcs de Sulzbach et de Soden.
« Bericht vom $1. III. in G. Kr. XIX.
— 30) _
Gebahren der Gegner noch bestärkt, die voller Bestürzung seinen
freundlichen Empfang bei den französischen Diplomaten wahrge-
nommen hatten. Sie, die bis dahin kalt und ablehnend gegen ihn
gewesen waren, nahten sich ihm jetzt mit Anträgen aller Art. »Herr
von Albini, von Vrints, der Bailli des Malteser Ordens von Flachsland,
sie bieten mir jetzt alle die Hände zu gütlichem Vergleiche,« meldete
er freudig nach Frankfurt, »sie ahnen sicherlich schon die Note. Albini
will schon einräumen, dass das Kompostcll sich den Polizeigesetzen
des Rates zu unterwerfen habe, aber zugleich als Absteigequartier des
Kurerzkanzlers solche Immunitäten geniessen müsse, welche nach
diplomatischem Brauch dem Gesandten in seinem Hotel über seine
Leute allgemein zugestanden werden.« Noch viel wichtiger war, dass
Albini bezüglich der Diözesangerichtsbarkcit nicht mehr starr auf
seinem früheren Standpunkt beharrte. Auch hier würde sich der
Streit schon schlichten lassen, bemerkte er einlenkend. Bethmann
aber glaubte jetzt, wo sich allem Anschein ' nach das Zünglein der
Wage auf die Seite Frankfurts neigte, vorsichtigerweise jedem Ver-
gleiche ausweichen zu müssen. Nur riet er, dem Erzherzog Karl schon
jetzt mit einigen Zugeständnissen entgegenzukommen, um desto un-
gestörter alle Gerechtsame über die Ordensbesitzungen ausüben zu
können. Leider zu zeitig kehrte Bethmann nach Frankfurt zurück
und überliess Böhmer wieder allein das Kampffeld.
Endlich am 27. April traf in Regensburg die sehnlichst erwartete
kaiserliche Bestätigung des Deputationshauptschlusses vom 28. Februar
und des Reichsgutachtens vom 24. März ein. 1 Baron von Hügel
beglückwünschte sofort Böhmer dazu, dass der Wiener Hof alle die
Reichsstädte betreffenden Punkte unverändert gelassen, während er
gegen andere Punkte des Rezesses sein Veto eingelegt habe. Der
Kaiser selbst hatte sich übrigens bei dem Entschädigungswerk nicht
vergessen; er zog alle die Klöster und Stifter an sich, die den
säkularisierten geistlichen Ständen gehört hatten und in den öster-
reichischen Erblanden lagen, ohne Bayerns Anrechte darauf im geringsten
zu berücksichtigen. Vergebens versuchten die Vertreter Brandenburgs
und Bayerns, die Iremden Diplomaten zu einem Einspruch zu bewegen.
I.aforest erklärte ihnen kurz und bündig, die zur Entschädigung be-
rechtigten Fürsten hätten genug erhalten, und es scheine ihm bedenk-
lich, da die Hauptgegenstände des Reichsgutachtens ratifiziert seien,
wegen einiger Inzidenzpunkte mit Beschwerden hervorzutreten. 1
1 H ausser II, S.
J H -ausser I. c.
20
Jetzt, nachdem die Bestätigung des Hauptschlusses vom Reichs-
oberhaupt erfolgt war, erinnerte der Frankfurter Abgesandte Laforest
an sein wiederholt gegebenes Versprechen, nach erfolgter Ratifikation
für Frankfurt noch Besonderes auswirken zu wollen. Laforest sagte
auch zu, und er meinte, es würde sich schon eine Handhabe gegen
das Kaiserliche Ministerium bieten, auf dessen Befehl sich Baron von
Hügel für die Gegner der Stadt verwendet habe. Doch bald änderte
sich Laforests Sprache. Der politische Wind hatte sich plötzlich
abermals gedreht: der Krieg zwischen Frankreich und England stand
drohend in Aussicht; anderseits war das bisherige herzliche Ein-
vernehmen zwischen Frankreich und Russland erschüttert. Um so
mehr lag dem ersten Konsul daran, Oesterreich in dem jetzt aus-
brechenden Kriege nicht zum Gegner zu haben und es durch Nach-
giebigkeit bei guter Laune zu erhalten. Unumwunden erklärte daher
Laforest, es hätten sich jetzt Schwierigkeiten erhoben, welche man
als unüberwindlich ansehen müsse. Er könne die gewünschte Note
für die Stadt nicht ausstellen ; bezüglich Sodens und Sulzbachs würde
dadurch die Ehre seiner Regierung und seine eigene Würde kom-
promittiert, wegen der beiden Orden habe ihm Hügel gerade eben
eine Denkschrift übergeben ; er (Laforest) hätte die Vorwürfe seiner
Regierung zu befürchten, wenn er durch sein Einmischen den Streit
neu anfachte. Dafür versprach er, auf andere Art, nämlich durch
Berichterstattung an seine Regierung, die unerledigt gebliebenen Punkte
ordnen zu wollen.
Bei dieser Erklärung beruhigte sich Böhmer selbstverständlich
nicht. Die Absicht des französischen Diplomaten, ihn mit leeren
Redensarten abzuspeisen, lag offenkundig zu Tage. Böhmer lief nun,
wie er selbst berichtet, von Pontius zu Pilatus; Laforest wies ihn an
Bühler, dieser an Hügel, dieser an den Herrn von Ulrich. Der Ordens-
vertreter, »von seines Ordens Stärke aufgebläht« und von Hügel
unterstützt, presste dem abgehetzten Böhmer das Versprechen ab,
dass der Rat die Wünsche des Erzherzogs befriedigen werde. Böhmer
musste sogleich 2 Schriftstücke aufsetzen, eins für den Malteser, das
andere für den deutschen Orden. Jenem bewilligte er für sein Ordens-
haus eigenen Gerichtsstand und die bisherige Steuerfreiheit, 1 wofür
er seine im Frankfurter Gebiet gelegenen Besitzungen der Stadt
gegen Tausch überlassen sollte; diesem verhiess Böhmer für das
1 Freilich diejenigen Personen, die im Kommendehaus bürgerliche Gewerbe
betrieben, blieben der städtischen Gerichtsbarkeit noch unterworfen. Auch sollte
das Kommendehaus nach wie vor die auf kaiserlichen Beschlüssen beruhenden Bei-
träge zu den Kontributionsschulden zahlen.
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— 3»7 —
Kommendehaus in Sachsenhausen dieselben oder noch grössere Ver-
günstigungen,' unter der Voraussetzung, dass er ebenfalls seine
Besitzungen gegen angemessene Entschädigung der Stadt abtrete.
Diese Zugeständnisse hielt Herr von Ulrich für zu unbedeutend ;
er wollte nichts mehr von einem Austausch wissen, verlangte vielmehr
die Krhaltung des Status quo im Besitz und in den Rechten des Ordens.
Aber damit hatte er den Bogen zu straff gespannt, und Böhmer nutzte
dies aus, ohne einen Augenblick zu säumen. Er bat um eine Audienz
bei Laforest, die ihm dieser auch bewilligte, trotzdem er schon mit
Reisevorbereitungen beschäftigt war, denn er hatte den Befehl erhalten,
binnen 3 Tagen Regensburg zu verlassen und sich auf seinen neuen
Posten als Gesandter nach Berlin zu begeben. Laforest lieh seinen
Beschwerden ein williges Ohr. Wenn Ulrichs Übermut noch bei An-
wesenheit der Vertreter Frankreichs und Russlands einen derartigen
Grad erreichte, was hatte da Frankfurt nach deren Abreise und nach
der Auflösung der Reichsdeputation erst zu erwarten ? Dieses Argument
verfing bei Laforest und Bühler. Beide richteten eine Note an Baron
von Hügel, in der die Stadt, wie sie dem geängstigten Böhmer ver-
sicherten, die Beseitigung aller ihrer Zweifel und Beunruhigungen
rinden würde. Nun triumphierte wieder Böhmer; trotzig erklärte er
Ulrich den Abbruch der Verhandlungen und verlangte zugleich die
Herausgabe der beiden Schriftstücke, die für ihn nicht mehr bindend
seien. Jetzt wurde wieder Ulrich kleinlaut, und nach einigem Wider-
streben gab er sie zurück. Da legte sich Hügel ins Mittel. Er riet
beiden Parteien dringend zum Vergleich und lud Böhmer und die
Vertreter der beiden Orden zu sich. ,Die Bemühungen Hügels und
Bühlers, der ebenfalls der Konferenz beiwohnte, hatten das Ergebnis,
dass Böhmers Anträge diesmal angenommen wurden, obgleich sie im
wesentlichen nur den Inhalt der beiden Schriftstücke wiederholten.
Uebrigens Hess die Klausel, die Böhmer noch hineinzupraktizieren
wusste, dass durch die den Ordensmitgliedern gewährten Zugeständ-
nisse weder der städtischen Landeshoheit noch den höheren Polizei-
rechten überhaupt Eintrag geschehen dürfe,* der Stadt noch Spielraum
genug, und eine geschickte Interpretation der Klausel konnte die
Zugeständnisse wieder illusorisch machen. Ueber diesen Erfolg war
Böhmer nicht wenig vergnügt. 1
1 Dem Erzherzog sollte die Angabe aller der Vorrechte überlassen bleiben,
welche er auf das Konimendehaus ausgedehnt wissen wollte.
* (i. Kr. XX.
J Ueber all dieses siehe seinen Bericht vom 15. V. in Militari.» IX und G. Kr. I.e.
20*
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Noch am selben Tage, am 9. Mai, übergaben die Gesandten der
beiden vermittelnden Mächte dem Reichstage eine Note, in der sie
sich von ihm verabschiedeten. Unmittelbar darauf reisten sie ab, und
der Kaiser löste am 10. Mai die Reichsdeputation, da deren Aufgaben
nunmehr vollendet seien, auf. Es blieb jetzt ihm und dem Reichstage,
zunächst ohne fremde Einmischung, überlassen, die neuen Ordnungen
aufzustellen, die sich aus dem Rezess vom 25. Februar ergaben. '
Fassen wir noch einmal kurz zusammen, welche Erfolge die
Stadt Frankfurt seit dem 8. Oktober, wo der erste Entwurf des
Entschädigungsplanes veröffentlicht wurde, durch ihre fortwährenden
Verhandlungen in Paris und Regensburg errungen hatte. Böhmer
selbst zählt sie in seinem Haupt- und Schlussbericht in nachstehender
Reihenfolge auf:
1) Von der ursprünglich festgesetzten Rente sind 21000 Gulden
erlassen, und der Stadt ist zugleich die Aussicht eröffnet worden, dass
auch der Rest von 34000 Gulden früher oder später in Wegfall
kommen werde.
2) Die Dependenzen auswärtiger Klöster und Stifter sind der
Stadt bedingungslos zum Eigentum überwiesen. 3
3) Die kornamtlichen Güter zu Sulzbach und Soden sind ihr
durch die Note vom 19. April gesichert.
4) Jede fremde Gerichtsbarkeit im städtischen Gebiet hat auf-
gehört, wie es die Note vom 9. Mai ausdrücklich bestimmt.
In dieser Note erblickte Böhmer ein Bollwerk gegen jeden
Versuch, der Stadt ihre landeshoheitlichen Rechte streitig zu machen,
und doch war ihr Wert höchst problematisch. Einmal war sie weder
vom Reichstage noch von der Reichsdeputation oder dem Kaiser
bestätigt, drückte vielmehr nur eine persönliche Meinung Laforests
aus; anderseits stand ihr viel verheissender Anfang mit dem Schluss
in einem gewissen Widerspruch,' und es war zu erwarten, dass die
1 Häusser 1. c. S. 204 ff.
* Sie erhielt dadurch a) die zuerst dem Kurerzkanzler zugewiesenen Güter
des Domkapitels in Mainz ; b) die im städtischen Gebiet liegenden Dependenzen des
nicht säkularisierten St. Feter- und Alexanderstiftes zu AschalTenburg ; c) den dem
Grafen von Solms gehörenden Arnsburger Hof ; d) die dem Grafen von Wester-
burg und den Klöstern I-ngelthal und Ilbenstadt gehörenden Häuser.
5 Die Note lautet: Les puissances medriatrices ont pense constamment que
la plus legere exception ä la Jurisdiction et pleinc superiorite stipulee dans des
termes formels en läveur des six villes imperiales pour tout ce qui est compris dans
l'enceinte et dans leur territoire atterrerait le Systeme de l'independance parfaite
dont il etait tres important de les faire jouir. II a donc ete impossible au soussigne
de proposer les differentes moditications ijui lui ont ete demandees par plusieurs
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Gegner Vorteil daraus ziehen würden. Jedenfalls hielt die Kote
nicht, was sie so zuversichtlich verhiess; sie löste die bestehenden
Streitfragen nicht und überlicss es der Stadt, sich mit ihren Gegnern
auseinanderzusetzen. Aber trotzdem war im Vergleich mit den
geringen Erwartungen, die man noch bis tief in das Jahr 1802 gehegt
hatte, ohne allzu grosse Opfer viel erreicht! Sich die Freude an
dem Erlangten dadurch vergällen zu lassen, dass nicht alles nach
Wunsch erfolgt war, wäre doch sehr thöricht gewesen, und durch
eine übel angebrachte Empfindlichkeit konnte man leicht das Wohl-
wollen mächtiger Gönner verscherzen. Deshalb erhielt Abel den
Auftrag, Mathieu, Laforest, Talleyrand und dem ersten Konsul
Dankschreiben für die der Stadt erwiesenen Vergünstigungen ein-
zuhändigen. Mathieu bekam darin zu lesen, dass er sich die
gerechtesten Ansprüche auf die Dankbarkeit der freien Reichsstadt
erworben habe; ihm verdanke sie besonders ihre Unabhängigkeit,
da er immer die Schwachen gegen die Starken stütze. Laforest
erhielt die Anerkennung, dass der erste Konsul keine bessere Wahl
etats de l'empirc et notaniment Celles qui laisscraicm subsistcr dans la villc et Ic
territoire de Francfort !a superioritc territoriale ou l.i Jurisdiction de l'ordre tcu-
tonique, de l'ordre de Malte, de lelccteur arclii-chancelier et de tout autre membre
de l'empire. Lcs vues emanees des puissanecs mediatrices sont restees intactes .1
cet egard dans lcs differentes revisions du plan d'indemnites et ellcs ont depuis
recu leur derniere sanetion par la ratiheation de sa majeste imperiale. II scrait
superllu d'analyscr les diverses dispositions qui etablissent avec une evidence in-
constestable dans lcs $ 2>, 26 et 27 de 1 acte ratifie la doctrine qui doit prevaloir.
11 n'est pas inutile cependant de consigner ici lcs explications verbales donni.es .1
plusicurs reprises tant aux. deputes de la villc de Francfort qu'aux divers niembres
de rempirc qui ont des possessions chez eile. Tous les droits de propriete resteut
cn entier aux derniers sauf le droit de jurisdiction et de superiorite territoriale qui
passent a Francfort. Cctte villc reeoit ä la virite tous les biens, b.'itimcnts, pro-
prietes et revenues ecclesiastiques compris dans son eneeinte et sou territoire. Nur
das Kompostell und die Besitzungen der beiden Orden sind davon ausgenommen.
Bezüglich der anderen nicht geistlichen Besitzungen aber heisst es: il n'v a pas meine
lieu a question ; rien n'en est distrait que ce qui etait incompatible avec la superiorite
territoriale et la pleine jurisdiction aitribuees cn gcneral aux villcs imperiales . . .
Ort ne peut douter au restc que si les maisons possedees dans Francfort par ditR-
rents Etats d'empire devenaient des maisons de legation ellcs jouiraient de l'immu-
nit£ consacree en pareil cas par le droit des gens. II n'est pas moins entendu que
le $ 1} lie la ville de Francfort .i ne rien innover dans l'etat garanti desormais
par tout rempirc au prince de la Tour et Taxis. Ces explications resolvent la
totalite des questions faites au soussigne. Indem er sie zur Kenntnis des Barons
von Hügel bringt, hofft er prevenir toutes diflicultes ulurieures et desire surtout
le mettre .1 meine de contribucr dans lcs importantes fonetions qui lui sont con-
liees au maintien d'un acte qui devenu loi du corps germanique se trouve plus
particuliercment sous la protection de son chet suprenic etc. etc.
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hätte treffen können, als er die Ordnung des äusserst schwierigen
Indcmnisationsgeschäftes auf seine Schultern legte. In ähnlichem
Sinn war das Schreiben an Tallcyrand gehalten. In unterwürfigster
Sprache aber legte der Rat seine Dankes- und Huldigungsbezeugungen
dem ersten Konsul zu Füssen.' Auch der russische Gesandte durfte nicht
leer ausgehen. Bethmann sollte ihm ein Dankschreiben überreichen,
dessen Wert noch durch eine »Erkenntlichkeit« gesteigert wurde.
An Frankfurt und die anderen 5 Reichsstädte trat nunmehr die
Frage heran, in welcher Weise sie sich zu einem Kollegium
konstituieren wollten. Sowohl der Kaiser als die fremden Mächte
hatten dies als eine Angelegenheit aufgefasst, in die sie nicht hinein-
reden wollten, sondern die ausschliesslich von den Reichsstädten
selbst zu erledigen sei. Beratungen hierüber hatten zwischen den
einzelnen Reichsstädten schon seit Ende 1802 stattgefunden; der
Frankfurter Rat wünschte zuerst, die definitive Organisation des
Kollegiums »dilatorisch« zu behandeln; er sträubte sich besonders
gegen die Uebernahme des Direktoriums aus Besorgnis vor den damit
verbundenen Repräsentationskosten, die noch gesteigert würden,
wenn man neben dem Direktorialgesandten einen Komitialbevoll-
mächtigten aufzustellen hätte. Aber da die beiden anderen Kollegien
des Reichstages, das kurfürstliche und das fürstliche, sich bereits
konstituiert hatten, und für den Reichstag noch eine Menge auch das
Wohl und Wehe der Reichsstädte berührender Fragen zu erledigen
war, so erforderte schon das einfachste Gebot der Klugheit, ebenfalls
als festgeschlossene Körperschaft auf dem Reichstage zu erscheinen.
Deshalb nahmen die Verhandlungen unter den einzelnen Reichsstädten
einen ungewöhnlich raschen Verlauf. Bereits Anfang Mai fanden sie
ihren Abschluss in einem Abkommen, das von den Vertretern der 6
Reichsstädte genehmigt und untersiegelt wurde. Frankfurts Anträge
erfuhren dabei besondere Berücksichtigung.
Die wichtigsten Bestimmungen der neuen Ordnung waren in
folgenden Paragraphen enthalten:
§ 1. Das Direktorium des reichsstädtischen Kollegiums wechselt
unter den sämtlichen 6 Städten ab.
§ 2. Dasselbe verbleibt während der Dauer von 2 Jahren, aber
niemals länger, bei ein und derselben Stadt.
1 Abgedruckt im Anhang.
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§ 3- Ks ist nicht gestattet, dass eine Stadt das Direktorium
früher an eine andere abtritt.
§ 4. Statt der Bankalordnung tritt beim Aufruf der Stimmen
die nach § 27 des Deputationshauptschlusses angenommene Ordnung
ein, derart dass diejenige Stadt zuerst aufgerufen wird, welche in der
Reihenfolge nach der derzeitigen Direktorialstadt kommt, und dass
letztere ihre Stimme zuletzt abgiebt.
§ 5. Das Direktorium wird zuerst der Reichsstadt Hamburg
übertragen. Der Wechsel geschieht jedesmal am 28. April nach der
in § 4 bestimmten Reihenfolge, sodass bei dem nächsten Wechsel, am
28. April 1805, die Reichsstadt Augsburg solches zu übernehmen hat.
§ 6. Durch vorstehende Bestimmungen wird den sonstigen
Rechten u. s. w. der einzelnen Reichsstädte auf keine Weise präjudiziert.
Auch über eine Reihe anderer Punkte, von denen wir die wich-
tigsten hier anführen wollen, einigte man sich :
r. Die Direktorialgeschäfte können nur Männern übertragen
werden, welche Eingeborene oder Angehörige der derzeitigen Direk-
torialstadt sind. Auch darf das Direktorium nicht länger als zwei
Jahre nach einander von einem und demselben Komitialgesandten
geführt werden.
2. Dieser ist zur sorgfältigen Führung zweier fortlaufender
Protokolle verpflichtet, von denen das eine für die Abstimmung der
Städte über reichsstädtische Sachen, das andere für die Interna des
Kollegiums und für sonstiges Bemerkenswerte bestimmt ist.
3. Die Komitialgesandten der Reichsstädte dürfen in keines
anderen Standes Dienst und Pflichten stchn, auch nicht als Mitglieder
des Magistrats einer Munizipalstadt.
Diese Bestimmungen fanden, wie Böhmer am 14. Mai seiner
Behörde berichtete,' den allgemeinsten Beifall in Regensburg; Albini
konnte sein Staunen nicht unterdrücken, dass eine Einigung unter
den Reichsstädten in so kurzer Zeit erfolgt sei.
* 5 27 des Entschädtgungsplanes zählt die Reichsstädte in folgender Reihen-
folge auf: Augsburg, Lübeck, Nürnberg, Frankfurt, Bremen und Hamburg.
* Militaria 1. c
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Anhang.
General Premier Consul!
En pesant los destinees de l'Allemagne vous avez daigne' jetter
un regard favorable sur ses villes Iibres et commerrantes. C'cst au
bienfait de votre protection genereuse — c'est ä votre sagesse philan-
tropique et magnanime, que le reste des villes libres d'Empire et
Kranefort surtout doivent le bonheur de la liberte et d'une existence
politi<iue. Vivant eternellement par vos haute exploite dans les annalcs
de l'Europe, vous n'avez pas voulu dedaigner d'etre nomme egalemcnt
dans les fastes des villes libres de l'Allemagne le fondateur de leur
prosperite future, c omme de la ville en particulier, dont l'administration
nous est confiee.
Penuettez, General Premier Consul, que nous soyons les interpretes
des sentiniens de la plus vive reconnaissance, dont tous nos concitoyens
sunt penetres pour des bienfaits si eclatans. Limitrophe aux vastes
provinces de la Franre et liee avec eile par des relations inultipliees
de commerce et d'industrie, nous osons vous supplier de daigner
< onserver a notre ville votre protection puissante et cette bienveillam e
inappreciable, qui seule peut decider de son avenir et en meme temps
la mettre ä Tabri de l'infraction de ce que vous avez bien vyulu lui
faire conceder.
Jamais le souvenir de vos bienfaits — jamais celui surtout qui
vient de preserver les Villes libres d'Empire des malheurs des guerrcs
futures par le don inappreciable de la ncutralitc, ne sera efface de nos
oeurs. Daignez etre persuade, (jue rien n egale la sincerite de rette
gratitude, (jue l'ardeur des veeux, «pie nous portons aux Cieux pour la
Prolongation de vos jours, celle d'une prosperite non-intcrroinpue de
votre auguste personne et famille. ainsi que du bonheur de la republique,
dont vous etes le chef adore.
("est avec les sentimens du devouement les plus respectueux, que
nous avons l'honneur de nous nommer
General Premier Consul
Vos tres humbles et tres obeissants serviteurs
les Boiirgueinaitres et Magistrats de la ville Übrc d'Empire de Kranefort.
sur le Main.
Kait a Francfort ce 13 Mai (23 Flor^al) 1803.
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- 313 -
Napoleons Antwortschreiben lautet:
Messieurs les Bourgemaitres et Magistrats de la ville libre et Imperiale
de Francfort! J'ai recu la lettre que vous m'avez ecrite le 23 Floreal
dernier et j'ai e'te' fort sensible aux temoignages que vous m'y donnes
de votre reconnaissance pour ce que j'ai pu faire en faveur des villes
libres et Imperiales. Je n'oublierai dans aueune circonstance la con-
sideration qu'Elles meritent et leur interet particulier excitcra toujours
ma sollicitude : je vous prie d'en etre bien persuades ainsi que de mes
dispositions sinceres a favoriser tout ce qui peut contribuer a donner
de l'activite aux rapports qui existent si longtemps entre Elles et le
Gouvernement Francais. Donnc a St. Cloud le 13 Prairial an XI.
Bonaparte.
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V.
Die Ausgrabungen im Domhof und auf dem Weckmarkt
1896 und 1897. )
Von Architekt Ch. L.
Durch die Aufgrabungen vom Jahre 1896 sollten die freien Hol-
flächen vor dem Pfarrturm bis zum sogenannten gewachsenen Boden
hinunter auf römische Reste untersucht werden. Die Grabungen
von 1897 bezweckten die Untersuchung der ungefähr 1350 erbauten
Kirchhofmauer des Bartholomäusstiftes auf dem Weckmarkt und die
Aufklärung der Bodenverhältnisse zwischen Leinwandhaus und der
1571 erbauten neueren, noch erhaltenen Kirchhofmauer.
Die Ergebnisse an Resten römischer Bauthätigkeit sind recht
spärlich ausgefallen , doch wurden Erscheinungen in dem mit
mittelalterlichen Fundamenten aus sehr frühen Bauperioden reichlich
durchsetzten Untergrunde festgestellt, die immerhin als beachtens-
wert für die Forschung nach dieser Richtung angesehen werden
müssen. Auch die Oberfläche des in einer Tiefe von nicht unter
2Vt Metern lagernden gewachsenen Bodens erregte an einigen
Stellen durch ihre Gestaltung die besondere Aufmerksamkeit. Sic
würde erhöhte Bedeutung für die Lösung der Frage nach dem Kastell
gewinnen, falls sich Aehnliches bei forstgesetzten Grabungen wieder-
holen sollte.
Zweifellos römische Schuttschichten wurden in dem Hofe
zwischen Pfarrturm und den Häusern der Höllgasse, lerner vor der
Südfront des Pfarrturms angetroffen. Sie enthielten viele Bruchstücke
von römischen Gefässen und Dachziegeln, die zum Teil mit
Stempelung versehen sind. Auf den Dachziegelbruchstücken wurden
Stempel der 14. und 22. Legion festgestellt.
Diese Schicht liegt bis 70 cm stark zu unterst, direkt auf dem
gewachsenen Boden; sie ist dunkel gefärbt, enthält viele Kohlen-
1 Bericht, der städtischen Kommission für Kunst- und Altertumsgegenstande
in der Sitzung vom 10. Februar 1898 abgestattet.
- 515 -
Stückchen , auch römische Wandvcrputz-Teile ausser dem Vor-
genannten. Ueber ihr machen sich die mittelalterlichen Schich-
tungen breit. Mittelalterliche Abfallgruben ohne Mauerung be-
finden sich hinter der Höllgassen - Häuserreihe ; sie lieferten sehr
interessante Gefässe und Reste von solchen, jetzt im Museum, und
durchschneiden nach Westen hin die römischen Schichten, die da-
durch an dieser Seite völlig beseitigt sind; nach Norden führen die
Fundamente des Hauses Höllgasse 12, ehemals »zum Kotenstein«
geheissen, durch sie hindurch. Die westliche Grenze wird durch das
Pfarrturmfundament, die südliche durch die Mauern des alten »Frass-
kellcrs« gebildet. Vor der Südseite des Pfarrturmes erstrecken sich
die römischen Ablagerungen bis zum Treppenhaus des Turmes;
ihre Ausbreitung nach Süden ist noch nicht aufgeklärt; vor dem
Pförtnerhäuschen wurden noch Spuren von ihr in der Tiefe fest-
gestellt. Der Domhof enthält, auch zwischen dem Pförtnerhäuschen
und der Scheidskapelle, Kellermaucrn in bedeutender Tiefe. Sic
erstrecken sich bis unter diese und dehnen sich weiter nach Süden
und Osten aus. Die Richtung der Mauern konvergiert nach Osten
mit der Scheidskapelle; sie stimmt aber überein mit der Richtungs-
linic der römischen Mauern auf dem Hühnermarkt.
Solche Substruktionen verschiedener, zweifellos mittelalterlicher
Gebäude erstrecken sich bis zur alten Kirchhofmauer (1350) auf dem
Weckmarkt. Sie zeigen durch ihre wechselnden Fluchtlinien und
das Uebereinandcrgreifen einzelner Teile, die regellos zu einander
ohne Verband liegen, dass sie Reste verschiedener Bauperioden dar-
stellen. Inmitten des Weckmarktes fand sich zwischen solchen Resten
in tiefster Lage eine umfangreiche, noch gefüllte Abfallgrube, deren
starke Mauern, auf Schwellen von Buchenholz fundiert, bestimmt
waren, einen Oberbau zu tragen. Die Grube enthielt neben fest
gepressten menschlichen Abgangsstoffen vieles Vegetabilische, einen
wohlerhaltenen kugelförmigen Topf, einen gedrehten Holzteller, dem
aussen imitierte Reifenansätze aufgedreht sind, und ein Holzzüberchcn
aus zierlichen Tannenholz-Dauben, für dessen Reife auf der Aussen-
seite Einkerbungen angebracht sind.
Die nördliche Abschlussmauer der Grube zeigt einen nach aussen
ausgebauchten Grundriss; zu ihrem Aufbau fanden sich römische
Dachziegelstücke verwendet. Die Schuttlagen der Umgebung ergaben
zwei Bruchstücke von terra sigillata und einen sogenannten Handheller.
Die baulichen Reste erstrecken sich nicht bis zur Westfront
des südlichen Querschiffes. Bei den Fundierungsarbeiten des neuen
Requisitenhauses traf man bis zu einer Tiefe von 4>/i m, bei welcher
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- 3 i6 -
der gewachsene Boden erreicht war, nur auf mit Begräbnisresten
dicht durchsetzte Bodenschichten. In der untersten Lage, auf dem
gewachsenen Boden fand sich jedoch ein mächtiger behauener Quader
aus gelbem Vilbeler Sandstein von 1.20 m Länge und 0.30 m Höhe.
Begräbnisreste fanden sich in allen, im Bereich des alten Fried-
hofes von 1350 ausgehobenen Schachten : vor der Südseite des Pfarr-
turmes, vor dem Langhaus und auf dem Weckmarkt. Im inneren Kirch-
hof, also in dem höher, hinter der 1571 errichteten, neueren Mauer
gelegenen Teil, werden die Skelette bei circa 2 m Tiefe, dagegen auf
dem tiefer gelegenen Weckmarkt schon 80 cm unter dem heutigen
Pflaster angetroffen. Mehrfache Begräbnisse auf gleicher Stelle waren
aus der dichten Neben- und Aufeinanderlagerung der Skelettreste er-
sichtlich; diese lassen erkennen, dass bei den Bestattungen stets die
gleiche Lage der Leichen, die Köpfe im Westen, eingehalten wurde.
Zwischen dieser ausgedehnten Begräbnisschichte, die sich bis
über die Bodenfläche des erst um 1 503 abgebrochenen und dann zum
Friedhof hinzugezogenen Hauses »Klein-Wolkenburg« erstreckt, und
den oben erwähnten tiefliegenden Gebäuderesten lagern, abwechselnd
mit Bauschutt und Erde, starke Schichten von buntem Sandstein.
Sic dürften als Abraum der Werkplätze und Steinmetzhütten der
neueren Bartholomäuskirche mit Recht angesehen werden, denn nach
meinen noch nicht ganz abgeschlossenen Untersuchungen zeigen die
dem XIII. Jahrhundert und früheren Zeiten angehörenden Bauten
neben Basalt vorwiegend, noch als römische Tradition, die Ver-
wendung des sogenannten Vilbeler Sandsteines, des Rotliegendcn,
wovon bei Vilbel reiche Brüche erschlossen waren.
Mit dem Jahre 13 15, dem Abbruch des alten Chores, beginnt
die neue Bauperiode der Kirche, die mit der Fertigstellung des
südlichen Querschiffes 1353 im Wesentlichen abschliesst. 1349 wurde
durch den grossen Brand des Judenviertels »auch einigen schönen
Häusern, so mitten auf dem Kirchhol standen und einen schönen
Prospekt gemacht,« wie Lcrsner sagt, grosser Schaden zugefügt; sie
dürften auf diesen Anlass ganz beseitigt worden sein. Auch Battonn
sagt, dass nach dem Brande die verwüsteten Hausplätze der Mitter-
nachtseite der Judengasse der Kirche zu Erweiterung des Kirchhofes
gerichtlich zuerkannt seien. Und da gleichzeitig 1350, im Mai, die
Friedhofmauer gegen Morgen und Mittag aufgebaut und fertiggestellt
und mit dem Jahre 1353 auch die Kirche vollendet war, wird man
berechtigt sein, diesen Zeitraum für den Beginn der über den Haus-
resten und den Schichtungen der Sandsteinabfälle des Kirchenbaues
lagernden Bestattungen in Betracht zu ziehen. Die oberste Schichtung
1
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- 3*7 -
des zweifellos in geschichtlicher Zeit wesentlich aufgefüllten Kirch-
hofterrains auf dein VVeckniarkt bis zum Langhaus besteht I m
hoch ganz aus hellem mörtelreichem Bauschutt; in ihm wurden s. Z.
die Leichen gebettet.
Aus den erwähnten Stellen bei Lersner und Battonn geht hervor,
dass der nördliche Teil des Judenviertels mit schönen Häusern sich
im südlichen Friedhof der Bartholomäuskirche befand und dieser Teil
nach der verwüstenden Wirkung des grossen Brandes dem Kirchhol
zugefügt und das Ganze nach aussen hin durch die starke Mauer
abgegrenzt werden konnte, ohne dass dabei die nördliche Häuser-
reihe der Judengasse zu verschwinden brauchte. Die gefundenen
Fundierungen inmitten des Friedhofes in Gemeinschaft mit den sie
überlagernden gleichzeitigen Schichtungen von Abbruch- und Aufbau-
Materialien machen dies mehr als nur wahrscheinlich und zeigen, dass
die nach dem grossen Brande beseitigten Häuser des Judenviertels nicht
allein an bis jetzt bekannten Strassenzügen, sondern auch an deren
Annexen, hofartigen, unregelmässigen Abzweigungen, gelegen haben
müssen, die, weil noch in der ersten Hälfte des XIV. Jahrhunderts
beseitigt, in Baldemar von Peterweil nicht genannt sind.' Es sei hier
der Hinweis gestattet, dass ein solcher Gestalt entwickelter Grundplan
eben die für mittelalterliche Wohnviertel charakteristischen Strassen-
formen zeigt.' Die 1 350 aufgeführte Friedhofmauer trennte also gerad-
linig das vereinigte Friedhofgelände von dem so von der Schmiedegasse
bis zur Affengassc ohne nördliche Annexe verlaufenden Strassenzug.
An der Westseite des Kirchhofes aber, in der Ariengasse, standen
noch mehrere Gebäude, deren Grundflächen /um Teil erst später
und nacheinander zur Begräbnisstätte zugezogen wurden.
Die von Lersner geschilderten kleinen Häuschen der Juden,
die dicht an einander gereiht an der Bartholomäuskirchc von der
Mehlwage bis zur Affengassc standen, lehnten sich mit ihrer Rück-
seite gegen die genannte Friedhofmauer. Die ohne Verband an
diese anschliessenden Fundamentmaucm eines solchen wurden durch
1 Dahin hatte auch das »Sackgasschen«, zwischen der kleinen Wolkenbm
und den« Waghause hinziehend, geführt, das Rattonn festgestellt, aber Haldenur
nicht angegeben hat.
1 Nach Battonn hat sich auch eine südwestliche Friedhofpforte in der 1350
erbauten Mauer befunden. Ihre Entstehung dürfte auf eines dieser beseitigten Annexe
zurückzuführen sein, das einen ursprünglichen Zugang zu dem die Höhe krönen-
den Gotteshause bildete. Ihr entspricht dann in der weiteren Entwicklung der
Kirchhofgestaltung der zuerst auf dem Belagerungsplan von 1 s > 2 aufgezeichnete
Eingang gegenüber dem I.einwandhaus, der sich noch in der Gegenwart am Mauer-
gefüge erkennen lässt.
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— 3 18 -
die Grabungen freigelegt. Der schmale Kclleraum zwischen ihnen
war mit Abbruchmaterial des Hauses gefüllt, dem einige Fundstücke
aus dem ehemaligen Haushalte beigesellt waren. Der Kellerboden
bestand aus Mörtelestrich, über diesem lag eine Brandschicht. Auch
auf der Südseite der alten Judengasse, von den Grundmauern des Lein-
wandhauses durchschnitten, fanden sich mit Haustrümmern ausgefüllte
Kellerräume. Sie enthielten in ihren unteren Schichten stark durchglühte
Ablagerungen von Lehmestrich, rot gebrannten Schiefersteinen, Lehm-
stickung und viele Holzkohlen und Asche. Nur eine enge Strasse kann
zwischen den beiden geschilderten Hausresten durchgeführt haben.
Eine Feststellung nach dieser Richtung Hess sich jedoch deshalb
nicht herbeiführen, weil die Anlage' des neuen Kanals, die Wasser-
leitungs- und Gasröhren, auch ein elektrisches Kabel dort die Boden-
verhältnisse völlig umgewandelt haben. Immerhin konnte annähernd
bestimmt werden, in welcher Höhe die ehemalige Strassenoberfläche
gelegen war und von welcher Beschaffenheit sie gewesen ; denn es gelang
auch die westliche Begrenzungsmauer des Friedhofes nach der Affen -
gasse in dem Facadenfundament von »Klein- Wolkenburg« aufzudecken.
Die jener zugehörige Oberfläche, bestehend aus einer starken Kies-
schüttung, kam dabei wohlerhalten in einer Tiefe von 60 cm unter dem
heutigen Pflaster zu Tage. Die Höhenlagen und die Beschaffenheit
der Oberflächen der beiden ganz in der Nähe der Untersuchungsstelle
zusammenlaufenden Strassen lassen, da sie gleichzeitig bestanden und
mit dem Abbruch der Friedhofmauer im Jahre 1537 gleichzeitig kassiert
wurden, keine grossen Unterschiede erwarten.
Das Haus »Kl ein -Wolken bürg« wird bei Battonn ein Stein-
haus genannt; sein Fundament an der Strasse zeigt die ganz be-
trächtliche Stärke von über 1V1 m. Nach der Strassenseite ist die
Mauer rauh gegen den anstehenden Grund, nach innen jedoch mit
wohlgerichteten Steinen gemauert. In umgekehrter Weise zeigen
sich die Flächen der Kirchhofsüdmauer gearbeitet, denn die nach
innen, dem Kirchhof, gerichtete Seite ist rauh, die nach der Rückseite
der Judenhäuser gekehrte Seite, in dem angeführten Falle diese sogar
selbst bildend, sorgfältig und glatt gemauert. Aus diesen Ercheinungen
lasst sich mit Bestimmtheit erkennen, dass die alte Kirchhofmauer
nur zu dem Zweck erbaut war, der aus den angetroffenen Verhält-
nissen ersichtlich ist, und nicht, auch nur zum Teil als der Rest einer
zu einem anderen Zweck bestimmten Anlage gelten kann. Die Süd-
mauer ist in ihrem unteren Teile 1 m stark, bei einer Höhe von
1.60 m schrumpft ihre Stärke auf 80 cm ein. Die Höhenlage des
so gestalteten Mauerabsatzes dürfte, nach althergebrachten und wohl-
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- 319 -
berechtigten baulichen Grundsätzen zu urteilen, der Höhe des ur-
sprünglichen Terrains gleichgekommen, d. h. danach angelegt worden
sein. Der nur 80 cm starke Teil der Mauer muss zum mindesten
mit 3 m Höhe diesen Absatz überragt haben; an sie lehnten sich
rückwärts die Gebäude der nördlichen Häuserfront der Judengasse.
Ueber ihr dürften sich die Hinterfa^aden erhoben haben, denen das
Lichtrecht nach dieser Seite von Anfang an gewiss nicht versagt
war und die somit Fenster enthalten haben mögen. Die Aufgrabungen
förderten die auffällige Thatsache zu Tage, dass diese Mauer den
Grenzabschluss nach den Strassengebäuden nicht allein bildete. Ihr
ist auf der Nordfront eine zweite direkt vorgelegt, die als Fundament
in Abständen von 4 m Grundpfeiler verbunden durch Grundbogen
aufweist. Die Stärke dieser überschreitet nicht 75 cm, die aufsitzende,
ehemals hochgeführte Mauer hat eine Dicke von nur 55 cm. An
sie schliesst die Erde des Friedhofes nördlich direkt an. Die äussere
starke Grenzmauer ist durch sie fast isoliert und empfängt durch die
direkte Anlehnung vermehrte Stärke gegen den Seitenschub der
Grundmengen. Dem Augenschein nach ist sie später erst hinter die
starke Aussenmauer eingefügt worden; die Bretterschalung ihrer
Grundbögen hing noch teilweise erhalten an deren mit reichlichem
Mörtelüberzug versehenen Unterseite. Für diese Mauer erübrigt als
einziger praktischer Zweck, wenn sie so hoch als die hinter ihr
stehenden Judenhäuser geführt war, der: diesen letzteren die Aussicht
nach der Domkirche und dem Friedhof zu versperren. Und in der
That, Kriegk berichtet uns von einer Bittschrift der Juden, worin
sie sich erboten, den der Kirche gegenüber befindlichen Ausgang
ihrer Gasse zumauern zu lassen, auch rings um ihr bisheriges Quartier
eine hohe Mauer, ja sogar hinter derselben noch eine zweite aufführen
zu lassen. Sollte letztere vielleicht mit der angeführten identisch sein?
Die Juden bewohnten noch bis 1462 ihre alten Quartiere. Sie
wurden aber auf wiederholte Befehle Kaiser Friedrichs angewiesen,
ihre Wohnsitze von der Pfarrkirche wegzulegen. Noch 1460 machten
sie Vorstellungen gegen diese Verlegung; doch wurde noch in dem
gleichen Jahre die Erbauung ihrer neuen Wohnungen im Osten vor
der Stadt begonnen, wohin sie zwei Jahre später übersiedelten.
Für das hohe Alter der im Bereiche des alten Domkirchhofes
angetroffenen Gebäudereste spricht schon ihre Lage in unmittelbarer
Nähe der frühgotischen Bartholomäuskirche, wie auch die Orientierung,
die nicht mit derjenigen der Kirche übereinstimmt.
Aus der gefundenen Töpferwaare ist schwerlich eine bestimmte
Entscheidung bezüglich der Altersbestimmung zu treffen, da nach
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— 3 20 —
dieser Richtung für die Unterscheidung der gewöhnlichen Sorten des
mittelalterlichen Geschirres noch keine Merkmale festgestellt sind,
ihre Typen dagegen sich mehrere Jahrhunderte hindurch im Gebrauch
erhalten zu haben scheinen. Mehr Aufschluss geben die Thonplättchen,
die als Bodenfliessen Verwendung gefunden hatten, und von denen
eine grössere Anzahl mit interessanter seltener Ornamentierung dem
Historischen Museum überliefert werden konnten. Sie reichen zurück
bis zum Ausgang der romanischen Bauperiode; die jüngsten lassen
bereits den Einfluss der Renaissance erkennen.
Die halb cylindrischen Dachziegel sind mit geschweiften Nasen
versehen; häufig zeigen sie auch rothen Anstrich. Ihre Gestaltung
ist für die gothische Bauweise charakteristisch, sie lässt ihre ehe-
malige Verwendung nur an den aufsteigenden Kanten der Dächer,
also an den Dachgräten, vielleicht auch den Dachfirsten erkennen.
Die in dem südwestlichen Teil des Domhofes angetroffenen,
oben erwähnten Fundamente des »Frasskellers«, sind geeignet, über
die ehemalige Lage des alten Rathauses noch einigen Aufschluss zu
geben, weil durch sie die südliche Grenze seines ein Hintergebäude
enthaltenden Hofes sich ergeben hat. Seine westliche Grenze nach
dem Hause »Rotenstein« fällt, wie bekannt, zusammen mit der des
jetzt niedergelegten Kreuzganges und der östlichen der Höllgassen-
häuser 8 und io. Die Grenze des durch die Begräbnisreste erkenn-
baren Pfarrkirchhofes zog der Ostseite des »Frasskellers« entlang und
umschloss ebenso östlich den Rathausplatz. Durch die Denzingerschen
Untersuchungen ist die westliche Grenze der niedergelegten Glocken-
türme der alten Bartholomäuskirche bekannt, und, da der Kirchhof
sich zwischen beiden Grenzen nach dem Pfarreisen erstreckte, so ist
der Platz in seiner Ausdehnung ziemlich genau bestimmt. Der süd-
westliche Teil dieses Platzes mit einem unter die Westfront des
Pfarrturms reichenden alten Brunnen ist vor dieser noch erhalten
und lieferte wegen seiner wenig gestörten Bodenschichten den grössten
Teil der erwähnten römischen Funde. Durch die Grabungen ist
festgestellt, dass das Haus zum »Frasskeller« mit seinem nordöstlichen
Teil unter den südwestlichen halenpfeiler des Pfarrturms reicht.
Bei der Erbauung dieses musste jener beseitigt und dabei das Haus
wenigstens zum Teil niedergelegt werden. Es war bereits 1355
von den Fabrikmeistern des Kapitels mit Bewilligung des Rates
gekauft worden. Sein sehr grosser Keller war durch eine eingelegte
Gebälklage zweigeschossig; er zeigt einen ungetrennten Flächenraum,
in dem einzelne Pfeiler den Oberbau getragen haben müssen, und
dessen Sandsteinboden noch wohlerhaltcn ist. Dieses Gebäude diente
J.
— 321 -
nach Battonn später dem Bildwärter des Stiftes zur Wohnung. Es
war demnach umgebaut worden. In welchem Umfang dieses statt-
gefunden, ist aus den gelieferten Zeichnungen zu ersehen, aus denen
noch ein zweiter späterer Umbau zu erkennen ist.
Der erste Umbau bestand in einer Verkürzung des Gebäudes
um 5 m von Norden her, so dass seine Hinterfacnde südlich des
Pfarrturms zu stehen kam. Die zugehörige Fundamentmauer fand
sich im Schutte des Kellers direkt auf den noch vorhandenen Platten-
boden aufgesetzt und war nach dem übrig bleibenden Teil des Keller-
raumes hin sorgfältig gemauert, doch für einen Oberbau bestimmt.
Der kassierte Teil des Kellers, soweit er nicht durch den Pfarrturm
bedeckt ist, ist ausgefüllt bis zu seiner Tiefe von über 4,5 m mit
altem Bruchmörtel, der ohne Zweifel den durch den Pfarrturmbau
herbeigeführten Abbrucharbeiten entstammt. Ausser dem Fragment
eines römischen Dachziegels fand sich keinerlei Steinmaterial bei-
gemengt. Der so verkleinerte Frasskeller mag bis ins XVII. Jahr-
hundert bestanden haben, denn die Gliederung der dem dritten und
letzten Aufbau zugehörigen Thorbogen verweist auf diese Zeit. Aber
auch der vorstehend noch als erhalten erwähnte Kellerteil erwies sich
bei dem Aufdecken als nachträglich vollständig mit Bauschutt ausge-
füllt, dem Fliessplättchen und glasierte Thonkacheln des XVI. Jahr-
hunderts beigemengt waren. In diesen Schutt, nur noch 8 m von
der Strasse entfernt, fand sich eine zweite Quermauer eingebaut, auf
einer 2 m hohen Schuttschicht des Kellers aufsitzend. Sie ist, um
cinigermassen Belastung aufnehmen zu können, nach ihrer Sohle
stark verbreitert. Dies ist die Hinterfa^ade des letzten Umbaues,
der ohne Unterkellerung mit einem Erdgeschoss in Strassenhöhe sich
bis zum Jahre 1867 erhalten hatte. Die architektonische Gliederung
seiner beiden an der Strasse befindlichen halbkreisförmig geschlossenen
Thore giebt Aufschluss über seine Entstehungszeit; doch enthält
seine Fac.ade sorgfältig gerichtete Quader aus Vilbeler Sandstein,
die durch die verschiedenen Wandlungen seiner Gestaltung hindurch
immer aufs Neue Verwendung gefunden haben müssen.
Der letzte Umbau dürfte mit dem Zeitpunkt ungefähr zusammen
gefallen sein, an dem der Frasskeller durch richterliche Entscheidung
dem Rat als Eigentum zugesprochen worden war.
Der alte Brunnen im Hofe des ältesten Rathauses ist so von
der Westfront des Pfarrturmes überbaut, dass der Sockel der Front
beiläufig V* seiner runden OerFnung überdeckt. Er muss einst bis
1414 in grossem Ansehen gestanden haben, weil man ihn in dem
Fundament erhalten hat. Er war noch bis vor wenigen Jahren in
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- }22 -
Benutzung ; jetzt dient er dem Turm-Blitzableiter zur Aufnahme der
kupfernen Grundplatte. Sein Mauerwerk besteht bis zu einer Tiefe
von über 5 m aus gerichteten Basalt-Quadern. Die untere Grenze
dieser Bauweise ist durch einen Stein markiert, dessen rechteckige
Sichtfläche »A S 1809 N O V« eingehauen zeigt. Die Quader zeigen
zum Teil starke Abschleifung, die nur aus jahrhundertlanger Be-
nutzung mittelst auf- und abgehender Himer entstanden sein kann,
zum Teil noch so tadellose Erhaltung ihrer Oberfläche, dass jeder
Hieb des Steinmetzen sich scharf abzeichnet. Sie sind alle in durch-
gehenden Schichten gelagert mit gutschliessenden Fugen ohne Mörtel ;
die abgenützten alten finden sich zwischen den neuen überall ver-
teilt, so dass angenommen werden muss, es habe von der durch den
Inschriftstein bezeichneten Stelle ab s. Z. eine Neuaufmauerung statt-
gefunden, bei der die brauchbaren Basalt-Quader des entfernten ab-
gängigen Mauerwerks wieder Verwendung erfuhren. Dieser Teil
des Brunnens hat die Form eines Cylinders mit 1,15 m Durch-
messer. Der darunter befindliche Teil verengt sich bis zu einem
unteren Hude auf einen Durchmesser von 1 m und sitzt auf einem
Kranz von Kichenholzschwellen auf, der bei 7 m Tiefe in dem
wasserreichen Kiesboden eingeschnitten liegt. Die Mauerung dieses
untersten Teiles besteht aus unregelmässigen Kalkbruchsteinen; sie
zeigt Flick werk aus mittelalterlicher und neuerer Zeit, was das ver-
wendete Backsteinmaterial erkennen lässt, und ist sehr baufällig.
Nur das Flickwerk enthält Mörtelbeimischung. Dieser Teil der
Brunnenanlage dürfte seit der Zeit der ersten Erbauung keine durch-
greifende Erneuerung erfahren haben. Er zeigt eine Technik, die
bereits bei den Brunnenbauten unserer römischen Ansiedelungen auf-
tritt, aber auch bis in die neueste Zeit Anwendung gefunden hat.
Als das unterste Ende des Brunnens ist ein tonnenförmiger Bohlen-
mantel aus Eichenholz zu erwähnen, der nur das Nutzwasser der
Anlage umschliesst. Dem Bedürfnis für seine nachträgliche Ein-
fügung dürfte ein allmäliges Sinken des Grundwasserspiegels voraus-
gegangen sein.
Die Aufnahmen dieser Arbeiten haben Zeichnungen geliefert,
die die gewonnenen Resultate in V 6 « der natürlichen Grösse veran-
schaulichen. Sie werden im Historischen Museum aufbewahrt. Die
Darstellungen, in charakteristischer Färbung, zeigen getreu nicht nur
die angetroffenen baulichen Reste, sondern auch alle Kulturschichten
bis hinab zu den ermittelten natürlichen in ihrer Folge, Erstreckung
und Eigenart, wobei durch eine Menge von^Aufschriften das Besondere
der Einschlüsse hervorgehoben wird.
*
VI.
Kleinere Mittheilungen.
i. Zur Biographie der Frankfurter Reformatoren M. Arnbach,
J. Bernhard und Th. Sartorius.
Von Prof. Dr. Franz Falk.
I.
Was Ritter im Evangelischen Denkmal Frankfurts S. 264, Bruckner
in der Allgemeinen Deutschen Biographie I, 389 und Jung S. XXV der
Einleitung zum /weiten Bande der Quellen zur Frankfurter Geschichte
(Iber Leben, Thätigkeit und Werke Melchior Ambachs angibt, Iii -.st
sich durch Folgendes ergänzen.
Ambach, geb. 1490 zu Meiningen 1 im Hennebergischen, kommt
als Melch. Ombach de Meinungen 15 16 sub dre. Joa. Stumpf de Eberbach
nach Knodt, Comm. II, 45, in den Mainzer Universitätsakten vor und wurde
Pfarrer zu Bingen an der Stiftskirche St. Martin. Als solcher begegnet
er uns zu Beginn der zwanziger Jahre des XVI. Jahrhunderts und zwar
in einem Briefe des Oe< olompad an Medio vom 2. November 1522.
Oecolompad schreibt von der Ebernburg aus seinem Freunde Hedio,
Domprediger in Mainz also: »Deine Briefe habe ich am 1. Nov. erhalten;
ich weiss noch keinen Rath, doch habe ich mir die Sac he so Uberlegl,
ich schreibe vorerst dem Buchdrucker in Augsburg, dem ich seiner Zeit
nieine Hilfe angeboten. . . . Erhalte ich in drei W ochen keine Antwort, so
mache ich mich reisefertig und fahre nach Basel zu unserem Cratander.*
Ueber Alles habe ich auch unserem Adelmann' ausfuhrlich geschrieben.
Uebrigens komme ich in der nächsten W oche zu Dir, 4 wie Du verlangst,
und vielleicht auf derselben Reise zu Deinen Angehörigen. Wenn Du
aber meinst, ich sei für die Deinigen zu bedenklich, so dass Dir eine
Vergünstigung abgehen könnte, dann bestimme lieber im voraus einen
■ Dass eine Pfarrei wie Bingen einen Meininger zum Pfarrer erhielt, mag
damit zusammenhängen, dass damals ein Meininger eintUissreiche Stellen im Mainzer
Land bekleidet, nämlich Caspar v. W'esthausen, bepii findet zu Frfurt, Frankfurt a. M..
Zell bei Worms. Mainz am Dom, Sigillifer und Kanzler. Gudenus, Svlloge p. 5 |ü.
1 Buchdrucker in Basel.
' Adehnann von Adelmannsfelden.
4 In fünl Stunden konnte man von der Hbernburg nach Mainz reiten.
21*
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Tag in dieser oder in der folgenden Woche, zu Bingen bei unserem
Melchior,' wo wir beide zusammen kommen können ohne bei Andern
Verdacht zu erwecken. Ich möchte dem Toben Anderer keinen Anlass
geben (folgen Bemerkungen Uber Bücher). Unser Hartmud* ist beherzten
Sinnes, den nur sein Panzer abhält, der vollendetste Christ zu sein.
Grüsse in meinem Namen Eberbachius.' Vale. Secunda Nov.«
In einem Briefe vom Agnesetag 1523 (Jan. 23.) von Basel aus,
schreibt Oecolampad an Hedio: 4 »Wo Hartmund sich aufhält, weiss
ich nicht; er mag sein, wo er will, so bleibt er derselbe, ein Freund
des Evangeliums. Wenn Rodius will, so Ubernimmt Cratander die Druck-
legung des Wessel Unterlasse nicht, wiederholt in meinem Namen
Stumpfius* alles Gute zu wünschen. Aber auch Andreas 6 und auch Car-
bachius 7 und den Binger Melchior grüsse, ich kann nicht allen schreiben.
Vale. Ipso die Agnetis 1523.«
Ins Jahr 1523 fällt eine Unterschrift Ambachs als Zeuge einer
Urkunde vom 20. Aug. 1523, »Meister Melchior Ainbach (sicher verlesen
statt Ambach), Pfarrer« neben den Unterschriften der St. Martinsstifts-
herren. 8
Unmöglich konnten auf die Länge der Zeit die Gesinnung Ambachs
und seine Beziehungen zu den Neuerern der Behörde verborgen bleiben;
* Pingiae apud Melchiorem nostrum. Epistolae Üec. et Zwingl. ed. Bas.
1 591 p. 970-
2 Hartmud von Kronberg, von der Taunusritterschaft.
1 Eberbachius, d. i. Eberbacher, aus Eberbach im Rheingau, womit der Dom-
pfarrer Johann Stumpf gemeint ist. In einem anderen Briefe nennt ihn Oecolompad :
Stumpfius. Schon 1520 Frühjahr hatte Oecolompad dem Hedio Grüsse aufgetragen
an Eberbachius, so ferner IJ22 Juli 29., 1522 Oct. 15. Dieser Stumpf, zugleich
öffentlicher Lehrer der Theologie, hat in feierlichster Weise im Domkapitelsaal dem
Hedio den Doctorgrad ertheilt am 21. Oct. 152}: Hedio de Ettlingen, art. mag. et
s. theol. lic. concionator ecd. maj. per ... J. Stumpf Eberbac, S. T. D. ordin.
et decan. ejusd. facult. promotus est in doct. theol. Gudenus, Cod. dipl. II, 755;
Bodmann, Rheingau. Alterth. S..81 N. c; Jung, Ref. in Strassb. S. 81 N. 2. Stumpf
starb 10. Jan. ISJJ, sein Epitaph in Severus, Parochiae Mog. 1786 p. 6. Seine
Lectoralpräbende bei Liebfrau erhielt Dietenberger ; Wedewer S. 119. Erzb. Albrecht
trug Stumpf als Prof. der Theol. eine Stifts- und Pfarreivisitation aul 24. Nov. 1524.
May, Card. Albr. 1, 61.
« Epistolae Oecol. ed. Bas. 1591, p. 967.
* D. i. Eberbachius, Dompfarrer seit 1519.
* Muss Andreas Rucker sein, Mainz. Secretär, aus Seligenstadt a. M. gebürtig;
er besorgte beim Kurfürsten die Reichssachen und hinterliess Manuscripte, betr. die
Wahlhandlung Maximilians, Karls V. und Ferdinands 1. Gudenus, Sylloge p. 542;
Cod. Dipl. IV, 624; Joannis I., 841; Reichstagsacten j. R. Bd. 2 s. v. Sein Bruder
mit ihm genannt in Mutians Briefwechsel S. $55.
^ Der bekannte Livius-Herausgeber und Uebersetzer; Falk, Dombibliothek S. 79.
8 Die Urkunde betrifft die Hinterlassenschaft des Stiftsdechanten Stein; Regesten
der Stadt Bingen ed. Weidenbach, Nr. 601 ; Original in Darmstadt.
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- 325 —
das Domkapitel zu Mainz, Herr der Stadt und zugleich Patronatsherr,
setzte den Pfarrer ab; die Absetzung fällt ins Jahr 1524. Ambach musste
Urfehde schwören, worüber eine Urkunde Dienstag nach Petri Ketten-
feier 1524 erging. Darin bekennt Ambach, dass er bei Versehung der
Pfarrei der lutherischen Secte und Lehre anhängig sich gezeigt habe,
desshalb vom Domdechant 1 und Kapitel zu Mainz zur Haft genommen
worden und nach Gebühr gestraft worden sei, was er als zu Recht
geschehen zugesteht, wobei er mit einem körperlichen Eide schwört,
sich dieser Lehre zu enthalten und in seinen Predigten nichts vorzu-
bringen gegen die Evangelien, was nicht mit katholischer Auslegung
Ubereinstimme, innerhalb vier Wochen seine Pfarrei zu verlassen und
ausserhalb des Bisthums seinen Aufenthalt zu nehmen und zwar wenigstens
6 bis 8 Meilen entfernt von Mainz, von AschafTenburg, von Frankfurt
und von Bingen, auch nichts von seiner Gefangenhaltung und was sich
dabei zugetragen, zu erzählen.*
Wo Ambach nach geschworener Urfehde sich aufhielt, lässt sich
nicht nachweisen.*
Im Jahre 1528 berief Hans I^andschad von Steinach (am Neckar)
nach Otthers Vertreibung den Melchior Ambach, welcher mit Germanus
die Aufgabe übernahm, die ganze Gegend zu bereisen, um die Amts-
brüder für die Buzer'sche Concordie zu gewinnen.
1541 kommt er nach Frankfurt. Ueber diese Frankfurter Zeit und
die literarische Fehde 4 vgl. die Frankfurter Quellen, dazu Janssen,
Geschichte des deutschen Volkes VIII, 49, in, 257, 444 ff., 450,
besonders noch Blätter für Württembergische Kirchengeschichte VIII.
II.
Johann Bernhard, gebürtig aus Hohenstein bei Langenschwal-
bach, war zu Mainz ordinirt worden durch den Weihbischof Johann
1 Lorenz, Truchscss von Pommerslcld ; Joannis, Rcr. Mog. II, JOS«
1 May 1, 626 wohl aus dem »vormalig. Kur-Mainzer Archiv«. Der Wortlaut
des Urfehdebriefs liegt nicht vor; die Urkunde wird im Kgl. Kreisarchiv zu Würzburg
bewahrt.
> Zu Ambach hielt sich Seb. I.igarius aus Mainz, welcher mit Dr. M. Luther
als Klosterbruder gelebt haben soll. Ligarius begab sich gleichlalls nach Frankfurt;
er starb 1545; Ritter, Hvang. Denkmal S. 266 Note, 281, 29t. — Im benachbarten
Bonames und Sachsenhausen linden wir als l'radicant den Job. Lublius aus Hoch-
licim bei Mainz; er starb 1555; Ritter S. 262.
* Hauptgegner war Jacob Ratz, geb. zu Nieder-Saulheim in Rheinhessen,
studirte in Mainz unter Lic. Adam Weis Theologie, welch letzterer 1519 der Re-
formation (gest. 1 s )4 zu Crailsheim) sich anschloss, nach ihm sein Schüler; Bossen,
J. Ratz, Sein Leben und seine Schriften in Blätter für Württembergischc Kirchen -
geschichte VIII, jj. A. Weyss de Kilsheim 1516 Mai 2 und Knodt 1. c. p. 45.
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— ?26 —
Monaslcri,' wie er selbst aussagte. Kr wurde Pfarrer zu Gau-Algeshcim
l>ei Bingen, wesshalb er auch häufig unter dem Namen Johann Alges-
heimer 2 vorkommt. May I, 707 gibt an, dass er früher Pfarrer in Mainz,
erst zu Liebfrauen, dann zu Quintin gewesen, was theilweise nicht richtig
sein kann, denn Liebfrauen hatte keine Pfarrei 5 und am Dome war
nachweislich Eberbachius (Joh. Stumpf) Pfarrer. Die Pfarrerreihe von
St. Quintin 4 hat von Joh. Felsberg 1426 eine Lücke bis 1578, so dass
allenfalls in dieser Zeit eine Wirksamkeit als Pfarrer nicht unmöglich ist.
Ihm wurde vorgeworfen, er sei, als der Lehre Luthers ergeben, in
des Kurfürsten Haften gelegen und durch die Aufrührigen gewallthätig
erledigt (befreit) worden, allein er bezeugte, dass er sich um keine Secte
damals etwas bekümmerte, sondern verfolgt worden um des Wortes
Gottes, des hl. Evangelium willen, so ihm sein Herz erleuchtet, dass
er es predigen müssen; er sei zu Mainz auf der Muhlpforten* inhaftirt
gewesen, allein ohne Aufruhr durch Herrn Martin v. Heusenstamm,
Vizthum zu Mainz, Dr. Valentin. N. Fiscalem, notarium Windecken von
wegen seines damals gnädigen Herrn, des Kurfürsten, wieder losgegeben
worden. Doch als er nachmals bei der päpstlichen Kirche Gewissens
halber nicht beharren konnte, wurde er nun ev. Prediger und treuer
Geselle Melandri zu Frankfurt.*
III.
Ein dritter Pfarrer des Mainzer Sprengeis, welcher in Frankfurt
im Geiste Luthers thätig war, ist TheodorichSartorius. Er war
gebürtig aus Ober-Ursel, nach anderen aus Nassau. In der Geschichte
der Pfarrei St. Ignaz nach Severus S. 64 heisst er »M. Theodoricus de
Nassau, 7 ab 1521 Pfarrer«, dem 1523 Joh. Fyerdagh folgte. Mehr er-
fahren wir Uber ihn aus Severus nicht. Im Jahre 1523 sehen wir ihn
zu Frankfurt thätig, und zwar als Prediger im Kloster der Jungfrauen
zu St. Katharinen, wohin ihn Hammann v. Holzhausen berufen hatte.
Dieser »trüge Dieterico Sartorio auf, das Evangelium und Wort Gottes zu
verkündigen, so er auch nebst dem, dass er zu St. Bartholomaei (Dom)
seine Vicarie verwaltete, mit grossem Fleiss und sonderlichem Zulauf
der Zuhörer verrichtete.« 8
1 Jo.mnis, Rer. Mog. II, 441. Diesem Weihbischof dedicirt Nausca einigt
Schriften, Aesticampan ein Gedicht.
* »Algcrsheimer« in llefeles Conciliengcschichte IX, 508.
> Hher nia<; er eine Pfründe an Liebfrauen besessen haben.
* Severus, Parochiae p. \~, }8.
5 Thurm des Stadtthors, welches zu den Mühlen führte; 1759 wurde er bei
Erbauung des Zeughauses abgerissen. Schaab. Gesell, v. M*. I, 196, 201.
6 Ritter S. 87 Note. Bereits 1525 Frühjahr ist er zu Frankfurt thätig.
" Quellen zur Frankfurter Geschichte II. Index: Sartonus, Nassave.
* Ritter S. 62, 65.
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- 5=7 -
Im Jahre 1525 predigte er »zu Ober-Ursel, von den dortigen
Freunden und Brüdern des Evangelii zu ihrem Prediger angenommen. «
Ende des Jahres 1523, spätestens in den ersten Wochen von 1524
erschien eine Schrift Judicium Erasrai Alberi de Spongia Erasmi Rottero-
dami, welche um nur dessentwillen hier interessirt, weil mit ihr ein
(undatirter) Brief des Alberus 1 an den Theodorichus < oncionator Phran-
cophordanus (nebst anderen Briefen von Oct. und Dez. 1523) abgedruckt
ist. Die Ueberschrift des Briefes* lautet: »Suo Theodoricho concionatori
Phrancophordiano E. Alberus frater etc. Remitte ad te Spongiam, optime
Theodoriche« etc. Der Brief gibt weitere Aufschlüsse über den Adressaten
nicht, der auch ferner nicht im Leben des Alberus begegnet.'
Zu den v. Glauburgschen Urkunden des Stadlarchivs, unter «reichen
sich werthvolle Dokumente zur Geschichte der Alt-Limpurger Patrizier-
Geschlechter finden, zählt auch das nachfolgende Notariats-Instrument,
welches ich als beachtenswerthen Beitrag zur Geschichte der Heilkunde
in Frankfurt a. M. in seinem vollen Wortlaute folgen lasse:
In Gotis namen. amen, kunt sij allen luten, die dieß geinwurtige
uffen tutsch instrument ansehent, lesent oder horent lesen, daz nach
Crists geburte tusent vierhundert und darnach yn dem funffurtdezwen-
tzigisten jare in der dritten indictien uff dem czwentzigistem tage des
mandes, den man czu latine nennet december, umb tercie zijt ader
dabij desselben tages under dem allerheiligisten in Gote vater und herren
unsers herren hern Martins, von gotlicher vorsiechtikeit des funfften
babistes, in dem nunden jare der cronunge synes babistums in der stad
Franckenfurd, Mentzer bischtums, in dem huse des ersamen herren meister
Michels dez artzts, vicarien des stiffts zu sant Bartholomeus daselbs zu
Franckfurd, in der stuben desselben meister Michels huse in myne
offenbar schribers von keyserlicher gewalt und der darezu geheischen
und sunderlich gebeden, hernach geschrieben geezuge geinwurtikeit
waren: die ersamen und bescheiden meister Michel vorgenant, eyn
1 Reformator im benachbarten Gebiet, z. B. Dreieichenhain.
1 Abgedruckt bei Böcking, Opp. Hutten. II, 37 j.
* Schnorr v. Carolsfeld, Fr. Alberus. F.in biograph. Beitrag zur Geschichte
der Reformation S. 14.
2. Archivalische Findlinge.
Von Stadtarchivar Dr. R. Jung.
Gutachten zweier Frankfurter Aerzte. 14.15.
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- 328 -
libartzt, und meister Conrad scherer, eyn wundeartzt, wonhafftig uff
dem berge bi sant Niclas Capellen zu Franckford. und bekante und
erczalte der rnegenant meister Michel unbetzwungen und unbedrungen,
sunder von fryem eygen willen und guten wissen: so wie daz vor zijten
eyn frauwe genant Veronika, etwan eliche hußfrauwe Hennen von
Ergerßhem, yme eyns krancken knaben wasser hette thun brengen myt
namen Heinrich von Ergerßhem, als eym libartzte dasselbe wasser zu
besehen und, als er daz besehen hette, zu der krangheit rat zu geben,
als er dan alsoliches wasser besehen hatte und sich allerbeste verstehin
und ußer dem wasser gerichten mochte, spreche er zu dem baden, der
myt dem wasser zu yme gesant waz, der krancke hette eyn drußgeswere
myt der suchte des unreynguts uff der brost, daz man nennet zu latine
in artzthie apostema pleureticum cum febre. darnach altzuhant sente
die vorgenant Veronika nach yme, daz er qweme zu dem krancken
knaben, des wasser er gehabt und besehen hette, und des wandelunge
und wesen auch sehen wulte. also qwem er zu demselben krancken
knaben Heinrich von Ergerßhem egenant. da ginge der knabe pulstern
und husten, da beduchte yn nit anders, dan als er vorhin zu dem wasser
gesaget hette. da sprech Veronika vorgenant zu yme: meister Michel,
ich muß uch me laßen sehen, und endeckte demselben knaben syn
heubte und wisete en da uff syme heubte eyn klein wondechin. da
spreche er zu Veroniken: diß en ist keyn schedelich oder totlich wunde
nit, sunder ist geneselich, denne sie gibt umbher wiß eyter uß, daz
beezeichet geneselichkeit an der wunden, und redte und nam der vor-
genant meister Michel daz als hohe und thure, als er daz nemen mochte,
daz alle vorgenant redde und tedinge, als vor geschrieben stet t yme
wissentlich und kuntlich weren. item bekante und erczalte meister
Conrad vorgenant, eyn wundeartz, wie daz die vorgenant Veronika
vor czyten noch yme sente und ließ yne da sehen den knaben Heinrich
von Ergerßhem vorgenant, derselbe hatte eyn dein wondechin uff syme
heubte, und demselben knaben die wunde zu heilen als eyn wundeartzt.
und als er no soliche wunde ansehe, spreche er zu Veronicken: diß ist
kein totlich oder schedelich wunde, want sie ist geneselich und hat sich
entworffen zu heilen umbher als eyn geneselich wunde, und nam derselbe
meister Conrad daz als hohe und thure, als er daz nemen mochte, daz es
yme also kuntlichin und wissintlich were, als vor geschrieben stet, über alle
und iglich stucke und bekentniße bat und ermante mich offenbar hernach-
geschrieben schriber der vorsiechtige man Johan von Holtzhusen der junge,
daz ich yme eyns oder me uffen instrument darüber machen wulte. dit ist
gescheen in dem jare, in der indictien, under dem babiste, in dem mande,
uff den tag, zu der stunde, an der stat, als vor geschrieben stet, hie bij
sint gewest: dye ersamen herren her Erwin von Rockinberg, her Conrad
von Muntbuer, vicarien dez obgenanten stifftes sant Bartholomeus zu
Franckfurt, und der wise erfaren manne meister Heinrich Weider, des
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heilgcn stuls zu Mentze advocate, getzuge herzu geheischen sunderlichen
und gebeden zu cyme getzugniß aller und iglicher vorgeschrieben dinge.
Notariats- Wante ich Conradt Leitsack von Fritzlar, ein clerickc
zeichen. Mentzir bistüms, ein offinbar schriber von keiserlicher gewalt,
bin by allen und iclichen dingen und geschichten selbis mit
diesen obgeschrebin getzugen geinwurtig gewest und hann sie
alle und icliche gesehin und gehört, daz sie also gesehen sint,
als obgeschrebin stet, darumbe han ich diß geinwurtige uffin
Instrument zu tutsche, daz ein andir getruweliche von myncr
unmuße wegen geschrebin hait, daz ich darüber gemacht und
in diesem uffin forme bracht hann und mich mit myme namen
und gewonlichin zeichin getzeichent geheischen sunderlichin
und gebeden zu eyme waren getzugnisse aller und iclichcr
vorgeschrebin dinge.
Warum die ärztliche Diagnose Uber die Kopfwunde des jungen
Heinrich von Ergersheim in so feierlicher Weise festgestellt wurde, ist
nicht bekannt. Henne von Ergersheim zur Goldenen Rose, der Vater
des Knaben Heinrich, hatte sich 1393 mit Veronika Weiss von Limpurg
vermählt; diese kommt zuletzt 1398 vor und muss bald darauf gestorben
sein, denn etwa 1401 ist Henne in zweiter Ehe mit Elschin, der Wittwc
des Jost Widenbusch, verheirathet. 1416 starb Henne; seine zweite Frau
war ihm anscheinend im Tode vorausgegangen. 141 7 werden als Kinder
des Henne erwähnt: Henne zum Korb, Heinrich und Clara; er hatte
ausserdem noch drei damals minorenne Kinder, die aber anscheinend
nicht aus der ersten, kurzen Ehe mit Veronika stammen.
Der Vorfall hat sich »vor zijten« ereignet, als Veronika noch lebte,
also vor 1401. Der Knabe Heinrich hat das Apostema pleureticum cum
febre und die Kopfwunde noch lange überlebt, sicher bis 1417, da er
damals noch als Erbe seiner Tante auftritt. Dass er zur Zeit der ur-
kundlichen Feststellung des Beginnes der Krankheit, also 1425 verstorben
war, geht aus der Urkunde nicht hervor. Ich glaube, dass es sich 1425
um eine Entmündigung, etwa wegen Schwachsinns, handelte und dass
dem Vormunde, Johann von Holzhausen dem Jungen, daran lag, den
Grund und Beginn der Krankheit seines Klienten urkundlich feststellen
zu lassen. Allerdings spricht die Betheuerung der beiden Aerztc, dass
sie die Wunde nicht als tödtlich betrachtet haben, eher dafür, dass sie
schliesslich doch den Tod herbeiführte — wozu aber dann die urkundliche
Feststellung eines ärztlichen Gutachtens, das 25 Jahre zurückliegt?
Die Urkunde, in der wir die beiden Aerzte so deutlich an der
Arbeit sehen, zeigt uns erst das Gutachten des Leibarztes, d. h. des
Arztes für innere Krankheiten, der ein Geistlicher des Bartholomaeus-
Stiftes war, und dann das Gutachten des Wundarztes, des Chirurgen,
eines zünftigen Scheerers.
- ho
Ob Meister Michel identisch ist mit dem in Kriegks Verzeichnis*
mittelalterlicher Aerzte (Deutsches BUrgerthum im Mittelalter S. 40) 1402
als Arzt eines Herrn von Cronberg erwähnten Meister Michel oder
mit Michel genannt Apotheker, Meister in artibus und baccalaureus in
raedicinis, welcher 141 2 in den Glauburger Urkunden vorkommt, wage
ich nicht zu entscheiden ; zweifellos ist der Scheerermeister Konrad nicht
eine Person mit dem von Kriegk (S. 41) unter 1423— 1425 angeführten
Stadtwundarzt, sonst wäre diese städtische Anstellung in der Urkunde
erwähnt worden.
Geschichtliche Anfrage König Maximilians
bei Frankfurt, 1505.
Der Band VII der sogenannten Kaiserschreiben des Stadtarchivs
enthält einen interessanten Briefwechsel König Maximilians mit Frankfurt,
welcher die Veröffentlichung nicht nur desshalb lohnt, weil er einen
werthvollen Beitrag zu den geschichtlichen Studien dieses vielseitig geistig
thätigen Herrschers bildet : er ist für Frankfurt auch desshalb von hohem
VVerthe, weil er uns die Kunde von der ersten historischen Nachforschung
im Archive der Stadt bringt. Wenn ich in meinem Buche »Das
Historische Archiv der Stadt Frankfurt a. M., seine Bestände und seine
Geschichte« (Frankfurt 1896) S. 204 »die erste wissenschaftliche Be-
nutzung des Archivs, von der wir aktenmässige Kenntniss besitzen,« dem
Pfalzgrafen Christoph Agricola im Jahre 1636 zuschrieb, so kann ich
diesem Gelehrten jetzt erst die dritte Stelle zuweisen: die erste hat König
Maximilian 1505, die zweite der AU- Warschauer Advokat Johann Giss
1619 (vgl. unten S. 336) zu beanspruchen. Diese beiden ersten Benutzer
hat das Interesse an der Geschichte ihrer Familie dem Frankfurter Archive
zugeführt. Dass Maximilians historisch-litterarische Bestrebungen, wie sie
im Theuerdank und Weisskunig vorliegen, fast lediglich der Geschichte
seines Hauses und seiner eigenen Geschichte galten, ist ja bekannt.
Der Wetzlarer Chronist Chelius hat im XVII. Jahrhundert erzählt,
dass König Maximilian im Oktober 1505 auf dem Rückweg aus den
Niederlanden durch Wetzlar gekommen sei »und ihm der Ort sonderlich
der allda empfundenen gesunden Luft halben und sonsten sehr wohl
angestanden, etliche Tage lang selbsten mit Fleiss allda beharrt und sich
refraichiret.« Bei dieser Gelegenheit hat der König auch den dortigen
Dom besichtigt und von den Priestern erfahren, dass die Brüder Hermann
und Udo, Herzöge im Elsass, 1 die auch im Dom begraben liegen, das
* Ueber diese beiden Brüder aus dem Geschlechte der Salier, die Söhne des
Grafen Gebhard im Oberrheingau, welche beide 949 starben, über ihr Verhältniss zu
Wetzlar, über die 1 505 zuerst vorkommende gefälschte Inschrift betr. die angeblich 790
durch sie begonnene Erbauung der Kirche vgl. Wetzlarsche Beiträge für Geschichte
und Rechtsahcrthümer. herausgegeben von V. Wigand (Wetzlar 1840), Bd. I, 67, ?o$ rT.
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- 35' -
Wetzlarcr Stift errichtet hätten. Die näheren Fragen des Herrschers
nach Herkunft und Geschlecht der beiden Herzöge konnte man in
Wetzlar nicht beantworten; man verwies ihn nach Frankfurt. Allem
Anscheine nach hatten die Geistlichen dem König als wahrscheinlich
oder sicher hingestellt, dass Hermann und Udo zu seinem Geschlechtc
gehörten; denn sie gaben ihm Reliquien der beiden Herzöge für seine
Kapelle in Innsbruck mit.
Maximilian erbat nun in folgendem Schreiben von dem Frankfurter
Rathe Auskunft Uber diese beiden angeblichen Vorfahren:
Maximilian von Götz gnaden römischer Kunig
zu allenn tzeytenn merer des reichs etc.
Ersamen lieben getrewen. nachdem hie zu Wetzflar zwen hertzog
aus Elsass genanndt Herimanus und Audo begraben ligen und wir auch
bericht sein, das dise gegend hieumb und nemlich das sloss Lor, daz
sy hie zu ainera stifft gemacht haben, ir gewesen sey, unns ist auch
daneben antzaigt, ir sollet umb dieselben zwen hertzogen am mayssten
wissen haben und in ewrn allten briefen und cronigken ir herkomen
und wesen geschriben finden, dieweyl wir von denselben zwayen hertzogen
aus dem Elsass gern ainen lautern bericht haben wollten, so begern wir
an euch mit ernnstlichen vleyss, daz ir zu stund an in ewrn allten briefen
auch chronigkhen mit allem und sonnderm vleyss aigentlich suechen
und besichtigen lasset, wie dieselben zween hertzogen in dise gegent
kumben sein, und was inen zuegehort hat, unnd welher ir vatter gewesen
sey, 1 auch was sy in irm leben verpracht und ob sy khinder gehabt
haben, und wohin dieselben khinder komenn sein, und was euch sunst
derselben hertzogen halben wissent ist, dasselb alles in schrift verfassen
lasset und dieselben schrifft verpetschafTt uberantworter ditz unnsers briefs
gebet, der hat von unns in bevelh, unns die zu bringen und zu ant-
worten, und hierinn vleys furkeret. als wir uns zu euch versehen wellen,
daran tut ir unnser ernnstliche maynung. geben zu Wetzflar an dem
XXI. tag des monets octobris anno etc. quinto, unsers reichs des
romischen im zwantzigisten jarn.
per regem Ad mandatum domini
per se. regis proprium.
Treytzsaurwein
m. p.
Dieses Schreiben ist nicht vom politischen Sekretär des Königs
Serentiner, sondern von seinem wissenschaftlichen Amanucnsis Marx
Treitzsaurwein , dem späteren Bearbeiter des Weisskunigs, entworfen
und gezeichnet. Jakob Heller brachte es vom königlichen Hoflager in
1 unnd — sey am Hand von Treitzsaurwein zugefügt.
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Gelnhausen mit und legte es am 28. Oktober dem Rathe vor, wie aus
folgendem Eintrage im Rathsprotokoll hervorgeht:
Als Jacob Heller by königlicher ma. gewest ist zu Geilnhusen am
samstag nehstvergangen (Okt. 25) und etlich geschefft by hern Balthasar
Wolffen von WollTtale ko. ma. camermeister geworben hait und von ko.
ma. ein besondern missiven geschrieben hait zu erkunden in alten
historien, wie eß mit den zweyen hertzogen zu Wetzlair begraben ligen
genant Herimannus und Audo, hertzogen zu Elsaß, ein gestalt habe
und wie ir geschlecht herkomen sij.
Wenn auch diesem Protokolleintrag die Hauptsache, der darauf
erfolgte Beschluss, fehlt, so ersehen wir doch aus den Akten, wie sich
der Rath dieser Anfrage gegenüber verhielt. Der Rath Hess zunächst
im städtischen Archive Nachforschungen anstellen — natürlich erfolglos.
Jakob Heller hatte vom König den Auftrag erhalten, auch beim Bar-
tholomaeus-Stifte nach den beiden Herzögen zu forschen; auch hier
konnte die Anfrage nicht beantwortet werden, doch fanden die Geistlichen
im Stiftsarchive ein verschlossenes Kistchen mit der Aufschrift »littere
opidi Wetzlar«; woher es kam, wer den Schlüssel dazu besass, wusste
niemand zu sagen, die Geistlichkeit weigerte sich, es ohne Zustimmung
des Rathes zu Wetzlar öffnen zu lassen, dessen oder der Wetzlarer Kirche
Depositum es sein könnte. Der Rath von Frankfurt forderte desshalb
am 31. Oktober den Rath von Wetzlar auf, seine und des dortigen
Stiftes Gesandte zur Eröffnung des Kistchens, in welchem man die
erwünschten Nachrichten zu finden hoffte, nach Frankfurt abzuordnen.
Die gemeinsame Eröffnung erfolgte am 6. November; sie ergab keinerlei
Material zur Beantwortung der königlichen Anfrage. Die Wetzlarer
Gesandten hatten aber dem Rathe die Abschrift eines Epitaphiums aus der
Wetzlarer Kirche gebracht. Dieselbe wurde dem König am 8. November
mit folgendem Schreiben zugeschickt:
Maximiliano regi.
Allerdurchleuchtigister großmechtigister konig. eurer königliche
maiestat sein unser undertenig schuldig willig und gehorsame dinst
allctzijt zuvoran bereit, allergnedigister her. e. ko. mat. jüngste schrifft
unns mit cynem unsem rats frunt zugeschickt, das zwen hertzogen
Hermannus und Udo uß dem Elsaß zu Wetzflar begraben lygen, do
von wir am meynsten bericht wissens haben sollen, mit begere, e. ko.
mat. nach besiechtigung unser alten buchere und cronicken zu erkennen
zu geben, was ire und were ire vatter gewest und ob sie kinde verlassen
haben etc. ferners inhalts haben wir mit gepurlichen wirden empfangen,
auch die verstanden unnd unnsere buchere hinder unns mit allem vlyss
besichtigen lassen, der glichen by unnser priesterschafft erforschung
gehabt, aber gantz nicht von den bemelten hertzogen finden mugen,
dann diß epitaphium lud dieß ingeslossen zetels ist unns von unsem
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- 333 -
frunden von Wetzflar zugeschiekt, das haben e. ko. maiestat als unserm
allergnedigsten herren wir zu undertenigem gefallen nit verhalten wollen,
dan e. ko. mat. als unserm allergnedigisten herren undertenige schuldige
und gehorsame dinst zu ertzeigen sin wir inn aller undertenigkeit alletzyt
als die gehorsamen schuldig und willig, datum samstag nach aller heiligen
tag anno domini XV f quinto.
Der Rath konnte dem König also lediglich eine Abschrift des
Epitaphiums in der Kirche zu Wetzlar übersenden. 1 Warum hatte man
sie dem wissbegierigen Herrscher nicht schon in Wetzlar selbst gegeben?
Weil man sie offenbar in der Zwischenzeit erst gefälscht hatte.
Alle uns bekannte Fassungen der Inschrift gehen auf das 1389
zusammengetragene Todtenbuch der Wetzlarcr Kirche zurück; in diesem
steht die Inschrift und zwar von einer Hand um die Wende des XV.
und XVI. Jahrhunderts auf einem leeren Zwischenraum des Pergaments.
Man hat, wie schon Wigand auf anderem Wege erkannt und bewiesen
hat, damals diese Inschrift nach der Anwesenheit Maximilians angefertigt
»zu seiner Täuschung, um der Kirche und dem vermeinten Grabmal
eine desto grössere Wichtigkeit beizulegen, zugleich dem König etwas
Angenehmes zu sagen«. In gutem Glauben hat der Frankfurter Rath
diese pia fraus dem König übermittelt.
Cochlaeus als Bewerber um das Rektorat der
Frankfurter Lateinschule, 1520.
Dass Wilhelm Nesen, der am 14. September 1520 angestellte erste
Rektor der Frankfurter Lateinschule, aus welcher bekanntlich das städtische
Gymnasium erwachsen ist, einen gefährlichen Mitbewerber in der Person
des Dechanten von Liebfrauen, Johannes Dobneck genannt Cochlaeus.
des berühmten Gegners Luthers, gehabt hat, ist erst neuerdings durch
M. Spahns treffliche Cochlaeus-Biographie* bekannt geworden.
In der von Radowitzschen Sammlung der Handschriften-Abtheilung
der Königlichen Bibliothek in Berlin befindet sich unter Nr. 153 folgender
Originalbrief des Cochlaeus aus Frankfurt an den damals im Rheingau
weilenden Philipp Fürstenberger :
* Die Abschrift in den Frankfurter Akten ist nicht etwa der von den Wetzlarer
Gesandten gebrachte Zettel, denn sie zeigt die Hand eines Frankfurter Schreibers
von ca. 1620—1650; vielleicht hat dieser den jetzt verlorenen Wetzlarer Zettel ab-
geschrieben, denn die Fassung stimmt mit der des Wetzlarcr Todtcnbuchs von 1 }8o
ganz übercin.
1 Johannes Cochläus, ein Lebensbild aus der Zeit der Kirchenspaltung, von
Dr. Martin Spahn, Berlin 1898, S. 59.
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[Adresse auf Aussenseitc:]
Clariss" 10 viro Domino Philippo Furstenbergio. senatori Franck-
fordiano, domino et patrono suo chari mo . .
S. P. His diebus, absente te, inrlyte Phil., sepe agitatum est negotium
super lectione aliqua mihi pro filiis vestris publice iniungenda. merum
nemo ex senalu egit, t um scholastico autem meo plerique, is internuntius
est. res omnis in te sita est, aut igitur veni, aut sententiam tuam scribe.
senatus tuo (ut audio) stabit iudicio, quod ego <juam minime recuso
amplector(|iie inprimis. commodus erit locus domi meae in stuba inferiori.
hora item oportuna post meridiem tercia vel quarta. aiunt senatum ita
bene de me sentirc, ut mihi pre omnibus rem eam credere cupiat hone-
stoque donare salario. cupio et ego maxime huic c.ivitati, quoad potero,
inservire, spero item longa iam experientia me erudiendae iuventutis
omnino rudern et ineptum non fore. facit preterea reddituum tenuitas
Italicique sumptus et annua 34 Ii pensio, ut laboribus victum aliquantisper
quaeram. nosti conditionem meam, de graera eruditione nihil egregii,
ne medioeris quidem pollireri possuni, nam et paupertas et oculorum
hebetudo a litteris illis me averlerunt, in reli<|uis pro viribus omnes
operas navabo. rem tenes, fac opt. d Phil, huic negotio bonus tempesti-
vusque sis auspex, rumpe moras. dum cum tempore omnia se commode
sie offerunt. bene vale. ex Franckfordia 4'° nonas Junii anno 1520. her
tacite serva apud te et boni consule.
Jo. Coclaeus. decanus B. Virg.
tuus, ut nosti, sacellanus.
In deutscher Uebersetzung :
Dem sehr berühmten Mann, Herrn Philipp Fürstenberger, Mitglied
des Frankfurter Rathes, seinem verehrtesten Herrn und Gönner.
Meinen Gruss zuvor! In diesen Tagen, während Deiner Abwesenheit,
berühmter Philipp, ist häufig über den Unterricht für Eure Söhne ver-
handelt worden, der mir seitens der Behörden aufgetragen werden soll.
Mit mir hat Niemand aus dem Senate verhandelt, mit meinem Scholaster
aber sehr viele; er ist die Mittelsperson. Die ganze Angelegenheit ruht
in Deiner Hand: entweder also komme oder schreibe Deine Meinung.
Der Rath wird, wie ich höre, bei Deinem Urtheil verbleiben, das ich
auf keinen Fall zurückweise, vielmehr gern begrüssc. Geeignet wird der
Platz in meinem Hause, in der unteren Stube sein, die Stunde ebenso
gelegen Nachmittags drei oder vier Uhr. Man sagt, der Rath hege eine
so gute Meinung von mir. dass er mir vor allen diese Aufgabe anvertrauen
und mit einem anständigen Gehalt vergüten wolle. Auch ich wünsche
so sehr als möglich, dieser Stadt, so lange ich dazu im Stande sein werde,
zu dienen, ebenso hoffe ich, durch eine lange Erfahrung im Jugend-
unterricht nicht gänzlich ungebildet und ungeeignet zu sein. Dazu kommt,
dass die Geringfügigkeit meiner Einkünfte, die Kosten meines italienischen
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Aufenthaltes und die Verpflichtung, jährlich 34 Gulden an Pension zu
zahlen, mich nöthigen, durch Arbeiten meinen Lebensunterhalt ein wenig
zu suchen. Du kennst meine Lage: für den griechischen Unterricht kann
ich keine hervorragende, nicht einmal eine mässige Leistung versprechen;
denn sowohl die Knappheit meiner Mittel, wie die Schwäche meiner
Augen haben mich von jenen Wissenschaften zurückgehalten, in den
übrigen Fächern werde ich mir nach Kräften alle Mühe geben. Du
hältst die Sache in der Hand; mach, bester Herr Philipp, dass Du dieser
Verhandlung ein guter und rechtzeitig kommender Förderer seiest, hemme
die Verzögerung, so lange in währender Zeit alles sich so gelegen dar-
bietet. Leb' wohl! Frankfurt den 2. Juni des Jahres 1520. Behalte
dies schweigend bei Dir und sorge für das Gute.
Johannes Cochlaeus, Dechant zu Liebfrauen,
Dein Dir wohlbekannter Seelsorger.
Am 20. Dezember 1519 hatte der Rath den bekannten Beschluss
gefasst, auf welchen die Errichtung unseres Gymnasiums zurückzuführen
ist; er lautet im Bürgermeisterbuch:
»Nach eynem redelichen geschickten gelerten und von mores gc
schickten gesellen zu trachten, der die jungen kinde in der lare anhalten,
und demselben jars zu besoldung als einem soldener geben, doch eins
soldener mynner zu halten.«
Der nächste auf diese Angelegenheit bezügliche Beschluss des Raths-
protokolls vom 12. April 1520 lautet: »des poeten halber dem alten
burgermeister (Philipp Fürstenberger) davon zu handeln befeien.« Am
21. August wird dann Ftlrstenberger auf sein Anbringen beauftragt, »dem
pedagogen ein huft zu bestellen:« Nesen war also schon gewählt und
wurde in Frankfurt erwartet. Am 13. September erhält Philipp Fürsten -
berger vom Rathe die Erlaubniss, auf einer Reise in städtischen An-
gelegenheiten »den poeten« anstatt eines Knechtes mitzunehmen. Am
14. September hat dann der Poet Nesen seine schon Öfters abgedruckte
Bestallung selbst geschrieben und von Klaus Stalburger siegeln lassen :
am 11. Oktober erfolgte die Bestätigung durch den Rath, dessen wichtiger,
noch nie im richtigen Wortlaut, sondern immer ungenau nach Lersner
wiedergegebener Beschluss lautet:
»Als Wilhelmus Nisenus von Nassteden poet und erfarer in
greckischer und latinischer spräche, der etlich jare die burgers kinde zu
underwisen angenommen ist und das jar L gülden und ein fryhe be-
husung bestellen und syn bestallung gelesen, die durch ine gefertiget
sol werden. . .«
Der eigentlich zustimmende Beschluss fehlt. Die Bestallung war
schon am 14. September von Nesen eigenhändig geschrieben worden
und wurde wohl jetzt erst von seinem Gönner Stalburger gesiegelt. Da
Nesen seine erste halbjährige Besoldung am 16. März 152t erhielt, so
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scheint man den Antritt seines Amtes von dem Tage an, von dem seine
Verschreibung datiert, gerechnet zu haben: darum muss der 14. Sep-
tember 1520 als der GrUndungstag des Frankfurter Gymnasiums betrachtet
werden. Dies zur Ergänzung und Berichtigung der von Classen, Mommsen
und Steitz Uber die Berufung Nesens gemachten Angaben.
Weder das Rathsprotokoll noch die uns bekannten Briefe, die
Cochlaeus aus Frankfurt geschrieben hat, gedenken mit irgend einem
Worte der Verhandlungen, die mit ihm oder seinem Scholaster Fisch ge-
pflogen worden sind. Nach dem Briefe zu urtheilen, glaubte Cochlaeus
seines mächtigen Gönners Fürstenberger sicher zu sein; wenn er sich
darin nicht getäuscht hat. so ist dessen Einfiuss schliesslich, wie der
Ausgang, die Berufung Nesens, zeigt, gegenüber dem des Klaus Stal-
burger, der für Nesen als den Erzieher seiner Söhne eintrat, unterlegen.
Der Brief zeigt, dass die Enttäuschung für den Schreiber eine
schmerzliche gewesen sein muss; die Stellung, die er als Dechant zu
Liebfrauen, als Leiter der städtischen Lateinschule und damit als geistiges
Haupt des humanistisch, antihierarchisch gesinnten Frankfurter Patrizier-
kreises eingenommen haben würde, hätte vielleicht dem lieben des
Cochlaeus eine andere, der deutschen Reformation ni< ht so abgünstige
Richtung gegeben, die es bald nach dem Fehlschlagen seiner Hoffnungen,
im Herbst 1520, genommen hat.
Nachforschungen nach der eigenen Familie, lediglich aus familien-
geschichtlichem Interesse, ohne Absicht auf einen materiellen Vortheil
irgend welcher Art unternommen, dürften vor 300 Jahren den Archivaren
nicht allzuhäufig vorgekommen sein, wenigstens von Angehörigen nicht-
adeliger Familien.
Das Frankfurter Stadtarchiv bewahrt unter Reichssachen Nr. 11, 169
eine solche Anfrage, welche heute, da die familiengeschichtliche Forschung
grünt und blüht wie noch niemals, auf allgemeineres Interesse rechnen
darf. Sie lautet:
[Adresse :]
Illustri et magnifico Senatui amplissimae urbis Francofordiensis
ad Menum etc. Dominis Dominis observantissimis detur.
Magnifici l'raetores et clarissimi Senatores urbis amplissimae Fran-
cofordiensis.
Proavus meus Baltasar Giss Varsoviam, inter praeeipuas urbes regni
Poloniae fama regni, potentia libertatum suarum, antiquitate atque situ
celebri primariam, ingressus et anno domini 1 5 1 1 in munieipium reeeptus
ex amplissima urbe M[agnificarum] D[ominationum] V[estrarum], ut ex
Familien-Forschung vor 300 Jahren.
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actis praetorii nostri perspicio. oritindus erat. Et licet sane ille virtutibus
suis posteritasque ipsius meritis et officiis erga reges Poloniae atque
|>atriani meam satis gloriosum nomen mihi famamque posteris meis
relin<|iierint, splendorem tarnen domui et ju< unditatem vitae majorem
mihi acridere posse puto, si «juid ad hm: intellexero illuslrius ex senatu
vestro darissimo de majorum meorum genere. Proinde humiliter et
obnixe obset ro, ut M. D. V. certiorem me velint farere litteris suis,
supersintne aliqui <ives hujus familiae majorum meorum in muni« ipio
vestro nobilissimo vel, si jain dccesserint, qnae tarnen conditio statusquc
a:avi mei ipsiusque successorum apud antecessores in ordinc reipublicae
vestrae fuerit. Nee mirentur, me inde ista petere et nativum Polonum
generis et orheiorum dignitate contentum revocare centenos sepultosque
majores ab externis nationibus. quoniam innatus erga gentem vestram
amor et veneratio amicorum a parentihus saepius mihi inculcata ardet
in me Semper. Yiriutcm etiam majorum hic et ubique satam optarem
liberis meis non soium in l'olonia crescentem, verumetiam in Germania
ilorentem relinquere. Jubeant itaque M. D. V. pro humanitate et bene-
volentia sua tabellario civitatis ex actis praetorii inquirere et petitioni
ineae atque desiderio quaniprinium satisfacere. Ego etiam pro debito
amore et officio meo mandatis omnibus M. I). V. fidelissime parebo et
in aeteinum debebo. Datum Warssowiae die 24. Septembris 1611
Mag. Dm. Vestrarum
observantissimus
Joannes Giss
consul et advocatus
Antiquae Warssowiae.
Der Brief des Konsuls und Advokaten Giss brauchte, um den Weg
von Alt-Warschau nach Krankfurt zurückzulegen, 8 Jahre 1 Monat und
1 Tag — »Ist S Jar unter wegen gewessen« hat der Uber solche postalische
Langsamkeit entrüstete Rathsschreiber auf die Adresse geschrieben, als
er dem Brief am 25. Oktober 1619 sein Praesentatum auf die Aussen-
seile setzte.
Allem Anschein nach hat sich der Frankfurter Rathsschreiber
Georg Schile keine besondere Mühe mit den erbetenen Nac hforschungen
gemacht. Auf einem angehefteten Zettel hat er lediglich notiert: »Conradt
Giss Rechenrichter. M. 1561. f. 63.« Dem Rath hat er das Schreiben
nicht vorgelegt: sonst müsste sich ein darauf be/Uglicher Eintrag im
Rathsprotokoll rinden: keine Spur auf dem Briefe weisst daraufhin, dass
er den Bittsteller überhaupt einer Antwort gewürdigt hat.
Ich will die Schuld meines Vorfahren im Amte — Schile hatte
als früherer Registrator damals nebenamtlich auch das städtische Archiv
/u verwalten — nach 280 Jahren sühnen und die Anfrage, wenn auch
etwas verspätet, beantworten. Ich glaube im hl. dass der Advukat der
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Stadt Alt-Warschau, der seiner Ahnen gern und froh gedachte, damals
eine befriedigendere Auskunft erhalten hätte, als ich sie jetzt geben kann.
Ein Balthasar Giss ist niemals Frankfurter Bürger gewesen. Oer
Name Giss, Geiss, Gisse, Gise, Gyse oder ähnlich findet sich häufig in
den mittelalterlichen BUrgerbllchern bei Handwerksleuten: aber keiner
aus diesen Kreisen scheint mir der Ahnherr des Warschauer Advokaten
gewesen zu sein, keiner derselben hat eine Familie gegründet, welche
sic h zu grösserer Bedeutung erhoben hatte: im Anfange des XVII. Jahr-
hunderts, zur Zeit der Anfrage, lebte kein Giss mehr in Frankfurt. Wir
besitzen aus dem Jahre 1458 den Dienstbrief des I .andbereiters Gyse
von Miltenberg: i486 wird »Gyse der Bereiter« Bürger, 1499 haben die
Rechenmeister »Gisen einen orlaub geben« — Gyse ist hier offenbar
Vorname: ich glaube nicht, dass der Advokat zur Nachkommenschaft
des Bereiters zählt. 1509 wurde »Elsa, Johannes Gisen ehemals Kellners
zum Hain Wittwe«, Bürgerin: sollte Balthasar Giss ein Sohn dieser Witlwe
gewesen sein, der nach des Vaters Tode von Frankfurt, dem neuen
Wohnort der Mutter, aus in die Fremde zog, um dort sein Glück zu
suchen? Hie Angabe des Nachkommen, dass er aus Frankfurt stammte
(oriundus erat), besagt doch nur, dass er dorther kam, nicht dass er
doil geboren war.
Gedicht auf J. (h. Sem k enberg, 1772.
Nachfolgende, von einem Freunde Senckenbergs kurz nach seinem
Hinsc heiden niedergeschriebene-Ver.se sind meines Wissens noch nic ht
veröffentlicht worden. Dieser kurze schöne Nachruf gibt eine recht gute
( harakteristik des edlen Menschenfreundes, welche auc h der Eigenschaft
des Verstorbenen, mit welc her er bei seinen Mitbürgern eleu meisten
Anstoss erregte, seiner oft derben und verletzenden Wahrheitsliebe, in
bezeic hnender Weise gedenkt. Die S> hlussver.se des in den Familien-
sac hen des Stadlarchiv » befindlichen Gedichtes zeigen, dass der Verfasser
einer unbilligen Ueurtheilung des am 15. November 1772 verunglückten
Fi rundes entgegentreten wollte.
Hier ruhet Sen. kenberg, ein Mann mit Recht zu preisen.
Ein Mann, der würdig war, ein rechter Arzt zu heißen.
Ein grober Menschen- Freund, der nur ihr Wohl bedacht.
End in der Sterblichkeit unsterblich sic h gemac ht.
Sein edler Ergeitz war voll Grobmuth und Erbarmen,
Auf ewig guts zu thun den Krancken und den Armen,
End redet ihm der Neid mit Wahrheit etwas nach.
So ists: dab er zu frey die derbe Wahrheit sprach.
Ach! wird ein solcher Mann durch solchen Tod enlriben?
Ihr Menschen! richtet nicht; labt Gott, was Gottes, wiben:
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Was jene Vorsicht fugt, zeigt doch nur Gnade an,
l nd was der Höchste thut, ist allzeit wohl gethan.
Wer sollte Senckenberg nicht wehmutsvoll beklagen?
Wer sollte nicht vor ihn so Leid als Achtung tragen ?
0 Frankfurt! Ehre den, der Deine Ehr und Zier,
Und stell dir stets zum Reitz sein schönes Beyspiel für!
Und Du, o Seeliger! ruh dort in Jesu Wunden,
Woran Du hier geglaubt und wo Du Heyl gefunden.
Dil» Zeugniß giebt ein Freund, der Dir es schuldig ist,
1 nd Der Dich so gekannt, wie Du gewesen bist.
Krtrag eines Hauses auf dem Römerberg
während der Krönung 1790.
Ein klassisches Heispiel, welche Ertragnisse die Hausbesitzer auf
dem Römerberg aus der Vermiethung ihrer Häuser wahrend der Krönungs-
festlichkeiten zu ziehen wussten, liefert nachfolgende Aufzeichnung aus
den Hausurkunden des Stadtarchivs.
Das Haus zum Schieferstein, Lit. I Nr. 93, jetzt Römerberg Nr. 26,
neben dem Eckhaus am Markt, dem Grossen Engel, gehörte 1790 dein
l.einwandhandler Johann Michael Scheidler. Die Aussenseite ist von
1781 ab, wo sie einen völligen Umbau erfuhr, bis zum heutigen Tage
nicht wesentlich verändert worden. Die in Betracht kommende Fa<;ade
nach dem Römerberg hatte damals wie heute eine Breite von 27 Schuh,
8 Zoll; gleicher Erde waren Laden und Lagerräume, das erste, zweite,
dritte und vierte Stockwerk hatten je 3, das fünfte 2 Fenster nach dem
Römerberg, im Giebel befand sich noch 1 rundes Dachfensterchen. Vor
dem Hause hatte der Besitzer noch eine TribUne mit Sitzplätzen errichten
lassen, um diese an Schaulustige zu vermiethen oder an gute Freunde
zu verschenken. In seine Aufstellung hat Scheidler nicht allein den
Miethertrag am Krönungstage, 9. Oktober 1790 (vgl. Nr. 1 — 6) — wahr-
scheinlich hatten die Miether auch fllr den 4. (Einzug des Kaisers) und
den 13. Oktober (Huldigung auf dem Römerberg) gemiethet — sondern
auch den Miethertrag während der Herbstmesse (vgl. Nr. 7—10) eingesetzt.
Promemoria
Uber daß Verlehnen unsers Haus auf dem Römerberg,
genant zum Schifferstein,
bey der Kayser Krönung Leopoldt def> II., so den
9"" 8ber 1790 glücklich
vollzogen ist worden.
1) Herr Peter Leonhardt hat laut beiliegenden Contract
den ersten und zweiten Stock für diese Feyerlichkeit
milanzusehen für sich, seine Familie und Herrn Schwager
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Schmidt und dessen Kamille gemiethet gehabt um die
Suma im 24 fl. Mzfuft fl. 2000
2) Herr Do« tor Grambs den dritten Stork mit einer Ge-
sellschaft für die Suma 900
3) Ihro Durchlaucht der Herzog del Intandato etc. etc.
mit Garandie deren Herren B. Mezler & Consorten für ,, 1045
4) Krau Ralh Kittmann aus Rotterdam durch Herrn Fro-
curator Höss den 5':'" Stock von zwey Fenster für . ,, 400
5) fUr das runde Kenster im Frondespieß 2 V» Carolin . 27.30
6) für die Fläz auf dem erbauten Theader vor 2 Carolin
20 fl. gelöst ,,1081
Betrag deren Frey Fläze an der Zahl 15 an gute Freunde „ 247.30
7) Logiert hat bei uns anfangs der Crönung Madame
Wölling & Sibels mit Herrn Gerichlsschreiber Arck aus
Barmen 14 Tage lang und haben zwei Zimmer und
eins hintenaus für ,. 100
8) Herr von Carnap aus Elberfeldt 4 Wochen 1 Zimmer „ 66
9) Herr Wölhng \ Herr Wortman in 1 Zimmer 4 Wochen „ 88
10) Herr G. von Havermaet Abt von St. Adrian in Gramont
4 Wochen logiert „ 100
Summa fl. 6055
Zu i): Feter Leonhardt ist sicher der reiche Handelsmann Johann
Frier Lconhardi, welcher 1791 geadelt wurde.
Zu 2): Dr. jur. Johann Georg Grambs.
Zu 3): Der Herzog del Infantado war als privater Zuschauer bei
der Krönung anwesend: dieser spanische Grande wurde von Scheidler
am meisten gerupft, da er für seinen 4. Stock bedeutend mehr bezahlen
uuissie als Grambs für den 3. und Lconhardi für den 1. und 2. Stock.
Zu 6): Nach einem hier nicht abgedruckten Verzeichniss der
Tribüne- Flätze und ihrer Miether bestanden erstere aus 30 Flätzen zil
22 ll., 10 zu 20 fl., 1 zu 18 fl., 13 zu 16 fl. 30 Kr., dazu kamen die
2 Flätze von Herrn und Frau S< heidler, sowie 15 Kreiplätze.
Zu 7 — 10): Die I.ogiergäste des Hauses hatten, soweit sie bei der
Krönung noch anwesend waren, bezahlte Tribünen-Platze.
Auf der I ribüne befand sich ausser dem spiessbürgerli« hen Freundes«
kreis des Herrn S< heidler eine nach Nationalitat und Stand sehr gemischte
Gesellschaft : drei deutsche Grafen, ein italienischer Graf, ein deutscher
Baron, verschiedene Engländer und Franzosen, worunter auch der Abt
von Gramont, und sogar ein Grieche aus Macedonien.
Bringt man den eingesetzten Betrag für die Freiplätze und die Fosten
7 10 für Logis im Hause vor der Krönung in Abzug, so verbleibt immer
noch die stattliche Summe von 5453 fl. 30 Kr., welche der Besitzer lediglich
durch Vermiethung seiner Fenster und seiner Tribüne für die Krönung*
tage gelöst hat.
IH<i
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Archiv für Frankfurts Geschichte und Ki
Dritte Folge. Bd. VI
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Verein für Geschichte und Alterthumskunde
zu
Frankfurt a. M!.
Geschäftliche Mittheilungen.
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I. Bericht über die Thätigkeit des Vereins im Jahre 1893.
Erstattet in der Generalversammlung am 22. Januar 1894.
Der Vorstand darf seinen Bericht Uber das abgelaufene Geschäfts-
jahr wiederum mit der erfreulichen Versicherung beginnen, dass Leben und
Thätigkeit unseres Vereins sich in gewohnter Weise fortentwickelt haben.
Der Vorstand bestand nach den in der vorjährigen General-
versammlung erfolgten Wahlen aus den Herren :
Konservator Otto Cornill,
Maler Otto Donner-von Richter,
Stadtarchivar Dr. Rudolf Jung,
Oberstabsarzt a. D. Dr. Karl Theodor Küthe,
Kaufmann Wilhelm Mappes,
Senator Dr. Emil von Oven,
Kaufmann Emil Padjera,
Steuerkasse -Vorsteher Gustav Reutlinger,
Professor Dr. Alexander Riese,
Professor Dr. Georg Wolff.
Den Vorsitz führte Herr Stadtarchivar Dr. Jung, dessen Stellver-
tretung Herr Professor Dr. Wolff; Schriftführer war Herr Mappes, Kassen-
fuhrer Herr Reutlinger. Die nach unseren Satzungen zu bildenden
Kommissionen setzten sich wie folgt zusammen: Die Redaktions-
Kommission aus den Herren Dr. Jung, Donner und Professor Riese, die
Lokal -Kommission aus den Herren Reutlinger, Padjera und Dr. von
Nathusius, die Exkursions-Kommission aus den Herren Dr. Küthe, Kober
und Dr. von Nathusius, die Bibliotheks-Kommission aus den Herren Dr.
Jung, Dr. Heuer und Dr. Pallmann ; die an den ersten Stellen genannten
Herren Vorstandsmitglieder führten satzungsgemäss den Vorsitz in den
betreffenden Kommissionen. Die Verwaltung unserer Vereinsbibliothek
wie die Redaktion der im Korrespondenzblatte der Westdeutschen
Zeitschrift veröffentlichten Sitzungsberichte lag in den Händen des Herrn
Dr. Jung , welcher auch die laufenden Geschäfte des Vereins an dessen
langjähriger Geschäftsstelle, dem Stadtarchive auf dem Weckmarkt,
besorgte.
Aus dem Vorstand haben diesmal die in der Generalversammlung
des Jahres 1892 gewählten Herren Cornill, Donner, Mappes, Reutlinger
a-
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und Riese auszuscheiden, da deren zweijährige Amtszeit jetzt beendet
ist. Wir erlauben uns, Ihnen satzungsgemäss zehn Herren zur Ernennung
zu Mitgliedern des Vorstandes vorzuschlagen; Sie finden darunter auch
die Namen der Herren, welche zwar ausscheiden, sich aber zur Annahme
einer etwaigen Wiederwahl bereit erklärt haben. Unser Vorschlag ist
natürlich für die Generalversammlung durchaus unmassgeblich, nur wollen
Sie beachten, dass allein diejenigen Stimmzettel gültig sind, auf welchen
fünf Namen nicht durchstrichen sind.
Für die Revision der Kassenführung haben wir wiederum
unseren verehrten Herren Ferdinand Eyssen und Wilhelm Weismann zu
danken. Es ist uns nachgerade zur lieben Gewohnheit geworden, den
beiden Herren unseren Dank dadurch auszudrücken, dass wir sie auch
für das neue Jahr um die Revision unserer Kassenftthrung bitten. Als
Ersatz-Revisoren schlagen wir Ihnen wieder die Herren Rentner Joseph
Dibelka und Buchhändler Schuchhard vor, welche im Falle der Ver-
hinderung eines oder der beiden Revisoren nach alphabetischer Folge
an die Stelle der betreffenden Herren zu treten hätten.
Die Hoffnung, die wir im vorjährigen Berichte aussprachen, dass
das neue Jahr unseren Mitgliederbestand wieder Uber die Zahl 400
bringen möge, hat sich leider nicht erfüllt. Zwar haben sich uns im
Laufe des Jahres 1893 14 neue Mitglieder angeschlossen, denen aber
nicht weniger als 13 Austrittserklärungen und 14 Todesfälle entgegen-
stehen, so dass wir das neue Jahr mit 391 Mitgliedern beginnen. Wir
bitten Sie abermals dringend, in Ihren einzelnen Kreisen für die Be-
strebungen des Vereins wirken und uns neue Genossen gewinnen zu
wollen.
Unter den Mitgliedern, welche der Tod aus unserer Mitte nahm,
gedenken wir zunächst zweier treuer Freunde unseres Vereins, die bis
zuletzt bei uns ausgehalten und nicht leicht einen Sitzungsabend ver-
säumt haben: der Herren Jakob Reuter und Johannes Streng. Wir be-
klagen ferner den am 14. Februar in Mainz erfolgten Tod des Seniors
unserer korrespondierenden Mitglieder, des Professors Dr. Ludwig Linden-
sehmit, des Nestors der Rheinländischen Alterthumskunde, des hoch-
verdienten Gründers und Leiters des Römisch-Germanischen Central-
museums in Mainz; er gehörte zu den unserer nächsten Umgebung
angehörenden Alterthumsforschern, welchen im Jahre 1860 als ersten die
Würde eines korrespondierenden Mitgliedes unseres Vereins ertheilt wurde.'
Näher, wenigstens in früheren Jahren, stand uns der am 6. Decembcr
verschiedene Maler Karl Theodor Reißenstein, in dem wir Frankfurts
bedeutendsten Geschichtsschreiber mit Pinsel und Palette betrauern.
1 Vgl. über Lindenschmit und seine Verdienste um die Altertumswissenschaft
Professor Adamys trefflichen Nekrolog in den Quartalblättern des historischen
Vereins für das Grossherzogthum Hessen, Jahrgang 1893, S. 274 ff.
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Mehr als 50 Jahre eines arbeitsreichen Lebens hat er vorzugsweise der
künstlerischen Darstellung des alten Frankfurt und seiner einzelnen
Häuser und Höfe gewidmet. Seine feinsinnig empfundenen und künst-
lerisch vollendeten Aquarelle sind uns allen wohlbekannt; sie bilden
eine der schönsten Zierden unseres Historischen Museums und zugleich
eine unserer wichtigsten Quellen für die Erkenntniss früherer Zustände
unserer Stadt, für den Genuss verschwundener Schönheiten aus früheren
Jahrhunderten, welche in den letzten Jahrzehnten beseitigt wurden.
Unsere Vereinsschriften verdanken ihm manchen werthvollen Beitrag;
das Frankfurt des vorigen Jahrhunderts hat er den weitesten Kreisen
durch seine »Bilder aus Goethes Dichtung und Wahrheit« vertraut ge-
macht; seine in dem handschriftlichen Texte zu den Frankfurter Aqua-
rellen niedergelegten Forschungen Uber die Frankfurter Baugeschichte
harren noch der Veröffentlichung.' Den uns durch den Tod entrissenen
Mitgliedern, den eben genannten, wie den nicht genannten, lassen Sie
uns ein dankbares Andenken widmen.
Im verflossenen Jahre konnten wir an unsere Mitglieder ausser
dem Korrespondenzblatt der Westdeutschen Zeitschrift,
Jahrgang 1892, auch den vierten Band der dritten Folge unseres
»Archivs für Frankfurts Geschichte und Kunst« ausgeben.
Im laufenden Jahre wird ausser dem Jahrgange 1893 des Korrespondenz*
blattes nebst dem Limesblatt noch eine ausserordentliche Veröffent-
lichung des Vereins in Ihre Hände gelangen: das erste Heft einer
Reihe von Schriften, welche wir in grösseren Zwischenräumen Uber die
Römerstadt bei Heddernheim herauszugeben gedenken. Da
unsere Vereinszeilschrift vorzugsweise den Arbeiten aus der Frankfurter
Geschichte vorbehalten werden soll, und da deren Format sich fUr die
Beigabe von Plänen und Abbildungen wenig eignet, so werden diese
Heddernheimer Schriften in dem Quartformat erscheinen, welches Ihnen
von unseren eingegangenen Neujahrsblättern her bekannt ist. Das im
Frühjahr bei der Erhebung der Mitgliederbeiträge zur Vertheilung ge-
langende Heft enthält zunächst einen Bericht des Herrn K Quilling
Uber die Ausgrabungen bei Heddernheim in dem Jahre 1891, ferner
eine Untersuchung des Herrn Thomas Uber die dortigen Töpferei- An-
lagen und endlich, an den Römischen Helm aus Heddernheim in unserem
Historischen Museum anknüpfend, eine durch reiche Illustrationen erläuterte
Darstellung der antiken Helmformen aus der Feder des Herrn Donner-
v. Richter. Wenn wir Ihnen weiter für das laufende Jahr noch den
vierten Band der von uns mit städtischer Unterstützung herausgegebenen
»Inventare des Frankfurter Stadtarchivs« in Aussicht stellen,
1 Leber ReirTcnsteins Leben vgl. das Vorwort zum ersten Hefte der in C. Jügels
Verlag erscheinenden «Sammlung der Reiflensteinschen Frankofurtensien ; es stammt
aus der Feder seines Jugendfreundes, des Herrn Stadtrath G. Beck.
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welcher die Inhaltsübersichten der politischen Bestände unseres Stadt-
archivs vor 1 500 abschliessen und zugleich das Register über die bisher
erschienenen Bände bringen soll, so glauben wir Ihnen genügenden
Ersatz für den dieses Jahr ausfallenden Archivband zu geben, dessen
Veröffentlichung aus finanziellen Gründen auf das nächste Jahr verschoben
werden muss.
In den 11 wissenschaftlichen Sitzungen unseres Vereins,
deren Besuch meistens ein befriedigender war, wurden folgende Vorträge
gehalten :
1) Das älteste Judenviertel in Frankfurt. (Dr. H. von Nathusius.)
2) Der Thurm der Liebfrauenkirche. (E. Padjera.)'
3) Die Säkularisation des Barfüsser-Klosters im Jahre 1529.
(Dr. R. Jung.)
4) Geschichte der Freimaurerei in Frankfurt. {£. Reges.)
5) Das Frankfurter Bürgermilitär im vorigen Jahrhundert. (Dr.
R. Jung.)
6) Zur Baugeschichte des Karmeliter-Klosters im vorigen Jahr-
hundert. (Dr. E. von Oven.)
7) Metall- und Papiergeld-Umlauf in Frankfurt um die Mitte
dieses Jahrhunderts. (IV. Mappes.)
8) Die vorjährigen Heddernheimer Ausgrabungen. (F. Quüiing.)
9) Die Ergebnisse der Reichs-Limesforschung auf der Strecke
Hanau- Frankfurt. (Prof. Dr. G. Wolff.)
10) Die vorjährige Limesforschung in Hessen. (F. Kofier.)
11) Die griechisch-römische Kunst im Frankfurter Historischen
Museum. (F. Quilling.)
1 2) Die letzten Zeiten der Römerherrschaft in Deutschland. (Prof.
Dr. A. Riese.)
13) Der Zusammenhang des mittelalterlichen Gildewesens mit
römisch-heidnischen Einrichtungen. (Dr. O. Volger.)
Von diesen Vorträgen sind oder werden demnächst gedruckt:
Nr. 8 in der oben erwähnten Schrift über Heddernheim, Nr. 1 1 in dem
Feuilleton der Frankfurter Zeitung vom 27. November 1893. Für die
anderen Vorträge verweisen wir auf die meist von den Vortragenden
selbst herrührenden Referate im Korrespondenzblatt der Westdeutschen
Zeitschrift, für Nr. 9 und 10 besonders auf die offiziellen Berichte der
beiden Redner im Limesblatte.
Es ist dem Vorstande eine angenehme Pflicht, den Herren Rednern
auch an dieser Stelle den verbindlichsten Dank des Vereines zugleich
mit der Hoffnung auszusprechen, dass sie sich auch ferner bereit finden
lassen wollen, unsere Mitglieder durch ihre Vorträge zu erfreuen.
Wir haben Ihnen bereits im vorjährigen Berichte mitgetheilt, dass
wir zur Förderung wissenschaftlicher Ausgrabungen in
der Umgebung unserer Stadt die Regierungen in Kassel und Wies-
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baden um eine entsprechende Vollmacht ersucht haben; wir konnten
Ihnen damals auch den günstigen Bescheid der Kasseler Regierung mit-
theilen. Die Antwort der Wiesbadener Regierung ist für uns eine viel
ungünstigere; sie gestattet uns die Ausgrabungen in den zu unserem
Forschungsgebiete gehörenden Ortschaften ihres Bezirkes, nimmt aber
davon die früher Nassauischen Gebietstheile aus, zu denen die Ortschaften
Heddernheim, Eschborn, Sossenheim, Nied, Höchst und Schwanheim
zählen, und will in diesen Orten nur dem Vereine für Nassauische
Alterthumskunde und Geschichtsforschung Ausgrabungen gestatten. Durch
diesen Bescheid werden unseren Arbeiten gerade die für die Erforschung
der Römerzeit wichtigsten Orte unserer Umgebung, soweit fiskalisches,
kommunales und Stiftungs-Terrain in Betracht kommt, verschlossen ;
unserem Historischen Museum wird dadurch ein ergiebiger Boden für
Fundstucke aus der Römerzeit entzogen. Der Vorstand wird unter
Berufung auf das, was unser Verein bereits für die Erforschung der
Vergangenheit jener Ortschaften geleistet hat, sei es durch Nachgrabungen,
sei es durch wissenschaftliche Veröffentlichungen, den Versuch machen,
die Zurücknahme dieser Entscheidung zu erwirken, welche unsere Thätig-
keit auf einem Gebiete brach legt, dem wir früher sowie gerade jetzt
wieder reiche Opfer an Arbeit und Geldmitteln bringen wollten, und
welche die Vermehrung des Museums so empfindlich beschränkt.
Als wir am Himmelfahrtstage unter der trefflichen Führung des
Herrn Thomas die Althöfe r Ri ng wälle bei Oberursel besichtigten,
konnten wir wahrnehmen, wie weit schon die Zerstörung dieser denk-
würdigen Reste aus der vorgeschichtlichen Zeit vorgerückt ist, welche
von den benachbarten Gemeinden gern als Steinbrüche ausgebeutet
werden. Um dieser Zerstörung Einhalt zu gebieten, wandten wir uns
an die zuständigen preussischen und hessischen Behörden mit dem
Ersuchen, sich für die Erhaltung dieser Ringwälle zu interessieren und
den Umwohnern die Abfuhr von Steinen aus denselben zu untersagen.
Bis jetzt ist uns von dem Herrn Landrath des Landkreises Frankfurt
und von dem Herrn Konservator der hessischen Kunstdenkmäler in
Darmstadt ein günstiger Bescheid geworden; die Antworten der anderen
Instanzen — General-Konservator in Berlin, Oberpräsident und Regie-
rungspräsident — stehen noch aus.
Aber nicht nur den Ausgrabungen und den erhaltenden Bestre-
bungen ausserhalb der Stadt ist unsere Aufmerksamkeit zugewendet. Die
nächsten Jahre bieten eine nicht wiederkehrende Gelegenheit, im Inneren
unserer Stadt durch Aufwühlen des Bodens ihre älteste Begrenzung
und Befestigung aus der Karolingerzeit ein für alle Male
wissenschaftlich festzustellen. Wie Ihnen bekannt, folgt der östliche
Theil des neuen, mitten durch die Altstadt geplanten Strassenzuges
ungefähr dem Laufe der Braubach und der Karolingischen Stadtmauer.
Unser um die Erforschung der Stadtbefestigung verdientes Mitglied, Herr
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Emil Padjtra, regte zuerst im Vorstande den Gedanken an, die Gelegen-
heit dieses Strassendurchbruchs und der dadurch erforderlichen Erd-
arbeiten zur wissenschaftlichen Erforschung dieser ältesten Grenzlinie
der Stadt zu benutzen. Der Vorstand nahm diese Anregung mit Freuden
auf und bewarb sich, um einem diesbezüglichen Gesuche bei den
städtischen Behörden grösseren Nac hdruck zu geben, um die Unterstützung
mehrerer gleichstrebender Vereine: des Architekten- und Ingenieur-
Vereins, des Vereins für das Historische Museum, des Akademischen
Gesammt-Ausschusses des Freien Deutschen Hochstiftes, der Sencken-
bergischen Naturforschenden Gesellschaft. Wir richteten ein gemein-
schaftliches Gesuch an den Magistrat des Inhaltes, dieser wolle die
nöthigen Arbeiten durch das Tiefbau-Amt und aus städtischen Mitteln
ausführen lassen, und zwar unter Leitung einer Kommission, in welcher
das Tiefbau-Amt durch den mit der Einzelausführung beauftragten
Ingenieur und die städtische Kommission für Kunst und Alterthums-
Gegenstände, sowie die genannten Vereinsvorstände durch je ein sach-
kundiges Mitglied vertreten sind. Unser Gesuch fand bei dem Magistrate
wie bei den Stadtverordneten eine verständnissvolle Aufnahrae; durch
übereinstimmende Beschlüsse beider Behörden wurde für diese Unter-
suchung ein übertragbarer Betrag von je iooo Mark auf zwei Jahre,
zuerst für 1894/95, in den städtischen Haushaltsplan eingestellt. Wir
hoffen, dass die städtischen Behörden, sobald die Arbeiten in Angriff
genommen werden, auch die von uns vorgeschlagene Kommission be-
rufen werden, welche die wissenschaftliche Leitung der Nachforschungen
zu übernehmen hat; denn nur von einer gewissenhaften und wissen-
schaftlichen Arbeit auf dem Terrain des Strassendurchbruchs sind werth-
volle und endgültige Aufschlüsse Uber unsere älteste Stadtgrenze zu
erwarten.
Mit Befriedigung geben wir Ihnen davon Kenntniss, dass uns das
Königliche Polizei-Präsidium im letzten Jahre mehrfach von
Funden und Ausgrabungen in der Nachbarschaft benachrichtigt hat, eine
Aufmerksamkeit, durch welche uns das Polizei-Präsidium zu verbind-
lichstem Danke verpflichtet hat.
Von unseren sonstigen Beziehungen zu anderen gleich-
strebenden Vereinen gedenken wir des 25jährigen Jubilaeums des
Taunusklubs, dem wir schriftlich ein herzliches Glückauf zuriefen mit
der Bitte, seine Aufmerksamkeit und Fürsorge auch der Erhaltung denk-
würdiger Alterthümer in unserem schönen Nachbargebirge zuwenden zu
wollen. Dem Architekten- und Ingenieur -Verein verdanken wir eine
freundliche Einladung, uns an einem am 1. Oktober stattgefundenen
Ausfluge nach Arnsburg und Münzenberg zu betheiligen, wovon leider
ungünstiger Verhältnisse wegen nur wenige Mitglieder Gebrauch machten.
In Gemeinschaft mit dem Vereine für das Historische Museum
besichtigten wir am 19. Februar die im Auktionssaal von Herrn Rudolf
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Bange l ausgestellten Griechisch • Aegyptischen Portraits des
Herrn Th. Graf. Herr Otto Donner-v. Richter, welcher über die Technik
dieser Bilder und ihre Stellung in der griechischen Kunstgeschichte bereits
mehrere Arbeiten veröffentlicht und einmal auch in unserem Vereine
darüber gesprochen hat, hatte die Freundlichkeit, uns durch seine treff-
liche Erklärung in Verständniss und Genuss dieser hochinteressanten
Ueberreste hellenistischer Kunst einzuführen ; der wohlverdiente Dank
der zahlreichen Zuhörerschaft werde ihm auch hier wiederholt.
Billig gedenken wir hier auch der V\ i edereröff n u n g des durch
das Leinwandhaus erweiterten Historischen Museums, zu
welcher die städtische Kommission für Kunst- und Alterthumsgegenstände
mit anderen Vereinsvorständen auch den unsrigen am 9. Dezember ein-
geladen hat. Unser Verein darf sich rühmen, an der Begründung und
Einrichtung des Museums hervorragenden Antheil genommen zu haben;
gehörten doch unsere, wenn auch bescheidenen Sammlungen zu dem
Grundstocke der Museumsbestände und ist doch aus unseren Kreisen
der Verein für das Historische Museum hervorgegangen. Bei einer zur
Feier der Wiedereröffnung veranstalteten Zusammenkunft der Mitglieder
unserer Tochterkolonie, des Musealvereins, nahm der Vorsitzende unseres
Vereins Veranlassung, dem Historischen Museum wie dem Museal verein die
Glückwünsche des Alterthumsvereins darzubringen. Was wir dem Museum
verdanken und auch ferner zu verdanken hoffen, das zeigen die seit
Bestehen desselben erschienenen Veröffentlichungen unseres Vereins und
besonders wieder die geplante Schrift über Heddernheim. Es ist eine
Aufgabe des Alterthumsvereins, immer mehr in seinen Vorträgen wie
in seinen Schriften die reichen Schätze unseres Museums zur Erläuterung
und Illustration der Frankfurter Geschichte heranzuziehen ; den Arbeitern
auf dem Gebiete der Stadtgeschichte bieten die von Herrn Konservator
Cornill im Erdgeschoss des Arc.hivgebäudes und im Leinwandhause so
übersichtlich aufgestellten Gegenstände die nothwendige Ergänzung zu
den Akten und Urkunden der Stadt, welche der obere Stock des Archiv-
gebäudes birgt. Darum wünschen wir unserem Historischen Museum
auch an dieser Stelle von Herzen ferneres Wachsthum und Gedeihen.
Der Sommer brachte uns wiederum drei Ausflüge, für deren
gelungene Veranstaltung uns die Herren von der Exkursions-Kommission
zu Dank verpflichtet haben. Der erste führte uns auf den Altkönig und
über die Althöfer Ringwälle nach Oberursel, wo ein frohes Mahl die
zahlreichen Theilnehmer bis zum Abend vereinte. Die Erklärung der
Ringwälle auf dem Altkönig und an der Goldgrube hatte Herr Architekt
Thomas gütigst übernommen; über eine praktische Folge dieser Be-
sichtigung ist bereits oben berichtet worden. Der zweite Ausflug galt
dem alten Reichsstädtchen Gelnhausen; hier hatten wir uns der sach-
kundigen Fuhrung unseres dort ansässigen Mitgliedes, des Herrn Konsul
Becker, zu erfreuen, dessen Anregung und Thatkraft die Aufdeckung
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und Erneuerung der dortigen denkwürdigen Bauten, des Romanischen
Hauses, des Kaiserpalastes und der Marienkirche vorzugsweise zu ver-
danken sind; von einer Einladung des Herrn Konsuls Becker zur Be-
sichtigung seiner prächtigen Villa und deren herrlichen Gartens machten
wir zum Schlüsse des wohlgelungenen Tages gerne Gebrauch. Der dritte
Ausflug nahm nur einen Nachmittag in Anspruch: sein Ziel war das
Dörfchen Hochstadt mit seiner interessanten Ortsbefestigung und das
benachbarte Wilhelmsbad. Leider war die Theilnahme an dieser Fahrt
nur eine geringe, was freilich das Vergnügen der Ausflügler nicht
beeinträchtigte.
Die Generalversammlung der deutschen Geschichts-
und Alterthumsvereine, welche im Jahr 1892 der Choleragefahr
wegen ausfallen musste, fand Ende September in Stuttgart statt und war
mit dem 50jährigen Jubilaeum des einladenden Württembergischen Alter-
thumsvereines verbunden. Ueber ihren Verlauf und ihre Arbeiten hat
Ihnen unser Vertreter, Herr Stadtarchivar Dr. Jung, in einer Vereins-
sitzung eingehenden Bericht erstattet ; Fragen, welche unseren Verein
näher angingen, kamen auch diesmal nicht zur Erörterung, so dass wir Sie
lediglich auf die im Korrespondenzblatte des Gesammtvereins zum Ab-
druck gelangten Protokolle der Hauptversammlungen wie der Sektions-
sitzungen verweisen dürfen.
Unsere Bibliothek, die sich in den letzten Jahren nur wenig
vermehrt hat, da wir den grössten Theil unserer Austauschschriften ver-
tragsgemäss der Stadtbibliothek überlassen, steht zu Ihrer Benutzung im
Archivgebäude in den Dienststunden des Stadtarchivs I bereit.
Zu den Geschichtsvereinen, mit welchen wir in Schriften aus
tausch stehen, traten im abgelaufenen Jahre hinzu:
Rostock, Verein für Rostocks Alterthümer,
Frauenfeld, Historischer Verein des Kantons Thurgau.
Die von diesen Vereinen uns zugesendeten Schriften gehen ver-
tragsgemäss in das Eigenthum der Stadtbibliothek über.
Unser Schriftenlager, welches sich ebenso wie unsere Bibliothek
im Archivgebäude befindet, ladet Sie ein, etwaige Lücken in Ihren
Vereinsveröffentlichungen zu dem ermässigten Mitgliederpreise (50%
des Ladenpreises) zu ergänzen; diesbezügliche Wunsche nimmt der Vor-
sitzende gerne entgegen. Vielfachen Anfragen gegenüber theilen wir
hier mit, dass die nachfolgenden Schriften unseres Vereins vergriffen und
nur noch im Antiquariat zu erhalten sind:
Archiv für Frankfurts Geschichte und Kunst, Hefte 1 und 2 ;
Dasselbe, Neue Folge, Band 1, 2 und 4 ;
Mittheilungen des Vereins, Bände 1—4;
Neujahrsblatt 1863 (Becker, drei Römische Votivhände aus
den Rheinlanden);
Inventare des Frankfurter Stadtarchivs, Band 1.
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Der Vorstand mag diesen Bericht nicht schliessen, ohne Sie daran
zu erinnern, dass mit der letzten Jahreswende das elfte Jahrhundert
vaterstädtischer Geschichte sich vollendet hat. Mit dem Gefühle der
Befriedigung darf unser Verein bei diesem Wendepunkte auf die Arbeiten
in Wort und Schrift zurückblicken, in denen er sein Schärflein beigetragen
hat, Frankfurts ruhmvolle Vergangenheit zu erhellen, ihre Kenntniss und
damit die Liebe zur Vaterstadt unter der Bürgerschaft zu verbreiten.
Der bisherige Erfolg und seine Anerkennung sei uns ein Sporn, auch
im zwölften Jahrhundert der Stadtgeschichte in gleichem Sinne zu wirken.
Möge zunächst das Jahr 1894 uns eine reichgesegnete Thätigkeit bringen!
b
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Rechnungs-Abschluss für das Jahr 1893.
b-
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Einnahme.
; """
1893. | An Cassa-Conto
1. Jan. Haarbestand
An Mitglieder beitrag-Conto
31. Dez. Jahresbeiträge der Mitglieder des Vereins
An Subventions-Conto
Subvention der städtischen Behörden behufs
Drucklegung der Archivinventare
An Bibliothek-Conto
Erlös für versteigerte Dubletten etc. . . .
An Effekten-Conto
Zinsen der österreichischen Loose ....
n »
Pf.
1
I
M P
917 5
2643
100m
20 !
4699 j
Frankfurt a. N
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i «93.
I I >cz.
-
-
Pr. Verlaga-Conto
Aug. Osterrieth, hier, Satz und Druck der
Inventare des Frankf. Stadtarchivs, Band III
Derselbe, Satz und Druck des Archivs für
Frankfurts Geschichte und Kunst, III. Folge,
Band IV, a Conto
Kühl & Co., hier, vier Lichtdrucke zu den
Mittheilungen über Römische Funde in
Heddernheim I
Fr. Linz in Trier, für das Korrespondenzblatt
der Westdeutschen Zeitschrift
K. Th. Völckers Verlag, Ankauf von Vereins-
schriften
Honorare für Aufsätze im Archiv für Frankfurts
Geschichte und Kunst, III. Folge, Band IV
Pr. Bibliothek-Conto
Ankauf von Büchern und Zeitschriften . .
Buchbinder-Arbeiten
Pr. Unkosten-Conto
Lokalmiethe
Intelligenz-Comptoir für Inserate 1891/92
Reisekosten zur General -Versammlung des
Gesammtvereins der deutschen Geschichts-
und Alterthumsvereine in Stuttgart . . .
Einkassieren der Mitgliederbciträge . . .
Druckarbeiten
Gratifikationen bei den Ausflügen des Vereins
Vergütung für schriftliche Arbeiten . .
Porti, Schreib- und Packmaterial, Vergütung
für Dienstleistungen und sonstige kleine
Ausgaben
Vereinsdiener
Pr. Cassa-Conto
Baarbestand
en 31. Dezember 1893.
M.
Pf.
1462
54
800
l
340
_
205
38
15
50
716
90
70
47
15
150
—
109
08
100
60
60
65
40
8
43
85
136
50
M.
PI.
3539
42
137 ' 85
723
298
38
79
4699
44
G. Reutlinger,
d. Z. Kassen führ er.
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Das Vermögen des Vereins bestand am 31. Dezember 1893 in:
Casaa-Conto ....
. . . Mk.
298.79
Sparkaase-Conto . .
„
1 202.39
Effekten-Conto . . .
651.68
Bibliothek -Conto . .
n
1 996.23
Verlags-Conto . . .
n
10,600.—
InvenUr-Conto . . .
1
1 171.37
Mk.
16,720.46
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III. Bericht über die Thätigkeit des Vereins im Jahre 189 \.
Erstattet in der Generalversammlung am 24. Januar 1895.
Der Vorstand beehrt sich, Ihnen heute Uber das abgelaufene Jahr
Bericht zu erstatten ; wir dürfen ihm nachrühmen, dass es für uns reich
an Arbeiten und auch reich an Erfolgen gewesen ist.
Dem Vor stände gehörten im Jahre 1894 die folgenden Herren an:
Konservator Otto Cornill,
Maler Otto Donner-von Richter,
Stadtarchivar Dr. Rudolf Jung,
Oberstabsarzt a. D. Dr. Karl Theodor Küthe,
Kaufmann Wilhelm Mappes,
Senator Dr. Emil von Oven,
Kaufmann Emil Padjera,
Steuerkasse -Vorsteher Gustav Reutlinger,
Professor Dr. Alexander Riese,
Professor Dr. Georg IVolff.
Vorsitzender war Herr Stadtarchivar Dr. Jung, Stellvertreter des-
selben Herr Professor IVolff; das Amt des Schriftführers bekleidete Herr
Mappes. das des Kassiers Herr Reutlinger. Die in unseren Satzungen
vorgesehenen Kommissionen bestanden aus folgenden Mitgliedern : die
Redaktions-Kommission aus den Herren Jung, Donner und Riese; die
Lokal-Kommission aus den Herren Reutlinger, Padjera und v. Nathusius ;
die Exkursions- Kommission aus den Herren Küthe, v. Nathusius und
Kober ; die Bibliotheks-Kommission aus den Herren Jung, Heuer und
Pallmann. Die an den ersten Stellen genannten Vorstandsmitglieder
führten satzungsgemäss den Vorsitz in den einzelnen Ausschüssen. Die
laufenden Geschäfte des Vereins, die Verwaltung der Bibliothek und die
Redaktion der im Korrespondenzblatte der Westdeutschen Zeitschrift zur
Veröffentlichung gelangten Berichte über unsere Sitzungen besorgte wie
bisher Herr Dr. Jung.
Aus dem Vorstande des Vereins scheiden jetzt nach Ablauf ihrer
zweijährigen Amtsperiode die Herren Jung, Küthe, von Oven, Padjera
und IVolff aus. Der Ihnen vorliegende Stimmzettel zur Vorstandswahl
enthält wie üblich die Namen von 10 Mitgliedern, darunter auch die
von 4 ausscheidenden Herren, welche sich bereit erklärt haben, eine
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etwaige Wiederwahl anzunehmen. Das fünfte diesmal ausscheidende
Mitglied des Vorstandes, Herr Oberstabsarzt Dr. Küthe, hat zu unserem
und gewiss auch Ihrem lebhaften Bedauern eine Wiederwahl abgelehnt.
Wir dürfen uns mit der einfachen Erwähnung dieser Thatsache nicht
begnügen; Herr Dr. Küthe hat sich durch sein langjähriges Wirken im
Vorstande, mehrere Jahre auch als zweiter Vorsitzender, durch seine Vor-
träge, durch seine opferwillige Thätigkeit bei zahlreichen Ausgrabungen
in der Umgegend und als Leiter unserer Ausflüge auf das Beste um
unseren Verein verdient gemacht, wofür ihm hier unser verbindlichster
Dank ausgesprochen werden soll. Es ist Ihnen bekannt, dass der Vor-
schlag des Vorstandes lediglich der Erleichterung des Wahlgeschäftes
dient und für Sie ganz unverbindlich ist ; nach den Satzungen haben Sie
das Recht, jedes männliche Vereins-Mitglied in den Vorstand zu wählen :
doch sei daran erinnert, dass alle Stimmzettel, auf welchen mehr als fünf
Namen stehen, ungültig sind.
Der RevisionunsererKassenführung haben sich wiederum
gemäss Wahl der vorjährigen Generalversammlung die Herren Ferdinand
Eyssen und Wilhelm Weismann unterzogen. Herr Weismann hat zu
unserem Bedauern wegen beständiger Abnahme seiner Sehkraft die
Wiederwahl als Revisor abgelehnt ; wir verfehlen nicht, ihm hier für
seine langjährige Mühewaltung bei Revision unserer Kassenführung den
herzlichsten Dank auszusprechen. Der Vorschlag, Herrn Eyssen um
die Uebernahme auch der Revision des laufenden Jahres zu bitten, wird
gewiss keinem Widerspruch Ihrerseits begegnen, ebensowenig wie der
Vorschlag, ihm Herrn Joseph Dibelka beizugesellen und die Herren
Kaufmann Johann Philipp Pauly und Buchhändler Karl Schuchhard zu
Ersatzrevisoren zu ernennen, welche im Falle der Verhinderung eines
oder der beiden Revisoren nach alphabetischer Folge an die Stelle der
betreffenden Herren treten sollen.
Es gereicht uns nach den Klagen der letzten Jahresberichte über
das langsame, aber stetige Sinken der Zahl unserer Mi tgl i eder zu ganz
besonderer Genugthuung, dass wir das neue Jahr mit einem grösseren
Mitgliederbestand betreten als das abgelaufene. 15 Austrittserklärungen
und 8 Verlusten durch den Tod stehen diesesraal 37 Beitrittserklärungen
entgegen, so dass wir jetzt wieder 401 Mitglieder zählen. Wir hoffen,
dass die neuen Genossen, von denen sehr viele zu unserer lebhaften
Freude regelmässige Besucher der Vereinsabende geworden sind, in
unserem Kreise das gefunden haben, was sie suchten: Belehrung über
die Vergangenheit Frankfurts in objektiven, rein wissenschaftlichen Dar-
Stellungen ; wir wünschen, dass neue wie alte Mitglieder in ihren Kreisen
für unsere Arbeiten wirken und uns gleichgesinnte Freunde der vater-
städtischen Geschichte zufuhren mögen.
Von den Mitgliedern, welche uns durch den Tod entrissen wurden,
gedenken wir zunächst des am 13. Februar 1894 verstorbenen Professors
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Oskar Sommer, dessen künstlerisches Wirken als Lehrmeister der Archi-
tektur am Staedel'schen Institute und dessen hervorragende Schöpfungen
auf dem Gebiete der Baukunst uns in noch frischer Erinnerung stehen
oder aus täglichem Anblicke vertraut sind. Ueber die bauliche Ent-
wicklung unserer Stadt hat er eine kleine, treffliche Schrift geschrieben
und noch in der letzten Zeit seines Lebens die Herausgabe eines illu-
strierten Werkes über die hiesigen Baudenkmäler angeregt, welche nach
seinem Plane unser Verein in Verbindung mit dem Architekten- und
Ingenieur- Verein in die Hand genommen hat und worüber wir nachher
näher berichten werden. In Sommers Fachgenossen Otto Lindheimer
beklagen wir ein Mitglied, welchem die Frankfurter Kunst- und besonders
Baugeschichte, zumal in dem schönen Werke »Frankfurt a. M. und seine
Bauten« werthvolle Beiträge verdankt, und erinnern uns dankbar so
mancher Abende, an welchen er uns seine wohlgelungenen Zeichnungen
von hiesigen Architekturbildern, von interessanten Städteansichten vor-
legte und verständnissvoll erläuterte. In dem Kreise unserer korrespon-
dierenden Mitglieder vermissen wir wieder zwei Männer, deren Wirken
in Frankfurt in frühere Zeiten fällt und nur einen Theil ihrer in weiteren
Künstler- und Gelehrtenkreisen allgemein bekannten Thätigkeit bildet:
den am 13. Februar in Nürnberg verstorbenen Oberbaurath Franz Joseph
Ritter v. Densinger und den Konservator Oberst z. 13. August v. Cohausen,
der hochbetagt am 2. Dezember in Wiesbaden starb. Denzinger war
während seiner zehnjährigen Wirksamkeit in Frankfurt, wo er Dom und
Pfarrthurm nach dem Brande vom 15. August 1867 wiederherstellte
und ausbaute, wo er das Archivgebäude und die neue Dreikönigskirche
schuf, ein eifriges und thätiges Mitglied unseres Vereins; er wurde 1880,
als er unsere Stadt verliess, zum korrespondierenden Mitgliede ernannt.
Der Meister, der unseren Pfarrthurm so kunstreich und pietätvoll voll-
endete, wird in Frankfurt niemals vergessen werden, so lange ihn sein
Werk Uberlebt! Oberst v. Cohausen gehörte nicht nur seinem Lebens-
alter nach zu unseren ältesten Mitgliedern; schon 1859 trat er in unseren
Verein ein und zeigte sich bald in Wort und Schrift als thätiger Arbeiter
auf dem Gebiete unserer Vereinsbestrebungen ; die älteren Herren werden
sich wohl noch seiner zahlreichen Vorträge erinnern ; im vierten Bande
der neuen Folge unserer Vereinszeitschrift hat er werthvolle Beiträge zur
Geschichte der Befestigungen unserer Stadt im Mittelalter veröffentlicht.
In den Jahren 1865— 1867 gehörte er dem Vorstande an und wurde,
als er aus Frankfurt wegzog, Anfang 1868 zum korrespondierenden Mit-
gliede ernannt. Seitdem hat er nur noch selten persönlichen Antheil
an unseren Arbeiten genommen, zumal seit er sein reiches Wissen und
seine rührige Arbeitskraft als Konservator in den Dienst der Erhaltung
der Kunstdenkmäler des Regierungsbezirkes Wiesbaden und des dortigen
Landes -Museums stellte, aber er hat unsere Arbeiten mit Interesse
begleitet und gefördert, soweit dies die ihn jetzt näher berührenden
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Zwecke seiner Anstalt und des Nassauischen Alterthumsvereins gestatteten.
Sein reiches Wirken als Konservator und als gelehrter Erforscher der
prähistorischen und römischen Vergangenheit unserer Gegend sichert
ihm auch ausserhalb des Kreises der Fachgenossen ein wohlverdientes
Andenken. 1 Das Gedächtniss der genannten wie der nichtgenannten
Mitglieder, welche der Tod aus unseren Reihen nahm, lassen Sie uns
durch Erheben von den Sitzen ehren !
Nach so schmerzlichen Verlusten dürfen wir auch einer erhebenden
Feier gedenken, die wir einem greisen, aber noch jugendfrisch unter uns
wirkenden Mitgliede bereiten konnten. Am i. Februar des vorigen
Jahres beschloss unser verehrtes Vorstandsmitglied, Herr Konservator
Otto Cornill, sein 70. Lebensjahr. Wir brauchen Ihnen hier nicht die
Verdienste aufzuzählen, die sich Herr Cornill in einem langen und
arbeitsreichen Leben um unsere Stadt, um deren Alterthümer und Ge-
schichtsforschung und nicht zum letzten um unseren Verein erworben
hat. Sie werden dem Vorstande zustimmen, wenn dieser sich nicht
damit begnügte, den Jubilar durch eine Abordnung in seiner Wohnung
zu begrüssen, wenn er dem verehrten Geburtstagskinde bei der Beglück-
wünschung noch ein besonderes Angebinde Uberreichte: das erste
Exemplar des durch Vorstandsbeschluss ihm gewidmeten ersten Heftes
der neuesten Veröffentlichung des Vereins, der »Mittheilungen über
Kömische Funde in Heddernheim«. Herr Cornill hat dieses bescheidene
Zeichen unserer Anerkennung und Dankbarkeit mit freundlichen Worten
aufgenommen und uns versprochen, auch fernerhin dem Vereine und
dessen Bestrebungen seine besten Kräfte zu widmen: wir wünschen ihm,
hier die Schlussworte der Vorrede zu jener Schrift wiederholend, an
deren Zustandekommen und Erscheinen der Jubilar in hervorragendem
Maasse betheiligt war, »dass wir ihm noch recht viele Veröffentlichungen
unseres Vereins darbringen dürfen, deren Voraussetzung seine Arbeit,
deren Erfolg sein Verdienst ist!«
Von Veröffentlichungen des Vereins erhielten unsere Mit-
glieder im abgelaufenen Jahre das Korrespondenzblatt der Westdeutschen
Zeitschrift 1893 nebst dem Limesblatt, sowie das erste Heft der eben
erwähnten »Mittheilungen Uber Römische Funde in Heddernheim«. Die
Fortsetzungen derselben werden, wie dies die Vorrede zum ersten Heft
verspricht, in zwangloser Folge erscheinen, so oft der nöthige StofT vor-
handen ist und die Finanzen des Vereins nicht anderweitig belastet
sind. Für 1895 geben wir aus: den Jahrgang 1894 des Korrespondenz -
blattes mit dessen Beilage, dem Limesblatte, ferner den vierten Band
der von uns mit städtischer Unterstützung veröffentlichten »Inventare
1 Uebcr v. Cohausens Leben und Tlütigkeit vgl. die Nekrologe im Korres-
pondenzblatte des Gesamnit Vereins 1895 No. 1 und in den Annalen des Verein» für
Nassauische Alterthumskunde und Geschichtsforschung Bd. XXVII, S. 1 lf.
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des Frankfurter Stadtarchivs« und eine für uns im Separatabdruck aus
der Westdeutschen Zeitschrift hergestellte Schrift von Professor G. Wolff
und F. Cumont »Das dritte Mithraeum von Heddernheim und seine
Skulpturena. Sie werden diese drei Schriften bei der demnächst erfolgenden
Erhebung der Mitgliederbeiträge erhalten. Die Ausgabe eines weiteren
Archivbandes kann erst für das folgende Jahr in Aussicht gestellt werden ;
der Druck desselben wird in allernächster Zeit beginnen. Das Unter-
nehmen der Inventare des Stadtarchivs nähert sich seinem vorläufigen
Ende. Der vierte Band schliesst die Verzeichnung der Archivalien über
die auswärtige Politik der Stadt im Mittelalter ab und enthält das Re-
gister Uber die bisher erschienenen Bände; die Ausdehnung der Veröffent-
lichung auf die Akten Uber die mittelalterliche Verfassung und Verwaltung
muss einem späteren Zeitpunkte vorbehalten werden. Ein ebenfalls im
nächsten Jahre auszugebendes Ergänzungsheft zu den Inventaren wird
eine Uebersicht Uber die gesammten Bestände des historischen Archivs
bringen und damit eine Verpflichtung einlösen, an welche vor nunmehr
zehn Jahren die städtischen Behörden die finanzielle Unterstützung dieser
wissenschaftlich sehr wichtigen Veröffentlichung gebunden haben.
Wir hielten im letzten Jahre 13 wissenschaftliche Sitzungen
ab. In 7 derselben wurden wie üblich einzelne, unter sich nicht zu-
sammenhängende Vorträge gehalten, die anderen 6 gehörten dem gleich
zu erwähnenden Vortrags-Cyclus Uber die gesammte Geschichte unserer
Stadt an. Jene 7 Vorträge behandelten:
1) Elf Jahrhunderte Frankfurter Geschichte. (Dr. R. Jung.)
2) Verschwundene Strassen- und Häusernamen in Frankfurt. (Dr.
H. v. Nathusius.)
3) Die Geschichte der alten Mainbrücke. (Dr. E. v. Oven.)
4) Die Geschichte der alten St. Peterskirche. (Pfr. F. W. Battenberg.)
5) Die Frankfurter Malerzunft im 17. u. 18. Jahrh. (Dr. H. Palimann.)
6) Das dritte Mithraeum in Heddernheim. (Dr. K. TA. Küthe und
Prof. Dr. G. Wolff.) •
7) Geschichte des Burgenbaues in Deutschland. (£. Padjera.)
Von diesen Vorträgen ist der erste im Feuilleton der Frankfurter
Zeitung vom 24. Januar 1894 abgedruckt worden; das Heddernheimer
Mithraeum hat Herr Prof. Wolff gemeinsam mit Prof. Cumont in der
oben erwähnten Arbeit aus der Westdeutschen Zeitschrift eingehend
geschildert; die Geschichte der alten Peterskirche wird demnächst von
Herrn Pfarrer Battenberg in einer besonderen Schrift dargestellt werden.
Der Cyclus von Vorträgen über die Geschichte der
Stadt Frankfurt a. M., dessen erste Hälfte noch in das Berichtsjahr
fällt, entsprang der Absicht, gerade jetzt, da sich das elfte Jahrhundert
der uns urkundlich bekannten Stadtgeschichte vollendet hat, unseren
Mitgliedern einen Ueberblick über dieselbe zu geben, welche dem der-
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zeitigen Stande der Forschung entspricht; jeder einzelne Vortrag soll
als selbständiges Ganzes einen bestimmten, in sich geschlossenen Ab-
schnitt der städtischen Geschichte behandeln und von einem Redner
gehalten werden, zu dessen besonderem Forschungsgebiete das betreffende
Thema gehört. Die bisher in den Monaten Oktober, November und
Dezember gehaltenen Vorträge dieses Cyclus behandelten folgende
Gegenstände :
1) Die geographischen Verhältnisse der Umgegend von Frankfurt.
(Dr. H. v. Nathusius.)
2) Die Umgebung Frankfurts in prähistorischer und römischer Zeit.
(Dr. K. Th. Küthe.)
3) Das Maingebiet von der Römerherrschaft bis zur Karolingerzeit.
(Prof. Dr. G. Wolff.)
4) Entwicklung der Verfassung und Verwaltung. (Dr. H.v. Nathusius.)
5) Politische Geschichte der Stadt im späteren Mittelalter 1254— 15 19.
(Dr. O. Heuer.)
6) Innere Verhältnisse der Stadt im späteren Mittelalter. (Dr. R.Jung.)
Die zahlreichen Anmeldungen zur Mitgliedschaft, welche auf die
öffentliche Ankündigung dieses Vortrags -Cyclus eingelaufen sind und
immer noch einlaufen, vor allem aber die höchst erfreuliche Steigerung
des Besuches unserer Vereinssitzungen hat gezeigt, dass wir mit unserem
Cyclus dem Wunsche weiterer Kreise entgegengekommen sind. Eine
von mehreren Seiten angeregte Drucklegung der einzelnen, sämmtlich
mit lebhaftem Heifall aufgenommenen Vorträge wird eben so wenig
beabsichtigt, wie eine baldige Wiederholung dieses Cyclus: es durfte
völlig genügen, wenn nur etwa alle zehn Jahre in einer solchen Vor-
tragsreihe die Ergebnisse der neuesten Forschungen über die Geschichte
unserer Stadt den Mitgliedern geboten werden.
Den Herren Vortragenden an den Cyclus- und anderen Abenden
werde auch in diesem Berichte der verbindlichste Dank des Vereines
für ihre freundliche Mühewaltung ausgesprochen.
Durch die Verlegung des Tages und die Veränderung des Lokales
für unsere Sitzungen seit Oktober ist ihr Besuch ganz gewiss nicht
beeinträchtigt worden. Wir hatten bisher an den Montagen öfter unter
der konkurrierenden Anziehungskraft grosser Konzerte und mehrfacher
Sitzungen von anderen Vereinen zu leiden ; wir haben dafür den Donners-
tag gewählt, der hier im Winter weniger belastet ist. Unser neuer
Raum ist der der Künstlergesellschaft und des Architektenvereins, seine
sinnig-humoristische Ausschmückung muthet uns heimisch an ; der Geist,
mit dem wir ihn füllen, bleibt der alte.
Aus den beiden letzten Jahresberichten wird Ihnen noch erinner-
lich sein, dass wir uns an die königlichen Regierungen in Kassel und
Wiesbaden gewandt haben, um eine Vollmacht zu wissenschaftlichen
Ausgrabungen in der Umgebung Frankfurts auf fiskalischem, kom-
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munalem und Stiftungs-Terrain zu erhalten, Sie werden sich weiter er-
innern, dass wir die nachgesuchte Vollmacht von Kassel erhielten, von
Wiesbaden aber nur soweit, dass gerade die ftlr unsere Zwecke wichtig-
sten Ortschaften Heddernheim, Eschborn, Sossenheim, Nied, Höchst und
Schwanheim den Ausgrabungen des Nassauischen Alterthumsvereins vor-
behalten wurden. Der im vorjährigen Berichte in Aussicht gestellte Ver-
such, diese Verfügung rückgängig zu machen, ist uns nicht gelungen,
der Minister für Kultus, Unterricht und Medizinal -Angelegenheiten hat
die Verfügung der Wiesbadener Regierung lediglich bestätigt. Es ist
dieser Bescheid für uns um so empfindlicher, als wir dadurch an Aus-
grabungen in der Heddernheimer Römerstadt, soweit staatlicher, gemeind-
licher und stiftlicher Grund und Boden in Betracht kommen, gehindert
werden und als die dortigen Ausgrabungen für unsere Heddernheimer
Mittheilungen reichen Stoff liefern sollten.
W ir erwähnen ferner, dass wir einem Gesuche des Herrn Professor
Dr. v. Thudichum in Tübingen und einer diesbezüglichen Anregung des
Gesammtvereins der deutschen Geschichtsvereine entsprechend zur Her-
stellung der Sektion Frankfurt a. M. der h islo r i sch- st at ist i sch en
Grundkarten einen Beitrag von M. 270 aus Vereinsmitteln gewährt
haben. Diese Grundkarten geben mit den einfachsten kartographischen
Mitteln und unter Weglassung aller überflüssigen Details den heutigen
Zustand des Landes nur mit Angabe der Gemarkungsgrenzen, die ja
heute im Wesentlichen noch dieselben sind, wie im Mittelalter; diese
Grundkarten lassen sich nun zu allen möglichen Eintragungen wissen-
schaftlicher Forschungsergebnisse benutzen, z. B. zur Angabe römischer
Strassennetze oder der politischen Vertheilung des Sektionsgebietes in
den verschiedenen Zeiten. Von diesen Grundkarten, welche mit der
Zeit Uber das gesammte Reich ausgedehnt werden sollen, liegen für
unsere Gegenden die Sektionen Giessen, Grünberg, Friedberg, Büdingen,
Frankfurt, Hanau, Darmstadt und Aschaffenburg fertig vor ; der Vorstand
ist bereit, den einzelnen Mitgliedern den Bezug dieser Karten zu ver-
mitteln.
Im vorigen Jahre ist endlich auch ein Unternehmen ins Leben
getreten, welches schon längst von verschiedenen Seiten, Architekten,
Kunstfreunden und Lokalhistorikern als dringendes Bedürfniss für eine
Stadt wie Frankfurt anerkannt worden ist : die Inventarisation, d. h. die
geschichtliche und architektonische, durch künstlerische Abbildungen
geschmückte Beschreibung der hervorragenden Bauten
unserer Stadt bis etwa zum Jahre 1840. Eine grössere Anzahl von
Staatsregierungen , Provinzialverbänden , gelehrten Gesellschaften und
Vereinen, an deren Spitze der Gcsammtverein der deutschen Geschichts-
vereine, haben in den beiden letzten Jahrzehnten die Inventarisation
und Verzeichnung der Bau- und Kunstdenkmäler in ihren Gebieten in
Angriff genommen und in zum Theil trefflichen Veröffentlichungen be-
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kannt gegeben; für die Frankfurter Denkmäler fehlt noch eine nach
allen Seiten genügende und der geschichtlichen Bedeutung der Stadt
und ihrer Baudenkmäler angemessene Veröffentlichung; grundlegende
Materialien für eine solche liegen in Battonns Oertlicher Beschreibung
und in Reiffensteins Sammlung vor, treffliche Vorarbeiten sind in den
zahlreichen Schriften und Schriftchen Uber einzelne Bauwerke, in dem
Buche von Lötz und Schneider über die Baudenkmäler im Regierungs-
bezirk Wiesbaden und dem trefflichen, aber Uberwiegend die jüngste
Zeit berücksichtigenden Werke des Architektenvereins »Frankfurt a. M.
und seine Bauten« vorhanden. Die Herausgabe eines Werkes Uber unsere
Baudenkmäler, welches in einem allgemeinen Theil die Baugeschichte
der Stadt, in einem besonderen die Bauten für Kultus, Vertheidigung,
öffentliche und private Zwecke, Brunnen und Denkmäler behandeln soll,
hat der verstorbene Professor Sommer angeregt und noch in den letzten
Zeiten seines Lebens hat er mit den Bearbeitern des Werkes, Stadt-
archivar Dr. Jung und Stadtbauinspektor IVolff, Uber den Plan der Ver-
öffentlichung und die Beschaffung der Geldmittel häufig berathen. Unser
Vorstand und der des Architektenvereins nahmen dann die Sache in die
Hand, betrauten einen Ausschuss mit der Ausführung und wandten sich an
die städtischen Behörden und die Administration des Dr./. Fr. Bö/imer'schen
Nachlasses mit der Bitte, das Zustandekommen des Werkes durch eine
finanzielle BeihUlfe zu sichern. Der Magistrat sowohl wie die Admini-
stration bewilligten in dankenswerther Bereitwilligkeit je 5000 Mark zu
den recht beträchtlichen Kosten des Werkes. Das erste Heft, welches
die ältesten Kirchenbauten behandelt, soll gegen Weihnachten 1895
erscheinen; die drei anderen sollen in einjährigen Zwischenräumen
folgen. Wir hoffen, dass das Unternehmen beiden Vereinen Ehre
machen wird.
Auf der vorjährigen Generalversammlung der deutschen
Geschichts- und Alterthumsvereine, welche Anfang September
in Eisenach stattfand, wurden wir durch unser Ehrenmitglied, Herrn
Archivrath Dr. Grotefend, vertreten. Von Verhandlungen und Beschlüssen,
welche unseren • Verein näher angingen, ist nicht zu berichten ; die
Protokolle der Versammlung und der Sektionen sind wie üblich im
Korrespondenzblatte des Gesammtvereins zur Veröffentlichung gelangt.
Leider sind wir auch nicht in der Lage, Ihnen Uber stattgehabte
Ausflüge des Vereins im vorigen Sommer Bericht zu erstatten.
Mangel an Betheiligung und sonstige widrige Umstände Hessen keinen
einzigen zu Stande kommen. Zu einer Fahrt nach Kreuznach hatten
sich so wenige Theilnehmer am Bahnhofe eingefunden, dass diesem Aus-
fluge in letzter Minute der Charakter als Vereinsausflug entzogen werden
musste; die theilnehmenden Damen und Herren haben incognito in
Kreuznach und auf der Ebernburg einen darum nicht minder genuss-
reichen Tag verlebt.
- XXV —
Von unseren Beziehungen zu gleich strebenden Ver-
einen haben wir in diesem Berichte nur des 50jährigen Jubilaeums des
benachbarten Hanauer Geschichtsvereins zu gedenken. Herr Professor
Dr. Wolff, welcher selbst mehrere Jahre lang Vorsitzender des Hanauer
Vereins gewesen war, hatte die Gute, demselben unsere Glückwünsche
mündlich darzubringen.
Unsere Bibliothek hat sich auch im abgelaufenen Jahre nur
wenig vermehrt, sie steht, wie Sie wissen, im Stadtarchiv I zu Ihrer
Verfügung ; wir wünschen nur, dass unsere Mitglieder einen recht häufigen
Gebrauch von ihrem Benutzungsrechte machen mögen.
Einer Anregung des Gesammtvereins der deutschen Geschichts-
vereine folgend, haben wir zur Vervollständigung der Nachschlage-
Bibliothek im Vatikanischen Archive in Rom, welches bekannt-
lich seit etwa einem Jahrzehnt der historischen Forschung aller Länder
und aller Bekenntnisse mit nicht genug zu rühmender Liberalität offen
steht, unsere sämmtlichen Vereinsschriften, sowie mehrere Dubletten
unserer Vereinsbibliothek an Frankfurter Geschichtswerken beigesteuert.
Die Böhmer'sche Nac hlass-Administration und mehrere Private haben
unserer Sendung eine Anzahl werthvoller Werke zur Geschichte unserer
Stadt beigefügt, so dass eine kleine, aber gewählte Bibliotheca Franco-
furtana nach Rom abgehen konnte, in welcher die wichtigsten Werke
der Frankfurter geschichtlichen Litteratur vertreten sind.
Unser Schriftenaustausch hat sich durch den Hinzutritt der
folgenden Vereine vermehrt :
Göttingen, Kgl. Gesellschaft der Wissenschaften, philosophisch -
historische Klasse.
Görlitz, Gesellschaft für Anthropologie und Urgeschichte der
Oberlausitz.
Die von diesen Gesellschaften uns Ubersendeten Schriften erhält
von uns vertragsmässig die Stadtbibliothek.
Im abgelaufenen Jahre hat unser Schriftführer, Herr Mappes, die
Aufnahme des Besitzes unseres Vereins an Mobilien, Kunst-
gegenständen und Vereinsschriften vollendet, welche schon lange ein
dringendes Bedürfniss war. Diese Aufnahme hat ergeben, dass unsere
Konten Inventar und Verlag einer bedeutenden Herabsetzung bedürfen ;
beide wurden durch Vorstandsbeschluss auf Grund sachverständiger Ab-
schätzungen ihrem wahren Werthe entsprechend angemessen reduziert.
Diese Feststellung unseres Besitzes hat sich auch auf die Kunst -
und A 1 te r t h umsgegenst än de erstreckt, welche durch Beschluss der
Generalversammlung vom 9. Januar 1877 unter Vorbehalt des Eigen-
thumsrechts dem städtischen Historischen Museum depositarisch Uber-
geben wurden. Seit der Gründung desselben hat die Zuwendung von
Geschenken an unseren Verein aufgehört; das Museum hat in der An-
nahme und Verwahrung von Kunst- und Alterthumsgegenständen die
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Nachfolge des Vereins angetreten, dem solche Gegenstände offenbar nur
desshalb früher zuflössen, weil es damals an einem öffentlichen Museum
fehlte. Es wird heute und in alle Zukunft Niemandem von uns einfallen,
diese Gegenstände von dem Museum, wo sie, trefflich verwaltet und ein-
geordnet, sich an der einzig richtigen Stelle befinden, wieder zurückzu-
fordern ; uns fehlt es an Raum zu ihrer Aufstellung, an Mitteln zu ihrer
Verwahrung, an Arbeitskräften zu ihrer sachgemässen Verwaltung, und
wenn auch diese Mängel nicht bestünden, so wäre es handgreifliche
Thorheit, sie dem Museum zu entziehen und damit ein winziges Kon-
kurrenz-Museum zu gründen. Der materielle Werth der Gegenstände
kann für uns nicht in Betracht kommen, sie sind uns geschenkt oder
von uns gekauft worden, um sie aufzubewahren und für die Interessenten
auszustellen; sie sind ein Kapital, das wir nicht veräussern dürfen und
das uns keine Zinsen trägt. Unter diesen Verhältnissen erscheint die
Beibehaltung des Eigenthumsrechtes fernerhin nur noch als eine Form
ohne Bedeutung. Andrerseits hat das Museum für Herstellung, Unter-
haltung und Unterbringung jener Gegenstände seit deren Uebergabe
nicht unwesentliche Mittel aufgewendet, die städtischen Behörden haben
die Bestrebungen des Vereins durch reiche finanzielle Zuschüsse mehr-
fach unterstützt und auch in anderer Weise gern gefördert, so dass die
Aufgabe des Eigenthumsrechtes an unseren Kunstgegenständen zu Gunsten
der Stadt auch als Akt der Erkenntlichkeit für erwiesene Förderung
gerechtfertigt werden kann.
In Anbetracht dieser Verhältnisse hat der Vorstand den Beschluss
gefasst :
unsere aus Kunst- und Alterthurasgegenständen sowie aus einzelnen
Archivalien bestehende Sammlung, welche 1877 dem Historischen
Museum bezw. dem Stadtarchive depositarisch Ubergeben wurde,
den beiden genannten Sammlungen nunmehr zu Eigenthum abzu-
geben, jedoch mit Ausnahme derjenigen wenigen Gegenstände,
welche der Verein seiner Zeit nur depositarisch erhalten hat.
Wie im Jahre 1877 die depositarische Abgabe unserer Sammlung
durch die Generalversammlung beschlossen wurde, so wird auch die
Abgabe derselben an die Stadt unter Verzicht des Eigenthumsrechtes
heute Ihrer Genehmigung unterbreitet.
Der Vorstand schliesst diesen Bericht über das Jahr 1894 mit dem
Wunsche, dass wir in Jahresfrist mit der gleichen Befriedigung auf das
Jahr 1895 zurückblicken dürfen.
Rechnungs-Abschluss für das Jahr 1894.
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Einrmhme.
An Cassa-Conto
Baarbestand .
1894.
1. Jan.
An Mitgliederbeitrag-Conto
31 Dez. Jahresbeiträge der Mitglieder des Vereins
An Subventions-Conto
Subvention der städtischen Behörden behufs
Drucklegung der Archivinventare
An Effekten-Conto
n Zinsen der österreichischen Loose . . . .
An Verlags-Conto
r ■ Verkauf von Vereinsschriften
M.
Pf.
XXIX -
M.
Pf.
180
~ i
201
80
56
50
o\j
40
50
37
85
270
i
_
33
100
48
78
12
75
59
55
2
60
25
308
72
50
1
1894.
1 Dez.
-
-
•-
Pr. Verlags-Conto
Aug. Osterrieth, hier, für Satz und Druck der
Inventare des Frankf. Stadtarchivs, Band IV
Fr. Linz in Trier, für Sonderabzüge aus der
Westdeutschen Zeitschrift über das dritte
Heddernheimer Mithraeum
Derselbe für das Korrespondenzblatt der West-
deutschen Zeitschrift
Kühl & Co., hier, für Lichtdrucke . . . .
Honorare für Bearbeitung der Archivinventare
und sonstiger Aufsätze
Pr. Bibliothek-Conto
Ankauf von Buchern und Zeitschriften . .
Buchbinderarbeiten
Pr. Unkosten-Conto
Druckzuschuss zu A. Bings Röckblicken
die Geschichte des Frankfurter Stadttheaters
Unterstützung behufs Drucklegung von
Thudichums Historisch-statistischen Grund-
karten, Sektionen Frankfurt und Darmstadt
Beitrag zum Gesammtverein, Korrespondenz -
blatt des Gesammtvereins und Protokolle
der Generalversammlung in Stuttgart . .
Lokalmiethe
Inserate
Druckarbeiten
Einkassieren der Mitgliederbeiträge
Neues Protokollbuch
Vergütung für schriftliche Arbeiten . . . .
Porti, Schreib- und Packmaterial, Vergütung
für Dienstleistungen und sonstige kleine
Ausgaben
Vereinsdiener
Pr. Cassa-Conto
Baarbestand
Dezember 1894.
M.
Pf.
G. Reutlingen
d. Z. Kassenführer.
2964. 40
i
78
35
1010
196
40
76
;! 4248 ' 91
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Das Vermögen des Vereins bestand am 31. Dezember 1894 in:
Cassa-Conto Mk. 196.76
Sparkasse-Conto „ 1275.33
Effekten-Conto „ 56168
Bibliothek-Conto „ 2000-
Verlage-Conto „ 1 800.—
Inventar-Conto „ 416.-
Mk. 6 238.77
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V. Bericht über die Thätigkcit des Vereins im Jahre 1895.
Erstattet in der Generalversammlung am 2j. Januar 1896
13er Vorstand beehrt sich, Ihnen im Folgenden den Üblichen
Bericht Uber unsere Vereinsthätigkeit zu erstatten, und darf wieder seiner
Gcnugthuung Ausdruck geben, dass auch das abgelaufene Jahr für uns
ein erfreuliches gewesen ist und dass wir das neue Jahr unter gunstigen
Auspizien betreten haben.
Den Vorstand bildeten nach den in der Generalversammlung
am 24. Januar 1895 vorgenommenen Ergänzungswahlen die Herren:
Konservator Otto Cornili,
Pfarrer Dr. Hermann Dechent,
Maler Otto Donner-v. Richter,
Stadtarchivar Dr. Rudolf Jung,
Kaufmann Wilhelm Afappes,
Senator Dr. Emil v. Olfen,
Kaufmann Emil Padjera,
Steuerkasse -Vorsteher a. D. Gustav Reutlinger,
Professor Dr. Alexander Riese,
Professor Dr. Georg Wolff.
Den Vorsitz führte Herr Dr. Jung und in dessen Stellvertretung
Herr Professor Dr. Wolff; das Amt des Schriftführers versah Herr Mappes,
das des KassenfUhrers Herr Reutlinger, Die nach den Satzungen dem
Vorstande zur Seite stehenden Ausschüsse waren folgendermassen zu-
sammengesetzt: die Redaktions-Kommission aus den Herren Jung, Donner
und Riese, die Lokal-Kommission aus den Herren Reutlinger, Padjera
und v. Nathusius, die Exkursions-Kommission aus den Herren Padjera,
Kobtr und v. Nathusius; die Bibliotheks-Kommission aus den Herren
Jung, Heuer und Pallmann. Die Geschäfte des Bibliothekars der in
den Amtsräumen des Historischen Archivs aufgestellten Vereinsbibliothek
versah Herr Dr. Jung, welcher auch die Veröffentlichung unserer Sitzungs-
berichte im Korrespondenzblatte der Westdeutschen Zeitschrift, sowie
die laufenden Geschäfte des Vereins besorgte.
Nach zweijähriger Amtsdauer haben jetzt satzungsgemäss die Herren
Cornili, Donner, Afappes, Reutlinger und Riese aus dem Vorstande aus-
zuscheiden. Herr Reutlinger, der seit 1 5 Jahren unsere Kasse geführt
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- XXXII -
hat, hat gebeten, von einer Wiederwahl abzusehen. Der Vorstand und
Sie alle mit ihm bedauern lebhaft diesen Entschluss; unser langjähriger
verdienter Rechnungsführer soll aber nicht aus seinem Amte scheiden,
ohne dass wir ihm auch an dieser Stelle unseren herzlichen Dank für
seine Verdienste um den Verein aussprechen ! Die anderen Herren haben
sich bereit erklärt, eine etwaige Wiederwahl anzunehmen. Wir haben
uns desshalb erlaubt, die Namen dieser Herren sowie die von 6 weiteren
Vereinsmitgliedern auf den Ihnen vorliegenden Stimmzettel zu setzen,
der lediglich bezweckt, das Wahlverfahren zu vereinfachen, und nur als
unmassgeblicher Vorschlag des Vorstandes angesehen werden will. Wir
bitten Sie, 5 Mitglieder — ob vorgeschlagen oder nicht vorgeschlagen, ist
völlig belanglos — neu zu wählen ; alle Stimmzettel, auf welchen mehr
als 5 Namen nicht durchstrichen sind, müssen für ungültig angesehen
werden.
Von den in der vorjährigen Generalversammlung gewählten Revi-
soren unserer Kassenführung hat der eine, Herr Joseph Dibelka.
seines Amtes walten können; der andere, Herr Ferdinand Eyssen, ist
am 10. Oktober vorigen Jahres durch den Tod abgerufen worden.
Lange Jahre hindurch hat Herr Eyssen sich mit entgegenkommendster
Bereitwilligkeit der Revision unserer Rechnung angenommen und die
Arbeiten unseres Vereins mit dem regsten Interesse verfolgt, wenn sich
auch der Vielbeschäftigte nur selten an unseren Sitzungsabenden be-
theiligen konnte; als treuer Sohn seiner Vaterstadt und wohlwollender
Förderer ihres Historischen Museums hat er diesem seine werthvolle
Frankofurtensien-Sammlung testamentarisch hinterlassen. Sein Andenken
wird unter uns in Ehren gehalten werden! Herrn Dibelka und Herrn
Schuchhard, der als Ersatzrevisor für Herrn Eyssen eintrat, danken wir
verbindlichst für die übernommene Revision und bitten Sie, beide Herren
wiederum zu Revisoren für die Rechnung des laufenden Jahres zu er-
nennen und zu Ersatzrevisoren die Herren Philipp Pauly und (lerichts-
sekretär Hermann Mentzel zu bestimmen, die in der eben genannten
Reihenfolge im Falle der Verhinderung des einen oder der beiden Revi-
soren eintreten würden.
Unser Mitgliederbestand zeigt .nach dem erfreulichen Auf-
schwünge des Vorjahres wieder einen kleinen Rückgang; er ist wieder
unter die Ziffer 400 gesunken. Wir begannen das Jahr 1895 mit 399 Mit-
gliedern; 9 Neuaufnahmen stehen 25 Verluste durch Austritt oder Tod
gegenüber, so dass sich unser Bestand am 1. Januar 1896 auf 383 Mit-
glieder belief. Hoffen wir, dass diese Zahl uns treu bleibt, und trösten
wir uns mit dem gleichen Schicksal anderer Vereine, deren Mitglieder-
bestand unter den Anforderungen des vielverzweigten Vereinslebens
unserer Stadt ebenfalls langsam zurückgeht. Ein Verzeichniss unserer
Mitglieder — das letzte wurde 1884 gedruckt — werden Sie im nächsten
Bande unserer Vereinszeitschrift finden.
- XXXIII -
Von den Mitgliedern, die sich eifrig an unserer Thätigkeit bethei-
ligten, mussten wir zu unserem lebhaften Bedauern Herrn Dr. Pallmann
nach langjährigem, erfolgreichem Wirken in Frankfurt nach München
ziehen sehen, wohin er einem ehrenvollen Kufe an das Königliche
Kupferstichkabinet folgte. Verbleibt auch Herr Dr. Pallmann fernerhin
als Mitglied in unserem Vereine, so vermissen wir ihn doch schmerzlich
in unserem engeren Kreise, dem er so oft und so gern die Resultate
seiner gediegenen Arbeiten auf dem Gebiete unserer Frankfurter Ge-
schichte mittheilte.
Von den uns durch den Tod entrissenen Mitgliedern gedenken wir
ausser Herrn Eyssen noch des Forstmeisters Freiherrn Schott v. Sthottcn-
strfn und des Oberhofmeisters Freiherrn v. Donop in Weimar, in denen
wir treue, mitarbeitende Freunde aus früheren Jahren verloren. Ihr An-
denken lassen Sie uns durch Erheben von den Sitzen ehren!
Wir haben im abgelaufenen Jahre ausser dem Jahrgange 1894 des
Korrespondenzblattes der Westdeutschen Zeitschrift nebst
dem Limesblatt den vierten Band der von uns mit städtischer Unter-
stützung veröffentlichten »Inventare des Frankfurter Stadtarchivs«
sowie den Sonderabdruck der Arbeit der Herren Professoren Wolff und
Cumont Uber das dritte Heddernheimer Mithraeum, welche
in der Westdeutschen Zeitschrift erschien, an unsere Mitglieder vertheilen
lassen. Im neuen Jahre gelangt ausser dem Jahrgange 1895 des Korres-
pondenzblattes wieder ein Band unserer Vereinszeitschrift, des Archivs
für Frankfurts Geschichte und Kunst, zur Ausgabe. Da der
Band bereits im Laufe des Februar in Ihre Hände kommen wird, so
verzichten wir hier auf eine nähere Angabe seines reichen Inhaltes und
bemerken nur, dass Sie in demselben eingehende Berichte und Plane
über die römischen Ausgrabungen auf dem Hühnermarkt und Uber die
fränkischen Funde an der Markthalle finden werden.
Von weiteren Veröffentlichungen, an denen unser Verein direkt
oder indirekt betheiligt ist, können wir den Zeitpunkt des Erscheinens
noch nicht mit Sicherheit angeben. Zu der Inventar- Veröffentlichung
wird noch ein Ergänzungsband ausgegeben werden, der in seinem ersten
Theile eine Geschichte des Historischen Archivs unserer
Stadt, im zweiten eine gedrängle Uebersicht Uber dessen ge-
sammte Bestände bringen wird; die erstere ist im Manuskript
nahezu vollendet, die letztere — eine Verpflichtung, die uns der Magistrat
bei Gewährung der Subvention im Jahre 1885 auferlegt hat — liegt
bereits in den Aushängebogen fertig gedruckt vor. Mit diesem Bande
erreicht die Herausgabe der Archivinventare vorläufig ihren Abschluss;
wann sie wieder aufgenommen werden wird, hängt von dem Fortschreiten
der Ordnungsarbeiten im Archive ab.
Eine weitere Schrift unseres Vereins soll die Korrespondenz
des Königslieutenants Grafen Thoranc mit dem Frank-
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- XXXIV -
furter Rathe in den Jahren 1759 — 1763 bilden. Thorancs Wirken
in Frankfurt während der französischen Okkupation im siebenjährigen
Kriege ist für die Geschichte unserer Stadt nicht etwa desshalb von
hervorragender Wichtigkeit, weil er im Hause des Raths Goethe wohnte
und weil von ihm der junge Wolf gang Goethe so reiche geistige An-
regungen empfangen hat, die uns Allen aus »Wahrheit und Dichtung«
bekannt sind und die seinen Namen unsterblich gemacht haben; des
Königslieutenants Persönlichkeit und Thätigkeit soll hier nach einer
ganz anderen Seite hin dargestellt, es soll geschildert werden, in wie
aufgeklärter Weise er in die verrosteten reichsstädtischen Verhältnisse
eingriff, wie er, der Beamte des fremden Eroberers, in schonendster
Weise den Rath der Stadt zu einer Reihe von wohlthätigen und gemein-
nützigen Einrichtungen veranlasste ; wir erinnern nur daran, dass Frankfurt
ihm die erste Strassenbeleuchtung und die erste Häuserbezeichnung
verdankt. Der Bearbeitung dieser Schrift hat sich zu unserer Freude
unser Ehrenmitglied, Herr Archivrath Dr. Grotefend in Schwerin i. M.,
unterzogen, der sich früher schon mehrfach mit der Wirksamkeit Thorancs
in Frankfurt befasst hat. Das Werk soll Ende des laufenden Jahres fertig
vorliegen und im Anfang 1897 an unsere Mitglieder ausgegeben werden.
Da aber nicht nur für die Freunde der vaterstädtischen Geschichte,
sondern auch für die weiten Kreise der Goethefreunde das Erscheinen
dieser Schrift von hohem Interesse sein wird, so haben wir, da ja unsere
Mittel durch die sonstigen Veröffentlichungen vielfach in Anspruch ge-
nommen sind, uns an den Akademischen Gesammt-Ausschuss des Freien
Deutschen Hochstiftes mit der Bitte um einen Zuschuss gewendet und
diesen auch sofort in der Höhe von 300 Mark erhalten, wofür wir auch
an dieser Stelle unserer Freude und unserem Danke Ausdruck geben.
Zu der Fortsetzung des Werkes des Herrn Anton Bing, »Rück-
blicke auf die Geschichte des Frankfurter Stadttheaters,
von dessen Selbständigkeit (1792) bis zur Gegenwart«, haben wir auch
in diesem Jahre den kleinen Kostenbeitrag gesteuert, den wir seit 1891
alljährlich gezahlt haben. Wir wünschen dieser fleissig gearbeiteten
Chronik Uber unser Theater, die jetzt ihrem Ende entgegengeht, eine
recht weite Verbreitung unter unseren Mitgliedern.
Von dem grösseren, von uns in Gemeinschaft mit dem hiesigen
Architekten- und Ingenieur -Verein begonnenen Unternehmen der »Bau-
denkmäler in Frankfurt a. M.« ist vor Weihnachten die erste
Lieferung, bearbeitet von den Herren Stadtbauinspektor Wolff und Stadt-
archivar Dr. Junq, im Völckerschen Verlage erschienen; unsere Mit-
glieder können das Werk in je einem Exemplare direkt beim Verleger
zu dem ermässigten Preise von Mk. 4.50 für die Lieferung beziehen.
Bei den uns bisher bekannt gewordenen Besprechungen und sachver-
ständigen Aeusserungen hat das reich ausgestattete Werk allseitigen
Beifall gefunden; auch der Absatz war ein guter, so dass zu hoffen
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steht, dass die Finanzen des Vereins für dieses Werk, welches sich reicher
Unterstützungen seitens der Stadt und der Böhmer- Administration erfreut,
nicht in Anspruch genommen zu werden brauchen.
Die Zahl unserer wissenschaftlichen Sitzungen belief sich
auf 1 1 ; in denselben wurden Vorträge Uber folgende Themata gehalten :
1) Geschichte Frankfurts im Zeitalter der Reformation undUeber-
blick Uber die kirchliche Entwicklung der Stadt. (Pfr. Dr.
H. Dechent.)
2) Die Kunst in Frankfurt. (O. Donner-v. Richter?)
3) Politische Geschichte Frankfurts 1552 — 1792. (Dr. H. Traut.)
4) Frankfurt während der Franzosenzeit 1792 — 1813. (Dr.
/. Kracauer.)
5) Frankfurt als Handelsstadt. (Dr. H. Pallmann.)
6) Die Kelt- Germanen und ihr Antheil an der europäischen
Bildung im Alterthum. (M. May.)
7) Bericht Uber die Generalversammlung der deutschen Geschichts-
vereine in Konstanz. (Dr. H. v. Nathusius.)
8) Geschichte und Baubeschreibung der St. Nicolai-Kirche. (Dr.
R. Jung und C. IVolff.)
9) Die Frankfurter Malerfamilie Fyoll im 15. Jahrhundert.
(O. Donner-v. Richter.)
10) Die Vogtei Sulzbach im Taunus. (W. Afappes.)
11) Die Kreuzigungsgruppen in Frankfurt, Wimpfen und Mainz;
die Funde in der alten St. Peterskirche. (Pfr. F. Battenberg.)
Die unter 1—5 aufgeführten Vorträge bildeten den zweiten Theil
unseres im Winter 1894 — 1895 veranstalteten Cyclus von Vorträgen Uber
die gesammte Frankfurter Geschichte, mit denen wir bei unseren Mit-
gliedern so reichen Beifall fanden; Nr. 6 ist von dem Vortragenden in
einem besonderen Schriftchen veröffentlicht worden, dessen Erscheinen
unser Verein fern steht; Nr. 8 ist der inzwischen erschienenen ersten
Lieferung der »Baudenkmäler in Frankfurt« entnommen; Nr. 9 werden
Sie in erweiterter Gestalt in dem demnächst zur Ausgabe gelangenden
Bande unserer Vereinszeitschrift finden. FUr die Übrigen Vorträge ver-
weisen wir auf die kurzen Berichte Uber unsere Vereinssitzungen im
Korrespondenzblatte der Westdeutschen Zeitschrift. Den Herren Vor-
tragenden insgesammt werde auch hier unser verbindlichster Dank für
ihre Mühewaltung wiederholt, der den einzelnen Herren schon in den
Sitzungen ausgesprochen wurde.
Mit unseren Vereinsaus flUgen im Sommer haben wir in den
letzten Jahren wenig Glück gehabt; auch im verflossenen Sommer kam
nur ein einziger zu Stande. Er führte die etwa 30 Theilnehmer von
Bickenbach aus Uber das Alsbacher Schloss nach Seeheim und Jugen-
heim ; der geplante Besuch der Burgruine Tannenberg musste wegen des
heftigen Gewitterregens aufgegeben werden.*
- XXXVI -
Zu den bereits erwähnten Ausgrabungen auf dem Hühner-
markt, welche durch die Versetzung des alten Freiheitsbrunnens und
durch die Errichtung des Stoltze-Denkmals ermöglicht und veranlasst
wurden, hat uns der Bezirksverein Alt-Frankfurt in dankenswerther Weise
einen Beitrag von 100 Mark zur Verfügung gestellt. Wir haben den-
selben sofort der städtischen Kommission für Kunst- und Alterthums-
gegenstände Uberwiesen, unter deren Leitung und auf deren Kosten diese
Ausgrabungen vorgenommen wurden.
Eine aktive Betheiligung an solchen Ausgrabungen, die uns bisher
der Stand unserer Finanzen verbot, wird uns hoffentlich in den nächsten
Jahren gestattet sein. Wie Ihnen wohl bekannt sein wird, erfreuen
wir uns seit zehn Jahren seitens der städtischen Behörden
einer jährlichen Unterstützung von iooo Mark zur Veröffent-
lichung der Archivinventare. Da die letztere aus den oben angegebenen
Gründen demnächst eingestellt wird, so haben wir den Magistrat gebeten,
uns diesen jährlichen Beitrag für die allgemeinen Zwecke unseres Vereins
weiter zu bewilligen; denn dessen knappe Mittel werden durch die immer
theurer kommenden Kosten für die Veröffentlichungen so sehr in An-
spruch genommen, dass für Ausgrabungen nichts übrig bleibt, von
denen allein sich die Erhellung der vorgeschichtlichen Vergangenheit
unserer Stadt erwarten lässt und deren Fundstücke unser städtisches
Historisches Museum bereichern sollen. Das Vertrauen auf das Wohl-
wollen des Magistrates, das er uns seit Jahren erwiesen, hat uns auch
dieses Mal nicht getäuscht; er hat bei der Stadtverordneten- Versammlung
den Antrag gestellt, uns auf drei Jahre, beginnend mit dem i. April 1896.
eine jährliche Unterstützung von 1000 Mark zu bewilligen. Die Ver-
treter der Bürgerschaft sind in ihren Sitzungen vom 7. und 21. Januar 1896
dem Magistratsantrage beigetreten; beiden städtischen Gremien sei hier
unser verbindlichster Dank ausgesprochen.
Dieser Leistung der Stadt an uns gegenüber können wir uns jetzt
auch einer Gegenleistung von unserer Seite rühmen. Im Jahresberichte
für 1894 hat der Vorstand den Antrag gestellt: »unsere aus Kunst-
und Alterthumsgegenständen sowie aus einzelnen Archi-
valien bestehende Sammlung, welche' 1877 dem Historischen
Museum, bezw. dem Stadtarchive depositarisch übergeben wurde, den
beiden genannten Sammlungen nunmehr zu Eigenthum abzugeben, jedoch
mit Ausnahme derjenigen wenigen Gegenstände, welche der Verein seiner
Zeit nur depositarisch erhalten hat.« Dieser Antrag fand bei der General-
versammlung vom 24. Januar 1 895 einstimmige Annahme. Der Magistrat
hat durch Protokoll- Auszug vom 12. Februar 1895 diese Schenkung
angenommen und uns seinen Dank für diese »patriotische Widmung«
ausgesprochen. Wir theilen Ihnen hier diese Aufgabe unserer eigenen
Sammlungen nochmals ausdrücklich mit und schliessen die Bitte an
unsere Mitglieder an, dem Vereine als solchem etwa zugedachte Geschenke
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an Kunst- und Alterthumsgegenständen oder an Archivalien direkt dem
Historisrhen Museum, bezw. dem Historischen Archive Uberweisen zu
wollen.
Von den Sammlungen des Vereins bleibt hinfort nur die Biblio-
thek desselben selbständig bestehen, welche in den Amtsräumen des
Stadtarchivs aufgestellt ist und dort Ihrer Benutzung oder Enüeihung
zur Verfügung steht. Die Vereinsbibliothek ist im letzten Jahre durch
mehrfache Ankäufe und Geschenke von grösseren Werken bereichert
worden; von den letzteren erwähnen wir nur die prächtig ausgestattete
Arbeit von Laske Uber Schloss VVilhelmsburg bei Schmalkalden, welche
der Herr Minister der geistlichen, Unterrichts- und Medizinal-Angelegen-
heiten unserer Bibliothek Uberwies.
Unserem gegenseitigen Schriftenaustausche mit anderen Ge-
schichtsvereinen und das geschichtliche Gebiet pflegenden wissenschaft-
lichen Gesellschaften sind im Jahre 1895 beigetreten:
Hildburghausen, Verein für Meiningische Geschichte und Landes-
kunde,
Thorn, Coppernicus-Verein für Wissenschaft und Kunst,
Emden, Gesellschaft fUr bildende Kunst und vaterländische Alter-
thümer.
Die Veröffentlichungen dieser Vereine geben wir vertragsmässig
an die Stadtbibliothek ab. In dem nächsten Archivbande veröffentlichen
wir wieder ein Verzeichniss der mit uns in Schriftenaustausch stehenden
147 Vereine und Gesellschaften, wovon in dem deutschen Reiche, 36
dem Ausland angehören.
Ueber die reichen Bestände unseres Lagers von Schriften des
Vereins haben wir Ihnen bei der letzten Schriftenvertheilung ein ge-
drucktes Verzeichniss mit Angabe der sehr ermässigten Preise für unsere
Mitglieder zugehen lassen. Viele derselben haben in Folge dessen ihren
Besitz an Vereinsschriften aus unserem Lager ergänzt; diejenigen Mit-
glieder, welche ihre Sammlungen noch vervollständigen wollen, bitten
wir, sich mündlich oder schriftlich unter Angabe ihrer Wünsche an
den Vorsitzenden zu wenden, dessen Verwaltung unser Schriftenlager
untersteht.
Auf der Generalversammlung des Gesammtv ereins der
deutschen Geschichts- und Alterthumsvereine, welche
Mitte September in Konstanz stattfand, wurden wir durch Herrn Dr.
v. Nathusius vertreten, der Ihnen Uber die dortigen Verhandlungen und
insbesondere Uber das auch von uns finanziell unterstützte Werk der
7'Audicftum'schen Grundkarten in der ersten Wintersitzung des Vereins
Bericht abgestattet hat. Fragen, welche unseren Verein näher berührten,
kamen in Konstanz nicht zur Verhandlung. Das ausführliche Protokoll
der Versammlung ist wie üblich im Korrespondenzblatte des Gesammt-
vereins abgedruckt.
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■
An der dritten Versammlung deutscher Historiker, welche
in der Osterwoche hier in Frankfurt tagte, war unser Verein nur
insofern betheiligt, als der Vorsitzende als Vertreter des Vereins an der
Besprechung der von historischen Vereinen und Gesellschaften entsendeten
Abgeordneten Theil nahm, welche sich Uber die alle Gesellschaften
gemeinsam interessierenden Fragen der landes- und stadtgeschichtlichen
Quellen -Veröffentlichungen und deren thunlichste Gleichmässigkeit be-
sprechen sollten. Diese auf dem Frankfurter Tage zum ersten Male
vereinigte Konferenz von Vertretern landesgeschichtlicher Publikations-
Institute soll hinfort alljährlich zur Förderung der gemeinsamen Interessen
zusammentreten. Das nächste, die Frankfurter Geschichtsforschung an-
gehende Ergebniss dieser Konferenz wird eine von derselben angeregte
Ubersichtliche Bearbeitung der im Archive ruhenden Stadt bucher der
Verwaltungs- und Gerichtsbehörden des mittelalterlichen Frankfurt sein,
Uber deren Vollendung wir Ihnen hoffentlich im nächsten Jahresberichte
Mittheilung machen können.
Möge dieser nächste Bericht nur Erfreuliches enthalten!
VI. Rechnungs-Abschluss für das Jahr 1895.
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- XI.
I^inriJi lim« 1
1895.
1. Jan.
31. Dez.
An Cassa-Conto
Baarbestand
An Mitgliederbeitrag-Conto
Jahresbeiträge der Mitglieder des Vereins .
An Subventiona-Conto
Subvention der städtischen Behörden behufs
Drucklegung der Archivinventare . . .
Subvention des Freien Deutschen Hochstifts
behufs Herausgabe der Korrespondenz des
Grafen Thoranc
Beitrag des Bezirks -Vereins Alt-Frankfurt für
die Ausgrabungen auf dem Hllhnermarkt .
An Effekten-Conto
Zinsen der österreichischen Loose . . . .
An Verlags-Conto
Verkauf von Vereinsschriften
An Inventar-Conto
Verkauf von InventarstUcken
M.
Ff. M.
• !l 195
i
1000 —
I
2620
300 -
K.K)
— ,, 1400
20 -
61
51
4349
Frank für t a. M
- XLI
895.
Dez.
-
Pr. Verlags-Conto
Honorare
Satz und Druck der Mittheilungen Uber
römische Funde in Heddernheim, Heft I .
Lichtdruckarbeiten
Pr. Bibliothek-Conto
Ankauf von Büchern und Zeitschriften . .
Buchbinderarbeiten
Pr. Sparkasse-Conto
Einzahlung bei der Sparkasse der Frankfurter
Gewerbekasse
Pr. Subventions-Conto
Beitrag für die Ausgrabungen auf dem Hühner-
markt
Pr. Unkosten-Conto
Druckzuschuss zu A. Bings Rückblicken auf
die Geschichte des Frankfurter Stadttheaters
Beitrag zum Gesamrot- Verein und für io Proto-
kolle der General -Versammlung in Eisenach
440 Exemplare des Korrespondenzblattes der
Westdeutschen Zeitschrift nebst Porto . .
Vertretung des Vereins bei der General-Ver-
sammlung in Konstanz
Lokalmiethe
Inserate
Druckarbeiten
Erhebung der Mitgliederbeiträge und Aus-
tragen der Vereinsschriften
Schriftliche Arbeiten
Porti, Schreib- und Packmaterial, Vergütung
für Dienstleistungen und sonstige kleine
Ausgaben
Vereinsdiener
Pr. Cassa-Conto
Baarbestand
Dezember 1895.
M. Pt
382
707 99
539
99 35
24 40
M.
Pf.
100 -
13 50
1
193 I —
100
150
74
87
71
26
111
60
74
45
52
91
1628 99
]
123 75
1000 -
100
977
12
619
4349
G. Reutlingen
d. Z. Kassenführer.
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VII. Verzeichniss der Mitglieder des Vereins.
Abgeschlossen am 51. Januar 1896.
Der Wohnsitz der Mitglieder ist, wenn nicht besonders bemerkt, die Stadt
Frankfurt a. M.
Berichtigungen zu diesem Verzeichniss sowie Anzeigen von Wohnungsver-
änderungen bittet man an den Vorstand zu richten.
Ehrenmitglied :
Grotefend, Hermann, Dr. phil., Archivrath, Vorsteher des grossh. Geheimen und
Haupt-Archivs, Schwerin i. M. (Ernannt 5. Nov. 1887.)
Korrespondierende Mitglieder:
Falk, Franz, Dr. phil., Pfarrer, Klein-W intern heim. (j. Juli 1873.)
rfacobi, Louis, Baumeister, Conservator des Saalburg-Museums, Homburg v. d. H.
(6. Febr. 1878.)
Krafft, Karl, Dr. theol.. Pfarrer, Elberfeld. (20. Jan. 1872.)
Quidde, Ludwig, Dr. phil., Professor, München. (5. Nov. 1887.)
Schalk, Heinrich, Dr. jur., Bibliothekar a. D., Wiesbaden. (14. Febr. 1867.)
von Schenk xu Schweinsberg, Freiherr, Gustav, Dr. phil., Direktor des grossh.
Haus- und Staatsarchivs, Darmstadt. (9. Aug. 1879.)
Schneider, Friedrich, Dr. theol., Domkapitular, geistlicher Rath, päpstlicher Haus-
prälat, Mainz. (6. Febr. 1878.)
Mitglieder:
Abel, Albert, Kaufmann.
Abendroth, Moritz, Buchhändler.
Abt, Ferdinand August, Architekt.
Abt, Jean, Rentner.
Adelmann, Georg, Buchdruckereibesitzer.
A dickes, Franz, Oberbürgermeister.
Allinger>La Roche, Jean Philipp, Kaufmann.
Alt, Johannes, Buchhandlung.
Andreae, Albert, Banquier.
Andreae, Hugo, Direktor der Deutschen Gold- und Silberscheide- Anstalt.
Askenasy, Alexander, Ingenieur.
AufTarth, Franz Benjamin, Buchhändler.
Aast, Emil, Dr. phil., Gymnasial-Oberlehrer.
d
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XLIV -
Bachmann, Friedrich, Versicherungsbeamter a. D.
Baer, Moritz Hermann, Dr. jur., Rechtsanwalt.
Baer, Simon Leopold, Buchhändler.
Baerwald, Hermann, Dr. phil., Direktor der israeL Realschule.
Baier, Christian, Dr. phil., Professor, Gymnasial-Oberlehrer.
Bangel, Ludwig, Kaufmann.
Bardorff, Karl, Dr. med., Arzt.
Bardorff, Wilhelm, Rektor der Lersnerschule.
de Bary-Jeanrenaud, Heinrich, Banquier.
Basse, Wilhelm, Dr. phil., Konsistorialrath, Pfarrer.
Battenberg, Friedrich, Pfarrer.
Banmbaeh, Rupert, Buchdruckerei besitzer.
Beek, Gottfried, Stadtrath.
Becker, Hermann, Dr. phil., Rektor der Uhlandschule.
Beeker, Karl, Konsul a. D., Rentner.
Bek, Franz, Schornsteinfegermeister.
Belli, Ludwig, Dr. phil., Chemiker.
Beiz. Hermann, Dr. jur., Amtsgerichtsrath.
Benkard, Emil, Dr. jur., Rechtsanwalt
Benkard, Frau Emilie.
ßerghoffer, Christian, Dr. phil., Bibliothekar.
Bertholdt, Theodor, Gasthofbesitzer.
Beat, Adam, Privatier.
Beat, Karl, Kaufmann.
von Bethmann. Freiherr, Hugo, Banquier, Paris.
von Bethmann, Freiherr, Moritz, Banquier.
Beyerbach, Karl, Fabrikant.
Binding, Konrad, Rentner.
Binge, Josef, Dr. jur., Rechtsanwalt.
Blase, Georg, Kaufmann.
Bleieher, Heinrich, Dr. phil., Vorsteher des Statistischen Amtes.
Blumenthal. Josef, Rentner.
Bolongaro, Karl, Kaufmann.
Bonn, Philipp, Banquier.
Bonn, Wilhelm, Banquier.
Brann, Wunibald, Fabrikant.
Breehert. Karl, Buchhändler.
Briese, Georg, Kaufmann.
Brofft-Fabricius, Heinrich, Rentner.
Brofft, Julius, Architekt.
Bücher, Karl, Dr. phil., Universitäts-Professor, Leipzig.
Burgheim, Gustav, Dr. jur., Rechtsanwalt
Bues, Heinrich, Postkassierer a. D.
Buttel, Alexander, Architekt.
Cahn, Adolf, Kaufmann.
Cahn, Moritz, Kaufmann.
Clauer, Georg, Kaufmann.
Clemm, Karl, Apotheker.
Colliecbonn, Adolf, Hospitalmeister.
- XLV
Colliaehonn, Paul, Dr. phil., Oberlehrer.
Cornlll, Otto, Conservator des Historischen Museums.
Cristiani, Alfred, Optiker.
Cuno, Karl, kgl. Postbaurath a. D.
Cuntze, Dietrich, Dr. phil., Fabrikbesitzer.
Dalton. Hermann, Konsistorialrath a. D., Berlin.
Dann, Leopold, Kaufmann.
Dechent, Hermann, Dr. phil., Pfarrer.
Denrath, Christian, Bankbeamter.
Datloff, Adolf, Buchhändler.
Dibelka, Josef, Rentner.
Diefenbach. Johann, Pfarrer.
Diatz, Alexander. Dr. jur., Rechtsanwalt.
Dietz, Heinrich, Rentner.
Ditmar, Friedrich, Kaufmann.
Doetor, Adolf, Kaufmann.
Donner, Gusuf. Dr. jur., Rentner.
Donner-von Richter, Otto, Maler.
Drexel, Theodor, Kaufmann.
Eckhard, Friedrich, Kaufmann.
Eckhardt, Ludwig, kgl. Baurath.
Edenfeld, Felix, Kaufmann.
Ehlers, Rudolf, Dr. phil., Konsistorialrath, Pfarrer.
Elkan, Eugen, Dr. sc. pol., Privatgelehrter.
Ellissen, August, Rentner.
Emden, Heinrich, Redakteur.
Enoke, Fritz, Pfarrer, Niederrad.
Enders, Ernst Ludwig, Dr. theol., Pfarrer, Oberrad.
Epstein, Jakob Hermann, Kaufmann.
von Erlanger, Freiherr, Ludwig, Generalkonsul, Banquier.
Eyssen, Reray, Kaufmann.
Fay, Karl Friedrich, Fabrikant.
du Fay, Frau Consta nee.
Fechner, Wilhelm, Landgerichtsrath.
Fester, Adolf, Dr. jur., Rechtsanwalt.
Finger, Christian Friedrich, Kaufmann.
Fitz, Eugen, Pfarrer a. D.
Flerahehn, Albert, Kaufmann.
Flersheim, Ernst, Kaufmann.
Flersheim, Martin, Kaufmann.
Flörsheim, Leonhard Moritz, beeid. Wechselsensal.
Fösser, Richard, Dr. jur., Rechtsanwalt.
Frey, Julius Valentin, Kaufmann.
Freyeisen, Heinrich Philipp, Rentner.
Friedleben, Fritz, Dr. jur., Rechtsanwalt.
Fromm, Emanuel, Dr. phil., Privatgelehrter.
- XLVI -
Proning, Richard, Dr. phil., Oberlehrer.
Fuchs, Heinrich Adolf, Kaufmann.
Fuld, Salomon, Dr. jur., Justizrath, Rechtsanwalt.
*
Gantter, Eugen, Dr. phil., Redakteur.
Geiger, Alfred, Journalist und Stenograph.
Gereon, Jakob, Generalkonsul, Rentner.
Geyger, Georg, Dr. jur., Justizrath, gräfL SolmsVher Kammerdircktor, Assen heim.
Glock, Christian Friedrich, Rentner.
Goedeoker, Fritz, cand. phil.
Goez, Heinrich, Realgymnasial-Oberlehrer.
Goldschmidt, J. & S., Antiquitäten-Handlung.
Goldsehmidt, Markus Moritz, Kaufmann.
Gotthold, Christian, Dr. phil., Professor, Oberlehrer.
Gottwein, Fräulein Emilie, Lehrerin.
Gregorovius, Gottlieb, Assistent der Baupolizei.
Grimm, Julius, Dr. jur., Professor, Wiesbaden.
Grossmann, Otto, Dr. med., Arzt
Grunelius, Andreas Adolf, Banquier.
von Guaita, Maximilian, Geh. Kommerzienrath, Kaufmann.
Günther, Ferdinand, Kunsthändler.
Guttenplan, Julius, Dr. med., Arzt.
ron Haber, Alfred, Ingenieur, Rödelheim.
Haeberlin, Justus, Dr. jur., Rechtsanwalt.
Hahn, Louis Alfred, Bankdircktor.
Hamburger, Leopold, Kaufmann.
Hanau, Heinrich, Rentner.
Hanau, Wilhelm, Kaufmann.
von Harnler, Adolf, Dr. jur., Justizrath, Rechtsanwalt.
von Haroier, Eduard, Dr. jur., Justizrath, Rechtsanwalt.
Hartmann, Friedrich Karl, Kaufmann.
Hartmann, Martin, Rentner.
von Hasenkamp, Xaver, Dr. phil., Redakteur.
Heese, Martin, Metzger.
Heimpel, Jakob, Kaufmann.
Heineroann, Heinrich, Dr. phil., Institutsvorsteher.
Helfmann, Philipp, Bauunternehmer.
Hemmerieb, Heinrich Ernst, Major a. D.
Henninger, Anton, Rentner.
Hertzog, Georg, Rentner.
Herxheimer, Salomon, Dr. med., Sanitatsrath, Arzt.
Hesdoerffer. Julius, Dr. jur., Zeitungseigenthümer.
Heuer, Otto, Dr. phil., Vcrwaltungsschreibcr und Bibliothekar des Freien Deutschen
Hochstiftes,
von Heyden, Lucas, Dr. phil., Major z. D.
von der Heyden, Gotthard Eduard, Rentner,
von Heyder, Georg, Rentner.
Heyter, Heinrich, Architekt.
Hirscbberg, Max, Dr. med., Arzt.
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- XLVII -
Höchberg, Otto, Kaufmann.
Hofmann, Kaufmann.
Hofmann, Julius, Kaufmann.
Hoigne, Heinrich, Kaufmann.
Holthof, Ludwig, Dr. phil., Redakteur, Stuttgart.
Hol», Richard, Kaufmann.
Holl, Wilhelm, Kaufmann!
von Holzhaueen, Freiherr, Georg, kgl. Kammerherr.
Home, Anton, Lehrer a. D.
Horovitz, Markus, Dr. phil., Rabbiner.
Humaer, Gustav, Dr. jur., Justizrath, Rechtsanwalt.
Iffland, Karl, Buchbinder.
Jaeger'sche Sortiments-, Buch- und Landkartenhandlung.
Jeidels, Julius, Rentner.
Joseph, Paul, Lehrer.
Jügel, Franz, Rentner.
Jung, Philipp, Dr. phil., Konsistorialrath, Pfarrer.
Jung, Rudolf, Dr. phil., Stadtarchivar.
Jung-Marchand, August, Dr. med., Arzt.
Jungmann, Eduard, Kaufmann.
Kahn, Ernst, Dr. med., Arzt.
Kallmorgen, Wilhelm, Dr. med., Arzt.
Keller, Remigius August, Buchhändler.
Kern, Otto, Kaufmann.
Keeeelmeyer, August, Rentner.
Kirschbaum, Josef, Dr. phil., Oberlehrer a. D.
Kimner, Heinrich, Verwalter des Versorgungshauses.
Klinisch, Karl Ferdinand, Kaufmann.
Kloos, Jakob, Kaufmann.
Knauer, Christian, Buchdruckereibesitzer.
Kober, Friedrich, Kaufmann.
Kooh, Adolf, Stadtbauinspektor.
Kooh, Adolf, Dr. phil., Universitäts-Professor, Heidelberg.
Koch, Heinrich, Dr. theol., Militär-Oberpfarrer.
Koehler, Ernst, Buchhändler.
Körber, Johann Georg, Rentner.
Kolb, Karl, Kaufmann.
Kortegarn, Arthur, Dr. phil., Direktor der Wöhlerschulc.
Kothe, Jakob, Schreiner.
Kothe, Johann Friedrich, Schreiner.
Kotzenberg, Gustaf, Kaufmann.
Kraeauer, Isidor, Dr. phil., Oberlehrer.
Krebs, Albert, Dr. jur., Rechtsanwalt.
Krebs, Jakob, Dr. phil., Konsistorialrath, Senior des ev.-luth. Prediger -Ministeriums
Kreutzer, Friedrich, Häfner und Ofenfabrikant.
Krug, Georg, Lehrer.
Küchler, Eduard, Kaufmann.
- XLVIII -
Kugler, Adolf, Kaufmann.
Ruthe, Karl Theodor, Dr. med., Oberstabsarzt a. D.
Kyritz, Jakob, Kaufmann.
Labes, Hermann, Direktor der Providentia.
Laemmerhirt, Karl, Direktor des Deutschen Phönix.
Lafrenz, Hans, Sekretär der Stadtbibliothek.
Lang, Karl, Buchbinder.
Laake, Adolf, Dr. jur., Rechtsanwalt.
Lauer, Johannes, Maler.
Lemme, Emil, Architekt.
Lentc, Andreas, Professor, Oberlehrer a. D.
von Leonhard!, Freiherr, Moritz, Rentner, Darmstadt.
von Leisner, Freiherr, Alexander, Architekt.
von Lersner, Freiherr, Anton, Amtsanwalt.
Leaer, Wilhelm, Dr. jur., Amtsrichter.
Leuoha-Maok, Stephan Ferdinand, Generalkonsul, Fabrikant.
Levy, Salomon Heymann, Kaufmann.
Liermann, Otto, Dr. phil., Gymnasial-Oberlehrer.
Lignit«, Eduard, Konsul a. D., Renmer.
Linel, Albert, Dr. jur., Rentner.
Linnemann, Alexander, Architekt.
Loewenberg, Hermann, Redakteur.
Lucine, Eugen, Dr. phil., Fabrikant.
Ludwig, Friedrich Wilhelm, Architekt.
Maas, Simon, Dr. jur., Rechtsanwalt.
Hack, Roben, Kaufmann.
Majer, Alexander, Banquier.
Manekopf, Alexander, Kaufmann.
Mappea, Wilhelm, Kaufmann.
MattL Alexander, Dr. jur., Stadtrath.
Haue, Hermann, Dr. phil., Realgymnasial -Oberlehrer.
May, Martin, Gerber.
Mayer, Karl, Kaufmann, Offenbach.
Meister, Wilhelm, Dr. jur., Landrath, Homburg v. d. H.
Mentzel, Hermann, Gerichtssekretär.
M ertön, William, Kaufmann.
Merz, Karl, Kaufmann.
von Mettenheimer, Karl, Dr. med., Geh. Medizinalrath, Schwerin i. M.
Metzler, Wilhelm, Rentner.
Meyer-Peteeh, Eduard, Kaufmann.
Minjon, Hermann Josef, Zeitungseigenthümer.
Miquel, Johannes, Dr. jur., Excellenz, Staats- und Finanzminister, Berlin.
Mommsen, Tycho, Dr. phil., Professor, Gymnasialdirektor a. D.
Mouson, Johann Daniel, Stadtrath, Fabrikant.
von Nathueiue-Neinatedt, Heinrich, Dr. phil., II. Bibliothekar der Stadtbibliothek.
Nebel, August, Dr. med., Arzt.
Nestle, Richard, Rentner.
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- IL -
von Neufville, Alfred, Banquier.
von Neufville, Otto, Generalkonsul, Banquier.
Neustadt, Louis, Dr. phil., Privatgelehrter, Breslau.
Oehler, Emil, Buchhändler.
Oelsner, Ludwig, Dr. phil., Professor, Realgymnasial-Oberlehrer.
Oppenheimer, Sir Charles, Generalkonsul, Rentner.
Oppenheimer, Michael, Kaufmann.
Oppermann, Ferdinand, Rentner, Soden a. T.
Osterrieth-Laurin, August, Buchdruckereibesitzer,
ron Oven, Emil, Dr. jur., Senator, Stadtrath.
Padjera, Emil, Kaufmann.
Pallmann, Heinrich, Dr. phil., Conservator an der kgl. Kupferstichsammlung,
München.
Passavant, Ernst, Dr. jur., Stadtrath a. D.
Paoly, Philipp, Kaufmann.
Pelissisr, Eduard, Gymnasial-Ober lehrer.
Petry, Heinrich, Bildhauer.
Pfaehler, Friedrich Wilhelm, Kaufmann.
P fängst, Julius, Fabrikant.
Pooflok, Otto, Dr. jur., Rechtsanwalt.
Posen, Wilhelm, Kaufmann.
Quilling, Friedrich, Dr. phil., Privatgelehrter.
Rahn, Georg, Kaufmann.
Rau, Ferdinand, Kaufmann.
Rauscher, Bernhard, Dr. phil., Lehrer.
Reifenstein, Friedrich, Kaufmann.
Reiffenstein, Hermann, Generalagent.
Reinhardt, Karl, Dr. phil., Direktor des städtischen Gymnasiums.
Reitx, Alfred, Buchhändler.
Reutlingen Gustav, Vorsteher a. D. der städtischen Stcuerkasse.
Reutlinger, Jakob, Rentner.
Ricard-Äbenheimer, Louis, beeid. Wechselsensal.
Rlohter, Johannes, Prokurist, Griesheim a. M.
Riese, Alexander, Dr. phil., Professor, Gymnasial-Oberlehrer.
Ritter, Martin, Rentner.
Rittweger, Franz, Redakteur.
Roediger, Ernst, Dr. med., Arzt.
Roediger, Paul, Dr. jur., Rechtsanwalt und Direktor der Metallgesellschaft.
Rommel, Wilhelm, Buchhändler.
Roth, Johann Heinrich, Lohnkutschereibesitzer.
von Rothschild, Freiherr, Wilhelm, Generalkonsul, Banquier.
Rücker, Franz, Fabrikdirektor.
Rügemer, Gustav, Stadtbauinspektor a. D.
Rumpf, Karl, Bildhauer.
Ruthe, Karl, Direktor der Frankfurter Lebensversicherungs-Gesellschaft.
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- L -
Naenger, Karl, Pfarrer.
Sandhagen, Wilhelm, Kaufmann.
Sarnow, Emil, Dr. phil., wissenschaftlicher Hülfsarbcitcr der Stadtbibliothek.
Sauerlander, David, Dr. jur., Justizrath, Rechtsanwalt.
Sauerwein, Friedrich, Architekt.
SehAdel, Franz, Architekt.
Schaefer, Ernst, Architekt.
Seharff, Gottfried Alexander, Kaufmann.
Scharff, Konstantin Alexander, Geh. Kommerzienrath, Kaufmann
Schauermann, Gustav, Kaufmann.
Schiel, Fräulein Auguste, Lehrerin.
Schleeioky. Emil, Rentner.
Schmidt-Lauer, Hermann, Maler.
Schmidt-Polex, Frau Anna.
Schmidt-Polex, Friedrich, Dr. jur., Rechtsanwalt.
Schmidt-Polex, Karl, Dr. jur., Rechtsanwalt.
Sehmidt-Scharff, Wolfgang, Dr. jur., Rechtsanwalt.
Schmitt-von Panhuys, Adolf, Dr. phil., Generalkonsul, Fabrikbesitzer.
Schnapper-Arndt, Gottlieb, Dr. phil., Privatgelehrter, Heideiburg.
Sehneil, Heinrich, Rentner.
Schott, Simon, Börsensensal und Münzhändler.
Schräder, Rudolf, Stadtrath.
Schrotxenberger, Robert, Rentner.
Schuchhard, Karl, Buchhändler.
Schürmann, Ado Ii, Kaufmann.
Schwalm. Jakob, Dr. phil., Privatgclehrter, Göttin gen.
Schwekowsky, Theodor, Kaufmann.
Schwemer, Richard, Dr. phil., Gymnasial-Oberlehrer.
Schwenek, Friedrich, Dr. med., Arzt.
Seckel, Gustav, Kaufmann.
Seckel, Heinrich, Kaufmann.
Seeger, Georg, Architekt.
Sesaler, Jakob, Kaufmann.
Siebert, Jakob, Dr. jur., Justizrath, Rechtsanwalt.
Sioli, Emil, Dr. med., Direktor der Irrenanstalt.
Söhngen, Theodor, Kaufmann.
von Solms-Rödelheim, Graf, Otto, Alten ha gen i. P.
Sonnemann, Leopold, Zeitungseigenthümer.
Speyer, Otto, Dr. jur., Rentner.
St. Goar, Isaak, Buchhändler.
Stern, Rudolf, Rentner.
Stern, Theodor, Banquier.
Stiebel, Friedrich, Dr. med., Rentner.
Stiebel, Heinrich, Kaufmann.
Stiebel, Heinrich Eduard, Rentner.
Stilgebauer, Gustav, Bankdirektor.
Stilgebauer, Otto, Pfarrer.
Straesheim, Konrad, Strassenbau- Unternehmer.
Strauee, Otto, Kaufmann.
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- LI -
Textor, Eduard, Kaufmann.
Thaler, August, Kaufmann.
Thomas, Christian Ludwig, Architekt.
Thorn, Philipp, Volontär an der Stadtbibliothek.
Trapp, Emil, Kaufmann.
Traut, Hermann, Dr. phil., wissenschaftlicher Hülfsarbeiter der Stadtbibliothek.
Uhl, Ferdinand, Rentner.
Valentin, Veit, Dr. phil., Professor, Realgymnasial-Oberlehrer.
von Villani, Frau Baronin Therese.
Volcker, Georg, Buchhändler.
Vogtherr, Karl, Kaufmann.
Volger, Otto, Dr. phil., Privatgelehrter, Sulzbach i. T.
Wagner, Gottfried, Kaufmann.
Waldeek, Sigfrid, Kaufmann.
Weber, Andreas, Stadtgärtner.
Weber, Karl, Verwalter der Irrenanstalt.
Wehner, Heinrich, Ingenieur.
Weismann, Wilhelm, Privatier.
Weizsäcker, Heinrich, Dr. phil., Direktor des Städelschen Kunst-Instituts.
Weleker, Rudolf, Buchhändler, Okarben.
von Welling, Adolf, Dr. jur., Amtsgerichtsrath a. D.
Wendling, Karl, Dr. jur., Amtsgerichtsrath.
Wirsing, Friedrich, Juwelier.
Wolf, Karl, Pfarrer
Wolff, Georg, Dr. phil., Professor, Gymnasial-Oberlehrer.
Wolff, Karl, Dr. phil., Stadtbauinspektor.
Wülker-Schott, Friedrich, Kaufmann.
Ziegler, Julius, Dr. phil., Chemiker.
Ziegler, Frau Emma.
Ziehen, Julius, Dr. phil., Gymnasial-Oberlehrer.
Zobel, Wilhelm, Eisenbahndirektor a. D.
Zun«, David Adolf, Banquier.
Bürgerverein, Bibliothek.
Polytechnische Gesellschaft, Bibliothek.
Städelsches Kunst-Inatilut.
Grossb. Haue- und Staatsarehiv, Darmstadt.
Ständische Landesbibliothek, Kassel.
Stadtbibliothek, Wien.
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VIII. Verzeichniss der mit dem Vereine im Austausch-
Verhältnisse stehenden Vereine, Gesellschaften etc.
Abgeschlossen am ji. Januar 1896.
Diejenigen Vereine etc., deren Schriften von uns an die Stadtbibliothek abgeführt
werden, sind mit * bezeichnet.
Deutsches Reich.
Aachen: Aachener Geschichtsverein.
— 'Verein für Kunde der Aachener Vorzeit.
Altanbarg: 'Geschichts- und alterthumsforschende Gesellschaft des Osterendes.
Ansbach: 'Historischer Verein für Mittelfranken.
Augsburg: * Historischer Verein für Schwaben und Neuburg.
Bamberg: * Historischer Verein.
Bayreuth: •Historischer Verein für Oberfranken.
Berlin: Gesammt- Verein der Deutschen Geschichts- und Alterthums vereine.
— 'Verein für die Geschichte Berlins.
— 'Verein für Geschichte der Mark Brandenburg.
— Herold, Verein für Heraldik, Sphragistik und Genealogie.
Bielefeld: 'Historischer Verein für die Grafschaft Ravensberg.
Birkenfeld: 'Verein für Alterthumskunde.
Bonn: Verein von Alterthumsfreunden im Rheinlande.
Brandenbarg a. H.: 'Historischer Verein.
Bremen: 'Historische Gesellschaft des Künstlervereins.
Breslau: 'Verein für Geschichte und Alterthum Schlesiens.
— 'Schlesische Gesellschaft für vaterländische Kultur.
Cassel: Verein für hessische Geschichte und Landeskunde.
Chemnitx: 'Verein für Chemnitzer Geschichte.
Cöln: * Historischer Verein für den Niederrhein, insbesondere die alte Erzdiöcese Cöln.
— Stadtarchiv. (Mittheilungen aus dem Stadtarchiv von Cöln.)
Darmstadt: Historischer Verein für das Grossherzogthum Hessen.
Dessau: 'Verein für Anhaltische Geschichte und Alterthumskunde.
Dillingen a. D.: 'Historischer Verein für Dillingen und Umgebung.
Donauesehingen: 'Verein für Geschichte und Naturgeschichte der Baar und der
angrenzenden Landestheile.
Dortmund : 'Historischer Verein für Dortmund und die Grafschaft Mark.
Dresden: 'Kgl. Sächsischer Alterthumsverein.
Düsseldorf: ' Geschichtsverein.
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- LIII —
Eisenberg: 'Geschichts- und aiterthumsforschender Verein.
Eisleben: 'Verein für Geschichte und Aherthümer der Grafschaft Mansfeld.
Elberfeld: * Bergischer Geschichts verein.
Emden: 'Gesellschaft für bildende Kunst und vaterländische Altcrthümer.
Erfurt: 'Verein für die Geschichte und Alterthumskunde von Erfurt.
Frankfurt a. M.: Freies Deutsches Hochstift.
— Taunusklub.
— Physikalischer Verein.
— Verein für Geographie und Statistik.
Prankfurt a. 0.: 'Historischer Verein für Heimathkunde.
Freiberg in Sachsen: ' Alterthumsverein.
Freiburg i. B.: * Breisgau -Verein Schauinsland.
— 'Gesellschaft für Beförderung der Geschichts-, Alterthums- und Volkskunde
von Freiburg, dem Breisgau und den angrenzenden Landschaften.
Friedriehehafen : ' Verein für die Geschichte des Bodensees und seiner Umgebung.
Glessen: Oberhessischer Geschichtsverein.
Görlitz: 'Oberlausitzische Gesellschaft der Wissenschaften.
— 'Gesellschaft für Anthropologie und Urgeschichte der Oberlausitz.
Gottingen: 'Kgl. Gesellschaft der Wissenschaften, philologisch-historische Klasse.
Greifswald: 'Gesellschaft für Pommersche Geschichts- und Alterthumskunde,
Rügisch-Pommersche Abtheilung.
Hall a. K.: 'Historischer Verein für das Württembergische Franken. •
Halle a. S.: 'Thüringisch-Sächsischer Verein für Erforschung des vaterländischen
Alterthums und Erhaltung seiner Denkmale.
Hamburg: 'Verein für Hamburgische Geschichte.
Hanau: Verein für hessische Geschichte und Landeskunde.
Hannover: 'Historischer Verein für Niedersachsen.
Heidelberg: Historisch-philosophischer Verein.
Hildburghausen: 'Verein für Meiningische Geschichte und Landeskunde.
Hohenleuben: ' Vogtländischer aiterthumsforschender Verein.
Homburg v. d. H.: Verein für Geschichte und Alterthumskunde.
Insterburg : * Alterthums-Gesellschaft.
Jena: 'Verein für thüringische Geschichte und Alterthumskunde.
Kahla: 'Verein für Geschichts- und Alterthumskunde.
Kempten : * Alterthumsverein.
Kiel: 'Gesellschaft für Kieler Stadtgeschichte.
— 'Gesellschaft für Schleswig- Holstein-Lauenburgische Geschichte.
Königsberg L Pr.: 'Kgl. Bibliothek (Altpreussische Monatsblätter).
— 'Alterthums-Gesellschaft Prussia.
Kreuznaoh: 'Antiquarisch-Historischer Verein für Nahe und Hunsrücken.
Landshut: 'Historischer Verein für Niederbayern.
Leipzig: 'Verein für die Geschichte Leipzigs.
— 'Deutsche Gesellschaft zur Erforschung vaterländischer Sprache und Altcr-
thümer.
Leisnig: 'Geschichts- und Alterthumsverein.
Lübeck: 'Verein für Lübeckische Geschichte und Alterthumskuude.
Lüneburg: ' Museumsverein für das Fürstenthum Lüneburg.
Magdeburg: 'Verein für Geschichte und Alterthumskunde.
Mainz: Verein zur Erforschung der rheinischen Geschichte und Alterthümer.
Mannheim : Altcrthumsverein.
Marienwerder: 'Historischer Verein für den Regierungsbezirk Marienwerder.
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- UV -
Meiningen: * Hennebergischer aJterthumsforschender Verein.
Meissen: 'Verein für Geschichte der Stadt Meissen.
Metz: Gesellschaft für Lothringische Geschichte und Alterthumskunde.
München: * Alterthumsverein.
— * Historischer Verein von Oberbayern.
— *Kgl. Bayerische Akademie der Wissenschaften.
Munster i. W.: 'Verein für Geschichte und Alterthumskunde Westfalens.
Neuburg a. D.: 'Historischer Verein.
Nürnberg: 'Verein für Geschichte der Stadt Nürnberg.
— Germanisches National-Museum.
Osnabrück: 'Verein für Geschichte und Landeskunde (Historischer Verein).
Paderborn: 'Verein für Geschichte und Alterthumskunde Westfalens.
Plauen i. V.: ' Alterthumsverein.
Posen: 'Historische Gesellschaft für die Provinz Posen.
Regensburg: 'Historischer Verein von Oberpfalz und Regensburg.
Rostock: 'Verein für Rostocks Alterthümer.
Saarbrücken: 'Historisch-antiquarischer Verein für die Städte Saarbrücken und
St. Johann und deren Umgegend.
Schmalkalden: 'Verein für Hennebergische Geschichte und Landeskunde.
Schwerin i. M.: 'Verein für Mecklenburgische Geschichte und Alterthumskunde.
Speyer: Historischer Verein der Pfalz.
Stade: 'Verein für Geschichte und Alterthümer der Herzogtümer Bremen und
Verden und des Landes Hadcln.
Stettin: 'Gesellschaft für Pommersche Geschichte und Alterthumskunde.
Strasaburg i. E.: * Gesellschaft für Krhaltung der geschichtlichen Denkmäler im tlsass.
— Historisch-litterarischer Zweigverein des Vogcsenklubs.
Stuttgart: 'Württembergischer Alterthums -Verein.
— Württembergische Kommission für Landesgeschichte (Wümembcrgische
Vierteljahrshefte für Landesgeschichte).
Thorn: 'Coppernicus-Verein für Wissenschaft und Kunst.
Trier: 'Gesellschaft für nützliche Forschungen.
Ulm: 'Verein für Kunst und Alterthum in Ulm und Oberschwaben.
Werden: 'Historischer Verein für das Gebiet des ehemaligen Stiftes Weiden.
Wernigerode: ' Harzverein für Geschichte und Alterthumskunde.
Wiesbaden: Verein für Nassauische Alterthumskunde und Geschichtsforschung.
Worms : Alterthums verein.
Würsburg: 'Historischer Verein von Unterfranken und AschatVenburg.
Zwickau: ' Alterthumsvcrein für Zwickau und Umgegend.
Belgien.
Antwerpen: 'Stadtarchiv (Inventare desselben).
Brüssel: 'Societe d'archeologie de Bruxellcs.
— 'Societe des Bollandistes.
England.
London: 'The library committec of the Corporation ot London.
— ' The Huguenot Society of London.
Luxemburg.
Luxemburg: 'Section historique de PInstitut Luxembourgeois.
- I.Y -
Norwegen.
Chriatiaaia: 'Kgl. Norwegische Universität.
Oesterreich-Ungarn.
Brünn: • K. K. Mährische Gesellschaft zur Beförderung der Landwirthschaft, der
Natur- und Landeskunde, Historisch-statistische Sektion.
Grax: 'Historischer Verein für Steiermark.
Hermannstadt: 'Verein für Siebenbürgische Landeskunde.
Innsbruck : * Ferdinandeum.
Klagenfurt: * Geschichtsverein für Kärnten.
Laibach: • Museal -Verein für Krain.
Lina: 'Museum Francisco-Carolinum.
Prag: 'Verein für Geschichte der Deutsclien in Böhmen.
Wien: ' Alterthumsverein.
— 'Verein für Landeskunde von Nieder-Oesterreich.
— 'K. K. Heraldische Gesellschaft »Adler«.
RuMland. *
Dorpat: 'Gelehrte Esthnische Gesellschaft.
Riga: 'Gesellschaft für Geschichte und Alterthumskundc der Ostseeprovinzen
Russlands.
St. Petersburg: 'Commission imperiale archeologique.
Schweden.
Stockholm: 'Nordiska Museet.
— 'Kongl. vitterhets historie och antiquitets academien.
Schweiz.
Aarau: 'Historische Gesellschaft des Kantons Aargau.
Basel: 'Historische und antiquarische Gesellschaft.
Bern: 'Historischer Verein des Kantons.
Frauenfeld: 'Historischer Verein des Kantons Thurgau.
Freiburg i. Ue.: 'Deutscher geschichtforschender Verein des Kantons Freiburg.
Genf: 'Societe d'histoire et d'archeologie.
Luxern: 'Historischer Verein der fünf alten Orte.
St. Gallen: 'Historischer Verein.
Sehaffhaueen : ' Historisch-antiquarischer Verein.
Zürich: 'Allgemeine geschichtsforschcnde Gesellschaft der Schweiz.
— 'Antiquarische Gesellschaft (Gesellschaft für vaterländische Alterthümer).
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I
I
Verein für Geschichte und Alterthumskunde
zu
Frankfurt a. M.
Geschäftliche Mitthet hingen.
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I. Bericht über die Thätigkeit des Vereins im Jahre 1896.
Krsuttct in der Gencr.dvers.iinniluni' am jN. Januar 1897.
Dem Berichte Uber das abgelaufene Vcreinsjahr dürfen wir die
Bemerkung vorauss« birken, dass wir auch diesmal mit Befriedigung auf
unsere Tbätigkeit zurückblicken können.
Der Vorstand des Vereins bestand nach den in der vorjährigen
Generalversammlung erfolgten Erganzungswahlen aus den Herren:
Konservator Otto Cornill,
Pfarrer Dr. Hermann Dechen/,
Maler Otto Donntr~von Richter,
Stadtarchivar I >r. RudolJ Jung,
Kaufmann Wilhelm \fappes,
Bibliothekar Dr. Heinrieh von Xathusius-Xeinstedt ,
Senator Dr. l'.mil von Oven,
Kaufmann Emil Padjtra,
Professor Dr. Alexander Kiese,
Professor Dr. Georg Ho/ ff.
Vorsitzender war Herr Dr. Jung, Stellvertreter desselben Herr Dr.
von .Xathusius; das Amt des Schriftführers bekleidete Herr Mafifies, das
des Kassiers Herr Padjera. Die in unseren Satzungen vorgesehenen
Kommissionen bestanden aus folgenden Mitgliedern: die Kedaktions-Kom-
mission aus den Herren Jung, Donner und Riese, die Lokal-Kommission
aus den Herren Padjera, Reutlinger und Traut, die E.vkursions-Kommission
aus den Herren von Nathusius, Padjera, Kober, die Bibliotheks-Kommission
aus den Herren Jung, von Xathusius und Heuer. Die an den ersten
Stellen genannten Vorstandsmitglieder führten satzungsgemäss den Vorsitz
in den einzelnen Ausschüssen. Die laufenden Geschäfte des Vereins an
dessen Geschäftsstelle im Stadtarchiv, die Verwaltung der dort aufgestellten
Vereinsbibliothek und die Redaktion der für das Korrespondcnzblatt der
Westdeutschen Zeitschrift bestimmten Vortragsberit: hte erledigte wie bisher
der Vorsitzende.
Nach unseren Satzungen ist jetzt die Amtsdauer der in der General-
versammlung des Jahres 1895 gewählten Herren Peehent, fung, von Oven.
Padjera und W'olff zu Ende. Herr Pfarrer Dr. Dcehent hat auf eine
Wiederwahl verzichtet, die anderen Herren haben sich bereit erklärt;
_ IV _
eine etwa auf sie fallende Wiederwahl anzunehmen ; wir haben desshalb
ihre Namen auf den Ihnen vorliegenden Stimmzettel gesetzt und die
\amen von 6 weiteren Herren hinzugefügt: wir hitten Sie, fünf Herren
in den Vorstand zu wählen, und bemerken, dass Sie in keiner Weise an
den Wahl Vorschlag des Vorstandes gebunden sind, da nach unseren
Satzungen jedes männliche Mitglied in den Vorstand gewählt werden
kann. Wir bitten zu beachten, dass nur diejenigen Stimmzettel Gültigkeit
haben, auf denen fünf Namen nicht durchstrichen sind.
Für die Revision unserer Kassenführung haben uns die
Herren Dibelkn und SehuihharJ zu bestem Danke verpflichtet; der
Kassenführer wird Ihnen nachher die von den Revisoren geprüfte und
richtig befundene Jahresrechnung für 1896 vortragen. Dem Antrage des
Vorstandes, beide Herren Revisoren auch um die Prüfung der Rechnung
des laufenden Jahres zu bitten und für den Fall eines nöthigen Krsatzcs
die Herren Kaufmann Philipp Paulx und Geri< htssekretür Hermann
Mentzel zu bestimmen, werden Sie gewiss beitreten.
Unser Mitgliederbestand belicf sich am 1. Januar 1896 auf
383 Mitglieder; von diesen schieden durch Ableben oder Austrittserklärung
19 aus und 8 neue Mitglieder wurden aufgenommen, so dass wir das neue
Jahr mit einem Bestände von 372 Mitgliedern beginnen. Hin mit dem
31. Januar 1896 abgeschlossenes Verzeichniss unserer Mitglieder finden
Sie im letzten Bande unserer Vereinszeitschrift, der im abgelaufenen
Jahre in Ihre Hände gekommen ist.
Ausser diesem 5. Bande der III. Folge unseres > Archivs f ü t
Frankfurts Gcsch ichtc und Kunst« haben wir den Jahrgang
1895 des »Korrespondenzblattes der Westdeutschen Zeit-
schrift« mit dem » I.i m e sb 1 a 1 1« an die Mitglieder ausgegeben. Zur
Vertheilung für 1897 sind in Aussicht genommen: Jahrgang 1X96
des K o r re s p o n d e n z b I a 1 1 es . Heft II der » M i 1 1 h e i 1 u n g e n
über Römische Funde in Heddernheim« und das von Herrn
Dr. fun* bearbeitete Werk »Das Historische Archiv der Stadt
Frankfurt a. M., seine Bestände und seine Geschichte.«
Von den Heddernheimer Mittheilungen, die je nach Bedürfniss in zwang-
loser Folge erscheinen sollen, wurde das erste Heft 1894 ausgegeben:
das zweite wird eine Uebersicht der in der benachbarten Römcrsladt
gefundenen Münzen, die vergleichende Beschreibung einer dorther stam-
menden Minerva-Statuette des Historischen Museums sowie endlich eine Alt-
handlung Uber Heddernheim und die Heddernburg im Mittelalter bringen ;
ob wir dem Hefte noch einen ausführlichen Bericht mit den nöthigen
Karten und Tafeln über unsere vorjährigen Ausgrabungen in Heddern-
heim beifügen können, erscheint zweifelhaft, da diese Ausgrabungen im
kommenden Frühjahre noch einer Ergänzung bedürfen. In dem Werke
über das Archiv, das wir zur Ergänzung der vier Bände »Inventarc des
Frankfurter Stadtarchivs« mit städtischer Unterstützung veröffentlicht
- V -
haben, finden Sic als Haupttheil eine Uebersicht Uber die gesammten
reichen Schätze des Historis« hen Archivs, wahrend die »Inventare« mit
genaue Verzeichnisse eines kleinen Theiles desselben, der rein politischen
Urkunden und Akten vor dem Jahre 1500, geben. Dass mit diesem
Bande die Herausgabe der Archivinventare vorläufig abgeschlossen wird,
ist bereits im vorigen Jahresberichte mitgesheilt worden ; wir haben für
dieselbe während der letzten zehn städtischen Haushaltsjahre vom 1. April
1886 ab bis zum 31. März 1896 die Gesammtsumme von 10,000 Mark
aus städtischen Mitteln bezogen, die auch so ziemlich für diese Ver-
öffentlichungen aus dem Stadtarchive verbraucht wurden, so dass unsere
Finanzen damit nicht belastet wurden. DafUr sei auch an dieser Stelle
den städtischen Behörden für diese Unterstuzung geziemender Dank aus-
gesprochen.
Von sonstigen Schriften aus dem Gebiete der Frankfurter Geschichte
und Kunstgesc Nichte, an welchen unser Verein herausgebend oder fördernd
betheiligt ist, gedenken wir zunächst des von uns in Gemeinschaft mit
dem Architekten- und Ingenieur- Verein herausgegebenen und von den
Herren Stadtbauinspektor Dr. Ilo/ß und Stadtarchivar Dr. f*Hg be-
arbeiteten Werkes »Die Baudenkmäler in Fr a n k f u r l a. M.«< Die
/weite Lieferung desselben ist Mitte November 1896 erschienen : sie schliesst
den ersten Band ab, welcher die Kirchenbauten, die noch bestehenden
wie die untergegangenen, behandelt und ein geschlossenes Ganzes für sich
bildet. Dank der reichen UnterstUzung. welcher sich dieses so schön
ausgestattete und von der wissenschaftlichen Kritik so beifällig aufge-
nommene Werk erfreut, brauchten wir bis jetzt und wohl auch fernerhin
keinen ZuschuSS zu den beträchtlichen Kosten zu leisten. Unsere Mit-
glieder erhalten das Werk, wenn direkt bei dem Kommissionsverlag dei
K. '/Vi. I 'olrftti 'sehen Buchhandlung bezogen, zu 75% des Ladenpreises.
Das von uns unterstützte Werk des Herrn Anton Bing. »Rückblicke
auf die Geschichte d e s Frankfurter Stadttheaters von
dessen Selbständigkeit (1792) bis zur Gegen warte», welches
m Selbstverlage des Verfassers erscheint, liegt jetzt in zwei Bänden
vollendet vor; wie alljährlich seit 1891, so haben wir auch im abge-
laufenen Jahre dem Verfasser zur Vollendung dieser Theaterchronik einen
kleinen Beitrag bewilligt. Auch an einem Werke des Herrn Dr. Quilling
»Aus städtischen und privaten Sammlungen in Frank
fürt a. M.cc, welches hervorragende Kunst- und Alterthumsgegenständc
in hiesiger Stadt mit den nöthigen wissenschaftlichen Erläuterungen
allgemein bekannt zu machen bestimmt ist, haben wir uns mit einem
Zuschüsse aus Vereinsmitteln betheiligt, um das Erscheinen des Werkes,
von welchem schon einige trefflich ausgeführte Tafeln vorliegen, zu er-
möglichen. Näher sind wir, wie Ihnen aus dem Jahresberic ht für 1895
bekannt, an einer Veröffentlichung des Herrn Archi\raths Dr. (irotrfrnti
über das Wirken des K ö n i g s I i e u t e n a n t s Grafen Thoranc in
- VI -
Frankfurt 1759 — »763 bethciligt; dieses Werk wird ganz in unserem
Auftrage und auf unsere Kosten herausgegeben und soll den Mitgliedern
als Vcrcinsgabc im Jahre 1898 dargebracht werden. Durch das vor
Kurzem erschienene Werk von Martin Schubart Uber den Königslieutenant
(München, Bruckmann, 1896) ist diese interessante Persönlichkeit in ihren
künstlerischen Bestrebungen und in ihrer Einwirkung auf den jugendlichen
Wolfgang Goethe wieder der Gegenstand allgemeiner Aufmerksamkeit
geworden: unsre Veröffentlichung, zu deren Kosten das Freie Deutsche
llorlmift einen Beitrag gesteuert hat, soll in Ergänzung des Schi/barf'schen
Buches den Königslieutenant in seinen Beziehungen zur Stadt, in seinem
bedeutsamen Wirken zur Verbesserung der städtischen Verhältnisse dar-
stellen und damit zugleich die bisher noch fehlende Geschichte der
französischen Okkupation unserer Stadt während des siebenjährigen
Krieges geben.
Im abgelaufenen Vercinsjahrc fanden 11 wissenschaftliche
Sitzungen statt, in denen über nachfolgende Themata Vorträge ge-
halten wurden:
1) Einige Beiträge zur Topographie der Stadt Frankfurt. (//. Wehner.)
2) Das Deutschordens - Haus und dessen Kirche. (Dr. A\ Jung.)
3) Hoffaktor Samson Wertheimber 1658 — 1724 und seine Be-
ziehungen zu Frankfurt. (Dr. //. Traut.)
4) Frankfurter Familien vor 1806. (Dr. A. Dietz.)
5) Zur freistädtischen Verfassungsgcschu hte. (Senator Dr. r. Oven.)
6) Das Wac hsthum der Frankfurter Bevölkerung im XIX. Jahr-
hundert. (Dr. H. Bleicher.)
7) Römische Mosaikbilder mit besonderer Berücksichtigung der
neuesten Erwerbungen des Historischen Museums. (Üx.F.Quilling.)
■S) Römische Plastik in deutschen Provinzialmuscen. (Dr./. Ziehen)
9) Die diesjährigen Ausgrabungen des Vereins in Heddernheim.
(Prof. Dr. G. Wolff.)
10) Die römische Odenwald-Linie und die neuesten Ergebnisse der
Limes-Forschung. (Dr. Anthes aus Darmstadt.)
ir) Die Zahnheilkunde im Alterthum. (Dr. G. /'. Geist.)
Die Sitzungen, in welchen diese Vorträge gehalten wurden, waren
von durchschnittlich 35 Mitgliedern besucht, eine Zahl, die gegen die
früheren Jahre nicht unwesentlich zugenommen hat. Kurze Berichte
«Iber alle diese Vorträge, die z. Th., wie Nr. 2, 4, 6 und 11, umfang-
reichere Arbeiten der Vortragenden in gedrängter Kürze wiedergaben,
wurden wie üblich im Korrcspondcnzblatte der Westdeutschen Zeitschrift
veröffentlicht. Wir erfüllen nur eine angenehme Pflicht, wenn wir den
Herren Rednern auch an dieser Stelle unseren besten Dank für Ihre
freundliche Bereitwilligkeit aussprechen.
Wie im Jahre 1895, haben wir es auch im abgelaufenen Vereins-
jahrc mir zu einem Verci nsausfltige gebracht; auf diesen aber dürfen
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wir mit dem Gefühle voller Befriedigung zurückblicken. Kr führte uns
in Gemeinsc haft mit dem Architekten- und Ingenieur-Verein am 31. Mai
nach Gelnhausen, wo die Herren Landesbauinspektor Wohlfahrt und
Stadtbauinspektor Dr. Ho/ff, und von da nach Büdingen, wo Herr
Überingenieur Sc/wiick die Führung und sachverstandige Erläuterung
übernommen hatten. Die herrlichen Bauwerke, die wir sahen und deren
Verständniss uns durch unsere Führer nahe gebracht wurde, die zahl
reiche Betheiligung, das Zusammensein mit den Mitgliedern des anderen,
uns befreundeten Vereins und endlich das schöne Frühjahrswetter erhielten
uns während des ganzen Tages in gehobenster Stimmung. Der dem
Vorstande mehrfach ausgesprochene Wunsch, dass wir uns auch ferner
ab und zu mit den Architekten und Ingenieuren zu gemeinschaftlichen
Ausflügen nach baugeschichtlich denkwürdigen Orten verbinden, soll,
was uns belangt, nicht ohne Berücksichtigung bleiben.
Von der uns auf drei Jahre bewilligten stadtischen Subvention von
1000 Mark ist gemäss Beschluss der vorjährigen Generalversammlung —
der betreffende Antrag aus der Mitte der Versammlung kam der gleichen
Absicht des Vorstandes bevor — die Hälfte für Ausgrabungen in
unserer nächsten Umgebung vorbehalten worden. Der Vorstand ist
weiter gegangen; er hat für diese Zwecke im abgelaufenen Jahre aus
eigenen Mitteln 750 Mark verwendet und ausserdem noch je 100 Mark
dazu vom Vereine für das Historische Museum und von der städtischen
Kommission für Kunst und Alterthumsgegenstände erbeten und erhalten,
wofür uns beide Körperschaften zu lebhaftem Danke verpflichtet haben.
Herr Professor llo/ff. unter dessen Leitung diese Ausgrabungen vor-
genommen wurden, hat dem Vorstande über Verlauf und Bedeutung
derselben nachfolgenden Bericht erstattet:
»Schon Habel hatte die Vermuthung ausgesprochen, dass die Römer-
stadt Heddernheim im Anschluss an ein älteres Kastell entstanden sei,
welches er im östlichsten Theil desselben mit der Krönt nach Osten
suchte. Ks wirklich nachzuweisen, war weder damals noch später
gelungen. Dies blieb den Nachgrabungen vorbehalten, welche unser
Verein im vorigen Herbste eigens zu diesem Zwecke unternahm. Bei
denselben ging man von wesentlich anderen geschichtlichen Voraus-
setzungen aus, als die, welche früher zur Annahme eines Kastells ver-
anlasst hatten. Die Auffindung der Milrtärziegeleien in Nied, sowie der
Kastelle Kesselstadt, Hof heim, Okarben und Friedberg, deren Bauzeit
ebenso wie die der /weifellos gleichartigen Anlagen von Frankfurt und
Höchst mit Hülfe der aus seinen Ziegeleien stammenden Ziegelstempcl
mit Sicherheit bestimmt werden konnte, hatten die Annahme beseitigt,
dass die durch Domitians Chattcnkrieg eroberte Wetterau noch im ersten
Jahrhunderte nicht nur durch Grenzkastelle, sondern auch durch zwei
am Main und am Kusse des Taunus entlang angelegte Etappenthürme
mit Kastellen gesichert wurde. Dass ein solches Kastell an der Stelle
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- VIII -
der Römerstadt bei Heddernheim lag, dafür spra« h nicht nur die l äge
des Platzes, sondern auch die Thatsachc, dass die für die genannte Zeit
charakteristischen Ziegelstempel der 8., 14. und 21. Legion theils früher,
theils in den letzten Jahren gefunden waren, und zwar sämmtlich theils
auf dem Friedhofe, theils östlich desselben bis zur östlichen Stadtmauer.
Dazu kam, dass bei den auf Kosten des Historischen Museums unter
nommenen Ausgrabungen auf dem neuen christlichen Friedhofe neben
und unter den Resten des spätrömischen Forums sich solche eines
alteren Gebäudes fanden, w elche mit Rücksicht auf technis» he Kigen
thümlichkeiten und die in ihnen gefundenen Ziegelstempel schon damals
als Bestandteile eines Militärbades angesprochen wurden, wie sich
snhhe regelmässig hinter oder neben den römischen Kastellen der
Grenzlande finden. Alle diese Momente sprechen ebenso wie die
Beschaffenheit des Terrains dafür, dass das gesuchte Kastell da gelegen
habe, wo Habel es annahm. Für seine Aufsuchung aber konnten die
von Habel gegebenen Anhaltspunkte nicht benutzt werden, da er von
der Voraussetzung ausging, dass das Kastell zur Zeit des Bestehens der
Stadt noch fortbestanden habe und daher geneigt war, die ihm ge-
machten Mittheilungen über das Ausbrechen eines thurmartigen Bau
werkes auf das westliche Kastellthor zu beziehen, welches er, der von
ihm vorausgesetzten Orientierung entsprechend, als porta decumana ansah
Alle neueren Beobachtungen aber sprechen dafür, dass das gesammte,
für das Kastell in Anspruch genommene Terrain von spätrömischen
Gebäuden, und zwar gerade von besonders ausgedehnten und reich
ausgestatteten, bedeckt war. Wenn daher dort ein Kastell gelegen hatte,
so musste es bereits von den Römern geschleift und seine Reste von
späteren Gebäuden und Strassen bedeckt sein. Nur die Wallgräben
und mit Schutt ausgefüllten Fundamentgruben der Mauern und Thttrmc
konnte man zu finden erwarten, und auch diese /.. Th. bis zur Un
kenntlichkeit entstellt und zerstört durch spätere Fundamente, Keller
und Heizanlagen. Bei der Ausarbeitung des Arbeitsplanes wurde daher
von jeder Rücksicht auf die unter dem Boden nach Mittheilungen der
Ackerbesitzer noch vorhandenen Fundamente abgesehen. Lediglich die
Beschaffenheit des Terrains und die bei anderen Kastellen in dieser
Hinsicht gemachten Beobachtungen waren maassgebend; daneben w urden
die von Habel festgestellten und auf seinem Plane eingetragenen Strassen
der Römerstadt mit Vorsicht berücksichtigt. Insbesondere schien die
Lage der Südseite durch die AbbÖschung der erhöhten Fläche nach
der Nidda und die Lage der als Militärbad angesehenen Reste auf dem
Friedhofe gegeben. Immerhin war es ein grosser Glücksfall, dass die
ersten Versuchsgräben auf dem einzigen, anfangs zur Verfügung stehenden
Acker zunächst die Profile zweier Spitzgräben von 3 in Tiefe und
«S — 9 m Breite uns dann hinter denselben den Fundamenteinschnitt der
über 2 m starken südlichen Umfassungsmauer erkennen liessen. Gleich-
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zeitig aber bestätigte sich die angedeutete pessimistische Ansuht über
die Beschaffenheit der Resie in vollem Umfange. Nirgends wurde das
kleinste Stück eines Mauerfundaments erhalten gefunden. An vielen
Stellen zogen sich quer über die Fundamentgruben und die ausgefüllten
Spitzgräben besser erhaltene Fundamente spätrömischer Gebäude, deren
Keller und Hypokausten z.Th. gut erhalten, z. Th. aber ebenfalls so aus-
gebrochen waren, dass man die Unterscheidung der älteren und jüngeren
Fundamenteinschnitte öfters sehr schwer erkennen konnte und Sicherheit
nur durch fortwährende Messungen und Aulnahmen, für welche Herrn
Ingenieur Schlemmer in Heddernheim lebhafter Dank gebührt, ermöglicht
wurde. Trotz dieser aussergewöhnlichen Schwierigkeiten konnte die
Südseite des Kastells in ihrer ganzen Ausdehnung mit den beiden
abgerundeten Ecken, dem durch zwei ThUrme flankierten Doppelthorc
und vier zwischen diesem und den F.cken liegenden Pfeilerthürmen fest-
gestellt werden, ebenso Theile der westlichen und östlichen Seite, welche
auf der ersteren gleiche Intervalle der ThUrme erkennen liessen und
bezüglich der letzteren bestätigten, dass sie mit der östlichen Stadtmauer
zusammenfiel, jedoch nicht so, dass sie dieselbe vertrat, sondern so, dass
diese in erheblich grosserer Breite an ihre Stelle getreten war. Die
l,änge der Südseite, 184 m, entsprach der der Langseiten grösserer
Limeskastelle. Dies schien anfangs für die Richtigkeit der Annahme
Habels zu sprechen, dass das Kastell nach Osten gerichtet war. Aber
die unter dieser Voraussetzung an beiden Seiten der Praunheimer Land-
Ntrasse vorgenommenen Grabungen blieben erfolglos, und da sich über-
dies herausstellte, dass das Thor genau in der Mitte der Südseite lag,
wurde es immer wahrscheinlicher, dass man in demselben die porta
(Jecumana zu erblicken halte und dass das Kastell mit seiner Längen-
achse nach dem Taunus gerichtet war. Dann inusste es in dieser
Richtung sich erheblich weiter erstrecken, als Habel vermuthet hatte:
und so war es. Mit der Auffindung der Nordseite wurden die dies-
jährigen Arbeiten beendigt. Die Grösse und Gestalt des Kastells war
vollkommen ermittelt. Mit 283:184 m Länge und Breite übertrifft es
die Saalburg fast um das Doppelte an Flacheninhalt und kommt dem
Kastell von Okarben nahe. Diese Grössenverhältnisse ebenso wie die
Masse der Mauern und ThUrme, sowie die Beschaffenheit der wenigen,
aber charakteristischen FundstUcke weisen es. die bei Beginn der Arbeit
gehegten Voraussetzungen bestätigend, der Gruppe von Befestigungen
zu, welche dem Chattenkrieg Domitians im vorletzten Jahrzehnt des
ersten nachchristlichen Jahrhunderts ihre Entstehung verdanken, derselben
Gruppe, weh her auch die auf dem Boden der Allstadt Frankfurt ge-
fundenen Trümmer angehören und zu der die den späteren Limes-
kastellen am Taunus entsprechenden kleineren und älteren Erdkastelle
in einer noch weiter aufzuklärenden Beziehung stehen. Auf das Ver-
hältnis des Heddernheimer Kastells zum römischen Frankfurt einerseits
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und zu der unter der Saalburg nachgewiesenen älteren Krdschan/e
andererseits wirft die sUd-nördliche Orientirung des ersteren ein ganz
neues Licht. (lerade aus diesem Grunde ist es besonders erfreulich,
dass unser Verein sich die Lösung dieser für die Vorgeschichte unserer
Siadt und ihrer Umgebung so hochwichtigen Frage nicht hat entgehen
lassen, vielmehr durch die Uebernahme dieser Arbeit in sehr bedeut-
sanier Weise in die Reihe derjenigen Vereine getreten ist, welche die
Reichs- l.imis- Kommission in der Erfüllung ihrer grossen wissenschaft-
lichen und nationalen Aufgaben zu unterstutzen suchen.«
Der Vorstand verfehlt nicht, allen Herren, welche sich der Leitung
oder Ueberwachung der Arbeiten in Heddernheim unterzogen haben,
seinen verbindlichsten Dank auszusprechen: er gilt vornehmlich den
Herren Professoren W'olff, Riest und Pelissier. Oberstabsarzt Dr. Küthe,
Dr. Quillittg und Architekt Thomas, nicht zuletzt aber den Herren Bürger-
meister Wentel und Ingenieur Schlemmt r in Heddernheim, ohne deren
stets bereite Mitarbeit und Beaufsichtigung an Ort und Stelle unsere
Aufgabe nicht so befriedigend hätte gelöst werden können. Am 31. Ok-
tober, wenige Tage na< h dem oben erwähnten orientierenden Vortrage
Professor Wolfft besuc hten wir unter dessen Fuhrung die Stätte der
Ausgrabungen ; von dem Interesse, welches diese Arbeiten bei unseren
Mitgliedern erregten, zeugt der l'mstand, dass an dieser Besichtigung
nic ht weniger als 7c Personen aus Frankfurt Theil nahmen; diesen gesellten
-ich verschiedene Herren aus Höchst, Homburg, Friedberg und Darmstadt
zu, die an den Ausgrabungen in unserer weiteren Umgebung hervorragend
betheiligt sind.
Im Anschluss an diese Ausgrabungen darf erwähnt werden, dass
wir uns an der Sammlung für einen Denkstein zur Erinnerung
an Cohausen, der auf der Saalburg errichtet wurde, mit einem kleinen
Beitrage betheiligt haben.
Im Oktober ergingen an uns, wie an den Vorstand des Museal-
vereins, Einladungen von Seiten des Herrn Dr. Kothl in Worms zut
Besichtigung der dortigen neuesten Ausgrabungen sowie des Paulus-
Museums und von Herrn Konservator Paiiai in Wiesbaden zur Pe-
sic htigung des dortigen neu aufgestellten Alterthums-Museums. An beiden
Ausflügen nahmen Mitglieder des Vorstandes Theil.
Von auswärtigen Cieschichtsvereinen sind im abgelaufenen Jahre in
Sc h ri ften aus tausch getreten :
Dillingen a. I)., Historischer Verein IUr Dillingen und Umgebung,
Wolfenbuttel. Ortsverein ftlr (leschichte und Alterthumskunde zu
Braunschweig und Wolfenbuttel,
Freiburg i. Ue., Deutscher geschichtforschender Verein des Kantons
Freiburg.
Die Sc hriften dieser Vereine liefern wir vertragsgemäss an die Stadl
hiblioihek ab. Ein genaues Ver/ei» hniss der mit uns in Schriftentausc h
- XI -
stehenden Vereine und Gesellschaften finden Sie im letzten Kande unserer
Yereinszeitschrift.
Von unserer Bibliothek und unserem Lager an Vereins-
schriften gilt dasselbe, was wir in den letzten Jahresberichten gesagt
und gewünscht haben: wir empfehlen beide der flüssigeren Benutzung
unserer Mitglieder.
Auf der vorjährigen Generalversammlung des (lesani mtvereins
der deutschen G esc nichts- und A l te rt hu ms ve rei ne in Blanken-
burg hat uns unser Khrenmitglied, Herr Archivrath Dr. Grotefemi. vertreten :
die Berichte Uber die Verhandlungen sind in dem Korresponden/.blatte des
Gesammtvereins abgedruckt: unsere Yereinsintcressen näher berührende
Fragen wurden auch diesmal nicht erörtert. Die vierte Versammlung
deutscher Historiker, welche ungefähr zu gleicher Zeit in Innsbruck
stattfand, konnten wir nicht beschicken; auch die dortigen Verhandlungen
waren für unseren Verein und seine derzeitigen Arbeiten nicht von
direkter Wichtigkeit.
Im Oktober des laufenden Jahres wird der Verein das vierte Jahr-
zehnt seiner Thätigkeit vollenden. Er darf es in dem Hewusstsein he-
schliessen, in diesen vierzig Jahren nicht vergebens gearbeitet zu haben,
er kann in das fünfte Jahrzehnt seines Bestehens mit der Hoffnung ein
treten, dass auch dieses hinler seinen Vorgängern nicht zurückbleiben wird'
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r
II. Rechnungs-Abschluss für das Jahr 1896.
- XIV -
I^innahme.
1896.
1. Jan.
31. Dez.
>» >»
»» >»
An Cassa-Conto
Baarbestand
An Mitglieder-Beitrag-Conto
Jahresbeiträge der Mitglieder des Vereins .
An Subventions-Conto
Unterstützung der stadtischen Behörden
für 1896/97
für 1897/98
An Ausgrabungs-Conto
Unterstützung des Vereins für das Historische
Museum für Ausgrabungen
desgl. der städtischen Kommission für
Kunst- und Alterthums-Gegenstände für
Ausgrabungen
An Effekte n-Conto
Zinsen der österreichischen Loose . . .
An Verlags-Conto
Verkauf von Vereinsschriften
An Sparkasse-Conto
Zahlung der Frankfurter Gewerbekasse
M.
1000
1000
Mo
100
Fl.
M
519 4.
2530
2U(M>
1*00
714»; 1
Frank furt a. M
r
- XV -
Per Verlags-Conto
Honorare
Satz und Druck des Archivs für Frankfurts
Geschichte und Kunst, III. Folge, Bände
IV und V
Per Bibliothek-Conto
Ankauf von Büchern und Zeitschriften . .
Buchbinderarbeiten
Per Frankfurter Gewerbekasse Co Ct A.-
Conto
Zahlung
Per Ausgrabungs-Conto
Ausgrabungen bei Heddernheim ....
Per Unkosten-Conto
Druckzuschuss zu A. Bings Rückblicken auf
die Geschichtedes Frankfurter Stadttheaters
Beitrag zum Gesammt-Verein und für 10
Protokolle der General- Versammlung in
Blankenburg a. H
400 Exemplare des Korrespondenz-Blattes
der Westdeutschen Zeitschrift nebst Porto
Vertretung des Vereins bei der General-
Versammlung in Blankenburg a. H. . .
Lokalmiethe
Inserate
Druckarbeiten
Beitrag zum Denkstein für A. v. Cohausen
Erhebung der Mitglieder-Beiträge und Aus-
tragen der Vereinsschriften
Schriftliche Arbeiten
Porti, Schreib- und Packmateria!, Vergütung
für Dienstleistungen und kleine Ausgaben
Vereinsdiener
Per Cassa-Gonto
Baarbestand
M.
799
3641
57
30
100
18
172
6
150
42
34
30
73
25
223
50
Dezember 1896.
Pf.
40
80
55
50
30
12
60
49
97
M.
4440
PL
40
88 ! 35
250
950
925
491
7140
98
42
Emil Padjera,
d. Z Kassen führ er.
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III. Bericht über die Thätigkeit des Vereins im Jahre 1897.
Erstand in der Generalversammlung am 20. Januar 1898.
im abgelaufenen Jahre 1897 war es unserem Vereine vergönnt,
das vierte Jahrzehnt einer, wie wir rühmen dürfen, erfolgreichen Thätig-
keit zu beschliessen und das fünfte unter günstigen Aussichten für die
Zukunft zu betreten.
Um die Mitte der 50er Jahre empfanden die Alterthümer sammeln-
den Kreise in Frankfurt immer mehr das Bedürfniss nach Besprechung
der gemeinsamen Angelegenheiten und Sammelgegenstände. Die seit
1837 bestehende Gesellschaft für Frankfurts Geschichte und Kunst kam
diesem Bedürfniss nicht entgegen; sie wirkte nur publizistisch und hatte
keinen rechten Boden in der Bürgerschaft. Herr Johann Adam Hermann
Osterrieth regte desshalb die Gründung eines »Vereins zur Erhaltung
von Monumenten deutscher Kulturgeschichtea an und brachte eine Aus-
stellung von solchen in Vorschlag. Am 18. Oktober 1856 fand im
Ostcrriethschen Hause, Rossmarkt 18, die erste Sitzung der von ihm
geladenen Alterthumsfreunde statt; anwesend waren die Herren Schmidt-
von der Launitz, H. 7'on Meyer, Euler, Reiffenstein, E. von Harnier,
G. Malss der Jüngere, M. Gontard und Osterrieth; ausserdem waren
geladen: Usener, Passavant, Hessemer, Römer, Soemmerring und Ruppell —
von allen diesen Herren weilt nur noch Herr Justizrath Dr. Eduard von
Harnier unter den Lebenden. Osterriet hs Antrag auf Gründung des
Vereins wurde genehmigt, eine Sammlung von Alterthumsgegenständen
im Osterriethschen Hause beschlossen. Im Frühjahr und Sommer 1857
fanden weitere, den Verein und die Ausstellung vorbereitende Sitzungen
statt; immer mehr tritt jetzt die Gründung des Vereins in den Vorder-
grund, für den im Herbst ca. 170 Anmeldungen vorlagen. Am 30. Ok-
tober 1857 fand die erste, konstituierende Generalversammlung statt, in
welcher die eigentliche Vereinsgründung erfolgte. Auf die Geschichte
und die bisherige Thätigkeit des neuen Vereins für Geschichte und Alter-
thumskunde soll hier nicht näher eingegangen werden;' wir beschränken
• Vgl. darüber ausser den Protokollen und Akten des Vereins auch dessen
Mittheilungen I, 1 ff. und V, 29 ff. Das Jubilacum des 2 j jährigen Bestehens wurde
am 11. September 1881, als der Gesammtvercin der deutschen Gcschichtsvercinc
in Frankfurt tagte, festlich begangen ; man nahm damals als den Anfang des Vereins
die vorbereitende Versammlung vom 18. Oktober i8j6.
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uns darauf festzustellen, dass von den 186 Mitgliedern, welche der Verein
Ende 1857 zählte und welche wir als Mitbegründer betrachten dürfen,
noch folgende Herren, abgesehen von der Firma /. er* S. Goldschmidt,
das 40jährige Jubilaeum erlebt haben : Justizrath Dr. Eduard von Jfarnier,
Franz Jügel. Geheimrath Dr. Karl von Mettenheimer in Schwerin i. M.,
August Osterrieth , Senator Dr. Emil von Oven, Freiherr Willy von
Rothschild. Möchte es diesen Herren beschieden sein, in zehn Jahren
auch die goldene Jubelfeier unseres Vereins zu erleben! Als wir am
28. Oktober vorigen Jahres in einem neuen Räume unsere Winter-
sitzungen wieder aufnahmen, erinnerte der Vorsitzende des Vorstandes
in einer längeren Ansprache an die vor 40 Jahren geschehene Gründung
des Vereins, gab einen Ueberblick Uber dessen seitheriges Wirken und
schloss mit der Aufforderung, im neuen Jahrzehnt und im neuen Vereins-
raum den alten Weg weiter zu gehen zu unserem Ziele: zur Aufhellung
der ruhmreichen Vergangenheit unserer Stadt; dann werde die Theil-
nahme der Bürgerschaft, die wohlwollende Förderung der Behörde, vor
allem aber die treue Gefolgschaft unserer Mitglieder uns auch im fünften
Jahrzehnt des Vereinslebens das Geleite geben! -
Der Vorstand des Vereins setzte sich nach den in der General-
versammlung am 28. Januar 1897 erfolgten Wahlen aus nachfolgenden
Herren zusammen:
Konservator Otto Cornill,
Maler Otto Donner-von Richter,
Stadtarchivar Dr. Rudolf Jung,
Kaufmann Wilhelm Mappes,
Bibliothekar Dr. Heinrich von Nathusius-Neinstedt,
Senator Dr. Emil von Oven,
Kaufmann Emil Padjera,
Professor Dr. Alexander Riese,
Professor Dr. Georg Wolf,
Stadtbauinspektor Dr. Karl Wolf.
Das Amt des Vorsitzenden bekleidete Herr Dr. Jung, das des
Stellvertreters des Vorsitzenden Herr Professor Wolf; Schriftführer war
Herr Mappes, Kassenführer Herr Padjera. Nach der gleich zu erwähnenden
Ernennung des Herrn Senators von Oven zum Ehrenmitglied des Vereins
kooptierte der Vorstand gemäss den §§ 10 und 19 unserer Satzungen
eine auf dem Gebiete der Frankfurter Ortsgeschichte vielbewährte Kraft,
den Herrn Architekten Christian Ludwig Thomas, welcher in der vor-
jährigen Generalversammlung unter den zur Wahl in den Vorstand
vorgeschlagenen, aber nicht gewählten Kandidaten die höchste Stimmen-
zahl auf sich vereinigt hatte; Herr von Oven wohnte von da ab nur
noch mit berathender Stimme den Vorstandssitzungen bei. Die in den
Satzungen vorgesehenen Kommissionen bestanden aus folgenden Herren :
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- XIX -
die Redaktions-Kommission aus den Herren Jung. Donner und Riese, die
Lokal-Kommission aus den Herren Padjera, Reutlingen und Traut, die
Exkursions-Kommission aus den Herren Padjera, K. Wolff und Kober,
die Bibliotheks - Kommission aus den Herren Jung, Neuer und Traut.
Die an den ersten Stellen genannten Vorstandsmitglieder führten satzungs-
gemäss den Vorsitz in den Ausschüssen. Die laufenden Vereinsgeschäftc
an unserer Geschäftsstelle im Archivgebäude, die Verwaltung der dort
aufgestellten Vereinsbücherei, die Redaktion der für das Korrespondenz-
blatt der Westdeutschen Zeitschrift bestimmten Vortragsberichte besorgte
der Vorsitzende.
Wie bereits erwähnt, hat der Vorstand im Berichtsjahre unseren
all verehrten Senator Dr. von Oven, der am i. April 1897 das 80. Lebens-
jahr in von uns allen beneideter Frische des Körpers und des Geistes
vollendete, aus Anlass seines Jubeltages zum Ehrenmitglied gemäss § io
unserer Satzungen mit Einstimmungkeit ernannt. Als Herr von Oven
am 25. März die Reihe unserer Wintervorträge mit einer von reichem
Beifalle begleiteten Uebersicht über die freistädtische Verwaltung und
Verfassung beschloss, gab der Vorsitzende mit Worten ehrender An-
erkennung für das Wirken des Jubilars im Dienste der Vaterstadt, deren
letzter Uberlebender Bürgermeister aus freistädtischer Zeit er ist, und im
Interesse des Vereins, der in ihm das älteste Mitglied nach Jahren des
Lebens und der Mitgliedschaft verehrt, die vom Vorstände vollzogene
Ernennung dem Gefeierten wie den Vereinsmitgliedern kund. Am 1. April
überreichte eine Abordnung des Vorstandes Herrn von Oven in dessen
Wohnung die künstlerisch ausgestattete Urkunde Uber seine Ernennung
zum Ehrenmitgliede, deren Wortlaut hier folgen mag:
Hochverehrter Herr Senator !
Wenn sich unser Verein für Geschichte und Altcrthumskurulc gedrungen
fühlt, Ihnen zu dem Tage, an dem Sie das achtzigste Lebensjahr vollenden,
in besonderer Weise seine herzlichsten Glückwünsche auszusprechen, so crlullt
er damit nur eine Ehrenpflicht, die ihm Ihr langjähriges, hervorragendes Wirken
für den Verein und seine Bestrebungen auferlegt.
Als vor nunmehr 40 Jahren am jo. Oktober 1857 unser Verein ge-
gründet wurde, gehörten Sie, hochgeehrter Herr Senator, zu den ersten,
noch vor Ablauf des Jahres 1857 eingetretenen Mitgliedern, von denen wiederum
Sie an Lebensjahren der älteste sind. Am 29. Dezember 1S68 wurden Sic
von dem Vertrauen der Vereinsmitglieder in den Vorstand berufen : so oft
Sic seitdem zur Wiederwahl vorgeschlagen wurden, jedesmal hat Ihnen die
Generalversammlung dieses Vertrauen von Neuem ausgedrückt, so dass Sic
jetzt auf eine beinahe jojahrige ununterbrochene Thätigkeit als Mitglied des
Vorstandes zurückblicken dürfen.
Aber wir begrüssen heute in IJmen mehr als den Senior des Vereins
und mehr als den Senior seines Vorstandes; wir begrüssen in Ihnen den alle
Zeit eifrigen Förderer unserer Vereinsbestrebungen in ihrem vollen Umfange
und den erfolgreichen Arbeiter auf dem Gebiete der Frankfurter Geschichte.
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Die Wahrung unserer Interessen war Ihnen nicht nur als Mitglied des Vereins
und des Vorstandes angelegen; Sic haben dieselben auch jeder Zeit in Ihrer
.imtlichcn Eigenschaft als Vorstand der Bau-Deputation und als Vorsitzender
der Kommission für Kunst- und Alterthumsgegcnstände gern und bereitwillig
unterstützt. Die Veröffentlichungen unseres Vereines aber verdanken Ihrer
Feder zahlreiche und werthvolle Arbeiten zur Geschichte unserer Vaterstadt,
zur Aufhellung der Zustände des alten Frankfurt, und die Theilnehmer an
unseren Sitzungen haben stets Ihre Vorträge mit dankbarer Aufmerksamkeit
gehört.
Der Anerkennung und dem Danke für diese Ihre Thätigkeit im Dienste
unseres Vereins verleiht der Vorstand hiermit den gebührenden Ausdruck,
indem er Sie, hochverehrter Herr Senator, zum Ehrenmitglied des Vereins
für Geschichte und Alterthumskunde ernennt. Dass Sie im wohlverdienten
Besitze dieser Ehrenwürde — der höchsten, die wir vergeben können — dem
Vereine und dessen Aufgaben auch fernerhin Thcilnahme und Mitarbeit mit
allen Ihren Kräften widmen werden, dessen sind wir gewiss; dass wir uns
Ihres Rathes und Ihrer Mitarbeit noch recht lange erfreuen dürfen, dies
wünschen wir aus vollem Herzen.
Herr Senator von Oven hat in einem Schreiben an den Vorstand
seinen Dank für die Ernennung in folgenden Worten ausgesprochen:
Dem Vereine für Geschichte und Altcrthumskunde
beehrt sich der ergebenst Unterzeichnete seinen innigsten Dank für die hohe
und werthvolle Auszeichnung hiermit auszusprechen, welche ihm durch Zu-
erkennung der Würde eines Ehrenmitglieds, gelegentlich der Feier seines
Ro. Geburtstags, zu Theil geworden ist; er erkennt in der Verleihung dieser
seltenen Würde nicht sowohl eine Anerkennung seiner etwaigen Verdienste
um den Verein, als einen Beweis kollegialer Gesinnung und nachsichtiger
Bcurtheilung der Bestrebungen für Förderung der Kenntniss unserer vater-
stadtischen Geschichte, an welchen sich zu betheiligcn auch der Unterzeichnete
die Freude hatte, und denen auch fernerhin seine schwachen Kräfte zuwenden
zu dürfen er wünschen möchte.
Mit ausgezeichnetster Verehrung verharre
gez.: Senator Dr. von Oven.
Frankfurt a. M., April 1897.
Wir bemerken, dass der Vorstand von dem Rechte der Ernennung
von Ehrenmitgliedern in den 40 Jahren, seit denen unser Verein besteht,
erst zweimal Gebrauch gemacht hat: 1887, als Archivrath Dr. Grottftnd
bei seinem Scheiden aus Frankfurt von der Leitung des Vereins zurücktrat,
und 1897 bei der Auszeichnung des Herrn Senators von Oven.
Da der § 10 unserer Satzungen dem Ehrenmitglied das Recht der
»Wählbarkeit« abspricht, so musste Herr von Oven sein Amt als stimm-
berechtigtes Vorstandsmitglied niederlegen. Um aber wenigstens den in
allen Fällen bewährten Rath des Seniors des Vorstandes wie des Vereins
nicht zu verlieren, hat der erstere das neue Ehrenmitglied gebeten,
auch fernerhin den Vorstandssitzungen mit berathender Stimme beizu-
wohnen. Möge sie uns noch viele Jahre erhalten bleiben!
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Mit Ablauf des Jahres schied Herr Stadtbauinspektor Dr. Karl Wolff,
einem ehrenvollen Rufe als Landesbaurath nach Hannover folgend,
von Frankfurt und aus unserem Vorstande, dem er erst seit dem
28. Januar 1897 angehört hatte. Mit den besten Wünschen Hessen wir
ihn ziehen, aber auch mit schmerzlichem Bedauern ; denn wir verlieren
in ihm eine jugendfrische Kraft, die in der kurzen Zeit ihres Hierseins
Hervorragendes für unsere Frankfurter Baugeschichte geleistet hat: wir
brauchen nur auf seinen »Kaiserdom in Frankfurt« und auf seine Mit-
arbeit an den »Baudenkmälern in Frankfurt«, welches Werk ihm in
erster Linie seine Entstehung und seine Ausgestaltung nach der künst-
lerischen Seite hin verdankt, zu verweisen. Wir verlieren in Herrn
Dr. Wolff aber auch ein eifriges Mitglied im Verein und in dessen
Vorstande, dem wir so manchen Vortrag, so manche Anregung, zumal
zu gemeinschaftlichem Vorgehen mit dem uns befreundeten Architekten-
und Ingenieur-Verein, verdanken.
Ausser Herrn Wolff haben satzungsgemäss auch die in der General-
versammlung vom 23. Januar 1896 gewählten Herren Cornill, Donner,
Afappes, von Nathusius und Riese auszuscheiden; auch der im Berichts-
jahre für Herrn von Oven kooptierte Herr Thomas hat sich nach § 19
einer Neuwahl zu unterziehen. Wir machen Ihnen wie üblich für diese
7 frei werdenden Vorstandsstellen einen natürlich für Sie unmaassgeblichen
doppelten Wahlvorschlag von 14 Namen, von denen Sie 7 streichen
wollen ; alle Stimmzettel, auf denen mehr als 7 Namen stehen geblieben
sind, müssen als ungültig angesehen werden.
Die Revision unserer Kassenführung verdanken wir auch
dieses Mal den Herren Dibelka und Schuchhard; der Kassenführer wird
Ihnen nachher die von den Revisoren geprüfte und richtig befundene
Jahresrechnung für 1897 vortragen. Der Vorstand bittet Sie, Ihrem
Danke und Ihrer Anerkennung für die beiden Herren dadurch Ausdruck
zu verleihen, dass Sie die Revisoren Dibelka und Schuchhard bitten,
sich auch der Prüfung der Jahresrechnung für 1898 zu unterziehen. Für
den Fall einer nöthigen Vertretung bitten wir, wiederum die Herren
Kaufmann Philipp Pauly und Gerichtssekretär Hermann Mentzel zu
Ersatzrevisoren zu ernennen.
Unser Mitgliederbestand betrug am 1. Januar 1897 1 Ehren-
mitglied, 7 korrespondierende und 372 beitragleistende Mitglieder; wir
- betreten das neue Jahr mit einem Bestand von 2 Ehrenmitgliedern,
7 korrespondierenden und 357 zahlenden Mitgliedern; 20 Verlusten durch
Austritt oder Ableben stehen nur 6 neue Anmeldungen entgegen.
Erfreulicher Weise liegen aber für 1898 schon eben so viele Beitritts-
erklärungen vor. Von den Verstorbenen sind zwei als eifrige Freunde
und Förderer unserer Vereinsinteressen zu nennen : Konsul Karl Becker
und Dr. Otto Volger, die freilich in den letzten Jahren auswärts wohnten
und darum nur selten in unserer Mitte erschienen. Zum Andenken an
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unsere verstorbenen Mitglieder, die genannten wie die ungenannten,
wollen wir uns von den Sitzen erheben!
Von den Veröffentlichungen unseres Vereins empfingen
die Mitglieder im abgelaufenen Jahre das Korrespondenzblatt der West-
deutsehen Zeitschrift für 1896 nebst dem Limesblatt, sowie als Abschluss
unserer Veröffentlichung der Archivinventare das Werk von Archivar Jung,
»Das Historische Archiv der Stadt Frankfurt a. M., seine Bestände und
seine Geschichte.« Im laufenden Jahre werden Sie erhalten: das
Korrespondenzblatt nebst Limesblatt für 1897 und das im Druck
befindliche zweite Heft unserer Mittheilungen über Römische Funde in
Heddernheim; letzteres enthält eine Beschreibung mit Abbildung der
Heddernheimer Minerva-Statuette im Historischen Museum von Ziehen,
ferner zwei Abhandlungen von Riese über Heddernheim und die Heddern-
burg im Mittelalter und Uber die in Heddernheim gefundenen Fibeln;
ob auch noch ein Bericht über unsere Heddernheimer Ausgrabungen
während der Jahre 1896 und 1897 aufgenommen werden kann, ist
zweifelhaft, da die dortigen Ausgrabungen erst bis zu einem gewissen
Abschlüsse geführt werden müssen. Die schon im vorigen Jahresberichte
erwähnte Veröffentlichung des Herrn Dr. Quilling »Aus städtischen und
privaten Sammlungen in Frankfurt a. M.« , zu der wir einen Druck-
zuschuss in Aussicht gestellt haben, wird bestimmt im Laufe des Jahres
1898 erscheinen.
Die von Herrn Archivrath Dr. Grotefend im Auftrage des Vereins
ausgearbeitete Schrift Uber das Wirken des Königslieutenants Grafen
Thoranc in Frankfurt soll erst Ende 1898 fertig werden und dann die
Vereinsgabe für 1899 bilden; falls sich aber ihr Erscheinen wiederum
verzögert, so wird 1899 der bereits im Druck begonnene sechste Band
der dritten Folge unseres Archivs für Frankfurts Geschichte und Kunst
ausgegeben werden.
Von dem von uns in Gemeinschaft mit dem Architekten- und
Ingenieur-Verein herausgegebenen, von den Herren Stadtbauinspektor
Dr. K. Wolff und Stadtarchivar Dr. R. Jung bearbeiteten Werke »Die
Baudenkmäler in Frankfurt a. M.« ist im Berichtsjahre die dritte Lieferung,
welche nur die Befestigung und den Römer behandelt, erschienen; wir
erinnern nochmals daran, dass unsere Mitglieder beim direkten Bezug
vom Kommissionsverlag K. TA. Volcker die Lieferung zu Mark 4.50 statt
Mark 6.— erhalten. Erfreut sich auch das Werk fortgesetzt eines guten
Absatzes und reichlicher Unterstützung seitens der Stadt und der Ad-
ministration des Dr. BöAmer'schen Nachlasses, so sind doch seine Kosten
bei dem reichen Bilderschmuck recht bedeutende. Wir waren im vorigen
Jahre in der Lage, einen kleinen Beitrag zu den Kosten des Werkes
zu leisten, nicht etwa aus unserer Vereinskasse — diese soll, wie in den
letzten Jahresberichten schon mehrfach mitgetheilt, mit den Kosten für
dieses Werk nicht belastet werden — sondern in Folge einer besonderen
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Zuwendung des Herrn Freiherrn Simon Moritz von Bethmann. Dieser
stellte uns von dem kleinen, reich ausgestatteten Werkchen »Erinnerungs-
blätter an den Basler Hof und das Haus zum Vogel Strauss«, das er nur
in kleiner Zahl hatte drucken lassen, 45 Exemplare zum Verkaufe zur
Verfügung und bestimmte ausdrücklich, der Verein solle den Erlös zu
Gunsten des Baudenkmäler- Werkes verwenden. Jene 45 Exemplare waren
rasch vergriffen; der Erlös belief sich auf Mark 930. — , welche der oben
genannten Bestimmung zugeführt werden konnten. In dem Erscheinen
der beiden letzten Lieferungen des Werkes wird durch den Weggang
des Herrn Dr. Wolff voraussichtlich keine Verzögerung eintreten, da
dieser Herr mit seinem Antheil an diesen beiden Lieferungen zu einem
guten Theile vor seiner Abreise fertig geworden ist.
Wir hielten im Berichtsjahre 9 wissenschaftliche Sitzungen
ab, die von durchschnittlich 38 Mitgliedern besucht wurden; die Themata
der gehaltenen Vorträge lauten:
1) Das Entstehen von Frankfurt. (O. Donner-von Richter.)
2) Die Warten um Frankfurt. (Dr. R. Jung und Dr. A'. Wolff.)
3) Die Frankfurter Kirchenbuchführung. (Dr. ff. von Nathusius.)
4) Die Barbiere in Frankfurt vor 1668. (Dr. G. P. Geist Jacobi.)
5) Die Patrizierfamilie von Uffenbach. (Dr. ff. Traut.)
6) Der Königslieutenant Graf Thoranc. (Dr. O. Heuer.)
7) Die freistädtische Verfassung und Verwaltung, II. Thcil.
(Dr. von Oven.)
8) Sulzbach und Soden in ihrem Verhältniss zu Kurmainz und
Frankfurt. (Ii: Mappes.)
9) Das neuentdeckte fränkische Gräberfeld in Sindlingen a. M.
(Dr. F. Quilling.)
Kurze Inhaltsangaben über diese Vorträge, meist von den Rednern
selbst herrührend, finden Sie im Korrespondenzblatte der Westdeutschen
Zeitschrift. Nr. 2 ist inzwischen in dem betreffenden Abschnitte der dritten
Lieferung der »Baudenkmäler«, Nr. 4 in der Schweizerischen Vierteljahrs-
schrift für Zahnheilkunde Band VII., Nr. 9 in dem XXIX. Bande der
Annalen des Nassauischen Alterthumsvereins veröffentlicht worden, Nr. 3
wird in unserem nächsten Archivbande erscheinen. Den Herren Vor-
tragenden werde auch an dieser Stelle nochmals unser herzlichster Dank
ausgesprochen ! •
Am 28. Oktober 1897, dem Tage, an dem wir uns des 40jährigen
Bestehens unseres Vereins erinnerten, siedelten wir in einen neuen
Vereinsraum Uber: wiederum in das schön und sinnig ausgestattete
Lokal der Künstler - Gesellschaft und des Architekten -Vereins, welches
aus dem Kulmbacher Hof auf der Zeil nach dem Taunusneubau in der
Grossen Bockenheimer Gasse verlegt worden ist. Zur Einweihung des
neuen Lokales von Seiten der Künstler und Architekten hatte auch unser
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Vorstand eine Einladung erhalten und wurde durch den Schriftführer
Herrn Mappe s vertreten. Wir können mit diesem Wechsel nur zufrieden
sein und hoffen, recht lange in dem neuen Raum zu bleiben.
Die Gemeinschaft mit den beiden oben genannten gleichstrebenden
Vereinen kam auch in der Verabredung eines Ausfluges nach Mar-
burg zur Geltung, welcher am 19. September stattfinden sollte. Leider
war die angemeldete Betheiligung seitens unserer Mitglieder eine so
geringe, dass sich der Vorsitzende veranlasst sah. die offizielle Theil-
nahme unseres Vereins an dem Ausfluge in letzter Stunde abzusagen;
die wenigen Mitglieder, welche sich angemeldet hatten, schlössen sich
den zahlreichen Theilnehmern aus den beiden befreundeten Gesellschaften
als Gäste an. Leider ist das Jahr 1897 ohne jeden Ausflug unseres
Vereins vorübergegangen.
Mit dem Architekten- und Ingenieur -Verein gemeinsam wandten
wir uns anlässlich des eben erwähnten Vortrages Uber die Warten an
den Magistrat mit der Bitte, dafür Sorge tragen zu wollen, dass ein
Umbau der Sachsenhäuser Warte — der einzigen, die im Inneren
noch erhalten und noch nicht modernen Zwecken dienstbar gemacht
worden ist — vermieden werde und dass diese als ein gut erhaltenes
Beispiel in dem geringen Bestände noch vorhandener Bergfriede aus
dem späteren Mittelalter für die Zukunft bestehen bleibe. Der Magistrat
hat den beiden Vereinen erwidert, dass auch er den lebhaften Wunsch
hege, »den geschichtlich werthvollen Bestand der Sachsenhäuser Warte
thunlichst zu erhalten, dass übrigens Aenderungen an dem jetzigen
Bauwerke städtischerseits noch nicht beabsichtigt waren.«
In dem vorjährigen Jahresberichte wurde bereits mitgetheilt, dass
wir einen grösseren Theil des uns von den städtischen Behörden
bewilligten Jahresbeitrages zu Ausgrabungen in unserer nächsten
Umgebung verwenden ; Herr Professor Dr. IVolff berichtet über die im
abgelaufenen Jahre unternommenen Arbeiten Folgendes:
»Nachdem im vorigen Jahre das Vorhandensein eines älteren
Kastells im westlichen Theile der Römerstadt Heddernheim nachgewiesen
und seine Lage und Grösse ermittelt worden war, ergab sich als Auf-
gabe für die beiden folgenden Jahre, für welche der Verein noch die
Mittel zur Verfügung gestellt hatte, die Aufklärung einer Reihe von
Detailfragen, besonders bezüglich der drei noch nicht untersuchten Thorc
und des Praetoriums.
Bisher war nur eine Seite des Kastells vollständig untersucht, die
drei anderen nur durch einzelne Schnitte festgestellt und danach der
Plan des Kastells in die Flurkarte eingetragen worden, und zwar unter
der Voraussetzung vollkommen rechteckiger Gestalt und ganz symmetri-
scher Vertheilung der Thore und Thürme, einer Voraussetzung, welche
die bei der Sudseite gemachten Beobachtungen zu rechtfertigen schienen.
Da hiernach ein nördlich der Praunheimer Chaussee gelegener Acker für
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die Fortsetzung der Arbeiten insofern von besonderer Bedeutung war,
als auf ihm sowohl Theile des Praetoriums als der porta praetoria und
die beide verbindende via praetoria zu suchen waren, so wurde er
gepachtet und im Frühling d. J. planmässig durchforscht. Die ausser-
gewöhnlich schwierigen Arbeiten brachten eine Bestätigung der ange-
deuteten Voraussetzungen nach allen Seiten. Das Thor wurde genau
an der Stelle, an welcher es gesucht wurde, gefunden, zwar vollkommen
zerstört und durch spätere römische Gebäude Uberbaut; doch genügten
die zwischen den Trümmern der letzteren noch erkennbaren Theile der
älteren Fundamentgruben, um Grösse und Gestalt dieses nach dem
Feindeslande gerichteten Thores genügend zu ermitteln und aufzunehmen.
Noch schwieriger gestaltete sich die Untersuchung des Praetoriums, da
an seiner Stelle später besonders stattliche Gebäude mit tiefen Keller-
räumen angelegt waren. Doch gelang es auch hier, für Lage, Grösse
und Beschaffenheit der Anlage eine Reihe von Anhaltspunkten zu
gewinnen. Von besonderem Interesse war die Auffindung eines 12 m
tiefen Brunnens innerhalb des zum Praetorium gehörigen Raumes,
dessen Lage dicht an der Mittellinie des Kastells ebenso wie die Be-
schaffenheit des ihn ausfüllenden Schuttes seine Zugehörigkeit zum Kastell,
nicht zu der jüngeren Stadt, bewiesen. Von seinem Inhalt war ein
unscheinbares Fundstuck, ein Ziegel mit dem Stempel der Cohors I
Asturum von grossem Werth für die Bestimmung des Alters des Kastells
und seiner Schicksale. Er brachte eine erfreuliche Bestätigung der in
dieser Hinsicht im vorjährigen Berichte ausgesprochenen Vermuthungen.
Zwischen dem Praetorium und dem Thore wurden an einzelnen Stellen
die alte Lagerstrasse und an ihren Seiten Reste der Soldaten baracken
noch aufgefunden, während an anderen beides durch spätere Bauten zerstört
war. Unter dem Wege fand sich eine Anlage, welche vor 4 Jahren fast
gleichzeitig von Jacobi im Kastell Zugmantel aufgefunden und vom Ref.
in Hof heim zuerst entdeckt worden ist: ein nicht gemauerter Riesel-
kanal, welcher an den genannten Orten so genau der Mittellinie des
Kastells entsprach, dass es nahe lag, in ihm den Rest eines durch den
römischen Feldmesser zur Absteckung der sich rechtwinkelig kreuzen-
den Hauptlinie, des decumanus und cardo, gezogenen Grabens zu
erkennen; die an den Resten des Praetoriums gemachten Beobachtungen
bestätigten ferner die mit Rücksicht auf die Entstehungszeit aus-
gesprochene Vermuthung, dass die Prinzipalthore der Dekuroanseite
näher, also im Felde südlich der Praunheimer Chaussee zu suchen seien.
Links waren die hierfür in Betracht kommenden Aecker während des
ganzen Jahres unzugänglich; es war daher nicht möglich die Thore
selbst aufzugraben. Dagegen brachten die Ausgrabungen, welche Ref.
in diesem Herbste auf Kosten der Reichslimeskommission im Gebiete
der kömerstadt vorgenommen hat, einen indirekten Beweis für die
Richtigkeit der Annahme. Bei Untersuchung der die ganze Stadt von
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N.W. her durchziehenden Hauptstrasse der Stadt, welche gerade an dem
Punkte, an dem das linke Prinzipalthor zu suchen ist, mit zwei anderen
Stadtstrassen zusammentrifft, wurde unter dieser sehr starken Strasse ein
schmälerer und leichter gebauter Kiesweg gefunden, der in seiner ganzen
Beschaffenheit den zu den älteren, dem Heddernheimer gleichzeitig ent-
standenen Kastellen fuhrenden Wegen entspricht. Er ist zweifellos die
nach dem gesuchten Kastellthore fuhrende Militärstrasse, deren gerad-
linige Trace in Verbindung mit der festgestellten Richtung der westlichen
Kastellseite die Lage des Thores fast mathematisch genau bestimmen
lässt. Immerhin wäre es wünschenswerth, auch den augenfälligen Beweis
für das Vorhandensein desselben, oder des entsprechenden östlichen
Prinzipalthores zu erbringen, und wir haben Aussicht, das letztere noch
in diesem Winter wenigstens theilweise aufgraben zu dürfen, wofür wir
den Rest der verfügbaren Summe zurückgestellt haben. Gelingt uns dies,
so werden wir das Heddernheimer Kastell, dessen Nachweis an sich
mit Recht als eines der wichtigsten Ergebnisse der westdeutschen Alter-
thumsforschung angesehen wird, in allen wichtigen Punkten so genau
ermittelt haben, als es bei wenigen Anlagen ähnlicher Art der Fall ist,
was um so erfreulicher ist, da die Schwierigkeiten, welche der Aufsuchung
und Untersuchung der Reste entgegenstanden, kaum an einer anderen
Stelle in gleich hohem Grade vorhanden gewesen sein dürften. o
Eine Ausgrabung kleineren Umfanges im Gebiete unserer Stadt
selbst möchten wir schon darum nicht unerwähnt lassen, weil der be-
treffende Bauunternehmer, Herr Karl Junior, die Gefälligkeit hatte, uns
auf Ansuchen einen Plan der aufgedeckten Reste zukommen zu lassen;
es handelte sich um Stucke der Stadtmauer des XII. Jahrhunderts und
ihrer Pfeiler, welche bei dem Neubau des Hauses Lit. D Nr. 212 auf
der Südseite der Zeil gegenüber dem Darmstädter Hof ans Tageslicht
kamen. Den Plan der Mauerreste, für den wir Herrn Junior auch an
dieser Stelle bestens danken, haben wir dem städtischen Historischen
Museum überwiesen.
Der Kreis der mit uns in Schriftenaustausch stehenden Vereine
hat sich im Berichtsjahre nur um den Verein für Luxemburgische Ge-
schichte, Litteratur und Kunst in Luxemburg vermehrt.
Unserer Bibliothek hat es im abgelaufenen Jahre nicht an
werthvollen Geschenken gefehlt; sie befindet sich, wie Sie wissen, im
Stadtarchiv, vereinigt mit dessen Handbibliothek; zu dem Namensver-
zeichniss ist jetzt auch ein Fachverzeichniss hinzugetreten. Unser Lager
von Vereinsschriften befindet sich ebenfalls im Archive und gibt
den Mitgliedern die Möglichkeit, ihren Bestand an Vereinsveröffent-
lichungen, auch der älteren Jahrgänge, zu billigem Preise zu ver-
vollständigen.
Die alljährliche Generalversammlung des Gesam mtverei ns
der deutschen Geschichts- und Alterthumsvereine fand vom
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3. bis 7. September in Dürkheim statt; unser Vertreter war wiederum
Herr Archivrath Dr. Grotefend. Angelegenheiten von näherem Interesse
für unseren Verein wurden dort nicht erörtert. Der Vorschlag, dem
auch wir uns angeschlossen hatten, diese Versammlungen fortan nur
alle zwei Jahre statt alljährlich stattfinden zu lassen, fand keine Annahme;
er bezweckte, den Vereinen die Beschickung des Historikertages, der
auch nur alle zwei Jahre zusammentritt, zu erleichtern. Der vom
Gesammtverein angeregten Nachforschung nach dem Bestände an Kirchen-
büchern hat sich für unser Vereinsgebiet Herr Dr. von Nathusius
unterzogen.
Eine Versammlung der deutschen Historiker hat im
abgelaufenen Jahre nicht stattgefunden. Zwei von dem Historikertage
ausgegangenen Anregungen hat auch unser Verein für sein Interessen-
gebiet Folge gegeben : der Sammlung des Materials an mittelalterlichen
städtischen Verwaltungsbüchern , der sich Herr Archivar Dr. Jung
annehmen wird, und der Fortsetzung der Walther-Konerschen Repertorien
zur geschichtlichen Litteratur von 1850 bis zur Gegenwart, eine Arbeit,
die für uns nur die Fortführung des 1885 mit dem letzten Bande unserer
Mittheilungen ausgegebenen Frankfurter Literaturverzeichnisses von
Grotefend bedeutet.
Wir wollen schliesslich nicht unerwähnt lassen, dass sich im ver-
gangenen Jahre in unseren Nachbargebieten in Marburg und Wiesbaden
historische Kommissionen nach dem Vorbilde der in anderen
preussischen Provinzen und deutschen Staaten schon bestehenden Ver-
einigungen gebildet haben : die eine für das Grossherzogthum Hessen,
das ehemalige Kurfürstenthum Hessen und das Fürstenthum Waldeck,
die andere für das ehemalige Herzogthum Nassau; keine der beiden
hat das Gebiet der ehemaligen Reichsstadt Frankfurt in ihren Arbeits-
kreis gezogen, was wir uns als stillschweigende Anerkennung der
Thätigkeit unseres Vereins für dieses Gebiet auslegen dürfen. Beiden
Kommissionen, die durch die staatliche Unterstützung an Geld, durch
die zahlreich ihnen angehörenden Historiker von Fach in der Lage sind,
grössere und weiter ausschauende Arbeiten vorzunehmen als die lokalen
Geschichtsvereine, wünschen wir gutes Gedeihen.
Lassen Sie uns diesen Bericht mit dem Wunsche schliessen, dass
auch das eben begonnene fünfte Jahrzehnt unserer Wirksamkeit ein
erfolgreiches sein möge!
IV. Rechnungs-Abschluss für das Jahr 1897.
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1897.
I. Jan.
31. Dez.
I
»♦ M
I
» M
I
I
I
An Cassa-Conto
Baarbestand
An Mitglieder-Beitrag-Conto
Jahresbeiträge der Mitglieder des Vereins
An Subventions-Conto
Unterstützung der städtischen Behörden
An Effekten-Conto
Zinsen der österreichischen Loose . .
An Verlags-Conto
Verkauf von Vereinsschriften ....
An Sparkasse-Conto
Zahlung der Frankfurter Gewerbekasse
An Frankftr. Gewerbekasse Co Ct A.-Conto
Zahlung
M. ! Pf.
M. :
491 4:
2482 -
1000
20 >l
19 *
500 -
200 -
4713 >■
Frankfurt a. M.
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1897.
! 31. Dez.
» »
»i »
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11 i)
ii i»
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>i
>i
i»
>»
>i »>
ii
Per Verlags-Conto
Honorare
Satz und Druck des Archivs für Frankfurts
Geschichte und Kunst, III. Folge, Band VI
Satz und Druck von Jung, Das Historische
Archiv der Stadt Frankfurt a. M. . . .
Lichtdrucke für Mittheilungen über Römische
Funde in Heddernheim, Heft II und III
Per Bibliothek-Conto
Ankauf von Büchern und Zeitschriften . .
Buchbinderarbeiten
Per Ausgrabungs-Conto
Ausgrabung in Heddernheim
Per Unkosten-Conto
Druckzuschuss zu A. Bings Rückblicken
auf die Geschichte des Frankfurter Stadt-
theaters
Korrespondenz-Blatt und Beitrag zum Ge-
sammt -Verein und Protokolle . . . .
400 Exemplare des Korrespondenz-Blattes
der Westdeutschen Zeitschrift und Porto
Lokalmiethe
Inserate
Druckarbeiten
Diplom für Senator Dr. von Oven als
Ehrenmitglied
Schriftliche Arbeiten
Erhebung der Mitgliederbeiträge und Aus-
tragen der Vercinsschriften
Porti, Schreib- und Packmaterial, Vergütung
für Dienstleistungen und kleine Ausgaben
Vereinsdiener
Per Cassa-Conto
Baarbestand
den 31. Dezember 1897.
M. M.
220
70
1650
240
143
53
10
18
205
150
52
11
79
25
69
152
50
16
50
55
2180
197
1000
16
05
50
75
20
20
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Emil Padjera,
d. Z. Kassenführer.
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V. Bericht über die Thätigkcit des Vereins im Jahre 1898.
Erstattet in der Generalversammlung am 26. Januar 1899.
Ueber die Thätigkeit des Vereines und seines Vorstandes im
Jahre 1898 beehrt sich dieser Ihnen im Folgenden den üblichen Bericht
zu erstatten: auch auf das abgelaufene Jahr dürfen wir mit Befriedigung
zurückblicken.
Den Vorstand bildeten nach den in der Generalversammlung
vom 20. Januar 1898 erfolgten Neuwahlen die Herren:
Vorsteher des Statistischen Amtes Dr. Heinrich Bleicher,
Konservator Otto Cornill,
Professor Otto Donner-von Richter,
Stadtarchivar Dr. Rudolf Jung,
Kaufmann Wilhelm Mappes,
Bibliothekar Dr. Heinrich von Nathusius-Ncinstedt,
Kaufmann Emil Padjera,
Professor Dr. Alexander Riese,
Architekt Christian Ludwig Thomas,
Professor Dr. Georg Wolff.
Ausser diesen Herren gehörte dem Vorstände mit beratender
Stimme Herr Senator Dr. von Oven an. Vorsitzender war Herr Dr. fung,
Stellvertreter desselben Herr Professor Wolff; das Amt des Schriftfuhreis
versah Herr Mappes, das des Kassenfuhrers Herr i'adjcra. Die in den
Satzungen vorgesehenen Kommissionen wurden von folgenden Herren
gebildet: die Redaktions -Kommission von den Herren fung, Donner,
Riese; die Lokal-Kommission von den Herren Padjera, Reutlinger, Traut;
die Exkursions- Kommission von den Herren Padjera. von Nathusius,
Kober; die Bibliotheks-Kommission von den Herren Jung, Heuer, Traut,
Den Vorsitz in diesen einzelnen Ausschüssen führten nach den Satzungs-
bestimmungen die an den ersten Stellen genannten Herren des Vorstandes.
Die laufenden Vereinsgeschäftc an unserer Geschäftsstelle im Archiv-
gebäude, die Verwaltung der dort befindlichen Vereinsbibliothek, die
Redaktion der für das Korrespondenzblatt der Westdeutschen Zeitschrift
bestimmten Berichte Uber unsere Vereinssitzungen erledigte der Vor-
sitzende des Vorstandes.
Da die Amtsdauer der in der Generalversammlung vom 20. Januar
1897 gewählten Herren Jung, Padjera und Wolff abgelaufen ist, so haben
diese Herren sich einer Neuwahl zu unterziehen. Als Vierter hätte Herr
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Senator von Oucn auszuscheiden ; wie Ihnen aber bekannt ist, trat dieser
Herr noch im Laufe des Jahres 1897, weil zum Ehrenmitglied ernannt,
aus dem Vorstande aus und wurde durch den vom Vorstande kooptierten
Herrn Thomas ersetzt: diese Kooptation hat die Generalversammlung
des Jahres 1898 bestätigt, aber, wie der Vorstand wenigstens die be-
treffende Satzungsbestimmung auslegt, nur bis zum Schlüsse der Periode,
für welche Herr von Olfen gewählt worden war, d. h. bis Ende 1898.
Somit hat auch für Herrn Thomas eine Neuwahl stattzufinden. Als
Fünfter hätte der 1897 gewählte Herr Bauinspektor Wolff auszutreten;
da uns aber dieser Herr schon vor Jahresfrist verlassen hat und in der
vorjährigen Generalversammlung durch Herrn Dr. Bleicher ersetzt worden
ist, so unterzieht sich auch dieses Mitglied des Vorstandes der Neuwahl.
Alle fünf Herren sind bereit, eine etwa auf sie fallende Wahl anzunehmen.
Auf dem Ihnen vorliegenden Stimmzettel finden Sie wie Üblich zehn
Namen, worunter die der ausscheidenden Vorstandsmitglieder ; Sie wollen
diesen Stimmzettel nur als einen zur Erleichterung des Wahlgeschäftes
gemachten unverbindlichen Vorschlag des Vorstandes betrachten, aber
nur solche Stimmzettel abgeben, auf denen fünf Namen nicht durch-
strichen sind; Zettel, auf denen weniger als fünf Namen getilgt sind,
werden als ungültig betrachtet.
Die Revision unserer Kassen fuhrung haben auch in diesem
Jahre die Herren Dibelka und Schuchhard besorgt ; der Kassenführer
wird Ihnen nachher die von den Revisoren geprüfte und richtig befundene
Jahresrechnung für 1898 vortragen. Der Vorstand bittet Sie, beiden
Herren wiederum das Revisoren- Amt für 1899 zu übertragen und für
den Fall der Verhinderung des einen oder anderen Revisors die Herren
Kaufmann Philipp Pauly und Gerichtssekretär Hermann Mentul als
Ersatzrevisoren zu bitten.
Unser Mitgliederbestand belicf sich am 1. Januar 1898 auf
2 Ehrenmitglieder, 7 korrespondierende und 356 zahlende Mitglieder.
Ausgetreten oder verstorben sind ausser 1 korrespondierenden Mitgliede
13 Herren; neu eingetreten sind 16 Mitglieder. Wir betreten das neue
Jahr 1899 mit einem Bestände von 2 Ehrenmitgliedern, 6 korrespon-
dierenden und 359 zahlenden Mitgliedern. Aus der Reihe unserer
korrespondierenden Mitglieder, zu denen er seit 1872 zählte, schied der
am 11. März verstorbene Pfarrer Dr. theol. et phil. Karl Kr äfft in
Elberfeld, ein bedeutender Forscher auf dem Gebiete der Rheinischen
Kirchengeschichte.'
Am 10. Mai feierte unser verehrtes langjähriges Vorstandsmitglied,
Herr Professor Otto Donner-von Richter seinen 70. Geburtstag. Seine
• Vgl. über ihn den Nekrolog in der Zeitschrift des ßergischen Geschichts-
vereins Band XXXIII, 161.
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Verdienste um unseren Verein wie um die kunstgeschichtliche Forschung
brauchen in diesem Kreise und an dieser Stelle nicht besonders hervor-
gehoben zu werden. In Anerkennung seines langjährigen, höchst erfolg-
reichen Wirkens hat der Vorstand dem Gefeierten das zweite Heft unserer
Heddernheimer Mittheilungen gewidmet und in dem Vorworte den Dank
für seine Mitwirkung an unseren Vereinsbestrebungen ausgesprochen.
Möge er sie noch lange Jahre in gleich jugendlicher Frische und in
gleich unermüdlichem Thatendrang wie bisher fördern!
Auch dem früheren langjährigen Vorstandsmitgliede und Kassenwart
Herrn Gustav Rcutlinger durften wir im Sommer den Glückwunsch des
Vorstandes zum erfüllten 70. Lebensjahre darbringen.
An Veröffentlichungen des Vereins haben die Mitglieder
im verflossenen Jahre das Korrespondenzblatt der Westdeutschen Zeit-
schrift nebst Limesblatt für 1897 sowie das zweite Heft unserer Mit-
theilungen über Römische Funde in Heddernheim erhalten. Ausserdem
ist gegen Ende des Jahres die vierte Lieferung des von uns in Gemein-
schaft mit dem Architekten- und Ingenieur- Verein herausgegebenen, von
den Herren Landesbaurath Dr. Wolff in Hannover und Archivar Dr. Jung
bearbeiteten Werkes »Die Baudenkmäler in Frankfurt a. M.« erschienen;
sie beschliesst den zweiten Band des Unternehmens, welcher die öffentlichen
Profanbauten umfasst, während der erste die kirchlichen Bauten behandelt
hatte. Unseren Mitgliedern steht, wie bekannt, das Recht zu, das Werk
in je einem Exemplare zu dem ermässigten Preise von 7 50/0 des Laden-
preises (Mark 4.50 pro Lieferung) von dem Kommissionsverleger, der
Ä". Th. /W^vfcr'schen Buchhandlung, zu beziehen. Der dritte und letzte
Band wird 1899 erscheinen und die denkwürdigsten Privatbauten und
architektonischen Einzelheiten an solchen bringen.
Im laufenden Jahre werden wir ausser dem Korrespondcnzblattc
der Westdeutschen Zeitschrift für 1898 wiederum einen Band unserer
Vereinszeitschrift, des »Archivs für Frankfurts Geschichte und Kunst«,
den sechsten der dritten Folge, an unsere Mitglieder ausgeben. Er enthält
von grösseren Arbeiten eine Darstellung des mittelalterlichen Wollen-
weberhandwerks in Frankfurt, einen Ueberblick Uber die Frankfurter
Kirchenbücher, eine Lebensbeschreibung des einheimischen Kupferstechers
Sebastian Furck mit Verzeichniss seiner Werke, die Fortsetzung der
Geschichte der auswärtigen Politik Frankfurts in den letzten Jahren der
reichsstädtischen Zeit, einen Bericht über die Ausgrabungen auf dem
Weckmarkt 1897 ; daran schliessen sich kleinere wissenschaftliche Arbeiten
und geschäftliche Mittheilungen. Die schon längere Zeit in Arbeit be-
findliche besondere Veröffentlichung Uber des Königslieutenants Grafen
Thoranc Wirken in Frankfurt musste wiederum wegen anderweitiger
Verhinderung des Bearbeiters auf ein Jahr zurückgestellt werden.
In unserem Vereinsraume hielten wir 11 wissenschaftliche
Sitzungen ab, in denen folgende 12 Vorträge gehalten wurden:
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«) Die Rcichsstcucr der Stadt Frankfurt 1320—1806.
(Dr. G. Schnapper- Arndt)
z) Frankfurt im Anfange des 30jährigen Krieges 1618 — 1622.
(Dr. H. Traut.)
3) Geschichte und Topographie der Frankfurter Landwehren.
(Prof. E. Pellissier.)
4) Barbiere und Zahnärzte in Frankfurt 1668- 181 1. (Dr. G. Geist-
Jacob i.)
5) Quacksalber im alten Frankfurt. (Dr. G. Geist- facobi.)
6) Das Thum und Taxissche Palais. (/. Hülsen.)
7) Die Frankfurter Kirchen zur Zeit des Parlaments 1848— 1849.
(Pfr. Dr. //. Dechent.)
8) Der Frankfurter Dichter Friedrich Maximilian Klinger.
(Dr. O. Heuer.)
9) Eine neuentdeckte Römerstrasse in Frankfurt. (Prof. Dr. A. Riese)
10) Die vorjährigen Ausgrabungen in Heddernheim. (Prof. Dr.
G. Wolff.)
1 1) Gelcitslöflel undGeleitsbücher ausSceligenstadt. (Dr. F.Qu illing.)
1 2) Die Anwendung des Kompasses bei der Orientierung mittelalter-
licher Kirchen. (//. Wehner!)
Die Berichte Uber den Inhalt dieser einzelnen Vorträge hat das
Korrespondenzblatt regelmässig bald nach den Sitzungen gebracht; sie
sind meistens von den betreffenden Rednern verfasst. Nr. 4 und 5 sind
wenigstens zum Theil in der Schweizerischen Vierteljahresschrift für
Zahnheilkunde Band VII abgedruckt; Nr. 6 finden Sie in erweiterter
Gestalt in den Baudenkmälern der Stadt Frankfurt a. M. Band II ; Nr. 7
im Jahrgang 1898 der Zeitschrift Die christliche Welt und erweitert im
gleichen Jahrgange der Didaskalia; Nr. 10, ebenfalls erweitert, im zweiten
Hefte unserer Heddernheimer Mittheilungen.
Zu ausserordentlicher Zeit am 21. April, da die regelmässigen
Vereinssitzungen schon beendet waren, und in einem aussergewöhn-
liehen Raum, im Gebäude der Senckenberg-Stiftung, hielt für uns Herr
Dr. K. Roediger einen Vortrag Uber die Bildersammlung dieser Stiftung,
welcher inzwischen in den Berichten der Senckenbergischen natur-
forschenden Gesellschaft für 1898 abgedruckt worden ist.
Allen Vortragenden, welche unsere Sitzungsabende so lehr- und
genussreich gestaltet haben, werde auch an dieser Stelle unser ver-
bindlichster Dank ausgesprochen.
Die Ausgrabungen seitens unseres Vereins in Heddernheim
wurden im Frühjahre 1898 fortgesetzt; ihre Resultate konnte der Leiter,
I [cii Professor Wolff, noch in seiner Arbeit »Castell und Stadtbefestigung
des Römischen Heddernheim« verwerthen, welche unser jüngst aus-
gegebenes zweites Heft der Heddernheimer Mittheilungen beschliesst.
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Wir beschränken uns hier lediglich auf diese, die Ergebnisse der neuesten
Heddernheim «Forschung und Ausgrabung zusammenfassende Arbeit zu
verweisen.
Die Thätigkeit unserer Exkursions - Kommission hat auch die
Ve reinsaus flüge wieder ins Leben gerufen. Am 4. Mai begingen
29 Mitglieder und Gäste die Spuren der Sachsenhäuser Landwehr von
Oberrad bis zum Forsthaus; Herr Professor reüssier, im Anschluss an
dessen Vortrag dieser Nachmittags-Ausflug stattfand, gab uns die sach-
kundigen Erläuterungen des ehemaligen Laufes und der heutigen Reste
der linksmainischen Landwehr. Sonntag den 22. Mai unternahmen wir
einen Ausflug mit Damen nach Frankenstein und Tannenberg, an
welchem sich 30 Personen betheiligten; am 29. Juni Nachmittags
besichtigten 45 Mitglieder die Kirchen und denkwüdigen Gebäude der
Altstadt; Sonntag den 2. Oktober wurde wieder ein von 23 Herren und
Damen besuchter Tagesausflug nach Breuberg und Neustadt unternommen.
Sämmtliche Ausflüge haben die Theilnehmer in hohem Maasse befriedigt.
Den Herren von der Exkursions • Kommission werde für die gelungene
Veranstaltung dieser AusflUgc; den Herren, welche dabei die Freund-
lichkeit hatten, geschichtliche und kunstgeschichtliche Erläuterungen zu
geben, soll auch an dieser Stelle unser herzlichster Dank ausgesprochen
werden.
Im Hinblick auf das baldige Inkrafttreten des bürgerlichen Gesetz-
buches und die dadurch fUr uns nothigen Veränderungen der Vereins-
sat zungen hat der Vorstand einen Ausschuss ernannt, und dieser hat
sich mit der Anfrage an einige unserer juristischen Mitglieder gewendet,
welche Abänderungen für uns das neue Gesetzbuch erfordert. Wir
hoffen , der nächsten Generalversammlung einen Entwurf zu neuen
Satzungen vorlegen zu können, bei dessen Ausarbeitung auch mehrere,
von verschiedenen Seilen an uns gelangte AI Änderungsanträge berathen
und eventuell berücksichtigt werden können.
Durch Magistrats-Beschluss Nr. 1998 vom 4. November 1898 ist
uns die seit drei Jahren bezogene Unterstützung aus städtischen
Mitteln von 1000 Mark auf weitere drei Jahre, beginnend mit dem
Etatsjahre 1899, gewährt worden; wir haben dafür je 10 Exemplare
unserer Veröffentlichungen an den Magistrat und alle aus unseren Aus-
grabungen sich ergebenden Fundstucke an das städtische Historische
Museum abzugeben. Den städtischen Behörden gebührt für diesen neuen
Beweis verständnissvoller Förderung unserer Vereinsbestrebungen der
ergebenste Dank.
In der Sitzung vom 27. Februar wurde der Vorstand von den
anwesenden Mitgliedern ersucht, «in Gemeinschaft mit dem Architekten-
verein bei den städtischen Behörden, nötigenfalls auch bei dem Landes-
konservator in Berlin, die nöthigen Schritte zu thun, damit beim Umbau
des Römers die äussere Ansicht desselben nach dem Paulsplatz zu in
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ihrer jetzigen Gestalt, jeden Falls aber der Thurm des Hauses Frauen-
rode erhalten bleibt.« Der Vorstand hat nach längerer ßerathung und
unter Zustimmung des Antragstellers für unthunlich erachtet, bei dem
jetzigen Stande der Angelegenheit des Rathhausbaues, nachdem die
städtischen Behörden die Beseitigung des Thurmes endgültig beschlossen
haben und die betreffenden Pläne fertiggestellt sind, diesem Ersuchen
Folge zu geben, welches keinerlei Aussicht auf Erfolg hat.
Auf Anregung des Architekten- und Ingenieur -Vereins wendeten
wir uns in Gemeinschaft mit diesem, mit der Künstler-Gesellschaft, dem
Verein für das Historische Museum und dem Mitteldeutschen Kunst-
gewerbe-Verein, an den Staatssekretär des Reichspostamtes mit der Bitte.
»Bestimmungen treffen zu wollen, dass der Hauptbau des Thum und
Taxisschen Palastes weder jetzt noch in Zukunft baulichen Aende-
rungen unterzogen werde, welche den äusseren und inneren Zustand
desselben, soweit er noch von der ursprünglichen Anlage und Ausstattung
Zeugniss gibt, verändern.« Wir erhielten darauf seitens des Staats-
sekretärs die Antwort, dass die Vornahme baulicher Aenderungen zur
Zeit nicht in Frage stehe. Wir dürfen uns keinen Täuschungen darüber
hingeben, dass dieser lakonische Bescheid einer Ablehnung unseres Ein-
tretens für die Erhaltung des schönen Palastes gleichkommt. Die Post
wird bei der Verwendung und Einrichtung des Gebäudes für ihre Zwecke
dasselbe nur so weit schonen, als es das dienstliche Bedürfniss gestattet ;
diesen Bescheid hat der Magistrat auf seine Vorstellungen seitens der
Postbehörde erhalten. Wenn der Palast zunächst wohl noch nicht das
Schicksal des ehemaligen Schweitzerschen Palais' auf der Zeil, des
Russischen Hofes, theilt, d. h. wie dieser dem Postneubau, so der
Erweiterung dieses Neubaues zum Opfer fällt, so werden doch die
baulichen Umgestaltungen im Inneren und am Aeusseren des Gebäudes
die Einrichtungen und das Aussehen des vornehmen Fürstenpalastes der
Rococo-Zeit schwer beeinträchtigen.
Auf der Generalversammlung des Gesammt Vereins der deutschen
Geschichts- und Alterthumsvereine, welche im vorigen Jahre in Münster
stattfand, hat uns wiederum unser Ehrenmitglied, Herr Archivrath
Dr. Grotefendy vertreten. Von den Beschlüssen desselben ist zu erwähnen,
dass das in seinem Umfang erweiterte Korrespondenzblatt des Gesammt-
vereins von 1899 ab den Mitgliedern der einzelnen Vereine, falls sich
in einem Vereine mindestens 5 Abonnenten finden, zu dem ermässigten
Preise von 3 Mark geliefert wird; Anmeldungen zum Bezug wird der
Vorstand gern vermitteln.
Unser Schriftenaustausch mit gleichstrebenden Vereinen ist
im abgelaufenen Jahre auf folgende Vereine ausgedehnt worden:
Greiz, Verein für Greizer Geschichte,
J^ndsberg a. W., Verein für Geschichte der Neumark,
t
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Ravensburg, Diözesanarchiv von Schwaben,
Upsala, Humanistiska Vetenskaps-Samfundet (historisch-philologisch-
philosophische Gesellschaft).
Mit dem jungen Alterthumsverein im benachbarten Höchst
tauschen wir von jetzt an regelmässig die Einladungen zu den beider-
seitigen Sitzungen. Mit anderen Nachbarvereinen wurden auch wir von
dem Alterthumsverein in Mannheim am 25. Juni zur Besichtigung
der Sammlungen dieses Vereins und des Grossherzoglichen Hofantiquariums,
welche im dortigen Schlosse neu aufgestellt wurden, eingeladen; mehrere
Herren des Vorstandes vertraten unseren Verein und wurden auf das
zuvorkommendste aufgenommen.
Unsere Bibliothek wurde im verflossenen Jahre nur wenig ver-
mehrt; die Verminderung der Bestände unseres Lagers an Vereins-
veröffentlichungen durch Verkauf war nicht bedeutend. Dass wir
verschiedene unserer Schriften und Dubletten unserer Bücherei zur
Gründung der Kaiser Wilhelm - Bibliothek in Posen zur Verfügung
gestellt haben , wird Ihre Billigung finden ; wir wünschen diesem
Förderungsmittel der deutschen Wissenschaft und des Deutschthums in
der erst zur Hälfte deutschen Ostmark des Reiches rasches und kräftiges
Gedeihen.
Ein Gleiches wollen wir auch unseren Arbeiten im neuen Jahre
wünschen !
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VI. Rechnungs-Abschluss für das Jahr 1898.
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XIJI -
Einnahme.
M
m.
I 1 .
M
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1898.
An Cassa-Conto
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1. hin
An Mitglieder-Beitrag-Conto
422
2»:
i
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31. Dez.
Jahresbeiträge der Mitglieder des Vereins .
An Effpkten-Conto
•
•
2388
»> »
Zinsen der österreichischen Loose . . .
An Verlags-Conto
•
•
20
>» »
Verkauf von Vereinsschriften
An Unkosten-Conto
•
•
36
»» »»
Vergütung für Benützung des Vereinslokals
vom Vereine für das Historische Museum
incl. Beleuchtung
•
•
23
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i
!
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i
1
2692 ~
Frankfurt a. M
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- XLIII -
1898.
I.Dez.
>
1»
Per Verla gs-Conto
Honorare
Satz, Druck und Illustrationen zu Mit-
theilungen über römische Funde in
Heddernheim II
Per Bibliothek-Conto
Ankauf von Büchern und Zeitschriften . .
Buchbinderarbeiten
Per Sparkasse-Conto
Zahlung
Per Unkoeten-Conto
Beitrag zum Gesammt- Verein und für lfi
Protokolle der General-Versammlung in
Dürkheim
400 Exemplare des Korrespondenz-Blattes
der Westdeutschen Zeitschrift nebst Porto
Lokalmiethe Mk. 250. — , Elektrische Be-
leuchtung Mk. 47.52
Inserate
Druckarbeiten
Erhebung der Mitglieder-Beiträge und Aus-
tragen der Vereinsschriften
Schriftliche Arbeiten
Trinkgelder bei Ausflügen
Porti, Schreib- und Packmaterial, Vergütung
für Dienstleistungen und kleine Ausgaben
Vereinsdiener
Per Cassa-Conto
Baarbestand
•n 3J_. Dezember 1898.
m. ; pf. m. pf.
204
901
Emil Padjera,
d. Z. Kassenführer.
50
3fi
29 I 75
lß
50
m
55
292
52
m
ÖÜ
32
20
94
38
25
m
50
154
52
50
951
2892
1105
50
65 ; 25
700 -
22
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