Geschichte der
Farbenlehre
Edmund
Veckenstedt
5?arbarü College Htbrarjj
TUE GIFT OF
STEPHEN SALISBURY,
OF WORCESTER, MASS.
<<-lu*» of 1817. i
1 — ■■■■■
■
3
Geschichte
der
griechischen Farbenlehre.
Oas Farbenunterecheidungsvermögtn.
Die Farbenbezeichnungen der griechischen Epiker
von Homer bis Quintus Smyrnäus.
Von
Edm. Veckenstedt, Dr. phil.,
früher Gymnasiallehrer in Cottbus, Oberlehrer der »Uten Sprachen am Nieolai-
Gymnasium zu Libau, Kurland.
= 1
[') Paderborn.
Druck und Verlag von Ferdinand Schöningh.
1S88.
Münster i. W. - Osnabrück.
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t
Vorrede.
Das Werk, welches ich hiermit der Öffentlichkeit übergebe,
ist die Frucht der Forschungen, die ich dem Wesen der Farbe,
dem Farbenunterscheidungsvermögen und den Farbenbenennungen
gewidmet habe.
Der nächste Anlafs zu diesem Werke waren die Arbeiten ver-
schiedener Gelehrten, in denen sich die Ansicht findet, dafs sich
das Farbenunterscheidungsvermögen erst im Laufe der geschicht-
lichen Zeit entwickelt habe — geben doch verschiedene Forscher
sogar das Jahrhundert an, in welchem im alten Griechenland erst
diese und dann jene Farbe zum Bewufstsein gekommen sein soll —
dann aber auch der vielfach unfertige Zustand der Erklärungen der
Farbenbezeichnungen, welche in den entsprechenden Abhandlungen
der Gelehrten, in den Wörterbüchern, ja selbst in den Schriften der
Gewerbetreibenden sich finden. So empfand ich selbst gar manches
Mal ein Unbefriedigtsein über das, was ich in dieser Hinsicht früher
als Schüler und Student zu hören bekam: als Lehrer sah ich mich
öfter, als mir erwünscht war, bei der Erklärung von Homer, aber
auch von Horaz und Virgil, in dieser Beziehung zu den Worten
genötigt: »So und so wird diese oder jene Farbenbenennung über-
setzt und erklärt, ich selbst kann zunächst nichts Besseres geben,
aber ich zweifle an der Richtigkeit des Gebotenen«. Infolgedessen
beschlofs ich dann, der Lösung dieser Frage in ihrem ganzen Um-
fange ein und das andere Jahr meines Lebens ausschliefslich zu
widmen.
Ist es nun an sich erstaunlich, welche Fülle von Arbeiten diese
Frage hervorgerufen, so wird die Thatsache wieder erklärlich, wenn
wir bedenken, dafs von Goethe an sich Dichter und Naturforscher,
Farbenforscher, Philosophen und Lexikographen damit beschäftigt
haben ; die umfassende Ausdehnung hat die Frage dann freilich erst
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Vorrede.
durch die Sprachvergleicher, Physiologen und Anthropologen ge-
wonnen, welche derselben durch ihre Arbeiten in den wissenschaft-
lichen Zeitschriften wie in den Tagesblättern die breiteste Teilnahme
gesichert haben.
So galt es denn für mich, zunächst in die Geschichte dieser
Frage einzudringen: in meinem Werke freilich habe ich aus der
Fülle der hier einschlagenden überaus zahlreichen Schriften — ich
hoffe, es wird mir keine Arbeit von besonderer Bedeutung entgangen
sein, — nur das Notwendige geboten, aber ich denke, das Gebotene
wird den Überflufs nicht besonders vermissen lassen: sodann habe
ich versucht, in das Wesen der Farbe nach den verschiedenen Farben-
lehren selbst einzudringen, vor allem auch die Verwendung der
Farbenbezeichnungen in dem Gebrauch unserer täglichen Rede, der
Gewerbsleute und Tagesschriftstellerei festzustellen, um endlich die
Farbenbezeichnungen den Werken der Dichter zu entnehmen, und
zwar denjenigen des alten Hellas und Rom, der Germanen, Romanen
und Slaven.
Den Stoff, welcher den Semiten zu entnehmen wäre, habe ich
nur gestreift, denjenigen, welcher den Mongolen entnommen ist,
nicht berührt, da ich die Überzeugung hege, dafs die arische Welt,
welche meines Wissens die Frage zuerst gestellt, auch Mittel genug
besitzt, dieselbe zu lösen.
Wollte ich nun an Stelle von Behauptungen, welche in über-
wiegender Zahl der Einbildungskraft entnommen sind, solche der
Wissenschaft setzen, so war mir die Art der Darlegung meiner
Forschung vorgeschrieben. So entstand zunächst eine Geschichte
der griechischen Farbenlehre, von der ich hoffe, — da Goethes ent-
sprechender Arbeit Beherrschung des Stoffes wie scharfe geschicht-
liche Bestimmung der dargestellten Ansichten fehlt, Pantls Buch
aber die gefällige Form vermissen läßt, von gewagten Schlüssen hin
und wieder nicht ganz frei ist, vor allem aber den Farbenbezeich-
nungen nicht die eindringende Beachtung widmet, welche dieselben
zu beanspruchen haben, wenn uns ein volles, eingehendes Verständnis
der Farbenlehre der Alten geboten werden soll, — dafs sie ihren
Zweck erfüllt, indem sie den Stoff in erwünschter Klarheit darlegt,
ohne durch Einzelheiten zu ermüden. Sodann habe ich die Grund-
farben der alten, mittelalterlichen und neuen Malerei behandelt, um
dann bei den Grundfarben der Blumenwelt das in Bezug auf unsere
Frage höchst überraschende Ergebnis mitteilen zu können, dafs auch
die alte Welt eine Blauabstufung als Grundfarbe zu schätzen gewufst
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Vorrede.
V
hat, denn es ist wahrscheinlich, dafs Plinius, da er das Gelb von
den Grundfarben in der Blumenwelt ausschliefst, indem er seine
Nachricht auf das Herkommen alter Gebräuche stützt, unter falscher
Begründung des zeitlichen und sittlichen Anlasses, die betreffenden
Grundfarben festzustellen, alte Anschauung in seiner Nachricht über
die drei Hauptfarben der Blumenwelt bietet.
Gilt die Sprachforschung unseres Jahrhunderts für eine von
denjenigen Wissenschaften, welche neue, kaum geahnte Aufschlüsse
über das Verhältnis von Volk zu Volk, von Sprache zu Sprache,
von Wort zu Wort zu geben vermocht hat, so war sie gleichfalls
auf ihre Ansicht in Bezug auf die Farbenbenennungen, mit welchen
sich dieselbe ausführlich beschäftigt hat, zu prüfen: das Ergebnis
dieser Untersuchung wird hoffentlich nur den überraschen, welcher
nicht bereits selbst zu der Überzeugung gelangt ist, dafs die Ver-
treter dieser jungen Wissenschaft vielfach zu ausschliefslich selbst-
gemachte Wege gewandelt sind, um durchweg allgemein gültige
Ergebnisse erwarten zu lassen.
Dafs ich den Farbenforschungen bei den Naturvölkern, Kin-
dern und Tieren die nötige Aufmerksamkeit gewidmet habe,
werden hoffentlich die Darlegungen der betreffenden Abschnitte er-
geben, obgleich jene berührten Forschungen sich erst dann als un-
bedingt notwendig erweisen würden, wenn je der Beweis geliefert
wäre, dafs das körperliche und geistige Wesen eines Zulukaffers,
Wiegenkindes und fliegenden, laufenden, kriechenden oder schwim-
menden Tieres — und dasjenige der Dichter der altgriechischen
Heldenlieder mit ihren ewigen Schönheiten sich in entsprechender
Weise deckt. Bis diese Forderung erfüllt ist, müssen wir es als
einen logischen Fehler hinstellen, aus der Natur eines Zulus, Kindes
und Tieres eingehende Schlüsse auf die Organisation der Schöpfer
altgriechischer Meisterwerke ziehen zu wollen.
Sodann dürfte ich Art und Verwendung der Farben an den
Baudenkmälern der Alten nicht ununtersucht lassen, sowie den Handel
derselben mit farbigen Edelsteinen, um auch in diesen Teilen der
Forschungen festzustellen, dafs das Altertum an Farben seine Freude
gehabt hat, und zwar an solchen Farben, deren Kenntnis den Völ-
kern der alten Zeiten abgestritten wird.
Da Sophokles als derjenige bezeichnet wird, welcher zuerst
auf den Mangel in den Farbenbenennungen seines Volkes hinge-
wiesen haben soll, so hatte ich den ihm zugeschriebenen Äufserungen
näher zu treten: sie erwiesen sich einfach als falsch verstanden.
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VI
Vorrede.
Die Ansichten von Goethe, Gladstone und ihren Anhängern
habe ich auf den Gehalt ihrer Behauptungen in Bezug auf die Farben-
benennungen und das Farbenunterscheidungsvermögen zu prüfen,
wie die falschen Voraussetzungen und Schlüsse derselben darzu-
legen versucht.
Sodann hatte ich das Verhältnis des Ausdruckes, welchen der
Dichter, und denjenigen, welchen der Gewerbtreibende verwendet,
zu erläutern : um dasselbe an festen Beispielen erweisen zu können,
habe ich dazu eine französische und eine deutsche Farbenbezeichnung
gewählt, und zwar pers und pfirsichfarben ; ich hoffe, dafs die ge-
wählten Worte sich zu diesem Zweck als ausgiebig genug erweisen
werden. Darauf sind von mir diejenigen Farbenbenennungen be-
sonders behandelt worden, welche am meisten dazu beigetragen
haben, die Verwirrung in den Ansichten der Neueren über das
Farbenunterscheidungsvermögen herbeizuführen: Blau, phönizisch Rot,
Purpur: dem Regenbogen wie der Farbe des Himmels habe ich ge-
sonderte Abschnitte gewidmet.
Diesem allgemeinen Teil schliefst sich der zweite an, welcher —
nachdem ich den Unterschied zwischen der Verwendung eines Farben-
wortes von Seiten des Epikers, Lyrikers und Dramatikers zu erweisen
versucht habe — die Farbenbenennungen der griechischen Epiker
von Homer bis Quintus Smyrnäus behandelt: der Dichtung des
Nonnus von Panopolis habe ich bei den subjektiven Eigenschaften
des Dichters Stoff nur in einem Falle entnommen.
In diesem Teil der Arbeit ist der Beweis geliefert, dafs der
Grieche über einen Zeitraum von mehr als zwölfhundert Jahren hin
in allen wesentlichen Beziehungen dieselben Farbenbezeichnungen in
demselben Sinne verwandt hat: ist das aber der Fall, so ist der
Schlufs unabweislich, dafs entweder der Grieche noch in dem vierten
Jahrhunden unserer Zeitrechnung die Farben ebensowenig zu unter-
scheiden vermocht hat, wie zu den Zeiten der homerischen Sänger —
oder dafs das ganze Altertum seine Freude an den mannigfaltigsten
Farben und ihren verschiedenen Abstufungen gehabt und dieselben
angemessen zu bezeichnen verstanden hat. Daraus ergiebt sich aber,
dafs die Arbeiten derjenigen neueren Forscher, welche hiervon das
Gegenteil behaupten, falsche Ergebnisse bieten müssen.
Da nun jene fälschen Ergebnisse einen nicht richtigen Aus-
gangspunkt der Forschung voraussetzen, so ist der weitere Schlufs
geboten, dafs fortan hier einschlagende Arbeiten von anderen Gesichts-
punkten auszugehen haben : nicht der Physiker und Sprachvergleicher
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Vorrede.
VII
ist der berechtigte Erklärer der Farbenbezeichnungen der Alten,
sondern der Philologe und Ästhetiker, und wenn es der Beharrlich-
keit der Forschung gelungen ist, die Gesetze wieder aufzufinden,
welche den hellenischen Meistern für die Gestaltung ihrer Bauwerke
mafsgebend waren, wie für ihre Schöpfungen in der Musik, so war
es die Pflicht der Ästhetik wie der Philologie, aus der hellenischen
Anschauung heraus den Sinn und die Bedeutung wie die Verwen-
dung der Farbenbezeichnungen von Seiten der alten Dichter zu er-
schliefsen: bieten doch die Schöpfungen der Dichter, die Werke
eines Plato und Aristoteles, eines Theophrast und Plinius Material
in erfreulicher Fülle dar, welches die Grundlage einer Forschung der
berührten Art zu bilden hat.
Freilich war dieser Weg zur Lösung der nun einmal so seltsam
behandelten Frage ein etwas unbequemer, aber ich hoffe, dafs mein
Werk beweisen wird, dafs derselbe der allein richtige ist.
So hoffe ich denn auch, dafs die von mir gebotenen Ver-
zeichnisse der Farbenbenennungen, welche ich den Werken der
griechischen Epiker und der griechischen Philosophen entnommen —
und die Werke der letzteren würden erlauben, das ihnen ent-
stammende Material noch zu erweitern, eine willkommene Beigabe
sein werden: zeugen sie doch für die ungemeine Fülle der griechi-
schen Farbenbezeichnungen — wie auch die zur Vcrgleichung ange-
führten entsprechenden Zusammenstellungen aus dem Chanson de
Roland und der Nibelungen Not, über welche ich bereits in der
Zeitschrift für Völkerpsychologie und Sprachwissenschaft (Bd. XVII
S. 139 — 161) gesondert gehandelt habe.
Von der Textänderung, welche ich in Aesch. Agam. vorge-
nommen, hoffe ich, dafs dieselbe nicht als überflüssig bezeichnet
wird: mir hat sich die Notwendigkeit dazu aus den in meinem
Werke dargelegten Gesichtspunkten ergeben.
Und nun habe ich den Herren, welche mich bei meiner Arbeit
unterstützt haben, Dank zu sagen.
Das erste Wort des Dankes gebührt meinem innigen Freunde,
Herrn Staatsrat N. v. Lenström, früher Direktor des Gymnasiums
zu Libau (Kurland), jetzt Censor zu Riga, welcher mir die Erlaubnis
gewährte, bei allen Schülern des Gymnasiums zu Libau Studien in
Bezug auf das Farbenunterscheidungsvermögen zu machen: sodann
Herrn Prof. Magnus in Breslau, welcher mir seine überaus reiche
Sammlung von den in dieser Frage erschienenen Arbeiten zur Ver-
fugung stellte : den Herren Professoren Steinthal, Lazarus und La Roche,
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VIII Vorrede.
die mir auf meine Bitte ihre Schriften, soweit sie auf diese Frage
Bezug haben, zu senden gütig genug waren, da ich der Schriften auf
anderem Wege zunächst nicht habhaft werden konnte : hier in Leipzig
dem Kaufmann Herrn O. Geisler, Herrn Stöckner und seinem Welt-
geschäfte, den Herren Droguisten O. Hacke und Japhet, die mir
unermüdlich mit Rat und That zur Seite gestanden haben — ich
verdanke ihnen die Möglichkeit, mit über hundert Farben Versuche
haben anstellen zu können, darunter mit Waid und Wau, — Herrn
Rischer, unserem hervorragendsten Kunstgärtner, sowie Herrn Pinkert,
dem Besitzer unseres zoologischen Gartens und trefflichen Kenner
der Tierwelt.
Habe ich in meinem Werke verschiedene Ansichten der Ge-
lehrten zurückweisen müssen, so bitte ich die Herren, gegen welche
meine Worte gerichtet sind, zu bedenken, dafs die Sache das Wort
der Abweisung verlangen kann, wo der Person die gröfste Hoch-
achtung gebührt, wie ich dieselbe Herrn Professor Magnus, gegen
den ich mich zuweilen zu wenden hatte, in jeder Weise zu bezeugen
alle Ursache habe : ein einwandfreies Buch werde auch ich nicht
geschrieben haben, und sei es, dafs die Art der Anordnung des In-
haltes einzelner Abschnitte oder der Titel des Buches ihren Tadel
finden, da mir für die Aufstellung und Ankündigung derselben die
Bewältigung des Stoffes in übersichtlicher Anordnung unter Hervor-
hebung der wichtigsten Seiten desselben die Hauptaufgabe zu sein
schien: möge bei der Beurteilung in diesem Falle das Gute nicht
als Feind des Besseren sich erweisen.
Gern würde ich es sehen, wenn man über die vorgekommenen
Irrtümer in den Anführungen mit Rücksicht darauf mir mildernde
Umstände zubilligt, dafs der Weg, welchen jede einzelne Anführung
zu durchlaufen gehabt hat, ein gar weiter war, indem dieselbe dem
Werke des Dichters oder Philosophen entnommen in die Blätter
der Auszüge und Sammlungen einzutragen war, von da in die Arbeit
selbst, von der Arbeit in die Reinschrift, von der Reinschrift in die
Bogen der Abschreiber, um sich dann erst der Hand des Setzers
, anzuvertrauen. Allerdings hätte ich besser gethan, die Arbeiten der
Abschreiber erst noch einmal einer genauen Durchsicht aller An-
führungen zu unterziehen, und es würde geschehen sein, hätte ich
geahnt, dafs meine nichts weniger als gute Handschrift Anlafs zu so
vielen Irrtümern werden konnte — indes ich denke, das gedruckte
Verzeichnis wird die Entschädigung für die frühere Unterlassung
bieten. Sodann ist ja auch zu bedenken, dafs der eigentliche Wert
Vorrede. IX
*
des Buches, wenn solcher ihm zuerkannt wird, nicht in der An-
führung nach Zahlen, aufser in den umstrittenen Stellen, zu suchen
ist, sondern in der angeführten Zusammenstellung von Hauptwort
und Farbenbezeichnung, wie sie der Dichter geboten, wie sie die
Art der Anschauung der Alten erschliefst. Schliefslich wolle man
noch erwägen, dafs wenn z. B. Überweg, Gesch. der Philosophie
Bd. I, noch in der vierten Auflage 86 Verbesserungen bietet, man
auch über meine Verbesserungen nicht wohl zu scharf urteilen darf,
wenn es bei Überweg nicht geschehen ist, zumal in anbetracht
dessen, dafs ich meine Anführungen den Auszügen von vielen
Tausenden von Versen entnommen habe.
Im übrigen hoffe ich, dafs ich nichts von Bedeutung über-
sehen, sowie dafs das Mafs, welches ich in An- und Ausführung
gehalten, Billigung finden wird: beweist doch eine Überlastung mit
statistischem Stoff da gar wenig, wo nicht die Sache für sich spricht.
Und nun wage ich zu wünschen, dafs mein Buch Freunde
rindet bei meinen Fachgenossen, den Philologen, welche, wie ich
denke, die Überzeugung gewinnen werden, dafs sie sich und ihren
Schülern die Freude an der farbenschönen Welt des Altertums hin-
fort nicht mehr trüben zu lassen haben, — vor allem den Homer-
erklärern, wie den Homerlesern — aber auch bei den Anthropologen.
Möge dem Buche ein Teil jener freundlichen Aufnahme be-
schieden sein, welche dem Hauptinhalt desselben geworden, als ich
ihn in verschiedenen Vortragen im hiesigen anthropologischen Verein
und vor Herren, welchen die Beschäftigung mit der Farbe zum Teil
Ziel und Zweck des Lebens ist, darlegte, wo ich die volle Zustim-
mung für meine Ansichten fand, dafs die Frage nach dem Farben-
unterscheidungsvermögen in ihrem vollen Umfange bisher nicht wohl
zu lösen war, da die Forscher in Bezug auf dieselbe zum Teil mit
unzulänglichen Mitteln gearbeitet haben : dafs wenn eine Entwickelung
des Farbenunterscheidungsvermögens stattgefunden hat, dieselbe in
eine Zeit fällt, aus welcher wir keine Zeugnisse mit gesicherten Er-
gebnissen anzuführen vermögen: dafs die griechische Welt bereits
zur Zeit der homerischen Sänger ein farbenbewufstes und farben-
frohes Dasein geführt hat — endlich dafs das Urteil über Art und
Verwendung der Farbenbenennungen der Dichter nicht dem Physio-
logen gebührt, auch nicht dem Sprachvergleicher, sondern der
Philologie, der Ästhetik.
Leipzig, 22. März 1888.
Edm. Veckenstedt.
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1
Inhalts- Verzeichnis.
Hinleitung
i. Kap. Geschichte der griechischen Farbenlehre
Seite
1—2
2-28
Xenophanes S. 2.
Pythagoras, Alkmaeo 4.
Hmpedokles 5.
Anaxagoras 6.
Die Pythagoreer 7.
Demokritus 8.
Hippokrates 10.
Hesiod 11.
Orpheus 12.
Thaies 12.
Heraklitus 12.
Parmenides 12.
Diogenes von Apollonia 13.
Klidemus 13.
Aristoteles S. 16.
Theophrast 22.
De coloribus 22.
Die Aristoteliker 24.
Zeno 24.
Galenus 2$.
Plutarch 25.
Fpikur 26.
Chrysippus 26.
Nikolaus von Damaskus 27.
Sextus Empirikus 27.
Lucrctius 27.
Seneca 27.
Plinius 28.
2.
Plato 13.
Kap. Verzeichnis der Farbenbezeichnungen der griechischen Philo-
sophen
3. Kap. Die Grundfarben der griechischen und neueren Malerei . .
4. Kap. Die Grundfarben unserer Kunstgärtner; die Blumenfarben bei
den Alten
Blau als Blütenfarbe in den sla-
vischen Volksliedern 36,
bei Walter von der Vogelweide 56,
bei Rutebeuf 36,
Weifs im Chanson de Roland 36.
Die römisch - griechische Blumen-
welt; ihre Grundfarben 37.
Die Kranzblumen der Griechen 37.
28— 29
29- 33
34 5}
Das griechische Blumenlied 39.
Die Blumen des Hymnus auf die De-
meter und der Kyprien 40.
Die Blumenblüte bei Homer 42.
Das Grün bei Homer 43.
Die Silge, Seünum, als Gattung u. Art 4 >.
Viola odorata u. Viola tricolor 49.
Die blühenden Gewächse bei Homer 5 2'
Kap. Die Sprachforschung und die Farben 53 — 60
Rot 54. Schwarz 57.
Gelb 55. Blau 58.
Weifs 56.
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Inhalts-Verzeichnis. XI
Seite
6. Kap. Das Sehvermögen und die Farbenbezeichnungen bei den Natur-
völkern 60—66
7. Kap. Das Farbensehen bei den Kindern 66—68
8. Kap. Das Farbenunterscheidungsvermögen der Tiere 68 — 70
9. Kap. Die Farbe an den Bauwerken der Alten 70 — 72
10. Kap. Der Handel mit farbigen Edelsteinen im Altertum .... 72
11. Kap. Sophokles über die Farbenworte 75— 74
12. Kap. Goethes Farbenbenennungen der Alten. Sehwankende Über-
setzungen 74— 7 5
13. Kap. Gladstone und seine Anhänger, Geiger und Magnus . . . 75—77
14. Kap. Die Farbenbezeichnungen in Gewerbe und Dichtung, Pers
und Pfirsichfarben 77 — 81
15. Kap. Blau, nach Geiger 82 — 85
16. Kap. Phönizisch Rot und Purpur 85—91
17. Kap. Der Regenbogen 91—94
18. Kap. Die Farbe des Himmels 95—96
19. Kap. Unterschied in den Farbenbezeichnungen der Epiker, Lyriker
und Dramatiker 96—97
Die Farbenbezeichnungen der Epiker 98—190
20. Kap. Schwarz 98—103
i. a) fxiXas 98. h) fxtkdvvdQog 100.
b) naptfiüag 99. i) pfkavistog 101.
c) dfapi/xtkag 100. k) (xekdyxtfiog 101.
d) (ie).uftßporof 100. 1) (xekaivw, fiekalvofxai 101.
c) fitlayxpoifje 100. m) pekdvui =» pekavito, pe-
0 fie?.av6x(*ooi 100. kaivopai 101.
g) fttkavoxiHog 100.
21. Kap. Dunkel 103—109
1. vvg 103. 11. vtiftkt) 107.
2. dmpikvxtj 104. 12. a) dxkvg 107.
3. dpokyog 104. b) dzXvut 107.
4. xvttpai 104. c) inaxkvut 107.
5. a) axotog 105. d) vnaxkvvot 107.
b) axotoeig 105. e) dxkvostg 108.
6. a) xtkaivög 105. 13. a) oxid 108.
b) xtkatve<prjg 105. b) axidto 108.
c) dxpoxekatvidto 105. c) axid^to 108.
7. a) lie^o? 105. d) vnoaxidw 108.
b) dgeßewog 106. e) axiöetg 108.
c) iyt/xvög 106. f) ßa&vaxiog 108.
H. a) OQtpvt} 106. g) ödoxtog 108.
b) 6g<pvaiog 106. h) nakiaxiog 108.
c) opywi/f«; 106. i) doktxöoxiog 108.
9. a) £o?w? 106. 14. dftuvQog 108.
b) Zo<pto6; 107. 15. AryaiOj,' 109.
10. dw^oc 107. 16. nvQixavotoq 109.
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XII
22. Kap. Braun
23. Kap. Rot
1. a) fyv&pog iio.
b) eptv&og in.
c) £pev&a> in.
d) tpev&airw m.
e) dftipspv&alvto in.
2. a) ctljuec in.
b) ai/ucrrof <c 1 1 2.
J. ßgoxog 112.
4. a) pwooc ii2.
b) tpoivioq H2.
c) <poivqtie H2.
d) dutpoivög ii2.
e) 6a<poiveog 1 1 }.
24. Kap
1. a) £(>i;af0s 121.
b) xQvaonXoxctfioi; 122.
C) XQVOOXOfitJQ 122.
25. Kap. Gelb
1. a) xpoxog 125.
b) xpoxtfioq 124.
c) xQoxonexkoq 125.
2. fieXfy(><o<i 125.
3. £av#<>€ 126.
26. Kap. Fahlgelb, Gelb, Gelbgrün
a) p^.w^oc 129.
b) £Aof(>ds 129.
27. Kap. Grün
28. Kap. Blau
1. a) xväveog 136.
b) xvavtömg 141.
c) xvavoxatZTji 142.
d) xvavonXoxa/nog 142.
e) xvavonxegog 142.
1") *vavo7r£7rAos 142.
g) xvavoiiQtpQOi 142.
h) xvavoxQtjfcfivoq 145.
29. Kap. Violett
1. a) lotig 153.
b) toetörjg 1 54.
30. Kap. Purpurfarben
1. a) <polvi§ 1 $9.
b) (foiviaaot 160.
c) <poivixtog 160.
d) <pontxoeig 160.
e) (potvixonaQboq 160.
Inhalts-Verzeichnis.
Seite
109 — 1 10
1 10 — I 20
5. oivotp 1 1 5-
6. ai&<or 1 1 3.
7. a?$ot/> 116.
8. ai&alottg 116.
9. (ttXxondpyog 117.
10. a) frodostq 117.
b) froäoödxxvXoq 119.
c) ^odonrjxvs 119.
d) QOÖoa<pvQog 119.
e) frodoninkog 119.
11. xa)XinaQyoq 119.
12. vsoxfnyxoq 120.
d) xQvadimg 122.
2. a) 122.
b) 122.
4. |ov#o£ 127.
5. a) ty^o? 127.
b) tuypdat 128.
c) toxpög 128.
6. pq).anp 128.
c) xAooff 1 34.
d) xtaip'/'V 1 34.
2. a) yAat'xd»- 145.
b) y?.avxtöme 144.
c) yXavxidw 146.
3. x tt Q on °* J 46.
4. a) t]tgtog 149.
b) ijfgoeig 151.
c) i}ei>oti6t t <; 151.
c) iodvetptjg 15$.
2. vaxlvBnog 155.
2. a) noQ<pvQ<u 161.
b) noptfvoeog 162.
c) 7iop(fv(j6eig 163.
3. ahnÖQifVQoq 163.
120—123
123 — 129
129—135
155 -ij6
136-152
152-158
1 58—164
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Inhalts-Verzeichnis. XIII
31. Kap. Weifs 164—167
1. a) Xevxog 164. f) vnoXevxah'o/iat 166.
b) XtvxciXevcg 165. 2. iXtyag 166.
c) Xtvxoxinov 165. 3. Xeipiottg 166.
d) Afv*aa7rtc 166. 4. £ia»v 166.
e) Xtvxaivw 166. j. aX<pog 167.
32. Kap. Weifsgrau, Silberweifs, Weifs 167—177
1. a) dpyvpeog 167. c) dpytoiovg 175.
b) dgyvgoöivrjg 168. 4- ctpytfS 175.
c) apj'v^xKTtCa 168. 5. dpyeoTqg 176.
2. a) dgyvtpoq 168. 6. apyfvw? 176.
b) dpyvtpeog 168. 7. apyivot«; 177.
3. a) apyo» 169. 8. dpj'/^^pat-i'oc 177.
b) aQylnovg 172.
3$. Kap. Fahl 177—180
34. Kap. Worte nicht gesicherter Bedeutung 180—185
1. vnonepxd^w 180. 4. xaXvxwmg 183.
2. dpyeHfiontjg 180. 5. tjvotp 183.
3. a) IXixwxp 182. 6. vwyoxp 184.
b) kXtxüimg 182. 7. H>p<Je<; 184.
35. Kap. Bunt 1 8s— 186
a) notxiXog 186. c) naftnoixtXog 186.
b) nolxiXfjta 186. d) noixtXodetpog 186.
36. Kap. Glänzen, schimmern, scheinen, leuchten und ihr Gegensatz 186 — 187
37. Kap. Verzeichnis der Farbenbezeichnungen der Epiker .... 187—190
38. Kap. Schlufsbetrachtungen 190 — 192
39. Kap. Anmerkungen 193 — 203
40. Kap. Verzeichnis der Epiker und der benutzten Ausgaben . . 204
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Verbesserungen.
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Einleitung
Unter den Fragen, welche in unserer Zeit die weitesten Kreise
der wissenschaftlichen Welt in Bewegung gesetzt haben, ist diejenige
nach dem Sehvermögen der alten Völker in Bezug auf die Unter-
scheidungsfähigkeit der Farben als von besonderer Wichtigkeit zu
bezeichnen : ist doch nicht nur die weitgehende Teilnahme, welche
dieselbe hervorgerufen, Beweis dafür, sondern sie bietet auch die
Möglichkeit, bei einem grofsen Teil der hier einschlagenden Arbeiten,
trotz scheinbar ungeheurer Mühe, welche darauf verwandt wurde,
eine Eigenheit der vorgeschichtlichen, geschichtlichen und Natur-
völker aufzudecken, auf deren Spuren man recht eigentlich erst in
unseren Tagen gekommen zu sein glaubte, eine gewisse Hast und
Unfertigkeit im Urteil darzulegen. Das eine Verdienst wird der
nun einmal gestellten Frage jedoch bleiben, dafs sie Anlafs geboten,
in die Vorstellungs- und Ausdrucksweise der Dichter des alten
Hellas in Bezug auf die Gestaltung und Benennung der farbenfrohen
Umgebung ihrer Götter, Helden und anmutigen Frauen tiefer ein-
zudringen, als dies bis jetzt geschehen war, aber eine ungemeine
Menge von Willkürlichkeiten sind erst wieder zu beseitigen, bevor
wir uns derselben in erwünschtem Mafse erfreuen können.
Nun war eben auch nicht gleich anfänglich die Frage nach
dem Sehvermögen der alten Völker selbst gestellt worden, welchem
jetzt die hier einschlagenden Arbeiten in besonderem Mafse ge-
widmet sind, aber diese Wendung war in der That ein folgerichtiger
Schritt in der Weiterführung derselben, wenn die vorausgegangenen
Behauptungen richtig waren, dafs die Farbenbezeichnungen der alten
Dichter und zwar vorzugsweise der altgriechischen Zeit dem wirk-
lichen Aussehen der Dinge dieser Welt ihrem farbigen Äufseren nach
nicht entsprechen.
Gestützt sollte die Ansicht, dafs den Völkern der alten Zeit
die volle Beherrschung der Farben gefehlt, durch die Thatsache
Veckenatedt, Geschichte der erriech. Farbenlehre. I
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2
Geschichte der griechischen Farbenlehre.
werden, dafs die Philosophen, besonders die Pythagoreer, nur von
vier Farben zu reden gewohnt seien : aus Xenophanes' Worten über
den Regenbogen wird die Blaublindheit des Philosophen und seiner
Zeitgenossen gefolgert, von welcher erst Aristoteles ganz frei-
gesprochen wird.
Erstes Kapitel.
Geschichte der griechischen Farbenlehre.
Was die Ansichten der griechischen Philosophen von dem
Wesen der Farbe betrifft, so ist eine Zusammenstellung und Erklä-
rung derselben bereits von Prantl versucht, aber es scheint, als ob
die Herren, welche über diese Frage geschrieben, es nicht für nötig
gehalten haben, dessen Werk: »Aristoteles über die Farben, erläutert
durch eine Übersicht der Farbenlehre der Alten, München 1849«
auch nur einzusehen. Die Brauchbarkeit des Buches wird allerdings
durch die Art seiner Abfassung so beeinträchtigt, dafs dasselbe eigent-
lich nur einem Philologen zugänglich ist — aber auch in seiner
jetzigen Gestalt darf der Mediziner das Buch nicht einfach beiseite
liegen lassen, wenn er — und Magnus redet mit einem gewissen
Spott über die Farbentheorieen der alten Griechen — über die hier
in Betracht kommenden Ansichten schreibt.
Nun ist aber der Gegenstand von einer solchen Wichtigkeit,
dafs ich mich aufs neue der Aufgabe unterzogen habe, eine kurze
Farbenlehre der Griechen zu schreiben, in welcher ich nur das Nötige
biete, die Zeitfolge der entwickelten Ansichten scharf hervortreten
lasse und stets diejenigen Übersetzungen der griechischen Farben-
bezeichnungen biete, welche sich mir als die richtigen ergeben haben.
Die Berechtigung meiner Übersetzungen der Farbenworte werde ich
zumeist erst bei der Gelegenheit geben, wo die Farben genau behan-
delt werden, um die Farbenlehre selbst nicht durch zu viel Einzel-
untersuchungen zu überladen.
Xenophanes.
Als der Philosoph, welcher zwar noch keine Farbenlehre ge-
schrieben, aber doch zuerst wichtige Ansichten über das Wesen
der Farben aufgestellt hat, ist von uns der Eleat Xenophanes zu
bezeichnen, welcher aus Kolophon stammt und der Zeit von 569
bis etwa 477 angehört. Seine Blüte setzt man um 540.
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Geschichte der griechischen Farbenlehre.
3
Aus seiner Lehre, nach welcher alles in eine Einheit ein- und
damit davon auch ausgeht, ist es möglich anzunehmen, dafs er auch
für die Farben die Einheit Licht gesetzt hat. Ausgesprochen hat er
aber diese Ansicht in voller Schärfe nicht, obwohl einige seiner
Aussprüche auf eine entsprechende Lehre gedeutet werden können.
So hat Xenophanes die Sonne als aus feurigen Wolken be-
stehend bezeichnet, 1 ) nach Galenus 2 ) nennt er die Sonne eine an-
gezündete Wolke.
Neben dieser Sonne aus Feuerwolken wird aber die Sonne
auch als aus kleinen Feuern entstanden bezeichnet, die trockenen
Dünsten entstammen. 8 ) Plutarch 4 ) weifs zu berichten, dafs nach
Xenophanes die kleinen Feuer aus feuchten Ausdünstungen sich
sammeln. So wird uns das früher berührte Anzünden der Wolke
erklärlich.
Wolke und Farbe treten nun im Regenbogen in unmittelbare
Verbindung, wenn Xenophanes sagt: »Was man Iris nennt, auch
das ist eine Wolke, xoQtpvQtov Purpurfarben, (foivlxiov Phönikisch-
farben, xh°Q° v Fahlgelb.« 5 )
Diesen Farbenbezeichnungen ist besonders um deshalb auch
eine besondere Wichtigkeit beigelegt worden, weil sie angeblich die
ersten sind, welche auf eine Mehrfarbigkeit des Regenbogens hin-
deuten — wir werden später sehen, dafs bereits Homer auf ver-
schiedene Farben im Regenbogen hingewiesen hat — die Blaublind-
heit der Griechen bis in die Zeit des Xenophanes hinein aus dessen
Worten zu erschliefsen blieb den Gelehrten unserer Zeit vorbehalten.
Sehen wir uns nun diese drei Farbenbezeichnungen näher an.
Es ist, denke ich, kaum ein Zweifel darüber möglich, dafs der
Philosoph und Dichter, hätte er als die Farben des Regenbogens
Rot, Gelb, Grün bezeichnen wollen, dafür die Ausdrücke £qv$qov,
§av&6v, jtQaöivoi' oder xoiudsq verwandt haben würde. Da er das
nicht gethan hat, so mufs aus der Wahl seiner Farbenbezeichnungen
geschlossen werden, dafs er mit denselben mehr ausdrücken will,
als nur Rot, Gelb und Grün besagen. Und er thut das auf wunderbar
geschickte Weise. Ist doch jtoQ<pvQtor ein volles gesättigtes Rot
mit einem Blauschimmer, yoivixtov Scharlach oder Karmesinrot mit
Blauschimmer, ^vtcapor aber Fahlgelblich, das in das Grüne einzugehen
Neigung hat : die Sonne läfst eben das Gelbe, der Schatten das Grüne
hervortreten auch bei unseren jüngsten Knospen in Feld und Flur.
Bei Anerkennung der dichterischen Freiheit des Ausdruckes unter
Steigerung der Abstufung, welcher die Farbenbezeichnung dient, zur
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4
Geschichte der griechischen Farbenlehre.
vollen Farbe, gelangen wir zu den, wir wollen einmal sagen, Grund-
farben Rot, Orange, Gelb und den Schimmerfarben Grün und Blau.
Erkennen wir die Richtigkeit der Darlegung an, so müssen
wir zugestehen, dafs der Philosoph und Dichter seine Lehrmeinung
und das Wesen des Seienden im dichterischen Schmuck der Rede
besser zu verschmelzen verstanden, als unsere ihn zu einem blau-
blinden Manne stempelnden Gelehrten auch nur zu ahnen scheinen,
denn aus der Einheit Wolke gelangen wir zur Dreiheit der Grund-
farben und Zweiheit der Schimmerfarben.
Somit entsprechen die Farbenbezeichnungen des Xenophanes
nicht nur der Zahl der Farben des Regenbogens bis auf Violett,
sondern auch dadurch, dafs in der That die rote, rotgelbe und gelbe
Farbe als die, wir wollen einmal sagen, Grundfarben — sicher Haupt-
farben — des Regenbogens bezeichnet sind, denn es ist erwiesen,
dafs der Regenbogen bei niedrigem Stand der Sonne und wassergas-
gefiillter Atmosphäre in der That fast nur rot und gelb erscheint.
Eben dieser Einteilung in Haupt- und Nebenfarben dienen auch die
Worte des Xenophanes.
Nach Clem. Alex. Strom. VII p. yii,b. hat Xenophanes darauf
hingewiesen, dafs die Thraker ihre Götter nach ihrem Vorbilde
jtvQQov- gelbrot — wir sind gewohnt rotblond zu sagen — und
blauäugig darzustellen pflegen. 6 ) Hier begegnet uns bereits das
yXavxov zur Bezeichnung des hellblau strahlenden Auges der Nord-
landsvölker.
Pythagoras. Alkmaeo.
Haben wir von Pythagoras, welcher der Zeit von 582 bis 507
angehört, selbst keine beglaubigte Ansicht über die Farben, so sind
uns doch von Alkmaeo dem Krotoniaten, einem jüngeren Zeit-
genossen und Schüler des Pythagoras, einige Aussprüche überliefert,
welche für die Farbenlehre von Wichtigkeit sind — vorausgesetzt,
dafs die Sätze in richtiger Überlieferung vorliegen. Dem Alkmaeo
wird nämlich die Ansicht zugeschrieben, dafs für das Sehen das
Glänzende und Durchsichtige Bedingung sei, wenn es entgegen-
scheine. Die Augen sollen durch das Wäfsrige rings in denselben
sehen, im Auge sei Feuer, so dafs aus ihnen Feuer herausleuchte,
wenn das Auge geschlagen werde. 7 )
Wir werden finden, dafs diese Ansichten des Pythagoreers
— immer die Richtigkeit der Überlieferung vorausgesetzt — auf
Aristoteles den gröfsten Einflufs geübt haben.
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Geschichte der griechischen Farbenlehre.
5
Empedokles.
Nach den uns erhaltenen Aussprüchen des Empedokles können
wir von diesem grofsen Philosophen bereits eine Art von griechi-
scher Farbenlehre aufstellen, wie denn dessen Lehrmeinungen auf
die Anschauungen der Griechen über das Wesen der Farbe stets
von bedeutsamem Einflufs geblieben sind.
Aus seinem Leben und seiner Lehre erinnern wir uns, dafs
4er Philosoph aus Agrigent stammt, der Zeit von etwa 492 — 432
angehört und an die Spitze der jüngeren Naturphilosophen gestellt
wird. Er stellt zuerst, wie Aristoteles in der Methaphysik I, 3 be-
zeugt, die Vierheit der Elemente auf und setzt als Urstotfe Feuer,
Luft, Erde, Wasser, welche er die Wurzeln von Allem nennt. 8 )
Nach seiner Lehre giebt es kein Entstehen von etwas, was
vorher nicht war, demnach auch kein Vergehen: alle Bildungen
gehen aus der Mischung oder Trennung der vier Elemente hervor,
durch Liebe oder Hafs.
Empedokles läfst nun nicht nur die verschiedenen Vorgänge
der Weltbildung auf dem abwechselnden Vorwiegen von Liebe und
Hafs beruhen, sondern es werden auch von ihm die Farben der
Mischung der Elemente zugeschrieben, 9 ) und zwar stellen sich nach
der Überlieferung des Simpl. die vier Farben Weifs, Schwarz, Rot,
Gelb — Xevxov, fiiXav, £qv&qov, coxqov zu den vier Elementen Feuer,
Wasser, Luft und Erde. 10 )
Hier ist der Schlufs unabweislich, dafs nach Empedokles diese
vier Farben die Elementar- und Grundfarben sind, aus denen sich
die anderen Farben bilden, wie aus den vier Elementen alles entsteht
— aber der Schlufs wäre Thorheit, zu behaupten, Empedokles hätte
nur diese vier Farben gekannt, er wäre demnach braun-, grün-,
blau-, orange-, violett- und grau-blind gewesen.
Setzt Empedokles die vier Grundfarben in Beziehung zu den
vier Elementen, so wissen wir doch nur, dafs er diese Beziehung
vom Weifs zum Feuer, vom Schwarz zum Wasser ausspricht: Rot
und Gelb werden demnach auf Erde und Luft kommen. 11 )
Zu bemerken ist übrigens, dafs Empedokles nicht durchweg
folgerichtig in der Erklärung des Wesens der Farbe vorgegangen
ist, denn wenn er schon das Schwarze dem Wasser zuschreibt, so kann
er doch auch wieder z. B. vor der Thatsache das Auge nicht ver-
schliefsen, dafs die Holzkohle schwarz aussieht. So setzt er denn
auch in der That das Schwarze mit dem Warmen — also doch
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6
Geschichte der griechischen Farbenlehre.
wohl mit der Hitze, der Verbrennung in Verbindung mit den Worten,
welche uns von Simpl. überliefert sind.")
Von besonderer Wichtigkeit sind dann noch die Ansichten des
Empedokles über den Vorgang des Sehens selbst.
Nach der Lehre unseres Philosophen gehen von allen Dingen,
welche da sind, Ausströmungen aus. 13 ) Die Poren, welche sich im
Körper befinden, vermitteln das Empfinden. 14 ) Auch das Auge hat
Poren : diejenigen Ausströmungen nun, welche sich diesen Poren in
den Augen einpassen — und damit die Empfindung veranlassen —
sind die Farben. 15 )
Ein weiterer Teil der Lehre des Empedokles ist nun, dafs wir
nur Gleichartiges durch Gleichartiges erkennen, nach seinen bekannten
Worten: »Erde sehen wir durch Erde, Wasser durch Wasser, durch
Äther den göttlichen Äther, durch Feuer das vernichtende Feuer.« 16 )
Demnach giebt er nur dem Auge Anteil an den Elementen,
indem er ausspricht, dafs innen im Auge Feuer sei, um das Feuer
Erde, Luft und Wasser. 17 )
Farben sehen wir dadurch, dafs wir, da sich die Poren wechsel-
weise beieinander befinden, mittels des Feuers im Auge das Weifse,
das Schwarze mittels des Wassers erkennen. 18 ) Das Gelbe und das
Rote würde also der Luft und der Erde verbleiben.
Empedokles sucht seine Lehre dadurch zu stützen, dafs er be-
hauptet, die blauen Augen sähen bei Tage nicht — »scharf« ist wohl zu
ergänzen — aus Mangel an Wasser, die schwarzen des Nachts aus
Mangel an Feuer.
Anaxagoras.
Von Anaxagoras haben wir gleichfalls zwar keine Farbenlehre,
aber doch wichtige Ansichten über das Wesen der Farbe. Anaxagoras
gehört der Zeit von 500 — 428 bezw. 496 — 454 an. Man nimmt
an, dafs er die Lehren des Empedokles gekannt und umgebildet hat.
Anaxagoras setzt an Stelle der vier Elemente unendlich viel
Urstoffe, die sich als gleichartige verbinden: deren Sichverbinden ist
das Werden, Zerstörung die Trennung.
Gemäfs seiner Lehre ist das Ursprünglichste das Allerzusammen-
gesetzteste: durch Ausscheiden entwickeln sich erst die Dinge.
Vor der Scheidung waren auch die Farben nicht klar erkennbar. 1 ")
Da die Eigenschaften von ihren Körpern untrennbar sind, so
gilt dies auch von den Farben — welche danach Eigenschaften der
Körper sind.
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Geschichte der griechischen Farbenlehre. 7
Als Grundfarben — Ur- oder Elementarfarben — hat Anaxagoras
Weiis und Schwarz angegeben, die andern durch Mischung aus den-
selben hervorgehen lassen. 20 )
Die Pythagoreer.
Aufser Alkmaeo dem Krotoniaten haben auch andere Anhänger
und Schüler des Pythagoras Aussprüche über die Farben gethan, aber
es ist nicht wohl möglich zu bestimmen, von wem dieselben her-
rühren, denn selbst das, was man Philolaos in den Mund legt, ist
schwerlich in der gegebenen Form von ihm geboten worden: da-
gegen lassen sich einige Sätze mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit
bestimmten Zeiten zuweisen.
Die Schule der Pythagoreer übt ihre Wirksamkeit bis etwa 380,
um dann zunächst zu verschwinden: im 1. Jahrhundert lebt die
Schule wieder auf: Philolaos, ein Zeitgenofs des Plato, schreibt als
der erste unter den Pvthagoreern die philosophischen Lehrsätze der
Schule um etwa 430 auf.
Von den Pythagoreern wird die Lehrmeinung aufgestellt, dafs
dieselben die Oberfläche Farbe genannt haben. 21 ) Plutarch berichtet
uns auch, dafs die Pythagoreer von den Farben vier Arten — wir
würden sagen Grundfarben — angeführt haben, und zwar Weifs und
Schwarz, Rot und Gelb, 22 ) Xtvxov, fitkav, kQvd-Qov, coxqov. Sie sollen
diese vier Grundfarben mit den vier Elementen in Verbindung ge-
bracht haben, wie die weiteren Ausführungen des Plutarch ergeben. 28 )
Es ist nun seltsam, dafs man aus solchen Lehrmeinungen die
Ansichten und Kenntnisse der Pythagoreer oder gar des Pythagoras
von den Farben hat erschliefsen wollen : die Nachricht des Plutarch,
daß die Pythagoreer die vier berührten Farben als Grundfarben an-
genommen und mit den Elementen in Verbindung gebracht haben,
giebt eben eine Lehrmeinung des Empedokles wieder, kann also,
wenn sie überhaupt von einem Pythagoreer angenommen ist, nur
in der Zeit nach Empedokles ausgesprochen sein.
Aus der Lehre des Pythagoras heraus dürfen wir nun aber die
Erwartung hegen, dafs die Farbe zur Zahl als Symbol in Beziehungen
gesetzt ist. So wird uns denn nun auch von Philolaos berichtet,
dafs er gemäfs der Neigung seines Lehrers und dessen Schule, die
Dinge und deren Eigenschaften einer Zahlensymbolik einzuordnen,
dies für die Farbe gethan, indem er die Fünf als Ausdruck dafür ge-
setzt hat. 24 )
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8
Geschichte der griechischen Farbenlehre.
Nun ist aber die Fünfzahl als Symbol für das Umfassende, also
auch die Färbung erst der platonisch-aristotelischen Zeit zuzuschreiben :
die Lehre von den fünf regelmäfsigen Körpern kann nämlich nicht
vorplatonisch sein, da nach Plato (Rep. VII 528. 6) die Stereometrie
eben der früheren Zeit nicht angehört.
Es wird uns nun aber auch berichtet, dafs die Pythagoreer die
Dreizähl den Farben gleichgesetzt haben. 25 ) Somit ist es wahrschein-
lich, dafs wir zu wirklich behaupteten Thatsachen gelangen, wenn
wir die Lesarten so verändern, dafs wir dem Philolaos die Dreizahl,
den Pythagoreern der platonischen Zeit die Fünfzahl als Ausdruck
für die Farbe und ihre Symbolik zuweisen : bekanntlich ist die Über-
lieferung der Pythagoreer in so wenig gesicherter Gestalt uns geboten,
dafs sich eine Annahme, wie die aufgestellte, wohl rechtfertigt.
Demokritus.
Eine der hervorragendsten Stellen unter den Farbengelehrten
des Altertums nimmt bekanntlich Demokritus aus Abdera ein. Der-
selbe gehört der Zeit von etwa 460 — 370 oder 360 an. Er setzt
bekanntlich das Volle und Leere als die Grundbedingungen alles
Seins. Das Volle sind nach seiner Lehre unteilbare Körperchen,
atofta, welche sich nicht nach inneren Eigenschaften, sondern nach
der Gestalt von einander unterscheiden, nach Lage und Anordnung.
Da es nur Atome und ein Leeres giebt, so kommt auch den
Farben kein Dasein an sich zu. 20 ) Wie man, allein nach Überein-
kunft, von Süfsem, Bitterem u. s. w. spricht, so geschieht dies auch
von der Farbe. 27 )
Kommt den Farben kein Dasein an sich zu, so ergiebt sich,
dals dieselben erst durch das Bewufstsein zu solchen werden. Das
Bewufstsein ist Empfindung, die Empfindung vermittelt das Tasten. 28 )
Schwarz und Weifs entstammt dem Rauhen und Glatten, 29 ) das
Rote wird von Demokritus mit dem Feuer in Verbindung gebracht, 30 )
für Gelb setzt er j^copor, ein Beweis, dafs in der That ursprünglich
das Fahlgelbe mit xk m QÖv bezeichnet wird, Grün erst aus dem Fahl-
gelben sich entwickelt. Da Demokritus das ^Atopor als Grundfarbe
setzt, so ist es klar, dafs er in xIwqqv das Fahle zurück-, das Gelbe
besonders hervortreten läfst, wie wir auf ähnliche Vorgänge bereits
hingewiesen haben.
Somit ergeben sich uns als die vier Grundfarben des Demokritus
Xevxov Weifs, piXav Schwarz, sqv&qov Rot, x^wqov Gelb nach den
Anführungen des Stobaeus. 31 )
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Geschichte der griechischen Farbenlehre.
9
Zu bemerken ist übrigens, dafs xl<°Q° v aus Vermutung von
Mullach für die Lesart der Vulgata ojxqov gesetzt ist, aber die Ver-
mutung ist nicht unwahrscheinlich, da Theophrast berichtet, nach
Demokritus entstehe das Gelbe aus dem Vollen und Leeren, 82 ) was
in der That darauf hinweist, dafs das Gelbe, #Uö(>oj>, als die vierte
Grundfarbe anzunehmen ist.
So sind wir zu vier Grundfarben gelangt. Da sich nun aber
auch innerhalb dieser Farben selbst Grade und Abstufungen ergeben,
so erklärt dies Demokritus so, dafs je weniger Grade und Abstufungen
sich ergeben, je reiner die vier Grundfarben also sind, die Atome
um so weniger gemischt sind. 88 )
Werden nun die Atome stärker gemischt, so entstehen die
anderen Farben, im Gegensatz zu den einfachen oder Grundfarben,
also die Mischfarben. 84 )
Als solche Farben stärkerer Mischung der Atome — also Misch-
farben — führt Demokritus an: i. xpuöottde's nach dem Gelbroten
neigend, 2. jtoQ(f.vQtov Purpurn, volles, gesättigtes Rot mit einem
Blauschimmer, 3. löuxiq indigo, denn das Färberwaid giebt dieselbe
Farbe wie das Indigo; das Bräunliche, was z. B. Rood in dieses
Blau hineinträgt, entstammt einem Zusatz, aber nicht dem Waid oder
Indigo an sich; 4. XQaOivov Lauch- oder Dunkelgrün; 5. xvavovv
Ultramarinblau; 6. xccqvivov Nufsfarben, Dunkelbraun; 7. yXoyoetdiq
(Weifs-) gelb zu Rot neigend. Demokritus giebt auch die Art der
Mischung dieser Farben an. 84 )
Da nun eine unendlich vielfache Verschiedenheit der Atome
nach Gestalt und Zusammenstellung, nach Ordnung und Lage möglich
ist, so ist es nur natürlich, dafs Demokritus auch unendlich viel
Farben annimmt. 85 )
Da nun aber die Atome nicht selbst in das Auge eindringen,
so ergiebt sich daraus die Notwendigkeit von der Lehre der Aus-
flüsse oder den Abbildern derselben, welche in das Auge dringen. 36 )
Diese Ausflüsse, cuzoQQoai oder Abbilder, tlöooXa, können nun
ohne Vermittlung der Luft selbst in das Auge eindringen, nach den
tadelnden Worten des Aristoteles. 87 )
Somit sind wir bei Demokritus zu vier einfachen oder Grund-
farben gelangt, wir wollen einmal sagen Mischfarben ersten Ranges,
sodann unzähligen Mischfarben zweiten Ranges.
Besonders bemerkenswert ist, dafs uns hier das Färberwaid
als Indigo, Dunkelblau begegnet, sowie eine zweite Stufe des Blau,
das Ultramarin; bei Xenophanes lernten wir das Hellblau kennen:
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10
Geschichte der griechischen Farbenlehre.
nichtsdestoweniger soll von den Philosophen erst Aristoteles nicht
mehr blaublind gewesen sein.
Zu bemerken ist, dafs die von Demokritus angegebene Zu-
sammensetzung der sieben Mischfarben der Welt der Ansichten an-
gehört, nicht zugleich auch in jedem einzelnen Falle der Wirk-
lichkeit.
Zum Schlufs sei darauf hingewiesen, dafs Demokritus sich der
Empfindung des Schönen in der Farbe sehr wohl bewufst ist, wenn
er von der Mischung von Goldfarbe und (Fahl-)gelb — oder der
Zusammensetzung nach von Weifs, Rot, (Fahl-)gelb (jXcuqov) als
der schönsten Farbe redet, von der Purpurfarbe sagt, dafs sie der Em-
pfindung angenehm sei. 37 )
Hippokrates.
Hippokrates aus Kos gehört der Zeit von etwa 460 — 356 an.
Der gelehrte Arzt hat unter dem Einflufs der Lehren des Prodikus
und Gorgias, vielleicht auch des Demokritus gestanden.
Die Nachrichten, welche wir von der Lehre des Hippokrates
von den Farben haben, sind unsicher beglaubigt, da kaum eine ein-
zige der Schriften, welche seinen Namen führen, für echt gilt.
Sicher scheint nur zu sein, dafs er die Farben in eine nahe
Beziehimg zu den Säften gesetzt hat, wie das auch aus den Anfangs-
worten der Schrift über die Säfte hervorgeht. 38 )
Aus eben dem Buch über die Säfte geht hervor, dafs Hippo-
krates vier Arten von Säften angenommen hat, und zwar Blut,
Schleim, gelbe (Jsavfrfj) und schwarze Galle. Somit ist es höchst
wahrscheinlich, dafs er diesen vier Arten von Säften vier einfache
oder Grundfarben hat entsprechen lassen — im Geiste der Lehren
derjenigen Philosophen, welche vor ihm über die Farben geschrieben
hatten. Da nun in der That Galenus das Weifse dem Schleim, das
Gelbe der Galle, das Rote dem Blut entstammen läfst, so denke ich,
können wir mit einer gewissen zwingenden Notwendigkeit dem
Hippokrates als einfache oder Grundfarben rot, weifs, gelb, schwarz,
Iqv&qov, Xtvxov, gav&ov, filXav geben.
Wahrscheinlich werden wir auch richtig urteilen, wenn wir
annehmen, dafs Hippokrates aus solchen vier Farben die anderen
Farben durch Veränderungen hat hervorgehen lassen, und zwar unter
dem Einflufs von Feuer und Wärme und deren Gegensatz, der Kälte:
wenigstens giebt eine unechte Hippokratische Schrift diese Ursache
Geschichte der griechischen Farbenlehre.
1 1
als Grund der Farbenveränderungen an, welche auf das Zusammen-
ziehen und Nachgeben des Brustkastens zurückgeführt werden,
wodurch die Adern bewegt und frei werden — und zwar thut die
Schrift das in Bezug auf die Farben Rot, Schönfarbig, Durchsichtig,
Fahlgelb, Graublau, also kQvfrQov, ivxqoov, ötcupaviq, x^Qor, xe-
XtÖvov. 89 ) ") ")
Doch, wie bemerkt, ist die Gewahr, ob die angeführten An-
sichten wirklich diejenigen des Hippokrates sind, ungewöhnlich gering,
da wir nicht wissen, was in den Schriften, welche seinen Namen
tragen, von Hippokrates selbst herrührt oder von einem seiner Söhne
Thessalus und Drakon, seinem Schwiegersohn Polybos oder einem
Mitgliede seiner Schule.
Als annähernd sicher verbürgt haben wir wohl nur anzunehmen,
dafs den Säften die Farben entsprechen, und zwar als Hauptfarben
die berührten vier, sowie dafs die übrigen Farben durch Verände-
rungen aus denselben hervorgehen unter dem Einflufs des Feuers,
der Wärme, der Kälte.
Im übrigen spricht für sein fein ausgebildetes Auge, in Bezug
auf die Farben die Thatsache, dafs Hippokrates besonders auf die-
selben bei Erkennung der Krankheit zu achten gewohnt war.
Wir haben uns jetzt dem phantasievollsten und gedankentiefsten,
dem gelehrtesten und scharfsinnigsten der griechischen Philosophen
genähert: bevor wir aber die Ansichten des Plato und Aristoteles
selbst behandeln, sei es erlaubt, hier einige Verse und Sätze von
griechischen Dichtern und Philosophen einzufügen, welche, wenn
sie auch keine ausgebildete Farbenlehre aufzubauen erlauben, doch
wichtige Beiträge zu einer solchen liefern.
Hesiod.
Hatten wir bei Xenophanes zuerst an die Möglichkeit einer
Lehre denken können, nach welcher die Farben dem Licht ent-
stammen, — das Schwarz demnach dem Lichtlosen, der Nacht an-
gehören müfste, so ist eine Art Vorahnung einer solchen Lehre in
der Theogonie des Hesiod, welcher um 850 lebte, natürlich aber für
seine Dichtung von der Entstehung der Götter alte Überlieferungen
zu benutzen wufste, aus den Worten der Theogonie v. 850 zu er-
schliefsen: »Aus dem Chaos entstand das Dunkel (tpfßoc) und die
schwarze Nacht, aus der Nacht aber der Äther und der Tag, welche
sie kreisend gebar, nachdem sie dem Dunkel in Liebe genaht.«")
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Geschichte der griechischen Farbenlehre.
Orpheus.
Wie hier durch Verknüpfung und Gegenüberstellung von Licht
und Finsternis, Tag und Nacht, eine Art Lehre von Farbig und
Farblos, Wcifs und Schwarz angebahnt ist, so kann man allenfalls in
den orphischen Kosmogonieen, wenn in denselben Erde und Wasser
dem Dunklen und Chaotischen entsprechen, dem Lichten, Feuer und
Luft eine gewisse Einstimmung zu jenen Lehren finden, welche die
vier Elemente mit vier Hauptforben in Verbindung setzen. In diesem
Falle könnte die orphische Dichtung als eine Art Vorstufe der Em-
pedokleischen Lehre erscheinen — wenn wir nicht wüfsten, dafs
in dieselbe noch Ansichten eingedrungen sind, welche selbst der Zeit
nach noch nach Orpheus von Kroton um 540 sich gebildet hatten.
Thaies.
Die älteren jonischen Naturphilosophen von Thaies (640) bis
Anaximenes, welcher zur Zeit des Cyrus und Krösus um 546 —
nach anderen erst um die Zeit von 528 — 524 geboren ist — stellen
Lehrmeinungen über das Feurige und das Licht auf, sie erklären
auch das Feuer für verdünnte Luft und behaupten, die Sonne sei
aus der Ausdünstung hervorgegangen. Bestimmte Ansichten über das
Wesen der Farbe haben wir von denselben nicht.
Heraklitus.
Auch Heraklitus, der jünger als Pythagoras und Xenophanes,
aber älter als Parmenides war, hat, so viel wir wissen, keine be-
stimmten Äufserungen über die Farbe gethan, immerhin aber die
bemerkenswerte Behauptung aufgestellt, dafs das Feuer und besonders
das Licht der Gestirne durch Ausdünstungen genährt werde, und
zwar gingen von der Erde leuchtende und reine, von dem Meer
dunkle aus. 4H )
Parmenides.
Von Parmenides, geboren um die Zeit von 516 — 510, wissen
wir von Aristoteles/ 4 ) dafs er die Zweiheit, das Warme und das
Kalte, — Feuer und Erde — als Elemente setzte; nach Stobaeus hat
Parmenides in der Mischung von Licht und Finsternis auch den
Grund einzelner Lichterscheinungen gesehen. 45 )
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Geschichte der griechischen Farbenlehre.
*3
Diogenes von Apollonia.
Diogenes von Apollonia, ein Zeitgenofs des Anaxagoras (500 —
428), giebt die bemerkenswerte Ansicht, dafs der Augapfel sich mit
der im Innern befindlichen Luft mische und dadurch die Empfindung
des Sehens geschehe. Am deutlichsten zeige sich die entgegengesetzte
Farbe: die schwarzen Augen sähen das Hellglänzende am Tage am
besten, die mit entgegengesetzten, also hellen Augen, des Nachts. 4 *)
Klidemus.
Klidemus, ein Anhänger des Anaxagoras (500 — 428), giebt die
Bemerkung, dafs wir nur sehen, weil die Augen durchsichtig sind. 17 )
Plato.
Plato gehört der Zeit von 428 oder 427 — 347 an.
Wir haben zunächst von ihm eine abgerundete Erklärung von
dem Wesen der Farbe, und zwar findet sich dieselbe im Meno 76 b.,
wo wir lesen: »Die Farbe ist eine Ausströmung der Gestalten* an-
gemessen der Sehkraft und für sie wahrnehmbar.« 48 )
Bereits diese ersten Worte beweisen uns, dafs es wahrschein-
lich sein wird, dafs wir wesentlich neue Lehren in Bezug auf die
Farben von diesem Philosophen nicht zu hören bekommen werden:
in der That sind Piatos, aber auch des Aristoteles Erklärungen vom
Wesen der Farbe eigentlich nur Weiterbildungen früher ausge-
sprochener Ansichten: im wesentlichen ist das von den griechi-
schen Philosophen Erreichbare in der Farbenlehre bereits vor Plato
ausgesprochen worden.
Gehen wir nun in die Einzelheiten ein.
Die Farben in nähere Verbindung mit der Ideenlehre dieses
Philosophen zu bringen, ist nur auf Umwegen möglich. So kann
man gewisse Beziehungen zu der Ideenlehre darin suchen, dafs Plato
die Farben ihrer Wesenheit nach (pvoia Krat. 423 d.) mit den Ge-
stalten zusammenstellt, ihre Schönheit ist aber von der Art, wie die-
jenige der mathematischen Urformen nach den Worten im Phil. 1 5 d. :
»Ein Grades nenne ich schön und ein Rundes und die danach ver-
mittels des Dreheisens und des Lineals und Winkelmafses erzeugten
Figuren und Körper. Denn von diesen sage ich nicht, dafs sie wie
andere Gegenstände mit anderen verglichen, sondern stets an sich
von Natur schön seien. Und Farben nenne ich nach derselben
Richtschnur schön und lusterregend.« 49 )
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Geschichte der griechischen Farbenlehre.
Da im übrigen die Farben dem Bereich des irdischen Schönen
angehören, so teilen sie mit den Dingen, welche denselben beizu-
zählen sind, deren Eigenschaften : demnach lassen sie Gradabstufungen
zu nach Phil. 53. 6, wo Plato von dem Weifsen sagt: »Wenn wir
also behaupten, dafs ein weniger aber reines Weifs sowohl weifser
sich zeige, denn ein grofses gemischtes, als auch schöner und echter,
wird das durchaus richtig sein?« 60 )
Wie die Philosophen vor ihm, sucht auch Plato die Farben
mit den vier Elementen zu verknüpfen, aber wie früheren Philo-
sophen gelingt auch ihm diese Verknüpfung nur bis zu einem ge-
wissen Grade.
So scheint es, dafs er das Schwarze mit der Erde in Verbin-
dung setzen will nach den Worten in Tim. 60 d. : »Bisweilen wird
das durch Feuer, indem noch Feuchtigkeit zurückblieb, geschmolzene
Erdige, wenn es sich abkühlte, zu einem Gestein von schwarzer
Farbe.« 51 )
Die schwarze Farbe giebt er geradezu dem Eisen, welches er
einen wegen seiner Dichtigkeit sehr harten Auswuchs des Goldes
nennt. Tim. 59. 52 )
Da er dem Golde die gelbe, glänzende Farbe giebt, 53 ) so würden
sich hier Gelb und Schwarz nur durch den Grad der Dichtigkeit
scheiden, sonst aber das Gelb dem Erdelemente angehören.
Andererseits setzt Plato aber das Schwarze wieder mit dem
Element des Feuers in Verbindung. 54 ) Von dem Gelben werden
wir später noch im besonderen zu handeln haben.
Auch das Wasser findet als Element seine Behandlung : dasselbe
ist notwendig zum Sehen und tritt mit dem Weifs in Beziehung. 55 )
Sodann werden von Plato die Farben als Mannigfaltigkeiten
der vierten Gattung der Sinneswahrnehmungen bezeichnet, 56 ) sie sind
eine jeglichem Körper (Gegenstand) entströmende Flamme, welche
behufs der Wahrnehmung der Sehkraft angemessene Teilchen ent-
hält. 57 )
Dergleichen Teilchen hat nun aber auch das Auge selbst, wie
sich aus den Worten ergiebt, dafs einige Teilchen gröfser, andere
kleiner, andere denjenigen des Auges selbst gleich sind. 5s )
Die ebenso grofsen, die wir auch als durchsichtige bezeichnen,
sind sinnlich nicht wahrnehmbar, von den grölseren oder kleineren
wirken jene zusammenziehend, diese erweiternd (auf die Sehkraft). 59 )
Daraus ergeben sich die Farben Schwarz und Weifs, denn das
die Sehkraft Erweiternde ist das Weifse, sein Gegenteil das Schwarze. 60 )
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Geschichte der griechischen Farbenlehre.
'5
Das Glänzende und Schimmernde (ro XafijtQOV rs xai CziXßov)
entsteht durch die Wechselwirkung, welche zwischen den Elementen
im Auge, dem Feuer und der Feuchtigkeit, dem Wasser — Plato
nennt die Thräne eine Vereinigung von Wasser und Feuer 01 ) — und
der Art und Einwirkung des andringenden Feuers stattfindet nach
den Worten: »Während das eine Feuer wie das des Blitzstrahles
hervorspringt, das andere aber eindringt und in der Feuchtigkeit
erlischt.« 62 )
Das Rote wird von Plato als die zwischen diesen mitten inne
liegende Gattung des Feuers bezeichnet, welche zu dem Feuchten
des Auges gelangt und sich demselben vermischt, indem sie dem
Glanz des Feuers die Feuchtigkeit verbindet und eine Farbe der des
Blutes ähnlich erzeugt. 63 )
In diesem Sinne wird ihm das mit Weifs und Rot verbundene
Glänzende zu dem Gelben — gavfrov**)
So ist denn für Schwarz eine doppelte Verbindung mit den
Elementen hergestellt — eigentlich rindet sich dieselbe auch für das
Glänzende und Schimmernde, wie sich uns sogleich ergeben wird — ,
für Weifs und Rot die Brücke zu den Elementen geschlagen: das
Gelb gesellt sich als Begleiter des Schwerz einmal der Erde als Ele-
ment, während dann wieder eine andere Verbindung mit den Elementen
des Feuers und Wassers sich hersteilen läfst, — wenn auch auf etwas
künstliche Weise — , wie wir gesehen haben.
War das Schimmernde und Glänzende einmal mit dem Element
des Feuers und Wassers in Verbindung getreten, so ergiebt eine
solche sich auch aus den Worten des Timäus in Bezug auf das
flüssige Element der Säfte — somit sich dem Wasserelement ein-
ordnend. 65 )
Aufser den vier Farben Weifs, Schwarz, Rot und Gelb und ihren
Beziehungen zu den Elementen behandelt Plato die Mischfarben:
i. äXovQyov Rotbraun mit Violettschimmer, als Mischung aus Rot,
Schwarz und Weifs; 2. oQ<fvivov Braun, das durch Zusatz von
Schwarz entsteht, doch müssen das Rot, Schwarz und Weifs des Rot-
braun mit Violettschimmer gut gemischt und gebrannt sein; 3. jivqqov
Feuerfarbig, demnach Gelbrot, eine Mischung aus Gelb und Grau
(was übrigens seltsam gedacht ist); 4. <paiov als Mischung aus Weifs
und Schwarz; 5. ojxqov Hellgelb, gemischt aus Weifs und Gelb;
6. xvavovv Ultramarinblau, aus Glänzendweifs und gesättigtem
Schwarz; 7. yXavxov Hellblau, aus Ultramarinblau und Weifs; 8. jiQa-
Civov aus Gelbrot und Schwarz. 66 )
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16
Geschichte der griechischen Farbenlehre.
Von den übrigen Farben sagt er, dafs von ihnen so ziemlich
aus dem bisher Gesagten begreiflich sei, mit welchen Mischungen
wir sie zu vergleichen hätten, damit unsere Rede dem Wahrschein-
lichen treu bleibe. 67 ) Es sind das also gleichsam Mischfarben zweiten
Ranges.
So haben wir denn von Plato einmal eine Farbeneinteilung,
wonach Schwarz, Weifs, Rot und Gelb mit den Elementen in Ver-
bindung treten und als einfache oder Hauptfarben sich den Misch-
farben ersten und zweiten Ranges, wenn die Bezeichnung als nicht
unpassend gefunden wird, entgegenstellen.
Dann aber behandelt Plato Rot und Gelb doch auch wieder als
Mischfarben, so dafs nun wieder nur Schwarz und Weifs als einfache
oder Haupt- und Grundfarben anzusehen sein würden, wonach so-
mit eigentlich zehn Mischfarben vorhanden sind, und zwar ersten,
dann aber noch verschiedene Mischfarben zweiten Ranges.
Wir sehen, Plato knüpft an die Überlieferung an, urteilt wie
immer mit voller Selbständigkeit, vollzieht aber nicht jene scharfe
Scheidung, welche wir in seinen Sätzen als wünschenswert sich an-
bahnen sehen.
Und nun wenden wir uns zu dem Begründer der Gesetze des
Denkens,
Aristoteles.
Aristoteles lebte in der Zeit von 384 — 322. Auch über die
Farben soll er ein Werk geschrieben haben, dasselbe ist uns aber
nicht erhalten. Über die Zeit, welcher das Buch über die Farben
angehört, das auch den Namen des Aristoteles trägt, werden wir
später sprechen.
Wenn nun auch kein Werk, welches ausschliefslich der Lehre
von den Farben dient, von Aristoteles vorhanden ist, so vermögen
wir doch eine annährend vollständige Lehre von den Farben aus
seinen Schriften zu entwickeln.
Im Gegensatz zu Plato spricht Aristoteles den Farben keine
Wesenheit, sondern nur eine Eigenschaft zu, wie er das von dem
Weifsen sagt: 6 *) dieselben sind als solche untrennbar von den Kör-
pern, 69 ) aber Gradabstufungen fähig. 70 )
Die Farben bewegen sich in den Gegensätzen von Schwarz
und Weifs. 71 )
Aus dem Umschlagen aus den Gegensätzen in die Gegensätze
gelangen wir nun bei Aristoteles zu der Bewegung und zu der Ver-
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Geschichte der griechischen Farbenlehre.
17
änderung der Farben, wie unser Philosoph das von Weifs und
Schwarz sagt. 72 )
Die Farbe ist ein Sichtbares, 73 ) den Grund des Sichtbaren tragt
sie in sich selbst. 74 )
Es ist die Eigenheit der Farbe, dais sie das Durchsichtige in
Bewegung setzt. 75 )
Das Durchsichtige ist sichtbar infolge einer Farbe, die einem
anderen Körper angehört, 76 ) und zwar ist das Sichtbarmachende das
Feuer oder der Äther. 77 )
Auf diese Weise bewirkt das Durchsichtige, dals die Körper
an den Farben teil haben, 78 ) und zwar entsteht Schwarz odef Weifs
bei An- oder Abwesenheit des Lichtes. 71 ')
Haben wir so das Wesen der Farbe an sich und die Entstehung
von Schwarz und Weifs gefunden, so erübrigt zu untersuchen, in
welche Beziehungen Aristoteles die Farbe zu den Elementen setzt.
Ist ihm Farbe zunächst das im Licht Gesehene, 80 ) so gelangen
wir durch dasselbe zum Weifs, da nach Aristoteles die Flamme der
höchste Grad des Feuers ist, 81 ) das Weifse aber der Flamme inne-
wohnt. 82 )
Wir gehen zum zweiten Element über. Da ergiebt sich denn,
dafs die Luft selbst Feuer ist im Vergleich mit den übrigen Elemen-
ten. 83 ) Aristoteles setzt nun das Weifse zu der Luft in Beziehung, 84 )
denn dasselbe wird der Wirkung der gleichmäfsig dichten Luft zu-
geschrieben.
Mit dem dritten Element, dem Wasser, tritt das Schwarze in
Verbindung, und zwar weil das Wasser als Nasses und Kaltes des
Warmen entbehrt. Wo dies vorhanden ist, da gesellt sich auch dem
Wasser das Weifs. 85 ) Im übrigen setzt Aristoteles auch sonst Wasser
und Schwarz in Verbindung. 86 )
Die Erde als viertes Element tritt nun in etwas unsichere Be-
ziehungen zu den Farben, und zwar zu dem Schwarzen, 87 ) denn nach
der Ansicht des Aristoteles werden Wasser und ein wenig Erdiges
als Grund für die schwarze Farbe des ausgeflossenen Samens ange-
sehen, ebenso wie das Erdige und Wässerige dem Gelben des Ei's,
doch wohl als färbende Ursache, gegeben werden, da das Weifse
desselben durch die Wärme seine Farbe hat. 88 )
So waren wir denn einmal an Schwarz und Weifs als die Farben
gelangt, welche durch das Durchsichtige entstehen, durch An- oder
Abwesenheit des Lichtes, sodann sahen wir das Weifs in Verbindung
mit den Elementen gesetzt werden, indem dem Feuer und der Luft
Veckenstcdt, Geschichte der griech. Farbenlehre. 2
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l8 Geschichte der griechischen Farbenlehre.
diese Farbe angehört, wie auch dem Wasser, wenn dasselbe warm
ist. Im übrigen gehört dem Wasser das Schwarz wie auch der Erde:
Feuchtigkeit und Erdiges in Verbindung scheinen auch dem Gelb als
Ursache zugesprochen zu sein.
Somit dürfen Schwarz und Weifs den Anspruch darauf erheben,
als einfache, Ur-, Grund- oder Hauptfarben bezeichnet zu werden.
Gelb macht einen schüchternen Versuch, in Verbindung mit den
Elementen sich ihnen zu gesellen.
Somit hat Aristoteles in dieser Beziehung den Bruch mit den
Lehrsätzen der Philosophen der früheren Zeit nicht so scharf voll-
zogen, wie man erwarten durfte, wenn Aristoteles auch in der
Farbenlehre als der bedeutendste Geist Griechenlands angesehen
werden wollte.
Die anderen Farben sind nun Zwischenfarben zwischen dem
entgegenstehenden Schwarz und Weifs, 89 ) sie werden geradezu als
Mischung von Schwarz und Weifs bezeichnet. 90 )
Die Geschlechter nun der aus der Mischung von Schwarz und
Weifs entstandenen Farben sind begrenzt: Aristoteles giebt deren
sieben an, um Einstimmung zu der Zahl der Geschmäcke zu haben —
wie Newton zu der Zahl sieben und damit zu dem Indigo als eigener
Farbe gelangt ist, um Einstimmung zu der Zahl der Töne in der
Oktave zu erreichen: wir erinnern uns, dafs auch Demokritus von
sieben Mischfarben gesprochen. Die sieben Arten der Geschmäcke
sind aber i. das Süfse yXvxv, 2. das Salzige aXfivQov, 3. das Bittere
jiixqov, 4. das Saure, Herbe üvottjqov, 5. das Beifsende &Qifw, 6. das
Zusammenziehende Otqv^vov, 7. das Scharfe o$v. 91 )
Die sieben Farben sind nun nach Aristoteles 1. fitXav Schwarz,
2. Xevxop Weife, 3. gavfrov Gelb, 4. (poivtxovv Scharlach oder Kar-
mesinrot mit einem Blauschimmer, 5. aXovQyov Rotbraum mit einem
Violettschimmer, 6. jtQctOtvov (Lauch-) Dunkelgrün, 7. xvavovv
Ultramarinblau.
Bemerkenswert ist, dafs Aristoteles einmal Schwarz und Weife
so behandelt, dafs aus der Mischung derselben alle anderen Farben
hervorgehen, sodann, dafs er dann auch wieder eben diese beiden
Farben den sieben Geschlechtern der Farben gleichsetzt, freilich wieder,
indem er Gelb dem Weifs zuweist ; Scharlach oder Karmesinrot mit
Blauschimmer, Rotbraun mit Violettschimmer, (Lauch-) Dunkelgrün
und Ultramarinblau zwischen Schwarz und Weife stellt. 92 )
Eine vollständig befriedigende — oder auch nur den Zahlen nach
scharfe Einteilung der Farben hat somit auch Aristoteles nicht gegeben.
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Geschichte der griechischen Farbenlehre.
19
Aus den sieben Geschlechtern der Farben läfst nun Aristoteles
die übrigen durch Mischung hervorgehen. 98 )
Somit haben wir nach der aristotelischen Einteilung 1. einfache
oder Grundfarben: Schwarz und Weifs, 2. sieben Farbengeschlechter:
schwarz, weifs, gelb, Scharlach oder karmesinrot mit Blauschimmer,
rotbraun mit Violettschimmer, (lauch- also) dunkelgrün, ultramarin-
blau, 3. Mischfarben.
Zu bemerken ist noch besonders, dafs die sieben Arten der
Farben sich wieder gruppieren, denn Schwarz, Weifs und Gelb bilden
die eine Gruppe, (poivixovv, aXovoyov, xoäoivov und xvavovv,
Scharlach oder Karmesinrot und Rotbraun mit Blau- und Violett-
schimmer, (Lauch-) Dunkelgrün und Ultramarinblau die andere.
Im übrigen hält er die Zahl der Farben für eine begrenzte, da
eben Schwarz und Weifs die Grenze bilden, zwischen welcher die
Farben liegen.''*)
Auch auf die Brechungsfarben geht Aristoteles ausführlich ein :
dieselben gehen nach seiner Lehre ebenfalls aus Schwarz und Weifs
hervor.
Dafs das Weifs dem Licht entstammt, ist früher behandelt
worden: zur Brechung ist nun aber das Licht durchaus nötig. 96 )
Zum Schwarz gelangt Aristoteles auf die Weise, dafs nach seiner
Ansicht dasselbe der Schwäche des Auges wie der Schwächung des
Lichtes durch die Brechung, als einer Aufhebung der Lichtwirkung
entstammt, 96 ) sowie dafs sich ein etwaiger Hintergrund bietet, die
verdichtete Luft, oder der Spiegel, gegen welche das Licht strahlt. 97 )
So treten nun auch am Regenbogen als Schwächung des Lichtes,
durch Brechung auf dunklem Untergrunde herbeigeführt, die Farben
hervor. Aristoteles giebt die Zahl derselben auf drei an, er nennt
den Regenbogen ausdrücklieh einen dreifarbigen, 98 ) und zwar sind
die Farben (poivixovv, jiqoloivov, aXovoyov hier sicher Scharlach mit
einem Blauschimmer, Lauch- oder Dunkelgrün, Rotbraun mit einem
Violettschimmer.
Gelb, gar#or, welches sich nach Aristoteles oftmals im Regen-
bogen zeigt, ist nicht eine gesehene Farbe, sondern gehört dem Auge
selbst an, y9 ) als Komplementärfarbe.
Verweilen wir bei diesen Farbenbezeichnungen, welche uns
zunächst als seltsame erscheinen müssen.
Wir wissen, dafs Aristoteles gewohnt ist, an die Lehrsätze
seiner Vorgänger anzuknüpfen, dieselben bekämpfend, oft weiter-
bildend — aber doch auch hin und wieder in ihrer Richtigkeit
*•
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Geschichte der griechischen Farbenlehre.
verkennend: den Ergebnissen der Sternenforschung hat Aristoteles
z. B. die Wirksamkeit und Weiterentwicklung erschwert.
Nun wissen wir, dafs Xenophanes von dem Regenbogen als
Farbenbezeichnungen jcoq^vqbov, tpoivixtov und %X(oq6v angegeben hat,
Vollrot und Scharlachrot mit einem Blauschimmer und (Fahl-)Gelb
mit der Spielfarbe Grün: es bezeichneten aber diese Worte nach
meiner Erklärung Rot, Orange, Gelb ; Grün, Blau, die ersten drei Far-
ben als Haupt-, die beiden anderen als Neben- oder Schimmerfarben.
Es war nun von vornherein wahrscheinlich, dafs Aristoteles an
diese Ausdrücke anknüpfen, dieselben aber wandeln würde. So läfst
er denn in der That auch (poivtxeov unberührt, das xXcoqov (Fahl-)
Gelbe wird als Komplementärfarbe zu gavfrov, aber auch zu xQaotvov,
also zu Gelb und Dunkelgrün, das noQ<pvQtov zu aXovQyov, das ge-
sättigt Rot mit dem Blauschimmer also zu Dunkel- oder Rotbraun mit
dem Violettschimmer.
Bei dieser seiner Farbenbezeichnung läfst Aristoteles das Grün
vor Xenophanes schärfer hervortreten, in etwas das Gelb, er büfst
aber die Schärfe in Bezug auf das Rot ein — vor allem auch in der
Reihenfolge der Farben. Während wir bei Xenophanes der natür-
lichen Reihenfolge entsprechend Rot, Orange, Gelb, und dann Grün
und Blau haben, läfst Aristoteles aus seiner Ansicht von der Schwächung
des Lichtes die Reihenfolge Orange, Dunkelgrün, Dunkelrot — zwi-
schen Orange und Dunkelgrün Gelb als Komplementärfarbe — ein-
treten. An Stelle der Reihenfolge, welche die Natur bietet, tritt eine
solche, welche philosophischer Lehrmeinung entspringt.
Nur die Möglichkeit, dafs Aristoteles aus dem aXovQyov, dem
Rotbraun, auf das Violett als Schimmerfarbe hinweisen will, weifs
uns den Vorgang erklärlich zu machen, dafs diese Farbenbezeich-
nung gewählt ist. Für den Fall, dafs meine Erklärung richtig ist
und unter Beseitigung der Reihenfolge, welche Aristoteles nach
seinen Lehrsätzen aufstellt, von der Schwächung des Lichtes —
würden wir dann haben i. Dunkelrot, 2. Orange, 3. Gelb (letzteres
nicht immer), 4. Dunkelgrün — und als Schimmer- und Nebenfarben
5. Blau, 6. Violett, welche uns 1. aXovQyov und 2. g>otvixovv ab-
geben würden.
Somit bieten die Ansichten des Aristoteles von dem Regen-
bogen und seinen Farben eine seltsame Verquickung von dem Be-
streben, die alten Überlieferungen in neue Formen zu giefsen, das
wirklich Geschaute den eigenen Lehrsätzen einzuordnen, und Philo-
sophie und Leben zu verschmelzen und einheitlich zu gestalten. Aber
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Geschichte der griechischen Farbenlehre.
21
er bedarf hierzu vieler Kunst, denn der in gelöster Rede schreibende
Philosoph hatte eigentlich auch die Verpflichtung, die Ausdrücke
dieser Rede zu verwenden: dann freilich wären wir zu i. tQvd-Qov
Rot, gelangt, 2. jivqqov, (pXoyotidiq oder itelixQcoq Orange, 3. £av$ot>
Gelb, 4. xQaoivov Grün, 5. xvavovv Blau, 6. lotv Violett, selbst
7. Indigo hätte lödrtq, löarcjöeg scharf zu bezeichnen erlaubt — und
wenn das Aristoteles nicht gethan hat, so widerstand dem weder
die Sprache, noch das Bewufstsein des Gesehenen, sondern allein
die Art zu arbeiten, zu denken, zu philosophieren.
Aristoteles behandelt aber auch die Wechselbezeichnungen zwi-
schen dem Auge als dem farbensehenden und den Farben als solchen
ausführlicher als wir zu vermuten Anlafs in der Thatsache finden,
dafs er das Gelb des Regenbogens dem Auge zuweist.
Da nach seiner Meinung nämlich die Thätigkeit des Sehens eine
beurteilende ist, 100 ) das Urteilende die Mitte der Gegensätze bestimmt, 101 )
so wird dem Auge selbst Anteil an den Farben gegeben. 102 )
Entstammt die Farbe dem Licht, und wird keine Farbe ohne
Licht gesehen, 103 ) so ist doch erst das Durchsichtige dasjenige, durch
welches die Körper an den Farben teil haben : das Durchsichtige ist
aber das die Farben Aufnehmende. 101 )
Das Durchsichtige erhält seine besondere Bedeutung für das
Auge erst dadurch, dafs es demselben innewohnt. Bedingung des
Sehens ist das Wasser als Durchsichtiges im Auge. 105 ) Die Pupille
und das Auge sind aus Wasser, die Bewegung der Luft oder des
Lichtes, welche sich zwischen dem Auge und dem Gesehenen be-
finden, bewirkt erst das Sehen. 106 )
Auch an dem Licht hat das Auge teil, denn wenn es gerieben
wird, scheint Feuer aus demselben herauszuleuchten. 107 )
Dringt nun auf das Licht des Auges eine stärkere Lichtfülle
ein, welche durch eine stärkere Bewegung die schwächere über-
wältigt, 108 ) so entstehen durch die starken Farben- und Lichtein-
drücke Farben, welche wir Komplementärfarben zu nennen uns ge-
wöhnt haben. 109 )
Wir dürfen uns hiermit begnügen, da diese Anführungen die
Ansichten des Aristoteles soweit bieten, als eine Farbenlehre ver-
langt, welche nicht jede beiläufige auf Farbe oder Färbung Bezug
habende Äufserung besonderer Besprechung unterziehen, sondern nur
den Kern der Lehren hervorheben will.
Der Merkwürdigkeit halber sei noch erwähnt, dafs Aristoteles
sich in Fabelei verliert, wenn er dem Spiegel eine blutfarbige
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22
Geschichte der griechischen Farbenlehre.
(aifiatwdec) Wolke giebt, wenn Frauen, mit der Kegel behaftet, in
einen solchen blicken. 110 )
So mischt sich bei Aristoteles Fabelei — denn auch er hat ja
der menschlichen Natur seinen Zoll zu zahlen — mit scharfer Be-
obachtung, volles Wissen der Errungenschaften der Vergangenheit
mit der Neigung neu zu gestalten, welche nicht immer glücklichen
Ausdruck findet : der nicht vollen Klarlegung, welche an Widerspruch
in sich streift, stellt sich das Wollen entgegen, dem das Vollbringen
mehr als einmal fehlt: die Farbenforscher unserer Zeit glauben Ari-
stoteles zu den Ihren zählen zu dürfen, denn sie erblicken eine Vor-
bildung ihrer Lehre von den Schwingungen des Äthers in den Worten
des Aristoteles, dafs erst die Bewegung der Luft oder des Lichtes,
welche zwischen dem Gesehenen und dem Auge sich befinden, das
Sehen bewirkt — aber derjenige, welcher der Kenntnis von den
Farben im Altertum nachgeht, wird die Schriften des Plato nicht
vernachlässigen dürfen, noch weniger diejenigen des Demokritus,
welcher zuerst der Empfindung von dem Farbenschönen Ausdruck zu
geben gewufst, des Empedokles und Xenophanes, von denen wir die
ersten tiefsinnigen Bemerkungen über das Wesen der Farbe erhalten
haben und bei denen wir die fesselndsten Farbenbezeichnungen finden.
Theophrast.
Der unmittelbare Nachfolger des Aristoteles in der Leitung der
von diesem gestifteten Schule war Theophrast von Lesbos, welcher
der Zeit von 373 oder 372 — 288 oder 287 angehört: als Haupt der
Schule lehrte er von 322 — 287.
Theophrast schliefst sich im ganzen den Lehren des Aristoteles
genau an: wo er aber von denselben abweicht, tritt bei ihm die
Neigung hervor, dem Stoff die gröfste Bedeutung zu geben.
In Bezug auf die Erklärung vom Wesen der Farbe befindet
sich Theophrast mit Aristoteles in allen wichtigeren Beziehungen in
Übereinstimmung: abweichend von den Ansichten seines grofsen
Lehrers stellt er die Meinung auf, dafs das Weifs sich dem Feuer
geselle, 111 ) und zwar das reinste der Mitte der Flamme 112 ) — freilich
ist nicht sicher verbürgt, dafs die angeführte Schrift de ign. dem
Theophrast selbst gehört — das Schwarz der Luft, dem Wasser, ,
der Erde. 113 )
De coloribus.
Die Schrift »xsqI XQfOfidtcov, über die Farben«, gehört der aristo-
telischen, oder wie man gewöhnlich sagt, peripatetischen Schule an.
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Geschichte der griechischen Farbenlehre.
23
Da die Schrift dem Stoff die eingehendste Beachtung schenkt,
eine Menge wohl zu beachtender Einzelheiten der Beobachtung bietet,
so wird sie nicht viel nach dem Empiriker Dikäarch und dem Na-
turalisten Strato, der von 287 — 269 Vorsteher der Schule war, zu
setzen sein.
Die Schrift ist voller Unbehülflichkeiten im Ausdruck, Nach-
lässigkeiten im Satzbau, Fehler in der Aneinanderreihung der über-
und untergeordneten Sätze.
Was den Inhalt der von ihr vertretenen Lehre betrifft, so
geht sie davon aus, dafs sie die Farben mit den Elementen ver-
knüpft, und zwar bezeichnet sie die Farben, welche sich im Geleit
der Elemente befinden, als einfache, axXä, im Gegensatz zu den
Mischfarben.
Nach dieser Lehre gehört das Weifs der Luft, dem Wasser
und der Erde an, 114 ) Gelb dem Feuer und der Sonne, also dem
Licht, 115 ) Schwarz entstammt dem Übergang der Elemente inein-
ander 116 ) oder es ist eine Folge der Finsternis als einer Beraubung
des Lichtes. 117 )
Somit haben wir als einfache oder Grundfarben die Dreiheit
Weifs, Gelb, Schwarz. Wir erinnern uns, dafs auch Aristoteles dem
Gelb eine besondere Stellung zuzuweisen geneigt gewesen war.
Wenn sich nun diese drei einfachen oder Grundfarben mischen,
so entstehen die übrigen. 118 )
Offenbar will nun aber die Schrift die Farben wieder nach der
Art der Mischung einteilen, denn Grau nennt sie eine Mischung von
Schwarz und Weifs, 11<J ) das Mehr oder Weniger aber giebt die Ab-
stufungen von Scharlach mit dem Blauschimmer und Rotbraun mit
dem Violettschimmer, 120 ) <poivixovp und äXovQyic.
Zieibewufst durchgeführt, würde diese Art der Einteilung zu
drei Arten von Farben führen, und zwar 1. zu den einfachen oder
Grundfarben, 2. zu den Farben aus Mischungen zu gleichen Teilen,
3. zu den Farben mit Überwiegen des einen oder anderen Teiles.
Auf eine andere Art von Mischung der Farben deuten die
Worte : »Schwarz gemischt mit dem Licht der Sonne und des Feuers
giebt Scharlach mit dem Blauschimmer rfotvixovv — insofern sich
hier das Schwarz, die Farbe des Elementes, mit dem Licht der Sonne
und des Feuers verbindet.« 121 )
Sodann behauptet die Schrift, dafs alle gemischten Farben einem
dreifachen Ursprung entstammten, und zwar 1. dem Licht, 2. dem
Mittel, wodurch das Licht erscheint, dem Wasser und der Luft,
24
Geschichte der griechischen Farbenlehre.
und 3. den untergelegenen Farben, von denen das Licht zurück-
gestrahlt wird. 122 )
Es ergiebt sich also, dafs die Schrift die einfachen Farben in
anderer Weise mit den Elementen verknüpft, dafs sie deren drei hat,
während bei Aristoteles die dritte nur schüchterne Versuche macht,
sich den bedeutenderen Schwestern als gleichberechtigt zu gesellen,
die Entstehung des Schwarzen in dem Ineinanderübergehen der Ele-
mente anders zu erfassen sucht, endlich eine Mischung des Lichtes
mit den Farben annimmt. Im übrigen deutet sie die drei Arten
von Farben mehr an, als dafs sie die Lehre klarlegt und durchführt.
Somit bietet die Schrift zwar vertiefte Ansichten von dem Wesen
der Farbe nicht eigentlich, aber die Kenntnisnahme der Einzelheiten
des Buches ist wichtig für jeden, der sich mit den Farben und Farben-
bezeichnungen der Griechen beschäftigt. Zu bedauern ist, dafs die
Schrift bis jetzt nur in der ungenauen Übersetzung von Goethe —
wenigstens soviel mir bekannt — denen zugänglich ist, welche nicht
Griechisch verstehen: deshalb habe ich die Schrift auf das Neue
übersetzt, um diese Übersetzung herauszugeben.
Die Aristoteliker.
An diese Schrift aus der aristotelischen Schule reihen sich nun
noch Ansichten von Philosophen und Forschern, welche wir inso-
weit zu beachten haben, als sie auf Selbständigkeit Anspruch erheben
können, oder wenigstens ergänzend oder erläuternd den Sätzen der
früheren Philosophen sich gesellen.
9
Zeno.
Unter diesen Philosophen nimmt Zeno aus Cittium die erste
Stelle ein: er lebte etwa von 350 — 258 und gründete um 308 die
stoische Schule. In seinen Ansichten in der Physik schliefst er sich
den Lehrmeinungen des Herakleitos an.
Somit ist es möglich, dafs von ihm in Bezug auf die Farben —
die stufenweise Verwandlung des Feuers durch Luft und Wasser zur
Erde wird von den Stoikern gelehrt — die Lehre aufgestellt sein
mag, dafs die Farbe in dem Stoffe, welcher zur Körpergestaltung
gelangt, die Wirkung des Urfeuers ist — aber eine solche Ansicht
ist eben nur Vermutung, wenn dieselbe auch manches für sich hat.
Dagegen ist von Plutarch der Ausspruch des Zeno sicher be-
zeugt, dafs die Farbe die erste Gestaltung des Stoffes ist. 123 )
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Geschichte der griechischen Farbenlehre.
25
Galenus.
Von Galenus, dem Nachfahren seines berühmteren Genossen
Hippokrates, haben wir bereits beiläufig gehandelt. Hier haben wir
festzustellen, dafs er 131 unserer Zeitrechnung zu Pergamon geboren
wurde. Derselbe sucht die philosophischen Ansichten Piatos mit
denjenigen des Aristoteles zu verschmelzen.
In Bezug auf die Farben ist besonders der Teil seiner Lehre
von Wichtigkeit, welcher den Lehrsätzen des Hippokrates entspricht,
dafs die Farben in den lebenden Körpern auf die Säfte zurückgeführt
werden, 124 ) und zwar entstammt das Wasser dem Schleim, das
Gelbe der Galle, das Rote dem Blut.
Diese Ansicht ist insofern besonders zu beachten, als sie den
Schlufs erlaubt, dafs Hippokrates den von ihm aufgestellten vier Arten
von Säften die vier Haupt- oder Grundfarben so eingeordnet haben
wird, wie wir vermutet.
Abweichend ist die Ansicht des Galenus darin, dafs das Dunkle
von ihm der Wärme zugeschrieben wird.
Bemerkenswert ist dann noch die Lehre, dafs das Schwarzwerden
des Weifs wie das Weifswerden des Schwarz, sonst der Übergang
einer Farbe in die andere, durch Bewegung geschieht. 125 ).
Alle übrigen Bemerkungen des Galenus, welche sonst etwa
noch zu behandeln wären, bieten in allen wesentlichen Beziehungen
eine solche Einstimmung zu den Ansichten des Aristoteles, dafs uns
eine besondere Besprechung derselben nur unnötig Zeit kosten würde.
Plutarch.
Haben wir Galenus um seiner Richtung willen zunächst vor
Plutarch behandelt, so gehört doch der berühmte Geschichtsschreiber
bereits der Zeit von 50 — 125 an.
Sein Name wird mit der Behauptung verknüpft, dafs die Farbe
eine sichtbare Eigenschaft der Körper sei, 12 *') aber wir wissen nicht,
ob er diesen Satz als das Ergebnis seiner Forschung ausgesprochen
oder als derjenigen eines anderen Gelehrten.
Unsere Aufmerksamkeit verdient besonders das, was er über die
Farben des Regenbogens sagt. Plutarch ist offenbar bemüht, den
Regenbogen im Sinne des Aristoteles zu erklären und sagt nun:
Der Regenbogen bietet zuerst Scharlachrot mit dem Blauschimmer,
sodann zweitens Braunrot und gesättigt Rot mit dem Violett- und
Blauschimmer, drittens Ultramarinblau und Dunkelgrün, nlso 1 . <poi-
vixovv, 2. äXovQytg und jioq^vqovv, 3. xvaveov und jtQaötvov. 1 * 1 )
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Geschichte der griechischen Farbenlehre.
Waren schon die Farbenbezeichnungen des Aristoteles nur durch
die Zerlegung der Schimmerfarben in die Grund- und Nebenfarben
mit der Wirklichkeit in Einstimmung zu bringen, so gilt dies nicht
minder von den Angaben des Plutarch, nur ist hier die Arbeit eine
schwierigere, weil Plutarch bereits auf dem Standpunkt der meisten
Gelehrten unserer Zeit steht, welche sieh vielfach nicht mehr um
die Doppelnatur der berührten Farben kümmern. Von dieser Ein-
sicht aus wird es erst erklärlich, wenn Plutarch die Doppelfarben
als einfache behandelt und nun in drei Abstufungen bietet, nach der
Schwächung des Lichtes i. (foivixovv Orange, 2. xoqvvqovv Vollrot,
aXovQyts Dunkelrot (für Braunrot), 3. Ultramarinblau und Grün.
Ganz unglücklich erklärt er Gruppe 1, also (poivtxovv mit Rot
und Scharlach; Gruppe 2, xoQtfVQovv und aXovQytq mit Dunkelrot
(Rotbraun) nach Schwächung des Rot und Verdunkelung; Gruppe 3,
mit Dunkelgrün xQdotvor 128 ) als der Scheidefarbe.
Sehen wir aber von der Ansicht ab, dafs die Schwächung des
Lichtes die Gruppierung bedingt, und dafs Plutarch den Blauschimmer
von Scharlach und den Violett- und Blauschimmer der beiden Purpur-
farben im eigentlichen Sinne nicht mehr verstanden hat, so giebt
uns Plutarch annähernd als die Farben des Regenbogens Rotbraun,
Vollrot, Orange (Scharlach), Dunkelgrün, Ultramarinblau, nach den
Bezeichnungen akovQytc, xoQff VQOvr, yoivixovv, Jigdaivor, xuavovv.
Und nun haben wir von denjenigen Philosophen und ihren
Ansichten zu berichten, welche in der nacharistotelischen Zeit den
einen oder anderen Beitrag zur Earbenlehre gegeben haben.
E p i k u r.
Schliefsen sich Epikur, welcher von 342 — 270 gelebt hat, und
seine Schule in der Atomenlehre an Demokritus an, so ist es nur
natürlich, dafs dies auch in Bezug auf die Farben der Fall ist, wie
denn auch Epikur das Vorhandensein der Farben an sich leugnet. 129 )
Chrysippus.
Von Chrysippus, der von 282 — 209 lebte, erfahren wir, dafs
nach dessen Lehre vom Auge eine Bewegung ausging, welche durch
die Luft vermittelt den Gegenstand berührt: nach derselben gehen
feurige Strahlen vom Auge aus, durch welche auch die Finsternis
sichtbar wird. 130 )
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Geschichte der griechischen Farbenlehre.
Nikolaus von Damaskus.
Nikolaus von Damaskus, der Aristoteliker, geboren um 64,
spricht von dem Entstehen des Fahlgelben und Grünen, x^Qot^g
in den Pflanzen, des Roten iQvfrQortjq und Grauen tpaiozrjq.
Sextus Empirikus.
Von Sextus Empirikus — um 200 unserer Zeitrechnung —
haben wir einige Beobachtungen über komplementäre Farben, und
der Kommentator Olympiodor — um 500 — spricht von der in
das Dunkelgrüne neigenden Farbe, welche sich am Licht zeigt, wenn
man lange in dasselbe hineinsieht. 181 ). Es wäre dies also Grün als
Komplementärfarbe von Gelbrot oder Rot.
■
Lucretius.
Von den Römern schliefst sich Lucrez an Epikur und Demo-
krit an, allerdings deren Lehren mehr in breiter Darstellung dar-
legend, als dieselben vertiefend. Äufserlicher Beobachtung entnimmt
er die eine oder andere Erklärung in Bezug auf die Farben. Lucrez
gehört der Zeit von 95—55 an.
S e n e c a.
Seneca — von 2 — 65 — versucht in aristotelischer Weise zu
philosophieren, so gut er das vermag, und eben da er das nicht gut
vermag, so sagt er vom Regenbogen, dafs die Sonne einen Teil der
Farbe gebe, den andern die Wolke. Die Feuchtigkeit aber ziehe
bald blaue Linien (caeruleas lineas), bald grüne (virides), bald purpur-
ähnliche (purpurae similes) und gelblichrote oder feuerfarbene (orange,
luteas aut igneas). Einen Grund für seine Ordnung giebt Seneca
nicht: dieselbe würde demnach Blau sein, Grün, Rot, Orange —
also eine sinnlose. Seneca spricht eben den griechischen Philosophen
etwas nach, ohne ein rechtes Verständnis davon zu haben, was die-
selben behauptet oder entwickelt. Freilich machen das diejenigen
Gelehrten unserer Zeit nicht besser, welche Newtons mystischer Nei-
gung zu Liebe, Farben und Töne in gleicher Anzahl zu haben, von dem
Indigo des Regenbogens sprechen, oder seinem Lavendelgrau(-blau),
ohne dasselbe je gesehen zu haben. Seneca dagegen hat offenbar mehr
Farben und in anderer Ordnung gesehen als er angiebt.
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28 Verzeichnis der Farbenbezeichnungen der griechischen Philosophen.
Plinius.
Plinius gehört der Zeit von 29 — 79 an. Demselben wohnt
noch weniger als Seneca die Kraft inne, die Lehren der griechischen
Philosophen zu erfassen, geschweige denn zu vertiefen.
Im übrigen giebt Plinius, wie wir sehen werden, manche gute
Beobachtung, was dem Römer zu thun vergönnt war, dem die Phi-
losophie sich eigentlich nie voll erschlossen hat.
Zweites Kapitel.
Verzeichnis der Farbenbezeichnungen der griechischen
Philosophen.
An diese Geschichte der Farbenlehre der Alten mag sich nun
zunächst eine Zusammenstellung der Farbenbezeichnungen schliefsen,
welche ich den Schriften der alten Farbengelehrten entnommen habe:
allein diese Zusammenstellung wird beweisen, wie falsch die Ansicht
ist, dafs die griechische Sprache arm an Ausdrücken für die Farben
gewesen sei: der Schlufs der Abhandlung wird diese Zusammen-
stellung durch eine solche der Farbenbezeichnungen der Dichter
vermehren.
1. Schwarz fitXac.
2. Braun xagvivov, oQqnvov und ooqviov.
3. Rot in seinen verschiedenen Abstufungen, oivwxov, £qv&qov,
vxtQvO-Qov, XtvxtovfrQOv, tvaifiov, vcfoufiov, al^axdyötc.
4. Rotgelb und Gelbrot, Orange, xvqqöv, xvQcödes, xvooeiötg,
ifixvQQOv, XtvxoxvQQOP, ffXoyottdtc, zQVGottötc, t6 rov xaXxov, x<*l-
xotidtc, fitXixQcog, ?)XtcDdec.
5. Gelb $avl>ov, ojxqov, vxcoxqov, xooxosiödg, Xexi&adeq.
6. Fahlgelb, Gelb, Gelblichgrün xAcopoV.
7. Grün in den Abstufungen vom Dunklen zum Helleren xqiu
ötvov oder xoaötov, xQaCoudtc, XQaötvotidtg, xQaCaiötg, xomöeq.
8. Blau: Waidblau oder Indigo Icdxiq, löaxdiötc, Ultramarin-
blau xvavovv, xuavottöig, Luft-Nebelblau deQoeiötc, Hellblau yXavxov.
9. Violett Icuötc, louöt4.
10. Graublau xtXiövor.
11. Grau und Fahl tpaior, xoXtov.
12. Weifs Xuxov.
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Die Grundfarben der griechischen und neueren Malerei.
29
Doppelfarben als Grund- und Schimmertarben:
13. yoivixovv phönizisch Rot, also ein helleres Rot mit der
Neigung nach Gelb, mit einem Blauschimmer, Scharlach mit Blau-
schimmer oder Karmesin mit- Blauschimmer, und davon die Ab-
stufungen imyoiv'iööov , tjrt(foiVixiCov.
14. Vollrot, gesättigt Rot mit einem Blauschimmer jtoQyvQior,
Jl0Q(fVQ0tl6tC.
15. Dunkelrot, Rotbraun mit Violett- oder Dunkelviolettschimmer
aXovQytc, ukovQyov.
Eingeteilt sind die Farben von den Philosophen in einfache
und Mischfarben erster Klasse sowie Mischfarben zweiter Klasse.
Die einfachen oder Grundfarben sind der Zahl nach vier, drei und zwei
— die Mischfarben ersten Ranges oder die Geschlechter der Farben sind
der Zahl nach sieben, acht und sieben — oder auch fünf, denn Ari-
stoteles zählt Schwarz und Weifs unter die Geschlechter von Farben und
führt sie doch auch wieder als Ursache der Arten von Farben an — die
Mischfarben zweiten Ranges, oder nach Aristoteles die Mischfarben
überhaupt, sind der Zahl nach, wie Demokritus sagt, unbegrenzt,
nach Aristoteles aber begrenzt: somit würden die Herren Augen-
darwinisten von Empedokles und Demokritus zu Plato und Aristoteles
eine vor- und dann wieder zurückgehende Thätigkeit im Sehen und
Unterscheiden der Farben annehmen müssen, wenn sie eben weiter
nichts vermögen, als die weitgehendsten Schlüsse aus Zahlen zu
ziehen, von denen sie nicht erkannt haben, auf was dieselben hin-
weisen, welchen Worten sie beigesellt sind.
Drittes Kapitel.
Die Grundfarben der griechischen und neueren Malerei
Haben wir somit die Behauptung, aus den Angaben der griechi-
schen Philosophen über die Farben lasse sich erkennen, dafs den
Griechen der Zeit vor Aristoteles die volle Beherrschung auch nur
der vier Farben Rot, Gelb, Grün und Blau gefehlt, von den beiden
Farben zwischen Rot und Gelb und Blau und Rot, Orange also und
Violett ganz zu schweigen, als eine durch und durch auf Unkenntnis
beruhende, an sich ganz und gar verkehrte zurückzuweisen, so wenden
wir uns jetzt jenen Ansichten zu, nach welchen sich aus einigen
Bemerkungen von Plinius und Cicero über die Verwendung der Farben
von Seiten der griechischen Maler bis zur Zeit Alexanders des Grofsen
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50
Die Grundfarben der griechischen und neueren Malerei.
der Schlufs ergeben soll, dafs jene Maler nicht alle Farben su sehen
vermocht hätten, welche wir als die prismatischen Farben bezeichnen.
Plinius aber sowohl wie Cicero weisen nur lobend auf die ver-
hältnismäfsig grofse Einfachheit der Mittel der alten Maler hin im
Vergleich zu der Hascherei nach Farbenwirkungen der Maler einer
späteren Zeit, welche zu erreichen dieselben keine Mittel scheuten.
So erfahren wir denn von Böckh, dafs die griechischen Maler
(vgl. seine Encyklop. und Methodologie S. 472) nur mit den Farben
Weifs, Schwarzblau, Rot und Gelb, und zwar bis Zeuxis (397) zu
schaffen gewohnt gewesen seien, Ottfr. Müller bemerkt in seinem
Handbuch der Archäol. der Kunst (§ 450), dafs selbst die jon. Schule
bis Apelles (356 — 308) an diesen vier Farben festgehalten habe.
Suchen wir zunächst die Gründe für diese Behauptung zu
erkennen.
Bereits Rood macht in seiner Farbenlehre (Leipzig 1880) darauf
aufmerksam, dafs der Anfänger in der Malerei seiner Neigung nach-
zugehen pflege, nach Farben zu greifen, die weit kräftiger wirken,
als die in der Natur vorkommenden, da uns eben in der Natur nur
wenig kräftige Farben entgegenzutreten pflegen.
Da nun der Anfang der Malerei sich in gewisser Beziehung
mit dem künstlerischen Anfang des Malers deckt, so ist es nur
natürlich, dafs die griechische Malerei in ihren Anfangen mit vollen
Farben arbeitet.
Aber auch der entwickelten Malerei bis zur Zeit Alexanders
des Grofsen wird die Neigung zu einfacher Farbengebung nachge-
rühmt. Diese Einfachheit hängt eben mit dem Wesen der älteren
griechischen Malerei selbst zusammen, denn dieselbe stand in einem
innigen Verhältnis zur Bildhauerei. O. Müller sagt darüber (S. 137):
»Immer blieb die antike Malerei durch das Vorherrschen der Formen
vor der Lichtwirkung der Plastik näher als die neuere ist.«
Daraus ergiebt sich aber, dafs der Maler der älteren Zeit ein-
fache Farben in geringer Zahl verwenden mufste, wenn er sein Ge-
mälde nicht in einen scharfen Gegensatz zu den einfach grofsen
Formen der Baukunst bringen wollte.
Aber auch die Religion hat ihren Einflufs auf die Wahl der
Farben, welche die griechischen Maler zu verwenden pflegten, aus-
zuüben gewufst. So bemerkt Kugler in seinem Handbuch der Ge-
schichte der Malerei S. 37: »Die griechische Kunst war aus dem
Boden der religiösen Anschauung des Volkes erwachsen, — das
Bildnis war kein gemeines zufälliges Abbild der Natur: es gab dem
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Die Grundfarben der griechischen und neueren Malerei.
3"
Dargestellten das Gepräge der Heroen, es erhob ihn in ihren Kreis.«
Somit mufs auch der Maler gestrebt haben, sein Gebilde durch die
Wahl und Verwendung seiner einfachen Farben von dem Gebilde
der Natur zu scheiden, welches die Fülle der Farben bietet.
Diese Gründe erklären uns vollständig, weshalb die griechischen
Maler bis in die jonische Schule hinein mit wenigen vollkräftigen
Farben geschaffen haben mögen — aber ich bezweifle auch nicht,
dafs manches Gemälde, welches weder der Religion diente noch dem
Werk der Baukunst sich einfügte, denn doch mehr Farben und
Farbenwirkungen gehabt und zu. erzielen gewufst, als die Augen-
darwinisten ahnen mögen. Denn nichts beweist uns, dafs die alten
Maler eben alles nur entweder rot oder schwarz oder gelb oder
weifs gemalt haben, wohl aber spricht alles dafür — worauf übrigens
bereits Böckh und O. Müller hingewiesen haben, dafs dies eben nur
die vier Grundfarben waren, aus welchen eine beliebige Anzahl von
Farben durch Mischung hergestellt wurde. Diente doch nicht ein-
mal stets ein und derselbe Grundstoff zur Herstellung der Grund-
farbe: schon die Grundfarben waren dem Stoffe nach unter sich
verschieden. Die Stoffe, aus welchen die Farben gewonnen wurden,
waren nach O. Müller (S. 450, 1.) für »1. Weifs, die Erde von
Melos, MtjXtdc. Seltener Bleiweifs, cerussa. In Wandgemälden be-
sonders das Paraetonium (eine feine und weifse Kreide) ; 2. für Rot
die rubrica aus Kappadocien, Sivmjttg genannt. MUxoc, minium,
hat mannigfache Bedeutung. MIXxoz aus verbrannter atfpa, eine
angeblich zufällige Entdeckung; 3. für Gelb sil a>%Qa — das Lexicon
der französischen Akademie sagt, dafs sil eine mineralische Erde sei,
aus denen die Alten rote oder gelbe Farben herstellten 183 ) — aus
attischen Silberbergwerken, später besonders zu Lichtern gebraucht,
daneben das rötlichgelbe auripigmentum, öavöaQaxr], arsenikalisches
Erz; 4. für Schwarz — Böckh sagt Schwarzblau — Atramenta, fitXav
aus verbrannten Pflanzen, z. B. das TQvytvov aus Weintrebern; Ele-
phantinon aus verbranntem Elfenbein brauchte Apelles.«
Die Farben, welche aus den angeführten Stoffen gewonnen
wurden, werden sowohl als einfache wie als gemischte colores austeri
angeführt, herbe Farben also, um sie in einen Gegensatz zu den co-
lores floridi zu setzen, den frischen, blühenden Farben. Als colores
floridi giebt O. Müller an »chrysocolla, Grün aus Kupferbergwerken,
purpurissum, eine Kreide mit dem Saft der Purpurschnecke gemischt,
indicum, Indigo, das caeruleum, die blaue Schmälte, aus Sand, Sal-
peter und Kupfer (?), wurde in Alexandria erfunden, cinnabari
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32
Die Grundfarben der griechischen und neueren Malerei.
(Skt. chinavari) teils natürlicher, teils künstlicher Zinnober, aber
auch andere indische Waare, wahrscheinlich Drachenblut.«
Hierzu stellen wir nun, was wir bei Rood in seiner Farben-
lehre über die Verwendung der Stoffe zu den Farben bei unseren
Malern finden. Rood sagt S. 1 1 1 : »Es ist eine den Malern wohl-
bekannte Thatsache, dafs mit nur wenigen Farbstoffen Repräsen-
tanten von nahezu allen Farben sich herstellen lassen. Man braucht
hierzu nur drei Pigmente oder fertige Pulver, ein rotes, ein gelbes
und ein blaues, etwa Karmesinlack, Gummigut und Berliner Blau.
Das rote und gelbe Pulver, in verschiedenen Proportionen gemengt,
liefern verschiedene Tinten von Orange, Orangegelb: mit dem blauen
und gelben Pulver erzielt man vielerlei Grünsorten; mit dem roten
und blauen Pulver erhält man die Purpurreihe und die Violettreihe.
Manche Aquarellmaler haben nur diese drei Farbstoffe benutzt
und aufserdem noch Lampenrufs, um die erhaltenen Farben zu
dunkeln, und um Grau und Braun herauszubringen.
Darauf gründet sich die sogenannte Theorie von den drei
Grundfarben, unter denen man Rot, Gelb und Blau versteht.«
So hätten wir denn als die Grundfarben der alten Maler Schwarz
— und zwar in jener gesättigten Kraft, dafs sich ihm der Blau-
schimmer gesellt (Böckh will das wohl mit seinem Schwarzblau
sagen), — Weifs, Rot und Gelb; als Grundfarben der neueren
Maler aber nur Rot, Gelb, Blau. Nun will ich gar nicht darauf hin-
weisen, dafs sowohl Demokritus wie Plato das Blau für eine Misch-
farbe erklären — Demokritus läfst Ultramarinblau aus dem Blau des
Waid und Gelbrot (Feuerfarben, Orange) entstehen, Waidblau aus vielem
Schwarz und Fahlgelb mit der Neigung zu Grün, Plato Ultramarinblau
aus dem Glänzenden, Weifsen und gesättigt Schwarzem, Aristoteles
setzt Blau als Farbengeschlecht zwischen Weifs und Schwarz — wohl
aber darauf, dafs unsere Maler zwar drei Grundfarben haben und für ge-
wöhnlich zu ihren Mischfarben verwenden, aber kein Bedenken tragen,
sobald es nötig ist, die Farben zu dunkeln oder Braun und Grau heraus-
zubringen, Lampenrufs hinzuzusetzen, also Schwarz. Da nun Xeno-
phanes wie Empedokles, Demokritus wie Plato Ultramarin-, Indigo-
und Hellblau kennen, und zwar an und aus verschiedenen Stoffen, so
hiefse es die Natur des Malers der alten Zeit verkennen, wenn wir
nicht annehmen wollten, derselbe habe auch das Blau als Schimmer-
farbe des tiefen, glänzenden Schwarz hervorzuzaubern gewufst, wie
als Farbe selbst angewandt, wo es ihm notwendig erschienen. Da
nun überdies genug blaue Farbenreste an den Denkmälern der Alten
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Die Grundfarben der griechischen und neueren Malerei.
33
gefunden sind, nach Pausanias Wände blau bemalt waren — so haben
wir die Meinung der Augendarwinisten als eine gänzlich irrige zu
bezeichnen, wenn sie aus der Thatsache, dafs die griechischen Maler
vier Grundfarben gehabt haben, und zwar Schwarzblau, Weifs, Rot
und Gelb, schliefsen wollen, die griechischen Maler seien nicht im
Vollbesitz des Sehvermögens in Bezug auf die Farben gewesen —
und zwar bis in die Zeit Alexanders des Grofsen hinein.
Wollen aber die Augendarwinisten wiederum nur die Grund-
farben zählen, so müssen sie zu einer ungemeinen Abnahme des
Sehvermögens gelangen, denn wenn auch noch die Maler des Mittel-
alters, wie Lionardo da Vinci, von den vier einfachen Farben Rot
und Grün, Blau und Gelb sprechen, so haben doch die Maler
unserer Zeit nach Rood nur noch die drei Grundfarben Rot, Gelb
und Blau.
Auf die Zahl der Grundfarben Bezug nehmend erinnern wir
unsere Augendarwinisten sodann an die Menge der verschiedenen
Stoffe, aus welchen die griechischen Maler ihre Grund- und Misch-
farben gewannen — und die Dreizahl der Stoffe, welche nach Rood
unseren Malern die drei Grund- und verschiedenen Mischfarben
liefern. Somit würde die Zahl auch hier wieder auf eine Abnahme
des Sehvermögens unserer Maler deuten, wenn eben, wie die Augen-
darwinisten das zu thun geneigt sind, einer solchen Art von Be-
hauptung die geringste Beweiskraft zuzusprechen wäre.
Und nun verlassen wir die Malerei der Alten, nachdem wir
unseren Gelehrten noch die Frage gestellt, wie ein Maler der alten
Zeit das Purpurgewand eines nichtgriechischen Herrschers oder eines
griechischen Tyrannen mit Farben darzustellen vermocht hat, wenn
derselbe das Blau desselben nicht in jenem feinen Schimmer über
das Rot hin gesehen und auch auf dem Gemälde nicht festzuhalten
vermocht hat, welcher nun einmal die Eigentümlichkeit des Purpurs
ist, den aber allerdings Gelehrte unserer Tage mit nicht geübtem
oder abgestumpftem Sehvermögen in Bezug auf die Feinheiten der
Farbe gar nicht zu sehen vermögen, selbst wenn ihnen der geschäftige
Zeugwarenhändler dasselbe auch mit der nötigen Erklärung der
Eigenschaften der Purpurfarbe unter die Augen hält.
Vcckcn«tc«lt, Geschichte der «riech. Farbenlehre.
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34 Die Grundfarben unserer Kunstgärtner; die Blumenfarben bei den Alten.
Viertes Kapitel.
Die Grundfarben unserer Kunstgärtner; die Blumen*
färben bei den Alten.
Hat sich uns somit die Thatsache ergeben, dafs die Aufstellung
von Grundfarben vonseiten der Philosophen, sowie die Verwendung
von Grundfarben vonseiten der Maler mit nichts den Schlufs zu
ziehen erlaubt, dafs von den Philosophen und Malern eben nur ihre
Grundfarben gesehen wurden, so sei es nun erlaubt, als letzten
zwingenden Beweis dafür, dafs Grundfarben aus allen anderen Grün-
den eher aufgestellt werden, als aus dem Unvermögen einer voll
ausgebildeten Unterscheidungsfähigkeit der Farben, auf die Grund-
farben des Kunstgärtners unserer Tage hinzuweisen ; bei dieser Unter-
suchung wird sich uns ergeben, dafs die Alten auch ein Blau als
Grundfarbe nicht nur gekannt, sondern auch bezeichnet haben,
eine Thatsache, welche ich in keiner der Arbeiten unserer Augen-
darwinisten erwähnt finde, so wenig wie in den Schriften der Ge-
lehrten, welche die eine oder andere Ansicht derselben bekämpft
haben.
Es sind nun aber die Grundfarben des Kunstgärtners unserer
Zeit: Blau, Rot und Weifs.
Nach den Belehrungen, welche ich darüber von Herrn Rischer,
dem bedeutendsten Kunstgärtner und Blumenzüchter von Leipzig,
empfangen habe, erweisen diese drei Grundfarben nach drei Seiten
hin ihre Bedeutung, und zwar weifs der Kunstgärtner aus Blumen
mit diesen Grundfarben durch künstliche Befruchtung verschiedene
Farbenabstufungen und Mischfarben zu erzielen, sodann vermag er
durch eine bestimmte Art von Verwendung der Blumen mit den
Grundfarben einen wohlgefälligen Farbeneindruck bei Tcppichbeeten
zu erreichen. Von diesen Gesichtspunkten ausgehend, hat der Kunst-
gärtner bei der Herstellung eines Teppichbeetes zu zwei Dritteln
rot und blau blühende Blumen zu verwenden, das letzte Drittel aber
dem Weifs zu überweisen — und dem Gelb: doch darf die gelbe
Farbe nicht mehr als den vierten Teil des Blütenbeetes beherrschen.
Dafs endlich Grün in Blatt und Rasen, in den verschiedensten Ab-
stufungen der Farbe, seine besondere Beachtung findet, hat eben jeder
bemerkt, welcher der Herstellung eines Teppichbeetes seine Auf-
merksamkeit zugewandt hat.
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Die Grundfarben unserer Kunstgärtner; die Blumenfarben bei den Alten. 35
Sodann ist auch der Blumenstraufs bei seiner Herstellung der
Beachtung der Grundfarben Rot, Blau und Weifs unterworfen: das
Grün hat als Farbe des Blattes seine Bedeutung, das Gelb wird nur
in der Theerose zugelassen, um des lieblichen Duftes dieser Blume
willen, gilt aber sonst, im Straufs verwandt, für eine unangemessene
Beigabe, die nur beleidigender wird, wenn das Gelb in dem Straufs
besonders hervortritt.
Somit bestimmen dem Kunstgärtner unserer Tage Wahl und
Verwendung der Grundfarben der nützliche Zweck — wie solcher
bei den durch künstliche Zucht herbeigeführten Farbenabstufungen
und Mischfarben hervortritt, — der wohlgefällige Eindruck, — welchen
das Teppichbeet zu bieten hat — die sittliche Anschauung — welche
den Zutritt im Blumenstraufs dem Gelb versagt, wenn dasselbe einer
anderen Blume gehört, als der süfs duftenden Theerose.
Aber wenn nun auch Rot, Blau und Weifs die Grundfarben
des Kunstgärtners sind, so denke ich, würde es reine Unvernunft
sein, behaupten zu wollen, unsere Kunstgärtner vermöchten eben
nur diese drei Farben zu sehen — die ausdrückliche Anerkennung
und Verwendung von Grün und Gelb von dieser Seite ist überdies
dargelegt.
Die Anwendung eines Schlusses aus diesen Ergebnissen auf
jene Behauptungen, welche den Malern und Philosophen der alten
Welt das volle Farbenunterscheidungsvermögen um der Aufstellung
ihrer Grundfarben willen absprechen, weiter auszuführen, darf ich mir
ersparen, da die Folgerungen selbstverständliche sind.
Und doch darf ich mich der Möglichkeit eines Einwurfes nicht
verschliefsen, welche ein Augendarwinist in der Hinsicht machen
könnte, dafs er behauptet, er sei zwar bereit, auch die sich ergeben-
den Folgerungen aus meinen Aufstellungen der Grundfarben des
Kunstgärtners zu ziehen und anzuerkennen, — die von mir ange-
führten Thatsachen kann er nun einmal nicht aus der Welt schaffen
— aber diese Folgerungen böten nicht auch zugleich den Beweis,
dafs die Alten das Blau der Blume besonders beachtet, oder auch
nur gesellen hätten.
Bevor ich das Falsche dieses Einwurfes darlege, sei es erlaubt,
bei den Dichtern verschiedener Zeiten und verschiedener Völker
anzufragen, wie sie sich zu der Frage der Blumenfarbe stellen : wür-
den wir bei ihnen das Blau als Blumenfarbe nicht finden, so wäre
immerhin an die Möglichkeit zu denken, dafs dasselbe als Grundfarbe
der Blumen erst neuerer Anschauung entsprossen ist.
r
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}6 Die Grundfarben unserer Kunstgärtner; die Blumenfarben bei den Alten.
Blau als Blütenfarbe in den slavischen Volksliedern:
Es ergiebt sich nun, dafs der Spreeslave in seinen Volksliedern
(vgl. Haupt und Schmaler, Volkslieder der Wenden in der Ober-
und Nieder-Lausitz, Grimma i. T. 1841, 2. T. 1843) von der gelben
(fcolty) Lilie und dem gelben Klee singt, sonst aber mit Vorliebe
von weifsen und roten Rosen (bßle, cerwjene), wie er alle Blümlein
»weifs und rot« nennt: aber er hat auch das Blau, denn er spricht
von der roten und blauen (modry) Blume. (Die Farbenbezeich-
nungen der wendischen und deutschen Volkslieder werde ich be-
sonders behandeln.)
bei Walther von der Vogelweide.
Bezeichnen uns die dichterischen Schöpfungen Walthers von
der Vogelweide den Höhepunkt des mittelalterlichen Liedes, so ist
es besonders beachtenswert, dafs ihm dieselbe Anschauung in Bezug
auf die Farbe der Blumen ihrer dichterischen Schönheit nach beseelt,
wie die Sänger der wendischen Volkslieder, denn er nennt die
Welt — offenbar nach der Farbe der Blumen — gelb, rot und
blau, wenn er singt:
diu weit was gelf, rot unde bla,
sodann aber sagt er:
wizer unde röter bluomen wei; ich vil,
damit beweisend, dafs er das Blau der Blume ebenso beachtet, wie
der Wende, dafs ihn das Weifs und Rot als Blumenfarbe besonders
anmutet.
bei Rutebeuf.
Rutebeuf, der Zeitgenofs des heiligen Ludwig, singt:
la terre — se cuevre de flors diverses
d'indes, de jaunes et de perses —
ihm zeigt sich also die Erde im farbigen Schmucke der Blumen blau,
gelb und rot (dafs perses hier rot heifst, werde ich später eingehend
erweisen), wie Walther von der Vogelweide ihr Aussehen gelf, rot
unde bla genannt hatte.
Weifs im Chanson de Roland.
Bedeutsam tritt das Weifs als Blumenfarbe dann im Chanson
de Roland hervor, wenn dasselbe singt:
Tant par iert blanc cume flur en estet —
blanche ad la barbe cume flur en avril, —
altresi blanche cume flur en espine.
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Die Grundfarben unserer Kunstgärtner; die Blument'arben bei den Alten. 37
Somit haben wir bei den Wenden, den Deutschen und Franzosen
des Mittelalters Blau als Blütenfarbe besungen gefunden ; bevorzugte
Blumenfarbe scheint allerdings Rot und Weifs gewesen zu sein.
Die römisch-griechische Blumen weit; ihre Grundfarben.
Nunmehr gehen wir zur griechisch-römischen Blumenwelt über.
Da treffen wir denn nicht nur auf eine überreiche Anzahl von
Blumen, welche um ihres Duftes und ihrer Farbe willen eingehende
Beachtung gefunden, sondern ausdrücklich auch drei Farben als Haupt-
oder Grundfarben der Blumen bezeichnet. Plinius sagt Hist. an. 21.
8 (22) : hos (colores) animadverto tris esse principales 1 . rubentem
in coeco, 2. amethystinum qui a viola et ipse in purpureum (trahitur)
quemque ianthinum appellavimus, 3. qui proprie conehyli intellegitur :
die dritte Grundfarbe kann sich dreifach zeigen nach den Worten:
unus in heliotropio, alius in malva ad purpuram inclinans, alius in
viola serotina conehyliorum vegetissimus. Demnach sind die drei
Haupt- oder, wie wir sagen, Grundfarben : Scharlachrot, Lila (amethyst-
farben) oder Hellviolett (quia viola et ipse in purpureum [trahitur]
quemque ianthinum appellavimus,) und Weifs (in heliotropio), Weifs-
rot (in malva ad purpuram inclinans) oder Weifslila, beziehentlich
Weifsviolett (in viola serotina conehyliorum vegetissimus) — denn
der Saft der Purpurschnecke geht aus dem Weifsgelblichen in das
Rotbläuliche über.
Von Gelb sagt uns Plinius, dafs in den ältesten Zeiten die
Brautschleier diese Farbe gehabt haben, er vermutet auch, Gelb sei
deshalb nicht unter die Haupt- oder Grundfarben aufgenommen
worden, weil diese Farbe ursprünglich nur vonseiten der Frauen
Verwendung gefunden habe. 184 )
So wären wir denn auch in der alten Welt zu Grundfarben
in der Blumenwelt gelangt, und zwar zu Scharlachrot,. Lila oder
Hellviolett, und Weifs oder Weifsrötlich, Weifsrot: Gelb sehen wir
auch hier von den Hauptfarben ausgeschlossen, wie unsere Kunst-
gärtner auch heute noch Gelb nicht zu den Grundfarben zählen.
Hier sind wir auf die wider die Augendarwinisten und ihre
Behauptungen wichtigste aller Thatsachen gestofsen, dafs die alte
Welt aucli ein Blau als Haupt- oder Grundfarbe kennt, und zwar
dasjenige, welches eine leichte Neigung zu Rot bekundet.
Die Kranzblumen der Griechen.
Die Ausscheidung des Gelb aus den Grundfarben leitet Plinius
mittelbar aus Bräuchen der ältesten Zeit ab, was von ihm Vermutung
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38 Die Grundfarben unserer Kunstgärtner; die Blumenfarben bei den Alten.
ist: jedenfalls ergiebt eben das Gelb des Brautschleiers, dafs in jener
Zeit die Farbe besonders hoch geschätzt wurde: sie ist es aber auch
viel später noch gewesen, denn Theophrast führt unter seinen Kranz-
blumen verschiedene auf, welche gelb blühen. Da wir den Kranz-
blumen im eigentlichen Sinne auch Gesträuch und Gräser um der
Blütenfarbe willen gesellt finden, so geben wir dieselben nach Kap. 6
und 8 von Buch 6 bei Theophrast, »die Geschichte der Pflanzen«.
Da haben wir denn der Rotgruppe die Rose zuzuschreiben
und die Lichtnelke Xvxv'tq ; hellrot oder rötlich mit der Neigung zu
Weifs, haben wir bei dem afiaQaxoc, origanum, dem Majoran und
dem ötqovMov, der saponaria (savon Seife, Seifenkraut).
Der Purpurgruppe gehört ötoqav&oc an, Jovis flos, agrostemma,
VqjivXos serpyllum, der Quendel, giyior gladiolus, Siegwurz, ebenso
die Lilie xqIvov — nach der Aussage einiger, bemerkt Theophrast,
sind einige Lilien auch purpurfarbig, jtogcf VQä.
Blau mit der Neigung zu Rot blüht das schwarze Veilchen —
in der tiefsten Abstufung der Blaufarbe, wie ich das später noch
ausführlich beweisen werde, — die Iris tQtq; die Schwertlilie oder
der Gartenrittersporn, växtv&og, die Blume xo&oq — nach Leunis-
Frank Silene Sibthorpiana Rchb., Theophrast giebt an, dafs ihre Blüte
derjenigen der Hyacinthe gleiche, — die Minze /äv&a, endlich geht
in das Lila ein.
Weifs blüht das weifse Veilchen, tov Xtvxov und Xtvxoiov
leucojum, das grofse Schneeglöckchen, die Frühlingsknotenblume,
die Lilie XÜQtov, die Art jrdtfoe, welche auf Gräbern gepflanzt wird,
olväv&rj Oenanthe, Pferdesaat und ßoXßog allium cepa, Zwiebel, von
der Theophrast sagt, dafs einige den Blütenkopf mit in die Kränze
flechten — iftxXtxovöt yctQ Ivioi xal tovto th tovq ot€<pavovq —
von den Anemonen wohl diejenige, welche Theophrast Berganemone
nennt — dvtficovriq, ytvoq tu xaXovpitvov oQtiov.
Der Goldgelb-, also Rötlichgelb- und gelben Gruppe gehört
yXoyiov an, cheiranthus, der Goldlack, vaQxtOöoq, narcissus, tXti-
oxQvoog oder tXlxQvCoq Goldranke (Schol.), xqoxoi der Krokos,
ogväxavfroq, berberis, die Berberize, kXiviov helenium, Alant — nach
Leunis-Frank Quendel, also der Purpurgruppe angthörig, oiCvfißQiov
sisymbrium, der Rautensenf. KqIvov, die Lilie sendet ihre Kinder auch
in diese Gruppe, aber auch in die weifsrote und in die Purpurgruppe.
Die Blüte von jjfieQoxaXXtq — nach Leunis-Frank die Taglilie,
mit gelber, rotgelber oder weifser Blüte, je nach der Art — , tyvov —
nach dem Schol. Xäxavov ti äyQtov — , und öpiXag (fiiXag) — Taxus,
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Die Grundfarben unserer Kunstgärtner; die Blumenfarben bei den Alten. 39
Eibenbaum, aber auch die italienische Stechwinde — genauer der
Blütenfarbe nach zu bestimmen, erlassen wir uns : das Gesamtergebnis
würden dieselben, nebst vielleicht noch zwei bis drei anderen Pflanzen,
die etwa noch sich hinzufügen liefsen, nicht ändern : das aber ist,
dafs die Gelbgruppe die reichste Anzahl von Vertretern aufweist;
aber auch die Blaugruppe, Blau an sich und Hellblau mit Rotzusatz
wie Violett werden unter den Kranzblumen reichlich gefunden.
Das griechische Blumenlied.
Auch die Dichter, und als solche die Vertreter des guten Ge-
schmackes, wo sie nicht auf Irrwegen wandeln, besingen die Blumen
und ihre Farben: so lautet das bekannte Blumenlied bei Athenäus
xov fioi rä Qoöa, jtov ftoi rä ia, Jtov (ioi xu xaXa CtXtva — das
aber giebt die Blumenfarben Rot, Blau — wir lassen hier die Ab-
stufung des Blau einstweilen noch ununtersucht — und Weifs, denn
die Blütenkrone der Silge ist weifs — wenigstens die Art, an welche
wir bei dem Gedicht zu denken haben. Denn dafs in der That
von der Silge oder dem Eppich (apium) — aber nicht der Eppich
aus dem Geschlecht der Araliaceen — nicht nur das Grün des
Blattes bei seiner krausen Form Beachtung gefunden, beweist uns
die Thatsache, dafs die Alten auch von dem weifsen, purpurfarbigen
und verschiedenfarbigen Stengel des apium und selinum reden, aber
auch von dem aromatischen Duft, um dessenwillen man die Pflanze
der Ambrosia zur Seite stellt.
Hervorgehoben wird die Blüte in Anth. Pal. 4. 1. 32:
iv 61 xdi ix AtifxovoG dficoprjzoio oiXiva
ßaiä ötaxvlCpn* uvfrea xctQ&kvido^,
und der Gegenüberstellung von Rosenkelch und schönduftender Silge
bei Theoer. 3. 23:
aftJiXtgas xaXvxeooi xcd svodfioioi oeXtvoiq
lässt uns die Vermutung als eine berechtigte aussprechen, dafs auch
dieser Dichter der Blüte der Silge besondere Beachtung geschenkt
hat. Und wenn der Silgenkranz des isthmischen oder nemeischen
Siegers die Wandlung mitgemacht hat, von der uns Plinius berichtet,
wenn er erzählt, dafs mit der hundertsten Olympiade der grüne
Kranz aus Zweigen — und demnach doch wohl auch aus Stengeln —
durch einen Blütenkranz ersetzt sei, so mufs es eine Zeit gegeben
haben, wo auch die Blüte der Silge den Sieger bei den heiligen
Spielen und Wettkämpfen geschmückt hat.
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40 Die Grundfarben unserer Kunstgärtner; die Blumenfarben bei den Alten.
Was nun den Menschen derjenigen Zeiten, in welche wir
bis jetzt hinaufgestiegen sind, angenehm und wohlgefällig erschienen
sein mag, braucht es allerdings nicht auch in den frühesten Zeiten
des hellenischen Volkes gewesen zu sein.
Um ein Urteil zu gewinnen, was den Menschen jener früheren
und frühesten Zeit in der Blumenwelt als schön und anmutig in
Bezug auf die Farbe der Blütenkrone erschienen ist, wenden wir uns
ihren alten und ältesten Gesängen zu.
Die Blumen des Hymnus auf die Demeter und der Kyprien.
Von dem Hymnus auf die Demeter glaubt Welcker annehmen
zu dürfen, dafs dessen Abfassung in die Mitte des siebenten Jahr-
hunderts zu versetzen ist. In demselben wird uns von der Proser-
pina gesagt, dafs sie auf der Wiese Blüten pflückt, Rosen Krokos,
die schönen Violen, Agalliden »dyaMk eine Irisart, vielleicht Schwert-
lilie« — Viktor Hehn verschweigt dieselbe und Leunis-Frank küm-
mern sich nicht darum — Hyakinthos und Narkissos. 185 )
Vers 426 desselben Hymnus werden dann noch von der Rose
und der Lilie die Kelche besungen.
Viktor Hehn sagt nun hierzu: »Die Blumen, also Rose u. s. w.,
erscheinen noch immer« — also um die Mitte des siebenten Jahr-
hunderts, »in fremdartigem Phantasiescheine: Proserpina spielt auf
der Wiese mit ihren Gefährtinnen und pflückt Rosen« u. s. w. —
»die Rose also als Blume einer idealen Wiese, nicht vom Strauch
gebrochen, und nicht mit Dornen bewehrt.«
Sollen wir nun wirklich glauben, der Dichter des Hymnus habe
nicht gewufst, dafs die Rose auf einem Strauch wächst und Dornen
hat? Viktor Hehn will uns das einreden, obschon er diese Kenntnis
dem Archilochus, welcher ein Menschenalter früher gelebt habe, des-
halb geben will, weil derselbe einen weiteren Gesichtskreis gehabt
als der alte Tempelsänger. Aber abgesehen davon, dafs der Dichter
des Hymnus, wenn er in einem Götterliede auch die Gebilde der
Erde in einem idealen Lichte erblickt und besingt, dann nur sein
gutes Recht ausübt — wer mag den Griechen wohl noch in der Mitte
des siebenten Jahrhunderts die eingehende Kenntnis von der Rose
und ihren Eigenschaften absprechen wollen, wenn er die Blumen des
Hymnus in wesentlich früherer Zeit schon besungen weife? Und doch
würde Viktor Hehn, wenn er die Schriftsteller gelesen und nicht
nur nach Wörterbüchern gearbeitet hätte, schon die Blüte der Rose in
den Kyprien gerühmt finden, wie diejenige des Krokos der Lilie,
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Die Grundfarben unserer Kunstgärtner; die ßlumenfarben bei den Alten. 41
des Hyakinthos und Narkissos, wie der Veilchen. (Vgl. Cypria
Fragm. 3, v. i — 6.) 186 )
Giebt man nun die Kyprien dem Stasinos von Kypros, welchen
man um 776 setzt, so ergiebt sich, dafs die Rosenblüte bereits etwa
125 Jahre vor dem Hymnus von einem hellenischen Dichter be-
sungen ist: mithin hatte, wenn wir nicht einmal annehmen wollen,
dafs Inhalt und Stoff in eine frühere Zeit hinaufreichen, als der
Dichter der Kyprien mit seinem Geburtsscheine erweist — wie denn
Viktor Hehn an der Hand der Thebäis, wo er die Behauptung gut
verwerten zu können glaubt, in die vorhomerische Kultur vorge-
drungen zu sein vorgiebt — der Dichter des Hymnus auf die De-
meter hinlänglich Zeit, sich an wirklichen Rosendornen die Finger
zu ritzen, sich von den Eigenschaften des Strauches zu überzeugen
und nach dem Standort der Rose umzusehen — aber wir haben
nicht das Recht, wenn er nicht alle seine Erfahrungen und Beob-
achtungen in dieser Hinsicht in seiner Dichtung aufzählt, ihn deshalb
der Unkenntnis der Rose zu zeihen.
Und nun gehen wir auf die Blütenfarbe der Blumen ein, welche
wir in dem Hymnus auf die Demeter rinden, ebenso wie in den Kyprien.
Da gelangen wir denn zu Rot bei der Rose, sodann zu Blau
bei dem oder der vdxiv&oc, wenn diese Pflanze der Gartenritter-
sporn ist, delphinium Aiacis; zu Blau mit der Neigung zu Rot, —
wenn wir nicht bei dem Tiefblau von viola suavis bleiben wollen —
also zu Violett bei den Violen ta, der äycdlk, einer Iridacee — ebenso
bei vdxtv&oi;, wenn diese Pflanze unsere Schwertlilie ist, iris ger-
manica, nach Leunis-Frank haben wir sie als Hyacinthus orientalis
zu bestimmen — zu Gelb bei dem Krokus, dessen Blütenfarbe So-
phocles und Euripides Goldfarbe nennen, und der Narzisse — zu
Weifs endlich bei der Lilie, denn XhlQtov ist die weifse Lilie, xqLvov
bezeichnet das ganze Geschlecht der Lilien.
Somit haben wir in einer Zeit, welche sich wie in den Kyprien
mit derjenigen der Odyssee fast deckt — nichts hindert uns sogar
anzunehmen, dafs in den Kyprien Einzelheiten der Kulturwelt sich
finden, welche sich denjenigen der homerischen Welt gleichsetzen
oder an Altertümlichkeit über sie hinausgehen — Beweise der Kenntnis
und des Preises von den Blumenfarben Rot, Blau — und zwar in
seinen verschiedensten Abstufungen von Hellblau bis in das dunkle
Blau und Violett hinein, Hellgelb und Gelb mit der Neigung zu dem
Rötlichen, sowie Weifs. Mit besonderer Vorliebe mufs aber der
Hellene jener Zeit dem Blau in seinen verschiedenen Abstufungen
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42 Die Grundfarben unserer Kunstgärtner; die Blumenfarben bei den Alten.
zugethan gewesen sein, und dem Violett, denn dieser Farbengruppe
gehören Hyakinthos und Agaiiis an, Iris und Viole oder Veilchen.
Die Blumenblüte bei Homer.
Und nun wenden wir uns der Blütenfarbe bei Homer zu. Zwar
haben wir als vernunftgemäß vorauszusetzen, dafs die Sänger der
homerischen Dichtungen und die Menschen jener Zeit, wenn sie
eine Pflanze erwähnen, an derselben auch Stamm, Blatt und Blüte
zu unterscheiden vermocht haben, für diejenigen Augendarwinisten,
welche ihren Ansichten zuliebe auch das nicht zugeben werden, sei
für die Blüte der Beweis erbracht.
Wir finden bei Homer das Wort ävf>o$, die Homerwörter-
bücher übersetzen Blume, Blüte: an sich wäre also damit die Ent-
scheidung noch nicht gegeben, was Homer darunter versteht, wenn
wir das Wort bei ihm lesen.
Um die Bedeutung eines Wortes zu bestimmen, pflegen wir jetzt
gern auf die Ergebnisse der neueren Sprachforschung zurückzugehen :
die Philologie thut dies häufig zu ihrem Schaden, denn sie bedenkt
nicht, dafs sich weitgehende Erwägung und — wo Geist vorhanden
— vielleicht geistvolle Willkür zu Ergebnissen die Hand reichen,
welche dadurch erreicht werden, dafs der neuere Sprachforscher zur
Annahme einer vorausgesetzten Wurzel schreitet, derselben eine
selbstgeschaffene Bedeutung beilegt — um aus dieser doppelten An-
nahme heraus dem Wort der geschichtlichen Zeit seine Bedeutung
vorzuschreiben.
So leitet Goebel das Wort äp&oq von dv hauchen, blasen ab,
und dem Suffix ftev, E. Curtius stellt dazu das Wort des skt. andhas
Kraut, Grün, Saft, Speise — was auch Seiler-Capelle bieten — und
demnach finden wir denn nun auch das Wort av&og bei Homer
erklärt. Haben wir nämlich bisher geglaubt, der Kyklop rede zu
seinem Widder von den blühenden Wiesenblumen, welche er sich
soll gut schmecken lassen — Od. 9. 449:
dXXa jcoXv jtQÖrtov vtfttcu rtgev ävftea xolyg —
so erfahren wir nun, dafs sich der Widder die »Sprossen« und
»Schöfslinge« auf der Weide aufzusuchen hat: hoffentlich werden
wir bald lesen, dafs er auch den Windhauchen seine Aufmerksamkeit
wird zuzuwenden haben. Dafs freilich »Schöfslinge« und »Sprossen«
eigentlich nur der Saat des Feldes und den Bäumen in Garten und
Wald gegeben werden, beachten jene Forscher nicht, sie sind be-
glückt, wenn sie nur die blühenden Blumen der Matte und Berghalde,
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Die Grundfarben unserer Kunstgärtner; die Blumenfarben bei den Alten. 43
auf denen der Widder des Kyklopen seine Nahrung sucht, ihrer
Herleitungskunst zuliebe aus dem Homer beseitigt haben.
Sodann finden wir das Wort Od. 6, 231, wo die Haare des
Odysseus vaxtvd-ivcp avf>u o/ioiag genannt werden. Ameis-Hentze
übersetzen hier »Hyacinthenblume«, aber damit wir nur ja nicht an
die Farbe der Blüte zu denken uns erlauben, setzen sie hinzu, dafs
die Vergleichung der Blume »nicht um ihrer Farbe, sondern um
ihrer Form willen geschieht«. Dafs diese Erklärung ganz falsch ist,
werde ich an jener Stelle beweisen, wo ich das Wort vaxivfrivog
als Farbenbezeichnung zu behandeln habe. Jedenfalls sind wir nun
doch aber schon von der Bedeutung »Schöfsling« und »Sprofs« auf
diejenige von Blume gekommen.
11. II 89 wird von den Bienen gesagt, dafs sie auf die Blüten
von Frühlingsblumen ausschwärmen:
ßovQVÖov dh Jtirovxat in* at>d-bGtv tlaQivolötv.
Hier übersetzt auch La Roche »auf die Blüten zu«. Wenn wir nun
nicht annehmen wollen, die Bienen hätten in der homerischen Zeit
noch nicht den Bildungsgrad unserer jetzigen Bienen erreicht gehabt
und zu jener Zeit statt Blumensaft aus den Blütenkelchen zu saugen,
noch Grünkraut eingesammelt — oder sie wären zur homerischen
Zeit noch so leichtsinnig gewesen — Darwin weist ja nach, dafs
erst durch Not und Erfahrung die Biene zur erfolgreichen Raum-
ausnutzung in ihrem Zellenleben gelangt ist — lieber auf Frühlings-
windhauchen Lustreisen zu machen, als fleifsig zu arbeiten, so werden
wir an dieser Stelle in der That avd-oi mit Blüte zu übersetzen
haben — und das werden wir auch an den beiden übrigen be-
handelten Stellen thun. Worauf uns aber der Vergleich des Dichters
hinweist, was der Widder auf der Matte des Berges aufsucht und die
Biene auf der blütengeschmückten Frühlingswiese, die Kenntnis des
Blütenkelches der Blume also in all seiner Farbenpracht, die wollen
wir nun auch getrost dem Menschen der homerischen Zeit geben.
Das Grün bei Homer.
Bevor wir nun im einzelnen auf die Blütenfarbe der von Homer
erwähnten Blumen eingehen, haben wir noch die Grünfrage zu er-
ledigen, also unseren Augendarwinisten gegenüber den Beweis zu
liefern, dafs der homerische Mensch auch das Grün zu sehen, d. h.
zu unterscheiden vermocht hat — denn auch diese Fähigkeit wird
dem homerischen Menschen abgesprochen — und zwar nach den
Anführungen des Dichters aus der Pflanzenwelt.
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44 D»e Grundfarben unserer Kunstgärtner; die Blumenfarben bei den Alten.
Wir begeben uns mit Hermes, dem Boten der Götter, auf die
Insel Ogygia, wo Kalypso, die Tochter des Atlas, den Vieldulder
Odysseus fern der Heimat an sich zu fesseln sucht. Die Höhle der
Inselgöttin umrankt der veredelte Weinstock, rings um die Höhle
ist ein Wald aufgesprofst, dessen Bäume Erle und Schwarzpappel
sind nebst wohlgeruchduftender Cypresse. 137 )
Wollen wir nun nicht annehmen, dafs der Sänger hier die
verschiedenen Baumarten allein um ihrer Form willen aufführt —
und das würde ja der Augendarwinist behaupten müssen, wenn er
bei seiner Ansicht bleiben will, die Griechen hätten erst zur Zeit
des Aristoteles auch Grün und Blau zu unterscheiden vermocht —
aber ich will doch gleich hier darauf hinweisen, dafs die besondere
Beachtung der Form des Baumes und eine künstliche Gestaltung
eben dieser Form zu bestimmten landschaftlichen Zwecken erst der
Unnatur der römischen Kaiserzeit und derjenigen Ludwigs des Vier-
zehnten von Frankreich angehört — sowie endlich, dafs Erle und
Schwarzpappel meines Wissens um ihrer Form willen von keinem
Dichter je gepriesen sind — so ist nur der Schlufs vernunft-
gemäfs und damit geboten, dafs der Dichter diese Bäume angeführt,
um, wie auch die Homererklärer sagen, in uns »die angenehmste
Mischung des verschiedenen Grün« in der Vorstellung hervor-
zurufen. Ja, Böttiger weifs sogar, dafs die Bäume des Waldes bei
Homer nach den verschiedenen Grünabstufungen aufgeführt sind,
denn nach ihm bilden die »hellgrüne Erle« und die »dunkler be-
laubte Pappel« den Vordergrund, wonach dann die Cypresse im
Gewände der »ernsten Düsterheit ihrer Blätter« den wohlabgestuften
Hintergrund des farbigen Landschaftsbildes zu bieten hat.
Somit ist, denke ich, nicht wohl ein Zweifel daran erlaubt,
dafs der Dichter des fünften Gesanges der Odyssee — nach der
Odyssee-Ausgabe von Kirchhoff ist die soeben behandelte Stelle ein
Teil des alten Nostos, folglich der ältesten Dichtung — das Grün
an Baum und Blume sehr wohl gesehen, unterschieden und, wo es
ihm erwünscht erscheint, auch zu dichterischem Zweck seine ver-
schiedenen Abstufungen nach zu verwenden verstanden hat.
Die Beachtung und dichterische Verwertung des verschiedenen
Grüns an Baum und Blume würde sogar eine erstaunlich fein aus-
gebildete sein, wenn die Homererklärer Ameis-Hentze einem anderen
Verse desselben Gesanges und derselben Landschaft die richtige
Deutung gegeben. Der Vers lautet -— 5. 72:
ä(iql de tetfiown: paXaxoi iov ijöh oeXlvov
fhjhor —
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Die Grundfarben unserer Kunstgärtner; die Blumenfarben bei den Alten. 45
rings sprofsten — oder blühten, wie wir nach Autenrieth zu übersetzen
haben — auf den Wiesen die weichen Violen — oder Veilchen — und
Silge.
Die Silge, Selinum, als Gattung und Art.
Bei Ameis-Hentze lesen wir zur Erklärung der angeführten Stelle :
»otXivov Eppich, iXtöd-Qtxtov B. 776, das in die Höhe schiefsende
Doldengewächs, dessen Blätter dem Riesenfenchel gleichen, die Milch-
petersilie, hier als Gegensatz zur Viole tov, um die stärkere und
schwächere Bewässerung und das verschiedene Grün der Wiesen
durch zwei konkrete Beispiele zu versinnlichen.«
Wenn diese Erklärung nicht ungewöhnlich falsch wäre, so
hätten wir nun sechs verschiedene Abstufungen von Grün in der
Landschaft, und zwar vom Dichter gesehen und durch konkrete
Beispiele versinnlicht, nämlich das Grün der Erle, der Pappel und
der Cypresse: sodann dasjenige der Wiese — und hier ist an Gras
zu denken, denn nicht Silge und Viole bilden den grünen Teppich
der Wiese — der Silge und der Viole.
Eine verkehrtere Auslegung der Absichten des Dichters, das
Grün der Wiese durch die Farbenreize der blühenden Blumen zu
heben und die Farbeneindrücke in einem wohlgefälligen Bilde her-
vortreten zu lassen, ist nicht wohl denkbar.
Eine wenn auch verkehrte, so doch immerhin der Wahrheit
näher kommende Erklärung dieser Stelle finden wir bei Viktor Hehn.
Wir lesen bei ihm S. 221, 2 seines bekannten Werkes: »Auch die
Viole stammt als Gartenblume und in ihren veredelten Formen aus
Kleinasien; Homer erwähnt sie in vergleichenden Adjektiven wie
loövHf /jc, heiötfc, iönc — die auf die schwarze Farbe, nicht auf den
Duft gehen« : — dafs die Beiworte nicht auf die schwarze, sondern
auf die schwarzblaue, also tiefblaue oder dunkelviolette, also tief-
violette Farbe gehen, wird von mir an jener Stelle erwiesen werden,
wo ich die berührten Worte als Farbenbezeichnungen zu behandeln
habe — »einmal auch in der Odyssee bei Beschreibung der wunder-
baren, selbst die Götter zum Staunen bewegenden Natur um die
Höhle der Kalypso: dort wächst sie auf weicher Wiese neben dem
Eppich (»eine üble Standortgesellschaft« Fraas Synops 114); iov
bedeutet eben noch jede oder irgend eine dunkelblühende Blume,
duftend oder nicht.«
Zunächst wollen wir nun die Thatsache feststellen, dafs »Eppich«
und »dunkelblühende Blume« von Hehn als Blumen und nicht mit
Ameis-Hentze als Vertreter des Wiesengrüns erkannt sind.
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4 6 Die Grundfarben unserer Kunstgärtner; die Blumenfarben bei den Alten.
Und nun gehen wir an die Bestimmung der Silge und Viole.
Giebt Viktor Hehn nach Fraas der Silge einen verächtlichen
Seitenhieb, ohne sich um nähere Bestimmung der Pflanze zu küm-
mern, so erfahren wir von Ameis-Hentze, dafs dieselbe die »Milch-
petersilie« ist. Da die Herren den botanischen Namen der Pflanze
nicht angeben, auch in Mühlhausen, der Arbeitsstätte von Ameis,
erfuhr ich denselben nicht, da weder die Herren, welche ihn für
diese meine Arbeit feststellen wollten, noch ich denselben in den
verschiedenen Werken, welche wir deshalb durchsahen, zu finden
vermochten, so fragten wir Gärtner und andere Leute aus dem
Volke darnach, was sie unter Milchpetersilie verständen.
Da wurde uns denn gesagt, von der Petersilie, petroselinum
sativum, gebe es eine gröbere An, die so heifse : die Gärtner bauten
dieselbe, die Pflanze würde gesteckt, sie würde nicht gegessen, son-
dern zu medizinischen Zwecken verwendet.
Hier widerspricht Zucht und Standort ebenso der Annahme,
dafs dies die Milchpetersilie von Ameis-Hentze ist, wie die Worte des
Scholiasten zur Odyssee, welche uns an Petersilie zu denken verbieten.
Als Milchpetersilie wurde uns auch der Wasserschierling, cicuta
virosa, bezeichnet. Hier würde der Standort die Benennung zu-
lassen, da Ameis-Hentze doch wohl meinen, ihre Milchpetersilie
habe am Rand der Quellflüsse gestanden, wenn sie sagen, die
Silge diene dazu, die stärkere oder schwächere Bewässerung der
Wiese anzuzeigen. Aber abgesehen von anderen Bedenken ist auch
diese Annahme unmöglich, da nach Ameis-Hentze ihre Mikhpetersilie
im zweiten Gesänge den Rossen als Futter vorgeworfen wird: das
ist bei dem Giftschierling unmöglich.
Sodann wurde uns als Milchpetersilie die kümmelblättrige Silge,
selinum carvifolia, und der Sumpf-Ol-Fennich, thysselinum palustre,
bezeichnet. Hier würde der Standort nur bei Selinum carvifolia zu-
treffen können, nicht aber bei thysselinum palustre. Würde aber
eine dieser Pflanzen die von Ameis-Hentze bezeichnete sein sollen,
so wäre ihre Angabe, dafs die Silge im 5. Buch der Odyssee zur
Hervorhebung des verschiedenen Grüns der Wiese gesetzt ist, durch-
aus unzutreffend — denn an diesen Pflanzen ist nicht das Grün
das auffallende Kennzeichen, sondern die weifsliche Stachelspitze,
welche die Blättchen haben.
Endlich sei noch bemerkt, dafs als Milchpetersilie uns auch das
Schellkraut, zu den Fumariaceen gehörig, bezeichnet ist, der Lattich
aus der Familie der Kompositen — wie aus dieser Familie das
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Die Grundfarben unserer Kunstgärtner; die Blumenfarben bei den Alten. 47
taraxacum : unsere Droschkenkutscher gaben überwiegend die Wolfs-
milch aus der Familie der Euphorbiaccen als Milchpetersilie an, nur
dafs sie dieselbe ihren Pferden nicht in das Futter mischen, zu arznei-
lichen oder sonstigen Zwecken, sondern ihre Warzen damit ver-
treiben und bei Krankheiten der Hufe ihrer Pferde verwenden. Aus
dem botanischen Garten hierselbst erhielt ich Anthriscus Kerbel, als
Milchpetersilie gesandt.
Statt der wegwerfenden Bemerkung von Hehn oder der kind-
lichen Art der Bestimmung von Ameis-Hentze noch ein weiteres
Wort zu widmen, sehen wir uns nun nach den Kennzeichen um,
welche der bei Homer II. II 776 und Odyssee 5. 72 erwähnten
Silge gegeben wird.
Die Silge II. II 776 wird den Rossen zu dem Kleefutter gegeben,
sie wird als sumpfgenährt bezeichnet.
Der Scholiast zu Odyssee 5. 72 giebt uns auch den Grund an,
weshalb die Silge den Rossen dem Futter beigegeben wird, denn
er sagt: 188 ) die Silge wird den Rossen zur Lösung der Harnver-
haltung gegeben, welche sich nach zu grofser Anstrengung oder zu
langer Ruhe einzustellen pflegt — und mittelbar deutet der Scho-
liast zu II. 2. 776 darauf hin, an welche Silge wir nicht zu denken
haben, wenn er die Steinsilge aus dem Futter der Rosse des Achilleus
verweist. 139 )
Somit, da uns der Scholiast an Petersilie zu denken verbietet
— Name und Standort lassen ja überdies die Vermutung nicht als
berechtigt erscheinen, dafs hier an die Steinsilge zu denken ist, —
so würden wir zwar den Namen sumpfgenährte Silge am sichersten in
thysselinum palustre wiederfinden, aber der Sumpf-Ol-Fennich würde
eben den arzneilichen Zwecken weniger gut entsprechen, welche wir
von der Pflanze fordern, wogegen Plinius der Rofssilge, hipposelinum
sive olus atrum, Wirkung auf das Harnen beilegt: es ist dies hippo-
selinum sive Smyrnium olus atrum, nach Leunis-Frank die gemeine
Macerone oder gemeines Myrrhenkraut — wegen des myrrhenähn-
Hchen Geschmackes; ihr Standort ist nun aber die Moorwiese und
nicht der Sumpf im eigentlichen Sinne. Endlich sei noch darauf
hingewiesen, dafs auch der Sellerie, apium graveolens, von Plinius
als ein Mittel gegen Harnverhaltung angegeben wird, und dafs auch
unsere Fuhrleute bei Hengsten in gleichem Falle Sellerie anwenden,
während sie bei Stuten nur Petersilie verwenden: die Rosse des
Achilles, denen die Silge dem Futter beigegeben wird, sind aber
Hengste. Da der Sellerie am Meeresufer wächst, so würde sein
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48 Die Grundfarben unserer Kunstgärtner; die Blumenfarben bei den Alten.
Standort vielleicht bessere Einstimmung zur Uias geben, als der
Rofseppich.
Und nun haben wir die Silge der Odyssee zu bestimmen. In
der Odyssee dient dieselbe weder arzneilichen Zwecken als Bei-
gabe zum Pferdefutter, noch zur Abstufung des Grüns der Wiese,
sondern als Genosse des wr, des Veilchens oder der Viole dazu,
die farbige Pracht desjenigen Teiles der Landschaft hervorzuheben,
welchen die Wiese bildet. 1
Theophrast erwähnt zwei Hauptarten der Silge, von der wilden
die Rofs-, Sumpf- und Bergsilge. 140 ) Von diesen drei wilden Silgen
würden wir nur an die Rofssilge denken können, wenn wir ge-
zwungen wären, in der Uias und Odyssee an einer und derselben
Pflanze festzuhalten. Aber die Silge der Odyssee dient, wie bemerkt,
allein dichterischen Zwecken, sie gehört nicht einer Landschaft der
vollen Wirklichkeit, sondern der Inselgöttin an, diese Landschaft ist
mit allen Reizen der Natur ausgestattet, sicher unter der Einwirkung
eben der göttlichen Insel herrin — und deshalb haben wir die Be-
stimmung der Pflanzen hier nicht aut eine arzneiwissenschaftliche
oder naturgeschichtliche Bemerkung zu stützen, sondern nach dichte-
rischer Anschauung zu geben. Nun wird aber von den hellenischen
Dichtern die Schönheit der zierlichen Silgenblüte gepriesen wie der
Wohlgeruch der Silge als Kranzblume: demnach haben wir nach dich-
terischem Sprachgebrauch das selinum als UmbeUifere oder Dolden-
gewächs im allgemeinen zu bestimmen : so wird uns denn die Silge
der Odyssee als Genossin der Viole der Gersch oder Giersch sein,
das aegopodium mit seiner weifsen oder rötlichen Blumenkrone, oder
der wohlriechende Fenchel foeniculum capillaceum oder anethum
graveolens, der Dill mit seiner gelben Blumenkrone, oder — bemerkt
sei, dafs Theophrast aus unserer Familie der Doldengewächse die
Oenanthe als Kranzblume aufführt — die UmbeUifere mit weifser
Blumenkrone — , die Oenanthe, phellandrium aquaticum, der Rofs-
fenchel; derselbe gilt aber nicht nur für ein gutes Pferdefutter, son-
dern wächst auch auf Moorwiesen, im und am Wasser.
Die Genossin der schönblühenden Silge auf der Wiese der
Inselgöttin der Kalypso ist lov, die Viole — oder das Veilchen.
Zunächst sei darauf hingewiesen, dafs Viktor Hehn sich mit
seinen Angaben über diese Pflanze in vollem Widerspruch mit sich
selbst befindet. Erst ist das tov die Viole, die als Gartenblume in
ihren veredelten Formen aus Kleinasien stammt: dann wird sie uns
auf der Wiese vorgeführt — eine veredelte Gartenblume ist aber keine
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Die Grundfarben unserer Kunstgärtner; die Blumenfarben bei den Alten. 49
Wiesenblume. — Die Eigenschaftsworte, welche der Blume entnommen
sind, sollen auf die schwarze Farbe hinweisen, der Blume selbst wird
aber nur ein dunkles Aussehen beigelegt: schliefslich versichert uns
Hehn, dafs eben das lov noch jede beliebige Blume bezeichnet, wenn
sie nur dunkel blüht : die Silge erhält ohne Feststellung nach Klasse
und Ordnung, Familie und Art — ihren Seitenhieb, das lov kann
jedes Exemplar einer jeden beliebigen Familie, Ordnung und Klasse
bezeichnen, wenn sie nur die von Hehn bewilligte dunkle Blüten-
farbe hat.
Dergleichen Behauptungen verdienen nicht mehr den Namen
ernster Forschung.
Viola odorata und Viola tricolor.
Und nun versuchen wir die Blume lov näher zu bestimmen.
Von den Homerwörterbüchern giebt dasjenige von Ebeling lov, viola,
Veilchen, Autenrieth schreibt violae, collect., Seiler-Capelle haben
Veilchen, Viole und versichern uns, dafs Theophrast hist. Plant. 6, 6
dieselben als weifse, purpurne und schwarze bezeichne. Was Seiler-
Capelle hier bei Theophrast gelesen haben, ist mir gänzlich unklar —
oder haben sie einfach Falsches oder falsch abgeschrieben? — Theo-
phrast hat Buch 6, Kap. 6 allerdings den Ausdruck jto(xpvQä, setzt
ihn aber zu xgiva, also Lilien: so hat die Stelle auch Athenäus ver-
standen und Plinius gelesen — was, wie es scheint, unsere beiden
Gelehrten nicht kümmert.
Im übrigen unterscheidet Theophrast im sechsten Kapitel des
sechsten Buches drei Arten von Violen, und zwar das lov, das wohl-
riechende — mithin viola odorata — das schwarze Veilchen fitXav
lov und das wehse Xsvxov. Von dem schwarzen Veilchen erfahren
wir, dafs dasselbe breitblättrig ist, die Blätter auf der Erde hat,
welche fleischig sind, auch viel Wurzelwerk aufweist. 1 * 0 )
Im achten Kapitel des sechsten Buches begegnen uns — und
zwar der Blütezeit nach angeführt, als erste Frühlingsblume das Xsv-
xoiov — also Leucojum, grofses Schneeglöckchen, Frühlingsknoten-
blume — wie auch Athenäus versteht, während Plinius hier viola
alba übersetzt — das lov, also viola odorata, und mit ihm gleich-
zeitig oder etwas später tb (pXoyiov xaXovfievov, zo ayotov als viola
silvestris gedeutet, aber schon von Plinius flammeum, quod phlox
vocatur übersetzt — auch die ältesten Ausgaben des Athenäus haben
hier <pXöya — das wäre Cheiranthus Chiri, nach Leunis-Frank aber
eine der Silenaceen — dann folgt das fitXav lov, das schwarze
Veckenstodt, Geschiebte der griecli. Farbenlehre. 4
50 Die Grundfarben unserer Kunstgärtner; die Blumenfarben bei den Alten.
Veilchen als Blütengenofs der Oenanthe, der Pferdesaat — nach
Narzisse und weifser Lilie, und darauf wird von dem weifsen
Veilchen als dauerndem gesprochen.
Dann sagt uns Theophrast noch, dafs das Leben des weilsen
Veilchengewächses drei Jahre währt, 141 ) und dafs das weifse Veilchen
seine Farbe ändert. 142 )
Doch ich mufs mir versagen, die Ansichten über grofses
Schneeglöckchen und weifses Veilchen, Xtvxöiov und Xevxöv lov,
sowie über tpXoyiov als viola, als Cheiranthus oder Silenacee hier
eingehend bis zum Abschlufs zu behandeln, da diese Fragen nicht
eigentliche Wichtigkeit für mein Werk haben. Dagegen bleibt uns
das tov piXav zu behandeln übrig.
Was nun die Bezeichnung einer Blume als schwarz betrifft, so
ist dieselbe selbstverständlich als ebenso uneigentlich zu betrachten,
wie wenn wir in entsprechender Weise vom Schwarzwald sprechen,
von der Schwarzpappel oder der schwarzen Rose, um die verhältnis-
mäfsig tiefe Abstufung des Grün oder Rot zu bezeichnen. Mit dem-
selben Rechte, wie wir das von Grün und Rot als Blatt- und Blüten-
farbe thun, kann das aber auch Theophrast von Violett gesagt haben,
was nicht nur die viola odorata, sondern als Hauptfarbe auch die viola
tricolor aufweist. Da nun Theophrast die Blütezeit von dem lov
— er setzt dieselbe unmittelbar nach derjenigen des Leucojum, des
grofsen Schneeglöckchens, was durchaus richtig ist, — genau bestimmt,
ebenso aber auch von dem fiikav lov — er läfst dasselbe nach
weifser Lilie und Narzisse zugleich mit der Oenanthe, der Pferdesaat,
blühen — so haben wir — da viola tricolor vom Mai bis Oktober
blüht, die Oenanthe im Juni und Juli — die erwünschte Gewilsheit,
dafs das lov ptXctv des Theophrast unser dunkelviolettes Stief-
mütterchen ist, sein lov aber unsere viola odorata.
Wie nun aber eine Farbe nach der dunkleren Abstufung hin
zu einer uneigentlichen Bezeichnung Anlafs geben kann, so ist dies
natürlich auch nach der lichteren hin der Fall. Von diesem Gesichts-
punkte aus wird uns nun auch die Bezeichnung purpurfarbig berech-
tigt erscheinen, welche Plinius den violetten Violen beilegt, denn das
Purpur hat die Eigenschaften der Farben Rot und Blau zur Voraus-
setzung; die Mischung dieser Farben giebt aber Violett. Da Plinius
aber eben jede violette Viole eine viola purpurea ist, so gelangt er nicht
recht dahin, viola tricolor und viola odorata zu scheiden. So trennt er
die Blütezeit von ion, also nach unseren Erörterungen zu Theophrast
der viola odorata, und viola purpurea nicht — denn er sagt postea
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Die Grundfarben unserer Kunstgärtner; die Blumenfarben bei den Alten. 5 1
quae ion appellatur et purpurea (Hist. nat. 21. 64) — und wenn
er die violette Zeugfarbe, ianthina vestis, von dem lov ableitet,
welches unter den Purpur-, also violetten Violen allein den griechi-
schen Namen führe, so bringt er wieder jede Bestimmung in das
Schwanken, denn er sagt, dafs die also benannten violetten Veilchen
auf sonnigem und magerem Standort gedeihen — das pafst zur viola
tricolor — sodann aber auch, dafs sie ein breiteres Blatt und ein
fleischiges hätten, welches ohne weiteres aus der Wurzel hervor-
spriefse — das würde auf viola odorata gehen. 148 )
Doch wie dem nun auch sei, für unsere Untersuchung ist das
Ergebnis zu verzeichnen, dafs Plinius die violette Kleiderfarbe mit
der Purpur-, also violetten Veilchenfarbe gleichsetzt. Hält er von diesem
Gesichtspunkte der Farbenbezeichnung viola tricolor und viola odorata
nicht scharf auseinander, so geschieht dies doch von Theophrast.
Wenn Theophrast die viola tricolor mit (xtXav schwarz bezeichnet,
so haben wir dafür den Grund und die beziehungsweise Berechti-
gung der Benennung erwiesen : dafs Theophrast nur von einer dunklen
Farbenabstufung des Violett nach griechischem Sprachgebrauch redet,
beweist der Gegensatz, wenn Pindar Ol. 6. 55, 6 von den gelben
(viola lutea des Plinius) und ganz purpurfarbenen Veilchen singt. 144 )
Da nun die ta des Hymnus auf die Demeter und der Kyprien
auf der Wiese wachsen und als Frühlingsblüten besungen werden,
so zeigen uns Standort und Zeit der Blüte, dafs wir violae odoratae
darunter zu verstehen haben, deren violette Blütenfarbe als von den
Sängern nicht gesehen wir nur dann zu behaupten wagen werden,
wenn uns unwiderlegliche Beweise dazu zwingen. Bis dies der Fall
ist, werden wir Pindar und seine Farbenbezeichnung der Veilchen
als Gegenbeweis dafür anführen, abgesehen davon, dafs wir den
Menschen jener Zeit nicht die Wahrnehmung und Unterscheidung
von blauen und violetten Blütenfarben bei den Iridaceen zusprechen
können, um ihnen dieselbe bei den Violaceen zu versagen. Was
aber von dem Sänger der Kyprien gilt, hat auch der Dichter des
sechsten Gesanges der Odyssee zu fordern sein gutes Recht: auch
er singt, nach dem Standort zu urteilen, von der viola odorata,
und wenn er uns nicht mit den Einzelheiten der Farbenschilderung
ihres Blütenkelches beglückt, so thut er das nicht, weil er voraus-
setzen darf, dafs jeder seiner Hörer bei dem Erwähnen des Veil-
chens sich auch dessen violette Farbe und süfsen Duft vorzustellen
vermag.
4*
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52 Die Grundfarben unserer Kunstgärtner; die Blumenfarben bei den Alten.
Die blühenden Gewächse bei Homer.
Haben wir der Feststellung von Silge und Veilchen und ihrer
Blütenfarbe einen weiteren Raum gewährt, als nötig gewesen wäre,
wenn nicht die Erklärung der Alten in vieler Beziehung so verkehrte
Wege eingeschlagen hätte, so können wir nun um so kürzer die Blüten-
farbe der Pflanzen behandeln, welche uns bei Homer von Wichtig-
keit zu sein scheinen. Würden alle von Homer erwähnten Pflanzen,
Bäume, Blumen und Gräser auf ihre Blütenfarbe befragt werden,
so würde diese blühende Pflanzenwelt allein schon die Möglichkeit
gewähren, ein fein entwickeltes Farbenunterscheidungsvermögen des
Menschen der homerischen Zeit zu erweisen. Aber um der Mög-
lichkeit eines vielleicht entfernt berechtigten Vorwurfes zu entgehen,
ich hätte darin zu viel geboten, dafs ich auch von der Blütenfarbe
von Pflanzen gesprochen, auf die selbst wir in Garten, Feld und Flur,
auf der Wiese und im Walde unser Auge nicht zu richten gewohnt
sind, beschränke ich mich auf die jedem Menschen in die Augen
fallenden Blüten, deren Farbe er bemerken mufs, wenn er nicht
blind ist.
Beginne ich mit der Rotgruppe, so gilt uns als die bevorzugte
Vertreterin derselben die Rose. Nun ist zwar richtig, dafs bereits
Gellius darüber nachgegrübelt hat, warum Homer die Rose nicht
besingt, da er doch nicht nur verschiedene Eigenschaftsworte von
derselben gebildet hat, sondern auch das Rosenöl kennt. Das bietet
Viktor Hehn willkommenen Anlafs zu folgern, — wenigstens wenn
seine Ausführungen Sinn haben sollen, — Homer habe die Rose nur
vom Hörensagen gekannt. Da nun aber Rosenzweig und Rosen-
kelch von Archilochus und in den Kyprien besungen sind, da
die Menschen einem Gegenstande die Eigenschaften zu entnehmen
pflegen, nachdem sie sich von denselben überzeugt haben, so geben
wir mit allem Rechte einer gesicherten Schlufsfolgerung auch den
Sängern der homerischen Dichtungen die Kenntnis von der Rose
und ihrer roten Blütenfarbe.
Der Rotgruppe gehört ferner der Mohn an, /*?}xa)v II. 8, 306.
Eine Übergangsgruppe von Rot zu Blau, Gelb und Weifs
bilden die Granate Qoiij im Garten des Alkinoos Od. 7, 115, denn
ihre Blüte ist scharlachrot, sowie der Apfel malus, ftTjXtf] Od. 7, 115
(und sonst), sowie der Brombeerstrauch ßdrog, rubus fruticosus,
den wir im Garten des Laertes finden Od. 24, 230.
Der Gruppe Blau, Blaurot oder Violett gehört der oder die
yäxiv&og an, D. 14. 348, sei es, dafs wir sie als blaue Schwertlilie
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Die Sprachforschung und die Farben.
53
fassen, als Gartenrittersporn, oder als Hyacinthus orientalis, und unser
Veilchen, viola odorata, Od. 5, 72.
Der Gelbgruppe haben wir den Krokus einzuordnen, II. 14, 348,
die Kornelkirsche xQareia, II. 16, 767, und den Lotos, II. 2, 776,
sei es, dafs wir ihn als Lotus corniculatus zu bestimmen haben oder
als Trifolium melilotus. Vielleicht gehört auch die Silge hierher.
Dem Weifs gehört die Blüte der Birne an oft*"!, Od. 7, 115,
der Ölbaum kXairi olea Europaea, II. 17, 53, die Bohne xvaftog II. 13,
589, von der uns Seiler-Capelle sagen, dafs wahrscheinlich die Sau-
oder Feldbohne in der Ilias gemeint sei, und die Lilie, von der wir
bei Homer das Beiwort XeiQioui haben, deren Blüte in den Kyprien
erwähnt wird, deren Kelch in dem Hymnus an die Demeter — und
die Silge oiXivov des zweiten Buches der Ilias. Die Erbse kQißivd-oq,
II. 13, 589, würde als orobus sich gleichfalls der Weifsgruppe ein-
fügen.
Doch wir sind am Schlufs dieser Untersuchung, welche uns r
gezeigt hat, dafs Grundfarben den ästhetischen Geschmack bekunden,
nicht aber einen Schlufs auf das Sehvermögen des Auges oder dessen
Unvermögen gestatten : dafs auch die alte Welt ein Blau als Grund-
farbe gehabt hat, und zwar dasjenige mit einer leichten Neigung zu
Rot : dafs die blauen und violetten Blütenkelche verschiedener Blumen
in den heiligen Gesängen der Griechen und in den Kyprien besungen
werden : dafs Homer das verschiedene Grün der Bäume des Waldes
zu bewufster dichterischer Wirkung zu verwenden weifs — mithin
recht deutlich gesehen und unterschieden hat — endlich aber, dafs
auch Homer, was zu beweisen eine irregehende Forschung uns
nötigte — die Blüte der Blumen kennt und von derselben singt —
und zwar auch von dem Blau und Violett der oder des *Ydxtv&oq
und der Viola odorata, unseres süfsduftenden Veilchens.
Fünftes Kapitel.
Die Sprachforschung und die Farben.
Was Philosophie und Malerei nun den Augendarwinisten scheinbar
erschlossen, wovon beide uns aber das Gegenteil erwiesen haben, dafs
nämlich die Hellenen erst um die Zeit Alexanders des Grofsen die
Farben vollständig zu sehen vermocht hätten, während wir gefunden
haben, dafs die früheren Philosophen bereits von Grundfarben und
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Die Sprachforschung und die Farben.
Mischfarben ersten und zweiten Ranges sprechen — wofür die
Maler mit ihren vier Grundfarben, aus verschiedenen Stoffen her-
gestellt, fälschlich von jenen Forschern angeführt werden — das
wollen in ihrer Weise die Sprachgelehrten aus der Herleitung der
Worte, welche zur Bezeichnung der Farben dienen, gleichfalls in-
sofern bewiesen haben, als sie den Hellenen der früheren Zeit die
Kenntnis des Blau absprechen, welches Lazarus Geiger aus Grün
hervorgehen Iäfst, dieses aber aus Schwarz; meinen sie doch, dafs
sie, geführt von den Ergebnissen ihrer Wissenschaft, in jene Zeiten
vordringen können, wo, wie O. Schräder in seinem Buche »Sprach-
vergleichung und Urgeschichte« (Jena 1880) sagt, die Indogermanen
nur Rot, Gelb, Schwarz und Weils gut gesehen haben, da nur diese
Farbenbezeichnungen durch alle indogermanischen Sprachen gingen,
was er den andern Farbenbezeichnungen abspricht. Die Bezeich-
nungen für die sogenannten kalten Farben, Grün, Blau, Violett, sollen
sich dagegen nicht als einigen Völkern oder Gruppen der Indo-
germanen angehörig erweisen, mithin den Beweis liefern, dafs vor
Trennung der Indogermanen diese Farben nicht gesehen wurden.
Wir wenden uns zu Rot und Gelb, Weifs und Schwarz, die
Behauptung Schräders auf ihre Richtigkeit zu prüfen.
Rot.
Zunächst wollen .wir feststellen, dafs in der That das Wort
Rot in entsprechenden Wandlungen sich in allen indogermanischen
Sprachen, — mit Ausnahme des Zend findet — nach der Zu-
sammenstellung von E. Curtius. Also eine Ausnahme ist denn
doch vorhanden. Sodann — und das ist mehr als bedenklich für
die sprachlichen Augendarwinisten — habe ich festzustellen, dafs die
entsprechenden Worte in den verschiedenen Sprachen keineswegs
nur Rot heifsen. Bereits skt. rudhirä bedeutet rot, blutig, der Planet
Mars, Blut, Saffran — demnach blutfarben, gelbrot, als Farbe des
Planeten, gelb für Saffran.
Sodann bezeichnet lett. rüste eine braunrote Farbe aus Ellern-
holz, rusti't, aprustet braunrot färben, lit. rüdas, ruddas nach Nessel-
mann braunrot, nufsfarbig, unrein rot oder braun, aber auch ziegel-
farbig, rotfalb. Wanagas rudokas ist der Turmfalke, falco tinniculus,
rudszirmis ein Rotschimmel, ein Falber. Der Turmfalke ist aber
rotbraun gefleckt. O. Weise führt in seinem Aufsatz, »die Farben-
bezeichnungen der Indogermanen, Beiträge zur Kunde der indogerm.
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Die Sprachforschung und die Farben.
55
Sprachen« (Bd. II, § 27, 8.) noch an lit. rüda und raudöna, ksl.
ryzdi, rustf §av&6g, xvQgdq xvQoeidijg.
Da nun rutilus mindestens in verwandtschaftlichem Verhältnis
zu kQv&QÖg steht (vgl. Curtius S. 420, Gr. Etymol.), wie anderer-
seits ruber dem £qv&qoq entspricht, so haben wir auch im Lateinischen
die Bedeutung rötlich, gelbrot, goldgelb. Fick gelangt in seinem
Wurzel Wörterbuch bei rutilus zu ghar gelb, grün sein.
Somit haben sich an die angenommene Wurzel rudh die Farben-
eindrücke und Abstufungen Hellgelb, Gelb, Weifsrot, Orange, Rot,
Rotbraun, Braun, Braunschwarz gelehnt — es kann demnach keine
Rede davon sein, dafs Rot eine indogermanische Farbenbezeichnung
ist, welche in allen indogermanischen Sprachen unter den not-
wendigen Wandlungen des Wortes dieselbe Bedeutung hat.
Somit ist Beweis i. der sprachlichen Augendarwinisten mifs-
lungen.
Gelb.
Wir stellen zunächst wieder fest, dafs die Sprachforscher zu
einer Wurzel ghar gelangt sind, zu welcher sie verschiedene Wörter
in der Bedeutung von Gelb stellen, aber auch verschiedene, welche
dem Gelb recht fern stehen : damit ist aber jeder Vorteil aufgewogen,
welcher sich daraus ergiebt, dafs Spröfslinge dieser Wurzel in allen
indogermanischen Sprachen gefunden werden.
Und nun bieten wir das Gelb und die Worte, welche eine Be-
deutung mit der Neigung in das Gelbe aufweisen, die zu dieser
Wurzel gestellt werden.
Skt. häris, harrt, haritas, harinäs, gelblich, fahl, falb.
Zend. zairi gelb, goldfarben, zairina gelblich.
Lat. helus, helvus honiggelb.
Althd. gelo gelb.
Ksl. zhltü, lit. geltas gelb.
Aus dem Fahlen und Gelben geht hier und da in das Grüne
ein x^oepoc, x^ m Q^'
Grün bieten die Worte aus der Wurzel x^ r i Grün, Gras,
xXoog grüne Farbe, xXod^uv keimen.
Lat. helvola Gemüse.
Ahd. gröju gruoju vireo alts. gröni viridis.
Ksl. zelije Gemüse, zelenü viridis, lit. zeliü grün werden, zole
Kraut, zälies grün.
Weifs tritt hervor in altir gel, weifs.
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Die Sprachforschung und die Farben.
Es ist leicht, aus den verwandten Worten flavus, lutum, luteus
blond, gelb, gelblich, gelbrot, und luridus blafsgelb, fahl, xo'Jloc
Galle u. s. w. , xprtfoc Gold, weitere Belege dafür zu bieten, dafs
zu dieser Wurzel sich die Worte in den angeführten Bedeutungen
gestellt haben, aber diese Arbeit ist nicht nötig, denn wenn bei irgend
einem Worte, so läfst sich hier das Entstehen der Farbenbezeichnung
und das Spalten der Bedeutung des Wortes sowie das Festhalten an
ursprünglichen Anschauungen erweisen. Zu ghar gehört also weifs,
fahl, falb, blafsgelb, gelblich, gelb, goldfarben, gelbrot, grünlich, grün.
Auf die Herleitung einer angenommenen Wurzel und deren
Urbedeutung, die erst geschaffen werden mufs, habe ich wohl recht
wenig Gewicht zu legen. Soviel aber ist klar, dafs in den einander
entsprechenden Worten der Weg von Weifs über Fahl zu Gelb und
Grün führt, dafs an sich eine ursprüngliche Einstimmung nur in
einem Fahlgelb mit der Neigung zu Grün gesucht werden kann.
Somit haben entweder die Indogermanen bereits vor ihrer Trennung
zwar nicht Gelb mit einem Worte bezeichnet, welches sich in ent-
sprechender Wandlung in allen Einzelsprachen nach der Trennung
oder Verschiebung derselben wiederfindet, wohl aber das Fahlgelbe
des frischen Pflanzenkeimes, welches zu Grün neigt.
Weifs.
Wir kommen zu Weifs, welches gleichfalls für eine urindoger-
manische Farbenbezeichnung gilt.
Schräder hat für Weifs drei Worte, und zwar i. skt. eveta,
zend. spaeta, got. hveits.
Das wäre also eine Gemeinsamkeit auf drei Sprachen beschränkt,
mithin keine allgemeine indogermanische. Kluge führt nun die gemein-
germanische Wurzel von Weifs auf die indogermanische Wurzel kwld,
kwlt zurück und bietet skr. evit weifs sein, glänzen, lit. szvidus —
Nesselmann liest szwidas — glänzend. Auch unser Weizen wird
hierher gestellt. Da in diesem Falle auch szwiecziü leuchten, szwiesa
das Licht, die Helligkeit hierher gehören würden, poln. swieca Licht,
Kerze — so wären wir glücklich statt zu Weifs zur Farbe des Lichtes
gelangt, welches von Weifs bis Gelblich, von Gelb bis Gelbrot und
Rot sich erstreckt.
Als zweites Wort für eine allgemeine indogermanische Farben-
bezeichnung für das Weifs bietet Schräder rajata, griech. d^yh', also
Wurzel ctQrf, aQyoq, aQpjg. Da zu dieser Wurzel agyvQog Silber,
äQyvXoq weifse Thonerde, ragatäm Silber, lat. argentum gehören —
Die Sprachforschung und die Farben.
57
das altir. arget, cymr. ariant sind nach Ebel Lehnworte — so ist es
unmöglich, aus diesem indischen, griechischen und lateinischen Worte,
welches auf Weifs, Weifsgrau, Silberweifs hinweist, eine allgemein
indogermanische Bezeichnung für das reine Weifs zu erschliefsen.
Das dritte Wort für Weifs soll Xsvxoq mit den entsprechenden
Worten sein, und zwar skt. röcä, lit. laüks, ir. luach, — wozu
Curtius griech. dfiipiXvxr} stellt, das Zwielicht, und das ist sicher
nicht weifs — skt. rukmäs Goldschmuck, und der wirft noch nicht
einmal den Schimmer oder das Licht weifs zurück — got. liuhath,
ahd. lioht, und das leuchtet gelbrot — ksl. luea Strahl, Mond, lit.
laükas blässig — von den verwandten Worten stellen wir hierher
Ivxvic, die Lichtnelkc, nach Theophrast mit feuerroter Blüte, auch ein
im Dunkeln leuchtender Edelstein. Somit gelangen wir in den ent-
sprechenden Worten von Weifs und Blässig zu dem Gelben, Gelb-
roten und Feuerroten, und damit ist auch die Fabel von der Ein-
stimmung des Weifs als Farbenbezeichnung bei allen Indogermanen
endgültig beseitigt.
Schwarz.
Für Schwarz hat Schräder wieder zwei Worte, und zwar
skt. krshna, ksl. crlnu, altpr. kirsna — dieser Versuch, eine allge-
mein indogermanische Bezeichnung für Schwarz zu gewinnen, ist zu
harmlos, um ernsthaft behandelt zu werden — und sodann skt. ma-
lina, lett. melns, griech. piXaq.
Es ist aber skt. malinas zunächst schmutzig und unrein, und
dann allerdings auch schwarz, peXag heifst im Griechischen nicht
nur Schwarz — denn der von Kraft und Gesundheit strotzende
Odysseus, sonst ein Held mit gelbem Haar, gav&og, und demnach
mit weifser Haut — wird auch einmal fieXccyxQ 0 ^ ge nann t, also mit
rotbrauner Grundfarbe, die einen schwarzen Farbenschimmer hat — ,
fiiXaq als Beiwort des Weines geht auf Rotbraun als Grundfarbe
mit dem Schwarzschimmer — der Italiener nennt den Wein von
gleicher Anschauung ausgehend vino nero — im Litauischen ist
mSlynas Blau, molis Lehm — also Gelb, Gelbrot oder Graublau —
im Cymr. melyn com. milin arem. melcn blond, gelb.
Und damit ist Schräder mit seinem Sprachdarwinismus beseitigt.
Sehe ich nun von der kindlichen Art und Weise dieser Herren
ab, Ergebnisse für ihre Ansichten zu gewinnen, es sei wie es sei,
so verzichte ich darauf, Braun, Schwarz, Fahl und einige andere
Worte zu allgemein indogermanischen Farbenbezeichnungen zu er-
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Die Sprachforschung und die Farben.
heben, obgleich ich das eher könnte, als Schräder mit Rot und Gelb,
Schwarz und Weifs — gehe nun aber auf das umstrittene Blau ein.
Blau.
Für Blau — und im weiteren Sinne Violett kennen wir aus
dem Abrifs der griechischen Farbenlehre hang, loarcofeg' xvccvovv
xvavoeiöeq' dsooeideq' yXavxov tcoöeg, loudie.
Nun ist es Behauptung der sprachlichen Augendarwinisten, dafs
die Blauausdrücke der indogermanischen Sprachen nur je einer
Sprache angehören, jedenfalls nicht mehreren der verwandten Völker
oder einigen Völkergruppen.
Wir beginnen mit loäöes, nach Art der Veilchenfarbe, und zwar
der viola tricolor, von welcher die Pflanzenkunde sagt, dafs sie
violette Hauptfarbe habe.
Viktor Hehn nimmt an, dafs lov bei Homer noch jede oder
irgend eine dunkelblühende Blume, duftend oder nicht, bezeichnet.
Viktor Hehn begründet seine Ansicht mit nichts.
Fick nimmt für lov die Wurzel fi winden, ranken an. Viel-
leicht lernt das Stiefmütterchen, viola tricolor, dem Göttinger Ge-
lehrten zuliebe diese bisher an der Blume nicht geschätzte Eigen-
schaft noch entwickeln.
Dafs lov ein Digamma gehabt hat, beweist die Bildung Xev-
xolov, des Theognis Hiatus dcöoa loöxeqxxvcov, auf einer Vase die
Inschrift 'IoXrj mit f — sowie das lateinische viola.
Geiger läfst lov einem vison entstammen und verbindet damit,
mit Benfey, vischna-puschna, die Visa-Blume, auch visini, der blaue Lotus.
Ist das richtig, so hätten wir eine indisch-griechisch-lateinische
Einheit, Blau ist dann als ursprüngliche Farbenbezeichnung anzusehen,
welche sich nach der Seite Blau mit Rot gemischt als die Misch-
farbe, welche wir Violett nennen, in der lateinisch-griechischen Sprach-
gruppe erhalten hat.
Wir gelangen zu yXavxov und müssen da sagen, dafs sich das
entsprechende Wort mit der entsprechenden Blaubedeutung in den
verwandten Sprachen nicht findet. Demnach mufs aus der Grund-
bedeutung schimmernd sich die Bezeichnung für Blau so ent-
wickelt haben, dafs von dem lichten Schimmer des Hellblauen —
uns besonders im Auge bekannt, — sich die Bedeutung von Hellblau
entwickelt hat — und zwar in der vorgeschichtlichen Zeit, denn bei
Homer und den ältesten griechischen Farbenkennern bezeichnet
yXavxov bereits da.; Hellblau.
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Die Sprachforschung und die Farben.
59
ksQOEiötg, von arjo, hat in den verwandten Sprachen keine
entsprechende Bildung und Farbenbedeutung: die Farbenbedeutung
ist hier offenbar späterer Bildung entstammend — aber in Griechen-
land vorhomerisch.
7öartc ist unser Waid, ahd. weit nach Laut und Bedeutung —
es steht nach Kluge mit lat. vitrum und der germanischen Sippe
durch vorgermanisches waitö in vorhistorischer Beziehung. Von
Geiger wird durch das romanische gucde auch gallisch guastum, gla-
stum hierhergezogen. Dafs nun dies glastum unser Blau in der Ab-
stufung von Indigo bezeichnet hat, ergiebt sich aus der Nachricht des
Plinius, dafs die Gallier bei gewissen Festen sich mit glastum den
ganzen Körper einreiben, »die Farbe der Äthiopier nachahmend«.
Die Äthiopier werden aber von Hesiod mit der allgemeinen Bezeich-
nung xvdveoi benannt, nach dem Blau ihrer Hautfarbe, in welchem
dieselbe schimmert, wenn wie bei denselben der Blauschein über
einen glänzendschwarzen Körper läuft.
Demnach würde das Blau die ursprüngliche Farbe sein und
dem bläulich glänzenden Glase den Namen gegeben haben, wie denn
auch Schweizer-Sidler zu dem Glas als dem Bläulichglänzenden ge-
langt, freilich durch die Wurzel kvit glänzen.
Somit haben wir in Waid eine griechisch -lateinisch -gallisch-
germanische Einstimmung von Wort und Bedeutung.
Wir kommen zu xvävtoq. Man stellt dafür die Wurzel cyä
= cy brennen auf, lit. szemas blau, ksl. sini, griech. xvavoq — in
Compositis wie xvavoxalzijq — xvdvtoq — ags. haeven (von cu)
und lat. caesus mit seinen Derivatis caesius, caerulus und caeruleus;
Weise sagt: »Die Form mufs als Grundform angesetzt werden, ein-
mal für den bei Varro 1. 1. 8. 39. 578 enthaltenen Superlativ caesis-
simus, sodann aber auch für die nomina propria Caesullae und Caesar,
Namen, die nach der ausdrücklichen Überlieferung von den blauen
Augen herrühren sollen. Demnach wird caesus im allgemeinen das
Blau bezeichnet haben, und daraus hat sich caesius hellblau und cae-
rulus dunkelblau entwickelt.«
Benfey stellt in seinem gr. Wurzellexikon xvavoq mit skt. cjämas
schwarz, schwarzblau zusammen, Vanicek führt xvavoq, auf die Wurzel
xfa xaf und weiterhin ka ku zurück, und zwar in der Bedeutung
von leuchten, brennen. Er stellt dazu kvama, kjama Schwarz, Schwarz-
blau, Dunkelgrün, skt. cjama.
So wäre denn auch für xvdnoq nach Angabc der Sprach-
forscher eine Gemeinsamkeit von Griechisch, Lateinisch, Litauisch,
60 Das Sehvermögen und die Farbenbezeichnungen bei den Naturvölkern.
Altsächsisch — und in weiterer Beziehung Sanskrit erwiesen, und
zwar im Griechisch., Lat., Alts., Litauischen in der klaren Bedeu-
tung Blau, im Sanskrit in der von Schwarzblau.
Danach ergiebt sich denn, dafs von den Blau- und Violett-
bezeichnungen drei als mehreren indogermanischen Sprachen gemein-
same zu bezeichnen sind — mithin hat der sprachliche Augen-
darwinist nirgends so unrecht, als mit der Behauptung, es lasse sich
aus der Herleitung der Worte, ihrer Einstimmung und Nichtein-
stimmung in den verwandten Sprachen erweisen, dafs die Völker
der früheren Zeit nur Schwarz und Weifs, Gelb und Rot gut ge-
sehen und unterschieden hätten, Blau aber nicht.
Sechstes Kapitel.
Das Sehvermögen und die Farbenbezeichnungen
bei den Naturvölkern.
Wofür die griechischen Philosophen und Maler als Beweis
herangezogen «sind, dafs sie nämlich erst um die Zeit Alexanders des
Grofsen in den Vollbesitz des Sehvermögens in Bezug auf die Farben-
unterscheidung gelangt sein sollen — uns hat sich die vollständige
Haltlosigkeit dieser ganz unbegründeten Ansicht ergeben — was die
sprachlichen Darwinisten nicht zu erweisen imstande waren, dafs nur
Schwarz und Weifs, Gelb und Rot gemeinsame indogermanische
Farbenbezeichnungen seien, andere, besonders Blau aber nicht —
dafür sind nun Beweise bei den Naturvölkern gesucht worden, in-
sofern diese Untersuchungen den ausgesprochenen Zweck haben, zu
erweisen, dafs das Sehvermögen der Naturvölker und ihre Farben-
bezeichnungen noch auf einer Stufe stehen, welche den Schlufs recht-
fertigt, dafs beide sich erst allmählich entwickelt haben. Da nun die
alten Kulturvölker in allen wesentlichen Beziehungen auf der Stufe
gestanden haben sollen, auf welcher die Naturvölker noch jetzt sich
befinden, so sind nach unseren Gelehrten die Hottentotten als die
natürlichen Erklärer der homerischen Dichtungen anzusehen.
Die Ehre, den Gedanken angeregt zu haben, beansprucht der
deutsche Gelehrte Krause (Carus Sterne) mit den Worten, welche
er zu seiner Kritik der Gladstone-Geigerschen Theorie geschrieben :
»Meine Kritik bewies, dafs der homerische Sprachmangel den Farbe-
worten gegenüber sich in derselben Art auch bei heute lebenden
Naturvölkern vorfindet, und dafs die Prüfung derselben nach dieser
Das Sehvermögen und die Farben Bezeichnungen bei den Naturvölkern. 6l
Richtung wünschenswert wäre. Es ist daher durchaus falsch, wenn
neuerdings behauptet wird, Magnus oder Virchow u. s. w. hätten
diese Untersuchungen zuerst angeregt. Zwar hat im selben Jahre
(1877) Holmgren, wahrscheinlich ohne meine Arbeit zu kennen,
ebenfalls die Prüfung des Sinnes der Naturvölker angeregt, allein bei
ihm handelt es sich um ein ganz verschiedenes, leider immer wieder
mit unserer Frage vermengtes Problem, nämlich um die statistische
Feststellung der pathologischen Farbenblindheit der Naturvölker.«
(Schlufsworte zu dem Aufsatz: Ein Problem der physiologischen
Physik in seinen Beziehungen zur Ethnologie von Professor Dr.
S. Günther, Kosmos, Jahrg. IV, Heft 8.)
Aus den Worten Krauses ergiebt sich nun aber, dafs er nur
den Anlafs hat geben wollen zu Untersuchungen über den Sprach-
mangel an Farbeworten, welchen erst »die Entwicklung der Färberei«
zu beseitigen Anlafs geworden ist. Immerhin scheint er nun aber
doch eine Art von gleicher Unvollkommenheit der Färberei zur
Zeit der homerischen Griechen und der Naturvölker unserer Tage
annehmen zu wollen.
Aus diesen von Krause gezogenen Grenzen sind nun aber die
Untersuchungen hinausgeführt worden, und Rabl-Rückhard gelangt
zum Schlufs seiner Arbeit : »Zur historischen Entwicklung des Farben-
sinnes, Berlin 1880« (Zeitschrift für Ethnologie) zu dem Satze, dafs
durch die Untersuchungen bei den Naturvölkern die Frage nach der
geschichtlichen Entwicklung des Sehvermögens von dem historisch-
linguistischen Gebiet völlig auf das physiologisch-naturwissenschaft-
liche hinübergedrängt worden ist. Lösen will er die Frage durch stati-
stische Zusammenstellungen möglichst ausgedehnter Untersuchungs-
resultate an Lebenden.
Beschäftigen wir uns nun zuerst mit den Ergebnissen dieser
Untersuchungen bei den Naturvölkern, so glauben die Augendarwi-
nisten, gestützt auf die Untersuchungen und Arbeiten besonders von
Holmgren, Almquist, Virchow, Pechuel- Lösche, Magnus beweisen
zu können — wenigstens sagt das noch Prof. Günther in seinem
angeführten Aufsatz vom Jahre 1880 — wir werden später sehen,
dafs Virchow sich 1886 ganz anders ausgesprochen hat — »dafe« —
ich gebe die Worte Günthers — »sämmtliche Völkerschaften eine
weit gröfsere Empfänglichkeit für die langwelligen Farbentöne, Rot
und Gelb bekunden und eine gewisse Indolenz für Blau und Grün,
welche in einzelnen Fällen weit genug ging, um ohne sorgfältige
Prüfung mit völliger Unkenntnis verwechselt werden zu können.«
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62 Das Sehvermögen und die Farbenbezeichnungen bei den Naturvölkern.
Von der sprachlichen Entwicklung der Ausdrücke sagt Magnus
(vgl. Rabl-Rückhard S. 219): »Stets sind die sprachlichen Ausdrücke
für die langwelligen Farben viel schärfer ausgedrückt, als wie die
für die kurzwelligen Farben.«
Und endlich heben wir als dritten jener Sätze die folgende
Behauptung heraus: »Die Farbenterminologie kann so wenig aus-
gebildet sein, dafs die langwelligen Farben insgesamt dem sprach-
lichen Ausdruck des Rot und die kurzwelligen dem Dunkeln über-
haupt untergestellt werden.«
Da wäre denn aber doch im ganzen Farbensehen und Farben-
bezeichnen in Übereinstimmung.
Gegen diese Augendarwinisten und die Ergebnisse ihrer Unter-
suchungen sprechen sich nun aber Farbengclehrte entschieden aus,
so wenn Rood sagt S. 104: »Bei vorhistorischen Menschenrassen,
die jetzt noch auf der Erde vorkommen und deren Lebensweise von
jener ihrer Altvordern nicht abweicht, sehen wir das Farbenunter-
scheidungsvermögen ganz gut ausgebildet, und sie sind oftmals ganz
vernarrt in Farben.«
Nach Marty, »Die Frage nach der geschichtlichen Entwicklung
des Farbensinnes« (Wien 1879), »teilen die Wilden Afrikas, Amerikas
und Neuseelands die Augenwahrnehmungen mit uns« (S. 23).
Grant Allen führt in seinem Werke: »Der Farbensinn, sein
Ursprung und seine Entwicklung« Leipzig 1880, ein grofses Beweis-
material an, und zwar aus den verschiedensten Erdteilen, von den
verschiedensten Naturvölkern, welches ihn den Schlufs ziehen läfst:
»dafs alle existierenden Rassen einen völlig entwickelten Farbensinn
haben« — auch für die in dieser Beziehung so viel umstrittenen
Farben Grün und Blau, welche dieselben sehr wohl kennen und zu
benennen wissen — und — können wir hinzufügen — wo es ihrem
Bedürfnis nicht entsprochen hat, verschiedene Namen zu schaffen,
lernen sie das sofort thun, sobald ihre Teilnahme für jene Farben
und ihre Abstufungen geweckt ist.
Bevor wir nun die Frage zum Abschlufs bringen, sei es erlaubt,
Virchows Worte hier anzuführen, welche derselbe 1886 in Berlin
in der Naturforscherversammlung gesprochen hat. Nach der National-
zeitung vom 19. Sept. 1886 sind die Worte: »Erst vor wenigen
Jahren tauchte die Frage auf, ob die Hellenen der homerischen Zeit
die volle Befähigung der Farbenwahrnehmung besessen haben; dar-
winistische Schwärmer glaubten durch litterarische Nachweise darthun
zu können, dafs das menschliche Auge sich erst seit jener Zeit
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Das Sehvermögen und die Farbenbezeichnungen bei den Naturvölkern. 63
allmählich zur Wahrnehmung aller Farben entwickelt habe. Die Unter-
suchung der Naturvölker hat den falschen Schlufs aufgedeckt: noch
jetzt fehlen vielen Völkern, und ich darf vielleicht hinzufügen, auch
dem unsrigen, ausreichende Farbenbezeichnungen, obwohl ihr Auge
sehr wohl befähigt ist, auch schwache Schattierungen der Farben
wahrzunehmen.«
Zunächst sei bemerkt, dafs mit diesen Worten eigentlich recht
wenig gesagt ist. Virchow hält offenbar weitere Untersuchungen
bei Naturvölkern nicht mehr für nötig, er stellt nur fest, dafs »noch
jetzt vielen Völkern — vielleicht auch dem unsrigen ausreichende
Farbenbezeichnungen fehlen.« Meint Virchow damit die Bezeich-
nungen für feinere und feinste Abstufungen, so fehlen sie nicht nur
»vielleicht« auch uns, sondern sie fehlen uns dann in der That und
werden uns in Ewigkeit fehlen. Würde Virchow sich um die Sache
genauer bekümmert haben, so würde er zu dem Ergebnis gekommen
sein, dafs jeder Stoff eine andere Farbenabstufung bedingt: Seide
und Sammet, Wolle und Leinwand, Hanf und Kattun, Papier und
Holz werden gefärbt — mir liegt eine Seidenmusterkarte vor, von
über 700 Nummern — und jede Farbenabstufung tritt in diesen
Stoffen eigentümlich hervor — aber der Färber und Kaufmann giebt
die Namen nach Gruppen, und er wie jeder Gelehrte steht vor der
Unmöglichkeit, die einzelnen Abstufungen in den Gruppen mit be-
sonderen Namen zu belegen.
Meint Virchow aber die Farben des- Prismas oder Regenbogens,
so hat unser Volk dafür die nötigen Farbenbezeichnungen zweifellos
— aber eben von den Naturvölkern wird diese Zweifellosigkeit hin
und wieder in Frage gestellt, wogegen allerdings selbst Magnus nicht
leugnet, dafs »das Spektrum in seinen Hauptfarben vom Rot bis
zum Violett überall erkannt und jede seiner Kardinalfarben mittels
eines besonderen eigenartigen Empfindungsvorganges perzipiert
wurde« (Magnus, Farbe und Schöpfung, Breslau 1881).
Haben aber die Naturvölker die Unterscheidungsfähigkeit für
die Spektralfarben — und wo dieselbe nicht entwickelt ist, läfst sie
sich ohne weiteres bei ihnen entwickeln, — so fällt damit der Wert
der Untersuchungen bei den Naturvölkern in Bezug auf die geschicht-
liche Entwicklung des Farbensinnes in physiologischer Beziehung.
Was nun die sprachlichen Ergebnisse der Untersuchungen bei
den Naturvölkern betrifft, so wage ich das Gegenteil von den Er-
gebnissen der Augendarwinisten nicht zu behaupten, dafs nämlich
die Bezeichnungen für die Farben Grün und Blau so entwickelt
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64 Das Sehvermögen und die Farbenbezeichnungen bei den Naturvölkern.
und fest sind, wie für Rot und Gelb. Aber ich will doch auch darauf
hinweisen, dafs ich volles Vertrauen in jene Untersuchungen nicht
setze, bevor nicht der Beweis gegeben ist, dafs dieselben hervor-
gegangen sind aus der vollen Beherrschung der Sprachen und der
Ausdrucks weise derjenigen Naturvölker, bei denen man Unter-
suchungen angestellt hat. Wenn bei uns Grün eigentlich das Ge-
wachsene ist, Violett den Namen von der Blüte des Stiefmütterchens
hat, Orange nach dem Aussehen einer Frucht benannt ist, die nicht
bei uns wächst, Schwarz mit sordes Schmutz sich zusammenstellt,
so kann ich mir sehr wohl die Möglichkeit denken, dafs aus der
nicht vollen Beherrschung der Sprache eines Naturvolkes das Vor-
handensein eines Wortes für eine bestimmte Farbe geleugnet wird,
wo nur der Vorgang nicht erkannt oder vollzogen ist, die Farben-
bezeichnung von dem Gegenstande zu lösen und sie in die Allge-
meinheit zu erheben.
Denn, wenn Ovahereros, Raffern und Basutusstämme für »die
feinsten und verschiedensten Schattierungen der Viehfarben eine
ungemein ausgebildete Nomenklatur (über 26 Ausdrücke) sich ge-
schaffen haben«, wenn sie die Spektralfarben zu unterscheiden ver-
mögen, Grün und Blau kennen und gesondert benennen — wer mag
ernsthaft den Zweifel hegen, dafs sie dann nicht auch Grün und Blau
in den verschiedensten Abstufungen mit Namen zu belegen imstande
sein sollten — wenn sie das Bedürfnis danach empfunden hätten?
Aber sie haben dasselbe offenbar nicht empfunden. Die Gründe
dafür sucht Hochegger — »Die Geschichte und Entwicklung des
Farbensinnes, Innsbruck 1884«, — darzulegen, indem er betont, dafs
bereits Goethe die Einteilung der Farben des Spektrums nach der
Hinsicht vollzogen hat, dafs sich Rot, Orange und Gelb nach der
aktiven (positiven) Seite hin gruppieren, Blau, Violett und Blaurot
(Purpur — nach meiner Ansicht gehört von Purpur die eine Ab-
stufung zur positiven, die andere zur negativen — ) nach der nega-
tiven. Rot entwickelt nach Goethe die gröfste Wärme und Energie,
Gelb hat eine sanft reizende, behaglich stimmende, wärmende Eigen-
schaft. Zwischen Rot und Gelb steht der Eindruck, den Orange
auf das Gemüt macht.
Blau erregt eben nach Goethe in gröfseren Flächen das Gefühl
der Kälte und Vereinsamung, Violett hat, je dunkler es erscheint,
etwas Beunruhigendes, nach Nahlowsky ruft es das Gefühl des
Mangels hervor. Halte ich auch die Erklärung von Nahlowsky für
gesucht, so stimme ich doch Goethe im wesentlichen bei.
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Das Sehvermögen und die Farbenbezeichnungen bei den Naturvölkern. 65
Grün endlich soll seiner physischen Wirkung nach in der
Mitte stehen.
Nun meint Hochegger (S. 118), dafs sich aus der gröfseren
Energie des sinnlichen Reizes durch die Farben die auffallende Stel-
lung und Bevorzugung derselben bei den Naturvölkern und über-
haupt bei Leuten erklärt, die hinsichtlich ihrer geistigen Ausbildung
dem Naturzustande nahe stehen.
Von der geringeren Wertschätzung des Grün und Blau bei
Naturvölkern sagt Hochegger S. 120: »Erstens sind diese Farben
weniger reizend und herausfordernd, zweitens kommt der Umstand
hinzu, dafs Grün in der Umgebung, in Wald und Flur in reichlicher
Menge vorhanden ist, das Auge ruht mehr gleichgültig oder schweift
ohne Halt auf diesem ruhigen, sanften, lichtschwachen Farbenkon-
tinuum. Blau und Grün sind Flächenfarben, die anderen sind Grenz-
farben. Auf Blau und Grün ruht das Auge aus, auf den anderen
mufs der Blick verweilen.«
Haben wir so die Gründe dafür aufgesucht, welche uns er-
klären, dafs die Naturvölker wohl die Farben des Spektrums zu
unterscheiden vermögen, für manche Farben und ihre Abstufungen
eine erstaunliche Fülle von Bezeichnungen besitzen, für andere aber
nicht, so ergiebt sich doch auch der Schlufs, dafs die Untersuchungen
zwar nicht zu einem Beweis verwandt werden können, dafs das
Sehvermögen sich erst allmählich entwickelt hat, noch weniger aber
eine Behauptung rechtfertigt, nach welcher mit Virchow zu reden,
der diesen verkehrten Schlufs selbst zieht, indem er durch die Unter-
suchungen bei den Naturvölkern die Behauptungen der Augendarwi-
nisten widerlegt sein läfst — Darwinistische Schwärmer glaubten,
aus litterarischen Nachweisen darthun zu können, dafs den Hellenen
der homerischen Zeit die volle Befähigung der Farbenwahrnehmung
gefehlt habe.
Und nun kehren wir zu Krause zurück, welcher die Ehre
beansprucht, den Anlafs zu solchen Untersuchungen gegeben zu haben.
Krause läfst die Entwicklung der Farbenbezeichnungen von der Färberei
ausgehen — die physiologische des Sehvermögens legt er in unend-
lich frühere Zeiten zurück. Die Ansicht von Krause hat ein gewisses
Recht, aber ein einseitiges: die Untersuchung bei den Naturvölkern
in seinem Sinne konnte nur dahin führen, zu erweisen, welchen Ein-
flufs die Färberei bei Naturvölkern auf die Entwicklung der Farben-
bezeichnungen gehabt — eben bei den Naturvölkern — ein Schlufs
auf den von ihm angenommenen Mangel der Bezeichnungen für Farben
Veckenstedt, Geschichte der »riech. Farbenlehre. 5
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66
Das Farbensehen bei den Kindern.
bei Homer war schon verfehlt, es mochte das Ergebnis der Unter
suchung ausfallen wie es wollte, denn uns fehlt jedes Mittel festzu-
stellen, welches die volle Zahl der Farbenbezeichnungen der Färber,
der Weber und Kaufleute zur homerischen Zeit gewesen ist: die
homerischen Gesänge sind von hochbegabten Dichtern geschaffen,
welche die kunstvollsten Heldengesänge zu gestalten und einheitlich
zu gruppieren verstanden, die Einheit der Charaktere durchzufuhren
wufsten, den Schmuck und Glanz der Rede ihren Helden und holden
Frauen zu geben die Kraft hatten, über das Schicksal der Menschen
und die Wandlung in der Natur tiefsinnige Worte zu sprechen wufsten
und ihre Götter und Menschen in das Gewand des Krokos und des
Purpurs hüllten, aber unbekümmert darum schufen, ob die nach-
fahrenden Geschlechter der späteren Jahrtausende ihre Kenntnis von
der Färberei je als vollberechtigt wurden gelten lassen, denn sie
gaben auch ihre Farbenbezeichnungen um des dichterischen Eindrucks
willen, den sie hervorzurufen beabsichtigt, nicht um damit die Färber
und deren Zunftgenossen zu ergötzen.
Und somit verlassen wir die Naturvölker, bei denen unsere
Gelehrten noch recht viele Untersuchungen anstellen mögen, denn
solchen Ansichten ist einmal der Geschmack unserer Tage zugewandt,
aber wir wünschen in diesem Falle, dafs die Gelehrten sich dann
etwas klarer darüber sind, zu welchem Zweck sie dieselben anstellen:
jedenfalls entbehrten die hier einschlagenden Arbeiten in ihrer Be-
ziehung zu den homerischen Menschen mehrfach des folgerichtigen
Denkens.
Siebentes Kapitel.
Das Farbensehen bei den Kindern.
Sucht der Engländer Lubbock in verschiedenen Beziehungen
die geistige Entwicklung der Naturvölker mit derjenigen der Kinder
auf eine Stufe zu stellen, so meinen die Darwinisten, dafs das Werden
des Kindes von dem Tage der Befruchtung an bis zu dem Tage,
an welchem der erwachsene Mensch sich der vollen Kraft des Seins
bewufst ist, die Entwicklung der Wesen von dem niedrigsten zum
höchsten Organismus selbst darstellt; somit war es nur natürlich, dafs
auch das Kind auf seine Ansicht von der Farbe befragt wurde.
Wir können uns kurz fassen. Der Franzose Cuignet und
der Deutsche Preyer haben hier ihre Untersuchungen angestellt.
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Das Farbensehen bei den Kindern.
67
Preyers Sohn hat im Alter von 23 Tagen einige murmelnde Laute
der Zufriedenheit hören lassen, und er hätte beinahe gelächelt, als
er an diesem Tage einen von der Sonne beschienenen Rosa- Vorhang
erblickte; bereits am sechsten Tage hatte er sein Auge nach dem
Fenster gewandt. In der 85. Woche seines Lebens vermag derselbe
die Farben noch nicht zu unterscheiden, um die Zeit des 21. Monats
werden die Lichtfarben von ihm bemerkt, am 758. Tage giebt das
Kind, welches längere Zeit auf das Erkennen von Rot und Grün
eingeübt ist, elf richtige und sechs falsche Antworten, am 763. Tage
fünfzehn richtige und eine falsche.
Dann wird zu Rot und Grün Gelb und Blau, und später Violett
hinzugefügt. Die nun folgende Aufstellung späterer Prüfung ergiebt
für Gelb 34 richtige und 2 falsche Antworten, für Rot 32 richtige
und 14 falsche; für Grün 21 richtige und 8 falsche; für Blau 27
richtige und 1 2 falsche — mit Violett macht Preyer die schlechtesten
Erfahrungen — er würde ähnlich schlechte gemacht haben, hätte
er Orange statt Violett geboten. Es wird also Violett am schlech-
testen erkannt, Blau und Rot stehen sich fast gleich, Grün steht
besser, Gelb wird am besten erkannt, Orange dem Kinde nicht
gezeigt.
Preyer würde also die Entwickelung des Farbensehens nach
der Reihenfolge Gelb, Grün, Rot, Blau aulstellen müssen — aber
er thut das nicht, sondern behauptet nur, dafs Gelb diejenige Farbe
sei, welche der farbenunterscheidenden Menschheit am frühesten
zum Bewufstsein gekommen ist.
So lange nun dergleichen Untersuchungen um ihrer selbst
willen angestellt werden, wollen wir ihnen nicht den Wert ab-
sprechen, aber abgesehen davon, dafs, wenn Preyers Untersuchungen
als wissenschaftlicher Beweis für die Farbenentwickelung der Mensch-
heit an sich gelten sollen, diese Ergebnisse sich den anderweitig
angenommenen entgegenstellen würden, denn Preyer zieht mit seinen
Untersuchungen die sonst behauptete Farbenentwickelung nach der
Reihenfolge der Farben des Prismas in Frage — so sollte man doch
bedenken, dafs man sich zu hüten hat, in Ergebnissen von Beob-
achtungen bei ganz kleinen Kindern Eigenheiten, welche man an
Menschen einer früheren, aber in ihrer Weise hoch entwickelten
Kultur aufgespürt zu haben vermeint, wiederzufinden. Schreckt man
aber vor solchen angeblichen Errungenschaften der neuesten For-
schung nicht zurück, dann kann man auch seine Studien über die
Sprache Homers in die Kinderstube verlegen, statt dafs man bis jetzt
5*
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Das Farbenunterscheidungsvermögen der Tiere.
noch den alten, oft recht mühsamen Weg verfolgt, dieselbe aus der
Kenntnis der homerischen Dichtung, heraus zu bestimmen, sowie
aus denjenigen Quellen zu schöpfen, welche der homerischen Zeit
etwas näher stehen, nach Zeit und Raum, nach Denken und Empfin-
den, als unsere Wickelkinder von dem 6. Tage ihrer Geburt an bis
zu dem 768. oder bis zu noch einigen Tagen später.
Dafs aber dergleichen Hinweise von mir auf das Verkehrte
solcher Schlufsfolgerungen, wie wir dieselben bei den Ansichten über
das Farbenunterscheidungsvermögen kennen gelernt haben, wohl
berechtigt sind, dafür führe ich des seltsamen Engländers Gladstone
eigene Worte an, mit welchen er sein Buch: »Der Farbensinn, mit
besonderer Berücksichtigung der Farbenkenntnis des Homer« (Breslau
1878) schliefst, wenn wir dort lesen: »Ist doch die Leistungsfähig-
keit unseres Sehorgans jetzt eine so grofse, dafs ein dreijähriges
Kind mehr von Farben weifs, d. h. sieht, als Homer, der Schöpfer
unsterblicher Werke, dessen Leistungen noch heute unübertroffen
dastehen.«
Und nun verlassen wir die Kinder und diejenigen ihrer Ver-
treter, welche an denselben ihre Weisheit für die Erklärungen der
homerischen Eigenheiten, wenn sich solche in Bezug auf das Farben-
sehen ergeben sollten, zu erproben geneigt sind.
Achtes Kapitel.
Das Farbenunterscheidungsveraaögen der Tiere.
Zu bedauern ist, dafs weder in den homerischen Dichtungen
noch bei Hesiod oder in den ältesten Hymnen der Griechen sich
meines Wissens eine Äufserung über das Sehvermögen der Tiere
in Bezug auf die Farben findet: wir wissen nicht einmal, ob der
Stier der homerischen Zeit sich durch ein rotes Tuch hat in Wut
versetzen lassen, oder ob das erst der römische Stier gelernt hat,
nur haben nach der alten Überlieferung der Ebräer die Schafe der
Herden, welche Jakob hütete, ein erstaunlich fein ausgebildetes
Farbenunterscheidungsvermögen besessen. Aus der späteren helle-
nischen Zeit erfahren wir dann aber, dafs der Polyp, wenn er Fische
jagt, seine Farbe wechselt und sie derjenigen gleich macht, welche
die Steine haben, denen er sich nähert. Dasselbe thut er, wenn er
geschreckt wird. 145 ) Somit mufs der Polyp immerhin ein bereits
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Das Farbenunterscheidungsvermögen der Tiere. 6?
ganz achtungswertes Vermögen, die Farben zu sehen und zu unter-
scheiden, besessen haben, wenn er die gesehene Farbe anzunehmen
imstande gewesen ist.
Gleiches soll auch der Black- oder Tintenfisch zu thun ver-
mocht haben, von den Fischen aber eine Haifischart, welche nach
ihrer rauhen Haut Qlvq, Feile, heifst. 1 * 6 ).
Gleiches vermag endlich nach Ansicht der Alten eine thessa-
lische Schlangenart, das Renntier — das Chamäleon und der Eis-
vogel. 147 )
Bemerkt sei übrigens, dafs Aristoteles diese Ansichten nicht
als nur von ihm herrührend hinstellt, sondern sich ausdrücklich auf
die Aussprüche anderer dabei beruft. 1 * 8 )
Somit hat Wallace in Aristoteles seinen Vorgänger gehabt, wie
Darwin in Empedokles aus Agrigent.
Von den neueren Forschern bietet Graber die Ergebnisse der
umfassendsten Studien über diese Frage in seinem Buche: »Grund-
linien zur Erforschung des Helligkeits- und Farbensinnes der Tiere,
Prag und Leipzig 1884.« Wir lesen in der Schrift, dafs »die Tiere
ein aufserordentlich intensiv entwickeltes Helligkeitsgefühl besitzen«,
<lafs »der Kontrast von Rot-Blau das Gefühl der Tiere im allge-
meinen weit am stärksten affiziert, während Rot-Gelb und Gelb-
Grün die geringste Wirkung nach sich ziehen« — sodann dafs »die
Stärke der Bevorzugung einer Farbe vor einer anderen im allge-
gemeinen um so gröfser ist, je mehr die Intensität derselben dem
Helligkeitsgeschmack des Tieres entspricht; starkes Farbengefühl be-
dingt aber nicht starkes Helligkeitsgefühl, es tritt zuweilen bei
schwachem Farbengefühl starkes Hellgefühl auf, und umgekehrt bei
starkem Farbengefühl schwaches Hellgefühl.«
Die Tiere, welche Weifs lieben, sollen mit wenigen Ausnahmen
Blau, diejenigen, welche Weifs scheuen, Rot lieben.
Besonders zu bemerken ist, dafs Ameisen und Daphniden auf
Ultraviolett reagieren, wie überhaupt den meisten Tieren eine »fein-
entwickelte Ultraviolettempfindlichkeit« zukommt.
Sodann erfahren wir, dafs die Avertebrata auf Rot-Blau im
ganzen mehr als die Vertebrata reagieren, dafs die im Spektrum be-
nachbarten Farben gewöhnlich geringe Reaktionswirkungen verur-
sachen, ausgenommen beim Stieglitz, der Biene, dem Hundefloh, der
Ameise und Stechschnackenlarve.
Zu jenem Satz, dafs das Vermögen, die Farben zu unterschei-
den, sich nach der Reihenfolge der Farben im Prisma entwickelt hat,
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70
Die Farbe an den Bauwerken der Alten.
bieten die Untersuchungen Grabers den Gegensatz, dafs nämlich der
reaktive Erfolg der Wirkung von je zwei farbigen Lichtern im all-
gemeinen um so gröfser erscheint, je weiter dieselben im Spektrum
von einander abstehen, oder je gröfser die Differenz ihrer Wellen-
länge ist.
Da nun überdies die meisten Tiere eine fein entwickelte Ultra-
violettempfindlichkeit besitzen, so weisen die Untersuchungen nicht
nur für die Tierwelt die Ansicht zurück, welche das Farbenunter-
scheidungsvermögen in der Entwickelung von Rot und Gelb über
Grün nach Blau vor sich gegangen sein läßt, sondern sie erwiesen
auch die Tierwelt in Besitz einer Farbenempfindlichkeit, welche
unseren Kindern ganz, den meisten Menschen so lange abgeht, bis
sie für dieselbe ihr Auge entwickelt haben, was ihnen gewöhnlich
nach einiger Zeit zu gelingen pflegt.
Neuntes Kapitel.
Die Farbe an den Bauwerken der Alten.
Waren die Untersuchungen bei den Naturvölkern in Bezug auf
ihre Anwendbarkeit auf das Sehvermögen der Griechen zur home-
rischen Zeit nicht folgerichtigem Denken entsprungen, vermochte
nur ein Gladstone ein Kind im Alter von drei Jahren in Bezug auf
das Farbenunterscheidungsvermögen über Homer zu setzen, bewiesen
uns die Untersuchungen bei den Tieren, dafs die Lehren der Augen-
darwinisten durch Untersuchungen bei demselben eine Bestätigung
nicht finden, mithin niemals auf die Entwickelung des Sehvermögens
der Hellenen des Homer auch nur vergleichende Anwendung zu
machen erlauben, so ist die Thatsache um so erstaunlicher, welche
sich uns darin zeigt, dafs sehr wohl verwendbarer Stoff aus der
Untersuchung auf eine Weise beseitigt oder in das Gegenteil seiner
Beweiskraft umgewandelt wird, dafs eine solche Art der Schlufs-
folgerung an das Unverständliche grenzt.
Sehen wir davon ab, dafs die Benutzung der Blaufärbung mit
Waid den Kelten bekannt ist auf ihrer Insel, wie Demokritus den
Waid erwähnt — es ist doch wohl der Schlufs erlaubt, dafs nicht
erst der Philosoph diesen blauen Farbestoff in das hellenische Ge-
werbe eingeführt hat — so bietet das alte Hellas in sinnfälliger
Weise noch manche andere Farbe, deren Kenntnis manche neuere
Forscher ihnen absprechen: zwingende Beweise dafür, dafs die
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Die Farbe an den Bauwerken der Alten.
71
Bewohner des Landes die Farbe als Zierde wohl zu verwenden ver-
standen haben. Wir wissen, dafs an den Trümmern der Tempel
in den griechischen Ländern — von denen einige nahe an die
Grenze des 6. Jahrhunderts hinaufreichen — manche Bauglieder mit
grünen Blättern bemalt waren, Blau der Hintergrund für die Reliefs
bildete, blau auch die Triglyphen bemalt waren. Vasen auch mit
violetten Figuren stammen aus dem 6. Jahrhundert.
Ist das aber der Fall, so kann man nicht wohl annehmen, dafs
um die Zeit, in welcher die Griechen diese Farben zu künstlerischem
Zwecke verwandt, dieselben die Farbe nicht als solche, also ihren
Eigenschaften nach, gesehen haben, denn mir scheint, nur eine kurz-
sichtige Rechthaberei, wie Dreher solche in seinem Aufsatz: Ȇber
den Farbensinn der Griechen« erweist, vermag zu dem »Wahr-
scheinlichkeitsergebnis« zu gelangen, dafs »die Griechen in dem von
ihnen angewandten Ultramarin nur eine bestimmte Nüance von Grau
wahrnahmen.« (Deutsche Lesehalle, 20. Juni 1880.)
Wenn Tsutschken und Ovahereros für Homers Farbenblind-
heit — wenn auch auf Umwegen, aber doch immerhin — in das
Feld geführt werden und damit gegen den Hellenen der homerischen
Zeit — so dürfen wir für die volle Seh- und Unterscheidungsfähig-
keit der homerischen Menschen viel eher die Anwendung der
Farbe bei den alten Ägyptern anführen, welche den Griechen der
homerischen Dichtungen nach Zeit und Raum unendlich näher
standen, als dies die liebenswürdigen Naturvölker des Nordpols oder
des Äquators thun.
Deuten doch auf eine ansprechende Kenntnis von Ägyptens
Land und Leuten die homerischen Dichtungen hin. Die Künstler
aber des alten Ägyptens verwenden zu ihren Malereien von den
frühesten bis zu den spätesten Zeiten die Farben Weifs, Schwarz,
Rot, Hell- und Dunkelblau, Gelb, Grün und Braun. Die Blätter der
Bäume und Sträucher, das Gras u. s. w. sind in den Nachbildungen
der Ägypter stets grün, das Wasser des Nil, und oft auch des Meeres,
ist blau — letzteres auch einigemale grünlich, wie wir dasselbe gar
oft in Wirklichkeit sehen, — Stahlgerät, wahrscheinlich phönizische
Arbeit, ist blau, Kupfergeräte sind rot, der Löwe ist gelb, Rinder
sind rot, braun, weifs und scheckig dargestellt. Die Hautfarbe der
fremden Rasse ist charakteristisch wiedergegeben bis auf die blauen
Augen und blonden Haare des Vertreters der europäischen Indo-
germanen des Nordens oder Nordwestens.
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J2 Der Handel mit farbigen Edelsteinen im Altertum.
Wir zweifeln jetzt nicht mehr daran, dafs die Kunst der
Euphrat- und Tigrisebene aus frühester Zeit her ihren Einflute auf
die griechische geübt hat: unter den Trümmern der assyrischen
Königsburgen zu Nimrud und Khorsabad sind nun aber Reste far-
biger Bemalung aufgefunden worden, welche die Farben Rot, Blau,
Weifs, Schwarz, Gelb und ein zartes Grün aufweisen, auf den gla-
sierten Ziegeln Hellgelb, Braun, Rot, Orange, ein luftiges Blau und
eigentümliches Grün. Die Birs Nimrud der altbabylonischen Zeit
soll mit ihren sieben Stockwerken den sieben Sphären entsprochen
haben: die farbigen glasierten Ziegel machen es wahrscheinüch, dafs
Goldfarbe verwandt ist, entsprechend der Sonne, Silberfarbe dem
Monde, Rot dem Mars, Blau dem Merkur, Gelb dem Jupiter, Weifs
der Venus, Schwarz dem Saturn.
Zehntes Kapitel.
Der Handel mit farbigen Edelsteinen im Altertum.
Die Schätzung der Edelsteine um ihrer Farbe willen geht in
die frühesten Zeiten zurück, sie sind selbst Totenbeigaben, nach den
Gräberfunden aus vorgeschichtlicher Zeit zu urteilen, und zwar auch
grüne, blaue und lilafarbene, Smaragde, Saphire und Amethyste.
Und Griechen wie Ägypter, Assyrer wie Chaldäer, die Völker
Indiens als Besitzer der grünen, blauen und lilafarbenen Edelsteine,
wie die Semiten und Indogermanen vom Westen des Indus bis zum
Balkan und zu den Alpen kauften den Smaragd, Saphyr und Amethyst,
— Plinius hat den Edelsteinen, ihrem Wert und ihrer Verwendung,
ein ganzes Buch gewidmet und in seiner Darstellung für die aus-
führlichste Edelsteinforschung treffliches Material geliefert — bemalten
ihre Ziegel, Stein- und Holzdenkmäler, ihr irdenes Geschirr, wie
ihre Götterbilder, nicht weil sie Grün, Blau und Violett als dunkel-
oder mifsfarbiges Grau sahen, sondern weil sie sich an der Pracht
und Schönheit der Farben zu freuen wufsten, wie wir dies so lange
zu thun pflegen, bis unser Auge für diesen Farbenzauber abgestumpft
ist, oder ein gewandelter Geschmack anderen Gegenständen seine
Teilnahme zuwendet.
Sophokles über die Farbenworte.
73
Elftes Kapitel.
Sophokles über die Farbenworte.
Woher nun aber die seltsamen Behauptungen der Augen-
darwinisten ?
Glaubte man früher, Goethe habe sich zuerst für die Ansicht
ausgesprochen, dafs die Griechen Farbenbenennungen zu gebrauchen
gewohnt wären, — wir werden die Ansicht bald näher kennen
lernen — welche der ausreichenden Schärfe in der Bestimmung ent-
behrten, so wird von Robertson Smith in der »Nature« (6. Dec. 1877)
wie von Krause in einer Anmerkung zu Grant Allens bekanntem
Buch die Behauptung aufgestellt, dafs bereits Sophokles diesen Mangel
in der Farbenbezeichnung empfunden und ausgesprochen habe. Die
Stelle, wo sich diese Ansicht befinden soll, lesen wir bei Athenäus
XIII 81 (bei Grant Allen verdruckt 31). Dieselbe lautet: »Sophokles
hatte den Vers des Phrynichos: »Das Feuer der Liebe glänzt auf
seinen purpurnen Wangen« — mit Hinblick auf den ihm Wein
reichenden Knaben — zitiert, und ein Schulmeister machte ihn darauf
aufmerksam, dafs wenn ein Maler die Wangen des hübschen Jungen
mit Purpur bemalen würde, derselbe nicht mehr schön aussehen
würde. Sophokles erwiderte darauf lachend: »Du weifst also noch
nicht, Fremdling, dafs Simonides unter Billigung aller Griechen gesagt
hat: »Aus ihrem Purpurmunde entsandte die Jungfrau die Worte«,
noch dafs der Dichter den Apollo goldhaarig nennt — noch was
er von rosenfingerig gesprochen hat.«
Im Gegensatz nun zu Robertson Smith und Krause vermag
ich in diesen Worten nichts zu finden, woraus sich ergiebt, dafs —
mit Grant Allen zu reden — die späteren Griechen — also zuerst
Sophokles — ihres mangelhaften Farben Wortschatzes sich bewufst
gewesen sind — wohl aber finde ich darin einen Spott über Leute
der Art, die nicht zu unterscheiden wissen, welche Farben ein Maler
zu verwenden hat und welche Farbenbezeichnungen einem Dichter
die Freiheit des Ausdrucks erlaubt, wenn derselbe einen bestimmten
Eindruck hervorzurufen beabsichtigt. Meine Ansicht, dafs es sich
hier um ein feines, ästhetisches Urteil handelt, nicht aber um die
Darlegung der Schwäche in den Farbenbezeichnungen, ergiebt sich
daraus, dafs Sophokles die Worte, welche die Herren Robertson
Smith wie Krause und Grant Allen gar nicht bieten — hinzufügt:
»Man darf das Schöne nicht mit dem Schönscheinenden vergleichen«,
— sowie: »Wenn der Maler die Haare des Gottes goldig gebildet
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74 Goethes Farbenbenennungen der Alten. Schwankende Übersetzungen.
haben würde, und nicht schwarz, so hätte das Gemälde schlechter
ausgesehen.« 148 )
Aber der Versuch der Augendarwinisten, Sophokles' Worte als
Beweis für die mangelnden Farbenbezeichnungen der Griechen an-
zuführen, ist mifslungen.
Zwölftes Kapitel.
Goethes Farbenbenennungen der Alten.
Schwankende Übersetzungen.
Von Goethe haben wir folgenden Ausspruch, von welchem die
Augendarwinisten gern ausgehen (Farbenlehre Bd. 39 seiner Werke,
S. 47): »Ihre (der Alten) Farbenbenennungen sind nicht fix und
genau bestimmt, sondern beweglich und schwankend, indem sie nach
beiden Seiten auch von angrenzenden Farben gebraucht werden.«
Sodann giebt Goethe ein Verzeichnis von den Farbenbezeich-
nungen der Griechen und Römer und sagt S. 50, nachdem er be-
merkt, dafs die etwa noch vorzufindenden Ausdrücke seiner Auf-
stellung sich leicht einordnen liefsen, »dafs sich dabei« (also bei dieser
Arbeit und doch wohl auch der schärferen Bestimmung seiner Zu-
sammenstellung) »mehr und mehr ergeben wird, wie klar und richtig
die Alten das Aufserihnen gewahr wurden und wie sehr als natur-
gemäfs ihr Aussprechen des Erfahrenen und ihre Behandlung des
Gewufsten zu schätzen sei.«
Hier liegt ein Widerspruch vor: wenn die Alten klar und
richtig gewahr werden und wenn ihr Aussprechen des Erfahrenen
und ihre Behandlung des Gewufsten — hier also in Bezug auf die
Farben und ihre Bezeichnung — zu schätzen ist, und dann doch
gesagt wird, dafs ihre Bezeichnungen nicht fix und genau sind, so
haben wir das Recht, zu vermuten, dafs Goethe in seiner Beurteilung
irgendwo einen schweren Fehler begangen hat, dessen er sich nicht
recht bewufst geworden ist. Und das ist in der That geschehen:
Goethe hat offenbar seine Zusammenstellung nach einem Wörter-
buche gemacht, und statt die Ergebnisse der gewonnenen Zusammen-
stellung scharf zu bestimmen, sich von dem mangelhaften Buche
irre führen lassen. Sodann entbehrt sein geschichtlicher Überblick
über die Farbenlehre und Farbenbehandlung der Alten der eingehen-
den Kenntnis und gründlichen Durcharbeitung des Stoffes, seine
Übersetzung des Buches »von den Farben« ist zu willkürlich, um
nicht eine neue Übersetzung notwendig erscheinen zu lassen.
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Gladstone und seine Anhänger, Geiger und Magnus.
75
Wie viel nun aber gerade bei mangelhafter Zusammenstellung
in der genauen Erklärung der griechischen Farbenbezeichnungen bis
jetzt versäumt ist, das zu erweisen wird eine Darlegung von Über-
setzungen aus dem Kreise der Farbenbezeichnungen genügen. Die
gebotenen Übersetzungen rühren von Müller und Steinhart sowie
von Prantl her, also von Gelehrten, denen Einsicht, umfassende
Kenntnis und Gewissenhaftigkeit in ihren sonstigen Arbeiten nicht
abzusprechen ist. Die griechischen Farbenbezeichnungen selbst sind
dem Timäus des Plato entnommen.
Es übersetzen nun aber
Müller und Steinhart §avfrov mit Hochgelb, Prantl mit Gelb;
Müller und Steinhart OQqvivov mit Dunkelgrau, Prantl mit Braun.
(Goethe hat bereits ycuov in seiner Übersetzung des Buches
von den Farben bald mit Grau, bald mit Braun wiedergegeben.)
Müller und Steinhart yXavxov mit Himmelblau, Prantl mit
Bläulichgrau;
Müller und Steinhart wxqov mit Blafsgelb, Prantl mit Hellgrün —
eine Übersetzung, welche denn doch eigentlich nur bei xXgoqov
einen Schein von Berechtigung für sich haben würde.
Wird nun, wie berührt, Goethes Tadel über die Farbenbe-
zeichnungen der Alten durch das Lob wieder aufgehoben, welches
er denselben später spendet, — der Tadel selbst war veranlafst
durch ungenügende Beherrschung des Stoffes — so haben die Augen-
darwinisten kein Recht, für ihre Ansichten Goethes Worte zu ver-
werten: selbst Müller und Steinhart, sowie Prantl würden ihnen
kein Material liefern, wenn sie die schwankenden Übersetzungen
dieser Gelehrten für sich in das Feld zu führen die Absicht haben
sollten, da dieselben, wie sich uns später ergeben wird, ohne das
in dieser Hinsicht nötige eindringende Verständnis übersetzt haben,
worauf schon an sich die von einander so abweichenden Über-
setzungen hinweisen.
Dreizehntes Kapitel.
Gladstone und seine Anhänger, Geiger und Magnus.
Die Ansicht, welche die heutigen Augendarwinisten vertreten,
dafs die Griechen der homerischen Zeit nicht alle Farben des Prismas
gesehen und unterschieden, ist so recht eigentlich dem seltsamen
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j6 Gladstone und seine Anhänger, Geiger und Magnus.
Anschauungskreise des Engländers Gladstone entstiegen. Hat der-
selbe auf einen angeblichen Mangel der homerischen Sprache in den
Farbenbezeichnungen hingewiesen, und zwar in seinen homerischen
Studien, welche Schuster bearbeitet und 1863 deutsch herausgegeben
hat, so war es auch bereits Schuster, welcher — (vgl. Mützel, Zeit-
schrift f. d. Gymn.-Wesen XV S. 725 ff.) — dieser Ansicht nach-
ging : freilich ging er nicht darauf aus, zu erweisen, dem homerischen
Menschen habe die Fähigkeit des Farben unterscheide ns gefehlt, wohl
aber suchte er den angeblichen Mangel an homerischen Farben-
bezeichnungen aus einem epischen Stilgesetz zu erklären. Dieses
angebliche epische Stilgesetz entwickelt Schuster aus den Worten
Vischers, welche sich in seiner Ästhetik finden. Dieselben lauten:
»Es ist ungleich mehr Umrifs- als Farbenfreude, was wir bei Homers
Gebilden als Objekte des inneren Sehens geniefsen.«
Die Ansicht Vischers ist geistvoll, aber nicht zutreffend: die
homerischen Gesänge erweisen die Freude des Menschen jener Zeit
an den farbenvollen Erscheinungen ihres Daseins und sprechen die-
selbe in weit reicherem Malse aus, als die Sänger des Chanson de
Roland und der Nibelungen dies thun. Goethes Hermann und
Dorothea ist eine unendlich farbenarme Dichtung im Vergleich zur
Ilias und Odyssee — nur dafs sie von anderen Schönheitsempfin-
dungen, von einer anderen Neigung, die Eigenschaften hervorzu-
heben, ausgehend, als dieselbe in anderen Zeiten sich ausspricht,
Farbenbezeichnungen da nicht bieten, wo wir dieselben zu finden ge-
wohnt sind, sie aber auch in reicher Fülle da zu bieten wissen, wo
wir solche nicht zu setzen pflegen.
Mit dem Zusammenbruch der Ansicht von Vischer ist aber
auch das epische Stilgesetz von Schuster gefallen, zu dessen Auf-
stellung der von Gladstone behauptete angebliche Mangel von Farben-
bezeichnungen bei Homer Anlafs geboten hatte.
Hatten wir sodann Gladstones seltsame Behauptung, dafs »in
dieser unserer Zeit ein Kind von drei Jahren mehr von Farben
weifs, d. h. sieht, als Homer« (soll wohl heifsen »gesehen hat«),
bereits zurückgewiesen, so erübrigt, aus den leeren Behauptungen
von Gladstone, welche sich in seinen Arbeiten finden, diejenige
Ansicht herauszuschälen, welche die Frage nach dem Farbenunter-
scheidungsvermögen recht eigentlich geschaffen hat: wir entnehmen
dieselbe der Gladstoneschen Schrift : »Der Farbensinn, mit besonderer
Berücksichtigung der Farbenkenntnis des Homer, Breslau 1878« —
wo wir lesen, dafs Homer bei Beurteilung der Farben sich der
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Die Farbenbezeichnungen in Gewerbe u. Dichtung; Pers u. Pfirsichfarben. 77
Quantität des Lichtes, d. h. Weifs und Schwarz oder Hell und
Dunkel, als der beiden Hauptgegensatze bedient habe, und nicht der
Qualität des Lichtes, wie sie in den verschiedenen Farben sich äufsert.
Glaubte Lazar Geiger entsprechende Ergebnisse aus der Sprach-
forschung und Herleitung der Worte bieten zu können, — wir
haben die Ansichten der sprachlichen Augendarwinisten in ihrer
vollen Unhaltbarkeit bereits erwiesen — nicht minder aus der nach
seiner Ansicht hin und wieder unverständigen Verbindung von
Farbenbezeichnung und Gegenstand in dem Sinn und Verständnis
einer naturgemäfsen Anschauung — wir werden bald die Unhaltbar-
keit solcher Ansichten näher kennen lernen, — so sucht Magnus
für die Behauptungen von Lazar Geiger und Gladstone Beweise aus
der Beschaffenheit des Auges zu gewinnen. Freilich stellt sich der
Lehre des bedeutendsten Augendarwinisten unserer Zeit Hochegger
entgegen, welcher behauptet, dafs die Zapfen der Retina wahrschein-
lich die Farbenempfindung vermitteln, wie er den jetzigen Zustand
der Netzhautperipherie eher als eine Folge von Verkümmerung denn
als Weiterbildung erkennt, da der Mensch bei dem Steigen der
Civilisation an Sinnesschärfe viel eher zu- als abgenommen hat.
Also auch der Physiologe Magnus wird hier mit den Waffen
seiner Kunst bekämpft, was freilich nicht verhindert hat, dafs ihm,,
wie Geiger und Gladstone, das Heer der geistreich sein wollenden
Forscher gefolgt ist.
Jedenfalls erscheint nun aber die Frage als eine berechtigte,,
ob die Untersuchung über die geschichtliche Entwicklung des Farben-
sinnes nicht überhaupt in das Gebiet der Unmöglichkeit zu verweisen
ist, wenn die entscheidenden Urteile hierüber der Physiologie zu
entnehmen sind, da es kein Mittel in der Welt giebt, uns über die
Arbeit des Zapfens der Retina und den Zustand der Netzhaut-
peripherie des homerischen Menschen aus der Physiologie jener Zeit
zu vergewissern.
Vierzehntes Kapitel.
Die Farbenbezeichnungen in Gewerbe und Dichtung;
Pers und Pflrsichfarben.
Vermag die Physiologie die berührte Unmöglichkeit nicht zu
überwinden, so mufs ich doch, entgegen der Ansicht verschiedener
Forscher, den Satz als richtig anerkennen, dafs die Sprache, also in
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78 Die Farbenbezeichnungen in Gewerbe u. Dichtung; Pers u. Pfirsichfarben.
unserem Falle die Farbenbenennungen, berechtigte Schlüsse auf das
Sehen und Bezeichnen der Farben bei jenen Völkern zu ziehen er-
lauben, bei denen dieselben gefunden werden. So sagt denn auch
Schröder: »Die Entwickelung des menschlichen Auges« (Berliner
Klin. Wochenschr. 1879, Nr. 36), nach meiner Ansicht durchaus
zutreffend, dafs, wenn man nachweisen kann, dafs ein und dasselbe
Wort, z. B. Grau, zugleich zur Bezeichnung von Dingen gebraucht
wurde, welche unserem modernen Auge von grüner und blauer
Farbe erscheinen, der betreffende Schriftsteller und die Generation,
welche mit ihm lebte, für jene Farben unempfindlich gewesen sind.
Aber eben, so richtig die Ansicht ist, so ist in der That nie ein
Beweis dafür geführt worden, dafs der homerische Mensch Grau für
Grün und Blau gesagt hat.
Bevor wir nun aber die geistreichen Scheinbeweise Geigers
für eine entsprechende Farbenunempfindlichkeit auf ihr leeres Nichts
zurückführen, sei es erlaubt, an einem Beispiele aus den Farben-
bezeichnungen des Mittelalters und unserer Zeit zu erweisen, dafs
mancher Forscher zu falschen Schlüssen geführt wird, weil er sich
nicht die Mühe giebt, sein Material in vollem Umfange in das rechte
Licht zu setzen und zu beachten, ob er den Stoff zu seiner Arbeit
der Dichtung entnimmt, welche ihre Ausdrücke zu ihren bestimmten
Zwecken in der ihr eigenen Weise verwendet, oder dem Ausdruck
des Mannes, welchem die Beschäftigung mit seinem Gewerbe be-
sondere Ausdrücke in den Mund legt.
So lesen wir im Chanson de Roland (Ausgabe von Leon
Gautier, Tours 1875) V. 1978, 9:
Rolianz reguardet Olivier a Tvisage
Teinz fiit e pers, desculurez e pales.
Die Bedeutung der Worte, welche wir in den beiden Versen
lesen, ist uns bei allen ohne weiteres klar bis auf pers, welches
dem Zusammenhang nach einen ähnlichen Sinn haben mufs wie
decolore und päle, denn es wird gebraucht, um das Aussehen eines
Sterbenden zu bezeichnen.
Schlagen wir nun in den Wörterbüchern nach, so giebt uns
Burguy in seinem Glossaire £tymologique, 2. Aufl. Berlin 1870, für
pers: bleu fonce, bleu sombre. Du Cange s. v. lmä persus (persicus)
color, ad caeruleum vel ad persicae mali colorem accedens.
Hier hat Burguy den Du Cange einfach ausgeschrieben oder
dessen Worte umschrieben, denn seine Erklärung von pers pafst
nicht auf das Aussehen des sterbenden Olivier. Burguy hat aber
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Die Farbenbezeichnungen in Gewerbe u. Dichtung; Pers u. Pfirsichfarben. 79
keine andere Erklärung von pers, trotzdem er in seiner Grammatik
auch den uns bekannten Vers von Rutebeuf bietet :
de flor la terre s'orgueille
si se cuevre de flors diverses
d' indes, de jaunes et de perses.
Es ist nun doch aber klar, dafs der Dichter in diesen Versen
die Blumen ihren verschiedenen Farben nach besingt: folglich ver-
langt der Gegensatz von Blau und Gelb die Übersetzung von pers
mit Rot, wie bekanntlich auch Walther von der Vogelweide die
Erde, nach dem Schmuck der Blumen, gelb, rot und blau genannt
hatte.
Damit ist aber die Übersetzung von Du Cange und Burguy
auch in diesem Falle hinfällig.
Hippeau Dictionnaire de la Langue francaise au XIP et au
Xffl* Siecle, Paris 1873, sagt von pers: bleu fonce, livide, noiratre.
Bartsch Chrestomatie de Tancien francais (VHP — XV* S.)
L. 1872, übersetzt in seinem Glossaire bleuätre.
Brächet in seinem Lexique zu Morceaux choisis des grands
ecrivains fr. du XVI* Siecle, Paris 1875, giebt couleur intermediaire
entre le bleu et le violet.
Leon Gautier übersetzt das pers des Chanson de Roland livide,
im Glossaire hat er violet, violace et par extension pale, livide. Im
übrigen umschreibt er Du Cange.
Es ist klar, Leon Gautier ist sich bewufst geworden, der ster-
bende Olivier kann nicht violet, violace ausgesehen haben — des-
halb fugt er hinzu: par extension pale, livide.
Wir finden pers aber auch bei Wace in le Roman de Brut.
Dort lesen wir:
Ii pere fu de si grant ire
de maltalant devint tuz pers.
Hat von den Verfassern der Wörterbücher eigentlich nur Leon
Gautier um des Zustandes willen, in welchem sich der sterbende Held
befindet, die sonst von pers gebotene Bedeutung zu wandeln gesucht,
so kümmern wir uns jetzt um die Erklärungen, welche die Wörter-
bücher des späteren und jetzigen Französisch von dem Worte bieten.
Das Dictionnaire von Thibaut giebt pers dunkelblau, das Diction-
naire de T Academie francaise bietet pers, perse, de couleur entre
le vert et le bleu. Minerve aux yeux bleus. Un chaperon de cou-
leur perse. Hierzu sei bemerkt, dafs das Lexikon der Akademie
erklärend bemerkt: chaperon de drap, d'ecarlate.
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80 Die Farbenbezeichnungen in Gewerbe u. Dichtung; Pers u. Pfirsichfarben.
Und nun suchen wir die Bedeutung des Wortes Pers selbst fest-
zustellen. Zunächst ist es zweifellos, dafs pers seinen Namen von
persica, nämlich malus, hat, unserer Pfirsich. Da nun auch wir nach
unserem deutschen Sprachgebrauch von Pfirsichfarben zu reden
pflegen, so haben wir das Recht zu fragen, was wir unter dieser
Farbenbezeichnung verstehen. Um das festzustellen begab ich mich
in Geschäfte verschiedener Art. In einem Putzgeschäft wurden mir
Blumen und Blätter vorgezeigt, künstliche, welche gefärbt waren,
die aus dem Weifs*grünen in das Gelblich-Grüne übergingen.
In einem Handschuhladen wurden mir als pfirsichfarbene Hand-
schuhe solche bezeichnet, welche aus dem Hellroten in das Vollrote
eingehen.
In einem Leinwandgeschäft wurde mir endlich Vollrot als
Pfirsichfarben bezeichnet, und zwar als Farbe von Bettzeug.
In zwei der gröfsten Schnittwarengeschäfte legte man mir als
pfirsichfarbene Stoffe solche vor, deren Farbe aus dem Fahlen in
das Rötlich-Gelbe einzugehen schien.
Einige Wochen später wurde mir in einem, dieser Geschäfte
pfirsichfarbener Sammet gezeigt, der aus dem Roten in das Violette
überging.
Woher nun diese Verschiedenheit der Bezeichnungen? Gehen
dieselben aus falscher Anschauung hervor? Haben wir auch hier
einen Mangel in der Fähigkeit, Farben zu unterscheiden und zu be-
nennen, festzustellen? Von alledem kann keine Rede sein. Suchen
wir also die Gründe für diese Verschiedenheiten auf.
Es ist klar, dafs, wenn man einem Gegenstand Farbenbezeich-
nungen entnimmt, eben die auffälligsten Eigenschaften desselben dazu
den Anlafs geben werden.
Am Pfirsich ist nun aber auffallend i. der Flaum der noch
unreifen Frucht, welcher fahl aussieht und einen gelblichgrünen
Schimmer aus dem Untergrunde hervor bietet.
Diesem Aussehen entspricht aber pers als Beiwort des sterben-
den Olivier wie als Farbenabstufung, wie mir solche in dem Putz-
geschäft gezeigt wurde.
Wenn der Pfirsich totreif ist, so zeigt er eine braunrote Farbe,
welche in das Blaue übergeht, von fern gesehen fast einen violetten
Farbenschein giebt. Dieser Farbe entspricht 2. die Bezeichnung
Pfirsichfarben im Sammet, und im Roman de Brut in dem Aussehen
des Zornigen und Wütigen, der — wie wir zu sagen pflegen —
braun und blau vor Wut ist.
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Die Farbenbezeichnungen in Gewerbe u. Dichtung; Pers u. Pfirsichfarben. 8l
An der Frucht fallt die vollrote Farbe der Fasern auf, welche
vom Kern aus in das Fleisch einzudringen und dieses rot zu färben
scheinen. Dieser Farbe entspricht jenes Pfirsichfarben, das mir in
dem Leinwandgeschäft gezeigt wurde, sowie auch das Aussehen der
ßlumen, welche Rutebeuf den gelben und blauen entgegensetzt.
Viertens endlich bietet die Blüte des Pfirsichbaumes die Mög-
lichkeit der Farbenbezeichnung. Die Blütenfarbe des Pfirsichs wird
als hellrosenrot angegeben — und in dieser Färbung wurden mir
Stoffhandschuhe gleichfalls mit der Bezeichnung pfirsichfarben vor-
gelegt; auf diese Farbe weist auch die Erklärung des Chaperon de
coleur perse, des Lexikon der Akademie hin, wenn dasselbe von
dieser Kappe sagt: chaperon de drap, d'ecarlate.
So stehen wir denn vor der überraschenden Thatsache, dafs
sich die Farbenbezeichnungen der Dichter und der Gewerbsleute
aufserordentlich gut decken, wenn man sich eben nur die Mühe
giebt, das gesamte Material zusammenzutragen, welches Gewerbe
und Dichtung bieten: freilich hat die Feststellung' dessen, was Pers
und Pfirsichfarben bezeichnen, mehrere Wochen Zeit zu Nachfragen
in den Geschäften und dem Aufsuchen des Gebrauches des Wortes
bei den Dichtern und in dem sonstigen Sprachgebrauch gekostet, aber
auch dafür den Beweis ergeben, dafs die Erklärungen der Gelehrten,
in dieser Beziehung also, sich von nicht gewöhnlicher Oberfläch-
lichkeit erwiesen, veranlafst durch zum Teil vollständige Unkenntnis
des Thatsächlichen. Aber auch das wollen wir als Ergebnis dieser
Untersuchung festhalten, dafs immerhin vor Klarlegung der Bedeutung
von Pers und Pfirsichfarben auf ein mangelndes Farbenunterschei-
dungsvermögen oder auf einen Mangel in Ausdruck und Bezeichnung
hätte geschlossen werden können: nur würde eine solche Ansicht
nicht der Wirklichkeit, sondern der mangelnden Kenntnis ent-
sprossen sein.
Endlich sei noch darauf hingewiesen, dafs ich in meinem Auf-
satz: »Die Farbenbezeichnungen des Chanson de Roland und der
Nibelungen Not« in der Zeitschrift für Völkerpsychologie u. Sprach-
wissenschaft Bd. XVIII 2 noch andere Berichtigungen bisher falsch
erklärter französischer Farbenbezeichnungen gegeben habe.
Veckenstodt, «esnliichte der frilcch. Farbenlehre.
0
82
Blau, nach Geiger.
Fünfzehntes Kapitel.
Blau, nach Geiger.
Unter den Farbenbezeichnungen des Altertums ist diejenige
von Blau in der neueren Zeit durchweg verkannt worden, hat die-
selbe den Augendarwinisten den meisten Stoff für ihre Behauptungen
geboten.
Wir erinnern uns, dafs Geiger das Sehen von Blau und Schwarz
über Grün sich entwickeln läfst. Er sagt in seinem Werke: »Ur-
sprung und Entwickelung der menschlichen Sprache und Vernunft«,
Stuttgart 1872, S. 307:
»Kvavoc ist bei Homer der Stahl, jedoch von der Farbe be-
nannt, wie alle Metalle: dafs die des Stahles für schwarz angeschaut
wurde, zeigt das hinzugefügte Beiwort schwarz (jtXac II. 24, 35.«
Sodann fährt er fort: »xväveoc heifst an zwei Stellen stählern
(II. A 26, J2 564), sonst das Schwarz der Brauen des Zeus, und
der Hera, der Haare des Hektor, der Barthaare des Odysseus.
In der Ilias &£ 93, 94 wird xvdveoq dem Trauergewand der
Thetis gegeben und dann hinzugefügt: es gab nirgendwo ein schwär-
zeres Gewand als dieses.« 149 ) Geiger fugt hinzu: »wo also xvdveoc
das tiefste Schwarz bezeichnet.«
»Der Sand auf dem Meeresboden unter der Scylla wird gleich-
falls so genannt.« (Od. M 243.)
»Am häufigsten ist das Wort«, fährt Geiger fort, »vom Wolken-
dunkel gebraucht, von der Sturmwolke, der Wolke, mit der Apollo
unsichtbar macht, daher: die schwarze Wolke des Todes umhüllte
ihn (II. Y 418) und bildlich (J 274 ff.) die Wolke des Fufsvolks,« —
wie der Ziegenhirt von fern eine Wolke sieht, schwärzer (tteldvrtQOv)
als Pech, über das Meer ziehen, Sturm bringend, so bewegten sich
die dunklen Reihen (f dXayytc, geführt von Aias. Ebenso (II 66)
wenn dann die schwarze Wolke der Troer (xvdvsoy Tqojcov viq>oo)
die Schiffe umzieht, wozu die ähnlichen Worte im eigentlichen Sinne
Od. M 75 zu vergleichen sind.
Kvavoxait7]g soll »mit schwarzem Haupthaar« heifsen, xvavcänic
demnach mit schwarzen Augen.
Eine ganz andere Bedeutung freilich trägt Gladstone in diese
Farbenbezeichnung hinein: der seltsame Forscher sagt von xvdveoc
in der angeführten Schrift S. 28, 9 : »Meiner Ansicht nach bedeutet
es 1. gefertigt von, und 2. in Farbe gleich Bronze.« Sodann sagt
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Blau, nach Geiger.
er: »Ich glaube mit Bestimmtheit annehmen zu können, dafs mit
y.vavoQ Bronze gemeint ist, welche gewöhnlich dunkel und nicht
hell ist.«
Seine Ansicht tiefer zu begründen, hält der seltsame Gelehrte
allerdings nicht für nötig, aber der Pflicht durfte er sich denn doch
nicht entziehen, uns auseinanderzusetzen: da in den homerischen
Gesängen ^a/bede Bronze ist, diese aus einer Verbindung von neun
Teilen Kupfer und einem Teil Zinn besteht, braunrot bis gelb
aussieht, je nach der Art der vollzogenen Verbindung der Metalle
und dem Glanz des im Licht der Sonne sich widerspiegelnden
blinkenden Metalles, warum Homer ein in diesem Falle so seltsames
Wort wie xvdvtoq für das Mischmetall, das Erz setzt.
Beweise aus den nachhomerischen Schriftwerken, dafs xvdvtoq
in der That Blau bezeichnet, gebe ich nur einige. Wir entsinnen
uns, dafs Demokritus das xvavovv, das Ultramarinblau also, als eine
Mischung aus Waid lodriz und Feuerrot jtvQwörjq bezeichnete, Plato
läfst das Blau aus Glänzend, Weifs und gesättigtem Schwarz ent-
stehen. Nach der Schrift über die Farben entsteht eine ultramarin-
blaugleiche Färbung der Luft, wenn man dieselbe in der Tiefe sieht. 160 )
Plut. nennt in Plac. Phil. I. 6. p. 485 den Himmel schön und
dessen Farbe schön, »denn mit Blau ist er gefärbt«, setzt er aus-
drücklich hinzu. 161 )
Dafs Plutarch dem Regenbogen die Farben Ultramarinblau
xvdt'tov und Dunkelgrün jtQaoivov gegeben, haben wir bereits be-
sprochen.
Fernere Beweise dafür, dafs xvdreoQ blau bedeutet, sind die Be-
zeichnungen xvavoc der Lasurstein, Iapis lazuli, wie von Plato Phaed.
113, 6 angeführt wird; der blaue Kupferocker giebt die Farbe zum
Anstrich, die wir bei Paus, finden 5. n. 2. Aristoteles und Älian
reden von der blauen xvdreos — Amsel, und von der Kornblume sagt
noch Schiller in der Ausdrucksweise der Alten und mit Hinzufügung
der deutschen Übersetzung: »Flechtet auch blaue Cyanen hinein.«
Wir wenden uns jetzt zum Aussehen des Stahles.
Der Stahl wird nach der Odyssee in der Weise hergestellt,
dafs glühendes Eisen in kaltes Wasser getaucht wird. Neben dieser
den Hellenen bekannten Art der Eisenhärtung scheint es aber eine
andere Art von Herstellung des Stahles gegeben zu haben. Der Stahl
wird nach Riedenauer: »Handwerk und Handwerker in der home-
rischen Zeit. Erlangen 1873« (S. in), nämlich xvavog nur genannt
an dem Schilde des Agamemnon, einer kyprischen, d. h. phönizischen
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Blau, nach Geiger.
Arbeit, und an den Wänden des phäakischen Königspalastes, an dem
zweiten Schilde des Achilles und an dem des Herakles.
Dafs aber der Stahl in das Blaue eingeht, beschreibt Goethe,
und Rood sagt: »Wenn man das Licht zu wiederholten Malen auf
Metalle, wie Silber oder Stahl fallen läfst, so bekommt Silber auf
diese Weise eine gelbe Tinte, der Stahl dagegen spielt dann in Blau.«
Da nun in den ägyptischen Basreliefes von Ramses II. aus der
Zeit des 12. Jh. vor unserer Zeitrechnung die Waffen der Ägypter
rot, die der Philistäer blau gemalt sind, so ist allerdings der Schlufs
gerechtfertigt, dafs an den Stellen, wo bei Homer der Stahl xvavoc
heifst, damit phönizische Arbeit gemeint ist : der homerische phöni-
zische Blaustahl ist eine Art Vorgänger des berühmten Stahles von
Damaskus.
Wie kann nun aber, wenn xvavtoq bei Homer blau heifst, zur
Erklärung oder Verstärkung des Gesehenen schwarz hinzugefügt
werden ?
Zunächst wollen wir uns erinnern, dafs die äufserste, tiefste
Grenze von Rot über Braun ebenso zu Schwarz führt, wie von
Grün und Blau die tiefste Abstufung in das Schwarz eingeht —
umgekehrt sich aber auch aus Schwarz wieder Braun und Rot, Grün
und Blau entwickeln können. Nun ist aber das Verhältnis von Schwarz
und Blau ein besonders inniges. Das tiefste Schwarz zeigt, wenn es
ein glänzendes ist, stets einen Blauschimmer. Das können wir alle
Tage an der Steinkohle sehen, das sehen wir an dem schwarzen
gesalbten Haar, besonders wenn ein Lichtschein darauf fällt, das
sprechen wir auch sonst aus, wie denn neulich eine süddeutsche
Behörde nach einem Verbrecher mit bläulichem Haar fahnden liefs —
und darauf haben auch unsere Vorfahren hingewiesen, als sie die
Mär vom Ritter Blaubart sich erzählten, der also einen so schwarzen,
glänzenden Bart hatte, dafs derselbe in das Blaue überging, den blauen
Schimmer zeigte.
Somit weist in den berührten Fällen Blau auf glänzend schwarzen
Untergrund hin, aus dem dasselbe hervorgeht.
Und in diesem Sinne ist xvavoxairrjc mit blauem Haupthaar
ebenso als berechtigte Farbenbezeichnung zu betrachten, wie dies
xväveoq blau als Zusatz zu den Brauen, wie unser Blaubart beweist.
Wie sich das Blau zu unserem glänzenden Schwarz der Kohle ge-
sellt, so wird es in den homerischen Dichtungen mit dem schwär-
zesten Pech in Verbindung gebracht, mit dem glänzendschwarzen
Gewände der Meeresgöttin Thetis, dem Sande des Meeres, welcher,
Phönizisch Rot und Purpur.
wenn eine Naturanschauung in der Bezeichnung wiedergegeben wird,
so schlammreich ist, dafs er dunkelschwarz aussieht und demnach in
das Blaue schimmert — von entsprechend aussehendem Flufs- und
Meeressand spricht Virgil wiederholt — endlich in dichterischer Ver-
stärkung des Dunkels der Wolke — auch wir sprechen von schwarzen
Wolken — welche als so schwarz bezeichnet werden, dafs sie in
das Blaue schimmern; von dem pechschwarzen Nebel Londons aber
wufsten erst jüngst alle Zeitungen zu erzählen.
Beiläufig sei bemerkt, dafs der Blauschimmer des glänzenden
Schwarzes in weiterer Beziehung auch das Beiwort Violett von
der Wolle der Schafe des Kyklopen erklärt. Die Wolle der Schafe
ist als schwarz und fett gedacht, dafs sie in das Blaue schimmert.
Nun ist aber das Schwarz des Schafes aus dem Braun hervor-
gegangen, und so gelangen wir durch Mischung von Schwarz,
Braun und Blau zu jenem Violett, welches der Wolle der Schafe
gegeben wird, nach der Freiheit des Dichters, welcher den hervor-
zurufenden oder hervorgerufenen Eindruck durch ein entsprechendes
Wort in kühner Steigerung des Gesehenen zu bezeichnen weifs, wo
wir mit den kalten Augen des täglichen Lebens und der gewöhn-
lichen schmucklosen Rede das entsprechende Wort des Dichters zu
gebrauchen uns scheuen.
Deshalb wird sogar dem Blaustahl auch einmal das Beiwort
schwarz, piXaq, und zwar im Hinblick darauf gegeben, dafs derselbe
so tiefblau erscheint, dafs dieses Blau in Steigerung seines Gehaltes,
wie ihn der Dichter der Farbe beilegt, zu Schwarz wird.
Sechzehntes Kapitel.
Phönizisch Bot und Purpur.
Als Farbenbezeichnungen, welche gleichfalls ihrer Bedeutung
nach nicht recht erkannt sind, haben wir das phönizische Rot und
die Ausdrücke für Purpurfarben zu nennen, mit welchen das phöni-
zische Rot zumeist verbunden zu werden pflegt. Die Farbenbezeich-
nungen sind bei Homer yotvtxovq und (potvtxösic, sodann noQqv-
qsoq, xoq<pvq6uq, und endlich aXtnoQtyvQoz, wofür wir bei den
Philosophen aXovQyov und aXovQyiq fanden.
Machen wir uns zuerst mit (foivixovz, der Bezeichnung des
phönizischen Rot bekannt, welches in dem französischen Wort
ponceau als Farbenbezeichnung noch heute im Gebrauch ist. Die
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Phönizisch Rot und Purpur.
Farbenabstufung nun, welche mit dem phönizischen Rot bezeichnet
wird, entspricht im wesentlichen unserem Scharlach, sie ist nicht
ganz von Karmin und Karmosin zu scheiden.
Den Stoff zu dieser Färbung lieferte »ein kleines erbsengrofses
Insekt« — mit Delitzsch in seinen Farbenstudien zu reden — »welches
sich durch Anbohren und Ansaugen einer Eichenart und einiger
anderer Pflanzen ernährt. Man hielt dieses Insekt gemeinhin für
eine Beere (xoxxoq) des Baumes selber und nannte es deshalb coccum ;
die Eiche, an der er sich findet, heifst davon quercus coeeifera.«
Nun berichtet uns Delitzsch weiter, dafs bereits das mosaische
Gesetz die Beere als Wurm und die von ihm kommende Farbe als
Glanzwurmfarbe bezeichnet. Der Wurm heifst aber im Persischen
Kirm — wir würden demnach das Karmin, das Delitzsch aus dem
nach seiner Ansicht »stammverschiedenen« kirmiz, kirmisi herleitet,,
als verschiedene Bezeichnung fassen können, wenn nicht Ascoli (in
seinen Vorlesungen über die vergleichende Lautlehre, Halle 1872,
S. 57) uns die Wahrscheinlichkeit nahe legte, dafs gotisch vaurms
Schlange, Wurm, durch die Zwischenstufe hvaurms (hvurmi) hier-
durch mit dem gleichbedeutenden sanskritischen krmi = karmi über-
einstimme; seinerseits würde das lat. vermis ebenfalls durch kvermi
damit zusammenfallen.
In der Anmerkung 1, S. 58 sagt Ascoli dann: »Ist vermi
= krmi, so hätten wir in der italienischen Sprache den merk-
würdigen Fall von zwei verschiedenen Fortsetzern des ursprüng-
lichen karmi, beide in derselben besonderen Bedeutung und ohne
eine Ahnung von der Verwandtschaft, die unter ihnen stattfindet;
nämlich: vermiglio scharlachrot (vermi-clo, der Scharlachwurm) und
cremisi karmesin (= sanskr. kfmi-^a, die vom Wurm Erzeugte) ein
in verhältnismäfsig später Zeit aus Asien importiertes Wort.
Der Name Scharlach entstammt dem Türkischen, er ist seit
dem Mittelalter für den Farbstoff des Coccusinsektes in Gebrauch.
Das Insekt ist die Eichen- und Cactusschildlaus, coccum ilicis und
coccum cacti: erst die Neueren haben coccus.
Plinius gelangt von dem Rot des coccum über das Rot der
Rose zum Purpurrot.
Das Buch über die Farben erklärt im 2. Kap. das rf.oivtxovv
folgendermafsen : »Das Schwarze und Schattige mit Licht gemischt
giebt phönizisch Rot (Scharlach), das Schwarze, was mit dem Lichte
der Sonne und demjenigen des Feuers gemischt wird, sehen wir
phönizisch Rot werden.
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Phönizisch Rot und Purpur.
Das Schwarze, wenn es in Brand gesetzt ist, wandelt sich in
die Farbe phönizisch Rot.
Die rauchigen Flammen und die Kohlen, wenn sie durchge-
brannt sind, zeigen sich in der Farbe phönizisch rot.« 152 )
Das Buch der Farben stellt das phönizisch Rot stets in den Gegen-
satz zum Rotbraun mit einem Blauschimmer, aXovoytq, aber obgleich
dasselbe gleichfalls einen Blauschimmer hat, so sollte es doch eigent-
lich vor dem Vollrot mit dem Blauschimmer, xotyvQovv also, für den
Vergleich zunächst zurücktreten, wie denn auch Aristoteles die
Scheidung von noQifvQovv und (poivixovv ausdrücklich vollzieht, denn
nach ihm ist das Licht des Leuchters nicht weifs, sondern vollrot
mit dem Blauschimmer (xoQ<pvoovv) und regenbogenfarbig in der
Umgebung, phönizisch rot aber nicht; dazu bemerkt er: »denn was
man sieht, ist als gebrochenes (durch seine Brechung) schwach (matt
also), und der Spiegel ist schwarz.« 158 ) Da nun Aristoteles aus dem
Schwarz, der Verneinung des Lichtes, und dem Weifs die Farben
entstehen läfst, so ist eben nach ihm das phönizisch Rot als eine
hellere Abstufung des Vollrot mit dem Blauschimmer zu erklären.
Demnach stellt sich dasselbe unserem Scharlach etwa gleich,
ist also als Gelblichrot mit einem Blauschimmer als Doppelfarbe zu
erklären.
Übrigens wufste auch Plinius von dem Verhältnis dieser Doppel-
farbe zum Purpur zu berichten, nur erwähnt er bei dieser Gelegen-
heit nicht auch ausdrücklich den Schimmer, welcher eben die Eigen-
tümlichkeit des Purpur ist.
Wir gehen zum jcogtpvQovv über. Plutarch giebt die Farben
des Regenbogens in den Gruppen (poivixovv, also phönizisch Rot
an, aXovoytq xäi xoQtfvoovv, Rotbraun und Vollrot mit dem Violett-
und Blauschimmer, Aristoteles weist aber daraufhin, dafs das Purpurrot
dunkler ist als das phönizisch Rot.
Die Purpurfarbe entstammt der Purpurschnecke. Delitzsch sagt
darüber in seinem Aufsatz: »Farben der Bibel«, in Herzogs Real-
encyclopädie : Die echten Purpurschnecken sind Murex trunculus und
der mit Stacheln und Röhren von gröfserer Länge versehene Murex
brandaris. Die in der Nähe des alten Tyrus gefundenen Schalen-
reste stammen alle von Murex trunculus und die bei dem unter-
italischen Taranto und im Peloponnes gefundenen von Murex bran-
daris. Der Farbestoff, welcher von diesen Schaltieren gewonnen
wird, ist nicht ihr Blut, sondern der schleimige Saft einer ihnen mit
allen Schnecken gemeinsamen Drüse. Dieser Saft ist nicht unmittelbar
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Phönizisch Rot und Purpur.
rot oder violett, sondern weifslich, aber unter Einwirkung des Sonnen-
lichtes färbt er sich wie eine photographische Substanz durch Gelblich
und Grünlich hindurch bis zur Purpurfarbe, welche ein Gemenge
aus rotem und violettem Licht ist, und diese Mischfarbe von teUs
mehr blauem, teils mehr rotem Ton ist unvertilglich.«
Von den alten Gelehrten sagt uns Plinius (H. N. IX 62), dafs
das Rot des Purpur von Tyrus dann für preiswürdig gilt, wenn es
geronnenem Blute gleicht um! von oben gesehen in das Schwarze
fällt, von der Seite aber angesehen das auffallende Licht zurückstrahlt.
Vom Blaupurpur — in Wirklichkeit dem Rotbraun mit dem
Violettschimmer — berichtet Plinius, wie Delitzsch übersetzt, es sei
eine düstere (nach anderem Ausdruck eine kalte) Farbe, welche dem
zürnenden Meere gleiche; Plinius sagt aber an der Stelle eben nur
(purpurae) color austerus in glaueo et irascenti similis mari (Plin.
9. 36. 60). »Die Farbe des Purpurs ist im Blau herb und streng
und gleicht dem zürnenden Meere.«
Haben wir so die beiden Hauptabstufungen des Purpurs gehabt,
so erfahren wir noch aus Guhl und Koner : »Das Leben der Griechen
und Römer, 2 Aufl.«, — dafs durch mehrmaliges Eintauchen und
Mischen des Saftes der beiden Schneckenarten die Alten verschiedene
Abstufungen zu erzielen verstanden haben, deren Zahl auf dreizehn
angegeben wird — und zwar ist dies nach der Verschiedenheit des
Schimmers der Fall, welcher nach den Beiworten zu urteilen, von Lila
bis in das Violette ging, denn darauf deuten die Worte: amethystina,
ianthina, violacea: Lila, Hyacynthenfarbig und Violett.
Sodann sagen Guhl und Koner noch, dafs das Purpurgewand,
gerade angesehen, einen schwächlichen, hoch gehalten oder von
unten betrachtet, einen hellen Glanz zeigte.
Hier sind sich die Gelehrten nicht recht klar, was sie sagen
wollen. Gerade angesehen zeigt der Purpur in einigen seiner lich-
teren Abstufungen den Glanz, besonders wenn das Zeug gewölbt
liegt, auf der Höhe der Wölbung, von der Seite aber angesehen
und der Faltung entlang den Blauschimmer in den verschiedensten
Abstufungen bis zu Violett. Abgesehen nun davon, dafs man diese
Versuche in jedem grofsen Zeugladen nach einiger Übung im Farben-
sehen selbst anstellen kann, so erklärt in entsprechender Weise auch
das Buch von den Farben die Purpurfarbe des Murex, wenn es sagt:
»Auch das Meer erscheint der Purpurfarbe ähnlich, wenn die Wogen
hoch anschwellen und bei dem Brechen sich beschatten und ver-
dunkeln. Denn da die Strahlen der Sonne schwach auf diese
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Phönizisch Rot und Purpur.
8 9
gebrochenen Wogen des Meeres treffen, so bewirken sie, dafs sich
eine dunkelrote Purpurfarbe mit rotblauem oder, wie wir sagen,
violettem Schimmer {äXovQytg) zeigt.« 164 )
Übrigens behandeln das purpurfarbige Aussehen des Meeres
des Südens Goethe wie Rood, und nach von Martens gleicht der
Purpur mit dem Blauschimmer der Farbe des Meeres beim Anzug
eines Sturmes, da alsdann die dunkelblaue Farbe des Mittelmeeres
durch den dunklen Himmel getrübt wird und die Wogen sich er-
heben, mithin in das lichtere Gebiet emporsteigen.
Hatten wir die Purpurfarbe eine Doppelfarbe genannt, so ergiebt
sich die Richtigkeit dieser Bezeichnung auch aus den Worten des
Aristoteles, wenn wir demselben das phönizisch Rot gesellen, denn
er sagt: »Durch Nebel und Rauch gesehen, sieht die Sonne phö-
nizisch rot aus«, 155 ) das Licht, wie bemerkt, der dunkleren Umgebung
wegen, in der Umgebung purpurfarben, jioqwvqovv. So bestätigt
Aristoteles nicht nur die Ansicht, dafs Purpur wie phönizisch Rot
Doppelfarben sind, sondern auch meine in den Zeugläden gewonnene
Anschauung giebt Einstimmung, dafs Scharlachrot wie die Purpur-
farben ein Blau aufweisen, welches rotem Untergrunde in ver-
schiedenen Abstufungen entstammt, aber auch ein Violett auf rot-
braunem Untergrund.
Lösen sich so die Rot-, Blau- und Violettpurpurrätsel, so sind
doch noch nicht alle Beziehungen klargelegt, welche das Wort
Purpur ergiebt.
So singt Horaz in der 1. Ode des vierten Buches von Venus
und ihren Purpurschwänen:*
Tempestivius in domum
Paulli, purpureis ales oloribus,
Comissabere Maximi,
Si terrore jecur quaeris idoneum.
Auch Rood spricht in seiner Farbenlehre von weifslichem Purpur.
Da nun Aristoteles ausdrücklich sagt, dafs die Schwäne stets
weifs sind — er hat die schwarzen neuholländischen eben nicht
gekannt — da Rood nicht wohl als unkundig der Farben oder als
blaublind bezeichnet werden kann, so bleibt nun zu erwägen, was es
mit dem weifslichen Purpur und den Purpurschwänen des Horaz
auf sich haben kann.
War uns bei dem Purpur der Blauschimmer als besondere
Eigentümlichkeit dieser Farbe erschienen, so haben wir einen Schritt
weiter zu gehen und in weiterem oder ursprünglichem Sinne den
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9 o
Phönizisch Rot und Purpur.
Schimmer als Purpur selbst zu bezeichnen, der nur als besondere
Bezeichnung sich an die unruhig bewegten Farben geheftet hat,
welche den beiden berührten Schneckenarten, sowie dem Wurm,
welcher das phönizische Rot giebt, entstammen: zeigt sich doch
dieser Schimmer an diesen Stoffen besonders auffallend, und da das
Blau, wie das Rot in dieser Farbe eine besonders fesselnde Verbin-
dung eingingen, so scheute man keine Mühe und Kunst, die ver-
schiedensten Abstufungen des Rot mit der blauen oder violetten
Schimmerfarbe hervorzurufen. Dafs auch Federn diesen Purpur-
schimmer haben können, bemerkt das Buch über die Farben, welches
sagt, nachdem es von der Entstehung der Purpurfarbe im Meere
gesprochen hat — »und man kann auch sehen, wie das bei den
Federn geschieht.« 156 )
Dafs der Purpur ursprünglich gar keine Farbe an sich, sondern
nur den Schimmer einer unruhigen Unter- oder wir wollen einmal
sagen Grundfarbe bezeichnet, wird durch die Herleitung des Wortes
zur Gewifsheit erhoben, soweit eine solche die Herleitung überhaupt
bieten kann.
La Roche führt freilich jioqvvqcj auf ffvgoo zurück, und zwar
in der Bedeutung färben, aber Curtius gr. Etymol. 5. Aufl. S. 303
giebt die Wurzel $qv an, aus welcher er xoQtfVQtoq ableitet. »Setzen
wir dafür«, sagt er, »als Grundbedeutung wallen, brennen an, so
erklärt sich hieraus trefflich sowohl xoQyvQa), rpvQ: g>Qv = xvq,
skt. prush als xoQffvQog, purpurn.« »Die Sprache fafste«, fährt er
fort, »wie es scheint, die Wogen der Gewässer, das Flackern des
Feuers und das Schimmern der roten Farbe als synonym.«
Setze ich einfach statt »das Schimmern der roten Farbe«, das
Schimmern der unruhigen Farbe, so unterschreibe ich die Erklärung
von Curtius Wort für Wort. Und auch dieses Schimmern im aus-
gedehntesten Sinne erlangen wir durch Vanitek, bei dem wir <f>vQ-
<pvQ — jioQ(pvQCD (intensiv) wogen, aufwogen, aufwallen, unruhig
sein, schimmern, schillern, denn auch finden. Purpur ist also ur-
sprünglich der Schimmer der Farbe, und da nach dem Buch über
die Farben das Meer ähnlich der Purpurfarbe aussieht, wenn die
Sonne auf die sich hebenden Wogen scheint und die niedergehenden
Wogen des gelbroten Lichtes zum Teil entbehren, ebenso wie man
einen entsprechenden Vorgang bei den Federn sehen kann, so hat
Horaz auch die fliegenden Schwäne purpurfarbig zu nennen das Recht
gehabt, denn das Licht der Sonne wird gebrochen und damit ver-
dunkelt, wenn es nur die Höhen des Schwanengewandes bestrahlt,
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Der Regenbogen.
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in die Neigungen des bewegten Flügels aber nicht zu dringen ver-
mag, also dafs ein Schimmer den im Lichte der Sonne glänzenden
Schwan zu umgeben scheint, welchen das im Farbensehen ausge-
bildete Auge vielleicht sogar als einen gelbrotbläulichen zu sehen
vermag. Somit würde ich die Landschaft, welche ich im Januar
dieses Jahres von Schnee bedeckt im Sonnenschein vor mir liegen
sah, da um die weite weilse Schneefläche ein bläulicher Schimmer
spielte, im Sinne des Sprachgebrauches der Alten eine Landschaft
mit Purpurschnee zu nennen das Recht gehabt haben.
Doch wir verlassen nun das Gebiet jener Bezeichnungen, bei
denen eine falsche Auslegung zu falschen Ergebnissen gelangen mufste,
um diejenigen farbigen Einzelerscheinungen in der Natur zu behandeln,
auf welche die Augendarwinisten sich für ihre Zwecke zu beziehen
pflegen, und zwar zunächst den farbigen Bogen am Himmel, den
Regenbogen also.
Siebzehntes Kapitel.
Der Regenbogen.
Anlafs, den Regenbogen in den Kreis ihrer Ansichten von dem
mangelnden Farbenunterscheidungsvermögen der Hellenen der home-
rischen Zeit zu ziehen, ist den Augendarwinisten das Beiwort ge-
worden, welches der Regenbogen in der Ilias führt. Wir lesen .
nämlich im 17. Gesänge der Ilias v. 547, dafs Zeus den purpur-
farbenen Regenbogen den Sterblichen vom Himmel herab aus-
breitet, 157 ) wie allerdings auch die Wolke vier Verse weiter in einem
Vergleiche angeführt, purpurfarbig genannt wird, in welche Wolke
Athene sich hüllt, die Männer zum Kampf zu erregen.
Die Scholiasten erklären nun das xoQqvQtr) als Beiwort des
Regenbogens mit xotxtXtj bunt, andere geben die Erklärung glänzend.
La Roche ist der Ansicht, dafs, da jro^vQtrj auch Beiwort der Wolke
ist, welche dem Regenbogen, wie erwähnt, zur Vergleichung dient,
das Wort mit dunkel zu übersetzen ist. In seiner Schrift, »Die Be-
zeichnungen der Farben bei Homer, Linz 1880«, will La Roche
jtoQ(fvQtij als Beiwort des Regenbogens mit unruhig übersetzen.
Es ist offenbar, dafs bei allen diesen Übersetzungen, bunt,
glänzend, dunkel, unruhig der Bedeutung des Wortes Zwang an-
gethan wird. Purpurfarben ist Rot mit Blauschimmer, und da jrop-
ifVQioc der allgemeine Ausdruck für die Purpurfarbe ist, so kann
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Der Regenbogen.
sowohl das Rot in dem Gegenstand, zu welchem sich xoQqvQtoc
gesellt, den Blauschimmer haben, als das Wort auch auf Rotbraun
mit dem Violettschimmer hinweisen kann : der Dichter aber vermag
den Eindruck des Blau oder Violett in seiner Vorstellung bis zu
dem Grade zu steigern, dafs Athene in der Vorstellung und Sprache
des Dichters sich in das schwarzblaue Dunkel der Wolke zu hüllen
vermag, ohne gesehen zu werden.
Aber nicht Homer allein legt dem Regenbogen die Benennung
purpurfarbig bei, in welcher Bezeichnung das Rot als Haupt- oder
Grundfarbe bedeutsam hervorgetreten sein mag, sondern auch der
Araber des Koran nennt denselben Bogen des Himmels rot, und
wenn die Edda auch den Regenbogen dreifarbig nennt, so hebt sie
doch die rote Farbe in demselben ganz besonders hervor, denn wir
lesen bei Holtzmann, Deutsche Mythologie S. 183, L. 1874 über
die Brücke Bifröst, also den Regenbogen: »Das Rote im Bogen ist
brennendes Feuer; es ist darin, damit die Riesen sich davor fürchten,
sonst würden sie den Himmel stürmen.«
Als weiteren Stoff zur Regenbogenfrage und der Bezeichnung
der Farben desselben würden sich in diesem Sinne aus meinen
Werken, »Wendische Sagen, Märchen und abergläubische Gebräuche« ,
Graz 1880, sowie »Die Mythen, Sagen und Legenden der Zamaiten
(Lithauer)«, Heidelberg 1883, die Überlieferungen darbieten, dafs die
Wenden und Lithauer von der sagenhaften Brücke ihres mythischen
Königs als einer roten sprechen, wie denn auch die Lithauer und
ihre Brüder, die Zamaiten, erzählen, dafs der Regenbogen aus dem
Blute des Engels der Sonne und des Regens entstanden ist, oder
aus dem Blute der Zemina und Mehna, des Perkunas und Lituwanis,
also der Göttinnen der Erde und des blauen Himmels, des Gewitter-
gottes und des Gottes des Regens.
Nun wäre ja immerhin die Möglichkeit denkbar, dafs die wen-
dische und lithauische Überlieferung in dieser Beziehung auf eine
Zeit zurückgeht, in welcher Wende und Lithauer den Bogen des
Himmels nur als einen roten zu sehen vermocht hat — in der
Sprache der Augendarwinisten zu reden. Es könnte dann dieser
Teil der Überlieferung, insofern er auf die sagenhafte Brücke Bezug
hat, erstarrt sein: ja, ich sehe nicht ein, wenn man zu solchen An-
nahmen bereit ist, warum man nicht im Sinne der sprachvergleichen-
den Mythologie in die Zeit der Gemeinsamkeit der Semiten und
Arier an der Hand dieses Beiwortes Rot für den Regenbogen zurück-
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Der Regenbogen. 93
gehen sollte, um daraus auf das Sehvermögen der Semiten und Arier
vor ihrer Trennung weitgehende Schlüsse zu ziehen, denn selbst im
Hesekiel (I 26 — 28) wird der Regenbogen im Gewölke mit einem
Manne verglichen, dessen Aussehen von den Hüften aufwärts wie
Glüherz war, von den Hüften abwärts aber wie Feuer.
Indes ich verwahre mich vor der Zustimmung zu solchen
Träumereien: erklärt uns doch mittelbar die Edda, warum in der
Sagensprache der verschiedenen Völker und der verschiedenen Zeiten
das Rot im Bogen besonders hervorgehoben wird: dieser Grund
liegt aber in den Eigenschaften der Farbe Rot und den sich daran
knüpfenden Vorstellungen.
Überdies, da nach der lithauisclw.amaitischen Überlieferung der
Bogen als aus dem Blute der kämpfenden Götter des Regens und
Gewitters, des blauen Himmels und der Erde entstanden bezeichnet
wird, so hindert allein die Einfügung der Göttin des blauen Himmels,
dessen Gestaltung die Mehna, die Blaue, nach Namen und Wesen
ist, im Sinne der Herren Gladstone-Geiger-Magnus in diesem Falle
an Urzeiten zu denken, in welchen die Menschen nur Rot, nicht
aber auch Blau gesehen haben sollen.
Ja! hätten wir keinen anderen Beweis für meine Behauptung,
dafs, wenn die Sagenerzähler und Dichter in dem Bogen das Rot
bedeutsam hervorheben, sodafs sie ihn geradezu nur als den Roten
bezeichnen, sie dies aus allen anderen Gründen thun, als aus dem
Mangel des Sehorgans, es würde Homer selbst uns denselben bieten.
Abgesehen davon nämlich, dafs jtoQqvQto^ eine Doppelfarbe
bezeichnet, mithin Homer mit Absicht nicht einfach tQvihQov, rot,
gesagt haben wird, wie der Dichter des Koran oder die Sagen-
erzähler der Lithauer und der Wenden dies gethan haben, sondern
mit seiner Bezeichnung auf Rot und Blau hingewiesen haben wird,
so rinden wir noch eine andere Erwähnung des Regenbogens in
der llias, aus welcher die Kenntnis der Mehrfarbigkeit desselben
vonseiten der homerischen Sänger sich durchaus klar und deutlich
ergiebt. Wir rinden diese Stelle im 11. Gesänge der llias v. 26 — 28,
w t o es von den Schildzieraten heifst: »Auf jeder Seite reckten sich
je drei Drachen aus Stahl nach dem Halse hinaus, den Regenbögen
gleichend, welche Kronion in den Wolken befestigt hat.«
Da es nun nicht wohl möglich ist, dafs den sechs Drachen, —
je drei auf jeder Seite, sechs Regenbögen, je drei auf jeder Seite, —
entsprochen haben, so müssen wir die Mehrheit des Wortes tgig
auf die Streifen des Regenbogens beziehen. In diesem Falle würden
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Der Regenbogen.
wir zu mehreren Streifen des Regenbogens gelangen : diese Streifen
können aber nur Farbenstreifen sein. Daraus folgt aber mit zwingen-
der Notwendigkeit, dafs Homer im Regenbogen verschiedene Farben
gesehen hat, auf welche hinzuweisen er ebenso berechtigt ist, wie
wir ihm als Dichter das Recht nicht versagen dürfen, zwei Farben,
oder auch nur eine, so bedeutsam hervorzuheben, wie er das mit
seinem Beiwort gethan hat.
Mit meiner Erklärung ist aber eine Deutung der angeführten
Verse der Ilias beseitigt, welche La Roche als die wahrscheinliche
erscheint, dafs nämlich in der bezeichneten Stelle der Ilias die Regen-
bogenstrahlen mit den Drachen wegen dej Farbenspieles des schillernden
Stahles verglichen werden, — denn die blauen Stahldrachen sind
fest auf den Schild geheftet, und die Streifen des Regenbogens
schillern nicht beliebig durcheinander, sondern sind an das Gewölbe
des Himmels befestigt.
Wer eines Dichters Worte nicht in ihrer Eigenheit erkennt,
der vermag aus denselben auch keine richtigen Schlüsse zu ziehen,
denn bei willkürlicher Deutung würden wir dahin gelangen können,
zu behaupten, dafs der altgriechische Dichter den Regenbogen bald
nur als einfarbigen zu sehen vermocht hat, bald als einen schillern-
den, während Virgil und Ovid bereits je iooo Farben darin zu
unterscheiden gewufst haben, da wir doch jetzt darin eigentlich
nur 6, oder Newton zuliebe 7, mit Hülfe der Photographie aber
etwa 8 oder 9 zu sehen vermeinen. Denn Virgil sagt allerdings
Aen. VII 701 ff. :
Iris mit Saffranschwingen im tauigen Lauf durch den Himmel
Gegen die Sonn' hinziehend den tau send farbigen Bogen,
Flieget hinab, und das Haupt ihr umschwebt sie. 159 )
Doch die 1000 Farben Virgils und Ovids, die eine Farbe des
Regenbogens der Lithauer und der Wenden, des Korans und des
Hesekiel — warum gehen die Augendarwinisten nicht so weit, zu
behaupten, dafs die Ebräer der ältesten Zeit auch noch nicht einmal
das Rot im Regenbogen zu sehen vermocht haben, da von dem
Bogen des Friedens nach der Sündflut eine Farbe allerdings nicht
erwähnt wird? — die Doppelfarben Homers, die drei Farben der
Edda gehören allein der berechtigten Ausdrucksweise des Dichters
und Sagenerzählers an — mit dem Farbenunterscheidungsvermögen
derselben haben sie nichts zu schaffen.
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Die Farbe des Himmels.
95
Achtzehntes Kapitel.
«
Die Farbe des Himmels.
Allein dem Mangel an richtigen Gesichtspunkten, welche eine
gesunde Erklärung des Dichters und Sagenerzählers bedingt, ist
endlich der letzte scheinbar überzeugendste Beweis für die Blau- und
Grünblindheit der Völker, nicht nur der homerischen Zeit, sondern
auch der alten Semiten und Inder entsprungen, wenn die Sprach-
forscher und Augendarwinisten w^der bei Homer noch in den Veden,
weder im alten Testamente noch im Koran eine Stelle gefunden zu
haben glauben, in welcher der Himmel als blau, oder das Gefilde
als grün bezeichnet ist. Zunächst ist nämlich nicht zu leugnen, dafs
im alten Testamente Beziehungen des Saphirs auf die Farbe des
Himmels nicht wohl zu beseitigen sind — dafs der homerische
Sänger das verschiedene Grün der Landschaft zu seinen Zwecken
künstlerisch zu verwerten weifs, haben uns die Homererklärer bereits
gezeigt — das wäre also das Sehen des Blau des Himmels und des
verschiedenen Grün des Gefildes — so ist doch selbst dann, wenn
diese Beziehungen nicht erwiesen wären, der Schlufs ein verfehlter,
welcher allein aus dem Nichtvorkommen einer uns geläufigen Be-
zeichnung Eigentümlichkeiten anderer Völker und anderer Zeiten zu
erschliefsen sich anschickt.
Wohin eine solche Art von Schlufsfolgerungen führen würde,
dafür seien nur einige wenige Beweise gegeben.
Nach Geoffroy z. B. »De la connaissance des couleurs dans
l'antiquite« findet sich Blau bei Corneille gar nicht, hat La Fontaine
nur einmal azur, wie das Chanson de Roland dieses Blau und das
Blau überhaupt nur da hat, wo es vom Schilde geschlagen wird.
Blau hat aber auch das Nibelungenlied nach meiner Arbeit
darüber nicht ein einziges Mal, denn sein Zerbläuen hat mit der
Blaufarbe nichts zu thun, da bliuwan schlagen heifst : nur durch An-
ähnlichung der Laute ist die Bedeutung des Blau in das Wort hinein-
getragen. Aber das Nibelungenlied hat auch Gelb nicht — nach
Preyer sogar die erste Farbe, welche der Mensch als solche erkann 4
hat. Damit sind wir aber nach der Art der Schlufsfolgerung unserer
Augendarwinisten zu dem blaublinden Corneille und zu den gelb-
und blaublinden Dichtern des Nibelungenliedes gelangt, ja unser
Goethe hat nach den Farbenbezeichnungen, die er in Hermann und
Dorothea verwandt, zu urteilen, nur bräunliche und rote Farben zu
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96 Unterschied in den Farbenbezeichnungen der Epiker, Lyriker u. Dramatiker.
sehen vermocht, blaue, rötlich-blaue, grüne und grünliche, nicht aber
gelbe, orangene und violette.
Der Himmel hat vor Jahrtausenden ebenso in blauer Wölbung
die Erde umschlossen, wie er das noch heute thut, und wenn die
Völker, ihre Sagenerzähler und Dichter nicht so viel von dem blauen
Himmel singen und sagen, wie das unsere Dichter zu thun pflegen,
so haben wir den Grund dafür nicht in ihrem Auge, sondern in
ihrem Geschmack zu suchen.
Neunzehntes Kapitel.
Unterschied in den Farbenbezeichnungen der Epiker»
Lyriker und Dramatiker.
Haben wir nicht umhin gekonnt, die Ansicht zu bestätigen, dals
die Sprache auch des Dichters als beweiskräftig für einen Mangel
im Sehvermögen seiner Zeitgenossen zu betrachten sein könnte, so
leitet sich doch solcher Mangel nicht ohne weiteres aus dieser oder
jener dichterischen, uns vielleicht zunächst auffälligen Verwendung
gewisser Bezeichnungen her: die Erklärung eines Dichters verlangt
eben die Darlegung der Absicht, aus welcher derselbe, gewisse Ein-
drücke in der Vorstellungswelt hervorzurufen, unter Umständen ab-
weichend von der gewöhnlichen Rede des alltäglichen Lebens auch
gewisse Farbenbezeichnungen setzt oder vermissen läfst : einen Schlufs
auf die Beschaffenheit seines Sehorgans zu ziehen, darf nur der wagen,
welcher trotz Berücksichtigung dieser Verhältnisse den Beweis un-
umstöfslich geführt, dafs der Dichter und seine Zeitgenossen durch-
weg in der Bezeichnung verschiedener Farben nach seinen Dar-
legungen geirrt haben.
Es erübrigt, dafs ich jetzt die Gründe dafür gebe, dafs ich
in dem nun folgenden Teil meines Werkes die Farbenbezeichnungen
nicht Homer allein entnommen habe, von dem seit Gladstone die
Untersuchungen der Augendarwinisten recht eigentlich ihren Aus-
gang genommen, sondern den gesamten griechischen Epikern von
Homer bis einschliefslich Quintus Smyrnäus, Lyriker und Dramatiker
aber nur beiläufig berücksichtigt habe.
Wie mir scheint, unterliegt es keinem Zweifel, dafs der epische
Dichter in höherem Mafse die Gebilde seiner Einbildungskraft mit
der wirklichen Welt in innige Beziehung zu setzen sich zu bemühen
Unterschied in den Farbenbezeichnungen der Epiker, Lyriker u. Dramatiker. 97
hat, als der Lyriker und Dramatiker. Ist das aber der Fall, so mufs
die wirkliche Welt sich in der epischen Dichtung besser erkennen
lassen, als dies in den Schöpfungen der Lyrik und Dramatik möglich
ist. Wird diese Ansicht als richtig anerkannt, so werden auch die
Farbenbezeichnungen des Epikers mehr Anspruch darauf erheben
können, dafs sie das Wesen und die Farbe der Dinge dieser Welt
bei aller Freiheit des Dichters schärfer wiedergeben, als die Beiworte
der Lyriker und Dramatiker, welche mehr die persönlichen An-
schauungen des Dichters und die augenblickliche Stimmung des-
selben wiederzugeben bestimmt sind.
Nun haben wir aber die Möglichkeit, aus den Heldendichtungen
der Griechen für unsere Untersuchung Stoff zu gewinnen, welcher
den Schöpfungen eines ungeheuren Zeitraumes entnommen ist; setzt
man die Zeit des Homer auf die Zeit von 950 bis 900 an, die-
jenige des Quintus Smyrnäus auf die zweite Hälfte des vierten Jahr-
hunderts unserer Zeitrechnung, so bietet sich uns ein Stoff dar,
welcher mit Berücksichtigung der Quellen, aus denen er geschöpft ist,
gewisse Eigenheiten eines Volkes erkennen zu lassen die Möglich-
keit den Schöpfungen desselben entnimmt, die das dichterische
Spiegelbild des Volks- und Vorstellungslebens sind über einen Zeit-
raum hin von mehr als 1200 Jahren. Somit ist durch meine Arbeit
die volle Gelegenheit gegeben, Fragen, wie die berührte, von den
verwegenen Folgen einer subjektiven Laune zu befreien. Deshalb
habe ich die Mühe nicht gescheut, nicht nur die Epiker, welche in
diesem langen Zeitraum geschaffen, zu lesen und die Farbenbezeich-
nungen aus ihren Schöpfungen auszuziehen, sondern auch jedes Wort,
welches irgend welche Beziehung zur Farbe hat, in dem Zusammen-
hange auf seine Bedeutung hin zu untersuchen, in welchem dasselbe
gefunden wird.
Und nun wenden wir uns den Farbenbezeichnungen im ein-
zelnen zu.
Veckenstedt, Geschichte der ff riech . Farbenlehre.
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9 8
Die Farbenbezeichnungen der Epiker.
Die Farbenbezeichnungen der Epiker.
Zwanzigstes Kapitel.
Schwarz.
Der folgende Teil der Arbeit schickt sich an, die Farben-
bezeichnungen der griechischen Epiker in ihren Verbindungen mit
Hauptwörtern zu bieten, oder die Hauptwörter allein, wo dieselben
Beziehungen zu einer Farbe erwiesen. Schwarz mag den Anfang
machen mit allen der Schwarzgruppe angehörenden Worten.
x. a) fiiXccg schwarz.
Der Ursprung des Wortes (JtXac, sowie die verschiedenen
Farben und Abstufungen, welche den diesem Worte entsprechenden
Bildungen in den verschiedenen Sprachen zukommen, sind von mir
bereits behandelt worden (siehe S. 57); wir untersuchen jetzt die
Verwendung des Wortes bei den griechischen Epikern. Es findet
sich dort als Beiwort von den Schafen (Accus.) oiv II. 10, 215, vom
Lamm (Accus.) aQva II. 3, 103, dem Adler ahxoq II. 21, 251, den
Robben (fdüxai H. H. I 77.
Das Wort gesellt sich der Haut des Stieres, welche durch das
dichte Haar schwarz wie Wolle erscheint ötQfia ravQoio Xdxvq
(itXav, Apol. I 325, dem Maul der Hunde, welche jivqqo'i feuerrot,
rotgelb genannt werden, Ep. Gr. fr. Antim. 98, dem Blut alfia H.
4, 149, dem geronnenen Blut ßyorov Od. 24, 109, dem Herzen
TjxoQ Q. Sm. 5. 379, der Wunde des Philoktet Q. S. 9, 376.
Von Pflanzen und deren Teilen steht es bei Epheu y.tocoq
H. H. 7, 40, den Trauben ßozQvtc II. 18, 562, der Rinde (nach
Aristarch), der Eiche to fttXav ÖQvdg Od. 14, 12.
Zu Steinen gesellt es sich bei dem Stein im Felde Xt&oa
II. 7, 265, dem Stein der Grenze II. 21, 405 und dem heiligen
Stein Xtftoa iiQoz Ap. 2, 1172.
Von Erzeugnissen, welche den Einflufs von Natur und mensch-
licher Thätigkeit bekunden, treffen wir fitXac schwarz bei dem Wein
nivoc Od. 9, 196 — derselbe Wein wird v. 208 iyv&Qoq genannt —
dem Schiffe vavg II. 1, 140, dem Stahl xvavog IL 11, 24, dem
Schwert aog Q, S. 2, 543, dem Eisen oidrjQoq H. E. 151, der Asche
Ttg>QT] II. 18, 25, dem Aschenhaufen ojtoöiij Od. 5, 488,
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Die Farbenbezeichnungen der Epiker.
99
Ordnen wir jetzt die Beifügung fitXac zu den Elementen (im
Sinne der Alten), so gesellt sich das Wort zu der Erde yala II. 2,
699, der Erde, welche unter den Füfsen aus dem Wasser hervor-
scheint Od. 11, 587, dem Festland rjxtiQog Od. 14, 97, der Insel
Kerkyra Ap. 4, 569, die schwarz durch den Wald, xtXati'Ti vXjj,
der dunkel ist, erscheint, — dem Staub xortg H. H. 3, 141.
Auf das Element des Wassers bezogen gesellt es sich zu dem
Wasser des Aisepos, des reifsenden Gebirgsstromes vom hellespon-
tischen Phrygien (nicht aber von Klein-Mysien, wie Ebeling und
einige andere Gelehrte angeben) vöcoq Ahijjtoio II. 2, 825, zu der
Woge des Meeres xvpci Od. 5, 353, der aufschauernden Meeres-
fläche q()t§, Od. 4, 402, dem Meer jcovtoc Ap. 1, 922, dem Regen
of/ßQoq Ap. 3, 126, und durch den Superlativ (ie Xävraxoq < auf die
höchste Steigerung des Eindrucks hinweisend, welchen derselbe,
aus der schwarzen Wolke hervorströmend, zu machen imstande ist.
Dem Element der Luft, dem Nebel und Rauch, wird es gegeben
wie der Wolke vitf-oz U. 4, 277, welche schwärzer als Pech genannt
wird, dem Rauch xcrnvoc Q. S. 10, 194, und Sturm XaZXay Q. S. 6, 368.
Von Nacht, Abend und Dunkel steht es bei der Nacht vv$
II. 9, 65, dem Dunkel der Nacht tnxtbq xvtyag Ap. 4, 437, dem
Abend töxtQos Od. 1, 423, der Dunkelheit (der Mitternacht?) £o<£oc
Ap. 2, 921.
Von nicht der Wirklichkeit angehörenden Dingen, bei Gestal-
tungen einer übersinnlichen Welt, sowie in übertragener Bedeutung
findet sich fitXa$ schwarz bei dem Hause der Vergangenheit öoptoc,
tiftiiq Q. S. 4, 167, dem Chaos jfaoc, welches vom Himmel herab-
steigt Ap. 4, 1693, der Todesgöttin xfjc II. 3, 454, den Keren des
Todes xi^tc &avaroio II. 2, 834, dem Tode fravaroc II. 16, 687,
der schwarzen Wolke des Todes vttfoz II. 16, 350, den Qualen
odvvat 11. 4, 117, dem Kummer dvhj Q. S. 9, 367, dem Verderben
oXt&Qoc Q, S. 2, 486, dem Geschick tiot^oq Q. S. 6, 51, dem
Pfad oldfja.
Bevor wir diejenigen Fälle noch besonders behandeln, in welchen
uns fit'Xac in der Bedeutung von schwarz, einem Substantiv gesellt,
etwa auffallend erscheint, gehen wir jetzt zu den Zusammensetzungen
des Wortes über.
b) MXfiftiXaq ganz schwarz,
als Beiwort von tcwqol Od. 3, 6 und öiq Od. 10, 525, den Stieren
und dem Schafe.
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100
Die Farbenbezeichnungen der Epiker.
c) afi<pifuXa$ auf beiden Seiten, ringsum schwarz
gesellt sich nur zu vQtveg Zwerchfell D. I 103 u. s. w. Das
Zwerchfell steht aber nur in übertragener Bedeutung. Von den Ge-
lehrten wird die Zusammensetzung des Wortes bestritten oder ge-
billigt. Nach der Erklärung der Alten ist dies fitlag oder atupipitZac
gesetzt, weil das Zwerchfell in der Tiefe liegt oder aber um zu
bezeichnen, dafs der Zürnende dunkel aussieht, der Nacht vergleichbar.
Koppen lafst die schwarzgrüne Galle, welche bei dem Zürnenden
erregt wird, das Beiwort rechtfertigen. Mir scheint, dafs die Beob-
achtung, dafs der Zürnende durch das erregter und deshalb dunklere
vom Herzen ausströmende Blut die Anwendung dieses Beiwortes
auch für vq&ec, im Sinne der Alten, — denn wir würden dafür
Herz sagen — erklärt. In diesem Falle würde Schwarz auf die tiefste
Steigerung von Rotbraun hinweisen.
d) fteXdfißQOTog voll schwarzer Menschen,
so wird Äthiopien Al&ioxsia nach der Farbe seiner Bewohner genannt
Q. S. 2, 32, wie das äthiopische Land bei Eur. frg. Arch. 2.
Je) fieXccyxQoty? schwarzhäutig
wird Odysseus, an sich ein gavfrog, ein Held mit gelbem Haar,
nach der Farbe seiner Haut genannt Od. 16, 175. Das Beiwort ist
im Sinne unseres Rothaut, gelber Mensch, Weifsgesicht zu verstehen,
— es bezeichnet somit den schwarzen Schimmer, in welcher die
von der Farbe der Gesundheit strotzende rotbraune Haut des Odys-
seus in höchster Steigerung des Eindruckes, welchen dieselbe hervor-
ruft, erscheint — wie wir nach der Steigerung des Schimmers der
Haut bis zu Rot und Gelb die Indianer und Chinesen benennen,
die Schwarzen uns von gleicher Anschauung die Weifsen.
t) fteXccvoxQOOS
wird in derselben Bedeutung der Herold Eurybates genannt Od. 19, 246.
g) fieXavoxQtog,
die dritte Bildung des Wortes in derselben Bedeutung, wird den
Äthiopiern gegeben Alftiojiijsq Q. S. 2, 642, aber auch den Waben
xyQoi Q. S. 3, 224, in der II. 13, 589 den Bohnen. Von der faba
vulgaris, der Saubohne, lehrt uns die Pflanzenkunde, dafs sie dicke,
schwarzwandige Hülsen hat.
h) fitkavvÖQoq schwarzwassrig,
vom Wasser der Quelle gesagt II. 9, 14.
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Die Farbenbezeichnungen der Epiker. 10 1
i) fteXavötxog schwarz gefafst,
vom Griff oder der Scheide, werden Od. 17, 718 die ydoyara, die
Schwerter genannt, auch heifst so das Bronzeschwert &oq gaAxcop
H. A. 221. — Nach den Schol. wären die also bezeichneten Helte
nach dem Eisen oder einer dunklen Holzart schwarz genannt.
k) fitkayxittoq wird mit schwarz übersetzt.
Xenophon und Pollux führen von der Bedeutung schneefrei,
von Hasenlagern, in welchen der Schnee weggeschmolzen ist, zu
Schwarz, aber eine solche Erklärung ist gesucht. Da nun von Quintus
Smymäus der Sturm XcdXarp und der Regengufs ofißQoc schwarz
genannt werden, da der zweite Teil des Wortes, x^og also, sich
in x«Z//a Sturm, Regengufs wiedererkennen läfst, so bin ich geneigt,
»schwarz wie der Regengufs« zu übersetzen.
Gegeben wird litXayxifioq dem Gift loq Ap. 4, 1508.
1) fitXtdvo» mache schwarz, f/eXaivo/ucu werde schwarz, nur Pass.
Schwarz sind die Trauben geworden, özagyvXal H. Asp. 300;
■dafs auch die Frucht des Ölbaumes durch die Tropfen des Winter-
regens schwarz wird, erfahren wir aus Q. S. 4, 263.
Das Wort wird zu den Kiefern der Drachen gesetzt ywtia
H. A. 167 und der Haut der verwundeten Aphrodite, von welcher
es heifst fieXalvtro 61 xpoa xaXov II. 5, 354, wo der Scholiast es
mit xtXiövovro erklärt; er trägt also die Färbung von Fahl bis in
das Blaue in das Wort hinein: das heifst aber denn doch der Be-
deutung des Wortes Zwang anthun, deshalb ergänze ich mit anderen
Homererklärern aifian.
Auf die Elemente im Sinne der Alten bezogen, finden wir
(issLaivofdai von der Erde und dem Äther gesagt ala xal ai&rjQ
Q. S. 6, 166; sodann von dem Boden der Erde beim Pflügen H.
18, 546 und Q. S. 5, 63; Kerkyra KtQxvQa wird schwarz durch
einen dunklen Wald Ap. 4, 569.
m) fteXdvto => {ttXccvtat, fteXecivoftai.
Das Verbum steht auf schwachen Füfsen, denn Bergk hält es
für einer Vermutung von Aristarch entsprossen : er schreibt demnach
II. 7, 64 nicht fifXavei 6i re Jtovtov vx avrfj, wie Aristarch, son-
dern (JtXavel dt rs novxoq vx' avrov, die Form als intransitives
Präsens oder als Futurum fassend. La Roche liest (itXdvu dt rs
jtovxog bn avrijq. Sind für uns die grammatischen Untersuchungen
hier nicht von besonderer Wichtigkeit, so ist es doch der vom
Dichter geschilderte Vorgang, dafs die Farbe des Meeres schwarz
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102
Die Farbenbezeichnungen der Epiker.
erscheint unter dem Einflufs des Zephyr und seiner die Wogen
kräuselnden Gewalt.
Gehen wir nun auf diejenigen Farbenabstufungen naher ein,,
zu deren Bezeichnung wir (jtXaq verwandt gefunden haben, so ist
es in Steigerung des Eindrucks für Rotbraun gesetzt, Braun und
Schwarzbraun bei den Schafen, dem Lamm, den Stieren, Adlern,
Mäulern der Hunde, dem Blut, dem Herzen, den Trauben, dem
Wein: den Äthiopiern, Odysseus, Eurybates, den Waben — denn
xrjQog ist zwar in der Odyssee mit Wachs, sonst aber auch, je nach
der Verwendung, mit Waben zu übersetzen.
ptZävdtTOQ wurde vom Bronzeschwert gesagt, auf den Über-
gang aus dem Kupferrot in Schwarz hindeutend, wenn das Wort
nicht, wie wir es erklärt, auf eine Scheide schwarzen Aussehens
sich bezieht.
Das Schwarz der Wunde des Philoktet haben wir uns wohl
aus dem graubraunen Aussehen derselben hervorgegangen zu denken.
Aus Grau in Steigerung der Abstufung in das Dunkele hinein
gelangen wir zu Schwarz bei den Robben, der Rinde der Eiche,
dem Schiff, — wenn nicht an einen gelbbraunen Teeranstrich der-
selben zu denken ist — der Asche, dem Staub.
Das Graugrün des bewegten Meeres führt in höchster Steige-
rung der Farbenabstufung zu Schwarz, auch wohl des Wassers der
Quelle. Freilich kann wohl auch das Gebirgswasser durch das Grau-
braune oder Chokoladenbraune seines Aussehens, veranlafst durch den
Untergrund, Anlafs zu der Bezeichnung schwarz geben.
Das Dunkelgrün wandelt sich in Schwarz bei dem Epheu.
Wolken und Rauch gehen aus dem Graublauen in das
Schwarze über.
Sturm, und zwar der die Wolken herbeiführende, Chaos, Abend,.
Nacht werden nach ihrem Mangel an Licht als schwarz Dezeichnet.
Der Gebrauch des Schwarz als Farbenbezeichnung, im über-
tragenen Sinne, ist, wie in entsprechenden Fällen bei anderen Farben,
einer besonderen Behandlung, als dieser Aufgabe fernliegend, nicht
zu unterziehen.
Sehen wir nun von der Schärfe in der Verwendung der Farben-
bezeichnungen ab, wie sie die Augendarwinisten zwar erträumen, wie
dieselbe aber nicht einmal in allen Fällen der Philosoph giebt, keines-
wegs auch stets der Gewerbtreibende, da er mehr als eine seiner
Bezeichnungen auch da noch beibehält, wo sich die Abstufung der
Farbe längst unter seinen Händen gewandelt hat, am wenigsten aber
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Die Farbenbezeichnungen der Epiker.
103
der Dichter, welcher seine Worte um bestimmter Eindrücke willen,
die er hervorzurufen beabsichtigt, wählt und setzt, so rinden wir unter
den Worten, welchen fieXag schwarz gegeben ist, eigentlich nicht
eins, bei welchem wir bei gewisser Freiheit der Rede schwarz nicht
auch zu setzen uns erlauben dürften.
So erinnere ich für den Übergang von Rotbraun, Braun und
Schwarzbraun nur an den vino nero der Italiener — Plinius giebt
dem Wein H. N. XIV 9 (n) die Farben albus, fulvus, sanguineus,
niger — Weifs-, Braun-, Rot- und Schwarzwein — das Graugrün des
Wassers finden wir als Schwarz wieder in Schwarzwasser, schwarze
Elster, und das Gebirgswasser mag gleichfalls durch seinen Unter-
grund, wie bemerkt, als schwarz angesprochen werden.
Das schwarze Ägypten verdankt seinen Namen dem Aussehen
der Acker- und Schlammerde aus dem Hochland von Abessynien.
Das Dunkelgrün wandelt sich auch bei uns in Schwarz in
Schwarzwald, Schwarzpappel u. s. w.
Auch wir sprechen von schwarzen Wolken, schwarzem Rauch,
einer rabenschwarzen Nacht u. s. w.
Somit können die Beziehungen der Bezeichnungen der griechi-
schen Epiker in der Gruppe Schwarz keineswegs ungewöhnliche
genannt werden.
Einundzwanzigstes Kapitel.
Dunkel.
Wir gelangen zur Gruppe Dunkel in seinen verschiedenen
Abstufungen, insoweit die Worte dieser Gruppe Anspruch auf eine
volle oder annähernd gesicherte Beziehung auf die Farbe erheben
können.
1. vv§ die Nacht,
als tiefste Abstufung des Dunkels, für diese Arbeit natürlich nur in
den Fällen zu beachten, wo vvg sich der Farbenbezeichnung schwarz
etwa gleichsetzt. Bekanntlich wird auch das lateinische niger auf
Nacht zurückgeführt.
Mit Nacht vvxtl hüllt Hephaistos den Idaios ein II. 5, 23,
Ares bedeckt die Schlacht mit Dunkelheit oder Nacht II. 5, 507,
vvxxa txctXvipe fiäxy, einen leichteren Grad der Dunkelheit giebt
Q. S. mit den Worten töJtfQir] vug 10, 198.
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104 Die Farbenbezeichnungen der Epiker.
2. a{t<piXvxij Zwielicht, Dämmerung,
wird von den Sprachforschern seinem zweiten Bestandteile nach auf
Xvx luceo, W. ruk' scheinen, leuchten zurückgeführt. Weder Her-
leitung noch Bedeutung können für zweifelhaft gelten. Die Ilias
stellt das Wort Gesang VII 433 zur Nacht rv§, nachdem bemerkt
ist, dafs es noch nicht Morgen war. Ap. 2, 671 weist auf diese
Abstufung des Schwarzes und des Dunkels der Nacht zum Grauen
des Morgens, wenn er ausführt, dafs die Erwachenden Zwielicht,
aft(fitZvxt}, jene Zeit nennen, wo es noch nicht Licht ist, und nicht
mehr ganz Finsternis herrscht.
3. aftoXyoq geben die Wörterbücher wieder mit Dunkel der Nacht,
Dunkel (Melkzeit).
Die althergebrachte Verknüpfung mit a(jtXy<o melken ist un-
wahrscheinlich : abgesehen von allen anderen Bedenken ist die Nacht
nicht die Melkzeit.
Soll der Ausdruck von »Molken als Bild der Dichtheit oder
von der strotzenden Fülle des straffen Euters«, wie Ameis behauptet —
was hat sich derselbe bei der letzteren Ausführung wohl gedacht, die
auch Hentze gedankenlos stehen läfst, auf welche der sonst so klare
Autenrieth verweist? — hergenommen sein, »oder von einem fioXyoc
gleich vtyoq und a privativum für wolkenlose Nacht (was am an-
nehmbarsten erscheint)«, so würden wir das eine Mal zur Dichtheit
oder strotzenden Fülle — doch wohl dem höchsten Grad der Dunkel-
heit der Nacht — geführt werden, das andere Mal aber zur wolken-
losen Nacht.
Nach einer anderen Herleitung kommt das Wort von (10X, (iXo
(fiXciöxa)) ßXtDGxco gehen, kommen, 'mluß sich verbergen, nieder-
gehen — dunkel, poXvvco, pfXatvoo schwärzen. Diese Herleitung
giebt angemessene Bedeutung, denn das Wort findet sich stets in
der Zusammenstellung Lv vvxxoq aptoXym Od. 4, 841 — und da
II. 15. 324 die Nacht in dieser Zusammenstellung noch das Beiwort
(jtXatvr/ hat, so ist an das tiefste Dunkel, an Schwarz zu denken.
Das Schwarz der Nacht pflegt aber nie in durchaus wolkenloser
Nacht zu herrschen, was Ameis hätte wissen müssen.
4. xve<pa$ das Dunkel.
Das Wort wird auf die Wurzel skap bedecken zurückgeführt.
Die Dunkelheit xvirpaa kommt herauf kxl xvi<pa<: yX&e II. 8, 500.
Die Nacht führt die Dunkelheit auf die Erde Ap. 3, 744, sie ist der
Gegensatz des Tages Ap. 2, 407, ovde ?)fiaQ — ov xvigxxc.
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Die Farbenbezeichnungen der Epiker.
105
5. a) öxoxoq die Finsternis, das Dunkel.
Das Wort wird auf ska decken, bedecken, bergen zurückgeführt,
es bezeichnet das Dunkel, welches dem Sterbenden die Augen um-
hüllt oooe xdXvipe II. 4, 503.
b) öxoroetq reich an Finsternis, reich an Dunkelheit.
Das Wort gesellt sich zur Wolke vttpoq H. E. 555, zur Nacht
vvg Ap. 4, 60, zum Dunkel der Nacht £6<poq Ap. 2, 1105; — in
übertragener Bedeutung zu ytvt&ty Herkunft, Abstammung.
6. a) xeXaivog dunkel, schwarz
"wird auf die Wurzel xclq kal hehlen, hüllen, bedecken zurückgeführt,
als Beiwort wird es wie fifXaq gesetzt. So gesellt sich das Wort
zu alfia Blut 11. I 303, i]zoq dem Herzen H. A. 429, der Haut
dtQfia H. 6, 117, im Innern des Schildrandes, des Felles ötQoq Ap.
2, 119, des Bären aQxxoq, der Erde x&™ v J 6> 3&4> ata H. A.
153, dem Wald vXij Ap. 4, 569; dem Meer ciXq Q. S. 7, 572, der
Salzflut äXf47] Ap. I 542, der Woge xvpa II. 9, 7, dem Wasser des
Sees Xtfivr] Ap. 4, 608; — aber auch zu dem Sturm XalXaip II. 11,
747, dem Nebel ä%Xvg Ap. 2, 1 103, dem Qualm Xiyvvq Ap. 2, 1007,
dem Saft der Eiche Ixpaq q^yov Ap. 3, 858, sowie den Todes-
göttinnen KfjQeq Q. S. 6, 498.
b) xfXatv€<p7jq dunkel, schwarzwolkig,
ein Beiwort des KqovIcov II. 1, 397. Ist diese Bedeutung richtig,
so ist ein Zwiespalt zwischen der Gestaltung des Himmels als Zeus
oder Kronion als Gottheit und dem Beiwort nicht zu verkennen,
es sei denn, dafs das Beiwort auf den zürnenden Zeus hinweisen
soll. Deshalb auch mag Lehmann (Neustettin 1870) zu dem Schlufs
gekommen sein, dafs xeXai ein Lokativ von einem vorauszusetzenden
xhXoq sei; demnach erklärt er »im Dunkel der Wolken (wohnend)«.
Nun tritt aber xeXcuvtg>?}q auch in der Bedeutung von Schwarz
zu alfia Blut II. 4, 140. xeXaivegn'jq als Beiwort zu alfia läfst die
Lehmannsche Erklärung als unmöglich erscheinen.
c) (tXQöXtXcuvtaoj mit dunkler Oberfläche,
II. 21, 249 vom Skamander gesagt, also einer angeschwollenen
Wasseroberfläche.
7. a) tQeßoq die Finsternis, das Reich des Dunkels und des Todes.
Man ist geneigt, das Wort von iQttpeiv herzuleiten, aber auch
mit skt. rägas in derBedeutung Finsternis, Nacht, zusammenzustellen :
rägas wird aut rag färben zurückgeführt.
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106 Die Farbenbezeichnungen der Epiker.
Mir ist dagegen Zusammenhang mit dem semitischen Ereb,
Westen, und dann übertragen das ferne, dunkle Land, wahrscheinlich.
So wandeln die Gefallenen in das Land des Dunkels — nach meiner
Erklärung in das ferne, dunkle Land II. 16, 327 ßrjrjjv sig "EQeßog
u. ö. Ap. 4, 385 giebt demselben das Beiwort nichtig ittxaftdviov
(eigentlich mit dem Winde?).
b) tQfßfvvog dunkel, finster
gesellt sich zur Nacht vvg II. 5, 864, zu den Wolken rtqxa II. 22,
309, dem Dunkel, welches aus den Wolken sich bildet — Ix rs-
<p£<ov iQsßevvri yalvtxai ar\Q II. 5, 864.
c) (QffJtvoq.
Dasselbe Wort in derselben Bedeutung, aber gewandelter Form,
findet sich bei der Ägis aiyig II. 4, 167, der sagenhaften Gestaltung
der Gewitterwolke, der Erde yala Od. 24, 106, aber als Totenland.
Der Abend %ojtiQoq heifst finster, dunkel bei Ap. 4, 1290,
Zetes und Kaiais schütteln ihre dunklen Flügel jttiQvyeg Ap. 1, 229.
Q. S. giebt das Beiwort den Keren 1, 651, auch findet es sich bei
XU a, den Netzen der Jäger, wohl in übertragener Bedeutung, eben-
falls bei Q, S.
8. a) OQifvti die Dunkelheit.
Das Wort wird auf kQtipm und weiterhin auf die Wurzel rap
bedecken, bedachen zurückgeführt. Fick stellt das altnord. iarpr
ruscus hierher. Wenn diese Gleichsetzung richtig ist, so würde
hiermit die Verwandtschaft in der Anschauung mit oQ^vivog, welches
wir bei den Philosophen in der Bedeutung von Braun kennen
gelernt haben, gegeben sein.
Nach Q. S. umhüllt die Nacht ihre Gestalt mit Finsternis
xaAvipafitVT] öipag OQ<f vij schreitet Äneas im Dunkel dahin iv ÖQyvy
13, 326. Dem Wort wird die Zufügung XvyQq traurig, elend gegeben
bei Q. S. 3, 79; gleichgesetzt werden öwvt/ und Q. S. 2, 641.
b) OQifvaloq finster, dunkel
begegnet uns als Beiwort zur Nacht II. 10, 83 und zu den
Gewändern yaQta Ap. 8, 863.
c) OQtpvqug reich an Dunkel, Finsternis
ist das Beiwort der Nacht vv§ bei Q. S. 3, 657.
9. a) C,ö<pog Abend, Dunkel
wird auf das semitische zaphom Mitternacht zurückgeführt. Als
Abenddunkel begegnet es uns Od. 3, 355 — ffuog oiztfr' vxo yxiov,
Die Farbenbezeichnungen der Epiker.
das Licht ging hinab in das Dunkel Apol. i, 452, fügt ausdrücklich
roch das Scheiden der Sonne hinzu xXivorxog rjeHoco.
Das dunkle Reich des Todes erlost sich Hades II. 15, 191,
HldijQ 6* iXaxe £<k/oi> riiQotvxa, die ganz allgemeine Bedeutung von
Dunkel hat das Wort bei Q. S. 1, 393 £ö<fo<; fiiv txQvyt.
b) Co<ftQog dunkel
ist Beiwort des Chaos H. Th. 814, bei Ap. 3, 1265 des Äthers '
QoytQOlo xat al&tQOQ.
10. dvo<f€Qoq dunkel
wird aus der früher berührten Wurzel skap hergeleitet, das Wort
soll aus einem angenommenen yvoytQoq entstanden sein, indem 6
für y eingetreten wäre. Ist die Herleitung nicht so klar, wie sie
erwünscht wäre, so ist es doch die Bedeutung. Das Wort gesellt
sich zur Nacht vv§ Od. 13, 269, zur Erde yij H. Th. 736, der
Scholle ßäkos Ap. 3, 1055, dem Pech xiaoa H. Tr. 248, dem
Wasser der Quelle vöcoq H. 915, der Zunge des Drachen H. Th. 826;
Q. S. giebt das Wort auch der Dunkelheit OQ(ppt}.
11. vtipikti die Wolke,
wird aus na und bhas, die nicht leuchtende, erklärt. In der Bedeu-
tung von Dunkel tritt sie uns entgegen in der Ilias 5, 186, wo sich nach
den Worten des Pandaros eine Gottheit mit derselben die Schultern
eingehüllt hat, um sich unsichtbar zu machen vtytlq eiXvfdevoq aifiovc-.
12. a) «x^vq Nebel, Dunkel,
von der Wurzel ak ank dunkel, in II. 5, 127, wo das Dunkel von
den Augen genommen wird axXhv — «jr oy&aXfiüiv %Xov.
Mit Nebel und Dunkel «x*ut einhüllen und dadurch unsichtbar
machen hat Q. S. 2, 582. Die Nacht hüllt die Gestirne mit Nebel
und Wolken ein Q. S. 2, 627 ax^vi xal vt<pttooi — welche Worte
auch Ap. 4, 1406 gleichsetzt.
b) dxkvio dunkel, finster werden
sagt die Od. 12, 406 vom Meer xovtoq.
c) ixaxMat verdunkelt, finster sein
findet sich bei Ap. in Beziehung auf den Mond pt^n 4, 1480, das
Meer QdXaoca 14, 461 Q. S.
d) vxaxlvva* allmählich dunkel werden
sagt Ap. 1, 67 bei dem Himmel ovQavoc.
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io8
Die Farbenbezeichnungen der Epiker.
e) dx^vouq nebelreich, reich an Dunkelheit
wird von Ap. 4, 927 die Luft al^rjQ, mit der Hinzufügung durch
Rauch xajivdä genannt.
i}. a) axta der Schatten.
Das Wort wird auf die Wurzel oxa decken, bergen, zurück-
geführt. Wir haben das Wort nur insoweit zu beachten, als es sich
auf ein Verdunkeln bezieht. So steht das Wort H. H. 5, 100 bei
dem Brunnen <pQtaQ.
b) öxtd<o beschatten, verdunkeln.
Das Wort findet sich Od. 2, 388 oxiocovxo rs näoai ayvial —
die Strafsen wurden alle dunkel, — nachdem die Sonne unter-
gegangen war.
c) Oxid$M beschatten,
11. 21, 232 von der breitscholligen Flur gesagt aQovQa, welche be-
schattet, verdunkelt wird.
d) vxooxtda* allmählich beschatten, dunkel machen.
Dunkel werden die Gefilde uqovqcu Ap. I 451.
e) axtöftg schattenreich, dunkel
werden die Berge genannt ovQea H. 1, 157 heifst der Hain aXaoz
Ap. 2, 404, wird von den Gemächern gesagt fidyaQa Od. 1, 365,
den Behausungen tvavXoi H. H. 4, 74, dem Altar ßcofioq Ap. 4, 17 16.
t) ßa&vaxios tief schattig
heifst die Höhlung, die Schlucht, der Schlund xtv&fMuv H. H. 3, 229,
die Luft, der Dunst ar t Q Q. S. 6, 645.
g) öadxioq sehr schattig
wird als Beiwort dem Wald vXrj gegeben H. H. 27. 7.
h) wtXloxioq dichtbeschattet
heifst die Höhle uvxqov H. H. 3, 6.
i) äokixocxioq langschattend,
wenn wir nicht für die Herleitung und die daraus folgende Über-
setzung langschaftig, weitgehend uns entscheiden, wird von der
Lanie g esa gt D. 5, 280.
14. ttfiavQoq dunkel
gilt für eine Zusammensetzung von a mit aufhebender Kraft und
der Wurzel fiaQ leuchten, glänzen, schimmern: das Wort wird dem
Schattenbild tlömXov beigefügt Od. 4, 824: die Bedeutung »un-
schimmer« ist gesucht und unhaltbar.
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Die Farbenbezeichnungen der Epiker. I0£
15. kvyaloq dunkel, finster
ist Zusatz zur Nacht bei Ap. 3, 857 vv§, wie zu den Wolken vi<pua
Ap. 1, 214.
16. nvQixavOToq im Feuer gebrannt, schwarz,
vom Pfahle axmXog II. 13, 564.
Da die berührten Worte die verschiedenen vom Dunkeln in
das Schwarze eingehenden Farbenabstufungen bezeichnen, bei ur-
sprünglich verschiedener Unter- oder Grundfarbe, so genügt es, zur
Erklärung ihrer Verwendung in dieser Beziehung auf das bei (itXag
schwarz Gesagte hinzuweisen.
Erstaunlich reichhaltig ist die Fülle dieser Bezeichnungen, sodafs
wir zu jedem der behandelten Worte und zu der Farbenabstufung,
auf welche sie hinweisen, ein vollständig entsprechendes deutsches
Wort nur mit Mühe zu bieten vermögen.
Zweiundzwanzigstes Kapitel.
Braun.
MoQfpvoq wird als Adjektiv mit dunkelfarbig, schwarz über-
setzt, — nach der Herleitung von 0Q<pvi), wie Hesychius will, aber auch
schnell, räuberisch von (mxqjitw — die Scholiasten gehen auch auf
fioQtyq zurück und gelangen zu schöngestaltet — als Substantiv mit
Sumpfadler, von Autenrieth und Ebeling, — Adlerart, welche in
Sümpfen und Thälern wohnt, von Seidler-Capelle, die sich für diese
Angabe auf Aristoteles H. A. 9, 32 berufen. Zunächst sei bemerkt,
dafs es einen Sumpfadler bei Aristoteles nicht giebt. Dafür läfst uns
aber Aristoteles keinen Zweifel übrig, welcher Art der Adler angehört,
dem er das Beiwort (joq<£1'6q giebt; das aber ist nach ihm die zweite
Art, 6 xXdyyoq xaXovfiUvoq, von dem Aristoteles sagt, dafs ihn
Homer bei dem Auszug des Priamos erwähnt, also II. 24, 316. Von
diesem Adler berichtet Aristoteles, dafs er in Waldschluchten horstet,
in Bergthälern und am See (oixtl du ßijooag xai äyxrj xai Xifirag).
La Roche macht nun aus diesem Adler den Schwarzadler, nach
dem Zusatz in der Ilias oV xai nugxvov xaXiouoiv, denn xuqxvov
soll dunkel, schwärzlich heifsen.
Nun hat aber Aristoteles nicht nur einen Schwarzadler, den
fisXavdatog — dieser gehört aber zur kleinsten Art — fitye&og
uXdxiotoq — sondern auch einen nbQxvonxtQoq, den Bergstorch
oquixuXccqyos, welcher von Raben verfolgt wird.
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HO
Die Farbenbezeichnungen der Epiker.
Dieser Bergstorch oder Geieradler trägt auch Aas davon, hungert
und schreit und wimmert immer.
Es ist klar, dafs die Homerwörterbücher mit ihrem Sumpfadler
ebenso falsch gehen wie La Roche mit seinem kleinen Schwarzadler,
den er mit dem schreienden und wimmernden Bergstorch, dem
Geieradler, zusammenwirft.
Nach der Ilias ist nun aber der Adler, welchen Zeus sendet,
sein Lieblingsvogel, dessen Kraft die gröfste ist (II. 24, 310, 1.);
er hat das Beiwort &r)QtjT?jQ der Jäger, (iOQtpvoc, und xtQxvoq. Es
ist kein Grund, dies atQxvoq mit Aristarch als Substantiv zu erklären,
wohl aber geben die Worte (joQc^rog und xtQxvoq als Adjektiva eine
treffliche Kennzeichnung des Adlers, welchen Zeus sendet. Das aber
ist der Steinadler, aquila fulva, falco fulvus, der König der Vögel.
Von ihm sagt uns Brehm, dafs sein Nacken und Hinterhals
rostbraungelb sind, das übrige Gefieder an der Seite sehr gleich-
mäfsig dunkelbraun ist. Von dem Schwanz erfahren wir, dafs er
in seinem Wurzeldritteil weifs ist, sodann schwarzgebändert oder
gefleckt — das aber bezeichnet xiqxvoq — in der Endhälfte schwarz.
Somit ergiebt sich, dafs die Verwirrung, welche die neueren
Forscher in die Bedeutung des Wortes (iOQ<pvoG hineingetragen haben,
recht eigentlich ihrer Bequemlichkeit und Willkür entsprungen ist,
insofern wir von ihnen den Aristoteles wohl angeführt aber nicht
gelesen, noch weniger die Mittel beachtet finden, welche uns
derselbe zur Erkennung der verschiedenen Adlerarten, sowie des
von ihm nach dem 24. Gesänge der Ilias gekennzeichneten Adlers
bietet. Moq^i oq aber nehmen wir mit dem Recht einer vorsichtig
wägenden Forschung in der Bedeutung von Braun als Farben-
bezeichnung in Anspruch.
Dreiundzwanzigstes Kapitel.
Rot
1. a) iQV&Qog rot.
Die Herkunft des Wortes ist bereits behandelt (S. 54). Das
Wort wird vom Weine gesagt Od. 9, 208. Da der also bezeichnete
Wein auch fittaq genannt wird, so bezeichnet iQv&Qog in diesem
Falle eine dunkle Abstufung der Farbe, wie wir bereits bei (liXaq
erwiesen haben. Sodann finden wir das Wort bei xctfxoc II. 9, 365.
Die alte Bronze hat neun Teile Kupfer, einen Teil Zinn, mithin ist
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Die Farbenbezeichnungen der Epiker.
III
an ein dunkles Rot stellenweise, je nach der vollzogenen Verbindung
von Kupfer mit Zinn, mit leichter Neigung zu Gelb zu denken.
Endlich steht das Wort noch bei vtxxaQ Od. 5, 93. Da vtxxaQ
eigentlich nur für Meth eingetreten ist, wie ich in meinem Ganymedes
(Libau 1881) erwiesen habe, so weist das Wort hier auf eine rot-
gelbe Färbung des berauschenden Honigtrankes hin, welcher dem
Dichter in Steigerung des roten Teiles der Farbe zu Rot selbst wird.
b) tQevS-oq die Röte,
von den Wangen, bei Ap. 3, 122 jtaQetai, welche die Röte erfafst
elXtv Ap. 3, 963, der Röte des Obergewandes 6ljcXa% Ap. 1, 728,
der Röte als Farbe des Lebens, welche die fast fahle Farblosigkeit
des Toten, %XotQr] axQotrj Q. S. 8, 209, vernichtet, die aber dem
zum Leben Zurückkehrenden wiederkehrt Q. S. 9, 471 ejrrjXv&tv.
c) tQev&<o mache rot.
Die Erde mit Blut atfiaxi röten II. n, 395; Hylas wird rot
durch süfsen Liebreiz yXvxeQrjoiv tQtvfroiitvoq xaQhtOGi Ap. 1, 1230;
die Sonne rötet sich durch ihre ersten Strahlen xQwxijOtv axxlvtooiv
Ap. 3, 163; die Wolke wird rot durch die flammenden Strahlen
der Sonne r/eXiov <f>XoytQyoiv axxhtootv Ap. 4, 126. Q. S. läfst
den Boden von Troja sich mit Blut röten Tqcqiov ovöag Q. S. 1, 226,
die Erde yala 6, 453.
d) SQvS-aivoi rot machen, röten.
Das Wort findet sich bei Ap. 4, 473, wo der Schleier xaXvjtxQi)
und das Obergewand jrtxXoc von Blut gerötet werden ; von blutigem
Schweifs läfst Q. S. iÖQcjQ aipccxotiq 4, -3 5 5 die Wangen rot werden,
durch Blut die Strömungen des Flusses jioxafiolo QttttQa, von Mord-
blut der Wasser (pova> vöwq Q. S. 9, 177. Das Rot des Mordblutes
erscheint auch sonst bei Q. S. 8, 229 adt/v 6' fyvfraivtxo Xv&qco,
der Staub xvvtg wird davon rot 9, 147; das Rot der Sonne rötet
die Hügel xoXwvaq 9, 529.
e) afiiftQV&aiva* zu beiden Seiten, ringsum röten.
Die Scham aideuq rötet zu beiden Seiten die Wangen Q. S. i, 60.
Plato nennt das Rot eine Blutfarbe in der oft angeführten
Stelle des Timäus.
2. a) aifia das Blut, unser Seim.
Die Herleitung des Wortes giebt keine Antwort auf das Aus-
sehen des Blutes, dessen Farbe Plato dem Rot gleichstellt. Mit
Blut wird der See rotgefärbt Batr. 220 ißcxxtro ai'fiaxi Xipvf}.
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112
Die Farbenbezeichnungen der Epiker.
b) al/Jtazofiq blutig, mit Blut bespritzt, rot
gesellt sich den Tropfen tpidöeq, also Blutstropfen, II. 16, 459, den
Vorboten des grofsen Blutvergiefsens, der Hand x^Q H- 5> 82, dem
blutreichen roten Nafs ßQoxoq 11. 7, 425, welches Od. 24, 189 auch
f/Üag genannt wird.
Q. S. giebt das Beiwort der Wolke vtyog 10, 55, dem Rauch
xanvoq 12, 605, dem Schaum dtpQoq 6, 211: aus dem Blute des
Memnon entsteht durch die Götter der paphlagonische Flufs IlayAa-
yovuoq xoxafiuq bei Q. S. 2, 560, offenbar nach der roten Farbe seines
Wassers, denn blutreich, also rot überströmt er die Erde am Tage
Memnons.
3. ßQOToq das aus der Wunde strömende geronnene Blut.
Das Wort w r ird auf die Wurzel mar gerinnen zurückgeführt.
Dem Wort wird alfiaxoeiq, wie wir gehabt, und fitXaq beigegeben,
als eigentliche und beiläufige Farbenbezeichnung findet sich das-
selbe nicht.
4. a) <potvoq blutig, blutigrot.
Das Wort wird von bha, bhan verwunden, töten, hergeleitet,
auf Blut und damit dessen rote Farbe hat es insofern Bezug, als
nach der Herleitung des Wortes an durch die Wunde herbeigeführten
Tod zu denken ist. Aus der Wunde aber quillt das rote Blut. Die
Ilias hat das Wort als Zusatz zur Wange 16, 159 xaQrjiov atpaxa
ipoivov, der Wölfe.
b) tpoivioq blutigrot
hat die Od. als Beiwort bei aipa 18, 97, wie Q. S. 3, 557.
c) ifoivtjeiq blutfarbig, blutrot, eigentlich reich an Blut und damit
an roter Farbe
ist ein Beiwort des Drachen ÖQaxmv II. 12, 202, und des Mordblutes
Xv&qov Q. S. 3, 316, 7.
d) öatpoivoq ganz blutig und damit ganz rot.
In dieser Bedeutung finden wir das Won als Zusatz zum Gewände
dpa aiptaxi öa<f,oivov II. 18, 336, wie (poiv^uc. Sodann findet sich
das Wort als Beigabe zu dem Rücken des Drachen II. 2, 308 6<>a-
xcov im vwxa öa^oivoq. Als Zusatz zu xfatq, den Todesgöttinnen,,
kann das Wort im eigentlichen, aber auch im übertragenen Sinne
stehen A. H. 250; wahrscheinlicher ist allerdings, dafs an der be-
treffenden Stelle öayotpoq mit bluttriefend zu übersetzen ist, ganz
blutig, da die Keren den Vers zuvor xvdveai, also blau genannt
sind. In übertragener Bedeutung stellt sich das Wort auch zu xrjfia,
dem Leid, Unheil H. H. 2, 126.
Die Farbenbezeichnungen der Epiker.
"3
Sodann giebt Q. S. 2, 181 das Beiwort dem Tier &7/q. Von
einzelnen Tieren wird es den Schakalen beigegeben &(5eg II. 11, 473,
dem Fell, der Umhüllung vom Luchs Xatyoq Xvyxog H. H. 19. 23, 4,
der Haut des Löwen, welche Agamemnon umlegt ötyfia Xiovroc
II. 10, 23.
Der Schakal, aus der Genossenschaft Hund, und die beiden
Katzenarten, Luchs und Löwe, geben die Farben abstufungen von
Gelbrot — der Schakal heifst canis aureus, der goldfarbene Hund —
bis zum Rotgelb und an den Haarspitzen Rotbraun, Braun, ja Schwarz.
Somit w r ürde dcupoivoq als Beiwort dieser Tiere auf rotgelben Unter-
grund mit braunem Farbenschimmer, der sich zum Schwarz steigern
kann, hinweisen.
e) öeupoiveoq ganz blutig und somit ganz rot.
Das Wort wird von Hesiod mit dcupoivoq, von dem es sich
nur durch Zugabe des t lautlich unterscheidet, ganz gleich gesetzt
in A. 159, wo das Gewand von Blut blutigrot, ganz rot genannt
wird tipa ai/zazi dayoivtov.
Von den übrigen Rotworten mag jetzt dasjenige voranstehen,
welches eine dunkle Abstufung demselben bezeichnet.
5. otvoip weinfarbig,
nach der Farbe des Weines des Südens dunkelrot, denn ein und
derselbe Wein wird, wie bezeichnet, tQv&Qoc und fitXag genannt.
Plinius hatte für Wein die Farbenbezeichnungen album, sanguineum,
fulvum, nigrum. Die Rebe Kleinasiens liefert nach V. Hehn noch
heute einen Saft von so »intensivem Dunkelrot«, dafs die Damen
damit ihre Briefe zu schreiben pflegen.
Olvotp weinfarben oder dunkelrot, ist eine Bezeichnung fur
die Farbe von Rindern ßoe oivom II. 13, 703; das Wort gesellt
sich auch dem Meere jtovxoq Od. 5, 132, nach Ameis also aus-
sehend unter der Glut des Blitzes.
Ameis hat sich in die Farbenbezeichnungen Homers nicht hin-
eingefunden, denn das Meer heifst auch sonst dunkelrot, so II. 2, 613 ;
23, 143, wo der Blitz dasselbe nicht rötet. Bei xoQyvQeog, vollrot
mit dem Blauschimmer, werden wir uns ausführlicher mit dieser
Farbenabstufuug des Aussehens des Meeres zu beschäftigen haben.
6. ai'&txtv glänzend, funkelnd, strahlend (nach der Übersetzung
von Seiler-Capelle),
wozu kein rechter Grund vorliegt. Ebeling giebt dunkelgelb, brand-
rot — das Wort wird auf idh entzünden, entflammen, brennen
Veckenstedt, Geschiebte der gricch. Farbenlehre. 8
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114 Die Farbenbezeichnungen der Epiker.
zurückgeführt, kann mithin zum wenigsten nicht wohl dunkelgelb
heifsen, wohl aber mag sich die Bedeutung gelbrot aus der von
brennen entwickelt haben : und danach kann das Beiwort als Farben-
bezeichnung je nach der Auffassung des Dichters bald mehr zur
Hervorhebung des Gelben, bald des Roten bis zum Braunen dienen.
Eben dieser Abstufung der Farbe vom Gelben durch das Rote in
das Braune hinein dient cti&cov als Beiwort zu Löwe, denn es wird
dem Fell desselben gegeben II. 10, 24 ötQfta Xiovzoq atd-covoq, sowie
dem Adler ahroq II. 15, 690, da der Adler an dieser Stelle der Ilias
die Schwärme der Wasservögel heimsucht —
efrvoq iipoQfiärcu, Jtotafiov JtaQa ßoöxofievdaw,
Xqvmv ysgdvoav ?) xvxvcov öovXvxpöeiQoov —
so haben wir ihn als Seeadler zu bestimmen. Die Farbe des Seeadlers
Haliaetus albicilla giebt uns die Naturgeschichte als eine kaffeebraune
an, diejenige des Steinadlers als eine dunkelbraune. Somit würde das
Beiwort cä&cav auf ein lichteres Braun sich beziehen. Das aber ist
besonders einer Art des Seeadlers eigen, dem Haliaetus leucoryphus
des Balkangebietes, von dem uns Brehm sagt, dafs er einen dunkel-
braunen Ober- und einen lichtbraunen Unterkörper hat. Eben auf
dieses Lichtbraun weist aber atfrwv, wie mir scheint, zweifellos hin.
Sodann finden wir al&aw bei den Rossen II. 8, 2, 839, dem
Stier ravQoq II. 16, 488, den Rindern ßoeq Od. 18, 372.
Sodann gesellt cä&mv sich den Metallen, und zwar dem Eisen
oidrjQoq und den Bronzebecken Xeß^tsq D. 9, 265. Die Bronze aus
neun Teilen Kupfer, einem Teil Zinn bestehend, geht aus dem Gelb-
lichen in das Rote und Rotbraune über. Das Eisen hat dies Beiwort,
wo dasselbe für Axt oder Beil steht II. 4, 485, in anderen Stellen
scheint olö?]Qoq mit cä&a>v vereint auf einen Eisenblock hinzuweisen,
oder eine Eisenstange, wie sie in den Handel gebracht wurde, so
II. 7, 473, wo die Männer sich den Zechstoff kaufen für Bronze
und Eisen cu&mvi Giörfgq), ebenso Od. 1, 184, wo das Eisen als
Gegenstand des Handels angeführt wird aym 6* al&cova öIötjqov.
II. 20, 372 wird die Kraft des Achilleus dem Eisen verglichen,
welches auch hier das kennzeichnende Beiwort di&mv hat.
Somit ist die Behauptung von Ameis im Anhang zum Gesang 18
v. 372 der Odyssee einfach unwahr, dafs al&mv bei otörjQoq nur
stehe, wo dasselbe Axt oder Schwert bezeichnet. Die vier Stellen
aus Ilias und Odyssee, welche er für seine Behauptung anführt, die
wir eben durchgesehen haben, beweisen uns, dafs mit ölö?]Qoq einmal
die Axt bezeichnet ist — das Schwert aber nicht. Auch Ameis
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Die Farbenbezeichnungen der Epiker.
"5
unterliegt seiner Neigung, etwas beweisen zu wollen, mit Hintan-
setzung der Wahrheit — der Neubearbeiter seiner Ausgabe, C. Hentze,
durfte aber dergleichen Behauptungen von Ameis ohne Nachprüfung
nicht einfach in die Welt schicken.
Bei Hesiod Erg. 743 weist ölörjQoq al&cov auf ein schneidendes
Werkzeug hin, da der Betreffende bei dem reichlichen Mahle der
Götter sich die Fingernägel nicht bis zum Leben, wie wir sagen
würden, damit abschneiden soll. 160 )
Könnte nun cä&mv als Beiwort von Axt und schneidendem
Werkzeug allerdings glänzend bedeuten, so ist das doch nicht der
Fall bei dem Eisen als Handelsware, welches als Eisenklumpen, wie
Achilleus einen solchen als Preis aussetzt, in den Handel kam. Diese
unbearbeiteten Blöcke (vergl. dazu Riedenauer, Handw T erk und Hand-
werker in den homerischen Zeiten — 8. 106) boten aber einen
rostroten, rotbraunen Anblick dar, weshalb sich ihnen das Beiwort
cä&cov gesellt: wurde das rostrote Aussehen beseitigt, so erschien
das Eisen grau, und in Steigerung des Ausdruckes als schwarz. Da
Homer den Gebrauch stehender Beiworte übt, so findet sich dann
das difreov, das rostrote, in das rotbraune eingehende Aussehen des
Eisens bei Homer auch wohl einmal nicht in der vollen Schärfe des
stets Gesehenen auf bearbeitetes Eisen angewandt, ebenso wie bei
Hesiod, ohne dafs das Wort damit seine Grundbedeutung umzu-
wandeln hat.
Nach diesen Erörterungen entheben wir uns der Mühe, mit
Ameis weiter zu rechten, welcher, um sein »glänzen« zu erhärten,
von des Adlers glänzendem Gefieder spricht, — er klammert sich
bei solchen Behauptungen an Vischer und Schuster und deren epische
Stilgesetze, welche zum Teil schwerer Verkennung des Wesens der
homerischen Welt ihr Dasein verdanken. In diesem Sinne sucht er
bei den Tieren, die uns bei Homer besonders oft begegnen, aufser
anderen Momenten auch das augenfällige Moment des »Glanzes oder
der sich spiegelnden Glätte« von Haut und Gefieder zur Geltung zu
bringen und übersetzt den Eigennamen Al&cov mit Glanzrappe,
welche Übersetzung er damit erhärtet, dafs der König bei Sadowa
einen glänzenden Rappen geritten hat. Aber auch Odysseus, ein
Blonder und auch einmal ein fieXccyxQolTjc, d. h. also ein Mann von
so rotbrauner Haut, dafs ein Schwarzschimmer darüber läuft, wird
als At&cov Od. 19, 187 von Ameis mit »der Glänzende« übersetzt —
es legt sich aber Odysseus an der betreffenden Stelle den Namen
bei, um seine Frau über sich zu täuschen, mithin würde das aid-cov
8*
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u6
Die Farbenbezeichnungen der Epiker.
des blonden und dann rotbraunen Odysseus für meine Erklärung des
Wortes sprechen, der falsche Name, den sich Odysseus beilegt, nichts
beweisen. II. 2, 839 neigt dann Ameis wieder dazu hin, den Rois-
namen Äid-wv mit Brandfuchs zu übersetzen. Nach diesen Dar-
legungen ziehen wir es vor, bei unserer der Wirklichkeit und der
Natur entnommenen Erklärung zu bleiben, daß ai&cov als Farben-
bezeichnung der Rotgruppe angehörend jene Abstufung bezeichnet,
welche aus dem Gelblichen in das Rote übergeht und aus dem
Rostroten in das Rotbraune und Braune.
7. iti&oyp flammend, funkelnd, blitzend,
wie die Wörterbücher geben. Seinem Hauptbestandteile nach wird
das Wort von derselben Wurzel hergeleitet wie ai&cov. Das Bei-
wort gesellt sich dem Wein olvog II. I 462. Wir haben über den
Wein und seine Farbe gesprochen; mithin kann ald-otp bei Wein
nur auf sein von uns erörtertes Aussehen sich beziehen, das vom
Roten über das Braune bis zum Schwarzbraunen, Schwarzen sich
erstreckt. Somit bezeichnet al&oip rot, rotbraun. Der unendlich
überwiegende Kupfergehalt und das Aussehen desselben rechtfertigt
das Beiwort bei xahiöq Bronze II. 4, 495, gleichfalls bei dem Rauch
xcutvoq Od. 10, 152, welcher unter dem Schein des Feuers und der
Sonne bei seiner Beschaffenheit aus dem Roten in das Dunkle ein-
zugehen scheint.
In übertragener — und darum für uns in nichts beweisender —
Bedeutung rindet sich alOotp bei Xi(i6q dem Hunger H. Erg. 363.
8. tü&akotiq rauchgeschwärzt, rufsfarbig, schwarz.
Homer hat das Wort II. 2, 403 bei ntXa&Qov Dachgebälk.
Pantazoides erklärt hier das Beiwort so, dafs es dazu dienen soll,
im Gegensatz zu dxdjcviotoq, ohne Rauch, auf das Haus eines reichen
Mannes hinzuweisen, aus dessen Dachgebälk viel Rauch emporquillt.
Autenrieth billigt diese Erklärung des Griechen, dafs durch al&aloeig
das fürstliche Haus als reiches bezeichnet werde. Aber die Erklärung
ist zu verwerfen, da aWaloetg sich verschiedenen anderen Worten
gesellt, welche jene Übersetzung nicht ertragen. So hat Homer das
Wort aufser bei dem Männersaal fdyaQOV Od. 22, 239 auch bei
der Asche II. 18, 23.
Die Herkunft des Wortes, welches desselben Ursprungs ist wie
at&wv u. s. w., führt zu Gelbrot, Rot, Rotbraun und erlaubt den
Übergang der Bedeutung aus dem Roten durch das Braune in das
Schwarze. In der Bedeutung Rot finden wir denn auch das Wort
bei H. Th. 72 als Zusatz zu Blitz xtQawög; den Übergang in das
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Die Farbenbezeichnungen der Epiker.
II 7
Rote durch das Braun in das Schwarze bezeichnet das Wort bei
xajzvoc Rauch Ap. 4, 139 — braunschwarz würde es zu übersetzen
sein, wenn es sich dem Grunde des Altares gesellt ftt/nfhla Ap.
4, 118 — und endlich gebraucht Ap. das Wort wieder in der Be-
deutung von Rot in der Beigabe zu xsqccvvöc, dem niederschmettern-
den Blitzstrahl Ap. 4, 597.
Somit vermögen wir al&ajLotig der Bedeutung nach nur inso-
weit von cä&mv und ai&orp zu scheiden, als das Wort bei der ur-
sprünglichen Bedeutung Gelbrot, Rot, Rotbraun, später in das Braune
und Braunschwarze überzugehen Neigung bekundet. — Die Wirkung
des Feuers und des niederschmetternden Blitzstrahles, das Feuer und
der Rauch, welche das Gebälk rotbraun, braun und braunschwarz
gefärbt haben, lassen so die ursprüngliche Bedeutung des Flammen-
den in roter Glut ebenso zulässig erscheinen, wie die weitere des
Rotbraunen, Schwarzbraunen.
Aber noch Apoilonius hat die drei Farbenabstufungen mit
einein und demselben Worte, mit al&alotic also, bezeichnet.
9. fiiktOTtaQrioq mit Mennigfarbe versehen, rotgefärbt
ist Beiwort der Schiffe vfjtg II. 2, 637. Herodot giebt an, dafs die
Alten ihre Schiffe mit Mennig zu färben pflegten, nach Stein zu
Her. 3, 58 hätte Herodot diese Nachricht selbst aber erst aus Homer
geschöpft. Indes ist auch kein Grund vorhanden, anzunehmen, dafs
die Griechen ihre Schiffe nicht bemalt haben, sei es mit Mennig
oder phönizischem Rot mit dem Blauschimmer oder mit Blau, nur
müssen sie der Farbe, um derselben bindende Kraft zu geben, fettige
oder ölige Bestandteile zugesetzt haben. Der Mennig ist ein rotes
Bleioxyd, sein Aussehen zeigt den Übergang von Fahlgrau zu Rostrot
in das Rotbraune. Doch wir haben über das Aussehen und die
Färbung der Schiffe später noch ausführlicher zu sprechen.
iü. a) {foäöeiq, nach den Homerwörterbüchern nach Rosen duftend; voll
Rosenduftes: Seidler-Capelle bieten auch »voll Rosen«, Pape hat
rosenfarbig.
Das Beiwort begegnet uns nur einmal in der Ilias 23, 186,
und zwar bei IXaiov Öl. Wäre die Übersetzung der Homerwörter-
bücher richtig, so hätten wir darauf zu verzichten, qoöobic als Farben-
bezeichnung zu bestimmen.
Allein zunächst sei darauf hingewiesen, dafs die übrigen Zu-
sammensetzungen mit Rose, wie QoöoödxtvXoq, {todojitflyq und der
Eigenname 'Podojrr] bei Homer und in den homerischen Hymnen
auf die Blütenfarbe der Rose hinweisen und auch bei Euripides
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Il8 Die Farbenbezeichnungen der Epiker.
Iph. A. 1298 (>odotig als Zusatz zu ävfrog ebenso wie das folgende
vaxlv&ivog auf die Farbe der Blüte hinweist. Somit ist wenigstens
goöoeig als Farbenbezeichnung nicht ohne weiteres zu beseitigen.
Das Rosenöl mag immerhin passender als rosenfarbenes Öl bezeichnet
sein, wie als Öl voll Rosen, wie Seiler-Capelle wollen.
Selbst unsere Augendarwinisten treten eigentlich mittelbar für
Qoöouq als Farbenbezeichnung auf. Ist nämlich nach Gladstone-
Geiger-Magnus das Sehvermögen der alten Völker nur mangelhaft
ausgebildet gewesen, so war gleiches in weit höherem Grade mit
dem Geruchsvermögen der Fall. Bei Homer soll nämlich von ange-
nehmen Geruchsempfindungen nur ein-, höchstens zweimal die Rede
sein. Abgesehen nun davon, dafs ein Nichterwähnen nie ein Nicht-
vorhandensein erweist, sei bemerkt, dafs doch wohl der Wein und das
Räucherwerk, von dessen Duft Od. 9, 210 und 5, 60 die Rede ist —
vom Wein wird der Duft geradezu oöfiij rjötla genannt — als an-
genehm duftend deutlich genug gekennzeichnet sind, wie der unan-
genehme Geruch der Robben Od. 4, 406, 442, 446 und des Schwefels
II. 14, 415 als Folge des niederstrahlenden Blitzstrahles es ist. Somit
steht angenehmer Duft zu unangenehmem Geruch wie zwei zu zwei,
was also, wenn die Zahl entscheidet, beweisen würde, dafs der
homerische Mensch ebensoviel Wohlgefallen am angenehmen, wie
Mifsfallen am unangenehmen Geruch gehabt hat. Ist das aber der
Fall, so sinken damit auch die weiteren hier aufgebauten Luft-
schlösser der Augendarwinisten zusammen, wie solche auch da allein
deren Phantasie angehören, wo sie die Behauptung aufstellen, dafs
z. B. der Hund noch heutigen Tages den angenehmen Geruch von
dem unangenehmen nicht zu unterscheiden vermag — eine Behaup-
tung, die nur einem menschen- und hundeunkundigen Mann ent-
stammen kann, der Widerlegung aber nicht bedarf — sodafs der
Hund dieser Forscher eigentlich so ziemlich — im Sinne ihrer falschen
Ansichten — in der Entwicklung seines Riechorcanes mit dem
O vT»
homerischen Menschen auf gleicher Stufe stehen würde. Hätten, wie
bemerkt, die Herren Augen- und Nasendarwinisten mit ihren Be-
hauptungen recht, so würde nichts übrig bleiben, als Qoööeig aus-
schliefslich als Farbenbezeichnung zu fassen, da von dem Wohlgeruch
des Rosenöles als von dem homerischen Menschen bemerkt nicht
wohl die Rede würde sein können : da das aber nicht der Fall ist,
so müssen wir allerdings zugeben, dafs das Wort zum Hinweis auf
den Duft gedient haben wird. Das Wort kann aber auch nur auf
die Beimischung des Rosensaftes zum Öl — denn an Destillation
Die Farbenbezeichnungen der Epiker.
119
ist wohl nicht gut zu denken — sich beziehen und somit mittelbar
von selbst an Duft und Farbe zu erinnern bestimmt sein. Für Qoöosig
mit der überwiegenden Neigung zur Farbenbezeichnung treten dann
noch die erwähnten Worte ein, welche entsprechender Bildung ent-
stammen. Pape übersetzt demnach auch rosig, rosenfarben.
b) tfoäoäaXTvkoq rosenfingrig,
ist das gewöhnliche Beiwort der Morgenröte '//cos II. 1, 477. Ameis
billigt die Auffassung von Preller, welcher sagt, rjcog heilst Qodo-
ödxxvXoq, da die Morgenröte sich am Himmel durch eine Glorie
von breiten rosigen Streifen ankündigt, die mit den Fingern einer
ausgestreckten Hand verglichen werden (vgl. Anh. zu Od. 2, 1.).
Allein da der erste Teil unserer Zusammensetzung sich auch dem
Knöchel ögmQov gegeben findet, dem Unterarm nrftvq, dem Gewand
jtt'jcXoq, so ist an die Erklärung von Preller und Ameis nicht wohl
zu denken. Wohl aber mag das blafsrote Licht der Morgenröte das
Seine dazu beigetragen haben, dies Wort der Eos besonders nähe
zu legen, denn auf einen entsprechenden Vorgang der Anähnlichung
der Farben, welche ein Naturvorgang bietet, und des Aussehens der
Gottheit, welche aus demselben geboren ist, in Antlitz, Arm, Finger,
Fufs und Gewand, mag bei Eos auch das saffran- oder krokusfarbene
Gewand hinweisen, denn die Eos, die indische Uschas, die lateinische
Aurora (für Ausosa), die litauische Ausra ist eben eine hohe Göttin
gewesen, welche erst im Laufe der Zeit wieder zu jener Natur-
erscheinung herabgesunken ist, aus welcher sie einst geboren wurde.
c) ftoöoxijxvq mit rosigen Armen, Unterarmen oder Ellenbogen,
Beiwort der Evvsix?] und ^ljutovorf H. Th. 247. 251; H. H. 316
giebt das Beiwort der Eos.
d) ifo66ö<pVQO<z mit rosenfarbenen, mit rosigen Knöcheln,
hat Q. S. als Beiwort der Eos 1, 138.
e) (fOÖoxexXoq mit rosenfarbenem Gewände,
ist Beiwort der Eos bei Q. S. 3, 608.
11. xakkui&Qrioq schönwangig,
wird von Gladstone als das beste Beispiel eines entsprechenden Ver-
hältnisses zwischen Gegenstand, Auffassung und Bezeichnung des-
selben angeführt. Nach der Ansicht des seltsamen Forschers ent-
spricht das Wort unserem Rosenrot oder Rot.
Das Beiwort wird der Chryseis gegeben II. 1, 143 und ver-
schiedenen anderen Mädchen und Frauen besonders in der Ilias.
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120
Die Farbenbezeichnungen der Epiker.
Wenn xaXXuictQrjog für Rosenrot stehen soll, oder für Rot, so
kann das sein, bewiesen hat es Gladstone, wie vieles andere von
ihm als kühne Behauptung ohne Beweis in die Welt Gesandte, aber
nicht. Göbel fuhrt nun das Wort auf xay, xaim, xafXoc, glänzend,
brennend zurück.
Ist die Herleitung richtig, so würde man wenigstens zu roten
Wangen gelangen können, obschon nicht zu rosenroten. Entspricht
nun aber xaXog unserem heil oder hell, so würden wir das Wort
mit hellen, schönen Wangen zu übersetzen haben — und ich sehe
nicht ein, was dem widerspricht: wie an dem Arme das Weifse der
Farbe, aber auch das Rosenrote gepriesen wird, so kann auch das
helle Antlitz als ein schönes vom Dichter verherrlicht sein.
Gegen Gladstones Übersetzung »rosenrot oder rot«, sprechen
übrigens Zusammensetzungen wie xaXXiO-Qi^ von Rossen und Schafen,
xaXXiQud-QOQ von dem Quell, xaXlyQoog von dem Wasser u. s. w.
Gladstone und verschiedene Ergebnisse seiner Homerforschungen sind
eben von der Wissenschaft zu lange ernst genommen worden.
12. veoxft^rog — neu, frischgeschnitten
geht durch Vergleichung in die Bedeutung von Rot ein bei Ap.
3, 857, wo es von der Wurzel gl£a des Zauberkrautes heifst, dafs
sie frischgeschnittenem Fleisch öaQxl vsozfifjrco haXiyxlrj vergleich-
bar sei.
Da bei jedem einzelnen Worte die uns zunächst etwa auffallen-
den Abweichungen in der Bezeichnung dieser Gruppe besprochen
sind, so können wir uns der Mühe entheben, nach Abschlufs der
Rotgruppe eine ähnliche, die scheinbaren oder wirklichen Abweichungen
von unseren Ansichten zusammenfassende Besprechung zu bieten, wie
nach der Behandlung von peXac schwarz geschehen ist.
Vierundzwanzigstes Kapitel.
Rotgelb, Gelbrot (Orange).
Zwischen Rot, und Gelb sind wir gewohnt die Mischfarbe
Orange zu setzen, zu welcher uns in dem ersten Teile unserer
Arbeit bereits f/tjXoyy) geführt hat. Unsere Farbenbezeichnung Orange
entstammt dem Französischen, welches das arabische und persische
N des Anlautes abgeworfen hat, und zwar wohl unter Einflufs des
Die Farbenbezeichnungen der Epiker.
121
anklingenden Wortes für Gold or, wie auch Goethe in ähnlicher
Anschauung die Verbindung Goldorange bietet. Die Goldfarbe ist
zwar eigentlich nur ein Gelbrot, aber die Dichter steigern zumeist
das Rot in der Farbe des Goldes so, dafs sie wie das Nibelungen-
lied von dem roten Golde singen. Da wir bei der Goldfarbe so-
wohl zu Rot als zu Gelb gelangen können, je unter Hervorhebung
dieser oder jener Abstufung der Goldfarbe, so haben wir darnach
das Beiwort nach dem Sinne der Stelle, wo wir dasselbe antreffen,
auch zu übersetzen, denn die Natur bietet eben gar selten die Misch-
farbe in jener Reinheit, in welcher sie der Adept herzustellen vermag.
Der Goldfarbe gesellt sich die Farbe der Bronze, nach ihrem
unendlich überwiegenden Kupfergehalt aus dem Gelbroten in das
Rote und zuweilen Rotbraune übergehend.
'■ a ) XQVGsoq goldig, goldfarbig.
Das Beiwort wird den Mähnen ed-etQcu der Rosse gegeben II.
8, 42, den Rofshaaren des Helmbusches Q. S. 1, 151 — x6(rvv
xo(/6coaav i&eiQyoi xQvoujGiv. Ebenso werden die Rosse des Ares
uejtoi so genannt H. A. 192. Wir haben zur Bezeichnung eines
entsprechenden Aussehens der Rosse den Ausdruck »Goldfuchs«,
und bezeichnen mittelbar damit, dafs dem Rot eine gelbe Beigabe
zugefügt ist. Da nun das Wort aber auch den Flechten des Apollo
jtXoxfioi Ap. 2, 676 gegeben wird, mit welchen ausgerüstet er uns
in allen Bildungen entgegentritt, so dürfte rötlich als Übersetzung
am passendsten sein, weil das Rötliche eben auf eine Farbenabstufung
hinweist, wo bei überwiegendem Rot das Gelb nicht ausgeschlossen ist.
Das Licht der Sonne <ptyyoq wird Ap. 3, 1229 dem leuchten-
den, goldenen Helm verglichen; von den Strahlen des goldenen
Kranzes ist die Rede H. H. 32, 6 xQ v0 * ov vxb oregpärov. Das
Leuchten des goldenen Widderfelles wird mit dem Blitz verglichen
Ap. 4, 185 xömq Zafijiof/tvov ortQOjn] ixtlov, ebenso wird von dem
Blitzen des goldenen Reifen gesprochen äoxQootxu JiÖQx?}g Ep. Gr. *
fr. II. P. 5, wie von den goldenen Flecken yoliöeq auf den Flügeln
des Zethes und Kaiais.
Da wir das Licht und den Glanz desselben als gelbrot kennen,
so widersteht nichts, auch hier jfpt'öfoc mit rötlich zu übersetzen.
Bemerkenswert ist xqv ö£0 $ gelbrot als Beiwort der Wolken
vig>ta H. H. 1, 98 — aber wenn wir Unlands Worte: »golden und
rosig wehen die Wolken drüber her« als von besonderer dichterischen
Schönheit bezeichnen, so müssen wir dieses Beiwon auch dem Sänger
des homerischen Hymnus gestatten.
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122
Die Farbenbezeichnungen der Epiker.
b) XQvaonZoxapog mit goldenen Flechten,
nach unserer Erklärung mit rötlichen, wird die Leto genannt H. H.
2, 27, wie wir bei ihrem Sohne Apollo, dem Sonnengott, solche
kennen gelernt haben, in trefflicher Anähnlichung der Farbe der Sonne
und der Haare der Gottheit.
c) xqvooxofxris mit goldenem Haar,
also mit rötlichem, wird Dionysos genannt H. Th. 947.
d) XQvOiöxtq goldäugig,
also mit rötlichen Augen, werden die Fische genannt Ep. Gr. Fr.
Titan. 1, 4.
2. a) %aXxoq Bronze.
Wir haben wiederholt auf die Bestandteile der Bronze der
Alten hingewiesen, gelangen demnach zu einem gelbroten, vorzugs-
weise rötlichen (hin und wieder auch roten, rotbraunen) Aussehen
derselben, je nach der Legierung, wie sich dieselbe vollzogen, und
dem Gebrauch und Nichtgebrauch der Bronze. Das Wort wird von
derselben Wurzel wie xqvöoq hergeleitet, beide sollen von ghar
glühen, glänzen, heiter sein herkommen, was möglich wäre, wenn
sie keine Lehnworte sind, woran denn doch zu denken ist. Auf
Gelbrot und Rötlich weist denn auch das Aussehen der Bronze hin,
wenn sie mit dem Blitze verglichen wird Sc, rt oteqoji?} H. ii, 65
und doxsQom'i II. 13, 244, oder mit dem Glanz des brennenden
Feuers avyrj oder der aufgehenden Sonne xvQoq al&ofitvoio ?} ?}eXiov
twwvroq II. 22, 135.
b) x (t ^xeoq aus Bronze, bron/.efarbenen, rotgelben Aussehens.
Od. 7, 84 heifsen die Mauern oder vielmehr die Wände xolyipi'.
dieses Beiwort wird von dem Glanz <uy/r/ der Sonne oder des
Mondes jjtXiov ije oeX?frr]c; treffend gesagt, sonst besonders von Waffen.
Auch bei den Worten dieser Gruppe haben wir über einen von
unseren Anschauungen besonders abweichenden Gebrauch der Farben-
bezeichnungen nichts zu bemerken ; hatte doch unser Unland golden
als Beiwort, welches uns bei der Wolke am fremdartigsten erscheinen
dürfte, gleichfalls den Wolken gegeben.
Somit bilden Gold- und Bronzefarben die Übergänge von Rot
zu Gelb, wofür wir als allgemeine Farbenbezeichnung Orange haben,
nur dafs wir in diesem Falle in Anschauung und Sprache der Alten,
die allgemeine Farbenbezeichnung in der Fülle der farbigen Erschei-
nungen der Natur gar selten zu verwenden pflegen. Eben in der
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Die Farbenbezeichnungen der Epiker.
123
Verwendung dieser Farbenbezeichnung hat auch bei uns der Philo-
soph den Dichter nicht in seinen Kreis allgemeiner Bezeichnungen
hineinzuführen vermocht, der Gewerbtreibende den Mann aus dem
Volke, aber es wäre frevle Vermessen heit, zu behaupten, weil uns
hier die Sprache des Philosophen und Adepten, des Stoffhändlers
und Gewerbetreibenden nicht gerade besonders geläufig ist, wir ver-
möchten Orange als Farbe nicht zu sehen.
Fünfundzwanzigstes Kapitel.
Gelb.
Von Rot gelangen wir über Orange zu Gelb, welches uns in
voller Reinheit ebenso selten entgegentritt, wie jede andere Farbe,
aber wir werden diejenigen Farbenbezeichnungen in dieser Gruppe
zu bieten haben, welche auf Farbenabstufungen hinweisen, die vom
Rötlichen ausgehend durch ihren gelben Schimmer die Bezeichnung
Gelb in dem Sprachgebrauch der Völker ebenso rechtfertigen, wie
diejenigen Benennungen, welche eine Abstufung der Farbe bezeichnen,
die bei gelber Hauptfarbe eine Neigung zu Fahl nicht verkennen
lassen.
1. a) KQOXog Krokus.
In der Ilias 14, 348 und auch sonst in den epischen Dich-
tungen der Griechen erwähnt, unter besonderer Hervorhebung seiner
Kelchfarbe bei Ap. 3, 854, 5, wo das Zauberkraut seiner Blüte nach
mit der Farbe des Krokus verglichen wird: äv&og XQotyl KwQvxfoj
IXtXoV XQOXCp.
Es entsteht zunächst die Frage, ob wir diesen Krokus, unseren
Safran, oder nach arabischer Bezeichnung Azafran, als crocus sativus,
wie Billerbeck will, oder nach Fraas als crocus vernus albiflorus zu
bezeichnen haben. Nach meiner Ansicht haben wir uns für Biller-
beck zu entscheiden. So wäre in den Kyprien die Farbenzusammen-
stellung: Krokus, Hyacinthe, Veilchen, Rose, Narcisse, Lilie eine
unschöne — wir hätten nur Weifs oder Violett bei dem Krokus als
als er. vernus albiflorus, — Blau, Violett, Rot, bei Hyacinthe,
Veilchen, Rose — Gelb, vielleicht auch Weifs, bei Narcisse, eben-
falls Weifs bei der Lilie. Diese Einfarbigkeit ist aber zu vermeiden,
wenn wir in dem Blumengemälde das rötliche Gelb durch den
Krokus vertreten sein lassen, also durch den crocus sativus.
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124
Die Farbcnbezeichnungen der Epiker.
Für Billerbecks Bestimmung spricht sodann das Wort XQv~
oavyris, welches Sophokles Oid. Col. 691 dem Krokus beilegt, denn
goldfarbig oder goldgelb kann nur der Crocus sativus genannt
werden — endlich der Farbestoff, welchen der Krokus lieferte. Lucan
nennt den Krokussaft rötlich, wenn er singt IX 808:
Utque solet pariter totis se effundere signis
Corycii pressura croci, sie omnia membra
Emisere simul rutilum pro sanguine virus;
das ist doch wohl der Saft des Crocus sativus — der Farbstoff selbst ist
nach Leunis-Frank goldgelb — er wird aus den Fäden des Safrans
gewonnen, und zwar des Crocus sativus, welche in getrocknetem Zu-
stande von dunkelroter oder rotgelber, an den Spitzen weifser Farbe
sind. Nun wissen wir aber, dafs Goldfarben in der Sprache der
Dichter wohl auch für Rot — ich erinnere nur an den Ausdruck
»rotes Gold« — wie für Rotgelb gesetzt wird. Aristoteles erläutert
die Farbe des Goldes mit %av&6c xal xvqqog, Plato mit §at>&6(;.
Demnach ist auch die Berechtigung vorhanden, diese Goldfarbe des
Krokus als eine rötlichgelbe, rotblonde, gelbe zu bezeichnen, die
Krokusfarbe also als eine hochrote — Viktor Hehn spricht in ge-
wohnter Weise der Unfehlbarkeit von der gelben, dauernden Farbe
des Krokus, während ihr bekanntlich die Dauer abgeht und sie nur
in dichterischer Freiheit des Ausdrucks für Gelb stehen kann, —
aber auch unter Hervorhebung des Gelbschimmers als eine gelbe.
Von entsprechender Anschauung ausgehend heben auch die
Franzosen hier den Gelbschein so hervor, dafs ihnen Safranfarbe und
Gelb zusammenfallen, wie wir denn bei denselben Redensarten finden
wie &tre jaune comme du safran, comme le safran, comme safran;
avoir la maladie icterique, la jaunisse ; avoir le visage jaune deckt sich
mit le visage safrane.
Somit werden wir nach den Anschauungen der alten Philo-
sophen und Dichter die Blüte des Krokus ihrer Farbe nach als Gelb
mit der Neigung zu Rot bestimmen — denn diese bietet der Crocus
sativus — die Krokusfarbe als Färbemittel als Hochgelb, Gelb mit
einer leisen Neigung zu Orange oder Rötlich, aber auch als Gelb.
b) XQOxqiog safran farbig.
Das Beiwort wird den Haaren xaftm des Keleos gegeben H. H.
5, 178, wo dieselben mit der Blütenfarbe des Krokus verglichen
werden xQoxtjirp av&u bfiolai. So singen auch unsere Dichter des
Mittelalters von rötlichem Bart und gelbem Haar — eine Anschauung,
zu deren Bezeichnung wir für das Haar des Hauptes jetzt das Wort
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Die Farbenbez^ichnungen der Epiker.
125
blond gebrauchen, welches Wort wir erst in der neuhochdeutschen
Zeit den Romanen entlehnt haben, das eine Farbenabstufung be-
zeichnet, wo das Gelb sich zu dem Fahl- und Aschgrau neigte
c) XQOXÖJtejtXog mit safranfarbigem, also hochgelbem Gewände.
Das bekannte Beiwort der Eos, also der Morgenröte, findet
sich II. 8, 1 und sonst. Es könnte nun allenfalls zweifelhaft sein,
ob der Eos, der Göttin also, das hochgelbe Gewand als das kost-
barste seiner Art gegeben wird, oder der Morgenröte mit Bezug auf
ihr rotgelbes Licht. So ist es nicht zweifelhaft, da II. 8, 1 gesagt
wird, 161 ) dafs die Eos mit ihrem Krokosgewand sich über die ganze
Erde ausbreitet, dafs der Dichter an dieser Stelle bereits wieder im
Begriff ist, die Morgenröte selbst an Stelle der Göttin Eos treten zu
lassen. Aber der Vorgang ist nicht vollständig vollzogen, sodals
wir sehr wohl das Recht haben anzunehmen, das hochgelbe Gewand
sei der Göttin auch hier als solches gegeben, immerhin wahrschein-
lich mit Rücksicht darauf, dafs diese Farbe des Gewandes dem Aus-
sehen der Naturerscheinung besonders nahe steht. Der alte helle-
nische Dichter sah nicht nur die farbigen Erscheinungen der Natur,
wufste nicht nur in der Anschauungsweise seines Volkes die Natur-
erscheinungen als Göttergestaltungen einem lebensvollen Wirkungs-
kreis einzuordnen, sondern auch aus diesen Göttergestaltungen wieder
zur Naturanschauung zurückzukehren und Göttergestalt wie Natur-
erscheinung durch ein entsprechendes farbenfrisches und farbenfrohes
Beiwort in einer gewissen Einheit zu verbinden.
Hesiod giebt das Beiwort »mit hochgelbem Gewand« xqoxo-
jrvtXoq also, der Enyo und Telesto, 'Eiwoj, TiXtoxm Th. 273. 358.
Da Enyo eine der Gräen ist, die Telesto (oder Telestho) eine
Tochter des Okeanos und der Thetys, so ist hier von einer Be-
ziehung auf das Aussehen der Naturerscheinung und eine Erinnerung
an dieselbe in dem Wesen der Göttinnen oder vielmehr Unholdinnen
nicht mehr die Rede. Wäre eben bei Hesiod Natur und Kunst so
innig verschmolzen wie in den homerischen Dichtungen, so würden
wir ein solches Beiwort bei solchen Wesen nicht finden.
2. fieXlxQ<»S honigfarbig.
Q. S. 3, 224 giebt das Beiwort den Waben xrjQol. Da wir
das Wort an einer Stelle finden, wo der Dichter von den frischen
Waben des Bienenstockes redet, so haben wir auch dies honigfarbig
als eine Farbenbezeichnung zu bestimmen, welche auf ein hochrotes
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126
Die Farbenbezeichnungen der Epiker.
Gelb, Gelb mit einer leisen Neigung zum Rötlichen hinweist, viel-
leicht aber auch auf Gelb oder Fahlgelb.
}. $<cv&6g gelb, blond.
Das Wort wird aus der Wurzel skand leuchten, glühen,
brennen hergeleitet. Wenn die Herleitung zu einer scharfen Be-
zeichnung der Auffassung bei Entstehung des Wortes führen würde,
so würden wir bereits in der angenommenen Bedeutung der ange-
nommenen Wurzel zu Gelb mit einer gewissen Neigung zum Roten
gelangen.
Wie schon berührt, ist unser blond eine recht unglückliche
Übersetzung dafür, denn das Wort, welches wir den Franzosen ent-
lehnt haben, trägt in das Gelb einen aschgrauen Zug hinein.
Bei den Philosophen haben wir das Wort zur Bezeichnung
von Gelb kennen gelernt, seiner Herkunft nach würden wir eher
zu der Bedeutung von Rötlich gelangen. Demnach setzen wir unser
Gelb und Rötlich als Übersetzung von gavd-og auch hier als ent-
sprechende Farbenbezeichnung wieder in seine Rechte ein.
Gelbes Haupthaar hat Achilleus x6 t atj H. 197; sein langes gelbes
Haupthaar schneidet er ab II. 23, 141 gavfrqv dmxetQaxo x a ' lT1 l v >
gelbe Haare hat Odysseus tQix*g Od. 13, 399, und §av&6g, von
den Helden gesagt, deutet auf ihr gelbes oder rötliches Haar hin,
wie aus Od. 15, 133 hervorgeht, wo es von Menelaus heifst, dafs
er dem Haupte nach gelb sei xaQTj gavfrög MtviXaog. Ein £av&6g,
ein Held also mit gelbem oder rötlichem Haupthaar, ist dann noch
Meleager MeltayQog II. 3, 284, Radamanthys 'Paddfiav&vg Od. 4,
564, Ganymedes rcaw^örjg H. H. 4, 202, Polyneikes noXwüxrjg
Ep. Gr. Fr. Th. 1 und Polypoites IIoZvjtolTTjg Q. S. 12, 318. Von
Göttinnen, Frauen und Mädchen wird es der Demeter gegeben
AijfirjrrjQ II. 5, 500, der Agamede jiyafiSjör) H. n, 740, der Ariadne
ÄQiuövri H. Th. 947, der Jolcia y l6Xtia Hes. Fr. 70.
Wie von Menelaus so wird von dem Aisoniden das Haupt als
ein gelbes, rötliches seinem Haar nach bezeichnet Ap. I 108, aber
auch Wangen und Stirn heifsen so Ap. 4, 172 ijtl gavd-fjöi 3taQriioiv
und Ap. 2, 159 gav&u fitvmjta: gav&ög als Beiwort von Wange,
fordert aber die Übersetzung von rötlich, nicht aber von blond.
Gelb oder rötlich werden die Häupter der Rosse genannt
gerrfta xctQrjva II. 9, 407, sowie die Rosse selbst faxoi II. 11, 680.
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Die Farbenbezeichnungen der Epiker.
127
4. qov&oq gelb mit der Neigung zu rotbraun.
Das Wort weist als Farbenbezeichnung auf ein mit Rotbraun
gemischtes Gelb hin, also auf die Farbe des ockerhaltigen Kieses.
Das Wort wird von derselben Wurzel hergeleitet, wie §av&6q, nach
Athenäus bezeichnet es eine Zwischenfarbe zwischen gavd-oq gelb,
rötlich und jcvQQoq feuerfarben, gelbrot, rot: alte und neuere An-
schauung decken sich in der Erklärung wieder ganz vollständig.
H. H. 33, 13 wird §ov0-6g von den Flügeln der Cicade ge-
braucht, Äschylus giebt das Beiwort der Nachtigall Ag. 1113. Die
Nachtigall sieht aber rötlich-graubraun aus, die Singcicade gelblich;
da nun die Flügel derselben mit vielen schwarzen Adern durch-
zogen sind, so gelangen wir zu der Farbenerscheinung, welche auf
eine Mischung von Gelb, Rot und Braun, also Gelb- und Rotbraun
hinzeigt.
5 a) tuXQoq, 0
wird mit Blässe übersetzt, man leitet das Wort wie tqXvq von ak,
ank her — es soll demnach dunkel, farblos, blind, trübe heifsen —
eine Herleitung, aus welcher die Bedeutung des Wortes sich in
nichts ergiebt. Döderlein aber läfst das Wort aus a mit abschwächen-
der Kraft und XQ°>S Farbe entstehen — also die Farblosigkeit. Die
Herleitungen von Döderlein — in diesem Falle folgt ihm auch La
Roche — sind selten richtig. In der llias finden wir coxQ<k als eine
Art von Farbenbezeichnung in den Worten mxQoq xi (iiv eIZs jux-
Quäg II. 3, 35, Blässe erfafste ihm die Wangen. Dafs so übersetzt
werden kann, unterliegt keinem Zweifel. Nun sind aber (oxqoq,
(bXQÖg und coxQtt<D nicht zu trennen, bei den Philosophen haben wir
ofyQog in der Bedeutung von Gelb als Grundfarbe kennen gelernt,
Plato erklärt es als eine Mischung von Zevxov und §av&6v, was
eben ein Hellgelb ergeben würde, wie in der That die helleren Sorten
Ocker, welche arm an Eisen sind, auszusehen pflegen. Somit haben
wir das a>XQ°S> ™XQö$ und (oxquw als fahlgelb zu bezeichnen, wie
in der That der Mensch des Südens, welcher an sich eine rötlich-
braune Färbung hat, dann aussieht, wenn ihm ein Schreck oder die
Furcht die Farbe der Gesundheit raubt. So breitet sich denn dem
Manne die fahlgelbe Farbe über die Wangen aus, welcher in der
Waldschlucht den Drachen sieht: in weiterer Steigerung des mit
dichterischer Freiheit zu Bezeichnenden gelangen wir dann aus dem
Gelben durch das Fahlgelbe zum Fahlen selbst, nicht aber zu blafs.
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Die Farbenbezeichnung der Epiker.
b) i»XQ('c<o blafs, fahlgelb, gelb werden.
So heifst es vom Neoptolemos, dafs er diese Farbe nicht an- .
nimmt, Furcht und Schrecken sind ihm unbekannt Od. n, 529
ouV o>X(t?jöarTa XQ™ xdXXifiov.
c) o'tXQoq fahlgelb, hellgelb, gelblich, gelb
wird in der Batr. 8 1 dem Frosch als Beiwort gegeben und von dem
Leib ötfiaq des Frosches gesagt. In der That sind bei einigen
Froscharten ' gelbe Farben zu erweisen ; so ist der Grasfrosch gelb-
braun, der gemeine Laubfrosch ist unten gelblich, die gemeine Feuer-
kröte, welche in stehenden Gewässern gefunden wird, unten mit
orangegelben Flecken versehen. Unter Hervorhebung des Gelb und
bei dichterischer Freiheit in der Hervorhebung der am Frosch ge-
sehenen gelben Farbe, kommen wir zu g> X q6q als einer entsprechen-
den Farbenbezeichnung, welche wir mit Hellgelb, Gelb, Gelbrot
wiedergeben können, ohne dafs wir genötigt sind, dem Frosch zu-
liebe die Bedeutung des Wortes in Grünlich zu wandeln.
6. /<//Aa>V weifs, glänzend,
der Herleitung zuliebe apfelfarbig, quittenfarbig, goldgelb übersetzt.
Die gewöhnliche Erklärung von ftijXov ist Apfel, Obst, aber
auch Quitte. Die Quitte fifjXov xvöcoviov wird nun aber erst bei
Alkman erwähnt. Hätte Viktor Hehn mit seiner Auffassung recht,
dafs die erste Erwähnung eines Tieres oder einer Pflanze bei einem
Schriftsteller mit der Zeit der Einführung von Tier und Pflanze aus
Asien in Europa so ziemlich zusammenfällt, so stände es um die
Ubersetzung von firjXcoip mit quittengelb gar schwach — aber ich kann
mich der Ansicht nicht verschliefsen, dafs viele Behauptungen Hehns
derselben Art von Irrtum entsprungen sind, w T ie viele Sätze der
Augendarwinisten, nach welchen alles, was bei den Schriftstellern
nicht erwähnt wird, um jene Zeit als nicht vorhanden oder nicht
erkannt anzusehen ist.
Hatte sich Ameis zu der Übersetzung von quitten farbig, d. i.
vollreif oder goldgelb veranlafst gesehen, so schliefst sich sein Nach-
folger Hentze den Sprachforschern an, welche wie Autenrieth und
andere Gelehrte aus (iaXoq albus, weifs also, — freilich erklärt zwar
Hesychius fiaXög mit weifs, andere übersetzen aber zottig, ein passen-
des Beiwort für den gehörnten Bock, während andere »Führer der
Herde« bieten 162 ) — zu fiijXoy) weifsglänzend gelangen. Freilich
Weizen — wir treffen, wie wir sehen werden, fir/Xcoip als Beiwort zu
xvqoq — müssen die Herren nie gesehen haben, wenn sie das Beiwort
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Die Farbenbezeichnungen der Epiker. 129
»
desselben von seinem weifsen Aussehen herleiten, denn wenn auch
Viktor Hehn den Weizen als das weifse Korn im Gegensatz zu dem
dunkleren Roggen bezeichnet sein läfst, so würde doch dieses Beiwort
nur von dem roggenessenden Germanen oder Slaven ausgegangen
sein können, als sie die Lieblingskornfrucht des Griechen, Römers
und Kelten kennen gelernt, dasselbe also sich nicht wohl schon bei
Homer finden können. Andere Forscher denken freilich daran, dafs
die Weifse des Mehles den Namen Weizen geschaffen hat. Wie
dem nun auch sei, so ist doch für uns sicher, dafs wir den Weizen
als gelbrot, gelblich-rostrot sehen. Somit ist in dichterischer Steige-
rung des Eindruckes unter Hervorhebung des Gelb von dem Dichter
des siebenten Gesanges der Odyssee der Weizen als ein gelbes Korn
mit der Neigung in das Rötliche durch das Beiwort firfZccnp bezeichnet
worden, vielleicht mit Beziehung auf das Aussehen der Quitte, viel-
leicht einer anderen Baumfrucht, und zwar des Apfels, der bereits in
den frühesten Zeiten der semitischen und indogermanischen Sagen-
welt bedeutsam hervortritt und bei seinem wachsgelben Aussehen und
den roten Wangen die Abstufung der Farbe bietet, welche sehr
wohl dem gelblich-rostroten Weizen gegeben werden kann, von dem
wir in der Odyssee lesen 7, 104 ctXsrQtvovOi /n?jXojta xctQjiov.
In der Gelbgruppe finden wir somit keine Bezeichnung, welche
wir als Farbenbenennung nicht auch in entsprechender Weise zu
verwenden vermöchten, wie dies die homerischen Sänger gethan.
Wir haben uns jetzt demjenigen Worte zuzuwenden, dessen
Grundbedeutung von verschiedenen Gelehrten verkannt ist, während
sich dieselbe mit erfreulicher Sicherheit bestimmen läfst: es ist die
Farbenbezeichnung %X(oq6^ welche auf fahlgelbe, gelbe Farbe hin-
weist, und auf den Übergang von Gelb zu Grün.
Sechsund zwanzigstes Kapitel.
Fahlgelb, Gelb, Gelbgrün.
1
a) xltOQog fahlgelb, gelb, gelblich grün, grünlich,
b) xXotQoq poet. zerdchnt, in derselben Bedeutung.
Diese Farbenbenennung dient recht eigentlich zur Bezeichnung
des Aussehens des aus der Erde aufstrebenden Keimes, welcher aus
dem Weifsen in das Fahle übergeht, aus dem Fahlen in das Licht-
gelbe, aus dem Lichtgelben in das Hellgrüne.
Veckenstedt, Geschichte der gricch. Farbenlehre. 9
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130
Die Farbenbezeichnungen der Epiker.
Eben für diese Übergangsfarbe hat die griechische Sprache das
besondere Wort xl&Qos, mit welchem wir uns seiner Herkunft nach
bereits beschäftigt haben (vergl. S. 55), von dem wir wissen, dafs
Demokritus dasselbe unter den Worten für die Grundfarben, und
zwar zur Bezeichnung von Gelb aufführt.
Das Buch von den Farben giebt eine vortreffliche Erklärung
der Abstufung, welcher diese Farbenbezeichnung dient, wenn es sagt :
»Von den Pflanzen ist zuerst alles, was sich über der Erde befindet
xIcoqov, fahlgelb, gelblich, gelblichgrün also, alles was sich unter der
Erde befindet, Stiel und Wurzeln, weifs.« 168 )
Bekanntlich fehlt uns eine dem xloQoq entsprechende Farben-
bezeichnung. Um uns nun hier zu helfen, setzen wir meist Grün
da, wo wir ein Fahlgelb mit grünlichem Schimmer sehen. So nennt
z. B. der Brauer die Gerste, welche gekeimt hat und reif für die
Darre ist, grün. Diese grüne Gerste ist nun aber dem Korn nach
rötlichgelb bis weifsgrau, der lange Keim ist fahl, die Spitze des fehlen
Keimes zeigt einen für ein ungeübtes Auge kaum wahrnehmbaren
grünen Farbenschimmer, und davon hat die an sich grauweifse, rötlich-
gelbe, für die Darre reife Gerste ihren Namen.
Nach unseren früheren Entwickelungen bei verschiedenen Farben-
bezeichnungen haben wir vorauszusetzen, dafs wir xl<x>Qo<S als Beiwort
da finden werden, wo es auf eine Farbenabstufung von Weifs und Fahl
hinweist, auf Gelblich, Gelblichgrün, Fahl- oder Graugrün und Grün.
Als fahlgelb treffen wir x^ 0) Q^? a ^ s Beiwort der Furcht ötoc
II. 8, 77, die Farbe zeigt sich als Wirkung derselben II. 10, 376.
Über dieses Aussehen ist bei djyQog und a>xQdco gehandelt. In der
Redensart, avov ctjtb xAcopou rdfiveiv H. E. 743, das Trockene vom
Lebenden wegschneiden, kann, da es sich um den Nagel handelt,
welcher bis zum Leben weggeschnitten werden soll, das x^copoV
nur fahlgelb heifsen mit der Neigung in das Graurötliche hinein.
Q. S. 8, 208 vereint x* 0B Q°S un ^ ^xQolrj Farblosigkeit, er ge-
braucht das Wort vom Aussehen des Toten. Somit tritt auch in
dieser Beziehung das Fahlgelbe hervor. XXmqoq als Beiwort zu
JixXvg, Hes. S. 265, der Gestaltung der tiefsten, tödlichsten Betrübnis,
mag gleichfalls fahlgelb übersetzt werden.
Sodann gesellt sich x^ 0J Q^<? dem Honig fieXtJ\. 11, 631. Auch
wir reden von dem Gelb des Honigs, als der Mittelfarbe desselben, denn
der Honig geht aus dem Graugelbcn in das Gelbe und Gelbrote ein,
je nach den Stoffen, welche die Bienen herbeigetragen haben, aber
auch nach der Entwickelung der Brut in den Zellen. Da nun jedes
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Die Farbenbezeichnungen der Epiker.
Gelb, sobald auch nur der Schatten darauf fällt, schon eine Neigung
zu Grün zeigt, so haben wir gar keinen Grund, in der Zugabe von
XIcoqoc, zu dem Honig etwas anderes zu erblicken, als einen gut
gewählten Ausdruck für das wirkliche Aussehen desselben.
Von Metallen gesellt sich x^°Qoq bei H. A. 231 einem Stoff,
Metall oder Erz, dem dödfiaq, eigentlich dem Unbezwinglichen. Eben
dieses so bezeichnete Metall wird H. Th. 161 auch xoXtoq, — unser
fahl, — genannt. Es ist schwer festzustellen, was dödfiaq für ein
Metall gewesen ist. Das Wort hat bereits Homer als Eigennamen,
als Stoffhamen aber erst Hesiod. Göttling will den Ausdruck als eine
Bezeichnung nicht für Erz, sondern für Eisen, dann also ein besonders
hartes, gelten lassen, wofür das mittelbare Zeugnis von Pindar zu
sprechen scheint, da wir bei ihm lesen P. IV 71 riq 61 xlvövvog
XQarEQolq äöctfiavTog öfjöev äXotq.
Wenn nun xvavoq der Stahl der Semiten, xe&v^ derjenige der
Indogermanen gewesen ist, so mag dödfiaq auf eine zwischen beiden
Arten liegende gehärtete Art von Eisen oder Stahl hindeuten, dessen
Eigenart festzustellen uns unmöglich ist. Sicher ist, dafs x^ m Q^ m
diesem Falle als Beiwort nicht auf Grün hinweisen kann, wohl aber
können wir es auch hier mit fahl, fahlgelb, gelblich übersetzen, wie
denn das Metall, wie berührt, auch den Beinamen jtoXtoq hat.
Das Wort x^eopdc hat sodann mehrfache Beziehungen zur
Pflanzenwelt. Da giebt uns nun La Roche an, dafs in diesen Be-
ziehungen yXojQÖq das »Frischgrüne (im Gegensatz zu dem Dürren,
Trockenen), Belaubte« bedeutet. Als Beweis für die Richtigkeit
seiner Ansicht führt er zunächst xXcoqov als Beiwort von göjtaXov
an Od. 9, 320, der Keule des Kyklopen, welche später als Hebe-
baum fioxXoq bezeichnet wird, mit welcher Odysseus dem Kyklopen
das Auge ausbohrt. Auch von der Keule im Feuer wird x^Qoq
gesagt Od. 9, 379, von der uns dann berichtet wird, dafs sie hell
im Feuer glüht.
Da der Kyklop die Keule erst führen will, wenn sie ausge-
trocknet ist, so weist das yXmQov auf das Frische des Holzes hin.
Der Dichter hebt also in der Keule den Gegensatz von schwer und
leicht, von saftig und trocken, nicht aber von Grün und Gelb hervor.
Und selbst wenn der Dichter das Frische am Stab besonders hat
betonen wollen, so kann er doch nicht eigentlich von dem Grün
des frischen Stabes haben sprechen wollen, denn erst das ausge-
trocknete Holz des Ölbaumes sieht fahlgelb mit einer leichten Nei-
gung zu Grün aus, wenn auf die geglättete Fläche ein dunkler
9*
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I 3 2
Die Farbenbezeichnungen der Epiker.
Schatten fällt, während das frische Holz des Ölbaumes der Rinde
nach fahl und fahlgrau aussieht, der Schnittfläche nach aber fahlgelb.
In das Fahlgraue und das Graugelbe mit einer Neigung in das
Graugrüne geht /Atopos ein als Beigabe zu den Zweigen Qdijctq,
welche zur Herstellung des Lagers dienen Od. 16, 47. Da Od.
14, 47 bei ähnlichem Vorgang den Zweigen das Wort öctGelcu, dicht
— also doch sicher belaubt — gegeben wird, so dürfen wir auch
Od. 16, 47 an frische Zweige denken.
Bei uns liegt nun aber ein Grundirrtum vor, wenn wir mit
jedem Zweig die Vorstellung Grün verbinden. Zunächst ist nicht
der Zweig grün, sondern der Schofs, die jungen Blätter sind gelb-
grün, die Blätter des Ölbaumes aber graugrün, der Zweig ist fahl-
grau, fahlgelb, graugelb, graugrünlich und auch graurötlich. Bei
dichterischer Hervorhebung des Fahlen und Grauen am Zweige zwingt
uns nichts anzunehmen, dafs x^opdc als Beiwort der Zweige auf ein
volles Grün hindeutet. Grünbelaubte Zweige nennt die Odyssee
eben nicht x^Q^f sondern sie redet in diesem Falle von dichten
Zweigen dactZcu, bei denen man sich die gewöhnliche Farbe des
Aussehens eben einfach zu ergänzen hat: dieselbe wird aber eher
fahl-grau-grün, als rein grün gewesen sein.
Sodann finden wir yXcoQoq bei Hesiod A. 394 als Beigabe
von o£os, unserem Ast. Nach dem eben zu Qcoxeg Gesagten haben
wir durchaus keinen Grund, dem Ast das Beiwort grün zu geben,
welches wir den Zweigen versagt haben, denn den Ästen kommt
das Beiwort grün viel weniger zu als den Zweigen — abgesehen
davon, dafs Hesiod an der betreffenden Stelle auf das Aussehen des
Metalles, aus welchem der Ast gebildet ist, hingewiesen haben
kann — in diesem Falle würde /Aeopdc fahlgelb, gelb zu übersetzen
sein — eine Art der Anschauung und Bezeichnung, welche sich
bekanntlich bei Hesiod findet, denn er giebt einem Gegenstande
auch das Aussehen des Erzes, aus welchem derselbe gebildet ist, statt
desjenigen, welches derselbe in der Wirklichkeit aufweist.
Im H. H. 2, 45 ist sodann der Berg, über welchen Apollo
schreitet, xXcqqov und £d&oev hochheilig genannt. Dafs dieser Berg
mit Gras und Wald bewachsen sei, wie La Roche das behauptet,
entstammt dessen Hinbildungskraft, — im Hymnus ist das nicht gesagt.
Da nun bei Homer mehrfach die Berge nach der Farbe des
Gesteins, aus welchem sie bestehen, genannt sind, so dürfen wir
auch hier an einen Berg von fahlgrauem und fahlgelbem Gestein
denken. Soll aber mit dem Beiwort auf den bäumebestandenen Berg
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Die Farbenbezeichnungen der Epiker. 133
hingewiesen sein, so würden wir immer nur zu Fahlgrau, Fahlgrün
und Graugrün gelangen, denn ein solches ist das Aussehen, welches
die Sonne den Bäumen und ihren Blättern giebt, wenn sie ihre
Strahlen auf dieselben herniedersendet, selbst bei uns, in farbigerer
Glut aber im Süden. Wenn der Berg mit Ölbäumen bestanden ist,
so wird das Fahle der Bäume und Blätter nur um so schärfer hervor-
getreten sein.
Nach diesen Erörterungen haben wir keinen Grund, wenn wir
XIgoqov als Beiwort von ötvÖQea Bäume finden, wie Hes. inc. sed.
fr. 229, von unserer Übersetzung Fahlgrau, Fahlgrün und Grau-
grün abzuweichen.
XXcoqoq findet sich nun aber auch als Beiwort von oevzAov
Beta maritima, der Meeresstrandrübe Batr. 62, sowie der Blätter
niraXa, des Weinstocks rjfieQlg Ap. 3, 220, sowie bei dem Lauch
jiqciOov Batr. 54. Es ist klar, dafs hier x^wQW &z meiste Anwart-
schaft darauf hat, Grün zu bedeuten. Da nun aber von nQäöov,
Lauch also, die Farbenbezeichnung Grün, welche wir bei den Philo-
sophen gefunden haben, herstammt, so haben wir daran zu denken,
wenn der Dichter der Batr. trotzdem auch dem Lauch das Beiwort
XtoQov giebt, dafs er eine besondere Farbenabstufung damit hat be-
zeichnen wollen, welche sich nicht vollständig mit unserem Grün
deckt, da andererseits zwei Grünbezeichnungen sich häufen würden.
Die Möglichkeit dazu giebt dem Dichter die wechselnde Farbe der
Triebe und Blätter, welche aus dem Gelblichgrünen und Graugrünen
erst zum gesättigten Grün sich entwickelt.
Und so finde ich endlich auch auf kein volles Grün in der
Stelle des Ap. 1, 546 hingewiesen, wo berichtet wird, dafs die Pfade
des Schiffes im Meer weifs werden wie ein Pfad, welcher sich in der
Ebene zeigt, die x^QO v genannt wird. Der Scholiast des Dichters,
welcher sonst oft recht seltsame Bemerkungen macht, sagt diesmal
treffend: »Das Wasser wurde weifs wie ein Pfad« — offenbar zu
ergänzen (weifs) aufschimmernd — »durch eine Ebene, Flur«, von
welcher der Dichter das Wort xlotflPOQQvv gebraucht. Nun sind die
Bilder des Apollonius meist gewählt und scharf gezeichnet. Die
weifsen Pfade im Meere entsprechen dem Pfad in der Ebene, durch
die Gefilde, welcher nach gewöhnlicher Bezeichnung grau, in dichte-
rischer Hervorhebung eines hellen Farbenschimmers, welcher ihn
umspielt, wohl mit dem Weifs des Schiffspfades verglichen werden
mag. Das Meer wird an der betreffenden Stelle am Tage befahren —
die Waffen blitzen unter dem Feuerstrahl der Sonne — mithin sieht
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134
Dte Farbenbezeichnungen der Epiker.
das Meer nicht grün, sondern fahlgrau aus. Demnach haben wir
auch der zur Vergleichung herangezogenen Flur das Beiwort Grün
zu versagen, wohl aber Fahlgrau dafür einzusetzen — wie wir die
sonnenverbrannten Ebenen des Südens oder diejenigen, auf welche
die Sonne in voller Glut herniederstrahlt, zu erblicken pflegen.
c) j(Aoo§, 6 die grüngelbe oder gelbgrüne Farbe,
nach den Wörterbüchern, — wogegen wir das Fahlgelb übersetzen, wie
Ap. 2, 1216 das Wort gebraucht, wenn er damit das Aussehen seiner
Helden in dem Augenblicke bezeichnet, wo ihnen die Farbe des
Lebens sich bleicht, wie das Chanson de Roland für solches Aus-
sehen die Worte teinz und pers hat, desculurez und pales.
d) x2*<*>Q*llS fahlgelb
ist Beiwort der Nachtigall aydotv Od. 19, 518. Ameis läfst nach La
Roche der Nachtigall den Beinamen der »grünen«, gegeben
werden, weil sie sich im Grünen aufzuhalten pflegt. Es ist erstaun-
lich, wie oft Ameis in der Erklärung Homers irre gegangen ist.
Welcher Vogel, aufser etwa demjenigen, der die Bedingungen seines
Daseins von den Lebensgewohnheiten des Menschen abhängig ge-
macht hat, lebt denn nicht im Grünen? Weichem unserer gefiederten
Freunde in Wald und Wiese, Hain und Flur würde demnach dieses
Beiwort nicht zukommen?
Anders Gladstone. Um zu zeigen, welches das Aussehen der
Nachtigall ist, giebt er aus Bolton, British Songbirds II 22 folgende
Beschreibung davon: »Kopf und Rücken sind einfach lohfarben,.
vermischt mit Olivenfarbe, der Schwanz ist von tiefem Braunrot,
Kehle, Brust und Oberbauch sind hellaschgrau, der Unterbauch fast
weifs; die äufsere Fläche der Schwanzfedern ist matt rotbraun, ihre
innere braungrau.«
Da nun Homer nicht eine entsprechende Beschreibung in aller
Breite giebt, so hat Gladstone sofort das Urteil zur Hand: »Hier-
nach konnte die Vorstellung, welche sich Homer von der Farbe der
Nachtigall machte — nach xAa>(wyts zu urteilen — eine nur unbe-
stimmte und mangelhafte sein.«
Wir brauchen uns aber um Gladstone und seine Seltsamkeiten
nicht zu kümmern, wenn wir die Farbe der Nachtigall einfach nach
einem naturgeschichtlichen Werke bestimmen. Da danach die Nachti-
gall, Lusciola luscinia, oben rötlich graubraun, der Sprosser, L. philo-
jnela, oben düster olivenbraun ist, so kann nur der rötliche Schimmer
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Die Farbenbezeichnungen der Epiker.
135
der Farbe der Nachtigall unter Hervorhebung des darin befindlichen
Gelb, oder das Olivenfarbene des Sprossers, also Fahlgelb mit leichter
Neigung zu Grün, den Anlafs zu dieser griechischen Bezeichnung
gegeben haben, welche dann aber auch als eine vollständig ange-
messene erscheint.
Somit beweist uns auch das vielumstrittene Wort xAtöpo's, dafs
die Griechen die Farben überaus scharf zu sehen und zu unter-
scheiden vermocht haben, sowie, dafs ihre Farbenbezeichnungen auch
da, wo bei einheitlicher Anschauung in der Hauptfarbe eine oder
die andere Nebenabstufung einem Farbenworte sich mit eingefügt
hat, fern sind von jener Vereinigung der Fülle von Anschauungen,
welche wir bei dem französischen pers, bei unserem Pfirsichfarben
gefunden, die für Fahl, Fahlgelb und Fahlgrün, Gelbgrün gesetzt
werden, aber auch für Hellrot, Vollrot und Rotblau, ja selbst für Blau-
rot, je nach Gegenstand und Stoff. Somit finden wir die Viefältigkeit
der Farbe bei einem und demselben Wort zwar nicht bei x^Q^Qt
welches nur Ausstrahlungen aus der Hauptfarbe mit bezeichnet, wohl
aber bei pers und Pfirsichfarben, bei Worten also, die dem Mittelalter
angehören und noch in unserer Zeit in Gebrauch sind.
Siebenundzwanzigstes Kapitel.
Grün.
Wir gelangen jetzt zu Grün : bei den Philosophen haben wir
eine Grüngruppe aufstellen und verschiedene Farbenworte, dem Grün
und seinen Abstufungen dienend, erweisen können, bei den Epikern
ist das nicht möglich, denn nach meinen Darlegungen geht auch
XXcoqov nicht in die volle Bedeutung eines reinen Grün ein.
Wie thöricht nun aber jeder Schlufs ist, welcher aus der Nicht-
verwendung der Farbenbezeichnungen für Grün im eigentlichen Sinne
von unseren Augendarwinisten in Bezug auf das Sehvermögen Homers
— und nach meinen Erweisen der Gleichheit der Farbenbezeichnungen
von seiten der griechischen Epiker wäre derselbe auf die gesamte
griechische Epik auszudehnen — gezogen wird, ergiebt sich eben
daraus, dafs in diesem Falle auch auf eine Grünblindheit des griechi-
schen Dichters der nachchristlichen Zeit geschlossen werden müfste,
während man doch sonst bereits Aristoteles das Grün sehen läfst.
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i}6
Die Farbenbezeichnungen der Epiker.
Bieten nun die Epiker zwar keine Farbenbezeichnungen für
Grün, so haben sie doch das Grün selbst in seinen verschiedenen
Abstufungen »an konkreten Beispielen zu versinnlichen gewufst«, wie
wir aus der Odyssee in dem Abschnitt über die Grundfarben der
Kunstgärtner unserer Zeit wie der alten Welt in Bezug auf die
Blütenfarben erwiesen haben. Somit kann dies Nichtvorhandensein
nie auf die Ursache eines unentwickelten Farbenunterscheidungsver-
mögens zurückgeführt werden, sondern es mute ästhetischer An-
schauung entstammen. Dafs aber allein der herrschende Geschmack
dem Dichter die Farbezeichnung in den Mund legt oder verschweigen
läfst, beweist eben das Fehlen der Grünbezeichnungen im eigent-
lichen Sinne bei den griechischen Epikern, aber auch die erstaunlich
vielfache Verwendung derselben im slavischen Volksliede, worüber
ich an anderer Stelle handeln werde.
Achtundzwanzigstes Kapitel.
Blau.
i. a) xvdveoq blau: ultramarin, aber auch indigo.
Als allgemeine Farbenbezeichnung für Blau tritt uns zunächst
xvdveoq entgegen. Uber die Herleitung des Wortes haben wir
bereits gehandelt (S. 58, 9.), ebenso über den innigen Zusammen-
hang von Blau und Schwarz, auf den auch wir in unserer Sprache
mittelbar hinweisen, wenn wir vom blauen Rabengefieder sprechen,
Ritter Blaubart u. s. w.; als neulich eines unserer Witzblätter
über den Ausdruck einer süddeutschen Behörde, nach welchem ein
junger Mann als durch blaues Haar kenntlich bezeichnet wurde,
spottend sich äufserte, bewies das grofse Witzblatt eben nur, dafs
seinem Leiter in diesem Falle Anschauung und Farbenbezeichnungen
des eigenen deutschen Volkes fremd geblieben sind. (Vergl. übrigens
S. 82^85.)
Hatten wir bereits bei Demokritus das Waidblau — ein Zusatz
der Ausscheidung der Taube gab dem Waid die dunkelste Blau-
abstufung im Altertum — so haben docli die Epiker aus dem Wort
lödziq eine Farbenbezeichnung nicht gebildet: der griechische Epiker
bezeichnet eben mit xvavovv die Blauabstufungen des Ultramarin
und des Waid, wie auch unsere Dichter von Blau und nicht von
Ultramarin oder Indigo reden, — ein Beweis, dafs das griechische
Die Farbenbezeichnungen der Epiker.
137
Wort xvavovv sich gar frühzeitig zu einer allgemeinen Blaubezeichnung,
und zwar von Vollblau bis Schwarzblau — also von Ultramarin bis
Waidblau oder Indigo herausgebildet hat.
Freilich wäre nun. immerhin noch denkbar, — und die Ansichten
der Augendarwisten müssen ja eigentlich darauf hinauskommen — dafs
xvavovv erst im Laufe der Zeit zu der Bedeutung von Blau gelangt ist.
Es erscheint denn doch aber von vornherein eine Ansicht als
unwahrscheinlich, wenn wir gemäfs derselben verschiedenen Worten
eine feststehende Bedeutung je nur auf einige Jahrhunderte zuschreiben
sollen. Freilich ist nicht zu leugnen, dafs ein und dasselbe Wort
bei einem und demselben Volke auch wohl Wandlungen in der Be-
deutung durchmachen kann, es sind dies aber solche, welche von
dem Gegebenen ausgehen und nun bald eine höhere, bald eine niedere
Stufe in der Entwickelung des Gegenstandes je nach der vorherr-
schenden Ansicht der Zeit bezeichnen. So ist Mähre bei uns noch
immer das Pferd, so tief das also bezeichnete Tier auch heute in
der Wertschätzung des Rofstäuschers stehen mag — und doch hat
das Wort einst den Namen für eine Würde schaffen helfen, welche
die nächste nach der königlichen ist.
Und nun behandeln wir zunächst den uns fremdartigen Ge-
brauch von xvavovv bei den Epikern.
So giebt Hesiod xvavovv als Beiwort den Männern des* Südens,
also offenbar den Äthiopiern, denn nach deren Stadt und Volk hin
wendet sich die Sonne, wie die Worte des Dichters besagen. Als
diese Stadt ist Meroe erkannt. Wir finden aber den Ausdruck xvd-
veoi ävöoeg mit Bezug auf die Äthiopier Hes. Erg. 527.
Dieses selbe Beiwort xvävzoq blau giebt nun aber auch Quintus
Smyrnäus 2, 10 1 den Äthiopiern Al&iomq, also mehr als ein Jahr-
tausend nach Hesiod.
Aufser den Ergebnissen meiner früheren Darlegungen ermöglicht
uns eine sichere Erklärung dieses Beiwortes eine Nachricht bei Plinius.
Derselbe berichtet nämlich — den Inselkelten mufs das Blau für
eine feierliche und heilige Farbe gegolten haben — »die Weiber
und Schnüre der Inselkelten bemalen sich die Körper mit Waidblau,
um nackt und blau gefärbt bei gewissen heiligen Handlungen einherzu-
gehen« — und nun giebt Plinius den überaus bemerkenswerten Zusatz
— »indem sie das Aussehen (die Farbe) der Äthiopier nachahmen.«
(Vgl. PI. Hist. Nr. 22, 2. Similis (erg. herba) plantagini glastum in
Gallia vocatur, Britannorum conjuges nurusque toto corpore oblitae
quibusdam in sacris nudae incedunt Aethiopum colorem imitantes.)
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i 3 8
Die Farbenbezeichnungen der Epiker.
Zu bemerken ist, dafs Plinius eine entsprechende Bemalung
auch den Weibern anderer Barbarenvölker zuschreibt. Somit steht
fest, dafs die Naturvölker des Altertums das Blau kannten und bei
heiligen Festen zu verwenden pflegten — von den Äthiopiern aber
sagt Plinius, dafs sie sich mit minium, also Mennig, färbten. Der
Mennig aber ist eine rote Farbe.
Damit ist uns die Möglichkeit versagt, an eine gleiche Färbung
bei Kelten und Äthiopiern zu denken. Überdies spricht Aristoteles
von den Äthiopiern als den schwarzen pilavtq H. A. III 9, 517
a. 17. Somit kann das Blau der Äthiopier nur dem Schwarz ihrer
glänzenden Hautfarbe entstammen.
Diese Gleichheit der Farbenbezeichnungen zwingt uns aber
anzunehmen, dafs entweder der Grieche Hesiod, der Römer Plinius
unu der Kleinasiat Quintus Smyrnäus — und die letzteren beiden
gehören bereits unserer Zeitrechnung an — Blau nicht von Schwarz
zu unterscheiden vermocht haben — Plinius auch Blau nicht von
Rot — oder wir stehen vor der Thatsache, anerkennen zu müssen,
dafs die Griechen von der frühesten Zeit an Blau und Schwarz sehr
wohl gesehen und unterschieden haben, dafs sie aber auch — wie
wir das noch jetzt zu thun pflegen — Blau da gesehen haben, wo
ein so glänzendes Schwarz sich zeigt, dafs ein blauer Schein über
dasselbe hinläuft. Ist das aber der Fall, so wird mit Recht der
geölten, glänzend schwarzen Haut des Äthiopiers das Beiwort blau
gegeben, er selbst ein blauer Mann genannt.
Nichts aber beweist gleich deutlich und schlagend die Einerlei-
heit der griechischen Farbenbezeichnungen durch alle Zeiten ihrer
Anwendung, als dafs Hesiod, der Dichter aus frühester hellenischer
Zeit, wie Quintus Smyrnäus, der Dichter unserer Zeitrechnung, das-
selbe Wort xvavovv blau in demselben Sinne verwenden.
Haben wir das xvavovv so in seine Rechte als Farbenbezeich-
nung bei den Äthiopiern wieder eingesetzt, so werden wir nunmehr
uns auch leicht zu erklären wissen, wie H. H. 3, 194 der Stier
xavQoq das Beiwort hat erhalten können, ebenso wie Apollonius
4, 977 von den weidenden Kühen hat sagen können, dafs sich unter
denselben keine blaue xvavit] befunden hat: wir haben nur eben das
Glänzend, welches die Homererklärer so gern dem in Ilias oder
Odyssee erwähnten Vieh beilegen, so auf die behaarte Haut zu
beziehen, dafs eben das glänzendschwarze Haar von Stier und Kuh
den Blauschimmer aufweist.
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Die Farbenbezeichnungen der Epiker.
Mehrfach finden wir von dieser Anschauung aus xvdveoq den
Haaren, auch der Götter und Helden gegeben; wir entsinnen uns,
dafs Geiger diesen Gebrauch der Farbenbezeichnung gänzlich ver-
kannt hatte. So finden wir xvdvtoz bei den Augenbrauen des Zeus
otpQveg II. i, 528 und der Here 15, 102, dem langen Haupthaare
Xaltai des Hektor U. 22, 402, den Barthaaren des Kinnes des
Odysseus ytvtidöeg Od. 16, 176. H. H. 7, 15 giebt das Beiwort dem
Haupthaar des Dionysos, H. A. 7 legt es den Augenlidern ßliqxxQti
der Alkmene bei.
Kvaveos blau gesellt sich aber auch den Augen ofifiaxa H. H.
7, 15, wie bei Quintus Smyrn. 14, 40. — Wir können hier an
tiefblaue Augen denken, sei es der Iris, sei es der Pupille, wie denn
z. B. die Pupille des Löwen ein tiefes Blauschwarz aufweist.
Von nicht der Wirklichkeit angehörenden Wesen gesellt sich
xvdvtoq den Drachen ÖQdxovzeq II. 1 1, 26, welche den Regenbogen-
strahlen verglichen werden, und auch H. A. 167 läfst die Drachen
über den Rücken hin blau sein. Die Drachen sind übrigens aus
Stahl gefertigt und rechtfertigen demnach schon dem Stoff nach das v
Beiwort, wie aus dem über Stahl im allgemeinen und phönizischen
Blaustahl im besonderen früher Bemerkten hervorgeht. Diesem Blau-
stahl ordnet sich auch das xvavojce^a ein II. 11, 629 als Beiwort
des Tisches tQ(bis£a.
Wie wir nicht nur von schwarzem, sondern auch von blauem
Blut reden, so giebt Ap. 4, 15 16 das Beiwort xvdveog den Tropfen
Oxdyeq des Blutes der Gorgo. Nach meiner Auffassung kommt nun
unsere Bezeichnung »blaues Blut« nicht davon her, dafs unsere Adern
graublau durch die Haut schimmern — das wäre griechisch jieXiö-
vov — sondern dafs das geronnene Blut den Blauschimmer zeigt. —
Bekanntlich ist das träge Blut des wohlgenährten ruhigen Mannes
weit dunkler als dasjenige des schlechtgenährten Wassertrinkers —
die Adern, welche das rückströmende Blut führen, schliefsen ein
dunkleres Nafs ein, als diejenigen, welche das Blut vom Herzen aus-
fuhren — das geronnene Blut bezeichnen auch wir als schwarz,
auch wir sehen es vom Blauschimmer umspielt, mithin haben wir
das Recht, in weiterer Freiheit der Rede von dem blauen als dem
dunkleren Blut zu sprechen, welches wir den Vertretern unserer
reicheren, wohlgenährten Stände beilegen, die zu manchen Zeiten
der Adel allein vertrat. Eine Benennung, welche auch uns geläufig
ist, haben wir auch bei Homer nicht als eine fremdartige zu be-
zeichnen, zumal wenn er dies Blut sagenhaften Wesen beilegt.
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Die Farbenbezeichnungen der Epiker.
Kvdvsog gesellt sich sodann als Beiwort zu der Schar der
Kämpfenden, welche so dicht gedrängt sind, dafs sie dem Dichter
einem schwarzen Gewimmel, von dem auch wir reden, vergleichbar
erschienen sein mögen. Sind wir in unserer Sprache bei diesem
Ausdruck stehen geblieben, so steigert der griechische Dichter den
Ausdruck in der dargelegten Anschauungsweise von Blau zu Schwarz
und redet von den blauen Rotten <pdXa-yyeq II. 4, 282 und der
blauen Wolke der Troer H. 16, 64.
Von entsprechender Anschauung ausgehend in dichterischer
Steigerung des Eindrucks finden wir dann xvdvsQq blau der Wolke
gegeben vtcpklrj II. 5, 345, vbpoq H. 23, 187 — wie auch Q. Smyr.
sagt 2, 194 — dem Sturm XalXaip Q. S. 13, 55, der Nacht tw§
Q. S. 3, 514, der Erde yala Q. S. 2, 496, den Felsen jcixQai Ap.
1, 3. dem Meer xovtoq Ap. 4, 842 und der Erde oder dem Meeres-
sand, denn der Scholiast bezieht das Beiwort xvavtrj Od. 12, 243
vxtveQfre de yala (pdvecxev yd/jpg) xvaverj auf die Erde yala, während
verschiedene Homererklärer es dem Meeressand ipdfipog gegeben sein
lassen, mithin xvavty] lesen. Ameis-Hentze bieten hier die etwas wirre
Erklärung, indem sie mit dem Scholiasten xvavirj auf yala beziehen
und erklären : — »stahlblau durch den Grundsand, dem die Meeres-
farbe beigelegt wird.« Danach hätten wir dem Sand die Meeresfarbe
zu geben, die bei jenen Gelehrten als Erklärung die Worte aus Virgil
multa flavus harena findet. Darnach wäre aber jene Meeresfarbe des
Sandes — gelb.
Gladstone will in der behandelten Stelle dem xvdveog die Bedeu-
tung Blau absprechen, weil eine solche Farbenbezeichnung nicht dem
sandigen Strand beigelegt werden könne, von dem eben das Meer
zurückgetreten sei. Der farbenblinde Engländer Pole greift das
auch auf und übersetzt xvdveog in diesem Falle mit »Gelbbraun«,
und zwar in seiner Schrift Colourblindness in relation to the ho-
raeric expression for colour, in der Zeitschrift Nature Oct. 31, 1878 —
wo wir lesen »demnach gelbbraun — yellow-brown«.
Der Sand des Meeresstrandes sieht nun aber weifs und weifs-
gelb aus — Virgil sagt eben Aen. VII 3 1 multa flavus arena — und
nicht gelbbraun, wie Pole will. Die Richtigkeit der Farbenbezeich-
nung ist eben wieder einmal auf Seiten des Altertums und nicht
auf derjenigen des farbenblinden Engländers.
Aber Gladstone und Pole konnten in diesem Falle überhaupt
nicht zu einer richtigen Erklärung gelangen, denn Gladstone giebt die
Lage, in welcher wir xvavitj als Beiwort zu yala und ydfipog lesen,
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Die Farbenbezeichnungen der Epiker.
I 4 I
einfach falsch an. Wir befinden uns Od. 12, 243 eben gar nicht
auf dem Sande des Strandes, sondern zwischen der Scylla und der
Charybdis. Die letztere speit das Wasser aus, dafs es bis auf die
hohen Felsen spritzt, dann schlürft sie das Wasser wieder ein, dafs
unten die Erde sichtbar wird, welche aus ipdfifioq, also aus Sand
besteht, wie Bekker und Düntzer die Stelle erklären: eben dieser
Sand ydfifiog wäre nun xvavttj genannt.
Sind wir aber inmitten der Schrecken der Charybdis, so ist es
nur natürlich, dafs der Dichter den Eindruck des Furchtbaren zu
steigern den Hauptworten auch Beiworte giebt, welche dazu geeignet
sind, diesem Zweck zu dienen : und so führt denn der Strudel, wo-
fern der Dichter dieser sagenhaften Örtlichkeit die Farbe des Lebens
giebt, in eine Tiefe hinab, wo die Erde aufblickt aus dem rings-
aufgewirbelten Sand, der eben durch Beimischung von Schlamm und
Meeresgewächsen die glänzende, tiefschwarze, in das Blaue schim-
mernde Färbung zeigt. So redet Propertius IV 7, 83 von dem
schwarzen Sand, nigra arena, des Euphrat, Virgil von dem schwarzen
Sand, nigra arena, des Nil (G. 4, 293 — nicht minder aber auch
von dem schwarzen Sand mitten im Meere, medio ponto, wo
die Woge den also bezeichneten Sand in die Höhe trägt, Georg.
3, 241 — unda — nigram alte subvectat arenam.
Haben wir das Beiwort xvävtoq in seinen Beziehungen zum
Stahl bereits behandelt (vergl. II. 11, 24, 26, 38, 39; 18, 564 — ),
so haben wir jetzt die Stellen zu bieten, wo das Wort den Ge-
wändern gegeben wird.
Das aber ist der Fall bei Schleier xdXvfijia II. 24, 94 und H. H.
5, 42, dem Obergewand xtjtloc H. H. 5, 182, was auch Q. S.
hat 3, 586.
Wir gelangen jetzt zu den Worten, bei welchen xvavog einen
Teil der Zusammensetzung bildet.
b) xvavtoTiiq mit dunkelblauen Augen.
Nach unseren Erörterungen deutet das Wort auf die Farbe
der Iris oder der Pupille. Das Wort wird der }ifi<piTQixi] ge-
geben Od. 12, 60; Q. Smyrn. giebt es der }iQfto&6rj 1, 44, einer
Amazone. Demnach könnte das Beiwort der Meeresgöttin mit Bezug
auf die Meeresfarbc beigelegt sein, aber da es auch eine Amazone
führt, so ist es eben nicht nötig, besondere Beziehungen auf das
Meer in dem Wort zu suchen.
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Die Farbenbezeichnungen der Epiker.
c) xuovo#«/ti7S,
ein Beiwort des Poseidon (Uoöfidaow) II. 13, 563, des Hades ^«fyc
H. H. 5, 347, des Rosses Areion 'Aqüojv Ep. gr. fr. Th. 4; aber
auch der Mähnen eines Rosses H. 20, 224. Die früheren hierher
gehörigen Erörterungen erklären die Bedeutung des Wortes.
d) xvavonkoxctftoq mit glänzendschwarzen, blauschimmernden
Flechten.
Das Beiwort ist von Q. Sm. 5, 345 den Nereiden äXtcu ge-
geben, den Bewohnerinnen der Salzflut.
e) xv€tv6xx(Qoq mit glänzendschwarzen, blauschimmernden
Flügeln,
ein Beiwort der Cicade H. A. 393. Da die Flügel der Singcicade
mit vielen schwarzen Adern durchzogen sind, so können nur diese
wegen ihres Blauschimmers den Anlafs zur Farbenbezeichnung ge-
geben haben.
f) xvavoxexXog,
in dem erörterten Sinne von dem Obergewand der Leto gesagt
H. Th. 406, und der Demeter H. H. 5, 319.
g) XVCCVOXQtiJQOq,
in dem erörterten Sinne von dem Vorderteil des Schiffes gesagt
vavq H. 15, 693. — Q. S. nennt die Schiffe xväveai 10, 256.
Da Homer die Schiffe mit Vorliebe als schwarze bezeichnet —
Riedenauer erklärt das Schwarz der Schiffe aus dem Anstrich mit
Pech, und zwar mit Hinblick darauf, dafs II. 4, 277 eine Wolke
schwärzer als Pech genannt wird — so haben wir nicht einmal
nötig, nach unseren Darlegungen über das Verhältnis von Schwarz
zu Blau, an einen Blauanstrich der Schiffe zu denken — eine An-
nahme übrigens, der nichts im Wege steht.
Zur Darlegung der Leichtfertigkeit und Willkür, mit welcher
Gladstone arbeitet und folgert, sei hier auf seine früher berührte
verwunderliche Erklärung des Wortes hingewiesen. Das Beiwort
begegnet uns in Ilias und Odyssee zwölfmal. Die häufige Anwen-
dung des Wortes kennzeichnet es somit als ein stehendes Beiwort.
Ein solches Beiwort hat nun aber die Eigenschaft, dafs es sich zu-
weilen da findet, wo es nicht recht hingehört. Somit würde auch
das Vorkommen von xvavojtQmQog als Beigabe zu vavc wohl einmal
eine Verwendung haben finden können, wo es nur formelhaft steht,
nicht der Lage scharf entsprechend.
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Die Farbenbezeichnungen der Epiker. 143
Mit Verkennung dieser Thatsache schliefst nun Gladstone daraus,
dafs, während in der Ilias alle zwölf Schiffe des Odysseus mennig-,
also rotgefärbt heifsen, in der Odyssee des Helden Schiff xvavo-
jiqcoqoq genannt wird — eben dieses Beiwort auf Bronzefarbe
hinweist.
Dafs andere Dichter die Ilias, andere die Odyssee, noch andere
den Schiffskatalog geschaffen haben, mithin in den homerischen Dich-
tungen eine Nichtübereinstimmung selbst in wichtigeren Dingen
als in der Farbe eines Schiffsschnabels sich leicht von selbst erklärt, —
übrigens ist es wieder Gladstone, welcher in derselben Schrift aus
der Verwendung der von ihm nicht verstandenen Farbenbezeichnungen
Schlüsse auf die verschiedenartigen Zusammensetzungen von Ilias
und Odyssee im Sinne der Liedergelehrten ziehen möchte — beachtet
der seltsame Gelehrte bei solchen Behauptungen nicht, um eben
wieder einen selbstgeschaffenen Erfolg verzeichnen zu können: wir
aber haben mit Gladstones Erklärung xvdvsog »1. gefertigt aus Bronze;
2. in Farbe gleich Bronze« und seiner Übersetzung »bronzefarbene
Schnäbel« nach den früheren und jetzigen Erörterungen nichts mehr
zu thun. Ein Verfahren, aus der selbst geschaffenen Bedeutung eines
Wortes weitreichende Schlüsse zu ziehen, richtet sich von selbst.
Dafs Ameis-Hentze in dem xvavostQcoQoq wieder die Meeres-
farbe erblicken wollen, ist uns von ihrer Art der Anschauung aus
erklärlich, zu widerlegen — nach allen den gebotenen Erörterungen,
nicht mehr nötig.
h) xvavoxQyfofivog,
in dem erörterten Sinne von dem Schleier der Thetis gesagt Q.. S.
5, HS-
2. a) yXavxog blau, mit der Neigung zum Hellen, hellblau.
Das Wort wird aus gar heiter, hell sein, glänzen hergeleitet.
Wenn die Herleitung richtig ist, so würde sie nur den Teil der
Farben abstufung erklären, welcher sich als das Helle dem Blau gesellt.
Seiler- Capelle versichern uns, dafs diejenigen falsch urteilen,
welche yXavxog als eine Farbenbezeichnung erkennen und mit »bläu-
lich« übersetzen. Wir werden uns sofort vom Gegenteil der Ansicht
von Seiler-Capelle überzeugen.
Zunächst erinnern wir uns, dafs Plato yXavxov aus einer Mi-
schung von xvavovv und Xtvxov hervorgehen liefs: Blau und Weifs
gemischt giebt Hellblau. Da nun yXavxiöiov, yXavxloxog einen bläu-
lichen Seefisch bezeichnet, yXavxmf/a die bläuliche Haut über dem
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Die Farbenbezeichnungen der Epiker.
Augenstern, yXavxiov eine bläuliche Pflanze, einen blauäugigen See-
vogel, yXavxoi; einen bläulichen, efsbaren Seefisch, so haben wir
darnach das yXavxoq als eine hellere Abstufung von Blau zu erkennen,
welche nach Grau und Weifs neigen kann.
Diese Bedeutung, die Bezeichnung der Farbenabstufung des
Hellblau, des Blau in seinem Übergang zu Grau widerspricht in nichts
der Vorstellung, welche wir vom Meere haben können, wenn II.
16, 34 yXavxoq zu &dXaooa gesetzt wird, bei Hes. Th. 440 Beigabe
von dvoxt[i<p£A.oq (zu ergänzen: Meer) ist, also dem schwer zu be-
schickenden Meere, und bei Ap. 1, 182 endlich dem Schwall der
Wogen oldfta sich gesellt.
b) yXavxaixtq.
Die Bedeutung des Wortes ist eine vielbehandelte, die Sprach-
forscher übersetzen jetzt lichtäugig, strahlenblickend, strahlenäugig.
Zur Stütze ihrer Übersetzung fuhren sie mit Vorliebe die Worte der
Scholiasten zu Apollon. Rhod. I 1280 164 ) an.
Die Scholiasten teilen uns mit, dafs yaQOjtov und yXavxov
synonym verwandt werden. Beide Worte finden zur Bezeichnung
des Glänzenden ihre Verwendung. So steht ihnen denn öuqXavo-
oovüiv für (pcoxi^ovöi oder diaZapuzovöiv.
Nach ihrer Meinung sagt in diesem Sinne Apollonius x<xQ°x>
von der Eos, yXavxmmq Euripides vom Monde, erhält Athene des-
halb eben dieses Beiwort.
Zunächst ist nun darauf hinzuweisen, dafs die Scholiasten des
Apollonius Rhodius alles eher als gesunde Erklärer sind, wie denn
ihre Ansichten oft so krausem Denken entspringen, dafs eben nur
Gladstone dieselben darin übertrifft. Was nun ihre Ansichten in
diesem Fall betrifft, so haben wir zuzugeben, dafs x a Q 0Jt d$ und
yXavxog im allgemeinen als synonym zu betrachten sind, sodann
aber festzustellen, dafs die Worte nicht zur Bezeichnung des Aus-
sehens des Lichtes an sich oder der Pupille gebraucht werden —
die Scholiasten sagen o&ev xcd jifrqvä yXavxcomg, xal yZrjvt], tj xöq?j
tov dy&aXfiov — sondern die Farbe des von der Morgenröte oder
dem Monde ausgehenden, durch feuchte Luft oder Nebel gedämpften
bleichen, weifslichgraublauen Strahles, wie den Strahl des Lichtes
bezeichnen, wenn derselbe graublau oder milchblau aus dem Auge
zurückgeworfen uns entgegenblitzt.
Haben wir so die Erklärung der Scholiasten des Apollonius
Rhodius zurückgewiesen, so war eine solche Zurückweisung auch mit
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Die Farbenbezeichnungen der Epiker.
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Rücksicht auf die zutreffenden Farbenerklärungen der Alten nötig,
und zwar aus einer Zeit, welche der Anschauung des Apollonius Rho-
dius unendlich näher steht, als seine Scholiasten. So nennt Cicero die
Augen der Athene caesios, also weifslich-graublaue, Gellius erklärt
nach Nigidius das Blau in yXavxwjtic mit der Farbe des Himmels.
Auch Diodor spricht über das Wort yXavxmmq. Er sagt Bibl.
Hist. 1, 12: Einige Hellenen nehmen an, Athene habe ihren Bei-
namen yXavxwjtiq davon, dafs sie yXavxovg o^9-aX(iovg, also (grau-
blaue Augen habe. Das sei thöricht, wie die Ägypter meinten:
nach deren Ansicht bezöge sich das Wort darauf, dafs die Luft,
deren Gestaltung Athene sei, einen bläulichen Anblick gewähre —
jtQoOoipiv tyyXavxov. 165 )
Soviel geht aus der Bemerkung des Diodor mit unzweifelhafter
Sicherheit hervor, dafs Griechen und Ägypter das Wort yXavxmmc
für eine Farbenbezeichnung mit Bezug auf das Auge der Athene
hielten: nur wäre etwa fraglich, ob das Blau auf dasjenige der Luft
zu beziehen ist, oder auf dasjenige des Auges allein: ebenso ist die
Blauabstufung von vornherein nicht klar.
Als fernerer Zeuge dafür, dafs yXavxaimq eine Farbenbezeich-
nung ist, tritt kein geringerer, als Pausanias ein. Er berichtet uns
nämlich (Descr. Gr. L. 1. 14. 6), dafs im Tempel des Hephaistos
eine Bildsäule der Athene gestanden habe mit (grau)-blauen (jXav-
xovg) Augen. Nach Libyscher Sage sei Athene eine Tochter des
Poseidon und des Sees Tritonis: deshalb habe sie blaue — also
hellblaue, graublaue — Augen gehabt. 166 )
Diesen Zeugen und Zeugnissen gegenüber, welche Meer, Luft
und Auge der Athene in einem farbenvollen Zusammenhang ver-
weben, ist es denn doch fast unglaublich, dafs unsere Sprachforscher
ihren oft überkühnen Hcrleitungen zuliebe vorgezogen haben, in
diesem Falle sich auf die düftelnden Worte der Scholiasten des
Apollonius Rhodius zu stützen, als auf die Darlegungen und Über-
setzungen eines Cicero und Nigidius, eines Diodor und Pausanias.
Da wir nun einmal dem yXavxcojtig eine so breite Ausführung
gegeben haben, um die Bedeutung des Wortes wieder in seine alten
Rechte einzusetzen, so sei es nun erlaubt, uns mit den Eulenaugen
Schliemanns abzufinden. Zunächst sei nun erwähnt, dafs die angeb-
lichen Eulengesichter auf den Gefäfsen, welche Schliemann auf dem
Hügel Hissarlik gegraben, der Einbildungskraft Schliemanns und seiner
willigen Freunde angehören. Schliemann hat auf* dem alten klein-
asiatischen Begräbnisplatz, auf dem niemals die sagenhafte Stadt Hion
Veckenatedt, Gesohlchte der griech. Farbenlehre. 10
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Die Farbenbezeichnungen der Epiker.
gestanden, zwar keine Gefäfsc mit Eulengesichtern ausgegraben, da-
für aber eine erhebliche Anzahl von Gesichtsurnen, wie solche in
seiner mecklenburgischen Heimat ziemlich zahlreich gefunden werden.
Etwas mehr Umsicht und Einsicht würde ihn und seine willigen
Freunde auch in dieser'Beziehung vor groben Irrtümern bewahrt haben.
c) yXavxtdio,
erscheint nur in der Partizipialform. Das Wort gesellt sich den
Augen des Löwen II. 20, 172. Hes. Sc. 430, es wird übersetzt »mit
funkelndem Blick«. Da sich uns yXavxog und yXavxcojttq als Farben-
bezeichnungen ergeben haben, so haben wir auch hier keinen Grund,
yXavxiomv nicht in entsprechender Weise zu übersetzen. Da nun
der Widerschein des Lichtes im Löwenauge milchblau, graublau
erscheint, so ist uns yXavxiowv mit blauem, mit milchblauem, grau-
blauem Augenstrahl, und demnach mit bläulichem Auge — aber nur
in Bezug auf den Widerschein. Diese meine Erklärung wird sofort
bei x a Q 0Jt °~ weitere Begründung finden. Wie sehr aber das (Grau)-
Blau als Farbenbezeichnung in dem Wort hervortritt, zeigt sich auch
bei Q. Smyrn., welcher die Augen des Laokoon 7, 488 yXavxiö-
covreg nennt.
Nun hat aber Laokoon kranke Augen, welche bald rot von
Blut sind, bald övödX&ta, schwer zu heilende, vergiftete, kranke
genannt werden. Eben von diesen matten weifslich (grau)blau
schimmernden Augen heifst es dann, dafs sie yXavxiootPTsq sind.
Das Wort wird in den Homerwörterbüchern mit kampflustig
aussehend, kampflustig — so giebt Ebeling — funkeläugig hat Auten-
rieth, mit (wild)funkelndem Blick bieten Seiler-Capelle — übersetzt
und die Herleitung unserer Sprachgelehrten mit ihrer willkürlichen Art,
der sclbstgesetzten Wurzel die selbstgesetzte Bedeutung beizulegen,
kommt ihren Verfassern dabei zu Hülfe, denn Fick hält das Wort gar
nicht mehr für ein zusammengesetztes, sondern geht auf gharap als
eine Weiterbildung von ghar zurück und gelangt so zu funkeln, glühen.
Aber Schenkl gelangt doch auch zu yagojtoq als einer Farben-
bezeichnung, er leitet das Wort aus skt. hari grün und gr. corp her :
aber ein grünes Auge hat kein Löwe, eher der Tiger — und eine
Art der Gelehrsamkeit, welche aus verschiedenen Sprachen die Be-
standteile eines griechischen Wortes zusammensetzt, ist denn doch
in einem solchen Falle keine wirkliche, sondern eine Scheingelehr-
samkeit.
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Die Farbenbezeichnungen der Epiker.
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Stellen wir nun zunächst die Bedeutung des Wortes fest,
welches die Griechen demselben selbst beigelegt haben.
Von den Scholiasten des Apollonius Rhodius erfuhren wir,
dafs xctQOJioz und yXavxog als Synonyma verwendet würden : wir
konnten das für zutreffend erklären, wogegen wir die weiteren Dar-
legungen derselben zurückweisen mufsten.
Im ganzen als Synonyma, aber doch mit Betonung gewisser
Unterschiede behandelt die Worte Aristoteles in seiner Hist. An. I, 10,
wo er das Auge als ftsXdv bezeichnet, öyöÖQa yXavxov, x<xqoji6v
und alyomov — das wäre also schwarz — blau in zwei Abstufungen
und ziegenäugig, gelblichgrünlich. Plutarch stellt xaQonov und xvavo-
ttötg zusammen, er vergleicht die blaue Blüte des Leins mit der
blauen Farbe des Himmels und bezeichnet letztere mit alfrtQtog
XaQOJtorrjg.
Nun giebt aber die Pflanzenkunde die Farbe der Leinblüte mit
hellblau an (Leunis-Frank), aber auch mit blau (Garcke), die Farbe
des Himmels wird mit dem Aussehen des Saphirs, des lapis lazuli
verglichen und darnach azurfarben genannt. Der lapis lazuli hat
nach der Steinkunde die Farbe »schwach — glasglänzend, lasur- bis
himmelblau«. Der Gewerbetreibende versteht unter Azurfarbe ein
Himmelblau, ein Dunkelblau, ein tiefblaues Ultramarin.
Hier w T ürde das Aussehen des Steines und der darnach ge-
nannten Farbe des Gewerbes sich nicht vollständig decken, wie wir
ähnliches bei Safranblüte und Safranfarbe gehabt. .
Da nun aber immerhin die blaue Farbe des südlichen Himmels
als eine verhältnismäfsig tiefere Abstufung des lichten Blau anzusehen
sein wird, als das helle Blau "der Leinblüte, so werden wir kaum
umhin können, als die Synonymität von yaQOjxov und yXauxw dahin
zu bestimmen, dafs das lichtere Blau dem yXctvxoq zuzusprechen ist,
die etwas tiefere dem xapojrcfc.
Zu ähnlichen Ergebnissen führen uns aber auch die weiteren
Verwendungen der Worte und ihre Übersetzungen bei den Römern.
So wendet Plutarch das Wort yaQ 0Jr <> Tf j$ au f das Auge der Ger-
manen an (Marius c. 11). Dieselben werden von Tacitus truces
et caerulei genannt: x a Q OJT ^ entspricht also dem caeruleus. Wir
treffen das Wort wieder bei Cicero, welcher de N. D. den Unter-
schied in der Farbe der Augen der Minerva und des Neptun mit
den Worten bezeichnet: caesios oculos Minervae, caeruleos esse
Neptuni. Darnach ist also x tt Q 0Jt ^ wiederum gleich caeruleus, cae-
sius aber entspricht dem yXavxoz. Daraus ergiebt sich aber, dafs
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Die Farbenbezeichnungen der Epiker.
Cicero, Tacitus und Plutarch sich in voller Übereinstimmung der
Anschauungsweise befinden, aus der Anwendung von caeruleus und
caesius aber, dafs, wo Unterschiede von den Römern in der Verwen-
dung der Worte gemacht werden, caeruleus das reinere, tiefere Blau
bezeichnet, caesius das hellere (grau-)blau. Aber auch Theokrit mufs
dieselbe Anschauungs- und die entsprechende Ausdrucksweise gehabt
haben, denn Idyll. 20, 25 rühmt ein Mädchen von sich:
ofifiarä ftoi yXavxäq x a Q 0Jto > T( Q a xoXlbv Üd-avaq,
das kann aber nur heifsen : »Meine Augen erglänzen in einem tieferen
Blau als diejenigen der Athene«.
Da das Mädchen unmittelbar vorher seine schwarzen Augen-
brauen rühmt, so würden wir in dem angeführten Verse mit un-
zweifelhafter Sicherheit bei x<*QOxa>zsQa an ein tieferes Blau zu denken
haben — denn der schwarzhaarige Mensch pflegt ein dunkleres Auge
zu haben, als der blondhaarige — freilich wird auch dem flavus
Ganymedes, dem blonden Göttermundschenk, von Theokrit das Bei-
wort x a Q°*<>$ gegeben — wenn wir die Gewähr hätten, dafs
Theokrits Naturanschauung durchweg eine scharfe und bestimmte ist.
Das bisherige Ergebnis unserer Untersuchung ist nun also, dafs
ZaQoxoq. eine Farbenbezeichnung für eine Blauabstufung ist, ein
Synonymon von ylavxöc, aber mit einer leichten Wandlung nach
der tieferen Blauseite hin.
Und nun gehen wir zur Verwendung von %aQojcoq bei den
Epikern über. Wir treffen es bei Homer als Beiwort des Löwen
XaQOJtoi rs Xtovt«; Od. n, 611, H. H. 3, 569. 4, 70. Hes. Sc. 177
und Th. 3, 25 — in letzterem Falle von dem Löwen der Chimaira.
An diese fünf Stellen schliefsen sich noch drei andere, denn H. H.
3, 194 giebt es den Hunden xvveq, Ap. Rh. 1, 1280 der Morgen-
röte jJcö's, Q. S. dem Mond 2eX^vrj 10, 337.
Stellen wir nun die Bedeutung von ^ctpojrog als Farbenbezeich-
nung für das Löwenauge und das Germanenauge fest, von dem uns
Plutarch berichtet, da wir von dem Beiwort bei Mond und Morgen-
röte bereits S. 144 geredet.
Das Germanenauge hat eine schwarze, das Löwenauge eine
blauschwarze Pupille, das Germanenauge eine graugrünliche grau-
blaue und tiefblaue Iris. Somit kann x a Q 0J€( >S au f die Farbe der
Iris bei dem Löwen nicht, bei dem Germanen nur in seltenen
Fällen bezogen werden, auf die Pupille des Germanenauges nicht,
auf diejenige des Löwenauges nur, wenn man x a Q ox og mit lödnc
in der Bezeichnung der Farbenabstufung gleichsetzt. Und doch haben
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Die Farbenbezeichnungen der Epiker.
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Löwen und Germanenauge das Hellblaue im Auge, worauf xßQOxo?
hinweist, und zwar als Widerschein. Dieser Widerschein tritt aber
dann am schärfsten hervor, wenn der Löwe und der Germane im
Zorn Stirn und Augenbrauen krausen — vor dem Ansprung oder
Ansturm, also dafs in diesem Augenblick einer zornigen Ruhe die
vergröfserte Augenfläche den breiten Widerschein bietet, der wie
ein farbiger Strahl aus dem Auge hervorzubrechen scheint — und
eben diesen Widerschein oder Strahl nennen die Griechen und Römer
um seines farbigen Aussehens willen ^ccpojror und caeruleum.
Sind wir so zu dem milchblauen, graublauen, hellblauen Wider-
schein im Auge des Löwen und Germanen gelangt, so wird uns das
Beiwort in dem erörterten Sinne auch erklärlich, wenn wir es von dem
Auge des Hundes gesagt finden, denn auch der canis Molossus bietet
im Zorn diesen farbigen Widerschein im weitgeöffneten Auge: das
Strahlende, Feurige, Funkelnde, Kampflustige, wie unsere Sprachforscher
und Homerlexikographen übersetzen, ist einfach gemachte Bedeutung.
Dafs ich mich übrigens bei meiner Erklärung von x<xQoxdq mit
der Wirklichkeit in Übereinstimmung befinde, dafür treten nicht nur
meine Beobachtungen an dem Auge der Franken, Alemannen und
Sachsen ein, sowie bei den zweiunddreifsig Löwenaugen unseres
Tiergartens zu Leipzig, sondern auch die Einzelheiten des Zeugnisses
der Alten, welche dem Auge des Löwen das x a Q°^ v im Augenbück
des Ansprunges geben, Iv dvaßoXf] zov oQ/ifjOcu, wenn der Wider-
schein im weitgeöffneten Auge sich in verstärkter Gröfse zeigt und
als hellblauer Strahl aus dem Auge hervorzuckt: x a Q oyt V v dxrlva
Ix tmv ofifidtcov Ixöiöoö&ai sagt mit Bezug hierauf der Grieche
Philostrat, dem in der Erklärung von Natur und hellenischer An-
schauung zu folgen uns eine um so gröfsere Neigung innewohnen
wird, als unsere Lexikographen vielfach ihre Ergebnisse dem Um-
stände verdanken, dafs sie an Stelle der alten Überlieferung ihre
neue willkürliche Anschauung gesetzt haben.
4. a) qiQioq in der Frühe, am Morgen, im Morgengrauen,
nach unseren Lexikographen. 'HtQtoc kommt von äqQ her, welches
auf aoa hauchen, wehen zurückgeführt, von dem dsXXa Windstofs,
Sturm nicht geschieden wird. Nach Curtius freilich hat sich die
Bedeutung früh aus derjenigen der Wurzel us brennen, leuchten
entwickelt. In diesem Falle hätte wieder die Bedeutung der Wurzel
auf die Bedeutung des griechischen Wortes keinen Einflufs geübt.
Und nun schreiten wir zur Feststellung der Bedeutung von
griechischer Anschauung aus. Da die Griechen mit al&tfQ die obere
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Luft bezeichnen, welches Wort mit cu&m brennen zusammengestellt
wird, so ergiebt der Gegensatz von at t Q und td&rjQ, dafs mit a.r(Q
nur die untere Luftschicht bezeichnet sein kann, und somit auch die
dunkle. So hat Homer mit cb'jQ auch den Nebel bezeichnet, wie
denn in der That urfo und VEtpiX?} Nebel und Wolke und untere
dunkle Luft Od. 8, 562 gleichgesetzt sind, wo beide die Schiffe ein-
hüllen, ebenso wie Stadt und Volk der Kimmerier Od. 11, 15.
Auch den Odysseus umgiebt Athene mit Luft ?}tQ<x xevs Od.
7, 15, um ihn unsichtbar zu machen, mithin mufs die Luft ein
dunkler Nebel, eine dunkle Wolke gewesen sein. Da wir nun [i£Xaq
s chwarz und xvdveoc blau als Beiworte von i>€<pbXi] und vitpoc, Nebel-
wolke — in dem von uns erschlossenen Sinne — fanden, wie auch
der Sturm XalXatp bezeichnet wurde : da arjQ der Herkunft nach mit
Sturm dtXXa zusammengehört, wenigstens besser als mit us brennen
— im übrigen der Bedeutung nach dem Nebel und der Wolke
gleichgesetzt wird, so haben auch wir i}{qio$ von dieser Anschauung
aus zu übersetzen. In diesem Sinne gelangen wir dann zu Blau, in
der Abstufung nach dem Schwarz zuneigend, oder, wie die Natur
es bietet, zu einem blauumsäumten Schwarz.
Der Natur von Nebel, Wolke und Luft entsprechend mufs
dieses so von uns bestimmte Blau als eine stumpfe Farbe bezeichnet
werden, wogegen das Blau xvdvtog als Widerschein des glänzenden
Schwarz eben überwiegend ein glänzendes und dunkles Blau bezeichnet.
In blauumsäumte schwarze Luft gehüllt steigt Thetis als TjeQlri
aus dem Meere auf II. 1, 407 — Ap. Rhod. aber hat das Wort
fjeQhj in derselben Anschauung wie Homer das xvavfy bei ipdfifioc,
bei dem Meeressandc äfiafroz 4, 1239. Da der Meeressand weder
als brennender, noch als luftiger, noch als frühzeitiger bezeichnet
werden kann, so ergiebt sich daraus die falsche Erklärung unserer
Sprachvergleicher und Homerlexikographen, die Richtigkeit meiner
Darlegungen. Übrigens bietet sich hier auch willkommene Gelegen-
heit, mein Urteil über die Scholiasten des Apollonius Rhodius zu
begründen: dieselben erklären nämlich jjtp/// äfia&oq: alles, was viel
und häufig da ist, wird rjtQotv genannt. 167 ). Solche Dichtererklärer
sind in der That würdige Vorgänger unserer Augendarwinisten.
In der Bedeutung von »in Nebel gehüllt, Blau mit schwarzem
Kern und blauer Saumfarbe« wendet Apollonius Rhodius das Wort
bei yala der Erde an, welche versinkt I 580 övero, wie wiederum
Apollonius auch Ägypten ?]tQbj nennt, dessen schwarzer Boden den
Völkern der alten und neuen Zeit bekannt war und von denselben
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Die Farbenbezeichnungen der Epiker.
als solcher bezeichnet wird. 'HtQiog in dem von mir erörterten Sinne
entspricht als Beiwort der Kraniche II. 3, 7 dem schwärzlichen Ge-
wimmel der Kraniche, von dem Schiller singt.
b) tftQoetg
übersetzen wir nach unseren Darlegungen zu fägioc mit blau, also
blauer Saum mit schwarzem Kern, und zwar würde die Bildung von
tjEQÖeiq auf eine Verstärkung des blauen Aussehens hinweisen.
In dieser Bedeutung gesellt sich das Wort zu Tagrapog, dem
schwarzen Abgrund unter der Erde, mit dem blauen Luftsaum II.
8, 13 zu £6<pog, H. Th. 729, zu der Höhle av&Qov y H. H. 3, 234;
3, 359 steht ausdrücklich xata £d<pov dabei, um das Dunkle, Schwarze
der Höhle besonders hervorzuheben. Auch wir sehen und sprechen
von dem schwarzen Unter- und Hintergrund, von Höhle und Ab-
grund, ebenso aber auch von dem blauen Saum der schwarzen Wolke.
In gleicher Weise gesellt sich dann das Wort zu örafrfiog H. Th. 294
und dem Eingang des Bosporus oröfia Boöjiöqov Ap. 1, 11 14. Auch
uns säumt sich Fels und Berg blau bei dunklem, schwarzem Kern.
Mit Vorliebe verwendet Q. Smyrn. diese Farbenbezeichnung;
er giebt sie der Höhle avxQov 12, 450, dem Abgrund ßvoöog 14,
495, aber auch dem Meer Jtövrog 14, 466 und dem Schwall des
Meeres äXog otdfta, das von ihm zuvor als [itXag schwarz bezeichnet
ist. In diesen Fällen entspricht der blaue Saum bei schwarzem Kern
der vollen richtigen Anschauung. Wir finden das Wort bei ihm
aber auch dem Steinbock gegeben alyixoQsvg, dem nur von blauem
Nebel als schwarzem, kaum kenntlichem Gegenstand umgebenen Be-
wohner des Hochgebirges, sowie dem Südwind vörog 1 3, 484. Die aus
dem Süden heraufwehenden Winde bringen aber dem Griechen Nässe
und Nebel nach Her. 2, 25 und II. 3, 10. Mithin kann auch der
Südwind bei dichterischer Verstärkung des Dunkels, welches der-
selbe in den Regenwolken heraufbringt, als schwarz mit blauem
Saum bezeichnet werden, indem Regenwolke und Wind zu einem
Begriff verschmelzen.
c) jjfQOfiörjg
bezeichnet nach seiner Zusammensetzung eine lichtere Abstufung der
Farbe, welcher das Won rftyiog nach unserer Erklärung zu dienen
bestimmt ist. Ameis-Hentze folgen freilich Gladstone, welcher be-
merkt: »qtQouörjg ist so offenbar nur ein atmosphärisches Beiwort,
dafs es keiner umständlichen Erörterung bedarf. Es ist beachtens-
wert, da es die Idee der atmosphärischen Durchsichtigkeit ausdrückt.«
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*5 2
Die Farbenbezeichnungen der Epiker.
Auch Brieger und Hentze sind im besonderen der Ansicht, dafs
f)sQoei6r/g nicht richtig mit grau übersetzt wird — darin stimme ich
ihnen bei — aber ich halte an der Bedeutung, die sich aus meinen
früheren Erörterungen zu r t tQioc und rjegötig von selbst ergiebt, um
so lieber fest, als auch qtQoei&rjq sich zur Höhle gesellt clvtqov Od-
13, 103, öjitoq Od. 12, 80, dem Felsen jttrQrj Od. 12, 231, den
Bergen ovQta — wie der Wolke vsyilr] H. Th. 757. In den
Hymnen und bei Hesiod wird das Beiwort dem Meer jzovto$ wieder-
holt gegeben, elfmal bei Homer, wie Od. 2, 623 u. s. w. Höhle, Fels
und Berg, Wolke und Meer erscheinen eben auch dem Griechen wie
uns dunkel mit bläulichem Saum — und diese farbige Erscheinung
bezeichnet eben der Grieche mit dem Wort TjSQoeiÖijg. —
Neunundzwanzigstes Kapitel.
Violett.
Wir gelangen zu Violett.
Können wir Lila, Indigo und Violett einfach als Abstufungen
des Blau fassen — denn Lila — das amethystinus des Plinius —
ist hellblau mit der Neigung zu Rot, Indigo tiefblau mit der Neigung
zu Schwarz, Violett aber blau, gemischt mit Rot, so wollen wir uns
doch dem allgemeinen Gebrauch insoweit fügen, als wir Violett als
besondere Farbengruppe behandeln. Die Berechtigung hat das Violett
eigentlich dazu nur dann, wenn wir es als eine auf gleichen Teilen
beruhende Mischung von Blau und Rot erlassen, wie Orange von
Rot und Gelb, welche genau abgegrenzte Farbenabstufung und Mi-
schung die Natur in Bezug auf das Violett bekanntlich nicht leicht
bietet. Der Name Violett ist der viola entnommen, von den neun-
zehn Arten der Violen, welche Garke bietet, findet sich Violett als
Blütenfarbe bei viola scaturiginosa — und zwar hier dunkel Violett,
sciaphila hier Violett bei weifsem Schlünde der Blumenkrone, odorata
Blau in dunkler Abstufung der Farbe, silvestris Violett, suavis
Violett mit Vorherrschen des Blau, arenaria mit der Neigung zu
Bleich, endlich tricolor in dunkler Abstufung des Violett.
Unsere jetzige Farbenbezeichnung Violett ist nach der Farbe
des Stiefmütterchens, der viola tricolor geschaffen, wie auch das
Lexikon der französischen Akademie sagt: Pens&e, petite fleur du
genre de la violette. Von der Farbe pensee sagt das Lexikon dann,
dafs dieselbe ein gewisses Violettbraun sei, der Art, wie dasjenige
des Stiefmütterchens. 168 )
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Die Farbenbezeichnungen der Epiker.
153
Die violette Farbe des Stiefmütterchens geht nun aber bei
genauer Betrachtung aus dem Dunkelroten durch das Waidblaue in
das Schwarze ein, je nachdem Sonne oder Schatten auf die Blüte
fallen. Demnach, da die alte Welt die Einzelheiten der Erscheinung
genau zu beachten und jeweilig in seinen Benennungen zu verwerten
pflegt, werden wir die Einzelheiten der Farbe des Stiefmütterchens
und seines Aussehens im Sonnenschein wie im Schatten auch in der
Verwendung des Gegenstandes finden, wenn solcher ein Beiwort
führt, das von der Farbe des Stiefmütterchens hergenommen ist. So
finden wir bei Plinius die Bezeichnung viola purpurea — unser viola
tricolor, aber auch odorata, denn der Purpur ist rot mit einem Blau-
schimmer, wie es scheint, unter Hervorhebung des Blauschimmers
des Purpurs — der bei Theophrast das tov peXav entspricht, denn das
Dunkelblau mit der leichten Neigung zu Rot im Stiefmütterchen
geht in Steigerung des Dunkels der Farbe in das Schwarze ein.
Hatten wir uns bei unserer Violauntersuchung dahin entschieden,
dafs Od. 5, 72 von dem Dichter eine viola odorata gemeint sei —
die Blütezeit würde allerdings eher zu viola tricolor führen, aber
die Erklärungen von Theophrast und Plinius über das iov, sowie
der Standort liefsen uns keinen Zweifel darüber, dafs in dem von
Göttern angestaunten Naturpark der Inselgöttin auf der feuchten
Wiese die viola odorata emporgesprofst war — so tragen wir nun
kein Bedenken, aus dem Eigenschaftswort long auch den Sängern
der homerischen Lieder die Kenntnis der viola tricolor zuzuschreiben.
1. a) löetq.
Von Garcke wissen wir, dafs die viola odorata dunkelviolctt
blüht, ihre nächste Verwandte, die viola suavis aber blauviolett.
Folglich tritt das Rot hier vor dem Blau zurück. Nun finden wir
dies loetQ — zunächst reich an der Farbe der Viola — bei dem Eisen
ciÖjjQoc II. 23, 850 — wie Ep. gr. fr. Phor. 6, 7. Q, S. 6, 48.
Die Bezeichnung entspricht also, da Homer wie Quintus Smyr-
näus dieselbe haben, griechischer Anschauung über den Zeitraum
von mehr als einem Jahrtausend. Das Eisen hat aber ein Rot,
welches die Brücke zu dem Rot des Veilchens schlägt, und zwar
dasjenige des Rostes. Mit dieser Übereinstimmung der Einzelheit in
der Farbe ist aber die passende Verwendung des Beiwortes in Bezug
auf das Eisen von selbst gegeben, nur werden wir, um des Hervor-
tretens der Rotfarbe willen, die Bezeichnung losig der viola tricolor
lieber entnehmen, als derjenigen von viola odorata oder suavis mit
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154
Die Farbenbezeichnungen der Epiker.
ihrem Hervortretenlassen der dunklen Abstufung des Violett oder
des Blau. Übrigens hat auch das Gewerbe unserer Tage eine Farbe
Violettbraun, eine Abstufung, in welcher die Neigung zu dem Rost-
rot des Eisens sich ausgesprochen findet.
Damit ist aber auch eine Übersetzung des Wortes lotiq hin-
fällig, welche sich, wie die von Seiler-Capelle gebotene, stahlblau
also, an das Blau des Stahles anlehnt; ist doch in den angeführten
Stellen gar nicht von Stahl, sondern von Eisen die Rede. Mit Fest-
stellung dieser Thatsache ist uns nun aber auch eine ausführliche
Widerlegung des sonst gut arbeitenden Riedenauer erspart, welcher
das Eisen deshalb veilchenfarbig oder grau sein läfst, weil der Metall-
arbeiter aus Eisen dadurch Stahl gewann, dafs er ein grofses Beil
oder eine Axt in kaltes Wasser tauchte. Diese Art von Verstählung
würde sich nur auf die Schneide beziehen, mittelbar aber nicht Grau-
oder Blaufärbung erzielen, sondern das Rot des Rostes herbeiführen.
Das Rostrote des Eisens vergleicht sich aber mit dem Rot in der
Blütenfarbe jener Blume, deren Schönheit die Hellenen zu Zeiten
Homers in dem Mafse entzückte, dafs die Dichter jener Zeit Name
und Aussehen derselben zu einer besonderen Farbenbezeichnung zu
gestalten Anlafs nahmen.
b) lotiöiiq, ähnlich der Farbe des Stiefmütterchens.
Nach unseren zu lostg gegebenen Erläuterungen müssen wir
bei lotidrjg zu Rot, Blau, Schwarz gelangen können, aber allerdings
in gedämpfter Abstufung. Das Beiwort wird II. n, 298 dem Meer
jtovtog gegeben, H. Th. 3 der Quelle xQqvtj. Wie bei seinen
mangelhaften Farbenerklärungen vorauszusetzen war, übersetzt La
Roche auch hier das Wort nicht richtig, wenn er dunkel dafür sagt;
es ist kein Grund zu dieser Übersetzung vorhanden. Die Quelle,
um welche bei Hesiod die Musen tanzen, wird bei solcher Sachlage
schwerlich das Beiwort dunkel ertragen. Das Meer, welches II. 11,
293 vom Sturm erregt wird, liegt zunächst ruhig da. Das ruhig
daliegende Meer sieht aber unter den Strahlen der Sonne rot aus —
den Blauschimmer, das Dunkle bringt erst der Wind hinein, welcher
die Wogen aufwühlt, wie das bei jtoQtfVQtoc purpurfarben der Ver-
fasser des Buches über die Farben entwickelt. Da auch olvoip ein
Beiwort des Meeres ist, ebenso wie JtOQyvQtos gesättigt Rot mit
einem Blauschimmer, so haben wir bei dem Quell, welchen die
Musen umtanzen, ebenso wie bei dem Meer, wenn Meer und Quell
ioudtg genannt werden, an eine gedämpfte rote Farbe, von bläulich-
dunklem Schimmer umspielt, zu denken.
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Die Farbenbezeichnungen der Epiker. 155
c) loöetpvyq violendunkel, dunkelfarbig, veilchenblau,
nach den Wörterbüchern.
Nach meiner Ansicht kann es keinem Zweifel unterliegen, dafs
der zweite Bestandteil des Wortes vtffoq ist, mithin in Bezug auf
die Farbe des Stiefmütterchens das Dunkel derselben hervorhebt,
und zwar in der Weise, dafs das Wort als Farbenbezeichnung auf
Schwarz weist, das über ein kaum bemerkbares Blau zu einem
rötlichen Schimmer führt. Haben wir diese Gesichtspunkte für das
Aussehen der mit lodvtyvrjg bezeichneten Farbenabstufung gewonnen,
so haben wir die Richtigkeit derselben darauf hin zu prüfen, ob die
also gewonnene Farbenbezeichnung in dieser Erklärung sich als pas-
send gesetzt bewährt. Wir finden nun loövtg^q als Beiwort bei der
Wolle, welche auf dem Spinnrocken ist und derjenigen, welche die
Schafböcke der Kyklopen auf ihren Rücken tragen, Od. 4, 135 und
9, 426. Da einmal der Naturwolle das Beiwort gegeben ist, so können
wir auch bei der Wolle am Spinnrocken an solche denken, freilich
ebenso gut auch an gefärbte. Die Farbenbezeichnung loävegyrjq weist
nach meiner Erklärung derselben auf schwarze Wolle hin, welche
über ein kaum bemerkbares Blau zu einem leichten Rotschimmer
führt. Einem solchen Aussehen entspricht aber schwarze oder
schwarzbraune Wolle in der That. t
So geben uns denn die drei Worte, lötiq das Mittlere der Farbe
des Stiefmütterchens, lotiörje die Abstufung nach der helleren, loö-
vttprjq diejenige nach der dunkleren Seite hin, ein Unterschied, den
selbst ein Lorz nach seiner Schrift : »Die Farbenbezeichnungen nach
Homer mit Berücksichtigung der Frage über Farbenblindheit, Arnau
1882«, nicht einmal geahnt zu haben scheint, denn er spricht zwar
von veilchendunkler Wolle, erwähnt aber nicht einmal das Wort
iodvsqttjq; loeidrjq xovxoq übersetzt er »das tiefdunkelblaue, fast
schwarze Meer«, lotig, bei Eisen und Meer, soll beide als schwarz
bezeichnen. Warum hat denn der Dichter dann nicht lieber einfach
fitXaq gesagt?
Freilich bei solchen Erklärungen, welche allein willkürlichen
Ansichten ihr Dasein verdanken, findet man es, wenn nicht begreif-
lich, so doch verständlich, dafs man dahin hat gelangen können, den
homerischen Menschen Farbenbewufstsein und Farbenfreude kecklich
abzusprechen.
2. vaxiv&ivoq hyazinthen farbig.
Das Wort wird aus iov und uvftoq mit doppelter Deminutiv-
bildung hergeleitet, wir finden dasselbe zweimal in der Odysse 6, 231
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Die Farbenbezeichnungen der Epiker.
und 23, 158, und zwar beide Male von dem Haupthaar des verjüngt
erscheinenden Odysseus gesagt.
Machen wir uns das Vergnügen, einige der Erklärungen der
Bedeutung dieses Wortes je nach seinen Beziehungen durchzugehen.
Da treffen wir denn auf jene Gelehrte, welche mit dem hyazinth-
farbenen Haar durchaus nichts anzufangen wissen. Demnach erklärt
denn auch Ameis, wie schon bemerkt, dafs des Odysseus Haar nur
in Bezug auf die reiche Fülle und das Lockige desselben mit der
Blüte der Hyazinthe verglichen werde. Lorz redet sich, wie das
diejenigen Herren thun, welche eine schwache Sache verfechten, in
den Eifer hinein und sagt S. 29 seiner angeführten Schrift: »Hier
ist auch nicht im entferntesten an die Farbe gedacht, sondern es
ist die Fülle des Haares, das krause Haar sehr passend mit der ganz
gewöhnlichen Hyazinthe verglichen, und mir kommt es ganz unbe-
greiflich vor, wie so vielen dieser Umstand entgehen konnte.«
Zunächst stellen wir fest, dafs die Worte von der Fülle des
Haares oder, wie Ameis sagt, der reichen Fülle desselben und der
Hyazinthe als Vergleichungsgegenstände leere Redensarten sind. So-
mit bliebe das Krause und Lockige von Blüte und Haar zum Ver-
gleich. In der Odyssee findet sich bei Haar das Wort ovXog: dasselbe
wird auf die Wurzel var in der Bedeutung verhüllen, bedecken u. s. w.
zurückgeführt, mit salvus zusammengestellt, und ergiebt als Haupt-
bedeutung nicht wollig und davon abgeleitet kraus, sondern ganz
voll, dicht. Das dunkle Haar des Mongolen und arisierten Mongolen-
sprosses ist eben nach den Darlegungen in den Werken der Völker-
kunde walzenförmig, schlicht, wenn auch dicht, das blonde des Ariers
gelockt. Aber selbst wenn ovXog der Hauptbedeutung nach kraus, lockig
hiefse — Homer hätte dann allerdings eine Ansicht von dem, was am
Haar als Schönheit zu preisen ist, welche den übrigen Ansichten der
alten Hellenen widerspricht, die nicht von der Schönheit der Locken,
sondern von derjenigen der Flechten zu reden pflegen, wie uns
solche an den älteren Bildungen des Apollo und Hermes recht wohl
bekannt sind — wie kommt denn gerade die Blüte der Hyazinthe
in dieser Beziehung zu der Ehre des Vergleiches? Hätte Homer
das Krause und Lockige des Haares mit einem Gegenstande der
Kunst oder einem Gebilde der Natur vergleichen wollen, so boten
sich ihm dazu solche, die durchaus passend herangezogen wären, in
ebenso grofser Anzahl dar, als die Blüte der Hyazinthe unpassend
verglichen sein würde. So geht denn auch Marty nicht unmittelbar
auf eine solche Erklärung ein, und ich denke, allein Worte von
Die Farbenbezeichnungen der Epiker. 157
der Bildung wie QoöoödxrvXoc, xQoxtjtog, losa; hätten auch jedem an-
deren Homer- oder Farbenerklärer Anlafs bieten müssen, von der
Form der Blüte auf ihre Farbe überzugehen, denn, wenn wir
rinden, dafs jene Worte auf die Rosen-, Krokus- und Stiefmütterchen-
farbe hinweisen, so haben wir dies auch in entsprechender Weise
bei vaxivfrivoq zu thun. Marty sagt nämlich: »Es ist denkbar, dafs
Homer nicht blofs an die Form, sondern auch an die Farbe der
dunkelblauen Hyazinthe dachte, indem er den Lockenschmuck des
Odysscus mit dieser Blume verglich.«
Von dem Lockenschmuck läfst also auch der sonst so um-
sichtige Marty nicht ab, aber er giebt wenigstens dem Odysseus
auch dunkelblaues Haar, der Farbe der Hyazinthenblüte entsprechend,
aber er erklärt nicht, wie diese Farbe dem Aussehen des Haares
entsprechen kann.
Und nun wenden wir uns zur Hyazinthe oder derjenigen Blume,
welche bei Homer diesen Namen trägt. Nach Autenrieth ist nun
die II. 14, 348 erwähnte Blume vaxtvfroq vielleicht unsere blaue
Schwertlilie, vielleicht der Gartenrittersporn. Jedenfalls versichert
uns Vanicek, dafs vaxivfros. eine von unserer Hyazinthe ganz ver-
schiedene Blume ist. Mit der ganz gemeinen Hyazinthe von Lorz
ist es demnach nichts, abgesehen davon, dafs die glockig-walzlichen
Blüten der Stern-Hyazinthe, die kantig-walzlichen, eiförmigen oder
kuglich-eiförmigen der Bisam-Hyazinthe durchaus keine Einstimmung
zu den Locken geben würden, welche er dem Odysseus zuspricht.
^Ycauv&oq nun, auf Gartenrittersporn Delphinium Ajacis ge-
deutet, würde uns zu lebhaft blauen, hellblauen oder weifsen Blüten-
blättern führen — in diesem Falle wäre eine Vergleichung mit dem
Haar des Odysseus eine einfache Unmöglichkeit — auf iris germanica
aber, als die Schwertlilie, zu einer dunkelviolettcn Blüte.
Nun belehren uns aber Leunis-Frank, dafs das homerische Wort
auf Hyacinthus orientalis hinweist. Diese hat die Blütenfarben -Blau,
Rot, Weifs, Gelb. Da dem Haar des Odysseus, welcher an der be-
treffenden Stelle als ein fisXayxQoi/^g, ein rotbrauner Held, gekenn-
zeichnet ist, sich in diesem Falle nur die Farbenbezeichnung schwarz
oder in dem von uns erörterten Sinne blau gesellen kann, so wäre hier
eigentlich nur an die blaublühende orientalische Hyazinthe zu denken.
Es unterliegt nun keinem Zweifel, dafs aus einer Anschauung heraus,
welche den kraftvollsten Göttern Zeus und Poseidon so schwarze
Augenbrauen, ein so schwarzes Haupthaar geben, dafs dieses tief-
schwarze glänzende Haar ein Blauschimmer umspielt, auch dem
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Die Farbenbezeichnungen der Epiker.
Odysseus, wo er in der Fülle seiner Kraft gekennzeichnet werden
soll, ein Haupthaar gegeben werden kann, welches in Steigerung
der in dem Dunkelviolett der Schwertlilie gegebenen Farbenabstufung
von tiefem Schwarz oder dem Blau der orientalischen Hyazinthe
ausgehend über Waidblau hinaus in einen blauen oder blaurötlichen
Schimmer ausläuft.
Dreifsigstes Kapitel.
Purpurfarben.
Bevor ich jetzt zu den übrigen Farben und Farbengruppen
übergehe, sei es erlaubt, die Doppelfarben nach meinen früheren
Darlegungen, also das phönizische Rot, Vollrot mit dem Blauschimmer,
Rotbraun mit dem Violettschimmer, (fotvixovv, xoQyvQovr, alutoQ-
(fVQOv, zu behandeln.
Zu unseren früheren Darlegungen über die unklaren Vorstel-
lungen, welche vielfach mit dem Begriff phönizisches Rot und Purpur
verbunden werden, mögen sich noch die Bemerkungen von Glad-
stone gesellen, nach denen sich bei Homer in den Ausdrücken jtoq-
y vQeog und yoivlxtoc ein solches Schwanken findet, dafs er geneigt
ist, zu glauben, der Dichter sei für beide Enden des Spektrums —
somit also für Blau und Rot blind gewesen. Auch Marty meint, dafs
xoQtyvQeoc, sowie sein lateinisches Analogon purpureus, schon oft
Gegenstand fleifsiger Untersuchungen gewesen sind, ohne die auf
Klarstellung ihrer Bedeutung verwendete Mühe zu lohnen. So ver-
einen sich der farbenunkundigste Homerkenner Gladstone und der
sorgfältigste Farbenerklärer der Alten, Anton Marty, um Homer zu
einem rotblaublinden Mann zu machen, oder zu erklären: die aut
die Klarlegung von Purpur verwandte Mühe — ist verloren.
Da wir nun über Herkunft und Wesen der berührten Doppel-
farben bereits alle nötige Aufklärung geboten, sowie die schwierigsten
Fälle der Verwendung der betreffenden Farbenbezeichnungen be-
handelt haben, so wäre es verlorene Mühe, solchen Behauptungen
jetzt noch eine andere Bemerkung zu widmen, als diejenige des
ruhigen Abweisens.
So wiederholen wir hier nur als Ergebnis der früheren Fest-
stellungen, dafs Purpurn ursprünglich den Schimmer einer jeden
unruhigen Farbe bedeutet hat, weshalb Horaz nicht nur von Purpur-
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Die Farbenbezeichnungen der Epiker. 1 5 9
schwanen zu sprechen das Recht hatte, sondern Albinovanus von
purpurnem Schnee zu singen vermag, 169 ) sodann aber, dafs diese
Farbenbezeichnung an dem Blauschimmer der Scharlachfarbe wie des
Vollrot, sowie des Violettschimmer an demjenigen des Rotbraun
haften geblieben ist.
Wir gehen zunächst zur Gruppe Phönizisch-Rot über.
x. a) <foirt§, Subst., die phönizische Farbe, diejenige des Coccum
(Coccus) mit seinen Eigenschaften, Adj. phönizisch rot.
Wir finden das Wort bei der mit dem Coccumsaft vollzogenen
Färbung des Elfenbeines lUyavxa II. 4, 141 — also offenbar Elfen-
beinplatten, ein Zierat für die Rosse — sowie bei einem Gürtel £<»(m/(>
II. 7, 305. Der Gürtel Homers pflegt aus Leder zu bestehen und
vorn und an den Seiten mit Metall bekleidet zu sein. Die Färbung
bezieht sich offenbar auf das Leder, denn auch Od. 23, 201 ist ein
Riemen iptac ßoog aus Rindshaut mit dem Coccumsaft gefärbt.
Auch der Helmbusch aus Rofshaar schimmert in der phönizi-
schen Doppelfarbe 11. 15, 538 — tnjiuoz Xotpoq — (foivtxi <panvoq,
wie auch Ap. 2, 920 dem Helmbusch die Doppelfarbe giebt.
Auf den überwiegend roten Gehalt der Farbe weist die Stelle
II. 4, 146 hin, wo mit der Farbe der also bearbeiteten Platte das
Blut des Menelaus verglichen wird. Sodann ist es durchaus wahr-
scheinlich, dafs auch II. 23, 454, wo es dem Rofs (polvig als Eigen-
schaftswort gegeben wird, nur an die hellrote Farbe desselben zu
denken ist. Bei Doppelfarben hat der Dichter sicher das Recht, die-
jenige derselben zur Vergleichung zu wählen, welche ihm als die
geeignetste erscheint, dem gewünschten Eindruck zu entsprechen.
Da auch unser Scharlach eine glänzende Farbe ist, so mag der
Dichter das phönizische Rot als helle, rote Glanzfarbe mit derjenigen
des Rosses zur Vergleichung herangezogen haben.
Endlich finden wir <potrt§ noch gebraucht, und zwar Od. 6, 163,
zur Bezeichnung des Schosses t qvoc einer jungen Palme. Gladstone
sieht darin die Bezeichnung des Aussehens der jungen Palme. 'Potvit-
ist aber nicht nur die Farbe, welche in verschiedenen Abstufungen
aus dem coccum (coccus) gewonnen wird, sondern es bezeichnet
auch den aus Phönizien stammenden Baum, nicht minder auch ein
phönizisches Tonwerkzeug. So leiten auch wir aus dem Worte
Persicus, an sich ein Eigenschaftswort, einmal den Namen des Baumes
ab, bei dem wir zunächst nicht an seine Frucht zu denken haben,
sodann aber auch den Namen der Frucht, welche uns die Bezeichnung
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Die Farbenbezeichnungen der Epiker.
für drei Arten von Farben gegeben hat: den Franzosen gaben die
Laute pers, dem Wort Persicus entstammend, eine vierte Farben-
benennung, welche, wie unser Pfirsichfarben das ausspricht, auf die
Farbe der Blüte des Baumes hinweist. Auch bei uns ist Wein ein-
mal die Pflanze und dann auch der aus den Beeren gewonnene
Trank. So dient ein und dasselbe Wort einmal zur Bezeichnung
des phönizischen Baumes, dann zu einer solchen der phönizischen
Farbe, ohne dafs die Farbenbezeichnung auf die Farbe des Baumes
irgend welchen Bezug zu haben braucht.
b) <poivl<fOa> mit phönizischem Kot färben, im Passivum, die
phönizische Farbe annehmen,
so Ap. 3, 725 <poivix&ri xaXöv XQoa, von der Farbe der Liebe ge-
sagt: Q. S. 9, 179 gebraucht das Won zur Bezeichnung der Blut-
farbe ai'fiau (poivix^rfiav.
c) <potvixeog mit phönizischem Rot gefärbt,
bei Ap. 2, 10 10 ein Beiwort der Helmbüsche.
d) <foivix6fiq,
eigentlich reich an phönizischem Rot, also das phönizische Rot mit
dem Blauschimmer in voller Kraft darbietend.
Das Beiwort gesellt sich zu xXalva dem Mantel D. 10, 133,
den Gewändern eifiata H. H. 3, 250, den Zügeln H. Th. 95.
H. A. 194 wird Ares aifjan <f>oivixou$ genannt, so ist es schon an
sich wahrscheinlich, dafs der Dichter nicht nur auf die rote Farbe
des Blutes hat hinweisen wollen, sondern auch auf den Blauschimmer,
welcher das geronnene Blut zeigt, wie dies offenbar an jener Stelle der
Fall ist; nicht wohl abzuweisen ist die Erklärung von Rot mit dem
Blauschimmer, wenn die Striemen »wie sie beim Ringen durch
starkes Drücken entstehen«, II. 23, 717 opmöiyytQ ai'fian yoivi-
xötooai — genannt w r erden. Über die hervortretende rote Blutader
wölbt sich die graublaue Haut, also dafs die Blutstriemen in phöni-
zischem Rot mit dem Blauschimmer erscheinen.
e) tpoivixoxaQfiog mit Wangen, die mit phönizischem Rot
gefärbt sind.
Wenn wir das Bemalen von Elfenbeinplatten kennen gelernt
haben, von Riemen und Gürteln, so ist nirgends ein Grund vor-
handen, welcher uns verbietet anzunehmen, dafs auch die Schiffe
bemalt sind : dafs dies mit Mennig-, also rostroter Farbe, zu geschehen
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Die Farbenbezeichnungen der Epiker.
pflegte, haben wir bereits gehabt, dafs dies mit phönizisch Rot ge-
schehen sein kann, wenn demselben Fett oder Öl zugesetzt wurde,
um die Farbe wasserbeständig zu machen, ist nicht wohl zu bezweifeln:
somit übersetzen wir Od. u, 124 v£<xq <poivixojiaQflovg unserer Er-
.rung entsprechend.
Auf die von verschiedenen Homererklärern gebotenen Über-
setzungen rotbraun, dunkelrot u. dergl. noch besonders einzugehen,
hat nach unseren Darlegungen keinen Zweck.
2. itOQtpvQ<i> aufwogen, aufwallen, bei Nonnus mit Purpur färben.
Nonnus gehört dem fünften Jahrhundert unserer Zeitrechnung
an, sein Geburtsland ist Ägypten; als ein beweiskräftiger Zeuge für
echte griechische Anschauung kann weder seine Art des Dichtens,
noch sein Sprachgebrauch angesehen werden.
Wird jtoQ(fVQco mit aufwogen, wallen übersetzt, führt uns auch
die Herleitung des Wortes zu dieser Bedeutung, so findet sich auch
bei den griechischen Epikern aufser bei Nonnus keine Stelle, welche
uns nötigte, an jioq(pvq<d als Farbenbezeichnung zu denken. So lesen
wir II. 14, 16 Öts jtoQ(pvQj] jzeXayo$ von dem Aufwallen des Meeres,
wir finden das Wort in entsprechender Verwendung, wenn der
Dichter uns sagen will, dafs dem erregt Standhaltenden das Herz
schlägt II. 21, 551 xQaöiTj noQtyvQE [ikvovxi. So hat Ap. 2, 546 in
wallender Erregung strebt er vorwärts ico^pvQtov tJtifiaitrat, in
erregter Erwägung erscheinen uns Here und Athene Ap. 3, 23
ävöixa JiOQyvQovöai — und in entsprechender Bedeutung finden
wir das Wort Ap. 3, 397. 3, 451 u. s. w. — Darnach haben wir
keinen Grund, bei Ap. 1, 935 den im Wirbel aufwallenden Hellespont
öivy xoQfpvQovxa öirjwoav ^EXXfjOJiovxov mit purpurfarben zu über-
setzen.
Q. S. hat jcoQ<pvQ(o in der Bedeutung von erwägen — das
Volk sinnt auf den Mord der Troer Xaog — jioq<pvqqjv Tqcoeg.öi
(povov 4, 77 und entsprechend 1, 706. 5, 355 u. s. w. Darnach
würde das Wort auch hier auf ein unruhiges Sinnen, bewegtes Er-
wägen hinweisen.
Der Gebrauch des Verbums tritt mittelbar für die Ansicht als
Beweis auf, dafs die entsprechenden Adjectiva als Farbenbezeich-
nungen ursprünglich nur auf unruhige, bewegte Farbenspiele, wie
solche der Schimmer einer Farbe bietet, hingewiesen haben: die
Anwendung vorzugsweise auf Rot ist von mir ihrer natürlichen
Entwicklung nach dargelegt worden.
Veckenstedt, Geschichte der grlech. Farbenlehre. 11
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y
l62 Die Farbenbezeichnungen der Epiker.
b) 7COQ<pvQeoq purpurfarbig, gesättigt Rot mit einem Blauschimmer.
Das Wort findet sich bei also gefärbten Gewändern, und zwar
fpaQog dem Gewände IL 8, 221, jcinXoc der Decke II. 24, 796,
rdjtrjTEt; den Teppichen, Decken II. 9, 260, x^ atva dem Mantel Od.
4, 115, diaXa£ dem Doppelmantel Od. 19, 242, auch Ap. 1. 721, 2,
()r}yta den Decken II. 24, 645, und öqialQa dem Ball Od. 8, 373.
Sodann finden wir das Wort dem Blut al'fian gegeben II. 17,
361. Da an der Stelle von dem Blut, welches die Erde benetzt hat,
die Rede ist, so haben wir einen Hinweis auf gerinnendes oder ge-
ronnenes Blut anzunehmen. Dasselbe erlaubt aber an den Blau-
schimmer der Farbe bei gesättigt rotem Untergrund zu denken.
Als Beiwort vom Regenbogen Iqic II. 17, 546 und der damit
verglichenen Wolke, welche gleichfalls so genannt ist H. 17, 551,
haben wir das Wort bereits behandelt.
Besonderes Befremden hat, wie wir uns entsinnen, das Beiwort
in seiner Hinzufügung zum Meer hervorgerufen.
So gehen wir denn jetzt die betreffenden Stellen durch. Zu-
nächst treffen wir jcoQwvQtrj als Beiwort bei aXg der Salzflut II. 16.
391. Hier giebt nun La Roche die Bemerkung: — »nie als Beiwort
von norxoq, sondern nur von <xXq und xv(ia«. Dafs die Woge aber,
welche MOQtpvQtov Od. 2, 428 genannt wird, dem Meere xovzoq
angehört, hätte er bereits v. 421 desselben Buches lesen können.
Mithin sind besondere Beziehungen nur auf das Meer in der Be-
zeichnung äXq ausgeschlossen.
Sodann finden wir das Wort bei der Woge des zürnenden
Skamandros II. 21, 326. Ap. giebt es dem aufwirbelnden Meeres-
wasser 1, 1327, 8 divyöi xvxmftevov atpQtsv vöodq noQ<pvQtov, sowie
dem Wogensch wall oidfia 4, 915. Über die Zusammenstellung von
purpurfarbig und Meer haben wir nach den berührten Erklärungen
des Buches über die Farben nicht mehr zu sprechen.
Ap. 1, 438 giebt sodann das Wort dem Qualm, welcher unter
purpurfarbenen Windungen über die rote Glut des Opferfeuers empor-
steigt. Aristoteles erklärt die Purpurfarbe entsprechend: »die Sonne
durch Nebel und Rauch gesehen«; an Stelle der Sonne haben wir
die rote Glut des Opferfeuers bei Apollonius, im übrigen die Farben-
bezeichnung derselben Art von Anschauung entnommen.
In übertragener Bedeutung haben wir sodann noQ<pvQsoq als
Beiwort des Todes frävaroq II. 5, 83. Ap. 2, 203 giebt es dem
Schwindel xaQoq, welches Wort der Scholiast mit oxotcoaiq erklärt.
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Die Farbenbezeichnungen der Epiker.
c) xoQipVQoeig, eigentlich reich an Purpurfarbe,
bietet die Od. 3. 14. 319 von dem Blut cufictTi, über welches sich
die graublaue Haut spannt.
3. itkuioQifVQOq meerpurpurn
nach den Wörterbüchern und mit der Erklärung mit echtem Purpur
gefärbt, d. h. also mit dem Safte der Schnecke, welche wirklich dem
Meere entstammt. Wenn die Erklärung richtig ist, so wäre bereits
zur homerischen Zeit, im Gegensatz zu der echten, auch mit unechter
Purpurfarbe gefärbt worden; wer aber echten und unechten Purpur
unterschied, der unterschied sicher auch trotz Gladstone das phöni-
zische Rot von dem Vollrot mit Blauschimmer. Lehmann erklär
aXuioQ<pvQoq »wie Purpur in der Meerflut.« Diese Erklärung setzt
voraus, dafs man die purpurgefärbten Gewänder in das Meer zu
halten pflegte. Jedenfalls würde der Purpur in der Meerflut dunkler
aussehen, als im Glanz der Sonne. Alkman giebt das Beiwort dem
Eisvogel xt'iQvXoc: der männliche Eisvogel hat unten eine rostrote,
auf Rücken und Schwanz eine lasur- oder ultramarinblaue, oben eine
grünlichblaue Farbe.
Da das Rostrot bis in das Rotbraune hineingehen kann, da der
Eisvogel oben grünblau aussieht, mithin blau in abgestumpfter Ab-
stufung, so kann auch bei dieser Zusammenstellung von aZuioQtpvQoq
und xijQvXog das Beiwort auf eine dunklere Farbe des Purpur sowohl
in Bezug auf das Rot, als auf das Blau hinweisen: mithin ist es
auch hiernach mehr als wahrscheinlich, dafs aXutoQyvQog, das Bei-
wort der Epiker, dem äXovQytq der Philosophen entspricht. Ist dies
aber der Fall, so erfordert das Wort die Übersetzung: rotbraun mit
Waidblau- oder Violettschimmer.
Das Wort findet sich bei den Epikern selten. Die Odyssee
giebt es 6, 53 den Wollfäden auf der Spindel tjXäxara, die Wolle
wurde vor dem Spinnen und Weben gefärbt, — sowie den Gewän-
dern (pdQta 13, 108, welche die Nymphen weben. Ameis führt
zur Erklärung der also gefärbten Gewänder xoqqvqeoq als Beiwort
der Woge Od. 2, 427 und der Salzflut äXq II. 16, 391 an, welche
durch die einstürzenden Gebirgsbäche aufgerührt wird.
Nach unseren Erörterungen bedarf diese Gleichstellung von
jioQqrvQeoq und aXixÖQqpvQog keiner Widerlegung : die Heranziehung
der beiden Stellen beweist, dafs Ameis zuweilen etwas gedankenlos
durch Anführung zu erklären versucht hat, der Wirklichkeit und
Naturanschauung aber fern steht.
n*
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Die Farbenbezeichnungen der Epiker.
Schliefslich sei noch bemerkt, dal's der nicht häufige Gebrauch
von alixoQ<pvQo<; mittelbar ein Beweis dafür ist, daJs der Geschmack
der griechischen Epiker den dunkleren Farben so wenig zugethan
war, wie derjenige der Sänger des altfranzösischen Heldenliedes,
nicht minder aber auch der Dichter des Nibelungenliedes.
Einunddreifsigstes Kapitel.
W e i f 8.
Wir gehen jetzt zunächst zu Weifs über, um von da über
Silbergrau, Fahl und Bunt zu Farbenbezeichnungen unsicherer Deu-
tung und den allgemeinen Worten des Leuchtens und des Lichtes,
deren Verwendung im einzelnen zu untersuchen nicht nötig ist, und
damit zu dem Schlufs der Arbeit zu gelangen.
i. a) Xevxog.
Die Herkunft des Wortes ist bereits (S. 57) behandelt worden. Das
Beiwort wird der Haut gegeben XQ™S H- n, 573, in derselben Weise,
wie wir von der weifsen Haut zu sprechen pflegen, obgleich die
darunter liegende Schleimhaut hellroten Untergrund bietet, den Armen
jnjx« II- 5, 314, den Schultern cifioi Ap. 3, 45, den Knieen yov-
vara Ap. 4, 940, dem Oberschenkel kmyovvlq Ap. 3, 875, den
kranken Augen ojtcojial des Laokoon Q. S. 12, 414, von denen
wir gehabt haben, dafs sie bald rot von Blut aussehen, bald als
yXavxio<ovte<; bezeichnet werden, also als Augen, welche durch ihren
Farbenschimmer auf Hellgrau und Hellblau hinweisen, als deren ge-
steigertsten Eindruck wir demnach Weifs haben. Ap. I 672 braucht
das Beiwort vom Haar ganz junger Mädchen I&hqcu, die Ilias von
den Zähnen oöovreg 5, 291, den Knochen ooria 16, 347.
Sodann wird Xtvxoq den Rossen gegeben ixxoi II. 10, 437,
es wird von einem Zeichen o^(ia auf der Stirn des Rosses gesagt
II. 23, 455, den Lämmern aQvtq H. Th. 142, dem Lamme aQva
(Accus.) II. 4, 434, dem Nafs der Milch Xißdq Ap. 4, 1735, dem
Elfenbein eXig>ag II. 5, 583, dem Fett ahiyciQ H. Th. 533, dem
Wachs xTjQiov H. Th. 597.
Das Wort tritt zur Gerste xqI — La Roche giebt die seltsame
Erklärung, Xsvxov hiefse hier reif im Gegensatz zu grüner Gerste, —
aXytra den Gerstengraupen und dem Gerstenmehl II. 11, 640, der
Blüte av&u II. 17, 56 des Ölbaumes.
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Die Farbenbezeichnungen der Epiker.
165
Aevxog gesellt sich dem Wasser vöcoq des ruhigen Meeres
yaXrjnj Od. 10, 94, dessen Wirbeln ölvat Ap. 2, 368, der Salzflut
aXg H. H. 33, 15, dem Schaum ayoog H. Th. 191, und axvq Ap.
2, 570 der Brandung, also den weifsaufschäumenden Wellen der-
selben faytilvEq Ap. 4, 1574, dem Schneegeflock vupaq H. Erg. 535.
Dem Luftelement gesellt sich Xevxög bei alyXrj Schimmer, in
Verbindung mit al&QTj Od. 6, 45.
Das Licht wird weifs genannt von Ap. 4, 118, wo er nach
v. in von den weifsen Strahlen der Eos spricht Xevxal ßoXai
Die Hias hat dieses Weifs des Lichtes nur im Vergleich, und
zwar ist ein Schleier, eine schleierartige Binde xQ^dtpivog weifs, so
weifs wie das Licht der Sonne II. 14, 185 — Xtvxog — ?)tXiog Sg,
und von Rossen, welche weifser wie Schnee sind, sagt sie, dafs die-
selben den Strahlen der Sonne gleichen dxxiviOGiv iotxoxtg rfeXioto
II. 10, 577.
Von Gewändern wird das Wort sonst noch dem Laken yÜQoc
gegeben IL 18, 353, und Xalyog Q, S. 1321, und dem von weifsen
Gewändern gebildeten Busen xoXnot der Nymphen Ap. 4, 1144.
Von Metallen und Metallarbeiten findet sich weifs Xsvxog bei
den Buckeln oucpaXoi aus Zinn xaoo'txtQog II. 11, 35, einem Kessel,
der noch nicht im Feuer gewesen ist, Xtßijg ajtvgog II. 23, 268,
dem rjXtxxQog H. Th. 142.
KaooixtQog, das Metall, aus welchem die erwähnten Buckel
ofiqMxXoi bestehen, soll nun aber kein eigentliches Zinn sein, sondern
eine Mischung aus Silber und Blei, dem römischen Werkblei, stan-
num, entsprechend, das rjXtxxQog ist nach Lepsius eine Mischung
aus Silber und Gold. Somit würde der Silbergehalt des Metalles
das Beiwort rechtfertigen — rjXexxoov dagegen bezeichnet den
Bernstein.
b) XtvxtoXtvoq mit weifsen Ellenbogen, gewöhnlich weifs arm ig
übersetzt.
Beiwort der Here H. I 55, der Helena ^EXivt) II. 3, 121, der
Dienerinnen any'uzoXot Od. 18, 198 u. s. w., der Persephone H.
Th. 914.
c) Xtvxoxixotv weifs gekleidet, eigentlich mit weifsem Untergewand.
Seiler- Capelle beziehen Batr. 37 das Beiwort auf das »weifse
Netz«, in welches »die Leber gewickelt ist«. Die Leber ist in kein
Netz gewickelt, wohl aber befindet sich das sogenannte kleine Netz
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i66
Die Farbenbezeichnungen der Epiker.
zwischen der unteren Fläche der Leber und dem oberen Rande des
Magens ausgespannt.
Diese Farbenbezeichnung ist in scherzendem Sinne gebraucht
und entbehrt deshalb der vollen Schärfe der Auffassung.
d) Xevxaöxiq mit weifsem Schild.
Von Deiphobus dtjiyoßog gesagt II. 22, 249: demnach würde
an einen Schild aus einer Mischung von Silber und Blei oder von
Silber und Gold, xaooixeQog oder ijXexxQog zu denken sein.
e) Xevxaivto weifs machen
finden wir Od. 12, 172 — Xtvxaivov vöcjq &6xfjg hXax) 4 \0iv — sie
schlugen das Wasser mit den Rudern, dafs es weifs ward; ebenso
schäumt das Wasser weifs auf unter dem Kiel der dahineilenden
Argo Ap. 1545 lUvxaivovxo xtXev&oi, weifs wurden die Pfade des
Meeres.
So wird das Meer, welches schwarz aussieht, weifs unter dem
Schlag der Rudernden, bei Q. S. 5, 81 werden die Meerespfade
weifs jiovxoio xtXsv&ot, Q. S. 14, 416 macht der Schaum a<pQÖg
Haupt und Kinn weifs Q. S. 14, 579.
0 vxoXfvxaivofiai unten weifs werden.
Von den Spreustätten axvQ/diat gesagt II. 5, 502. Hier mischt
sich das Weifs schon in etwas mit dem Grau.
2. tXitpaq Elfenbein
dient zur Vergleichung mit der weifsen Farbe der Haut x^mg —
axdXavxog tvxxecvc? kXitpavxi Q. S. 14, 270, 1.
3. XtiQioetg lilienweifs,
von der Haut gesagt II. 14, 830.
Da man mit xqIvov die Lilie im allgemeinen, mit Xüqiov die
weifse Art bezeichnet, so haben wir keinen Grund, das Weifs der
Hand zu zart abzuschwächen. Auch wir singen und sagen von der
weifsen Hand mit Bezug auf die Hautfarbe derselben.
Q. Smyrn. giebt das Beiwort 2, 481 den Hesperiden. Wir
haben kein Bedenken, das Wort auch hier auf die weifse Haut der-
selben zu beziehen.
4. xiwv Schnee
deutet in dem Gleichnis II. 10, 437 auf die weifse Farbe hin, da
die Rosse des Rhesus weifser als Schnee genannt werden.
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Die Farbenbezeichnungen der Epiker.
167
5. aXtpog der weifse Fleck
wird auf albha weifs zurückgeführt und auf die Weifse der krank-
haften Hand bezogen. H. Catal. Fragm. 42. 2 aXtpbg XQoa navxa
xattcxt&tv.
Somit ergiebt sich, dafs Itvxoz in der Bedeutung weifs und
die in der Weifsgruppe behandelten Worte als Farbenbezeichnungen
so verwandt sind, wie auch wir dieselben verwenden können, denn
selbst das Meer und das Flufswasser haben bei uns dieses Beiwort,
ebenso wie bei den uns verwandten Völkern, wie wir denn nach
deutscher, slavischer, altpreufsischer, beziehentlich lithauischer An-
schauungsweise von dem weifsen Meer sprechen, der Biela, dem
baltischen Meer, dem Belt u. s. w.
Es ist nun aber nur natürlich, dafs mit dem Beiwort weifs
nicht auch immer zugleich nur die reine weifse Farbe des also be-
zeichneten Gegenstandes erwiesen ist, wie das auch bei uns nicht
immer der Fall ist, wenn wir einem Gegenstand die Bezeichnung
weifs geben: wohl aber wenden die alten Epiker das Wort gern da
an, wo bei hellem Untergrund ein weifser Schimmer den Gegen-
stand umspielt — in einer Art der Ausdrucksweise, welche auch
uns vollständig geläufig ist. So weist auf den weifsen Schimmer
bei grauem Untergrund das Wort hin bei Fett, Staub, Spreu, Werk-
blei, Electros, den Augen; bei graugelbem Untergrund bei den Haaren,
dem Wachs, den Waben, der Gerste, von welcher eigentlich nur
die Spitzen den weifsen Schimmer zeigen; bei fahlgelbem und geblich-
rotem bei dem Licht und eigentlich auch der Leber und dem Netz;
bei rötlichem Untergrund bei der Haut, wie dem Strahl der Eos:
Graugrünlich und Graubläulich geht in dichterischer Steigerung des
Gesehenen in Weifs über, wo das Meer oder das Wasser von Flufs
und Quell weifs genannt wird.
Zweiunddreifsigstes Kapitel.
Weifsgrau, Silberweifs, Weifs.
1. a) aqyvpeog weifsgrau, silberweifs, weifs,
wofern das Wort zur Kennzeichnung der Farbe und nicht zur Be-
Zeichnung des Metalles als Stoff dient.
Das Wort wird von arg glänzen, hell sein, licht sein herge-
leitet; das Silber ap/upoc ist das weifsgraue, glänzende Metall. Da
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Die Farbenbezeichnungen der Epiker.
auch wir von wcifsem Silber und rotem Golde zu sprechen pflegen,
als Steigerung des weifsgrauen und gelbroten Schimmers dieses
Metalles in das Weifse und Rote hinein, so werden wir auch den
griechischen Epikern gestatten müssen, mit ccQyvQtog einen ent-
sprechenden Weifsschimmer bei weifsgrauem, graublauem Untergrund
bezeichnen zu dürfen. Von dieser Anschauung aus gesellt sich das
Wort bei H. Th. 591 zu den Wirbeln ölvai und dem Flufs jtora-
jtos Ep. gr. fr. Pan. 3.
Wo das Wort als Beiwort zu den Warfen, wie den Schilden
tritt, haben wir ebenso das Recht, an Metall, wie an den weifs-
grauen Farbenschimmer derselben zu denken : allein zur Bezeichnung
des Metalles dient das Wort offenbar als Beigabe zu xq^ttjq, dem
Mischkrug Od. 4, 615, da dessen Ränder goldne genannt werden.
b) aQyvQo6iv>i<; mit weifsgrauen, silberweifsen Wirbeln
ist ein Beiwort des Peneios llrji'eioc II. 2, 753, sowie des Skamander
SxaftctrdQog jrorß//o.- tvQQiio* II. 21, 130 u. s. w.
c) <xQyvQ<me£a mit weif'sgrau, silberweifs schimmernden Füfsen
ist Beiwort der Thetis II. I 538 und als solches der Meeresgöttin
aufserordentlich passend beigelegt, da der Schaum des Meeres und
die aufwirbelnde Flut in das Weifsgraue, Silberweifse eingehen.
•
2. a) ttQyvifog wie ttQyvtffog hellleuchtend, blendendweifs, nach den
Wörterbüchern.
Nach unseren Erörterungen kann kein Zweifei darüber sein,
dafs wir das Wort weifsgrau, silberweifs zu übersetzen haben, in
dichterischer Ausdrucksweise unter Hervorhebung des weifsen Schim-
mers aber auch weifs. Das Weifs ist sehr passend den Gewändern
der Nymphe gegeben, i't'f/ara rrfir/^c H. H. 3, 250, denn das wallende
Gewand, welches der Nebel den Nymphen anlegt, geht aus dem
Weifsgrauen in das Weifse ein, es ist Beiwort der Schafe o/fc II.
6, 21, und wenn es sich zu (jtjjia Kleinvieh gesellt, so haben wir
wohl in dem betreffenden Falle an Schafe und nicht an Ziegen zu
denken, wie Od. 10, 85, das heifst also, dafs nach der Farbe der
Schafe das Aussehen der Herde bestimmt ist.
b) (tQyv<pfog,
dasselbe Wort, nur um das € verlängert, in derselben Bedeutung wie
«Qyvyoz, wird den Gewändern der Kalypso und Kirke beigelegt,
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Die Farbenbezeichnungen der Epiker.
also zu qäQOQ gestellt Od. 5, 230. 10, 543. H. Th. 574 heifst das
Gewand lo&rjg der Athene so, welches dem von Hephästus gebildeten
Weibe angelegt wird. Bei Ap. Rhod. finden wir ccQyvqpeoq als Bei-
wort der xaXvxTQr}, des Schleiers also 3, 835. Unter dichterischer
Hervorhebung des Weifsschimmers wird H. H. 6, 10 die Brust
orrj&ea der Aphrodite so genannt; Q. S. giebt das Beiwort den
Schultern cuuoi der Kassandra 12, 536, sowie den Schienbeinen und
Waden xvr/fjai der Penthcsilea. In entsprechender Weise, wie ag-
yvyog zu den Schafen, gesellt sich aQyxxptoq zum Vliefs, dann auch
zur Höhle des Nereus, wie auch wir unseren Wassermenschen krystall-
helle und silberschimmernde Schlösser geben.
3. a) awoq.
ein der Bedeutung nach vielumstrittenes Wort. So hat bereits He-
sychius zur Erklärung Xtvxog, rayvq, nach Suidas müfste sogar o£vc
als Bedeutung angenommen werden, denn er übersetzt ägyiodovra
mit Xsvxöv 7} oivodovva, Eustathius aber zieht die Bedeutung von
träge derjenigen von weifs auch da vor, wo aQyog zur Gans ge-
setzt wird.
Die Neueren übersetzen glänzend, gleifsend, schimmernd, flink,
rasch, schnell.
Stellen wir zunächst die Worte zusammen, denen aQyog sich
gesellt, so 6nden wir es bei yi)v, wie erwähnt, der Gans, Od. 15, 161,
welche der Adler in seinen Fängen tragend davon führt, den ge-
schlachteten Rindern II. 23, 30, den Hunden II. 1, 50, und den
Füfsen der Hunde II. 18, 578; dagegen Od. 2, 11. 17, 62. 20, 145
hält man seit Wolf xvreq jtööaq aQyoi für eine weniger gute Lesart
als 6va> xvveq aQyoi. Ameis-Hentze erklären sogar die erstere Leseart
für eine Unmöglichkeit, »weil der Dichter bei solchen Schilderungen
mit antiker Umständlichkeit zu spezialisieren pflegt«, sie ziehen die
zweite Lesart vor, »weil sie das Bild des Jünglings bei seinem ersten
öffentlichen Auftreten in einer Stunde ernster Entscheidung mit be-
stimmten Rissen zeichnet«, und sie eignen sich Döderleins Worte
an, welcher die Schilderung mit dem blofsen xvveq Jioöaq aQyoi
»eine poetische, wenigstens epische, wenigstens homerische Unmög-
lichkeit« nennt.
Von den Neueren übersetzen La Roche ccQyög als Beiwort von
den Rindern, »glänzend als wohlgenährte«, Ameis-Hentze bei der
Gans »glänzend« — von Ochsen und Gänsen — La Roche bei den
Hunden oder den Füfsen der Hunde »schnell, fufsschnell«, Ameis-
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iyo
Die Farbenbezeichnungen der Epiker.
Hentze »schnell«. Seiler-Capelle geben flink, rasch, schnell; sie be-
merken aber, dafs die Scholien »weifse Hunde« erklären. Diese
Erklärung und Übersetzung wird von ihnen verworfen, weil aQyöq
auch vom ganzen Geschlecht der Hunde gesagt werde. Da nun
aQyo4 aber doch einmal weifsgrau bedeutet, — oder wie die Neueren
sagen »glänzend« — so gelangen Ameis-Hentze nach Nitzsch von
»glänzend« zu »schnell«, weil jede rasche Bewegung eines Körpers
ein Flimmern oder Schimmern hervorbringen soll. So verwandelt
sich weifsgrau in glänzend, glänzend in schimmernd, schimmernd in
schnell. Weshalb nun aber aqyoc an den angeführten Stellen über-
haupt bei den Hunden steht, da La Roche zu II. 18, 578 sagt:
»Häufiger ist nööaz (0x64 und jioöaq ra/r,«, dafür wird ein Grund
nicht angeführt. Mir wiederum scheint kein stichhaltiger Grund
dafür vorhanden zu sein, dafs aQyoc mit schnell übersetzt und nicht
mit den Scholien als »weifs« zu fassen ist.
Zunächst sehen wir uns darnach um, von welcher Art von
Hunden in der Ilias und Odyssee die Rede ist. Da unterliegt es
denn doch wohl, wie ich denke, keinem Zweifel, dafs die Lager-
hunde wie die Hunde des Telemach canes Molossi, Rüden oder
Doggen sind, als deren nächste Verwandte sich uns die Hirten- und
Hofhunde zu erkennen geben.
Ist nun die Farbe der Hunde an sich verschieden, so läfst sich
doch bei der Art canis Molossus, den Rüden, als Hauptfarbe Grau,
Weifsgrau und Gelblich, Weifslichgelb erweisen.
Somit würde dyQog auf die Art hinweisen können.
Sodann berichtet uns der Verfasser des Buches de coloribus,
dafs »Pferde und Hunde aus ihrer natürlichen Farbe in das Weifse
hinübergehen wegen reichlicher Nahrung« — xa öl xoiavxa (oioi*
ixxoi xai xvvfq) — [itxaßuXXei Jiavxa ix xov xaxa gvoiv XQWftB-
xog slg t6 Xtvxbv ötä xqv evxQoyiav. Demnach verbindet sich mit
dem Begriff der weifsen Farbe im Altertum bei den Tieren, beson-
ders bei Pferden und Hunden, derjenige des Wohlgenährtseins.
Dafs endlich ctQyog in der Bedeutung von Weifs als Beiwort,
der Hunde auch ein solches sein kann, welches allein ästhetischer
Anschauung seine Verwendung verdankt, sollte zu bemerken nicht
nötig sein; denn auch wir sprechen von dem Tigerhund, um unser
Wohlgefallen an seiner dem Tigerfell entsprechenden Färbung zu
bezeichnen. Somit rechtfertigt sich aoyoc in der Bedeutung von
Weifs, Weifsgrau von Seiten der Art, der Lebensweise des Tieres,
der Ästhetik.
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Die Farbenbezeichnungen der Epiker.
171
Und wie der Dichter redet, so hat der Maler der alten Zeit
den Hund gebildet. So befinden sich auf dem Vasenbilde in der
Treppenflur des Leipziger Museums in der Darstellung der kanoni-
schen Eberjagd sechs Hatzrüden, canes Molossi. Von diesen Rüden
sind vier in derselben gelbroten Färbung dargestellt, wie die jagenden
Menschen, zwei der Rüden sind aber weifs. Aber nicht nur durch
ihre Farbe werden diese beiden Rüden ausgezeichnet, sondern auch
durch ihre Eigenschaften. Während die vier gelbroten Hunde erst
noch auf den Eber losgehen wollen, liegt einer der Rüden mit
weifser Farbe von dem Eber geschlagen am Boden, der andere
weifse Rüde hat allein den Eber in das Genick gefafst und sich
darin verbissen. Somit sind dem Vasenmaler die weifsen Rüden die
mutigsten ihrer Art.
Daraus ergiebt sich aber, dafs das Beiwort weifs dem Hund
auch von der Seite aus gegeben sein kann, dafs es Bezug auf die
geistige Eigenschaft des Tieres nimmt : und da der Maler spezialisiert
und individualisiert, der Dichter verallgemeinert, so rechtfertigt sich
das Beiwort weifs in Bezug auf die Hunde auch von dieser Seite aus.
Die Beziehung von aQyoq auf die Füfse der Hunde II. 18, 578
wird meines Wissens nicht angefochten: wenn aber irgendwo, so
ist hier die Bedeutung weifs am Platze.
Ein Blick in eine Gemäldesammlung mit Bildern aus verschie-
denen Zeiten und Ländern zeigt, dafs der deutsche Maler, wie der
Holländer, Franzose und Engländer den Hatzrüden mit Vorliebe weifse
Beine giebt. Herr Pinkert, der Besitzer des Leipziger Tiergartens,
teilt mir mit, dafs die Neigung zu weifsen Beinen bei dem canis
Molossus so stark hervortritt, dafs das Augenmerk des Züchters
darauf gerichtet sein müfste, da jetzt der weifse Fufs des Hundes
nicht für schön gelte, nur solche Tiere zur Zuchtwahl zu verwenden,
welche dieser Eigenheit entbehren. Trotzdem breche die Neigung
zu den weifsen Füfsen bei den durch solche Zuchtwahl gewonnenen
Tieren immer aufs neue hervor. Von dem pommerschen Spitz,
dem Hof- und Haushund berichtet sogar Brehm, welcher im allge-
meinen vorzieht, Darwinistischen Träumereien nachzugehen als scharf
zu beobachten, dafs bei demselben häufig weifse Füfse gefunden
werden. Die Hunde des achtzehnten Gesanges der Ilias sind nun
aber Hirtenhunde, demnach die nächsten Verwandten des Rüden
und des pommerschen Haus- und Hofhundes, und als solchen giebt
ihnen der Dichter mit allem Rechte einer getreuen und scharfen
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1J2 »
Die Farbenbezeichnungen der Epiker.
Naturbeobachtung das Beiwort «pyde in der Bedeutung von weifs,
wie das Wort bereits die Scholien zu Homer erklären.
Somit halten wir uns gegenüber den Düfteleien der Griechen
aus der spätesten Zeit und denjenigen unserer Gelehrten, welche der
Naturanschauung entbehren, an die Erklärung der Scholien, an die
Naturwahrheit, an die Anschauung der Alten nach den Darlegungen des
Werkes de coloribus, an die Seelenkunde und den Geschmack, end-
lich an die malerischen Darstellungen aus der alten und neuen Zeit,
und übersetzen aQyoq zwar nicht mit schnell — das heifst eben
(oxvc, auch nicht mit glänzend — das heifst eben XafiJtQog, sondern
mit weifsgrau, silberweifs — und in dichterischer Hervorhebung des
weifsen Schimmers mit weifs, auch bei den Hunden und ihren Füfsen.
Wie wir von der weifsen Gans sprechen, und nicht von der
trägen, schnellen oder schimmernden, so hat das auch Homer gethan,
ebenso hat er die Rinder weifs genannt II. 23, 30, denn dafs das
Rind mit weifser Farbe im Altertum in besonders hohem Ansehen
stand, geht schon aus der Thatsache hervor, dafs die Rinder der
Herden des Helios oder vielmehr die ihm geweihten Rinder die
Farbe des Schwanes, somit die weifse hatten, wie Theokr. 25,
129 — 131 das ausführlich und genau besingt. 170 )
Endlich sei auch darauf hingewiesen, dafs in den Parks der
englischen Grofsen die wilden Rinderherden, die unmittelbaren Nach-
kommen des wilden Rindes der Urzeit, von weifser Farbe sind.
Somit giebt die Natur selbst die Berechtigung zu einer entsprechen-
den Farbenbezeichnung.
b) aQyixovq mit weifsgrauen, silberweifsen, weifsen Füfsen.
Das Beiwort wird den Hunden xvveg gegeben U. 24, 211, und
zwar den wilden Rüden oder verwilderten Hof- und Schäferhunden.
Nach unseren ausführlichen Darlegungen zu aQyog haben wir nicht
nötig, hier noch einmal auf die von uns dargelegte Erklärung von
ctQyoQ zurückzukommen, aber einige seltsame Erklärungsversuche
dieser Farbenbezeichnung sind von uns hier noch zurückzuweisen.
Das Beiwort aQy'utodtc findet sich auch den Widdern gegeben xqioI,
und zwar von Sophokles Aias 237. Dafs nun auch die Widder statt
zu weifs-, zu schnellfüfsigen Tieren gemacht werden, wider die Natur-
wahrheit, die Ausdrucksweise und die Kunstanschauung unserer und
der alten Zeit — denn auch unsere Maler geben dem Bein des Widders
entsprechend der Natur eine besonders weifse Farbe — eigentlich
auch wider den Sinn der Vergleichung bei Sophokles, da die beiden
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Die Farbenbezeichnungen der Epiker.
173
Widder Bezug auf Agamemnon und Odysseus haben, keiner dieser
Helden aber das Beiwort Jtodag coxvg zu führen pflegt — müssen
wir nun wohl schon hinnehmen, denn einige Gelehrte des späteren
Altertums hatten die Bedeutung schnell nun einmal dem Worte bei-
gelegt — aber bei den Neueren gelangen wir bei ctyijtovg noch zu
einer anderen ganz erstaunlichen Bedeutung. So bietet Vanieek —
soviel ich sehe, nach Fick und Zeyss — für uQyinovg die Über-
setzung — Weifssteifs. Während wir nämlich bis jetzt Jtov±: mit
Fufs übersetzen zu müssen glaubten, soll das nun jetzt der Steifs
heifsen, gebildet von mg, jioc hinten. Die Sprachforschung bietet
einigen Gelehrten bereite Mittel, zu jedem von ihnen gewünschten
Ergebnis zu gelangen, und wenn sie dazu sich an Teile des mensch-
lichen Körpers halten müssen, die bisher dichterischer Verherrlichung
entbehren.
Gestützt wird die Ansicht von Fick, Zeyss und Vanieek darauf,
dafs nach Hesychius die Macedonier einen Adler, also eine Adlerart,
«QyUovg haben oder benennen. Da nun Aristoteles einen jtvyaQyog
aufführt, Äschylus von einem dunklen Adler — xiXauög — und wie
es scheint, auch von einem anderen singt, der hinten weifs ist
ii t* tgomv aQyäq — so ist der Beweis geliefert.
Was nun die naturgeschichtliche Bestimmung der Adler betrifft,
so nennt Aristoteles in der That die eine Adlerart xvyaQyog — und
diese ist ohne Zweifel der Seeadler, Haliaetus albicilla. Die Sprach-
gelehrten nehmen nun an, dafs der fitXavdtxog, der schwarze Adler,
hierzu den Gegensatz bildet. Das ist in Bezug auf Schwarz und
Weifs richtig, sonst falsch.
Aristoteles hat allerdings, wie schon erwähnt, auch den schwarzen
Adler fit Xavatrog. aber er sagt von demselben, wie wir uns erinnern,
dafs er der Gröfse nach der kleinste Adler ist — trtQog dt fttXag
Ttjv xQoav xai (ityt&og iXäyjorog. (Hist. An. 9, 32.)
Da nun Äschylus in dem düster erhabenen Chorgesang Aga-
memnon 115 von den beiden Adlern, mit Bezug auf die beiden
Atriden, singt, so würde der Vergleich im Sinne von Fick, Zeyss
und Vanieek die Beziehungen ergeben: Menelaus, der Blonde, und
der schwarze Adler, der kleinste von allen; Agamemnon, dessen
Körperteile sonst mit denjenigen der Götter verglichen werden,
(U. II 478:
öfifiata xai xt(paX?)v IxtXog Au rtQmxtQavvm
"AQt'i dt ±<6vr)i>, oxtQvov dt Ilootidamvi — )
der König der Könige — der hinten weifse Adler, der Weifssteifs.
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174
Die Farbenbezeichnungen der Epiker.
Hier ist die naturgeschichtliche Erklärung ebenso falsch, wie der
dichterische Vergleich in diesem Sinne sich als eine Unmöglichkeit er-
weist. Nun aber singt Äschylus gar nicht von dem schwarzen Adler,
sondern von dem dunkeln, dunkelbraunen, denn er hat xtlatvog und
nicht fitXag. Der dunkelbraune Adler aber ist der Steinadler, aquila fulva.
Der andere Adler ist nun allerdings der Seeadler, aber der
Dichter besingt nicht dessen weifsen Steils, sondern er bezieht sich
nach meiner Auffassung auf dessen silberweifse, weifsgraue, weifse
Füfse — führt doch der Seeadler der Balkanhalbinsel, Haliaetus leu-
koryphus, auch in unserer Naturgeschichte den Beinamen albipes —
weifsfüfsig — , ist doch noch heute die Balkanhalbinsel das Gebiet
seines Horstes, die Krim, die untere Wolga, die aralo-kaspische Steppe,
Bulgarien, Macedonien also: damit gelangt er aber in den Gesichts-
kreis des griechischen Dichters.
Demnach wird er denn auch von Hesychius mit dem Beiwort
aQyhiovg Maxtöovtq gekennzeichnet, in der neueren Naturgeschichte
mit albipes — Bulgarien.
Aber selbst wenn Äschylus nicht einmal von diesem albipes
gesungen hätte, so würde er doch auch von dem aquila albicilla,
dem Haliaetus cinereus, als einem Adler mit weifsgrauem Fufs haben
sprechen können, denn der Seeadler hat eine nackte, weifsgraue
Fufswurzel, die im Gegensatz zu der gelblichen des Steinadlers nur
bis zur Hälfte gefiedert ist. Das rechtfertigt aber das Beiwort für
den Dichter in jeder Beziehung: der Seeadler schlägt eben die Krallen
des weifsgrauen Fufses in das Opfer ein, wie der Held in der
weifsen Hand das Schwert führt, aus der braunen Hand den Speer
entsendet.
Dafs nun die jetzige Lesart im Agamemnon nicht richtig ist,
darauf deutet das matte, verbindende rs hin — hier ist aber ein
Gegensatz gegeben in den Worten — 6 xtXaivog, o x* i^ojttv aQyac —
die Unsicherheit in der Schreibung der Handschriften — wir haben
aQfla<;, aQytidi — aQyäq will erst Blomfield gesetzt haben — endlich
die Thatsache, dafs tgomv überhaupt nur an dieser Stelle gelesen
wird — sonst nirgends bei irgend einem griechischen Dichter oder
Schriftsteller.
Da nun der Dichter, wenn er nicht etwa wie Sophokles sein
jrvyaQyog in spottendem und übertragenem Sinne verwendet, —
nicht wohl von dem weifsen Hintern oder Steifs singen wird, wohl
aber von dem weifsgrauen, weifsen Fufs des Seeadlers oder dem
weifsen des makedonischen Landseeadlers, des albipes, so habe ich
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Die Farbenbezeichnungen der Epiker.
175
vorzuschlagen: 6 xhXaivoc, 6 6?j jtodaq aQyog — oder, um der
Schreibung der Handschriften möglichst nahe zu bleiben: 6 xoix
xodac aQydq. 111 )
Die neuere Sprachforschung verkennt ihre eigentliche Aufgabe,
die Verwandtschaft von Wort und Sprache zu behandeln, wenn sie
mit Vorliebe darauf ausgeht, aus selbstgebildeten Wurzeln selbstge-
bildete Bedeutungen zu schaffen, unbekümmert was Gebrauch und
Überlieferung, Natur und Geschmack dazu sagen — aber das wollen
wir in diesem Falle dennoch für unsere Feststellung der Bedeutung
der Farbenbezeichnung, wenn wir auch das jtig, jtoc, Jtovg der Steifs
für eine willkürliche Thorheit halten, aus den gebotenen Darlegungen
uns aneignen, dafs sie wenigstens in dieser Zusammensetzung das
agyt — mit weifs wiedergeben : und weifs ist der Fufs des Seeadlers
albipes, des macedonisch- bulgarischen Landseeadlers, des Widders
und des Rüden, des Jagd-, Hof- und Hirtenhundes in der Natur und
in der Sprache des Dichters.
c) (CQytoifovq mit grauweifsen, silb erweifsen, weifsen Zähnen.
Die Erklärung des Suidas aQyioÖovta Xtvxöv ?} ogvoöovta be-
weist, dafs es bereits im späteren Altertum Gelehrte gab, welche hin
und wieder den Worten selbstgeschaffene Bedeutungen unterlegten,
und zwar besonders da, wo sie anfingen, der Natur fernzustehen.
Da nun aber aQyoq nicht dasselbe bedeutet oder bedeutet hat,
wie ogvg, so haben wir durchaus keinen Grund, dem Wildschwein
Ovg aQyiog II. 9, 539 und dem Eber xdjiQioq Ap. Rh. 2, 829, wie
den Hunden xvveg Q. S. 6, 611 unseren Sprachvergleichern zuliebe
andere als weifse Zähne zu geben.
4. aQyrfq weifsgrau, silberweifs, weifs.
Das Wort ist nach Herkunft und Bedeutung von den übrigen
Worten dieser Gruppe nicht wohl zu scheiden. So stellt sich das
Wort in der erörterten Grundbedeutung zu ötj/ioq Fett II. 11, 818;
21, 127: wir finden es bei dem Gewände tavöq II. 3, 419, der
Helena und dem Blitzstrahl xtQavvoq II. 8, 133. Wir haben bekannt-
lich auch Xsvxoq als Beiwort des Lichtes gehabt, von den Rossen
des Rhesos aber gelesen, dafs sie weifser als die Strahlen der Sonne
genannt werden. Auch wir sprechen übrigens von dem weifsen
Licht, wenn wir die höchste Stärke desselben bezeichnen wollen.
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-7«
Die Farbenbezeichnungen der Epiker.
d) «Qytoxr'iq licht, hellmachend, erheiternd, reifsend, schnell,
nach den Wörterbüchern; nach unserer Darlegung bleiben wir bei
der Grundbedeutung der Worte unserer Gruppe Weifsgrau, Silber-
weifs, Weifs.
Das Wort findet sich bei voxoq dem Südwind II. n, 306;
21, 334. Nach Her. 2, 25 und II. 3, 10 bringt nun der Südwind
den Griechen Nässe und Nebel, Od. 12, 289 wird er, wie der
Zephyros, als der stürmischeste Wind bezeichnet. 172 ) — es sind also
Sturmwinde, die Nebel und Wolken bringen — auch II. 11, 306
führt er nach La Roche Wolken vom Süden her — somit kann er nicht
der Hellmacher genannt werden, da er das allenfalls als Wolken-
scheucher sein könnte, aber nicht als Wolkenheraufführer.
Mit der Bedeutung schnell, die wir bei aQyos kennen gelernt,
haben wir in entsprechender Weise bei «py/Jc nicht mehr zu rechnen.
Wohl aber kann derselbe Wind als Nebelbringer mit allem Rechte
der schwarze genannt werden — dieses Schwarz in seinem Ver-
hältnis zu Blau oder mit blauem Saum haben wir bei rjtQosu aus-
führlich behandelt — oder aber der weifsmachende, der weifse, wenn
er den Schaum des Meeres aufwühlt. So wird der Notos II. 23, 334
als der Wind bezeichnet, welcher vom Meere herkommt als schwerer
Sturmwind — und nun denke ich, ergänzt sich die Beziehung, dafs
er den weifsen Schaum an das Gestade treibt, so von selbst, dafs
es seltsam sein würde, aQytoxrjg nicht der hier gegebenen Bedeutung
nach zu erklären.
Dafs die von mir dargelegte doppelte Anschauung, welche sich
in dem doppelten Beiwort findet, indem der Sturmwind der weifs-
machende genannt wird, und dann wieder der schwarze, je nach
seiner jedesmaligen Wirkung, dem Altertum auch sonst geläufig war,
beweist auch die Ausdrucksweise des Horaz, welcher in entsprechen-
der Weise Od. 1, 7, 15 von dem weifsen Südwind singt, albus
notus, Ep. 10, 5 aber auch von dem schwarzen Südostwind Eurus
niger.
6. affyevvog
findet sich in dem erörterten Sinne der Worte dieser Gruppe bei
otec den Schafen II. 6, 424 und der Leinwand böovai II. 3, 141.
Selbst wenn Ritter recht haben sollte, dafs oöovai nicht Leinen-,
sondern Baumwollengewebe wäre, würde dem Gewebe das Beiwort
in richtiger Anschauung des Aussehens desselben gegeben sein.
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Die Farbenbezeichnungen der Epiker.
177
7. aQyivofiq kreidig schimmernd,
nach den Wörterbüchern. Das Wort stellt sich in dem erörterten
Sinne der Wortbedeutung dieser Gruppe zu den Städten Aevxacaoe
auf Kreta und KdfittQoq daselbst, wegen des Aussehens der Kreide-
felsen, auf welchen die Städte stehen. H. H. 19, 12 findet es sich
bei ovQia, doch wohl wegen des Kreidebestandes der Berge, Ap.
Rh. sagt es 2, 738 von dem Reif xagn/ — auch wir singen von
dem silbernen und silberweifsen Reif — wie von dem Gebifs der
Zügel Ap. 4, 1607 aQfivotvta hl OtopaTtooi — sei es, dafs
das Gebifs nach dem Metall, aus dem es hergestellt, so genannt ist,
oder nach dem weifsen Schaum des Rosses, welcher ihn bedeckt,
der sich besonders dann erzeugt, wenn wiederholt in das Gebifs
gerissen wird, um das Rofs zu wildem Lauf anzutreiben, wie solches
in dem von Ap. Rh. 4, 1607 gebrauchten Gleichnis als der Wirk-
lichkeit entsprechend anzunehmen ist.
8. aQytxegavvoq,
aus CLQyo$ und xtQavvoq zusammengesetzt; II. 19, 121 giebt also
dieselbe Anschauung in einem Worte, die wir II. 8, 133 bei xtQavvog
mit dem Beiwort ap/ag entwickelt haben.
Dreiunddreifsigstes Kapitel.
Fahl.
Wir haben hierfür das Wort jtoXioq. Fick leitet im vergleichen-
den Wörterbuch der indogerm. Sprachen jioXioz von par bestreuen
her, in dem Werk: Die ehemalige Spracheinheit der Indogermanen
Europas, von pal einfüllen: so wandelt sich einem und demselben
Sprachforscher Wurzel und Bedeutung, je nach seinen Wünschen.
Abgesehen nun von den Bedenken, dafs einfüllen und bestreuen denn
doch eigentlich auf zwei verschiedene Vorgänge hinweisen, so kann
wohl ein bestreuter oder beschütteter Gegenstand xoXioc fahl genannt
werden, aber der Stoff des Füllens, Beschüttens und Bestreuens ist
doch nicht in der Weise an sich jcoXiog, also fahl — dafs hiervon
die Anschauung allein die Bedeutung gegeben haben kann. Die
Wurzel ist eben wieder beliebig gesetzt, die dadurch gewonnene
Bedeutung eine" willkürliche. Kluge stellt als zusammengehörig die
Worte auf: noXiog grau, altbulg. plavü weifs, lit. palvas falb, skr.
palitas grau, doch hält er es auch nicht für unmöglich, dafs man
bei ütoXtog an lat. flavus, fulvus »rotgelb«, wie er übersetzt, denkt;
Veckenstcdt, Geschichte der griceh. Farbenlehre. IS
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. 7 8
Die Farbenbezeichnungen der Epiker.
unser Fahl, welches nach Kluge zu xoXtog gehört, übersetzt er mit
bleich, entfärbt, verwelkt, gelb, blond. Somit werden wir, denke
ich, recht gehen, wenn wir uns die Farbenabstufung von Fahl als
eine solche erklären, die von Weifsgrau in das Gelbliche eingeht,
in Steigerung des gelblichen Farbenschimmers, aber auch in das
Gelbrötliche und Gelbrote, ja in das Rötliche und Rote bis in das
stumpfe Rostrot, also Rotbraun.
Stellen wir nun die Worte zusammen, bei denen Weifsgrau
als passende Bezeichnung zweifellos ist, so finden wir jtoXtoq als
Beiwort von xtyaXy, also dem Haupthaar des Laertes Od. 24, 317,
von Haupt und Kinn — immer mit der Vorstellung des Haares —
xctQrj und ytreiov II. 22, 74, der Haupthaare ifraiQai H. H. 4, 228
des alternden Tithonos. Mit Bezug auf dieses Aussehen des Haares
ist das Beiwort den Gräen gegeben, den Alten, Ap. 1, 270 wird
die Amme TQOfpoq so genannt, erhalten die Greise der Troer dies
Beiwort bei Q. S. 9, 141, nennt der Dichter so das Aussehen des
grauen Haupthaares xQaazoq xoXioio 14, 25.
Sodann gesellt sich das Wort dem Wasser des Meeres aXq
II. 350, &aXaooa H. 4, 248, der Woge xvfia Äp. 1, 554, dem Hafen-
wasser Xifii}v Ap. 1, 1006, dem Wogenschwall olöfta Q. S. 3, 598,
den Pfaden des Meeres xtXevfrot Q. S. 9, 443, der Brandung alyiaXnq
Ap. 1, 454, dem Schaum ag>Qoq Ap. 9, 441.
Da wir also xoXwg dem Schaum, der Brandung, den Pfaden
des Meeres, welche weifs aufschäumen, gesellt sehen, so ist nicht
wohl daran zu zweifeln, dafs jtoXioq auch als Beiwort des Meeres
Weifsgrau, Grau bedeuten kann.
Auch die Milch ydXa erhält das Beiwort Q. S. 10, 135, wie
denn die Milch Neigung hat, aus dem Weifs in das Weifsgrau über-
zugehen, sobald sie eine gewisse Zeit gestanden hat. Aus der Ferne
läfst auch Q. S. die Milch, von welcher er spricht, gesehen werden;
hierbei tritt der weifsgraue Schimmer derselben stärker hervor.
Auch der Luft xoXiolo öi rjtQog Ap. 3, 275 gesellt sich das
Beiwort; da aijo die schwere Luft ist, welche dem Nebel gleich-
gesetzt wird oder der Wolke: da auch wir das Beiwort Nebelgrau
haben, so haben wir auch in diesem Falle xoXioq mit Fahl und
Weifegrau, Nebelgrau zu übersetzen.
Hierher ziehe ich die Beigabe von xoXioq zu Ict(> Frühling bei
H. Erg. 474: Göttling meint, das Wort bedeute hier soviel wie
weifs Xevxov, das wäre also unter Hervorhebung der weifsen Blüten,
wenn das Wort Sinn haben sollte. Göttling weist zur Stütze seiner
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Die Farbenbezeichnungen der Epiker.
179
Ansicht auf Blomfield Aesch. Perser 306 hin. Dort findet sich aber
nur Xivxop zu yfiaQ gesetzt, sodann zu (pdoq, dem Licht des Tages.
Der Hinweis ist also ohne rechten Zweck. Dagegen erklärt eigent-
lich Hesiod das Beiwort selbst, denn er stellt coQioq o/jßQoq, den
Regen der Frühlingszeit, zusammen mit eaQ Erg. 492. Demnach
haben wir an das fahle, weifsgraue, nebelgraue Aussehen der Luft
des regnerischen Frühlingstages zu denken.
Sodann gesellt sich jroXioq dem Sande rpdfiaroq des Meeres
Ap. 4, 1266. Da der Sand des Meeres nicht immer Schlamm- und
Meergewächse, wegen welcher wir ihn als xvavti) und tjsqIt) be-
zeichnet gefunden haben, zu führen pflegt, so haben wir hier an das
gewöhnliche Aussehen des Seesandes zu denken: das kann aber
weifs, weifsgrau, aber auch gelblich sein.
Da die Dichter nicht das gewöhnlichste Aussehen der Dinge
mit Beiworten zu verherrlichen pflegen, so ist es wahrscheinlich,
dafs xoXtoq in diesem Falle in die Bedeutung von Weifs und Gelblich
eingeht. Da wir jtoXtoq als Bezeichnung für Weifs nicht erweisen
können, so haben wir diejenige von Gelblich, Gelb vorzuziehen, wie
auch Virgil in der Aeneide von dem gelben Sande, flava arena, des
Meeres spricht.
Sodann gesellt sich jtoXioq zu dem Fell des Wolfes Xvxog II.
10, 334, und zu den Wölfen H. H. 4, 228; Ap. 2, 12. Das Aussehen
des Wolfes gilt als ein graues, aber dieses Grau unterscheidet sich
sehr wohl von dem Grau des Haares eines Greises, denn des Wolfes
Haar hat einen gelblichen Schimmer, welcher sogar in den Rigveden
bis zu Rötlich sich gesteigert findet, 173 ) ohne dafs wir deshalb, wie
Angelo de Gubernatis will, diesen Wolf Indiens in einen Schakal
zu verwandeln haben.
In dieser Auffassung erklärt sich denn auch noXiöq als ein
durchaus zutreffendes Beiwort von a6d t uaq H. Th. 161 und oidrjQoq
11. 9, 366, denn der gelblich-rötliche Farbenschimmer, auf welchen
Fahl und die Steigerung des farbigen Eindrucks der Gegenstände
hinweist, — kann sehr wohl in das Rostrote eingehen, welches
in dem Vorstellungsvermögen durch jtoXtoq bei aödfjaq und olörjQoq
gekennzeichnet wird.
In dem Sinne von Gelblich-Rötlich ist das Beiwort demnach
denn auch dann passend gesetzt, wenn noXioq von Pindar P. 348
der Bronze xaXxoq gegeben wird.
So wären denn auch die Schwierigkeiten in der Verwendung
von xoXtoq als Farbenbezeichnung beseitigt.
— ii*
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i8o
Die Farbenbezeichnungen der Epiker.
Vierunddreifsigstes Kapitel.
Worte nioht gesicherter Bedeutung.
Diese Gruppe mögen diejenigen Worte bilden, welche eine
durchaus sichere Erklärung in Bezug auf die Farbe, welche sie zu
bezeichnen bestimmt sind, nicht gewähren.
i. V7toxeQXect<i> sich allmählich dunkel färben.
Das Wort, welches uns Od. 7, 126 begegnet, soll nach Ameis
einem Vorgang in der Natur entnommen sein : während an dem alten
Holze des Weinstocks nämlich, das dem Stamme näher ist, die reifen
Trauben hängen, an dem jüngeren Holze die sich färbenden, befänden
sich noch weiter vorn die erst ansetzenden Blüten, an den vordersten
Spitzen die Blüten selbst. Somit würde das Wort, vorausgesetzt,
dafs die Angaben für Griechenland zutreffen, auf die sich färbenden
Trauben an dem jüngeren Holze hinweisen. So sagt denn auch
Ameis, »das vjto in vJtojt*Qxd£ovoi ist treue Naturzeichnung, indem
kurz nach der abgestofsenen Blüte die dunkle Färbung unten beginnt.«
Als Stütze seiner Ansicht führt er denn auch an Nie. Ther. 337
allv vjto^otpömoa (iiXalvExai axoo&tv ovor): allzu passend ist dem-
nach der Vergleich eben nicht.
Nach meiner Auffassung kann sich das vjtoxsQxd^ovoi nur
darauf beziehen, dafs zu den Trauben, welche an dem jüngeren
Holze hängen und sich zu färben anfangen, die Farbe, auf welche
das Wort hinweisen mag, sich zuerst unten an der Traube und
damit an der Beere zeigt, wie eine entsprechende Färbung in der
That 'denn auch bei den niederhängenden Trauben zuerst sich zeigt.
Zurückgeführt wird nun das Wort auf xeqxvoc, jreQxoq und
die Wurzel spark sprenkeln, sprengen. Hesychius erklärt Jieoxvog
mit yXavxog, fiiXaq xal xa Opioid. Theophrast wendet das Wort
wiederholt auf die sich rötlich und bläulich färbenden Beeren des
Weinstocks an. Somit dürften wir im Rechte sein, wenn wir das
Wort allgemein — »sich von unten färben« übersetzen, mit Bezug
darauf, dafs damit auf das Rötlich- und Bläulichwerden der Traube
hingewiesen ist.
Beiwort des Hermes U. 2, 103 u. s. w. (bei Sophokles auch des
Apollon, und des Telephos bei Parthenios). Aristarch hat bereits
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Die Farbenbezeichnungen der Epiker. 1 8 1
die Beziehung auf die Jo-Sage verworfen und die neueren Forscher
haben jetzt zumeist die Übersetzung Argostöter aufgegeben. Eben-
falls Aristarch läfst den Namen bereits aus doyog und (paivw zu-
sammengesetzt sein. 174 ) Eigennamen, wie KXio(p6vxrig und 'Aqiöxo-
gnvxeg, sprechen in der That dafür, dafs das -yovxtjg aus <palvoj
gebildet sein wird. Diejenigen Gelehrten nun, welche dagegen -qpovxtjg
von yov, <povtva> herleiten, aber die Argossage bereits aufgegeben
haben, übersetzen, wie Leo Meyer, Töter des Lichtglanzes, des
strahlenden Himmels, oder wie Clemm »durch Glanz tötend«.
Weisen nun Bildungen, wie KXsotpoifttjg und Z4oi6xo<?;6vxT)g,
auf eine entsprechende Namensbildung 'Aoyuyovxrig, wie Aristarch
will, uns hin, so übersetzen denn auch dem entsprechend Goebel
und Ameis-Hentze »der Eilbote als der schnell Erscheinende« —
das wäre das aQyog in der von uns zurückgewiesenen Bedeutung
schimmernd, schnell — , Zacher: »der Hellglänzende«, Welcker:
»der alles weifs erscheinen Lassende«.
Aus diesen Wirrnissen vermag uns mit einiger Sicherheit nur
die Natur des Gottes selbst zu führen.
Die Übersetzung durch Glanz tötend, wie der Hellglänzende
fuhren zu Hermes als dem Sonnengott — wenn man nicht in der
Weise von Schwartz, welcher eigentlich alle wichtigeren Erschei-
nungen der Sagenwelt aller Zeiten und aller Völker dem Blitz ent-
stammen läfst, — die Jo ist denn auch bei ihm glücklich die
Gewitterkuh — auch den Hermes zu einem Blitzgott machen will.
Hermes ist aber weder Gewitter- noch Sonnengott, sondern
eine Gestaltung des Windes.
Als Windgott würde Hermes Töter des Lichtglanzes, des strahlen-
den Himmels sein können, wenn wir ihn als Wolken heraufführend
bezeichnen wollten, — aber selbst die Wolken heraufführenden Süd-
und Südostwinde sind vielmehr Sturm- und erst mittelbar Regen-
winde als unmittelbare Töter des Lichtglanzes — sonst wäre die
Übersetzung von Welcker passend »der alles weifs erscheinen Las-
sende«. Roscher sagt denn auch, dafs das Beiwort auf die Thätig-
keit des Hermes sich bezieht, nach welcher derselbe die Wolken
am Himmel verjagt und dadurch helles Wetter erzeugt. Diese Eigen-
schaft wird besonders dem Nordwind beigelegt, jener Art des Süd-
windes, welche man Leukonotos nannte, sowie dem Nordwestwind.
Allein das wäre denn doch immer eine den Gott nur auf das Wolken-
gebiet beschränkende Thätigkeit. Der Wind wühlt auch die Wellen
des Meeres zu weifsem Schaum auf und es werden von ihm die Halme
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182 Die Farbenbezeichnungen der Epiker.
der reifen Frucht niedergebeugt, vgl. II. 2, 148, dafs sie weilse
Wellenthäler bilden, und die Blätter der Bäume gebogen, dafs ein
weifser Schimmer die winddurchwühlten Blätter zu umspielen scheint.
Li diesem allgemeinen Sinne geben wir das Beiwort »der alles
weifs erscheinen Lassende« — dem Windgott, als dem Herrscher in
den Wolken, auf dem Meere, über die Gefilde und Wälder, wenn wir
dort die Spuren seiner Thätigkeit erblicken.
Die übrigen Erklärungsversuche der Alten lassen wir unberück-
sichtigt, da dieselben ebenso kühn und fernliegend, als unwahr sind.
Aber einer seltsamen Beifügung von aQytKfovxijq haben wir noch
zu gedenken.
Da das Licht das Beiwort Xtvxog weifs führt, so werden wir
unser ctQyu(f6vriiq zwar auch dem Apollo als dem Sonnengott nicht
als unangemessen beigelegt bezeichnen dürfen — Parthenios hatte es
auch dem Telephos gegeben — aber für uns nicht recht zu erklären
ist es, wenn nach Athen. 498 F. Alkman auch einen Käse (tvqov
ixvQrfiaq (ityav arQvqiov aQytityovxav) so genannt hat.
Roscher will hier weifsglänzend übersetzen — aber wir können
doch nicht ganz beliebig einem und demselben Worte bald aktive, bald
passive Bedeutung geben — demnach würde ich eher geneigt sein, an
Welckers angeführter Übersetzung auch hier festzuhalten, da uns Plinius
berichtet, dafs der Käse mehrfach arzneiwissenschaftliche Verwendung
fand und zum Vertreiben von Karbunkeln gebraucht wurde : in diesem
Falle nimmt er die Röte und macht die Haut wieder weifs. Bergk
liest freilich bei Alkman — und sicher allein angemessen — xvqov
txvQqOag (ityav äxQv<pov aQyvytov xs.
3. a) iUxioxp,
b) tkixtümq,
a) Beiwort der Achäer II. 1, 389 u. 1; b) Beiwort des Mädchens
xovQtj II. 1, 98, sowie der Musen H. H. 23, 1, der Nymphen H.
Th. 298 u. s.
-
Die Alten erläutern das Wort mit (itXav6<p^aX(ioq, man erklärt
aber auch rundäugig, mit rollenden Augen, schöngewölbt. Ameis
will die Bezeichnung des Glanzes der Augen aus dem Beiwort heraus-
• finden, und zwar besonders nach der Angabe von Adamantius,
welcher Phys. II 24 von den Augen der Griechen sagt, dafs sie
feucht — Wasserfarben — aussähen, blau, furchtbar (yoQyovc), leuch-
tend. 17 *)
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Die Farbenbezcichnimgen der Epiker. 183
Aus dieser Bemerkung kann man allerdings ebenso zu Glänzend *
gelangen, wie zu Hellblau oder Graugrün, als Farbe auch des Wassers.
In der Bedeutung von Schwarz begegnet uns das Stammwort bei
Theokrit 25, 127, wo die Rinder gekennzeichnet sind als tXtxtq
v. 127, als yoivixtq v. 128, und als ctQytjCTal v. 131. Die Gegen-
überstellung der Farbenbezeichnungen ergiebt demnach — zu phö-
nizisch Rot und Weifs — tXi£ in der Bedeutung von Schwarz, welche
einige Gelehrte dem Wort auch bei Homer beilegen. Damit ergiebt
sich uns aber die Wahrscheinlichkeit, dafs unsere Zusammensetzungen
tXixcoip und Utxdjjtig als Farbenbezeichnungen für die schwarzen
Augen gedient haben.
4. Kakvxüxiq mit einem Blumengesicht, mit rosigem Antlitz.
Seiler-Capelle geben »mit Rosenantlitz, eigentlich mit einem
Knospengesicht, d. i. mit einem Angesicht wie eine (aufbrechende)
Rosenknospe«. Wenn diese Erklärung richtig wäre, so würde die
Beziehung auf die Farbe dadurch beseitigt sein.
Das Wort wird der Il£QOt<p6i>7j, der Tochter der Demeter
gegeben H. H. V 8, 420, der Nymphe 'ilxoQot] H. H. V 420 und
einer Nymphe H. H. V 284, sowie der Chryseis 11. I 98 und den
Musen H. H. 33. I.
Soll die Bedeutung der Form der Hülle der Blume, der Knospe
entnommen sein, so führt dieselbe zu einer geschmacklosen Vorstel-
lung. Wir werden eben dieselbe zu beseitigen kaum umhin können,
zumal xdXv£ vorzugsweise von dem Kelch der Rose gebraucht wird,
zunächst buchstäblich »mit dem Antlitz eines (Rosen-)Kelches« zu
übersetzen, um so, indem wir an Stelle von dem Kelche in der
Vorstellung die Rose treten lassen, zu mit rosigem Antlitz zu ge-
langen, entsprechend der zarten Röte des aufblühenden Kelches der
Rose.
ist ein Beiwort zu % a ^ x ^ Bronze II. 18, 349, und zwar dem Kessel
aus diesem Metall, sowie dem Angelhaken II. 16, 408. Das Wort
wird mit glänzend übersetzt. Bezzenberger stellt fijvoip zu zd. gefig
Sonne, Vank-ek bringt das Wort unter der Wurzel san gewinnen,
erwerben, zustande bringen, vollenden. Es ist gefährlich, aus einem
fast einsam dastehenden Zendworte eine griechische Farbenbezeich-
nung zu erklären: auch Bezzenberger zeigt, dafs seine Forschung,
wie wir das bei Fick und anderen Sprachvergleichern wiederholt
gefunden, vorsichtiger Erwägung entbehrt. Goebel gelangt aus va,
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l8 4
Die Farbenbezeichnungen der Epiker.
van glänzen und ojt: fav-ox glanzblickend, glänzend zu der Bedeutung
lockend, liebreizblickend, eine Bedeutung, die sich denn doch bei
dem Kessel mehr als seltsam ausnimmt.
Ist die Herkunft des Wortes nicht hinlänglich klar, so ist es
doch wahrscheinlich, dafs dasselbe glänzend, hell heifsen wird, da
es sich, abgesehen von dem Angelhaken, dem Kessel gesellt, welcher
noch nicht durch Feuer und Rauch geschwärzt ist.
b) VlÖQOXp
findet sich bei ^a&co's, den Schutzwaffen II. 2, 578. 13, 407 u. s. w.
Fick stellt das Wort zu altnord. snarpr scharf. Diese Bedeutung
pafst, wie solche Stellen ergeben, »sie legten das Rüstzeug an,
Xööavto JttQi XQ ot v<DQoxa x<*bc6v,« II. 11, 16 ganz und gar nicht.
Die Sprachvergleicher haben auch noch andere Herleitungen
zur Hand. So hat Schenkl sks. näräka, eine Art Pfeil, angeblich
ein eiserner, Pfeil überhaupt — was, wenn vcÖQoip dazu Einstimmung
hat, eine erstaunlich seltsame Zusammenstellung mit xcubeos der
Bronzerüstung ergeben würde. Die Seltsamkeiten von Düntzer und
Döderlein, welche zu »gut bedecken, stark« gelangen, seien erwähnt,
ohne besonders widerlegt zu werden, da sie der Wahrscheinlichkeit
fem liegen.
Die Ableitung der Alten führt zu vrj und 0Qa<o, also nicht an-
zusehen, blendend, glänzend. Da Homer bei den Waffen gern den
Glanz derselben hervorhebt, so würde diese Herleitung eine Bedeu-
tung ergeben, welche durchaus dem Sinne der übrigen homerischen
Beiworte, die wir bei Metallen sonst wohl finden, entspricht. Frei-
lich die Homerforscher verwerfen die Herleitung der Scholiasten.
ist Beiwort der otxia (Plur.), der Wohnung des 'Aiöwvevc, Hades also,
II. 20, 65, wie von WWtco dofiog Od. 10, 522 die Rede ist, also dem
Hause des Hades. Das Wort steht aber auch Od. 24, 10 bei xtXtv&a
den Pfaden, auf welchen Hermes die Seelen der Freier in die Unter-
welt führt und H. H. 5, 482 bei C,6(pog in der Bedeutung »die
Unterwelt«. Auch Q. S. hat das Wort 9, 47 bei Tvpßog Hügel,
Grabhügel.
Die Herkunft des Wortes von tvQcug ist zweifellos, wir ge-
winnen aber mit Feststellung dieser Thatsache nichts, selbst wenn
wir svQmq mit Christ aus Skt. var, vari Wasser entstehen lassen.
Es wird uns kaum etwas anderes übrig bleiben, zu einer angemessenen
Bedeutung zu gelangen, als anzunehmen, trotz Einspruch einiger
Die Farbenbezeichnungen der Epiker.
Gelehrten, dafs sich aus schimmelig, moderig diejenige von finster,
düster entwickelt hat: nach meiner Anschauung wird durch den Vor-
gang der Vernichtung von Licht und Farbe, auf welche Schimmel
und Moder hinweisen, das Entstellen einer solchen Bedeutung wohl
erklärlich.
Fünfunddreifsigstes Kapitel.
Bunt.
a) noixlXoq.
llotxlXoq wird aus einer Wurzel pik stechen, schneiden, sticken,
schmücken, bilden hergeleitet. Bei dem Eisen und sonstigen Geräten
mufs xoixiXoq demnach auf Verzierung hinweisen. Riedenauer sagt:
»Die Bedeutung der Verzierung der Rüstungen konnte nach der
Analogie der Weberei und Malerei in nichts anderem bestehen, als
in horizontalen und vertikalen Querstreifen oder kreuzförmigen
Streifen. Darnach erklärt sich das Wort bei ttvxtct Waffen II. 3, 327,
xixXoq dem Gewände II. 5, 731 eingewebten Blumen II. 22, 441
Iv de &Qova xotxtX' ixaoos, einem- gestickten Riemen xeorbq i t udq
II. 14, 215. Wir haben aber auch an eine Buntverzierung durch
aufgeheftete Eisenstücke zu denken, Platten, Täfelchen — und auch ,
wohl streifenweis aufgemalte Sterne, wenn xoixiXoq zu den Wagen
gesetzt wird aQfiaxa II. 4, 226, wie dem Sessel xXiO/Joq Od. I 132.
Von Tieren wird das Wort dem Felle des Panthers sicherlich
nach den farbigen Flecken desselben — die Naturgeschichte spricht
von seinen Ringflecken — jtaQÖaXtt] (öoQa) gegeben II. 10, 30, dem
Hirschkalb eXXog oder IXXov Od. 19, 228, der Echidna "Exiöva H.
Th. 300, mit welchem Worte in späterer Zeit Natter und Otter
bezeichnet werden, die gefleckt sind. Somit deutet das Wort sicher
auch bei i^idi-a auf das Bunte, Gefleckte des Schlangenfelles hin.
b) noixiXjua Buntverzierung
findet sich in der Ilias 6, 294, entsprechend dem xoixiXoq beim Ge-
wände zur Bezeichnung der Buntwirkerei Od. 15, 107.
c) xapjzoixtXoq
ist Verstärkung des Begriffes bunt, denn die Gewänder xixXoi werden
Od. 15, 105 xapjrolxiXoi genannt, sodann wird von einem dieser
Gewänder gesagt, dafs es durch seit» Buntheit .das -schönste war-
oq xdXXtOTOq tryr xotxlXfiaOiv.
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i86
Die Farbenbezeiclmungen der Kpiker.
d) xotxikööttQoq,
Beiwort der Nachtigall atjdajv Hes. E. 203. Ruhnken will jtoixiXo-
yrjQv$ mit bunter Stimme, mit buntem Gesänge, lesen. Ohne Ursache,
denn Mitscherlich belehrt uns an der betreffenden Stelle bei Hesiod,
dafs der Hals der Nachtigall zu verschiedenen Zeiten des Jahres das
Kot bald hervor-, bald zurücktreten läfst. l7ti )
Gab Homer der Nachtigall nach der Farbe ihres Rückens,
welche Gladstone, aus Bolton abschreibend, als Lohfarben, vermischt
mit Olivenfarben bezeichnete, das Beiwort xXoiQifiq, so gab ihr Hesiod
ein solches mit Bezug auf den Wechsel der Farbe des Halses, von
welchem Gladstone nichts gelesen zu haben scheint, wir aber sprechen
nach der aschgrauen Farbe von Kehle, Brust und Oberbauch von
dem grauen Gewände des lieblichsten und zugleich gewaltigsten
unserer Sänger, wie gleiches das Lexikon der französischen Akademie
thut, welches die Nachtigall als einen kleinen Vogel mit feinem
Schnabel erklärt und einem Gefieder, welches ein wenig grau ist. 177 )
Somit ergiebt sich, dafs zwar die Farbenbezeichnung der Fran-
zosen, wie diejenige unserer Dichter, eine ebenso' berechtigte ist,
wie die Beiworte des Hesiod und Homer, der Nachtigall gegeben,
es sind, dafs aber die farbenfrohere Anschauung und Bezeichnung
bei den Hellenen gefunden wird, und dafs die Bemerkungen Glad-
stones zu dem homerischen Beiworte, welches der Nachtigall gegeben
ist, und worüber wir früher gehandelt, an Verkehrtheit nichts zu
wünschen übrig lassen.
Sechsunddreifsigstes Kapitel.
Glänzen, schimmern, scheinen, leuchten
und ihr Gegensatz.
Die letzte Gruppe mag eine einfache Zusammenstellung der
Worte bilden, welche den allgemeinen Bezeichnungen des Glänzens,
Schimmems, Scheinens, Leuchtens dienen, sei es, dafs sich diese
Worte in Verbindung mit den Lichtern des Himmels setzen, oder
dem Feuer, mit den Metallen, wenn das Licht zurückgeworfen wird,
sowie mit einzelnen anderen Erzeugnissen der Gewerbe, auch wohl
'der Haut und einzelnen Gliedern des Körpers, da eine besondere
Behandlung aller dieser Worte in ihren verschiedenen Beziehungen
neue Gesichtspunkte nicht ergiebt, und am allerwenigsten solche,
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Die Farbenbezeichnungen der Epiker. 187
welche auf einen Mangel an Sehvermögen bei den Hellenen Schlüsse
zu ziehen erlauben.
Zdftzo), Za/ixtrdco, tmZdjixm, cbtoZdf/Jtaj, ZanxQoq, IxZauyu,
<fcth><o und <paivo t u(it, <fativro, jtQO^ah-(o, xaupdoooj, .t«/<-
<fatvco, jza t uy(tr6(or, ffatirog, ffaidipog, (fat&mv, (faiÖQvva), Ltitfcu-
6qvv(o, ifaidQoq, <[doc, rfatüpoQOc, yatoij/ßQOTOC, rfiyyoc, ev<ffyy/ t g,
<fZo§, qZoytoq, (fZoyfiog, <fZtya>, (fZtyna,
v\d<», cufroftca, xdveudog,
öaico, xaiio,
ipoZotic, xtjZtoc,
otZac, avytj, cayZtj, aiyZqug, TijZavyfe, zvQicvy/jq,
fiaQfUxlQO), fiaQfidQtog, fmQfWQvy/j XLQtfMQfiatQtOxw, draimy-
fiaiQCO, fiOQÖHQ,
dfiaQvööco, dfiUQV/fia, dfictQvyt},
cuoZog und seine verschiedenen Zusammensetzungen, aluZZv),
cbtooxiZßw, ZixetQÖg, oiyaZotig,
■
jtvQJtaXafit'o),
osZrjvatog, dcxtQoug, ijitxztoQ, jtv(tötiq.
Das Gegenteil des lichten Schimmers und Glanzes bilden Worte,
welche bestäuben, beschmutzen, besudeln heifsen xExovi^ivoc, xu-
Zvva), xaZdcoco, yoQvvo): piatvo? heifst schon bei Homer färben,
liicuyovoq kann mordbesudelt übersetzt werden, deutet aber mehr
auf rotgefärbt, und zwar durch Blut hin, heifst also wohl, und zwar
von Ares gesagt: »Der du rot bist von der Farbe des Blutes.«
Siebenunddreifsigstes Kapitel.
Verzeichnis der Farbenbenennungen der Epiker.
Es bleibt nun übrig, eine übersichtliche Zusammenstellung der
Farbenbezeichnungen im eigentlichen Sinne zu geben, sowie an die
Worte zu erinnern, welche im allgemeinen zur Bezeichnung von
Licht, Glanz und Schimmer verwandt werden.
Kap. 20, Gruppe I, Schwarz also, vereinte
f/tZag, JtafifitZag, dfnpifikZag, {itZd/jßQorog, utZccyxQohjg, /teXavoxQooq,
fieXavoxQcog, fitXdmögog, fitXdrdttog, (itXdyyifiog, {(nXaivio) utXai-
pofiat, /ieZdvto, fitZai'ico.
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1 88 Die Farbenbezeichnungen der Epiker.
Diesen 12 Worten stellen die Schriften der Philosophen eins
gegenüber.
Kap. 21 ? Gruppe II, nächtig, dunkel, an Schwarz erinnernd.
vv§, äfi<piXvxT}, afioXyog, xvi<pag> öxotos, Cxoröug, xeXaivog,
xsXatvi<p]g } tQtßog, iQtßtwog, ^QSfivog, OQipvrf, d(MpvaTog, 0(MjpV7jei$,
£070$, ^oq>€Qog, övwpsQog, vegitXt], dxXvg, dxXvo), IjtaxXvm, vjra-
XXvvco, dxXvoeig, Oxid, öxidco, oxidCp), vxooxidw, oxioug. ßadvöxioq,
ödöxiog, jtaXlöxiog, öoXixoöxtog, dfiavgog, Xvyalog, jtvQlxavOtog 3^
Die Worte dieser Gruppe haben als Farbenbezeichnungen auf-
geführt zu werden nur insoweit dazu eine Berechtigung, als sie
diesem Zwecke im Einzelfalle ihrer Verwendung bei den Dichtern
dienen. So haben wir denselben denn auch keine Gruppe nach dem
Gebrauch der Philosophen entgegenzustellen.
Kap. 22, Gruppe IH, Braun.
HOQ<pv6g: die Philosophen haben hier zwei Worte in drei
Formen.
Kap. 23 } Gruppe IV, Rot.
tQv&QÖc, eQtv&og, tyevd-cD, tgvfralvco, dn<ptQv&aiv(o, aifta,
aifiaroetg, ßQotog, (poivog, qsoivtog, ^oiWjug, öatpoivog, da<potvtog,
olvotp, cä&Wj ai&oip, ald-aXoeig, {iiXtojcdQyog, Qoöoetg, Qoöodd-
xrvXog, QOÖoxrffvg, QodöopvQog, (todöxejrXog, xaXXuiaQqoq, VBOTf/rjrog.
Diesen 25 Worten stellen die Philosophen 2 entgegen.
Kap. 24, Gruppe V, Gelbrot, Rotgelb, Orange.
XQvöeoc, XQvGoxdfqS) XQ vö< ^ m< s> X a ^ x ^> ydXxeog.
Den 5 Worten stellen die Philosophen 12 gegenüber.
Kap. 25, Gruppe VI, Gelb.
xq4xoc, xQoxtjiog, xQOxomxXog, ftsXlxQcng, garfrog, §ov0-6q,
toxQog, o$xQdco, (oxQog, frijXanp.
Diesen iß Worten stellen die Philosophen 7 gegenüber.
Kap. 26, Gruppe VII, Fahlgelb, Gelb, Gelblichgrün.
XXwqoc, yXooq, xX<»(ffllg.
Die Philosophen haben von den \ Worten xAcopor.
Kap. 22. Grün.
Insofern das Grün nicht durch x^Qov, also die gelbgrünc Ab-
stufung desselben, bezeichnet wird, fehlt das Wort den Epikern;
die Philosophen haben dafür 5 Worte in 6. Formen.
Die Farben ^c/eiclimmgen der Epiker. 1S9
Kap. 28, Gruppe VlXl, Blau.
xverto;, xvwüxtc, xvavozaiTijZ, xvaroxkoxaftoc, imrroLTTfpoc,
xvavaxtxloz, xira'6x(KO(M>g, xvaroxQtjdifuvK, yiavxog, ylavxcXitz,
yXavxuxm ^apo.Toc, t]tQt02 t i]tQ6ttq, i t iQOtidt)c.
Diesen Blauworten stellen die Philosophen 6 gegenüber.
Kap. 29, Gruppe IX, Violett.
16112, ioeidrjc, loövtqr'jc, vaxivfrivoc.
Den ± Violettbezeichnungen stellen die Philosophen 2 entgegen.
Kap. 30, Qruppe X, die Doppelfarben, also Scharlach und Purpur.
1f,0UV$, ffOll'iOÖW, (fOtv'tXtOC, <fOlVlXOLiq, (fOlVtXOXltQtjOZ, -T0(>-
ffVQ<0, XOQIfVQtOZ, XQQtfVQOHC, (tXLZV(XpVQOZ.
Die Philosophen haben an Stelle der 2 nur 7 Worte.
Kap. Qruppe XI, Weifs.
Xtvxog, XtvxcoXtvoq, Xivxoyixviv , XtvxaGxti, Xtvxalro, vjto-
Xtvxaivopai, iXtyaa, XeiQiotic, x io > v > aXq:o$.
Statt dieser io_ Worte haben die Philosophen nur Xivxor.
Kap. 32, Qruppe XU, Weifsgrau, Silberweißa, Weile.
ä(ryvQ£og, dyvQOÖivqc, dgyvQOJitCa, aQyvyoc, aQyvqtoq, «(>y°V>
aQyixovg, dqryioihvq, dQyt]q, d^ysorrje, aQytvvoc, aQyivouc, (tQyi-
xtQawog.
Diesen rj Worten entspricht eigentlich keins bei den Philo-
sophen.
Kap. 33, Qruppe xm, Fahl, Fahlgrau, Gelblich.
JtoZiog.
Die Philosophen haben für Fahlgrau und Grau zwei Ausdrücke.
Kap. 34, Qruppe XIV
bilden die Farbenbezeichnungen nicht gesicherter Bedeutung.
Kap. 35, Gruppe XV
giebt Bunt.
Kap. 36, Qruppe XVI
bilden die etwa 6n Worte für scheinen, leuchten, schimmern, sowie
die 6 für bestäuben, beschmutzen, besudeln, aber auch Rot (von
der Blutfarbe).
190
Die Farbenbezeichnungen der Epiker.
Bei den Philosophen haben wir noch graublau jtaXiXrov als
besondere Farbe für sich behandelt.
Gruppieren wir nun nach der hellen Seite des Spektrums, so
haben wir für diese Farben- und Lichterscheinungen bei den Epikern
etwa Ii 6 Worte, nach der dunklen Seite hin 73, aber auch die
Philosophen haben im ersten Falle etwa 26, im zweiten nur 15
Ausdrücke.
Von den Doppclfarben haben die Epiker 5 Worte für das
hellere Rot, 2 für das volle Rot, 1 für das Rotbraun und demnach
den Blau- und Violettschimmer; die Philosophen von der helleren
nach der dunkleren Abstufung gerechnet 3, 2 und 1, sodafs auch
in dieser Bezeichnung bei ihnen ungefähr dasselbe Verhältnis vor-
handen ist.
Achtunddrcifsigstes Kapitel.
Die Erklärung der Farbenbezeichnungen gehört der Geschmacks-
kunde, nicht der Augenwissenschaft an.
Wir stehen am Ziele unserer Arbeit, welche uns erwiesen hat,
dafs die Ansicht Gladstones, von welchem die Augendarwinisten
ausgegangen sind, es sei die Wahrnehmung Homers der prismati-
schen wie der Pigmentfarben eine mangelhafte gewesen, eine gänz-
lich unbegründete ist, unbegründet wie jenes Gesetz, welches der
seltsame englische Forscher entdeckt haben will, dafs das zur home-
rischen Zeit noch unentwickelte Sehvermögen des Auges die Ursache
gewesen, weshalb die homerischen Dichter mehr auf die Quantität,
d. h. auf die Helligkeit der Farbe geachtet haben, als wie auf ihre
Qualität. Dafür ist aber durch jene Untersuchungen erwiesen worden,
dafs die altgriechische Dichtung eine reichere Verwendung der hel-
leren Farben des Spektrums bietet, als der dunkleren.
Wäre dies eine Eigentümlichkeit allein der homerischen Dich-
tung, so hätte der seltsame Engländer immerhin eine beachtenswerte
Errungenschaft seiner Forschung zu verzeichnen, allein die Zusammen-
stellung der Farbenbezeichnungen aus den Werken der griechischen
Philosophen hat uns gezeigt, dafs auch hier die Zahl derjenigen
Farbennennungen gröfser ist, welche auf die lichte Seite des Spektrums
gehen, als derjenigen, welche der dunkleren Seite angehören.
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Die Farbcnbezeichnungen der Epiker.
191
Gleiche, ja gesteigerte Verhältnisse finden wir aber auch im
Mittelalter, denn die Sänger des altfranzösischen Heldenliedes haben
für die dunklere Seite des Spektrums bis zu Schwarz hin nur die
Ausdrücke neirs, neielez, bruns, bise, verte, azur, für die hellere aber
vermeill, envermeillie, jalne, sor, sorel, blund, falve, pale, pers,
blesmie (wie ich in meiner Abhandlung über die Farbenbezeich-
nungen im Chanson de Roland [S. 147] die Bedeutung des Wortes
erschlossen habe) bloi, blancs, fluriz, canuz, clers, vairs, gent, lui-
sanz, luises, luiserne, flambes, flambient, flambius, reflambes.
Somit haben wir in dem Chanson de Roland das Verhältnis
von 6 zu 24, also 1:4, — bei den griechischen Philosophen war
es 15 zu 26, — also nicht ganz 1 zu 2, bei den Epikern etwa
73 : 115, demnach etwa 1 zu i*/ s — im Nibelungenliede ist das
Verhältnis aber gar 4 zu 20 (bez. 22), also 1:5, denn die Farben-
bezeichnungen des Nibelungenliedes sind: schwarz, sal, trübe, grün;
rot, goldrot, rosenferben, rosenrot, feuerrot, morgenrot, rötlich,
weifs, schneeweifs, sabenweifs, blank, schneeblank, klar, Feuer, Licht,
leuchten, lohen, lauter, Funke, Prehen = Glanz, und ich denke, wir
ziehen auch gris und altgris hierher.
Da nun nicht nur die Dichter der verschiedenen Zeiten und
Völker, sondern auch die Naturvölker und unsere Kinder den Farben-
bezeichnungen der helleren Seite des Spektrums eine gröfsere Teil-
nahme erweisen, als demjenigen der dunkleren Seite, so ist mit Er-
kennung dieser Thatsache jede Berechtigung zur Aufstellung eines
besonderen Gesetzes als nichtig gekennzeichnet, welches darauf aus-
geht, als Eigentümlichkeit einer Zeit das hinzustellen, was allen
Menschen aller Zeiten angehört — als unziemliche Verwegenheit
aber jene Neigung erwiesen, welche aus einem falsch begründeten
Gesetz falsche Schlüsse auf die körperlichen Eigenschaften der
Menschen einer gewissen Zeit zu ziehen die Kühnheit besessen hat.
Die Eigentümlichkeit aber aller Zeiten und aller Völker, der
helleren Seite des Spektrums eine wärmere Teilnahme zu widmen,
als der dunkleren, erklärt sich aus der Natur selbst, welche die
Arbeit der Menschen dem Tage, dem Licht, der Farbe zuweist, der
Nacht aber die Ruhe : demnach mufs Bewufstsein, Leben und Sprache
im Gebiete des Lichtes und der lichten Farbe vorherrschen, darnach
müssen die Farbenbezeichnungen der helleren Seite des Spektrums
reichere Beziehungen des Gesehenen, Empfundenen und Benannten
widerspiegeln, als diejenigen der dunkleren Seite des Spektrums.
Und da nun der Dichter dieser Gemeinsamkeit angehört, so ist es
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192
Die Farbenhczeichnungcn der Epiker.
nur natürlich, dafs er den Eigenheiten derselben seinen Zoll zahlt,
ob er ein Jahrtausend vor unserer Zeitrechnung gelebt hat, oder ein
Jahrtausend nach Beginn derselben.
Freilich aber, da der Dichter ein Kunstwerk zu schaffen hat,
welches auch in der Ausdrucksweise sich von der alltäglichen Rede
des Lebens zu scheiden bestimmt ist, will dasselbe anders eben als
Kunstwerk gelten, so wird der Erklärer desselben die Bedingungen
zu erkennen versuchen, unter welchen der Dichter geschaffen, den
Geschmack und die Anschauung der Zeit, deren verschönte Nach-
schöpfung das Kunstwerk bildet. Ist das aber der Fall, so hat eine
solche Erklärung auch die Verwendung der Farbenbezeichnungen
darzulegen: mithin gehört diese Erklärung nicht der Physiologie an,
sondern der Ästhetik.
Nur der Mangel einer beachtenswerten geläuterten Empfindung
von dem, was in den Werken der Dichter schicklich und schön
ist, konnte bei mangelnder philologischer Kenntnis und lässiger
Durchdringung des Stoffes Anlafs werden, dafs die Untersuchungen
über die Farbenbezeichnungen der Alten, und zwar der Arier, Se-
miten und Mongolen schliefslich durch unsere Augendarwinisten in
Bahnen eingelenkt sind, welche niemals zu richtigen Ergebnissen
führen konnten. Den Forschern, welche diese unrichtigen Ergebnisse
als die beachtenswertesten Errungenschaften dieser unserer Zeit hin-
gestellt haben, gereicht ihre Thätigkeit nicht zur Ehre, da dieselbe
einer glänzenden Scheinweisheit dient, nicht der Wahrheit.
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Neununddreifsigstes Kapitel.
Anmerkungen.
') Stob. Ecl. ph. ^ i£l ph. 522: ix vs<p<öv nenvnw/jisvwv tlvai tov tjkiov.
-) Galenus Hist. phil. 2j_: tov qXiov dvanxofitvtjv ve<pe/.tjv.
^) Gal. Hist. phil. 24J ix rtöv §t)Q(5v dxfiwv nvQi6id xtva avvipyto&ai,
a fiq 'iv oeüfiet xu&eoxqxöxa xov y).tov avvtaxdäai.
Plutarch Plac. phil. II, 20: ix xTjq vypäq dva&v/uidaeojq.
6 ) tjv x > 'Iqiv xaltovot, viyoq xal xovxo ni<pvx(,
noQ<pvQfov xal (poivlxeov xal y).<opbv Idia&ai.
•) Gern. Alex. Strom. VII, p. 711 b: a>q <pt}aiv b Ztvoipdvtjg' Spaxiq
1* nvppovg xal yXavxovq xovq 9eovg 6ia^(oypa<f>ovoiv.
') Theophrast de sens. $ ihj. bpäv de x<j> oxiXftovxt xal rtö 6ia<pavti
{xovq 6<p9aX/wvq) öxav dvxitpaivy — 6(pfkt).(iovq 6h bpäv 6id tov niuii; v6a-
xoq' oxi 6' tytt nv(i, 6fj).ov eivat, Tcktjyivxoq yäp ixkdfxnsiv.
^} xiooapa xtöv ndvxwv pt^eifiaxa.
a ) Simpl. de coel. Fragm. v. f. :
71(5$ v6axoq yaltjq xe xal aföepoq feXlov xe
xi(iva(ikv<ov f('6y xe ypbai xe yevotaxo &vrjX(»v,
xoaa* oaa vvv yeydaai ovvapfioa&ivx' l4<ppo6lxy.
••) Stob. Ecl. phys« L ü P- 364: Xevxbv, fii).av, ipv&pov, (tiypbv —
xitxapa 6h xoTq axotyeioiq iodpt9fia (erg. yptofiaxa).
n ) Th. de sens. § xb fisv Xevxbv xov nvpbq, xb 6h fiiXav xov v6atoq.
") Sinipl. de coel. Fragm. v. 262:
iv ydp &epftoxipt» xb xax' appeva tnXeto yaaxpbq
xal (itXavtq 6td xovxo xal dv6pa>6iotfpoi av6ptq
xal Xayvqevteq (iäXXov.
Plut. quaest. tiat. p. 916:
yvovq (yv<5&' conj.)ort ndvx<ov eialv dnöppoat öaa' iyevovxo.
»«) Arist. de gen. et corr. 1^ tL 325 b. 1 : , E(int6oxX^q xal xviv aXX<ov xtviq
(paoi ndoyeiv 6td xtöv noputv.
$24 b. 2&1 xal tovxov xov tponov xal bpäv xal dxovetv Tjfiäq <paai xal
taq aXXaq atofrqotiq aiaUdveaftat ndoaq.
lb ) Stob. Ecl. phys. L LL P* 3^ 2: XVWfia tivai dnttpaivexo tb xoiq nopoiq
xt)q bijiftuq ivapfioxxov.
lH ) yaig fihv ydp yalav OTnanafiev, v6axt v6(üq,
ai&eoi rf* at&t(>a 6Tav, dxciQ nvol nvp dl6tj?.ov.
Veckenttedt, Geschichte der griech. Farbenlehre. LA
194
Anmerkungen.
") Theophr. de sens. jl Jtetpätai de xal zijv btptv liyeiv, noia zig
iati' <f>tjol yay zb fthv erzog avzijg eivat ni(t, zo de neQi avzb yijr xal dt\>a
xal vdtop (v6ot(t ist Zufügung von Karsten, aber wohl eine berechtigte).
"*) Theophr. de sens. 7: tovg de noyovg ivva)./.dt- xeiofktt zov ze nvQog
xal zov vdazog, tbv zolg [ihv zov nvpbg zd ).evxd, zolg de zov vdazog zd
fi(?.ava yvotQt^tiv.
18b ) Ar. de gen. an. V, i, 779 b. i \ u. s. w. : xal diä zovzo (tprjotv 'Eftnt-
doxkijg) zd y).avxd tjfteyag fttj bpäv di' evdetav vdazog, det yay zol (ti).).ovzt
oQäv . . . za dh (itkavonfiaza nd?.tv zfjg vvxzbs fxif oqüv dt' tvdeiav nvyog.
^) Simpl. ad Arist. Phys. f. Sa: nytv d' dnox(tt^tjvat zavza ndvzotv
öfiov idvttov, XQ ot *i f-väqlog yv ovdfftitj.
■• f0 ») Simpl. f. io6 b : ovy o'tov ze ftddtatv yyöav i} Illing za nd&t} xal zag
e^etg ytoiuo&tjvat zwv vnoxetftevtov.
*° b ) Theophr. de sens. ^o_: ot dl a).).oi zooovzov fibvov, dztzoze ?.evxbv
xal zb fi&.av aQyai, za d' a).).a ftiywftevtov yiyvezat zovztov. xal ydt> 'Ava-
sayopag dnXtäg efyyxe neyl avrtüv.
»•) Aristot. de sens. 3^ 439 a. $0: ot Flv&ayoyetoi zijv enttfdveiav yjtoav
exdkovv.
n ) Plut. Plac. Pliil. ^ ijj ol dnb flvd-ayöyov zd yevq zwv yyojfidzujv
kevxöv ze xal jtiJ.av, epv&pöv, tozyov.
") — — zag dl dia<po(tdg zwv yxtwftdzotv nayd zag notdg fiiS,eig zalv
azotyeiotv.
^} Theol. arithm. ^ p. j6j <f't?.6kaog de fiezd zd fta&tjftaztxbv ftiye&ög
ZQiyTj dtattzdv zezyddt, notoztjza xal yx*wotv intdetga/xivtjg (entde£a(iev>ig will
Ast schreiben) zijg (fvoeatg iv nevzddt.
n ) Theol. ar. 4. p. 22: yx*otd iv Z(nddi.
*•) Aristot. de Gen. et Corr. Ij 2^ 316 a. 1: /Jtjftbxytzog — ypoiav ov *py-
oiv eivat.
") Sext. Emp. adv. Mathem. VII, 13s: dqfnoxpitog — vofttp <pt/ol ylvxv,
vbfiio ntxoov.
m ) Arist. de sens. 4^ 442 a. 2o_: difptox&ttog — xal ot nlttazot ztöv tpv-
aiokoytav — ndvza zä alo&tjzd dnzd notovotv.
^} Aristot. de sens. 4^ 442 b. hu /jtjftoxytzog — zb Xevxbv xal zb
fte).av zb fiiv zpayv <pr\mv eivat, zb de ?.etov. Theophr. de sens. 7j: levxbv
ftev ovv elvai zb ketov.
^} Theophr. de sens. tjj tQV&ybv d' ec o'lwvntQ zb frepftov n).ijv ix
fiet'CpvtoV idv yd(t a't ovyxQtoetg oiot /tei^ovg' bfioiatv ovztov zwv oyr\(xdzotv,
H&).).ov iyv&Qov eivut.
Stob. Ecl. Phys. L LZ2 P- 3^4 : toviutv de zviv npbg zyv ipavtaoiav
XQtofxdztüv zhzaQeg ai diatpopat, Xevxov, fieXavog, epv&vov, x}mqov.
^} Theophr. de sens. 2Ü ro ylioQbv ix (xkv zov azegeov xal zov xevov
avveozdvai.
^) Theophr. de sens. 76, 7JJ (Anm. 33 — 3s): td ftev ovv dnlä yQto^taza
zovzotg xeyo^o&at zolg oy^fiaotv, txaazov de xaffacpcizeyov, öotp äv it; dftt-
yeozigtov y.
u% ) Td d' a).ka xazd zi)V zovztuv fiit-tv.
** h ) L. zb fiev £(>w70f<de£ xal xb zov x a ^ x °v xa ^ n dv tb zotovzov ix
zov i.evxov xal zov epv&yov. 2* zb dt noQtpvQovv ix ).evxov xal fxikavog
Anmerkungen.
195
xul ipv&pov' nlehxrjv fthv ftolpuv eyoi-xog xov ipv&pov, ftixpdv Ah xov
fteXuvog, ftioqv Ah xov Xevxov. r/}r A' iodxtv ix fteXavog otpöApu xal
yXatpov, nXeito Ah ftolpav e"yetv xov fteXavog. 4. xb Ah npdatvov ix noptpvpov
xal xyg . iodxtAog, tj ix yXtopov xal noptpvpostAovg. ro de xvavovv i$
IodxtAog xal nvpwAovg. fL xb Ah xapvtvov ex yXmpov xal xvavoetAovg.
7_. iuv de (nXeov) yXwpbv (nXeov ist Vermutung von Schneider) ftty&y tpXoyoetAeg.
(Ich vermute für yXtupov daher toypov.)
^} xal n'ki\ frei per xooovxov intfttftiyßat yptoftdxwv, dnetpa Ah elvat
xd yptuftaxa — — xaxtt xdg ftlgetg. (Entfttftiyßut ist Vermutung.)
*"') Aristot. de divin. in somn. ^ 464 a. 5 : dy/toxpixog etAtoXa xal dnop-
poug atxtwfievog (xov bpüv).
37 ») Aristot. de an. II, jj. 4*9 a - LLi °^ Y^Q xaXdtg Xiyet xovxo dtjftb-
xptxog oiöftevog, fi yevotxo xevbv xb ftexagv, bpäo&a £v dxptßtog.
31b ) xb fthv ypvooetAeg u. s. w. (Anm. 34 b ). ro ftev ydp Xuftnpbv eyetv
ex xov Xevxov, xb de vnepv&pov unb xov ipvfrpov' (so Mullach für &epftov)
ninxetv ydp eig xä xevä xov Xevxov xy ui^et xb ipv&pov iav de ngooxt&y
xovxotg xb yXtopov, yiyvebat xb xdXXtaxov /ptu/xa. Tb Ah noptfvpovv ix Xev-
xov xal ftiXavog xal ipv&pov, nXeioxyv ftev ftolpav eyovxog xov ipvfrpov,
fttxpdv Ah xov fti?.avog, ftioqv Ah xov Xevxov' Atb xal tjAv tpalve&at npbg
xijv aio&tfoiv.
**) ne pl yvftwv p. 42^ 1 : xb yptöfta xtüv yvftöiv 'dxov fty uftnwxtg ioxi
xtöv yvfttöv, ulgnep avS-etov.
M ) nepl daxetov <pvotog p. 280, 21 : Atu Ah navxbg xov owftaxog nepl
Ttjv dwpijxa ftuXtoxd iaxiv tj uFottqotg xal xtöv yptoftdxtuv at ftexaßoXa) yi-
vovxat, xuvxyg dnootptyyovoqg xug tpXijiug xal yuXtttoqg' yuXciotjg fthv ovv
ipv&pä xd ypufitaxa yivovxai xal evypou xal Aiutpuviu, ovvayovoqg Ah yXtupd
xal neXtAvd. ,
40 ) nepl entAtj^tidiv p. 11 70, oxt iv frepttoxepw xw iv xotot Ae^ioTat
xal (Ae).aveg Ata xovxo xal e$(tt al (f?.effeg xal yoXiuAeoxepoi (iä)j.ov.
* l ) de acr. loc et aqu. p. 292, 4J_: nvppbv Ah rb yevog iaxl xb SxvHtxbv
Ata xb ipvyog, ovx intyevouevov d^ewg xov if).iov' vnb Ah xov ipvyovg i) ).tv-
xbxtjg intxaiexut xal yiyvexat nvppij.
* r ) 'Ex Adeog d' "Epeßdq xe fie/.atvd xr Nv$i iyevopto,
yvxrbg A* avx* Ai&r'jp xe xul 'Hfiepi/ i^eyevovro,
ovg xexf xvoafievt], 'Epeßet <f>t).6xt]Xt fitytlaa.
4:l ) Diog. L. IX, 9J yireoitai Ah dva&vfitdoetg dnö xe yijg xal &a?.dxx^g,
dg ftev Xuftnpdg xal xafhapdg, dg de oxovxetvdq' uv^eaHat Ah xb fthv nvp
vnb xtäv kaftnpdiv, xb Ah vypbv vnb xaiv txepwv.
**) Aristot. Metaphys. A. ^ 986 b. 3J : Avo xdg at'xlag xul Ava xug dp/dg
nuXtv xi&qot, 0-epftbv xal wvypbv, olov nvp xal yf/v i.eytov.
45 ) Stob. Ecl. phys. I, 2]. p. 482: llapftevi'Arjg oxe<pdvug eivut neptne-
nXeyftivag, ina?.Xtjkovg, xyv fthv ix xov dpatov, r;}v Ah ix xov nvxvov' fttxxug
Ah a/J.ug ix (ftaxbg xul oxbxovg ftexu^v xovxtuv.
46 ) Theophr. de sens. 40^ 42J xf/i> biptv bpüv ifnf>atvoftevtfv eh r»}r xopyr'
xuvxifv Ah fttyvvftivtjv xw ivxbg dipt notelv ufoHijOtv — Atb xorg
fteXavotp&dXftovg fte^ rjftepuv xul xu /.aunpu fiülXov bpüv, xovg A* ivuvxiovg
vvxxwp.
vr
19^ Anmerkungen.
^} Theophr. de sens. j8j Kktidijfxoq fibvoq tdioq eiptjxe nepl xijq otpeatq'
alfrdveo9ai ydp (pyci xolq dy&akftoig ftovov oxi dia<pavtlg.
^) Plato Meno. 76 d. : toxi ydp %Qoa dnoppotj oxy/iaxatv bxpti ov/n/uexpoq
xal ato&tjxog.
49 ) Phil. £i d. : dkk' ev&v xi ktyat (xakbv — aus dem vorausgegangenen
xdkkog zu entnehmen) xal ntpupephg xal dnb xovxatv dtj xd xb xolq xopvotq
ytyvofitva tninedd xf xal oxeptd xal xä xolq xavboi xal yioviaiq, et fiov
fiav&dveiq' xavxa ydp ovx tlvai npdq xi xakd kkyw, xa&dnep dkka, a)X del
xakd xa&* avxd netpvxtvai xai xivag ijdovdg olxeiag *x ttv > ovdiv xalg xöiv
xvtjCtwv npootpepetg' xal y^piouaxa dtj xovxov xbv xvnov Ifyovxa xakd xal
rjdovdg.
Phil. 53b.: Sfitxpbv dpa xa&apbv ktvxbv fiffityftivov nok).ov kev-
xov kevxoxepov afia xal xdkktov xal dky&t'oxepov £dv tpütuev yiyve9ai, nav-
xdnuaiv ipovfxev op&wg.
^} Tim. 6üd.: *Eoxi dh öxe voxlSog inokenp&etorjg yvxti ytj yevofxivrj
Aid nvpbg, oxav xpvx&ü, yiyvexai xb fiikav zpäpa h%ov ki&og (C. Fr. Hermann
vermutet eidog).
") Tim. 5j)b: %pvoov dt o£og, did nvxvoxtjza axki}pbxaxov ov xal f*t-
kav&ev addfiag ixktj&tj.
8S ) Tim. 52 b: axlkßov xal §av&bv ypöifta.
M ) Tim. 8_j a. : oaov fttv ovv av nakaioxaxov ov xijq aapxbg xax£,
dvanenxov yiyvbfisvov pekaivet fihv vnb nakaiäg ^vyxavaeiog.
r,s ) Tim. 8_j d. 85 a. : xb d 1 av fxex' depog xrjxbfievov ix vtag xal dna~
kfjg aapxbg, xovxov dt dve/iut&tvxog xal £vfintptkti<p&tvrog vnb vypöxtjxog,
xal no[x<pokvyuiv gvozaadiv — dopdxiov diu Ofuxpoxqxa — ypaifia txovouiv
dtd xtjv xov dtppov ytveaiv tdetv kevxov.
ce ) Tim. 62 c und 68 (Anm. 56 — 64): Ttxapxov dif Xotnbv tri ytvoq
ijfAtv alo&qxixov, o lUtkto&ai der ovyyd tv lavriö noixlkfiaxa xtxxrj/uh'ov,
a ^vfJMuvxa (ilv ypoag txa/Joaftsv.
6T ) — ypbag txaktoafitv) <pkoya xiZr aiof/drwv ixdoxotv anopptovoav
btfftt ^vfifierpa fibpiu txovoav npbg afbfrtjOtv.
SM ) xd ftlv tkdxxut, xd dt /4f<£tu, xd (V i'oa xoTg uvxtjg xyg otpeatg jt/t-
ptoiv sivat.
^} — xd dl fiflZu) xal Ikdxxio, rd fihv ovyxpfvovxa, rd dt dtaxpivovxa
avxifV (xi/v btpiv).
fl0 ) ovxatg ovv avxd npooprjXtov, xb (il-v dtaxpixixbv xijq btyttog ktvxbv,
xb *r ivavxlov avxov ptkav.
01 ) nvp (itv d&poov xal vdatp, o Adxpvov xakovfxev.
6> ) xov f*hv ixntjdüii'xog Tivpbg oiov an' doxpanijg, xov d* tioibvxog xal
ntpl xb voxepbv xaxaaßfrvvfxivov.
6S ) xb dt xovxatv av ftexa^v nvpbg ytvog, npbg phv xb xöiv dfiftdxatv
vypbv diftxvovfttvov xal xepawvfisvov avxiö, oxikßov dt ov, xy di diu xijg
voxldog avyy xov nvpbg fxiyvvfiivy XP^fta evatfiov napaoxofitvy, xovvofia
ipv&pbv ktyofitv.
«♦) kafmpöv xt ipv&pip ktvxip xe piyvvixsvov gav&bv yiyove.
Plato Tim. 60. a.: xb de ktlov xal diaxpixixbv oysatq dtd xavxa xs
idelv kapnpbv xal axlkßov ktnapöv xs <pavxatöfitvov tkatrjpbv flöog, nlxzu
xal xlxi xal tkatov —
Anmerkungen. 1 97
M ) Plato Tim. 68 c. : ipv&pbv — fiiXavt Xevxtp te xpa&hv L. aXovpyov.
x optpvivov 6h oxav xovxotg fitfiiyfthotg xav&eloi xs päXXov ovyxpa&y (it-Xav.
3_. nvppbv 6h £av9ov xt xal ipaiov xpdaet yiyvexat. 4. <paibv 6h Xevxov xs
xal fxiXavog. £. ro 6h tii/pbv Xevxov gav&(5 fxtyvvfiivov. (l Xaftnpw 6h
Xevxbv t,vveX9bv xal ftg fitXav xaxaxophg tftneobv xvavovv ypütfia dnoxe-
Xelxat. 2i xvttvov 6h Xevxtp xepuvvvfxtvov yXavxov. &, nvppov 61 fjtXavt
npdotov.
B7 ) Tim. 68 d.: xd 6h aXXa dnb xovxutv oyeöbv öyXa a'ig uv dtpoftotov-
[ifva ftit-toi 6iaotat,ot xov tixoxa (iv&ov.
w ) Aristoteles Top. IV l. 120 b. 38^ xb Xevxbv ovx ovala dXXu notbv.
•*) Phys. I, 4. l8_8_ a. j± xaxd xb notbv dyutptaxa xd ndihtf.
n ) Cat. in b. 26: Xevxbv yap ov ext tvöfyeTat Xevxoxepov yeveo&ai.
71 ) Mctaph. i, 1055 b. 3_3_: xb noxepov del £v dvxt&e'oet XJyexat, oiov
noxepov Xevxbv ij fteXav.
") Cat. 4 a. joj yv/pbv yap tx frepftov yevbfievov fiexißaXev, t}X?.oi-
toxat yap, xal fteXav ix Xevxov.
78 ) De an. 418 a. 29J ro yap bpaxov toxi ypütfta.
de an. 418 a. 2oj xovxo 6' toxi xb £nl xov xa&' avxb bpaxov.
^2 de an. 419 a. 9: xovxo yap t)v avxtp xb xpdfiaxt elvat xb xtvqxixiö
e'ivai xov xax* ive'pyetav 6tatpavovg.
76 ) de an. 418 b. 42 ötu<pavhq 6h Xtyut, o toxi fihv bpaxov oV aA-
Xöxptov '/ptüfia.
n ) de an. 418 b. 11: vnb nvpbg ij xoiovxov oiov 10 ävm autfxa (nach
Aristot. Sprachgebrauch der Äther).
7S ) de sens. j, 439, b 8j. xb dpa 6ta<puvhg xafr' ooov vndpxet iv xotg
owftaotv yptifiaxog noteT fiexe/stv.
7fl ) de sens. 3, 439 b. ihi wonep ovv exet xb fthv tftüq, xb 6h oxoxog,
ovxtog tv xoig otä(iaoiv iyyivexat xb Xevxbv xal xb /xtXuv.
H0 ) de an. II, 7. 419 a. jl v * v <I> ^nl xooovxov (fai fpöv totiv, öxt xb
tv <f <uxl bpioptvov ypwfjia.
»•) de gen. et corr. II, 4. 331 b. 2jj fidXioxa fihv yap nvp // <p?.6§.
8< ) Phys. IV, 2; 217 b. 6j ovö' i'oxt xijg <pXoybg Xaßelv xt (Atye&og, iv
u> 01' xal 9ep(i6ttjg xal Xfvxoxyq tveori.
8 «) De long, et brcv. v. ^ 466 a. 4j b drjp npbg r' aXXa nvp.
w ) Meteor. III, 6- 377 b. b 6h naptjXiog, oxav oxi /xdXtoxa bfxaXbg
j/ <> dqp xal nvxvog, bfioimg' 61b (f uivtxat Xevxog.
*») de gen. an. V, 6. 786 a. 4j xd fthv yap &epfta (v6axa) Xtvxrjv noifT
xijv xpfya, xd 6h tpvypä filXaivav.
m ) Meteor. III, 4. 374 a. 1 : uy v6axog xal ftiXavog.
a7 ) de gen. an. II, 2. 735 b. 3JJ t^fX&ovxeg 6h oxav dnonvtvoy xb Bep-
ftbv xal b dtjp tf)vz9%, vypbv yivexai xal fitXuv Xfinezat yap xb vöwp xal
et xt fttxpbv ystüötq.
**) de gen. anim. III, L 571 b. 7_: xb fihv Xsvxbv — nXiov dfl — xov
w%pov xal yewöovg' xoig 6' ijxxov itepfiotg xal vypoti-potg xb u*%pbv nXtov
xal vypoxepov.
*») Phys. i 5. 1E8. b. 211 xd 6h fitxa^v tx xtüv tvavxiutv toxlv oiov
yptüftuxa ix Xevxov xal fttXavog.
1 9°* Anmerkungen.
80 ) de sens. 4. 442 a. L2j wonep xä -/ptufxarte ex Xevxov xal /ue/.avog
ui^etuc ioxtv, ovxtog ol /t'/uoi ix yXvxe'og xal ntxpov.
de sens. 4. 442 a. i_2j ol d± xqv tjdovijv notovvxeg fjttyvvfxevoi, ovxot
iv dptfruotg (aovov 6 fihv ovv Xtnapbg xov yXrxeog toxi yvfxbg, xb d* aXßvpbv
xal ntxpov oyedbv xo avxo, 6 de avoxtjpbg xal dptfivg xal oxpvipvbg xal o£vg
dvä fteaov. oyedbv yap toa xal xä xtöv zv/növ etdtj xal xa xwv yptnudxtov
eoxiv knxä yal dutpox epatv etdtj, äv xtg xt&y, utonep evXoyov, xb <patbv fifXav
xi eivat.
^} u. de sens. 4. 442 a. L2J hxxä yap d/itpoxepwv etdtj, äv xtg xt9y,
wgnep evXoyov, xb tpatbv l fxeXav xt eivat' Xeinexat yäp, 2. xb $av&bv uev,
xov Xevxov eivat wgnep xb Xtnapbv xov yXvxeog, 4. xb tpotvtxovv de xal
aXovpybv xal 6» npdotvov xal 7. xvavovv uexa^v xov Xevxov xal ueXavog.
ftS ) de sens. 4. 442 a. LH xä d' atäa utxxä ix xovxtov.
<") de sens. 4. 445 b. 21: dtjXov eoxat dta xi neTiepavxat xa etdtj xal
yptuftaxog xal ZVf*™ <P&6yx a>v xa ^ tdiv äXXtov alo9r { xt5v tuv /uev yäp
eoxtv toxat a, dvdyxtj nenepäv&at xa ivxog' xa d* ivavxia eoxaxa' näv de
xb aio&Tjxbv fy* 1 ivavxitooiv oiov iv yp(o/4axt xb ?.evxbv xal xb peXav, tv
yvuü yXvxv xal nixpbv.
de an. II, 419 b. V]_: xal yäp xb tftög del dvaxXäxat.
Wä ) Meteor. III, 4. 373 b. I: dtä de xtjv xijg oipeutg doHevetav noXXdxtg
xal ävev ovoxdoeutg {xov depog) notet dvdxXaotv. Meteor. III, 4. 374 b. j.
(Z. 28): dtjXov xoivvv ort tj bxfjig wonep xal xb jteXav xXtouevtj dt' doflevetav
fteXdvxepov notet y>aive9at, xal xb Xe\>xbv ijxxov Xevxov xal npoodyet npbg
xb fxe"Xav.
^) Meteor III, 4. 374 a. 27: xb de xov Xvyyov tptüg ov Xevxov eoxt
yap ij btptg oXiytj tj dvaxXaißevtj xal (itXav xb evonxpov. Meteor III, 4.
373 b. I: yivexai de (tj dvdxXaotg) dnb (ilv depog öxav xvyy ovi'toxdfierog.
Meteor. III, 4. 374 b. 21 V ip*? ^/^pcoc tf oivixovv — — npd-
otvov akovpybv.
M ) Meteor. JII, 4. 375 a. 21 * a , tl & xb $av9-bv iv xy "ptdi ypüua fjexa^v
xov xe (foivtxov xal npaaivov ypiuftaxog' dta xtjv ftekavtav ovv xov xvxkov
vetpovg Ö).ov avxov <puivexat xb tpotvtxovv Xevxov, eott yap npbg exeTva Xev-
xov xal ndXtv dnofiapatvofAevyg xtjg "ptdog iyyvxdxto, oxav Xvtjxat xb (fotvi-
xovv. tj yap vetpeXtj Xevxtj ovaa npooninxovoa napa xb npdotvov ftexafiuXXet
tig xb £av&6v.
,0 °) de an. II, hl 422 a. 20J xpivet t) bytg.
IUI ) de an. II, ll 424 a. 5 : xb yap (Ataov xptxixbv, de an. III, 2. 426 a. jpj
xal xpivet xäg xov vnoxetuevov aio&tjxov dtayopug oiov Xevxov ftev xal
piXav ot/'ic.
I0? ) de an. III, z. 425 b. 22_: xb bptüv eaxtv u>g xexpatfitdx toxat.
108 ) de an. II, 8^. 420 a. 2j: äanep ävev tptuxbg ovy bpäxat xä yptauaxa.
lfl4 ) de sens. 439 b. iL: xb avxb . . dexxtxbv xijg ypbag eaxiv.
"») de sens. 2. 438 b. i_2_: xb fibv ovv xtjv otptv eivat vdaxog dXtj&eg
ftev ov ufvxot ovftßaivet xb bpäv y vdutp aXX' y dtutfuveg - -• dtbnep
r t xoptj xal xb ofiftu vdaxog ioxtv.
106 ) de sens. 2- 438 b. 3^ dX?.' ei'xe ytüg eh 1 dt)p ioxt xb ftexa^v xov
boütuevov xal xov bu/uuxog /} dta xovxov xivtjoig ioxtv t) notovoa xb bpäv.
Anmerkungen.
199
,u7 ) de sens. 2. 4}7 a. 2jj 9).tßoftevov xal xtvov/ievov zov otp&alnov
tpaivetai nv(t exkaftneiv.
10B ) de gen. an. V, 1. 780 a. 7: e'xxpovei ydp >} loyvQOtepa xivqoig ztjv
daBeveazepav.
IW ) de insonin. 2. 459 b. 5: tav npbg zov tjXtov ß?Jtpavzeg q d).).o zi
laptnpbv fivöutßfv — — npwzov fihv zoiovzov rtjv xpöav — eiza fiezaßd).).ei
eig ifoivtxovv xaneiza nopyvpovv, e'iiog av eLg *h v fielaivav eX&y X9 oav
xui dtpaviofty.
"") de insonin. 2. 459 b. 27^ iv ydp zatg ivonzpoig Tolg otpoApa xa9a-
polg, ozav ziöv xazaurjviwv zatg yvvai^i yivofxevtov i/xß?Jyjiootv eig zb xdzo-
npov, yivezat zb tJitnoXijg zov tvonzpov o'tov vetpekt] aiftazwärig.
tn ) Es ist hier darauf hinzuweisen, dafs das Buch de igne dem Theophrast
nicht mit voller Sicherheit gegeben werden kann, dafs die Ansichten des Buches
aber immerhin solche der älteren aristotelischen bez. peripatetischen Schule
sein werden.
m ) de ign. 50. p. 725: ttjg Ah <p).oybg kevxozazov del xal xaO-apiozazov
zb ftioov.
de seus. p. 731 : 6 ydp di/p <pvoei pilav. 3^. p. 718: ovAhv ydp
ftikav dvev vypozrjzag und 706.
,u ) xepl X( ,ta t t <x t0,t; — (de coloribus) Kap. ^ dn).ä ziöv ypatfidztov eotiv
öaa toig azoiyeioig ovvaxolov&ti.
'Atj(j fthv ydp xal vAtop xa&' havtd tpvaei Xevxd xal q yij A' toti
<pvoet ?.tvxtj.
llb ) zb Ah nvp xal 6 tfltog gavQd.
" 6 ) zb öl fiikav y>n<5(ia ovvaxo).ov9ei zoig ozotxeiotg sig dkltjka fieza-
ßa).).bvz<av.
r« /mezagv ftopta — dnavza eivai Aoxei fiikava diu tb oxozog —
av ypiöpia d).).d azeptjotg tpatzög.
" 8 ) zd A y akka ex zovziov evavvaitta zy fti£et xepavvvßivmv dkkrfkoig
yivezat.
119 ) Kap. 11 xazd Ah ztjv xqüoiv — alanep rb kevxbv xai tb fiikav,
özav /ux&ivra tpaiov notijoy ipavzaoiav.
m ) xazd fthv zb (idkkov xai ijzzov vtanep zb <poivixoi>v xai zb dkovpyig.
ro yd(> fiekav t(ji ze zov qkiov xai ziö dnb zov nvQog tpatzi &tw-
Qovfif-r dti ytyvöftevov tpaivixavv.
Kap. \x olozs tx tfjidiv tivai zäg XQ^ a< S dndaag /iffiiyptivag, zov
(pwtbg, xal- At' tuv <faivtzai zb tptog, oiov zov te vSazog xal zov dipog, xal
zpizov zdüv vnoxtifttvmv /Qojfiätwr, dtp' tov dvaxXäo&ui ovfißaivei zb <p<ög.
,3B ) Plut. Plac. Phil. 1. ijj Ztjvwv b Szauxbg zd ypatpaza npwzovg eivai
axtjftaitofiovg zijg vkqg.
IM ) De humor. Vol. XVI. p. zb ydo XQÜfia ztüv xvfidiv ioztv, ov tiäv
azuttuiv zov t,t'ßOV fioplatv.
m ) de natur. facult. ^ 2* Vol. II, p. 11 xal yd(> ei levxbv vndp/ov pekai-
vatzo xai et ntkav Xevxalvotzo, xtveixai xazd XQ° av '
,ie ) Plut. Plac. phil. 1. ijj XPdifid iozi notoztjg oto/xazog bauzt}.
>,T ) Plut. Plac. phil. III, xal l^fi zb fihv ngiözov <poivixovv, zb Ah
Aevtepor dkovoyhg xal xoQtpvoovv, zb Ah zpizov xvdveov xal ngdaivov.
200
Anmerkungen.
,w ) Plut. Plac. Phil. III, 5: fit/not — ovv tb ftev <poivixeov öti r) Xaft-
npotyg tov t/Xiov npoaneoovaa xal y dxpai<pvt)g XafineStbv dvaxXmfxivtj igv~
Opbv noiel xal yoivixovv tb ypä/fxa' tb 6b öevtepov fiegog im&oXovftevov xal
ixXvbfttvov näXXov tfjg Xafxntjdövog ötd rag gaviSag aXovgyig' dveoig yag tov
igv&gov tovto' eti de ndXiv int&oXovfievov tb 6iogi£,ov ctg tb ngdoivov fieta-
(idXXei.
1») Plut. adv. Col. p. 566: 'Enlxovgog — — ovx elvai Xiyatv td zqio-
fiaza ovfHfvtj totg o<ufiuoiv.
iao ) Plut. Plac. Phil. I, \%. p. 570: nyoytovtat ö' ix ttjg oyetog axtiveg
nvgivat öibneg bgatbv elvai tb axotog.
131 ) Olymp, ad Arist. Meteor, fol. 48 a.: inetdij noXXdxig negl Xv%vbv
ogtüftev ngaotvoetdij xgiuficcta.
'") Seneca Quaest. nat. ^ j. ijj Varietas autcm non ob aliam causam
fit, quam quia pars coloris a solc est, pars a nube illa; humor autem modo
caeruleas lineas modo virides modo purpurac similes lutcas aut igneas ducit.
Terre minerale dont les anciens faisaient des coulcurs rouges ou
jauncs, selon ses diverses priparations. Vgl. Plin. Hist. Nat. XXIII. Ij8 (55, $6).
m ) Plin. Nat. Hist. XXI. 4^. &, (22): Lutei video honorem antiquissimum,
in nuptialibus flammeis totum feminis concessum, et fortassis ideo non numerari
inter principalis, hoc est communis maribus ac feminis, quoniam societas princi-
patum dedit.
'») R R V. v. 6-8:
avfted t' aivvfiivriv goda nal xgoxov rjd' la xaXd
Xei[ttüv > a/t' fiaXaxbv xal ayaXXidag t)d y vdxiv&ov
vagxiooov &\ — —
136 ) Cypria fragm. j. i— 6:
Ktfiata fiev ygol 'ioto, td ol Xdgitig te xal 'Sigai
noirjoav xal eßayav iv dv&eoiv elagivoloiv,
ola (pigovo* wgai, ev te xgoxy iv vaxiv&tp
ev te tio (htXi&ovti gbdov t' ivl av&et xaX<j>
r)dii vextagitp, Hv r' d/xßgoolatg xaXvxeooi
vagxiooov — xal Xetgiov
187 ) Od. £. 6_j. 41
vXt) de. aniog dfi<pl ne<pvxet tt]Xe9öa)oa,
xXijftgt/ r' aiyeigbg te xal evwdrjg xvndgtooog.
,M ) Xveiv tr)v otgayyovgiav twv mntuv tt)v ix tdoetog noD.fig f) dygiag
yevof4.ivrjv tb oiXivov.
,8 °) aXXo tovto tb 'e'Xetov oiXivov naga tb netgooiXtvov.
Theophrast Hist. Plant. ^ ti tb de wnooiXivov xal iXeiooeXivov
xal dgeooiXivov xal ngbg eavtd diatpogav eyei xal ngbg tb rjfiegov.
Theophr. Hist. Plant. L (l 21 ° Tl nXatv<pvXXbg te xal iyyetoyvXXog
xal oagxo<pvXXog iott, noXXt)v e%ovoa gtC,av.
Th. R PI. (L L $j ßiog de. itoviäg ftev tt)g Xevxijg eti fidXiota
tpia (ett}).
u ») Th. fL 6, sj ifA<pavr)g ydp r) tovttov XP 0ta diaXXaTtovoa und
yrjpdoxovoa di iXattovtai xal fa Xevxotepa <pigei.
Anmerkungen.
201
"3) Plin. Hist. Nat. 21* (l (14) 27: Ex iis vero quae sponte apricis et
macris locis proveniunt purpureae latiove folio statim ab radice camoso exeunt,
solaeque Graeco nomine a ceteris discernuntur, appellatae ia et ab his ianthina
vestis.
Pindar Ol. L ü, £u
iwv £av&aloi #a2 naftTiopipvpoig axtloi ßeßpsyfievog dßpbv
OiV/Xtt.
ub ) Aristot. hist. an. IX, $2l 622 a - 2i noXvnove 9-rjpevet rot>c /jf^? ™
Zptiifitt ftstaßdXXatv xal noiojv öftotov oig äv nXqotdtyj Xi&oig' tb rf' avto
tovto noiel xal <poßq&elg.
14e ) xal % otjiiia tovto notei' napbßotov ydp <paoi tb /jjdtfia noieZv tb
avtyg T<p tönto nepl ov 6tatpißsi ' t<3v 6 > ty&vwv zovto noteZ fiovov ptvij '
fxetaßdXXei ydp tr/v ypoav üonep noXvnovg.
14 ; ) Mir. ausc. 164. Ar. hist. an. II, ll. 503. b. I; IX, 14. 616. a. 14.
u **) Xiyetai 6* vnö tivojv.
n8b) 0 $ x äpza 6eZ zb xaXbv zip /ur} xaXw (paivoftevip eixdt,etv ygvosai
ydp ei tnoiqoev b Z,<ttypd<pog zag tob" &eov xdfiag, (irj fieXaivag, yeZpov äv
rp> zb L,iayQa<pr](ia.
»•) 1). 24J 2L AI
xa/.vfifx tXe diu 9eawv
xvdveov, tot 6' ovti (xeXävtepov enXeto eo&og.
150) de Col. Kap. \ (am Ende): b 6' dtjp — e*v ßä&et 6s üetopovfievov
(üeojpovfievog nopptotdtoj vergl. A. in hiarg.) iyyvtdtw <paivetai t(5 ypto/xati
xvavoei6r t g 6iä tqv dpaiotrjta.
>S1 ) Von den Stoikern lesen wir die Ansicht bei Plut. Plac. Phil, 6_
p. 485 : xaXbg 6s b xoofiog — xal zb ypojßa 6s xaXov xvavoioet ydp xtypojotat.
,5S ) de Col. Kap. 11 tb (JteXav xal axiegbv tot tfwtl niyvvfjtevov <poivi-
xovV tb ydp fieXav fiiyvvfievov tu) te tov ijXt'ov xal ztö änb zov nvpbq tptozl
^Siopovfisv del ytyvofitvov ipotvtxovv, xal zd (xiXava nvpto&tvta ndvta eis
y.piöfxa (xetaßaXXovta <potvixovv a'l te ydp xanvw6eig (pXöyeg xal ol dv&pa-
xeg, ötav tootv 6taxexav/nevot, <paivovtat ypolifia syovxeg <poivtxovv.
isa ) Aristot. Meteor. III, 4. 374 a. 2jj tb 6h tov Xvyvov <piöq ov Xevxbv
äXXä noptpvpovv <paivetat xvxXio xal ipiäi6eg, <potvixovv rf' ov' soti ydp /}
btpig oXiyrj tj dvaxXojfitvtj xal fisXav tb Itvontpov.
154 ) de Col. Kap. II: (paivstai 6k xal q 9-dXazta nop<pvpoei6qq t otav
td xvftatu fistsojpi^bfteva xatd xtjv eyxX.toiv oxtao&fi' npbg ydp tov tavtrjg
xXiofibv do&svsig al tov tjXiov avyal npooßdXXovoai notovoi <paiveolkct tb
yoojfia aXovpytg.
155 ) Aristot. Meteor. III, 4. 374 a. \: xal 6t' d/Xvog xal xanvov b tjktOf
'paivstat <poivixovv.
15U ) Ö xal inl tiöv nttputfidtojv östoptizui yiyvdfievov (Forts, zu
'•") II. XVII. 547:
yvtf 7Zop<pvp{ijv iptv &vt]toiot tavvooy
Zevg ^ ovpavo&sv.
^} 11. i_L 26—28:
xvdveoi 6'e 6pdxovteg optopiyato npotl 6eiprjv
tpelg sxdtsp&\ l'ptootv ioixoteg, äg te Kpoviwv
tv vfiipe'C otqpige.
Veckeustedt, Geschichte der grieob. Farbenlehre. u
202
Anmerkungen.
,w ) Aen. IV, 701 : Mille trahens varios adverso sole colores.
Ov. Mt. 6j 65J In quo diversi niteant cum mille colores.
1<0 ) fitjd' dno nevro^oio Qftör üv daal 9aXeib
avov dno '/Xtopov rduveiv cti'9<ovt oidtjpat.
161 ) rJdtg fthv xpoxonenXog ixidvaro näoav in* alav.
Theokr. Epigr. 1^ £ u. 6j
ßotfibv d' aipta^el xtpabg Tpdyog ovrog 6 t ua).6g
TEpftiv&ov tQütytitv toyarov axQt/uova.
IM ) de col. Kap. 5 : dib xal ta ptsr vnlp yrjg y).<opa ndvtatv roh- <pvo-
fiivotv to npairov 4oti, tu de xard yijg xav).oi xal pit,at Xevxai.
1M ) Schol. zu Apol. Rh. l 1280: 'Hfiog d* ovpavo&ev yapont}. Xaponrjv
rrjv ijci, 6tä ro ).afinpvveiv tov depa xal yxoTiteiv. To de yXavxbv xal X a Q°~
nbv owatvvfitog XiysTat' d(x<pÖTepa yap e*nl tov Xaftnpov. Aib xal inqveyxev
diaykavaovatv, dvxl tov tpwTi^ovot, tj dtaXdfinovot. "OO-ev xal tj A&tjvä yXav-
xdöniq, xal yXfjvq, rj xopij tov otp&aXftov (napa to yXavoetv, o ton Xdfinetv).
Kai Evpinldqg e*nl Ttjg oe?.tjvtjg iyptjoaTo' rXavxdinig tc OTpe<pexai fiyvtj.
19C ) Diod. ^ L2_i tov d* depa npooayoQfvaai <paoiv A&tjväv /xe&ep-
ßtjvsvofiivtjg Tijg Xe<-ea>g — Xeyeo9ai d' avTyv xal y?.avx<5ntv, ovy atonep
Ivioi T(öv ^EXXi'iviov vneXaßov, dno tov xovg 6<p&aX.uovg eyeiv yXavxovg' tovto
phv yccp evtj&eg vndpyetv' dXX' dno tov tov depa Ttjv npoooxptv eyeiv fy-
yXavxov.
,rs ) Paus. 1, & bez. 1^ to de dyaXfia bpaiv Ttjg A&qväq yXavxovg
exov Tovg oiy, Aißvatv tov (xv9ov ovxa evpioxov TovTOig ydp eaTtv
elptjfievov Jlooetöoivog xal Xlfivtjg TpiTtovidog üvyaTe'pa elvai, xal dia tovto
yXavxovg elvai ibontp xal Dooeidwvi Tovg 6fp&aXfiovg.
lg; ) Schol. zu Ap. IV, 1259: näv to noXv xal daxpiXeg qepoev XeyeTai.
IM ) Couleur de pensee. Certain violet brun tel que celui des fleurs de
pens£e.
189 ) Albinovanus Eleg. in obit. II, 62: bracchia purpurea candidiora nive.
in ) Theokr. 2|, 129—151:
aXXoi 6* av fjttxa toToi dviodexa ßovxoXeovro
Ispol 'Hffa'oio' xpotjv d' foav »Ji'rt xvxvoi
dpyrjOTai, näotv de fteTenpenov elkinodeootv.
171 ) Aesch. Ag. 115:
Oia>vuiv ßaoikevg ßaotlevot veäiv, b xtXaivbg b r' £$6niv dpyfig,
ich vermutete o ö* av nodag dpyfcg, bin aber jetzt geneigt, mehr mit den Lauten
der alten Leseart in Übereinstimmung o dfj noolv doyoTg zu schreiben. Ent-
schliefst man sich, den Gegensatz ohne Partikel allein durch die Gegenüber-
stellung gegeben sein zu lassen, so würden wir gelangen zu
o Tovg nodag dpyäg
b ToTg noolv dpyoTq.
Anmerkungen.
203
Od. 12^ 287 — 290:
n\i xtv Tiq vnextpvyot alniv 6).(&qov,
tjv 7iwg i^anlvtjq dviftoto &ve).).a,
tj Notov t[ Zetpvgoto dvaaioq, 01 re ptdltata
vrja ötagpaiovoi &e<5v dtxqri dvdxtutv.
17 ") Rigv. l. ios. LÄi Aruno ma sakrid vrikah patlü yantam dedar^a hi
gu g*ihite nitäyga.
iU ) ä rayjiog xal rpctvdig dnotpaivonevog.
xv> ) Adamantius Phys. II, 2jj 6<p&a?.jutov$ vypovg, xaponovq, yoyyovq,
<pöig nohv syovtaq tv avrotg.
17B ) Collum lusciniae diversi anni tempore diversum est, modo rubidum
colorem subtus admodum intendit, modo remittit.
lT7 ) Petit oiseau ä bec fin et a pluniage grisätre.
■
1
14*
Vierzigstes Kapitel.
Verzeichnis der Epiker und der benutzten Ausgaben.
1. Homers Ilias Ausgabe von La Roche, Leipzig 1877.
2. Homers Odyssee — Ausgabe v. Ameis, besorgt von Hentze, Leizig 1874.
3. Hesiodi Carmina — Ausg. von Göttling, Gotha 1843, angeführt nach
den Bezeichnungen H. Th. (Theogonie), A. (Aspis.), E. (Erga), H. F. (Fragmenta).
4. Hymni Homerici, angeführt H. H. — Ausg. v. A. Baumeister, Leipzig
1865, dazu die Homerischen Epigramme und die Batrachomyomachie.
5. Epicorum Graecorum Fragmenta Bd. I. Ausgabe v. G. Kinkel, L. 1877.
6. Apollonii Rhodii Argonautica — Ausg. von A. Wellauer, L. 1828, und
von Merkel, L. 1882.
7. Quinti Smymaei Posthomericorum libri XIV. •-■ Ausg. v. A. Koechly,
Leipzig 1855.
Die Schreibung der Farbenbezeichnungen des Chanson de Roland habe
ich nach der Ausgabe von L. Gautier gegeben. Tours 1876; diejenigen der
Nibelunge Not nach der dritten Auflage von Karl Lachmann, Berlin j 8 5 1 .
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