Skip to main content

Full text of "Das Leben Jesu"

See other formats


üiyitizuü  by  GoOglc 


Digitized  by  Google 


I 

Das 


Li  e  b  e  n  Jesu, 


kritisch  bearbeitet 


T  •  ■ 


0 

Friedrich  Strams, 

I>r«  der  miMOphle* 


Zweiter  Banck 


Ml  HamgL  Hfäri€mbtrgis€hemPnmltgiWMg^gmdM  ^tuhäm^. 

Tübingen, 

Verlag   voa    ۥ    F.  Otiander. 


Digitized  by  Google 


\  .    •    •  • 


Digitized  by  Googl 


4a 


y  o  r  r  e  d.     .    ,  . 


Ich  könnte  mich  freuen,  dass  ich  den  Bweiten 
und  legten  JBand  dieses  Werkes  so  bald  nach  dem  er» 
•len  erscheinen  lasisen  kann,  in  der.  Hoffiaimg,  es 
¥ferden  sich,  nun  die  Übersicht  des  Gänsen  Bi5|{Uch 
ist,  mawcilie  Missrerständnisse  lOsen,  und !  m«Boh<is 
liarto  l/rtheU  mildem.  Allein  sowohl .  mtlndlick  ha» 
ben  Uber  den  ersten  Band  eben  diejeaugfin  am  laute» 
«ten  geschnee%  welche  Jceiae  Seite  io  denselben  ge» 
lesen  hatten^  sds  auch  schriftlich  bis  jeat  nnir  solche 
Ober  denselben  geurtheilt,  mit  welchen  ich  kme  Yer« 
atfitidigung  hoffen  kann,  auch  wenn  sie  diesen, awei«' 
lea  Theil  gelesen  haben  werdeta«  So  will  ich  mich 
also  keiner  Ixeode  hingeben,  die  mich  doch',  täuschen . 


Digitized  by  Google 


WBrde^  aber  ebenso  wenig  auch  fernerhin  das  Ge- 
schrei der  Eulen  mich  rerdxiessen  lassen,  die  Ich  denn 
freilich  allzu  rücksichtslos  mit  ungedämpftem  Licht 
geweckt  habe. 

f   •    .  -  ' 
Aus  den  bis  jezt  .erschienenen  Beurtheilungen 

Ober  den  ersten  Band  habe  ich  fUr  den  zweiten  noch 

keinen  Nutzen  ziehen  können ,  theils  weil  er  schon 

grösstentheils  abgedruckt  war,  als  sie  mir  zu  Gesicht 

kamen  ^  theils  wegen  der  Beschaffenheit  der  Beur^ 

UljpiMiaeni^  iDeislMieboridevseUM«! 

Iriti'kli  J]iuik  9jiiiMildtg>f)lff  Uberale  imd  mmckat^ 
^aända  Weht,  likitmloiwtier,  beidrinräliaiiBdbweiolien^ 
•dto  Aaaioht^'  ^oh  mrioe  isfbettMuoidek'hat;  Sein 
«^gpnriebtigatw  Bbwand  gegck  mueliAB  HMiode  tet  dert 

weim  fai  einer  Brklhiung  einiges  Bfytiiisclie  sei,  sö 
•feige  <dMnis  aochtiloht,  doss  Allee  in  ihr  n^^tiiisoh  sein 
•  aritae^«'  Daa'wim  oMbe  Zweifel  ein  sehrfei  scher 
.*8eUiitii,  aber  den  habe  idi  mok  niehe  geoMchtp  son- 

iämiwtaD,*4BM  dann  auch  AUes  myAisdh  sein  k5»> 


Digitized  by  Google 


ne.  Ob  es  sich  wirlUich  so  rerhült^  musa  sich  aus 
der  Beschaffenheit  der  einzelnen  Erssöhlungen  erge- 
ben^ und  daraus  habe  ich  es  auch,  wenn  mir  AUcs 
noch  präsent  ist^  durchaus  entschieden*  Eigene  Em« 
pfindungen  hat  es  in  mir  erregt ,  des  würdigen  alten 
Landsmannes  Freude  fiber  die  Fortschritte  der  wuk 
aenscba&lichen  Freiheit  in  Würtemberg  zu  lesen ,  Ter« 
« aW^e  welcher  man  daselbst  dergleichen  jext  unge* 
fihrdet  schreiben  lidnne:  zu  einer  Zeit,  wo  ich  be* 
leita  auf  meine  Sohrüt  bin  Ton  meiner  Repetenten* 
sfeeUe  am  Tfibingev  Seminar  entfernt  war. 

Wie  rtm  aeniflff  Wadhaamkete  uielit  anders  er« 
wmlflt  werden  komrte,  biA  sofort  auch  Herr  Dn 
SmumOs  gei^anbt,  denTetderiilichen  Wiiittmgcn  meU 
nerSelirift  dmnrii  sm  ^Vorläufig  mu  Bebersi« 
geades^^)  mroskommeii  zu  sollen«   Man  hat  die» 

Der  volle  Titel  lautet :  ,)Vorlau(ig  zu  Beherx^cndet  bei  Wür- 
digung der  Frage  über  die  hittoriicbe  oder  mythisebe  Grund- 
Itf«  det  L«b«iit  Jesu,  wie  die  eaaeniaekeB  Kvangelien  die- 
aet  dertteUeO)  TergehaUea  mit  dem  Bewuttttein  einet  Glaa- 
Usemy  der  de«  Siipranaluralitlea  beigeilkll  wi«d|  tut  8e- 
rnbigung  der  Gemiilber  tob  D.  Job,  Chrittiaa  Friedr*  Sfsv- 
na.  BeteHdert  abgedmekt  aut  derTSbinger  ZellttlHrlil  Kkt 
Tbcelogie.  TUbingooi  bei  Ludwig  Fri^dricb  Fäet«  ISS5«^^ 
'  (88Ä.) 

Digitized  by  Google 


VI  V»rvt«t. 

sem  Mann  schon  flfD'oft  gesagt,  daas  es  unschickliok  n 
ist|  wissenschaftliche  Verhandlungen  auf  das  mtmUU 
sehe  Gebiet  hluübcrzusplelen,  dem  Gegner  seine 
Ansichten  In's  Gewissen  zu  schieben,  und  den  Nicht* 
ortliodoxcn  als  Irreligiösen  su  brandmarken.  Dennoch 
hat  er  auch  diessmal  wieder  den  gewohnten  Ton  an- 
gestimmt.  Es  ist  freilich  das  Leichteste,  statt  in  die 
Sache  einzugehen,  rielmohr  rorlauilg  um  sie  herum  zu 
reden,  und  beiläufig  den  Gegner  mit  gehässigen  Inai« 
nuatiunen  zu  Yerwuuden,.xumai  wenn  einem  .derglei- 
chen Praktiken  joa  sonst  lier  schon  geläufig  aind^ 
Dass  aber  damit  nichts  ausgerichtet  ist,  liegt  am  Ta- 
ge. Oder  ja,  man  richtet  etwas  aus  damit,,  nämlich 
.  den  Gegner  bei'm  grossen  Tublikum,  das  die  Saehe 
nicht vcrocht,  rechtschwars  zu  aiacheii.  DasMi  brauoh- 

ff 

te  es  dann  aber  Jieinen  Doctor  der  Theologie^  aon-  ' 
dem  man  konnte  es  ruhig  dem  Gerede  der  GonFen- 
^el  und  dem  Geschreibe  der  Tractätchengesellschaf- 
len  liberlasSon. 

Auch  angeblich  rem  Standponkt  der  Philosophie 

r 

.    ist  meine  Schrift  benrtheilt  worden  durch  Herrh  Prof. 
EscKEskATBR^  iu  cincr  Broschüre  mit  dem  «Titel:  der 

i-  yiu^  jd  by  Google 


Iaclitfk>tiMM  iiMmTi^p»^  Dicte  AWedMrI'der 
gitimen  Ehe  swiiehen  theologiael^  xeli- 
fpöser  Intoleranz  y  eingesegnet  toh  eiiier  schlafiraii- 
delndea  Philosophie^  fallt  so  sehr  durch  sich  selbst 
ms  Lächerliche^  dass  sie  jedes  Wort  der  Verthjeidi- 
ping  überflüssig  macht.  Ihr  Titel  überdiess  ist  mir 
SU  einer  faal  gar  zu  stolzen  Erinnerung  Anlass  gei/vor- 
dob  An  Lessiho  nämlich,  den  auch  eipmal  Wie-* 
ner  Blätter  ak  sweittii  Judas  IsohariQt  YcrlUatsch* 
ten^  weil  er  —  freilich  .eine  jioch  masdirw  J^chvI- 
digung^  als  sie  Herr  £•  gegen.mich  erhebt  — &r  die 
'  Herausgabe  der  Fragpiente  seines.  Ungenannten. Ton 
der  Amsterdamer  Judensphaft  sich  iOOp  Dukaten  soll- 
te haben  beaahlen  lassen.  An  ihn  hätte  mich  übri« 
gena-sdion  Jfofm  Dr.  Stevdel^s  Vorläufig  m  Be» 
lieingendes  erinnern  können,  wenn  ich  es  mit  Vor» 
bildemmid  Weissagungen  leichter  nälune,  denn  auch 

gegen  Lessivo  war  ^^Etwas  Vorläufiges^'  erschienen 

•« 

Tom  Haujnpastor  Göm,  gottseligen  Andenkens^  was 
der  heitere  Mann^  der  Geschmeidigkeit  wegen  ^ 
Udler  das  TorUnfige  Etwas  nannte.   Und  so  will  ich 

* 

denn  die*  Vorrede  zu  diesem  «weiten  Bande  meines 


Digitized  by 


'VIU  V  •  r  ^  «  4  e. 

angeblidki  waiMssigen  Werks  mit  den  Worten  scUEe»-»  - 
im,  mti  mUbm  Immmof  eddirt  hgl,  ynnm  ar 

-Bioiil  bei  Henjbsgabe  der  enim  Frohe  jener  8f]|erli» 
ehea  Fngnmt^f  irie  ieh  nidit  bei*m  ersten  Tlieile 
dieaes  Boche,  habe  bewenden  lasten:  ,,damm  nidu^ 
wea  ich  Uberaeugt  bin,  dass  diess  Ärgernisa  flharw 
Haupt  nichts  als  ein  Popanz  ist^  mit  dem  gewisse 
Leute  gern  allen  und  jeden  Geist  der  Prüfung  yeic- 
scheuchen  möchten  5  darum  nicht,  weil  es  scblech« 
terdings  zu  nichts  hilft,  den  Krebs  nur  halb  schnei- 
den zu  wollen}  darum  nicht,  weil  dem  Feuer  muas 
Luft  gemacht  werden,  wenn  es  gelöscht  werden  soU^'« 

Lttdwigsburg  im  Oktober  1835* 

Der  Ver£aa.aer* 


Digitized  by  Google 


Inhalt  des  zweiten  Bandes. 


Seite 

(Zweiter  AbschnitL) 
Neuntes  Kapitel.   Die  Wunder  Jeiu        -  1^251 

S>    87.  Jetui  «U  Wundcrthäter  -   | 

^»    88.  Die  Dämonischen ,  allgemein  betrachtet  -  5, 

^.    89.  Jctu  DMaioncnaustrcibiiDgcn  ciamcln  betrachtet  21 

90.  Heilungen  von  Amsätziften     •       «       «      «   $2 

f.    91.  Blindcnheiiuwgcn  «       -       -  >  60 

^.    92.  Heilungen  von  Faralytiachcn.  Oh  Jc9u§  Krankhei- 
ten aU  Sündcn«trafcn  betrachtet  habe   82 

f.    93.  Unwillkührlichc, Heilungen   95 

§,    94.  Heilungen  in  die  Ferne  «      •      «      >  •  jp^ 

^.    95.  Sabbatheilungen  122 

96.  Todtcnerweckungcn  •       •       -       »       «  «  .  135 

f.    97.  Sturm     See  -  und  Fischgeachichten      -      -  -  |75 

98.    Die  wunderbare  «Speisung       .       «       «       .  .  197 

f.   99.  Jesut  Terwandcit  Waaaer  In  Wein       -      •  »  219 
Jeaut  ycrwünscht  einen  unfruchtbaren  Feigenbaum  256 


Zehntes  Kapitel.  Jesu  Verkrrfrttng  und 

Icrte  Reise  nach  Jerusalem   252—300 

^.  101.  Die  Verklärung  Jesu   all  wunderbarer  äusserer 

Vorgang  252 

f.  102.  Die  natürliche  Auffassung  der  Erxahlung  in  ver» 

«chicdcncn   Formen   -       -       -       -  25ß 

5.  105.  Die  Verklärungsgeschichte  als  Mythut  -   365 

S'  104»  Abweichende  Nachrichten  über  die  leite  Reise 

Jem-nach  Jcrutalcm  »      »      »      -      -  274 


r         i  Coogle 


I  a  Ii  a  1 1. 

$.  105.  Abweichungen  der  ETsngcHen  in  Hintielit  auf  dett 

Ausgangspunkt  des  Einzugs  Jesu  in  Jerusalem  281 

^*  Ui$*  Näherer  Hergang  bei  dem  Kinzug.   Zweck  oad  hi- 

ttQriiclus.  Re«U(«t  dr»»QU)6ii     »,    *      •  .  •  287 


Dritter  Abschnitt.  Geschichte  des  Leiden8| 
^  Todes,  and  der  AufersCehung  Jesu  soi^CtS 

Erltes  Kapitel.    VerhältniHsJesu  zu  der 
« Ide«  e^iji  et  leiden  den  uad  tterb«ndea 
Meftias;  seine  Reden  von  Tody  AuCer- 
stehnng  und  Wiederkunft       •     -  808—879 

(tf  107*  Ob  Jesus  sein  Leiden  und  seinen  Tod  in  bestimm- 
ten Zügen  Torhergesagt  habe?    ...  - 
§t  108«  Jesu  Todcsvrrkiindigung  im  Allgemeinen;  ihr  Ver- 
bültniss  zu  den  jüdischen  MessiasbcgrifTen  ;  Aus* 
•  sprliche  Jesu  Uber  den  Zweck  und  die  Wtrkua« 
gen  seines  Todes      *     -     •     •      •      -  •  81t 
f.  108*  Bestimmte  •  Attssprliclie  Jesu  Uber  seine 'kUnflige 

.  AulSersteliuiig-  4  •  884 

i|b  110.  BildUolie  Rcden^  in  welchen  Jesus  seine  Anlersie« 

hung  Torhen«fftiUndi|rt  haben  soll    -      •      •  329 
III.  Die  Reden  Jesu  von  seiner  Farusie.    Kritik  der 

Ter«chied(*nen  Auslegungen        ....  34I 
i»  118.  Ursprung  der  Reden  über  die  Farusie       »      •  858 

Zweites  Kapitel.    Anschläge  der  Feinde 
.   Jesu;  Vercath  des  Judas;  lestes,Mahl 

mit  den  Jüngern        .     /.      .      •  374—448 

§.  113.  Entwicklung  des  Vrrhiiltnisscs  Jesu  zu  seinen  Feinden  374 
^.  114.  Jesus  und  sein  Vorriitlu  r  -----  380 
J«.^115«  Verschiedene  Ansichten  über  den  Charakter  des  Ju- 
das, und  die  Motive  seines  Verraths  -  •  300 
f.  116.  Bestellung  des  Paschamahls  ....  -  896 
$•  117*  Abweichende  Angaben  Uber  die  Zeit  des  losten 

BlaUesJesu      -      ^   401 


Digitized  by  Google 


Inhalt.  Xi 

Seite 

^.  118-  DifTrrcnzen  in  Betreff  der  Vorgönge  beim  leiten 

Muhle  Jesu  415 
f.  119.  Verkündigung  des  Verrathn  und  der  Verlcugniin|( 

'       12a  Die  Ktoietitfhi^  dea  AbemUnahU    •  *      • .  43* 

• 

Drittes  KapiteL  Gang  nach  dem  Oelberg« 
6ef angenneliinting,   Verlillr,   Veror-  « 
theilung  und  Rrcuxigung  Jeso       -  ^  44S— B!^9 

^.  121,  Jesu  Scelcnkampf  im  Garten         .       •       .       «  443 
122*  Verhiltniss  des  vierten  Evangeliunm  zu  den  Vor- 
gSügen  in  Gethaenane.   Die  johanneiachen  Ab« 
schicdsreden  und  die  Scene  bei-  Anmeldung  der 

ffeUenen     -      -      .*     .*     .      .      .      .  4^4  ^ 

$.  123.  Gefangennebmung  Jean  472 

124.  Jesu  Verhbr  vor  dem  Hohenprieater    %      •      •  480 

f.  125.  Die  Verleugnung  dos  Fetrut  -       •       .       -       •  489 

4.  126.  Der  Tod  des  Verrät  her»   498 

4.  127.  Jesus  vor  Pilatus  und  Uerodet     •      -      -      •  511 

128.  Die  Kreuzigung  -      •  527 

Viertes  RapiteL  Ted  und  Anferstebung 

Jeau   554— fitf^S 

^.  129.  Die  Naturerscheinungen  bei'm  Tode  Jesu     -       -  5t4 
§   1  iO.  Der  Lanzon«;Hch  in  die  Seite  Jesu        •       -  - 

§.  ISl.  Be^räbniss  Jcmi      -       -       .       -       -       .       -  •  574 

f.  \^2.  Die  Wache  am  Grabe  Jesu     .      •       •       .       -  582 

^.  133.  Erste  Kunde  der  AuferKtebung      ....  590 
^.  134*  GaliUische  und  judaische,  pauHniacbe  und  apohry« 

pbiacbe  Eracbeinungen  des  Auferstandenen      -  fiC9 
135.  Die  Qualitüt  des  Leibs  und  Wandels  Jesu  nacb 

der  Auferatebung  629 
156.  Die  Debatte  Uber  die  RealitXt  des  Todes  und  der 

Auferstehung  Jesu    ------  645 

Fünftes  Kapitel.   Die  Himmelfahrt  664—685 

$•  157.  Die  lesten  Anordnungen  und  Verbeiasungen  Jeau  664 
(^158«  Die  sogenannte  Himmelfabrt  ala  Ubernatürlicbea 

und  als  natOrlicbes  Ereigniss    -  672 


üiyiiized  by  Google 


/ 

XU  laJialt. 

Seite 

I*  m»  Du  UagenUgende  der  Nadirichten  Uber  Jesu  Hin*  • 

Mllelirl.  Derea  nytliieclM  Aufl)u«iing    •     •  $fj 

ScUaleabbendlong.  Die  dogoMtitohe  Beden*  ^ 

tnng  dm  Lebens  Jees      •     •     .  M~744 

^.  140.  Nothwcndiger  Übergang  der  Kritik  in  datDogM  ,  686 

141.  Die  Chrittologic  des  orthodoxen  Sjttemt      -      •  689 

f.  142.  Bestreitung  der  kirchlichen  Lehre  vea  Christo    •  701 

§•  143.  Die  Chrittologie  des  Ratioaalitara«      .  707 

f  •  144*  Eine  eklektische  CShrittologie.  ScauieuucHtM  •  7|o 
f.  I4S.  Die  Chrittolo^i  tymholitcb  gewesdet.  Hurr. 

f.  146.  Die  tpecttletire  Chrlttelegle  •     -      •     .     .  729 
147>  Leitet  Dilemmt 


Digitized  by  Google 


Neuntes  Kapitel« 

Die   Wunder  Jesu. 


S*  87. 
Jetiie  all  WimderIfcXler» 
Dafa   das  jüdische  Volk  zu  Jesu  Zelt  vom  Messlas 
Wunderthaten  erwartete,  ist  theils  an  «ich  schon  natUr- 
lieli^  da  ihm  der  Vi^saiM  ein  «wdtor  Moses  nnd  der 
grdlkte  Prophet  war^  von  Bfoset  und  den  Propheten  aber 
die  heilige  Nationalsage  Wunder  aller  Art  erzählte;  theils 
läfst  es  sich  aus  späteren  jüdischen  Schriften  wahrschein- 
.  lieh  auushen       theils  wird  es  mm  den  Evangelien  eeibst 
gewifs.  Ale  Jeans  ebiaal  einen  dämonischen  BUndatnm* 
men  (ohne  natürliche  Mittel)  geheilt  hatte,  wurde  das 
Volk  dadurch  auf  die  Vermuthung  geführt:  fujii  iiog  i$iv 
i  wog  Javid  CMattb«  12,  23);  snm  Beweifs,  da|ii  man 
dne  wnnderliare  Hellknilt  als  Attribut  dee  Messias  be- 
traehtete«   Johannes  der  Tüafer  wurde  durch  das  Gerficht 
Ton  den  eQyotg  Jesu  £u  der  Frage  an  Ihn  veranlafst,  ob 
er  der  i^xPi*^^  '^^^  worauf  sich  Jesus,  eum  Beleg,  dafs 
er  es  sei,  nur  wieder  auf  seine   Wunderthaten  berief 
(Matth.  11,  2  ff.  parall.).   Auf  dem  Laubhttttenfest ,  das 
Jesus  in  Jerusalem  feierte,  wurden  Viele  vom  Volk  an 
ihn  gläubig,  indem  sie  dachten ,  ofi  6  X^figog  ara» 

 • 

I)  8.  die  im  Stsa  Baad,  'Bialeituag  S.  7S-  Aam. ,  aageHilirtta 
Stdlea,  wexQ  noch  genommea  werden  kann  4  Esdr.  13,  50. 
(FsMe.  Cod.  pseudepigr.  V.  T.  t,  S.  286)  und  Schar  Exod. 
fsi.  3,  «Ol.  12  (bei  ScmUttgik,  horae,  2,  S.  541,  anch  In  Bsa« 
nou>T*t  Chrittoi.  §.  35,  not.  !.)• 

Dmi  Lthm  Jssm  II.  Band.  1 


Digitized  by  Google 


,t  Zwelttr  AbAcliiiitt. 

^nji  n7.eloim  atjfte7€e  titm  notr^aeiy  Zv  wog  inoii^tm 
(Joh.  7,  31); 

Doch  nicht  blofs ,    dafs  er   Clherliaupt  Wunder  thnn 
■olltey  sondern  auch  die  verschiedenen  Arten  von  Wun- 
dem, welobe  der  Messiaa  verrichten  würde ,  waren  In 
der  Voliiserwaftnnf  vorheflnatinivit.  Aach  diefs  dnrrh 
ftlttestnmentliche  Vorbilder  und  Aussprüche.    Durch  Moses 
v?sr  dem  Volke  auf  übernatürliche  Art  Speise  nnd  Trank 
gewiihrt  worden  (2  Mos.  16,  I7)i  ein  Gleiches  erwartere 
man ,  wie  die  Rabbinen  ausdrCicklleb  sagen ,  vom  Messias ; 
auf  Elisa's  ßitten  waren  den  Einen  die  Au^on  auf  über« 
natürliche  Weise  verschlossen,  den  Andern   ebenso  <reü{f- 
nef  worden  (2  Kön.  6.)*  Auch  der  Messias  sollte  die  Au- 
gen der  Blinden  aufthon;  selbst  Todte  hatte  der  genannte 
Prophet  und  sein  Lehrer  wiederbelebt  (1  Kein,  17.  2  Kon.  4): 
so  konnte  auch  dem  Messias  die  Macht  über  defi  Tod  nirht 
fehlen       Unter  den  Weissagungen  war  besonders  J^»^ 
SSy  5f.  auf  diese  Seite  der  Messlasvorsteflung  von  Eln- 
flufs.    Hier  war  von  der  messianischen  Zeit  gesagt  (LXX.)  : 
tote  avoixO^fJoovuai  otf  d^alfioi  Tx  cpXuVy  xai  lita  xioq^oir  axilz 
acmear  tote  akutai     iXtupog  6  xf^jLoQf  tgcnm  it  igm  ykiuO" 
aa  ftoyiXulmf  was,  bei  Jesalas  swar  In  bllclli/chem  Zusam- 
menhang, doch  bald  eigentlich  versfanden  wurde,  wie  daraus 
erhellt,  dals  Jesus  den  Boten   des  Johannes  gegenüber 
(Matth.  11 )  5.)  mit  offenbarer  Besiehfing  auf  diese  Fro- 
pbetenstelle  seine  Wunderthaten  besehrelhl. 

Diese  Erwartung  trat  auch  Jesu ,  sofern  er  Kun-icbst 
für  einen  Projiheten,  weiterhin  für  den  Messias  sich  gab 
und  gehalten  wurde ,  als  Forderung  entgegen,  wenn  er 
nach  mehreren  bereits  betrachteten  Stellen  cMatth.  12,  3H.' 
tu,  1.  parall.)  von  seinen  pharisäischen  Gegnern  um  ein 
j/;//f7ov  angegangen  wurde;  wenn  nach  der  gewaltsamen 
Vertreibung  der  Verkäufer  und  Wechsler  an«  dem  Tempel 


2)  S.  die  s.  s.  O.  des  1.  Bd«  angeführten  rabbinisc^en  Sltllen. 


ilie  JaitD  «in.  IcgitimirendM  m^dov  Ton  ifam  Terliingt«i| 

(Joh.  2,  ]S.)>  vnd  diis  Volk  in  der  Synn^roge  von  Knper- 
jiauui ,  als  er  Glauben  nn  sich  als  den  von  Uott  gesnndteji 
forderte  I  zur  Bedingung  dieses  Glaubens  machte,  dafs  er 
ihm  ein  aijfitiSop  «eigen  sollte  (Job.  6^  30.)* 

Den  nevtestamentlieben  Mnehrichten  mifolge  hat  J^* 
SDS  dieser  Anforderung,  welche  seine  Zeitgenossen  an  den 
Messias  machten,  mehr  als  genug  gethan.  Micht  nur  be* 
steht  ein  beMchtliober  TheÜ  der  evangeUscben  firsählnn- 
gen  ans  Besehreibnngen  seiner  Wnnderthaten ;  nieht  nnr 
riefen  nach  seinem  Tode  seine  Anhänger  vor  Allem  auch 
die  von  ihm  verrichteten  6vvafi£iSf  cr^f^ticx  und  ri^oxa  den 
Joden  In  das  Gedäehtnilk  snrMck  CA.  6.  2,  22.):  sonder« 
das  Volk  selbst  war  schon  au  seinen  Lebaeiten  nach  die* 
ter  Seite  so  durch  ihn  befriedigt,  dafs  viele  defswegen  an 
ihn  gtbübten  (doh,  2,  23.  vgl.  6,  2.)5  dais  man  ihn  dem 
Täofer,  fier  Jbeino^^sioy  gethan  hatte,  ehtgegensteUte  (Joiw 
10i  41.)  ,  and  selbst  yon  kttniHgen  Messias  nicht  glaubte, 
dnfs  er  ihn  in  dieser  Hinsicht  werde  überbieten  können 
(Joh.  7,  31.)*  i^A^fi  es  Jesus  an  Wundem  hätte  fehlen  las- 
sen,  scheinen  Jene  Zeichenforderangen  um  so  weniger  an 
beweisen,  da  melpore  derselben  anmitt«s|har  nach  bedeatm- 
dea  Wunderakten  gemacht  wurden,  so  Matth.  12, 38.  nach 
der  Heilnn«:  eines  Dämonischen,  Joh.  6,  30.  nach  der 
Speisang  der  Ftinftaasend.  Freilich  ist  eben  diese  Stellung 
schwierig;  denn  wie  die  Joden  die  awei' genannten  nicht 
als  rechte  or^fuia  gelten  gelassen  haben  solltefi|  ist  nicht 
wohl  zu  begreifen,  da  namentlich  die  Dämonenniistreibuiv- 
gea  sehr  hoch  gehalten  Wurden  (Lac.  iO,  17.);  es  mttfste 
denn  das  in  jenen  beiden  Stellen  geforderte  Zeichen  aaa 
Lac.  11,  16.  (vgl.  Matth.  16,  1.  Marc.  8,  11.)  als  orJtHw 
^Qctvu  näher  bestimmt,  und  dabei  an  das  specifisch-mes- 
iianisehe  or^itHW  tö  viö  t5  uvO-^tch  iv  t(o  ;)nav<ii  (IMatth. 
24,  30.)  gedacht  werden«  Will  man  aber  lieber  die  Ver- 
hindnng  jener  Zeiihinfordernngen  mit  vorhergegangenen 

1  ♦ 


üiyiiized  by  Google 


Zwelltr  Abt^kültt. 


W«ffidenicl«fi  Mill5»en,  m  kmifi  Jesus  gnnu  whl  «ihlvrfefce 

Wuitder  gethmi,  nnd  dennoch  einige  feindselige  Phajrisüer, 
welche  snOtUig  noch  bei  keinem  derselben  Augensengen^ 
gewesen  weren^  non  eaeh  selbst  eines  sn  sehen  Terlengt  . 
hel^n. 

Aubh  dafs  d?e  Antwort  Jesu  auf  solche  Wonderfor- 
dcrungen  jede.mnai  ablehnend  ist,  beweist  an  si^h  gar  nichts 
dafii  er  nicht  in  andern  Fällen  freiwillig  Wunder  gethen 
heben  bttnnte,  wo  Ihm  solche  besser  angelegt  schienen* 
Wenn  er  In  Besug  auf  die  Forderung  der  PhnrisÄer  Marc. 
8,  12.  erklärt,  es  werde  x/J  yeve^  xuvtji  gar  keines,  oder 
Matth.  1%  S9f.  16,  4.  Lac.  II,  S9f.,  es  werde  ihr  kein 
Zeichen  ausser  denn  Of^fiBiwlkapS  tS  tt^o^i^t«  gegelien  wer- 
den :  so  kann  er  Ja  nnter  dieser  yevfa,  welche  er  bei  Mat- 
thias und  Lakas  als  novijQa  xai  fioixakig  n&her  bestimmt, 
aaeh  nnr  den  ihm  feindlichon  pharisäischen  TheÜ  seiner 
Zeltgenossen  verstiuiden,  and  ▼ersicbem  gewellt  haben, 
daft  für  dieeen,  sei  es  garlLein,  oder  nnr  das  Zeichen  des 
Jonas,  d.  h. ,  wie  er  es  bei  Matthäus  deutet,  das  Wunder 
seiner  Auferstehung  geschehen  werde.   Allein  nimmt  man 
das  i  io&rjitMm  snüf^  In  den  Sinn,  dala  seine  Feinde  nicht 
selbst  ein  Zeichen  von  Ihin  sa  eehen  bekoannen  sollen;  eo 
Siiliste  es  theiis  sonderbar  eugegangen  sein ,  wenn  nnter 
den  Tielen  In  der  gröfsten  Öffentlichkeit  von  Jesu  verrich- 
leton  Wundem  bei  keinem  sollten  Pliarisler  sugegen  ge» 
weeen  sein,  thells  wird  «tlefs  Matth.  1«,  S4f  parall.  woslo 
offenbar  als  gegenwärtig  hei  der  Heilung  des  Blindstum- 
■en  ToraosgescEt  werden,   ausdrücklich  widersprochen. 
Überdlefs,  wenn  hier  von  selbstgesehenen  Zeichen  die  Re- 
de sein  soll,  so  bekamen  Ja  die  Aofbrstehung  Jeeu  und  den 
Auferstandenen  seine  Feinde  gleichfalls  nicht  eu  sehen,  so 
dafs  mithin  jener  Aussprach  nicht  blos  den  Sinn  haben 
kann,  seine  Feinde  sollten  rom  Selhstsehen  seiner  Wunder 
aosgeschlossea  werden.  Möchte  man  daher  bei  dem  do- 
^^ijjvirari         aa  ein  Oesebdien  cum  Besten  der  l^seicb« 


Digitized  by  Google 


neCM  Siibjekl»  dUttkeat  «o  dai4      8irig«n  Wunder  «mI 

die  Auferstehung  Jmo  in  gleichem  Sinn  en  ihrem  Betten 
ge«eiieben  oder  nicht,  nSmlich  dem  Erfolg  nach  nicht,  wohl 
aber  4mm  Zweelie  nach«  £•  bleibt  aUo  nicht«  ttbi-ig ,  ala. 
die  ysEfca  Toa  den  Zaitgeiioeeeii  Jean  Oberbanpli  and  ebiiii- 
10  das  didoa^ai  won  möglicher  Wahmehmnng  aberhaupt, 
mittelbarer  wie  unmittelbarer,  eu  ferstehen,  so  dafs  Jesus 
b&er  alle  WunderthäUglieit  ttberiiaupt  abgelehnt ,  und  em« 
■ig  nnr  anf  daa  bevorateliande  Wunder  aelaer  Anferala* 
bnng  Terwieeen  hat.  Obel  freiiieh  aeheini  aif^h  dieia  mit  den 
Tielen  Wuiidererzählungen  in  den  E\angelien  eu  Tertragen, 
au  deren  Betraabtong  wir  jeat  fibergeheu ,  indem  wir  a«a 
aiaam  Or^nde,  dar  imten  von  aelbat  arliaUen  wird^  nnenl 
daa  DtamMnanatraib«a|an  vomahiiani  . 

• 

f.  88. 

Die  Dteeaitcbcn^  aUgemei«  betrachtet. 
Wehrend  Im  vierten  Evangeiinm  die  Avadraeke  Smt* 

fiOPiov  t'x^iv  und  daifton^o^evog  nur  im  MundeJ^der  Jnden 
als  ßeaclialdigung  gegen  Jesum,  parallel  mit  ftaivea^fa^ 
verkomnMn  (8,  48  f.  10,  SO  f.  vgl.  Mare.  Si.  88.  Matth. 
Uf  18.)  9  alnd  In  den  drei  ersten  Dinkmiaehe,  man  liann 
««gen  die  gewöhnlichsten  Gegenstände  der  heilenden  Thi- 
tigkeit  Jesu.  Gleich  wo  sie  die  Aniiinge  seiner  Wirluam- 
halt  in  Galilga  beaebreiben,  atellen  die  Synoptiker  anter 
dqn  Kranken,  weleba  Jeaoa  gebeilt  liabe,  die  doi/iorisO^i- 
wff')  oben  an  (^atth.  4,  Ji.  Marc.  I,  34.)  t  «"d  diese 
spielen  durchweg  in  ihren  aummarischen  Berichten  von  der 
Wirkaamkait  Jean  in  gewleaan  Gegenden  eine  UauptroUa 


1)  Datt  die  ihnen  bei  Matthäus  zugesellten  ^tlpjnal^tffMtrot  nur 
eine  besondere  Art  Ton  Dämonischen  sind,  deren  Krankheit 
tick  nämllek  nach  dam  MeadweciiseL  au  riefalea  sckiea^  aaigt 
Matfb.  17»  14  f.  9  wo  aus  einem  Mi^MiCJ/«ro(  ain  imiftdvtw 
an^gelriabea  wird. 


f  Zweiter  Ab«olittitt. 

(Mntlk  %  16  f.  Maro.  1,  SIK..S,  11  ^  L«^.  ia>  Aveh 
•einen  Jan^eru  theiU  Jmu«  vor  alleai  Andeni  die  Voll« 

Dincht  mit,  DHinoneii  auszutreiben  (Matth.  10,  1.  8.  Marc. 
3,  15.  6,  7.  Luc.  9,  1.),  was  ihnen  &u  ihrer  besondern 
Freude  wirklich  uaeh  Wunsch  geUuig  (Lue.  10 ,  17. 
Marc.  6,  IS.). 

Ausser  fliesen  summarischen  Angaben  aber  werden 
uns  auch  die  Heilungen  mehrerer  Dttoionischcn  im  Einsei- 
neu  ers&hit,  so  dafs  wir  .uns  eine  nlemiich  genaue  Vorstel« 
luag  von  dem  eigenthOmliehen  Zustand  dieeer  Leute  bm* 
chen  kdnnen.  Gleich  bei  demjenigen,  dessen  Ileiliiiig  in 
der  Synagoge  eu  Kapernaum  die  Evangelisten  als  die  er- 
ste dieser  Art  setzen  (Alarc.  1,  23  ff.  Lue.  4,  dft  ff.)» 
den  wir  einestheils  eine  Aitertmng  des  Selbstbewulstoeins, 
rermdge  deren  der  Besessene  in  der  Person  des  Dämon 
redet,  was  sich  auch  bei  andern  Dämonischen,  wie  bei 
den  Gadarenischea  (Matth.  8,  29  f.  parail.)»  wiederholt; 
anderntheila  Krftmpfe  und  Conrulsionen  mit  wiMf  m  Ge- 
sehreL  Dieses  krampfliafte  Wesen  findet  sich  bei  Jenem 
Dämonischen ,  der  zugleich  als  Mondsüchtiger  beeciciuiot. 
Ist  (Matth.  17 )  14  S.  parall.)  deutlieh  als  Fallsucht  ausge- 
bildet; denn  das  plöaiiche  NiedevetttrEen,  oft  an  gefAhrlk 
chen  Orten,  das  Brüllen ,  Zähne  knirschen  und  SchSumen 
sind  bekannte  Symptome  der  Epilepsie  '  j.  Die  andre  Seite, 
die  Störung  dss  Sglbstbewulstseius ,  erscheint  besonders 
bei  dem  Gadarenlschen  Besessenen,  neben  dem,  dalaglelch- 
falls  der  Dlmon^  oder  vielmehr  eine  Rfehrhelk  vonikolchen 
als  Subjekt  ans  Ihnen  spricht,  tum  menschenscheuen  Wahn- 
sinn mit  Anfällen  einer  gegen  sich  und  Andre  wüthendea 
Tobsucht  gesteigert  0*  Doch  nicht  blos  Wahnsinnige  und 
Epileptische,  sondern  auch  Stumme  (Matth.  9,12.  Luc  11, 


2)  \  crgl.  die  SteUea  alter  Xrsto  bei  Wmta,  bibL  BealwVHcrb. 

li  S.  IM. 

i)  asbhiaischt  u.  a.  SteUea  s.  bei  Wnm,  a.  a.  O.  191. 


üiyiiized  by  Google 


1 


.M«M.M«  Kapitel«.     68.  7 

14»  Mattli»  1%  M«  bt  ^br  impwtl^oftm^  »oHjpig  cnghieh 
rir/'P.o»*)»  vn<l  M  giehtiaeher  Verkrümmung  des  Körpers 
Leidende  (Lac.  13,  11.  ff.)  werden  mehr  oder  aiiader  bf- 
etiaunt  als  Dämonlmbm.  heMiehnet»  i  > 

Die  in  dm  Eyewfrfleii  veMosgeieBte  ^  -Meh  Ten  Ai- 
ren  Verfeesem  geeliaike  VonteMang  von  diesen  Leidenden 
ist  die  9  dafs  ein  böser,  unreiner  Geist  iöaiiioviov  j  nvBV^a 
imuOamov)  oder  meliref%  eieb  Ihrer  bemiohligt  habea  (da- 
her üir  Zoetaad  dav^h  dcAfiinw  ^«tv,  da^twKta^ai  ba- 
aeiehnet  #ird ) ,  welche  nan  an«  ihnen  reden  (so  Matth.  % 
31.  oi  d«iuüvf-g  7TaQsxd?.Bv  ctvxov  kiyorteg)^  »nd  ihre  Güed- 
mafsen  nach  Beliebeii  in  Bewegnng  eeteen  (so  Mare.  %  20. 
%o  mevfia  ianiQa^mß  emiw),  hie  sie  hei  der  Ueiiang,  adt 
Gewalt  aosgefriehen ,  den  Meneehen  Terlafrten  {^yffdlXeiv, 
t^inyead^ai).    Nach  der  evnn^elischeii  iXarsrclliing  hatte  auch 
Je»us  diese  Ansicht  von  der  fiaehe«    Z>vnr,  wenn  er  zum 
Behaf  der  Ueiiang  von  Beseesetien  den  in  ihnen  liefindli- 
ehea  Offnon  anredet  (wie  Nare.  9,  2.1.  Matth;  8,  3t.  Lae. 
4,  35.):  so  könnte  man  dicfd  allerdings  mit  J\'Mjlus  ^)  als 
Eingehen  in  die  fixe  Idee  dieser  mehr  uder  minder  verrttek* 
ten  Pereenea  aaeehen,  woau  der  peyaliieehe  Anrt,  «la  wir* 
kea  aa  liVnnen,  eleh  beqaeeMn'BHile,  eo  eelw  ervoa  dem 
Ungrund  jener  Vorstellung  liberEcngt  sein  mng.  Allein  wenn 
nun  Jesus  aoch  in  Privatunterhaitiingcn  mit  seinen  Jüngern 
diesen  nielit  aliein  niemaie  eiwes  aar  Untergmhang  Jener 
Veretalinng  sagt,  seadem  rielmelir  wiederholt  ans  der  Vor- 
aussetzung  eines   dämonischen   Ci rundes  Jener  ZustA'nde 
heraus  spricht  (so,  ausser  dem  zXnftrng:  datftorta  exßal- 
lith  Matth,  10, 8.  noeh  Lue.  10, 18.  ff.  und  besonders  Matth. 
Vty  21.  ]>arall.:  rSro^to  yivog,  sc.  ÖaifioAw,  ixTioftive^ 
tat  X.  T.  A.  U  wenn  er  in  einer  rein  theoretischen  Ausfüh- 
rung,  vielleicht  ebenfalls  im  engeren  Kreise  seiner  Jünger, 
eine  gana  den  damaligen  Volhsvorätellnngen  sieh  anschÜes- 


4)  cx.  Uaodb.  1,  b,  S.  k7$i  \'g\.HMy  L.  J.,  §.60.  Ute  Auflage. 


Bogen  I.  ist  S.  7  n»  S  «ussusciMicidea  u.  dieses  Blait  cinstibindeii; 


jd  by  Google 


wmiim  BeMhnümg  tin»  AMgcfwn  der  DliMmm,  fhmi 

Umirren  in  der  Wt«t«  «iid  ihrer  verstfirkten  Rückkehr 
giebt  (IVIatth.  12,  43  fr.):  »9  kann  man  nur  ein  Zurechtma* 
^hen  der  Vortteliungpn  ileea  mich  den  nnirtfen  darin  «e« 
hen,  wenn  eonaC  nnhefangmt  Forceher,  wie  Winik  Je> 
com  die  Meinung  des  Voiht  ▼eil  der  Urtaehe  dieser  Krank- 
heiten nicht  theilen ,  sondern  sich  ihr  nur  anbequemen 
hieien.  Um  von  jedem  Gedanken  an  blofse  Accommodik» 
tion  ahmtkoMien,  darf  man  aieh  nnr  die  snlent  benerkfe 
Stelle  genaner  aneehen.  Zwar  hni  man  das  Beweisende 
derselben  dadurch  zu  umgehen  gesucht,  dafs  man  sie  bild- 
lieh  nahm,  oder  gar  als  eine  Parabel  beaeichnete  Dabei|. 
wem  wir  moiulro  Ton  Aosdealnngen,  wie  diejenige,  wel* 
ehe  üaeh  Calmit  noch  Olshatobh  giebt  7),  bei  Seite  lassen» 
kommt  das  Wesentliche  der  Erklärung  des  vorgeblichen 
Bildes  immer  darauf  hinaus  ,  dafs  oberilächliche  Bekehrung 
gm  der  Sache  Jen  einen  nur  um  ao  achlimmem  RUckfaU 
Moh  aieh  siehe  •  Allein  Ich  milchte  wissen,  waa  nna 
denn  überhaupt  berechtigt,  von  der  eigentlichen  Auffassung 
dieser  Rede  abanweichen?  In  den  8ütaen  selbst  liegt  kei- 
ne Andentnngy  ebensowenig  In  der  anderweitigen  Darstei« 
Inngswelce  Jesu ,  welcher  aenat  nirgends  siteliche  Verhllt- 
nlsse  in  das  Bild  dümönischer  Zustände  hülle ,  sondern  wo 
er  noch,  wie  hier,  von  t^i(fyta^ai  der  bösen  Geister  spricht, 
wie  Matth.  17,  21.  diefs  eigentlich  wiU  Tcrttanden  wissen. 
Aber  in  dem  Zuaammenlmng  der  Eraitilung?  Lukas  (11, 
S4,  ff.)  stellt  den  in  Frage  stehenden  Ausspruch  hinter  die 
Vertheidigung  Jesu  gegen  die  pharisliische  Beschuldigung, 

5)  a.  s.  a  S.  19t. 

6)  Grais,  Comm.  s.  Mstth.  |,  S.  615« 

7)  b.  Conm.  1,  S.  424.  Es  sei  vom  jüdisckea  Volk  die  Bede, 
das  vor  dem  Ksil  durch  den  Teufel  in  l<'orm  der  Abgötterei, 
asck  demselben  durch  den  tchliiDmcrcii  des  Fharisäismus 
betetten  f^ewcten. 

a)  so  FamtCHs,  in  Matth,  p.  447. 


Digitized  by  Google 


•  •       •  •  . 

ilc  IlMaoiMa  diiMh  Bgeiiehnl  aaMiitr^iben,  —  ohne  Zwei* 
fei  irrig,  wie  wir  geaehen  büben,  aber  docb  wdbi  sm»  Be« 
Meis,  dafs  er  sie  eigentlich  von  wirklichen  Dämonen  rer- 
standen  hat.  Auch  Matthäus  stellt  den  Ausspruch  in  die 
Nahe  jener  Besehuidigiiiig  und  Apoiegie^  doeb  eohiebt  e« 
die  2«eiehei|forderQng  nebel  Jeen  (legenlneterongen  deswi* 
sehen ,  und  iiiist  Jesam  am  Schlüsse  die  Nutzanwendung 
Bachen:  üccjg  l^mxai  rrj  yavafli  Taurrj  tfj  TiovijQ^.  Dadurch 
giebt  er  freüioh  der  £ed«  eine  biidÜobe  fieeiebong  anf 
den  eittUeh-reiiglöten  Zufltend  eeiner  Zritgenoaten,  aber 
ohne  Zweifel  nur  so,  dafs  er  die  Torangeschickte  Beschrei- 
bung des  vertriebenen  und  wiederkehrenden  Dämons  ei- 
gentlich von  Beeetaenen  gemeint  liety  hierauf  al^er  dieaeii 
Hergang  ancb  wieder  als  Bild  dee  niDraliaehett  Zoetendea 
•einer  Zeitgenossen  wendet.  Jedenfailt  giebt  Lakae,  der 
diesen  Beisas  nicht  hat,  die  Rede  Jesu,  wie  Paulus  siob 
ansdHIclUy  als  eine  Wamong  vor  dämonischer  Reeidiva» 
Dala  nan  die  Mieten  jetaigen  Tbeoiogen  olme^beettamlaii 
Vondinb  von  Seiten  des  IMatthivey  nnd  in  beatfnimtem' 
Widerspruch  gegen  Lukai,  den  Ausspruch  blofs  bildlich 
fassen  wollen^  diele  ecbeintnor  in  der  Soheue  eeinen  Grand 
M  imben,  Jeen  eine  io  aaagefHbrCe  DtoMAologie  msoeebrel* 
ben,  wie  eie  in  den  eigentlich  gefafsten  Worten  ilegt«  Ei- 
ner solchen  aber  entgeht  man  auch  abgesehen  von  dieser 
Stelle  dennoch  nicht.  Matth.  12,  25  f.  29.  spricht  Jesua 
Ten  einem  Reich  nnd  Hauebalt  dee  TenMa  in  einer  Weiaei 
weieiie  tflier  dae  biet  FlgUrllehe  aogeniehetnlieb  hinane«' 
geht,  besonders  aber  Ist  die  schon  angeftthrte  Stelle,  Luc. 
10,  19^20«  von  der  Art,  da£i  sie  eelbat  einem  Paulus^ 
der  aoBel  den  geheiligten  Peraonen  deir  ehrtotlielien  Urge- 
eebiehte  to  gerne  die  Elnelehlen  anaere  Z^talters  leiht,  dae 
Geständnifs  abnöthigt,  das  Satansreich  sei  Jeso  durchaus 
nicht  blofi  Symbol  dea  Boten  gewesen 9  und  er  habe  na- 
mantiieh  wirlülcbe  Dihnoneiibeeitsnngen  angenonuaen.  Henoy 
aegt  er  gans  richtig,  da  hier  Jeena  niaht  mm  den  Kranken, 


1» 


Zweiter  AbichnUt» 


nicht  zum  Volk,  sondern  su  solchen  spreche,  weiche  selbst 
ron  dergleichen  Krenkheiten  nach  «einer  Anleiluni^  befrei, 
ten,  ie  Mi  ee  nicht  eis  bioTse  Anbeqaeninn|^  erklärbnp) 
wenn  er  ihr  ra  dai/ttoyice  VTiOTvcoaerai  rjuv  bestätige Mti 
wieder  Mufuehme,  und  ihre  Befähigung  zur  Heilung  der 
llimenitehen  als  eine  Gewalt  über  die  dimftig  %h  ix^Hf^ 
becchreibe^*  Ebenso  treffend  bat  derselbe  Theologe  an 
andern  Orten  dem  Anstofs,  welchen  solche,  deren  Bildung 
mit  dem  Glauben  an  Dämonenbesitzungen  sich  moht  ver- 
trigt|  an  dem  ErgebniCs  nehmen  könnten,  dafs  Jesus  Jenen« 
Glauben  gehabt  habe,  durch  die  Bemerkung  vorgebeugt, 
dafs  selbst  der  ausaezeichnetst^e  Geist  eine  unrichtige  Zeit- 
vorstellung beibehalten  könne,  sofern  sie  nicht  gerade  im 
BereiGh  seines  besondem  Kachdenkens  liege. 

ErUlntemd  flQr  die  neutestamendieiien  Vorstellungen 
von  den  Dämonischen  sind  die  Ansichten ,  welche  wir  bei 
andern  mehr  oder  minder  gleiciizeitigen  Schriftstellern 
über  diese  Materie  finden«  Die  allgemeinen  Begriffe  von 
EinÜlfasen  bdser  Gebter  auf  den  Menschen,  welcl^  Mdan- 
oholie,  Wahnsinn,  Epilepsie  nur  Folge  haben,  waren  swar 
schon  frühe  bei  Griechen**)  wie  bei  Hebräern  *  •)  verbrei- 
tet: aber  die  he8timmtei*e  Vorstellung,  daüs  die  bösen  Gel» 
ster  in  den  Leib  des  Menschen  fahren  und  von  demselben 
Besia  Jiebmen,  hat  sich  nachweislich  doch  erst  aiemlieh 
spät  9  iu  Folge  allgcmjBiner  Yerbreituug  de^  orientalischen^ 


9)  exeg.  Handb.  2,  S.  566. 
10)  a.  a.  O.  1,  b,  S.         2,  S.  96. 

11}  Daher  wurde  im^opfr^  mamoSrnfiorfr  =  /ttla^fjfoÜf r,  fttum^ai^ 
gebraucht ,  uad  Hippokratet  mustte  die  Ableitung  der  Epi-  ' 
leptle  von  diaioaftshsm  Elaflust  beatrellea.  t.  bei  Wanrsnr, 
8.  182  ff. 

$2)  Man  vergleiche  die  r\)iV  HHO  r\T\  y  welche  den  Sani 
xuclanchoUich  machte,  1.  Sam.  IG,  14.  Ihr  Bänflust  aui  Saui 
^ird  durch  )n(^y9>  m  ühoriici  ihoji  ausgcdruclO« 


H^niit««  Kapitel,   f.  88«  tt* 

iififiieiitlf«h  persitohen,  Pittonntolo^fe  unter  HebrIfeFii  und 

(iriecheii  nusgebÜdet  *^).     Dalicr  denn  bei  Jusejihus  die 
Hede  von  diuuovta  toTg  (^uaiv  eiadvcfifiva      ,  i'/xux^f^o^it" 
m*')«  und  dieselben  VorsteUuiigeti  auoh  bei  Lueliui 
■od  PhtioBtmtoa  '7).  « 

Uber  die  Nnttir  und  Herkunft  dieser  Geister  finden 
wir  in  den  Evangelien  nichts  ausdrücklich  bemerkt,  als 
«lad  sie  sun  Haushalt  des  Satan  gebären  CMattb.  12,  ä<(  ff* 
psrall.)}  weftwegen  denn,  was  einer  von  ihnen  thnt,  auch 
^eradeicu  dem  Satan  zugeschrieben  wird  (Luc.  13,  16). 
i)arch  Josephus  ^^),  Justin  den  Märtyrer  und  PliÜo- 
ilnitna  wit  welchen  auch  rabbinische  Schrifiten  Ober* 
efustiamien  -O»  arfSshren  wir  nun  aber,  dafs  diese  Dimo- 
nien  von  Hause  aus  eiffcntlich  abt^cschiedene  Seelen  böser 
Menschen  seien ,  und  jieuere  Theologen  haben  keinen  An- 
ataad  genommen ,  diese  Ansicht  vpn  ihrer  flerkuuft  auch 
lern  N.  T.  untemulegen         Mflher  bestimmen  Jedoch 

IS)  s.  Cheuzer,  SymboUii,  3,  S.  69  f. }    Bauk,  ApoUoniut  voa 
Tyana  und  Christui,  S.  144. 

14)  Bell.  jud.  7,  6,  3.  ^ 

15)  Antiq.  6,  11,  2.  von  dem  Ziutaad  Sault. 
le)  Philopteud.  16. 

17}  viU  Ap^aion.  4,  20,  25.,  vgl.  Bav»,  a.      O.  5.  58  f.  42»  In- 
dessea  spricht  auch  aehoa  Aiiatotdea,  de  aiirsb.  106.  cd  Hclili.y 

▼oa  ioi/twi  T«»«  ^wo/tiffH  mmwdx^H» 
IS)  S.  a.  O.  des  lieU  j. :  r«  ya^  maZi^frm  ^fidnm  —  wortf^ap 

igtr  ay&(tantar  nnV^ara  ^  Talg  ^tiotr  iiadyft^irtt  Mai  jrrf.Vvrra 

19)  Apoll.  1,  18. 

20)  I.  a.  O.  3»  38. 

21)  t.  EiaaKniaeBa,  eatdechtes  Judeathuay  2,  6.  427. 

22)  Paduos,  estg.  üaaA.  2,  8.  S9;  L.  J.  1»  %  S.  217.   Er  be- 
mil  sich  hicfUr  aamentUch  aaf  Ma|th.  14,  2. ,  wo  Herodcs 

■   «uf  das  Gerttchl  Toa  Jfeau  WuadertlMtta  hin  aagt:  1x6^  hs*^ 

Kl  die  rabbinitche  Aaiicbt  Tom  HlS^jf  ^det,  vermute  des« 


üiyilizeQ  by  ^üOglc 


iwMdm  «nd  die  lUbbineii  Tonngiweiae  die  Seelen  der  Ki«^ 
9Wf  der  Abkömmlinge  jener  Engel ,  welehe*  sieh  mü  den 

Töchtern  der  Menschen  vermischten ,  und  die  Riibbin«ii 
ferner  noch  die  Seelen  der  in  der  SündÜuth  Umgekomme- 
nen nnd  der  Tbeiibelier  em  babylenieehen  Tbnrmlmn  nie 
Pkgegeitler  fDr  die  Uberlebenden  wemit  aneh  die 
Klementinen  zusammenstimmen,  nach  welchen  gleichfail» 
Jene  su  Dftmonen  gewordenen  Riesenseeleu  sich  als  di4 
•tftrkeren  an  menaelüioiie  Seeieii  an  hftngeny  nnd  in  Men* 
aehenleiber  sn  fahren  anchen  'f);  Pa  nnn  in  der  enteren 
weiter  lautenden  Stelle  Juifin  den  Heiden  aua  ihren  ei* 
genen  Vorstellungen  heraus  die  Unsterblichkeit  beweisen 
will 9  ao  ist  die  Anaioht  von  den  JUAmonen  als  Seelen  Vcip- 
atorbener  flberlianpky  weiche  er  dort  inaaertf  snmal  sein 
Schaler  Tatian  aich  anadrQelüieh  gegen  dieae  Voraleiiung 
erklärt  ^^),  schwerlich  als  seine  eigene  au  betrachten; 
floaejihua  nlier  entaelieidet  für  die  ia       T*  num  Gründe 

seA  (im  üntenchied  vom  hxhi  oder  der  eigentlichen  See- 
Icnwanderung ,  d.  h.  der  Versetzung  abgeschiedener  Seelen 
in  eben  sich  bildende  liindcrleibcr)  zu  der  Seele  einet  Le- 
benden die  einet  Verttorbenen  alt  Terstärkender  Zusaz  sich 
/  gesellt  (s.  EisiNMiKSBR,  2.  S.  85  ff.).  Allein,  dast  in  dem 
it^^^l  >^ici^*  diese,  sondern  die  Vorstellung  einer  wirklichen 
Aitferslehuag  das  TMufer%.aege|  hat  tu  A.  Kamscwt  s.d. St. 
geseigty  oad  wenn  auch  jene«  te  wXre  dach  hier  von  einem 
gaas  aaderai  VerhXltniM  die  Redei  alt  Ton  dem  der  dXmoni^ 
achea  Betittuag.  Hier  wXre  es  aümlich  ein  gnter  Geist,  der 
in  einen  Propheten  sur  Verttärkttag  seiner  Kraft  Ubergegan- 
gen wäre,  wie  nach  späterer  jüdischer  Vorstellung  Seths  Seele 
zu  der  des  Mosct)  und  wieder  Moses  und  Aarons  Seelen  xu 
der  des  Samuel  sich  geseilt  haben  (  Eisknaiincer  ,  a.  a.  O. ) 
woraut  aber  die  Möglichkeit  eines  Übergangs  h<teer  Seelen 
in  Lebende  noch  keineswegs  folgen  würde. 

$S)  Jastla.  ApoL  2,  5*  Bisaanaaaaa,  a.  a.  O.  ft.  438  & 

J4)  HomiL  8,  i8f.  9«  9  f. 

gl)  Ürat«  centra  GraeooS|  16. 


1 


Digitized  by  Google 


V^mmf  ILmmiUL  f.  86.  IS 

llegemle  Antldit  dcliwegan  iitchto,  weil  tieli  eeiiMr  grfe» 

chischen  fiildnng  liegen  sehr  fragt  ^  ob  er  jene  Lehre  in 
der  nrsprOnglich  jiidUchen,  oder  in  grficisirfer  Gestalt 
wiedergiebt*  Darf  man  non  annehmen 9  dafs  die  Dämo^ 
nenleture  so  den  Hebrien  Ton  Perden  her  gekoniHieii  ed: 
10  waren  die  0ew't  der  Zendreligion  bekanntlieh  vor  der 
Menschenweit  entstandene,  von  Hanse  aus  böse  Geister, 
•H  welchen  der  Uebraismus  für  sich  nor  den  UilcieM| 
deoi  UmüleBiie  engekürigen  Zug,  nieht  aber  den  enteren^ 
mm  Terwieehen  Teranlafot  sein  konnte«  80  worden  die 
DSmonen  in  der  hebrüischen  Ansicht  die  gefallenen  Engel 
?on  1.  Moi«  9,  die  Seelen  ihrer  Kinder,  der  fUesen,  nnd 
der  grolaen  Verbreeher  Tor  nnd  nmnittdbnr  nach,  der 
Stedflnth  flberfaanpt,  welche  die  TolktrorsteHnng  allnrfdb» 
Itg  in  das  Ubermenschliche  hinaufgesteigert  hatte ^  Uber 
den  Kreis  dieser  Seelen  jedoch,  die  man  sich  als  den 
Hofetnat  dee  Satana  denken  noehte,  lag  in  den  Yoratel» 
langen  der  Hebrier  kein  Qmnd  lierabnnalelfett*  Ein  ae^ 
eher  lag  nur  in  der  mit  der  hebrfiischen  zusammen trefifen» 
den  griechisch{- römischen  BilduTig:  diese  hatte  keinen 
Säten )  alao  anch  keinen  elgenthttndiehen ,  Ihm  dienenden 
Geiateratenly  wohl  nbir  hatte  aie  ihre  Manen,  Leninren 
n.  flgl. ,  simmtiich  abgeschiedene  Menschengeister,  welehe 
die  Lebenden  beunruhigten.  Produkt  nun  der  Ausglei« 
ehnng  Jener  Jttdiaehen  Voratelinngen,  alt  diesen  grieehleeb* 
fiaüeehen  'tebeini  die  Dareteliungewelee  dee  Jeeephpa  nnd 
Jnstin,  wie  aaeh  der  späteren  Rabblnen  an  aeln:  dafa 
aber  auch  schon  im  N.  T.  eine  solche  au  finden  sei,  folgt 
hieraus  nieht.  Sendern,  wenn  wir  hier  diese  gräeiairtn 
Vemtelinngawelae  nieht  poiltir  angeielgt  linden,  wie  ein 
et  denn  nirgends  ist,  vlelniehr  an  einigen  Orten  die  Dl«, 
monen  mit  dem  Satan  als  sein  zugehöriger  Haushalt  in 
Verbindung  gesezt  sind:  so  müssen  wir,  bei  der  aonstl« 
gen  Cmreit  keine  Unbildniig  in  ehriatliehea  Sinne  ein* 
trat)  nnremileeht  jadisehen  Oenkweiie  der  ejnoptlsjphen 


Digitizcü 

\ 


14     ,  .    Zweiter  Alifclinitt. 

£Fangelieii,  vielmehr  jene  rein  und  «rsprOifgHeh  jttditche 
VurvteUong  alt  didHiirige  ▼omuMetBem 

JMe  lilrere  Theologie  non  .hat  bekunnHieh ,  In  Betrnelbi 
der  Aiiktorltät  Jesu  und  der  £vAngolisfen ,  riie  Ansicht 
von  einem  wirklichen  Besessensein  jener  Menschen  durch 
Jlftaionen  nu  'der  ihrigen  gemacht.  Die  Neuere  Theoiogie 
dagegen,  beeonders  seit  Sbmue  in  Betracht  der  an^ 
fallenden  Ähnlichkeit,  weiche  zwisclien  dem  Zustand  der 
neutestamenlJichen  i^ämonisclien  nnd  mancher  natürlich  ^ 
Kranken  nnsrer  Zeit  stattfindet ,  iial  angefangen,  aiieh 
dae  Übei  von  jenen  ans  natflriiehen  Urtaehen  ahmdclten, 
nnd  die  im  N.  T.  vorausgesezte  übernatürliche  Ursache 
auf  Rechnung  der  V^orstellungen  jener  Zeit  en  schreiben. 
Jla£a,.vv^  in  jetniger  Zeit  fipilepsie,  Wahnsinn  and  seihst 
•Ine,  dem  Zustand  der  nentsofaaientHehew  Besessenen  Xhn« 
iiche  Alteration  des  Selbstbewusstseins  vorkommen,  doch 
nicht  leiciit  mehr  an  dämonischen  Einflufs  gedacht  Mird, 
lial  aeinen.Grnnd  einerseits  chunii|  dafs  der  forlgeselirittencii 
Vatw**  md  Seeienkunda  Jeet '  mehr  BUttei  und  Anknft» 
pfungspnnkte  Eur  natürlichen  Erklirmig  jener  Znstfinde 
an  Gebote  stehen,  theils  darin,  dafs  man  die  Widersprü-. 
die  9  welche  in  der  Vorstellung  des  Besessenseins  ilegeu) 
wenigstens  dunkei  an  erlwnnen  angefangen  kat«  Denn 
abgesehen  ^n  den  oben  auseinandergeseeten  Schwierig» 
keiten ,  welche  die  Annnhme  der  Existenz  von  Teufel  und 
Dämonen  überhan])t  drücken,  so  mag  man  sich  das  Ver- 
li«itniia  swiaehen  dem  Selhathewniteseln  und  den  ielhtt- 
eben  Organen  denken  wie  man  will,  Immer  ist  doch  daa 
schlechterdings  nicht  vorzusteilen ,  wie  das  Band  zwischen 
Imid^  so  lose  sein  sollte  ^  dais  ein  iremdes  Seibstbewulst« 

26)  deisea  Commcntatio  de  daemoniacis  quorum  in  N.  T.  fit 
nenlio,  und  umständliche  Untenuchung  der  dämonischen  Leu- 
te, w.  Schon  XU  Origenet  Zeit  geben  Übrigens'  die  Ärzte  Toa 
dem  Zuttaad  der  angeblich  Beietteaea  astUrliche  ErklSrun« 
gen,  t.  Orig.  la  MMth.  17^  15. 


Digitizoü  L/y 


•etil  fticb  eintehiebaa,  Dnd  mit  VerdHUigong  det  tnai  Or- 
ganijiiDtts  fifehörigen,  dieMn  in  Besis  nehmen  könnte*  So 

erwirbt  sich  für  jeden ,  welcher  die  Erscheinungen  der 
Gegenwnrt  mit  aufgeklHrfen  ^  und  doch  die  Erzählungen 
des  N.  Ts.  noch  mit  orthodoxen  Angen  betrachtet,  der 
Widerspruch,  is(s  dasselbe,  was  Jost  aus  natCIrfiche» 
lp<«ac!ien  kommt,  zu  Jesu  Zeiten  überiiA^ürlich  müssti 
verursacht  gewesen  sein. 

Diesen  nndenkbarea  Unterschied  der  Zeiten  wegso« 
brin|>en,  nnd  doeh  dep  N*  T«  nichts  w  vergeben,  leugnet 
Oi^HAUSEN,  welchen  wir  fftr  diesen  Punkt  füglich  als  Re- 
prfisentunten  der   mystischen  Theologie   ttn4  Philosophie 
jetoiger  Zeit  b^tnichlisn  Jiönnfin  9  Beides  ^  sowohl  dals  jctflt 
alle  dergleicben  Zustände  natQrllch,  als  dals  danMÜs  allf 
fibernatürlich  verursacht  gewesen  seien.    Was  unsre  Zeit 
betritft,  so  fcagt  er,  wen|i  die  Apostel  in  unsre  Irrenhäu^ 
ser  tr&ten.  wi»  sie  maneiM  der  Kranken  In  denselben 
nennen  würden         Alfeirdings,  antwortea  wir,  würdet 
sie  Tiele  dcrsellien  Besessene  nennen,  vermöge  ihrer  Zeit* 
und  Volks  Vorstellung  n|imlich,  und  nicht  vermöge  apostor 
liseher  Erleuchtvng»  ^  dafs  also  der  hernniftthrende  Mann 
von  Fach  sie  mit  Keoht  eines  Bessern  ra  belehren  suchen 
würde,  und  daraus  gegen  die  Natürlichkeit  jener  Zustande 
in  unserer  Zeit  lediglich   nichts  folgen  ^anii.     Von  dei^ 
Zeit  Jesu  behaltet  der  genannte  Theologe f  auch  von  den 
Juden  seien  dieselben  Krankheitsformeni  Je  nach  der  ver- 
schiedenen fintstehungsart  das  einemal  für  dffmonisch  ge- 
halten worden,  das  andremal  nicht,  so  dafs  z.  B.  einer^ 
der  durch  organische  Verletvung  des  Gehirns  wahnsinnige 
-  oder  der  Zunge  stumm  geworden  war,  nicht  Ükr  dämonisch 
gegttlren  haben  würde,  sondern  nur  ein  solcher,  dessen 
Zustand  mehr  oder  minder  auch  psychisch  veranlafst  ge- 
wesen sei«   Beispiele  einer  solchen  ^  im  Zeitalter  Jesu  ge«  ■ 


37)  b.  Comm.  I,  S.  296.  Anm. 


Digitized  by 


M  Zweiter  Abselinill. 

mechteh  üiiterteli||t«liing  bleibt  «iis  OuBAmv,  wfe  ulefi 

von  selbst  versteht,  schnldig.    Wo  hätten  anch  d!e  dama- 
ligen Juden  die  KenntTiifs  der  verborgenen  nntfirlicheii 
Urseeben  soleber  Zustünde  hergenommen,  wo  die  Krite* 
rien,  einen  dnreh  MiCibildong  des  Gehirns  entstandenen 
Wahnsinn  oder  Blödsihn  von  psychologisch  verursachtem 
CO  unterscheiden?    Waren  sie  nicht  gans  und  gar  auf 
*  die  äussere  firseheinnng  und  swar  In  ihren  griiberen  Um« 
rissen,  angewiesen  t  Diese  aber  Utbei  einem  fipileptlscben 
mit  seinem  plösllehen  an  vorhergesehenen  Niederstürzen  und 
seinen  Convulsionen ,  bei  einem  Wahnsinnigen  mit  seinem 
'   Irrereden,  nemenlUeh  wenn  er,  durch  ftttck Wirkung  der 
VoUisrorsteliungen  auf  sdmto  Zustand,  in  der  Person  ei* 
nes  Dritten  s|irieht,  von  der  Art ,  dafs  sie  anf  eine  fremde 
den  Menschen  beherrschende  Macht  hinweist,  und  dafs  folg- 
lich sobald  einmal  der  Glaube  an  diimonlsohe  Besitzungen 
im  Volke  gegeben  Ist,  alle  dergieiehen  Zustände  auf  solche 
•urOckgefllhrt  werden  werden,  wie  wir  diefs  Im  N.  T.  fin- 
den; wogegen  bei  Stil mmheit  und  gichtischer  VeriiHlmmung 
oder  Lähmung  die  Herrschaft  einer  fremden  Macht  schon  * 
weniger  enteehleden  indieirt  Ikt,  und  diese  Leiden  also 
buld  glelehfalls  einem  bethsend^n  Dämon  zugeschrieben 
werden  können,  bald  auch  nicht,  wie  uir  jenes  bei  den 
■ehoB  erwähnten  Stummen  Matth.  9,  32.  12,  22.  und  bei 
der  rerkrOmmten  Frau,  Lue.  IS,  II,  dieses  bei  dem  jttoqog 
fioyiXdXog  Marc.  T,  31  ff.  und  bei  den  manelierlei  Paralyti* 
sehen,  deren  in  den  Evangelien  gedacht  wird,  finden ;  w  o- 
bei  ttbrigens  die£ntschei(iung  für  die  eine  oder  andre  An- 
ddit  gewifk  nicht  von  £rforsehnng  der  fintstehnngswelse, 
sondern  ledigUeh  ron  dfer  lussem  Erscheinung  ausgegan- 
gen ist.    Haben  demnach  die  Juden,  und  mit  ihnen  die 
£vangelisten ,  die  beiden  Ilauptarten  der  hiehergehörigeit 
Zoitinde  auf  dftmonisehen  fiinflofs  surttekgefflbrty  so  bleibt 
ilr  den,  der  sich  dnreb  ihre  Ansieht  gebunden  glaubt,  oh- 
ne sich  doch  der  Bildung  unsrerZeit  eutaieben  su  w  ulLet^ 


Digitized  by  Google 


Nenntet  Kapitel.   $.  8f^  17 

die  grelle  Ungleichlieft,  dieselben  Krnnkheiten  in  der  ei- 
nen Zeit  sammtlicli  nis  nafdrliche,  in  der  Audei*n  sÜmmtlicth 
eis  flbernatürliche  denken  zu  müssen* 

Die  sehiimmste  Schwierigkeit  aber  eHfXehst  fdr  den 
CHsnAOSBu'schen  VermittlungSTersnch  «wischen  der  jGdi^ch- 
nentestamentlichen  Dämonologie  und  der  BUdting  unsrer 
Zeit  darans,  dafs  dieses  iestere  £lement  in  ihm  der  An* 
nähme  persttnücher  DXmenen  widerstrebt  Dasselbe,  der 
Bildung  des  gedachten  Theologen  dnrch  die  Katarphiloso* 
phle  angehörige  Streben ,  das  im  N.  T.  als  ein  Heer  dis- 
creter  indivlduen  Gedachte  emanatistisch  in  das  Con* 
tinnom  einer  Snbstans  aufsnidsen,  weiche  swar  ein£elne 
Krifte  ans  sieh-  hervortreten ,  diese  jedoch  nicht  tn  selbst- 
stfindigen  Individuen  sich  fixiren,  sondern  als  Acciden/aen 
wieder  in  die  Einheit  der  Substanz  zurüclLkeliren  lüfat,  — 
dieses  Streben  sahen  wir  schon  in  Oi.sifAUSBii*8  Angeioio- 
gie  hindarehleachten,  and  entschiedener  tritt  es  nnn  iil  der 
Dfimonologic  hervor.  Dfr'monisclic  Persönlichkeiten  sind 
SU  widrig,  bei  den  angeblich  i3esessenen  nainentUch  das, 
wie  es  Olsbausbh  selbst  ansdrackf Stecken  sweier 
Subjekte  in  Einem  Individuum  bu  undenkbar,  als  dafs  man 
sich  eine  solche  Vorstellung  zumuthen  könnte.  Daher  wird 
überall  nur  in  schwebender  Allgemeinheit  von  einem  Rei- 
che des  Bdsen  und  der  Finsternifs  geredet,  und  «war  ein 
persSnIicker  Ffirst  desselben  vorausgeseat ,  aber  unter  den 
Dämonen  nur  die  einzelnen  Ausflüsse  und  Wirkungen  ver- 
standen» in  weichen  das  böse  I'riiicip  sich  manifestirt.  Da- 
her, und  hieran  ist  Olshauskm's  Ansicht  von  den  Dämo- 
nen am  bestimmtesten  an  ergreifen^  ist  eS  ihm  ad  fiel,  dafs 
Jesus  den  Dämon  im  Gadarener  um  seinen  Namen  gefrao^t 
haben  soll:  so  bestimmt  kann  doch  Christus  die  von  dem 
Ausleger  besweifeite  Fersöniichkeit  jener  Ausflüsse  des 
ftntm  Rffiekee  ak^ '  vorassgesent  Jiaben;  wefswegeni 

28)  S.  295  f. 

DaM  l^ühtm  Jgtm  II.  Jiand,  9 


Digitized  by  Google 


1§  Zweiter  Abschnitt. 

itenn  des  tl  aö&  nroi^a;  CMere.  tkj  9.)  el«  Frage  nach  de« 
Neaen  nicht  des  Dimon,  sondern  des  Menschen  eafgefafst 

wird*'},  gegen  allen  Zusammenhang  offenbar,  da  die  Ant- 
wort: Xsy6<a¥i  iLeiiiesYi  egs  als  Mifsverstand,  sondern  als  die 
rechte^  Ton  Jesus  gewollte  Antwort  erscheint» 

Sind  nvn  aber  die  Bffnonen ,  nach  OlshaüSSN^s  An« 
sieht,  unpersönliche  RrWfte ,  so  ist  es  die  Gesczmafsigkeit 
des  Ileichs  der  Flnsternils  in  seinem  Verhültnifs  zum  Licht- 
reich  9  was  sie  ieitet  i^nd  sn  ihren  verschiedenen  Funktio. 
non  bewegt.    Von  dieser  Seite  mafste  also,  je  schlimmer 
der  Mensch  wird,  desto  enger  der  ZusAmracnhang  z\vi- 
schen  Ihm  und  dem  Reiche  des  Bösen  sich  knüpfen,  und 
der  engste  denkb^i*e  Zasamnienhang,  das  Eingehen  der  fin- 
stem  Macht  in  die  PersSnIichkeit  des  Menschen ,  d.  h.  die 
Besessenheit,  mttfsre  immer  bei  den  Schlechtesten  eintreten. 
Diefs  finden  Wir  aber  geschichtlich  gar  nicht  so^  die  Dä- 
monischen erscheinen  in  den  £rangelien  nur  s6  weit  als 
Sinder  9  wie  alle  Kranke  Vergebung  der  Sünde  ndthig  ha* 
ben,  und  die  gröfsten  Sfinder,  wie  ein  Judas,  bleiben  von 
der  Besessenheit  verschont.    Die  gewöhnliche  Vorstellung, 
mit  ihren  persönlichen  Dämonen,  entgeht  diesem  Widern 
Spruch«   Zwar  hält  auch  sie,  wie  wir  dieis  e.  B.  in  den 
Klemenfinen  finden,  daran  fest,  dafs  nur  durch  die  Sünde 
der  Mensch  dem  Dämon  den  Zugang  zu  sich  eruflne  ^°): 
doch  bleibt  hier  Immer  noch  ein  Spielraum  für  die  indivi- 
.daelle  Wilikilhr  des  Dämon,  welcher  aus  nicht  su  berech- 
nenden subjektiven  Gründen  oh  den  Schlechteren  vorüber- 
gehen,   auf  den  weniger  Schlechten  aber  Jagd  machen 
kann^^).   Werden  hingegen,  wie  von  Olsbausen,  die  Dä- 

29)  S.  302,  nach  dem  Vergang  von  Paulos,  ex.  Hsadb.  1«  b,  8. 474. 

30)  riomil.  8,  19. 

31}  Wie  sieh  Atmodi  die  Ssrs  uad  Ihre  M ünaer  aom  Plsgea  «ad 
Umbringen  susertieM,  niobl  well  jene  oder  diese  betoadert 
•cblecbl  waren,  seadem  weil  8srs*s  Scbtfabsit  iba  sateg, 
Tek.69  i%  15. 


uiyitized  by  Google 


I 


Neuntes  KapIteL   i«  66.  19 

■dnen  Dvr  alt  die  Aktionen  der  Bf  eeht  des  B^n  in  dire« 
dlereli  Oeeetse  geregelten  Verhfiltnifs  Cur  Mncht  des  (ititeii 
betrachtet,  so  ist  jede  Willkiihr  und  Zdniliigkeit  nusg^ 
Khiossen ,  und  defiiwe^en  hat  die  Abweichung  der  Conee- 
qoens,  defs  nach  teiner  Theorie  eigentlich  Immer  die  Sehlimm- 
Men  beeeeeen  sein  sollten,  Olshaüsiii  sichtbare  Mtthe  ver- 
ursacht.   Von  dem  scheinbaren  Kampf  zweier  Mächte  in 
den  Dämonischen  ausgehend,  ergreift  er  zunächst  den  Ans- 
wcgi  dale  nicht  bei  denjenigen  ^  weiche  sich  gann  dem  ßtf» 
scn  ergeben,  und  somit  eine  Innere  Einheit  Ihres  Wesens 
behalten,  sondern  nur  bei  denen ,  in  weichen  noch  ein  in- 
neres Widerstreben  gegen  die  Sünde  vorhanden  sei|  der 
Zattand  des  Besessenseins  eintrete        80  aberi  snm  rein 
■erallsehen  Pbllnomen  gemacht,  mflCite  dieser  Znstand 
weit  httufiger  vorl&ommen,  es  wUTste  jeder  heftige  innere 
Kampf  in  dieser  Form  sich  äussern,  nnd"  namentlich  dieje- 
aigea,  welche  sich  später  dem  Bösen  gann  ergeben,  Ihren 
Darehgaii^  durch  eine  Periode  des  Kampfs,  also  des  Bo- 
sessenüeins,  nehmen.    Daher  fügt  auch  Olsha08£n  noch  ein 
physisches  Moment  hlnsu,  dafs  nämlich  das  Böse  im  Men- 
lehsn  vorwiegend  seinen  leiblichen  Organismus,  Insbeson* 
dofe  das  Nervensystem  geschwächt  haben  mOsse,  wenn  er 
ftr  den  dämonischen  Zustand  empfänglich  sein  solle«  AI* 
lein  wer  sieht  nicht,  zumal  solche  Zerrüttungen  des  Ner- 
vmysiems  ancli  oline  sittliche  Verschuldung  eintreten  kön* 
aen,  dafs  auf  diese  Welse  der  Zustand,  welchen  nmn  der 
'isMNilschen  Macht  als  eigenthttmÜcher  Ursache  vlndiciren 
wollte,  zum  grofsen  Theil  auf  natürliche  (iründe  zurück- 
gef&hrt,  und  somit  dem  eigenen  Zwecke  widersprochen 
wird?  Daher  wendet  sich  Olsuausim  von  dieser  Seite  auch  - 
Ud  wieder  weg ,  und  verwellt  liel  der*  Vergleichung  des 
^fton^ouevog  mit  dem  novt^oogy  statt  dafs  er  ihn  mit  dem 
EpÜepHschen  und  Wahnsinnigen  nusammenstelleu  sollte, 

»)  S.  294. 

Digitized  by  Google 


Zweiter  Abschnitt 

mm  ileren  Vergleichnfi|f  Mein  anf  den  Bfetestenen  ein  LScht 

Burückgeworfen  werden  kann.  Durch  dieses  Herüberspie- 
ien  der  Sache  vom  physiologisch  -  psychologischen  Gebiete 
auf  daa  moraiUcli-reÜgiöae  ist  der  fixcnra  ttber  dieDürao* 
nUchen  eu  einem  der  nnbranchbarsten  geworden,  die  Im 
OLSHAUSEN'schen  Bache  bw  finden  sind '3). 

Lassen  wir  al.'o  die  unerfreulichen  Versuche ^  die 
neatettamentlichen  Vorstellungen  von  den  Däraonlscben  n 
Inodemisiren ,  nnd  nnsre  Jetsigen  Begriffe  eu  « judaisiren, 
fassen  wir  vielmehr  Auch  in  diesem  Punkte  das  'S.  T.  auf, 
wie  es  sich  giebt,  ohne  jedoch  durch  die  Zeit  -  und  Volks- 
Torstelinngen  in  demselben  uns  für  weitere  Forschnngen 
die  HSnde  binden  w.n  lassen* 

Den  bisher  ermittelten  Vorstellnngfen  vom  Wesen  der 
Dämonischen  gemäfs  gestaltete  sich  auch  das  Heilverfahren 
mit  solchen  Personen,  namentlich  bei  den  Juden.  J>a  die 
Krankheitsursache  nicht,  wie  bei  natürlichen  Übeln  als  ein 
'inpersönlicher  Gegenstand  oder  Zustand,  wie  ein  un^resun» 
der  Saft,  eine  krankhafte  Spannung  oder  Schwäche,  son«> 
dem  als  ein  selbstbewurstes  Wesen  angesehen  wurde:  so 
suchte  man  auf  dieselbe  auch  nicht  blos  mechanisch,  che- 
misch nnd  dergl.,  sondern  logisch,  durch  das  Wort,  eu  wir- 
ken. Man  sprach  dem  Dämon  zu,  sich  zu  entfernen,  und 
um  diesem  Zuspruch  JNnchdruck  zu  geben,  knüpfte  man 
«hn  an  die  Namen  von  Wesen,  welchen  man  Macht  über 
(las  Reich  der  DJSmonen  euschrieb.  Daher  als  Haoptmittel 
gegen  dämonische  Besitznn^^en  die  Beschwörung  '^),  sei  es 
bei  dem  Namen  Gottes,  oder  der  Engel,  oder  eines  andern 
fibermfichtigen  Wesens,  wie  des  Messias  (A«G.  19,. IS.}^ 
und  mittelst  gewisser  Formeln ,  die  man  von  Salome  her^ 
zuleiten  pflegte  ^        Übrigens  wurden  hiemit  auch  gewisse 


33)  Er  füllt  S.  289—298. 

34)  9.  Hie  Arm.  16.  angeführte  Lucitniiche  Stelle* 
55)  Joseph.  Antiq.  8,  2,  5« 


Digitized  by  Googl 


Neuntes  KapiteL   |«  S9« 


11 


Worceln^),  Steine '  Rüttdierungen  und  Amulete'^)  in 
Verbindnnfir  gesest,  ebenfalls,  wie  man  glaubte,  aus  Salo- 

Boniselx  r  Überlieferung.  Da  nun  die  Ursache  von  derglei- 
chen Übeln  nicht  selten  wirklich  eine  psychische  war,  oder 
doch  im  Nenrensystem  lag,  auf  weiches  sich  von  geistiger 
Seite-  anbereehenbar  einwifken  lüfst,  so  täuschte  Jenes  psy- 
chologische Verfahren  nicht  durchaus,  sondern  es  konnte 
oft  wirklich  durtli  clie  im  Kranken  errcjS^te  Meinung,  da(s 
▼or  einer  Zauberformel  der  ihn  besitcend«  Dfimon  sich  nicht 
linger  halten  könne,  eine  Hebung  des  Übels  bewirkt  wer- 
den, wie  denn  Jesus  selbst  euglebt,  dafs  auch  judischen 
Beschwurern  dergleichen  Kuren  bisweilen  gelingen  ^Matth« 
12,  27.).  Von  Jesus  aber  lesen  wir,  dafs  er  ohne  ander- 
weitige Mittel  und  ohne  Beschwörung  bei  einer  andern 
Macht  durch  sein  blofses  Wort  die  Dümonen  ausgetrieben 
habe,  und  es  sind  die  hervorstechendsten  Heilungen  dieser 
Art,  von  welchen  uns  die  Evangelien  berichten,  nunmehr 
In  £rvi€ging  su  sieheu* 

f.  8f. 

Jesu  Dämonenaustrcibun^i-n  y  einzeln  betrat  htct.. 

Unter  den  einiselnen  Erzählungen,  welche  uns  in  den 
drei  ersten  Evangelien  von  den  Kuren  Jesu  an  Dümoni- 

>cl»en  gegeben  werden,  ragen  beson<lcrs  dni  licrvor :  die 
Heilung  eines  Diiaionischen  in  der  Synagoge  Knpernaum, 
die  der  von  einer  Menge  Dämonen  besessenen  Gadarener, 
und  endlich  die  des  Mondsttchtigen ,  welchen  die  Jflnger 
nicht  im  Stande  gewesen  waren  zu  heilen. 

Wie  nach  Johannes  die  Waiiservcrwandhinof ,  so  ist 
nach  Markus  (1,  23  ff.)  und  Lukas  (4,  33  ff.)  die  lleihing 
eines  Besessenen  in  der  Synagoge  von  Kapernanm  das  er- 


36)  Joseph,  s,  a.  O.  n 

57)  Gltün,  f.  67.  3. 

58)  Justin.  Msrt.  dial.  c.  Trypb.  85. 


Zweiter  Absehnitt. 

8te  Wonilflr,  «Int  sfe  Ton  Jetn  aelt  seiner  Ritekkebr  reu 

der  Taufe  nach  GaliUa  zu  ers^hfen  wissen.  Jesus  hatte 
ntt  gewRltls^em  Eindruck  gelehrt :  als  auf  einmei  ein  an- 
wesender Besessener  in  der  Rolle  des  ihn  imüsenden  Oft- 

• 

mens  nnfsehrlei  er  wolle  mit  ihm  nlohts  eu  seheffen  heben, 

er  kenne  ihn  als  den  Messias,  welcher  gekommen  sei,  sie, 
die  DiKmonent  sn  verderben;  worauf  Jesus  dem  Dämon  eu  «. 
sehwel|(en  und  eoseufehren  geboC,  was  anter  Gesehrei  and 
Zaeku Ilgen  ron  Selten  des  Krenken  and  nom  grofsen  fir- 
stennen  der  Menge  <ibor  solche  Gewalt  Jesu  geschah. 

Hier  könnte  man  sich  allerdings  mit  rationaiistiscben 
Aosiegern  die  Seehe  so  rersteilen:  wenn  der  Krenke»  der 
einem  Üehten  Aufrenbliek  In  die  Synagoge  getreten  wer, 
Yon  der  gewaltigen  Rede  Jesu  einen  Eindruck  bekommen, 
nnd  dabei  einen  der  Anwesenden  von  Ihm  als  dem  Mes* 
eins  hatte  sprechen  htfren,  so  konnte  in  ihm  leicht  die  Vor^ 
etellang  sieh  bilden,  der  Ihn  liesitsende  unreine  Geist  kdn- 
ne  mit  dem  heiligen  Messias  nicht  i&usRmmenbestehen,  wo- 
durch er  in  Paroiysmus  geratheUf  und  seine  Furcht  vor 
Jesu  In  der  Rolle  des  Dnuion  aassprechen  mochte.  Sah 
aber  Jesus  einmal  den  Mensohen  so  gestimmt:  was  war  ihm 
piher  gelegt,  als,  die  Meinung  desselben  von  seiner  Ge- 
walt über  den  Dämon  ssu  benütEcn  und  diesem  das  Aus* 
fahren  eu  gebieten,  was  dann  nach  den  Gesetsen  der  See» 
lenheilkonde,  da  d»r  irre  von  seiner  fixen  Idee  aas  ergri^ 
Ibn  wurde,  gar  günstigen  Erfolg  haben  konnte,  wefs* 
wegen  Paulus  diesen  Fall  für  die  Veranlassung  hxlt,  durch 
welche  Jesus  luer^t  anf  den  Gedanken  geführt  worden  seif 
eeliie  messtanlsehe  Geltung  au  Heilung  Ton  dergleichen  Kran» 
ken  au  benOtsen 

Doch  erhebt  sich  gegen  diese  natürliche  Vorstellung 
von  der  Sache  auch  manche  Schwierigkeit.  Dafs  Jesus  der 
Messias  sei»  soll  ihr  aafolge  der  Kranke  dureb  die  Jjeate 


i)  cx«^.  Haadb.  1,  b.  S.        h.  J.  I,  a>  S.  M, 


Digitized  by  Google 


in  der  Synagoge  erfahren  haben.   Davon  schweigt  der  Text 
Bkht  blo«,  «ondem  er  widerspriclit  einer  solchen  Annah* 
■e  aufs  Bestimmteate.    Sein  Witten  om  Jepu  Metilani- 
tat  hebt  der  aus  dem  Menschen  i*edende  D/imon  durch  das 
liöu  OB  li^  ti  X.  T.  A.  deutlich  ait  ein  ihm  nicht  von  JMen- 
•ehen  snf^ig  MUgethelltet  9  sondern  alt  ein  ihm  vermdge 
leiaftr  dämonitchen  Natur  wetentlich  Znfconiniendet  heraot. 
Ferner,  wenn  Jesus  ihm  ein  (pifuv)t}i^ji\  anruft,  so  besiehl 
lieh  diefs  eben  auf  das,  was  der  Dämon  auvor  Ton  seiner 
Metsianicät  aosgetagt  hatte ,  wie  ja  auch  sonst  Ton  Jetn 
srsihft  Wied,  daft  er  ajr  r^qu  kaXtiv  %i  datiiimuj  ors  rfimr 
CUV  aiiov  (Marc.  1,  S4.  Luc.  4^  41.),  oder,  Iva  ftij  fpave(Wip 
cvtoy  noii^attßatv  (Marc.  3,  12.);  glaubte  also  Jesus  durch 
4ss  dem  Dämon  aufgelegte  Schweigen  dat  Bekanntwerden 
teiaer  Mettianitit  Terhindem  sn  kttnnen,  so  muft  er  der 
Meüiung  gewesen  sein,  dafs  ntehf  der  Besessene  dnr6h  dat 
Volk  in  der  Synagoge  etwas  von  derselben  gehört  habe, 
Tielmehr  uiDgekehrt  dieses  es  von  dem  Besessenen  erfahren 
k6«nte;  wie  denn  auch  in  der  Zeit  des  ersten  Auftritts 
Jssu,  in  welche  die  Evangelisten  den  Vorfaü  Terlegen^ 
Boch  Niemand  an  seine  MessianitSt  gedacht  hat. 

Fragt  es  sich  demnach,  wie,  ohne  Mittheilung  von 
■issen,  der  Dimonische  Jesum  als  Messias  durchschaut 
haben  k6nne?  so  beruft  sich  OtSHAimif  auf  die  unnatür- 
lich gesteigerte  Nerventh«tigkeit ,  welche  in  dfimonisehen 
Penoiten  wie  in  somni  mhuien  ein  ^erst^irktes  Alinungsver- 
aSgen,  eine  Art  von  Hellsehen  hervorbringe,  vermöge  det- 
m  ein  toleher  Mentch  gar  wohl  die  Bedeutung  Jetu  filr 

ganze  Geisterreich  habe  erkennen  können  Allein 
Abgesehen  von  den  starken  Zweifeln,  welchen  die  Wirk- 
Üehkeit  einet  tolehen  Helitehent  bei  SoauianbOleD  noch 
isierliegt ,  to  tehreibt  die  evangeKsehe  Darstellung  Jene 
Kunde  nicht  einem  Vermögen  des  Kranken,  sondern  des 


üiyilizeQ  by  GoOglc 


*U  Zweiter  Abtehaltt.  ^ 

in  ihm  wohiieiicien  Dämons  zu,  wie  diefs  auch  allein  den 
damHÜgea  jüdischen  Vorstellungen  angemessen  ist.  Der 
Hetsias  sullte  erscheinen ,  um  das  dSmonische  Reich  sa 
•tilrsen  C^Ttoliaai  f]/iias,  vgl.  1  Job.  3,  8.  Lae,  III)  ISf.)» 
den  Teufol  sammt  seinen  Engeln  in  den  Feuerpfuhi  -ma 
werfen  .(Matth.  25,  41.  Offenb.  20  ^  10.)  0,  und  dnfs  nun 
die  Dämonen  denjenigen  ^  der  ein  solches  Gericht  über  sie 
m^  fiben  bestimnit  war»  ele  solchen  erkennen  würden,  er* 
gab  sieb  yon  selbst  ^>   Da  wir  demnach  einerseits  eine 
wirkliche  Existenz  von  Dämonen  in  jenen  Leidenden  nicht 
annehmen,  das  jedoch  ebenso  schwer  ans  denken  können, 
dnfs  Jene  Menschen  selbst  Termtfgei  einer  Helisehergabe  Je- 
sum  Bu  einer  Zeit ,  wo  ihn  sonst  noch  Niemand,  und  Tiei- 
leicht  er  sich  selbst  noch  nicht,  für  den  Messias  hielt,  als 
selchen  erkannt  haben ;  andrerseits  aber  dieses  Erkanntwer« 
den  des  Messias  Ton  den  Dämonen  so  gans  mit  den  Tolks- 
tlitf milchen  yorstellungen  BusemmentröiFen  sehen:  so  mOs-t 
sen  wir  wohl  vermuthen,  dafs  in  diesem  Punkte  die  evan- 
gelische Tradition  mehr  diesen  Vorstellungen ,  als  der  hi- 
storischen Wahrheit  gemäis  sich  gebildet  habe  Ulesq 
war  am  so  mehr  Veraniassang ,  Je  rühmlicher  fiHr  Jesam 
eine  solche  Anerkennung  von  Seiten  der  Otfmonen  war. 


3)  TgL  BiKTaoLDT,  Gbriitol.  Jod.  §§.  36.  4J, 

4)  Nach  Fesikta  ia  Jidkut  Schimoni  ^ ,  f.  56  >  3.  (s.  Bk|ithou>t, 
p.  185.)  erkennt  auf  ähnliche  Weise  der  Satan  den  unter  dem 
Throne  GoUes  präexistircndcu  Messias  nüt  Sclufchrn  als  don- 
jenigcn,  (|ui  nie,  sagt  er,  et  omnes  gentUet  in  inffmum  prao- 
cipilaturus  est. 

5}  Fhitzschs,  ia  Marc.  p.  35:  In  multis  ovangelioriun  locit  ho^ 
laiae»  legat  a  praTia  dacmoDihut  agitatoa^  quam  primuni  con- 
.  apexerlat  Jesumy  eiim  Metaiam  eaaey  a  nemine  iinquam  de 
hac  ce  90]mn9nito«y  atatim  iatelligere«^  qua  re  bac  noaJtH 
a^riptorea  ducii  aunt  aenteatia,  oonacntaneimi  eaae,  Sataaaa 
aatellitea  faeile  cognoTiaae  Meaaiam,  qulppe  insignia  de  9p 
sypplida  ali^iuando  «umtnrum. 


Digitized  by  Google 


^  Neuntes  Kapitel.   {*  89«  '25 

Wie  iliin,  da  die  Erwaclisonen  ihn  verkannten,  aus  dem 
Munde  der  Kinder  Lob  zubereitet  Mar  (Matth.  21  ^  16.)) 
wie  er,  falls  die  Menschen  schwiegen,  überseogt  war,  data 
die  Steine  schreien  wOrden  (Luc.  19,  40.):  so  mofste  es 
sngemessen  scheinen,  den,  welchen  sein  Volk,  das  zu  ret- 
ten er  gekommen  war,  nicht  anerkennen  wollte,  von  den 
Dämonen  anerkannt  werden  sq  lassen,  deren  Zeugnifs,  *  weil 
sie  nur  Verderben  yon  ihm  ma  gewarten  hatten,  unpar- 
teiisch, und  wegen  Ihrer  höheren  geistigen  Natur  aaver« 
liLssia:  war« 

Haben  wir  in  der  zulezt  betrachteten  Heilnngsgeschichte 
eines  Dfimonlschen  eiiie  Ton  der  einfachsten  Gattung  gehabt : 
so  begegnet  uns  In  derErzfihlung  von  der  Heilung  der  be- 
sessenen Gadarener  (Matth.  8,  28  ff.  Marc.  5,  1  ff,  Luc.  8, 
26  fiC)  elae  höchst  zusammengesezte ,  indem  wir  hier,  ne« 
ben  mehreren  Abweichungen  der  Evangelisten,  statt  £inea 
Dfimons  viele,  und  statt  des  einfachen  Ausfahrens  derselbea 
ein  Fahren  in  eine  Schweineheerde  haben. 

Nach  einer  stürmischen  Uberfahrt  über  den  G^nliiäischen 
See  an  das  östliche  Ufer  begegnet  Jesu  nach  Markus  und 
Lukas  ein  Oltmonischer,  welcher  sieh  in  den  Grabmftlei^ 
jener  Gegend  auflüelt^)  und  mit  furchtbarer  Wildheit  ge- 
gen sich  selbst  ^)  und  andere  zu  wüthen  pflegte ;  nach 
Matthüus  waren  es  ihrer  cwei^  £s  Ist  erstaunlich,  wie 


6)  iSin  Licblingsaufcnthalt  der Rsseaden,  s.  Li6htfootu.  Scuött« 
BF.jf  z.  d.  St.,  und  der  iwreinen  Geitter,  die  rabliiiuacbeii 
Steilen  bei  Wststsik. 

7)  Dati  das  mmitdnrMtw  iarr^v  Zt9o$$,  weichet  Markut  demBe* 
testenea  sutchreibt,  in  lichten  Ausblicken  tlt  Busse  lllr 
•eine  Verschuldung  von  ihm  gescliehen  sei,  gehtfrt  sa  den 
Unrichtigkeiten,  zu  welchen  Olshavskn  durch  se  inen  fal8chen| 
moralisch  -  religiösen  Standpunkt  in  Betrachtung  dieser  Er- 
tcheinungen  verführt  wird  ,  da  doc]i  bekannt  genug  ist ,  wi« 
gerade  in  den  Faroxymea  ftoicker  Kranken  die  teibtUcrittt* 
reade  Wuth  eintritt. 


Digitized  by  Google 


2« 


Zweiter  Abschnitt. 


lange  sich  hier  die  Harmonistik  mit  elenden  AuBflfichteni 
vriey  defii  Marku«  und  Lukas  nar  Einen  nennen,  weil  die- 
ser durch  Wildheit  sich  besonders  ausgeseichiiet,  oder 
jVfatthttu8  zwei,  weil  er  den  dem  Wahnsinnigen  zur  Auf- 
sicht beigegebenen  Begleiter  loitgezühit  habe,  und  dergl.  ^) 
behoifen  hat,  bis  man  eine  wirkliche  Differens  swischen 
beiden  Relationen  nngeben  mochte.  Hiebe!  hat  man,  in 
£rwfigung  dessen ,  dafs  dergieichen  Rasende  ungesellig  zu 
sein  pflegen,  der  Angabe  der  beiden  mittlem  Evangelisten 
den  Voraug  gegeben,  und  die  Verdoppelung  des  £inen  Da- 
monisehen  bei  dem  ersten  daraus  erklärt,  dals  die  Mehr- 
heit  der  öaluovesj  von  welchen  in  der  Ersählung  die  Rede 
war,  dem  Referenten  zu  einer  Mehrheit  von  Ja<//0)7^(!//evot 
geworden  sei  ^J«  Allein  so  entschieden  ist  die  Unmöglich- 
keit, dais  Ewel  Rasende  In  der  Wirklichkeit  sich  snsam* 
mengeseilen,  oder  vielleicht  auch  nur  in  der  ursprünglichen 
Sage  zusammengestellt  wurden,  denn  doch  nicht,  dafi» 
hierauf  allein  schon  ein  Vorzug  des  Berichts  bei  Markus 
nnd  Lukas  Tor  dem  bei  Matthilns  sieh  begrdnden  llefse. 
Wenigstens  wenn  man  fragt,  welche  der  beiden  Darstel- 
lungen der  Sache  leichter  aus  der  andern,  als  der  ursprüng- 
lichen, in  der  Überlieferung  sich  habe  bilden  können?  so 
wird  man  die  Möglichkeit  auf  lieiden  Seiten  gleich  grofa 
finden.  Denn  wenn  auf  die  oben  angeseigte  Weise  die 
mehreren  Dfimonen  zu  der  Vorstellung  auch  von  mehrei*en 
Dämonischen  Anlals  geben  konnten.,  ao  läfst  sich  ebenso 
«mgekehrt  sagen :  in  der  dem  Faktum  näheren  Darstellung 
des  Matthäus,  wo  ron  Besessenen  sowohl  als  von  Dämo- 
nen in  der  Mehrzahl  die  Rede  war,  trat  das  specilisch 
Ausserordentliche  dieses  Falls  nicht  genug  hervor,  dals  auf 


g)  t.  die  Sauimhtng  von  dergleichen  Erklärungen  bei  FniTstcas^ 

in  Maiib.  p.  527. 
9)  so  ScMVLz,  über  das  AbendaMhl,  S*  909;  TAmot  s.  d.  Si.j 

lUiB,  L.  J.  %.  75.  > 


Digitized  by  Google 


£iii  ladiviilaaBi  mehrm  llaionan  kimeiiy  and  indem  »«ni 
mm  dieses  Verliiitoifs  iierorsnheben)  eleh  beim  Wiederer- 
lihlen  so  ausdrücken  nifäte,  dafs  in  Einem  Menschen 
mehrere  Dämonen  sich  bfunden  haben,  so  lionnte  dlefs 
leicht  Veraniassnng  werAn»  dafs  naeh  und  nach  dem  Piu- 
ral  der  OXmonen  ge^^enOler  der  Besessene  in  den  Singular 
gesezt  wurde.  Im  Ubrign  ist  in  diesem  ersten  Eingang 
die  £r2ähinng  des  Matth. us  kurz  und  allgemein,  die  der 
beiden  andern  ansfahriiel  malend^  woraus  man  gieichfalls 
aichs  ennangelt  hat,  auf  tte  grölsere  UrspriinglichlLeit  der  * 
lesteren  nn  schliefsen '  °).  Gewifs  aber  iiann  ebensowohl 
die  AnsHihrang,  in  welcYe  sich  Lukas  und  Markus  thei- 
len,  ciais  der  Besessene  kein  Kleid  an  sich  geduldet»  alle 
Fesseln  nerrlssen,  nnd  siel  sellist  mit  Steinen  geschlagen 
habe,  eine  willkührliche  Ausmalung  der  einfachen  ßezeich»  ' 
Dung  xcdsTioi  Uav  sein,  welche  Matthäus  nebst  der  Folge, 
dab  Niemand  Jenen  Weg  labe  gehen  können ,  giebt^  als 
diese  eine  nngenane  Znsammenfassung  Ton  Jener. 

Die  Eröffnung  der  Scene  zwischen  dem  oder  den  Dä- 
Bonischen  und  Jesus  geschieht  hier  wie  oben  durch  einen 
sngstrollen  Znmf  des  Dämonischen  in  der  Person  des  ihn 
bssitienden  DlsMinsi  dals  er  mit  Jesus,  dem  Messias,  von 
welchem  er  nur  Qualen  sn  erwarten  hätte,  nichts  nn  sehaf* 
fen  haben  wolle.  Die  eur  Erklärung  der  Erscheinung, 
dafs  der  Dämonische  Jesnm  sogleich  als  Messias  erkannt, 
gemneblen  Postnlate,  dafs  Jesus  damals  wohl  auch  schon 
auf  dem  perillschen  Ufer  als  Messias  genannt  werden  sei  ' 
oder  dafs  dem  Menschen  (welchem  seiner  Wildheit  wegen 
Mismand  nahe  kommen  konnte!)  einige  von  den  mit  Je« 
m  aller  den  See  Gekommenen  gmgt  haben,  dort  sei  der 
Meseiai  na*s  Land  gestiegen  '     sind  gleicherweise  gmnd« 


M)  Scnms,  s«  s.  O. 

11)  SeaLanaK&CMUi,  6ber  den  Lukas,  8.  127* 

12)  VkMVO^y  h,  J.  1,     S.  2il, 


uiyitized  by  Google 


t  ■ 

9» 


» 

Zweiter  Abtemilt 


los,  alt  oifenbar  iit,  wie  anch  iiir  diieseibe  jAdisch-chriit- 
liche  Voraussetzung  Aber  das  lerhfiitnils  der  DXmonen 

zum  Messias  wie  oben  diesen  Zi^  der  Erzählung  hervor- 
gebracht bat*^).    Indefs  tritt  bleinoch  eine  Differenz  der 
fieriebte  ein.   Naeb  Mattbtta«  ntaUcb  rufen  die  Besetie- 
nen,  wie  sie  Jesu  ansicbtig  werdet :  ti  t^fuv  xal  aol  — ;  7]^* 
O^eg  — ßumvioai  rjfiug;  nach  Lulas  fällt  der  Dämonische 
Jesu  sa  Fufsen,  und  bittet  ibn;  ju^  /le  ßaaccvtafis'  nach 
Markus  endlicb  itfnft  er  von  ferne  berbd,  um  Jesum  fufs- 
ftiiig  bei  Gott  SU  beschwören,  difs  er  ibn  nicht  quälen 
möchte.    Wir  haben  also  vviedei  einen  Klimax :   bei  Mat- 
thäus ein  schreckenvolles  Abwehren  des  unerwünscht  kom-  ' 
»enden  Jesus:  bei  Lukas  eine  bittende  Annäherung  an 
den  geurenwärtioren  ;  bei  Markuf  sogar  ein  eiliges  Aufsu- 
chen des  noch  entfernten.    Die  Erklarer,  von  Markus  aus- 
gehend, müssen  selbst  angeben,  dafs  das  Hersulaufen  eines 
Dänoniscben  su  Jesu,  den  er  dsch  fürcbtet,  etwas  Wider- 
sprechendes sei,  wefswegen  sie  sich  durch  die  Annahme 
helfen,  der  M  ensch,  als  er  sich  gegen  Jesnni  liiii  in  Hewe- 
gung  seete,  sei  in  einem  lichten  Augenblick  gewesen,  in 
welchem  er  vom  Dämon  befreit  au  werden  wünschte ,  und 
erst  durch  die  Erhitaung  des  Laufens     ,  oder  durch  die 
Anrede  Jesu        sei  er  in  den  Paroxysmus  gerathen,  in 
w^elchem  er  in  der  Rolle  des  Dämons  um  Unterlassung  der  . 
Austreibung  bat.   Aliein  in  den  susammenbängenden  Wer- 
ten  bei  Markus:  Idtav  —  B^Qnine  —  iraJ  nnooBiev  rfit  —  »al 
y^Qa^ug  —  fJrr«*  ist  keine  Spur  von  einem  Wechsel  seines 
Zustandes  zu  finden,  und  es  bleibt  so  das  Unwahrschein- 
liche seiner  Darstellung;  denn  der  wirklich  Besessene  hät- 
te sich,  wenn  er  den  gefürcbteten  Messias  Ton  ferlie  erkann- 
te, eher  so  schnell  wie  möglich  davon^cmaclit,  als  6ich  ihm 


15)  s.  FaxTCtciii,  in  Mittb.  S.  S39. 

14)  Natürliche  GcKchiclitc,  2,  174. 

15)  Fallus,  cz.  üandb.      b.  S.  473  \  Ommaussm,  S.  S02. 


Digitized  by  Google 


fenihcrt}  und  wean  aioh  die£t',  fo  konste  er^  der  alch 
darch  einen  Gott  feindeeligeD  Dimon  beeeteen  fknlkte, 
Jesom  doch  gewifs  nicht  bei  Gott  beschwören,  wie  3Iar« 
lins  den  Dämonischen  thun  läfst  Kann  demnach  sei- 
ne Darstellung  hier  die  ursprüngliche  nicht  sein,  so  iat  die 
dee  LoJk««  Ihr  so  Yerwtndt,  nnd  eigentlich  nur  um  d}e 
Züge  dee  flensulaafens  «nd  Beschwörens  einfacher,  als  dafs 
wir  sie  für  die  dem  Faktum  nächste  ansehen  könnten.  Son- 
dern die  au  reinsten  i^aitene  ist  ohne  Zweifel  die  des 
Matthias 9  deren  edureclienrelle  Frage:  r^lO$g  aidt  oqo 
xatQH  ßccoariaai  rjtag;  einem  Dfimon,  der  als  Feind  des 
Messiasreichs  vom  Messias  keine  Schonung  zu  erwarten 
hatte,  weit  natürlicher  steht ,  als  die  Bitte  um  Scbonniig. 
•  bei  Marliu«  ond  Luliasy  wenn  gleich  Phiioetratna  in  ein^r 
firaffhlong ,  die  man  als  Nachbildung  dieser  evangelischen 
ansehen  könnte,  sich  an  die  ieztere  Form  geiialten  hat  ' 

Während  man  nach  dem  Bisherigen  glauben  rnalstf ^ 
die  Dfimonen  haben  hier  wie  in  der  ersten  £rslihian|^  oh^ 
ne  dafs  etwas  von  Seiten  Jesu  vorangegangen  war,  ihn  anf  « 
die  beschriebene  Weise  angesprochen:  so  holen  nun  die 
ewei  mittleren  Evangelisten  nach,  Jesus    habe  nämlic|i 
dem  nnsanbem  Geiste  geboten  gehabt,  den  Menschen  mvt 
verlassen.    Ks  fragt  sieh,  wann  Jesus  dieis  getban  h^ 
ben  soll.    Das  Nächste  wäre:  ehe  der  Mensch  ihn  anre- 
dete ^  aber  mit  dieser  Jinrede  ist  bei  Lukas  das  nQOffifUQSf 
nnd  mit  diesem  weiter  rflcl(wlirts  das  avecMQa^as  sa  eng 
verbunden,  dafs  man  den  Pefehl  Jesu  vor  den  Schrei  und  « 
Fufsfall  als  deren  Ursache  setzen  müCste.    JSun  aber  i.nt 
als  Lirsache  davon  vielmehr  der  blofse  Anblick  Jesu  ange- 
geben, so  dais  oMui  liei  Lukas  nieht  sieht,  wo  jene!  Gebot 


16)  Dies»  fiadea  auch  Fauv»  S,  474.  und  OuRUitxx  S«  BOh  auf- 
fallcad« 

*  17)  ]Es  ist  diess  die  EnXhlaag  von  der  EaHarvnog  einer  IHnposa 
durch  Apollonias  von  Tyana^  vit.  Ap.49  35$  hei  fiiva  $•  145« 


Digitized  by  Google 


Ii  Zweiter  Abtehnitl. 


Jera  seine  Sielle  finden  teil.  Neeh  sehlimmer  Itt  et  fiel 

Markus,  wo  der  Zuruf  Jeto  rfnrch  eine  fihnliche  Verket- 
tung der  S.'itze  sogar  vor  das  td()ufte  eurückgeschoben 
winl|  flo  dafs  Jesus  londerbarerweise  schon  ans  der  Feme 
dem  Dämon  das  i^eX^s  eugeruftn  haben  mOfsle*  Wenn 
auf  diese  Weise  bei  den  beiden  nittleren  Evangelisten  ent- 
weder die  vorangescliickte  Eusammenh/mgende  Darstellanj^ 
oder  der  daraaffolgende  Zusas  unrichtig  sein  mufs:  so 
fingt  sieh  nvr,  was  von  beiden  eher  den  Schein  des  DnhI- 
storischen  wider  sieh  habe?  Und  hier  hat  selbst  Schlbibr- 
MACBBR  eingeräumt,  wenn  in  der  ursprünglichen  Erzählung 
Ton  einem  vorausgegangenen  Gebote  Jesu  die  Rede  gewe- 
sen wirO)  so  wQrde  dieses  gewifs  in  seiner  reehten  8teiie 
Tor  der  Bitte  der  Mmonen^  nnd  mit  AnfiBhmng  der  elg* 
nen  Worte  Jesu  gegeben  worden  sein  ;  wogegen  seine  je- 
nige Stellung  als  Nachtrag,  und  ebenso  seine  abgekUrsto 
Fassang  in  der  oratio  obliqua  (bei  Lnlias;  erst  Markus 
wandelt  sie  naeli  seiner  Welse  In  oratio  recta  um)  sehr 
stark  die  Vermuthung  begründe,  dafs  es  auch  nur  ein  er- 
iLiirender  Nachtrag  des  Referenten  ans  eigener  Conjektur 
sei  '*)•  Und  Bwar  ist  es  ein  lifielist  störender,  indem  er 
der  gansen  Scene  nachträglleh  eine  andee  Gestalt  glebt, 
als  sie  von  vorne  herein  zeigte.  Zuerst  nämlich  war  sie 
auf  ein  Euvorkommendes  Erkennen  und  Bitten  des  Dämo* 
nisehen  angelegt:  nnn  aber  Mit  der  £rsfihler  ans  seiner 
Rotte 9  und  in  der  Meinung)  der  Bitte  des  Dftmons  um 
Schonung  müsse  ein  harter  Befehl  Jesu  vorangegangen  sein^ 

iS}  a.  s*  O.  S.  128.  Wenn  er  nun  aber  diese  unrichtige  Ergän- 
•ung  voA  Seiten  des  Lukas  daraus  erklärt,  dass  sein  Bericht- 
erstatter vermuthlich  beim  Schift'  beschäftigt  und  etwas  au. 
rttckgeblieben)  dem  Anfang  der  Sceae  mit  dem  DSmonischea 

JUht  angewehat  habe)  so  ist  dicss  ein  gar  tu  neugieriger 
charftina  aeben  der  Teraltelaa  Annahme  eines  mtfglichst 
nnmiltelbarcn  Verlililtnisses  der  eTangeliscbea  Berichte  an 
den  Tkatsachea. 


Digitized  by  Google 


,31 


beaierkt  er  iMchAiIgend,  da(s  Jesat  Tielmehr  mit  telneai 
Gebote  «iiTorgekoniiien. 

An  die  Nachholnng  dieses  Gebots  schliefst  sich  nnn 
bei  Markus  und  Lukns  die  Frage  Jesu  an  den  JDtimon  an: 
ti  aoi  orofta;  worauf  sich  eine  Mehrheit  von  Dfimonen 
Bo  erkennen  giebt,  und  als  Ihren  üamen  XeyBiov  beceleh- 
nct,  —  eine  Zwischenhandlung,  von  welcher  Matthäus  nichts 
hat.    Wie  wiire  es  nun,  wenn,  wie  der  vorige  Zusas  ei- 
ne naehtrftgiiclie  firkilirong  des  Vorhergehenden,  so  diese 
Frage  and  Antwort  eine  vorausgeschickte  Einleitung  des 
Folgenden  wäre?  und  ebenso  nur  aus  den  eigenen  Mitteln 
der  Sage  oder  des  Referenten  ?   Der  sofort  von  den  Dtt- 
monen  ansgesproehene  Wonach  nämlich,  In  die  Schweine» 
heerde  m  fahrei^,  sest  swar  auch  bei  Matthias  eine  Mehr- 
heit von  DSmonen  in  Jedem  der  beiden  Besessenen  voraus, 
weil  doch  die  Zahl  der  bösen  Geister  beiläufig  der  Zahl 
der  Sehweine  entsprechend  gedacht  werden  mafs:  eben 
dieses  Entsprechen  aber  der  beiderseitigen  Annahl  schien 
noch' besonders  hervorgehoben  vrerden  ca  müssen.  Was 
nun  bei  Thieren  eine  Heerde,  das  ist  bei  Menschen  und 
höheren  Wesen  ein  fleer,  oder  genauer  eine  Ueeresabthei- 
lang,  and  da  lag,  wenn  eine  gröfsere  AbtheUung  beseich- 
net  vrerden  sollte,  nichts  nSfier,  als  die  rSmIsehe  Legion, 
welche  Matth.  26,  53.  auf  die  Engel,  wie  hier  auf  die  Dä- 
monen nngewefidet  ist.  —  Dafs  es  nun  aber,  auch  abgese- 
hen von  dieser  niheren  Bestimmung,  mehrere  Dämonen  ge- 
Hesen  sein  sollen  ',  welche  hier  in  £fnem  Individuum  Ihre 
Wohnung  aufgeschlagen  hatten,  ist  als  undenkbar  eu  be- 
leichnen.   Denn  wenn  man  Ewar  so  viel  etwa  noch  sich 
forscdlig 'machen  kann,  wie  Ein  Dffmon  mit  Dnterdrfickung 
des  loenschlichen  BeWurstselns,  sich  eines  menschlichen  Or- 
gflnismus  bemflchti..en  könne:  so  geht  einem  doch  alle  Vor- 
fteiiang  aus,  soh.-tld  man  gar  viele  einen  Menschen  besi- 
senda  dämonische  Persdniichkeiten  sieb  denken  soll.  Denn 
da  dieses  Beiitsan  nichts  Andres  Ist,  alsj  sich  cum  Sab- 


uiyui^cG  Google 


^2  Z w ei  t er  , Absc hnitt. 

jekt  des  Bcwnfstselns  in  einem  Individnnm  machen,  dns 
'  Bevriifstsein  aber  in  der  Wiridichkeit  nur  Eine  Spitze,  Ei- 
nen Mitteiponkl  haben  kann :  so  itt  jedenfalis  das  achleeh» 
terdings  nicht  su  denken,  daCi  su  gleicher  Zeit  mehrere 
Dämonen  von  einem  Menschen  sollten  Besiz  nehmen  kön- 
nen 9  und  ea  könnte  die  mehrfache  Besitaung  immer  nnr 
Ton  einem  auceeasiven  Wechaei  dea  Beaeaaenaeina  dnreh 
Terachiedene  DXmonen  veratanden  werden,  und  nicht  wie 
hier  ein  ganzes  Heer  derselben  zugleich  im  Menschen  sein 
vnd  sugleich  ihn  verlassen. 

Darin  nun  atimmen  weiterhin  alle  £rsfthlai^|en  fibereiny 
dafs  die  DiMnonen  (um  nicht,  wie  Markua^agr,  auaser  Lan- 
dea,  oder  wach  Lukas  in  den  Abgrund  verwiesen  zu  wer- 
den) Jeaum  um  die  Erlaubnils  gebeten  haben,  in  die  h^- 
nachbarte  Schw^neheerde  zu  fahren,  dala  ihnen  diefa  von 
Jesu  gestattet  worden ,  und  aofort  durch  ihre  Einwirkung 
afimmtliche  Schweine  (Markus,  man  darf  nicht  fragen,  aus 
weiphen  Mitteln,  bestimmt  ihre  Zahl  auf  2UÜ0)  in  den  See 
goftllret  und  ersoffen  aeten.  Bleibt  man  hier  auf .  dem 
fikandpunkt  der  Berichte ,  welche  durchaus  wirkliche  Dfi- 
monen  voraussetzen,  stehen,  so  fragt  es  sich;  wie  können 
Dämonen,  —  eingeräumt  auch,  dals  sie  von  Menschen  Be- 
ain  nehmen  kdnnen,  —  wie  können  ale  aber,  ala  in  jedem 
Fall  TernOnfrige  Geiater ,  den  Wnnaeh  haben  and  errel« 
chen  ,  in  thierische  Bildungen  einzugehen  ?  Jede  Religion 
und  Philosophie,  welche  die  Seelenwanderung  verwirft, 
mala  aua  demselben  Grunde  anch  die  Möglichkeit  eines  aol- 
chen Uhergangea  läugnen,  und  Olshausen  atellt  vollkom- 
men richtig  die  gadarenischen  Säue  im  N.  T.  mit  Blleams 
£sel  im  alten  als  ein  ähnliches  OHavdtdov  -/ml  niioaxo^cc 
Boaammen  '^).  Diesem  ist  er  aber  durch  die  Bemerkung, 
dafa  hier  nicht  aii  ein  Eingehen  der  einseinen  Dämonen  in 
die  einaelnen  Schweine,  sondern  an  ein  bloröcs  Einwirken 

^  •  •  • 


Digitized  by  Google 


lieonte«  Kapitel.   $.89.  33 

tiamtllcher  bdsen  Geister  auf  die  TJUermusse .  mn  denken 
sei,  mehr  aus«rovv!chen,  als  dafa  er  diiHiber  hinwegg^konl- 
meii  wiire.    Deiiii  dan  dotliytlv  eig  z«,'  x^>^i!^S^  ^  ®* 
i^eK^uv  ise  th  ävl^qvmH  gegenübersteht,  kann  doch  uiiioog« 
lieh  etwas  Anderes  bedeuten^  als  da(s  die  Dänlonen  In  das- 
selbe  yerhSltnifs,  in  welchem  sie  bisher  isn  den  besessenen 
Menschen  gestanden,  nunmehr  zu  den  Solmelnen  getre- 
ten  seien  ^  auch  konnte  sie  vor  der  Verbannung  ausser 
Landa  oder  in  den  Abgrund  nicht  ein  blo&es  Einwirken^ 
sondern  nur  ein  wirkliches  £inwohnen  in  den  Leibern  der 
Thiene  bewahren:   so  dafs  jenes  a/Miiialov  stehen  bleibt. 
Unmöglich  also  kann  jene  ßitte  von  vvii  klichen  Dämonen, 
sondern  nur  etwa  von  Jüdischen  Wahnsinnigen  vorgebracht 
worden  sein,  nach  den  Vorstellungen  ihres  Volks,  Ohne 
leibliche  UOlle  zU  sein,  macht  diesen  zufoJgc  den  bösen 
Geistern  Uuai,  weil  sie  ohne  Leib  ihre  sinnlichen  LUste 
nicht  befriedigen  können         waren  sie  daher  ans  den 
Menschen  ausgetrieben ,  so  mnfsten  sie  in  Thierleiber  sa 
fahren  wünschen,  und  was  taugte  für  ein  jcv^v^ict  uxu^uorov 
besser,  als  ein  ^üov  ctxdl^aQTOv,  wie  das  Schwein  war  ?  -») 
So  weit  könnten  also  die  Evangelisten  in  diesem  Punkt  das 
Faktische  richtig  wiedergeben,  indem  sie  nor  ihrer  Vor- 
stelUtno:  »emäCn  den  Dämonen  sd schrieben .  was  vielmehr 
die  Kranken  aas  ihrem  Wahne  heraus  sprachen,  ^uu 
aller,  wenn  es  weiter  heilst,  die  Dämonen  seien  in  die 
Sehweine  gefahren,  berichten  da  die  Evangelisten  nicht, 
eine  offenbare  Unmöglichkeit?   Paolos  meinte  auch  hier, 
wie  sonst  immer,  identiticircn  die  Evangelisten  die  besesse- 
nen Menschen  mit  den  sie  besitzenden  Dä.uioneu,  undsclirei« 


ao)  Clem.  ^om.  9,  10«  . 

21)  Fmmtciat,  in  Matth,  p.  3^«  NSch  EltiicMiRsaa  2,  447  C  hal- 
ten sich,  der  jüdischen  VortteUuag  gemSst»  die  Dämonen 
überhaupt  gern  an  unreinen  Orten  auf^  und  in  ^slkut  Rubc» 
ni  f.  10,  2.  (bei  WmTSni)  findet  sich  die  Notii :  Anima  ido- 
lolalraruin,  quae  venit  a  tpirittt  inunundo,  Yocatur  pofcut.« 
JJas  Liehet  Jtsu  Jl.  Band. 


üiyilizeQ 


Zweiter  Abschnitt. 


lien  also  das  ila^X^Blv  tig  Tsg  xo/^a^  den  lezteren  cu,  wäh- 
rend doch  in  der  WirliiichJfteU  nnr  die  ertteren  ihrer 
iiteii  Idee  geinäfs  auf  die  Schweine  iotgemnnt  seien  ^-'). 
Hier  liefse  sich  zwar  des  Matthäus  dntjk^ov  eig  tüs*  yß^' 
QBijy  für  sich  genomnieu,  etwa  noch  von  einem  Losrennen 
auf  die  Heerde  verstehen;  aber  nicht  nnr  mufs  Paulos 
selbst  einräumen,  dafs  das  etaBl^vreg  der  beiden  andern 
Synoptiker  ein  wirkliches  Hineingehen  in  die  Schweine 
i>ezeichne^  sondern  es  hat  auch  Matthäus^  wie  die  beiden 
andern ,  vor  dem  anr^l&0¥  ein  i^el&ivzBg  oi  daifiorfg  (se. 
'  in  ttav  av9^omfa¥)j  wodurch  also  die  in  die  Schweine  fah- 
renden Dämonen  von  den  IVlenschen ,  aus  welclien  sie  vor- 
her wichen^  deutlich  genug  unterschieden  sind  ^^).  So  er« 
sählen  also  unsre  Berichterstatter  hier  nicht  bios  wirklich 
Vorgefailenes  9  gefärbt  durch  die  Verstellungsweise  ihrer 
Zeit,  sondern  hier  haben  sie  einen  Zug,  der  gar  nicht  auf 
diese  Weise  vorgefallen  sein  kann. 

Neuen  Anstois  macht  die  Wirkung,  welche  die  Dä- 
monen in  den  Schweinen  hervorgebracht  haben  sollen* 
Kaum  in  dieselben  gefahren  nämlich  sollen  sie  die  ganze 
Heerde  angetrieben  haben ,  sich  in  den  See  zu  stttraen, 
wobei  man  mit  Recht  fragt,  was  denn  die  Dämonen  nun 
durch  das  Fahren  in  die  Thiere  gewonnen  haben,  wenn 
sie  diese  alsbald  vernichteten ,  und  sich  somit  der  so  sehr 
j^rbetencn    leidlichen  Interimswohnung  selbst  nieder  be- 
raubten     S   Die  Vermuthung,  die  Absicht  der  Dämonen 
bei  Vernichtung  der  Schweine  sei  gewesen,  die  Gemüther 
der  £igenthümer  durch  diesen  Verlast  gegen  Jesum  einsn- 
nehmen,  was  auch  erfolgt  sei*^),  ist  zu  weit  hergeholt; 
dio  andre,  dafs  der  mit  Geschrei  auf  die  Heerde  losstttr- 


22)  a.  a.  O.  S.  474.  485.    Ebenso  Wwbs,  b.  Realw.  1,  S.  192, 
2^)  FbitsschSi  in  Matth.  S.  .050. 
24)  Favivs,  a.  a.  O.  S.  475  L 
2S>  Qlsuavssii,  S.  307. 


Digitized  by  Googl 


NeiMitet  KapiteL   §.  89.  Zfk 

sende  Dämonische  samrat  den  im  Schrecken  davonlaufen- 
den Hirten  die  Schweine  sehen  gemacht  und  ins  Walser 
gejagt  habe       würde,  wenn  «ieaaehnielit  naeh  demObi* 
gen  den  Texl  aawlder  wäre,  .doeh  nicht  hinreichen,  um 
das  £rtrinlLen  einer  Heerde  von  2000  Stücken  nach  Mar- 
kus, oder  überhaupt  nur  einer  grofsen  Heerde,  nach  Mat- 
thAoa,  m  erJdären.  Die  Antflnoht,  dafii  wohl  nur  ein  Theü 
der  Heerde  ersoffen  sei  '7),  hat  in  der  etangeliaehen  £r- 
Bihinng  nicht  den  mindesten  Halt  —  Vermehrt  wird  fdr 
diesen  Punkt  die  Schwierigkeit  durch  die  nahe  liegende 
Reflexion  auf  den  nicht  geringen  Schaden ^  weichen  das 
Ertrinken  der  Heerde  den  £igenthflmem  braehte,  and  des-  • 
•en  nrfttelhaver  Drheher  Jesus  gewesen  wire«   Die  Ortho- 
doxen, wenn  sie  Jesum  in  irgend  einer  W^endting  dadurch 
rechtfertigen  wollen,  dafs  durch  Zulassung  des  Übergangs 
der  Dämonen  in  die  Schweine  die  Heilung  des  Besessenen 
möglleh  gemacht  worden  sei,  ttnd  dafs  doch  gewifs  Thiere 
getüdtet  werden  dürfen,  damit  die  Menschen  lebendig  wer- 
den ^*),  bedenken  nicht 5  dafs  sie  hiedurch  auf  die  für  ih- 
ren StandpnniU  ineonseqnenteste  Weise  die  absolnte  Macht 
Jesn  Aber  das  dtoonisehe  Releh  liesoiirlnken«  Die  Ans- 
kanft  aber,  Jesus  habe,  sofern  die  Schweine  Juden  gehör- 
ten^  diese  fßr  ihre  gewinnsüchtige  Übertretung  des  Gesetzes 
strafen  wollen  ^'),  ttberhaupt  liabe  er  aus  göttlicher  Voll- 
■aelit  gehandelt  9  weiehe  oft  sn  lidheren  Zweclien  £insel* 
nes  ausrstöre,  and  durch  ßÜe,  Hagel  nnd  Überschwemmung 
fieler  Menschen  Habe  vernichten  lasse         worüber  Gott 


26)  Paulus,  S«  474« 
'  tO  Paüujs,  8.  48S;  Wmaa,  a.'  a.  O. 

28)  OuHAUSUf,  a.  a.  O. 

29)  Ders.  ehendss. 

50;  UtLMARw,  Über  die  üntündlichkeit  Jeiu,  in  ieinen  Studien, 
1,  1,  S.  51  f. 


üiyilizuQ 


3S 


Zweiter  Absctinitt. 


der  Ungerechtigkeit  anztiklAgen,  albern  wÄre ' ,  —  iliefs 
Sit  wieder  die  auf  orthodoxem  Standpunkt  unerlaubteste 
Vermischong  det  Standes  der  fimiedrlgimg  Christi  mit  dem 
seiner  Erhöhung,  ein  sehwlmerisehies  HinensgeKeii  Uber 
das  besonnene  pauiinfsche  yerouevov  rrro  vouov  (Gal.  4,  4.) 
ttiid  kav^OP  iximae  (Phil.  2,  T.)?  welches  uns  Jesiim  völlig 
•ncfremdet)  indem  es  ihn  auch  in  Besag  auf  die  sitdielie 
Bell rtheilung  seiner  Handlangen  Uber  das  Maafs  des  Mensoh« 
liehen  hinaushebt.  Es  blieb  daher  nur  noch  übrig,  das  vom 
Standpunkt  der  natürlichen  Erklärung  voraiisgesezte  Hin- 
einrennen der  Dämonischen  anter  die  Schweine  and  deren 
dalnrch  herbeigeführten'  Untergang  als  etwas  Jesa  selbst 
Unerwartetes ,  für  das  er  also  auch  nicht  verantwortlich 
sei}  darzustellen  ^^):   im  offensten  Widerspruch  gegen  die 
erangeiische  llarsteliung,  weiche  Jesam  die  Erfolge,  sofern 
er  sie  auch  nicht  geradesa  bewirkt,  doch  anfs  Bestimmte* 
ste  vorhersehen  läfst'').    Es  seheint  daher  auf  Jesu  die 
Beschuldigung  eines  Eingriffs  in  fremdes  Eigenthum  liegen 
sn  bleiben,  wie  denn  Gegner  des  Christenthums  diese  Jidp- 
Bihlang  sich  Iftngst  gehörig  sn  Motie  gemacht  haben  ^^>; 
wenigstens  wäre  Pythagoras  in  ähnlichem  Falle  weit  btlli« 
ger  verfahren,  da  er  die  Fische,  dei*en  Loslassung  er  von 
den  Fischern,  die  sie  gefangen  hatten,  auswirkte,  ihnen 
baar  besahlt  beben  soll  ^ 

'  Bei  diesem  Gewebe  von  Schwierigkeiten ,  welche  na* 
mentlich  der  Punkt  mit  den  Schweinen  in  die  vorliegende 
Eneählung  bringt,  ist  es  kein  Wunder,  dals  man  in  Besag 
auf  diese  Anekdote  frttber  als  bei  den  meisten  andern  ans 
dem  öffentlichen  Leben  Jesu  angefangen  bat  9  die  dorch- 
gängige  historische  Realität  der  Erzählung  zu  bezweifela^ 

31)  Olsraussk,  a.  a.  0* 
52)  Paului. 

33)  8.  Ullmaivn. 

34)  2.  B.  WooLSTOK,  Disc.  i,  S.  32  ff. 

35)  «lambUck.  vita  F>thag.  no.  36.  cd.  Hiessüag* 


Digitized  by  Google 


I 


Neuutes  KapittL   $.81^.  17 

md  iMbetondcte  den  Uatorgaiig  der  Schweine  mit  der 
Aneh  Jeernn  bewirkten  Auttreibong  der  Dümonen  aue- 

ler  Beziehung  zu  setzen.    So  fand  Krug  in  der  Stellung 
beiiier  Erfol^rc  ein  in  der  Tradition  entstandenes  vgtQuif 
n^iQor»  Die  Scliweine  seien  schön  Tor  der  Landung  Je- 
aa  darch  den  Starm,  der  wlihrend  seiner  Überfahrt  wtt« 
tfcete,  in  den  See  gestürzt  worden ,  und  als  Jesus  nachher 
den  Dämonischen  heilen  wollte,  habe  entweder  er  selbst, 
•der  einer  ans  seinem  GefoigC)  «ien  Menschen  lieredet,  sei- 
ae  Dämonen  seien  bereits  in  jene  Sehweine  gefaliren)  and 
•Uen  sie  in  den  See  gestürzt;  was  dann  als  wirlillch  so 
erfolirf  auf  (genommen    und  weiter  gesagt  worden  sei  ^^), 
L  Ch.  L.  Schmidt  lälst,  als  Jesns  an*s  Land  stieg »  die 
Hirten  ilim  entgegen  gehen,  indessen  von  den  sich  selbst 
tberlassenen  Schweinen  mehrere  in  das  Wasser  stfirxen, 
und  da  nun  um  eben  diese  Zeit  Jesus  dem  Dämon  auszu- 
fahren geboten  habe,  so  haben  die  Umstehenden  Deides  in 
CsQsalsusanamenliang  geseat'^.   Oline  iveitere  Bemerkung 
crkeant  man  in  diesen  EriiiSningsyersnchen ,  an  der  gros- 
sen Rulle  y    welche  in  denselben  das  zufitliigo  Zusammen- 
treffen verscliiedeaer  Umstünde  spielt ,   die  angeschicLte 
Venaischang  der  mjtliischen  £rlLiämng  mit  der  natttrÜ- 
then,  wie  aie  den  ersten  Unternehmungen  aitf  dem  mythi- 
schen Standpunkt  eigen  gewesen  ist.   Da  diese  Vermischung 
darin  besteht ,  dafs  von  dem  Unglaobiichen  in  einer  £r- 
Uhiung,  statt  es  ans  Zeitvorstellongen  herzuleiten ,  eine 
bterische  aber  wunderlose  Grundlage  angenommen  wird : 
10  fragt  sich^  ob  In  der  Zeit  der  'muthmafslicheu  Bildung 


Sl)  la  der  Abbtndlung  Hher  genetische  oder  formelle  Rrkiyrungs- 

trt  der  Wunder,  in  Hrxki's  Museum  1,  3,  S.  4l()  ff.    7.u  lo- 
ben ist  hier  auch  das  Bewusstscin  davon,  dass  die  Darstel- 
lung bei  IVIatthäus  die  einfachere,  die  der  beiden  andern 
Evangelisten  die  susgeschmUsktere  ist« 
Vi)  Kteg.  Beiträge,  2,  m  S. 


S8  Zweiter  Abtehnitt. 

fier  «vnrij^elischen  Erz/ihlanven  fleh  Vorstellangen  finden, 
aue  weJohen  eieh  der  Zog  mit  den  Schweinen  in  der  Tor- 
liegenden  Geechiohte  erldXren  liefee  ? 

Eine  hieher gehörige  Zcitmeinung  hatten  wir  schon  ^ 
n«Imiich  die,  daCs  Dümonen  nicht  obn^  Leib  sein  wolien, 
nnd,  daf«  sie  gerne  nn  unreinen  Orten  aeieni  weltwegen 
ihnen  die  Leiber  ¥on  Sehweinen  am  betten  fangen  mnla- 
ten  :  (ndefn  erkiffrt  sich  hieraus  der  Zag  noch  nicht ,  dafs 
BW  die  Schweine  in  das  H^asser  gestürzt  haben  sollen« 
Doch  auch  hlefUr  fehlt  es  nicht  an  eriilfirenden .  Notinen. 
JoseplHie  berichtet  von  einem  Jfldiechen  Besehwdrer ,  der  , 
duroh  Salomonische  Formeln  und  Mittel  die  Dimonen  aue* 
trieb,  dafs  er,  um  die  Anwesenden  von  der  Realität  sei- 
ner Anstrei hangen  eu  (iberftlhren,  in  die  Nähe  des  Beses- 
•anen  ein  WassergeflKfa  gestellt  habe,  welches  der  aasfah- 
rende Dimon  umwerfen  und  dadurch  den  Zuschauem  au« 
^erischcinUch  zeigen  mnfste,  dafs  er  aus  dem  Menschen 
heraus  sei  '^)*    Auf  ähnliche  Weise  wird  von  Apoiloniua 
Ton  Tjana  ersflhit}  dafs  er  einem  OfimoU)  der  einen  Jttn(p« 
ling  bcBesten  hatte,  befohlen  habcy  sich  mit  einem  dcht» 
baren  Zeichen  zu  entfernen ,  worauf  derselbe  sich  erbot, 
ein  in  der  Nähe  b?ündi!olie$  Standbild  umzuwerfen,  wei* 
cbea  dann  num  grofsen  Erstannen  ailer  Anweaenden  wirk* 
lieh  in  dem  Aagenblick  umfiel,  als  der  Dimon  den  Jdng- 
ling  verliefs        Galt  hienach  das  in  Bewegung  Setzen  ei« 
nes  nahen  Gegenstandes  ohne  körperliche  Berührung  als 
die  sicherste  Probe  der  Realität  einer  Dtimonenanstreibung  2 
CO  durfte  dieae  Probe  auch  Jeea  nicht  fehlen,  und  swiTi 


SS)  Antiq«  8,  f,  5l  (hUfurOf  ih  irtlte*  aal  ffaf«rfsa«  frcfa« 

iwyxitMijp  6  jB(ffif{>fo<>  9n  rmdnfr  Ix^t  iff/vr,  hi9§$  fumfir 

faifiortfo  n^oat'roTTir  i^idyr^  tS  äri^^tSnM  ravt*  avar^ty/at ,  xal 
TiffQaaxiiy  «riyvfSya»  toTj  o^tuaiy,  Sri  watttXilotvt  ror  Sr^ftmQr* 

ifü)  f  hiioslr«  V,  Ap.,  4»  80 1  bei  £40««  a*  a«  O.  S«  39. 


Digitizcü  by 


N«ant«s  KapiteL  f.  89.  t9 


wenn  Jener  Oflgenttend  bei  einem  Eieemr  nur  ftixoov  von 
dem  Beschwörer  und  dem  Kranken  entfernt,  mitliin  der 
Gedanke  nn  eine  ittuschnng  nicht  ganz  ausgeschlof«en  war, 
M  rftumt  in  Besug  auf  Jetom  Matthüus,  hierin  anamalen- 
der als  die  lieiden  andern,  dnreli  die  Bemerknngi  dafa  die 
Scliweineheerde  ftaxQav  geweidet  habe,  auch  den  leaten 
Rest  einer  solchen  Möglichkeit  hinweg.  Dafs  nun  aber 
diese  Prolie  hier  nicht  bios  an  Einem  Gegenstände,  son- 
dern an  mehreren  sieh  neigte,  dieft  hatte  seinen  Gmnd  in 
dner  andern  Rlleluieht,  welehe  mit  der  bisher  ausge fahr- 
ten sich  verband.  Jesus  sollte  nämlich  nicht  blofs  gewühn- 
licbe  Besessene ,  wie  den  der  ersten  von  uns  betrachteten 
Geacbiehte,  gelieilt  Imben,  sendern  die 'sehwierigsten  Ka- 
ren dieser  Art  sollten  ihm  gelungen  sein»  Den  gegenwlr- 
tigen  Fall  als  einen  von  äusscrster  Schwierit^keit  darzusrel- 
ien,  darauf  ist  von  vorne  herein  die  ^anzc  CrzA'hliing  mit 
ihrer  grellen  SebUdemng  von  dem  furchtbaren  Znstand  des 
Gadarenprs  angelegt.  Zn  dem  Comfiliclrten  eines  solchen 
Falles  gehörte  nun  aber  besonders,  dnfs  die  Besitzung  kei* 
ne  einfache,  sondern  wie  bei  Maria  Magdalena ,  ä(p  i^g. 
im§Mnrta  inta  {^tkrjlv&u  {Lue*  8,  2.)  9  oder  bei  der  dlmo- 
nisehen  Recldire,  wo  der  ausgetriebene  Dlimon  mit  sieben 
ärgeren  wiederkommt  (Matth.  12,  45.),  eine  mehrfache  war, 
wefswcgen  denn  hier  selbst  diese  Zahlen  noch  überboten, 
nnd  der  Darstellung  des  Markus  zufolge  gegen  2000  Dä- 
monen in  Einem  Mensehen  so  denken  sind.  Daher  nnn 
Itor  die  mehreren  Dllmonen  die  mehreren  Gcgenstffnde,  als 
welche  durch  den  Zutritt  oben  erwähnter  Vorstellungen 
Thiere  und  nfiher  Schweine  bestimmt  wni*den.  Die  Ein- 
wirkung der  ans  dem  Menschen  vertriebenen  Dümonen 
aber,  wie  sie  an  einem  WasaergeflKrs  oder  Standbild  durch 
nichts  angensciieinlich(M'  sich  zeii;en  konnte,  als  dadurch, 
dafs  dasselbe  gegen  sein  nntOrJiches,  durch  das  Gesea  «ler 
Schwere  bestimmtes  Verhalten  umfiel:  so  lionnte  sie  an 
Thieren  doreli  niehts  sieiieffer  sich  bethfitigen ,  als  wenn 


Digitized  by  Google 


40 


Zweiter  Abichuitt. 


cUe«e,  ibrem  nntürlichen  Lebenstrieb  zuwider,  sich  sn  er- 
•Jlafen  TemniiaCil  worrfen»  üar  diese  £iit8tehong  onserer 
EnsRhlonflf  nas  dem  Zatainiiientrefien  verschiedener  Zeitvor- 
stelhinjjen  nnd  Interessen  erklärt  nuch  den  oben  bemerkten 
Widerspruoli ,  dafs  die  Dämonen  zuerst  die  Schweine  als 
Anfenlhalt  sich  erbitten,  vnd  anmifttelbar  darauf  diesen 
Aufenthalt  selbst  serstOren.  Jene  ßitte  nimllch  ist,  wie 
gesajjt,  aus  der  Vorstellung  von  der  Soheae  der  Dämonen 
vor  Kdrperlosigkelt  erwachsen ,  diese  Zerstörung  aber  aus 
der.  hiemit  gar  nicht  £usammenhingenden  von  einer  Ans- 
trelbungsprohe;  was  Wunder,  wenn  ans  so  heterogenen 
Vorsiellunoren  ewei  widersprechende  Züge  in  der  Erzäh- 
lung hp|»vorgieiigen  ? 

Die  dritte  und  Iczte  ausführlich  erssählte  Dämonenans* 
treibung  hat  da^  Bigenthilmltche ,  dafs  snerst  die  Jünger 
vergeblich  die  Heihinv  versuchen,  hierauf  aber  Jesus  dl^ 
selbe  mit  Leichtijjkeit  vollbringt.  Sämmtliche  Synoptiker 
nämlich  (Matth.  17,  I  I  ff.;  Marc,  9,  Uff.;  Luc.  9,  37  ff.) 
berichten  einstimmig,  wie  Jesus  mit  seinen  drei  Vertraute* 
sten  vom  Verklärungsberge  berabgekommen  sei,  habe  er 
seine  übrigen  Jü:iger  in  der  Verlegenheit  gefunden,  dafs 
sie  einen  besessenen  Knaben,  welchen  sein  Vater  zu  ih- 
nen gebracht  hatte,  nicht  im  Stande  gewesen  seien  sn 
heilen. 

Auch  In  diese**  Erzählung  findet  eine  Abstufung  statt 

von  der  grtifsten  Einfaelilieit  bei  I^Intthäns  bis  zur  gröfsten 
Ausführlichkeit  der  Schilderung  bei  Markus,  was  denn 
auch  hier  wieder  die  Folge  gehabt  hat,  dafs  man  den  Be- 
richt des  Matthäus  als  den  derThatsache  am  fernsten  ste- 
llenden den  Iu'lati(i  u'n  dt  r  IjchIimi  andern  nachsetzen  zu 
mü.*iben  glaubte  im  Eingang  lüfst  Matthäus  Jesum, 

vom  Berge  hcrab^psttegen «  sn  dem  ox^og  stofsen ,  hierauf 
den  Vater  des  Knahea  zi|  ihp  freten  nud  Ihn  fubfU^  nm 

40)  Sgaum,  S.  949t 


Digitized  by  Google 


Menntes  Kapitel.  $.'89.  41 

Heilung  desselben  bitten ;  naeh  Lukas  boramt  ibm  der  oyXog 
entgegen;  nach  Markus  endlich  sieht  Jesus  um  die  Jün- 
ger viel  Volks  und  iSchriftgelehrte ,  die  mit  ihnen  streiten^ 
das  Volk)  wie  es  seiner  ansichtig  wird,  i&uft  hinea  und  be- 
grO&C  ihn,  er  aber  fragt,  was  sie  streiten?  worauf  der 
Vnter  des  Knaben  das  Wort  nimmt.    Hier  haben  wir  in 
Bezug  auf  das  Benehmen  des  VulU^,  nieder  einen  Klimax: 
svs  dem  sufaliig^n  Zosammentrefifen  mit  demselben  bei 
Matthäus  war  schon  bei  Lukas  ein  Entgegenkommen  des 
Volks  geworden,  und  dieses  steigert  nun  Markus  zu  einem 
Herbeilaufen,  um  Jesum  zu  begrü fson,  wozu  er  noch  das 
abenteuerliche  i^B^fiß^a^  fügt.    Was  in  Mler  Welt  hatte 
das  Voik^  wenn  Jesus  mit  einigen  J Ungern  daherkam,  so 
sehr  Bu  erstaunen  ?   Diefs  bleibt  dureh  alle  andern  ErklS- 
rungsgründe,  die  man  aufgesucht  Iint,  so  unerklärt,  dals 
ich  den  Gedanken  des  Enthymius  nicht  so  absurd  £tidea 
kamt,  wie  Fritzschb  ihn  dafür  ausgiebt,  es  sei  an  darn- 
eben Tom  VerklXrnnvsberg  herabgestiegenen  Jesus  noch  et- 
\\R8  von  dem  huniDlischen  Glanz,  der  ihn  dort  umleuchtet 
hatte,  sichtbar  gewesen,  wie  bei  I^loses,  als  er  vom  Sinai 
herunterkam  (2  Mos,  S4,  20  f.)«   Dafs  unter  diesem  Volks- 
gedränge euftfllig  auch  8chrifl^gelehi*te  sich  befunden  ha« 
heil,  welche  den  Jüngern  wegen  der  mifslungenen  Heilung 
zusezten  und  sie  in  einen  Streit  verwickelten,  ist  zimr^aii 
und  für  sich  gar  wohl  denkbar,  aber  im  Zusammenhang 
mit  Jenen  Übertreibungen  hinsichtlich  des  Verhaltens  der 
3Ienge  mufs  auch  dieser  Zu«   vei'daclitig  werden,  zumal 
die  beiden  andern  ßerlclUerstatter  ihn  nicht  haben ;  so  dnfs, 
wenn  sich  seigen  Ififst,  auf  welche  Weise  der  Referent 
daso  kommen  konnte,  ihn  aus  eigener  Combinatlon  hinan» 
zufügen  ,  wir  ihn  mit  höehster  Wahrschelnliehkeit  fallen 
hissen  dürfen.^  In  Bezug  niif  die  Tühigkeit  Jesu,  W  under 
au  thun,  hlefs  es  bei  Markus  früher  einmal  (8,  lU)  bei 
Gelegenheit  der  Forderung  eines  himmtischen  Zeichens  von 
den '  Pharlsüern  I  fj()^wzo  av'^i^itlv  alttitf  und  so  liels  er 


üiyilizeQ 


denn  hier,  wo  die  Jttngw  atoh  anfkliig  Boin  Wandertkiiii 

seigteiij  die  grofseiitheiU  zur  pharisäischen  Sekte  gehör!« 
gen  YQaf4fiaTi7g  «Is  ov^rjiiTTag  %oig  fia&tjffoig  auftreten.  — 
Aoeh  in  der  folgenden  Sehildernng  der  Ümstlnde  dee  Kna- 
ben findet  diesellie  Abelnfang  in  Besag  auf  die  Antführ- 
iichkeit  statt,  nur  dafs  Matthäus  das  aBXtp^tal^EraL  eigen 
hmtj  welches  man  ihm  nie  hätte  zum  Vorwurf  machen  sol- 
len^*)>  Herleitung  periodiacher  Krankheiten  rom 

Blonde  im  Zeitalter  Jesu  nichts  Ungewöhnliches  war 
Dem  Markus  ist  die  Bezeichnung  des  den  Knaben  besitzen- 
den Ttveöfia  als  akakov  (V.  17.)  und  xatq^op  CV<  25.)  eigen- 
thamllch;  es  lionnte  nämlich  daa  Anastosaen  nnartiknlir- 
ter  Laote  während  des  epileptischen  Anfalles  als  Stamm- 
heit,  und  das  für  jede  Anrede  unzugängliche  Verhalten 
des  Kranken  als  Taubheit  des  Dämons  angesehen  werden. 

Wie  der  Vater  Jesttn  von  dem  Gegenstand  des  Streits 
und  der  Unfähigkeit  seiner  JOnger,  den  Knaben  su  hei- 
len, unterrichtet  hat,  bricht  Jesus  In  die  Worte  aus :  yersa 
amgog  xal  SugQa/nftsvt^  x,  r.  iU  Vergleicht  man  bei  Mat- 
thäus deirSchlurs  der  Kraähiung,  wo  Jesus  den  Jüngern 
anf  die  Frage,  warum  sie  den  Kranlien  nicht  liaben  hel- 
len können,  cur  Autwort  givbt:  dia  rtjv  uniclay  vfioh, 
und  hieran  die  Schilderung  der  bergeversetaenden  Maclit 
.  achliefsti  welche  ein  auch  nur  senfkorngrofser  Glaube  iia- 
be  (V.  t9  ff.):  so  kann  man  nicht  sweifelhaft  sein,  dafa 
nicht  auch  Jene  nnwilllge  Anrede  sich  auf  die  Jttnger  be- 
aiehe,  in  deren  Unfähigkeit,  den  Dümon  auszutreiben, 
Jesus  einen  Beweis  ihres  noch  immer  mangelhaften  Glau- 
bens fand  Diese  achHefsiiche  Erklärung  des  Unrer- 
Biügens  der  Jünger  aus  ihrer  omg/tf  läfst  Lukas  weg,  und 

41)  Wie  ScHüM  a.  a.  O.  su  thua  tcheint. 

42)  s.  die  vontPiVLVt  ex.  Handb.  1,  b,  S.  569 1  und  tob  Wnisai 

1«  S.  191  f.  «ngcführten  Stellen. 

43)  KaiTxsciu  s.  d.  St. 


t)igitized  by  Googl( 


Murkas  that  iiim  nicht  nur  dieses  nach,  sondern  flicht  auch 
V.  Sl— i4«  eine  Üm  eigenthttiBimie  ZwitchentoeM  rnmU 
•eben  Jetos  und  dem  Vater  ein,  In  welcher  er  noerat  El« 
iii^es  Ober  die  Krankheitsumstünde  theils  aus  Matthäus, 
theiU  aiu  eigenen  Mitteln  nachholt,  hierauf  aber  den  Va* 
ter  mmr  al^tg  anfgeferdert  Warden,  und  aofort  aütThrMnen 
die  3^hwiehe  aelnec  Glanbene  und  den  Wnnach  einer  Stir- 
kung  desselben  aussprechen  Ififst.  Dieses  susammengenom- 
men  mit  der  Notia  von  den  streitenden  Schriftgelehrten^ 
wird  auui  nicht  Irre  gehen,  wenn  nan  hei  Markus  und 
wohl  auch  ^  Lukas  die  Anrede ;  ca         ämgog,  anf  das 
Poblikum  Im  Unterschied  von  den  Jttngern,  nach  Mttrkva 
namentlich  auch  auf  den  Vater  des  Knaben  besieht ,  des- 
sen Unglaube  hier  als  der  Heilung  hinderlich  ^  wie  ander- 
Wirte  CMatth.  9,  S.)  der  Glaube  der  Angebdrigen  als  der- 
selben filrderiieli  dargestellt  wird.   Da  aber  beide  Evange- 
Bsten  diesen  Sinn  dadurch  hervorbringen,  dafs  sie  die  £r- 
kilrung  der  Unwirksamkeit  der  Jünger  ans  ihrer  amgla 
saamt  den  Ausspruch  Aber  die  Berge  Tcrsetiende  Blaelit 
dee  Glanbens  hier  weglassen :  so  fragt  slch^  ob  die  an» 
dern  Verbindungen,  Jn  welche  sie  diese  ReddVl  stellen,  pas- 
sender als  die  bei  Matth&ns  sind?    Bei  Lukas  nun  steht 
der  Ausspruch:  wenn  Ihr  Glauben  habt,  wie  ein  Senfkorn 
u.  a.  f.  (denn  das  Sta  T^r  amglop  iftm  haben  lielde  gar 
nicht},  nur  mit  der  geringen  Variation,  dafs  statt  des  Ber- 
ges ein  Baam  genannt  ist,  17,  5.  6.  ausser  aller  Verbin- 
dung weder  mit  dem  Vorhergehenden  noch  Folgenden  als 
ein  Teraprengtes  Bedestftck  kleinster  Grdfte,  mit  der  ohne 
Zweifel  nach  Art  von  Luc.  11,  1.  und  13,  23.  gemachten 
Einleitang,  dafs  die  Jünger  Jesum  bitten:  nQoax^es  T^fiif 
fdgii^  Markus  giebt  die  Sentens  Ton  Berge  versetaen» 
den  Glauben  als  Nutianwendung  an  der  Geschichte  yom 
verfluchten  Feigenbaum,  wo  sie  auch  Matthfius  wieder  hati 
Aller  daau  pafst ,  wie  wir  bald  sehen  werden ,  der  Aos- 
aprueh  gar  nicht,  aondeni)  wenn  wir  aicht  gans  darauf  /. 


44 


Zweiter  Abtchnilt 


Tersichten  wollen,  eCwM  yon  dem  Anlels  sn  wiffen,  bei 
welchem  er  gethan  worden  Ist,  so  müssen  wir  die  Ver- 
bindung bei  Matthäus  als  die  ursprttngiietie  annehmen; 
denn  zu  einer  den  Jüngern  mifslungenen  Kur  pafst  er  vor* 
trefiflicb.  ^  Ausser  dem  Zwiscbenspiel  mit  dem  Vater  hat 
Markus  'die  Seene  aneh  dadnreh  nooh  effisktvoUer  mt  ma- 
chen gesucht,  dafs  er  wührend  jener  Zwischenhandlung  ei- 
nen Volkszulauf  entstehen,  nach  Austreibung  des  Dämons 
den  Knaben  üael  ftir^y,  eo  dais  Viele  tagten,  ort  «mi^a» 
fsey,  hinsinken,  und  von  Jesu,  wie  er  sonst  bei  Todten  diat 
(Matth.  9,  25  ),  durch  ein  yncrreTv  T^g  X^^Qog  aufgerichtet 
und  ins  Leben  zurückgerufen  werden  iafst. 

Während  naeh  vollendeter  Kur  Lukas  durch  eine 
knrse  Uiiiweisung  auf  das  Erstaunen  des  Volkes  sehlielst, 
iass^n  die  ersten  Synoptiker  beide  die  JOnger,  als  sie  mft 
Jesu  allein  sind,  die  Frage  an  ihn  richten,  warum  sie  nicht 
im  iStande  gewesen  seien,  den  Dämon  aussntreiben  ?  was 
er  nun  bei  Matthäus  sunächst  airf  die  erwähnte  Weise  aus 
ihrem  Unglauben,  bei  Markus  aber  daraus  erklärt,  dale 
Töro  ro  ytvog  iv  ödirt  dvvcaai  i^flS^eTv,  fi  //^  *V  naoof  rxfj 
xal  VTjzüq^  WAS  auch  Matthäus  nach  den  Reden  über  Un- 
glauben und  Giaubensmacht  noch  hinauf ttgt*  Diefs  scheint 
nun  bei  Matthäus  eine  ttble  Zusammensetsung  su  gehen ; 
denn  wenn  /.u  der  Heilung  Fasten  und  Beten  erforderlich 
war:  so  hätten  die  Jünger,  falls  sie  nicht  vorher  gefastet 
hatten,  auch  mit  dem  festesten  tilauben  den  Dämon  nieht 
ausButreiben  vermocht  Ob  nun  die  Auskunft  genüge, 
die  beiden  von  Jesu  namhaft  gemachten  Gründe  der  Un- 
wirksamkeit der  Jünger  dadurch  zu  vereinigen,  dafs  man 
Fasten  und  Beten  eben  als  Stärkungsmittel  des  Glaubens 
betrachtet  ^'),  oder  ob  mit  Schlbiermacbbr  eine  Zusam- 
menstellung von  nicht  zusammengehörigen  Auäsj>rüchen  au- 

44)  ScMLBtiitaAcnsR,  S.  150. 

45)  Htfitsa,  Imaumuel,  8r  107 )  FamtciB  s.  d.  St. 


Digitized  by  Google 


NevBt«t  KapIteL  f.  89.  45 

nmetmieii  sei,  Ueibe  hier  diihingestell^.  OaTt  llbrlgviit  ei- 
ne solche  geistige  und  leibliche  Diät  des  Exorcisten  auf  den 
Besessenen  von  Wirkung  sein  sollte,  Jiat  man  befremdlich 
gefunden ,  and  indem  nan  eine  solche  mit  Porphyrint 
eher  dem  Kranken  angemeeeen  dachte,  hat  man  die  nQOfh 
gi^X^  xal  VTjcsla  als  eine  dem  Besessenen,  nm  die  Knr  ra- 
dikal zu  machen ,  gegebene  Vorschrift  angesehen  Al- 
iein In  offenbarem  Widersprach  gegen   die  Erz&hiang« 
Henn  wenn  Fasten  und  Beten  von  Seiten  des  Kranken  cum 
Gelingen  der  Kar  erforderlieh  gewesen  wftre:  so  hltten 
\%  ir  ciiie  allmählige  Heihing  und  keine  plözliche,  was  doch 
alle  Karen  sind,  die  in  den  Evangelien  von  Jesu  ersähit 
werden,  and  wie  namentlich  diese  darch  das  ual  i^eQamV'^ 
O-r^  o  naig  otto  %r^g  üqag  Ixe/vj;^     Matthias,  so  wie  durch 
das  zwischen  ei(£iifi?-ae      z.      und  aniö(t)X€  x.  r.  X.  hin- 
eingestellte idouxo  bei  Lukas  deutlich  genug  bezeichnet 
ist.    Freilich  will  Padlds  jenen  Ausdruck  des  MatthAoa 
gerade  so  seinem  Vortheil  wenden ,  Indem  er  Ihn  so  ver- 
steht, von  jener  Zeit  an  sei  nun  der  Knabe  durch  Anwen- 
dung der  vorgeschriebenen  Diät  alimfihlig  vollends  gesund 
geworden.   Allein  man  darf  nur  dieselbe  Formel,  wo  sie 
sonst  In  den  Kvangelien  a|s  Schloisformei  von  Heilongsge« 
schichten  vorkommt,  betrachten,  um  sich  von  der  Unmög- 
lichkeit jener  Deutung  au  überzeugen.    Wenn  a.  B.  die 
ISeschichte  von  der  Heilung'  der  BlutÜttssigen  mit  der  De- 
merkong  sehlielst  (Matth*  0,  28.):  nal  ioik^f}  f>  yiyr^  md 
xrjg  wQag  ixdvr^g,  so  tvlrd  man  diefs  doch  nicht  llberse- 
zen  wollen:  et  exinde  muhcr  pauUitim  ^trvabutur ^  son- 
dern es  kann  nur  heilsen :  servata  erat^  servatam  ^€  pruem 
buitj  ab  illo  temporU  mtmento*  £in  Anderes ,  worauf 
sieh  Pavlds  beruft,  am  mi  beweisen,  dafs  Jesus  hier  ein 
fortausetcendes  Heilverfahren  eingeleitet  habe^  ist  das  oiii- 


46)  de  abstineiit.^  2,  p.  204  und  417  f.   s.  Wiksa,  1,  S.  191. 

47)  Falxls,  ex.  Handb.  2,  S.  471  f. 


M  Zw«lt«r  Abtftlisitl. 

AoMfir  imar     narQl  aSkB  bei  Lnka«,  wa«  nMh  iha  siem- 

lieh  ttberflOssig  wfire,  wenn  es  nicht  ein  Übergeben  zn  be- 
sonderer Fürsorge  bezeichnen  sollte.  Allein  a/iodiöiout 
heifst  nieht  sanüchst  Übergeben,  sondern  surttckgebeni  und 
so  liegt  in  den  Satse  nur  der  Sinn:  puerum^  quem  «o- 
nandum  acceperai^  sannfum  reddidity  oder,  diifs  er  den 
einer  fremden  Gewalt,  des  Diimons,  verfallenen  Sohn  den 
Eltern  als  den  ihrigen  surflcligegeben  habe.  Endlich,  wie 
wilikttrlieh  «ist  et,  wenn  Paulos  das  imoQevitm  (Matth. 
4r«  21.)  in  der  engeren  Bedentnng  eines  TöUlgen  Weggehens 
Tom  vorläufigen  Ausfahren,  was  schon  auf  das  Wort  Jesa 
(V.  18.)  geschehen  sei,  unterscheidet.  So  dafs  nns  anch 
hier  iieine  sneeessi?e  Kar  berichtet  ist,  sondern,  vpie  sonst 
inmier,  eine  momentane,  wefswegen  denn  anch  die  nQoaevx^ 
und  vr^ctla  nicht  als  Vorschrift  für  den  Patienten  gefaf^t 
werden  können. 

Zu  dieser  gannen  Geschichte  rnnfs  eine  analoge  £r- 
■Ihlung  aas  9  Kdn.  4^  89  ff.  verglichen  werden*  Hier  wUl 
'der  Prophet  Elisa  einen  gestorbenen  Knaben  dadurch  wie- 
der zum  Leben  bringen,  dafs  er  seinen  Knecht  Gehasi  mit 
seinem  Stabe  sendet,  weichen  dieser  dem  Todten  auf  das 
Angesicht  legen  soll;  aber  das  Vornehmen  des  Knechts 
Ideibt  ohne  Erfolg,  und  Elisa  mafs  selbst  kommen  nnd  den 
Knaben  in's  Leben  rufen.  Das  gleiche  Verhültnifs,  wie  in 
dieser  A.  T.iichen  Geschichte  zwischen  dem  Propheten  und  , 
seinem  Diener ,  sehen  wir  in  der  N.  T.  liehen  ErsAhlnng 
■wischen  dem  Messias  nnd  seinen  Jüngern,  dafs  diese  oh- 
ne ihn  nichts  thun  können,  r^ifs  aber  er,  was  ihnen  zu 
schwer  ist,  mit  Sicherheit  vollbringt.  Ebendamit  aber  se- 
hen wir  nach  die  Tendenn  beider  Ersälilangen :  sie  ist, 
dnreh  Hinweisnng  aaf  den  Abstand  swisehen  ihm  und 
selbst  seinen  vertrautesten  Schülern  den  Meister  zu  heben ; 
oder,  wenn  wir  die  vorliegende  evangelische  Ersfthlung  mit 
der  von  dem  gadarenisohen  Besessenen  snsammenhalten, 
so  iLtanen  wir  sagen:  wie  Jener  früher  erviogene  Fall  an 


* 


Digitized  by  Google 


Ht«Btet  Kapit«!.  S.  8tf.  47 

steh  selbst  als  einer  von  höchster  Schwierigkeit  geschildert 
wurde,  so  dieser  durch  das  Verhiütnils,  ia  weJche«  die 
deoMelben  gewachsene  Kraft  Jesu  eu  der^  wenn  auch  tonst 
noch  so  grofsen,  doch  hier  nicht  aaireichenden  Kraft  sei- 
ner Jünger  gestellt  wird. 

Von  den  übrigen^  iiürzer  erzählten  Dämonenanstrei* 
bongen  ist  die  Heiiang  eines  dXmoniscIi  Stummen  und  ei« 
nes  ebenso  BÜndstnmmen  oben  bei  Gciegenheit  des  daran 
sich  iiilüpfenden  Vorwu-fs  eines  hüllischen  Bündnisses,  so 
wie  die  der  susammengebückten  ii'rau  in  der  aligemeinen 
Betrachlnng  Uber  die  Dflmonischen  liereils  genügend  snr 
Sprache  gelKommen;  die  der  besessenen  Tochter  des  liana- 
naiächen  Weibes  aber  (Matth.  15,  22  ff.  Marc.  7,  25  ff.) 
hat  nur  das  Eigenthttmliche ,  dafs  sie  von  Jesu  durch  ein 
Wort  aus  der  Entfernung  bewirlit  wird^  wovon  s^ter. 

Wenn  nun  den  evangelischen  Berichten  sufolge  In 
sllen  diesen  Fällen  die  Austreibung  des  Dämons  Jesu  ge- 
lungen ist:  so  bemerkt  Paulus,  dafs  diese  Art  von  Heilun- 
gen 9  onerachtet  sie  für  das  Ansehen  Jesu  bei  der  Menge 
das  Hebte  gewirlLt  balra,  doch  an  sich  die  leichteste  ge- 
wesen sei,  und  auch  OB  Wette  will  fDr  die  Heilung  lier 
Dämonischen,  aber  auch  nur  für  sie,  eine  psychologische 
£rliilirung  gelten  lassen  ^^);  ßemerkungen,  welchen  wir 
nicht  werden  umhin  können  beisutreten«  Denn  sehen  wir 
als  die  wirkliche  Grundlage  des  Zustands  der  Dimonlschen 
bald  eine  Art  von  Verrückung,  bald  krampfhafte  Stimmung 
des  Nervensystems  an^  so  wissen  wir,  dafs  auf  psychische 
und  Nervenkrankheiten  an  ehesten  auch  psychisch  eineu« 
wirken  ist,  eine  £inwlrkang,  au  weicher  bei  dem  über* 
wiegenden  Ansehen  Jesu  als  Propbeten  nnd  später  selbst 
als  des  Messias  alle  Bedingungen  vorhanden  waren.  Ntiu 
aber  findet  mit^  solchen  Zuständen  eine  bedeutende  Abstu- 


48)  Pavivs,  ex.  Handb.  1,  b,  S.  438.    L.  J.  1,  a,  S.  223^  ob 
WsTTS,  bibl.  Dogm.  ^.  222>  Anm.  c. 


48 


Zweiter  Abichnitt. 


fang  stiitt,  {e  nachdem  eich  die  pejehische  Verrficknng 
mehr  oder  weniger  auch  schon  körperlich  fiiirt  hat,  und 

die  VerstimraiiMg  des  Nervensystems  mehr  oder  minder  Ii.i- 
bituell  geworden  und  in  die  übrigen  iSysteme  übergegangeu 
Ist.  £8  stellt  sich  also  der  Kanon:  Je  mehr  das  Übel  blos 
in  einer  Verstimmung  des  Gemttches  lag ,  auf  welches  Je- 
sus unmittelbar  durch  sein  Wort  geistig  wirken  konnte, 
oder  in  einer  leichteren  des  Nervensystems,  auf  welches 
er  durch  Vermittlung  des  Gemütlis  gewaltigen  Eindruck 
EU  machen  im  Stande  war:  desto  eher  war  es  möglich, 
dafs  Jesus  ?.6y(i)  (Matth.       IG.)  und  nancr/nffta  (Luc.  13,  ^• 
13.)  dergleichen  Zustünden  ein  Ende  machen  konnte ;  je 
mehr  aber  umgekehrt  das  Übel  sich  auch  schon  als.  kör- 
perliche Krankheit  festgesest  hatte,  desto  schwerer  ist  an- 
sunehmen,  dafs  Jesus  im  iStande  gewesen  sei,  auf  rein  p.sy- 
chologische  VV^else  und  augenblicklich  Hülfe  zu  scliaÜen. 
I^in  Eweiter  Kanon  ergieblsich  daraus,  dafs,  um  bedeutend 
geistig  einwirken  eu  können,  das  gauEe  Ansehen  Jesu  als 
Propheten  mitwirken  mufste,  wefswegen  er  in  Zeiten  und 
Gegenden,  wo  er  längst  in  diesem  Rufe  stand,  leichter  auf 
Jene  Weise  wirken  konnte,  als  wo  nicht« 

An  diese  beiden  Malsstlibe  die  evangelischen  £rElih« 
lungen  gehalten,  steht  der  ersten  von  dem  Vor<^aiig  in  der 
Synagoge  zu  Kapernaum,  sob/i(d  man  nur  davon  abgeht,  . 
sie  als  durchaus  historibcii  zu  Letrachten,  nicht  mehr  ail- 
Euviel  entgegen.  Denn  ob  sie  gleich  so  lautet,  als  Ji£tte  der 
Dlimon  Jesum  aus  sich  selbst  erkannt,  so  kann  doch  theÜs 
der  in  jenen  Gegenden  bereits  sich  au&breitende  Ruf  Jesu, 
theils  seine  gewaltige  Rede  in  der  »Synagoge  auf  den  l>li* 
monisciien  den  Jbandruck,  wenn  auch  nieh^  dafs  Jesus  der 
Messias  sei,  wie  die  Evangelisten  sagen,  doch,  dafs  er  ein 
Prophet  sein  müsse,  gemacht,  und  so  seinem  Worte  Aach- 
druck gegeben  haben.  Was  aber  den  Zustand  des  Kran* 
ken  lietrifft.  so  wird  uns  nur  von  der  fixen  Idee  desselben, 
besessen  zu  sein,  und  von  krampfhafteu  Anfällen  gemeldet, 


Digitized  by  Googl 


K.euDtes  Kapitel,   %  89.  .49 

welche  mtfgiiclierweise  Ton  der  leichteren  ,JKvt  'gewesen 
«ein  könnten,  der  sich  «nf  psychologisoliem  Wege.bei|Koei« 

men  liel's.  Schwieriger  in  beiden  ilindichteJi  ist  die  Hei- 
lung der  Gadarener.  Denn  einmal  war  Jesus  am  jenseiti- 
gen  Ufer  •nicht  ao  bekannt,  und  dann  wird  uns  der,/2natand 
deneliien  als  ein  ao  heftige  und  eingewnraelter  Wahnsinn 
geschildert,  dafs  hier  schwerlich  ein  Wort  Jesu  genügen 
konnte,  um  dem  schrecklichen  Zustand  ein  Ende  au  ma- 
chen. Hier,  reicht  aomit  die  natürliche  £rkltirung  Ton  Pa|j- 
urs  nicht  hin,  aondem,  wenn  ttlierhaupt  nocii  etiles  Ton 
der  Eratthlnng  stehen  bleiben  soll,  so  müfste  man  anneh- 
men, dalis,  wie  andre  Theile  derselben,  so  namentlich  die 
Schilderung  von  dem  Zustande  des  Kranken  sagenhaft  Über- 
trieben seL  £bendlef8  wäre  in  Beslig  auf  die  Heilung  des 
mondsQchtigen  Knaben  anaunehmen ,  da  eine  von  Kindheit 
an  (Marc.  V.  21.)  dauernde,  so  heftige  und  in  bestimmten 
Periode/i  sich  wiederholende  Epilepsie  etwas  zn  aehr  im 
Ktfrper  ejnge%irurseites  Ist,  als  dafa  die  Mdglichkeit  einer 
so  schnellen  reinpsychologischen  Holfe  glanhlUh  sein  könn- 
te. Dals  aber  selbst  Stummheit  und  yieljährige  Verli.rüm- 
mung ,  welche  doch  nicht  mit  Paulus  aJs  blofse  närrische  - 
Kinbildung^  man  dOrfe  nicht  reden  oder  sich  aufrichien^^), 
genommen  werden  kenn,  anf  ein  Wort  i^ewichen  sei, 
wird  man  ohne  vorgefafste  dogmatische  Meinungen  sich 
nicht  überreden  können.  Am  wenigsien  endlich  iäfat  sich 
denken  9  data  auch  ohne  das  Imposante  seiner  Gegenwart 
der  WuoderthltAr  aus  der  t*eme  habe  wirken  können,  wie 
diefs  Jesus  auf  die  Tochter  des  kananäischen  Weibes  ge< 
than  haben  soll. 

So  sehr  sich  alio  der  Natur  der  Sache  nach  annehmen 
Üdke,  dals  Jeans  manche  an  vermeintlich  dflmonlscher  Ver^ 
rfleliong  oder  Nervenstörung  leidende  Personen  auf  psychische 
W  eise  durch  die  Übermacht  seijies  Ansehens  und  Woi*tes  ge- 

i 

49)  ex.  Handb.  t.  d.  St. 

Uai  L,eben  Jesu  II,  Band^  4 


Digitized  by  Google 


t 


90  Zweiler  Abschnitt. 

'telft  hUbe^  80  rttigcnscheinlich  ist  es  doch  (wenn  mun  nfehc  mit 

V'KNTtRiNi  und  Kaiser*«)  annehmen  will.  Kranke  die- 
ser Art  haben  sich  nicht  selten  geheilt  geglaabt,  wenn  nur 
durch  Jesu  Einwirkung  die  Krisis  gebrochen  wsr^  und  die 
'Refei*dnien  haben  sie  dafflr  ausgegeben,  weil  sie  nichts 
Weiteres  von  ihnen  erfuhren  und  also  von  der  wahrschein- 
lich wiedergekehrten  Krankheit  nichts  uulsten}^  daiis  die 
Sage  auch  in  diei^em  Felde  nicht  gefeiert,  sondern  die 
leichteren  Täile,  welche  allein  auf  Jene  Weise  kurirt  wer- 
den konnten ,  mit  den  schwersten  und  complieirtesten  ver- 
tauscht hat,  auf  welche  eine  psychologische  Heilnrt  gar 
keine  Anwendung  finden  konnte  ^  Ob  sich  hiemit  diu 
obige  Verweigerung  jedes  Zeichens  von  Seiten  Jesu  verei*  ' 
nigen  lasse ,  oder  ob,  um  diese  begreiflich  eu  finden,  auch 
solche  psyclkologisch  erklärbare  Heilungen,  welche  aber 
doch  nur  als  Wunder  erscheinen  konnten,  Jesn  abgespro- 
chen werden  müssen,  und  ob  hinwiederum  nach  fintsie- 
hung  auch  dieser  (irundlage  die  Ausbildung  so  vieler  Wun« 
deret'/ahlungen  von  Jesu  sich  erklären  lasse  ?  soll  hier  nur 
als  Frage  aufgestellt  werden. 

Werfen  ivir  schllefslich  noch  einen  Blick  auf  das  jo- 
hanneische  Evangelium,  welches  von  Dümonischen  und  de- 
ren Heilung  durch  Jesum  nichts  hat,  so  ist  diefs  dem  Apo- 
stel Johannes,  dem  voransseslichen  Verfasser,  nicht  selten 
als  ein  Zeichen  gelftutei*ter  Ansichten  cum  Vortheil  ange- 
rechnet worden  '^).   Allein,  wenn  der  genannte  Apostel 

I" 

50)  Natttriicbe  Geschiebte  u.  t.  f.  2,  S.  429. 

51)  Bibl.  Theologie,  1,  S.  196. 

52)  Zu  den  vorübergehenden  Verstimmungen,  auf  welche  Jesus 
psychologisch  eingewirkt  haben  kann,  lässt  sich  vielleicht 
such  der  Fieberanfall  der  Scbwiegermutter  Petri  sahlen,  wel- 
chen Jesus  nicli  Matth.  8,  14  ff.  parali.  gehoben  hat. 

53)  So  mehr  oder  minder  von  Eichhorn,  in  der  allg.  Bibliothek, 
4,  S.  455  i  UsJU>iA,  von  Gottes  Sohn  u.  s.  f. ,  S.  20  ^  >Vfi«- 


Digitized  by  Google 


Neuntes  Kapitel..   $.  89.  51 

an  wirkliche  Teufelsbesitzungen  nicht  glaa'  te^  so  hatte  ei* 
als  Verfasser  des  vierten  Evangeiittuis ,  der  gewöhnlichen 
Ansicht  Ton  seitien  Verhältnils  mu  den.  Synoptikern  ienfol- 
ge,  die  bestimmteste  Vemnlassdng,  sie  ku  berichtigen,  und 
der  Verbreitung  einer  nach  seiner  Ansicht  falschen  Mei- 
Aiing  durch  eine  Darsteilnng  dieser  Heilungen  vom  richti- 
gen Gesiehtiponkt  aus  vonenbeugcn.  l)ecli  wie  könnte  der 
Apostel  Johannen  snr  Verwerfung  deto' Ansicht,  dafs  jene 
Krankhelten  ihren  Grund  in  dämonischen  Besitzungen  ha- 
ben ,  kommen  ?  Sie  war  nach  Jof  ephus  jüdische  Volksan- 
sicht  in  Jenei*  Zeit,  von  der  ein  pal&stinUcher  Jude^  der, 
wie  Johannes,  erst  in  spätei^en  Jähren  in  dus  Ausland 
wanderte,  nicht  mehr  im  Stande  war,  sich  loszumnchen ; 
sie  war,  der  Natur  der  Sache  und  den  synoptischen  Be- 
richten sufolge,  Andoht  Jesu  selbst,  seines  angebeteten  Mei- 
sters ,  von  welcher  der  LiebiingsjUnger  gewlfs  keinen  Fin- 
ger breit  abzuweichen  geneigt  war.  Theilte  aber  Johan-  . 
nes  mit  seinen  Volksgenossen  und  Jesu  selbst  die  Annnh- 
me  wirklicher  DlUnnnenbesitiangön ,  und  bildete  die  Hei- 
lung solcher  Personen  ein^  Qauptthetl,  ja  vielleicht  die 

eigentliche  Grundlage  der  angeblichen  VVuuderthiitigkeit 
Jesu:  wie  kommt  es,  da/s  er  dessenuno rächtet  in  seinem 
Evangelium  ihrer  keine  Erw^nung  thut  ir  Dals  er  sie 
übergangen  habe,  weil  die  übrigen  Evangelisten,  genug  der- 
gleichen Geschichten  aufgenommen  hatten'5  sollte  man  doch 
endlich  aufhören  zu  sagen,  da  er  ja  mehr  als  £iiie  von  ih- 
nen schon  berichtete  Wandergeschichte  wiederholt  hat, 
und  sagt  mau,  diese  habfe.er  wiei^rholt,  weil  sie  der  Be- 
richtigung bedurften;  so  haben  wir  bei  Erw«^ung  der  syn- 
optischen Relationen  von  den  Heilungen  der  Diimonisohen 
gesehen,  dals  bei  menchen  derselben  eine  Zurückfülirung 
auf  die  einfache  gesf^hichtUche  Gntn41age  gar  sehr  am  Orte 

scuKiusa,  B.inl.  in  das  fcvang.  Joii.  S.  ^15*  i       Wettk,  bibl. 
Pogm.  $•  269.  . ,  .  . 

'  4^ 


5t  Zweiler  Albtelihitt. 

gewesen  w&ife.  Se  bliebe  noeh,  dafii  Johimiies  etie  Anbe* 
quemung  an  die  griechische  Coitar  der  Kleinasiaten,  antcr 

welchen  er  geschrieben  haben  soll,  die  ihnen  unglaublichen 
oder  anstössigen  Dämonengeschichten  aus  seinem  Evange« 
linm  «Weggelassen  hätte«  Aber  konnte  und  durfte  wohl, 
rnnfs  man  auch  hier  fragen ,  ein  Apostel  aus  blolser  Ae- 
commodntlon  an  die  feinen  Ohren  seiner  Zuhörer  einen  so 
wesentlichen  Zug  des  Wirkens  Jesu  zurUckbebalten  ?  Ge* 
wUs  Tielmehr  deutet  auch  dieses  Stillschwelgen  auf  einen 
Verfasser  hin ,  welcher  die  WlrlKsamkeit  Jesu  nicht  aus 
eigener  Anschauung,  sondern  nur  aus  einer  durch  helle- 
nischen Einflufs  modificirten  Tradition  kannte^  in  welcher 
daher  die  der  höheren  griechischen  Bildung  weniger  ent- 
sprechenden Dftmonenaustreibungen  entweder  gans  ver-» 
schwunden,  oder  doch  so  BurUckgetreten  waren,  dafs  sie 
vom  Verfasser  des  Evangeliums  übergangen  werden  konnten. 

S.  90. 
HsHungen  vea  AustVtsIgeB« 

Unter  den  Kranken,  welche  Jesus  heilte,  spielen  ge« 
mäfs  dem  leicht  Hautkrankheiten  ersengenden  Klima  von 
Palästina  die  Aussfitaigen  eine  Hauptrolle.  Wo  Jesus  der 
synoptischen  firsthlung  zufolge  die  Allgesandten  des  Täu- 
fers auf  die  faktischen  Beweise  seiner  Messianitüt  hinweist 
(Matth.  11,  fuhrt  er  unter  diesen  auch  das  lingoi  xa*  ' 
(hxQiianai  auf;  wo  er  seine  Jünger  bei  der  ersten  Ans- 
sendung  nu  allerhand  Wunderthaten  bevollmlehtigt,  stellt 
er  die  Reinigung  der  AussStelgen  oben  an  (Matth.  10,  8.), 
und  ewei  Fälle  von  solchen  Heilungen  werden  uns  Im  Ein- 
seinen ersähit. 

Der  eine  fall  ist  allen  Synoptikern  gemefaisehafUieh, 
wiewohl  sie  Ihn  in  verschiedenen  Zusammenhang  stellen. 
Matthäus  nümlich  iäfst  Jesu   bei  m  Herabgehen  von  dem 
Berge,  anf  welchem  er  die  Bergrede  gehalten  (8, 1  ff.)» 
übrigen  in  unbestimmter  Stellung  am  Anfang  seiner  gall- 


Digitized  by  Google 


Neunte«  Hapilei.   $•  90,        '  ftä 

iCaclien  WirksamkeU  CMarc.  1,  40  ff.  Loc  5,  12  ff.)  einen 
ABsigfigen  begegnen,  der  ihn  foieflüllg  am  Heilung  «n« 
tefat,  and  diese  aaeh  doreh  eine  Bertthrnng  Jesu  erhSle, 

welcher  ihn  sofort  anweist,  sich  dem  Gesetze  (3  Mos.  14, 
%  iL}  gernüfs  dem  Priester  cur  Reinerklärung  su  stellen. 
Der  Zustand  des  Menselien  wird  yon  Blatthfias  und  Mar- 
kos eiiifaeh  dareh  Ijtni^ii^ ,  von  LuIum  sogar  dareh  nkr^^ri^ 
Xlnoix^  bezeichnet.    Nach  Paulus  freilich  war  eben  dieses 
Vollsein  von  Aassaz  ein  Sjrmptom  der  Heilbarkeit,  indem 
daa  Ausschlagen  and  Abblättern  des  Anssataes  auf  der  gan- 
aen  Haot  die  Relnigungslirisis  beseichne,  und  demgemfffs 
stellt  sich  jener  Ausleger  den  Hergang  folgendermafscn  vor 
Her  Aussätxige  geht  Jesum  als  den  Messias  um  ein  Gut- 
achten aber  seinen  Zustand  and  nach  Befund  um  eine  Rein- 
erkJSrang  an  Cc^  ^^ert;,  dwtjsaal  fi^  xa^aQlaaOy  welche 
ihm  den  Gang  zum  Priester  entweder  ersparen,  oder  doch 
eine  tröstliche  Hoffnung  auf  denselben  mitgeben  sollte.  Je> 
saa,  indem  er  sich  an  einer  Untersuchnng  bereit  eridürt 
{OiluOy  streckt  die  Hand  aus,  nm  ihn  au  befiBliien,  ohne 
dafs  doch  der  vielleicht  noch  ansteckende  Kranke  ihm  zu 
nahe  käme ,  und  nach  genauer  Untersuchung  «|iricht  er  als 
£i!gebnira  derselben  die  IJbersengnng  ans,  dals  die  Krank- 
heit nicht  mehr  ansteckend  sei  Ofo^oQla&tjOi  worauf  sich 
denn  wirlüich  bald  und  leicht  (ev^tug)  der  Aussaz  vollendä 
ganjB  verlor.  ^ 

Hier  ist  ror  Allem  die  Behauptung,  der  Auasitzige  sei 

gerade  in  der  Reinigungskrise  gewesen,  dem  Texte  fremd, 
welcher  bei  den  zwei  ersten  Evangelisten  von  Aussuz 
sdileehtweg  spricht,  während  das  nki^ipr^s  ^'inQog  des  drit- 
ten nichts  Andres  liedeaten  kann,  als  das  A.  TJiche 
h'^  inisO  (2  Mos.  4,  6.    4  Mos.  12,  10.   2  Köu.  5,  27.), 

was  dem  Zusammenhang  nach  Jedesmal  den  hdchsten  Grad 


I)  Eieg.  Hsadb.  1,  b,  S«  698 


uiyui^ca  GoOglc 


94 


Zweiter  Abfohnitl. 


lies  AoMat^es  beseiphnet«   Dafs  das  imlHiQl^Biv  nach  he- 
bräischem und  hellenistischem  {Sprachgebraueh  auch  blofs 
ITinerklären  bedeuten  könne,  ist  zwar  nicht  in  Abrede  zu 
atellen,  nop  mttrsle  es  diese  ßedeutong  in  dem  gansen  Ab- 
schnitt beibehalten«  Dafs  nnn  aber^  nachdem  von  Jesa 
erzählt  war,  er  habe  das  xadccqia^r/ti  gesprochen,  Mat- 
thäus nqch  ein  aal  evi^mg  ixoc^anioO^ij  y<      X*  in  dem  Sin- 
ne, dafs  also  der  Kranke  wirklich  Yon  Jesu  reiner klfirt 
worden  sei,  hinangefttgt  liaben  sollte,  ist  der  albernen  Tan- 
tologie  wegen  sn  undenkbar,  dafs  hier,  aber  dann  aach 
im  ganzen  Abschnitt,  das  xa^ctQi^ea^m  von  wirklichem 
Gerein  igt  werden  au  nehmen  ist.  An  das  IsnQol  xa^ccQit^ov^ 
%€»  (Matth.  |1,  5«)  and  XmQag  jta^Ql^ete  (Matth.  10,  8.), 
wo  doch  das  leatere  Wort  weder  blolse  Reinerklürnng , 
noch  auch  etwas  Anderes  als  in  der  vorliegenden  Erzäh- 
lung bezeichnen  kann,  genügt  es  zu  erinnern.  Woran  aber 
die  natOrliobe  Deutung  der  Anekdote  am  entschiedensten 
scheitert^  das  ist  die  Zerreissung  des  %^ilta,  xaiyuQio&r/^t. 
Wer  wird  sich  überreden  Können,  dafs  diese  in  allen  drei 
Berichten  unmittelbar  verbundenen  Worte  durch  eine  ziem- 
liche Paiise  getrennt  gewesen,  dafs  das  ^iha  bei  oder  ei« 
gentlich  vor  dem  Befählen,  das  tto^t^aqla^fiti  aber  nach 
demselben  gesprochen  worden  sei ,  da  doch  sämmtliche 
Evangelisten  beide  Worte  ohne  Unterschied  während  d^r 
Berührung  gesprochen  sein  lassen?  Gewifs  würde,  wenn 
der  angegebene  Sinn  der  nrsprUngliche  wire,  wenigstena 
Einer  der  Evangelisten,  statt  des  r^if'cao  aviü  6  ^Ir^mig  Ae- 
yct«^  ^ilio^  xa^ßQia'yrji ,  sagen;  o  'A  anexQlraro'  ^iho,  xai 
atffiftevoQ  cr^8  elTs*  itai>aQia97;in^  Ist  aber  das  xate^ 
ü&i^rt  in  Einem  2qgo  mit  &iXta  gesprochen,  so  dafs  Jesus 
lediglich  in  Folge  seines  Willens,  ohne  dazwischeneinget 
tretene  üntersuchuriir,  das  xu(>^e()li^€oOai  eintreten  Üefs;  so 
kann  die(k  unmöglio )  eine  Keinerklttmng,  wozu  es  einer 
Yoi^Knglgen  Vntersuehung  b^urflte,  sondern  mufs  ein  wirk- 
liches Reiimniqhen  gewesen  sein«  In  dl^s^m  24asilMeahau^ 


ijiu^  jcl  by  Googl 


Neuntes  Kapitel.    $•  90* 


ist  Hann  auch  das  ujiTeaOai  nicht  von  uiitcrtjUebl^ttier  Be- 
rüliruiig  211  ver^teiiciiy  sondern,  wie  sonst  illiiMit  itt 
cbea  Crsühlungen,  von  heilonder. 

Für  seine  nstüpIicKe  Erkltf rung  dieses  Vorgangs  beruflt- 
sich  Paulus  auf  den  Kanon ,  dafs  überall  in  einer  Kneäh- 
iung  das  Gewöhnliche  und  Ordentliche  vorausgcseat  wer- 
den mfisse,  wo  nieht  das  Gegontiieii  ausdrtfckUoli  a^fego- 
ben  sei  ein  Kanon,  weleher  an  der  der  ganEon  rationa- 
ilsrischen  Auslegung  eigenthüinliohen  Zweideutigkeit  leidet, 
was  für  uns,  und  was  für  die  auszulegenden  So|ii*iftsteller 
gewöhnüoh  und  ordentlich  ist,  iiieht  so  wnlenoheiden* 
Allerdings,  wenn  ich  einen  GttBOR  vor  mir  haiiey  so  darf 
ich  in  seinen  Ersählungen ,  sofern  er  nicht  ausdrücklich 
das, Gegen theil  anmerkt,  nur  natürliche  Ursachen  und  Vor- 
gSnge  voranssetsen,  weil  von  der  Bildung  einea  sololien 
SefariHtotellers  ans  das  ÜbenlatQrliohe  hdchsterts*  Als /selten- 
ste Ananahme  denkbar  ist:  schon  anders  verhiiit  sieh  dieia 
bei  einem  Uerodot,  in  dessen  ViU-stcUungs weise  das  Ein- 
greifen höherer  Mächte  keineswegs  uagewühnUch  und  ans- 
ser  der  Ordnung  ist,  und  voUenda  in  einer  anf  JOdisübenii 
Boden  gewachsenen  Anekdoteni*eihe,  deren  Zweck  ist,- ein 
Individuum  als  höchsten  Propheten ,  als  mit  Gott  innigst 
verbundenen  Menschen  dni  ziistellen,  versteht  sich  «las  Uber- 
aatariicho  so  sehr  von  selbst,  daiii  Jetoor  rationaÜatia^he 
Kanon  sich  dahin  unkehrt:  wo  in  sok^ien  KrMthlungen- 
auf  Erfolge  Gewicht  gelegt  ist,  welche,  als  natürliche  be- 
trachtet,  keine  Wichtigkeit  haben  wUrden,  da  mttfsten 
fiberaatarlielie  Ursachen  ausdrAeklich  ausgeschWkM»  sein, 
wenn  nicht ,  dafs  solche  im  Spiele  gewesen ,  als  Ansicht 
des  Erzählers  vorausgesezt  werden  sollte.  In  der  vorlie- 
genden Geschichte  ist  übcrdlefs  das  Ausserordentliche  des 
flerganga  dadurch  hinlänglich  angedeutet,  dafs  es  heilst,, 
auf  Jesu  Wort  habe  den  Kranken  der  Aussas  alsbaid  ver* 


2)  a.  a.  O.  S.  705  o.  sonst. 


Digitized  by  Google 


66  Zweiter  Abfchultt. 

lüMisn,  l'Veillch  weifs  Paulus,  wie  schon  bemerkt,  diese 
Angftbe  äui  eine  nllmähllge  netfirliehe  Genesung  sv  deuten^ 
ila  9v^wg,  wodurch  die  Evengellsten  die  Zeit  derselben 
besHmmen,  je  nach  dem  verschiedenen  Zusammenbände  das 
einemal  sogleich  bedeute,  das  andremai  nur  bald  und  un- 
gehindert* Diefii  eingeräumt)  soll  nun  das  bei  Markus  in 
nnnineHMireni  Znkanimenhang  folgende  tv&ifog ,  i^ißaltp 
avzdv  (V»  4S.)  sagen  wollen,  bald  und  nngehlnderf  habe 
Jfsns  den  Geheilten  hinausgetrieben?  Oder  soll  in  zwei 
aufeinander  foigeoden  Versen  das  Wort  in  veraebiedenem 
Sinne  genrannen  werden*? 

Ist  tonrft  naeh  der  Absieht  der  erangellsehen  Referen» 
ten  von  einem  augenblicklichen  Verschwinden  des  Aussatzes 
auf  das  Wort  und  die  Berührung  Jesu  hin  die  Rede:  so 
Ssty  sieh  dieib  denkbar  zu  maehen^  freUieh  noeh  eine  gans 
andre  Aufgabe,  als  die,  das  augenbiiekliene  Znreehtbria* 
gen  eines  mit  fixer  Idee  Behafteten ,  oder  einen  bleibend 
stärkenden  Eindruck  auf  einen  JNerven kranken  sich  vorsu- 
,  stelien,  Dals  cAne,  in  Folge  tiefer  Verderbnifs  der  Säfte 
daveh  deq  hartnäokigsten  und  bösartigsten  aller  Anssdiläge 
serfressene  Haut  durch  ein  Wort  und  eine  Berührung  au- 
genblloklicb  rein  und  gesund  geworden  sein  sollte,  diele 
ist,  weil  es  etwas  einer  langen  Reihe  von  Vermittlungen 
'  Biediliifldges  als  unmittelbar  eingetreten  darstellt,  so  undenk* 
bar^),  dafs  es  jeden,  der  ausserhalb  gewisser  Vorurtheile 
steht  (was  der  Kritiker  immer  soll),  unwillkUhrüch  a|i  das 
Fabelreich  erinnern  mufs.  Und  im  fabelhaften  Gebiet  mor* 
genländiseliev,  näkev  Jfidiseher  Sage  finden  wir  wirklieh 
das  plttsliehe  sowohl  Entstehen  -  als  Versehwindenm  neben 
des  Aussatzes  zueilst.  Als  Jehova  den  Moses  eum  Behuf 
seiner  Sendung  naeh  Ägypten  mit  dev  Fähigkeit,  allerlei 
Zetehen  sn  thun,  aosrttsfete,  hfefli  er  Ihn  unter  Anderem 
aaeh  seina  Hand  in  den  Rnsen  steeken,  mi  als  ?r  sie 


9)  ?gi*  IUm»  U  4.  |.  ^« 


Digitized  by  Google 


Neuntes  Kapitel*   {•  90«  57 

hermuaMogf  war  de  ton  Aatsas  bedeckt:  er  diiifiile  de 
noch  einmal  hineinstecken ,  oni!  heim  ahermallgon  Heraas- 
ziehen war  sie  wieder  rein  (2  Mos.  4,  6.  7.)-  Später,  we- 
gen eines  Empörungsversuchs  gegen  Moses ,  wurde  seine  « 
Sehweeter  Mirjam  pilialieh  mit  Aussäe  gesehlagen,  aber  auf 
die  FOrhItte  des  Moses  bald  wieder  geheilt  («Mos.  It^  10  ff.). 
Besonders  aber  spielt  unter  den  Wundertliafen  des  Pro- 
pi)eten  £li8a  die  Heilung  eines  Aussätzigen,  deren  auch  Je- 
sus (Lue.  4f  27.)  gedenkt,  eine  bedeutende  Rolle.  Der  sy- 
risefae  Feldherr  NaCman,  welcher  am  Aussau  litt,  wandte 
sich  an  den  israelitischen  Propheten  nm  Hülfe ;  dieser  liefs 
ihm  die  Weisung  geben,  er  solle  sich  siebenmal  im  Jordan 
waschen,  woradT  auch  wirklieh  der  Aussas  wich,  welchen 
aber  der  Prophet  spiter  Teranlafst  war,  auf  seinen  betrü- 
gerischen Diener  Gehasi  fibersutragen  (2  K6n.  5. ).  loh 
wfiiste  nicht,  was  wir  ausser  diesen  A.  T. liehen  Vorgän- 
gen noch  weiter  bedttrfen  sollten,  um  die  Entstehung  der 
evangultechen  Anekdote  erlüXrbar  su  finden.  Was  der  er- 
ste GolÜ  In  Jehe^aV  Auftrag  vermochte,  das,  wie  gesagt, 
mufste  auch  der  zweite  zu  thun  im  Stande  sein ,  und  oh- 
nehin hinter  einem  Propheten  durfte  der  Propheten  gröfs- 
ter  mleht  curllekblelben.  Waren  hienaeh  ohne  Zweifel  schon 
In  dem  Jttdisoheii  Messlashjlde  dergleichen  Belinngen  mit»  • 
begriffen ,  so  waren  noch  bestimmter  die  Christen,  welche 
den  Messlas  in  Jesu  wirklieh  ei^schienen  glaubten,  veran-, 
kfat,  adne  Gesehlehte  dureh  solche  aus  der  mosaischen 
und  prophetlsehen  Sage  genommene  Kflge  sn  verherrHehen, 
nur  dafä  sie  dem  milden  Geiste  des  neuen  Bundes  ( Luc. 
9,  55  f.)  gemlüs  die  strafende  Seite  Jener  alten  Wunder 
weglieiaen. 

Etwas  mehr  Schein  hat  die  ratlonallstisehe  Berufung 

auf  den  Mangel  einer  ausdrücklichen  Angabe,  dafs  eine 
wunderbare  Reinigung  vom  Aussaa  gemeint  sei,  bei  der* 
£rsftblnng  von  den  aehn  Aussätaigen,  wdche  dem  Lokaa 
eigentbanüioh  Ist  C17}  12  ff.),  Bier  ntaJich  verlangen  w«- 


oiyui^ca  GoOglc 


Zweiter  Abschnitt. 


der  die  Ki*nnkeii  Ausdrücklich  die  Heilung,  sondern  sie  ru- 
.  fen  nur:  iXir^ov  rjfiügj  noch  thut  Jesus  ein  hierauf  sich 
besiebende«  Machtwort,  soodem  er  weist  «ie  nnr  mI|  eich 
den  Priestern  su  zeigen,  was  man  denn  rationalistischer- 
seits  nicht  säumt,  dahin  zu  erklären,  dafs  Jesus,  nach  ge- 
nommener Kenntnifs  von  llirem  Zustand,  sie  ermuntert  ha- 
be,  sich  der  priesterlichen  Visitation  su  unterwerfen ;  dieis 
habe  wirklich  ihre  Reinsprechang  snr  Folge  gehabt  |  und 
der  Samariter  sei  umgekehrt,  um  Jesu  für  seinen  ermuthi- 
genden  Rath  zu  danken  '^).  Allein  so  angeiegentUch ,  wie 
es  hier  beschrieben  wird,  darch  ein  nlmw  isünqoowmi 
dankt  man  nicht  fttr  einen  bloTsen  Rath,  noch  weniger 
konnte  Jesus  verlangen,  dafs  um  des  Erfolgs  dieses  Kä- 
thes willen  alle  Zehne  hätten  umkehi*en  sollen ,  und  zwar 
um  Gott  die  Ehre  zu  geben  —  soU  man  nun  sagen  dafür, 
dafs  er  Jesnm  heflKbigt  habe,  Ihnen  einen  so  guten  Ratli 
<  ma  erthellenf  Nein,  sondern  hier  wird  eine  reellere  Lei- 
stung vorausgesezt,  und  diese  giebt  die  Erzählung  wirklich 
an,  wenn  sie  sowohl  die  Umkehr  des  Samariters  durch 
Um  flif«  ial>ri  hegrfindet,  als  aueb  Jesnm  den  Qrund,  wa- 
rum er  von  Allen  Dank  erwartet  hfttte,  durch  i^i  oi  dexa 
ixuO-uQiad-r^aav ;  aussprechen  läl'st,  was  Beides  doch  nur 
höchst  gezwungen  so  erklärt  werden  kann,  dafs,  weil  sie 
gesehen,  dals  Jesus  mit  seiner  fteinerklAmng  recht  gehabt, 
der  eine  wirklich  umgekehrt  sei,  ihm  len  danken,  die  übri- 
gen aber  hätten  umkehren  sollen.  Entscheidend  aber  ge- 
gen die  natürliche  Erklärung  ist  der  Saz  i  if  %^  vniy€t» 
WfHg  ixa^aQla9'r^a¥.  Wollte  hier  nach  Jener  Oeatnng 
der  Referent  bloCs  sagen :  wie  die  Kranken,  beim  Priester 
angekommen,  sich  ihm  zeigten,  wurden  sie  für  rein  er- 
klärt: so  mufste  er  wenigstens  setzen  :  noftf  r^tm-i;  txw 
3^fQiaO'tfia¥i  wogegen  nun  die  absichtsvolle  Wahl  des  er 
vnu'^uv  anwidersprechllch  selgt ,  dals  von  einem  Rcüih 


4)  Padmmi  Lr.  J.,  l,.b,  S.  6g. 


ijiu^  jcl  by  Google 


Ifeantes  KapIteL  S*  90»  99 

werden  wBbrend  de«  Hingehen«  die  Rede  Ist  Äueh  hier 

also  haben  wir  eine  wunderbare  Aussazheilang ,  welche 
eben  denselben  Schwierigkeiten  unterliegt,  aber  auch  eben* 
•e  in  ihrer  Entstehang  erJdfirbur  acheint,  wie  die  vorige 
AneiKdote. 

Doch  es  Icomint  bei  dieser  Erzlihlnng  noch  etwas  Ei- 
genthümliches  in  Betracht,  das  sie  von  der  vorigen  unter- 
scheidet* Es  ist  Iiier  l&eine  simple  Heilung,  Ja  die  Hei- 
lung lit  nicht  einmal  eigentlich  die  Hauptsache,  diese  Hegt 
Tielmehr  in  dem  verschiedenen  Betragen  der  Geheilten, 
und  die  Frage  Jesu:  ö/t  oi  ötaa  ixax>aQio^fjaav  x,  t.  L 
(V.  17  f.)  bildet  die  Sjjitse  des  Gänsen,  welches  hiemit 
gans  moralisch  sohlieftt  und  eam  fiehof  der  Belehrung 
ersfllilt  mn  sein  seheint  Namentlich  dafs  der  als  Master 
der  Dankbarkeit  Erscheinende  gerade  ein  Samariter  ist, 
mufs  hei  demjenigen  Evangelisten  auffallen,  welchem  auch 
^  Lefarrede  vom  barmhenlgen  Samariter  elgenthllmlioli 
Ist.  Wie  nXmlich  In  dieser  zwei  Juden,  ein  Priester  und 
ein  Levit,  sich  unbarmherzig  beweisen,  ein  Samariter  da- 
gegien  musterhaft  barmhereig;  so  steht  hier  neun  undank« 
baren  Juden  ein  Samariter  als  der  einzig  Dankbare  go* 
genllber«  Wie  daher,  sofern  doch  die  piddiehe  Heilung 
dieser  Kranken  picht  historisch  sein  kann,  wenn  wir  auch 
hier,  wie  dort,  «ine  von  Jesu  vorgetragene  Parabel  vor 
mu  hätten,  welche  die  Danklmrkeit«  wie  Jene  die  Barm«' 
heniigkeit,  am  Beispiel  eines  Samarltera  darstellen  sollte, 
nur  aber  geschichtlich  verstanden  worden  wäre  ?  Diefa 
wäre  dann  so,  wie  man  schon  behauptet  hat,  dafs  es  mit 
der  Versuchungsgeschichte  sich  verhalte«  Doch  eben  in 
Benug  auf  diese  haben  wir  gesehen ,  dafs  md  warum  Je« 
sus  nio  sich  selbst  unmittelbar  in  einer  Gleichnifsrede  auf- 
treten lassen  konnte,  und  diefs  miiis^  er  hier  gethan  hal- 
ben, vrem  er  tmi  gßbm  AussIMgeii  erdUilt  kfttte,  die  er 


5)  SciMJUsaMACitsa,  über  den  Lukas,  S.  215* 


iO  Zweiter  Abaclmltt 

flinMl  geheüt  habe.  Wollen  wir  daher  den  Gedanken^ 
hier  etwa«  orsprAnglieh  Parabolisches  wm  liaiieii,  nieht  fal> 

leii  lassen,  so  hätten  wir  uns  die  Sache  so  zu  denken,  dafs 
aus  der  Sage  ¥on  HeilungCQ)  welche  Jesus  auch  an  Ans- 
sülsigen  voUbrachC  habe,  einerseits,  und  andrerseits  aas 
Parabeln,  In  welchen  Jesus,  wie  In  der  Tom  bamiber^gen 
Samariter,  Individuen  dieses  angefeindeten  Volkes  als  Mu- 
ster versclüedener  Togenden  aufstellte,  die  urchristliche 
Sage  diese  Ers&hlong  susammengewoben  habe,  welche  eben- 
daher halb  Wanderersihlan§^  lialb  Parabei  Ist. 

i.  91. 

Bliodenbeilun^ea« 

Eine  der  ersten  Steilen  anter  den  won  Jesu  geheilten 

Kranken  nehmen,  gleichfcills  nach  der  ^atur  des  Landes'), 
die  Blinden  ein,  von  deren  Heilung  wiederum  nicht  blofs 
in  den  aÜgenielnen  Schilderqngen,  welche  die  £vangelisten 
(Hatth.  15,  SO  f.  Lue.  7,  81.)  oder  Jesus  selbst  (Matth. 
11,  5.)  von  seiner  messianischen  Thätigkeit  geben,  die  Re- 
de ist,  sondern  auch  einige  einzelne  Fülle  aosführlich  be- 
richtet werden.  Und  awar  iMhrere  als  Fon  den  Ueiiun- 
gen  der  anlest  beschriebenen  Art,  ohne  Zweifel  weil  die 
Blindheit,  als  ein  Leiden  des  feinsten  und  compiicirtesten 
Organs,  mehrere  abweichende  Behandlungsweisen  Euliels. 
&ine  dieser  Blindenheilnngen  ist  sfimmtlichen  Synoptikera 
gemeinsaai;  die  andern  sind  (sofern  wir  den  dXmonisehen 
Blindstnmmen  des  Matthias  hier  nicht  wieder  Efihlen)  je 
eine  dem  ersten,  aweiten  nnd  vierten  Kvangelisteu  eigcn- 
thttmlich. 

Gemeinsaai  ist  den  drei  synoptisclien  brangelien  die 
Kmlhlnng ,  dafe  Jesus  auf  seiner  leaten  Reise  nach  Jeru- 
salem bei  Jericho  eine  ßlindenheilung  verrichtet  habe  (Matth, 
ao,  29.  paraiL);  aber  bedeutende  Diffierennen  finden  statt 

1}  s.  Wiraa,  Bealw«  d.  A.  Blinde.  - 


Digitized  by  Google 


Nenntet  Kapitel,  f.  91.  tl 

•owohl  In  Beetlmninng  des  Objekts  der  Heilung,  indem 

Matthiias  zwei  Blinde  hat,  die  beiden  andern  nnr  £inen, 
als  auch  in  Besug  auf  das  Lokal  derselben ,  inctem  Lukae 
•ie  bei'm  £insng,  Matthäus  und  Markus  berm  Anssug 
aus  Jericho  vor  sieh  gehen  lassen;  auch  wissen  von  der 
Bcftihrung,  mittelst  welcher  nach  dem  ersten  Evangelisten 
Jesus  die  Blinden  heilt ,  die  beiden  andern  Berichterstat- 
ter nichts.  Von  diesen  DifTerenaen  mag  sich  die  leete 
durch  die  Bemerkung,  dafs  Markus  und  Lukas  die  Berflh« 
run«^,  die  sie  verschweigen,  darum  nicht  ISngnen,  etwa  lö- 
sen lassen:  schwieriger  ist  die  erste,  welche  die  Zahl  der 
Geheilten  betrifit«  Hier  hat  man  bald  mit  Zugrundlegnng 
des  Matthins  gesagt,  es  mOge  sieh  einer  von  beiden  Blln* 
den  besonders  ausgeBelehnOt  haben,  welswegen  in  die  er- 
ste  Überlieferung  er  allein  gekommen  sei ;  Matthäus  aber 
als  Augenzeuge  habe  ergänzend. den  a weiten  Blinden  hin« 
BagefUgt  So  widersprechen  weder  Lukas  und  Markna 
dem  Matthäus,  d^nn  sie  IXugnen  nirgends ,  dafs  nicht  noch 
mehrere  als  nnr  der  von  ihnen  hervorgehobene  Blinde  ge- 
heilt worden  seien;  noch  Matthäus  den  beiden  andern^ 
denn  wo  Zwei  seien ,  da  sei  auch  £lner  *)•  Allein  wenn 
der  einfache  £rsahler  von  £inem  Individuum  spricht  (und 
sogar,  wie  Markus,  dessen  Namen  nennt),  an  welchem  et- 
was Ausserordentliches  geschehen  sei:  so  hat  er  oifenbar 
der  Angatie,  es  sei  an  swei  Individuen  voigegangen,  still« 
schweigend  widersprochen,  was  ausdrücklich  au  thun  er 
keine  Veranlassung  hatte.  Wenn  man  sich  aber  auf  dio 
andre  Seite  wendet,  und,  die  Einzahl  des  Markus  und  Lu- 
kas snm  Grunde  legend,  von  Matthäus,  der  hier  wohl  nicht 
Augenseuge  gewesen  sei,  vermuthet,  sein  Referent  habe 
vielleicht  den  Führer  des  Blinden  für  einen  zweiten  Blin- 
den angesehen^):  so  ist  damit  schon  ein  wahrer  Wider- 


2)  Garn,  Goaun.  s.  Matth.  2,  S.  '32S. 

3)  Favuis,  es.  Haadb.  3;     S.  44. 


üiyilizeQ  by 


d2  Zweiter  Abschnitt« 

■ 

Spruch  zubegeben,  nur  unnöthigerweise  eine  höchst  unwahr- 
scheinliche Veranlassung  desselben  erdacht.  DaCk  die  drit- 
te DifFerenz,  des  tmoQivoftlvm  ino  und  ^  zi^,  ty/l^uv  $lg 
%QiX(a^  onlffsbar  sei,  kantig  wen  die  Worte  nicht  überzeu- 
gen 5  aus  den  ge\%  ah^aineii  Ausgleichungsversuchen  lernen^ 
welche  von  GftOTius  bis  Paulus  darüber  aufgestellt  wor> 
den  sind» 

Besser  haben  daher  die  IClferen  Barmonisten  ^)  gcthan, 

welchen  defs wegen  auch  neuere  Kritiker  beigefallen  sind^), 
wenn  sie  mit  Kücksicht  auf  die  zulezt  besprochene  Difi'e- 
rens  hier  cweieriei  Begebenheiten  unterschieden  ^  und  an* 
nahmen,  Jesus  habe  zuerst  bei*m  Eineug  in  Jericho  (nach 
Lukas),  dann  wieder  beim  Auszug  (nacli  Matthaus  und 
Markus)  einen  ßliuden  geheilt.  Mit  der  andern  Abwei^ 
chnng)  rücksichtlich  der  Zahl,  glauben  diese  Uarmonisten 
durch  die  Voraussetsung  fertig  sn  werden,  Matthäus  habe 
die  beiden  Blinden ,  den  vor  und  den  hinter  Jericbo  ge- 
heilten ,  zusammengezählt ,  und  die  Heilung  von  beiden 
liinter  Jericho  versezt.  Allein,  wenn  man  c?er  Angabe  des 
Matthlius  rücksichtlich  der  Lokalitfit  der  Heilung  so  viel 
Gewicht  beilegt,  um  ihr  und  der  des  Markos  eufulge  zwei 
Heilungen,  die  eine  vor,  die  andre  hinter  der  )Stadt  anzu- 
nehmen: so  weifs  ich  nicht,  warum  seine  abweichende 
Zahiangabe  nicht  ebensoviel  Geltung  liaben  soll,  und  Storu 
scheint  mir  conseqoenter  su  verfahren,  wenn  er,  auf  bei- 
de Differenzen  gleiches  Gewii  lit  legend,  annimmt,  dals  Je- 
sus suerst  bei  m  Einzug  nach  Jericho  Einen  Blinden  (La* 
Ims),  dann  bei^m  Ausjsug  von  da  swei  Blinde  cMatthäns) 
geheilt  habe^*).  Kommt  nun  aber  hiebei  Matthäus  sn  sei- 
nem vollen  Rechte,  so  ist  diel's  hingegen  dem  Marlvus  ver- 
weigert.  Denn  wenn  dieser^  wie  hier  geschieht,  um  «ei« 


4}  Schulz,  Anmerlaingen  zu  Michaeus,  2,  S.  105* 
5)  SiKFFKRT,  a.  a.  C>.  S.  104. 

6j  Über  den  i^wcck  der  ev,  Geschichlc  und  cer  ür.  Joii«  S*  345« 

0 


oiyiii^cG  by  Google 


Nevntet  ftapHel«  f.  91 


■er  Ort«ing«be  willm  mit  Btafttlbiiw  sammiiiengetliBt  itt, 

so  geschieht  hiebei  seiner  Znhlangabe  Gewalt,  welche  fUr 
•ich  vielmehr  eine  Zusammenstellung  mit  Lukas  erheischen 
würde :  ao  da£i  9  wenn  man  keine  seiner  Angaben  beein- 
Mektfgen  will,  waa  man  bei  dieser  Verfiihrongaarl  nfeht 
darf,  er  von  beiden  gleicherweise  getrennt  werden  mufs. 
So  hätten  wir  drei  verschiedene  ßlindenheilungen  bei  Je- 
rteho :  1>  die  Ueiinng  Eines  Bünden  bei'ai  filnimg,  ^  3)  die 
einee  weiteren  bei'm  AnsEug,  ond  S)  die  HeUnng  sweler 
Blinden  bei'm  Auszug,  also  zusammen  vier  Blinde.  Den 
Kweiten  und  dritten  Fall  non  aiiseinandersahaiten^  ist  frei- 
üeb  aebwierig.  Denn  wenn  doch  Jesos  sa  nwei  verschie- 
denen Tbet«n  nu  gleieber  Zeit  niebt  ansgezogen  sefai  kann^ 
so  will  sich  ebensowenig  das  vorstellen  lassen,  dafs  er, 
biofii  auf  der  Durchreise  begriffen  ,  nach  dein  ersten  Ana» 
sng  wieder  in  die  Btadt  aurückgekebrt ,  und  qpäter  noeh 
einmal  ausgesogen  wäre«  Überhaupt  aber,  drei  so  gans 
ihniiehe  Vorfftile  hier  sasammentreffen  au  lassen,  will 
kaum  angehen.  Schon  die  Häufung  von  ßlindenheilungen 
aittla  befremden.  Besonders  aber  wird  das  Benebmen  der 
Begleiter  Jesu  aabegreiflieb,  weieliey  hatten  sie  einmal  bd'm 
Einzug  gesehen,  dals  das  inrnpi^  nTt  Tvg^hi),  im  otümijarj 
nicht  in  Jesu  Sinne  sei,  indem  er  ihn  ja  zu  sich  rief,  diels 
doch  nicht  bei  dem  Auszug,  und  zwar  aweimalj  wieder«- 
lioit  haben  werden.  SxoRR'n  freilich  stdrt  diese  Wiederho- 
lung ni^t  in  der  Annahme  von  wenigstens  ewei  VorfÜl« 
len  dieser  Art,  denn  Niemand  wisse  ja,  ob  diejenigen, 
weiclie  hiater  Jericho  Stille  geboten,  nicht  ganz  andre  ge« 
weaen  seien,  als  die  Tor  der  Stadt  das  Gieiobe  getban 
hatten ;  wenn  aber  aneh ,  so  wire  eine  solche  Wlederho- 
long  eines  von  Jesu  faktisch  mifsbiliigten  Benehmens  zwar 
ansehicklich  gewesen,  aber  darum  nicht  unmöglich,  da 
aoeb  die  Jünger,  welche  der  ersten  Speisung  angewohnt 
betten,  doch  vor  der  aweiten  wieder  gefragt  haben,  wo 
Brot  für  so  Viele  herzunehmeji  sei  ?  —  allein  das  heifst  aus 


üiyilizeQ 


I 


M  Zweiter  Alschnitt. 

dir  WirkHekkeit  «iner  ünmSglidikelt  auf  die  dar  andern 
argoiMntfrt,   wie  wir  bald  genug  bei  Be^chtang  daa 

.doppelten  Speisungswnndcrs  sehen  werden.  Doch  nicht 
allein  das  Benehmen  der  Begleiter,  sondern  überhaupt  fatt 
alle  Züge  der  Begebenheit  mttfalen  sieh  auf  ciie  unbegreif« 
.Hebele  Weite  wlederliolt  haben.  fiSnaal  wie  daa  andere 
der  Ruf  der  Blinden:  iXerjaov  7]fiag,  oder  //f,  vle  Javiö\ 
hierauf  (nach  dem  ihnen  von  der  Umgebung  auferlegten 
•SliUachwelgen,)  der  Befehl  Jean,  ale  so  Ihm  sa  bringen; 
aeine  Frage,  was  sie  ven  Ihm  wollen?  ihre  Antwort :  ae- 
hend  werden;  seine  Gewährung  ihres  Wunsches,  worauf 
aie  ihm  dankbar  nachfolgen.  Daia  sich  diefs  Alles  drei« 
.  mal  9  oder  aaeh  nnr  swelmal  ao  wiederholt  haben  •eilte, 
.iat  eine  der  Unmöglichkeit  gleiehfcommende  Unwahrsobein- 
Jichkeit,  und  es  inüsste  entweder  nach  der  von  Sieffert 
In  solchen  Fällen  angewandten  Hypothese  eine  sagenhafte 
AselmÜation  yeraehiedener  Fakta  ^  oder  eine  traditioneile 
Variation  einer  einnigen  Begebenheit  angenommen  werden. 
Fragt  man  sich,  um  hier  zu  entscheiden :  was  konnte,  ein- 
mal eine  Vermittlung  durch  die  Sage  vorausgesezt,  leichter 
l^esehehen,  daa  Eine,  dafa  dieselbe  Geschichte  bald  toh 
lEllnemy  bald  Ton  Hehreren,  bald  vom  fiinaag,  bald  vom  Aue- 
Bug  eralihlt  wnrde?  so  braucht  man  das  Andre  gar  nicht 
erst  dazuKudenken ,  da  jenes  £rstere  so  ohne  Vergleichung 
wahracheiniich  ist,  dafii  man  keinen  Augenblick  swei^ela 
kann»  ea  als  wirlüich  venuttsuaetien.  Redneirt  man  aber 
ao  die  scheinbar  mehreren  Fakta  anf  wenigere ,  so  bleibe 
man  nur  nicht  mit  Sii>ffert  bei  der  Reduktion  auf  zwei 
stehen,  da  hiebei  nicht  allein  die  Schwierigkeiten  hinsicht- 
lich der  Wiederholang  decaeiben  Hergangs  bleiben}  aon» 
dem  auch  die  Consepenn  reriangt,  wenn  man  die  eine 
Abweichung  (in  der  Z.thl)  als  unwesentlich  aufhiebt,  auch 
von  der  andern  (im  I^okal)  zu  abatrahiren.  Stellt  sich 
nnn,  wenn  hier  nur  J^ne  Begebenheit  emAhit  werden  seil, 
die  weitere  Frage ,  welche  der  vertohiedenen  firalihlungen 


Digitized  by  Google 


Nennte«  Kapital,   f.  91.  itft 

•wolü  cUe  arsprfingliche  sei?  eo  wird  die  Ortsangabe  an 
keiner  fintaehefdn ng  helfen,  da  «[enan  eliensegnc  vor  als 
hinter  Jericho  ein  Blinder  au  Jesu  stofsen  konnte.  Eher 
wird  man  in  fiezng  auf  die  Zahl  Grund  Imbcn,  sich  zu 
entscheiden,  und  zwar  zu  Gunsten  des  Lukas  und  Markus 
ftr  Mofa  £inen  Blinden.  Keineswege  nwar  aus  dem  von 
ScHLSmMACHBR  angegebenen  Gmnde,  weil  Markos,  der 
durch  die  Angabe,  wie  det*  IMlnde  gcheifsen,  eine  genauere 
Bekanntschaft  mit  den  Verhältnissen  beurkunde,  auch  nur 
Einen  habe^),  da  dem  so  oft  auf  eigne  Hand  IndividuaH- 
afananclen  Markos  am  wenigsten  bei  den  ihm  elgenthilroll- 
ehen  Namen  zu  trauen  sein  dürfte;  sondern  aus  dem  Grnn- 
de ,  weil  sich  denn  doch,  diesen  Fall  mit  der  Erzählung 
foa  dem  Gadarenlseben  Besessenen  snsanunengehalten)  ei-, 
ne  Neigung  des  ersten  Evangeliums  sa  Verdoj)pluiigen 
nicht  verkennen  iäfst. 

Vielleicht  war  die  Verdoppelung  des  Blinden  bei  Mat- 
tblos  durch  die  £rinneming  an  die  demselben  Evangelisten 
eigenthClmliehe  Ersählung  von  einer  früheren  Heilung  sweier 
Bünden  (9,  27  ff.)  veranlafst.  Hier,  gleiehfalls  im  Wegge- 
ben,  nämlich  von  dem  Ort,  wo  er  die  Tochter  des  uq'j^iov 
wiedererweekt  hatte,  folgen  Jesu  zwei  Blinde  nach,  (die 
bei  Jericho  aitaen)  und  rnfen  ähnlich  wie  dort  den  Da« 
▼idaeohn  um  Erbarmen  an,  der  sie  sofort  auch  hier,  wie 
dort  nach  Matthäus,  durch  linndauflegung  heilt.  Daneben 
Jinden  sicli  freilich  nicht  geringe  Abweichungen  :  von  ei- 
nem Slillegebot  der  Begleiter  Jesu  steht  hier  nichts  f  und 
während  bei  Jericho  Jesus  die  Blinden  sogleich  so  sich 
ruft,  kommen  sie  in  dem  früheren  Falle  erst  zu  ihm,  als 
er  wieder  au  Hause  istj  ferner,  während  er  dort  sie  fragt, 
WAS  sie  von  ihm  wollen?  fragt  er  hier  gleich,  ob  sie  das 
Vertraoen  haben,  dafs  er  sie  heilen  iKÖnne?  endlieh  das 
Verbot ,  Niemand  etwas  zu  sagen ,  ist  dem  frftheren  Fall 


7)  a.  a.  O.  S.  237. 
JJoi  LtUn  J0ia  i/.  JBomf  •  9 


Digitized  by  Google 


Oft 


Z IV  e  1 1  •  r   A  h  s  6  h  n  i  U« 


•igenthttmilch*  Bei  diesem  Verhahnifs  beider  Erzähliin» 
gen  könnte  wohl  eine  AssimiUtion  in  der  Art  staetgefomlen 
haben,  daüs  dem  Matikfine  die  swei  Blinden  and  die  Berfih- 
rang  Jesn  ans  der  ersten  Anekdote  in  die  sweite,  die 
Form  des  Rufs  der  Kranken  aber  aus  der  sweiten  in  die 
erste  hineingekommen  wäre* 

Wie  beide  Geschichten  angelegt  sind^  scheint  fSr  ei- 
ne natilrliehe  firklürung  sieh  wenig  dareubieten.  Dennoch 
haben  die  rationalistischen  Ausleger  eine  solche  zu  veran- 
stalten gewufst.   Dalis  Jesus  in  dem  früheren  Falle  die 
Bünden  fragt,  ob  sie  Vertranen  na  ihm  hallen,  erklärt  rnnm 
dahin,  Jesus  halie  sich  Abersengen  woüen,  ob  sie  ihm 
wohl  bei  der  Operation  festhalten  und  seine  weiteren  Vor- 
schriften pünktlich  befolgen  würden^};  erst  zu  üanse  hier- 
auf, um  ungestört- SU  ^ein,  habe  er  ihr  Übel  untersucht, 
und  als  er  in  demselben  ein  heilbares  (nach  Vbnturiiii') 
durch  den  feinen  Staub  jener  Gegenden  bewirktes)  Lbel 
erkannte,  die  Leidenden  versichert,  dai's  ihnen  nach  dem 
Maafs  ihres  Zutrauens  geschehen  solle*   Hierauf  sagt  Pao» 
Lüs  nur  kum,  Jesus  habe  das  Hindernifs  Ihres  Sehens  eni* 
fernt ;    aber  auch  er  mufs  sich  etwas  Ähnliches  mit  Vkn- 
TtiRiMi  denken,  weicher  Jesum  die  Augen  der  Blinden  mit 
einem  scharfen ,  von  ihm  vorher  subereiteten  Wasser  be* 
streichen,  und  sie  so  von  dem  entsttndefeen  Staube  reini- 
gen läfst,  worauf  in  Kureem  ihr  Gesicht  zurückgekehrt 
sei«    Allein  auch  diese  natürliche  £rklärung  hat  nicht  die 
mindeste  Wursel  im  Text ;  denn  weder  kann  in  der  von 
den  Kranken'  geforderten  ni^ig  etwas  Andres,  als,  wie 
immer  in  ähnlichen  Füllen,  das  Vertrauen  auf  Jesn  Wun- 
dermacht,  gefunden  werden,  noch  in  dem  r^ipcao  eine  chii** 
urgische  Operation,  sondern  lediglich  jenes  Berühren, 
welches  bei  so  vielen  evangelischen  fleilnngswnndem ,  sei 


8)  Pavhjs,  L.  J.  i,  My  S.  249. 

9)  Natürliche  Geschichte  des  Propheten  von  Nas.  2,  5.  216. 


Digitized  by  Googl 


M  «U  Züihan  oder  a1«  Leiter  der  beilendeii  Kraft  Jesn^  tt* 
•chsint;  von  weiteren  Voreehriflteii  sur  v4Üligen  fierstel^ 
long  iet  ohnehin  nichts  so  bemerlien«   Nicht  ender«  terhfilt 

et  sich  mit  der  Heilung  der  Blinden  beiJericho)  wo  über« 
diefs  die  xwei  mittleren  KvangeiUten  iiicht  einmal  einer 
BorüLrnng  gedeniien« 

Sollen  aller  auf  dieie  Weise  nach  dem  Sinne  der  lle« 
ferenten  auf  das  biofse  Wort  oder  die  Berührung  Jesu  hin 
Blinde  augenblicklich  sehend  geworden  sein:  so  werden 
wohl  «hnliehe  Bedenlüiehiieiten  hjer  eintreten,  wie  in  dem 
vorigen  Fall  mit  den  AnsslKEigen«  Denn  ein  Augenübel, 
es  niag  noch  so  leicht  sein^  wie  es  nicht  ohne  manchfneho 
Vermittlung  entstanden  ist,  so  wird  es  noch  weniger  jan* 
mitleU»Ar  auf  ein  Wort  oder  eine  BertShrung  hin  weichen 
wollen,  sondern  es  erfordert  sehr  compllcirte  theils  ehiror» 
gische  thells  medicinische  Behandlung,  und  so  vornehmlich 
die  Blindheit ,  wenn  sie  Überhaupt  heilbarer  Art  ist«  Wie 
sollten  wir  uns  auch  die  plöaliche  heilende  fiinwirirnng  ei- 
nes Wortes  und  einer  Bend  auf  ein  erblindetes  Aoge  vor- 
stellen? rein  wunderbar  und  magisch  f  das  hicfse  das  Den- 
ken über  die  Sache  aufgeben;  oder  ma^^netisch?  allein  es 
ist  ohne  Beispiel,  dafs  aof  dergleichen  Übel  der  Magnetis- 
«ns  von  Einflofs  gewesen;  oder  endli|oh  psychisch?  aber 
die  Blindheit  ist  etwas  rem  Seelenleben  so  Dnabhiingiges , 
selbststündig  Körperliches,  dafs  an  eine,  nitmcntlich  j)iüz- 
liehe,  Hebung  derselben  von  geistiger  Seite  her  nicht  ca 
denlien  Ist.  Wir  müssen  folglich  bekennen,  dafs  eine  ge^ 
sehiehtllche  Auffiissung  dieser  EraUhlungen 'uns  mehr  als 
nur  schwer  fallt,  und  es  kommt  nun  darauf  an,  oh  wir 
die  Entstehung  unh|storischer  Sagen  dieser  Art  wahrschein* 
Üeli  omehen  können. 

Die  Stelle  ist  heroits  angeführt  t  wo  nach  dem  ersten 
und  dritten  Evangelinm  Jesus  den  Gesandten  des  TÄuferi 
l^eniiber ,  welche  ihn  zu  fragen  hatten ,  ob  er  der  t(>/o- 
liifog  sei,  sich  auf  seine  Theten  beruft,  und  vor  allem  An* 

5  • 


oiyui^ca  GoOglc 


I 


(MI  Zweiter  Abtehnitt. 

dern  hervorKebt,  def«  wvq^iol  avaßlinsütf  smn  dentli- 
lichen  Beweis ,  ilais  namenllich'  eoeh  solche,  an  Blinden 

verrichtete  Wunder  vom  Messias  erw  artet  wurden ,  w  ie 
ja  jene  Worte  ans         Sd,  5^  einer  messinnisch  gedeuie- 
leiB  Weissagung,  genommen  sind,  and  anch  in  einer  oben 
angefAhrten  rabbinisehen  Stelle  anter  den  Wandern,  wel- 
che JehovA  in  der  messianischen  Zeit  ausführen  werde, 
das  hervorgehoben  ist,  daCs  er  oculos  tot  cor  um  aperii 
id  quod  per  LUiumffcit         Eine  eigentliche  Blindheit 
nun  hat  EBsa  nicht  geheilt,  sondern  nnr  einmal  seinem 
Diener  die  Augen  Dir  eine  Wahrnehmung  ans  der  über- 
sinnlichen Weit  eröffnet,  und  dann  eine  in  Fujge  seines 
Gebets  über  seine  JTeinde  verhängte  Verblendong  wieder 
aufhören  lassen  (3  Kön.  17*— 20.)<  Diese  Theten  des  £lisa 
nun  fafste  man ,  ohne  Zweifel  in  ROebsIcht  auf  die  Jesaia- 
nische  Stelle,  ^'cradezu  als  Eröffnung  erblindeter  Augen 
auf,  wie  wir  aus  jener  rabbinisehen  Steile  sehen,  und  so 
wurden  vom  Messias  auch  Biindenbeilungen  erwartet  * 

10)  s.  Band  1,  S.  75,  Anm. 

11}  Auch  sonst  linden  wir,  das»  in  jener  Zeit  Männern ,  die  für 
Lieblinge  der  Gottheit  galten ,  das  VeraOgen  vruaderbarer 
Heilung,  namentlich  aocb  der  Blindheit,  sugetchrteben  su 
werden  pflegte.   So  ersShIen  uns  Tacitut,  Bist.  4,  81. ,  und 
Sueton,  Veepat*  7,  in  Alexandrien  habe  sich  an  den  kttrxlich' 
Imperator  gewordenen  Vespasian  ein  Blinder,  angeblich  nach 
einer  Weisung  des  Gottes  Scrapit,  mit  der  Bitte  gcwcndft, 
ihn  durch  Benetzung  seiner  Au^cn  mit   scinrin   Speichel  7ii 
heilen,  was  N'cspasian  mit  dem  Krfolrrc  gellian  habe,  dass  der 
Blinde  auj:;cnblicklich  das  Gesicht  wieder  erhielt.    Da  Tsci* 
tus  die  (Dichtigkeit  dieser  Erzählung  ganz  besondert  ver« 
bürgt ,  so  dürfte  Paulus  wohl  nicht  Unrecht  haben,  wunn  er 
die  Sache  ait  Veranttaituag  tehmeichleritcher  Priester  an- 
•iebt,  welche  durch  tulioniirte  Scheiakranke  den  Kaiser  in 
den  Ruf  det  WunderthMters,  und  dadurch  ihren  Gott,  dessen 
Rath  den  Vorgang  Teranlasst  hatte,  bei  ihm  in  Gnnst  setzen 
wollten.  £xeg.  Uandb.  2,  S.  56  f.   Jedenfalls  aber  sehen  wir 


» 


Digitized  by  Google 


ff 


Mahm  nun  die  «rchristliclie  Gemeinde ,  wie  sie  eos  den 
Joden  liervorgega Ilgen  war,  Jesam  fittr  des  nessfnniflche 

Subjekt,  so  inufste  sie  die  Tendenz  haben,  ihm  auch  nlio 
■essianischen  PrAdikate^  und  so  auch  das  in  Rede  stehen* 
de^  Busosehreiben. 

|>ie  dem  Markos  eigenthttmliche  Ersihlftng  Ton  einer 
Bllndeiiheilung  bei  Bethsaida  (S,  22ir. )  ist  j  iiel>t)ii  der 
gleichfalls  nur  bei  ihm  zu  findenden  von  der  llrihing  ei- 
nes scliwerredenden  Tauben  Cfy  32  ff.) ,  weiche  wir  defs- 
wegen  hier  mitberüeksiehtigen,  die  Lieblingseraiihinni^ailer 
mtiuiialistlschen  Ausleger.  Wären  uns  doch,  rufen  sie  aus, 
such  sonst  bei  den  evangelischen  Heiiungsgescbichten  wie 
iiier  die  erklärenden  Nebenumstände  auf i>ekaJten  ^  so  wür- 
de, dafs  Jesus  nicht  durch  hlofse  Maohtsprficlie  heilte,  hi« 
itorisch  EU  erweisen,  und  für  tiefer  Forschende  sogar 
die  natürlichen  Mittel  seiner  Heilungen  zu  entdecken  sein'  -} ! 
2^  ist  9  vorziigiioh  aus  Veranlassung  dieser  firaUhlungeOi 
weichen  sich  dann  aber  auch  einseine  Züge  aus  andern 
TheiJen  des  aweiten  Evangeliums  anschliefsen ,  Markus  In 
neuester  Zeit  auch  vou  solchen,  die  sonst  dieser  Ausie- 
gnngsweise  nicht  eben  geneigt  sind ,  als  Patron  der  aatOr- 
liehea  ErldXrnng  dargestellt  worden^'). 

Was  nun  unsre  beiden  Heilungen  betrifft ,  so  ist  den ' 
raitoualistisehen  Auslegern  schon  das  eine  gute  Vorbedeu- 
tung, dafs  Jesus  beide  Kranke  vom  Volke  weg  besonders 
nimmt 9  aus  keinem  andern  Grunde,  wie  sie  glauben,  als- 
um  ihren  Znstand  toBtUch  stt  unteimdien ,  und  m  sehen, 

liierau«,  was  mmn  in  jener  Zeit  auch  ausserhalb  Parasti«a*t 
TOn  einem  Manne  erwartete,  welcher,  wie  Tacitus  sich  hier 
über  Vespasian  ausdrückt,  einen  favor  e  coelis  imd  sine  in* 
ctinatio  nuaunum  genoss.  « 

12)  So  ungefähr  Pavlüs,  ex.  Handb.  2»  S.  312.  391. 

nf  n  Wrrw,  Beilrag  sur  Charakteristik  des  Evangelisten  Blar- 
kus,  in  Uu.«Aicit*t  und  Umbuht*«  Studien  1,  4,  739  ff.  Vgl. 
KösTCR,  Immanuel,  S.  72. 


Digitized  by  Google 


70  Zweiiar  Abtehttikl. 

ob  sieb  helfen  liuie  oder  ntefat.   Eine  solche  Uiilertiiehiiiig 

iSnclen  die  bezeichneten  £rklärer  vom  Evangelisten  selbst 
imgeKeigt,  wenn  nach  ihm  Jesus  dem  Tanben  die  Finger 
in  ilie  Ohren  steokte*  wobei  er  die  Taubheit  als  eine  heil- 
bare,  vielleieht  nnr  dorch  xrerhlrtete  Feuchtigkeit  Im  Ohr 
entstandene 9  gefunden,  und  hierauf,  gleichfalls  mit  den 
Fingern  y  da«  Uindernlf«  des  Gehörs  entfernt  habe.  Wie 
das  (ßcila  vig  Sdtxtvlas  fi^^f     wird  auch  das  ^0a- 

%o  tr^g  yltiaar^g  von  einer  chlrurglsehen  Operation  verstan- 
den ,  durch  welche  Jesus  das  Zungenband  bis  auf  den  er- 
forderlichen Punkt  gelöst I  und  dem  erstarrten  Organ  sei- 
ne GeienJiigkeit  wieder  gegeben  habe,  und  ebenso  wird 
das  iTtt^ds  'tag  tßtiictg  avti^  bei  dem  Blinden  dahin  erklflrt, 
Jesus  habe  vielleicht  durch  ein  Drücken  der  Augen  die 
verdickte  Linse  herausoebracht.  Eine  weitere  Hülfe  findet 
diese  Erklfirungsweise  darin,  dafs  Jesus  bcidemale,  an  der 
.  Zunge  des  Schwerredenden  und  an  den  Augen  des  Blin- 
den, Speichel  anwandte.  Schon  für  sich  hat  der  Speichel^ 
besonders  nach  filteren  Ärzten        eine  für  die  Augen  heilsa- 
me Kraft;  da  er  indefs  so  schnell  in  keinem  Falle  wirkt, 
um  eine  Blindheit  und  einen  Fehler  der  Sprachorgane  mit 
£inemmale  entfernen  su  können ,  so  wird  fllr  beide  Fülle 
vermuthet,  Jesus  habe  den  Speichel  nur  gebraucht,  um  ein 
Arsneimittel ,  wahrscheinlich  ein  äteendes  Pulver,  aiisu- 
fenehten,  wobei  sowohl  der  Blinde  nur  das  Ausspucken  ge- 
hört, Ton  den  eingemischten  Medikamenten'  aber  nichts  ge- 
sehen,  als  auch  der  Taube  nach  dem  Geist  der  Zeit  dio 
natürlichen  Mittel  wenig  beachtet,  oder  die  Sage  sie  nicht 
weiter  aufbewahrt  habe«   Wird  hierauf  in  der  £r]Bählung 
vom  Tauben  die  Heilung  nur  einfach  angegeben,  so  «dch* 
net  sich  die  vom  Blinden  noch  dedurch  aus,  dafs  sie  die 
Wiederherstellung  seines  Gerichts  umständlicii  als  eine  suc- 

cessive  bescbrcibt«  2^Acluiem  Jesus  die  Augen  des 
14)  Piia«  B,      t»i  7«  w,  «.  St,  bei  WsTSTsnr, 


Digitized  by  Google 


kea  auf  lUe  betobriebone  Weise  bebendell  bette,  fragte  er 
deaeelbeii,     ti  ßllnei;  gar  nicbt,  bemerkt  Paulus,  wie 

ein  WtiiidertliHter,  der  de»  Erfolges  sicher  ist,  sondern 
recht  wie  ein  Arzt,  der  nach  gemachter  Operntion  deu 
Palienten  probiren  itflat»  eb  ibm  geboileii  sei«  Der  Kran- 
ke erwiedert,  er  aebe,  aber  erat  nndeadieb^  ao  dafii  ihm 
4ie  Metischen  wie  Bäume  erscheinen.  Hier  kann  nun  der 
r.itiuiiali8tische  Erklärer  siegreich,  wie  es  scheint,  den 
artbodoxfin  fragen:  wenn  Jesu  die  göttiicbe  Krafi  au  Be- 
wirkuiy  Ton  Heilungen  an  Gebole  atand,  warum  heilte  er 
den  Blinden  nicht  sogleich  vollständig?  Wenn  ihm  das 
Übel  einen  Widerstand  entgegensezte  ^  den  er  nicht  schon 
ket*m  ersten  V^ersuobsu  überwinden  vermochte,  wird  daraus 
liefat  klar,  dafs  seine  Kraft  eine  endliche  ^  gewühnlicb 
BMsaehliehe  geweaen  ist?  Hierauf  legte  Jesus  noeh  ein- 
nmi  Hand  an  die  Augen  des  Kranken,  um  der  ersten  Ope- 
ration nachzuhelfen,  und  nun  erst  war  die  Kur  vollendet  ^^). 

Die  Freude  der  rationaiistisehen  Ausleger  an  diesen 
Ersllilunge»  des  Markus  ist  durch  die  trockene  Bemer- 
kung zu  stüron ,  dal's  auch  hier  die  Umstände,  welche  dis 
natürliche  Erklärung  möglich  machen  sollen ^  nicht  vom  ^ 
Kvangeiisten  aelbat  angegeben,  aondern  von  den  Auslegern 
aatergeschoben  sind«  Denn  liei  beiden  Heilungen  giebt 
3I«rIins  nur  den  Speichel  her,  das  wirksame  Pulver  oher 
streuen  Paulus  und  Vemturiiii  darein,  wie  auch  nur  sie 
es  sind,  die  aua  «lern  Leg^  der  Finger  in  die  Ohren  an- 
srst  ein  Sondiren ,  dann  ein  Operiren ,  und  aua  dem 
iil^hat  Tag  ytTnceg  ItÜ  lüg  6(p(}ulfidg  sprachw  idrig  statt 
eines  Handauflegens  ein  clürurgisches  llandanlegen  machen« 
Auch  das  Beiseitenehmen  der  Kranken  besieht  sich  dem 
Znsammeniiang  aofolge  (7,  3C.  8,  26«)  auf  die  Absicht  Je- 
ftu,  den  wunderbaren  Erfolg  geheim  zu  iiaiten,  nicht  auf 

15)  Fmvs»  a«  «•  O.  S.  312  f.  SdSff.;  itatMicbe  Gctchichte,  3  9 
S.  51  ft.  216  f.  HötTsii,  Immanuel,  S.  188  IT. 


Digitized  by  Google 


71 


Zweiter  Ab«ehjiitt. 


das  Verlangen  I  in  Anwendung  der  natllrliehen  Hitteft  nn« 
gestftrt  BQ  sein:  eo  dafs  der  retlonalisdschen  EriilArong^ 

alle  Stützen  sinken  und  die  orthodoxe  sich  ihr  auf 8  Neue 
gegenüberstellen  kann.  Diese  nimmt  die  Berührung  und 
den  Speiehei  entweder  alt  Herabiaasong  bh  den  Kranken^ 
welehen  dadoreh  nalie  geiegt  werden  aoiite,  wessen  Macht 
«ie  ilu'e  Heilung  zu  verdanken  hätten oder  als  ein  lei- 
tendes Medium  der  geistigen  Kra£t  Christi,  an  dessen  Ge- 
liraach  er  jedoch  nicht  gebunden  gewesen  sei '  ^) ;  das  Sne- 
cesslre  der  Heilung  kber  suclit  man  dann  theils  so  bb  wen- 
den ,  dafs  JesQS  dureh  die  halbe  Heilung  envor  den  Glan- 
ben des  Blinden  habe  beleben  wollen,  und  erst  als  dieser 
gewachsen  war,  den  nunmehr  Würdigen  ganz  wiederher- 
gestellt habe  ^*);  oder  vermuthet  man,  dem  Blinden,  hei 
seinem  tfef^ifewnrBellen  Leiden,  wffre  eine  pltaliehe  Hei- 
lung vielleicht  scliäcllich  ofewescn 

Aliein  durch  diese  Versuche,  namentlich  die  iezte  Ei- 
genheit der  erangellschen  ErBühlung  b'u  denten,  begeben 
sieh  die  sapranaturalistlschen  Theologen ,  welche  sie  vor» 
bringen,  selbst  >  auf  Einen  Boden  mit  den  Rationalisten,  in- 
dem sie  nicht  minder  als  J^ne  in  den  Text  hineintragen, 
was  in  demselben  nicht  ron  ferne  angedeutet  ist*  Denn 
wo  ist  In  dem  Heilrerfahren  Jesa  mit  dem  Kraniien  Irgend 
eine  Spnr,  daft  er  zuerst  nur  daranf  ausgegangen  sei,  sei- 
nen (ilauben  zu  pr.'ifen  und  zu  stärken?  in  welchem  Falle 
statt  des  nur  seinen  flussern  Zustand  betreffenden  invjQtiva 
aiviv  et  ri  ßUsm ;  vielmehr  wie  Matth.  9»  S8.  ein  mgiveig 
Ott  dvvaum  r8vo  noitjoai;  stehen  mttftte.  Vollends  aber 
die  Vermuthung,  eine  plüzliche  Kur  möchte  schädlich  ge- 
wesen sein!   Dw  heileade  Aiit  eines  Wunderthütera  ist 


!())  Hess,  C.rsrli  (  htr  Jesu,  1,  S.  ?;!  0  f, 

17)  Oi.sKiVSKN,  b.  CiMjini.  1,  S.  510, 

18)  l)t't  Hui^^UL,  in  Maro«  J>,  tlQ« 


Digitizod  by  Gü*..' 


6meh  CnaMaUkii  nach  OlshausbhV  Ansicht)  nloht  ais  der 
bloTs  negatSire  der  WegrüiiiMing  einet  Übels ,  sendern  bo* 

gleich  als  der  positive  einer  MittheiJang  ncoen  Lebens  und 
frischer  Kraft  an  das  leidende  Organ  zu  betrachten ,  .bei 
weleher  Ton  Seblidliohkeit  ihres  phlsÜchen  Eintritts  niehl 
die  Rede  sdn  kann.   Da  somit  kein  timnd  sieh  ansfin- 
dig  machen  läCst,  aus  welchem  Jesus  absichtlich  dem  äu- 
gen blioklicben  Wirken  seiner  Wunderkraft  £inhait  getban 
bitte «  so  nttiste  sie  nor  ohne  seinen  WÜien  Ten  attssen 
dnrcfa  die  Macht  des  eing ewnraelten  Übels  gefieainit  wop-  ' 
den  sein,  was  aber  der  ganzen  evangelischen  Vorstellung* 
von  der  selbst  dem  Tod  überlegenen  Wundermacht  Jesu 
entfegen  ist^  folglich  nicht  Meinung  unsres  EvangeÜsten 
sein  kann.   Sendern '  die  Absieht  des  Markus  j  wenn  wir ' 
seine  ganse  schriftstellerische  £lgenthtimlichkeit  erwägen, 
kann  aucli  hier  auf  nichts  Anch'es  als  auf  Veranschauli- 
ehnng  geben.   Alles  Pluaiiohe  aber  ist  schwer  sich  nur 
Anschannng  sa  bringen:  wer  eine  gesehwinde  Bewegung 
einem  Andern  dentlich  machen  will,  der  macht  sie  Ih« 
zuerst  langsam  vor,   und  ein  schneller  Erfolg  wird  nur 
dann  recht  vorstellbar ,  wenn  ilin  der  £raähier  durch  ai« 
ie  seine  HooMnte  hindnrehftthrt ;  weiswegen  denn  ein  Re- 
ferent, dem  es  darum  an  tbnn  ist,  In  seiner  Era^lhlong  der' 
Vurstellnngski'aft  seiner  Leser  möglichst  so  Hülfe  zu  kom- 
Bien,  auch  die  Neigung  zeigen  wirdj  wo  möglich  (iberall  da« 
Unmittelbare  au  Termittela  und  an  dem  plüaliohen  £rfoig  doch 
das  Snoeessive  seines  Eintritts  hervoraukehren.  8e  glanb* 
te  hier  Markus  oder  sein  Gewährsmann  rlel  Air  die  An« 
schaulichkeit  zu  thun,  wenn  er  zwischen  die  Blii|dheit  des 
Mannes  und  die  völlige  Herstellung  seiner  Sehkraft  die 
halbfertige  Heilung  oder  das  Sehen  der  Mensehen  wie  Bin« 
me  einschob  9  und  das  eigne  GefiShl  'wird  Jedem  sagen, 
(iafs  dieser  Zweck  vollkomiuon  erreicht  ist.    Darin  aber 
liegt  9  wie  auch  Andre  bemerkt  haben -^Jl,  so  wenig  eine 

20)  Faitzicui^  Coutm.  la  Marc.  ^.  XLXU« 


Digitized  by  Google 


74  Zw«itiir  AbiakiiitC. 

Ihnnctgang  des  Markos  su  natürlicher  Auffassang  solcher 
Wiiiilkry  lUla  er  Ja  yieimehr  nlelU  selten  die  Wottder  mn 
TergHtosem  bemüht  ist,  wie  wir  theili  bd*»  Gadarener 
gesellen  haben,  theils  noch  öfters  werden  bemerken  kön- 
nen. Auf  Ähnliche  Weiae  wird  dann  auch  da«  mu  beur- 
tfaellen  aeiii|  da(a  Alarkiia  lumentlleh  indieten  tkm  eigenen 
Eraihlnngen  (aber  aueh  tonst,  wie  6,  13,  wo' er  benrarkt, 
dafs  die  Jünger  die  Kranken  mit  Ol  gesalbt  haben)  die 
Anwendung  äoaserer  Mittel  und  Manipulationen  bei  den 
Hellnngawnndem  henrerhebt.  I>a£i  diese  Mktel,  wie  lie» 
sonders  der  Speichel,  in  der  damaligen  Voüuansicht  nicht 
als  natürlichwirkeiide  Ursachen  der  Heilung  galten,  davon 
ka/ia  schon  die  oben  angeführte  Ersählong  ?on  Yespasian 
fthemei^gett,  se  wie  Stellen  jüdischer  und  rlhnisehsr  Ante* 
veny  nach  welchen  das  Anspucken  als  magiselMS  Mittel, 
vornehmlich  gegen  Augenübel,  galt  Sondern  Olshau- 

bXH  giebt  ganz  die  damalige  Vorstellung,  wenn  er  Bertth* 
mngi  Speichel  dgk  fttr  die  Condaktoren  der  dem  Wnn- 
dermann  inwehnenden  höheren  Kraft  erklirft.  Nur  frei- 
lich diese  Ansicht  auch  eu  der  unsrigen  machen  könnten 
wir  nur  dann,  wenn  wir  mit  Olshausen  von  einer  Parallele 

M 

der  Wnnderkraft  Jesu  mit  der  animalisch  -  magnetischen 
ansgiengen,  eine  Tei^ileichangy  welche  snr  KHilirung  der 
Wunder  Jesu,  insbesondere  des  Torliegenden,  onanreichend 
und  darum  überflüssig  ist.  Wir  schreiben  daher  jene  Mit- 
tel lediglich  auf  Rechnung  des  Evangelisten.  Auf  diese 
kommt  dann  ohne  Zweifel  auch  das  BesondemehaMn  der 
Kranken  j  die  übertreibende  Beschreibung  der  Verwunde- 
rung des  Volks  (vTiBOTiFoiaaoig  i^eulrjaaotto  afimTfg,  7, 
S70i  und  das  strenge  Vei*bot ,  Niemand  von  den  Heilun- 
gen etwas  sn  sagen.  Diesee  Gehelmhalten  gab»  der  Sache 
ein  mysteriStes  Ansehen ,  welches  auch  nach  andern  SteN 
len  dem  Markus  gefallen  au  haben  scheint«   Zu  demMj«- 


81)  $•  d.  St.  bei  Watssst«  uad  LtsavraoT  sn  Job.  9f  6. 


Digitized  by  Google 


tteriSsen  gehört  bei  der  Heilung  des  Tauben  auch  das 
ivaßXiijfCLg  eig  zov  tsQavov  igna^e  (7  ,  34.).  Denn  woza 
hier  seofken  I  Uber  das  £lend  des  Menschengeschlechts^ 
das  Jeso  aos  viel  franrigeren  Füllen  langst  bekannt  sein 
nnlste?  oder  wollen  wir  dnrch  die  Erkllfming,  dafs  Jener 
Ausdruck  nichts  vreiter,  als  stilles  Beten  oder  lautes  Spre« 
eben  bedeute  ^')}  der  Schwierigkeit  ausweichen?  Wer 
den  Harkos  kennt|  wird  vielmehr  den  flbertrelbenden  Er* 
dhler  darin  erkennen,  dafk  er  Jesu  eine  tiefe  Oemaths* 
bewegung  bei  einem  Anlafs  zuschreibt,  der  eine  solche  gar 
nicht  herforbringen  konnte,  aber  von  derselben  begleitet 
sich  nor  vm  so  gehelmnifsvoller  ausnahm.  Gans  Torsflg* 
Hefa  aber  seheInt  mir  etwas  Mysteritfses  darin  sn  liegen, 
dafs  Markus  das  gebietende  Wort,  mit  welchem  Jesus  die 
Ohren  des  Tauben  aufthut,  in  seiner  ursprünglichen  syri- 
sehen  Form :  iqfqM&a^  wiedergieb^  wie  b^i  der  firweekang 
der  Toehter  des  Jaims  nnr  onser  Evangelist  (5,  41.)  das 
talid-a  utHf-U  hat.  Man  sagt  wohl,  diefs  seien  nichts  we- 
niger als  Zauberformeln  gewesen*^);  allein,  dafs  Markus 
diese  Machtworte  so  gerne  in  der  seinen  Lesern,  denen  er 
sie  Ja  erklären  mois,  firemden  Ursprache. wledergiebt,  be- 
weist doch,  dafii  er  eben  dieser  Ihrer  nrsprtingKehen  Form 
eine  besondere  Bedeutung  beigelegt  haben  mufs,  welche 
dem  Zusammenhang  anfolge  nur  eine  magische  scheint  ge- 
wesen sein  so  können.  Diese  Neigung  snm  Mysteriösen 
können  wir  rflekwörts  blickend  nan  auch  in  der  Anwen- 
dung jener  äusseren  Mittel  ßnden,  welche  zum  Erfolg  in 
keinem  Verhültnirs  stehen;  denn  eben  darin  besteht  ja 
das  Mysterium,  dais  mit  einer  inadäquaten,  endliehen  Form 
ein  vnendlieher  Inhalt,  mit  einem  scheinbar  untrlrkaamen 
Mittel  die  kräftigste  Wirkung  sich  verbindet« 


tXi  so  nach  Enlhymiot  Fansaa»,  in  Marc«  p«  S04» 
th)  Ertteret  KviKtft,  Lesteret  ScMorf* 
24)  UkMi  Gesch.  Jesu,  l,      ii^l«  Aua.  1, 


Digitizc'ü 


76 


Zwitter  Abtiohnltt 


Babeo  wir  non  oben  die  einfacbe  £i«ibiiiiig  tlmaift- 

lieber  Synoptiker  von  der Blindenhellung  bei  Jeriebo  niebt 
für  historisch  halten  können,  so  sind  wir  diefs  bei  der  ge« 
heimnifsvollen  Schilderung  des  Einen  Markus  von  der 
lieünng  eines  Blinden  bei  fietbsaida  noeb  weniger  im  Stan- 
de, sondern  wir  railssen  sie  als  ein  Produkt  der  Sage  mit 
mehr  oder  weniger  Zuthaten  des  evangelisclien  Referen- 
ten ansehen ,  und  ebenso  die  von  ibm  mit  gleicher  Eigen- 
tbilmlicbkeit  eraäbite  Heiiong  des  rnnyog  ftayikalog^  Denn 
nueh  bei,  dieser  iesteren  Geeebicbte  febien  uns  nel»en  den 
schon  ausgeführten  negativen  Gründen  gegen  ihre  histoi*i- 
sehe  Glaubwürdigkeit  die  positiven  Veranlassungen  ihrer 
mjrtblschen  Entotebnng  nicbt,  da  die  Weissagung  auf  die 
messianisebe  Zeit:  voVs-cJra  x(aq>iav  axAeowrai  — ItQcmj 
i^ca  ylojoou  fioyi?,  tiliov  (Jes.  35,  5.  6.)  vorbanden 
war,  und  nach  Matth.  11,  5.  eigentlich  verstanden  wurde. 

So  günstig  der  natttrlicben  £rkiArnng  auf  den  ersten 
Anblick  die  eben  betracbteten  JElrsäUnngen  des  Markus  sn 
sein  sebienen:  so  nngOnstig  und  verniebtend,  sollte  man 
glauben,  müsse  die  johanneische  Erxlfblung,  Kap.  9.,  auf 
sie  fallen ,  wo  nicbt  von  einem  ßiiiiden  scblecbtweg ,  des- 
sen Bufäilig  eingetretenes  Übel  ietcbter  wieder  an  beben 
sein  moclite,  sondern  von  einem  Blindgeborenen  die  Rede 
ist.  Doch  wie  die  Ausleger  dieser  Richtung  scharfsichtig 
sind,  und  den  Muth  nicht  bald  verlieren,  so  wissen  sie 
aucb  bier  manches  ihnen  Gfinstige  tsn  entdecken»  Vor  Al- 
lem den  Zustand  des  Kranken  finden  sie»  so  bestimmt  aaeh 
das  TKf/.üv  ix  yersri'g  rii  lauten  scheint,  doch  nnr  unge- 
nau hezelt'hnet.  Die  Zeitbestimmung  zwar,  welche  darin 
liegt,  entb&lt  sieb  Paclüs,  wiewobl  nngem  and- eigentücb 
nur  lialb,  omaustolsen :  um  so  mebr  mala  er  dann  aber  an 
der  QunÜtlttsbestlmmung  des  Zustandes  zu  rütteln  suchen. 
Yr<f).(i^  müöse  nicht  gerade  totale  Blindheit  bezeichnen  ^ 
und  wenn  Jesus  den  Kranken  anweise,  sum  Siloateicb  au 
j^ebon,  nicbt  sieb  fttbren  an  lassen,  so  müsse  derselbe  noch 


Digitized  by 


Neuntes  Kapital*   $•  $U 


einigen  Schein  des  AngenlichU  gehabt  haben,  nm  selbst 
den  Weg  dahin  finden  so  kdnnen«  l^och  mehr  Hülfe  sehen 
die  rationallstisehen  Ausleger  In  dem  Heilverfahren  Jesn. 

Gleich  Anfangs  (V.  4.)  sage  er,   er  müsse  wirken  nög 
^fiiQa  iglvy  in  der  Nacht  lasse  sich  nichts  mehr  anfangen: 
Beweis  genug »  dafs  er  den  Blinden  nicht  mit  einem  blo« 
sen  Machtwort  en  heilen  im  Sinne  gehabt  habe,  was  er 
auch  bei  Nacht  hätte  aussprechen  können,  dafs  er  viel- 
mehr eine  künstliche  Operation  habe  vornehmen  wollen^ 
XU  welcher  er  (ireilich  das  J'ageslicht  bedurfte.   Der  m^Xag 
femer,  welchen  Jesus  mittelst  seines  Speichels 'macht  und 
dem  Blinden  auf  die  Aii<rcn  streicht,  ist  ja  der  natürlichen 
Auslegung  noch  günstiger  als  das  blofse  mvoag  hei  m  vo« 
rigen  Fall,  wefswegen  denn  aus'  demselben  die  Fragen 
und  Vermuthungen  wie  Pilse  in  üppiger  FdUe  aufschies* 
sen.    Woher  wufste  Johannes,  fragt  man,  dafs  Jesus  nichts 
weiter  als  Speichel  und  Staub  zu  der  Angensalbe  nahm  ? 
war  er  selbst  dabei ,  oder  hatte  er  es  hlos  aus  der  £rE&h* 
lang  des  ge hellten  Blinden?  IMeser  lionnte  aber  bei  dem 
schwachen  Schimmer,  den  er  nur  hatte,  nicht  genau  se* 
hen,  was  Jesus  vornahm,  er  konnte  vielleicht,  wenn  Je- 
sus 9   wlihrend  er  aus  andern  Ingredienzien   eine  Salba 
mischte 9  sufiillig  auch  ausspuckte,  auf  den  Wahn  yerfal* 
len,  aus  dem  Ausgespuckten  sei  die  Salbe  entstanden. 
Noch  mehr:  hat  Jesus,  während  oder  ehe  er  etwas  auf 
die  Augen  strich,  nicht  auch  etwas  aus  denselben  wegge- 
nommen,' weggestrichen,  oder  sonst  etwas  daran  verffn- 
dert,  was  der  Blinde  selbst  und  die  Umstehenden  leicht 
flir  Nebensache  ansehen  konnten?   Endlich  das  dem  Blin- 
den gebotene  Waschen  im  Teiche  dauerte  vielleicht  mehrere 
Tage,  war  eine  längere  Badekur,  und  das  ßUnm 
sagt  nicht,  dafs  er  nach  dem  ersten  Bade,  sondern  dafii 
er  KU  seiner  Zeit,  nach  Vollendung  der  Kur,  sehend  wie- 
derkam 

25)  Paulust,  Coinin.  4,  S.  472  ff. 


Digitized  by 


7H  Zweiter  Abpehnitt 

Allein  I  am  von  vorne  ansufangen,  so  wird  hier  dem 
ijfiiQct  und  yv£  eine  Bedeutung  gegeben,  welche  eelbst  ei- 
Dem  VxMTVRim  »■  seieht  gewewn  ist  '^))  «nd  nMMntlioh 
dem  Zaeaadienluuig  mit  V«  &  sawiderliafl^  welcher  dareh« 
aus  eine  Bezicliung  der  Worte  auf  den  baldigen  Hingang 
Jesu  erheischt  ^^)«  Wßg  aber  von  etwaigen  medicinischen 
Ingrodiensien  des  fgtjlog  Teraintliet  wird,  ist  an 'so  boden- 
loser, als  hier  nicht  wie  bei  dem  Torigen  Fall  gesagt  wer» 
den  liann ,  es  werde  nor  das  angegeben ,  was  der  Blinde 
.durch  das  Gehör  oder  einen  leichten  Lichtschimmer  wahi*- 
nehmen  konnte,  da  ja  dieisnud  Jesus  den  Kranken  nicht  , 
•ilein,  sondern  In  Gegenwart  seiner  Jünger  vomaha« 
Über  die  weitere  Vermuthang  vorangegangener  ehirargi* 
scher  Operationen ,  durch  welche  die  im  Texte  allein  an- 
gegebene Bestreichung  und  Waschung  cur  Nebensache  wird, 
ist  nichts  Mn  sagen,  als  dafs  man  an  diesem  Beispiele  sieht, 
wie  sUgellos  die  einmal  eingelassene  natürliche  Erkiffrung 
«ich  alsbald  gebärdet,  und  die  klarsten  Worte  des  Textes 
durch  die  Gebilde  üirer  eigenen  Combi  na  tion  verdrängt. 
Wenn  ferner  daraus,  dals  Jesus  den  Blinden  cum  Tei- 
che gehen  hiefs,  gefolgert  wird,   er  müsse  noch  einen 

'  »Schein  des  Lichts  gehabt  haben,  so  ist  dagegen  cu  be- 
merken, dafs  Jesus  demselben  nur  angab,  wohin  er  siv.h 
liegeben  ivnayu»)  solle;  wie  er  diefs  nfiher  angreifen 
wollte,  ob  allein  gehen  oder  einen  Führer  nehmen,  daa 
überliefs  er  ihm  selber.  Endlich  wenn  das  engverbun- 
dene  anf^lHv  w  xcd  iviipcno  xcd  rkS^e  ßkmittv  CV.  7, 

^Tgl.  V.U.)  SO  einer  mehrwöchigen  Badekur  auseSnander- 
gecogen  wird,  so  Ist  dlels'  gerade,  wie  wenn  auin  das 
i^eni,  vidi,  vici  übersetzen  wollte:  nach  meiner  Ankunft 
recognoscirte  ich  mehrere  Tage,  lieferte  hierauf  in  gehöri- 
gen Zwischenseitea  nnterschiei^liche  Schlachten,  und  blieb 
andlioh  Sieger* 

26)  Natürliche  Gesch.  3,  S.  215. 

27>     XaouiCR  und  LUcas  s.  d.  St.  ^  ' 


4 


Digitized  by  Google 


t 


ll««ii4tt  KapiteL  f.  91.  7§ 

Sa  iMüi  mit  «bo  Meh  hier  die  mitflrlielie  Erklftmiig 
in  Stiehe,  «ml  wir  behelten  einen  Ton  Jeea  wonderbeF 

geheilten  Blindgeborenen.  Dnfs  unsre  obigen  Zweifel  ge- 
gea  die  Realitüt  der  Blindenheilungen  hier,  wo  es  sich 
ron  angeborener  Blindheit  liendelt,  in  veretttfiiteBi  Biaefee 
wiederkehren,  iet  natfirlleh.  Und  swar  kommett  Iiier  noch 
einige  besondere  kritische  GrQnde  hinzn.  Keiner  der  drei 
ersten  Evangelisten  weifs  etwas  von  dieser  Heilung.  Naii 
aber,  wenn  doch  in  der  Gestaltung  der  apostolischen  Tra- 
dition und  in  der  Aoswahi,  weiche  sie  nnter  den  Ton  Jean 
BS  ersählenden  Wandern  traf,  irgend  ein  Verstand  gewe- 
sen sein  soll,  so  mufs  sich  diese  nach  den  zwei  Gesichts- 
punkten gerichtet  haben:  erstlich,  die  grüfseren  Wunder 
▼or  den  scheinbar  minder  bedeutenden  ausanwihlen,  und 
-  sweltens  diejenigen ,  an  Welche  eich  erbauliche  Erdrterun* 
gen  knüpften,  vor  denen,  bei  welchen  diefs  nicht  der  Fall 
war.  In  der  ersteren  Rücksicht  war  nun  offenbar  die  Hei- 
lung eines  ron  Geburt  an  Bünden,  als  die  ungleich  schwie- 
rigere, ror  der  eines  Blinden  schlechthin  ausauwihlen,  und 
man  begreift  nicht,  wenn  doch  Jesus  wirklich  einen  Blind- 
geborenen sehend  gemacht  hat,  warum  davon  nichts  in 
die  erangelische  Tradition  und  also  in  die  synoptiseheii 
firangeiien  gekomnien  Ist.  Freilich  konnte  mit  dieser  Rflek« 
sicht  auf  die  Gröfse  des  Wunders  die  andere  auf  die  Er- 
baulichkeit der  daran  sich  knüpfenden  Reden  nicht  selten 
coliidiren,  so  dal«  ein  minder  auffallendes,  aber  durch  die 
Gespriehe,  die  es  Toranlafste,  Iruchtbareres  Wunder  et* 
nein  auffallenderen ,  aber  bei  welchem  das  Lestere  weni- 
ger autraf,  vorgeeogen  werden  mochte.  Allein  die  Hei- 
lung des  Blindgeborenen  bei  Johannes  ist  von  so  merk w Ar- 
digen Gesprächen,  suerst  Jesu  mit  den  ^Ungern,  dann 
des  Geheilten  mit  der  Obrigkeit,  endlich  Jesu  mit  dem 
Geheilten,  begleitet,  wie  von  dergleichen  bei  den  synopti- 
schen Blindenheilungen  keine  Spur  ist,  Gesprüche,  von 

welchen,  wenn  auch  nicht  der  ganae  dialoglaehe  Verlauf f 

ff 

N 


Digitized  by  Google 


0i.  Zweiter  Ahscii aitt.  / 

so  doch  gnomiiohe  Perlen,  wie  V.  4.  5.  SO.,  eich  nnch  für 
die  DwPBteLLang  der  drei  erefen  EvengelieleB  trefflich  cig* 
neteii.   Dieee  hätten  aleo  nleht  imhin  gekonnt,  etatt  der 

sowohl  weniger  roerkwdrdigen ,  aIs  auch  minder  erbauii* 
ehen  BJindenbeUungen,  welche  sie  haben,  die  Heilung 
des  Blindgeborenen  aufsnnehmen ,  wenn  dieeeibe  in  der 
evangdlachen  Ubertiefeningy  aas  welcher  ale  aehffpften) 
beHndlich  gewesen  würe.   Der  allgemeinen  evangelischen 

'  Verkündigung  konnte  sie  möglicherweise  unbekannt  blei- 
ben, wenn  aie  an  einem  Orte  und  unter  Umatfinden  yor- 
gefallen  war,  die  ihre  Ambreitang  nicht  l>egOnatigten,  aJao 
wenn  sie  In  einem  Winkei  de*  Landes  ohne  weitere  Zeu- 
gen verrichtet  worden  wnr.  Aber  Jesus  vollbringt  sie  ja 
Tieimehr  zu  Jerusalem,  im  iireise  seiner  Jünger,  mit  gröls- 
tem  Aufsehen  in  der  Stadt,  and  sam  höchsten  Anstoft  hei 
der  Obrigkeit:  da  mufste  die  Sache  bekannt  werden,  wenn 
sie  anders  geschehen  war,  uinl  da  wir  sie  in  der  ^(nvohn- 
Üchen  Evangelientradition  nicht  als  bekannt  antreffen,  so 
mteteht  der  Verdacht,  sie  möchte  vielieicht  gar  nicht  ge- 

.  aebeken  sein* 

Aber  der  Gewährsmann  ist  doch  der  Apostel  Johan- 
nes* Wenn  diels  nur  nicht,  ausser  dem  unglaublichen, 
also  schwerlich  won  eineip  AugenBcugen  herrQlirenden  In- 
halt des  Berichts,  auch  noch  aas  einem  andern  Grand  an* 
wahrscheinlich  würde.  Der  lieferen t  erkl/Srt  nämlich  den 
I^amen  des  Teiches  2^i?Aoafi  durch  das  griechische  dicegaii'' 
fihog  (V.  7.):  eine  falsche  ErkJiftrUng,  denn  ein  Abge* 
sehickter  heifst  l^lW»  wogegen  nS'^  der  wahrscheinlich- 
sten Erklärung  zufolge  einen  Wassergufs  bedeutet  -^).  Der 
£?angelist  wählte  aber  jene  Deutung,  weil  er  zwischeji 
dem  Ifamen  des  Teichs  und  der  Sendung  des.  Blinden  bq 
demsellien  eine  bedeutangsrolle  BcBiehung  sachte,  und  sicli 
also  vorgestellt  cu  haben  scheint,  der  Teich  habe  durch 

^}  s«  fAiiujt  uad  I^UcKB  n.  d.  St. 


ijiu^  jcl  by  Google 


Neunte«  Kapitel  $.  91. 


81 


beten^ere  FOgong  den  Namen  des  Gesendeten  bekommen^ 
weil  dereinst  vem  Messias  nur  Offielibarung  seiner  Herr- 
lichkeit ein  Blinder  zu  demselben  gesendet  werden  sollte 
Kuji  konnte  allerdings  ein  Apostel  eine  grammatisch  nn- 
nebtige  Erklärung  geben,  sofern  er  nur  nicbt  als  inspirirt 
ferausgesest  wird^  nnd  «neh  ein  geborener  Palfistinenser 
konnte  sieb  in  fitymologieen  bebräiscber  Worte  irren,  uie 
das  A.  T.  selber  zeigt:  doch  aber  sieht  eine  Spielerei  die- 
ser Art  eber  wie  das  Macbwerk  eijtes  entiernter  Stehen- 
den  als  eines  Angeniengen  ans«  Der  Angenzeuge  batte  an 
dem  angesebanten  Wunder  und  den  vernommenen  Reden 
genug  Uedeutnngsvolles :  erst  bei  dem  entfernter  Stehen- 
den konnte  die  Mikrologic  eintreten,  dais  er  aucb  aus  den 
Ikleinaten  Nebenattgen  eine  Bedeutung  beranssnpressen  sucb- 
te.   TnOLUCK  nnd  LOckk  stossen  sieh  starit  an  einer  sol- 
chen, wie  der  Lestere  sich  ausdrückt,  an  Unsinn  streifen- 
den Alle^^orie,  welche  sie  ebendets wegen  sich  nicht  für  jo- 
iianneiscb  aufreden  lassen  woilen^  sondern  als  eine  Glosse 
betrachten.   Da  jedoeb  alle  iLritiseben  Anktorit&ten,  bis 
auf  £ine,  minder  bedeutende,  dieselbe  bieten,  so  ist  eine 
suiche  Behauptung  die  baare  VVillkühr,  und  man  hat  nur 
die  Wahl,  ob  man  mit  Olsuaussn  aucb  an  diesem  Zug  als 
einem  aposiplisehen  sieh  erbauen oder  mit  den  Probe- 
bUien  denselben  mit  nnter  die  Merkmale  Ton  dem  nicht 
;tpustulischen  Ursprung  des  vierten  Evangeliums  aahlea 

Was  nun  aber  den  Verfasser,  des  vierten  Evangeliums^ 
oder  die  Überlieferung,  aus  welcher  er  schffpfte)  veran- 
lassen konnte,  unzufrieden  mit  den  ßlindenheilungen,  von 
welchen  die  Synoptiker  berichten^  die  vorliegende  Üoraäh- 


2y)  so  Euthymius  und  Pavlvs  z.  d.  St. 

50)  b.  Conuu.        S.  230,  wo  er  jedoch  das  antgaXftiyoi  sof  den 

von  Gott  autgehendea  Gei«ie»«trott  J»«zi«ikk» 
31)  S.  9S. 

Dat  LthtH  Jgi»  II,  Hand.  6 


Digitized  by  Google 


Zwtit^v  Abschnitt. 


lang  aasBubÜden,  Üfgl  tchon  in  dem  bisher  Ausgeführten. 
Es  ist  schon  von  Andern  die  Bemerkung  gemacht,  wie  das 

vierte Evangelinm  Ewar  wenigere,  aberum  so stiricere Wen- 
der VOif  Jesu  erzähle  ' So,  wenn  die  übrigen  Evange- 
lien simple  Paralytische  haben,  welche  Jesus  heilt,  hat  das 
vierte  Evangelium  einen,  der  38  Jahre  lang  gelähmt  war; 
vvenn  Jesus  in  jenen  eben  Verstorbene  wiederbelebt,  ruft 
er  in  diesem  einen  schon  vier  Tage  in  der  Gruft  Gelege- 
nen  bei  weichem  bereits  der  Eintritt  der  Verwesung  zu 
vermuthen  war,  in  das  Leben  snrfick;  ebenso  hier  statt 
e/nfacher  ßlindenheihmgen  die  Heilung  eines  Blindgebore- 
nen, eine  Steigerung  der  Wunder,  wie  sie  der  apolo- 
getisch -  dogmatischen  Tendenz  dieses  Evangeliums  ganz 
angemessen  ist.  Auf  welchem  Wege  hiebei  der  Verfasser 
des  Evangeliums  oder  die  particuläre  Tradition,  welcher 
er  folgte,  zu  den  einzelnen  Zügen  der  ErzäiAung  kommen 
konnte,  ergiebt  »ich  leicht.  Das  mveiv  war  bei  magischen 
Augenkuren  gewöhnÜch;  der  mjldg  Ug  als  Surrogat  einer 
Auoensaibe  nahe  und  kommt  auch  sonst  bei  Eauberhaften 
Proceduren  vor  der  Befehl,  sich  im  Siloateich  BU  wa- 
fchen,  kann  der  Verordnung  Elisas,  dafs  der  aussätzige 
Nataan  sich  siebenmal  im  Jordan  baden  solle,  nachge- 
bildet sein.  Die  Verhandlungen ,  weiche  sich  an  die  Hei- 
lung knüpfen,  gehen  theils  aus  der,  auch  von  Storr  bc- 
merkiich gemachten  Tendenz  des  johanneischen  Evangeliums 
hervor,  sowohl  die  Heilung  als  die  angeborne  Blindheit  des 
Menschen  möglichst  urkundlich  zu  machen  und  zu  verbür- 
gen,  daher  das  wiederholte  Verhör  des  Geheilten  selbst  und 
sogar  seiner  Eitern;  theils  drehen  sie^  sich  um  die  symho- 
lische  Bedeutung  der  Ausdrücke:  %vg>log  und  ßk^non;  i)filncc 
und  vi}^,  wie  sie  zwar  auch  den  Synoptikern  nicht  fremd 
ist ,  noch  specifischcr  jedoch  in  den  Johanneischen  Bilder- 
kreis gehört. 

52)  KösTKF,  Immmuel,  S.  79  i  Bmwmmn,  Frobsb.  S.  IM. 
33)  WsTSTsui  s.  d.  St. 


Digitized  by  Gopgle 


Ntvntes  /(rapltel.  |.  92. 


8S 


5.  * 

HeUcmgen  Ton  Paralytischen.    Ob  Jesus  Krankheiten  als 
SUndenttrafen  betrachtet  habe« 

ßn  wichtioer  Zug  in  der  johanneischen  HeÜiingsffC- 
•chichte  des  Blindgeborenen  ist  übergangen  worden  ^  weil 
er  erst  in  Verbindung  mit  einem  entsprechenden  in  der 
sjnoptisclien  Ers&hlong  von  der  Heilung  eines  Paralyti-» 
sehen  (Matth.  9,  I  ff.  Mare.  %  1  ff«  Luc«  5,  IT  ff.)j  die  wir 
demnächst  zu  betrachten  haben,  richtig  gewürdigt  wenien 
kann.    Uier  nümlich  erkl&rt  Jesus  dem  Kranken  zuerst : 
atftmtid  ao$  (d  ifiaq^Uxi  aOf  und  hierauf,  als  Beweis,^  dafs 
er  so  solcher  Sflndenvergebong  VoUmaeht  habe,  heilt  er 
ihn  5    wobei  die  Beziehung  auf  die  jüdische  Ansicht  nicl  t 
verkannt  werden  kann,  dafs  das  Übel  und  namentlich  die 
Krankheit  des  Kinaelnen  Strafe  seiner  Sünde  sei ;  eine  An« 
siebt  9  welche 9  In  ihren  Gmndsflgen  Im  A«  T.  angelegt , 
(S  Mos.  16,  14  ff.  5  Mo«.  28,  15  ff.  2  Chron.  21,  15.  18  f.), 
▼on  den  spjiteren  Juden  auf s  Bestimmteste  ausgesprochen 
wurde       Hätten  wir  nun  blofs  jene  synoptische  Erz&h- 
IiiBg)  so  meisten  wir  glauben^  Jesus  habe  die  Ansicht  sei* 
ner  Zelt*  and  Volksgenossen  Aber  diesen  Punkt  getheilt, 
indem  er  ja  seine  Befugnifs,  Sünden  (als  Grund  der  Krank- 
heit) zu  vergeben,  durch  eine  Probe  seiner  Fähigkeit, 
Krankheiten  (die  Folgen  der  Sünde}  so  heilen ^  bevtreist. 
Allein,  sagt  man,  es  finden  sieh  andre  Stellen,  wo  Jesus  dfe^  v 
ser  jüdischen  Meinung  geradezu  widerspricht,  und  daraus 
folgt,  dafs,  was  er  dort  zum  Paralytischen  sprach,  hlofse 
Aecomnuidation  an  die  Vorstellungen  des  Kranken  Bor  Fbr^ 
demng  seiner  Heilung  war 

Die  Ranplstelle,  welche  man  hiefttr  anzufiihren  pflegt, 


1)  Nedarim  f.  41,  1.  (bei  Sca^irssir,  I,  8.  93.)  t  Diait  B.  Chija 
liL  Abba :  nuUua  aegrotut  a  morbo  tno  sanatur ,  donoc  ipsi 
OBinia  peccata  remissa  tint« 

3)  Hask,  L.  J.  §.  73.    FanrsscBS,  in  Mattb.  S.  335« 

5  • 


Digitized  by  Google 


94   .  Zw«Uer  Abaclinill, 

ist  eben  die  fiinleitung  der  ealest  beernchteten  GeKchichfe 
toni  Blindgeborenen  (Job.  9,  1 — 3).  Hier  nimlleb  logen 
die  Jnnger,  wie  sie  den  Mann,  den  sie  als  von  (lebiirt 
an  Blinden  kennen,  am  VV^ege  stehen  sehen,  Je«u  die  Fra- 
ge vor  9  ob  sein^  Blindheit  Folge  seiner  eigenen ,  oder  der 
Sfinde  seiner  £item  sei?  Der  Fall  war  fiir  die  jttdische 
Vergeltungstheorie  besonders  schwierig.  Von  tbeln,  wel- 
che einein  Menschen  erst  im  Verlauf  seines  Lebens  znge- 
stossen  sind ,  wird  der  auf  eine  gewisse  Seite  sich  einmal 
neigende  Beobaehter  leicht  iigend  welche  eigne  Verschul- 
dungen dieses  Menseben  als  Ursache  ausfindig  machen  oder 
doch  voraussetzen.  Von  angeborenen  Übeln  dagegen  gab 
swar  die  aithebräische  Ansicht  (SlUos.  20,5.  5  Mos.  5,^9. 
S  Sam.  3,  29.)  die  £rklftmng  an  die  Hand,  dafs  durch  die* 
selben  die  SOnden  de|*  Vorfahren  an  den  Nachkommen 
heimgesiiclit  werden  j  allein,  wie  tür  das  inerisehliehe  Heelit 
das  mosaische  Geses  seihst  festseate,  dnls  Jeder  nur  t'üv 
eigene  Vergehungen  solle  gestraft  werden  können  (5  Mos* 
24,  16.  2  Köo.  14,  0.) ,  und  auch  in  Besug  auf  die  göttli- 
che Strafgerechtigkeit  die  Propheten  ein  Gleiches  aliiiteit 
(Jer.  «H,  30.  Ezech.  15,  19  f.) :  so  ergab  sich  für  angebo- 
rene  Ubel  dem  rabbinischen  Scharfsinn  der  Ausweg,  sol* 
ehe  Menseben  mttgen  wobi  schon  in  Mutterleibe  gesfiudigt 
haben  und  diese  Meinung  war  es  ohne  Zweifei  juich, 
welche  die  Jünger  bei  ihrer  Frage  V.  *X,  voraussezten 
Wenn  ihnen  nun  Jesus  cur  Antwort  giebt,  weder  um  ei- 
ner eignen,  noch  um  einer  Sünde  seiner  filtern  willen  sei 
jener  Menscb  blind  nur  Welt  gekommen,  sondern  um  durch 


3)  Sanhedr.  F.  91,  2.  und  BcrcschJth  Rabbaf.  38,  1.  (bei  Ligiit- 
FOOT  S.  1050)  :  AntoninuR  interronavit  Rabbi  (Jiidam)  :  a  quo- 
nam  tempore  imiplt  malus  ailiclus  prarvaltTP  in  bomine? 
an  a  tempore  formationis  ejus  (in  utero),  an  a  tempore  pro- 
ccstionis  ejus  (ex  utero}  l  Dicit  ei  Babbi :  a  tempore  for- 
mationis ejus. 


ijiu^  jcl  by  Googl 


r^auHto«  Kapitel«'  §•  SIS. 


65 


die  Heilung,  weiche  er  als  Messiiis  nn  ihm  vollsiehen  soll» 
le,  die  yTondemiacht  Gottes  rar  Annchauung  so  bringen : 
wird  dief«  insgemdn  so  verstanden ,  als  hKtte  damit  Je- 
sus jene  gnnze  Meinung^  dafs  Krankheit  .und  sonsfiorrs  L  bei 
wesentlich  Sündenstrafe  seiy  verworfen.    Allein  aiisdrüeU- 
üeb  sprielit  hier  Jesus  nor  von  dem  Falle,  der  ihm  ehen 
Vortag,  dals« dieses  bestimmte  Obel  hier  nicht  in  der  Ver^ 
sehuldung  des  Individuums ,  sondern  in  höheren  göttlichen 
Absichten  seinen  Grund  iiaboi  einen  allgemeineren  Sinn  und 
die  Verwerfung  der  gansen  Jüdischen  Ansicht  in  jenem 
Ausspruch  su  finden,  liönnte  man  nur  durch  andre  be- 
stimmter dabin  lautende  Aussprüche  ein  Recht  lM*kommen. 
J)a  nun  aber  dem  Obigen  zufolge  in  dc  ji  synoptischen  i'^van- 
geiien  eine  Erzählung  sieh  findet,  welche,  einfach  aufge- 
ftSgt  j  vielmehr  ein  £instimmen  Jesu  In  die  herrschende 
Meinung  enthxit ,  so  würde  sieh  fragen ,  was  leichter  mn-* 
gehe,  jenen  synoptischen  Aussprneh  Jesn  als  Aecommoda- 
tion  ,  oder  den  johanjieiüchen  nur  mit  Bezug  auf  dvn  vor- 
liegenden Fall  au  fassen?  eine  Frage,  welche  Jeder  bu 
Gunsten  des  losten  Gliedes  entscheiden  wird,  der  einerseie»! 
die  Schwierigkeiten  der  Acconimoilntlonshyiiothesc  in  ihrrr 
Anwendung  auf  die  evangelischen  Aussprüehe  Jesu  kennt, 
und  andrerseits  sich  klar  macht,  dafs  in  der  betreffenden 
Stelle  des  vierten  Evangeliums  eine  allgemeinere  Besiehung 
deb  Ausspruchs  gar  nicht  angedeutet  ist. 

Freilich  darf  nach  riebt i^^cn  liiterjiretationsgrundtiatKen 
ein  ßvangelist  nicht  unmittelbar  aus  einem  andern  erläu- 
tert werden,  sondern  es  bliebe  in  unsrem  Falle  wolil  mög- 
lieh, dafs,  wihrend  die  Synoptiker  Jesu  jene  Zeitansieht 
Eiischreihen ,  der  höher  gebihlote  \ri  l'asser  des  vierten 
Evangeliums  ihn  dieselbe  verwerten  liefse :  allein  dafs  auch 
sr  jene  Abweisung  der  Zeitansicht  von  Seiten  Jesu  niir 
•vf  den  eineeinen  rall  bezo«^' ,  beweist  er  durch  die  Art, 
w'w  er  ein  .uiderTial  Jesnm  reden  lafst.  M  eun  dieser  näm- 
lich SU  dem  achiunddrcifi»lgjährigeu  Ki'ankcn  Joh*  3*  nach 


Diqitized  by  Google 


Zweitor  Absclmilt* 


seiner  Wiederhrratellung  warnend  tagt:  fujkki  iftaqrapef  ^ . 
iVa  ftrj  xBiQOv  tl  aoi  yh-rp^m  (V.  14.) »  «o  iit  dlef»  eo  gut, 

als  wenn  er  einem  zu  Heilenden  zuruft :  acftmiai  ool  ai 
ifAU^lai  (Jff,  beidemale  nämlich  wird  Krankheit  als  Sün- 
denstmfe  hier  aufgehoben,  dort  angedroht.  Doch  anch  hier 
'  wissen  die  ßrUXrer,  denen  es  anwÜlkonftmen  ist,  von  Jeaa 
eine  Ansicht,  welche  sie  verwerfen,  anerkannt  au  finden, 
dem  natürlichen  Sinne  auszuweichen.  Jesus  soll  das  he- 
sondre  Ubei  dieses  Menschen  als  eine  natürliche  Folge 
gewisser  Anssehweifongen  erluinnt,  und  ihn  vor  Wiedep» 
holunsf  derselben  gewarnt  haben ,  weil  diefs  eine  gefUhrii- 
chere  Recidive  Ijorbciführen  könnte  Allein  der  Denlc- 
weise  des  Zeitalters  Jesa  liegt  die  Einsicht  in  den  natürii- 
ehen  Zusammenhang  gewisser  Ausschweifungen  mit  gewla- 
'sen  Krankheiten  als  deren  Folgen  weit  ferner  als  die  An- 
sicht von  einem  positiven  Zusammenhang  der  Sünde  über- 
haupt mit  der  Krankheit  als  deren  Strafe ;  es  mülste  also, 
wenn  wir  dennoch  den  Worten  Jesu  den  ersteren  Sinn 
sollten  unterlegen  dürfen,  dieser  sehr  bestimmt  in  der  Stel- 
le angezeigt  sein.  Nun  aber  ist  in  der  ganzen  Erzählung 
von  einer  bestimmten  Ausschweifung  des  Menschen  nicht 
die  Rede,  das  von  Jesu  ihm  augerufene  fujxizi  ifiiqtan  be- 
aeiehnet  nur  Sflndigen  fiberhaopt,  und  eine  Unterredung 
Jesu  mit  dem  Kranken,  in  welcher  er  denselben  über  den 
Zusammenhang  seines  Ijcidens  mit  einer  bestimmten  Sünde 
.  belehrt  liütte,  zu  suppiiren,  0>  die  wiilkührltchste  Fik« 
tion.  Weiche  Auslegung,  wenn  man,  um  einem  dogmatiscli 
unangenehmen  Ergebnifs  ausauweiohen,  die  eine  Stelle  CJob, 
9.)  zu  einer  niclit  in  ihr  liegenden  Allgemeinheit  erweitert, 
die  andere  (Matth.  0.)  durch  die  Accommudationshypothe«» 
se  eludirt,  der  dritten  (Job,  5.)  einen  modernen  Begriff 
gewaltsam  aufdrängt:  statt  dafs,  wenn  man  nur  die  ante 


4)  FiVLVi,  Comm.  4,  S,  2f4    LCcai,  2,  S«  2t, 

5)  Wie  Taema  s.  d.  St,  Ihut. 


Steile  nicht  mehr  sauren  l/ifst  als  sie  sagt,  die  beiden  tin- 
dern  in  ihrem  sonfichst  liegenden  Sinn  nicht  im  Miiideften 
•agetiittel  so  werden  brauchen ! 

Doch  man  bringt  noch  eine  weitere,  und  /.war  syn- 
optische Steile  herbei,  am  Jesn  die  t^i  hübenheit  über  die 
ftcseiehnete  Volicsmeinong  xii  vindiciren.  Wie  ihm  nflmlich 
einmnl  von  Galilflem  erslhlt  worde,  welche  Pilatos  bei'm 
Opfern  hatte  niederhauen  lassen,  nnd  von  andern,  welche 
durch  den  Einsturs  eines  Tburmes  verungiUckt  wnreii  (Luc. 
IZj  1  ffO)  wobei  die  Eriefihler)  wie  mm%  glauben  mafs,  xu 
erkennen  gaben,  dafa  sie  |ene  UnglilcktCKile  für  göttliche 
Strafen  der  beeondem  Verworfenheit  Jener  Leute  anseheni 
cpwiederte  Jesus,  sie  möchten  ja  nicht  glauben ,  |>ne  Men- 
•chen  seien  besonders  schlecht  gewesen ;  sie  selbst  seien 
■m  nicht«  besser,  nnd  sehen  daher,  falls  sie  sich  nicht  be- 
kehren, einem  gleichen  Untergnntr  entgegen*  Es  Ist  in  der 
Tliat  nicht  klar,  wie  man  in  dieser  Äusserung  Jesu  eine 
Verwerfung  jener  Volksansicht  finden  kann.  Vl^olite  Jesus 
gegen  diese  sprechen,  so  mnCste  er  entweder  sagen:  ihr 
seid  ebenso  grofse  Sflnder,  wenn  ihr  anch  nicht  auf  die 
gleiche  Weise  leiblich  zu  Grunde  gebet;  oder:  glaubet 
ihr,  daf«  jene  Menschen  ihrer  SUnde  wegen  xu  Grunde  ge- 
gangen seien?  nein!  diefs  sieht  man  an  euch,  die  ihr  im- 
erachtet  eurer  Schlechtigkeit  doch  nicht  ebenso  nu  Grunde 
gehet.  So  dagegen ,  wie  der  Ausspruch  Jesu  hei  Lukas 
lautet,  kann  der  Sinn  desselben  nur  dieser  sein:  djifs  jene 
Menschen  schon  jezt  ein  solcher  Unfall  betroffen  hat,  be- 
weist nichts  flBr  ihre  besondre  Schlechtigkeit,  so  wenig  das, 
dafs  Ihr  bisher  von  dergleichen  verschont  geblieben  seid, 
für  eure  grofsere  Würdigkeit  beweist ;  vielmelir  werden 
früher  oder  später  über  euch  kommende  ühnlirhe  Strafge- 
richte eure  gleiche  Schlechtigkeit  beurkunden  — wodurch 
^also  das  Genes  des  Zusammenhangs  swischen  Sfinde  und 
rngliick  jedes  ßinxelnen  bestätigt,  iiicl;t  umgestofsen  wür- 
de.   Diese  vulgär -hebräische  Ansicht  %  on  Krankheit  und 


Digitized  by  Google 


1 


Zweiter  Abtohnitt« 

Übel  steht  onn  Allerdings  Widerspruch  mit  jener  esote- 
rischen y  essenlsch-ebionitlsehen ,  die  wir  im  Eingang  der 

Bergrede,  im  GJeichnffs  vom  reichen  M»nn  und  sonst  pe- 
fiinden  hnbon.  nnch  welcher  vielmehr  die  Gerechten  in  die- 
sem Äon  die  Leidenden,  Armen,  Kmnken  sind:  sllei.n  bei- 
de Ansichten  liegen  einmal  in  den  Anssemnffen  Jesa  flBr 
eine  unbefangene  Kxepese  en  T«ge,  and  der  Widerspmeh, 
welchen  wir  zwischen  beiden  finden,  berechtigt  nns  we- 
der, die  eine  Klasse  von  Anssprficben  gewaltsam  zu  dea- 
ten,  noch  nach,  sie  Jesa  abeusprechen ,  da  wir  nicht  be- 
rechnen Itdnnen ,  wie  er  den  Widerstreit  eweler  Ihm  von 
verschiedenen  Seiten  der  dnmnli<jen  jüdischen  Bildong  her 
gebotenen  Weltaiiscbniiungen  für  sich  'gelost  haben  mag. 

Was  nun  die  oben  erwAbnte  ITeiInng  betrifft,  so  las- 
sen die  Synoptiker  Jesam  den  Hofen  des  Tünfers  gegen- 
über sich  namentlich  auch  darauf  berufen ,  dafs  durch  sei- 
ne Wnndermacht  yroXol  netfinctrSaiv  (Matth.  II,  5.)  9  und 
ein  andermal  wundert  sich  das  Volk,  wie  es  neben  andern 
Geheilten  auch  yjf)' TjeniTicaiivraQ  und  y.vkk^g  vyuTg  CP- 
%  blickt  (Matth.  15,  31.).  An  der  Stelle  der  'xoAo^  werden 
anderwürts  naQaXtrnxo}  aufgeAihrt  (Matth.  4,  24.),  und 
namentlich  sind  in  den  detaillirten  ireilon<Tsnescbichten, 
welche  wir  über  diese  Art  von  Kranken  haben,  (wie  IMatth. 
0,  1  fi.  paraiL  8,  5  ff.  parall.)  nicht  x^/iAof,  sondern  Trance* 
IvTtxol  genannt.  Der  Kranke  Job.  5,  5.  gehörte  wohl  zu 
den  3ff'iAo"p,  von  welchen  V,  8.  die  Rede  gewesen  war; 
ebendaselbst  sind  ^  00/ afifpfcfiihrt,  und  so  finden  wir  Matth. 
12i  9  ff.  parall.  die  Heilung  eines  Menschen,  der  eine  yjiQ 
f'iQi  hatte.  Da  jedoch  die  drei  zulest  antreführten  Uei- 
lunifen  von  Gliederkranlcen  nnfer  andern  Rabriken  nns 
wiederkehren  werd  mi  :  so  bleibt  Iiier  nur  die  Ileilunj^^  des 
Paralytischen  Matth,  ü,  1  ff.  parall.  eu  beleuchten  übrig. 

Da  die  Definitionen  ,  welche  die  alten  Ärzte  von  der 
TUtQakvaig  geben,  swar  alle  aafi^hmuug,  aber  uuentschio« 


Digitizod  by  Gü*..wtL 


liaaiit«f  KapiteL  f.       .  89 

lim ,  ob  totale  oder  pnrtiafe,  gehen  ^) ,  and  llberdiers  von 
ilen  ErAngelisten  kein  strenges  Festhalten  an  der  medicini- 
ffcben  Kunstsprache  zu  erwarten  ist^  so  müssen  wir,  was 
sie  unter  Paralytiscben  Terstehen,  ans  ihren  eignen  Be- 
ifhreibnngen  von  dergleichen  Kranken  entnehmen.  In 
vnsrer  Stelle  nun  erfahren  wir  von  den  jraoaAiTixo^,  da(i 
er  auf  einor  xKvi^  getj'agon  werden  mufste ,  und  dnfs ,  ihn 
mal  Aufstehen  and  Tragen  seines  Bette«  ea  befähigen , 
ftr  ein  nie  geaehenea  naQddo§ov  galt|  worana  wir  also  anf 
eine  LXhmnng  wenigstens  der  Fttfae  aehliefsen  mttsaen« 
Während  von  Schmerzen  und  einem  hitzigen  Charakter  der 
'  Krankheit  in  unsrem  Falle  nicht  die  Rede  isty  wird  ein 
solcher  in  der  Geschichte  Matth.  8|  6.  anrerkennbar  ror* 
aasgeaeaty  wenn  der  Centnrio  ron  seinem  Knechte  sagt: 
ßt  ilr^ai  —  TtanaXmixng ,  (hmog  ßaanri-^niiti  ogy  so  dafs  wir 
lUo  unter  der  naocxlraig  in  den  Evangelien  bald  eine 
whmeraios  ifihmende,  bald  eine  schmerahafit  gichtische 
Gliederkrankheit  an  verstehen  hfitten  7). 

In  Schilderung  derScene,  wie  der  Paralytische  Matth, 
f,  1  ff.  parail.  zu  Jesu  gebracht  wii-d,  findet  zwischen  den 
drei  Berichten  eine  merkiiche  Abstufung  statt.  Matthäus 
Mgt  einfach  9  wie  Jeans  von  einem  Ansflng  an  das  Jensei- 
tige Ufer  nach  Kapemanm  eurttckgekehrt  sei,  habe  man 
i'im  einen  Paralytischen,  auf  einem  langer  hingestreckt,  ge-  • 
bmcht.    Lukas   beschreibt  genau,  wie  Jesus,  Ton  einer 
frolfen  Menge,  namentlich  von  PharisXern  and  Schrift* 
feiehrten,  amgeben,  in  einem  Hanse  lehrte  und  heilte,  nnd 
wie  die  TrSger  des  Paral)  tisc  hen ,  weil  sie  vor  der  Volks- 
menge nicht  durch  die  Thüre  zu  Jesu  gelangen  konnten^ 
<ien  Kranken  diirch  das  Dach  an  ihm  niederliefsen«  ße- 


6)  Man  sele  sie  bei  Wctstsih,  N.  T.  1,  S.  2a4,  und  in  Wahles 
CUvis  u.  d.  A.  nacli.  '  ♦ 

7)  Tgl.  Wnun,  Realw.  1  Aufl.  S.  776.  und  Famscas,  in  Matth« 
p.  194« 


Digitized  by  Co^wte 


90 


Zweitor  Abschnilt. 


denkt  man  die  Straktor  jni>rgeniändischer  Häuser ,  auf  de- 
ren plattes  Dach  ans  dem  oberen  Stockwerk  eine  Öffnung 
fahrte      and  nimmt  man  den  rabbinisehen  Sprachgebraach 
hinzu,  in  welchem  der  via  per  portam  (D^nnD  "pi)  die 
via  per  tectum  (fxi  "pT)        nicht  minder  ordentlicher 
Weg)  namentlich  am  in  das  VTUQffw  bu  gelangen ,  gegen- 
übergestellt wird:  eo  kann  man  anter  dem  na^Uvai  diu 
%(üv  xBQif.i(ssv  echwerllch  etwae  Anderes  Terstehen,  als  daCs 
die  Triiger,  welche  entweder  mittelst  einer  unmittelbar  von 
der  Strasse  dahin  führenden  Treppe,  oder  vom  Dache  des 
Ifachharhaoses  ans  aof  dae  platte  Dach  des  Hauses,  in 
welchem  Jesas  sich  befand,  gelangt  waren,  den  Knuiken 
■amtnt  seinem  Bette  durch  die  im  Dachboden  bereits  be- 
Endliche  Offnang,  wie  es  scheint  an  Stricken,  eu  Jesu  her- 
ebgelassen  haben*  Markus,  der  in  der  Verlegung  derSce- 
ne  nach  Kapemaaoi  mit  MatthttaS|  in  Schilderong  des  gros- 
sen Gedrfinges  nnd  der  dadurch  veranlafsten  Besteigung  des 
Daches  mit  Lukas  eusammenstimmt,  geht,  ausserdem,  dafs 
er  die  Zahl  der  Tr^iger  auf  viere  festsezt,  darin  noch  wei- 
ter als  Lukas I  dafs  er  dieselben,  ohne  Rlicluicbt  auf  die 
schon  torher  Torhandene  Thttre,  das  Dach  abdecken  nnd 
durch  eine  erst  aufgegrabene  Öffnung  den  Krauken  Mnun- 
terbefördern  ilifst« 

Fragen  wir  auch  hier,  in  welcher  Richtung,  ob  auf- 
wärts oder  abwXrts,  der  Klimat  wohl  eher  entstanden  sein 
möge,  60  hnt  die  auf  der  Spltre  desselhen  stehende  Ercfih- 
lung  des  Markus  so  viel  Schwieriges,  dafs  sie  wohl  kaum 
ffir  die  der  Wahrheit  nüchste  wird  angesehen  werden  kön- 
nen. Denn  nicht  allein  von  Gegnern  ist  gefi*ngt  worden, 
wie  denn  das  Dach  habe  aufgegraben  werden  können,  oh- 
.  ne  die  darunter  Befindlichen  au  beschädigen  *  °)  ?  sondern 


8)  Wiker,  a.  a.  O.  u.  d.  A.  Dich. 

9)  LiCHTrooT,  p.  GOl. 
10)  WooLSTox,  Disc.  4« 


Neuntes  K«piteL  {•  M* 


aaeh  OtsnAiMBM  rflomt  ein,  daftdie  ZentHrbngder  oberen, 

Btft  Ziegeln  bedeckten  Fläche  etwas  Abenteiicrliclics  ha- 
be '  Diesem  aasznwelchen  nehmen  manche  Erklärer  an^ 
Jesus  liabe  entweder  im  inneren  Hofe  > '"') »  oder  tot  dem 
Hause  untef  freiem  Himmel  gelehrt,  und  dieTrliger  faa* 
ben  nur  von  der  Brustvrelir  des  Daches  ein  Stück  heraus- 
gebrochen ,  um  den  Kranken  bequemer  herunterlassen  sa 
können«  Allein  sowohl  die  Beseiehnong ;  dut  %u$9  »egafim 
bei  Lniuis,  als  die  Ansdrfleke  des  Markus  maehen  diese 
Auffassung  unmöglich,  indem  hier  weder  ciy?]  Brustwehr 
des  Dachsi  noch  anogeyd^iü  das  Durchbrechen  ron  dieser^ 
i^oQvwTta  aber  doch  nur  das  Aufgraben  eines  Loches  be* 
deuten  kann.  Bleibt  hiemit  das  Aufbrechen  des  oberen 
Dachbodens,  so  wird  diefs  auch  noch  defswegen  unwahr- 
scheinlich ,  weil  es  bei  der  in  jedem  Dache  befindlichen 
ThUre  völlig  fiberflüssig  war.  Daher  hat  man  sieh  durch 
die  Annahme  nn  helfen  gesucht^  dals  die  TrSgSf  ewar  die 
im  Dache  schon  rorher  befindliche  ThOre  benOat,  diese 
aber,  well  sie  für  die  Lagerstatt  de«  Kranken  eu  eng  ge-  « 
Wesen,  durch  Wegbrechen  der  umgebenden  Ziegellagen  er- 
weitert haben  allein  auch  hiebel  bleibt  das  Geffihrli- 
ehe,  und  die  Worte  lauten  Ton^einer  eigens  gemaehten) 
nicht  blos  erweiterten  Öffnung  im  Dache. 

So  gefährlich  und  Überflüssig  aber  ein  solches  Begin- 
nen in  der  Wirklichkeit  war,  so  leicht  lAftt  sich  erklären, 
wie  Markos,  in  weiterer  Ausmalung  des  Berichtes  von 
Lukas  begriffen,  auf  diesen  Zug  verfflllcn  konnte.  Lukas 
hatte  gesagt,  man  habe  den  Kranken  hinabgelassen,  so  dnfs  er 
fynfjoa^f»  %H  ^brfiH  herunterkam.  Wie  konnten  die  Leute  ge* 


11)  i,  S.  310  f. 

12)  Kttma,  Imminoel,  8.  166.  Ana.  66.  ^ 

13)  So  scheint  es  Pavuts  xu  meinen,  L«  J.  i,  a.  8.  S36-  Anders 
cx.  Handb.  1,  b,  S.  505. 

1-4)  So  LieUTfOOT,  KUIAÖI.,  OLtHAUiSn  z.  d.  St,- 

.  ij  ^  .d  by  Google 


9%  Zjnraiter  Absohuitt. 

nida  diete  Steile  treffen ,  fragte  sich  Markos,  wenn  Jesus 
nieht  snftilig  unter  der  Thflre  des  Oaehes  stund,  eis  de- 
dnrch,  dafs  sie  das  Daeh  in  der  Gegend,  «nter  welcher 
sie  Jesnm  befiiidiich  wursten,  aufbrachen,  iaTiegeyaaav 
Ti/v  ^iyijP  OTftf  ijv  '.0^  ^'^^  Markus  um  so  lieber 

anfnahnii  weil  er  den  keine  Mflhe  aehenenden  Eifer,  wel- 
.  chen  das  Zutranen  an  Jesa  den  Leuten  elnflöfate,  in  das 
stärkste  Licht  zu  setzen  geeignet  war.  Aber  eben  aus  dem 
ieztek*en  Literesse  scheint  auch  schon  die  Abweichung  des 
l4ukas  ron  Matthäus  henrorgegangen  an  sein.  Bei  Mat- 
thäus nXmlich,  der  die  Trifger  den  Paralytischen  auf  dem 
gewöhnlichen  Wege  zn  Jesu  brinj:^en  J/ifst,  indem  er  oline 
Zweifel  das  mtihseiige  Herbeischleppen  des  Kranken  auf 
seinem  Lager  fSr  sieh  sehen  als  Probe  ihres  Glaubens  an- 
sah, tritt  es  doch  minder  bestimmt  hervor ,  worin  Jesus 
ihre  rcictg  gesehen  haben  soll.  Wurde  nun  die  Geschichte 
ursprünglich -so,  wie  sie  im  ersten  Evangelium  lautet,  vor- 
getragen, so  konnte  leieht  der  Reis  entstehen,  ein  mehr 
hemrortretendea  Zelelien  ihres  Zutrauens  für  die  Trffger 
ausfindig  en  machen ^  welches,  sofern  man  die  Scene  zu-- 
gleich  in  grofsei^  Volkagedrünge  vor  sich  gehen  liefs,  am 
angemeasenaten  in  dem  ungewöhnlichen  Wege  bestanden 
cn  haben  scheinen,  konnte,  welchen  die  Leute  einschlugen, 
um  ihren  Kranken  cu  Jesu  so  bringen. 

Doch  auch  die  Dnrsteilung  des  Matthäus  können  wir 
nicht  für  treuen  Bericht  von  einem  Faktum  halten.  Man 

« 

bat  Bwar  den  Erfolg  dadurch  als  einen  natttrllchen  darsu- 
ateilen  gesucht,  dafs  man  den  Zustand  des  Kranken  nur 

für  ^Vrvenschwäche  erklärte,  bei  \vol<hcr  (Ins  Sciilliiimste 
die  Einbildung  des  Kranken,  sein  Lbel  mfisse  als  Sünden- 
Strafe  fortdauern,  gewesen  sei  '^);  man  hat  sich  auf  ana- 
loge Fslle  schneller  psychischer  Heilung  von  Lähmungen 


15)  s.  Famsciui,  in  Marc.  S.  52. 

16)  PAmSs,  ex.  Uaadb.  1,  b,  S.  498.  501. 

% 


N«iiiift«s  Kapifttl.  f.  HS.«  M 


bernfen  und  eine  Iffnger  fortgetesto  Nuehknr  ange- 
nommen allein  das  Erste  und  Lezte  ist  reine  Will- 
iLühr;  wenn  aber  an  den  angeblichen  Änalogieen  auch  et- 
was Wahi*ea  sein  sollte,  so  ist  es  doch  immerhin  ohne 
Tergleichnng  leiehter  mdglich  gewesen,  dafs  Hellungsge-^ 
schichten  von  jfftiAof^  und  naQaXxniTtolg  den  raessianischen 
Erwartungen  gemäfs  sich  in  der  Sage  bilden',  als  dafs  sio- 
wirklich  erfolgen  konnten.  In  der  schon  angeführten  Stelle 
dei  Jesaias  nffmlich,  35,  0,  war  Ton  der  messianlschen 
'  Zeit  auch  verheifsen :  tüts  ikättm  tag  iXaq^og  6  x^^^^Sy  ""d 
in  demselben  Zusammenhang,  V.  3.,  war  den  ymcacc  na^ 
^Islvfiha  ein  iaxvaine  zugerufen,  was,,  wie  die  Übrigen 
damit  snsammenhUngendenZttge,  splter  eigentlich  Terstan« 
den  und  als  Wnnderielstnng  vom  Messlas  erwartet  worden 
sein  mufs,  da  sich,  wie  schon  erw.'ihnt,  Jesus,  zum  Be- 
weis, dals  er  der  iQxofi^yog  sei,  auch  darauf,  dals  x^f^^ol 
iSiQgnatfäoiy  berief. 

g.  93. 

UnwillkUhrlichc  Heilungen. 

Etllchemale  in  ihren  allgemeinen  Angaben  Über  die  hef« 
lende  Thfitigkeit  Jesu  bemerken  die  Synoptiker,  dafs  Kranke 
aller  Art  Jesum  nur  zu  berühren,  oder  am  Saum  seines 
Kleides  sa  fassen  gesucht  haben,  um  geheilt  zu  werden^' 
was  dann  auf  die  Berührung  hin  auch  wirklich  erfolgt  sei 
(Matth.  14,  36.  Marc.  3,  10.  6,  50.  Luc.  6,  19.).  Hier 
wirkte  also  Jesus  nicht,  wie  \^ir  es  bis  jczt  immer  gefun- 
den haben,  mit  bestimmter  Richtung  auf  ein/eine  Kranke, 
sondern,  ohne  dafs  er  von  jedem  besondre  Notis  nehmen 
konnte,  auf  ganse  Massen;  sein  Vermögen  au  heilen  er- 
scheint hier  nicht,  wie  sonst,  an  seinen  Willen,  sondern 

17)  BaNfrEL ,  Gnomon ,  1 ,  S.  24.'>.  ed.  2.  Paulus  ,  S.  S02  ,  nimmt 
auch  hier  wieder  ein  ofTcnbarcs  Mährchen  ans  Liviut  2,  36, 
als  natürlich  erklärbare  Getchichle« 

IS)  Psmos,  s.  s..  O.  S.  501. 


Dii 


I 


M  . Zweiler  A^J^tchnitt. 

tH  eeinen  Leib  und  dessen  Uinhttlliii^j;en  gebunden;  er 
^ndel  lüeht  eelbstthäUg  Kräfte  a«e|  eondem  mutk  eieh 
dieselbea  «nwillkäbrlieb  abgewinnen  lassen. 

Auch  von  dieser  Gattung  der  Heilungswunder  ist  uns 
ein  detaillirtes  Beispiel  aufbehalten,  in  der  Geschichte  von 
der  bintflüssigen  Fma^  weicbe  sämmtUche  Synoptiker  wie* 
dergeben,  nnd  sie  auf  eigenthfimliebe  Welse  mit  der  Ge- 
schichte Ton  der  Auferweckung  der  Tochter  des  Jairus  so 
verflechten I  dafs  auf  dem  Hinweg  zu  dessen  Hause  Jesus 
die  fran  gebeilt  haben  soll  (Matth.  9,  20  ff.  Marc.  5, 
-  S5  1^  Lac.  8^  iS  if.)«  Vergleichen  wir  die  Darstellung 
des  Vorgangs  bei  den  yerschiedenen  Evangelisten,  so  kann- 
ten wir  diefsmai  versucht  sein,  die  des  Lukas  für  die  ur- 
sprüngliche zu  halten,  weil  aus  ihr  die  gieichmlifsige  Ver* 
Ündang  der  beseichneten  ewei  Geschiebten  sieb  vielleicht 
erblSren  liefse.  Wie  nSmllch  die  Leidenseeit  der  Frau  von 
fiämmtiichen  Referenten,  so  wird  von  Lukas,  ucJchem 
Markus  folgt^  auch  das  Lebensalter  des  Mädchens  auf  zwölf 
Jabre  geseat,  eine  Gleichheit  der  Zahl,  welche  wohl 'im 
Stande  gewesen  kdnnte,  die  beiden  Geschichten  in  der 
evangelischen  Uberlieferung  zusammenzugeselien.  Doch  die- 
ses Moment  steht  viel  Ku  vereinzelt,  um  für  sich  eine  £nt- 
sebeidung  herbeiauführen ,  weicbe  nur  aus.  einer  durchge- 
Ibhrten  Vergleichung  der  direi  Berichte  nach  ihren  einael- 
nen  Zügen  hervorgehen  kann.  Matthäus  nun  bezeichnet 
die  frau  einfach  Als^yvv^  al^OQnoüoa  ötodey.u  tir^y  was  ei- 
nen so  lange  andauernden  starken  Blutverlust,  vermutb- 
lich in  Form  an  reichlicher  Menstruation,  bedeutet.  Lu- 
kas, der  angebliche  Arzt ,  zeigt  sich  hier  seinen  Kunstver* 
wandten  keineswegs  liold,  sondern  sezt  hinzu,  die  Frau 
habe  ihr  ganses  Vermögen  an  Arzte  gewendet,  ohne  da(s 
diese  ihr  hICtten  helfen  können.  Markus,  noch  ungünsti- 
ger, fügt  bei,  dals  sie  von  den  vielen  Arsten  viel  habe 
leiden  müssen,  und  dafs  es  durch  dieselben,  statt  hessiM*, 
vielmehr  schlimmer  mit  ihr  gewoinien  sei.   Die  Umgebung 


Nenaftet  KapIt^L  f.  tS.  f S  ' 

Jesu,  als  die  Fnui  cn  tkm  tritt,  bilcten  mueh  MattMw 

seine  Jünger,  nach  Markus  und  Lukas  drängende  Volks« 
massen*  JHnchdem  nnn  alle  drei  Berichterstatter  ercihit 
kaken,  wie  die  Frau,  ebenso  cchilchteni  als  Tertraaent- 
ipell,  xon  hinten  herangetreten  sei  nnd  denSatini  von  Jesu 
Gewand  berührt  habe,  melden  Markus  und  Lukas,  sie  sei 
alsbald  gehellt  worden ,  Jesus  aber  habe  das  Ausgehen  ei- 
ner Kraft  gefühlt  nnd  gefragt,  wer  ihn  bertthrt  habel?  Ale 
die  JSnger  befremdet  erwiedem,  wie  er  denn  bei  so  ali- 
geineincin  Dräiigen  und  Drücken  des  Volks  eine  einzelne 
Berührung  habe  unterscheiden  können?  beharrt  er  nach 
Lnkas  auf  seiner  Behauptung,  nach  Markus  blickt  er  so* 
ehend  am  sieh,  die  ThXterin  ausfindig  mu  machen«  Auf 
dieses  kommt  nach  beiden  die  Frau  zitternd  herbei,  fällt 
ihm  zu  Füfsen  und  bekennt  Alles,  worauf  er  ihr  die  be* 
ruhigende  Versicherung  giebt,  dafs  ihr  Glaube  ihr  gehol* 
fen  imbe.  Diesen  complicirten  Hergang  hat  Matthäus  nicht, 
sondern  Ififst  nach  der  Berflbrung  Jesum  sich  umschauen, 
die  Frau  entdecken,  ihr  die  Rettung  durch  ihren  Glauben 
verkündigen,  und  sofort  ihre  Heilung  erfolgen. 

Die  vorgelegte  Differens  ist  so  erheblich,  dais  man 
^h  nicht  eu  sehr  wundem  darf,  wenn  Stork  ew^  vee» 
stliiedene  Heilungen  blutflüssiger  Frauen  annehmen  woll- 
te Wurde  er  aber  hiezu  noch  mehr  durch  die  bedeu* 
tenderen  Abweichungen  bestimmt,  welche  in  der  mit  vor* 
liegender  Heilnngsgeschichte  verflochtenen  ErsShlung  von 
der  Auferweckunt{  der  Tochter  des  Jairus  sich  finden  :  so 
wird  es  eben  durch  diese  Verflechtung  vollends  unmöglich, 
sich  vorsustellen,  dafs  Jesus  sweimal,  beidemale  im  Hin« 
weg  nur  Wiederbelebung  der  Tochter  eines  jOdischen  Sq* 
XCiiy,  eine  zwölf  Jahre  lang  mit  dem  Blutflufs  behaftete 
Frau  geheilt  haben  solle.  Wenn  in  Betracht  dessen  die 
lüritik  längst  fftr  die  Einheit  der  faktischen  Grundlage  no- 


1)  Über  den  Zweck  der  evang.  Gesch.  und  der  Bi;«  Job.  S.  351  f» 


Digitiztxi  by  Google 


Zweiter  Abfchnitt 


aerer  drei  firzählangen  sich  entschieden  hat,  so  hat  ain 
sngle&ch  den  Beriohten  des  Markaa  und  Lukas,  ihrer  grös- 
seren Ansehauliehkeit  wegen,  den  Vorsog  gegeben  ^>  Al- 
lein ,  gleich  von  vorne ,  wenn  doch  von  Markus  Jeder  zur 
geben  wird,  dais  sein  Zusaz:  d/J.cc  fj.äkkov  eig  %d  ^Uf* 
QO¥  iX&öaaf  als  Ausmalung  des  ix  ioxva^v  vn  idevog 
QonevOijvai  bei  Lukas,  auf  seine  eigene  Reehnung  kommt: 
so  scheint  dieser  Zug  bei  Lukas  gleichfalls  nur  eine  selbst- 
,  erschlossene  Ergänzung  des  alfiO^lwüaa  äudaxu  ttrj  zu  seui^ 
welches  Matthäus  ohne  Zusan'  wiederglebt.  War  die  Fraa 
so  lange  krank,  dachte  man,  so  wird  sie  In  dieser  Zelt 
viel  mit  Ärzten  zu  thun  gehabt  haben,  und  \veil  zugleich 
im  Contrast  ^egen  die  Arzte,  welche  nichts  ausgerichtet 
hatten,  die  Wundermaeht  Jesu,  welche  augenblicklich 
Hülfe  schaffte,  in  um  so  glänsenderem  Lichte  erschien ;  so 
bildeten  sich  in  der  Sage  oder  bei  den  Referenten  jene 
Zusfitze.  Wie  nun,  wenn  es  mit  den  Übrigen  DillVienzen 
sich  ebenso  verhielte?  Dais  die  Frau  auch  nach  Alatthaas 
Jesnm  nur  vqu  hinten  berflhrte,  drückte  das  Bestreben  und 
die  Hoffnung  aus,  verborgen  su  bleiben;  daCs  Jesus  sieh 
sogleich  nach  ihr  umsah,  darin  lag,  dafs  er  ihre  Berüh- 
rnng  gefühlt  haben  mulste.  Jene  Hoffnung  der  Frau  wurde 
erklttrlicher  und  dieses  GeflQhl  Jesu  um  so  wundervoller, 
Je  mehr  Mensehen  Jesum  umgaben  und  drängten;  daher 
wurde  aus  dem  Geleite  der  ftaO'jjai  bei  Mattliüus  von  den 
beiden  andern  ein  aw^U^^adtii  durch  die  o/Aoi  gemacht. 
J}a  sugleich  in  dem  auch  von  Matthäus  erwähnten  Um- 
schauen Jesu  naoh  der  ßerffhrung  die  Toraussetaung  lag, 
daCs  er  diese  auf  eigenthümliche  Weise  empfunden  habe, 
so  bildete  sich  weiterhin  die  Sceno  aus ,  wie  Jesus ,  oh* 
gleich  von  allen  Seiten  gedrängt,  doch  jene  einzelne  Be- 
rfihrung  an  der  Kraft,  die  sie  ihm  entlockte,  herausfühlt, 
und  so  wurde  das  einfache  im^Qa^eig  xai  iöioy  iivii]v  des 

9)  Scan»,  a.  a.  O.  S.         OLtiuvsiii,  1,  S.  '322. 

1 


Digitized  by  Go(..w 


Neunte«  Kapi'teL  97 

§ 

Mattblnt  sn  eaneai  fragenden  und  die  Thüterin  aus  der 
Menge  heransauchenden  Sichnmwenden,  weichet  das  tie* 
stindnifs  der  Frau  stir  Folge  hatte,  umgebildet.  £ndlieh, 
weil  als  das  Eigeiithümlichc  dieser  Heilungsgeschiehte^  auch 
nach  ihrer  Gestalt  im  ersten  Evangelium,  das  Ausgehen  ei- 
ner Beilkraft  ao8  Jesu  noch  ehe  er  die  httlfesnchende  Per» 
•on  gesehen  hallte,  sich  bemeVkllch  macht:  so  bestrebte  man 
sich  bei'm  Weitererzählen  der  (leschichte  immer  mehr, 
anmittelbar  nach  der  Berührung  den  Erfolg  eintreten,  und 
Jesnm  aach  nach  demselben  noch  längere  Zeit  über  die 
TiiSterin  in  Ungewifsheit  sein  an  lassen  Cl^^^res  im  Wi- 
derspruch mit  der  sonstigen  Voraussetzung  eines  höheren 
Wissens  Jesu))  so  dafs  sich  von  allen  Seiten  die  Erzäh- 
lung des  ersten  Evangeliums  als  die  frühere  nnd  einfachere, 
die  der  fateiden  andern  als  spätere  und  ausgescbmficktere 
Formation  der  Sage  zu  erkennen  gicbt. 

Was  nun  den  gemeinschaftlichen  inhalt  der  Ereäiilungen 
betrifft,  so  ist  in  neuerer  Zeit  beiden,  orthodoxen  wie  ra- 
tionalistischen Theologen  das  Onwillktthrliche  des  heilenden 
Einwirkens  Jesu  ein  Anstofs  gewesen.  Gar  zn  sehr  —  hierin 
stimmen  Paulus  und  Olshaus£N  zusammen  ^)  —  werde 
liiedurch  die  Wirksamkeit  Jesu  in  das  Gebiet  des  Physi- 
tehen  herabgesogen;  Jesus  erscheine  da  wie  ein  Magne- 
tfsenr,  welcher  bei  der  heilenden  BerOhrung  nervenschwa- 
cher Personen  einen  Abgang  an  Kraft  verspürt 5  wie  eine 
geladene  elektrische  Batterie,  die  bei'm  Betasten  sich  ent- 
ladet. Eine  solche^  Vorstellung  von  Christo,  meint  Ols- 
HAOSBN,  verbiete  das  christliche  ßewufstsein,  welches  sieh 
vielmehr  genöfhfgt  finde,  die  in  Jesu  wohnende  Kraftfiille 
als  durchaus  beherrscht  durch  seinen  Willen ,  und  diesen 
geleitet  durch  das  Bewufstseln  von  dem  sittlichen  Zustande 
der  stt  heilenden  Personen,  sich  an  denken.  Defswegen 


i)  ex.  Handh.  1,  b,  S.  524f. ;  >ibi.  Gomm.  1,  S.  324 f.;  v^. 
KötTBR,  Immanuel,  S.  201  IT* 

Dat  Leben  Jesu  IL  Band,  7 


Zweiter  Absehniti 


wird  nun  voraoagesezf ,  Jesus  habe  die  Fniii  aueh  ai^gese* 

heil  wohl  erkannt,  und  mit  Rücksicht  auf  ihre  Fähigkeit, 
durch  diese  leibliche  Hülfe  aiieh  geistig  gewonnen  eu  wer* 
den,  seine  heilende  Kraft  wohlbedacht  In  sie  aosstrdmen 
lassen,  sich  aber,  am  ihre  falsche  Scham  su  brechen  und 
sie  zum  offenen  Bekenntnifs  eu  treiben,  gestellt,  als  ob  er 
nicht  Wülste,  wei*  ihn  berührt  habe.  Allein  das  christllclte 
Bewufstsein,  d.  h.  in  dergleichen  Fällen  nichts  Anderes, 
als  die  fortgeschrittene  religiöse  Bildung  unsrer  Zeit,  wei* 
ehe  die  alterthO etlichen  Vorstellungen  der  Bibel  nicht  sa 
den  ihrigen  raachen  will ,  hat  zu  schweigen ,  wo  es  eben 
nicht  auf  dogmatische  Aneignung,  sondern  rein  auf  exege* 
tische  Ermittlung  der  biblischen  Vorstellungen  ankommt» 
Wie  von  der  iSinmischu ng  dieses  angeblich  christiiehen  Be> 
wufstäcins  alle  Verimingen  iler  Exegese  herrühren,  so  hat 
es  auch  hier  den  genannten  Ausleger  von  4eni  offenbaren 
Sinn  der  Berichte  abgeführt*  Denn  nicht  nur  lautet  in 
den  lieiden  ausführlicheren  Enefiblnngen  die  Frage  Jesu: 
tig  pta  r^Af'UTO;  in  der  Art,  wie  er  sie  bei  Lukas  wieder- 
holt und  bei  Alarkus  durch  ein  suchendes  Umherblicken 
bekräftigt,  durchaus  als  eine  ernstlich  gemeinte,  wie  Ja 
aberhaupt  die  BemUhung  dieser  l>eiden  Evangelisten  dahin 
geht,  das  Wunderbare  an  der  Heilkraft  Jesu  dadureli  in 
ein  besonders  helle^s  Licht  zu  setzen ,  dai's  durch  blofse 
gläubige  Uerüiirung  seines  Gewandes,  ohne  dafs  er  die  be- 
rfihrende  Pei*son  erst  r.u  kennen,  oder  ein  Wort  »u  ihr  ku  s|ire- 
eben  brauchte,  Heilung  von  ihm  zu  erlangen  gewesen  sei: 
sondern  auch  ursprünglich  sclyin  In  der  kürzeren  Darstel> 
lang*  des  Matthäus  liegt  in  dem  nQOOik^yHaa  OTiiad-ev  r^^fu^ 
to  und  iui^Qaq^dg  IStav  tnit^v  deutlich  dlels,  dafs  Jesus 
erst  nachträglich  die  Frau  kennen  gelernt  habe,  nachdem 
bereits  die  heilende  ICraft  in  sie  ausgeströmt  war.  Läfst 
sich  somit  eine  der  Heilung  vorausgegangene  Kenntnifs  der 
Fraa  und  ein  speeieUor  Wille,  ihr  mn  helfen,  bei  Jesu  nicht 
nacjiwdsen,  so  bliebe  für  denjenigen,  welcher  keine  un- 


* 


NeiHites  Kapitel.       9X  99 

wllikiihriiche  Äusserung  der  Heilkraft  Jesu  aniieilineti  will, 
aar  Qbrig,  einen  bestfindigen  «ligemeinen  .Willen,  Boheilen, 
ia  ihiD  yoraasEusetsen ,  mit  welchem  dann  nur  der  Glau* 
be  im  Kranken  zusnmnu'ntrefifcn  durfte,  um  die  H'irkliehe 
Heilung  hervorzubringen.  Allein  dnfs,  unerachtet  eine  specielle 
Willeoarichtung  auf  die  Ueilnng  dieser  Frau  in  Jesu  nicht 
vorhanden  war,  sie  durch  ihren,  blofsen  Glanben,  auch  oh- 
ne Berührung  seines  Kleides  gesund  geworden  wfire,  ist 
gewifs  nicht  die  Vorstellung  der  Evangelisten ,  sondern  es 
tritt  hier  an  die  Stelle  des  indi?iduellen  Willensaktes  yon 
Seiten  Jesu  die  Berfihmng  von  Seiten  des  Kranlien ;  diese 
fet  es,  welche  statt  des  enteren  die  in  Jesu  rohende  Kraft  s 
zur  Äusserung  bringt:  so  dafs  mithin  das  Materiali8tis4,he 
der  Vorstellung  auf  diesem  Wege  nicht  cu  vermeiden  ist. 

Einen  Schritt  welter  mufs  die  ratlonalistisehe  Ausle- 
gung gellen  5  welcher  nicht  blofs,  wie  dein  modernen  Su- 
pranatural Ismus  ,  ein  unbewulstes ,  sondern  überhaupt  das 
Ansgeheu  heilender  Kräfte  von  Jesu  nnglanblich  ist,  wel- 
che dber  doch  die  Evangelisten  geschichtlich  wahr  erstth  ^ 
len  lassen  will.  Nach  ihr  wurde  Jesus  zu  der  Frage,  wei* 
ihn  berührt  habe,  lediglich  dadurch  veranlafst,  dafs  er  sich 
im  Vorwärtsgehen  aufgehalten  falilte  i  dafs  die  Empfindung 
einer  dvfa^ig  i^iXO'Saix  die  Veranlassung  gewesen  sei,  is« 
hlofser  Sclilufs  zweier  Referenten ,  von  welchen  der  eine^ 
Markus,  es  auch  blufs  als  eigene  Bemerkung  giebt,  und  nur 
Lukas  es  der  Frage  Jesu  einverleibt  ^  die  Genesung  der  Frau 
wurde  durch  ihr  eialtirtes  Zutrauen  bewirkt, '  vermöge 
dessen  sie  bei  der  Berührung  des  Saumes  Jesu  in  allen 
Nerven  zusammenschauderte,  wodurch  vielleicht  eine  plüzli^ 
che  Zosammensiehung  der  erweiterten  BlutgefüCiie  herbei« 
gefilhrt  wurde;  tibrigens  konnte  sie  im  Augenblick  nur 
meinen,  ;iicht  gewifs  wissen,  gehdit  mu  sein,  und  erst 
nach  und  nach,  vielleicht  in  Folge  des  (lebrauchs  von  J>Jit- 
tela,  die  ihr  Jesus  anrieth,  wird  das  Übel  sich  völlig  ver^ 

7  • 


oiyiii^cG  Uy  Google 


/ 

2weit«r  Abschnitt» 


loren  fiftben  ^>  Allein  wer  wird  tleli  die  «ehllehteme  Be- 
rührung einer  kranken  Frau,  deren  Absicht  war,  verbor- 
gen za  bleiben,  und  ileren  Glaube  auch  durch  das  leiseste 
Anstreifen  lleilung  Bu  erlangen  gewifs  war,  als  ein  Anfas- 
sen, das  Jesam  im  Gehen  aofhielt,  vorstellen  ?  was  fbr  ein 
mächtiges  Vertrauen  ferner  auf  die  Macht  des  Vertrauens 
gehürt  zu  der  Annahme,  dafs  es  ohne  Hinzutritt  einer  rea- 
len Kraft  Ton  Selten  Jesu  einen  BwdlQ'ihrigen  Blutfluls 
geheilt  oder  auch  nnr  gemindert  habe?  . endlieh  aber,  wenn 
die  Evangelisten  einen  selbstgemachten  Schlufs  (dafs  eine 
Kraft  von  ihm  ausgegangen)  Jesu  in  den  Mund  gelegt,  und 
eine  nur  saccessiv  eingeti*etene  Wiederherstellnng  als  eine 
mpmentane  beschrieben  haben  sollen:  so  fffllt  mit  dem  Auf- 
geben dieser  Züge  die  Bttrgschafit  fttr  die  historische  Rea* 
lität  der  ganzen  Erzählung,  aber  ebendainit  auch  die  Ver- 
anlassung hinweg,  sich  mit  der  natüriiciien  Krklfiruiig  Ter» 
gebUcho  Mflhe  eu  machen. 

In  derThat  auch,  betrachten  wir  nnr  die  vorliegende 
Erzählung  etwas  naher,  und  vergleichen  sie  mit  verwand- 
ten Anekdoten ,  so  können  wir  über  ihren  eigentlichen  Cha* 
rakter  nicht  im  Zweifel  bleiben.  Wie  hier  und  an  eini- 
gen andern  Stellen  von  Jesu  erefiblt  wird,  dafs  durch  blo- 
86  ßerührnng  seines  Kleides  Kranke  genesen  seien :  so  be- 
richtet die  Apostelgeschichte,  dafs  die  üwh'cota  und  ai/ji^ 
xh&ia  des  Paulus,  wenn  man  sie  auflegte  Cl^i  1^  fO> 
von!  Petrus  selbst  der  Schatten,  wenn  er  auf  einen  fiel 
(5,  15.),  Kranke  aller  Art  gesund  gemacht  habe,  und  apo- 
kryphische  Evangelien  lassen  durch  die  Windeln  und  das 
Waschwasser  des  Kindes  Jesu  eine  Masse  von  Kuren  vei^ 
.  riehlet  werden  ^>  Von  diesen  lesteren  Geschichten  weift 
Jedermann^  dala  er  sich  mit  denselben  auf  dem  Gebiet  der 


4)  Faiilvs,  es.  Hsndb.  1,  b,  6.  524  f.  530;  L.  J.  1,  a,  S«244f.; 
VaaiuatNi,  2,  S.  204  C ;  RVstsr  a.  's.  O. 

5)  das  Evangelium  infantiae  arabicum« 


Digitized  by  Google 


Neunte)»  Kapitel.    §.1I3.  401 

Smge  und  Legende  betiiidet ;  aber  wodurch  sollen  sich  von 
diesen  Kuren  durch  die  Windein  Jesu  die  Heilungen  durch 
die  SehweiCitllcher  Pauli  unterscheiden,  als  etwa  dadurch, 
dafd  jene  von  einem  Kinde y  diese  von  einem  Erwachsenen 
ausgehen?  Gewifs,  stliiide  die  le/tei*e  ^achriclit  nicht  in 
einem  kanonischen  Buche,  so  würde  sie  Jedermann  für  fa* 
belhaft  haiten:  und  doch  toU  die  Giaubwflrdiglieic  der  Er- 
cHhlumgen  nicht  aus  dem  vorausgesessten  Ursprung  de«  Buchs, 
das  sie  enthält,  sondern  «lie  Ansicht  von  diMii  Hii(:!u>  nmU  ^ 
mmB  der  liescliaffenheit  seiner  einzelnen  Erzählungen  er- 
•ehlosaen  werden.  Zwischen  diesen  Heilungen  durch  die 
Schwei IstQcher  aher  und  denen  durch  die  B<*rOhrnng  des 
Maurus  am  Kleide  fiinlet  wieder  liein  wesentlicher  Uiitei- 
echied  si^tt.  i^idemale  eine  ßerühruiig  von  Gegenständen, 
wekhe  nur  in  Süsserem  Zusammenhang  mit  dem  Wunder-  * 
thiter  stehen;  nur  dafs  dieser  Zusammenhang  bei  den 
abgelegten  Schweifstücliern  ein  unterbrocliener^  bei  dem 
Gewände  noch  ein  fortdauernder  ist;  beidemale  aber 
werden  Erfolge,*  welche  doch  auch  der  orthodoxe  Stand- 
ponkt  nur  aus  dem  geistigen  Wesen  Jener  Mfinner  ablei- 
ten, und  als  Akte  ihres  mit  dem  göttlichen  einigen  Willens 
betrachten  kann,  zu  physischen  Wirkungen  und  Austliis- 
•en  gemacht.  Steigt  hiemlt  die  Sache  vom  religiösen  und 
theologischen  Standpunkt  auf  den  natarlichen  und  physi- 
kalischen herunter,  weil  ein  Mensch  mit  einer  solchen  sei- 
Bern  Körper  inwohnenden  und  ihn  als  Atmosphäre  umflies- 
senden  Heilkraft  zu  den  Gegenständen  der  Naturkunde, 
nicht  oMhr  derReiigion,  gehören  würde :  so  findet  sich  die 
Naturwissenschaft  auss^  Stands,  eine  solche  Heilkraft  ^ 
durch  sichere  Analu^ieen  oder  klare  Begriffe  festzustellen, 
und  es  fallen  also  jene  Heilungen ,  vom  objektiven  Gebiet 
auf  das  subjektive  vertrieben,  der  Psychologie  sur  Begutach- 
tung anheim.  Diese  wird  nun  allerdings,  wenn  de  die 
Macht  der  Einbildung  und  des  Glanbens  in  Rechnurg 
nimmt,  fOr  möglich  erachten,  dsi's  ohne  eine  wirkliche 


nioitized  by  Google 


Zweiter  Abcchnitt. 


Ueikraft  in  fiem  vermeiiitiiclien  Wiinderthäterj  einzig  durch 
4m  ttbmciiweii^liche  Zutraaen  des  Knmiken  so  demMl- 
lien,  körperliche  Leiden,  welche  mit  dem  Nervensystem  in 

engerem  Zusnmmenhang  stehen,  j^eheilt  werden  können: 
wenn  «nun  aber  die  Psychologie  geschichtliche  Belege  hie- 
Ittr  «ttlkaehfcy  siv  wird  die  Kritik,  weiche  sie  hiebe!  cq  Hül- 
fe RH  nehmen  hst,  hsld  linden,  dsls  eine  weit  gröfsere  Zehi 
von  dergleichen  Kuren  durch  den  Glanben  Anderer  erdich- 
tetj  als  durch  den  angeblich  dabei  Betheiligter  verrichtet 
Wördes  ist.  So  wllre  es  swor  keineswegs  an  sich  vn« 
möglich,  diifs  dnreh  den  Sterken  Glauben  an  eine  selbst 
den  Kleidern  und  THchern  Jesu  und  der  Apostel  inwoh- 
nendc  Heilkraft  manohe  Kranke  bei  Berührung  derseli^en 
wirklich  Besserung  verspürt  hätten:  aber  mindestens  eben« 
sogut  llllkt  sich  denken 9  dafs  man  erst  später,  als  nach 
dem  Tode  Jener  Mfinner  ihr  Ansehen  In  der  Gemeinde  im- 
mer höher  stieg,  dergleichen  sich  glaubig  erzählt  habe,  und 
es  kommt  auf  die  Beschaffenheit  der  Berichte  hierüber  an, 
für  welche  von  beiden  Annahmen  man  sich  so  entscheiden 
hat.  An  den  allgemeinen  Angaben  nmi  In  den  Evangelien 
und  der  A.  G. ,  welche  ganze  Massen  auf  jene  Weise  ku- 
rirt  werden  lassen,  ist  eben  diese  Häufung  jedenfalls  tra- 
ditionell; die  detaiUirte  Geschichte  aber,  welche  wir  bis- 
her nntersncht  haben,  hat  darin,  daft  sie  die  Frau  ganae 
ewülf  Jahre  lang  an  einer  sehr  hartnäckigen  und  am  we- 
nigsten blos  psychisch  zu  heilenden  Krankheit  leiden,  und 
dicHeiinng,  sti^t  durch  die  Einbildung  der  Kranken,  durch 
eine  Jesu  fjflhlbar  entströmte  Kraft  vor  sloh  gehen  Mkt^ 
so  viel  Mythische?,  dafs  wir  eine  historische  Grundlage 
gar  nicht  mehr  herausfinden  können,  und  das  Ganzem  als 
Sage  betrachten  müssen. 

Was  diesem  Ztvelge  der  evangelischen  Wnndersage  Im 
Unterschied  von  andern  sein  Dasein  gegeben  hat,  ist  nicht 
schwer  su  sehen.  Oer  sinnliche  Glaube  des  Volks,  unfä- 
hig, das  Göttliche  mit  dem  Gedanken  au  ergreifen ,  strebt,. 


Digitized  by  Google 


Iiieuntes  Kii|iitei.    $.  y4.  16S 

et  immer  mehr  in  da«  niAterielle  Sein  herabcnxlehen.  Da« 
her  miifite  nach  der  späteren  Meitiang  der  heilige  Mana 
alt  Knocbenreliqole  Wunder  thuii,  ChriaH  Leib  in  der  ver* 
wandelten  Hostie  gegenwirtig  sein,  und  ebeiiflnlier  nnch 
jinch  einer  schon  frühe  ausgebihleten  Vorstellung  die  Ueii- 
knh  der  neuteatamentücheii  Männer  an  -ihrem  Leib  and 
denen  Bedeckungen  haften.  Je  weniger  man  Jean  Worte 
fiilite,  desto  mehr  hielt  man  auf  .das  FaKsen  seines  Man« 
(eis,  und  je  mehr  man  sieii  von  der  freien  lieistcsiiraft  des 
AposteKs  Paulus  entfernte ^  fiestd  (>^utroster  Uels  man  seine 
üeiiJuraft  im  Scbweifstuch  naeh  Hause  tragen, 

f.  M. 

Heilungrn  in  die  Kerne 

Von  jenen  onwilikühriichen  Ueiiungen  sind  nun  sei- 
dWy  welche  ans  der  Entfernung  bewirkt  werden ,  ' eigent- 
lich das  gerade  Gegeiitlieii.  Geschehen  jene  durch  blofse 
körperliche  Berührung,  ohne  besondern  \V  illensakt :  so  er- 
folgen diese  durch  den  blolsen  Wiliensakt  olme  leibliche 
ScrAhmng  oder  auch  nur  räumliche  Iffihe.  Zugleich  aber 
Muts  man  sagen:  war  die  Heilkraft  Jesu  so  materiell,  dafd 
lie  bei  der  blofsen  leiblichen  Berührung  unwilikührlicli  sich 
cadiid,  so  kann  sie  nicht  so  geistig  gewesen  sein,  dafs  der 
IjlsCie  Wille  sie  auch  Über  bedeutende  Entfernungen  hin- 
ibergefragen  hätte;  war  sie  aber  so  geis(i(>;,  um  auch  oh- 
ne leibilclie  Gegenwart  zu  \>irken,  so  kann  sie  nicht  so 
oMiteriell  gewesen  sein,  um  olnie  \V  illea  sich  su  entladen. 
As  wir  nnn  Jene  reinphysische  Wirkungsweise  Jesu  be- 
sweifelt  haben :  so  bliebe  uns  für  diese  geistige  freier  Raum, 
und  die  £ntscheidunaf  über  dieselbe  >\ird  also  rein  von  der 
Untersuchung  der  Berichte  und  der  Sache  selber  abhängen. 

Als  Proben  einer  solchen  In  die  Ferne  wirkenden  Heil- 
kraft Je^n  berithten  uns  Matthäus  nnd  Lnkas  die  Heilung 

kranken  Knechts  eines  ilauptmanns  ku  lia|iernaum , 
Johannes  die  des  kranken  Sohns  eines  ßaailutig  ebenda- 


Diyitiz 


1114  Zweiter  Abschnitt  ) 

•ellwt  (Matth.; S,  5 ff.  Lue.  7,  1  ff.  Joh.  4,  46  ff.);  Denier 

Matthäus  (15,  22  ff.)  und  Markus  (7,  25  ff.)  die  Heilung  der 
Tochter  des  kananäischcn  Weibes ,  wovon ,  da  die  leztere 
in  der  sammarischen  Relation  nichts  ÜÜgenthttmiiches  hat, 
unr  die  enteren  beiden  Iiier  so  untersuchen  sind«  Die 
gewöhnliche  Ansicht  nämlich  über  die  bezeichneten  Erzäh- 
lunsren ist  die,  dafs  swar  Matthäus  und  Lukas  dasselbci 
Johannes  aber  ein  von  diesem  Tcrschiedenes  Faktum  mel« 
de,  da  sein  Bericht  von  dem  der  beiden  andern  in  folgen- 
den Zügen  abweiche:  1)  der  Ort,  von  wo  ans  Jesus  hei- 
le, sei  bei  den  Synoptikern  der  Aufenthaltsort  des  Kran- 
iien,  Kapernaumy  nach  Johannes  ein  davon  verschiedener, 
.  n&mÜch  Kana;  2)  die  Zeit,  in  welche  die  Synoptiker  die 
Begebenheit  setzen,  ntfmlich  beide  unmittelbar  hinter  die 
lli  iiiikc'lir  Jesu  nach  der  Bergrede,  sei  von  der  im  vierten 
Evangelium  angegebenen^  ebenso  unmittelbar  nach  der  Rück- 
kehr Jesu  vom  ersten  Pascha  und  seiner  Wirksamkeit  in 
Samaria,  verschieden;  3)  der  Kranke  sei  nach  Jenen  der 
Sklave,  nach  diesem  der  Sohn  des  Bittstellers;  die  wich- 
tigsten Abweichungen  aber  finden  4)  in  Hinsicht  des  Bitt- 
stellers selber  statt,  indem  er  im  ersten  und  dritten  Evan- 
gelium eine  Milltftrp'erson  (ein  ixai6vTaQxos)9  Im  vierten  ein 
Hofbeamter  CßoaiUxcg')  y  nach  Jenen   (laut  V.  10  ff.  bei 
Matth.)  ein  Heide,  nach  diesem  ohne  Zweifel  als  Jude  xu 
denken  sei;  liauptsüclilich  aber  werde  er  nach  den  Synop- 
tikern von  Jesu  aU  Muster  des  innigsten,  demüthlgsten 
Glaubens  belobt,  weil  er  ja  Jesum  in  der  Zuversicht,  dafs 
er  auch  aus  der  Ferne  heilen  könne,  verhinderte,  in  sein 
Haus  zu  gehen  :  nach  Johannes  dagegen  werde  er  umge- 
kehrt, weil  er  die  Gegenwart  Jesu  in  seinem  Hause  Bum 
Behuf  der  Heilung  für  nöthig  hielt,  wegen  seines  schwa« 
chen  ,  der  ot^fttla  und  %tQaicc  bedürftigen  (iluubens  geta- 
delt '). 

i)  s.  die  AutfUhriingcn  von  Paulus,  Lvckb,  Taoivcx  und  Oli« 
MAUisn  s.  d.  St. 


4 


•Neuntes  KapiteL      94.  M 

Diese  Abweichungen  tlnil  elierdfn^  bedeutend  genug, 
am  von  einem  gewissen  Gesichtspunkt  aus  um  ihretwilieu 
auf  der  Verschieden heit  des  dem  synoptischen  und  des  dem 
jolianneischen  Berichte  sum  Grunde  liegenden  Faktischen 
SU  beharren :  nur  soiite  man,  wenn  man  es  ron  dieser  Seite 
80  genau  nimmt,  sich  über  die  Abweichungen,  welche  auch 
zwischen  den  beiden  synoptischen  Berichten  stattfinden ^ 
nicht  Terblenden.  Schon  in  Bezeichnung  der  Persen  des 
Leidenden  stimmen  sitf  nicht  gans  susammen :  Lulias  heifst 
ihn  einen  di}).og  liitfiog  des  Ilati])tmanns ,  bei  Matthäus 
nennt  dieser  ihn  fS  Tnug  ti^i,  was  ebensowohl  einen  Sohn 
als  einen  Diener  bedeuten  iiann,  und  dadurch,  daTs  der 
Hauptmann  V*  0,  wo  er  von  seinem  Knechte  spricht,  den 
Ausdruclc:  dsXog  gebraucht  ,  wfihrend  der  Geheilte  V.  13. 
wieder  als  S  naig  aiiu  bezeichnet  wird,  eher  im  ersteren 
Sinne  erkh'irt  eu  sein  scheint.  In  Betreif  seines  Leidens 
wird  der  Mensch  von  MatthSus  als  ein  naQaXwixog  dsi— 
vojg  ftaaavitoiievog  geschildert,  von  welcher  Kranliheitsform 
Lukas  nicht  allein^schweigt,  sondern,  indem  er  zu  dem  unbe- 
stimmten :  xaxiog  eycov  noch  zeXivz^  sest.  Manchen 
eine  andere  Kraniiheit  voranssusetsen  scheint ,  da  die  Pa* 
ralyse  sonst  nicht  als  schnell  tOdtende  Kraniiheit  vor^ 
komme  -).  Als  die  bedeutendste  Differenz  aber  geht  durch 
die  ganze  Er/ählung  diese  hindurch,  dais  Alles,  was  iiach 
Matthfius  der  Centurio  unmittelbar  sellist  thut,  bei  Lulias 
doreh  Gesandtschaften  vermittelt  Istj  indem  er  hier  suerst 
schon,  nicht  wie  bei  Matthiius  persönlich,  sondern  durch 
die  7Li)eoßi^iQHQ  %wv  ^lüöaluiv  Jesum  um  die  Heilung  ersncht, 
dann  aber  von  dem  Betreten  seines  Hauses  Ihn  wiederum 
nicht  selbst  surlickhlllt,  sondern  durch  einige  Freunde  al»- 
mahnen  läfst.  Zur  Ausgleicliung  dieser  Differenz  pflegt  man 
sich  auf  die  Regel :  quod  quis  per  alium  facit  etc.  zu  be- 


2)  SciaiiXMUCMSJi,  Uber  den  Lukas,  S«  9f« 


Digitized  by  Google 


Zweiter  Abschnitt; 


rufen  Soll  damit 9  wie  es  auf  dem  Sfandpiinkt  der  so 
urdieüenden  £rkiXrer  nicht  anders  denkbar  ist,  gcMgt 
•ein,  Matthfins  habe  wohl  gewafst,  dals  swisehen  dem 

Hauptmann  und  Jesu  Alles  durch  Mittelspersonen  verhan- 
delt worden  sei,  dennoch  aber  habe  er  der  Kttrse  wegen 
mittelst  Jener  Redefignr  Ihn  selbst  mit  Jesu  sprechen  las- 
sen :  so  hat  Storr  vollkommen  recht  mit  der  Gegenbemer- 
kung^ dafs  wohl  schwerlich  irgend  ein  Geschichtschreiber 
jene  Metonymie  so  beharrlich»  durch  eine  ganze  Erzühlung 
.kindurchfiihren  würde )  und  swar  in  einem  Fallej  wo  et- 
nerseits  die  Redefignr  sieh  keineswegs  so  von  selbst  f^irathe^ 
wie  B*  B.  wenn  einem  Feldhemi  sugeschrleben  wird,  was 
seine  Soldaten  thun,  und  wo  andrerseits  gerade  auf  den  Um- 
stand, ob  die  Person  selbst  oder  durch  Andere  gehandelt 
haboi  nur  vollen  Erkennbarkeit  ihres  Charakters  etwas  an- 
komme Mit  Idbllcher  Conseqnens  hat  daher  Storr,  wie 
er  der  bedeutenden  Differenzen  wegen  die  Erzählung  des 
vierten  Evangeliums  auf  ein  anderes  Faktum  beaiehen  au 
inOssen  glaubte,  als  die  des  ersten  and  dritten,  ebenso  um 
der  Abweichungen  willen,  welche  er  awisehen  den  Berich- 
ten der  lezteren  beiden  fand ,  auch  diese  für  Erzalilungeii 
aweier  verschiedenen  Be«;ehenhei(en  erklärt.  Wundert  man 
sich,  dafs  su  drei  verschiedenen  Malen  ein  so  gana  ähnli- 
cher lleilungsfall  an  dem  gleichen  Orte  vorgekommen  sein 
soll  (denn  auch  nach  Johannes  lag  und  genas  der  Kranke 
in  Kapernaum) :  so  verwundert  sich  Storr  seinerseits*  wie 
man  im  Mindesten  unwahrscheinlich  finden  könne,  dafs  in 
Kapernaum  an  verschiedenen  Zeiten  awei  Hauptlente  einen 
kranken  Knecht,  und  wieder  ein  andermal  ein  Hofbeamter 
einen  kranken  Sohn  geiiabt,  dafs  der  zweite  lianjitniann 
Cdes  Lukas^  von  der  Geschichte  des  ersten  gehört,  sich  auf 


S)  Augustin,  de  consent,  cvang.  1^  20)  Faulus,  ex.  Uandb.  i,  b 

S.  709;  KöRTKR,  Immanuel,  S.  65. 
4)  Über  den  Zweck  u.     f.  S.  35l« 


Digitized  by  Googl 


M.eaaU«  KiipiteL  S*  M«  '  107 


ihatiche  Art  «n  Jmub  gewendee,  und  tebi  Beltpiel  ebem 
durch  Denulh  so  übertreffen  gesacht  habe,  wie  der  erste 

Hanptmann  (Matth.),  dem  die  frühere  Geschichte  des  Hof- 
manns (Joh.)  bekannt  gewesen  sei,  das  schwache  Vertrauen 
dieeee  lauteren  habe  ttbertreff»iii  wollen,  nnd  dafs- endlich 
Jesus  alle  drei  Patienten  auf  dieselbe  Weise  aus  der  Feme 
geheilt  habe.  Allein  der  Vorfnll,'  dafs  ein  vornehmer  Be- 
amter von  Kaperna  um  Jesam  um  die  Heilung  eines  Ange- 
hörigen bat>  und  Jesus  aus.  der  Kntfemung  so  auf  diesen 
einwirkte,  dals  nai  di^eselbe  Zeit,  da  Jesus  das  heilende 
Wort  sprach,  der  Kranke  zu  Hause  genas,  ist  so  einzig 
in  seiner  Art,  dafs  eine  dreimalige  Wiederholung  dessel- 
ben unmöglich  angenommen  werden  kann,  und  auch  schoA- 
eine  blofs  sweiaMdige  Schwierigkeiten  hat;  wefs wegen  der 
Versuch  gemacht  werden  mufs,  ob  nicht  die  drei  Berichte 
auf  £ine  Grundlage  sarttckgefUhrt  werden  können. 

Hier  ist  nun  die  am  allgeoMinsten  fttr  verschiedenartig 
gdialtene  Emihlung  des  vierten  Evangelisten  nicht  allein 
in  den  schon  angegebenen  GrundsUgen  der  synoptischen 
verwandt,  sondern  in  manchen  bemerkenswerthen  Einzel- 
lieiten  stimmt  einer  oder  der  andere  der  beiden  sjnopti- 
schen  Relerenten  genauer  mit  Johannes  susammen  alr  mit 
dem  andern  Synoptiker.  So,  wlihrend  in  dem  Zuge,  dals 
er  den  Kranken  als  7i;ct7g  bezeichnet,  Matthäus  mindestens 
ebensowohl  mit  dem  johanneischen  viog  übereinstimmend 
gefunden  werden  kann,  als  mit  dem  dnlog  des  Lukas,  tref- 
fen Matthäus  und  Johannes  darin  entschieden  susammen, 
dafs  nach  beiden  der  kapernaitlsche  Beamte  sich  unmittel- 
bar an  Jesum  selber  wendet,  und  nicht,  wie  bei  Lukas, ^ 
durch  Vermittler.  Dagegen  stiaunt  der  johanneisohe  Be- 
rieht mit  dem  des  Lukas  ^egen  den  Blatthflns  in  der  Be- 
aohreibung  des  Zastandes  überein,  in  welchem  der  Lei- 
dende sieh  befunden  haben  soll :  beide  wissen  nichts  von 
der  nandlvatSy  von  welcher  Matthjius  spricht,  sondern  be- 
seiehnen  den  Kranken  alk  dem  Tode  nahe,  Lukas  durch 


1^  Zweiter  AbscliDiit. 

t^fislla  tilew^f  Johannes  durch  ^ftelXer  ano&vr^axnv^ 
WQsa  der  lestore  V.  51  naehtrXgiieh  bemerkt,  4alk  die 
Krankheit  ron  einen  nvQerog  begleitet  gewesen/  In  Dar- 
stellung der  Art,  wie  Jesus  die  Heilung  des  Kranken  voll- 
isog,  und  wie  dessen  Genesung  erfolgte |  steht  Johannes 
wieder  auf  Seilen  des  Matthias  gegen  den  Lukas*  Wäh- 
rend nISuilleh  dieser  ^ne  ansdrllckllehe  Versleheirung  Jesu, 
dafs  der  Knecht  geheilt  sei,  gar  nicht  hat,  lassen  jene  bei- 
den ihn  sehr  Übereinstimmend  su  dem  ßeamten  sagen,  der 
eine:  maye^  Mfd  wg  iTÜgBvaag  y&n^&iim  aoif  der  andere: 
noQBVüy  6  vlos  ÜB  U],  nnd  adch  derSetduft  des  Matthias; 
xal  uttyr^  o  7icil(;  ariü  h  tfj  wqa  ixiivjjj  stimmt  wenigstens 
der  F,orm  nach  mehr  zu  der  johanneischen  Angabe,  bei  ge- 
haltener Naehfrage  habe  der  Vater  gefunden^  dafs  ixUvfi 
%fl  al^.  In  welcher  Jesus  Jenes  Wort  gesprochen,  sein 
Sohn  gesund  geworden  sei,  als  zu  der  des  Lukas,  dafs  die 
eurtfckgekchrten  Boten  den  kranken  Knecht  gesund  ange- 
troffen haben»  In  einem  andern  Punkte  dieses  Schlusses 
wendet  sich  nnn  abl^r  die  Zustimmung  des  Johannes  roa 
Matthias '  wieder  sn  Lukas  Eurfick.  Bei  beiden  nimlleh 
ist  von  einer  Art  ron  Gesandtschaft  die  Rede,  welche  Kn- 
iest noch  aus  dem  Hause  des  ßeamten  tritt:  bei  Lukas 
eine  Ansahi  Ton  Freunden  des  Uauptnuinns,  welche  Jesom 
abhalten  sollen,  sich  selbst  su  bemOhen;  bei  Johannes 
Knechte,  welche  jubelnd  ihrem  HeriMi  entgegen zie Ihm i  und 
ihm  die  Kunde  von  der  Genesung  seines  Sohnes  bringen. 
Gewils,  wo  drei  ßrsihlungen  so  durcheinander  Tersclilon- 
gen  sind.,  wie  diese,  darf  iMn  nicht  biofs  nwei  derselben 
für  identisch  erklären  und  eine  als  rerschiedene  stehen  las- 
sen >  sondern  man  muls  die  drei  Berichte  entweder  alle 
auseinander  halten,  oder  alle  sasammenwerfen,  wie  Les- 
teres  nach  Üteren  Vorgängern  Sinlbr  gcthan  0,  und  Tho- 
lüCK  wenigstens  für  möglich  erklärt  hat,  es  »u  thwn.  Nur 

suchen  solche  Ausleger  dann  die  Abweichungen  der  drei 

»_  .  * 

5}  s*  hei  LücKB,  1,  S.  552* 


Digitizoü  by  G(.j(..wtL 


« 


Helmtes  Kapi taL  f.  04.  109 

Beriehte  eo  mn  erkUren,  dafe  keiner  der  fivenigelitten  et- 
was Falachea  getagt  haben  eolL  Den  Stand  des  Bittstet- 

lers  betreffend  sncht  man  den  ßaaihxog  des  Johannes  zum 
Militarbcamten  zu  machen,  wovon  dann  das  kxcttoyraffxos 
der  beiden  andern  nnr  nähere  Bestimmung  wire;  was  aber 
den  Hanptpunkt)  das  Benehmen  des  Bittstellers,  betrifft, 
99  kannten,  meint  man,  die  rersehiedenen  firefihler  ver- 
schiedene Seiten  der  Sache  in  der  Art  hervorgehoben  ha- 
ben, dais  Johannes  nur  das  Frühere  wiedergäbe,  wie  sieh 
Jeana  Aber  die  anftngiiehe  Sehwiehe  des  Gianbens  in  deas 
Bittenden  beklagte,  die  Synoptiker  nnr  das  Spitere,  wie 
er  seinen  schnell  gewachsenen  Glauben  belobte.  Wie  man 
aaf  noch  leichtere  Weise  die  Hauptdifl'erenz  swischen  den 
beiden  ajnoptisehen  Berichten,  in  Hinsicht  der  mfttelbaran 
eder  unmittelbaren  Bittstelinng,  ausgleichen  su  können 
meinte,  ist  bereits  ai\gegeben  worden.  Dieses  Bestreben, 
die  Widersprüche  der  drei  Relationen  auf  gütlichem  Wege 
ausangieichen,  Ist  ein  falsches.  Es  bleibt  dabei:  ^e  Sjih 
optiker  haben  sich  den  Bittsteller  als  einen  Centurio  ge» 
dacht,  der  vierte  Erangeilst  als  einen  Hofbeamten;  jene 
als  glaubensstark,  dieser  als  der  Stärkung  noch  bedürftig^ 
Johannes  und  Matthäus  stellten  sich  vor,  er  habe  sich  an* 
mittelbar,  Lukas,  er  habe  sich  aus  Bescheidenheit  nur  mit* 
talbar  an  Jesnm  gewendet  ^« 

Wer  stellt  nun  die  Sache  auf  die  rechte,  und  wer  auf 
irrige  Weise  dar?  Nehmen  wir  zuerst  die  beiden  Synop- 
tiker fflr  sich,  so  ist  nur  Eine  Stimme  der  Erkiirer,  daib 
Lukas  die  genauere  Darstellung  gebe.  Schon  das  will  man 
unwahrscheinlich  finden,  dal's  der  Kranke  nach  Matthäus 
ein  Paralytischer  gewesen  sein  sollte,  da  bei  dem  Ungefähr- 
lichen dieses  Leidens  der  bescheidene  Hauptmaiin  schwer- 


€)  FamtcMs,  in  Maltk*  p.  310:  diserepat  aotem  Lucas  ita  a 
Mattbaei  narratione«  ut  centurionem  non  Ipsum  venisse  ad 
Jesum,  aed  per  legatoa  cum  eo  egiise  tradat  ^  qulhns  disai- 
dcnUbus  paeem  obtmdere,  boni  aego  interpretii  ette« 


Diqitized  by  Google 


IM 


7weit«r  AbBobnitt. 


Heb  Jotom  glelcb  bet'm  Eintritt  in  die  Stadt  in  Betchlag 

'genommen  haben  wUinle        als  ob  ein  sehr  schmerzhaf« 
tes  Übel  9  wie  das  von  IVlatthäus  beschriebene,  nicht  mög« 
Üeiift  schnelle  Abhülfe  wttnschenswerth  machte ,  and  ala 
ob'  et  ein  nnbeselieidener  Ansproeb  gewesen  wtfre«  Je* 
fium  noch  vor   seiner  Nachhauselianft  um  ein  heilendes 
Wort  ea  ersuchen.    Vielmehr  das   umgekehrte  Yerhfilt« 
aÜs  Bwischen  Matthäas  und  Lukas  wird  durch  die  £e*  ^ 
awrkang  wabrscbeinlicb,  dafs  das  Wunder  nnd  also  nach 
das  Übel  des  wunderbar  Geheilten  in  der  Überlieferung 
sich  nie  verkleinert,  sondern  stets  vergrölsert,  daher  eher 
der  arggepiagte  Paralytische  zum  /niXXtjv  relBut^  gestei» 
gerty  als  dieser  sn  %nem  blofs  Leidenden  berabgesest  wer- 
den mochte.  HaoptsflcbÜch  aber  die  do])pelte  Gesandtschaft 
"  bei  Lukas  ist  nach  Schleiermacher  etwas,  das  nicht  leicht 
erdacht  wit*d.    Wie^  wenn  sich  dieser  Zug  vielmehr  sehr 
deutlieh  als  einen  erdachten  su  erkennen  gtfbe?  Wfihrend 
bei  MattliXus  der  Hauptmann  Jesum  auf  sein  Erbieten, 
mit  ihm  gehen  zu  wollen,  durch  die  Einwendung  zurück- 
Euhalten  sucht:  xvQts,  ux  el/ui  Ixavdg,  iva  fiu  vtio  Tt]v  s^Y^^ 
ütMdjiQf  lälst  er  bei  Lukas  durch  die  abgesandten  Freunde 
noch  liinausetsen ;  dio  iÖe  ificevrov  ^^Itaaa  nqog  ae  iX^cIr, 
womit  deutlich  genug  der  Schlufs  angegeben  ist ,  auf  wel-  • 
chem  diese  Gesandtschaft  beruhte.   Erklärte  sich  der  Mann 
für  unwürdig,  dafs  Jesus  su  ihm  komme,  dachte  man,  so 
hat  er  wohl  auch  sich  sellist  nicht  fiBr  würdig  gehalten,  an 
Jesu  BU  kommen,  eine  Steigerung  derDemuth  des  Mannes, 
durch  welche   sich  auch  hier  der  Bericht  des  Lukas  als 
der  secundfire  zu  erkennen  giebt.   Jien  ersten  Anstofs  au 
diesen  Gesandtschaften  scheint  übrigens  das  andere  Inter- 
esse  gegeben  eu  haben,  die  Bereitwilligkeit  Jesu,  Iii  des 
Heiden  Haus  zu  gehen,  durch  eine  vorgängige  Empfehlung 
desselben  su  motiviren.   Das  ist  ja  das  Erste,  wns  die 
nQBaßunQOi  tww  ^Maim^  nachdem  sie  Jeait  den  Kranlibeit»» 

7)  ScauniaMAcasK,  a.  s.  O*  S,  92  f« 


NeHBUt  Kapitel.  %  U.  '  Ul 


IkU  beriehtet»  liimEiiMtBeii,  Sri  ä^wg  igip  f  ytOQtiti  rSro* 
ayan^  yaQ  ro  idifog  r^ficSv  sr.  t.  Shnlich ,  wie  gleiehfftlls 
bei  Lukas,  in  der  Ä.  G.  10,  22.,  die  Boten  des  Cornelius 
dem  Petrus  9  nm  ihn  su  einem  Gang  in  dessen  Haus  sii 
TermSgeii}  aoseinandertetiBeii,  da(s  er  ein  ow^q  dlxaiog  xoi 
q:oßijitevog  top  ^ov,  fiaQTVQilfievog  re  vnd  oXe  t8  l&vag  twv 
^ladalov  sei.  Dafs  die  doppelte  Gesandtschaft  nicht  ursprüng- 
lich sein  kann,  erhellt  am  deutlichsten  daraus,  dafs  durch 
diesalbe  die  firaUhiang  des  Luiias  aile  Haltung  verliert. 
Bei  MatthSnt  hüngt  Alles  wohl  sasamineii :  derHaoptmann 
seigt  Jesu  zuerst  nur  den  Zustand  des  Kranken  an,  und 
fiberlüfst  entweder  ihm  selber,  was  er  nun  than  wolle,  oder 
et  kommt  ihm,  ehe  er  seine  ßitte  ltellt|  Jesus  mit  seinein 
Anerbieten,  sieh  in  sein  Hans  au  begeben,  anvor,  was  nun 
der  Hauptmann  auf  die  bekannte  Weise  ablehnt.  Welches 
Benehmen  dagegen,  wenn  nach  Lukas  der  Centurio  Jesu  zu« 
•rat  durch  die  jüdischen  Ältesten  sagen  läfst,  er  möchte  hom- 
men  (£l5ttffO  und  seinen  Knecht  heilen,  hierauf  aber,  wie 
Jesus  wirklich  kommen  will,  gereut  es  ihn  wieder,  ihn 
dazu  veranlafst  su  haben,  und  er  begehrt  nur  ein  wunder- 
thätiges  Wort  yon  ihm.  Dals  die  erste  Bitte  nur  von  den 
Altesten,  nicht  von  dem  Centurio  ausgegangen  diese  Aua» 
knnf^  läuf^  den  ausdrücklichen  Worten  des  Evangelisten 
entgegen,  welcher  durch  die  vW^endung:  a/ftgtUe  —  nQ^oßv-^ 
tigog iifunon'  aviov  die  ßitte  als  vom  Hauptmann  selber 
ausgegangen  darstellt;  dafs  aber  dieser  mit  dem  ik^hav  nur 
gemeint  hallen  sollte,  Jesus  mScIite  sich  in  die  Mähe  •eittCU 
Hauses  begeben,  und  nun  wie  er  gesehen,  dafs  Jesus  so« 
gar  in  sein  llaus  treten  wolle,  dicfs  abgelehnt  habe,  wfire 
doch  woiii  au  ungereimt  ,  als  dals  man  es  dem  sonst  ver- 
standigen Manne  «utrauen  könnte,  von  welchem  aber  eben« 
defshalb  noch  weniger  eine  so  wetterwendische  Umstim« 
mnng  au  erwarten  ist,  wie  sie  im  Texte  des  Lukas  liegte 


8)  KviKÖL,  in  Matth.  S.  221  f. 


Digitized  by  Google 


112  Zweiter  Abschnitt. 

Wie  aber  dieser  dazukam,  die  Bitte  der  ersten  Gesandt- 
schaft durch  eine  zweite  surttcknehmen  zu  lasse diefs  ent- 
deckt Qn8  ein  iinseheinbarer  Verrfither^  der  Aasdmek: 
ytQi€ ,  ^r^  axvXXo  nSmlieh  j  weicher  in  nntrer  ErKlEhinn|r 
dem  Lukas  eigenthUmlich  ist.    Diese  Formel  erinnert  an 
die  ähnliche,  welche  derselbe  Evangelist,  und  nach  ihm 
Markus,  in  der  Gescbichto  Ton  der  Tochter  des  Jaims 
gebraucht,  wo,  nachdem  vor  Jesn  Ankunft  im  Hanse  das 
Müdchen  gestorben  ist,  ein  Bote  von  da  dem  mit  Jesu  sich 
nähernden  Vater  mit  der  Erinnerung :  /urj  oxvkle  joy  dido» 
CxakWf  en^egenkommt  (ß,  490*   Der  Hauptmann,  welcher 
Jesnm  nicht  in  sein  Hans  tiemfiben  will  •  erinnerte  ihn  an 
den  Boten,  der  dem  Jairus  wehrte,  den  Lehi*er  in  sein 
Haus  zu  bemühen,  und  wie  hier,  so  iiers  er  nun  auch  dort 
der  Ablehnung  eine  Aufforderung,  in  das  Haus  xu  kom- 
men, vorangehen*   Da  an  einer  solchen  Contre»  ordre  nnr 
bei  Jairus,  in  dessen  Hause  sich  seit  der  ersten  A'ufTorde- 
rnng  durch -den  Tod  der  Tochter  die  Lage  der  Dinge  ver- 
ändert hatte,  keineswegs  abe^*  bei  dem  Centurio ,  dessen 
Knecht  noch  immer  im  gleichen  Zustande  war,  ein  Grund 
▼erlag,  so  kann  der  Zug  mit  der  widerrufenden  Botschaft 
nur  aus  jener  Geschichte ,  wenn  sie  gleich  erst  nach  der 
unsrlgen  kommt,  in  diese  herübergewandert  sein,  nicht  aber 
umgekehrt« 

Da  von  der  Identification  aller  drei  Geschichten  die 

neueren  Erklarer  sich  hauptsächlich  durch  die  Furcht  ab- 
gehalten finden,  Johannes  möchte  dabei  in  das  Licht  eines 
solclien  gestellt  werden,  der  die  Scene  nicht  genau  genug 
anfgefafst,  und  wohl  gar  das  Hauptmoment  übersehen  ha- 
be so  würden  sie  niso ,  wenn  sie  eine  Vereinigung 
dennoch  wagen  wollten ,  dem  vierten  Evangelium  so  viel 
möglich  die  ursprünglichste  Darstellung  der  Sache  vindici* 
ren,  ^e  VoranssetBung ,  die  wir  sofort  aus  der  Beschaf* 


9)  TaOiVCK,  S.  102  f.  Hase,  ^.  68.  Aom.  2* 


Digitized  by  Google 


Nenntes  Kmpiteh  S*  te.  113 

fenheit  Her  BericHte  heraitB  so  prftfeii  hnben.  Das  nun, 
dafs  dein  viertt'ii  Evangelisten  der  Bittende  ein  (iaoi?,ixog 
ist,  nicht,  wie  den  übrigen,  ein  kxtetoviaQxoQy  ein  in« 
differenter  Zog,  ans  weleJiem  sich  füv  keinen  TheÜ  etwas 
sehKefeen  Ixist,  ond  ebenso  kann  es  mit  der  Abweichang 
in  Betreff  des  Verhältnisses  des  Kranken  zum  Bittsteller 
sich  zu  verhalten  scheinen.  Indessen,  wenn  man  in  Bezug 
aof  dtn  leateren  Ponkt  sieh  iragt:  welche,  der  drei  BeaeicJi*  - 
mmgaweisen  eignet  sieh  am  ehesten  daan,  die  bdden  an* 
dern  aus  sich  haben  entstehen  zn  lassen  ?  so  wird  man  wohl 
schwerlich  annehmen  können ,  dais  aas  dem  jobanneischen 
ri6$  in  absteigender  Linie  snent  anbestimmt  ein  naig^^ 
dann  ein  dölog  geworden  sei,  and  aach  die  umgekehrte 
aufsteigende  Richtung  ist  hier  minder  wahrscheinlich ,  als 
das  Mittlere,  dais  aus  dem  sweideutigen  naigy  welches  wir 
im  ersten  EvangeUnm  finden,  in  zwei  Richtungen  das  ei- 
nemal ein  Knecht,  wie  bei  Lukas,  das  andremai  ein  Sohn, 
wie  bei  Johannes,  gemacht  worden  sein.  mag.  Bafs  die  Bo 
Zeichnung  des  Zustandes,  in  welchem  sich  der  Leidende 
iiefand,  bei  Johannes  wie  bei  Lukas  sich  au  der  bei  Mat«' 
thXas  als  Steigerong,  mithin  als  die  spätere  yerhahe,  ist 
bereits  oben  bemerkt.  Der  Unterschied  in  der  Ortsan« 
gäbe  würde  auf  dem  jetzigen  Standpunkt  der  verglei- 
ciienden  Evangeiienkritik  ohne  Zweifel  so  beurtheilt  wer« 
den,  da(s  in  dar  apostolischen  Tradition,  ans  weleher  die 
Synoptiker  schöpften,  der  Ort,  von  weichem  aus  Jeisua 
das  Wunder  verrichtete,  mit  dem,  in  welchem  der  Kranke 
lag,  zusammengeflossen,  das  minder  bekannte  iiana*  von 
däm  iierttJunten  Kapemaum  versaiiiungen  worden  sei,  Jo* 
hannes  aber,  als  Angenseuge,  das  ivenauere  aufbewahrt 
habe.  Allein  so  erscheint  das  Verhültnifs  nur,  wenn  man 
den  vierten  Evangelisten  als  Aogenaeugen  schun  voraus- 
sest:  sacht  man,  wie  man  coli,  rein  aus  der  Beschaffen« 
hak  der  Barichto  k^rana  m  entsokeidou,  so  atelit  sink  ein 
ganz  anderes  Ergebnifs  heraus;  £s  wird  hier  eine  Hei«  * 
JJai  lieben  Jtiu  II,  Band*  8 


■ 


114  aw«itev  Abtehnill. 

lung  au  d«r  Penie  beriehtet ,  in  wcÜehcv  das  Wunder  nn 

so  gröfser  erscheint,  je  weiter  die  Distans  swischen  doia 
Heilenden  und  Geheilten  ist.  Wird  nun  die  mötidiiche 
Überlieferung  9  wenn  sich  die  £caälüung  in  dieser  fori- 
pflenst,  eine  Neignng  baben,  Jene  Entfernung ,  und  daadt 
das  Wunder  y  zu  verlileinem ,  so  dafs  wir  in  der  Darstel- 
lung des  Johannes,  der  Jesuin  die  Heilung  von  einem  Orte 
aus  verrichten  läfst ,  von  welchem  der  Hofbeamte  erst  am 
andern  Tag  bei  dem  GebeÜten  ankommti  die  urtprüngiielie^ 
in  der  der  Synoptilier  dagegen,  welebe  Jesum  mit  dem 
kranken  Knecht  in  derselben  Stadt  sich  befinden  lassen,  die 
traditionell  umgebildete  £rsäblnng  b&tten?  Kur  dae  Um- 
gekebrte  kann  der  Sage  gemäfs  gefunden  werden  |  und 
aoeb  liierin  alte  neigt  sieb  der  Jelianneiteiie  Berieht  als 
ein  abgeleiteter.  Besonders  gemacht  eelgt  sich  noch  die 
Fttnktlichkeity  mit  weicher  im  vierten  £vangelium  die  Stun- 
de der  Geneenng  des  Kranken  autgemittelt  wird*  Aua  dem 
einfiiehen,  aneb  aenat  am  Scblusse  ron  Heilungsgeseblebten 
vorkommenden  la^/;  tfj  di()^  ixtivt]  des  Matthäus  ist  ei- 
ne Nachfrage  des  Vaters  nach  der  üjqu  iv  rj  xofitl'OTiQW 
fg^Bf  eine  Antwort  der  Knechte:  .oci  x^^»  ißdofiipf^ 
aqi^Mtw  ovror  o  nvQitigf  und  endlich  daa  Resultat,  dala 
iv  ixeivt]  xfj  a»()^,  iv  t]  flnev  aitt^  6  V.  6  viog  oa  ^fjj  die- 
ser wirklich  gesund  geworden  sei ,  gemacht :  eine  üngstU« 
die  Genauigkeit,  eine  Quälerei  mit  der  Rechnung |  welche 
weit  mehr  das  Streben  dea  Referenten  |  das  Wunder  an 
eenftaCiren,  als  den  ursprfinglichen  Hergang  der  Sache  zu 
eeigen  scheint.  Darin,  dafs  er  den  ßctOikiKos  persönlich  mit 
Jean  verbandeln  läfst,  hat  der  Verfaafer  dea  vierten  Rvan-' 
gelluma  mehr  ala  der  dea  dritten  die  nraprOngllebe  Ein» 
fiiebbelt  der  firaKhIung  bewahrt,  wiewohl  er,  wie  bemerkt, 
in  den  entgegenkommenden  Knechten  einen  Anklang  an 
die  aweite  Botschaft  des  Lukas  hat.  In  dem  Hauptdiffe- 
renspmkt  aber,  der  den  Gharakler  des  BIttotellera  beCrifily 
kteale  nmn  mit  Amwendnng  unsen  eigenen  BlaAftabea  dem 


Digitized  by  Google 


« 


neuntes  Kapitel.    §.94.       '  IIS 

Johannes  den  Vorzag  vor  den  beiden  andern  Referenten 
juierkennen  h  ollen.   Denn  wenn  diejenige  ErzHtiiung  die 
nehr  sagenhafte  Uty  welche  ein  Bestreben  iiaeh  VergröPse- 
ning  oder  Verschöneriung  wn  erkennen  giebt:  so  konnte 
man  sagen,  es  zeige  sich  der  Bittende,  der  nach  Johannes 
aiemiich  schwach  im  Glauben  gewesen  sei,  bei  den  Syno|w 
tikem  ni  einem  CUanbensamster  verschönert.  Allein  nicht 
Mif  Verschdnerung  ttberhaupt,  sondern  nar  In  Bealehung 
mmi  ihren  Haaptsweck,  welcher  bei  den  Evangelien  die 
Verherrlichung  Jesu  ist,  gebt  die  Sage  oder  ein  dichten  der 
Referent  ans,  and  bienach  wird  man  in  doppelter  Ulnsicb^  ' 
die  Versehtfaerung  auf  Seiten  des  vierten  Evangelloms  fin« 
den.   Einmal,  wie  es  überfaaapt  darauf  ausgeht,  die  Über- 
legenheit Jesu  durch  den  Contrast  mit  der  Schwäche  de- 
rer, die  mit  ihm  an  tbun  haben,  hervorzuheben,  konnte  es 
aneh  hier  sein  Interesse  sein,  den  Bittsteller  eher  schwach- 
als  starkgläubig  daransteilen,  wobei  liim  Jedoeli  die  Erwie- 
derung, welche  es  Jesu  in  den  Mund  legt :  idv  ///}  oijitla 
uai  %iQaxtt  idt^Sf  i  fu^  m^BvavjffBf  doch  wohl  zu  hart  ge- 
mthen  Ist^  welswegen.sie  denn  auch  die  meisten  Erklärer 
in  Verlegenheit  seat.   Zweitens  aber  konnte  es  anschick- 
lieh  erscheinen ,  dafs  Jesus  von  seinem  anfänglichen  Vor- 
saz,  in  das  Haus  des  Kranken  zu  gehen,  sich  nachher 
wieder  abbringen  liefs^  and  so  fremdem  Einfluls  na  folgen 
sebieii;  man  konnte.es  fiBr  angemessener  halten,  die  llei- 
long  aus  der  Ferne  als  seinen  arsprOnglichen  Vorsaz,  und 
nicht  erst  durch  einen  Andern  ihm  eingeredet,  darzustel- 
len.   Sollte  nun  aber,  wie  diefs  die  Überliefernng  an  die^ 
Hand  gab,  «ier  Bittsteller  doch  eine  lünrede  gethan  haben, 
so  moTste  diese  die  entgegen^esezte  Richrang  als  bei  den 
Synoptikern  bekommen,  nämlit:li,  Jesum  zu  einem  Gange 
in  das  Haas  des  Kranken  bestimmen  zu  wollen. 

Fragt  es  sich  nun  um  die  Möglichkeit  und  den  nüiie- 
ren  Hergang  des  vorliegenden  Ereignisses,  so  glaubt  die 
natürliche  Erklärung  am  leichtesten  mit    der  Erzählung 

8  ♦  ■ 


Digitized  by  Google 


11(1  Zweiter  Abschnitt  ' 

des  vierten  £vangeliams  zurecbtsukommen.  Hier,  wirf)  be- 
merkt,  sage  Jesnt  niclits  diifon,  dafs  er  die  Heilung  des 
Kranken  bewirken  wolle,  sondern  er  Tersiehere  den  Vater 

nur,  dafs  das  Leben  seines  Sohnes  ausser  Gefahr  sei  (o 
wid^'  Oü  ^ij)>  und  auch  der  Vater,  wie  er  finde,  dafs  das- 
Besserwerden  seines  Sohnes  mit  der  Zeit,  am  weiche  er 
mit  Jesus  gesprochen,  susammenfaUei  sciiBelse  keineswegs, 
dafs  Jesus  die  Heilung  aas  der  Ferne  bewirkt  habe.  So 
sei  diese  Geschichte  nur  die  Probe  davon,  dafs  Jesus,  ver- 
möge gründlicher  Kenntnisse  in  der  Semiotik ,  im  Stande 
gewesen  sei,  auf  gegebene  Beschreibung  der  Umstände  ei» 
nes  Kranken  hin  eine  richtige  Prognose  Ober  den  Verlauf 
seiner  Krankheit  zu  stellen ;   dafs  jene  Beschreibung  hier 
nicht  mitgetheilt  sei,  daraus  folge  nicht,  dafs  sie  Jesus 
sich  nicht  habe  geben  lassen;  ein  ai^fistov  sber  werde 
diese  Frohe  (V.  54.)  genannt,  als  Zeichen  einer  Ton  Jo- 
hannes zuvor  noch  nicht  angedeuteten  Fertigkeit  Jesu,  die 
Genesung  eines  besorglich  Kranken  vorauszusagen  AI« 
lein,  abgesehen  von  dieser  Mifsdeutnng  des  Wortes  Wf^fiHw 
und  jener  Einsehwiireung  eines  im  Text  niobt  angedeute* 
tcn  Gesprächs ,   erschiene  bei  dieser  Ansicht  von  der  Sa- 
che der  Charakter   und   selbst  der   Verstand   Jesu  Im 
sweideutigsten  Lichte.   Denn,  wenn  wir  schon  denjenigen 
Amt  fdr  unyorsiehtig  halten  würden ,  welcher  auf  selbst- 
genommenen Augenschein  hin  bei  einem  Fieberkranken, 
den  man  so  eben  noch  für     erbend  hielt,   die  Genesung 
verbürgte,  und  dadurch  seinen  Kredit  auf  das  Spiel  see- 
te:  um  wie  viel  vermessener  hfitte  Jesus  gehandelt,  wenn 
er  auf  die  blofse  Beschreibung  eines  Laien  hin  die  (Se- 
fahrlosigkeit  des  Uinstandes  versichert  hätte?    Ein  solches 
Qenehmen  können  wir  uns  an  ihm  defswegen  nicht  den« 
keni  weil  es  der  Analogie  seines  sonstigen  Verfahrens,  md 


10)  Favlvs,  Comm.  4,  S.  2S3f.  Vsanrana,  2,  S.  140  ff.  Vgl. 
Hsw,  6S. 


Digitized  by  Googl 


117 


4Mi  Eindruck ,  welchen  sein  ChiuniiiCer  bei  den  Zeifgeno«- 

sea  surückliefs )  geradezu  widersprechen  uiirdo.  Hat  al- 
so Jesns  die  Genesung  «ies  ileberliraniLen  auch  nur  vor- 
aosgessgtv  ohne  sie  sn  bewirlien,  so  muis  er  doch  auf  so- 
Yorilfsigere  Weise  als  durch  natttrlitflies  RSsonnemenC  ron 

derselben  versichert  gewesen  sein,  er  niufs  sie  auf  über- 
nalflriicJie  Art  gewufst  haben.    Diese  Wendung  hat  der 
neaeata  firlüfirer  daa  Johannas  der  Sache  an  gaben  versucht. 
Kr  ateilt  die  Frage ,  ob  wir  hier  ein  Wunder  des  Wissens 
oder  des  Wirkens  haben  ?    und  da  nun  von  einer  unmit- 
telbaren Wirkung  des  Wortes  Jesu  nirgends  die  llede  sei, 
sonst  aber  iui  vierten  Evangelium  gerade  das  höhere  Wis- 
san  Jesu  l»esonder8  liervorgehoben  werde  9  so  erldirt  er 
sich  dahin,  Jesus  habe  vormuge  seiner  höheren  Natur  nur 
gewufst,  dafs  in  jenem  Augenblicke  die  Krankheit  sich  zum 
Lalieo  entschied  '      Allein  die  öftei*e  Uervorhebuiig  des  hö- 
heren Wissens  Jesu  in  unserem  Evangelium  lieweist  \de* 
her  nichts,  da  es  ebenso  oft  auf  sein  höheres  WirlLon  auf- 
merksam macht.    Ferner,  wenn  von  übernatürlichem  Wis- 
sen Jesu  die  Rede  ist,  wird  dlefs  sonst  deutlich  angegeben 
(wie  i)  49.  2,  25.  ö^  64.)»  und  so  würde  Johannes,  wenn 
eine  AliernatOriiehe  Kunde  von  der  ohnehin  erfolgten  Ge- 
neitung    des    Knaheu   gemeint  wäre,    Josum  wohl  aucli 
hier  auf  ähnliche  Weise,  wie  dort  au  Nathanael,  zu  dem 
Vater  sprechen  iaasen,  dals  er  seinen  Sohn  bereits  in  ar-  . 
trigÜelierem  Zustande  auf  seinem  Bette  erblicke.  Nicht 
nur  aber  ist  von  höherem  Wissen  nichts  angedeutet,  son- 
dern eine  wunderbare  Wirksamkeit  deutlich  genug  zu  ver^ 
stehen  gegeben.   Wenn  nämlich  von  einem  /i£Uow  ano^ 
Or^axuv  die  piöaiielia  Genasung  gemeidet  ist,  so  will  man 
aanichsl  die  Ursache  wissen,  welche  diese  unerv> artete 
Wendung  herbeigeführt  habe,  unti  >%enn  nnn  ein  ßericht, 
der  auch  sonst  auf  das  Wort  seii.es  lielden  hin  Wunder 
erfolgen  i&lst,  eine  Versicherung  des»elbau^  dals  der  iiran- 

IJ)  LScaa  I,  S.  WO  f. 


Digitized  by  Google 


US  Zweiter  Abschnitt. 

ke  lebe,  mittheilt,  80  kann  nur  das  falsche  Bestreben,  das 
Wonderbare  en  veraindem,  der  Anerkenntnifs  im  Wege 
stehen,'  dafs  der  ErzShIer  in  diesem  Worte  die  Urseelie 
Jener  Veränderung  anheben  wolle. 

Bei  der  synoptischen  Erzffhlang  ist  mit  der  Annahme 
einer  blofsen  Prognose  nicht  nbznkommeny  da  hier  der  Vater 
(Matth.  V.  8.)  eine  heilende  Einwirkung  verlengt,  and  Jeras 
ihmCV.  130  eben  diese  seine  Bitte  ^fewllhrt  Dadoreh  schien 
sich  bei  der  Entfernung  Jesu  von  dem  Kranken,  welche  «lle 
physische  wie  psychische  Einwirkung  nnmöglich  machtey 
der  natprliehen  Erklffrang  jeder  Weg  en  Tersehliefsen : 
wenn  nicht  Ein  Znir  der  finsllhlong  unerwartete  Hfllfe  ge- 
boten hätte.  Die  Vergleichung  nM'mlich ,  welche  der  Cen- 
tnrio  zwischen  sich  und  Jesu  anstellt,  dafs,  wie  er  nur  ein 
WoK  spreohen  cttirfoi  vm  dnreh  seine  Soldaten  and  Die- 
ner diefs  and  jenes  ausgerichtet  bu  sehen ,  so  aneh  Jesam 
es  nnr  ein  Wort  koste,  seinem  Knechte  zur  Gesundheit  zu 
verhelfen,  konnte  man  möglicherweise  so  pressen,  dafs,  wie 
auf  Seiten  des  Kii^iptoiannsy  so  auch  anf  Seiten  Jesa  an 
mensehliehe  Mittelspersonen  gedacht  wurde»  Demnach 
soll  nun  der  Hauptmann  Jesu  haben  rorstellen  wollen ,  er 
dürfe  nur  zu  einem  seiner  Jünger  ein  Wort  sprechen,  so 
werde  dieser  mit  ihm  gehen  und  seinen  Knecht  gesund 
mnehen  ,  was  sofort  aueh  wirklieh  geschehen  sein  'soll  ■ 
Allein,  da  dlels  der  erste  Fall  wire,  dafs  Jesus  durch  sei- 
ne Jünger  heilen  liefs,  und  der  einzige,  dafs  er  sie  unmit- 
telbar zu  einer  bestimmten  Heilung  abschickte:  wie  konn* 
te  dieser  eigenthUmiiohe  Umstand  sogar  in  der  sonst  so 
ausflihrilehen  ErsXhlung  des  Lukas  stillschweigend  Tor^ 
ausgesezt  werden  ?  warum ,  da  dieser  Referent  in  Aus- 
spinnung  der  ttbri«fcn  Rede  der  Abgesandten  nicht  spar- 
sam ist|  geiEt  er  mit  den  paar  Worten  j  welche  Allee  auf* 


III)  Paulus,  ex.  Haodb.      h,  S.  710  f.}  natUrliche  Geschichte, 
a,  S.  28S  ff«  y  ' 


Digitizca  by 


Neuntes  Kapitel.    $.  M. 


119 


gekUUrt  haben  worden,  wenn  er  näaÜoh  so  dem  dns  Xdytih 
tA  tiöv  fta^tjinh  OB  oder  dergleiehen  etwas  getest  hfttte? 
VoUende  aber  an  Sehioate  der  BrafiMimg^  wo  der  Erfolg  ge- 
■Mldet  wird ,  kommt  diese  Deutung  niebt  blos  durch  das 
Seilisch weigen  der  Referenten,  sondern  durch  einen  positi- 
ven Zug  bei  Lukas  in  die  übelste  Verlegenheit.  Lukas 
aehliefst  nllmUeb  aüt  der  Motis,  dafs  die  Frenade  des  Häuft- 
maniBs  bei  Ihrer  Rüekkehr  Iib<  deisen  Haas  deii  Kneeht  be> 
reits  gesund  gefunden  haben.  Soll  ihn  nun  Jesus  dadurch 
wiederhei^esteilt  haben,  dafs  er  den  Abgesandten  einen 
•der  BMhrere  seiner  Jttnger  mitgab,  so  konnte  es  mit  dem 
Kranken  erst  von  da  an,  als  die  Abgesandten  mit  den 
Jüngern  iiu  use  Ankamen,  allmfihlig  besser  werden, 
nicht  aber  konnten  sie  ihn  bei  ihrer  Ankunft  schon  her- 
gestelit  i|nden.  Paom»  freilieb  sent  vorans,  dieAbgesandtsn 
haben  sich  bei  den  Reden  Jesn  noeh  etwas  verweilt^  nnd  so 
seien  die  Jünger  vor  ihnen  angekommen  :  aber  wie  sich 
jene  so  unnöthig  haben  verweilen  mögen,  nnd  wie  der 
Evangelist  neben  der  Absendang  der  Jfinger  mm  aueli 
noeh  das  Zorflekbleiben  der  Abgesandten  habe  verseliwei- 
gen  kennen,  enthllt  er  sich  an  erkliCren.  Mag  man  nnn 
statt  dessen  als  dasjenige,  was  den  Soldaten  des  Haupt- 
manns auf  Seiten  Jesu  entspricht,  KrankheitsdäoMnen  *'>, 
oder  dienstbare  fingei*^),  oder  blos  das  Wort  nnd  die 
Heilkrüfle  Jesa  denken:  JedenlSills  bleibt  ans  eine 
wunderbare  Wirksamkeit  in  die  Ferne. 

Diese  Art  des  Wirkens  Jesa  nun  hat  nach  dem  Zuge- 
stlndnilb  seilist  soleher  Aasleger,  welche  sonst  das  Wan- 
derbare nicht  sehenen,  darin  etwas  liesonders  Sebwierl* 
ges ,  dafs  durch  den  Mangel  der  persönlichen  Gegenwart 
Jesu  und  ihres  wohlthfttigen  Eindrucks  auf  den  Kranken 


IS^  so  ichon  Clem.  homil.  0,  21;  jezt  Fritzkchk,  in  Matth.  M3* 

14)  Wbtstkik,  N.  T.  1,  p.  349;  vgl.  ÜMMA^ssir»  1»  S.  269. 

15)  üttSTsa,  laiaManel,  S.  186.  Anau 


Uü 


Zweiter  Absehnitt« 


ans  jede  Mügllehkeit  genommen  ist,  die  Heilang  dnrch  ein 
Analogon  des  KAtüriichen  uns  denkbar  su  maclien  '^)* 
Naeb  OwAUSBH  «war  hut  aaeb  dieae  Femwirknng  Um 
Analogleen  y  niaalieh  Ina  ihieriaelien  Hagnetianiaa  Iah 
will  diefs  nicht  geradezu  bestreiten ,  sondern  nur  auf  die 
Schranken  anfmerksam  roacben,  innerhalb  deren  sich  met- 
aea  Wiasena  dIeae  l!a*sehainiiiig  im  Gebiete  dea  JMagnetia- 
Moa  lauaer  bftit.  In  ilia  Feme  bin  wIrben  bann  nneb  den 
bisherigen  Brfahmngen  nnr  theils  der  Magnetiaenr  oder 
ein  anderes  im  magnetischen  Rapport  mit  ihr  stehendes  In- 
dividimoi  auf  die  aomnaoibüle  Person,  wo  aJao  der  Fern» 
wirbnai;  laMier  eine  imnültelbare  Berfibrnng.  veranagegaii* 
gen  aebi  «inft,  waa  In  dem  Verbiltnira  Jean  m»  dem  Kran- 
ken unsrer  Erzifhlung  nicht  gegeben  ist;  thells  kommt  eine 
solche  Wirkungsart  bei  den  Somnambulen  selbst  oder  an- 
dern in  ■endMetem  N^BnrenBaatand  befindlieben  Menaebon 
vor,  waa  nHedemm  auf  Jeaum  belne  Anwendung  findet. 
Geht  also  ein  solplies  Heilen  entfernter  Personen,  wie  es 
In  unaem  firnäUiuno^en  Jesu  zugeschrieben  wird,  über  je- 
nes AiiaaeMto  natUrliebmp  Wirlisaaibeit,  wie  wir  es  im 
Magneliamoa  nni  den  verwandten  firsebeinnngen  finden  ^ 
noch  weit  hinaus:  so  wird  uns  durch  jene  Ersählungen, 
aofern  sio  historisnlie  Geltung  ansprechen,  Jesus  zu  einem 
übernatürlichen  Wesen ,  und  ebe  wir  ein  solches  uns 
ak  wirklieb  denlien,  verlohnt  et  «ich  aa£  nnaeram  krili- 
aeben  Standpunkt ,  auvor  noeb  sn  unteraUcben ,  ob  'die 
betraehteto  KvaU  iIuii«t  nicht  auch  ohne  historischen 
Grai\d  dennoch  habe  entstehen  können?  Eumal  sich|  dala 
alo  aagenbafte  In^rediensien  enthalte,  aehon  an  den  ver- 
acbledenen  Formationen  aeigt,  welohe  aicf  In  den  dcoi  evan- 
gelischen Berichte  i  erhalten  hat.  Und  hier  erhellt  es  nun 
von  selbst,  dals  da«  wuaiierJjiu*eUeUea  Jesu  durch  Berüh- 


16}  Lt^oifB,  1,  8.  SSO. 
17)  b.  Comm,  S. 


Digitized  by  Google 


I 


rung  des  Kranken ,  wie  wir  e8  2.  B.  bei  den  AuMülcigm 
lUttb.  8»  I.  «nd  dm  Blinden  Matth*  9,  natreffiin,  veiv 
Büge  einM  nahe  Uegfenden  Klimax  aanlohat  sum  Heilan 

Gegenwärtiger  mlttelist  des  blofsen  Wortes,  wie  bei  den 
Dumoniaohen»  dan  Aiusftteigen  Luc.  17  ^  14.  und  andern 
Krankafty  dann  abav  nnr  llerttelkilig  aeibst  Abwasandar 
dnrah  ein  Wort  tiah  «telgern  konnte,  wie  denn  aohan  in 
A.  T.  ein  Analogen  hievon  besonders  herausgehoben  ist. 
Wie  n6inUoh  nach  2.  Kön.  5 ,  !)  ff.  der  syrische  Feldherr 
Na^flum  vor  die  Woknttng  das  Frepiiaten  fiiftta  ium,  un 
•ich  vom  Ansaas  keilen  sn  lauen,  gieng  dieser  nicht  aelbat 
EU  ihm  heraus,  sondern  sandte  ihm  einen  Boten  und  Hefa 
ihn  zu  siebenmaliger  Waschung  im  Jordan  anweisen.  Dar- 
filier  wurde  der  Syrer  so  ungehalten,  da(a  er,  ohne  die 
Anwelning  dea  Propheten  nn  berflekdohtigen,  wieder  hein- 
sfiehen  wollte.  Er  hake  erwartet,  erktSrt  er,  der  Prophet 
werde  zu  ihm  hertreten  und  unter  Anrufung  Gottes  mit 
der  Hand  über  die  auss&taige  Stelle  fahren;-  dafs  nnn  aber 
der  Prophet,  ohne  aelkat  etwas  an  ihn  Torsnnehnen,  ihn 
an  den  Jordan  verweist,  das  maeht  ihn  nothlos  und  ärger- 
lich, weil,  wenn  es  auf  W^asscr  ankäme,  er  solche  zu 
Uause  besser  als  hier  hätte  haben  können.  Man  sieht  aus  -  . 
dieser  A.  T,liehen  Darsteiiong:  das  Ordentliehe,  was  man 
ron  einem  Propheten  erwartete^  war,  dafs  er  anwesend 
mit  körperlicher  Berülnuing  heilen  könne;  dafs  er  es  auch 
entfernt  und  ohne  Berührung  vermöge,  wurde  nicht  vor- 
ausgesetet.  i)a£i  Elisa  dennoah  auf  die  lectere  Weise  die 
Kur  des  anss&tsigen  f'eldherrn  vollbringt,  (denn  das  Wa- 
schen wsr  es  auch  hier  so  wenig  als  Job.  9. ,  was  den 
ICmnken  gesund  machte,  sondern  die  Wundermacht  dea 
Propheten,  welche  ihre  Wirksamkeit  an  diese  äussere 
Handlung  «n  knfipfen  fllr  gut  fand),  dadurch  bewies  er 
sich  als  einen  besonders  ausgezeichneten  Propheten,  —  und 
nnn  di'r  ^lessias,  durfte  der  auch  in  diesem  Stücke  hinter 

fiijui  Propheten  «ni'üfikbieibeu  ir  ISo  aeigt  sieh  unsre  Ii.  T.Uehe 


Digitized  by  Google 


122  Zweiler  Abschnitt. 

£r£ühlung  als  nothwendiges  Gegenbild  Jener  A.  T.lichen. 
Wie  dovl  der  KmniLe  an  die  Mligtiehkek  aeiner  Wiedel 
berstellanf  nieht  glaahea  will,  wenn  der  Frephet  nkin  evn 
seinem  Hause  heraus  £u  ihm  trete:  so  zweifelt  hier  nach 
der  einen  Redaktion  der  für  den  Kranlien  Bittende  ebenso 
nn  der  MdgliehlMit  dSw  Ueiinngi  wenn  nicht  Jesoe  in  sein 
Baas  tretay  naeh  der  andern  im  Ctegentbeii  ist  er  Ton  der 
Wu*l&8amkeit  der  Heilkraft  Jeso  aneh  ohne  das  Obei-seugt, 
und  nach  beiden  geiiiigt  hief  Jesu  wie  dort  dem  Preplietea 
'  aneh  dieser  besonders  sdiwierige  WnnderalU« 

f.  M. 

Sabbatheilttiigett« 

Grofsen  Anstofs  erregte  den  evangelischen  INachricliCeii 
nfolge  Jeans  dsidnrehi  dals  er  nicht  seiten  seine  HeÜnngs- 
wunder  am  Sabbat  yerrichtetey  weven  ein  Reispiel  den  drei 

Synoptikern  gemeinschaftlich  Ist,  swei  dem  Lukas  eigen- 
thämlichy  und  awei  dem  Joluinnes* 

In  fener  den  drei  ersten  ETangellslen  gemetnsehaftK* 

eben  Erzählung  sind  zwei  Fälle  vermeinter  Sabbatsenthei- 
ligung verbunden,  das  Ährenraufen  der  Jflnger  (Matth. 
12)  1.  paralL)  nnd  die  durch  Jesum  yollbracble  Heilung 
des  Menschen  mit  der  verdorrteif  Hand  (V.  9  IF*  parali*). 
j^ach  der  auf  dem  Felde  vorgefallenen  Verhandlung  Uber 
das  Ährenraufen  fahren  die  beiden  ersten  Evangelisten  so 
fort)  wie  wenn  Jesus  unmittelbar  von  dieser  Scene  weg 
In  die  Synagoge  desselben  nieht  niher  beaeichneten  Orts 
sich  verfügt ,  und  hier  aus  Anlafs  der  Heilung  des  Men- 
schen mit  der  verdorrten  Hand  abermals  einen  Streit  über 
die  Heiligung  des  Sabbats  gehabt  hütte.  Offenbar  aber 
waren  diese  iieiden  Geschichten  arspranglich  nur  der  Ahn- 
llebkeit  des  Inhalts  wegen  zusammengestellt,  wefswegen 
hier  Lukas  au  loben  ist,  dafs  er  durch  die  Worte:  iv  Iti' 
Qtf  üaßßar^  den  ehronaiogischen  Zusammenhang  swisehen 


ijiu^  jcl  by  Google 


* 


beiden  aasdrücklieh  eerschnitten  hat  Die  weitere  Un- 
lemicliaiig)  wessen  Erzlihlong  hier  die  arsprttngiiclieffe  s^ 
JÜiaiieii  wir  dareh  lUe  BemerlLaiig  erledigen ,  dele,  wenn 
Ae  von  Bfatthios  den  Pharislem  In  den  Mund  gelegte 
Frage,  ob  es  erJaabt  sei,  am  Sabbat  zu  heilen,  als  ein 
Stficli  Ton  gemachtem  Dialogisiren  bezeiehnel  wird 
deeeen  eliensognl  diesellie  Fmge  Imelinldigt  werden  kenn» 
welehe  die  nwei  mittleren  Eimngelisten  Jeta  leihen,  nnd 
noch  dazu  ihre  belobte  ^)  Schilderung,  wie  Jesus  den 
Kranken  in  die  Mitte  treten  heifst,  and  spSter  strafende 
Biieke  ringsumher  wirft,  einer  gemeehten  AneelmnUehiieit. 

Dm  Üiiei  des  Kranken  war  nach  den  llbereinstinnien* 
den  Nachrichten  eine  x^^^Q  ^^^Q^  oder  i^rjQaftfiivTj.  So  un- 
liestimmt  diese  Beaeichnung  ist,  so  macht  es  sich  doch  die 
Mtfirliche  £rkiämng  ailsnieieht,  wenn  sie  mit  Pilülüs  nnr 
eine  durch  Hitne  angegriffene  oder  gar  nach  Vsimmiin's 
Ausdruck  eine  verstauchte  Hand  ^)  darunter  versteht.  Son- 
dern wenn  wir,  um  die  ßedentung  der  N.  T. liehen  Be- 
leiebnungsweise  sn  bestimmen,  .biliig  auf  das  A.  T.  so* 
rOekgelien^  so  finden  wir  1*  Kdn«  18,  4.  eine  Hand,  wel« 
che  im  Ausstrecken  i^ijQovd-r^  C^^^J?^)?  aIs  unfähig  geschii» 

dert,  an  den  Leib  anrOckgezogen  au  werden,  so  da(s  also 

an  Lshmung  und  Starrheit  der  Hand,  and,  bei  Verglei* 
chung  des  von  einem  Epileptischen  gebrauchten  ^r^oalrfalhaL 
Maro.  9,  18»,  augieich  an  ein  Saftioswerden  nnd  Schwin- 
den SU  denken  ist  Dafbr  nun  aber,  dafs  Jesus  dieses 
und  andre  Übel  mit  natürlichen  Mitteln  behandelt  habe, 
wird  aus  der  vorliegenden  £rzählung  ein  sehr  scheinbares 


1)  ScMLsiBRAiACHKR,  Ubcr  den  Lukas,  S.  80  f. 

2)  ScMKBCKSKBVR«BR,  Über  den  Ursprung  u«  s«  f.   S«  50. 

3}  SCHLKIBÜMACHBR,   B.   B.  0. 

4)  r».  Handb.  2,  S.  48  ff. 

5)  NalürUcbe  Getcbiclite,  2,  8.  431« 

6)  Wiaia,  b.  Redw.  t,  8. 796« 


Digitized  by  Google 


124 


Zweiter  Abschnitt 


Argument  abgeleitet.  Nur  ein  solches  Heilen ,  sagt  man  , 
war  »m  Sabbat  verboten ,  weiohet  out  irgend  einer  Be» 
■ohllitignng  rerbunden  war:  also  mllasen  die  Phariifer, 

wenn  sie,  wie  es  hier  heifst,  von  Jesu  eine  Übertretung* 
»der  Sabbatsgesetze  durch  Heilen  ern arteten ^  gewuüt  ha- 
ben, dafo  er  nicht  durch  das  bloiae  Wort,  aondem  durch 
Medieaikiente  und  diirorgische  Operationen  sn  helien  pfleg* 
te        Da  indessen,  wie  Paulus  selbst  anderswo  anf&hrt, 
am  Sabbat  das  Heilen  auch  nur  durch  eine  sonst  erlaubte 
Beschworung  verboten  war        da  femer  Bwischen  den 
Schulen  HiUei's  und  Sctuunmara  ein  Streit  obwaltete ,  ob 
ancb  nur  das  TrSsten  der  Kranken  am  Sabbat  eriaubt  sei 
und  da  überdiefs  nach  Paulus  eigener  Bemerkung  die  äl- 
teren Rabbinen  im  Punkte  des  Sabbats  strenger  waren  als 
diejenigen,  von  weichen  die  uns  Torliegenden  Schriften 
über  diesen  Gegenstand^  herstammen         so  konnten  die 
Heihingen  Jesu ,  auch  ohne  dafs  natürliche  Mittel  dabei 
ins  Spiel  kamen,  von  chicanirenden  Pharis&ern  unter  die 
Kategorie  von  Sabbatsverletsungen  gesogen  werden.  Dem 
Baopteinwand  gegen  die  rationalistisehe  Krklfirung,  der  ano 
dem  Schweigen  der  Evangelisten  von  natürlichen  Mittein 
hergenommen  wird,  glaubt  Paulus  für  unsorn  Fall  durch 
die  Wendung  nn  begegnen,  dafs  damals  in  der  Synagoge 
keine  cur  Anwendung  gekommen  seien,    sondern  Jesus 
habe  sich  die  Hand  vorzeigen  lassen,  um  zu  sehen,  wie 
die  bisher  von  ihm  angeordneten  Mittel  (also  werden  der» 
gleichen  doch  fingirt)  geholfen  hätten,  und  da  habe  er  sie 
bereits  Tdllig  geheilt  gefunden ;  denn  dafs  sie  bereits  wie» 
derhergestellt  gewesen  sei,  nicht  dafs  sie  nun  plözlich  ge- 
sund gewoi*den,  bedeute  das  anoxaiiga^ti  stimmtlicher  ile- . 


7)  Pavius,  a.  a.  O.  S.  49.  54.    KKjjtkk,  Immanuel^  S.  ISo  1. 

8)  a.  a.  f).  S.  8). ,  aus  tract.  Scliabhjt. 

0)  Schal)bat,  f.  12,  1,  bei  ScHöms»,  1>  p.  123.  . 
lu;  a.  d.  sulezt  «.  O. 


Nemitta  KiipUeL  f.  m 

fcrmten*  Allerdings  sagt  dieser  Aorist;  sie  war  herge* 
stellt  und  wurde  es  nicht  erst  wffhrend  des  Aasstreckeiis , 
weJches  ohne  vorangegangene  Heilung  so  wenig  möglich 
gewesen  wäre  als  1.  Kön.  13,  4L  dns  Ansiehen:  aber  sie 
war  es  geworden  dureh  das  Wort  «leso,  welches  die  £vsn- 
geiisten  mittheilen ,  nicht  darch  natfirliehe  Mittel ,  welche 
nur  von  den  ErkJärcrn  ersonnen  sind 

tiieich  sehr  entscheidend  aber^für  die  Kothwendlgkeit, 
hier  eine  Wonderheilung  ansonehmen^  wie  für  die  Müg* 
liehkeit ,  die  Entstehung  der  Anekdote  sn  erklären,  ist  die 
nähere  Vergieiclinng  der  bereits  erwähnten  A.  T. lieben  Er- 
sählung  1.  Kön.  13,  1  ff.   Als  ein  Prophet  aus  Juda  dem 
MB  Götaenaitar  rüuchernden  Jerobeam  jnit  dem  Untergang 
des  Altars  und  des  Gfftaendlenstes  chrohte,  und  der  König 
mit  ausgestreckter  Hand  den  Unglückspropbeten  zu  grei- 
fen befahl,  da  vertrocknete  plötzlich  seine  Hand,  so  dafs 
er  aie  nicht  mehr  anrflckaiehen  konnte^  und  der  Altar  aer«' 
fieL  Wie  aber  auf  £rsnehen  des  Königs  der  Prophet  Je- 
hova  um  Wiederberstellung  der  Hand  bat,  konnte  sie  jener 
wieder  an  sich  ziehen,  und  sie  wurde,  wie  sie  vorher  ge* 
weaen  war        Auch  Paulus  vergleicht  hier  diese  £rafih- 
long,  aller  nur  um  auch  auf  sie  seine,  Jiatttrliche  Crklämngs- 
weise  durch  die  Bemerkung  ansuwenden,  Jerol>eams  Zorn 
habe  leicht  eine  vorübergehende  krampfhafte  Erstarrung 
der  Moskoln  u.  s.  w.  in  der  gerade  mit  Heftigkeit  aus» 
gestreckten  Uand  henrorbringen  ktfnnen«  Wem  Mit  ea 


11)  Fmvxscasy  in  MtHh.  p.  427 ;  in  Marc.  S«  79* 


12)  1  Rtfai.  13,  4.  LXX :  ««V  2Si 
rS  ßmotiäm^  sr|o«  «^or,  jwl 


MaHh.  12,  10;   wA  tS^  Sr^ 

^aV  (Marc,  i^rj^afj ft^vr^v)» 

13:  roV«  i4f9i  ttr9^n^*- 


ttn  Mtlr  andmr  Verliliidiiii|^  mkomm^ii  kdimfe;  <den«( 
auch  noch  einer  dritten  Heilungsgeschichte  Ist  ein  lihnlichep 
Ausspruch  beigesellt.  Luiias  nümlich  erzählt  13,  10  ff.  die 
mm  Jesa  am  Sabbat  vollzogene  Heilung  einer  dfimonisch 
MaanmengobOekten  Fraa,  wo  aaf  die  Beschwerde  des  Sjh- 
agogenvonrtehers  Jeans  die  Pragpe  snriickgieht ,  ob  denn 
nicht  jeder  am  Sabbat  seinen  Ochsen  oder  Esel  von  der 
Krippe  löse  and  cur  Trünke  fühi*e?  eine  Frage,  in  wel- 
oher  die  Variation  der  obigen  nicht  an  verkennen  Ist  80 
gann  jden tisch  erscheint  diese  Gescliiehte  mit  der  snleat  er- 
wähnten ,  dafs  Schleiermacher  daraus,  dafs  bei  der  zwei- 
ten nicht  auf  die  vorhergehende  surück gewiesen ,  und  so 
die  Wiederholung  durch  das  EingestXndnifs  entschuldigt  ist, 
aeklieCst ,  es  könne  Luc.  13^  10  — 14^  9»  nicht  von  demsel- 
ben Verfasser  hintereinander  geschrieben  sein  ' 

Haben  wir  hienach  gleich  nicht  drei  verschiedene 
Verfälle  hier,  sondern  nur  drei  versehiedene  Rahmen,  in 
welche  die  Sage  das  nnvergefsllche,  v^abi*haft  Tolksthftmll- 
che  Diktum  von  dem  am  Sabbat  zu  rettenden  oder  au  ver* 
Borgenden  Hausthier  gefaist  hat:  so  mufs  doch,  scheint 
es,  wenn  wir  Jesu  eine  so  originelle  und  angemessene  He* 
de  nicht  absprechen  wbilen,  irgend  eine,  am  Sabbat  ver- 
gefallene Heilung  enm^  Grunde  liegen.  Nur  nicht  gerade 
eine  wunderbare.  Sondern  wie  Lukas  in  der  zulezt  an- 
geführten Stelle  jenen  Ausspruch  mit  der  Heilung  einer 
dUmenisehen  Frao  verbindet,  so  konnte  er  von  Jesu  bei  Ge- 
legenhelt  einer  jener  Heilungen  von  Dämonischen,'  deren 
natürliche  Möglii  hkeit  wir  unter  gewissen  Einschränkun- 
gen sugegcben  haben,  gethan  worden  sein  \  oder  kann  Je- 
ans  anofa ,  wenn  er  bei  KrankheitsfKllen  unter  seiner  Ge- 
sellschaft in  Anwendung  der  Üblichen  Medikamente  auf 
den  Sabbat  keine  Rücksicht  nahm ,  jene  A])pellation  an 
den  praktisohen  Menschenverstand  au  «einer  iUehtfertigung 


n)  a.  a.  O.  S.  196. 


Digitized  by  Google 


Nemit^s  Kapitel.  $,9!^  19$ 

waMg  gthßkt  haiMB.;  «dar  andlieii,  wemi  an  dar  Annahme 
»tioiialiatisclier  £rklarer  afwaa  Wahre«  itt,  dnfs  Jesus  in 
orientalUcher,  namentlich  essenischer  Weise  neben  der 
Seelenheilang  auch  mit  leiblicher  sich  befafst  habe,  so 
kann  er  hiebei,  wenn  er  der  Anffordemng  hieao  auch  am 
Sahbat  niehc  widerstand so  einer  solchen  Apologie  ver> 
ania(^t  gewesen  sein;  nur  dais  wir  dann  immer  nicht  mit 
jenen  Auslegern  in  den  einzelnen  übernatürlichen  Heilun* 
gen,  welche  die  lüvangelien  melden,  die  cum  Gmnde  lie* 
gendan  natttrliehen  au&nchen  dttrflen,  sondern  wir  mlüs» 
ten  eingestehen,  dafs  ans  diese  gaits  verloren,  und  jene  an 
ihre  Stelle  betreten  seien  Lbrigens  müssen  es  nicht 

^nmal  Heilungen  überhaupt  gewesen  sein,  an  welche  sich 
Jener  Ausspruch  Jesu  knüpfte,  sondern  Jeder  als  Lehens- . 
rettong  oder  Lebenserhaltung  sn  betrachtende  nnd  mit  äus- 
serer Geschäftigkeit  verbundene  Dienst,  ilen  er  oder  seine 
Jünger  leisteten ,  konnte  ihm  der  pliarisüiscben  Partei  ge» 
genfilier  Anlafs  au  einer  solchen  Vertheidigung  Vierden. 

Von  den  awel  Sabbatheilungen  des  vierten  Erenge- 
Hame  ist  die  eine  schon  mit  den  Blindenheiluniien  betrach- 
tet worden;  die  andere  (5,  IffO)  welche  unter  den  iiei- 
inngen  der  Paralytischen  vorgenommen  ^  werden  konnte, 
llelä  sich,  well  doch  der  Kranke  nicht  mit  jenem  Ausdruck 
bezeichnet  ist,  hieher  versparen.  In  den  Hailen  des  Teichs 
Üethesda  in  Jerusalem  fand  Jesus  einen  schon  u8  Jahre, 
wie  aus  dem  Folgenden  erhellt,  an  Lühmung  kranken  Men- 
achen,  welchen  er  mit,  einem  Worte  sum  Aufstehen  und 
HalBiUragen  seines  Bettes  beflfthlgt,  dadurch  Jedoch,  weil  es 

i6)  Treffend  Wikkr,  b.  Realw.  1,  S.  796:  „man  sollte  sich  doch 
betcheidein ,  [von  den  Heilungen  Jesu]  nicht  in  den  ein- 
seinen  Fällen  eine  natürliche  Erklärung  ^ebea  su  wol* 
teil)  und  immer  bedenken,  dass  die  Verbanauag  des  Wua« 
derharea  aas  der  Wirksamkeit  Jesu,  to  lange  die  Evan- 
gelien geschichtlich  betrachtet  werden^  nie* 
mais  gelingen  kann,**  ^ 
IIa«  l^hgn  J€au  IL  Band.       *  9 


Digitized  by  Google 


130  Zweiter  Abtehnltt. 

Subb«!  wnr,  die  FVlndteheft  der  JlfdiMheii  Rlemreben  auf 

sich  Indet.    Auf  ei^' ne  Weise  glaubten  seit  Woolston 
JMaiiche  mit  dieser  Cie8chichte  durch  die  Annahme  fertig 
SU  %vei*«l«ii,  daf«  Je<oe  hier  nicht  einea  wirklieh  Leiden* 
den. geheilt,  sondern  nur  einen  verstellten  Krenlien  entlenri 
habe**).    Der  einzige  Grund,  der  mit  einigem  Schein  hie- 
fttr  angeführt  werden  kann,  ist,  dafs  der  tiesandgemachte 
Jesum  seinen  Feinden  als  denjenigen  angebe,  der  ihm  an 
Sebbat  sein  Bettesa  tragen  befohlen  habe  (V.  IS.  vgl.  11  ff.), 
was  sich  nur  dann  erklSren  lasse ,  wenn  Jesus  ihm  etwas 
Unwillkommenes  erwiesen  hatte.  Allein  jene  Aneeige  konnte 
er  auch  entweder  in  guter  Meinung  nachen,  wie  der  Blind- 
geborene CJoh.  9f  11.  Sft»),  oder  wenigstens  in  der  unschul- 
digen ,  den  Vorwarf  der  Sabbatsverletzung  von  sich  auf 
einen  Stjirkeren  abzuwälzen  '^).    Dals  der  Mensch  wirk- 
lieh  krank  I  und  swar  an  einem  langwierigen  Übel  krank 
gewesen  sei,  giebt  ipvenigstent  der  Evangelist  als  seine 
Ansieht,  wenn  er  ihn  Als  T^icnrortcr  xal  oxttj  etri  tx!^ 
iff  uai^tveiri  bezeichnet  (V.  5.)j  wovon  Paulus  seine  früher 
vorgetragene  gewaltsame  Erklärung,  nach  welcher  er  die 
S8  Jahre  auf  das  Lebensalter^  nicht  auf  die  Krankheitsseit 
des  Mannes  besog,  neuerlich  selbst  nicht  mehr  vertreten 
mag^°).    Unerklärlich  bleibt  bei  jener  Ansicht  von  dem 
Vorfall  auch,  was  Jesus  bei  einer  späteren  Begegnung  au 
dem  Geheilten  sprach  CV.  14.):  ide  vyt^g  yi/owas*  f^iti 
uftccQTcn'ey  tva  /nrj  ytlQOv  tlaoi  yivr^tat*   Paulus  selbst  sieht 
sich  durch  diese  Worte  g'eniithigt,  ein  wirkliches,  nur  un- 
bedeutendes Unwohlsein  bei   dem  Menschen  vorauszuse* 
Ben,  d.  h.  daj  ünsureichende  seiner  Grundansicht  von 
dem  Vorfall  selbst  einzugestehen,  so  dafs  wir  also  hier  ein 
Wunder,  und  zwar  keines  der  geringsten^  behalten. 

17)  Ditc.  • 

18)  Paulus,  Comm.  4,  S.  263  ff.  L.  J.  1,      S.  298  It 

19)  s.  Lücke  und  Tholuck  z.  d.  St. 

20)  vgl.  mit  Comm.  4^  S.  290.  das  L.  J.  1^      S.  298. 


Digitized  by  Google 


Neuntes  Kapitel.  95. 


131 


Was  nan  die  historische  Glaubwürdigkeit  der  Erzäh« 
logn  betrifft)  so  kann  man  es  allerdings  auffallend  finden^ 
fUfii  einer  «o  grolaartigen  WohlltaligkeitMBatelt,  wie  io»* 
hennei  Betflieeila  beselireibt)  weder  Jeeephoe  noeh  die  SUJk* 
binen  Erwähnung  thun ,  ramal,  wenn  die  Volksmeimmg 
*  an  den  Teich  eine  wunderbare  Heilkraft  knüpfte  -'):  doch 
flliirt  diedi  noeh  keine  Entseheidung  herbei«   üafs  in  der 
fiesclirelbang  des  Telokee  ein-  fabelluifter  Veiksglauke  Jiegl^ 
«nd  vom  Referenten  aceeptirt  cn  werden  scheint  (wenn 
auch  V.  4.  unächt  ist,  so  liegt  jener  Glaube  doch  in  der 
tdmfitg  t5  vdcezog  V.  3.  und  dem  woQax^fjy*  '^Of  beweist 
gegen  die  Wahrheit  der  Ersüliliing  trfehtt»  da  «neb  ein- 
Aogenieeuge  und  Jünger  Jeiu  den  betreifenden  Voiksglau» 
ben  getheiit  haben  kann.    Dafs  nun  aber  ein  seit  38  Jah»' 
ren  in  der  Art  gelähmter  Mensch,  dafs  er  zum  Gehen  nn->- 
£lhig  anf  eineooi  BeUe  liegen  mofate^  dnreh  «in  Wort  vttlllgi 
wiederhergestellt  worden  sein  soll,  dSefa  denkbar  na  hm- 
eben,  reicht  weder  die  Annahme  psychologischer  Einwir- 
kung (der  Mensch  kannte  ja  Jesum  nicht  einmal,  V.  13.}> 
Boeh  irgend  welebe  phyaiache  Analogie  (wie  Magnetismue 
Mm  dergl«)  auch  nur  von  ferne  biny  aondern  wenn  dielb 
wirklich  erfolgt  ist,  so  mflssen  wir  den,  dnreh  welchen  re 
erfolgte ,  über  alle  Grenzen  des  Menschlichen  und  Natürli- 
chen hinausheben.  Dagegen  hätte  man  das,  dafs  Jesus  aus 
der  Menge  von  Kranken,  welche  in  dei^  Hallen  von  Be- 
theeda  sieh  befanden,  nur  diesen  einsigen  aar  Heilong  aus- 
erkor,  niemals  bedenklieh  hndcn  nullen         da  die  Heilung 
dessen,  der  am  längsten  krank  lag,  aur  Verherrlichung  der 
Mesian&sehen  Wunderkraft  nicht  nur  besonders  .geeignet , 
sondern  anch  hinreichend  war.    Dennoch  knüpft  sich  an- 
drerseits eben  an  die.sen  Zug  tlie  V  ermuthung  eines  m)thi> 
sehen  Charakters  der  is^rzühlung.  Auf  einem  gruisen  Schau- 


21)  Bhktschnbidkr,  Probab.  S.  69* 

22)  Wie  Hass^  h.  J.  ^. 

% 

Digitized  by  Google 


0 


Itt 


pUrs  der  Knifikliett,  wo  all^  inl)|[r|{ehe  Ulileiiile  aiitfetfellt 

^suifi,  tritt  «Icr  grofse  Wuiicierarzt  Jesas  auf,  und  Mählt 
tioh  HcnfonWen,  der  um  lfai*tniickigsten  leidet ,  heraus,  um 
lUnrcli  Wieäerhersteilotig  desselben  die  gUCnmendsto  Probe 
seiner  Hellkrsflt  »bsulegen.  Wie  wir  es  bereits  als  die 
Weise  des  vierten  Evangeliums  kennen,  statt  der  extensiv 
gröfsoren  Masse  synoptischer  Wundergeschiohten  ^enigOi 
aber  desto  intensivere  cu  gelien :  so  hat  es  aaeh  hier  darch 
die  Erafihiiing  von  der  Heilung  eines  88  Jahre  lang  Ge* 
lähmten  alle  synoptischen  Berichte  von  Heilungen  giicder» 
kranker  Personen,  von  weichen  die  am  längsten  leidende 
bei  Lukas  11.  nur  als  eine  yv^i^  nnvftai'xHaa  aa&tviiag 
fnf  dixa  tt<ä  onrii  beseichnet  war,  liei  Weitem  ftberbo* 
ten.  Ohne  Zweifel  war  dem  Evangelisten  eine  9  obwohl, 
wie  wir  diefs  auch  sonst  schon  fanden>  eiemlich  onbestimpite 
Kunde  von  dergleiciien  Heilungen  Jesn,  namentlich  der  dee 
Paralytisclien  Matth.  9,  2  parall.,  zugekommen ,  da  der 
heilende  Zuruf  und  der  firfuig  der  Heilung  hier  bei  Jo- 
hannes fast  wörtlich  ebenso,  wia  dort  namentlich  bei  Mar- 
kus, angegeben  ist  *^).  Auch  davon,  dafs  in  der  synopti- 
aehen  Arsählnng  Jene  Heilung  cuglelch  als  ein  Akt  der 
SSndenvergelMing  erscheint ,  ist  in  der  vorliegenden  jolmn- 
neischen  Geschichte  noch  eine  Spur^  üidem  Jesus  ^  wie  er 


Marc.  2,  9: 

Mfdßfimrvt  ivf |tjrcfrti ; 

10;  —  fyriQt^  aQov  rov 
m^äßßajor  am  xttX  Snayt  ilf 
tir  •tniw  99, 

12*  jmI  ^tY*\9rj  9v9^(y  »m 


Joh.  5,  8: 
4MI*  n§ffnärt*» 


9:  MaX  fSSitft  %fhtT9  ^tri% 

S  9p9^ta9to;j  xat  i]Qf  rov  x^dß^ 
ßaiov  mveä  xai  nt^itnaxit. 


Digitized  by  Google 


NeaAtei  Kapitel.       96,  1)S 

dort  den  Kranken  ror  der  Heitang  mit  einem  ccq)i(t}vral 
ul  ufia4f$iai  beruhigt ,  aQ  hier  n*Qh  der  lieiiang.ihii 
durch  das  ^/itiith^  ofHi^am  r«  L  rerw^mL  Die  ao  «fip- 
l|e«chnaokte  HeilangsgeMhichte  aber  wvrde  sugleieh'  s«r 
•Sabbatheilung  gemacht,  weil  das  darin  Torkoinmende  Ge- 
heifs  y  das  Bette  hlawegs^utragen ,  ai«  der  geeignetate  Aa- 
lidasiinVorvriicf  derSdbiMMillH)!^^  wmbim. 

tu«..-.'' 

,  Todtenorwecliuagen. 

0rtti  Tedtentrmcbtingwi  wkaen  Ufo  Bnftifellitoii 
Jean  w  erslhlen,  dafon  eine  den  drei  SynoptUtem  ge* 
.  iiiein^cliHftlich,  eine  dem  Lukas ,  und  eine  deo^  Johannea 
eigeuthüiolicii  ist*  * 

Die  yainta«o  iat  diejenige,  welche  tob  Jean. an  ei- 
nem Mffdchen  verriehtet  worden,  und  In  allen  drei  Berieh» 
(en  mit  der  Erzählung  von  der  biutflüssigen  Frau  verbun- 
den ist  CMatth.  9,  18  f.  23— '26.  Marc.  22  ff.  Luc.  8,  41  ff.). 
In  der  nfiheren  Beeeichnn^g  des  Müdchena  «nd  ihrea  Ve* 
(era  welchen  die  Synoptiker  ab,  indem  Ihltbilia  den  Va- 
ter, ohne  einen  tarnen  zu  nennen,  unbestimmt  als  an^wv 
^iSt  beiden  andern  aber  als  Synngogenvorsteher  Na- 
mena  *laai(MS  einfilhrefi)  und  ehendieseibeii  aoch  die  Tech- 
ter  ala  awfilQlihrlg,  Lokiia.'nech  entoerdem  ala  daa  einnige 
Kind  ihres  Vaters,  bestimmen,  wovon  Matthfna  nicfata 
weifs.  Bedeutender  i^it  die  eitere  Differenz ,  dafs  nach 
Mattbäna  der  Vater  das  Müdchen  Jesu  gleich  Anfange  ala 
gestorben  ankündigt,  nnd  ihre  Wiederlieiebung  Tcrlai^, 
während  er  nach  den  beiden  andern  aie  noch  lehend,  ob- 
wohl in  den  legten  Zügen,  vei  liers,  um  Jesum  zur  Verhü- 
tung ihres  wirklichen  Todes  Jierbei/u holen,  und  erst,  wie 
Jeaoa  mit  ihm  auf  dem  Wege  war,  Leute  auif  MnemHau- 
ae  mit  der  Nachricht  kommen,  dafs  daa  ^tfidchen  indefa 
gestorben,  und  nun  jede  weitere  licnuihuii^  Jesu  vergeb- 
lich ael.   Auch  di«  Umlfijije  bei  dc4'  W  ietlci'helebMJPg  .h  er- 


Digitized  by 


154 


Zweiter  Abiohnitt. 


den  verschieden  beschrieben ,  iitdem  Mntthtins  nunientlich 
'dävon  nlehtt  düfs  Jesu«  nach  den  beiden  nndern 

Referenten  nur  den  enffsten  AassehnA  seiner  Jflnger,  den 
'  Petrus  und  die  ZeheHaiden  ,  als  Zeugen  mit/grenomineit  hn- 
ben  soll.  Diese  Abweichungeil'  hat  z.  B.  Storr  so  bedeu- 
tend ffefnndeii dafs  er  zwei  verschiedene  F&ile  annahm, 
tn  Welchen  linter  IhnÜ^hen  UteetffndeR  die  Toebter  das 
nemal  einea  weltlichen  oq/m^  CMatthilas') ,  das  andremal 
eines  Syna^ogarchen  Jairus  (Markus  und  Lukas)  vom  To- 
de erweckt  worden  sei  Oafs  nan  aber,  was  Sroaa 
"noch  deiMi.  nnntnMnt,  and  was  nnf  diesem  Standponkt  an- 
genommen wet*den  mnft,  Jesos  nicht  biet  eweimal  ein  Mid- 
chen  vom  Tode  erweckt,  sondern  auch  heidernale  unmittel- 
bar vorher  eine  Frau  vom  Blutflufs  geheilt  haben  soll,  ist 
ein  Zneemmentreffeni  welches  sich  d«rch  die  Tafte  Bemer- 
knufir  Sreaa*»,  es  können  sich  an  verschiedenen  Zeiten  gar 
wohl  sehr  Ähnliche  Din^e  KTTtragen,  um  nichts  wahrschein- 
licher wird.  Muf^  man  somit  einrünmen,  dafs  die  Evan- 
gelisten inir*Cllne  Begebenheit  evaShlen,  so  sollte  man  doch 
dl>s  welehliMKen  Bestr44>en9  sich  entschlagen,  eine  ydllige 
llbercinstlmmnufr  ihrer  Erziihlungen  herauszubrinffen.  Denn 
weder  kann  das  iiiti  ijekevTVOs  bei  Matthäus,  wie  Kuinöl 
wiil->|  est  morti  proxtma  heifseni  noch  Ittfat  sich  daa 
iftxiifta^  ffH  und  afttSmjtnn  bei  Markus  und  Lukas  von  . 
bereits  erfolo^tem  Tode  verstehen,  zumal  bei  beiden  die 
Todesnachricht  den  Vater  später  als  etwas  Neues  iünter- 
k*aoht  wird  0.. 

I)  tUber  den  Zwee\  des  Joli,  8.  SSiff« 

ty  Conun.  in  Matth,  p.  263.  Welche  Argmaentatioii:  verlis  [NB. 

Matthaci]:  Jon  hfltvrijntr  non  possunt  latine  roddi :  |am 
mortua  est;  nam ,  »iictorc  [NB.]  Luca,  palri  aiihuc  cum 
Christo  coUoqiiontk  nuntiabat  servus,  filiam  jam  cxspiraste, 
ergo  [auctore  Matthaeo?]  nondMui  mortua  erat^  cum  pater 
ad  Jesum  aeccdcrct.  ' 

$)  Vergt  Uber  diese  falschen  AnsglelohaagSTersnehe  Seattom« 


Neuntes  Kapitel.    $.  96 


135 


Hat  daher  die  neuere  Kritik  mit  Recht  hier  eine  Ab- 
wekbung  der^Kelationeii  zubegeben,  so  findet  sie  die  ge- 
nmmere  Darstellung  des  Hergangs  einstimmig  auf  Seiten  der 
milderen  Evangelisten,  sei  esj  dafs  nnn  mit  Schonung  des 
Matthäus  in  seiner  Darstellung  eine  Alikurzung  findet,  wie 
sie  auoh  von  einem  Augenzeugen  veranstaltet  sein  könn» 
te      oder  da£i  man  diese  mindere  Genauigkeit  als  Zeiciien 
eines  niclitapostoiisclien  Ursprungs  des  ersten  Evangeliums 
ansieht        Dafs  nun  Markus  und  Lukas  den  von  Matthäus 
verschwiegenen  Namen  des  Bittstellers  angeben  ^  und  auch 
seinen  Stand  geAaner  als  jener  bestimmen  >  kanii  ebenso- 
wohl na  Ungunsten )  als  9  wie  gewöhnlich  ^  so  Gonsten  Je- 
ner beiden  ausgelegt  werden,  da  die  namentliche  Bezeich- 
nung der  Personen^  wie  schon  früher  bemerkt,  nicht  sel- 
ten Zutliat  der  spffteren  Sage  ist,  wie  die  blutflüssige  Fran 
eref  In  der  Tradition  eines  Job.  Halala  Veronika  das 
kananiische  Weib  erst  in  den  Klementinen  Jtistn  helfst 
und  die  beiden  Mitgekreuzigten  Jesu  erst  im  ICvartf^t  Uum 
i^icodemi  Gestas  und  Denias  ^>   Das  fiovoytr^s  des  Lu- 
kas ohnehin  dient  nar|  ^die  Scene  rOhrendcr  mu  maclienf 
und  das  irw  MÜBna  konnte  er  und  iwch  Ihm  Markos  ans 
der  Geschichte  der  Biutflüssigen  heraufnehmen.    Die  Dif- 
ierena,  daCi  nach  Matthäus  das  Mädchen  schon  Anfangs 
als  gestorben,  nach  den  Kieiden  andern  erst  als  sterbend 
angekUniligt  wird,  mOfste  man  sehr  olierflfchUch  angese- 
hen haben ,  wenn  man  dieselbe  nach  unserem  eigenen  Ka- 
non EU  Ungunsten  des  Matthäus  unter  dem  Vorwand  go* 

MAona,  über  dea  Lukas  ^  8«  iSI«  uad  Faimon»  in  Msttb. 

p.  347  f. 

S}  ScHLKiKRBiACHsa,  s.  «.  0.  S.  131  ff.  y  ScuuLz,  über  das  Abendm. 
S.  316  f. 

6)  s.  Fabaicius,  Cod.  aj^ocr.  N.  X.      S.  449 

7)  Homil.  2,  19.  .  * 

8)  Gap.  le. 


DigitizC'ü  by 


135  Z\r«iter  Abachnitl* 

brauchen  eu  können  gjaubfe,  dafs  bei  ihm  das  Wnnder 
Tergrössert  seL  Denn  auch  bei  den  beiden  andern  wird 
hernach  der  Tod  des  Mxdchena  gemeldet,  und  daft  er  naoh 
Matthäus  einige  Auo;enblicke  früher  eingetreten  aeln  apttfa- 
te,  kann  keine  VergröCserung  des  Wunders  heifsen.  Um- 
gekehrt mufii  man  sagen,  dafs  bei  den  kreiden  andern  die 
Wiindermaeht  Jean,  swar  nicht  objeictir,  wohiaber  anbjek* 
tlv  gröfser,  weil  gesteigert  durch  den  Contrast  und  da« 
Unerwartete ,  erscheine.  Dort,  wo  Jesus  gleich  Anfangs 
am  eine  Todtenerweckung  gebeten  wird,  leistet  er  nicht 
mehr,  als  yon  Ihm  verlangt  war :  hier  dagegen,  wo  er,  nnr 
nm  eine  Krankenhellung  ersacht,  eine  Todtenerweckung  Toli- 
bringt,  thut  er  mehr  als  die  Betheiligten  bitten  und  ver- 
stehen; dort,  wo  das  Vermögen,  Todte  zu  erwecken^  vom 
Vater  bei  Jesu  vorausgesest  wird,  ist  das  Ungemeine  eines 
solchen  Vermögens  noch  nicht  so  hervorgehoben",  als  hier, 
wo  der  Vater  zunächst  nur  das  Vcrm(>o*en,  die  Kranke  zu 
heilen,  voraussezt,  und  als  der  Tod  eingetreten  ist,  von  ^ 
jeder  weiteren  Hoffnung  abgemahnt  wird«  In  der  Art,  wie 
die  Ankunft  und  das  Verfahren  Jesu  Im  Leichenhause  be- 
schrieben wird,  ist  Matthäus  bei  seiner  Kürze  wenigstens 
klarer  als  die  andern  mit  ihren  weitläuftigen  Berichten. 
Denn  dafs  Jesus,  im  Hause  angelangt,  die  bereits  cur  Lei- 
che versammelten  Pfeifer  sammt  der  fibrigen  Menge  aus 
dem  Grande  weg^ewiesen  habe,  ^eil  es  hier  keine  Leiche 
geben  werde,  ist  v  ollkommen  verständlich ;  wai;um  er  aber 
nach  Markus  und  Lukas  ausserdem  auch  seine  Jünger  liia 
auf  jene  drei  von  dem  voruunehmenden  Schauspiel  ausge- 
schlossen haben  soll,  davon  Ist  ein  Grund  schwirr  ein  an* 
seilen.  Dal's  eine  gröfsero  Anzahl  von  Zuschauern  phy- 
sisch o<ier  psychol  >a[isch  ein  Uindernifs  der  Wieder b^le- 
bnng  gewesen  wävi ,  kann  man  nur  unter  Voraussetsnng 
eines  natilrlichen  Hergangs  sagen:  war  es  ein  Wunder, 
«o  könnte  miin  den  Grund  jener  Ausschlicfsung  nur  in 
der  iuinderen  ü'ühigkeit  der  Ausgeschlossenen  suchen»  wel« 


Digitized  by  Google 


Neuntes  Kapitel.   $.  96.  137 


eher  aber  eben  dnrcli  die  Anscbnanng  eines  solchen  Wun- 
ders liätto  aufgeboifon  werden .  tollen.    Vielmehr  ecbeiot' 
es  fMeh  Allem,  als  hfilten  die  swei  späteren  Synoptiker, 
welche  auch  im  Ge^ensaz  gegen  die  Schlufsforinel  des  Mat- 
thias ^    dafs  das  Gerücht  von  diesem  Ereignifs  sich,  im 
ganaen  Lande  Terbreitet  habe,  den  Zeegen  desselben  Ton 
Jesn  das  strengste  Stillschweigen  auflegen  lassen ,  den 
Vorgang  als  ein  Mysteriam  betrachtet,  zu  welchem  ausser 
den  nächsten  Angehörigen  nur  der  engste  Ausschufs  der 
iäMtger  gesogen  worden  sei.   Vollends  auf  das  von  Scnqui 
iMraasgehobene,  dafty  wfihrend  Matthüns  Jesam  das  Hfid* 
eben  nur  einfach  bei  der  Hand  nehmen  lüfst,  Markus  und 
Lakas  uns  die  Worte,  welche  er  dazu  gesprochen,  der  er- 
tiere  sogar  in  der  Ursprache,  au  überliefern  wissen,  kann 
entweder  kein  Gewiobt  .gelegt  if erden,  oder  nor  in  entge- 
geiigeseatem  Sinne.   Denn  dals  Jesus,  wenn  er  bei  Anfep* 
weckung  eines  Mädchens  etwas  sprach,  sich  ungefähr  der 
Worte:  ?;  Ticclg  iyuQH  bedient  haben  werde,  dlefs  konnte 
wohl  auch  der  Tom  Faktum  entfernteste  £rsfthler  i^nf  ei- 
gene Band  sich  vorstellen,   und  bei   Markus  gar  das 
%aXi^^a  xQfti  als  Zeichen  einer  besonders  ursprünglichen 
Qnelle,  aus  welcher  der  Evangelist  geschöpft  habe,  anse- 
hen, heilst  das  Käherliegende  vergessen,  dais  er  es  ebenso 
leicht  aas  dem  Griechischen  seines  Gewährsmanns  über- 
tragen haben  kann,  um,  wie  bei  jenem  iqcpciD^u,  das  geheim- 
nifsvoile  Lebens^^ort  iu  seiner  ursprünglichen  fremden  iSipra- 
ehe,  also  nur  um  so  mysteriöser  klingend,  wiedersugeben. 
Gerne  werden  wir  uns  demnach  dessen  bescheiden,  mit 
ScBLBiERMACHER*8chem  Scharfsinn  auszumachen,  ob  der  ur- 
sprGngliehe  Gewährsmaun  der  Erzählung  des  Lukas  einer 
von  den  drei  angelalsenen  Jüngern  gewesen,  und  ob  der- 
selbe, der  sie  ursprMngUoh  berichtete)  sie  auch  niederge« 
schrieben  habe')? 

9)  «•  s,  O.  8.  119  f. 


Digitizc'ü  by 


m 


Zweiter  AbeehnUt. 


In  Bezii^  non  anf  den  Toraossosefsenilen  wUliehen 

Hergang  der  Sache  tritt    die  natürliche  Erklärung  hier 
gan^  be8onde;*8' zuversichtlich  auf,  indem  sie  Jesu  eigene 
Veniohernng  fdr  sich  sn  Unhen  glaubt,  dafs  das  Mlidcben 
nicht  wirklich  todt  sei,  sondern  nur  tn  einem  schlafkhnifchen 
Zustand  der  Ohnmacht  sich  befinde,  und  nicht  blofs  entsclHe« 
den  rationalistische  Ausleger,  wie  Paolos,  oder  halbratio* 
naiistische,  wie  Schlbibrmachsr,  sondern  aoch  entseliieden 
snpranatnralistische  Theologen,  wie  Olshaosbn,  glilvbeii 
nm  der  bezeichneten  £rklärun£f  Jesu  willen  hier  an  keine 
Todtener%veckung  denken  zu  dürfen''^).    Der  sulest  ge- 
nannte £rklftrer  legt  besonders  auf  den  Gegensae  in  der 
Rede  Jesa  Gewicht,  nnd  meint,  weil  ma  dem  we  miSutve 
noch  das  uXXd  xce^tiöeL  gesezt  sei,  so  könne  der  erstere 
Ausdruck  nicht  blois  so' gefafst  werden:  sie  ist  nicht  todt,  * 
indem  ich  den  Vorsas  habe,  sie  bq  erwecken  wvnder- 
lieh,  da  doch  dieser  Zusas  gerade  anseigt,  dafa  sie  nnr  in- 
sofern nicht  gestorben  sei,  als  Jesus  sie  en  erwecken  yer- 
möge.  Man  beruft  sich  ferner  auf  die  Erklärung  Jesu  i|ber 
den  Lasarns,  Job.  11,  14,  welche  mit  ihrem  jti^a^Stnt' 
dwf9  der  gerade  Gegensas  bu  unserem      m^j^e- vo  >ro^- 
mov  sei.   Aber  Torher  hatte  Jesus  doch  auch  von  LaBaHis 
gesagt:  ain:r^  r<  aaO-iveia  öx  igt  fiQOi;  O^caaTOv  (V.  4.)  und: 
^d^aQog  6  q^iXog  rjmV  xfxolfiJ^rai  (V.  Ih),  also  ganz  die- 
selbe Lengnnng  des  Todes  and  Behaoptnng  eines  blofsen  ^ 
Schlafes,  wie  hier,  ond  doch  bei  einem  wirklich  Gestorbe- 
nen.   Gewifs  hat  demnach  Fritzsche  recht,  wenn  er  den 
Sinn  der  Worte  Jesu  in  unsrer  Stelle  so  angiebt :  pue2- 
lam  ne  pro  martua  habetote^  sed  dormire  esistimßtoUf 
quippt  in  vitam  mox  redituram.   Ohnehin , '  wenn  Mat- 
th^Cus  1 1  ,5.  Jesuni  sagen  läfst:  rexQol  iyeiQorTaif  so  scheint 
er,  der  sonst  keine  Todteiierweckmig  eraählt,  eben  an  die- 
se gedacht  haben  Btt  mttssen* 

10)  Tallls,  ex.  Handb.  1,  b,  S.  526.  51  f.    SeHLKiKiUftACiUJi  ,  a. 
«.  ü.  5.  132.   Oi.9iuusiK,  1,  S.  527. 


Digitized  by  Google 


I 

lleiiiiles  KapiteL  $•  96. 


0och  Meh  abgeiMiwii  von  der  falsohen  Oeotong  dar 
Worte  Jeea  hat  diese  IMlürnniif  neeh  manche  andere 

Schwierigkeiten.  Zwar,  dafs  souolil  an  sich  bei  manchen 
Krankheiten  Zustünde  eintreten  künnen,  welche  dem  Tode 
ttaeebend  ähnüeh  «eben,  ale  aack  inabiseondere  bei  dem 
eebJeehten  Zuatand  der  HeÜbiinde  onfer  den  damaligen  Ja* 
den  eine  Ohnmacht  leicht  für  wirklichen  Tod  genommen 
werden  konnte,  ist  nicht  in  Abrede  zu  stellen.  Nun  aber, 
woher  soll  -Jesns  gewnfst  haben ,  dala  gerade  liei  diesem 
Mädchen  ein  Uofter  Scheintod  stattfand?  Ersfihlte  ihm 
aoeh  der  Vater  den  Gang  der  Krankheit  noch  so  genau , 
Ja,  war  er  mit  den  Umständen  des  Mädchens  vielleicht 
Torher  schon  beliannty  wie  die  natürliche  £rblärang  sap- 
ponirt^  iflsmer  fragt  sicliy  wie  er  iileraaf  «o  viei  banen  kenn« 
tC)  am,  eline  da»  Kind  noch  gesehen  sa  haben,  im  Wi- 
derspruch gegen  die  Versicherung  der  Augenzeugen,  es, 
nach  der  rationalistischen  Deutung  seiner  Worte,  bestimmt 
ftr  ideht  geaterben  m  erfdüren?  Diels  witro  Vermeasenheit 
gewesen  and  Unfclaghelt  dam,  wenn  nicht  andere  Jesus 
auf  tibernatürlichem  Wege  von  dem  wahren  Thatbestand. 
sichere  Kenntnifs  iiatte,  womit  aber  der  Standpunkt  der 
aatariielien  £riilänin|^Terlaa6en  wire.  Nach  Jesu  Ankunft 
\ßk  der  angeblich  Bchelntodten  schiebt  nun  Pauli»  bwI- 
sehen  das  ixQcerT^üB  rrjg  x^«oo^^  avii^g  und  das  ?]ytQ^'T^  to 
xooaaiovy  was,  bei  Matthäus  schon  enge  genug  rerbunden, 
die  beiden  andern  fSfangelisten  dnroh  tidimg  and  mtQO^ 
jlQrj^a  noch  niher  sasammenrücken ,  eine*  längere  Zelt  der 
irztiichen  Behandlung  ein,  und  Ventürini  weifs  die  ange* 
wandten  Mittel  sogar  im  Einzelnen  namhaft  zu  machen  ' 
Mit  Recht  h4it  gegen  solche  Willkührlichkeiten  Olshausen 
daran  fest,  dals  nach  der  Ansiclit  der  fimihier  der  bele- 
bende Ruf  Jesu,  und  wir  liönnen  hinsMsetBcn,  die  Bcvttb- 


11)  Natttriidie  Gescbicbte,  2,  S.  212« 


Digitiz 


140  Zweiter  Absehniic 


rmig  seiiier  mit  gtfttUcher  Miicht  gerilstcteii  Uend,  das  Me- 
dium der  £rweckiiiif  de«  Hldchens  geweteti  eeL 

Bei  der  dem  Lukas  eigenthiimlichen  Erweckungsge- 
«chichte  (7,  11  ff.)  fehlt  der  natürlichen  Erklärung  die 
Hendhabe,  die  in  der  aalest,  betrechteteii  der  Anssprucb 
Jeett  bot)  kl  weiebem  er  den  wirklich  erfolgten  Tod  dee 
Mfidchens  eu  leugnen  schien«  Dennoch  fassen  die  ratle- 
nalistischen  Ausleger  Muth,  und  knüpfen  ihre  Hoffnungen 
hauptsüclilich  daran  |  dafs  Jesus  V«  14.  den  im  5arge  lie- 
genden Jttngling  anredet:  anreden  aber»  aagen  sie,  ittfnne 
man  doeb  nlebt  einen  Todten ,  «ondem  nur  einen  lolelien,  ^ 
den  man  des  Hörens  füliio:  erkannt  habe  oder  vermuthe  '  *). 
Allein  dieser  Kanon  würde  auch  beweisen ^  dals  die  Tod 
len  alle,  welehe  am  £nde  der  Tage  CJiritlae  anferweeken 
wird,  nur  Sebeintodte  a^en,  da  sie  sonst  nieht,  wie  es 
doch  ausdrücklich  heifst  (Joh.  5,  28.  vgl.  l.  Thess.  4,  16.)} 
seine  Stiuime  hören  könnten,  — -  er  würde  also  zu  viel  be- 
>  weisen«  Allerdings  mufs,  wer  angeredet  wird,  ak  lU^rend 
und  in  gewissem  Sinne  lebend  yorausgesest  werden,  aber 
hier  nur  insofern,  als  die  Stimme  des  Todtenervreckep^ 
auch  in  erstorbene  Ohren  dringen  kann.  Nächstdem  wer- 
den wir  zwar  die  Mögliehkeit,  dafs  bei  der  jüdischen  Un- 
•Itte,  die  Todten  schon  einige  Stunden  naob  «deren  Ver- 
sebeiden  en  begraben,  leicht  ein  blofs  Scheintodter  eu 
(irabe  getragen  werden  konnte,  zugeben  müssen  alles 
Weitere  aber,  wodurch  geseigt.  werden  soll,  dafs  diese 
MtfgUebkeit  hier  Wirkiiohkeit« gewesen,  Ist-  ein  Gewebe 
Ton  firdiohtungen.  Um  sn  erklären,  wie  Jeeua,  aneh  ebne 
den  Vorsaz,  hier  ein  Wunder  zu  tluin,  sich  mit  dem  Lei- 
chenauge einlassen,  wie  er  auf  die  Vermuthung,,  der  su 
Begrabende  möchte  vielleicht  nieht  wirklieh  lod|  sein,,  kom- 
men kennte,  wird  cuerst  fingirt,  die  beideii  Züge,  dar 


IS)  PAVI.V8,  ex.  Handh.  1,  b,  S.  7 16«  Anai.  had  719 1 
13}  4)«ri.  a.  s.  O.  S.  723. 


Digitized  by  Googl 


Irenaus  KftpiuL  S*  M.  IH 

iMthmmMig  md  der  Zog  der  Begleiter  Jee«  ,  etleo  gemdo 
»Nter  dem  Stadtther  Basanunengetroffen,  und  de  sie  einen- 
der den  Weg  sperrten,  eine  Weile  aufgehniten  worden: 
geradeau  gegen  den  Text,  der  erst  als  Jesus  den  Sarg 
«afefete,  die  Träger  atilieetohen  liOst.  Durcl»  die  firslh* 
lang  der  nSheren  UmetÜnde  des  Todesfidls,  die  er  sieh 
während  des  Stillstands  habe  geben  lassen,  gerührt,  sei 
nun  Jesus  zu  der  Mutter  gejtreten^  und  habe^  oline  Uezug 
mm£  eine  ami  veilbriagende  Todtenerweekang^  rein  nnr  alt 
Metenden  Zuspruch,  die  Werte:  ftij  nXine  an  ihr  gespro* 
eben  '^}.  Allein  was  wäre  doch  das  für  ein  leerer,  an-  ^ 
■Mifsender  Tröster,  welcher  einer  Mutter,  die  ihren  einzi- 
gen Sehn  iiegrftbly  nur  geradezu  das  Weinen  verbieten 
wollte  I  ohne  weder  reale  Uttife  dnreh  Wiederbeiebung  dee 
Gestorlienen ,  noch  ideale  dnreh  eosgesnehto  Trostgrflnde  . 
ilur  SU  bieten?  Das  Lcztere  thut  nun  Jesus  nicht:  soll  er' 
also  nicht  gana  unzart  aufgetreten  sein,  so  mufs  er  daa 
Krstere  Im  Sinn  gehabt  liaben,  und  daau  maeht  er  auch 
alle  Anstalt,  indem  dr  abslehtllch  den  Sarg  anhält  und  die 
Träger  zum  Stehen  bringt.  Vor  dem  erweckenden  Ruf  ' 
Jesu  schiebt  nun  die  natürliche  Erklärung  den  Umstand 
ein  9  dala  Jesus  an  dem  Jüngling  irgend  ein  Lebensaeichea 
bemerkt,  und  auf  dieses  hin  entweder  unmittelbar,  oder 
nach  vorgängiger  Anwendung  von  Medikamenten  '^),  jene 
Worte  gesprochen  habe,  weiche  ihn  vollends  erwecken 
halfen*  Aliein  abgesehen  davon,  dals  jene  Zwischenmo« 
BMnte  in  den  Text  nnr*  eingesehoben  sind,  und  das' starke;  * 
vfavlaxe,  ooi  Uycoj  iykq^^rjfii,  eher  dem  Machtbefehl  eines 
Wunderthäters  als  dem  Belebungsversuch  eines  Arztes  ühn- 
lieh  sieht:  wie  konnte  Jesus,  wenn  er  sich  bewulst  war^ 
den  Jflngiing  ab  lebenden  sehon  angetroffen,  nicht  aelbst 
erst  ihn  vom  Tode  surückgemfen  ra  haken,  mit  gutem  Ge- 


I4)  so  such  Hais,  L*  h  87. 

13)  Vsinrvai&i,  2,  S*  293.  * 


DigitizC'ü  by 


US  Zweiter  Abeehnilt, 

wkMB  dla  Lobprekimgen  hinneimeii,  welehe  den  fieriolit 
sufulge  He  Boeehauende  Menge  dieser  Thel  wegen  flkn  ids 

grofsein  Propheten  sollte?  Nach  Paulos  war  er  selber  an- 
gewii^9  wie  er  den  Erfolg  anzusehen  habe;  aber  eben 
wenn  er  nieht  Ubersengt  wer,  den  £rfolg  eich  selber  nn- 
sobreiben  n  dürfen,  eo  erwnelis  ihm  «tte  PAleht,  allee 
Lob  in  Besag  auf  denselben  absalehnen,  und  er  kommt , 
wenn  er  diefs  nicht  that,  in  ein  eweideuciges  Licht,  in 
welcheni  er  nach  der  übrigen  eTangelischen  Gescbiebte, 
99§Bm  sie  nnbefangen  anfgefalst  wird,  iteineswegs  seeht. 
Auch  hier  also  mflssen  wir  anerkennen ,  dafs  der  Evan- 
gelist uns  eine  wunderbare  Todtenerweckung  erzählen 
wiii>  und  dals  nach  ihm  auch  Jesus  seine  Tiiat  als  ein 
Wunder  angesehen  haben  mala 

Je  Mreniger  bei  der  driften  Todtenerweekongsgesehleh» 
iBj  welche  dem  johanneischen  Evangelium  (Knp.  IL)  ei- 
genthfimlich  ist,  weil  wir  an  Lazarus  keinen  eben  Gestor> 
bonen,  oder  auf  dem  Weg  nnm  Grabe  Befindlichen-,  son- 
dern einen  schon  melirere  Tage  Begrabenen  vor  nns  im* 
ben,  an  eine  natürliche  Erklärung  gedacht  werden  zu  kön- 
nen scheint:  desto  künstlicher  und  ausfttlirlicher  hat  sie 
sich  gerade  in  Besag  auf  diese  Brsählnng  ansgebildel»  Und 
«war  ist  hier  neben  der  streng*  ond  conseqnent  ratienaii« 
stischen  Anslegungsweise ,  welche  den  evangelischen  Be- 
richt durchaus  als  geschichtlich  festhaltend,  alle  Theile  des- 
selben natOrlich  au  deuten  sieh  anheischig  nmcht,  «nck 
noch  Jene  andere  aufgetreten,  welche  einnelne  Zige  des 
Beriehts  als  solche  ausscheidet,  die  erst  nach  dem  Erfolg 
hinzugesezt  seien,  womit  also  schon  ein  Schritt  in  die  my* 
thische  Erklärung  hinüber  gemacht  worden  ist. 

Auf  die  iifimlichen  Prftnnssen  wie  bei  der  vorigen  fii^ 
nihiung  gestüzt ,  dafs  sowohl  an  sich  als  wegen  der  jlidi* 
sehen  »Sitten  ein  Begrabener  wolil  nach  viertägigem  Auf- 


a&y  Tgl«  8cmsfS««4Caiay  a»  a.  O.  8.  iOS  t- 


Digitized  by  Google 


CBlIiAlt  in  eiiMT  Feltengnift  wieder  mam  Leben  bebe  ko«- 
Men  kffnnen  —  eine  Mdglicbkeit,  die  wir  als  «olcbe  aooli 

hier  nicht  bestreiten  — ,  beginnt  die  natürliche  Erkliirang 
mit  der  Voraussetzung,  die  wir  vielleicht  schon  njcht  mehr 
abeneo  passiren  lassen  sollten,  dafs  bei  dem  Boten,  den 
Ihoi  die  Sekwestern  mit  der  Rrankheitsnaehricht  sandten, 
Jesus  sieh  genan  nach  den  Umständen  der  Krankheit  er- 
Jknndigt  haben  werde,  und  nun  soll  die  Antwort,  weiche 
er  dem  Boten  gab  (V.  4«):  avz?^  fj  ia&i»€ia  At  igt  ngog 
^oMTVor  n.    2.  eben  nnr  als  Schluis  aus  den  yon  dem  Bo* 
ten  eingezogenen  Naehriehten  seine  Uberseugung  ansdrfi« 
cken,  dafs  die  Krankheit  nicht  tödtlich  sei.    l\lit  einer  sol- 
eben  Ansicht  von  dem  Znstande  des  Freundes  würde  aller* 
dinge  das  anfs  Beste  nnsammenstimmeii,  dals  Jesus  naek 
erhaltener  Botsehaft  noch  nwei  Tage  in  Perla  blieb  (V.  6.), 
indem  er  nach  jener  Voraussetzung  seine  Anwesenheit  in 
Bethanien  für  nicht  so  dringend  noth wendig  erachten  konnte. 
Mnn  aber,  wie  kommt  es,  dafii  er  nach  Abflul's  dieser  swei  Tai» 
ge  nieht  nnr  entseklessen  ist,  daliin  anreisen  CV«8.)9  sondern 
auch  von  dem  Zustand  des  Lazarus  eine  gans  andre  Ansicht,  ja 
die  bestimmte  Kunde  von  seinem  Tode  hat,  welchen  er  den  JUn- 
gsrn  snerst  rerblUmt  CV.  110>  dann  offen  C V.  14.)  ankündigt  ? 
ffier  eriiAlt  die  beseiehnete  Brldtfrungsart  einen  bedeuten- 
den Rils,  den  sie  durch  die  Fiktion  eines  aweiten  Boten 
welciier  nach  Veriluls  der  zwei  Tage  Jesu  die  Nachricht 
fun  des  Laaarus  indeia  erfolgtem  Ableben  gebracht  habe^ 
nnr  om  so  auffallender  maokt  Denn  von  einem  sweitea 
Boten  kann  wenigstens  der  Verfasser  des  BTangeliums 
nichts  gewufst  haben,  sonst  raüfste  er  seiner  Erwähnung 
tbnn,  da  die  Verscbwelgung  desseliten  der  ganaen  Era&l^.  , 


J7)  Paulus,  Comm.  4,  S.  535  ff.    L.  J.  1,  b,  S.  55  ff. 

IS)  im  L.  J.  2,  b  (  TeztUbersetzung )  S.  46*  scheinen  gar  nach 

der  im  Evangelium  erwühnten  Sendung  noch  drei  weitere 

▼orauigetest  xu  werden,  . 


Digitized  by  Google 


144  Zweiter  Abechnltt. 

lung  eine  andre  Farbe  gfebt,  die  tiSmlich,  dafs  Jesns  auf 
wunderbare  Weise  von  dem  Tode  des  Lazarus  Kenntnil's 
gehabt  habe.   Dais  sofort  Jesos^  ai«  er  entschlossen  ysavy 
nach  Bethanien  eu  reiseni  sn  den  Jflngern  sagte^  er  wolle 
den  eingesehlamnierten  Laearos  aufwecken  ixexolfut/Fai  — * 
i^vnviao)  —  V.  II.)?  wird  auf  diesem  JStaiulpmikt  so  er- 
klfirt,  Jesus  müsse  aus  den  Nachrichten  des  Boten ,  der 
den  Tod  des  Lasams  meldete,  irgendwie  abgenommen  Ila- 
ben,  dafa  derselbe  nur  in  einem  soporösen  Zustand  sieh 
befinde.    AJlein  hier  so  wenig  als  oben  können  wii^^Jesu 
die  unkluge  Vermessenheit  sutrauen ,  ehe  er  noch  den  an- 
geblich Verstorbenen  gesehen  hatte,  die  bestimmte  Versi- 
ehemng,  dafs  er  noch  lebe,  cu  geben        Aach  das  hat 
auf  diesem  Standpunkt  seine  Schwierigkeit,  daCs  Jesus  ku 
seinen  Jüngern  (V.  15.)  ««'tgt,  er  freue  sich  um  ihretwillen, 
vor  und  bei  des  Lasarns  Tode  nicht  engegen  gewesen  an 
•ein,        mgdaijTe.    Die  PAULUs^sche  ErklXrong  dieser 
Worte^  als  ob  Jesus  gefttrehtet  hfitte,  der  in  seiner  Gegen* 
wart  erfolgte  Tod  hätte  sie  im  Glauben  an  ihn  '^vankend 
machen  können ,  hat  nicht  allein  das  von  Gabler  Bemerk* 
te  gegen  sich,  dals  mgtvia  nicht  geradesa  nur  das  Mega- 
Üre:  den  Glauben  nicht 'Terlieren,  bedenten  kann,  was 
vielmehr  durch  eine  Phrasis,  wie  :  /Vot  //3y  ixltinji  rr/c/^* 
Vftüy  Cs*  Luc.  22,  32.)  ausgedrückt  sein  mfifste  *^),  son- 
dern es  ist  auch  nirgendsher  eine  solche  Vorstellung  der 
Jünger  von  Jesu  als  dem  Messias  naehtfuwelsen,  mit  wel- 
cher das  Stci  beii  eines  Mensclieuj  oder  näher  eines  Freun- 
des, in  seiner  Gegenwart  unverträglich  gewesen  wftre* 

Von  Jesu  Ankunft  in  Bethanien  an  wird  die  evange» 
Usche  Krsfthlnng  der  natttrlichen  BrkÜmng  etwas  gllnstl- 

idj  v^l.  C.  Ch.  Flatt,  etwas  cur  Vertheidigung  des  Wundert  der 

AMcdti btitbung  des  liazaiu«»,  in  Silsmiiii^s  Magazin,  l-itct 
Stüch,  S.  93  ff. 

20}  Gablsa's  Journal  für  auserlesene  tbcoL  Literatur,  S,  2}  S.  261> 
Anm. 


ll«  aBt«t  KapIteL  $•  M.  14$ 

get*   Zwar  die  Anrede  der  Martha  an  Ihn  (V»  Slf.) ;  wft> 

re  er  zugegen  gewesen,  so  würde  ihr  Bruder  nicht  gestor- 
ben sein,  aXXa  xai  vin^  olda,  ikiy  oaa  av  ahr^oji  %6v  ^eovy 
daSoM  oof  d  ^eoffy  eeheint  onverkennhar  die  Uefiin^g  aua- 
«i^reehen,  dala  Jeana  aaeh  den  aehon  Oeatorbenen  in  daa 
Leben  aurfickzurafen  vermöge;  allein  dafs  sie  auf  die  fof» 
gende  Zusicherung  Jetn:  avag^^'aerat  o  adeAydg  aa,  klein* 
ttfllhig  erwiedert:  ja,  am  jUngsten  Tage  CV.M.)^  thut  al- 
lerdings einer  firlüamng'Vorsebnby  weiehe  nun  rliokwitrta 
anch  der  obigen  Äusserung  der  Martha  (V.  22.)  den  unbe- 
stimmten Sinn  unterlegt,  auch  jezt  noch,  unerachtet  er 
i|iren  Bruder  nicht  bei'm  Leihen  erhalten  habe,  glaube  aie 
an  Jeanm  ala  an  denjenigen,  welcheai  6ott  Alles,  waa  kat 
bitte,  gewähre,  d.  h.  als  den  Liebling  der  Gottheit,  den 
Messias.    Allein  nicht  m^evo)  sagte  Martha  dort,  sondern 
o?da,  und  die  Wendung:  ich  weifs,  da£s  das  und  das  ge- 
eehieh^  wenn  da  nur  willst,  ist  eine  gewdhnliehe  indirelLte 
Form  der  Bitte,  und  hier  nm  so  nnverlLennbarer,  da  der 
Gegenstand  der  Bitte  aus  dem  vorausgeschickten  Gegensatze 
daliin  klar  wird,  dafs  Martha  sagen  will:  den  Tod  des 
Bruders  swar  hast  du  nicht  veriiinder^  aber  anch  Jeat  ist 
es  noch  nicht  au  apit,  sondern  auf  deine  Bitte  wird  ihn  . 
Gott  dir  and  uns  wieder  schenken.   Ein  Wechsel  der  Stim- 
mung, wie  er  dann  in  Martha  angenommen  werden  mufs, 
deren  tLanm  geäusserte  Uoftiiung  in  der  Erwiederung  V.  24. 
heretta  wieder  erloachen  ist,  kann  bei  einem  Weibe,  wel- 
ches hier  und  sonst  als  von  sehr  beweglicher  Natur  sich 
neigt,  nicht  zu  sehr  befremden,  und  wird  in  unserem  Falle 
durch  die  Form  der  vorangegangenen  Zusicherung  Jesu 
(V.  tL)  hinltinglich  erklärt.  Auf  ihre  indirekte  Bitte  näm- 
Üeh  liatte  Martha  eine  bestimmte  gewälirende  Zusage  er- 
wai'tet :  da  nun  Jesus  nur  ganz  allgemein  und  mit  einem 
Ausdruck  antwortet,  welchen  mau  auf  die  Auferstehung, 
am  finde  der  Dinge  an  beaiehen  gewohnt  war  (oyagi^'oiTai^, 
so  giebt  aie  halb  empfindlich  halb  kleinmflthig  jene  £rklä- 
JJas  Lihen  Jttu  JJ,  ßand.  iU 

Digitized  by  Google 


146  2&weiter  Ab<«:huitft. 

rmng  ^')«  £ben  fene  so  allgemein  lantende  Äasserung  Je- 
su aber,  so  wie  «Be  noch  onbestimmteren ^  V.  25t*:  *>« 
>  dfit  Ti  ivdgaaic:  y.  t.  A.,  glaubt  man  nun  raHonaiiatischer- 
•eito  Afi^^^  deuten  au  können,  Jesus  selbst  sei  von  der  Er- 
•  Wartung  elnea  anaserordentlichen  Erfolgs  noch  entfernt  ge- 
wesen, deiawegen  trö«te  er  die  Hartha  blofa  mit  dei*  allge- 
meinen Hoffnung,  dafs  er,  der  Messias,  den  an  ihn  Glau- 
bigen die  einstige  Auferstehung  und  ein  seliges  Leben  ver- 
sehaffen  werde.  Da  jedoch  Jesus  oben  (V.  11.)  zu  seinen 
Jttngem  euverslelitlich  von  einem  Aufwecken  des  Lazarus 
gesprochen  hatte ,  so  möfste  er  indessen  umgestimmt  wer- 
den  sein,  wozu  kein  Anlafs  zu  finden  ist.  Auch  beruft 
sich  Jesus  V.  40,  wo  er,  im  Begriö',  «ur  Erweckung  des 
Lasaros  bq  sehreiten,  so  Martha  sagt:  ix  äninf  aoiy  Oth 
tav  iiigtvQng,  oipei  Tr>  do^cn^  w  ^5;  offenbar  auf  V.  «3, 
in  weichem  er  also  schon  die  vorzunehmende  Wiederbele- 
bung Torhergesagt  haben  will.  Dafs  er  diese  nicht  be- 
stimmter beseiehnet und  das  kaum  gegebene  Versprechen 
in  Bezug  auf  den  idtlifog  V.  25  f.  wieder  in  allgemeine 
Verheifsungen  für  den  7iige!to¥  überhaupt  TcrhOllt,  ge- 
schieht ,  um  den  Glauben  der  Martha  2U  prüfen  und  zu 
stirken 

Wie  nun  Mari»  mit  Begleitung  heraoskomiiit ,  und 

•  durch  ihr  Weinen  nuch  Jesus  bis  «n  Thrffnen  erscbOttert 
wird,  das  ist  ein  Punkt,  auf  welchen  sich  die  natürliche 
firkifirung^mit  besonderer  Zuversicht  beruff  und  fragt,  ob 
Jesus,  wenn  ihm  die  Wiederbelebung  des  Freundes  jeat 
schon  gewifs  gewesen  wSre,  nicht  vielmehr  mit  der  innig« 
sten  Freude  sich  seiner  Gruft  genähert  haben  würde,  aus 
der  er  ihn  I»  nächsten  Augenblick  lebend  wieder  hervor- 
Tulen  BO  kftnnen  sich  bewufst  war?  Hiebei  wird  dann  das 
ivsßQifi^oato  (V.M.)  und  i^jß^i^-iiof^evog  t^.  38.)  Ton  ge- 


Sl)  TtMT,  a.  a.  O.  S.  102  f. 

12)  Fi4XT|  a.  a.  O. ,  LUcn  und  Tioudck  x.  d.  St* 


Digitized  by  Google 


Neuntes  Kapitel.   $.  06.  147 

walfsnmem  Zurückdrängen  des  Sclimerzons  über  den  Tod 
des  Freundes  verstanden,  der  sich  hierauf  in  dem  idaxQv^ 
09  Luft  gemacht  habe.  AUein  sowohl  nach  der  fitymolo* 
gie,  nach  welcher  es  fremere  in  nliquem  oder  in  se  heifst, 
«Is  nach  der  Analogie  des  N.  T.liclicn  Sjirachgcbrauchs,  wo 
es  Matth.  9,  30.  Marc.  1,  43.  14,  5.  immer  nur  im  Sinne 
von  increpare  aliquem  verkomm^  heaeichnet  ifißQtfiua^i 
eine  Bewegung  des  Zorns,  nicht  des  Schmersens,  und  «war 
mufste  es  hier,  wo  es  nicht  mit  dem  Dativ  einer  andern 
Person,  sondern  mit  %q  mevficcfi  und  iv  iaint^  verbunden 
ist,  7on  einem  stillen,  verhaltenen  Unwillen  verstanden  wer- 
den, in  diesem  Sinne  würde  es  ¥.38,  wo  es  som  swei- 
tenmnl  vorkommt,  gane  wohl  passen,  denn  in  der  voran- 
gegangenen Äusserung  der  Juden:  &x  t^dvvavo  ^cog^  6 
woi^ag  tag  '6q>l^alfiäg  tö  rt^is,  noiijaM  iW  jro^  wog  fi^ 
uno&opfj;  liogt  jedenfalls  ein  atavdaXl^eodixi ,  indem  Jes« 
frühere  That  sie  an  seinem  jetzigen  Benehmen,  und  dieses 
hinwiederum  an  jener  irre  machte.  Wo  aber  das  erstemal 
von  einem  ifiß{iiftäa&ai  die  Eede^ist,  V.  33|  scheint  ewar 
das  allgemeine  Weinen  Jesum  eher  sa  einer  wehmOthlgen 
als  on willigen  Bewegung  haben  teranfassen  to  kOnnen : 
doch  war  auch  hier  eine  starke  Müsbiiligung  der  sich  zei- 
genden okiyomsiu  möglich.  Da(s  hierauf  Jesus  selbst  in 
Thränen  ansbraeh,  beweist  nur,  dafs  sein  Unwille  über 
die  yevta  äm^og  um  ihn  her  sich  in  Wehmath  anüdste, 
nicht  aber,  dafs  Wchmuth  von  Anfang  an  seine  Empfin- 
dung war.  Endlich,  dafs  die  Juden  (V.  36.)  die  Thränea 
Jesa  als  Zeichen  auslegten,  ndig  itpl^i  avtov^  diefs  scheint 
eher  gegen  als  HUr  diejenigen  sn  sprechen,  welche  die  Ge* 
müthsbewegung  Jesu  als  Schmri'z  ii[>ei*  den  fod  des  Freun- 
des und  Mitgefühl  mit  dessen  Schwestern  bctra<'hten ,  da, 
wie  der  Charakter  fler  Johanneischen  Darstelinng  überhaupt 
eher  einen  Gegensais  awischen  dem  wirklichen  Sinn  des  Be- 
nehmens Jesu  und  der  Art,  wie  die  Zuschauer  es  auif'afs- 
ten  9  erwarten  i^isi ,  so  insbesondere  oi  litöunn  iu  diesem 

lU  ♦ 
% 


üiyitized  by  Google 


I4ft  Zwtitsr  Abschaut. 

Ev«nÄeK«n  aonsi  immer  diejenigen  tSnd,  weleko  Jera  Worft 
«nd  Thaten  theils  miCsverstelien ,  theils  mlfsrfevten.  M«n 
ktmft  «Itl^  freilich  noch  «uf  den  sonst  «o  milden  Chnrak- 
t«r  Jesu,  welohem  die  Härte  nicht  Rngemcssen  sei,  mit  wel- 
eher  er  hier  der  VinritL  und  den  Übrigen  ihr  so  nAtOriiehei 
Weinen  übelgenommen  haben  müfste  '^):  eileln  dem  jo- 
hanneiwhen  Christas  ist  eine  solche  Denkweise  ki  ineswogs 
fremd.  Derjenigei  welcher  dem  ßaaiUxosj  <*er  ihm  mit  der 
unverfänglichen  Bitte,  «ur  Heilung  seine«  Sohnes  i^  sein 
Hans  »u  kommen,  entgegentrat,  den  Verweis  gab:  iav  /iiy 
Ctjft^  «ol  tiqoeta  ?<)r,Tf,  ö  (a^  m^evarje  (4,  48.);  der  die 
Jtlngeri  welche  sieh  en  der  harten  Rede  des  6ten  Kapitels 
gestossen  hatten,  so  schneidend  mit  einem  turo  vfiag  axav^ 
&aU^€L;  und  firj  xal  vfieig  Meiere  vndyfiv;  aniiers  (6,  61. 
IW.);  der  seine  eigene  Mutter,  als  sie  bei  der  Hocheeit  an 
Kann  ihm  den  Weinmangei  klagte,  durch  das  harte:  %l 
ifioi  nm  aoU  yiW;  ehwies  (Jfc,  4.>5  der  also  jedesmal  dann 
am  unwilligsten  wurde,  wenn  Menschen,  sein  höheres  Thun 
und  Denken  nicht  begreifend,  sieh  kleinmüthig  oder  8U. 
dringlieh  aeigten:  der  war  hier  ganz  besonders  zu  «hnli- 
them  Dnwilien  veranlallrt.    ist  bei  dieser  Erklärung  der 
Steile  von  einem  Schmers  Jesu  «her  den  Tod  des  Laaams 
gar  nicht  die  Rede,  so  fällt  auch  die  Hälfe  weg,  welche 
die  natürliche  Erklärung  des  gansen  Hergangs  in  diesem 
i^ttge  sa  finden  glaubt;  indels  auch  bei  der  anderen  Deu- 
tung l«(st  rieh  die  angenbÜ^Ulche  Rtthrung  durch  das  Mit- 
gefiihi  mit  den  Weinenden  gar  wohl  mit  der  Voraussieht 
der  Wiederbelebung  vereinigen  ^^).    Und  wie  hätten  sich 
auch  die  Worte  der  Juden  V.  37.  nach  der  Behauptung 
natarlieher  Erklirur  geeignet,  die  Hoffnung,  dals  Gott  auch 
jezt  vielleicht  etwas  Ausaeichnendes  fÄr  ihn  thun  werde, 
in  Jesu  cuerst  anzuregen?   JNicht  die  iiofihungi  dals  er^ 


33)  Li7CKC,  2y  S.  388. 

24)  Vlatt  b.      0.  S.  104  f.   Li;€MB,  a.  a.  0. 


Digitized  by  Google 


IfeKNte«  K.»|»itel.   $.  96.  149 

den  Todten  wiedererw ecken  könne  y  sondern  nur  die  Ver- 
xuuthuiig,  dar«  er  vielleicht  den  Kranken  «m  Leben  su  er-> 
li«lteu  im  Stande  gewesen  wäre,  ipnicben  Ja  die  Juden 
•OS ;  et  hatte  abo  sehen  frUher  Martha  dorch  die  Ansse* 
rang,  dafs  auch  Jest  noch  der  Vater  ihm  gewiihren  i^erde, 
\vAs  er  bitte,  mehr  gesagt:  so  dafs,  wenn  dergleichen 
Hoffnungen  erst  von  aussen  in  Jesu  angeregt  wurden,  die- 
selben eehen  früher,  angeregt  sein  mufsten,  nnd  nanentlick 
▼er  jenem  Weinen  Jesu,  auf  weichte  man  sieh  dafllr,  dafs 
sie  noch  nicht  angeregt  gewesen,  zu  berufen  pflegt. 

Dafs  die  Äusserung  der  Martha,  als  Jesus  den  Stein 
?om  Grabe  so  nehmen  befiehlt:  xvQttf  ijdij  o^u  (V*  99*% 
ftr  die  wirklieh  schon  eingetretene  Verwesung  und  also 
gegen   die  Möglichkeit  einer  ntitürlichen  Wiederbelebung 
nichts  beweise,  da  sie  auch  blolser  Schlufs  aus  dem  r6f 
tttlos  sein  kann^  ist  aueh  ¥on  supranaturalistischen  Aue- 
legem  eingerCumt  worden         Hierauf  aber  die  Worte, 
mit  welchen  Jesus ,  die  Einrede  der  Martlia  ablehnend, 
auf  der  Öffnung  des  fiyt^fitiov  besteht  (V.  40«)  ^  dali»  »ic^ 
wenn  sie  nur  glaube 9  %^  do£ap  fö  %^sa  sehen  werde,  wie 
konnte  er>  diese  aussprechen,  wenn  er  sich  seitier  MadH^ 
den  Lazarus  zu  erwecken,  nicht  auf  s  Bestimmteste  bewnlst 
war?    Mach  Paulus  sagte  fener  Ausspruch  nur  allgemein, 
dals  der  Vertranensvoile  auf  irgend  eine  Welse  eine  herr- 
Helle  Äusserung  der  Gottheit  erlebe.   Allein  welche  herr- 
liche Äusserung  der  Gottheit  war  denn  hier,  bei  Eröffnung 
der  Gruft  eines  seit  vier  Tagen  Begrabenen  au  erleben, 
wenn  nicht  die,  da(a  er  auferweckt  werden  sollte?  und 
im  Gegensas  vollends  gegen  die  Verdieherung  der  Martha, 
dals  den  Bruder  bereits  die  Verwesung  ergriffen  haben  müs- 
se, was  können  jene  Worte  für  einen  Sinn  haben»  als, 
hier  sei  der  Mann ,  der  Verwesung  zu  wehren  ?   Um  aber 
gans  «ioher  m  erAJiren,  was  ^e  dd|a  tS       in  unserer 


25)  F&ATT,  S.  106;  OuMAoasj«,  2,  S.  269. 


Digitized  by  Google 


150  Zweiter  Absolinitt. 

Stelle  sagen  will ,  darf  mnn  nur  auf  V.  4«  zinrfleksehen,  • 
WO  JeäuB  gesagt  hattet  die  Krankheit  des  Lasani«  sei  nicht 

nQOQ  Siivctrovj  sondern  vn^Q  t%  ^o^fiQ  tu  &$S,  t.  iL 
Hier  erhellt  doch  wohl  ans  dem  Gegensaz:  nicht  zniii  To- 
de, unabweisbar,  dafs  die  öo^a  tu  d-tH  die  Verherrlichung 
Gottea  durch  das  Leben ,  aico  ^  aofem  er  jest  bereits  todt 
war,  durch  die  Wiederbelebung  des  Lasaras  bedeutet,  — 
eine  Hoffnunsf,  welche  Jesus  gerade  im  entscheidendsten 
Augenblick  nlclit  anzuregen  wagen  konnte,  ohne  eine  hü- 
here  Gewifsheit  bu  haben,  da(s  sie  in  firffiliung  gehen  wer- 
de Dafs  er  sofort*  nach  Eröffnung  der  Gruft,  noch 
ehe  er  dem  Todten  das  devQO  eio) !  zutjerufen,  bereits  dem 
Vater  für  die  Erhörnno^  seiner  Bitte  dankt,  dicfs  wird  vom 
Standpunkt  der  natürlichen  Erklärung  als  der  Idarste  Be- 
weis dafUr  angeführt,  dafs  er  den  Lasarus  nicht  durch  Je- 
nes Wort  erst  in  das  Leben  gerufen,  sondern  beim  Hinein- 
bliok  in  die  Gruft  ihn  bereits  wiederbelebt  gefunden  haben 
nflsse«  Ein  solches  Argument  sollte  man  von  Kennern  des 
Johanneischen  Erangeliums  in  der  That  nicht  erwarten. 
Wie  gewöhnlich  Ist  es  diesem  nicht,  b.  B.  in  dem  Ausspruch : 
h^n^aoO-i]  o  woffr.  a.,  das  erst  noch  Bevorstehende  und  nur 
.  erst  Angelegte  als  bereits  Verwirklichtes  darzustellen :  wie 
passend  war  es  namentlich  hier,  die  Gewifsheit  der  Erliö- 
rung  dadurch  herrovanhelien',  dafs  sie  *  alt  bereits  o^esche- 
hene  beaeichnct  wurde?  Und  welcher  Fiktionen  bedarf  es 
nun  ferner,  um  zu  erklären,  theils  wie  Jesus  das  in  den 
Laeanis  surttckgekehrte  Leben  bemerken ,  theils  wie  er 
wieder  cum  Leben  gelangt  sein  konnte !  Zwischen  dem  Weg- 
nehmen des  Steins,  sai^t  Paulus,  und  Jesu  Dank^ebet  liegt 
der  Moment  des  überraschenden  Erfolgs;  damals  mufs  Je- 
sus, noch  um  einige  Schritte  entfernt,  den  Lasarns  als  ei- 
nen Lehenden  erkannt  haben.  Woran?  mCIssen  wir  fra- 
gen,  und  wie  so  schnell  und  sicher?  und  warum  nur  er 


26)  ViaWf  S.  97.i, 


Digitized  by  Google 


und  Nieouiod  «onst?   £rkannt  m^e  er  ihn  huhea  an  Be- 
wegungen, Ternnthel  aen.    Abe^  wie  Jeicht  konnte  er 
eich  hierin  tXaechen  bei  einem  in  d'onkJer  Feieengrnft  lie- 
genden Tüdten;  wie  voreilig,  wenn  er,  ohne  erst  gf'nauer 
untersucht  zu  haben ,  so  schnell  und  bestimmt  die  Über- 
^^g^^gf        er  letiey  «af8)irech!   Oder,  wenn  di^  fiewe 
gungen  des  Tod  rgoglaabten*  stark  und  unverkennbar  waren, 
wie  konnten  sie  den  Umstehenden  eiit»ehen?  £ndlich,  wie 
konnte  Jesus  in  seinem  üebet  'das  bevorstehende  Faktum 
als-£rkennangSEeichen  seiner  göttlichen  Sendung  darstel- 
len, wenn  er  sich  bewurst  war,  die  Wiederbelebung  des 
Lasarus  nicht  bewirkt,  sondern  nor  entdeckt  sn  haben? 
Für  die  natürliche  Möglichkeit  eines  Wiederautlebens  des 
schon  Begrabenen  wird  unsrelinkenntnifs  der  nälieren  Um- 
stlnde  selnee  Temeintliciien  Todes ,  das  schnelle  Begraben  , 
bei  den  Jaden,  hierauf  die  kühle  Umft,  die  Jtark  duften- 
den Specereien,  und  endlich  der  warme  Luftzug  angeführt, 
welcher  mit  der  Abwälzung  des  Steins  belebend  in  die  Gruft 
strft^rttt.  Alle  diese  Umstände  jedoch  führen. nicht  über  defn 
niedrigsten  Grad  der  Möglichkeit,  welcher  der  höchsten 
Uli  Wahrscheinlichkeit  gleich  ist,  hinaus,  womit  dann  die 
Gewifsheit,  mit  welcher  Jesus  den  £rfolg  vorausverkUn- 
digt,  unvereinbar  bleiben  muls  J^). 

Eben  diese  bestimmten  Vorhersagen,  als  das  Haupthin- 
demifs  einer  natürlichen  £rklfirung  dieses  Abschnitts,  sind 
es  daher,  welche  man,  noch  vom  rationalistischen  Stand- 
punkt aus,  durch  die  Annahme  beseitigen  wollte,  dafs  sie 
nicht  von  Jesu  selbst  herrühren,  sondern  ex  evtntu  vom 
Referenten  hinsogefttgt  sein  mögen.  Paulus  selbst  fai^d 
wenigstens  das  l^vrtvlata  airov  (V.  IK)  gar  nn  bestimmt, 
und  wagte  daher  die  Vermuthung,  clafs  der  Erzähler  nach 
dem  Erfolge  ein  milderndes  Vielleicht,  das  Jesus  hinzuge- 

i7)  vgl,  auch  hierülNtr  Torsttglich  Futt  und  LUcas. 


Digitized  by  Google 


1^2 


Zweiter  Abschnitt 


fest  iMMe,  wegiKelftmi  habt  ^*>.  Diese  Äoekmift  -het 
Gablie  In  emelterte  Anwendang  gebracht.   Nicht  blofs 

über  den  bezeichneten  Ans«prnch  theüt  er  dfe  PAüLUs'sche 
Vermuthangy  sondern  schon  V.  4.  ist  er  gtnelgt,  dns  vniQ 
xjqg  do^fjg  tS  O^bh  nar  auf  QUchninig  dee  Erangelisten  sn 
schreiben ;  ebenso  V.  li^.,  bei  desi  yctlQta  dl  viiag,  fm  mcev* 
atp:€j  ort.  rjurv  fxfT,  vermuthet  er  eine  kleine,  von  Jo- 
hannes nach  dem  Erfolg  Angebrachte  Verstürkang;  endlich 
nnch  bei  den  Worten  der  Martha}  V*  SS.:  akU  iroi  yvr 
ol^cr  jr«  t,  X,  glebt  er  dem  Gedanken  an  einen  eigenen  Zu- 
«ftz  des  Referenten  Raum  *^).  Durch  diese  Wendnng  hat 
die  natürliche  Auslegungs weise  sich  selbst  als  unfKhig  be- 
kannt ^  mit  der  johanneischen  Ersfihlang  fertig  sn  wer« 
den.  Denn  wenn  sie  9  am  sich  an  derselben  geltend  ma- 
chen cu  können,  mehrere ,  gerade  der  bezeichnendsten 
Stellen  ausmerzen  mnfs,  so  gesteht  sie  damit  eben,  dafs 
die  islrsählung,  so  wie  sie  vorliegt,  eine  natfirliohe  I>eD* 
tung  nicht  sitläfst.  Zwar  sind  die  Stellen,  deren  Unfein 
trilglichkeit  mit  der  rationalistischen  Erkllmngsart  durch 
Au'sscheidung  derselben  eingestanden  wird,  sehr  sparsam 
gewKhlt:  allein  ans  der  obigen  Darstellung  erhellt,  dafs^ 
wollte  man  alle  in  dieni^m  Abschnitt  vorkommende  ZOge, 
welche  der  natürlichen  <•  nicht  vom  gansen  Hergang  wi- 
derstreben ,  auf  Rechnung  des  Evangelisten  schreiben,  am 
Ende  nur  nicht  gir  Alles,  was  hier  verhandelt  wird,  als 
spXtera  Erdichtun :r  angesehen  werden  miifste.  Hiemit  ist, 
was  bsi  den  frtther  betrachteten  swei  Berichten  von  Tod- 


J8)  So  im  Commcntar,  4,  S.  557;  im  L.  J.  1,  b  ,  S.  57 ,  und  2f 
b,  S.  46.  wird  diese  Vcrmuthung  nicht  mehr  angewendet. 

29)  a.  a.  0.  S.  272  ff.  Wie  Gablbk  diese  Äusserungen  nicht  von 
Jesu»  tondern  nur  von  Johfnnet)  so  glaubte  sie  DuFPSTtBACB» 
in  BiRTKotai^i  krit.  Journal,  Bf  S.  7  ff. )  «nck  nickt  Ton  Jo* 
haanet  ableiten  tn  kttnneni  und  da  er  das  Übrige  Evang«lium 
lllr  jokanaeitck  liidt^  so  erUXrte  er  jsae  Steilen  für  Inter« 


Digitized  by  Google 


Nennte«  KupiteL  f.  96p  Iftt 

tenerwecknngew  wir  gethan  haben,  bei  der  festen  vnd 

merl^wffrdigsten  Geschichte  dieser  Art  von  Hon  verschiede- 
nen auf  einander  gefolgten  Erkliinm^rsversiichen  selbst  voll« 
sogen  worden,  nämlich  die  Sache  auf  die  Aitemative  sn 
treilieny  da(a  man  Ton  der  evan^llschen  Ensffhlang  enCwe* 
der  den  Hergnng  als  fibematflrlichen  hinnehmen  ,t  oder, 
wenn  man  ihn  als  solchen  unglnublich  findet,  den  liifitori- 
aehen  Charakter  der  firsAhlung  leugnen  mufs. 

Um  in  diesem  Dilemma  fdr  alie  drei  hiehergehSrIge 
Errffhliingen  eine  Entscheidung  en  Ünden,  mflssen  wir  auf 
den  eigenthümlichen  Charakter  derjenigen  Art  von  Wundern 
saHIcltgehen ,  welche  wir  hier  vor  uns  haben«  Wir  sind 
bis  Jest  darcli  eine  Stufenleiter  des  Wunderbaren  anfge» 
stiegen.  Zuerst  Hellungen  von  6ei8fes1[ranl(en;  dann  von 
allen  Arten  leiblich  Kranker,  deren  Organismus  aber  doch 
noch  nicht  bis  £um  £ntwcic}ien  des  Geistes  und  Lebens 
•errfittet  war;  nanmehr  die  Wiederbelebung  soieher  Kör- 
per, ans  welchen  das  Leben  bereits  geflohen  ist.  Dieser 
Klimax  des  Wunderharen  ist  zugleich  eine  Stufenreihe  des 
Undenkbaren.    Das  nämlich  haben  wir  uns  swar  etwa  noch 

.  Terstellen  liönnen,  wie  eine  geistige  Störung,  hei  welchier 
von  den  kdrperÜehen  Organen  nur  das  dem  Geiste  sunKchst 
angehorige  Nervensystem  sich  einigermafsen  angegriffen 
aeigte,  auch  auf  dem  rein  geistigen  Wege  des  biofsen  Wor- 
tes,  AnbiiclKSy  EindruclKs  Jesu  gehoben  werden  mochte: 

'  Je  weiter  Bhw  in  das  Körperliche  eingedrongeh  das  JJM 
sieh  seigte ,  desto  undenlcbarer  war  uns  eine  Heilung  die- 
ser Art.  Wo  bei  Geisteskranken  das  Gelurn  bis  zur  wil- 
desten Tobsucht,  bei  NervenlLranlien  das  Nervensystem  bis 
so  periodischer  fipÜepsie  »errfittet  war,  da  i&onnten  wir 
uns  sehon  schwer  vorstellen  ^  wie  durch  Jene  geistige  £in- 
wirknnsf  bleibende  Hülfe  geschafft  worden  sein  sollte;  noch 
schwerer 9  wo  die  Krankheit  ausser  allem  unmittelbaren 
Znsammenhang  mit  dem  Geistigen  sich  seigte,  wie  bei  Aus- 
säe, Biindheiti  Lfthmung  und  dergleichen.  Immer  aber 


154  '  Zweiler  A^bsebnilt. 

urar  doch  hier  noch  etwas  rorhimdeiiy  wenm  die  Wonder» 
knilt  Jeen,  sofern  wir  sie  ans  doch  geistiger  Art  denlien 

müssen,  sich  wenden  konnte;  es  war  doch  noch  ein  Bc- 
wufstsein  in  den  Menschen ,  auf  weiches  Kiitdruck  zu  ma- 
chen ^  and  durch  dessen  Vermittlung  möglicherweise  euch 
aaf  den  Körper  soicher  Personen  bu  wirken  war.  Nun 
aber  bei  Todten  ist  das  anders.  Der  Gestorbetie,  dem  mit 
dem  Leben  auch  das  Bewuf^tsein  entflohen  ist,  hat  den  lez- 
teil  AnkiHipfnngspunkt  für  die  Einwirkung  des  Wunder- 
thftters  yerloreni  er  nimmt  ihn  nicht  mehr  wahr,  bekommt 
iieinen  Eindruelt  mehr  ron  ihm,  da  ihm  selbst  die  Fiihig* 
Icelt,  Eindrücke  zu  bekommen,  aufs  Neue  verliehen  wer- 
den mufs.  Diese  aber  su  verleihen ,  oder  beleben  im  ei- 
gentlichen Sinn  9  ist  eine  schöpferische  Thitigkeit,  Welclie 
Ton  einem  Menschen  ausgeübt  sa  denken ,  wir  ans^  Un- 
fähigkeit bekennen  müssen. 

Doch  auch  innerhalb  nnsrer  drei  Todtenerweckungs- 
geschichten  sellMt  findet  ein  anverkennbarer  Klimax  statt/ 
Mit  Heclit  liat  schon  Woolstom  bemerkt,  es  sehe  aas, «wie 
wenn  von  diesen  drei  Erzählungen  jede  zu  der  vorange- 
henden an  Wunderbarem  hätte  hinzufügen  wollen,  was 
dieser  noch  fehlte  Die  Jau*u8tochter  erweckt  Jesus 
noch  auf  demselben  Lager,  aaf  welchem  sie  so  eben  ver- 
schieden war;  den  nainitischen  Jüngling  schon  im  Sarg 
und  auf  dem  Wege  zur  Bestattung^  den  Lazarus  endlich 
Mch  viertägigem  Aufenthalt  in  der  Gruft.  War  es  in  je- 
ner ersten  Geschichte  nar  darch  ein  Wort  angeseigt,  dafa  . 
das  Mädchen  den  onterirdischen  Mficbten  verfallen  gewe- 
sen :  so  wurde  diefs  in  der  zweiten  Geschichte  durch  den 
Zug,  dafs  man  den  Jüngling  bereits  vor  die  Stadt  hinaus 
sa  Grabe  getragen  iube,  auch  fttr  die  An^hauong  ausge- 
prägt ,  am  entschiedensten  aber  ist  der  längst  in  der  Gruft 
verschlossene  Lazarus  als  ein  bereits  der  Unterwelt  aii- 


50)  DiM.  5. 

i-  ijiu^  jcl  by  Googl 


Neuatoa  Kapitel.   $.  Oü« 


1» 


geböriger.  gecchiidert ,  so  d«(«,  ^enn  die  Wirklichkeit  des 
Todes  im  ersten  Falle  bezweifelt  werden  konnte ,  diefs 
bei*ai  »weiten  sehon  sehwerer,  be{*m  dritten  so  viel  wie 

uiiinu^lich  ist  In  dieser  Abstufung  steigt  dann  auch 

die  Schwierigkeit y  die  drei  Begebenheiten  sich  denkbar  zn 
machen :  wenn  anders,  wo  die  Sache  selbst  nndenkbar  ist, 
zwischen  Terselriedenen  Modificationen  derselben  eine  Stel- 
gerung der  Lndenkbarkeit  stattfinden  kann.  Wäre  näm- 
lich eine  Todtenerweckung  Uberhaupt  möglich ,  so  mül'ste 
sie  wohl  eher  möglieh  sein  bei  einem  so  eben  Terschiede- 
nen ,  noch  iebenswarmen  Individunm ,  als  bei  einem  erkal- 
teten 5  das  schon  zu  Grabe  getragen  wird,  und  wiederum 
bei  diesem  eher  als  bei  einem  solchen,  an  welchem  wegen 
bereits  Tiertllgigen  Aufenthalts  im  Grabe  der  Anfang,  der 
Verwesung  als  eingetreten  voransgesezt ,  nnd  dafs  sieh 
diese  Voraussetzung  bestätigt  habe,^  wenigstens  nicht  ver- 
neint wird. 

Doch  auch  abgesehen  ron  dem  Wunderbaren  ist  tob 
den  betraehteten  Geschichten  immer  die  folgende  thells  In- 
nerlich unwahrscheinlicher )  theils  änsserlich  unverbürgter 
als  die  vorhergehende.  Was  die  innere  Unwahrscheiniich- 
keit  betrifft 9  so  tritt  ein  Moment  derselben,  welches  an 
sich  Bwar  in  allen,  nnd  somit  auch  in  der  ersten  liegt, 
doch  bei  der  zweiten  besonders  hervor.  Als  Motiv,  war- 
um Jesus  den  Jüngling  zu  !Nain  erweckte,  wird  hier  das 
Mitleiden  mit  seiner  Mutter  bezeichnet  (V.  13.)-  Damit 
Ist  nach  Olshaüsbii  eine  Beziehung  dieser  Handlung  anf 
den  Erweckten  selbst  nicht  ausgeschlossen«  Denn  der 
Mensch,  bemerkt  er,  kann  als  bewufstes  Wesen  nie  blofs 
als  Mittel  behandelt  werden,  wie  es  hier  der  Fall  wäre, 
wenn  man  die  .Freude  der  Mutter  als  alleinigen  Zweck 
Jesu  bei  der  Auferweckung  des  JOnglings  betrachten  woll« 
te  ^       Hiedurch  hat  Olsuausen  auf  dankcuswerthc  Weise 

31)  BaBTSCiniBnisa,  Frob«b,  S.Bl. 

32)  1,  S.  170« 


Zweiter  Abschnill. 


Hie  Schwierigkeit  dieser  atid  Jeder  TodtenerweelLong  nicht 
gehoben  I  sondern  in's  Lieht  gestellt.   Dekin  der  Sehiols^ 

dafsy  was  an  sich,  oder  nach  geläuterten  Begriffen,  nicht 
erlaubt  oder  schicklich  ist,  von  den  Evangelisten  Jesu  nicht 
Bogeschrieben  werden  könne,  ist  ein  durchaus  unerlaubter: 
Tielmehr  sfllstey  die  Reinheit  des  Charakters  Jesu  vorans- 
gesezt,  wenn  ihm  die  Evangelien  etwas  Unerlaobtes  no* 
schreiben^  auf  die  Unrichtigkeit  ihrer  Erzählungen  ge- 
schlossen werden.  Dafs  nun  Jesus  bei  seinen  Todtenervie- 
ekungen  darauf  Rfieksicht  genommen  hitte,  ob  sie  den  so 
erweckenden  Personen  |  Tcrmöge  des  Seelensnstands ,  ki 
welchem  sie  gestorben  waren,  zu  Gute  kommen  oder  nicht, 
davon  finden  uir  keine  Spur;  dafs,  wie  Olshausen  an- 
nimmt}  l>ei  den  leiblich  Jiirweckten  auch  die  geistige  Erwe- 
ckung habe  eintreten  sollen  und  eingetreten  sei  9  wird  nli^ 
gends  gesagt;  überhaupt  ti'eten  diese  Erweckten,  auch  den 
Lazarus  nicht  ausgenoiamen|  nach  ihrer  Erweck ung  durch- 
aus surUcki  welswegen  Woolston  fragen  konnte,  warum 
doch  Jesus  gerade  diese  unbedeutenden  Personen  dem  Tode 
entrissen  habe,  und  nicht  einen  Täufer  Johannes  oder  ei- 
nen andern  aligemein  nüzlichen  IVIann  ?  Wollte  man  sagen, 
er  habe  es  als  den  Willen  der  Vorsehung  erkannt,  dafs 
diese  Männeri  einmal  gestorben,  im  Tode  blieben :  so  hatte 
-er 9  scheint  es,  von  allen  einmal  Gestorbenen  so  denken 
mUssen,  und  es  wird  in  lerJer  Beziehung  keine  andere  Ant- 
wort übrig  bleiben,  als  diese:  weil  man  von  beHihmten 
MAnnern  urkundlich  wulste,  dafs  die  durch  ihren  Tod  ent- 
standene Lücke  durch  kein  Wiederaufleben  ausgefüllt  wor- 
den war,  so  konnte  die  Sage,  was  sie  von  Todtenerwe- 
ckungen  su  erzählen  Lust  hatte,  nicht  an  solche  Namen 
knUpfen,  sondern  mulste  unbekannte  Subjekte  wählen^  bei 
welchen  Jene  Controle  wegfiel. 

Ist  dieser  Anstofs  allen  drei  Erzählungen  gemein,  und 
tritt  bei  der  aweiten  nur  eines  zufälligen  Ausdrucks  we- 
gen sichtbarer  henror:  so  ist  dagegen  die  dritte  ErsAhiung 


licanftes  Kapitel,  f.      ^  157 

▼oll  TOn  gans  «igenthttnüiclien  Schwierigkeiten,  imlem  das 
ganae  Benehmen  Jean  und  anm  TheÜ  aueh  der  llbrigep 
Pertonen  nicht  wohl  an  begreifen  Ist.  Wie  «letus  die 
Nnohricht  von  Her  Krankheit  des  Lazarus  und  die  darin 
enthaltene  Bitte  der  Schwestern^  nach  Bethanien  zu  koni< 
Mn,  erbttit,  bleibt  er  noch  awei  Tage  an  Ort  and  ^teiloi 
vnd  aest  aleh  erst,  nachdem  er  seines  Todes  gewlfs  gewor- 
den ,  nach  Judfia  in  Bewegung.  Warum  diefs  ?  Dafs  es 
nicht  geschah,  weil  er  etwa  die  Krankheit  für  ungefährlich 
gehalten  hatte^  Ist  oben  geaeigt,  da  er  ylelnehr  den  Tod 
des  Laaarua  yoranssah.  Oafs  es  ebensowenig  Gleichgültig» 
keit  gegen  diesen  war,  wird  vom  Evangelisten  (V.  5.)  aus- 
drücklich bemerkt.  Was  also  sonst?  Lt}CKE  verniuthet, 
Jeaoa  sei  ?lellelcht  eben  in  einer  besonders  gesegneten  Wirlt« 
aamkeit  In  PerXa  begriffen  gewesen,  welche  er  um  des  La* 
aama  willen  nicht  sogleleh  halw  abbrechen  wollen,  indem 
er  fiir  Pflicht  gehalten  habe,  seinem  höheren  Beruf  als 
Lehrer  den  geringeren  als  heilender  Wunderthäter  und 
helfender  Freund  nachavsetaen  Allein  neben  dem,  dala 
er  hier  gana  wohl  das  KIne  thnn  und  das  Andre  nicht  las- 
sen konnte,  nämlich  entweder  einige  Jünger  zur  Fortse* 
aung  seiner  Wirksamkeit  in  jener  Gegend  aurlicklasseOj 
oder  den  Laaarua,  aal  es  durch  einen  Jünger,  oder  dnroh 
die  Macht  seines  Willens  in  die  Ferne  hellen,  schweigt  ja 
unser  Referent  völlig  über  eine  solche  Veranlassung  des 
lungeren  Vcrweilens  Jesu,  es  darf  sich  also  diese  Ansicht 
Ten  demselben  nur  dann  erst,  und  awar  ala  bioise  Ver- 
mothong,  hfiren  lasten,  wenn  vom  ETangeliaten  kein  aa^ 
derer  Grund  von  Jesu  Verweilen  angedeutet  Ist.  Dieser 
liegt  aber,  worauf  auch  Olshausen  aufmerksam  macht, 
gans  offen  in  der  Erklärung  Jesu  V.  15. ,  delswegen  aal 
es  Ihm  lieh,  dals  er  bei  Laaarua  Tpde  nicht  gegenwirtig 
gewesen  sei,  weil  lür  den  Zwaek,  den  filanben  der  Jto- 


SS)  CeaHtt.  2,  8.  S76. 


Digitized  by  Google 


198  Zweiter  Abschnitt. 


ger  sa  stärken,  <Ue  Wieiterbelebang  des  Gestorbenen  wirk- 
sstmer  sein  werde,  als  die  Heilang  des  nnr  erst  Kranken 

hätte  sein  können.  Absichtlich  also  liatte  Jesus  den  La- 
zarus erst  sterben  lassen ,  um  durch  seine  wunderbare  Er- 
weckung sich  um  so  mehr  Glauben  zu.  verscbaffen.  Das« 
selbe  im  GkuEen  fassen  Tholügk  und  Olshaüsbn  nur  Au  mo- 
ralisch ,  wenn  sie  von  einer  pftdngogischen  Absicht  Jesu 
reden ,  den  Seelenzustand  der  ßethanischen  Familie  und 
seiner  Jünger  ma  Tollenden  3^),  da  es  doch  nach  Ausdrtt-. 
eken,  wie  %va  So^aadfj  6  viog  ▼ieimehr  mes- 

sianisch  um  Verbreitung  und  Befestigung  des  Glanbens  an 
Jesum  als  Gottessohn,  zunäclist  freilich  in  jenem  engsten 
Kreise,  eu  thun  war.  Hier  ruft  zwar  Lccke:  nimmer- 
mehr! so  wlUkiihrlich  und  eigensinnig  hat  der  Helfer  in 
der  Noth,  der  edelste  Menschenfreund,  nie  gehandelt  ^^), 
und  auch  de  Wette  macht  darauf  aufmerksam,  dafs  Jesus 
sonst  niemals  seine  Wunder  absichtlich  herbeigeführt  oder 
rergröisert  habe  Allein  wenn  beide  hieraus  schliefsen, ' 
es  mtfsse  also  Jesum  irgend  etwas  Äusseres,  ein  anderwei- 
^ges  ßerufsgeschäft,  abgehalten  haben:  so  ist  diefs  im 
Obigen  schon  als  dem  Bericht  zuwiderlaufend  erwiesen,  so 
dais,  wenn  Jene  Männer  mit  Recht  darauf  beharren,  der 
wirkliche  Jesus  habe  so  nicht  himdein  können,  das  aber 
nnr  mit  Unrecht  leugnen,  dafs  der  Verfasser  des  vierten 
JSvangeliums  seinen  Jesus  so  handeln  lasse,  nichts  Ande- 
res übrig  bleibt,  als  aus  dieser  Incongruens  des  Johannei- 
wd^n  Christus  und  des  denkbar  wirklichen  mit  den  Pro- 
babillen  auf  den  unhistorischen  Charakter  der  }oban- 
Jieischen  Erzählung  zu  schliefsen. 

Auch  das  angebliche  Benehmen  der  Jünger  V.  12.  f» 
imils  befremden.   Wenn  ihnen  Jesus  doch^  sofern  Jeden-» 

8^)  TnoLVGir,  S.  202.  Otnuutsir,  2,  S.  SßO. 
SS)  a.  a.  O. 

86)  Andtchttbuch,  1,  S.  292  f. 
97)  S.  59  f.  79. 


Digitized  by  Googl 


Neuutei  Kapitel.   $•  96, 


159 


üUls  ihre  drei  Koryphäen  dabei  gegenwftrtig  gewesen  wa- 
ren, schon  den  Tod  der  Jainutochter  als  einen  blofsen 
Schlaf  dargestellt  hatte:  Vfle  konnten  sie  dann,  wenn  er 
nun  von  Lazarus  sagte:  ^ey.oitnjca  und  i^invioco  arror, 
an  einen  natürlichen  Schlaf  denken  ?  Aus  einem  gesunden. 
Schlaf  weckt  man  doch  wohl  einen  Patienten  nicht,  und 
so  mafste  den  Jüngern  alsbald  einfallen,  dafs  hier  vielmehr 
in  dem  Sinn,  wie  bei  jenem  Mädchen,  von  einer  xolfii^oig 
die  Rede  sei.  Dafs  statt  dessen  die  Jünger  das  tiefer  Ge* 
meinte  so  oberflächlich  verstehen,  das  ist  ja  gans  nnr  die 
Lieblingsmanler  des  vierten  Evangelisten,  die  wir  schon 
an  einer  Reihe  Von  Beispielen  kennen  gelernt  haben.  Es 
war  ihm  traditionell  der  Sprachgebrauch  Jesu  zu  Ohren 
gekommen,  den  Tod  nur  als  einen  Schlaf  zu  bezeichnen^ 
nnd  alsbald  ergab  sich  in  seiner,  bq  dergleichen  Antithe« 
sen  geneigten  Phantasie  filr  diese  Bilderrede  ein  entspre« 
chendes  Mifsverstfindnlfs. 

Was  die  Juden  V.  37.  sagen ^  ist,  die  Wahrheit  der 
synoptischen  Todtenerwecknngen  voransgesent^  schwer  be-^ 
greiflich«    'Die  Jnden  berufen  sieh  anf  ,die  Heilung  des 
Blindgeborenen  (Joh.  9.))  und  machen  den  Schlufs,  dafs 
derjenige,  welcher  diesem  s.um  Gesicht  verholfen,  wohl 
nach  Im  Stande  gewesen  sein  mttfste,  den  Tod  des  Las»« 
ms  sa  verhindern.   Wie  verfallen  sie  anf  dieses  heterogene 
nnd  unsareichende  Beispiel ,  wenn  ihnen  doch  in  den  bei- 
den Todtenerweckungen  gleichartigere  vorlagen,  und  so!« 
che,  welche  selbst  noch  fUr  den  Fall  des  bereits  erfolgten 
Todes  Hoffnung  sn  geben  geeignet  waren?  Vorangegangen 
waren  aber  jene  galilliisehen  Todtenerweckungen  dieser 
judäischen  in  jedem  Fall,  weil  Jesus  nach  dieser  nicht 
mehr  nach  Galiläa  kam;  auch  konnten  jene  Vorgänge  in 
der  Hauptstadt  nicht  unbekannt  geblieben  sein,  sumal  ee 
ja  von  beiden  ausdrücklich  heilst,  das  Gerficht  von  densel- 
ben habe  sich  eig  olrpf  tt^v  yr^v  ixelvr^v,  iv  olji  tfj  lijöaif^  xai 
iv  naofi  tfi  ni^ixoiQf^  verbreitet.  Den  wirklichen  Juden  ^ 


100 


Zweiter  Absehnitt. 


abo  hlitten  diese  Fülle  nüher  gelegen:  da  der  vierte  Evan- 
gelist sie  aaf  ehvas  weit  weniger  Maheliegendet  sich  be- 
rufen IXfst,  so  wird  wahrscheinlich,  dafs  er  van  jenen 
Vorgängen  nichts  gewafst  hat  j  denn  dafs  die  ßerufung  nur 
ihm,  nicht  den  Juden  selber  angehört,  zeigt  sich  schon 
darini  dals  er  sie  gerade  anf  diejenige  Heilung  sich  beaie- 
hen  Isfst,  welche  er  nXchstenvor  ersflhlt  hatte» 

Ein  starker  Anstofs  liegt  auch  in  dem  Gebete,  welches 
V.  41  £•  Jesu  in  den  Mund  gelegt  wird.    Nachdem  er  dem 
Vater  für  die  Erhörung  gedankt,  seat  er  hinan,  er  für  sich 
wisse  wohl,  dafi  der  Vater  ihn  Jederaeit  erhöre,  und  nur 
um  des  Volkes  willen,  um  ihm  Glauben  an  seine  göttliche 
Sendung  beizubringen,  spreche  er  diesen  besonderen  Dank 
aus.    Zuerst  also  giebt  er  seiner  Rede  eine  Beaiehung  auf 
Gdtl,  hinterher  aber  sest  er  diese  Beaiehung  su  einer  nur 
um  des  Volks  willen  gemachten  herunter.   Und  diefs  nicht 
nur  so,  wie  Lücke  will,  dafs  Jesus  für  sich  zwar  blofs 
still  gebetet  haben  würde,  um  des  Volks  willen  aber  sein 
Gebet  laut  spreche  (denn  für  das  blols  stille  Beten  liegt  In 
der  GewiTsheit  der  £rhf  mng  kein  Grund),  sondern  In  dem 
Sinne,  dafs  er  für  sich  dem  Vater  nicht  für  einen  einzelnen 
Erfolg,  wie  gleichsam  überrascht,  au  danken  brauche,  da  er 
der  Gewährung  Im  Voraua  gewUs  sei,  also  Wunsch  und 
Dank  ausammenfallen,  überhaupt  sein  Verhfiltnils  cum  Vater 
nicht  in  einzelnen  Akten  der  ßitte,  der  Erhörung  und  des 
Danks  sich  bewege,  sondern  ^in  beständiger  und  stetiger 
Austausch  dieser  gegenseitigen  Funktionen  sei,  ans  wel- 
chem an  und  für  sich  kein  einselner  JDankakt  in  dieser 
Weise  sich  aussondern  wOrde.   Wenn  nun  allerdings  in 
Besug  auf  die  Bedürfnisse  des  Volks  und  aus  Sympathie 
mit  tUmselben  In  Jesu  ein  solcher  einselner  Akt  hervorge- 
tretoni  sein  könnte :  so  mlllste  doch ,  wenn  In  dieser  Stel- 
lang Walirheit  gewesen  sein  soll,  Jesus  gana  im  Mitgefühl 
aufgegangen  sein,  den  Standpunkt  des  Volks  zu  dem  sei- 
nigen  gemacht,  und  so  in  jenem  Augenblicke  doch  auch 


Digitizod  by  Gü*..' 


• 


'  Nenntet  KapiteL   $«  00.  161 

eas  eigenem  Trieb  und  für  sich  selber  gebetet  I  nben.  Hier 
aber  bat  er  kaum  sn  beten  angefangen,  so  steigt  ibm  schon 
die  Reflexion  auf,  dais  er  lileht  in  eigenem  Bedürfnisse 
bete,  er  betet  also  nicht  aus  lebendigem  Gefühl,  sondern 
ans  kalter  Accommodation,  und  diefs  mufs  man  nnstöl'sig,  ja 
widrig  ünden.  In  keinem  Falle  d^rf,  wer  anf  diese  Wei« 
se  nur  Eur.£rbauung  Anderer  betet,  es  diesen  sagen,  es 
geschehe  nicht  von  seinem,  sond.ern  nur  ron  ihrem  Stand* 
punkt  ans  5  «veil  ein  lautes  Gebet  auf  die  Hörer  nur  dann 
luindruck  machen  kann,  wenn  sie  voraussetsen,  dafs  der  Spre« 
ehende  mit  ganser  Seele  dabei  sei.  Wie  mochte  also  Je- 
sus sein  angefangenes  Gebet  durch  diesen  Zusae  unwirk«  • 
sara  machen?  Dranüte  es  ihn,  vor  Gott  ein  Bekennt- 
nifs  des  wahren  Bestands  der  Sache  abzulegen,  so  konnte 
er  die&  im  Stillen  thun;  dajs  er  es  laut  aussprach,  und 
in  Folge  dessen  auch  wir  es  hier  lesen,  diels  kOnnte  nur 
auf  die  spätere  Christenheit,  anf  die  Leser  des  Evange- 
liums, berechnet  gewesen  sein.  Während  nauiUch  zur  ^ 
Er\f eckung  des  Glaubens  in  der  umstehenden  Menge  ei* 
klärtermaCben  das  Dankgebet  nöthig  war,  konnte  der  fprt- 
geschrittene  Glaube,  viie  ihn  das  vierte  fivangeiium  Toraus* 
sezt,  sich  an  deuisclbcn  stossen,  weil  es  aus  einem  zu  un- 
tergeordneten, und  namentlich  leu  wenig  stetigen  Verhält« 
nifs  des  Sohns  Bum  Vater  hervorgegangen  scheinen  konn- 
te; es  mnlste  folglich  Jenes  Gebet,  das  f^r  die  gegenwär- 
tigen Hörer  nöthig  viar,  für  die  späteren  Leser  >\i<"(lrr 
annuliirt,  oder  auf  den  Werth  einer  bioii<en  Accommodation 
restringirt  werden.  Diese  Rücksicht  aber  kann  |tnmOglich 
•clion  Jesus,  sondern  nur  ein  später  lebender  Chnst  ge- 
habt haben.  Diefs  hat  schon  frdher  ein  Kritiker  geffihlf, 
und  daher  <ien  42.  Vers  als  unäciiten  Zusaz  von  spän  rer 
Hand  aus  dem  TeiLte  werfen  wollen  ^       Da  jedoch  dieses 


58)  DiKKrK\BACif,  Über  einige  walirschoinlichc  Inlerpolatloncn  im 
Kvan^f'liiim  Johannis,  in  Bcatiioldi's  lirit.  Journal^ 
Da$  Lebon  Jt$u  JU  ßand^  11 


üiyilizeQ  by  ^üOglc 


161 


Zw«it<r  Absalmitt. 


UrtheU  rcn  rHmi  iuiiercn  Gpünden  TerlMaen  Irt,  ao  mürsta 

man,  wenn  jene  Woüe  doch  nicht  von  Jesa  sein  kftnnen, 
annehmen,  woeu  Lücke  früher  nicht  ganz  ungnuMot  war  9), 
der  Evangelist  habe  Jesu  jene  Worte  nnr  geliehe»,  um  die 
in  V.  41.  vorangegangenen  bu  erläutern.  CJan«  geKifs  ha- 
ben vrip  hier  Worte,  die  Jesu  vom  Evangelisten  nur  gelie- 
hen  sind:  aber,  wenn  einmal  diese,  wer  steht  uns  dann 
auch  hier  dafür,  dafs  et  nur.  mit  diesen  sich  so  verhalt? 
In  einem  Evangehuip,  in  welchem  wir  schou  so  viele  Re- 
den als  blofs  geliehene  erkannt  haben,  im  Zusammenhang 
einer  Erzühlung,  welche  an  allen  Enden  historische  ün- 
denkbarkeiten  h  u ,  ist  die  Sclnvierigkeit  eines  einzelnen 
Verses  nicht  ein  Zeichen,  dafs  er  nicht  snm  übrigen,  son- 
dern in  Verbindung  mit  dem  Übrigen  davon,  dafii  das  Ganse 
nicht  in  die  Isiasse  historischer  Compositionen  gehdrt 

Was  fürs  Andere  die  Abstufung  zwischen  den  drei 
ErsKhlungen  in  Rücksicht  auf  die  «ussere  Beglaubigung  be- 
trifft, so  hat  schon  Woolston  richtig  beobachtet,  wie  auf- 
fallend es  sei,  dafs  n*ir  die  Erweckung  der  Jairustochter, 
in  welcher  das  Wunderbare  am  wenigsten  hervortrete,  I  i  i 
drei  Evangelisten  vorkomme,  die  beiden  andern  aber  je 
nur  bei  Einem  ^»)>  swar,  indem'  es  liei  der  Erweckung 
des  Lazarus  noch  weit  weniger  begreiflieh  Ist,  wie  sie  bei 
den  übrigen  fehlen  kann,  als  bei  der  Erweckung  des  naini- 
tischen  Jünglings,  so  ist  auch  hier  ein  voilst&ndiger  Ivli- 
max  vorhanden« 

Dafs  die  znlezt  genannte  Begebenheit  nur  allein  vom 
Verfasser  des  Lukasevangeliuins  erzählt  ist,  dafs  insbeson- 
dere Matthäus  und  Markus  sie  nicht  neben  oder  statt  der 
ErsShlting  von  dem  erweckten  Mädchen  haben ,  macht  in 
mehr  als  Einer  Hinsicht  Schwierigkeit         Schon  über- 

S9)  Comm«  s.  Job.  Ite  Aull.  2,  S.  310. 

4u)  So  auch  der  Verf.  der  ProbabiUen  S.  6f . 

4!)  Dise.  6* 

42)  Vgl.  ScaLmtamcasa,  Uber  den  Lukas,  S.  103  C 


Digitized  by  Google 


Kennt««  KapiteL  S«  96.  16S 

hanpt  als  Todtenerwecknng ,  soUle  nuin  glanben,  da  deren 

nach  unscrii  Berichten  nur  wenige  vorgekommen  waren, 
und  diese  von  ausgezeichneter  Beweiskraft  sind  ^  es  müfste 
die  Evangelisten  nicht  verdrossen  haben  |  neben  der  einen 
auch  noch  die  sweite  aufaunehmen,  da  es  Ja  Matthäus  fflr 
der  Mühe  werth  gehalten  hat,  e.  B.  von  Blindenheilungen 
drei  Proben  zu  berichten ,  welclie  doch  weit  weniger  Ge- 
wicht hatten )  wo  er  also  weit  eher  mit  Einer  h&tte  ab- 
kommen ,  ond  statt  der  fibrigen  noch  eine  oder  die  ande* 
re  Todtenerweekong  aufnehmen  können.    Gesest  aber  auch, 
die  zwei  ersten  Evannfelisten  wollten  aus  einem  nicht  mehr 
SU  ermittelnden  Grunde  nicht  weiter  als  Eine  Todtener- 
wecknngsgesehichte  geben  ^  so  sollten  sie^  mnfs  man  mei« 
nen,  weit  eher  die  vom  Jflngiing  zn  Nein,  sofern  sie  von 
derselben  wuPsten,  ausgewählt  haben,  als  die  von  der  Jai- 
rustochter,  well  sie,  wie  oben  ausgeführt,  eine  en^ächiede* 
nere  und  auffallendere  Todtenerweckung  war.   Geben  sie 
dessen  ungeachtet  nur  die  leatere,  so  kann  von  der  andern 
wenigstens  Matthäus  nichts  gewufs't  haben;  dem  Markus 
freilich  lag  sie  wahrscheinlich  im  Lukas  vor,  aber  er  war 
schon  3,  7.  oder  20.  von  Lukas6, 12.  Ci7.)  zu  Matthäus  12, 15. 
übergesprungen,  und  kehrt  erst  4, 35.  (21  ff.)  an  Lukas  8,  22^ 
(16ff.)2(i<*''ck^'),  wo  er  dann  dieErweckong  des  Jünglings 
(Luc.  7, 1 1  ff.)  bereits  hinter  sicli  hat.  Die  nunmehr  entstellen- 
de zweite  Frage:  wie  kann  die  Wiederbelebung  des  Jüng- 
lings, wenn  sie  wirklich  vorgegangen  war,  dem  Verfasser 
des  ersten  ßvangeliums  unbekannt  geblieben  sein?  hat, 
aucii   abgesehen  \on   lieni  voraussez-licli   aj)Ostolischen  Ur- 
sprung dieses  Evangeliums,  doch  nicht  geringere  Schwie- 
rigkeiten als  die  vorige.    Waren  doch  ausser  vielem  Vol- 
ke auch  /la^Tal  Inctvol  dabei;  der  Ort  Nain  kann,  wie 
Jusephus  seine  Lage  im  Verhältnifs  zum  Thabor  bestimmt, 
nicht  fern  von  dem  gewöhnlichen  galilälschen  Schauplaa 


4S)  SAimim,  iibcr  die  QucUea  de»  Markus,  S.  66  IT. 

11  * 

Digitized  by  Google 


104  Zweiter  Abschnitt. 

der  Thafi/^Ucit  Jesu  gewesen  sein  ;  endlich  verbreitete 
sich  ja  du«Gei  ficSf  ^on  dem  Ereignifs,  wie  natürlich,  weit 
noiher  CV.  17.).  Sculbiehmacher  meint ,  die  nichtapostdli- 
eehen  Verf«««er  dir  ersten  Aofiteichiinngen  aus  dem  Le- 
ben  Jeüu  haben  weniger  gewn-^f,  die  vielbeschlifrlgten  Apo- 
stel um  Notizen  anzugehen,  sondern  mehr  die  Freunde  Je- 
su Bwelter  Ordnung  aufgesucht,  und  liiebei  haben  sie  sich 
naturlich  am  meisten  an  diejenigen  Orte  gewendet,  wo  sie 
die  reichste  Ernte  hoffen  konnten,  nach  Kapernaum  und 
Jerusalem:  was  sich,  wie  die  in  Rede  stehende  Todtener- 
weckung,  an  andern  Orten  zugetragen,  das  liabe  nicht  so 
leicht  Gemeingut  werden  können.  Allein  diese  Vorstellung 
der  Sache  Ist  theils  su  subjektiv,  indem  sie  die  Verbreitung 
der  Kunde  von  Jesu  Thaten  durch  Nachfrage  einselner 
Liebhaber  und  Anektlotensammler  gehen  läfst,  theils,  was 
damit  susammenhängt,  liegt  Ton  dergleichen  Geschichten 
die  irrige  Ansieht  Bum  Grunde,  a&  wären -sie  an  den 
Plätzen,  wo  sie  vorgegangen,  wie  träge  Klumpen  Bu  Boden 
gefallen,  desselben  Orts  als  todte  Schätze  verwahrt,  und 
nur  denen,  die  sich  an  Ort  und  Stelle  bemühten,  vorgezeigt 
worden:  statt  dais  dieselben  vielmehr  von  dem  Ort,  wo 
sie  sich  begeben  oder  gebildet  haben,  lebendig  auiliiegen, 
allenthalben  umherschweifen,  und  nicht  selten  das  Band, 
das  sie  mit  dem  Ort  ihrer  Entstehung  verknüpft,  ganz  zer- 
reissen,  wie  wir  an  unsähllgen  wahren  oder  erdichteten 
Gesehichten  titglich  sehen,  welche  als  an  den  verschieden- 
sten Orten  vorirefallen  dargestellt  werden.  Bat  sich  ein- 
mal eine  solche  Erzählung  gebildet,  seist  sie  die  Substanz, 
die  angebliche  Lokalitfit  das  Accidens,  keineswegs,  wie  Schlm- 
BRMACMBR  CS  wendet,  der  Ort  die  SubstanB,  an  welche  die  Er- 
Zählung  als  Accidens  gebunden  wlire.  Lflfst  CS  sich  dem- 
nach nicht  wohl  denken,  wie  eine  ßegebcnheit  dieser  Art, 
wenn  sie  wirklich  vorgefallen  war,  ausser  der  allgemei- 
nen Oberaeferung  bleiben ,  und  daher  dem  Verfasser  des 

44)  vgl.  WiKBA,  h.  Rcalw.  d»  A.  . 


Digitizod  by  Gü*..wtL 


^«UMtet  Kapitel.   $.  96.  16ft 

ersten  £?angeliu ms  unbekannt  sein  konnte:  so  ergiebt  sieh 
aas  der  Thatsachei  dafs  er  niehts  von  derselben  weiis)  ein 
Sehinfs  gegen  ihr  wirkliches  Vorgefiillefisefn. 

Doch  mit  ungleich  schwererem   Gewicht  fällt  dieser 
Zweifelsgrund  auf  die  £reäblung  des  vierten  Evangeliums 
Ton  der  Anferweeknng  des  Laaams.  Wülsten  ilie  Verfas- 
ser oder  Sammler  der  drei  ersten  Evangelien  Von  dieser,  so 
konnten  sie  aus  mehr  als  Einem  Grunde  nicht  umhin ,  ^le 
in  ihre  Schriften  aufzunehmen.    Denn  erstlich  ist  sie  unter 
sammtliehen  von  Jesu  vollbrachten  Todtenerwecknngen ,  ja 
nnter  seinen  simmtliehen  Wandern  flberhaapt  dasjenige, 
dem  der  Charakter  des  Wunderbaren  am  unverkennbarsten 
aufgeprägt  ist,  und  welches  daher,  wenn  es  gelingt,  einen 
von  seiner  historischen  Realität  an  Qberseagen,  eine  vor> 
BligÜeh  starke  Beweiskraft  Imt  ^')|  wefswegen  die  Evan- 
gelisten ,  sie  mochten  schon  eine. oder  ewei  andre  Todten- 
erweckungen  erzählt  haben,  doch  nicht  (iberflüssig  hiuicii 
konnten 9  auch  diese  noch  hinzusufUgen.    Zweitens  aber 
griff  sie,  laat  der  Johannelselien  Darstellung ,  entscheidend 
In  die  fintwiekelung  des  Schicksals  Jesu  ein,  indem  nach 
11,  47  if.  der  vermehrte  Zulauf  zu  Jesu  und  das  grofse 
Aufseilen,  >vas  die  Wiederbelebung  des  LsEarus  herbeige- 
üDhrt  hatte  I  das  Synedrium  so  Jener  Berathschiagang*  ver- 
anlafste,  hei  welcher  der  hlutige  Rath  des  Raiphas  gege- 
ben wurde  und  Eingang  fand.    Diese  doppelte,  dogmatische 
sowohl  als  pragmatische  Wichtigkeit  des  Ereignisses  mufste 
die  Synoptiker  nöthigen,  es  an  erzählen,  wenn  sie  davon 
wafsten.   Indels  die  Theologen  haben  allerlei  Grfindd  aus- 
findig (gemacht,  warum  jene  Evangelisten,  auch  wenn  ih* 
neu  die  Sache  bekannt  war,  doch  nichts  von  derselben  sol- 
len haben  erzählen  mögen.   Die  einen  waren  der  IMcinung, 
cur  Zeit  der  Abfassung  der  drei  ersten  Evangelien  sei  die 
Gescliichte  noch  In  aller  Munde,  mithin  Ihre  Anfseiehnuii|> 


\  45)  Man  crSnnsre  sieb  der  bckanatea  Xusseruag  voa  Smosi. 


Digitizc'ü 


Ilki  Zweiter  AbicUnltt. 

fiberflUssS^  g^ewesen  *'^) ;  Andre  veriniitheten  umgekehrt,  man 
habe  daif  weitere  ßeknnntwerden  derselben  ?e^b{iten  wollen, 
um  dem  noeb  lebenden  La«ini«y  welcher  nach  Job.  12,  10» 
'  we^en  lies  an  ihm  fresehehenen  Wundert  von  den  jOdiachen 
Hiernrchen  verfolgt  wurde,  oder  seiner  FAmilie,  keine  Ge- 
fahr /u  bereiten ,  wns  in  der  späteren  Zeit ,  als  Johannes 
sein  Evangelium  sehrieb,  nicht  mehr  cn  liefUrchten  gewe- 
«   sen  sei  ^^)«   Zwar  heben  sich  nun  diese  beiden  GrOndo 
aufs  Schönste  ge^enseifinf  auf,  und  sind  auch  jeder  fftr 
sich  kaum  einer  ernsflmfren  Widerlegung  werth  :  doch  sollen» 
weil  fihnÜche  Ausflüchte  auch  sonst  noch  öfter  ala  man 
glauben  mSehte ,  angewendet  werden ,  einige  Gegenbemei^ 
kan^ren  nicht  (r^'^pnrt  sein.    Die  Rehauptang^  als  in  ihrem 
Kreise  allgemoiii  bekannt  sei  die  Wiederbelebung  de«  La- 
saros  von  den  Synoptikern  nicht  anfgezeichnet  worden  ^ 
beweist  sn  viel,  indem  auf  diese  Weise  gerade  die  Uaupt» 
punkte  im  Lehen  Jesu,  seine  Taufe  im  Jordan,  sein  Tod 
und  seine  Aufersteljung,  hätten  unbesrhrleben  bleiben  müs- 
sen.   £8  dient  aber  eine  solche  Sciirift,  die,  wie  unsre 
Evangelien^  in  einer  religiösen  Gemeinde  entsteht,  keines-- 
wegs  blofs  dasu,  Unbekanntes  bekannt  so  machen,  son- 
dern auch  das  bereits  Bekannte  festzuhalfen.    Gegen  die 
andre  l'^rkiäriintr  ist  schon  von  Andern  bemerkt  worden ^ 
das  Bekanntwerden  dieser  Geschichte  unter  NichtpalA'sti- 
nensem,  für  welche  Markus  und  Lukas  schrieben,  habe 
dem  Lazarus  nichts  schaden  können;  aber  auch  der  Ver- 
fasser des  ersten  Evangeliums,  falls  er  in  und  für  Palästina 
geschrieben,  würde  wohl  schwerlich  aas  Rücksicht  auf  La- 
sarus,  welcher,  ohne  Zweifei  Christ  geworden,  wenn  er 
auch  Im  unwahrscheinlichen  Fall  nur  Zeit  der  Abfassung 
des  ersten  Evangeliums  noch  gelebt  haben  sollte,  so  wenig 

46)  Wmrwr,  Aanat.  2.  d.  St. 

47)  So  Gnonut,  Hkudir;  such  OtiRAVtnv  bekennt  sich  vermu« 
tkungsw eise  zu  dicicr  Anticbtj  2;  S.        f.  Aninerk. 


Digitized  by  Google 


als  seine  Familie  sich  weigern  durfte |  um  des  fCamene 
CiiHati  willen  su  leiden ,  ein  Faktum  Tmehwiegmi  haben, 
iii  welchem  sieh  dessen  Herrlichkeit  so  besonders  geoffen- 
bart hatte.  Die  geflihrlichste  Zeit  für  LaEarus  war  nach 
Joh.  12,  10.  die  gh^ich  nach  seiner  Wiederbelebung  ^  und 
schwerlich  konnte  eine  so  sp&t  kommende  Ersählung  diese 
Gefahr  erhöhen  oder  erneuern;  ttberheopt  mnlste  in  der  Ge- 
gend Ton  fiethanlen  und  Jerusalem,  Ton  weher  de«  La« 
CHrus  *lie  Gefahr  droKte,  der  Vorgang  so  bekannt  sein  und 
iiu  Andenken  bleiben,  dafs  durch  Aufseichnung  desselben 
nichts  Bu  verderben  war 

Bleibt  es  also,  dals  die  Synoptiker  von  der  AnfSerwe- 
ckvng  des  Lazarus,  von  welcher  sie  nichts  erzählen,  auch 
iiicJits  gewuDit  haben  können,  so  entsteht  auch  hier  die 
sweUe  Frage,  wie  die^  Nichtwissen  möglich  war?  Die 
mysteriöse  Antwort  Hasb's,  der  Gmnd  dieser  Auslassung 
sei  in  den  gemeinsamen  Verhöltnissen  verborgen,  anter 
\vi*U  Iien  die  Synoptiker  überhaupt  von  allen  früheren  Vor- 
lalleu  in  Judäa  schweigen,  lafst  wenigstens  dem  Aus- 
druck nach  ungewils,  ob  damit  nu  Ungunsten  des  .vierten 
£%angellums  oder  der  übrigen  entschieden  sein  soll.  Ge* 
raile  «lieses  Beste  an  der  ÜASE'schen  Antwort  hat  die  neue- 
ste ikritik  des  MatthäusevangeUums  etwas  cufaln'eud  ver- 

4Ss)  s-  diese  Argumente  xcrstrcuk  bei  Favlvs  und  LI'ckk  z.  d. 
Absch. ;  bei  GABi.aa  in  der  ahgcf.  Abhandl«  S.  23S  ff«  und 
Hisc,  L.  J.  §.  119.   Einen  neuen  Grund,  warum  namentlich 
MatthMuf  von  der  Auferweckung  dot  Lazarus  schweige,  hat 
HcfnanaaiCR  (über  die  UnzulStsigkeit  der  mythischen  Auffat-  . 
tung,  2tet  Stfick,  S.  42.)  ausgedacht.  Der  Evangeliit  habe 
•ie  Oberg  angen  j  weil  sie  mit  einer  Zartheit  und  Lebendig- 
keit des  CjefühU   riarpestellt  und  Lcliandelt  sein  wolle ,   zu  , 
wrlrlirr  er  sich  niciil  fiifiig  gefitlilt   habe.    Daher  habe  der 
brsf  Iii  idonc  Mann   sich  lirbcr   £^ar  nicht  an  die  Geschichte 
\va^(Mi  wollen,  als  .^ic  in  seiner  l^rzählung  an  rührender  Hratt 
und  h>habcnheit  verlieren  lassen.  —  Welche  eitle  Betchei* 
denheit  daeat  gewesen  wäre! 


Digitized  by  Google 


Zweiter  Abschnitt. 

dorbaii}  'indem  sie  jene  gemeinsamen  Verhältnisse  eili^rst 
ilAhin  beetfninite,  dafe  dareh  die  Unbekenntachaft  mit  einer 
Geschiehte ,  die  einem  Apostei  habe  bekannt  sein  müssen , 
die  Synoptiiier  sich  sämmtlicli  als  Nicht aposfel  beurkun- 
den ^').     Durch  rUese  Versichtleistung  auf  den  »posto- 
llschen  Ursprung  des  ersten  l^vangeliunu  wird  sein  und 
der  andern  Nichtwissen  um  den  Vorgang  mit  LaBams  hoch 
iieineswegs  erklärlich.    Denn  bei  der  Merkwürdigkeit  des 
FaktnmS}  da  es  ferner  .im  Mittelpunkte  des  jüdischen  Lan- 
des Torgefaiien  war,  grofses  Aufsehen  erregt  hatte,  und 
die  Apostel  als  Augeneeugen  nngegen  gewesen  waren:  Ist 
gar  nicht  einsusehen,  wie  es  nicht  in  die  allgemeine  übei^ 
lieferung,  und  aus  ihr  in  die  synoptischen  Evanirelien  hätte 
kommen  sollen.    Mau  berief  sich  darauf,  dafs  diesen  £van* 
gellen  galiiälsche  Sagen,  d.  h.  mandliche  Ersählongen  und 
schrtfitllehe  Aufsfitse  der  galllSlsohen  Freunde  und  Beglei- 
ter Jesu  Kum  Grunde  liefen;  dlpse  seien  bei  der  Anferwe- 
okung  des  Lazarus  nicht  zugegen  gewesen,  und' haben  sie 
also  nicht  in  ihre  Jlenkwttrdigkeiten  ani^nommen;  die 
Verfasser  der  ersten  Evangelien  aber,  Indem  sie  sich  streng 
an  diese  galiläischeii  Nachrichten  hielten,  haben  die  Bege- 
benheit gleichfalls  übergangen  ^        Allein  so  streng  läfst 
sich  die  Scheidewand  swischen  6alil£ischem  und  Judäi- 
ichem'  nicht  nlehen,  dafs  der  Rnf  eines  Ereignisses  wie  die 
Anferweckung  des  Lazarus  nicht  auch  nach  GalilKa  bStte 
hinübertunen  mUsSvMi;  war  es  auch  nicht  in  einer  Festzeit 
vorgefallen,  wo  (wie  Job.  4,  45.)  viele  Gaiil&er  Augen- 
seugen  sein  konnten,  so  waren  doch  die  JSnger,  gröfcern- 
thells  GalilXer,  dabei  (V.  160}  vnd  mufsten,  sobald  sie 
nach  Jesu  Auferstehung  wieder  nacli  Galiläa  knnion  ,  das 
Faktum  überall  auch  in  dieser  Provinz  ausbreiten;  oder 
vielmehr  mafsten  schon  vorher^  an  dem  lesten  von  Jofu 


49)  Scii.NKCKKKBUHGKK,  ubcT  (Icn  Urspr.  S.  10* 
iO)  Oabum,  a.  s.  ü.  S.  240  f. 


Digitized  by  Google 


JSeuutes  Kapitel.   §.  95. 


besuchten  Paschafest,  die  festbesiiohcnden  Gniliäer  die 
stadtkandige  Begebenheit  erfahren  haben.  Daher  findet 
auch  LOcKB  diese  6ABLBR*8che  £ridlErnng  nneenUgend ;  wenn 
er  aber  seinerseits  das  Hädiscl  durch  die  Bernerkniifif  losen 
will,  daCs  die  urspriiuuliche  evangelische  Uberiieferungf , 
welcher  die  Synoptiker  gefolgt  seien,  die  Ijetdenageschichte 
weni;^  pragmatisch,  also  aach  ohne  Rücksicht  auf  diese 
Begebenheit,  als  das  geheime  Motiv  des  Mordbefehl«  ge- 
gen Jesum,  dargestellt  habe,  und  erst  der  in  die  innere 
Geschichte  des  Synf)driuais  eingeweihte  Johannes  im  Stande 
gewesen  sei,  diese  Ergfinsong  so -geben  '0*  *^  kSnnte 
«war  hiemit  der  eine  Grund  entkriflet  an  sein  scheinen, 
der  die  Synoptiker  nöthigen  mufste,  jene  Begebenheit  auf- 
Kiinehmen ,  der  nämlich,  welcher  von  ihrer  pragmatischen 
Wichtigkeit  hergenonnien  ist;  wena  aber  hinaugeseat  wird, 
als  Wunder  an  sich  ond  ohne  Jene  nXhereri  Umstünde  be» 
trachtet,  habe  sie  sich  leicht  unter  den  (ihrigen  \V  underer- 
B£hlangen  verlieren  k<innen,  von  welchen  wir  in  den  drei 
ersten  Evangelien  eine  anm  Theil  anfällige  Auswahl  ha- 
llen: so  erscheint  die  synoptlsclie  Wnnderauswahl  eben  nur 
dann  als  eine  zufällige,  wenn  man,  was  hier  erst  bewie- 
sen werden  soll ,  schon  voraussezt ,  dafs  die  johanneischen  . 
Wunder  historisch  seien,  und  ist  sie  nicht  bis  eum  Vor- 
standidsen  anföllig,  so  kann  sie  ein  solches  Wunder  nicht 
'  verloren  haben  ^2).  - 


51)  Comm.  s.  Job.  2,  S.  402. 

St)  Darf  Ich  mich  auch  auf  eine  erst  zu  dmcliende  Schrift  hezie* 

hen ,  80  werden  wir  in  den  SciiLEiER.MACHKR'schcn  Vorlesun- 
gen über  das  Leben  Jesu  zur  lOrMärung  des  fraglichen  Still- 
•chweigons  darauf  vorwiesen  werden,  dass  die  synoptischen 
Evanfrolien  überhaupt  das  Verhältniss  Jesu  zur  Be^lhanischen 
Familie  ignoriren ,  weil  ^nelleicht  die  Apostel  eine  vertraute 
persönliche  Verbindung  dieser  Art  nicht  in  die  allgemeine 
Tradition  haben  tUbergehen'  lassen  wollen ,  aus  welcher  jene 
evangelisten  schSpften;  mit  dem  Verhiatniss  Xetu  au  dieser 


Digitized  by  Google 


17» 


▼  •rark , » »^n  -  aaic  w«»tivit*i"  31.1.1         ■lo»;^»  frn^r^  iainrr 
lior  znm  Sj^^t^jittii  4cr  ^'-aii'^r^wi^r  uci  aaait^ntUcii  fies 

rli»—»  Mike  ciae  inm  mmm  Cvul£«Iim  fvfilhHKW  Aat- 
ißf^rt  »n«!  VTLf  frkr^ies  Lccsi*^  Baniutrah. 

len^  Vi  ei<  r.'^r  iJi  <^.er  »eae«  A&ie<Jkbe  dem jettigea ,  der 

«M  ileM  ikJmeif e«  der  Sitpiifcfi' 

•«lifieCtt.  eine  AkrUie  sonder  Gkirhn  vm!  siBsiielwii  Man- 

gel  an  ILiuMeUt  in  da»  \  erf.äirnii*»  on^rer  £Fan£elIen  zu 
elfiüfider  (tt ie  es  niMlich  die  eeutliehe  Sl«  herfielt  der  Theo- 
hgen,  äueh  dmrtk  die  amm  TkeU  tiiftadia  Winke  dar  JPMa- 


Vtmilit  überbaupl  sei  nun  Mick  dieses  einzelne  aaf  sie  sich 
kezSf'hrnde  Faktm  mibckaiiBt  gckiirkca.  AUob  was  soIHe 
die  Apostel  tu  einem  tolcheB  ZaruckbaltcB  kewagt«  kaken? 
•ollen  wir  denn  an  gckenscy  oder  adft  Vanvam  an  sarle 
Verkifidungen  denken?  sollte  kei  Jesn  nickl  anck  ein  soU 
cfim  )'rivatvcrhältniis  des  Crkanlicken  Tid  gekabt  babcn? 
Wil  l  lit  li  <  nllialti  n  ja  die  Proben,  welche  uns  Johannes  und 
Lnl'.as  \on  (!<  ni  \  <  rl)allniss  Jt  »su   zu  der  bezeichneten  Fami- 
lie g<  },rn,  (Jefcs«  n  \U:\,  und  aii^  der  Erzählung  des  Lezteren 
von  dem  Besuch  Jesu  hei  Martha  und  Maria  sehen  wir  zu- 
gleich ,  daii  auch  die  apostolische  WrKündigung  heinetwegs 
abgeneigt  war^  etwas  von  {enem  Verhäitniss  sehen  ma  lassen, 
•ofern  es  allgemeines  Interesse  gewahren  konnte.  In  dieser 
Hinsicht  ragte  ntin  aber  die  Auferweckvng  des  Luams  ^s 
•iiiinentes  Wunder  okne  Vergleickung  weiter  als  jener  Be* 
•ueh  mit  seinem  irSs      rc^^«         das  PriTstverhSiltniss  Je- 
lu  zur  Jiethaniiichen  Familie  hinaus:  das  vorau^^esezte  Stre- 
ben ,    dirsrn  f^eheini  zu  halten,  konnte  der  Verbreitung  von 
jener  ni»  ht  in  d»  n  Weg  treten. 
S3)  Krsk,  iihi^r  den  Ursprung  des  Evang.  Matth.  Ttib.  Zeitichrift^ 
ibUf  Zf  ö.  110. 


Digitized  by  Google 


I^euutea  Kapitel.   $.  96.  171 

bil'ien  nicht  aufgerüttelt ^  noch  immer  festfiäU)  vorwirft, 
nicht  60  sehr,  um  uns  von  der  bestimmten  £rklftrang  *a* 
rQcksnhalten  y  dafs  wir  die  Erweck angsgeachichte  des  La- 

zaras  für  die  wie  innerlich  unwahrscheinlichste,  so  üusser« 
lieh  am  wenigsten  beglaubigte  halten,  und  auch  »sen  Ab- 
schnitt in  Verbindung  mit  den  bisher  belencüteten  als  Kenn« 
teichen  der  Unfichtheit  des  vierten  Evnngeiinms  betraehten. 

Sind  auf  diese  Weise  alle  drei  evancrelischo  Todtener* 
weckungsgcscliichten  durch  negative  Gründe  mehr  oder 
minder  zweifelhaft  gemacht,  so  fehlt  jezt  nur  nocli  der  po- 
sitive Nachweis  y  dafs  leicht  aach  ohne  historischen  Grand 
die  Sage,  Jesos  habe  Todte  erweckt,  sich  bilden  konnte. 
Vom  Messias  wurde  bei  seiner  Ankunft  nach  rabbini- 
sehen  ^'^j  wie  nacli  N.  T.lichen  Stellen  (z.  B.  Joh.  5,  28  f. 
6,  40.  44.  1.  Kor.  19.  1.  Thess.  4,  16.)  die  Anferweckung 
der  Todten  erwartet.  Nun  war  aber  die  naQHola  des  Mes- 
sias Jesus  in  der  Ansicht  der  ersten  Gemeinde  durch  sei» 
Den  Tod  in  swei  Stücke  gebrochen:  in  seine  erste  vorbe- 
reitende Anwesenheit  9  welche  mit  seiner  menschlichen  Ge- 
bort begann  nnd  mit  der  Anferstehong  nnd  Himmelfahrt 
schlofs,  und  in  die  zweite,  noch  zu  erwartende  Ankunft 
in  den  Wolken  des  Himmels ,  um  den  aiiov  {.dlkuiv  wirk- 
lich ea  eröffiien.  Da  es  der  ersten  Parasie  Jesa  an  der 
von  einem  Hesslas  erwarteten  Herrlichkeit  gefehlt  hatte  ^ 
so  Warden  die  grofsartlgen  Bethätigungen  messlanischer 
Macht,  wie  namentlich  die  allgemeine  Todtenervveckung, 
in  die  sweite^  noch  bevorstehende  Parusie  verlegt.  Doch 
mofste,  cum  Unterpfand  fitir  das  sn  £rwartende,  auch 
schon  doreh  die  erste  Anwesenheit  Ae  Herrlichkeit  der 
zweiten  in  einzelnen  Proben  hindurchgeschimmert,  Jesus 
seinen  Beruf,  einst  alle  Todte  zu  ei*wecken,  schon  bei  sei- 
ner ersten  Anknnft  durch  firweckung  einiger  Todten  be- 
urkundet haben  9  er  mulstei  um  seine  Messianit&t  gefragt, 


54)  BaafMOUiTi  Ghristol.  Jud.  %.  S5. 


Zweiter  Abschnitt. 


unter  den  Kriterien  derselben  auch  das  y$x(^l  ^iyelQOvrai 
(Matth.  11|  S.)  haben  aufflBhrön  und  seinen  Aposteln  dieselbe 
Vollmacht  ertheilen  können  (Matth.  10, 8.  vgl.  A.  6. 9, 40. 
20,  10.)  I  namentlich  aber  als  genaues  Yorsiilel  davon,  dafa 
einst  ndAig  ol  h  roTg  fivijuelo^g  axoaovrai  tf^g  funrng  avtS 
»cd  ixnoQivaovtai  (Job.  ft,  SS  f.) 9  einem  riaaa(iag  ^fUQttg 

Ttp  f4V}jpel(i)  qxüvfj  peyah]  das  SevfM  f^ia  nu- 
gerufen  haben  (Job.  11,  17.  43.  )•  die  Entsteluing  de- 

tailiirter  £rzHltlungeii  von  einzelnen  Todtenerweckungoii 
lagen  aberdiefs  im  A.  T.  die  geeignetsten  Vorbilder.  Die 
Propheten  Elias  (1.  KOn.  17,  17  ff.)  und  £lisa  (S.  K5n. 
4,  18  if.)  hntteii  Todte  erweckt,  und  darauf  berufen  sich 
jüdische  Schriften  als  auf  ein  Vorbild  der  messiaiiischen 
Zeit  ^^).  Objekt  ihrer  Todtenerweckungen  war  bei  bei* 
den  ein  Kind,  nur.  ein  Knabe,  wie  in  der  den  l^^n optikern 
gemeinsamen  Erzählung  ein  Mädchen ;  beide  erweckten  es, 
wie  Jesus  die  Jairustochter,  noch  auf  dem  Bette  ^  beide 
so,  da(s  üie  sieh  allein  In  die  Todtenkammer  begalien,  wie 
Jesus  dort  Alle  ausser  wenigen  Vertrauten  liinauswiea; 
nur  braucht  wie  billig  der  Messias  die  mühsamen  Mani- 
pulationen nicht  vorzunehmen,  durch  welche  die  Prophe- 
ten an  ihrem  Zwecke  zu  gelangen  suchen.  £lia  im  Beson- 
dern erweckte  den  Sohn  einer 'Wittwe,  wie  Jesus  un  Nain 
that;  er  begegnete  der  Sareptanlschen  Wittwe  (aber  yor  dem 
Tod  ihres  Sohnes)  am  Thor,  wie  Jesus  mit  der  Nainitiselicn 
(nach  ihres  Sohnes  Tod)  unter  dem  Stndtthor  zusammentraf; 
endÜeh  wird  mit  denselben  WoHen  beidemale  gemeldet^  wie 
der  Wnnderthflter  den  Sohn  der  Mutter  unrlick gegeben  ha- 
be ^<^).  Seihst  ein  bereits  in's  Grab  Gelegter,  w  ie  Lazarus,  wur- 
de dui*ch  Elisa  erweckt  (2Kön.  13,21.),  nur  dafs  damals  der 
Prophet  längst  todt  war,  und  die  Berührung  seiner  Gebeine  den 


55)  s.  die  Band  ],  S.  73.  angeführte  Stelle  aus  Tancliuma. 

5U)  1  Hön.  17,  23.  LXX:   xal  ?Soixsv  auro  rj  /i^r^l  av«i.  I^uc. 

« 


L/iyiii^cG  by  Google 


I 


Menntes  Kapitel.  %  97.  173 

BofUlig  diiniuf  geworfenen  Leicbiijam  belebte;  swiecben  den 
Bovor  engeflihrten  A.  T.lichen  Todtenerwcckiingen  aber 
und  der  des  Lazarus  besteht  darin  eine  ÄJuiiichkeU,  dafs 
Jesus,  während  er  bei  den  beiden  andern  geradesu  gebie- 
tend auftritt,  bei  dieser  ca  Gott  betet|  wie  £l!sa  und 
namentiicb  £lla  getban  batte.  Wahrend  nnn  Paulus  auch 
auf  diese  A.  T.lichen  Erzählungen  seine  an  den  evangeli- 
schen vollzogene  natürliche  Erklärung  ausdehnt:  haben  Hei- 
tersehende Theologen  iftngst  bemerkt,  dafa  die  T.lichen 
Todteherweckungen  nichts  Andere»  als  Mythen  seien,  ent- 
standen aas  der  Nei<ruiig  der  ältesten  Christengenieinde , 
ihren  Messias  dem  Vorbilde  der  Propheten  und  dem  mes- 
sianischen  Ideale  gemäfs  bo  machen 

$.  VT. 

Sturm See-  und  l^iscbgcscbichtea. 

Wie  fibierhaopty  wenigstens  nach  der  Darstellnn^  der 
drei  ersten  Evangelisten  ^  die  Umgegend  des  gallläischen 


57)  So  der  Verf.  der  Abhandlung  über  die  verschiedenen  Rücksich- 
ten ,  in  welchen  der  Biograph  Jesu  arbeiten  l^ann,  in  Beh- 
tmoldt's  kril.  Journal,  5,  S.  257  f.    Kaiser,  bibl.  Theol.  1, 
S.  202.  —  li'ine  der  Erweckung  des  Jünglings  zu  Nai^  auffal« 
lead  Übnliche  Todtenerweckung  weist  Fhilostratus  von  tti* 
nem  ApoUoniut  zu  ersMhlea:  >»'Wie  es  nach  Lukas  einJiiag- 
^  lingy  der  einsige  Solm  einer  "Wittwe^  war,  der  schon  vor 
die  Stadt  liinautgetragen  wurde:  so  ist  es  bei  Fliilostratns 
ein  erwachsenes ,  schon  dem  Brüutigam  verlobte»  MSdchen, 
dessen  Bahre  Apollonius  begegnet.    IHr  Befehl,  die  Bahre 
niederzusetzen,  die  blosse  Berührung  und  wenige  ausgespro- 
chene Worte  reichen  hier  wie  dort  hin  ,    den  Todlen  wieder 
zum  lieben  zu  bringen"   (Baur  ,  Apollonius  v.  Tyana  und 
Ciuristus,  S.  145).    Ich  m'öchte  wissen,  ob  vielleicht  Paulus 
oder  wer  sonst  Lust  hatte,  auch  diese  Erzählung  natürlich 
zu  erbUren ;  wenn  man  sie  aber  ^  wie  man  wohl  nicht  um- 
hin bsnn,  sls  NacbbHdung  der  evangelischen  fassen  nuss : 


m 


Zweiter  Abtebnitt. 


Sees  IIauptschau])Iaz  der  Thütigkeit  Jesu  war:  so  steht 
aach  eilte  ziemliche  Anzahl  seiner  Wunder  mit  dem  See  in 
unmittelbarer  üesiehung.  Eines  von  dieser  Gattmig^  der 
dem  Petras  beseheerte  wunderbare  Fisebzug^  hat  sich  uns 
bereits  sar  Betrachtung  dargeboten;  übrig  sind  nun  noch 
die  wunderbare  Stillung  des  Sturms,  der,  wahrend  Jesus 
aciiliefy  auf  dem  See  entstanden  war,  bei  den  drei  Synop» 
tifcem;  das  Wandeln  Jesu  auf  dem  See,  gleiclifalls  wäh* 
rend  eines  Sturms,  bei  Matthfius,  Marlius  und  Johannes, 
die  ZusamiiuMifnssung  der  meisten  dieser  Momente,  welche 
der  Anhang  des  vierten  Evangeliums  in  die  Zeit  nach  der 
Auferstehung  verlegt;  endlich  deryon  Petrus  mn  erangein« 
de  Stater  bei  MatthXus. 

Die  zuerst  genannte  Erzählung  (Matth.  8,  23  ff.  jiaralL) 
will  uns  ihrer  eigenen  Schlulsiurmei  zufolge  Jesum  aia 
denjenigen  darstellen,  welchem  oi  oVc/iOi  xcti  ^  ^ulaaaa 
vnaxssaiv*  £s  wird  also,  wenn  wir  den  bisherigen  Wun- 
derklimax verfolgen,  hier  nicht  bloi's  vorausgesezt ,  dais 
Jesus  auf  den  menschlichen  Geist  und  durch  diesen  auf  den 
Kdrper  psychologisch^  oder  auf  den  vom  Geist  verlassenen 
mensciüichen  Organismus  neu  belebend,  auch  nicht  blofs, 
wie  in  der  früher  erv\ogenen  Eischzugsgeschiclite ,  dal's 
er  auf  die  vernunftlose  aber  lebendige  JNatur,  sondern, 
dals  er  selbst  auf  die  leblose  unmittelbar  bestimmend  habe 
einwirken  können.*  Durch  ein  richtiges  Bewufstseln  davon, 
wie  eine  solche  Gewalt  über  die  äussere  Natur  mit  der 
ßestimmung  Jesu  für  die  Menschheit  und  ihre  Erlösung  • 

so  gehört  schon  eine  vorgefisste  Meinung  von  dem  Charsk* 
ter  der  N.  T.licben  Bilchcr  dazu,  um  der  Contequens  aus- 
suweichen ,  datt  ebenso  die  in  Urnen  sich  findenden  Todlen- 
erwecltungen  nur  minder  absichtlich  entstandene  Nacbbüäun- 

gen  jcncr  A.  T.lichen  seien,  welche  selbst  aus  dem  Glaal>en 
des  Altcrlhums  an  die  den  Tod  hezwingcndc  Kraft  gott^e- 
liebter  Männer  (Herkules,  Asculap),  und  naher  aus  den  jü- 
dischen üe^riffen  von  einem  Propheten  abxuieitcn  sind. 


Digitized  by  Google 


Neuntep  Kapitet  {•  97.  17ft 

an  sich  nicht  nnsAmmenhfinge,  Ist  Oj.8hau8EN  tmf  den  Ver- 
sach gpfQhi*t  woi'den  y  das  Natarereignifs ,  welchem  Jesns 

hier  Einlialt  thut,  in  eine  Beziehung  zur  Sünde,  und  da- 
mit zum  ßeruf  Jesu  £u  setzen.    Die  IStürme  sind  ihm  die 
Krümpfe  and  Zackungen  der  Natar,  und  als  solche  Fol- 
gen der  SOnde,  welche  in  ihrer  forchtbaren  Wirksamkeit 
auch  die  physische  Seite  des  Daseins  zerrüttet  hat  Al- 
lein nur  eine  Naturbeobnchtung,  welche  über  dem  Einzel- 
nen das  Allgemeine  Tergifst,  kann  StUrme,  Gewitter  n.  dgl. 
die  im  Znsammenhang  des  Gänsen  ihre  noth wendige  Steile 
und  wolilthätige  Wirkung  haben,  als  Übel  und  Abnormi- 
tüten  betrachten )  und  eine  VVeltansicht ,  weicKo  im  Ernst 
der  Meinung  ist,  vor  und  ohne  den  SündenfuJi  würde  es 
keine  Stürme  und  Gewitter ,  wie  andrerseits  keine  Gift- 
pflanzen nnd  reissende  Thlere,  gegeben  haben,  streift 
man  weifs  nicht,  soll  man  sagen,  an  das  Schwärmerische 
oder  an  das  ICindische.    Wozu  aber,  wenn  sich  die  Sache 
auf  diese  Weise  nicht  fassen  iiiist  |  bei  Jesa  eine  solche 
Macht  über  die  Natnr?  Als  Mittel,  ihm  Glanben  en  erwe- 
cken, war  sie  unzureichend  und  überflüssig:  denn  einzelne 
Gläubige  fand  Jesus  auch  ohne  diese  Art  von  Maciit bewei- 
sen, und  allgemeinen  Anhang  ▼erschafiten  ihm  auch  diese 
nicht.   Als  Bild  der  ursprünglichen  Herrschaft  des  Men- 
schen über  <lie  äussere  Natur,  zu  deren  Wiedererlangung 
er  bestimmt  ist,  kann  sie  ebensowenig  betrachtet  werden, 
denn  der  Werth  dieser  Herrschaft  besteht  eben  darin,  dala 
«ie  eine  Termittelte,  durch  das  fortgeseste  Naclidenken  und 
die  vereinigte  Anstrengung  von  Jahrhunderten  der  Natur 
abgerungene,  nicht  aber  eine  unmittelbare,  magische  ist, 
weiche  nur  ein  Wort  kostet.   So  ist  in  Besug  auf  den 
Theil  der  Natur,  von  welchem,  hier  die  Rede  ist,  der 
Rompafs,  das  Dampfschiff,  eine  ungleich  wahrere  Verwirk» 
lichung  der  UeiTschaft  des  Menschen  über  dieselbe^  als 


t)  I».  CoflEun.  1,  8.  ae7* 


176    .  Zweiter  Abschnitt 

die  Betchwichtignng  des  Meeres  dareh  ein  blofses  Wort 

gewesen  wäre.  Die  Sache  hat  aber  noch  eine  andere  Sei- 
te^ indem  die  Herrschaft  des  Menschen  über  die  Natur 
nicht  blofs  eine  in  sie  eingreifende  ^  praktische  ^  sondern 
anch  eine  immanente  oder  theoretische  ist^  vermöge  wei* 
eher  der  Mensch,  auch  wo  er  änsserlich  der  Macht  des 
Elementes  unterliegt  ^  doch  innerlich  nicht  von  derselben 
besiegt,  wird  y  sondern  in  der  Überseogong,  dafs  die  JNi^ 
targewait  nur  das  Natflriiche  an  ihm  so  serstären  vermd- 
ge,  sich  in  der  Seibstgewifsheit  des  Geistes  Uber  den  mög- 
lichen Untergang  seiner  Natürlichkeit  emporliebt.  Diese 
geistige  Macht,  sagt  man,  bewies  Jesus ,  indem  er  mitten 
im  Starme  rahig  schlief,  und,  von  den  sagenden  J fingern 
anfgeweclit,  ihnen  MuTth  einsprach.  Da  jedoch,  wenn 
Muth  bewiesen  werden  soll,  wirkliclie  Gefahr  vorhanden 
sein  mufs,  für  Jesnin  aber,  sofern  er  sich  als  die  unmit- 
telbare Macht  Uber  die  Natur  wuCste,  eine  solche  gar  nicht 
vorhanden  war:  so  hfitte  er  anch  von  dieser  theoretischen 
Macht  keine  wahre  Probe  hier  abgelegt. 

In  beiden  Hinsichten  hat  die  natürliche  Erklärung  in 
der  evangelischen  Ersählnng  nur  das  Denkbare  und  WUn- 
schenswerthe  Jesu  sugeschrieben  finden  wollen,  nämlich 
einerseits  verständige  Beobachtung  des  Gangs  der  Witte- 
rung, andererseits  hohen  Muth  bei  wirklicher  Gefahr  des 
Untergangs.  Das  £m%ifi$v  ToTg  dvifiotg  soll  nur  in  einem 
Sprechen  Ober  den  Sturm,  in  einigen  Ausrufungen  Aber 
seine  Heftigkeit,  das  Stiliegebieten  in  der  auf  Beobachtung 
gewisser  Zeichen  gegründeten  Voraussage  bestanden  haben, 
dafs  der  Sturm  sich  nun  wohl  bald  legen  werde,  und  der 
Zuspruch  an  die  Jünger  soll,  wie  jener  bekannte  von  Cl« 
sar,  nur  aus  dem  Vertrauen  hervorgegangen  sein,  dafs  ein 
Mann,  auf  welchen  in  der  Weltgeschichte  gerechnet  sei, 
nicht  so  leicht  durcli  Zufälle  aus  seiner  Bahn  herausge- 
wrorfen  werde.  Dafs  hierauf  die  im  Schiff  Befindlichen  die 
StÜlnng  des  Sturms  als  Wirkung  der  Worte  Jesu  angese- 


Digitized  by  Google 


Nennte«  KepiteL  S*  177 

hen  haben,  l>ewebe  nichts  ^  da  Ja  Jesn^  ihre  Deutung  nir- 
gends bUlige  Boeh  aneh  miTsbUligt  hat  er  sie  nicht, 
nnerachtet  er  den  Eindmcli  wohl  liemerken  mnfste,  wel« 
eben  von  der  bezeichneten  Ansicht  aus  der  Erfolg  nuf  die 
Leute  gemacht  hatte;  er  rnüfste  also  absichtlich^  wie  Yen« 
TOJiiNi  wirklieh  annimmt ,  ihre  hohe  Meinung  yon  seiner 
Wnndermaeht  nicht  haben  stören  wollen,  > um  sie  desto 
fester  an  sich  zu  knüpfen.  IN  och  ganz  abgesehen  hieron 
aber,  wie  sollte  die  natürlichen  Vorzeichen  von  dem  Ende 
des  Sturmes  Jesus,  der  nie  einen  Beruf  auf  dem  See  ge- 
habt hatte,  besser  verstanden  haben,  als  ein  Petrus,  Ja- 
kobus,  Johannes,  M'elche  von  Jugend  an  auf  demselben 
einheiinisch  waren  Endlich^  wie  konnte,  wenn  Mat- 
thäus ,  zwar  '  damals  noch  nicht  in  der  Qeselischaft  Jesu, 
doch  ohne  Zweifei  von  den  ttbrigen  Jüngern  als  Augen- 
sengen den  Hergang  vernommen  hat,  von  diesen  dem  bie- 
ten Rüsonnircn  Jesu  über  das  Wetter  der  Sinn  eines  iju^ 
tift^  gegeben  werden  ? 

£s  bleibt  also  dabei:  so,  wie  die  Evangelisten  uns 
den  Vorgang  erzählen,  müssen  wir  In  demselben  ein  Wun- 
der erkennen;  dieses  nun  aber  vom  exegetischen  Ergcb- 
nils  zum  wirklichen  Faktum  su  erheben,  fttllt  nach  dem 
oben  AusgeflUhrten  äusserst  schwer,  woraus  gegen  den  hi- 
storisehen  Charakter  der  ErsXhlung  ein  Verdacht  erwächst. 
Näher  jedoch  Ififst  sich,  den  Matthäus  zum  €h*nnd  gelegt, 
gegen  die  Erzählung  bis  zur  Mitte  von  V.  2(>.  nichts  ein- 
wenden, sondern  Jesus  kannte  bei  seinen  öfteren  Fahrten 
auf  dem  galilftischen  See  wirklich  einmal  geschlafen  haben, 
als  ein  Sturm  aasbrach,  die  Jünger  kUnnten*  ihn  mit  Schre- 
cken erweckt,  er  aber  ruhig  und  gefafst  dns  ti\  ötihn  tze, 
UtfOTU^O^l  uu  ihnen  gesprochen  haben.    Was  dann  wei- 

J)  so  Vämxtj  ex.  Handb.  1,  b,  S.  468  ff.  Vkwturim,  2,  S.  566  ff. 
iUuaa,  hibL  Tbeol.  1,  S.  197.  Auch  JUm,  ^.  74»  findet  die- 
se Ansicht  mVgltch. 

3)  Hub,  '«,  a.  O. 
Ifoi  Mm  Jam  ih  üsfur,  12 


üiyitized  by  Google 


ns  Zweiter  Abschnitt. 


ter  folgt,  das  h:TtTiu(v  rf^  ^a/.(<(ror^,  welches  Msrkns  wie- 
der mit  seiner  bekannten  Vorliebe  für  solche  Machtworte 
mit  den  angeblich  eigenen.  Ausdrücken  Jesu  nach  griechi- 
scher Übersetsung  (atcma,  ^^//ictKro!)  wiedergiebt,  der 
Erfolg  und  der  Eindruck,  könnte  in  der  Sage  hineugefDgt 
worden  sein.    Dai's  ein  solches  inniin^n'  if]  ^aXuooi]  Jesu 
angedichtet  werden  konnte,  dazu  lag  die  Veranlassung  im 
A.  T«   Hier  wird  In  poetischen  Darstellungen  des  Durch- 
gangs der  Isra^SlIten  durch  das  rothe  Meer  Jehova  als  der-  * 
jenige  bezeichnet,  welcher  inert fny^oe  rfj  e()ii}Q(c  dakdaarj 
4    (Ps.  106,  9.  LXX*  vgl.  ^ahum  1,  40»  dafs  sie  zurückwei- 
chen sollte»  Da  nun  das  Werkzeng  dieser  Zurfick Weisung 
^  des  rothen  Meers  Moses  gewesen  war  CSMos.  14,  16.  tl.)} 
so  lag  es  nahe,  seinem  grofsen  Nachfolger,  dem  Messias, 
•elni  Ähnliche  Funktion  zuzuschreiben ^  wie  denn  wirklich 

«  ____ 

nach,  rabbinischen  Stellen  in  der  messianischen  Zelt  ein 
ihnliches  Austrocknen  des  Heeres,  von  Gott  ohne  Zwei- 
fel durch  den  J\lessias  —  bewirkt,  erwartet  wurde,  wie 
einst  Moses  eines  herbeigeführt  hatte  '^).  Dnfs  Jesu  hier 
statt  des  Anstrocknens  nur  ein  Stillen  des  Meers  snge- 
schrieben  wird,  erklArt  sich,  wenn  man  den  Sturm  und 
die  dabei  von  Jesu  bewiesene  Fassung  historisch  jüniint, 
eben  aus  dem  Anknüpfen  des  Mytiiischen  an  diese  ge- 
schichtliche Grundlage 9  wo  ein  Austrocknen  des  Sees,  da 
sie  ja  sa  SchiflEe  waren,  nicht  an  der  Stelle  gewesen  wäre. 

immerhin  indefs  ist  es  ohne  sicheres  Beispiel ,  und 
auch  an  sich  unwahrscheinlich,  dafs  auf  den  Stamm  eines 
wirklichen  Vorfalls  ein  mythischer  Zusas  in  der  Art  ge- 
pfropft worden  wXre,  dals  jener  vdUfg  nnverfindert  blieli» 
Und  Ein  Zug  ist  schon  in  jenem  bisher  als  historisch  vor- 
ausgesezten  Stücke,  welcher,  nüher  angesehen,  sich  doch 
elier  dafür  giebt,  in  der  Sage  gedichtet,  als  wirldlch  so 
vorgefallen  cn  sein.  Dals  nSmiich  Jesus  vor  dem  Aua- 


4}  8.  Band  I,  S.  75,  Anmerk. 


Digitized  by  Google 


I 

JNeantes  Kapitel.  $.  97.  179 

briich  des  Sturmes  einschlief ,  und  auch  als  er  ausbrachi.  ' 
nichr  sogleich  erwachte,  das  war  flicht  seine  That,  son« 
dem  Zafall;  eben  dieser  Zufall  aber  ist  es,  welcher  der 
ganzen  Seene  erst  ihre  volle  Bedeutung  giebt;  denn  der  ' 
im  Sturm  schlafende  .Jesus  ist  durch  den  Cuntrast,  wel- 
cher darin  liegt,  ein  nicht  minder  sinnvolles  Bild,  als  delr 
nach  80  vielen  Stürmen  Im  Schlaf  an  der  heimische|i  Insel . 
landende  Odyssens.  Oafs  nnn  Jesus  wirklich  bei'm  Aas- 
bruch eines  Sturms  geschlafen ,  kann  zwar  von  Ungefiibr 
in  Kinem  Falle  unter  sehn  geschehen  sein:  auch  in  den 
nenn  Fällen  aber,  wo  es  nicht  gesehehea  war^  sondern  Je- 
sus nur  überhaupt  im  Sturme  gefaftt  und 'muthig  sieh  seig- 
te,  würde,  glaube  ich,  die  Sage  ihren  Vortheil  so  weit  ver- 
Stauden haben,  dal's  si^  den  Contrast  der  Seelenruhe  Jesu 
mit  dem  Toben  der  Elemente,  wie  er  sich  für  den  Ge- 
danken in  den  Worten  Jesu  ausdrückte,  so  fittr  die  An- 
8ctiauung  in  das  Bild  des  im  Schilfe  (oder  wie  Markus 
malt  auf  einem  Kissen  im  üintertheil  des  Schiffs)  schla- 
fenden Jesus  susammenfafste.  Wenn  so ,  was  in  i^iiiem 
Falle  vielleicht  sich  wirklieh  ereignet  hat,  In  neun  Fxllen 
von  der  Sa<^e  produeirt  werden  mufste:  so  ist  doch  wohl 
wahrsclieinlicher,  dafs  wir  hier  einen  dieser  neun,  aia 
dala  wir  jenen  Einen  Fall  vor  uns  haben.  Bliebe  auf  die- 
se Weise  als  historische  Grundlage  nichts  mehr  übrig,  als 
dnfs  Jesus  im  Gegensaz  zu  tobenden  Meereswellen  den 
Glaubensmuth  seiner  Jünger  in  Anspruch  genommen,  so 
mufs  er  diels  nicht  gerade  mitten  in  einem  Seesturm  oder 
überhaupt  zur  See  gethan  haben,  sondern,  so  gut  er  bild- 
lich sagen  konnte :  wenn  Ihr  Glauben  habt  nur  eines  Senf- 
korns grofs,  'so  seid  ihr  im  Stande,  zu  diesem  l>er<>  zu 
sprechen:  hebe  dich  weg  und  wirf  dich  ins  Meer  (Matth. 
21,  21.),  oder  zu  diesem  Baume:  entwurzle  dich  und  pflan- 
ze dich  In  den  Meeresgrund  (Luc.  17,  6.}>  und  beides  mit 

S)  vgl.  Siivina,  Uber  di«  Quellen  des  Markus,  S.  52. 

n  * 


Digitized  by  Google 


180 


Zweiter  Absclinitt 


Erfolg  Cxcel  vny]y.aoiv  av  vfiiVj  Luc):  so  konnte  nach,  sei 
es  er  sich  des  Bildes  bedienen,  oder  die  Sage  es  ihm  nnoh- 
bildend  leihen,  dafs  demjenigen,  der  Glauben  habe.  Wind 
und  Wellen  auf  das  Wort  gelioraam  teien  (Sri  xal  Tolg 
avliioig  tTtiiauoei  xcci  nl»  \  ()un^  xai  tmaxHHOiv  am([)  Luc.). 
Bringen  wir  nun  noch  in  Rechnung,  was  auch  Olshauskn 
bemerkt,  und  Scumkckbnbo&okr  belegt  hat^),  dafs  der 
Kampf  des  Gottesreicha  mit  der  Welt  in  der  ersten  chriat- 
liehen  Zeit  gerne  mit  einer  Fahrt  durch  einen  stürmischen 
Ocean  verglichen  wurde:  so  sieht  man,  wie  leicht  die  Sa- 

Je  dasn  liommen  Jioonte,  aus  der  Parallele  mit  Moses,  aus 
kttssemngen  Jesu,  und  ans  ihrer  Vorsteliung  Ton  ihm  als 
demjenigen,  welcher  daa  Schliflein  des  Gottesreichs  durch 
die  empörten  Wogen  des  xoofiog  sicher  hindurchsteuert, 
eine  solche  Erzählung  cusammenausetzen.  Uder,  abgese- 
hen hieven,  die  Sache  nur  allgemein  vom  Begriff  einet 
Wunderthfiters  aus  betrachtet,  findet  man  e.  B.  auch  ei- 
nem Pythagoras  ähnliche  Macht  über  Sturm  und  Unwetter 
sugeschrieben  '^). 

Verwickelter  als  diese  erste  ist  die  andere  See-  und 
Sturmgeschichte,  welche  dem  Lukas  fehlt,  dagegen  aber 
neben  Matth.  14,  22  ff.  und  Marc.  6,  45  ff.  sich  auch  bei 
Johannes,  6,  IG  ff.,  findet,  wo  der  Sturm  die  in  der  JNacht 
aliein  schiffenden  J (Inger  Überfällt,  und  sofort  Jesus,  über 
den  See  daherwaiidelnd,  an  ihrer  Rettung  erscheint  Wäln 
rend  auch  hier  mit  Jesu  Eintritt  in  das  Schiff  wunderba« 
rer  Weise  der  Sturm  sich  legt,  bildet  doch  den  eigentli- 
chen liiioten  der  i^ra&hiung  dieüs,  dafs  in  derselben  der 


6)  Über  den  Ursprung  u.     f.  S*  68  f« 

7)  Ntch  Jinriilick.  Tita  Pyth.  135,  ed.  RnssttNS,  wurden  von 

Fytbagorat  ertählt  Svfßtttr  ßiattay  x^^**^^^  /Jmäc  naftaurCxa 
nartvrijaeit  »a\  »v/uärwy  noTa^i'toy  je  xa\  ^alaanttoy  antvSiaa  uo\ 
n^ot  tvfia^fj  jüv  haiqtm  dtöfiagip.   Vgl*  f  orpbyr.  V.  ^.  ZB» 

ders.  Ausg.  ' 


Digitizod  by  (J>o<^j 


Meuiito«.  Kapitel.   $.  97..  Itil 

Leib  Jesu  von  einem  Gesetze,  welches  sonst  ausnahoMio« 
alle  menschlichen  Leiber  in  seinen  Banden  hält,  von  dem 
Oeses  der  Schwere,  so  sehr  ans|(enomnien  erscheint ,  dals 

er  im  Wasser  nicht  nur  nicht  unti  r-,  sondern  seihst  nicht 
einsinkt,  vielmehr  über  die  Wellen  wie  über  festen  ßoden 
sich  emporhält*   JDa  miir«le  man  sich  den  Leib  Jesu  in  ir- 
gend einer  Art  als  einen  itheriscben  Schelnitörper  denkeni 
wie  die  Doketen  thaten,  eine  Vorstellung,  welche,  wie 
von  den  Kirche nvütern  als  eine  irrelij^iöse,  so  von  uns  als 
eine  abenteuerliche  suriick gewiesen  werden  muls.  Zwar 
tagt  Olsbaosem  ,  an  einer  höheren  Leiblichkeit,  geschwän- 
gert mit  Kräften  einer  hftheren  Welt,  dOrfe  eine  solche 
Erscheifuiiifj  nicht  befremden^):  doch  das  sind  Worte,  mit 
welchen  sich  kein  bestimmter  GcdniiUe  verbindet.  Wenn 
man  die  den  Leib  verldärende  und«  vollendende  Thäcigkeit  . 
des  Geistes  Jesu,  statt  sie  als  eine  solche  so  fassen,  welche 
seinen  Leib  den  psychischen  (leset/cii  der  Lust  und  Sinn- 
lichkeit immer  vollständiger  entnahm,  vielmehr  80'versteht| 
da(s  derselbe  durch  sie  den  physischen  Geseteen  der  Schwe- 
re enthoben  worden  sei:  so  istdiefs  ein  Materialismus,  ron 
welclicm,  wie  oben,  schwer  zu  eiitschejden  ist,  ob  man  ihn 
mehr  phantastisch  nennen  soll  oder  kindisch.    Ean  Jesus, 
der  im  Wasser  nicht  einsänke,  wäre  ein  Gespenst ,  und 
die  JOnger  in  unserer  Ersählung  hätten  ihn  nicht  nüt  Un- 
ivcht  dafür  gehalten.    Auch  daran  müssen  wir  uns  erin- 
nern, dnfs  bei  seiner  Taufe  im  Jordan  Jesus  diese  Eigen- 
schaft nicht  aeigte,  sondern  ordentlich  wie  ein  anderer 
Mensch  untertauchte.  Hatte  er  nun  auch  damals  schon  die 
Fäfn'gkeit,  sich  über  der  Wasserfläche  «u  halten,  und  wollte 
sie  nur  nicht  gebrauchen?  und  war  es  also  ein  Akt  seines 
Willens ,  sich  schwer  oder  leicht  itu  mac)ien  ?   oder  aber, 
wie  Olsbausiii  vielleicht  sagen  würde,  war  er  cur  Zeit 
seiner  Taufe  im  Procels  der  Läuterung  seines  Kärpers  noch 


8)  a.  a.  O.  S.  491. 


Diqiti^ed  by  Google 


l%%  Zweiter  Abselinitt. 

nfoht  so  weit  gekonmen ,  dafs  ihn  das  Wssser  frei  gfetra- 
gen  hatte,  sondern  so  weit  hätte  er  es  erst  später  gebracht  S 
^  Fragen,  die  wir  nur  mechen,  nm  eii^ui  Blick  in  den 

Ab^und  von  üncrereimf helfen  zu  eröffnen,  in  welche  msn 
sich  bei  der  supranaturaiistiscben  Deutung  dieser  Erzäh- 
lang  verwickelt« 

Sie  SU  vermeiden,  hat  die  natflrllche  Erkiäning  man» 
üherlei  Wendiing^en  genommen.  'Am  kflhnsten  hat  PAüLUft 
geradeza  behauptet,  es  stehe  gar  niclit  im  Text,  dafs  Je- 
las  auf  dem  Meere  gegangen,  das  Wunder  in  dieser  Sreile 
sei  lediglich  ein  philologisches,  Indem  das  mQinox&v  inl 
ri^g  S^alaaarjg  nur,  wie  2  Mos.  14,  2.  Jas  cifctromSevetr  inl 
tr^g  ^akaoar^g  ein  Ladern,  so  ein  Wandeln  über  dem  Meer, 
d«  h*  am  erhabenen  Ufer  desselben,  bedeute        Der  Be- 
deutung der  einzelnen  Worte  nach  ist  diese  iiirklämng  mög- 
lich: ihre  wirkliche  Anwendharkelt  aber  mnPs  sich  erst 
aus  dem  Znsnmmenhang  ergehen.  Dieser  nun  läfst  die  Jün- 
ger 2.5 — 50  Stadien  weit  gefahren  sein  (  Joh.)  oder  mitten 
Im  See  sich  befinden  (Matth,  u.  Mark«),  nnd  nun  heifst  es, 
Jesus  sei  auf  sie  «n«,  nnd  swar  so  nahe,  dafs  er  mit  ih» 
nen  spi*echen  konnte,  an  das  Srliiff  herniin;(»kommen,  jrfo«- 
nccToiv^  inl  rrjg  O-celctoat^g  —  wie  konnte  er  dicis,  wenn  er 
am  Ufer  bheb?   Dieser  Instans  ausenweichen ,  Tcrmuthet 
Paülüs  ,  die  Jttn?er  seien  In  der«  stOrmlschen  Nacht  wohl 
nur  am  Ufer  Inrifrefahi'on :   was  dein  ir  itiöo)  irg  O^a^MO" 
ar^g^  wenn  es  auch  allerdings  nicht  mathematisch  genau, 
sondern  nach  populärer  Redeweise  cn  nehmen  ist,  bu  ent« 
schieden  widerspricht ,  um  In  weitere  Rflcksicht  kommen 
stu  können.    Tüdtlioh  aber  verlezt  sich  diese  AufTassun^s- 
weise  an  der  Stelle,  wo  Matthäus  auch  von  Petrus  sagt, 
dafs  ei*  »araßag  utco  tS  nXoi»  TtfQundtf^sv  inl  %u  vdata 
(V.  2909  waSj  da  unmittelbar  darauf  von  xavanovrl^eadttt 


9)  Paulus,  Memorabilien,  6.  Stück |  No.  V. ^  ex.  Hsadb.  2,  S« 
238  ff. 


üiyiiized  by 


Meujites  Kapitel.   $.  tf7< 


18S 


die  Hede  ist,  doch  wohl  kein  Wandeln  am  Ufer  sein  kann, 
und  wenn  dieses  nicht,  dann  aooh  nicht  das  wesentÜch' 
ebenso  beeeichnete  Wandeln  Jesu  '^). 

Aber,  wenn  Petrus  bei  seinem  ntQincnHv  inl  ra  vöiaa 
SEU  sinken  anfieng,  könnte  da  nicht  bei  ihm  sowohl  als  bei 
Jeans  an  ein  Schwimmen  auf  dem  See  od^r  an  ein  Waten 
dttrch  seine  Untiefen  sn  denken  sein  ?  Beide  Ansichten 
sind  wirklich  aufgestellt  worden  Allein  das  Waten 

mtifste  durch  niQinaxuv  diu  r.       ausgedrückt,  um  das 
Schwimmen  zu  beaeichnen  aber  doch  irgend  einmal  in  den 
parallelen  Stellen  der  nne(gentliche  Ausdruck  mit  dem  ei- 
^reiitlichen  yertanscht  sein;  abgesehen  davon,  dafs  25 — SO 
iStaiiien  im  Sturm  zu  schwimmen,  oder  bis  gegen  die  Mitte  - 
des  gewifs  nicht  so  weit  hinein  seichten  Sees  zu  waten, 
beides  gleich  nnmttgüoh  sein  mufste}  femer  ein  Schwim* 
mender  nicht  leicht  ftlr  ein  Gespenst  gehalten  werden  konn- 
te, und  endlich  die  Bitte  des  Petrus  um  besondere  Erlaub- 
iiii's,  es  Jesu  nachzuthun,  und  dafs  er  wegen  Mangels  an 
Glauben  es  nicht  ▼ermöchte,  auf  etwas  libematttrliches 
hinweist  'O* 

Das  ftfisonnementj  worauf  aneh  hier  die  natürÜclie  Ausle- 

gungsweise  beruht,  hat  bei  dieser  Gelegenheit  Paulus  in 
einer  Weise  ausgesprochen,  an  welcher  der  zum  Grunde 
liegende  Irrthum  besonders  glficklich  in  die  Augen  iäiiL 
Die  Frage,  sagt  er,  bleibe  in  solchen  Fällen  immer  die, 
ob  die  Möglichkeit  eines  nicht  ganz  genauen  Ausdrucks  von 
Seiten  der  Schriftsteller,  oder  eine  Abweichung  vom  Na- 
tuHauf  das  Wahrscheinlichere  sei?  Man  sieht,  wie  falsch 
das  Dilemma  gestellt  ist,  da  es  Tielmehr  nur  heilsen  sollte^ 


10)  Gegen  die  höchst  gewaltsame  Auskunft,  wulcbe  hier  Pav&vs 
traf,  t.  Stork,  Opusc.  acad.  3,  p. 

Ii;  Jciip  von  BoLTKK,  Bcricbl  des  IVlatth'aus  s.  d.  St.,  dictc  in 

llK^KK^s  neuem  Ma^^azin,  0,  2,  S.  327 ff. 
12)  vgl.  Paulus  und  I'AtiAsciiK  z.  li.  Si. 


Digitized  by  Google 


>  * 


Zweiter  Absehaltl. 

ob  e«  wahrscheinlicher  sei,  dafs  der  Verfasser  sich  nnge» 
naa  (vielmehr  widersinnig)  ausgedrückt,  oder  ^lals  er  eine 
Abweichang  vom  Natarlauf  habe^  ersählen  wollen;  denn 
nur  von  dem,  was  er  geben  will,  ist  sunffebtt  die  Rede: 
was  wirklich  zum  Gmnd  gelegen,  das  Ist,  selbst  nach  dem 
immerwährenden  PAULUs'scben  Reden  Ton  Unterscheidung 
des  UrtheUs  vem  Faktoui  eine  ganc  andre  Frage*  Dar* 
aas  9  dafs  unserer  Ansicht  snfelge  eine  Abweichung  tohi 
Natnrlaaf  nicht  vorgekommen  sein  kann,  folgt  keineswegs, 
dafs  ein  Erstthier  aus  der  christlichen  Urzeit  eine  solche 
nicht  annehmen  und  berichten  konnte  ■^):  um  also  das 
Wunderbare  ans  dem  Wege  sn  rinmen,  dürfen  wir  es 
nicht  ans  dem  Bericht  hinaus  erkittren,  sondern  das  müssen 
wir  versuchen,  ob  nicht  der  ganze  Bericht  aus  dem  Kreise 
des  Geschichtlichen  aussuschiiefiicn  iat.    Und  in  dieser  Hin- 
sicht hat  nun  zuvörderst  jede  unsrer  drei  Relationen  el- 
genthttmliche  Zttge,  die  in  iiistorisclier  Hinsicht  verdächtig 
sind. 

Am  auffallenclsten  sticht  ein  solcher  Zug  bei  Markus 
hervor I  wenn  er  V.  49.  von  Jesu  sagt,  er  sei  auf  dem 
Sieer  gegen  die  Jünger  dahergekommen,  noX  ^ile  fiageJi^Zv 
crrrut:,  nur  Ihr  angstvolles  Rufen  habe  Ihn  vermocht,  von  Ihnen 
^utiz  zu  nehmen.    Mit  Recht  deutet  Fritzsche  diese  Stelle 
so,  daf«  Markus  dadurch  anzeigen  wolle,  Jesus  habe  im 
Sinne  gehabt »  durch  göttliche  Kraft  unterstüst,  über  den 
gansen  See,  wie  über  festen  Boden,  hfnübersugehen.  Aber 
uiit  eben  so  vielem  Rechte  fragt  Paulus  :  hätte  etwas  zweck- 
loser, abenteuerlio  ler  sein  können,  als  ein  so  seltsames 
Wunder  au  thnn,  ohne  dafs  es  gesehen  werden  sollte? 
Nur  dafs  man  defswegen  nicht  mit  diesem  Ausleger  den 
Worten  des  Markus  den  natürlichen  Sinn  geben  darf,  als 
hätte  Jesus  die  in  der  Nähe  des  Ufers  Schiffenden  zu  Lande 
vorübergehen  wollen  |  aumal  die  wunderhafte  Deutung  der 


13)  t.  die  treffliche  Stelle  bei  FaiTztcius,  Comm.  ia  Matth,  p.  505« 


Digitized  by  Google 


Neuntes.  Kapitel.  $• 


1S5 


Steile  dem  Geist  unsres  Schriftstellers  vollkommen  tmf^ 
mesMii  ist.  Nieht  sofrieden  mit  der  DarsteUnng  seines  Ge- 
währsmanns, dafs  JesQS  mit  besondrer  Rttclisi^ht  aaf  die 

Jünger  diefsmal  einen  so  ausserordentlichen  Weg  gemacht 
habCf  giebt  er  durch  jenen  Zusnz  der  Saclie  die  Wendung, 
als  wire  Jesn  ein  solches  Gehen  auf  dem  Wasser  so  na- 
tflrlieb  und  gewöhnlich  gewesen,  dafs  er  auch  ohne  Rflek- 
sicht  auf  die  Jünger,  -vvo  ihm  ein  Wasser  im  Wege  lag, 
seine  Strafse  über  dasselbe  so  unbedenklich ,  wie  über  fe- 
stes Land,  nahm«  Dals  nun  ein  solches  Gehen  bei  Jesu  ha- 
bitoeil  gewesen,  dlefs  würde  am  entschiedensten  eine  Ols- 
HAUSEN'sche  Leibesverkllirung,  mithin  das  Undenkbare,  vor- 
aussetzen, wodurch  sich  dieser  Zug  als  einer  der  stärk- 
sten von  Jenen  zu  erkennen  giebt,  durch  welche  das  sweite 
Evangelium  sich  hin  und  wieder  der  apokryphischen  Über^ 
treibung  nähert  •  • 

Auf  andre  Weise  findet  sich  bei  Matthäus  das  Wun- 
derbare des  Voi^angs,  nicht  sowohl  gesteigert,  als  verviel- 
fiicigt,  indem  er  ausser  Jesu  auch  den  Petrus  einen,  wie- 
wohl nicht  gans  gut  abgelaufenen,  Versuch  im  Gehen  auf 
dem  Meere  maclien  läfst.  Diesen  Zug  macht  ausser  dem 
Stillschweigen  der  beiden  Correterenten  auch  seine  eigne 
Natur  verdächtig«  Auf  das  Wort  Jesu  hin  und  durch  sei- 
nen anfönglichen  Glauben  vermsg  Petrus  wirklich  eine 
Zeit  lang  auf  dem  Wasser  zu  gehen,  und  erst  als  Furcht 
und  Kleingläubigkeit  ihn  ergreift,  fängt  er  unterzusinken 
an.  Was  sollen  wir  nun  hieven  denken?  Vermochte  Je* 
aus  mittelst  e^nes  verklärten  Leibes  auf  dem  Wasser  su  ge- 
ben: wie  konnte  er  dem  Ferrus,  der  eines  solchen  Kör- 


14)  Des  Marlens  Neigung  zum  übertreiben  rcigt  sich  auch  in  der 
Schlussformel,  V.  51  (vgl.  7,  37):  »al  Xiay  e*  m^ioan  (v 
imyroif  eit^arro  xat  i&av^ta^oy ,  worin  man  doch  nicht  mit 
Tkwn  C2,  S.  266)  eine  Mittbilligung  des  imverhiUtnistmXs« 
•igen  Erittuneat  wird  finden  woliea« 


9 


18d  Zweiter  Abschuitt. 

pars  sicli  nicht  erfreute,  zusprechen,  ein  Gleiches  zu  thun  ? 
oder  wenn  er  durch  ein  blofseeWort  den  Leib  des  Petrus 
vom  Geses  der  Schwere  dispensiren  lionnte,  ist  er  denn 

noch  ein  Mensch?  und  wenn  ein  Gott,  wird  dieser  auf 
den  £infall  eines  Menschen  hin  so  spielend  Naturgesetze 
eeeeiren  lassen?  oder  endlich,  soll  der  (ilaube  die  Kruft 
haben,  augenblicklich  den  Körper  des  Glfiubi^en  leichter 
zu  raachen?  Der  Glaube  hat  freilich  eine  solche  Kraft,  näm- 
lich in  der  kaum  erwähnten  bildlichen  Rede  Jesu,  naeh  wel- 
cher der  Gläubige  Berge  und  Bfiame  in's  Meer  mu  Tersetsen,  — 
und  warum  nicht  anch  auf  dem  Meere  ma  wandeln?  —  im 
Standeist.  Und  dafs  nun,  sobald  der  Glaube  weiche,  auch 
das  Gelinrren  aufhöre,  diels  konnte  in  keinem  der  zwei  er- 
steren  Bilder  so  geschickt  dargestellt  werden,  wie  in  dem 
losten  durch  die  Wendung:  so  lange  einer  Glauben  habe, 
vermönfc  er  ungefährdet  auf  dem  wogenden  Meere  einher» 
zuschreiten,  sobald  er  aber  Zweifeln  Kanin  ^ebe,  sinke  er 
unter,  wenn  nicht  Christus  helfend  ihm  die  Hand  reiche. 
Das  also  werden  die  Grandgedanken  der  von  Mi^tthäus  ein- 
geschobenen Erzählung  sein,  dafs  Petras  auf  die  Festigkeit 
seines  Glaubens  zu  viel  vertraut  habe,  durch  das  jilö/Iiche 
Schwachwerden  desselben  in  grofse  Gefahr  gekommen, 
aber  durch  Jesus  gerettet  worden  sei,  ein  Gedanke,  wel- 
cher sieh  Luc.  22,  31  f.*  wirklich  ausgesprochen  findet, 
wenn  Jcius  zu  Simon  saut:  q  auiavag  i^i^ujoazo  Vftü^  zu 
avnaaai  ('tg  zov  aizor'  tyia  dt  ISft^d^f-v  ntQl  a&,  ivcc  fit^ 
btltimn  1/  ni^is  <F&.  Diefe  sagt  Jesus  dem  Petras  mit  Be» 
sag  aof  seine  bevorstehende  Verleugnung:  diese  war  der 
Fall,  wo  sein  Glaube,  kraft  dessen  er  sich  so  eben  noch 
erboten  hatte,  mit  Jesu  xcil  Big  q>vXaxr^v  xal  ffV  xh'crcaov 
nogeisat^aif  wankend  wurde,  wenn  nicht  der  Uerr  durch 
seine  FOrbitte  ihm  neue  Stärke  yerschafflt  hätte.  Nehmen 
wir  dazu  die  schon  erwähnte  Neigung  der  ersten  christli- 
clien  Zeit,  die  den  Christen  aufechteude  Welt  unter  dem 
Bilde  eines  wilden  Meeres  darsustellen :  so  werden  wir 


Neu  Utes  Kapitel.       97.  187 

nicht  umhin  können  9  mit  einem  der  neuefiten  Kritiker  in 
dem  sich  muthif  nnm  Gehen  auf  dem  Meer  anaehickenden,  ^ 
bald  Jedoch  kleinmOthig  ariteralnkenden ,  aber  von  Jesu 

emporgehalfenon  Petrus  eine  in  Her  Snjre  ^ebllflefe  alle^o- 
rtach- mythische  Darstoiliin^  jener  (ilaubensprobe  zu  fin- 
deiii  welche  der  ao  atark  aioh  dfinkende  Jünger  ao  ach  wach 
beatanden,  und  nnr  durch  hdberen  JMatand  glficklieh  iber- 
alanden  hat  '^}. 

Doch  auch  der  Relation  des  vierten  Evang^ellums  fehlt 
ea  nicht  an  einigen  eigenthHoiÜchen  Zflgen^  die  einen  nn* 
biatoriaeben  Charakter  rerratben.  Ton  Jeher  bat  ea  den 
Harmonisten  Kreuz  gemacht,  dnfs  nach  Matthäus  und  Mar- 
kus das  Schiff  erst  un^refähr  in  der  Mitte  des  iSees  sieb 
iiefand,  ala  Jeaua  demaeiben  begegnete :  nach  Johannes  aber 
bald  Tollenda  das  Jenseitige  Üfer  erreicht  gehabt  haben  aoll  | 
dafs  nach  jenen  Jesus  wirklich  noch  in  das  Schiff  stieff , 
und  darauf  der  Sturm  sich  lejg^te :  nach  Johannes  dagegen 
die  Jfinger  ihn  ewar  in  daa  Schiff  nehmen  wollten ,  die 
wirkliche  Anfhabme  aber  durch  daa  sogleich  erfolgte  An* 
Janden  üherflüssig"  gjeraacht  wurde.  Zwar  fand  man  aucb 
hier  Ausßrieichungen  in  Menge :  das  zu  kaßhlv  gesezfe  r^O^i-^ 
Xav  aollte  bald  abundiren,  babi,  w^'e  wenn  ea  i^'hhXnmc 
Sjtßw  hiefse,  die  freudige  Aufnahme  beaeiobnen,  bald  nnr 
den  ersten  Bindruek  liesch reiben ,  welchen  das  Erkennen 
Jesu  auf  die  Jünger  gemacht  habe,  wobei  die  später  wirk- 
lich erfolgte  Aufnahme  in  das  Schiff  verschwiegen  sei 
Doch  SU  einer  solchen  Deutung  liegt  der  elnaige  Anlafs  in 
der  unbefugten  Vergleiebnng  der  Synoptiker:  in  der  Er- 
zählung des  Johannes  für  sich  liegt  niclit  nur  kein  (inind 
dafür,  sondern  ein  entschiedener  dagegen.  Denn  der  hin- 
sngefiUgte  Sas:  sv^ioig  vo  nXoiov  iyifevo  47U  tijg  y^Qj 
vnY/ovy  wenn  er  aneb  nicht  durch  di,  sondern  durch 


15)  jVcRHScxBKBVaetn)  über  den  Ursprung  Ur  t«  f.  S.  68  f. 

IQ  s.  bei  LOcaa  und  Taetvca,  « 

« 

Digitized  by  Google 


s 

I 

f 

ISS  Zweiter  Abaohnitt. 

«Oft  angeknüpft  Ut»  kann  doch  nar  adversativ  in  dem  Sinn 
Ijenommen  werden,  dafa  es  cur  wirklichen  Aafnahine  Jesu  in 
das  SchliF  oneraohtet  der  BereitwUIf^keit  der  Jünger  doch 

nicht  gekommen  sei,  weil  sie  sich  bereits  am  Ufer  befunden 
haben.  In  Betracht  dieser  Diflei*enz  hat  Chrysostomos  snei 
Terschiedene  Gänge  Jesu  anf  dem  Meer  angenonmen^  und 
wenn  er  sagt,  bei  dem  aweften  Fall,  den  Johannes  ensfih- 
le,  sei  Jesus  nicht  in  das  Schiff  gestiegen,  ha  z6  O^avffce 
fiBi^ov  iQyaaijrai '^^'):  so  werden,  wir  diese  Absicht  auf 
den  Eyangelisten  Übertragend  sagen ,   wenn  Markus  das 
Wunder  dadurch  vergrüssert  habe,  da(s  er  Jesu  die  Ab- 
sicht, an  den  Jüngern  vorbei  über  den  ganzen  See  hinüber- 
Euwandeln,  unterlegte:  so  gehe  Johannes  noch  weiter,  in- 
dem er  ihn  diese  Absieht  wirklich  ausfitthren,  und  ohne  • 
Aufnahme  in  das  Schiff  bis  an  das  Jenseitige  Ufei^  gelan- 
gen lasse.  —  Doch  nicht  nur  zu  vergrössern,  sondern  auch 
fester  zu  begründen  und  zu  constatiren  hat  der  vierte  Evan- 
gelist das  vorliegende  Wunder  gesucht.   Mach  den  Syn- 
optikern sind  die  einsigen  Gewihrsmftnner  desselben  die 
Jünger,  welche  Jesum  auf  dem  Meer  daherschrelten  sa- 
hen:  Johannes  fügt  zu  diesen  wenigen  unmittelbaren  Ge- 
wfihrsmAnnem  eine  Masse  von  mittelbaren  hinan ,  näm- 
lich das  Volk,  das  bei  der  Speisung  versammelt  gewesen 
war.    Dieses  nlimlich,  wie  es  am  andern  Morgen  Jesum 
nicht  mehr  an  Ort  und  Stelle  findet,  berechnet  nach  ihm, 
1)  suSchiff  könne  Jesus  nicht  über  den  See  gekommen  sein, 
denn  a)  'das  Fahrseug  der  Jünger  habe  er  nicht  raitbestie- 
gen  (V,  Ä),  b)  ein  andres  Fahrzeug  sei  nicht  dagewesen 
(ebendas.);   dafs  er  aber  2)  auch  nicht  zu  Land  hinüber- 
gekommen sei,  ist  darin  enthalten,  dafs  das  Volk,  als  es 
sofort  über  den  See  fiShrt,  ihn  bereits  am  Jenseitigen  Ufer 
findet  (V.  25.) ,  wohin  er  EU  Lande  In  der  kurzen  Zwi- 
schenzeit schwerlich  gelangen  konnte*    So  bleibt  in  der 

17)  Honll.  in  Joann.  4S. 


i^yiu^ud  by  Google 


•  Neuntes  RapiteL  $.  97« 


189 


Dmteliong  des  vierten  ETengeliams^  indem  alle  natürlichen 
Wege  des  RinQberkommens  Jesn  abgesehnitten  werden^ 

mir  ein  übernatürlicher  Übrig,  und  diese  Folgerung  ist  von 
der  Menge  in  der  verwunderten  Frage  wirklich  gezogen, 
welche  sie  an  Jesnm,  als  sie  ihn  am  Jenseitigen  Ufer  ün^ 
det,  macht:  note  wde  ytyovag;  Da  diese  ganae  Controle  des 
Munderbaren  Übergangs  Jesu  an  der  sclinellen  Überfahrt 
der  Menge  hängt:  so  beeilt  sich  der  Evangelist,  zum  Be< 
hnf  von  lUeser  älka  nloutqia  herbeisnschaffen  (,V*  23*). 
If  an  Ist  die  Oberfahrende  Menge  (V.  2S.  26  ff.)  als  dicjeni* 
ge  bezeichnet,   welche  Jesus  wunderbar  gespeist  hatte, 
und  diese  belief  sich  (nach  V.  10. Jt  auf  5000  Menschen. 
Wenn  von  diesen  auch  nnr  ^>  Ja  nur      hinüberfuhr,  so 
b^urfte  es  hiesn,  nach  der  richtigen  fiemerliang  dmr^Pro- 
babilien,  einer  ganeen  Flotte  von  Schiffen,  namentlich  wenn 
man  an  Fischernachen  denkt;  nimmt  man  aber  FrachtscJiiÜ'e 
an  9  so  werden  diese  nicht  gerade  alle  die  Richtung  nach 
Kapemanm  gehabt,  oder  dem  Begehren  des  Volks  aniieb 
Ihre  nrsprOngliche  Richtong  abgeändert  haben.   Es  scheint 
also  dicise  ganze  Volksüberfahrt  nur  gemacht  zu  sein'^), 
theils  um  das  Wandeln  Jesu  auf  dem  Meer  durch  eine 
Controle  an  bestätigen,  theils,  wie  wir  später  noch  sehen 
werden,  um  Jesnm,  welcher  der  allgemeinen  Oberlieferung 
zufolge  unmittelbar  nach  der  Speisung  an  das  andre  Ufer 
des  Sees  sich  begeben  hatte,  noch  mit  dem  Volk  über  die 
Speisong  reden  lassen  sn  können« 

Nach  Hinwegnahme  dieser,  den  elnaelnen  Eraählnngen 
eigenthümlicheji  Auswüchse  des  Wunderhaften  bleibt  im- 
mer noch  der  Stamm  des  Wunders,  dafs  nämlich  Jesus 
eine  bedeutende  Strecke  weit  auf  dem  Meer  gewandelt  ha- 
be, mit  aller  oben  aoseinandergeseaten  Unwahrscheinlich« 
keit  eines  solchen  Faktums  zurück.  Doch  hat  uns  die 
Auflösung  jener  £)ebenaüge,  indem  wir  die  Anlässe  ihrer 

18)  Baaiscaaamaa,  FrebsbiL  S.  81. 


I 


100  Zweiter  Abschnitt 

• 

nnhistorisehen  Entstehang  entdeckten,  <!ie  Aaflindung  sol- 
cher Anlässe  nucli  für  die  IlaupterzHhlting  erleiehtert,  und. 
damit  die  Auflösung  auch  dieser  selbst  möglich  gemacht. 
Dafa  die  Gewalt  Gottes  und  des  mit  ihm  einigen  mensch- 
lichen Geistes  Ober  die  Natar  von  den  HebrKem  nnd  er- 
steil  Christen  gerne  unter  dem  ßihle  einer  Übermacht  über 
die  tobenden  Meereswellen  vorgestellt  wurde,  haben  wir 
ans  dem  vorigen  Beispiel^ gesehen.  In  der  Erzählung  des* 
Exodus  stellt  sich  diese  Übermacht  so  dar ,  .dafs  das  Meer 
durch  einen  Wink  aus  seiner  Stelle  verjagt,  und  so  dem 
Volk  Gottes  ein  trockener  Weg  durch  seinen  Grund  geöff- 
net wurde;  in  der  snvor  betrachteten  N.  T.Uchen  £rBäh* 
lung  so,  dafs  das  Meer  an  seiner  Stelle  blieb ,  und  nur  so 
weit  zur  Ruhe  gewiesen  wurde,  dafs  Jesus  und  seine  Jün- 
ger zu  Schiff  gefahrlos  über  dasselbe  hinübergeiangen  konn- 
ten :  in  der  jest  vorliegenden  Anekdote  wird  aus  der  zwei- 
ten der  Zug  beibehalten,  ,dafs  das  Meer  an  seiner  Stelle 
bleibt,  zugleich  jedoch  aus  der  ersten  der  herbeigeholt, 
dafs  zu  FuFs,  nicht  zu  Schiffe  hinübergevvandelt  w  ird,  doch, 
mit  Rücksicht  auf  den  andern  Zog,  nicht  durch  seinen 
Grund,  sondern  Ober  seine  Oberfläche.  "  Dals  sich  auf  sei- 
ehe  Weise  die  Anschaunng  der  Ubermacht  des  Wunder- 
thaters  über  Wasserwogen  fortbildete,  dazu  läfst  sich  theils 
im  A».T.,  theils  in  den  Meinungen  des  Zeitalters  Jestt 
noch  nfihere  Veranlassung  finden.  Unter  den  Wundern 
des  Elisa  wird  neben  dem,  dafs  er  mittelst  seines  Mantels 
den  Jordan  getheilt,  und  so  trockenen  Fufses  habe  hin- 
durchgehen können  (2  Kön.  2,  14.) >  auch  das  erzählt,  dala 
er  ein  in*8  Wasser  gefallenes  £isen  schwimmend  gemacht 
habe  C2  Kdn.  6,  0.):  eine  Übermacht  Uber  das  Gesez  dep 
Schwere ,  welche  der  W^underthäter  wohl  auch  am  eige- 
nen Leibe  geltend  machen,  und  so,  w  ie  es  Hiob  9,  S.  LXX.  von 
Jehova  heifst,  tbJs  rngmosKay  wg  in  idaqtug  &ü  ^ttldaar^g 
eich  darsteilen  Itonnte.  Ton  Wnnderthätem ,  die  auf  dem 
Wasser  gehen  konnten,  wufste  man  Sich  um  die  Zeit  Jesu 


Digitized  by  Google 


\ 


Neuntes  Kapitel,   ii  97.  191 

Vieles  SQ  erssJihlen*  Abgesehen  von  (>!gentha milch  grieehi» 
sehen  Yoi-stellnngen  '^))  so  schrieb  die  orientalisch  -  grie- 
clüsche  Sage  dem  Hyjierboreer  Abarls  einen  Pfeil  ru, 
auf  welchem  er  über  Flüsse,  Meero  und  Ab^a'iiiuie  schwe- 
bend seete  ^°>;  der  gemeine  Volksn^Iaube  lieh  manchen 
Thanmaturgen  die  Fiihigkeit,  auf  dem  Wasser  bu  gehen 
und  es  erscheint  so  die  Möglichkeit,  dafs  sich  aus  allen 
diesen  Elementen  und  Veranlassungen  eine  gleiche  Sage 
auch  über  Jesum  bilden  konnte,  ungleich  gröfser,  als  die 
eines  wirklichen  Vorgangs  dieser  Art,  —  womit  nnsre 
Rechnung  geschlossen  ist. 

Mit  den  bisher  betrachteten  Seeanekdoten  hat  die  Joh. 
21.  erzählte  q>ca'fQ<ttaig  Jesu  inl  rr^g  ^alaaarg  irg  Ti/^ioti» 
Sog  so  auffallende  Ähnlichkeit,  ^dafs  wir,  obwohl  das  vierte 
£vangellnm  den  Vorfall  in  die  Tage  der  Auferstehung  Je- 
su verlegt ,  doch  nicht  umliin  können ,  wie  wir  sie  schon 
frühe^  ihrem  einen  Theile  nach  mit  der  £rzählung  vom 
Fischsug  Petri  in  Verbindung  brabbten,  so  nun  ihren  an- 
dern BestandtheÜ  mit  dem  Wandeln  Jesu  und  Petri  auf 
dem  Meer  in  Parallele  zu  setzen,  ßeidemale  wird  in  dem 
noch  nächtlichen  Dunkel  des  Frübmurgens  Jesus  von  den 
im  Schiffe  befindlichen  Jüngern  erblickt,  nur  dais  er  bei 
dem  spfiteren  Falle  nicht  wie  in  dem  früheren  auf  dem 
Meere  geht,  sondern  am  Ufer  steht,  und  die  Jünger  nicht 
durch  iSturm,  sondern  nur  durch  die  Fruchtlosigkeit  ihrer 
Fischerarbeit  in  Verlegenheit  gesezt  sind.  Beidemaie  fürch- 
ten sie  ihn:  dort,  weil  sie  ihn  für  ein  Gespenst  halten,  ' 
hier  wagt  es  keiner,  su  fragen ,  wer  er  sei ,  eidoTtgy  ozl  6 
Kviftog  tctv»  Im  Besondern  aber  findet  die  dem  ersten 
Evangelium  eigenthümüche  Scene  mit  Petrus  in  der  genann- 
ten Stelle  des  vierteir  ihre  Parallele.  Wie  Petrus  dort« 


19}  s.  die  Steiiea  bei  Wmn»,  p.  417  f. 

2tg)  Jamblicb.  vita  Pylhagorse  136,  vgl«  Porphyr.  29» 

21)  Lucisn.  VliUopiendes,  19* 


Digili^uü  by  Google 


m  Zweiter  Absehnitt 

als  der  fiber  den  See  -elnhersehreitende  Jesae  sieh  so  er» 

kennen  giebt,  ihn  um  die  Erlaubnifs  bittet,  zu  ihm  über 
das  Wasser  hingehen  zu  dürfen:  bo  wirft  er  sich  hier^ 
eobald  der  am  Ufer  stehende  Jesus  erkannt  ist»  in  das 
Wasser,  om  auf  dem  kttrzesten  Wege  sehwlmroend  bu  ihm 
Ell  gelangen.  Da  auf  diese  Weise,  was  in  jener  früheren 
Erzählung  ein  wunderbares  Wandein  auf  dem  Meere,  in 
I  der  vorliegenden  in  Bei^ug  auf  Jesnm  ein  wunderloses  Ste- 
hen am  Ufer,  in  Beeng  auf  den  Petrus  aber  ein  natttrli* 
,  dies  JSchwimmen  ist,  somit  die  leztere  Geschichte  fast  wie 
eine  rationalistische  Paraphrase  der  ersteren  lautet:  so  hat 
es  nicht  an  solchen  gefehlt,  welche  wenigstens  von  der  pe- 
trinischen Anekdote  im  ersten  £vangelinm  behaupteten,  daft 
sie  eine  traditionelle  Umbildung  des  Zugs  Joh.  21,  7.  in*s 
Wunderhafte  sei  ••).  Diese  Vermuthung  auch  auf  das 
Meerwandeln  Jesu  ^useudehnen,  wird  die  jetsige.  Kritik 
dadurch  abgehalten  9  dafs  diesen  Zug  das  als  apostolisch 
▼orausgesesste  vierte  £vangeitum  selbst  in  der  fraberen  Er^ 
sahlung  hat;  M'ogegen  wir  auf  unserem  Stnmlpunkt  es 
gar  wohl  möglich  finden  werden,  dafs  demselben  vierten 
Evangelisten  dieselbe  Geschichte  in  swiefacher  Form  mu 
Ohren  gekommen,  und  von  ihm  an  verschiedenen  Orten 
seiner  Erzälilung  einverleibt  worden  sei.  Indessen,  wenn 
beide  Gescliichten  verglichen  werden  sollen,  so  dürfen  wir 
nicht  schon  cum  Voraus  die  eine  9  Job«  21.,  als  die  nr- 
eprfingliche,  die  andere,  Matth.  14.  parail.,  als  die  abge- 
leitete setzen,  sondern  müssen  erst  fragen,  welche  von  bei- 
den sich  eher  zum  Einen  oder  Andern  eigne  ic  Allerdings 
nun,  wenn  wir  dem  bewährten  Kanon  folgen,  dafs  die 
wunderhäftere  Erzählung  die  spätere  sei,  so  erscheint  die 
von  Joh.  21.  in  Bezug  auf  die  Art,  wie  Jesus  in  die  Nahe 
der  Jünger,  und  Petrus  zu  ihm  gelangt,  als  die  ursprüng- 
liche.  Aber  aufs  Engste  hängt  mit  Jenem  Kanon  der  an- 

r 

22)  ScBXBCHBHBURMR^  übct  dcn  Urspr.  S.  68. 


Digitized  by  Google 


Keuntes  Kapitel.   $.  97* 


193 


dre  sasammen,  dafs  die  einfachere  Ersählang  die  frtilierei 
die  coMmmengesestere  die  spätere  iat,  wie  das  Conglome« 
rtii  spfiter  als  die  einfache  Stelnbildung,  —  und  nach  die- 
sem Kanon  wMre  nmgekehrt  die  Ereühlung  Job.  21.  die  ab- 
geleitete, da  in  ihr  die  bezeichneten  Züge  noch  mit  dem 
wanderbaren  Fiscbzug  verflocbten  sind,  während  sie  In 
der  früheren  Eralihlang  HUr  sich  ein  Ganses  ansmaehem 
Allerdings  swar  kann  auch  ein  grfifseres  Ganse  In  kleinere 
Stücke  zersplittern  r  doch  solchen  Bruchstücken  sehen  die 
getrennten  Erzählungen  vom  Fischzug  und  vom  Wandeln 
aof  dem  Bleere  keineswegs  Mhnlieb,  welche  vielmehr  Jede  als 
wohlgeschlossenes  Ganse  sich  verhalten.  Aus  dieser  Ver- 
flechtung  mit  dem  Wunder  des  Fischzugs,  Vfozu  noch  kommt, 
dafs  der  ganze  Vorgang  um  den  auferstandenen  Jesus,  der 
an  sich  schon  ein  Wunder  ist,  sich  dreht,  nird  nun  auch 
erklArlich ,  wie ,  gegen  die  sonstige  Regel,  die  oft  beseieh* 
neten  beiden  Züge  in  der  späteren  Diirstellung  ihr  \\  iin- 
derhaftes  verlieren  konnten  ,  indem  sie  nämlich  durch  die 
Verbindung  idit'  anderweitigem  Wunderbaren  an  blofsen 
NebensOgen,  snr  natfiriiohen  Staffage  heruntergesest'vmr» 
den.  Ist  aber  auf  diese  Weise  die  Erzählung  »Joh.  21.  oi- 
ne  durchaus  abgeleitete,  so  ist  sie  in  Bezug  auf  ihren  hi- 
storischen Werth  bereits  mit  denjenigen  Eraählungen  be« 
nrtheilt,  welche  ihre  Grandlage  bilden« 

Sehen  wir,  ehe  wir  weiter  gehen,  auf  die  bisher  durch- 
laufene Reihe  von  Sturm-,  See  -  und  Fischgeschichten  zu- 
rück, so  ünden  wir,  dafs  Ewar  die  eine  finsserate  der  an« 
dern  dordiaus  nn&hnlich  ist,  indem  in  der  einen  blofs  von 
Fischen ,  in  der  andern  blofs  vom  Storm  gehandelt  wird : 
doch  aber,  je  nachdem  man  sie  aufstellt,  hängt  jede  mit 
der  folgenden  durch  einen  gemeinsamen  Zug  zusanimon« 
0ie£nBihlttng  von  der  Berufung  der  Menschenfischer  (Matth« 
4,  18 ff.  paraU.)  erdffnet  die  Reihe;  mit>dieser  hat  die  vom 
Fischzug  des  Petrus  (Luc.  5,  1  ff. )  die  Gnome  von  ]\u  ii- 
^benfischern  gemein  ,  aber  das  Faktum  des  Fläciizug^  ist 

JJms  L§k§n  Jna  iL  JUmA.  iZ 


9 


194  Zweiter  Abscknitt. 

ihr  eigontliiimlioh  3  dieser  lezfcre  kehrt  Joh.  21.  wieder, 
wo  noch  das  morgenliche  Stehen  Jesu  am  Ufer  und  da« 
HinOberachwimnitfii  de«  Petra«  damkomnit ;  diel«  Stehen 
und  Schwimmen  erscheint*  Matth.  14,  22  ff*  parall.  eis  Ge* 
hen  aaf  dem  Meer,  uüd  zugleich  ist  ein  Sturm  und  dessen 
Aufhören  mit  Jesu  Eintritt  in  das  Schiff  hinzugefügt; 
Matth.  8}  23  ff.  parall.  endlich  ateht  dieStiUiing  dea  Starma 
durch  Jeaara  ffir  aieh  allein. 

Entfernter  von  den  bisher  betrachteten  Erzählungen 
steht  die  Geschichte  Matth.  17, 24  ff.  Zwar  findet  sich  auch 
hier  wie  bei  einigen  von  Jenen  eine  Anweiaung  Jesu  an 
den  Petrua  cum  Fischfang,  welcher,  wie  swar  nicht  aua- 
drOcklich  gesagt  ist,  doch  yoransgesezt  werden  mufs,  der 
Erfolg  entspricht :  aber  theils  soll  nur  Ein  Fisch,  und  zwar 
mit  dem  Angel,  gefangen  werden,  theils  ist  die  Hauptsache 
die,  dafa  in  aeinem  Manie  ein  Geldatllck  gefunden  werden 
soll,  am  damil  die  Tempelateuer  Ulr  Jesus  und  Petrus,  um 
welche  der  leztere  angegangen  war,  zu  bezahlen.  Diese 
Ereählung,  wie  aie  sunfichst  sich  giebt,  hat  eigenthümliche 
Schwierigkeiten,  welche  pAULua  gut  anseinandersest,  und 
auch  Olshausbn  nicht  in  Abrede  stellt.    Wenn  nfimllch 
Fritzsciie  mit  Recht  bemerkt,  zwei  wunderbare  Stücke 
seien  in  dieser  Geschichte:  da«  eine,  ^vSh  der  Fisch  einen 
Stator  im  Maule  haben  sollte,  das  andere,  dala  «leana  füe£s 
Torherwnlste,  so  erscheint  theils  jenes  und  damit  auch  die« 
ses  als  abenteuerlich,  theils  das  ganze  Wunder  als  unnö- 
thig.    Zwar,  dafs  Fische  Metalle  und  Kostbarkeiten  Im 
Leibe  gehabt  haben,  wird  auch  sonst  ersähit-^),  und  ist 
nicht  unglaublich;  dafs  aber  ein  Fisch  ein  GeldstOok  im 
Maule  haben  und  darin  behalten  sollte,  während  er  zu- 
gleich nach  4cm  Angel  8chnn})|)t,  das  fand  auch  Dr.  Schkap- 
PlMOER       nnbegreiflich.   Der  Anlafs  des  Wunders  aber 


23)  Die  Beispiele  s.  bei  WiTSTirt  z.  d.  St. 

24)  Die  heU.  Schrift  des  a.  Bundes  1,  S.  3i4.  2te  Aufl. 

I 

Digitized  by  Google 


m 


konnte  weder  Oeldmiingel  sein :  denn  wenn  «aeh  damflla 
gerade  kein  Vorrath  in  der  gemeinsRmen  Kasse  war,  so 
befand  sich  doch  Jesus  in  dem  befreundeten  Kapernaumj^ 
WO  er  auf  DaiÜrlicbem  Weg  au  dein  nöthigen  Gelde  gelan- 
gen  konnte,  man  mflfste  denn  mit  Olsbaussn  das  Entleh* 
nen  dnreli  Zusammenwerfen  mit  dem  Betteln  gegen  das 
von  Jesu  zu  beobachtende  decorum  divinum  finden;  noch 
konnte  Jesus  nach  so  vielen  Proben  seiner  Wonderkraft 
anch  dieses  Wunder  noch  nöthig  finden,  am  den  Petras 
im  Glauben  an  seine  Messianität  an  bestärken. 

Defswegen  ist  es  nicht  zu  verwundern,  wenn  ratio« 
nalistische  Ausleger  gesucht  haben,  eines  Wunders,  das 
auch  Olshauskn  das  schwierigste  in  der  gansep  eyangeli- 
scben  Geschichte  nennt,  um  jeden  Preis  sich  an  entledigen: 
es  liommt  nur  auf  die  Art  an,  wie  sie  diefs  angegrifTeii 
haben.  Der  Nerv  der  natürlichen  Erklärung  des  Faktums 
liegt  darin,  dais  man  in  der  Anweisung  Jesu  das  tvQi^aHg 
nicht  Tom  unmittelbaren  Finden  eines  Staters  im  Fische, 
sondern  Ton  einem  mittelbaren  Erwerben  dieses  Geldbe- 
trags  durch  Verkauf  des  Erangelten  versteht^').  Dafs  das 
angeseigte  Wort  auch  diese  Bedeutung  haben  kann,  ist  zu-, 
angeben,  nur  mufs,  dals  es  diese  und  nicht  seine  gewöhn- 
liche Bedentong  habe ,  im  einaelnen  Falle  aus  dem  Zusam- 
menhang erhellen.  Wenn  es  also  in  unsrem  Fall  hicfsc: 
nimm  den  ersten  besten  Fisch,  trage  ihn  auf  den  Markt, 
jraxsl  €Vfija€tg  gm^qa^  io  wlire  Jene  Erklärung  an  der 
Stelle;  da  stett  dessen  dem  evQijaeig  vielmehr  ein  avol^ag 
TO  auiij  vorhergeht,  da  also  nicht  ein  Ort  zum  Ver- 

kaufen, sondern  nur  ein  Ort  am  Fisch  angegeben  ist,  \^o 
der  Steter  erlangt  werden  sollte,  so  kann  nur  an  ein 
unmittelbares  Finden  des  Geldstttcks  in  diesem  Theile  des 
Fischs  gedacht  werden  ^^).   Woau  wäre  auch  das  Öffnen 


25)  Paulv«,  ex.  Handb.  2,  502  ff.  vgl.  Hasb,  L.  J.  ^.  Iii. 

26)  vgl.  Stojui  hof^  FLATT*schen  Magazin,  2,  S.  68  ff. 

*  13  • 


Zweiter  Abschnitt 


lies  Fischraanls  ausdri  ckÜch  bemerkt ,  wenn  nicht  eben  in 
demtelben  da«  Begehrte  gefanilen  werden  sollte?  Paulus 
findet  darin  nur  die  Anweisong,  den  Fisch  onge^lamt  vom 
Angel      lösen,  um  ilin  lebendig  so.  erhalten  und  desto 
eher  verkäuflich  zu  machen.    Zu  dem  Befehl,  das  Maul 
des  Fisches  eu  öffnen,  könnte  allerdings,  wenn  sonst  nichts 
dabei  stünde,  die  Uerausnahme  des  Angela  als  Zweck  und 
£rf(>lg  hinzugedacht  Vierden:  da  aber  evQtlaeig  gaiijQa  da* 
beisteht,   so  ist  unverkennbar  dieses  als  nächster  Zweck 
des  Mauiöffnens  bezeichnet.    Das  Gefühl,  dafs,  so  lange 
▼on  einem  Aufthun  des  Maules  am  Fisch  in  der  Stelle  die 
Itede  sei,  auch  der  8tater  als  in  denselben  mn  findender 
vorausgesezt  wer  le,  bewog  die  rationalistischen  Erklärer, 
das  gofiu  wo  möglich  auf  ein  anderes  Subjekt  als  den^Fisch 
mu  beEiehen,  und  da  war  nnr  der  Fischer,  Petras,  ttbrig* 
Da  nun  aber  das  gofta  durch  das  dabeistehende  autö  an 
den  Fisch  gebunden  scheint,  so  hat  Dr.  Paulus,  den  Vor- 
schlag eines  Freundes,  statt  ar/&,  eiQfjOfig  geradezu  av&— 
iVQ^OBtg  BO  lesen,  mildernd  oder  ttberbietend,  das  stehen 
gelassene  atSftf  von  cd;  a  getrennt,  adverbialisch  genommen, 
und  iibersczt:  du   darfst  dann  nur  deinen  Mund  aufthun, 
um  den  Fi-ich  feilzubieten,  sov^  irst  du  auf  der  Stelle  iuvtS) 
einen  Stater  für  denselben  ausbeaahlt  bekommen.  Wie  konnte 
aber,  mulste  man  noch  fragen,  in  dem  fischreichen  Kaper- 
iiaum  ein  einaiger  Fisch  so  theuer  beaahlt  werden?  daher 
nahm  dann  Paulus  das  %dv  uraßuviu  UQunov  ixO^iv  ^()0v 
collectiv:  nimm  allemal  den  Fisch,  der  dir  ftuerst  aufstöfst, 
und  maehe  so  fort,  bis  du  eines  Staters  werth  eran- 
gelt hast 

Werden  wir  durch  die  Reihe  von  Gewaltthätigkeiten^ 
welche  aur  natürlichen  Erklärung  flieser  Erzühlung  nö- 
thig  sind,  wieder  eu  derjenigen  siirttckgewiesen ,  welche 
hier  ein  Wunder  findet,  und  Erscheint  uns  doch  nach  dem 

früher  Bemerkten  dieses  VV  iiimIi  i'  als  abenteuerlich  und 
nnnötiug,  mithin  als  unglaublich;  so  bleibt  nichts  übrige 


Digitized  by  Google 


ffeuattts  Kapitel.    $•  ^*  I9T 

«Is   auch    hier   ein  sagenhaftes  Element  vorauszusetzen. 
Diefs  hat  man  so  versucht,  dafs  man  ein  wirkliches  aber 
Mlfirliclies  Faktnm  als  suiii  Grande  liegend  annahm ,  daft  * 
Bimlich  Jesus  einmal  den  Petras  angewiesen  habe,  so  lan- 
ge zu  fischen,  bis  die  Tenipelsteuer  erangeit  würe,  woraus 
dann  die  Sage  entstanden  sei,  der  Fisch  habe  die  Steuer» 
mttnse  im  Manie  gehabt'^)«   Diesen  immer  ungenttgenden 
Mittelweg  Bwischen  natfirlicher  und  mythlseher  £rklfirung 
so  vermeiden,  denken  wir  uns  lieber  als  Veranlassung  die- 
ser Anekdote  das  vielhenUzte  Thema  von  einem  Fischfang 
des  Petrus  auf  der  einen^  und  die  bekannten  £rsähiungen 
Ton  Kostbarkeiften,  die  im  Leibe  von  Fisehen  gefunden 
worden,  auf  der  andern  Seite«   Petrus  war,  wie  wir  ans 
Matth.  4,  Luc.  5,  Job.  21.  wissen,  in  der  evangelischeu 
Sage  der  Fischer,  welchem  Jesus  in  verschiedenen  Forracnf 
sanfiebst  symboliseh,  dann  eigentlich,  den  reichen  Fang 
beseheerft  halte*   Das  Werthvolle  des  Fsngs  tritt  nan  hier 
als  Geldniünze  heraus,  welche,  wie  dergleichen  Dinge  sonst 
im  Bauche  von  Fischen ,  so  durch  eine  Steigerung  des 
Wunders  gleich  im  Maule  des  Fisdhes  gefunden  werden 
sollte.   Dals  es  gerade  der  nur  Tempelsteuer  erforderliehn 
Stater  ist,   könnte  durch  eine  wirkliche  Äusserung  Jesu 
über  sein  Verhältnifs  zu  dieser  Abgabe,   welche  zufällig 
mit  Jener  Anekdote  in  Verbindung  kam|  veranlafst  sein^ 
oder  kdnnte  umgekehrt  der  iii  der  Sage  vom  Fischfang  cn« 
fkllig  vorhandene  Stater  an  die  Tempelahgahe,  welche  för 
awei  Personen  eben  so  viel  betrug ,  und  den  darauf  he* 
Bfiglichen  Ausspruch  Jesu  erinnert  haben. 

in  diesen  mährchenhaften  Ausläufer  endigen  die  See  -  lud 
fisch- Anekdoten. 

S.  98. 
Die  wmiderbsre  Speisung. 
Wie  in  den  suleat  betrachteten  üeschicht^n  Jesos  be- 

27)  KATt^KR.  bibl.  Tbeol.  1;  S.  200.  vgL  Uass  s.  «.  O. 


.    ^  oJ  by  Google 


4 


198  Zweiter  Abschnitt. 

•ttniBeiid  nnil  besXnfti|(eiiil  auf  die  vernanftlose  and  selbst 
auf  die  leblose Kntnr  einwirkte;  so  wirkt  er  in  denjenigen 

Erzfihlungeii,  zu  deren  Befrachtung  wir  jezt  fortschreiten, 
sogar  vermehrend  nicht  allein  auf  Naturgegenstände ,  son- 
dern selbst  auf  künstlich  verarbeitete  Natarprodnkte. 

Dafii  Jesus  subereitete  Nahrungsmittel  auf  wunderbare 
Weise  vermelirt,  mit  wenigen  Broten  und  Fischen  eine 
grofse  Menschenmenge  ^speist  habe,  erzählen  uns  mit  seU 
teuer  Einstimmigkeit  sSmmtliche  Evangelisten  (Matth.  14, 
IS  ff.   Mare.  6,  30  ff.   Lue.  9,  10  ff.   Joh.  6,  1  ff.  >.  Und 
glauben  wir  den  heiden  ersten  von  ihnen ,  so  hat  Jesns 
diefs  nicht  hlofs  Einmal  gethan,  sondern  Matth.  15,  32  ff. 
Marc  89  1  ff.  wird  eine  Kweite  Speisung  eralihlt,  bei  der 
es  im  Wesentlichen  ebenso  wie  bei  der  ersten  uusieng« 
Sie  fKlIt  der  Zeit  nach  etwas  später;  der  Ort  ist  etwas  an* 
ders  bezeichnet,  und  ^ie  Dauer  des  Aufenthalts  der  Menge 
bei  Jesu  abweichend  angegreben;  auch  ist,  was  mehr  besa- 
gen will,  das  GröfsenverhältniCi  swischen  dem  Speisevor* 
rath  und  der  Menfchenmenge  ein  verschiedenes,  indem  das 
erstemal  mit  5  Br  iten  und  2  Fischen  5000,  das  zweitemal 
mit  7  Broten  und  wenigen  Fischen  4000  Mann  gesättigt 
werden,  und  dort  12,  hier  7  Körbe  mit  Brocken  übrig 
bleiben.   Demungeachtet  Ist  nicht  nur  die  Snbstans  der 
Geschichte  auf  beiden  Seiten  ganz  dieselbe:   Sättigung  ei- 
ner Volksmenge  mit  unverhältnifsmäfsig  wenigen  Nahrungs- 
mitteln ,  sondern  auch  die  Ausmalung  der  Seene  ist  in  den 
ürundsagen  gans  analog:  beidemale  das  Lokal  eine  einsa- 
me Oegend  in  der  Nffhe  des  gafiläischen  Sees;  beidemale 
die  Veraiihissuii^  des  Wunders  ein  zu  langes  Verweilen 
des  Volks  bei  Jesu;  beidemale  beseigt  Jesus  Lust,  die 
Menge  ans  eigenen  Mitteln  su  speisen,  was  die  JOnger  als 
eine  unmögliche  Siehe  betrachten;  lieldemale  besteht  der 
disponible  Speisevorrath  Im  Broten  und  Fischen;  beidemale 
lAfst  Jesus  die  Leute  bieli  lagern  und  theilt  ihnen  nach 
gesprochenem  Dank^ebet  durch  Verokittlnng  seiner  Jünger 


Digitized  by  Google 


ans;  befdenale  werden  sie  Tellkommen  satt,  and  e«  kann 

noch  eine  unverhaltnirsmürsig  groAie  Menge  übrior  gebliebe- 
ner Brocken  ih  Körbe  geMumelt  werden ;  endlich  einmal 
wie  das  andere  aesl  Jetos  naeh  voilbrachter  Speisang  Uber 
den  See. 

Bei  dieser  Wiederholung  desselben  Faktums  macht  na- 
mentlich die  Frage  Schwierigkeit,  ob  es  wohl  denkbar  seii 
dnis  die  Jünger ,  nachdem  sie  seibst  mitangesehen  hatten  ^ 
wie  Jesus  mif  wenigen  Nahrungsmitteln  eine  grofse  Menge 
zu  speisen  vermochte ,  dennoch  bei  einem  zweiten  ähnli- 
chen Fall  jenen  ersten  spurlos  vergessen  gehabt ^  und  ge- 
fragt haben  sollten:  aoi^&f  ^fur  iv  iQtjfiig  ÜQVOi  %oa5%otf 
üga  XOQfaaai  oxlov  toaövov;  Wenn  man  sich  ÜBr  eine  sol- 
che Vergefslichkeit  der  jHnger  darauf  beruft ,  dafs  sie  auf 
Ähnliche  unbegreilliche  Weise  die  Erkl^trungen  Jesu  über 
sein  bevorstehendes  Leiden  und  Sterben  vergessen  gehabt 
haben,  als  dasselbe  eintrat so  ist  es  ja  ebenso  noch  eine 
olischwebeiMie  Frage ,  ob  nach '  so  deutlicben  Voraussagen 
Jesu  sein  Tod  den  Jüngern  so  unerwartet  hätte  sein  kön- 
nen! Denkt  man  sich  aber  zwischen  beide  S^ieisungen  eine 
lingere  Zeit  und  eine  Ansahi  analoger  Fülle  iiineln ,  wo 
aber  Jesus  nicht  fiHr  gut  gefunden  habe,  auf  wunderbare 
Weise  zu  helfen  so  sind  diefs  theils  reine  ErdichtoJigen, 
theils  bliebe  auch  so  unbegreiflich^  wie  die  gar  su  spi*e- 


J)  Olsmauskh,  1,  S.  512.  Die  ebcndas.  in  der  Anmerkung  gel- 
tend.  gemachte  Instanz,  dass  laut  des  a^ruf  eiaßo/zer  Matth. 
i6y  7.  die  Jünger  auch  nach  der  zweiten  Speisung  noch  sich 
nicht  gemerkt  hatten  y  wie  man  in  der  N'ihe  des  Menschen - 
sohns  keine  Speise  für  den  Leib  mitsunehmen  brauche  >  be- 
weist desswegea  nSchtt,  weil  die  ümstXnde  hier  gsns  andere 
waren.  Dats  aus  der  wunderbaren  SXttigung  des  zufalUg  in 
der  Wüste  vertpMteten  Volks  die  Jünger  nicht  den  beque- 
men Schluss  sogen ,  welchen  der  bibl,  Cooiau  darsus  sieht, 
kann  ihnen  nur  zur  Khrc  gereichen* 

2)  i>cr8.  ehendas. 


iOO  Zweiter  Absohuilt. 

•  ■ 

ehende  Ähnlichkeit  der  Umttffnde  vor  der  eweiten  BfMt- 

sung  mit  denen  vor  der  ersten  auch  nicht  Einen  der  Jün- 
ger an  diese  sollte  erinnert  haben.  Mit  Recht  beliaupteC 
deher  Paulus,  hätte  Jeeue  schon  einmal  die  Menge  daroh 
ein  Wnnder  «respeist  gehabt,  so  wttrden'bei'm  Eweiten  Mal 
die  Jünger  nnf  seine  Erklärung,  er  möge  das  Volk  nicht 
nüchtern  entlassen,  ihn  getrost  zur  Wiederholung  des  vo- 
rigen Wunders  aufgefordert  haben« 

Jedenfalls  daher,  wenn  Jesas  ra  Bwei  verschiedenen 
Malen  eine  Volksmenge  mit  unverhältnifsmÄrsig"  geringem 
Vorrath  gesättigt  hat,  müfsfe  man  mit  einigen  Kritikern 
annehmen,^  dafs  aus  der  Ersählang  von  der  einen  Bege- 
benheit viele  Züge  in  die  von  der  andern  flbergegangen , 
und  80  beide,  nrsprOnglieh  sieh  unfthnÜcher,  In  der  mQnd- 
liehen  Überlieferung  immer  mehr  ausgeglichen  worden  seien, 
wobei  also  namentlich  die  zweifelnde  Frage  der  Jünger 
nur  das  erste,  nicht  aber  aneh  das  eweitemal  vorgekem^ 
^men  seih  kSnnte  Für  eine  solche  Assimilation  kann 
der  Umstand  eu  sprechen  scheinen ,  dafs  der  vierte  Evan- 
gelist, der  namenflieh  in  den  Zahlangaben  auf  Seiten  der 
ersten  Speisung  dei  Matthäus  und  Markus  ist,  doch  von 
deren  sweiter  Speisunisragesehichte  die  Züge  liat,  dais  eine 
Anrede  Jesu,  nicht  der  Jünger,  die  Scene  eröffnet,  und 
dafs  das  Volk  zu  Je>u  auf  einen  Berg  kommt.  Allein  wenn 
man  hiebei  die  Grnndzüge:  Wüste,  Speisung  des  Volks ^ 
Aufsammeln  der  Brocken,  auf  beiden  Seiten  stehen  Ififst, 
so  ist  auch  ohne  jene  Frage  der  Jünger  immer  noch  un* 
wahrscheinlich  genug,  dafs  eine  solche  Scene  sieh  auf  so 
ganz  ähnliche  Weise  wiederholt  haben  sollte;  läfst  man  Iiin- 
gegen  auch  jene  allgemeinen  Züge  bei  der  einen  Geschichte 
fallen ,  so  ist  nicht  weiter  eincusehen ,  wie  man  die  Treue 
der  evangelischen  £rzühlung  in  ßezug  auf  den  Hergang  der 

i)  Grati  )  Com».      Matlh.  S,  S.  90  1    Sonsrnnr,  über  den 

ürspr.    S.  97. 


NeuHtei  Kapitel.   $.  98.  SOI 

«weiten  Speisiin^r  nuf  allon  Punlifen  in  Anspruch  nehmen, 
und  doch  an  des  Angabe,  dafs  eine  Bolche  vorgefallen^ 
feethiilten  kann ,  saioal  nor  Mattl^tts  und  der  ihm  folgen- 
de Markus  von  derselben  wissen. 

Daher  haben  neuere  Kritiker,  mit  mehr  ^)  oder  weni- 
ger ^)  Entschiedenheit,  die  Ansicht  ansa^esprocben ,  es  sei 
bier  einfand  dasselbe  Faktom  durch  Mifsverstand  des  er- 
sten Evangelisten,  welchem  der  swelte  folgte,  verdoppelt 
worden.  Von  der  wunderbaren  Speisung  seien  verschie- 
dene Erzälilungen  im  Umlauf  gewesen ,  welche  namentlich 
in  den  Zahlangaben  von  einander  abwichen,  und  nun.  habe 
der  Verfasser  des  ersten  Evangeliums,  welchem  Jede  Wnn- 
derfreschichte  weiter  ein  willkommener  Fund,  und  der  defs- 
halb  zu  kritischer  Reduktion  sweier  verschieden  lautenden 
£rs£hlnngen  der  Art  wenig  geeignet  war,  beide  in  seine 
Sammlang  aafgenommen.  Dann  erklärt  sich  vollkommen, 
wie  bei  der  zweiten  Speisung  die  J<inger  noch  einmal  so 
nngliiubig  sich  A'ussern  können :  weil  iiänilich  auch  die 
■weite  Geschichte  da,  wo  der  Verfasser  des  ersten  £van- 
geliama  sie  hernahm,  die  elnelge  and  erste  gewesen  war, 
and  der  Evangelist  verwischte  diesen  Zog  nicht,  well  er 
fiberhaupt  die  beiden  Erzählungen  ganz  so,  wie  er  sie 
hörte  oder  las,  seiner  Schrift  einverleibt  en  haben  scheint, 
was  sich  anter  Anderem  auch  in  der  Constana  neigt,  mit 
welcher  er  and  der  Ihm  nachschreibende  Markus  nicht  nur 
in  der  Darstellung  der  Begebenheiten  selbst,  sondern  auch 
in  der  späteren  Erwähnung  derselben  Matth.  16,  9  f.  Maro. 
8,  19  f.  bei  der  ersten  Speisung  die  Körbe  durch  notftvot^  - 
bei  der  .nwelten  durch  anvqidB$  beeeichnet  ^  Freilich 


4)  This&s,  krit.  Commcntar,  f,  S.  168ff.  ScnüLZ,  über d.  Abendfli, 
S.  311.    vgl.  l'KiTr.scnK,  in  IVTalth.  p.  523. 

5)  ScHLKiRRMACHKR,  Über  dcii  LuktSy*  S.  145*    SismaT  a.  a.  O« 
S.  OS  ff.    Ha8«,  ^.  97.  * 

6}  vgl«  Saujosa  a.  a*  O.  S*  105* 


Zweiter  Abschnitt 


wird  mit  Recht  behauptet,  dafs  der  Apostel  Matthäus  an« 
mögiieh  einerlei  für  eweierlei  habe  aufgreifen ,  und  eine 
gar  nicht  vorgefallene  neue  Geschichte  erEXbIen  können  ^) ; 
aber  die  Wirklichkeit  einer  doppelten  Speisung  folgt  nur 
dann  hieraus ,  wenn  man  den  apostolischen  Ursprung  des 
ersten  Evangeliums  schon  voraussesti  der  doch  erst  su  be- 
weisen Ist.  Wenn  ferner  WuLua  einwirft,  die  Verdoppe- 
lung jenes  Faktums  wfire  ohne  allen  Vortheil  flBr  die  Sache 
des  Evangelisten  gewesen,  und  Olshausen  diefs  naher  da- 
hin entwickelt,  dal's  die  Sage  die  sweite  Speisungsgescliichte 
nicht  so  einfach  und  nüchtern ,  wie. die  erste,  gelassen  ha* 
l»en  würde;  so  kann  dieses  begehrliche  Reden,  et  sei  et- 
was keine  Erdichtung,  weil  es  als  solche  noch  ausge- 
schmückter sein  müfstc,  eigentlich  geradezu  abgewiesen* 
werden,  weil  es,  Jedes  bestimmten  Mafsstabs  entbehrend, 
anter  allen  Umstffnden  wiederkehren,  und  am  Ende  das 
Mührchen  selbst  nicht  •  mährchenhaft  genug  finden  wird; 
insbesondre  aber  hier  ist  es  defswegen  völlig  leer,  weil  es 
die  Eraühlung  von  der  ersten  Speisung  als  eine  historiscli 
genaue  voraosseatr' haben  wir  In  dieser  schon  ein  sagenhaf- 
tes Produkt,  80  braucht  sich  die  Variation  davon,  die  «weite 
Speisuiigsgesohichte,  nicht  noch  durch  besondre  traditio- 
nelle Züge  ausBuselchnen.  Doch  nicht  blofs  nicht  in  s  Wun- 
derbarere ist  die  ErsShlung  von  der  «weiten  Speisung  ge- 
genüber von  der  ersten  ausgeschmückt,  sondern,  indem 
sie,  die  Menge  der  Nahrungsmittel  vermehrend,  die  Zaiii 
der  Gesfittigten  vermindert,  verringert  sie  damit  das  Wun- 
der, und  in  diesem  Antiklimax  findet  man  die  sicherste 
Bürgschaft  für  die  Wirklichkeit  der  eweiten  Speisung,  in* 
dem ,  wer  zu  der  ersten  noch  eine  weitere  hinzudichten 
wollte,  dieselbe  wohl  auch  überboten,  und  statt  der  5000 
Menschen  nicht  4000,  sondern  10,000  gesest  haben  würde 


7)  Paulus,  ex.  Handb.  2,  S.  iiS.   Ouaussaa»  1,  S.  512* 

8)  OMauutSH,  S«  , 


KeaiiUt  Kapllel.  (•  98. 

Aach  diese  Arfamentation  bernht  auf  der  nnbegründeCen 

VorauMetsung,  dafs  die  erste  Speisang  historisch  sei,  wo- 
bei Olshaüsen  selbst  den  Gedanken  hat,  dafs  einer  wohl 
auch  die  zweite  für  die  historische  Grundlage,  and  die  er- 
ste für  die  sagenhafite  Zutliat  ansehen  kOnnte,  und  dann 
Terhielfe  sieh  die  erdichtete  aar  wahren,  wie  gefordert  wflr* 
de,  als  Steigerung.  Wenn  er  nnn  aber  hiegegen  bemerkt, 
wie  unwahrscheinlich  es  sei,  dafs  der  unlautere  Referent 
das  ftchte  Fälitani  als  das  geringere  nachbringe,  and  das 
falsche  voranstelle,  yielmehr  wolle  ein  solcher  die  Wahr» 
heit  überbieten,  und  stelle  defshalb  immer  das  Erdichtete 
als  das  Glänzendere  hinten  an:  so  zeigt  er  damit  auFs 
Neue ,  dafs  er  sich  aaf  die  mythische  Ansicht  yon  den  bi- 
blischen Ersfihlungen  nicht  einmal  soweit  yersteht,  als  sn 
ihrer  Benrtheilung  nöthig  ist.  Denn  von  einem  unlauteren 
Referenten,  welcher  absichtlich  die  wahre  Speisungsge- 
aehichte  hätte  überbieten  wollen,  spricht  hier  Niemand, 
and  am  wenigsten  erklftrt  ii^end  wer  den  Matthias  fClr  ei- 
nen solchen,  sondern,  mit  vollkommenster  Redlichkeit,  Ist 
die  Meinung,  hatte  der  eine  von  5000,  der  andre  von  4000 
Gesättigten  geschrieben,  ebenso  redlich  schrieb  der  erste 
Evangelist  Beides  nach,  nnd  eben  well  er  völlig  arg-  and 
absichtslos  aa  Werke  gieng,  kam  es  Ihm  aoeh  nicht  dar* 
auf  an,  welche  von  beiden  Gescliichten  voran-  oder  nach- 
stehe, die  bedeutendere  oder  die  von  minderem  Belange,  son- 
dern er  llefs  sich  hierin  durch  sofälllge  Umstffnde,  wie  dafs 
er  die  eine  mit  Begebenheiten  aasammcngesteüt  fand,  die  Ihm 
die  früheren,  die  andre  mit  solchen,  die  ihm  die  späteren 
schienen,  bestimmen.  Hiemit  haben  wir  indefs  blofs  das 
negative  Resultat  dafs  der  doppelten  Ersühlnng  der  ersten 
Evangelien '  nicht  awel  verschiedene  Begebenheiten  können 
aam  Grunde  gelegen  haben :  welche ,  nnd  ob  flberhaapt 
eine  von  beiden  historisch  begründet  sei,  mufs  Gegenstand 
einer  eigenen  Untersachang  werden. 

Wenn,  um  dem  magischen  Scheine  aatBavreiehen,  wel- 


Digitized  by  Google 


.  ,   Zweiter  Absehnitt.  / 

eben  das  vorliegende  Wander  vor  andern  bat,  Olshaussh 
dasseibe  mit  «Lern  Gemfithssostand  der  betheiÜgten  Pereo- 
neu  in  Besiehong  sest,  und  die  wunderbare  Speisung  durch 
den  geistlichen  Hunger  der  Menge  vermittelt  wissen  will : 
80  ist  diefs  nur  ein  zweideutiges  Reden,  das  bei  dem  ersten 
Veranoh,  den  Sinn  desseiben  featsusteiien,  in  Nichts  sep- 
ftilt.  Denn  bei  Heilungen  e.  ß«  besteht  naeh  der  hier  Tor> 
ansgesesten  Ansicht  jene  Vermittlung  darin,  dafs  das  6e- 
mUth  des  Kranken  sich  der  Einwirkung  Jesu  gläubig  öff- 
liet|  so  daüs  bei  fehlendem  Glauben  auch  der  Wunderkraft 
Jesu  der  erforderiiche  Ankntfpfiingspunkt  im  Menschen 
fehit:  hier  also  ist  die  Vermittlung  eine  reale.   Sollte  nun 
hier  dieselbe  Art  von  V^ermittlung  stattgehabt,  und  also 
bei  denjenigen  von  der  Menge^  weiche  etwa  ungläubig  wa- 
ren ,  die  stfttigende  Einwirkung  Jesn  keinen  Eingang  ge- 
funden haben:  so  mOfste  hier  die  Sfittigung  wie  dort  die 
Heilung  als  etwas  von  Jesu  geradezu  und  ohne  vorange- 
gangene Vermehrung  der  äiisserlich  vorhandenen  Nahrungs- 
mittel in  dem  Leibe  der  Hungrigen  Gewirktes  angesehen 
werden.   Allein  eine'solehe  Vorstellung  von  der  Sache  wird, 
wie  Paulus  mit  Recht  erinnert,  und  auch  Olshausen  an- 
deutet, durch  die  Bemerkung  der  K\angeiisten  abgeschnit- 
ten, dafs  tinter  die  Menge  wirklich  Speisen  Tertbeiit  wor- 
den aeien,  dala,  von  diesen  jeder,  so  yiel  er  wollte,  genos- 
sen habe,   und  dafs  am  Knde  noch  miehr  als  ursprünglich 
vorWUhig  gewesen,  übrig  geblieben  sei.    Die  hierin  liegende 
Ausserlich  und  objektiv  vorgegangene  Vermehrung  der  Nah- 
rangsmittel  kann  nun  doch  nicht  durch  den  Glanben  des 
Volks  auf  reale  Weise  vermittelt  gedacht  werden ,  so  dafa 
jener  Glaube  zum  Gelingen  der  Brotvermehrun^  mitwirken 
muistey  die  Vermittlung  kann  vielmehr  nur  eine  teleologU 
•ehe  gewesen  sein,  d.  h.  da(a  upi  eines  gewissen  Gemtttha* 
^  «istands  der  Menge  willen  Jesus  die  Speisung  vornahm. 
Eine  solche  Vermittlung  aber  giebt  mir  nicht  die  mindeste 
Uülfe  I  mir  den  fraglichen  Vorgang  denkbarer  su  machen . 


Digitized  by  Google 


t 


Bf Kapital,  f •  M.  Mi 

denn  ntdit,  warom  es  aoi  aondeni  wfo  aa  sagegangan  aal, 
Ist  Hie  Frage.   So  beruht  mithin  Allee,  was  Oii8haü8BN  hier 

gcthan  KU  haben  glaubt,  um  das  Wunder  denkbarer  eu 
machen,  auf  der  Ämphibolie  des  Ausdrucks:  Vermittlangy 
md  et  bleibt  die  Undenkbarkeit  einer  nnmlttelbaren  Ein- 
wirkung dee  Willens  Je«n  anf  die  vemonlUeee  Natur  die» 

•er  Geschichte  mit  den  aulest  erwogenen  gemein. 

«  Doch  eigenthOmlich  Tor  den  andern  iet  Ihr  die  Schwie- 
rigkeit^ dafs  hier  nicht  blofs  wie  bisher  von  einer  den 
liiaturgegenständen  ertheilten  Richtung  oder  Modifikation^ 
aondern  von  einer  Vermehrung  derselben,  und  «war  in'a 
Ungeheure 9  die  Rede  ist.   Zwar  ist  uns  nichts  alltagficher, 
als  Wachsthum  und  Vermehrung  der  !Natiiruegenstttnde, 
wie  sie  a.  ß.  ?om  Samenkorn  in  den  Parabeln  vom  8iie- 
mann  und  vom  Senfkorn  dargestellt  ist«   Allein  diese  ge- 
achieht  erstlich  nicht  ohne  Zutritt  anderer  Naturdinge,  wie 
Erde,  Wasser,  Luft,  so  dafs  auch  hier,  nach  dem  bekann- 
ten Saa  der  Natarlehre,  nicht  eigentlich  die  Substana  ver- 
mehrt, sondern  nur  die  Accidensien  verwandelt  werden; 
sweitens  geschieht  dieser  Proeefs  so,  dafs  er  seine  verschie- 
denen Stadien  in  entsprechenden  Zeitdistanzen  zurücklegt. 
Hier  dagegen ,  bei  der  Vermehrung   der  Nahrungsmittel 
dnrch  Jesus,  findet  weder  das  Eine  noch  das  Andere  statt: 
das  Brot  In  der  Hand  Jesu  hXngt  nicht  mehr,  wie  der 
Halm,  auf  welchem  die  Frucht  wuchs,  mit  dem  mOtterli- 
chen  Boden  zusammen,  noch  geschieht  seine  Vermehrung 
aümähllgi  sondern  plöaÜch« 

Das  aber  eben  soll  das  Wunderbare  an  der  Sache  selfj^ 
wd  namentlich  nach  der  ieateren  Seite  hin  das  gegenwXiw 
tige  Wunder  ein  beschleunigter  Natnrproeefs  genannt  wer» 

den  können.  Was  von  der  Aussaat  bis  zur  Ernte  in  drei 
Vierteljahren  geschieht,  soll  da  in  Minuten  unter  der  Aus- 
theilang  der  Speise  geschehen  sein;  denn  einer  Beschleu- 
nigung aeien  ^  Natnrentwlckinngen  lUilg,  und  einer  wie 


Digitized  by  Google 


Zweiter  AbiobAitl. 


groTsen,  dM  sai  nicht  mu  bettimaien  Kiii  bcwhlflwnig" 
ter  Niitar|irooert  wXre  es  gewesen,  wenn  in  Jesa  Hanil 

je  ein  Korn  hundertfältige  Frucht  getragen  und  Eur  Reife 
gebracht,  und  er  die  vermehrten  Körner  ans  imfiier  vollen 
Binden  dem  Volke  hingeschaitet  hätte,  um  eie  von  diesen 
serreiben,  kneten  nnd  backen,  oder  in  der  Wüste,  wo  sie 
waren ,  roh  aas  den  Hülsen  heraus  geniessen   zu  lassen ; 
wenn  er  einen  lebendigen  Fisch  genommen,  und  die  £ier 
in  dessen  Leibe  plösUch  hervorgerufen,  befrochtet^  and  sa 
ausgewachsenen  Fischen  gemacht  htftte,  welche  dann  die 
Jünger  oder  das  Volk  hittten  sieden  oder  braten  mögen. 
So  hingegen  nimmt  er  nicht  Korn  in  die  Hand,  sondern 
Brot,  nnd  auch  die  Fische  mfissen,  so  wie  sie  in  Stücken 
ausgetheilt  werden,  irgendwie  eubereitet,  vielleicht,  wie 
Luc.  24, 42.  vgl.  Joh.  2i,  9.  gebraten,  oder  eingesalsen  ge- 
wesen sein.    Hier  ist  also  auf  beiden  Seiten  kein  reines, 
lebendiges  Naturprodukt  mehr,  sondern  ein  todtes  und  durch 
Kunst  modificirtes;  am  ein  solches  in  einen  Naturproceft 
Jener  Art  ea  verseteen,  hMtte  Jesus  vor  Allem  durch  seine 
Wunderkraft  aus  dem  Brot  wieder  Körner,  aus  den  Brat- 
fischen wieder  rohe  und  lebende  machen,  dann  geschwind 
die  beschriebene  Vermehrang  vornehmen,  endlich  sAmmt- 
liches  Vermehrte  vom  NaturEustand  in  den  kOnstlichen  sn- 
rückversetzen  müssen.    So  würe  mithin  dieses  Wunder  zu- 
aammeiigesezt  1}  aus  einer  Wiederbelebung,  welche  alle 
•onst  in  den  £vangelien  ersählte  an  Mirakulositit  flbertrft« 
fe;  2)  aus  einem  höchst  beschleunigten  Naturproeefs ,  and 
3)  aus  einem  unsichtbar  vorgenommenen  und  ebenfalls  höchst 
beschleunigten  Kunstprocefs,  indem  alle  die  langen  Proce- 
daren  des  Müllers  and  Bäckers  auf  der  einen,  and  des 
Koelis  anf  der  andern  Seite  durch  Jesa  Wort  In  einem  Au- 
genblick müfsten  vor  sich  gegangen  sein.    Wie  mag  also 
Olshauskn  sich  selbst  und  den  glaubigen  Leser  durch  den 


9)  Se  nscb  ?tamniitia,  OuHAVttii,  f ,  S*  499  f.  vgl.  Hasb,  f.  97. 


Digitized  by  Google 


Neuntes  KapileL   i«  98.  207 

annehiBlieh  klingenden  Aoedruck :  beschleunigter  Natnrpro- 
eefs,  tXnaehen,  wenn  doch  dieser  die  Sache',  Ton  der  die 

Rede  ist,  nur  zom  dritten  Theil  bezeichnet? 

Wie  sollen  wir  uns  nun  ein  solches  Wunder  zur  An- 
aeiiaunng  bringen,  and  in  welchen  Moment  des  Hergangs 
es  Tersetaen  ?  In  Betreff  deis  Lesteren  sind,  nach  der  An^ 
Behl  der  in  unsrer  firafihlang  handelnden  (üruppen  drei 
Ansichten  möglich ,  indem  entweder  in  den  Händen  Jesu, 
oder  in  denen  der  austheilenden  Jünger,  oder  endlich  erst 
in  denen  des  empfangenden  Volks  die  Vermehrung  vor  sich 
gegangen  sein  kann,  '0ie  lestere  Vorstellung  Ist  theils  bis 
zum  Abenteuerlichen  minutiös,  wenn  man  sich  Jesum  und 
die  Apostel  denken  will,  mit  Behutsamkeit,  da  ('s  es  doch 
]a  ausreichen  mtfge,  Krümchen  yertheilend,  die  in  den  Hän- 
den der  £mpftnger  au  Stflcken  anschwellen,  theils  wlire 
es  nicht  wohl  möglich  gewesen,  fUr  eine  Masse  von  50011 
Alann  aus  5  Broten,  welche  nach  hebräischer  Sitte,  und 
da  sie  Ja  ein  Knabe  trug,  nicht  sehr  grofs  können  gewesen 
sein,  und  vollends  aus  2  Fischen  fttr  Jeden  ein,  wenn  aueii 
noch  80  kleines,  Stückchen  herauszubringen.    Unter  den 
swei  übrigen  Vorsteilungsweisen  linde  ich  es  mit  Olsuau« 
SBN  am  angemessensten,  dals  unter  den  schöpferischen  Hftn« 
den  Jesu  sich  die  Nahrungsmittel  vermehrt ,  und  er  neue 
und  immer  neue  Stücke  den  vertheilenden  Jüngern  gebo- 
ten habe.    Zur  Anschauung  kann  man  sich  dann,  den  Vor- 
gang auf  die  doppelte  Art  au  bringen  suchen,  dals  man 
entweder  sich  vorstellt,  so  oft  ein  Brotkuchen  und  ein 
Fisch  zu  Ende  war,  sei  ans  den  Bünden  Jesu  ein  neuer 
gekommen,  oder  man  denkt  sich,  die  einzelnen  ßrotku- 
ehen  und  Fische  seien  gewachsen,  so  dafsj^wie  ein  Stück 
abgebrochen  wurde,  es  sich  so  lange  wieder  erginate,  bia 
berechnetermafsen  die  Reihe  an  den  folgenden  kommen 
konnte.    Die  erster^  Vorstellung  scheint  dem  Texte  fremd 
SU  sein,  welcher,  wenn  er  von  Brocken  ix  tuv  nivrt  a^ary 
^richt  (Joh.  6,  130^  schwerlidi  eine  Vermehrung  dieser 


Digitized  by 


Zweiter'  Absetmltt. 


Anzahl  ToransseKt,  und  so  bleibt  nur  die  zweite,  durch 
deren  poetische  Ausmalung  Lavater  der  orthodoxen  An- 
sicht einen  schlechten  Dienst  erwiesen  het'^).  Denn  die* 
•es  Wunder  gehört  £D  denjenigen,  welche  nur  so  lange 
efnlgermafsen  glaublich  erscheinen  können ,  nls  man  sie 
,  im  Uaibdunkei  einer  unbestimmten  Vorstellung  zu  halten 
weifs:  sobald  man  dieselben  an 's  Licht  Biehen  und  In  al- 
len Theilen  genau  anschauen  will,  lösen  sie  sich  In  Nebel- 
gebllde  auf.  Brote,  die  in  den  Hffnden  des  Austheilendeii 
wie  angefeuchtete  Schwämme  auf(|uellen,  ßratiische,  wel- 
chen, wie  dem  lebendigen  Krebs  die  abgerissenen  Scheeren 
•llmAKlig,  so  die  abgebrochenen  Theile  plözlich  wieder  wach* 
•en ,  gehören  offenbar  nicht  in  das  Reich  der  Wirklich- 
beit,  sondern  in  ein  ganz  anderes. 

Wie  grofsen  Dank  verdient  daher  aucli  liier  die  ratio- 
nalistische Auslegung,  wenn  es  wahr  ist,  dafs  sie  uns  von., 
der  Zumuthung,  ein  so  unerhörtes  Wunder  anzunehmen, 
auf  die  leichteste  Weise  zu  befreien  weifs.  Hören  wir 
Dr.  Faulvs  *  *),  so  wollen  die  Evangelisten  gar  kein  Wun- 
der erstfhlen,  und  das  Wunder  ist  erst  von  den  £rklli- 
rem  in  ihren  Bericht  hineingetragen  worden«  Was  sie  er- 
zählen, ist  nach  ihm  nur  so  viel,  dafs  Jesus  seinen  gerin- 
gen Vorratli  an  Lebensmitteln  habe  austheilen  lassen,  un^ 
dals  in  Folge  dessen  die  ganze  Menge  genug  zu  essen  be- 
bommen  habe.  Hier  sei  jedenfnUs  das  Mittelglied  ausge« 
lassen,  weiches  näher  angebe,  wie  es  möglich  gewesen, 
dafs,  unerachtet  Jesus  nur  so  wenige  Lebensmittel  zu  bie- 
ten hatte,  dennoch  die  grofse  Volksmasse  habe  ges&ttigt 
werden  können.  £in  sehr  natflrliches  Mittelglied  aber  er^ 
gebe  sieb  aus  der  historischen  Combination  der  Umstände. 
Da  nach  Vergleichung  von  Joh.  0,4.  die  Menge  wahrschein- 
lich zum  greiseren  Xheil  aus  einer  i'estkaravane  bestan- 


10)  Jesus  Messias,  2.  Bd.  No.  14.  15  und  20* 

11)  eieg.  Uandb.     S.  m  iT. 


Digitizoü  by  G<L 


f 

» 

Neuntes  Kapitel.    S<  03.  20» 

ilen  hnbe^  so  kSnne  sie  nicht  ohne  nlle  Spelsevorrnthe  ire* 
Wesen )  und  nur  einigen  Armeren  vielleicht  der  Vorrath 
bereits  ansgegnngen  gewesen  sein*   Um  nun  die  besser  Ver* 
eehenen  bot  Mittheilung  an  die^  denen  et  fehlte  ^  so  Ter» 
anlassen)  habe  Jesus  ein  Muhl  reranstaltef ^  und  sei  mit 
eigenem  Beispiele  in  der  Mittheilung  dessen,   u^ns  er  und 
seine  Jünger  von  ihrem  geringen  Vorrath  entbehren  lionn* 
ten,  Torangegangen  I   dieser  Vorgang  habe  Nachahmung 
gefunden 9  und  so  sei,  indem  Jesu  Brotaustheilung  eine 
allgemeine  Mittheilung  veranlai'ste ,  der  ganze  Volkshaufe 
satt  geworden*    Allerdings  müsse  man  dieses  natürliche 
Mitteiglied  In  den  Text  erst  hineindenken;  da  jedoch  das 
fibernatürliche^  welches  man  gewöhnlich  annehme^  die  wun- 
derbare Brotverinehrung,  ebenso  wenig  ausdrücklich  ange* 
gehen  sei^  sondern  beide  gleicherweise  lunzugedacht  wer- 
den mOssen:  so  könne  man  nicht  anders,  als  für  das  na*^ 
tlirliche  sieh  entscheiden*  —  Doch  das  hier  behauptete  gle!* 
che  Verhältnifs  der  beiden  Mittelglieder  zum  Text  findet 
in  der  That  nicht  statt.    Sondern,  während  zum  fioluif 
der  natürlichen  £rkilirnng  ein  nenes  austheilendes  Subjekt 
(die  besser  Versehenen  unter  der  Menge) ,  und  ein  neues 
Ausgetheiltes  Objekt  (deren  VorrÜthe),  sammt  der  Handlung 
des  Austheilens  von  diesen  hinzuirodacht  werden  mufs:  be- 
guügt  «icli  die  snpranaturalistische  Ülrklärung  mit  dem  vor> 
handenen  Subjekt  (Jesu  und  seinen  Jüngern),  Objekt  (de- 
ren kleinem  Vorrath)  und  dessen  Austhellung,  und  Ififst 
nur  die  Art  liinzudenken ,  wie  dieser  Vorrath  zur  Sätti- 
gung der  Menge  zulänglich  gemacht  wurde,  indem  er  sich 
nlimlich  unter  Jesu  (oder  seiner  Jünger)  üönden  wunder« 
bar  yermehrte»    Wie  kann  man  hier  noch  behaupten,  dem 
Teit  liege  keines  von  beiden  Mittelgliedern  naher  als  das 
andere?    Dal's  die  wunderbare  Vermehrnng  der  Brote  und 
Fische  verschwiegen  ist,  erklärt  sich  daraus,  da  ('s  dieser 
Vorgang  selbst  sich  nicht  für  die  Anschauung  festhiUten 
lassen  will,  daher  besser  nur  nach  dem  £rfolg  bezeichnet 
JJmi  Leben  Jesu  JL  Band»  14 


üiyiiized  by  Google 


210  Zweiter  Ab«clinitt. 


wird :  wie  aber  will  man  erklären ,  dafs  von  der  durch 
Jetnoi  hervorgerofenen  Mittheilsamkeit  der  übrigen  mit  Vor- 
rath  Versehenen  niehts  gesagt  Ist?   Zwischen  das  Sdiaxa 

To7s  fiaD^r]T(xlgf  oi  öe  ftad-rjTai  roTg  ox^oig  CMatth.  14,  19.) 
und  xal  %(payov  JTamg  xal  ixoQidad'f^aav  (V.  20.)  jene 
Mittheilnng  der  Andern  hineinzudenken,  ist  reine  Wilikühr, 
wogegen  durch  das  nai  vag  dvo  ixS^vag  iftiQiaa  nSai  (Marc, 
6,  41.)  unverkennbar  angezeigt  ist,  dafs  nor  die  2  Fische 
—  und  also  auch  nur  die  5  lirote  —  das  Objekt  der  Thei- 
lang  für  Alle  waren Ganz  besonders  aber  kommt  die- 
se natürliche  Erldffrang  mit  den  Körben  in  Verlegenheit, 
weltfhe,  nachdem  Alle  satt  geworden,  Jesus  noch  mit  den 
übrig  gebliebenen  Brocken  füllen  liefs.    Wenn  liier  der 
vierte  l^Ivangeiist  sagt :  am'ryayov  ivy  xcri  iyifttaw  dftiJfxtt 
nwplfas  xkaaftavpmf  ix  %£y  nivta  u^m  xtSh  xQi^hwr^ 
S  ine(f(aaev(f 8  ro7g  ßeßQVJxoatv  ((»,  13.):  so  scheint  doch 
hiedurch  deutlich  genug  gesagt  zu  sein,  dnfs  eben  von  je- 
nen 5  Broten,   naclidem  500U  3Iann  sich  von  denselben 
gesättigt,  noch  12  Körbe  voll  Brocken,  also  mehr  als  der 
ursprüngliche  Vorratlh  betragen  hatte,  Obrl«;  geblieben  seien. 
Hier  hat  datier  der  natürlicJie  Erklärer  die  abenteuerlich- 
sten Wendungen  nüthig,  um  dem  Wunder  aussuweichen. 
Zwar,  wenn  die  Synoptiker  nur  schlechtweg  sagen,  man 
habe  die  Uberreste  des  Mahls  gesammelt,  und  mit  densel- 
ben 12  Körbe  gefüllt,  so  könnte  man  vom  Standpunkt  der 
iiatUrliclien  Erklärung  etwa  denken,  Jesus  habe  aus  Ach- 
tung für  die  Gottesgabe  auch  das,  was  die  Versammlung 
von  den  eigenen  Vorrathen  liegen  liels,  durch  seine  Jün- 
ger aufsammeln  lassen.    Allein,   wie  das,  dafs  das  Volk 
das  übrig  Gebliebene  liegen  liefs  und  nicht  zu  sich  steckte, 
ansndeuten  scheint,  dafs  es  die  gereichten  Nahrungsmittel 
als  fremdes  Eigenthum  behandelte:  so  scheint  Jesus,  In- 
dem er  es  ohne  Weiteres  durch  seine  Jünger  einsammeln 
 f  

12)  OLSMJUJtsa,  J,  S.  488. 


Digitized  by  Google 


Neuntes  Kapitel.       9$.  ^tl 

lüfst,  es  als  sein  Eigentham  zu  befr^hten.  Daher  nimmt 
4enn  Fauios  das  rjQcer  v>  X.  der  Synoptiker  nieht  to« 
einem  auf  das  Essen  erst  gefo igten  Aufsammeln  des  naoh 
Sättigung  der  Menge  Ubriggebliebentn ,  sondern  von  dem 
Gbertlufs  ihres  geringen  Vorraths,  welchen  die  Jünger, 
nachdem  sie  das  für  Jesnm  und  sie  selbst  Erforderliehe 
Eurliekgethan ,  vor  dem  gemeinsamen  Mahle  und  um  ein 
solches  zu  veranlassen,  herumgetragen  haben.  Wie  kann 
aber,  wenn  nach  tfpayov  xal  ix^Qfda&f^av  unmittelbar  xoi 
^Qtof  folgt  ^  damit  auf  die  Zeit  vor  dem  Essen  snrllekge» 
Sprüngen  sein?  mUfste  es  nicht  nothwendig  wenigstens ij^Hn» 
yao  heifsen?  Ferner,  wie  kann,  nachdem  eben  gesagt  war, 
das  Volk  habe  sich  satt  gegessen,  to  neQtaaavaav ^  vollends 
wenn  9  wie  bei  Lukas  ^  tnkdig  dabei  steht ,  etwas  Anderes 
als  das  vom  Volk  Übergelassene  bedeuten?  Endlich,  wie 
ist  es  möglich,  dafs  von  5  Broten  und  2  Fischen,  nachdem 
Jesus  und  seine  Jünger  ihren  ßedarf  genommen,  oder  selbst 
-  ohnediers,  12  Körbe  zur  Aostheilung  an  das  Volk  gefoUt  ' 
werden  konnten  ?  Doch  noch  seltsamer  geht  e«  bei  Erklll*  . 
rang  der  johanneisehen  Stelle  su.  Wegen  der  Anweisung 
Jesu,  das  Übriggebliebene  zu  sammeln,  ivaf.ii]  Ti  mioh^zai^ 
scheint  der  folgenden  Angabe,  dafs  sie  von  dem  Uberschofs 
der  5  Brote  IS  Körbe  gefAllt  haben,  die  Eesiehung  auf  die 
Zeit  nach  dem  Mahle  nicht  entzogen  werden  bu  kttnnen,L 
wobei  dann  ohne  wunderbare  ürot Vermehrung  nicht  absu- 
hommen  wäre.  Lieber  reifst  daher  Paulus  von  dem  arr- 
tffcefw  iv  das  in  Einem  fortlaufende  xai  iyifuaaw  diidmta 
xfHphsg  jr*  r.  X,  ab,  und  Iffftt  nun  hier  die  Rede,  noch  hXr- 
ter  als  bei  den  Synoptikern,  ohne  alle  Andeutung  auf  Eii  - 
mal  in  das  Plusquamperfeciutn  und  in  die  Zeit  vor  dem 
Mahle  snrttckspringen. 

Anchr  hier  demnach  löst  die  natürliche  ErklXrung  ih- 
re Aufgabe  nicht:  dem  Texte  bleibt  sein  Wunder,  und 
wenn  wir  Gründe  haben,  dieses  unglaublich  zu  finden,  so 
müssen  wir  untersuchen/  ob  die  ErnUhlnng  des  Textes 

14* 


üiyiiized  by  Google 


Sli  Zwtitrr  AbscIiiiKn 

wirklich  Glmilien  venÜeaef  Für  ihre  misgexelehiiete  Gliinh« 

Würdigkeit  gführt   iuhii  gewöhnlich  die  Lbereinstimniuiig 
sinuBtlicher  4  ISivangeiUten  in  derselben  an:  aber  diese 
fibeffeinslifliniaiig  iat  lo  vollständig  nicht.   Zwar  die  Dif« 
ferensen,  welche  awiachen  Hatthfina  nnd  Lnkaa,  und  wie- 
der zwischen  diesen  beiden  uitd  dem  auch  hier  ausmalen- 
den Markus  stattfinden,  ferner  swischen  sämmtlichen  8yn* 
eptilMni  und  Jobannea  darin ,  da£i  Jene  den  Vorgang 
sehleehtweg  an  ^en  %inog  tQrjftogt  dieser  ihn  auf  ein  oqos 
verseht,  und  dafs  den  Synoptikern  sufolge  die  Handlung 
durch  eine  Anrede  der  Jünger,  nach  Johannes  durch  ei- 
ne Frage  Jesu  eröffnet  ist  (zwei  Züge,  worin,  wie  bereits 
benerkt,  die  Johanneisehe  £rsählnng  sich  den  Bericht  des 
Matthüns  und  Markus  Ton  der  «weiten  Sprung  nähert), 
endlich  noch  die  Differenz,  dafs  die  Reden,  welche  die 
drei  ersten  Evangelist^  unbestimmt  totg  fta^t^atg  in  den 
Mund  logen,  der  vierte  in -seiner  individnaiisirenden  WeK» 
se  naoMudich  dem  Philippus  und  Andreas  leiht,  welcher 
leatere  auch  als  Träger  der  Brote  und  Fische  bestimmt  ein 
fUuduQiOV  angiebt,  —  diese  Abweichungen  können  wir  als 
minder  wesentlich  ttbergehen,  um  nur  an  Eine  uns  au  hal- 
ten ,  welche  tiefer  eingreift.   Wfihrend  nlfmlich  nach  den 
synoptischen  Berichten  Jesus  die  Volksmenge  zuerst  lange 
belehrt  und  ihre  Kranken  geheilt  hatte,  und  erst  durch 
den  einbrechenden  Abend  und  die  bemerkte  Verspätung 
veranlalst  wurde,  sie  noch  au  speisen;  ist  bei  Johannes, 
sobald  er  nur  die  Augen  aufhebt  und  das  V  olk  heranzie- 
hen sieht,  Jesu  erster  Gedanke  der,  welchen  er  in  der, 
Frage  an  den  Philippus  anssprieht;  wober  Brot  nehmen, 
am  diese  su  speisen  f  oder,  da  er  diefs  nur  mtQa^iüv  frag- 
te. Wühlwissend,  ti  r^iiirkle  noulv,  der  Vorsaz,  hier  eine 
wunderbare  Speisung  au  veranstalten.    Wie  konnte  denn 
aber  Jesu  bel'm  ersten  Herannahen  des  Volks  sogleich  die 
Auffalle  entstehen,  ihm  sn  essen  au  geben?  Deishaib 
lumi  es  ja  gar  nicht  zu  ihm,  sondern  um  seiner  Iiehre  und 


Digitized  by  Google 


Neuntes  KapiteL       U8.  ti3 

Heilkraft  willen.    £r  mufste  sich  ai^o  ganz  aus  eigenem. 
Anlrieb  jene  Anfgabe  steilen,  am  seine  Wundemuiciit  in 
•iner  reebt  ansgeseiefaneten  Probe  bu  beweisen.  Aber  that 
er  auch  je  sonst  ein  Wunder  so  ohne  Noth  und  selbst  oh- 
ne Veranlassung,  ganz  eigenwillig,  nur  um  ein  Wunder  au 
▼erricbten?  lob  weifs  es  nicht  staHi  genug  ausinspreefaeni 
wie  nnmöglioh  liier  das  Essen  Jesu  erster  Gedani&e  sein, 
wie  anmöglicli  er  dem  Volk  sein  Speisungswunder  in  die« 
ser  Weise  aufdringen  konnte.    Hier  geht  also  die  synopti- 
sehe  Üarstellang,  in  welcher  das  Wunder  doch  ^en  An*  - 
lala  liat|  der  des  vierten  Evangelisten  fiedentend  vor,  wei« 
eher,  sum  Wandereilend,  die  nöthige  Motivirung  dessel- 
ben überspringt,  und  Jesum  die  Gelegenheit  zu  demseibeu 
machen,  nicht  abwarten  lAlst*   So  konnte  ein  Angenaeage 
nicht  eraXhien,  and  wenn  somit  der  Bericht  desjenigen 
Evangeliums,  welchem  man  jezt  die  grtifsie  Aulitoritfft  ein- 
räumt, als  unlüstorisch  bei  Seite  gestellt  werden  muls: 
so  sind  bei  den  (Ihrigen  die  oben  beregten  Schwierigkei- 
ten der  Thatsaehe  hinreiehende  Gründe,  ihre  historische 
Zuverlflssigkelt  so  beewelfeln,  besonders  wenn  sieh  neben 
diesen  negativen  auch  positive  Gründe    auffinden  lassen, 
welche  eine  anhistorische  Entstehung  uuarer  Ers&hlung 
denlibar  maehen« 

Solehe  Veranlassungen  linden  sieh  wirlUch-  sowohl 
innerhalb  der  evangelischen  Berichte  selbst,  als  ausserhalb 
ihrer  in  der  A.  T«  liehen  Geschichte  und  dem  jüdischen 
Vollisgiaaben.  In  ersterer  Besiehung  ist  es  bemerkenswerth, 
dafs  sowohl  bei  den  Synoptikern  als  bei  Johannes  an  die 
durch  Jesum  vollzogene  Speisung  mit  eigentlichem  Brote 
mehr  oder  minder  unmittelbar  Reden  Jesu  von  Brot  und 
Brotiftassa  in  anelgentliehem  Sinne  angehXngt  sind,  näm^» 
lieh  hier  die  Aassprdehe  vom  wahren  Himmels-  and  Le- 
bens b  rot,  das  Jesus  gebe  (Job.  6,  27  ff.)j  dort  die  vom  fal- 
schen Sauerteig  der  Phnrisäer  uiul  Sncldiicäer,  nümlich  ili- 
m  labehen  Lehre  and  Heuehelei  (Matth*  16^  d  ff.  Marc* 


üiyitized  by  Google 


214 


Zviuirer  Abächiiitt. 


8,  14  ff,  vffl,  Lno.  12,  !.)>  and  beiderseits  wird  diese  bild- 
liche Rede  Jesu*  irrig  von  eigentlichem  Brot  verstanden« 
Hienaeh  lilge  die  Verniathang  nicht  allsnfeffi,  wie  in  den 
angefnhrten  Stpffen  das  Volle  vnd  die  Jfinger,  so  habe  auch 
die  erste  christliche  l  berlieferung  das  von  Jesu  nneigent* 
lieh  (temelnfe  eigentlich  gefafst,  und  wenn  He  steh  etwa 
In  bildlicher  Rede  biswellen  als  denjenigen  dargestellt  hat* 
te,  welcher  dem  verirrten  und  hungernden  Volke  das  wah- 
re Lebensbrot,  die  besfe  Zukost,  zu  reichen  vermöge,  wo- 
mit er  vielleicht  den  Snuertelcr  der  Pharisüer  in  Gegensas 
stellte :  so  habe  dlefs  In  der  Sage,  ihrer  realistischen  Rich- 
tung gemiirs,  die  Wendung  genomnken,  als  ob  Jesus  wirk- 
lich einmal  in  der  Wilsfe  hungernde  Volksmassen  wunder- 
bar gespeist  h/ttfe.  Wenn  das  vierte  Evangelium  die  Re- 
den vom  Himmelsbrot  als  veranlafst  durch  die  Speisung 
hliistellt,  so  kdnnte  das  VerhSltnirs  leicht  umgekehrt  dlefs 
gewesen  sein,  dafs  die  l^ntsteliung  dieser  Geschichte  durch 
Jene  Rede  veranlafst  war,  zumal  auch  der  Eingang  der  jo- 
banneischen  GrsftSlung  mit  seinem:  ni&ev  ayo(Hiaofiep  Sq^ 
ws^^ya  tpaycotfiv  üroi;  sieh  gleich  bei*m  ersten  Anblick 
des  Volks  in  Je?u  Munde  eher  denken  lüfst ,  wenn  er  da- 
mit auf  eine  Sponunor  durch  das  Wort  Gottes  C^S^-  Joh. 
4f  S3  ff.) ,  aof  eine  Stillung  des  geistigen  Hungers  CMatth. 
ft,  6«)  aiisplelte,  um  das  höhere  Verstindnifs  seiner  J  fin- 
gen BU  fiben  (Ttsio  {^on/)^  als  wenn  er  wirklich  an  leibliche 
Sättigung  gedacht,  und  seine  Jünger  nur  in  der  Hinsicht 
auf  die  Probe  gesteilt  haben  soll»  ob  sie  sich  dabei  auf 
seine  Wanderkraft  verhssen  wfirden.  Weniger  ladet  sa 
einer  solchen  Ans'cht  die  ErzMhIung  der  Synoptiker  ein: 
durch  die  bildlich«^  i  Reden  vom  Sauerteig  f  ür  sich  konnte 
die  Entstehung  div  Speisungsgeschiclrte  nicht  veranlafst 
werden^  und  da  somit  das  Johanneische  Evangellom  in  Be- 
sag aaf  fenen  Schein  eigentlich  allein  steht,  so  ist  es  dem 
Charakter  dossolheti  floch  angemessener,  zu  vermnthen,  dafs 
es  die  traditionell  überkommene  Wundeversäliiung  zu  büd- 


Digitized  by  Google 


Bieuiites  Kapitel.    $.  Vb.  213 

liehen  Reden  im  alexandrinischen  Gesclimacke  verwendet, 
als  da£B  ea  un»  die  ursprünglichen  Reden  aufbewahrt  ha- 
be y  aot  welchen  die  Sage  jene  Wundergeachichte  gespon^ 
nen  hitle. 

Sind  nun  vollends  die  ausserhalb  des  N.  T.s  liegen* 
den  möglichen  Veranlassungen  2ur  Entstehung  der  Spefc- 
•ong^eachichte  aehr  atark :  ao  werden  wir  den  anf|[enoni* 
menen  Veraueh,  dieaelbe  ana  N.  T.lichen  Stoffen  mu  eon- 
atruiren,  wieder  fallen  lassen  müssen.    Und  hier  erinnert 
Ulla  gleich  der  vierte  Evangelist  durch  die  dem  |Volke  in 
den  Mand  gelegte  £rwfthnnng  des  Manna,  Jenea  Hlmmela* 
brofta,  welchea  M oaea  in  der  Wüste  den  Vorfahren  au  ea- 
aen  gegeben  habe  (V.  31. einen  der  berühmtesten  Zü- 
ge der  israelitischen  Urgeschichte       Mos.  10.),  welolier 
sich  ganz  dazu  eignete,  dafa  in  der  messianiachen  Zeit  ein 
Machbild  deaaelben  erwartet  wurde ,  wie  wir  denn  wirk« 
lieh  aua  rabblnlaehen  Schrillten  wieaen,  dafa  unter  denjeni- 
gen Zügen,  welche  vom  ersten  Goel  auf  den  Eweiten  über- 
getragen wurden,    daa  Verleihen  von  fiimmelsbrot  eine 
Hauptatelle  einnahm '      Und  wenn  daa  moaalaehe  Manna 
aieh  dasu  hergiebt,  ala  Vorbild  dea  von  Jean  auf  wunder- 
bare Weise  vermehrten  Brotes  angesehen  zu  werden:  so 
könnten  die  Fische,  welche  Jesus  ebenso  wunderbar  ver- 
mehrte, daran  erinnern«  wie  auch  durch  Moaea  nicht  nur 
in  dem  Manna  ein  Brotaurrogat ,   aondem  auch  in  den 
Wachteln  eine  Fleischspeise  «lern  Volk  zu  Theil  geworden 
war  (2  Mos.  16,  S.  12.  13.  4  Mos.  11,  4— £nde>  Ver- 
gleicht man  dieae  moaaiachen  £raJihlungen  mit  unarer  evan- 
gelischen, ao  findet  alch  auch  in  den  einaelnen  Zügen  ei- 
ne niifTailende  Ähnlichkeit.    Das  Lokal  ist  beidemale  die 
Wüste;  die  Veranlassung  des  Wunders  hier  wie  dort  die 
Betorgnifa,  daa  Volk  möchte  in  der  Wüste  Mangel  leiden, 
oder  gar  durch  Uni^er  an  Grunde  gehen:  in  der  A.  T.- 


13)  S.  den  1«  Band,  S.  73,  Anm. 


Digitized  by  Google 


'  %lü  Zweiter  Abi»cliiiit(« 

liehen  Geschichte  die  vorlaute,  mit  Murren  verbundene  dett 
VolkS|  In  dep  N«  T.liohen  die  iLanMichdge  der  Jttnger  and 
die  menscfienfVeandliehe  Jeftn.   Steht  blereuf  ni^t  der  An« 

ivelsung  dcH  hztevcn  an  die  Jünger,  sie  sollen  dem  Volk 
KU  essen  geben  ^  in  welcher  schon  sein  Vorhaben  einer 
wanderbaren  Speisung  liegt,  die  Zusage  parallel,  welche 
Jehova  dem  Moses  gab,  da«  VoIIl  mit  Manna  (%  Mos.  16, 
4.)  und  mit  Wachteln  (2  Mos.  16,  12.  4  Mos.  11,  18—20) 
l^u  speisen:   so  ist  gans  besonders  sprechend  die  Ahnlich- 
Jichkeit  des  Zopfes  der  evangelischen  Ersählnng,  dafs  die 
Jünger  es  als  Unm5flr||ehkeit  ansehen,  fiDr  eine  so  ^rofse 
Volksmasse  in  der  Wüste  Nahrungsmittel  herbeizuschaffen, 
Hiit  dem,  WHS  der  A,  T.liche  Bericht  den  Moses  gegen 
dl«  Verheifsnng  Jehova  S|  das  Volk  mit  Fleisch  ca  sfitti- 
gen,  awelfelnd  einwenden  ISfst      Mos.  11,  21  f.)*  Wie 
nümlich  die  Jünger,  so  findet  auch  Moses  die  Menge  des 
Volks  9U  grofs,  als  dafs  er  für  möglich  halten  könnte,  es 
hinreichend  mit  Nalirnngsmltteln  so  versQrgen ;  wie  Jene 
f^rageni  woher  In  der  Wüste  so  viele  Brote  nehmen  ?  sö  fragt 
Moses  ironisch,  ob  sie  denn  Schafe  und  Rinder  (wss  sie 
flicht  hatten)  schlachten   sollen  ?    und  wie  die  Jiin«:er  ein- 
wenden t  dafs  nicht  einmal  durch  die  erschöpfendste  Aus- 
gabe von  ihrer  Seite  dem  Bedürfiiifs  gründlich  nbgehoHen 
werden  kannte:  so  hatte  Moses  In  einer  andern  Wendang 
erklärt,  um  das   Volk  so,  wie  Jehova  verhiefs,  s«ttit;en  zu 
können,  müfste  das  Unmögliche  geschehen  (die  Fische  aus 
dem  Meer  herMkammen),      Einwendungen ,  auf  welche 
dort  Jehova,  wie  hier  Jesus,  nicht  achtet,  sondern  das 
Volk  )Kur  Em|)faiignabmü  der  wunderbaren  Speise  sich  rQ<» 
sten  heifst« 

8q  analog  (Ibrigens  der  Hergang  der  ausserordentlichen 
Sj>eisung  auf  beiden  Selten  Ist,  so  findet  sich  doch  der  we- 
sentliche Unterschied,  ds(^  Im  A.  T.  beldemale,  bei  dem 

Manna  wie  hei  den  Wachteln ,  von  wunderbarer  Beischaf- 

i'aii|^  fiiivar  nicht  vgrhaodeaer  «Speise,  im  neuen  aber  von 


Digitized  by  Google 


Nenntet  KepIteL      98.  317 


wunderbarer  Vermehmng  eines  lehon  Torhendenen,  aber 
unsumchenden  Yomths  die  Rede  Ist,  so  dafs  die  Kluft 

zwischen  der  mosaischen  Erzühlung  und  der  evangelischen 
SU  grois  wäre,  um  diese  unmittelbar  aus  jener  ableiten  eu 
können*  Sehen  wir  uns  hier  nach  einem  Mittelglied  um, 
so  trifift  es  sich  gana  sachgemäfs,  dafs  cwlschen  Moses  und 
den  Messias  auch  in  diesem  Stüclc  die  Propheten  eintreten. 
Von  Elias  ist  es  bekannt ,  wie  dnrch  ihn  nnd  um  seinet- 
willen der  geringe  Torrath  an  Mehl  und  Ol  9  den  er  bei 
der  Wittwe  an  Zarpath  fand,  wunderbar  vemiehrt,  oder 
näher  während  der  ganzen  Dauer  einer  Hungersnoth  eu« 
reichend  erhalten  wurde  (1  Kön.  17,  S — 10.)*  ^och  wei- 
ter, nnd  mehr  snr  Äliniichkoit  mit  der  CTangelischen  £r- 
ji^hlnng  entwickelt  findet  sich  diese  Wnndergeschichte  b^ 
Elisa  (2.  Kön.  4,  42  ff.).  Dieser  will,  wie  Jesus  in  der 
Wüste  mit  5  Broten  und  2  Fischen  .5000 ^  so  während  ei- 
ner Hungersnoth  mit  20  Broten  (  welche,  wie  die  yon  Jesu 
vertheilfen  bei  Johannes,  als  Gerstenbrote  beaelchnet  wer- 
den) ucbst  etwas  Iseniebenem  Getreide  (S^np^  LXX:  tto* 

lu^S)  100  MeiAchen  speisen,  ein  Mifsverhliltnifs  swischen 
Vorrath  und  Mannschaft,  welches  sein  Diener,  wie  dort 
Jesu  Jünger,  in  der  Frage  ausdrückt,  was  denn  für  100 
Mann  diefs  Wenige  solle  '^)?  Elisa  wie  Jesus  läfst  sich 
dadurch  nicht  irren,  sondern  befiehlt  dem  Diener,  das 
Vorhandene  dem  Volk  an  essen  au  geben,  und  wie  in  der 
evangelischen  Er^^hlung  das  Sammeln  der  übriggebliebenea 
Brocken,  so  wird  auch  in  der  A.  T.llchen  am  Schlüsse 
das  besonders  hervorgehoben,  da(s  nnerachtet  von  dem  Vor^ 
rath  so  Viele  gegessen  hatten  |  doch  noöh  Überscbniä  ü<dk 


S4)  2.  Ktfn.  4,  43.  LXX: 


Job.  6,  9: 


I 


% 

Zweiter  Absokoitt» 


lierausgestellt  habe  Die  einzige  Differenz  ist  hier  ei- 
gentlich noch  die  geringere  Zahl  der  Brote  ond  die  grüftere 
dea  gesKttigten  Voika  anf  Selten  der  evangelischen  £rsffh- 
iung;  allein  wer  weiCs  nicht,  dafs  überhAupt  die  Sage  nicht 
Jeicht  nachbildet,  ohne  zugleich  zu  überbieten ^  und  wer 
•lebt  nicht,  dafa  es  inabeaondre  der  Stdlang  dea  Meaaiaa 
Tdilig  angemessen  war,  seine  Wnndericraft  ea  der  eines 
£lisa,  was  das  Bedürfnifs  natürlicher  Mittel  betiMfift,  in 
das  Verh/iltnifs  von  5  zu  20,  was  aber  die  übernatürliche 

.  Leistung,  in  das  von  6000  sn  100  sa  setaen?  Paulus  frei- 
lieh, am  die  Folgerung  absnschneiden^  dafa,  ivie  die  bei- 
den A.  T.Iichcn,  80  auch  die  ihnen  so  auffallend  ähnliche 
evangelische  Erzätilung  mythisch  zu  fassen  sei,  dehnt  auch 

•  auf  jene  den  Versuch  einer  natürlichen  Erkliirung  aus,  den 
er  an  dieser  durchgefahrt,  und  iäfst  den  Olkrng  der  Witt- 
we  durch  Beiträge  der  Prophetenschüler  voll  erhalten  wer- 
den ,  die  20  Brote  aber  für  100  Mann  vermöge  einer  lo- 
benswerthen  Mafsigkeit  derselben  zureichen         eine  £r- 

.  kllmng,  weiche  in  dem  Maafae  noch  weniger  verffihi*e- 
risch  ist,  ala  die  entsprechende  der  N.  T.Üchen  Ereilhlung, 
in  welcliem  bei  jener  vermöge  ihrer  gröfseren  Zeiteiitfer- 
nung  weniger  kritische  (und  vermöge  ihres  nur  mittelba- 
ren Verhältnisses  sum  Christenthum  auch  weniger  dogma- 
tische) Beweggründe  vorhanden  eind,  an  ihrer  historischen 
Richtigkeit  festzuhalten. 

Diese  mythische  Deduktion    der  Speisungsgoscluchte 
Tollständig  mn  machen,  fehlt  nichts  mehr,  als  die  Nach- 

,  Weisung,  dafs  auch  die  spfiteren  Juden  noch  von  besonders 
heÜigeu  Männern  glaubten,  es  werde  durch  ihren  £iullufs 


15)  Ebendas.  V,  44 :  Mal  ^tfayoy^ 

16)  es.  Hamlb.  3,  S.  S37  f. 


Matth.  14,  20:  xalttfayov  Ttdr- 
Ttf  «o*  Ijjfo^TM^^oar»  Mai  gfur 


»•  r.  i. 


üiyiiized  by  Google 


Neuutes  Kapitel.   §.  99. 


219 


porinorer  Speisevorrath  zureichend  gemacht,  —  und  auch 
mit  solchen  Notizen  lint  uns  der  uneigennützige  Sammler* 
fleifs  Ton  Dr*  Pau;«ij8  bescheokt  ,  wie  nnmentlich,  daft  stir. 
Zeit  eines  besonders  heiligen  Miinnes  die  wenigen  Sehao» 
brote  zur  Sättigung  der  Priester  bis  zum  Überflufs  zuge- 
reicht haben''').  Consequenterweise  sollte  .der  genannte 
•  Ausleger  auch  diese  £rsAhluog  natürlich,  etwa  gleiehfalla 
durch  die  Mfifsigkeit  jener  Priester,  8u  erldHren  suchen: 
doch  die  Geschichte  steht  ja  nicht  im  Kanon ,  daher  kann 
er  sie  unbedenklich  für  ein  Mährchen  halten,  und  r&umt 
ihrer  auffallenden  Ähnlichkeit  mit  der  evangelischen  ,nur 
•o  viel  ein ,  dafs  vermöge  des  dorch  Jene  rabbinische  Nor 
tiz  dokumentirten  (fllauhons  der  Juden  an  dergleiclien  S])ei- 
severmehrungen  auch  die  N.  T. liehe  Erzählung  von  judai- 
airenden  Christen  frtthseiüg  in  gleichem  (wunderhaftem)- 
Sinne  habe  aufgefafst  werden  können.  Allein  laut  unsrer 
Untersuchung  ist  der  evangelische  Bericht  in  diesem  Sinne 
schon  abgefafst,  und  lag  dieser  Sinn  im  (je ist  der  jüdischen 
Volkssage,  so  ist  die  evungeiische  £r£ählung  ohne  Zweifel 
ein  Produkt  derselben. 

S.  99. 

Jesus  verwaodeU  Wasser  ia  \\  ein. 

An  die  Speisnngsgeschichte  ififst  sich  die  ErEKhIung 

des  vierten  Evangeliums  (2,  1  ff.)  anreihen,  dafs  Jesus 
bei  einer  Hochzeit  zu  Kana  in  Galiläa  Wasser  in  Wein 
verwandelt  habe.  Nach  Olshausbn  sollen  beide  Wunder 
unter  dieselbe  Kategorie  susammenfalien ,  indem  beidemale 
ein  Substrat  vorhanden  sei,  dessen  Substanz  modificirt 


17)  Jörns  f.  39,  I :  Tempore  Siaieoiiis  jnsti  beaedictio  erat  super« 
duos  pancs  pentccostslcs  et  super  dccem  panes  n^o^tneuK'»  ut 
singuli  sacerdotfs,  tjiii  pro  rata  parle  accipcrcnt  qiinntlt.Ttcin 
olivao,  ad  saticUlcm  comcdcrcnt ,  imo  ut  adbuc  relii|uiac 
•upercsscat. 


Zweiter  Abeohnitl. 


werde  Allein  hiebe!  ist  der  logisehe  Unterschied  fiher- 
sehen,  dals  in  der  Speistingsgesohlehte  die  Bfodilication  des 

Sabstrats  eine  blofs  quantitative,  eine  Vermehrung  des  be- 
reite in  dieser  Eigenschaft  Vorhandenen ^  ist  (Brot  wird 
aar  mehr  Brot,  aber  bleibt  Brot):  wogegen  bei  der 
Hoehselt  so  Rena  das  Substrat  qualitativ  modÜicirt,  am 
etwas  nicht  hluf^  mehr  dergleichen ,  sondern  ein  Anderes 
(aus  Wasser  V^ein)  wird,  somit  eine  eigentliche  Trans« 
•nbstantiation  vor  sich  geht«  Zwar  giebt  es  qualitative  Ver^ 
indem  ngen,  welche  naturgemlls  erfolgen,  und  deren  plds- 
Bebe  Hervorbringung  von  Seiten  Jesu  noch  leichter  denk- 
bar wfire,  als  eine  ebenso  schnelle  Vermehrung  des  Quan- 
tums, wie  B.  wenn  er  plöslich  Most  zu  Wein,  oder 
Wein  sn  Essig  gemacht .  haben  wfirde:  denn  dieCs  wXre 
nur  ein  beschleunigtes  Hindurchf&hren  desselben  vegetabi- 
lischen Substrats,  des  Traubensafts,  durcli  verschiedene 
ihm  natürliche  Zuständlichkciten ;  wogegen  es  schon  wun- 
derbarer wUre,  wenn  Jesus  dem  Saft  einer  andern  Pflan- 
senfirneht,  e.  B«  des  Apfels,  die  QuaÜtfit  des  Traubensafte 
ertheilt  hätte,  ob  er  gleich  hiebei  doch  immer  noch  inner- 
halb der  Grensen  desselben  Naturreichs  stehen  geblieben 
wäre.  Hier  nun  aber,  wo  Wasser  in  Wein  verwandelt 
wird,  ist  von  einem  Naturreich  in  das  andere,  vom  Ele- 
mentarischen  in  das  Vegetabilische  öbergesprungen ,  ein 
Wunder,  weiches  so  weit  über  dem  Speisungswunder  steht, 
als  wenn  Jesus  dem  Rath  des  Versuchers  Geh((r  gegeben  ^ 
qnd  ans  Steinen  Brot  gemacht  bitte« 

Auch  auf  diese,  wie  auf  die  vorige  Wundererzählong 
wendet  Olshausen,  nach  Augustin  die  Kategorie  eines 
beschleunigten  Natarprocesses  an,  so  dals  hier  nichts  An- 
dres geeehehen  sein  aoii,  als  In  aeoelevirter  Weise  dassel- 


1)  b.  CoauB»  2^  S.  74« 

1)  In  JoaiMi.  tract.  8 :  Ipte  viamn  lecit  in  nuptUs ,  qui  omni 
aaao  Iwc  focit  in  vitibus* 


Nennte«  Kapitel.  S*  09. 


Iie^  was  in  lAngsamer  Entwickelong  sieh  Jltbrlieh  am  Wein* 
atock  dareteile.   SHeae  Betniehtnngeweise  wSre  in  dem  Fall 

gegrttndet,  wenn  des  Substrat,  auf  welches  Jesus  ein- 
wirkte, dasselbe  gewesen  wäre,  aus  weichem  naturgemäfs 
der  Wein  iiervoraagehen  pflegt:  hätte  er  eine  Weinrebe 
snr  Hand  genommen ^  und  diese  plöBlich  anm.  Blühen  vnd 
Tragen  reifer  Trauben  gebraeht,  so  liefse  sich  dlefs  ein 
beschleunigter  Naturprocels  nennen.    Auch  so  Übrigens  h&t* 
ten  wir  noch  i&einen  Wein,  und  brachte  Jesus  ans  der  cur 
Hand  genommenen  Rebe  sogleich  auch  diesen  henror,  so« 
mufste  er  noch  ein  unsichtbares  Surrogat  des  Kelterns,  also 
einen  beschleunigten  Kunstprocefs  hinzufügen,  so  dafs  auch 
80  schon  die  Kategorie  des  beschleunigten  ^aturprocesses 
nnsureichend  würde.  Doch  wir  heben  ja  keine  Rebe  als 
Substrat  dieser  Weinproduktion,  sondern  Wasser,  und 
hiebei  könnte  von  einem  beschleunigten  ^Natnrprocefs  nur 
dann  mit  Fug  gesprochen  werden ,  wenn  jemals  aus  Was- 
ser, sef  es  auch  noch  so  allmühlig,  Wein  entstinde.  Hier 
wird  nun  der  Sache  die  Wendung  gegeben,  dafs  allerdings 
aus  Wasser,  aus  der  durch  Regen  u.  dgl.  in  die  £rde  ge« 
brachten  Feuchtigkeit,  die  Rebe  ihren  Saft  ziehe,  den  sio 
sofort  zur  Produktion  der  Traube  und  des  in  ihr  enthal« 
tenen  Weinet  verwende,  so  dals  folglich  allerdings  jahr> 
lieh  vermöge  eines  natürlichen  Processes  aas  Wasser  Weiu 
entstehe         Allein  abgesehen  davon,  dafs  das  Wasser  nur 
£ine  der  elementarischen  Potenzen  ist,  welche  die  Rebe 
SU  ihrer  Fruchtbarkeit  ndthig  hat,  und  daüs  an  demselben 
noch  Erde,  Luft  und  Licht  hinaukommen  mflssen:  so  könnte 
doch  weder  von  einer,  noch  von  allen  diesen  elementari- 
schen Potenaen  ansammen  gesagt  werden,  daüs  sie  die 


3)  So,  von  Omhavssiv  gebilligt ,  Augustin  a.  a.  O« :  sicat  enim^ 
4|uod  misemnt  adnistri  in  hydrias ,  in  viaum  coaversum  est 
.  opere  Domini,  sie  e|  quod  wahw  funduat,  ia  viaum  ceaver* 
tttur  ejusdem  opere  Domiai. 

i 

.  ij  ^  .d  by  Google 


Zweiter  Abschnitt 


Traube  oder  den  Wein  hervorbringen,  dafs  also  Jesus, 
wenn  er  aus  W  asser  Wein  hervorbrachte,  dasselbe*  nur 
schneller 9  getlian  habe,  was  sich  in  aUmühligem  Processe 
jährlich  wiederhole  ^  sondern  such  hier  wieder  sind  we- 
sentlich verschiedene  logische  Kategorieen  rerwechselt. 
Wir  mögen  nämlich  das  V^erliäitiiifs  des  Produkts  zum  Pro- 
ducirendeni  von  welchem  es  sich  hier  handelt,  anter  die 
Kategorie  Ton  Kraft  und  Äusserung,  oder  von  Drsache  und 
Wirkung  stellen ;  niemals  wird  gesagt  werden  können,  dals 
das  Wasser  die  Kraft  oder  die  Ursache  sei ,  welche  Trau- 
ben  und  Wein  hervorbringe,  sondern  die  Kraft,  welche 
deren  Entstehung  verursacht,  ist  immer  nur  die  vegetabi- 
lische Individnalitiit  des  Weinstdcks,  en  welcher  sich  das 
Wasser  nebst  den  übrigen  elcmentarischen  Agenzien  nur 
.wie  die  Solicitation  zur  Kraft,  wie  die  Veranlassung  zur 
Ursache  verh&lt.  D.  h.  ohne  Einwirkung  von  Wasser, 
liuft  u.  s.  f.  kann  allerdings  die  Ti^aube  nicht  entstehen, 
so  wenig  als  ohne  die  Rebe;  aber  der  Unterschied  ist, 
dafs  in  der  Kebe  die  Traube  an  sich  oder  dem  Keime  nach 
bereits  vorhanden  ist,  welchem  Wasser  u.  s.  f.  nur  cur 
Entwicklung  verhelfen:  in  diesen  elementarischen  Wesen 
dagegen  ist  die  Traube  weder  actii  noch  potentia  vorhan- 
den, sie  können  dieselbe  auf  keine  Weise  aus  sich,  son- 
dern nur  aus  einem  Andern,  der  Rebe,  entwickein.  Aus 
Wasser  Wein  machen  heifst  also  nicht,  eine  Ursache  schnel- 
ler als  auf  natfirlichem  Wege  erfolgen  würde,  Eur  Wirk- 
samkeit bringen  5  sondern  ohne  Ursache,  aus  der  blofsen 
Veranlassung,  die  Wirkung  entstehen  lassen,  oder  bestimm- 
ter auf  das  Organische  belogen,  ein  organisches  Produkt 
ohne  den  producirenden  Organismus  aus  dem  blofsen  un- 
organischen Material,  oder  vielmehr  nur  aus  Einem  Re- 
standtheü  dieses  Materials,  hervorrufen  :  ungefähr  wie  wenn 
Einer  ans  Erde,  ohne  Daawischenkunft  der  Getreidepflan- 
Be,  Brot,  aus  Brot,  ohne  es  vorher  durch  einen  thlerischen 
Körper  assimiiiren  eu  lassen,  Fleisch,  aus  Wein  auf  eben 


Neuntes  Kapitel.  S.  119.  n$ 

ilieiielbe  Weite  Blot  gemacht  haben  sollte.  Will  man  sieh 
daher  nicht  blofs  aaf  das  Unbegreifliche  eines  Allmachts- 

>vürts  Jesu  berufen,  soiulerii  mit  Olshausen  den  Procefs, 
deir  in  dem  fraglichen  Wunder  enthalten  sein  mül'ste,  nach 
Art  eines  Natnrprocesses  sich  nfiher  bringen :  so  mafs  man 
nur  nicht,  am  die  Sache  scheinbarer  au  machen ,  feinen 
Theil  der  dazu  gehörigen  Momente  verschweige/i,  sondern 
alle  hervorstelien,  welche  dann  folgende  gewesen  sein  mttfs- 
ten :  1)  Zu  dem  elementarlschen  agens  des  Wassers  mfliste 
Jesns  die  Kraft  der  Übrigen  oben  genannten  Elemente  ge- 
fügt, dann  aber  2)  was  die  Hauptsache  Ist,  die  organische 
Individualitlit  der  Hebe  ebenso  unsichtbar  herbeigeschafft 
haben;  3)  hatte  er  nnn  den  natttrllchen  Proccls  dieser  Ga- 
ge nstande  mit  einander,  das  Eiflhen  und  Fmehttragen  der 
i^cbe  sammt  dem  Reifen  der  Traube  bis  snm  Augenblick- 
lichen beschleunigt;  4)  hierauf  den iKunstprocefs  des  Pres- 
sens n.  8.  f.  unsichtbar  und  plösllch  geschehen  lassen,  und 
endlich  5)  den  weiteren  üaturprocels  der  Gfthrnng  wieder 
bis  «um  Attgenbiieklichen  beschleunigen  mllssen.  Auch  hier 
demnach  ist  die  Bezeichnung  des  wunderbaren  Vorgangs 
als  beschleunigten  Maturprocesses  nur  von  awei  Momenten 
unter  fttnfen  hergenommen,  während  deren  drei  unter  die- 
sen Gesichtspunkt  sich  gar  nicht  bringen  lassen ,  von  wel- 
chen doch  <lie  beiden  ersten,   namentlich  das  zweite,  von 
einem  Belange  sind,  der  selbst  den  bei  der  Speisnngsge* 
schichte  von  dieser  Vorstellungsweise  vernachlässigten  Mo- 
menten nicht  ankam:  so  dafs  also  von  einem  beschleunig- 
ten Naturprocefs  hier  so  wenig  wie  dort  die  Bede  sein 
kann       Da  aber  allerdings  diese  Kategorie  die  einaige 


4}  Auch  LücKJi,  1,  S.  405*  findet  die  Analogie  mit  dem  beieich'« 
neten  Naturprocess  mangelhaft  und  undeutlich,  und  weiss 
sich  hierüber  nur  dadurch  einigermassen  su  beruhigen,  dats 
ein  MimUcher  ttbelstaad  auch  bei  dem  Spc  isungswühder  statt- 

I  finde. 


Digitized  by 


tM  Zweiter  AbsohnUt. 

»» 

oder  fioe»er8te  ist ,  unter  welcher  \vir  dergleichen  VorgiJn- 
ge  unserem  Vorstellen  und  Begreifen  näher  bringen  lidn- 
nen :  so  ist  mit  der  Unsnwendbsrkeit  jener  Kategorie  auch 

die  ündenkbarkcit  des  Vorgangs  dnrgethan. 

Doeh  nicht  allein  in  Bezug  auf  die  Möglichkeit,  son- 
dem  aoeh  auf  die  ZweckmäfiiiglLeit  und  SchickÜchkeit  ist 
das  vorliegende  Wunder  in  Anspruch  genommen  worden. 
Zwar  der  in  älteren  ^)  und  neueren       Zelten  gemachte 
Vorwurf,  dafs  es  Jesu  unwürdig  sei,  sich  nicht  allein  in 
Gesellschaft  von  Trunkenen  betreten  zu  lassen,  sondern 
ihrer  Trunkenheit  durch  seine  Wunderkraft  noch  Vorsehuh 
£u  thun,  ist  als  übertrieben  ebsuweisen,  indem,  wie  die 
£rkiärer  mit  Recht  bemerken ,  aus  dem  otav  fu^voi^vfoi 
<V.  10.)>  welches  der  aQX'^^Q^^^'^y^S  i"  Bezug  auf  den  ge- 
wöhnlichen Hergang  bei  dergleichen  Mahlen  bemerkt,  fttr 
den  damaligen  Fall  nichts  mit  Sicherheit  gefolgert  werden 
kann.    So  viel  jedoch  bleibt  immer,  was  nicht  allein  Fau- 
I.U8  und  die  Probabilien  7)  bemerklich  machen,  sondern 
auch  LüCKS  und  Olshaussn  als  eine  bei  m  ersten  Anblick 
sich  aufdringende  Bedenklichkeit  sugestehen,  dsls  nimlleh 
Jesus  durch  dieses  Wunder  nicht,   wie  er  sonst  pflegte, 
irgend  einer  ^oth,  .einem  wirklichen  Bedürfnifs  abhalf, 
aondem  nur  einen  weiteren  Reis  der  Lust  herbeischaffte; 
nicht  sowohl  httlfrelch,  als  vielmehr  geföUig  sich  erwies; 
mehr  nur  so  zu  sagen  ein  Luxuswunder,  als  ein  wirklich 
wohithätiges  verriclitete.    JSagt  man  hier,  es  sei  ein  hinrei- 
chender Zweck  des  Wunders  gewesen,  den  Glauben  der 
Jfinger  bu  befestigen  ^) ,  was  nach  V.  11.  auch  wirklich 
die  Folge  war:  so  mufs  man  sich  erinnern,  dafs  bei  den 
ttbrigeu  Wiiiidern  Jesu  in  der  liege!  nicht  allein  das  For- 


5)  Bei  Chrysostomus,  homil.  in  Joann.  21. 

6)  'WooLSToa,  Disc.  4* 

7)  p.  4«. 

8)  Taoiucs,  s.  d.  St. 


Digitized  by  Google 


Neanteg  Kapitel,  i.  in  2-i5 
mal«  «l^raelbeti ,  il*  h.  dur»  sie  misftfrordentlfche  ßffnige 

waren,  etwas  Wiinschenswertlies ,  njimlich  den  (ilnuben 
der  Anwesenden ,  2ur  Folge  hatte^  sondern  auch  ihrem 
Materialen,  d.  h*  dafs  aie  in  üeiinngen,  Speisungen  u«  dgl« 
bestanden)  eine  wohlth2itige  Absicht  enm  Grande  Jag.  Bei 
dem  gegenwärtigen  Wunder  fehlt  diese  Seife,  und  Paulus 
hat  so  Unrecht  nicht,  wenn  er  auf  den  Widerspruch  auf« 
lAerksam  macht^  welcher  darin  iiege^  dafs  Jesns  jßwar  dem 
VersQcher  gegenüber  Jede  Aoffordetnng  zn  solchen  Wnn« 
dern,  die,  ohne  materiell 'wohlthfttig,  und  durcli  ein  drin- 
gendes Bedürfnifs  gefordert  zu  sein,  nur  formell  etwa  Glau* 
ben  und  Bewunderung  wirken  iiönntcn,  abgevriesen,  und 
nun  doch  ein  solches  Wunder  gethan  haben  sollte  ^> 

Man  war  daher  supranaturaltstlscherseits  auf  dfe  Wen* 
dung  angewiesen,  niclit  Glanben  iiberhaii])t,  welcher  eben- 
so gut  oder  noch  besser  durch  eine  auch  materiell  wohl* 
thätige  Wnnderhandlang  £u  bewirken  war,  sondern  chie 
gane  specielle,  eben  nur  durch  dieses  Wunder  su  bewir* 
kende  Überzeugung  habe  Jesus  durch  dasselbe  hervorbrin- 
gen wollen«  Und  hier  ing  nun  nichts  näher,  als  durch  den 
Gegensac  von  Wasser  und  Wein,  am  welchen  sich  das 
Wander  dreht,  an  den  Gegensas  swischen  dem  ßanrl'Cmv 
iv  vöurt  (Matth.  3,  tl.),  der  zugleich  ein  o?  vor  fu]  ritrov 
war  (l^uc.  1,  15.  Matth.  11,  18.),  und  demjenigen,  wel- 
cher, wie  er  mit  dem  heiligen  Geist  und  mit  Feuer  taufte,' 
•o  auch  die  feurige,  geistreiche  Frucht  des  Weinstocks' 
•ich  nicht  versagte,  und  daher  nivu.n'nr^g  gescholten  ward 
(Matth.  11,  19.),  erinnert  zu  werden,  um  so  mehr,  da  das 
vierte  £vangeÜhm,  welches  die  £i*sählang  von  der  Hoch« 
seit  sa  Kana  enthXlt,  in  seinen  ersten  Abschnitten  beson« 
ders  die  Tendene  eeigt,  vom  Tfiufer  sn  Jesu  herd  herauf  Oh« 
ren.    Daher  haben  denn  Herder  *  °j  ujid  nach  ihm  einige 


9)  Cemm.  4»  S«  151  f. 

10)  Von  Gottes  ?$oha  u.  s.  f.  nach  Johsimet  Evangelium,     131  f. 
Da$  Leben  Jetu  IL  JSand,  15 . 

I 


uiyitized  by  Google 


Zweiter  Abtelmilt. 

Ander«"')  ungenomiDeD,  Jetns  bjibe  durch  Jenes  Vomeb» 
men  «einen  Jüngern  ,  von  welchen  mehrere  vorher  SehO- 
Jei*  des  Tftufers  gewesen  waren,   das  Verbiltnifs  seines 

Geistes  und  Amtes  zu  dem  des  Johannes  versinnlichen, 
und  den  Anstois 9  welchen  sie  etwa  an  seiner  liheraJerea 
fjebenswelse  nehmen  mochten,  durch  das  Wunder  nieder* 
schlagen  wollen.  Allein  hier  tritt  nun  dasjenige  ein,  was 
gleichfalls  selbst  Freunde  dieser  Auslegung  als  aufialieiul  hei*- 
Torheben  dais  Jesus  das  sinnbildliche  Wunder  nicht  be- 
nÜBt)  um  dnrch  erlfintemde  tfeden  seine  Jünger  üiier  sein 
Verbiltnifs  nnm  Tinfer  aufsnliliren.  Wie  nftthig  eine  sol- 
che Auslegung  war,  wenn  das  Wunder  nicht  seinen  spe- 
cielieu  Zweck  verfehlen  sollte,  erhellt  sogleich  daraus,  dals 
der  Referent  nach  V«  11.  dasselbe  gar  nicht  in  diesem 
Sinn,  als  VeranschauUehung  einer  besondem  Maxime  Je- 
su, sondern  ganz  allgemein,  als  q^aveQioaig  seiner  do^a,  ver- 
standen hat^^).  War  also  doch  jene  specielle  Verständi- 
gung Jesu  Zweck  be}  dem  Torliegenden  Wunder,  so  bat 
Ihn  der  Verfasser  des  vierten  Evangeliums,  d«  h«  nach  der 
Voraussetzling  jener  £rklfirör  sein  empffinglichster  Schüler, 
mifsverstanden t  und  Jesus,  diesem  Mifs^erstundnifs  vorzu- 
lieugen,  auf  unzweckmürsige  Weise  versfiiimt;  oder,  wenn 
man  dieses  Beides  nicht  annehmen  will,  so  bleibt  es  dabei, 
dafs  Jesus  den  allgemeinen  Zweck ,  seine  Wunderkraft  za 
zeigen ,  gegen  seine  sonstige  Weise  durch  eine  Handlung 
nu  erreichen  gesucht  hätte,  an  deren  Steile  er  eine  nttali- 
chere  sclieint  haben  setsen  nu  kdnnem 

Auch  das  unverhttitnifsmftfsige  Quantum  Weins,  wel- 
ches Jesus  den  Gästen  gewährt,  mufs  in  £rstaunen  setzen« 

« 

II)  C.  G.  Flatt,  Uber  die  Verwandlung  des  Wassers  ia  Wein, 
in  SSsKiim's  Msgssin,  14.  Stück,  S.  86  f. ,  Oi^usm  s«  a. 
8.  75  f.  ^ 

19)  OLSBADIKIf  a.  s.  O« 

iS)  Anch  LOcas  fiadcl  jeae  synboUscbe  Deotoag  tu.  well  berge* 
holt,  und  SU  wenig  imToncder  ErsXUuagbegrtiadsl.  8.'4e6» 


uiyitized  by  Google 


m 

Neuntes  Kapitel.  227 

6  Krüge,  jeder  2  bis  3  fiexQrjag  fassend,  gäben^  wenn  der 
dem  hebrfiischen  Bath  entsprechende  attische  fuvQijrr^s^ 
so  1{  rtf mischen  amphorh  oder  21  Wfirtembergischen 
Maafsen,  verstanden  Ist,  •252—378  Mnafs        VV^elches  Qnan« 
tum  für  eine  Gesellschaft,  die  bereits  ziemlich  getrunJieu 
hatte!    Welche  ongehenren  Krüge!  ruft  auch  Dr.  Paulus 
moM^  und  wendet  nun  Alles  an^  tim  die  Maalsangabe  des  Tex« 
tes  8Q  Terkleinem.   Aaf  die  sprachwidrigste  Weise  giebt 
er  dem  drd  statt  seiner  distributiven  eire  zusammenfassen- 
de  fiedentong,  so  dafs  die  6  Uydrien  nicht  jede^  sondern 
Bttsammen  2  bis  3  Metreten  enthalten  haben  sollen  ^  nnd 
auch  OtSRAUSBN  getröstet  sich  nach  Ssmler  dessen  ^  dafs 
ja  nirgends  bemerkt  sei,  das  Wasser  aller  Krüge  sei  in  Wein 
verwandelt  worden*   Allein  das  sind  Ausflüchte :  wem  die 
Uerbeischaffong  eines  so  verschwenderisch  nnd  gefHhrlich 
grofsen  Ctoantoms  von  Seited  Jesu  unglaablleh  ist,  der  roofs 
daraus  auf  einen  unhistorischen  Charakter  der  ganzen  Er- 
zählung schliefsen. 

£igenthamliche  Schwierigkeit  macht  bei  fieser  Er* 
clhlang  aach  das  VerhiltnÜs,  in  welches  sie  Jesnm  sn  sei* 
iicr  Mutter  und  diese  en  ihm  seet.  Nach  des  Evangelisten 
ausdrücklicher  Angabe  war  dieses  Wunder  die  d()Xf}  tojv 
Ofi^siatw  Jesu:  und  doch  zählt  seine  Mutter  so  bestimmt 
darauf,  er  werde  hier  ein  Wander  thnn^  dafs  sie  ihm  den 
eingetretenen  Weinmangei  nnr  aneelgen  ea  dürfen  glaubt, 
.um  ihn  zu  übernatürliciier  Abhülfe  zu  bewegen,  und  selbst 
als  sie  eine  abweisende  Antwort  erh&lt^  verliert  sie  diese 
HoflEhang  so  wenig,  daCs  sie  den  Dienern  Anweisung  giebt, 
der  Winlie  ihres  Sohnes  gewSrtig  bu  sein  C^«  3.  5.).  Wie 
«ollen  wir  diese  Erwartung  eines  Wunders  bei  Jesu  Mut- 
ter erklären  !^  sollen  wir  die  joiianneische  Angabe,  die  Was* 
aerverwandlung  bA  das  erste  Zeiehed  Jesu  geweeen»  nur 


14^  Wohm,  de  pondenim,  mensurarum  etc.  rAtionibut  sp.  Rom. 
tt  Graec.  p.  113.  126.  Vgl.  hUum,  z.  d.  St. 

15  • 


Digitized  by  Google 


22S 


Zweiter  Abtchniif. 


flnif  die  Kelt  aetnes  dffentiSelieii  Lebene  beslelMii,  filr  «eine 
Jugend  nber  flie  ^pokryphUchcn  Wunder  der  Kindheits- 
evangelien vorausietzen  ?  odei*  i^  enn  diefs  schon  Chrysosto« 
'  mat  mit  Rechl  mu  unkritisch  gefanden  hat  ^      aollen  wir 
lieber  yermotheni  Maria  tiabe,  Termdge  Ihrer  doreh  die 
Zeichen  bei  Jesu  Gebart  bewirliten  Uberseugang,  dafs  er 
der  Messias  sei,  auch  Wunder  von  ihm  erwartet,  und,  u  ie 
vielleicht  schon  bei  einigen  früheren,  ao  nan  auch  bei  die* 
aem  Anlafai  wo  die  Verlegenheit  grofa  war,'  eine  Probe  Je- 
ner Kraft  von  ihm  verlangt '  ^)  ?   Wenn  nar  Jene  IrAbe 
Uberzeugung  der  Angehörigen  Jesu  von  seiner  Messiani« 
tüt  in  etvvas  wahrscheinlicher^  und  namentlich  die  äusserer* 
dentliehen  £reigniaae  derKindheit|  durch  welche  ale  hervoi^ 
gebracht  worden  aeln  aoll,  mehr  beglaubigt  wSren!  wom 
noch  kommt,   dafs,  auch  den  Glauben  der  Maria  an  die 
Wunderkraft  ihres  Sohnes  vorausgesezt ,  immer  nicht  er* 
hellt,  wie  aie  unerachtet  aeiner  abweiaenden  Antwort  doch 
noch  suvemlehtlich  erwarten  konnte,  er  werde  gerade  bei 
dieser  Gelegenheit  sein  erstes  Wunder  thiin,  und  bestimmt 
zu  wis.sen  glauben,  er  t%erde  es  gerade  so  thun,  dafs  er 
die  Diener  daau  gebrauchen  würde.  Diefa  beatimmte  Wia* 
aen  der  Maria  aelbat  um  die  ModalitSt  dea  au  vemlchtenden 
Wunders  scheint  auf  eine  vorangegangene  Eröffnung  Je* 
SU  gegen  sie  zu  deuten,  und  so  sezt  Olshausen  voraus, 
Jesus  habe  seiner  Mutter  Uber  das  Wunder,  das  er  vor- 
hatte,  einen  Wink  gegeben  gehabt.   Wand  aber  aollte  die* 
ae  Krtfflbiung  geschehen  aein  ?  achon  wie  aie  cn  der  ffoch« 
zeit  glengen?    da  mtifste  also  Jesus  vorausgesehen  haben, 
dafs  es  an  Wein  gebrechen  wttrde>  In  welchem  Falle  dann 
aber  Maria  nicht  wie  von  einer  unerwarteten  Verlegenheit 
ihn  von  dem  alvov  ^Sh  (xoai  in  Kenntnifa  aeteen  konnte*  ■ 
Oder  erst  nach  dieser  Anzeige,  ah»o  in  Verbindung  mit  den 


15)  Homil.  in  Joaan.  s.  d.  St. 
ib)  Tmoluck,  z.  d.  St. 


üiyiiized  by  Google 


Worten:  tl  iftol  xai  aot  fvim;  jr.«;Jt.?  aber  hiemil  läSat 
eleh  eine  eo  enfgegengeseete  Erdfllnung  gar  nicht  In  Ver- 
bindung denken,  man  mafste  sich  denn  die  abweisenden 
Worte  Jaut,  die  eusagenden  aber  leise,  blofa  für  Maria , 
gesprochen  vorstellen ^  was  eine  Komödie  veranstalten 
liieree.  Begreift  man  somit  aof  lieine  Weite,  wie  Maria  ein 
Wunder,  und  gerade  ein  solehes,  erwarten  iLonnte,  so 
liefse  sich  der  ersteren  Schwierigkeit  zwar  durch  die  Äntiah- 
jne  scheinbar  aosweichen,  dals  Maria  nicht  In  £rwartuiig 
einea  Wanders ,  sondern,  nur  so,  wie  sie  aieli  in  allen 
acliwierlgen  Fftileh  bei  ihrem  8ohne  Raths  erholte,  sich 
auch  in  diesem  an  ihn  gewendet  habe  '^):  aber  seine 
Erwiederung  aeigt,  dafs  er  iu  den  Worten  seiner  Mütter 
die  Aufforderang  au  ^em  Wander  gefanden  hatte ,  und 
die  Anweisung,  welche  Maria  den  Dienern  giebt,  bleibt 
ohnehin  bei  dieser  Aiinahnic  unerklärt. 

Die  Erwiederung  Jesu  auf  die  Anmahnung  seiner  Mut- 
ter CV.  4.)  ist  ebenso  oft  auf  fibertriebene  Weise  getadelt  ^  ' 
als  aöf  ungenttgende  gereohtfertigt  worden«   Man  mag  im- 
merhin sagen,  das  hebrftische  rj^^  ^^~nO  >         ^^s  tl  ifioi 

»al  ,aoi  entspreche^  komme  s.  B«     Sam.  16,  10.  aoch'  als 

gelinder  Tadel  vor  oder  sich  darauf  berufen,  dafs  mit 
drni  Amtsantritt  Jesu  sein  Veriialtnifs  zur  Mutter,  was  die  . 
Wirksamkeit  betrifft,  sich  gelöst  habe^''):  gewÜa  durfte 
doch  Jesus  auf  die  Gelegenheiten ,  seine  Wandermacht  in 
Anwendung  au  bringen,  mit  Bescheidenheit  aufmerksam 
gemacht  werden,  und  f.o  wenig  derjenige,  welclier  ihm  ei- 
nen Krankheitsfall  mit  hinzugefügter  Bitte  um  Hülfe  an* 
seigte  9  eine  Sehmtfhaiig  verdiente^  so  wenig  und  noch  we- 
niger Maria,  wenn  sie  einen  eingetretenen  Mangel  mit  bleib 


17)  Hess,  Gescliicbte  Jesu,  1,  S.  135*  Vgl*  auch  Ciumc,  s.  d.  St. 

^8)  z.      van  WooitTOa  a.  a«  O. 

19)  Fun,  a.  s.  0.  8.  90^  THotxcuj  t.  d.  81* 

30)  OksaAvsmt,  s.  d.  8t. 


Digitized  by  Google 


^  Zweiter  Abiohuitt. 

liiiiEu^odachter  BU|e  um  Abhülfß  ku  seiner  KenntnUs  brach- 
te. £in  Anderes  wXre  es  i^ewesen,  wenn  Jesus  den  Fall 
nlohl  geeii^ef,  oder  gar  nnwQrdig  gefanden  bitte,  ein  Wun- 
der an  denselben  ku  km'ipfen :  dann  hatte  er  die  auffor- 
dernde Anzeifire  als  Reizung  zu  falscher  Wunderthiiti|;keit 
(wie  In  der  Veranebangsgesehlehte)  hart  abweisen  mtfgen; 
so  hlngeit^n,  da  er  baid  darauf  durch  die  Tliat  seigte,,  dafii  , 
er  den  Anlafs  allerdings  eines  Wunders  werth  finde,  ist 
schleohterdings  night  eineusehen,  wie  er  der  Mutter  ihre 
Aneeige^  die  ihm  nur  vielleioht  ein^  A^genliiicke  sn  frO^ 
he  kaai|  Terdenken  konnte"). 

Den  sahireichen  Schwierigkeiten  der  sopranafnralisii- 
sehen  Auffassung  hat  man  auch  hier  durch  natürliche  Deu- 
tung der  Geschichte  nn  entfliehen  yersncht.  Von  der  Sitte 
ansgehend,  dafs  bei  jüdischen  Hochselten  Geschenke  an 
Wetn  oder  Ol  gewöhnlich  waren,  und  davon,  daft  Jesus, 
der  5  neugeworbene  Schüler  als  ungeladene  Gäste  mitbrach- 
te, einen  Mangel  an  Wein  voraussehen  konnte,  nimmt  man  , 
an ,  des  SohenBCS  wegen  habe  Jesus  sein  Geschenk  auf  un- 
erwartete undgeh^lmnirsTolle  Welse  anbringen  wollen.  Die 
dofa,  welche  er  durch  diese  Handlung  offenbarte,  ist  hie- 
naoh  nur  seine  U'imanität,  welche  gehörigen  Ortes  auch 
^en  Spafs  nu  michen  nicht  verschmfihte;  die  fr/ci^,-  die 
er  sich  dadurch  bei  seinen  Jdngem  suwege  brachte,  ist 
das  freudige  AnscMiefsen  an  einen  Mann,  welcher  nichts 
von  dam  drücken  len  £rnste  zeigte,  den  man  sich  vom 
Messias  prognestloirte«  Die  Mutter  wnfste  um  den  Ver- 
sa« des  Sohnes  und  mahnt  ihn,  wie  es  ihr  Zeit  schien, 
denselben  snr  Ausführung  zw  bringen;  er  aber  erinnert 
sie  scherzend,  ihm  nicht  durch  Vorschnelligkeit  den  »^pafs 

verderben.  Dafs  er  Wasser  einschöpfen  lieis,  scheint 
so  der  acherehaften  Täuschung  gehört  au  haben,  welche 
er  beabsichtigte ;  dais ,  als  auf  Einmal  Wein  statt  Was* 


.  Jl)  VgU  auch  die  ^obabiUsa,  p.  41  f. 


■ 


Digitized  by  Google 


ü^umiuB  ILapitol.   (•  99.  Sil 

r 

wen  in  dm  Krttgen  sich  iuidy  dieft  fflr  dne  wonderbtre 
Verwandlaog  gehalten  wurde,  ist  leicht  begreiflloh  in  ei- 
ner spfiten  Nachtstunde,  wo  man  schon  ziemlich  getrunken 
hatte ;  dud  endlich  Jesus  die  Uochseirleute  über  den  wah- 
ren Thatbettiind  nicht  aufklärte ,  war  die  natfirllche  Cen* 
•eqnenn,  die  hervorgebrachte  tehershafte  Tineehung  nicht 
selbst  Eerstören  zu  wollen  ^  *)•    Wie  übrisens  die  Sache 
nogegangen,  durch  welche  Veranstaltung  Jesus  den  Wein 
nn  die  Stelle  des  Wassers  gehraeht,  diele,  meint  Paulvs, 
laese  sich  nicht  mehr  ausaachen  ;  genug,  vi«nn  wir  wb- 
sen,  dafs  Alles  natürlich  vor  sich  gegangen  sei.    Da  aber 
nach  der  Annahme  dieses  Auslegers  der  £vangelist  sich  der 
Natürlichkeit  des  Erfolgs  im  Allgemeinen  liewnist  war, 
wnmm  hat  er  uns  iteinen  Wink  darüber  gegeben  f  Weilte 
er  auch  den  Lesern  die  Überrasch  ong  bereiten,  welche  Je^ 
BUS  den  Zuschauern  bereitet  hatte,  so  mufste  er  sie  doch 
hinterher  auflüsen,  um  die  Tftuscbu ng  nicht  bleibend  su 
maeiien.    NamentÜch  durfte  er  nicht  den  irreführenden 
Ausdruck  gebrauchen  I  dals  Jesus  durch  diesen  Akt  t:^ 
dd^'ay  CfVTöCV.  11. )>  was  in  der  Spraciie  seines  Evangeliums 
nur  dessen  höhere  W'^ürde  bedeuten  kann,  geoffenbart  ha- 
be; er  durfte  den  Vorfall  kein  at^fiBtw  nennen,  was  eui 
Übematüriiches  involvirt;  er  durfte  endlich  nicht  durch 
den  Ausdruck:  to  vöoiq  olvov  yfyevrjttvov  (V.  9.)?  noch  we- 
,  niger  unten  (4,  46.)  durch  die  Bezeichnung  Kanas  mit  - 
Ulfa  mobjaep  vöwq  ohnwy  den  Schein  err^n,  als  stimmte 
er  der  wunderhafiten  Auffiissungdes  Vorgangs  liei  ^').  Die- 
se Schwierigkeiten  suchte  der  Verfasser  der  natürlichen 
Geschichte  durch  die  Eaar&umung  zu  umgehen,  dafs  -der 
Beferent  selbst,  Johannes,  die  Sache  für  ein  Wunder  an« 
gesellen  liabe  und  als  solches  eraUhie.  Indefs,  abgeseiien 


li)  Finios,  ConuB.  4,  8.  150  ff. $  L.  J.  I,  a,  8.  169 ff.;  Natür- 
liche Geschichte,  2,  S.  61  ff. 
33)  Vgl.  hierüber  Kiatt  a.  a.  O.  S.  77  ff.  und  LSckb,  «.  d.  Abtch. 


Digitized  by  Google 


Zweiter  Ab^ciiiiAtt« 


von  der  nnwttrdigen  Art,  wie  er  diesen  Irrthnm  des 
gellsten  erklärt  '^'),  wäre  es  Ton  Jeso  nidit  wohl  denkbar, 

dafs  er  auch  seine  Schüler  in  der  Täuschung  der  übrigen 
Gäste  erhalten,  und  nicht  wenigstens  ihnen  eine  Anfkiä- 
mng  über  dfen  wirklielien  Hergang  der  Sache  gegeben  ha- 
ben seifte.  Man  mUfste  daher  annehmen,  der  Referent  dfe» 
SOS  Vorfalls  im  vierten  Evangelium  sei  keiner  von  Jesa 
SohUiern  gewesen,  was  jedoch  über  die  Sphäre  dieser  Er» 
klämngswelse  hinausgeht.  Doch  auch  Bogegeben,  dafs  der 
Referent  selbst,  wer  er  Immer  sein  mde^e,  in  der  Täosehan^ 
derer,  welche  in  dem  V  or^ann^  ein  Wunder  sahen,  befan- 
den gewesen  sei,  wobei  also  seine  Darstelhingfsweise  und 
die  Ton  Ihm  gebrauchten  Aasdrttcke  begreiflich  wOrden: 
so  Ist  Jesa  Verfahren  nnd  Handlungsweise  desto  unbegreif- 
licher, wenn  kein  wirklicljes  Wunder  im  Spiel  war  Warnm 
rirlifcte  er  die  Dnrhringung  des  Geschenks  mir  rafüiiirtem 
Fleifse  SO  ein,  dafs  es  als  wunderbare  Bescheemng  eiv 
scheinen  mnfste?  warum  ttefs  er  namentlich  die  Geflifse^ 
in  welche  er  sofort  den  Wein  eo  brin^ren  Im  Sinne  hsfte, 
vorher  mit  Wasser  voll  machen,  dessen  nothweiidigre  Wie- 
derentfernung  am  unbemerkten  Vornehmen  der  Sache  nur 
hinderlich  s^in  konnte?  wenn  man  nicht  mit  Woolston  an« 
nehmen  wll^,  er  habe  dem  Wasser  nur  durch  ent^egfossene 
Liqupure  einen  Wcinoosehmack  ertheilt.  Das  (jcfHhl  die- 
ser doppelten  Schwierigkeit,  theiis  das  Hineinbringen  des 
Weins  in  die  bereits  mit  Wasser  gefällten  Krüge  denkbar 
isn  machen,  thells  Jesum  von  dem  Verdacht  freisusprechen^ 
!«!•<  hh'tte  er  den  Schein  einer  wunderbaren  V rrw  niHlliing' 
de«  Wassers  erregen  wollen,  inajr  es  gewesen  sein,  was  den 
V  erfasser  der  natürlichen  Geschichte  bewog,  den  Zusnm^ 
menbang  swlschen  dem  ein  gefeilten  Wässer  nnd  dem  spH^ 
ter  Eum  Vorschein  gekommenen  Wein  ganz  zu  zerreissen 
.  * 

94)  Er  giebt  dem  f$i»d0ino9m$  V,  10,  eine  Bcslebung  su«k  auf 
.  den  Johaanes« 


üiyiiized  by 


% 


doroh  die  Ammlimy  d«6  Wasser  liabe  Jesus  hoien  les^ea^ 
vreil  es  auch  daran  fehlte,  und  er  den  wöhlthiStigen  Ge- 
brauch des  VVasciiens  vor  und  nach  der  Tafel  euipfehleii 
>vollte9  den  Weiu  aber  liabe  er  hernach  aus  einer  anstos« 
senden  Kammer,  wohin  er  ihn  gestellt  hatte ^  herheibrin* 
gen  lassen  —  eine  Äufibssung,  bei  welcher  freilioh  entwe- 
der die  Trunkenheit  sfimmtiicher  Gäste  nnd  namentlich  des 
Referenten  als  ziemlich  bedeutend  angenommen  werden 
müftite,  wenn  sie  den  aus  der  Kammer  gebrachten  Wein 
fOr  einen  ans  den  WasserkrOgen  geschöpften  angesehen 
haben  sollen,  oder  die  tfiuschende  Veranstaltung  Jesu  täk 
sehr  fein  angelegt,  was  mit  seiner  sunstigen  Geradheit  sich 
nicht  vertrügt. 

In  dieser  Klemme  swischen  der  supranaturalen  nnd  der 
natitrllohen  firldfirung ,  von  welchen  auch  hier  die  eine  so 
wenig  als  die  andre  genügen  kann,  müfsten  wir  nun  mit 
dem  neuesten  Aubleger  des  vierten  Evangeliums  warten, 
^hiB  es  Gott  gefällt,  dui*ch  weitere  Entwicklungen  des  be- 
sonnenen christlichen  Denkens  die  Ldsung  dieser  Rfithsel 
SU  allgemeiner  Befriedigung  herbeizuführen  ^^)  '  ,  wenn 
uns  nicht  ein  Ausweg  sclion  dadurch  angezeigt  wäre,  dafs 
wir  die  betretende  Geschichte  nur  bei  dem  Einen  Jo* 
bannes  finden.  War  sie,  eineig  In  ihrer  Art  ^ie  sie  ist, 
Euglelch  das  erste  Zeichen  Jesu,  so  mufste  sie,  wenn  auch 
diiinals  noch  nicht  alle  Zwölfe  mit  Jesu  waren,  duch  die- 
sen allen  bekannt  werden,  und  wenn  auch  unter  den  übri- 
gen Evangelisten  kein  Apostel  ist,  doch  in  die  allgemeine 
Tradition  und  von  da  in  die  iiojitischen  Aufseichnungen 
übergehen;  so,  da  sie  nur  Johannes  hat,  scheint  die  An- 
nalime,  dafs  sie  in  einem  den  Synoptikern  unbekannten  Sa- 
gengebiet erst  entstanden,  leichter  als  die  andere,  dals  sie 
ans  dem  ihrigen  so  frlihseitig  verschwunden  sei;  es  kommt 
nuv  darauf  an,  ob  wir  im  Stande  sind,  nachzuweisen,  wie 


tS)  L0CICB,  S«  407. 

i 

Digiti2ed  by  Google 


«4 


Zwailer  Abtekiiilti 


auch  ohne  Mttoilsdieii  Grund  eine  «okhe  Sage  sieh  gettal- 

ten  konnte.   Kaiser  verweist  hiefHr  auf  den  abenteuerli- 
chen Geist  des  verwandelnden  Orients :  aber  diese  Instanz 
ist  so  unbestimmt,  dafs  Kaiser  allerdings  noch  die  Voraoa- 
aetsnng  einet  wiriüicb  Forgefalienen  bamanen  Scberses  Jesu 
ttüthig  hat        womit  er  in  der  nnglücklieben  Mitt»  ewi- 
schen  mythischer  und  natürlicher  Erklärung  stehen  bleibt!, 
ans  welcher  man  nicht  eher  herauskommt,  als  bis  man  be-  ^ 
atfmmterei  näher  liegende  mjtblsobe  Anlialts«  nad  £ntste- 
*  hnngspunllte  fdr  eine  Brallilttng  beri»eisasefoaffen  im  Stande 
ist.    Im  gegenwärtigen  Falle  nun  braucht  man  weder  berm 
Orient  überhaupt,  noch  bei  Verwandlungen  im  Allgemei- 
nen stehen  an  bleiben,  da  sieb  bestimmt  Wasserverwand- 
lungen Im  engeren  Kreise  der  hebriisehen  Urgeseblehte 
finden.   Neben  einigen  £rsfihlungen,  dafs  Moses  den  Isra€-> 
Ilten  in  der  Wüste  aus  dürrem  Felsen  Wasser  verschafft 
habe  (2.  Mos.  17.  1  &   4.  Mof.  20,  1  ffO>  «ine  Wasser- 
bescheemngy  welche ,  nachdem  sie  In  modificircer  Weise 
sieb  in  der  Geschiebte  Simson's  wiederholt  liatte  (Riclit.  15, 
16  f.))  auch  in  die  messianischen  Erwartungen  übergetra^ 
gen  wurde '^),  ist  die  erste  dem  Moses  zugeschriebene 
Wassenrerwandlnng  Jene  Umwandlung  alles  Wassers  In. 
Ägypten  In  Blnt,  welche  unter  den  sogenannten  sehn  Pla- 
gen aufgeführt  wird  (2.  Mos.  7,  17  If. ).    Neben  dieser 
mutatio  in  deteriu:t  findet  sich  aber  in  der  Geschichte  des 
Moses  ancb  eine-  am  Wasser  voUsogene  mutatio  in  melius^ 
indem  er  bitteres  Wasser  nach  Jebova's  Anweisung  sfifs 
machte  (2.  Mos.  14,  23  flf. )>  wie  später  auch  Elisa  ein  un- 
gesundes Wasser  gut  and  unschädlich  gemacht  haben  soll 


26)  bibU  Theol.  1,  8.  200. 

27)  In  der  Baad  1,  S.  73*  Annu  sagcittlirtea  Stelle  aus  Midratch 
Hoheleth  hetsst  es  unter  Aadercn :  GoM  primut  —  atcendere 
fMät  puteum:  sie  c|uo<iue  GoiA  poftrenuis  asceadere  ladet 
aqnas  etc* 


^  d  by  Google 


Heuntet  Kapital.  {•  Ml  SA 

0.  Kffn.  %  19  £)•  Wie»  lant  der  angefahrten  rabblnlsehen 
Srelle,  die  WasAerbescheerung,  so  seheint  unsrer  fohannei- 

scheii  Erzählung  ziifolne  auch  die  WasserverwaiuUung  von 
Moses  und  den  Projiheten  auf  den  Messias  Übergetragen 
worden  so  sein,  mit  denjenigen  Modificationen  Jedoeh,  wel- 
ehe  in  der  Natur  der  Saehe  iagen.  Konnte  nSmlich  auf 
der  einen  Seite  eine  Veränderung  des  Wassers  in's  Schlim- 
mere, wie  Jene  mosaische  Verwandlang  desselben  in  Blut, 
konnle  ein  soiehes  Strafwunder^dem  miiden  Geiste  .des  ala 
Messias  erl^annten  Jesus  nicht  wohl  angemessen  gefiinden 
wei*den :  so  konnte  andrerseits  eine  solche  Veränderung  , 
in's  Bessere,  welche ^  wie  die  Vertreibung  der  Bitterkeit 
oder  Sehädiichl&eit,  inneibalb  der  species  des  Wassert  ste* 
hen  blieb,  und  nicht,  wie  jene  Verwandlung  in  Blut,  die 
Substanz  des  Wassers  selbst  änderte,  für  den  Messias 
ungenügend  erscheinen ;  beides  eusammengenommen  aber^ 
eine  Veränderung  des  Wassers  in's  Bessere ,  weiche  so- 
fieich  eine  speeiüsehe  Veränderung  seiner  Snbstann  wärej 
mafsto  beinahe  selbst  eine  Verwandlung  in  Wein  ge» 
ben.  Diese  ist  nun  von  Johannes  so  eraählt,  wie  es  zwar 
nicht  der  WirkÜcbkeit,  um  so  mehr  aber  dem  Geist  seines 
Evangeliums  angemessen  gefunden  werden  mufs.  Denn 
so  undenkbar,  geschichtlich  betrachfet,  die  Härte  Jesu  ge- 
gen seine  Mutter  erscheint :  so  ganz  im  Geiste  des  vierten 
Evangeliums  ist  es,  seine  Erhabenheit  als  des  göttlichen 
Xoyog  durch  ein  solches  Benehmen  gegen  Bittende  (wie  • 
Job.  4,  48. und  selbst  gegen  seine  Mutter,  auf  die  Spitae 
SU  stellen  ^^).  Ebenso  im  Geiste  dieses  Evangelisten  ist 
es  auch,  den  festen  Glauben,  welchen  Maria  unerachtet 
der  abweisenden  Antwort  Jesu  behielt ,  dadurch  herauscn« 
beben,  dafs  er  sie  in  einer  historisch  unmöglichen  Ahnung 
selbst  von  der  Art  und  Welse,  wie  Jesus  das  Wunder  ver* 


28)  Vgl.  die  FtobabiUca,  s.  «.  O. 


Digitized  by  Google 


viehton  wfirde,  die  oben  beaprociiene  Aaweitung  den  Hie* 
Qeni  geben  lifo« 

{•  100. 

Jesus  verwünscht  einen  unfruchtbaren  Fcigcnbamn. 

Die  Anekdote  von  dem  Feigenbanm welchen  Jetae, 
weil  er,  hungrig,  keine  FrOchte  «nf  ib«  fend,  dopcb  aeln 

Wort  verdorren  machte,  ist  den  zwei  ersten  Evangelien 
elgenthttmlieh  (Matth.  21, 18  ff.  Marc.  11, 12  ffOi  wird  abei- 
von  ihnen  mit  Abweichungen  ersählt,  welclie  enf  die  An- 
eicht von  der  Sache  von  Einflafa  aind.  Cnd  nwar  achlen 
die  eine  dieser  Abweichungen  des  Markus  von  Matthäus 
der  natürlichen  Erklärung  so  günstig  zu  sein,  dafs  man 
namentlich  auch  mit  RUckaicht  auf  sie  dem  Evangelisten 
neuerlich  eine  Tendena  sn  natfirllcher  Anaieht  von  den 
Wundern  Jesu  zugeschrieben,  und  um  dieser  einen,  gflnati- 
gen  Abweichung  willen  ihn  auch  bei  der  andern,  /.iemlich 
unbequemen,  die  aich  in  vorliegender  Ercfthlung  ündet,  in 
Schnts  genommen  hat. 

Bliebe  es  nämlich  bei  der  Art,  wie  der  erste  Evange- 
list den  Erfolg  der  Verwünschung  Jesu  angiebt:  xal  t^r^— 
QiivÖr^  nuQax^^fia  ij  awoy  CV.  19.],  so  würde  es  wohl  schwer  • 
halten,  hier  mit  einer^natüriichen  Erklärung  ansukommen, 
da  auch  die  gewaltsame  PAüLU8*sehe  Deutung,  naeh  wei- 
cher das  :na()axQfjftcc  nur  weiteres  menschliches  Ziithuii , 
nicht  aber  eine  längere  Zeitfrist  ausschliefsen  soll,  doch 
nolr  auf  unbefugtem  Herttbertragen  des  Markua  in  den 
Matthäus  beruht  Bei  Markua  nämlich  verwänscht  Jeans 
den  ßaum  am  Morgen  nach  seinem  Einzug  in  Jerusalem  , 
änderst  am  folgenden  Morgen  bemerken  die  Jünger  im  V  or- 
übergehen, dafa  der  Baum  verdorrt  ist.  Durch  diese  Zwi- 
aehenseit,  weiche  Markus  swiaehen  der  Rede  Jesu  nnd 
dem  Verdorren  des  Baumes  ofl'en  Ififst,  drängt  sich  nun 
die  natürliche  Erklärung  der  ganzen  Geschichte  ein,  darauf 
fniaend,  dafii  in  dieser  Frist  der  Baum  Wohl  auch  durch  na- 


üiyiiized  by  Google 


Neuntes  KepiteL  S*  100« 


Iflrikfae  Ureachen  Jiabe  verdorren  können«  Dcmgemfile 
soll  nnn  Jesae  an  dem  Baome  neben  dem  Mangel  an  FrBeli« 
ten  aneh  eonit  noch  eine  Beschaffenheit  bemerlct  haben , 

aus  weicher  er  ein  baldiges  Absterben  desselben  prognosti* 
eirtej  und  dieses  Prognostiken  soll  er  ihm  in  den  Worten : 
▼an  dir  wird  wolil  Niemand  mehr  f  rflehtje  sa  esaen  be* 
konmen,  gestellt  haben«  Ale  die  Hitse  des  Tages  die  Vor- 
aussage Jesu  unvermuthet  schnell  verwirklichte,  nnd  die 
Jünger  dieis  am  andern  Morgen  bemerkten ^  da  erst  ses* 
ten  sie  diesen  £rfolg  mit  den  Worten  Jesu  vom  vorigen 
Morgen  in  Verbindung,  nnd  begannen  diese  als  Verwfln» 
•chang  aufzufassen;  eine  Deutung,  welche  übrigens  Jesus 
nicht  bestätigt,  sondern  den  Jüngern  zu  Gemüthe  führt, 
mit  nnr  einigem  Selbstvertranen  werden  sie  nieht  bJofs 
sekhe  Sebon  physiologiseh  bemerkbare  Erfolge  voranssa« 
gen,  sondern  noch  viel  Schwereres  wissen  und  bewirken 
können         Allein  gesezt  auch ,  die  Angabe  des  Markos 
Ware  die  richtige,  so  bleibt  doch  auch  so  die  natürliche  Er» 
kUbmng  nnmüglieh.    Denn  die  Worte  Jesu  bei  Markna 
(V.  14.):  ^r^nthi  ix  an  dg  tov  aU3m  fnr^(h}g  xaqnov  rpdyoi, 
rnüfsten,  wenn  sie  blofs  eine  Verrauthuiig,  was  wohl  ge- 
schehen werde,  enthalten  sollten,  nothwendig  ein  äv  bei 
sieh  haben,  nnd  in  dem  ftfpik$  i»  ü&  xa^nog  yhtjrm  des 
Natthäns  ist  ohnehin  der  Befehl  nicht  sn  verkennen,  ob» 
gleich  Paulus  auch  hier  mit  einem  blofsen  „mag  wei^den'^ 
Abkommen  möchte.    Auch  dafs  Jesus  den  Baum  selbst  an* 
ledet,  so  vrie  das  feieriiche  eig,%a¥  akava^  welehes  er  hln^ 
sefBgt,  spricht  gegen  eine  simple  Voraussage  nnd  fftr  die 
Verwünschung;  Paulus  ftfthlt  diefs  wohl,  und  deutet  daher 
ait  onerlaubter  Gewaltsamkeit  das  Aiyu  avifj  zu  einem 
Sagen  in  Besiehnng  auf  den  Baum  nm,  wfthrend  er  dae 
tlg  rdv  auam  durch  die  Übersetsung:  in  die  Folgeneit  hin^ 
abschwficht.   Doeh  gesesl  auch,  die  Evangelisten  hätten  aus 


1)  PAinet,  sx«lUadb.,  3,  s,  S.  157  & 


Dl 


SM 


Zweiter  Absebnitt 


.  ihnr  irrigeii  Aneiebt  ron  den  Vorgang  hemiif.die  Worte 
Jeen  über  dem  Feigenbaom  In  etwet'Terindert,  und  Jeeas 
also  wirklich  dem  Baum  nor  ein  PrognosHkon  gestellt:  so 
hat  er  doch,  als  das  Vorausgesagte  eingetreten  war,  den 
Erfolg  «einer  ttbematürliehen  Einwirkung  Kogeschrieben« 
Denn  wenn  er  das,  was  er  In  Besog  anf  den  Feigenbaoo^ 
geleistet,  als  ein  noielv  beseichnet  (V.  21.  bei  Matth.),  so 
kann  schon  diefs  nur  gezwungen  auf  eine  blofse  Voraus- 
sage beaogen  werden;  namentlich  aber,  wenn  er  es  den& 
Berge?erselsen  gegenüberstellt,  so  miils,  wie  dieses  nach 
Je4er  mügllehen  Deotang  doch  Immer  ein  Bewirken  Ist, 
ebenso  auch  jenes  als  eine  Einwirkung  auf  den  Baum  ge- 
fa£it  werden;  jedenfalls  mufste  Jesus  dem  xan^Qcicfa  des 
Petms  (V.  Sl.  Marc.)  entweder  widersprechen,  oder  war 
sein  Stillseh weigen  darüber  Znstimmung.  Schreibt  demnach 
Jesus  das  Verdorren  des  Baums  hinterher  seiner  Einwir- 
kung SU,  so  hat  er  entweder  auch  schon  cluroh  seine  An- 
rede an  denselben  eine  Einwirkung  beabsichtigt,  oder  er 
hat  den  cofiilligen  Erfolg  zur  Tftosebang  seiner  Jünger  ehr>  * 
geizig  mifsbraucht,  ein  Dileuima,  in  welchem  uns  die  Worte 
Jesu,  ^ie  sie  von  den  Evangelisten  refei'irt  sind,  entschie- 
den auf  die  erstere  Seite  hinweisen« 

Unerbittlich  also  werden  wir  Ton  diesem  natürlichen 
ErklärungSTcrsoeh  auf  die  snpranataralistlsche  Avflkssnng 
Eurückgedrängt,  so  schwierig  diese  auch  gerade  bei  vorlie- 
gender Geschichte  ist.  Was  sich  gegen  die  physbche  Mög« 
lichkeit  einer  soleben  Einwirkung  sagen  liefse,  übergehen 
wir,  niebt  swar,  als  ob  wir  mit  Hasb  uns  anheischig  ma- 
chen könnten ,  sie  aus  der  natürlichen  Magie  zu  begrei- 
fen sondern  weil  eine  andere  Schwierigkeit  die  Unter- 
•nehttng  schon  vorher  abschliefst,  und  gar  nicht  bis  mm 
Erwägung  der  physischen  Mffglichkeit  kommen  Itffst.  Die- 
ser entscheidende  Anstois  betrifft  die  moralische  Möglich- 


J)  L.  J.  V  IIS. 


Digitized  by  Google 


I 

i 

^  Meunlat  KiipUeK  §«109. 

kek  «Iner  aolfüieii  llandliing  Ton  SeSten  Jeto.  Was  er  hlM^ 
vollsiehr,  isl  ein  Sitnifwaniler.   Ein  lekllee  iindet  sieh  tenet 

in  den  kanonischen  Berichten  Ober  das  Leben  Jesu  nicht: 
nur  die  apokryphischen  £yangelien  sind,  wie  oben  bemerkt 
warde,  toU  davon.  <  In  einem  der  kanonischen  Evangelien 
findet  sich  vieinehr  eine  gieiclifalis  schon  öfters  angefahr- 
te Steile,  Loe.  9,  55 f.,  welche  es  als  Bewnfstsein  Jesu 
ausspricht,  dafs  eine  Benützung  der  Wanderkraft,  um  Strai- 
fe  Ktt  üben  und  Bache  zu  nehmen,  dem  Geiste  seines  Be* 
ruU  widerspreche  9  und  dasselbe  Bewnfstsein  spricht  der 
Evangelist  Ober  ihn  ans ,  wenn  er  das  Jesaianisebe :  ttaX»^ 
ftov  airvrejQtufttvov  «  xcaea^ei  x,  t.  X,  auf  ihn  anwendet 
(Matth.  12|  20).  Diesem  Grundsae  und  seinem  sonstigen 
Verfahren  genftis  bitte  Jesas  vielmehr  einen  dflrren  Banni 
nenlieielien,  als  einen  grflnen  verdorren  machen  müssen , 
und  um  seine  diefäinaligo  Ilandlungsweise  zn  begreifen, 
mOfsten  wir  Gründe  nachsuweisen  im  Stande  sein^  wel- 
che er  gehabt  haben  iLönnte,  von  dem  dort  ausgesprocilenen 
Grundsas,  welcher  keine  Zeichen  der  DnSchtheit  gegen 
sich  hat,  in  diesem  Falle  abzugehen.  Die  Gelegenheit, 
bei  welcher  er  Jenen  Grundsas  aufstellte,  war  die  aus  An« 
lala  der  Weigerung  eines  samarischen  Dorfs,  Jesnm  und 

•  seine  Jünger  gastUch  anfunnehmen,  an  ihn  gerichtete  Fra- 
ge der  Zc'bedaiden,  ob  sie  nicht  nach  der  Weise  des  Elias 
Feuer  auf  das  J)orf  herabregnen  lassen  sollen?  worauf  sie 
Jesus  an  die  Eigenthttmiichkeit  des  Geistes  mahnt ,  dem 
sie  angehdren,  mit  welcher  ein  se  verderbendes  Thun  sich 
nicht  vertrage.  In  unserem  Falle  hatte  es  Jesus  nicht  wie 
dort  mit  Menschen,  die  sich  unrecht  gegen  ihn  betragen 
iiatten,  sondern  mit  einem  Baume  ßu  thun ,   den  er  nicht 

.  i;«  der  erwünschten  Verfassung  traf»  Statt  dafs  nun  liierin 
ein  iiesonderer  Grund  läge,  von  ;fener  Regel  absugehen , 
ist  vielmehr  der  Hauptgrund,  welcher  in  jenem  ersten  Falle 
müglicherweise  cur  Verh&ngung  eines  Strafwnnders  iiütte 
iMwegen  künnen,  bei  diesem  pweltea  nicht  vdrimodeo»  Der 


240 


Zweiter  Abschnitt. 


mornlische  Zweck  der  Strafe  nMmlich ,  den  Gestraften  zur 
£in^ht  und  Anerkenn  tinfs  seines  Fehlers  zu  bringen  und 
dadarch  «o  bessern  ^  Mit  einem  Baume  gegenüber  rölitg 
weg,  und  selbst  von  Strafe  als  Vergelfung  liannl>ei  einem 
unfreien  Nnturgegenstande  nicht  die  Hede  sein  Sich 
gegen  einen  leblosen  G egenstand ^  den  man  eben  nicht  im 
erwilosißhten  Zustand  indet^  mn  ereifern ,  wird  mit  Reeht 
als  Mangel  an  Bildung  ausgelegt ;  in  solcher  Entrfistung 
bis  zur  Zerstörung  des  Gegenstandes  fortzugehen ,  wird 
selbst  für  roh  und  unwürdig  angesehen,  und  VV  golston  hat 
•o  Unrecht  niebt,  wenn  er  bebaaptet,  an  Jedem  Andern 
als  an  Jesn  würde  eine  solche  Handlung  streng  getadelt 
werden  Zwar  l;ei  wirklich  objektiv  und  habituell  feh- 
lerhafter BeschaÖenheit  eines  ^aturgegenstandes  kann  ea 
wohl  etwa  g^ohehen,  dafs  der  Mensch  ihn  aas  dem  Wege 
räumt  y  um  einen  bessern  an  seine  Stelle  an  setaen^  woe« 
übrigens  immer  nur  der  Eigenthümer  die  ochörige  Auffor- 
derung und  Befugnifs  bat  (vgl.  Luc.  1,1,  7.)*  ^^f^  aber 
dieser  Banm^  weil  er  eben  damals  keine  Früchte  bot,  auch 
im  folgenden  Jahre  keine  getragen  haben  würde,  verstand , 
sich  keineswegs  von  selbst ,  und  auch  in  der  £rzlihlnng 
wird  da«  Gegentheil  angedeutet,  wenn  Jesus  seine  Verwün- 
achnng  so  ausdrückt,  dafs  auf  dem  Baume  nie  mehr  Früch- 
te wachsen  sollen,  was  also  ohne  diesen  Finch  voransses- 
lieh  doch  noch  geschehen  sein  wüide. 

War  so  die  iibie  Beschaffenheit  des  Baums  keine  ha- 
bitnelley  sondern  nur  eine  vorübergehende,  so  war  sie, 
wenn  wir  dem  Markus  weiter  folgen,  nicht  einmal  eine  ob- 
fektive,  sondern  rein  subjektiv  nur  in  dem  sufhUigen  'Ver- 
hältnifs  des  Baums  zu  dem  augenblickliclien  Wunsch  und 


3)  Augustin,  de  rerbis  Dominl  in  ev.  tec.  Joann.  sermo  44: 
Quid  arbor  fecerat,  fructum  non  affcrcndo?  quac  culpa  ar- 
boris  infoecundittt  ? 

4)  Oisc  4. 


Digitized  by  Google 


NenaUs  Kapitel,  f.  100.  Ul 

Bedürfnifii  Jesu  gegyHndet,  Denn  nech  einem  Zusac,  wel- 
eber  die  swelte  Kigenthflmllehkeit  des  Marbnt  in  dieser 

Erzählung  bildet,  war  eben  damals  nicht  Feigenzeit  (V.  13.), 
es  war  also  kein  Fehler^  vielmehr  ganz  in  der  Orduujigy 
da£i  aneli  dieser  Baum  damaJs  keine  hatte)  und  Jesus,  an 
den  es  sehen  Wunder  nehmen  mufs,  dafs  er  so  aur  Un- 
zeit Feigen  auf  dem  Baum  erwartete,  hatte  wenigstens,  als 
er  keine  fand,  sich  auf  das  UngegrUndete  seiner  ilirwnr« 
tnng  besinnen  9  und  eine  sa  gans  unbillige  Handlung,  wie 
die  Verwfinsehung  war,  unterlassen  sollen.  Sehen  Kirehen- 
Yäter  stiefsen  sich  an  diesem  Zusaz  des  Markus,  und  fan- 
den unter  Voraussetzung  desselben  das  Verfahren  Jesu  ganz 
besonders  r&tiiselhaft  V^Toolston  aber  spottet  nicht  mit 
Unrecht,  wenn  ein  Kentlseher  Bauer  im  Frfihjahr  Obst  in 
seinem  Garten  suchte,  und  die  B.'iume  umhiebe,  welche  kei- 
nes haben,  so  würde  er  von  Jedermann  ausgelacht  wer- 
den« Die  Ausleger  haben  durch  eine  bunte  lieihe  von  Con- 
s  J^ktnren  nnd,  Deutungen  der  Schwierigkeit  dieses  Zusataes 
tn  entgehen  gesueht.  Von  der  einen  Seite  hat  man  den 
Wunsch,  dafs  doch  die  schwierigen  Worte  lieber  gar  nicht 
dastehen  möchten,  geradezu  in  die  Hypothese  verwandelt, 
sie  mdgen  woU  spfttere  Glosse  sein  Andrerseits ,  da , 
wenn  ein  Zusaa  der  Art  dastehen  sollte,  eher  die  umge- 
kehrte Angabe  zu  wünschen  war ,  dafs  damals  Feigenzeit 
gewesen,  um  nttmiich  Jesu  Erwartung,  und  seinen  Unwil- 
len, als  er  sie  getliuseht  sah,  begreifen  an  können:  so  bat 
■lan  aof  Tersehiedene  Weise  die  Negation  ans  dem  Satae* 


5}  Orlg.  ConuB.  in  Matth.  Tom.  16,  29: 1t>  Sh  Md^mo^ 

Tm  Mtrru  rdnor ,  int fi<futy6y  Ti  Tr^of  t6  ^qxov  rr^iootv^/^xt, 
nonjaafy  Srt  —  «  yoQ  tjv  xaiqoi  avxuv'  —  Einot  yao  ay  iii' 
tl  fiii  6  matqof  avxtav  r^v^  niSg  ^i9er  o  7.  iS;  tuQtjatoy  t»  ir  avrfj , 
Mok  näs  ii*»t»s  ttTiiv  aJr.7'  f*ti»iT^  tig  ror  a»wr«  im  am  ^^diU, 
nofnop  f^yni  Tgl«  Augustia  a.  «•  O. 

6}  Toimi  emcndd.  in  Suidsm,  1,  p.  330  f. 

Ua$  lieben  Jssu  IL  Band^  lÖ 


Digitized  by  Google 


S4i  Zweiter  ÄbnehiiÜt. 

211  tntferriffn  gcsoclif,  thelli  guns  ge^valtSAin,  Inileiii  mnn 
statt  i  H  lasj  nach  i:V  iiiterijungirte,  hinter  avy.iov  ein  zwei- 
les  toppUrte^  und  ttbersezte:  ubi  enim  tum  versaba^ 
iurj  tempuM  ßcuum  erat  theils  ab|fe«chiiiackt,  durch 
Verwandlung  des  Satzes  in  einen  Fragesas:  nonne  enim 
etc,  theiis  dadurch,  dafs  das  xaioog  ovxcov  von  der  Zeit 
der  Feigenärnte  genommen ,  und  so  in  dem  Zusnz  die  An- 
gabe,  die  Feigen  seien  noch  nicht  weggelesen ,  d*  h,  noch 
Hof  den  Bliamen  gewesen ,  gefunden  wird  ^) ,  wofRr  man 
sich  auf  das  xatnog  tiöv  xan  ioji'  Matth.  21,34.  beruft.  Al- 
lein wie  nnter  diesem  Ausdruck,  der  eigentlich  nur  das 
antecedens  der  Arnte,  das  Vorhandensein  der  Früchte  auf 
Ackern  oder  BSnmen  besetchnet,  wenn  er  in  einem  «flfirma* 
tiven  Satze  steht,  das  con.scquens,  die  mögliche  Fruchtcin- 
sammlungj  nur  in  der  Art  verstanden  sein  kann,  dafs  das 
antecedens^  das  Dasein  der  Früchte  anf  dem  Felde  ^  mit- 
eingeschlossen bleibt,  folglich  Ici  xwQog  xaQnuiv  nur  so  viel 
bedeuten  kann  ^  die  (reifen)  Früchte  stehen  auf  den  Äckern, 
und  sind  demnach  zur  Einsammlung  bereit:  ebenso  wird^ 
wenn  jener  Ausdruck  in  einem  negativen  Satze  steht,  eu* 
erst  das  antecedens,  das  Be6ndiichsein  der  Früchte  anf  dem 
^  Acker,  Banm  u.  dgl. ,  und  erst  mittelst  dessen  das  conse» 
'  quenSf  die  Einsammlung  der  Früchte,  aufgehoben;  ux  egi 
natf^og  arxoiy  heiist  also:  die  Feigen  sind  nicht  auf  den  Biin* 
■■'^n  gegenwärtig,  und  somit  auch  nicht  cum  Einsammeln 
bereit,  keineswegs  aber  umgekehrt;  sie-  sinil  noch  nicht 
eingesammelt,  und  stellen  also  noch  auf  den  Bäumen.  Aber 
nicht  nur  diese  unerhörte  Kedeiigur,  dafs,  wührend  der 
Form  nach  das  antecedens  aufgehoben  wird,  dem  Sinne 
nach  nur  das  cmsequens  aufgehoben,  das  antecedens  aber 


7)  RsiKtiüS  u.  A.,  bei  FamiciuB  s*  d.  St, 

8)  Maji  Obt.  t.  bei  demt. 

9}  Dammi,  in  Hknkk's  n.  Magazio^  2.  Bd.  <2.  Heft,  S.  252.  Aach 
KuixttL,  in  M«rc.  p.  150  f. 


Digitized  by  Google 


N0^Bter  Kapitel.      100*  S4S 

IKMest  «ein  toll,  sondem  noeh  ^Ikoß.  andei^i  die  mn  bald 
SyAehysie,  bald  Hyperbaton  .nennt,  nrafii  bei  dieser  Erldl«^ 

mng  angenommen  werden.    Denn  als  Angabe^  dafs  damals 
die  Feigen  noch  auf  den  Büumen  gewesen^  giebt  der  in 
JRede  etebende  Zneas  nicbt  den  Grund ,  warum  Jesus  auf 
Jenem  Baume  lielne  fand,  sondern,  warum  er  welche  er^ 
vrartete,   er  sollte  also  nicht  hinter  idtv  fVQtv  x,  x.  A., 
sondern  nach  ijkd^ev  y  ei  ilga  iVQ^ati  x,  t,  L  stehen,  eine 
Versetanng,  weiche  aber  nnr^  beweist,.  da£s  diese  ganüe 
Erfclftrnng  gegen  den  Text  Ittnft.  Überaeugt  einerseits,  dafs 
der  Zosas  des  Markus  das  Obwalten  günstiger  Umstände 
fUr  das  Vorhandensein  von  Feigen  auf  jenem  Baume  ver- 
neine, aber  andrerseits  doch  bemüht,  Jesu  Erwartung  so 
reebtfertigen,  suebten  andre  Erldfirer  jener  Verneinung  statt 
des  allgemeinen  Sinns,  dafs  es  tiberhanpt  nicht  an  der  Jahrs* 
r^eit  gewesen  sei,  wovon  Jesus  notliwendig  hatte  Notiz  ha- 
ben müssen,  den  particuläreji  zu  geben,  dafs  nur  (»esondre 
UoMtSnde^  welche  Jesu  niebt  nothwendig  beiiannt  sein  mufs* 
ten,  der  Fruehtbarkelt  des  Feigenbaums  entgegengestanden 
haben.    Ein  ganz  specielles  llindernifs  wäre  es  gewesen, 
wenn  etwa  der  Boden,  in  welchem  der  Baum  wurzelte, 
ein  anfruehtbarer  gewesen  wfire,  und .  wii*klich  soll  nach 
£inigen  xaiQog  aitewr  einen  fUr  Feigen  günstigen  Boden  he- 
aeichnen  '    5  Andere ,  mit  mehr  Achtung  vor  der  Wortbe- 
deutung von  xaiQOSf  bleiben  zwar  bei  der  Erkl^irung  von 
günstiger  Zeit,  nur  dafs  sie  diese  nicht  universell  von  ei« 
ner  stehend  und  alljlihrlich  der  Feigen  ermangelnden  Jah- 
reszeit, sondern  nur  von  einem  einaelnen,  zuftfllig  den  Fe!-.  > 
"  gen  ungünstigen  Jahrgang  verstehen  Allein  yaiQOi;  ist 

Bunächst  die  rechte  Zeit  im  Gegensaa  aur  Unzeit,  nichteine 
günstige  gegenüber  einer  ungünstigen;  nun  aber  kann,  wenn 


10)  s.  bei  KmMh,  s.  d.  St. 

SS)  PAVun,  ex.  Hsadb.  3,  a,  S.  175*  Olsmav»»,  b.  Coaun.  t, 
$.  782  f. 

16* 


Digitizod  by  Gü*..wtL 


U%  Zwtiur  AbBtlinilC 

diitr,  mmeh  In  eineni  rnifrnolillNiVMi  Juhrgnng,  mm  der  Ztit, 

in  .welcher  sonst  die  Früchte  BO  reifen  pflegen,  solche  siichf, 
doch  nicht  gesagt  werden,  dafs  es  eur  Unseit  sei,  viei* 
mehr  könnte  ein  Mir«jahr  gerade  dadurch  beteiehiiet  wei^ 
den,  dafa,  ote  ^l&ep  o  xaiQog  ttUf  xaQnw,  mmn  Rirg«ndl| 
welche  gefanden  habe.  Jedenfalls,  wenn  der  ganze  Jahr- 
gang die  Feigeil,  eine  in  Palästina  so  häufige  Frucht,  nieht 
begünstigte ,  mnfste  Jesus  dieüs  fast  ebensogut  wissen ,  als 
wenn  Sie  unrechte  Jahrsseit  war:  ao  dafa  daa  Rithael 

■ 

bleibt,  wie  Jesus j|aber^ine  Beaehafienhelt  desBaoms,  wel- 
che in  Folge  ihm  bekannter  Umstände  nicht  anders  sein 
konnte , '  so  ungehahen  sein  mochte. 

Allein  erinnern  wir  uns  doch  noT]  wer  es  tat,  itm  . 
wir  jenen  Zota«  Terdanben«  Es  ist  Markus,  welcher  in 
seinem  erläuternden,  veranschaulichenden  Bestreben  so  Man- 
ches ans  seinem  £ignen  sosest,  und  dabei,  wie  iüngst  an* 
erkannt  ist,  und  auch  wir  auf  unsrem  Wege  achon  nur 
Genüge  gefunden  haben,  nicht  immer  auf  die 'übet  legteste 
Weise  au  Werlte  geht.  So  hier  nimmt  er  gleich  das  erste 
Aufifaliende,  was  ihm  begegnet,  dafs  der  Baum  keine 
Frftchte  hatte,  und  Ist  eilig  mit  der  Erklärung  bei  der 
Hand,  es  werde  die  Zelt  nicht  gewesen  sein;  merkt  aber 
nicht,  dafs  er,  indem  er  physilinlisch  die  Leerheit  des  Baums 
erklürt,  dadurch  das  Verfahren  Jesu  moralisch  unerklär» 
lieh  maeht.  Auch  die  oben  erwähnte  Abweichung  von  Mat^ 
thäua  in  Betreff  der  Zeit,  innerhalb  welcher  der  Baum 
verdorrte,  ist,  weit  entfernt,  eine  gröfsere  Lrliiiiidliehkeit 
des  Markus  in  dieser  Erzählung  oder  eine  I^ieigiing  ^ 

EU  natttriicher  Erklärung  des  Wunderbaren  su  beweisen^ 
wieder  nur  aus  demselben  veranschaulichenden  Be8fi*ebeii, 
wie  der  suiezt  betrachtete  Zusaz,  hervorgegangen.  Das 


i2)  Wie  Siamar  meint ,  über  den  Ursprung  u.  t.  f.  S.  IIS  IP. 
Vcrgl.  dagegen  meine  Recent.  in  den  Jahrb.  f.  wist.  Kritik, 
^ov,  183*. 


Neaiit«s  Kapitel.    $.  100.  24i 

Bilti  eines  auf  ein  Wort  hin  plöelich  TerdoiTenden  Bunins, 
f&Ut  der  Einbildungskraft  schwer  eq  yollziehen:  wogegea 
6f  nicht  übel  dramalisch  genannt  werden  kann,  den  Pro* 
ceft  des  Verderrens  hinter  die  Scene  sn  verlegen,  and  erst 
Ton  dessen  Resultate  die  8|Wtter  Vorübergehenden  Ansicht 
nehmen  zu  lassen.  —  Mit  seiner  Behauptung  übrigens  |  es 
sei  damalsy  etliche  Tage  vor  Ostern,  keine  Zeit  für  feigen  ga* 
vireseny  liitte,  anf  die  Idimatlschen  Verhältnisse  PalSstIna*s 
gesehen,  Markus  insofern  recht,  als  in  so  früher  Jahrs  seit 
d^?,^  frisch  getriebenen  Feigen  jenes  Jahrgangs  noch  nicht 
nSf  ^aren,  indem  die  Frühfeige  oder  Bocco^  doch  erst 
mm  die  Mitte  oder  gegen  £nde  Jnnl'S|  die  eigentliche  Fei- 
ge, die  Kel*mas,  aber  gar  erst'  im  Aagnstmonat  reff  wird. 
Dagegen  konnte  um  die  Osterzeit  noch  vom  vorigen  Herbst 
nnd  Uber  den  Winter  her  die  dritte  Frucht  des  Feigen* 
baumS|  die  spfite  Kermiis,  hie  and  da  auf  einem  Baume 
angetroffen  werden  '^),  wie  denn  nach  Josephus  ein  Theil 
von  Palästina  (das  Uferiand  des  galiläischen  Sees,  freilich 
fruchtbarer],  als  die  Gegend  um  Jeiusalem,  wo  die  frag- 
Üche  Geschiohto  Toigieng)  ovxov  dina  fiiyAp  Hiakilmwg 

^  Doch  wenn  wir  auch  auf  diese  Welse  die  allerdings 
erschwerende  Notiz  des  Markus ,  dals  der  Mangel  des 
Banms  kein  wirklicher  gewesen,  sondern  nur  Jesa  ver« 
mdge  einer  Irrigen  Erwartung  so  erschienen  sei ,  [auf  dio 
Seite  gebracht  haben :  so  bleibt  uns  doch  auch  nach  Mat- 
thftus^noch  das  Mifsverhaltnirs ,  dnfs  Jesus  wegen  eines 
vielleicht  blols  vorfibergehenden  Mangels  einen  Naturgegen- 
stand SU  Grunde  gerichtet  hätte.  Well  ihn  hiesu  weder 
ökonomische  Rücksichten,  da  er  nicht  Eigenthfimer  des 
Baumes  war,  noch  auch  moralische  Absichten  —  auf  einen 


13)  s.  rAiiif,  a.  a.  O.  S.  168  f.;  Wuvls,  b.  Realw.  d.  A.  Fei- 
genbaum. 

14)  bell.  jud.  5,  10,  8« 


Digitized  by  Google 


i4tt  Zweiter  Abschnitt 

^wnljdofaa  Katui*^^  —  bewogen  liabeii  kSnlhto^ 
•o  hai  nun  den  Antweg  ergriffen  y  als  das  eigentliehe  Ob^ 
jeUt,  auf  welelies  Jesas  hier  wirken  wellte,  die  Jünger 
eu  siibstltiüi'pn ,  den  Baum  aber  und  was  Jesus  an  ihn 
that)  als  biofses  Mittel  seiner  Absicht  auf  Jene  zu  betracli- 
ten.  iDiets  ist  die  symboÜsohe  Auffassung,  durch  welche 
schon  die  Kirchenvater ,  und  nun  auch  die  meisten  ortho« 
doxen  Theologen  unter  den  ^Neueren,  die  Handlungsweise 
Jesu  von  dem  Vorwurf  des  Unpassenden  zu  befreien  ge- 
meint haben.  Nicht  Erbofsung  fiber  den  Baum,  der  sei- 
nem Hunger  keine  Stillung  bot,  war  hienach  die  Stfimmuni; 
Jesa  bei  diesem  Akte,  sein  Zweck  nicht  schlechtweg  die 
Vertilgung  des  unfruchtbaren  Gowüchses  :  sondern  mit  Be« 
•onnenheit  hat  er  die  Gelegenheit  eines  frllchteleer  befun-,' 
denen  Baumes  dasu  benOisty  den  Jttngem  durch  eine  sym-' 
bolische  Handlung  anschaulicher  und  unvcrgefslicher  als 
durch  Worte  die  Wahrheit  su  machen  >  die  nun  entweder 
speciell  so  gefaüst  werden  kann,  dais  das  Jüdische  Volk^ 
weiches  beharrlich  keine  Gott  und  dem  Messias  gefUligen 
Früchte  bringe,  sn-  Grunde  gehen  werde,  oder  allgemeiner 
so,  dafs  überhaupt  jeder,  der  von  ^uten  Werken  so  ent- 
biöfst  sei,  wie  dieser  Baum  von  Früchten,  einem  ähnlichen 
Strafgerichte  entgegensnsehen  habe  ■^)*  Mit  Recht  indds 
fordern  andre  Ausleger^  wenn  Jesus  mit  der  Ifandlung 
diefs  heaweckte^  so  hätte  er  sich  irgendwie  darüber  erklä- 
ren müssen  '^);  denn  war  bei  seinen  Gleichnifsrcden  eine 
Auslegung  ndthlg,  so  war  sie  bei  einer  finndlung  um 
$o  nnentliehriicher,  je  mehr  diese  ohne  eine  derartige  Hin» 
Weisung  auf  einen  ausser  ihr  liegenden  Zweck  als  Zweck 
fiUr  sich  selbst  gefafst  werden  mulste.   Zwar  liefse  sich  auch 


ii)  ULLMATm  ,  Uber  die  Unsiindlichkeit  Jesu ,  in  seiiien  Studien , 
iy  S.  50.  SurtiRT,  a.  a.  O.  S.  115  iT.  Omhaosik,  l,S.78Sf. 

16)  Paulus,  s.  a.  O.  S.  170$  Hais,  L.  J.  §•  138;  auch  SmitsaTi 
a.  tu  O. 


Digitized  by  Google 


Mountd«  KapiteL       iOO.  147 

hier ,  wie  sonst ,  annelimeii ,  Jesns  hübe  wohl  nnr  Tersf in* 

digung  seiner  Jünger  über  das  von  iliui  Vollzogene  noch 
ef was  gesprochen ,  was  jedoch  die  Referenten ,  mit  dem 
Wuiiderfaktiii^  Bafrieden,  weggelassen  haben.  Allein  sollt« 
Jesns  eine  Deutung  seiner  Handlung  im  angegebenen  sym- 
bolischen Sinne  gegebeji  haben,  so  hätten  die  Evangelisten 
diese  Rede  nicht  blofs  verschwiegen,  sondern  eine  falsche 
an  deren  Stelle  gesest;  denn  sie  lassen  Jesum  nach  seinem 
Vornehmen  mit  dem  Baume  nieht  schweigen,  sondern  ans 
Anlafs  einer  verwundrungsvollen  Frage  tciner  Jünger,  wie 
es  mit  dem  Baume  zugegangen,  eine  Erläuterung  geben, 
welche,  aber  nicht  jene  sypibolische ,  sondern  von  ihr  Ter- 
schieden ,  ja  ihr  entgegengesest  ist.  Denn  wenn  Jesus  ih* 
nen  sagt,  sie  sollen  sich  über  das  Verdorren  des  Feigen» 
baunis  auf  sein  Wort  hin  nicht  wundern,  mit  nur  weni- 
gem Glanben  werden  sie  noch  tiröfseres  ftu  thun  im  Stande 
sein :  so  legt  er.  das  Hauptgewieht  auf  sein  Thun  in  der 
Sache,  nicht  auf  den  Zustand  und  das  Leiden  des  Baums 
als  Symbole;  er  hätte  also,  wenn  doch  auf  das  Leztere 
sein  Abschen  gieng,  xweckwidrig  £u  seijien  Jüngern  ge- 
sprochen, oder  vielmehr,  wenn  er  so  sprach,  kana  jenes 
seine  Absicht  nicht  gewesen  sein.  Ebendamit  flillt  auch 
SitKFERTS,  ohnehin  aus  der  Luft  gpunflcne  Flyimthese, 
daf«i  Jesus  zwar  nicht  nach,  wohl  aber  v<»r  jenem  Akte, 
auf  dem  Weg  cum  Feigenbaum  hin,  über  den  Zustand  und 
die  Zukunft  des  israelitischen  Volks  mit  seinen  Jüngern 
Gespräche  geführt  habe,  zu  welchen  die  .symbolische  Ver- 
wünschung des  ßaums  nur  als  von  selbst  verständlicher 
Schlufsstein  geftfgt  worden  sei;  denn  alles  durch  jene  Ein- 
leitung etwa  angebahnte  Verstündnifs  des  fraglichen  Akte« 
häftp,  zumal  bei  der  Neigung  der  Zeit  zum  Mirakulösen, 
darch  jenes  Nachwort,  welches  nur  die  v iindcrbare  Seite 
des  Faktums  berücksichtigte,  wieder  zu  Nichte  gemacht 
werden  müssen.  Mit  Recht  hat  daher  Ullmahii  den  hin- 
zuuefügteu  Worten  Jesu  so  weit  nachgegeben,  dalk  er  der 


246  Zweiter  Abicliiiitt. 

von  Ihm  KHUäslg  (gefundenen  symbolischen  AufTfl^^Kun^r  die 
andere  noch  vorzieht,  welche  auch  sonst  schon  vor^fctra« 
gfitmgpn  wiir  '^),  Jesus  hübe  durch  die  Wonderhnndlnni^ 
den  Seini^en  einen  neocn  Beweis  seiner  Meehlvollkoninien- 
heit  geben  wollen,  um  dadurch  ihr  Vertrauen  auf  ihn  filr 
die  bevorstehenden  Gefahren  ku  stfirken.    Oder  vielmehr ^ 
du  eine  speeielle  ßesiehung  nqf  das  Kievorttehende  Leiden 
nir|i[ends  benrorj^ehoben ,  and  in  den  Worten  Jesn  nicble 
enthalten  Ist,  was  er  nicht  auch  schon  früher  gesa&rt  hlitte 
(Matth.  17,  20.  Luc.  17,  6.):  >o  mufs  man  mit  Fritzscue 
als  die  Ansicht  der  Referenten  ipins  ail||[eniein  diese  ans* 
•preebeni  Jesus  habe  seinen  Unwillen  Uber  die  Unfrueht- 
barkeit  des  Feifrenbaums  als  Gelegenheit  nur  Verrichtung 
eines  Wnnders  benUzt,  dessen  Zweck  nur  der  allgemeine 
alier  seiner  Wunder  war,  sich  als  Messias  beurkun* 
den        Gans  in  dem  Ton  FaitzscRB  geaeiehneten  Geist 
der  Referenten  spricht  daher  Enthymins,  wenn  er  alle« 
Grübeln  über  den  hesondern  Zweck  der  Handlung  verbie- 
tet, and  nur  im  Allgemeiuen  auf  das  Wunder  in  ihr  zu 
sehen  ermahnt  '^j.   Keineswegs  aber  folgt  daraas ,  dafa 
aneh  wir  ans  des  Nachdenkens  hIeHlber  enthaften,  anit 
ohne  Weiteres  das  Wunder  gläubig  hinnehmen  niüfsten: 
vielmehr  liöuneii  wir  uns  der  üemerkuug  nicht  erwehren  ^ 


17)  HtTamaitCHt  In  den  tbeot.  Nscbrichten,  18i4|  Mai,  S.  I2f  ff« 

18)  Comm.  in  Matth,  p. 

19)  Comm.  im  Marc.  p.  4SI:  Male  —  w.  dd.  in  eo  haescrunt, 
quod  Jesus  sine  ri'ione  innocenlcm  (Icum  aridam  reddidisse 
vidcrclur ,  mirisquc  argutiis  usi  sunt,  ut  aliqi»od  hiijiis  rei 
consilium  fuisso  ostcndercnt.  Niminun  apostoli,  cvangclittae 
et  omnes  primi  t  'mporit  Cbristiani,  cpia  erant  ingeniorum 
simpUcitatOy  quid  quantumque  Jesus  porteatese  fecisse  dice- 
retur »  cnrarunt  tantuaunodo ,  aon  quod  Jesu  ia  edendo  aii* 
rsculo  coatilium  fuerit^  subtiliter  et  argute  quaesiverunt. 

l 

Digitized  by  Google 


Meuutef  Kapitel.   {•  IttO* 


dais  iIm  besondere  Wunder  ^  welches  wir  hier  haben »  Wie- 
der ans  dem  allgemeinen  Zweck  des  Wunderthons  fiber- 

haupt,  noch  aus  irgend  einem  besondern  Zweck  und  Grund 
als  wirklich  von  Jesu  verrichtet  sich  erklären  l&fst,  viel- 
mehr in  Jeder  Hinsicht  seiner  Theorie  wie  sonstigen  Praxis' 
widerstrebt  9  und  deiswegen  mit  gröfserer  Bestimmtheit  ab 
irgend  ein  andres,  anch  abgesehen  von  der  Frage  fll>er  die 
physische  Möglichkeit,  für  ein  solches  erklärt  werden  maIS| 
weiches  Jesus  nicht  wirlüich  verrichtet  haben  kann. 

Indem  ans  non  aber  noch  der  positlfe  Nachweis  der* 
Jenigen  Veranlassung  obliegt,  durch  welche,  anch  ohne  ge- 
schichtlichen Grund,  eine  solche  £rzählung  entstehen  konn« 
te:  so  finden  wir  in  unsrer  gewöhnliehen  Quelle,  dem  A* 
T.y  swar  wohl  manche  biidiiche  Reden  und  Ensälilnngea 
Ton  Bfinmen  und  von  FelgenbXumen  Insbesondere,  aber 
keine,  welche  zu  unsrer  Erzi&hlung  eine  so  specifische  Ver- 
wandtschaft hätte,  dal's  wir  sagen  könnten,  diese  sei  jener 
nachgebildet.  Statt  dessen  aber  dürfen  wir  im  N«  T.  nicht 
weit  bifittem,  so  finden  wir  schon,  nuerst  in  des  TXnfers 
CMatth.  3,  lO.);  dann  in  Jesu  eigenem  Munde  (7,  19.)  die 
Gnome  von  dem  Baum,  der,  weil  er  keine  gute  Frucht 
trägt,  abgehauen  und  ins  Feuer  geworfen  wird|  und  wei- 
terhin CLine.  15,  6  ff.)  findet  sich  dieses  Thema  eu  der  fin- 
girten  Geschichte  eines  Herrn  ausgeführt,  welcher  auf  ei* 
nem  Feigenbaum  in  seinem  Weinberge  drei  Jahre  lang  ver- 
geblich Früchte  sucht,  und  defswegen  denselben  niuimuon 
lassen  wili|  wenn  nicht  durch  die  Fürbitte  des  Ulirtners 
ihm  noch  eine  einjährige  Frist  ausgewirkt  würde.  Schon 
Kirchenväter  haben  in  der  Verwünschung  des  Feigenbaums 
nur  eine  thatsächliche  Ausführung  der  Parabel  vojQ  Fei- 
genbaum gefunden  freilich  in  dem  Sinne  der  vorhin 
angeführten  Erklärung ,  dafs  Jesus  selbst  den  damaligen 
Zustand  und  das  bevorstehende  Scliicksal  des  jüdischen 

21)  Aad>roiitts,  Caaua.  ia  Luc.  s.  d.  St. 


Digitizc'ü 


^  Zweiter  Ab«ehuitt. 

Volks  wie  früher  durch  eine  bildliche  Rede,  so  damals  durcU 
^na  tymboliache  HaiidioDg  habe  darstellen  wulleii;  was  ^ 
wie  wir  gesehen  liebeiiy  ondenlLbar  ist.  Dennoch  werden 
wir  uns  der  Vermathan|r  nicht  erwehren  kdnnen ,  defs 

wir  hier  ein  ond  dasselbe  1  Iiema  in  drei  verscliiedenen 
Gestalten  vor  uns  haben ,  zuerst  in  concentrirtester  Form 
eis  Gnomei  dann  snr  Pambei  erweitert,  ond  endiich  cor 
Geschichte  realisirt;  wobei  wir  nnr  nicht  annehmen,  dafs 
Jesus,  >va8  er  zweimal  durch  Worte,  zulezt  auch  noch 
durch  eine  Handlung  dargestellt ,  sondern  ,  dafs  die  Tradi» 
Cioni  was  sie  ais  Gnome  nod  parabolische  Geschichte  vor- 
fand, auch  vollends  snr  wirklichen  Begebenheit  gemacht 
habe.  Dafs  in  dieser  wirklichen  Geschichte  das  Ende  des 
Baums  ein  etwas  andres  ist,  als  was  ihm  in  der  Gnome 
und  Gleichnilsrede  angedroht  wird ,  nSrolich  Verdorren 
statt  des  Umgehanenwerdens ,  darf  nicht  aum  Änstofs  ge 
reichen.  Denn  war  die  Parabel  einmal  aar  wirklichen 
Geschichte,  mit  dem  Subjekt  Jesus,  geworden,  war  also 
ihr  ganzer  didaktischer  und  symbolischer  Gehalt  in  der  äus- 
seren Handlung  aufgegangen:  so  mufste  diese,  sollte  sie 
noch  Gewicht  und  Interesse  haben,  als  Wunderhandlung 
sich  bestimmen,  also  die  durcli  Axt  und  Hauen  natürlich 
Termittelte  Vertilgung  des  ßautns  in  ein  unmiUelbnres  Vcr> 
dorren  auf  das.  Wort  Jesu  sich  verwandeln.  Zwar  scheint 
gegen  diese  Ansicht  von  der  Ersffhiung,  nsch  welcher  ihr 
innerster  Kern  doch  kein  andrer  als  ein  symbolischer  blie- 
be, sich  ebendasselbe,  was  ge«^en  die  oben  erwogene,  ein- 
wenden EU  lassen,  dals  nämlich  die  daran  sich  knüpfen- 
de Rede  Jesu  einer  solchen  Auffassung 'widerstrebe.  Al- 
lein bei  nnsrer  Ansicht  von  den  Berichten  sind  wir  befii<;t, 
au  sagen  ,  dafs  mit  der  Umwandlung  der  Parabel  zur  be- 
schichte in  der  Tradition  auch  der  ursprüngliche  Sinn  von 
Jener  verloren  Ifl^ng,  und,  indem  das  Wunderbare  als  der 
Nerv  der  Sache  betrachtet  an  werden  anfien^,  irrigerweise 
|ene,  die  TV  undoriuncht  und  (xlaubenskraft  betreil'ende  Ue- 


Digitized  by  Google 


da  damit  vcriuifipft  wurde.  Sogar  die  beeondere  Vemnlee* 
•«ng,  wuram  gerade  die  Rede  vom  fiergoTertelBen  an  die 

Erzählung  vom  Feigenbaum  angeknüpft  ist,  läfst  sich  mit 
Wahrscheinlichkeit  nachweisen.  Die  Glaubenskraft,  wei« 
che  Iiier*  durch  ein  Ton£rfoig  begleitetes  Sprechen  su  einem 
Berge :  aQd^rjrt  xal  ßXr^^^rpci  etg  Trjv  t^aXaaow  dargestellt  ist, 
findet  sich  anderswo  (Luc.  17,0.)  versinnbildlicht  durch  ein 
eiienao  wirksames  Sprechen  eu  einer  Art  von  Felgenbaam 

C<nwtt/fi909):  ixq&^iidfji^i  qwrev&t^i  iv  T17  ^aXttoa^.  So 
erinnerte  der  rerwAnsehte' Felgenbaam,  sobald  sein  Tep- 
dorren  als  Wirkung  der  Wunderkraft  Jesu  gefafst  wurde, 
M  den  durch  die  wunderbare  ikrafit  des  Glaubens  zu  ver- 
pflenaenden  Baum  oder  Berg»  und  ao  wurde  dieses  Diktnm 
5eoem  Faktam  angehängt.  Hier  also  gebflhrt  dem  dritte» 
Evangelium  der  Prcifs,  welches  uns  die  Parabel  von  der 
nnfrochtbaren  avxjj^  und  die  Gnome  von  der  durch  den 
Glaaben  sa  ferpflansenden  aimifisvog  getrennt  und  rein» 
Jede  in  Ihver  vrsprfingllcliea  Form  und  Bodenlang,  erlial« 
ten  hat:  während  die  beiden  andern  Synoptiker  die  Para* 
bei  zur  Geschichte  umgebildet,  die  Gnome  aber  Cin  etwas 
andrer  Form)  ma  einer  falschen  JDeatang  jener  angeblichen 
Seiehiehte  Terweiidet  liaben« 


Digitized 


Zehnt«!  Kapitel. 

Jesu  Verklärung  und  lezte  Reise  nach 

Jerusalem. 


f.  101. 

VerMMruaf  Jet«  alt  wamdtghvf»  Xnttercr  Vorgang. 

Hit  den  bisher  nntenuchten  Wanderenliliinngeii 
konnte  die  Gesehiclite  ron  der  VerUärung  Jesu  auf  den 

ßergc  nicht  mehr  verbunden  werden,  nicht  biofs  ueil  sio 
kein  von  Je«u  verrichtetes  Wunder,  wie  jeiie^  vielmehr  ein 
an  Ihm  Toi*gegangenes  betrifft ,  sondern-  aneh  weil  sie  ab 
ein  ftkr  sieh  stehender  Moment  im  Leben  Jesu  hervortritt^ 
welche  der  Gleichartigkeit  wegen  nur  etwa  mit  der  Taufe 
und  Auferstehung  susammengestellt  werden  könnte;  wie 
denn  UBRDin  mit  Reeht  diese  drei  Begebenheiten  als  die 
drei  lichten  Punlite  himmlischer  BenrlLundung  im  Lelien  • 
Jesu  bezeichnet  hat 

So,  wie  sich  die  sjnoptische  £rzählung  (Matth.  17^ 
1  ff.  Marc.  9p  2  ff.  Luc.  9,  2S  ff.)  —  denn  im  vierten  £van- 
gelinm  fehlt  die  GeselUehte  —  dem  ersten  AnliiielL  darbie- 
tet, haben  wir  hier  einen  wirklichen  äusseren  und  uwar 
wunderbaren  Vorgang:  als  Jesus  ß — S  Tage  nach  seiner 
ersten  Leidensverkündigung  mit  seinen  drei  vertrautesten 
Jttngem  einen  hohen  Berg  bestiege  waren  diese  Zeugen, 
wie  ml(  Einem  Male  sein  Angesicht  und  selbst  seine  lÜel- 
der  in  überirdischem  GlanKe  sich  verklärten,  wie  zwei 
ehrwürdige  Gestalten  aus  dem  Geisterreich,  Moses  und 

1}  Vom  firlötsr  der  Measchea  eadi  uatera  drei  ersten  Evan* 
geiieB,  5.  Uh. 


Digitized  by  Google 


Z«liiit(i^kKApltet  1.  101.  m 

* 

Blbfl»  €fi>lilMicn,"tfeh  »ItA»  ni  witemd«li)  «ml  lirk 

•endlich  aus  einer  lichten  Wolke  eine  himmlische  Stimme 
Jesnm  für  Gottes  Sohn«  dem  «ie  Gehör  cu  eobenJien  liiit* 
teii|  erklftrtib 

DleM  wenlgvn'  Ztigv  der  Geedilchte  regen  eine  Me«-  « 

ge  Fragen  an,  um  deren  Sammlang  sich  Gabler  ein  be- 
sonderes Verdienst  erworben  hat  *).    Bei  jedem  der  drei 
Momente  des  Vorgänge^  dem  Glanse^  der  Todtenerschel« 
nong^  and  der  8tlmiie>  ilKst  aiefa  .eowolil  neeh  der  Mtt|ft- 
llehkek)  eh  neeli  dem  sarelbhenden  Zwecke  fragen.  We- 
her soll  vorerst  der  ausserordentliche  Glanz  an  Jesum  ge* 
kommen  sein?   Bedenkt  man,  daCs  von  einem  fiezafiOQ^pH^ 
aSta  4eio  die  Rede  iet|  eo  selieint  nicht  an  ein  bloleee 
eeUenenworden  fon  evteen  her,  eondem  an  eine  von  innen 
kommende  Verklarung  gedacht  werden  zu  müssen ,  so  eu 
legen  an  ein  momentanes  Durchleuchten  der  göttlichen  dofa 
dnrek  die  mensehiieke  HttUoi  wie  anek  Omhavsm  diM 
Begebenheit  ab  einen  Hanptmoment  in  dem  Lituterange- 
und  Verklärungsprocesse  fafst,  in  welchem  er  die  Leibiich- 
keit  Jesu  während  seines  ganzen  Lebens  bis  £ur  üimmel- 
faiurt  begriffen  denkt  ^>    Aiiein^  ohne  das  selion.obeB 
Geengte  hier  w^ter  aossaflDkren,  dals  Jeens  entweder  Leia 
wahrer  Mensch  war,  oder  die  mit  ihm  während  seines  Le- 
bens vorgegangene  Läuterung  eine  andere  gewesen  sein 
mofsy  ais  weiche 'in  einem  Licht  -  und  Leichtwerden  des 
Kör|iere  bestand ;  so  ist  in  keinem  Falle  su  begreifen  |  wie 
an  einem  solchen  Verklärungsprocers  ansscr  seinem  Lei- 
be auch  seine  Kleider  theilnelmien  konnten.    Mochte  man 
dieses  lestereu  Pttnk|es  wegen  lieber  an  eine  Beleochtong 
Ton  anssen  denken^  so  wäre  diels  dann  keine  Metamerpho* 


2')  In  einer  Abhandlung  Uber  die  Verklürungsgeschichte ,  in  t* 
neuesten  thcoL  Journal,  1.  Bd.  5.  Stück ^  S.  517  &    Vgl*  • 
Bavbk,  bebr.  MythoL  2,  ft.  1950* 

3)  b.  Coflun.  J|  S.  S34  £. 


DigitizC'ü  by 


»  * 

«e^  f0li'w«l«hir  do«li  dil»  fi¥«iigeUttoii.|fMcAaiit  «o  dMi 
also  diete  Soene  fcn  kölner  in  rieh'  «faaii— lemtiainmdaw 

Anschauung  gebracht  Vierden  kann,  wofern  man  nicht  et- 
wa mit  Olshausen  beides  verbunden^  Jeanm.sowobl  strali* 
lend  alt  bestrahl^  sich  denken  wÜL  •  Akcr  war  dieser  Glans 
auch  mttglick:  imnier  docli  dia  Frage,  wem  er  denn 

gedient  haben  soll?  Sagt  man,  was  am  nächsten  liegt: 
um  Jesom  zu  verherrlichen,  so  war  der  geistigen  Verherr- 
lichung gegenüber,  welche  Jesus >  durch  Rede  und  That 
'rieh  selber  gab,  diese  phjaische'dnreh  'günsende  Beleuch- 
tung eine  sehr  unwesentliche,  und  Ihst  liindisch  mm  nen- 
nen ;  soll  8ie  aber  dennoch  zur  Erhaltung  des  allzuschwa- 
chen Glanbens  nüthig  gewesen  sain^  so  müfste  sie  vor*der 
Menge,  oder  doch  Ter  dem  weiteren  Kreise  der  Jl&ger, 
nicht  aber  ¥or  den  engsten  Ausseblurs  der  krifrigsten  vor- 
genommen, mindestens  den  wenigen  Äugenzeugen  nicht 
die  Mutheilung  gerade  für  die  am  meisten  kritische  Zeit, 
bis  nur  Auferstehung,  untersagt  worden  sein«  —  Mit  ver- 
ntlrkter  Kraft  keliren  dieae  beiden  Fragen  bei  dem  sweiten 
Moment  in  unserer  Geschichte,  bei  der  Erscheinung  der 
beiden  Verstorbenen,  wieder.  Können  abgescliicd^e  See- 
len den  Lebenden  erscheinen?  nnd  wenn,  wie  es  scheint, 
die  i»eiden  GottesmXnner  mit  ihrem  vormaligen ,  nur  ver- 
klKrten ,  Leibe  sich  zeigten ,  woher  nahmen  sie  diesen 
nach  biblischer  Vorstellung  —  vor  der  allgemeinen  Auf- 
mtehung?  Zwar  bei  Elias,  der  ohne  Ablegung  des  Kdr-  • 
pers  gen  Himmel  fuhr,  macht  diefs  weniger  Schwierig* 
keit:  allein  Moses  war  doch  gestorben,  und  sein  Leich* 
nam  begraben  worden.  Vollends  aber  zu  welchem  Zweck 
sollten  die  beiden  grofsen  Todten  er^ienen  sein?  Die 
erangelische  Darstellung,  indem  sie  die  beiden  Gestal* 
ten  als  avXXakHvtfg  tiTt  V.  darstellt,  scheint  den  Zweck  der 
Erscheinung  in  Jesum  zu  setzen;  nälier,  wenn  Lukas  recht 
hat,  bezog  sich  dieselbe  auf  das  Jesu  bevorstehende  Lei- 
den und  Sterinen«   Aber  angekündigt  können  sie  ihm  diefa 


Zehntes  KapIteL  S«  IUI.  259t 

flicht  erst  haben,  da  der  einstimmlgeii  Angabe  der  Syno]>- 
tiker  zufolge  schon  eine  Woche  vorher  er  «elbst  es  voraus» 
Ipisasgt  hatte  (Matth.  16,  21  parall.)«  Daher  ^Termnthet  fliiui| 
«lytpch  Mosek  nkid  £lias  sei  Jesus  nnr  Ton  den  nfiherefi 
Omüiiiid^ii'Wd  VerhiCitntssen  seines  Todes  genauer  nnter^ 
richtet  worden  ^) ;  nllein  einerseits  ist  es  der  SteJJung^ 
welche  die  Evangelien  Jesu  eu  den  alten  Propheten  geben, 
nieht  nn^äessen ,  dafs  er  von  ihnen  Belehrung  bedurft 
hsthen  soll,  andrerseits  hatte  Jesns  schon  frOher  sein  Lei* 
den  mit  so  genauen  Zügen  vorliergesagt ,  dafs  die  speciei« 
leren  Eröffnungen  aus  der  Geisterwelt  nur  etwa  das  n<»^ 
Qadlioadttt  tdig  B&yeaiv  und  ifimvsa&ai^  wovon  er  erst 
spJiter'sagt  (Matth.  20,  19.  Marc«  10,  <14.)9  betroffen  habeii 
könnten.  Oder  sollte  die  an  Jesnm  zu  machende  Mitthet- 
long  nicht  sowohl  in  einer  Belehrung,  als  in  einer  Star* 
kkng  IlDr  sein  bevorstehendes  Leiden  bestehen:  so  Ist  um 
Jl^i8e  SEeft  noch  keine  Spur  eines  GemdthsEusCands  bei  Je* 
SU  vorhanden ,  weicher  einen  Beistand  dieser  Art  zu  er- 
heischen scheinen  konnte;  für  das  spütere  Leiden  aber 
bitte  diese  so  frühe  Stärkung  doch  nicht  hingereicht,  wif 
w4)p 'üsnins  sehen,  dafs  in  Gethsemane  eine  weitere  nöthig 
war.  Werden  wir  so ,  wiewohl  bereits  gegen  die  Anlage 
des  Textes,  zn  dem  Versuch  veranlafst,  ob  sich  der  Er- 
•dietnimg  nicht  vielleicht  eine  Beziehung  auf  die  Jünger 
gisttl»4f  Josse,  so  reicht  der  Zweck  der  Glaubensstfirkung 
fiberhanpt  zur  Begründung  einer  so*  besondern  Veranstal- 
tung theils  als  zu  allgemein  nicht  aus,  theils  miifäte  Jesus 
in  der  Parabel  vom  reichen  Mann  den  leitenden  Grundsas 
dM>^|^ttlichen  Fttgungen  in  dieser  ßesiehung  falsch  gedeu« 
ttft'hfiben,  wenn  er  Ihn  dahin  aussprach,  da(^,  wer  den 
Scliriften  des  Mosses  und  der  Proplieten  —  und  wie  viel 
mehr,  wer  dem  gegenwärtigen  Christus  —  kein  Gehör 
schenke «  auch  durch  einen  wiederkehrenden  Todten  nicht 


4}  Olnuvssr,  a.  s.  0.  S.  557* 


ttS  Z.weiter  Abtelmitt. 

hmm  GJaiilien  gebracht  werden  wür^e»  weftwegen  denn  . 
eine  solche  Erfchehinng,  wenigstens  nn  jenen  Zwecke,  von 

Gott  nicht  verfugt  wei*de.  Der  speciellere  Zweck,  die 
Jünger  von  der  Cbereinstimmung  der  Lehre  und  Schick- 
seie  Jesu  mit  Moses  und  den  Propheten  zu  ttberseugen^ 
War  nnm  Theil  schon  erreicht ,  snss  TheÜ  aber  wurde  er 
es  erst  nach  dem  Tode  und  der  Auferstehung  Jesu  und  der 
Ausgiefsung  des  Geistes,  ohne  dafs  die  Verklärung  in  die- 
ser Hinsiclit  irgend  Epoche  gemacht  hätte.  —  Endlich  die 
Stimme  ans  der  lichten  Wolke  (ohne  Zweifel  der  Schtchi» 
nah)  ist,  gleich  der  bei  der  Taufe,  eine  Gottesstimme; 
aber  wie  aiithropomorphistisch  muCs  die  Vorstclhing  von 
Gott  sein,  welche  ein  wirkliches  hörbares  S|irechen  Got- 
tes für  möglich  hfilt:  oder  wenn  hier  nur  von  einer  Mit- 
theiinng  Gottes  an  das  geistige  Ohr  die  Bede  sein  soll 
so  ist  damit  die  Sache  in  das  Visionäre  hiiiübergespielt,  und 
in  eine  gans  andere  Betrachtungsweise  übergesprungen« 

«.102- 

IMe  aatUrlicIic  AufTassung  der  Erzählung  in  verschiedenen  Formen. 

Den  ausgeführten  Schwierigkeiten  derjenigen  Ansicht 
^fvetehe  die  Verkigrung  Jesu  als  wunderbare  und  «war  Kna* 
eere  Begebenheit  betrachtet,  hat  man  dadurch  eu  entgehen 

gesucht,  dafs  man  den  ganzen  Vorgang  in  das  Innere  der 
dabei  betheiligten  Personen  verlegte.  Uiebei  braucht  das 
Wunderbare  nicht  sogleich  angegeben  zu  werden,  nur 
ncheint  es  als  ein  Im  menschlichen  Innern  gewirktes  Wun- 
der einfacher  und  denkbarer  zu  sein.  Man  nimmt  daher 
an,  dafs  durch  göttliche  Einwirkung  das  geistige  Wesen 
der  drei  Apostel,  und  wohl  auch  Jesu  selbst,  bis  nur 
Ekstase  gesteigert  worden  sei,  in  welcher  sie  entweder 
wirklich  mit  der  höheren  Welt  in  Berührung  traten, 
oder  deren  Gestalten  aufs  Lebendigste  selbst  produci- 

5)  CHtNiutsx,  8.  539.  vgU  t78. 


.-ijiu^ud  by 


Zehnte«  K«piteh      .102.  >S67 

rfu  konnten,  d.  h*  .ouiffi  deaM.  «ieli  defi  Voi^iligjiU 
•ion  Aileiii.  die  eirtte  Stitae  dieser  AftfEsssvng,  4#lsi..jft 
Mstthfias  selbst  dorch  den  Ausdruck:  oQafiu  (V.  9.)  die 
Sache  ala  einen  blofs  subjektiven ,  visionären  Vorgang  .he|* 
seiebne,  weicht  alsbald,  wenn  man  sh^  erinnert,  dafs  we*> 
der  in  der  M^ortbedenhuig  .Ten  pQßfm  das  Uerknud  des 
Mola  Innevllchen  liegt,  noeh  auch  der  N»  T.llehe  Sprach- 
gebrauch den  Ausdruck  nur  für  innere,  sondern,  wie  A.  G. 
7,31.,  ebenso  auch  für  äussere  Anschauungen  vf^rwendet  -J^ 
P^f  Sa^  selbst  betreffend  aber  ist  es  ■mp^aJ^^b^inilsht^ 
und  auch  in  der  Schrift  beispielles^  dak  Hehrerf^  wie  hier 
Drei  oder  \  iere,  an  demselben  Gesichte  Theil  gehabt  hät- 
ten woeu  noch  kommt,  dafs  die  gaoae  M^wierjge  f  r^gie 
nach  der  Zweck  mälsigkeit  eisusr  solchen  wwMbribaren.Vefv 
a^staltung  iwch  bei  dieser  Auffassung  der  Sa(alie.wjMsderkehvt; 

Diesen  Anstois  zu  vermeiden,  haben  daher  Andere  den 
yorgang  awar  im  Innern  der  betheiligten  Personen  belast 
sen,  aber  als  Pi;odi»kt  einer  natürlichen  Tl^igkeit  der 
Seelci  das  Ganse  nithin  für  efnen  Traign  CirMf^  ^>  .  Wäh- 
rend oder  nach  einem  von  Jesu  oder  ihnen  selbst  gespro- 
chenen Gebete,  in  v^eichem  jdes  Moses  und  üllias  gedacht, 
nnd  ihre  Ankunft  als  messianischer/Verlüufer  gewünscht 
worde^  war>  schliefen  dieser  Auffassung  snfolge  dip  drei 
Jünger  ein,  und  trSnmten,  indem  wohl  aueh  die  von  Jesu 
genannten  Namen  jener  Beiden  in  ihre  schlaftrunkenen  Oh- 
ren iiineintönten ,  als  ob  Moses,. und  Elias  gegeoH&rtig  wä- 
ren luid  Jffsna  siph  niit  ihnen  anterhieite^  was  ihnen  anoh 


1)  So  Tcrtull.  adv.  Marcion.  4,  22;  Hkrdsa,  a.  a.  O.  S.  115  f.y 
welchen  auch  Gratz,  Comm..  Matth.  2,  S.  1^3  f.  bei- 
stimmt. 

3)  FnmscBi,  in  Matth,  p.  552.   Ouhausui«  1,  S.  553. 
^  3>  Olsuahsbii,  a.  a.  O. 

4)  lUv,  «yaüiola  ad  illuttrandam  £w.  de  metamofphosi  J.  Cbr. 
narrationem}  Gaslss,  O,  S*  539  HutaÖL,  Comm.  s. 
Matth,  p.  459  ff.  ,  •    .      .  H  . 

JJai  Leben  Jetu  IL  Jiand,  IT 


Ichwcbte»      Wie  1R0  vorige 

Matthias,  so  stüet  sich  diese  darauf,  dafs  Luiias  die  Jün- 
ger «k  ßeßaQijfihoi  vmfifif  and  erst  gegen  das  £nde  der 
iSeene  wieder  «Ii  di«}^q9^0ttMff  beielehnel  (V.  92.). 
A«f  die  Hendhflbe,*  welehe  di^r  dritte  Brengellsl  kieeill  der 
natürlichen  Erklfirang  bietet,  wird  nan  ein  bedeutender  Vor» 
sag  seiner  £rsäJilung  vor  der  der  beiden  ersten  begrfiiidet^ 
Mm  die  nemren  Kritiker  erkUtren,  deft  ddrcb  diei^  «Ad 
•Mdre  Züge,  weiche  die  Begebenheit  dem  Natttriieben  nK-> 
her  bringen,  die  Darstellung  bei  Lukas  sich  als  die  ur- 
sprüngliche, die  des  Matthäus  dagegen  durch  Weglassung 
derselben  sich  als  die  abgeleitete  erweise,  da  bei  der  wnnder* 
aSehtigen  Rlehteng  Jener  Zeit  woU  Niemand  aoieiie,  dae 
Wunder  mlAdMttde  Züge,  wie  das  Schiafra  der  Jünger, 
hinzugedichtet  haben  würde        Diese  Schlufsweise  wür- 
den wir  an  dar  nnsrigen  machen  müssen ,  wenn  wirklich 
der  beeeiehnete  £vg  nur  im  Sinne  der  natflriicben  Briilg« 
rang  avfgefafiit  werden  kannte.   Hier  dflrfbn  wir  nnt  ab^ 
nur  erinnern,  wie  bei  einer  andern  Scene,  in  weicher  das 
nach  Luluis  bei  der  Verklärung  Jesu  angekündigte  Leiden 
infirflüinng  an  geiien  aniieng;  und  bei  weiebeip  naeh  dem- 
selben Brangelisten  gleiobfalls  eine  himmlische  Erscheinung 
Jesu  zu  Theil  wurde,  in  Gethsemane  nff milch,  die  Jünger 
ebenso^  und  zwar  nach  sämmtlichea  Synoptikern,  als  »a^- 
tüiäoißnß  erscheinen  (Matth.  26,  40  parall.).  Konnte  hißr 
schön  die  blolil  inssere,  fbrmelle  Ähnlichkeit  lieider  See- 
neu  einen  Referenten  zur  Übertragung  des  Zugs  vuin  Schlaf  ' 
In  die  Verkiärungsgeschichte  veranlassen:  so  konnte  ihm 
noch  mehr  der  Sinn  nitd  Inhalt  dieses  Zugs  auch  hier  aa 
adnem  Orte  scheinen.   Durch  das  Schlafen  der  Jünger 
uämÜch,  eben  wfihrend  mit  ihrem  Meister  das  Wichtigste 


6)  ScBUfts,  Über  das  AbendmaU,  S.  319;  8cNi.ktKa««ciiKR ,  Über 
den  Lukas,  S.  148  f.^  vgl.  auch  Köstss,  Immanuel,  S.  60  f. 


kju,^  jd  by  Googl 


Zehntes  Kepilel.  f.  m.  Sft9 

vorgeht,  wird  ihr  unendlicher  Ahetand  Ton  ftn,  ihreUü* 
f^higkeit,  seine  Bshe  eti  erretelien,  nnd  seine  ÜbeHegenheft 
bezeichnet;  der  Prophet,  der  Empfänger  einer  Offenba- 
rung, ist  unter  den  gewöhnlichen  Menschen  wie  ein  Wa« 
eilender  unter  Schlafenden:  welswegen  es  sich  gan%  von 
seihst  ergab,  wfe  bei  dem  tiefsten  Leiden,  so  auch  h!er 
bei  der  höchsten  Verherrlichung  Jesu  die  Jünger  als  schlaf- 
trunkene darzustellen,  ist  somit  dieser  Zug  so  weit  ent- 
fernt, der  natttrliehen  £rkiämng  Vorseh|ib  en  thon,  daft 
er  vleimelup  das  an  Jesn  vorgegangene  Wunder  durch  ei- 
nen Contrast  heben  will:  so  sind  wir  auch  nicht  mehr  be- 
fugt, den  ßericht  des  Lukas  als  den  ursprünglichen  anzu- 
seilen, und  anf  seine  Angabe  eine  Erklirung  des  Vorfalls 
ftu  lianen ,  sondern  umgekelnrt  werdeh  wir  an  jenem  Zu- 
saz,  in  Verbindung  mit  dem  schon  erwähnten  V.  31.,  seine 
Darstellung  als  abgeleitete  und  ausgeschmückte  erkennen 
ttnd  uns  mehr  an  die  der  beiden  ersten  Eyangelisten  hai-  * 
tan  müssen.  Füllt  auf  diese  Weise  die  Hauptstfltee  derje- 
nigen Auffassong,  welche  hier  nur  einen  natürlichen  Trninu 
der  Apostel  sieht,  so  hat  diese  ausserdem  hoch  eine  Menge 
Innerer  Schwierigkelten.  Sie  sest  nur  die  drei  Jünger  als 
trionMd  Toraus,  und  HCfst  Jesum  wechen,  also  nicht  in 
der  Illusion  tiegrlflen  sein.  Die  ganze  evangelische  Dar- 
stellung lautet  aber  so,  als  ob  Jesus  so  gut  wie  die  Jiin-  . 
ger  die  Erscheinung  gehabt  hätte ^  namentlich  konnte  er, 
wenn  das  Ganse  nur  ein  Traum  der  Jünger  war,  ihnen 
nicht  hernach  sagen:  ftr.Stt'l  e^lnr^s  to  o^a^tay  wodurch  er 
sie  ja  ehen  in  der  Meinung  bestärkt  hätte ,  dafs  es  etwas 
Besonderes  und  Wunderbares  gewesen  sei.  Hatte  aber 
•nch  Jesus  keinen  Theil  an  dem  Traum ,  so  bleibt  es  doch 
immer  noeh  nnerhdrt,  dafs  drei  Personen  eu  gleicher  Zeit 
einen  und  denselben  Traum  haben  sollten.   Diefs  haben  die 


Q  Diese  Einsicht  hat  Bauer,  a.  a.  O..S.2379  Famt^MK^  p.  556» 
ond  zum  TheH  auch  Faulv«^  ex.  Handb.'2,  S.  447  f. 

17  ♦ 


Digitized  by  Google 


2M  Zweiter  Absehiiitt. 

I 

Fi*eunde  dieüer, Erklärung  eingesehen,  und  daher  soll  nun 
tllfenliiob  nur  der  feurige  Petru«^  der  ja  auch  alJein  spre- 
che, so  geirftamt,  d^e  Referenten  aber  vermdge  dner  %n-^ 
ekdoche  allen  drei  Jüngern  Bogeschrieben  haben,  was  nur 
Einem  von  ihnen  brgegnet  war.  Aliein  daraus  ,  dafs  Pe- 
,tru8  auch  hier  wie  «onst  den  Sprecher  macht,  folgt  nicht, 
da(a  auch  er  allein  Jenea  Ciesipht  gehabt  habe,  woTon  das 
Gegentheil  ans  den  klaren  Worten  der  Evangelisten  durch 
keine  Redefigur  entfernt  werden  kann.  Doch  die  in  Rede 
Steheode  Erklärung  der  Sache  bekennt  ihre  LnzulHngiich- 
keit  noch  dentlieher.  Mieht  nur  das  lante  Anssprechen  der 
Namen  des  Moses  und  Elias  von  Seiten  Jcto  mnfs  in  den 
Traum  der  Jünger  unterstützend  hineinspielen,  sondern 
auch  ein  Gewitter  wird  zu  Hülfe  genommen,  welches  iß 
denselben  durch  sein*  Blltae  das  Bild  von  dberirdischepi 
Glans,  und  durch  seine  Donnerschläge  das  von  Gespräche« 
und  üiuinielästimmen  hineingebracht,  und  sie  auch  nach 
ilirem  Erwachen  nocli  einige  Zeit  in  der  Täuschung  erha|7 
ten  haben  soll.  Doch  dals  die  Jünger  nach  Lukas  ,e|MN| 
bei  ihrem  Erwachen  ifiiayQr^yot)r^a(xyi(^  die  nwei  Männer 
bei  Jesu  stehen  sahen,  sieht  nicht  wie  eine  biofse  aus  dem 
Traum  in  das  Wachen  herUbergenommeue  Täuschung  ans, 
wefswegen  denn  Kuinöl  die  weitere  Annahme  heriieiBie^ 
dafs,  während  die  Jünger  schliefen,  wirklich  swel  unbe- 
kannte Männer  an  Jesu  gekommen  sfelen,  welche  die  Er» 
wachenden '  sofort  mit  ihren  Trh'umen  in  Verbindung  ge- 
bracht, und  für  Moses  und  Elias  gehalten  haben.  Durch 
diese  Wendung  der  Ansicht  sind  nun  alle  diejenigen  Mo? 
"uiente,  vrelche  die  auf  einen  Traum  eurllckgehende  Auf- 
fassung  als  innerlich  vorschwebende  betrachten  soUte,  wie- 
der nach  aussen  getreten,  indem  die  Vorstellung ..ciiii,ej|- 
JLiiebtglamiet  durch  die  Biitse,  die  Meinung ,  Stimmen  si^ 
htfran,  durch  den  Donner,  endlieh  die  Vorstellung  von 
Bwei  bei  Jesu  anwesenden  Personen  durch  die  \M'rkliche 
Gegenwart  cweier  Unbekannten  iiervorgebracht  worden 


Digitized  by  Google 


V 

Zehntes  KapileL  S*  102.  S6i 

eeiit  «olK  Das  Allee  konnten  die  Jünger  eigen<lleh  nur  in 
Wachen  wahmebmen,  und  fiKllt  somit  die  VoreuesetEung 

eines  TrAiims  als  eine  überflüssige  hiimeir* 

Besser  daher,  sofern  sie  darin,  dafs  ihrer  Drei  an 
lÜiieni  Traume  theilgeneni^en  haben  ntllfsten,  eine  eigen- 
thOmliehe  Schwierigkeit  bat,  den  Faden,  welcher  nach 
dieser  Erklärungsart  den   Vorgang  noch  an  das  Innere 
knüpft,  ganz  abgerissen,  und  Alles  wieder  in  die  Aussen- 
welt  verlegt,  so-  dafs^wir,  wie  soeret  einen  flbematfirli. 
ehen,  so  nun  einen  natürlichen  iosseren  Hergang  ror  nne 
haben.    Den  Jüngern  bot  sich  etwas  Objektives  dar:  so 
erklärt  sich,  wie  es  mehrere  zugleich  wahrnehmen  konn- 
ten ;  sie  täuschten  sich  wacbeiid  über  das  Wahrgenomme- 
ne: natOrlich,  well  sie  alle  In  demselben  Vorstellungtkreis, 
in  derselben  Stimmung  und  Lage  vsich  befanden.  Dieser 
Ansicht  aufolge  ist  das  Wesentliche  der  Sceae  auf  doai 
Berge  eine  geheime  Zusammenkunft,  welche  Jesus  beab- 
•iehfigte,  and  uu  diesem  Beliufe  die  drei  «iverlissigsten 
seiner  Jünger  mit  sich  nahm.   Wer  die  ewei  Minner  wa- 
ren, mit  welchen  Jesus  zusammenkam,  wagt  Paulus  nicht 
SU  b**stimmen;  KuiKöL  yermuthet  heimliche  Anhänger  in 
der  Art  des  Nikodemas ;  nach  Vsntorimi  waren  es  Esse- 
ner, Jesu  geheime  Verbündete.   Ehe  diese  noch  ^eintrafen, 
betete  Jesus,  und  die  Jünger,  nicht  zur  Theilnahme  gezo- 
gen ,  schliefen  ein ;  denn  den  von  Lukas  an  die  Hand  ge- 
gebenen Schlaf,  wiewohl  tranmlos,  behält  diese  Erklärung 
gerne  bei,  am  bei  eben  erst  Erwachten  die  Täusohnng 
wahrscheinlicher  zu  machen.    An  fremden  Stimmen,  die 
sie  bei  Jesu  hörten,  wachen  sie  auf,  sehen  Jesum,  der 
wahrscheiniieh  aal  einem  höheren  Punkte  des  Berges ,  als 
wo  sie  sieh  gelagert  hatten,  stand,  In  einem  angewühnli- 
chen  Glanz,  der  von  den  ersten  Morgenstrahlen,  welche, 
vielleicht  durch  nahe  Schneelagen  zurückgeworfen,  auf  Je- 
sam  fielen,  herrührte,  von  ihnen  aber  in  der  ersten  Über- 
Iraschung  fttr  ttbeni^türliche  Verklärung  gehalten  ward«, 

/ 


Digitized  by  Google 


# 


252  Zweiter  Abschiiitt 

8»«*  prbÜcken  die  beiden  MiSnner)  welche  aus  anbeknnnfen 
QrOndeii  der  eohliiftninkene  PetroSy  ond  imeh  ihm  die  Übri- 
gen ,  flHr  Metes  und  Elias  halten ;  Ihre  BeetÜrciinflf  steigt, 
aIs  sie  die  beiden  Unbekannten  in  einem  lichten  Mnrfren- 
nebeiy  der  sich,  wie  sie  wegj^ehen  wollten,  hcrabsenkte, 
▼ersehwinden  sehen,  nhd  aas  dem  üebeigewliik  einen  der« 
selben  die  Worte:  Stög  iciv  x.  t»  X,  rafen  hUren ,  welche 
sie  unter  diesen  Umstünden  für  eine  Himmelsstimme  halten 
mnfsten       Diese  Erklärung,  welcher  auch  ScHLSlSRMACHSR 
sich  geneigt  leigt*),  findet,  wie  die  vorige,  besonders  in 
Lukas  eine  Sttttse,  well  bei  diesem  die  Behanptan^,  die 
beiden  Männer  seien  Moses  und  Elias  gewesen ,  weit  we- 
niger Eurersichtlich  als  bei  Matthäus  und  Markus  ansge- 
aproehen  werde,  und  mehr  n«r  als  fiinlsU  des  sclilaftran- 
kenen  Petras  erscheine«   Olefs  besieht  sieh  darauf,  dals, 
I  wlihrend  die  beiden  ersten  Evangelisten  geradezu  sagen : 
oiq^S'ijaaif  avtc£g  Mtaa^g  xai  ^Hkiag,  Lukas,  wie  es  scheint 
behutsamer,  von  SvSQeg  dvo  spricht,  oHnißeg  ^ifm  Moinijg 
t  ««ri  ^BklaCf  wobei  dann  die  erstere  fieeelchnang  den  objek- 
■  tiren  Thatbestand ,  die  sweite  dessen  snbjektlre  Deutung 
I  enthalten  soll.    Allein  dieser  Deutung  pfBchtet  der  Refe- 
rent, wenn  er  doch  o&m^^mxr,  und  nicht  eM)^/fayro,  si^gt^ 
oflenbar  bei;  welswegen  er  also  suerst  n«p  Ton  uwei  MSjk 
nem  spricht,  und  erst  nachher  ihre  Namen  nennt,  daron 
kann  die  Absicht  nicht  gewesen  sein,  dem  Leser  eine  be- 
liebige andere  Deutung  offen  su  lassen ,  sondern  nur  die, 
das  GeheimniCsroile  der  ausserordentlichen  Scene  dureh 
die  anfkngllche  DnbelBtlmmthelt  des  Ausdraeks  nachBubll- 
den.    Hat  somit  diese  Erklärung  ebensowenig  als  die  bis- 
her betrachteten  in  einer  der  evangelischen  Erzählungen 
eine  Stfltue:  ao  hat  sie  sngleich  nicht  mindere  Schwierige 


7)  Paulus,  ex.  Handb.  2,  436      L.  J.  1,  b,  S.  7  ff.  NatUrUckc  " 

Getcbichte,  5,  S.  256  ff. 
Q  a«  a«  O. 


uiyiiized  by  Google 


Zehutei  Kapitel.   S*  103.  f». 

ketten  als  jene  in  sich  selbst.  Die  Morgenbeleuchtung 
auf  ihren  Yaterlündischen  Bergen  mufsten  die  Jünger  so 
vreit  kennen,  um  sie  Yon  himmlischer  Qlorie  untertcheideia 
mm  kdnnen;  wie  sie  auf  die  Meinung  kamen,  dafs  die  liei« 
den  Unbekannten  Moses  und  Elias  seien,  ist  awar  bei  kei- 
ner der  bisher  vorgelegten  Ansichten  leicht,  am  schwersten 
nber  bei  dieser,  sn  erklären;  wie  Jesna,  dem  ja  Petmt 
dnreb  aetnen  Antrag,*  die  an  erbanenden  mtrpmg  betreffend^  ' 
die  Täuschung  der  JOnger  zu  erkennen  gab,  ihnen  diese 
nicht  benahm,  ist  unbegreiflich;  wefswegen  Paulus  sich 
Bo  der  Annahme  flflchtet,  Jesna  habe  die  Anrede  des  Pe- ' 
tma  flberhtfrt;  die  ganae  Ansicht  von  gehdnmn  VerbOn« 
'deten  Jesu  ist  eine  mit  Recht  verschollene,  vnd  endlich 
kitte  derjenige  dieser  YerbOndeten,  welcher  aus  der  Wolke 
kenias  fene  Worte  na  den  Jangem  apracb,  sich  eine  un« 
würdige  HyatifieaCion  erlaubt. 

$.  103. 

Die  VerklÜraagsgetchichtc  als  MytbuSi. 
Wie  immer  also,  so  finden  wir  ans  ancli  liier,  nach- 
dem wir  ^en  Kreis  der  natürlichen  Erklärungen  durchfau- 
len haben,  EU  der  tthernatttrÜchen  Burückgeführt ;  aber 
ebenso  entschieden  von  dieser  abgestolsen,  mOssen  wir,  da 
eine  nntürliche  Auslegung  der  Teit  Tcrbletet,  die  teztge- 
mäCse  supranaturale  aber  historiscli  festzuhalten  aus  ratio-. 
Baien  Gründen  unmöglich  fällt,  uns  dazu  wenden,  die 
Aniaagen  des  Textes  kritisch  an  untersuchen.  Diese  sollen 
Bwar  bei  Toriiegender  Erslhlung  besonders  auverläfsig  sein, 
da  das  Faktum  von  drei  Evniigelisteii ,  welche  namentlich  - 
auch  in  der  genauen  Zeitbestimmung  auffallend  zusammen-  • 
treffen,  erslhl^  and  aberdiela  vom  Apostel  Petrus  (2  Petr.  ^ 
1,  170  beaeogt  werde  0-  fibereinstimmende  Zeiten«  . 

f 

I)  pATOUt,  ex.  Hdb.  S.  446^  Gassi,  2,  U  OiMUVsm,  1> 

.  .   S.  59S. 


Digitized  by  Google 


264  Zweiter  Absehn.itt 

Kühe,  (sofern,  die  i^fifQm  oxrm  ^es  Lvkas,  je  naehdem  man 
«nfilt,  mit  den  j]ftlQatg      derjandern  dasselbe  sagen)  ist  * 
allerdings  iniffitllend ;  sie  UiCst  sich  aber,  sammt  dem,  dafs 
nar-b  allen  drei  Referenten  aof  die  VerkOndi^ngsacene  die 
Heilung  dea  dUmonlsohen  Knaben  folgt  ^  den  die  Jttn^er. 
nicht  hatten  heilen  können,  schon  durch  die  Entstehung 
der  synoptischen  Evangelien  aus  stehend  gewordener  evan- 
geiisolier  Verkündigung  erklftren,  toh  welcher  .ea  nicht 
h5her  Wander ,  nehmen  darf|  dafo  sie  manche  Anekdoten 
ohne  objektiven  Grand  auf  bestimmte  Weise  zusammen 
gruppirty  aU  dafs  sie  oft  Ausdrücke,  in. welchen  sie  hätte 
variiren  kdnoeni  diipch  alle  drei  Redaktjonen  hindarch 
festgehalten  bat  *)•   Die  Beurknndang  der  Geschichte  durch  ^ 
die  drei  Synoptiker  aber  wird  wenigstens  für  die  gewöhn- 
liche lAnsicht  von   dem  Verhältnifs  der  vier  Evangelien 
durch  das  Schweigen  des  Johanneischep  sehr  geschwücht. 
Indem  nicht  eininsehen  ist»  warpm  dieser  Evangelist  eine 
ao  wfehttge  BegeSenheit,  welche  zugleich  seinem  System 
80  anapmessen,  u  id  eigentlich  die  anschauliche  Verwirkli- 
chung seines  Ausspruchs  im  Prolog  (V*  14.) :  xal  i^eaad^ 
pB9a  r^v  (fo|ay  aorOf  d6$av  tig  fiOvoyevSg  noQa  naTQog^ 
war,  nicht  aafgen  »mmen  haben  soll.   Der  ahgennzte  Grund, 
er  habe  die  Begebenheit  als  durch  seine  VorgHii«,u»r  bf- 
kannt  voraussetzen  können,  ist  neben  seiner  allgemeinen 
Unrichtigkeit  hier  noch  besonders  defswegen  unbrauchbar, 
weil  Ton  den  Synoptikern  dlefsmal  keiner  Augenzeuge  ge- 
wesen war,  also  an  ihren  Erzüliliingen  durch  einen,  der, 
wie  Johannes ,  di3  Sccne  miterlebt  hatte  ^  noch  Manches 
sn  berichtigen  nnd-  an  erläutern  sein  mufste.    Man  hat 
aich  daher  nach  einem  andern  Grund  für  diese  und  iihnli- 
che  Auslassungen  \\n  vierten  Kvnngelium  umgesehen,  und 
einen  solchen  in  d  u*  antignostischen,  näher  antidoketischen 
Tendenn  m  finden  geglaubt|  welche  man  ans  den  Jobannel- 

D  V|^.  s«  Wim,  Elalail«  in  das  N,  T.  79,. 


Digitized  by  Google 


Zehntes  KepiteL  %.  103.  805 

Milien  Briefen  auch  Anf  ilns  Evftngelinm  dbertrug.    In  der 
Verklärungsgescliicfite,  wird  hicnach  bolinuptct^  habe  der^ 
Jesum  tiinleuchtende  Glanz,  die  Verwaodiuiio[  seines  Aus« 
Sehens  in  das  Überirdische,  der  Meinung  Vorschob  lei« 
sten  können,  als  sei  seine  menschliche  Gestalt  nur  eine  Schein- 
hülle gewesen,  durch  welche  zu  Zeiten  seine  wahre,  Uber- 
menschliche  Natur  hiodurchgeleuchtet  habe;  sein  Verkehr 
mit  alten  Prophetengelsfem  habe  auf  die  Vermuthnng  fuh« 
ren  können,  er  mu^c  vielleicht  selbst  nor  eine  solche  wie*, 
dergekorainene  Seele  eines  A.  T.lichen  Frommen  sein ,  — 
und  um  solchen  irrigen  Meinungen,  welche  unter  gnosti- 
slrenden  Christen  sich  frilhseitig  su  bilden  anHei^en,  kei- 
ne Nahrung  an  geben ,  habe  Johannes  diese  und  Ähnliche 
Geschichten  lieber  unterdrückt').    Allein  abgesehen  davon, 
dafs  CS  der  apostolischen  fia^nr^oia  nicht  entspricht,  mög-^ 
liehen  Mifsbrauchs  bei  fiinselnen  wegen  Hauptfakta  der 
erangelischen  Geschichte  su  unterdrücken,  so  mUlste  Jo* 
hannes  hiebei  doch  mit  einiger  Consequenz  verfahren  sein,, 
und  alle  lilrzähfungen,  welche  eiiie  doketische  Mifsdeutung 
in  gleichem  Maafse  mit  der  gegenwärtigen  herrorrufen 
konnten,  ans  dem  Kreise  seiner  Darstellung  ansgeschlos** 
sen  haben.   Nnn  erinnert  sich  aber  sogleich  Jeder  an  die 
Geschichte  vom  Wandeln  Jesu  auf  dem  See,  welche  min- 
destens ebensosehr  wie  die  Verklfirungsgeschichte  die  Mei- 
nung von  einem  blofsen  Scheinkdrper  Jesu  hervorruft^ 
and  doch  anch  von  Joha'nnes  aufgenommen  ist.   Die  Wich* 
tiokeit  freilich  eines  Vorfalls  konnte  hier  noch  einen  ün- 
terschied  begründen,  so  dafs  von  zwei  Erzählungen  mit 
gleich  stark  doketischem  Schein  Johannes  dennoch  grdfse-. 
rer  Wlchtlgkc/t  wegen  die  eine  aufnahm,  die  minder  wich* 
tfge  aber  wegliefs.    Hier  nun  aber  wird  doch  wohl  Nie- 
mand behaupten  wollen ,  der  Gang  Jesu  auf  dem  See  ste- 
he an  Wichtigkeil  der  Verkläraogsgesehichte  voran  oder 


3}  So  ScH.NKCKSKDua6Ea,  Beitrüge,  S,  62  ff. 


266  Zweiter  Abschnitt. 

auch  nar  gleich;  Johannes  mu£ste,  wenn  es  ihm  nm  Ver- 
meidang  des  doketifoh  Scheinendes  sn  thun  war,  in  jeder 
Hinsicht  yor  AUem  J^ne  erste  Geeohiehte  nnterdriieken : 

dK  er  es  nicht  gethan  hat,  so  liann  er  auch  jenes  Princip 
nicht  gehabt  haben  ^  weiches  daher  nie  als  Grund  der  ab- 
sichtlichen Auslassnng  einer  Geschichte  im  vierten  £van- 
gelinm  gebraucht  werden  darf»  sondern  es  bleibt^  was  na- 
mentlich diese  Begebenheit  betrifft,  dabei,  daft  sein  Ver- 
fasser nichts  oder  doch  nichts  Genaues  von  derselben  ge- 
wufst  haben  i&ann«    Freilich  kann  dieses  firgebnifs  nur 
denen  eine  Instann  gegen  den  historischen  Charakter  der 
Terkiffrungsgeschichte  sein,  welche  das  vierte  Evangeliom 
als  Werk  eines  Apostels  betracliten ,  so  dafs  also  wiv  aus 
diesem  Stillschweigen  nicht  gegen  die  Wahrheit  der  £r- 
sfihlung  argnmentireli  können:   aber  nns  beweist  ancli 
umgekehrt  die  Obereinstimmnng  der  Synoptiker  nichts  Air 
dieselbe,  indem  wir  schon  mehr  als  Eine  Krzjthlung,  in 
welcher  drei,  ja  alle  vier  Evangelien  susammenstimmen , 
|iBr  onbistorisch  haben  erldären  mflssen.  —  Was  endüch 
das  angebliehe  Zengnlfs  des  Petms  betrifft,  so  bt  wegen 
der  mehr  als  Kweifelhaften  Ächtheit  des  eweiten  Briefs 
Petri  die  allerdings  auf  unsre  Verklärungsgeschichte  be- 
Bttgiiche  Stelle  als  Beweis  fttr  die  historische  Wahrheit 
derselben  jeat  auch  Ton  orthodoxen  Theologen  aufgegeben 
worden 

Dagegen  haben  wir  ausser  den  oben  angezeigten  Schwie- 
rigkeiten, weiche  in  dem  wnnderfaaften  Inhalt  der  £r- 
sihinng  iiegen,  noch  einen  weiteren  Gmnd  gegen  die 
s.  historische  Geltung  der  Verkllrungsgesehiehte ,  die  Un- 
terredung nämlich,  welche  den  beiden  ersten  Evangelisten 
nufolge  die  Jänger  unmittelbar  nachher  mit  Jesu  geführt 
haben  sollen»  Wenn  nffmiich  im  Heraiisteigen  vom  Verklä- 
Miiigsberge  die  Jünger  Jesam  fragen:  tl  iif  oi  y{»afifimtlg 

4}  OuMAOTs»,  8«  Aam« 


i^yiu^ud  by  Google 


Zehiito«  Kapitel,  f.  lOS.  2§7 


IhTHaiv^  ort,  ^Hliw  d&L  il^p  ugmov  CHitOHh.  ¥«  10.)  9 
küngt  dief«  gMis,  wie  wenn  etwas  vorangegangen  wäre, 
woraos  sie  Mtten  abnehmen  mltoeen,  EUae  werde  nieht  er*. 

scheinen,  und  ^ar  nicht,  wie  wenn  sie  eben  von  einer  Er« 
scheinung  desselben  herk&men,  da  sie  in  diesem  Falle  nicht 
vnbefriedigt  fragen  y  sondern  sufriedengesteilt  sagen  mufe« 
ten :  ehtawc  ol  ygafufdccrdg  Xtyaaw  ar«  h  llah^ 
wird  denn  die  Frage  der  Jünger  von  den  £rklXrem  so  ge- 
deutet, als  ob  sie  nicht  eine  £lias- Erscheinung  überhaupt, 
sondern  an  der  eben  gehabten  nur  ein  gewisses  Meri^mai 
Teraifst  bitten,  das  nimlich,  dals  nach  de«  Ansicht  der. 
Scbriftgelehrten  Elias  bei  seinem^  Auftritt  wirksam  und  re* 
formatorisch  in  das  Leben  der  Nation  eingreifen  sollte,  wo- 
gegen er  bei  der  eben  gehabten  Erscheinung  ohne  weitere 
Wirksamkeit  sogleich  wieder  yersehwnnden  war  ^>  Diese 
ErklXrung  wÄre  nnlllss^r,  wenn  das  ccnmttnugviou  navta 
in  der  Fra^e  der  Jünorer  stünde:  statt  dessen  aber  stellt 
es  bei  beiden  Aeferentcn  (^^»(^1^*  V.  11.  Marc.  V.  12.) 
nur  In  der  Antwort  Jesn^  so  dals  die  Jttnger  auf  fiusserst 
▼erkehvte  Weise  das,  was  sie  eigentlich  vermifsten,  das 
a7ioxu(}igayeiv ,  verschwiegen,  und  nur  das  e^x^aS-ai  ge- 
nannt haben  müfsten,  wat  sie  nach  der  gehabten  Erschei- 
nung nicht  vermissen  konnten«  Wie  aber  die  »age  der^ 
JOnger  keine  gehabte  Elias- Erseheinung,  vielmehr  das  Ge- 
fühl des  Mangels  einer  solchen  voraussezt:  so  auch  die  Ant* 
wort,  weiche  ihnen  Jesus  giebt.  Denn  wenn  er  erwie- 
dort:  wohl  haben  die  Schriftgeiehrten  recht,  wenn  sie  sa«* 
gen,  Elias  mttsae  vor  dem  Messias  kommen;  diels  Ist  abev 
kein  Grund  gegen  meine  Messianltät,  da,  mir  bereits  ein 

S)     Rav  im  aiigef.  Frogrsaua,  bei  Gisua,  aeuetl.  theo!«  Ibiir- 

nal  1,  3,  S.  506. 

6}  FntTzsciis,  in  Matth,  p.  555;  OtSHAVtsif,  1,  S.  541.  Noch 
weniger  genHgeads  Aualittnfte  bei  Gmaa,  a*  s.  O*  und  bei 
MsTtKAst,  ReÜgionigL  der  Apostel,  I,  8.  596» 


Z-welter  Abschnitt 


r 

Elias,  in  der  Person  des  Tttnfers  vorangegangen  ist,  — 
wenn  er  somit  seine  Jfinger  gegen  den  aus  der  Erwartung 

der  yQuitfiCcretg  zu  ziehenden  Zweifel  durch  Verweisung 
auf  den  ihm  vorangegangenen  u neigen tiichen  Elias  zu  ver- 
wahren  «acht:  «o  kann  eine  Erscheinung  des  elgentiichen 
'Ellas  niimdgitch  vorausgegangen  sefn^  sonst  mttfste  Jesus 
zu  allererst  auf  diese  Erscheinung,  und  nur  etwa  weiter- 
hin auch  auf  den  Täufer,  hingewiesen  haben  Die  un- 
aiitteibare  Verbindung  dieses  Gesprächs  mit  Jener  Erschei- 
nung kann  also  nicht  historisch  sein,  sondern  nur  der  Ähn- 
lichkeit enÜeb  gemacht,  weil  in  beiden  von  Elias  die  Rede 
ist  ®).  Doch  nicht  einmal  mitrelbar  und  durch  Zwischen- 
begebenheiten getrennt  kann  einer  solchen  Rede  eine  Er- 
scheinung des  Eifas  vorangegangen  sein^  da,  veenn  auch 
noch  solange  nachher ^  sowohl  Jesus  als  die  drei  Augen- 
zeugen unter  seinen  Jüngern  sich  derselben  erinnern  mufs- 
ten,  und  nie  so  sprechen  konnten,  als  ob  eine  solche  gar 
nicht  stattgefunden  hätte.  Selbst  aber  auch  nach  einer 
solchen  Unterredung  kann  eine  Erscheinung  des  wirklichen 
Elias  der  orthodoxen  Vorstellung  von  Jesu  gemfifs  nicht  wohl 
stattgefunden  haben.  Denn  zu  deutlich  spricht  er  hier 
seine  Ansicht  aus,  dals  der  eigentliche  Elias  gar  nicht  su 
erwarten,  sondern  der  Täufer  Johannes  der  verheilsene 
Elias  gewesen  sei :  wäre  also  dennoch  später  eine  Erschei- 
jiung  des  wirklichen  Elias  noch  eingetreten ,  so  hätte  sich 
Jesus  gein*t ,  was  gerade  diejenigen ,  weichen  an '  der  hi- 
storischen Realität  der  Verklärungsgeschichte  am  meisten 
liegt,  am  Wenigsten  annehmen  können.  Schliefsen  sich  so- 
mit Jene  Erscheinung  und  diese  Untcrreduiij^  geradezu  aus, 
SO  fragt  sich,  welches  von  beiden  Stücken  eher  aufgegeben 
werden  kann?  Und  hier  Ist  der  Inhalt  der  Unterredung 
dnreh  Matthe  tl,  14.  vgl«  Luc«  1,  17. ,  so  bestätigt,  die 


7)  Diets  gesiebt  such  pAViOt  su,  3,  S.  M. 
ä)  ScMi«isaiuGMsa,  über  den  Loks«,  8«  149« 


Digitizod  by  Gü*..wtL 


Zehnte«  Kupitei.      103.  SM 

yerkllirangBgeschichte.  aber  durch  alle  Arten  ton  Schw!^ 
ahWahrseheinlieh  gemacht)  dal«  die  fint8,cV$|r 
duiig  nicht  eweifelhafit  sein  kann«  fis'sehehien  deniiieen'9 
wie  oben  schon  einige  Male,  so  auch  hier  zwei  von  ganz 
verschiedenen  Voraosseteungen  aasgehende  und  wohl  auch 
la  >enehiedenen  Zeiten  entstandene  EntShlungsstficke  auf 
sfefolich  ungeschickte  Weise  susammengesezt  worden  zii 
sein;  das  die  Unterredung  enthaltende  Stück  n^imlich  geht 
Ton  der^  wahrscheinlich  früheren,  Ansicht  aus,  die  Weis- 
sagung in  Betreff  des  Kiias  sef  eben  nur  in  Johannes  in 
EHttiiong  gegangen;  wogegen  das  StOck  von  der  VerklS« 
rung,  oline  Zweifel  späteren  Ursprungs,  sich  damit  nicht 
begnügt,  dafs  in  der  mcssianischen  Zeit  Jesu  Elias  unei- 
gj^^üri^h  in^TKufer  aufgetreten  sei:  er  muiste  auch  persttn* 
Itelt  und  eigentlich ,  wenn  auch  nur  in  vorfibergdiender 
^l^scheinung,  sich  gezeigt  haben.  ^ 

Um  .nnn  zu  begreifen ,  w  ie  eine  solche  £rzfihlang  auf 
sagenhaftem  Wege  entstehen  konnte  |  ist  der  suerst  eu  er* 
wägende  Zug,  an  dessen  Betrachtung  sich  die  aller  librl- 
«gen  am  leichtesten  anreiht,  der  sonnenartige  Glane  des 
Angesichts  und  das  helle  Leuchten  der  Kleider  Jesu* 
Das  Schöne  und  Majestätische  ist  dem  Orientalen,  und  ins- 
besondere dem  Hebräer  I  ein  Leuchtendes  \  der  Dichter  des 
hohen  Lieds  vergleicht  seine  Gellebte  mit  der  MorgenrÖthe, 
dem  Monde,  der  8unne  C^>5  ö.);  die  von  Gottes  Segen  un- 
terstüzten  Froramen  werden  der  Sonne  in  ihrer  Macht 
Verglichen  (Riebt*  ft)  31.) 9  vnd  namentlich  das  Jenseitige 
Leos  der  Gerechten  wird  dem  Glans  der  Sonne  und  der 
Gestirne  zur  Seite  gesezt  (Dan.  12,  3.  Matth.  13,  43.)  ^> 
Daher  erscheint  nicht  allein  Gott  im  Lichtglaoa^  und  isngei 

mit  glänsendem  Angesiebl  und  isoohtenden  GewAndem  (Fs. 


9)  Vgl.  Jalkut  Sioieoni  P.  2,  f.  10|  S.  (bei  Wststs»,  p.  435.): 
Facies  jnttorum  liituro  tempore  siittUes  eruat  sqU  et  lunse, 
coelo  et  steUis^  lulguri  etc;  ^ 


Digitized  by  Google 


\ 

4 

STU  *  Zweiter  Abschnitt* 

Im,  t.  S.  Dan.  7,  9  f.  10,  5.  6.  Luc.  24,  4.  Oflfenb.  1, 
IS  sondei^ii  auch  die  Frommen  des  hebr/iischen  Alter« 
thumB,  Yfle  Adam  vor  dem  Fall,  and  anter  den  folgenden 
namenttieh  Moaes  nnd  Joaaa,  werden  ikiit  einem  solchen  Lieht* 
gfans  vorgestellt  *  wie  denn  die  spfitere  jüdische  Sage  auch 
ausgezeichneten  Rabbinen  in  erhöhten  Augenblicken  über- 
irdischen Glanz  verlieh  '  *).  Am  berühmtesten  ist  das  ieuch« 
Sende'  Antlis  des  Aloses  geworden ,  von  welchem  %  Mos. 
S4,  29  ff.  die  Rede  ist,  and  von  ihm  wurde,  wie  in  »an« 
dern  Stücken,  so  auch  in  diesem  ein  Schlufs  a  minori  ad 
majus  auf  den  Messias  gemacht,  was  schon  der  Apostel 
Paulas  %  Kor.  3,  7  ff.  andeutet,  wiewoKü  er  dem  Moses 
als  dem  diaieovas  yna(.if.icaog  niclit  Jesum ,  sondern ,  ge- 
mäfs  der  Vcranlasäuiig  seines  Schreibens,  die  Apostel  und 
christlichen  Lehrer  als  diay.6vsg  zh  mevfiarog  gegenüber* 
I  jBtelit,  ond  die  den.Glans  des  Moses  überbietende  do^a  die- 
ser lesteren  erst  als  Gegenstand  der  iknlg  Im  eulianf t  igen 
Leben  erwartet.  Eigentlich  aber  war  doch  am  Messias 
selbst  ein  dem  des  Moses  entsprechender,  ja  ihn  übei^trah- 
'  iender  Glans  su  erwarten,  and  eine  Jüdische  Schrift,  wel- 
che Ton  unsrer  VerklArungsgeschichte .Iceine  Notis  nimmt, 
argumentirt  gans  im  Geiste  der  Juden  der  ersten  christli- 
chen Zeit,  wenn  sie  geltend  macht,  Jesus  könne  nicht  der 
Messlas  gewesen  sein,  da  Ja  sein  Angesicht  nicht  den  Glans 
dies  Angesichts  Mosis,  geschweige  einen  höheren,  gehabt 
habe         Solche  Einwürfe,  wie  de  ohne  Zweifel  schon 

10}  Bereschith  Rabba  20,  29  (b.  Wetstbiä)  :  Veslcs  lucis  vcstes 
Adami  primi.  Focockb,  ex  Nachmanide  (ebcndas.):  Fulgida 
facta  liiit  faciet  Mosis  instar  solis,  Josuae  instar  lonae;  quod 
Idem  «filimanmt  vetsres  de  Adame« 

il)  In  Firke  Blieser,  2,  findet  sich  nach  WartTsnf  die  Angal>e, 
inter  docendiun  radios  ex  fscie  iptius ,  ut  olim  e  M Otis  fa- 
cie,  prodiisse,  adeo  ut  aoa  dignosceret  quis,  utnmi  diea  - 
esset  an  nox. 

ii)  Nizsschon  vetus,  p.  40,  ad  Exod.  34,  SS*  (b.  Wststsu«)  :  Ecco 

Digitized  by  Google 


Zehntes  KepIteL  S*  IML  TT! 

flile  ersten  Christen  diells  iron  Joden  hdren,  theils  sieh 

selber  machen  mufsten,  konnten  nicht  anders,  als  in  der 
Altesten  Gemeinde  eine  Tendenz  erzeagen,  jenen  Zug  aus 
deni  Leben  des  Meses  im  Leben  Jesu  naehsobilden,  ja  am 
lllierbieten,  nnd  stAtt  eines  lenehcenden  Ängesiehts,  das 
sich  mit  einem  Tuche  verdecken  liefs,  ihm  einen  auch  fiber 
die  Gewünder  sich  ergiefsenden  Strahleugiaiiz^  wenn  auch  • 
nur  vorübergehend)  Bususchreiben. 

Daft  die  VerlilSmng  des  Angesichte  ven  Meses  sa^ 
Torbild  fttr  Jesu  Verklfirung  gedient  habe,  beweist  aber 
überdiefs  eine  Reihe  einzelner  Züge.  Moses  bekam  seinen 
Glans  auf  dem  Berge  Sinai :  auch  von  Jesu  VerklSimng  ist 
ein  JBerg  der  Schanplas;  Moses  hatte  bei  einer  Irfiheren 
Besteigung  des  Bergs ,  weiche  mit  der  spffteren ,  nach  deie» 
sein  Angesicht  glänzend  wurde,  leicht  zusammenfliefseilt 
konnte^  ausser  den  70  Ältesten  besonders  noch  drei  Ver» 
tränte  9  Aaren  ^  Nadah  nnd  AbihU|  nur  TheUnalune  an  def 
Anseiiaanng  Jehova's  mit  sich  auf  den  Berg  genommen 
(2.  Mos.  24,  1.  9 — 11.):  so  nimmt  nun  auch  Jesus  seine 
drei  vertrautesten  Jünger  mit  sich,  um,  so  viei  üure  Krüft^ 
es  vermtfchten,  Zeugen  des  erliabenen  Schauspiels  so  seii^ 
nnd  ilure  nichste  Absicht  war  nach  Luc«  V.  38.  Tiqoaev* 
^aa^ai:  gerade  wie  Jehova  den  Moses  mit  den  Dreien  und 
den  Aitesten  auf  den  Berg  kommen  heifst,  um  von  ferne 
annnbeten*  Wie  iiernach,  als  Moses  mit  Josna  den  Sinai 
liestieg,  die  do|a  KvqIb  als  vefikjj  den  Berg  bedeckte 
CV»  15  f.  LXX)^  wie  Jehova  aus  der  Wolke  heraus  dem 

Moses  flissl*^^  aost«r  felicis  memoriae,  qui  liomo  xneros  erat, 
quia  Dens  de  Itcie  ad  faciem  com  eo  locutus  est,  vuttum  tarn 
Ittcentem  retulit,  ut  Judaei  verereatnr  accedere:  quanto  igt« 
tur  magis  de  ipsa  divinitate  hoc  tenere  oportet  ^  atque  Jsyu 
laciem  ab  uno  orbis  Cardiao  ad  alterum  fulgorem  dilAmdere 
coaveniebat?  At  Bon  praeditut  fuit  ullo  tplendore,  sed  re* 
liquis  mortalibus  fuit  tinüUijiius.  QuaproptCT  COttStat^  noo 
esse  lA  cum  crcdendum. 


Zweiter  Abschnitt. 


Moses  rief,  bis  dieser  endlich  in  die  Wolke  zn  ihm  hin<- 
eingieng  C^*  10—18«):  so  haben  wir  auch  in  iinsrer  Et* 
sählang  eine  yeg>ll^  gKordg^  welche  Jesum  and  die  hloin^ 
'liachen  firscheinangen  beschattet,  eine  qonrj  ix  Tjjg  veg'ü.r^g, 
tind  bei  Lukas  ein  doü.d^dv  der  Drei  in  die  Wolke.  Was 
die  Stimme  aus  der  Wollte  eu  den  Jüngern  spricht ^  ist 
^  ersten  Theil  die  messlanische  Deklaration  ^  welchoi  aas 
Tis.  %  7.  nnd  Jes.  42,  1.  Bosammengesezt ,  schon  bei  Jesa 
Taufe  vom  Himmel  erscholl;  im  zweiten  Theil  ist  sie.  aus 
den  Worten  genommen ,  mit  welchen  Moses  in  der  früher 
Ingeftthrten  Stelle  des  Deuteronomiuni  (18,  der  ge- 
wöhnlichen Deutung  sufolge  dem  Volk  den  künftigen  Mes* 
Sias  nnkiiiKÜ^t  und  es  zur  Folgsamkeit  gegen  denselben  er-  n 
mahnt  '^). 

Durch  die  Verkjilrong  auf  dem  Berge  war  Jesus  sei- 
nem Vorbild)  Aloses^,  an  die  Seite  gestellt,  und  da  es  ia 
den  Erwartungen  der  Juden  lag,  dafs  nach  Jes.  52,  6  ff* 
die  messianische  Zeit  nicht  nur  Einen,  sondern  mehrere 
Vorläufer  haben  und  unter  Andern  namentlich  auch 
'der  alte  Geseigelier  cor  Zeit  des  Messias  erscheinen  soll- 
te ■  ^) :  so  wai'  ffir  dessen  Erscheinung  kein  Moment  ge- 

■  13)  Aus  dieser  Vcrglcicbung  mit  der  Bergbesteigung  de»  Moses 
lässt  sich  vicLlcicbt  auch  die  Zeitbestimmung  der  j^/i»'^a«  t% 
ableiten,  durch  welche  die  swoj  ersten  KvangcUsteit  das  ge- 
genwärtige Ertignist  von  dem  aalest  eraShlten  trenaen.  Dean 
auch  die  eigeallicbe  Gescbichte  ▼oa  den  Bcgs^ssen  des 
Sioies  auf  dem  Berge  beginnt  mit  der  gleichen  ZeitbesUm« 
mungy  indem  et  heistty  aichdem  6  Tage  lang  die  Wolke  den 
^        Berg  bedeckt  hatte ,  sei  Moses  cu  Jebovs  berufen  worden 
(V.  16.)  ,  eine  Zeitbestimmung,  welche,  obgleich  der  Aus- 
gangspunkt ein  ganz  anderer  war  ,  für  die  liroffnung  der  Je- 
sum belrelTenden  Vcrhrdrun  «^sscene  beibehalten  worden  mochte. 
,  44)  8.  BF.r.Tiioi  DT,  Christologia  Judacoriim  %.  15.  S.  60  ff. 
15)  Debarim  Rabba  5.  (Wststsdi):  Dijiit  Deut  S.  B.  IVIos:  :  per 
vi  tarn  tusm,  quemadmodum  \ilam  tusm  posuisti  pro  itrsclitis 
in  hoc  muado,  ita  tempore  futuroj^  quaado  Eliim  prophetsm 


1 


kju,^  jd  by  Googl 


zehntes  Kapitel.   $.  103.  S7S 

eignetor,  als  der,  in  welchem  der  Me«8ia£  niif  dieselbe  Wei- 
se y  wie  einat  er^  «of  einem  Berge  verlieci*ilcJit  wurde. 
Zu  ihm  gesellte  sieh  denn  von  selbst  derjenige,  welcher 
nach  Mal.  3 ,  23.  nm  bestimmtesten  als  messinnisclier  Vor- 
läufer^ und  zwar  nach  den  llabbincn  znglsidi  mit  Moses ^ 
envnrtet  warde.   Erschienen  beide  Männe^  dem  JHessias^ 
so  ergab  sieh  von  selbst)  .<Ia(s  sie  sieh  mit  ihni  onrerredet 
haben  werden,  und  fragte  siehs  um  einen  Inhalt  dieser 
Unterredung,  so  lag  vom  lezten  Abschnitt  her  nichts  näher^ 
als  das  bevorstehende  Leiden  und. Sterben  Jesn,  welches 
ohnehin  als  das  eigentliche  messianische  GeheifBnÜs  des 
N.  T.  sich  am  ehesten  zu  einer  solchen  Unterhaltung  mit 
VV  esen  einer  andern  W  elt  eignete,  wefswegei).  man  sich 
wundern  mufs,  wie  Olsuauskn  behaupten  .kann  ^  auf  die- 
sen Inhalt  des  Gesprftchs  hfitte  d|e  Mythe  nicht  komme» 
kSnnen.    So  hlitten  wir  also  hier  einen  Mythus,  dessen 
Tendenz  die  gedoppelte  ist,  erstens,  die  Verklärung  des  Mo- 
ses  an  Jesu  in  erhöhter  VV  eise  zu  wiederholen,  und  zwei- 
tens, Jesum  als  den  Messias  mit  seinen  beiden  Voriftufem 
susammensubringen ,  dnrch  diese  £rscheinung  des  Gesetie- 
gebers  und  des  Proplieten,  des  Gründers  und  des  Reforma- 
tors der  Theokratie ,  Jesum  als  den  Vollender  des  Gottes- 
reichs,  als  die  £rfililung  des  Gesetzes  und  der  Propheten, 
darsostelien,  und  seine  messianische  Würde  noch  aberdiefs 
durch  eiue  Himmeisstimme  bekräftigen  zu  lassen^*'''). 

ad  iptoi  mittam,  to«  dao  eodem  tempore  venietit.  Vgl.  Tan- 
chiuna  f.  43,  1,       SotbrnsN,  1,  S.  149*. 
16)  Tllr  einen  Mythus  erklXrt  diese  EraSblung  Bskthoiat,  Chri- 
stoloßia  Jiid.  $.  15.  not.  17;  Schvlz,  über  das  Ahendmahl, 
S.  519.  gicbt  wenigstens  ein  Mehr  und  Minder  des  Mythi- 
schen in  den  \  or»chiL'dcnen  evangelischen  Rolationt  n  der  Ver- 
klärungsgeschichte zu,   und  Fritzschk  ,  in  ISIalth.  p.  448  f. 
'II.  456,  führt  die  mythische  Ansicht  von  derselben  nicht  oh- 
ne Zeichen  von  Beistimmung  auf.    N'ergl.  auch  KuuiUl,  in 
Matth,  p.  459,  und  Ghatz,  2,  S.  i6i  ff. 
Das  Lghßn  Jetu  iL  Band,  IS 


Digitized  by  Google 


374  Zweiter  Abeehnllft. 


An  Mhsem  IMepMi  Ifilit  deh  schliefslich  besonders 
e^geneeliefaillch  sei^ili  wie  die  netflrlielie  EriüXning,  in- 
'  dem  sie  die  histöHsche  Gewiftlieit  der  Ereihlungen  fest- 
halten  will,  die  ideale  Wahrheit  derselben  verliert,  ge^eii 
die  Form  den  Inhalt  aufgiebt :  wogegen  die  mythische  durcli 
Aafopfenirtg  dei  gesehiehtlieheii  Leihea  aoleiier  firsühiiiii« 
gen  doch  die  lÜee  dersellveii,  Vrelehe  ihr  Geilt  und  ihre 
Seele  ist,  erhült  und  rettet.    War  nämlich  der  natürlichen 
£rklärDng  siifoige  der  Lichtglanz  um  Jesum  ein  snfUUigee 
optisehea  Pliinbrnen,  and  die  beiden  £rsebienenen  entwe- 
der Trattubllder  oder  anlieitannte  Menaehen :  wo  bleibt 
da  die  Bedeutung  der  Begebenheit?  wo  ein  Grund,  eine 
aolche  Ideenlose,  gehaltleere,  auf  gemeiner  Täuschung  und 
Aberglauben  liernliende  Anelidote  in  die  Evangelien  aufaa- 
nehmen?  Dagegen,  wenn  ieh  nach  der  mythlaehen  Auffas- 
sung In  dem  eyangelit^chen  Berichte  zwar  keine  wirkliche 
Begebenheit  finden  kann,  so  behalte  ich  doch  einen  Sina 
und  Inhalt  der  Erailhiung,  weifa,  waa  die  erste  Clu-iateii- 
gemeinde  steh  heii  derselben  gedacht,  und  warum  die  Ver- 
fasser der  Evangelien  ihr  eine  so  wichtige  Steile  in  ihren 
Denkschriften  eingeräumt  haben 

f.  IM. 

Abweichende  Nackricliten  Uber  die  Icztc  Reise  Jesu  nach  Jerusalem« 

Bald  nach  der  Verklärung  auf  dem  Berge  laasen  die 
Erangeiiaten  Jesum  die  ▼erbingnüsToUe  Reise  antreten. 


17)  Auch  Plato  im  Symposion  (p.  ^23.  ff.  Steph.)  yeriiarriicht 
seinen  Sokrates  dadurch,  dast  er  auf  natürlichem  und  ko- 
mischem Grunde  eine  Slmlicke  Gruppe  ▼ertnsUltet|  wie  die 
Evangelisten  hier  auf  tragischem  und  ttbernatttrlichem.  Nack 
einem  Trinkgelage  Überwacht  Sokrates  die  Freunde,  welche 
schlafend  um  ihn  liegen:  wie  hier  die  Jünger  um  den  Herrn; 
mit  Sokrates  wachen  nur  noch  zwei  grossarlige  Gestalten, 
der  tragische  Dichter  und  der  komische,  die  beiden  Elemen- 
te des  frUbcrea  griechischen  Lehcas^  welche  Sokrates  in  sich 


üiyiiized  by  Google 


'I 

Zehntes  KapileL  f.  104.  27$ 

•     •  • 

wetehe  ihn  eeliieni  Leiileii  entgegenftthrtiB.  Üb#r  den  Orf^ 
Ton  wetehem  er  fiel  iBeeer  Reise  «ntgleng ,  and  den  Weg, 
welchen  er  nahm,  weichen  die  evangelischen  Nachrichten 
von  einander  ab»   Stimmen  über  den  Ausgangspunkt  die 
Syneptifcer  Basanunen»  indem  eie  'Mmitlfeh  Jesnm  ven 
liiXa  «nfbreehen  lassen  (Matth.  19,  1.  Mare.  10,  !•  Loe. 
9,  51.,  in  welcher  lezteren  Stelle  zwar  Galiläa  niclit  aus- 
drückliob  genannt  ist,  aber  aus  dem  Vorhergehenden,  wo 
nor  von  Oalillla  mid  GaÜlÜsehen  Orteehaften  die  Rede 
war,  so  wie  ans  der  im  Folgenden  erwihnten'fteise  dnreh 
Samarien,  sich  von  selbst  ergiebt')):  so  scheinen  sie  doch 
fiber  den  Weg)  welchen  Jesus  von  da  nach  Judüa  ge- 
wäliit  ludbe^  i^on  Lander  abmigehen*  2wer  -sind  die  An- 
galpen  sweier  von  ihnen  in  diesinn  Paukte  s6  denke!,  daft 
sie  der  harmonisirenden  £xegesc  Vorschub  zu  leisten  schei- 
nen könnten.   Am  klarsten  und  bestimmtesten  sagt  Mar- 
kus ^  Jesus  hahe  seinen  Weg  fll»er  Peräa  genommene  aber 
sein  ^araf  bIq  ta  OQta  tijg  ^ludtdag  Sti  rS  fÜQOP  tö  Vo^ 
öuvs  ist  schwerlich  etwas  Anderes,  als  die  Art,  wie  er 
sieh  den   schwerverständlichen  Ausdruck  des  Matthäus, 
dem  er  in  diesem  Abschnitt  folgte  erki&ren  uu  dürfen  glaub« 
te.   Was  dieser  mit  seinem  fierffQsv  im  tfjg  raktXaUtg  seoi 
fp.^yev  elg  zu  OQia  Tfjg  ^Isöaiag  mQav  i5  ^Ioqöccvö  eigentlich 
sagen  will,  ist  in  der  That  dnnkei.    Denn  wenn  die  Er- 
Idtfmng:  er  kam  in  den  Theii  von  Judtta^  welcher  Jenseits 
•des  Jordans  liegt'),  gleieherwdse  gegen  Geographie  wie 


▼ereinigte :  wie  mit  Jesu  der  Gesergehcr  und  der  Prophet 
•ich  unterreden,  die  beiden  Süulen  des  A«  T.licben  Lebens, 
welclie  Jesus  in  Ikttluirer  Weise  in  sich  «usammenicliloss ; 
wie  bei  FIslo  eadttsb  ^Mok  Agathen  und  Aristophsnes  eia- 
•chUfea,  und  Sokrstes  sUeia  dtt  Feld  liehflt :  so  verscbwSa« 
den  im  Evsagdium  Moses  und  ISliss  ndesty  und  die  JUnger 
sehen  nur  noch  Jesum  allein. 

1)  SciiLEiKRMACHiA,  Uber  den  Lukas,  S.  160. 

2)  KuiMöL  und  ÜKktz  z.  d.  St. 


Oigitized 


•176     f  Zweiter  Absebnitl. 

Grnmmatik  Terstöfst,  so  ist  dio  Deutnng,  co  welclier  dio 
Vergte&ebiifig  de«  MarkM  die  Mieten  Aveieger  geneigt 
flUMhft,  delW  Jeene  naeh  Jndia  gekemnen  eel  doreh  dne 

Land  jenseits  des  Jordans  auch  nach  der  von  Fritzschk 
angebrachten  Modiiikation  wenigstens  nirht  ohne  gramma- 
lieehe  Scliwiengkeit.  Aleibt  indelli  eo  viel  in  jedeoi  Faliy 
dafe  aneh  Mattliftns  wie  Harkaa  Jesnm  Ton  GaiUXa  naek 
Judua  den  weiteren  Weg  über  PerSa  nehmen  iäfst:  so 
scheint  dagegen  Lukas  ihn  den  näheren,  durch  Samaria^  eu 
fahvem  Zwar  ist  sein  Ansdrack .  17)  11,  dala  Jesus  auf 
•einer  RelM  naeli  Jemaalea  di^^fjffM  dia  fdaa  SaftoQiiag 
xal  FaXikaiaSf  kaqm  klarer,  als  der  eben  erwogene  dee 
JUatthfius«  Der  gewöhnlichen  Wortbedeutung  nach  scheint 
er  anasoaagen,  jus  habe  suerst  Samarien,  dann  Galiiiia^ 
i|veer  dnteliaehnittcn,  w  ao  nael»  Jemealmn  mu  komsen. 
Aber  diese  Aufeinanderfolge  ist  yerkeiirt;  denn  gieng  er 
von  einem  gAÜläischen  Orte  aus,  so  mufste  er  euerst  dna 
fibrige  l»aiÜÜ%  und  dnnn  erßt  Samarien  durchreisen*  Jüan 
lial  deiawegen  dem  SuQXia^m  fäotf  die  Bedeutung  ei- 
nes Hinatebena  auf  der  Grense  nwiscben  Galillia  und  Sa* 
marien  gegeben^),  und  nun  den  Lukas  mit  den  beiden  er- 
sten Evangelisten  durch  die  Voraussetaung  vereinigt,  Jesus 
aei  auf  der  gaitiliseb'-samarischen  Grense  Ida  cum  Jordan 
lilngereist,  halle  hierauf  diesen  lliersciuitten,  und  sei  so* 
fort  durcli  Peräa  nach  Judän  und  Jerusalem  gewandert, 
.  Diese  leztere  V^uraussetzujig  vertrügt  sich  aber  mit  Luo* 
9)  AI  ff.  nicht;  denn  wenn  dieser  Stelle sufolge  Jesus  nach 
dem  Aufbruch  aas  Galiläa  alsbald  einem  samarischen  Dor- 
fe zugeht,  und  hier  iibehi  Eindruck  macht,  ort  ro  nQoao)^ 
nov  uin^  j^v  nuQtvöftevuv  eig  Uf^wjah'ft :  so  lautet  diefs 
gans,  wie  wenn  er  die  Bichlang  von  GalüMa  durch  8ama- 


3)  So  z.  B.  XieaTPoer,  s.  d.  St« 
•  4)  Wattn»!  Oi^aaDtsa  s*  d.  St^;  Scamanieaaa^  a*  a*  0. 

s.  164.  au. 


Digitized  by  Google 


Zeii.iita»  Kupitel.        104.  277 

rien  luich  JttcÜia  gehabt  hätte  ^  uod  wir  jprerdeii  »m  bestea 
ihm,  Bit  onbefangenen  £iegefe9»  hier  «ine  AbwciohiiJig 
der  «ynoplischen  Evangelien  ansiüBrfcenneii  Erst  gegen  das 
£nde  des  Weges  Jesu  vereinigen  sie  sich  wieder,  indeia 
laut  ihres  übereinstimmenden  Berichts  Jesus  nach  Jerusa- 
lem von  Jericho  her  gekomoien  ist  (Mattli*  20^29.  fNunUL)^ 
ein  Ort|  welcher  Übrigens  mehr  dem  Aber  Poris,  als  dem  dBreh 
Sanmrien  gekommenen  Galiläer  auf  der  geraden  Strafse  lag. 

Ist  auf  diese  Weise  unter  den  Synoptikern  Kwar  in  / 
Rücksicbt  auf  den  von  Jesa  eingeschlsgeneii  Weg  ein  Streit^ 
aber  doch  in  Besag  auf  den  Ansgangs|ianbt  and  das  leslo 
St0(4t  des  Wegs  Übereinstimmung:  so  weicht  der  johan- 
neisehe  Bericht  in  beiden  llinsieliten  von  ihnen  ab«  ihm 
ftufolge  nfimllch  ist  ea  gar  nicht  Galiläa,  von  wo  Josos  mar 
leslen  Paschareiso  aufbricht,  sondern  schon  vor  dem  Laub* 
hflf teufest  des  vorigen  Jahrs  hatte  er  jene  Profins,  sum 
lestenmal,  wie  es  scheint,  verlassen  (7,  1.  10.);  dafs  er  ewi« 
sehen  diesem  und  dem  Fest  der  Tempel  weihe  (10^  91»)  wie- 
der dahin  gekomsMn  wXre,  wird  wenigsfens  nicht  gosagt; 
nach  diesem  Feste  aber  begab  er  sieh  nach  Perla  und  blieb 
daselbst  (JLOj  40.),  bis  ihn  die  Krankheit  und  der  Tod  des 
Lasaros  nach  Judüa,  und  in  die  nächste  Nähe  Jerosslems, 
mich  Bethanien,  rief  Cll>  Sft).  Oer  NachsteliaiigeB  seiner 
Feinde  wegen  zog  er  sich  von  hier  bald  wieder  Borllek, 
doch,  we\l  er  das  bevorstehende  Pascha  hesuchen  wollte, 
nur  bis  in  das  Städtchen  Ephraim,  unweit  der  Wüste  (11, 
54»),  von  wo  ans  er  dann ,  ohne  da(s  eines  Aufenthalts  in  , 
Jericho  gedseht  wflrde,  das  auch  von  Ephraim  ans,  wie 
man  dessen  Lage  gewohnlich  bestimmt,  nicht  im  Wege  lag, 
imch  Jerusalem  cum  Feste  sich  begab« 


S)  IfaiTsscaB,  ia  Marc.  p.  415:  Msrcut  Mattba*i  19,  f*  le  au- 
ctaritsti  h.  L  adstriagit ,  diGitque  ,  Jesum  e  Galilaes'  (  cf.  9, 
33.)  P^A^tum  esse  per  l^eraesm.  Sed  auctore  Lues  17,  II. 
id  Judaeam  coatcadit  per  Samsriam  itlnere  brevimiBW. 


Digitized  by  Google 


378  Zweiter  Abschnitt. 

Eine  so  totale  Abwefchmig  mofste  die  Harmonlsten 
in  uii§ew6hiillelie  Oesehiftiirkete  Tmetsen.  Der  Aofhnteh 
«HS  llAlilitR,  ilestMi  die  Synoptiker  gedenken,  soll  nitch  ih- 
nen nicht  der  Aufbrach  zum  lesten  Pascha,  sondern  znm 
Fest  der  TeiD|iel weihe  gewesen  sein      nnerachtet  er  von 
Lokus  dureh  das  h  tqi  av^mlr^imn^m  vttg  ^filgag  trjs  ara« 
Xr^tpFfog  ctvvH  (9,  51.)  unverkennbar  als  Aufbroch  zu  dem- 
jenigen Feste,  auf  welchem  Leiden  nnd  Tod  Jesu  warte- 
ten,  iMielehnet  ist,  ond  sfimmtllohe  Synoptiker  die  hier  be- 
gonnene Reise  mit  J^nem  lestllehen  Einzog  in  Jemsalem 
endigen  lassen ,  welcher  auch  dem  vierten  Evangeflnm  zu- 
folge unmittelbar  vor  dem  leeten  Paschafest  erfolgt  ist'^). 
Soll  hienach  der  Aufbruch  ans  Galiläa  ^  von  welchen  sie 
•rallileny  der  nnni  EnkJInlenfesty  die  Anknnft  In  Jerusalem 
aboTi  welche  sie  melden ,  die  zum  späteren  Pascha  gewe- 
sen sein:   so  mdPsten  sie  das  nach  dieser  VoraiissefKiinor 
swisolien  beiden  Punkten  Liegende,  nämlich  desn  Ankunft 
und  Anfenthall  in  Jemsalem  com  Fest  der  Tempeiwefhe, 
•eine  Reise  von  da  nach  Peräa,  von  Peräa  nach  Bethanien, 
nnd  von  hier  nach  Ephraim,  ganz  übergangen  haben.  Scheint 
hieraus  na  folgen,  da(s  jene  Berichterstatter  von  allem 
\        Diesem  auch  nichts  gewnfst  hatien:  so  soll  vielmehr,  wie 
geltend  gemacht  wfrd,  Lukas  dadorch,  dafs  er  bald  nach 
der  Abreise  ans  Galiläa  Jesum  auf  Schriftgelehrfe  stofsen 
lasse,  die  ihnanf  die  Probe  stellen  wollen  (10,  25  ff.),  dann 
ihn  in  dem  Jerasalem  benachbarten  Bethanien  neige  (10, 
S8ff.)9  hierauf  ihn  wieder  rflekwttrts  an  die  Grensseheide 
von  Samarien  and  Galiläa  versetze  (17,  11.)?         ^*'st  als- 
dann ihn  zum  Pascha  in  Jerufalem  einziehen  lasse  (19, 
S9  ff.)»  dentiloh  genug  darauf  hinweisen,  dafs  swischen  Je- 
ner Abreise  nnd  dieser  Ankunft  Jesus  schon  einmal  nach 
Jnd^ia  und  Jerusalem,  und  von  da  wieder  zurück  gereist 

Ii  tm 

6)  Pmos,     S,  99  u  854.  Vgl*  Ouasvsiir,  I,  S.'sSS« 

7)  Scaimatufiasa,  s.  s.  0.  S*  159« 


Digitized  by  Google 


ZeJinles  KapileL  $.104. 

■ 

«ei Alkin,  wenn  die  Schriftgelebrten  olmehio  nichts 

beweisen,  so  ist  auch  von  Bethanien  nirgends  die  I^ede, 
sondern  nur  von  einer  Einkehr  Jesu  bei  IMnrtha  und  Ma- 
ria, welche  der  vierte  Ev^ingeiist  in  jenes  Dorf  veneat, 
woraus  fedoeli  nicht  folgt,  dafs  anch  der  dHtte  sie  ebenda- 
selbst wohnhaft,  und  also  Jesum,  wenn  er  bei  ihnen  war, 
in  der  Nähe  von  Jerusalem  sich  gedacht  habe.  Daraus 
alieri  da(s  so  sehr  lange  nach  der  Abreise  (9,  AI — 17,  11.) 
Jesus  erst  auf  der  .Grenae  f  wischen  GaÜlfia  und  Samariea 
erscheint,  folgt  nur,  dafs  wir  hier  keine  geordnet  fort- 
schreitende Erzählung  vor  uns  haben.    Doch  selbst  Mat- 
thäus soll  nach  dieser  barmonisironden  Ansicht  Ton  Jenen 
Zwiscbeul>egebenbeiten  gewufst,  und  sie  ftir  den  genauer 
Zusehenden  angedeutet  haben  \    sein  ^(srfjQev  und  tijg  Fa- 
XikuLug  nämlich  soll  als  Andeutung  der  Heise  Jesu  auf  die 
£niiämen  eine  Diegese  abschliefsen ,  das  noi  ^k&&ß  eis  w 
OQta  r^g  *isdalag  tÜqop  %H*loqiaini  dagegen  mit  Angalie  der 
Ausweichung   von  Jerusalem   nach  Perän  (Job.  10,  40.) 
einen  neuen  Abschnitt  eröffnen ;  wobei  übrigens  angestan- 
den wird,  dafs  ohne  die  Data  des  Johannes  Niemand  auf 
eine  solche  Zerreissung  der  Worte  des  Matthfos  kommen 
würde      Dergleichen  Künsteleien  gegenüber  ist  lÜr  denje- 
nigen, weicher  die  Richtigkeit  des  johanneischen  Berichts 
Yoraussext,  kein  anderer  Weg  übrig,  als  der  von  der  neue- 
aten  Kritiic  eingeseiiiagene »  nXmlich  die  Autopsie  des  Mat- 
thäus, der  die  Reise  nur  gans  iLura  bebandelt,  aufeugeben, 
von  Lukas  nber,  der  einen  ausführlichen  Reisebericht  hat, 
ansunehmen,  dafs  er  oder  ein  von  iiim  benüzter  Sammler 
Bwel  Tcrschiedene  Berichte^  von  welchen  der  eine  die  frü- 
here Reise  Jesu  auf  das  Fest  der  Tempelweibe,  der  andre 
seine  Iczte  Paschareise  betraf,  zusammengefügt  habe,  ohne 
au  ahnen,  dafs  awischen  die  Abreise  Jesu  aus  Galiläa  und 


8)  Paülu»,  2,  S.  294  IT. 

9)  FAVurs,  a.  s.  O.  m  U  384 1. 


Digitized  by  Google 


I 


SSO  Zweiter  Abioiinitl. 

seinen  Euixug  In  Jerusalem  vor  dam  Paieha  noch  ein  frü- 
herer Anfenthalt  in  Jemtalem.,  saaunt  andern  Reisen  und 

Be^benhetten ,  fiel  ■  ^. 

Auf  eigene  Weise  kehrt  sich  nun  aber  im  Verlauf  des 
Rorichts  von  der  oder  den  leaten  Reisen  Jesu  das  Verhalt* 
nifs  awitohen  den  synoptischen  Evangelien  and  dem  Jofcan- 
fleischen  nm.  Wie  nämlich  snerst  avf  Seite  der  ersferen  . 
eine  grofse  L'Ucke  sich  zeigte,  indem  sie  eine  Masse  von 
Zwisohenbegeh'^nheiten  und  Zwisohenaofenthaiten  Qbergien- 
l^eny  welche  Johannes  glebt:  so  scheint  non  gegen  das  fin- 
de des  Reiseberichts  anf  Seiten  des  lesteren  eine ,  wenn 
auch  kleinere,  Lücke  einzutreten,  indem  er  nichts  davon 
hat,  dafs  Jesus  Aber  Jericho  nach  Jerusalem  gekommen 
Ist«  Man  kann  swar  sagen ,  Johannes  habe^  nnerachtet 
den  Synoptikern  sufol^^e  eine  Blindenheilong'  nnd  der  ße- 
such  bei  Zacchäus  in  dieselbe  fiel,  doch  diese  Durchreise 
tibergehen  können ;  allein  es  fragt  sich  ,  ob  In  seiner  Dar-  ^ 
Stellung  ein  Dnrehgang  dorch  Jericho  überhaupt  Raum  ha-^ 
be?  knf  dem  Wege  von  Ephraim  nach  Jemsalem  liegt  die 
genannte  Stadt  nicht,  sondern  bedeutend  östlich  ab;  mau 
hilft  sich  daher  durch  die  Voraussetzung,  von  Ephraim 
ans  habe  Jesns  allerlei  Nebenreisen  gemacht^  auf  einer  von 
diesen  sei  er  nach  Jericho  gekoouneni  und  von  hier  dann 
nach  Jemsalem  gebogen  > 

Jedenfalls  herrscht  hienach  in  den  evangelischen  Nach- 
richten von  der  le//en  Reise  Jesa  eine  besondere  Dneinig- 
keit)  indem  er  der  vnIgKren,  synoptischen  Tradition  snfol* 
ge  aus  Oalillla  ftber»  Jericho,  und  zwar  nach  Matthffns  und 
Markus  durch  Per  ia,  nach  Lukas  durch  Samaria,  gereist 
wärei  dem  vierten  Evangelium  nnfolge  aber  von  Ephraim 


10)  ScittKiiaiubaBay  a.  a.  O.  S.  161  ff.  SnrrsaTt  Uber  den  Urtpr* 
8.  104  ff.  Dem  er^teren  itiaunt  ia  Besiehung  auf  Lultst  auch 
OLSHAOtaR  bei  a.  a.  O. 

iQ  Tainoo^  Goaua.  s.  Job.  8«  219  >  OLsaAUtsw,  1^  8.  771  f. 


Digitized  by  Google 


Zehnte«  KepileL   f.  ll»5w  2bl 

her  gekoAnnen  tein  mUCgte :  Angaben,  twischen  welehen* 
eine  Verein^nng  unmOgUdi  ^  aber  aiidi  die  Wehl  «dir 
eehfvierig  ist 

f.  105. 

Abwetdiungen  der  Evangeliea  in  Hlnsiclit  auf  den  Amgangt. 
puilkl  des  Einmugfl  Jetu  In  Jeruialeai. 

Selbst  über  den  Schlufs  der  l^eise  Jesu,  aber  die  ieste 
Station  Tor  Jemaalem,  aind  €Üe  £vangeliateu  nicht' gana  el-** 
nig.  Während  es  nach  den  Synoptikern  das  Anaehen  hat, 
als  sei  Jesus  von  Jericho  aus  ohne  längeren  Zwischenauf- 
enthalt an  fleiuselben  Tage  bis  nach  Jerusalem  gekommen 
(Matth.  20,  34.  21^  1  ff.  parail.):  Iil(at4hn  daa  vierte  £van* 
geliun  von  fipiwaim  snnCehat  nur  bia  Bethanien  gehen,  iiier 
übernachten,  und  erst  am  folgenden  Tag  seinen  Einzug  in 
die  Hauptstadt  halten  (12,  1.  12  if.)*  Um  beide  Darstel* 
lungen  an  rereinigen,  aagC  man|  l>ei  der  nnr  «ammariachen 
firaihlnng  der  Synoptiker  sei  es  nicht  an  vernrnndem, 
dafa  sie  das  Ubernachten  in  Bethanien  nicht  ausdrflcklich 
berühren,  ohne  es  defswegen  leugnen  zu  u ollen;  es  finde 
somit  kein  Widerspruch  swiachen  ihnen  nnd  Johannes  statt, 
sondern,  was  Jene  kara  snsammenfiissen,  lege  dieser  in 
seine  weiteren  Momente  anaeinander  Allein  wilhrend 
Matthäus  Bethanien  gar  nicht  nennt,  thun  die  beiden  an- 
dern Synoptiker  dieser  Ortaciiaft  auf  eine  Weise  Erwäh- 
nung, welche  dqnr  Annahme,  dafa  Jeana  daselbst  0ber-' 
nachtet  habe,  entschieden  widerstrebt  Wenn  sto  nlmlfch 
erzählen,  o)s  yjyytoev  i/V  Jh^&fpayij  y,ai  Br^^avlccv,  habe  sich 
Jesus  aus  dem  nächsten  Dorf  einen  Esel  holen  lassen,  und" 
sei  sofort  auf  diesem  in  die  Stadt  eingeritten :  so  kann  man 
aleh  swiachen  die  so  rerbundenen  Vorgänge  nnrndgÜch  eine 
^acht  hiru'Indenkon ,  sondern  die  Erzählung  lautet  so,  als 
ob  unmittelbar  auf  die  Sendung  Jesu  der  üdgenthümer  den 


1)  Taoi.ucK|  S.  218  i  OuaAUtaa,  1,  S.  771. 


üiyilizeQ 


9 


m  Zwaiter  Abtclinilt. 

E^el  verabfolgt,  und  unmittelbar  nach  der  Ankunft  de« 
ÜUeisJwii«  «ich  zum  Einzug  angeschickt  hätte.  Auch  läfst 
•loh  9  wen»  Jesus  in  Bethanien  Aber  Nacht  sn  bleiben  im 
Sinne  hatte  ^  auf  keine  Welse  ein  Zweck  seiner  Sendunff 
nach  dem  Esel  ausfindig  machen.  Denn  soll  das  Dorf,  in 
welches  er  schioiuei  eben  Bethanien  gewesen  sein :  so  hatte 
er,  wenn  erst  auf  den  andern  Htfi^gea  ein  Reittbier  «i>  be* 
stellen  war,  nicht  ndthig,  die  Janger  vomnssnschielLen , 
sondern  konnte  füglich  warten,  bis  sie  in  Bethanien  ange- 
iLQmmen  waren;  dafs  er  aber^  ehe  er  noch  in  Bethanien 
Attgeleiigt  war,  nnd  sieh  a angesehen  hafte,  ^b  nicht  hier 
ein  Esel  eu  finden  sei,  Uber  dieses  niehstgelegene  Dorf 
hinaus  nach  ßethphago  geschickt  haben  sollte,  um  dort  auf 
den  andern  Morgen  einen  Esel  aufzubieten,  entbehrt  vol- 
iends  aller  Wahrscheinlichkeit,  und  doch  ipgt  wenigstens 
Hatthftns  entschieden,,  dals«  der  Esel  in  Bethphage  geholt 
worden  sei.  Dazu  kommt,  dtifs,  der  Darstellung  des  Mar- 
kus sufolge,  als  Jesus  in  Jerusalem  ankam,  bereits  die 
wfßla  angebroehea  C^^}  ^^0»  «uid  es  ihm  deis wegen  mir 
noch  möglich  war,  sich  in  Stadt  und  Tempel  TorlAufig  nm- 
suaehen,  worauf  er  mit  den  Zwölfen  sich  nach  Bethanien 
narUckzog.  Nun  lälst  sich  zwar  das  nicht  beweisen,  was 
schon  behauptet  worden  ist,  dals  das  vierte  Evangelinm 
den  Elnsug  Tlelmehr  auf  den  Morgen  ferlege:  aber  das 
muHl  man  fragen,  warum  denn  Jesus,  wenn  er  nur  von 
dem  nahen  Bethanien  kam,  nicht  bälder  von  da  aufgebro- 
eben  Ist,  am  in  Jerusalem  auch  noch  etwas,  das  der  Rede 
Werth  Wlre,  thnn  an  können?  Die  spfite  Ankunft  Jesu  in 
der  Stadt,  wie  sie  Markus  behauptet,  erklirt  sich  offen- 
bar nur  ans  dem  längeren  Wege  von  Jericho  her:  kam  er 
Uols  von  Bethanien,  so  gleng  er  von  hier  schwerlich  so 
•pit  erst  weg^  dafs  er,  nachdem  er  die  Stadt  sich  nur 
angesehen,  wieder  nach  Beihanien  umkehren  mnfste,  um 
am  folgenden  Tag  zeitiger  von  da  aufzubrechen,  woran 
Ihn  aber  auch  schon  am  vorigen  nichts  gehludert  hatte. 


Digitized  by  Google 


Zehntes  Kapitel.    S«  i05* 


Fi^iiich  ist  in  seiner  Verleg« ngr  der  Ankanft  Jesu  in  Je-, 
rasaiein  auf  den  späten  Abend  Markus  von  den  beiden  im-» 
dern  Synoptikern  nicht  anfiaratOsI,  indem  diese  Jeeoiii  noch. 
aiD  Tage  seiner  Ankunft  die  Tempelreinigung  vornehmen  y 
ond  Matthäus  ihn  selbst  noch  Heilungen  verrichten  und 
sich  gegen  die  Hohenpriester  und  Schriftgelehrten  verant- 
worten lAist  (AfAtth.  ai,  l2S.)i  «ilain  noeh  ohne  Jena  &it* 
angaba  entiehaidet  die  ContinuRftf  der  Uomenta  des  Hin« 
kommens  gegen  jene  Flecken  ^  der  Sendung  der  Jünger , 
der  Ankunft  des  Esels,  und  des  Einreitens^  gegen  die  Mög* 
iichkeiti  in  die  £rafihluog  der  Synoptiker  ein  Bethaniecboft 
Nachtquartier  einautchieben« 

Bleibt  es  auf  diese  Weise  dabei ,  dafs  die  drei  ersten 
Evangelisten  Jesum  geradezu  von  Jericho  ausj  ohne  Auf- 
enthalt in  Bethanien,  der  vierte  aber  ihn  nur  von  Betha* 
nien  her  nach  Jerusalem  siehen  Ülat:  ao  mfiaien  aie>  wenn 
sie  beiderseits  recht  haben  sollen,  von  s\vei  verschiedenen 
Einzügen  reden,  vi^ie  diefs  neuerlich  von  mehreren  Kritikern 
vermotliet  worden  ist  Ihnen  zufolge  zog  Jesus  aaerst 
(was  die  Synoptiker  ersählen),  mit  der  Festkarawane  ge^ 
radesu  nach  Jerutalem,  und  es  erfolgte  hlebei,  wie  er  alek 
durch  die  Besteigung  des  Thiers  bemerklich  machte ,  von 
Seiten  der  Mitreisenden  unvorbereitet  eine  lante  Huldigung, 
welche  den  £incug  in  einen  Trtnmphsug  verwandelte*  Itach* 
dem  er  sieh  am  Abend  nach  Bethanien  Burilckgesogen , 
gieng  ihm  dann  nm  folgenden  Morgen  (^y\aa  Johannes'  er- 
zählt), eine  grolse  Volksmenge  entgegen,  um  ihn  einzu- 
liolen,  und  als  er  auf  dem  Weg  von  Bethanien  her  mit 
derselben  eusammentraf,  wiederholte  sieh,  diefsmal  vorbe- 
reitet von  Seiten  seiner  Anhänger,  die  Scene  des  gestrigen 
Tags  in  noch  gi'öfserem  Mafsstabe.  Dieser  Unterscheidung 
eines  froheren  Einsnga  Jean  in  Jemaalem,  ehe  man  hier 


2}  Paulos,  ex.  Handh.  S9  s,  8«  93  ff.  96  ff.  ScauaaaascMaa,  über 
den  Lttitst,  Si.  244  f. 


Zweiter  Abscbuitt. 


von  seiner  Ankanft  wafste,  und  eines  spfitercn,  nachdem 
Mit  scbon  erfmJmn  hatte,  daft  er  in  Bethanien  sei,  lai 
die  Olllerene  günstig  j  dm(k  naeh  der  synoptisehen  Eralh- 
Jung  die  Huldigenden  nur  nQOayfnTBg  und  axoh}^5)reg 
(IVfatth.  V.  9. ),  nach  der  johanneischen  aber  inavu^aavies 
(V*  13*  IS»)  «Ind.  Fragt  man  nvn  aber:  wamni  geben 
denn  nntre  simoidlehen  Referenten  jeder  nnr  Einen  Ein- 
zug, und  findet  sich  bei  keinem  derselben  Ton  eweien  eine 
Spur?  80  bekommt  man  in  Bezug  auf  den  Jobannes  die 
Antwort,  dieser  fersehweige  den  ersten  Einsng  wahrsehein- 
Heh  defswegen,  weil  er  ihn.nieht  nitgeraaeht  habe,  indem 
er  wfihrend  desselben  nach  Befhnnien  möge  verschickt  ge^ 
^e.Hen  sein,  um  die  Ankunft  Jesu  anzumelden  Da  in- 
defs  nach  onsem  Gmndsätsen,  wenn  vom  Verfasser  des 
vierten  Evangeliums,  dann  aneh  von  dem  des  ersten  vor- 
ausgesezt  werden  darf,  dafs  er  der  in  der  Uberschrift  ge- 
nannte Apostel  gewesen:  so  fragt  man  vergebens,  wohin 
denn  nun  bei'm  sweiten  Einsng  Matthäus  solle  verschiekc 
gewesen  sein,  dafs  er  von  diesem  nichts  sn  ersffhlen  wufs- 
*  te?  da  sich  bei  dem  wiederholten  Gang  von  Bethanien  nach 
Jerusalem  kein  Anlafs  einer  solchen  Sendunsf  denken  läfst« 
Übrigens  aueh  in  Besng  auf  den  Johannes  Ist  sie  reine  Er* 
dichtung;  abgesehen  davon,  daft,  aneh  wenn  die  beiden 
Evangelisten  nicht  persdnlich  zugegen  waren,  sie  doch  von 
einer  im  Kreise  der  Jünger  so  vici besprochenen  Begeben- 
heit, wie  der  feierliche  Einsog  gewifs  aneh  in  seiner  Wie- 
derholung war,  ^as  Genaueste  erfahren  mnlsten«  Hanpt- 
allchllch  aber,  wie  die  Erzählung  der  Synoptiker  nicht  so 
lautet,  als  ob  nach  dem  von  Ihnen  beschriebenen  Einzug 
noch  ein  zweitei^  erfolgt  wäre:  so  ist  die  Johann cisehc  von 
der  Art,  dafs  vor  dem  Einsng,  dessen  sie  Meidung  thut, 
ein  anderer  onmSglich  gedacht  werden  kann.  Ihr  snfolge 
gehen  n/imlich  am  Tng  vor  dem  johnnneischen  Rin/,ug,  nisu 
der  Voraussetsung  geniäls  an  demselben  Tage  mit  dem  syu- 


1 

üiyiiizea  by 


Zehnties  KefilteL  j.  IM.  1» 

optischen,  Tiefe  Jmkn  von  JepnMileni  neeh  Bethenlen  hin- 

ausj  weil  sie  von  Jesu  Ankunft  gehört  hatten,  und  non 
ihn  nnil  den  Ton  ihm  erweckten  Lanii^ns  sehen  wollten  • 
-  (Y.  9.  FgL  1S.>  Allein  vvle  konnten  sie  am  Tag  dee  syn- 
optischen EinsQfs  hUren,  diife  Jetne  In  Bethanien  sei?  an 
jenem  Tage  gieng  ja  Jesns  Bethanien  vorbei  oder  durch^ 
und  zog  gerade  nach  Jerusalem,  von  wo  er  nach  allen  Eis 
sählnngen  ei^  ao  spät  Abends  nach  Bethanien  hinausge- 
gangen sein  liann,  dafa  Juden,  die  nnn  erst  von  JernsA- 
lem  aus  dahin  giengen ,  nicht  mehr  hoffen  konnten,  ihn 
noch  sehen  zu  können  Wofür  mocI)tcn  sie  aber  nnr 
sieh  die  Mttiie  nehaMn  ^  Jesnni  in  Bethanien'  anfsusneheny 
d*  sie  ihn  doeh  an  Jenem  Tag  in  Jeraaalem  seiher  hatten? 
gewifs  müfäte  es  in  diesem  Falle  nicht  blofs  heifsen ,  sie 
seien  i  dia  %6v  ^L^ow  fiovovy  aki^  %va  xai  ^^agov 
idwfh  gefcemnnw,  sondern,  Jesnm  liaben  sie  nwar  in  Jem* 
aalem  seihst  gesellen  gehah^  nnn  eher  hahen  sie  aneh  noeh 
den  Lazarus  sehen  wollen,  und  seien  defsveegen  nach  Be- 
thanien gegangen^  wogegen  der  Ü^vangelist,  welcher  Leuto 
von  Jemsaleni  ans,  um  Jesnni  sn  sehen,  nach  Bethanien 
gehen  Ififst,  nnmdgiieh  Toransgesent  hahen  kann,  dttfk  eben 
an  diesem  nämlichen  Tage  Jesus  in  Jerusalem  zu  sehen 
gewesen  sei.  Auch  das  Weitere,  wenn  es  bei  Johannes 
heüät,  am  folgenden  Tag  hahe  man  In  Jernsalem  gehttr^ 
dala  Jesns  dalidn  iieaune  (V.  1%^  klingt  gar  nicht  so,  wie 
wenn  Jesus  schon  am  Tag  vorher  daselbst  gewesen  wäre, 
sondern  als  ob  man  von  Bethanien  aus  erfahren  hätte,  dafs 
er  hente  vollenda  herdnkonunen  würde;  ao  wl^  aneh  der  ,  ^ 
Bmpfang ,  den  man  Ihm  sdfort  hereitet ,  nnr  als  Vorherig 
lichung  seines  ersten  Eintritts  in  die  Hauptstadt  einen  rech- 
ten Sinn  hat,  bei  seiner  sweiten  Dahinkunft  aber  nur  et- 
wa dann  fttglleh.  hätte  veranstaltet  werden  können,  wenn 
Jesns  Tag»  nnror  nnbemeriLt  nnd  nngeehrt  hereingekoni» 


4}  vgl.  LUcKi,  2,  S.  432.  Anin. 


i^  giu^ud  by  Google 


'  •  Zweiter  AM^hflUt»  • 

men  wfire^  und  mmn  dlA  M  Iblydfeif  fm%  hffH«  iMch- 

holen  wollen :  wogegen ,  wenn  schon  der  erste  Kiiizug  so 
gltfnisend  war 9  der  Pomp  des  eweiten  eine  miissitre  Wie- 
devheUing  geweees  wii«»  Und  cwur  morftten  sieh  bei*a 
Bweiten  alle  Züge  det  ereteii  wiederhole  heben,  wae,  nng 
.man  es  mehr  als  absichtliche  Veranstaltung  Jesn,  oder  nis 
•MflKlüge  Fügung  der  Umstände  betrachlen,  immer  höchat 
vnwahrteheiiilaeh  hleibt.   Von  Jeea  Ut  es  nieht  wohl  m 
fcegreifen ,  wie  er  ein  Sehaaeplel  wiederfaoien  BMiehce,'  dliia, 
Binmai  bedeutsam,  in  seiner  Wiederholung  matt  and  zweck- 
-Joe  war       die  Umstände  aber  mttfsten  auf  unerhörte  Wei- 
ie  nnsanunengetrolfen  lieben^  wenn  beftdenuiie  dieeelben  £ii- 
Milieeeagungen  von  Seiten  det  VoUu,  dieeeiben  Aiisseran- 
gen  des  Neides  von  Selten  seiner  Gegner  eingetreten  sein, 
Moh  lieidemale  ein  an  die  Weissagung  des  Zacharias  erin* 
jMmdei  Reklhier  m  Gebote  gestanden  haben  aoiife«  Mnn 
JUinnle  daher  die  Sarpser^selie  Assimilationshypochese  ra 
iiülfe  nehmen,  und  voraussetzen,  die  beiden  Einzüge,  ur- 
.eprUngÜch  mehr  verschieden^  seien  darch  traditionelle  Ver* 
ivliehnng  sieh  so  lihniioh  geworden:  wenn  nieht  «berhanpt 
die  AnnahnM,  dals  «Ken  erangeiisdien  Ernihlnngien  hier 
jswei  verschiedene  Fakta  Eum  Grunde  liegen^  eines  andern 
UjBStands  wegen  unmöglich  würde» 

Anf  den  ersten  Anbiieii  nwar  seheint  es  die  Amiaii- 
me  von  sweirerseliiedenen£inBagensttQnlsrsllltnen,  wenn 
man  bemerkt,  dafs  Johannes  seinen  Einzug  den  Tag  nach 
jenem  Bethanischen  Mahle,  bei  welchem  Jesus  unter  merk- 
würdigen Umständen  gesalbt  wurde,  ror  sieh  gehen  iäfst, 
die  beiden  ersten  Synoptfter  dagegeh  (denn  Luluis  weife 
Ton  einer  eu  Bethanien  und  in  dieser  Periode  des  Lebens 
Jesu  gehaltenen  Mahlzeit  bekanntlich  nichts]  ihren  Ein« 
jrag  diesem  Mahle  vorangehen  lassen;  wodoroh  aisoj  gans 
der  obigen  Voranssetsnng  gemüTs,  der  synoptische  ISinnug 


5)  Uasb,  L.  J.  U4« 


Digitized  by  Google 


1 

I 

»Is  der  frflhere,  der  joliRfih^fiAeill»  lier  spITIm  mchSeiw. 
Diefs  wäre  gut 5  wenn  nur  nicht  Johannes  seinen  Einzog 
M  früh,  die  SytiopllkeiP  dagegon  Mir  Bethanisches  Malti 
M  spXt  Mtmii'  wflhMaiiy  dlnfii  jtfiMr  otiiBliglieh  imoli-  diMM 
erst  erMgt  selii  kiNiti.   Niivh-i^fifinines  irihBlfoh''koaiBit  Je- 
sos  6  Tage  vor  dem  Pascha  nach  Bethanien^  und  rJeht  am 
folgenden  Tag  in  JerMaiem  «in  (12,  1.  12.>c  das  Bethani- 
«eiie  Mniii  der  %noytikei»  ^ngegmi  (ilcltlu2i^«ffi  pÄraMo 
kann  -bOektlemi  t  Tag»  rov'^ilem  PmoIir'  fskulten  worden 
sein  (V.  2.) ,  so  dnfs ,  wenn  der  synoptische  EiriKug  Tor 
dem  jokaniieischen  Mahl  und  £inaiig  slatlgefonden  hnken 
woü^  Amn  natk  aUem  IKeamn  den  Synoptikern  cafilf^ 
neeh  eine  swelte  Belhaniteke  Mahlnelt  angenoniMri- wer- 
den roUfste.    Allein  zwischen  den  hiebei  vorauSKusetisen- 
den  zwei  Mahlzeiten  fände  nun  ebenso,  wie  zwischen  den 
keiden  Einnigen,  kle  in'«  £inaekl»  hinein*  die  anffitiien^ 
AhnlfekkeH  «Mt,  nnd  das  SiehfeHkeh^  von  swel  'der- 
gleichen  Doppelbegebenheiten  ist  so  verdächtig,  dnfs  man 
kier  sckwerüch  die  Auskunft  wird  anwenden  mögen^  ^e 
•cie»  vwel  fiinatge  nnd  Afahiaeften,  die  einander  «nqwBllgw 
Üek'weil'vnilMiileher  geeehen  haken,  in  der  Tradition  dofdi . 
Übertragung  von  ZOgen  aus  der  einen  Begebenheit  in  die 
andere  ii€h  «o  ähnlieh  geworden  >  wie  wir  sie  jezt  ha- 
Imn:  eendeni  blev^  wenn  >rgendwi>>  ist  es  ieichier,  eoMn 
eihnMf  die  Drlumdlkdikelt  ^er  BerioiHe  aufgegeben  wfi<d) 
*ich   vorzustellen,    dafs  in  der  Uberlieferung  Eine  Bege- 
benheit variirt ,  als  dafs  durch  dieselbe  awei  Begelienhei- 
ten  aesimilirt  worden  seien  ^> 

Näherer  Hergang  bei  dem  Einzug.    Zweck  und  historische  "  * 

Realität  desselben. 

Während  das  vierte  Evangelium  zuerst  die  Jesn  ent» 
gegenstrdniende  Menge  Ihm  ihre  Huldigung  darhnngen^ 

6)  Vgl.  Bd.  1^  $.  85.  • 


üiyitized  by  Google 


Zweiter  Absehnite/ 


m$A  4tmm  «ffit  iU#  kmw  Angube  iolßtn  Mu^  cbr«  Jems 

«inen  Junge«  KmI^  deaten  er  habhaft  wurtle,  bestiegen  ha- 
be: ist  bei  den  Synoptikern  das  Erste,  was  »ie  geben,  ein 
.aHaimbrlicher  ßeriebt,  wie  Jesus  «u  dem  Usei  kam.  Xis 
•r  niaüidi  im  die  Mühe  ven  Jerasalcn,  BeUiphai^ 
iwd  Bethanien  am  ölberg  hingekoMien,  habe  er  awei  aei- 
ner  Jünger  in  das  vor  ihnen  liegende  Dorf  geschickt,  mit 
der  Weisung,  wenn  sie  bineinkümen,  würden  sie  —  und 
"jmn  sagt  Malchftna,  eine  Eselin  angebenden »  und  ein*  Fol* 
Jen  bei  ihr^  die  beiden  andern  |  ein  Fttllen,  auf  weleheaa 
noch  Niemand  gesessen  habe,  angebunden  —  finden,  das 
(diß}  soÜeu  sie  losbinden  und  ihm  bringen,  etwaige  Üdji- 
Wendungen  des  £igenlhttmers  aber  durch  die  Bemerfcni^  , 
.der  Herr  bedlirf»  seiner  (ihrer),  niedefeehiagen ;  diefs  aei 
BO  gesehehen,  und  die  Jünger  haben  —  auf  die  Thiere 
nach  MaUbäns ,  nach  den  beiden  andern  auf  das  i^ine 
.Thier  — *}  ihre  Kleider  nnterbreiitend,  «lesuni  geseal. 

Das  Auflhilendstei  in  dteeen  Berichten  ist  ofenbar  die 
.Angabe  des  Matthüus,  dafs  Jesus  nicht  blofs,  dn  doch  nur 
.er  alleitt  reiten  wollte,  zwei  £sei  requirirt^  sondern  da£s 
«er  auch  wirklich  auf  beide  sieh  geseat  ludben  aolL.  Zwar^ 
•wie  natttriiehy  iiat  es  nicht  an  Veteneben  gefehlt,  das  Er> 
stere  zu  erklüren,  und  das  Leztere  zo  beseitigen.  Das 
Mottertbier  soll  Jesus  mit  dem  Füllen,  auf  welchem  er  ei- 
.jgentÜch  reiten  wollte,  haben  helen  lassen,  damit  dto  jon- 
.ge,  noeh  saugende  Thier  deste.  eher  gellen  mtehte oder 
4oii  die  an  das  Junge  gewöhnte  Mutter  von  selbst  nachge- 
laufen sein      allein  ein  noch  durch  iSaugen  an  die  Mutter 
gewöhntes  Thier  gab  der  £igner  schwerlich  enm  Reiten 
lier.  Das  noch  fiblere  Reiten  auf  swei  Thieren  suchen  die 
einen  dadurch- an  beseitigen,  dals  sie  sehr  schwachen  Au- 
ctoritäten  zufolge  und  gegen  alle  ki'itiscben  Grundsätze  bei 


1)  Pauius,  S.  115  ;  KviNÖL,  in  Matth,  p.  541. 

2}  ÜL»iuu&KK,  1,  S.  776. 


uiyiiized  by  Google 


Zehntes  Kapitel.  {.  IM.  fSB 

Her  An^be  rom  Auflegon       Klekler  «tiitt  bnciYV)  carvtv 
le  -.en:  tTi  airöv  (jov  Tiujlov)^  worauf  sodann  bei  der  Anga- 
be, dafs  Jesus  sich  darauf  geseat  habe,  das  inivm  avtw 
HQf  die  Uber  das  Eine  TMer  gebreHeten  KMder  beaogen 
wird        Ohne  Andenmg  der**  Lesart  glaubten  Andere 
durch  Annahme  einer  Enallage  numeri  ^)  oder  dadurch 
Aassnkomasen ,  dafa^sie  ?or  aärtav  hdg  snppiirten    ,  Con« 
atmetioaeii,  die  den  Zeiten  des  Faustrechts  In  der  N. 
liehen  €h«ainiatik  angehören,  von  welchen  man  sich  freuen 
konnte,  dafs  sie  durch  Winer  und  Fritzsche  vorüber  seien, 
wenn  nicht  auch  OLSHiiüSKN  noch  bemerkte,  das  inavat  ai^  * 
%wp  sei  nichts  als  ungenaver  Ansdmiek,  indem  die  beiden 
Thiere  als  svsammengehörig  betrachtet,  und  daher,  was 
das  eine  betraf,  auch  auf  das  andere  übergetragen  worden 
aeL   Laut  seiner  Worte  mufs  sich  der  Evangelist  vielmehr 
vofgesteilt  haben ,  Jesus  sei  auf  awei  Thisren  geritten  j 
was  als  abwechselndes  Reiten  anf  dem  einen  vnd  andern 
gedacht*),  für  eine  so  kurze  Strecke  eine  unncitliige  Un- 
bef|uemlichkelt  gewesen  wäre,  auf  jede  andre  Weise  aber 
Tttlilg  undenkbar  ist,  und  uns  an  die  ttl^rtgen  Evangelisten  . 
▼erweist,  deren  Angabe  nur  Eines  Reitthiers  sich  mit  der 
des  Matthäus  durch  die  gewöhnliche  Bemerkung,  sie  nen- 
nen nur  das  Füllen,  auf  welchem  Jesus  geritten  sei,  und 
lassen  die  Eselin,  als  Nebensache,  weg,  nicht  ausgleichen 
Ififst.  —  Fragt  sich  somit,  wie  denn  MatthXus  Hut  seine 
abenteuerliche  Vorstellung  gejcwnmen  ist?    so  haben,  ob- 
wohl auf  wunderliche  VV^eise,  diejenigen  auf  den  rechten 
Funkt  hingi^wiesen ,  weiche  vermutheten,  Jesus  habe  in 
seiner  Anrede  an  die  Jfinger,  und  MatthJfas  In  setner  Ur- 
schrift, der  Stelle  des  Zacharias  (9,  9.)  zufolge  fttr  den 


3)  Pavlvs,  a.  a.  O.  S.  143  f. 

4)  Glas8ius,  Phil.  s.  p.  172.  A. 

5)  Klinöl,  a.  «.  O.  S.  545  j  (.ratz,  2y  S.  S47. 

6)  fto  FarrzscH«,  in  Matth.  p^G30. 

Dai  Lehen  Jesa  Ih  Band,  19 


uiyitized  by  Google 


^  Zw^iUr  Abschnitt» 

»Inen  Begriff  dee  Esel»  «ehferer  Ansdrücke  •ich  bedient, 
woi  au«  sofort  dep  grieehiiehe  ÜbewetÄer  des  ersten  Ernn- 

geÜums  mifsveruänaiich  mehrere  Thiere  gemsoht  hsbe^). 
AUerdingS^inddiegehÄMftenßeaeiclmuii^en  des  Esels  in  je- 

•ner  Stelle:  ntohK;!-)  T»1  itoq,  imSifiw  atahw  viop^ 
LXX  der  Anlafs  Her  Verdoppelung  desselben  im  er- 
sten Evangeliom,  indem  nXmlich  die  copula,  welche  im 
Hebräischen  erWUreiid  gemeint  vrer,  eis  hinsofUgend 
genommen,  und  sfatt  „ein  Esel,  d.h.  ein  EselsfÜllen 
n.  S.  w."  vielmehr  ..ein  Esel  sammt  einem  Eselsfüllen« 
iii  der  Stelle  gefunden  wurde  Allein  diesen  Fehler 
kann  nicht  erst  der  griechische  Übersetser  gemscht  haben, 
welcher  schwerlich,  wenn  er  in  der  ganeen  ErsUhlung  des 
Tfintthäns  nur  Einen  Esel  gefunden  hätte,  rein  aus  der  Pro- 
phetenstelle  heraus  ihn  verdoppelt,  und  so  oft  sein  Original 
von  Einem  Esel  sprach,  den  nwelten  hinnugefllgt,  oder  statt 
des  Singulars  den  Plural  geseet  haben  würde:  sondern 
ein  solcher  mufs  den  Verstois  begangen  haben,  dessen  ein- 
ige schriftlich  fixirte  ttuelle  die  Piophetenstelle  war,  aus 
welcher  er  mit  Zuciehnng  der  mündlichen  Tradition  seine 
ganKC  Erzählung  hernusspann,  d.  h.  der  Verfasser  des  er- 
sten Evangeliums,  welcher  sich  freilich  hiedurch ,  wie  die 
neuere  Kritik  mit  Recht  behauptet ,  unwiederbringlich  um 
den  Ruhm  eines  Augenzeugen  bringt 

Itt  dieser  Mlfsgriff  den  ersten  Evangelium  eigen,  so 
haben  liinwiedemm  auch  die  beiden  mitüeren  einen  Zug 
,für  sich,  welchen  vermieden  zu  liaben  dem  Verfasser  des 
ersten  som  VortheÜ  gereicht.  Auf  das  Schleppende  zwar 


7)  EiCMHORn,  allgcm.  Bibliothek,  5,  S.  896  f.  vgl.  Boltek,  Bs- 
rieht  des  Matthäus ,  S.  517  f. 

8)  Famtcmt,  «.  d.  St. 

9)  Schuld,  über  das  Abendm.  S.  510  f.  j    SiSflSST,  Uber  den 
Urspr.  S.  107  f. 


Digitized  by  Google 


Zehnte»  Kajiitel.   {•  106.  S91 

soll  nur  beilinfig  eufmerksam  gemacht  werden ,  was  darin 
liegt,  dafg,  nachdem  bei  «Heu  drei  Syiiojjtikern  Jesus  ileii 
zwei  abgeschickten  Jüngern  genau  vorIierl)c>aeichi»et  hatte» 
wie  sie  den  Jb;sei  ^den,  und  womit  sie  den  Eigenthamer 
daaselben  snfrieden  «teilen  aoUten,  nnn  Markus  und  La* 
iiiia  sich  and  dem  Leser  die  Muhe  nicht  sparen,  aitsfuhr- 
iich  und  genau  das  AlJes  als  eingetroffen  zu  wiederholen 
CMarc.  V.  4  ff.  Lue.  Y.  ^^ISL}^  während  MattliAus  CV.  6.) 
geschiclit  durch  ein  mi^ccifzeg  xa&wg  jtQoaiia'^iv  uhotg  »  V.  ' 
sich  abfindet      diefs,  als  blors  die  r  orm  betreffend  ,  soll 
hier  nicht  weiter  geltend  gemacht  werden.    i)as  aber  be- 
trifft den  Inhalt  der  Sache,  dafs  nach  Markos  and  Lukas 
Jesus  ein  Thier  verlangte,  i^^  o  ädels  nwme  äv&Qwntav 
ina^iae^  ein  Zug,  von  welchem  Matthfius  nichts  weifs. 
Man  begreift  hier  nicht,  wie  sich  Jesus  das  Vorwärtskom- 
men durch  dte.Waiü  eines  noch  nicht  siigerittenen  Thiers 
nbsicbtÜch  erschweren  mochte,  welches,  wenn  er  es  nicht 
dnreh  gdttllche  Allmacht  in  Ordnung  hielt  (denn  bei  dem 
ersten  Ritt  auf  einem  solchen  Thier  reicht  auch  die  giM'ifs- 
-  te  menschliche  Ileltkunst  nicht  aus)  ,  gcwifs  manche  «Stö- 
mng  des  festüclien  &igf  herbeigeführt  haben  wii*d,  sumal 
Ihm  kein  Vorangehen  des  Mutterthiers  tfu  Statten  kam  9 
•  welches  nur  im  Kopfe  des  ersten  Evangelisten  mifgelanfcn 
ist.   Dieser  Lnannehmlichkeit  hat  Jesus  gewil's  nicht  ohne 
triftigen  Grand  sich  aasgesest,  and  ein  solcher  scheint  na- 
he genug  zo  liegen  in  der  Ansicht  des  Alterthnms,  wel- 
cher zufolge,  nach  Wetstein's  Ausdruck,  (inimaliaj  imibus 
humanis  nondum  mancipatUf  sacra  habebantur :  so  dafs 
idso  Jesus  für  seine  geheiligte  Person  und  eu  dem  hohen 
Zwecke  seines  messianischen  Einsugs  auch  nur  ein  heili- 
ges Thier  hatte  gebrauchen  mögen,    ^äher  erwogen  jedoch 
%vird  man  diefs  eitel  finden,  und  wunderlich  dazu^  denn 
dem  £sel  konnte  men  es  nicht  ansehen,  da£i  er  noch  nicht 
|peritten  war,  ausser  an  der  ITngebanligkeit,  mit  welcher 
er  den  r  uliigen  Fortschritt  des  feierlichen  Zuges  gestört 
^  *   '         19*  ' 


üiyilizeQ 


292  Zweiter  Abschnitt 

haben  würde  •®).  So  wenig  wir  auf  diese  Welse  begrei- 
fen, wie  Jesus  in  dem  Besteigen  eines  nicht  eugeritteneii 
Thiers  eine  £hre  gesncht  liaben  kann  ^  *  so  begreiflich  wer- 
den wir  es  finden,  dafs  schon  frühe  die  christliche  GenetiH 
de  es  seiner  Elire  schuldig  za  sein  glaubte,  ihn  nur  auf 
einem  solchen  Thicre  reiten ^  wie  später  ihn  nur  in  einem 
ungebraachten  Grabe,  liegen  so  lassen ,  was  in  ihre  l>enk« 
Würdigkeiten  aufeunelimen ,  t^ie  .  Verfasser  der  mittleren 
Evangelien  kein  Bedenken  trugen,  weil  ihnen  freilich  bci'm 
Schreiben  der  niclitzugerittene  Esel  nicht  die  Unbequem- 
lichkeit Terarsachtei  wdche  er  Jesa  beim  Reiten  Temr» 
sacht  haben  mübte» 

Wenn  tn  die  bisher  erwogenen  beiden  Schwierig k ei* 
ten  die  Synoptiker  hich  theilen ,  so  ist  eine  andre  ihnen 
allen  gemeinschafdicb,  die  nämlich,  welche  in  dem  üan* 
stand  liegt^  dafs  Jesus  so  ko versichtlich  swei  Jünger  nach 
einem  Esel  sendet,  den  sie  im  nXchsten  0erf  In  der  und 
der  Situation  finden  würden,  und  dnfs  der  Erfolg  seiner 
Voraussage  so  genau  entspricht.  Das  Natürlichste  kdnnto 
scheinen  9  hier  an  eine  Torangegangene  Verabredung  m 
denken,  welcher  eufolge  nur  bestimmten  fknnde  am  be* 
seichneten  Orte  ein  ileitthier  für  Jesum  bereit  gehalten 


10)  Dats  jener  Grund  für  die  MMtsregel  Jesu  nickt  geattge,  hat^ 
•  auch  Paulus  geßihit;  denn  nur  aus  dem  veriweifelndea  Su- 
chea  nach  einem  reellerien  und  mehr  tpecifischen  Grunde  ist 
et  SU  erklüren,  dats  er  hier  dat  einzige  Mal  mystisch  wird, 
und  an  dieErklXrung  Justins  des  Märtyrers  (die  als  {,no:uY»or 
bezeichnete  Eselin  bodtatc  die  Juden,  der  noch  nicht  gerit- 
tenc  Esel  die  Heiden,  dial.  c.  Tryph.  55.),  den  er  sonst  im- 
m.  r  als  Urheber  der  verkehrten  kirchlichen  BiheldeutUBgen 
bekämpft,  sich  anschliesscndf  wahrtcheialich  lu  machen  tuckt^ 
Jesus  habe  durch  Qetteigung  einet  noch  nicht  gerUteaen 
Thiers  sich  als  Stifter  und  Regentea  einer  neuen  Religiont- 
gcselltchaft  aokUndigea  waUea.  £aeg.  Uiadb.  3,  a,  S.  116  ft 


« 


Digitized  by  Google 


worden  sei allein  wie  konnte  er  eine  solehe  Verabre- 
dong  In  Bethphage  getroffen  haben,  da  er  eben  von  Jeri« 
cho  kan?   Daher  findet  auch  Padlus  diorsmal  et%Tai  An- 
deres wahrscheinlicher,  ilafs  nämlich  in  den  nn  iler  Hnnjit- 
atralae  nnch  Jerusalem  gelegenen   Düriern  um  ilie  Fest* 
aeiten  yiele  Laatthiere  cum  Vermietheu  an  die  Wallfahrer 
bereit  geatanden  haben  werden;  wo^^egen  Jedoeh  so  be- 
merken ist,  dnfs  Jesns  gar  nicht  wie  vom  nächsten  besten, 
aondern  von  einem  bestimmten  Thiere  spricht.   Man  wun- 
dert aieh  daher,  wenn  man  ea  bei  Olsbadsbn  niir  als  ver-. 
malhiiehen  Sinn  der  Referenten  beseichnet  findet,  dala  dem 
einziehenden  Messias  Alles  durch  Fügung  Gottes  cur  Hand 
gewesen  sei,  wie  er  dessen  eben  bedurfte,  so  wie,  dafs 
derselbe  Ausleger  die  Voranasetsung  nothwendig  findet,  die 
Beaitser  des  Thiers  aeien  mit  Jesu  befreundet  gewesen,  da 
rielmehr  die  gleichsam  magische  Gewalt  hier  dargestellt 
frerden  soll,  welche,  sobald  er  nur  wollte,  dem  blofson  Na- 
mmn  des  Kvgiog  in  wohnte,  iiei  dessen  Nennung  der  fiesi- 
ser  des  Esels  den  Esel,  wie  spXter  (Matth.  S6, 18.  parall.) 
der  Inhaber  des  Saals  den  Saal  unweigerlich  en  seiner 
Jiiapusition  stellte.    Za  dieser  göttlichen  Fügung  eu  Gun« 
&lffll^  des  Messias ,  und  der  nnwiderstehlidien  Kraft  seines 
Ha— ns  komml  noch  das  höhere  Wissen,  durch  welches 
Jesu  hier  ein  entferntes  Verhültnifs ,  das  er  für  seine  Be- 
dilrünlsse  benützen  konnte,  offen  vor  Augen  lag. 

^     laC  diefs  der  Siiin  und  die  Absicht  der  ETangelisten 

bei  den  angegebenen  Zügen  ihrer  £rzA'hlung:  so  kann  man 
nieh  nieht  verhehlen,  dafs  gerade  eine  solche  Anwendung 
and  Probe  des  höheren  Wissens  «lesu,  welche  in  dem  ße- 
merken  eines  im  nächsten  Dorf  angebundenen  Eaels  he- 
uteht  ,  so  wie  eine  solche  Macht  seines  IVamens,  welcher 
der  Üagenthümer  eines  Lasttluers  nicht  widerstehen  kann, 


11}  NsttfrUchc  Gesehicbte,  3^  S.  566  f. 


0 

i 

Oigitized 


1 


201  Zweiter  Abschnitt. 

als  Bicnilicli  kleinlicht  erscheinen  mnfs.  Za  gut  kennen  wir 
ettrh  bereits  die  Neifnnfr  der  nrchristlicben  Sa^e,  solche 

Proben  der  höheren  Nafnr  ihres  Messias  zu  geben  (  man 
denke  nn  die  Berufung  der  zwei  Brüder  paare;  die  genaue- 
ste Analogie  aber  hat  die  eben  angeführte,  onten  näher  su 
betrachtende  Art^  wie  Jesus  das  Lokal  fdr  seine  leste 
Mahlzeit  mit  den  Zwölfen  bestellen  läfst),  als  dnfs  wir  uns 
der  Vermiitbuntr  enthalten  könnten,  auch  hier  nur  ein  Ge- 
bilde Jener  Neigong  vor  nns  sa  haben.  Diefs  wird  nm  so 
wahrscheinlicher,  wenn  wir  nachrawelsen  fm  Stande  sind, 
warum  sieh  Iiier  das  Fernsehen  Jesu  geraiie  als  Wissen  um 
einen  angebundenen  Esel  zeigt,  wie  eine  solche  Nacbwei- 
•nng  allerdings  möglich  ist.  Uber  der  im  ersten  und  vier- 
ten Evangelium  citlrten  Stelle  ans  Zacharlas  nilmlich,  wel- 
che vom  Einreiten  des  sanftmüthigen  Königs  nur  überhaupt 
auf  einem  Esel  bandelt,  versäumt  man  gewöhnlich,  eine 
andere  A.  T.liche  Stelle  su  berücksichtigen,  welche  nliher 
den  angebundenen  Esel  des  Messias  enthlllt.   Es  ist 
diefs  die  Stelle  1  Mos.  49,  11,  wo  der  sterbende  Jakoh  «n 
Juda  von  jenem  ht^^  sagt  (LXX) :  ötoftevcjv  :rtQds  «//wT€— 
MV  Tov  nvilov  avvH  xal      &Uki  %ov  nwXav  %i;g  aurS. 
JInstin  der  Mürtyrer  fafst  auch  diese  mosaische  Stelle,  wie 
Jene  prophetische,  als  Weissagung  auf  den  Einzug  Jesn, 
und  behauptet  daher  geradezu,  das  Füllen,  welches  Jesus 
holen  liefs,  sei  an  einen  Weinstock  gebunden  gewesen  ^ 
Auch  die  Juden  deuteten  nicht  nur  Oberhaupt  Jenen  Schi* 
lo  vom'  Messla«,  wie  sieh  schon  in  den  Targumim  nach- 
weisea  läfst  sondern  namentlich  auch  das  Anbinden 


12)  Apol.  I,  52  :  to  J«"    dtafi(vu>v  rtQot  aunrlov    tov  TTM/Lor  aCxH 
vn*  aurS  n^x^tiaoftivmv'    n»Xo^  yd^  rtg  ov  tiff^«««  rair* 

».  r.  2. 

13)  t.  ScitörrcsN,  borac,  2;  p.  146* 


üiyiiized  by  Google 


Zehnte«  KajiAtei*   $•  1^6.  29^ 

des  EmU  wurde  von  Messiai8  erwiirtel,  and  sw«r,  weil 
Bui  ail  der  Stelle  eus  der  tienetU  die  de»  Zacharias  comp 

binirte,  bei  seinem  fiinzng  in  Jerusalem  *'^).    Dafs  jene 
Weissagung  Jakobs  von  keinem  unsrer  Evangelisten  ange« 
J&brt  wird,  beweist  höchstens,  dafs  sie  bei'm  Niederschrei- 
ben der  vorÜegenden  fircKhlung  sich  derselben  nicht  an«* 
drllckiieh  bewufst  waren:  dafs  sie  aber  auch  demjenigen 
Kreise,  in  welchem  die  Anekdote  sich  zuerst  bildete,  nicht 
rorgesebwebt  iiabe,  iiann  ea  keineswega  beweisen«  Für 
einen  Dorehgang  der  firaftlilang  doroh  mehrere  ll&nde  von 
solehen,  welche  sich  der  ursprünglichen  Beaiehung  auf  die 
Steile  der  Cienesis  nicht  mehr  bewufst  waren,  spricht  al- 
lerdings auch  diefs,  dafs  sie  der  Weissagung  nicht  mehr 
gann.ihnlich  ist»  Sollte  eine  vollkommene  Übereinstimmung  * 
stattfinden,  so  müfste  Jesus,  nachdem  er  dem  Zacharias 
aufulge  auf  dem  £sel   in  die  Stadt  geritten  war,  diesen 
bei*m  Absteigen  an  einer  Weinrebe  angebunden  haben,  statt 
dafs  er  ihn  Jost  im  nächsten  Dorf  (t%heh  Markus  von  einer 
Thttre  am  Wege)  losbinden  lurst,  wodurch  aber  suglefeh  diefs 
noch  erreicht  wurde,  dafs  mit  der  Erfüllung  jener  beiden 
Weissagungen  noch  eine  Probe  des  Übern ntUrlichen  Wis- 
sens Jesu  und  der  magischen  Kraft  seines  Namens  verbun» 
den  werden  konnte.  —  Im  vierten  Evangelium  fehlt  mit  der 
liexiehiing  auf  die  mosaische  Stelle  der  Zug  vom  angebun- 
denen Esel  und  dessen  Ablioluiig,  und  es  wird  mit  allei- 
niger Rflclmicht  auf  die  des  Zacharias  fcnrs  gesagt:  ei^gtäp 
üm()iovj  hcdO^ioev  iu  uuio  (V.  140» 

Das  Nächste,  was  nun  in  Betracht  kommt,  Ist  die 
Huldigung,  weiche  Jesu  vom  Volke  dargebracht  wird«  Nach 


14}  BercscUlb  Rabba  ad  Gen.  49,  II.  (bei  Scimmm,  2/  8. 105)  } 
quaado  Messias  Hicrosolymam  ventet  ad  redimcndum  Itraifli- 
tasy  tuub  ligat  asinum  suum  eique  insidet  et  Hierosol^mom 
venit. 


üiyilizeQ 


t 

t^Htt  .  Zweiter  Ab«ckiiitt« 

allen  Relationen  ausser  der  des  Lukas  bestand  diese  ioi 
Abhauen  Ton  Banmewei^en ,  welehe^  man  nach  den  beiden 

Synoptikern  auf  tleii  Weg  streute,  nRch  Johannes,  der  nä- 
her Falmzweige  angiebt,  Jesu,  wie  es  scheint,  entgegen- 
trug;  ferner  nach  allen  ausser  Johannes  im  Breiten  von 
Kleidern  auf  den  Weg.'  Dazu  iiam  ein  jfnbelnder  Zuruf, 
von  vreichem  alle  mit  unbedeutenden  Mudiiicationen  die 
Worte:  evkoyt^fiivog  6  iQyn/nfvog  iv  orditari  Kvqus  haben, 
femer  alle  ausser  Lukas  das  (ia€cmi ,  alle  endlich  die  Be» 
grafsung  als  König  oder  Sohn  Davids«  Hier  ist  ewar  dna 
n^n"*  K'^n  ■m'^HS  «"^  Ps*  ^O,  eine  gewöhnliche  ße- 
grttfsungsformel  für  Festbesuchendo  gewesen,  Und  auch 
das  dem  vorhergehenden  Verse  desselben  Psalms  entnom* 
mene      niTIt^H  war  ein  gewöhnlicher  Ruf  am  Laubhütteii- 

fest  und  am  Pascha ;  aber  das  hiuEUgeseste  t0  vU? 
JafA6  und  0  ßaatXsvg  TS^InQarl  zeigt,  dafs  man  Jene  all- 
gemeinen Formeln  hier  speclell  auf  Jesum  als  den  Messias 
anwandte,  ihn  in  eminentem  Sinne  willkommen  heifsen, 
und  seinem  Unternehmen  Glück  wttnschen  wollte.   In  Be- 
treff der  Subjekte,  welche  die  Huldigung  darbringen,  bleibt 
Lukas  im  engsten  Kreise  stehen ,  er  knüpft  nfimllch  das 
Breiten  der  Kleider  auf  den  Weg  (V.  3ö.)  an  das  Vorher- 
gehende so  an,  dafs  es  scheint,  als  schriebe  er  es,  wie  das 
Legen  der  Kleider  auf  den  Esel,  nur  den  Jüngern  eu,  wie 
er  denn  die  Loblieder  ausdrücklich  nur  an:av  rn  7t)Jj>oc: 
ton'  //a.7;;Ton'  anstimmen  lufst;  Matthäus  ui^d  IMarkus  da- 
gegen lassen  diese  Huldigungen  von  den  begleitenden  Volks- 
massen ausgehen.  Diefs vereinigt  sich  indessen  leicht;  denn 
wenn  Lukas  von  dem  TtltjS'og  rotv  ftaO^t^mv  spricht,  so  ist 
diefs  der  weitere  Kreis  der  Anliänner  Jesu,  und  antlrci»- 
scits  ist  der  nWzoi  oylog  bei  Matthäus  doch  auch  nur  die 
Qesammtheit  der  ihm  Gttnstigen  unter  der  Menge.  Wäb* 


15)  vgl.  FAVtif;«'  s«  d.  St. 


Digitized  by  Google 


Zehntes  Kapitel.       100.  m 

» 

rend  nun  aber  die  Synoptiker  innerhalb  der  Grennen  de« 
mit  JesQ  reisenden  Festnogs  bleiben,  lüfst  Johannes,  wie 

schon  oben  erwähnt ,  die  ganze  Feierlichkeit  von  solchen 
.nosgehen,  die  von  Jerusalem  aus  Jesu  entgegensogen  (V.  13.)» 
wogegen  dann  die  mit  Jesu  kommende  Menge  den  Einho- 
lenden die  von  ihm  vollbrachte  Anferweckun^  des  Lasa* 
rus  bezeugt,  um  deren  willen  nach  Johannes  die  feierliche 
Einholung  von  Jerusalem  aus  veranstairet  war  (V.  17  f.)» 
Diesen  Beweggrund  können  wir,  da  wir  die  Wlederbele* 
bung  des  Latsarus  oben  kritiseh  besweifelt  haben  ^  nicht 
gelten  lassen;  mit  seinem  angeblichen  Grunde  aber  wird 
auch  das  Faktum  der  Einliolung  selbst  erschüttert,  zumal 
wenn  wir  bedenken,  wie  die  Würde  Jesn  es  pi  erfordern 
schmnen  konnte,  dafs  ihn  die  Davidsstadt  feierlich  einge- 
holt liabe  5  und  wie  es  auch  sonst  zu  den  Eigenthtimlich- 
keiten  der  Darstellung  des  vierten  Evangeliums  gehört,  vor 
der  Anknnft  Jesu  so  den  Festen  die  erwartungsvollen 
den  des  ToIIls  Uber  ihn  su  referiren  (7,  lifL  11,  50.). 

Der  lezte  Zug  in  dem  vor  uns  liegenden  Gemälde  ist 
der  Unwille  der  Feinde  Jesu  über  die  starke  Anliänglicli- 
keit  des  Volks  an  ihn,  welche  sich  bei  dieser  Gelegenheit 
Eeigte.  Nach  Joliannes  (V.  19.)  sprachen  die  PharlsÄer 
£u  eiiiaiiilir:  da  sehen  wir,  dafs  unser  bisheriges  (scho- 
nendes) Verfahren  nichts  nöst;  alle  Welt  hüngt  ihm  ja  an 
(wir  werden  anders  einschreite  müssen).  Nach  Lukas 
(V.  39  f.)  wandten  sieh  einige  Pharisffer  an  Jesam  selbst 
mit  dem  Ansinnen,  seinen  Schülern  Stiilscijw eigen  aufzu- 
legen, worauf  er  ihnen  sur  Antwort  giebt,  wenn  diese 
nicht  mfen,  vrürden  die  Steine  schreien.  Wübrend  Lukas 
und  Johannes  diefs  noch  anf  dem  Ztigi>  vor  sich  gehen  las-  . 
sen,  ist  es  bei  MatthA'us  erst  nachher,  als  Jesus  mit  dem 
Festzug  im  Terajiel  angekommen  war,  und  d!c>  Kinder  auch 
hier  fortfuhren.  Hosianna  dem  Sohne  Davids  eu  rufen, 
daCi  die  Hohenpi*ie8ter  und  Sehriftgelehrten  Jesum  auf  den . 


üiyilizeQ  by 


Zweiter  Abschnitt. 


Oiifiig,  wofttr  sie  es  hielten,  anfmerksam  machten,  worauf 

er  sie  mit  einer  Sentenz  nus  Ps.  8,  3.  (6x  gofttnng  vr^niwt 
xal  ^?;>laJowt»'  xati^oTioai  ahov}  zurücli weist  (V.  15  f.), 
eine  Seiitens,  die  also  hier,  unerachtet  sie  im  Original  sich 
anvenscheinlich  auf  JehoTa  beaieht,  auf  Jesum  angewendet 
wird.  —  Die  von  Lukas  an  den  Einzag  angeknüpfte  Klage 
Jesu  über  Jerusaiem  wird  unten  noch  in  Betrachtung 
kommen* 

Unzweideutig  sprechen  Johannes  und  Insbesondere  Bfat- 

thfius  durrli  sein  lijio  oloy  ylyoiev,  ha  7ilr^Q(i)!>f,  x.  r.X. 
den  Gedanken  aus,  die  Absicht  zunächst  Gottes,  iiv^dem  er 
diese  Scene  veranstaltete,  dann  aber  auch  des  Messias  Je- 
sus, als  Mitwissers  und  Thellnehmers  der  göttlichen  Rath- 
schh'isse,  sei  «Gewesen,  durch  diese  Gestaltung  seines  £in- 
Kugs  eine  alte  Weissagung  zu  erfüllen.  Wenn  Jesus  in 
der  Stelle  des  -Zacharias,  9,  tf«  eine  Weissagung  auf 
sich  als  den  Messias  sah,  so  kann  diefs  nicht  Erkenntnils 
des  höheren  Princips  in  ihm  gewesen  sein,  da,  wenn  die 
Frophetensteiie  auch  nicht  auf  einen  historischen  Fürsten, 
wie  Usia  *  7)  oder  Joliannes  Hyrcanns  ■^),  sondern  auf 
ein  messlanlsches  Individuum  bu  beslehen  ist  '^),  dieses 
wohl  als  friedlicher,  aber  doch  als  weltlicher  Fürst,  und 
swar  im  ruhigen  liesiz  von  Jerusalem,  also  ganz  anders 


16}  So  wie  MattbVut  das  Orakel  anltlbrt,  itt  et  eine  Zutaauaen- 

Setzung  einer  jcsaianischen  Stelle  mit  der  des  Zacharias.  Denn 
das  elTtare  rij  SvyaTQt  S^'iur  ist  aus  Jcs.  62,  11,  das  Weitere 
aus  Zach.  9,  0.,  wo  die  LXX,  etwas  abweichend,  hat:  ISi 
i  fiMiMt  9»  tfX^'^        iUmot  mV  vd^ttp  avrog  mV 

17)  HiTsis,  ttbsr  die  AbfsMoagsseit  der  Orakel  Zach.  9*14.,  in. 
den  fheel.  Studien,  1B30,  1,  8. 36  ff«  besieht  die  Torangehen- 
den  Verse  auf  die  Kriegtthaten  dieses  Httnigt,  also  den  ^e- 
gtnwärti gen  wohl  auf  seine  friedlichen  Tugenden. 

18)  Paulus,  ex.  Haadb.  3,  a,  S.  121  IT. 

19)  UotBswl'Li  BR,  Scbol.  in  T.  T.  7,  4,  S.  274  IT. 


uiyiiized  by  Google 


Zelinief  KapiteL  f.  100.  SUtI 

*  • 

Iiis  JesDs ,  geiliicht  werden  mofs.   Wohl  aber  scheint  Je« 

stis  auf  natürliclieiii  Weg^e  zu  Jener  Beziebtiii^  liabeii  kum* 
lueii  SU  künneii,  indem  die  Rabbinen  die  Stelle  des  Zadui» 
rias  mit  gro&er  Ubereinstimmung  auf  den  Messias  deute- 
ten Namentlich  wissen  wir,  dafs,  weil  die  unsehein* 
bare  Ankunft,  welche  hier  vom  Messias  vorhergesagt  war, 
iin  VV^idersprucli  zu  stehe»  schien  mit  der  glänzenden^  wei- 
che Daniel  vorherFerkfindlgt  hatte,  diefs  dabin  aosgegU« 
chen  EU  werden  pflegte  ^  dafs,  je  nachdem  sich  das  jttdl- 
sehe  Volk  würdig  beweisen  würde  oder  nicht,  sein  Mes- 
sias in  der  herrlichen  oder  in  der  geringen  Gestalt  erschei- 
nen solle  ^0*  ^^r  nun  aueb-  aur  Zelt  Jesu  diese  Unter» 
Scheidung  noch  nicht  aus!*ebildet,  sondern  nur  erst  über- 
haupt eine  Beziehung  der  Stelle  Zach.  9,  9.  auf  den  Mes- 
sias: 80  konnte  doch  Jesus  sich  etwa  die  Vorstellung  ma- 
chen, dafs  jeat,  bei  seiner  ersten  Parusie,  die  Weissagung 
des  Zacharias,  einst  aber  bei  seiner  aweiten  die  des  Da- 
niel an  ihm  in  Erfüllung  gehen  müsse.  Doch  wäre  auch 
das  Dritte  möglich,  dals  entweder  eiji  zufälliges  £lni*eit4Bn 


20)  In  der  Thl.  1.   S.  73.  Anm.  citirteil  CardinaUtclle  aus  Mi- 
t             drasch  Cobcleih  wird  gleich  Antangs  das  Zacharianiacbc  pau- 

per  et  insidest  ssino  auf  deo  Goi^l  pottremut  bezogen.  Die- 
ter Esel  des  Messias  wurde  sofort  mit  dem  des  Abrabam  und  ^ 
Moses  für  identiseb  gebalten,  s.  Jalkut  Rubeni  f.  79  >  3.  4» 
bei  Scatfmaiii  !•  S.  169,  vgl.  EuaiiMBxsmi)  entdecktes  Ju- 
denthum,  2,  S.  697  f. 

21)  Sanliedrin  £.  98,  1  (bei  Wstswik)  :  Dixit  R.  Alexander  :  R. 
Josua  f.  T.cvi  duobus  inter  se  coUatis  locis  tanquam  cootra- 
riit  visia  objccit:  acribitur  Dan.  7j  15:  et  ccce  cnm  nubi- 
bua  coeli  Telut  fiUua  boadnia  renit.  Et  acribitur  Zach.  9»  9 : 
pauper  et  inaidens  ssino.  Vertun  bsec  duo  loca  ita  inter  ae 
coaciliari  poaaunt;  nempe»  si  juatitia  aua  meresntar  laraiOi- 
tae,  Mesaiaa  veniet  cum  nublbua  coeil:  si  autem  non  mere- 
antur^  veniet  pauper,  et  vebetur  aaino. 


Digitized  by  Google 

I 


^0  Zweiter  Abichnitt. 

Jesu  «af  einen  £iel  ron  den  Cliristen  später  aaf  diese  Weiss 
gedeutet  9  oder  dafs,  damit  kein  nessianlsehes  Attribut  Ihsi 
fehle,  der  ganse  fitneng  frei  nach  den  beiden  Welsssgvn* 
frpii  und  der  dogmatischen  Voraussetzung  eines  höheren 
Wissens  in  Jesu  ansgenult  worden  wäre. 


Digitized  by  GoogL 


Dritter  Abschnitt 


Geschichte  des  Leidens,  Todes» 
und  der  Auferstehung  Jesu. 


-  t 


Digitized  by  Google 


Erstes  KapilaL  , 

^  erhältniss  Jesu  zu  der  Idee  eines  lei« 

deiuleu  und  sterbenden  Messias;  seine 
Reden  von  Tod,  Auferstehung  und 

Wiederkunft 


S.  107. 

Oh  JTcfiit  Uüm  Lddeft  o&d  teinen  Tod  in  iMttiaialeii  Ztigen 

▼•riiergetagt  habe? 

Den  Evangelien  zofolge  bat  Jesus  seinen  Jüngern  mehr 
•U  Einmal,  und  schon  geranne  Zeit  Tor  dem  £rfoJg 
Torausgesagt,  dais  ihm  Leiden  und  gewaltsamer  Tod  he- 
▼orsfehe*   Und  ewar  blieb  er,  wenn  wir  den  synoptischen 
Nachrichten  trauen,  nicht  bei  Voraussagung  dieses  Schick- 
'•ais  im  Allgemeinen  stehen,  sondern  bestimmte  den  Ort 
seines  Leidens  rorber,  nXndich  Jemsalem;  die  Zelt  dessel» 
ben :  dafs  eben  anf  dieser  Festrdse  ihn  sein  Sehieitsal  er- 
eilen würde;  die  Subjekte,  von  welchen  er  zu  leiden  ha- 
ben wUrde  ictQxitQUs^  y^aftficntlig f  «ih'?;);  die  wesentllehe 
Form  seines  Leidens:'  Krenslgnng  in  Folge  eines  Richter» 
Spruchs ;  auch  Nebensüge  sagte  er  voraus ;  dals  es  an  Gefs- 
selhiebcn,  Spott  und  Verspeien  nicht  feiileii  würde  (Matth. 
16^  21.    17,  12.  22  f.    2U,  17  ff.    26,  12.  mit  den  Parail., 
Luc«  13,  33.).  —  Zwischen  den  Synoptikern  und  dem  Veiv 
fsscer  des  vierten  Evangelinms  findet  hier  ein  dreifacher 


1)  Was  er  guix  in  der  Nähe  des  Erfolgs,  in  den  lesten  Tagen  ' 
seines  Lebens,  noch  von  einselaen  UmsIXndea  seines  Lei- 
dens vorhersagte,  lisnn  erst  weiter  unten,  in  der  Gescbiobte 
jener  Tage,  in  Betrachtung  koameo« 


Digitized  by  Google 


Dritter  Abschnitt. 


Unterschied  statt.   Für  s  Erste  lauten  bei  dem  Lexteren  die 
Voraussn^en  Jesn  nicht  so  klar  und  deutlich,  sondern  sind 
meistens  in  dnnkler  Bilderi'ede  vorgetrogen  ,   von  welclu  r 
der  Referent  wohl  auch  selbst  gesteht,  dals  sie  den  Jün- 
gern erst  nach  dem  Erfolge  klar  geworden  sei  (2, 
Ausser  einer  bestimmten  Änsseruncr,  dnls  er  sein  Leben 
freiwillig  lassen  werde  (10,  15  ff.j,  spielt  in  diesem  Evan- 
gelium Jesus  auf  seinen  bevorstehenden  Tod  besonders  ger- 
ne durch  den  Ausdruck  vtfmVf  vt/föadtxij  an,  welcher  swl- 
schen  Erhöhung  an  das  Kreus  und  cur  Herrlichkeit  schwankt 
(5,14.  S,  28.  12,  S2.)5  und  vergleicht  die  ihm  bevorstehen- 
de Erhöhung  mit  der  der  ehernen  Schlange  in  der  Wüste 
(3,  .14«)9  wie  bei  Matthlius  sein  Schicksai  jnit  den  des  Jo- 
nas ( 12,  40.};  dann  spricht  er  auch  von  einem  Weggehen, 
wohin  man  ihm  nicht  folgen  könne  (7,  3.'5  ff.    8,  21  f .  > , 
.wie  bei  den  Synoptikern  von  einem  Kelch,  den  er  trinken 
aillMe>^  und  welchen  mit  ihm  su  theilen  seinen  Jüngern 
eehwer  fallen  dOrÜte  (Matth.  20,  22.  parall.);   Sind  auf 
diese  Weise  die  johanneischen  Leidensverkündigungen  min- 
der deutlich  als  die  synoptischen :  so  föngt  dagegen  bei  Jo- 
hannes  Jetnt  weit  früher  mit  diesen  Verkündigungen^  an* 
Bei  den  Synoptikern  fallen  die  bestimmteren  Vorhersagen 
alle  theils  unmittelbar  vor,  theils  auf  die  Iczfe  Reise;  nur 
die  dunkle  Rede  vom  Zeichen  des  Jonas  fiele  früher; 
vogegen  im  vierten  £vangelium  Jesus  bereits  bei  seinem 
'  ersten  Festbeauch  auf  seinen  bevorstehenden  Tod  hinsndeu- 
ten  anfängt.    Endlicli,  wenn  den  drei  ersten  Evangelisten  zu- 
folge Jesus  jene  Voraussagnngen  nur  dem  vertrauten  Kreise 
der  Zwölfe  mlttheilt|  spricht  er  sie  bei  Johannes  dem  Volli 
und  selbst  seinen  Feinden  gegenüber  aus. 

Bei  der  kritischen  l^röfnng  dieser  evangelischen  Nach- 
richten werden  wir  \  om  Speciellen  zum  Allgemeinen  in  der 
Art  fortscJireiten,  fUfs  wir  zuerst  fragen :  ist  es  glaublich,  dafs 
Jesus  so  viele  einselne  Züge  des  auf  ihn  wartenden  Schick- 
eais voransgewulst  habe?  hierauf  untersuchen,  ob  über- 


üiyiiized  by  Google 


£rtu«  KapIteL  f.  107./ 


ti6 


kiipt  dn  YonuMwUmn  und  VnrauttiigeB  aeliM  LMnm 
TOB  Selten  Jen  wahneheljilleh  let;  wobei  denn  der  Un*  . 

terschied  zwischen  der  synoptischen  und  JohanneiBchen  Dar^ 
atellung  von  selbst  zur  Sprache  kommen  wird. 

Wie  Jeeof  die  eiüBelnen  DoMtfinde  ednet*  Leidens  naA 
Sterbens  .so  genau  vorherwlssen  iLonntOi  deren  giebt  es  eine 
doppelte  Crklfirungswelse,  eine  supranaturale  und  eine  na- 
türliche.   Die  erstere  scheint  ihre  Aufgabe  dnrch  die  ein* 
faelie  Bemfong  daranf  ittsen  an  künhesi  dais  rar  den  pre- 
piietlsehen  Geiste,  ireieber  Jesa  In  hdehstsr  FftUe  Inwobn* 
te,  von  Anfang  an  sein  Schicksal  in  allen  einzelnen  Zügen 
ausgebreitet  gelegen  haben  mtts^*   Da  indessen  Jesus  selbsi 
bei  seinen  Leidens? erkttndignngea  aasdrflelUieb  sieh  aaf  das 
A.  T.  berief}  dessen  Weissagungen  auf  Ihn  In  allen  SMI- 
cken  erfüllt  werden  müfsten  (Luc.  IS,  31.  vgl.  22,  37. 
24,  25  ff.   Matth.  IG,  21.   2ü,  54.):  so  darf  die  orthodoxe 
Betrachtungsweise  diese  Hülfe  nicht  verseluuflhen,  sondern 
mmSk  der  Saehe  die  Wendung  geben |  Jeaua  habe,  lebend 
und  webend  in  den  Weissagungen  des  Ä.  T. ,  ans  ihnen 
Biit  Hülfe  des  ihm  Inwohnenden  Geistes  jene  Specialltüten 
sehäpfen  können        Deauiach  mttiste  Jesus y  während  die 
Kunde  ?on  der  Zelt  sehies  Leidens^  wenn  pt  diese  nieht 
etwa  aus  Daniel  oder  einer  ihnllehen  Quelle  bereelmet  ha- 
ben soll,  seinem  prophetischen  Vorgefühl  überlassen  bliebe, 
auf  Jerusalem    als  den  Ort  seines  Leidens  und  Totes 
dureh  fietraehtung  des  Sehickaals  firttberer  Jhepheten  ala 
Tjrpus  des  setnlgea  In  der  Art  gekoiinien  sein,  dala  der 
Geist  ihm  sagte,  wo  so  viele  Propheten,  da  müsse  nach 
höherer  Conse^nens  auch  der  Messias  den  Tod  erleiden  • 
(Lue.  13,  33.);  auf  seinen  Unteifang  In  Folge  lörmüe&er 
VerurtheUung  mlllbte  ihn  etwa  diels  geführt  haben ,  dals 
Jes.  53,  S.  von  einem  über  den  Knecht  Gottes  verhängten 
JäSfft^i  und  V.  12.  daTon  dioRede  ist,  dals  er  iv  zoifi  uvo- 

2)  vgl.  OLBuAvsirt,  h.  Cmam.  i,  S.  528. 
Vat  L^M  Juu  //.  Band.  HO 


Digitized  by  Google 


Dritter  Abschnitt 

0 

fiOic:  iXoyla^fj  C^gl.  Luc.  22,  87.  ^ ;  »eine  Venirfheiliing  darrh 
die  Obcvaten  des  eiyneo  Volks*  bütte  er  vielleicht  aus  Fs. 
118»  HX  i^eseliloiseny  wo  obtoäofi&nfs  ^  welche  den  £ck« 
stein  rerworfen  bftben,.nech  epostoliseber  Deafung  (A.  G« 
4,  11.)  die  jüdischen  Obern  sind;  seine  Übergabe  hu  die 
Heiden  konnte  er  darin  finden,  dafs  in  mehreren  A.  T.li- 
ehen  Klagiiedem,  die  ti^h  aeseimiieeh  deoten  liefsen,  diei 
plagenden  Sabjekte  eis  D'^J^l^,  d.  h*  elf  Heiden,  ersehelp> 

nen;  dafs  sein  Tod  gerade  der  Kreuzestod  sein  würde^  könn- 
te er  theile  an«  dem  Typoi  der  am  Hek  an^binften  eher* 
enge  4.  Hot»  21,  8  f.  (vgl.  Joh.  i,  14.),  tbeile  aoa 
dem  Durchgraben  der  Hände  nnd  FüCse  Ps.  22,  17.  LXX. 
abgenommen  haben;  endlich  den  Hohn  und  die  Mlfsband« 
long  aoe  Stellen,  wie  \m  angefiBhrlen  Paaki  V.  7  &  Jee» 
(•^  «•  dgl.  8oU  nan  der  Jesu  inwohnende  Geist,  wet 
eher  ihm  der  orthodoxen  Ansicht  zufolge  die  Beziehung 
dieser  Weissagangen  und  Vorbilder  aufsein  endliches  Schick* 
eai  erkennbar  naekte,  ein  Geist  der  Wakrkait  gaweeatt 
eeini  aa  aiole  aick  die  Besieknng  anf  Jeenai  ab  dar  wakra 
und  nrsprUngliche  Sinn  jener  A.  T.lichen  Stellen  nachwei- 
sen lassen.  Um  aber  iiar  bei  den  Hauptstellcn  stehen  za 
klelbetti  aa  kat  Jest  eine  gründliaka,  gppmMiaatisak-liistari- 
sehe  Aaslegung  fdr  Alle,  die  siek  ans  dogmatlsekan  Vor» 
aassetzungen  hinauszusetzen  im  Stande  sind,  überzeugend 
nachgewiesen,  daf«  in  denselben  nirgends  vom  Leiden  Chri- 
sti, sondern  ^ee.  50,  Ii.  von  den  MÜshandiungea ,  weleka 
der  Prophet  mi  ardnlden  katta  Jee.  iS.  von  den  llrang- 
salen  des  Prophetenstandes,  oder  noch  wahrscheinlicher 
des  israelitischen  Volks,  die  Rede  sei  **);  dafs  Ps.  118.  voa 
der  unerwarteten  Rettung  und  ErbiMinng  des  Volks  oder  ainea 
Forsten  desselben  gehandelt  werde      so  wie,  da(s  Ps«  SS. 


3)  Obibhivs,  Jessiat,  3,  S.  137  IT. ;  Hitsss,  Comm.  z.  Jes.  8«  SSO» 

4)  (istsrais,         O.  S.  158  ff.  j  Hmie,  8*  577  IL 

ft)  Ds  Wbits.  Comm.  su  den  Psslmea,  8. 124 ff«,  3te  Aufl. 


Krsttf«  Kftpitei.   f.  107. 


ein  bedrängter  Exulant  epreehe      dafe  nber  gar  in  ITten 
Vers  dieses  Psalms  von  der  Kreuzigung  Ciirlstf  die  Rede  , 

sei  (da  doch,  auch  die  unwahrscheinlichäte  Erklärung  des 
n20  durch  perfoderunt  vorausgesext,  diel«  in  keinem  Faile 
eigentlich,  sondern  nur  bildlich  so  Yorstehen,  dasBiid  aber 
aicbt  von  einer  Kreusigung,  sondern  von  einer  Jagd  oder 
einem  Kampf  mit  wilden  Thieren  hergenommen  wäre  } , 
dieCi  wii*d  jezt  nur  nuch  von  jSolchen  behauptet,  mit  wei- 
chen es  sich  nicht  verlohnt  nur  streiten.  Sollte  deoinneil 
JMds  auf  abemattlrllciie  Weise  vermdge  seiner  höheren 
Natur  in  diesen  Stellen  eine  Vorandeutung  der  einzelnen 
Züge  seines  Leidens  gefunden  haben:  su  wäre,  da  eine 
solche  JBesiebung  nicht  der  wahre  Sinn  Jener  Stellen  ist, 
der  Geist  in  Jes«  nicht  der  Geist  der  Wahriieit  gewesen; 
es  wird  also  der  orthodoxe  firltlftrer,  sofern  er  sich  nnr 
dem  Lichte  unbefangener  Auslegung  des  A.  T*  nicht  .ver- 
schliefst, aus  eii;enem  Interesse  an  der  natflrlielien  Ansicht 
liingetrieben,  dais  nicht  höhere  £ingebang|  sondern  eigene 
Combination  Jesom  auf  eine  soldbe  Auslegung  der  A.  T.li- 
chen  Stellen  und  auf  die  Voraussicht  der  einselnen  Zii^e 
seines  künftigen  Schicksals  geführt  habe* 

Dals  es  <iie  herrschende  Pnesterpartei  sein  würde,  der 
er  unterliegen  mttfste,  diefs,  liann  man  idenach  sagen*), 
war  leicht  vorauszusehen,  da  diese  theils  vorzü^licli  gegen 
Jesum  erbittert,  theils  im  iiesiz  der  erforderlicheu  Macht 
war;  dals  sie  Jerusalem  cum  Schaupias  seiner  Verurthei> 
iung  und  Hinrichtung  machen  würde,  ebeuialls,  da  hier 
der  Mittelpunkt  ihrer  Stärke  war;  dafs  er,  \on  den  Ober- 
sten seines  Volks  verurtheilt,  den  Hümern  zur  iüjirichtung 
wür^e  ttbergebea  werden  ^  folgte  aus  der  damaligen  lie> 


6)  Ders.  ebendss«,  8«  514  ff. 

7)  Paulos,  exeg.  Handb.  3,  b,  S.  677  ff.  und  db  Warn  «•  d.  81. 

8)  diese  Ansicht  susgeilihrt  bei  iPatrstcMS,  Csbub.  Sa|M«rcl 
p.  381  f. 

20  ♦ 


Digitized  by  Google 


Dritter  Absehnltt 


schWIiikiiiig  der  jüdischen  GerichtsbarkeU ;  dafs  gerade  der 
KrettseeCod  Aber  ihii  verhfingt  werden  würde,  konnte  ver* 
■lathel  werden,  du  dieee  Todetnrt  bei  den  Riemern  ne« 

mentlich  gegen  Äufriilirer  verfügt  sn  Vierden  pflegte;  Hafs 
endlich  Geifselung  und  Verspottung  nicht  fehlen  w<irde, 
Utd  «ieh  gleiebfelle  römiseber  Sitte  und  der  Hoheit 
damaligen  Geriebtsrerfahrene  snai  Vorant  liereehnen»  ^ 
Doch,  genauer  die  Sache  erwogen,  wie  lionnte  denn  Je« 
ans  so  gewifs  wissen,  ob  nicht  lierodes,  der  eine  gefährli- 
«Im  Aufmeriuambeil  auf  ihn  geriebtet  hatte  (Luc.  1^  310, 
der  Priesterpartei  sovorkoninien ,  nnd  an  dem  Horde  dea 
Täufers  auch  den  seines  Nachfolgers  fttgen  würde?  Und 
wenn  er  auch  gewU's  sein  zu  dürfen  glaubte,  dafs  ihm  nur 
von  Seiten  der  Hierarchie  her  wirkiicbe  Gefahr  drohe, 
wer  yeraieharto  ihn  denn,  dafii  nieht  einer  Üirer  tnmnltua- 
risehen  Mordrereaeiie  (vgl.  Job.  Sj  80.  10,  SlO  ^oeh  end« 
lieh  gelingen,  und  er  also,  wie  später  Stephanus,  ohne 
weitere  Förmlichkeit,  und  ohne  vorglingige  Ablieferang  an 
die  Eümer,  aein'en  Tod  auf  gana  andre  Weise,  als  dnreh 
die  rdmisehe  Strafe  der  Kreusigung,  finden  könne?  End- 
lich, wie  konnte  er  so  zuversichtlich  behaupten,  dafs  ge- 
rade der  nächste  Aiisehlag,  nach  so  vielen  mifslungeiien,  sei« 
nen  Feinden  giüeken,  und  eben  die  Jeat  lievorsteiiendo 
Festreise  seine  leate  sein  würde  ?  —  Indessen  kann  aaeh 
die  natürliche  Erklärung  hier  die  A.  T.lichen  Stellen  eu 
Uttlfi^  nehmen  nnd  sagen,  Jesus  liat»e,  sei  es  durch  An- 
wendung einer  anter  seinen  Voiksgenossan  damais  übii« 
eilen  Ansiegungsweise,  oder  ron  eigenthflndieben  Ansiebten 
geleitet,  in  den  sclion  angeführten  Schriftstellen  näheren 
Aufschi ufs  über  den  Hergang  bei  dem  ihm  als  Messias  iio- 
Torttelienden  gewaltsauMn  £nde  gefunden^).  Ailein  wenn 
sehen  diels  sehwer  an  lieweben  sein  müehte,  dafs  liereita 
au  Lebaeiten  Jesu  alle  diese  verschiedenen  Stellen  auf  dea 


9>  t.  Famseaa,  a.  a»  O« 

f 


Digitized  by  Google 


Erstes  Kaplt«ll  f.  m.  MI 

Mettiat  betfofsn,  worden  defe  über  Jetve  eelMslitt* 

dig)  ?or  dem  Erfolg,  auf  eine  eelehe  Besiehun^^  gans  hete- 
rogener Stellen  gekommen  sei,  ebenso  schwer  denkbar  ists 
so  würe  riaa  vollends  dem  Wunder  ähnlich,  wenn  einer 
falsehen  Deatnng  der  Erfolg  doeh  wirklleh  entspreel^n  iMben 
sollte;  Itberdieis  aber  relehen  die  A.  T.llehen  Orakel  «nd 
Vorbilder  nicht  einmal  hin,  um  alle  einzelnen  Züge  in  der 
Vorherverkiindigung  Jesu,  namentlich  die  genaae  Zeiths 
etimmnng,  nn  erklären* 

Kenn  somit  Jesas  weder  enf  ttbemotflrilelie  ned^ 
auf  natürliche  Weise  eine  so  genaue  Vorkenntnifs  der  Art 
ttud  Weise  seines  Leidens  und  Todes  gehabt  haben :  so 
Im!  er  sie  ttberhenpt  nieht  gehabt,  nnd  was  Ihm  die  Eran- 
geiisten  davon  In  den  Mund  legen,  Ist  akoaflclnlttm  post 
rventum  anzusehen  ' Uiebei  hat  man  nicht  ermarif^elt, 
den  synoptischen  Berichten  gegenüber  den  johanncischen 
sn  erheben,  Indem  eben  die  speelelien  Züge  der  Voraossa- 
gu ng,  wetbhe  Jesns  nIeht  so  gegeben  haben  kann,  nnr  bei 
den  Synoptikern  sich  linden ,  während  Johannes  ihm  nur 
anbestimmte  Andeutungen  in  den  Mund  lege,  and  von  die- 
sen seiiie^  nach  dem  Erfolg  genlaehte  Auslegung  dersetben 
nntersehelde ,  anm  deutliehen  Beweis,  dsfs  wir  In  seinem 
Kvangelium  allein  die  Reden  Jesu  unverfalseht  in  ihrer  ur- 
sprünglichen Gestnlt  besitzen  Allein  näher  betrachtet 
▼erhält  es  sieh  nicht  so,  dals  auf  den  Verfasser  des  vier- 
ten Bvangelinms  nur  die  Schuld  Irriger  Deutung  der  übri- 
gens unverfölscht  erhaltenen  Aussprüche  Jesu  fiele,  son- 
dern an  £iner  Steile  wenigstens  hat  er,  zwar  dunkel,  aber 
doch  unverkennbar,  die  Voraasbeaeiehnung  seines  Todes 


it)  Paüujs,  ex.  Handb.  2,  S.  415  fT. ;  Aniwoif,  bibU  Theoi.  2,  S77f.> 
RAiiiR,  btU.  Threl.,  I,  S.  246.  Aach  li'amscsB ,  a«  a«  O., 
rSemt  diets  anm  Thetl  ein. 

11)  Bkrtkoldt,  KinlHhifi»  m  H.  N.  T.  S.  1305  ff.  $  WsSSCBSiasa^ 

JflialeH«  in  da»  b\  ao^.  Joliannis ,  S.  271  f. 


Digitized  by  Google 


J)ri tt«r  AbsolftiiHi. 


nl«  KrMmtlmiM  Ihm  fn  <l«n  Hand  üfel^c^  mithin  die  ei|ft* 
nen  Wi»r(e  ^etn  niieh  dem  Brfbiff  Terffndert.  Wenn  nffm- 
il^h  Jesus  hei  Johfinnes  tonst  passivisch  von  einem  rif)"}" 
^inu  den  Menschensohns  spricht,  so  konnte  er  hiemit  itwnr 
ttSerfleherweTse  seine  Erhehnnjr  'isnr  Herrlichlceii^  meinen, 
i^iewohl  dtof«?  3,  14.  wporpn  der  Verorleichnng'  mif  Hpr  mo- 
snischen  Schlanze 9^  die  bekanntlich  an  einer  Stan^  er- 
h5ht  worden  ist«'  bereits  schwer  fRlIt:  nher  wenn  er  non 
28.  das  Erhöhen  des  Mensehensohns  eis  Thet  seiner 
Feinde  darstellt  (^nrav  rifn')f7}-rF  rnv  vinr  r.  a.^.  so  koiui- 
ten  diese  ihn  nicht  unmittelbnr  zur  Herrlichkeif .  sondern 
nnr  sam  Kren^  erheben,  und  Johannes  mnfs  also',  wenn 
itnüer  obij^res  Re^nftat  freiten  soll ,  diesen  Ausdruck  selbat 
p«hildef,  oder  doch  die  aram?ilschcn  Worfe  flesii  schief 
IlHep^ezt  hahoa ,  nnd  er  fällf  daher  mit  den  Synoptikern 
Im  We^ent1ich<*n  nnter  eine  Katejsforie.  Dafs  er  übrigens 
(^»•Bri^enfhMIs  das  Restimmte,  was  er  sich  dabei  dachte,  Je- 
«im  in  dti'ikeln  /V'isdrnckcn  vorfrajrpti  ilors ,  dicO?  Iiat  in 
d«r  cr<^naen  Manier*  dlo^jcs  Evangelisten  seinen  GrnnH,  des- 
sen Nelfl^n|(  isn-n  Rfith^el  haften  und  Mysteriösen  hier  der 
Porflemns^,  Weiwsrnn?en,  die  nicht  irerstanden  worden 
w^r^n ,  auch  nnv ^rstftndlich  einzurichten^  auf  erwünschte 
Art  enffiregenUam. 

Je^n  auf  diese  Weise  eine  Vorherverkiindiirnnflr  der 
e*n9seln<»*i  Zfl«e  seines  Leidens,  namentlich  der  schmaehvol« 
len '•Krenz'^un^ ,  ans  dem  Krfolge  heraus  in  den  Mund 
SU  legen,  dazu  war  die  urchristlichc  Sa^e  hinlänglich  ver- 
anlafst  Je  mehr  der  gekreuzigte  Christus  %dafotg  fth 
antl  '(la\'iv^'*Ellf^m  Si  fiojolet  war  (l  Kor.  1,  230?  desto 
mehr  that  es  N'oth,  diesen  Anstofs  auf  alle  Welse  hlnwej^- 
zu<»chalTen ,  und  wie  hiezu  unter  dem  Nachhergoschehenen 
heionder^  die  Auft^rst^hang,  als  gleichsam  die  naohträg- 
liehe  AiiHiebiin!f  fenes  sohmachTollen  Todes,  diente:  so 
muikte  es  erwflfki^ht  sein.  Jener  anstSleli^n  Katastrophe 
auch  schon  vorläufig  den  Stachel  en  benehmen |  was 


Sritei  KapiieL  f.  lOS.  III 

w^tht  Mttsr,  ab  4mb  eine  eeWie  Voriierveililliidlgwig^ 

geschehen  könnte.  Denn  wie  das  linbedeofendste,  prophe- 
tUch  Yorausrerkiindigt,  durch  solche  Aufnahme  in  den  Zu- 
•eoiiBenheng  eines  höheren  Wissens  Bedeutung  gewinnt: 
ee  hArt  des  SehmihlichaCe ,  lolNild  et  eb  Menent  ei- 
nes gdttttehen  Heilplans  irerhergesagt  wird,  auf,  tehniib» 
lieh  so  sein,  und  wenn  dann  ToUends  eben  derjeni- 
ge y  über  welchen  et  verhängt  ist,  sogleich  den  propheU- 
aelMR  6eiat  beaist,  ea  yeniiiaMiaelieii  and  TeranaBoaagen: 
ao  beweiat  er  aleh,  indem  er  nieht  Uefa  leidet,  aondem  aneii 
das  güttliche  Wissen  um  sein  Leiden  ist,  als  die  ideale 
Macht  (Iber  dasselbe«  Noch  weiter  lat  hierin  der  vierte 
EvangelUt  gegangen ,  indem  er  ea  der  Ehre  Jean  aebuldig 
sifaein  glaabte,  Ihn  anoli  ala  die  reale  Maeht  elier  aein 
Leiden,  als  denjenigen,  welchem  nicht  fremde  Gewalt  die 
t/füX^  entreisse,  sondern  der  sie  mit  freiem  Willen  hinge- 
be^  darmoatellen  ilO^  17^0»  eine  Daratellnngy  sn  weicher 
•brigena  Matth.  wo!  Jeaaa  die  HOgllehlieit  beha«|^ 

tet,  EU  Abwendung  seines  Leidens  den  Vater  nm  Engelle- 
gioueii  «u  bitten^  bereite  ein  Anaas  ißU 

f.  loa. 

Jesu  TodesverKUndigung  im  Allgemeinen;  ihr  Vcrhaltniti  zu  den 
jüdischen  Afessiasbegriffen;  Auitprüche  Jeiu  Uber  den  Zwecli 
und  die  Wirkuagan  laiBCi  Todes. 

Ziehen  wir  aof  diese  Weise  Ten  den  Anaserangen, 

w  elche  die  Evangelisten  Jesu  über  sein  bevorstehendes  Schick- 
sal in  den  Mund  legen,  alles  dasjenige  ab,  was  die  nähere 
Beatlmmtheit  dieser  Katastrophe  betrifft :  ao  bleibt  ans  doch 
noch  ae  viel,  dafs  Jesus  ffberhaupt  ^orherTerlLAndigt  habe, 
ihm  stehe  Leiden  und  Tod  bevor,  und  zwar  insofern  in 
den  A.  T.lichen  Orakeln  dem  Alesslas  ein  solches  Schick- 
aal TeraesbestiaBmt  sei.  Da  nvn  aber  die  angefahrten  A.* 
T.iieben  Hanptslellen^  welche  von  Leiden  und  Tod  handeln, 
nui*  uiit  Unrecht  auf  den  31oddiu5  bezogen  werden  ^  und 


uiyitized  by  Google 


I 


M  Dritlcr  Abtehnitl. 

9mA  nmlMy  wie  Dun.  Zuch.  IS,  1«,  dieM  Bcsi^ 

•lung  nidbc  iMibMi M  werim  ütk  wfeibrM  |i;eni4e  ilie 

OrthoHoxon  am  meisten  hUtm  müssen ,  dem  iibernnttirli- 
chen  Princip  in  Jesu  eine  so  faltche  Oentnng  der  betre'*- 
fenden  Weiseefonfen  BOMuiehfeiben.  Dtdk  statt  deeeen  Je» 
•ne  mSiflleherweise  dnveh  rein  netArttehe  Comblnetionen 
das  allgemeine  Resultat  herausgebracht  haben  könnte:  da 
er  die  Uiererchie  seines  VoUks  sieb  cor  nnversöbnlicben 
Feindin  gMMoht|  io  bebe  er,  eefern  er  rae  der  Buhn  eei* 
nee  Bemlb  nieht  m  weichen  fest  enteefaioeeen  wer,*  toii 
Ihrer  Rachsacht  and  Ubermacht  das  Äusserste  zu  fürch- 
ten (Job*  IO9  11  ff*)  7  ^^^^  Schicksal  mehrerer 
friheren  PM^heten  (Matth.  6,  IS,  21,  M  ff.  Lae.  IS,  SS  f.), 
nnd  einnelnen  dahin  gedentaten  Wielatagnngen  aneh^eiek 
ein  fibnilehes  Ende  pregnosticiren,  and  demgemäfs  den  Sei- 
nigen voraussagen  konnte,  es  stehe  ihm  früher  oder  spä- 
ter ein  gewaltsamer  Tod  berer^  — •  das  sollte  num  nicht 
Mhv  mit  nnnSthlger  Überspannong  dee  supranatorallstl- 
eehen  Standpnnkfs  lengnen,  sondern  der  rationalen  Be- 
trachtungsweise der  Sache  einriiumen 

£s  kann  anftallen,  wenn  wir  nach  diesem  Zugeständ- 
nis noch  die  Frage  machen,  ob  es  der  N.  T.liehen  Dar> 
steltnng  nnfolge  auch  wahrschelnileh  sei,  dafii  Jesos  wirk- 
lich jene  Voraussage  gegeben  habe?  da  {a  eine  allgemeine 
VorbenrerkQndigung  des  gewaltsamen  Todes  das  Mindeste 
Ist,  was  die  erangellschen  Nachrichten  am  enthalten  sehei- 
nen. Die  Bblnang  mit  dioser  Frage  ist  aber  die,  oh  der 
£rfolg,  namentlich  das  Benehmen  der  Jünger,  In  den  Evan- 
gelien so  beschrieben  werde,  daU  eine  vorausgegangene  Üir- 
ttffniing  Jean  Aber  sein  bevorstehendes  Leiden  dami^  fer- 


I)  baaisly  Ubarsest  nnd  erUVrt  Toa  Bimour,  S,  8.  541  If. 

660  ff.  Rofnodfiiam,  Schol.  la  V.  T*  7,' 4,  8«  SS9ff. 
S)  9m  Warm,  de  aMrte  Christi  expiaieris,  in  dessea  Opuicola 

thsel.,  p.  150.  Uass,  L.  J.  106. 


Digitized  by  Google 


I 


Erstes  Kapitel,  f.  lOS.  M 

*  I 

elnber  sei.  Ten  den  JOngern  nnn  besAerken  Ae  Bvenge- 

listen  fiasdrficklich ,  dafs  sie  In  die  Reden  Jesa  Ton  dem 
ihm  bevorstehenden  Tode  und  der  Anferstehung  sich  nicht 
allein  nicht  haben  finden  können ,  In  dem  Sinne  |  dmis  sie  - 
die  Ssehe  sieh  nielit  «neehtsnlegen ,  mit  ihren  Tergefiifs- 
ten  Messlesbe^ffen  nicht  en  reimen  wofsten,  wie  Petrus, 
\Tenn  er  Jesu  auf  die  erste  Todesverkandigun|r  hin  zurief: 
Haag  cot  KvQur  h  ntj  egai  aoi  raro  CMatth.  Id,  22.)  9  Sen- 
dern wenn  Lukas  das  ol  di  ^yvoew  to  (irjfiü  des  Harkns 
(9,  32.)  so  welter  aasfDhrt;  rai  7:v  naQaxfxalvfiftifOv  an 
ccinTtv  %va  f/yj  oto^omai  avjo  (9,  45.)  J  «o  ist  hiemit  selbst 
das  einfache  Wortverstfindnifs,.  das  Fassen»  wovon  die  Re- 
de Ist^  den  Jflngem  abgesprochen.  So  trifft      denn  auch 
hemaeh  die  Vemrthellang  nnd  Hinrichtung  Jesn  TttUIg  nn» 
vorbereitet,  und  vernichtet  defswegen  alle  Hoffnungen,  die 
sie  aaf  ihn  als  Messias  gesezt  hatten  ( Luc.  24 ,  20  f. : 
igwQiüaw  aweiir  ^ftdg  di  ^iT^oftiv,  an  avT6g  igw  0  ^ifiU  I 
Xm  XvtfmüStti  %Qv  ^lüQariX'^,   Allein  hatte  Jesus  mit  den 
Jüngern  so  ganz  7ia^[ir^oLre  (Marc.  8,  32.)  von  seinem  Tode 
gesprochen,  so  mufsten  sie  seine  klaren  Worte  nothwen^ 
dig  aneh  fassen^  nnd  hatte  er  ihnen  seinen  Ted  als  gsgrfln- 
det  In  den- messlanlsehen  Weissagungen  des  A.  T.,  mithin 
cur  Bestimmung  des  Messias  gehörig,  nachgewiesen,  so 
konnten  sie  nach  seinem  wirblich  erfolgten  Tode  den  Glau* 
ben  an  seine  Messianitit  nicht  so  gana  verlieren«  Mit  Un- 
recht »war  hat  der  Wolfenbflttler  Fragmentist  In  dem  Be- 
nehmen Jesu,  wie  es  die  Evangelisten  schildern,  Spuren 
auffinden  wollen,  dafs  auch  ihm  selbst  sein  Tod  nncrwar- 
tet  gekommen  sei:  aber  das  Resultat,  vrelches  er  nieht^ 
behalt,  aneh  wenn  Uoft  anf  das  Benehmen  der  Jünger  ge- 
sehen wird,  seine  Gültigkeit,  dafs  nämlich,  nach  demsel- 
ben eu  urtheilen,  Jesus  den  Jiingern  keine  vorläufige  Mit- 
theilung Über  seinen  bevorstehenden  Tod  gemacht  haben 
kenne,  sondern  sie  scheinen  bis  auf  die  leste  Zeit  hinaus 
In  diesem  Stttck  die  gewöhnliche  Ansicht  gehabt,  und,erstv 


üiyiiized  by  Google 


314  Dritter  Abcuhttitt. 

• 

nachdem  sie  der  Tod  Jesa  anerwartet  getroffen,  nus  tiem 
Erful^  das  Merkmal  de«  Leidens  und  Sterbens  in  ihren 
BfeMiAsbegriff  aafgenonoien  su  haben  Allerdings  mOa- 
•en  wir  Jiier  das  Dilenuna  «teilen :  entweder  sind  die  Ai»- 
gaben  der  Evanfrelfsten  Ton  dem  Nfebtveritelien  der  Jlln* 
ger  and  ihrer  Überraschung  bei'm  Tode  Jesu  unhistorisch 
übertrieben,  oder  sind  die  bestimmten  Aossprficbe  «lesn 
über  den  ihm  berorstebenden  Tod  ex  eventu  gemaeht,  nnil 
er  kunn  nicht  einmal  Im  Allgemeinen  seinen  Tod  als  so 
seinem  messinnischen  Schicksal  gehörig  vorhergesagt  haben. 
In  beiden  Hinsichten  konnte  die  Sa^e  zu  unhlstoriscbeu 
Daratellnngen  Teranlafst  sein:  mnr  IMiebtang  einer  Vor» 
aussage  seines  Todes  Im  Allgemeinen  darcb  dlesellien  Grün- 
de, welclie  oben  als  Motive  geltend  gemacht  worden  sind, 
ifim  die  VorherverkCindignng  der  einzelnen  ZOge  seines 
Leidens  in  den  Mond  sn  legen;  Bur  Fiktion  eines  so  vttl- 
ligen  UnTerstandes  von  Seiten  der  JUnl^er  aber  konnte  man 
sich  theils  dnrcli  die  Neigung  veranlafst  sehen ,  die  Tiefe 
des  von  Jesu  eröffneten  Mysteriums  von  einem  leidenden 
Messias  mittelst  des  Nicbt?erstebens  der  J  Anger  mn  beben, 
theils  dadurch,  dafs  man  in  der  e?angelischen  Verkündl» 
gung  die  Jünger  vor  der  Ausgiefsung  des  Geistes  den  eu 
bekehrenden  Juden  und  Heiden  verühnlichte,  welche  Al- 
les eher,  als  den  Tod  des  Messias ,  begreifen  konnten« 

Um  dieses  Dilemma  einer  Kntseheldung  entgegensnÜRb» 
ren,  müssen  wir  eavörderst  die  damaligen  Zeitvorstellun- 
gen über  den  Messias  darauf  ansehen,  ob  wohl  das  Merk- 
mal des  Leidens  und  Sterbens  schon  ror  vnd  nnabhfingig 
Ton  Jeso  Tod  in  denselben  enthalten  war  oder  nicbt.  War 
es  sebon  bu  Lebeeiten  Jesu  Jüdlsehe  Vorstellung,  dafs  der 
Messias  eines  gewaltsamen  Todes  sterben  müsse :  so  hat 
es  alle  Wahrscheiiilichkeiti  dals  auch  Jesus  diese  Vorstel- 
lung in  seine  Überaengung  au^nomoMn  und  seinen  JOa* 


i}  Vom  Zweck  Jesu  und  iciacr  Jünger,  S.  114  £  155  f* 


Eritet  Kapitel,  f.  IttS. 


gern  mitgetheiit  htkbey  welehe  dann  um  «o  weniKor  In  die- 
aem  Stiicke  so  unbelehrt  bleiben  und  ?cin  wirkitcban  Er- 
folg so  gfina  dnrniedergeschJngen  werden  konnten;  war 
dagegen  jene  Vorstellung  vor  Jesu  Tode  nicht  unter  aeinen 
Landslenten  verbreitet,  ao  bleibt  ea  swar  Immer  noeh  m8g- 
lieh,  data  «lesoa  durah  elgenea  Ralaonnemeiit  auf  dieselbe 
kommen  Itonnte,  aber  eben  so  mö<rllcli  ist  dann,  dnfs  die 
Junger  erst  nach  dem  Erfolg  das  Merkmai  des  Leldena  und 
Todes  in  ihren  Measlasbegriff  aufgenommen  haben. 

Die  Frage  I  ob  die  Vorstellung  von  einem  leidenden 
lind  sterbenden  Hesslas  au  Jesn  Zeit  bereits  unter  den  Ju- 
den verbreitet  gewesen  sei ,  gehört  eu  den  schwierigsten, 
und  über  welche  die  Theologen  noch  am  wenigsten  aum 
flnverstlEndnirs  gekommen  sind.  Und  swar  Hegt  die  Sehwie- 
rigkelt  der  Frage  nicht  in  theologischem  Parteiinteresse,  so 
dafs  man  hoffen  könnte ,  mit  dem  Aufkommen  unparteii- 
scher Forschung  werde  sich  die  Verwicklung  lösen,  da 
Tielmehr,  wie  StXudlin  treffend  nachgewiesen  hat  ^ ,  ao- 
wohl  das  orthodoxe  als  das  rationalistische  Interesse  Jedes 
auf  beide  Seiten  hintreihen  kann ,  wefswegen  wir  denn 
auch  auf  beiden  Seiten  Theologen  von  beiden  Parteien  fin- 
den'): sondern  die  Schwierigkeit  der  Sache  liegt  in  dem 
Mangel  an  Naehrfehten,  und  in  der  Unsicherheit  derjeni- 
gen, welche  vorhanden  sind.  Wenn  das  alte  Testament  die 
Lehre  von  einem  leidenden  und  sterbenden  Alessias  ent- 
hielte ,  ao  würde  hlerana  allerdings  mit  mehr  aia  bloiser 


4)  Über  den  Zweck  und  die  Wirkungen  des  Todes  Jesu,  in  der 
Göttingischcn  Bibliothek,  1,  4,  S.  252S. 

5)  s.  das  Verseacknits  bei  »s  Witts  a.  a.  O.  S.  6  (T.  Die  bc- 
dealendtten  Stimmen  IBr  das  VorbaadeateiD  der  IraaUcbea 
Vorstellung  schon  su  Lebseitea  Jesu  haben  abgegeben  Stavd- 
un  in  der  angcf.  Abb.  in  der  Glitt.  BibUoth.  1,  8.  233  ff.  und 
HairstrsKiiKRS ,  Christologie  des  A.  T. ,  1,  S.  270  ff.  b| 
S.  290 ff. ;  für  die  entgcßcngesexle  Ansiclit  dk  Wstt«,  in  der 
angef.  Abb.  ^  Opusc.  S.  1  ff. 


oiyui^ca  GoOglc 


Driller  Akschaiiu 


Wnlinialitiiiltohkeil  lolgwiy  d»ü  «le  •«eh  unter  den  Juden 
M  Jesu  Zell  rerbenden  geweeen:  te  hin|(ipgen,  da  naeh 
den  neuesten  Untersnehnngen  wohl  die  Lehre  ron  einer  In 

der  messianischen  Zeit  voreunehmenden  Siihnung  des  Volks 
CKeech.  36,  25.  37,  S3.  Zach.  13^  1.  Dan.  tf,  24.)  sich  im 
A.  T*  findet,  eher  heine  Spter .deren,  dalli  dleae  Sllhaong 
dnrch  Leiden  ond  Ted  des  Meeaiee  ra  Blende  kämmen  tol- 
le ^) :  so  ist  von  dieser  Seite  her  lieine  Entscheidang  der 
irorgelegten  Frage  au  erwarten.  Mäher  liegen  der  Zeit  Je- 
an die  A«  T.Üehen  Apekryphen:  aber  da  diese  ttherhanpt 
Tom  Bfessias  sehweigen,  so  kann  aveh  ron  Jenem  speelellen 
Zug  im  Bilde  desselben  keine  Rede  sein  ^)  ;  so  %vie  auch 
von  den  beiden  das  fragliche  Zeitalter  am  nlichsten  berfih- 
renden  Sehriftslellem,  Philo  luid  Joeephne,  der  lasiere  dli* 
messlanisehen  Hoffnungen  seiner  Halion  versehweigt d^r 
erstere  Hohl  messianlsche  Zeiten  and  einen  oies^iasartigen 
Helden,  aber  nichts  ron  einem  Leiden  desselben  hat^).  Es 
bidben  also  nnr  das  N.  nnd  die  spiteren  Jfidisohen 
Sehriften  eb  Quellen  übrig. 

Im  N.  T.  hat  es  fast  durchaus  das  Ansehen,  als  hätte 
an  .einen  leidenden  and  sterbenden  Messias  unter  den  mit 
Jestt  lebenden  Joden  Mlemand  gedaehl.  Wenn  der  Mehr> 
■ahl  der  Juden  die  Lehre  rem  gekrenslgten  Messias  ein 
axdvda) Ol'  war;  wenn  die  Jünger  Jesu  in  seine  wiederhol- 
ten deutlichen  TodesverkUndigungen  sieh  nichl  finden  konn- 
ten: so  siehl  diefs  doch  gar  niehl  aus,  als  ob  die  Lehre 
von  dnem  leidenden  Messlas  unter  den  Juden  jener  Zeil 
im  ümlaof  gewesen  w6're;  vielmehr  stimmt  mit  diesen  Um- 
ständen die  Behauptung  völlig  ttberein,  welche  der  vierte 
fivangeUsl  dem  Jttdlsehen  ox^  in  den  Mund  legi  (12,34.), 

6)  OS  WsTRy  bibl.  Dogm.  ^.  lOtf.  BiiMAStaii  •  Cavtnt,  bibl. 
Theol.  ^.  S4. 

7)  «.  »»  WiiTTK,  a.  a.  O.      189  ff. 

8)  vgl.  HB  Wktt«,  n.  a.  O.  ^.  19J. 

9)  GimönsAy  fhilo^  1,  S.  493  ff. 


I 


sie  haben  ans  Hern  voficg  gelernt,  uzi  6  XQ^gog  yhu  itg  tw 
mSm  ^^}m  Doch  eine  aUgeneiiie  Gellung  der  Idee  des  leU 
denden  Meeslee  nnCer  den  damaligen  Juden  liehaapten  aneh 
jene  Theologen  nicht,  sondern  die  Hoffnung  auf  einen  welt- 
lichen, endlos  regierenden  Metsiae  ab  die  herrechende 
einrlnaend,  halten  tie  nnr  daran  ftet»  werin  aelbat  der 
WolfenbOttler  Fregmentiet  mit  Ihnen  flbereinttimmt  ■ ' ),  dafs 
eine  minder  zahlreiche  Partei,  nach  StÄudlin  namentlich  die 
£ssener,  nach  Henosunbbro  der  bessere,  erleuehtetere  Tiiell 
des  Volke  ttberhaupt,  einen  eolohen  Meeeiat  angenommen 
liabe,  weleher  nnniehtt  in  Niedrigkeit  erseheinen,  nnd  erat 
durch  Leiden  und  Tod  zur  Herrlichkeit  eingehen  würde, 
liiefür  beruft  man  sich  besonders  anf  awei  Stellen ,  eine 
nus  dem  dritten ,  nnd  eine  ans  dem  vlerCen  fivangeltnaiu 
"Wie  Jesne  als  nnmündiges  Kind  Im  Tempel  nn  Jemsalem 
dargestellt  wird,  spricht  der  greise  Simeon  unter  andern 
Weissagungen,  namentlich  über  den  Widerspruch,  welchen 
ihr  Sohn  einst  linden  werde 9  «1  Haria  aneh  die  Wertes 
Mtä  Ott  di  avrrjg  rijv  ^vxrjv  SteXivonm  (fOfiqftda  (Lve.  S,  S5.)f 
wodurch  ihr  mütterlicher  Schmers  über  den  Tod  ihres  Soh« 
lies  beaeichnet,  also  die  Ansicht,  dafs  dem  Messias  ein  ge* 
walteaflMr  Tod  hereretehoy  nie  eine  lehon  wor  Ghriate  vor* 
handene  dargestellt  sn  werden  edieint»  Noeh  dentlteher 
liegt  die  Idee  von  einem  leidenden  Messias  in  den  Worten, 
welche  das  vierte  £vangelium  C^»  Tliufei% bei'm 

Anbliek  Jeen  apreehen  Ufiity  er  ael  d  aftvig  w  ^ea  6  §£• 
^tof  tri»  äfiaQtUtP  tS  »oofiBf  ein  Antepmeh^  weleher,  in 
seiner  Beziehung  auf  Jes.  53.,  im  Munde  desTXafers  gleich- 
falls dafür  sprechen  wfirde,  dafs  die  Vorstellung  eines  sfth- 
nendcn  i^j^fff^f  dee  Metaias  OThiw  yinp  Jew  Torh  enden  ge* 


10)  Eine  Stelle  aus  dem  eigentlichen  r^^ot  mtfchte  hie^  tchnrer  ^ 
SU  finden  teiaj  na  Warn ,  de  morte,  S.  72.  denkt  an  Jes« 
9,  5»  UTcKB,  s..d.  St,  sn  Ft.  110,  4.  Dan.  7,  14«  ||  4ir 

11)  Vom  Zweck  Jesu  und  seiner  JUngcr,  S»  179  U 


üiyiiized  by  Google 


Dritter  Abtohnitt. 


weten  «et.   Allein  beide  Stellen  tind  bereits  oben  als  un- 
liistoHiich  iinehgewiesen ,  nnd  et  darf  daraus,  dafs  die  ur- 
clirUtliche  Shoc  geraume  Zeit  nach  dem  Erfolge  sich  be- 
trogen fand,  Personen,  welche  sie  für  gottbegeisterte  hielt, 
eine  Vorkentitiiifs  des  göttlieben  Rathschiusses  hinsicbtiich 
des  Todes  Jesu  in  den  Mund  so  legen ,  keineswegs  gefol* 
gert  werden,  dafs  wirklich  schon  vor  dem  Tode  Jesu  die- 
Einsicht  vorbanden  gewesen.  —  Schiieiiilich  wird  das 
noeh  geltend  gemaoht,  .da(s  die  Evangelisten  nnd  Apostel 
die  Idee  eines  leidenden  nnd  sterbenden  Messlas  im  A.  T« 
nachweisen,  woraus  man  schliefsen  zu  dürfen  glaubt,  dafs 
diese  Deutung  der  betreffenden  A.  T.iichen  Stellen  damals 
unter  den  Juden  nicht  unerhört  gewesen  sei«  Allerdings 
berufen  sich  Petrus  (Ä.  G.  3,  18.    1.  Petr.  1,  11  f.)  und 
Paulus  (A.  G.  20,  22  f.    1.  Kor.  15,  3.)  auf  Moses  und 
die  Propheten  als  Verkündiger  des  Todes  Jesu,   nnd  IMii- 
lippus  deutet  dem  äthiopischen  Eunuchen  die  Stelle  J  es. 
auf  die  Leiden  Christi  CA.  G.  8,  SS«):  allein,  da  die  ge- 
nannten Münner  alles  dlefs  nach  dem  Erfolg  sprachen  und 
schrieben,  so  haben  wir  keine  Sicherheit,  ob  sie  nicht  auch 
blefs  ans  dem  Erfolg  heraus,  nnd  ohne  sich  an  eine  unter 
Ihren  jüdischen  Zeitgenossen  übliehe  Anslegungswelse  an- 
Euschliefsen ,  jenen  A.  T.iichen  Stellen  eine  BeElebniig  auf 
das  Leiden  des  Messias  gegeben  haben  ^•), 

Wenn  auf  diese  Weise  die  Annahme,  dafs  die  in  Frage 
stehende  Idee  schon  zu  Jesu  Lebeeiten  unter  seinen  Volks- 
genossen vorhanden  gewesen  sei,  im  T.  keinen  festen 
Grund  hat:  so  fragt  sich  Jost,  ob  ein  solcher  Tielleicht  in 
den  späteren  jüdischen  Schriften  zu  finden  Ist.  Zu  den  äl- 
testen uns  übrigen  Schriften  dieser  Klasse  gehören  die  bei- 
den chaldftiscben  Paraphi*asen  von  Onkelos  und  Jonathan, 
und  Ton  diesen  j^flegt  das  Targum  des  lesteren^  der  rab- 


ii)  t.  PS  Wbtts,  de  morte  Chr.  p.  73 1 


Digitized  by  Google 


Erstes  Kapitel.   $.  108.  Z19 

binischen  Tradition  Kofolge  eines  Schnlers  vonüIüold.Ä.  »'), 
fiir  die  Yorsteliang  von  einem  leidenden  Messias  defswegen  an* 
g^hrt  Bu  werden,  weil  ee  Hie  Stelle  Jet.  5S,  13— ftS,  19U  «uf 
den  Messlas  beilehe.  Allein  mit  der  Auslegung  dieser  Stelle 
im  Targum  Jonathan  hat  es  die  eigene  ßewandtnifs,  dafs 
dasselbe  swar  den  Abschnitt  im  Allgemeinen  messianisch 
deutet,  se  oft  aber  von  Leiden  und  Tod  die  Rede  wird,  , 
recht  absichtlich  und  meistens  htfchst  gewaltsam  entweder  l 
diese  Begriffe  vermeidet,  oder  auf  ein  anderes  Subjekt,  das 
Volk  Israel,  ansbeugt:  zum  dctttlichen  Beweise,  dafs  dem 
Verfasser  Leiden  und  gewaltsamer  Tod  mit  dem  Begriff 
des  Messlaä  unvereinbar  geschienen  habe  ■^>.  Hoch  diele 
soll  eben  der  Anfang  der  Abirrung  vom  wahren  Sinn  des 
Orakels  sein,  zu  welcher  die  späteren  Juden  ihr  fleischii* 
eher  Sinn  und  die  Opposition  gegen  das  Christenthum  ver» 
leitet  habe:  die  ilteren  Ausleger  haben,  sagt  man,  In  der 

13}  vgl.  GitiNiui,  Jetaiat,  2  Thl. ,  S.        x>s  WettSi  Einleitung 
in  das  A.  T.  §.  59.  Ste  Ausg. 


14) 


\V)trtliclie  übert.  nach  Hrrzx«: 

'  52»  14:  Glticbwis  sieh 
Vido  vor  ihm  eatsets*^ 
teai  also  eatttelit,  aicht 
meatcliUcb|  war  s  ei  a  Anas* 
hsoy  oad  teias  Gestalt 
nicht  die  der  Meascbsahla« 
der  u.  t.  f. 

5S,  4:  AUeiaoasre  Krank- 
heiten er  trug  sie,  undua- 
sere  Selmiertsa  ind  er 
sich  auf^  and  wir  scbtetea 
ihn  geschlagen,  getrolfea 


Targum  Jonathan: 

Quemadmodum  per  mnltos 
dietiptam  eatpectlrnnt  Is* 
raVlitacy  quorum  contabutt 
later  gentet  «dtpectoa  et  splea* 
der  (et  evanuit)  c  filiis  hsmi* 
nuB  etc. 

Idcirco  pro  delictis  aottria 
ipte  deprecabitur,  et  iai- 
quitstes  nostrae  propter  eum 
coadoaabuatnri  licet  aas 
reputati  simos  contttsi|  plagis 
aftcti  et  affllcH. 


▼OB  Gott  nnd  gequ'ilt. 

Auch  Origenes  erzahlt,  c.  Cch.  5,  55,  wie  ein  i«^o>fKO(  noQti 
*IiiSaioif  aofot  seiner  christlichen  Deutung  der  jesaianiscben 
Stelle  eatgegeag^haitea  liabe:  taht«  asn^^nw^af  4f  nt^ ^ 


Digitized  by  Google 


310 


Dritter  Abschnitt. 


jetJiIiinUchen  Stelle  einen  leidenden  nnd  «terbenden  Messias 
gcifandeik   Allerdiiige  beseagen  Abenetrti  Abarbaoel  und 
Andre ,  manche  alte  Lehrer  haben  Jea.  53*  anf  den  Mea- 
aias  bezogen  *^):  allein  einige  dieser  Angaben  lassen  dan- 
ke!, ob  nicht  ebenso  blofs  stückweise,  wie  Jonathan,  und 
bei  allen  bleibt  sweifelbafe,  ob  die  £rklfirer,  von  denen 
sie  sprechen,  «um  Alter  Jonafhan'a  hinanfreichen ,  was 
ohnehin  von  den  Theilen  des  Bnchs  Sohar,  welche  die 
beseiebnete  Stelle  auf  den  leidenden  Messias  deuten  *  , 
mwahrscheiniich  ist   Diejenige  Schrift  aber,  welche  ne- 
ben Jonathan  noch  am  nichsten  an  die  Zeit  Jesu  hinanrei- 
chen möclite,  das  pseadeplgraphlsche  vierte  Bnch  Esra^ 
der  wahrscheinlichsten  Rechnung  zufolge  kurz  nach  der 
ZerstHrong  Jemsalems  anter  Titus  abgefafst  '7),  erwiihnt 
Bwar  des  Todes  des  Messias,  aber  nicht  eines  leidensvollen, 
sondern  nur  eines  solchen,  wie  er  nach  der  langen  Daner 
des  messianischen  Reichs  der  allgemeinen  Auferstehung  vor- 
angehen sollte         Die  Vorstellung  von  grolsen  Drangsa- 
kn  allerdings,  vrelche  gleichsam  als  Gebnrtswehea  des 
Messias  (n^lTOH  ^Snn>  vgl.  aQj^  wdlwn^  Matth.  «4,  «.)  der 
messianischen  Zeit  vorangehen  würden,  ist  ohne  Zweifel 
■ehon  vor  Christo  verbreitet  gewesen        und  ebenso  frU- 
Im  seheInt  an  die  Spitie  dieser,  besonders  das  Volk  Israel 
bedrfingenden  Übel  der  inixqigog  gestellt  worden  so  sein, 
weichen  der  XQ''5^S      bekämpfen  haben  würde  (2  Thess. 


\va  noXloX  n^oa^Xurot  yhtavrat, 

15)  s.  bei  ScHürrcKN,  2,  S.  182  f.  EitsiOBKm  >  entdecktes  Ju- 
denthiim,  2,  S.  758. 

16)  bei  ScHöTT«Biv,  2y  S.  181  f. 

17)  I»  >Ybttk,  de  morke  Ghn  expiatoria,  a.  a.  O.  S.  50. 

18)  Cap.  7,  29. 

19)  SeattmsK,  S,  S.  509  ff.  Scumiot,  Chrittologitcke  Fragmcate, 
in  seiner  BibUothefc,  1,  S.  24it  Baaiaouir,  ChristoU  Ju<t 
$.  13. 


Digitized  by  Google 


£rsles  KiipiteK  S*  108.  Ui 

S  ft)  «ImTi  imlein  er  deiMclben  mui  Mhmuktawbielm 
Welte,  ifp  fmvffttf»  f S  ^o/iores  tfvf «f,  Tendohten  «oMte,  m 
%%ar  hierin  noch  kein  Leiden  füv  den  Messias  enthalten« 
Dennoch  finden  sich  Steilen)  in  welchen  von  einem  Leiden 
lies  Messias,  und  Bwar  voa  einem  stellvertretenden  fUr  das 
Volk,  die  Rede  ist^'J):  eilein  tfieils  ist  diefs  nor  ebi  Lei- 
den, kein  Sterben  des  Messias;  tlieÜs  triffit  es  denselben 
entweder  vor  seiner  Herabkunft  in  das  irdische  Leben^  in 
eeiner  Priezistens  ^^O,  oder  in  der  Verinurgenheit  ^  in  wel» 
elier  er  aicli  Ten  seiner  Gebort  bis  so  seinen  meesianiscliea 
Aofb*itt  hilt  ^');  theiis  ist  das  Alter  ilieser  Verelellnngen 
zweifelhaft,  und  sie  könnten  nach  einigen  Spuren  erst  von  « 
der  Zerstörung  des  jüdischen  Staats  dai*ch  Titos  sich  zu 
datiren  eeheinen  ^^).  Indessen  fehlt  es  in  jadlseben  Schrif- 
ten keineswegs  an  Stellen,  In  welchen  geradesu  liehavp» 
tvt  wird,  dafs  ein  Messias  auf  gewaltsame  Weise  umkom- 
men werde:  allein  diese  betreifen  nicht  den  eigentlichen 
Messias,  den  Abkömmling  Davids ,  sondern  einen  andern, 
nns  der  Naehkommenschaft  Joseplis  and  Ephraims,  wel- 
cher dem  ersteren  in  untergeordneter  Stellung  beigegeben 
wurde.  Dieser  Messias  ben  Joseph  sollte  dem  Messiaa 
bei»  Dovid  vorangehen,  die  nelin  Stftmme  des  ebmaligen 
Reiehs  Israül  mit  den  swei  Stimmen  des  Reiehs  Jude  ver- 
einigen, hierauf  aber  im  Kriege  gegen  Gog  und  Magog 
durch  das  Schwert  umkommen,  worauf  die  Stelle  Zacii. 
12,  10.  besogen  VForde^^).  Doch  von  diesem  sweiten,  eter« 

20)  Schmidt,  s.  a.  0. ;  BBRniOLDf,  a.  a.  O.  §.  16. 

21)  Fesilita  in  Abkath  Rocbcl,  hei  Schmidt,  S.  47  f> 

22)  Sohar,  F.  2y  85,  2.y  bei  Schaiidt,  S.  4S  f. 

23)  Gemsr«  Ssnhedrin  f.  98^  bei  ob  Wans,  de  Beerte  Chr. 
p.  95  f. )  und  bei  HsKStraHSs/si  S« 

14)  Sohar^  S»  f.  82»  2.  bei  es  lYxm,  8.  94:  Cnm  ItrsITtitae 
esaent  in  terra  sancia;  per  cultus  reli^osos  et  lacrilicia  quae 
faciebsaty  omnet  ilios  morbot  et  pocnat  e  mundo  tuttule- 
rnnt ;  nunc  vero  Messias  licbet  auferre  eai  ab  hominibut. 

25)      Rkküioiht,  a.  a.  O.    ^.  17. 

Ua*  l^öttn  Jgsu  iL  Hand.  2t 


Digitized  by  Google 


022 


Dritter  Abschnitt. 


benden  Heaiias  fehirn  Tor  der  babylonischen  Geniiini)  weU 
•he  im  Stell  mnd  ttten  Mirluinderl  nach  i^hriito  gesiioinelft 
Ui,  «nd  den  In  Berug  nitf  fein  Allev  liflehit  wfeilellMifte« 

Buch  Sohar,  die  sicheren  Spuren  ^''). 

Obschon  es  hienach  nicht  nachweislich  und  selbst  nicht 
wahrscheinlich  ist ,  dafs  die  Vorstellung  von  einem  leiden*  . 
den  Nessiet  sn  Jecu  Zeit  echon  nnter  den  Juden  vorhen* 
den  gewesen:  lo  bliebe  doch  Immer  mdgllehy  delt  euch 
ohne  solchen  Vorgang  Jesus  selbst  durch  Beobachtung  der 
VerbfiltniMCy  und  Vergleichung  derselben  mit  A.  T.lichen 
ErajÜlinngen  und  Weleaegungen,  auf  den  Gedanken  gekom» 
Ben  wire^  dafs  Leldto  und  Sterben  cum  Amt'  und  bup 
Bestimmung  des  Messias  gehöre;  wobei  dann  aber  na- 
türlicher wäre,  dafs  er  nllmählig  erst  im  Laufe  seiner  üf- 
fentlichen  Wirksamkeit  diese  Überaeugung  ge|ilst9  und  sie 
hauptslehlleh  nur  seinen  Vertrauten  mitgetheilt,  als  dala 
er  sie  schon  von  Anfang  an  gehabt,  und  sie  vor  Gieich- 
gilltigen,  ja  Feinden  |  ausgesprochen  hütte:  dieses  die  Art^ 
wie  Johannes  I  Jenesi  wie  die  Synoptiker  die  Sache  daf^ 
steilen. 

Auch  in  Bezug  auf  die  Äusserungen  Jesu  Über  den 
Zweck  und  die  Wirkungen  seines  Todes  können  wir,  wie 
oben<liei  der  Vorher verkttndigung  des  Todes  selbst  ^  einen 
nmkr  natflrllehen  Gesichtspunkt  von  einem  nwhr  suprana» 
tnralistischen  unterscheiden.  Wenn  Jesus  im  vierten  Evnn« 
gelium  sich  mit  dem  treuen  Hirten  vergleicht,  der  für  sei« 
ne  Schafe  das  Leben  lasse  ilO^  IL  Id.):  so  kann  diels 
den  gans  natllriichen  Sinn  haben,  dals  er  von  seinem  Hir- 
ten- und  Lehramte  nicht  eu  weichen  gesonnen  sei,  sollte 
auch  in  Führung  desselben  der  Tod  ihm  drohen  (morali- 
sche Nothwendigkeit  seines  Todes)  '^);  der  ahnungsvolle 
Ausspruch  In  denmelben  Evangelium  (12^  24.)  ^  wenn  das 


26)  DB  Witts,  de  morte  Ckr«  p.  IIS.  vgl.  55  fl. 
^  «MS,  L.  J.  t.  108. 


Digitized  by  Google 


firttdt  Kapital*  S.  MM.  tU 

* 

Sanienkom  nicht  in  die  Erde  fallend  ersterbe,  bleibe  es 
einsam,  ersterbe  es  aber,  so  bringe  es  viele  Frucht,  Ififst 
•ine  ebenso  rationale  £rkl&raiig  ron  der  alegeiidefi  Kraft 
Jedes  MXrCyrertods  Ith*  eiüe  Idee  nnd  Uberaetigting  zn  (mo« 
ralisehe  Wirksamkeit  seines  Todes)  3^);  endlich,  was  sich 
in  den  johanneischen  Abschiedsreden  so  oft  u  iederholt ,  es 
sei  den  Jüngern  gut,  dafs  Jesus  hingehe,  denn  ohne  s^i» 
9en  Hingang  kfinnte  der  mtQcnJii^ag  nieht  an  ihnen  kom- 
men, der  ihn  in  ihnen  wrkICren,  tind  sie  in  alle  Wahrheit 
leiten  werde,  darin  könnte  man  die  ganz  natürliche  Llber- 
iegung  Jesu  finden,  dafs  ohne  die  Aufhebung  seiner  sinnli- 
eben Gegenwart  die  bis  daliin  noch  so  ainniiehen  messiar 
nischen  Vorstellangen  seiner  Jttnger  nicht  vergeistigt  wer- 
den würden  (psychologische  Wirksamkeit  seines  Todes) ^^). 
Mehr  der  supranaturalistischen  ßetrachtungsweise  gehört 
dasjenige  an,  was  Jesus  bei  der  Stiftung  des  Abendmahls 
spricht.   Denn  wenn  awar  daS)  was  die  beiden  mittleren 
Evangelisten  ihn  hiebci  sagen  lassen,  dafs  das  dargereichte 
notr^Qiov  TO  ai^ia  rijg  xaivtjg  dia^jjxj^g  (Marc.   14,  24.)  > 
^  xoiv^  diaS^arj  w  %i}  fäfim  avvö  (Lue.  22920.)  sei,  nur  so 
viel  an  bedeuten  scheinen  könnte :  wie  durch  die  blutigen 
Opfer  am  Sinai  der  Bund  des  alten  Volkes  mit  Gott,  so 
werde  durch  sein,  des  Messias,  Blut  in  höherer  Weise 
der  Bund  der  neaen  um  ihn  sich  sammelnden  Gemeinde 
besiegelt :  so  verschmilzt  hingegen  In  der  Relation  des  Mat- 
thäus, wenn  er  (26,  28)  Jesum  hinzusetzen  lüfst,  sein  Blut 
werde  vergossen  für  Viele  etg  uipeaiv  ufiaQVittJVf  die  Vor- 
steiiang  des  Bandesopfers  mit  der  ton  einem  Sühnopfer, 
nnd  auch  bei  den  beiden  andern  Ist  durch  den  Zusaa:  td 
neQl  tiokIlüv  oder  vtiiq  v/nuiv  ixxvvofievov ^  über  das  blofse 
Bundesopfer  zum  Sühnopfer  hinausgegangen.    Wenn  fer- 
ner im  ersten  Evangelium  C^O,  28.>  Jesna  sagt,  er  müsse 


28)  Dcrs.  ebenda«. 

2U)  Ders.  ebendas.  und  §.  109. 

2i  ♦ 


Oigitized 


St4  OrlUtr  Aittkiiitr. 

Mm»  tyr  ^vx^  uir6^^  Apd  mMAt  m  Ut  dfieft  ohiw 
ZwtiM  mmi  69.  r.«  besieben,  W0|  niieli  «iiier,  dem  He- 
brffer  ooeh  sonst  gelKwigeii  Vortlellmig  (Jec  41,  X  ProT. 
31 ,  ]8*)  dem  Tode  des  Knechts  Jehova  s  eine  sühnende 
Beaiehiing  auf  die  ttbrige  Menschbejt  gegeben  wird* 

Hienach  könnte  Jesns  dui*Gh  psychologische  Reflexion 
deranf  gekomnien  sein,  wie  sutrigiieh  der  geistigen  EnU 
wiekiang  seiner  Jflnger  eine  solehe  Katastrophe  sein  wer* 
de,  nnd  nationalen  Vorstellnngen  gemlils  mit  Berflekslehtl- 
gung  A.  T.licher  Stellen  selbst  auf  die  Idee  einer  sühnen- 
den Kraft  seines  messianischen  Todes.  Indessen  iiönnte 
doeh  namentlieh  das,  was  die  Synoptiker  Jesnm  Ton  sei- 
nem Tod  als  Slihnopfer  sagen  lassen ,  mehr  dem  nach  Je- 
SU  Tode  ausgebildeten  System  anzugehören,  nnd  \«r8  iler 
Tierte  Evangelist  ihm  über  die  Besiehnng  seines  Todes 
nnm  Parakiet  in  den  Mund  legt,  rar  eventu  gesagt  na  sein 
sehelnen ,  so  dafs  such  bei  diesen  Aussprüchen  Jesu  Über 
den  Zweck  seines  Todes  eine  SonHerung  des  Allgemeinen 
vom  Specielien  vorgenommen  werden  mUliste. 

S*  109. 

Bcitimmte  Aussprüche  Jesu  über  »eine  künftige  Aufrrstcbung. 

Mit  nicht  minder  klaren  Worten  als  seinen  Xod,  und 

mit  einer  besonders  genauen  Zeitbestimmung,  hat  den  evnn^ 
geiisciien  Nachrichten  zufolge  Jesus  auch  seine  Anferste* 
hnng  veransverkiindigt*  So  oft  er  seinen  Jfingern  sagte, 
des  Menschen  Sehn  werde  am  Kreuse  getüdtet  werden, 
sezte  er  hfneu :  xcci  rf;  fQirj]  r^{.dQ(^  avaci'^oticci  oder  iyeQ— 
Or^aiim  (Matth.  10,  21.  17,  23.  20,  19.  parail.  vgl.  17,  9. 
26^  32.  paraii.)« . 

Aber  auch  von  dieser  Vorherverkündignng  heilst  es, 
die  Jflnger  haben  sie  nicht  gefafst,  so  wenig,  dals  sie  sogar 
milelnandar  stritten  ^  tl  i^i  %o  w  w^fm  wag^vai  (Mar«» 


Digitized  by  Google 


§oH  naoh  imm  l*ode  4esii  keine  Spui*  ciaer  IMnwanmgy 

dafs  ihnen  ein  auf  das  Sterben  folgendes  Auferstehen  Je- 
su vorhergeaagt  war,  feinen  Faiiken  von  Hoffnung ^  da£i 
diese  Zusage  in  £rflBllaiig  gehen  werde.  Als  .die  fveuiide 
den  wom  Kreos  ebgenoannenen  Leicknem  la  das  Grab 
gelegt  hatten,  nahmen  sie  (Job.  19,  40.)  — -  oder  behielten 
sich  die  Frauen  (Maro.  16,  1.  Lac.  23,  de.)  —  die£inbai- 
sanüruBg  vorj  was  man  doch  nar  «bei  einem  sokhen  tkuly 
welchen  man  als  eine  Beate  der  Verwesung  betrachtet; 
als  an  dem  Morgen,  welcher  nach  ^.  T.ilcher  Rechnung  den 
Torausbestimmten  Auferstehungstag  eröffnete  |  die  Frauen 
cum  Grabe  giengen,  dachten  aie  so  wenig  an  eine  Torher« 
gesagte  Auferstehung,  daCs  ihnen  die  Termutidiehe  Sehwie- 
riglieit,  den  Stein  vom  Grab  zu  wlilzen,  Besorgnifs  mach- 
te ^Marc.  16j  3/  ;  als  Maria  Magdalena  und  spfiter  Petrus 
das  Grab  leer  fanden  f  hfttte  ihr  erster  Gedanke  sein  mis^ 
sen,  dafs  nun  die  Auferstebnng  wirklieh  erfolgt  sei,  wenn 
eine  solche  vorausgesagt  war:  statt  dessen  vermfithet  jene, 
der  Leichnam  möchte  gestohlen  sein  (Job.  20,  ^.),  Petrus 
aber  rerwundert  sieb  biofs^  ohne  auf  eine  bestimmte  Ver* 
mntbuiig  an  kommen  (Lne.  24,  IS.);  als  die  Weibmr*den 
Jüngern  von  der  gehabten  Engeierscbeinung  sagten,  und 
sich  des  Auftrags  der  £ngel  entledigten,  hielten  die  Jün- 
ger ihre  Aussage  theils  liBr  leeres  GesehwXe  Q^Qog  Lue» 
%Ay  11.),  theils  wurden  sie  su  sehreekenTollem  Erstaunen 
erregt  («^icra&v  rjivcg,  Luc.  24,  21  ff.) ;  als  Maria  Hagda» 
lena,  und  hernach  die  Emmauntischen  Jünger,  die  Eilfe 
versicherten,  den  Auferstandenen  selbst  gesehen  jeu  haben^ 
schenkten  sie  auch  «Ueser  Aussage  keinen  Glauben  (Mare. 
10,  II.  13.)  9  wie  spXter  Thomas  sogar  der  Versicherung 
seiner  Mitapostel  nicht  (Joh.  20,  25.)^  endlich,  als  Jesus 
selbst  in  Galiläa  den  Jüngern  erschien,  gaben  noch  nicht 
alle  den  Zweifei  auf  iol  diidigaaw^  Marc.  28,  17.).  Diels 
Alles  mnb  man  wohl  mit  dem  Wolfeoblittler.Fxagmenti« 


Digitized  by  Google 


•M  llritter  Abseliiiitt^ 

ited     iiiite|rr«i1flfoh 'finden,  y^ettn  JemtnMne  Anferstehanff 

40  klar  nnd  bestimmt  vorher^esa^t  hafte. 

Zwar,  wie  dag  Benehmen  der  Jüng^er  nach  Jesu  Tod 
g^n  eine  solche  von  Jesu  gegebene  Vomassage  spricht, 
•o  scheint'  ifas  seiner  Feinde  dafHr  eq  sprechen*  Denn 
dafs  nach  Matth.  27,  62  ff.  die  Hohenpriester  und  Phn- 
|ils/{er  an  das  Grab  Jesu  sich  von  Pilatus  eine  Wache 
erbitten ,  hat  nach,  ihrer  eigenen  firldftrang  darin  seinen 
Gronly  dalk  Jesus  liei  seinem  Lelien  noch  gesagt  haben 
sollte ;  //fra  tofTq  ^tteoag  Fyslootiai,  Allein  diese  Erzäh- 
lung des  ersten  Evangeliums,  die  wir  erst  unten  näher 
wflrdigen  iLttnnen,  entscheidet  noch  nichts,  sondern  tritt 
nur  auf  die  etne  Seite  des  Odemma ,  so  dafb  wir  nun  sa- 
gen mUssen;  wenn  die  Jünger  nach  dem  Tode  Jesu  sich 
wirklich  so  benahmen«  dann  kann  weder  er  seine  Aufer- 
stehnng  vorheiffesagt,  noch  lidnnen  die  Juden  aus  Rflck* 
steht  auf  eine  solche  Vorherverkflndignng  eine  Wache  an 
sein  Grab  bestellt  haben;  oder,  wenn  die  beiden  lezteren 
Angaben  richtig  sind,  können  die  Jttngec  sich  nicht  so  be- 

nommelt'&abenV 

,  Hie*  Schürfe  dieses  Dllenlma  hat  man  dadurch  absu« 

stumpfen  versucht,  dafs  man  den  oben  nns^eführten  Vorher- 
verkündlgungen  nicht  den  eigentlichen  Sinn  einer  Wieder- 
kehr des  gestorbenen  Jesn  ans  dem  Grabe,  sondern  hnr 
den*  mielgentliohen  eines  neuen  Aufschwungs  seiner  unter- 
drOokten  Lehre  und  Sache  unterlegte  Wie  die  A.  T.- 
iichon  Propheten,  wurde  gesagt,  die  Wiederherstellung  des 
Israfliitisohen  Volks  sa  neuem  Wohlergehen  unter  dem  Bil- 
de einer  Aufbrstehung  der  Todten  daratelien  (Jes.  2d,  19* 
Ezech,  37«))  wie  sie  die  kurse  Frist«  innerhalb  welcher 


1)  Vgl,  seine  beleSte  uad  «obUgcado  Auaftlhrung,  vom  Zweck 

u.  t.  f.  S,  121  ff, 
i)  So  namentlich  KsMiBa,  vom  Erlöser  der  M^nschcA)  S«  133 l(t 

Ygl«  üviMtti.,  Co.11111«  ta  M«tth.  p«  444  f« 


L/iyiii^cG  by  Google 


«ator  gmiMeü  Bedlagiiagwi  dimm  WeniUuif  fler  IHiige  m 
•rwMPtan  wii«,  d«reb  den  Äuidnick  bmieiclnieii ,  in  suvei 

bb  drei  Tagen  werde  JehovA  das  Geschlagene  aufrichtea 
und  da«  GetödteCe  wiederbeleben  (üoa.  6,  2.  0)»  «in« 
«ngabei  welche  aaeb  Jesu  aabeelimiiit  fttr  eine  knne  Zeit 
febraoebe  (Lue.  la,  32.) :  eo  woUe  er  mit  dem  Antdmek, 
er  werde  nach  aeiiiem  Tode  %fj  iQltrj  ^fitQtf  amgrjah  nicht« 
Anderes  sagen,  als,  wenn  euch  er  der  Gewalt  seiner  Feinr 
de  unterliegen  and  getddtet  werden  solite,  so  werde  das 
¥on  Ibm  bcuaaaene  Werli  doeb  niebt  nntergehen ,  sondern 
In  fcnrser  Zeit  einen  neuen  Aufschwung  nehmen.  Diese 
▼OH  Jesu  blofs  bildlich  gemeinten  Redensart^  haben  die 
Apostel,  nacbdom  Jesns  leiblicb  auferstanden  war,  eigeut- 
lieb  genomnien,  und  für  Weissagungen  auf  seine  persön- 
liche Wiederbelebung  angesehen.   Dafs  nun  in  den  ange- 
füJirten  Prophetenstellen  das  iTl^t       und  f      nur  den  an- 
gegebenen ftreiriaeben  fiinn  bebe,  Ist  riebtig,  aber  In  Steilen, 
deren  ganser  Zuaammenbang  tropiseb  ist,  und  wo  namentÜeb 
das  dem  Wiederbeleben  vorangegangene  Schlagen  and  Töd* 
ten  selbst  nur  einen  figttrlicben  Sinn  hatte«   Dafs  dage- 
gen Iiier,  wo  die  ganse  vorbergebeHde  Reibe  Ton  AnsdrA- 
eken,  das  naQadidoad-ai>  xcciaxQiveaOai ,  ^avf8a^ai,  ono- 
intheaO^ai  u.  s.  f.,  eigentlich  au  nehmen  war,  auf  Einmal 
mit  dem  iytQdi'-pai  und  arapjvai  eine  nneigentliche  ßedeu- 
long  eintreten  sollte,  wttrde  doeb  ein  merbltrter  Abapnuig 
•ein;  dessen  niebt  an  gedenken,  dafs  Stellen,  wie  Mattb« 
26,  32,  wo  Jesus  bagt:  fitja  t6  iyeQÜi^vai  fte  nQoa^ia  vf^ag 
ilg  TJjr  DxhlaiaVf  nur  bei  der  eigentlichen  ßedentung  dea 
ifdgea^itt  einen  Sinn  beben.  £benao  steht  die  Zeltbe- . 
stfmninng  des  dritten  Tages  an  den  beiden  Stellen,  auf 
welche  man  sich  für  die  ungenaue  und  sprichwörtliche  Be- 
deutung einer  kuraen  Zeit  llberbaupt  beruft,  in  einem  2 


Oigitized  by 


üiMcnlMUig,  w^lelMT  won  mIImI  ««f  elMl  MUhtn  Sinn 
«Iph  A«8flraok0  Mlirt,  IndM  in  der  ProphateiftelW  iror 

dpm  Ti^  17/'^^  t^/tj;— ficra  ^00  i^fteQaQf  in  der  evnn- 
pfivliKebeii  über  tot  tQhrj-mjfiegw  tuA  avoinv  steht: 

woire^  In  allen  Stellen ,  wo  Jesus  seine  Avlerstehmtf 
irwrkdndi^f,  Jede  solche  Veninliiffran^,  von  den  besthnnten 
Smiii  des  An«tr{rticks  abzugehen ,  fehlt  Hat  also  Jesos 
wirklich  die  Aosdrttckei  und  In  dem  Zosammenhnn^,  ge* 
bnineh^  wie  die  Eranfellston  de  ihm  in  den  Mund  ieppen, 
SA  kann  er  dnrch  'dieselben  nicht  blos  miel||;entlleb  den 
baldigen  Sie^  seiner  Sache  haben  verköndlgen  wollen,  son- 
dern seine  Meinnng  mufii  die  gewesen  sein,  er  seihst  wer- 
de drei  Tage  nach  seinem  gewaltsamen  Tod  aaf  s  Nene  in 
das  Leben  anrackkebrem 

Da  jedoch  Jesasi  dem  Benehmen  seiner  Jfing^er  nach 
seinem  Tode  «nfidi^e,  seine  Anferstebong  nlefat  mit  dentii« 
eben  Werfen  voeherverklindigt  haben  kann :  so  balien  sieb 
an»l»*e  Aiisle^fer  zu  der  l^iinWiiimuniv  verstanden,  die  Evan- 
g«'ilsten  haben  dea  Reden  •Je.'^n  nach  dem  Erfolg  eine  Be- 
st Immtheil  gegeben  y  welche  sie  in  Jesn  Mond  noch  nicht 
gf»habt  haben;  aie  Imben  das,  was  Jesns  bÜdlieb  vom  Auf- 
sehwanof  seiner  Stiche  nach  seinem  Tode  gesagjt  habe,  nicht 
biiiCs  eigentUoh  verstanden,  sondern  es  dieser  Auffassniig 
gemAf«  anoh  so  na^peformt,  dafs,  wie  wir  es  Jest  lesen  | 
wir  es  alierdin^  HgenCÜdi  ▼erstehen  mfissen  floob 
niobt  alle  betreffenden  Reden  Jesu  seien  auf  diese  Weise 
verhindert,  sondeP'i  hie  und  da  auch  noch  seine  ursprüiig« 
liehen  Ausdrücke  stehen  geblieben. 


k)  vgl.  SU^KixD)  eilige  Bemerkungen  Uber  die  Frage,  ob  Jesus 
seine  Auferstehung  bettimnit  vorhergeiagt  habe?  in  Klatt's 
MagMiOy  7,  S,  203  ir, 

S)  PAOfcVi,  e,     Ö,  2f  S»  41$  II.  H4t«,  U  J.  109. 


Digitized  by  Google 


£rAU4  JLapiieL  |.  110. 


f.  im 

Bildlkbe  BßAcm,  ia  welchen  Jesus  teine  Auftrttehimg  votImv«» 

verkündigt  haben  loU. 

fikhoo  Sil  Anfang  «einer  affiralUeheii  Wirksamkeit  hnl 
des  vierCen  8van|eieiiini  Mfolge  Jeans  die  Ihm  MwMieh  ge- 
sinnten Joden  in  bildlicher  Rede  auf  seine  künftige  Anf- 
V  erstehang  hingewiesen  (2^  19  ff.).    Nachdem  während  sei- 
nes ersten  MssisnisolieB  Festbesnciis  der  Msrktanlag  iss 
Teaspei  Hin  su  jenem  Sefaritte  lieillgen  Kifm  iiewogen  ka*> 
te,  von  welchem  oben  die  Rede  gewesen,  und  wie  nun  die 
Juden  ihn  uro  ein  Zeichen  angiengen  y  durch  welches  er 
sich  als  einen  Goltgesandten  Jegitimiren  sollte ,  der  sar 
Vornahme  solclier  Gewaltmalsregeiii  Befngnifs  bitte,  gSebt 
ihnen  Jesus  die  Antwort:   ?aocxtf  tov  raov  thxov^  xöl  4r 
tQialv  jjfUQatg  iycQ^  avtov.  Die  Juden  nahmen  diese  Wor- 
te in  dem  Sinn,  welcher ,  da  sie  Im  Tempel  gesprochen 
Warden,  am  nftehsten  lag,  and  hielten  Jesa  entgegen,  daCs 
er  diesen  Tempel,  w.n  dessen  Bau  man  46  Jahre  gebraoelil 
habe,  Svohl  schweriichj  wenn  er  zerstört  w/ire,  in  3  Ta^en 
wieder  aufzurichten  im  Stande  sein  dtlrfte;  aber  der£van« 
gellst  iielehrt  ans,  diefs  sei  nicht  die  Meinang  Jesa  gewe» 
sen,  sondern  dieser  bal>e,  wie  übrigens  den  Jflngerti  erst 
nach  seiner  Auferstehung  klar  geworden  sei,  von  dem  rao^ 
tö  aiiftttrnci  ctii^  gei*edet,  d.  h.  also  durch  Hns  Abbrechen 
nnd  Wiederaufbaaen  des  Tempels  auf  seinen  Tod  and  seine 
Attferstehong  iilngedeatet.  Glebt  man  hieliei  aaeh  so,  was 
indessen  gemft'fsigte  Ausleger  leugnen  '),  dnfs  Jesus  die  Ju 
den  mit  ihrer  Forderung  eines  gegen w/irt igen  Zeichens  (wie 
er  es  aaeh  Matth.  13,        gethan  haben  soll)  DUglieh  auf 
seine  einstige  Anümtehang,  als  das  grOfste  and  namenllleh 
für  seine  Feinde  besohKmendste  Wunder   In  seiner  Ge» 
schichte,  habe  verweisen  können:  so  roufste  diese  Hinwel» 
sang  doch  von  der  Art  seio,  daüs  sie  möglicherweise  ?«r> 

])  X«  B«  LOcKB,  U  S.  42Öi  vgl.  dsgegeo  Tmolvc«,  S.  75. 


oiyui^ca  GoOglc 


'  llritlter  Ai»#chniit. 


stMwIefi  werde»  konnte  (wie  Mattb.  n,  d.  n«  8c.  JecnM 
gami  unwnwiNiden  sieh  erklXren  lllat)«  So  hingegen,  wto 
Yfiv  Iiier  den  Ausspruch  Jesu  haben ,  iLoiinte  er,  als  ihn 
JoBue  thßtf  unmöglich  in  diesem  Sinne  begriffen  werden. 
Denn  wer  in  Tenpei'  von  der  Zeretömng  dieeee  Tempelo 
OfMieht,  dauoa  Rede  Mrird  JedeKo^niui  euf  oben  dae  To«» 
gebüude,  in  welchem  er  sich  befindet,  beziehen.  Es  mOfo- 
le  demnach  Jesus 9  als  er  das  %op  vaov  tözov  sprach,  auf 
meinen  Leib  gedenfteft,  haben  ^  was  aneh  die  Frennde  dieser 
£rUlmng  meistene  roninsiotien  Aüoln  Uhr'a  Erste 
aagt  der  Evangelist  von  einem  solchen  Gestns  nichts,  nil- 
erachtet  es  in  seinem  Interesse  lag,  cur  Unterstützung  sei- 
ner Deutung  denselben  hervorsnbelien«  Filr't  Andere  hat 
Gablbk  mit  Reehft  darauf  aufmerliMni  genuieht^  wie  mtl 
Md  sohaal  es  gewesen  wXre,  einer  Rede,  welche  naeh  AI- 
iein,  was  in  ihr  Wort,  also  Logisches  war,  sich  auf  das 
Tempelgebiude  besogy  durch  einen  blo(sen  Zusae  von  Mi- 
misehom  eine  gans  andere  Beaiehu^g  su  geben.  Hat  sieh 
aber  Jesus  dieser  Hülfe  bedient,  so  konnte  sein  Pin|ereeig 
nicht  unbemerkt  bleiben;  es  mufsten  die  Juden  eher  dar- 
über mit  ihm  rechten  9  wi^  er  au  den  Ubermuth  komme^ 
aeineo  Leib  mig  su  neniiHMi,  oder  wenn  aueh  dlefii  aiehl, 
ao  konnten  doeh  in  Folge  jener  Aktion  die  JOnger  nicht 
bis  nach  der  Auferstehung  Jesu  über  den  Sinn  seiner  Re- 
de in  Dunkeln  bleiben 

Durch  dieeo  Sehwiorigheilen  fand  eich  die  neuere 
Eiegese  gedrungen,  die  johanneieehe  Aualegung  der  Wor- 
te Jesu  als  eine  ex  eventu  gemachte  Mifsdeutung  zu  ver- 
lassen,  und  au  Yersnchen,  noabhängig  von  der  J^iüäruj^ 

9)  s«  Tmoluoc,  s«  s«  O. 

3}  Hsiwa,  Josonos  apostolus  nonmiüorum  Jesu  spephtbegmatum 
In  cv«ng.  suo  et  ipse  interpres.  In  Porres  und  Rvrsm'n's  Syl- 
loge  Comm.  throl.  1,  S.  9>  GABtim,  Recension  des  Hbkkb*> 
sehen  t'rograiiims  im  aeuettea  tbeol.  Journal,  2,  1,  S.  Süi 
iiöcMS,  a.  d.  St« 


Digitized  by  Google 


Eritei  Kapitel,  f.  «10.  J|| 

if«  Refbi%iif«ii  ftf  den  Sfnn  der  rJfthsefhnften  Rede  elnza* 
dringen,  welche  er  Jesi*  in  den  Mund  Jegt^).    Der  Auf- 
faMong  der  Juden,  welche  die  Worte  Jesn  mif  ein  wirkIt- 
ehe«  Abbrechen  nnd  Wledemnfbeaen  des  NtltionaHi^Ilg^ 
*fhuni8  bezogen,  kann  man  nicht  beistimmen  wollen,  ohne 
Jesu  gegen  seinen  sonstigen  Charakter  eine  in  s  Ungeheu- 
re getriebene  leere  Grofssprecherel  Enmsehreiben*  Siebt 
man  sieh  deftwegen  nach  dnem  irgendwie  oneigentliolien 
Verstände  des  Anssprochs  um,  so  begegnet  man  in  demsel- 
ben Evangelium  zuerst  der  Stelle  4,  21  ff. ,  wo  Jesus  der 
Samariterin  verkündigt,  es  komme  nitchstens  die  Zeit,  we 
man  nicht  mehr  iv  *liQoaoXvfioig  den  Vater  anbeten  i  soi^ 
dem  ihn  als  Geist  geistig  verehren  werde.    Eine  Abro- 
girung  des  vermeintlich  allein  gültigen  Tempeicoltus  ru  Je-  ' 
rusalem  könnte  das  Xveiv  des  vaog  aneh  in  rnisrer  Stelle 
nrsprflnglich  bedeutet  haben.  Diese  Anffassvng  wird  ditreh 
eine  Erelhlnng  der  Apostelofeschichte ,   6,  14.,  bestätigt; 
Stephanns,  welcher,  wie  es  scheint,  den  in  Frage  stehen- 
den Ausspruch  Jesn  adoptirt  hatte,  warde  von  seinen  An* 
klägern  beschuldigt,  gefiussert  an  haben,  on  ^rfiog  i  Na^ 
^MQaTog  iSTog  xoTalvGFi  tov  tottov  T»ror,  yal  aV.d^fi  ra 
ei>r,  «  TxctotöiDy.e  DTcn'oijs,  wo  demnach  als  Folfi^o  des  Tem- 
pelabbruchs eine  Änderung  der  mosaischen  Religionsver^ 
fassnng,  ohne  Zweifel  eine  Vergeistigung  derselben,  'f»e* 
Belehnet  wird.     Oaeo  kommt  noch  eine  Stelle  in  den  ' 
synoj)tischen  Evangelien,    Dieselben  Worte  beinahe,  wel- 
che bei  Johannes  Jesus  seihst  ausspricht,  kommen  in  den 
swei  ersten  Evangelien  (Matth«  25  ,  60 f.  Mardi  14, "57 f.) 
als  Anklage  falscher  Zeugen  gegen  ihn  vor nhd*  hier  hat 
Markus  den  Znsaz ,  dafs  er  den  abeubrechenden  vavg  als 
X^cQmQlr/fog  f  den  von  Jesos  neu  cu  bauenden  als  äklogf 

4)  So,  ausHcr  Hr^KK  im  anfjcf.  Programm,  Hbhdkr,  von  Gottes 
Sohn  nach  Jolianncs  Evang.  ,   S.  155  t".  j  Pauli  s  ,   Gbmm»  4y 
165f<  I«.  J.  i,  a,  S,  17Sf.i  hücMM,  s.  d.  SU 


Digitized  by  Google 


I?frtipomityf0r  lnwitotuwii  wm  domlbe  Oegwni««  fon.aimi- 
lieher  mil  g«bciger  RellglonavcfrfasranK  mi  «ei«  Mkeinf* 

Demgeinfifs  luf&t  sieb  iiuii  auch  die  johaniieische  Stelle  so 
•rkiüren :  da«  ist  das  Zeichen  meiner  Vollmackti  dafs  ich  in 
Süad»  bin  9  u  die  Steüe  das  mosaiichen  CereMowaidieii» 
«t6t  in  iillneator  Frist  einen  neuen ,  geistigen  GoCIeadieuet 
Ea  setzen«  Aliein ,  abgesehen  von  der  minder  bedeuten* 
.den  Schwierigkeit,  dafs  bei  Johanne«  nicht  wie  bei  den 
Sjnoptilwrn  daa  SubJelLt  gewechselt  |  und  der  nennuer- 
richtende  vaig  als  aHog^  sendern  durch  nitog  als  derael» 
he  mit  dem  zerstörten  bezeichnet  wird  ^)|  so  lüfst  sich  na- 
mentlich das  tv  %Qiö)v  T^^ikmag  nach  dem  oben  Ausgeführ- 
ten auch  hier  nicht  ohne  Weiteres  in  dem  unbestinuntea 
Sinne  Ton  kurser  Zeit  fiusen^):  in  seiner  genauen  Beden* 
dung  genommen  aber  {lafst  es  nur  als  Termin  der  Aufer- 
stehung Jesu,  nicht  aber  der  Vei^eistigung  des  Heligiomi- 
Wesens« 

So  fon  beiden  Erlüimngen  in  gleicher  Welse  angeso- 
gen und  abgestolsen,  flfichtet  sich  Olshausen  eu  einem  Do|>- 
jielsinn,  walcher  indefs  nicht  swiscben  der  johanneischea 
und  der  uuieat  dargelegten  sjmbolischeui  sondern  swischew 
der  jolmnneiachen  Deutung  und  der  jttdischen  die  Mitte 
hält,  indem  Jesus  nur,  um  die  Juden  abeuwelsen,  sie  eum 
Abbrechen  ihres  Tempels,  als  zu  etwas  Unmöglichem}  auf- 
geforderty  und  unter  dieser  nie  eintreflfenden  Bedingung 
sich  «im  Bau  eines  neuen  erboten  haben  aoU;  so  Jedoch, 
dals  deben  diesem  ostensllmln  Sinn  HBr  die  Bfen^c  noch  ein 
▼erborganer  hergieng,  der  den  J fingern  erst  nach  der  Auf- 
erstehung iilar  wurde  I  nach  welchem  vuog  den  Leib  Jesu 
beueiolinete«  Aliein  Jene  an  die  Juden  gerichtete  Aufforde» 
rung  sammf  dem  darangehüngten  Erbieten  wäre  ein  un- 
würdiger Mnthwiile,  die  darin  verborgene  Andeutung  für 

S)  Svaaay  In  fuxf%  Msgasin,  4,  S.  199. 
0)  Taeimc  uad  Oittuotas»  %.  d.  St« 


X 

Digitized  by  Googl( 


/ 


£r«l«ft  IL«pU«i  S>  Iii»  Ui 

48«  Ji«fMP  ntmloae  Spielei«!  ßBWtmnf  vnd  äbcvliMqil 
Ul  ^  DoppeMim  iliMr  Art  la  ier  Rede  ciiie»*v«r«liiHtt> 

l^en  Menschen  nnerhürt«    J)a  man  auf  diese  Weise  an  der 
£rkllirlNirkeit  der  Johanneischen  Stelle  ganz  TereweifelA 
iB^chto«  ao  beruft  «ich  der  Verfetter  der  Prolmbilieii  dtafi» 
mmtj  itJk  die  Synoptiker  die  Zeogen,  welehe  vor  Qerieht 
behaupteten,  Jesus  habe  jenen  Ausspruch  gethan,  als  tpav 
dofuxQrgvQag  bezeichnen,  woran«  er  folgert,  daf«  deMis  so 
etwM,  wie  Jobanne«  ihn  iiier  sprechen  iaeset  gar  nicht 
getagt  habe)  und  aieh  aonit  einer  £rldirong  der  johannei- 
aeben  Stelle  überhebt,  Indem  er  sie  als  ein  Figment  des 
vierten  Evangelisten  betrachtet,  weicher  die  Veriäumdung 
jene^  Ankläger  aoi^ohl  erklären ,  als  durch  eine  mystische 
Jlentang  der  Worte  Jean  belie  abwenden  wollen  7>  AI* 
Jeln  thella  folgt  ana  der  aynoptlschen  Beselchnnng  Jener 
Zeugen  als  falscher  nicht,  dafs  der  Ansicht  jener  Evange- 
listen zufolge  Jeane  gar  nichts  von  deni|  wessen  aie  ihi| 
beaebnldigten,  geaagt  liabey  dn  er  ea  Je  anch  n«r  etwaa  an* 
dera  geaagt  oder  andere  gemeint  haben  iiann,  theila  lat, 
wenn  er  gar  nichts  der  Art  gesagt  haben  soll,  schwer  zu 
erkl&ren,  wie  die  falschen  Zeugen  auf  jene  Auaaage,  und 
nnmentlieh  anf  daa  aonderbare  ^  s^ir  ^fdQatg  gelionuneii 
aein  aollen. 

Wenn  hienach  bei  jeder  Deutung  des  Ausspruchs,  aus- 
ser bei  der  unmöglichen  auf  den  Leib  Jesu,  das  ey  tqigIv 
^fiiffotg  einen  Anftof«  bildet:  aö  werden  wir,  wie  ea  aeliein^ 
nof  diejenige  Relation  dea  Anaspmeba  blngewieaen,  In  wel- 
cher jene  Zeitbestimmung  fehlt,  d.  h.  auf  die  Relation  der 
Apostelgeschichte.    Hier  wird  Stephanos  nur  beschuldigt , 
geeagt  nn  haben,  Sti^L  o  NaC.  aros  Morakvaei  %w  %inw 
tStop  ifw  aytov"),  md  ilXa^ei  Tcr  l&ij  a  nagiSantB  Mü»vaijgm 
Das  Falsche  an  dieser  Aussage  —  denn  auch  die  Zeugen 
gegen  Stephanua  werden  als  fia{izv(fes  ip^vdüg  beceichnet  — 

^7>  rkrobabU«:p. 


uiyiii^cG  Uy  Google 


IM  Dritter  AbteknUt. 

MbiiC»  Anr  Aweila  Sas  «ein»  wekber  mit  eigendiclieii  Wor- 
101  «SDü  dner  Aadenuif  der  »oMUeheM  Ad%temvfM^ 
Mng  spricht,  iumI  ttutt  dosMD  St«|ihMitts  wohl  in  der  obM 

auigeiübrten  ligtirlichen  Bedeutung  gesagt  haben:  xcA 
fiahr  ohtodo^Tfiu  aUoVp  oder  »uu  aUop  iaxj^i(foaoui%ov) 

RtkUe  nun  In  dieaeni  Sinne  eneb  eebon  Jesnt  jenen 

An8spi*uch,  aber  ohne  die  ßestiaimtiiig  der  drei  Tage,  ge» 
thnnf  Hnd. dadurch  unter  den  Juden  bedeutenden  Anstois 
cmgt,  so  leg  e«  neeb  feiner  Anferstehong  nahe,  den  m 
Borstdrenden  nnd  wiederaufcnbanenden  Tempel  als  Beaeicb- 

nnng  des  Leibes  Jesu  aufzufassen,  um  iheils  den  Jlldieeben 
Beschuldigungen  auszuweichen,  theils  eine  Weissagung  der 
Anferstehnng  mehr  sn  haben*   Kinmal  aber  /den  Ausspruch 
•■f  die  Anferstehnng  benogen,  ergab  es  aich  von  seibat, 
dafs  «oerst  auch  das  bei  der  Bestimmung  von  dieser  solenne 
4V  TQiaiv  j]fitQaig  hineingetragen,  und  dann  weiterhin  das 
oiUey  in  avtiv^  das  olxodofir^aia  in  iyeQOf  verwandelt  wui-de* 
Wie  hier  dnreb  das  Bild  rem  abaobreehenden  und  neu 
anfKuhaoenden  Tempel,  so  soll  Jesus  bei  einer  andern  Ge« 
legenheit  dui*ch  das  Vorbild  des  Propheten  Jonas  auf  seine 
Auftrstehung  im  Voraus  hingedeutet  haben  (Matth.  12,^  if. 
Tgl*  16,  4.   Lne.  11,  29  ff.)*   Als  die  Schriftgelebrten  und 
Pharisäer  ein  atj^eiw  von  ihm  bu  sehen  verlangten,  soll 
Jesus  ihr  Ansinnen  durch  die  Erwiederung  zurückgewiesen 
haben,  dals  einer  so  schlimmen  yavBa  kein  Zeichen  gege- 
ben werde,  als  %6  a^fiiUW  ^iiavä  %ö  n^ofijtUf  welches  in  dw 
ersten  Stelle  bei  Hattbttos  Jesus  selbst  dahin  erlüfirt:  wie 
Jonas  drei  Tage  und  drei  Nächte  iv  tfj  xoüure  tu  xtjiug  ge- 
wesen sei,  so  werde  auch  des  Menschen  Sohn  drei  Tage 
twd  dr^  Nächte         xoQdl^      fijg  anbringen*   An  der 
zweiten  Stelle,  wo  Bfattbäns  Jesu  diesen  Ausspruch  leiht, 
wiederholt  er  die  angegebene  Deutung  nicht;  Lukas  aber 
Sn  der  Parallelsteile  erklärt  denselben  nur  so:  xaOiog  ycc(} 
ijfhno  *kmt$  tn^imw  tiXg  Nmtitms,  S§wg  Ssai  xiu  6  wog 


Digilized  by  Google 


£r«tei  KapiteL  f.  im.  Stt 

v8  äpSifiSm  tfj  yevB^  tairrj.  Gegen  die  M^fiMMtf  ddb 
Jesus  die  Auslegung  des  Jonaszeichens ,  welche  ihm  Mat* 
thaosy  V.  40.,  in  den  Mund  iegt^  selbil  gegeben  hnbe^ 
Jilet  sieh  Venehiedeoet  einwenden»  Dea  swari  daA  Jene 
Ton  drei  Tagen  nnd  drei  Nlehten,  welehe  er  In  llemen 
der  Erde  anbringen  werde,  defswegen  nicht  habe  sprechen 
können,  weil  er  nur  einen  Tag  und  zwei  iNüehte  im  Grabe 
gewesen  sei*)!  aehweriieh  entgegenbalteil  laa* 

een,  da  der  N.  TJIehe  Spraehgebranch  enteehleden  die  KU 
genheit  hat,  den  Aufenthalt  Jesu  im  Grabe,  weil  er  den 
Tag  vor  dem  Sabbat  durch  den  Abend,  und  den  nach  den 
Sabbat  durah  den  Morgen  noeh  berührte,  einen  dreltllglgen 
mu  nennen;  wnrde  aber  einnal  dieser  Eine  Tag  aannt 
zwei  dächten  fOr  drei  volle  Tage  genommen,  so  war  es 
nur  eine  Umschreibung  dieses  Vollseins,  dafii  an  den  Ta» 
gen  aneh  noch  die  JNichte  gesent  wnrden,  waa  sieh  ohne» 
hin  In  der  Vergtelehnng  nit  den  drei  Tagen  nnd  Niehteif 
des  Jonas  von  selbst  ergab  '^).  Dagegen  wfire  es,  wenn 
Jesus  von  dem  at^^aiov  Vctfya  die  Islrklarung  gab,  welche 
Ihn  Matthina  leiht,  eine  so  klare  Voranssagnng  seiner 
Anferstehung  gewesen,  dafs  ana  denselben  GrOnden,  wel- 
che nach  dein  Obigen  den  eigentlichen  VoransverkOndlgun« 
gen  derselben  entgegenstehen,  Jesus  auch  diese  Erklärung 
nieht  gegeben  haben  kann.  Jedenfalls  mufste  sie  die  naeh 
V.  49.  anwesenden  Jünger  an  einer  Frage  an  Jeanm  ver» 
anlassen,  wo  sich  dann  nicht  einsehen  Ififst,  wartim  er  Ih* 
nen  die  Sache  nicht  vollends  klar  gemacht,  also  mit  eigent* 
liehen  Worten  seine  Anferstehnng  vorhenrerkflndlgt  haheii 
sollte.  Kann  er  aber  diels  nicht  gethan  haben,  weil  sonst 
die  Jflnger  nach  seinem  Tod  sich  nicht  so  benommen  Ha- 
ben konnten,  wie  sie  sich  den  evangelischen  Nachrichten 
»ufolge  benahmen:  so  kann  er  auch  nicht  dnreh  Jene  Ver- 


8)  Paulvs,  es.  Handb.  z.  d.  St« 

9)  vgl«  FamiCBB  und  O&uuvtaa,  s«  d.  St« 


Bogeo2i.  i>t  S.  SS5u.  536  ausxuschocidcnu.  dieses  Blatt  elnsublnJfiea! 


m 


Dritter  Abschnitt. 


.gleichung  des  ihm,  bavor«tehenfi(»n  Seiiicluiils  mit  dem  des 
.JoiMif  eine  Frage  der  Janger  licrvorgerafen  heben,  welche 
er,  wenn  sie  en  ihn  gestellt  wtirde,  euch  beentwerten 

muffite,  aber  dem  Erfolg  nach  nicht  beantwortet  haben  kaun. 

Aus  diesen  («rüiMleii  hat  sich  die  neuere  Kritik  dahin 
nometproehen,  dafs  die  Matchiiisehe  Eriilümii^  dea  tnifiÜQr 
^bam  eine  poMt  eventum  vom  Evangelisten  gemachte  Den- 
tung  sei,  welche  er  fülschlich  Jesu  in  den  iMund  lege  '^). 
Wohl  hat  hienach  Jesus  die  Pliarisäer  auf  das  atjftüov  ^korü 
verwiesen,  aber  nur  in  dem  Sinn,  in  welchem  ea  Lnkae 
ihn  eriilliren  lülst,  dafs,  wie  Jona»  selbst,  eelne  blofse  Ge- 
genwart und  seine  ßufsjiredigt,  ohne  Wunder,  den  Ninevi- 
^tcn  als  göttiiühes  Zeichen  genügt  habe:  so  aueli  seine  Zeit« 
genossen,  statt  nach  Wunderaeiohen  sn  haschen,  sich  an 
seiner  Person  und  Predigt  getiOgen  lassen  sollen»  Diese 
Auffassung  ist  die  eineige  deii  Zusammenhang  der  Rede 
Jesu  —  auch  hei  Matthäus —  und  näher  der  Parallele  zw  i- 
scfien  dem  Verhältnifs  der  !Kineviten  ku  Jonas  und  dem  der 
Königin  des  Sttdens  so  Salome  angemessene.  Wie  es  die 
aocfiu  2:ü/Loiior^üg  war,  durch  welche  die  leetere  von  den  En- 
den der  Erde  sich  herbeigezogen  fühlte:  so  hei  Jonas  auch 
neeh  dem  Ausdruck  des  Matthäus  lediglich  sein  ynjQvyfiaf 
'  Mif  welches  hin  die  Mineviten  Bufse  thaten*  Das  Fatumm 
in  dem  Sat^e  bei  Lukas;  arco^  egai.  ttal  6  viog  t.  er.  tf^ 
^SV%{f  Wült]  C'//,/i«wy)>  welchem  man  glauben  möchte, 

fß  kdnne  nicht  auf  den  gegenwärtigen  Jesus  und  seine  Pre- 
.  digt,  sendem  mCIsse  auf  etwas  Künftiges,'  wie  seine  Aufei^ 
stehung,  bexogen  werden,  geht  in  der  That  nur  anf  die 
künftige  y.Qiüi^  y  iu  welcher  «ich  liervorsteilen  wird,  dafs, 
wie  für  die  Mineviten  Jonas,  so  für  die  damals  lebenden  Ju- 
den Jesus  elf  atiiuiop  berechnet  war*  Frühseitig  mufs  Jedoch, . 
wie  wir  aus  dem  ersten  Evangelium  ersehen,  dem  Schicksal  dee 
Jonas  eine  typische  Beziehung  anf  den  Tod  und  die  Auforste- 
hnng  Jesu  gegeben  worden  sein,  indem  die  erste  Gemeinde  für 

10^  i'Ai«i.t;^)  ex.  liandb.  2,  S.  97  ff.  Scuulz,  über  das  Abeudüi.  f. 


Digitized  by  Google 


f 


Erstes  Kaplldh       110.  307 

4 

4le  so  snsHlssige  Kttiislrophe  Aves  Messins  mit  Ängstlich* 
keit  übersll  im  A.  T.  Vurbiidui*  und  Weissaguiigeu  aal* 

Moch  ^aige  AossprOche  Jesn  indes  sioh  im  vierten 
Evengelium)  weiche  schon  eis  verbfliile  Weissagungen  der 
Auiei'ätehung  gefalät  worden  sind.    Die  Uede  vom  Wai- 
■enJiora  zwar,  12,  24,  bezieht  sich  zu  augenscheinlich  jior 
auf  ftss  durch  seinen  Tod  bu  fdrdemde  Werk  Jesn^  als 
dafs  sie  hier  weiter  in  Betracht  kommen  ktfnnfe.   Aber  in 
den  jolianneischen  Abschiedsrcden  finden  sich  einige  Aus- 
sprüche, weiche  noch  immer  Manche  von  der  Auferstehung 
verstellen  m6cliten«    Wenn  Jesos  sogt:  Ich  werde  ench 
nicht  verwaist  iassen ,  ieh  komme  nn  ench;  noch  kurse 
Zeit,  so  sieht  die  Welt  mich  Jiicht  mehr,  ihr  aber  sehbt 
mich;  über  ein  iüeiues,  so  werdet  ihr  mich  nicht  mehr 
sehen ,  nnd  wieder  ttl>er  ein  lüeines,  so  werdet  ihr  mich 
sehen  n.  s.  f.  (14,  18  ff.  16, 10 ff.):  so  glauben  Manche,  die- 
se Reden,  mit  dem  V  erhältniis  von  fuyQov  xai  nu  'uv  fiixQOVf 
mit  dem  Gegensaz  zwischen  ifiq>cafi'Qii'P  i^plv  Qtoig  fuid-r^" 
%mg)  KM  «x^      xiaflify  mit  dem  von  ganä  persKniichem 
Wiedersehen  iautenden  jtaltv  oipoftai  und  itpead^fy  kennen 
auf  nichts  Anderes,  als  auf  die  Auferstehung  bezogen  wer- 
den, weiche  eben  das  kurz  auf  das  ^ichtsehen  gefolgte 
Sehen,  und  swar  ein  perstfniiches  nnd  auf  die  Freunde 
Jesu  eingesdwänktes,  gewesen  sei         AÜein  diescfs  ver- 
lieifsene  Wiedersehen  beschreibt  Jesus  hier  zugleich  auf 
eine  Weise,  welche  für  die  Tage  der  Auferstehung  nicht 
gans  passen  will.  Wenn  das  äti  iyd      (14,  19« )  seine 
Auferstehung  bedesten  soU,  so  weife  man  gar  nicht,  was 
in  diesem  Zusammenhang  das  xai  vfieTg  C?joeaOe  heifsen 
wili;  wenn  Jesus  sagt,  bei  jenem  Wiedersehen  werden 
seine  Jinger  sein  VerhttitnÜs  aum  Vater  erkennen,  und 
Um  nichts  meiir  an  fragen  branclien  (14,  29.  16^  SS.):  so 


II)  SOiKiim,  a.  a.  O.  S.  1S4  CT. 
,  Öaj  l^en  J0tu  JI.  Band.  22 


Digitized  by  Google 


Drilter  Abuchnitl.  ^ 

■Midileii  «ae  Ja  noth  mm  leaten  Tilge  ihm  ZmumMiiti^liis 
mic  ihm  mieli  4er  Aiiftnlehnng  eine»  nnii  mwmr  Im  Sinn 

'  lies  vierten  Evangeliums  recht  anverstündige ,  Fmge  mn 
ihn  (A.  G.  1,  0.)^  endlich,  wenn  er  verspricht,  dafd  su 
denjenigen,  der  ihn  liebe,  er  und  der  Vater  kommen 
und  nTehnnng  bei  ihm  mecben  werden:  so  wird  rollende 
klar,  dnfs  Jesus  hier  nleht  von  einem  leiblichen,  sondern  ' 
von  seinem  geistigen  Wiederkoramen  durch  den  naQaxlt^^ 
t9g  redet*  ^)«  Hat  jedoch  auch  diese  Erklärtuig  ihre  Schwie- 
rigkeiten, indem  hiiiwiedenim  das  o^maM  fte  nnd  ätpo^u^ 
vfutg  auf  Jene  blofs  geistige  Wiederknnfl  nleht  ganz  passen 
will:  so  müssen  wiv  die  Lüsung  dieses  scheinbaren  VVi- 
der^pruchs  auf  die  genauere  jUeleuchtojig  dieser  Aussprii- 
ehean  einer  spXteren  Stelle  versjiaren,  and  erinnern  einst- 
weilen nnr,  dals  ans  den  johanneisoben  Abschiedsreden, 
deren  Untermischiing  mit  eignen  Gedanken  des  Evangeli- 
sten jest  selbst  von  Freunden  des  vierten  Evangeliums  zu* 
gestanden  ist,  a«  wenigsten  ein  fiewels  in  dieser  Sachn 
genommen  werden  kann. 

Nach  allem  diesem  könnte  der  Ausv^eg  noch  übrig 
an  sein  seheinen,  dafs  Jesus  zwar  allerdings  (Iber  die  ihm 
bev,erttehende  /kufentAmmg  sieb  niebt  geCnssert,  niebts  ^ 
desto  weniger  aber  sie  fÖr  sieh  vorhergewnfst  habe.  Wnfe- 
te  er  seine  Auferstehung  vorher,  so  wufste  er  sie  entwe- 
der auf  übernatürliche  Weise,  vermöge  des  ihm  inwohnen- 
den  pcophetisehen  CU^istee,  höheren  Prine^  — -  wenn  man 
will,  seiner  güttllehen  Natinr:  oder  er  wnAte  sie  auf  na* 
türliche  Weise,  durch  verständige  menschliche  Überle- 
gung. Allein  ein  übernatürliches  Vorherwissen  jenes  Er- 
eignisses ist  auch  hier,  wie  in  Beaiehnng  anf  den  Tod,  we- 
gen der  Beniehinig  undenkbar,  In  welche  Jesus  dasselbe 
Eum  A.  T.  sezt.  Nicht  blofs  in  Stellen  nämlich,  wie  Luc. 
'8,  dl,  welche,  als  Vorhersagungen,  nach  dem  Ergebniin 


2)  s.  LUcn  X.  d.  St. 


Digitized  by  Google 


Erstes  Kapitel»       HO.  3«» 

nnarer  leslsiiiDiiteswicbiing,  wn»  sohon  nicht,  nehr  ak^U« 

sturiseh  gelten  können,  stellt  Jesus  seine  Aufersteliuitgy 
wie  «ein  Leiden  und  seinen  Xod|  als  ein  zehod^fj^m  ndv-^. ' 

HB  dar,  sondern^  aoeh  nacli  dem  Erfolg  hält  er  den  an 

seiner  Auferstehung  zweifelnden  Jüngern  vor,  sie  hfittea 
glauben  sollen  iiu  nuaiv  ois  ÜMh,aav  OL.nQOfffjjai,  dafs 
aHmUoh  %cnit9t  üdu  nudelt  %w  Al^göy/.  tuA  wiX&Hy  eig^ 
Ti^V  dofftr  «vra  (LecM,  9ftf«>  l^ant  des  Verfolgs  der 
Erzählung  hat  Jesus  sofort  dieseji  Jüngern  (den  Eminaun- 
tischen)  alle  von  ihm  handelnden  Scji]u£(ste;|lenj  a^a^ey(^ 
uno  MuHtitag  wiimto  niimm  %m.nq9ißfrßfip^  wean  i/i^eifer. 
unten  aoeh  noch  die  ^ceil^oi  gasest,  werden  .(V.  45O9  'mis-^ 
gelegt;  im  Einzelnen  jedoch  wird  uns  keine  Stelle  angege- 
ben ,  welche  und  wie  sie  Jesus  auf  seine  Wieder beiebung 
gedentet  liAttei  Msaer  dais  ans  Matfb«  4%  V^,^*  folgen  v^ttr« 
de  9  er  habe  das  Seliicksal  des^  Prophetwni  Jonas  als  Vor- 
bild des  seinigen  betrachtet,  und  aus  der  späteren  aposto- 
lischen Deuinng,  als  mathmafsUcheoi  vNacbdall  der  seinigcn^ 
geaeliiessen  werden  kdaate»  daTs  er,*  nie  nae|iaia|f  die  iVpo- 
atel,  hanptsftsUleh  In  Pa.  16,^  8  &  8»:!Kiiff.  13,  35.)9 

Jes.  53.  (A.Gf.  8,  32  (f.),  JeK  55,  3.  (A.G.  13,  34.),  und 
dann  etwa  noch  in  Uos.  (i,  2.  solche  Weissagungen  gefipi-  * 
den  habe»  Allein  das  Sebioiual.  dse  Jeeaadiat.  mit,  dem 
Sehleksal  Jesn  nidit  einaial  reekt  ^ne  iiifpeifli^lie  Ahn- 
iiclikeit,  nnd  das  ihn  betreffende  Buch  trfigt  seinen  Zweck 
%  so  sehr  in  sich  selber,  dafs  derjenige  es  gewifs  nicht  nach 
aeinem  wahren  {Sinn  nnd  der  Absicht  seines  Va^^ass^  den* 
tat,  der  ihm  oder  einem  Znge  desselben  eine  vorbildticbe 
Beziehung  auf  Ereignisse  der  Znkanft  nnterlegt :  Jes.  55,  3. 
ist  so  augenscheinlich  heterogen,  dafs  man  kaum  begreift| 
wie  die  Stelle  aar  mit  der  Anfemtehong  Jesu  hat  in  ße- 
slehnng  gehraoht  werden,  kttnnsn;  Jes»  9SU  beaalelit  sich  ent- 
schieden anf  ein  in  Immer  neuen  Gliedern  wiederaufleben- 
des Coilektivsubjekt  j  Hosea  <i.  unverkcnnh.n*  luidlieh  auf 


Digitized  by  Google 


SI0  *  t^tU  ee>  Aksehnitt; 

Volk  ttiMl  Stmft  Itmltl;  enMeh  die  Hiiiiplifelle,  Pn.  1«., 

kann  nur  auf  einen  Frommen  gedeutet  werden,  welcher 
durch  JeliovA*«  Hülfe  einer  Todesgefahr  zu  entrinnen  hoffr, 
und  swar  nleht  in  der  Alt,  diils  er,  wie  Jetoe,  ans  dem 
Grabe  wieder  benrorgelien ,  ,  eondem  gar  nieht  wiriilieh 
in  dasselbe  versext  werden  würde,  versteht  sich,  diefs  nur 
vor  der  Hand,  und  mit  dem  Vorbehalt,  seiner  Zeit  aller» 
dingt  der  Nator  den  Tribut  na  enftriebten        was  auf 
Jetam  wtederom  nicht  paaien  wSrde.  Hütte  alae  ein  flber- 
natüriiches  Princip  in  Jesu,  ein  prophetischer  Geist,  ihn 
in  diesen  A.  T.Üchen  Geschichten  und  Stellen  eine  Voran- 
dentang aelner  Anferetehnng  linden  laaaen:  ao  ktante,  da 
in  keiner  deraelben  eine  aeiehe  Beaieknng  wirklieh  liegt, 
der  Geist  in  ihm  nicht  der  Geist  der  Wahrheit,  sondern 
er  mUfste  ein  Lügengeist  gewesen  sein,  das  übernatürliche 
Princip  in  ihm  nicht  ein  göttÜchea,  aondem  ein  dXmeni* 
achcfl«  Bleibt,  um  dieaer  Cemeqnens  sn  entgehen,  dem 
ftfr  verstfindige  Auslegung  des  A.  T.s  euglfnglichen  Supra- 
naturaiisten  nichts  übrig,  als  das  Vorherwissen  Jesu  von 
aeiner  Anferstehung  aii  ein  natürlich  •nMnaehlicliee  nn  be* 
haupten:  ae  war  die  Anferetehnng,  ala  Wnnder  betrach- 
tet, ein  Geheimnift  des  göttlichen  Rathaohlusses ,  in  wel- 
ches einaudringen  dem  menschlichen  Verstand  vor  dem  Er- 
folg  nnmöglich  war;  als  natürlicher  Erfolg  angetehen  aber 
war  sie  der  vnbereohenbaraCo  ZoMI,  wenn  man  nicht  ei- 
nen von  Jesu  niid  seinen  Terbandeten.  planmAfidg  herbei* 
geführten  Scheintod  annehmen  will. 

Also  nach  dem  £rfolg  erst  ist  so  Venmasleht  wie 
Voraussage  der  Auferstehung  Jesu  beigelegt,  und  nnu 
war  es  auch  bei  der  bedenlosen  WiUkfibr  jüdischer 
Exegese  den  Jüngern  und  Verfassern  der  N.  T. liehen 
Schriften  ein  Leichte»,  im  A.  T.  Vorbilder  und  Weisse* 
gnngen  auf  die  Wiederbelebwif  Ihrea  Messiaa  anfisufinden. 


15}  t.  OB  Warn,     d.  St, 


Digitized  by  Google 


I 


^rsca«  Kapilai  f.  III.  Ui 

Hicht  ab  ob  «ia  diala  mH  tah^wnr  Abaiekdieliliail ,  «imI 
adlMt  Ton  der  Ntchtigkeil  ihfar  Aaslegungs-  inid  SehlvfW 

weise  überzeugt,  gethan  hfitten ,  wie  der  Wolfeiibüttler 
Fragmenüftt  und  Andre  seine«  gleieben  lästern  :  sondern 
wie  es  deai)  der  In  die  Sonne  gesehen,  ergeli^  dals  er  noah 
lüngere  Zelt,  wo  er  hinsteht,  ihr  Bild  erbliekt:  so  sahen 
«ie ,  durch  ihre  Begeisterung  für  den  neuen  Messias  ge- 
blendet, in  dem  einaigen  Buche,  das  sie  lasen,  dem  A.  T., 
ihn  flberall,  und  ihre,  Iii  dem  wahren  Gefülil  iler  Befrie- 
digiing  tiefster  BedArfbiise  gegründete  Vberseugung ,  dafa 
Jesus  der  Messias  sei,  ein  Gefühl  und  eine  Überzeugung, 
die  auch  wir  noch  ehren,  griff,  sobald  es  sich  um  refle- 
xionsmifaige  Beweise  handelte,  naeh  Stütaen,  welehe  iSngst 
gebroehen  sind,  und  selbst  dureh  das  eifrigste  Benllhen 
einer  hinter  der  Zeit  zurückgebliebenen  £zegese  nicht 
melur  haltbar  geaiaeht  werden  kttnnan. 

f.  III. 

Die  Reden  Jesu  von  seiner  Parusie.   Kritik  der  vertchie- 

denen  Auslegungen.  ^ 

Doeh  nieht  allein  daTs  er  drei  Tage  naßh  aalnam  To- 
de wieder  aufleben  werde,  um  sieh  arinen  PrevuideR  an 

zeigen,  sondern  auch,  dafs  er  spüter  einmal,  mitten  in  der 
Drangsalszeit,  welche  auch  die  2iersttfrung  des  Tempels  in 
Jerusalem  herbeillttlupen  sollte^  In  den  Wolken  des  Hlmaieie 
kommen  werde,  um  die  gegenwXrtIge  Wellperlode  abao* 
schiiefsen,  und  durch  ein  allgemeines  Gericht  die  künftige 
zu  beginnen,  hat  Jesus  den  evangelischen  Xfaehriehten  sn- 
folge  Toraiisgeaagt  (Matth.  M.  nndttw  Blare»  13*  Lna»  17) 
St-OT.  21,  5-^36.). 

Als  Jesus  zum  leztenraale  ans  dem  Tempel  gieng  (Ln« 
kas  hat  diese  Bestimmung  nieht)  und  seine  Jünger  (Ln« 
has  nnbesHmflit:  Binig^  Ihn  auf  den  herrliehen  Bau  be- 
wundernd anfmerksam  maehten,  gab  er  Ihnen  die  Venl-  ^ 
cheriuig,  dadi  alles,  wie  sie  es  tla  «eheuj  von  Grund  aus 


Digitized  by  Google 


*34S  Dritter  Abschnitt. 

em^rt  werden  würde*  fMafffi*  i4,  1.  f.  pAnill.>.  Anf 

die  Frage  der  Jdn^r,  wann  Hiefs  geschehen,  und  was  das 
Zeichen  der  ihrer  Ansicht  nach  damit  snsAmmenhäniion^en 
Ankunft;  des  Messias  sein  werde  (V.  S.^  9  wsrnt  sie  Jesus, 
sieh  nicht  durch  Leute,  welche  sich  fillschllch  fOr  den 
Messlas  ausgeben ,  und  durch  die  Meinung,  gleich  nach 
den  ersten  Vorzeichen  müsse  die  erwartete  Katastrophe 
folgen,  irreführen  ru  lassen;  denn  Kriege  und  Kriegsge» 
rllehte,  K^impfe  ron  Vülicem  und  Reichen  gegeneinander, 
Hungersnoth,  Pest  und  Erdbeben  da  und  dort,  seien  nur 
die  ersten  Änfän  j^e  des  der  Ankunft  des  Messias  vorange* 
henden  Elends  (V.  4-— 8.).  Auch  sie  selbst ,  seine  Anhiln- 
ger,  werden  nuror  noch  Hsfs,  Verfolgung  und  Mord  Üher 
sich  ergehen  lasson  müssen;  Treulosigkeit,  Verrath,  Thu- 

^  schung  durch  falsche  Propheten ,  Lieblosigkeit  und  allge- 
meines Sittenverderben*  werde  unti^  den  Mensehen  ^inreis» 
•en,  Bugleioh  aber  müsse  die  Botschaft  vom  Mesiiasrelch 
noch  voi'Iier  in  dor  ganzen  Welt  verkilndiort  wci'den :  nacli 
allem  diesem  erst  könne  das  Ende  der  jetzigen  Weltperio- 
de eintreten,  anf  weiches  mit  Standhaftlgkeit  harren  müs- 
se, wer  an  dem  Ghfcice  der  künfH^n  Antheil  bekommen 
wolle  fV.  9 — 14.  >.  Ein  näheres  Vorzeichen  schon  von 
dieser  Katastrophe  sei  die  Erfüllung  des  Danielischen  Ora- 
kels 27.)  von' dem  an  heiliger  Stütte  aufsnstellenden 
Verwüstnngsgrlluet  ^naeh  Lukas,  21,  20,  die  Umstellung 

.Jerusalems  durch  Kriegsheere);  wenn  dieses  eintrete, 
dann,  sei  es  Tnach  Lukas,  weil  die  Verödung  Jerusalems  be- 
vorstehe, welche  Lue«  19^  43  f.  In  einer  Anrede  Jesu  an 
die -Stadt' durch  mQißa^aiv.  ot  fx^()o/  ou  yaQaxa  aoi^  xal 
TtBQtyvy.hiauai  as  y.al  ovrt^<jol  os  Ttavro^evy  y.cd  idacfrsal 
US  xal  za  rexvcc  a  i  iv  ool,  y.al  hx  Cupilauoiv  iv  aoi  U^ov 
nfth^r  bestimmt  Ist)  die  höchste  Zeit  schien- 
nlgtfton  Plnoht^'bei  welcher  alle  am  schnellen  Fortkommen 
flehinderte  zu  b?d.iaern,  und  von  welcher,  dafs  sie  In  kei- 
ne ua^ünsti^e  Zeit  f;iilen  möge,  angelegentlich  eu  wünschen 


Digitized  by  Googl 


0 


Erste«  KapiteL  f.  III.  MS 

•ei;  denn  et  trete  ilMm  efaw  bdtpielloee  DnmgMilsaelt «ein 
(neeh  Lue*  V.  24.  haupttiehlieh  diiriii  bestehend,  daf«  vom 
Volk  Israel  viele  uoikoinmen,  andere  geiaiigeii  weggeführt, 
Jerusalem  aber  eine  vorberbeatiminle  Periode  hindurch 
Ten  Meiden  sertreten  werden  werde)»  welehe  nnr  dnreh 
gnedenirolle  Abkflreung  Ihrer  Dauer  von  Seiten  Ciottes  aus 
Kücksichtaufdie  Erwählten  ertriiglich  werde  (V.  15— 
Um  diese  Zeit  werden  falsche  Proplieten  und  Afessiaiie 
dnreh  Wunder  nnd  Zeiehen  sn  tXnsdien  anchen,  nnd  da 
oder  dort  den  Messias  au  aeigen  versprechen:  da  doch 
ein  Messias,  der  irgendwo  verborgen  wäre  und  nnfgesucht 
w  erden  rnüfste)  kein  wahrer  sein  klinne^  indem  dessen  An- 
kunft wie  das  Leoehten  des  Blitnea  eine  piaalielie»  OberalU 
hin  dringende  Offenbarung  sei,  und  ebrnsoliald  sieh  um 
ihn  die  ihm  bestimmten  Anhänger  sammeln  werden  (V. 
—28.).    Unmittelbar  nach  dieser  DrangsalsKeit  werde  sich 
nun  du^  Verfinsterang  von  Sonne  nnd  Mond,  dnrrh 
Herabfailen  der  Sterne  nnd  ErsehAtterung  alierKrüfle  des 
lliiiiiiiels,  die  Erscheinung  des  Messias  einleiten,  welcher 
sofort  zum  Schrecken   der  Erdenbewohner  mit  groÜMsr 
Uerriiehkeit  in  den  WoMmu  des  Himaels  dalierkoMnen » 
nnd  alsbald  dnreh  Engel  mit  TronipetensehaU  seine  Er- 
wählten von  allen  Enden  der  Erde  eusanimenrufen  lassen 
werde  (V*  29 — 31«).   An  den  voi^enannten  Zeichen  sei  die 
JiHlie  der  angegeheaen  Katastrophe  so  sieher)  wie  an  den 
Anssehlagen  des  Feigenbauns  die  Mibe  des  Sommers,  an 
erkennen;   nuch  das  gegenwärtige  Zeitalter  werde,  bei  al« 
iem  was  sicher  sei,  das  Alles  erleben,  obgleich  der  genaue- 
re Termin  nur  Gott  allein  bekannt  «ei  (V.92— 3«.).  Wie 
aber  die  Menschen  seien  (das  Foln^ende  haben  Markus  und 
ijükas  theils  gar  nicht ^  theils  niiiit  in  diesem  Zusammen- 
hang), so  werden  sie  aach  die  Ankunft  des  Messias,  wie 
einst  die  der  Silndlluih,  mit.  ieiehtsinniger  Sicherheit  her- 
anHIeken  lassen  fV.  37 — 39.):  m  d  doch  werde  es  ein 
äuüdcrttt  LrUiöcher  Zeilpunkt  sein  9  der  diejeni^eu^  welche 


Digitized  by  Google 


'  Drltfr  Abtohnitt;. 


in  ilea  nMmt&n  Verfiff Itniiteii  gestanden ,  guns  enfffe&fen- 

ge»er.tem  Loos  riheranfworfen  werde  (V.  40.  410«  Darum 
sei  Wachffamkeif  noth  fV.  42.)-.  wio  immer,  wenn  von  ei- 
nem epi^cheideiiHen  £rfalge  der  Zeilponkt  «einet  Eintre^ 
f^ns  unbeknnnt  sei,  wus  sofort  doveh  das  Bild  vom  Hsns- 
liorrn  und  Dieb  (V\  43.  440?  vom  Knechte,  dem  der  ver- 
reibende H<^rr  die  Aufsicht  über  das  Uaasvi^esen  anver- 
trant  ( V.  41^51.)  |  ferner  von  den  klagen  and  thöriehten 
Jiineffranen  (25,  1 — 13.),  endlich  Ton  den  Talenten  (V.  14 
— 30.),  veranselianlielit  wird.  Hiernnf  folgt  eine  Beschrel- 
biinir  des  feierlichen  Gerichts,  weiches  der  Messins  Ober 
alle  Vtlilter  halten,  an^  in  welchem'  er  nach  der  Rücksicht, 
ob  einer  die  Pflichten  der  Menschenliebe  lieobaehtet  oder 
hintan nre'^o/.t  habe,  Seligkeit  oder  Verdammnirs  zuerkennen 
werd.^  fV.  31—46.).  «). 

In  diesen  Reden  kündigt  also  Jesus  bald  ievO-iiag^  34| 
99.)  nach  derjenisren  Dran^rsal,  in  welcher  wir  (nanent- 
lieh  nach  der  Darstellnnfr  des  LnkasevanjE^elinrns")  die  Bela- 
gerung von  Jerusftlein  and  die  Zerstörung  des  Tempels  er- 
kennen müssen,  und  so,  dafs  es  die  Generation  seiner  Zeit- 
genossen (i;  yevpti  aStfj  V.  34.)  noch  erleben  werde,  seine 
sichtbare  Wiederkunft  in  den  Wolken  nnd  das  Ende  der 
gegen wjirti^en  Zeitperiode  an.  Da  nun  bald  vor  1800  Jah- 
ren die  Zerstilrun^  des  Jüdischen  Tempeis  erfolgt,  nnd  ebeii- 
aofange  her  die  Zeitgenossensehaft  Jesa  aosgestorben,  seine 
sichtbare  Wiederkunft  aber  nnd  das  von  ihm  mit  dersel- 
ben  in  Verbindung  gesezte  Weltende  noch  immer  nicht  ein- 
getreten ist:  so  scheint  insofern  die  Yorherverkündigung 
Jesn  eine  Irrige  gewesen  mu  sein.  Schon  in  der  Ältesten 
christlichen  Zeit,  da  die  Wiederknnflt  Christi  sich  langer- 
▼erzog,  als  man  sich  gedacht  hatte,  standen,  nach  2.  Petr. 
3,  3  f*y  Spötter  mit  der  Frage  auf:  nü  igi¥  ma^yelia 


1)  Vgl.   lilior  f'rn   Inhalt  und  Zusammenhang  dieser  Reden 
Famiciui  ia  Alst  h.  p.  695  if. 


Digitized  by  Google 


£rftte8  Kapitel.   S.  III.  845 

Tjfc  naQnalctg  cnV«;  a(p        yao  ol  nartQfg  iy.otfijj^r^aaVf 
ndiia  ino)  (hautvn  an  oiQX^S  ytionog.   In  neuerer  Zeit  ist 
die  naehlbeiiige  Folgerongi  ivelche  aat  dem  bezelohnetcn 
Verhiltnir«  gegen  Jeaam  uiad  die  Apostel  sieh  seheinlNV 
ziehen  läfst,  von  Niemand  schneidender  ausgesprochen  wor- 
den,  als  von  dem  WolfenbUttler  Fragmentisten.  Keine 
Verheiiswig  in  der  gansen  Schrift,  meint  er,  sei  auf 
einen  Seite  bestimmter  yorgetragen ,  auf  der  andern  offen-  • 
barer  falsch  befanden  worden,  als  diese,  welche  doch  eine 
der  Grandsäulen  des  gesammten  Christenthums  bilde.  Und 
mvmr  sieht  er  darin  nicht  einen  blolsen  Irrthum,  sondern 
einen  absichtlichen  Betrog  der  Apostel  (denen,  und  nicht 
Jesu  selbst,  er  jenes  Versprechen  und  die  es  enthaltenden 
Reden  zuschreibt),  hervorgegangen  aus  der  Noth wendig- 
keit, die  Leüte,  von  deren  Beiträgen  sie  ihren  Unterhalt 
stellen  wollten,  durch  das  Versprechen  einer  nahen  Beloh- 
nung anenlocken,  and  kennbar  an  der  Kahlheit,  mit  wel-  / 
eher  sie  den  aus  dem  allzuiangen  Verzug  der  Wiederkunft 
€bristi  erwachsenden  Zweifeln ,  wie  Paulas  Im  2ten  Thes-  i 
salonicherbrief  durch  Ventecksplelen  mit  dunkeln  Redens- 
arten ,  und  gar  Petrus  In  seiner  ew^ten  Epistel  dureh  das  • . 
Ungeheure  einer  Berufung  auf  die  göttliche  Zeitrechnung, 
in  weicher  1000  Jahre  =  einem  Tage  seien,  su  entgehen  . 
suoben  2). 

Der  tddtllchen  Wunde,  welche  man  dureh  solche  Fol* 

gerungen  aus  dem  vor  uns  liegenden  Abschnitt  dem  Chri- 
stenthum  beibringen  wollte,  roufste  natfirlich  die  Exegese 
auf  |ede  Vi^eise  aussubeugen  suchen*  Und  nwar  nfiher,  in- 
dem der  ^anae  Knoten  darin  besteht,  dals  Jesus  mit  etwas 
nunmehr  längst  Vergangenem  in  unmittelbai*eii  Zeitzudam- 
menhang  etwas  noch  immer  Zukünftiges  au  setzen  scheint^ 
so  waren  die  drei  Auswege  möglich :  entweder  su  leugnen, 
dafn  Jesus  sum  Theil  auch  von  etwas  Jost  schon  Vergan- 


Ji)  Vom  Zweck  Jesu  und  seiner  Jünger,  S.  184.  m  IT.  2«  7  & 


üiyiiized  by  Google 


MH  Dritter  AbvcliMit^  ' 

gwMfli  spreehe,  «nd  ihn  von  innler  noeli  ininier  ZvfcttnW- 

gein  reden  sii  lassen;  oder  leugnen,  dafs  ein  Theil  sei> 
Aer  üede  etwa«  noch  jezt  Zukünftiges  betreffe 9  sumit  die 
genne  Vonio«Mgiuig  auf  etwM  bereite  binter  nne  Liegea- 
des  BH  beslehen;  oder  endJieh  swer  ensttgeben,  deCi  der 
Vortrag  Jesu  theils  auf  Solches,  was  uns  schon  ein  Ver- 
gangenes, theiU  auf  Solches,  was  nns  noch  ein  Zuiiiiiif* 
tiges  iaty  «ieh  besiebe,  aber  so  iengnen^  ciais  er  swisebe« 
beUe«  eine  nnmttleibere  Zeitfolge  behenpCet  bebe. 

In  der  urchristlichen  Erwartung  der  Wiederkunft  Christi 
noch  lebend,  und  zugleich  in  geregelter  £xtfgese  nicht  so 
gettbty  WB  fiber  einige  Birten  einer  aonet  erwUnsebten  Er^ 
ktimng  nicht  hinwegsehen  nn  können,  tieeogen  einige  Kir» 
clienväter,  wie  Irenaus  und  Hilarius  den  ganzen  Ab- 
•chnitt  von  seinem  Anfang  Matth.  24,  bis  zti  seinem  Ende 
Kefi.  25,  auf  die  noch  bevorstehende  Wiederliunft  Christi 
«um  Gerieht*  Aliein,  indem  diese  Anslegungs weise  so- 
gleich einräumt,  von  vorne  herein  habe  Jesus  als  Tyjius 
dieser  ieeten  Katastrophe  die  Zerstörung  Jerusalems  ge- 
branebt:  eo  glebt  sie  damit  sieh  seihet  wieder  auf,  denn 
was  lieMst  jenes  Zngestindnift  anders,  als  dafs  der  Anfang 
der  fraglichen  Reden  zunächst  den  Eindruck  mache,  wie 
wenn  von  der  Zerstörung  Jerusalems,  also  etwas  bereits 
Vergangenem,  die  Rede  wäre,  und  dais  nnr  eine  wettere 
Reflexion  and  Conibination  demsellien  eine  Beslebung  aof 
etwas  n6ch  in  der  Zukunft  Liegendes  geben  könne? 

Der  neuere  Ri^tionalismus ,  weichem  in  seinen  natura- 
Üstiseben  Anfängen  Jede  Hoffnung  auf  die  Wiederkunft 
Christi  na  Nichte  gewof^en  war,  und  weleber,  um  das 
ihm  Mifsfallige  aus  der  Schrift  wegzubringen,  jede  exege- 
tische Gewaltthat  sich  erlaubte,  warf  sich  defswegcn  auf 

3^  Jener  adv.  Harros.  5,  25  ;  diestT  Conini.  in  IMaüh.  x.  <l.  St. 
Vcrgl.  iibtT  die  verschiedenen  Auslegungen  dieses  Absclinllls 
das  Verseichni!:«»  Uc'i  ScIiott,'  (^nmmenlarius  in  cot  J.  t>i>r> 
semoaes,  qui  de  reditu  ejus  ad  judicium  —  sguot,  p.  7Sfi'* 

Digitized  by  Google 


% 

Erste«  KapiteL  S*  Hl*  M7 

d?^  entgege II ^eseiBf»  Seite,  oml  wagte  den  Versveb,  die  be- 
treireiideii  Reden  Jesu  in  ihrem  ganzen  Verlauf  nur  auf 
die  Zerstörung  Jerusalems,  und  was  ihr  «uniiciMt  voran- 
gieng  und  folgte,  mu  Imielieti  ^>  Uleter  Aualegmig  m- 
folge  soll  dss  Ende,  ron  welehem  die  Rede  ist)  mir  dee 
Aiifliören  der  jüdisch -heidnischen  Weltgestaitung ;  das  von 
der  Ankunft  Christi  in  den  Wolken  Gesagte  nur  bildliche 
Beseiehnang  der  Verbreitung  nnd  des  Siegs  seiner  ^Lehre; 
die  Versammlung  der  Vttllier  sam  Gerieht  und  die  Terwel- 
suiig  der  einen  in  die  Seligkeit,  der  andern  in  die  Ver- 
dai^mnifs  ein  Bild  für  die  beglückenden  Folgen  sein,  wei- 
elie  die  Aneignung  dep  Lehre  und  Saehe  Jesn,  nnd  iür  die  ^ 
Übel  >  welehe  die  Gleiehgttitigkeit  oder  gnr  Peindsehaft  ge- 
gen dieselbe  mit  sich  führe.  Allein  hiebei  wird  ein  Ab- 
stand der  Bilder  von  den  Ideen  angenommen,  der  sowohl 
an  sieb  nnerböri,  als  im  Besondern  hier  nioht  denkliar  ist, 
wo  Jesus  au  jüdisch  Gebildeten  redend,  wissen  nofste,  dalb 
sie,  was  er  von  Ankunft  des  Messias  in  den  Wolken,  vom 
Gericht  und  Ende  der  gegenwärtigen  VVeltperiode  sagte ^ 
im  elgentliciiston  Verstände  nehmen  würden. 

Leist  auf  diese  Weise  die  Rede  Jesu  ihrer  ganaen 
Länge  nach  weder  auf  die  Zerstörung  des  Jüdischen  Staats, 
noch  auf  die  Vorgänge  am  t)nde  der  Dinge  sich  beaiehen; 
so  mdlste  sie  auf  etwas  von  beidem  Verschiedenes  iieBOgen 
werden,  wenn  jedesmal  an  einem  und  eliendemseUien  Zig 
jene  gedoppelte  Unmöglichkeit  haften  würde.  So  aber  i'n\^ 
die  Sache  nicht^  sondern  während  auf  das  ferne  Ende  der 
Welt  nicht  besagen  werden  kann,  was  Matth.  24 »  2.  3* 
15  iL  Ton  Verwüstung  des  Tempels  n*  s«  w*  gesagt  wird: 
kann  umgekehrt  auf  die  Zerstörung  Jerusalems  das  nicht 
gehen  9  was  25,  3i  ff«  von  dem  durch  des  Menschen  Sqhu 


4)  Bahrdt,  Übersetzung  des  N.  T.s,  1,  S.  1105,  5le  Aiisfj. ;  (f^ 
KeNKRMA>i\,  Handbuch  der  (jlaubenslehref  2«  S.  579*  3yS.  427* 
447.  709  ft,f  und  Andere »  bei  ScHonr,  «.  a.  ü. 


Digitized  by  Google 


^48  Dritler  Abtohniit.- 

n  halrenden  Gericht  verkfliuligt  iuL  Indev  hieimch  in  dar 
Rede  Jeia  TOfi  Vom  herein  die  fieniehting  auf  die  Ze^t5- 

ruiig  Jerusalems  9  nach  hinten  zu  aber  die  auf  das  Ende 
der  Dinge  die  vorwiej((ende  ist:  so  wird  eine  Theilung  mög- 
lich, in  der  Art,  da&  der  ersM»  Tiieii  der  üede  anf  Jenen 
niiheren,  der  nweite  «of  diesen  entfernteren  Erfolg  beco-' 
gen  werden  kann.  Diefs  ist  der  von  den  meisten  neuei*en 
Kxegeten  eingeschlagene  Mittelweg,  bei  welchem  es  sich 
nur  fragt,  wo  der  Blnsehnitt  na  machen  ist,  weicher  beide 
Theiie  von  einander  trennt  Da  es  eine  Spalte  sein  nfile- 
te,  in  welche  voraussezlich  die  ganze  Zeit  von  der  Zerstö- 
rung Jerusalems  bis  sum  Jüngsten  Tag,  also  niuthmafsiich 
ein  Zeitraom  von  melireren  Jalirtansenden  hineinfiele:  so 
sollte  sie,  mala  man  denken,  itenntlieh  l»eseichnet,  nnd  ^ 
folglich  leicht  und  mit  Übereinstimmung  zu  finden  sein. 
Es  ist  kein  gutes  Vorzeichen  für  die  ganze  Voraussetzung, 
dais  man  diese  Übereinstimmung  vergeblich  sucht,  vielmehr 
an  den*  verschiedensten  Örtem  der  Rede  Jesu  jener  Ab- 
schnitt gefunden  worden  ist. 

Da  auf  der  einen  Seite  so  viel  entschieden  zu  sein 
•ehien,  dafs  wenigstens  der  Schlafs  des  25ten  Kapitels, 
von  ¥•  31.  an,  mit  den  Reden  von  dem  feierlichen  Gericht, 
welciies  der  Messias,  von  den  Engeln  umgeben,  über  alle 
Völker  halten  werde,  nicht  auf  die  Zeit  der  Zerstörung 
Jerusalems  besogen  werden  könne:  so  glaubten  manchd 
Theologen  hier  die  Orenne  abstecken,  nnd  bte  i5,  SO.  nwar 
die  Beziehung  auf  das  Ende  des  jüdischen  Staates  festhai> 
ten  2U  können^  von  da  an  aber  sum  Weltgericht  am  Ende 
der  Dinge  ttbergehen  «a  massen       An&UeA  mnis  bei  die» 


5)  So  LisiiTfooT,  s.  d.  St.  Flatt,  Cosun.  de  notione  vocit  ßm» 
mUia  rwr  tS^rtSv^  in  VstTRVSiN^t  tt.  A.  SaBunlung,  2,  461  ff. 
Jahn,  BrklSrung  der  Wdssagungca  Jesu  von  der  Zerttörung 
Jerusalems  u.  s.  w. ,  in  Bskokl^s  Archiv  2j  1>  S.  79  ff. ,  und 

Andere^  f.  bei  Schott^  S.  75  f» 


Digitized  by  Google 


Evstei  Kapitel,  i.  III.  949 

•er  ErkUSrnng  sckon  diefiiy  die  grofte  Kluft,  weiche  der» 
eelbeii  snfolge  swisebeti  25,  30.  und  Sl.  «tntifinden  mafste, 

durch  ein  einfaches  öt  bezeichnet  za  selten.  Dann  aber 
wird  hiebei  nicht  iior  das  von  Sonnen-  und  Mondafinster«- 
nieten,  firdbeben^'und  herabfallenden  Sternen  Gesagte  als 
blelaes  Bild  für  den  Untergang  des  jüdischen  Staats  ond 
Cultus  erkUrt,  sondern,  dafs  24,  31.  vom  Messias  gesagt 
ist,  er  Vierde  auf  den  Wolken  kommen,  das  soll  heis- 
•en:  nnsichtlnur;  mit  Macht,  das  heifse;  nur  durch  seine 
Wirkungen  beoMrfciiar;  mit  vieler  Herrlichlieit,  d.  In  mit 
einer  solchen,  die  aus  jenen  Wirkungen  Merde  crschJosseii 
werden  können;  die  alle  Völker  eusammen trompetenden 
SyyBim  aber  sollen  die  predigenden  Apostel  sein  ^> 

FMllt  hiemit  der  Versuch,  von  hinten  herein  gebend 
bei  2.J,  30.  Rbsutheilen,  durch  die  Unfähigkeit,  das  weiter 
vorwürts  Liegende  nn  erklaren,  in  sich  selbst  susammen: 
so  lag  es  nahe,  von  vorneherein  zu  sehen,  bis  wohin  die 
Benlehnng  auf  die  nfichste  Zukunft  nothwendig  festsuhal« 
ten  sei,  und  da  ergab  sich' der  erste  Rubepunkt  hinter 
24,  28;  denn  was  bis  dahin  von  Krieg  und  andrer  Noth, 
Tom  Gräuel  Im  Tempel,  von  der  ^othwendigkeit  schleuni« 
ger  Flacht ,  am  beispiellosem  Elend  sa  entgehen ,  gesagt 
ist,  das  kann  ans  der  Besiehnng  nur  Zerstörung  Jerusa« 
lenis  ohne  die  gröfste  Gewalt  nicht  gerissen  werden ;  was 
nl»er  folgt,  vom  Erscheinen  des  Menschensohns  in  den  Wol« 
ken  a.a«  f»,  erheischt  eben  so  dringend^  eine  Besiebang  anf 
itte  leden  Dinge  Hiebei  jedoch  scheint  es  envörderst  onbe» 
greiflich,  wie  man  den  ungeheuren  Zeitraum,  welcher  auch 
iiei  dieser  Erklärung  «wischen  den  einen  und  andern  Theil 
der  Rede  fällt,  gerade  awischen  swei  Verse  hineinlegen 
kann,  welche  Matthäus  dnrch  eine  Partikel  der  kttrsesten 


Q  So  asmentUch  Jaih,  in  der  angeliihrten  Abb. 
7)  So.  Stokr,  Opute.  acad.  3,  S.  S4ft  PMOS,  excg.  Hsndb« 
3;  a,  S.  34«  f.  402  f. 


üiyilizeQ  by  ^üOglc 


)30  Dritter  Abschnitt. 

Zeit  ifv&iotg)  verb;ndet.  Man  hat  dicsom  UbelstamI  dnreh 
die  Behauptung  ^u$iBQweicheli  versuclir,  dal's  f  vOnog  hier 
nicht  die  schnelle  Folge  der  einen  Begebenheit  aal*  die  an- 
dere, so  nd  01*11  nuir  das  unerwartete  Eintreten  eines  £reif^- 
nisses  bezeichne,  und  also  hier  nur  so  viel  gesagt  werde: 
plösiich  einmal  (  unbestioimt,  wie  lange)  nach  jenen  lie« 
driingnissen  bei  d^r  Zersttfrong  Jemsaleins  werde  der  IMee» 
Sias  sichtbar  erscheinen.   Abgesehen  deren  Jedoch,  dale 
eine  solche  Deutung  von  n)Mojgj  wie  Olshausen  riclitig-. 
•iebty  ein  blolser«  Nothbehelf  ist,  so  ist  durch  dieselbe  nicht 
einmal  wirklich  geholfen ,  indem  nicht  allein  der  parallele 
Markus  V.  24.  durch  sein  ip  inelvaig  raig  r^i^itQaig  fttta 
%rpf  ^UijJiv  ixiivrpf  die  von  hier  an  gemeldeten  Erfolge  in 
dieselbe  Zeitreihe  mit  den  zuvor  erzühiten  verlegt,  sondern 
aneh  kurs  hernach  (ibereiiistimmend  in  allen  Relatiene» 
(Matth.  V.  34.  parall.)  die  Versicherung  sich  findet ,  daCi 
alles  diefs  noch  von  der  gegenwärtigen  Generation  erlebt 
werden  würde.   Da  auf  diese  Weise  der  Annahme,  daCk 
Yon  V.  29.  an  Alles  auC  die  Wiedecknnflt  Christi  «noa 
Weltgericht  gehe,   durch  den  84ten  Vers  Vernichtung 
drohte:  so  wurde  nrnimehr,  wie  schon  der  Wolfenblittler 
kiiigt')!  das  Wort  ytv^d  gefoltert,  dafs  es  der  Voraus- 
aetsnng  nicht  mehr  entgegen  sein  sollte.  Bald  mnlste  ea 
die  JAdische  Nation  ^ ,  bald  die  Anhängerschaft  Jesu  '  <*) 
bedeuten,  und  von  der  einen  oder  andern  sollte  Jesus  sa- 
gen, sie  werde,  unbestimmt  in  der  wievielten  Generation, 
l^i*m  Eintritt  Jener  Katastrophe  noch  vorhanden  sein.  ISo 
den  gedachten  Vers  so  erkllbren,  dals  er  eine  Zeitbestini- 
mung  gnr  nicht  enthalte,  soll  selbst  nothw endig  sein  in 
Rücksicht  auf  den  gleichfolgejiden  35ten :  da  nämÜeli  in 
diesem  Jesus  den  Zei^unkt  jenee  iUtastrophe  sn  bestim« 


8)  a.  a.  O.  S.  188. 

9)  SfORR,  a.  a.  O.  S.  dO*  116  ff. 
10)  Panwt,  s.  d.  8t. 


Digitized  by  Google 


Kriles  Kapitel,  f.  »t 

iMn  für  minoglich  erlklürey  so  kSnne  er  nleht  anmiftlelber 

vorher  eine  solche  ßestlmniung  gegeben  hnben  durch  die 
Yersiclierung,  dnfs  seine  Zeitgenossen  noch  Alles  erleben 
wOnlen.  Inilere  diese  engebliißhe  Nörhigon|r,  des  yma  so' 
sn  deuten,  ist  llnpfst  aas  dem  Wege  gesehaift  dareh  dM 
Unterscheidung  zwischen  der  ungefähren  Bezeichnung  des 
ZeitraumS)  über  den  das  fragliche  Kreignifs  nicht  hinaus- 
feüen  werde  (/ma)»  welche  Jesos  giebr,  and  der  genao^ 
bestioMiang  des  Zeitpunkts  aal  mqu),  in  weleheni 

es  eintreten  werde,  die  er  nicht  geben  zu  können  versi- 
chert '  Doch  selbst  die  Möglichkeit,  yti  tu  auf  eine  der  an« 
gegebenen  Arten  ea  deaten ,  verschwindet ,  wenn  man  er- 
wfigt,  dafs  in  VMEndang  mit  einem  Verbam  der  Zeit  and 
ohne  sonstiges  Prltdilcat  yfvea  unmöglich  eine  andre  als 
seine  ursprüngliche  Bedeutung:  Generation,  Zeitalter,  ha- 
llen liann;  da(s  in  einen  Zasammenhang,  welcher  die  Za* 
linnllt  'des  Messias  durch  Zeichen  an  liestiijbmeh  sacht ,  ein 
Ausspruch  übel  passen  würde,  der,  statt  über  den  Ein- 
tritt jener  Katasti^ophe  etwas  auszusagen,  vielmehr  von  der 
Dauer  des  Jüdischen  Vollis  oder  dei^  christlichen  Geraeindo 
iMindelte^  Ton  weicher  gar  nicht  die  Rede  war;  dafi»  aneli 
schon  V.  83.  in  dem  vu€ig,  orcxv  Idr^ze  ndvta  ravtay 
ytniaxete  x.  r.  jU  vorausgesezt  ist,  die  Angeredeten  wür- 
den die  Annftiierong  des  fraglichen  Ereignisses  noch  erle» 
Im«;  endlieh  da(s  an  einer  andern  SteUe  (Matth.  16^  S8* 
parall.)  die  Versichernng,  die  Anlionft  des  Menschensohns 
noch  BU  erleben,  statt  von  der  yeveu  avrfj  geradezu  voa 
Tfol  rcSy  (ade  igtkm  gegeben  wird^  wodurch  aufs  £nt-: 
seileidendste  dargetha»  ist,  dafs  Jesus  auch  an  unsrer  Steile 
unter  Jenem  Ausdruck  das  Geschlecht  seiner  Zeitgenossen 
verstanden  hat,  welches  noch  nicht  ausgestorben  sein  soll- 
te, bis  jene  Katastrophe  eintreten  würde  '  ^)» 

11)  8.  KüixÖL,  in  Matth.  S.  649. 

12)  vgl.  den  WolfcnbUttlcr  b  ragmeatisten ,  s.  a.  O.  S.  190  ffi 
S^CMOTTy  a.  a.  O.   S.  127  ff. 


Digitized  by  Google 


2^2  Urifcter  Abs«linitt. 

Findet  sich  demnach  nach  V.  34.  etwas,  das  auf  ein 
Zfiitalter  Jesu  «eiir  nahes  fiveignifs  zu  beudien  ist; 
to  kann  nicht  schon  von  ?•  äl).«an  die  Rede  J«$b  auf  daa 
entfernte  Ende  der  Welt  gefipn^  sondern  man  mota  de» 
£inschnitt  noch  etwas  weiter  hinaus,  etwa  nach  V.  35.  oder 
42.  setzen  Allein  hiebei  behält  man  dann  AuasprttcJia 

Im  Rttoken,  welche  der  Dentnng  auf  die  Zeit  von  Jmrvaa» 
Icms  Zerstörung,  die  man  dem  Abschnitt  bis  an  den  be* 
seichneten  Versen  geben  will,  widerstreben,  man  ronfs  in 
den  Reden  von  dem  herrlichen  Kommen  Christi  auf  den 
Woücen  und  dem  Versammeln  aller  Völker  durch  £ngei 
(T.  30  f.)  dieselben  tm geheuren  Tropen  finden,  an  welekeni 
yßfie  wir  oben  gesehen  haben  ^  eine  andere  Abtheilung  ge- 
aoheitert  ist. 

Hat  auf  diese  Weise  der  Aussprach  V..34|  welebar^ 
aammt  der  vorangehenden  Bilderrede  vom  Feigenbaum  (V. 

31f.)  und  der  angehängten  Bekräftigung  (V.  35.),  auf  ein 
sehr  nahes  Ereigniis  sich  beziehen  mufs,  sowohl  ohnehin 
Torwftrts  Reden,  welche  nur  auf  die  ferne  Kataatrophe  ge» 
hen  kennen,  als  auch  rOckwfirts  bereits  eben  solche:  ao 
scheint  er  in  dem  Context  der  Qbrigen  Rede  als  Oase  von 
eigenthümlichem  Sinn  mitten  inne  eu  liegen.    So  nimmt 
Schott  an,  nachdem  Jesus  bis  V«  26*  Ton  der  Zerstörung 
Jerasalems  gesprochen ,  sei  er  awar  V.  27.  auf  die  Ereig- 
nisse am  Ende  der  jetzigen  Weltperiode  übergegangen, 
Y.  32.  aber  komme  er  auf  das  die  Zerstörung  Jerusalems 
Betreffende  curfick,  und  fahre  erst  V.  30.  wieder  Über  das 
Weltende  au  sprechen  fort^^).  Allein  das  heifst  in  dar 
'  Veraweiflung  den  Text  serhaeken;  denn  so  unordentlich 
und  springend  kann  Jesus,  noch  dazu  ohne  in  der  Ah- 
dnanderreihung  der  Sätae  eine  Andeutung  au  geben,  ua« 
möglich  gesprochen  haben« 

13)  Jeaet  Süskikd,  vermischte  AufsMtse,  S.  90  ff.  ^  dieses  KvuiSl, 
in  Mallh.  p.  (355  ff. 

14)  s*  dessen  Commenttrius,  z.  d.  St. 


Digitized  by  Googic 


•  ■ 

Dm  uolk  «r  RMh  9khty  Mint  4fo  nftteaC»  Kritik»  mik 
dkm  tmi  lUdMiDiig  der  Re€»reiiteii  «oll  et  konaum,  ver^ 

scliicdeiie,  nicht  M:u8aiuiuengehöi*ige  Aussprüche  Jestt  aiieht 
in  der  besten  Ordnung  anetnajideirgefUgt  zu  haben«  Mat« 
ikftM  MUohy  «tfiMit  ^cmiui  ein,  stelle  aieh  diese  Redem 
ab  In  GineM  Zuge  gespreeben  vor,  vnd  nur  WllikAkiv  ade» 
Gewalt  ktfnne  sie  in  dieser  Hinsicht  auf^einanderreissen: 
aokwerlich  aber  habe  Jesus  selbst  sie  in  dieseia  Zusammen- 
ktng  «nd  mit  diesem  XotolgepWlge  .vergetragen  üta 
fwschiedhnen  Meaente  seiner  ZnluMift,  aieüit  SiMman^. 
atüie  unsichtbare  :ParDsie  sur  Zerstörung  Jerusalems,  und 
seine  eigentliche  am  £nde  der  Dinge  ^  müge  Jeims  zj^ar, 
nlchti^iausdHickUek  geaondert  kaben  f  deck,  kak«  er  sie  elf 
ekeri  aaflk#ntQkt[#|ioellittferkMid0n,  »aendem,  was  er  stiilr 
sebweigelid<*ftn^nanderreihte,  das  sei  den  £?Angeiisteiff  der 
Dunkelheit  des  tiegenstajides  wegen  in  einander  verflossen. 
Uiid  indem  hier  «wis^^ben  Matthäus  und  Lukas  die  Jiiffe». 
tfew  sHsdtrkakviy  .dailiy  was  Mattblins  In  lüaem  Znsam-^ 
taenhang  gesproehen  sein  llfst,  bei  laikas  an  verschiedene 
Stellen  vertheilt  ist,  wozu  noch  kommt,  dafs  er  manches 
von  Mattkäus  Mitgetheilte  thskils  gar  «nicht ,  theiis  anders 
gifkt:  ae  glaubte  sIek  SoHUKERMACHKit       ber^ckttgti  dif 
Composition  des  Mattklns  geradeau  ans  Lukas  bu  reetifi» 
oiren  und  zu  behaupten,  während  bei  Lukas  die  zwei  ge*  . 
ti*ennten  Reden^  17,  22      «ind  21,  5  ff.,  jede  ilii^en  guten 
Znsammenhang  und  Ihre  nnsweifelbafte  Beeiekfing  habeniy 
«el       Matthäus  C^^p*  ^  und  25«)  durcb  V^rmcngung 
jener  beiden  Vorträge  und  Hinzufiigung  anderweitiger  lle- 
fiestttckjS  sovTQkl  der  Zusammeniian^  verdorben,  als  die  Be- 
j|iekn^g  v^rdnnkalt  i^owdßn»  *  iSioll.  nun,  aker,.in  der  Rede 
1^.91.  1^  ^  genpniii|e#  t^tfftM  ffln,  yrp»  Mhft  B«; 

iS)  Uber  da»  Abendmdily  8.i^l«>f^  i       .  •  . 
gg)  VboF  dsn  Umpnmg.^etreni^i».  k$t^oj^  JSvsng.  $•  lld  ff.  ,  . 
17)  t>kfJtdeaJ-ukj|f,.Sl..21&m.?65ff..  ;  .  ^ 

Das  LAtn  'Jttm  //•  Band.  23 


Digitized  by  Google 


Sil   -  Brlir#y  Akielmitt. 

cMiaiif  Mf  «Kft  Blnniiim  JtrmidiBW  «ml  «kii  liiMilft  Z«- 

sainmenhUngenfle  hiiiNUtgieiige;  Im  ünHet  ticb  fio«h  «uch 
liier  {  V«  27. )  das  tdtt  oipovtui  tov  viov  tö  urO^(}vmn  tQxi^ 
litvov  er  wq>(kiif  nad  wenn  diefii  8€iii.BiBUiACHiR  iilt  blofset 
Mia  fiBr  «lie  Sil  Tage  koaiaieii4*  rattgUfM  Mmumtg  iImp 
i»rwb6tehrteb6iieii  polIciMliefi  mmi  Wiimi4>egc  Wwhcllen  «v 
klfirt:   so  ist  dielii  eine  Geu  aitsainkeit ,    an  welcher  seine 
ganee  Ansicht  von  dem  Verhjiltnifs  der  beiden  Bericbia 
aclmilert»    Wenn  auf  diete  Weite  In  der  Verkna|ifang 
des  Endet  aller  Dinge  ntl  der  ZertlVr«ng  det  Teon 
peU  SU  Jerusalem  Matth jius  keineswegs  allein  steht,  son* 
dem  Lakas  sie  gleichfalls  machte  und  ohnehin  Markus,  dar 
In  dietem  AWlinItl  einen  Antsag  ana  MattlUtet  giabi:  aa 
mag  awar  ▼fellefeht  a«eh  In  dietcr  llade*Jetaywla  kr  an* 
dem,  die  sie  mittheileii,  Manches  su  verschiedenen  Zeiten  (le- 
tprochene  ausamraengestellt  sein;  aber  au  der  Aanahaia  liat 
WM  kein  Beebt,  dafii  gerade  dat  auf  Jene  Mden  naeh  an* 
trer  VertCething  se  weit  anteinanderltegenden'  Megt^eniiel* 
ten  sich  Beziehende  das  Nichtxusauimengehörige  sei,  euaiai 
wir  aus  der  Ubefeinstinuienden  Darstellung  der  ÜbHgen 
N.  T.liehen  Sehriften  eneken,  da(t  die  ertte  Gemeinde  dia 
Wiederkunft  Christi  sammt  dem  Knde  der  gegenwirdgen 
Weltperiode  als  nahe  b  vorstehend  erwartete   (s.  1.  Kor. 
10,  11.  15,  dl.    Phil^  4,  jf,    1.  Thess.  4,  15  Ii.    Jac.  5,  8. 
t.  Peer.  4,  7.   I.  Job.  %  18.   Offenik  1,  1.  S.       U.  tt^ 
T.  10.  It.  10.,. 

Ist  hiemit  der  lezte  Versuch  gescheitert,  die  grofse 
lUut't,  weiche  auf  untrem  beutigen  8rand|iiinlit  »wischen 
der  ZerttOranfjr  Jemtalemt  und  dem  Knde  aller  Dinge  be^ 
festigt  Ist,  auch  in  die  varliegenden  Reden  liin^lnanbrin« 
gen:  ao  sind  wir  thntsächlich  belehrt,  dafs  jene  Trennung 
eben  nur  uiisre  Vorstellung  ist,  die  wir  in  die  Darstellung 
det  Testet  nicht  hineintrage  dürfen.  Und  w«nn  wir  er> 
^igen ,  dafs  wir  die  VartteUang  Ton  Jener  Khift  nur  der 
Ei'fahrung  der  vielen  dahrhunderte  verdanken,  welche  seit 


Digitized  by  Google 


I 


Erttei  Kupitel«  %  Iii.  SSA 

der  Zefitdrang  JeraMilemt  verfloMen  tind;  ao  nrnft  et  titi« 
Meht  werden  9  nne  mu  denken  ^  wie  der  Urheber  dieser 
Beden,  welcher  diese  Erfahrung  noch  nicht  hinter  sich 
hatte,  die  Vorstellung  hegen  i^onnte,  dnfs  bald  nach  dem 
Fall  des  jüdischen  UeiiigthttM,  nach  |ttdiacher  Vorsteüung 
dea  Mittelpunlia  der  {etaigen  Welt,  ea  auch  mit  dieaer 
eelbat  ein  Ende  nehmen^  und  der  Messiaa  sup  Gericht  er- 
aelieinen  werde« 

i.  112. 

Vrapnuig  der  Reden  üJbcr  die  Panitie. 

In  dem  eulezt  gezogenen  Resultat  über  die  unsrer  Be- 
tmcblnng  vofUeganden  Reden  ist  non  aber,  etwna  enthal* 
len^  weiebea  «  rermelden  alle  biaher  benifheiiten  faiichen 
EHülrungsyeraiiehe  gemacht  worden  alnd«  Bat  nffmüch 
Jesus  sich  vorgestellt  und  ausgesprochen ,  dafs  bald 
nach  dem  Falle  des  jüdischen  iJeiligtimms  ipine  sichtbare 
Wiederluinft  mi^ji  daa  Ende  der.Wejt  erfolgen  werde,  w^h- 
vend  mm  aeit  Jener  eraten  Katastrophe  fast  1800  Jahre 
hingegangen  sind,  ohne  dafs  die  andere  eingetreten  v^äre: 
ao  hat  er  in  diesem  Stücke  geirrt,  und  lyer  nun  auch  der 
tiegetiaehea  Evidens  ßo  viel  nacbgiebt,.  um  in, jenem  Re- 
anltateHber  den  Sinn  djar  vorliegenden  Reden  mit  nns  Aber- 
einzustimmen,  der  sucht  doch  aus  dogmatischen  Rücksich- 
ten dieser  Conse^nene  desselben  .auszuweichen.  Bekannt- 
lich hat  ÜBMesTKMBKKo.  in  Beauff  an^  die .  tiesiebte  der  he- 
brXiachan  Propheten  die  Ansicht  ai^fgf  bracht»  welche  anch 
bei  Andern ,  z.  B.  bei  Olshausen,  Beifall  gefunden,  es  ha- 
ben sich  dem  geistigen  Schauen  dieser  Männer  die  zukünf- 
tigen Dinge  nicht  in  dem  Medium  der  Zeit,  sondern  dea 
Raaaia>  glelohaam  ais.groCie  Tiibleana,  dargeboten,  wo- 
bei ,  wie  dlelb  iiel  Qemftlden  oder  Femaiehten  der  Fall  Ist, 
das  Entfernteste  oft  unmittelbar  hinter  dem  Mticbsten  zu 
atehen  geachienen,  Vorder-  und  Hintergrund  sich  miteinan- 
der wrmengt  haben ,  nnd  dieae  Theorie  von  einem  per- 

23  ♦ 


L.iyiü^i.ü  Oy  Google 


DrUfer  Aburhwttt 


s|iprtiv!sol)en  Schauen  ftoTf  nnn  AOch  anf  Jesutn ,  nnmont 
lic:li  in  Be/.iig  auf  ilie  vorÜe^nden  Reden,  ihre  Armen- 
dting  finden  *>    Alielti,  was  Paulus  schlagend  bemerke 
hat y  wie  derjenige  ^  welcher  in  einer  ttnsserllch  gegebe- 
nen Perspective  die  Distansen  nicht  en  nnterseheldefl  weift» 
sich   in    einer  ojitischen  Tituschiing  befindet,  d.  h.  irrt: 
ebenso  wird  bei  einer  innerlichen  Perspective  von  Vorstel- 
langen ,  wenn  es  so  etwas  giebt ,  das  übersehen  der  IN« 
stansen  ein  Irrthum  genannt  werden  müssen,  nnd  es  ceigt 
somit  diese  Theorie  nicht,  dafs  jene  Männer  nicht  geirrt 
haben  9  sondern  eriilärt  vielmehr  nur^  wie  sie  leicht  irren 
konnten*  Auch  Olshausbh  hftit  daher  diese»  TOn  ihm  sonst 
adoptirte 'Betrachtungsweise  nicht  fflr  snveiehend,  in  ge* 
gcnvvürtigem  Fall  allen  Schein  des  Irrthums  von  Jesn  en  ent- 
fernen, und  sucht  deis wegen  aus  der  eigenthttmlichen  Natnr 
des  FaktaoM»  von  dessen  Voraussage  es  sich  handelt»  nocik 
besondere  BeehtfertIguhgsgrOnde  absulelten      Fllr*s  Brsle 
soll  es  eur  ethischen  Bedeutsamkeit  der  Lehre  von  Christi 
Wiederkunft  gehören ,    dafs  diese  jeden  Augenblick  für 
mögüchyja  wahrscheinlich»  gehalten  wenle.  Allein  hiedurch 
sind  bloß  Anssernngen»  wie  Mutth.  S4»  37  ff.  gerechtfer- 
tigt ,  wo  Jesus  zur  Wachsamkeit  ermahnt,  weil  Niemand 
wissen  könne»  wie  bald  der  entscheidende  Augenblick  kom- 
me i  keineswegs  aber  solche»  wie  24»  34»  wo  er  versichert» 
noch  vor  Ablauf  eines  Meiischenallers  werde  alles  in  Er- 
füllung gehen;  denn  das  Mögliche  denkt  sich,  wer  eine 
richtige  Vorstellung  hat,  eben  als  möglich,  das  Wahrschein- 
liche als  wahrscheinlich »  und  wenn  er  bei  der  Wahrheit 
bleiben  will»  stellt  er  es  eben  so  dnr:  wer  hingegen  das 
nur  Mögliche  oder  Wahrschelnflehe  als  Wirkliches  sieh 
vorstellt,  der  irrt,  und  wer  es.  ohne  es  selbst  so  vorzu- 


1)  HiN«tTiMiKii»,  Christologie  des  A.  X.»  1»  a,  S.  305  ff. 

2)  cx.  Handb.  3,  a>  S.  403. 
3}  i>«  Comm.  1»  S.  874  II. 


Digitiz«d  by  Google 


Il^riito«  Kapitel.    Si-  3d7 

«fcelieii)  (iocii  au  eines  religiösen  oder  moralischeB  Zw  ecl&es 
vilieii  dafiOr  «Ofgiebly  der  hat  sich  eioe  pia  ff  aus  erlaobl. 
Weiter  bemerkt  Olsnaossm,  die  Ansieht,  daÜi  die  Zniinnfl 
Christi  Kuiiäclist  bevorstehe,  Jiabe   ihre  VVnhrlieit  darin, 
dafs  wirklich  die  ganze  Weltgeschichte  ein  Kommen  Chri- 
sti aei,  ohne  dala  Jedoeh  hiedvreh  aein  abschÜefsendea  Ko» 
men  am  £nde  der  Dinge  attsgeschlosaen  wXre.   Allein , 
neun  Jesus  als  nfichstbevorsteheiid  bewieseiieriiiarseii  sein 
eigen tlichea,  abacidieasendes  Kommen  darstellt,  in  Wahr- 
lieit  aber  mir  aein  «neigmitliehea,  fortwihreiidea  Kommen 
Auch  in  der  nächeten  Zeit  aebon  eingetreten  iat;  ao  hat  er 
dteae  beiden  Arten  seines  Kommens  verwechselt.  i)a8  Le/- 
te,  was  OtsUAusEN  anführt,  weil  die  BesciileuMigang  oder 
Yersagentng  der  Wiederliiuift  Cliriati  von  dem  Benehmen 
der  Bf  enaehen,  alao  von  der  Freiheit,  abhünge,  so  ael  aeine 
Weiasagung  nur  bedingt  zu  verstehen ,  steht  und  i^Wi  mit 
dem  Ersten  :  denn  etwas  ßedingtes  unbedingt  darstellen  y  ^ 
heilat  eine  irrige  Vorateliung  verbreiten. 

Aneh  Sieffkrt  h«lt  in  fihnlicher  Welae  die  Gründe, 
durch  welche  Olsuauskn  die  Bestimmungen  Jesu  über  sei- 
ne VV^iederikuoft  dem  Gebiete  des  Irrthums  zu  entnehmen 
nuebt,  fUr  nngen<lg^nd|  dennoeh  aber  meint  er^  dem  chrlat- 
llehen  Bewnlataein  aei  ea  onmtfglleh,  Jean  eine  getlnachte 
Krwartung  susttschreiben        In  lieinem  Falle  würde  diefs 
herechtigen,  in  der  Rede  Jesu  diejenigen  Elemente  ^  wel- 
che auf  den  näheren  ^  und  welehe  auf  den  naeh  unaerer 
lüinaieht  entfernteren  Erfolg  sieh  hesiehen,  willkUhriieh  von 
•inander  an  scheiden:  sondern  wenn  wir  Gründe  hitteui 
einen  solchen  Irrthum  von  Seiten  Jesu  für  undeniibar  an 
lullten,  ao  würden  wir  überhaupt  di^  Reden  von  der  Par- 
osie  ihm  ahtpreohen  müaaon.    Indofa^  vom  orthodoxen 
Standpunkt  betrachtet^  fragt  man  nicht  nuerat,  waa  einem  * 
heutigen  ohriatlichen  Bewufstsein  beliebe  ^  von  Christo  au- 

4>  Ober  den  fTrsprung  u,  a.  f.  8.  119. 


Digitized  by  Google 


Dritter  Abschnitt. 


ftunehmen  oiler  niolit',  •onitern,  wat  Von  Christo  gosehrle- 
ben  stehe,  ist  die  Frage,  worein  sich  dann  das  ßewiifst- 
ieln  wird  »a  schicken  suchen  mttssen  so  gut  es  geht;  ra- 
tloniil  die  Sache  Angesehen  eher  hat  ein  soiches  anf  Vor- 
aussetzungen ruhendes  Geftthl«  wie  das  sog,  chrisdtche  Be- 
wufstsein  ist ,  in  wissensohaftiichen  Verhandlungen  lieine 
Stiminey  nnd  ist,  so  oft  es  sich  in  solche  mischen  will, 
daroh  ein  einfaches :  mulier  taceat  in  eccUtia  \  cor  Ord- 
nung zn  weisen. 

tVagt  es  sieh  nun,  ob  wir  vieüeicht  andre  Gründe 
haben  I  die  Weissagungen  Matth.  24.  25.  parail«  Jesu  ab- 
msprecheni  so  iiönnen  wir  ansre  Untersachnng  an  die  Be- 
hftuptfini^  supranatttralistlscher  Theologen  anknüpfen ,  was 
JcsiM  hl(*r  voraussaore,  habe  er  nicht  auf  dem  natürllclien 
Wege  v(M\s|jindiger  Berechnung)  sondern  nur  auf  übernatür» 
ilohe  Weise  vorherwlssen  können  Schon  das  Allgemel- 
nOy  dafs  der  Tempel  nerslört,  ond  Jerusalem  verwfistet 
werden  würde,  konnte  nach  dieser  Ansiclit  niclit  so  sicher 
.  vurAUsgewufst  werden.  Wer  hätte  vermuthen  können,  fragt 
man^  dafs  die  Juden  so  weit  in  ihrer  Raserei  gehen  Wör- 
den, dals  Jener  Ausgang  herbelgefltihrt  werden  mufste  ?  wer 
konnte  berechnen,  dafs  gerade  solche  Kaiser  äolehe  Prucu- 
ratoren  schioke.n  wttrden,  welche  durch  Niedcrträehtio^keic 
nnd  Schwiiehe  nur  fimpärung' reisten?  Koch  auffallender 
Ist  dann,  da(«  manche  einselne  Z(lge>  die  Jesus  yorbersag- 
te,  wirklich  eingetroffen  sind.  Die  Kriege,  Seuchen,  Erd- 
beben, HungersnOthen,  welche  er  prophezeihte,  lassen  sich 
In  der  folgenden  Geschichte  wirklich  nachweisen;  die 
Verfolgungen  seiner  Anhänger  sind  ohnehin  eingetreten; 
die  VoranssAgung  toh  falschen  Propheten,  und  swar  na« 
mentlich  von  solchen,  die  durch  Versprechen  von  Wun* 
dei*zeIohea  d.u  Volk  in  die  Wüste  locken  würden  (Matth, 
)14>  11^  94  ff.  parall.),  UUst  sich  mit  einer  aniEsUend  fthnli« 


5)  •«  s.  fi«  Uji4i«i  Uoium,     AUuU,  2^  ff« 


L/iyiii^cG  by  Google 


&r«le«  KapiteL  {•  112. 


SM 


dh«n  Stelle  aus  Joatplw»  Sebiideniiig  f|rr  Jesten  Zeiten 
ites  JAditelien  8tMitt  fitrgleieliMiO.^yt«'.«'/^''*^  viso  s:^- 
Ton^Jcov  liQHaaXf^fi  bei  Lukiis,  woaiic  iler  x^Q^? 
gleichen  isty  welcher  nach  Lue*  19^  43  f.  um  Jerii»alein  ge* 
mögen  werden  sollte,  iLann  In  dem  Umsrnnd  m iedergefua« 
.  dm  werdeiiy  daft,  naeh  Juaaphiia  ZtufiiÜa  Titrn  JcnitaleM 
dureh  eine  Mauer  eisfehliefteii  lieft');  to  wie  endlieh 
»UGh  das  Auffallen  kann,  dafs  die  Angaben:  bx  uqii^tlot%ai 
kiiHig  ini  Ai^f/i  in  Besag  auf  den  Tempel,  «nd  iSaq^tual  ag 
CLne.  19,  44.)  in  BcMg  anf  die  Stadt,  In  wCrtUcha  £rAll- 
Inng  g^gANgen  find. 

Wenn  nun  aus  der  Unm(»gtiehkeit ,  dergleichen  In  na- 
tfirlieher  Weise  voraussusehcn,  auf  orthodoxeap  Standpunkt 
•ine  UbernalUrliche  £infielit  Jesu  gefolgert  wird:  ao  an* 
terliegt  die  Annalknie  einer  aolelien  aueli  Iiier  den  gleieben 
Schwierigkeiten  ,  wie  oben  bei  den  Vurliei  Verkündigungen 
deti  TuHes  und  der  Auferstehung.  Oeiiii  nach  Matthäus 
124,  1&.)  und  Marina  Cl^  14.)  bat  Jeaoa  daa  Eintraten  der 
Kataatroplie  an  die  ErfiBlInng  des  dnreh  Daniel  von  einem 
fiiUlryfia  if^g  «(i/^/ictiafojt;  Geweissagten  geknüpft,  fotglieh 
Dan.  9,  17.  (ygL  11,  31.  12,  II.)  auf  ein  Ereignifs  bei 
der  Zerstdrnng  Jemaalenit  dnreh  die  Römer  benagen.  Denn 
was  Paulus  behauptet,  Jeaua  liabe  hier  nur  einen  Auadmck 
%'on  Daniel  entlehnt,  ohne  fenen  Ausspruch  dea  Propheten 
als  VV^eissagung  auf  etwas  eu  seiner  Zeit  noch  Künftiges 
Bu  betraehten ,  wird  hier  besonders  durch  den  Znsae :  o 
amygwiimuM  fnibar,  undenkbar.  Nun  aber  darf  •§  auf  den 


6)  Antiq.  20,  S,  6  (vgl.  bell.  Jod.  2,  13,  4.)*  Of  A  )^9r«c  mA 

fnta9au     ^C^ttr  yä^  Sfaaar  ri^ara  «a»  anfitTa^  «ara 

T^v  x9  nfifroiar  ytrS/ttra.    JT«*  noHo\   rttta9errtf  77; 

df^oWrff  T$fu»füit  iniöjfüv*   4rax94vta$  fi^  mvti$  ^^ijUl  ia^ 

7)  BelL  }ud.  5»  11,  !•  3. 


Digitized  by  Google 


jetsstf^n  Sfiindpiitilii  Her  Krtttk  üb  enfaehMen  mgeMw^k 

werden ,  dafs  die  An£[eKeigten  Stellen  im  Daniel  auf  die 
EiiUreihnns:  des  Heiii^fhums  unter  Antiochus  £piphiines 
»ich  besiehen^,  iilso  ilie  Oeotang^'  derselben,  weiche  4sm 
EFunprelfsten  hier  Jeso  leihen,  efo§  Ibisehe  ist  fine  sof- 
cho  ahor  kann  ihm  nicht  uns  seiner  höheren  Natur  gekoni* 
men ,  sondern  er  mülste  hierin  seiner  menschlichen  Gei- 
steskraft (iberisssen  gewesen  sein.  Doch  eben,  wie  er 
mittelst  dieser  tm  Stande  gewesen  sein  sollte,  einen  ron 
so  vielen  ZuMligkeiten  abhängigen  Erfolg  mit  sefnen  Ein« 
selheiteii  voraas /.a sehen ,  ist  unbegreiflich,  und  man  \Tird 
von  hier  aiis  atlf  die  Vermothüng  geführt,  dafs  diese  Re- 
den In  der  Bestimmtheit,  wie  wir  sie  iiier  lesen,  nicht 
▼er  dorn  Erfolg,  mithin  nicht  von  Jesn,  gesprochen,  son^ 
dorn  nach  dem  Erfolg  ihm  als  Weissasj^ung  In  den  Mund 
gelegt  worden  seien.  So  nimmt  z.  B.  Kaiser  an,  Jesus  ha- 
be nur  bedtn'sft,  IMr  den  Fall,  dafs  die  Nation  sich  nicht 
dnrch  den  Messias  retten  Itefse,  dem  Tempel  ond  der  Stadt 
ein  schreckliches  Schicksal  durch  die  Römer  gedroht,  und 
dieC«  in  prophetischen  Bildern  beschrieben:  die  unbedingte 
Haltung  aber  and  die  genaneren  Bestimmnngen  seien  sei- 
ner Hede  erst  posf  eyentitm  gegeben  worden 

Im  Gegensaz  gegen  diese  beiden  Ansichten,  von  einer 
ttbernatOrlichen,  und  einer  erst  nach  dem  Erfolge  gemach- 
ten  Welssainnng,  sucht  man  von  einer  dritten  Selto  her  die 
Mtfglichkett  darsnthnn,  dalk,  was  hier  vorausgesagt  wird, 
wirklich  schon  Jesus  natürlltiherwelse  habe  vrissen  k6n» 
nen  '^).  Auf  das  Allgemeine,  die  Zerstörung  des  Tem*  ^ 
pels  und  die  Einnahme  Jerasalems,  konnte  er,  sagt  man, 
darcb  den  Schiufii  kommmty  data  Oott  alle  Blndernlsse  des 


8)  BRa<nioi,trr«  Daniel  Ubersest  und  erklärt,  2;  S.  668  IT.  J  FaV« 
tvs,  exeg.  Handb.  3,  a,  S.  S40  f. 

9)  bibl.  Thcol.  1,  S.  247. 

10)  PAUiV«!  l?HiTi«miK,  z.  d.  Abick. 


Digitized  by  Google 


£r8tet  Kaj^iteL  %  IIS. 


von  Htm  begoiiifiMeit  W«i4et,  wIm  «iwh  ileii  Teaipel  «i 

Jerusalem,  in  welchem,  als  der  Basis  des  Priestercultas, 
•r  eines  der  sHIrksteii  erkannte^  aas  dem  Wege  rfiames 
Würde.  Allelii  eaf  einen  9  wenn  er  nns  bteft  meMoMielier 
Bereehmin^  hervor^Ien^,  se  iesserst  «nsiehem  Milnik 

konnte  Jesus  ohne  die  keckste  Vermessenheit  keine  so  felei^ 
lictie  Versicherung,  und  namentlich  die  Gewifsheit  nicht 
imiien  ^  da A  die  ZmntBrwng  nooli  im  Lauf  eines  Mensoiien» 
alters  einti^een  werde.  «Wenn  mah  aber  das  liesondere  be» 
fremdlich  gefunden  hat,  dafs  mit  einzelnen  Zügen  der  Weis- 
sagung Jesu  der  Erfolg  aasammengetroffen  sein  soll:  se 
wird  eben  dieses  Znsammentrsfien  in  Ansjwneh  genonunea»  -  . 
Das  Jerasalein  propheeelbte  ntntXöaihn  ino  coterorMm 
werde  von  Titus  bei  Josephus  gerade  als  nnausfUhrbar  beN> 
aeichnet         ebenso,  wenn  das  Auf  werfen  eines  x^Q^^ 
die  Sladt-  rorattsgesagt  werde,  so  melde  Joseplias,  daCsi 
nachdem  der  erste  VeiMch  eines  x^u/f«  doreh  Brandsttf' 
fang  ron  Seiten  der  Belagerten  vereitelt  worden ,  Titus 
Tora  Anfwerfen  weitei*er  Dämme  abgestanden  sei  '^);  von  1 
falschen  Messiasen,  die  in  der  Zeit  von  Jesu  Tod  bis  aar 
Zerstörung  Jernsaieau  anfgeetanden  wffren ,  melde  die  Ge» 
schtchfe  nichts;  die  Volkerbewegungen  und  Naturerschei^ 
niingen  in  jener  Periode  seien  bei  Weitem  nicht  so  beden* 
tend  gewesen,  wie  sie  hier  geschildert  werden;  namentlich 
niier  sei  in  diesen  Reden  gar  fc^ne  ZerstOmng  Jenisaleau^ 
sondern  nnr  des  Tempels,  der  Stadt  aber  blofs  iQi^fmatg 
lind  7xcatia!}aL  uao  iO-yiov  vorhergesagt:  lauter  Abweichun- 
gen der  Weissagung  vom  Erfolg,  weiche  nicht  stattlinden 
wArden,  wenn  entweder  ein  ttbematttrlielier  filiefc  in  die 
Zttknnf^  oder  ein  vatlolnlum  posi  euentum  im  Spiele  wire. 


II)  b.  )•  S,  12,  I:    Xvmlma9ü9ü$  rr  ya^  rjf  g^ariS  r!;v  nolip,  Sitt 

V2)  b.  j.  5,  11,  lif.  12,  1. 


uiyitized  by  Google 


J>rlu#ff  Ali«Bliiiil(.' 


Immp  indafr  bleHbt  Ml  die  »erkwivdlie  TbetsMbe  vm 
Heil  Meeheii  Propheten,  die  des  VeUi  in  die  Wfistie  leeii* 

ten,  und  ungenau  wohl  aoch  als  tpsvdoxQi^oi  beseiclinet 
werden  konnten  $  dne  m^olöci  ^qlsiku  behält  seine  ftjcik* 
tigkelt,  dn  Jn  vor  de«  HeuerlMiii  wirklieh  piftum  laffg^ 
HKhrf  worden  weron;  die  nnf  nMhveren  Mton  von  dctt 

Feinden  umlagerte  Stadt  konnte  wohl  xvxX&ftivjj  vno  ^(hz* 
tmsidwv  heifsen;  der  Stadt  wird  wenigstens  bei  Lukas  ^ 
wnnn  ainn  die  ai,  M.  Ikr  godrokle  ^f^fiums       den  ido* 

vergleicht,  offenbar  die  wirkliche  Zerstömnj^  vorhergesngt, 
«nd  da(s  der  bei  IVlatthjjus  und  Markus,  wenn  auch  nur 
dem  Tempel)  gedroble  UnCergnng  doeb  in  der  hostimmtea 
FHel  erfolgte,  iel  ein  enfifellendea  ZnsomeMntreilen:  eo  dofsy 
Alles  zusaminengenommen ,  geurtheilt  werden  miiCs,  ohne 
soii8ti(re  Hülfe,  als  verständige  Combination  der  üsMtiinde» 
Wäre  Jesus  In  seiner  Zell  nicht  Im  Stande  gewesen ,  eino 
•o  besCimmCo  Voranseego  mit  solehm*  Sieherlieit  u  geben» 
Eine  solche  Hülfe  soll  nun  aber  die  jUdisclie  Zeitvor» 
Stellung  von  den  Umständen  gewesen  sein,  welche  der  An- 
kunft des  Messias  voransgelien  wttrdon.  lelsche  Proplie» 
tan  nnd  Messlase,  Krieg,  Tlieorung  und  Senohcoi,  Ifirdlm- 
hen  und  Bewegungen  am  Himmel,  überhandnehmende  Sit- 
tenlosigkeit,  galten  als  die  nächsten  Vorboten  des  Messias* 
reiches  daher,  sagt  man ,  finden  wir  sie  euch  hier  vorene- 
geeegt,  nnd  dttrlon  nleht  kleinlich  von  Jedem  Zi^  die  Er* 
llllinng  in  der  Geschichte  auffinden  wollen  Wirklich 
finden  sich  nun  bei  den  Propheten  in  Bezug  auf  die  Tage  . 
des  Kommens  Jehovn's  (Jes.  13,  0  if.  Jo^l  2,  11.  4,  Id. 
Zeph.  I,  14  ff.  Hagg.  %  7.  Zeeb.  14»  l.ff«  BbLS»  I  ff.) 
•o  analoge  Besrhreibungen  der  demseliien  vorangehenden 
und  CS  beglcifcn(l<Mi  Draiigsnle,  und  ohnehin  in  s{)H(('i't'n 
Jüdischen  Schriften  Aussprüche ,  welche  mit  diesen  evaii- 


13)  FaiTUCus,  in  Matth,  p.  699  CT. 


Digitized  by  Google 


geltscfien  §•  yhtwmdUmhikft  tmbefi  '^),  MirMit  wIefiC 
Kweifeln  kann,  es  sei  liier  flus  einem  Kreise  von  Zeitvor- 
•teliungen  heraus  Uber  die  ZeU  der  Ankunft  d^s  Messias ' 
gesprochen.  Aber  oh  4er  liatapteag  in  «le«i  ^verliejfeaHe« 
Genillldei  die  Zerstdrang  dee  Tempeli- undl  VeHkhing  der 
Stndt ,  sich  ebenso  als  ein  Theii  der  allgemeinen  VorsteU 
langen  zur  Zeit  Jesu  nachweisen  lüfst,  ist  eine  andere 
Frage.  ZwAr  bindet  sieh  in  jidltohen  Schriften  die  Me»> 
nung,  die  Gehurt  dea  Meniiaa  treib  nill  der  Zenttfrung  dec 
Heiliu^thums  zusammen  *^):  aber  diese  Vorstellung  hat  sich 
offenbar  erst  nach  dem  Untergang  des  Tempels  gebildet^ 
am  aaa  dem  tiefetea  Pnnhte  des  linglttcke  die  ^neUe  dec 
Trostes  entspringen  vn  lascen.  «iosephnc  Undnt  im -Daniel 
neben  dem  aof  Antiochus  BerOglichen  auch  eine  Weissa- 
gung auf  die  Vernichtung  des  jüdischen  »Staats  durch  die 
Römer  '^),  dnd|  an  wenig  dlefs  die  ttrsprttB|[licho  Bcfie- 
hung  Ton  irgend  dneipi  der  Umdcüccbs«  ücsidilc 

14)  8.  die  Stellen  bei  Sch»tt«kiv,  2,  S.509iL}  BuxHOUiTy  $.  I3i 
ScMMioT,  BU)iioth.  1,  S.  24 ff. 

15)  8.  bei  ScU<iTT6KM,  2y  S,  52^  f. 

IC)  Aatiq«,  10»  il,  7«  Nachdem  er  das  Ideiae  Horn  auf  Aatiochus 
gedeutet  >  seat  er  kiirs  hinsu:  Tor  uiror  A  t^dnov  J^vn^ios 

Mi  ntg\  rf«  rthr  *Pt»/u$imf  Ijyi/uoviag  dyt'y^aftf  Mtti  St$  d»*  «J* 
•  T«5r  9(tfju»9t}iim»  (ro  f^yoc  jyVwy).  Auf  die  Bbmer  bezog  er 
ohne  Zweifel  die  vierte,  eiserne  Monarchie,  Dan.  2,  40,  wie 
ausser  dem  x^arj/a«*  tts  Snay ,  was  er  ihr  zuschreibt,  beson- 
ders daraus  erhellt,  dass  er  ihre  Zerati^ruag  durch  einen 
Stein  für  etwas  acdi  ^ukiiniUges  crlUMrt,  Antii|.  IC,  10,  4$ 
mimt  m4  ssfl  vi  mm  4wiiH9  rf  jtaUtr,  M  l/roi  /Av 
»im  I^Ht  «iro  Ifdfffr,  vii  nm^l&iprm  m\  ytytvijfiita  avyY^" 
9*trf  «  ra  fitllovia  oiptUorTt.  Den  Stein  nämlich  deutet  Dantd 
2,  44.  auf  das  himmlisclic  Königreich,  welches  das  eiserne 
zerstören,  selbst  aber  ewig  bleiben  werde,  —  ein  mcssiani- 
scher  Zug,  auf  welchen  sich  Josephua  nicht  weiter  einlassen 
will.  Das«  nach  richtiger  Auslegung  die  eisernen  Schenkel 
des  Bildet  du  nacedcnischc ,  die  aus  Tlion  nod  Kisea  ge- 


uiyitized  by  Google 


Mi  DfitMir  Ate«cliiiitt. 

m 

mmm  «mm  wmt  nhmnif  ati  «üMf  wtiebM  Gmiide  hrnmer, 
mmt  ZAt  Jmm  dkmk^  Theil  Jtpar  Weissag iingen  auf  etwas 
noch  BeForsteheiideä  bezog,  so  scheint  nichts  mehr  im  Wege 
SB  stehen,  daXii  aicht  auch  «lesus  dieee  Ansicht  seiner  Zeit 
aettte  gtlMk  Mben  kl&Mitii«   Wie  nn  die  Juden  mmr  Zeit 
Jesa  den  weit  IHllieffe  ZeitverbAltniese  betreffenden  Wele- 
sagungen  Daniels  eine  Beziehung  auf  noch  bevorstehende 
Ereignisse  geben  lionnten,  erklärt  sich  aus  dem  gleichen 
liniBde»  wie  dne,  dids  die  Cyiritten  }eteiger  Zeit  der  vel* 
len  Verwirktteking  yen  Mnllh*  M  SS.  neeh  entgegensehen. 
])a  nfimlich  nach  dem  Untergang  der  aus  Thon  und  Eisen 
gemisehten  Reiche ^  und  des  Hernes ,  das  die  Gottesläste- 
Mnfeh  nnastoleeii  md  gigen  die  Belügen  streiten  sollte, 
•MaM  das  Keniiew  des  Mensebensoline  In  den,  Wqlken 
und  der  Eintritt  des  ewigen  Reichs  der  Heiligen  geweis- 
sagt, diese  Erfolge  aber  nach  der  Überwindung  des  Antio- 
cims  keineswegs  sofort  eingetreten  waren;  so  war  aian  Ter> 
anlaist,  mit  diesem  himmllsehen  Reiebe  aoeh  die  ihm  nn* 
mittelbar  vorangestellten  Drangsale  durch  das  gemischte 
Reich  und  das  HorUi  worunter  namentlich  die  Entweihung 
de»  Heiiigthoms  genannt  war,  erst  noch  einmal  Ten  der 
Zukunft  an  erwarten*  Schwerer  an  erklären«  Ist,  wie  die 
vorausgesagte  Entweihung  des  Tempels  und  Verwüstung 
der  Stadt  zur  Erwartung  einer  völligen  Zerstörung  werden 
konnte.  Zwar  iiefs  sich  das  hebräische  JXMD  bei  Daniei 
und  ifnjfuaaig  der  LXX.  In  dieser  Bedeutung  fasten :  aber 
es  fragt  sich,  welches  Interesse  die  Juden  au  Jesu  Zeit 
haben  konnten,  gerade  das  Schrecklichste  aus  dem  Pro* 
pheten  heransnulesen?  fiel  der  abgttttiechen  Anhängiiehkeit 
vnd  Ehrftireht  des  ^den  Hat  seinen  Tempel  ist  ee  nieht 
begreiflich  j  wie  er^  ohne  durch  einen  Text  geawungen  au 
^   t 

• 

aiiscktea  FUsse  aber  die  aus  dem  maceiloBischeB  entsfaade- 

nea  Reiche,  aUo  nammtlichdas  syrische,  bcxcicbnen,  darlilier 
VgL  t>s  >Vj(ri£,  hmL  in  da«  A.  T.  234. 


Digitized  by  Google 


Erttes  Kapital.  %.  IIS.  MS  - 

«etil,  sich  iliiisn  ▼ergehen  kAtmte,  eliie  Z4)nrtllnin^  «einet 
linch^pnclifpten  llciligthiims  nis  bevorsfehend  xn  denken 
ISujt  in  piiipr  dem  Judentlnim  und  namentlich  dem  Tempel* 
dienst  feindlichen  Piirtei,  scheint  et,  konnte  sieh  forder 
wirklichen  Zerstörung  des  Tempels,'-—  hei  den  Juden 
selbst  erst  mit  diesem  Erfolg  —  eine  solche  Aaslegnng  der 
I>anielischen  Stelle  bilden.  Zn  Jesa  Lebseiten  aber  war 
•ein  and  seiner  Anhänger  Gegensnn  g^gen  den  Temptldtensl; 
noch  nicht  entwickelt,  da  je  «r  seihst  sieh  fielmehr  des 
Tempels  gegen  Entweihungen  annehm  (Matth.  21,  12  f. 
parall.)?  und  nach  seiner  Himmelfahrt  die  Jflnger  im  Tem- 
pel sich  versammelten  (Loc*  Von  hier  aus  also 
kann  die  Vermothung  entstellen,  es  mSgen  diese  Reden  i« 
der  BestioNnthelt,  wie  sie  jeat  tot  mit  liegen,  ntefct 
Jesu  selbst,  noch  aus  seiner  Zeit,  herrühren,  sondern  splh 
ter  in  einer  Periode  entstanden  sein,  in  welcher  Jener  Ge<-  • 
gensaa  entwickelt  oder  die  ZerstOning  des  Tempeis  bereits 
arlbigt  war« 

Dafs  die  Weissagungen,  wie  wir  sie  im  ersten  £van« 
gelium  lesen,  noch  vor  dem  Falle  des  Jttdischen  Heiligthums 
anfgeseichnet  sein  müssen,  hat  man  daraus  gesehlossen^ 
daft^  diesem  firangeHlim  rtfoige  unmittelbar  naeh  diesem 
Ereignifs  die  Zuliunft  Christi  eintreten  soll,  was,  nachdem 
der  Tempel  bereits  zerstört  war,  nicht  mehr  ebenso  erwar- 
tet werden  konnte  Vergleteht  flMin  die  Darstellnng  im 
dritten  Erangdium,  so  ist  hier  nleht  allein  das  ti^ksQ  irer- 
mieden,  sondern  auch  zwischen  die  Zerstörung  Jerusalems 
und  die  Zeiclien  der  Ankunft  des  Messias  ausdrücklich  eine 
Zwisehenaeit  eiageaeboben,  wAbrond  weleher  ^hqaaal^ii' 

(21,  24.)-  DacQ  kommt,  di^  das  Öemülde  der  Verwü* 
stung,  soweit  es  Jerusalem  betriftt,  hei  Lnkas  weit  bc^ 


17)     Tkolvck,  CoauBu  s.  Joh.  8.  S0S« 

IS)  Ds  Witts,  £>nl.  In  das  N.  T.  $.97.  '  t . 


Digitized  by  Google 


«.       Dnitter  Abschnitt. 

«MpAter  iilsrlii&:M«Miiliiiaf.g«d)iiltf»n  Ut.  Zwar,  dnCa  dem 
Tenpsl'  diu  9fi«Wmng  b«?9ffitabe»  iat  bei  beiden  tehon  in 
der  erstell  kqrneii  Antwert  Jesa  an  die  Jflnger  eafs  Be- 

gtimmteste  erklärt.  Aber  im  Verlaut  der  entwickelnden 
Rede  JieÜAt  ^  nun  bei  Mattbäa«  bloi«,  wenn  des  von  Da- 
ftiet  ?onM|Sfa9e^fe  ßöihr/fia  trjs  iQt^wamg  an  beiliger 
Sll|tte..etehe.,  "denn  eoile  mM  selileaiiige  Fioehl  ergreifen, 
denn  es  trete  eine  beispiellose  (yXiipig  ein  (24,  15 — 'i2,). 
Gans  anders  Lukas:  lUs  gebeimnUii volle  Zeichen  aus  Da« 
■iei  luit  er  in  die  Mar  .aatg^proelieii^  CaiBingeiong  Jerq«, 
a»leQi8  dnreb  feiiidliebe  Heere  rerwandeit;  die  aledann  nö> 
thige  Flucht  durch  die  iievoi'stehende  i{ii]f.iwois  d^r  Stadt 
nptivirt;  die  eintretenden  Drangsale  als  Rache  über  das 
jadieehe.Volk  lOihec  besttaMUlr;  dieeea  bbitige.  JNiederlag» 
md  jtigrtreitwng  unter  alle  Vlilker,  der  Stadl  ßeeianahnie 
.  durch  die  Heiden  vurliergesagt  (21,  20 — 24.)*  Dasselbe 
Verhfiltnils  fsyiischen  den  beiden  Evangelien  üiidet  bei  der 
Weldilage  Jeeu  über  Jemeaiem  statt,  deren,  in  der  Form, 
wIa  4«  LvMa  wi^dergiebt,  ti^neitetErwähnang  gesehehen 
kt.  Bei  Matthias  schliefst  das  den  Reden  über  die  Parasie 
unmittelbar  verangebende  23te  Kapitel.  V.  37.  mit  einer  An- 
rede an  Jemeideni .  in  weiahfiv  de#ae  Jüagt,  daOi  diese 
Stadt  «ein.e  tceoonfifMiHlbimgen  iMar*eie  ondnniLbar  soracit- 
gewiesen  habe,  woffH*  Ihr  nun  auch  iitfjfujaig  ihres  olxogy 
Verödung  ilires  ileiligthuais ,  bevorstehe.  W/ihrend  den 
gleichen  Ai^sspruph  Lukas  früher,  13,  34  f.,  stellt,  legt 
er  .iles«,  wie  er  am  Scldnla  seiner  ieaten  Festreise  Jem- 
side«  erUleiit,  eine  Anrede  In  den  Bf  und,  welche  nnr  als 
die  bestimmtere  Ansfüiirung  jenes  Ausspruchs  ersciicinen 
kann,  indem  hier,  wie  schon  oben  angegeben,  voa  eiueni 
mm  Jenisaleai  aoAHiflihBeüdeii  ^cf^,  ven  m^unnüim^  aw^ 
ixßtv  navto^iv,  idaq^iöv,  die  Rede  ist  (19,  41  ff.)*  Da  so« 
mit  Lukas  einerseits  dasjenige,  was  in  der  Weissagung  des 
Matthäus  niebt  in  firfttUung  gehen  zu  wollen  schien  (das 
9v9img')  beseitigt,  andreneits  das  Ungenaae  derseüwn  in 


Digitized  by  Google 


Erstes  Kspilel.  f.  Ut.  ÜT 

ÜbersimtfmwHing  mit  6mm  Mklgo  nMk&p  hsMmmt  hsift  se 
wiipd'  Mn  Riobt  uailiinliOiiiieii ,  iiit  geprOften  Krilikisni  te 
fieai  Uiitersebieil  iHeser  beSden  Dsrttellniigen  den  eines  va^ 
ticinium  ante  und  post  tsjenium  zu  finden  *^).  Scheinen 
wir  hiednreh  in  die  Annahne,  weiehe  wir  e^n  ?wct* 
den  «rsUtSMi  dsfs  nXialfoh  vor  den  ¥rirkiieJMn  ZersUtniHg 
Jnmsulean  nnd  de»  Tempele  «ine  enlebe  Ketastroplie  gi^ 
weissagt  worden  sei,  in  Beziitr  auf  die  Darätellung  des  ei% 
•ten.EvsMgeÜums  curUcksufiiilen :  so  bleibt  es  uns  doch  un* 
bansMMSh»  Üe  £«tttshnng  des  Oral&sis  in  ssinsr  Form  «M 
MaHliflns  eo-ndhet  nb  mdgiieh  an  die  ZerstÖmng  Jernss^ 
iems  hinRnsurticken ,  und  uns  ku  denken ,  wie  Her  Verfas* 
ser  des  Buciis  Daniel  mitten  unter  den  Kämpfen  seiner  Na* 
tion  »it  AnOeelins  £|il|iJHinesi  ^•^^  ^  «  sieh  für  die  Isml^ 
Iken  sehen  snm  Sieg  en  wenden  begann,  den  baldigen 
Sture  des  Tyrannen,  die  Ankunft  des  IVIenschcnsohns  in 
den  Woiiien,  und  den  Eintritt  des  ewigen  Reichs  der  ile** 
ligen  gew«isssj|l  bette  ^**>:  ebenso  seien  nütten  unter  der 
BedrSngnIfs  des  Jlldisehen  Kriegs  nnd  der  fieJagerung  der 
Stadt,  doch  da  die  Sache  der  Juden  sich  schon  xum  Unter* 
gange  neigte 9  und  naiiientlich  der  Tempel,  als  der  den 
ttömcm  wohibebennte  Herd  des  * jadisehen  Metionalgefiibls^ 
▼offleeen  gegeben  leerden  nrafttO)-  die  rerliegenden.Oreiul 
mit  dem  Tröste  des  segieich  nach  der  gegenwärtigen  Drang* 
sal  eintretenden  messianischen  Reiches  in  der  Form,  wÜ 
das.  essts  Evangelinm  .sie  <glebt|  entstanden^  luid  iiierenf 
neeb  dem  IMeig  in  4er.  Art,  wie  wir  sie  .Jeat  im- dritten 
Evangelium  iesen ,  umgebildet  worden:  so' 'dafs  wir  also  * 
bei  Lukas  ein  vaticinium  post  eventumj  bei  Matthäus  aber 
niebt  sowohl  eines  ante  eventum^  als  in  evi  ntu  vor  uns  hätten* 
Eine  andere  Einwendung  gegen  die  Aehtheit  der  syn« 
optiselien  Reden  fther  die  Pernsie  iiat  enf  unsrea  theud* 


19)  BS  Warn,  a.  9u  O.  uod  $.  lei. 

20)  OB  Wansi  EiaL  ia  das  A.  T.  JI7« 


üiyiiizeci  by  Google 


MS         '       Dritter  Abschnitt. 


pmikt  tiiebt  dieselbe  Kraft,  die  sie  auf  dem  jMt  gew5linli« 
«hea  der  ¥ergleiclie«deii  fivaiifilieiiliritik  hal»  Bäadish'  des 
VMw  Jeder  •aiiUhrlielwii  Sehilderung  der  küiiftigeit  *  Pev^ 
vsie  JeSQ   im  johanneischen  £vaiigeiium  ^').     Zwar  die 
Graiidbestandthetle  der  Lebre  von  der  Wiederkiinft  Chgi* 
Uli  aind  eiH»b  in  vierten  Evangeiiimi  niebl  tm  verkeM«en^'> 
^esne  aehreibt  slek  in  demelben  des  einstife-  Gerieht  and 
die  Auferweckung  der  Todten  zu  (Joh.  5,  21 — 30.);  weW 
ehe  iestere  eis  Moment  der  Zukunft  Christi  in  den  eiien 
enregeiieii  ejn^itisebeii  Aedes  nieiit  herfettrili^  aber  leueü 
Uä  1SL  T.  niebl  selten  in  Jenen  Znsedinenhnif  verkoMit 
(n.  B.   1  Kor.  15,  1%.  1  Thess.  4,  10.>    Wenn  Jesus  im 
vierten  Evangelium  bisweilen  leugnet,  zum  Gericht  in  die 
Welt  gebenmen  na  sein  (S,  17.  %y  16.  III,  47.) >  se  güs 
diefe  theils  nnr  von  seiner  mten  AnvrssenlMil^  tbeils  wirJ 
es  durch  entgegengesezte  Äusserungen,  wo  er  vielmehr  be- 
hsuptet,  zum  Gericbtigekommen  zu  sein,  (9,  3Ü  vgl.  16,)^ 
nnf  den  Sinn  eingesebrünkt,  dafii  nnr.  din  Üeideses,  pnu 
tlknlnristleBkes  ftiehten  seine  ISaehe  nioht  seL  -  Wenn*fbr>* 
ner  der  Jobanndsebe  Jesns  von  den  Glaubenden  sagt :  ;] 
nQiverai  C^,  IS.  5,  24.)  ?  *o  ist  diefs  in  demselben  iSiiiii  zu 
verstehen,  wie  wenn  es  von  dem  Ungläniligen  heilst: 
ndnetent  (8,  tS.\  defs  nAmÜc^  die  Anweisung  des  fvrdien- 
Sen  Looses  fttr  Jeden  nieht  erst  4en  kinfilgen  (Bericht  am 
J£nde  der  Dinge  aufbehalten  sei,  sondern  mit  seiner  in- 
nern  Beschaffenheit  sehen  jezt  jeder  das  ihm  grbflhrcnde 
Ikbieksel  in  Sieh  trage,  nnd  win  Jeeas  in  desweiben  fiea»* 
gelinn  ela  andermai  dnreh  die.¥ersiehenmg,  denjenigen, 
welcher  s  ein  Wort  gehört  habe,  ohne  zu  glaubeji ,  richte 
nieht  er,  sondern  6  loyog^  ov  ikalf^,  ttQtvß  kuMp-^ip  tff 


•  I 


21)  s.  Hask,  L.  J.  §.  130.     •      •      •  » 

2i)  Die  hiehergchörigea  Stellen  finden  sich  znsammengesteUt  und 
erläutert  bei  Sckoit,  ConsMBtsnitts  sie.  p.  K^B^ 
s«  deas. 


üiyiiized  by  Google 


t0Xii%ri  rjfiiQ(f  (12,  48.) >  viel  ausdrücken  will,  dab 

4ie  Verdamitoifii  4er  l}nglft|ilijlgofli  iiicbt..e^n  wiUktthi-licher 
•abjekdver  Akt  Meiner  Person^  gondern  ein  nothwendiger, 
objektiver  der  Sache  selbst  sei.  Dadurcb  ist  ein  bevorste- 
hender solenne  iiisrichtsakt ,  an  welchem.  dai|,  j^.si^  «rat  an 
Mbl  VoffbiuidaiM  «ir  feiMRÜdiea  OjKevbarnipg^eliuigli  nicbt 
«usgesehlosMM,  wia  denn  in  der  salest  angefulirten  Stella 
die  Zuerkennung  der  Verdammnifs,  und  sonst  auch  die  Er- 
theilung  der  Seligkeit  C^,  2$i^  6, 39£1  54.)$  an  den  ji)/j^«ten 
Teg  unA  dia  Anfioralebiuif  geluiüpft .  wMr^»  T£bento.  «igt 
Je  aoob  bei  Ldkee  ^ewie  *iA.deinfelbeo.Ziuaiwenbang,  in 
weichem  er  seine  Wiederkunft  als  eine  noch  bevorstehen- 
de ünasere  Jiatastropbe  be«fibreib^  17»  20  f.,  das  Reich  Got- 
let  kemaa  Qiehl  /imx  m^äv^^'aec^  iditdQ6ai»\,id»  mde^ 
Fl  idä  ÜKM*  M  yuQy  ^  ßixaikUtL  w  'dctt  inog  vfnä»  igh. 
Auch  dafs  seine  Wiederkunft  in  Kurzem  bevorstehe ,  soll 
JiApb  einer>, ^wissen  Deutung  seiner  Worte  der  johanneir 
e^lif  JesM  geäoetert  haben.  Pie  aelipn  erwüJinten  Aus* 
spraeiMi,ia  den  Absebiedsreden  BAmMeb,  wo  ^eeiie  seinen 
Jüngern  verspricht,  sie  nicht  verwaist  suriickzulassen,  son- 
dern ^  biog^angen  cum  Vater,  in  Kurzem  Ci6>  M'tO 
der  sn  ihnen  ankommen  (14)  3*  sind  nicht  selten  aueb 
iM.dm.Wltdarkoflft  CiuRiati  am  JSnde..fier  Tage  vmtan* 
den  worden'^);  aber  wenn  man  von  dieser  nfimlichen 
Wiederkunft  .Jesnm  sagen  hört,  dafs  er  bei  derselben  nur 
aolian  Jttngam,  niebt  aber  der  Weit  sich  ofienbarcn  wer- 
flo  U4»  1^  vgl.  220:  ao  kaj^n  man  .unmdgUcb  an  «iie  Wie- 
derkunft £um  Gericht  denken,  wo  Jesus  sieb  Guten  und 
ßüsen  ohne  Unterschied  zu  ofien baren  gedachte.  Beson- 
ders rlitbselbfijGt  ist  nocb  im.  i^hang  des  vierten  Evange- 
linma»  K«  21 1  von  dem  KpmmoA.  Jesu  die  Rede.  Auf  die 
Frage  des  Petras,  was  i;s  mit  dem  Apostei  Jobannes  wer- 
den solle j  erwiedert  iiier  Jesus:  iay  aivov  ^iha  iiivtiv^ 


23)     h9\  THOuror,  S.  259. 

JJat  L€hM  Jtiu  IL  Band.  14 


üiyilizeQ  by 


Driller  Abacliaiil. 

Sus  Sw^iy  tl  ni^g  9k;  CV.  IS.)  wm»  wie  hkinffeiit 
wird»  die  Chrblen  so  fwiUndeny  alt  eellle  JehMieet  |i[wp 

nicht  sterben ,  indem  sie  das  tQXf^oO^ai  auf  die  lezte  VV  ie- 
derkuiift  Christi  beeogen,  bei  welcher  die  sie  Erlebeiideu^ 
ohne  den  Tod  am  «efaMekeA ,  yerwendell  werde«  eoUteii 
(1  Rer.  l&j-ait).  Aber)  aesl  der  Verlbeter  beriehtlgend 
h'uiy.u ,  Jcsns  hebe  nicht  gesagt,  der  Jünger  u'erde  nicht 
•terben^  sondern  nur,  wenn  er  wolle ,  dafs  er  bJeihe,  bis 
er  komMi  wlie  et  den  Petrus  -angebe I  Uiedureb  kenn 
der  Evengellat  sweieriel  berlehtigen  wollen.  *  Kniweder 
schien  es  ihm  unrichtig,  das  Bleiben,  bis  Jesus  komme,  ge- 
radezu flut  nicht  sterben  eu  identificiren,  d*  b.  also  das 
KomaMU)  ron  wekhtni  hier  Jesne  speaeb^  ffer  das  ieatei 
welehes  dem  Tod  ein  Ifinde  nwohen  soUle^  an  nebmn,  und 
dann  möfste  er  sich  ein  nnsiehtbares  Kommen  Christi ,  et- 
wa in  der  Zerstörung  Jerusalems,  darunter  gedacht  haben'**). 
Uder  hielt  er  es  fttr  irrig,  was  Jesus  nnr  bypotbetiscb  ge* 
sagt  bfttte :  Ivenn  er  aneb  etwa  das  Angegebene  wollte^  so 
gienge  das  doeb  den  Petrus  nichts  an,  kategorisch  zu  fas- 
sen, als  ob  es  Jesu  wirldicher  Wille  gewesen  wäre,  wo- 
bei  cbnn  dM  iQxopa$  seine  gew6bnliebe  Bedentnng  be* 
bielle 

Finden  sich  hienach  allerdings  dieChrandstfge  der  Leb* 
re  von  der  Parnsie  auch  im  vierten  £vangelium  Jesu  in 
den  Manftj;elegt,  so  finden  wir  doeb  nkgends  etwas  von  ^ 
der  ausfittbrlieben  sinnlichen  Sebtfderung  des  änseeni  Her» 

gangs  bei  derselben,  und  der  mit  ihr  eusemmenhliiigenden 
Vorgänge,  wie  wir  sie  in  den  synoptischen  Evangelien  le- 
sen. Dieses  Verhältnils  macht  bei  der  .gewlibnlieben  An- 
sicht von  dem  Ursprung  der  Evangelien ,  namentlieh  des 
vierten,  nicht  wenig  Schwierigkeit.  Wenn  Jesus  wirklich 
so  ausführlich  und  feierlich,  wie  ihn  die  Synoptiker  davon 

^14)  vgl.  Tholuck,  z.  d.  St. 
*  25 j  ^      l'tciut,  auch  Tnomcs,  s.  d.  St.  Schott,  p.  409« 


Digitized  by  Google 


£  w^0'  K»p1 1  e  I.- 1 1,  IIS.  mv 

vtdsiiHllMMi^  :inMi  MiMBiWiedoiteiifl  ges)ii«dilieiiy..wiil  ii^ 
iidhlig«ifirk«iNliMi'Md  BeolMolih^  dersel* 
beH'Alt'etwas  so  Wichtiges  behandelt  hat:Fso  ist  es  ujil^vt 
gi-eiflich,  wie  .fIdr.  Veriasaer  dea  vlericM  MivmMkgMmk' i$§ 

vmr.aoMihriJmrMur.  0as -gewöhnliche  Reden ,  er  hnhe 
4»tferlipt3defti%iioptiJiern  oder  der  müjidÜchen .  Vejrkaiidif 
gang: aj», bekannt  voransgesezt,  reicht  iuer.Ofli  »».mm^§m 
•ti«>  }je!mielii>  «lles^  wad  WeiseagMig.ill^^iaaiWillMi  «Mw 
e»  ftrtefy^  ämA,tg/B&lm^  der.  Mifsdeu^ 

t«ng«  MelMteht,  Ilde  wir  aus  der  zniezt  erwähnten  Bericht» 
tigthg  sehen,  weiche  der  Verfasser  j6n  Joh.  M^'^kAdn 
M^u|igk  («eijiidr  ZeitgenpsMin'  ttkev.  üie  dM  J«li«iinft.T«ii 
«lemi^gdbalie  Vierkeifining  diuraiiHiigeii  «Kr  nMiig  fand. 
iUeh'^ls^ilifair^rstftndigendes  Wort  eu  reden,  wie  zweciir 
miifsig  kiiid  verdienstiich  wäre  eS'  geweeen,  besendersida 
die  Darstellung  dei  ersten  fiftatagdiii^aii .weiciei«  sogIcMl 
l|n$۟e  2enl0riia|f^e8Y3httpaM.dae^ibdaAddrfOiiige  foir 
gen  iiefs,  je -nltli^r  jenes  fk^ignifs  kam,  undi  noch  mehr  A 
es  .Moriiber  war,  immer  bedenklicher  niü  atistössigeu»  wi^ 
den  mu&le^i  und/w^  war  eher  ini  &Mdi^»iriiiO(«iikhe  dbr 
ip^MfiingiBa  faken|^;dJ8  4tit  LieWingtjfingei»,  ^taMd-^enn 
«r.»daoh'Afdre«;<f8y'8iMder  eihElge  Evangelist,  war. f  der  den 
Erörterungen  Jesu  über  diesen  Gegeii«i«id:  «agewoknt  kat* 
tel  .  Daher  sucht ':nafli(adek/ kisr  «ifMi(  iMBiniihndl<0niiii 
Hi^M  S«iU«^e^[eBtete  idti»  ansuchen  JfaetimaiQngfMi^ 
ftaMiBvkngi^liiidiA^ldüidicliijttdlsches  idealisirehde  Gjiostiker, 
für  dwen  iStandpunkbijebe  Schilderujigen  nicht  ge|jai'8t.hn^ 
han^  und  defehalk .  wc^oiniiMi ;  wMßgt*  aeimj^^)Ü  lAlkfa 
gMad^  aollyhen  Leeim  gpgaatUa-  iNtav.iae«  «iMlJfdfeMvif 
*4jfe  Baehj^ybiBketVnete  fleaairlDonjr.in  ihrer  idealisireni* 
den.  Richiuiig  gewesen,  wenfi  Jobahhes  ümen  zuiieb  die 
raaidM&ette/  an  der«  WiedeiBbäi^'ilkrjkUitettouniH^ibM 


26)  OisvAiJSiii.  1,  S.  870.       Toi  «  ... 

^4  *  • 


Digitized  by  Google 


uchichtlinhe  ileii  ("hrlstenthoBM  tm  verflOcbttj^en,  mofsfe  der 
A|MY(trel  flficliirch  entgegentreten,  dafe  er  eben  HieM  8ett« 
pk9/tmmA  licrfwiwb;  wie  er  in  seineM  JUtf  UirMi  D»« 
iiittoaww  gegenfibsr  ilto  LMikkMit4mm  ynmibH^  —  «dtt^ 
te  er  in  Gegentas  gegen  lliwn  Mi«lh—tf  tl  der  Wieder^ 
knnft  ChrUti  die  änsseren  Momente  ihres  Eintritt«  mit  be« 
<t»dw— *  f kÜSie  ihervorltehrem    Statt  detaen  spriet^^tn 

OilrUti  voiT'der  B^^deiilnng  einet' Jbatbm,  «AMUgen  Vor» 
gangs  immer  wieder  in  das  Innere  and  die  Gegenwart  /ir- 
»AbkMnÜNW  £a  Ist  also  nicht  «»  übertrieben,  wie  Ois* 
mnmw  mdn^  wwm>  jBuMä*  bghiwpIK^  ddr  die  ^miHtioibi 
imdl  die  )aiuiiiiieiMlio  BukwUelkmg  <ler  Lilir»  ^n''Ml» 
ffi4rr  Wiederkunft  sich  au88chlie(«end  au  effhaader  rerhal* 
tiin-*?);  aondern,  wana  der  V«r6iMer  des  riertM  Evange^ 
Ihmiv  oiiiuApoatoi  itl»  m  kBtmmk  dit  fUdeii,  wddM 
drti  üi'iUfa '  Jfc— gqflbtm-  Je»«  >ftlwr  aelM  Fimala  In*  Am' 
Hund  legen  y  nicht  go  von  ihm  gesprochen  worden  sein, 
uigekebrtA.  .Doch,  wie  gesagt,  dieses  Ayguaowta  ii&i« 
.nM  <#ir  'Mgtäiobl*  birflimin^^dh  wii»  die  'VenNmetmuigfiii 
ittM' •pwloliMilMpi'-iJreprm^  -Mr  'llaan vierte  EvangeiiiMi 
langst  aufgegeben  haben.  Anf  unserem  Standpunkt  kön« 
IM  wii^oan«  sMubi  Aber  das  Verbäitniis  t^er  johanneiseheo 
PwelMiiil  -«»tbyiieyliechairf  I  iriiiiiwwiii  dddirw.  In  Fe« 
UMna,  we  eiilh  dlb.lb4eii  duM  t/htm^EtmgäS^ri  ao^t« 
zeichnete  Trodition  bildete,  wardb'  £röhteitig  die  daselbst 
verbreitete  Lelure«  viMi  einer  feierliehen  Ankunft  des  Mes^ 
rfeii  in  ibrcrigeneeii  pekitieb<iheejijiMiiid>k«it  in  die  ekntt^ 
liehe  »V^OiMligu II g  aufgeaeemenvu  «ndr  naoh.dbr  gfcwitf 
rang  Jerusalems  noib  nihei^  bestiisunt:  wogegen  in  dem 
iM^ilenistiach- thebsophischen  ikreise,  in  welchem  diis  tierte 
»yeegrttwiMtoiJt>iid>.die«iAdeB'ltf  jineiiihee  Ge^pendieht 


9,7)  WtmoLf  de  refae  divina,  fu  48S. 


Digitized  by  Google 


streifte,  und  die  Wiederkunft  Christi  bb  den  Bwitehen  hi- 
nein realen  und  idealen,  gegenwärtigen  und  künftigen  Vur« 
fang  aoiiw«benden  Mittelding  wnrdni  wie  sie  im  vierteti 
£Tangellnni  evtdieint.  k  ;  i  :  .  '  . 

Können  nach  dem  Obigen  die  aasfUhrllchen  Reden, 
vrelche  die  drei  ersten  Evangelisten  Jesu  über  seine  Par- 
naie  I»  den  Mund  legen,  nicht  v<on  lfmk  acfber  iierrihren : 
an  fragt  aieliy  ob  er  nieht  deeb  ia  Allgemeinen  gehelft  nnd 
Terbeifaen  hat,  einat  als  Messiaa  herrlich  nu  eracheinen? 
Hielt  er  sich  in  irgend  einem  Abschnitt  seines  Lebens  für 
den  Measias,  woran  nieht  nn  nweifein  iat,  nnd  beseicbnetn 
er  aieh  als  den  tidg  t9  ir&i^iimt  ae  mnlate  er,  acheInt  ea, 
•neb'  daa  Koannen  In  den  *Wollm  erwarten ,  welehea  die- 
sem  bei  Daniel  zugeschrieben  ist:  nur  fragt  es  sich,  ob 
er  diefii  als  eine  Verherrlielittng  gedacht  haliei  weiche  noch 
Wftbrend  aeinea  Lebens  eintreten  wfliibi  oder  ida  etwna^ 
4tm  Ihm  enl  nnoh  aelnem  Tode  b^roratXnde  f  Nach  Ans- 
Sprüchen  wie  Matth.  10 ,  ^a.  16,  28.  könnte  man  das  £r- 
atere  vermuthen;  dabei  bleibt  jedoch  immer  möglich,  dafa, 
wenn  Ihm  s|i<ter  sein  Tod  giwils  wurde,  seino  Vorsts!- 
long  die  lentere  Form  nnnnbm,  nns  wMust  hsrana  dann 
Mütilu  26,  64.  geaprocben  würe. 


üiyiiized  by 


374  '  Dritter  Abschnitt.'* 


» 

•       •     '•  *      'T  *  .       ♦  •  !  : 

: 

Zweilas  Kap-iteL  * 

Anschläge  der  Feinde  Jesu;  Verrath  des 

'   Jndas}  lezteA  Mahl  mit  den  Jüngern. 

•  ••  .  'i  .  ..  *     «  *  • 

•  .  ■  ^  '  •  • 

i.  118. 

Batwickluag  de«  VccliiUtaiMM  Jota  f u  teiaeA  Feind^iu 
Ali  iK»  Reinde  Jm  «»^0106«  In  den  dral  ertten  Eva»- 

Ipilien  am  häufigsten  die  fPaoiaaXoi  xal  yQaufiaretg  *)> 
ehe  in  ihm  den  verderblichsten  Feind  ihres  Satznngswe- 
•ene  erk«n»ftoii,  und  neben  fliesen  beiden  die  o^is^d!^  nnd 
n^ßiSteQoi,  welche  als<Htfnpiler  des  VaiMeren  Tempelenl» 
tnU  und  der  auf  diesen  gegründeten  Hierarcliie  mit  demje- 
nigen ,  der  bei  jeder  Gelegenheit  auf  den  inneren  Gottes- 
dientt  fies  Aemllth«  eis  fUe  HAupttaohe  hinwies,  sieh  nieht 
kefreondatt'f  kenhSefw  Senst  Sreeni.  weU  eneh  die  SaSSa' 
wxioi  aitter  den  Gegnern  Jesu  auf  (Matth.  16^  I.  22,  23  (F. 
pRrnil.  vgl.  Matth.  16,  6  ff«  paraii.),  deren  Materiniismns 
Manches  an  seinen  Ansichten  nnwider  sein  mnlste,  nnd  die 
Hepodiscbe  Partei  (Maro.  S,  Ü.  .  Matth«  22,  10.  paraiL), 
welche,  wie  dem  Tünfer,  so  anch  seinem  Nachfolger  ab* 
hold  wni'.  Das  vierte  EVangeliam ,  obwohl  es  einigemalo 
die  doYif.neZ$  und  ftkjLQiüCÜot  nennt,  beaeichnet  die  Feinde 
Jesu  doch  am  hltaflgslen  doreh  den  ailgemeinen  Ansdmolc 
ol  V&(fff*of,  was  vom  späteren,  christlichen  Standpunkt  aus 
gcsproclien  ist. 

Uboi*eInstin[imend  berichten  sämmtlicbe  vier  £vangeii« 
sten,  dals  flie  bestimmteren  Anschläge  der  pharisfiisoh»  Iiier* 


1)  ■/  Wnvtn't  bibl.  Rcalw»rterh.  d.  A.  A.. 


Zweit««  IkapileL       AJa.  a7a 

gegen  JeMi«  ve»  elnm  VevUeb  dieitel- 

ben  gegen  die  den  Sabbat  betreffenden  SatKungen  ihren 
Anfang  genomoien  haben.  Als  Jesus  den  Jlleiischen  luit 
der  Tertreckneten  Uend  «ai  fiabbefc  wiederhergeetelll  betfe^ 
amt  MtktthHus  hins«:  ei  Si  OaQiaafa^  0Vfi^tkiW  iXmßov 
xar  avtHj  (l.TO)g  avtov  uTiokiootoiv  ( 12, 14.  vgl.  1\1äi*c.  3,  6. 
Luc.  6,  II.))  und  ebenso  bemerUt  Johannes  bei  der  sabbat* 
liehen  Heilung  «m  Teich  Belhetda:  jcoi  Jus  tuto  tdifimm 
%w  Y.  oe  ^Mmöi^  und  fähHj  neehdeui  er  neeh  einen  Ans* 
Spruch  Jesu  gemeldet,  fort:  Jta  töjo  fiäkkov  t^i^üM  oJ- 
toy  ol  ladaioi  aisoxfeimi  (5,  16.  IS*)* 

Sogleieh  neeh  «lietMi  Anfeiigtponkt  aber  gehen  die 
tynopdaehe  und  die  Jebenneitelie  Dersitllung  des  ftmgliehen 
Verhältnisses  auseinander.    Hei  den  S^rnoiitikerii  glebt  den 
nächsten  Anstois  die  Vernaclilässigung  de«  Waschen«  ?er 
Tiach  ¥on  Seiten  Jem  und  «einer  Jünger  «nd  die  ediar- 
fen  Au«lklle,  welehe  er,  darffbcr  nor  Rede  ge«teilt,  ge- 
gen den  kleinliohten  Sateangsgeist  and  die  damit  rerbnii- 
dene  Heuchelei  und  Verfoiguag««ueht  der  Pharisäer  und 
Cseaeskundigen  «neht^  we  ee  denn  eai  finde  lieiftt,  «le  he- 
ben fielen  Grell  gegen  ilm  gefeCeft,  nnd  ilui  «nemdieleni  Ibni 
TerfSngliche  Reden  abaulocken  gesucht,  um  Grund  eur  An- 
lilngo  ^egpn  ihn  zu  gewinnen  (Luc.  11,  37 — 54.  vgl.  Matth. 
15,  i       Maro.  7,  llf.  )•  Auf  «einer  leaten  Reiee  neeh  Je- 
ruaalem  liefsen  die  Pheri«ier  Je«n  eine  Wemnng  f<er  Be- 
rodet Bukommen  (Luc.  13,  31.),  die  wahrsehelnlleh  mir 
den  Zweck  hatte,  ihn  aus  der  Gegend  wegsubringen.  Den 
nächsten  Hauptanstofs  nioMut  die  biererchitche  Partei  an 
der  auffallenden  Huldigung,  welehe  Jeeo  bei*»  fiinrag  in 
JeruMlem  vom  Volke  dargebreebt  wird,  nnd  an  der  TenH 
pelreinigung,  zu  welcher  er  sofort  schreitet:  doch  etfra«  Ge- 
waltsames gegen  ihn  sn  nntemebflsen,  hielt  sie  sein  «tar- 
ier Anhang  unter  dem  Veik  neeh  nnrllek  (Mattik  fl|  l&f. 
Maro.  II,  18.   Lue.  19,  39.  47  f.),  wa«  eneh  der  einzige 
Grund  war^  warum  «ie  nach  der  scharfen  Zeichnung  durch 


uiyiiized  by  Google 


W  Dritter  Ab'selmiit 

M»  SMtkmH»  fm  -dem  WMngKrtMm  gioh  seiner  Person 
nicht  bcmächti^rte  ( Matth.  21 ,  45  f.  parall.}.  Nach  diesen 
Vor^Mn^en  bedurfte  es  kaam  mehr  der  antipiMria«iadMii 
R«de  Mcith.  13,  um  kam  v«ir  .dein  P«tcha  die  Hohenfirle- 
•ler,  SehriftgreMrton  und  Altestm,  d.  h.  das  Synedrium, 
in  den  Palast  des  Hohenpriesters  bu  einer  Berathung  so* 
«aromenzufähren ,  JV«  tov  Y.  dcX^  »(fcmjamai  md  atWK^dr 
mmtiv  (Matth*  ^  ^  iL  ptumiL). 

Anoh  im  Tieften  Evangeli«»  www  wird  der  groCse  An- 
b»iif  Jesu  unter  dem  Volk  eini^remale  als  der  Grund  be- 
■eiohnet,  warum  ihn  seine  Feinde  haben  wollen  ftetnehmen 
loM^ii  (7, 3ft.  44.  wgL  4,  1  Ä),  mid  eein  Merlfeher  Btneoi; 
inJeruaaleMerblitortaleanelibiep  (12,19.);  bisweilen  wird 
Hirer  Mordanschläjsre  ohne  Angabe  einer  Veranlassung  ge- 
dacht (7,  1. 1».  25.  8,  40.):  aber  den  Hanptanstofe  geben 
in  diesem  Evangelium  die  Anetagen  Jeiii  Uber  seine  höhere 
WOfd«.  Heben  bei  Jener  Sabbatheilung  reizte  das  Iinii|,t- 
Ülehlfcrfi  die  Juden  auf,  dafs  Jesus  dieselbe  durch  Beru- 
fung auf  die  ununterbroehene  Th«tigkeit  Gottes,  als  seines 
Vaters,  rechtfertigte,  worin  naeh  ihrer  Mkdming  ein  Mas- 
phemisehee  W  kmm  noeätp  tio  &e(Ji  lag  (5,  19.);  wenn 
Ol»  solner  göttlichen  Sendung  sprach,  suchten  sie  ihn 
«u  greifen  (7,  30.  vgl.  8,  20  );  auf  die  Behauptung,  ror 
Abraham  sei  er,  hoben  sie  Steine  gegen  Ihn  anf  C8,  »!>.); 
dasseiho  thatea  slo^  als  er  «nsserte»  er  nnd  der  Vater  seien 
Klos  (10,  II.),  imd  wie  er  behauptete,  der  Vater  sei  in 
Ihm,  und  er  im  V«ter,  suchten  sie  sich  abermals  seiner 
au  bemUchtigen  (10,  a90.  Was  aber  den  Aossehlag  giebt 
«ach  der  DaretoUong  des  Werten  Evangellnms,  nnd  die 
«Blndllohe  Partei  so  ftrmlleher  Beschlufsnahme  gegen  Je- 
som  veranlafst,  ist  die  Auferwockung  des  Laaarus.  Als 
diese  That  den  PharisÄern  gemeidet  wnrdo,  Teranstalteton 
ide  nnd  die  Hohenpriester  eine  Synedriomssltoong,  In  weU 
eher  sie  In  Bnrftgung  zogen,  wenn  Jesus  fortfahre,  so 
riolo  (T^ijta  au  thun,  werde  ilim  miemt  Alles  anhangen, 


Digitized  by  Google 


Zw«iMii  Kttpitab.  :fi  IIS.  .iSR 

Hohepriester  Kalphas  den  verhängnifsvoUen.'Aussprach  thii(, 
es  sei  beMOTi  dafs  £in  Mensch  iMVi. da«  iV^ih  MfT^»  ^ 
«bf«  dM  gRiiM  Volk  M.Oiwide.giile»  .NiNi  wipr  m^,T4|A 
bOTclilMteii,  mid  et  wmifa  JedelR.  mii^  Pflicht  geouidbit^  mir 
neii  Aufenthaltsort  anzuzeigen,  um  siqli  #^ai^: Pei^spii 
mftchtigen  za  iLönnen  (11,  46.)*  M*:  • 

la  Besag  mmi  diete.AiffiMM^  b««Mrk|i.4(fi  .»awiffe  JBai> 
tik,  daif  wir  Mit  den  tyaoptlteliMi.BeHelil^i^ldie  t^pyigiicb^ 
Wendung  des  Schicksals  Jesu  gar  nicht  begreifen  würdei^ 
und  nur  Johaoaet  eisen  Blick  in  die  stufenweise  Steige« 
rang  der  SfMUMmng  a^iteliea'  der  4^m'«tMiche^,  Perlel 
and  JetQ  ont  erttflne,  kwm^  defii  fli^flif^alUoh'  uneh  lar«K^ 
sem  Stück  die  Darstellung  des  vierten  Evangeliums  als  eine 
pragmatische  tiok  seige ,  was  die  der  übrigen  nicht  sei 
Allein)  wat  hier  an  ttnfenweiteai  Fn^rtoeiirekeii  die  jahan- 
naitohe  Kislliiaag  varaatlialben  toll,  ist  tehwfur  ^nfoteh^ 
da  ja  gleich  die  erste  bestimmtere  Angabe  filier  das  sick 
liildeiide  Alifsverhältnifs  (  5,  18.  )  4"  dem  Vaov  .iavzQjt  T^Ofoir 
Tfo  das  Eüektte  det  AntiofiKa,  (ii,  4m,  i^^T*^  9^^^ 
issrnnOmt.  aker  dat  Hdditfte  der  Faiadteiigkeit  enikSll,  to 
dafs  Alles,  was  weiter  von  der  Feindschaft  der  ^lödaini,  ei^ 
eählt  wird,  blofse  Wiederholung  ist,  and  nur  der  Syne- 
drioflstketeklaft  Kap.  11.  als  Fortschritt  auni  Bestimaiterai 
alak  davttellt.  In  diätem  Sinne  faUt  aber  aoek  dar  tyn- 
optischen  Oarttellang  der  Fortschritt  nicht,  von  dem  un- 
bestimmten ivBÖQBvety  und  öiakcclalv^  %L  av  nottjaeiav 
Ytos  (Loa.  11,  54.  UO»  oder,  wie  es  bei  UatlhAot 
Clt»  14.)  and  Maikut  ^)  kattioMater  laatatt  o^t$fti- 
hov  Xa/iißaveiv  oncog  avrov  anoXiaiooLv ,  bis  su  dem  In  Be? 
zug  auf  Art  (ddü^)  und  Zeit  (jurj  iv  trj  tOQtfj')  nunmehr 
genan  kattinualan  Betcklotta  C  Matth.  26,  4  f.  paraü.)* 


SciiMccKKM)vii6BR ,  Ubcr  dcA  UrspFung  I  S.  9  f.  Lücai ,  I , 
S.  m.  159.  2f  S.  4oa. 


Digitized  by  Google 


978 


•i 't  Dritter  Ab«cliaitt.v 


Pffiher  wird  nun  aber  den  drei  ersten  Evangelisten  beson- 
ders das  zum'  VotNirarf  gemncht,  dafs  sie  in  der  Auferwe- 
eknng  de«  hittärim  diefenige  B^bflibiwil  -flbtgyuigea  W- 
Wfi,"weM4r  ftr'  die'faatcr  Wendung  des'  Sehieksai  Jm 
entscheidend  geworden  sei        Müssen  dagegen  wir,  mit 
Rücksicht  auf  das  obitre  Resultat  ansrer  Kritik  dieser  Won- 
dererafthlung,  Tielinehr  die  Synoptf  ker  lokcn,  dmtk  da  nlekft 
elAe  Bf^gebeiinheil  Buni  Wendeponkt  des .  ScMekeele  Jet« 
machen,  welche  gar  nicht  wirklich  vorgefallen  Ist:  so  be- 
vrkandet  sich  der  vierte  Evangelist  auch  durch  die  Artf 
iHe  er  den  dednreh  ipemnieffieD  ilerdbeieidwft  iierlchtet} 
tetn^wegs  ntn  elileh  iofch«!!,  -desees  A«kcorltil  «na  die 
Wahrheit  seiner  Erzählung  verbürgen  könnte.    Das  zwar, 
dafs  er,  ohne  Zweifel  nach  einer  abergläubischen  Zeitvor- 
Wiiang      dem  Hobenprietter  die  ttuke  der  Prephetie  wm- 
eefireibt,  und  aefnen  Aasspmeh  Rlr  eine  Weieaagung  aof 
den  Tod  Jesu  hält,  diefs  würde  für  sich  noch  keineswegs 
beweisen,  dafs  er  nicht  ein  Aug^neeuge  und  Apostel  könnte 
gewesen  aein       Oae  aber  let  mU  Reebl  bedenkJicb  cefm- 
den  werden,  dafk  onaer  Evangeliat  den  Kaiphae  als  dnx'^ 
Qsvg      inai  tö  ly.ElvH  bezeichnet  (11,  49.))  vorausjKo- 
setzen  scheint,  diese  Würde  sei,  vrie  auinche  röviacbe  Ma- 
gistraturen, eine  Jäbrige  gewesen,  da  sie  deeb  nreprttng* 
Ach  eine  lebenslängliche  war,  and  aneh  in  jener  Zeft  der 
römischen  Oberherrschaft  nicht  regelm/ifsig  jährlich,  son- 
dern so  oft  es  der  Willkühr  der  Römer  getiei,  abwechselte. 
Auf  die  Auktoritttt  des  vierten  Bvangeiioaia  liin  gegen  die 
sonstige  Sitte  and  uneracblet  des  Scillaehweigena  dei  Jost- 
phus  nnzunehmen,  Hannas  und  Kaiphas  haben  vermöge  ei- 
ner Privatttbereinkunft  Jährlich  gewechselt       dasti  mag 

^)  Vgl.,  ausser  den  angefUhrteO)  Bcitikera,  Rua,  £anlcit.  in  das 

N.  T.  2,  S.  215. 
4)  Hierüber  am  richtigsten  LOckb,  2,  S.  407  IT. 
'5}  Wie  die  Probabilicn  meinen^  S.  94. 
6)  Hva,  a.  a.  O.   S.  221. 


Digitized  by  Googl 


ZwtUiif'KVpiteL  $.11$. 


«iohj  wer  Lu«t  iMt,  entschliefsen :  iviavrö  unbeatsmint  fär 
XQOVB  KU  nehmen        ist  wegen  der  doppelten  Wiederbo- 
ian^- ileaMib6n''AiMdrilekt  V.  51«  omi  18,-13.  umvIiMjf; 
dnfir  te  Jener  ZAlt  das  HoheprlegtortfaüM  to  ta0fiy»  inJi 
eeltef  und  einige  Hohepriester  nieht  Jünger  als  ein'  Jfthr  In 
üii'er  Stelle  belassen  wurden       berechtigte  unsern  Schrift- 
«tellttr  nicbt^  den  KnipkM  nbUohenpriMter  einM  Jnhra  sab«» 
seidiiien,  wsMiev  gmde  TielniMir  eine  Reih»  v^en  Jeinwi^ 
tumientlieh  withrend  der  gansen  Dauer  von  Jesu  Öffentli- 
cher Wirksamkeit,' jene  Stelle  bekleidete;  dafs  aber  endlich 
Johannes  soll  tagen  wollen,  im  TodetJefarJeM-eei  Kaiphae 
Hoherprlester  gewesen,  ohne  dadnrtb  üriiiere  und  apitwe 
JahfTO  anSBUschliefsen ,  in  welchen  er  dieses  Amt  gictefc 
falls  bekleidet  habe        geht  ebensowenig.    Denn  wenn 
die  Zeit,  in  weiche  eine  Begebenheit  föllt,  nie. ein  gewiiete 
Jahr '  beeeleimet  wind,  eo  mnfe  dlefii  darin  seinen  Oinnd 
haben,  dafs  «  entweder  die  Begebenheit,  deren  Zelt'bestUnnft 
werden  soll,  oder  das  Datum,  nach  welchem  man  dieselbe 
lieetimraen  will,  mit  dem  Jahreswechsel  nosammenhfingl; 
Entweder  nmla  also  der  EraXhler  im  Tierten  Bimfsliafli 
der  Meinung  gewesen  sein,  ton  Jesu  Tod,  ««'''Weieheii 
sie  damals  dei^  Anschlag  machten,  sei  auf  jenes  ganae  flahr^ 
aber  weiter  nicht,  eine  Fülle  von  Geistesgaben,  unter  we^ 
eben  aneh  die  prophetische  Gabe  des  damaligen  fiohenpri^ 
sters,  ausge^Mseh  *^);  oder,  wenn  dfefs  eine  gesnohte  Bau 
klftrung  ist,  so  mufs  er  den  Kaiphas  als  Hohenpriester  eben 
nur  Jenes  Jahrgangs  sich  vorgestellt  haben.    Wenn  als^ 
LüOKB  spfailelal)  da  nach  4osephns  der  damalige  «Heheprid» 
ster  dieses  Amt  sehn  Jalire  hintereinander  verwaltet  habe, 
so  könne  Johannes  mit  dorn  uQyjLBQii^  %ü  ivucv%ö  ixiim 


7)  KuiNOL,  f.  d.  St. 

8)  Paulus,  Conun.  4,  S.  S79  f. 

9)  LücHS,  t.  d.  St. 
JU)  LisMTrooT,*  s.  d.  St. 


9 

t 

t 


uiyitized  by  Google 


'üteiH  pmlilt  lüWw»  das  holioprlttwIltM  hmt  mI  daiMb 

-Jfihrig  gewesen :  so  kehrt  sich  dieser  Schlufs ,  da  das  Zo- 
'tiigeliegen  dieser  Meinung  ia  den  Worten  dct  Kvmngciiww 
ifahtrer  lit,  ab  4alt  Letten  \m§umt  Johtamn  gavrMfi^ 
Ih  *d«i  der  FnhMIkn  mmi  im  da»  vIerCs  firangeliaai  hkr 
eine  Vorstellung  von  der  Dauer  des  Uohenpriesteremtes 
steige,  die  man  in  Palästina  nicht  habea  iu^nii^^  so  könne 
das  V^aeier  daaselban  kein  PaUstiiieiMer  ifeHraMn  #ti»  f 
.i)t.  •  Aaab  von  den  weiteren  Angaben  tfber  die  Paalita, 
durch  welche  Jesus  der  Hierarchie  seines  Volkes  anstöfsig 
geworden  sei,  sind  nur  diejenigen  glaublich,  welche  die 
•fiynoptiber  aiiein  eder  mit  Johannea  gemein  iiaban:  die 
•dkm  leatofen  elgentliAmlielien  nteht.  Ton  dem  GeaMin** 
schaftlichen  war  der  Anstofs  an  seinem  feierlichen  Eineug 
und  der  starken  Anhinglichkeit  des  Volks  an  iboj  die  aich 
dabei  neigte)  ebenso  natflrlioh}  als  die  Erbittemg  Aber  eeÜi 
f  SLeAm  und  Thon  gegen  die  Sabbatavenebrillany  worin  Im- 
wer  leateres  bestanden  haben  mag;  dagegen  ist  die  Art, 
wie  dem  vierten  £vaiigeiiam  zufolge  die  Juden  an  denAna- 
aonlngen  dem  Aber  aleh  aie  Solm  Gottea  Anatoft  genom- 

beben  aoüen,  naeh  einer  frOheren  Auaeinanderietaung* 
ebenso  undenkbar,  als  es  in  der  Ordnung  ist,  dafs  die  Po- 
lemik gegen  den  Pbarisäismus,  welohe  ihm  die  drei  ersten 
Slrangetien  leihen^  die  Getroflfonen  ferdrieisen  mniäta»  So 
kt  Aber  Ae  Unaohen  und  MaHvo  der  BoakHon^  weleiie 
gegen  Jesma  sicK  bildete,  In  der  Johanneischen  Darstellung 
kein  neuer  und  tieferer  AnfecMnfs  bu  holen:  aber  waa 
die  S)fnoptiker  bieten  |  reielit  aadb  voilliommBii  Un^  jene 
SndioiMiDg  BD  begrdlSBn. 

f.  114. 

Jesus  und  sein  VerrStber. 

Unorachtet  im  tlatbe  der  Uoheu|irie«ter  und  Aice^toii 

m 

IJ)  Probabil.  a.  a.  O. 
12)  1.  Baad,  59. 


Digitized  by  Google 


ZwVffiei  KkpiteL'  S;H4.  igt 

füMbn,  weit  eiri«  in  iH^ii'Tkgen  an  Jesu'  vörtibte  GewAll* 
that  unter  der  Masse  Ihm  günsriger  Festbesiicher  leicht  e?* 
neh  Aufstattil  erregen 'konnte  (Matth.  216,  5.  Mai*c.-^14y  2l|) : 
iri«Hil^4i««»KifokUülit  -doeh  durch  dteLdeht)gkiH'|ft& 
wogen,  infr  wri«li#r  ilner  seiner  JOnger  ihn  in  ihre  H/ini 
de  ZQ  lieftrii  aich  anfieischig^  machte.  Judas  nämlich,  oh- 
ne ZweiM  V0ri  tiekk9ft  Ab8täiiiitiäii|g  kns  der  JfldlSiidien  Siadk 
Kmptotli  (4'i^i**i§f\B*Tf%3ttt^icitf;g  genannt,  g^iong  den  S^ni 
•Irtikehl' MVfblg^  wehige  'fage  T^r^  dem  Paschnfest  zu  den 
Vorstehern  der  Priesterschaft,  und  erbot  sich,  Jesitm  ih- 
mn  i«  der  Stille  zu  flberliefem,  wofth^  sie  ikm  Geld,  nach 
Bli|tlii«ii«4reiili%4MiNrt#kel  (a^;/tt^/a),  veHj^rachen  (Malth« 
UiC  ^aMlfl.>'  Ydif  ^ei<  solcherr  ToriHnligen  Verband- 
lonj^  des  Jndas  mit  den  Feinden  Jesü  meldet  das  vierte 
lüfvangeliiioi' nicht  nur' nichts  ,  sondern  scheint'  auch  «oikst 
die  Suche  ftor  dlMastelitti,' tis  hätte  Judas  erst  bei  derfe«.' 
tvn  ÜAhlMlt-'deii  fintscMtdk  gefätkt  und  sogleich  ausge- 
führt, Jesum  an  die  Priesterschaft  zu  verrathen.  Dassel- 
he  iiaekd^ip  des  Sallan  in  Jndas  nämlicli ,  welches  Lnkai 
CtS,  S.)  'Tor  MiMn  lifstcn  Ganj^  sn  den  Uohenp^eitern^  imä 
idM  lHMh  Bum  f^hHM^stAns^^  gieMcht  tsi^  s^t,  lafst 
der  Vel^fasser  des  vierten  Evangeliums  bei  diesem  Mnhie 
eintreten^  ehe  Judas  die  Gesellschaft  verliefs  (13,  2*7.): 
IMMtfiJfeWefs^  wiift  es  scheint,  dafr  nach  der  Ansicht  dÜesca 
Ev«M|eritoten  Judas' i$rst  jesi  den  Tcrriltherlschen'Gang  g^ 
iiia«ht  hat.  Zwar  schoh  vor  dem  Mahle,  bemerkt  derselbe 
(13,  2.))  habe  der  Teufel  dem  Jndsfs  in's  Herz  jregeÜen 
geliabt,  JcsttBi  so  Terrathen,  und  dieses  tö  diafloXa  fifßU^ 
imog.eljs  njv  nagdlav  wird  gemeiniglich  dein  eioijkO^e  pcma- 
vag  bei  Lukas  gleichgesezt,  und  von  dem  Entschlüsse  zum 
Vervatib  .v^jnst^ndeo,  in  dessen  Folge  Judas  au  den  .  Hohen- 
ytlcsMHi||cg<»gMi'»eig  allein,  vmr  er  aehon  dauiab  mit 
dcnaellMB  einig  gevmden,  sonrar  dcr-Verrath  heirelli  toU- 
sogen,  und  man  weifji  dann  kaum,  vias  das  eio^kOtv  üg 


Digitized  by  Google 


39^1  .    Drltttp ;A.b4ch;»U^/  ' 

avtov  o  occTcei'ag  bei  m  fcztcii  Malile  noch  bedeuten  soll ,  da 
das  Hinausführen  derer^  welche  Jesum  greifen  sollten,  kein 
neuer  Teufelsentschlurs ,  sondern  nur  die  Vollziehung  des 
bereits  gefufsten  war.  Der  Ausdruck  bei  Joliannes  V.  27. 
bekommt  im  Unterschied  von  V.  2..  .  nur  dann  einen  gnna 
passenden  Sinn,  wenn  man  das  ßdkUiv  tlg  zlijv  yMQi)tczv 
von  dem  Aufsteigen  des  Gedankens,  ins  eloikd^eiv  aber  von 
dem  Keifen  desselben  zum  Entschlufs  versteht,  also  nicht 
voraussezt,  dafs  Judas  schon  vor  dem  Mahle  dfen  Hohen- 
priestern eine  Zusnge  gemacht  liabe  '}.  Stehen  sich  aber 
auf  diese  Weise  die  Angabe  der  Synoptiker,  dnfs  Judas 
schon  einige  Zeit  vor  der  Ausführunff  seines  Vei'raths  mit 
den  Feinden  Jesu  in  Unterhandlung  gestanden,  und  die  jo- 
hanneischc ,  dafs  er  erst  unmittelbar  vor-  iler  That  sieh 
mit  ihnen  in  Verbindung  gesezt  habe,  entgegen«*  so  ent- 
scheidet sicli  zwar  Lücke  In  der  Art  für  den  Johannes, 
dafs  er  behauptet,  erst  nach  dem  Aufbruch  vom  lezt«n. 
Mahl  (Joh.  13,  30.)  habe  Judas  den  Gang  zu  den  Holien- 
prIestern  gemacht,  welchen  die  Synoptiker  ( Mattli.  26, 
14  f.  parall.)  vor  d.is  Malil  versetzen  -):  aber  er  thut  dief« 
nur  der  vorausgesezten  Auctorität  des  Johannes  zolieb; 
denn  wenn  auch,  wie  er  bemerkt,  bei  eben  einbrechender 
Nacht  Judas  mit  den  Priestern  noch;  recht  gut  unterhaiiT 
deln  koinite:  so  ist  doch,  die  Sache  ohne  Voraussetzung 
betraclitet,  die  Wahrscheinlichkeit  ohne  Vergleichung  mehr 
auf  Seiten  der  Synoptiker,  welche  der  Sache  doch  einige 
Zeit  lassen,  als  des  Johannes,  bei  welchem  Alles  Knall 
und  Fall  geht,  und  Judus,  allerdings  wie  besessen,,  nach 

1)  Dass  nach  der  johanncischcn  Darstellung  Judas  erst  vom 
.1      Mahle  weg  zum  erstenmal  tu  den  Höhenj*>riestei*n  *ge<»iin^errf 
'sei,  hat  auch  Lightfoot  anotkannt  (horac^'  p.'  4€5.y,  mti 
dcsswegcn  das  von  Johannes  crzühlte  Mahl  far.  ein(frUherM| 
^als  das  synoptischo  gehalten.  -         »...  /,  •  ^M.ii'i  iri  »1  Ai\  th 

^  Corom.  z.  Joh.  2^  S.  4^4.  '   "<-  .'«       ;     tinn  h.in  (lu^'  v 


initized  by  Google 


Zweite)^  Ki^|Ht^L{.f,,(^. 


£uitinich  der  Naciit  nocJi  ^mV^^m 

Über  die  Motive,  wekhe  den  J^da^  .bewogen  haben, 
sich  mit  den  Feivden  Je^iu  gegQo  ^l^9<^:.yf^h|jid^n|  ^lijüif? 
ren  wlr<aM  den  drei  etn^n  l^iraagieJjeii  Wl^,4^'9i[^Xfn 
rien  Hohenpriestern  Geld  bek^oin^n  ,]ui^/^«,.^jpier«^  M);<lr,dV) 
besonders  nach  der  ErzähJaiig  b^i  ]^a^|i|^|if ,  wp,J,uda|i4 
ehe  er  d^n  Verrath  zusagt^  ,4^e  Frage  ina^ht :  ^Üt^,4/I!i^ 
döwij  fllrJUab-  und  G^wii|^^ht  ,ivis/i>i,^£edf^  98^^ 
Bestimmtem  LkLt  jHktk  hiei^)r,  >|DQb.).4«e  Angabe 
vierten  fiyangeliums  ^tf.)?  schon  b^i  dein  Betha^i^9hen 
Mahle  habe  Judas  Bkih  über        SalLupg,,  als  ^jll^^i^Qi^ 

Iluge  Versehwendvag»  ge&i|g)9rl;;  ^.  ^<4^i«^MUfi|i  •fiffiBen* 
tei  geführt,  ec&  «hef-  ml.  4ms«lben  jsniili  J4ifib.ge:w.^dei)i 

wornach  also  anzunehmen  wlire,  dafs  4ie  Habsucht  des 
Jindas,.  durch  das,  was  er  der  Gesellscl^aftscasse  ab^^l4^ 
Jioluiite)  aiebfcieeb«  befriedigt,,  diireii  die.ÜhDßÜefeii^qp  Jit^ 
•a  aa  die  reiche  und  Intiichliga  Pfieptexparf^^  aeol^l^jU 
tigeren-  Gewinn  zu  machen  gehofft  babe.    Man  wird  es 
dem  Verfasser  des  vierten  Evangeliums  Dank  wissen  m(j^ 
MUi  «liift  eruna  .duMh.die  Ayfbeyvahiraiiig  jdiesiiir  Jjfo^iaeni 
wdehe  den  fibrigea  fiTangellüeii  ftW^.^  iUb  Tbat^  dfts  Jur 
das  einigernuifsen  begreiflich  gemacht  hat^  v"*  s^^^^^  sich 
eeiae  Angaben  als  historisch  begi^Mnd^t  eeigen.   Hier  i^) 
MM  «ber  in  ßezug  darauf]  da£i  >ifi*fde  J^di^i  iß^/^^^i^§§ 
unsgesproehen  babe,  jMiou  ii»bei^.#4isgefm^#  ippHen., 
«nwahrscheiniich  es  sei ,  dafs  die  Sage  diesen  Zug  vcfior 
ren  haben  sollte  ^)  :  wie  wahi:scheiniich  dag^en  ei^e 
genliafte  Entstehung  4e«#i9l||ei|  iM,-.^h^{|^|i^<^t« :  D^s  jSer 
thanfsche  Mabi  «teiid.  (u  4fiK.  «V*90liU(^ihHi),UltfBS^ 
dem  Ausgang  des  Lebens 'Jesu  diurqh  den,  Verrath,  de^  tljif 
das  nahe:  wie  ifgksht  W^^a  «MM)P.4^A\i*^4M)^.Aafi^^{filH 

S)  i.  Bsttdy  S»  911  f«<  **     '  ^  .  - jMr./.il  #iub  ei»rr.*  '««  *  ih 


uiyitized  by  Google 


384  '^VrUter  Abcchnitt. 

Jeifftr^ivghMii^'Tidel  eito  Froigdligkeit  könne  nnr  Ton 
ikum  häUAh&is^  J«NtM'«4Mgegluigeii  sein  l  Odfa  der  Tadel 
KDgleieh  «of  VerkavfM  dar  Selbe  Mm  Beeten  der  Arne« 
.drä'ng,  konnte  im  Munde  des  Judas  nur  ein  Vorwand  ge- 
iraed  äehtiy  hinter  ^elehea  eieh  «ein  fiigennus  irersteckte : 
Minnen  TeHheii^  arber  kenMe  er  Yen  dem  Verluaf  Jener  Sei» 
be  nur' denki*  erwerten,  wenn  %r  drieoble,  von  dem  «r- 
lösten  Geide  etwas  eu  unterschlagen,  und  diefs  konnte  er 
niederem  nnr,  wenn  er  Cass^nAlhrei^  wer»  Zeigt  sieb  so 
ätuAittwn  dem  Zuge,  deft  MiaiM'^HUntrs  h  nti  to  yltMh^ 
<To%<ov  <7ze,  «Hl«tinhl.törfKli«  tatmho^  .1.  «flglMi:  - 
ist  nun  SU  untersuchen ,  ob  sich  Gründe  eu  der  Annahme 
finden,  dafs  es  sieii  wirklich  so  verhake  S 

'Itter  mnle  tin  «Adrer  Pnnkt  hinsugenomiMtt  werden^ 
Iii' welchem  die  SytooplMier  nnd  Joiiaimee  düferhen  ^  nlnn 
lieh  das  Vorherwissen  Jesu  von  des  Judas  VerrÜtherei. 
Bei  den  Synoptikern  neigt  Jesne  diese  Kunde  erst  am  len- 
teil  Mebie,  mk^  am  einer  Zeit^  wo  dio  Thal  dea  Jndne  ei- 
^entlM'  eekon  gesebehen  war,  «nd  noeh  Icom  forher,  wie 
es  scheint,  ahnte  Jesus  noch  so  wenig  davon,  dafs  einer 
defe*  Zwölfe  ihm  verloren  gehen  würde',  daU  «r  ihnen  ai- 
leii,  ivle  Me  de  waren,  bei  der  Pailngenerfe  eb»  SMen  anf 
rt  RKÄ^tOhleH  ^rl^  (Matlh.  19^  98. ).  Naeb  Jobam 
nes  dagegen  versichert  Jesus  schon  um  die  Zeit  des  vor» 
lekten  Pascha,  also  ein  Jahr  vor  dem  £rfoig,  einer  von 
A«i''Z#9lfen  tel  ehi  dia/ftfAbffi  wtfmlt  er,  laut  der  Bn- 
)li«rfcung  deV  BViKAg«llMen>;^  deti  Nlndai,  alr  aeiiien  btnf. 
tigen  Veri'Hther,  meinte  (6,  70.);  denn,  wie  kurs  vorher 
(V.  64.)  bemerkt  war,  jjdei  äff^ji^  6  ^Ir^aög,  —  f/ff  iggp 
6  nagadviaiar  tturovi  BienAch  *bätte  aleo  Jeeiia  vonAnlanj[^ 
Mnei>  BekiintoteelMft  - Ml 'dte  indes  geilrufet,  dafs  dieeer 
ihn  verrathen  würde,  und  nicht  biofs  diesen  äussern  Erfolg 
hfitte  er 'Vorhergesehen,  sondern,'  da  er  jawufste,  was  ioi 
Menaoben  war  (Job.  3,  SS.),  eo  hAtte  er  aneh  dio  Triebfe- 
dern dee  Jndaa  dnrebaeba«^  daft  er  nimUeb  ana  Hahanebt 


Digitized  by  Google 


^    Zweites  Kapitel.  S*  114.  ISft 

iiimI  Geldgier  Jene  Thet  begeKen  wOvde«  debei  toll  er 
ilin  Bnm  CiistefiDhrer  gemaofat,  d.  h.  ihn  auf  einen  Posten 

gestellt  haben,  auf  welchem  sein  Hang,  sich  auf  jede,  wenn 
anch  uni*echte  Art  Gewinn  zu  schaffen ,  die  reichste  ^ab- 
rang bekommen  mufste?  er  soU  ihn  durch  Gelegenheit  cum 
Dieb  gemacht,  nnd  sich,  wie  absichtlich,  an  ihm  einen  Ver- 
rüther  grofs  gezogen  haben  ?  Schon  vom  ökonomischen 
Standpunkt  aus  betrachtet :  wer  vertraut  denn  einem  eine 
€asse  an,  Ton  dem  er  welTs,  dals  er  sie  bestiehitH  dann 
]>lldagogiseh :  wer  stellt  den  Schwachen  anf  einen  Plaz, 
der  gerade  seine  schwache  Seite  so  beständig  in  Anspruch 
nimmt,  dafs  vorauszusehen  ist,  er  müsse  früher  oder  spfi« 
ter  nnterliegen?  Nein  in  der  Tliat|  so  hat  Jesus  mit  den 
.ihm  sunXchst  anvertrauten  Seelen  nicht  gespielt,  so  nicht 
dns  Gegentheil  von  dem  ihnen  erwiesen,  was  er  sie  beten 
lehrte:  ftrj  eiatviyxi^g  ^fiäs  tig  aaiQaofidv  (Matth.6, 13.),«ials 
er  den  Judas,  Ton  weichem  er  Torauswufste,  er  werde  aus 
Gewinnsucht  sein  TerrUther  werden,  nnm  Cassefllhrer  er^ 
nannt  haben  könnte;  oder  wenn  er  ihn  dazu  machte,  so 
kann  er  jenes  Vorbervvissen  nicht  gehabt  hnben. 

Um  in  dieser  Alternative  su  einer  Entscheidung  sn 
gelangen,  mfissen  wir  jenes  Vorherwissen  für  sich  nehmen, 
lind  sehen,  ob  es  abgesehen  von  dem  Cassenamt  des  Judas 
wahrscheinlich  ist  oder  nicht?  Auf  die  Frage  nach  der 
psychologischen  Möglichkeit  wollen  wir  uns  nicht  einlassen, 
da  es  ja  immer  frei  steht,  sich  auf  die  göttliche  Hatur  In 
Jesu  SU  lierofen ;  aber  von  der  moralischen  Möglichkeit 
wird  es  sich  fragen,  ob  es  bei  jener  Voraussicht  zu  recht- 
fertigen sei,  dafs  Jesus  den  Judas  unter  die  Zwölfe  ge- 
wUhlt,  nnd  In  diesem  Kreise  behalten  habe?  Da  durch 
diese  Bemfbng  sdn  Venrath  als  solcher  erst  möglich  i^nr- 
de,  80  scheint  Jesus,  wenn  er  diesen  vorherwufste^  und 
den  Judas  doch  berief,  ihn  absicbtlich  in  jene  Sünde  hin- 
eingenogen  mn  haben.  Man  wendet  ein ,  durch  den  Um« 
gnng  mit  Jesu  sei  dem  Judas  Ja  auch  die  Möglichkeit  ge* 

Dai  Leben  Jesu  U.  ßand,  25 


Digitized  by 


386  Dritter  Ab«chiiitt« 

geben,  worden^  jenem  Abgrund  eii  entgehen^):  aber  Jesvi 
hatte  Jn  vorausgesehen,  fiafe  eich  diese  Mdglichlieit  nicht 
verwirlilielien  würde;  man  sngt  weiter,  aoch  In  andern 

Ki*ei8en  würde  d^s  in  Judas  gelegene  Böse  sich ,  nur  in 
andrer  Forni)  entwickelt  haben,  uns  schon  stark  determi* 
nistisch  klingt ;  so  wie  vollends  die  Behauptung,  es  sei  kei« 
ne  wahre  Hsife  fllr  den  Menschen,  wenn  das  Böse,  woxn 
der  Keim  in  ihm  iiei^t,  nicht  zur  Ausbildung  koinaic>  nuf 
Conseij Uenzen  su  fnhren  scheint,  wie  sie  Rom.  3,  S.  6,  1  f. 
verworfen  sind.   Und  auch  nur  von  der  gemCithllchen  Sei-, 
te  angesehen,  — >  wie  konnte  Jesus  es  ertragen,  einen  Men«  « 
sehen,    von  welcljem  er  wufste,  dafs  er  sein  Verrfifhcr 
werden,  und  alle  Unterweisung  an  ihm  fruchtlos  bleiben 
vyttrde,  die  gense  Zeit  seines  öffentlichen  Lebens  bin* 
durch  um  sich  nu  haben  ?   mufste  ihm  *  durch  denselben  * 
nichiu  jede  Stande  traulichen  Zusammenseins  mit  den  ZwüU 
fen  verkttnuBcrt  werden?   Gewifs  triftige  Gründe  miilsren 
es  gewesea  eeia»  am  deren  wUlen  Jesus  sidi  dieses  Widri« 
ge  and  Harte  aufgelegt  hfttte.   Solche  Grdnde  und  Zwecke 
konnten  sich  entweder  auf  den  Judas  beziehen,  und  hier 
also  in  der  Absicht  bestehen,  ihn  zu  bessern,  welche  aber 
durch  die  liestimnte  Voraussicht  seines  Verbrechens  cum 
Voraas  abgeschnitten  war;  oder  sie  bezogen  sich  auf  Je* 
snro  selbst  und  sein  Werk  ,  so  dafs  er  die  ü herze nüunar 
gehabt  hätte,  wenn  die  Erlösung  durch  seinen  Tod  zu  iStan- 
de  kommen  solle,  müsse  auch  einer  sein,  der  ihn  verra- 
the        Allein  xu  jenem  Zwecke  war  nach  christlicher  Vor- 
aussetzung nur  der  Tod  Jesu  ein  uneiitbehrliclies  ^iiifcl: 
ob  dieser  aber  mittelst  eines  Verraths,  oder  wie  sonst,  liei*« 
beigeftihrt  wurde,  hatte  für  den  £rlösungsBweck  kein  Mo- 
ment, and  daft  es  den  Feinden  Jesu  auch  ohne  den  Judas 


4)  Diesea  und  die.  fotgeaden  GrUade  s.  bei  OuaAVsaa,  2,  $. 
458  ff. 

5)  OuNAVtiif,  a.  a.  O* 


Digilized  by  Google 


t 


Z#eit»s  Kfipiteh   $.  114.  W 

frfiher  otlnr  fpKter  gelangt  sein  würde  y  ihn  in  ihr»  Go*  . 
wall  so  bekomnen,  ist  niileagbiir;  daf«  aWr  der  Verrft* 

thei*  unentbehrlich  gewesen,  um  Jesu  Tud  eben  nm  Pascha- 
fest,  das  sein  typisches  Vorbild  enthält,  zu  blande  stt 
bringen  ^) :  —  mH  söJehen  Spielereien  wird  nuin  uns  deolt 
lleutiges  Tag»  nioht  mehr  hinhalten  woJlen. 

Läfst  sich  somit  auf  keine  Weise  eine  genügende  Ab- 
sicht ausfindig  machen,  welche  Jesum  bewegen  konnte^  in 
.  der  Peraon  des  Jnda«  wisaentiich  seinen  Verr&ther  an  sich 
BQ  siehen  and  vm  sldiBn  behalten:  so  seheint  entsehieden, 
dafs  er  ihn  als  solchen  nicht  im  Voraus  gekannt  haben . 
kann.  Schl£iermach£r,  am  nicht  durch  Lengnung  dieses 
Vorherwissene  der  johanneischen  Anetoritäl  bq  nahe  bu  tre^ 
len,  BweÜelt  lieber  daran,  dals  Jesus  die  Zwdtfs  rein 
selbststündig  ausgewählt  habe,  und  indem  nun  dieser  Kreis 
sich  mehr  durch  freies  Anschliefsen  der  Jünger  von  selbst 
gebildet  haben  soll,  so  könne  Je^os  leichter  darüber  ge- 
reehtfertigt  werden,  diafs  er  den  sieh  Badvingenden  Jndas 
nicht  zurückvvies,  als  wenn  er  ihn  aus  freier  Wahl  ea 
sich  gezogen  hätte  Allein  die  Auctorität  des  Johannes 
wird  hiedureh  doch  veriezt,  da  |a  gerade  er  Jesum  zu  den 
Zwölfen  sagen  Mkt:  8%  ifistg  /ue  i$Bli^aad€f  al£  iyd  e|f- 
le^dtir^y  vuctg  (15,  16.  vgl.  6,70.);  übrigens  einen  bestimm* 
ten  Wahlakt  auch  weggedacht,  so  brauchte  es  ducli ,  da- 
mit einer  beständig  um  Jesum  bleiben  durfte,  seiner  Lriaub- 
nffs  and  Bestätigung,  and  sehen  diese  konnte  er  menseh- 
lieherweise  einem  Manne  nteht  geben,  von  welehemerwurste, 
dafs  er  durch  dieses  Verhältnii's  zu  iliui  der  schw  ür/.uAtiii 
Frevelthat  entgegenreife  ^  sich  aber  ganz,  wie  man  sa<^  t,  in  deji 
Standpunkt  Rottes  na  versetsen,  und  um  der  Möglichkeit 
der  Besseraog  willen,  ren  der  er  doeh  vorauswofrte,  dalb 

»  _  t 


6)  Ein  solches  Argumeat  lieste  sich  aus  dem  sbleitea,  wss  Oit- 
■AVSBN,  2,  S.  587  unten  und  388  obea  ssgl« 

'     7)  Über  dun  Lukas,  S.  88. 

\ 

Digitized  by  Google 


'9»    *  Driller  Abselmilt. 

*  sie  nie  ftor  WIrkliehkdl  wenlen  wAniey  den  JimIm  In  mS« 

ner  Geitellschoft  ff»  liissen,  duf  wäre  eine  göttliche  Tn. 
menschlich keit  j    luchfs  GottroenscJiliches  j   gewesen«  So 
sckwnr  et  hieniicli  hült,  die  Angabe  des  vierten  Evenge* 
Hunwy  dnf«  Jesus  von  Anfang  an  den  Jadas  als  seinen  Ver« 
Fächer  geliannt  hnbe,  als  hislorlseh  festnnhalten ;  so  leiebl 
entdeckt  sich,  was  auch  ohne  geschichtlichen  Grund  sti  ei- 
ner solcben  Darstellung  bewegen  konnte.   Dais  der  von 
einem  seiner  ^gnen  SehOJer  an  Jesu  begangene  Verratk 
ihm  in  den  Angen  seiner  Feinde  eem  Maehth<^  gei*eichbp, 
Ist  natürlich}  wenn  wir  auch  nicht  von  Ceisus  wiifsten^ 
dafs  er  in  der  Rolle  eines  Juden  Jesu  vorwarf,  ort 
m  (üwoft^B  fiad-^iSv  ngädo&t^f  nnm  Beweis  ^  dals  er  we» 
niger  als  jeder  Rffnberhanptnann  die  Seinigen  an  sich  nn 
fesseln  v  ^rmocht  habe        Wie  nun  die  aus  dem  schmähli- 
chen Tode  Jesu  eu  ziehende  üble  Folgerung  durch  die 
Behanplung,  er  habe  seinen  Tod  lange  vorhergewalsli  am 
besten  «bgesehnllten  en  werden  sehien:  ebenso  das,  was 
man  aus  dem  Verrath  des  Judas  Schlimmes  gegen  Jesum 
ableitete }  dorch  die  Angabe |  dafs  er  von  Anfang  an  den 
Verrither  dnrohsehaul  habe,  ond  dem,  was  ihm  dieser, he* 
reilete,  bitte  entgehen  können,  mithin  mit  Freiheit  und 
ans  höheren  Rücksichten  sich  seiner  Treulosigkeit  nusge- 
seftl  habe^);  womit  zugleich  noch  der  Vortheil  zu  gewin« 
nen  war,  der  in  jeder  angeblich  eingetroffenen  Voranssn» 
gung  flBr  den  Vorausverkflndigenden  liegt,  und  weleheit 
der  vierte  Evangelist  naiv  seinen  Jesus  aussprechen  läfst, 
wenn  er  ihm  nach  der  Bezeichnung  des  Verrfithers  bei  m 
lernen  Mahle  die  Worte  leiht:  an  s^«  Xfyta  iftlp.fgQo  tä  • 
ym4a9m9  Iver,  otwyiin^ai,  mgevat^tSf  Sti  iym  tlfu  (13, 
10.)  —  in  der  That  das  beste  Motto  zu  allen  vaticiniis 
pBSt  eventum»  Diese  beiden  Zwecke  wurden  desto  voll* 


:     8)  Orig.  c.  Cels.  2,  11  f. 
9)  vgl.  FrobabiL  p.  139. 


y  Google 


Zweites  KafiiteL  f.  114. 


kommeiier  erreicht,  je  weiter  Burilck  im  Lehen  Je^u  dieses 
Vorherwisseii  gesest  wurde^  woraas  sich  also  erklärt^  wih 
11IBI  der  Verfssser  des  vierten  fivengeliiiiu ,  aieht  »nffi^ 
4mk  «hiaiit,  defs  neek  der  ^ewtthnliehen  Oerstelltiiig  Jesus 
bei'm  leeten  Mahl  den  Verrath  des  Judas  vorherverküiidio^t 
haben  sollte,  sein  Wissen  um  denselben  schon  in  die  An- 
fänge  des  Zusamaenseins  Jes«  mU  Judas  ?erle|Ktf 

Ist  hleuiit  ein  so  frühes  Wissen  Jesu  um  die  Ver^ 
rätherel  des  Judas  als  unhistorisch  beseitigt,  so  wÜre  Raum 
für  die  Angabe  geniacht,  dais  Judas  den  Beutel  der  Ge- 
Seilschaft  Jesu  geftthrt  iiabei  was  sich  nur  mit  Jenesi  ,Vor- 
auswisseii  nieht  so  rertragen  selüen,  wogegen  nnni  wenn 
sieh  Jesus  überhaupt  in  Judas  irrte,  er  in  eben  diesem  Irr- 
thum ihm  auch  die  Casse  anvertraut  haben  könnte.  Allein 
dnreb  die  Maohweisong,  da(s  die  Joiiannoftscbo  Darstellung 
In  Beeng  unf  das  Wissen  Jesn  um  seinen  Vmitber  eine 
gemachte  sei ,  ist  die  Glaubwürdigkeit  derseüien  In  dieser 
Sache  so  erschüttert,  dafs  man  auch  leu  jener  Angabe  kein 
rechtes  Vertrauen  fusen  kann.  Hat  der  Verfasser  des 
vierten  fivangelinms  das  VerliSitnils  swisehen  Jean  und 
Judas  an  der  Jesum  betreffenden  Seite  ausgemalt  ?  so  wird  « 
er  schwerlich  die  Seite  des  Judas  unverzieFt  gelassen  ha- 
ben; iiat  er  die  Tiiatsnoliflt|  dais  Jesus  verrathen  worden 


iO)  Noch  weiter  rückwärts  wird,  nicht  das  Wissen  Jesu  um  sei- 
nen VerrXtheT)  aber  doch  ein  bedeutssai^  Zussmmenireffea 
mit  demtelbeay  im  ifekryphiichen  evsageltum  inlintiae  ara- 
bicum c.  SS.  9  bei  Fsaatcms  p.  197  f.^  bei  TanA,  I,  p.lOSlf. 
gesest.  Hier  wird  ein  dSamniidier  Knabe,  der  im  Aafali  mit 
den  ZMkaen  um  sieh  bist ,  su  dem  Kinde  Jesus  gebracht ,  er 
heisst  nach  ihm,  und  weil  er  es  mit  den  Zahnen  nicht  errei- 
chen kann^  Tersczt  er  ihm  einen  Schlag  auf  die  rechte  Scitc^ 
worauf  das  Jesuskind  weint,  der  Satan  aber  einem  wiithcn- 
den  Hunde  simiich  aus  dem  Knaben  iährt.  Hic  autcm  puer, 
qui  Jesum  percussit  et  ex  quo  Salanas  sub  forma  canis  cxi- 

¥it,  iuit  ^udas  Isdiarietes ,  qui  iiium  Judseis  prodidit. 


Digitized  by  Google 


S90  Arltetr  AktaliMUt.  . 

iüt,  dadurch  eingeleitet,  Hüf«  er  Jesum  (iici's  Scliickftnl  voi^ 
hersehen  lief^,  go  mhz  leicht  das  Andere,  dafu  er  den  Ja« 
iliu  aeliie  OevrStMMoeht  dan4i  ontreve  Fflhmn^  des  Beateis 
«ehon  eeffren  IXltt,  nur  Einleitun^r  daen  tein^  dafe 
•Itfdrifl  Je«tim  vprrwthen  hat.  Doeh,  müssen  wir  niirh  die 
fnhannei.^c^en  Winke  äber  den  Charakter  and  die  Motive 
de«  Jadas  aufj^eben:  imaerhin  behalten  wir  eneb  in  den 
oben  dari^elee^n  Anifaben  der  Synoptiker  die  bettiaiiBte- 

ste  Uinweisung  auf  Habsucht  als  Grundtriebfeder  seiner  That. 

» 

f.  113. 

VertoMedeBe  Aotfcliten  Uber  den  Gbarakter  des  Jodas  und  die 

Motlre  seines  Verrstbs« 

Von  den  älteston  his  mif  die  neuesten  Zeiten  hat  es  ;:ol- 
ehe  ifegeben^  welehe  mit  dieser  Ansieht  der  N.  T.liehen 
Sehrifttteiler  von  ifen  Betfpgjgrund  des  Joda«  nnd  mit  ili- 
rom  durchaus  verwerfenden  Urtheil  über  dons*»lhen  C^^l. 
A.  (i.  l}l(»ir.  )  nicht  übereinstimmen  zu  können  e;lanhfen, 
und  «war  können  wir  sagen,  daffii  diese  Abweichung  theilo 
ana  Qbertrlebenefn  Snpranahiralismoa,  theils  ana  einem  ra- 
tionalistischen Ifan^^e  horvorpfosrangen  ist. 

Ein  flherspanuter  Supranaturalismus  konnte  von  dem 
Im  N.  T.  selbst  an  die  Hand  (gegebenen  Gesichtspunkt  aoa^ 
dafa  der  Tod  Jasn«  Im  göttlichen  Weltplan  beschlossen, 
anm  Hell  der  Menschheit  efedi^nt  habe,  nun  aach  den  Jn- 
das,  durch  desseti  Vemth  der  Tod  Jesu  herbeiijof«ihrt  wor- 
den ist,  nur  als  ein  Werkseaflf  In  der  Hand  der  Vorseliniifr, 
als  einen  Miterbelter  an  der  Briöanng  der  Menschheit  be- 
traohten.  In  dieses  Licht  konnte  er  dadurch  ifesfellt  wer- 
den ,  dnfs  man  ihm  ein  Wissen  um  jenon  gföttlicheii  Rath- 
schlufs  lieh,  und  die  Vollziehung  desselben  als  bewufsten 
Zweck  seines  Verrathes  seate.  Diese  BetrachtnnKSwelse 
linden  wtr  wirklich  bei  der  gnostisehen  Partei  der  Rainl- 
t*»n ,  welche  deti  alten  H  i»*r»<i(do4oii  /.nfolire  den  J«i  las  für 
loi\|enigea  hioltaii,  welcher  siolt  aber  die  bosoiuüukte  jtt« 


Digitized  by  Google 


Zweites  Kapitel.        115.  391 

dische  Ansicht  der  Übrigen  Jünger  kui*  (inosis  erhoben,  und 
dieser  geniürs  Je^uin  verrathen  habe,  \^'eil  er  erkannte,  dnfs 
durch  seinen  Tod  das  Reieb  der  die  Welt  behemcheudi^ 
niederen  tieisfer  gestUret  werden  wOrde ' ).  Andere  in  der 
ültercn  Kirche  räumten  zwar  ein,  «ial's  Jutlns  Jesuni  iius 
Gewinnsucht  veri*atlicn  habe^.  doch  soll  er  nicht  erwartot 
haben,  dafs  Jesus  gettfdtet  werden  würde,  sondern  der 
Meinon«^  gewesen  sein,  er  werde,  wie  schon  Cfters,  so 
auch  diefsmnl,   durch  seine  dbernatürliche  Macht  seinen 
Feinden  entj^chea        ^^"^  Ansicht,  welche  bereits  den 
Übergang  En  den  neueren  ftechtfertigungen  des  Verrithert 
bUder. 

Wie  Hie  bezeichnete  snpranaturalistischc  Erhebung  des 
Judas  bei  den  Kainiten  zunächst  von  ihrer  Opposition  ge> 
gen  das  Judenthum  ausgieng,  kraft  deren  -  sie  sieh  uuni 
Ctrundsas  gemaeht  hatten,  alle  von  den  jttdiaehen  Verfas- 
sern des  alten,  oder  den  judaisirenden  des  neuen  Testa- 
ineuts  getadelte  Personen  zu  ehren  und  umgekehrt :  so  ver- 
spürte der  «Rationalismus,  besonders  in  seinem  ersten  Un- 
willen Ober  die  lange  Knechtschaft  der  Vernunft  In  den 
Fcö^elu  der  Auetorität,  einen  gewissen  Reiz  in  sich ,  wie 


I)  Irea«  adr«  liaer,  fl,  35 :  Judsm  proditorem  —  solum  prse  ce^ 
leris  cognotcentem  Terititem  perfecisse  proditlonis  myste- 
rium ,  per  quem  et  terrent  et  coetettia  omnla^^  dltflolata  di- 

cunt.  Epiphan.  58,  3:  Einige  Kainiten  sagen,  Judas  habe 
Jesum  als  einen  noytjQor  verrathen ,  weil  er  daa  gute  Gesez 
auflösen  woUte;  iUoi  Se  reu»'  aCriSy,  j//,  fMir,  uJUa  aya^Qr 
avrop  Srwm  na^Swtt  Mura  r^p  hta^rtop  yvSwp*   tfvmaar  yrff 

uvTttP  ^  a9&tris  Stfvafttf,  mrl  tSrS,  if  f;aij  yyjJj  S  *Maef  Mmtvm 
Wik  ftttyra  iM^ytjot yy  oj^f  na^tadHrat  oiroy,  uya&ov  T^yor  Tt oi^aag 
ijf^lv  eis  oMTtjqiav.  »a\  Jei  ^fiät  (nairfiv  xat  anoötdörai  uur^ 
TOP  inatrorj  Srt  dC  auiS  Mmrtamfvda^^  ^filp  9  xi  go»^«  0mt^ 

2)  ThcopliyUct.  ad  Matth.  37,  4. 


Digitized  by 


SM  Dritter  Abschnitt 

V 

die  von  der  orthodoten  Ansicht  seiner  Meinung  nach  so 
sehr  vergötterten  biblischen  Personen  ibres  Nimbus  eu  ent- 
kleiden,  so  die  in  eben  dieser  Ansicht  verdammten  oder 
ftarfickgesesten  sa  Fertheidigen  und  su  heben.  J)aher|  was 
das  A*  T.  betriffib,  die  Erhebung  Esau*s  Aber  Jalcob,  Saul's 
•  (Iber  Samuel;  im  neuen  der  Martha  über  die  Maria,  die 
Lobreden  auf  den  zweifelnden  Thomas,  und  nun  sogar  die 
Apologie  des  VerrUthers  «ludas«  Den  Einen  war  er  ein 
Verbrecher  aus  beleidigter  Ehre:  die  Art,  wie  Jesus  Ihn 
bei  der  Bethanischen  Mahlzeit  gezüchtigt,  die  Zurücksezung 
überhaupt,  die  er  im  Vergleich  mit  andern  Jüngern  erfuhr, 
verwandelte  seine  Liebe  su  dem  Lehrer  in  Hafs  und  Rach- 
gter Andere  haben  sieh  mehr  der  ron  Theophjlakt  auf- 
behaltenen Vei'muthung  angeschlossen ,  dafs  Judas  gehofft 
haben  n^öge,  Jesus  werde  auch  diefsmai  seinen  Feinden 
entgehen.  Diele  feisten  die  Einen  noch  sopranaturalistisch 
so,  als  bitte  Judas  erwartet,  Jesus  werde  sich  durch  An- 
wendung seiner  Wunderkraft  in  Freiheit  setzen  **) ;  conse- 
ijuenter  iauf  Üirem  Standpunkt  muthmafsten  Andere,  Judas 
müge  woU  erwartet  haben,  wenn  Jesus  gefangen  wäre, 
werde  Volksanfstand  nn  seinen  Gunsten  ausbrechen  und 
Ihn  befreien  ^3*  Judas  wird  hienaoh  als  ein  solcher  vor- 
gestellt, der,  darin  übrigens  den  andern  Jüngern  gleich, 
das  Messiasreich  irdisch  und  politisch  sich  dachte,  und 
daher  nnsnfrieden  war,  dafs  Jesus  die  Gunst  des  Volks  so 
lange  nicht  lienOzte,  um  sich  zum  messianisohen  Herrscher 
aufisuwerfcD.  Yeranlalst  nun  entweder  durch  Besteohungs- 


S)  Kaissr,  bibl.  Theol.  1,  S«  249*  Xbnlich  auch  Hlomtocx  im 
Messits. 

4)  K.  Ca.  !«•  Schmidt,  cxcg.  Beiträge,  1.  Thl.  2ter  Versuch, 
S.  18  IT.;  TgL  dentelbea  ia  SctuaiDT*t  Bibliothek,  S,  1,  S. 

les  ff. 

5)  Paütui,  ex.  Hdb.  3,  b,  S.  451  CT.  I».  J.  1,  b,  S.  145  IT.  Üasb, 
L.  J.  152. 


uiyitized  by  Google 


Zweltei  KaplleL  S.  IIS. 


IM 


yersoche  des  Synedriimt,  oder  durch  da«  Gei*acht  run  dei« 
sen  Plane,  Jesan  nach  dem  Fest  insgeheim  zu  verhaften, 
hnbe  Judas  diesem  Anschlag,  der  Jesum  verderben  mufstey 
Kuvorzakouimeu,  und  eine  Verhaftung  noch  während  des 
Fesrs  «tt  Stande  cu  bringen  gesucht,  wo  er  gewiTs  hoffen 
SU  litf nnen  glaubte,  Jesum  durch  einen  Volksaufttand  befreit, 
ebendninit  nber  genöthigt  zu  sehen,  sich  endlich  dem  Volk 
in  die  Arme  su  werfen,  und  sur  Gründung  seiner  Herr« 
•ehaft  den  entscheidenden  Schritt  su  thnn«  Da  er  Jesum 
Ton  der  Nothwendigkelt  seiner  Gefangennehmung,  und 
dafs  er  in  drei  Tagen  sich  wieder  erheben  werde,  spre« 
eben  hörte,  habe  er  diels  als  Zeichen  der  Einstimmung  Je« 
•u  In  seinen  Plan  genommen.  In  diesem  Wahne  dessen 
fibrige  abmahnende  Reden  thells  fiberhtfrt,  theils  ftJseh  ge* 
deutet,  namentlich  das  o  noieig,  noir^oov  tdxcov  als  eine 
wirkliche  Ermunterung  Jesu  zur  Ausführung  seines  Vor- 
habens aufgefalst.  Dia  SO  SÜberlinge  habe  er  von  den 
Priestern  genommen,  entweder  um  seine  wahre  Absicht 
hinter  den  Schein  der  Habsucht  zu  verbergen,  und  ihnen 
dadurch  jeden  Verdacht  su  benehmen,  oder  habe  er  neben 
der  Erhebung  sn  einer  der  ersten  Stellen  im  Reich  seines 
Heisters,  die  er  erwartete,  auch  fenen  kleinen  Vorths 
noch  mitnehmen  wollen.  Aber  Judas  habe  sich  in  zwei 
Punkten  verrechnet:  einmal,  indem  er  nicht  bedach- 
te ^  daCs  nach  der  durchschmansten  Paschanacht  das  Volk 
nicht  frflbe  nn  einem  Aufstand  wach  sein  würde ;  zweitens, 
indem  er  nicht  erwog,  dafs  das  Synedrium  eilen  würde, 
Jesum  in  die  Hftnde  der  Römer  zu  bringen,  denen  ein 
Volksaufstand  Ihn  schwerlich  su  entreissen  im  Sunde  war. 
So  soll  ,  nun  Judas  entweder  dn  verkannter  braver  Mann 
(Schmidt)  ;  oder  ein  Getäuschter  sein,  der  aber  kein  gemei- 
ner Charakter,  vielmehr  in  seiner  Verzweiflniig  noch  ein 
Trümmer  apostolisclier  Grftfse  war  (HAftS);  oder  soll  er, 
zwar  durch  ein  aehleehtes  Mittel,  doch  einen  guten  Zweck 
haben  erreichen  wollou  (Pailus). 


Digitized  by 


Dritter  AbüchnitU 


Gegen  die  Kuerst  ausgeführte  Ansicht  nun,  weiche  den 
Vemlh  des  Judas  aus  gekränktem  Ehrgois  ableite^  ist  in 
Besog  auf  den  Verweis  berm  Bethanlschen  Mahle,  anf  den 

man  so  groCses  Gewicht  legt,  schon  bei  andrer  Gelegen- 
heit die  Bemerkung  der  neuesten  Kritik  gekehrt  worden| 
dais  die  Milde  fenes  Verweises,  wie  sie  namentlich  ans 
der  Vergleicfiung  mit  der  weit  schärferen  Zurechtweisung 
des  Petrus,  Matth,  lö,  23,  erhelle,  in  gar  keinem  Verhalt- 
nifs  zu  dem  Groll  stände 9  den  er  in  Judas  erregt  haben 
Söll       dais  dieser  aber  sonst  Zurttcksetsnng  gegen  seine 
Mitjffnger  erfahren  habe,  davon  fehlt  uns  jede  Spur.  Die 
andre  Ansicht,  welche  dem  Judas  die  Hoffnung  auf  Befrei- 
ung Jesu  unterlegt,   fufst  hauptsächlich  darauf,  dal's  er. 
nachdem  ihm  flie  Ablieferung  Jesu  an  die  Römer  und  die 
Unvei;meidliclikeit  meines  Todes  en  Ohren  gekommen ,  in 
Vereweiflnng  gerathcn  sei,  als  Beweis,  dafs  er  einen  eiit- 
gegengesezten  Erfolg  erwartet  hatte*    Allein  nicht  blofs  der 
ungittckiiche  £rl'oig,  wie  Paulus  meint,  sondern  ebenso 
aoeh  der  gittckiiche,  oder  das  Gelingen  des  Verbrechens, 
„zeigt  dasselbe 9  welches  man  sich  vorher  unter  tausend 
'  £ntschuldiguiigi<grijnden  verschleierte,  in  seinejj  si-.hwnr/en, 
eigenthümlichen  Gestalt.^^   Das  real  gewordene  Verbrechen 
wirft  die  Maske  ab,  die  man  dem  nur  erst  idealen,  im  Ge- 
danken vorhandenen,  leihen  konnte,  und  so  wenig  die 
Reue  manches  Mörders,  wenn  er  den  Gemordeten  vor  sich 
liegen  sieht,  beweist,  daf«  er  den  Mord  nicht  wirklich  be- 
abslohtigt  lMl)e:  ebenso  wenig  kann  die  des  Judas,  als  er 
Jesam  ohne  Rettung  sah,  beweisen,  dafs  er  nicht  voraus- 
berechnet hatte,  e«  werde  Jesum  das  Leben  kotiten.  L'n- 
ndglich  aber,  sagt  man  ferner,  kann  Uabsucht  die  Triehic- 
der  des  Jndas  gewesen  sein;  denn  wenn  es  ihm  um  Ge- 
winn BU  thon  war,  so  konnte  ihm  nicht  entgehen,  daf« 
die  fortdauernde  Ca^isenführung  in  der  GcäclUchnit  Jesu 

6)  1.  Bandy  S.  714.  Vgl.  noch  H.\sr,  a.  a.  O. 


üiyiiized  by  Google 


I 


ZweUes  Kapitel.   $.  115.  3d5 

ikuk  vfkehv  abwerfen  würde,  als  die  eJeiideii  30  SUberlinge, 
unsres  Ci^lda  20-^25  Tli|iler,  die  er  bekam  ^  vas  bei  deji 
Juden  die  Vergütung  für  einen  verJesien  SlLiaven,  ein  Tag 
John  auf  4  Monate  war.    Allein  eben  die  30  Silberlinge 
sucht  man  vergeblich  bei  allen  Berichterstattern  ausser  Mat- 
thüiM.  Johannes  schweigt  völlig  Über  einen  dem  Juda« 
von  den  Priestern  eu  Theil  gewovdnen  Lohn ;  Markus  und 
Lukas  sprechen  unbestimmt  von  uttyvQioVy  das  sie  ihm  ver- 
sprochen haben,  und  auch  den  Petrus  iül'st  die  Apostelge* 
sciehte  (1,  18.)  nnr  von  einem  fual^og  reden,  der  dem  Ju- 
das  zu  Theil  geworden  sei.  ^  Ml^tthüus  aber,  der  allein  jene 
bestimmte  Summe  hat,  lüfst  uns  zugleich  keinen  Zweifel 
über  den  histürisclien  Werth  seii;er  Angabe.  Er  citirt  nämlich, 
nachdem  er  das  Ende  des  Judas  beriehcet  (27,  9  f. eine 
Stelle  ans  Zacharlas  (11, 19  f.;  aus  Irrthum  schreibt  er  Jere- 
mias), in  welcher  ebenfalls  30  Silberlinge  als  Preifs  vor- 
kommen,  zu  welchem  einer  angescl»lan;en  worden  sei.   Zwar  - 
sind  in  der  Prophetenstelle  die  30  Silberlin|[e^  kein  Kauf- 
preifs,  sondern  ein  Lohn,  der  damit  Beeahlte  ist  der  Je- 
hova's  Person  vorstellende  Prophet,  und  durch  die  geringe 
Summe  wird  die  Geringschätzung  angezeigt,    welche  <iie 
Juden  gegen  so  viele  göttliche  Wohlthaten  sich  zu  Schul- 
den kommen  Uefsen  ^)«   Wie  leicht  aber  konnte  ein  christ- 
licher Leser  durch  diese  Stelle,  in  welcher  von  «einem 
schmählich  geringen  t^reifse  (ironisch  l[5^ri  "IlK  )  die  Rede 

war,  um  welchen  die  Israeliten  einen  im  Orakel  Redenden 
angeschlagen  haben,  an  seinen  Messias  erinnert  werden, 

der  um  ein  seinem  Werthe  gegenüber  jedenfalls  geringes 
üeid  seinen  ITeinden  verkauft  worden  war,  und  er  konnte 
nun  ans  dieser  Steile  heraas  den  Preifs  bestimmen,  der 
dem  Judas  filr  die  Überlieferung  Jesu  hesahlt  worden  war* 

liienach  geben  die  tqiuxoitu  ccQyvQice  durchaus  keinen  Funkt 
ab,  auf  dei^  sich  der  jeuige  stützen  kdnute,  welcher  bowel; 

"*  ■  • 

7)  BossMMOujta,  SchoU  In  V.  T.  7,  4,      $18  ff. 

'ff  *  « 


Digitized  by  Google 


a9G  Dritter  Ab^choitt. 

BMI  will  y  der  geringe  Lohn  ktfnne  es  nicht  gewesen  sein , 
WM  den  Jodes  Bvm  VerriUier  seehte;  denn  wie  gering 
•der  bedeutend  der  Lehn  wer,  weielien  Jodes  beiuin^  wis- 

een  wir  geschichtlich  gar  nicht. 

Da  alle  andern  Grllnde|  welche  für  edlere  Triebfedern 
dee  Jndee  spveeiien  sollen ,  noch  sebwieber  eis  die  on(er> 
enebten  sind:  se  finden  wir  ans  immer  wieder  aof  die6e* 

winnsucht  sarflcligewiesen ,  welche  uns  durch  die  evange- 
lischen Nachrichten  an  die  Hand  gegeben  Ist,  und  sollte 
diese  eis  MoHr  no  einem  soieben  Schritte  nicht  genügen, 
so  Ist  es  besser  gethen ,  die  Unmdgllchkelt ,  hleHlber  in*s 
Klare  zu  kommen,  offen  zu  bekennen,  als  durch  luftiges 
Pregowtislren  die  mengeihaften  Data  aufonpotaen 

Bestellung  des  Faschamahtt. 

Am  ersten  Tag  der  angesAuerten  BroiO|  an  dessen 
Aliend  das  Paselmiamm  geschlachtet  werden  mofstoy  also 

den  Tag  vor  dem  eigentlichen  Feste,  welches  aber  an  dem- 
selben Abend  noch  seinen  Anfang  naiim,  d.  h.  den  14ten 
Kisan,  soll  Jesos^  nach  den  awel  ersten  Evangelien  auf 
eine  von  den  Jtfngem  an  Ihn  gerichtete  Anfrage,  nach  Mat* 
thios  unbestimmf,  welche  ond  wie  viele,  nach  Markos  awei 
Jünger,  welche  Lukas  als  den  Petrus  und  Joliannes  be- 
neichnet|  oor  Stadt  geschickt  haben  C  vielleicht  von  Betha- 
nien ans),  om  Air  die  Festmahlselt  ein  Lokal  so  bestellen, 
und  die  weiteren  Anordnongen  oo  treffen  ( Matth.  S6,  17  ff. 
paralL).  Was  Jesus  diesen  Jüngern  für  eine  Weisung  ge- 
geben, darin  stimmen  die  drei  l^richterstatter  nicht  ganz 
llberein»  Meeh  allen  schickt  er  sie  an  einem  Manne*  bri 
welchem  sie  nor  Im  Aoftrag'  des  StSaaxalog  ein  Lokal  sur 
Paschnfeier  begehren  dürften,  um  sogleich  eines  eingcrjuimt 
Eli  kckommen:  aber  theil«  viivd  dieses  Lokal  von  den  bei- 


8)  VgL  auch  Kaivtscas ,  in  Matth,  p.  7S9  f. 


üigitized  by  Google 


Zweite«  KapiteL  f.  IIC 


ilen  Riiileni  näher  eis  ron  Metthlns  bespleliiiel,  nXalleh 

ele  ein  grofses  oberes  Zimmer,  welches  bereits  mit  Polstern 
Tersehen,  und  cum  Empfang  von  Gästen  sugerlchtet 
tlwih  wird  namentlich  die  Art^  wie  sie  den  fiigenthOaMf 
desselben  evflinden  teilten,  van  Jenen  enders  als  ?en  die- 
sen angegeben.  Metthlns  nffmlieh  Ififst  Jesum  nar  sagen, 
sie  sollten  hingehen  TiQog  %ov  dtlva,  die  übrigen  aber^  sie 
würden,  in  die  Stadt  getreten,  einem  Menschen  liegegnen^ 
welcher  ein  xeQUftiov  vdctfos  trage,  dem  seilten  sie  In  das 
Hens,  in  Welches  er  gehe,  folgen,  und  daselbst  mit  dem, 
Hausherrn  unterhandeln. 

In  dieser  firsfihlung  hat  man  eine  Menge  Ton  Anstö»» 
een  gefonden,  weiche  Gablbr  In  einer  eigenen  Abhandlun|r 
sosamniengestellt  bat  *)•  Sehen  das  Ist  aufgelhllen,  dafs 
Jesus  erst  am  lezten  Tage  an  die  Bestellung  des  Mahles 
denken  soll,  Ja  .nach  den  beiden  ersten  Evangelisten  noch 
dureh  die  Jttnger  daran  erinnert  werden  mufs,  da  deeh 
bei  dem  grofsen  Andrang  von  Mensehen  in  der  Pasehaeelt 
(2,700,000  nach  Josephus  0)  ^'^^  städtischen  Lokale 
bald  vergeben  waren,  und  die  meisten  Fremden  vor  der 
Stadt  onter  Zellen  eampiren  nnfstem  Um  so  eonderfaerne 
ist  dann,  dafs  demuneraehtet  die  Boten  Jes«  das  verlengte 
Zimmer  nicht  schon  besest  finden ,  sondern  der  £igenthfi« 
mer,  als  hätte  er  Jesu  Bestellung  geahnt,  es  für  ihn  auf- 
gehoben, «nd  bereits  DHr  ein  Gastauhl  sagerichtet  hatte. 
Und  dessen  versieht  sieh  Jeeus  so  gewUs,  defs  er  den  Heae* 
eigenthUmer  nicht  erst  fragen  läfst,  o  b  er  bei  ihm  ein  Le* 
kal  Eur  Fasehamahlzeit  bekommen  könne,  sondern  ohne 
Weiteres,  wo  das  Ar  ihn  geeignete  Lokal  sei!  oder  iiaeh. 
BfaCthlns  Ihm  nur  ansagen  iilst^  bri  Ihm  werde  er  das  Fe» 
sehe  essen  ^  woau  noch  kommt,  daüs  nach  Markus  und  Lu- 


1)  Ober  die  Aeerdanng  des  leslen  PstcliimsUs  Jesoj  In  tsinsm' 

neuesten  theo!.  Journal,  2>  S|  S.  441  ff* 
i)  beil.  jud.  6,  9|  3. 


Digitized  by 


•I 


kas  Josns  soofar  dicfs  vreifs,  was  f(ir  ein  Zimmer  und  in 
i)relchoiii  Theil  des  Hauses  ihnen  eingerfinmt  werden  würde. 
BeBonflerii  aaftallend  ist  nun  aber  nach  dieien  beiden  die 
Art,  wie  die  Jflnger  den  Weg  ma  dem  betreffenden  Heute 
linden  sollen.  Lautet  nfimlich  bei  Matthäus  das  i  nuyfTE 
elg  Tijy  nnhv  7cn(]g  zoy  ddva  einfach  so,  als  hätte  zwar  Je- 
su! den  Namen  dessen,  sn  dem  sie  gehen  sollten,  genannt, 
der  Referent  aber  ihn  nicht  mehr  angeben  wollen  oder  * 
können :  so  bezeichnet  bei  den  beiden  andern  Berichter- 
stattern Jesus  den  Jüngern  das  Haus,  in  das  sie  zu  gehen 
hätten,  durch  einen  Wasserträger,  dem  sie  begegnen  Wör- 
den. Wie  konnte  nun  Jesus  In  Bethanien,  oder'  wo  er 
war,  diesen  zuflilligen  Vmstand  Torherwissen ,  wenn  an- 
ders nicht  vorher  verabredet  Wörden  war,  dnfs  um  diese 
Zeit  ein  Knecht  aus  jenem  Hause  mit  einem  Krug  Wasser 
Ach  sefgen,  und  auf  die  Boten  Jesu  Vrarten  volhe?  Auf 
^Ine  Torhergegangerle  Terabredung  schien  den  raffönaflstl- 
sehen  ErkJärern  Alles  in  unsrer  Erzählung  hhi/.uweisen , 
und  durch  diese  Voraussetzung  zugleich  alle  Schwierigkei- 
ten derselben  sich  sn  lösen.  Die  so  spät  erst  ausgeschick- 
ten Jünger  konnten  nur  dann  noch  ein  Lokal  unbesezt  Hu- 
den, wenn  diefs  von  Jesu  \  oi  lior  hostcllt  worden  war,  nur 
dann  konnte  er  dem  Hausbesitzer  so  kntoi^orlsch  sieh  an- 
sagen lassen ,  wenn  er  mit  ihm  schon  frtther  Abrede  ge- 
nommen hatte;  aus  einer  solchen  erklärt  sich  auch  Jesu 
genaue  Kenntnifs  von  dem  Loknl,  und  endlich,  wovon  aus- 
gegangen wurde,  seine  Gewii'sheit,  dafs  die  Jünger  einem 
Wässerträger  aus  |enem  Hause  begegnen  würden.  '  Den  Dm- 
scbweif  dieser  Bezeichnung  des  Hauses ,  der  durch  einfa- 
che Nennung  des  Namens  vom  Eigenfhiiinor  zu  vermelden 
war,  soll  Jesus  gemacht  haben,  um  das  Lokal  des  abzu- 
haltenden Muhles  nicht  vor  der  Zeit  dem  Verräther  bekannt 
werden  zu  lassen ,  der  sonst  vielleicht  adMin  dort  ihn  euf 
störeiulc  Weise  überfallen  haben  würde 

3)  so  GAau»,  a.  a.  O.  ^  ilbolich  PAViut,.  es.  Handb.  5,  h,  S.  481. 


Digitized  by  Google 


Zweicei  KnpiteL  {.11«.  999 

AYfetfi  itleseri  ßltiilrack  mneht  itte  ertin^lisrlie  ErsUfi- 

liing  fliji'ciiaiis  nicht.    Von  einer  Vernbreching,  vorgängigea 
Bestellungy  hat  sie  nichts;  vielmehr  scheint  eins  f^^oy  ]tcr,j9^ 
iig  fjfifrxf'V  avtoig  bei  Markus  und  Lukas  darauf  hinwei- 
sen iBf  sollen,*  dnfs  Jesns  Alles,  wie  es  sieb  spffter  wirk- 
lich fand,  voranszusagen  im  Stande  war;  eine  furchtsame 
Vorsicht  ist  nirgends  angedeutet,  vielmehr  weist  Alles  auf 
eine  wundersame  Voraussicht  hin.    Ntther  ist  hier,  wie 
oben  l>ei  der  Bestellung  des  Reitthieres*  com  £SnzDg  in 
Jerusalem,   das  zwiefache  Wunder  vorhanden,  dafs  ei- 
nerseits fiUr  Jesu  Bedürfnisse  Alles  bereit  ist^  und  der 
Gewalt  seines  Namens  Niemand  su  wiederstehen  vermag;^ 
nndrerselts  aber  Jesus  in  entfernte  Vei* hültnisse .  einen 
Bück  EU  werfen ,   und  das  Zufälligste  vorherxusagen  im 
Stande  ist  '^).    £s  mufs  befremden,  dafs  diese  so  unab- 
weisbar sieb  darbietende  supranaturalistiscbe  AnfiPassnng 
des  vorliegenden  Berichts  dlefsmal  selbst  Olshavsbn  isn 
umgehen  sucht,  mit  Gründen,  durch  welche  die  meisten 
Wandergescbichten  umsustorsen  wären,  und  welche  man 
aonst  nur  von  Rationalisten  su  hören  gewohnt  ist.  Dem 
unparteiischen  Ausleger,  sagt  er^),  gebe  die  ErKühlting 
nicht  das  Geringste  an  die  Hand,   das  die  uuncierhafte 
Auffassung  rechtfertigte  —  man  glaubt  sich  bereits  in  I^au* 
LOS  Commentar  versest;  wollten  die  Referenten  ein  Wun- 
der ereXhlen,  so  bitten  sie  ausdrücklich  bemerken  mfissen, 
es  habe  keine  Verabredung  stattgefunden  —  ganz  das  ra- 
tionalistische Begehren,  wenn  eine  Heilung  als  wunderba* 
re  anerkannt  werden  solite,  so  müfste  die  Anwendung  na- 

4)  Riektig,  nur  mit  xu  tpecieller  Besiebung  auf  das  Jesu  beror« 
•lebeade  Leiden,  gicbt  Bisa,  zu  Matth.  26y  18.>  ab  Zweck 

dieser  Vorhcrbeieichnung  an,  ut  magis  ac  magis  intelligc- 
rent  discipuli,  nihil  temerc  in  urbo  nin^istro  ov«'nturuni,  sed 
quac  ad  minutissimas  usque  circumstaulias  puaitus  |)erspücta 
habert't.  j  ^ 

5)  b.  Comm.  2,  S.  S85  f. 


• 


Digitized  by  Google 


4M  Dritter  Absclinitt. 

tttrlicher  Mfttel  ausdrücklich  gelcngnet  sein :  Auch  ein  Zweck 
dieses  Wunden  sei  nicftil  einsusehen,  insbesondere  eine 
Glaubensttlirkung  der  Jünger  sei  damals  nieht  nüthig,  und 
imch  den  früheren  erhabeneren  Wundem  durch  dieses  we- 
niger bedeutende  nicht  zu  erreichen  gewesen  ~  (irütide, 
dureli  welche  ebenso  namentlich  auch  die  gsne  ähnliche 
Sraihlung  von  der  Vorkerbeselchnnng  des  Esels  bei*m  Ein« 
7.ug,  welche  docli  Olshausen  als  wunderbar  festhfilt,  nns 
dem  Kreise  des  Übernatürlichen  ausgeschlossen  werden 
würde. 

Eben  dieser  früheren  ErcXhlung 'nun  aber  ist  die  ge- 
genwärtige so  auffallend  analog,  dafs  über  die  historische 
Realität  der  einen  nicht  anders  als  über  die  der  nndern  geiir- 
thelit  werden  kann,   flier  wie  dort  hat  Jesus  ein  ßedürfnirs^ 
für  dessen  schleunige  Befriedigung  von  Gott  so  gesorgt 
ist,  dafs  Jesus  die  Art  dieser  Befriedigung  aufs  Genauste 
Torherweifs:  hier  bedarf  er  einen  Speisesaal,  wie  durt  ein 
Reittbier^  hier  wie  dort  sendet  er  ewei  Jünger  aus^  um 
die  Bestellung  bq  machen;  hier  giebt  er  ihnen  einen  lie* 
gegnenden  WassertrSger  als  Kennsetehen  für  das  Haus 
an^  wie  dort  der  angebundene  Esel   das  Zeichen  war; 
hier  wie  dort  weist  er  die  Jünger  an,  dem  Eigenthümer 
nnr  ihn,  hier  als  didamaXos »       ^ort  als  xvQtogt  cn  nen- 
nen, um  sogleich  die  unweigerliche  GewXhrung  seines  Ver« 
iangens  auszuwirken ;  beidemale  entspricht  der  Erfulg  sei- 
ner Voraussage  genau.    Auch  bei  dieser  Erzählung,  wie 
bei  der  früheren ,  fehlt  der  hinreichende  Zweck,  weichem 
nlieb  ^n  solches  melufaches  Wunder  künnte  veranstaltet 
worden  sein ;    wogegen  der  Grund  ebenso  leicht  wie  bei 
jener  in  die  Augen  fällt,  vermöge  dessen  sich  in  der  ur- 
diristüchen  Sage  die  Wunderersfihlung  ausgebildet  ha- 
be»  mag. 

W^as  schliefälich  das  Verhältnifs  der  Evangelien  in 
dieser  Erzählung  betrifft,  so  wird  gewöhnlich  die  des  Mat» 
lilius  tief  unter  die  derswei  andern  Synoptiker  gesest,  und 


üiyiiized  by  Google 


I 


I 


Zn^eitei  «kupIt^L.  &.  116.  Mi 

als  die  spätere  and  abgeleitet«  bfl^achtet  ^').  Vor  AUeni  toU . 

Unttiiml  mit  den  WaMerftrfiger,  welehen  Jen«  beiden 
geben,  dem 'arsprünglichen  Faktura  angehören,  In  dei*  Sage 
aber,  bis  sie  an  Matthfius  kam,  verloren  gegangen,  und 
nun  daa  rftthselhafte  vndysre  n^s  deivcr  nn  seine  Stei«. 
Je  geseat  worden  eeln*  AUein,  wie  mrfr  ifefnhdea  liaben^. 
iet  der  diim  vielmehr  anverAlnglich ,  dei*  •  Waeserlräger 
aber  im  höchsten  Grade  räthselha ft  Noch  weniger  lüfaC 
sich  darin ,  dafs  Matthüas  die  abgesohickten  Jttiiger  niolift 
wie  Lukas  als  den  Petms  vnd  Johannes  •henelehnety  eina 
SSpnr  finden,  daft  die  £rsihlang  des  dritten  fivangelloms 
die  ursprünglichere  sei.  Denn  wenn  Schleiermacher  sagt, 
dieser  Zug  habe  wohl  im  Hindurchgehen  dnrch  mehrere 
Uftnde  Torloren  geben^  nicht  leicht  aber  dnreh  eine  spStero 
Band  liinsttkommen  können,  so  ist  die  lestere  Behauptung 
ohne  Grund.  80  unwahrscheinlich  cä  ist,  dafs  zu  einer 
so  rein  ökonomischen  Bestellung  Jesus  gerade  die  beiden  er^ 
4ten  Apostel  yerwendet  haben,  sollte^  so  leicht  Ififst  sich 
«lenken,  dais  nnerst  unbestimmt,  wie  wir  bei  Matthäus 
lesen,  eine  Sendung  der  oder  einiger  Jünger  erenhit  wur- 
de, deren  Zahl  hierauf,  vielleicht  aus  der  £rzlihiung  von 
der  Sendung  nach  dem.  £sel,  auf  swei  festgeseat^  und  di^ 
se  Stellen  endUcb,  da  es  yon  fiknpt  Aaswahl  .jbq  einem  Ge- 
schäft von  späterhin  holier  Bedeutung  der  Bereitung  des 
legten  Mahles  Jesu  —  sich  hudelte,  durch  die  beiden  ersten 
Apostel  aniigefilllt  wurden.  So  dafs  hier  selbst  Markus 
•ich  der  arsprfingÜchen  Wahrheit  wieder  mehr  genJibert 
BD  haben  scheint,  indem  er  die  yon  Lukas  nn  die  Hand 
gegebenen  Namen  der  beiden  Jünger  in  seine  Erzählung 
nicht  mtfflahmt 


6)  Schulz,  iihcr  d«$  AlNmdmshli  S«  i2%9  SfiKimninas»  y.übcr 
den  X«iüuit,  8«  180« 

7)  8.THSILB,  Uber  die  leite  BisblseilJesU)  in  Wnia^s  und  Eacsb- 
■Aaw't  neuem  krit.  Jonnud,  2,  8.  169«  Aam. 

Dai  Lthßn  Juu  II,  Band.  26 


Digitized  by  Google 


40i  DriiteV  A Im« Ii  n i f • 

f.  117. 

Aburticheade  Angaben  über  die  Zeit  dct  lestea  Mablci  Jepo. 

» 

Meldet  der  vierte  Evangelist  von  der  bisher  bespro* 
cHenen  Bestellung  der  Pascharnnhlreit  nichts,  so  weicht 
er  tMk  In  B«feag  iwf  das  JUalii  selbst  «ufflilleiKi  von  den 
ttbrigen  ab«  Abgecehen  nloilieb  von  der  dorchgehenden 
Differenz  im  Inhalt  der  Scene,  von  welcher  erst  spiiter 
die  Rede  werden  kann,  scheint  er,  was  die  Zeit  de«  Mah- 
le« bekriffity  et  . mit  eben  der  Beatimaitheit  als  eine  vor  dem 
Paadia  gehaltene^  Mahkeit  so  geben ,  wie  die  Syno|)tiker 
als  das  Paschamahi  selbst. 

Wenn  diesen  sufolge  der  Tag ,  an  welobea  die  JOa» 
ger  von  Jesu  nur  Bestello ng  des  Mahles  angewiesen  wor- 
den ,  bereits  ^  notoif^  twv  d^vfKov  war,  iv  rj  idei  ^ttui/uL 
fo  Tidaxa  (Matth.  26^  17*  parail.) :  so  kann  das  darauf 
gefolgte  Mahl  liein  tl^deres  als  eben  das  Pasehamalil  ge» 
wesen  sein;  wenn  leriior  die  Jünger  Jesom  fragen:  nn 
^iXtig  itoi^idow^ilv  ooi  (paytlv  zo  nuaya  (ebendas.);  wenn 
OS  hierauf  von  denselben  heifst:  r^ioifAaacev  to  nuaxa 
(Matth.  V*  19«  parail.)}  und  sofort  fon  Jesa:  i^ag  ytvofii* 
t-r^g  ivixuvo  ftita  %Ch  deSdsira  (V.  SO.)  9  so  vrire  das  Mahl, 
KU  welchem  man  «ich  hier  niederliefs,  schon  iiberflnssig  als 
das  Paschamahi  beseichnet,  wenn  auch  nicht  Lukas  {ß.*!^ 
Ift.)  Jesom  dasselbe  mit  den  Worten  eröffnen  iiefse :  inüh)^ 
fu<f  mt^vfir^aa  tato  %onaaya  qaytiv  ^ttSf  vftw»  —  Wenn 
,  dagegen  das  vierte  Evangelium  seine  £r£ühlung  von  dem 
lezten  Mahle  mit  der  Zeitbestimmung:  nQO  dt  %T-g  iof^t^g 
tö  naax€tf  eröffnet  Cl^l^  I«)»  so  seheint  das  tünvwi  dessen 
es  unmittelbar  darauf  (V«  S.)  gedenltt ,  eiienlSilis  noeh  vor 
das  Paschafest  r.u  fallen,  eumal  in  der  ganzen  juhannei- 
sehen  Schilderung  dieses  Abends,  welche  namentlich  iii 
Beeng  auf  die  an  das  Mahl  sich  iinfipfenden  Reden  höchst 
ansfahrüeh  ist,  jede  Erwihnnng  und  sellist  jede  Anspie- 
lung darauf,  dais  hier  das  Paschamahi  gefeiert  werde  j 


Digitized  by  Google 


Zweitea  Knpilei  {.  117. 


40S 


fehlt.   Wenn  ferner  die  Auffordern  ng  Jein  jin  den  Verrll* 

ther  nach  dem  Essen,  was  er  tluie,  sciniell  zu  timn  ,  von 
den  Jüngern  daliin  miföverstanden  wird,  on  llyu  uvki»* 
ayoQaüöVf  tav  XQ^lccp  t'xoft^v  elg  ti^v  toQi^v  (V«  29») :  so  be* 
sogen  sich  die  FestbedttrfnUse  doch  haupfcsficlillch  auf  dae 
Pascinimnlii,  und  kann  folglich  die  so  eben  vollendete  Mahl- 
iseit  nicht  wohl  schon  das  Paschamahl  gewesen  sein*  Wenn 
OS  dann  (I89  28.)  i^eiter  heilst,  am  folgenden  Morgen  seien 
die  Juden  nicht  in  das  heidnische  Prfitorlum  gegangen , 
/V«  117]  i.iLav'Jv)OLV  ^  u)X  %va  (fuytf)üL  16  tcu  j/cc:  so  scheint 
auch  hienach  die  Paschamahlzeit  noch  bevorgestanden  eu 
haben«  Daso  komniti  dafs  09|  140  ®hen  dieser  folgende 
Tag,  an  irelehem  Jesus  gekreoEigel  wurde,  als  naqaaxevi^ 
%ij  siuOj^u  bezeichnet  wird,  d.  h.  als  derjenige  Tag,  an  des- 
-$en  Abend  erst  das  Paschalamm  verzehrt  werden  sollte: 
aucti,  wenn  von  dem  «weiten  Tag  nach  Jener  MahlseiC,  wei- 
chen Jesus  im  Grabe  subrachte ,  gesagt  wird :  t-v  yuit  fiB- 
yulr^  f)  rjteQa  ix(ln!  tu  aaßßdnt  (10,  31.)  J  so  scheint  die- 
se besondere  Feierlichkeit  eben  daher  gerührt  zu  haben  ^ 
dafs  auf  Jenen  Sabbat  der  erste  Paschatag  fiel,  also  das 
Osterlamm  nicht  schon  am  Abend  der  Gefangennehmung 
Jesu  gefeiert  worden  war,  sondern  erst  am  Abend  seines 
JBegrffbnisses  gehalten  wurde. 

Diese  Abweichungen  sind  so  bedeutend ,  da(s  manche 
Aasleger,  um  dif  £Tangelisten  nicht  in . Widerspruch  mit* 
einander  kommen  eu  lassen,  auch  hier  die  alte  probate 
Auskunft  angewendet  haben,  sie  reden  gar  nicht  von  der- 
selben Sache,  Johannes  meine  eine  gans  andre  Afahl«eit 
als  die  SynoptilLer«  Das  Johanneische  ditavov  i%t  hienach 
ein  gewöhnliches  Abendessen ,  ohne  Zweifel  in  Bethanien ; 
Lei  diesem  nahm  Jesus  die  Fufswaschung  vor,  sprach  vom 
Yerr&ther,  und  fügte,  nachdem  dieser  die  Gesellschaft  ver- 
•  lassen ,  noch  andere  Reden  tröstenden  und  ermahnenden 
Inhalts  hinsn,  bis  er  endlieh  am  Morgen  des  14ten  Nisan 
durch  die  Worte:  iy€lQ€a%^€f  ayu)iitv  twevd'ev  (14,  Zh),  die 

au  ♦  * 


üiyitized  by  Google 


104 


Dritter  Abschnitt 


JOnger  eam  Anfbruch  von  Bethanien  nnd  cum  Gung  nneh 
Jernsüle»  ermahnte.  Hier  fallen  nnn  die  SynppUlter  ein^ 
indem  sie  ihn  auf  dem  Wege  nach  Jerusalem  die  swei 
Jttnger  zur  Bestellung  des  Mahls  aussenden  lassen^  hierauf 
dai  Paachamahi  einfügen,  von  welchem  Johannes  schweigt, 
und  seinerseits  erst  wieder  mit  den  nach  dem  Paschamahi 
gehaltenen  Reden  (15,  Iff.)  eingreift  •)•    Diesem  Versuch 
gegenüber I  durch  Beziehung  der  beiderseitigen  Erzählun- 
gen anf  gane  verschiedene  Vorfälle  den  Widerspruch  stt 
vermeiden,  liehrt  sich  nnn  aber  die  in  mehreren  Zügen 
unverkennbare  IdentitKt  beider  Mahleeiten  heraus.  Ahsfe« 
sehen  nümlich  von  einzelnen  Stücken,  die  sich  gleicherwei- 
se in  beiden  Relationen  finden,  uill  otfenbar  Johannes  wie 
die  SynoptÜLer  das  leste  Mahl  schildern,  welches  Jesu« 
mit  seinen  8ehfllem  gehalten  hat.  Darauf  deutet  schon  die 
iüinleitung  der  johanneischen  Erzählung  hin :  denn  der  Be- 
weis, der  ihr  zufolge  hier  gegeben  werden  soll ,  wie  Je- 
sus die  ISeinigen  €lg  rikos  geliebt  habe ,  iiefs  sich  am  paa* 
aendsten  aus  seinem  leaten  geselligen  Zusammensein  mit 
denselben  entnehmen.    Ebenso  weisen  die  nach  dem  Mahle 
geführten  Reden  anf  unmittelbar  bevorstehenden  Abschied 
liin,  nnd  an  die  Mahlseit  nnd  die  Reden  achliefst  sieb  auch 
bei  Johannes  unmittelbar  der  Hingang  nach  Gethsemane 
und  die  Gcfangennehniung  Jesu  an.    Freilich  sollen  dieser 
Ansicht  zufolge  die  zuleat  genannten  Vorgänge  nur  an  die- 
jenigen Gespriche  sich  nnmittellMir  anlinttpfen,  weiche  bei 
dem  spüteren,  von  Johannes  Übergangenen,  Mahle  gefBhrt 
.  worden  sind  (Kap.  15 — 17.):  allein,  rlafs  zwischen  14.  31. 
und  li^,  1.  der  Verfasser  des  vierten  Evangeliums  auf  be- 
wulste  Weise  das  ganse  Paschamahl  ausgelassen  habe, 
diefa,  obwohl  es  das  wunderliche  iyfiQBade^  äyioftep  ip^ 
lav^cv  nicht  übel  zu  erkl&ren  scheinen  könnte,  wird  wohl 


1)  So  iMRfooT,  horse,  p.  ttass,  Gesdddite  Jesu,  3,  8. 

27Sff.,  auch  Vbmt0mni,  3,  8.  6S4ft 


Pini'izod  by  Gü 


t 


Z weile«  KaplleL      117.  4t5 

Mleaand  mehr  im  Ernst  heheepten  wollen«  Ooeb,  diefe 
aoeh  cugegeben,  eo  sagt  Ja  schon  13|  3d*  Jesus  dem  Petras 
•eine  Verleognnng  mit  der  Zeitbestimmung;  e  fn;  üUxrotQ 

fptovijarp  voraus,  wie  er  nur  bei  der  lösten  Malilxeit  spreolieii 
konnte I  nnd  nicht |  wie  hier  yomusgesest  wird,  bei  einer 
firttberen 

Dieser  Ausweg  also  mu6  ?erlassen  ,  nnd  Eugestan-  ^ 

den  werden,  dafs  sümmtliclie  Evangelisten  von  der  gleichen 
Mahlxeity  der  ieeten,  welche  Jesus  mit  seinen  JUngem  iiieit^ 
reden  woHem  Und  hiebet  schien  die  BiÜigfcelty  die  man 
Jedem  Autor  schuldig  ist,  and  besonders  den  bibllseheu 
schuldig  zu  sein  glaubte,  den  Versuch  zu  erfordern,  ob 
nicht,  ungeachtet  sie  Einen  npd  denselben  Vorgang  in  meh- 
reren Besiebnngen  Husserst  abweichend  darateiien^  dennoch 
beide  Theile  recht  haben  könnten.  Es  roOfste  sieh  alsO| 
was  die  Zeit  betrifft,  zeigen  lassen,  entweder ,  dafs  auch 
die  drei  ersten  Evangelisten  wie  der  vierte  nicht  ein  Pa« 
acliamaliiy  oder^  dais  auch  dieser  wie  Jene  ein  soiches  ge- 
ben woUob  Ein  altes  Fragment  liat  die  Aufgabe  auf 
flem  ersteren  Wege  zu  lü^en  versocht.  Indem  es  leugnet, 
dais  Matthäus  das  lezte  Mahl  Jesu  auf  den  Abend  des 
14ten  Nisan,  als  die  eigentiiche  Zeit  fttr  das  Paschamalily  « 
und  sein  Leiden  auf  den  iSten  Misan  ^  als  den  ersten  Tag 
des  Pascliafestes,  setze;  allein  es  Ist  nicht  abzusehen,  wie 
die  aasdrücklichen  Hinweisungen  auf  das  Pascha  in  den 
Synoptikern  lieseitigt  werden  seilen*  Weit  aügemelner  ist 
daher  in  neuern  Zeiten  der  Versuch  gemacht  werden^  den 
Johannes  auf  die  Seite  der  übrigen  herüberzuziehen 
Sein  ftQOtflg  tOQxrjg  iü  naa^a  (13,  1.)  glaubte  man  durch 
die  Beobachtung  beseitigen  sa  können,  wie  Ja  an  diese 

• 

~~  "  t 

2>  Eiae  UDgeaügsnde  Aatkuaft  giebt  Lisirvoot,  p.  482  f. 

3)  Frsgnu  es  Ciaudü  ApoUinarit  libro  de  Psscbatc»  ia  Chroa. 
Fasebai.  ed.  du  Fretne.  Paris  1688.  ^.  6  L  praef. 

4)  s«  asmcatUch  Tmolvck  und  Ulsmausk»,  s.  d.  Absclu 


Digitized  by  Google 


40« 


Worte  nicht  anmlttelbfir  da«  ^fTTtvnv^  sondern  nur  dicT  Be- 
merk ntig  sich  aiisolilielse 9  daf«  Jesus  gewufst  habe,  nun 
•ei  seine  Stande,  irekoninien ,  nnd  dafs  er  die  Seini|(en  bis 
sn's  Knde  celiebt  habe;   erst  in  folgenden  Vers  sei  dann 

vom  l\fali(e  die  Rede,  auf  welches  also  jene  Zeitbestimmun|( 
sich  nicht  besiehe.  Worauf  soll  sie  sich  dann  aber  besie- 
hen?  auf  das  Wissen,  dafs  seine  Stunde  ufekomnien  sei? 
dlefs  ist  nur  eine  NebenbemerlcanjBf ;  oder  auf  die  bis  com 
KiiHe  bewahrte  Liebe?  zn  dieser  aber  kann  eine  so  spe- 
cieile  Zeitbestimmung;  nur  dann  gehören,  wenn  sie  als  ein 
Ausserep  Liebesbewefs  geneint  ist,  und  als  solcher  berhX- 
tlgte  sie  sieh  eben  bei  Jenem  Mabfe,  welches  also  immer 
der  Punkt  bleibt,  der  durch  jene  Tao^sbestimmung  fixirt 
werden  soll«  D.'<her  vermuthet  man  ferner,  das  non  rrc 
togtrit:  sei  ans  Anbequem ung  an  die  Griechen  geredet,  für 
welohe  Johannes  pesehrieben  habe:  weil  diese  den  Tai|r 
nicht  wie  die  Juden  mit  dem  Abend  be^^annen:  so  sei  ih- 
nen das  am  Anfang  des  ersten  Pasehata^s  gf^haltene  Mabi 
als  eine  Mahlzeit  am  Vorabend  des  Pascha  erschienen. 
Allein  welcher  verstilndlge  Sohriftsteller,  wenn  er  einen 
mA^^Iiehen  Mifsverstand  des  l-jesers  vermuthet,  schreibt 
dann  lieber  i(!eicl»  so,  wie  der  Leser  ihn  mifsverstehen 
wird?  — •  Schwieriger  nech  ist  18,  28,  wo  die  Jbden  am 
Moriien  naoh  Jesu  Gefangennehmung  das  PrXtorium  nicht 
betreten,  um  sioh  ntoht  zn  verunreiniofen,  aXJC  ha  q^ayroat 
rn  ndtjxct*  Doch  o^laubte  man  nach  Stellen,  wie  5  Mos, 
lA,  1.  2.,  wo  sftin  ntilche  In  der  Pasohaseit  en  schiachten« 
de  Opfer  dnroh  den  Ausdrudi  noD  betelobnet  sind,  to 
fdaxct  hier  von  den  dbrlgen  w/ihrend  der  Paschawoche 
daraubrlo Brenden  Opfern,  namentlich  von  der  gegen  Ende 
des  ersten  Pesttags  an  rensehrenden  Chaglga,  rerstehen 
an  dOrlbn,  Allein  schon  MosHEinr  hatte  richtfgr  bemerkt, 
daraus,  daf*  biiiwellen  das  rasrlialamm  einschliefülich  der 
übrigen  In  der  Paschaxeit  eu  bringenden  Ofifer  durch  nci^ 

ax«  beifteiohuet  werde  |  folge  keineswegs ,  iiab  auoh  diese 


lyitized  by  Google 


» 


Zweii9«  K«|i&cel.  y  117.  49? 

flhr^ieii  Opfer  mäx  AuMeUitls  de«  PAfelmijiniii»  fo  genanal 
werden  ktfiinen       Dagegen  eochteii  iionni«hr  die  Freun- 
de Jener  Ansicht  zu  ilii'er  Deutung  der  juhanneischen  No* 
tue  durch  die  Bemerkung  eu  nüthigen ,  dafs  an  der  Pa« 
aehemiihiseit,  die  in  den  Spätabends  aleo  eehou  in  den 
Anfang  dee  folgenden  Tages  fiel,  dag  Betreten  eine«  heid- 
jiischen  Hauses  am  Murgen ,  als  eine  nur  den  lanfendeii 
Tag  hindurch  dauernde  Verunreinigung,  nlcltt  veriündert 
.  habea  wJNrde:  wohl  aber  am  Gefiuate  der  Chagiga,  welche 
am  Naehmittsig,  also,  noch  au  demaelben  Tag  mit  der  am 
J^lurgen  zngexugciieii  Veruni*eiiiigung,  gegessen  wurde ,  so 
dnfs  also  nur  diese^  nicht  jene  gemeint  sein  könne.  AUriu 
theila  wiasen  wir  nieht^  yb  der  Eintritt  in  ein  heidnisches 
Haue  nnr  forden  Tag  veronreinigte,  theils  waren,  wenn 
aich  diefs  auch  so  verhielt ,  die  Jufleii  durch  eine  Terun- 
reiiiigung  a<n  Moi;gen  doch  an  der  Selhstrornahme  der  Tor- 
bereilenflen  Uetchüfte^  die  in  den  üaehmlttag  dea  I4fen 
.Viaau  fielen ,  wie  an  Sehiaehten  der  Lünm^r  im  Tempel<« 
Vorhof,  verhindert.  —  Um  endlich  auch  die  Stelle  19,  14.  in 
Jliffjem  S^n  JUi  deuten^  nehmea  die  Harmonisten  auqaaxhVii 
«ü  ffoaga  von  dem  Rtttttag  aiif  den  Sabbat  in  der  Oater> 
woehe,  eine  Gewaltsamkeit^  welche  wenigstens  In  19,  31, 
iio  die  7i(/(>ceax€t7^  "1^  Rüsttag  auf  den  Sabbat  bezeichnet 
Ist,  keine  Hülfe  findet ^  weit  hieraus  nur  erhellt ^  dafs  der 
Evangelist  die  Vorstellung  hat^  der  erste  ißascl^tag  sei  da- 
nab  auf  den  Sabbat  gefallen^). 

Im  Geftthi  der  Unmöglichkeit,  die  Vereinigung  der  Syn- 
optiker mit  Johannes  In«  dieser  einfachen  Weise  so  Stan» 

de  SU  bringen    liaben  andere  Ausleger  eine  complicirtere 


5)  Diss.  de  Tera  netlsae  ceeaae  Doariniy  su  .Oovwoatn«  syst, 
iatell.  p.  SS*  not.  1... 

6^  Dicie  Gef^cnbemerKungcn  s.  hcsonc!«  rs  bri  Lvcke  z.  d.  Abscb. 
und  bei  SuurtaaT^  über  den  Urtpr.  S.  127  .if*  ^ 


üiyiiized  by  Google 


408  '    Dritlar  Abtebhitt 

Auskunft'  ergi^W. '  iiier  SebäiiV  «i«  ^  ifc  R^wgultttoi 

das  IcEte  Mahl  Jesu  auf  verschiedene  Tage  verlebten,  soll 
i$nn  seine  Wahrheit  baben ,  dafs  wirklich  damals  entwe- 
IUbt  die  Juden  oder  Jesus  das  Paecbamabl  auf  eineii  andern 
Tag  verlegt  batten«  Die  Joden  y  sagen  die  einen ,  um  der 
Unbei^uemlichkeit  auszuweichen,  welche  darin  lag,  dafs  in 
Jenem  Jahre  der  erste  Pascliatag  auf  den  Freitag  ^el,  also 
«wei  Tage  binteretnander  als  Sabbate  bätten  gmUiH  wdp- 
den  müssen,  haben  das  PascharaabI  anf  den  frMl^^  Abend 
verlegt,  wefswegen  sie  am  Tag  der  Kreuzigung  sich  noch 
vor  Verunreinigung  in  Aciit  zu  nehmen  hatten;  Jesus  aber^ 
streng  am  Gesetse  haltend,  habe  es  aar  gehörigen  Zelt|  am 
Donnerstag  Abend ,  gefeiert ,  so'  dafe  sowohl  die  Synoptl» 
ker  recht  haben,  wenn  sie  das  lezte  Mahl  Jesu  als  ein 
wirkliches  Paschaessen  beschreiben ,  als  auch  Johanner^ 
ivieiiii  er  die  Jaden  erst  Tags  darauf  dem  Osterkmm  ent->* 
gegenseben  'lasse  IhdeA  Mtth  In  dteseili  Fall  Marlms 
mit  seiner  Angabe,  dafs  an  dem  Tag,  ort  t6  nuaxce  id-vor 
(V.  12.)^  auch  Jesus  es  habe  zurichten  lassen^  doch  nicht 
recht;  was  aber  die  Hauptsache  ls6|  so  gleiig  es  swar Üa 
gewissen  PkUen  an,  das  Paseba  dnen  Monat  Ritter,  dasm 
aber  auch  am  löten  desselben,  zu  feiern,  von  einer  Verle- 
gung auf  einen  späteren  Tag  desselben  Monats  hingegen 
flndel  sich  nirgends  eine  Spar«  ^  Lieber  wandte  man  sieb 
daher  auf  idle  andre  Seite,  und  nahm  an,  Jesos  habe  das 
Pascha  auf  einen  früheren  Tag  verlegt.  Aus  rein  persOn* 
Hohem  Bedttrfnifsy  meinten  Einige,  in  der  Voraussicht, 
dafs  er  am  die  eigentUohe  Zeit  des  Paschamahla  schon  im 
Qrab«  mben  werde,  odsr.  doeb  seines  Lebens  bis  dalila 
nicht  mehr  sieher  sei,  habe  er  in  fthnlloher  Weise,  wie 
von  jeher  diejenigen  Juden,  welche  an  der  Festreise  ge- 
blodert waren,  und  wie  die  jetzigen  Juden  alle,  ohne  ein 
geopfertes  LsbuBi  mit  blofsen  Somgaten  desselboo,  ein 

7)  CäLwtM  tu  Matth«  26,  17« 


Zweit««  KapileL  f.  UT.  M» 


Jesus  nicht,  wie  Lukas  sa^t,  das  Pascha  an  dem  Tag,  iy  ^ 
tdu  d^vtad^viL  TO  Tidoxcc,  auch  gefeiert,  dann  aber  hält,  wer 
die  blote  GedäelitnIMriefi  bcgslit,  nit  Aofgebmif  der  Ükt 
dM  P«geiui  beitimtttMl  ÖrtBciifcrft  (JeniMlem)  doeh 
Zeit  desselben  (Abend  vom  14ten  auf  den  loten  Nisan) 
unverbrüchlich  fest:  wogegen  Jesus  dasselbe  gerade  umge* 
lielirt,  mwmt     den  gewöhaUche«  Ori,  aber  iingewdhn» 
ttefae^  Zeit,  geftiert  Imham  mttfiite)  was  etme  Beispiel  ist. 
Gegen  diesen  Vorwurf  des  Unerhörten  und  Eigenmfichtigen 
hat  man  die  von  Jesu  angeblich  vorgenommene  Verl^guütg 
dadareh  sa  eehfltsen  geMiehli  da6  laaa  ihn  mit  einer  gan» 
son  Fartet  seiner  ¥olitsgeiiossea  das  Paseha  IrOiier  als  dl« 
Obrigen  feiern  liefs.    Wie  nlimlich  von  der  jüdischen  Par* 
tei  der  Karäer  oder  Scriptorarier  bekannt  ist,  da(s  sie  von 
den  Rabbanilen  oder  Traditionariem  namentUeh  aneh  in 
der  Sesümasang  des  MeoaMnda  abweleiieny  Indem  sie  be- 
liatf)iten,  die  Art  der  iesteren,  den  Neumond  nach  dem 
astronomischen  Caicul  festausetzen,  sei  eine  ^Neuerung,  wo- 
gegen sie 9  der  alten,  gesezliohen  Sitte  getreu,  denselben 
nach  der  eiapirisohen  fieebaohtung  der  Phase  das  Nenlichts 
bestimmen:  so  sollen  sehen  an  Jesu  Zeit  die  Saddueler, 
von   welchen  die  Karäer  abstammen  sollen,   den  Neu- 
mond nnd  mit  ihm  das  Yen  deamelben  abhängige  Oster* 
fest  enders  ab  die  Pharisier  bestlsuit,  und  Jesn^.als  Gcf» 
ner  der  Tradition  nnd  Freund  der  Schrift,  sich  hierin  an 
sie  angeschlossen  haben        Allein  abgesehen  davon ,  dafs 
der  Zusammenhang  der  Karäer  mit  den  alten  SaddnoXern 
elne  blelse  VermutlMuig  Ist^  so*  Ist  es  Ja  eben  der  gegrOn- 
dete  Vevwnrf  der  Karier,  dafs  die  Bestimmung  des  Nen* 
monds  durch  den  Caicul  erst  nach  der  Zerstörung  des  Tem*  • 
peis  durch  die  B4»aier  angekommen  sei:  so  dals  also  sur 

S)  Grotiu«,  zu  Matth.  26,  18. 

9)  iasKj  Diis.  f  büoL  tbcol.  \  oi.  2,  p.  416  ff. 


Oigitized  by 


ftuMlen  haben  kann;  ohnehin  rmm  Pnsehnfest  faAet  ans  je- 
ner Zeit  aieh  keine  Spor^  dalli  es  von  Terschiedenen  Par- 
teicB  firadiiedenen  Tafsn  ggfahrt  worden  wfira 
AagesMMtt  Jedoch,  jeno  SMßutmk  im  dar  Bartiw««ng 
dea  Menmonds  habe  aebon  danuils  obgewaltol,  ao  würde  die 
Festsetzung  desselben  nach  der  Phase,  welcher  Jesus  ge- 
folgt sein  soll,  eher  ^  apiloi^  ala  aia  Mhere«  PaaeliR 
mr  Folge  gehabt  fanben;  weftwofn  doM  wirbiiah  BhdgB 
Tomintheten ,  Jeaot  Mge  sich  TiHnwhr  an  ^tm  aatiaiiaMj 
actien  Calcul  gehalten  haben  '*). 

Anaeer  dea,  waa  aich  anf  diaye  Weiaa  gegen  JedM 
nselnea  der  TermMhOf  dio  Angaben  dar  Krangelislcii  Aber 
die  Zeit  des  ieaten  Mahles  Jesu  gütlich  s«  rerelnigeji ,  sa- 
gen läfst,  entscheidet  gegen  alle  Eusammeu  ein  Umstand, 
'Welehen  erat  dio  nouaato  KritÜL  gohiiri^  herfognabobon  iiat* 
Ea  rerhült  lieb  nindieh  dieeeai  Wideratreifte  niobt  am, 
daft  nntar  grüfstentheils  harmonirenden  Stellen  nnr  atwm 
Eine  Äusserung  von  scheinbar  enIgegeiigeseEteni  Sinne  vor- 
kXaie,  wobei  man  dann  engen  könnte,  der  YerCuuer  iiabn 
eieh  hier  einee  vngennnan  Anadnieka  bedienty  der  ana  den 
Übrigen  Steüan  an  erklären  sei:  sondern  alle  Zeitbestiai* 
mungen  der  Synoptiker  sind  von  der  Art,  dafs  nach  ihnen 
Jesus  daa  wahre  Pasoba  noeb  nitgefiiiert  haben  «Oiste^ 
ülle  jobenneiaehen  dagegen  ao,  dafii  er  ee  niefaft  «itge- 
Mert  haben  kann  Da  aieh  auf  diese  Weise  nwei  un- 
ter sieh  differirende  Gesammtbeiten  evangelischer  Stellen 
gegenüberstehen,  die  aof  awei  verschiedene  Grundanaieb- 
len  der  Referenten  über  dio  Saebe  Jdnweiaen:  ao  kann  oe> 
wie  SlimtT  eehr  wahr  bemerkt,  nicht  mehr  nla  wiasen- 
achaftiiche  Auslegung,  sondern  nur  als  unwissen^ehaftliclio 


10)  s.  Paulus^  exc^.  Handbuch  3|       S.  iT. 

11)  Michaelis,  Aniu.  zti  .It>ii.  13. 

12)  SiassaaT,  a.  «.  (i.;  Hask,  L.  J.  ^.  124. 


üiyiiized  by  Google 


Zweites  Kapitel,   f,  117.    ^  <U 

Wfllkfihr  and  Eigensinn  betrachtet  Bierden,  Kenn  man  auf 
I*l!chtanerkennung  der  Differenz  swUchen  den  syii optischen 
£TAngelieii  und  dem  rlerten  bestehen  will« 

So  iiet  sieh  denn  dte^  neuere  Kritik  dasn  Terstehen  ailli^ 
•en,  auf  einer  oder  der  andern  Seite  einen  Irrthnin  ansa- 
jiehinen,  und  zwar  war  es,  ausser  den  gangbaren  Vorur- 
Iheilen  für  das  Johanneisehe  Evangelium,  ein  bedeutender 
timnd ,  welcher  »u  nSthigen  schieil ,  den  Irrthum  auf  dio 
Seite  der  Synoptiker  zu  verlegen.  Schon  jenes  alte,  an- 
gebiicK  ApollinarisQhe  Fragment  wendet  gegen  die  Mei- 
nung, dafs  Jesus  (i^i^-fl  ^ff^Q^  a^vftw  ina&8Vf  ein, 
dafs  sie  aaififfiavog  xiT»  se!,  und  so  ist  auch  neuerlich 
wieder  bemerkt  worden  ,  der  auf  das  lezte  Mahl  Jesu  fol- 
gende Tag  werde  von  allen  Seiten  so^  werktäglich  behan- 
delt, dafs  sich  nicht  denken  lasse,  er  sei  der  erste  Pa- 
tchatag,  und  folglich  das  Mahl  am  Abend  vorher  das  pa- 
schamahl gewesen.  Jesus  feire  ihn  nicht,  indem  er,  was 
in  der  Paschanacht  verboten  war,  sich  aus  der  Stadt  ent- 
ferne; seine  Freunde  nicht.  Indem  sie  seine  Bestattung 
noch  EU  besorgen  anfangen,  und  sie  nur  wegen  Anbruchs 
des  nffchsten  Tags,  des  Sabbats,  unvollendet  lassen;  noch 
weniger  die  Mitglieder  des  Synedriums,  indem  sie  nicht 
nur  ihre  Diener  aus  der  Stadt  cur  Verhaftung  Jesu  sen- 
den, sondern  auch  persönlich  Gefichfisitcung,  Verhök*,  Ur-> 
theÜ  und  Klage  bei  dem  Procurator  vornehmen ;  Oberhaupt 
zeige  sich  durchaus  nur  die  Furcht,  den  folgenden  Tag, 
der  am  Abend  nach  der  Kreusigung  anbrach ,  zu  entheili- 
gen, nirgends  eine  Sorge  für  den  laufenden:  liiuter  Zei- 
chen, dafs  die  synoptische  Darstellung  jenes  Mahls  als  ei- 
nes Pascha  ein  sp/iterer  Irrthum  sei,  da  in  der  übrigen 
firsShlung  dieser  Evangelisten  selbst  das  Richtige,  dafs  Je- 
•ue  den  Tag  vor  dem  Pascha  gekreusigt  worden^  noch  un- 
Terkennbar  durchschehie         Diese  BcmerluiageB  sind  nl- 


13)  TaiitE,  a«  a.  O.  157  ff. »  Sumar  und  LScas     a.  ü. 


üiyilizeQ 


41» 


kHiflfi  VW  Gewicht  Zvrar  4ie  ento  lOtante  md  dpnii 
dm  Widerttrelf  der  |idiielieii  BetdMsoiifeii  iber  jenen- 

Pankt  vielleicht  entkräften  *^);  der  lezten  und  stärksteit 
die  ThatMohe  entgegenhalten,  dafs  Verhdren  und  Richten 
•n  Sehbelea  und  Festen  bei  den  dnden  nicbt  nur  erleiibly 
MMideni  für  eelehe  Tage  wegen  dee  VeUuendninge  eelbet 
ein  gr^fseres  Gerichtslokai  vorhanden  gewesen  sei,  wie 
denn  auch  nach  dem  T*  selbst  die  Jaden  an  der  ^ftlQa 
ItMfah^  des  Lanbbttttenfests  Diener  ansseiiiekleny  na  Je* 
•nni  nn  greifen  (Job*  7,  44  f.)»  vnd  aoi  Feste  der  Teni- 
pelweihe  ihn  steinigen  wollten  («'oh.  10,  Sl.)?  Herodes  aber 
wübrend  der  ^fiinai  vtUv  a^vfiutv  den  Petrus  gefangen  se^ 
nen  lllst,  nnd  vielieielit  in  eiien  diesen  Tagen  JaiLobns  den 
Alteren  hatte  hinriehten  lassen  (A.  6.  IS,  S  f.)  '^).  Dals 
Jesu  Hinrichtung  am  Paschafest  hahe  vorgenommen  werden 
dürfen,  dafür  beruft  man  sieb  tbeils  darauf,  dafs  die  J^xe- 
«ntlon  dnreb  rdmisebe  Seidaten  geschehen  ^  abrigens  auch 
.  nach  jlidWeher  Sitte  Hblicb  gewesen  sei,  die  Binrtchtuiig 
bedeutender  Verbrecher  auf  eine  Festzeit  zu  verspanen,  uui 
durch  dieselbe  auf  eine  desto  gröfsere  Menge  Eindruck  ku 
machen  AUein  nur  se  tIcI  ist  erweisUci^  da(s  w&hread 
der  Festaek^  abe  bei'm  Pascha  an  den  fünf  adttlcffen,  we- 
niger feierliehen  Tagen,  Verbrecher  verurtheilt  ond  hinge- 
richtet werden  konnten,  nicht  aber,  dafs  diels  auch  ank 
ersten  nnd  .leaSNi  Paschatag^  weidie  Sabbatsrang  hatten , 


l4)  Fcfachid  A  65,  2,  bei  Li^arrooT,  p.  654:  Pascbatc  primo  te- 
nctar  qulcpfam  sd  pernoctationem.  Glösa. :  Faschatizans  ttne- 
tur  ad  pernociaadum  la  Hieroiolyma  nocte  prima.  Dagegen 
Tosspbotb  ad  IT.  Pssadkia  gl  la  Paschate  Aegyptiaco  dici- 
tur:  aenc  cxesC-*  Ctque  sd  mane«  Sed  sie  ooa  luit  in  se- 
queatibCi  gcaeratloalbtt^t  —  quibos  tonedebatur  id  uno  loco 
et  perasctabsiit  la  slle«  Vgl«  ScHaacmmoasBa,  Beitrüge,  S.  9. 

Ift)  Vmminsk,  8.  tu  f. 

16)  Tract.  Sanhcdr.  f.  89,  1.  bei  Scmöttckn,  1,  p.  224,  vgl.  Tai; 
iiVS^  a.  a.  U.  S.  492.  und  Tuoluck,  a.  a.  O. 


Digitized  by  Google 


Zweites  KapiteL  f.  117.  41S 

9 

miliMlf  gewesen  sef  );  wie  denn  eaeh  neeh  dem  Telnrad 
«letas  nm        D"U^  d.  h.  am  Vorabend  des  Pasehai  gekren* 

«igt  worden  ist  ' Ein  Anderes  würe  e«,  wenn,  wie  Dr» 
Baue  nachzuweisen  sucht ,  in  dem  Wesen  und  der  Beden* 
tnng  des  Pascha  als  eines  Sttbnfestes  die  Hinriehtang  ron 
Verbrechern,  als  blutige  Sflhne  für  das  Volk,  gelegen  hüt- 
te,  und  die  von  den  Evangelisten  angemerkte  Sitte,  anf 
das  Fest  einen  Gefangenen  loszulassen,  zu  der  tiinriehtnng 
eines  andern  nur  als  fÜe  Kehrseite  9  wie  die  beiden  Bteke 
vnd  Speriinge  Jlldiseher  Sühn-  und  fteinigungsopfer,  eich 
verhielte  ' 

Ijeieht  konnte  freilich  die  urchristliche  Tradition  auch 
nnf  uniiistorisehem  Wege  dasukomnien,  Jesn  Jestes  Mahl 
mit  dem  OsteHamm,  and  seinen  Todestag  mit  dem  Pasebn* 
fest  zu  combiniren.  Da  nämlich  sclion  in  der  apostolischen 
Zeit  der  Tod  Jesu  mit  der  Schlachtung  des  Paschalamras 
verglichen  wurde  (1*  ^or.  ft,  7«)  9  das  christliche  Abend* 
mahl  aber  von  selbst  an  die  Pasehamahlseit  erinnerte:  ao 
Jag  es  nahe  genug,  die  Hinrichtung  Jesu  anf  den  ersten 
Faschatag  zu  verlegen ,  und  seine  lezte  Mahlzeit,  bei  weU 
eher  er  das  Abendmahl  gestiftet  haben  sollte ,  als  daa  Pa« 
•ehamahl  sn  betrachtem  freilleh)  wenn  der  Verfasser  des 
ersten  Evangeliums  als  Apostel  und  Selhsttheilnehmer  an 
dem  lezten  Mahle  Jesu  vorausgesezt  wird,  bleibt  es  schwer 
Bu  erklären,  wie  er  au  einem  solchen  Irrtliam  konunen 
konnte«  Wenigstens  reicht  es  nicht  hin,  sich  mit  Thku 
darauf  au  berufen,  je  mehr  das  leete  mit  ihrem  Meister 
gehaltene  Mahl  den  Jüngern  über  alle  Paschamahle  gegan« 
gen  sei,  desto  weniger  sei  ihnen  auf  die  Zeit  desselben,  ob 
es  am  Pascbaabend  seibst,  oder  einen  Tag  frftber  gehalten 


17)  FainscKBy  an  Matth,  p.  7€Sf.  vgl.  755.  LOco,     8.  614. 

18)  Sanbedr.  f.  43,  ly  bei  ScMVmniy  3,  8.  700. 

19)  Uier  die  ortprilagllcbe  Bedeutnag  des  Fatsabfestas  n.  s.  w. 
Tttbiager  Mtsebrill  f.  TheoL  1832;  1|  8.  90ft 


üiyilizeQ  by 


414  Dritter  Absrhnitr^ 

worden  mry  «ageJuiminen  ^^).  Denn  der  erste  Evangelist 
liftt  liiere  nielrt  etwe  n«r  unJbettieinit,  sondern  er  epriciit 
MMdHIcklich  von  einem  Peeebanehl,  nnd  so  konnte  steh 

ein  wirklicher  Theilnehmer  desselben,  wenn  er  auch  noch 
•o  lange  Zeit  naeh  Jenem  Abend  gehrieb,  unmöglich  tüu- 
sehen.  Die  AvgenBeogensehaft  des  erfiten  'Evangelisten  .al- 
so wird  man  bei  dieser  Ansicht  aufgeben ,  nnd  Ihn  sammt 
den  beiden  mittleren  aus  der  Tradition  schöpfen  laFson 
»ttssen-').  Der  Anstods  daran,  dafs  sämmtiiche  Synopti- 
ker ,  also  alle  diejenigen ,  welehe  nns  die  volglire  Evange- 
iientradition  der  ersten  Zeit  anfhehalten  haben,  in  eineoi 
solchen  irrthum  iihereinstimmen  sollen  **)5  läfst  sich  viei- 
ieicbt  dui'ch  die  Bemerkung  aus  dem  Wege  räumen,  daf«, 
so  allgemein  In  den  Judenchristliehen  Gemeinden ,  in  wei- 
chen '  doeh  die  evangelische  Uberliefemng  sieh  nrspranglieh 
gebildet  hat,  das  jüdische  Pascha  noch  mitgefeiert  wurde, 
so  allgemein  sich  auch  der  Vcrsach  darbieten  mufste,  dem- 
seihen  durch  die  Besiehnng  anf  den  Tod  nnd  das  leste 
fUM  Jesn  eine  christliche  Bedeatnng  nn  geben. 

Ebensowohl  aber  liefse  sich,  die  Richtigkeit  der  syn- 
optischen Zeitbestimmang  vorausgesest ,  denken ,  wie  Jo- 
bnnnes  Irrig  danokommen  konnte,  den  Tod  Jesn  auf  den  ^ 
nachmittag  des  14ten  Nisan ,  nnd  seine  lesle  Mahtnelt  anf 
den  Abend  vorher  eu  verlegen.  Wenn  nämlich  dieser 
Evangelist  in  dem  Umstand,  dafs  dem  gekreuzigten  Chri- 
stas diie  Beine  nicht  serschiagen  wurden,  eine  Erfüllung 
des  dgSr  i  avriQtßijaewai  aw^  (2  Mos.  IS,  46.)  findet: 
so  konnte  ihn  die^e  Beziehung  des  Todes  Jesn  auf  das 
Osterlamm  zu  der  Vorstellung  veranlassen,  dafs  um  die- 
sslhe  Zeit,  in  welcher  die  Paschalanuner  gesolllachtet  wnr- 


30)  ■.  «.  O.        167  ff. 

31)  SumKTf  a.  s.  O.  S.  144  ff.  Lücxa,  S.  628  ff. 

22)  f^amscas,  in  Matth,  p.  768.  Msaa ,  Uber  dea  Ursprung  des 
.Bvang.  Matth,  in  der  Tilh.  Zeilschrift,  iMi  2,  S.  96. 


Digitized  by  Google 


Zw^Um  &«pit0j.  f.  lia  4101 

4Umj  am  Nacfimittiig  Jim  lUen  Nimb»  JaMiM  Kgewm 
irrlitteB  whI  den  Geist  niifgegebe»  Iwhe  3'),  «lio  die  mm 
Abend  vorher  gefeierte  Mahiceit  noch  nicht  das  Pascha* 
nalil  gewesen  sei  - 

Ist  auf  diese  Weite  eine  mdgliehe  Yeranlassnng  mum 
Irrthnm  aof  beiden  Seiten  vorhanden,  and  lindet  die  Inne» 
wm  Sehwierigiteit  iler  aynoptisehen  Zeitbestimniang ,  die 
vielfache  Verletzung  des  ersten  Paschatags,  theils  in  den 
angeführten  Bemerkungen  einigeraiarsen  ihre  £iJedigungy 
tlieiit  in  der  Zusamaienstiniaioag  dreier  fivangelieten  ein 
Oegengewieht :  so  Ist  vor  der  Hand  nnr  der  nnanüftsÜche 
Widerstreit  der  beiderseitigen  Darstellungen  anzuerkennen^ 
eine  £ntscl(eidung  aber,  weiohe  die  riehüge  sei,  aooli  nicht 
SU  wagen«  \ 

HS. 

DiHbrensen  in  Betreif  der  Vorgänge  beim  festen  Msble  Jesu* 

• 

Doch  nicht  aiiein  in  Beaog  auf  die  Zeit  jlee  ieatea 
Mahlea  Jesu,  sondern  auch  anf  dasjenige,  %vas  liei  demsel- 
ben vorgegangen  sein  soll,  gehen  die  Evangelisten  von 
einander  ab.  Die  Uauptdifiierena  findet  auischen  den  syn* 
•pdschen  und  dem  vierten  £vangeiinm  statt;  n&lier  aber 
verlUllt  ea  sich  co,  dafa  nnr  Matthäua  und  Marlina  genas 
zuänmuienstininien ,  Lukas  schon  siemlich  abweicht,  doch 
iiu  (langen  mit  seinen  beiden  Vorgängern  immer  noch  ein- 
aiimmigir  ist»  aia  mit  aeiilem  Nachfeiger. 

Gemeinsam  ist  sOmmtUolien  Evangelisten,  auaaer  deai 
Mahle  selbst,  dafs  Aber  demselben  von  dem  bevorstehenden 
Verrath  des  Judas  gesprochen  wird,  und  dafs  während 
oder  nach  demaeiben  Jeena  den  Petrus  seine  Verleugnung 
vorherverkandigt  Aber  abgesehen  davon,  dal«  bei  Johan- 


13)  vgl.  Smcia,  tbessor.  3,  8.  61S« ' 

24)  Kiae  andere.  Ansteht  Uber  die  Versalastuag  des  Irrthonu  im 
4ten  Evangelium  gd>ca  die  Probabiiita,  8«  MC 


Digitized  by  Google 


416 


Dritter  Ab^chaUl* 


Ml  die  iieeeiehimng  4es  Verrüthers  eine  «ädere  und  gt» 
UMMfe,  eseh  ?en  eineei  Erfolg  begleitet  kt^  von  wticlni*' 
die  fibrigen  nichu  wiMen ;  dafs  femer  bei  deaitell»en  nneh 
dem  Meble  gedehnte  Äbtcbiedsreden  sich  finden,  welche 
den  andern  fehlen:  so  itl  der  Hanptontertchied  der 9  deie» 
während  den  Synoptikern  sofolge  Jesne  bei  dieser  leste« 
Mahlseit  des  Abendnabl  eingeseet  hat,  er  bei  JohaniMO 
vielmehr  eine  Fufswaschung  mit  den  Jüngern  vornimmt. 

Die  drei  Synoptiker  unter  sich  haben  die  Stiftung  dee 
Abendnuddasamnit  der  Veri^findigongdee  Vemtlie  nnd  der 
Yerlengnung  gemein;  aber  Aliwelehung  findet  ewische-i 
den  beiden  ersten  und  dem  dritten  schon  in  der  Anord< 
nung  dieser  Stüclie  stntt,  indem  bei  jenen  die  Verkfindi- 
gang  dee  Verrathg,  bei  diesem  die  Stiftung  des  Abendmahls 
Yomnsteht;  die  Vorhersagung  der  Verleugnung  des  Pefms 
eher  nach  Lukas,  wie  es  scheint,  noch  im  Speisesnnl,  nach 
den  beiden  andern  aber  erst  auf  dem  Hinweg  zum  Oelberg 
tor  sieh  geht  Dann  alier  bringt  Lnkas  «aeh  einige  Slilcke 
bei  j  welehe  die  beiden  ersten  Emigelisten  entweder  gar 
nicht|  oder  nicht  in  diesem  Znsammenhang  haben:  in  ganz 
anderem  Zusammenhang  steht  l»ei  ihnen  der  Rangstreit  ond 
die  Verheifsnng  des  Sitnens  anf  Tinronen;  wogegen  die 
Rede  von  den  Sehwertem  rergeblleh  bei  ihnen  gesnebt  wird. 

In  seiner  Ahweichnng  von  den  beiden  ersten  Evan- 
gelisten hat  der  dritte  einige  Annäherung  an  den  rier> 
ten*  Gemeinsam  nAmlieh  ist  dem  Lobas  nnd  Johannes , 
dafiiy  wie  dieser  In  der  Fnfswasehnng  eine  auf  Rangstrelt 
sieh  l>eziehende  symbolische  Handlung  nebst  angehängten 
Demothsreden  hat :  so  Lukas  wirklich  einen  Rnngsdreit  nnd 
darauf  besttgÜelie  Reden  meldet,  welehe  niebt  gann  ohne 
Analogie  mit  den  johanneisehen  irind;  *  dafs  femer  auch  bei 
ihm  wie  bei  Johannes  die  Reden  vom  VcrrÄther  das  Mahl 
nicht  erö£Pnen,  sondern  erst  nach  einer  symbolischen  Hand- 
lung eintreten;  endlich  dafs  andi  er  die  Verleugnung  des 
Petras  noeh  Im  Lokal  der  Hahbrnit  rerkttndigt  werden  lifst. 


Digitized  by  Google 


Zw^Uab^  K'«)»Ueli  .$««918.  i|f 


Am  Mtefen  Sthwlerrgketi  rVfMMMMAnillliMrrdfe 

IHfrerPiiz,  dnfs  bei  Johunnes  die  von  deli  Synoptikern  ein- 
«tlmmig  berichtete  EinsetKUUg  des  AbendmnhWfeliit ,  uni 
"Mit' ihl^er 'Sunt  «Ine  gatls  »ndka»  itwndiuiigilietii^  dae-FiiAh 
^Mdfung,  geitti^M^t  urtnL  'FVelllcb,  w0dI»  mttmMA  ddpdb  i 
4Äen  ganzen  bisherigen  Verlauf  der  evangelischen  (jksbhichr 
,  %e  mit  dei^  Annahme  hindarchgeholfen.  htt,  iiabi 
•deii-Zweek  i^bubt',  die  abrtf»n*tefAiigdtte»;^a'«rgAnfe6ii^ 
•o  'kmnwl  iliftii  Blich  Obdfh  dtoie'Sbhfrlerijjflwit;'^  gut  oder 
so  schlecht  vrie  über  die  andern  alle  hinweg.-  Die  Ein« 
sctzang  des  Abendmaliky  heiCst  es^  fand Johannes  bei  den 
äni  «iteteif  1£fHmi^Mm^^mtit-^ime  Weise  wtiitiSt  tseh«» 
•«relekel  iiitt  MMei^  elgeneii  fMinimiig'*?9lUf  *.ltlM^ 

te,  wer^^egen  ei^  sich  denn  nicht  be%vogen  fand,  sie  zn 
iviederhoieii Aliein,  wenn  wiridich  der  vierte  Ü^vange- 
ilst  Ten  dtfn  s^theki  'in  den  drei  ersten  Jß^tei^ien  aa%e- 
celehnetCfn-Geiehlehten  nin^  dlejenigen  noek  eidniei  :erBil»> 
Jen  wollte,  an  deren  DarstelliHig  er  etwas  zu  hirichtigen 
öderen  ergüneen  land:  warum  erzählt  er  dann  die  Spm- 
eangsgesebiefate  9  an  der.-^  nii^hts  irgend  £i*bebliches.;ta 
bessern  weMi,  nach  eimiial,  die  Stifteng  des  iAbendmayb 
dagegen  nicht ,  hei  weicher  ihn  doch  sehon  die  Dlfibrdn- 
sen  der  Synoptii&er  Iii  Anordnung  der  Scenc  und  Fassung 
•der -Werte  Jesa,  hauptsüdhiieh  aber  .ideir  Djnstaody  dals 
•iie,  nach  sdner  Daretellmg  irrig,  jine  filheetniog  ifn^^Pa- 
eebaabend  vorgehen-  lassen  f  aar  NltthelinAg  eines  authen- 
tischen Berichts  hätte  veraiÜassen  müssen  if  Mit  Rücksicht  ■ 
•«€  diese  Schwierigiieit  giebt  man  «nun  wohl  lUa  fiehaup- 
fang  auf,  der  Verfasser  dse  'visrten  fieengalianisr.'iiabe  eine 
Kenntnife  fen  deil-'4i«l  eretenv  und  dle^  Absiebt,  sie  «i 
ergänzen  und  bi\  berichtigen,  gehabt:  doch  aber  soll  er 
die  vulgäre  «mflndiiolie  liivangeiientmditionifeiiannt  und  bei 
eelnen  Lceem  veraasgeseat,  ond  in  dieser  Rifcciuicht  die 


i)  Favlus,  3y  b,  S.  499.    Olshaussm,  2,.  3.  • 
DmM  LtUm  Jum  II.  Bmd^  f7 


uiyitized  by  Google 


tiU  ^'  I  AU i  t  ifetf  I  i^'Wh  tiJhn  Utrr 

SMlNniiir'^^^^*^'^  »Ifl  fiJtgMtl»  b^nntf  (h^hteh- 

fo,  ilborgangen  Iwibcii  Allein,  dieser  Zweck  einer  e%*ftl|- 
geiisclien  Schrift^  nur  da«  raüider  Bekannte  ku  erKählen^ 
-dä»  iMUinnt»jybs;r  mit.  ttber^elMfi  >  Wtt  iwoh  iCvifeaUMi  fUT 
iliohi»  dML«fi^.;  Dipi  »cluHMiefc^  Anfseiellifmig  geht  fn  him 
von  MiCsitrftnen  |(egeu  die  inandlictl^  IJberliefernng^j^ie  will 
fliese  nicht  bk^fs  ei^;^HniSen  ,  sondern,  au^h  beie5t)g^n^  un^ 

«ezt  sind,  so  idie genanteste  AMfbei;«^flbrun^  M^^nscbenswerrh 

JuMiiiM.flie  i8ftiAi»iij^  4ef /At«9diliihjAjiiipb,ty,^n.  dessen  M%* 

Aeklionen  venglelcheri  ,  iifilih^Uig  0ntv%^deir  Ziv^|89..  oder 
WegUisQu^n  nttssfön  ^eniDQht ;  Horden /^ei().  f.ANiT) 

weitfer^i  did  &(iftung.v4esi' Ab«i|dp#M«  llAi  eiMhitib 

keiner  iBedentang  Wie I  I !üttr  den, ,  j^lgeineineM .  Zweek 
defselben  ^  •  :«eine  Leser  cn  iUiertEcugen  ^  ini  ^Is/iföüi  t^^y  6 
iXQtg&g,  i  UöshH.;/ut  U9^:310>  ^tp.4ie^.Mji«Muii«  et- 
Mit-  t&eonÜBtnkht  reu.. Belauf  g/rnttm  '«ehi»  M  weblier  er 
-eb* •Stifter' einer ÖMr<yr}  Stc^^xf^  ersoheini^  imd-iftfr  .den  bf* 
sonderen  Zweck  des  betretiünden  Absciuiitts,  Jesu  his  ans 
Ende  eieh  jgJfeicK  jgebliebeM  iLiebf .  ins  i4«bt  Mi  .eetenii 
ClByJ*)^  eoüle^CA  «iel^ta  A«i|[elre||ea  be^n  so  erwähne«, 
%¥ie  er  seinen  Lcik'Und  seia  Binl  den-  ,8einen  eis  8|ieim 
und  Trank  dargeboten,  und  duniit  seinen  Horten  Job.  G. 
Realität  gegeben. -  habe  i(  JJlpck>ideiD  dohaiuies.  soll  es  hi«r 
wie  ttbend^teiinMigim^lte  ntr  im  die  CiefiBiw  fteden  dee« 
'Bo  tbun  geweeeto  telh,  «nd  de6neeg#it«lKiU-dr  dl»  filteetomig 
des  Abendmahls  übergangen,  und  erst  mit  den  auf  die  Fufs- 
waeckang  iiesügiicheoKedea.fcüuiiefcgiilUiiiig  «begeui^ 

'  '  .    'V.:'        •  .*.,.."  I'.». 

2)  LtCKi,  2,  S.  484  f. 


Digitized  by  Google 


Zweites  Kapitel.    (.  118.  410 

ben  Allein  diese  Demiithsreden  kann  iiin*  ein  verbür- 
tetes  V^rortheil  für  das  vierte  Eviingeliini  für  tiefer  aut- 
gebeii}  als  dasjenige^  was  Jesüs  bei  Kinsetoniig  des-Abeiid- 
fiiahli  Ton  dem  flenutie  seines  Leibes 'und  Blutes 'im  Ui  ut 
und  Weine  sagt.  '  '  •*  :* 

Die  Hauptsadie  ist  nun  aber,  dals  uns  die  Harmonl- 
sten  nacbwelsen,  wo  denn  Johannes ,  wenn!  er  docli  selbst 
vomnssetisen  soll,  Jesus  hulbe  bei  dieser  iestbr.Mabioeit  das 
Abendinniii  gestiftet,    diesci»   übersprungen  liabu,  —  dai^ 
sie  uns  in   der  johaimeisehen  Daräteilung  dieses  iexten 
Abends  die  Fuge  selgenj  'ln  weicfte  sich  Jener  Vorgang  ein- 
passen Itifst.  "Sehen  wir  'uns  in  den  Commentareir  um ,  so 
scheint  mein*  als  Eine  Stelle  sich  zu  solcher  Kijiscliiebung 
Tortrctllich  zu  eignen.     Olshadskn  meinl!,  am  Ende,  dos 
1  Uten  Kapitels  I  nach  der  VerJLttnctigung  der  *  VeinieugMuig 
äet  Petrus,  sei  die  Sttftuitg  des  AbeiMlMiiris  IhineiNniden- 
lion:   mit  dieser  habe  sich  die  Mahlzeit  geschlossen,  und 
die  folgenden  Reden  von  14,  1.  an  habe  Jesus  nach  dem 
Anfbruoh  vom  Tisebe  stehend  im  Saaie  hoch  ges^nroehen  ^> 
Allein  hiev  seheint  sieh  OLSHAOSBif  ^  um  swieciien.ld,  3S. 
und  14,  1;  einen  Ruhepunkt  zu  bekommen,  der  Täuschung  ^ 
hinzugeben ,  als  ob  das  eyeioto^e^  afit^itv  evttbi^ey^  b^i 
weicbeai  er  Jesum  vom  (Tische  sieh  erheben  und  dne  folgen- 
de noch  stehend  sj>reehen  lifst^  sehe«  Iiier  y''anL  £ade*des 
ISten  Kapitels,  stände,  da  ed'doch  erst  lAn 'Ende  des  14ten 
sich  findet.    An  unsrer  Stelle  ist  kein  Ilauui,  um  eine  See- 
ne  wie  das  Abendmahl' 'eiOKUschalten.   Jesus  iwtte  von  sei- 
nem Hingang,  wohin  ihm. die  fieinlgen  nicht  ifolgen  könn- 
ten, ges]>roehen,  und^*  dus  vermessene  Erbieten  des  Petras, 
das  Leben  für  ihn  zu  la^sen^  durch  die  Voraussage  seiner 
Verleugnung  zurückgewiesen  r  nun^  14  ^  Iff»,  beruhigt  er 
die  hiednrah  mchlltterteB 'Oemüther  wieder.  Indem  er  sie 


4)  SiEKKKRT,  Uber  den  Urtpryi'  S.  152* 

5)  2,  S.  Siü.  381  f. 

27  ♦ 


uiyui^cG  Google 


420 


DviX  ter.  A  hsclmitjt. 


auf  ficn  Glauben  und  Hie  segpiisrclrlien  Wirlinnfjon  somes 
llin^niigs  vcrMetot»  —  Durch  den  festen  ZusflnimeuliAft  die- 
Ml*  iiedetheüe  «uHIckgewiesen ,  rficken  nndre  Aatieger 
woUer  hiniiaf,  und  glnoben  iMoh  dem  Abgang  det  Verrff»* 
tlier«,  13.  30,  die  scbickliobste  Sfrllp  zur  Einscbiebung  Hee 
Abendmnbls  %a  finden  ,  indem  der  Hingang  des  .hidns,  um 
seinen  Verrfith.«'>t  vollenden »  Jeioht  die  Todesgediinlkeii  in 
JesQ  rege  machen  konnte,  weldh^  der  Stiftung  des  Abend- 
mahls zum  (jrundc  liegen  Allein  nicht  nur  wenn  man 
mit  LCcKE  u.  A.  das  laa  f  '^ij'/.ih  zu  dem  folgenden  //-m  o 
JKieht)  sonderti  «neb  ohne.diefsbet  das  vvv  ido^tiaDt^ 
o  Ving  T«f  «Sy^JOiTW  Je.  r.  L  (V*  ond  was  Jesus  wei- 

terhin (V.  33.)  von  seinem  baldigen  Hingang  8j»richt,  sei- 
ne nächste  Beziehung  unverkennbar  auf  den  Weggang  des 
Judas.  Denn  iwenn  das  öa^aiHv  .im  vierten  Evangelium  in- 
mar  die  Veilhei*rlieluiiigJesQ  bedentet,  weleher  Ibn  sein  Lei- 
den entgegenfobrf,  so  war  eben  mit  dem  Gang  des  verlore- 
nen Jüngers  zu  denen,  welche  Leiden  und  Tod  über  Je- 
sum  brachten^  seine  Verhen4iebang  nnd  sein  baldiger  Hin- 
gang entscbieden.  —  Uüngen  aaf  diese  Welse  die  Verse  Sl 
—33.  untrennbar  mit  V.  SO.  rnsammen :  so  kann  man  sieh 
bevi'ogen  finden ^  mit  dem  Abendmahl  wieder  etwas  herab- 
Kvrllcken,  und  es  dahin  tu  steilen  5.  wo  dieser  Zueamman* 
hang  ein  Ende  m  haben  scheinen  kann:  nnd  so  Ifffst  denn 
LücKB  die  ElnseUsung  desselben  swfschen  V.  33.  nnd  S4. 
in  der  Art  fallen,   daf«,  nachdem  Jesus  V.  31  —  33.  die 
durch  das  Hinausgehen  des  Verräthers  zerstreuten  und  er* 
schrockenen  Gemüther  beruhigt  >  und  auf  das  Abendmalü 
vorbereitet  habe,  er  nnn  V«  A4  f.  an  die  Aostheilong  dessel- 
ben das  neue  Gebot  der  Liehe  knüpfe.    Allein,  wie  sonst 
schon  bemerkt  worden  ist"),  wenn  V.  36.  Petrus, mit  Be- 
«iehung  avf  V.  Sft.  Jesum  iragt  p  wo  er  denn  liingehe  If  so 


6)  FAeivSi  ex.  Hsndb.  3,  b,  S.  497» 

7)  MsfSR»  Conun.  Uber  den  Joh.  s.  d.  St. 


Digitized  by  Google 


k«iii  — MigUA  mdi  JeBMi  Auttprueh  J«ta  V.  33.  du« 
Ab«iMhuJil  eingeMBt  wonbii  aein ,  weil  tonst  Petras  das 

i;7fa;'oi  durch  das  auifiLc  (^Ldduevov  u»  I  uifta  ^xyvpdftevov  er- 
klärt, jedeiitails  aber  sich  eber  xu  einer  rrn<!e  über  dt<t 
Bedeutung  dieser  lesteren  Ansdrücite  remniiirst  finden  nurs-» 
to»      Man  mu(k  daher  abermals  aufwärts  gehen,  nur  noch 
weiter  als  Paolus  gethati  hat;  hier  aber  hUtv.t  sich,  Ha 
von  V.  30.  bis  hiiiaaf  zu  V,  18.  in  Einem  Zuge  vom  Vlm*- 
fither  die  Eede  ist^  das  Gespräch  aber  diesen  aber  sich 
wiedemm  untrennbar  an  die  Fufswasehnng  und  die  Deu- 
tung derselben  sehiiefst,  bis  zum  Anfang  des  Kapitels  liei- 
ne  Stelle  dar,  an  welcher  die  Abendmahlsstiftung  ein>;e- 
f&gt  werden  kdante.    Hier  jedoeh  soll  sie  sich  naeh  ei* 
nem  der  neuesten  Kritiker  auf  eine  Weise  einreihen  las- 
aen,  welche  den  Verfasser  dea  Evangeliums  ron  dem  Vor- 
wurf i^aiiz  befreie,  durch  eine  scheinbar  continnirlich  foi*t- 
schreitende,  und  doch  das  Atiendauihl  Überspringende  Dar- 
ateüaog  den  Laser  irre  gemacht  su  haben.   Denn  gleich 
Ten  Anfang  mache  sich  Johannes  gar  nicht  anheischig,  vom 
Mahle  selbst  und  was  dabei  vorgefallen,  etwas  au  ersäh- 
len^  soudem  ii«r  waa  aach  dem  Halde  sich  begeben,  wol- 
le ar  herlehtan;  wie  dann  das  ielnm  yevo^iüa  nach  seiner 
naiVrfiehtCan  Bedeutung  heifse :  nachdem  die  M ahlseit  vor- 
über war,  das  iyeiQ€%ai  ix  %ö  dunvH  aber  deutlich  zeige, 
dais  die  Fuiswasehnng  etwas  erst  nach  dem  Essan  Vorge- 
nomaMnas  gewesen  sei  *)•   Allein,  wenn  es  Yon  Jesu  nach 
vollbrachter  Fufswasehfing  heifst:  dvantOLov  7iuhv  (V.  12.), 
ao  war  folglich  die  Mahlzeit  lioch  nipbt  vorüber,  als  er 
aioh  nur  Fufswasehnng  erheb,  nnd  das  iytlQ^tu  in  zu  öebtvH 
will  sagen,  daia  er  ans  dem  Mahle  heraus,  das  Essen, 
oder  wenigstens  das  vorläufige  eu  Tische  Sitsen  nnterbre- 
(diend,  zu  jenem  Geschäfte  aufgestanden^  sei.    Das  ddriü 
y&fOfävu  aber  haüst  ao  wenig :  nachdem  ein  Mahl  gehal- 


8)  SisvrsaT,  S.  152  ff. 


Oigitized 


teii  war,  nU  tS  Y.  ysmuM  «V  «jihr»^^'  cRirttli.  IS,«.) 

gen  will:  nnchdom  Jesns  Iii  BefliiHiien  gevr^nen  war,  MM« 
drrn,  iri^pni  uns  durch  jene  WpnHiinrr  Johnnnes  Hen  VeP» 
lanf  der  Mahlei^it  selbst  wie  Matthttas  durch  dieae  die 
Dauer  des  Bethanlschen  Aufenthalts  Jesu,  vorfthrt,  aA 
innoht  er  sich  damit  anheiscliiir ,  uns  alles,  was  während  * 
Jener  Mahlzeit  Merkwürdiges  vorfiel,  zu  berieliten,  und 
wenn  er  non  die  bei  derselben  vor^refallene  Stiftung  det 
Abendmahls  nicht  meldet,  so  hfeibf  dlefs  ein  Spmng,  der 
ihm  den  Vorwurf  zuzieht,  Ifi«Konhaft  erzählt,  und  gerade 
das  Wichtigste  übergangen  zu  haben. 

Wie  sich  also  im  Allgemeinen  kein  Grund  denken 
Heft,  warum  Johannes,  wenn  er  etnmat  yon  diesem  leg- 
ten Abend  sprach,  die  Stiftung  de«  AbemlrnfifUs  übergan- 
Gfen  haben  sollte:  so  findet  sieb  auch  im  Einzelnen  keine 
Stelle,  wo  sie  in  den  Verlauf  seiner  Darstellung*  elngrscho- 
hen  werden  kftnnte ,  und  es  bleibt  soratt  nichts  flhrtg ,  als 
die  Annahme,  er  erzÄble  sie  nicht,  weil  er  nichts  von  der- 
selben gewufst  habe.  Nämlich  von  dem  Abendmahl  nis 
ohriatliohom  Ritus  wuftte  er  woM,  wie  sein  6tes  Kapitel 
seisrt,  und  ranftte  davon  wissen,  da  es,  wie  Wir  au»  den 
paullnischen  Bricfi»n  abnehmen  können ,  schon  in  der  er- 
sten Zeit  allgemein  in  der  Christenheit  verbreitet  war:  das 
aber  kann  Ihm  anbekannt  gewesen  seln^  dafs  und  unter 
wetofien  ümstSnden  Jesus  das  Abendmahl  förmlich  elnge- 
sezt  haben  sollte.  Einf^n  so  bochsfehaltenen  Gebrauch  anf 
die  Auotorität  Jesu  selbst  zurückzunibren ,  lag  zwar  auch 
ihm  nahe,  nur  that  er  dlefs  ans  Unbekanntschaflt  mit  Je- 
ner synontischen  Stiftungsfoene,  so  wie  ans  Vorhebe  für 
da^  Geheimnifsvolle ,  verimige  welcher  er  Jesu  gerne  Ans» 
sprUche  in  den  Mund  legte,  die,  för  den  Augenblick  nn- 
verstäadUoh,  erst  aus  dem  späteren  Erfolge  Licht  bekommen 
heben  totltei^  ntoht  so.  dab  er  Jesilm  wIrkUdi  schon  den 


9)  Vgl.  l.i'o<ci,  S.  468. 


Digitized  by  Google 


tum  9imMiUmfMnimm  mw^^m^bArig^^  ikut  Atfi^jiS^l^^ 

Blut  mu  trinken,  «preciien  lie(«,  welche,  nur  aus  dem  nach 
•^iacmTode  in       Gemeinde  auf^^ekoudiieu^n^  Abeuc^puilil«« 

Datsy  90  wenig  aU  Johannes  von  df!^*.  Eins^tzang  de% 
,  Abendmahls,  die  Sj^noytÜkor  voii  der  Fuijijkyasq^HJlg  etwas 
gvwilfiit 'IuUmhi  köniifn'^.  we^l  8M^'4®WlU^B.Jifejiiie  Erwäli- 
^mgAmf  dl«ft,Jui9iiriib«iI«;Wegß|i  .Heil  mii^refi,  WicU;. 
tigkeU  4ftep  Saoht.  <iiiifi  -d«r  hijer  mehr  fragment^riacheiit 
Darstellung  dieser  Evangelisten  n^cl^^üo  liej»t|inuit  beha«i|»-^ 
tet.«|^rfkii,:theüii  hi^'^  wfe'ob^iv  b^m/rrkt,  Lukas  in  den 
KMigfIreil  V«  Mffl  etWAf,  dai  qiti  {eii«r  FiifrvMchvng^. 
als  AiilaCs  derselben,  suaammensuhttngen ,  roanehen  Ei4lli* 
rem  gescliienen  hat  '^).    Ist  nun  aber  in  Bezug  auf  diesen 
ftangali'eit  bereitl.oboa  darg^bgtf  wie.  »r^  in  d<ui  Zos^W"; 
Mübttiig  der  Torliegwideu  809116  Diol|t  peipeiid^^f  .tihei», 
MillUigea  IdeeiMMoeiiitioii  des  £nfthlers  sq|i|Bt  S|?Il9  va> 
danke  ''):  so  könnte  diu  Fufswaschungsscene  bei  Johan- 
ne« aur  die  eeganbafte  AiufMbriui|^ leider      optischen  De-  « 
antbarede  «o  aeifi  seliaiiien«   Mf[<}nn  nümlicb.bei  |AAtth£as. 
C2ü,  26 ff.)  Jmw  aelne  Jünger  ermahnt,  wer  mpfjr  ihnen, 
grofs  sein  wolle,  der  solle  der  andern  diaxovpg  sein,  gleich- 
wie er  mßht  gel^ummen  sei ,  di(miv>}Oilvui ,  aXXä  öiuxovr^ . 
ovtt,  ttiid  wMH  er/dielk  Wer.bol  Lvk%M  Ca2»2T.]|  in  der.. 
FrAge  «nadHIekl:  Wt;       ftsl^m^  6  avamelftivogy  rj  0  dia-  . 
xovwv;  und  mit  der  llin Weisung  verbindet:  tyw  dt  HfAi  iv 
^§ig(fi  Vftioy  (ig  c  diaxovwv  :  so  JUionte  swfir  s^br.wohl  Je- 
am  u\lmU  f^gut  gefunden  hab«n|  dknw  Ansspm^b.  d«rcb 
ein  wirklichee  duotweit  inmitten  seiner,  die  Relle,  der  itw » 
xH^utM  spielenden  Jünger  eu  veranscbaullcben ,  ebeni|ugut 


iP)  j^uumfT,  8*  153»  •  Pavim  und  Ouhausih,  s»  d«  St. 
11)  i.  Band,  8.  689  f. 


Digitized  by  Google 


4M  '  Df'ii»M  A4#e4#ilPCs« 

sei  es  H?o  Sa^o ,  wie  sie  dem  vierten  EvRiirrolisten  «o  Oh- 
rai  kaoiy  oder  er  selbst,  aas  jenem  Dlktura  dieses  Faktaai 
kmuMgetponiieii  httben  'Und' ebne -itifs  *llMt  f(MHld, 
d«r  DiiPstollaii^  d«t  Lukas  jEremfirs,  jitntßt  Aussprufft  #m« 
als  während  der  testen  Mahlzeit  ^ethan  eagekommen  kb 
•ein  brancbtä  ,  ergab  es  sich  aus  dem  ai'axeta^i  and  Stct^ 
xovuv  Ton  Mlbsl,  difCk  die  Vertiiinlidlnii||^  dlMM  Verhilft> 
Hisset  eM '  efrr  Mehl  g^ktiffpft  wurde,*  weMiet  dMtii'etit 
leicht  denkbaren  Gründen  am  schicklichsten  des  'leste  ge- 
wesen zu  sein  scheinen  konnte. 

'  Da(s  hiemnf  nach  der  DersteUtog  bei  Lukas  Jmw 
die  JOnger  als  scrfche  anredet,  wefehe  bei  Ibn  In  seine« 
Be'lrflngntssen  beharrt  haben,  und  ihnen  dafür  verheifst, 
dnCd  sie  mit  ihm  in  seinem  Reich  xu  Tische  sitzen,  und  aaf 
Throftsn  die  It  Smmme  Israels  riehlen  sotten  (V.  )8--M.), 
das  sebttnt  in  deii  Znsannnenkang  einer  Seene  ideht  mm 
passen,  In  welcher  er  anmittelbar  vorher  einem  der  Zwölfe 
den  Verrath,  unmittelbar  nachher  einem  andern  die  Ver- 
lengnnng  Torhorgesagt  haben  sdl,  and  in  einen  Zeiipwnkty 
In  Welobem  die  eigentlichen  mtQutaftol  erst  befotnfndew» 
So  wie  nach  cffner-fHIhereh  Betracbtnng  dle8eene  bei  Lu- 
kas von  vorne  herein  angelegt  ist,  dürfen  wir  den  Grand 
der  Rinsohaltnng  dieses  Redestfloks  schwerlich  in  etwan 
Anderem  t  als  In  einer  sniMllgen  Ideenassodtiin,  enehen^ 
irkrmSge  welelier  etwa  der  Rangstreit  der  Jingnr  den  Re- 
ferenten an  den  Ihnen  von  Jesa  verheifsenen  Rang,  und 
die  Rede  tobs  Aufwartenden  und  zn  Tische  Sitaenden  ai^ 
dns  Ihnen  Teraprochene  nn  Tische  Siinen  ia  aisslsnisshen' 
Heidie*  erftinem  oioohie. 

In  15ezag  auf  das  folgende  Gespräch,  wo  Jesus  sei- 


II)  Zn  weit  bergebolt  Ist,  was  d)c  Probabllicii|  S.  70  f.;  fibcrdle 
Entstehung  dieser  Anekdote  veruiutben« 


Digitized  by  Google 


tW«»      fcn^ftha  äMi. ^Aimrt»,  m  Undlidi  werde  mM 

ihnen  von  allen  Seiten  entgegentreten,  sie  aber  ihn  eigen!» 
lieh  vmlelMMi»  «umI  jMif  cwei  in  der  GcseUt^hfiCfc  ^Q^irithif^ 

€WUt*n  fciiirtnnin%  wekberdwMelaang  ist,  nm  da«  in  dae 
Mfenden  £r:&ählung  vorkommende  Hauen  de«  Petrus  mit 
dem  Schwert  ßu  be.vorw orten  >  liabe  der  Aefereofl  (dttatßt 

Iii»  übrigw  OiffmMm  ioBmf  auf  des  lesto  MaU 

werden  im  Verlauf  der  folgendeii  Uatex*«uchiiJigea  siar  Spca^ 
eil«  ko^en* 

S.  119» 

Terkttndigung  dte  Verratht  und  der  VerleugamigA 

Wenn  mit.  dei)  Angabe ,  dafa  Jesus  von  Jeher  seinaii 
Varrfttlicr  gakamn  mad  dusehiQliaiii  habe^  dar  vierte  finaa* 
ftlitl  ailaiii  alebt:  ao  atimiaan  darin  alia  Tiere  «otaauatfli 

dafs  er  bei  seinem  leiten  Mahle  vorbergesagt  liabe  j  eine» 
aekier  Jünger  werde  ihn  verrethen. 

Dooli  ündit  mment  aahea  darin  eine  Diffmens  atnü^ 
da6,  wifcnend  dan  beiden  artlen  Bvangeliatan.  nnf^lgii  dii^ 

Reden  vom  Verräther  die  Soene  eröffnen,  und  namentlich 
der  Stiftung  des  AbendaudiU  vorangehen  CMaUht^21  ff^ 
Mare*  14^  18  &)9  Lukaa  emt  naeb  eingtntMaaiencni  Hnbi 
und  gesHfiMarOediehlnilafalai»  (St^Slft)  Jesnn.jron.dan^ 
bevorstehenden  Verrathe  sprechen  läfst ;  bei  Johannes  geht 
daa  auf  den  VerrUtber  sich  Beeiehende  wäliren4  tuid  na^h. 
dar  Fnlawaaehnng  vor  C^^i  ll^dO.>  Die  an  9I0I1  nnb»* 
dcntonde  Frage,  welcher  Evangettat.lii«r  reeb^rh^»  m 
den  Theologen  aas  den  Grand  Oberaos  wichtig,  weil  Je 
naab  der  fintscheidung  derselben  sicii  die  andere  Frage  zu 
beantworten  aebelnt|  ob  anoh  dar  Verrätber  daa  Abend- 


IS)  Uber  den  Lukai,  S.  275. 


Digitized 


Mhf  iMb  M^a^w&n  klMft  Weder  Jifoe  4m 

Abendmahls^  «Is  des  Mahls  der  innfgtfteH^'iMl«  md  V«r- 
«Ihigang,  schien  sich  die  Theilnuhnfie  eines  so  fremdnrri- 
gen  ttte^  an 'demselben  ^tt  vertftigM)  Wh  auch  aril  der 
Liebe  und  BnrmherBigkeit  de*  Herrn  dni^'  ^fe  er  eeMle 
einen  ünwCHnlipen  zur  Erhöhung  seiner  SehnM  deeAbend- 
ittRhi  haben  mifgeniefsen  lassen  *>   Diesem  gefnrrhteten 
VnMMnd  glfinbte  nian  dednrch  tn  entgehen ,  dafs  man , 
der  Anordnung  des  MatthSos  and  Mtirkwi' fiilg|end,  dieBn- 
«elchnung  des  Verräthers  der  Stiftung  dÄ  AbeMdmnbb 
Torangehen  iiediy  und  da  man  nun  aus  Johannes  vrofste, 
dafii,  nachdem  er  eich  entdeckt  nnd  beseichnet  sah,  Judns 
not  der  tteselltcheft  gegangen  sei:  eo  flanble  man  anneh- 
men ru  dürfen ,  dafs  erst  nach  dieser  ISntfemiing  des  Vet^ 
räthers  Jesus  die  Einsetzung  des  Abendmahls  vorgenoniuiei» 
babe»  Allein  ^diese  Abhülfe  kommt  nur  darob  nnerlautiii* 
V«r«iisehiin|r  de«  Johannes  mit  den.Synojitiftei^a  sn  «Stande» 
l>enn  von  einer  Entfernung  des  Judae  ans  dffr  öeeelleehall 
treifs  eben  nur  der  vierte  Evangelist,  und  er  nllein  hat 
noch  diese  Annahme  ndthigi  weil  nacli  ihm  Jodas  erst  jezt  , 
aeiff»  UnterimndliiWgeil  mit  den  Feinden^  ^lemi  anknApft, 
also,  um  mit  ihnen  einig  eo  werden,  uwk  Bede Anng  wtm 
ihnen  nu  erhalten,  eine  etuas  längere  Zeit  brauchte:  liei 
den  Synoptikern  dagegen  ist  keine  Spar,  dnfs  der  Verrli. 
«her  die  Geeelifchaft  verla««en  hflttei  e«  iet  AH««  so  ersAlilC» 
wie  wenn  er  erst  hei  dem  allgeniethen  Anfkimeh^'  «tatt  di- 
rekt in  den  Garten,  £U  den  Hohenpriestern  gegangen  wfirc, 
Ton  welchen  er  dann,  da  die  Unterhandlungen  schon  vor- 
her angeknöpft  waren,  nnverBiglicb  die  ntttbige  Mannmibalt 
dor  Verhaftung  Jean  erhalten  konrtte.   Mag  aieo  In  Anot^ 
nung  der  Scene  Lukas  oder  Matthäus  recht  haben:  nneii 
aimmtttcbeii  Synqitlkern  bat  Jndas,  der  ihnen  aufolge  sieb 


1)  Olshaukkn,  2,  S.  380. 

a)  So  LÜCHSi  FAVtUS,  ÜLSMAUSKA. 


Digitized  by  Google 


I 


-  '  Aber  auch  in  der  Art  und  Welse,  wie  Jesus  sein^ii 
Verräther  besetchnet  liiitieii -aoU)  weiclien  di^  Evangeiiat«||^ 
»laht'iMibodbiitMUI  VM.^iuimkr  «k^  ^oil«aJ(#s  giabe  ^fff/atk 
mur.kwtm  ^'Vtmliih&tmig,  dalSi-^Hand  VenrftthwH 

mit  ihm  Uber  Tische  sei,  \^^'auf  iUe  Jünger  unter  sich  fr^ 
gen,  wer  es  wohl  sein  müge,  der  so  Qtw4A  ^li  tbui%«ji||^ 

«iMep  -diAp  AnvptMHilmt'fmrde  .Ihnnvesr^^b^  9  Hnc)  ^Ig  von 

den  Jüigern  ihn  jeder  einzeln  fragt,  ob  er  es  sei?  erwie- 
dert  er:  der  mit  ihm  in  flie  Scbü/itel  tauche;  bi«  eiidJUoli 
tmoli  Mmm'Hk^r  4»n  VerHItlMr  aMsgeiprochenen  W^be.dl^ 
MüCiIiSqs  s«Mge  iidek*J«dM  j^M  Frage  ,thut,  worauf  Üipi 
^esns  eine  bejahende  Antwort  gicbt.  Bei  Johannes  deu-* 
tet  Jesus  zuerst  während  und  pach  «der  Fii£».wa»cbimg  %n , 
«Iftft  ntobl*  iüie  «nwetendaii  Jünger  rdn  aefoni^  ibdi  .tM^t 
ilielii*  Sdhrift  erlSnllt.  werden  iMlitfe:  der  mi^  mir  dtß, 
Rrot  ifst,  erhebt  die  Ferse  gegen  mich.  Dann  sagt  er  ge* 
radezu,  einer  von  ihnen  werde  ihn  veri*a|UcyPf  ߥ^d.  jaU  dii| 
JlHi^r  foraehend- einander  iMibJklienj  .ttmi  nii.iFr^U  melne^ 
MArt  Petratrdnreli  tlen  imiäehit  aa  Je^u?  liegenden  JohanT 
lies  fragen,  wer  es  sei?  worauf  Jesus  erwiederf,  der,  wel- 
chem er  den  Bissen  eintauche  und  g0he>«|vas  er  sofort 
Jndaa  ihntr  mit  beigef)^gt«rrJM«IMM(iii*  ,di6:^iiafOhrnnft 
aelnea  Vorhahem  ao-beaehlaonigeil^  .ji^ratf  d{eefr 
•elischaft  verlÄfst.  '  •  t 

Die  Uarmonisten  sind  auch  hier  schnell  damit  fertjig^ 
gtireseiii  die  irertehiedeii€n.S0CMRlen..i9j|inaaid|ir  ;^in«ttacl||eit 
i>en  und  mitelnder  vertrXglieh  BOr  melie^^ .  Pa .  aaU  Jeana 
auf  die  Frage  der  einzelnen  JUnger,  ob  sie  es  seien,  zn- 
erst  mit  iaater  Stimme (eridärt  haben  ,  einer  seiner  Tisch* 
genotaen  werde  ihn  Terrathen  (Matth.)»  hierauf  aoii  Jo- 
hannee  lebe  gefragt  haben,  wer  ea  nihw  eci,  und  Jesna 
ihm  ebenso  leise  die  Antwort  ei'tlieilt:   d«r,  dmm  er  d^n 


uiyitized  by  Google 


Dritter  |tli«#li«itti 


Bbaea  gvibe  (Job.);  dwiii  mM  mA  JaiUtt,  glafekfalb  Iii- 

«e,  gefragt  haben,  ob  er  es  sei,   und  Jesus  ebenso  seine 
Frage  bejaht  haben  (Matth.);  endlich  aber  soll  auf  eiao 
iiitreibeiide  Meimiing  JetoF  der  VertiUiier  Mi  der  fieseü 
wihmh  gegangen  aein  CMi.^        AileiR  iele  die  weiieli— 
Jesus  und  Judas  gewechselte  Frage  und  Antwort ,  weiche 
Matthäus  mitthellt,  leise  gesprjhien  worden  sei,  davon  be- 
äierkt  der  fifMigeUtt  niefalt  f  aaoli  lAfiil  es  «iok  niehl  welil 
d^iwn,  wem  men  niebt  dm  UnwelweebainlldM  wrinate 
iXNi  wUly  dafs  Judas  auf  der  andern  Seile  wie  J#liannes 
auf  der  einen  neben  Jesu  gelegen  habe;  war  aber  die  Ver- 
handlong  lauf,  ao  konnten  die  Jttnger  nickt^.  wie  Johannes 
erdhlt-,  dee  S  fsotetg  mltjoai^  titm  «af  m  wedqrHehe 
Weise  mifsverstehen,  —  und  mit  einer  stotternden  Frage  von 
Seiten  des  Judas  und  leichthin  gesprochenen  Antwort  Jesu 
wird  man  aich  nieht  im  £rnst  beruhigen  können  Anelft 
iIm  iaC  aiohe  wehieeheiniloh,  delli  Jeww,  mehdrai  er  eekem 
die-  Erkiflrung  gegeben:  der   mit  mir  in  die  Schüssel 
tHucht,  wird  mich  ?emithen,  zur  bestimmteren  Beseich- 
Hung  des  VerrKthera  niut  noek  selbst  ihm  einen  Bissen  ein-» 
geceoebl  ludieA  MÜtet  eondem  beides  iü  wyii  daateibey 
nur  vertchieden  referirt.   Erkennt  man  aber  einmal  diele 
mit  Paulus  und  Olshaüsbii  an,  so  hat  man  bereita  dem  ei- 
nen'oder  andern  Berielil  ee  fiel  fefgelien^  dala  man  aieb 
naeb  aber  die  gebwürigkelt^  •  weicbc  in  der  anadHIekJiebeii 
Antwtnt  liegt 5  die  Matthffus  Jesnm  dem  VerHither  geben 
l&fsty  nicht  mit  Zwang  hintiberhelfea,  sondern  eingestehen 
eallley  hier  swcff  abweichende  Berichte  ver  aich  zu  ha- 
ben ^  deren  einer  Mtkt  daranf -  beraobnet  laty  doieb  den 
andern  ergft'nrit*en  Werden.* 

Ist  man  mit  SiErrfiRT  und  FaiTUCHE  su  dieser  Einsicht 
giakemmen:  äo  fragt  aleh  nur  äoeb^  welokam  ven  beiden 


3)  KuiNÖt,  in  Matth,  p.  707. 

4)  Wie  OMMAViaKi  2,  S.  402.   S.  dagegen  SiavimiT,  6.J4ftf. 


Digitized  by  Google 


f^wmmt  4M  dkm  Fmge  all  giviMr.'filrtMMwMMl  m 

(jiinsten  des  Johannes  bentit%vortet,  nicht  blofii,  wie  er  bo- 
jMiAplifti  k  Vermöge  desi  Vnrarlbeü^iÜUk  »ilie.juig»lilioh»  ;An- 

WAhrheit  uud  maieriHcbe  Anschaulichkeit  aafs  UnverJieim- 
bai'ste,  vaQl4§r  des  M^tthüus  ausseichn«)  weicher  leeteim 
4ißtiifm9fhi4^  Amoff^        liier.ikiNiMMia  Uk^J  WMh 

gen  wiMe,  wie  Jesus  ft#fli  V'errtfther  beaelchnet  habe ;  UUw^ 
.die  EraUibiung  des  ersten  Jbvftngeiiüms  so,  aU.  ob  «eii«d0i 

i^eQ  würe  ^>  Wenn  /  in  dieser  Hinsicht  allerdifigii  vton 
der  rundeil  Aut wort,  fUe  tJesqs  bei  Matthltais  (V.  25.)  dem 
Jmlfift.§f#bf|.  nicht  gjBi«|§n«ft.  werde«        ,  dafs  sie  g»||ii 

4wMmh  mpHioiit,.  »»oh;  jß^  HitUm  mt  ti/bmUoh.trmkßm 

.W«j^.  geinAcht  B«  sehi  )  jund  v  in:  sefbm 'der  Tepbidmteren, 

also  doch  immer  wahrscheinlicheren  Art,  wie  Johannen 
diese  .fte^eichnung  «ii^d^ty  jaachstebt;  so.'ist  dagegen  zwi* 

sweiri  ei-^^D  Evangelisten ,  und  dem  lefaeAneiechen  ^  iy» 

fiUfffq^  %6  ^iOfiioy  emi^itjaofy  das  Verhältnifs  ein  gans  ari- 
ileres;  hier  fp^mlioh  ist  ofi^nbar  die  grültiere  Bestimmtheit 

<ler  .J|ieMiidiJBfnig|,ipUUii  die  gertpfw . W»hiw<ihsiiiÜfMeit 
des  Berichts,  auf :  Seiten.  4iee  viorlen  firiitgsliums.  .  Bei 

i^ukas  bezeichnet  Jesus  den  Verräther  nur  als  einen  der 
mit  ihm  Ji^ei  Tische  Sitseoden,  und  auch  tou  dem  d  ^tßa^ 
yffog       it.  hei  Metthtfue  ond  Mevkne  ifti  die  Deoinng, 
.  ^elehe  KouiOii  «nd  VbaasMUM^}  yms»  demselhm  geb^i 


5)  a.     O.  8.  147  fll 

•)  Cumm.  »Über  die  Qesslds&le  des  LeideM  ^  Xedet  Jesu, 

9ff.  dl  4M% 


Oigitized  by 


«o  Irrelellend  ni^ht^  wie 

-üerni  auch  auf  die  Frage  der  einzelnen  Jünger:  bin  ich's? 
^idbaiv  Jv40MM*4lMilt'4fliiBCi^'  noch^  eine  ausweichende  /km^ 

'frühereit:  ek  i^  v^t^^na^tudtS^B^  fiB  (V.  21.)^ 

'Tichti|[er< Bemerkung  jt  iM' Anrw  oi-r  nucfi  in  (Üesem  vSin- 

fttaigerung,  indem  sie  das  den^Ven'ntli 

  ^    'iMiide  MeÄeÄt**ÄB|p*'Weelm^iiiMPÄ|ÄfciiÄ 

-Jierrerbob«   ^V^e•ll^  sImIi  (die*  Vei^Äi#iW^*ÄiÄp  drttf^^H^ediMIk 
«ilvangelien  den  frn«,dichen  AuÄdrufck  bei-eits  sr»  ver^t^i'^^en, 
«di*'«|b  gerade  «ladaa  mit  Jets-  die  ikind  in  die  Schirs^el  <;e. 
4Meli»»  wid  Mtok  Jene  kmtmmg  Üii  f^ianiltli  >fcie»eiefc- 
itet  iiMte?  ee  seift  do^h  die  Amdleit  bel-^M)  '  iilftd  M 
iMerkns  da«  dem  6  ^ti^crtTOufvog  vorgesezte       ex  Tfjr  ()VJ- 
deie  nraprünglich  jenes  nnr  Epeiegeie  <Vdn  diesem 
^^rat,  wea»'ee  fleieb  iwBdge'4^  WuneelMj'  tellle^'reelit 
'Ibekmue  «MierbeMleliiiang  des  IMunClhere  iPttfrSeillHi  /<0. 
•eu  eu  haben  ^  früheeitlg  in  jenem  anderh  Sinne  genommen 
i^Hirde.    Haben  wir  aber  so  einmal  eine  sagenhafte  Steige- 
•fnig  «Itr  Bintunihill  jener > HeielelmUny:'         Mch  die 
htt  i  erfe  dae  vierte  Ee«ngeyniii"deii  VwiriAir  ^ytkMkumt 

werden  llifst,  in  diese  Reihe  ku  ziehen,  utiÄ  »¥i^a>  niofsfe 
sie  nachSiEFFERT  die  arsprttngltche  gewesen  sein,  von  wel^ 

«her  falle  ObHgen  ansgegungen  wftrea.  iNaa  «b6r  iat  eid, 
mwn  Wir*  dae     Blnag      Malthlliisi'aaal  'fWans  ptei^e- 

ben,  die  bestimmteste  Beeeichnungsweiae,  «En  'wefehw-  sieh 
'dar 'Aaedruck :  meiner  Tischgenossen  einer,  nur  als  ganz 
imiiesIlMBi  v^rhfift,  and  auoh  der  Wimk:  derf^Ai^/ 
•eher  jest  eben  mlt»  adr  in  die  SehAesef  tahM^^)  %ai;  noch 
weniger  direkt,  nls  wenn  Jesus  selbst  Ihiri  d^n  Bissen  *eM- 
tauchte  und  reichte.    Ist  es  denn  nun  im  Geist  der  alten 
Sage  9  die  bestimmteste  Beeeichnung,  wei^n  «lesas  «ijne  soi- 
ehe  gegebe»  bette,  fallen,  au  lassen,  und  aaf'  nnbeetfnwate- 
re  au  reduciren ,  also  das  Wunder  dee  VorheHviasens -Je* 


V 


Digitized  by  Google 


m 


Btigteich  noch  dus  ur8prftfi||liche  UnbeitlmnUe  aofl^wabrt, 

•Onlicher  B«eeicbii|ing  des^^V^rfit^i*«  dio.roH  Jeappii,  eridfj^t 
.ii^U*di  ^9  post  t'V,4fJittuni  gebildet,  auf,  so  bleibt  uns 

)^en.  :Dars  J^sus  auf  4«xi  im  Kreise  8i  iiier  V  c  rl;riiate8te|i 
4itftttt9ll4Mtr  Vmta^^  TOH  Andern  a^jffiierksain  gemacht  wg^^ 

49n'>1itM0»'4lii^  |wk»<i4^«ill  4(|i).KirAmeUm  i^f^iSlM: 
^nr  aaff  detfSebriß.  Kcheinl;  el*.aiMh  diesfto  K^^rbär^nifii.lK^Q- 
t^Msgelesen  jzu  haben.    Wiederholt  erklärt  J^sivs,  dur/ch 

dett  übin  .b^v^r^iehendan  V«irra(h  werde  die  -^O'ift  erfüUt 

V«.  Worte  an  :  6  TQcr/iov  fttt*  i/jQ  jov  u{noH^ 

dn^it^ih  W  dfii  tijv  mtQvuv  cciiu.   Die  W<«lmstelle  bezieht 

.|)avjdi.sch  i^t ,  auf  Unbekannte,  die  mit  4cm  Dichter;  de8^ 
4^ibef^  in  .fihnlichem  Y^rilültnirH  standen^)*    Von  raessiai»- 

,Mmiin4;  OiMAOW^ .  fl0|k -.«ngegeb«D«n  .Stiiui  .^to  4fli\«iw 

sprUnglicilien  anerlieniien.  ^tun  soll  aber  nach  dem  Lezte- 
xi9B;iii  dem  Schickaal  Dnvida  aich  jdas  des  JUcssias  abspi^ 

fpeeteVii  Hioi^euiuqgeiivauf  .die  Schicksale-  Jesu  entluelten. 
yie^fK  ß\mp/ÜMo^<^ii  4aftn%ift^  David  acklbst  haiisi.  i«  di» 


,  7)  «<  an  YfMmtf.*»  4«  Vi*  '  •  •    .  .f 


Digitized  by 


« 


«Bc^dMriiiiif  dlaioB  llefereii  8iiifi  tefner  AnaipiWlie  liklic 

«tfitidni(ji ,  dnfs  (lui*ch  die  Deutung  auf  Christum  solchen 
*lkelleii  ein  linderer  Sinn  gegeben  werde,  als  den  der  Ver- 
fmer  nrtpHliigiteh  in  dieseliien  gelegt  hat?   DeCi  nHir  Je» 
'Ihm  MM  dteier  PiMilniitelle  Wi^  Am  Ki*fol|f  dereb'Mtfirli- 
-che  Überlegung  sollte  hemilsgeleBen  haben,  Ihn'  idehe  Ver-  * 
^Srath  durch  einen  Freund  bevor,  ist  am  so  undenk barer , 
eich  keine  S]ior  findet,  du ft  4fir  fMtt  mter  den  J«. 
-deli  ttfleüHnfieh'^edeytel  woiiden  \nb^v4iA%Mf  .dee'OMI. 
liehe  in  Jesu  Ihm  eine  soleHe  Deutolig  fin  die  Hend  gege- 
ben habe,  ist  defswegen  unmöglich,  weil  es  eine  falsche 
Belitiing  Ut.   Vielmehr  iieeb  dem  £rfolg  erst^  wui*de  der 
^PielmiteHe  eine  Beeidung  ebf' den-  Verrech  de««  Jade»  ge> 
-geben*  Oet  dM^  den  f^idMilien  Tod  der  W eMie«  flhei^ 
raschte  Gemfith  seiner  ersten  Anhänger  roufs  man  sich 
in  Ingitikher  Gescbfifitigl&eit  denken,  dieses  SchiciuMd  4lei- 
%elbeii  Em  begrelfei^  wee  aber  bei  jatUMdi  Gebadeien^nleill 
'iMb,  et  mit  Bewiiirtfieln  and-  Vemanft,  tender»  adt  der 

Schrift  in  Einklang  bringen.  So  fanden  sie  nicht  nur  sel- 
•Hen  Tod,  sondern  auch,  dafii  er  darch  die  Treulosigkek 
«tne»  eeiner  Frennde  so  Grande  gelum  w«rde*,  and  «eibet 

«iee  weitere  8diieh«al  and  Ende  de»  Verritbüre  (Matlk 

•57,  !)f.  A.  G.  1,  20.)  im  A.  T.  vorhergesagt,  und  um  für 
«len  VerriUh  eine  A.  T.Uebe  Auctoritüt  sn  finden,  bot  lieb 
«ai-aieieten  jfene  Stelle  aae  Fe.  41>  Wo  der  Verfeeeer'Sber 
-Mlfebimdlang  dai^b  einen  «etiler  Vertrawlcilen  Klege  führt. 

Diese  Belöge  aus  dem  A.  T.  konnten  die  Schreiber  der  N.- 
T.iichrn  Geschichte  entweder  als  ihre  und  Andei*er  Refleiio» 

Mn  bei  Neidang  dee  Erfolge  binnaeetaeil)  wie  die  Verfiiieer 
dee  ereten  fiifengellMne  and^de»*  Apeilelgeeehiehle,i  w6<^ 

das  Ende  des  Judas  referiren :  oder,  M^as  nOch  schlagen- 
der war,  sie  konnten  eie  Jesu  selbst  sehoii  vor  dem  £r- 
f    folg  in  den  Maad  legen,  wie  der  Verfeeeer  dee  vierten 
KTajigelinaM  hier  thnt   Der  Pealaiiet  hatte  mll  eeineai 

uiyiiized  by  Google 


N 

X 

f 

Zweit««  Kapitel.   %.  119. 

» 

"J^ff?  «inen  Mic^n  gemeint,  der  ab«rii«vpt  d«e 
Bvol  mit  Ihm  so  theÜen  pffege:  leicht  aber  konnte  es  al« 
die  Bezeichnung  eines  solchen  angesehen  werden^  der  je%t 
eben  mit  dem  in  der  Weissagung  Gemeinten  esse,  und 
«o  wnHle  «isSeene  der  Vorberbeseiebnnng  ein  Mahl  Jeiu 
mit  seinen  Flingern ,  und  wegen  der  NShe  dee  Erfolge  am 
schicldichsten  das  lezte,  gewählt.  An  die  Worte  der  Psalm- 
etelle  übrigens  band  man  sich  in  der  Art,  wie  man  Jesum 
<l«n  Verrither  beaeiehuen  lieie,  weiter  nieht,  eondem  nahm 
atntt  dee  o  z^ojyuv  fiit  ifiö  zov  aqtw  entweder  da»  eyno- 
nyme  //er  i^tu  inl  rf^g  TQant^r^g^  wie  Lukas,  oder,  da  den 
ISynoptü&ern  «ufolge  dieses  lezte  Mahl  ein  Paschamahl  war, 
«o  wAhlt«  man  mit.Be«ng  «uf  die  dem  Pasebamehi  eigen- 
thamÜebe  Tunke  das  o  dftßanTOftevos  fwc  tftö  e&  to  t^v- 
[i)düv,  wie  Markus  und  Matthäus.  Olefs,  zuerst  ganz  syn- 
onym dem  o  TQütytav  it*  iL,  als  Bezeichnung  irgend  ei« 
nee  eelaer  Tieebgenossen ,  wurde  bald,  da  man  eine  pei> 
«ftniiehe  Beseiebnnng  haben  wollte,  dureh  Mlft verstand  so 
gewendet,  als  ob  Judas  zufällig  zugleich  mit  Jesu  in  die 
&hU8sei  gegriffen  hätte ^  und  endlich  wurde,  um  die^Be* 
seiebnung  mdgliebet  nnmitteiber  sa  machen,  der  von  Ju* 
dfw  Bttgleiefa  mit  Jeen  In  die  Sebfletei  getauchte  Bisten 
vom  vierten  Evangelisten  in  einen  solchen  verwandelt,  den 
Jesus  dem  Verräther  eingetaucht  und  gegeben  habe. 

^uch  sonst  ist  in  der  Jobanneiscben  Darstellung  die- 
ser Seene  Manches,  was  gar  nicht  natürlich,  wie  SixmRT 
will,  sondern  vielmehr  ^^eniacht  erscheint.  Die  Art,  wie 
Petrus  sich  der  Vermittlung  des  Schoo fsjüngers  bedienen 
muis,  um  von  Jesu  einen  näheren  Wiuk  über  den  Verrü- 
ther  heranssubringen ,  wie  sie  den  Synoptikern  fremd  ist, 
so  gehört  sie  auch  nur  zu  der  unhistorischen  Wendung, 
welche,  wie  oben  auseinandergesezt,  das  vierte  Evangelium 
dem  Verhültnifs  der  beiden  Apostel  giebt.  Die  unter  ei* 
ner  Handlung  der  FreundscbaÄ^  wie  das  Reichen  de«  Bi«- 
sens,  verborgene  Bezeichnung  im  schlimmen  Sinne  ferner 
JJoi  L§b€n  J$iu  IL  Mand^  28 


Digitized  by  Google 


4S4 


Dritter  Abschnitt. 


hat  imoier  etwas  Unwahres  ond  Widr^^et^  waa  nuan  aneh 
TonaamChniiide  liegenden  Absieh ten,  den  VerrSther  neeh  na 

rühren  ti.  dergl.,  erdenken  rong.  Endlich  auch  das  S  noing^ 
nolr^oov  raxiov^  mag  es  zu  mildern  suchen,  wie  man  will 
ist  doch  immer  harf,  und  mit  einem  gewissen  Troz  dem  herein* 
brechenden  Schicksal  gegenOber  gesprochen,  and  ehe  ich  die 
Worte  durch  irgend  eine  Künstelei  als  von  Jesu  gesprochene 
rechtfertige,  stimme  ich  lieber  dem  Verfasser  der  Probabiiien 
hei 9  weicher  in  denseil)en  das  Bestreben  des  vierten  Evan^ 
gellsten  sieht ,  die  gewöhnliche  Darstellong,  welcher  na* 
folge  Jesus  den  Verra^h  Toranswurste  und  nicht  hinderte , 
durch  die  Wendung,  er  liabe  den  Verräther  sogar  zur 
Beschieonigang  seines  Vorhabens  aufgefordert,  cu  Über- 
Ue&n«> 

Wie  dem  Jndas  den  Verrath ,  so  soll  Jesus  dem  Pe- 
trus die  Verleugnung  vorliergesngt  haben,  und  zwar  mit 
.der  besonders  genauen  Zeitbestimiuung,  dais,  ehe  am  näch- 
sten FrOhmorgen  der  Hahn  (nach  Markus  Eweimal)  krtihe^ 
Petrus  Ihn  dreimal  verleugnet  haben  werde  ( Matth. ,  SO, 
33  ff.  parall.))  was  den  Evangelien  zufolge  aufs  Genauste 
eingetroffen  ist.  ^icht  mit  Unrecht  ist  hier  von  rationa- 
listischer Seite  bemerkt  worden ,  die  Erstrecknng  der  Se- 
hergabe auf  solche  Nebenaiige,  wie  der  Hahnenschrei,  mBs- 
se  Befremden  erregen;  ebenso,  dafs  Jesus,  statt  zu  war- 
nen, vielmehr  den  Üa*folg  wie  unvermeidlich  vorhersage'^}, 
was  allerdings  gans  nach  der  Art  des  tn^chen  Fatuma 
der  Griecheii  lautet^  wo  der  Mensch  In  das  Ihm  vom  Or»- 


8)  ••  LOcKB  und  Troivcx,  z.  d.  St. 

9)  p.  62:  reliqui  quidem  narrant  cvangclistae ,  scrvatorcm  sei« 
vissc  proditionis  consilium,  ncc  impedivisse  J  ipsum  vero  ex- 
citasse  Judam  ad  ^roditionem^  nemo  eorum  dicit,  neque  con» 
Tsnit  lioc  Jesu. 

10)  PAiAvt,  «xeg.  Handb.  3^  h,  8. 538.  L.  J.  1,      8.  192.  Hiss, 
L.  J,  137. 


Digitized  by  Google 


I 


Zweites  Kapiiei.  S-  435 

kel  Vorhergesagfe ,  indem  er  es  vermeiden  will,  dennoch 
hinclngerüth.  Fi*eilicliy  wenn  dann  Paulus  weder  das  a 
gnavi^H  oijfieQOv  aXixttOQ^  noch  das.  mceQpela^^at^  .noch  diis 
vaig  in  der  genauen,  wifrdichen  Bedeutung  gesprochen  wis^ 
sen  will,  «ondern  der  ganzen  Rede  nur  den  ungefähren 
und  problematischen  Sinn  giebt :  so  leicht  zu  erschüttern 
•ei  die  vermeinte  Festigkeit  des  Jüngers,  daie .  swiichen 
jest  und  dem  nächsten  Morgen  schote  Ereignisse  eintreten 
iidnnen,  die  ihn  veranlassen  würden,  mehr  als  Einmal  an 
ihm  irre  und  ihm  untreiu  zu  werden  :  so  ist  dicls  nicht 
die  rechte  Art,  die  SchwierigJieit  des  evangelischen  Be-  . 
richte  aus  dem  Wege  su  rfiumen;  die  Jesu  in  den  Mund 
gelegten  Worte  stimmen  mit  dem  nachherigen  Erfolg  so 
genau  überein,  dafs  hier  an  ein  blofs  zufälliges  Zusammen- 
trefifen  nicht  gedacht  werden  Icann.  Sondern  in  diesem 
Zusammenbang  von  lauter  i^aticin/f«  post  eventum  werden 
wir  auch  hier  annehmen  müssen,  dafs,  nachdem  wirklich^ 
Petras  in  jener  Nacht  Jesum  mehrmals  veriengnet  hatte, 
die  Vorherverkündign ng  davon  Jesu  in  den  Mund  gelegt 
wurde,  *  mit  der  Üblichen  Zeitbestimmung  vom  Hahnen* 
schrei  ' ' ),  und  mit  der  Reduktion  auf  die  runde  Zahl  von 
drei  Verlcugnungsfällen.  Dafs  diese  Zeit  -  und  Zaldbe- 
stimmung  In  der  evangelischen  Uberlieferung  stehend  blieb 
(ausser  dafs  Markus,  ohne  Zweifel  durch  eine  wiiikfihrli- 
che  Künstelei ,  um  VIem  ifug  der  Verleugnung  gegenüber 
auch  den  Hahnenschrei  durch  eine  Zaiil  zu  bestimmen,  von 
einem  zweimaligen  Rufen  des  Halms  spricht),  iliefs  scheint 
sich  ans  der  Anschaulichkeit  und  Behaltbarkeit  jener  früh- 
Eeitig  gewühlten  Ausdrücke,  die  sich  ganz  bu  einer  ste- 
henden Bestimmung  eigneten,  ohne  allzu  grofäe  Schwierig« 
keit  zu  erklären. 

Dafii  endlich  Jesus  auch  den  übrigen  Jüngern  vor- 
aussagt, de  werden  in  der  bevorstehenden  Nacht  alle  an 


11)  ▼fll*  LienTvooT  und  Pavivs,  s.  d.  St. 

28  * 


Digitized  by  Google 


4:^6  Dfitler  Abaithiiitt. 

ihm  Irre  werden,  ihn  verlassen  nnd  sich  Eerstrenen  fMiiftb. 
.26,  31«  paraiL  vgl.  Joli.  16,  32.))  wohl  ebensowenig 
Ansprneliy  als  Mrirkliche  Weimgong  festgehalten  aa  wer- 
den, anmal  hier  die  awel  ersten  Evangelisten  in  dem  yi- 

yQantai  yocQ'  Ttcerd^o)  %6v  noiftha,  xal  öiaaxoQnia&r^afrai 
ta  TCQoßava  %r,g  Tioluvr^gj  «i»e  A.  T. liehe  Stelle  (Znch.  13, 
7.)  selber  an  die  Hand  geben ,  welche ,  sonlichst  von  den 
Anhängern  Jesn  cur  eigenen  Verständigung  Uber  den  Tod 
,  ihres  Meisters  und  dessen  sanffehst  fraorlge  Folgen  anf> 
gesacht,  bald  Jesu  selbst  als  Vorhersagang  dieser  Erfolge 
in  den«  Mond  gelegt  wnrde. 

S.  IM. 

Die  Einsetsung  des  Abendinshls* 

Bei  dem  lezten  Mahle  war  es,  nach  dem  Bericht  der 
drei  ersten  Evangelisten,  mit  welebem  auch  der  Apostel 
Paulus  (1  lior*  11, 23  ff.)  sttsamnienstiniiati  dafs  Jesus  deas 
angesftuerten  Brat  und  dem  Weine,  was  naeh  der  Sit» 
te  des  Paschafestes  ^)  er  als  Faroilienhauj)t  unter  seine 
f  Schüler  au  vertheilen  hatte,  eine  Beaieliung  auf  seinen  na« 
he  bererstehenden  Tod  gegeben  hat»  Wührend  des  Essens 
nXmlleh  soll  er  einen  Brotkuehen  genommen,  naeh  gesjiro* 
ebenem  Dankgebet  ihn  gebrochen  und  seinen  Jüngern  ge- 
reicht haben,  mit  der  Erklärung:  töri  egt  zo  awftd  fis^ 
woutt  Paulus  und  Lukas  noeh  setaen:  %e  vtÜQ  Vft^  dido- 
ftBffOP  oder  xhiftevWi  —  und  ebenso  hierauf,  bei  Paulus 
und  Lukas  nach  dem  Essen,  soll  er  ihnen  einen  Becher  ^ 
Weins  mit  den  Worten  hingegeben  haben:  t^6  igito  atftd 
fi9f  fd  T^g  wuv^g  dtai^rjxrjQf  oder,  naeh  Paulus  und  La* 
luis:  ^  xaivrj  dia^}xT^  tv  tt{t  ai/nati  /un,  to  fUQl  noHuv^ 
oder  vniQ  vfiuivy  ixxovo^Evov^  woau  Matth&us  noch  sest:  • 


1)  vgl.  Uber  diese  vornämlich  LiOHrrooT,  horae  p.  474  ff. ,  und 
Pavuis,  ex.  Handb.  3,  b,  S.  511  id 


Digitized  by  Google 


« 

ßt$  OfmtUß  afiaQtiur^  Paulaii  aber^  waa  er  und  Lukas  auch 
adioa  oben  bei*»  Brole  hatten:  %SrosMi7t9  (Panlns  bei'm 
Wein  oamnd  Sp  nlvi^it)  tis  %fjv  ifti}r  utafn  r^atr'). 

Der  Streit  der  Cuiifessionen  Über  die  Cedeutun^  die- 
ser Worte,  ob  nie  eine  Verwaiidiuiii^  von  Brot  and  Wein 
in  den  Leib  und  das  Biut  Chriati,  oder  ein  Vorhandeneein 
Ton  Leib  und  Blut  Chrlutl  mit  und  unter  jenen  Elementen, 
oder  endlich  dieCs  ausdrüclien,  dafs  Brot  und  Wein  Chri- 
ati  Leib  und  Blut  bedeuten  sollen,  iüt  aU  obsolet  su  he* 
aeiehnen,  und  tollte  wenigsten«  exegetlseh  deswegen  nieht 
mehr  naebgefflhrt  werden,  well  er  auf  einer  nnrlehtlgen 
Disjunktion  beruht.    Nur  in  der  Übertragung  in  das  ab- 
straktere ßewufstsein  des  Abendlandes  und  der  neuern  Zeit 
BerfiUt  dasjenige  9  was  der  alte  Orlentale  sieh  unter  sei- 
nem  %5i6  tgt  dachte  j  In  Jene  rersehledenen  MOgllehkeiten 
der  ßedeutung,  welche  wir,  wenn  wir  den  ursprünglichen 
Gedanken  in  uns  nachbilden  wollen,  gar  nictit  auf  diese 
Welse  irAinen  dflrfen.   Erklärt  man  die  fragUchen  Worte 
▼on  Verwandlung:  so  Ist  das  sn  viel  und  nn  bestimmt; 
nimmt  man  sie  von  einer  Ezisten«  cum  et  sub  sptvie  etc: 
so  ist  diels  SU  künstlich ^  überseht  man  aber:  dlefs  bedeutet: 
so  hat  man  nn  wenig  und  sn  naehtem  gedacht«  Den  Schrei-  ^ 
bern  nnsrer  Evangelien  war  das  Brot  im  Abendmahl  der 
Leib  Christi ;  aber  hätte  man  sie  gefragt ,  ob  also  das  Broc 
verwandelt  sei?  so  würden  sie  es  verneint;  hätte  man  ih- 
nen von  einem  Gennls  des  Leibes  mit  and  anter  der  Gestalt 
des  Birots  gesprochen:  so  wttrden  sie  diels  nicht  versten« 
den ;  hätte  man  geschlossen ,  dafs  mithin  das  Brot  den 
Leib  bloi's  bedeute:  so  würden  sie  sich  dadurch  nicht  he» 
liriedigt  gefunden  haben. 

Uierllber  also  verlohnt  es  sich  nieht,  welter  sn  sirei- 
ten;  eher  kann  die  Frage  interessiren ,  ob  Jesus  jene  ei- 
genthiimUch  bedeutsame  Brot-  und  Weinaustheilung  nur 
als  einen  Akt  des  Abschieds  von  seinen  Jüngern,  oder  ob 
er  dieselbe  In  der  Absieht  vorgenommen  habo^  dals  sie 


Digitized  by 


438  Dritter  Ab«ohnritt. 

«ach*  imch  seinem  Hingaim;  von  seinen  Anhünffem  «um  Äii- 
denken  nn  \hn  gefeiert  werden  sollte?  HXtten  wir  I1I0&  die 

Berichte  »lei*  beiHeii  ersten  Evungelisten —  diefs  ^eben  hier 
selbst  orthodoxe  Theologen  su  —  so  wfire  kein  entschei- 
dender Grund  zn  der  leeceren  Annahme  vorhshden:  allein  . 
entscheidend  scheint  bei  Pauhis  nnd  Lnkas  der  Znsaz:  tSto 
Tcntptre  ng  r^v  iurjv  ävccjiiVT^aiv ^  welchem  zufolge  Jesns  of- 
fenbar die  Absicht  hatte,  ein  Gedftchtnifsmahl  sn  stiften« 
das  nach  Panlus  tlle  Christen  feiern  sollten,  axQtg  5  ar 
flS-rj,  Allein  eben  von  diesen  Zusätzen  hat  man  neuerlich 
vermuthet,  sie  möchten  nicht  ursprüngriich  Worte  Jesu  ge- 
iiresen  sein,  sondern  bei  der  Abendmahlsfeier  in  der  ersten 
Gemeinde  m(l$[e  der  anstheilende  Vorsteher  die  Gemeinde* 
g-Iiodor  aufgefordert  haben  ,  dieses  Mahl  aurh  forner  Kum 
Andenken  Christi  zu  wiederholen,  und  aus  diesem  nrchrist* 
liehen  Ritaal  seien  dann  die  Worte  eq  der  Rede  Jeso  fife- 
sehlagen  worden  'V  Gegen  diese  Vermnthnner  sollte  man 
nicht  mit  Olshauskn  die  Auetorität  df»s  Apostols  Paulus  in 

M 

der  Überspannung  urolfend  marhcn,  daPs  laut  seiner  Versi* 
/chernng:  9rcro4lnrW  cr.TO  th  Kvoia^  er  hier  ans  einer  nn- 
rolttetbaren  Ollenhfiranfif  Christi,  ja  dnfs  Chrlstns  seihst 
hier  aus  ihm  spreche:  da  doch,  wie  selbst  Stskind  zutjoa^e- 
ben,  und  neuerlich  Schulz  aufs  Bündigste  bewiesen  bat 
naQceXaßßaveiv  an 6  rtvo$  nicht  ein  nnmittelbnres  Bekom- 
men von  einem«  sondern  nnr  ein  mittelbares  Überkommen 
von  einem  her,  also  durch  Uberlieforun»  ,  bedeuten  knnii. 
Hat  aber  Paulus  jenen  Zusaz  nicht  von  Jesu  selbst  gehabt : 
so  glaubt  «war  SOskind  beweisen  so  ki^nnen,  er  mflsse 
Ihm  von  einem  Apostel  mitgetheilt  oder  mindestens  bestH- 
tigt  worden  sein^   und  meint  in  der  Weise  seiner  Schule 

2)  Sü8HZNO|  in  der  Abhandlung:  bat  Tosu«;   das  Abondm^iM  als 
cinenmnoxnoniscbcn  Ritus  angeordnet  ?  in    Magazin  11,  S.  1  ff» 

3)  Piutui,  cx,  Handb.  5,  b,  S.  527. 

4)  Ober  das  Absndmahl,  S.  217  ff. 


Digitized  by  Google 


Zweite«  Kapitel«   si*  VIO. 


dprcli  eine  Reihe  abstrakter  Disjonküonen  sichere  Hanth- 
linien  sielieii  u  iLtfnnen,  welche  das  Eindringen  einer  un« 
historischen  Sage  in  diesem  Stttcke  verhindern  sollen;  ai- 
iein  die  strenge  Urkandiichkeit  unsrer  Tage  clarf  von  einer 
werdenden  ReÜgionsgesellschafc  nicht  erwartet  werden,  de- 
ren an  verschiedenen  Orten  hefindiiche  Theile  noch  keinen 
geordneten  Zusammenhang  and  meistens  nur  mOndltchen 
Verkehr  hatten.    Ilienach  das  jüto  nouize  it.  r.  k,  für  ei* 
nen  spftteren  Zusaz  za  den  Worten  Jesa  zu  halten ,  dacn 
darf  man  sich  aiierdinga  nicht  .durch  falsche  Gründe  bewe- 
gen lassen,  wie  dafs  es  gegen  die  Demnth  Jesn  wentfAen 
haben  würde,  sich  selbst  eine  Gedächtniü$feier  2u  stifte  ^) 
u.  flergi.:  wohl  aber  wird  neiien  dem  Stlllschweigei^  der 
iieiden  ersten  Evangelisten  das  in  Betracht  kommen^  dbfs  y 
wie  nberhaupt  eine  Ged.^chtnir8feier  natfirlicher  am  dem 
ßedtirfnjfs  der  Zurückbleibenden,  als  aus  dem  Plane  des 
^Scheidenden  henrorgeht,  so  auch  jene  Worte  weit  eher  dar- 
nach lauten,  das  Bewufstsein  der  ersten  tiemeinde^  aife  eine 
Verordnung  Jesu  ansBusprechen* 

Demnach  soll  nun  bei'm  Anblick  des  gebrochenen  Brots 
und  ausgegossenen  Weines  Jesum  eine  Ahnung  seines  na« 
ben  gewaltsamen  Todes  angiiwandeit^  er  soll  in  jenem  ein 
Bild  seines  htnauriebtenden  Leibes,  in  diesem  seines  sn 
vergiefsenden  Blutes  erblickt,  und  diesen  augenblicklichen 
Eindruck  gegen  seine  Jünger  ausgesprochen  haben  £I-' 
nen  solchen  tragischen  Eindruck  aber  konnte  Jesus  nur  be- 
kommen ,  wenn  er  seinen  gewaltsanien  Tod  mit  Bestimmt 
heit  in  der  Nähe  sah.  Er  müfste  also  namentlich  um  den 
Verrath  des  Judas  gewufst  haben,  der  sein  Ende  beschleu- 
nigte: aber  elien  liievon  haben  wir  uns  kritisch  noch  nicht 
flberseugen  können,  sondern  eine  Zurttcktragung  aus  dem 


5)  KutBK,  bibi.  Tbcol.  2,  a,  S.  31*.   S»piiarz,  das  b«  A]>endn. 
S.  61. 

6)  PAV1.1IS,  a.  a.  Q.  ö.  jlLiü.   Kais^u,  a.  a.  0.  S.  37  iT. 


Digitized  by 


444  Orllt«r  Abtehnltt 

ErMg  vmnithen  nOtien.    Spricht  nan  Jesus  hef  der 

Darreichunfij  des  Brotes  und  Kelches  so  bestimmt  von  dem, 
was  ihm  bevorstand,  als  ob  es  schon  geschehen  wäre:  wle^ 
wenn  y^ir  hier  wirklieh  nnr  die  Worte  von  solchen  hät- 
ten, denen  der  Tod  Jesu  ein  schon  Geschehenes  wsr,  and 
welche  nun  ihre  Gedanken  über  denselben  dem  scheiden- 
den Meister  in  den  Mund  legeten?  Wein  und  Brot  hatte 
Jesus  4  wenn  er  wirklich  noch  das  Pascha  mit  seinen  Jün- 
gern Merte,  sammt  dem  Fleisch  des  Lamms  fhnen  aasge- 
theilt.  und  nach  jüdischer  Sitte  erklärende  Worte  daen  ge- 
sprochen, welche  der  Erinnerung  an  den  Aussn^  ans  Ägyp- 
ten ifewidmet  waren  Als  nun  so  flherraschend  schnell 
nnf  fenes  Pascha  der  gewaltsame  Tod  «lesn  gefoffirt  war;  da 
wurde  seinen  Anh^lns^ern  am  Paschnfest  eben  das  das  Wich- 
tigste, dafs  es  Jesns  noch  kurs  vor  seinem  Tode  mit  ihnen 
l^feiert  hatte;  die  ErklXrungen ,  welche  er  ihnen  nach  der 
Sitte  des  Festes  von  dem  alten  ürsprun?  desselben  greorehen 
hatte y  fielen  hinwe?,  und  an  ihre  Stolle  traten  Erklärun- 
gen |  welche  gleichsam  den  neuen,  christlichen  Ursprnnif 
dieser  FetcPy  nllmllch  den  Tod  Jesu ,  betrafen.  Der  ersten 
Christengfemetnde  war  hinfort  das  am  Pascha  gebrochene 
Brot  nicht  mehr  Erinnerunfir  an  die  Dranffsnl  ihrer  Väter 
in  Ägypten,  sondern  an  die  Leiden  ihres  Messias,  ebenso 
war  der  Becher  ein  nD"Qn  UO  insofern ,  als  sie  in 

seinem  rothen  Weine  das  vergossene  Blut  ihres  Messias  er- 


7)  2  Mos»  12,  26  n  ist  den  Israeliten  geboten,  wenn  ihre  Kinder 
sie  fragen  werden.  Was  sie  da  feiern,  sollen  sie  antworten: 
es  ist  das  Faschaopfer  Jehova's ,  der  die  Hiader  Israifl  ver- 
schonte in  Xgypten,  u.  s.  U  IMets  wurde  nmn  tum  Ritual 
bei  der  Paicbsfoier,  s.  Lieanoor,  p.  A75f.:  adsievettir  ite* 
rnm  mensa,  et  tum  dioit  ille  Cpat'er  familils):  boc  est  Pa- 
scba ,  quod  comedimus  idoo  ,  qiiia  Deu«  trtnsüt  per  domoa 
patrum  nostronim  in  Aogypto.  —  Klevat  manu  tut  t«yiB«  et 
dicit :  a/yma  har?c  como  limus ,  qina  non  erat  sj>!»tiiim  fari«. 
aae  coasperaae  patrum  aostrorum  ut  fcrmeatarctur  etc. 


Digitized  by  Google 


Zwelle«  KftpIttL  f.  m  411 

bückten ,  und  dfcM  Devtangen  vmtim  Jm»  «liitl  imfmA» 

gen,  welche  er  der  Sitte  gemäfs  bei  Jenem  lesten  Mahl 
gegeben  hatte,  in  den  Mond  gelegt   Dafs  zur  Vergege»» 
♦warligmg  des  Leibe«  Jeea  niebt  das  FatokaluiBy  eondem 
das  Brot  geneniHieii  wurde,  hatte  lelneii  Orand  viellelekt 

in  der  Scheue,  dem  Haopt bestand theil  des  Paschamahls  sei- 
ne jüdische  Bedeutung  zu  nehmen ,  so  wie  in  der  frühaei* 
tig  hervortretenden  Neigung,  dieoea  GedSehtnilanMihl  VMi 
Paaeha  sn  iSeen,  vnd  in  Ufterer  WMerholang  an  begehen« 

Dafs  aber  bei  dem  das  Blut  Jesu  vorstellenden  Weine  die 
Bezeichnung:  %o  alfta  T^g  xaivijg  dict&ijxr^g  gewählt  wurde, 
hat  seinen  Grand  in  der  Ettoksicht  anf  die  Steile  t.  Mea» 
94,  8,  wo  Moses  Ton  dein  Blnt,  mit  weleiiein  er  rar  Ali* 
schliefsung  des  Bundes  zwischen  Jehova  und  dem  Vollt  in 
Bezug  auf  das  Sinaitische  Geses  die  Israeliten  besprengte, 
sagt:  iSn  to  al/ta  t^g  dtad^m^f      dU&9r6  KvQiog  ofis 

Doch  dafs  Jesus  bei  jenem  Mahle  bereits  sein  anmit- 
telbar  bevorstehendes  £nde  vorhergesehen,  scheint  die  Ver- 
sichernng  nn  liewelsen,  welehe  er  nach  sfimoitliehen  syn» 
optischen  Berichten  seinen  Jangern  giebt,  dals  er  Ton  dem 
Gewtfchs  des  Weinstocks  nicht  mehr  trinken  werde,  b!s 
er  es  neu  geniefsen  werde  im  Reich  seines  Vaters.  Sehen 
wir  Jedoch,  wie  bei  Lukas  dieser  Versichernng  in  Bezug 
auf  den  Wein  die  ErkKrong  Jesn'Torangeht,  das  Pascha 
werde  er  nicht  mehr  geniefsen  bis  zur  Erfüllung  im  Got- 
tesreich, so  ist  wolil  ursprünglich  auch  unter  dem  yEwr^f.iu 
T^g  ifiniia  nicht  Wein  ttberhanpt,  sondern  speciell  der 
Pasclmtrnnk  Terstanden  gewesen,  wovon  man  auch  bei  Mat- 
thäus und  Markus  in  dem  r»Ta,  welches  sie  zu  ysmfT^ftarog 
setzen,  eine  Spur  entdecken  kann.  Von  Mahlzeiten  iia 
messianischen  Reich  sprach  Jesus,  gemftCs  den  Vorstellu  i« 
gen  seiner' 2Seit,  öflters,  und  so  mag  er  erwartet  hallen « 
dafs  in  demselben  namentlich  das  Pnschamahl  mit  besonde- 
rer Feierlichkeit  werde  begangen  werden.    Wenn  er  nun 


uiyitized  by  Google 


44:1  Diriuer  Abteiinitt. 

vmkJiart,  iÜmm  MaU  sieht  Mkr  diww,  aondeni  «nt 
i.  Jen«  Am  wiedw  M  gmieAea:  m  Hegt  durfn  errtem 

nich^y  wie,  wenn  er  von  Essen  und  Trinken  überhaupt 
spräoiiey  dnü  schon  in  den  nächsten  Tagen,  sondern  niury 
dmtb  vor  Abkaf  eiiM  Jdm  das  Varwailaii  in  dieacr  vor- 
ifiMfinlMhn  WebovdnQiig  ftr  ihn  ein  £nde  haben  wer- 
de ;  dieses  Ende  abet^  zweitens ,  mufs  er  sich  lieineswegs 
; durch  seinen  Tody  sondern  kann  sich  dasselbe  auch  durch 
.den  Eintritt  des  messianieehen  Aeiohs  herheigeftthrt  gedaeht 
haben  9  und  die  beeCimmle  Versieherong,  welebe  die  Evan«  • 
gelisten  ihm  in  den  Muad  legen,  kann  vielleicht  nur  ein 
Wunsch  gewesen  sein«  Wie  nämlich  die  späteren  Jaden 
l»ei  der  Pasehamalüaeit  sprachen:  dieia  Paseha  fetem  wir 
praeUnii  anno  hele»  faturo  in  terra  liraH  so  lionnta 
vor  der  Zerstörung  des  Tempels  und  der  Zerstreuung  des 
Volks  der  messianisch- gesinnte  Israelit  beim  Pascha  wün- 
schen, es  nnr  dleismal  noch  im  niH  thVf  ^  mschstesud 
im  Bntehe  des  JHsssins  n  fetem  ^ 


9y  PiüLTOy  ex.  Hdb.  3,  b|  8«  5i4f  aas  RnrAHSSty  übra  jreritatia 

et  de  Patcbafe  tratfcttit. 
•0)  Wenfigstenr  bei  den  tpVtereif  Juden  wurde  das  Paschafett  in 

eine  Bexichun^  tum  Messias  gesect,  und  die  Befreiung  Israels 
durch  ihn  »beft  in  der  Faschanacht  cruartet.  Tanchum« 
p.  75  ,  1  (bei  Wetstcin)  t  XV  die  Nisan  nalus  est  Isaacus, 
eo  liberal  tuat  ex  Acgfpto  ,  et  codom  libcrabuntur  ex  Ser- 
vitute regnorum.  Vgl.  Schemoth  R.  18.  und  iXosch  haschan« 
IL  Ii)  1.  bei  WsTSTSnr  su  Matth.  26,  26«  und  BimxsBL  bei 
PiVKDSi  tu  a*  O.  8.  515* 


Digitized  by  Google 


Ürittas  JüaplleL  121. 


443 


Orittas  KapiteL 

Gang  nach  dem  Oelberg 9  Oefangeniieh- 

mung;yt  Verhör  9  Verurtheilung  und 
Kreuzigung  Jesu. 


$.  nu 

Jesu  Scclcnkampf  im  Garten. 

Den  STnoplischen  BerioJitenaufolgegieiigJeiiifiogleleh 
naeh  Beendigung  des  Mahles  und  Absingnngdes  Hallel,  wie 

er|  iibei'Iiaupt  während  dieser  Festzeit  ausserhalb  Jerusa- 
lems £u  übernachten  pflegte  Cl^Iatth.  21, 17.  Luc.  22, 39.))  lun- 
«OB  an  den  Oelbergs  in  ein  xtt»C^oy  (bei  Jeh.  u^Oßh  üeibsaaut« 
ne  genannt  (Bfatth.  26,  30.  36.  parall.),  wohin  tfiA  Johaa^ 
nes,  mit  der  ausdrücklichen  Erwähnung,  dafs  es  über  den 
Bach  Kidron  gegangen  sei,  erst  nach  einer  langen  Reihe 
von  Absehiedsreden  (Kap.  14 — 17.),  anf  welche  wir  später 
KU  reden  Icommen  werden,  aufbrechen  lüfst  Wahrend  an 
die  Ankunft  Jesu  im  Garten  Johannes  unmittelbar  die  Go- 
fangennelimung  knüpft:  schieben  die  Synoptiker  noch  die- 
jenige Scene  daawischen,  welche  ma  als  den  iSefdeniuinipf 
Jesu  au  beaeiehnen  pflegt.  , 
Ihre  Berichte  hierüber  sind  nicht  gleichlautend.  Nach 
Matthäus  und  Markus  nimmt  Jesus^  indem  er  die  übn^reu 
Jünger  aarUckbleiben  heifsti  seine  drei  Vertrautesten,  den 
Petrus  und  die  Zebedaiden,  asit  sieb^  wird  von  Bangigkeit 
und  Zagen  Uberfallen,  erklflrt  den  Dreien,  bis  cum  Tode 
betrübt  zu  sein,  und  reifst  sich  auch  von  ihnen,  indem  er 
sie  wach  au  bleiben  ermahnt,  los,  um  für  sich  ein  Gebet 
verrichten  au  lidnnen,  in  weichem  er  »  das  Angesicht  auf 
die  Erde  gebeugt,  in  der  bekannten  Weise  um  Abwendung 


Digitized 


i/U  Dritter  Ab«eliaitt, 

det  LeUbMkdeh«  drht,  ibrlgm»  AUm  dm  Witten  «eüm 
Vaters  anhelinstellf«*  Wie  er  wieder  an  den  Jangem  keannt, 

findet  er  sie  schlafend ,  ermahnt  sie  sbermals  xur  Wach- 
•Asalieit)  entfernt  sicli  dann  nocli  einmal  und  uiederhoit 
des  Terige  Gelietf  n^mof  er  aeine  Jünger  wieder  aebln- 
Ibnd  antrifft  Znin  drittenm  1  onlf^mt  er  nnn,  um 
das  Gebet  zu  wiederholen)  und  w iederlLommend  findet  er 
nnm  drittenmal  die  Jfinger  schlafend ,  erweciit  aie  aber 
Jes^  um  dein  nalienden  Verritiier  entgegensngehen.  —  Von 
den  beiden  Dreieahien,  weleiie  In  dieser  Brsllilang  der  bei- 
den ersten  Evangelisten  eine  Rolle  spielen,  hat  Lukas  nichts, 
aondem  nach  ihm  entfernt  sich  Jesus  von  sümmtlichen  JUn- 
gerny  neelidem  er  ale  nur  Waeliaamlielt  ermahnr,  nngefiiir 
anf  einea  Steinwnrfa  Welte »  nnd  betet  linleend  j  nur  Ein- 
mal, aber  fast  mit  denselben  Worten,  wie  ihn  die  beiden 
andern  lieten  lassen  ^  kehrt  dann  eu  den  Jüngern  euriiciL 
fuid  erweekt  aie^  weil  Jadae  mit  der  t^eiiaar  aieh  nAliert. 
OalBr  hat  non  aber  Lnkaa  In  der  einsfgen  Oebefasoene^ 
von  welcher  er  weifs,  ewei  Umstünde,  die  den  tfbrigen  Be- 
richterstattern fremd  sind,  dafs  nXmlioh  wührend  des  (te* 
bafts^  nnmittelbar  elie  der  befitigate  Seeienbampf  eintrat, 
ein  Engel  ersehlenen  sei,  Jeanm  en  atlrken,  wahrend  der 
darauf  gefüllten  ayoma  aber  Jesüg  SehwelTsj  wie  cor  Er- 
de £illeade  IMtitstropfen  ^  vergossen  habe. 

Von  Jeher  Ut  nn  dieaem  Vergeiig  in  Getbaemane  An- 
•tofii  geii6nmien  worden^  well  fn  demaelb'en  Jeaaa  eine 
Schwache  und  Todesfurcht  zu  zelf^en*  scheint,  weiche  man 
ihm  imnngemessen  glauben  kdnnte«  Ein  Celsus  und  Ju- 
lian heben,  m  Rtfefcalebt  ohne  Zweifel  «of  die  grofsen  Mu- 
iter  elneä  aterbeilden  Sokraiea  und  anderer  heidniaeben 
Weisen^  das  Zagen  Jesü  vor  dem  Tode  gedchmüht  *')\  ein 

I)  Orlg.  i.  CaU.  1,  S4:  i^«  (4  JUU^y 

Üii^tratf  Mm\  vor  tS  iU^fit  ^dflm^  «jTjftrm  na(taSfia/t9ir  ^  Ityrnr 
IT.  r.  i. ;  —  JutiSn  in  eiaem  Frsgmenl  Theodar's  van  Mop» 


Digitized  by  Google 


* 

Drittes  Kapitel.   {.  121.  445 

Vanini  sein  eigenes  Benehmen  bei  bevorstehender  Hlnricb- 
tnng  ktthn  Olier  das  von  Jesa  gestellt  0.>  in  evong«* 
tium  Nieodemi  MKliefst  der  Satan  «na  dieser  Seena,  dafii 
f'hristaa  ein  Uofiier  Menseb  gewesen').  DieAusfloeht  dee 
Apokryphums,  die  BetrUbiürs  Jesu  sei  nur  Verstellung  ge- 
wesen, um  defli  Teufel  aum  Kampf  mit  ihjn  Muth  zu  ma- 
chen  ist  nnr  das  £iii|{ietindnUsy  dafii  ea  eine  wirkliehe 
BetrObnifs  Jener  Art  hei  Jesu  nieht  b«  denken  weifa»  Oa» 
lier  berief  man  sich  au^  den  Unferscined  der  bilden  Na« 
tnren  In  ChristO|  und  schrieb  die  Betrübnifs  und  die  Bitte 
um  Abnahme  des  nori^^iey  der  mensehilcheni  die  Ergehang. 
in  daa  ^tki^ia  des  Tatera  aber  der  göttlSehen  Datnr  an 
Da  Jedoeh  diefs  theils  eine  unzulässige  Trennung  im  We« 
aen  Jesu  eu  setseni  theils  das  Zagen  auch  nur  seiner 
nenaehlichen  Natnr  ?er  *  heTorstehenden  körperlichen  Lei- 
den ihm  nicht  wehl  anavstehen  schien :  so  gab  man  aelner 
Bangigkeit  einen  geistigen  Bezug,  und  machte  sie  au  einer 
aympathetiscfien,  indem  es  nun  die  Ruchlosigkeit  des  Jn- 
daa,  die  Gefahr,  weiche  seinen  Jttngeni  drohte 9  und  daa 
Sehieksaly  weieiiea  seinem  Velke  lieTentandi  gewesen  aeia 


▼esHs ,  bei  MOma »  Frsgm.  Palr.  grsec.  Fatc«  1 ,  p.  lil : 

wVf  gyta/vtTat, 

2)  Gramond.  hi«l.  Gill,  ib  exc.  Hcnr.  IV.  L.  3,  p.  211:  Lu- 
cilius  Vanini  —  dum  in  patibulum  trahitur  —  Christo  illudit 
in  hacc  ««dem  Terba :  iili  in  extremis  prae  timore  imbeUii 
sudor:  ego  imperterritus  morior. 

3)  Eysng.  Nicod.  €•  30,  bei  Thuo,  1,  S,  702ff. :  iym  yttf  •ISm^ 

4)  Ebcndas.  S.  706  ,  erwieilert  Htdcs  dem  Salan!  ,?  ,Ji  i/yf«f, 
£ri  ^MKoas  avrS  tpoßmftivH  jov  ^dyaror^  nai^tay  at  «a»  ytlüiy  ifn 

5)  Se  schon  Urigeaas,  c«  Cels. 


Digitized  by  Google 


4M  ürtttet  Absohnitt. 

soll  9  WM  flim  solche  Traurigkeit  venirtfiohte  Seine. 

tipitae  erreichte  dieses  Streben,  den  Schmerz  Jesu  von  al- 
ler sinnikben  Beimischung  und  Beziehung  auf  seine  eigene 
Person  m  reinigen  |  in  der  kirchlich  gewordene^  Ansicht, 
dsfs  Jesus  in  des  Mitgefühl  der  Sündenscliuld  der  gnneen 
Menschheit  verseet  gewesen  sei,  und  Gottes  Zorn  (Iber  die- 
selbe stellvertretend  empfunden  habe  '^') ;  wobei  nach  der 
Ansicht  f  on  Einigen  sogar  der  Teufel  selbst  mit  Jesn  ge- 
rungen heben  solM)« 

Doch  Von  einem  solchen  Grunde  der  Bangigkeit  Je- 
Stt  steht  nichts  im  Texte,  vielmehr,  wie  sonst  (.Matth.  20, 
SS  f.  parallO»  *o  mnCt  anch  hier  das  nonfQiWy  um  dessen 
Ahnahme  Jesus  bittet,  von  seinem  eigenen  körj)erlichen 
Leiden  und  Tode  verstanden  werden.  Zugleich  liegt  jener 
kirchlichen  Ansicht  eine  unbiblische  Vorstellung  von  der» 
Stelivertretnng  cum  Grunde.  Jesu  Leiden  ist  allerdings 
anek  schon  in  der  Vorstellpng  der  S}  nojitlker  ein  stell- 
vertretendes für  die  Sünden  Vieler  5  allein  die  Stellvertre- 
tung besteht  nach  ihnen  nicht  darin ^  dafs  Jesus  unmittel- 
bar diese  Sünden  und  das  ihretwegen  der  Menschheit  ge> 
bohrende  Leiden  nn  empfinden  bekXnie :  sondern  fdr  jene 
»Sünden,  und  um  ihre  Strafe  aufzuheben,  wird  ihm  ein  per- 
sönliches Leiden  aufgelegt.   Wie  ihn  also  am  Kreuse  nicht 


6^  Uicron.  Comm.  in  Matth,  z.  d.  St. :  Contristabatur  non  ti- 
morc  paticndi,  qiü  ad  hoc  vcncrat,  ut  pateretur,  scd  proptcr 
infelicissimum  Judam,  et  scandaium  omnium  apostolorum,  et 
rejcctionem  popuii  Judaeorum,  et  erersionem  miserse  Hieru- 
salsm. 

7)  CxLVTK ,  CoauB.  in  Bann,  evangg.  su  Matth.  26,  37 :  Non  — 
mortem  horruit  simpliciter,  quatenus  transitus  est  e  mundo, 
sed  quia  fonBidahile  Dei  trihnnal  Uli  erat  ante  oculos,  judex 
ipso  incomprehensibili  vindicta  armatus,  pcccata  vcro  nostra, 
quorum  onus  illi  erat  impositum,  sua  ingcnti  niolc  cum  prc- 
ixiebant.  Vgl.  Lvthsa's  üauspostille,  die  erste  Tassionsprcdigt. 

S)  LisuTfooT,  p.  884  f»  ' 


üiyilizea  by 


Dritt««  KapIteL  f.  m.  44T 

direkt  die  SOndeii  der  Welt,  und  der  «of  dIeM  Mk  W 

Kiehende  Zoro  Gottes,  sondern  die  ibm  beigcbrechten  WufH 
den,  eammt  seiner  ganj&en  jammer vollen  liage ,  In  welche 
er  freilich  «m  4er  Üflnden  der  MenBchheit  willen  rerml 
war,  schmeraten :  ao  war  es  der  Voratellong  der  firangeli«  ^ 
sten  zufolge  auch  In  Gethsemane  nicht  unmittelbar  das  Ge« 
fühl  des  Elends  der  Menschheit,  sondern  das  Vorgefühl 
seines  eigenen,  allerdings  an  der  Stelle  der  Menschheit  sa 
llbernelimendea  Leidens^  was  ihn  in  jene  Bangigkeit  Ter- 
seste. 

Von  der  unhaltbnr  befundenen  kirchlichen  Ansicht  des 
Seele nhampfs  Jesn  ist  man  in  neaerer  Zeit  einerseits  in 
rohen  MateriaÜsmas  enrUckgefallen ,  indem  man  die  Stloi* 
mang,  welche  man  ethisch  rechitfertigen  za;kdnnen  ver» 
zweifelte,  zu  einer  rein  physischen  machte,  und  Jesu  in 
Gethsemane  eine  Übelkeit  zustossen  liels');  eine  Ansicht, 
weiche  Paulus  mit  einer  Strenge,  die  er  nur  fieissiger  aaek 
gegen  seine  eigenen  Erklttmngen  hfitte  kehren  soUen,  für* 
eine  unschickliche,  textwidrige  Umdentung  erklärt ,  dabei 
aber  dennoch  die  ilEUMAMNSche  Hypothese  nicht  unwahr« 
scheinlioh  findet,  dafs  au  dem  innern  Schmers  eine  ieiln 
iiehe  Erkältung  in  dem  vom  Kidron  durchschnittenen  Thal- 
grund wenigstens  hinzugekommen  sei*°).  Von  tlcr  andern 
Seite  hat  man  der  Scene  mit  moderner  Empfindsamkeit  auf*  - 
Btdieifen  gesneht^  und  das  Freundschaftsgefühl,  den  Treu- 
nungssohmers,  dleAlMcIdedsgedanken,  als  dasjenige  betrach- 
tet, was  Jesu  Inneres  so  zei*rissen  habe**);  oder  ein  trü- 
bes Geroisch  von  dem  Allem ,  von  selbstischem  und  theil- 
nehmendem,  sinnlichem  und  geistigem  Sehmem  roransge- 
sesf  >  Paulus  deutet  das  elduimw  igh  naQel&km  ti 

9)  Tinsts,  kiit«  Goaun«  S.  418 
10)  a.  a.  O.  S.  S54  f.  Anm.  549. 

11}  Sghustba,  zur  Erläuterung  des  N.  T.,  in  EicuHOiui^t  Bibiiotb» 
9,  S.  1012  ff. 

12)  Hsss^  Geschichte  Jesu,  3,  S,  322  IT.  HviM^ih,  ia  Matth,  p.  719L 


Oigitized 


448  Dritter  Abschnitt. 

nmjfi»  ab  Tnbk  mmmhmht  AofstUebkclt  JeM,  ob  es 
wirMieb  Gottes  Wille  sei,  dbft  er  sieb  des  aidistbevMw 

Btehenden  Angriff  hingebe ,  ob  es  irieht  Tielniehr  gottgefül-« 
liger  Ware,  dieser  Gefahr  noch  auszuweichen:  er  macht 
umr  Weisen  Anfrage  an  Gott,  was  eflbnbnr  die  dringendste 
Ktle  ist. 

Wfihrend  OtSBiüStir  sieb  in  die  liircbliche  Ansicht  so- 
rllclLwirft|  nnd  den  Machtspmch  thut,  die  Ansicht,  als 
bitte  das  insserüebey  kSrperlicbe  Leiden  den  Kaaipf  in  Jee« 
iMTforgemfen,  afisse  eis  eine  des  Weeen  seiner  £rsebei- 
nnng  remlehtende  entfernt  werden:  liaben  Andere  richti- 
ger anerkannt)  daCs  hier  allerdings  der  zum  Affekt  ge- 
wordene Wnnscb)  des  bevorstehenden  furchtbaren  Leidens 
Uberboben  sn  eein,  die  Seliener  der  sinnllclien  Netor  ror 
ihrer  Vemiehtong,  sieh  seigen*').  Was  nun  aller  euch 
von  jeher  bemerkt  worden  ist^  um  eine  solche  Weichheit 
der  Stiomung  Jesu  Ton  jedem  Vorwurfe  sn  befreien:  dafs 
die  sebleunige  Überwindung  der  widerstrelienden  Sinnlidi- 
lieit  jeden  8eh^  des  Sündbeflen  wieder  entferne  *^); 
dafs  das  Beben  der  sinnlichen  Natur  vor  ihrer  Vernichtuncr 
M  Ihren  wesentlichen  Lebensfiussernngen  gehdre'^);  daCs, 
Je  reiner  die  aenseblicbe  üetnr  in  eineni  ssl^  dssto  en» 
pftndlieber  sie  gegen  Sehmem  nnd  Vernichtung  sieh  ver» 
lialte*^);  dafs  das  Dorchempfinden  und  Überwinden  des 
ISchmerses  grdlser  sei  als  eine  stoische  UnempfindÜehlteli 
gegen  denselben  la^vuat  bleibt  doeh  die  eueb  ron  Oia* 
haosbk  getbellte  Bedenkllebkeit,  dsls  ein  solches  Zagen  vor 
körperlichem  Schmerz  und  Tod  Jesum  unter  einen  Sokra- 
tes  und  numche  Andere  hernnterniisetsen  scheinen  ktonte. 

IS)  VuMATtny  über  die  UnsUndUclikeit  Jesu^  in  s.  Studien ,  1^ 
8*  61*  HASsaT)  ebenda«.  3i  Ij  8.  <{6lil 

14)  Uujttinri  s.  a«  O* 

15)  'Hasisv«  s*  s«  O« 

i€)  ImmMf  in  der  Predigt  vom  Leiden  Christi  im  Gsrten* 
17)  Anbroiiui  in  Luc.  Tom.  10,  56. 


Digitized  by  Google 


i)rittes  Kapitel.    $•  12K  449 

Defsweg^pii  sollfe  wohl  derjenige  auf  den  Dank  besonders^ 
der  Orthodoxen  rechnen  dilrfon,  der  e«  linteniillimt,  die 
GlaabwUrdigkeit  der  betreffenden  £rslihlangen  kritisch  su 
vntersachen. 

Auch  hier  indessen  dürfen  wir  die  Kritik  nicht  erst  an- 
fangen, welche  vielmelir,  namentlich  darch  die  eigenthilaili^ 
ehe  DiKrstellang  des  dritten  Erangeliums,  schon  ISngvt  her- 
vorgerufen worden  Ist.  Der  stärkende  Engel  hat,  wie  noe  / 
dogmatischen  Gründen  der  nlteii  Kirche,  so  der  neueren 
Auslegung  niis  kritischen  Gründen,  eu  schaffen  gemacht. 
Ein  altes  Sciiollon,-ln  JBetracht,  ovi  t^g  iaxoog  tö  ayyika 
ex  inediero  6  vnd  ndür^  tnuQavlu  dwij^tBog  cp6ß(p  xal  tqo^ 
fiof  7i()og'/{n'ij((Crog  xai  <So^cc'^nf{(-rog,  fafst  dns  dem  Kngel 
cugeschrlehene  ivia'/veiv  als  ein  für  stark  Erklären,  d.  h. 
als  Darbringung  einer  Ooxologie  *^);  wogegen  Andere  lie- 
ber, als  Jesnm  einer  Stfirkong  durch  einen  Engel  bedliri^ 
tig  sein  7A\  lassen,  den  uyyf?,og  iyio/j'cov  zum  bösen  Engel 
machen,  welcher  ^egen  Jesum  Gewalt  brniiohrn  wollte  ' 
Wenn  nun  auch  die  Orthodoxen  durch  die  Unterscheidung 
des  Standes  der  Erniedrigung  und  Entllnsserung  bei  Christo 
Ton  dem  Stande  seiner  Erhöhung,  oder  auf  Xhnfiche  Wei- 
se, den  Stachel  der  dogmatischen  ßedenklichkeit  längst  ab- 
gestumpft haben:  so  hat  sich  an  deren  Stelle  nur  um  so 
entschiedener  ein  kritisches  Bedenken- ausgebildet.  In  Ei» 
wägung  des  Verdachts,  welchen  nach  früheren  Bemerkun- 
gen angebliche  xVngelophanicn  jederzeit  get^en  sich  haben, 
hat  mnn  auch  in  dem  hier  erscheinenden  Engel  bald  einen 
Menschen  bald  ein  Bild  für  die  Ton  «lesn  wiederge* 
wonnene  Rohe  linden  wollen.  Doch  der  efgentliehe 
Ort  für  den  kritischen  Angriff  auf  die  Engele röcheln ung 


IS)  In  MATnum*s  N.  T.  p.  U7. 

19)  LtOMTfOOT,  s.        O.  < 

20)  Vkrtüriki,  5,  677.  «nd  "vermuthungsireise  such  FiiÄW  8.561. 

21)  KicMHORN,  allg.  Bibl.  1,  S.  628.    Taitii,  «.  d.  St. 
Das  l^h§n  J§ta  II.  Hand,  29 


Digitized  by  Google 


4S0 


wnr  dareh  den  Dmjitand  Anorc/Pi^r,  dnfs  Lttfenii  der  elnw.tge 
ist,  von  welchem  wir  dieselbe  erlnliren  ^■).  SimI  i>mt  der 
gewöhiiUcben  Vomus^eUang  da«  ernte  und  vierte  Ev»nge-> 
liam  apostolischen  Ursprungs ;  warnm  scliweigt  dann  Mal« 
thütis,  der  doch- im  Oarten  war,  von  dem  Kugel,  warom 
besonders  Johannes,  der  unter  den  Dreien  in  (irr  ^älie 
Jesu  sich  befand?  man:  weil  sie,  schlafCiMiuken,  wie 

sie  waren)  and  immerhin  in  einiger  fintfernungl  noch  dnett 
bei  Macht,  ihn  nicht  bemerkten,  so  fragt  sich,  woher  Lu- 
kas die  Notiz  bekommen  haben  soll  -5)?  Dafs,  sofVrn  liie 
Jünger  die  [^Erscheinung  nicht  selbst  beobachtet  hatten,  Je- 
sus ihnen  noch  in  jener  Macht  von  derselben  sollte  ersäbit 
liaben,  Ist  viegen  der  gespannten  Stimmung  jener  Stun» 
den,  und  der  unmittelbar  nach  der  Znrttckkunft  Jesu  zu 
seinen  Jüngern  erfolgten  Annäherung  des  Judas  wenig 
wafarscheiaüch ;  ebenso  ^  dafs  er  in  den  Tagen  der  Auf» 
erstehung  es  ihnen  sollte  mitgetheilt,  und  diese  Kunde 
nnn  nur  dem  dritten  Evangelisten,  an  welchen  sie  doch 
blofs  mittelbar  gelangte,  der  Aufzeichnung  werth  geschie- 
nen haben.  Oa  auf  diese  W  eise  Alles  gegen  den  histori- 
•sehen  Charakter  der  EngelerscheiMong  sich  vereinigt:  war« 
um  sollten  wir  nieht  atieh  sie,  wie  alle,  namentlich  In  der 
Kindheitsgeschichte  Jesu  uns  vorgekommenen  Erscheinun- 
gen dieser  Art,  mythisch  fassen  tScbun  Gablkr  bat  die 
Ansieht  vovgetragen,  dafs  man  in  der  ültesten  Gemeinde 
den  schnellen  Übergang  von  der  heftigsten  (vemathfibe%>e* 
gung  2U  der  ruhigsten  Ergebung,  welcher  in  jener  JNacht 
an  Jesu  bemerkiich  war,  sich  der  jüdischen  Denkv^eise  ge- 
mäls  durch  die  Oaswischenkunft  eines  stärkenden  Eiigele 
erklärt,  und  diese  £rklärung  sich  iu  die  Ersählung  ge- 


22)  vgl»  hierüber  und  Uber  das  Folgende  Gasim,  Ini  aeuectea 
IhsoL  Jourasl,  1«  2,  S.  109  ff.  3|  S.  217  ff. 

23)  vgl.  Julian  hei  Theod«  v.  Mopsv.  in  MCktsr's  Fragm.  Fatr. 
p.  121  f. 


Digitized  by  Google 


Dritti98  Kapitel.    S*  l^i 


451 


iDKscht  haben  möge,  und  Schleirrmacher  findet  »Is  «Ins 
W«uhi*jicheiulich8te,  daü  man  fliege,  von  Jesu  selbst  als. 
«chwer  befwielmeten  Aogeiil>lksk0  wiüg  durcU  Kiigtlef>8«lieiT 
nonjven  hymniBch  verherrlicht,  und  d#r  ^farent  im  driN 
ten  t^vaiioelidin  dieses  ursprünglich  hlofs  poetisch  Gemeinte 
geschicinlicli  genummfu  habe  ''^).  Ob  dueaei^^uffassung  ge^ 
nttgt,  ob  «ie  nicht  etuM  «Ii  gesohiebtUcI)  mw  C^nuid«  legf^' 
WM  selbst  noch  som  Mythischen  gerechnet  jwcrdcii;  owls^ 
kann  sich  erst  weiter  unten  zeisfen. 

CS 

P^icht  minder  anstüfsig  aU  die  Stürkung  durch  dea 
Engel  ist  schon  frUhseitig  der  andere  dein  Lukas  eigen- 
thlimliche  Zog,  der  blotige- SchweÜs,  geCunde^.jijrorden« 

Wenigstens  scheint  es  dieser  vor  Allem  gewesen  zu  sein, 
welcli(M*  die  Weglassung  der  ganzen  Einschaltung  bei  Lu- 
kas V.  43.  und  44.  aus  mehreren  alten  Evangelicnexempia- 
rcn  veranlafst  hat«   Denn  wie  die  Orthodoxen,  welche  nach 
£pi|)hanius       die  Stella  ausmerzten,  liauptsächlieh  den 
tiefsten  Grad  der  li.mgigkcit,  der  sich  in  dem  ßlutsciiweirs 
nusdriiclit,  gescheut  zu  haben  scheinen:  so  köJinen  beson- 
ders die  doketisch  Gesinnten  unter  denen^  wdchn  die  Stob* 
|e  nicht  lasen  '^),  nur  jenen  Schweifs  perhorrescirt  haben« 
Er!;oh  man  anf  diese  Weise  früher  aus  dogmatischen  RUcIt- 
sichten  gegen  die  Schicklichkeit  des  13iutscbweifses  Jesu 
Zweifel :  so  hat  man  diefs  In  nenerer  Zeit  aus  physiologi- 
schen Grflnden  gegen  die  Möglichkeit  desselben  gethan. 
Zwar  werden  für  das  Vorkoininen  von  blutigem  Schweifs 
von  Aristoteles  * bis  auf  die  neueren  JSatuj  forsrhor  herun- 
terAnctoritftten  aufgeführt:  aber  man  findet  eine  sol- 
che Erscheinung  immer  nur  als  höchste  Seltenheit  und  als 

24)  über  den  Lukas,  S.  288. 

25)  Ancoralus,  31. 

2b)  s.  hei  W  etstki.n,  S.  807. 
27)  De  pari,  animal.  5;  15. 
.  29}  8,  bfu  Micjusus,  Amu.  z.  il.  St.  und  Kuiinöl,  in  Luc.  p.  691  f. 

St9  * 


Digitized  by  Google 


454 


Dritter  AbsehDitt. 


telst  c1er:ParcTit  gemaohten  Angriffo  den  drei  Anirrffl^n 

mittelst  Her  Last  m  der  Versuohiingsgosohiclite  parallel 
•t^heiw  Diese  Parallele  ist  gegründet,  oor  fuhrt  sie  eaf  das 
e^t^ecrensresesfe  Resultat  ron  demjenigen ,  welches  Olshad- 
SEN  aus  ihr  ziehen  will.  Denn  was  ist  nun  wahrseheinli- 
oher:  daCs  in  beiden  Fällen  nie  drelmalig^e  Wiederholung 
des  An^ri^s  ihre«  objektiven  G^nd  in  einer  rerborgenen 
GeseEBiXrsigkeit  des  Geisterreichs  gehabt  habe  *  >> ,  mithin 
al«  wirklich  historivsch  anzusehen  soi :  oder  dnfs  ihr  hlofs 
aabjektiver  Gründl  in. der  Manier  der  Sno^e  liege,  und  dem- 
afioh  d/u ;  Vorkpoimen  dieser  Zahl  ons  hier  so  sicher  wie 
oben  bei .  ^ei;  ypjrsachn^cisgeschichte  auf  etwas  H jthisches 
hinweise?  ' 

^  Rechnen  wir , also  Engel ,  BIutschweiTs  ,  und  die  drei- 
ff^lige  Wied^^holiing.  der  £ntfernnng  and  des  Gebets  Jesa 

.el0,f]fjt|i|^Qh|9.  Zv^hate«  ab:  so  bliebe  yorlSulig  als  hlstori- 
seber,  Kern  das  Pnktnm^  dafs  Jesus  an  jenem  Abend  im 

.Garten  in  ein  heffige«  Zarren  hiiieingerafhen  sei,  und  f^ott 
vtin  4 ^!^|?ndai)g. feines  Leidens,  mit  Vorbehalt  jedoch  der 
|{;iteriirerftMtf  .UlO^^'r  seinen  Wülen^  gebeten  habe:  vcoM 
et  .fndefe  unter  Voratissetznnw  der  gewöhnlichen  Aiisi*»bt 

;  vom  VerhfiltniCi  unserer  Kvan^jellen  nicht  wenig  hpfr»»mden 
fllu(i((,dArs  dem  johanneischen  Evangelium  selbst  diese  Grund- 

«H^fe.dpr  ii)  Reje.tteheiidea  Geschichte  fehlen. 

VcrhäUai»^  des  vJprton  P^vangeliums   zu  don  Vorgängen  in  Goth- 
scm&ae^  ioK^nneisohcn  AJjschiodsrcdeii  und  die  Scene 

I  bei  Anmeldung  der  Hellenen, 

Das  Verhelf  d«^  Johannes  sa  den  bisher  erwnirenen 

Erzählungen  der  Syn«>j)tlker  hat  zunächst  die  zwei  Seifen, 
daf».  er*  er«tiloh  von  dem,  was  diese  geben,  hichts  hat,  und 


'<.&!)  Wia  etwa  Mep|u«topkf)k^.  droim«!  .k^0]ß(9a  |md  hcruini^crufon 
werden  muti« 


Digitized  by  Google 


DriUe«  K«pitel.   i4  JltU  465 


siveitens  statt  dessen  etwas  hnt^  was  mit  deoi  voa  den  Sja« 
«iitik«rn  ErBäUten  unvereinbar  tchelnt. 

Wt»  die  erste,  negative,  Seife  betriSit,  so  M  M" dir 
gewöhnlichen  Voraussetzung  Uber  dtMi  Vei-fHSser  des  vier- 
ten Evangeliums  und  die  Richtigkeit  des  syiioptisohen.  Be- 
richtes SU  erklären  y  wie  et  üoniBit^  4a(a  iJohanne«)  -dar 
jloeh  ilen  lieiden  ersten  Evangelien  infolge !.4in»r.dei'.ihii 
gewesen  ist,  welche  Jesus  als  die  njihei*«iir  Zeugen  seinee 
Kampfes  mit  sich  nahm ,  den  ganzen  V  orgiing  mit  Still' 
schweigen  abergehsi^  A«f  seine  SohläfHgbett  während  dei- 
jaalben  darf  aMin  aidh  nieht  berafen^  da^  m4hn  dlfae  titi 
Hindernifii  war,  aHmndMie  Evangelisten^  biehftl'MialiMa 
allein,  von  der  Sache  schweigen  müfsten.  Daher  steht  maii 
auoh  hier  das  Vulgäre  berani  ör  llb^gehe  «die  Seene^  wjejl 
•er  sie  sehon  bei'  den  Synoptikern  aargMUg  gdnngiklargf- 
stellt  gefunden  habe  *>'  Allein  swiseben  il^  belden.Mten 
Synoptikern  und  dem  dritten  findet  ja  eine  so  bt?deotende 
DitTerena  statt,  da(s  sie  den  JohanneS|  wenn  er  auf  illre 
Darstellungen  Raeksioht  nabn,  aufs  Jlrteg^dale*  nnffurilci'n 
nufste,  in  iBeseai  Streit  ein  vermittelndes  •  Wort  nn  spre- 
chen.   Wenn  aber  auch  nicht  aus  den  vor  ihm  liegenden 
Arbeiten  seiner  Vorgänger,  so  soll  Johanneii  «doch  haben 
vnraussataen  können,.  daTs  ans  der  eviangeÜseben  Tradilbm 
jene  Gesobiohte  seinen  Lesern  blnlinglich  bekannS  sein  wer- 
de        Doch,  da  aus  dieser  Tradition  die  so  sehr  abwei« 
ohenden  Darstellungen  der  Synoptiker  hervorgegangen  sind, 
•o  aniis  in  ihr  aelbst  sehen  frttbaeitig  ein  Sehwaiiken  ge- 
wesen, und  die  Saebe  bald  so  bald  andere  ersählt  worden» 
folglich  auch  von  hier  ans  an  den  Verfasser  des  vierten 
Evangeliums  die  Aufforderung  ergangen  sein,  diese  schwan- 
kenden Evnäbiiingen  dnreh  seine  Auetorität  au  bericlitigen. 
Jl>alier  bat*  auu  nenestena  anf  etwas  gann  Besonderes  ge- 


I)  OuHADSBir,  2,  S.  42P.  , 

t)  Tholvck,  S.         LUcKs,  ^,  8.  591* 


% 


Digitized  by  Google 


.«     l)rittei*  Abschniit. 

vathen,  d«£ei  näinlioh  Johannes  die  Vorgänge  in  Gethseni«* 
m  «iefswegen  übergehe,  um  nicht  diircb  £i*ivihn«iig  Am 
adlrlMhdeti  Kitgttis  ilo^f^ioniliseheii  Meinnng  Vonehnb  m 
thun^  das  Hithere  in  Christo  sei        Bngel  gewebten,  der 
sieh  mit  ihm  bei  der  Taufe  verbanden  habe,  und  Hnmals, 
4eHi'AiitMtt  des  Leidiens,  wie  man  glauben  lionnte, 
'wiaihf'  TM.Him 'fMihiedeii  tei  3).  Ali«iO|  «oeh  abgeteheii 
i^UffiKi ,  düfitVwir  «ttcfe  HypolkMe  ibliMi  aoiitt  «Ii  viissrei- 
«hend  gefunden  haben,  die  Auslassungen  im  johanneischen 
'£4aiifelioiii  so  erlii^ren^  so  mufste  Johannes,  wenn  er  ei- 
fiMiebiing  Jetn  auf  Engel  ▼erawidcii  w^Mca, 
mwafc  >wlch  •kdef'  Bi*Ueii  a«s  MAnm  Krangefluoi  wegl aa- 
sen: Vor  allen,  worauf  Lücke  aufmerksam  macht**),  1,  52. 
den  Aosspi'uob  von  den  äber  ibm  auf*  und  absteigendea 
-£ng«lii^  'dann  'aber  Mich  das^  «rar  imif  ala  Vermutbmg 
etlfaiher  Cmstahanden  gegebene ,  ayyel^  aSrtti  Xslihpnw 
12,  20«    Nahm  er  aber  aus  irgend  einem  Grunde  an  dem 
Engel  kn  .Garten  {(anz  besondern  Anstofs:  so  konnte  doch 
hierin  Mr*e&n  Ctrwnd.  ii^ii)  mit  Mattbflna  itad  Marfcua 
dieDaswItehenbolift  des  fingela,  nkht  aber  die  genae,  Ten 
der  Angelophaiiie  wohl  trennbare  Geschichte  wegzulassen. 

Will  sioh  nun  schon  das  ^Fehlen  der  ßeg^ebenheit  bei 
Jehannea  nieht  erkJüran  lasaes:  ao  wAebat  die  Sebwierif- 
keie,  wenn  wir  dasjenige  ermdigen,  waa  derselbe  etait  die- 
aer  Soene  im  Oarten  iber  die  Stimmung  Jesu  in  den  fes- 
ten Stunden  vor  seiner  Gefangennehmung  mittheiit.  Nfim- 
Üoh  an  der  gieiohen  äteUe  ewar,  welcbe  die  Synoptiker 
dem  Seelenkampf  anweisen,  bat  Johannee  nlebta,  indlem  er 
nach  Jea«  Ankunft  im  Garten  togleiob  die  Verhaftung  er- 
folgen liiCst:  aber  uiitnitteibar  voi-her,  bei  und  nach  i\vm 
leaten  Mahl,  hat  er  Heden ,  von  einer  Stimmung  beseelt, 
ajif  weiche -dergleiehen.Sceiaen,  wie  aie  buit  der  sjnefiti« 

4J  Comai,  1,  S,  177  1.  ' 


Digitized  by  Google 


MhM  Berichte  Im  Garten.  TorgcgMge»''Säit''ei»Uen|  nieht 
Mpohi  geldgt  mIb  ktaieii.  In  den  AAioUedtMUn  M^lo- 

hannes  nftmllch  ,  Kap.  14 — 17 ,  sp  .it  J«stts  gani?  wie  ei- 
ner, der  das  beversteheDde  Leiden  innerlich  schon  völlig 
ttbervmnden  hat;  Toa  einem  Standpnnkt,  «reichem* der  Tod 
•In  den  Strahlen  ^ler  auf  ihn  folgenden  HerrMAnlt  ver* 
eehwimmt;  mit  einer  göttlichen  Rohe,  die  in  der  GewifiH 
heit  ihrer  UnerschOtterlichkeit  heiter  ist:  wie  konnte  ihm 
unmittelbar  darauf  dieae  Rnhe  in  der  heftigsten  Gemflthi- 
bewegung,  diese  Heiterkeit  In  TedeibetrObnÜs  nntefgehei^ 
vnd  ep  ani  dem  schon  gewonnenen  Sieg  wieder  cum  sehwa» 
kendeii  Kampf,  in  welchem  er  der  Stärkung  durch  einen  fin- 
ge! bedurfte,  aurtfcksinken  I?  ^  In  jenen  Absehiedsreden  ist 
er  es  doffchaos,  welcher  ans  der'Fflüe  seiner  Inneren  Klar» 
fceit  und  Steherhelt  die  sAgenden*' Freunde  beruhigt:  und 
nun  soll  er  bei  den  schlaftrunkenen  Schülern  geistigen  Bei- 
atand  gesucht  haben,  indem  er  sie  mit  ihm  au  wachen  bat ; 
.  dort  Ist  er  der  heilsamen  Wirkungen  seines  bevorstehenden 
Todes  so  gewifs,  dals  er  die  Jflnger  versichert,  es  sei  gut, 
diii's  er  hingehe ,  sonst  käme  der  naQuxhjog  nicht  zu  ih- 
nen :  nun  soll  er  hier  wieder  gezweifelt  haben ,  ob  sein 
•Tod  auch  wirklich  des  Vaters  Wille  sei;  dort  aelgt  er 
ein  Bewußtsein ,  welches  in  der  Nothwendigk'elt  dee  Td- 
des  dadurch ,  dafs  es  diese  begreift^  die  Preili«it  wieder- 
findet, so  dals  sein  Sterbenwollen  mit  dem  göttlichen  Wil- 
len, dafs  er  aterben  solle,  eins  ist :  hier  gehen  diese  bei- 
den Willen  so  auseinander,  dals  sieh  dei"  subjektive  unter 
den  absoluten  swar  freiwillig,  aber  deck  nur  schmershaft, 
beugt.  Und  dieso  beiden  so  entgegengesesfen  Stimmungen 
sind  nicht  etwa  durch  eineswischeneingetret#ne  sehrecken- 
de BsgebenhelCy  sendem  nur  durch  de«  geringen  Zettranni 
getrennt,  welcher  während  des  Mangs  alie  Jerusalem  iber 
den  Kidi'oii  nach  dem  Oelberg  ferliff:  ganz  al:*  wäre  Jc- 
»u  in  jenem  Bache,  wie  den  t^eelen  iiu  Lethe^alle  Liiuiierung 
an  die  vorange^ungeiieii  iUtleii  und  Stimmungen  versunken« 


Digitized  by  Google 


.'s.!  IMMteurf^'-sich  zw*r  aaf  den  Wechsel  der Stimmina- 
^^W^UMWlMMilrliAh,  jß  näher  dem  enteheideiiden  Mo* 
menty  deato  eehdelkr  werde');  «nf  die  ThntMebe,  dmC^ 

nicht  selten  im  Leben  gläubiger  Personen  eine  plözliche 
E/itziehuii^.idet*  höheren  Lebenskräfte,  eine  Gottverlassen- 
iief^  nirttveteir^frelohe-ideii  doeh  eifii^enden  Sieg  erst  wehr- 
Jwft  grofs  und  bewiiiMl«rM«#el«h  tnaehe  ^>   Allein  diene 
Jkstere  Ajisiciu  verriith  ilu'en  ungeistigen  Ursprung  aus  et- 
juein  ij^p^^iliirenden  Dmilian-  Cw^lehem  die  Seele  etwa  wie 
;^'^ee  enoheinen  iHuiny  dery  Je  nnehdem  die  nuftthren- 
4en;  Kanttie  vertcbloMen»  odeü  deren  Sehleneen  geöffnet 
>verden ,  ebbt  oder  fluthet )  sogleich  durch  die  WldempHI- 
c'he,  in  welche  sie  nach  allefi  Seiten  sich  verwickelt.  Der 
.Sieg  Christi  ilher  diu  Todeefuwdit  eoU  ersi  dadurch  seine 
•l^hta  Bedeo^ung  gevrlnnen^  dnfs,  vtthrend  ein  JMiniiee 
iinr  siegen  konnte,  Indem  ler  im  vollen  Beels  seiner  gei- 
stigen Kraftfülle  blieb,  Christus  über  die   ganee  Macht 
der  Finsteruifs  aueh  in .  der  VerlaMeuheit  von  Gott  und 
der  FüUe  seinee  Qeistes,  dnreh  aeine  liiofse  nenseiilielie 
rf)vyS}^  Bu  siegen  Im  Stande  irar — x  Ist  dlefs  nleht  der 
rolieste  Pelagianismus,    der   grellste  Widerspruch  ge«jen 
^J^rcheiilehre  wie  gegen  gesunde  Philosophie ,  welche  glei- 
.ehecweise'  daranf  beateheo,  dals  ebne  Gott  der  Mensob 
uiehts  Gntee  tliun,  nur  dvreh  seinen  Uamiseb  die  Pfeile 
des  Bösewichts  eurückschlagen  könne?    üoi  diesem  Wi- 
derspruch gegen  die  Ergebnisse  eines  wirklichen  Denkens 
SU  enl||ehen ,  mufs  jenea  pbantasirende  Denken  einen  Wl- 
.dertpmeb  mit  sieb  selbst  hinnufügen ,  eofern  nun  tn  dem 
•tfirkenden  Engel  (welcher  beiläutig  auch  gegen  allen  Wort- 
verstand  der  Stelle  £u  einer  blofs  innerlichen  Erscheinung, 
die  Jeans  hatte,  umgedeutet  wird)  dem  in  der  böehslea 
ViN^aaaenheit  ringende  Jeau  ein  Zufluls  geistiger  Krfifte 


5)  LÜCKK,  2y  S.  592  ff. 
(i)  Oftsaaussir»  9,  $.  439  f. 


Digitized  by  Google 


SU'  Tina  gcwdwieä  Min  tolf ,  so*  dal«  w  alio  daab  nlalil, 

'vftir  f  ohne  9  aondera  mifi  Häl- 
fe göttlicher  Kräfte  gesiegt  hA'tte:  uenn  njimilch  nach  La- 
kas  der  £ngei  vor  dem  leaien,  heltiftten  MooEienfee  daa 
Kämpft^  nm  9tiüm  iBr  denselben' m  aHtebte,  eradhlflncii 
sein  ftoH.'**  DMk  'elie  man  so  'oflmbap  aiab  aalbet  itMav- 
spricht,  widerspricht  man  lieber  versteckt  dem  Text,  und 
HO  verdreht  nun  Olsuausen  die  Stellung  der  Momentoy  in- 
'deai'  er  ^bbiie  Wafte^a  tfnditaiart,  'dia'StHahw^'  aall  naah 
dem  dreimaligen  Gebete',  also  naeb' bereite iarranganbai  Sie- 
ge ,  eingetreten,  zu  welchem  Behuf  dann  das  nach  ErwAb^- 
iiuag  des  £ngela  stehende  xctl  yevousvos     ceyomt^  iKzm$$* 
Ooy  ^t(ioaf^Jx^to  nüt  btfebater  WiUkObr  aia  'Piaaqnampa^ 
fectum  gedeutet- wird«  '     •  '    .  .  i   .       .  ..» 

Doch  auch  abgesehen  von  dieser  sinnlichen  Ausnmlung 
^es  Grundes,  welcher  den  schnellen  Wechsel  in  Jesu  StiUi- 
munglierbeigeftthrt  haben  soU^  fiat  die  Ahnahme  eineaaolahan 
auch  an  sFcb  von*  vielen  Sebwler ig  kelien  gedrttebt.  ülbar 
'  nämlich  wfire,  was  hier  hei  Jesu  stattfinde,  iiiebt  «in  bio- 
ser Wechsel ,  sondern  ein  Rückfall  der  bedenklichsten  Art. 
Nhmeutiich  in  denn  sogenannten  hohenpriesterlichen  Gebete, 
'Sil!.  IT,  batte  Jesus  seine  Reohuang  mit  dem. Vatar 'völlig' 
abgeschlossen;  jedes  Zagen  in  Beang  auf  das,  was  tbm  ber 
vorstand,  lag  hier  bereits  so  weit  hinter  ilini,  dals  er  über  , 
aeln  eigiines  Leiden  kein  Wort  verlor,  und  nur  der  Drang- 
adle'gedacbte,  welofae  seinen  Freunden  drobten;  den  Haupt- 
inhalt s^in^  Unterhaltliifg  ndt  dem  Vater  bildete  die  Herr- 
flchkeit.  In  welche  er  sofort  einzugehen ,   und  die  Seliif- 
keit,  weiehe  er  den  Seinigen  erworben  2u  haben  hoffte: 
ao  dÄfs  seinHrngang  aum  •SehanplaiB  dar  Qefiingannehmttng 
ganis^  den  Chkrakter  bat,  dem  Innerlleb  uiid  weaendiah  be- 
reits Vollzogenen  nor  noch  die  äussere  V  erw  irklichung  als 
accidentelle  ßeigabe  hin/usufugen.    Wenn  nun  Jesus  nai^h 
di^sto  AbsabluaM  dl»  Raebnung  mk  Gott  uuoU  einmal  er- 
öffnete, wenn  er,  aaehilem  er  sieh  sobon  Sieger  gameint, 


Digitized  by 


t 


460  ürituv  Ab««hoi|l. 

t»A  einoud  In  «ogadieheii  Kampf  warififcuaniK  mOlkltt  er 
d«  uleht  «leh  IvAgen  lassen:  wsmai  Kmt  du,  stJitt  in  eUelii 

Hoffiiungeii  (ier  Ilerrlichkeit  «u  schwelgen,  dich  nicht  lie- 
ber boi  iCeit  mit  dem  «rnsten  Gedankeii  des  bevorstehenden 
Leldsns  besebAfUgti  «n  dir  durch  solche  Vorb^itnng  die 
fefilbrllohe  Übevraseliaiig  diwcb  des  Bmniulben  desselben 
«II  ersparen?  warum  hast  du  Triumph  gerufen,  ehe  da 
gekämpft  hattest I  um  dann  bei  Annüherung  des  Kampfs 
•mit  BeschJUMing  ob  Moifo  rafen  so  rnttssen?  In  der  Thal« 
Baebder  in  jenen  Abeehledsreden,  und  besonders  im  Schlnl»- 
gebet,  ausgesprochenen  Gewifsheft  dea  bereits  errongenen* 
Siegs  wäre  das  Herabsinken  in  eine  Stiinmung,  wie  sie  dii* 
'fijrnoptiker  schildern^  ein  sehr  demttthigender  Rückfall  ge- 
wesen, welchen  Jesus  nicht  Toraasgeaeben  haben  iidnnte. 
sonst  wfllrd«  er  sich  Torher  nicht  so  selbstgewils  ausgespro- 
chen haben,  welciier  demnach  beweisen  würde,  dafs  er 
sich  ttber  sich  selbst  getäuscht,  dafs  er  sich  für  stärker 
genommen  liXtley  als  >r  äicb  wirklleb  fafid,  «nd  dais  er 
Jene  an  Indw  Mdnnng  tos  sieh  nfeiu  ohne  einige  Vermeo- 
senheit  ausgesprochen  hätte.  VTer  nun  diefs  dem  sonstigen^ 
ebenso  besonnenen  als  bescheidenen  Wesen  Jesu  nicht  an- 
geipMssen  findet ,  de^  wird  sieb  an  dem  IHlemma  gedmn* 
gen  liHblen)  dafs  entweder  die  Johauneischen  Abachiedsre- 
den,  und  namentlich  das  Schlufsgebet ,  oder  aber  die  Vor- 
gänge in  Gethsemane  nicht  htotorisch  sein  können. 

Schade  9  dafii  der  firttadieidung  äierfibeir  die  Tbeo- 
logen  mehl*  Ton  dogmallsebmi 'Vontrlheiletty  als  ron  kriti* 
sehen Orflnden  ausgegangen  sind.  Usteihs  Behauptung  we- 
nigstens, dafs  iiUr  die  Johanneische  Darstellung  der  Stim- 
mung Jeso  in  seinen  lefeten  Stenden  die  ricbtige,  die  der 
Synoptiken  aber  onhlslorlsch  sei  7),  wird  man  nur  aus  der 
Anbinglicbkeit  ihres  Urhebers-  afi  die  Paragraphen  .der 


7)  Commeotat&o  critica,  qua  Kvangfliiun  Joaaals  gieaviamn  esae 
—  osteoditur,  p.  57  It  ' 


Digitized  by  Google 


Dritles  KapiUl.  S>  IM. 


4«! 


ScnuBttWACHKii'aelMii  DogoMtik^erklirlSoti  fimlctt.  In  ml* 
eher  der  Begriff  der  UnettndllehlieiC  Christi  «nf  eine  Welm 

gegpAnnC  wiihI,  die  nplbsl;  das  Kleinste  von  Kampf  aus« 
echliefst;  'deiin  dfifs,  nbge$«hen  yon  solchen  Vorausset/.un« 
gen^  die  Johunneiache  Dertttellung  der  lenlen  Standen  Jem 
eine  netftriiehere  nnd  eacbgeniffreiBre  wXre,  mSehfe  echwer 
Nnehcvweleen  «ein.  Eber  konnte  amvekehrt  Brrtschneidbr 
rocht  KU  hat>en  scfieiuen,  wenn  er  für  die  Synoptiker  die 
gröTuere  Mattfrlkbkeit  und  innere  Wahrheit  der  Schiide- 
riHig  in  Ani|»raeh  nimmt  weiin  nnr  nieht  die  Art,  wie 
Ihm  «n  den  veti  Johnnnee  In  diesen  Zeifpnnkt  gestellten 
Reden  han))t8iichlich  das  Dogmatische  und  Metaphysische 
Buwider  ist,  en  den  Ursprung  seiner  ganzen  Polemik  gei- 
gm  den  Johminee  nne  dem  Widerwillen  seiner  kritisehen 
BefleiSonsphllosepfaie  gegen  den  epeenlntlTeB  Gehalt  de» 
vierten  Evangeliums  erinnerte. 

Gans  ttbrigens  hat,  wie  auch  die  ProbabUien  bemer« 
ken  9  Jehnnnes  die  Beüngstignng  Jeso  in  Beeng  auf  seinen 
bevorstehenden  Tod  nicht  Übergangen ,  nur  defs  er  sie 
schon  an  einer  fr(ihei*en  Stelle,  Joh.  12,  27  iT. ,  eing^fllj^ 
hnt.  Bei  aller  Verschiedenheit  der  YeHiMltnisse  (da  «Üe 
von  Johannes  insschriebene  Scene  nnmittelhar  nach  dem 
EluKug  Jesu  In  Jerusalem  vorgeht,  als  ihn  mitten  unter 
der  Menge  einige  sum  Fest  gekommene  Hellenen,  ohne 
Zweifel  Proselyten  des  Thors,  zu  sprechen  wünschten}  und 
des  Hergangs  selbst,  findet  doch  swischen  diesem  Vorfaii 
nnd  demy  welchen  die  Synoptiker  In  den  lesten  Abend  dea 
Lebens  Jeen  nnd  fai  die  Einsamkeit  des  GaHens  versetsen, 
eine  auffallende  Übereinstimmung  statt  Wie  Jesus  hier 
seinen  Jttngem  erklärt:  m^vnog  sgir  ^  ^vjsi  ^t()ff 

S)  Frohab.  p.  SSff.  In  einer  etwaigen  dritten  Ausgabe  nttgO 
doch  Olsmavskh  endlicb  den  Verf«  der  Probahilien  tus  der 
Reibe  derer  wegttreicheni  welche  die  ayaeptiscbe  Ersüliiung 
vom  Rsoipf  in  Getktemsoe  aiit  RUdisicbt  auf  das  Stüisckwei. 
gen  des  Augenieugca  Jskanaes  «r  irrig  hsitea  (1^  5. 428.)  • 


Oigitized 


462  Dritter  Ab«c)iutr/i. 

9(ko  C^tk^h.  26,  38. ) :  so  sagt  er  dort :  vvv  i]  ipvxi 
iraQOinai  CJoh.  Dft)  3X);  wwie  er  bier  betet,  IW,  «i.dt'voK 
t^cJr  &c/,  ^aQek&fi  in  aäxH  3j  €3(ia  (Marc.  14,  85.):  to  bie- 
tet er  ^rt:  ndteo,  awoov  /<e  ix  rrg  loQag  lavrrg  (Joh. 
^bds. ))  ^'^^      aber  hier  sich  durch  die  Restriktion:  uuX  ' 
&  tL^  ^ütoy  iUa  %i  av,  bemhigt  (Mevo.  14,  16.):'  w 
dort  ilarcli  die  ReAeiion :  all»  dta  %Sto  cig  zrt^  uincof 

tavxTpf  (Joh.  ebendas.);  endlich,  wie  hier  ein  ayyü.og  tvt^ 
äj^vofP  Jesu  erscheint  (Luc.  22,  43.):  so  ereignet  sich  aud^ 
dort  etwas,  das  einige  der  Umetehenden  bh  der  Anfservag 

Ulalijuev  (Job.  V.  SO.)*  Dnrch 
diese  Ähnlichkeit  bewogen^  haben  neuere  Theolos^en  den 
Vorsang  Joh.  12,  27  ff.  mit  dem  in  Gethsemane  liir  iden- 
tiseh  erklftrt;  wobei  ea  nur  danuif  ankam,  a«f  weielie 
beiden  Seiten  der  Vorwarf  ungenaner  firaililnng  und  na» 
mentiich  unrichtiger  Stellung  fallen  sollte. 

Der  Richtung  der  neueren  £vangelienkritik  geinüfs  ist 
Bunlichst  den  Synoptikern  anfgebttrdet  worden,  in  dietav 
Saeha  aieb  geirrt  au  baben«  Die  wahre  VeranlatMing  daa 
Seelenkampfs  Jesa  aoUte  nur  bei  Jobannet  mm  ^den  sein, 
in  der  AnnHherung  jener  Hellenen  nümlich,  weiche  ihm 
dui^h  Phiiippns  und  Andreas  den  Wunsch  zu  erkenne« 
gnhen,  ihn  an  sehen.  Diese  liaben  ibm  obne  Zweifel  An- 
träge raachen  wollen,  PalistSna  an  verlarisen,  und  iinler 
den  auswärtigen  Juden  fortzuwirken  ^  ein  solcher  Antrag 
habe  einen  Reiz  für  ihn  enthalten,  sich  der  drohenden  Ge- 
fahr an  entaiehen,  nnd  diefs  ihn  auf  einige  Aogenblieke 
in  einen  Znstand  von  Zweifel  «nd  innerem  Kampf  geseat, 
welcher  jerlocli  damit  geendigt  habe,  dafs  er  die  Hellenen 
nicht  lor  sich  liefs  ^).  Das  heilist  nun  niclits  Anderes,  als 
mit  einem,  durch  doppeltes,  kritisches  wie  dogmatisebea 


9)  GoLDHORTT,  Uber  da»  Schweigen  des  Joh.  Kvukg»  Uber  den 
Seelenkampf  Jesu  ia  Getlisemaae,  in  TsscuMOBi'ft  Msgasin 
•f.  cbristl.  Prediger,  1,  2^  8.  i  £ 


üiyiiized  by  Google 


Dritte«  Kii(^tleht1.«S. 


Vorurtheil  GfeRcliffrflreii  >'6<iiVehl'üwtlN;h#ii  AeH  Xelle«l' 
Textes  gelegen;   denn  von  einem  Bolchen  Afitrag,  den  die 
Hellenen  beabsiehri^t  hätten,  ist  bei  Johntmes  Itelne  Spur:  . 
fU  ev  doch,  gesesC  mtcby  4kr  £vangeliflt**hablt  TOn  deitt 
Pinn  der  Hellenen-  doreh  diese  «elber  nIehVv  gi^wnrst'^  den 
Reden  Jesu  an/,iimeij;en  soin  miifste,    dafs  sich  seine  (le- 
niütbibewegung  auf  einen  solchen  Antrag  bezog.    Nach  dem 
j^usammenliani^  der  jehanneiselien  Darstellung  hatte  das  Be- 
kehren der  Hellenen  keinen  andern  (irnnd,  als  dafs  sie 
durch  diMi  feierlichen  VAuzua  und  das  viele  lleden  der  Lonte 
von  Jesu  begierig  geworden  waren  9  den  gefeierten  Mann 
sa  sehen  nnd  kennen  sur  lernen,  und  die!  Gemfi tbsbewe- 
gMng,  in  weldle  Jeeas  bei  diesem  Anlafs  hinein gerieth, 
iiieng  mit  ihrem  Begehren  nur  so  znsammen ,   dafs  Jesns 
dadurch  veraniafst  wurde,  an  die  baldige  Verbi*eitung  sei- 
nes Reichs  in  der  Ueidenwelt,  imd  an  die  nnerlfifsliche 
Bedingnng  von  dieser^  an  seinen  Tod,  sn  denken.   Je  Ter- 
inittelter  und  entfernter  aber  hienach  die  Vorstellung  sei- 
nes bevorstehenden  Todes  Jesu  vor  die  Seele  trat:  desto 
weniger  ist  sa  begreifen^  wie  sie  ibn  so  stark  erschüttern 
konnte,  dafs  er  sich  gedrungen  fOhlte,  den  Vater  n)n  Ret- 
tnng  R4J8  dieser  Stande  anzuflehen,  und  wenn  er  eininal 
im  Vorgefiiiil  des  Todes  im  Innersten  erbebt  haben  soll,  so^ 
•cbeineii  die  Synoptiker  dieses  Zagen  an  eine  richtigere 
l^elle,  in  die  unmittelbarste  Nfthe  des  beginnenden  Lei- 
dens, SU  verlegen.    Auch  das  fiillt  bei  der  johanneischen 
Darstellung  weg,  was  die  Synoptiker  zur  Rechtfertigung 
der  Bangigkeit  Jesa  an  die  Hand  geben,  dafs  in  der  £in- 
eamkeit  dee  Gartens  nnd  der  Nacht,  de^n  Schaner  ihn 
überfielen,  sich  eine  solche  OemÜthsbewegung  eher  hegrei- 
fen, und  ihre  unverholene  Äusserung  im  Kreise  von  lauter 
Vertrauten  and  Würdigen  sich  wohl  rechtff>*'tlgen  »n  las-  , 
•en  scheint.    Denn  nach  Johannes  befiel  Jene  ErschOttemng 
Jesam  am  hellen  Tage,  mitten  anter  dem  euströmenden 
Volke,  wo  man  sqnst  leicUter  die  Fassung  behält^  oder  vor 


Digitized  by  Google 


464  .  JDritter  Abachnitt. 

welcben  man  doch,  des  mSgUahen.MirsvmtiinHnigses  we- 
gen, «tftrker^  QßjB^M^h^imgmgBn  in  Mi  T«i«6hlier«e. 

Welt  eher  wird  mei^^iilier  4i&t  AnMit*  Tbbilc's  wmttm*' 

men  kcinnen,  dafs  der  Verfasser  des  vierten  Evangeliums 
flie  von  den  Synoptikern  richfig  eingefügte  Begebenheit  <in 
einen  lelechen  Ort  geetoUt  bebe  *  ^>  De  Jesus  cor  Eii:lei- 
tnng  einer  AntweK  en  -die  Hellenen,  welche  den  dnrrli 
den  Eincng  Verherrlichten  sprechen  wollten,  gesackt  hatte: 
ja,  die  Stunde  meiner  Verherrliclunit^  ist  da,  aber  der  \  er- 
berrlicboiig  durch  den  Tod  (12,  id.  f.)3  so.  habe  diefs  dm 
Ersähler  verieitet,  statt  die  wirhJBehe  Antwort  Jesv  an  die 
Hellenen  sammt  dem  weiteren  Verfolg  anzugeben,  vielmehr 
Jesuin  sich  ausführlich  über  die  innere  Noth wendigkeit  sei- 
nes Todes  verbreiten  bu  lassen,  wo  er  dAms  fast  nnbewofst 
aaeh  die  Schilderung  des  inneren  Kampfs,  den  Jesus  rttcli- 
sichtlich  seiner  freiwilligen  Aufopferung  zu  bestehen  hatte, 
eingeftochten  habe,   welchen  er  defswegen  später,   an  sei- 
ner eigentlichen  Stelle,  übergebe.   Eigen  ist  hiebei  mir, 
dals  Thkilb  der  Meinung  ist,  eine  solche  Umstelinng  habe 
dem  Apostel  Johannes  selbst  begegnen  können.    Dafs  sich 
ihm  der  Vorgang  in  Gethsemane,  da  er  wührend  desselben 
echlaftrunken  gewesen,  nicht  tief  eingeprägt  habe,  nnd 
dafs  derselbe  Qberdem  dnroh  den  sehneil  deranf  erfolgten 
Krenxestod  In  den  Hintergrund  seines  ßewnlstseins  gerllclit 
worden  sei,  dadurch   könnte  man  etwa  erkljirt  linden, 
wenn  er  ihn  gane  fibergangen,  .oder  nur  stimniariscb  dar- 
gestellt hütte,  keineswegs  aber,  da(s  er  ihn  an  anveehter 
Stelle  eiiijcreriigt  hat.   So  viel  meiste  er  doch,  wenn  er  on- 
erachtet  seiner  damaligen  Schlafrigkeit  von  dem  Vorgang 
!Notis  genommen  hatte,  behalten,  dafs  jene  elgenthümllehe 
Stimmnng  Jesnm  hart  vor  dem  AnfiMig  seines  Leidens,  und 
in  Naeht  and  Einsamkeit  bdUlen  beher  wie  konnte  er  fe-* 


iO)  «•  die  Becens.  von  Umiu*i  Gemment.  erit^  ia  Wnma^s  und 
KxesuuatiT^s  n.  kr.  Journal,  2,  S.  359111. 


i^iyiii^cG  by  Google 


I 


Drittes  Kapitel.   S-  122.  465 

innls  seine  Erinnerung  so  weit  verleugnen,  dafs  er  die  Sce- 
ne  in  weit  ii'üherer  Zeit,  nm  hellen  Tng  und  unter  vielem 
Yolke  Torgeheo  ii^s  ?  Um  nicht  «uf  diese  Weise  die  Ächt- 
heit  des  johanndsehen  Evangeliums  so  geflKhrden,  bleiben 
Andere  dabei,  mit  Berofung  darauf,  dafs  eine  solche  Stim- 
mung im  lezten  Ahschnitte  des  Lehens  Jesu  mehrninU  ba* 
be  vorkommen  l&önnen,  die  Identitfit  der  beiden  Scenen 
BD  leugnen ' 

Allerdings  finden  Kwiscben  der  synoptischen  Darstel- 
lung des  Seelenknmpl's  Jesu  und  der  johanneischen ,  aucli 
ausser  der  verschiedenen  üusseren  Stellung,  im  Inhalt  bei- 
der Vorgänge  noch  bedeutende  Differensen  statt,  indem 
namentlich  die  Johanneiscbe  Ercithlung  ZOge  enthflit,  wel- 
che in  den  Berichten  der  drei  ersten  lüvangelisten  über 
den  Vorfall  in  Gefhsemnne  keine  Analogie  finden.  Wenn 
nämlich  swar  das  Flehen  des  Johanneischen  Jesus  um  Ret- 
tung aus  dieser  Stunde  bei  den  Synoptikern  vollkommen 
anklingt :  so  fehlt  es  doch  für  die  bei  Johannes  hinzuge- 
fügte Bitte:  TcdiSQy  do^aaov  Oü  %6  üiofta  (12,  28.) >  an  ei- 
ner Parallele;  ferner^  wenn  swar  in  beiden  Darstellungen 
von  einem  Engel  die  Rede  Ist,  so  Ist  doch  von  einer  fllm- 
melsstimine,  welclie  im  vierten  Evangelium  die  Meinung, 
es  sei  ein  Engel  im  Spiel  gewesan,  veranlafst,  bei  den  Syn- 
optikern keine  Spur.  Sondern  solche  Himmelsstimmen  fin- 
den wir  in  diesen  Evangelien  nur  bei  der  Taufe  und  wie- 
der in  der  Vcrklürungsgeschichte ,  an  welche  leztere  auch 
die  Bitte  des  johanneischen  Jesus:  ndzeQ,  dc^aüöv  oii  lo 
Svoftaf  erinnern  kann.  In  der  synoptischen  Beschreibung 
der  Verklärung  zwar  findet  sich  der  Ausdruck :  do|a  und 
Jolaij'fiv  nicht,  dagegen  läfst  der  zweite  Brief  Petri  Jesu 
bei  der  Verklärung  tifii^v  xai  do^cev  zu  Theil  werden,  und 
die  Himmelsstimme  ans  der  ne^ukon^m^s  ^o|a  erschallen 
CI9  17f«>  So  bietet  sich  denn  sa  den  beiden  bisdaher  be- 


ll) Bask,  L.  J.      154.   LücKB,  2f  S.  591  f.  Anm. 
JJui  L§ben  J$su  II.  Band.  SO 


Digitized  by  Google 


t 


466  Uritt«!"  Abselmitt. 

traehteten  Enifthluii|*en  noch  eine  dritte  als  Pnmllele  dnr, 
indem  die  Scene  Joli.  12,  27  6*.,  wie  einerseits  durch  «Ue 

HckUmmernifs  und  rl«  n  Engel  mit  dem  Vorgang  in  Ger!i- 
semane,  so  andrer.^eiss  durch  die  ßitte  um  VerklHrnng  und 
die  gewährende  liin  nieisstininie  mit  der  Verklürungsge» 
schichte  sussoinienhäiigt.  Und  nun  sind  swei  Fülle  mög- 
lich: entweder  ist  die  johanneische  firzJihlung  die  einfa-^ 
che  Wurzel,  aus  welclier  auf*  traditionellem  Wege  durch 
Scheidung  der  in  ihr  enthaltenen  Elemente  die  beiden  syiw 
optischen  Anekdoten  von  der  Verklärung  und  dem  Seeleiir 
kaupf  hervorge%vAcli8en  sind:  oder  sind  diese  lesteren  die 
ursprünglichen  Geätaltungen,  aus  deren  Aunö!»ung  und  Ver- 
schvvemmnng  in  der  Sage  die  johanneische  Erzählung  als 
gemischtes  'Produkt  .susammengeflossen  Ist;  worttber  nur 
die  BeschaflPenheit  der  drei  Anekdoten  entscheiden  kann. 
Dafs  nun  die  synoptischen  Erzählungen  von  der  Verklä- 
rung und  dem  Seeleiikampf  klare  Gemälde  mit  bestimiat 
Ausgebildeten  Zttgen  sind ,  kann  für  sich  nichts  beweiseiiy 
da,  wie  wir  sur  Genüge  gefunden  haben,  eine  aus  sagen- 
haftem Boden  erwachsene  Erzählung  ebensogut,  als  eine  rein 
historische,  jene  Eigenschaften  besitseii  kann«  Wäre  also 
die  johanneische  Darstellung  Jenes  Auftritts  nur  minder 
klar  und  bestimmt  gehalten,  so  kffnnte  sie  defs wegen  doch 
für  den  ursprüiiglichiMi ,  einlHchen  Bericht  gehalten  wer- 
den, aus  welchem  sich  durch  die  ausschmückende  und  ma- 
lende Arbeit  der  Überlieferung  jene  farbigeren  Gebilde 
herausentwickelt  hätten.  Nun  aber  fehlt  es  der  johannei« 
sehen  Erzählung  nicht  hlofs  an  Bestimmtheit,  sondern  an 
Ubereinstimmung  mit  den  umgebenden  Verhältnissen  und 
mit  sieh  selbst.  Wo  Jesu  Autwort  auf  das  Gesuch  der 
Hellenen  bleibt ,  und  wo  diese  selber  hinkommen ,  weifs 
Niemand;  die  plözliche  Beklemmung  Jesu  und  die  Bitte 
um  eine  Ehrenerklärung  von  Seiten  Gottes  sind  nicht  ge- 
hörig motivirt.  ihln  solches  Gemisch  unsusammengehorl» 
ger  Theile  ist  aber  Immer  das  Kenmelehen  eines  seonndä- 


üiyilizea  by  GöOgle 


Drittes  KApitei.    §.  122.  407 

Pen  Produkts,  eines  zusammen o^escllwemmten  Conglomernfs : 
und  80  scheint  denn  der  Sehlors  gerechtfertigt,  dafs  iii  der 
Johanneiaehen  £rsähluDg  iiie  beiden  synoptiaclien  Aiiekdo- 
teti  Ton  der  Verkllrailg  und  ?eni  Seelenkampf  eusnmitieti- 
geflossen  seien.  Hatte  dem  Verfasser  des  virrten  E\iiiige- 
liums  die  Sage^  wie  es  scheint,  schon  sieiulich«  vei*wa- 
schen  und  nur  in  unbestimmten  Umrissen,  von  Jenen  bei- 
den VorMien  Kunde  Kiigefßhrt:  so  konnten  ihm  leicht, 
wie  sein  IJegriti  \<»n  Jfii'ciiVa'  diese  Zweiseirigkcit  \ün  I^ei- 
den  und  lierriichkeit  hat,  beide  sich  vermengen;  v^as  er 
in  der  En&fihiung  des  Seelenkampfs  von  einer  Anrede  Jesu 
nn  den  Vater  vernommen  liatre,  konnte  er  mit  der  göttli- 
chen Stimme  aus  der  Verklärungsgeschichte  als  Antwort 
darauf  verbinden ;  dieser  Stimme,  deren  näherer  Inhalt, 
wie  die  Synoptiker  ihn  geben,  ihm  nicht  berichtet  war, 
gab  er  aus  der  allgemeinen  Vorstellung  von  dieser  Gegeben- 
heit t  als  einer  Jesu  zu  Theil  tjewordenen  tjdifa ,  den  In- 
halt: xai  hdoiuaa^  xai  ndhv  do^uuo)  ^  und  jum  auf  diese 
göttliche  Erwiederung  su  passen,  muiste  der  Anrede  J'CbU 
ausser  der  Bitte  um  Rettung  noch  die  um  Verklfirnng  hin- 
eugefHgt  werden ;  der  stärkende  Engel ,  von  welehem  der 
ylerte  Evangelist  vielleicht  auch  etwas  vernoiumen  hatte, 
wurde  als  Ansicht  der  Leute  von  dem  Ursprung  der  Ulm- 
melsstimme  mit  aufgenommen;  in  Betreff  des  Zeitpunkts 
wurde  s wischen  dem  der  Verkiftrnng  und- dem  des  Seelen- 
kampfs die  ungefähre  Mitte  gehalten,  wobei  die  Wahl  der 
Verhältnisse  aus  Unkenntuiis  der  ursprünglichen  übel  ausüel. 

Sehen  wir  von  hier  auf  die  Frage  surllck,  von  wel- 
cher wir  ausgegangen  sind,  ob  wir  eher  die  fohanneischen 
Abschiedsreden  Jesu  als  historisch  festhalten,  und  (ingetren 
die  synoptische  Darstellung  der  Scene  in>  Gethsemane  auf- 
geben wollen,  oder  umgekehrt:  so  werden  wir  vermöge 
des  Ergebnisses  unsrer  eben  geführten  Untersuchung  bu 
der  lezteren  Annahme  geneigter  sein.  Die  Schwierigkeit, 
welche  schon  darin  liegt,  dals  man  kaum  begreift,  Mfie 

30  ♦ 


Digitized  by  Google 


46S 


Dritter  Abuchnitt. 


JofuuiiiM  dfete  Irnifpeii  Recten  Jesu  genau  behellen  konntry 

hat  Paulus  durch  die  Vermuthuiig  eu  lösen  geglniibf,  dal« 
4er  Apostel  wohl  schon  am  nächsten  Sabbat^  wiihi*end  Je- 
•ni  in  Grabe  leg,  die  Getpriche  des  vorigen  Abende  «ich 
in  die  Erinnerung  surllckgerufen,  und  sie  vielleicht  euch 
niedergeschrieben  habe**).  Allein  in  jener  Zeit  der  Nie- 
dergeschlagenheit, weiche  euch  Johannes  theilte,  wlire  er 
wohl  nicht  im  Stande  gewesen,  diese  Reden  wiedersuge* 
ben,  oluie  Ihr  eigen thfimlichef  Colorit  der  rahigsten  Heiter- 
keit zu  verwischen;  sondern,  wie  der  VV^olf'enbCittler  s^gt, 
wenn  die  Evangelisten  in  den  paar  Tagen  nach  Jesu  Tode 
die  firsAhlung  von  seinen  Reden  und  Theten  hatten  su  Pi^ 
pier  bringen  sollen,  so  würden,  da  sie  selber  keine  flotl^ 
nung  mehr  hatten,  auch  alle  verheifsenden  Reden  aus  ih- 
ren Evangelien  weggeblieben  sein'^).  Daher  hat  auch  LO- 
CU,  in  Betecht  dereigenthfimlichjohanneischen  AusdruckiH 
weise,  welche  sich  namentlich  in  dem  Schlufsgebet  findet ^ 
die  Behauptung,  dafs  Jesus  mit  denselben  Worten  gespro* 
chen  habe,  welche  ihm  Johannes  in  den  Mund  legt,  oder 
die  Behauptung  der  Authentie  dieser  Reden  im  engsten 
Sinn,  aufgegeben,  aber  nur  um  ihre  Authentie  im  weiteren 
Sinn,  die  Achtheit  des  Gedankeninhalts,  desto  fester  sa 
halten '  Doch  auch  gegen  diesen  hat  der  Verfasser  der 
Probabilien  seinen  Angriff  gewendet,  indem  er  namentlich 
In  Besug  auf  Kap*  17*  fragt,  ob  es  denkbar  sei,  dafs  Je* 
BUS  in  der  Erwartung  des  gewaltsamsten  Todes  nichts  An* 
gelegeneres  eu  thnn  gehabt  habe,  als  mit  Gott  von  seiner 
Person,  seinen  bisherigen  Leistungen,  und  der  su  erwarten» 

•  den  Herrlichkeit  eich  su  unterhalten?  und  ob  es  defswe- 

I 

gen  nicht  vielmehr  alle  Wahrscheinlichkeit  habe,  dafs  die- 
ses Gebet  nur  aus  dem  Sinne  des  Schriftstellers  geflos- 


12)  L.  J.  1,  b,  S.  165  f. 

13)  Vom  Zweck  Jesu  und  seiner  JUnger,  S.  124* 

14)  2f  S.  598  f. 


Digitized  by  Google 


Dritte«  Kapitel,   f.  122.  '469 

« 

sen  fei,  welcher  durch  daeselhe  thciU  seine  Lehre  von  Je- 
sus alf  desi  fleitehgewordenen  ilofOff  bestitigen^  Iheils  das 
Aneehso  der  Apostel  befestigen  wollte*')?  In  dieser  Aus- 
stellung liegt  das  Richtige,  dafs  das  fragliche  Schlufsgebet 
nicht  als  ein  nnmittelbarer  Ergufs,  sondern  als 'Produkt 
der  Reflexion  9  eher  als  eine  Kede  aber  Jesum,  denn  als 
.  eine  Rede  Ton  ihm  erscheint.  ^  Überali  neigt  sieh  in  dem-  ' 
selben  das  Denlcen  eines  solchen ,  der  schon  weit  vorwärts 
im  Erfolge  steht,  und  defswegen  die  Gestalt  Jesn  liereits 
in  fernem,  Terld&rendem  Dul^  erblickt,  ein  Zauber ,  wel- 
chen er  dadurch  Terumhrt,  dab  er  seine,  auf  der  Hdlie 
einer  fortgeschrittenen  Entwicklung  der  christlichen  Ge- 
meinde entsprungenen  Gedanken  von  dem  Gründer  dersel- 
ben selion  vor  ihrer  eigentlichen  £ntstehun||^  ausgeeprochen 
sein  lAlst.  Aber  auch  In  den  verhergehmiden  AtMchiedsrie- 
den  erscheint  Manches  aus  dem  Erfolg  heraus  gesprochen. 
Der  ganse  Tun  derselben  erkittrt  sich  doch  am  natflrlicli- 
steii,  wenn  die  Reden  WeriL  eines  solchen  sind,  welchem 
der  Tod  Jesu  Imreits  ein  Vergangenes  war,  dessen  SehreclL- 
iichkeit  in  den  segensreichen  Folgen  und  der  andächtigen 
Betrachtungsweise  der  Gemeinde  sich  gelind  aufgelöst  hat- 
te.  Im  Einselneii  ist,  abgesehen  von  dem  fiber  die  Wieder» 
fcunft  Gesagten,  auch  diejenige  Wendung  der  christlichen 
8ache,  welche  man  als  Sendung  des  heiligen  Oelites  sn 
bezeichnen  pflegt,  in  den  Äusserungen  über  den  Paraklet 
und  dessen  über  die  Welt  au  hsltendes  Gericht  (14,  16  ff. 
25  f.  15, 2i.  10^  7  £  ISfl^)  mit  einer  Bestimmtheit  voraus- 
gesagt, welche  auf  die  Zdl  nach  dem  Erfolge  hinsuwei- 

seii  scheint. 

ludern  aber  auch  von  dem  nüchstbevorstehenden  Er- 
folge, dem  Leiden  und  Ted  Jesu,  das  bestimmte  Voraus- 
wissen in  diesen  Absehiedsreden  liegt  (13,  IS  33.  3a 
14,  aof.  16,  öfi.  16.  ;i2fO}  tritt  die  johauneische  Darstel- 


15)  a.  a.  O. 


üiyiiized  by  Google 


47ü  Dritter  Abüchaitt. 

iuii^  mit  der  8yiio|Ui8chen  auf  Einen  Boden,  auch  die- 
se naf  der  Vomnisetsung  der  geneuesten  Voranetieht  der 
Stunde  nnd  des  Anf^nblleke,  wenn  des  Leiden  eintreten 
werdi* ,  ruht.  Niehl  allein  bei*in  leisten  Mahle  nnd  bei*« 
Hinausgehen  an  den  Olberg  zeigte  sich  dieses  Vorherwis- 
een  nach  den  drei  ersten  Evangelien ,  indem,  wie  im  vier» 
teil«  dem  Petrus  eine  Verleugnung,  ehe  der  Hahn  krfthen 
werde,  vor  hergesagt  wird;  nicht  nur  bemht  Her  gunee 
Seelenkaaipf  im  Garten  auf  der  Voraussicht  des  in  den 
ntfchsten  Augenblicken  bevors teilenden  Leidens:  sondern 
en  Ende  dieses  Kunipfes  weif«  Jesve  sogiir  auf  die  Mina* 
te  hin  su  sauren,  dafe  jest  der  Verrffrher  herenrllcke  fMntth. 

45f.^.    Zwar  behauptet  Paulus,  Jesus  habe  die  Trup- 
pe deriläsoher  von  ferne  schon  aus  der  S.adt  heranrücken 
'  itehen,  was  äUendinge^  da  sie  Faekeln  iuitten,  ven  eine« 
Garten  am  ölberir  aos  Tiellelobt  nilfglieli  war;-  allein  ohne 
vorher  von  den  Planen  seiner  Feinde  nnterriohtet  ru  sein, 
kennte  Jesus  nicht  wissen,  dafs  es  auf  ihn  ahgesehen  s^, 
«nd  jedenfalls  berichten  es  die  Evangelisten  als  Probe  des 
Ubematilrllehen  Wissens  Jesu.    Vom  höheren  Princip  in 
iiim  kann  nun  aber,  weiui  dem  Obioren  Kufolge  nicht  das 
^  Vorherwissen  der  Katastrophe  überhaupt  und  ihrer  einsel«* 
mm  Momente I  dam  auch  nicht  das  ihres  Zeitpunkte,  a«^ 
gegangen  «ein ;  dafs  ihm  aber  auf  natürliehem  Wege,  durdi 
geheime  Freunde  im  Synedrium,  oder  wie  sonst,  die  Kun- 
de von  dem  vernichtenden  Schlage  snorekommen  wäre,  wel- 
eben  die  |fidisehen  Herrseher  mit  Hülfe  eines  seiner  JOiio 
g^r  In  der  nleh^ten  Nacht  gegen  Ihn  an  Itthren  beabsichtig» 
ten ,  dftvoa  haben  wir  keine  Spur  in  unsern  Berichten, 
und  sind  also  auch  nicht  befugt,  der*rleiehen  etwas  voraus- 
flneetuen.   Sondern  so,  wie  ea'uns  die  Referenten  als  Be^ 
weis  eelnes  hOherea  Wlseehs  geben,  .mUesen  wir  ee  en^> 
weder  hinnehmen,  oder,  wenn  wir  diefs  nicht  können,  so 
folgt  vorerst  nur  das  Negative ,  dafi  sie  uns  hi«r  mit  Un- 
recht eine  solche  Probe  eraXhlen,  woran  dann  suiiiiclist 


Digitized  by  Google 


Dritt««  Kapitel.  §. 


471 


nicht  das  Positive  greii&t,  dals  jenes  Wissen  u  ohl  mir  ein 
na tiiriichet  gewesen 9  sondern  das,  dafs  die  evangelischen 
Emühler  ein  Interesse  gehabt  haben  müssen ,  eine  tiberna« 
tSrliehe  Kunde  Jesu  von  seinem  bevorstehenden  Leiden  eu 
behaupten,  ein  Interesse^  welches  schon  oben  auseinander-- 
gesest  worden  ist. 

Was  nan  aber  der  Grand  war»  das  yorherwtsten  «l 
cineai  wirkliehen  VergefiBhl  sn  ste!|(ern,  und  so  die  Scene 
in  Gethsemane  auszubilden,  liegt  gletehfalls  nahe.  Einer- 
aeits  nfimlich  giebt  es  keine  angenseheinlichere  Probe,  dafa 
Ton  einem  Erfolg  oder  Zustand  ein  Vorherwissen  etattge- 
fiinden  hat,  als  wenn  es  bis  nur  Lebendigkeit  eines  Vor- 
gefühls gestle;;en  ist,  andrerseits  mufs  das  Leiden  um  so 
furchtbarer  erseheinen ,  wenn  es  schon  im  blofsen  Vorge- 
ffihl  dem  d^Bo  Bestimmten  Angst  bis  cum  blutigen  SohwelTs 
und  die  Bitte  um  Entliebung  ausprefst.    Ferner  aeigte  sieh  - 
das  Leiden  Jesu  in  höherem  Sinn  als  ein  freiwilliges,  wenn 
er|  ehe  es  iiusserlich  an  ihn  kam,  sich  innerlich  in  dnssiei- 
fce  ergab;  und  endlieh  mufste  es  der  urelirisllichen  An- 
dacht erwünscht  sein,  dei|  eigentlichen  Kern  dieses  Lei- 
^dens  den  jirofanen  Augen,   welchen  er  am  Krenze  ansge- 
seaetwar,  ku  entziehen,  und  als  ein  Mysterium  in  den  engei*en 
Kreis  einiger  Geweihten  »n  vorliegen.    Zur  Ausstattung 
«Iteser  Seene  bot  sieh  neben  der  Schilderung  des  Sehmei^ 
eens  und  Gebets,  welche  sich  von  selbst  ergab,  theils  das 
von  Jesu  selber  (Matth.  20,  22  Lj  zuv  Bezeichnung  seines 
Leidens  gebrauchte  Bild  eines  n(»Tr^QinVf  theils  A..  T.ll^he 
Stellen  in  Klagepsalmen,  42,  6.  12.  4.1,5.,  wo  in  derLXX« 
i\w  7i6ni/.r:iog  vorkommt,  wobei  das  /(  »c  Itavatit  Jon. 

4}  tf.  um  so  näher  lag,  da  Jesus  hier  wirklich  dem  Tode 
«"^g^g^gl^ng*  FriIhBeitIg  mufs  diese  Darstellung  entstan- 
den sein,  weil  sieh  sehon  Im  Hehrfterlnief  (5,  7.)  eine  An- 
sjticlung,  ohne  Zweifel  auf  diese  Seene,  findet.  —  Es  war  al- 
so zu  wenig  gesagt,  wenn  Gabler  die  Engelserseheinung 
für  mythische  Einkleidung  der  Thalsache  erklärte,  dafs 


Digitized  by  Google 


\ 

» 

47%  Dritter  Abiohnitt. 

Jesus  sich  im  tiefsten  Schmerze  jener  Nacht  pfSelich  ge- 
.ttJirkt  gefühlt  habe :  da  vielmehr  jener  ganze  Seelenkampf^ 
weil  auf  nnorweisücheo  Voraiuaeteiiiigeii  niheod,  «n^ie- 
geben  werden  mafs. 

Hieinit  fallt  das  oben  gestellte  Dilemma  weg,  indem 
wir  nicht  bioü  eine  von  beiden,  sondern  beide  Darstellun- 
gen der  lesten  Stunden  Jeto  vor  seiner  Geffuf^gennehnang 
als  ^unhistoriseli  beseiehnen  müssen.   Nor  so  viel  bleibl  voa 
einem  Unterschied  des   geschichtlichen  Werths  zwischen 
der  synoptischen  Erzählung  und  der  johanneischen,  dals^ 
wlihrend  Jene,  so  mn  sagen,  eine  mytfaisebe  Bildung  erster 
Potens  ist,  diese  die  sweite  Polens  traditioneller  Gestal- 
tung zeigt,        oder  naher  ist  jene  schon  eine  Bildung 
sweiten,  und  somit  diese  des  dritten  Grades«   Ist  nümlich 
die  den  Synoptikern  und  dem  Jobannes  gemsinsaBie  Dsufw 
Stellung,  dafs  Jesus  sein  Leiden  Torbergewufst  habe,  die 
erste  Umgestaltung,  welche  die  fromme  Sage  mit  der  wirk- 
lichen Gescluchte  Jesu  vornahm:  so  ist  die  Angabe  der 
Synoptiker,  er  habe  sein  Leiden  sogar  vorberempfnnden^ 
die  swelte  Stufe  des  Hythisohen ;  daß  er  es  aber,  obwoiil 
eres  Torhergewufst,  und  auch  frtther  einmal  (Job.  12, 
271!'.')  vorhergeschmeckt,  doch  schon  lange  zum  Voraus 
völlig  überwunden,  und  demselben ,  als  es  unmittelbar 
vorstandi  mit  ttnersehütterter  Rnbo  in's  Auge  gebückt  he» 
bo,  —  diese  Darstellung  des  johamieisehen  EvangellneM 
ist  die  dritte  niid  hfjchste  Stufe  andfiobtigerj  aber  nnge» 
schicbtiiober ,  Verschönerung. 

S.  123. 

Gefangen nchmung  Jesu. 

Genau  susammentreifend  mit  der  Erklärung  Jesu  M 
die  seblafenden  Jttnger»  dafs  eben  Jost  der  Verrjitber  aalie^ 
ioll,  wfthrend  er  noch  redete,  Judas  mit  einer  bewaffbef^n 

Macht  herangerilckt  sein  (Mntth.  *26,  47.  parall.  vol.  Joli. 
IS|         Itiese  Schaar  kam  den  Synoptikern  sufolge  von 


Digitized  by  Google 


tDrittea  Kapitel.  S*  473 

den  HoiienpriMtern  und  Ältesten^  and  war  nach  Lukas  toh 
den  gqwoffdlg  wS  IwffS  angeftlhrt,  also  wabraehelnUeh  ein« 
Abdwttang  Tempeltoldateii)  an  welehe  tieh  ObrSgens,  ans 
der  Bezeichnung  als  ox^og  und  ihrer  theilweisen  Bewaff- 
nung mit  ^vloig  au  achlielaen ,  ^  noeh  anderes  Gesindel 
tanialtaarisoh  aogeaehlossen  ma  haben  teheint;  der  Darstel- 
lung bei  Johannet  sufolge,  welcher  neben  den  vTvrjQktaig 
%wv  aQxuQuov  xal  q>aQiaalwv  von  einer  aneiQa  und  einem 
Xß^^W^i  ohne  Erwähnung  tnmnltuarischer  Bewaffnung ^ 
aprioht,  aeheint  ea»  ala  hätten  sieh  die  Jtfdisehen  Obem 
aueh  eine  Abthetlung  rändselien  Hilltärs  aar  Unterstfitanng 
ansgebeten  gehabt 

Während  sofort  nach  den  drei  ersten  Evangelisten  Ju-* 
das  Tortritt  nnd  Jesnm  kfilst,  nm  ihn  doreh  dieses  Terab» 
redete  Zelehen  der  anrSekenden  Schaar  als  denjenigen  kennt- 
lich zu  machen,  welchen  sie  ku  greifen  hA'rte:  geht  Jaut 
des  vierten  £vangeliums  umgekehrt  Jesus  ihnen  ^  wie  es 
scheint)  Ter  den  Garten  hinaus  (^cit^ctfy)}  entgegen,  nnd 
beaeiehnet  sieh  selbst  als  denjenigen ,  welehen  sie  soehen* 
Diese  abweichenden  Darstellungen  zu  vereinigen ,  haben 
Einige  den  Hergang  sich  so  gedacht,  dafs,  nm  eine  Ver- 
haftnng  seiner  Jänger  an  Terhttten,  Jesns  gleich  anerst  dem 
Hänfen  entgegengegangen  sei,  nnd  sieh  an  erkennen  gege> 
ben  habe;  hierauf  erst  sei  Judas  hervorgetreten,  und  habe 
ihn  durch  den  Kufs  bezeichnet  *).  Allein,  hatte  sich  Je- 
sns berdts  sellMt  an  erkennen  gegeben,  so  kannte  Judas 
den  Knfs  ersparen;  denn  dafs  die  Iiente  der  Angabe  JesUi 
er  sei  es,  den  sie  suchen,  nicht  geglaubt,  und  noch  auf 
die  Bekräftigung  derselben  durch  den  Kufs  des  bestoche- 
nen Jdngers  gewartet  haben,  kann  nicht  gesagt  werden, 
'  wenn  nach  der  Angabe  des  vierten  Erangeliams  Jenes  iyii 
üfu'  so  starken  fiindmck  anf  sie  maohte,  dals  sie  an  Bo- 


1)  s.  LOeKB,  s.  d.  St.  Bass,  L.  J.  §.  135* 
f)  Pavuis  ex.,  Haadb.  3,  b/$.  567. 


Digitized  by  Google 


\ 

474  Dritter  Abschnitt. 

den  Mwlien.  Defit wegen  haben  Andere  die  Ordniiog  der 
firwMMt  in  der  An  nngelielirti  dab  Miem  ündati  yonu^ 
tretend  I  Jetn».  durch  den  Knie  beieiehnet|  denn  aber, 

noch  ehe  der  Haufe  in  den  Garten  eindringen  lLonnte7  ^e- 
eua  cu  ihnen  hinaustretend  sich  zu  erkennen  gegeben  ha- 
be Allein^  wenn  ilin  Jndas  bereite  durch  den  Knie  b^ 
seiehnelf  und  er  den  Zweck  dee  Knstee  eo  gut  verefnnden 
hiitte,  wie  es  sich  in  seiner  Ei*wiederung  anf  denselben 
Luc  V«  4S.  ausspricht;  so  brauchte  er  sich  nicht  noch  be- 
eoiidere  sn  erkennen  tu  gelieny  de  er  ecken  iienntllch  ge» 
»HchC  wer;  ee  nun  Schutne  der  Jflnger  nn  thnn,  wnr  eben- 
so überflüssig  9  de  er  an  dem  rerrätherischen  Kusse  mer- 
ken mufste,  es  sei  darauf  abgesehen ^  ihn  aus  seinem  Ge> 
foJge  hereussufangen ;  that  er  et  blofr  um  seinen  Muth  eu 
neigen,  eo  wer  diefe  Inet  etwee  echnnipielertsch;  Oberhaupt 
eber  kommt  dadurch,  daie  Jeena  nwlaehen  den  Judeikuis 
und  Ars  gewifs  unmittelbar  darauf  erfolgte  Eindringen  den 
Schaar  hinein  dieser  noch  mit  Fragen  und  Anreden  entge- 
gengetreten eeln  eoU,  fa»  sebi  Beneltmen  eine  Hast  und  £ü- 
fercigkelt,  welehe  Ihm  unter  dieson-  Umafinden  eo  Abel  an- 
steht,  dafs  die  Evangeliäteii  schwerlich  beabstchri^cii  ^  ihm 
eine  solcher  aneuschi*eiben.  Man  sollte  demnach  iinerken- 
»Ml,  daft  ren  den  beiden  DareieOmigen  keine  daranf  be- 
rechnet  Ist,  dni*oli  die  andern  erglnst  cu  werden  indem 
jede  die  Art,  vtle  «lesua  erkannt  wurde,  und  wie  Judas 
dabei  thütig  war  ^  auf  alidere  Weise  faist.   Dafs  JuiUs 

5)  Ll'cKK,  2,  S.  50n.    Has^,  «.  i.  U.    Olsmaüukk,  2,  S.  435. 

4)  "VMe  mag  LCckm  die  Auslassung  des  Judaskusses  ini  johan- 
neischea  Evangelium  daran»  L'rAlärcn,  dass  er  gar  zu  bekannt 
gewesen  sel|  und  wie  Ikiesu  ais  Analogie  das  anfuhren«  dass 
lohaaaes  auck  die  VcrkSndluUg  des  VerrMthers  mit  dem  Syn- 
edrium  ttbergch^?  ds  swar  diese  Verkiadlung  als  etwas 
hinter  der  Scene  Vorgegangenes  woM  übergangen  werden 
konnte 9  keinesiivegs  sber  etwas,  das,  wie  jener  Kuss,  so 
gans  im  Vordergrund  und  Mittelpunkt  der  Handlung  gesche- 
hen war. 


Digitized  by  Google 


Drittes  KapIfteJ.  |.  IfS.  m 


Mr^g  Ttifg  mfXXetfiSm  tw^fja5v  gewaaen  f  O*  f ,  IH.*), 
darfn  stimmen  alle  Evangelien  zusammen.  Nim  aber,  wäh- 
rend nach  der  synoptischen  Darsteliun|f  aöm  Gesohlift  dea 
JiiHaa  amaar  dar  Orttbafiatohnang  anoli  naah  die  Besaieh* 
niYviir  derParsan  ||[ati9rt,  walahä  dorah  danKnft  |vesahfafit: 
lur^t  Johannes  die  Thütieflceit  des  Verräthers  mit  der  Be- 
f^eiohnung  des  Orts  ihr  Ende  erreichen,  und  ihn  naah  dar 
Anknnft  an  Ort  und  Stella  »afalg  baf  dan  Übrigen  atehen 
^rxft  Sk  sr«r)  IßSifitQ  — »  finf  afmop.  5.^  Warmn  die  Je* 
hanneische  Darstellungf  dem  Judas  das  Geschäft  der  per- 
aSnlichen  Beseichnunor  Jean  nicht  ertheilt,  Ist  leicht  nn  aa* 
lian:  damit  ntmliah  Jaana  nicht  ala  ain  Übarliafarter,  aon-^ 
darti  alt  ain  afch  aalbat  Übarllafamdar,  *aonitt  aaln  Ijaldan 
In  höherem  Grad  als  frei  iibernonimenes  erscheinen  möchte. 
Man  darf  sich  nur  erinnern,  wie  Ton  Jebar  die  Gegfuer  dea 
C^hrifftenthoma  Jara  aalnan  Weegnng  ava  dar  Stadt  In  dan 
ftbtfala^anan  Gartan  ala  aahimpfliaha  Vinaht  var  aatnan  Pafn* 
den  aufrechneten  um  es  bee^reiflioh  xu  finden,  dftfs  früh- 
fseitig  unter  den  Christen  eine  Neigung  entstand,  die  Art| 
wta  er  aich  bai  seiner  Varhaftnn|f  benahm  |  noch  in  höhe- 
rem  Grada,  ala  dle(b  In  dar  ufawShnffchen  ETaneralien tradi- 
tio n  der  Fall  war,  im  Lichte  einer  freiwiJligen  Hingabe  er- 
acheinen  zu  lassen» 

Reiht  sieh  nnn  bei  dan  Sjnoptikam  an  den  Joda-sIcnH« 
elna  ainsahneidanda  Fm^e  Jean  an  dan  Varrither«  aa  tchlierat 
sich  bei  Johannes  an  das  von  Jesu  gresprochene :  iyd  fifti 
die  Erwfthnan|(y  daCs  vor  diesem  Machtworte  die  aü  geiner 
Varhaftong  geliemmene  Schaar  enrackgawiaheri  vnd  r.u  Bo- 
den gafallan  sei,  ao  daft  Jesus  seine  Erkilirnna'  wiaderho- 
len ,  und  die  Leute  gleichsam  ermnthigen  mnfste,  ihn  BU 
greifen.   Hierin  will  man  neuerdings  kein  Wunder  mehr 

$)  8a  tagt  der  Jude  des  Celsut  bef  Orig.  c.  Cels.  ^9:  hrrtif 


Oigitized 


erbttekMi»  fondmi  psyehologboh  ioll  der  l^indnick  Jesu 
aaf  diejenigen  unter  der  Sehaar,  welche  ihn  «eben  eoast 

iifters  gesehen  und  gehört  hatten,  gewirkt  heben;  wobei 
Man  sich  anf  die  Beispiele  au«  dem  Leben  eines  Marius, 
einet  Coligny  u.  A.  beruft  Allein  weder  nach  der  eyii- 
optischen  Darstellung,  laat  deren  es  der  tteceiehnmig  Jee« 
durch  den  Kufs,  noch  auch  nach  der  johanneisehen,  imeb 
welcher  es  der  Erklürung  Jesu,  dais  er  es  sei,  bedurfte, 
war  Jesus  dem  Haufen  genauer,  um  wenigsten  auf  eine 
tiefere  Weise,  beliannt;  fene  Beispiele  aber  beweisen  nur, 
^afs  bisweilen  der  gewaltige  Eindruck  eines  Mannes  naHr- 
derische  Hände  Einzelner  oder  Weniger  gelähmt  hat,  nicht 
aber^  dafii  ein  ganies  Detaohement  von  Oerichtsdienem  und 
Soldaten  nieht  blofs  BurOekgewIehen ,  sondern  su  Bodes 
gefallen  wäre.  Was  soll  es  nOtEcn,  wenn  LüCiff  eneret 
£lf|ige,  dann  den  ganzen  Haufen ^  niederstürzen  läfst,  wo- 
dureh  es  vollends,  unnttglich  wird,  sieh  die  Sache  auf  ernatp 
hafle  Weise  rorsustellen?  Wir  Itehren  daher  un  den  Akea 
Eurück ,  welche  hier  allgemein  ein  Wunder  anerkannten« 
Der  Christus,  welcher  durch  ein  Wort  ^eines  Mundes  die 
feindlichen  Sehaaren  niederwirft,  ist  kein  anderer,  als  der- 
jenige ,  welcher  nach  %  Theas.  ^ ,  8«  den  Antichrist  am» 
Xt'KJei  Tij}  nvtvttctti  TU  cofiaTog  avi^^  d.  h.  aber  nicht  iler 
historische,  sondern  der  Christus  der  jüdischen  und  ur- 
ehristlichen  Phantasie.  Der  Veirfasser  dlea  vierten  Evange- 
liums  insbesondere,  der  so  oft  bemerkt  hatte,  wie  die  Feinde 
Jesu  und  ihre  Schergen  ausser  Stands  gewesen  seien,  Hand 
an  ihn  su  legen,  weil  seine  Stunde  noch  nicht  gekommen 
gewesen  sei  (7,  30.  92«  44  ff«  8»  200»  war  veraniafii^  nan, 
als  die  Stunde  erschienen  war,  den  wirklich  gemachten 
Tersuch  zunächst  noch  einmal  auf  recht  eklatante  Weise 
mifslingen  cu  lassen,  sumal  dieis  guiia  mit  dem  Interesse 


6)  LucKK,  2,  S.  5971*  OusADssK,  2,  S.  455.  Vgl.  Thmgk, 
S.  310. 


Digitized  by  Google 


Orittei  KapiteL  f.  11$»  ^iTV 

MaaMi ewatfM»le,  welehea  fn-ikr  BflMlwdUiif  «Ifewr  gaii* 

eeii  Sceiie  ilui  beherrscht,  die  Verhaftung  Jedu  i*ein  nlg 
Akt  seines  fi*eien  Willens  darzustellen.  Indem  Jesus  die 
Soldatefi  durch  die  Maehl  aeiaet  Wortes  lOederwirl^  g&ehl 
er  ihnen  eine  Probe,  was  er  vemdeble,  wenn-  es  «ihm  um 

Befreiung  eu  thun  wäre,  und  wenn  er  sich  nun  unmittel- 
bar darauf  greifen  iäfst,  so  erscheint  diefs  als  die  freiwil« 
ilgste  Hingabe«  So  gieiit  Jesus  im  vierten  Jbvangeünm  eine 
fiilLtische  Probe  jener  Macht,  welche  er  im  ersten  nnr  mit 

Worten  ausdrückt,  wenn  er  zu  einem  seiner  Jünger  sagt: 
öoxtlSf  oii  i  dvvcc/nixi  a{nL  naQaxccliacu  %üv  nazi^a 

Nachdem  hierauf  der  Verfasser  des  vierten  Evangeliniiis 

einen  früher  richtig  auf  die  geistige  Bewahrung  seiner  Schtt- 
ier  bezogenen  Ausspruch  Jesu  (17,  12.),  dafs  er  keinen  der 
ihm  von  Gott  Anvertrauten  verloren  habe,  sehr  nnricbtig 
in  der  8oiffalt  erfittllt  gefunden,  welche  Jesas  angewen- 
det habe,  dafs  seine  Jünger  nicht  mit  ihm  verhaftet  wür- 
den, stimmen  nun  sümmtliche  Evangelisten  darin  eusam- 
men,  dals,  als  die  Soldaten  Hand  an  Jesnm  nu  legen  an» 
fiengen ,  ^er  seiner  Anhänger  das  Sehwert  ge^ogen^  nnd 
des  Hohenpriesters  Knecht  ein  Ohr  abgelmuen  habe,  was 
von  Jesu  raifsbilligt  worden  sei.  Doch  haben  Lukas  und 
Johannes  Jeder  einen  eigen thümliehen  Zog.  Abgesehen  de« 
von,  dafs  lieide  das  von  den  Vormiinnern  unbestimmt  go» 
iassene  Ohr  als  das  rechte  nffher  bestimmen,  nennt  der  lez* 
tere  nicht  blofs  den  verwundeten  Knecht  mit  !Namen,  son* 
dorn  bemerkt  auch|  dafs  der  iiauende  Jünger  Petrus  ge- 
wesen sei.  Warna  die  Sjnoptlker  den  Petrns  nicht  nen- 
nen, hat  man  auf  verschiedene  Weise  suerfciliren  versucht« 
Dafs  sie  den  zur  Zeit  der  Abfassung  ihrer  Evangelien  noch 
lebenden  Apostel  nicht  durch  Nennung  seines  Namens  li»- 
lien  eompromittiren  wollen       gehört  wa  den  mit  fteeht 


7)  Faulus,  ex.  Hdb.  3,  b,  S.  570. 


Digitized  by  Google 


408  Dritter  Abiclinftt. 

fiBMehallMiaii  Fiktionen  einer  ftilteh  pregietieirendrti  JSi» 
gese^  daf«  sie  aber  auch  sonst  die  Manien  meistens  Über- 
geben'), Ut  in  dieser  AilgemeinbeSt  nicht  einmal  von  Mnf- 
thini  welir»  ipveteher  wehi  nnberiihnite)  gieiehgAitige  Pei^ 
'  ^onen  ongenennt  lUlet,  wie  einen  Jelmiy  einen  Baitinillus : 
defB  aber  aas  einer  PetnisHnelcdote,  welche  so  sehr  in  die 
Rolle  dieses  Apostels  pai'stoy  der  wirkliche  MatthHus.  oder 
n«üli  nnr  die  vulgäre  J^Tengelientredition,  so  frttiineitig  und 
•ilgemdn  den  Nomen  rsrloren  lioben  sollte,  wird  mnii  niebt 
.  sehr  glaublich  finden.  Weit  eher  könnte  ich  mir  das  l  in- 
gekehrte  denkbar  machen,  da£B  die  Anekdote  ursprünglich 
ohne.  Nomensengebe  nnigelonfen  wSre  (nnd  wornin  solits 
nicht  oneh  ein  sonst  minder  ensgezeiehneter  unter  den  An- 
hfi:ngem  Jesu  ^  denn  nach  den  Synoptikern  »clieint  es 
Hiebt  einmal  nothwendig  einer  der  Zwölfe  gewesen  sein 
nu  nillssen  —  dessen  Nemo  daher  eher  sn  rergeseen  wsr, 
Marth  nnd  Übereilung  genug  gehabt  Imhen,  in  Jenem  Zeil- 
pnnkt  das  Schwert  su  ziehen  ?),  ein  späterer  Referent  aber 
eine  solche  Handlungsweise  dem  raschen  Ctmrakter  def 
Pe  tnm  besonder!  angemessen  gefunden,  und  sie  doTswegcii 
auH  eigener  Combinatlon  ihm  nngesehrleben  blitto.  Daas 
brauchen  wir  uns  auch  nicht  für  die  Möglichkeit,  dafä  Jo- 
hannes den  Namen  des  Knechts  wissen  konnte,  auf  seine 
ßokannlsebaft  im  hohenpriesterliehen  Hanse  au  berufen  % 
ao  wenig  Markus,  um  cur  Kenntnift  des  Namens  ron  )e- 
ne;m  Blinden  su  gelangen,  einer  besondern  Bekanntschaft 
iffi  Jericho  bedurfte.' 

Lukas  hat  bei  dieser  Sehwertseene  das  fiigenthflmli- 
«eho,  dais  naeh  ihm  Jesus  das  Ohr  des  Knechts,  %^ie  m 
scheint  durch  ein  Wunder,  wieder  geheilt  hat.  Während 
Olshadsen  die  snfriedene  Anmerkung  macht,  dieser  Lm- 
•tand  erkläre  am  hosten,  wie  Petrus  sieh  nnrerlett 


8)  Dert.  ebendss. 

9)  1/Vic  L8cKS,  XaMca  und  Olssaussh  s.  d.  St. 


« 


Digitized  by  Google 


Dritt«»  Kftpttel.   §.  123.  479 

* 

rflckr.iehen  Jionnte  —  H.is  Kr.^tannen  ilhor  ilie  flelliiTigr  wor- 
Hi*  die  Allgemeine  Aut'iuerk8anikeit  in  Ansprach  genommen 
hüben:  verfolgt  Paolus  selbst  bU  nach  fiethtemne  <len 
Herrn  mit  natarilojier  Erklfirong  «einer  Wunder*  Jetot 
soll  ilas  vervviindete  Ohr  Hnrch  Hofüliinn^  Ccf^'cri/frOs)  nn- 
forsncliti  und  sofort  angegeben  haben,  wns  zum  Bebnf  iler> 
Heilung  sn  thun*  sei  Ctaacno  aivov) :  hätte  er  ihn  ^nrch 
ein  W^iiiider  geheilt,  so  rnüfste  doch  «neh  ein  Erstsnnen 
der  Anwesenden  g<'meldet  sein.  Solche  ttu^lere!  ist  Hicfs- 
mal  besonders  unnüthig,  da  das  Alleinstehen  des  Lukss 
mit  dem  frsglicJien  Zug  und  der  gsnse  ZussmmenbAng 
derSceneuMS  deuflieh  genng  sngf,  was  wir  Ton  der  Ssnhe 
ea  halten  haben.  Jesns,  der  so  vieles  Leiden,  an  M'elchem 
er  unschuldig  war,  durch  seine  Wunderkrsft  gehoben  hst- 
te^  der  sollte  ein  Leiden^  welehes  einer  yon  seinen  JAngem 
aus  Anhingliehlieit  an  Um,  also  mittelbar  er  sellist,  verms 
«acht  hatte,  ungeheilt  gelassen  haben?  Diefs  mufste  man 
bald  undenkbar  linden ,  und  so  dem  Schwertstreich  des 
Petrus  eine  Wunderheilung  von  Seiten  Jesu  die  ieste 
in  der  evangelischen  Gesehichte  —  sieh  anschiiefsen« 

Hieher,  unmittelbar  vor  seine  Abf&hrung,  stellen  die 
Syno|Uiker  den  Vorwurf,  welchen  Jesus  den  ku  seiner 
Gefangennehmung  Gekommenen  machte,  dafs  sie  ihn,  der 
Ihnen  durch  sein  tägliches  tfffentliches  Auffcreten  Im  Tem* 
pel  die  beste  Gelegenheit  gegeben  habe,  sieh  seiner  auf  die 
einfachste  Weise  zu  bemüchtigen ,  —  ein  schlimmes  An- 
•  seichen  für  die  Reinheit  ihrer  Sache  —  mit  so  vielen  Um- 
ständen, wie  einen  Räuber  hier  aussen  aufsuehen«  Das  vier* 
te  Evangelium  läfst  ihn  etwas  Ähnliches  später  cn  Annas 
sagen,  dessen  Erkundigung  nach  seinen  Schülern  und  sei- 
ner Lehre  er  auf  die  Öflfentlichkeit  seines  ganeen  Wirkens,  aujf 
sein  Lehren  In  Tempel  und  Synagoge,  verweist  C18,  S§  f.). 
Wie  wenn  er  von  ßeidem  vernommen  hätte,  sowohl  dafs 
Jesus  so  etwas  dem  Hohenpriester,  als  da  ('s  er  es  bei  sei- 
ner Gefangennehmung  gesagt  habey  läfst  Lukas  die  Ho- 


Digitized  by  Google 


britler  Abtchitite. 


henpriestir  und  Aitetten  selbst  bei  der  Verhafhin^  gf'^^n- 
wArtig  sein ,  and  Jesum  hier  auf  jene  Weise  zu  iliaen 
afurechen ,  was  gewÜs  nur  Irrtham  ist  *  °). 

l^ech  den  swel  ersten  Evangelisten  fliehen  non  alle 
Jänger,  wobei  Markus  den  specleüen  Zug  hat,  daft  ein' 
Jflngling ,  der  eine  Leinwand  um  den  hlofsen  Leib  ge- 
worfeni  iiatte,    als  man  ihn  greifen  wollte,  mit  ZuriiclL- 
lassung  der  Leinwand  naeJit  davongeflohen  seL  Abge- 
sehen von  den  mllssigen  Vermnthangen  Xiterer  nnd  sellist 
neuerer  Erklärer,  wer  dieser  Jüngling  gewesen  sein  mö- 
ge, hat  man  mit  Unrecht  aus  dieser  Notiz  auf  nahe  (ileich- 
neitiglieit  desMarlinsevangellamsgesehloesen,  weil  eine  sol- 
che iiieine,  namenlose  Anelidote  nnr  in  der  Nähe  der  Per- 
sonen und  Begebenheiten  habe  interessiren  können"):  da 
doch  dieser  Zug  selbst  uns,  in  der  weitesten  Zeitferne , 
noch  eine  lebendige  Anschauung  von  dem  panischen  Schre- 
cken und  der  schnellen  Flucht  der  Anhiinger  Jesu  giebt, 
und  also  dem  Markus,  woher  er  ihn  auch  bekommen,  und 
■wie  spät  aneh  geschrieben  haben  mag^  willkommen  sein 
muCste» 

I.  114. 

Jesu  Vcrhbr  vor  dem  Hohenpriester. 

Von  dem  Orte  der  Gefangennehmnng  lassen  die  Syn- 
optiker Jesum  warn  Hohenpriester,  dessen  Namen,  Kaiphas, 

jedoch  hier  nur  Matthüos  nennt,  Johannes  aber  zu  Annas, 
dem  Schwiegervater  des  damaligen  Hohenpriesters,  und 
von  diesem  erst  su  Kalphas.  geführt  werden  (Matth.  26, 
57  ff.  paralL  Job.  IS,  12  fty.  Und  nwar  wird,  wie  es 
scheint,  von  dem  Verhör  bei  Kaiplias,  welches  den  Syn- 
optikern Eufolge  das  Entscheidende  war,  im  vierten  Evan- 
gelium nichts  ersählt|  nur  aus  der  Verhandlung  vor  Anna» 


10)  ScuLBisiuiACHKii ,  Uber  den  Lukas,  S.  290.. 
•  11)  Pävuis,  es.  Uab.     b,  S.  576. 


Digitized  by  Google 


Drilles  l^apileL  i.  iU.  481 


wird  afaiifM  N«h«re  mkgelbeiiu  Kiohli  %  daher  der  Hmp- 
Monitllk  näher,  ale  die  Annehme,  wie  eie  sich     £•  lehen 

bei  £uthyinius  findet,  Johannes  habe  vermöge  seines  Et* 
gänsnagaewecks  da«  von  den  Synoptikern  ttbergaageoe  Ver* 
hör  rar  Annas  naehgeheil|  daa  Yor  Keipha»  aberi  weil  ea 
Ten  seinen  Vorgin||[em  ansMiriieh  genug  beschriel>en  war, 

tibergangen  Diese  Ansicht,  dafs  Johannes  und  die  Syn- 
optiker von  gana  verschiedenen  Verhören  reden,  uird  auch 
iiaduMh  betlftligt,  dala  der  lahaU  des  Verbürs  auf  beiden 
Seiten  dhi  gana  verseiiiedener  ist.  Während  nimUch  hei 
dem,  welches  die  Synoptiker  beschreiben,  nach  Matthäus 
und  Markus  zuerst  die  fai&chen  Zeugen  gegen  Jesum  auf- 
treten,-hierauf  derHoliepriestar  ihn  fragl^  ob  er  sich  wir^i* 
lieh  für  den  Messias  ausgebe,  und  auf  die  Bejahung  da* 
von  ihn  der  Blasphemie  und  des  Todes  schuldig  erklärt, 
woran  sich  Milsbandiungen  schiieisen so  wird  in  dem  von 
Johannes  gesohiiderlen  Verbiir  Jesus  nur  naoh  seineii  Jün- 
gern und  «ach  seiner  Lehre  gefragt ,  worauf  er  sich  auf 
die  Öffentlichkeit  seines  Wirkens  beruft,  und  nachdem  tr 
hierüber  von  einem  Diener  miCsliandeit  worden  wai^^  ohne 
dals  ein  ürtheU  gefäiit  wäre^  weiter  gpsoliiakl.] 

Doch,  wenn  gleich  der  eigentiiche,  Jesum  betreffende 
Inhalt  der  beiden  Verhöre  ein  verschiedener  ist,  scheint 
die  Identität  einer  nebenherspieienden  Begebenheit  sie  wie- 
der an  identifieiren ,  Inden  sowoiii  Joiiannes  als  die  Syii- 
optilKer,  jeder  Tiieil  während  des  von  ihm  bescliriebenen 
Verhörs,  Jesum  von  Petrus  verleugnet  werden  läfst.  Lim 
dem  Widersprocb  zu  entgehen,  dafs  die  Verleugnung  des 
Petrus  nach  den  drei  ersten  £vangeüen  wälirend  des  Ver- 
hörs vor  KaiphaS)  nach  dem  vierten  hei  Annte  vorgefal* 
Jen  sein  müfste,  hat  man  in  der  Darstellung  des  leztercn 
£vangelinms  Spuren  zu  entdecken  gewufst,  welche  darauf^ 
isa  deuten  schienen,  dals  auch  sein  Berieht  von  einem  Ver*  . 


1)  Paulus,  a.  a.  0.  S.  577.    OUHAVSSS^  S.  244. 
i^o«  Jtäu  iJ.  Mond.  31 


Oigitized  by 


49)  Drieier  ^»clinUtb 

Mr  M  KaipliM  so  vet^ben  wi.  Gleieh  von  Aiif«iif  nln- 

tUihf  nachdem  von  Amins,  «Is  fiem  ntv^t()o^  lij  Käiutfa, 
die  Rede  gewesen ^  land  mau  et  wunderbar,  dafs  nun  eÜAe 
nfihef«  BeMichnuiig  det  iesteraii  als  üriieber»  von  Jenem 

'  verhfingniftvollen  Rath^  Jek  ll,  50,  folge,  wenn  doch  ao- 
fort  nicht  ein  von  ihm,  sondern  von  dem  ersteren  vorge- 
nommenes Verhör  erzählt  werden  sollte.  Dann  sei  anch 
in  der  Besehreibong  des  Verbör«  selbst  durohans  vom  Pa- 
laste nnd  von  Fragen  tS  u()xt^Qitog  die  Bode,  wie  doeh 
Johannes  sonst  nirgends  den  Annas,  sondern  nur  den  Kai- 
pbas  nenne.  Dafs  aber  auf  diese  Weise  schon  von  V.  16, 
«n  von  etwas  bei  Kaipbas  Vorgegangenem  die  Rede  sein 
follfte,  seheInt  vregen  V.  24**  nnmtfglicb,  weil  es  hier  erst 
fieifst,  Annas  habe  Jcsum  ea  Kaiphas  geschickt,  so  dals  er 
jalso  bis  dahin  bei  Annas  gewesen  sein  mufs.  iScbneii  be» 
aonnen  Msfe  man  daher  den  24ten  Vers  dabin,  wo  man  ihn 
Jbranehte,  nKmlicb  hinter  V«  IS,  nnd  schob  die  8ebnld, 
dafs  er  Jeat  weit  später  gelesen  wird  ,   auf  die  Nachläs- 

'  sigkeit  der  Abschreiber^).  Da  diese  Umstellung,  in  ihrer 
Veriamenbeit  von  icritisehen  AnetoHUttn»  als  die  willktihr^ 
liebste  Oewalthllllb  erteheinen  mufke,  so  hat  man  sofort 
versucht,  ob  sich  nicht  der  Notiz  V.  24,  ohne  sie  wirk- 
lich aus  ihrem  Orte  zu  rücken,  doch  eine  solche  Dentnng 
geben  lielse,  dafs  sie  dem  Sinne  nach  hinter  V.  13«  sn  eie* 
hen  kSme,  d.  h.  man  nahm  das  ani^stk^p  als  Plusquamper- 
fekt, und  stellte  sich  vor,  Johannes  wolle  hier  nnehhulen, 
was  er  bei  V.  13.  zu  bemerken  vergessen,  dafs  nämlich 
Annas  Jesnm  alsbald  sn  Kaipbas  gOBchickt  habe ,  folglieh 
das  beschriebene  Verbdr  von  diesem  vorgenommen  worden 
sei  Hiebei  muTs  man  die  allgemeine  Möglichkeit  einer 
solchen  enaUa^e  temporuni  nugeben,  aber  ebenso  mufs 
darauf  beharrt  werden ,  dafs  dieeelbe  nicht  ohne  Anden- 


2)  So  z.  B.'  EmticDt  s.  d.  St. 
5}  So  Tmolvck,  LCcn  s.  d.  St. 


L.ivju.^cd  by  Google 


Oriltes  Kftpitel.  $.  m. 


48S 


tnng  im  Zasammenhang  sein  darf.  So,  wenn  hier  «twa 
V«  23.  auf  £inmai  Kaiphas  als  gegenwärtig  genannt  wfire, 
und  non  V.  24.  folgte :  an^eüia  yoQ  iL »  ao  Btäude 
einer  solclieii  Aoffassniif  nUikU  im  Wege:  mm  dbtr  ist 
sie  durch  niehts  der  Art  nnterstÜBt.  ÜberfcMpt,  wie  Ols- 
HAUS£N  richtig  bemerkt,  wer  sich  dem  Eindruck  der  jo- 
hanneisclien  Erzählung  alieiM  filieKUefse,  würde  nie  auf  eine 
andere  Ansicht  iiommen  Iidnnen  ^  als  daie  sie  ein  VerhClr 
Tor  Annas  geben  wolle;  nur  die  Vergleichung  der  Synop- 
tiker kann  auf  eine  andere  Deutung  führen:  zu  einem  so 
achleehten  Schriftsteller  aber  ,wh'd  man  dooh  den  Johannes 
nicht  machen  wollen  ^  da£s  er  durah  seine  OarsteUnog  nn- 
vermeidUehe  Mifsverständnlsse  Teranlafst  haben  sdUte,  die 
nur  durch  Zuhüifenehmen  anderer  Berichterstatter  über 
denselben  Ciegenstand  zu  losen  wären* 

£s  bleibt  also  dabei:  Johaaaes  ersälilt  ein  anderes 
Verlidr  als  die  Synoptiker,  jener  eines  vor  Annas,  diese 
eines  vor  Kaiphas.   ^^Qyjenevg  konnte  er  den  gewesenen 
Hohenpriester,  der  sugleich  der  Schwiegervater  des  regie- 
renden war ,  so  gnt  nennen  als  Lnkas,     2 ;  die  ausführ- 
liche Beseichnnng  des  Kaiphas  aber  konnte  bei  desien  erst- 
maliger VViedererwähnung  nach  dem  berühmten  ilathsclilag 
passend  scheinen,  auch  wenn* unmittelbar  darauf  nicht  et- 
was bei  ihm  Vofgefaüenes  mu  beiiolUen  wafv  Waram  man 
.  «lesnm  anerst  an  Annas  führte,  lälst  sieh  ans  dem  fiinflufs 
erklären,  welchen  dieser  Mann,  auch  laut  A.  G.  4,  6,  nach 
seinem  Rücktritt  von  der  hohenpriesterlichen  Stelle  noch  im- 
.  mer  aosgefibt  an  liaben  aeheint.  Dals  nun  aber  der  vierte 
.  Evangelist  von  dem  VerhOr  vor  Kaiphas  nichts  Häher^s 
angiebt,  ist  um  so  aullallender,  da  in  dem  vor  Annas,  nach 
seiner  eigenen  Darstellung,  nichts  entschieden  worden  ist, 
mithin  die  Gründe  und  der  Akt  der  Vernrtheilnng  Jesn 
durch  das  jüdiselie  Gwieht  in  seinem  Evangelium  durchaiis 
fehlen.    Diefs  aus  dem  l^irgänzungszweck  erklären,  heifiit 
dem  Johannes  ein  gar  s&u  verkelirtes  Verfahren  aur  Last 

81  * 


id4  Dritter  Abschnitt. 

legen,  iIa,  wwin.  er  da«  Otiergieng ,  was  die  Andern  sehon 
hntten,  ohne  nneudeiiteii ,  dnfs  er  es  nur  defswegen  wo^. 
ÜeOi}  er  berechnen  konnte,  dadurch  nur  Verwirrung,  und 
'  liegen  sieh  den  Schein  eines  falschen  Bericht«)  sawege  m 
bringen»  Die  Meinnng,  da(«  de«  Verhör  Ter  Annes  des 
Hauptverhör  gewesen  sei,  and  defswegen  das  andre  über- 
gangen werden  dürfe,  kann  er  auch  nicht  wohl  gehabt 
liaben^  da  er  [(einen  Beschiolsy  der  in  Jenem  gefalst  wor- 
.den  wäre^  anaugeben  weil«;  wufste  er  aber  endlieh  da« 
Verhör  vor  Kaipbes  als  das  Hanptyerhör,  und  gab  doch 
keine  nfihere  Auskunft  darüber^  so  ist  freilich  auch  die(s 
iMin  geschicktes  Verfahren  su  nennen« 

In  der  Darstellnng  de«  Verhör«  iiei  Kalpha«  finden 
.  swischen  den  beiden  ersten  Synoptikern  und  dem  dritten 
mehrfache  Abweichungen  statt.  VV  ährend  nach  jenen  bei« 
deui  als  man  Jesum  in  den  liohenpriesterlichen  Palast  brach- 
te 9  die  Scliriftgelehrten  and  AiteSten  bereit«  ▼er«ammelt 
waren,  und  nun  noch  In  der  Nacht  Ober  ihn  Gericht  hiel« 
ten,  wobei  zuerst  Zeugen  auftraten,  dann  der  Hoheprie- 
ster ihm  die  entscheidende  fvti^  vorlegte,  auf  deren 
Beantwortung  hin  die  Versammlang  ihn  des  Tode«  «cbnl* 
dig  erklärte:  wird  nach  der  Darstellung  im  dritten  Evan- 
gelium Jesus  die  Nacht  über  im  Palast  des  Hohenpriesters 
nur  einstweilen  verwahrt  nnd  von  der  Dienerschaft  mifs- 
liandelty  Iii«  er«t  mit  Tageaanbmch  da«  Synedrium  «ich  ver- 
sammelt, und  nun,  ohne  dafs  vorher  Zeugen  auftreten, 
der  Hohepriester  durch  jene  eutscheidende  Frage  die  Ver- 
nrtheÜnng  beschleunigt*  Dafs  'non  die  Mitglieder  des  ho- 
hen Raths  schon '  in  der  Naoht,  wfthrend  Jude«  mit  der 
Wache  ansgerückt  war,  eur  Empfangnahme  Jesu  sich  ver- 
«ammelt  haben ,  könnte  man  unwahrscheinlich  finden,  und 
inaofern  die  Darstellnng  des  dritten  Evangeliums  vorziehen 
woUen,  wetelie«  «ie  er«t  liei  Tagesanbruch  sosanunenkoW 
men  lAfiit^):  wenn  sich  Lukas  nur  nicht  diesen  Vortliell 

4}  So  8eaft«ttaMAcasR|  über  den  Lukst,.S.  ^5« 


Digitized  by 


Drillea  KaplUL   {.  124.  48S 

düifamh  selbtt  wieil«r  entetfge «  daft  er  die  tiobenpriester 
und  Ältesten  bei  der  Gefangeniiehinung  im  Garten  zugegen 
seiniüüiti  ein  £ifer,  der  sie  wohl  auch  getrieben  haben 
wArdeji  eich  aUbald  sar  eehleunlgen  ßeflchlnftnahaie  su- 
aaauBensolhoii.   Indefe  aiieb  bei  Matthäus  und  Markus  ist 
das  wunderlich,  dafs,  nachdem  sie  uns  das  ganze  Verhör 
SM  mm t  der  Beschlaisnahme  erafthit  babeiii  sie  deck  noch  (ST^  !• 
vnd  15|  l.)Mgen:  fgQtatag  di  yfvoiiivr>g  avftßäUw  ilaßoyyS» 
dafs  es  scheiiVt,  die  Synedristen  haben,  wenn  nicht  gar  sich 
am  Morgen  wieder  versammelt,   da  sie  doch  die  gan»e 
Nacht  beisammen  gewesen  waren,  doch  Jost  evst  einen  Be- 
tehinls  gegen  Jesnm  gefalsl,  der  schon  in  .der  niehdichen 
Versammlung  gefafst  worden  war        Dafs  Lokas  die  Ver- 
handlung mit  den  ip€vöofid(nvQeg  Ubergeht,  erklärt  Schleier- 
MACHBR  ans  dem  Umstand,  dals  der  Verfasser  dieses  Stücks 
im  dritten  Evangelium  »war  vom  Garten  herein  demZnge, 
der  Jesum  geleitete,  gefolgt,  vom  hohenpriesterlichen  Pa- 
iast  aber  mit  de»  meisten  Übrigen  ausgeschlossen  worden 
sei,  mithin  das  in  diesem  Vorgefallene  nnr  vom  Hörensagen 
ersfthie.   Aliein  ein  so  nahes  VerhültnÜs  des  Beriehterstat- 
ters  in  diesem  Abschnitt  des  Lukaserangeliums  zur  Thatsa- 
che  kann,,  um  aus  dem  Folgenden  nichts  zu  anticipiren, 
•nchnnr  nm  des£inen  2«ngs  willen  ron  der  Heilung  des  ver. 
wnndeten  Knechts  nicht  angenommen  werden.  Sondern  in 
der  Uberlieferung,  bis  sie  zu  ihm  gelangte,  mnfs  jene 
Kotis  abbanden  gekommen  sein,  von  weicher  schon  oben 
hei  einer  andern  Gelegenheit  hat  gehandelt  werden  müssen^ 
Wie  Jesus  anf  die  Aussage  der  falschen  Zeugen  niclils 
erwiederte,  fragte  ihn  den  beiden  ersten  Evangelisten  zu- 
folge der  Hohepriester,  im  ^Iritten  isvangeiium  ohne  jene 
Veranlassung  das  Synedrinm,  ob  er  wirklich  der  Messias 
Cder  Sohn  Gottes)  nn  sein  behaupte?  was  er  nach  Jenen 


5)  ScHi.Ei£R]iu€ttsa  a*  a.  0«,  vgl«  Fanzscas,  z.  d«  St.  det  Mattli« 


Oigitized  by 


iM  Dritter  AbsehiiitL  • 

lief<leii'«bne  WeU«pe9  ilsroh  av  elnag  vimI  iytS  et  fit  befiifif, 

and  hinznsext,  dafs  sie  ron  jezt  an ,  oder  demnächst  iari 
SgtOfde*  Menschen  Sohn  znr  Rechfen  der  o^üttiicben  Alacht 
ittceiiy  und  in  den  Woiken  dee  Hioiinels  kommen  sehen 
wttrden ;  niieh  Laka«  hin|»e^n  erklirt  er  snersf,  dafs  Ihn 
'«eine  Antwort  doch  nichts  nützen  werde,  fiij^t  Übrigens 
hinsoi  ¥on  jezt  an  werde  des  Menschen  Sohn  zur  Rech- 
ten der  gSttUehen  Macht  sitsen,  worauf  ihn  Alle  gespannt 
f rächen,  ob  er  demnach  der  Sohn  Gottes  sei?  was  er  be- 
jaht.   Hier  spricht  also  Jesus  die  Erwartung  aus,  durch 
•einen  Tod  nonmehr  sn  der  Herrlichkeit  des  messianischen 
CHtsens  sar  Rechten  Gottes,  nach  Ps«  110, 1,  den  er  schon 
Matth.  22,  44.  anf  den  Messias  gedeatet  hatte,  einzucrehen. 
Wie  lange  er  auch  vielleiclit  seine  messianische  V  orlierrli- 
ebong  sich  ohne  Vermittlung  durch  den  Tod  gedacht  fü- 
llen mag,  weil  eine  «olche  Vermittlung  in  den  Vorstei- 
iiingen  der  Zeit  ihm  nicht  scheint  an  die  Hand  gegeben 
gewesen  za  sein:  jezt,  frefnngeny  von  seinen  Anhängern 
verlaüony  dem  erbitterten  Synedriom  gegenüber,  nnfste 
er  einsehen,  dafs,  wenn  er  überhaupt  noch  die  Überseo- 
gung  ron  Betner  MesslanftSt  festhalten  wollte,  er  su  seiner 
messiajuschcn  Verherrlichung  nur  durch  den  Tod  eingehen 
kffnnej  so  dafs  vielleicht  eben  jene  lezte  Noth  des  gefan- 
genen Jesus  die  Gehnrtsstunde  der  Idee  eines  sterbenden 
ttesstit  War.  Wenn  den  ewel  ersten  Evangelisten  sofolge 
Jesus  zu  dem  xcfihjftevov  ix  de^iwv  rrg  Svmfiewg  noch  xal 
iQXOfiCvov  ifA  t&f  veq^eXwv  rH  iincofS  seat,  so  sagt  er,  wie 
aAbmi  Mher,  seine  baldige  Pamsle,  und  Ewar  hier  be- 
sUnmit  als  Wiederkunft,  voraus.   Nach  Olshaüsbn  soll  das 
(in  c(OTc  des  Matthäus  nur  auf  xad-rjie^nv  x,  r.  A.  beaogen 
werden,  well  es  au  eQxopevoy  ir.  t;  A.  nicht  passen  würde, 
indem  sich  nicht  denken  lasse,  wie  Jesus  sich  damab  schon 
als  demiiffehst  Kommenden  habe  darstellen  liönnen:  eine 
ledi^^lich  dogmatische  HedenkJichkeit ,  welche  auf  unsrcm 
Utaadpuakt  nicht  stattiindet,  auf  keinem  aber  die  gramma- 


Digitized  by  Google! 


l>r.iMe«  Kii|»iteL  S«  lU. 


tUche  Auslegung  so  wett|  wie  hier  bei  OishausbH)  Tevder« 
ben  sollte*  Auf  diegedschte  Erklffrong  Jesu  eerreifst  nach 
Matthäus  und  Markus  der  Hohepriester  seine  Kleider,  er« 
klärt  Jesum  der  Blasphemie  für  überwiesene  und  die  Ver- 
snmmlung  erkennt  ihn  des  Todes  schuldig,  wie  aach  naclk 
Lukas  die  Versammelten  bemerken  |  nnn  brauche  es  kein 
weiteres  Zeugnifs  mehr,  dn  die  Terbrecherische  Aussage 
von  Jesu  selbst  vor  ihren  Ohren  gethaii  worden  sei» 

Hieran  sobiieist  sich  dann  bei  den  beiden  ersten  Eran* 
gellsten  die  Mifshandlung  Jesu ,  welche  Lukas  schon  vor 
das  Verhör,  Johannes  in  das  Verhör  des  Annas  verlegt, — 
^wahrscheinlicher  y  weil  man  nicht  mehr  genau  wofste,  wo 
diese  Mifshandlungen  vorgefallen  waren ,  als  weil  sie  su 
verschiedenen  Zeiten  und  unter  verschiedenen  VerhXltnis- 
SCJi  wiederholt  worden  waren.  Die  Verübong  dieser  Mifs- 
haiidiungen  wird  bei  Johannes  und  Lukas  ansdrflckiich 
dort  einem  vnr^nhiiig^  hier  den  äifdQig  awi%9nfs  ^ov  iL  an* 
geschrieben ;  dagegen  müssen  bei  Markus ,  wenn'  er  Im 
l'oigenden  die  lnr^{tii(X(;  von  ihnen  unterscheidet,  die  rfveg 
i^mvovz^  einige  von  den  namg  sein,  welche  ihn  eben 
vorher  verurtheilt  hatten,  und  auch  bei  Matthäus,  der^  oh- 
ne ein  neues  Subjekt  au  setaen ,  nur  durch  rcts  7]Q^avTo 
fortfahrt,  sind  es  offenbar  die  Synedriston  treibst,  welche 
sich  Jene  unwürdigen  Handlungen  erlauben,  was  Schlbikr- 
MACHBE  mit  Recht  unwahrscheiidich  gefundeni  und  insofern 
die  Darstellung  des  Lukas  der  des  Matthäus  vorgeeogeu 
hat  Die  Mifshandiung  besteht  bei  Johannes  in  einem 
ßackenstreich  Qtinio^a^  welchen  ein  Diener,  wegen  einer 
versMintiich  unbescheidenen  Rede  gegen  den  Hohenprie- 
ster, Jesu  giebt;  bei  Matthäus  und  Markus  ist  es  Verr 
8)ieinng  des  Angesichts  Ctytmi  oav  f/V  id  7iQüUmioy  c<tTö)> 
•Schläge  auf  den  Kopf  und  liackenstreiche ,  wozu,  auch 
nach  Lukas,  das  kam,  dals  er  bei  verhalltem  Haupt  ge- 


7)  a.  a.  O. 


Digitized  by 


0 


488  Orltier  Abiehnltt 

schlni^en  und  höhnend  auffljefordert  wurde,  seinen  messia- 
nisehen  SeherbMck  durch  Angabe  des  Thfifers  zn  beurkun- 
den ^  Nach  Olshaüsbv  hat  der  Geiet  der  WeisM|[[iing 
•I  nicht  unter  seiner  Wfirde  gehelten,  diese  Rohhetten  \m 
Einzehien  vorherzuverkÖndigfon,  und  zugleich  die  GerafUhs- 
verfassung  eu  seichnen,  welche  der  Ileih'ge  Gottes  der  un- 
heiif$[en  Menie«  entgeKenttellte.  Richtig  wird  hiesa  Je«. 
50,  df.  enorefnbrt  (LXX);  xw  vtSrov  fiB  SiSt&tta  elc  fiict^ 
yag,  tag  aiayovag  ftö  dg  ()amaficiTa  j  zu  6i  nQoatonov 
fis  we  ani^QBilfa  aTto  alayv%ijg  ifiTttvCftatafv  x,  t,  vgL 
Mich«  4,  14  9  and  HBr  die  Art,  wie  Jesus  das  Alles  ertrag, 
die  bekannte  Stelle  Jes.  53,  7,  wo  yom  Rneebt  Gottes  des 
Schwelgen  unter  den  Mifshandliingen  hervorgehoben  wird. 
Allein,  dafs  Jes.  50,  4fr.  eine  Weissagung  auf  den  Mee> 
elas  sei,  Ist  ebenso  g^n  den  Znsammenbang  des  Abscbnitts, 
wfebel  Jes.  53.'*>;  foffrlleh  mOfste  das  Zasamnentrefifen  des 
Erfolgs  mit  diesen  Stellen  entweder  menschlich  beabsich- 
tigt, oder  rein  sufKlllsf  gewesen  sein.  So  wenig  nun  die 
Diener  and  Soldaten  bei  Ihren  Hifshandlongen  die  Absieht 
gehabt  haben  werden,  Weissagungen  an  Jesa  In  Erfilllang 
gehen  zu  lassen:  so  wenig  wird  man  diesem  selbst  das 
Atfektirte  easohreiben  wollen,  aus  dieser  Absicht  geschwie- 
gen in  haben ;  ans  dem  blolsen  Zafali  aber  ein  solches,  aller- 
dings, wie  OLSRAüSBif  sagt,  in's  Einzelne  gehendes,  Znsan* 
mcn treffen  heranlelten,  ist  immer  mirslicb.  So  wahrschein- 
lich es  also  auch  der  rohen  Sitte  {ener  Zeit  sufolge  is^ 
dals  der  gefangene  Jesas  mißhandelt,  ond  nnter  Andrem 
auch  so  mlfshandelt  worden  Ist,  wie  die  Evangelisten  es 
beschreiben :  so  läfst  sich  doch  kaum  verkennen,  dafs  ihre 
ScIiUderungea  nach  Weissagungen  gemacht  sind ,  welche 

mnn%  da  Jesas  einmal  als  Leidender  and  UlTshandelter  ge- 

 / 

8)  Dass  MatAXns  hier  der  VsrliUlloBg  nickt  gedeakt,  ist  eine 
NseMüttlgkeil  seiner  Dtrttellung ,  da  ohne  jene  Notit  das 
nfpqnfrf^v  ».  r.  i.  keinen  reckten  8tan  hat. 

9)  Gmwiui  s.  d.  Aksck, 


Digitized  by  Google 


Dritte»  K^apiteL  {.IM.  4S» 

geben  wih^  a«f  ihn  liesof ;  ebente,  wie  nngenieeeen  eemoh 

dem  Charakter  Jesu  ist,  diese  Mirshandliingeii  geduldig  er- 
tragen, nnd  unbefugte  Fragen  mit  edlem  Schweigen  eorOck- 
gewieten  sa  haben :  te  bitten  doeh  sebwerüch  die  Kran* 
geileren  dieCt  ao  oft  nnd  angelegentlieb  bei^orgeboben 

wenn  es  ihnen  nicht  darum  zu  tliun  gewesen  ware^  da- 
durch A.  T.iiche  Orakel  aia  erfiUiit  au  aeigen. 

f. 

Die  Verleugnung  de»  Petrui» 

Bei  der  Abfflhrang  Jeta  a^s  dem  Oarten  laaien  die 
swei  tmten  Evangelisten  im  Ängenblleii  «war  alle  Jflnger 

die  Flucht  ergreifen,  doch  folgt  auch  bei  ihnen,  wie  bei 
den  übrigen I  Petrus  von  ferne,  und  weifs  sich  mit  dem 
Zuge  Eingang  in  den  Hof  des  hohenpriesterlichen  Paiastt 
an  verschaffen.  Wahrend  den  Syno])tikem  anfolge  Petms 
allein  es  ist,  der  diese  Probe  von  Muth  und  Anhänglichkeit 
an  Jesum,  die  ihm  aber  bald  genug  lenr  tiefsten  DemQthi- 
gnng  ausschlagen  sollte,  ablegt:  gesellt  ihm  das  vierte  £van* 
geilnm  den  Johannes  bei,  nnd  swar  so,  dals  es  dieser  ist, 
welcher  durch  seine  Bekanntschaft  mit  dem  Hohenpriester 
dem  Petrus  Zutritt  zu  dessen  Palast  verschafft  —  eino  Ab- 
weichung) die  mit  dem  ganaen  elgenthfimlichen  Verhältnilsy 
in  welches  dieses  Evangelium  den  Petras  an  Johannes  sea^ 
schon  früher  erwogen  worden  ist 

Sfimmtlichen  Evangelisten  sufolge  war  es  in  dieser  avh^^ 
daCs  Petras»  eingeschflchtert  durch  die  bedenkliche  Wen- 


10)  Matth.  i6,  63.  vgL  Markos  14,  61:  4     *j.  i^idn: 
Matth«  17|  12 :  i9k¥  in§Mfiraro» 

Matth.  27)  14*  vgl«  Marc.  15,  5  s  mrV  in  Jhttx^fyn^  aOtf 

fr  l^/wö  ,  <^'i  Sav/Jai^iir  ror  ^yffiova  Xtav, 
Job.  19,  9 :    6      7*  aaoM^toir  m»  tSauur  tnh^ 

1)  1.  Bd.  9,  m. 


Digitized  by  Google 


I 

490  Dritter  Abtelmitt. 

f 

iung  iee  SmIm  JaM  und  die  kehenpriMterlicbe  Mcmar 

8chaft,  die -ihn  amgab,  den  entstandenen  rnid  wiederhok 
geffosserten  Verdacht,  daCi  er  zu  den  Anhängern  des  ver- 
hkfleten  GaUlXert  gehöre,  doreh  wiederholte  Versicherun« 
gen,  ihn  nleht  au  kennen,  nledersuschlagen  anehte.  Doeb, 
wie  bereits  angedeutet 9  schon  in  Beeav  anf  den  Inhalier 
dieses  Lokals  findet  eine  Abweichung  zwischen  dem  vier- 
ten E?angeliam  und  den  übrigen  ataU,  indem  die  Verieug- 
nang  naeh  diesen  im  Palast  des  regierenden  Hohenpriesterii 
Kaiphas,  vorgeiit,  nach  jenem  im  Palaste  des  Annas  we- 
nigstens begonnen,  und  wahrscheinlich  auch  fortgesezt  wird, 
£iitsehieden  £üUt  bei  Johannes  die  erste  Verleugnung  ( IS, 
170»  wenn  wir  die  im  lösten  §•  beurtheiüen  Aosgleichengs- 
versuche  als  abg^than  betrachten,  während  des  Verkdrs 
vor  Annas,  da  sie  nach  der  Notiz,  dafs  Jesus  zu  Annas 
CV.  13.)>  oimI  vor  der,  dals  er  su  Kaiphas  geführt  worden 
ert  (V*  24*)y  steht;  da  non  aber  die  swei  weiteren  AJile 
der  Verleagnnng  auf  die  Erwihnnng  der  Abf^lhrnng  ea 
iCniphas  ei*st  folgen  25 — 27.) >   und  unmittelbar  nach 

Ihnen,  die  Abiiefemng  an  den  Piiatns  erzählt  wird  CV.äd.); 
aa  aeheioen  der  «weite  nnd  dritte  Verleognungsakt  aiieb 
nach  Johannes  wffhrend  des  Verhörs  vor  Kaiphas ,  in  des- 
sen Paläste,  vorgegangen  zu  sein.  Allein  diese  Versohle- 
deiihek  der  LokaÜt&t  für  die  erste  Verlengnnng  und  die 
beiden  foljgendeni  welche  ein  theilweises  Zasammentreffea 
des  vierten  Evangelinms  mit  den  Qbrigen  würe,  hat  in  der 
Johanneischen  Darstellung  selbst  ein  lilnderiiirs.  Nachdem 
die  erüe^  stihon  eil  der  Pforte  des  Palastes  von  Annas  vcr» 
gefallene  Verlad jpiung  gemeldet  ist,  heifst  es)  die  Diener> 
aehafk  hahö  sich  der  Khite  wegen  ein  Kohlenfeuer  ange- 
facht^ Si  xai  avtcjv  6  lUcQOi;  tgwg  xai  r^e^fiaufo- 
CVi  19^  >  Wenn  huii  i|>liter  die  firaühlniig  von  der 
nWdimi  und  dritten  Terleugnung  fast  mit  den  nimlieiien 
Worten :  ijy  de  ^lfi(x)v  fltiQog  tcwg  xal  i}eQiitaiv6f(€rog  (V.  25.) 
sieh  eröffnet:  so  kann  man  nicht  anders  denken,  als  durch 


Digitized  by  Gopglel 


% 

Drittes  Kapitel.      ISS.  401 


Jene  ertte  Brwilimitig  dee  KoMenfeners ,  und  d^fs  Petrns^ 

SU  demselben  getreten,  solle  der  Umstaad  eingeleitet  wer- 
den^ dal«  die  sweite  and  dritte  Verlengnoiig  an  dieteai 
Feaer,.  also  gleiehüdls  noch  im  Hanse  des  Annas  ^  rwg^ 
füllen  seL  Zwar  sprechen  die  Synoptiker  (Marc.  V.  54. 
Luc.  V.  55.)  auch  im  Hofe  des  Kaiphas  von  einem  Feuer^ 
an  welchem  Petrus  (nur  hier  sitzend ,  wie  bei  Johannes 
•tehend)  sieh  gewinnt  habe:  doch  daraus  folgt  nicht,  dafs 
auch  Johannes  im  Hofe  des  regierenden  Hohenpriesters  ein 
Shnliches  Feuer  sich  gedacht  habe,  wie  er  nur  bei  Annas 
eines  seichen  gedenkt.  Wer  daher  die  Vermothang  des 
Enthymlns  so  künstlich  findet,  dsfs'die  Wohnongen  dee 
Annas  und  Knijihns  vielleicht  einen  gemeinschaftlichen  Hof^ 
räum  gehabt,  und  folglich  Petrus  nach  der  Abführung  Jesu 
▼oni  ersteren  aum  ieateren  an  demselben  Fener  iuibe  ste« 
hen  bleiben  können ,  der  nimmt  lieber  an ,  die  sweite  und 
dritte  Verleugnung  sei  dem  Johannes  zufolge  nicht  nach, 
sondern  eben  während  der  Abführung  Jesu  Ton  Annas  an 
iUiphas  geschehen 

Bleibt  somit  die  Differena  der  Evangelien  in  Beang  aof 
die  Ortlichkeit  der  Verleugnung  eine  totale,  so  haben  die 
Einen  zu  Gunsten  des  Johnnnes  sich  dahin  entschieden, 
dals  die  versprengten  Jünger  über  diese  Scenen  nur  frag- 
mentarische Nachrichten  gehabt,  und  der  In  Jemsalem  nicht 
einheimische  Petrus  selbst  nicht  gewufst  habe,  in  welchen 
Palast  er  au  seinem  Unglück  hineingekommen  war,  son- 
dern er^  und  nach  ihm  die  eraten  Evangelisten,,  haben  ge- 
meint, die  Terleugnungen  seien  im  Hofe  des  Kaiphas  vor- 
gefallen, was  jedoch  der  in  der  Stadt  und  dem  hohenprie- 
steriichen  Palast  bekanntere  Johannes  berichtige^).  Al- 
lein auch  daa  Unglaubliche  sugegeben^  daia  Petras  irrig 


2)  So  ScHLiTHMiCMia,  über  den  Lukas,  S.  289*  Ouiuvsm,  2, 

S.  445. 

3)  So  Favujs,  a.  a.  O.  S.  577  f. 


Digitized  by  Google 


t 


49%  Drittel*  Ab«ciiiiitt« 

fi»iint  hfhm  mdUty  im  PdMte  dts  Kaiphnt  pl««g«el  wm 
ImJmii,  so  liiCte  doeh  gewUii  JotumneSf  der  in  dieaea  Ta- 
gen Qm  den  Petrus  war,  seine  Aussage  gfeich  dnmaJs  be> 
richtigt,  «o  dal«  jene  irrige  Meinung  sich  ger  nicht  häUm 
fisirai  JUtaatn.  Ümgakehrt,  den  Sfnoptikern  recht  gefo» 
ken  bei  ouia  noeRetpect  vor  Johanne«  immer  nor  to,  dab 
man  durch  eine  jener  Künsteleien  diesen  gütlich  auf  ihre 
Seite  so  sieben,  and  auch  das  von  ihm  Berichtete  als  et. 
was  Im  Lokal  des  Kaiphas  Vorgefallenes  darsastelien  snelila» 
Statt  dessen  mfiCite  aber  Tielniehr)  wer  den  Synoptikem 
recht  geben  wollte |  den  Johannesides  Irrthums  beschuldi- 
gen j  wie  j  wer  Ihm  beistimmt ,  die  Synoptiker ;  ein  Dilem» 
mukj  In  welehem  uns  für  die  eine  oder  andere  Seite  n  ent* 
•eheiden)  wir  nieht  die  erforllehen  Mittel  haben« 

Li  Bezug  auf  die  einzelnen  Akte  der  Verleugnung  stim- 
men  s&mmtilche  £vangeiisten  darin  susammen^  dafs  es  de> 
mi  gMBila  der  Vorhersage  Jeso,  drei  gewesen  seien;  aber 
in  der  Besehrelbang  derselben  weichen  sie  ron  einander  ab. 
Zuerst  Orte  und  Personen  betreffend,  geschieht  nach  Jo> 
hauMOS  die  erste  Verleugnung  bereits  heim  Eintritt  des  Pe- 
tras gngmi  aifia  noidlant^  ^hffmQog  (V.  17.):  bal  den  Syn- 
eptikem  erst  im  Innern  Hofranm,  wo  Petras  am  Fener 
safd,  gegen  eine  natdlayefj  (Matth.  V.  69  f.  parall.).  Die 
Eweite  geschieht  nach  Johannes  (V.  25.)  und  auch  nach 
^Lokasy  der  wenigstens  keine  Veränderung  des  SUndpunkts 
anmerkt  (V.  JÜl),  am  Feuer:  bei  Matthias  (V.  71.)  nnd 
Markus  (V.  ÖS  ff.),  nachdem  Petrus  in  den  vorderen  Hof 
(nvXtiwf  tSQOtnliw)  hinausg^egangen  war;  ferner  nach  Jo> 

l  kanries  gBfnt  mehrere ,  naeh  Lukas  gegen  Einen  Mann; 
naek  Müthlas  ^egea  eine  andere,  naeh  Markos  gegen  die- 
selbe Magd,  rDr  welcher  er  das  erstemal  geleugnet  hatte. 
Die  dritte  Verleugnung  geschah  nach  Matthäus  nnd  Mar- 

^kaS|  ^e  k^ne  Ortsrerinderang  g^en  die  aweite  bemer- 
kon,  glelohfaOs  Im  rorderen  Hof:  nach  Lukas  nnd  Jolwn* 
neS|  iofe^  sie  gleichfalls  keines  Lokal  Wechsels  gedenken, 


Digitized  by  Google 


Driteps  KApit"^!.   S«  125. 

* 

ahne  Zweifel  noch  im  inneren ,  am  Feuer;  femer  nAeh 
MntthMMS  und  MarlLus  gegen  mehrere  Umstehende  e  nueh 
JLakas  gegen  Einen:  nach  Johannes  bestimmt  gegen  einen 
AnvervTandten  des  im  Garten  verwundeten  Knechts«^  Was 
far*e  Andere  die  Reden  betrifft  |  welche  bei  dieser  Gele» 
genheit  gewechselt  werden,  so  slrid  die  Anreden  der  Leute  . 
bald  an  Petrus  selbst,  bald  an  die  Umstehenden  gerichtet^ 
um  sie  auf  ihn  aufmerksam  zu  machen,  und  lauten  die  bei» 
den  ersten  Male  siemlich  gleich  dahin,  da(s  auch  er  einer 
▼on  den  Anhfingem  des  eben  Verhafteten  an  sein  scheine; 
nur  bei*m  drittenmal,  wo  die  Leute  ihren  Verdacht  gegen 
Petrus  motiviren  wollen,  gebrauchen  sie  nach  den  Synop« 
tikem  als  Beweisgrund  seinen  galilftischen  Dialekt^  bei  Je* 
hannes  beruft  sich  der  Verwandte  des  Malchus  darauf,  ihn 
in  Garten  bei  Jesu  gesehen  zu  haben  ^  wo  die  erstere  Alo- 
tivirung  ebenso  natürlich,  als  die  eweite,.  sammt  der  Be- 
aelchnung  dessen,  der  sie  vorbrachte,  als  eines  Verwand* 
ten  Jenes  Malchus,  kllnstllch  und  gemacht  klingt,  um  die 
Beziehung  jenes  Schwertstreichs  auf  Petrus  recht  fest  in 
die  Erzählung  zu  verweben.  In  den  Autworten  des  Petrus 
findet  die  Abweichung  statt,  dafs  er  nach  Matthäus  schon 
die  Bwelte,  nach  Markus  erst  die  dritte,  bei  den  beiden 
andern  gar  keine  seiner  Verleugnungen  durch  einen  Schwur 
bekrtiftigt;  bei  Matthäus  ist  dann  an  der  dritten  Verleug^ 
nnng  die  Steigerung  dadurch  hervorgebracht,  dafs  sn  dem 
Oftpvcw  noch  das  utaram^eftcai^aiv  gefügt  ist,  was  den  an« 
dern  gegenüber  allerdings  als  übertreibende  Darstellung 
erscheinen  kann»  * 

Diese  so  verschieden  erzfihlten  Verleugnungen  derge«  , 
atalt  ineinander  einsuschiebeu ,  dafs  kein  £van(;elist  einer 
unrichtigen,  ja  auch  nur  ungenauen  Darstellung  beschuldigt 
werden  mülste,  war  nun  ganz  ein  Geschäft  für  die  llarmo- 
nisten.  Piicht  nur  die  filteren,  supranaturalistischen  Aus- 
leger, wie  Bbrobl,  haben  sieh  diesem  Geschttft  unterzo- 
gen, sondern  auch  neuestens  noch  hat  sich  Paulus  viele 


Digitized  by  Google 


Dritter  Ab^chuitt 


'Mühe  gesehen ,  die  verscliiedenen ,  von  den  £vaigeiisteti 
enähitea  Veriet]|i^aiiiigMkte  in  •chickiiclie  Ordnung  mmd 
pragmacischeo  Zamnienhagg  wm  Mog^a.  Haeh  ihm  Tcr- 
kognet  Petras  den  Herrn 

1)  Tor  der  Pförtnerin  Clte  Verleugnung  bei  Johannes)  ; 

2)  vor  mehreren  am  Feoer  Stehenden  (2te  bei  Job.)  9 

5)  ¥or  idoer  Magd  am  Feuer  (Jkte  bei  den  Synoptikeni)  ; 
4>  Tor  einem,  der  nielit  niher  beseichnet  mird  (Stn 

bei  Lukns) ; 

beim  Ilinausgehen  in  den  Tordem  Hof  vor  einer 
Magd  (.2ie  iiei  Matthlna  vnd  Markus«  Ans  dieser 
Verleugnnng  mfilsfe  Paitlds  eonseqnenterweise  nwei 

DLacbeii,  da  die  Magd,  welche  die  Luistchenden 
aaf  den  Petrus  aufmerksam  macht,  nach  Markiu 
dieselbe  mit  No.  3.^  nach  Mattbäns  aber  eine  anders 
war); 

6)  vor  dem  Verwandten  des  Malchus  (dritte  bei  Joh.); 

7)  ¥or  einem,  der  ihn  am  gaiiläischen  Dialekt  erkennen 
will  (dritte  bei  Lnkas) ,  welchem  sofort  .  | 

S)  mehrere  Andere  beistimmen,  gegen  welche  sich  Pe-  j 
trns  noch  stärker  bethenert,  Jesum  nicht  za  kennen 
(dritte  bei  Matthäus  und  Markus). 
Indefs  durch  solche  vom  Reqpect  vor  der  Glanbwfir- 
digkeit  der  Evangelisten  eingegebene  Auseinanderhaltung 

ihrer  Berichte  kam  man  in  Gefahr,  die  noch  wichtigere  ' 

I 

Glaubwürdigkeit  Jesu  anzutasten^  denn  dieser  hatte  von  1 
dreimaligem  Verleugnen  gesprochen:  nun  aber  soll  Petrus, 
je  nachdem  man  mehr  oder  minder  consequent  im  Ausein- 
anderhalten ist,  6  —  9  mal  verleugnet  haben.  Die  ältere 
Exegese  half  sich  durch  den  Kanon:  abn^^atio  ad  plures 
plurium  interrogationes  facta  uno  paroxy^mof  pro  una 
nwneraiur^y  Allein  auch  die  Znifisslgkeit  einer  solchen 
Zählung  eingeräumt^  so  müfsten^  da  jeder  der  vier  Rciereii- 


4)  Basssiy  im  Gaomon* 


Digitized  by  Google 


Drittes  Kapitel.    $.  Vli 


495 


ten  zwischen  den  eiiiseliion  von  ihtu  berichteten  Verl^ag- 
niuigen  mtdstßoa  gröfnerm  oder  kleipei'e  J&%vi8clienzeiten  be« 
merklich  miMsliCy  nUemal  gerade  die  voii  verschiedenen  Evan- 
gelisten ersühlren,  also  eine  von  MatthlUis  berichtete  mit 
einer  von  iMarkus  u.  8.  f.,  in  Einem  Zuge  geschehen  sein: 
was  eine  durchaus  wilikührliche  Voraussetzung  ist.  Daher 
hat  .man  sich  neqerlicli  lieber  dai*anf  berufen,  dafs  das  TQ§g  * 
im  Munde  Jesu  nur  eine  runde  Zahl  fOr  eid  wiederholtes 
Verleugnen  gewesen  sei,  und  dafs  Petrus,  einmai  iu  ilie 
\  erlegenheit  vermeintlicher  ^otiiliigen  versunken,  seine  Be* 
,  theurungen  eher  ge^eu  6—7^  als  blo£»  gegen  di^ei  argwtfli« 
.  nisch  Fragende  wiederholt  haben  möge  Allein ,  wenn 
man  auch  nach  Lukas  (V.  09  f.)  die  Zeitdi.stanz  von  der 
ersten  Verleugnung  his  zur  lezten  zu  mehr  als  einer  Stun« 
de  anschlägt,  so  ist  doch  ein  solches  Fragen  aller  licnto. 
an  allen  £nden  and  Ecken*  und  dafs  bei  diesem  so  allire- 
meinen  Verdacht  Petrus  doch  frei  ausgieng,  höchst  unwahr- 
scheinlich, und  wenn  die  Erklärer  die  »Stimmung  des  Pe« 
trns  während  dieser  Scene  als  eine  völlige  Beiäubnng  be- 
echreiben  so  geben  sie  hiemit  vielmehr  die  Stimmung 
an,  in  welche  der  Leser  hineingeräth ,  der  iu  ein  solches 
Gedränge  von  immer  sich  wiederlioleuden  Jt'ragen  und  Ai^ 
werten  gleichen  Inhalts,  dem  sinn*  nnd  endlosen  Fort- 
achlagen einer  in  Unordnung  gekommenen  Uhr  vergleich« 
bar,  sich  hineinversetzen  sull.  Mit  Kccht  hat  Olshausen 
die  Bemühung,  dergleichen  Diiferenzeji  weg»ttschaä'en^  ala 
eine  unbelohnende  von  der  Hand  gewiesen:  doch  sucht  er 
theils  selbst  unmittelbar  darauf  an  einigen  Punkten  dieser 
Krzähiung  die  Abweichungen  auf  gezwungene  VV^ei^e  aus- 
sugleichen,  theils^  wenn  er  dai'auf  besteht,  dafs  gerade 
drei  Verleugnungen  vorgefallen ,  so  hat  doch  wieder  PÄl* 
Lus  das  Richtigere  gesehen  ^  wenn  er  das  absichtliche  Be* 


5)  PiUivSi  a.  a.  O.  8.  57B. 

6)  UsM^  Getddaiite  Je^u,  2,  &  343. 


Digitized  by  Google 


0 


AM  Dritter  Absckaitt. 

atnhen  der  EwtmgeUUm  hoMfrUifh  macht,  eben  eine  drei- 
st» scnlehst  Biit  Kltffcdchf  mmt  die  Veifcuieg— g  Jcm: 

eUeifi,  daf«  dieser  gerade  so  bestimBit  Ton  drei  Verleognongt» 
filUea  gesprochen  bebea  teilte ,  Ist  ebenso  anweliraelien- 
lieb,  ab  dele  er,  weM  er  iem  A— dhroek;  tgts^  gebnaelite, 
Jhü  Meie  eprtiehwdrtllch  gemeiat  hebe.    Seadeni  beide 

Dreisehlen  sind  wobl  aach  hier,  wie  sonst  so  oft,  in  der 
ftege  entstanden ,  so  dafii^  was  an  jenem  Abend  riellekkt 
mm  wiederholten  Helen  Cnnr  nicht  8—9  mal)  Torgekoauaca 
war,  aaf  dreimal  ixirt,  ond  demgemlft  aach  Jesa  eine 

Torherverkiindiguiig  eben  dieser  Zahl  von  Verieugnongen 
in  den  Mond  gelegt  wurde. 

Den  Endpunkt  und  gleiditeni  die  Katastrophe  der 
ganeen  Verleugnun^-i/e schichte  Aihrt  nach  allen  Bericbtea 
iler  Vorhersagung  Jesu  gemäfs  das  Krähen  des  Hahns  her- 
bei. I9ach  Markus  kriiht  derselbe  schon  nach  der  ersten 
Verlengnong  (V.  68.))  nnd  dann  nach  der  dritten  sum  swei- 
fcnmal:  bei  den  Übrigen  nnrEInmal,  nach  dem  lesCen  Ter- 
lengnungsnlit.  Während  mit  diesem  Datum  Johannes  sei- 
ne Darstellong  beschliefst,  fügen  Matth£us  und  Markös 
poch  hinan )  dafe  Fetme  hei  dem  Hahnenschrei  sich  der 
Voranssngung  Jesu  erinnert  und  geweint  habe ;  Lokas  aber 
hat  die  elgenthtimliche  Ansführung,  dafs  bei'm  Krähen  des 
Hahns  Jesus  sich  umgewendet,  und  den  Petrus  angesehen 
habO}  worauf  dieser,  der  Voraussage  Jesu  eingedenk,  in 
bitteres  Weinen  ausgebrochen  sei.  Da  nun  aber  nach  den 
beiden  ersten  Evangelisten  Petrus  nicht  in  demselben  Lo- 
kal mit  Jesu,  sondern  e^cj  C^Iatth.  V.  69.)  oder  xario  CMaie. 
V«  60.)  er  rfj  ftvlff  j  also  Jesus  Innen  oder  oben  Im  Palast 
war,  so  mufs  man  fragen,  wie  denn  Jesus  die  Verleognan- 
gen  des  Petrus  habe  mit  anhören,  und  liierauf  ihn  ansehen 
können?  Auf  das  Lestere  bekommt  man  gewöhnlich  die 
Antwort  I  Jesus  sei  Jost  eben  aas  dem  Palast  des  Annas 
In  den  des  Kalphes  abgefilihrt  worden,  nnd  habe  im  Vor> 


Digitized  by  Goo<^l€ 


I 


Drittes  Kapitel.   $•  407 

• 

fibergehen  den  schwachen  Jünger  bedeutend  angesehen  7). 
«  Allein  von  dnem  solchen  Abführen  weifs  Lukas  nichts; 
«neh  lantet  scfbi  CQaq^elg  o  KvQiog  iyißleipe  t(p  Tlk^qf  nicht 
sowohl,  wie  wenn  Jesus  im  Gehen,   als  wie  wenn  er, 
abgewendet  stehend,  sich  naeh  Petrus  umges^en  hätte; 
endlich  aber  ist  durch  jene  Voranssetxnng  noch  nicht  eif> 
klärt)  wie  Jesns  mnr  Kenntnlfs  von  den  Verlevgnnngen 
des  Jüngers  gekommen  war,  da  er  bei  dem  Getümmetdle^ 
ses  Abends  doch  nicht  wohJ ,  wie  Paulus  meint,  im  Zim* 
»er  den  auf  dem  Hof  lavtredenden  Petrus  hören  konnte. 
Freilich  iindet'^ich  Jene  aasdrfickiiche  Unterseheidnng  des 
Ortes,  wo  Jesus,  Ton  dem  wo  Petrus  war,  bei  Lukas 
nicht,  sondern  nach  ihm  könnte  auch  Jesus  einige  Zeit  im 
Hsf  sich  haben  aufhalten  müssen:  allein  theils  ist  hier  die 
J^arstellnng  der  andern  an  sich  wahrscheinlicher,  theils  ' 
macht  auch  die  eigene  Erzählung  des  Lukas  von  den  Ver- 
leugnungen von  vorne  herein  nicht  den  Eindruck  ,  als  ob 
Jesus  in  onroittel  barer  Nähe  gewesen  wäre.   Man  hätte 
sich  übrigens  die  Hypothesen  snr  Erklämng  Jenes  Blicks 
ersparen  können,  wenn  man  auf  den  Ursprung  dieses  Zugs 
einen  kritischen  Blick  gerichtet  hätte.    Schon  die  Unklar- 
heit, mit  welcher  der  in*der  gansen  früheren  Verhandlung 
hinter  die  Seene  gerilekte  Jesus  hier  auf  einmal  einen  Blick 
In  dieselbe  wirft,  hättOj  susammengenommen  mit  dem  Still- 
schweigen der  übrigen  Evangelisten ,  ein  Fingerzeig  sein 
sollen,  wie  es  mit  dieser  Notis  steht.    Dann,  wenn  hinzu- 
gesest  wird,  als  Jesus  den  Petras  anblickte,  habe  sieh. die- 
ser des  Worts  erinnert,  welches  Jesns  Mher  über  seine 
bevorstehende  Verleagnang  zu  ihm  gesprochen  hatte:  so 
hätte  man  bemerken  kännen,  wie  der  Blick  Jesu  nichts 
Andres  ist ,  als  die  sor  äussern  Anschauung  gemachte  Er- 
innerung des  Petras  an  iie  Worte  seines  Meisters.  Zeigt 
die  hierin  einfachste  johauiieibche  Erzählung  nur  objektiv 

7)  pAOUrs  und  OLtiuvtsu  x.  d.  St.  ScmrasMAcatSi  #.  a.  O.  S.  289.* 
Dmt  LäUm  Juu  iL  Bamd.  33 


Digitized  by  Google 


498  Dritter .  Abtchnittt 

'  das  ElntrefFen  der  Vcrbeifsung  Je««  dureh  diia  KrJllien  di»t 

Hahnes  an;  fügen  die  Bwe!  ersten  Kvnngellsten  liie/u  mich 
den  subjektiven  Eindruck,  \%'e|cheii  dieses  .Zusamnientrpf« 
fen  aof  den  Petrus  m nebte:  to  wendet  Lnkaa  diefs  wieder 
objektiv »  und  Jlifst  die  sehmerabaflte  Erinnemng  «n  die 
Worte  des  Meisters  als  einen  dnrch bohrenden  Blick  von 
diesem  in  das  Innere  des  Jüngers  dringen« 

Der  Tod  des  VerrHtbers. 

Anf  die  Nachricht ^  daia  Jesus  zum  Tode  verurtheiit 
aei)  IlUat  das  erste  Evangelinm  (27,  3 ff*)  den  Judas,  von 
Reae  ergriffeni  mu  den  Hohenpriestern  und  Altesten  eilen, 

um  die  HO  Silberlinge,  mit  der  Erklärung,  dafs  er  einen 
Unschuldigen  verrathen  habe,  ihnen  zurückzugeben.  Ais 
aber  diese  bdhnlscb  alle  Verantwortlicbkeit  Air  jene  Tbat 
anf  ihn  allein  sebieben:  geht  Judas,  nachdem  er  das  Geld 
iai  Tempel  hingeworfen,  von  Verzweillung  getrieben,  weg, 
und  erhängt  sich.  Die  Synedristen  hierauf  kaufen  um  das 
von  Judas  nurttekgegebene  Geld,  welches  sie  als  Blutgeld 
nieht  In  den  Tempelsebaa  legen  an  dttrfen  glauben,  einen 
Tüpfersacker,  zum  ßegräbnifä  f  ür  Fremde.  i*iezu  bemerkt 
der  Evangelist  zweierlei :  erstlieh,  dafs  eben  dieser  Art  der 
£rwerbnng  wegen  das  Grundstück  bis  anf  seine  Zeit  Blut- 
aeker  genannt  worden  sei ,  und  sweitens ,  da(s  durch  die* 
sea  Gang  der  Sache  eine  alte  Weissagung  sich  erfüllt  ha- 
be. —  Während  die  übrigen  Evangelisten  über  das  Ende 
des  Jndat  aekweigenj  finden  wir  dagegen  in  der  Apostel* 
gesehiehte  (1,  16  (F.)  einen  Berieht  über  dasselbe,  welcher 
von  dem  des  Matthäus  in  mehreren  Stücken  abweicht. 
Petrus,  wo  er  die  Ergänzung  der  ajiostolisclien  Zwölfzalil 
dnreh  die  Wahl  eines  neuen  Mitgliedes  in  Antrag  bi*ingtj 
findet  angemessen,  nuvor  an  die  Art,  wie  die  LOeke  im 
Apostelkreise  entstanden  war,  d.  Ii.  an  den  Verratli  und  das 
£nde  des  Judas,  zu  erinnern,  und  sagt  in  iezterer  Bezie- 


Digitized  by  Google 


Drittes  KapiteL   $.  126. 


Illing,  der  Verrjither  habe  für  den  Lohn  seiner  Schandrhat 
^^in  Urundstdck  sieh  erworben »  sei  aber  jtJÜiiigft  faerabge« 
stArst,  und  nltCen  enteweigeborsten ,  so  dafs  alle  iKnge« 
weide  herausgetreten  seien;  das  Grundstück  aber  habe 
man)  well  die  Sache  in  ganz  Jerusalem  beiNumt  gewor»  / 
den,  aHBUaftcif  d*  h«  Biatiand,  geheifseit«  Weso- dann  der' 
Referent  den  Petros  bemerken  läfst,  dafs  dtdoMb*»»!! 
Psalmstellen  in  Erfüllung  gegangen  seien« 

Zwischen  «^esen  beiden  ßerichten  findet  eine  doppelte 
Abweichnng  statt :  die  ein«  Aber  die  Todesare  des-  Judar , 
die  andere  darüber,  wann  nnd  von  wem  das  Gmhdstflek 
erworben  worden  sei.  Was  das  Erstere  betrifft,  so  ist  es 
nach  Matthäus  Judas  selbst,  welcher  aus  lleue  und  Veiv 
ftweiflang  Hand  an  sich  iegt:  wogegen  in  der  A*'G.  ^im 
keiner  Rene  des  VerrUthers  die  Rede  ist,  «nd  sein  Tod 
nicht  als  Selbstmord,  sondern  als  zufälliger ,  oder  näher 
vom  Hinunci  zur  Strafe  verhängter  Unglücksfall  erscheint^ 
ferner  ist  es  bei  Matthäus  der  Strick ,  darch  weichen  er 
sieh  den  Tod  giebt:  naek  der  DarsteUnng  des  Petrus  ist 
es  ein  Sturz ,  der  durch  ein  gräfsliches  Bersten  des  Lei- 
bes seinem  Leben  ein  lünde  macht.  Wie  thätig  von  jeher 
die  Harmonisten  gewesen  sind,  diese  Abweiehkibgen  anssu»* 
gleichen,  mag  man' bei  Suicbr  >)  nnd  KüihÖl  nacklesen: 
iiier  sollen  nur  kurz  die  Hauptversuche  aufgeführt  wer- 
den. Da  die  bezeichnete  Abweichung  iiiren  Uauptsiz  in 
den  \Yorten  mt^y^ca^o  bei  Matthäus,  nnd  nftpfi^g  ^evofiepog 
bei  Lukas  hat :  so  lag  es  am  nächsten,  nunnsehen,  ob  nickt 
der  eine  dieser  Ausdrücke  auf  die  Seite  des  andern  zu 
eiehen  wäre.  Diefs  hat  man  mit  anr^y^aro  auf  verschie- 
dene Weise  versucht,  indem  dieses  Wort  bald  nur  die 
Beängstigungen  des  bösen  Gewissens       bald  eine  Krank« 


1)  Tkeiaurtts,  t.  v.  andyx«* 
uy  Gaonvi. 

ZI  • 


Digitized  by 


500 


Dritter  Abschnitt. 


heit  in  Folge  derselben  bald  jeden  aus  Schwerinuth  und 
Vemwelflong  gewühlten  Tod  bedeuten  sollte^),  wozu  dann 
erst  das  itQipf^e  yarofavog  ir»  L  der  Apottelgetcbiehte  da« 
Geniiaere  naehbringe,  dafii  die  Todesart,  so  welcher  den 
Judas  das  bose  Gewisi^en  and  die  Verzweiflung  trieb,  der 

^  Stars  von  steiler  Uöhe  herunter  gewesen  sei.  Ander« 
haben  imgabebrt  das  nQr^vi]g  jy€v6§i9vog  imjySato  aa^ 
anpassen  gesucht,  In  der  Art,  dafii  es  nichts  Anderes  ana« 
drücken  sollte,  als  dasjenige  als  Zustand,  was  das  un/^y^Ldo 
als  Handlung :  wenn  dieses  dnreh  <e  suspendii ,  so  sollte 
Jenaa  d«vch  dii^peajus  tfbaraeaft  werden  —  Der  offenlin- 
ren  Gewaltsaailieit  dieser  Versuche  >gegenllher  haben  An- 
dere mit  Schonung  der  natürlichen  Bedeutung  der  beider- 
seitigen AnsdraeiLe  die  abweichenden  Berichte  durch  die 
Annabne  Tereinigt,  dais  Matthäus  einen  frOberisn,  die  A.  G. 
einen  späteren  Moment  In  dem  Hergang  bei  dem  Ende  dea 
Judas  berichte.  Und  zwar  hielten  einige  der  älteren  Er- 
klärer beide  Momente  so  weit  auseinander,  dafs  sie  in  deaa 
ani^Y^awo  nur  einen  milalungenen  Versuch  cum  Selbstmord 
sahen,  welchen  Judas,  indem  der  ßaomast ,  an  den  er 
sich  hängen  wollte,  sich  bog,  oder  aus  sonst  einer  Ursa- 

.ehe,  fiberiebte,  bis  später  die  Strafe  des  Himmels  durch 
das  ngrjvijg  yevofiBvog  ihn  ereilte').  Allein,  da^Matthäua 
sein  aTVi^y^aTO  offenbar  in  der  MeinOng  und  Absicht  sezt, 
von  dem  Verräther  das  Lezte  zu  berichten:  so  hat  man  in 
neuerer  Zeit  die  beiden  Momente,  In  deren  Bericht  sich 
daa  erste  B?angelium  und  die  A«  G«  theilen  sollen ,  näher 
ausammengesogen,  und  angenommen,  Judas  habe  sich  auf 

3)  Hkiasius.  ^ 

4)  Pbrizonivs. 

5)  So  die  Vulgata  und  Erasmui.  S.  gegen  alle  diese  Deutungen 
HuintfL,  in  Matth,  p.  743  ff. 

Q  Oekumeaius  tu  A»  G.  1:    6  *Mmt  im  %nai4^9  r|  iy^ivn, 
ilt  hfiflUt^  mmt§¥9X^*U  "f^       ino/mny^a».   Vgl.  Thcophy* 
^       lakt  SU  Matth.  27,  und  eüi  Schal.  *AnoltvaQ{»  hei  MAmtAai. 


Digitized  by  Googl 


Drittet  KapiteL   (»  120.  501 

einer  Hohe  an  einem  ßaome  aafliängen  wollen,  da  aber 
derSlrick  rifty  oder  der  BaanMt  bmeh,  ael  er  UberMbrof* 
fe  Klippen  onA  spltise  GesMaehey  die  Minen  Leib  ner- 
fleischten,  bis  in*s  Thal  heruntergesttiriet  Doch  schon 
der  Verfasser  einer  Abhandlung  über  die  ieelen  Schiclitaie 
des  Jttdaa  in  Schmidt*«  Ilibliothek  bat  et  anffallend  ge- 
funden, wie  getrealioh  «leb  naeh  dieser  Annahme  die  bei- 
den Erzfihler  In  die  Nachricht  getheilt  haben  mUfsten,  In« 
dem  nicht  etwa  der  eine  das  Unbestimmte,  der  andere  das 
Bestimmtere  berichte,  sondern  beide  em£[den  bostiaimty 
■nr  der  eine  den  ersten  Theil  der  Begebenheit  ohne  den 
Bweiten,  der  andere  den  sweiten,  ohne  den  ersten  an  be- 
rühren ,  und  Ha8B  behauptet  mit  Recht ,  beide  Berichter- 
statter liaben  Jeder  nur  den  von  ihn  anfgenomnMnen  Thab- 
bestand  gekannt,  da  sie  sonst  die  andofe'  HülAe  alcht  hlt» 
ten  auslassen  können 

Nachdem  wir  so  an  der  ersten  Dififerenn  die  Vereini'* , 
gwngsversnche  haben  sclieitem  sehen,  fragt  sich  nnn,  oh 
die  andere,  die  Erwerbung  des  Orondstttcks  hetreffBnde, 
sieh  leichter  beilegen  läfst.  Sie  besteht  darin,  dafs  bei  Mat* 
thäus  erst  nach  des  Judas  Entleibung  die  Synedristen  füt 
das  Ton  ihm  enrflckgelassene  Geld  einen  Acker  (und  awar 
▼on  einem  Töpfer  —  eine  Bestimmung,  die  In  der  A«  G. 
fehlt)  erkaufen:  wogegen  nach  der  A.  6.  Judas  selbst 
noch  das  Grundstück  für  sich  erwirbt,  und  auf  demselben 
irem  j&hen  Tode  ereilt  wird;  so  da(s  nach  diesem  Bericht 


7}  So,  nach  Casaubonus^  Paulus,  5,  b,  S.  457;  Küiköl,  in  Mallh. 
747  f.,  lind  mit  halber  Beistimmung  Olsiiaüskk  ,  2,  S.  455  f. 
Selbst  Fritzsciik  ist  durch  den  langen  Weg  bis  zu  diesen 
Iczten  Kapiteln  des  Matthäus  so  matt  gemacht,  dass  er  sich 
bei  dieser  Ausgleichung  beruhigt,  und  unter  Voraussetzung 
derselben  behauptet ,  dass  die  beiden  Berichte  smicissiaM 
conspiriren, 
£  8}  2.  Bandy  2.  Stttck,  8.  M  f. 
9)  L.  h  152. 


Digitized  by  Google 


,     Dritter  Abschnitt. 

fian  Granditllok  von  dem  darauf  verpoggenen  Blnfp  des 
VerHlthert ,  naeh  Jenem  von  dem  «m  Knofpreifs  desselben 
klebenden  Bhite  Jeen  ay(uiq  oder  x^'^qIow  uSfwros  genannt 
'Worden  r.n  sein  scheint.    Hier  ist  nnn  die  Aiitdrvefctwei- 
fe  des  Matthilus  so  bestimmt,  dafs  an  ihr  nicht  wohl  zu 
-Gunsten  der  andern  Nachricht  gedeutelt  werden  kann :  weh} 
eber  hat  das  hnriaaro  in  der  A.  6.  eingeladen,  ea  nach 
Matthäus  nmzndenten.    Dörch  den  VerrÄthcHohn,  soll  lÄe 
Stolle  der  A.  G.  sagen  wollen,  erwarb  er  einen  Acker: 
nfeht  nnnitteibar,  sondern  mittelbar,  indem  er  dorch  die 
Znrffeklrabe  des  Geldes  Veranlassung  bqoi  Anka^  eines 
Grundstücks  firah;   nicht  ftlr  sich,  sondern  fflr  das  Syne- 
d<*inm  oder  das  allgemeine  Beste  ^^)*   Doch  so  viele  Stel- 
len ikan  anoh  auffuhren  mag,  in  welchen  das  tnaa^m  in 
der  Redentong:  Air  einen  Andern  erwerben:  TorkomW, 
so  miifs  doch  in  diesem  F'alle  nothwondifj  die  andre  Per- 
son, für  welche  einer  erwirht,  anfjefireben  oder  angfedentet 
sein,  md  wenn  dieCi,  wie  in  der  Stelle  der  A«  G«,  nicht 
der  Fall  Ist,  so  bleibt  es  bei  der  Bedeutung :  fBr  sich  selbst 
erworben'«)     Diefs  hat  Paulus  p^ofühit,  und  daher  der 
Sache  die  Wendung  gestehen,  von  Judas,  der  durch  den 
sekattderhafikefi  Störs  auf  eine  Leimengrobe  der  Anlafs  ge- 
worden seif  dafs  dieses  Gmndstflek  den  Synedristen  Ter» 
kauft  wurde,  habe  Petrus  wohl  ironisch  sagten  können,  er 
habe  noch  im  Tode  durch  den  Fall  seines  Leichnams  ein 
sekttnea  Beslathoai  sich  angeeignet  *^).   Doch  diese  Den- 
tnng  ist  theils  an  sich  ifeschraubt,  thells  aelfirt  das  '^'rvT^rt» 
7(0  fj  irtccvXi^  ctinii  '^Q'ji'OQ^  welches  der  Petrus  der  A.  (».  im 
Folgenden  aus  den  Psalmen  anführt,  dafs  er  sich  das  Grund- 
stdek  als  wirkliches  Eigenthom  des  Judas  gedacht  habe,  wel- 
ches nur  Strafe  dnroli  seinen  Tod  verttdet  worden  aeL 


10)  ■.  Kenrth.,  in  Msttk.  p.  748. 
in  I-  Seniii>T*t  Biblidtb.  a.  a,  O.  S.  291  f. 
•  It)  Faiii.9«,  S,  b,  8»  487  f.   Fjinrzfcas ,  p.  799« 


Digitized  by  Google 


Dritte«  Kapitel.    ^.  502 

I>a  sich  hienach  weder  die  eine  noch  die  andre  Dif« 
lerens  aaf  gütUehein  Wege  ausgleichen  läfst,  sö  hnt  lohon 
S^LHAaius  eine  wirkiidi*  Abweichung  der  beiden  Beriehto' 
nngestemlen,  ond  Hasb*  glenbt  die«e  KmeheSnung,  ohne 
den  apostolischen  Ursprung  der  beiden  Angaben  eu  geflihr- 
den^  ans  der  gewaltigen  Bewegung  jener  Tage  ei41ären  sa 
kimien ,  in  weleiier  nnr  dae  Faktum  des  iSeibetiiioifds  ton. 
Jndas  bekannt  geworden,  über  den  nilieren  Hergang  des- 
selben aber  verschiedene  Gerüchte  geglaubt  worden  seien« 
Aliein  in  der  A.  G.  ist  von  einem  Selbstmord  gar  nicht 
die  Rede^  «nd  da£i  iina  swei  Apostel «  wie  Mattblas  nnd 
Petras,  wenn  das  erste  Evangettum  Ton  Jenem,  die  Rede 
in  der  A.  G.  aber  von  diesem  herrühren  soll,  über  ddn 
in  ihrer  nficbsten  Mähe  erfolgten  Tod  ihres  ebmaligen  Mit- 
npostals  so  sehr  im  OonlLeln  geblielien  wii%n,  dals  der  ei- 
ne ihn  eines  safKlligen,  der  andre  eines  selbstgewShIten 
Todes  sterben  liefs,  ist  schwer  zu  glauben.    Dafs  daher 
nur  eine  ^r  lieiden  Uelationen  als  apostoiisob  festgehalten 
werden  liönne,  liat  der  Verfasser  der  sehen  erwähnten  Ab- 
handln ng  in  ScHMioT^s  Bibliothelc  richtig  eingesehen.  *  Und 
Bwar  ist  er  bei  der  Wahl  zwischen  beiden  von  dem  an 
«nd  ftr  sich  richtigen  Grundsaz  ausgegangen,   dafs  die 
Minder  anf  Verherrliehnng  eingerichtete  Kreahlung  die  glanl»- 
wördigere  sei ;  wefswegen  er  denn  der  Darsteilnng  der 
A.  G«,  welche  den  verherrlichenden  Zug  der  Reue  des 
Judas  und  seines  Bekenntnisses  von  Jesu  Unschuld  nicht 
bat,  ror  der  des  ersten  Bvangelinms  den  T^rsog  ^elit. 
Doch  wie  es  Immer  ist  bei  nwei  sich  widerspreehembn 
Berichten,  dafs  der  eine  den  andern  nicht  nur  durch  sein 
Bteben  aossohliefst, sondern  auch  durch  sein  Fallen  mlterschilt- 
tert:  so  haben  wir  aoeli  hier,  wenn  diejenige  Darstellnng  der 
Sache,  welche  das  Ansehen  des  Apoistels  HattbKuslllr  sieh  gel- 
tend macht,  aufgegeben  ist,  keine  Bürgschaft  mehr  für  die 
andere,  welche  sich  dem  Apostel  Petrus  in  den  Mund  legt» 
Dttrfon  wir  somit  beide  Berichte  auf  einen  falb  be- 


Digitized  by  Google 


handeln,  nfimlich  als  Sagen,  von  welchen  erst  aassaroacben 
Ist,  wie  weit  ihr  geMhicbtlicher  Kero,  und  wie  weit  das 
trftdilioneil  Anfgetmgeiie  geht:      Mflnea  wir  diaAnluit»» 
.pankte  betrwehten,  an  weloha  dia  ErsSiüangeii  alah  Iwtt- 
.    Hier  zeigt  sich  ein  beiden  gemeinsamer,  neben  zwei 
andern,  )deren  einen  jede  für  sich  eigen  hat«  Gemeinschaft- 
iieh  tot'  b^idan  Ralatlonao  daa  Datan,  dafii  aa  in  «dar  bai 
Jamaalam  ain  GrandatOek  gegeban  haba,  daa  ayQog  oder 
XioQtov  aiftarng,  in  der  Ursprache  nach  der  Angabe  der 
A.  G«  oxcida^a»  hiafs.   Da  in  dieser  ^otix  ewei  sonst  ao 
gans  auaainandergahanda  Bariahta  BpaamaiantraffBay  md 
flbardiala  dar  Tacfaaaar  daa  aratan  RvangalioaM  alah  daran! 
beruft,  dafs  noch  zu  seiner  Zeit  fener  Name  des  Aclters 
rorhaodeo  gewesen  sei:  so  darf  die  fizistens  eines  so  be- 
nanntan  Gmndstlicka  wobi  niabt  ^aswaifalt  werden«  IMa 
aa  aina  wirfcllaha  Basiehung  anf  dan  Farrltbar  Jaan  ge» 
habt  habe,  ist  sehon  weniger  gewifs,  da  nnsre  beiden  Re* 
latlonen  diese  Beziehung  verschieden  angeben :  dar  aina« 
den  Jadaaaaibst  daa  Gut  arwarban;  dar  andara  aa  arat 
naab  aalnaoi  Tad  mm  die  90  Silbarlinge  gafcanft  wardaa 
iüfst.    Wir  können  daher  nur  so  viel  sagen  ,  dafs  die  ur- 
christllche  Sage  jenem  Blutacker  frUbaeitig  eine  Baciebnng 
auf  dan  Verrätbar  gageban  haben  mnft.  Warna  aber  In 
teraabiedenar  Waiae »  davon  tat  der.  Gmnd  In  dea  andarn 
Anhaltspunkt  nnsier  Erzählungen  zu  suchen,   in  den  A.- 
T.  liehen  Steilen  nämlich ,  welche  die  Referenten ,  jeder 
ttbrigana  andere^  aia  arfttilt  dnrcb  daa  Babiokaai  daa  Jndaa 
anfUbren. 

In  dar  Stelle  der  Ä.  G.  w  ird  Ps.  69,26.  und  Ps.  109,8. 
in  dieser  Weise  angeführt«  Der  ieztere  ist  ein  Psalm,  wel- 
ehen  dia  ersten  Christen  ana  den  Juden  gar  niabt  ofnhin 
konnten,  auf  daa  Verbältnila  dea  Jndaa  an  Jean  an  beaia- 
henu  Denn  nicht  nur  spricht  der  Verfasser  (angeblich  Da- 
vid, ohne  Zweifel  alj^r  ein  weit  apäterer  *     von  vorne  her- 

'  13)  t.  BB  WsTTc,  a.  d.  Ft. 


Digitized  by  Google 


Drillet  üftfiileL  {•  »0.  .SM 


ein  Ton  teklieii,  die  HUsdi  and  gifdg  wider  lfm  reden, 
md  Arn  lir  lefaie  Lklie  Hefe  sorflcligrben,  «ond^rn  toh 

V.  6.  an ,  wo  die  Verwünschungen  angehen ,  wendet  er 
•ich  gegen  eine  einzelne  Person,  so  dafs  die  Jüdischen  Aus* 
leger  an  Doüg^  Davids  Verleomder  bei  Seni,  dachten,  rnid 
dbeneo  nalttrUeh  die  Christen  an  den  Judas.  Aas  dieseqi 
Psalm  ist  hier  derjenige  Vers  herausgelesen,  welcher,  von 
der  Übertragung  des  Amts  an  einen  andern  liandelnd,  gans 
•af  den  Sali  <ies  Judas  ma  passen  seldeii«  Der  andre  Paaia 
vedel  Bwar  unbesümaiter' ron  seleiien,  die  den  Verfksser 
ohne  Ursache  hassen  und  verfolgen:  doch  ist  er,  ebenfalls 
angeblich  Davidisch,  dem  andern  an  Inhait  und  Manier  so 
Jlliaiich,  dafs  er  aie  Paraiieie  su  Jenem  gelten,  und  wenn 
•US  jenem,  dann  aueh  aus  diesem  Verwünschungen  auf  den 
Verräther  angewendet   werden  konnten  Hatte  nun 

Judas  wirklich  um  seinen  Verräthersold  ein  Gut  gekauft, 
weleliea  hemadi  wegen  seines  auf  demseihen  erfolgten 
gHÜsliclien  Endes  6de  liegen  hÜeh:  so  ergab  es  sich  ron 
selbst,  aus  diesem  Psalm  gerade  diefenige  Stelle,  welche 
den  Feinden  Verödung  ihrer  mavhi:  anwünscht,  auf  ihn 
SU  Iwsiehen.  Wie  es  Jedoch  bei  der  Abweichung  des  Sfat- 
tbäus  sweifeihaft  Ist,  ob  Judas  selbst  sich  Jenes  Grundstück 
erkauft  habe  und  auf  demselben  verunglückt  sei:  so  war 
auch  schwerlich  den  Juden  das  Stück  Land,  auf  welchem 
der  VerrAlher  Jesu  geendet  hatte ,  so  abscheulich ,  um  et 
nie  Biulland  üde  liegen  au  lassen,  sondern  diese  Benen- 
nung hatte  wohl  einen  andern,  nicht  mehr  zu  ermittelnden, 
Ursprung  gehabt,  und  die  Christen  haben  sie  in  ihrem  Sin- 
ne umgedeutet,  so'  dats  wir  nicht  aus  einem  wirklichen 
Beeialhnm  des  Judas  die  Anwendung  der  Psalmstelle  und 
die  ßenennung  Jenes  öden  Platzes,  sondern  aus  diesen  bel- 


li) Auch  80B8I  im  N.  T.  sind  SteUen  dletet  Ptalms  mettianisch 

angewendet,  wie  V.  5.  Joh.  15^  25;  V.  10.  Job.  2,  17«  und 
Job  19,  2S  f..  wahrscheinlich  V.  22. 


Digitized 


den  Momenten  die  Sage  von  einem  Besis  des  «lad««  ablei- 
ten mOicen.  Waren  nämlich  die  genannten  beiiien  Penl- 
mm  einmal  «nf  den  Venither  Jesu  bcnogen^  «ad  in  d^ 
IM  einem  ihm  VerSdung  leiner  fismiiliff  (LXX)  gewaneeiit: 
•o  mufste  er  vorher  im  Besiz  einer  solchen  gewesen  sein, 
nnd  diese,  dachte  man  sich,  wird  er  wühl  um  den  LoJin 
feines  Vemthe  eriuinlt  lialiea.  Oder  vielmeiur,  deie  nuui 
nne  Jenen  PMdinen  gerade  die  Verddnng  der  enavltg  be- 
sonders hervorhob,  scheint  in  der  nahe  liegenden  Voraus- 
Metzung  «einen  Gi*und  gehabt  su  haben  ^  dmü  eben  an  et- 
wnty  des  er  eieh  na  sein  Sttndenfeld  erworlMni  der  Flneh 
•ieh  geüttsserl  halien  werde:  etwas  Erwerblieiies  alier  ist 
unter  dem,  was  die  gedachten  Psalmen  aufführen ,  nur  die 
ijKxvXig.  Dieser  Wendung  der  Sache  kam  non  auf  erwünsch- 
Ce  Weise  das  in  der  Mibe  JemsaJenis  gelefsne  -wislda- 
/id entgegen,  welciies,  Je  weniger  man  den  wahren  Ur- 
sprung seiner  Benennung  nnd  des  an  ihm  haftenden  Ab- 
sclieas  kannte,  desto  leichter  sipb  dann  hergab,  von  der 
nrehristiiehen  8age  für  sich  verwendet,  and  als  die  snavXiS 
r^Qrjuoftivr^  des  VerrXthers  lietraehtet  sn  werden« 

Sfatt  dieser  Fsalmstellen  führt  das  erste  Evangelium 
als  erfüllt  durch  das  endliche  Benehmen  des  Judas  eine 
Stelle  angeblich  aus  Jeremias  an,  f&r  welche  sich  aber 
nur  bei  Zacharias,  II,  IS  f.,  etwas  Entsprechendes  findet, 
wefswegen  man  je/.t  ziemlich  allgemein  eine  Verwechslung 
der  Namen  \  un  Seiten  des  Evangelisten  voraussezt  *  ^J.  Wie 
Uatthäus  durch  den  Grundgedanken  dieser  Stelle  —  einen 
vnblllig  geringen  Preife  für  den  im  Orakel  Redenden  — 
zu  einer  Anwendung  auf  den  Verrath  des  Judas,  der  um 
ein  schnödes  Geld  seinen  MeLiter  gleichsam  verkauft  hatte, 
sich  veranlalst  finden  konnte,  ist  schon  olien  auseinander* 
gesest  *^).  Nun  war  In  der  Prophetensteüe  dem  Urheber 


IS)  Doch  8.  andere  Vermutbungen  hei  Kuiatfii  s«  d«  St« 
•  16)  J.  113. 


Digitized  by  Google 


des  Orakels  vonJebova  befolilen,  dns  schlechte  G^d,  womit 
er  nbgelohnl  worden  war.  In  dae  GoUesbaMS,  und  swar 
"1$Vn''SK,  an  werfen,  und  er  benerkt,  diift  er  diafa  ge* 

thaii  habe.  Der  Hinwerfende  ist  im  Orakel  dieselbe  Pet*- 
aon  udt  dem  Spreobenden,  alao  mit  dem  dea  gerinj^en  Prri- 
•aaa  werth  Geaehteten,  weil  hier  daa  Geld  nieht  Kanfpreifa, 
aondem  Lohn  ist,  folglich  eben  von  dem  so  schlecht  Be- 
lohnten eingenommen  wird,  und  nur  von  diesem  wieder 
Jiingeworfen  werden  kann:  In  der  Anwendung  dea  £vaii* 
geliaten  dagegen,  wo  daa  Geld  ein  Kaufpreifa  iat,  war  ein  . 
anderer  ab  der  so  gering  Angeschlagene  als  derjenige  zu 
denken,  welcher  das  Geld  eingenommen  nnd  wieder  hin- 
geworfen  habe. .  War  der  um  ao  geringen  Preifii  Verkaafto 
Jeans  *:  so  konnte  der,  weleher  daa  Geld  eingesogen  hatte 
«nd  wieder  hinwarf,  nur  sein  Verrlither  sein.  Daher  heifat 
es  nun  von  diesem,  er  habe  die  i(()yinta  iv  rot  vu<Jf  hinge- 
worfen, entsprechend  dem  nST  n^;^  TiM  'ipt'f  ^) 
phetenatelle,  obwohl  gerade  diese  Worte  in  der  hOchst  ent* 
stellenden  Anffihrung  des  Matthäus  felilen.  Nun  aber  stand 
neben  dem  rtlTl^  ^T^y  wohin  das  Geld  geworfen  worden 

war.  noch  der  Beisaa:  n!S^Vi*SM  Die  LXX.  fiberseat:  cic 

to  Xf'Ji f tTT^^loy,  in  den  Schmel«:ofen ;  je^^t  verntaitict  man 
mit  Grand,  ea  ad  "tt^VV^M)  In  den  Scliata,  au  leben  ^^>; 
der  Verfasser  iinsres  Evangeliums  blieb  bei  der  wörtlicLen 
Ubersetzung  durch  xt()ufui(;.  Was  aber  der  Tüpfer  hier 
thun,  warnm  Ihm  daa  Geld  gegeiien  Werden  sollte,  molate 
Ihm  Eunfichst  ebenso  unverständlich  sein,  wie  uns,  wenn 
wir  bei  der  gewöhnlichen  Lesart  bleiben.  Nun  fiel  ihm  aber 
der  Blutacker  ein,  welchem,  wie  wir  aus  der  A.  G*  sehen, 
die  christliche  Sage  eine  Beaiebung  auf  den  Judas  gegeben 
hatte,  nnd  ao  ergab  sich  die  wUikonmene  Combinatlon,  je- 

17)  HiTzia,  in  VuMMmt**  und  UMSRirr^s  Studien,  1830,  1|  S.  35. 
Gksbmus,  im  Lea.,  vgl.  RoiBanOuaa*s  SchoUs  in  V.  T.  7,  4, 

S,  320  ir. 


Digitized  by  Google 


Üritf9  AliaeJftAicc 


MT  Adler  lef  et  wM  gciPMMij  Ar  welchen  dem  xegafievg 
«e  M  8tf berlliig»  mtegt  wwfai  ■■ftlwi.  On  aber  dhr 
Tupfer  flieht  Ifli  Teapel  wm  imkern  war,  md  dUeh  iMit 

der  Pro|ibeceiutelle  die  Silberlinge  in  den  Tem|iel  ge\vor> 
iM  wrde»  waren :  m  wnrda  das  Hinwerfen  In  den  Tea»» 
pal  wmm  da«  Ahgaban  aa  daa  Tipfier  gciiaanr  Mnläla 
nee  deai  Jttdae  safeeehrlehen  werden,  hatte  er  alw»  alnaal 

da«  Geld  «uf  der  Hand  gegeben:  so  konnte  nicht  mehr  er 
selbst  des  limndstück  von  dani  Tdpler  kanfen,  sondern 
diefe  audelan  nüt  deai  hlngewarfentn  Gelde  Andere  th— 
Wer  dfeee  geweeen  aefn  nraftten,  ergeh  sieh  ran  aelhat; 

warf  Judas  dns  Geld  hin ,  so  wird  er  es  denen  hingewor- 
fam  haben  y  von  welchen  er  es  erhalten  hatte}  warf  er  es 
In  den  Taaipalt  ia  fiel  ae  daeian  Varataheni  In  dia  Btede^ 
nnf  beide  Welia  alsa  den  Sfnadrittan.  Der  Zweek^  wal- 
ehen  diese  bei  dem  Ankauf  des  Grundstücks  gehabt  haben 
■uCsten^  ergab  sieh  vielleicht  aas  der  wirklichen  Benit^nng 
Jenas  lidan  Piatias.  Salita  endlich  Jndas  den  Lolin  seinen 
Verraths  von  sieh  gewarfen  haben:  so  konnte  dlefs,  mnlata 
man  schllef^en,  nur  aas  Reue  geschehen  sein,  and  wie 
wird  sich  diese  ferner  geftussert  haben?  Dafs  er  sich  anai 
Gnten  sorOekge wendet  bitte  ^  davon  wnfste  man  niebis: 
folglich  wird  die  Reue  in  Ihm  cur  Verewelflang  geworden 
sein,  und  er  das  Ende  des  aas  Davids  Geschichte  bekann- 
ten Verrütliers  Ahitophel  genomsMn  haben)  von  welchem 
as  %  Sam.  17»  S3.  halfst:  arigt^  »ai  imjl&BP  —  iroi  OTnjy- 
ftnOf  wie  van  Jndas  hier :  avex^Qf^oa  xal  antlOatv  ajirj^azo. 

Eine  auf  den  Paplas  eurfickgefahrte  überliefemng 
aeheint  sieb  mehr  nur  an  die  Relation  der  Apostelgesehichte 
anBasehilefsen*  Ökumenins  ftohrt  aas  dem  genannten  Tra- 
ditlonensamnUer  an,  dafs  Judas  eum  abschreckenden  Bei- 
spiel der  Gottlosigkeit  dermafsen  am  Leibe  aufgeschwoUen 
seil  dafs  er,  wo  ein  Wagen  durchfahren  konnte»  nicht 
mehr  durchkam^  und  endlich^  von  einem  Wagen  gequetscht, 


Digitized  by  Google 


Drittes  RapiteL.  1  IM.  500 


mmhamk  und  iille  EIngewoido  «mtehttttiie  *^  JXe  htüm 

Angnbe  ist  ohne  Zweifel  ein  MifsversUmt  der  filten  Sage^ 
denn  der  dorchfahreode  Wagen  war  ursprOnglicb  in  keine 
vninittelbare  Bertthrang  mit  den  Leib  des  Judas  gebmcbti 
sondern  nur  ele  .Maefii  fiBr  dessen  Dieke  gebraaeht,  ond 
diefs  wurde  spfiter  irrig  so  aufgefefst,  als  ob  ein  vorQber- 
fahrender  Wagen  den  aufgeschwollenen  Judas  zerquetscht 
hätte.  Wirklich  finden  wir  daher  nicht  allein  bei  Tiieo« 
phyiakt  and  in  einem  alten  Scholien  ohne  bestimmte 
ZorUckftthrang  auf  den  Papias,  sondern  anch  in  einer  Ca* 
tene  mit  genauer  Anführung  seiner  i^t^i^aeiSf  die  Sache 
ebne  Jenen  Zusas  ersühlt  Das  ungeheure  Anschwel- 
len des  Jndas,  von  welchem  in  diesen  Stellen  die  Rede 
ist,  sollte  wobl  nrsprflnglich  nur  eine  Erklärung  für 
das  Zerplatzen  und  Ausschütten  der  Eingeweide  seiuj  und 
ebenso  könnte  man  die  Wassersacbt|  In  welche  Theophy« 
lakt  ihn  Tcriallen  lilst^  wledemm  nur  als  eine  Erkllmng' 


18)  Oecumta*  sd  Aet«  f.  :  rSto     oo^/gf^or  Uo^§7  JT^ntaty  i  *tmdmt 

ntQitndrijatr  ^J^Sag,   IT(t^a9f\s  ToaUror  r^r  aoQxa  ^  t'ijf 

19)  s.  oben  Anm.  ۥ 

20)  In  MOinni*s  Fragm.  Psir.  I,  p.  17  IMe  Stdie  lautet  Ukri- 
gsas  ssjir  Xlmlick  dsr  des  Oekumeniut,  oad  ttl>erl>ietet  sie 
so»  Tbeil  noch : 

*  Ädymr  ju/ya      ^ßtUi  vnditiyfM  h  rit^  rtp  adt/tf  si#fifsrtf* 

SßmXß  (fSiiH  ^i/f/m«,  l«t»9»r  S4v9^m  S$§lMrj  aUm  fi^Sk 
mvTOP  ^^or  Tor  Synop  r^t  utipaZijs  a^S*  t«  /uir  yafi  /3itipaf>a 
TtSv  otf^aXfiiZv  avTH  (Cod.  Venet.  :  ipaa\  roaiiov  iiotS^aaiy  tag 
muTov  fttv  Ma^olm  %q  föif  fi^  ftltmtv)  fttjSe  vno  lar^S  Stdnr^g 

Ir        fm^  X*^^  rfitvr^fMiref  r.  t.  !• 
• 


Oigitized 


DrUt«r  Abtehnltt. 


dieses  Ahsdllwellens  betrachten:  Indessen,  wenn  man  in 
den  9  A.  G.  I,  20.  auf  den  «ladas  angewendeten  Ps.  109. 
unter  andern  Vorwfirfeii  «oeli  den  lieel:  da^l^  inmth 
dem  Hebriiichen  rlelleielit  bester  daBX^hm^  sc«     xcrr  Joa> 
(t)oH  löi'iQ  £ig  zu  lyxiua  ui't5  (V.  18.  LXX.):  so  könnte 
doch  möglicherweise  die  vooog  rJ^uxaJ  auch  aus  dieser 
Stelle  geholt  sein,  wie  der  Zng  der  monströsen  Beschrei* 
bong,  welche  der  •ngebllche  Paplas  von  dem  Zostande  des 
Judns  macht,  daf^i  er  n^iralich  we^en  ungeheuren  Anschwel- 
len« der  Augenlieder  das  Tageslicht  nicht  mehr  habe  sehen 
können^  an  V«  24«  des  andern  Jodaspsalms  erinnern  dürfte, 
wo  anter  den  VerwGnschongen  namentlich  aoch  die  Tor- 
kommt:  ay.oi tuffilriwur  oi  ccfOa)^ftoi  aiTvh'  lü  [n]  p).i7ifiYy 
eine  Verhinderung  nni  ^^ehen,  welche ^  ciiimal  den  »e- 
acbwolleiien  Leib  des  «lu^as  Toransgesest,  als  Zuscfawellen 
der  Angehlieder  sich  gestalten  molste.    Rat  so  die  an 
A.G.  1.  sich  anschliefVende  Tradition  ihre  Ansicht  von  dem 
Ende  des  Judas  hnnjitsiichiich  nach  Ausdrücken  der  be* 
seiehneten  beiden  Psalmen  weitergebildet,  und  ist  In  jener 
Stelle  ficr  A.  6.  selbst  die  Angabe  von  dem  Verhfiltnifs  des 
Jtidas  /.(i  dem  Landgut  ebendaher  entnommen:  so  liegt  die 
Vf>rmnthang  niclit  all/.ufern,  dafs  auch  schon,  was  die  A.  G. 
über  das  Ende  des  Verriithera  sagt,  ans  derselben  Uoelle 
geflossen  sein  möge.   Dafs  er  eines  frOhseitigen  Todes  ge- 
storben, kann  historisch  sein:   aber  auch  wenn  nicht,  so 
var  ein  früher  Tod  schon  Ps.  109,  in  demselben  8ten  Vers^ 
welcher  die  Verleihung  der  inianim^  an  einen  Andern  ent- 
hielt,  In  den  Worten:  ytvrl^ritfaaaaf  al  rjiiQai  avrs  oXlyai^ 
ihm  verkündigt,  und  fast  möchte  man  glauben,   dafs  auch 
der  Tod  durch  einen  jähen  Fall  aus  Ps.  69,  23.,  wo  es 
heifst:  yinjO^tm  ^  zQttJu^aavvwp — elg  axavdakov  illf^^ohif 
entstanden  sei« 

Schwerlich  also  wissen  wir  von  Judas  auch  nur  soviel 
gewilS)  flafs  er  aaf  gewaltsame  Weise  vor  der  Zeit  ums 
Leben  gekommen :  sondern  wenn  er^  wie  nach  seinem  Aas^ 


Digitized  by  Güügl 


« 

J 

0 

Drittes  KnpireJ;  f.  m.  5Ü 

tritt  «OS  lier  GetellMliiift  J^Hi  nntllrlieh  wnr  'y  fffir  in 

dio  Dunkpllieit  eurficktrat,  in  welcher  die  historische  Kun- 
de von  seinem  weiteren  Schicksal  erlosch:  so  konnte  die 
.  ckristlieilo  Siige  angebindert  aües  das  nn  ihm  in  firfdliung 
gehen  lassen,  was  die  Weissagungen  nnd  TorbÜder  des 
A.  T.  dem  falschen  Freunde  des  Dnvidssohnes  drohten,  und 
ikonnte  seihst  an  eine  behannte  unheiiige  Stntto  in  der  Nfihe 
Jcfrttsalems  das  Andenken  seines  Verbreehens  Jinapfem 

Jesus  vor  Pilatus  uiid  Herodes. 

Nach  sSnimtliehen  Evangelisten  war  es  Btorgens,  als 

die  jüdischen  Obern  Jesum,  nachdem  sie  ihn  des  Todes 
schuldig  erknnnt  hatten  (  fesseln  —  nach  Job«  18, 12.  war 
er  schon  im  Garten  bei  der  Gefangennehmnng  gefesselt  wor- 
ded)  Lukas  erwühnt  des  ßindens  gar  nicht  und)  bii  dem 
römischen  Procurator  Pontius  Pilatus  führen  liefsen  (^'ntjli. 
27,  1  if.  parall.  Joh.  18,  28.}*  Hiezu  nötliigte  sie  nach  « 
Job*  IS,  dl*  der  Umstand,  dafs  dem  Sjnedrium  dieBefug- 
nifs,  Todesstrafen  (ohne  römische  Genehmigung)  zu  voli- 
siehen^  abgenommen  war  ^) :  jedenfalk  indei's  mufste  dicfs- 

I)  kach  Babyl.  3«nbedrin,  bei  Lishttoot,  p.  486;  wo  esbeisst: 
)udicia  de  capitallbus  finiunt  eodem  die,  si'  sint  ad  absolu* 
tionem ;  si  toto  sint  ad  damnationem ,  finiuatur  die  s^ivea» 

tc  —  wäre  dicss  \  erfahren  ungesczlich  gewesen, 
S)  Ausser  dem  johanncischen  :  «x  fh^iy  dnoxTflrai  hSiva, 

spricht  für  diesen  Stand  der  Dinge  nur  noch  eine  dunkle 
uad  sckwanliead  ausgelegte  Tradition ,  Avoda  Zara  i.  8 ,  2 
(LiSKTFooT,  p.  11231«)  :  XUbli  Gahna  dicit|  cum  aegrokarct  1». 
IsmaüL  bar  Joscy  adserunt  ad  enm,  dicentes:  dio  aobis,  o 
Donuoei  duo  aut  tria^  quae  aliquando  dixisti  nobis  aomibe 
patHs  tui.  Dielt  ils  —  —  qusdraginta  annis  aifte  exddium 
tempU  migravit  Synedrinm  et  sedit  in  tabernit.  Quid  sübi 
Tult  hacG  traditio?  I\abh  Isaac,  bar  Abdimi  dicit:  hon  ju» 
dicarunt  judicia  muUtativa.   Dicit  R.  >iachman  bar  Isaac: 


Digitized  by  Google 


ftia  Dritter  Abtchnitt. 

■ 

nmi  die  jttdiiebe  ü^fiamm  wSstehen^  die  lUMer  in  die- 
Sache  sn  Biehen,  weil  nur  deren  Maeht  llir  gegen  einen 
^OQvßog  iv  X(p  itcrtp,  den  sie  von  einer  iiinrichtung  Jesu 
führend  der  Festzeit  befürchtete  CAIetth.  26 ,  5.  perelL),  . 
Sicherheit  gewähren  iieonte. 

Bei*m  PrAtorina  engelionimen  y  blieben)  neeh  d^  Dev* 
eleilung  des  vierten  Evangeliums ,  die  Juden  aus  Scheue 
ver  levitischcr  Veronreinigung  aussen^  Jesus  aber  wurde 
in  das  Innere  des  Gebftudes  geflihrty  ae  dafs  Pilatus  ab- 
wechsln tigsweise»  wenn  er.  mit  den  Juden  verhandeln  well» 
te,  herausiiominen ,  wenn  er  aber  Jesuin  iiu|uirirte,  hin- 
eingehen mufste  (i8,  28  fLy    Die  Synoptiker  stellen  im 
Verfelg  Jesum  mit  Pilatus  und  den  Juden  In  Einem  und 
demseilien  Lokal  ror,  da  l»ei  ihnen  Jesus  die  Anlilagen  der 
Juden  unmittelbar  hört,  und  vor  Pilatus  beantwortet.  Da 
siC|  wie  Johannes,  die  Verurtheilung  unter  freiem  lilmmei 
Tergeben  lassen  (nach  derselben  lassen  sie  Ja  Jcsum  in 
das  PrXtorlum  hlneingefitthrt  werden ,  Matth*  27,  27« ,  und 
Matthüus  wie  Johannes  19,  13.,  läfst  den  Pilatus  das  ßtjta 
besteigen,  V.  1!).,  welches  nach  Josephus  ^)  unter  fi*eiem 
Himmel  stand  )|  ohne  Im  VerhAltnlfs  cum  Verhör  einer 
Ortsrerlnderung  nu  gedenken:  so  haben  sie  sich  wahr- 
scheinlich die  ganee  Verhandlung,  aber,  abweichend  \on 
Johannes I  auch  Jesum  selbst ^  auf  Jenem  Vorplaa  gedacht. 


BS  dicat ,  quod  aaa  {odlolmel  judlcBS  nmlotativa,  sed  quod 
non  judioiruiit  judicia  capitalia  —  womit  noch  4ie  Notiz  bei 
Jotephuft,  Antiq.  20^  9,  1.,  verglichen  werden  kann,  dass  es 
3i*  «|or  fjv  l-ivdrty  (dem  Hohenpriester)  j^ia^U  r^c  txfira  ( des 
Frocurators)  Y^^^fis  »<*9^oo*  aurtS^tor.  Dagegen  könnte  zwar 
die  ohne  Zumieliiuig  der  Rttmer  erfolgte  Hiarichtung  des  Ste« 
pbaaut,  A.  G.  7,  sii  tpreclieii  tcheiAea :  alleia  diett  war  ein 
tumultttariteher  Akt,  uBtemoaunea  Tielieiclit  im  Vertrauea 
auf  die  Abweaeahdt  das  Filatus.  Vgl.  Uber  dietea  Puafct 
Leen,  8.  6S1 
3)  De  bell.  jud.  2,  9,  3. 


Digitized  by  Googl« 


« 


Drittes  KapiteL       W*  513 

Die  erste  Frage  des  Pilatas  an  Jesum  ht  nach  allen 
Evangelien:  av  d  6  ßaaileig  twv  ^lödaicovy  d.  h.  der.  Mes* 
•iM  ?  Bei  den  s«rel  mten  Evangelisten  ist  die«e  Frage  ohne 
Einkitong  dnrch  eine  Klage  der  Jaden  (Mattb»  V.  11« 
Marc.  V.  2.);  bei  Johannes  fragt  Pilatus,  aus  dem  Prufo* 
rinm  heraustretend,  die  Juden,  was  sie  gegen  Jesum 
klagen  hXtten  (18»  19*)?  worauf  «ie  ihm  ndt  einem  kaum 
begreifliohen  Tree  erwied^  haben  seilen  t  9I  ftrj  otog  i}y 
xaxoTioidgf  öx  av  oot  TcaQeöajxafitf  avTOVy  wodurch  sie  kei- 
neswegs sich  versprechen  konnten,  dem  Römer  die  liest ü- 
tigung  auf  die  schnellste  Welse  abandringen  ^) ,  sondern 
nnr  Ihn  sn  erbittern»  Naohden  ihnen  PÜatna  hieranf  mit 
ebenso  unglaublicher  Gellndigkeit  enr  Antwort  gegeben: 
ao  mögen  sie  ihn  nehmen  und  nach  ihrem  Gesez  richten  — 
indem  er  an  ein  todeswttrdiges  Verbrechen  nicht  gedacht 
sn  ha^n  aeheinc  and  die  Juden  ihm  ihre  Incompetens 
BOT  VoUelehang  von  Todesstrafen  entgegengehalten'  nahen: 
geht  der  Procurator  hinein,  und  legt  Jesu  gleich  die  he- 
atimmte  Frage  vor,  ob  er  der  König  der  Juden  sei?  wei^ 
ehe  somit  hier  gleichfalls  nicht  gehörig  eingeleitet  iat  Nor 
bei  Lukas  Ist  diefs  der  Fall ,  weicher  sfierst  die  Anklagen 
der  Synedrlsten  gegen  Jesnm  aufführt,  dafs  er  das  Volk 
anf wiegle,  und  aar  Verweigerung  der  Steuer  an  den  Cü- 
aar  rdbci  indem  er  sich  fflr  xQ^ov  fiaaüia  anhebe  2.)* 
Begriffe  man  anf  diese  Wdse  ans  der  Relation  des 
Lukas,  wie  Pilatus  sofort  die  Frage  an  Jesum  richten 
konnte^  ob  er  der  König  der  Juden  seii^  so  ist  bei  ihm  um 
ao  dankler,  wie  anf  die  bejahende  Antwort  Jesu  hin^  Püa- 
tna  ohne  Weiteres  den  Anklügern  erldfiren  konnte,  an  dem 
Beklagten  keine  Schuld  zu  linden.  Er  mufste  doch  erst 
den  (jrund  oder  Ungrand  der  Anklage  auf  Volksaufuioge- 
Jung  nntersochen,  and  auch  fiber  den  Sinn,  In  i^eichem 
aieh  Jesnt  fiBr  den  ßamlevg  twv  ^Judatiov  aasgab ,  sich  mit 


4)  Wie  LvcxB  annimmt,  8.  631. 

Dmg  LAm  J§$u  iL  Sand.  ^ 


Digitized  by  Google 


M4  Dritter  Aksehaltt^ 


ihm  verständigen  5  ehe  er  sein  ödh  evQlaxta  alitnr  ir  tm 
ardx^umif  tiitt^  «iw^precLen  konnte.  Bei  Matthias  and 
MeriiM  Mgt  MW  dim  Befftlmig  Jmm^  der  Kteig  der 
Jade«  n  sein,  noeh  sein  den  PiletM  htfi-eadeudci  Sekwei* 
gen  gegenüber  den  gehäuften  Anklagen  der  Synedristen, 
•oeh  wird  hierauf  nicht  eine  bestimmte  Erklärung,  dafs  an 
Jesu  keine  Sebald  an  luden  sei,  eonden  biols  der  Versack 
des  Proenrators  gemeldet,  Jesnm  dnreh  die  Znsenunenstci* 
lang  mit  ßarabbas  in  Freiheit  zu  setzen :  doch  auch  nur , 
was  ihn  su  diesem  Versach  bewog,  geht  aus  den  genann- 
ten Erengelien  niebt  kenror.  Binlingiiek  klar  dagegen  wird 
^eser  Pnnkt  Im  rierten  £vangelinm.  Naek  der  Frage  des 
Pilatus 9  ob  er  wirklich  der  Judenkönig  sei,  befremdet 
awar  die  Gegenfrage  Jesu,  ob  er  diefs  Ton  siek  selbst | 
oder  anf  £ingebong  Änderer  rede?  Man  luum  einen  Be> 
idagten,  B5ge  er  immer  sieb  nnseimldig  wissen,  an  einer 
solchen  Frage  nicht  befugt  finden,  wefswegen  man  denn 
auch  auf  allerlei  Arten  versacht  hat,  derselben  einen  er- 
triglieberen  Sinn  an  geben;  allein,  nm  blois  eine  Znriiek« 
weisang  der  Besebnldigu ng  als  einer  widersinnigen  an  sein 
ist  die  Frage  Jesu  zu  bestimmt:  als  Erkundigung  aber,  ob 
der  Procura tor  das  ßaailevg  zur  ^htdaiuv  im  rönuscben 
iwp  ktvrSi  oder  im  JOdiseben  Sinne  iaUoi  aoi  äno^y 
meine  an  unbestimmt;  Aneb  falst  es  Pilatus  nicbt  se, 
sondern  als  unbefugte  Frage,  auf  welche  es  noch  sehr  milde 
Ist,  dals  er  aunftchst  zwar  ungeduldig  die  zweite  Gegen- 
frage maebt,  ob  er  denn  ein  Jude  sei,  nm  durch  sieb  selbst 
▼on  einem  so  speeifiseh  Jüdischen  Verbrechen  Notiz  haben  an 
kßnnen?  hierauf  aber  gutwillig  erklärt,  die  Juden  und  de- 
ren Obere  seien  es  ja,  durch  weiche  er  ihm  fiberiieferi 
worden,  er  möge  also  Uber  das  ihm  von  diesen  aur  Last 
gelegte  Vergehen  sieb  nftber  ansspreeben.    Auf  dieses  nun 


5)  Gaithii  s.  d.  St. 

6)  LOcHB  und  Tamm»,  i.  d.  St« 


Driuea  KapiteL   $.  il7.  fild 

über  giebt  ihm  Jesus  eine  Alitwort,  Mrelche,  znsannBenge* 
nommen  mit  dem  Eindruck  seiner  gansen  firseheinang}  dem 
Proeamtor  ailerdings  die  Überseagung  von  seiner  Unschuld 
beibringen  konnte.  Er  erwiedert  nHinllch,  seine  ßaaiXtta 
•ei  nicht  &  %H  xoafAH  tiiOf  und  fuiirt  den  Beweis  lüeÜUr 
ans  dem  rahigen)  passiiren  Verhalten  seiner  Anhänger  bei 
seiner  Gefangennehmnng  (V.  36.).  Auf  die  weitere  Frage 
des  Pilatus  9  da  Jesus  sich  hieinit  eine  ßaaikeia,  wenn 
gieich  keine  irdische,  sugeschrieben  hatte,  ob  er  also  doch 
für  einen  König  sich  ausgebe?  erwiedert  er,  ailerdings  sei 
er  das,  doch  nnr  insofern  er  cum  Zengnifs  der  Wahrheit 
geboren  sei;  worauf  von  Seiten  de«»  Pilatus  das  bekannte: 
%l  igiv  äk^x^ua;  erfolgt.  Ob  nun  gieich  an  dieser  leateren 
Wendung  das  eigenthttmlich  Johanneische  Coiorit  Im  Ge- 
brauch des  Begriffs  von  aX^&eia^  wie  weiter  oben  das  Un- 
gefügige in  der  Gegenfrage  Jesu,  auffällt:  so  begreift  man 
doch  nach  dieser  Darstellung,  wie  Pilatus  sofort  hinauf^ 
treten,  und  den  Juden  erklären  konnte,  keine  Schuld  an 
ihm  EU  finden.  Doch  könnte  leicht  ein  andrer  Punkt  gegen 
diesen  Bericht  des  Johannes  bedenklich  machen.  VVenn 
ihm  zufolge  das  Verhör  Jesu  im  innern  des  Prätoriums  vor 
^ch  gieng,  welches  kein  Jude  betreten  mochte:  wer  soll 
ilann  das  G^sprSch  des  Procurators  mit  Jesu  gehört,  und 
als  Gewährsmann  dem  Verfasser  des  vierten  Evanueliunis 
angebracht  haben?  Die  Ansicht  älterer  Erklärer,  dals  Je- 
sus selbst  nach  der  Auferstehung  den  Jüngern  diese  Ver- 
handlungen erafthlt  habe,  ist  als  abenteuerlich  aufgegeben; 
die  neuere,  dafs  vielleitlit  Pilatus  selbst  die  Uuelle  der 
Nachrichten  über  das  Verhör  gewesen  sei,  ist  kaum  min- 
der unwahrscheinlich,  und  ehe  ich  mir,  wie  LOckb,  damit 
hSife,  dafs  Jesus  am  Eingang  des  Prätoriums  stehen  ge- 
blieben sei,  und  somit  die  aussen  Zunächststohenden  bei 
einiger  Aufmerksamkeit  und  Stille  (?)  die  Unterredung 
haben  hdren  können,  wOrde  ich  mich  noch  lieber  auf  die 
Umgebungen  des  Procurators,  der  schwerlich  mit  Jesu  al- 

33  ♦ 


« 


Digitized 


516 


Dritter  Abfiehnilt. 


laiii  war»  bemfim.  Leieht  UnnCeii  wir  Imtefii  hier  ein  de- 
tprieh  haben,  ilaii  nnr  iler  eignen  Coaibinalion  det  Kraii» 

gellsten  seinen  Ursprung  verdankt,  und  in  diesem  Falle 
dürfte  man  sich  dann  nicht  so  viele  Mflhe  in  Beeng  aaf 
den  eigeatliehen  Sinn  der  Frage  det  PUaCns :  was  ist  Wahr» 
heitf  geben,  da  dieft  nnr  die  beliebte  dialogisehe  Figur 
des  vierten  Evangeliums  wäre,  bei  tiefen  Eröffnungen  von 
Seiten  Jesu  die  Zuhörer  Fragen  entweder  des  Milsverstands 
oder  des  gar  nieht  Veratehens  aaehan  sa  lassen ;  wie  12, 34. 
die  Joden  liragen:  %ig  igiv  wog  6  vios  v5  iiß&igmut;  so 
liier  Pilatus :  ti  igtv  aXrj&eut  ^) ; 

Vor  der  Diversion  mit  ßarabbas,  welche  nun  bei  den 
flbrigen  folgt,  hat  Lukas  ein  eigen thflmliches  Zwischen- 
spiel. Anf  die  Erklärung  des  Pilatus  nKmlieh,  an  dem 
Beklagten  keine  Schuld  zu  linden,  bleiben  hier  die  Hohen- 
priester sammt  Ihrem  Anhang  unter  der  Menge  dabei, 
Jesus  rege  das  Volk  anf  dnreh  seine  Wirlisamkeit  als 
Lehrer  Ton  Galiläa  bis  Jemsalem ;  Pilatus  fafst  GalilSa 
in's  Ohr,  fragt,  ob  der  Beklagte  ein  Galiljier  sei?  und  \^ie 
diefs  bestfitigt  wird,  ergreift  er  es  als  eine  uiiikommene 
Gelegenheit,  sich  des  onwülkommenen  Handels  so  entlo* 
digen ,  sehlekt  also  dem  Tetrarehen  von  Galilla ,  dem  aar 
Festzeit  in  Jemsalem  anwesenden  Herodes  Antipas,  Jesum 
SU,  mit  der  Nebenabsicht  vielleicht,  was  wenigstens  der 
Erfolg  war,  den  kleinen  Fürsten  durch  solchen  Reqpeet 
▼or  seinem  Forum  sieh  an  verbinden*  Herodes,  keifst  es,  | 
sei  d  arOber  erfreut  gswesen,  well  er  nach  dem  Vielen,  was  , 
er  schon  von  Jesu  gehört  hatte,  lüngst  wünschte,  ihn  zu 
sehen,  in  der  Hoffnung,  er  würde  vielleicht  ein  Wunder 
cum  Besten  geben«  Oer  Tetrareh  habe  nun  Terschiedeno 
Fragen  an  ihn  gerichtet,  aneh  die  Synedristen  harte  Kla-* 
gen  gegen  ihn  erhoben ,  Jesus  aber  keine  Antwort  gege- 
ben :  worauf  dann  Herodes  mit  seinen  Soldaten  sich  aum 


7)  Vgl.  KAissa,  1)0)1.  Theol.  1,  S.  262. 


Digitized  by  CjOOgfe 


Dritte«  Knpitfel.   §.  127. 


617 


Spotte  gewendeti  nud  endiieh  Jesom  in  einem  PmehtgiewMid 
«Ii  Mctai  «nrflckgcschiokt  habe  (SS,  4flro*  Bieee  Enslli-. 
lang  de«  Liikiie  hat,  sowohl  in  ihr  seihst,  als  in  ihrem 
Verhältnifs  zu  den  übrigen  Evangelien,  niehrei*ei  Befreind- 
liehe.    Gehörte  wirlilioh  Jesus  als  Galiiller  «iiter  die  Ge- 
riehtsbarkeil  des  Uerodes,  wie  Pilatus-  dardl  die  Ubergalie 
des  Bcilagten  an  ihn  ananerkennen  scheint:  wie  kam  es, 
dnCs  Jesas,  nicht  nur  der  sUndlose  des  urthudoxen  Systems^ 
aondeirn  aneh  der'  gegen  die  bestehende  Obrigkeit  imtei^ 
wCirfige  der  ffesehichte  Tom  Zinsgreeohen ,  ihm  die  sehal- 
dige  Antwort  versagte?  wie,  dafs  ihn  Herodes  ohne  Wei- 
teres wieder  von  seinem  Forum  snriickschickte?  Mit  Ol»- 
»AOSSK  aa  sagen,  es  habe  sieh  im  Verhöt*  bei  Herodes  er^ 
geben,  dalk  Jesas  nicht  in  Kanaret  tmd  GalÜla,  sondern 
in  ilethlehem,  also  In  Jndlia,  geboren  war,  ist  theils  eine 
unerlaubte  üezagnahme  auf  die  Gebnrtsgeschichte,  von  de- 
ren Angaben  sich  im  gannen  seitherigen  Verlauf  des  Lv* 
fcassfvangelinma  keine  Spur  mehr  gefnndcil  liat,  ttieila  wflis 
de  wühl  eine  so  ganz  SßufÜillige  Geburt  in  JudXa,  wie  sie 
Lukas  darstellt,  w&hrend  die  Eltern  Jesu  vor- und  nachher, 
«ttd  auch  Jesus  selber,  in  GaliiHa  ansäs&ig  bÜeben^  Jesum 
m  keinem  Jndicr  gemacht  haben;   hauptsiciilich  ab^r 
muls  man  fragen ,  durch  wen  denn  die  judaische  Abkunft 
Jesu  an  den  Tag  gekommen  sein  soll,  da  es  von  Jesu  heifst, 
er  habe  keine  Antwort  gegeben,  den  Juden  aber  Jene  Ab- 
knnft  nach  Allem,  waa  wir  wissen,  unbekannt  war?  fiher 
mag  man  das  Stillschweigen  Jesu  aus  der  unwürdigen,  nicht 
den  Emst  des  Richters,  sondern  blofse  Neugier  verrathen* 
den  Art  der  Fragen  des  üerodes,  ond  die  ZnrIIcksendung 
an  Pilatus  daraus  erklSren,  dafs  doch  nicht  allein  die  Veiv 
haftung,  sondern  auch  ein  Theil  der  Wirksamkeit  Jesn  in 
das  Gebiet  des  PÜatua  gefallen  war.    Warum  aber  berich- 
ten die  übrigen  Evangelisten  von  dieser  gansen  Zwischen* 
acene  nichts?    Namentlich  wenn  man  den  Verlasaer  des 
vierten  Evangeiiumä  eA^  den  Apostel  Johannes  sich  denkt, 


Oigitized 


4 


al8  Dritter  Abschnitt. 

ist  schwer  einsasehen,  wie  man  diese  Aaslassung  erklüren 
will.  iHo  gewtfbnlicbe  Hülfe, Nr  habe  die  Abfühmng  mm 
Herodee  am  den  Synoptikent  und  überhaupt  ale  bekannt 
vorausgesezt,  schlügt  hier  nicht  an,  da  ja  nur  der  Eine 
Lukaa  die  Üescbi^bte  meldet,  sie  also  nicht  sehr  verbrei- 
tet gewesen  9n  sein  seheint;  die  Vernnthongy  sie  ^6* 
ge  ihm  wohl  n«  unerheblich  gewesen  sein  t),  verllevt  da- 
durch ihren  Boden ,  dafs  Johannes  auch  das  Verhör  bei 
Annas,  das  doch  ebenso  wenig  entscheidend  war,  zu  be- 
schreiben  nieht  yersohsiaibt;  überhaopt  ist,  wie  auch  Schlu- 
BRlIACRBR  zugesteht,  die  johanneisehe  Ernühlung  dieser 
Vorgänge  so  zusammenhängend,  dafs  sich  nirgends  eine  Fu- 
ge Beigen  will,  um  eine  solche  Zwischenscene  einzuschie- 
ben«, flüchtet  sich  daher  aneh  Schlbixbiiacbbr  nuient  ra 
der  Veminthung,  es  müge  wolil  dem  Jobannes  itte  Abfth- 
rung  Jesu  zu  llerodes  entgangen  sein ,  weil  sie  auf  einer 
entgegengesehen  .Seite,  als  wo  der  Jünger  stand,  durch  ei- 
ne Hintepthüfjsiy  gecehehen  sei»  dem  Lukas  aber  eine  Kun- 
de von  derüelbeii:  nngelKemmen,  weil  sein  Oewfihfsmann 
ebenso  eine  Bekanntschaft  im  Hause  des  Herodes  gehabt 
habe,  wie.  Johannes  in  dem  des  Annas :  so  ist  jene  erstere 
VerfDutbung  eben  nur  eine  Uinterthüre,  die  lentete  aber  ei- 
ne vemwelfeiie  Fiktion.  Seinen  wir  freilieh  den  Ver^ 
ser  des  vierten  Evangeliums  nicht  als  Apostel  Foraus :  so 
verlieren  wir  die  Unterlage  ^  um  gegen  die  Erzählung  des 
Lukas  . den.  Uebei  annusetseui  welche  Jedenialisy  da  sehen 
Jortlo  Ton  dar  Abfiilirang  m  Harod«  weift»),  na  wAw 
frühem  Ursprung  ist.  Immerhin  indessen  bleibt  tbeils  das 
Stillsohweigen  der  übrigen  Evangelisten  in  einem  Abschnitt» 
wo  sonst  über  .die  Hauptstadien  der  Entwicklung  Ten  Je- 
su Saehe  lAereinstimmnng  su  lierrsehen  pflegt ,  theÜs  die  i 
innere  Schwierigkeit  der  Ü^r^ählung  so  bedenklich,  dafs  die 


«eauuMumcB,  Über  den  Lukas,  8.  SM. 
9}  Disl.  .«.  Tryph.  lOS. 


Digitized  by  Google 


Drittes  Kapitel.   §•  127.    ,  519 


Vermuthnng  offen  bleiben  mal« ,  die  Anekdote  sei  aas  dem 
Bestreben  entstanden,  Jesum  vor  alle  mfigliolierweise  inJe- 
rnsalem  «nseBunennabrlrtgende  RichlentAlile  nt  stellen,  von 
allen  niehc  Iderarehlsehen  Beb6rden  ihnnwar  verHehtlich  be- 
handelt, aber  doch  seine  Unschuld  laut  oder  stillschweigend 
anerkannt  werden ^  ihn  selbst  aber  For  allen  seine  gleieh- 
nUlfiilge  Haltung  nnd  Warde  behaupten  m  lassen.  Wäre 
diefs  Ton  der  vorliegenden  Eratthlnng,  mit  weicher  der  drit- 
te Evangelist  allein  steht,  anzunehmen :  so  würde  sich  eine 
lUmliche  Vermuthang  auch  für  das  Verhör  vor  Annas  er- 
geben, mit  welchem  wir  den  vierten  Evangelisten  allein- 
atehend  goAuid^n  haben« 

<  Nachdem  er  Jesum  von  Herodes  zurückgesandt  be- 
kommen hatte,  berief  nun  dem  Lnkas  zufolge  Pilatus  die 
Syoedristen  nnd  das  Volk  wieder  nn  sieh,  nnd  erklärte, 
auf  das  ndt  dem  seinigen  llberelnstininiende  Urtheil  des 
Herodes  gestüzt ,  Jesum  mit  einer  Züchtigung  loslassen  zu 
wollen,  wozu  er  die  Sitte,  am  Paschafest  einen  Gefange- 
Mn  frei  nn  lassen  bentttnen  konnte.  Dieser  bei  Ln- 
kas etwas  verkürate  Unwtand  tritt  bei  den  fibrlgen,  na» 
mentlich  bei  Matthäus,  deutlicher  heraus.  Da  nämlich  die 
Befagni(s ,  sich  einen  Gefangenen  losaubitten ,  dem 
snkam:  so  snehte  Pilatus,  wohl  wissend,  dals  nur  der 
Meid  der  Grofsen  Jesum  verfolgte,  die  bessere  Stimmung 
des  Volks  für  ihn  zu  benutzen,  und  um  dasselbe  zur  Be- 
freiung Jesu  eigentlich  zu  nöthigen,  stellte  t'r  ihn,  den  er, 
«Um  Tbeil  nwar  aus  Spott  geg^n  die  Juden,  cum  Theil 
aber  um  sie  von  seiner  Hinrichtung,  als  ffir  sie  selbst  schimpf- 
lich, absubringen,  Messias  oder  Judenkonig  nannte,  nur 


10}  Man  zweifelt,  ob  diese  Sitte,  von  welcher  wir  ohne  da» 
T«  nichts  wissen  würden,  rtoiischcn  oder  jüdischen  Ur. 
Sprungs  war;  vgl.  Fritzschb  und  Paulus  z.  d.  St.  Bavs, 
über  die  urtprttngUcbe  Bedeutiuig  des  Fassahiestes  n.  s.  f. 
m.  Zelttchr.  t  TheoL  1832)  i,  S.  94. 


Oigitized 


Mi  Driifv  Abichuitu 

Aotwabl  mit  einem  Siofdiog  iniaij/nogy  Barabbas  so* 
«ammen,  weioben  JolMuiaea  als  Markus  and  Lukas 

•ber  als  einen  seloben,  der  Wifsn  Anfrnbfe  mai  MoMle 
verhaftet  fmr,  beeeiehnsn.   Der  Plan  seblug  aber  HbU,  dn 

das  Voiii,  suburiiirt,  wie  die  zwei  ersten  Evangelisten  an- 
merken, von  seinen  Oberen^  mit  grofser  £instimmigkeit  die 
•  Frelgebnnf  des  Becebbae^  und  fttr  Jesnm  die  Krensigii^ 
veriangle. 

Als  ein  besonderes  (iewicht,  das  bei  Pilatus  noch  in 
die  Wagscbale  Jesu  fiel,  und  ihn  bewog,  den  Versaob 
mil  Bafebbes  eaf e  JlacbdiAekilehste  geitend  mi  mmAem, 
wird  von  Mattliäas  das  angeführt,  defii,  wie  der  Procnra- 
tor  auf  dem  Richterstuhi  safs ,  seine  Gemahlin  *  *)  ihn  in 
Folge  eines  ftugstigenden  Traomes  warnen  iiei« ,  sieb  ja 
niebts  gegen  Jenen  Grereohten  sn  Scbniden  immmen  an  Ine- 
seil  (27v  19.)*  Niehl  allein  Pavlvs,  sendem  aneh  Olsbau- 
eiv  erklärt  diesen  Traum  als  natürliches  Ergebnifs  aus  dem- 
jenigen,  was  die  Frau  des  Pilatus  von  Jesu  und  seiner  am 
verigen  Abend  erfolgten  Oefengennehmnng  geb6rl  haben 
moehte ;  woen  man  noeh  die  Notie  des  fivangel*  Nioodeml 
sls  erklärende  Vermnthung  «iehen  kann,  dafs  dieselbe  eine 
%^eooaß^g  und  Mm^oa^i  gewesen  sei        Indessen  ^  wie 


11)  Einer  Lesart  naoh  hiess  dieser  Mensch  mit  seinem  vollen  Namen 
*Iiiais9«^flßStf  vs»  hier  nur  desswegen  bemerkt  wird,  vveü  OiA- 
aAOSSR  es  y,merkwilrdig<<  gefunden  htt.  Indem  aümlichbar  Abba 
Soim  des  Vaters  bedeutal,  so  ruft  O&saAvstM  aus:  Alias y 
was  an  dem  ErIVser  Weaen  war ,  erseliien  bei  dem  BliSider 
als  Garricatur!  und  findet  den  Vers  anwendbar:  Indtl  in  hu- 
manis  divina  potoiilia  rebus.  Wir  könnua  in  dieser  Olsmau- 
SK^schen  lictrachtuüg  nur  einen  lusus  humanat'  imj)otcntiae 
finden. 

12)  Im  Evang,  Nicodemi  und  bei  späteren  Kirchengeachichtscbrei» 
bcrn  heisst  sie  Procula,  Jl^ättZ^,  Vgl.  hierüber  Thilo,  Cod. 
Apoor.  N.  T.,  p.  S2if  Pjmuos,  ea,  Uaadb.  3,  b,  S.  640 

IS)  Ciyp.  J,  S.        bei  Tnoo« 


Digitized  by  Google 


Dritte«  KapiteL   f.  197.  MI 

IniiMr  ÜB  N.  T.|  nanentBeh  im  Matthiaflemiigelln^  Tri«* 
mm  ab  hUime  Sdtfekanf  betraehtet  werden ;  ee  Itt  aiiolk 

dieser  ^ewifs  in  der  Ansicht  de«  Referenten  non  Aine  nu- 
mine  gewesen ,  und  es  miils  sich  daher  ein  Grund  seiner 
Zotehickung  denken  lassen,  ttolite  der  Traam  wirkitefi 
den  Tod  Jesn  hirftertrelben,  so  milfste  man  Tom  orthodoxen 
Standpunkt  aus,  auf  welchem  dieser  Tod  zur  Seligkeit  der 
Menschen  nothwendig  war,  auf  die  Vermothang  einiger. 
Alten  kommen,  der  Teniei  mdge  es  gewesen  sein,  weleher 
der  Pran  des  Procnrators  Jenen  Tranm  eingab,  itm  den 
Vers(|hnung8tod  zu  verhindern  sollte  der  Tod  Jesa 
nicht  verhindert  werden,  so  könnte  der  Zweck  des  Trau« 
mes  nur  auf'  Pilatus  oder  seine  Gattin  gehen.  Allein  dem 
Pilatus  konnte  eine  s6  spft'  kommende  Warnung  wöhl  nur 
die  Schuld  vermehren,  ohne  ihn  von  dem  bereits  halb  ge- 
thanen  Schritt  zurückbringen  zu  können  ^  dafs  aber  seine 
Gattin  dnreh  den  Traum  bekehrt  worden  sei,  wie  Blanehe 
angenommen  haben  ^  ^) ,  Ist  thells  nirgendsher  bekannt*, 
theils  spricht  sich  in  der  Erzählung  nicht  dieser  Zweck 
AUS.  Sondern,  wie  schon  die  Figur  des  Pilatus  in  der 
erangelisehen  firsXhlAng  so  gehalten  ist^  dals  dem  blinden 
Hasse  der  Volksgenossen  Jesu  das  unparteUsehe  Drtiiell 
eines  Heiden  gegenüberstehen  soll :  so  wird  nun  auch  sei* 
ner  Gattin  ein  Zeughifs  für  Jesum  abgewonnen,  um,  wie 
naeh  Matth.  21,  Itt.  aus  dem  Munde  der  njnUnf  jmI  ^9-^ 
Xa^oPvWf  so  nunmehr  aus  dem  Munde*  eines  eehwaehen 
Weibes,  ihm  ein  Lob  zu  bereiten,  welches,  zur  Mehrung 
seines  Gewichts,  aus  einem  bedeutungsvollen  Traume  ab« 


14)  Ignat.  ad  Philippens.  4:  tpoßtl  Sh  (der  Teufel)  ro  ^ra«or, 

ir  orti^oig  auro  xaTaTaQairutv  Mai  nautiv  nttQurat  rä  »ata  roif 
qavqor.  Vgl.  Thilo,  p.  523.  Die  Juden  im  Evang.  Nicod., 
C.  2*  p*  524,  erklären  den  Traum  fUr  ein  Zauberstiick  von 
Jesu;  —I6m  irufdnM/mru  in§/nfß9n'q»6  vf*^  fyruiMdwm. 

15)  s.  B.  Theophy lallt,  t.  Taue  p.  SU> 


Digitized  by  Google 


Dritter  Abscüaitt 


fekket  wifd*  Je  nebr  man,  nu  diesen  wahrscheinlich 
m.  maehen,.  imeh  ans  dar  Pvofangeaoliiahle  ileigleiclieB 
Triane  anfthrt,  weleha  ainer  Untigen  Katastrophe  be- 
ängstigend und  warnend  vorangeschritten  sind  '^):  desto 
mehr  wird  der  Verdacht  angeregt«  dafs^  wie  die  meisten 
Ton  diasapy  ilo  anch  dar  Traam  in  nntrar  Steile  naeli  dem 
Erfolge  geiaaeht  sein  aidge,  tun  daiien  tragische  ^Iriknng 
wa  erhöhen. 

Wie  nun  die  Juden  aaf  wiederholtes  Befragen  des  Pi- 
latos  die  Loslastniig  Dttr  Barahbas,  fittr  Jasnai  aber  die  Ktm^ 
sigung,  stflnaiaeb  and  baharrlieh  verlangen:  laaaen  die  bak 

den  mittleren  Evangelisten  ihn  in  ihr  Begehren  sofort  wil* 
iigen  ,  MatthA'us  aber  schiebt  noch  eine  Ceremonie  und  ei-  | 
M  Weobseirada  daawiseben  (27,  24  ffi>  Naeh  ihoi  albn-  ! 
lieh  llftt  sieh  PÜatna  Wasser  geben,  waaehl  aieh  daaft 
die  Hände  vor  dem  Volk ,  und  erklärt  sich  für  unschuldig 
am  Blute  dieses  Gerechten.  Die  flandwaschung  als  Rein- 
arfclimag  Tan  einer  Bintaebuki  war  apaeüiseb  jadiaohe 
Sitte,  naeb  ft.Mos*  Sl,  6f«  '7).  Man  bat  nnwabraebein- 
lieh  gefunden ,  dafs  der  Römer  diese  jüdische  Gewohnheit 
hier  nachgeahmt  habe,  und  defs wegen  sich  darauf  berufen, 
ivia  Jedeas,  der  aeine  Unsobnid  feierliab  erklären  will, 
nielite  lelebter,  als  eine  aolebe  Handiwasebang ,  einfillen 
könne '^).  Allein,  um  ohne  Anhalt  an  einer  gewohnten 
Sitte  eine  symbolische  Handlung  gleichsam  im  Augenblick  i 
an  erfinden,  oder  aneb  nnr  in  einen  fremden  Voiksge- 
braneh  sieb  liinelnsnwerfeny  daau  gehört,  dais  dem,  wel- 
cher eine  solche  Handlung  vornimmt,  an  demjenigen,  was 
er  durch  dieselbe  beaeichnen  will,  ungemein  viel  gelegen  j 

16)  Wie  Pai»os  und  Hvw'öl  z.  d.  St. ,  welche  munentlich  an  den 
Trsnm  van  CSCtsr^s  Gemshlia  ia  der  Nacht  vor  seiner  Bvmer- 
duag  eriaiiera. 

17)  Vgl,  Sota,  8,  6. 

18)  Faiftseaa,  in  BIstth.  p.  S08. 

I 


Digitized  by  Google 


Driueft  Jt^apiteL   $.  127.  &U 

sei.  So  oQi^BieUi  viel  aber  konnte  nicht  sowohl  dem  Pi- 
latuc  daran  gelegen  eetn^  leine  Unsehuid  an  der  Hinriehp 
long  Jeen  su  besengen ,  all  vielmehr  den  Chrbten  darai^ 
nnf  diese  Welse  die  Unschuld  Ihres  Messias  bezeugen  zn 
lassen;  woraus  der  Verdacht  erwüchse,  dafs  vielleicbt  erst 
ihnen  die  Handwaaohung  des  Pilatus  ihre  Entstehung  ver- 
danken m5ge.  Dleee  yermnthnng  bestitlgt  sieh,  wenn  wir 
den  Ausspruch  erwägen,  mit  welchem  Pilatus  jene  sym* 
bolische  Handlung  begleitet  haben  seil;  ai^wog  il/ni  and 
%H  aifiorag  %6  datala  tm»  0enn ,  M^alk  der  Riebter 
fentlieh  und  enphatieeh  den ,  welehen  er  doeb  der  bXrte» . 
sten  Bestrafung  hingab ,  einen  dixaiog  genannt  haben  soll- 
te^'^  findet  auch  Paulus  so  in  sich  widersprechend  ^  dals 
er  hier,  gegen  die  eonstige  Weise  seiner  Äneiegnng,  an» 
nimmt,  der  £rsihler  interpreCire  selbst,  vrtm  Pilatne  seiner 
Meinung  nach  bei  der  Handwaschuiig  gedacht  haben  müs- 
se. Zu  verwundern  ist)  dals  ihm  das  ebenso  ünwahrscheia- 
licbe  nieht  anffiKüt,  was  den  Juden  bei  dieser  Gelegenheil 
in  den  Hnnd  gelegt  ist»  Naelidem  nimlieh  Pilatns  sich 
für  unschuldig  an  dem  Blut  Jesu  erkl/irt,  und  durch  das 
hinzugefügte:  vfdeig  oipea&ßi  die  Verantwortung  auf  die 
«luden  ttbefgewälst  hatte,  seil  nach  Matthiins  nug  u  lang 
gerufen  haben:  %o  alfta  aitS  itp  tj^ag  wrl  ifü  %a  tbnm 
i^ftwv.  Aliein  diefs  ist  doch  augenscheinlich  nur  vorn  Stand- 
punkt der  Christen  aus  gesprochen,  die  in  dem  Unglück, 
weiches  bald  naeh  Jesu  Tode  in  immer  verstürkten  SchlÜT 
gen  fiber  die  Jfldisehe  Nation  liereinbraeh ,  nichts  Andres, 
als  die  Blutschuld  von  der  Hinrichtung  Jesu  her  erblick- 
ten :  80  dafs  also  diese  ganze  dein  ersten  Ü^vangelium  ei- 
genthOmiiehe  Episode  im  höchsten  Grade  verdjiehtig  ist» 

Nach  MatthSus  und  Markus  liefs  nun  Pilatn»  Jesna 
gsisseln ,  um  ihn  sofort  zur  Kreuzigung  abführen  zu  las- 
sen» Die  Geisselnng  erseheint  liier  gans  so,  wie  nach  ru- 
mitcher  Sitte  das  virgis  coedere  dem  securi  percutere^ 


Oigitized 


# 


SM  llritter  Abcohnill. 

und  bei  Sclaven  die  Geisselipng  der  Kreosiguiigy  ymamgAem 
pflegte"').  Bei  Lakmtersehelnttiegansfindera.  Wihrendee 

dort  heifst :  jov  ffQaye?Mt)oag  naQedwxev  7va  gav(Hi}^ 

^ffi  erbietet  sich  hier  Pilatus  wiederholt,  V.  IG  und  22:* 
naidevaas  avtoif  arnkvata,  d*  h.  wie  dort  das  Geiseein  ale 
einleitendes  Aecidena  der  Hinrichtung  eracheint:  so  Iiier  als 
ableitendes  Surrogat  derselben;  Pilatus  will  durch  diese 
Züchtigung  den  Uass  der  Feinde  Jesu  befriedigen,  und  sie 
bewegen  i  von  dem  Verlangen  seiner  Hinrichtung  absiiato-' 
lien.    Wflhrend  es  aber  bei  Lnltas  cur  wirkliehen  Geisse- 
Jung  nicht  kommt,  weil  auf  den  wiederholten  Vorschlag 
des  Pilatus  die  Juden  in  keiner  Weise  eingehen  wollen: 
so  iä&t  dieser  bei  Jobannes  Jesom  wlriiiich  geissein,  stelle 
ihn  sofort  mit  dem  Pnrpurlileid  and  DornenliranB  dem 
Volke  vor,  und  versucht,  ob  nicht  sein  kläglicher  Anblick, 
mit  der  wiederholten  Erklärung  seiner  Unschuld  verban- 
den, einen  fiindraclL  auf  die  erbitterten  Gemfither  machen 
mOelite;  aber  auch*  diefs  ist  vergeliens  (19,  1  ff.)»   Es  be- 
steht somit  zwischen  den  Evangelisten  in  Betreff  der  Geis- 
seiung  Jesu  ein  Widerspruch ,  welchen  man  nicht  mit 
Paulus  dadurch  ausgleiehen  darf,  dafs  nmn  das  iror  *L  fpQCf 
ftXliaifag  naQidmtev  free  gavQio!yfj  bei  MattliMusr  und  Mar- 
kus so  umschreibt:  Jesus,  den  er  schon  vorher  hatte  geis- 
sein lassen,  um  ihn  au  retten,  hatte  diefs  vergeblich  er- 
duldet, indem  «r  non  doch  mir  Kreusigung  hingegeben 
wurde«   Sondern,  die  Differenu  der  Berichte  sugebend, 
niufs  man  nur  fragen,  welcher  von  beiden  die  gröfsere  hi- 
storische Wahrscheinlichkeit  für  sich  liahe?  Wiewohl  sich 
nun  freilich  nicht  nachweisen  Itffst,  dafs  Geisselung  vor 
der  Kreuaigung  ausnahmslose  rttmische  Sitte  gewesen  wl* 
re :  so  ist  es  doch  andrerseits  auch  einzig  aus  harmoni- 
stisohem  fiestreben,  wenn  behauptet  wird,  dais  nur,  wenn 

19)  Vgl.  l>esonderfl  die  voa  Wststsu  xu  MtUh.  27,  26*  angc- 
fiilirtca  Stellen. 

Digitized  by  Google 


Dritte«  Kiif  itei.  t..Jtt7.  Mi 

einer  bemnders  hart  feetreft  werden  soUl^  Ter  4er  Kren» 
sigmig  neoh  die  Geieeekiiif  lerhfingt  worden  «ei-^),  n«d 

folglich  Pilatas,  der  gegen  Jesuiii  nicht  grausam  sein  woll- 
te ^  ihn  nur  in  dei*  beaoodern  Absicht,  welche  Lukas  und 
Jobennee  meldeii)  nnd  welebe  eueh  bei  ihren  beiden  Vor- 
»Jlnnern  hinBunndenken  eel|  kBnne  lieben  geiueln  ieaaen* 
Welt  wahrscheinlicher  ist  es  vielmehr,  dafs  in  der  Wirk- 
Üohkeit  zwar  die  Geisselnng  nur  so^  wie  die  zwei  ersten 
Jivai^^iaten  berichten^  ale  Vorspiei  tmr  ttnrichtongi  ror« 
.gettoemen  werden  Ist,  die  ehrietilelie  Sege  aber,  #ie  ihr 
.nnm  Zeugnifs  gegen  die  Jaden  am  Charakter  des  l^ilntns 
.diejenige  Seite  besonders  willkommen  war,  Termöge  wel- 
cher er  Jesnm  so  retten  eicb  anf  verschiedene  Weise  b»* 
etrebt  iieben  eoü,  eo  nun  aueh  die  Neüs.Ton  der  Geitie- 
long  benüet  habe,  um  an  ihr  einen  neoen* Befreiongsver-^ 
.such  des  l'ilatus  zu  gewinnen.  Diese  Benützung  erscheint 
in  dritten  üivengeiinni  nur  erst  als  eine  begonnene^  indem 
liier  dae.  GeiMelniaseen  bloAe  Erbietnng  dee  Filalve  iett 
wogegen  Im  vierten  die  Gdetelnng  wiriitteb  roUcegen,  nnd  ' 
na  einem  weiteren  Akt  des  Drama  verwendet  wird. 

An  die  Geisselung  schÜeiBt  sich  bei  den  nwei  ersten 
JBtanfeÜeten  and  dem  vierten  die  Mifahandinng  nnd  Vei^ 
.^ttnng  Jeen  dnreh  die  Soideten^  welehe  ihm  ein  Pui^ 
parkleid  umlegten,  einen  ICranz  von  Dorngesträuch  ihm  auf 
das  Haupt  seaten  ^ naeb  Matth&as  ihm  anob  einen  üobr- 
■tab  In  die  Hand  gaben,  nnd  In  dieeer  Vermnnannng  iLm 
theÜe  als  Jndenlitoig  begriUbten,  theils  eehlugen  wA  mib- 


20)  Paülüi,  I.  a.  O.  S.  647. 

21)  Durch  die  Auseiaandersetcnng  von  TAWn,  S.  6^9t,  gewinnt 
es  alle  Wahrscbeinlicbkeit,  dass  der  giftn^ot  H  aMttr9mv  nicht 
ein  Kranz  aus  spitzen  Domen  war^  sondern  von  dem  nach» 
sten  besten  HechengestrHucb  genommen^  vm  durch  die  vilis- 
sima  Corona,  spincola  (Flin.  H.  N.  21,  10.)  Jesnm  ZQ  ver- 
höhnen. 


Digitized  by  Google 


9 


imiiiietoeii  Lakai  weift  Msr  von  keiner  Verkdhnvng 
dnrek  die  jSoidnten,  wohl  eker  hat  or  in  eelner  KrsihlMg 

von  der  Abführung  Jesu  zu  Merodes  etwas  Ähnliches,  in- 
dem er  liier  den  Merodes  avy  xoi^  ^^oxtvnoai»  wih  Jeea« 
forepoiteni  and  ihn  in>einer  iß^iß  htfinQi  wn  Pilatne  sn- 
rdekeenden  lilef;  Hanehe  nehnwn  an,  diefe  eei  daeeelke  Paf^ 
pnrgewand,  welches  nachher  die  Soldaten  des  Pilatus  Je- 
an Eum  aweltenmai  aogesogen  haben;  aber  vielmehr 
mal  müfirtei  wenn  wir  den  Johannee  daaunehmeni  nnd 
gleieh  keinen  dar  Sym^tlkar  des  Irrthnms  beeekoldlgen  wal* 
len,  mit  Jesu  diese  Vermummung  vorgenommen  worden 
•ein:  soerst  bei  Merodes  C^nkat);  hierauf  ehe  Pilatus  Je- 
anm  den  Juden  TorfiDlnEtie)  nm  d»rek  dae:  tde  6  mfSffom^Sf 
ihr  Mitleid  rege  an  maehen  (Jok.);  endlich  noeh  einami, 
nachdem  er  den  Soldaten  zur  Kreuslgong  überlassen  war 
(Matth,  und  Markus).  Diefs  ist  nun  ebenso  unwahrscbein« 
lieh,  ale  ea  wahreeheinlieb  lüi  dala  die  £fangellsten 
luid  dieialke  Verannunnng,  Ton  dar  eie  gehört,  an 
schiedene  Orte  and  Zeiten  verlegt  und  verschiedenen  Per* 
aonen  angeschrieben  haben. 

Während  bei  den  awei  ersten  Brangdleten  vor  der 
Ceieselung  Jeen  ^die  Geriehtevarlmndlung  bereite  geeehlee- 
een  ist,  bei'm  dritten  auf  die  Ilichtannahme  des  naidsvaag 
avtop  ünolvOiü  von  Seiten  der  Juden  Pilatus  Jesum  zur 
Krennigttnf  hingiabi:  qpinnt  aieh  im  vierten 'fivangeilwa 
die  Oeriehteseene  folgendermalsen  naeh  wettere  Ah  aueh  die 
Vorstellung  des  gegeisselten  und  vermummten  Jesus  nichts 
fruchtet,  sondern  beharrlich  seine  Kreuzigung  verlangt 
wird)  ruft  der  Praeniator  entrOstet  den  Juden  au,  so  mö- 
gen sie  selbst  Ihn  hinnehmen  und  Iwenaigen,  denn  er  in- 
de  keine  Schuld  an  ihm.  .  Die  Juden  erwledern^  nach  ih- 


22)  Eine  ähnliche  Vcnnummung  eines  Menschen,  um  einen  Drit- 
ten XU  verhöhnen,  fuhrt  aus  TliUo,  in  iflaccum,  WsTSism 
sn,  p.  5SSf. 


Digitized  by  Google 


r 

Drillet  Ka^ieeÜ  S.  m.  597 

rem  Oeies  aitae  m  atoifcm»  de  er  tteh  mlktlt  «am  fuios 
^f-Q  gemftcht  habe;  eine  Bemerkung,  welche  dem  Pilatus 
«berglüubische  Furcht  einjagt,  wefswegen  er  Jesom  noch- 
mals in  des  Prfttorinm  Jiieeinfilhrl,  nnd  nach  seiner  ( ob 
wirklieh  kinmlisdienf)  Abkunft  tftigtf  worsvf  Üm  eher  Je» 
sus  iieine  Antwort  giebt,  und,  als  ihm  der  Procnrator  mit 
cler  ihm  zustehenden  Gewalt  über  sein  Leben  Schrecken 
einjagen  will,  ihn  auf  die  höhere  Maehl,  die  ihm  diese 
Gewalt  gegeben  habe,  verweisi;  Zwar  strebte  in  Folge 
dieser  Reden  Pilatus  (noch  angelegentlicher  als  bisher), 
Jesum  zo  befreien:  endlich  aber  fanden  nun  die  Juden  das 
reehte  Büttel,  ihn  nach  ihrem  Willen  sn  stimmen,  indem 
sie  die  BeoMrknng  hinwarlbn ,  wenn  er  Jesum  loslasse , 
der  sich  dem  Cüsar  als  Usurpator  gegenüberstellte,  sei  er 
kein  q>Uios  iref  KaiaaQos.  So,  durch  eine  mögliche  An« 
aehwärsang  bei  Tiberina  eingesehfichtert,  besteigt  er  den 
Riehteitatnhl,  nnd  greift,  da  er  seinen  Willen  nicht  dnrch« 
setzen  kann,  zum  Hohn  gegen  die  Joden,  in  der  Frage, 
eb  sie  denn  wollen,  dafs  er  ihren  König  kreuzigen  solle? 
worauf  sie  aber,  die  snlest  esil  io  sichtbarem  £rfolg  an- 
genommene Stellung  behauptend,  «^klären,  von  keinem  Kö- 
nig, als  von  dem  Casar,  wissen  zu  wollen.  Jezt  willigt 
der  Procnrator  darein ,  Jesum  zur  Kreuzigung  führen  zu 
lassen ,ssa  welchem  Behuf  man  ihm,  wie  «Ue  swel  ersten  . 
fi?angelislen  benMrken,  den  Purpurornntel  aussog,  nndseU 
ne  eigenen  Kleider  wieder  anlegte* 

S.  128. 

Die  Kreuzigung. 

Schon  Aber  den  Hingang  Jesu  cum  Ort  der  KreuBi- 
gung  diffsriren  die  Synoptiker  und  Johannes,  indem  dem 
lesteren  zufolge  Jesus  das  Kreuz  selber  dahin  trug  (19, 17.), 
w&hrend  die  ersteren  melden,  man  habe  es  an  seiner  statt 
einem  Simon  von  Cyrene  angelegt  (Matth.  27,  32«  parall.)* 
Die  Commenlatoren  swar,  wie  wenn  es  sich  Fon  selbst 


Digitized  by  Google 


M$  Dritter 'Abschnitt 

Madti^  fwdnSgen  dieie  AngakM  dahiii:  «Mvst  iMibe  Je- 
MW  tflllitt  4m  Krem  wm  trafen  Tmncht)  hlermif  «ber,  nb 

et  sich  seigte,  dsfs  er  so  erschdpft  war,  bsbe  man  es  dem 
Sinoii  «»geladen  Allein  wenn  Johannes  sagt:  xai  //o- 
ptCm  for  gottfor  «mw  dg     rokfa&a'  am  ai%im 

igavfHjMtoißt  w»  sest  er  oilbnber  nieiit  rorens,  dels  eaf  de» 
Weg  dahin  Jesu  das  Kreue  abgenommen  worden  wäre  -'f. 
Jbis  scheint  aber  die  y^ojfk  den  Synoptikern  so  einstimmig  ge* 
geliene  Notis  ? en  dem  untergesobobenen  Simon  nm  so 
niger  abgewiesen  werden  an  kfinnen ,  Je  weniger  eiel^  ein 
Aniafs,  aus  dem  sie  erdichtet  worden  sein  könnte,  auffin- 
den iälst.    Wohl  aber  iiönnte  dieser  individuelle  Zog  im 
Kreise. der  der  Entstehung  des  vierten  firangeiiums  nnbe» 
bannt  geblieben  sein,  und  der  vVerfasser  desselben  sich  ge- 
dacht haben,  dafs  der  allgemeinen  Sitte  sofolge  Jesus  selbst 
das  Kreuz  werde  haben  tragen  mflssen.    Siimmtliche  Syn- 
optiker beseichnen  Jenen  Simon  ab  einen  KvQtflfatagf  d.  Ii* 
wahrseheiniieb  einen,  ans  der  iibysehen  Stadt  Cyrene,  wo 
viele  Juden  wohnten       com  Fest  nach  Jerusalem  Gekon- 
inenen*   Nach  allen  wurde  er  auf  gewaltsame  Weise  com 
Tragen  des  Kreues  gebraebt,  was  alier  weder  fitaPy  noeh 
gegen  die  Annabme»  dals  er  Jesn  günstig  gewesen,  lientnS 
werden  kann        Nach  Lalcas  nnd  Markus  kam  der  Mann 
gerade  aii  dygö ,  und  wie  er  am  lüreoeigungszug  ror über- 
geben wollte,  verwendete  man  ihn  snr  Unterstatsung  Jeso* 
Markus  beasidinet  ibn  noch  bestirnntsr  als  naz^Q  ^Ale^ip' 
Sqs  xai  ^P^q^s,  ohne  Zweifel,  well  diels  in  der  ersten  6e-* 
meinde  bekannte  Männer  waren  (vgl.  A.  G.  10,  33.  Röm* 
i$f  IS»   1.  Tiuu  I,  20.  2.  Tim.  4,  U.)       an  welche  er, 

•   J)  So  PiUQiss,  HomSL,  Tmoujok  und  OLSBAVtsir  in  den  Conau 

2)  Fanucas ,  in  Marc.  6S4 :  Signlficat  Joannes ,  Jcsum  suam 
cmcem  portivisf  e ,  donec  sd  cslvsrise  locum  penrenisset. 

3)  Joseph.  Antiq.  14,  7,  S« 

4)  Dafür  h«n)1!zt  es  <•  B.  Gnortus ;  dagegen  Olshavseh  2,  S.  4SI. 

5)  Vgl.  Paulus  und  Fkitzscms  z.  d.  St. 


Digitized  by  Google 


Drilte»  KapiteL   f.  128. 


i«l  nkfat  mm  mtaohMm  ^  «b  ndl.  ixbr  oba«  fBidiiybiit 
phen  tinind,  den  SiiBoB  MknAfill. 

Aaf  dem  Hinweg  cum  RichtpIaS)  meldet  Lukas,  sei 
eine  grofae  Volksmasse,  namentlich  auch  Weiber,  wehkla- 
gend Jean  nachgefoJgt|  deren  Klagen  er  aber  aof  Miß  salbet 
und  ihre  Kinder  verwieeen  habe»,  ndt  Hlnaicbt  amf  die 
schrecklichen  Zeiten,  welche  hald  über  sie  hereinbrechen 
^würden  (23,  27  ff.)*  Züge,  sind  theils  aus  der  Rede 

über  die  Parusie^  Lac.  21,  23^  entlehnt,  da,  wie  dert  den 
Sehwangeren  und  Sängenden  in  jener  Zelt  Webe  gerafisn 
war,  80  hier  gesagt  wird,  es  kommen  ^jueocre,  in  welchen 
cri  SitiQaif  xal  xoiXiai  dt  sx  iyiwr^aav^  xal  fiagol  di  ux  i&rf 
Xaauy,  werden  glAckilch  gepriesen  werden ;  theiis  ist  ans 
Hosea  10 ,  8.  geborgt,  denn  das  %o%e  a^gbyros  kiyew  %d(g 
hi)tat  X.  I.  L  ist  beinahe  wörtlich  die  alexandrinische  Über- 
setzung jener  Stelle. 

Den  Pia»  der  Hinrichtung  nennen  slBUBtliehe  Evange- 
listen Golgatha,  das  chaldüsebe  HPh^h^ ,  und  erkiiren  diese 

Bezeichnung  durch  xQcn  ln  tonog  oder  xQarlov  (Matth.  V.  3?. 
parall.).  Der  ieateren  Beaeichnnng  nach  könnte  es  schei- 
nen ^  der  Ort  sei  von  seiner  sehlidelfdrnilgen  Figur  so  ge- 
nannt gewesen ;  wogegen  dfe  erstere  Erkiiironv  ufid  wohl 
auch  die  ^atur  der  Snclie  wahrscheinlicher  macht,  dafs 
er  seiner  Bestimmung  als  Richtplnz  und  den  daselbst  he* 
iindiiehen  Gerippen  ond  Schädeln  der  Hingerichteten  seine 
Benennung  verdankte.  Wo  dieser  Fla e  gelegen  habe,  Ist 
nicht  bekannt,  duch  ohne  Zweifel  ausserhalb  der  Stadt ^ 
auch  dafs  er  ein  Hügel  gewesen,  wird  nur  vermuthet 

Den  Hergang  nach  der  Ankunft  Jesn  auf  dem  Kicht- 
plas  ersählt  Matthffus  (V.  S4iF.)  in  etwas  sonderbarer  Fol- 
ge. Zuerst  erwähnt  er  des  Jesu  angebotejien  Tranks;  dann, 
daCij  nachdem  sie  ihn  an  das  Kreua  geschlagen ,  die  Sol- 

*.  *  . . 

6)  t.  VäW09  und  FaiTsscus  s.  d.  Abtchn.  Wmsi^  ^  b.  Reslw. 

d.  A.  Golgatha. 

Das  i^ben  Jesu  JJ.  Band,  34 


Oigitized 


.tlZO  Dritter  Abschnitt* 

ilaten  seine  Kieider  ^«rtheiit  liehen;  hiernufi  vie  sie  sich 
niedeneslenf  nm  ihn  co  be%TAebQB;'9iiiiQb  diesem  die  deai 
Krans  gegebene  Uhersehrifti  und- nun  erst  wird,  vnd  swiir 
nicht  als  Nacbholong,  sondern  durch  eine  Partikel  der  Zeit- 
folge Crorc)  die  ^otiz  angeknüpft,  dafs  man  mit  ihm  suei 
Räuber  gekreii/lgt  habe.  Wfihrend  Markus  flem  Matthäus 
folgt  9  nur  dais  er  statt  der  Angabe  «ler  Bewaehiuig  des 
Kreuzes  eine  Zeitbestimmung  hat,  berichtet  Lahes  richti> 
ger  suerst  die  Kreu/.i^^ung  der  beiden  Verbrecher  mit  Jesu, 
«lena  ers^  die  Kleiderverlposnng}  und  in  ähnlicher  Abfolge 
Meh  Johannes»  Deitwegen  aber  die  Verse  bei  Matthäus 
umzustellen  (34.  37.  38.  35.  36.)9  wie  schon  ▼orgeschl'ngpn 
>vurde^),  ist  unerlaubt,  und  man  mofs  vielmehr  aiit  dein 
Verfasser  des  ersten  Evangeliums  hier  die  Beschuldigung 
liegen  lassen,  da(s  er  fiber  dem  Bestauben,  von  den  Haopt- 
Vorgängen  bei  der  Kreuzigung  Jesu  nur  keinen  zu  überge- 
hen, die  natürliche  Zeitfolge  vernachltissigt  habe 

Was  die  Art  der  Kreuaignng  betrifft,  ist  jezt  kaum 
mehr  etwas  streitig,  als  nur  die  Frage ^  ob  dem  Gekreu- 
zigten ausser  den  Händen  auch  die  Fttise  angenagelt  wor- 
den seien  Die  Bejahung  dieser  Frage  liegt  ebenso  ita 
Interesse  der  orthodoxen»  wie  die  Verneinung  In  dem  der 
rationalistischen  Ansieht.  Von  Justin  dem  Märtyrer  an 
bis  auf  Hbnostbvbero  '  ^)  und  Olshausen  finden  die  Ortho- 
doxen in  den  angenagelten  Füllen  Jesu  eine  Erfüllung  der 
Weissagung  Ps.  22,  17,  wo  die  LJÜC.  cS^t;|or  z*^Q^  i*^ 
woiL  nodag  ftbersest :  allein  Im  Grundteit  Ist  schwerlich  von 
Durchbohren,  in  keinem  Fall  von  einer  Ki*euzignng  die 
Bede,  auch  wird  die  Stelle  im  JN.  T.  nirgend»  auf  Chri- 
'  /■ 

7)  von  WassBHBBRtn ,  in  der  Dist.  de  trajectioaibut      T.  zu 
Valckenaer*s  schoiae  in  U.  quosd.  N.  T.  2,  p.  31. 

8)  Vgl.  ScNLBiBaaucHBa,  ilber  den  Lukas,  S.  295«  und  FarritCHa, 
in  Matth,  p.  814. 

9)  Apol.  I,  35.    Dial.  c.  Tryph.  97. 
10)  Christoiogie  des  A.  T.  1,  a,  S.  182 


t 


# 

0fa»  MifBwtiidht;  Det^  EatUmaliitoii  hüifqfni  wM  et 
tlieil*  leichler,  den  Tod  Jmq  fBr  blofteitf  ScMirtod  mm  er« 

kliiren,  theiiä  nur  dann  möglirh,  zu  begreifen,  wie  er  nach 
\ci6r  Auferstehung  sogleich  wieder  gehen  konnte,  wenn  an 
den  Folfen  keine  Verwundung  etettgeAinden  hatte:  allein 
%ielDiehr,  wenn  ee  sieh  gieeehlehtiieh  ergibe^  daft  wirklieh 
aach  die  Füfse  Jesu  angenagelt  waren,  müfste  gefolgert 
werden }  dafs  die  Wiederbelebung  und  das  Wandeln  nach 
derselben  entwader  nnf  ttbematttrliche  Welae^  oder  gar 
nicht,  geeehehon  aoL  Neueetena  atehen  aleli  besondere 
swei  gelelirte  und  grflndliche  Untersuchungen  dieses  Punk* 
fes,  von  Paulus  und  von  Bahr,  jene  gegen,  diese  fttr  die 
Annagelung  der  Ffliaey  gegenflber  dmr  evangeH- 

scben  EmAhlnng  kann  die  erstere  Änsiobt  Tor  Alleoi  das 
für  sieb  geltend  machen,  dafs  weder  jene  Psnimstelle,  die 
doch  unter  Voraussetzung  einer  Fuisannagelung  dem  Prag* 
■Mtlsnins  der  Erangelisten  so  nahe  Jag  9  irgendwo  benlist, " 
noeh  In  der  AoferstehongsgesehSebCe  neben  den  KXgelmah- 
len  in  den  Händen  und  der  Seitenwunde  einer  Wunde  in 
den  Fül'sen  gedacht  ist  (Joh.  20,  20.  25.  27.):  wogegen  die 
-andere  Ansicht  sich  nioht  ohne  Grand  darauf  beruft,  dafs 
Lnc.  24,  39.  Jesus  die  Jttnger  auffordert:  Jdtte  tag  x^l^ 
Qug  fJB  xal  Tsg  nodag  /uö,  wo  zwar,  dafs  die  Füfse  durch- 
bohrt gewesen ,  nicht  gesagt,  aber  auch  schwer  zu  begrei- 
fen ist 9  wie,  biols  um  Ton  der  Realität  seines  Körpers 
überhaupt  su  flberseugen ,  Jes^is  gerade  die  Fblse  YOi^ 
SBeigt  haben  soll.  Dafs  unter  den  Kirchenvätern  aneh  sol- 
die,  weiche,  vor  Constantin  lebend,  die  l^renzigung  noch 
nun  eigener  Ansehauung  kennen  konnten,  wie  Justin  und 
Teituillan,  die  Falsa  Jesu  angenagelt  werden  lassen,  ist 
Ton  Gewicht,  und  wenn  man  auch  aus  der  Bemerkung  des 
lästeren:  qui  iChriUui)  ^tolus  a  populo  $am  imi^niUr 


ii)  Paulus,  im  cxeg.  Handbuch  3,  b,  S.  669  —  754;  Bähr,  in 
Tttofcvcx't  liter.  Anxeigcr  für  christL  Theol.  1835  >  No.  1—6. 

34  » 


Digitized  by  Google 


6Si  Driner  AbK^lmill. 

orucifixuM  €H  '0)  M*liUe(Mft  ktenCe,  iler  PMittstcUe 
lieb  hnbaiiclietsiViVte-  «ngenonnieiiy  Chvistus  tri  iiiMiiiihaf- 

welte  mit  Durchbohrang  nuch  der  Fiifse  gekretiKi^t  Mor- 
den: so  wird  doch,  wenn  er  vorher  die  Durchbohrung 
der  Hfinde  und  FttCse  die  propria  atrooia  cruciM  nannte^ 
klar,  dur«  Jene  Worte  niehl  eine  ausgeseichiiete  Art  der 
Kreuzigung,  sondern  die  so  Auffallend  mit  der  Weissagung 
EiuammentretTende  Todesart  der  Kreuzigung  bedeuten.  Un- 
ter den  Steilen  der  Profanscribenten  ist  die  wichtigate  die 
Plaotifliaehe,  wo,  allerdinfi  nie  ansnahrnweite  ?erschftrfte 
Kreuzigung,  ojfigantur  bis  pedeSf  bisbrachia  vorkommt'  3). 
liier  fragt  es  sich  :  soll  das  Ungewöhnliche  in  dem  bi.s  be- 
atehen,  ao  dafii  ait  daa  auch  tonst  Übliche  die  einfache 
Anhefitang  aowohl  iron  Fäften  ala  Händen  Toraoageaest  wird; 
oder  soll  das  bis  ofßgtre  der  Hfinde,  d.  h.  dal's  beide  lian- 
de  angenagelt  wurden,  das  Gewöhnliche  gewesen,  das  An- 
nageln beider  Ffifae  aber  als  ausserordentliche  Veraehir- 
f«ng  hinsugekonmen  sein?  wovon  Jeder  das  £rstero  den 
Worten  anuremessener  finden  wird.    Hienach  scheint  sich 
mir  dermalen  das  Ubergewicht  der  historischen  Gründe  auf 
Seiten  derer  sn  neigen ,  welche  behaupten ,  dafs  Jesu  am 
Krens  beides ,  Bünde  und  Fafse,  angenagelt  worden  aeirn. 

Noch  vor  der  Kreuzigung  war  es  laut  der  beiden  er- 
sten Evangelisten,  dafs  Jesu  ein  Getrjink  angeboten  wur- 
de, welches  Matthäus  CV«  34.)  eis  o^og  fii%a  X^^S  ft^pif- 
lihov^  Markna  (V*  23.)  als  iafix  Qviö^ivw  AvO¥  beseiehnet, 
das  aber  beiden  zufolge  Jesus,  bei  Matthäus  nachdem  er 
es  vorher  gekostet^  nicht  zvl  sich  nehmen  mochte.  Du  man 
nieht  liegreifik,  nv  welchem  Zwecke  man  ojiter  de»  Essig 
Galle  gemischt  haben  möge,  so  erklärt  man  gewtfbniieh  die 
XoXfi  des  Matthüus,  aus  dem  iafivQviOfdvov  des  Markus, 
Ton  bittern  vegetabilischen  Ingrediensien  ^  wie  namentlich 


J2)  Adr.  Marcion.  3,  19. 
13)  MotteUariA  2,  1. 


Digitized  by  Google 


Dritt«*.  KupiuL  f.  198.  MS 

■^irb«,-  und  liett  dann  aiiGh  itiitt  o^og  ontweclftr  gmile^ 

SU  olvovy  oder  versteht  doch  jenes  Ton,  saareiu  Wein^'*}, 
nm  so  das  betüubende  Getrünk  aus  Wfiii  und  8tHrken  S|)e« 
ceralen  beraussubringen,  welches  nach  jüdischer  Sitte  den 
UinBariehtenden  snr  Abstuuipfnng  des  Sehmerzgefflbls  ge*« 
reicht  jsd  werden  pflegte  '  Allein  wenn  auch  der  Text, 
diese  Lesart,  und  die  Worte  diese  Erklärungen  suliefseup 
•0  wfirde  docb  wohi  Matthäus*  geguii  die  tünAusdeniaiig 
der  wirklichen  Gaile  und  des  Essigs  uns  feiner  Emfihiung 
sehr  protestiren,  weil  ihm  dadurch  die  Erfüllung  der  Wor- 
te des  auch  sonst  messianisch  gebrauchten  Unglttckspsalnis 
09,  V.  22.  (lAX) :  xai  tdfßnw  Big  %o  ßqiifti  4iH  g^A^ri  xcci 
ffV  di^lHxv  iminizwav  /le  S|a^9  verloren  gienge.  Diesem 
Orakel  gernüfs  meint  Matthäus  unstreitig  wirkliche  Galle 
mit  £ssig}  und  aus  der  VergJiQichung  des  Markus  darf  nur 
die  Frage  genommen  wecden,  ob.  et  wuhrsnbeinlicber  sei, 
dnis  der  Vorgang,  wie  ihn  Markns  davsteUt,  das  Ursprüng- 
liche gewesen,  was  erst  Matthäus  zu  genauerer  Ähnlichkeit 
mit  der  VVoi^sagung  umgefurmt,  oder  ob  Matthäus  urspHin^- 
lieb  den  Zug  aus  der  Psalnwtelle  gescböplty  Markus  aber 
Ihn  hinterher  su  gröfimrer  geschlcbtlloher  Wahrscfaeiniioli» 
keit  umgebildet  habeH 

Um  hierüber  entscheiflen  icu  können,  rodssen  wir  aocfi 
die  beiden  andern  fiTangeÜsten  mit  In  die  Betrachtung 
nioben.  Von  einer  Träniuing  Jesu  mit  Essig  nimlich  mel« 
den  alle  viere,  und  auch  jene  beiden,  welche  den  mit  6ai* 
ie  vermischten  Essige  oder  den  Myrrbenwein,  als  den  er- 
sten Trank I  der  «lesn  gelMiten  wurde ^  haben,  wissen  sp&- 
tei^  noch  toh  einer  Trtokniig  mit  Uolsem  £s«%  sn  sagen. 

14)  s.  Kuinöt,  Paulus,  z.  d.  St. 

15;  Sanhedrin,  f.  43,  1,  bei  Wbtstbi«  ,  p.  655  :  Dijclt  R.  Chaji, 
f«  R.  Ascher,  dixisse  R.  Chasdam:  excunti,  ut  capitc  plecta- 
tur,  dant  bibendum  graniim  turis  in  poculo  vini ,  ut  aliene- 
tur  mens  efut,  sec.  d.  Frov.  3if  6:  dsie  ticeram  percunti 
et  vinum  amsris  «mam.. 


Digitized  by  Google 


634  Urltter  AlTsehaitt 

Nacli  Lukas  war  das  o^og  TtQoaq^iQeiy  eine  Verhöhnang, 
welche  die  Soldaten  gegen  Jesam,  wie  es  scheint,  nicht 
•ehr  lange  niieh  der  Kreosigniig)  noeh  Tor  der  Fintteniil«, 
Yopnehmen  (V.  Sil  f.) ;  nach  Markos  reichte  hars  vor  dem 
£nde,  drei  Stunden  nach  Entstehung  der  Finstemifs,  ei- 
ner der  Umstehenden  auf  den  Ruf  Jesu  :  mein  Gott  u.  s«  w«, 
ihm,  gleichfalls  in  spöttischer  Absicht,  mittebt  eines  aof 
ein  Rohr  gesteckten  Sehwammes  Essig  dar  C^.  360 ;  nach 
Matthäus  bot  ihm  einer  der  Umstehenden  auf  eben  jenen 
Ruf  hin  und  auf  dieselbe  Weise  den  Essig,  aber  in  guter 
Absicht,  wle^tban  darans  sieht,  dafii  die  Spötter  ihn  daron 
abhalten  i^ofiten  (V.  49  f)  "^);  wogegen  es  bei  Johannea 
«uf  den  ausdrücklichen  Ruf:  duptj,  ist,  dafs  einige  einen 
iSehwanim  in  ein  in  der  ^ähe  stehendes  GefMfs  mit  Essig 
lanohlen,'  und  'auf  einem  Ysepstengel  snm  Monde  Jeso 
"brachten  (Y.  Mati  hat  daher  drei  yerschledene  Yer- 

snche,  Jetamzu  tranken,  ans^enommen:  den  ersten  vor  der 
1Ci*enEignng,  mit  dem  betäubenden  Tranke  (Matth,  ond 
Jlarkos)|  den'Bweiten  nach  der  Kreusigong,  wo  ihm  die 
Soldateti  nom  Hohne  von  Ihrem  gewöhnlichen  Oetrlnk,  el» 
ner  Mischung  aus  Essig  und  Wasser,  posca  genannt  »7^, 
boten  (Lukas),  und  endlich  die  dritte  Tränkung,  welche 
aof  defi  klagenden  Ruf  Jeso  einigte  (Matth.  Mark,  ond 
Mb.]f'*>4  Allein,  will  man  einmal  Cngl^lchlaotendes  aoa* 
einatiderhalten ,  so  mufs  man  auch  folgerecht  verfahren: 
soll  d|e  ron  Lukas  berichtete  Tränkung  von  der  des  Mat- 
thAisr  ond  Markos  wegen  einer  Zeitdifferens  Tersehieden 
aMa»  io-  Iii  dl0  des  MatthXns  ron  der  des  Markna  doreh 
ethe* Differ&na  der  Absicht  verschieden,  und  wiederum  ist 
das,  was  «Johannes  berichtet,  nicht  dasselbe  mit  dem  was 
dfo-Mdeir^enten  Synoptlkeri  d*  es  Ja  aof  einen  gans  an- 


I6>  %  PutrSteae,  t.  d.  St. 
17)  YgU  T£ülSn  t.  d.  St. 

Ii)  Sa  RvmQ%  in  Los.  p.  7IOf.  Tmtmm^  p»  Wk%» 


Digitized  by  Google 


dm  ftnf  Jam  erfolgt.  So  bdkioMn  wir  Im  GiiBTCfi  Alnf 

Tränkungen,  nnd  konnten  wenigstens  nicht  wohl  begreifeni 
wnrnin  Je«u8,  nachdem  ihm  «cbon  dreimal  Ebsig  cum  Mun- 
de geführt  war^  noch  cum  viertenmal  su  trinken  verlang! 
Ii&tle» .  Milsten  wir  demnach  aal  Vereinfaehang  bedacht 
fein:  so  ist  aber  keinetwegd  nur  die  Tränkung  bei  den 
awei  ersten  Evangelisten  und  dem  vierten  wegen  des  Zu- 
•ammenirefiens  der  Zeit  und  der  Art  der  Darreichung  flQr 
£iue  SU  erkllireiiy  aondem  ebenso  die  des  Markus  (nn4 
mitteist  dieser  die  übrigen)  mit  der  des'Lnkas  wegen  Gieieli* 
heit  der  hühnischen  Absieht.  So  bleiben  uns  £wei  Trän- 
kungeoi  die  eine  vor  der  Kreuaigangy  die  andre  nach  der- 
selben ,  nnd  beide  haben^  die  erstere  an  der  jOi|isciien  Sit- 
te mit  dem  betäubenden  Trank  flBr  Hinanrichtendey  die  an* 
dre  an  der  romischen,  vermöge  welcher  die  Soldaten  zu 
Jbl&|ieditionen  y  deigieiehen  auch  die  Vollziehung  der  Uiii- 
richtuiig  eine  war,  ihre  posca  mit  sieh  na  führen  pflegtenj 
einen  historischen  ,  an  der  Weissagung  Ps.  69.  alier  einen 
prophetischen  iialtpunkt.  Beide  Haltpunkte  wirken  entge- 
gengeseat :  der  prophetische  erregt  Verdaclit^  ob  anch  wirk« 
lieh  der  EraAhlung  etwas  Gesehiehtiiches  sum  Gmnde  Ii»- 
ge;  der  historisclie  macht  es  sweifelhr.ft ,  dafs  die  ganse 
Sache  nur  aus  Weissagungen  sollte  herausgesponnen  sein. 

Doch  ttberblioken  wir  noch  einmal  die  vertehiedenen 
Bericlite)  so  sind  ilire  Abweichungen  gans  von  der  Artj 
wie  sie  aus  verschiedener  Anwendung  der  Psalmstelle  ent» 
stehen  konnten.  Da  in  derselben  von  Gnlleessen  nnd 
Essigtrinken  die  Hede  war,  ao  scheint  die  Sage  annfichst 
fias  firsiere»  ais  nndenkliary  bei  Seite  gelassen  9  und  die  , 
Eraählung  gebildet  zu  haben,  die  wir  bei  allen  vier  Evan- 
gelisten finden,  dafs  Jesus  am  Kreuz  mit  Essig  getränkt 
worden  seL  Diefs  konnte  man  entweder  als  Handlung  des 
Mitleids,  wie  Matthffus  nnd  Jolmnnes,  oder  des  Spottei» 
mit  Markns  nnd  Lukas ,  betrachten.  Da  auf  diese  Weise 
zwar  das  eWiiacb^  ^£  6^  1  noch  nicht  aber  auch  das 


Oigitized 


5M  Oriiier  Abaalmitl. 

fig  trv  flhlßav      Hift  Om^cIi  •mdrioklieti  MfMt  wvp,  m 

hielt  es  der  Verfasser  des  vierten  ETan^elinms  für  wahi— 
neheintteh  y  dafs  Jesus  nach  wirklich  die  Emptindnn^  des. 
iKiniPt  i^ünmert;  d.  b.  di%ff6  fenrfea  habe;  ein  Ruf»  den 
er  nusdrtteHfeh  flis  ErfWImi^  der  yoorfjri; ,  woronler  ofiiie 
Zweifet  die  genannte  Psalmstelle  (vgl.  Ps.  22,  16.)  ver- 
itmiden  ist,  bezeichnet,  und  Kwar,  indem  er  das  Xva  re* 
Imo&fj  r  yQctfpf}  dorcb  tidäg  S  VtjoSg^  8»  nma  f^Stj  re— 
riXfcai  einleitet,  so  scheint  er  fast  Bagren  bq  wollen,  die 
Erfüllung  der  Weissagung  sei  die  eigene  Absicht  Jesu  bei 
fenem  Antraf  ifeweten:*  allein*  mit  tolchem  typologischen 
Spiel  wird  kein  «n'Kvebs  Im'Todeakam|kf  Begriffener  sieh 
abgeben,  iondi^rn  nur  sein  in  ruhiger  Lage  befindltcher 
Biograph.    Indefs,  auch  hiedurch  war  iihmer  nur  die  eine 
Hälfte  Jenes  messlanischen  VerseA  ,  die  auf  den  Essig  be« 
sflghcbe,  el^llt:  die  Ten  der  Halte  handelnde  ^  welche  als 
Inbegriff  affer  Bitterkeit  en  einer  Besiehu ng  auf  den  lei- 
denden Messias  gnnx  besonders  geeignet  schien  ^  war  noch 
fibrig.   Zwar^  dafs  ^oX^  als  ß(mjfia  gegeben  worden  seiy 
was  dlePtaloistellestrertgoenommen  verlangte,  blieb  alton- 
denkbar bei  Seite  gestellt:  wohl  aber  schien  es  dem  ersten 
Evangelisten,  oder  wvm  er  hier  folsft,  thunlich,  die  Galle 
als  Ingrediens  anter  den  Essig  so  mischen,  eine  Mischung) 
welche  dann  f^peillrh  Jesus,  des  llbeln  Geschmacks  wegen^ 
nteht  trinken  kennte.  .  Der  ewelte  Evangelist,  mehr  auf 
den  pragmatischen  nfs  auf  den  prophetischen  Zusammen- 
hang bedacht,  muchte  dann,  mit  Bexiehang  auf  eine  jfldi« 
sehe  Sitte,  snt  dem  Btsig  mit  Galle  bittem  Rf yrrhenwein , 
und  Ifefii  Jetnm  diesen,  ohne  Zweifel  aut  Scheue  Tor  Be> 
tlabuni;,  anssrhl  ttrpn.    Da  aber  diesen  beiden  Evanorplfsten 
neben  der  Erzählung  von  dem  mit  (Talle  gemischten  Essig 
•och  nooh  die  urtpHIngliehe,  ren  bjofsem  Essig,  cugekem- 
men  war*  so  wollten  sie  diese  dnreh  jene  nicht  Terdrltn- 
gf u  lassen  ,  und  8fellf»Mi  Hahrr  beide  nebeneinander.  Ilit*- 
jasi  soU  keineswegs  geleugnet  werden,  dalt  Jesu  vor  der 


Digitized  by  Güügl 


m 


Uetfef^ng  ein  soleher  IMiscberank,  uni)  nnohhei*  noch  Es« 
•ig  möge  gereicht  worden  sein,  da  Jenea^  wlo  es  scheint, 
w^UHiÜeh,  rnid  dieses  bei  dem  Oiirsty  welcher  die  QArtmr 
slf^ten  plagt,  netllrlieh  war?  nur  so  iriel  soll  gesil^*  ttin^ 

dnfs  Hie  Cvaiia^ellsteii  diesen  Umstand,  und  swar  in  so  rer« 
schiedenen  VV^endungen,  nicht  defs wegen  erzählen,  weil  sie 
hislorisoh  wofsten,  er  sei  eof  diese  oder  Jene  Weise  wirk« 
Heb  vorgekommen,  sondern  well  sfe  dogmadsch  OberBeogt' 
wr^ren,  er  mflsse  jener  Weissagang  zufolge,  dietleabei^  t«p- 
schieHentlich  anwandten,  sich  ereignet  haben. 

Wlbrend  oder  anmitlelbar  naeh  der  Krenslgnng  lifiil 
Lukas  Jesnm  sprechen;  ntneQ,  arpec:  avjois'  «  yccQ  fHS€ta$ 
tI  Ttntijai  (V.  34.) >  eine  Fürbitte,  die  man  bald  anf  die 
Soldaten,  die  ihn  kreuzigten,  beschWinkt  bald  auf  die 
elgenHiehen  Urheber  seines  Todes,  die  Sjnedristen  und 
latus,  ansdehnt  So  angemessen  eine  solche  Bitte  den 
sonstigen  Grundsätzen  Jesu  über  Feindesliebe  ist  (Matth. 
5,  44.),  und  so  viele  innere  Glaubwürdigkeit  ron  dieser 
Seite  die  Nöda  des  Lnkas  hat:  so  ist  doch,  ftumal  er  mit 
dersellien  allein  sieht,  darauf  anftnerksam  so  maehen,  daft 
uiüi^Iicherweise  dieser  Zug  aus  dem  für  messfanisch  gehal- 
tenen Abschnitt  Jes.  53.  genommen  sein  könnte,  wo  es  im 
losten  Vers,  In  demselben »  aas  welchem  auch  das  fierä 
ävoftitrtß  iXoylüfh^  tntlehnt  Ist,  heiftt:  S^^tP^tZ^^n,  waa 

zwar  die  LXX.  unrichtig  durch  dfcr  tag  avoftlag  avTt^w.n€tQ^ 
£dd5i7»  aber  bereits  das  Targum  Jonathan  durch  pro  pee» 
cdth  (sollte  heiften  peocatoribus')  deprecatus  est  wie- 

dergiebt. 

Dafs  mit  Jesu  zugleich  JJo  xaxsQyol,  welche  Mal- 
thffns  und  Markus  als  Ifi^ag  bezeichnen  |  In  der  Art  ge- 
kreuzigt worden  seien)  dafs  sein  Rreos  In  der  BOtte  stand^ 

darin  stimmen  die  Krangelisten  zusammen  ^  und  Markus | 

•i 

19)  KuiatfL,  in  Luc.  p.  710. 


Digitized  by 


wenn  teiti  191er  Vm  IdH        iMt  Ante  «Ine  wgriltoba 

Erfüllung  des  jesaiaiiischeii :  fittu  drofiory  iXoyiüi^r^^  \%elches 
Midi.  Lee  22»  ft7«  Jesus  schon  aio  Abend  vonUer  als  ciM 
dennAehet  m  ihm  va  erftfUende  WdtMgiiiif  «ngfAlhii  bitte« 
Von  dem  weiteren  Verhalten  dieser  Mlfgekreosigieii  berieb- 
tet  ans  JohAinics  nichts;  die  beiden  ersten  Synoptiker  las- 
sen  eie  Schmtthungen  gegen  Jesuin  afisstofrea  CM^ttli* 
9f7y  44. .  Marc.  IS,  Si.)s  wogegen  Lukas  ersftUt,  mir  dnr 
eine  ron  ihnen  habe  sieh  dieft  erismbt,  sei  aber  von  dena 
andern  sureelitgewiesen  worden  (23)39  ff.}«  diese  Dif- 

fierenn  anssugleiehen,  haben  die  Erklärer  die  VoransseCsung 
genuitthtp  noerst  mSgen  wohl  beide  Verbreeher  Jeeun  ge- 
aehmiht  haben,  dann  aber  doreh  die  aosserdrdentliehe  Fln- 
aternifs  der  eine  umgestimmt  worden  sein  *^);  neuere  ha- 
ben sich  auf  eine  enaUage  numeri  berofen  *^):  gewifs  aber 
imr  diejenigen  recht  gesehen,  welelie  eine  wirlüleiie  Dlffe- 
renn  nwiaelien  Loltas  nnd  seinen  Tomfinnem  augaiien 
Offenbar  haben  Ton  dem  Genaueren ,  was  jener  über  das 
Verbültnifs  der  beiden  Mitgekreuzigten  zu  Jesu  ,bu  berich- 
ten weils,  dif»  nwei  ersten  fivai^elisten  niclits  gewofat.  Nf - 
her  erslfilt  nUmlich  Lvkaa,  als  der  dne  der  beiden  Ver* 
brecher  Jesum  durch  die  Aufforderung  höhnte ,  wenn  er 
wirklich  der  JUesslas  sei,  sich  ond  sie  so  befreien ,  habe 
ihm  der  nndore  selchen  Hohn  gegen  einen,  mit  dem  er 
doch  da»  gleiche  Sehlcksal,  und  swar  als  Sebiddiger  mit 
dem  Unschuldigen,  theilei  ernstlich  verwiesen,  Jesum  aber 
gebeten,  wenn  er  in  seiner  ßaothia  kommen  werde,  «ei- 
ner nn  gedenken;  worauf  ihm  Jesus  daa  Versprechen  ge- 
geben habe ,  noch  heote  werde  er  mit  ihm  iv  t(ti  naQudei^ 
sein.  An  dieser  Stene  ist  von  vorn  herein  nichts  An- 
std(slgeS|  bis  stt  der  Anrede  des  «weiten  MUgeiLreusigten 


21)  So  CHnrsosTOMUS  u.  A. 

22)  Bkca  und  Grotius. 

23)  ^AUUüS,  S.  765.   Famsuu,  in  MaIUi«  j^,  817. 


Digitized  by  Google 


•n  ieiwi.  O011Q  up.  TMi  ftlaeiü  m  Krau  Xim^t^mt^. 
eintHgds  Koamcn  mf  Enpiehloii|f  ilet  Me«ti)sreIolit  m  ei^ 
warten ,  daita  gehörte  das  ganze  Systeiu  von  einem  ster» 
henden  MestiaS)  w«lclias  die  Apcistel  T«r^  der  Auffftintthaiigj 
nltlit  begriffen^  mnd  weMiet  «omit  ein  mr  iliimh 

gefafst  haben  mfifste.  Diefs  ht  so  unwahrscheinlich,  dafa» 
es  kein  Wunder  ist,  wenn  Manche  in  der  Bekehrung  dea- 
fiüttbera  am  Kreuz  ein  Wunder  haben  aehen  wolle»  ^^)^ 
lyid  et  wird  flnreh  die  Annehme  9  welelie  die  SMüirer  Mi 
Hfllfe  rufen,  der  Mensch  werde  wohl  kein  gemeiner,  aon«i 
dorn  ein  politischer  Verbrecher,  vielleicht  einer  der  oiM 
gaaiagw  dea  ßarabbaa,  geweaen  aeln  nwr  noob.  miHi 
denkbaren  OeM.wer  er  ein  snm  Aoinibr  geneIgMr*  Jm^ 
ra^lit,  der  auf  Befreiung  seines  Volks  vom  römischen  Jo^ 
che  hinarbeiten  wollte:  so  war  gewifs  auch  aeine  Idee» 
vom  Meaaiaa  am  weiteeten  davon  entfemty  einen  politiacJi 
ao  gans  vemiehteten^  wie  Jeaua  damala  vrar,  ala  aolohei« 
anzuerkennen.  Man  darf  aber  nnr  ein  Auge  f<ir  Sageiir 
blldung  haben,  so  wird  man  sie  hier  besonders  kenntlidii 
wiederfindon.  Zwei  Ubelthäteir  waren  mit  Jesu  gekreuaigt^ 
ao  viel  iiatte  di%  GeaehicbtO)  oder  aaoh  diefa  achon  di% 
Weiasagung  Jea«  53, 12,  an  die  Hand  gegeben.  Sie  blenden 
Eunäclist  als  stumme  Personen  da,  wie  wir  sie  im  vierten 
Evangelium  finden,  in  dessen  Entstehnngsgebiet  nnr  die 
oinfaelie  Naebriehtf  dafä  aie  mit  Jeao  gekrennigt  ifFonlani 
gedrungen  war.  So.  unbenSnt  alier  konnte  aie  die  Saf^e  In 
die  Lfinge  unmöglich  lassen :  sie  öffnete  ihnen  den  Miund, 
und  da  sie  übrigens  nnr  von  SchmKhungen  der  lJmg«3ben* 
den  nberiektan  iiatt^  ao  lielaaie  in  den  aügpmainen  Ifloim 


24)  s.  Thilo,  Cod.  apocr.  I.  S.  143.  Weitere  apokryphische  LVach- 
richten  ▼on  den  beiden  Mitgekreuzigten  finden  sich  im  crang. 
Infant,  arab.  c.  23,  bei  Thilo,  p.  92  f. ,  vgl.  die  An m.  p.l45| 
im  er.  Nicod.  c.  9.  10,  THao»  p.  581  ff.  C  26,  p.  7QbüU 

25)  Paulus  und  KowttLi  a.  d.  St. 


Digitized  by 


♦  f 

gegen  Jotuio  nach  die  beiden  ÜbelthXter,  rnnuchst  ohiMi 
■ifcene  Angabe  ihrer  Rede»}  «IneliaMWR  (Miitcii.  nnd  Bf«r* 
lwe>.  Doeli  die  MlCgekreneigten  llcAen  eieh  neeh  beeeer 
benutzen.  Hatte  ein  Pilatus  Zeugnifs  für  Jesuin  nbgelegf^ 
■engte  bald  darauf  ein  r^tnuacher  CenturiO)  ja  die  gaiise 
,  wunderbar  «nfgeregtn  Netnr  für  Ihn :  an  werden  aneli  aai- 
m  beiden  Lefdentgeneeeen^  wiewohl  Vei^reeher,  gegen  den 
Sindruck  setner  Gröfse  nicht  ganz  verschlossen  geblieben 
sein,  sondern,  wenn  nwar  der  eine ^  der  nrsprfingUclieii 
i^eelnltwng  der  Sage  gemifty  lJUtertei  ao  mnrate  wohl  dar 
andere  eleh  In  entgegengeaestem  Sinn  gel «ieert,  nnd  Gla«> 
ben  an  Jesus  als  den  Messias  bewiesen  haben  (Lukas}, 
(lana  iniGeial  der  {idlaohen  Henk-  und  Redeweise  ist  dann 
aeine  Anrede  nnJeanm  and  deaeen  Antwert;  denn  dna  Pn* 
radle«  wnr  naeh  damaliger  VeraCelInng  derjenige  Tbell  der 
Unterwelt  y  welcher  die  Seelen  der  Fromuien  in  der  Zwi- 
eehenneife  awisoben  Ihrem  Tod  ond  der  Anferatehnng  be> 
tatbetgen  aollle;  am  eine  Stelle  im  Paradiea  and  efai  gnidi- 
gea  Andeniten  hn  kdnfitigen  Aon  bittet  der  larafllte  Gott, 
und  so  hier  den  Metalas^*},  and  fon  einem  aasgeaeich- 
net  fromaMn  Manne  glanbie  man,  dafs  er  den  In  aeiner 
Siafbettonda  Aaweeendift  mü'rfeh  in  daaPamdlea  elolUi- 
ren  könne 

Dem  Krenz  Jesu  worde  nach  rffmisoher  Sitte  eine 
inty^affT  (Marc«  Lno.) ,  ein  thXog  (Joh«)^  angeheftet^  der 

cthlop  aitS  (Maltik  Hare«)  eitllifei^  welehe  naei  aimmt» 
liehen  Evangeliaten  dnrah  die  Worte:  o  ßaailevg  tcjy  ^la- 

96)  Confetf io  Jadsd  iegrod ,  bei  y^mrän ,  p.  820 :  —  da  por« 
tioamt  meam  in  barfa  £deait|  et  meaiento  mei  in  tecuio  fti- 
turo ,  i|ttod  abfaaadititm  ml  jattit.  Andere  Steilea  bei 
ebeadoMt.»  flft« 

i7>  Oatabalb  I.  JOS,  bei  Wafttata^  p.  819:?  Qna  die  fUbbi  mo- 
rttwmi  erat,  teall  da  aa^la«  ditilquet  cfoi  pfaetent 
adaril  mariaatl  lUbbi,  ille  intrabit  in  paradUum. 

28)     WcTtTEiM  z.  d.  St.  des  Matthäu». ' 


Digitized  by  Google 


I  • 

,  1 

I 

9faitw  hesdchnet  war.  LiiIia«  «nd  Jofumim  mlilen^  Aifr 
fliese  Avffefcrift  In  drei  fipreehen  c«  leteii  gewesen  iel, 

lind  Hei*  Jexfere  gtebt  noch  die  NotiE|  dAfs  die  jtiditfchen 
Obern  den  Sporr ,  der  in  dieser  Fassung  der  IJberschrill 
gegen  ihre  Setion  ieg,  wehl  gefttlilt|  und  defshelb  des 
Pilahis,  Jedoeh  vergeblich  |  noi  Äi»inderang  derselben  ge* 
beleii  haben  (V.  11  f.). 

Von  den  Soldaten,  welche  Jesum  gekreiixigt  hatten^ 
deren  Zaiü  «lohannes  anf  vier  anglebt,  bc«*iebten  die  fivaii- 
gellsten  einstlninig ,  dafs  sie  die  Kleider  Jesv  mit  Anwen» 
dung  des  Looses  nnfer  sich   vertheilt  haben.    Nacli  dem 
römischen  Gesez  dt  bonU  damnatorum  ^  )  fielen  die  Klei« 
dungtstaoiie  der  Hingerichteten  als  Mpölia  den  Vollstreckem 
des  Urtbeils  bu  ^  and  Insofern  bat  Jene  Angabe  der!  £raa- 
gelisten  einen  historischen  Anhaltspunkt.    Doch,  wie  die' 
meisten  Züge  dieser  iezten  Scene  im  Leben  Jesu,  hat  sie 
ancb  einen  prophetischen,   üei  JHatthän«  swar  ist  die  An» 
fdhrung  der  Stelle  Ps.  22,  IV.  ohne  Zweifel  eingeschoben, 
sicher  ficht  dagegen  dasselbe  Citat  bei  Johannes  (19,  24. ): 
üa     yQii^^  nhjQwO-fi  fj  kiyaaa  (wörtlich  nach  der  LXXj* 
dufSBQlaano      iftami  fin  iavuHgj  xoi  igü  %w  ifimoftov 
fi»  hßcAw  nJJj^w»  Aach  hier  hat  nach  der  Versichemng 
der  orthodoxen  Ausleger  der  Verfasser  des  Psalms,  David, 
nach  einer  höheren  Leitungi  im  Zustand  der  Begeisterung 
aolche  büdilehe  Aaadrttcke  gewAhlt|  welche  bei  Chr^to  in 
eigentlichen  Sinne  sugetroffen  aind         VielBehr  aber 
gab  David,  oder  wer  sonst  der  Urheber  des  Psalms  ist, 
als  ein  Mann  von  dichterischem  Geist  jene  Ausdrücke  nur 
bildlich,  im  Sinne  von  gännücheni  Unlerliefen;  aber  die 
kleinlichte,  proaalaehe  Anslegnngsweise  der  apiteren  Ju* 


29)  Angeführt  bei  IVamsui ,  p.  536 ,  womit  Übrigens  die  Text- 
berichtigung von  Pirovs,  es*  Hsndb.  3,  b,  S.  761  >  au  ver- 
gleichen ist. 

30)  Tholuck,  S.  341. 


Digitized  by  Google 


:ft4ä  Dritter  Abscliiiitt. 

»ikn^  waloiie  die  EFangeÜsteo  ohne  ihre  Schuld  thetiten, 
.  luid  'VOtt  weleher  alelt  die  ortiiedoxeii  Theologien ,  «ber 
4iordl  eigne  Schuld  ^  nneh  16  Jahrhonderten  noch  Joinier 
nicht  fi*e4  gemacht  haben,  glaubte  jene  Worte  eigentlich 
nehneui  und  in  diesem  Sinn  eis  am  Messias  erfüllt  nach- 
wehien  so  mOssen«  —  Ob  non  die  Evangelisten  die  Klei- 
derverioosong  mehr  aus  historischen  Nachrichten,  die  Ih- 
nen zu  (lebute  standen,  oder  ans  der  prophetischen  Stelle, 
weielie  sie  verschiedentlich  auslegten  ^  geschöpft  haben ^ 
moCi  aus  der  Vergleichnng  ihrer  Berichte  sieh  ergeben« 
Diese  weiehen  darin  von  einander  ab  j  dafii ,  während  den 
Synoptikern  zufolge  sämmtliche  Kleider  durch  das  Loos 
vertheiit  wurden,  was  schon  aus  dem  dufiiQiaavro  %a 
wtu  aiTU,  ßulXomg  n)S^Q09  bei  Matthäus  (V.  35.)  und  der 
ihniiehen  Wendung  des  Lukas  ( V«  34.)}  entschieden- 
sten aber  aus  dem  Zusaz  des  Markus:  tig  il  /7m;  (V.  24.)9 
erhelle :  bei  Johannes  die  Übrigen  Stücke  ohne  Loos  ver- 
theilt, und  nur  nm  das  Unterkleid  geloost  wird  (V.  23  f.). 
Diese  Abweichung  wird  gewtfhnlleh  viel  so  leicht  genom- 
men, und  stillschweigend  so  behandelt,  als  ob  die  Dar- 
stellung der  Synoptiker  cur  Johanneischen  sich  nur  wie  die 
unbestimmtere  cor  bestimmteren  verhielte.  KmsdL  fiber« 
sest  mit  Rücksicht  auf  den  Johannes  das  Matthfiische 
öiiutQi^ovio  ßuklovttg  geradezu  durch:   partim  divide^ 
boiU^  partim  in  sortem  conjioiebant^  allein  so  i&£it  sich 
nicht  theilen,  sondern  das  iiefiegt^oim  giebt  an»  was,  das 
ßikkoineg  xA.,  wie  sie  es  gethan  haben :  ohnehin  über  das 
%lg  %i  f/()f]  schweigt  Kuinöl  still,  well  hierin  unverkennbar 
liegt,  dafs  sie  um  mehrere  Stüdko  geloost  haben,  während 
sich  nach  Johannes  das  Loos  nnr  auf  filn  Kleidnngsstttek 
lieBOg.   Fragt  es  sich  nun,  welche. von  beiden  widerspre- 
'  chenden  Angaben  die  richtige  sei^  so  wird  auf  dem  jetzi- 
gen Standpunkt  der  vergleichenden  £vangelienkritik  die 
Antwort  ohne  Zweifel  so  lauten,  dais  der  Angenueuge  Jo- 
hannes das  Richtige  gebci  den  Synoptikern  aber  sei  nur 


Digitized  by  Google 


DrkleA  Kapitel.    $.1:^.  M 

ilfts  rnbestimmfo  «a  Ohren  ^'ekomnien ,  Hnfg  bei  der  Veiv 
tlMfiiuiig  fier  Kleider  Jesu  die  Soldaten  ilns  Leos  in  An* 
ifrendong  gcbmchr  haben,  und  dieis  haben  aieaiit  Unkenttl» 
Mir«  der  nüheren  VerhSlfnisae  so  verstanden,  als  ob  Über 
siinimtliohe  KIpifiun^sstü(  ke  Jesu  das  Loos  "feworfen  wor- 
flen  wäre.    Aliein,  wenn  schon  der  Uiusfnnd,  daCs  gerR<le 
Johannes  allein  es  ist,  dei*  die  Psaimstelle  attsdrficklich 
aiifülirt,  eine  vorsOgllche  BerOoksichtigung  derselben  von 
seiner  Suitu  beweist,  so  ist  ülierlinnpt  diese  Abweichung 
der  Evangelisten  eine  solche,  weiche  einer  verschiedenen 
Anslegnng  Jener  Stelle  aufs  Genaueste  entspricht  Wenn 
der  Psalm  von  einem  Vertheilen  der  Kleider  und  Verloo- 
sen  des  GewRiifies  redet,  so  ist  im  Sinne  des  hebWiischen  ^ 
Parailelisuius  dns  /.weite  nur  niihere  Bestimmung  des  er* 
atoH)  und  in  riehtigem  Verständnifs  hievon  setsen  die  Syn* 
o|itiker  das  eine  der  beiden  Verba  In's  Partieipiom.  Wer 
aber  entweder  diese  Eigenheit  des  hebrfiischen  Sprachige- 
brauehs  nicht  berücksichtigte,  oder  ein  Interesse  hatte,  Je« 
den  einnelnen  Zug  der  Weissagung  als  besonders  erlüill- 
ten  herausBubeben ,  der  konnte  jene  näher  bestimmende 
copula  als  hinzufügend  fassen,  und  so  in  dem  Verloosen 
einen  von  dem  Vertheilen  verschiedenen  Akt  finden.  Dann 
■lalatn  aneli  der  litotufiios  (Q^S)»  weleher  orspranglich 
ein  synonymum  von  ifidriu  iwy^)  war,  ein  von  diebcii 

versehiefienes  Kleidungsstück  werden ,  dessen  nähere  ße- 
•timmung,  well  sie  im  Wort  auf  keine  Weise  lag ,  dem 

Belieben  überlassen  blieb.  Der  vierte  Evangelist  bestimmte 
es  als  yizufVf  und  vi^eil  er  seinen  Lesern  auch  einen  Grund 
schuldig  SU  sein  glaubte,  warum  auf  dieses  Stttck  ein  von. 
der  Verthelln ng  der  dbrlgen  so  verschiedenes  Verfahren 
angewendet  worden  sei,  brachte  er  heraus,  der  Grund, 
warum  man  das  Unterkleid  lieber  verloosen  als  zertheilen 
wollte )  werde  wohl  gewesen  sein,  dafs  es  keine  das  Zer- 
trennen begünstigenden  Nähte  gehabt  (a(){>ayo$)>  ans  Einem 


Digitized  by  Google 


M4 


Dritter  AbsohnitC 


;5tilck  gewoben  (i(f  avt6g      olis)  gewesen  eei  ' « )• 
ben  wir  »Isu  bei  dem  vierten  Evangelisten  gane  daaselli« 
Verfahreiii  wie  wir  et  in  der  tteaebiohte  des  Einsuga  n«f 
Seiten  des  ersten  gefanden  haben  s  beidenaie  die  Verdopp- 
inng  eines  ursprünglich  einfachen  Zugs  aua  falscher  Faa« 
sang  der  copula  im  hebräischen  Parailelismus ;  nur  ist  der 
erste  Evangelist  an  Jener  Steile  darin  noch  weniger  wÜÜLfihr- 
lieh,  als  hier  der  Tlerte,  daCs  er  ons  wenigstens  mit  der  Anf* 
spürung  des  Grundes  verschont,  warum  damals  für  £inen  Rei- 
ter Kwei  Esel  haben  rccjuirirt  werden  müssen.  Je  mehr  sich 
anf  diese  Weise  die  Darstellnng  des  beseichneten  PnnkU 
|>ei  den  Krangelisten 'abhängig  zeigt  von  der  Art,  wie  Je* 
der  Jene  vermeintlich  prophetische  Psalmstelle  verstand:  de- 
sto weniger  scheint  eine  sichere  historische  Kunde  an  ih- 
rer Darstellung  Theil  gehabt  au  haben,  und  wir  wissen 
dennaeh  nicht,  ob  bei  der  Vertheilnng  der  Kleider  Jesa 
«ins  Leos  angewendet,  ja  ob  überhaupt  unter  dem  Krense 
Jesu  eine  Kleidertheilung  vorgenommen   worden  ist;  so 
smvcrsiehtlieb  sieb  Justin  gerade  auch  für  diesen  Zug  auf 
die  Akten  des  Pilatns  bern^  welche  er  nie  gesehen  hatte'  ^> 
Von  dem  Benehmen  der  bei'm  Kreuae  Jesu  anwesen- 
den Juden  meldet  uns  Johannes  nichts  j   Lukas  iäfst  das 
Volk  anschaaend  dastehen ,  nnd  nar  die  aff%ontg  nnd  die 
Soldaten  Jesom  dnrch  die  Anffordemng,  sich  su  retten, 
wenn  er  der  Messias  sei,  wozu  von  Seiten  der  leateren 
noch  das  Anbieten  des  Essigs  kommt,  verhöhnen  (V.  35  ff.)  \ 
Matthäus  and  Markus  haben  von  einem  Spott  der  Solda- 
ten hier  nichts,  dafür  aber  lassen  sie  ausser  den  oQX'^  Q^'^St 
yi^fificciüi;  und  nQtoßvit()Oi  noch  die  nctqaTiOiitvo^itvoi  La- 


31)  Die  Ausleger  merken  biesv  an ,  dast-aocb  das  Kleid  des  }il- 

diichen  Hohenpriesters  von  dieser  BeschafTenheit  war.  Jo- 
seph, antiq.  3,  7,  4.  —  Die  richtige  Ansicht  von  obiger  Dille- 
rens  ist  bereits  in  den  Frohabiiien  aufgestelifc,  p.  8Uf* 

32}  ApeL  I,  35. 


Digitized  by  Googl 


Drittes  Kapitel.       128.  545 

sterangen  gegen  Jesnm  ausstofsen  (V.  39  ff.  29  ff.).  Die 
AoMerangen  dieser  Leute  besiehen  «ich  theile  auf  frahere 
Reden  ond  Thaten  Jesu ,  wie  der  Spott :  o  xcna).v(ov  tov 
vaov  xai  iv  tqioIv  ?]fiiQaig  oixoi^o/iion',  oiZauv  oaamüv  (Matth. 
Mark.)  auf  die  gleichlautende  llede,  die  man  Jeso  eu- 
schrieb,  der  Vorwurf  aber:  älX&g  i'awaev,  iainov  ä  Svvccrat 
awaat  eder  üfoaarta  ictvrov  (bei  allen  dreien)  auf  seine  Ilci- 
langen  sich  bezieht.    Theils  aber  ist  das  Benehmen  der 
Juden  gegen  den  Gekreuzigten  nach  demselben  Psalm  ge- 
seichnet,  von  welchem  Tertuülan  mit  Aecht  sagt,  dafs  er 
totam  Christi  passionem  in  sich  enthalte  ^3).    Wenn  wir 
nSmlich  bei  Matthäus  und  Markus  lesen:   oi  di  rnxQa^ 
noQevofievot  ißkaa^^fisv  (Lukas  von  den  aQxoneg:  ©f«- 
iivmjQi^ov)  avvoVf  xivöptbq  %äg  xBq>aXag  ovraiv  xal  liyov^ 
Tesr  so  ist  diefs  doch  gewifs  nichts  Anderes,  als  was  Ps. 
2«,  8.  (LXX.)  steht:  ndvzeg  oi  {^ewQÜnlg  f4€  t^finxrrQi^ 
adv  fify  ildh;auv  iv  ydUotv,  Mv^aav  x€(paXi-v,  und  hierauf 
bei  Matthüus  die  den  Synedristen  geliehenen  Worte :  ni^ 
noi&Bv  inl  rot»  ^eov,  nvaaa^  vvv  avrov,  et  &elu  avn)v, 
sind  ganz  dieselben  mit  den  Worten  des  folgenden  Verses 
in  jenem  Psalm:  ^Imoev  tm  Kvqiw^  ^vcia^ia  «woV  0ai- 
aazia  amw^  ovi  &ilei  tdzov.   Kann  nun  «war  jenes  Sjiot- 
ten  und  Kopfschfitteln  der  Feinde  Jesu,  unerachtet  die 
Zeichnung  desselben  nach  einer  A.  T. liehen  Stelle  abge- 
schattet ist,  dennoch  gar  wohl  wirklich  so  vor  sich  gegan^' 
gen  sein :  so  verhült  es  sich  dagegen  mit  dieser  den  Sp5c. 
tem  geliehenen  Rede  anders.   Worte,  die,  wie  die  ange-  = 
gebenen,  im  A.  T.  den  Feinden  des  Frommen  in  den  Mund  j 
gelegt  sind,  konnten  die  Synedristen  nicht  adoptiren,  oh-  ' 
ne  damit  sich  selbst  als  GoUlose  hinEustelien ,  wovor  sie 
sich  wohl  gehütet  haben  werden.  79ur  die  christliche  Sage, 
wenn  sie  einmal  den  Psalm  auf  das  Leiden  Jesu,  und  na- 
mentlich auf  seine  iezten  Stunden,  anwandte,  konnte  auch 

33)  Adv.  Marcion.  a.  i.  0. 

IJas  LebM  J§su  iL  Band.  SS 


Digitized  by  Google 


i 

545  Dritter  Abaehnitc 


diese  Worte  den  jüdi^^chen  Obern  in  den  Mund  legen^  and 
darin  die  KrfUllung  einer  Weissagung  finden. 

Haft  ven  den  Zwölfen  einer  bei  der  Krensigung  Jeta 
eugegen  gewesen  wllre,  daven  melden  die  swel  vorderen 
Evangelisten  nichts ;  sie  erwfihnen  bloft  mehrerer  galilfflschen 
Frauen ,  von  weichen  sie  drei  namhaft  machen  y  nfimlicii 
Maria  Magdalena,  Maria,  die  Matter  des  kleinen  Jako- 
bat  and  des  Joses,  nnd  Matthins  die  Matter  der  Zeiie- 
daiden,  nach  der  gewöhnlichen  Ansicht  dieselbe,  welche 
Markus  Salome  neni>t  CAl^tth.  V.  55  f.  Marc.  V.  40f. ): 
die  Zwölfe  sehelnen  sieh  nach  ihnen  von  ihrer  Flucht  bei 
Jesu  GefangennehmuBg  noch  nicht  wieder  gesammelt  ge- 
habt eu  haben  '^j.  Bei  Lukas  dagegen  sind  unter  den 
ndvteg  oi  yvotgol  ai  iuy  welche  er  der  Kreuzigung  zaselien 
i«(st  (V.  49.)  I  wohl  anch  die  Zwölfe  mitsabegreifen :  das 
vierte  Evangelinm  aber  nennt  von  den  Jflngem  ansdrilck- 
iich  denjenigen ,  ov  iyccTia  6  V. ,  d.  h.  den  Johannes ,  als 
anwesend,  und  unter  den  Franen,  neben  Maria  Magdalena 
und  der  von  Klopas  benannten,  statt 'der  Matter  der  Ze- 
bedaiden  lUe  eigene  Mutter  Jesu.  Dnd  «war,  wXhrend 
nach  allen  übrigen  Berichten  die  Bekannten  Jesu  ftax()(ll^ev 
stehen,  rnüfsten  dem  vierten  Evangelium  zufolge  Johannes 
md  die  Mutter  Jesu  in  der  nächsten  Mähe  des  Kreaset 
gestanden  haben,  da  nach  dessen  Bericht  Jesus  vom  Krem 
herunter  den  Johannes  zum  Stellvertreter  in  dem  kindliciien 
VerhKltnifs  au  seiner  Mutter  beruft  (V.  25  ff.).  W^enn  ülsm  ao- 
SSM  den  Widerspruch ,  welcher  »wischen  der  synoptiftclien 
Angebe  nnd  der  johanneischen  Voraussetsung  von  der  Siel- 
lung  der  Bekannten  Jesu  su  seinem  Kreuze  stattfinilvt , 
durch  die  Vermuthung  zu  heben  meint,  dafs  dieselben  An- 
fangs swar  ferne  gestanden,  späterhin  aber  einige  nahe 
mm  des  Krens  limngeCreten  seien :  so  ist  hiegegen  bu  be- 


S4)  Justin,  Apol.  I,  50.  und  sonst ,  spricht  gar  von  Abfall  and 
Vcfflcimattag  aller  Jliager  nacä  der  Hreurigimg  Jesu. 


Digitized  by  Gooql 


Drittes  Kapitel.    $.  12S 


547 


merken,  dafs  die  Synoptiker  gerade  am  Schlufs  der  Kreu- 
ts- und  Todesscene,  unmittelbar  vor  der  Kreueabnahinei 
Jener  Steilnng  der  Angehörigen  Jeso  gedenken  >  also  vor- 
aaflsetsen ,  dais  «ie  dieselbe  bis  som  Ende  der  Scene  ein- 
genommen haben,  was  wir  der  furchtsamen  Stimmung  der 
Jünger  in  jenen  Tagen ^  und  namentlich  der  ; weiblichen 
Behachtemheit ,  gans  angemessen  finden  müssen.  Könnte 
nan  awar  von  der  mtttterlichen  Zärtlichkeit  Tielielcht  den 
Heroismus  eines  näheren  Hinzutretens  erwarten :  so  macht 
dagegen  das  völlige  Schweigen  der  Synoptiker,  als  der  In* 
terpreten  der  gewöhnlichen  evangelischen  Tradition,  die 
historische  Realität  Jenes  Zuges  zweifelhaft.   Die  Synopti- 
ker können  weder  von  der  Anwesenheit  der  Mutter  Jesu 
bei*m  Kreuz  etwas  gewufst  haben :  sonst  würden  sie  vor 
allen  andern  Frauen  sie  als  die  Hauptperson  iiamhaft  ma- 
chen; noch  scheint  von  einem  engeren  Yerhältnirs  dersel* 
ben  zn  Johannes  etwas  bekannt  gewesen  «u  sein  :  wenig- 
stens läfst  die  Apostelgeschichte  (Ij  13  f.)  die  Mutter  Jesu 
mit  den  Zwölfen  fiberhanpt,  seinen  Brüdern  und  den 
Frauen  sosammensein.  Wie  aber  die  Kunde  von  jener  röh- 
renden Gegenwart  und  diesem  merkwürdigen  Veriiältnifs 
verloren  gehen  konnte,  begreift  sich  wenigstens  nicht  so 
leicht)  als  wie  sie  in  dem  Kreise,  ans  welchem  das  vierte 
ifevangelium  hervorgegangen  ist,  hat  entstehen  -  können. 
Müssen  wir  uns  nach  früher  erwogenen  Sjiuren  diesen 
Kreis  als  einen  solchen  denken^  in  welchem  der  Apostel 
Johannes  besondere  Verehrung^genofS)  wefswegen  ihn  denn 
unser  Evangelium  aus  der  Dreieahl  der  genaueren  Ver- 
trauten Jesu  heraushebt,  und  allein  zum  Lieblingsjüiiger 
macht:   so  konnte  «ir  ßesiegeiung  dieses  Verhältnisses 
nichts  Schlagenderes  gefunden  werden,  als  die  Angabe,  dafs 
Jesus  die  theuerste  Hinterlassenschaft,  seine  Mutter  (in 
Beziehung  auf  welche,  wie  auf  den  angeblichen  Lieblings- 
jttnger,  ohnehin  die  Frage  nahe  lag,  ob  sie  denn  in  dieser 
lasten  Noth  von  der  Seite  Jesu  gewichen  seien?;,  dem  Jo- 

3»  ♦ 


Digitized  by 


I 


MS  Dritter  Abschnitt. 

hanncs  gleichsam  lp/.(%viliig  ßbergcben,  diesen  somit  an  aoU 
ne  Stelle  gesest,  ihn  zum  vivariu.%  Christi  gemacht  habe* 
ist  die  Anrede  JeM  an  die  Motler  nnd  den  Jfinger 
dem  Tierten  ETangeliom  eigenthfimlich  r  io  findet  steh  um- 
gekehrt der  Ausruf:  j^U,  i^jj^  ?Mftd  ou^)uyßaYi ;  nur  in  den 
swei  ersten  Evangelien  (Matth.  V.  46.  Mure.  V.  34.>  Die» 
ter  Animf  und  der  innere  Zastand,  ana  welchem  er  her» 
vorgegangen,  wird,  wie  der  Seefenlianipf  in  Gethse- 
mane, von  der  kirolilichen  Ansiclit  als  ein  Theil  des  stell- 
vertretenden Leidens  Jesu  gefaiat.  Da  man  aich  jedoci 
nneh  hier  daa  Anffallende  nicht  verbergen  lionnte,  weichet 
darin  liegt,  dafa  das  blofa  Xasserliche,  iiSrperllche  Leidr  . 
Jesum  bis  zum  Gefühl  der  Gottverlassenheit  nieder^edriickt 
haben  aollte ,  vrährend  es  vor  und  nach  ihm  solche  gege- 
ben hat,  welche  unter  ebenso  grofsen  Martern  doch  die 
Passang  und  StSrke  des  Geistes  beibehalten  haben:  so  hat 
die  kirchliche  Ansicht  auch  hier  zu  dem  körperiicficn  Lei- 
den als  den  eigentlichen  Grund  jener  Stimmung  Jesu  ein 
ZnrfielLweiehen  Gottes  von  seinem  Innern ,  eine  £mpfin* 
dang  des-  göttlichen  Zorns,  hinaugefiUgt,  was  an  der  Stelle 
der  Menschen,  die  es  eigentlich  als  Strafe  verdient  hätten, 
über  ihn  verhängt  worden  sei  ^  Wie  aber  bei  den  kii  ch- 
liehen  Voraussetsungen  Aber  die  Person  Christi  ein  ZurOcii* 
welchen  Gottes  von  seinem  Innern  gedacht  werden  kann, 
mögen  die  Vertheidiger  dieser  Ansicht  selbst  zusehen.  Soll 
es  die  menschliche  Mator  in  ihm  gewesen  sein,  die  sich  so 
verlassen  fahlce :  so  wire  ihre  £inheit  mit  der  göttlichen 
nnterbrochen,  also  die  Grundlage  der  Persönlichkeit  Chri* 
sti  nach  jenem  System  aufgehoben  gewesen  5  oder  die  g^itt- 
iicbe:  so  hfitte  sich  die  sweite  Person  in  der  Gottheit  von 
der  ersten  losgerissen ;  der  aus  beiden  Naturen  bestehen« 
de  Gottraensch  aber  kann  es  ebensowenig  gewesen  sein^ 


35)  a.  CAiiViify  Gonmu  io  barm.  erv.  lu  Matth.  27  9  46.  Oumau* 
am  X.  d.  St. 


Digitized  by  Google 


I 


Dritte«»  Kn|iitei.    ^  128.  549. 

was  sich  gottverlassen  fühlte,  da  dieser  ja  eben  die  Ein- 
belt  ond  Unzertrenntheit  des  Götüichen  mid  JUenachiicheii 
Ist.  80  durch'  den  Widersprach  dieser  sopranafaralitfti- 
scheti  Erkiürung  su  der  natffriichen  Ableitung  jenes  Aus- 
rufs aus  dem  GefUhl  des  äusseren  Leidens  zurückgewor- 
fen,  und  doch  von  der  Annahme,  dafs  durch  diese«  Jesus 
so  tief  sollte  gebeugt  gewesen  sein,  abgestossen,  hal  man  . 
dem  Ausruf  einen  milderen  Sinn  unterzulegen  versucht. 
Da  es  die  AnfangsvvorCe  des  für  diesen  lezten  Abschnitt  im 
Leben  Jesu  classischen  Ps.  22.  sind,  dieser  Psalm  aber  mit 
klagender  Schilderung  tiefsten  Leidens  ewar  beginnt,  doch 
im  Verlauf  zu  froher  HofTnnng  der  Rettun«^  sich  nufseliwingf : 
so  hat  man  angenommen,  die  Worte,  nelche  Jesus  unmit* 
teibar  ausspricht,  geben  nicht  seine  ganse  Empfindung, 
sondern,  indem  er  den  ei^sten  Vers  ausspreche,  citii^  er  . 
damit  den  ganzen  Psalm,  namentlich  auch  seinen  freudi- 
gen Schlnis,  gleich  als  wollte  er  sagen:  auch  ich  zvrar, 
wie  der  Verfasser  Jenes  Psalms,  scheine  jezt  von  Gott  ver- 
lassen, aber  an  mir,  wie  an  ihm,  wird  sich  nur  um  so 
luclir  die  Hülfe  Gottes  verherrlichen'*).  Allein,  fthat  Je- 
sus jenen  Ausruf  in  Bezug  auf  die  Umstehenden,  um  sie 
der  baldigen  Wendung  seines  Schicksals  so  Versichern: 
80  hätte  er  es  auf  die  sweckwidrigste  Welse  angegriffen, 
wenn  er  gerade  diejenigen  Worte  des  Psalms  ausgespro- 
chen hätte,  welche  vom  tiefsten  Elend  handeln,  und  er 
hfitte  statt  des  ersten  Verses  eher  einen  der  Verse  vom 
loten  bis  12ten,  oder  vom  20ten  bis  sum  Ende  anfuhren 
müssen;  wollte  er  aber  durch  jenen  Ruf  nur  seiner  eignen 
Empfindung  Luft  machen  :  so  würde  er  nicht  diesen  Vers 
gewlihlt  haben,  wenn  nicht  eben  das  In  diesem,  sondern 
das  In  den  folgenden  ausgesprochene  Gefühl  sein  eigenes 
in  diesem  Augenblick  gewesen  wäre.    War  es  aber  sein 


S6)  80  Timm,  Gam  a,  d.  St.  8chliissmi«msm,  GUubenAehre, 
2,  S.  154.  Anm. 


Digitized  by  Google 


DriiCer  Absehnitl. 


eil^onety  ond,  nach  BeMiligang  lllMniatlirUelMr  Erkllrungs- 

gründe,  aas  seiner  damaligen  lassern  Calamiffit  henrorge- 
gangen:  so  konnte  derjenige,  v^elcher,  wie  die  £vange> 
lien  Ton  Jesa  berichten^  das  Leiden  rnid  Sterben  Unget  in 
seinen  Mewietbegriff  no^enomnen,  micliiB  als  gdttliebe 
Führung  begriffen  hatte ,  das  nunmehr  wirklich  eingetre- 
tene schwerlich  als  eine  Gottrerlassenheit  beklagen,  son- 
dern der  Gedaniie  wOrde  sehr  nahe  liegen,  Jesns  bal>e  sieb 
in  früher  gehegten  Erwartungen  diireb  die  nngldcIdkAe 
Wendung  seines  Schicksals  getäuscht  gefunden,  und  so  in 
Durchführung  seines  Plans  von  Gott  verlassen  geglaubt  ^^)« 
Ooeb  anf  soiebe  Vermntbnngen  liltteo  wir  dann  erst  ms 
elnsnlassen ,  wenn  Jener  Aasmf  Jeso  bistorlseb  sieber  lie- 
^'flndet  wäre.    In  dieser  Hinsicht  würde  uns  ewar  das 
Stillschweigen  des  Lukas  und  Johannes  nicht  so  sehr  an- 
feebten,  dafs  wir  au  £rkl£mngen  desselben  «nsre  Zoflncbt 
nlboieny  wie  die:  Johannes  habe  den  Aasmf  verscbwie» 
gen,  um  nicht  der  gnostischen  Ansicht  Vorschub  sn  thnn, 
als  hfitte  der  leidensunfähige  Äon  Jesum  damals  schon  ver- 
lassen gehabt  ^    ;  wohl  aber  naebt  das  Verbältnifs  der 
Worte  JesQ  soni  2Sten  Psalm  diesen  Zog  verdiehtig.  War 
nfimlich  der  Messias  einmal  als  leidender  aufgefafst ,  und 
wurde  jener  Psalm  gleichsam  als  ein  Programm  seines  Lei* 
dens  benast,  woso  es  keineswegs  des  Anlasses  bedurftei 
dafs  «lestts  am  Krens  eine  Stelle  desselben  wirklieh  ange- 
führt hatte?  so  mufsten  die  Anfangsworte  des  Psalms,  wel- 
che das  Gefühl  des  tiefsten  Leidens  aussprechen,  sich  ganz 
besonders  eignen,  dem  s^ekrensigten  Messias  in  den  Mund 
gelegt  Btt  werden.  In  diesen  Fall  könnte  dann  aneb  die 
anf  Jenen  Aosrof  Jesu  sich  hesiehende  Spottrede  der 


37)  So  der  Wolfenbttltler ,  vom  Zweck  Jesn  und  seiner  Jttnger, 
H.  I5S. 

58)  Sonwa^icsKBüaoBR,  Beiträge,  S.  06  f. 

59)  Nach  Olimavssh,  S,  435  j  ist  «iu  «olcher  Sinn  der  Bede  mit 


Digitized  by  Google 


Drillet»  Kaiiitel.    I».  128.  6Ö1 

Umstehenden!  Sri  *HXlav  ipoml  ozog  u.  s.  w. ,  nnr  so  ent- 
standen fein)  dafii  dem  Wunseh,  für  diese  Seene  dem 
Psalm  gemlls  versehiedene  Spotlreden  sn  bekoninien  ^  der 
Gleiebklang  des  i^iU  in  dem  Jesu  geliehenen  Ausruf  mit 
dem  auf  den  Messias  besogeneu  £Üas  entgegengeliommen 

m 

Uber  den  lenten  Lnat,  welehor  von  dem  sterbenden 
Jesus  Temommen  wurde^  dllferiren  die  Evangelisten.  Naeli 

den  beiden  ersten  war  es  blofs  eine  (fintTj  fifydXrjt  mit 
weicher  er  verschied  (V*  50.370)  nach  LuIlss  das  Gebet: 
nate^  elg  oh  naQad^aonai  %6  smvfui  fiu  (V*  46.) ; 

iiaeh  Johannes  das  knrae  tiziXBcuij  worauf  er  das  Raupt 
neigte  und  verschied  (V.  30.)*  Hier  lassen  sich  die  zwei 
ersten  Evangelisten  mit  je  einem  oder  dem  andern  der  fol- 
genden dureh  die  Annahme  vereinigen:  was  Jene  unbe- 
stimmt als  lauten  Selurei  beaeiehnen,  und  was  man  naeh 
ihrer  Darstellung  für  einen  anartikalirten  Schmersenslaut 
halten  iLönnte^  davon  geben  diese  nliher  die  Worte  an* 
Schwerer  hingegen  HKllt  die  Vereinigung  der  swrt  lasten 
Evangelien  miteinander.  Denn  soll  nun  Jesus  uuerst  sei- 
ne Seele  (jott  befohlen,  und  hierauf  noch :  es  ist  vollbracht! 
gerufen  haben,  oder  umgekehrt:  so  ist  beides  gleichsehr 
ß/bguk  die  Absicht  der  EvangeÜsteiiy  da  des  Lukas  ttni  vao- 

ketncr  Sylbe  angedenlety  vielmsbr  soll  schon  jest  sich  ein 
lieimlicber  Scbander  Uber  die  Gemittber  ausgebreitet^  ond 
die  Setter  bei  dem  Gedanken  gebebt  haben ,  Elias  mtfchte 

im  Wetter  ertcbeinen.  Allein  wenn  sofort  unter  dem  Vor- 
wand, zuselicn  zu  wollen^  fft/frat  ^HKac,  utSatar  avioVy  ei- 
ner, der  Jesu  zu  trinken  geben  will,  davon  abgemahnt  wird, 
so  ist  doch  hiedurch  jener  Vorwand  deutlich  genug  als  ein 
höhnischer  Jbeaeichnet y  und  gehört  also  der  Schauder  und 
das  Beben  nur  der  unwissenschaftlichen  Stinuanng  des  hibl. 
Commentators  an ,  in  welcher  er  sieb  namentlich  der  Lei- 
densgescbichtei  als  einem  mysterium  tremendum  gegenüber 
befindet  9  ünd  welche  ihn  auch  schon  in  Pilatus  eine  Tiefe 
finden  iicsS|  die  ihm  die  Evtagelistcn  nirgends  gehen. 

\ 


Digitized  by  Google 


Dritter  Absehnitt. 


%a  stmiv  i^B7f¥eva€V9  nicht  mit  Paulus  doreh  „bald  naeh- 
dom  er  dieses  gesprochen ,  verschied  er  wiedergegeben 
werden  kann,  und  Johannes  schon  dem  Worte  nach  einen 
lexten,  abscliliefsenden  Auaruf  geben  will,  welchen  aber 
der  eine  so,*  der  andre  anders  dachte.  Dem  Lukaa  acheint 
die  für  das  Sterben  Jesu  gewöhnliche  Formel :  naQldwxe 
vo  ftv$vfiaf  SU  einer  ausdrücklichen  Übergabe  des  Geistes 
an  Gott  Ton  Seiten  Jesa  geworden  bq  sein,  und  mit  Rfick- 
icht  aaf  die  Stelle  Ps.  31,  6.  (LXX) :  (yvQie^  eig  x^fQ<is 
an  TranaS^tjaofitai  rn  nveviia.  fiH  —  eine  Stelle,  die  sich  we- 
gen der  genauen  Ähnlichkeit  dieses  Psalms  mit  dem  t!2ten 
Jeioht  darbot)  sich  so  Jenem  Rnf  ansgebildet  bu  ha^n« 
Wogegen  der  Verfasser  des  vierten  fivangelinms  mehr  ans 
der  Situation  Jesu  heraus  ihm  einen  Ausruf  geliehen  so 
haben  scheint)  indem  er  ihn  durch  das  Tszikegai  die  Voll- 
•ndmig  aelnec  Werka,  |oder  die  £rfullung  sKmmtlicher 
Weissagungen  (mit  Aasnahme  natfirllch  dessen,  was  sich 
erst  noch  in  der  Auferstehung  volleoden  und  erfüllen  soll- 
te) aussprechen  läfst. 

Doeh  nicht  blofs  diese  lesten,  sondern  aach  schon  die 
froheren  Reden  Jesu  am  KreoE  lassen  sich  nicht  so,  wie 
man  gemeiniglich  {>lanbt,  ineinanderschieben.  IVIan  zählt 
gewöhnlich  sieben  Worte  Jesu  am  Kreuze :  allein  so  viele 
hat  kein  einBebier  £vangelist,  sondern  die  beiden  ersten 
haben  nnr  Eines:  den  Ruf  rjXt,  tcT.Ly  Lukas  hat  drei: 
die  Bitte  für  die  Feinde,  die  Verfieifsung  an  den  Mittle- 
kreuzigten,  und  die  Übergabe  des  Geistes  in  des  Vatera 
Hinde;  Johannes  hat  gleichfalls  drei,  aber  andere:  die 
Anrede  mn  Mutter  und  Jünger,  das  diipio,  und  das  teril^ 
cat.  Hier  liefsen  sich  die  Fürbitte,  die  Verheifsuno^ ,  und 
die  Anempfehlung  der  Mutter  wohl  in  soiciier  Aufcinan» 
derfolge  denken :  aber  das  dty/ti  und  das  i^U  verwickeln 
ilch  bereits,  Indem  nach  beiden  Ansruftingen  das  Gleiche, 
die  TrUnkung*  mit  Ülssisf  durcli  einen  auf  ein  Rohr  «^'esreck- 
Ion  Schwamm^  erfolgt  sein  soll.   Kimmt  mau  lüeau  die 


Digitized  by  Google 


Drillet  K«p.;^leL  $*  12S.  6S» 

Verwicklung  des  miligüti  and  des  naieo  iL:  so  eoli- 
te  man  wohl  einsehen  nnd  sugeatehen,  dsfo  lieiner  der 

JÜvangelisten  bei  den  Worten,  welche  er  Jesn  am  Kreuz 
in  den  Mund  legt,  auf  diejenigen  ^  welche  der  andre  ihm 
leihi ,  gerechnet  j  i^d  von  denselben  etwas  gewufsl  habe ; 
Tielmehr  mahJt  diese  Scene  Jeder  aof  seine  Weise,  je  naeh* 
dem  er  oder  die  ihm  zu  Gebot  stehende  Sage  nach  dieser 
oder  jener  Weissagung  oder  sonstigen  Rttck«ichl  die.  Vor- 
steilong  Ton  derselben  ausgebildet  halte* 

£igenlhttmliehe  Schwierigkeit  macht  hier  noch  Sm 
Stundenzühiung.  Naeh  sfimmtlichen  Synoptikern  fand  ano 
Ixrr^g  ojQctg  tiog  ÜQug  tn'car^g  (nach  unsrer  Rechnung  von 
Mittags  12  bis  Nachmittags  Z  Uhr)  die  ITinsternila  statt; 
nach  Mattlilas  und  Markos  war  es  am  die  lestere  Ston- 
de,  dafs  Jesus  Ober  Gottver lassen heit  klagte  nnd  bald  dar* 
auf  den  Geist  aufgab;  nach  Blarkus  war  es  üqa  tqiijj 
(.Vorm.  9  Uhr)  gewesen,  als  sie  Jesnm  krenaigten  CV.  2d.)- 
Dagegen  bat  nach  Johannes  (19, 14.)  am  die  sechste  Stun- 
de, wo  nach  Markos  Jesns  bereits  drei  Standen  am  Kreu- 
ze hieng,  Pilatus  erst  über  ihn  zu  Gericht  gesessen.  Diefs 
ist,  wenn  nicht,  wie  zu  Uiskias  Zeiten,  der  Sonnenzeiger 
rOckwSrts  gegangen  sein  soll,  ein  Widersprach,  der 
sich  weder  durch  gewaltsame  Änderung  der  Lesart,  noch 
durch  Berufung  auf  das  uau  bei  Jobannes,  oder  auf  die 
Unf&higkeit  der  Jünger,  unter  so  schmerzvollen  Eindrü- 
cken die  Stande  genan  so  beobachten ,  heben  iüÜBl  \  höch- 
stens vielleicht  dadorch,  wenn  sich  beweisen  Üefse,  dafs 
das  vierte  Evangelium  durc  US  von  einer  andern  Stuudeu- 
zählung  als  di^  übrigen  ausgehe  ^°). 


40)  So  Rettxo,  exegetische  Anaickten,  in  Ulluaiih^s  und  Uhbrsit^i 
Studien,  1830,  1.  S.  106  if.  Vgl.  über  die  verschiedteaen  Aos- 
»      gleichungsversuche  ^ücai  s.  d«  St.  des  Joh. 


Digitized  by 


Dritter  Abscliait^ 

t 

Viertes  KapiteL 

Tod  und  Aufeirstehimg  Jesu. 


f.  1S9. 

Die  Nliturerscheiiiiiiigea  bei*Bi  Tode  JeMU 

Der  Tod  Jesu  war  nach  den  «evangelischen  Berichten 
▼on  aiiMerordeiitlieheii  Erscheinungen  b^leitet.  Schon  drei 
.  Standen  vorher  soll  eine  Finetemirt  sieh  yerbreitet,  ond 
bis  zu  seinem  Verscheiden  gedauert  haben  (Matth.  27,  45. 
paraii.);  im  Augenblick  des  Todes  sei  der  Vorhang  ins 
Tempel  von  oben  an  bis  nnten  aas  serrissen,  die  £rde  ha- 
be gebebt,  die  Felsen  sieh  gespalten,  die  Gril»er  sieh  aof* 
gethan,  und  viele  Leiber  helliger  Verstorbenen  seien  aufer- 
standen, in  die  Stadt  gekommen,  und  Vielen  erschienen 
(Matth.  V.  51  fL  paraü.).  in  diese  Naebricbten  theiien 
sieh'fibrigens  die  Kvangelien  sehr  ungleich:  nor  das  erste 
enthält  sie  alle;  das  zweite  und  dritte  blofs  die  Finster- 
nÜs  und  den  zerrissenen  Vorhang;  das  vierte  aber  wei(s 
Ton  allen  diesen  Zeichen  nichts« 

Nehmen  wir  sie  elnieln  nach  der  Reihe  rovj  so  kann 
zuerst  das  oxoiog^  welches,  während  Jesus  am  Kreuze  hieng, 
entstanden  sein  soll,  keine  gewölinliche,  durch  Daawi- 
achenkonlt.des  Mondes  vermittelte  Sonnenlinsternils  gewe» 
ten  sein da  es  Ja  am  Pasehai  also  um  dfo  ^t  des  Voll- 


i)  Dst  Evang.  Nicodemi  liUit  die  Juden  sehr  oaverskändig  be- 
banptea:  hU^yn^  fa^  ffyöp*  »ora  to  tM6p  c.  11,  p.  592 
bei  Tkns. 


Digitized  by  Google 


Viertes  KapileL  f.  120.  m 

inonds ,  war.  Indem  nun  aber  aoch  die  Evangelien  nicl  I 
bestimmt  von  einer  i'xXeixpig  %h  i^Un  aprecheu^  sondern  die 
beiden  ersten  nur  fiberhaopt  yon  oxofOff,  woso  das  dritte 
etwas  genaaer:  x^A  iaxotla&j]  6  i]liog  aest,  was  aber  gleieh- 
falls  von  jeder  Art  der  Verdunkelung  des  Sonnenlichts  ge- 
BHgt  werden  kann:  so  lag  es  nahe,  statt  einer  astronomi- 
■eben  an  eine  atmospbäriscbe  Ursaehe  dieser  Finsterniis 
au  denken,  und  de  Ton  verdunkelnden  Dfimpfen  in  der 
Luft ,  wie  sie  zumal  vor  Erdbeben  herzugehen  pflegen , 
absuleiten  *).  Dafs  solche  Verdankelungen  der  Luft  über 
ganse  Lfinder  sich  auabreiten  kfonen^  ist  richtig;  aber  wenn 
auch  die  0^37  oder  naacr  ^  liber  weiche  sich  diese  Finster- 
nifs  erstreckt  haben  soll,  nicht  mit  Fritzsche  als  der  ganze 
i^rdki*eis  genommen  wird,  so  zeigt  doch  der  Zusammen* 
hang,  in  welche  sie  die  Evangelisten  stellen,  deutlich  genüge 
da(s  sie  sich  etwas  Wunderbares  dachten ;  wobei  dann  aber 
das  Suchen  nach  einem  denkbaren  Grund  und  Zweck  des 

« 

Wunders  in  die  Fraire  nach  seiner  historischen  Realität  sich 
verwandeln  mnfs»  Für  diese  beriefen  sich  die  lürchenvti« 
ter  auf  Zeugnisse  heidnischer  Schriftsteller,  von  welchen 
namentlich  Phlegon  in  seinen  y^ovi-xoTg  Jene  Finsternifs 
angemerkt  haben  sollte^):  allein  wenn  man  die  bei  Euse- 
bius wahrscheinlich  aufbewahrte  Stelle  des  Phlegon  ver- 
gleicht, so  ist  in  dieser  nur  die  Olympiade,  schwerlich  das 
Jahr,  in  keinem  Fall  die  Jahrszeit  und  der  Tag  dieser 
Finsternifs  bestimmt  Neuere  berufen  sich  auf  fihnliche 
Fälle  ans  der  alten  Geschichte,  von  welchen  namentlich 
Wbtstbiii  eine  reiche  Sammlung  angelegt  hat  Er  bringt 
aus  griechischen  und  römischen  Schriftstellern  die  Notizen 
von  den  Sonnenfinsternissen  bei,  welche  bei  der  Wegnah- 


S)  So  PAI11.OS  und  RuniSft,  s.  d.  8t. ;   Hasb,  L.  J.  $•  143« 

3)  Tertull.  Apologet,  c.  21.  Orig.  c.  Cels.  2,  33.  59. 

4}  Euseb.  caa.  cbron.  ad  Ol.  202.  sna.  4.  Vgl.  Faslus,  S.  765  ff. 


Digitized 


556  Dritter  Abschuitt. 

jne  des  Romulns,  beim  .Tode  Cäsars  and  filinÜchen Er- 
eignissen, etattgefunden ;  er  ftthrt  Steilen  «n,  welche  die 
Vorstellong  aossprechen,  dafs  Sonnenfinsternisse  den  Stars 
von  Reichen,  den  Tod  von  Königen  bedeuten ;  endlich  weist 
er  A.  TJicbe  (Jes.  50, 3.  Jo^l  5,  20«  Arnos  9.  vgl.  Jer. 
15,  9«)  und  rabbinische  Stellen  nach,  in  vrelchen  theila  die 
Terfinsternng  des  Tageslichts  als  das  göttliche  Tranerco- 
stüm  beschrieben^},  tbeiis  der  Tod  grofser  Lehrer  mit  dem 
plöalichen  Untergang  der  Sonne  am  Mitta^f  verglichen 
theila  die  Ansicht  vorgetragen  wird,  dafs  bei  dem  Tode 
hoher  hierarchischen  Beamten ,  wenn  ihnen  die  lezte  Eh- 
re nicht  erwiesen  werde,  die  Sonne  sich  zu  verfinstern 
pflege  *)•  Aber  statt  StUtaen  der  GiaubwttrdiglLeilr  der 
evangelischen  Ersählnng  na  sein,  sind  diese  Parallelen  eben- 
so viele  Prämissen  zu  dem  Schlüsse,  dnfs  wir  auch  hier 
nur  eine  aus  verbreiteten  V  orsteliungen  entsprungene  christ- 
liche Sage  haben,  welche  den  tragischen  Tod  des  Messias 
von  der  gansen  Natar  dorch  ihr  solennes  Traoercostfim 
mitfeiern  lassen  wollte 

Das  sweite  Prodigium  ist  das  Zerreissen  des  Tem- 
(lelvorbangs,  ohne  Zweifei  des  inneren,  vor  dem  Allerhei- 
ligsten,  indem  das  diesen  beseichnende  PD'ID  von  der  LXX. 

durch  xataniTaOfia  wiedergegeben  zu  werden  pUcgt.  Auch 
diels  Zerreissen  des  Vorhangs  glaubte  man  als  natürliches 


5)  Scrv.  ad  Virgil.  Georg.  1,465  ff.:  Constat,  occiso  Cacsarc  in 
Scnatu  pridie  Idus  Martiarum,  soUs  fuisse  defcctum  ab  bo- 
ra  scxta  usque  ad  nociem. 

6)  B:rha  R.  5,  28. 

7)  Bechai  Cod.  Ualikema :  Cum  intignis  Rabbinus  fato  con- 
cederet,  dixit  quidam:  iste  dies  gravis  est  Israiüi,  ut  cum 
sol,occidit  ipso  meridie. 

8)  Succa,  f.  29»  1 :  Dixeront  doctores :  quatuor  de  causit  sol 

deficit:  prima,  ob  patrem  domus  judicii  mortuum,  «ui  eae- 
quiac  non  fiunt  ut  dccct  etc. 

9)  8.  i?MZZ«GBSj  Z.  d.  St. 


vierte«  Kapitel.  S*  W 


EreigniA  deoten  sn  kdnnen,  Indem  mmn  es  als  Wlrknng 

der  ErHerschfitterting  Aiiseh.   Allein  von  dieser  ist,  wie 

schon  LiGHTFOOT  richtig  bemerkt,  eher  begreiflich,  wie  sie 
feste  Körper,  dergleichen  die' nachher  erwähnten  7i(('T()a^ 
sind,  «le  wie  tSe  einen  dehnbaren,  freihingenden  Verhäng 
sn  aerrelssen  im  Stunde  war.  Daher  seil  nun  naeh  Paulus 
Annalime  Her  Vorhang  im  Tempel  ausgespannt,  unten  und 
auf  den  Seifen  befestigt  gewesen  sein.  Allein  theils  ist 
diefs  blofse  Vermuthnng,  theils,  wenn  das  Erdbeben  die 
Wsiide  des  Tempels  so  starli  ersehotterte ,  dafs  ein,  ob 
aneh  nusgespnnnf er ,  doch  immer  nocii  dehnbarer  Vorhang  ^ 
xerrifs:  so  wäre  von  solcher  Ü^rscbütteruntr  \^(>hl  eher  et- 
was  am  Gebünde  eingefallen,  wie  nach  dem  Uebräerevan» 
geliom  geschehen  sein  soll'^):  wenn  man  nicht  mit  Kotn«  ^ 
Ol  <lie  weitere  Vermutlning  hinzufügen  will ,  der  Vorhang 
sei Tor  Alter  mürbe,  und  daher  auch  durch  eine  kleine  Kr- 
sehiltCemng  an  aerreissen  gewesen.  Dafs  in  keinem  Fall 
iinsre  Berichterstatter  an  einen  solchen  Causalausammen* 
hang  gedacht  haben,  beweist  de*  zweiten  mul  driften  E\an- 
gelisten  Schweigen  von  dem  ErdstoCs,  und  bei  dem  er- 
sten das,  dafs  er  desselben  erst  nach  dem  Zerreisseii  des 
Vorhangs  gedenkt.  Müssen  wir  demnach  dieses  Ereignifs, 
wenn  es  sich  wirklich  zugetragen  haben  soll,  als  wunder- 
bares festhalten :  so  müfste  der  göttliche  Zweck  bei  desseu 
Hervorbringnng  dieser  •  gewesen  sein,  auf  die  jlldischeu 
Zeitgenossen  einen  starken  Eindruck  von  der  Bedeutsam« 
keit  des  Todes  Jesu  hervorzubringen,  und  den  ersten  Vei»- 
kündigern  des  £vangeliums  etwas  an  die  lland  zu  geben^ 
worauf  sie  sieh  in  ihren  Beweisführungen  stataen  kdnnteii* 
Allein,  wie  aneh  Schlkhimacber  herausgehoben  hat,  nir- 


10)  Hieron.  ad  Hcdib.  ep.  149,  8.  ( vgl.  Comai.  s.  d.  St. ) :  in 
evangelio  autem,  quod  bebraicit  literit  scriptum  etk,  Icgimus« 
non  vcluin  templi  scissiim,  sed  supcrliminarc  icmpli  mirae 
magnitudiois  corruisse« 


Digitized  by  Google 


I 


35S  Dritter  Abschnitt. 

gends  sonst  im  N.  T.  y  weder  in  den  apostolischen  Brie- 
feii|  noch  in  der  A.  G.,  noch  im  Brief  an  die  Uebriieri  nuf 
dessen  Wege  es  fast  nieht  amgangen  werden  lionnte,  ge- 
schieht dieses  Faktnms  eine  £rwfihnang:  sondern  bis  auf 
die.se  trockene  synoptische  ^otiz  ist  jede  Spur  desselben 
'  Terioren,  was  schwerlich  der  Fall  sein  iLönnte,  wenn  et 
wirldich  einen  Sldspuiilit  apostolischer  Beweisfittlirang  ge- 
bildet hStte.    Es  mOfste  also  die  göttliche  Absicht  bei 
Veranstaitung  dieses  Wunders  durchaus  verfehlt  worden 
aeln)  oder,  da  diefs  undenkbar  ist,  so  kann  es  niclit 
um  dieses  Zweeiies  willen,  d«  h.  aber,  da  sieh  ein  andrer 
nicht  denken  iSfst,  gar  nicht  geschehen  sein.    In  anderer 
Weise  kommt  freilich  ein  eigenthümiiches  Verhältnifs  Jesu 
sam  Jüdischen  Tempelvorhang  im  Uebräerbrief  zur  Spra- 
ehe«    Wfthrend  vor  Christo  nur  die  Priester  in  das  Heiii> 
ge,  in  das  Allerheiligtte  aber  nur  der  Hohepriester  £in* 
jnal  des  Jahrs  mit  dem  Sühnungsblute  Zutritt  gehabt  habe, 
sei  Christus  als  ewiger  Uoherpriester  mittelst  seines  eignen 
Blutes  Big  %o  ioiinBqw  %&  Movceiuziafiotogt  in  das  Aller> 
heiligste  des  Himmels,  eingegangen,  womit  er  der  nQoÖQO* 
ftOg  der  Christen  geworden  sei ,  und  auch  ihnen  den  Zu- 
gang dahin  eröffnet,  eine  aiwvtov  kvtQwaiv  gestiftet  habe 
(H,  19  f.  9,  9—12.  19,  19f.>   Diese  Metaphern  findet  aneh 
Paulos  unsrer  Ersfthiung  so  verwandt,  dafs  er  es  möglieh 
findet,  diese  zu  den  Fabeln  zu  rechnen,  welche  nach  dem 
HKNKRschen  Programm  e  ßgurato  genere  dicendi  abzulei- 
ten sind;  wenigstens  sei  die  Sache,  wenn  auch  wirklieh 
vorgefallen,  doch  den  Christen  vorzüglich  Wegen  Jener,  den 
Bildern  des  Hebröerbriefs  verwandten  symbolischen  Be- 
deutsamkeit wichtig  gewesen,  dafs  nämlich  durch  Christi 
Tod  der  Vorhang  des  jfidischen  Cultus  serrissen,  der 
Zutritt  Bu  Gott  ohne  Prieater  durch  nQooxinJv  iv  nvev^ 
ficrrt  Jedem  eröffnet  sei.    Ist  aber,  wie  gezeigt,  die  liiato- 
risehe  Wahrscheinlichkeit  des  fraglichen  Ereignisses  so 
tehwaeh^  dagegen  die  AnlXsaei  aua  welchen  die  t^iraUhlu^g 


Digitized  by  Google 


Viertes  Kupitel.  |.  liU. 


ohne  hUtorkehen  Grand  sich  bilden  iionnte,  so  bedeutend: 

so  ist  es  folgoriehtiger ,  mit  ScHLBiBRMACHBB  den  Vorgang 
als  geschichtliehen  ganz  Aufzugeben,  in  Erwägung,  dais 
y,8obald  man  anAeiig,  das  Verdienst  Christi  unter  den  lok 
Brief  an  die  Hebräer  herrschenden  Bildern  darBosteUea  • 
je  schon  bei  den  ersten,  leisesten  UbergXngen  eo  dieser 
Lehrweise,  bei  der  ersten  Aufnahme  der  Heiden,  die  man 
sum  jüdischen  Cultus  nicht  verpflichtete^  und  «lie  also  auch 
ohne  Antheii  an  den  jüdischen  Stthnongen  blieben ,  solciie 
Darstellungen  in  die  chrisdichen  Hymnen  [und  die  eran- 
gelischen  Erzählungen]  kommen  mulsten  '  ^}." 

Über  das  folgende:  i^  ioBia&rj^  xai  ai  nhqai  iax^t* 
^ufiatfy  liann  nnr  im  Znsammenhang  mit  dem  Vorhergehen« 
«hn  geortheiit  werden.  Ein  Erdbeben,  weiches  Felsen  bot- 
raffst,  ist  als  natürliche  Erscheinung  möglich:  nicht  sel- 
ten aber  kommt  es  auch  als  mythische  AusschmUckuiig^ei« 
nea,  greisen  Todesfalles  vor,  wie  Virgil  bei  Cfisars  Todo 
nicht  allein  die  Sonne  sich  Tcrlinstera,  sondern  anch  von 
ungewohnter  Erschütterung  die  Alpen  erzittern  läfst  '  -)• 
Da  wir  nun  die  vorhergemeldeten  Prodigien  nur  aus  die« 
•em  lesteren  Gesichtspankt  haben  fassen  können,  ond  da 
llberdlefs  gegen  die  historische  Begründung  der  Jost  yorlie« 
genden  Züge  ihr  alleiniges  Vorkommen  bei  Matthäus  spricht: 
so  werden  wir  auch  sie  nur  so  ansehen,  wie  FmiTZSCHB 
sagt:  Mti^iae  obitum  atracibus  ostentUt  quihus^  quantus 
vir  quummaxime  extpiräuetf  orbiterrarum  indhareturf 

illu.strem  es^e  oportebat. 

Das  lezte,  gleiehfalls  dem  ersten  Evangelium  eigen- 
thttmliche  Wttnderseichen  bei'm  Tode  «lesa  ist  die  £i*öff* 
nung  der  Gril»er,  der  Hervorgang  vieler  Todten  ans  den« 

selben,  und  deren  Erscheinung  in  Jerusalem.  Diesen  Vor- 
gang sich  denkbar  au  machen,  füllt  beso^iders  schwer*  An 

^^^^^^^^^^^^^^  / 

11)  Uber  den  Lukas,  S. 

12)  Georg.  1,  46i  iE. 


Digitized  by 


560 


Dritter  Abschnitt 


«i«h  wcban  ist  weder  kler,  wie  es  diesen  «ithebrttisehea 
ayioig^^')  nach  dieser  Anferstehung  ergangen  seinsoU'^) 
noch  auch   ist  über  den  Zweck   einer  so  ausserordentli- 
chen Veranstaltung  etwas  Genügendes  auszumitteln  '^). 
Rsin  in  den  Anferwecl&ten  selbst  scheint  der  ZwscIl  nicht 
gelegen  so  haben ,   da  sich  soiist  kein  Grund  denken  lies* , 
sc  j  warum  sie  alle  eben  im  Momente  des  Todes  Jesn  aufer- 
weckt wurden,  und  nicht  jeder  in  dem  durch  den  Gang  sei- 
ner eigenen  Entwicklung  bedingten  Zeitpunkte.    War  aber 
die  üeberseugung  Anderer  der  Zweck:  so  wfire  dieser 
noch  weniger  erreicht  worden  als  bei  dem   Wunder  des 
xerrissenen  Vorhangs,    da  auf  die  Erscheinung  der  Heili- 
gen nieht  nur  in  den  apostolischen  Briefen  und  ReUen  fede 
Berufung  fehlt,  sondern  auch  unter  den  Evangelisten 
thfius  mit  seiner  Erwiihnung  derselben  allein  steht.  J^itne 
besondere  Schwierigkeit  erwächst  aus  «ier  wunderlielien 
Stellung,  weiche  zwischen  den  scl^einbar  eusammengehöri* 
gen  Momenten  der  Begebenheit,  die  Zeitbestimmung^  ftfra 
tfjv  i'ysQOiv  amQ  einnimmt*  -Oenn  wenn  man  diese  Wurte 
Eum  Vorhergehenden  zieht ,  also  die  verstorbenen  from- 
men im  Augenblick  des  Todes  Jesu  nur  wied^riielebt  wer- 
den, ans  den  Gräbern  aber  erst  nach  seiner  Auferstehung 
gehen  läfst:  sowSre  diefs  eine  Qual  ftlr  Verdammte,  nicht 
ein  Lohn  für  Heilige  gewesen  j  verbindet  mau  dagegen  jene 


13)  Nur  an  solche,  nicht  an  scctatorcs  Christi,  wie  Rui^öl  will, 
ist  zu  denken.  Im  cvang,  Nicodomi,  c.  17,  sind  es  allerdings 
auch  Verehrer  Jesu  ,  welche  bei  dieser  Gelegenheit  auferste- 
hen, nämlich  Simeon  (au»  Luc.  2.)  und  seine  bcidca  Söhne  $ 
die  Mehrzahl  aber  bilden  such  nadi  diesem  Apocryphum  , 
wie  nach  der  irafo^a  /TijU^r«  (Thilo  ,  p.  810.)}  nach  Epiphs- 
ninsy  erat,  in  sepulcrupi  Chr.  275 ,  Ignat.  ad  Magncij.  9.  u. 
A.  (vgl.  TiuLOy  p.  780ff.)  A.  T.Iiche  Pertonen,  wie  Adam  und 
ErMy  die  Patritrchen  und  Propheten.  , 
l  14)  Vgl.  die  verschiedenen  Meinungen  bei  Thilo,  p.  785  f. 
15)  Vgl.  besonders  Eichhorm^  Kinl.  in  d.       X.  1,  S.  44^  If . 


Digitized  by  Google 


viertes  Kapitel.  $.129. 


Zeitbestimiiinng  mit  dem  Folgenden^  eo  dafs  die  Aofei^ 
weckten  swar  gleich  nach  ihrer  bei*m  Tode  Jesa  erfolg« 

ten  Wiederbelebung  auch  aus  den  Grabern  hervorgegan- 
gen sein,  aber  erst  nach  seiner  Auferstehaog  sollen  in  die 
Stadt  haben  gehen  dürfen:  so  sacht  man  Fon  dem  Lezle- 
•  ren  Tergebtieh  irgend  einen  Grund.    Diese  Schwierigkei- 
ten zu  vermeiden,  ist  es  eine  grobe  GewalthüJfe  gcMesen, 
die  ganze  Stelle  ebne  kritische  Gründe  für  eingeschoben 
Btt  erklären         feiner  ist  die  Art,  wie  die  rationalisti- 
sehen  £rUirer  durch  Beseitigung  des  Wunderbaren  in  dem 
Kreignifs  auch  die  übrigen  Schwierigkeiten  wegzuräumen 
suchen.    Wie  bei  m  Zerreissen  des  Vorhangs  wird  auch 
hier  meistens  an  das  Erdbeben  angeknüpft:  durch  dieses 
sollen  mehrere  Grabmfiler,  namentlich  auch  von  Proph^ 
ten,  geöffnet  worden  sein ,  in  welchen  man  ,  sei  es ,  dafs 
sie  verschüttet^  oder  verwest,  oder  von  wilden  Thieren  ge- 
raubt worden  waren  y  keine  Leichen  mehr  gefunden  habe. 
Als  nun  nach  Jesu  Auferstehung  die  ihm  Geneigten  unter 
den  Bewohnern  Jerusalems  voll  von  AufersteJiungsgedanken 
gewesen^  so  haben  diese  Gedanken,  zusammen  mit  den  Jeer- 
gefundenen  Gr&bern,  Tr&nme  und  Visionen  in  ihnen  er- 
regt,  in  welchen  sie  die  in  Jenen  Grübem  beigesest  ge- 
wesenen froQimen  Vorfahren  zu  sehen  geglaubt  haben  '''). 
Allein  die  leergefundenen  Gräber  hätten   auch  mit  der 
Kunde  von  Jesu  Auferstehung  Busammen  schwerlich  sol- 
che TrSnme  hervorgebracht,  wenn  nicht  schon  vorher  un- 
ter den  Juden  die  Er\Aartung  geherrscht  hätte,  der  Mes- 
sias werde  die  verstorbenen  frommen  Israeliten  anferwe- 
efcen.    War  aber  diese  Erwartung  vorhanden ,  so  konnte 
aus  derselben,  eher  als  Träume,  vielmehr  dlie  Sage  von 


^*  16)  Stroth,  von  laterpolationsn  im  ICvsag.  Bfattb.  la  EicaaoMi^t 
Repertorium,  9,  S.  139. 
17)  So  Paitlus  und  Ruin'öL,  z.  d.  St.,  welcher  lottere  diese  Er 

lilärung  eine  mythische  ncnn^. 
Dai  Ltkw  J§tu  JL  Hand»  9^ 


Digitized 


34»  üriller  Abehaitt 

II 

einer  bei*m  Toite  Je^n  geschehenei^  Aaimlehiin|[  der  Hei- 
ligen hervorgehen,  wefswegeii  Hasb  mit  Recht  die  Voraua- 
setKung  voq  Träumen  iallen  iaCst,  und  allein  mit  den  leer- 
gefundenen  Grübern  auf  der  einen  und  Jener  Jfidiecben 
Erwartung  ihif  der  andern  Seite  auaeureiclien  au^bt 
Nfiher  angeselien  indefs,  ivenn  einmal  diese  Vorstellung 
vorhanden  war,  so  bedurfte  es  keiner  v^irkiichen  Eröff- 
nung der  Gräber^  um  einem  solchen  Mythus  Entatebnag 
SU  geben,  und  ao  hat  ScHNBCiu^NBUROBa  die  ieergefundenen 
Grfiber  aus  seiner  Reebnnng  weggelassen  Wenn  nun 

aber  er  statt  dessen  von  visionären  Erscheinungen  spriclit, 
weiche,  durch  Jesu  Auferstehung  angeregt,  aeiae  Anhfinger 
in  Jerusalem  gebebt  haben :  ao .  iai;  diefa  ebenao  einseitig,  wie 
wenn  Hasb^  die  Trfiuilie  weglassend,  an  der  Graböffnung 
festhält;  da,  wenn  einmal  das  eine,  dann  auch  das  andere 
dieser  engverbundenen  Momente  als  historisch  aufgegeiwB 
werden  muls« 

Freilich  ist  hiegegen  nlcbt  ohne  Schein  bemeritt  wor- 
den ,  da  Ts  zur  Erklärung  des  Entstehens  eines  solchen  My- 
(hns  die  angeführte  jüdische  Erwartung  nicht  ausreiche  ^^)« 
Die  Erwartung  war  nfiber  dieae»  Vom  Äpostei  Paalos 
(1  Th'ess.  4,  m.  vrgl.  I  Kor.  15, f.)  und  bestimmter  aus  der 
Apokalypse  (20,  4.  f.j  wissen  wir,  dafs  die  ersten  Christca 
iiei  der  Wiederiiunft  Christi  eine  Auferstehung  der  Froai* 
men  erwarteten,  weiehe  mit  Cliristo  1000  Jahre  regiere« 
aofiten ;  erst  nach  dieser  Zeit  sollten  dann  auch  dUe  Obii- 
gen  auferstehen,  und  von  dieser  zweiten  Auferstehung^ 
wurde  jene  als  ]J  avägaaig  ?}  n^yanr^,  oder  T(i»r.  Amvim  (Luc. 
14,  14.)  wofttr  Justin  ^.  uylu  arogaa/^  hat  onterscbie- 
den.    Doch  dieis  ist  ichon  die  cbristianisirte  Form  der 


J8)  L.  h  f.  148. 

19)  tfber  den  Ürsprung,  S.  67. 

2o;  Paulus,  ex.  Haudb.  5;  S.  798. 
2i)  Diai.  c.  Tryph.  113. 


Digiti?pd  bv  Google 


Vierte»  Kapitel.  §.  lt!>.    /  iW 


jfldischen  Vorstellung;  diese  bezog  sich  nicht  aiif  die  Wie- 
derkunft ,  sondern  auf  die  erste  Ankunft  des  Messias,  und 
envartote  bei  dieser  nur  die  Aoferetehung  der  lemi^'ll- 
to»  >')b   In  die  Zelt  der  ersten  Pamsie  dee  MesslM  ver- 
legt nun  Kwar  auch  die  Nachricht  bei  Matthäus  jene 
Anferweckung:  aber  warum  sie  dieselbe  gerade  an  seinen 
Ted  knüpft ,  dafttr  Üegt  allerdinge  In  der  Jüdischen  Er- 
wartang  an  nnd  ftr  efoh  kein  Gmnd,  nnd  in  der  Modifl- 
eation ,   welche  die  Anhänger  Jesu  an  dieser  Erwartung 
anbrachten,  hätte,  wie  es  scheint^  eher  ein  Anlafs  g^^'lt^'geii, 
die   Attferweeknagt  der  Frommen  mit  seiner  Auferste- 
linng  sn  rerUnden  y  tniaal  die  Anknl^^ng  ah  seinen  Tod 
ndt  der  sonstigen  nrohristliehen  Vorstelin^g  in  ^der- 
sprueh  au  kommen  scheint,  welcher  zufolge  JeSus  nQwzonoxoj; 
isttünf  vex^cov  (KoL  1,  16.  Offenb.  1,  5),  otuta^fu^  t£h  mtutotitif' 
fibfm  O  i^^r«  1^9  SO«)  Ist.  Doch  wir  wissen  Ja  nicht,  ob 
diese  Vorstellung  die  allgemeine  war,  und  wenn  die  Ei- 
nen der  eminenten   Würde  Jesu  schuldig  zu  sein  glaub- 
ten, ihn  als  den  ersten  der  Auferstandenen  aü  betrachten, 
ao  bieten  sieh  deeh  aneh  Gründe  dar^  wtolehe^ 'Andere  be- 
wegen konnten ,  schon  bei  seinem  Tod  einige  Frt)ili«le  auf- 
erstehen zu  lassen.    Einmal  der  äussere:   da  unter  den 
Prodigien  bei  Jesu  Tod  auch  ein  Erdbeben  heifVorgebeben 
ist,  und  In  der  Besebrelbung  seiner  Uefiijfkelt  dtnA  nbQctt 
iaxLod^r^ocev  sieh  leicht  das  auch  sonst  bei  Schildemvig  hef- 
tiger Erdbeben  vorkommende       f.ivrjiüa  dvefoxO-r^aav  bei- 
gesellen konnte:  so  war  hier  ein  einladende  Ankhttpfnnga- 
pnnkt  flir  die  Anfentehnng  der  Frommen  gegeben;  Aber 
aneh  ans  dem  Innern  der  Vorstellung  vom  ToHe  J<  sn  her- 
aus, wie  sie  sich  frühzeitig  in  der  christlichen  Gemeinde 
ausbildete,  dals  nämlich  dertelbe  das  eigentlich  erlösende 


22)  8.  die  Sammlung  hi ehergehöriger  Stellen  bei  ScHÖmiH,  2, 

p.  570  ff.,  und  in  BBitTH0t.DT*8  Ckristol.  $.  55...  ' 
13)     die  von  WtcrtTRiN  getoamiclten  Stellen. 

3G  * 


Oigitized 


Dritter  Abtuliiiitt 

1ll««6iit  Mimr  WlrksankA  MMaftbo,  und  MUMnttteli  ilnreh 

den  dnrA»  ^eknapfteii  HlfiabgAngBum  Hudes  (1  Petr.  3,  19.  f.) 
die  frOher  Verstorbenen  aas  demselben  befreit  worden 
•eien  konnte  siclr  ein  Anlnfs  ergeben  |  gerade  dnrek 
ilen  Tod  Jmi  die  Bande  das  Grabes  llto  die  ehen  Fremami 
gesprengt  werden  sn  lassen.  Ohnehin  wui*de  dui*cli  diese 
Stellung  noch  entschiedener  als  durch  eine  Verbindung 
mit  Jesn  Wiederbelebung  die  Anferweeknng  der  Gerecb» 
ten  naeh  JUdiseber  Verstellong  in  die  erste  Pamsie  dee 
Messias  geseat,  eine  Vorstellung,  welche  in  jodaisirenden 
Kreisen  der  ersten  Christenheit  gar  wohl  noch  in  einer  solchen 
Erafihhing  nachklingen  konnte,  wAhrend  ein  Paulus  und 
aaeh  der  Verlasser  der  Apokalypse  bereits  aneb  die  amgamg 
tj  TtQükrj  in  die  ewdte,  erst  an  erwartende  Ankunft  des 
Messias  verlegten«  Mit  Rücksicht  auf  diese  Vorstellung 
seheint  es  dann ,  dafs  y  wahrscheinlich  vom  Ver£Mser  dee 
ersten  £vangettuas  selbst  ^  das  fteta  %^  eyaQat»  airi  nb 
Restrietlon  angebraeht  worde. 

Ihre  Beschreibung  der  Vorgiinge  bei  dem  Tode  Jesu 
aehliefsen  die  Synoptiker  mit  einer  Aiigabe  des  Eindrnclief 
weiehen  dieselben ,  soniehst  enf  den  weelibabenden  rtaü. 
sehen  Centnrio,  gemacht  haben.  Naeh  Ltrkas  (V.  47.) 
war  dieser  Eindruck  durch  %d  ytvofdivQV^  d.  h. ,  da  er  die 
FinsternÜs  schon  frUheri  snieat  aber  nur  das  Versclioi* 
den  Jesn  mit  lan^  Gebet  feneldet  imt,  dnreb  eben  die» 
aes  festere  hervorgebracht-,  wie  denn  Markos,  den  Lukas 
gleichsam  aaslegend  j  den  Hauptmann  dadurch ,  daXs  Jeans 
Svw  x^afoff  i^htnvowj  sn  dem  Ausruf:  o  £w9Q(&nog  izog 
vtog  rpf  ^bS  ,  reranlaist  werden  iä6t  (V.  SO.}.  Bei  Lukns 
nun,  der  als  die  lezten  Laute  Jesu  ein  Gebet  giebt,  ist 
wohl  etwa  sn  begreifen  ^  wie  durch  dieses  erbauliche  Ende 
der  Hauptmann  sn  einer  vortheilhaften  Ansicht  rpa  Jesn 


14)  ••  diese  Vorstellung  weiter  ausgeführt  im  evsng.  Nicod. 
cap.  16  ff. 


Digitized  by  Google 


0 

gi4inieht  werden  noohte:  wie  hiii|{Cfen  «ae  dea  Vembei- 
den  mit  lautem  Gesehrei  auf  «tte  Wfirde  einee  GotteMohns 

geschlossen  werden  konnte ,  will  nuf  keine  Welse  einleuch- 
ien.  Die  paMendste  Besiehung  aber  giebt  dem  Ausruf 
des  CenHirio  MatthXa« ,  welcher  deoselben  dareh  daa  Erd- 
beben nnd  die  flbrigen  Verffille  bei'm  Tode  Jesu  vemn- 
lafst  sein  läfst :  wenn  nur  nicht  die  historische  Realitiit  dieser 
Hede  des  Haaptoianns  mit  der  ihrer  angeblichen  Veran-. 
laasnngen  atinde  ond  fiele.  In  der  Angabe  der  Worte 
dea  Centario  hingegen  hat  hinwiedemai  Lokaa  die  hi/ito- 
rische  Wahrscheinlichkeit  besser,  als  seine  beiden  Vor- 
inänner,  beobachtet.  Denn  Jesum  als  vio^  Q-tH  erklA'rt  im 
jOdiaehen  Sinne  hat  der  rtfmlaehe  Krieger  aehweriloh:  er 
hiHinte  et  niir  In  Sinne  der  heldniaeben  Gdttemeugungen ; 
in  diesem  Sinne  aber  melden  die  Evangelisten  wenig- 
atena  «einen  Ausspruch  nicht,  sondern  sie  wollen  hier 
•elbal  einen  Helden  fiBr  die  Metaianitllt'  Jean  sen||en  laa- 
sen:  wogegen,  dala  er,  wie  Lnkaa  beriehtet,  * Jeanm  ala 
av^Qwnog  dixawg  bezeichnet  hätte,  an  sich  i?vohl  möglich 
wäre^  wenn  nicht  «it  der  ganzen  Darstellung  der  Kreu- 
nignnga-  nnd  Todeaaeene  aneh  dle^r  Schiaraateln  ilerael- 
ben,  Terdlehtig  wttrde  —  nnaial  bei  Lnkaa,  der  nn  dem 
Eindruck  auf  den  Hauptmann  noch  den  auf  die  fibrige 
VollLaaMnge  fflgt,  und  diese  mit  Zeichen  der  Reue  und 
Traner  In  die  Stadt  nnrttekkehren  UUaty  ein  ^ogy  weieher 
nlelil  aowehl  ansogeben  aeheint,  waa  die  Jnden  wirklich 
empfunden  und  gethan ,  als  was  sie  nach  christlicher  An- 
aieht  hätten  thnn  nnd  empfinden  sollen« 

S.  1311. 

Der  Laaaeutick  In  die  Seite  Jesu. 

Wfihrend  die  Synoptiker  Jesu»  von  der  wQa  indifjf 
d.  h.  Nachmittage  3  Uhr,  wo  er  vertchied,  bia  sn  der  ot/^taf 
d.  h«  wohl  bia  gegen  6  Uhr  Abende,  am  Krense  hinjsen 
lassen ,  ohne  daC»  weiter  etwas  mit  Ihm  vorgienge :  schiebt 


Digitized  by  Google 


956 


Oriller  Abschnitt. 


<f er  vierte  Evangelist  eine  merkwflrdige  ZwfeehenaMie  ein. 

Nacli  ihm  baten  nämlich  die  Jaden,  nm  za  verhüten,  daCs 
nicht  durch  das  Hängenbleiben  der  Gekreusigten  der  be- 
vorstehende besonders  heilige  Sabbat  entwdht  wtfrde^  4ea 
Procurator,  es  müchte  darch  Zersehla^ng  der  Beine  Ihr 
Tod  beschleunigt,  und  sie  sofort  abgenommen  werden. 
Die  hiezn  beauftragten  Soldaten  vollzogen  diela  an  den  bei- 
den neben  Jesu  gekrensigten  Verbreohern:  wie  sie  Aer 
an  Jesa  die  Zeieben  des  bereits  eingetretenen  Tod^  bemerk- 
ten, hielten  sie  bei  ihm  ein  solches  Vornehmen  für  über- 
flüssig, und  begnügten  sichi  in  seine  Seite  einen  S(>eerstaeh 
mn  machen  y  woraaf  Biat  und  Wasser  heraasflofii  Sl 
ST»*)» 

Diese  Thatsache  wird  gewöhnlich  als  Hauptbeleg  für 
die  Wirklichkeit  des,  Todes  Jesa  angesehen ,  und  im  Ver* 
hültnifs  cu  ihr  der  ans  den  Synoptikern  sn  f&hrende  tfb- 
weis  fttr  qnenlSne^llch  gehalten*  Nach  derjenigen  Reell» 
nung  nämlich,  wf^Iche  den  Ifingsten  Zeitraum  giebt,  der  des 
Markos )  lueng  Jesus  von  der  dritten  bis  neunten,  also  6 
Stunden,  am  Kreuse,  ehe  er  starb;  wenn,  wie  Manchen 
wahrscheinlich  gewesen  Ist,  bei  den  beiden  andern  Synop- 
tikern die  mit  der  sechsten  Stunde  eincretretene  Finsternifs 
sugleioh  den  Anfang  der  Kreuzigung  bezeichnet,  so  hieng 
nach  ihnen  Jesas  nar  drei  Stunden  lebend  am  KreoEC, 
und  wenn  wir  bei  Johannes  die  jüdische  Stundennühlonir 
voraussetzen,  unti  ihm  die  gleiche  Ansicht  vom  Zeitpunkt 
des  Todes  Jesu  zuschreiben:  so  müfste,    da  er  um  die 
sechste  Stunde  den  Pilatus  erst  das  Urtheil  sprechen  läfsty 
Jesu«  nach  nicht  viel  über  ewei  Stunden  Kreusignng  be- 
reits gestorben  «ein.    So  schnell  aber  tödtet  die  Kreuzigung 
sonst  nicht:  was  tfieiis  aus  der  Natur  dieser  Strafe,  wel- 
che nicht  durch  starke  Verwundung  ein  schnelles  Verbin« 
t'en,  sondern  mehr  nur  durch  Ausspannung  der  Glieder 
.ein  allmfihliges  Erstarren  hervorbringt,  sich  ergiebt;  thells 
aus  den  elgenea  Angaben  der  Evangelisten  erhellt,  nach 


Digitized  by  Google 


Viertes  Kapitel,    i^.  ISO«  h&7 

welchen  Jesus  unmltteibar  vor  dem  AogBnbiick ,  den  sie 
für  den  iesten  hielten,  noch  Kr^ft  cum  lenien  Rufen  hat- 
te, aneh  die  beiden  Mitgeknensigteh  naeh  jener  Zeit  noch 
am  Leben  waren;  theils  endlich  durch  Beispiele  von  sol- 
chen zu  belegen  ist,  welche  mehrere  l  äge  lebend  nm  Kreus 
Mogebraeht  haben,  und  erst  dnrch  Hunger  v.  dgl.  allmfihlSg  ge- 
tOdtet  worden  sind  *)•  Daher  haben  ^RirehenVIiter  und  ältere 
Theologen  die  Ansicht  aufgestellt,  Jesu  Tod,  der  auf  na- 
türlichem Wege  noch  nicht  so  bald  erfolgt  sein  würde,  sei 
auf  übematarliche  Weise,  entweder  durch  ihn  telber,  oder 
durch  Gott,  beschleunigt  worden  Ar«te  und  neuere 
Theologen  haben  sich  auf  die  geliiiuften  kürperlichen  und 
Seelenleiden  berufen,  welche  Jesus  den  Abend  und  die 
Macht  vor  seiner. Kreusigung  so  dulden  hatte'):  i|och  auch 
ale  lassen  noch  die  Möglichkeit  effeii, 'dafs,  was  den 
Evangelisten  der  Eintritt  des  Todes  schien,  iinr  eine  durch 
Stockung  des  Biatumlaufs  herbeigeführte  Ohnmacht  gewe- 
aen  «ei,  und  erst  der  Speeratioh  in  die  Seite  den  Tod  Je- 
eo  entschieden  habe. 

Doch  eben  Ober  diesen  Spoerstich  ,  über  den  Ort,  an 
welchem,  das  Instrument,  durch  welches,  und  die  Art  und 
Weise,  wie  er  beigebracht  worden,  über  seinen  Zweck  und 
■eine  Wirfcang,  waren  von  Jeher  die  Meinungen  sehr  ver- 
schieden. Das  Instrument  beeeiehnet  der  Evangelist  als 
eine  l6yxQ9  ^^^^  ebensogut  den  leichteren  Wurfspiefs,  als 
die  achwere  Lance  bedeuten  kann:  so  dafa  wir  über  den 
Umfang  der  Wunde  im  Ungewissen  bleiben«  Die  Art,  wie 
die  Wunde  beigebracht  wurde,  beschreibt  er  durch  vvaoeiv: 
diels  bedeutet  aber  bald  eine  tödtliche  Verwundung,  bald 


1)  Das  Hiehergehörige  findet  sich  zusammengestellt  bei  Paulus, 
ex.  Handb.  3,  h,  S.  7S1  iT.  ;  Wuss,  bibl.  Bealwörterbuch  1, 
8.  672  ff. ;  und  Uasm,  iU. 

2)  Jenes  Jertnlllsn,  dieses  Gaovtus,  s.  bei  Pivurs,  8.  784,  Aam. 
3}  so  Gamma  u.  A«  bei  Paiwus,  8.  78aff.  Hasb,  s.  «.  O. 


Digitized  by 


508  Dritter  Abscbnltt. 

« 

rin  leichtes  RiUen,  ja  einen  Stöfs,  der  nicht  einmal  Blat. 
gie|>t;  wir  wkseu  also  nicht,  wie  tief  die  Wunde  gieng: 
wiewohl,  wenn  Jesus  naeh  der  Auferstehiuig  den  ThoBMC 
in  die  Nffifelaiahle  swar  den  Finger,  in,  oder  aoeh  nur  mm 
die  Seitenwuiide  aber  die  Hand  legen  läfst  (Joh.  20,  27.), 
der  Stich  eine  bedeutende  Wunde  gemacht  zu  haben  scheint» 
Dock  dabei  kommt  et  vor  AUem  aoeh  auf  die  Stelle  der 
Verwondosg  an.'  Diese  bestimmt  Johannes  als  die  nXivQa^ 
wo  freilich,  wenn  der  Stich  an  der  linken  Seite  swischen 
den  Ribben  bis  in  das  Hers  drang,  der  Tod  unaosbieibüek  • 
erfolgen  mulste :  allein  jener  Ansdmek  kann  ebensowohl 
die  reehfe  Seite  eis  die  linke,  nnd  an  beiden  Jeden  Ort  Ton 
der  Schulter  bis  zur  Hüffe  bedeuten.  Die  meisten  dieser 
Punkte  wQrden  sich  freilich  von  selbst  iiestimmen ,  wenn 
die  Absieht  des  Kriegers  mit  dem  Lannenstleh  gewesen 
wftre,  Jetnm,  sofern  er  noeh  nieht  gestorben  wäre,  sn  t5d- 
ten ;  denn  in  diesem  Falle  würde  er  ohne  Zweifel  am  todt» 
lichsten  Plaz  und  so  tief  wie  möglich  gestochen  haben* 
Allein  diese  Absicht  ist  sweifelhaft^  nnd  der  Zosammen- 
hang  der  Stelle  seheint  elier  daflBr  nn  spreehen »  dafs  der 
Soldat  durch  den  Stich  vorerst  nur  erforschen  wollte,  ob 
der  Tod  wirklich  schon  eingetreten  seij  was  er  aus  dem 
tterrorflieCien  won  ßlnt  nnd  Wasser  aas  der  Wnnde  slebsr 
abnehmen  sn  k^fnnen  glaubte* 

Aber  freilich  Hber  diese  Folge   des  Speerstichs  ist 
man  am  aderwenigsfen  einig.    Die  Kirchenväter  haben,  in 
.  Betracht,  dafs  ans  Leichen  kein  Blnt  mehr  füefse,  in  dem 
ans  Jesn  Lelehnan|  henrorgequoUenen  aljua  xal  vdatQ  ein 
Wunder j  ein  Zeichen  seiner  LüUern  Natur  ^  gefunden 


4)  Orig.  C.  Ccis,  2,  36 1  rSiv  y^r   «y  aHtor  rexQwr  ütaftartoy  ro 
aX^a  ff^yrtnat  ,   mml  jrJw^  itaSagor  «f  oino^V  rS  dt  «ara  rdr 

yr  «T/f«  tm\  Mmf        rth  nUv^p  wfi[¥M^.  Vgl.  Eutkyauus 

«.  d.  Si.: 

•  ♦ 


Digitized  by  Google 


Vierte«  Ji«piuL  >  UO.  . 

Heuere ,  Ton  der  gleichen  Erfahniiig  «asgehend  ^  baliett 
dem  Antdrsek  eine  Hendiadyt  geeehen^  und  denseftben  ¥M  ' 
neeh  flüssigem  Biote,  eioem  Zelelieii  dei  noeli  nleht ,  oder 

doch  eben  erst  erfolgten  Todes,  verstanden  J)a  jedoch 
das  Blut  fftr  eich  schon  ein  Flüssiges  ist,  so  Itann  das  bu 
«2)ua  gese&le  vdotg  nteht  liloft  den  flfleeigen  Zoetand  ?oi 
fenem  liedeaten,  sondern  mnb  eine  beeendere  Beimiaehnng 
bezeichnen,  welche  das  aas  der  Wunde  Jesu  fliefsende 
Blut  enthielt.  Um  sich  diese  su  erkltfren^  und  Eogleieb 
die  mtfgliehst  siehere  Todesprpbe  «i  bekommen  ^  sind  Aifr» 
dere  «nf  den  Einfall  gemfben  j  das  dem  Blnle  belgemisek* 
te  Wasser  sei  wohl  aus  dem  von  der  Lanze  getroffenen 
lierttbeatel  gekommen,  in  weichem  sich,  nameatiich  bei  sol- 
eben,  die  anter  starker  fieingstigviig  sterben,  eine  Qnaji« 
titit  Flüssigkeit  sammeln  soll Allein  ansserdem,  daft 
das  Eindringen  der  Lanze  in  das  Pericardium  blofse  Vor- 
aussetsang  ist ,  so  ist  theiis,  wo  keine  Wassersncbt  statt- 
liadeti  das  daantnm  J^ner  Flüssigkeit  so  gering,  dals- 
ihr  Ausflnfs  nleht  in  die  Angen  fiele ;  theils  ist  es  nur  ein 
einziger  kleiner  Fleck  vorn  an  der  Brust,  wo  das  Pericar- 
diom  so  getroffen  werden  kann ,  dals  eine  Entleerung  naoh 
aussen  mOglicb  ist:  in  -allen  andern  Fällen  würde,  was 
aosflierst,  in  das  Innere  der  Bmsthdble  sieh  ergiefsenr'^ 
Ohne  Zweifel  geht  vielmehr  der  Evangelist  von  der  bei 
jeder  Aderlässe  au  machenden  Erfahrung  aus,  dals  das 
Bint,  sobald  es  an%ehürt  hat,  im  Lebensproeeese  begriffim 
mm  sein,  sich  in  Blutknohen,  pUicenfa^  ond  Blatwasser, 
Acrum,  zu  zersetzen  anfängt,  und  will  nun  daraus,  dafs 
am  Blute  Jesu  sich. bereits  diese  Scheidung  gesengt  habe. 


5)  ScMPfrsB,  ia  Eieaaoaa's  Bibl.  9,  S.  1086  ü^ 
10  Gaimsai  Gomm.  de  morte     Glur.  vei»,  p.  47« 
7)  Vgl.  Hass,  s.  a«  0« 


Digitized  by  Google 


üriiter  Albaelmiic. 


desmi  wirUSoh  erfolgtoo  Tod  beweiseii  Qh  am  aber 
diBM  Anaflieftea  von  Blut  und  Wasser  In  bemerkbarer 

Sondemng  eine  mögliche  Todesprobe  ist,  ob  Hase  und  Wi- 
NKR  recht  haben ,  wenn  sie  behaupten  y  bei  tieferen  £in- 
eehnitten  in  Leichen  qaelle  bisweilen  des  so  aerseste  Biel 
*  kenne  y  oder  die  KIrebeayICer,  wenn  sie  diefs  Uhr  eo  nn- 
erhört  hielten,  dafs  sie  es  bei  Jesu  als  ein  Wunder  anse- 
hen sa  müssen  glaubten,  ist  noch  eine  andere  Frage.  Mir 
bat  ein  ansgeaeiebneter  Anatom  den  Stand  der  Sache  fol^ 
gendermafsen  angegeben.    Für  gewöhnlich  pflegt  hinnen 
einer  Stunde  nach  dem  Tod  das  Blut  in  den  Geföfsen  zo 
gerinnen  I  und  sofort  bei  Einschnitten  nichts  mehr  ausso- 
fl&elsen;  nnr  ansnahmsweise ^  bei  gewissen  Todesarten, 
wie  Nenrenfieberi  £retiefcung,  behalt  das  Blut  Im  Leieh 
nam  seine  Flüssigkeit.    Wollte  man  nun  den  Tod  am  Kreat. 
etwa  unter  die  Kiltegorie  der  Erstickung  stellen,  —  wa> 
Jedoch  wegen  der  langen  Zelt  9  welche  die  Gekreusigten 
oft  noch  am  Leben  blieben,  and  bei  Jesu.  Insbesondere, 
weil  er  ja  bis  eulect  gesprochen  haben  soll,  unthuniicb 
scheint,  oder  wollte  man  annehmen,  so  bald  schon  nach 
dem  Angenblick  des  Todes  sei  der  Stich  in  die  Seite  erfolgt, 
dafii  er  das  BInt  noch  flSesIf  fond,  —  Was  den  Berichten 
fuiangenessefl  ist,,  welchen  enfofge  Jesus  schon  Nachmil» 
ta^s  drei  Uhr  gestorben  war,  die  Leichen  aber  erst  Abends 
Uhr  abgenommen  sein  mnisten  t  so  wAroi  wenn  der  Stich 
ein  grSfterei  Blntgeftrs  traf|  Blnt,  aber  ohne  Wassery  ana- 
geflossen;;  war  aber  der  Tod  Jesu  vor  etwa  einer  Stunde 
erfolgt,  and  sein  Lielchnam  im  gewöhnlichen  Zustand:  so 
flofii  gar  liichts  ans.    Also  entweder  Blut,  oder  nichts : 
Waaser  uhA  Blot  In  ieinrm  Fall,  weil  sich  serum  and  pla* 
cenfa  In  den  HeDirsen  des  Lelchnicms  gar  nicht  so  sondert, 
wie  Im  Geschirr  naeh  der  Aderllsse«   Schwerlich  also  hat 
der  Uiheber  dieses  Zugs  im  flerten  Brangeliom  daa 


e)  Wusa,  s.  a.  O. 


Digitized  by  Google 


not  Sdm^  irfkü-Aw  ihr  (hte  JmIi  t^  ZMkm  im  m§6lg- 

ten  Todes  kommen  sehen:  sondern  weil  er  bei  BlutJässen 
schon  Jene  Scheidung  im  ersterbenden  Blute  gesehen  haCe 
te,  nmd  ihm  anlag,  eine  tkb&te  Probe  Ukr  den  Tod  4mm 
am  bekonmen,  lieft  er  ans  deseen  vervMUMlelem  l<eielMmei 
jene  geschiedenen  Bestandtheiie  kommen. 

Dafs  sich  diels  mit  Jesa  wirklich  sngetragen  liabO} 
und  sein  Berieht  daran,  ab  A«f  Antopile  gegrOndet,  w 
Torllsslg  sei,  Tertfehert* flbr^Hene  der  Evangelist  anfi  An» 
^  gelegentlichste  (V.  35.)«  Nach  Einigen  defswegen,  um  dor 
ketische  Gnostiker,  welche  die  wahre  Leibiichkeit  Jesu 
leugneten,  so  widerlegen  ^) :  allein  wenn  dann  die  finväb^ 
nnng  des  Üdiogt  Naeb  Andern  wegen  der  aMrkwttrdigen 
Erftlliang  zweier  Weissagungen  durch  jenes  Vornehmen  mit 
der  Leiche  Jeso  ■  ^) :  aber,  wie  LOcks  selber  sagt,  wenn 
allerdings  anch  sonst  Johannee  selbst  In  Nebenpnnklen  ei- 
ne Eifkülung  der  Schrift  sneht,  so  legt  er  doeb  nirgends 
ein  so  ausserordentliches  Gewicht  darauf,  wie  er  hiernach 
dieser  Auffassung  thun  würde.  Daher  scheint  es  immer 
noch  die  natfirliehsto  Annahme  bb  eefai,  dafs  Johannes 
darcb  Jene  Vertlcberungen  die  Wahrbeit  des  Todea,  Joe« 
bekräftigen  wolle  die  Hin  Weisung  auf  die  Scbrifterfdl- 
Inng  aber  nur  als  weiteren,  erl&oternden  Zosae  beifüge. 
Der  Mangel  einer  historischen  Spur,  da(a  schon  nur  Zeit 
der  Ablassnng  des  Johanneiseben  EvangeUnnis  der  Verdaebt 
eines  Scheintods  Jesu  rege  gewesen,  beweist  bei  der  Man- 
gelhaftigkeit der  Nachrichten,  die  uns  über  jene  Zeit  zn 
Gebote  stehen,  nicht,  dafs  ein  so  nahe  liegender  Verdacht 
nicht  wirklich  in  dem  Kreise,  in  welchem  das  genannte 
Evangelium  entstand,  su  bekämpfen  gewesen  ist,  und  dafs 
dasselbe  nicht,  wie  cur  Mittheiiung  von  Auferstehungs- 


9)  WSTSTKITT  und  OttHADtSH,  Z.  d.  St.  ;   Vgi.  ÜAiB,  S.  S.  0« 

10)  Lih^KR,  z.  d.  St. 

11}  •(>  Idtt«,  AuferftekuBgigetchichte,  S.  96  U  Xiioivca  «•  d.  8t. 


Digitized  by 


Mi  Uritter  Ali»4skAitc 

proben,  ao  nuok  elnie  Toilef|mbe  BltwitbBilM  rwrtadtüt 
fBWMen  sebi  kann  <0*  Mhon  im  Amnge- 

lium  des  Mafkos  ein  fihnlichec  Bestreben  sichtbar.  Wenn 
dieser  von  Pilatu«,  als  Joseph  sich  den  Leichnam  Jesu  ans« 
bat,  sigl:  i^ftua&f^  d  tiOrt^xe  (V.  44.):  •o.ientet 
dieft  gans ,  alt  wellte  er  den  Piletna  eine  Verwnndemaf 
leihen,  die  er  von  manchen  seiner  Zeitgenossen  über  den 
ao  gar  schnell  erfolgten  Tod  Jesu  mnfste  äussern  hören , 
nnd  wenn  er  sofort  den  Froenmtor  ron  dem  Centnrio  sl- 
ehere  Knndaehaft  elnsiehen  iäüij  dafii  Jesus  nüai  onci- 
-^ccve:  so  scheint  er  mit  der  Bedenlilichkeit  des  Pilatus  so- 
gleich die  seiner  Zeltgenossen  beschwichtigen  su  wollen | 
wobei  er  «lier  von  einem  Lansenstich  nichts  gewnlst  ha- 
ben kann,  sonst  bitte  er  Ibn,  als  die  sieherste  Bfirgsebaft 
des  wtrItHeh  erfolgten  Todes,  niebt  «nerwihnt  gelassen; 
so  dafs  die  Darstellung  bei  Johannes  als  weitere  Ausbil- 
dung eines  schon  bei  Markus  sichtbaren  Triebs  der  Safe 
erseheint. 

Diese  Ansieht  Ten  der  folianneisehen  Ersihlnng  wird 
sock  noch  durch  die  Anführung  A.  T.licher  Weissagungen 
bestütigt,  weiche  der  Referent  in  diesem  Vorgang  erfiBllt 
sieht.  Durch  den  Lensenstleh  sielit  w  Zaoh*  IS,  Itt.  ei^ 
fdiit ,  wo  das  von  Jobannes  rieh%  und  besser  als  ?on  dar 
LXX.  flberseate:  lic^j*  nK  ^»  lO^^JTI  Jehova  zu 
den  Ismilliten  geredet  ist«  in  dem  Sinne,  dafs  sie  an  ibn, 
den  sie  ao  schwer  gekrinkf,  steh  efnst  wieder  Wenden  wCr» 
den  Ist  sahen  das  *yj^i  duejchbohren,  etwas,  das,  ei- 

gentlich gefafsl,  eher  gegen  einen  Menschen,  als  gegen  Je- 
korn  seliefne  unternommen  wercfen  su  können,  und  wird 
diese  Deutung  durch  die  abweichende  Lesart:  vSm, 

testünt;  so  mnl^te  das  Folgende  in  dieser  AuffiMSui^l  be- 

ii)        RitSBa,  bibL  TheoL  1,  8.  25S. 

13}  BMimneusa,  Scbol.  ia  V.  T.  7>  4>  p.  UO. 


uiyitized  b/ Google 


•Ifirkeiii  lU  nun  Ui.  der  drillcii.  Fereoo  fiirtgefAfiren  vtiimI^ 
«imI  sie  willen  i«  ihn^iiliifeni  wie  'um  ein  eineigiBe  lUnd 
«nd  Hin  einen  Erstgeborenen.  Oeker  wnrde  diese  Stelle 

Tüll  den  Rnbbinen  Auf  den  Messias  ben  Joseph  gedeutet, 
weicher  im  Krieg  vom  Schwert  durchbeliri  werden  soii^ 
tö  nnd  Ton  Christen  iionnte  sioi  wie  so  nanche  Stei* 
ien  in  Ungldckspselnien ,  auf  Ihren  Messias  besogen  W9W^ 
den,  Indem  das  Durchbohren  zunächst  vieJieicht  entweder 
tropisch,  oder  von  dem  Durchnageln  der  Bünde  (und  Füfse) 
bei  der  Kreoeigung  verstanden  wnrde  (vgL  Offenb.  1, 
bis  es  endlich  einer ,  der  eine  nnrerlirssigere  Todesprobs^ 
als  die  Kreuzigung  an  sich  ist,  eu  haben  wünschte,  als 
ein  besondres  Dui*chbohren  mit  der  I^anze  fafste« 

Ist  aus  den  ausammentreffenden  Interessen,  eine  To* 
desprobe»  und  eine  buehstäbliehe.  £rfittlli|iig  der  Weiss»* 
gung  EU  gewinnen,  der  Zuf  mit  dem  Lansenstleh  hervor» 
gegangen :  so  gehört  das  Übrige  nur  zur  Motivirung  die- 
ses Zuges.  Ein  Stich  als  Todesprobe  war  /lur.  nöthig,  wenn 
Jeans  frtthseitig  Tom  Krens  abgenoBMuen  Wiarden  sollte, 
was  naeh  Jttdisebem  Geses  (4.  Mos.  21,  2%  JoSi  S,  29.  10, 
26  f.  —  eine  Ausnahme  2.  Sam.  21,  Ciff.)  '  ^)  jedenfalls  vor 
^acht.  Insbesondere  aber  diefsuial,  was  Jobannes  allein 
lieraushebty  vor  Anbrneh  des  Pasehafesles>  g^sehohen  mnlSi* 
te.  War  Jesus  nngewöhnlieb  schnell  gestorben,  und  soll« 
ten  doch  auch  die  beiden  mit  ihm  Gekreuzigten  abgenom« 
men  werden,  so  mnfste  man  bei  diesen  den  Tod  gewail* 
anai  beschleunigen,  was  etwa  durch  das  crurifragium  ge« 
sehehen  konnte,  weiches  sich  auch  sonsl^  theiis.  in  Verbln« 
dung  mit  der  Kreuaigung,  theiis  als  Todesstrafe  für  sicli 
findet  '^).   Da  diels  an  dem  bereits  gestorbenen  Jesus  nicht 

14}  s.  bei  RosKNMÜLum,  z«d.  St*  SchVttcxk,  2,  p.  221.  Bsatholot, 
§.  17,  not.  12. 

15)  vgl.  Joseph,  b.  j.  4,  5*      Saahedria  6,  5*  bei  LitavfooT, 
p.  499. 

16)  Wimsm  uod  LOchb  b«  de  St. 


§84  OtllUt.  AJ»Aolinilt.  . 

m  y Mfuhi«  t— ■cfita ,  to  gtb  dielt  cor  Anwendong  dut 

i-mmQbpeirs  in  mM  ßon  4mi  PMdHHPftniiI,  t  Mm 
12,  ■'-.H*'.,  nift  so  mehr  Venmleesttiif  >  de,  wie  eehmi 
früher  bemerkt  >  der  getödtete  Jetui  mit  dem  Paschalamm 
^efgUel  es  m  weiden  jpflegte. 

BegrVbniM  'Jeiit. 

Während  der  Leichnam  Jean  nach  römischer  2}itte  am 
Kmn  LiTtte  hingen  Reiben  mteeen,  hie  Witfernng,  Vtfgd 
Md  Vemenmg  ihn  venehiien       nach  jOdiacher  aber 

"Wor  Aßenr  abgenommen  anf  dem  unehrlichen  Begrabnifs- 
ylug  der  üingerichteten  verscharrt  worden  wäre  ^)  erbat 
iieb  den  «vangelieeben  Naefariebten  nnfolge  ein  angesehe- 
ner Anhänger  des  Getödteien  vom  Proettmter  ieinen  Leieh. 
nara ,  cic/  ihm  nach  römischem  Gesez      nicht  verweigert, 
sondern  alsbald  verabfolgt  wurde  (Matth.  27|  5f7,  pareli»), 
Meter  Di ann,.  welehen  alle  firangellen  %lote|>h  nennen  und 
Ton  Ailmetiiila  ttnmmen  latten,  war  nach  Mkttli^oa  ein 
reicher  Mann  «:Rd  Schüler  Jesu ,  doeh  diefs,  wie  Johannes 
hinzufügt,  blofs  heimlich)  gewesen;  die  beiden  miteieren 
Avnngelltlen  heneicbnen  ihn  alt  ein  ehrenwenhes  Mitglied 
det  hohen  Ratht,  alt  webhet  er  Ahriigent ,  wie  LniuM  be- 
merkt, SU  der  Vemrthellttng  Jesn  seine  Stimme  nicht  ge- 
geben hatte,   und  lassen  ihn  messianischen  Erwartungen 
■ngedmn  sein.  Daft  wir  hier  eine  alimühlig  in*t  Bestimm* 
tere  autgearbeilete  Pertonalbecefiehmuig  haben ,  ÜUlt  in 
die  Augen.    Im  ersten  Rrangelinm  ist  Joseph  ein  Schüler 
Jesu  —  nnd  das  mufs  wohl  derjenige  gewesen  sein ,  der 
tieh  nnter  to  ungünstigen  Umständen  nicht  scheute,  seines 
Leichnamt.  tieh  anannehmen  $  dalt  er  nach  demselben  Eran* 


I)  Vgl.  WxNiK,  1,  S.  602. 

3)  Sanhedrin,  bei  LiCHTfOCT,  p.  489* 

3}  Ulpian.  48>  2^  1  ff. 


üiyiiized  by  Google 


Viert#«  lUpitei.      Iii.  MI 

gvliinii  ein  äpäQtung  fgUmog  gcnpetea  ioin  äolly  IHtt  tiheii 
nn  Jes.  SS^  9.  iknken,  wo  m  hiMut  Yop  WJ^WlTr^  |rfj 
-Trtä^  'y^jrr^y  möglkhemeise  ron  einem  BegribnUs 
bei  Relehen  yersUinileii ,  mi  so  die  Qoelle  menlifiten»  Voll 
diefleiii  Pridikat  des  Joseph  von  Arimathfia  werden  konn- 
te. Dafs  er  messianischen  Ideen  er||eben  war,  was  Lukas 
und  Markos  kinsuAlgen ,  folgte  ans  seinem  VerhiÜtnlfs  sa 
Jesa  von  selbst ;  dafs  er  ein  ßaUvt^g  gewesen ,  was  die* 
selben  ffvangelisten  irersichem ,  ist  freilich  eine  neue  No- 
tiz: Hnfs  er  nbcr  als  solcher  nicht  in  die  Verurtheilung 
«lesn  eingestimmt  haben  konnte,  ergab  sich  wieder  von 
selbst ;  endlich  y  dafs  er  seine  Anhänglichkeit  an  Jesam 
bither  geheim  gehalten,  was  Johannes  anmerkt,.  hSngt  mit 
der  eigenthfimlicheii  Stellung  zusammen ,  welche  dieser 
Evangelist  gewissen  vornehmen  Anhängern,  wie  nament* 
lioh  dem  im  Folgenden  dem  Joseph  beigesellten  Nikode- 
mos,  so  Jesu  giebt:  so  dafs 'nicht  elien  angenommen  wer- 
den mnfs ,  was  Jeder  folgende  Evangelist  weiter  als  der 
vorhergehende  giebt,  beruhe  auf  eben  so  vielen  histoH« 
sehen  liloliven,  die  er  vor  den  übrigen  voraus  liatte« 

Wihrend  die  Synoptiker  die  Bestattung  Jesn  dnreb 
Joseph  allein  verrichten,  und  nur  noch  die  'Frauen  zu- 
sehen lassen ,  führt  Johannes  als  GehUlfen  dabei ,  wie 
gesagt,  den  Nikodemus  auf,  eine  Notis,  Uber  deren  Ver* 
lifslleli'kelt  schon  oben,  wo  Nikodemus  cum  erstenmal 
vorkam ,  gehandelt  worden  ist  Dieser  bringt  som  Be^ 
huf  der  Einbalsamirnng  Jesu  Specei  elen  ,  nämlich  eine  ]^li- 
sehung  von  Myrrhen  und  Aloe,  in  der  Uuantitftt  von  nn- 
gefiihr  106  Pfänden,  herbdw*  Vergeblich  hat  man  sich  be* 
miiht ,  dem  von  Johannes  hier  gebrauchten  XirQa  die  ße* 
deutung  des  lateinischen  Libra  zu  entziehen  und  die  eines 
kleineren  Gewichts  nntersuschieben  'j:  indels  möge  für 


4)  U  Baad,  S.  652. 

5)  MiqiASUSi  Begr äbniss  •  undAuferstehungsgesckichte,  S.68  ff. 


Digitized  by  Google 


$Iß  Dritter  Abcc^Mitt, 

jene  ••IfiillMd  groTie  Oowitilit  einstweilen  die  Benerkonf 
Oi.eH4V»iK's  genügenj  daA  4m  Übermefd  netfirlicher  Aut- 

druck  der  Verehran|^  jener  Männer  für  Jesiiin  gewesen 
sei.  Im  vierten  £vangeliani  volleieiien  nun  gleich  nach 
der  KreBMbnalme  die  beiden  Minner  die  Kinbelteniining 
nach  jadifcher  Sitte,  indem  sie  den  Leiebniim  mit  den 
Specereien  4n  LcintOcher  wickeln;  bei  Lukas  sorgen  die 
f  rauen  nacli  ihrer  Heimkehr  vom  Grabe  Jesu  für  Spece- 
relen  nnd  Salben,  nm  nach  dem  Sabbat  die  EinbalsamI« 
liing  •▼orsnnehmen  (2S,  56. 84^  h);  bat  Markus  kanfen  sie 
die  uQwftaTa  erst  nach  Verflnfs  des  Sabbats  (16,  1.) ;  bei 
Matthiius  aber  ist  von  einer  Einbaisamirung  des  Leichnams 
Jesu  gar  nicht  j  sondern  nur  von  £inwickeiung  in  reine 
Leinwand  die  Rede  («7,  M.). 

Hier  hat  man  suerst  die  Dlfferenn  nwlseben  Markns 
jand  Lukas  in  Bezug  auf  die  Zeit  des  Einkaufs  der  Spe- 
eerelen  dadurch  ausgleichen  au  können  gemeint,  dafs  man 
den  einen  von  beiden  Referenten  auf  die  Seite  des  andern 
herflbersog.    Am  leichtesten  schien  Markus  nach  Lukas 
umgedeutet  Vierden  au  können ,  durch  die  Annahme  einer 
enailane  temporum^  indem  sein  vom  Tag  nach  dem  Sal»- 
.bat  gesagtes  fjycQoam^^  <^  Plusqnamperfectnm  genoaunen, 
dasselbe  an  sagen  schien,  wie  des  Lukas  Angabe,  da£s  die 
Frauen  schon  vom  Begräbnifsabend  her  die  Specereien  in 
Bereitschaft  gehabt  hai>en         Allein  gegen  diese  Aosglei- 
ehung  Ut  bereits  ?om  Wolfenbdttler  FragsMUtlsten  mit 
siegreichem  Unwillen  bemerkt  worden,  dais  der  Bwisehea 
eine  Zeitbestimmung  und  die  Angabe  eines  Zwecks  hin- 
eingestellte Aorist  unmöglich. etwas  Anderes,  als  das  um 
jene  Zeit  au  diesem  Zweck  Geschehene,  also  hier  das  swir 
sehen  diayfvofiipH  tä  aaßßa%9  nnd  int  iMuaai  oXütfHoaw 
avTCv  gestellte  rjyoQaaav  aqutficna  nur  einen  nach  Verflufs 
des  Sabbats  vorgenommenen  Einkauf  bedeuten  könne  ^> 

6)  So  GnoTivsj  Lkss,  Auferstchungsgeschichte,  S.  165. 

7}  t.  das  fünfte  Fragment^  iu  Lisisk«'«  viertem  Beitrag  zur  Ge- 


oiyiii^cG  by  Google 


« 


Viertes  Kapitel.    $•  131.  577 

Dnher  hat  Michaelis,  welcher  die  Widersprochsloslgkeit 
der  iU^grübnifs  •  und  Auferstehungsgeschichte  gegen  die 
Angriffe  des  tTragmenlisten  sa  retten  nnternahni}  sich  auf 
die  andere  Seite  geschlagen ,  nnd  den  Lukas  dem  Markos 
zu  conformiren  gesacht.  Wenn  Lukas  schreibt :  vTtogQt' 
tf  aaai  di  ^tolfiaaav  aQoif^cera  xäl  fivQai  so  soll  er  damit 
nieht  sagen  wollen ,  da(s  sie  unmittelbar  nach  der  Rück- 
kehr, also  noch  am  BegrSbnIfsabend,  diese  £inkffafe  ge- 
macht hatten,  vielmehr  durch  den  Zusaz :  xai  zo  fdr  Oiri- 
ßazov  r^aixaaotv  xccrd  trv  irtoh]r,  gebe  er  selbst  zu  verste- 
hen^  dals  es  erst  nach  Verflnfs  des  Sabbats  geschehen  sei^  <la 
swisohen  ihrer  Rückkehr  vom  Grab  nnd  dem  Anbruch  des 
Sabbats  mit  6  Uhr  Abends  keine  Zeit  zum  Einkaufen  mehr 
übrig  gewesen  war  Allein^  wenn  Lukas  zwischen 

ino^Ql^aai  nnd  ^avxoffov  sein  ^tolfiaaav  stellt:  so  kann 
diefs  ebensowenig  etwas  erst  nach  der  Sabbatruhe  Vorge- 
fallenes bedeuten,  als  bei  Markus  das  auf  Ähnliche  Art 
in  die  Mitte  gestellte  rjyoQaoav  etwas,  das  vor  dem  Sab- 
bat würe  geschehen  gewesen.  Man  hat  daher  neuerlich 
Bwar  eingesehen,  daft  man  Jedem  dieser  beiden  Evangeli- 
sten In  Betreff  des  Ankaufs  der  Specereien  seinen  eige- 
nen Silin  lassen  müsse:  ducli  glaubte  man  den  Schein  des 
Irrthnms  auf  der  einen  oder  andern  Seite  durch  die  An- 
nahme entfernen  sn  können ,  die  noch  vor  dem  Sabbat . 
bereiteten  Specereien  haben  nicht  angereicht ,  nnd  defswe- 
gen  die  Frauen  dem  Markus  zufolge  wirklich  nach  dem 
Sabbat  noch  weitere  dazugekauft  Das  mülste  aber 
doch  ein  ungeheurer  Specerdverbranch  gewesen  sein,  wenn 
snerst  der  von  Nikodemus  herbeigebrachte  Centner .  nicht 
gereicht,  und  defswegen  die  Frauen  noch  Abends  vor  dem 


schichte  und  Literatur,  S.467f.  Vgl.  Uber  diese  Differensen 
auch  LKS8iKi»*s  Duplik. 

8)  MiCHAKLis,  a.  a.  O.  S.  102  ff. 

9)  KuiKÖL,  in  Luc.  p.  721. 

Vas  LȤb$n  Jtsu  iL  Band,  37 


Digitized  by  Google 


4 

578 


Dritter  Abachnitt 


'SfiblMt  w#it0i«  Sjierereieii  bereit  gelegt  lilton,  itmiii  aber 
wKre  eaeh  dieCi  ale  bu  wenig  befanden  nvorden ,  und  sie 
hatten  am  Morgen  nach  dem  iSabbat  noch  etwa«  Weitei*es 
dasogduioft. 

So  nimlieh  rnttfete  man  doch  conse(|oenterweise  aoeh  den 
•weiten  Widev^roeh  löten ,  welcher  swisehen  den  swri 

mittleren  Evangelisten  zusammen  und  dem  vierten  statt« 
findet,  dafs  nümlieh  nnch  diesem  Jesus  bei  seiner  Grable« 
gang  mit  lOQ  Pfund  Salben  einbalsamirt  worden ,  nach  Je- 
nen dii^egen  die  Einbaleamirang  bis  nach  dem  Sabliat  vor- 
behalten  war.  Nun  waren  aber  der  Materie  nach  die  100 
Pfund  Myrrhen  und  Aloe  mehr  aU  genug:  was  fehlte,  und 
naeb  dem  Sabbat  nachgeholt  werden  sollte,  könnte  n«r 
etwa  die  Form  gewesen  sein,  d.  h,  dala  die  Specereien  noeb 
nicht  auf  die  rechte  Weise  an  dem  Leichnam  angebracht 
waren,  weil  hierin  der  Anbruch  d^s  Sabbats  unterbro- 
eben  hatte  '  ^>  Allein ,  wenn  wir  den  Johannes  hören,  ao 
war  die  Beisetanng  Jesn  am  Abend  seines  Todes  xaMs 
tO-og  igi  loig  ^lüSalotg  tvxarpia^nv  ^  d.  h.  rite  ^  in  aller 
Form,  vorgenommen  worden,  indem  der  Leichnam  ^i%a 
%tap  aQfaftif(ap  in  o^via  gebunden  wurde  CV*  40.),  waa 
eilen  das  Ganse  der  Jttdiseben  fiinbalsamirung  war,  wei- 
cher somit  nach  Johannes  aneh  in  Betreff  der  Form  nichts 
mehr  fehlte  abgesehen  davon,  dafs,  wenn  doch  die 

Weiber  nach  Markus  und  Lukas  neue  S|iecereien  kaufen 
und  in  Bereitschaft  stellen die  fiinbalsamirang  des  ^iko* 
demns  aneh  materiell  nnvollstlfndig  gewesen  sein  mttfste. 
Da  somit  an  der  Bestattung  Jesu,  wie  sie  Johannes  er- 
alihlt,  objektiv  nichts  gefehlt  haben  kann:  so  soll  sie  doch 
anbjekti?  fttr  die  Weiber  eine  nicht  vorgenommene  gewe* 
aen  aein,  d«  h«  sie  sollen  nicht  gewafst. haben,  dafi^  Jesua 


10)  So  Tholvcx,  s.  d.  St» 

11)  s.  den  F^sgmeatisten,  a«  a,  O«,  S.  469  ff« 


Digitized  by  Google 


Vierlet  KapiteJ,   §.  131.  579 

bereits  doreh  Nikodenas  und  Joseph  einbalsamirt  wur  > 
Man  erstaunt  über  eine  solche  Behauptung  ,  da  mai^  doch 
bei  den  SynoptiJMrn  ausdriiciilich  lieety  daHi  die  Fraaen 
bei  der  ßetlaltang  Jesa  sugegen  gewesen  seien,  und  niebt 
blofs  den  Ort  inQ  tl&fcai ,  Markos),  sondern  auch  die  Art, 
wie  er  beigesei^t  wurde  {jjjg  izi^t^ ,  Lukas)  mit  angesehen 
bai>en. 

Die  dritte  diesen  Punkt  betreffende  Abweichung,  wei« 
ehe  swisehen  Mfttthäns  und  den  übrigen  insofern  stattfin* 

det,  als  jener  überhaupt  von  keiner  lliinbaiäainirun^ ,  we- 
der vor  noch  nach  dem  Sabbat,  weils,  hat  man,  weil  sie 
Idofii  in  Schweigen  eines  Referenten  besteht,  bisher  wenig 
berücksichtigt,  und  seihst  der  Wolfenbüttier  gab  nu,  dafs  in 
der  von  Matthäus  gemeldeten  Einuickelung  in  reine  Lein- 
wand die  jüdische  Linbakamirung  bereits  mitenthalten 
seL  Aliein  dielsmai  möchte  doch  wohl  tx  sileniio  ein  A^ 
gunent  sich  eichen  lassen.  Wenn  man  in  der  firslhlung 
von  der  iU>tliaiiischen  Salbung  ilas  W  ort  Jesu  liest,  durch 
ihre  That  habe  die  Frau  die  Salbung  seines  Leibes  zum 
fiegräbnifs  anticipirt  (Matth.  26^  12.  parelL) :  so  hat  diefs 
•war  allerdings  in  allen  Relationen  seinen  Sinn,  feinen 
ganz  besonders  treffenden  aber  doch  bei  Matthäus ,  nach 
dessen  weiterer  Erzählung  beim  BegräbniCs  Jesu  keine 
Salbung  stattfand,  und  nur  hieraus  scheint  sich  auch  das 
liesondere  Gewicht,  welches  die  efangeÜsche  Tradition 
auf  jene  Handlung  der  Frau  legte,  genügend  su  erklären. 
War  dem  als  Messias  Verehrten  bei  seinem  liegräbniCs  im 
Drang  der  ungünstigen  UmstHnde  die  gebührende  Ehre  der 
£lnbalsamirnng  nicht  geworden:  so  mulste  freilich  der 
Blick  seiner  Anhänger  mit  besonderem  Wohlgefallen  auf 
einer  Begebenheit  aus  dem  lezten  Abschnitt  beines  Lebens 
ruhen,  wo  eine  demuthsvoUe  Verehrerin,  wie  weni^sie 


12)  MicHAKi.18,  a.  a.  O.,  S.  99  f.  ,  Kuin'öl  und  Lücki  lassen  xwi 
sehen  dieser  Ausiiuiifk  und  der  vorigen  <lio  Wald« 

37  *  ^ 


* 


Digitized  by  Google 


I 


560  Dritter  Abschnitt* 

geAhnct  hätte ,  dnfs  dem  ToiUen  diese  Ehre  versagt  sein 
werde,  sie  dem  Lebenden  emicsen  hatte.     Von  hier  aas 
wttnle  tich  dann  «oeh  die  verschiedene  Darstellung  der 
lesten  Selhang  bei  den  fibrigen  Evangelisten  in  das  Licht 
einer  stufenweisen  Entwiclielang  der  Sage  stellen.  Bei 
Markus  und  Lukas  steht  es  noch,  wie  bei  Mntthiius,  fest, 
dafs  der  Leichnam  Jesu  nicht  wirJ&Iich  einbslsamirt  wor- 
den ist:  so  war  ihm  aber  doch ,  sagte  man  Ober  das  erste 
Evangelinm  hinaassehreitend ,  die  fiinbalsamirong  äuge« 
dacht,  dem  Hiiigan«^  der  Frauen  zo  seinem  Grab  am  Mor- 
gen nach  dem  iiabbat  lag  diese  Absicht  zum  Grunde »  de- 
ren Ansfühmng  nur  seine  Anferstehnng  suvorkam«  Im 
vierten  Evangelium  dagegen  flols  Jene  bei  dem  Lebenden 
anticipirte,   und  diese  dem  Todten  zugedachte  Salbung  in 
eine   mit  dem  Todten  vorgenommene  zusammen,  neben 
wdohcr  abrigensi  nach  der  Art  der  Sagen bildung ,  die 
ßeeiehnng  auch  der  früheren  Salbung  aof  das  fiegräbnifa 
Jesu  stehen  blieb. 

Der  Leichnam  Jesu  wurde  sofort  nach  säromtlichen 
Heferenten  in  einer  Fels^ngruft  beigeseat ,  welche  mit  ei- 
nem grofsen  Stein  verschlossen  wurde*  Matthius  KicBeiehp- 
net  dieses   Grabmal  als  xanvv,  was  Lukas  und  Johannes 
genauer  dahin  bestimmen ,  dafs  noch  l^iemand  in  demsel- 
ben beigeseat  gewesen  sei«    Beilfiufig  gesagt,  hat  man  ge- 
gen diese  Neuheit  des  Grabes  ebenso  Ursache,  midtrau* 
ischausein,  wie  bei  der  Geschichte  des  Einzugs.  Jesu  gegen 
den  ungerittenen  Esel ,  da  hier  wie  dort  die  Versuchung 
unwiderstehlich  nahe  lag,  auch  ohne  historischen  Grund 
das  heilige  Behältnifs  des  Leibes  Jesu  als  ein  noch  durch 
lieine  Leiche  verunreinigtes  voraustellert.   Auch  in  Bezug 
auf  dieses  Grabmal  indefs  zeigt  sich  eine  Abweichung  der 
Evangelisten.    Mach  Matthäus  war  es  das  Eigenthum  den 
Joseph ,   welches  er  selbst  hatte  in  Felsen  hauen  lassen, 
und  auch  die   beiden  andern  Synoptilier,  indem  sie  den 
Joseph  ohne  Weiteres  Uber  das  Grab  verfügen  lassen,  schei- 


Digitized  by  Google 


Viertes  Kapitel.  131. 


561 

« 


iion  von  i!er  gleichen  Voranssetzung  ansctigehen.  Nach 
Johannes  hingegen  war  niclit  das  Kigentbunisrecht  des  Jo- 
aeph  auf  das  Grab  der  Grand,  warom  man  Jetom  in  daa- 
selbe  legte,  sondern,  weil  die  Zelt  driingte,  legte  hmir 
ihn  in  die  frische  Graft,  welche  in  einem  benachbarten 
linrten  sich  befand.  Auch  hier  hat  die  Harnionistik  auf 
beiden  Seiten  ihre  Kttuste  versueht.  Mattbünt  tollte  sar 
llbereinstimmang  mit  Johannes  gebracht  werden  dnreh  die 
Observation ,  dafs  eine  Handschrift  seines  Evangeliums  das 
zu  ^ivt;fiei(i>  gesezte  avtS  weglasse,  eine  alte  Übersetzung 
aber  statt  o  ilaTCfir;aey  — o  ijv  lerarofirjfiivov  gelesen  ha- 
be *^):  als  ob  nicht  diese  Änderongen  wahrscheinlich 
aelbst  schon  dem  harmonlstlschen  Bestreben  ihr  Dasein  na 
verdanken  liütten  !  Daher  hat  man,  auf  die  andere  Seite 
sich  wendend,  bemerkt,  die  johanneischen  Worte  sohliefsen 
gar  nicht  ans,  dmSk  nicht  Joseph  Ittfnnte  der  ElgenlhfimW* 
der  Grufl  gewesen  sein,  da  Ja  beide  Gründe,  die  Nihe, 
und  dafs  das  Grab  dem  Joseph  gehörte,  zusammengewirkt 
bähen  können  '^).  Vielmehr  aber  schliefst  die  Nähe  alslier- 
nnsgeholiener  Beweggrund  das  Eigenthamsverhtfitnifs  ans:  - 
ein  Dans,  in  welches  ich  bei  einfallendem  Regen  der  Nä- 
he wegen  trete ,  ist  nicht  mein  eigenes ,  ich  raüfste  denn 
Besitzer  mehrerer  U&user,  eines  nahen  und  eines  ent* 
femtefen,  selni  von  welchen  das  leatere  meine£  eigentli- 
che Wohnung  wffre,  und  ebenso  ein  Grab,  in  welches 
einer  einen  Verwandten  oder  Freund,  der  filir  sich  kein 
Grabmal  hat,  der  Nähe  wegen  legt,  kann  nicht  sein  eige* 
nes  sein,  er  mflfste  denn  mehrere  Gräber  besitaen,  und 
den  Todten  bei '  besserer  Mufse  in  ein  anderes  bringen 
wollen ,  was  aber  in  onserm  Falle ,  da  das  nahe  Grab  dnreh 
seine  Neuheit  zur  Beisetzung  Jesu  in  demselben  vor  allen 
andern  sieh  eignete,  nicht  wohl  denkbar  Ist»    Bleibt  so 


15)  MicaAKiis,  a.  a.  O.  ,  S.  45  ff. 

14)  VivMi^  ia  aiaiib.  p.  7.86.  Hais,  §,  145. 


5S2 


Dritter  Abschnitt. 


auch  hier  der  Widersprooh,  so  scheint  im  Innern  beider 
en^geipengieteBfen  Angaben  kein  Urond  rar  Entecheidnng 
fiBr  die  eine  eder  andere  mu  liegen 

§.  132. 

Die  Wache  am  Grabe  Jesu. 

Am  folifenden  Tngy  als  am  Sabbat sollen  non  nach 
Matthäus  C^7,  62  £f.)  die  Hohenpriester  und  Pharisäer  bei 
Pilatus  ensammengekommen  sein,  ond  ihn,  mit  Rücksicht 
•nf  die  Voranssafl^e  Jesn,  er  werde  nach  dreien  Ta^n  aof- 
•rsteben,  gebeten  haben,  eine  Wache  an  sein  Grab  eu  stel* 
len,  damit  nicht  seine  Aiih^ins^er  von  der  durch  jene  Vor* 
anssai^  erregten  Erwartung  Gelejvenheit  nehmen,  seinen 
Leichnam  sn  atehleni  nnd  Ihn  sofort  fttr  auferstanden  ane- 
encfeben.  Pilatos  efewShrt  ihre  Bitte,  ond  so  ^hen  sie  hin, 
versiegeln  den  Stein,  und  stellen  die  Wache  vor  das  Grab. 
AI«  non  (dlefs  roufg  hier  anticipirt  werden)  die  Anferste- 
'  bong  Jean  erfoli^te,  aeete  die  mit  derselben  verbundene 
Eno^pleraohelnun^  die  Wffchtm»  so  In  Pnreht,  dafa  ale  taael 
reieool  wurden,  iibrigfens  doch  sofort  in  die  Stadt  eilten, 
und  den  Hohenpriestern  die  Anzeige  von  dem  Vorfall  mach- 
ten« Olesoj  naohdem  sie  sieh  In  einer  Versammlung  darll- 

iS()  Ans  einer  Verwechslung  des  dem  Richtplaz  benaclibarten 
ir^TTo?»  wo  Jesus,  nacli  Johannes«  begraben  wurde«  und  des 
Garten«  Gethsemane,  wo  er  gefangen  worden  war,  scheint 
die  Angabe  de«  evang.  Nieodemi  geflossen  zu  sein ,  Jesus  ael 
gekreusigt  worden  Ir  »4«^,  $nm  hi»t^9i,  C.  9,  p.  580. 
bei  TaiiiO« 

wund«rliche  ünischrcfbung  de«  Sabbats,  da  es  eine  Verkeb- 
roag  ist,  einen  fciorlichon  Ta^  als  den  Tag  nach  dem  Vor- 
tag SU  bezeichnen:  doch  muss  man  bei  dieser  Deutung  blei- 
btn,  so  lange  man  derselben  nicht  auf  natürlichere  Weise, 
als  SotmccHsasfraaea  In  seiner  Chronologie  dar  LeidansMroche^ 
Beitrüge  S.  SiP«f  aassaweioben  weUi« 


L^iyiii^üd  by  Google 


Viert«;«»  Kapitel.'  ^.  132.  im 

In*  bei'Afhen,  bestachen  die  Soldaten,  Hnfs  sie  vorgeben 
.  «oUten,  die  Jünger  biibeii  bei  Nacht  den  Leichnam  gesteh« 
len;  woher  sieh,*  wie  der  Referent  hineosest,  dieses  tie* 
rficht  Terbreitete,  und  bis  auf  seine  Zeit  erhielt  (28,  4.  11  ff.). 

Bei  dieser,  dem  ersten  Kv.ingeltuiii  eigenthfimlicheii 
Erxähluiig  hat  man  aileriel  Bedenken  gefunden,  welche  der 
Wolfenhattler  Fragmentist  und  nach  ihm  Paulus  am  scharf- 
N    sinnigsten  in*s  Lieht  gestellt  haben        Die  Schwierigkei- 
ten liegen  zuvörderst  darin,  dafs  weder  die  erforderlichen 
Bedingungen  dieses  Vorgangs,   noch  seine  nothwendigen 
Folgen  in  der  «brigen      TJlehen  Geschichte  gegeben  sind. 
In  ersterer  Hinsicht  ist  es  nicht  an  liegreifen,  wie  die  Syn- 
edristen  «u  der  Notiz  kommen  konnten ,  dafs  drei  Tage 
nach  seinem  Tode  Jesus  wieder  in  das  Leben  nm*ückkeh« 
ren  solle:  da  selbst  bei  seinen  J Angern  ?on  einer  solchen 
Kunde  Iteine  Spur  sich  findet«   Sie  sagen:  iftn^Ox^rjav  m i 
ixHvog  6  nkui'og  tintv  tti  Qo)v  yt.  t,        Soll  diefs  heifsen , 
sie  erinnern  sich,  ihn  selber  davon  reden  gehört  nu  haben : 
so  sprach  laut  der  evangelischen  Machrichten  Jesus  seinen 
Feinden  gegenlllier  nie  liestlmmt  von  seiner  Auferstehung; 
die  bildlichen  Reden  aber,  welche  seinen  vertrauten  Schü- 
lern unverstiindlich  blieben,  konnten  die  an  seine  Denk- 
und  Ausdrucksweise  weniger  gewöhnten  jüdischen  Hierar* 
eben  gewifs  noch  weniger  verstehen.  Wollen  aber  dieSyn-  * 
pdristen   blofs  sagen,  sie  haben  von  Andern  gehört,  dafs 
Ji'sus  jenes  Versprechen  gegeben  habe:  so  könnte  diese 
Nachricht  nur  von  den  Jüngern  ausgegangen  sein;  alier 
fliese^  welche  weder  vor  noch  nach  dem  Tode  Jesu  eine 
Ahnung  von  bevorstehender  Waederlielebnng  hatten,  lionn- 
fen  auch  in  Andern  diese  Vorstellung  nicht  erregen  —  ab- 
gesehen ^davon^  dafs  wir  die  Jesu  geliehenen  VorherrerkUn- 
digungen  sduer  'Aofentehung  sXuimtlicli  als  unliistorisch 


J)  Eriterer  s.  a«  O.  S.  457  ff.,  lezUrer  im  exeg.  Uaadb.  3,  b, 
S».  837  fl:  Vgl.  ÜAMsa,  blbl.  Theo].     S.  253. 


Digitized  by  Google 


584  Dritter  Abfohnitt. 


huben  von  der  Hand  weben  rattiten.    Wie  aber  bei  den 

Feinden  Jesu  diese  Kenntnifg ,  so  ist  bei  seinen  Freiiiiden, 
den  Aposteln  und  ttbrigen  Evangelisten  auMer  Matthäus, 
ihr  Schweigen  Ten  einem  ihrer  Seehe  ee  gflnetifen  linetaMl 
nicht  m  begreifen«   Zwar  des  tat  so  nedem,  wea  der 
Woifenbüttler  den  Jüngern  anmuthet,  sie  hätten  sich  dar- 
über, dafs  eine  Bewachung  des  Grabes  angeordnet  worden, 
•Jabald  Brief  nnd  Siegel  Ton  Piletne  erbitten  maeaen :  doeh 
ao  Tlel  bleibt,  dafa  es  anffallen  mnla,  in  der  apeateliaelieii 
Verkündigung  nirgends  eine  Berufung  auf  eine  so  schla- 
gende Thatsache  £u  finden,  und  auch  in  den  Evangelien, 
nnaaer  dem  ersten  ^  Jede  Spnr  davon  «i  vermlsaen.  Man 
hat  diefs  StIUsehwelgen  daraus  ra  erkKren  Tersnehl,  dafii 
Ja  durch  die  Bestechung  der  Wache  von  Seiten  des  Syne*  | 
driums  die  Berufung  auf  sie  eine  fruchtlose  geworden  sei'): 
allein  am  soleher  offenbaren  I^äge  willen  giebt  smui  die 
Wahrheit  nicht  sogleich  auf,  nnd  Jedenfidis  in  der  Ver- 
antwortung der  Anhänger  Jesu  vor  dem  Synedrinm  mnfs» 
te  die  £rwähnung  {ener  Thatsache  eine  schlagende  Waffe 
sein.   Halb  verloren  giebt  man  schon,  wenn  man  sieb  da^- 
hin  Borfleksiebt,  die  Jfinger  haben  wohl  von  dem  wahren 
Ifergang  nicht  sogleich,  sondern  erst  spXt,  als  die  Wiehter 
anfiengen,  denselben  auszuschwateen ,  Kenntnifs  bekom- 
men      Denn  brachten  die  Wächter  im  AugenbiiciL  auch 
blofa  das  Mährchen  von  dem  Oiebstahi  Tor,  und  gaben  al- 
so SD,  da(s  sie  bel'm  Grabe  aufgestellt  gewesen :  so  konn- 
ten die  Anhänger  Jesu  sich  den  wahren  Thatbestand  schon 
eonstruiren,  und  sich  dreist  auf  die  Wächter  berufen,  wel- 
che Ton  etwas  gans  Anderem,  als  einem  Leichendiebstahl, 
mfilsten  Zeugen  gewesen  sein.    Doeh  damit  man  nicht 
etwa  die  UugCiitijj;keit  des  Arguments  aus  der  blofs  negati- 


8)  BCteaABuSy  BegrXbnist-  und  Auferstekungs  geschickte,  8.206. 

OuaAOtaiv,  2,  9.  I06. 
»  BltCMABuSy  a.  t.  O. 


Digitized  by  Google 


VierUt  KupiteL  f.  UL 


ren  TlmtiMlie  des  StUbehweigeiw  mnvmU,  wo  wM  v«i 

einem  Theil  der  ÄnbMiigerschaft  Jesu,  njimlich  von  dtm 
Frauen,  etwas  positiv  erE&hlt,  was  sich  mit  der  Wache 
am  Grabe  niebl  vertrügt.  JUkht  blofii  wollen  nünlieli  dif»  . 
Franen^  welehe  äm  Morgen  naeh  dem 'Sabbat  som  Grabe 
giengen,  die  Salbnng  vollenden,  was  sie  nicht  hoffen  konn- 
ten, thun  zu  dürfen,  wenn  sie  wnOiten,  da(s  eine  Wache 
vor  das  Grab  gestellt,  und  dieses  noch  dasn  versiegelt 
war^):  sondern  naeh  Harkns  bestellt  ihre  ganae  Bedenk» 
llchkeit  wehrend  des  Hinausgehens  darin,  wer  ihnen  wohl 
den  St^'in  vom  Grabe  wälaen  werde?  snm  deutlichen  Be* 
weiS|  da(asie  von  den  Wfichtern  nichts  wnisteiiy  wekhe 
entweder  einen  aveh  noeb  so  leiehten  Stein  wegsnnehmen 
ihnen  nieht  gestattet,  oder,  wenn  diefs,  dann  wohl  aneh  defi 
schwereren  ihnen  hdlfreich  weggewülzt,  in  jedem  Fall  al« 
so  die  Bedenklichkeit  wegen  der  Schwere  des  Steins  Aber* 
llttasig  gemaebt  beben  würden.  Dafs  aber  die  Anfsteilnng 
der  Waebe  den  Weibern  sollte  unbekannt  gehlleben  srtn, 
ist  bei  dem  Aufsehen,  welches  alles  das  Ende  Jesu  Betref- 
fende in  Jerusalem  machte  C^uc»  24 1  18.)|  sehr  unwahr* 
acheinlieb* 

l>oeb  aneh  innerhalb  der  ErsXhInng  ist  Alles  voll 

von  Schwierigkeiten,  indem  nach  dem  Ausdruck  von  Pau- 
lus keine  einzige  der  in  derselben  anftreteiiden  Personen 
ihrem  Charakter  gemlifs  handelt*  Schon  dais  Pilatus  den 
jadiseben  Obern  ihr  Gesneb  um  eine  Waebe  —  ieh  will 
nicht  sagen,  ohne  Weigerung,  aber  so  gana  ohne  Spott, 
gewftlirt  haben  soll,  muis  nach  seinem  bisherigen  Beneh- 
men -gegen  sie  aufiidlen       obwohl  dleis  von  Matthäus  in 


5)  Dea  lesteren  Funkt  ühersicht  Olshivssii  ,  wenn  er  a.  a.  O. 
•agt,  die  Wache  habe  ja  nicht  dea  Befdd  gsbabt,  die  voU- 
stMadige  Bestattung  Jesu  su  hiadera. 

6)  OtsKAVSsir  frellieh  ist  es  auch  hier  neck  iamer  so  tcbaaer* 

lieh  zu  Muth,  dass  er  dea  Pilatus  bei  dieser  Mittkeüuag 


Digitized  by  Google 


888  Dritter  Abschnitt. 

Mner  iiinimariscfien  Darstellung  auch  nnr  Übergangen  sein 
könnte,  liefreindender  ist,  dafs  die  Wichter  xu  der  bei 
di»r  Strenge  rdniseher  Kriegssacht  sehr  gelülhrlicheii  LOge^ 
sie  haben  ihren  Dienst  dnreh'  Schlafen  irerslamt,  sich  so 
ieicht  hergaben,  ^umal  sie  bei  dem  gespannten  Verhältnifs 
des  Synedriums  zum  Procurator  nicht  wissen  konnten j 
wie  viel  ihnen  die  von  dem  ersteren  sogesagte  Vermittlung 
nlltien  würde.  Am  andenkbarsten  aber  ist  das  angebÜelie 
fienehmen  der  Synedristen*  Zwar  die  Schwierigkeit,  wel« 
che  darin  liegt)  daf«  sie  am  Sabbat  zu  dem  heidnischen 
Procurator  giengen,  sich  am  Grabe  vernnreinigten,  und  ei- 
ne Wache  ausrilcken  Helsen ,  Imt  der  Welfenbflttier  nnf 
die  Spitze  gestellt ;  aber  ihr  Benehmen ,  als  die'  vom  0rab 
zurückgekehrte  Wache  die  Auferstehung  Jesu  meldete,  ist 
in  der  That  ein  unmögliches.  Sie  glauben  der  Aussage 
der  Seidaten,  dals  Jesus  auf  wnnderfelle  Weise  aus  eei- 
nem  Grabe  auferstanden  sei.  Wie  konnte  dlels  der  hohe 
Rath|  der  eines  guten  Thells  aus  Sadducäern  bestand, 
glaublich  finden?  Nicht  ehimai  die  Pharisäer  in  demselben, 
weiche  im  thesi  die  MdgUchkeit  der  Aoferstehnng  behnup- 
lefeuy  konnten  bei  der  geringen  Meinung,  die  sie  von  Jesu 
hatten,  an  die  seinige  eu  glauben  geneigt  sein,  eumal  die 
Aussage  im  Munde  der  weggelaufenen  Wfichter  ganz  wie 
eine  nur  ßnCMshnldignng  eines  Dienstfehlers  ersonnene  Lo- 
ge lautete^  Start  dafs  somit  die  wirklichen  Synedristen  bei 
einer  solchen  Aassage  der  Soldaten  erbittert  gesagt  haben 
wärden:  ihr  lügt!  ihr  habt  geschlafen  und  ihn  stehlen  laa- 
seui  aber  das  werdet  ihr  thener  besahlen  müssen,  wenn  es 
erst  mi  Froeorator  untei^ucht  werden  wird,  —  statt  dee> 
Iren  bitten  sie  dieselben  noch  schön  t  lügt  doch ,  ihr  habt 
geschlafen  und  ihn  stehlen  lassen ,  bezahlen  sie  noch  daj&u 
tbeoer  filr  diese  Lüge^  und  verspredieni  sie  bei*ai  Frocim* 


der  Syaedrisleu  von  mÜMacbreihlichen  Gefiihlea  durchsdian- 
ert  werden  Vtttt,  8«  505* 


oiyiii^uG  by  Google 


Viertel  KapiteL       132.  AS7 

tor  KU  entschuldigen.  Man  sieht,  AieC»  ist  ganz,  aasf  der 
ehrlstlioben  VoranssetBWif  Ton  der  fteiilitXt  der  Aafersto- 
hang  Jm  gesprochen,  eine  VomiMseCsuuff,  welith*  »bef 
ghriK  mit  Unrecht  aof  die  Mitglieder  des  Synedriams  llberr 
getragen  wird.  Auch  darin  liegt  eine,  nicht  blofs  Vfim 
Fragmentisten  aufgesoehte ,  sondern  seihst  von  orthodoz«*ii 
Anslegem?)  änerkannte  Sehwierlgkeit,*  dafs  das  Syna- 
drium  In  einer  ordentlichen  Versamodiing  und  nach  Utra^ 
iicher  ßerathung  sich  entschlossen  haben  solJ,  die  Soldaten 
en  bestechen,  und  ihnen  eine  Lüge  in  den  Mund  so  geben* 
Dafs  auf  diese  Weise-  ein  Colieginm  ¥on  70  Mliman  «In 
FaIshid  KU  begehen  aratlleh  beschlossen  haben  sollte,  Ist, 
wie  Olshausen  richtig  sagt,  zu  sehr  gegen  das  Decorum, 
dns  nntHrliche  Anstandsgefühl,  einer  solchen  Versammlung. 
Die  Auskunfti  es  sei  eine  biofse  FrivatTersammiong  gewa» 
sen,  da  Ja  nur  von  den  oQyjeQaTg  und  nQenßvrF{)Oi ,  nieHt 
auoli  von  den  ynaiiftarfls  gesagt  sei,  sie  haben  die  Solda- 
ten EU  bestechen  den  Beschiufs  gofafst  liefe  auf  da« 
Wonderliche  hinaus,  dais  bei  dieser  Zusammenkonft  die 
ymeftfiardg^  bei  dem  knrs  rorher  in  derselben  Angelegen- 
heit gemachten  Gang  zum  Procnrator  aber,  wo  die  Schrift 
gelehrten  durch  die  ihre  Mehrheit  bildenden  Pharisüer  vei^ 
treten  sind,  die  nQeafivriQOi  gefehlt  haben  mdfsten :  woraus 
aber  vielmehr  erhellt,  dafs  das  Synedrium ,  well,  es  Jedes- 
raal  durch  rollstMndige  Aufxühhing  seiner  Bestandtbeile  mt 
bezeichnen,  unbequem  war,  nicht  selten  durch  £rwähnung 
nur  einiger  oder  Eines  von  denselben  angezeigt  wnrde.  BieÜit 
^  somit  dabei,  daft  nach  Matthius  der  hohe  Ri^  in  Idrndl- 
eher  Sitsung  die  Bestechung  der  Wiehter  beschlossen  ha^ 
ben  müfste:  so  lionnte  eine  solche  INicderträchtigkeit  doch 
wohl  nur  die  Erbitterung  der  ersten  Christen,  nttter  denen 
nnsre  Anekdote  entstanden  ist,  dem  CoUeginm  als  solehefli 
sutraaen. 

7)  OLSaAUSs»,  $.  906. 

8)  MxcaABus,  a.  ««  O.  8.  fttC 


uiyitized  by  Google 


688 


Drittel*  Abschnitt. 


Diese  Schwierigkeiten  der  vorllegenilen  Erzfihlung  des 
ersten  BTangeliums  hat  man  schon  so  drückend  gefandeny 
dtSk  mum  sie  dereh  die  Annehme  einer  Interpoletioii  mm 
entfernen  snehte^,  wm  neuerlich  dahin  gemildert  worden 
ist,  dafs  die  Anekdote  zwar  nicht  vom  Apostel  MatthJloe 
•eibsti  doch  anch  nicht  von  einer  ansrem  £vRiigeiium  sonst 
l^mden  Hend  herrfiluren^  sondern  von  dem  grieeliieclieB 
Uiiersetsor  des  hebrileclien  Hetlhlus  eingeschoben  eeia 
eoUte  *°).  Gegen  das  Erstere  Ist  der  Mangel  Jeder  kriti- 
schen Begründung  entscheidend;  die  Berufung  der  andern 
Ansicht  eaf  den  nnapostoÜschen  CheralLter  der  AnelLdete 
^  trflrde  eine  Ansscheidnng  derseliien  ens  dem  Gontext  der 
übrigen  £rsShlang  nur  dann  begründen ,  wenn  der  apo- 
stolische Ursprung  des  Übrigen  schon  bewiesen  wäre;  Man« 
gel  an  Znsammenhang  mit  dem  Übrigen  aber  findet  so  we- 
nig statte  dafs  vielmehr  Pauli»  recht  hat  mit  der  Bemer- 
kung, ein  Interpolator  (oder  einschiebender  ÜberseCser) 
würde  sich  schwerlich  die  Mühe  gegeben  haben,  sein  Ein- 
schiebsei an  drei  Orte  (87,62-^.  78,  4.  Ii — 16.)  au  ver> 
Iheilen»  iondern.er  bitte  es  an  Einer,  höchstens  swelSiet 
ien  sasammengedrK  ngt.  Auch  so  leichten  Kanfs  lüftt  stefa 
die  Sache  nicht  abmachen,  wie  Olshausen  will,  dafs  nSm- 
Ücli  die  ganee  Crzfihlung  apostolisch^  end  im  Übrigen  rich- 
tig sein  aoll|  nnr  darin  habe  der  Evangelist  .geirrt,  da(e  er 
die  Bestechnng  Im  tollen  Rath  besoblossen  vrerden  Inssei 
da  die  Sache  wahrscheinlich  von  Kaiphas  allein  unter  der 
Hand  abgemacht  worden  sei:  als  ob  diese  Rathsversamm- 
lonf  die  einsige  Sehwierigkeli  der  firalhlong  wire,  and 
als  ob,  wenn  In  Bea'dg  auf  sie,  dann  nicht  auch  In  andern 
Beeiehangen  Irrthümer  sich  eingeschlichen  haben  könn- 
ten 

0 

9)  SraotH,  in  EicimonK^t  Rcpcriorium,  9,  S.  141. 
•     10)  Kkr«,  über  den  Ursprung  des  Ev.  M«tth.  Tüb,  ZciUchrifl, 
1854,  2,  S.  ]()0  f.   vgl.  125. 
11)  lUsB,  1^  J.  §.  145. 


Digitized  by  Google 


Vierte«  JLepIteL  {.  US.  Wt 


Hit  Reeht  wMcht  BAvm  demiiif  enfiiMrimfli»  ifvie 

Matehaus  selbst  durch  seine  JNotiz:  xcd  dutj  t^ftiaO^t^  6  Ao- 
yog  öTOff  naQu  ^/adalotg  ffiy,Qi  tr^g  ajlfjfQov,  «uf  ein  verlfiuui» 
tieriaelies  Jttdisehet  GeHlohl  mü  die  Qiieile  «einer  Ermüli- 
iung  hinweite.    Wenn  nun  eber  Paulus  der  Melnang  ist, 
die  Juden  selbst  haben  ausgesprengt,  sie  hlitren  eine  Wa- 
che an  Jesu  Grab  gestellt)  diese  aber  seinen  Leichnam  steh* 
ien  lassen:  so  ist  dlefs  ebenso  verlLehrt^  wie  wenn  Base 
▼ermnthety  das  beseichnete  Gerfleht  sei  snerst  von  den 
Freunden  Jesu  ausgegangen,  und  hernach  von  seinen  Fein- 
den niodiücirt  worden.    Denn  was  die  erstere  Annahme 
lietrifft)  so  hat  schon  KuimOl  richtig  darauf  hinge  wiesen^ 
dals  Matthias  blols  die  Aossage  vom  Lelchendiebstahl,  nicht 
die  ganee  ErsShIung  von  Aufstellung  einer  Wache,  als  JO« 
disches  Gerücht  bezeichne ;  auch  läfst  sich  kein  Grund  deiv» 
lien,  warum  die  Jaden  sollten  ausgesprengt  haben  |  es  sei 
am  Grabe  Jeso  eine  Wache  aufgestellt  gewesen.  Wenn 
Paulus  sagt,  man  habe  dadurch  die  Behau])tung,  der  Leib 
Jesu  sei  von  seinen  Jüngern  gestohlen  worden,  den  Leicht- 
gläubigen um  So  glaublicher  machen  wollen:. so  müCsten 
das  allerdings  sehr  LeichtglHubige  gewesen  sein  ^  die  nicht 
iiemeriit  hitten,  dafs  eben  dureb  die  aufgestellte  Wache 
die  Entfernung  des  Leichnams  Jesu  mittelst  eines  Diebstniils 
unwahrscheinlich  werde.  Paulus  scheint  sich  die  Sache  etwa 
ee  vorsustellen :  die  Juden  haben  für  die  Behauptung  eines 
Diebstahls  gleichsam  Zeugen  stellen  gewellt,  und  hlesu  die 
aufgestellten  Wächter  fingirt.    Aber  dafs  die  Wächter  mit 
offenen  Augen  ruhig  Eugeschen  hätten  ^  wie  die  Anhängei* 
Jesu  dessen  Leichnam  wsgnahmeni  konnte  doch  den  Ju- 
den Niemand  glauben;  sahen  sie  aber  nichts  davon y  weil 
sie  schliefen,  so  gaben  sie  auch  keine  Zeugen  ab,  indem  • 
sie  dann  nur  durch  einen  Schlufs  zu  dem  Resultat  kom- 
men konnten)  der  Leichnam  möge  gestohlen  weiden  sein: 
das  aber  konnte  man  ohne  sie  ebensogut.  Keineswegs  alse 
luina  die  Wache  seilen  cum  jüdischen  Grundstock  der  vor» 


Oigitized 


*9M 


Dritter  Absclmitt;  • 


^flf^iiAii  Sage  gehSrt  hüben  9  tondern  Hiis  anter  ilen  Jo- 

.  den  rei'brelfete  (ierücht  bestand,  wie  niicli  der  Text  sja»»t, 
nur  durifi)  dnfa  die  Jünger  den  Leichnani  gestohlen  haben 
folltttu  Indem  die  Christen  diese  VerlXomdong  so  widet^ 
legen  wflnsehten,  bildete  sieh  anter  Ihnen  die  Ssge  von  ei- 
ner am  Grnb  Jesu  aufgestellten  Wache,  und  nun  kunnten 
sie  jener  Verleumdung  dreist  durch  die  Frage  entgegentre- 
ten! wie  kann  der  Leichnam  entwendet  worden  seln^  da 
Ihr  fa  eine  Wache  am  Grab  sofgestellt,  nnd  den  Stein  Ter- 
siegelt  hattet?  Und  weil,  wie  wir  Im  Verlauf  der  Unter- 
suchung es  selbst  erprobt  haben ,  einer  Sage  erst  dann  ih-  ' 
re  Grundlosigkeit  völlig  nachgewiesen  ist,  wenn  es  gelingt, 
na  neigen  I  wie  sie  auch  ohne  historischen  Grund  sich  hil* 
den  konntet  so  versuchte  man  von  christlicher  Seite,  ne* 
ben  der  Aufstellung  des  vermeuitiich  wahren  Thatbestan-  ^ 
«les,  Buglelch  die  Genesis  der  falschen  Sage  nachsuweisen, 
indem  n|an  die  Terhreitete  Jüdische  LOge  ans  einer  Anstif- 
tung des  Synedrlnms  nnd  seiner  mit  der  Wache  voi-getiom* 
menen  Bestechung  herleitete.  Gerade  das  Umgekehrte  von 
dem  ist  also  wahr,  was  Uass  bagt,  die  Sage  sei  wohl  un- 
ter den  Freunden  Jesu  entstanden  ,  and 'von  seinen  Fein- 
den modlfieirt  worden :  die  Freunde  hatten  nnr  dann  erst 
Veranlassung,  eine  Wache  bu  erdichten,  wenn  die  Feiode 
vorher  von  einem  Diebstahl  gesprochen  hatten. 

Erste  Kunde  der  Auferstehung. 

Da(s  die  erste  Kunde  von  dem  eröffneten  and  leeren 
Grab  Jesn  am  swelten  Morgen  nach  seinem  Begribnlfs 

durch  Frauenmund  an  die  Jünger  gekommen  ,  darin  stim* 
men  die  vier  Kvarrgelisten  überein:  aber  in  allen  näheren 
Umstinden  weichen  sie  auf  eine  Welse  von  einander  ab^ 
welche  der  Polemik  eines  WolfenbQttler  Fragmentlsten  den 
retehsten  Stoff  gebotiBn,  nnd  dagegen  den  Harmonisten  und 
Apologeten  vollauf  au  thnn  gegeben  hat,  ohnedafs  bisjest 


Digitiztxi  by  Google 


•Ine  befriedigmid^  Vernlttlnng  awlacfoen  bckign  Parteien 
»a  Stunde  gekommen  wXre. 

Sehen  wir  von  der  an  die  Abwelchongen  der  Begräb* 
nif^geschichte  sich  Anscliliefsendeii  Differens  in  Angube  de« 
Zweckes  ab  9  welchen  die  Fraoen  bei  ihrem  Gnng  «om 
Ctrebe  biilten  ,  indem  sie  nach  den  beiden  minieren  Evsn- 
isten  eine  Salbung  mit  dem  Leichnnro  Jesu  vorzuneh- 
men gedacliteuy  nach  den  beiden  andern  nur  einen  Besuch 
am  Grabe  machen  wollten^  so  findet  Eoerst  in  Beeng 
auf  die  Zahl  der  Frauen,  weiche  diesen  Cinng  machen,  die 
raanchfachsfe  Abweichung  statt.  Nach  Lukaj$  sind  es  uu- 
bestimmt  viele,  nlimlich  nicht  allein  diejenigen,  welche  er 
23,  55.  als  avveki^lvi^vtcti  V.  ix  rr^g  f uXiXaiag  beKeich- 
netf  und  von  welchen  er  24, 10»  Maria  Magdalena,  Johan« 
na  und  Maria  Jakobi  namhaft  macht,  sondern  auch  noch 
rivbs  oi  v  aihulg  (24,  Bei  I^larkus  sind  es  blofs  drei 

Frauen 9  ntfmlich  swei  von  denen,  die  auch  Lukas  nenn^ 
die  dritte  aber,  statt  der  Johann«,  Salooie  (16,  !•)•  Ma^ 
fhüns  hat  diese  dritte,  über  welche  die  swei  mittleren 
Evangelisten  differiren,  gar  nicht,  sondern  hlofs  die  beiden 
Marien,  Über  welche  sie  einig  sind  (28,  l.>  Johannes 
endlich  hat  nur  die  l£ine  von  diesen,  die  Magdalenerin 
(20,  ].)•  —  Die  2<eit,  in  welcher  die  Frauen  sum  Grabe 
gehen,  wird  gieichfalU  nicht  ganz  gleichförmig  bestimmt^ 
denn  wenn  auch  des  Matthäus  utl'i  außßaiiov^  %fi  imq>wa^ 
xtttfi;  eis  i»la»  aaßßuitar  keine  Differens  macht  ,  so  Ist 
doch  der  Zusaa  des  Markus :  Amillavtag  tu  ijXIb  mit  den 
johanneischen  axoiiag  tzi  iiar^g  und  dem  oQd-Qö  ßu(}to)g  des 
Lukas  im  Widerspruch.  —  Uber  den  Zustand,  in  welchem 
die  Frauen  auerst  das  Grab  erblickten,  scheint  wenigstens 
awlschen  Matthftus  und  dea  drei  Übrigen  eine  Abweichung 
stattzufinden,    ^ach  diesen  sehen  sie.  wie  sie  n&her  kom- 


I)  Vgl.  Famscas  s.  d.  8t,  und  Hm,  Tllb.  ZeitMhr,  |gS4,  ^  . 

*  s.mt 


Digitized  by  Google 


in 


'Dritter  Ab«cttiiitt * 


men  ^  und  nach  dem  Grabe  hinblirkon  ,  den  SfoSn  boreifs 
durch  unbekannte  Hand  von  demselben  abgewtiii&t:  woge- 
gen die  £rs&hlung  des  ersten  Evangelisten  gans  eo  luBfet, 
«1»  hitten  sie  sellMt  noch  die  Abwilsong  durch  einen  En- 
gel mitangetehen«  —  MenchfiiltigeF  werden  die  Abwei- 
chungen in  Bezug  auf  dasjenige ,  was  die  Frauen  weiter 
m  tiral>e  sahen  und  erfuhren.  Nach  Lukas  gehen  sie  in 
das  Grab  hinein  ^  ünden  den  Leib  Jesn  nicht ,  und  indem 
•ie  hierfiiier  betroffen  sind,  ateben  swel  MXnner  in  afrah- 
lenden  (iewHndern  bei  ihnen  ,  welche  ihnen  seine  Autei^ 
atehung  verkündigen.  Bei  Markus  y  der  sie  gleichfalla  in 
die  Gruft  hineingehen  iäfst,  sehen  sie  nur  Einen  Jüngling 
In  welfsem  Kleide  auf  der  rechten  Seite  nicht  stehen,  aon» 
dern  sitzen,  der  ihnen  dieselbe  Kunde  ertheilt.  Bei  Matthäus 
bekommen  sie  diese  Nachricht  ehe  sie  in  das  Grab  hineingehen 
von  dem  Engel,  der  nach  AbwXlanng  des  Steins  sich  auf  den- 
aeiben  gesest  hatte.  Nach  Jobannes  endlich  IXoft  Maria 
Magdalena,  sobald  sie  den  Stein  abgenommen  sichte  ohne 
eine  Engelers ch ei nnng  gehabt  eu  haben,  in  die  Stadt  su* 
rUclu  —  Auch  das  VerhftltnÜs  |  in  welches  die  Jünger 
Jesu  Bu  der  ersten  Kunde  Ton  seiner  Auferstehung  gesent 
werden ,  Ist  In  den  verschiedenen  Evangelien  ein  verschie- 
denes. Nach  Markus  sagen  die  Frauen  aus  Furcht  Nie- 
mand etwas  von  der  gehabten  Engelerscheinnng ;  nach  Jo- 
hannes welfs  Maria  Magdalena  dem  Johannes  und  Pelms, 
EU  welchen  sie  vom  Grabe  hinweg  eilt,  nichts  zu  sagen, 
als  dafs  Jesus  daraus  weggenommen  sei;  nach  Lukas  be- 
richten die  Frauen  den  Jüngern  flberhaupt^  nicht  blora 
sweien  derselben,  die  gehabte  Erscheinung;  nach  Mn^ 
thüus  aber  kam  ihnen ,  wie  sie  mu  den  JOngem  eilen  woll- 
ten,  Jesus  selbst  noch  in  den  Weg,  und  sie  konnten  auch 
diels  schon  den  Jüngern  mittheilen.  Dals  einer  von  die* 
aen  auf  die  Naehrieht  der  Fraoen  selbst  cum  Grab  gegen« 
gen  wire,  davon  sagen  die  swel  ersten  Evangelien  nichts; 
imch  Lukas  gieng  Petrus  hinaus  j  fand  es  leer,  ujid  kelu*te 


Viertes  Kapitel.       1^3.         '  593 

verwundert  wieder  nuiy  und  aus  Lac«  24|  24.  ist  zo  erse- 
hen, dafs  noch  aiidere  Jünger  aosser  ihm  In  ähnlicher 
Weise  daliin  gegangen  waren ;  nach  dem  vierten  Evan« 

gclium  war  Petrus  von  Johannes  begleitet,  welcher  sich 
liiebei  von  der  Auferstehung  Jesu  überzeugte.  Diesen  Ganff 
machte  dem  Luitas  nnfoige  Petrus,  nachdem  er  bereits 
durch  die  Weiber  von  der  fingeierscheinnng  benachrich- 
tigt war:  laut  des  vierten  £vangeliums  aber  giengen  die 
beiden  Jünger  sum  Grabe,  ehe  ihnen  Maria  Magdalena 
von  einer  solcl)|Bn  hatte  sagen  Jtönnen ;  denn  erst ,  als  die- 
se mit  denselben  Beiden  den  eweiten  Gang  cum  Grabe  ge- 
macht hatte,  und  die  Apostel  wieder  nmgekehrt  vvnien, 
sah  sie  nach  dem  vierten  Evangelium,  sich  in  das.  Grab- 
mai bückend,  zwei  £ngei  in  weissen  Kleidern,  oben  und 
unten  an  der  Stelle,  wo  Jesus  gelegen  hatte,  sitzen,  wel- 
che sie  fragten ,  warum  sie  weine?  und  als  sie  sich  um- 
wendete ,  erblickte  sie  gar  Jesum  selbst,  wovon  auch  l)ei 
Markus,  V*  0«  eine  abgerissene  Notie  sich  findet,  mit  dem 
Beisae,  dafs  sie  diese  Nachricht  seinen  ehemaligen  Beglei-, 
tern  gebracht  habe. 

Die  meisten  von  diesen  Enantiophaniecn  glaubte  man 
auch  hier  durch  Auseinanderhaitung  des  versciiiedcn  Lau* 
tenden  cn  lüsen,  indem  man  statt  £iner  manchfaltig  dar- 
gestellten, eine  Manehfaltigkeit  verschiedener  Scenen  her- 
ausbrachte; wozu  dann  noch  die  gewöhnlichen  gramiiiati-  / 
sehen  u.  a.  Kunststücke  dur  ilarmonistik.  kamen.  Damit  v 
Markus  dem  axorlas  tu  äotjs  Johannes  nicht  «wider- 
•prXche^  entblddete  man  sich  nicht,  sein  ivardktntos  tS 
tJuh  durch  orituro  sole  zu  übersetzen  damit  Matthäus 
nicht  im  Widerspruch  gegen  die  übrigen  zu  sagen  schie- 
ne, die  Weilier  haben  dieAbwftlaung  des  Steins  durch  den 
finge!  mitangesehen :  so  soUte  xal  tdä  eine  Nachhoiung  von 
etwas  früher  Geschehenem  einleiten ,  und  unexi  kiot  für 


2)  HuinVl,  in  Marc.  p.  194  f* 
i^es  L§b£n  Jgtu  //•  Band,»  39 


Digitized  by  Google 


SIH  Urittep  Abaohnitt. 

dfts  Plotqaaaiperfektum  stellen ^      eine  Aasflocbt,  welche 
swar  Lbssino  noeli  getstetten  wollte,  die  neneste  Kritik  aber 
nicbt  mehr  gestatten  wiJl       —  In  Bezug  auf  die  Zahl  und  den 
Gang  der  Frauen  wurde  sun&chst  geltend  gemacht,  d^fs 
aneh  nach  Johannes ,  ob  er  gleich  die  Magdalena  allein 
namhaft  mache,   mit  dieser  noch  mehrere  Pranen  com 
lirab  geg«"g*?"  sein  müssen,  da  er  sie  ja  nach  ilirer  Rück- 
kehr von  demselben  zu  den  beiden  Jüngern  sagen  Infst:«« 
tädafieVf  nö  S&i^xav  aitov^  ^)  ein  Plural,  der  allerdings 
auf  rersehwiegene  weitere  Personen  deutet,  mit  welchen 
Magdalena  ,  sei  es  am  Grab  selbst ,  oder  auf  dem  lliiek- 
weg,  ehe  sie  ku  den  Aposteln  kam,  über  den  Gegenstand 
verhandelt  hatte«   So  gieng  also,  sagt  man,  Magdalena 
mit  andern  Weibern,  yon  denen  die  Obrigen  Evangelisten, 
dieser  mehrere,  jener  wenigere,    namhaft  machen,  zum 
Grabe:  da  sie  aber  zurückkommt,  ohne  dafs  sie,  wie  die 
abrigen  Frauen,  einen  £ngei  gesehen  hatte,  so  wird  nun 
angenommen,  sie  Vei,  sobald  sie  den  Stein  weggewftist 
sah,  allein  zurückgelaufen,  was  man  durch  ihre  hefrii^e 
Gemüthsart,  als  einer  ehedem  Dämonischen ,  motivirt 
Während  sie  nur  Stadt  Eurilckeilte,  hatten  nun  die  ttbri- 
gen  Frauen  «die  Erscheinungen,  von  welchen  die  S}no|)tt* 
ker  sprechen.  —  Allen,  wird  behauptet,  erschienen  die  Kn- 
gel  innerhalb  des  Grabs ;  denn  dafs  einer  aussen  auf  liem 
Stein  gesessen,  ist  bei  Matthäus  nur  Plusquampei*fektttm: 
als  die  Frauen  kamen,  hatte  er  sich  bereits  in  das  Grab 
zurückgezogen ,  da  ja  nach  ihrer  Unterhaltung  mit  Ihm  die 


3)  MiCHAius,  a.  s.  O.  8.  113. 

4)  ScHifiCMiKBURGBii,  Uber  den  Ürspr.  des  ersten  kanon.  Evang. 

S.  62  f.  Vgl.  den  Wolfenbiilticr  bragmontisten  in  Les8i>&*s 
viertem  Beitrag ,  8.  472  ff.,  und  Lsssufr's  Dupiili,  Werlte, 
Carltr.  Auig«  2k.  Tbl.   S.  137  f. 

5)  Mtcaasut,.  S.  150  ff» 

6}  I'aulus,  cxeg.  Handb.  5,  h,  S.  825* 


Digitized  by  Googl 


Viertes.  Kapitel«   $.123.  695 

Frauen  als  i^sl&Saoi  &  tS  ftnjftelH  beeeichnet  werden 
wobei  nur  Abersehen  Ist)  itkb  swischen  der  ersten  Anrede 
des  Engels  nnd  dem  ^eX^hOai  seine  Aufforderung  an 

die  Fr.iuen  steht,  mit  ihm  (in  das  Grab)  zu  kommen^ 
und  den  Ort  zu  betrachten ,  wo  Jesus  gelegen  hatte« 
Wenn  nach  den  beiden  ersten.  Evangelisten  die  Frauen  nur 
Einen ,  nach  dem  dritten  al»er  ewei  £ngel  sehen :  so  behilft 
sich  selbst  Calvin  mit  der  ärmliciieii  Auskunft  der  Synek- 
doche ^  so  dals  zwar  sämmtiiehe  Evangelisten  von  zwei 
Engeln  wissen,  Matthfins  und  Markus  aber  nur  desjenigen 
von  ihnen ,  der  das  Wort  ftthrte,  Erwähnung  thun  sollen. 
Andere  lassen  verschiedene  Frauen  iiier  V  t'rschicdenes  se- 
hen: die  einen  9  von  u eichen  Alatthüus  und  Mari^us  spre- 
chen,  sahen  nur  Einen  Engel ,  die  andern,  von' welchen 
Lukas  ersliblt,  nnd  welche  frtther  oder  auch  spfiter  als 
die  vorgenannten  kamen ,  ^ahen  zwei  ^} ;  allein  Lukas  lafst 
dieselben  beiden  IVIarien  den  Aposteln  von  einer  Erschei- 
nung Bweier  Engel  referiren ,  welche  nach  seinen  Vorman* 
nern  nur  Einen  Engel  gesehen  hätten.  ~  Auch  den  ROck- 
weg  sollen  die  Frauen  in  getrennten  Gruppen  gemacht  ha- 
ben, so  dals  denen,  von  weichen  Matthäus  spricht,  Jesus 
begegnen  konnte,  ohne  von  denen  des  Lukas  gesehen  so 
werden ,  und  die  des  iHarkns  vor  Sehrecken  Anfangs  Nie* 
mand  etwas  sagen,  die  übrigen  aber,  und  auch  jene  selbst 
später,  die  Jünger  in  Kenntiiifs  setzen  konnten^).  —  Auf 
die  durch  mehrere  Frauen  erhaltene  fiachricht  hin  geht 
dem  Lukas  sufolge  Petrus  mm  Grab,  findet  es  leer,  and 


7)  MicuASUs,  S,  117. 

8}  Michaelis,  S.  146.  —  Schon  Cclsui  stielt  sich  «n  dieser  die 
Zahl  der  Engel  betreffenden  Differenz,  und  Origenes  Terwies 
ilm  daraaf,  dass  die  Evaagelistett  ▼erscbiedene  Engel  mei- 
nen: MatthSus  und  Markus  dea,  der  den  Stein  abgcwältt 
hatte,  Lukas  und  Xdiannes  diejenigen,  wdcbe  alt  Berichler- 
Stattev  lUr  die  Franzi  aufgestellt,  waren,   c.  Ccis.  5,56. 

0)  Paulus,  z.  d.  St.  des  Matth. 

38  * 


Digitized  by  Google 


\ 


&06  Dritter  Abuclinitc 

kehrt  ^erwandert  wieder  an.  Akier  eebon  geraviM  Zeit 
vor  den  Hbrigen  Weibern  war  neeh  dieser  Ilypotlieee  M«^ 

dnlena  surückgelaufen ,  and  hatte  den  Petrus  und  Johan- 
nes mit  heraasgeHihrt.    £s  miifste  also  suerat  auf  die  un- 
▼oilatäiidige  Kunde  der  Magdalena  vob  leeren  Grabe  bin 
Petras  mit  Jobannes  binausgegangen  «ein,  bemaeb  auf  die 
Kachricht  der  Fraaen  von  der  fingelersebelnung  noch  ein- 
mal allein :  wobei  besonders  auffallend  wäre,  dafa,  wäKi- 
rend  sein  Begleiter  gleich  beim  ersten  Gange  namGlanbea 
an  Jesu  Wiederbelebniig  gelangte,  er  selbst  durch  den 
awelfen  Gang  nlebt  weiter  als  bis  nnr  Verwnnderong  es 
gebracht  haben  sollte.    Uberdiefs  sind,  wie  der  Wolfcnbütt- 
ler  Fragmentist  schun  gut  herausgehoben  iiat,  die  tlrzüb^ 
Inngen  des  dritten  Evangeliums  von  dem  Gang  des  Petras 
allein ,  und  des  vierten  von  dem  des  Petras  nnd  Johannes 
so  auffallend  selbst  bis  auf  die  Worte  einander  ähnlich 
daCs  die  meisten  Ausleger  hier  biofs  Einen  Gang ,  nur  bei 
Lukas  den  Begleiter  des  Petras  versebwiegen,  linden,  wo- 
fdr  sie  sieh  auf  Lue.  i4 ,  S4.  berafen  können,  kt  aber 
der  durch  Magdalena  s  Zurückkunft  veranlafste  Gang  der 
I 

» 

10)  Ich  setze  die  vom  WoIfenbUttler  (a.  a.  O.  S.  477  f.)  entwor« 
lene  Tabelle  hichcr : 

,,1}  Luc.  24,  12 :   Fetrut  lief  zum  Grabe ,  fS^ftrr* 
Job«  20,  4:  Petrus  und  JoliaBnet  liefen,  fr^tj^or« 
20  Luc.  V.  fs:   Petrus  liockte  hinein,  ira^nttymt, 

Job.  V»  S :  JobaaBea  kuclite  hinein ,  TVff^vjrvy«;. 
3}  Luc.  V.  12:    Petrus  sähe  die  Tücher  allein  liegen,  /SJU^ 

Tie*  rd  o^oyia  xtluera  ^6va. 
JoIl«V.6«7*  Petrus  sähe  die  Tücher  liegen,  und  das 
Sckweisstuch  duicht  mit  den  Tückcra  lie* 
gern:  ^9Uftt  TU  i&^ritt  Mt(fitpmf  mal  ro 

4)  Luc  V*  12t    Fetrni  gicng  heim,  an^l99  n^of  iavtir, 
Jab*  'V.  10  S   Petrus  und  Johanne«  giengen  wieder  heim. 


Digitized  by  Goügl 


Vierte«  KapUei.   ^,  133* 


697 


beiflrn  A|io8teL  mit  dem  durch  die  Rückkehr  der  Weiber 
verMr.lafeteii  des  Petrm  ein  iwd  deraelbe:  dünn  ist  auch 
die  ROckkehr  der  Fnioen  keine  doppelte;  sind  eie  eher 
miteinander  umgekeiiK:  so  sollten  sie  aneh  das  Gleiche  ge- 
sehen haben  y  und  dn  die  Evangelisten  sie  Verschiedenes 
sehen  lassen  ,    so  ist  rlieU  ein  Widerspruch.  —  Nachdem 
jian  die  beiden  Apostel  aBgekehrt  sind,  ohne  einen  £ngel 
gesehen  mu  haben,  erblickt  die  surfieligebliebenefiflaria,  wie 
sie  in  das  Grab  hineinsieht,  auf  Eiiimnl  deren  zwei.  Welch 
v^underlicbes  Versteekspieien  der  Engel  nach  der  harmoni- 
•tischen  Zosamraenfligung  dieser  Ercählongeu !  Zuerst  neigt 
«ich  dem  einen  Tmpp  der  Wellier  nur  £iner;  dann  einen 
andern  deren  xwei;   vor  den  Jüngern  hierauf  verbergen 
sich  beide;    nach   deren  Abgang  aber  kommen  beide  wie- 
der cum  Vorschein*    üni  dieis  unterbrechende  Verschwin- 
den SU  entfernen,  hat  Paulus  die  der  Magdalena  sa  Theil 
gevfordene  fitrscheinong  vor  die  Ankunft  der  fielden  Jfln- 
ger  gestellt:  aber  durch  diese  gewaltsame  Umstellung  der 
vom  Berichterstatter  gevrfihlten  Ordnung  nur  ein  Bekennt- 
nKs  der  Unnitfgliebkeit  abgelegt,  die  ErsJibInngen  der  ver- 
schiedenen Evangelisten  auf  diese  Welse  Ineinander  einsu- 
schieben.'  —  Hierauf,  wie  sich  Magdalena  vom  Hineinse- 
hen in  das  Grab  aufrichtet  und  ulnschaut,  sieht  sie  Jesum 
hinter  sieb  stehen»    ^'acb  Mstthllns  ersehien  Jesos  der 
Magdalena  und  der  andern  Maria,  als  diese  bereits  auf 
dem  Ilückweg  in  die  Stadt  begriffen ,  mithin  vom  Grabe 
entfernt  waren.    So  würe  also  Jesus  zuerst  der  Maria 
Magdalena  allein  bart  am  Grabe,  hierauf  ihr  in  Gesell- 
schaft einer  andern  Fran  auf  den  Wege  ersehlenen.  Um 
das  Zweck! (/.^e  dieser  in  so  kurzer  Frist  wiederholten  Er- 
scheinung Je.su  vor  derselben  Person  zu  vermeiden,  hat 
man  die  obige  ßebaoptong  benllst,  von  den  Frauen,  von 
welchen  Matthins  spreebe,  habe  sieb  Magdalena  schon 
früher  getrennt  gehabt        allein  dann  w£re  es,  da  Mat- 

11>  nvu»h  ia  Alsitb.  p.  800  t 


Digitized  by 


508 


Dritter  Abschnitt. 


tliä'us  ansser  der  Mn^rHaleiia  nur  noch  die  anHerc  Moria 
hat,  nor  eine  einiige  Fraa  gewesen,  welcher  auf  dem  Rfiek- 
wesr  Jesus  ersehlen :  wJihrend  doeh  MatthJias  doi^hatie  Ton 
mehreren  spriohf  (aTri  iTi^rrfv  avTaJg  n.  s.  f.")» 

Um  diesem  unsteten  Hin undherrennen  der  Jtinger  and 
Frauen,  dem  phantasmagoriachen  Erscheinen,  Verschwin« 
den  nnd  Wiedererscheinen  der  Engel,  und  der  sweekJosen 
Häufung  der  Erscheinun^rcn  Jesu  vor  derselben  Person, 
wie  sie  bei  dieser  harmonistlsehen  Methode  herauskommt, 
SO  entgehen ,  mflssen  wir  jeden  Evangelisten  flir  sich  be- 
trachten, dann  bekommen  wir  von  Jedem  ein  ruhiges  BUd 
mit  einfachen ,  wflrdigen  Zügen :  Einen  flang  der  Fraoen, 
oder  nach  Johannes  zwei;  Eine  Engelersoheinnng;  Eine 
Erscheinung  Jesu  nach  Johanne«  und  MatthA'us,  nnd  Ei- 
nen Gang  Eines  oder  sweler  Jünger  nach  Lukas  und  Je* 
fiannes.  . 

Doch  SU  Jenen  materiellen  Schwierigkoiton  der  h«r- 
monistischea  Einsohiebungsmethode  gesellt  sich  noch  die 
Ibrmeile  Frage^  wie  es  denn  unter  den  Voranssetsungen  Jener 
Ansicht  l[omme^  dafs  aus  der  Pflile  des  Geschehenen  jeder  Re- 
ferent ein  andres  Stück  für  sich  herausgeschnitten,  von  den 
vielen  Ufingen  und  Erscheinungen  keiner  alle,  und  fast 
keiner  dieselben  wie  sein  Nachbar,  sondern  meistens  nur 
Jeder  Eine,  und  jeder  wieder  eine  andere  cur  Darstellung 
susgewählt  habe?  Die  plausibelste  Antwort  auf  diese  Fra- 
ise hat  Grirsbach  in  einem  eigenen  Programm  über  diesen 
Gegenstand  gegeben  ^  ^) ,  indem  er  annahm,  jeder  Evange- 
list gebe  die  Art  nnd  Weise  wieder,  wie  ihm  gerade  eu- 
erst  die Auferstehansf  Jesu  bekanntgeworden  war.  Johan- 
nes iiabe  die  erste  Nachrioiit  durch  Maria  Magriaicnn  er- 
kalten, nnd  so  emähle  er  auch  nur,  was  er  von  dieser  er- 


tS)  Progr.  de  fontibus ,  unde  Evangclistac  suas  de  resnrrcclionc 

Domini  narratiaacs  hauscriut.  Opusc.  acad.  cd.  Gabi^k, 
Vol.  2,  p.  241  ff. 


Digitized  by  Google 


• 

Vitirte«  Kapit(?l.    §.  133.  IM 


fahren.  Imbe;^  dem  Matthäus  Cdeiiii  die  JUnger  haben,  aU 
fa«tbe«Bcbande  Fremde,  ohne  Zweifel   in  verschiedenen 
'  dnartieren  der  Stadt  gewohnt)  sei  die  eitete  Kunde  durch 
-diejenigen  Weiber  zugekoniaien ,  welehen  auf  dem  Rflek- 
weg  vom  Grabe  Jesus  selbst  erschienen  nar,  und  so  thei- 
Je  er  denn  nur  das  von  diesen  Erlebte  mit.    Doch  hier 
sehellert  diese  £rkiltp«jig  bereite  daran,  dafs  theila  bei 
MatthMvs  unter  den  Frauen,  welehe  auf  dem  Rttchweg  die 
Christophanie  haben,  auch  Magdalena  ist,  thcils  bei  Johannes 
Alagdalcna  nach  ihrem  zweiten  Gang^  auf  welchem  ihr  Jesus 
ereehienen  war,  niehl  mehr  sn  Johannes  und  Petms  allein,  son-  * 
clem  so  den  fta&tp^atg  fiberhaujit  gieng,  und  ihnen  die  gehabte 
Erscheinung  und  den  erhaltenen  Auftrag  mittbeilte  :  so  dal's 
also  Matthlius  in  jedem  Fall  auch  von  der  Erscheinung  Je- 
an vor  Magdalena  wtesen  mufste  '       Wenn  dann  ferner 
naeli  dieser  Hypothese  Markos  die  Aaferstehnngsgeschleh* 
te  80,  wie  er  sie  im  Hause  seiner  sn  Jerusalem  lebenden 
Mutter  CA.  G*  12,  12.))  Lulias,  wie  er  sie  von  der  bei  ihm 
allein  genannten  Jo^ianna  erfahren  hatte,  erafihlen  soll: 
so  mols  man  sich  fiber  die  Zfihigkeit  verwundern,  mit  virel- 
cher  hienach  jeder  an  der  snfililig  enerst  vernommenen 
Erzlihlang  hängen  geblieben  wäre,  tla  doch  gerade  über 
die  Auferstehung  Jesu  der  Austausch  der  Erzählungen  un- 
ter seinen  AnhAngem  der  lebhafteste  sein,  und  so  die  Vor- 
st^Hungen  Über  das  erste  Bekanntwerden  derselben  sich 
ausgleichen  mufsten.  Diese  Schwierigkeit  zu  lieben,  hat  Gries- 
bach weiter  angenommen,  €Ue  Jünger  haben  wohl  im  Sinne 
gehabt,  die  nnaosammenstimmenden  Berichte  der  Frauen  wn 
vergleichen  und  in  Ordnung  zu  In'ingen,  als  aber  der  wie- 
derbelebte Jesus  selbst  in  ihre  Milte  getreten  sei,  haben 
sie  dlefs  unterlassen,  weil  sie  nun  nicht  mehr  auf  ilie  Aus- 
sagen der  Weiber,  sondern  auf  die  selbstgehabten  Erschei- 
nungen ihren  Glauben  gegrfindet  haben:  allein  eben,  je 


IS)  Vgl.  ScuxBCiuwBvaSBA  «.  a.  Ü.  S.  ti4  L  Aum. 


Digitized  by  Google 


000 

t 


Dritter  Ab«ciiiiitt.' 


mehr  unf  c1ie«e  Weise  die  Nachrichten  der  Weiber  in  den 

iliiitorgriiiiii  traten,  desto  weniger  ist  zu  begreifen,  wie 
fernerhin  jeder  so  starr  .an  demjenigen  hängen  bleiben 
konnte,  was  ihm  cofliiiig  coirst  diese  oder  jene  Fraa  be- 
richtet hatte. 

Es  ist  also  die  Abweichung  der  evangelischen  Er«Äh- 
iungen  hier  von  der  Art,  da(s  immer  der  Urheber  der  ei- 
nen Ton  den  in  der  andern  gemekieten  Umst&aden  nielits 
gemißt  haben  kann.  Oa  aber  dieae  DmttXnde  den  Apo* 
stein  vollständicr  bekannt  gewesen  sein  mQssen:  so  können 
wenigstens  nicht  ewei  Berichte  unter  unsern  vieren  aposto- 
Ütchen  Ursprungs  sein,  sondern  wir  müssen  entweder  einen 
eis  apostolisch  mum  Grunde  legen,  nnd  nach  ihm  die  übri- 
gen, als  saj^enhaft,  berichtigen,  oder  alle  ünseeMieii  in  die 
Kateg*-rie  schwankender  Sagen  verweisen  ''^). 

Aus  der  Zatil  derjenigen  Berichte  über  das  erste  Kund- 
werden der  Anferstehnng  Jesu,  welclie  auf  den  lUng  eot- 
optischer  Urkanden  Ansprach  haben,  ist  der v des  erste« 
Kvan^reliuras  durch  die  neuere  Kritik  weggeräumt  worden  ' 
ohne  dafs  wir  uns  über  diese  Ungunst,  wie  in  andern  Fäl- 
len, als  (Iber  eine  ongereehte,  beklagen  könnten.  Denn  in 
mehrerlei  Besiehongen  eeigt  sich  diefsmai  die  Erelhlong 
des  ersten  Evanireliums  um  eine  Stelle  weiter  vorwärts  in 
der  Ausbildung  der  Tradition,  als  die  der  übrigen  Kvan- 
gellen.  Einmal,  dafs  die  wunderbare  Eröffnung  des  Gra- 
bes von  den  Frauen  noch  mitangesehen  worden,  wefem  dleCb 
Matthäus  sagen  will,  diefs  konnte  sich,  wenn  eswirkücK  der 
rail  gewesen  war,  s(?|i\veriich  so,  wie  bei  den  übrigen  Evange- 
listen, wieder  verlieren,  wohl  aber  sich  nach  und  nach  frei 
in  der  Uberlieferung  bilden;  ferner,  daisdie  AbwAleungdes 
Stdns  durch  den  Engel  geschehen  sei,  bernht  oflfeilbar  nur  auf 


J4)  So  KAisia,  bibL  TheoL  1,  S.  354  ff. 

15}  ScavLS,  über  das  Abendmahl,  S.  521  d  Scmoimtmm  «• 
4.  O.  S.  61  ff. . 


Digitized  by  Googl 


Viertes.  Kauitel.   $•  193.  Mi 

der  Combinatlon  eines  solchen,  welcher  die  Frage,  wie  denn 
wohl  der  groiae  Stein  rom  Grube  gekomiBen^  und  die  Wfic|iter 
bei  Seite  gesehaffit  worden  seien,  nleht  besser  beantworten  • 
eu  können  glaubte,  als  wenn  er  zu  Beideni  den  Engel  be- 
nüzfe,  welchen  ihm  die  umlaufenden  £reählungen  von  der 
dfn  Franen  sa  Theil  gewordenen  Erscheinung  boten  9  wp- 
Bo  er  ferner  das  Erdbeben,  als  weitere  Verherrliehnng  der 
Sceoe ,  sezte.    Aber  auch  ausserdem  ist  in  der  Erzählung 
des  Matthäus  noch  ein  Zug,  der  nichts  weniger  als  histo- 
risch klingen  will«   IVachdem  den  Frauen  bereits  der  En- 
gel die  Auferstehung  Jesu  Terkflndigt,  und  sie  'mit  dem 
Auftrag  an  die  Jünger  gesendet  hatte,  dafs'  sie  nach  Ga- 
liläa ^ehen  sollen,  dort  werde  ihnen  der  Auferstandene  er- 
scheinen: begegnet  ihnen  dieser  selbst,  und  wiederholt  den 
Auftrag  an  die  Jünger.  Dlefs  ist  ein  wunderlicher  Uber- 
flufs«   Zum  Inhalt  des  Auftrags,  den  die  Engel  den  Franen 
gegeben,  hatte  Jesns  nichts  nielir  hinzuzufügen;  mithin 
iiiüfste  er  denselben  nur  noch  haben  bekräftigen  und  glaub- 
hafter machen  wollen.  Alleii)  l>ei  den  Frauen  bednrüte  es 
weiterer  ßeglanbigung  nicht,  denn  sie  waren  Ja  schon 
durch  die  Machricht  des  Engels  y^uQug  jueycdi^g  voll,  also 
gläubig;   bei  den  Jüngern  aber  reichte  auch  jene  BeLräf- 
ti^nng  nicht  hin,  denn  sie  blieben  selbst  auf  den  Bericht 
derjenigen,  welche  JesniA   gesehen  bu  haben ^versichei^ 
ten ,    bis  sie   ihn  selbst   zn  sehen  bekamen,  ungläubig. 
Es  scheinen  sich  also  hier  zweierlei  Relationen  über  die 
ei*ste  Kunde  der  Auferstehung  in  einander  verwickelt  sn 
haben,  von  welchen  die  eine  die  Weiber  durch  Engel,  die 
Andre  durch  Jesum  selbst  von  seiner  Wiederbelebung  in 
Kenntnifs  gesezt  und  an  die  Jünger  abgeschickt  werden 
liefs  —  die  leztere  offenbar  die  spätere« 

Der  dem  Berichte  des  Matthäus  entnogene  Vorrang  der 
Autopsie  wird  auch  hier  wie  sonst  dem  Johannefschen  bu- 
crkannt.  So  chnraktcrlätische  Züge,  sagt  LüCKK,  wie,  dafs 
hei^m  Gang  sum  Grabe  der  ÜJilos  fiaO'f^t^  schneller  als  Pe- 


Digitized  by  Google 


«02 


'Dritter  Abtclmiit. 


Inur  gegangen ,  und  ror  ihm  an  Ort  und  Steile  gekommen 
•ei  I .  beorliitnden  die  Aclitheit  des  fivangeiiams  .aaeh  dem 
Zwdfelsfichtigsten.  Allein  hier  hat  Lücki^  bei  uns  wenlg- 

•tens  j  gniiz  die  unrechte  Saite  angeschlagen.  Denn  eben 
diesen  Zug  haben  wir  oben  als  einen  von  denjenigen  ans 
gemerkt,  weiche  dem  eigenthUmlieben  Bestreben  des  ficf^ 
ten  B^angelhims  engehdre»)  den  ilohannes  Aber  den 
trns  zu  stellen  '  Wir  haben  diefs  hier  genaner  cu  be* 
trachten,  indem  wir  den  Bericht  des  Lukas  aber  den  Gang 
des  Petrus  mit  dem  Berfclite  des  Tierten  £?Migettiims  Ober 
den  Gang  der  lieiden  JOnger  vergleichen«  Mach  Lakas 
(24,  12.)  liiuft  Petrus  zum  Grabe:  nach  Johannes  (20,3fr.) 
Petrus  und  der  Lieblingsjünger  zusammeni  doch  so,  dafs 
der  ieatere  scbneiier  läuft,  und  anerst  aum  GratM  koauat. 
Im  dritten  ETangeiinm  bOckl  sich  Petrus  in  das  Grab  hin- 
ein, und  sieht  die  leeren  Tücher:  im  vierten  thnt  Johan- 
nes diefs,  und  sieht  dasselbe.  !Nttn  von  einem  Hineinge- 
hen in  die  Gruft  hat  der  dritte  firangelist  gar  nichts:  der 
vierte  aber  läfst  aaerst  den  Petrus  hineingehen  und  die 
Tücher  genauer  besichtigen,  dann  anch  den  Johannes,  nnd 
diesen  mit  dem  Erfolge ,  dafs  rr  an  die  Wiederbelebung 
Jesu  SU  glauben  anfängt  ^^j«  Dafs  hier  von  Einem  und 
demselben  Verfall  die  Rede  'sel|  ist  oben  durch  die  genaue 
Analogie  selbst  des  Ausdrucks  wahrscheinlich  gemacht  wor- 
den. Es  frngt  sich  also  nur,  welches  wohl  die  urspröng- 
iiche,  dem  Faktum  nähere  Eraählung  gewesen  seilr  Wenn 
die  des  Johannes  s  dann  mfifste  sich  also  dessen  Name  all- 
mShIig  aus  der  Überlieferung  verloren  haben,  und  der  Gang 
dem  Linen  Petrus  zugeschrieben  worden  sein,  was  sich 
bei  dem  alle  andern  verdunkelnden  Ansehen  des  Petrus 
gar  wohl  denken  liefse.   Hiebe!  würde  man  ^  diese  beiden 

16)  Band  1,  S.  560. 

17)  tiher  diesen  Sinn  des  in(gtua9¥f  und  dass  üun  das  Snm  fif 
jdtuMr  rjr  Yua^ir  «.  r,  2.  nicht  widerspricht,  das  Richtige 
bei  LCcKS  z.  d.  St. 


I 

Viertes  üapUeL   $.13$.  Jm 


imraUelen  Erzählungen  für  sieb  beü*aciilel,  üol»  beruhigen 
JUkmen :  eUebi  im  Zmimi— nheng  mit  der  gmiMii  rndfieb^ 
tigen  Stellung ,  welehe  da«  vierte  fiTangelium  dem  Jehm^ 

nes  ,  gegenüber  von  Petrus,  ertheilt,  mufs  auch  hier  das 
umgeJiebrte  Verhäitnifs  der  beiden  Berichte  wahrsotieinli- 
dier  werden.  Wie  bei  dem  Gang  In  den  bohenpriestttdt» 
dien  Palast  j  so  wird  aneh  bei  dem  anm  Chwbe  «lesn  nnr 
allein  im  vierten  Evangelium  dem  Petrus  Johannes  beige- 
geben ;  wie  er  dort  den  Petrus  einführt ,  so  läuft  er  ihm 
hier  voran,  nnd  wirft  den  enten  Bliclt  in  das  Grab^  wat 
wiederholt  hervoiKehoben  vHrd.  Daili  sofort  Petnw  mienft 
in  das  Grab  hineingeht,  ist  nnr  der  Schein  eines  Vorzugs, 
der  ihm  aus  Rücksicht  auf  die  vulgäre  Vorstellung  von 
ihm  eingeräumt  wird;  denn  nach  ihm  geht  ja  anch  Johan- 
t  es  Iiineln  i  nnd  zwar  mit  einem  Erfolg,  wie  Pelme  sieh 
dessen  nicht  rühmen  konnte ,  dafs  er  nämlich  an  die  Anf* 
eivstehung  Jesu  —  als  der  Erste  —  gläubig  wurde.  Ans 
diesem  Bestreben,  den  Johannes  sum  Erstgebornen  der 
Gläubigen  an  Jean  Anferstehnng  nn  machen erklärt  sieh 
dann  aoeh  die  Abweichung,  dafs  nach  dem  Berieht  des  ein^  • 
eigen  vierten  Evangeliums  Magdalena,  noch  ehe  sie  einen 
Engel  gesehen,  sn  den  beiden  Jüngern  zurücl^eilt.  Denn 
hätte  sie  schon  vorher  eine  Engeierscheianng  gehabt,  wei- 
cher sie  dann  so  wenig  als  die  Frauen  bei  Matthäus  mifs* 
traut  haben  würde ,  so  wäre  ja  sie  die  erste  Gläubige  ge- 
%%'esen,  und  hätte  vor  Jotiaiines  einen  Vorzii^^  gewonnen: 
WAS  nnn  dadurch  vermieden  ist,  dafs  sie  blofs  mit  der 
Wahrnehmung  des  leeren  Grabe  und  der  hiedorch  erreg- 
ten Unruhe  zu  den  beiden  Jünirern  kommt.  Auch  das  er- 
klärt  sich  unter  dieser  Voraussetzung,  dafs  das  vierte 
Evangeiinm  die  vom  Grab  aurttckkehrende  Fran  nicht  nn 
den  JOngern  fiberhanpt,  sondern  nor  an  Petrus  nnd  J<h 
hannes  gehen  läfst.  Da  nämlich  die  der  ursprünglichen 
Er/Jihlung  nach  an  sämmtliche  Jünger  gebrachte  Nach- 
richt nach  Lukas  suuächst  nur  den  Petras  nn  einem  Gang 


uiyitized  by  Google 


fiM  Dritter  Absoimitt.  ^ 


an  das  Grab  yemnlafste,  wie  denn  ancb  nach  Markm 
CV.  7.)  die  Aot^bafft  der  Fniiieii  gaiis  betender«  für  Fe- 
tme  beetfonDt  war :  «o  kennte  sieb  leiebt  die  VnrslellMig 

bilden ,  die  Nachrieht  sei  nur  an  diesen  gekommen ,  wel* 
ebem  dann  der  vierte  Evangelist  seinen  Zwecken  gemifs 
aeeb  den  Johannes  beigeseilen  araiste»  Dal»  derselbe  Evan* 
gelist  statt  der  nebreran  Franen  nur  die  Eine  Magdaleat 
hat,  diefs  könnte  freilich  anter  andern  Umständen  ab 
da«  Ursprüngliche  angesehen  werden,  worans  die  synopd- 
scbe  Darstellung  darcb  Generalitimng  entstanden  wSre: 
ebensegnt  Jedoeb  iidnnen  die  übrigen  Franen  als  aundsr 
>  bekannt  hinter  Magdalena  surOekgefreten  eein.  —  Hat 
erst,  nachdem  die  beiden  Jünger  bei'm  Grab  gewesen  wa- 
ren, and  sein  Jobannes  Glanben  gewonnen  hatte,  konote 
der  Verfasser  des  vierten  Evangeliwns  die  firscheinoag 
der  Engel  and  Jesn  selbst  einfügen ,  welebe  den  Weibers 
mu  Theil  geworden  sein  sollte,  and  weiche  entweder  er, 
voder  schon  die  ihm  eu  Gebote  stehende  Tradition  auf  die 
Eine  Maria  Magdalena  besebränkt  hatte.    Die  Ansnudai^ 

•  der  Seene,  mit  dem  anfkngücben  Niebterkennen  v*  s. 
macht  der  geistreichen  und  gefühlvollen  Manier  des  Ver» 
fassers  Ehre :  Indefs  findet  sich  auch  hier  ein  ähnlicher  un- 
historiseher  Überflufs ,  wie  bei  Mattblios*  Denn  hier  ba- 
llen die  Engel  der  Magdalena  niebt,  wie  bei  den  llbrigm 
Evangelisten  den  Frauen,  die  Auferstehung  Jesu  su  ver* 
kündigen  f  und  ihr  einen  Aufscblufs  zu  geben»  sondern  sie 
fragen  sie  nor:  tl  uXaUig;  worauf  sie  ihnen  das  Ve^ 
sebvlrinden  des  Lelehnams  Jesn  klagt,  aber,  ohne  weiten 
Aufschlufs  abzuwarten,  wendet  sie  sich  sofort  nm,  on^ 
sieht  Jesum  stehen.  Wie  also  bei  Matthäus  die  Erschei- 
nung Jestti  welebd  dooh  noch  nicht  die  eigentliche  und 
rechte  sein  soll,  eino  überflOssige  Zugabe  sn:  der  Engeler- 

.  sebelnung  ist :  so  hier  die  Engelerscheinung  eine  mfllsig 
prunkende  Einleitung  eur  Erscheinung  Jesu. 

Sehen  wir  hieraiBf  den  dritten  Bericht,  den  des  Mar- 


L/iyiii^cG  by  Google 


VierUt  |L«pifi»L  f.  133. 

kns,  daninf  im,  db  nlclit  er  vielkielit  iler  iba  Fiiktmi 

iiNcliste  sein  möchte:  so  ist  er  mnf  eine  Weise  in  sieh  eer- 
rissen  und  aus  ungefügigen  Bestandtheilen  cnsammenge« 
sest,  dtkSk  an  ein  solches  Verhültnil«  oicht  ma  denken  ist. 
Maohdem  nAnllcli  berrits  «rsShlt  war  9  daft  am  FrOhnuir- 
gen  des  Tags  nach  dem  Sabbat  die  Vraiien  Eom  Grabe 
Jesu  gekommen,  und  durch  einen  Engel  von  seiner  Aufer- 
stehung benachrichtigt  worden  seien,  aus  Fnrcht  aber 
Niemand,  etwas  Ton  der  gehabten  £rscheinang  gesagt  ha- 
ben (16, 1  — 8.) :  wird  nan  (V.  9.)  9  «Is  ob  weder  ron  der 
Auferstehung,  noch  von  der  Zeit  derselben,  die  Rede  ge- 
wesen wlire }  fortgefahren :  avagag  di  nqan  nqi^ri  aafißu^ 
%m  iqxhjj  ngoiww  MaQlg  tj]  Maydohp^^»  Dieser  Zmg  palkt 
auch  defshalb  su  der  rorangegangenen'  EreShlong  nicht, 
weil  diese  gar  nicht  auf  eine  der  Magdalena  besonders 
Bogedachte  k^rscheinung  eingerichtet  ist,  sondern,  da  sie 
mit  swel  andern  Franen  dorch  einen  £ngel  von  Jeau  Auf* 
erstehong  benachrichtigt  wird  ^  ao  konnte  Ihr  vorher  Jesna 
noch  nicht  erschienen  sein ,  nachher  aber ,  auf  dem  Weg 
cur  Stadt 9  war  sie  mit  den  Übrigen  Frauen  zusammen, 
wo  sie  dann  wirJdleh  nach  Matlhftna  miteinander  die  Chri« 
atopbanie  hatten»    Ob  man  deltwegen  den  Schlnfa  des 
Markusevangeliums ,  von  V.  9.  an ,  als  einen  spliteren  Zu- 
saz  ansehen  darf       ,  ist  zwar  wegen  des  Mangels  an  hin* 
reichenden  kritischen  Gründen  nweifelhaft;  in  Jedem  Fall 
aber  haben  wir  hier  einen  Bericht ,  welchen  der  yerfbt^ 
ser  aus  verschiedenartigen  Elementen  der  umgehenden  Sa- 
ge ,  welche  er  nicht  zu  beherrschen  wufste ,  ohne  klare 
Anschanong  yon  dem  Hergang  der  Sache  and  der  Anfelii- 
anderfolge  der  Momente ,  eilfertig  soaammengeaeat  hat. 

In  der  Erzählung  des  Lukas  wfire  awar  dbrigens  kein 
besonderer  Anstofs :  doch  aber  hat  sie  ein  verdächtiges 
fiiementy  die  fingelerscheinnng,  nnd  «war  in  der  Zwc|- 


18)  Wie  r.  B.  Paulus  und  Fritzscus. 


üiyitized  by  Google 


I 

Djrltter  Abschnitt.  < 


suhl^  fliit  fleir  t(brig«n  gemelii.   W«9  sollten  die  Vjngei  b>i 

dieser  Soene  ?  Mfttthftiis  sagt  ans :  den  Stein  ron  der  Urufc 
wal/cn ;  wogegen  schon  Ceisus  bemerkt  hat  y  dafs  Jinoh  der 
orthodoiben  Voraussetftong  der  Gottessolm  hieeu  keiner  eol- 
•faen  H4lfe  benöthigt  sein  lionnte:  nnr  etwa  sebiokllch 
noehte  er  sie  linden.  Bei  Markos  nnd  Ltikas  erscheinen 
die  Engel  mehr  nur  als  diejenigen,  welche  den  Weibern 
Nachric^bt  und  Aufträge  ertheÜen  sollten:  allein  da  naeh 
Matthins  nnd  Johannes  nnmitteibar  daranf  Jesus  selber 
ersehien  nnd  jene  Auftr/i^e  wiederholte,  so  war  die  Be» 
Stellung  durch  En^el  überflüssig.  Ks  bleibt  dalior  nichts 
übrig)  als  EU  sagen:  die  Engel  geborten  zur  Verherrfi- 
•famig  der  groften  Scene,  als  himmlische  Dienersehaft, 
weiolie  dem  Messias  die  Thür  aufsnthnn  hatte  y  dnrch 
welche  er  ausgehen  wollte  5  als  Ehrenwache  an  der  Stelle, 
welche  der  tietödtete  so  eben  lebendig  verlassen  hatte. 
Hier  ist  non  aber  eben  die  Frage:  giebt  es  einen  solchen 
PrnnlL  in  dem  wirkliehen  Haushalt  Gottes ,  oder  nnr  in 
der  kindlichen  Vorstellang,  welche  sich  die  Vorzeit  von 
demselben  machte? 

Man  hat  sieh  daher  Tertohledentiieh  Mühe  gegei»en| 
die  Engel  der  Anferstehnngsgesehiohte  in  natOrliehe  Er- 
scheinungen zu  verwandeln.  Gieng  man  hiebei  von  dem 
Bericht  des  ersten  Evangeliums  aus ,  nnd  erwog,  dafs  dem 
Sngei  eine  Uia  füg  dg^m^j  als  Wirkung  die  Abwftisong 
des  SCeine  and  die  Betlnbang  der  Httter  Engesehriel>en, 
auch  mit  seiner  Erscheinung  eine  Erderschütterung  in  Ver- 
bindung gesezt  wird:  so  lag  es  nicht  mehr  fern,  entwe- 
der an  einen  ßlic  sn  denken ,  welcher  mit  erschatterndem 
Sehlage  den  das  Grabmai  sehlieisenden  Stein  auf  die  Seite 
geseluneltert  und  die  Hfiter  su  Boden  geworfen  habej 

19)  Bei  Orig.  c.  Gelt.  5,  52:  a  x«e  9ot*tr,  Sm 


'    Digitized  by  Google 


^yiertes  Kapitel,  n\ 


607 


oder  an  ein  Erdbeben,  welches ,  begleitet  von  ana  cter.JJjrrfa 
schilpenden  Fiammn  dieaefiien  Wirkungen  bervorgebinchl 
habe,  wobei  denn  das  Feurige  ond  Ubermficbtlge  der  Ef* 

scheinung  von  den  wachhabenden  Soldaten  für  einen  Ifln* 
gel  gehalten  worden  sei  ^°).  Allein  theils  der  Umstand^ 
dafs  der  Engel  sich  auf  den  abgewälzten  Stßin  gesesl| 
theils  und  noch  mehr  die  JNotiz ,  dafs  er  mit  den  Wei<* 
bern  geredet  haben  soll,  macht  diese  Hypothese  unEO- 
reichend.  Man  hat  sie  defswcgen  durch  die  Anualiinc  za 
ergänzen  gesucht)  der  hohe  Gedanke,  Jesus  sei  auiV^rstan« 
den,  welcher  aus  Veranlassung  des  leergefbndenen  Graba 
in  den  Frauen  entstand,  und  allmfa'biig  der  anfffuglichen 
Zweifel  Meister  wurde,  sei  von  den  Frauen  nacli  orionta- 
liscber  Denk-  und  l^edeweise  einem  Engel  zugepchrieben 
worden  Wie  aber,  dafs  in  sümmtlichen  Evangelien 

die  Engel  als  gekleidet  in  weisse,  strahlende  (rewünd^r 
dargestellt  werden  ?  soll  auch  das  orientalische  Pulderredo 
sein?  Der  Orientale  kann  wohl  etwa  einen  guten  (;edaji-» 
hen,  der  ihm  kommt,  als  einen  beseichnen,  den  ihm  ein 
£ngel  sugeflastert  habe :  aber  nun  noch  die  Kleidung  und 
das  Aussehen  dieses  Engels  zu  beschreiben,  das  geht  Über 
das  Maafs  des  bloisen  Bildes  auch  im  Orient  hinaus»  Bei 
der  Beschreibung  im  ersten  Evangelium  könnte  man  etwa 
den  angeblichen  Blis  so  Hülfe  nehmen  und  vermuthen,  was 
den  Frauen  berm  Anblick  desselben  durch  den  Sinn  fuhr, 
das  haben  sie  einem  Engel  zugeschrieben ,  welchen  sie  mit 
Rücksicht  auf  jenen  Bliz  als  einen  glänzend  gekleideten 
schilderCen«  Allein  nach  den  Übrigen  Evangelisten  sa- 
hen die  Weiber  die  Abwälzung  des  Steins  ex  hypotheH 
durch  den  ßliz  nicht  mehr  mit  an,  sondern,  wie  sie  in 
das  Grab  giengen  oder  schauten,  erschienen  ihnen  ganz 

20)  ScNUSTKR,  in  ExcHHOaü's  allg.  BibUotli.  9,  S.  lOS4ff.  Kuiiiiii; 

in  Matth«  p.  799. 
Sl)  FauDKtcH,  Uber  die  Engel  in  der  Auferstehungsgeschichte. 

In  EicHH0R3i*s  s.  Bibt  6,  S.  700  IT.   Hmifi,  s.  s.  O. 


Digitized  by  Google 


608  '     Dritter  Abchnitt. 

nili%  die  weiiten  Geetaiten*  Hienach  ■uDi  ee  etwas  in 
Grabe  gefreaen  sein  ^  waa  in  Urnen  den  Gedanken  an  welfa- 

gekleidete  Engel  erregte;  im  Grabe  aber  lagen  naeh  Lukas 
und  Johannes  die  weissen  Leintücher,  in  welche  der  Leich- 
nam Jean  gewickelt  gewesen  war:  diese >  welche  von  den 
tnbigeren  und  bettersteren  Minnem  elnfaefa  als  solche  er- 
kannt worden ,  konnten ,  sagt  man ,  ron  fnrchtsamen  und 
aufgeregten  Weibern  in  der  dunkeln  Gruft  bei  täuschen- 
der Morgendämmerung  gar  wohl  für  Engel  gehalten  wer- 
den --)•  Doch  wie  soUten  die  Frauen ,  welche  doch 
erwarten  mnfsten ,  einen  welTseingewickeiten  Todten  in 
der  Gruft  ku  linden,  durch  den  Anblick  jener  Tücher  auf 
SO  gane^besondei'e  Gedanken  gekommen  seinj  und  ewar 
gerade  darauf ,  was  ihnen  damals  am  fernsten  lag,  diels 
mögen  wohl  Ifingel  siein,  welche  die  Auferstehung  ihres 
liingerichteteii  Lehi-ers  ihnen  ankündigen  wollen?  —  Wie 
sonderbiir  aber,  muCste  man  von  anderer  Seite  her  den- 
ken ^  hier  so  viele  künstliche  Vermuthungen  auf»ustellen, 
was  wohl  die  Rngcl  gewesen  sein  mögen ,  da  doch  unter 
den  vier  Berichten  zwei  uns  ausdrücklich  satrpHj  was  sie 
gewesen  sind,  nämlicli  natürliche  Mensclien ,  wenn  ja 
Markus  seinen  Engel  als  yeay/cricoy,  Lukas  die  seinigen  als 
ä'*ilQag  di'o  beseichnet  Wer  sollen  nun  aber  diese 

JWänner  gewesen  sein  ?  Hier  ist  wieder  Thür  und  Thor 
^eöftnet  für  die  Annahme  von  geheimen  Verbündeten  Jesu, 
welche  diefsmal  aelbst  den  Jüngern  unbekannt  gewesen 
sein  mflssten:  es  werden  dieselben  gewesen  sein,  welche 
bei  der  sogenannten  Verkfürnngsgescliiclite  mit  ihm  zusam- 
menkamen, vielleicht  Essener,  welche  sich  weifs  zu  klei- 
den pflegten  —  und  was  dergleicben  aus  der  Mode  ge- 


22)  So  eine  Abhandlung  in  EicanoftR^s  a,  Bibl.  Sy  S.  629  IT. ,  und 
in  ScaauiiT^t  BibL  2,  S.  545 f.;  auch  BAVsai  hebr.  Mythoi. 
2,  S.  259. 

25)  l'AVtus,  cx.  Handb.  5,  b,  S.  829.  55.  6u.  02. 


L/iyiii^cG  by  Google 


kommme  Vwlhmgen  eiiiM  BARiArfseh-  l^TVRiMf  sehen 
Pragniatisnias  mehr  sind.  Oder  Hill  man  lieber  ein  rein 
sttflÜÜge6  ZusammentrefTen  postuiiren }  oder,  endlich  biU 
Pavu»  4i0  Aaek»  Ib  ekmm  DmM  iMseo, .  avs-  wdefamn^ 
iabaM  man  m  dnreh  bettemle  CMMiiten  nifstthellen  ve^^ 
sucht,  doch  immer  wieder  die  Gestalten  der  geheimen  V er» 
bfindeten  hervortreten  'i  Der  richtige  Sinn  wini  anoh  hiev 
iMmAr  die  Qmtalü^  4flr  JOditehen  V^htromdlung  eiw 
kmen ,  dnreh  finldw  die  urefarfelllelie  Tradition  die  Auf* 
erstehung  ihres  Messias  Terherrlichen  za  müssen  glaobte; 
eine  Ansicht,  durch  welche  aieh  sugleich  die  DifferenKen 
in  Zahl  nnd  £nelieiBnngtweiae  Jener  iherivdiaehen  'We^ 
aen  Ten  aeibal  anf  die  iinnatieaeite  idsen  fiben 

hiemit  ist  aber  auch  anerkannt,  dafs  wir  in  sfimmtÜchen 
erangeiiaehen  DarstellnngeB  dieser  ersten  Kunde  der  Auf- 
eriiihnng  nnr  mdilioneüe  Aerielile  Tor  nna  ImbeBb' 

.f.  .104. 

GalUSßsche  und  jndliiscbe,  pauUnische  und  apoliryphitclie  Br- 
«eliefnungen  des  Auferttaadeneri!.  '  " 

Wohl  die  bedeutendate  von  allen  in  der  Auferstehunga- 
gesehlehte  voriioamenden  Diflferennen  lietrifft  die  Frage 
weiehea  der  ron  Jean  lieabalchtigte  Hauptachauplas  aeiner 

Erscheinungen  nach  der  Auferstehung  gewesen  sei?  Die 
beiden  eraten  Evangelien  lassen  Jesum  noch  vor  seinem' 


14)  FamiCMi,  in  Marc.  s.  d.  St.  Nqmo  —  qi^ispiam  primi  tem- 
poria  Cbrialiania  itm  dignus  videri  poterat,  <iu^  de  .Mes»ia 
ia  vitam  r«verto  nuntiom  ad  hoipines  perferr^^t,  quam  ange- 
Itts,  Dei  minister,  divinorumque  constUonun  int^rpres  et  ad-  * 
jutor.  ~  Dann  Ober  die  Differensen  in  B^ccug  auf  die  AnsaU 
der  Enge)  u.  t.  f. :  Nimirtun  inspcrato  Jesu  M^ttiae  'in  yi' 
tarn  reditui  miracula  adjeccre  alM  alia,  quae£vangelitt«e  r§* 
ligiose,  qucmadmodum  ab  suis  auctoribus  acceporant,  litcrit. 
maodaruot.  *        .  , 

Dms  L§k9H  Jum  II.  Hand.  ^iO 


Digitized  by  Google 


Dritter  Abschnitt. 


Todo  beim  Hiiiausgaiig  an  den  ülberg  den  Jüngern  Hie 
Zusage  machen    fH:tu  to  tysQ*Jivai  //«  ngou^u  vftag  ti; 

JMiiUi&rr  (Mmtk       dA.  Mm       SS.);  *  dinelk 
Vmiflbffrttng  giebt  «m  AiifenlehangtM«rgeii  der  fingcl  dn 
Webern  mit  dem  Zu^ae:   exet  avrov  oipsaO^e  (IVIatth.  28, 
7*  IMarc.  16,  7.»)y>und  bei  MaUhfius  ertbeiit  Über  alles  die* 
aee  Jeaw.  liii  ei^anev  Penon  4M  Weibeni  de»  Avfttag, 
den  .Jlingern«'B»lbagen :  Stvr  anil9fim¥  et^  Trjr  -  Taktlaiaft 
xfixel  //e  oipovtai  (28,  10.).    Bei  Matthaus  wird  sofort 
wirklich  die  i^breiso  der  Jünger  nach  Galiläa  ,  und  die 
Kreebeinttfeigy  Welebe  <ie  dort  ven.  Jbtn  betten  (die  einiige 
den  Jungem  wTKtii  gewordine^-deMh  Meltbftoa  gedenit), 
gemeldet;   Markus  bricht,  nachdem  er  die  Bestürzung  Im- 
schrieben^  in  welche  die  Ü^iigelerscheinung  die  Frauen  vei- 
sest  habe,  svf  Idie  scbon  erwäbnt»  vftlbselhafte  Art  ab, 
bingt  einige  £nebelnangen  Jesu       leelshe ,  dn  swissbca 
der  ersten ,  die  als  unmittelbar  nach  der  Auferstehunif  er* 
folgt,  noth wendig  in  Jerusalem. eu  denken  ist,  und  den 
folgenden  lu^ine  Orts  Veränderung  be^ierkti  und  der  Zum*- 
nenbnng  ndt  der/|r0l)|eren  Weisni^  naeb  tialilSa  aufgebt* 
ben  ist,  sämmtfich  als  Erscheinungen  in  and  um  Jerass* 
lern  betrachtet  werdet  müssen.    Johannes  weifs  von  eimT 
Weisnng[  der  Jünger  nach  G^liiiia  ivcbts^  und  Itifiit  Jssuis 
m  Abend  des  Anferstehnngsta|[es  find  acht  Tage  spfilsi^ 
den  Jflngern  in  Jerusalem  sich  eeigeu;  doch  wird  in  den 
angehängten  Schlufsknpitel  eine  Erscheinung  am  gaiiiaisclK'n 
See  beschrieben.   Bei  Lukas  dagegen  ist  nicht  blois  von 
einer  galltxiscben  Ifirscbeinnng  iLdne  8por,'ttnd  Jemsatoii 
mit  der  Cmgegerfd  snm  alleinigen  'St^treu^lae  der  €hristo- 
phanieeni  welche  dieses  Evangelium  hat,  gemacht,  soniiera 
CS  wird  auch  Jesa.  wie  er  am  Abend  nach  der  Anferste« 
bnng  den  versammelten  Jflngern  in  Jerusalem  erscbeinti 
die  Weisung  in  , den  Nnnd  gelegt:  vf-itli;  öi  xa'^iaate 
%fi  tioXbl  (was  die*  A.  G.  1,  4.  bestimmter  negativ  durch 
am  *is^oooi4;/iair  /i^.  xi»^«a%^oi  ausdrIiciLt),  liv^  «  Mi^ 


Digitized  by  Google 


t 


Viertes  Kapitel.   $.  1^4.  611 

m;ai^p  dvrafuv  j|  Sipog  (24,  49.)*  Hier  mofs  sweierlei  ge- 
fhigt  werden;  1)  wie  l^anii  Jesus  die  Jfinger  mn  einer 
Heise  nach  Galiläa  angewiesen  ^  and  ihnen  doch  lEUgleich 
geboten  haben,  bis  Pfingsten  in  Jerusaiem  zu  bleiben  'i  und 
S)  wie  iionnte  er  iie  darauf  verweisen,  in  Gaiiiüa  sich  ih- 
nen Bu  «eigen,  wenn  er  doch  im  Sinn  hatte,  nocli'am 
nämiiehen  Tag  ihnen  in  nnd'bef  Jerusalem  bu' erscheinen? 

Den  ersteren  Widerspruch ,  weicher  zunächst  «wi- 
schen Matthüits  und  Lukas  stattfindet,  hat  Niemand  schiiiv 
fer  hingesteilt,  als  der  WolfenbOttier  Fragmentist*  Ist  es 
wahr,  t^h'reibter,  was  Lnlcas  sagt,  dafs  Jesus  gleich  am 
ersten  Tage  seiner  Auferstehung  seinen  Jüngern  in  Jeru- 
salem erschienen  i8t^  und  befohlen  hat,  da  su  bleiben,  und 
nleht  Ton  da  weg  so  gehen  bis  Pfingsten:  so  ist  es  falsch, 
dafil  er  Ihnen  befohlen  habe,  in  derselben  Zeit  nach  dem 
/tussersten  Gaiiljia  zu  wandern,  um  ilinen  da  zu  erscheinen, 
und  umgekehrt  Die  Marmonisten  gaben  sich  zwar  die 
Biiene, 'als  wJIre  dieser  Einwurf  unbedeutend,  und  bemerk« 
ten  nur  Icnrz,  die  Anweisung,  In  einer  Stadt  an  bleiben, 
sei  kein  Stadtarrest,  und  schliefse  also  Spaziergange  und 
Nebenreisen . nicht  aus,  sondern  nur  die  Verlegung  des 
Wobnsitees  Ton  Jerusalem' weg  und  das  Ausgehen  alle 
Welt  mr  Predigt  des  Evangeliums  habe  Jesus'  den'  'Jbn- 
gern  bis  zu  jenem  Termin  verbieten  wollen  Allein  ein 
ßpaeiergang  ist  die  Reise  von  Jerusalem  nach  Galiläa  doc|i 
irehi  nioht,  sondern  der  weiteste  Zug,  den  der  Jude  im 
Infand  maehen  konnte  ;*  ebenso  wenig  war  es  fhr  die  Apo* 
ntei  eine  Nebenreise,  yielinehf  eine  Rückreise  in  ihre  Hei« 
inath ;  was  aber  Jesus  durch  jene  Weisung  den  Jüngern 
lintersagen  wollte,  kann  weder  das  Ausgehen  In  alle  Welt 
mm  Verlillndigung  des  Evangeliums  gewesen  sein ,  wosa 
•leTor  der  Anigielsung  des  Geistes  gar  lieinen  Trieb  in 


1)  In  T«s8tiiis*t  Beitrügen,  s.  a*  O«   S«  485« 

2)  MnAiABLis,  S.  239  f*  Klixül,  in  Luc.  p.  74$. 

39  •  , 


Digitized  by  Google 


I 

.  tfit  Dritter  Almisliiiitl. 

sieh  vamplirteii ;  nm^i  die  Verlegung  det  WehnftlCitet  veii 

Jcrusaleni  weg,  \to  sie  nur  als  festbesucheiide  Fremife  sich 
Muthielten :  sondern  eben  von  der  ^ise  naab  sie  Jesus  be- 
llen snrftelibelcen  weüeii,  welche  M  aeeheii  Ihnen  mm 
iilehsten  lag,  d.  h.  ren  der  RHeliliehr  In  Ihre  Heimath  6»- 
lilla  nach  Verflar«  der  Festtage.  Uberdiefs —  worOber  auch 
MiCHAKLis  gesteht,  sich  wundern  eu  müssen  —  wenn  La- 
Ims  durch  jenes  Verbot  Jeea  die  Ueiie  nach  üaÜUa  nielH 
anteehliefsen  will)  wamm  enrihnt  er  deraeUien  mit  hei* 
nem  Wort?  und  ebenso,  wenn  Matthias  sieh  bewofst  war, 
dals  seine  lliiiweisung  nach  Galiläa  sich  mit  dem  Befehl, 
In  der  Haaptstadt  nu  bleiben,  vertrage,  warum  liat  er  die» 
sett)  sammt  den  Jerasalemasolien  Eraehelnungen,  idiergan* 
gent  genriie  ein  dentlleher  Beweis,  dafs  Jeder  von  beiden 
einer  andern  Grundansicht  vom  Schaupias  der  Krscheinun- 
gen  des  auferstandenen  Jesos  gefolgt  ist* 

In  diesem  Gedrünge^  nwel  nn  demeeUito  Tag  gegebene 
entgegengesente  Befelde  nneammennnreimen,  bet  die  Ver«- 
g^leichung  der  Apusteigeschichte  eine  erwünschte  Hülfe  durch 
Unterscheidung  der  Zeiten  dar.  Hier  findet  sieh  nämiich 
der  Befelil  Jeea,  Jemsalem  nicht  sn  ferlnteen,  In  eeine 
lente  firteheinung ,  40  Tage  noch  der  Aaferstehang ,  on* 
mittelbar  vor  "der  Himmelfahrt,  verlegt;  aoi  Schlüsse  des 
Lukasevangeliums  ist  es  gleichfalls  die  leate  mit  der  Him* 
mellahK  eehüefiwnde  Znaemmenknnft ,  In  weleher  Jener 
Befehl  erthellt  wird,  nnd  wenn  man  nnn  gleich,  die  ge> 
'dringte  Darstellung  des  Evangeliums  für  sich  genommen, 
giaulien  mttfste,  da»  Alles  sei  noch  am  Tage  der  Auferste- 
hnng  seliMf  vergegangen:  eo  ersehe  num  doch,  lieilst  ea^ 
ans  der  A*  G«  desselben  Verfaaaers,  dafs  swiaehen  V«  4S 
und  44.  im  ieeten  Ka})itel  seines  Evangeliums  die  40  Tage 
von  der  Auferstehung  bis  £ur  Himmel taiirt  mitten  inne  lie- 
gen. Uiemit  aiier  verschwinde  anch  der  scheinbare  Wider* 
sprach  Jener  lieiden  Weisungen:  ienn  gar  welü  lidnne, 
wer  Boerst  zwar  au  einer  Heise  imch  Galiläa  angewiesen 


Digitized  by  Coo^ 


Viert««  Kapilel.  IM. 

hatte,  40  Tage  wfüttr,  mcInIm  diese  Rete  geaaeht  mnA 
mmn  1«  die  Ueaplitadt  «Mrfiekfekifrhrt  wer,  »unBiebr  Jede 
weitere  Etitfem«ii|;  ▼en  da  verboten  haben         AHein  so 
wenig  der  eu  befnhrende  Widerspruch  veraebiedener  N.  T.- 
liebeii  ScbrilUteller  ein  Gnmd  eein  darf,  von  der  nattirli- 
aiieii  Dmknng  ibrer  AaeeprSehe  absogeiien,  aa  wenig  kann 
»an  hiean  dureh  die  Farebc  berechtigt  sein,  et  aiöehte 
sonst  ein  und  derselbe  Autor  in  verschiedenen  Sebriften 
sich  wideraprecben ,  da,  wenn  die  eine  etwa«  t|ilCter  al« 
die  andere  getebrieben  ial,  der  Sebriftsteller  in  der  Zwi- 
aebenseil  lilier  Manebes  anders  berichtet  worden  sein  kann, 
als  er  es  bei  Abfassung  der  ersten  Schrift  vrnr.   Dafs  rliefs 
in  Beaug  auf  die  Begebenbeiten  vor  und  snnfieiitt  naeb  der 
Attfeff»t#bttng  bei  Lnliaa  wiriUieli  der  Fall  war,  werden  . 
wir  B.  B,  aaa  der  Vergleiebnng  von  Lue.  24,  53.  mit  A.C>. 
1,  13.  später  noch  sehen:  womit  denn  Jeder  Grund  ver- 
aebwindet,  awiscben  das  eq)ayw  V.  41.  and  dfu  di  \.44. 
fagan  da»  Angantebei«  einea  onaiittelbaraa  Zneaaiaien- 
liangs  beinabe  •  Wachen  Zwiaebenaeit  elnaatebieben,  eben- 
so aber  auch  die  Möglichlieit,  die  entgegengesesten  Befehle 
Jesu  bei  Matthfiut  nnd  Lukaa  dnrab  ÜBtartalMidang  der 
ZaUen  na  vertinigaB. 

Indefs,  geseet  auch,  dieser  Widerspruch  liefse  sich 
auf  irgend  eine  Weise  beben,  so  würden  dennoeb,  telbtt 
•bne  Jenen  antdrOeklieben  Beiebl,  weleben  Lokaa  meidet, 
aneh  die  blelten  Fakta,  wie  ale  bei  Ibm  und  seinem  Vor- 

mann  nnd  Nachfolger  erzShIt  sind,  mit  der  Weisnng,  wel- 
ebe  Jesus  bei  Matthäus  den  Jüngern  ortheilt,  unvereinbar  blei- 
ben* Uenn  balien  ibn,  Iragt  der  Wolfenbttttier,  die  tXmmt- 
Hellen  Jfinger  an  awelen  Malen  in  Jerasalem  grseben,  ge- 
sprochen, betastet  und  mit  ihm  ges)  eist :  w  ie  kann  es  sein, 
da£i  tie,  um  iba  au  sehen,  die  weite  Reise  nach  Galiläa  haben 


di)  Scaiaittnicaf»,  über  den  Lukas,  S.  399  f.  Psvtvt,  S.  910. 


Digitized  by  Google 


Dritter  ikbaoiiuiti. 


ihyn  oitftien^^K  Die  UmMMitlen  erwiederii  /.war  dreiety 
4mmltf  defii  Jetns  den  Jlagern  segen  Imm^  in  GelUl« 

den  gie  Ihn  sehen,  sei  lieln^swegs  gesngt,  defssle  Um  sonst 
iitrfirends,  namentlich  nicht  in  Jerasniem,  sehen  würden 
Allein 9  se  wenig,  wer  mu  mir  sagt:  geh*  nach  Romy  dort 
wiret  da  dea-PnlMft  telMn,  meinen  Ii  Ann,  der  Pelbie  werde 
ewar  savor  noch  darch  meinen  jetzigen  Anfenthaltsort  kom- 
men,  und  da  von  mir  gesehen  werden  können,  hernRch 
aber  aoü  ich  eoch  noch  nach  Rom  gehen,  um  ihn  dort 
wieder  su  eehen  t  so  wenig  wOrde  der  fingei  bei  MntthJtaa 
und  Markus,  wenn  er  Ten  der  jeruselemtsehen  Erseliefnang 
noch  am  nämlichen  Tage  etwas  geahnt  hätte,  den  Jüngern 
gesagt  haben :  geht  nach  Galiläa,  dort  wird  aieh  .euch  Je- 
eoe  neigen,  eendera:  seid  nur  getrost,  lilerselbst  in  JervaiK 
lem  werdet  Ihr  Ihn  vor  Aliend  noeh  sn  sehen  bekoanen. 
Wozu  die  Verweisung  auf  das  Entferntere,  wenn  ein  gleich- 
artiges Nftheres  dazwischenlag?  und  wozu  eine  Bestellong 
der  Jünger  aeeh  GalUlta  dnreh  die  Weiber,  wean  Jena 
lerbersah,  am  nUnllehen  Tage  noeh  die  Jftnger  perefa- 
Jich  KU  sprechen?    Mit  Recht  beharrt  die  neuere  Kritik 
auf  dem,  was  schon  Lessing  geltend  gemacht  hat^},  dafs 
kein  Vernflnflfciger  seinen  Freunden  daroh  ekie  dritte  Per- 
son eine  spätere  Zasammenknnft  an  Ivendigem  Wiederse- 
hen an  einem  entfernten  Ort  anberaumen  lasse ,  wenn  er 
noch  an  defaselbea  Tag  und  öfters       gegen wiiir eigen  Or- 
te sie  an  sehen  ifewifs  sei       lUnn  mithin  der  Engel  and 
Jrsns  selbst,  als  aie  am  Morgen  dnreh  die  Freaea  die  Jtta- 

ger  nach  Galiläa  bescbieden,  noch  nichts  davon  gewulst 

» '  ■   • 

4)  a.  a.  O.    S.  486. 

5}  GmissBAüM,  Vorlesun^pn  über  Hermeneutik  dea  N.  T. ,  mit 
'       Anwendung  auf  die  Ijcident*  und  Aufcrstehuagtgesch.  Chri* 
Bti ,  berauigegeben  von  Stbirsk,  S.  314« 
6)  Dopitk,  Werke,  14.  Band,  S.  204. 

7}  ScMMBcaaicainMtay  Uber  ilea  Urtpnwg  des  ersten  kaaea.  Evsng.^ 
S.  I7f. 


uiyiiized  by  Google 


bibeii,  lUfs  er  Abend  deaieUien  Tugs  beif  ui|4  int  Jeru- 
«•lem  ihmn  «eigen  werde:  eo  nuirf. er. ea  Mor- 
gen Boeh  im  Sinne  gehabt  haben,  sogleieh  naeh  Galilfia 

eil  gehen,  im  Verlaufe  des  iags  aber  auf  aiiflre  Gedanken 
gekoiumen  sein.  Von  jenem  anffingJichei^,.  Versaz  findet 
•ieb  naeh  Fadlvs«)  nndi  bei  Lnkaeeine  Spi^r^  in  der  Wan- 
derang Jetu  naeh  dem  in  der  Riohtnng  gegen  GalilXa  hin 
gelegenen  Euimaus^  als  Grund  der  Abünderuiig  des  Pinns 
aber  vermuthet  dersrlbe  Ausleger,  >«elcbem.  hierin  Olskai  - 
SKN  beislimmt^  den  üi^auben  dei*  Jünger ^.^>Y^e  ^r.^^ 
Jean  namentlieh  l»ei  Gelegenheit  des  Gangs  naeh  Eromaus 
nu  erkennen  gegeben  hatte.    W  ie  eine  stdrbe  irrige 

.J^i*echnung  von  Seiteu>  Jesn  mit  der  orthodoxen  Aiisichl 
von  feiner  Peraen  veriryge,  m%e  biebei  UtsiiAvaEM,  suae- 
hen;  aber  nueh  rein  menaeblich  betraelitel,  liegt  kein  ge* 
nügender  Grund  jener  Umstiniiiiiing  vor.    Namentlich  seil 
Jesus  von  den  beiden  Emmauntischen  Jüngern  erkannt  wor- 
den war,  durfte  er  g^witß  aein»  daia  daa  Zengnifs  der  Mün- 
ner  die  Anaaage  der  Weiber  ao  brglanbigen  würde »  nm 
die  Jünger  wenigstens  mit  glimmenden  Funken  des  Glau- 
tiena  und  der  Hoffnung  naeh  Galiläa  £u  führen.  LIbt>rliiiii|i( 
aber,  wenn  eiiM  Umatimmnngy  ufid  eine  Verachiedenheii 
dea  Piana  Jean  vor  und  nneb  deraeibBO  atfitUand :  warum 
giebt  dann  kein  Ü)vangel!st  von  einem  solchen  Wendepunkt 
JNaohricbt,  sondern  8|>richt  Luiias  so,  wie  wenn  er  von 
dem  urapriingliclien  Plan ;  Matthiiuai  wie  wenn  er  y  on  i;i- 
ner  späteren  AbAnderung  deaaeibea  nieb,ts  .wülate}  Joban- 
nes, als  ob  der  Hauptschauplaa  der  Erscheinungen  des  Auf- 
erstandenen Jerusaleni  «>ewesen,  und  er  nur  naihtTHglicii 
auttb  einmal  haob  Galiläa  gekommen  wärje;  endlich  Mar- 
liua  ao )  dafa  man  wobi  aiebt,  er  bat  die  anftingliebe  Wei- 
sung nach  Ifaliliia,  weiche  er  aus  MattliXuai  und  die  foi- 


8)  ca.  Handb»  3,      8w  SIS. 

D)  b.  CoBuu.  2|  S.  jZk. 


Oigitized  by 


g&m&m  fimrhehiaiifrm  In  JwwuA&m  iiimI  dfer  Vmf^Kimi^ 
«relelie  er  m  Lskas ,  mNl  woher  eonet  neeli ,  eeli5pfle, 

mif  keine  Welse  zn  vereinigen  ßfewofst  oder  auch  nur  ge- 
fiocht,  eondern  sie  roh  and  widersprechend  ^  wie  er  sie 
fnnd,  sniMfliiiienifieeleiltf  ^ 

Mnft  HMn  dbomeek  mit  di^  weneeten  Krltllr  des  M et^ 
tliHUsevan^eliumR  den  Widerspruch  ewischen  diesem  und 
den  flbrieff^n  in  Bezog  aar  die  Lokaiitit  der  Erscheinungen 
Jeen  nneh  der-Aufersteknng  anerkennen;  so  fregC  ee  Heb, 
ek  Ben  «lereelken  nneh  derln  befstlninien  kenn,  dels  ein 
ohne  Weiteres  die  Dnrstellunef  des  ersten  Eyangelinins  ge- 
gen die  der  übrigen  anfjgiebt?        Steilen  wir,  abgesehen 
Ten  'veninsgeseeteni  npestollseheii  Orepmng  des  einen  oder 
•ndem  Rrangeliams,  die  Pmge:  welche  der  holden  ehwel> 
chenden  Dnrstelinngen  eignet  sich  mehr  daen,  als  traditio-  ^ 
neHe  Um-  und  Weiterbildung  der  andern  angesehen  sn 
werden  f  to  kVmion  wir  hler^  nasser  der  aUgemelnen  Be» 
sehafTenhelt  der  Bmihlongen«  noch  anf  einen  dnnelnen 
Pnnkt  sehen,  an  welchem  beide  sich  auf  charakteristische 
Weise  Kiertthren«    Diefs  ist  die  Anrede  der  Engel  an  die 
Frauen,  in  welcher  nach  simaitllehen  Synoptikern  Göll» 
llla's.  erwthnt  wird,  aber  auf  fersehledene  Welse.  Bei 
Matthüus  sagt  der  Engel,  wie  schon  erwühnt,  von  Jesn  : 
nonayei  vtiäg  üg  t^v  Falilala»  —  tSs  elnor  v$iiv  (28,  7.)-  ^ 
Bei  Markos  sagt  er  dasselbe,  nur  daft  ^  statt  des  leste- 
ren  KosatneSf  dnreh  weichen  bei  Matthins  der  Engel  seine 
eignen  Worte  den  Frauen  einpHlgen  will,  den  Znsae  hat: 
jfüf^fjg  tiTCBv  vfuVf  mit  welchem  er  sie  auf  die  frühere  Vor* 
hersage  Jesn  filier  diesen  Gegenstand  surdckweist.  Ver- 
glelohon  wir  snnXehst  diese  beiden  llarsletinngefl  t  so  künnto 
leicht  das  bekriIHgende  bItiov  viuv  flberflflssig  und  nichts- 
sagend erscheinen ,  und  dagegen  die  Zurfiokweisong  auf 


M)  We  SeuMi  Uber  dss  Abeodauihi,  S/SSl.  SsasamsjiwmsKii, 
s.  a.  O. 


Digitized  by  Google 


4immf  kM»m  mm  iU  Vwihiag  teirtate,  ibfii  ktar 

fielleieht  Markn«  das  Richtige  und  Ursfirfliigliclie,  MnU 
thffus  aber  ein  nicht  ohne  Mifsverstündnirs  Abgeleitetes  hm^ 
be  " ).  Ziehen  wir  nwi  «ker  Meli  den  Berioht  dm  Lakai 
kl  4la  VaifloMang  k&Himt  m  wM  «Mb  bter,  wi«  M 
Markiia,  darch  ein  fxvr^od-rjftBj  dg  iXdXr^atv  vfuv  izi  uv  iv 
%f]  r vltlal4jt  9  Uyofy  n.  %,  L  anf  eine  frühere  Vorhersage 
«Imi  snrfidigQwItMny  aber  nicht  aof  «Im  naeh  Galiläa 
wcfaeMk,  iaadeni  Mf  «Im  Ib  OftUlla  gegohf  <■  Hier  fri^ 
•itobs  iat  aa  wahraeheiniicher ,  dafa  das  nrtprUnglith  swr 
Bestimmong  des  Lokals,  in  weichem  die  Weissagung  der 
Auferstehung  gegeben  wnrda^  hlnsugesenla  GnlUfta  apftter 

itiiniiene  eraebeincs  weUto,  «mgedeoteC  worden  iat,  eder 

umgekehrt?  Dieft  muH»  sich  darnach  entscheiden,  in  wel- 
cher von  beiden  Stellungen  die  Erwähnung  Galiläa 's  iniii* 
ger  in  den  ZneenNnenkeng  |ielal.  Heia  nnn  ,bei  VerlUta* 
dlgnng  der  Anferatahnng  AUea  derenf  enfceei ,  ob  und  #o 
der  Auferstandene  zu  sehen  sei ,  erhellt  von  selbst ;  weni- 
ger lag  9  wenn  anf  eine  frähere  Weissagung  nnrfickfewie- 
een  werden  aoUie,  denuiy  wo  dieee  gegeben  woeden  wevw 
Blaneeb  kitointe  nnui  aebon  von  dieaer  Vergldcbnng  der 
Stellen  aus  es  wahrscheinlicher  finden,  dafs  es  ursprttng* 
Üeb  geheifsen  haben  müge,  der  Cngei  habe  die  Jttngor 
neeb  Gaülie  gewieaen , ,  naa  dort  den  Anforefeendenen  nn 
eeben  (Bletth»);  biereef  ober,  eli  die  Ewiblnngen  von  Jn* 
däischen  Erscheinungen  Jesu  die  galiläischen  verdrängt 
iiatten,  habe  nun  das  Galiläa  in  der  Engelrede  dahin  nair 
fasteUl^  defr  ee  nnn  bißßh  bi  GntiiKe  hebe  Jc(mm  aeU 
ne  Anftratebung  verbeiyaagt  (Lnbae) ;  weranf  dann  BIm^ 
Lus  vermittelnd  eingetreten  au  sein  soheiut^  indem  ev 


II)  Weaswagea  MiCHiaus,  8.  118  f. ,  aeeb  bei  Ifallbllaa  itSMir 
fdr  die  «rspriingliibe  Leiarl  bHU. 


'  Digitized  by  Google 


•IS  •  Hrit»er  Ad^svbivHt.  * 

fMlIibi  ttber  Mit  Mrttliaw  dt  8dto«pi—  »Mit  der  Mbe- 

reu  Vorfiersnguiig,  sondern  der  bevorstehenden  firscbei- 
Mog  JesQ  beibehielt. 

Ziehen  wir  bierenf  d&e  eilgeMine  BeM>beffMibeli  der 
Mden  finilikiiifpe»  nd  die  Netor  der  Mie 'ia  Belnebt, 
•e  stehen  der  Annahme,  dafs  Jesus  nach  seiner  Aufente* 
livng  den  Jflngero  wirklich  mehreremale  in  und  bei  Jeni- 
uhm  OTtebieim  eeii  die  Knude  hiefeii  aber  nns  der  Tra- 
dMen  j  wie  iie  dem  ereCen  Bfengelin«  wmm  brande 
sich  verloren  habe ,  dieselben  Schwierigkeiten  entgegen, 
und  die  entgegengeseste  hat  eben  so  viel  fttr  sjch|  wie  wir 
diefii  bei  einer  frtberen  Unlerinebang  In  Benng  enf  die 
meiwereit  Feetnieen  nnd  Jndilselien  AnlbnllMite  Jetn  ge- 
funden häben  Da(s  die  jerusalemischen  Erscheinun- 
gen des  Auferstandenen  in  Galiläa,  wo  dieser  Vorausse- 
tsung  nach  die  MatthAnetraditien  eieh  bildete,  onabsiebt- 
Jieby  alen  dnreb  Wtfttgee  Vereeinrlnden  der  Knnde  van 
denselben,  in  Vergeseenlieif  gekomnea  wiren,  lifst  sieh 
^K>ei  der  Wichrigkett  gerade  dieser  Erscheinungen,  welche, 
wie  die  ver  den  vareaamieiten  Eiifen  und  vor  Thomas,  die 
eieherslen  Zengniaaa  Hat  die  RaaUtil  •  der  AnflnMlnnig 
enthieleen ,  nnd  fiel  dem  organisirenden  EinfluTs  der  ^ 
nieinde  in  Jerusalem ,  nicht  wohl  denken ;  dafs  man  aber 
in  Galiläa  von  den  jndüaelien  Ereebeinaagen  Jesa  awar 
getMilee,  der  Verfaeeop  dee  ereten  EtrangalinM  aber  rfe 
abslelbdieli  »ateeiiwiegtia  beben  sollte ,  nai  seiner  Provina 
allein  die  Ehre  derselben  eu  erhalten,  diefs  sest  einen  ga- 
liläischen  Partieularismus ,  eine  Opfieeition  der  dortigen 
Cbrielen  g^gen  die  GanMinde  aa  detindem  Temne,  waven 
•ne  feda  geeelbiehliiehe  Spar  ahgolit  Das  andre  Mdglieba 
hingegen,  dafs  vielleicht,  nachdem  urspriingfich  blofs  ga- 
liJüecbe  EfieheinaBgeB  dee  Anferstaadenea  iMkaani  ga» 


12)  1.  Baad,  S.  440  f. 


Digitized  by  Googl 


I 


VUlile*  Mpilel^      104.  •» 

WMtn  MWfmy  kl  <kr  ühorMwrqiiy  •IJnttMig  Jmmp  »abr  « 
JudAitolie  «nd  jenwileirteohc  bliiMigef&gt ,  «ftd  «hmh  4i«M 

endlich  jene  ganK  verdrängt  worden  sein  inügen ,  Jifst  tivll 
durch  mancherlei  Grtfnde  Bur  Wfthrscheinliohkeit  erheben; 
S^lbm  der  Zeil  iMtll  war  die  Kunde  von  der  Anferste- 
^   fcvng  ie«a  nm  m  eeMegender,  je  onnältelbfirer  seine  fir* 
eeheinungen  auf  Begrübnifs  und  Wiederbelebung  gefolgt 
.waren :  sollte  er  aber  erst  in  Galiläa  erschienen  sein  j  so 
fiind  eine  selebe  nnndtlelbere  Aufeinanderfolge  niebt  statt} 
ferner  wer  es  efaie  nafflrllebe  VorsteHong,  dafs  sieb  dto 
Auferstehang  Jesu  an  Ort  und  Stelle  seines  Todes  durch  * 
*   Erscheinungen  dooumentirt  haben  müsse;  endlich  aber  der 
•Vei'wurf ,  daft  Jesus  naeh  seiner  angeblieben  Wlederlieie- 
bung  nur  den  Seinigen  j  und  awar  in  rinem  Winkel  von 
Galiläa,  erschienen  sei,  war  dadurch  eintgerroafsen  Burflcb* 
gewiesen,  wenn  man  sich  darauf  berufen  konnte ^  dafs  er 
vielmehr* in  der  Hauptstadt,  iklHen  unter  seinen  ergrfmm- 
len  Feinden,  aber  freillcb  von  diesen  weder  nu  sefaeil  noeh 
Ott  greifen  9  als  Auferstandener  gewandellr  bebe.  '*  Hatte 
man  aber  einmal  mehrere  Erscheinungen  Jesu  nach  Jadila 
und  Jerasalem  verlegt,  so  verloren  die  galilillschen  Ihre 
Wicbtigkelt,  und  konnten  binfort  entweder  In  der  unter- 
geordneten Weise,  wie  Im  vierten  £vangellam,  naebge- 
tragen  werden,  oder  auch,  wie  im  dritten,  gans  ausfallen. 
Da  diesem,  vom  Standpunkt  mdglleher  fikigenbildung  aus 
fisb  etgsbondan  Resultat  bier  niebt  wie  oben  In  der 
tersuebun^  4lber  den  Sehaupla«  der  Wirksanikeit  dee  le* 
boiiden  Jesus  vom  Gesichtspunkt  der  Verhältnisse  und  Ab- 
sichten Jesu  ans  ein  umgekehrtes  sich  entgegensest:  so 
breueben  wfa»  bier  die  fintsebeldung  nicbt  dabfaigestellt  mm 
lassen,  sondern  ddrfbn  fan  Widers prueh  gegen  die  Jetafge 
Kritik  zu  Gunsten  des  ersten  Evangeliums  entscheiden, 
dessen  Bericht  Uber  das .  Erscheinen  des  Auferstandenen 
obnebin  aib  der  elAfaefaere  und  nrfnder  sebwierlge  sieb 
empfehlen  winL 


Digitized  by  Google 


Wm  mmm  BiiufciMiMgi«  4m  — fawtimdenen  Jesus 
fai  KiMeUMM  betffifl,  M  hak  dacM  4m  ante  finmgeliM 

swei;  eine  am  Aufer^tehiingsmorgen  vor  den  Frauen  (28^ 
9L  f.),  und  eine,  unbestimmt  wann ,  Tor  den  £ilfen  in  Ga- 
UUm  (19,  16.  &>  MarkM  In  iMgem  blofs 
viMhar  Angabe,  drait  dia  ania,  walehe  am  Mary  4&t 
Auferstehung  der  Maria  Magdalena  (16,  §•  f.)  9 
4are,  weiche  swei  aufs  Land  gehenden  Jüngern  (16, 12.), 
Md  aina  drittot  walaba  da«  m  TMba  aitsenden  EÜfea, 
dnia  Zwaifal  in'JaraailM»  n  TImU  gawardanlüd«!  14.> 
Lnlias  ersfthlt  swar  nur  swei  firscheinangaii :  dia  wwt  de» 
fimmauntischen  Jüngern  am  Auferstehungstag  (24,  13.  ff.) 
«itd  dia  lasla^  var  dan  liillan  und  andern  Jüngern  an  Je- 
mala«,  Mab  14»  36.  aai  Aband  daaaalba«  Taga,  unk 
A.  G.  1,  4.  ff.  vierzig  Tage  sptfter;  aber  wann  dan 
ji^nntiaehen  Wanderern  bei  ihrem  Eintritt  eu  den  Aposteln 
dÜBMi  naab  aba  Jasaa  in  Ibra  Mitte  getreten  Ut,  entgegen- 
mÜM  I  i^yiQ&fi  o  antag,      mqfßtj  Üftam  (14,14.)* 

so  wird  hier  eine  dritte  Eraehainung  vafanagaaant,  walaba 
dam  Petrus  allein  su  Theil  geworden  war.  Johannes  hat 
vitr  dafgiaiaban  Eraabainnngan :  dia  artte ,  welche  der  Maria 
Magdabna  am  «raba  m  TbaU  wnrda  CM»  ^ 
nweite,  welche  die  Jünger  an  JemaalaBi  bat  laiaibiaaaa 
nan  Thüren  hatten  (20,  19.  ff.);  die  dritte,  acht  Tage  spfi- 
lav,  abanfalla  In  Jamsaleai,  bei  welcher  Tbonn«  «ich 
■barnangta  («1^  16.  f.);  die  Herta,  «nbatteMt  wann,  am 
galiliischen  See  (ll.>  Hier  fei  nnn  aber  anab  eine  Naab* 
rieht  des  Apostels  Paulus  an  berücksichtigen,  weleher 
1  Rorl  1$,  5.  ff.,  wenn  man  die  ihm  selbst  eu  TbaU  ge- 
wardena  Cbrittophanle  abreabnel ,  IlDnf  Kraabainnngan  dea 
Aalmtandenen  aofeiblt ,  ohne  sie  jedoeb  nlbar  an  bn- 
schreiben :  euerst  eine  dem  Kephas  gewordene ;  dann  eine 
Tar  dan  Zwölfen ;  hierauf  eine  vor  mehr  als  fünfhundert 
Brfldam  anf  aInnMl;  weiter  eine  for  Jabebna,  nnd  andliob 
eine  ?or  äftauntlleben  Apeateln« 


Digitized  by  Google 


Viertes  Kepitel.   f.  134.  itl 

Wie  lügen  wir  mmn  dieit  yemlitodewen  Enehciniin* 
gen  kl  elmmder  ein?  Den  AnefMeh  demef,  iKe  ertto  im 

sein,  macht  bei  Johamies,  and  ausdrücklicher  noch  M 
Marku«)  die  der  Maria  Magdalena  eu  Theil  gewordene. 
Die  sweile  niaMle  des  ZaMOUMiitreffen  Jeen  oiit  den  toAi 
Grub  Mriekkeiwenden  Wetbem ,  bei  llatf hins ,  gewesen 
sein ;  da  aber  anter  diesen  Magdalena  gleichfalls  war,  und 
ikeine  Spar  vorhanden  ist,  dafs  sie  schon  vorher  den  Aiif- 
cvetendeeen  kälte  gesehen  gehabt:  se  können,  wie'bereili 
bemerkt,  dieee  beiden  firsekelnangen  niekt  anselnanderge- 
halten  werden,  sondern  wir  haben  Uber  Eine  und  dieselbe 
eine  schwankende  Relation.  Dafs  Paulus,  welcher  in  der 
angeführten  Stelle  ipriekt,  als  weilte  er  alle  firscheinon» 
gen  des  wiederbelebten  Gkrlstni  aofslblen,  ven  denen  tut 
Wulste,  die  beeeicknete  Übergeht,  kann  man  daraas  erkü- 
ren, dafs  er  Weiber  nicht  als  Zeugen  aufführen  wollte» 
Da  die  Ordnung,  in  welcher  er  seine  Gkristophanlen  wie» 
derglebt,  4er  Reihe  ven  slm  nnd  imtta  nnd  dem  Seblnfii 
mit  jb^oser  naeb  nn  nrtiiellen,  die  ZeilMge  «i  Sein 
scheint  so  wiire  nach  ihm  die  Erscheinung  vor  Ke- 

phas  die  erste  einem  Manne  sa  Theil  gewordene  gewesen« 
Dieft  würde  sieb  mit  der  Darsteüang  des  Lobas  gnt  f  er- 
tragen ,  beirweiebem  den  £mmanntiseiien  Wanderern  bei  Ik* 
rem  Eintritt  die  Jünger  au  Jerusalem  mit  der  Nachricht 
entgegenkonunen ,  dals  Jesiie  wirklich  auferstanden  nnd 
dem  Siosen  enebleMB  eel,  was  mdglielwi weise  neek  rer 
dem  ZnsammeMtiefcn  mit  jenen  kelden  der  Fall  gewesen 
sein  klinnte.  —  Als  die  nächste  Erscheinung  müfste  aber 
hierauf  nach  Lukas  die  aalest  genannte  gesähit  werdenj 
welehe  Pauins  niekt  erwiknen  würde,  etwa  weil  er  nnr 
die  Aposteln  sn  Tlieil  gewordenen ,  and  ven  den  übrigen 
blofs  solche,  welche  vor  gröfseren  Massen  erfolgt  waren, 
auÜBufttkren  gedachte ,  oder  wahrselMinlioker ,  weil  er  von 


13)  «.  Biaaeta*s  CoamieBtar  s.  d«  St. 


DrilUr  AlMelmitti 


.4fjrailfcn  niehft  waliili^   Harko«  11^  ISL  t  wHit  «ffenb*  r 

M  Lttluift  ill»  vtnmmvuitm  ^finger  den  von  Kramaos  Kom- 
nendeii  mit  den  gliiubigeii  Ruf :  i^ytQ^f^  o  KvQtog  x.  t. 
.Milig«g0iitreteii ,  Kei  Markus  die  Jünger  «odi  auf  die  NiksIi- 
Hdbl  jenier  beide«  büi  »eeb^  niebt  gegUabt  bsbeir  selleii, 
Hihrt  wohl  nvr  von  einer  Übertreibiuig  des  Merkus  her, 
welcher  den  Contrast  der  überzeugendsten  Erscheinungen 
Jeni  mit  dem  fortdeuernden  Unglauben  der  Jfinger  nielit 
we  defi  HAnden  lii«seB  wiA.  -—An  die  EMewititobe  lehHelei 
.«leb  bei  Lukas  nnnlttellNir  die  Erselieinung  Jesv  In  der 
Versammlung  der  itdtxa  und  andei*er  an.    iiiese  hUit  man 
ymeWgiieli  ffir  identisch  mit  der .  pinÜniscben  Ersehei- 
•iMwy  var  den  diidfMUf  «nd  mic  deni^  wm  Johnnnes  iNwIei^ 
Itfl*,  dels  am  Abend  naeh  der  Anferstebuny  Jeeas  bei  tcr- 
sehlosseiiei)  Thüren  xu  den  JCingern ,  in  deren  V  ersamm- 
lang  übrigens  Thomas  fehlte  ^  eingetreten  sei.  Hiegegen 
jd#rf  naw  «wur.dae  Ifdcnsr  des  LnkiM^  .dsi  doeh  naeh  Jo- 
lianiiea  nur  aeiui.  Apostel  dabei  geweaen.  alnd ,  «licfiao  we- 
nig urgiren,  als  bei  Paulus  das  d(oSexa^  wo  doch  in  joHem 
JTali  Judas  abgerechnete  werden  mufs;  auch  scheint  die  bei 
'  den  baide»  EvangeÜatan  §mui  giaiebe  JUsekreibung  tles  üer- 
iMdlwMiani  4aatf  dorob        ip  ftimt^  ervittfr  und  ^  ug 
id  f/HJov  <i  und  die  Anführung  des  Grufses :  ft{)fV7^  'V^'»'» 
auf  Identität  beider  ü^rscbeinungen  Jiinsawelsen ;  indefs^ 
vmn  mmm  .badeakti  wia  dna  Bataaüii'  .ftoa  Latbea  Jesu^ 
fsiiabaa  bei  JebiMiMa  eiat  in  die  aobl*  Tage  s|»Mere  fip- 
seheinung  füllt,  und  das  Kssen  vom  Bratfisch,  welches  Jo- 
bannes erst  bei  der  noch  späteren  galiläisohen  Erscheinung 
hal }  von  Lukaa  Iii  Jane  Jeraaaiaflüaelie  am  Tag  der  Aafer- 
atobang  verlegt  wkd :  ao  »erbalit ,  dafa  —  wie  uian  nan  sa* 
gen  will  —   entweder  der  dritte  Evangelist  hier  mehrere 
.Vfltfgiiige  in  Einen,  auaanunengesogen  ^  oder  der  vierte  Ei- 
mh  In  uMkreva  aaaeiaander  geaeblagen  lial.  Diaso  Jaraaa* 
lailsaha  Kvaebeiming  ror  den  Apoaleln  bp5wila<aber  j  wie 


Digitized  by  Google 


oben  bemerkt,  nach  Matthäi^  gfnt  nicht  ^t^ttn^ehabt  ha^cys^ 
d«  dieser  £v«ngeii»t  die  iMaw,  um  desun  i^beii|  neel^ 
Gaiilto  w^edern  WtiL .  Markitt  «nd  Lakaf  kiifiiifefi  mi 
dieselbe  liie  Himmelfahrt  an,  schliefsen  also  alle  spüteren 
Erscheinungen  aq«.  —  jper  Apostel  Pi^hIqb  hat  db  di0 
nifebale  Eneheinnng  die  Tor,..500  Brüdern  |,  weiche  mang^ 
wiihnlleii  nlk  derjenigen  für  identlieh  hllt^  die  Meilhlne 
auf  einen  i)erg  In  Galiläa  verlegt  «Hein  bei  dieser 
sind  nur  die  tydexcc  als  gegenw&rtig  angegeben ,  und  auc|| 
die  Gespriehq,  .welcbe  Jeans  mit  ihnen  fiüut^  acbeUiep» 
nie  vorwiegend. amtiiehe  Inatrnl&denen,  mehr  ftir  diesen. en» 
geren  Kreis  xn  passen.  —  Oennfiehst  fitthrt  Paulus  eine  flefp 
Jakobus  zu  TheÜ  gewordene  Erscbelnung  auf,  von  dev 

■ 

nneh  im  Hebrfierevangellnm  des  ttiei^nymns  sieii  eine, Mm* 
krjphisehe  Nnelu*iehc  findet^  naeb  weleiier  sie  nber  .41^ 
erste  von  allen  gewesen  sein  mOfste  —  Hiemnf  wiire 
fflr  Jene  Erscheinung  liaum,  bei  welcher  dem  vierten  Evant 
gjdkm  snlir|ige^%chl  Tage  neob  der  Anferstebnng  J^  Tbf^ 
■  •  ■  . 

14)  PAVLYTt,  cx.*  Handb.  3,  b,  S.  897.   OuaAUsan  2,'  S.  541.  ' 

15}  Hieron.  de  viris  illustr.  2:  Kvangeliujn  quoque,  quod  appcl* 
latur  sccufidum  Hebraeo«,  —  |>o«t  resurrectionem  Salvaioria 
rcfert :  Dominus  autcm ,  postquam  dedisset  sindoncm  scrvö 
sAcerdotiV  (^wahrscheinUeh  Iii  Betug  auf  die  WicHe  'amGrab^ 
wclcb^  Uc¥  ras  eiaer  rfhuTiclIea  ili  -M^e  priesterUcben  ge* 
Maobl  wiffe;  s.  GaSania,  Beiträge        iSinisfiaBg  in*>daa 
'      T»i6*406f.)       ed  JansJhim  ei.apparuil  eli  >.iuraveral 
.  enim  Jacpbut ,  le  non  comestufum  panem  ab  illa  hora ,  qua 
biberat  caticem   Domini  ,  donec  vidcrct  euxn  rfsurgrntem  a 
dorjnientibus    (wie  umlcnkbar  ein  solches  OelUbdc  bei  drc 
Hofi'iiungslosigkeit  der  Jünger,   darüber  vergl.    IVIichakus  ^ 
S.  122,)»   Rurtusque  post  pauluhim:    AfTerte,  ait  Dominiit^ 
'  menssfli  et  panem.   Statimque  additurt  'Tiilit 'paiiem  et  be- 
Aedillil  SS  fregK)  et  dedit  Jacdbo  }usto  et  dküt  itt;  traf  er  nü^ 
canwde  panem  tman^  qnls  esinrssjdl  iüns  Wminis  Avdev» 
laisBlilms«  •    •  i 


L/iyui^cG  Google 


«24 


Dritter  Abselmill. 


mM  flberse^gt  worden  lein  soll ;  womit  Paulas  genaa  iliier- 
einetiiliiieii  urflnle,  Wemi  wirklieb  sdn  raig  dnogalotg  mt^ 
0fr  (V.  7.),  Ter  f^efehen  er  aebie  Anfte  Bncfbelnoii^  vor- 
gehen iMfgt,  von  einer  Plenarversammlung  der  Eilfe,  im 
Unterschied  von  der  früheren  ,  bei  weicher  Thomas  gefehlt 
"hatte,  ra  verMhen  wire:  wiis  eher»  weil  Penlea  eneh 
Aeae  lila  eine  Srsehetnang  Tof  tdig  dtaSexa  beselehnet  hat- 
te, unmöglich  angeht,  sondern  der  Apostel  versteht  sowohl 
nnter  diiÖ€*a  als  anter  oi  änogoloi  tfdvfsg  die  sfiraratti* 
ehe»  5  damata  Qbrlgena  um  Einen  Mann  nnfellnihllgen  Ape- 
atel  Im  Gegensas  gegen  dte  einnelnen  Individuen  (Kephaa 
and  Jakobus),  von  welchen  er  beidemale  unmittelbar  vor- 
her als  von  solciien  gesprochen  hatte,  denen  eine  Christo« 
{ihenie  nn  TheÜ  gewendem  Soli  aber  dennoch  die  fünfte 
{»anlinlaelie  Eraehelnifng  Jean  mit  der  dritten  Jehennei- 
schen  Identisch  sein :  so  würde  nur  am  so  deutlicher  er- 
hellen  ^  dafs  die  vierte  paulinisohe ,  vor  den  500  ßrfidemi 
nieht  die  gnÜlftlaehe  dee  MettblUa  aein  kenn.  'De  ninüleh 
bei  Johennea  die  dritte  in  Jeroeelea  atett  fand,  die  Werte 
aber  in  (iaiiliia:  so  müläten  also  Jesus  und  die  Zwdife  nach 
den  ersten  jerusalemischen  Eracheinungen  nach  Galiläa  ge- 
gangen nnd  enf  dem  Berge  saaneinieiiigekoniflien  aeln;  Idar- 
anf  bitten  ale  eieh  wieder  nach  Jerpaeleni  begeben ,  we 
Jesus  sich  dem  Thomas  aeigte ;  dann  wieder  nach  Galiläa, 
wo  die  £rsche^nng  an  See  erfolgte ;  endlich  cur  Himmei- 
lahrt  wieder  neeh  Jewneiei»  Um  dieia  nweckioae  Hi»- 
Midherwendem  ne  renneidatty  nnd  deeh  feM'  Inddeii  Bin 
scheinungen  combinlren  au  Ii9nnen,  verlegt  Olshausbii  die 
Erscheinung  vor  Thomas  nach  Galiläa :  ein  unerlaubter 
Gewaltsti*eich  ^  da  nicht '  nnr  swiachen  dieser  und  der  vor» 
hergehenden^  eingeatendnemalsen  Jemaalemiaoheny  Erscliei- 
nung  keiner  Ortsverfinderung  gedacht}  sondern  der  Ver- 
aammlungsort  gana  anf  dieselbe  Weise  beschrieben  lit ,  Ja 
der  S&naas:  ^hfQä»  mAmüfdißmf  mir  an  die  Hauptstadt 
denken  llAt  ^  weil  In  de»  von  prieit^riieiienr  Unfii  gegen 


yiu^  jd  by  Googl 


Viertes  Kapitel.   $•  134. 


625 


tlosnm  weniger  Inficirtcn  (jaIiIür  »ich  der  Griiiiil  jenes  Ver- 
schliefsens ,  der  <f  6 ßog  twv^ Ikidaiow  j  nicht  ebenso  d^nk«« 
läüL  —  Erst  d«  also^  wo  mit  d^r  acht  Tage  nach  der 
Auferstehung  erfolgten  dfe  frflhern  judXischen  Erscheinan* 
gen  KU  £n(ie  sind  ,  bekämen  wir  Raum  ,  die  gnlilnischen 
des  Matthäus  und  Johannes  einzufügen.  Mit  diesen  hat 
es  nun  Aber  die  eigene  Bewandtnifs,  dais  jede  von  beiden  * 
die  erste,  and  die  des  Matthüus  noeh  ausserdem  zugleich 
die  iezte  zu  sein  den  Ansprucli   macht  Durch  seine 

ganze  Darstellung  nicht  nur,  sondern  ausdrücklich  durch  den 
Zusass  itra^atoaitoig  o^L  su  dem  galiläi sehen  ogogy  auf 
welches  die  Eilfe  giengen  ,  beeeichnet  MatthAns  diese  Er- 
scheinung als  diejenige,  auf  welche  Jesus  am  Auferste- 
hungsinorgen ,  zuerst  durch  den  Engel ,  dann  persönlich| 
verwiesen  hatte;  non  aber  verabredet  man  nicht  eine  sweite 
Zosammenitunft  In  einer  Gegend ,  indem  man  die  erste  iin« 
bestimmt  liiTst;  folglieh  mofs,  da  ein  onvorhergesehenes 
früheres  Zusainmeiitreffen  bei  der  evangelischen  Vorstellung 
von  Jesu  sich  nicht  denken  läfst,  jene  Zusammen kunft,  weil 
die  verabredete  5  auch  die  erste  gaiilälsche  gewesen  seil  « 
Kann  somit  die  Erscheinung  am  See  Tiberias  bei  Johan* 
nes  unmöglich   vor  die  auf  dem  Berg  bei   Matthäus  ge- 
sczt  werden :  so  will  die  ieztere  jene  ebensowenig  nach 
sich  dulden,  da  sie  einen  förmlichen  Abschied  Jeso  von 
seinen  Jlingem  enthfflt;  auch  wQ(ste  man  gar  nicht,  wie  man 
die  juhanneische  Erscheinung  nach  der  eigenen  Angabe 
des  Evangelisten  als  die  dritte  q'urH^nwig  des  aufersfande- 
nen  Christus  vor  seinen  fia&tp^aig  (21 1  14.)  herausbrin- 
gen Wollte^  wenn  auch  noch  Jene  des  ersten  Evange- 
linms  Ihr  vorangegangen  sein  sollte.   Indefs,  auch  wenn 
man  jene  voranstellt,    bleibt   die    Verlegenheit  mit  die- 
aer  johanneischen  Erzählung  grofs  genug.   Zwar  die  Er« 
•eheinnngeii  vor  den  Weibern  dürfen  wir  abrechnen,  weil 

16)  Lbssix©  ,  Duplik,  S.  199  ff. 

Das  Ubm  Jwm  II.  Jkmd.  40  , 

Digitized  by  Google 


Dritter  Abunhiiitt. 


4ohmiiie«  telbtt  ilfe  der  Mngdiileiia  so  Theil  gewonfm 
woM  ersifilt,  über  ntclit  sSbU;  nun  über,  wenn  Mir  <iie 
dem  Keplias  gewordene  als  die  erste  zühJen,  und  die  £ai- 
naantiscbe  als  die  »Helte :  so  wOrde  swischen  diese  und 
die  vor  den  £ilfen  ani  Abend  des  Aoferatebnngstags  in 
Jernsalem  diese  gelilffiscbe  eis  die  dritte  fsllen,  was  eine 
ganE uiiniöglich  schnoMe  Ortsverfinderiing  v()r8u>sctzen  Mür- 
de^  ja ,  wenn  jene  £r8clieinang  vor  den  versaaimelten  Kil- 
fen  diejenige  ist,  bei  weicher  naeb  Johanne«  Thomas  fehl- 
te: so  fiele  die  dritte  Erscheinung  bei  Johannes  vor  seine 
erste.    Vielleicht  nher,  wenn  wir  den  AnsdnicK :  njau- 
Qiiid^rj  To7.s'  fnad^t^iaig  aitu  betrachten,  dürfen  wir  nur  si»!- 
ehe  Erscheinungen  von  Johannes  geeahlt  nns  denken,  wel- 
che yor  mehreren  Jüngern  engleichsich  ereigneten,  m  dafs 
also  die  Erscheinnngen  vor  dem  eiuKigen  Petrus  und  Ja- 
Iiobas  abzurechnen  wären.    Dann  wäre  als  die  erste  eu 
Bähien  die  den  beiden  Einmauntischen  Jüngern  geworde- 
ne, als  die  Eweite  die  vor  den  versammelten  £ilfen  am  Abend 
des  Aaferstehungstngs :  so  dafs  nunmehr  in  die  acht  Tage 
swischen  dieser  und  der  vor  Thomas  die  Reise  nach  Ga- 
lilSa  Bwar  etwas  bef|uemer  fiele ^  aber  auch  so  die  drit« 
te  Bnehelnifng  bei  Johannes  wenigstens  vor  seine  sweite. 
Es  erschienen  also  wohl  dem  Verfasser  des  vierten  E^nn- 
geiiums  ewei  Jünger,  wie  die,  denen  Jesus  auf  dem  Wrg 
nach  Emmaus  begegnete,  als  eine  su  geringe  Zaiii,  um  ei- 
ne nnr^so  vielen  su  Theil  gewordne  Lhristophanie  als  ein 
qnxpeQSad-ai  tolt;  ^ia^r;^uig  en  eählen.   Dann  wRre  also  der 
Eintritt  in  die  JOngerversammlung  am  Abend  die  ersfe  Kr- 
scheinnng ;   hierauf  wftren  die  500  Brüder,  welchen  sieh 
Jesus  auf  Einmal  neigte,  gewils  nahlreich  genug,  um  in 
Ansehlag  gebraebt  su  werden :  so  dafs  also  nach  dieser , 
dann  aber  immer   wieder  vor  der  dem  Thomas  und  den 
Jtsiogokoig  nuai  gewordenen,  welche  Johannes  als  die  swei* 
(e  sXblt,  seine  dritte,  die  galilülsche,  eingeschoben  werden 
inAlste»  -  Vielieleht  aber  ist  Jene  Erscheinung  Jesu  vor  den 


Digitized  by  Google 


I 


Viertes  Kapitel.    §.  134.  627 

Ftiiiflinndprten  später  zu  setzen,  so  dfifä  nac'i  jt'jicm  Ein- 
tritt Jesu  iu  die  Jüngerversaiiimlung  zunaciist  die  Sceiie 
mit  Thomas,  nach  dieser  die  am  galiiicIscKen  See,  unc)^  fiiei*-» 
aof  erst  der  den  Pllnfhondertefn  geVä1ih*tV^Xn1ili^ 
würde.    Daun  aber  miifste,  wenn  doeli  ctie  Erscliciaung 
vor  Thomas  dieselbe  sein  soll  mit  der  i'üufti'n  beiW  hpu« 
stei  Paulus,  dieser  die  beiden  lezten  Ei*si;()ejuühgen,  'wel- 
che er  aufzählt,  umgestellt  haben    wizu  Kehl  Grund 
vorhanden  war:  >it'lniehr  big        uälicr,   ilie  Ei-^chelnnng 
vor  500  Brüdern  5   als   ilie  gev%  ichtigst'ej  ziHezt  zu  sfellen. 
£s  bliebe  also  nichts  übrig,  als  zii 'sagen,  Johannes' habe 
unter  den  /itax^t-tulg  Immer  nur  eiA*e'  groTsere  odeV  kleine- 
re Versammlung  von  Aposteln  vcrstandenj  unter  den  Fünf- 
hunderten aber  seien  keine  Apostel  gewesen,  dcfswegea 
habe  er  auch  diese  übergangen,  und  so  mit  Recht  die  Er- 
scheinung am  lAee  TSbiirias  als  die  dritte  gc>z£h!t:  Vfenn 
diese  namiich  vor  der  auf  dem  galiläischen  ßcige  statt^^oo 
f'unden  haben  könnte,   was   nach  dem  Obi<,en  undenkbar 
ist.    £s  bleibt  also  nichts  übrig,  als  zu  bekennen,  der  Vier- 
te Evangelist  Eähle  nur  diejenigen  Erscheinungen  Jc-u 
vor  seinen  Jflngern,  welche  er  selbst  erzfihlt  hatte,  und  , 
davon  wird  der  (irund  schwerlieh  gewe.sen  sein»  dnis  ihm 
die  übrigen  aus  nirgend  welehcn  Ursachen  minder  bedeu- 
tend schienen,  sondern,  dafs ,  er  nichts  von  denselben  h  ufi«  • 
te.    Wie  denn  auch  wiederum  MatthSus  mit  'seiner  lez- 
ten galiläischen  Erscheinung^  nichts  von  den  jerusalenusehen 
des  Johannes  gevvufst  haben  kannj  d'jnii  wenn  sich  in  der 
ersten  von  diesen  beiden  sehn  Apostel,  in  der  «weiten  aber 
selbst  Thomas  Ton  der  Realitüt  der  Auferstehung  Jesu  Über- 
zeugt hatten:  so  konnten  nicht  bei  jener  sji-iit  i  ea  iJi  >(hei- 
uung  auf  dem  galiläischen  Berge  noch  e'uiii^c  \un  den  ial- 
fen  Zweifel  haben  Cot  di  idicuaav  V.  17.)«   Endlich  'aber, 
wenn  Jesus  hier  seinen  Jüngern  schoh  die  lezten  Befehle, 
lehrend  und  taufend  in  alle  Weh  zn  gehen,  und  die  Zusa- 
ge, alle  Tage  bis  zum  liude  des  gegenwärtigen  Aon  bei  ih- 

40  * 


Digitized  by  Google 

tt 


£29  Dritter  Abschnitt. 

noa  mm  miüy  mmu  g^in  Worte  einet  Scheidenden  sind,  fp>- 
freben  hiitte  c  eo  bann  er  niebt  apiler  noch  einmel,  wie  die 

Apostelgeschichte  im  Eiiignng  mehief,  bei  Jerusalem  ihnen 
die  iei&ten  Auftrüge  ertheilt,  und  Abschied  von  ihnen  ge» 
nemnen  balien.   ^«eh  dem  Sehiodi  dee  Luba<e?iingeÜnM 
fttlit  dieeer  Abschied  im  Gegentbeii  viel  frfiher,  ait  er  nach 
Matthäus  KU  denken  wäre,  und  der  SchJufs  des  Markus- 
evangeiium«  le^t  dem  noch  am  Tag  der  Auferstehung  zu 
Jemsaiea  Ton  seinen  Jüngern  Scheidenden  Enm  Tlieil  die- 
selben Werte  fn  den.  Mund,  welche  nach  Mattblius  in  Ga- 
liläa, und  jedenfalls  Fpfiter  als  am  Auferstehungstag,  ge- 
sprochen sind«    Darauf,  dafs  die  ewei   ßiicher  des  iii- 
nen  Lukas  in  Besug  auf  den  Zeitraum,  während  dessen 
Jesus  nach  seiner  Anlerstehwng  noch  erschien,  so  weit  yon 
einander  abgehen  ^  dafs  'das  eine  diesen  Zeitraum  als  ein- 
tägig, das  andere  als  vierzigtagig  bestimmt,  kann  erst  tie- 
fer unten  nähere  Rücl&sicht  genommen  werden. 

Wenn  so  die  yerschiedenen  evangelischen  Referenten 
der  Krsobeinungen  Jesu  nach  seiner  Auferstehung  nur  In 
wenigen  derselben  zusammenstimmen;  wenn  die  Lukalbe- 
Beichttung  des  einen  die  von  den  Übrigen  i>erichteten  Er- 
selieinttngen  ausschliefst;  die  Zeitbestimmung  eines, andern 
flBr  'dieEraibiangen  der  «brigen  keine  Frist  läfst;  dieZl.h* 
lang  eines  Dritten  ohne  alle  Hüoksicht  auf  die  andern  an* 
gelegt  ist;  endlich  unter  mehreren  von  verschiedeneu  Ke* 
ferenten  berichteten  Erscheinungen  jede  die  loste  sein  will^ 
und  doch  mit  den  Übriuen  nichts  gemein  hat:  so  mOfste 
.nan  absichtlich   blind  sein  wollen,  wenn  man  nicht  aner- 
ieiinen  würde,  dafs  keiner  der  Berichterstatter  das,  was 
der  andere  berichtet,  kannte  und  voraussestei  dafs  je- 
ler  diu -Sachet  wieder  anders  gehört  liattOi  dafs  somit 
•Iber  die  Erscheinungen  des  auferstandenen  Jesus  frffhKei- 
tig  nur  schwankende  und  vielfach  variirte  tieröchtc  im  Um- 
lauf waren 

17)  V|(l.  Kaissa^  bibL.  Theol.  i,  S.  254  ff. 


Digitized  by  Google 


Viert««  Kapiiei.   |.  620 

Diiiliirrti  wird  fibrigens  <tie  Stelle  ans  den  ersten  Ko* 
rintlierbrief  nicht  erschiltterti  welcberi  nnsweifefthiift  Acht^ 
etwa  mm  das  Jahr  99  naeh  Christo,  mithin  noeh  keine  SO 
Jahi'e  iinch  seiner  Auferstehang,  geschrieben  ist'*}.  Die- 
ser Nachricht  mfissen  wir  das  glauben,  dafs  viele  zur  Zelt 
der  Abfassong  des  Briefs  noch  lebende  Mitglieder  der  er- 
sten Gemeinde,  namentlieh  die  Apostel,  fibersengt  waren, 
ii^rsciiei Hungen  des  auferstandenen  Christus  gehabt  r.u  haben. 
I>M  jedoch  Paulus  keine  dieser  Erscheinungen  n&her  beschreibt^ 
so  Ist  ans  ihm  aber  die  Abweichung  der  Evangcllste»»  nament- 
Üeh  in  Rinaiehi  der  JLokaÜt&t^  keine  Enticheidmig  so  ent- 
nehmen. 

Die  Qualität  des  Leib«  und  Wandels  Jesu  nach  der  Auferstehung. 

Wie  haben  wir  nns  nnn  aber  diese  Fortsetsnng  des 
J^ebens  Jesu  nach  der  Auferstehung,  und  namentlich  die 
Beschaffenheit  seines  Leibes  in  dieser  Periode  ^  vorzostel« 
Jan?  Zn  dem  £nde  müssen  wir  die  einnelnen  BraXhlnn«  . 
gen  von  den  Erseheinnngen  des  Auferstandene«  neeh  ein- 
mal durchsehen.  !Nach  Matthäus  begegnet  ia7ir%t7^oev)  Je- 
sus am  Auferstehungsmorgen  den  vom  Grabe  cnrfickeilen- 
den  Weibern^  .sie  erkennen  ihn,  umfassen  TeiehrangtroU 
eeine  Fifse,  worauf  er  sn  ihnen  spricht.  Bei  der  nweiten . 
Zusammenkunft  auf  dem  galiläisehen  Berge  sehen  ihn  die 
Jfinger  iid6vweß)f  doch  sweifeln  einige  Aoch,|Und  auch  hier 
cpricht  Jesus  un  ihnen«  Von  der  Art,'  wie  er  Itam  and 
gieng,  wird  hier  nichts;  Nxheres  gesagt.  Bei  Lukas  gesellt 
sich  Jesus  zu  zwei  Jüngern ,  die  auf  dem  Weg  von  Jeru- 
salem in  das  benachbarte  Dorf  Emmens  waren. (^;^/aa^ 
avHmQmStwo  cniroff);  diese  erkennen  ihn  unterwegs  nicht, 
was  Lnkae  einem  dureh  höhere  lÜnwirkung  in  ihnen  her* 


18)  an  Wem,  Cial.  in  das  N.  T.  $•  132. 


Digitized  by  Google 


Dritter  Abfe^siic 


r^Tf^t'hr^ehf^n  tifbvhflrea  HiiMfcniils  (  o/  rKf^aJ.uoi  crrtMr 
'r  Qiggöno,  %a  /ij;  i:u'pt'niu  uliot}^  iumI  ctäI  VarLn«,  der 
dicM*  Ereieni^*  i»  «rnige  Worte  soMUMfidriiigt ,  einar 
obJ^tiiTOTi  Wi'Snfl(*nin^  »einer  Gestalt  snsrbreibl  iiv  iri^ 
ff'Offr},    \ut  ihm  \V(2  unfprhalt  sich  Jesus  mit  den  bcH 
den,  bpjlpifet  s'e  nach  der  Anliuutt  im  Dorf  auf  ihre  Ein- 
ladung in  ihr  UiMrtier,  sect  sieb  Mit  ihnen  sa  Tische  nad 
fibemiamt  nech  seiner  Gewohnheit  dns  Breehen  md  Ycr* 
fheilen  Hc'.  Brotps.    In  dipspm  Aujenblick  weicht  von  den 
Ao^en  Hpj'  Jiiiiiipr  der  wuncicrbare  Bann,   and  .«ie  erkee- 
nen  ihn      aber  in  demselben  Moment  wird  er  ihnen  pUte- 
ficfa  «nslehtbsr  (jaqarrog  fyivtro  mTt  aiw¥)*   £benso  pl9s- 
lleh,  wie  er  hier  verschwand,  scheint  er  sich  nnmitteibar 
nschher  in  der  V  ersammlung  der  Jünger  geÄcigt  711  haben, 
wenn  es  h<^if«t,  er  sei  mit  Einem  JVIaie  in  ihrer  lUitte  ge- 
standen (ßgrj  iv  fihtff  ait(uiv\  ond  sie,  hierüber  erschroekcBi 
haben  gefirlaabt,  einen  Geist  so  sehen,    ün  ffinen  dieie 
fin(rRt!srende  Meinnncr  za  benehmen,    seeigte  ihnen  Jesns 
seine  Bünde  and  Füfse,  and  forHerte  sie  com  Betasteti 
auf,  damit  sie  dnreh  die  Wahmehmoni^  seines  aaQUta  tA 
ocfo  enthaltenden  Leibes  sieh  llberseasron 'ItSnnten,  dsft 
er  ItPiM  Gespenst  sei ;    auch  liefs  er  sieh   ein  Stück  Brnt-  i 
fisch  und  etwas  von  einem  Honigkuchen  gehen,  und  ?er-  | 
•ehrte  es  top  ihren  Augen,  worauf  sieh  PetroA  in  der 
A.  6*  einmal  sn  berafeit  scheint,  wenn  er  4bh  und  die 
flhWfiren  Jt'Hwer  Jesu  als  solche  bezeichnet ,   dinvfg  nvrf- 
tfuyofttv  yid  nm'fTiloii^v  rtvTO)  neid  to  aracfjvat  avzor  W 
rsMorSr  (10.  4 1.)«   Die  dem  Simon  sn  Tbeil  fewordene  Er- 
f  etieinmig  Iftlst  Lnlras  durch.  iorrf^T^  beeeichnen ,  was  auch 
Paulus  im  ersten  Korintberbrief  für  alle  dort  aufgesählten 


1)  Dan%  CS  flic  b»;i'ni  Bröl hrft lirn  <;ich  rntliiillendon  Nhor!miM* 
in  Hen  Ifandrn  fr<^^<'Tn   sr'm  ,   nn   wclchrn  hier  Jrs\is  rr- 
kinnt  wurde   (  rAUius  ,  ex.  Ha:)f!h.  3,  b,  S.  9.S2.  KuiAÖi, 
Luc.  p.  7S4.)|  i«t  ohne  alle  Aadculunf  im  Te^K. 

V 

« 

I 

Digitized  by  Google 


Vicrio  Kujiitel.    §.  135.  631 

i'tuistoijljaisii'cn  gelii'aiichf,  und  sämintJiche  Erschein ungpii 
do«  Aulei*«tajideneii  während  der  vierzig  Tage  fafst  Lukas 
A«G.  If  S.  in  dem  Aiiadruek  imwofieros^  A.  10,  40b 
durch  t^iffitvi]  yeria^uiy  Kuiamnieii;  ffhiilieh  wie  Markus 
die  Erscheinung  vor  Magdalena  durch  iifdt  j^y  die  vor  deji 
wandernden  Jüngern  und  vor  den  Eilfen  durch  ig^miQW— 
^tj^  «Inhamiea  abw  die  Encheinung  am  See  Tiberias  dureh 
itfaniiomr  jovfor  beaelehneft ,  und  allmmflfche  Christopha- 
iiieen,  die  er  erzählt  Iiat,  unter  den  Ausdruck  HfartQiol^fj 
fafat.  Bei  Markus  und  Lukas  kommt  iiierauf  r\s  tSchiufs 
dea  irdisciien  Wandeia  des  Auferstandenen  diefa  hinxn,  dals 
er  vor  den  Attgen  der  Jünger  weggenommen ,  und  c<iun*h 
.eine  Wolke,  nach  A.  ü.  1,  9.)  zum  Ilinimel  emporgetragea 
wurde.  —  Im  rierten  Evangelium  steht  Jesus  suerst,  als 
Maria  Magdalena  sich  ?om  Grabe  umwendet,  liinter  ihr, 
doch  erkennt  sie  ihn  auch  auf  eine  Anrede  hin  nicht,  son- 
dern hält  ihn  für  den  (lärtner,  bis  er  sie  (mit  dem  ihr  so 
wohl  bekannten  Tone}  bei  bauten  nennt.  Wie  sie  ihm 
hierauf  ihre  Verehrung  beselgen  will,  hAlt  sie  Jesus  durch 
die  Worte  fii^  ante  ab,  uad  sendet  sie  mit  Botschaft 
SU  den  Jüngern.  Die  zweite  johanneische  Erscheinung  Je* 
SU  fiel  unter  besonders  merkwürdigen  Umstanden  vor.  Die  ' 
Jünger  waren  aus  Furcht  vor  den  feindlich  gesinnten  Ju- 
den bei  verscliiossenen  ThOren  versammelt:  da  kam  auf 
einmal  Jesus,  stellte  sich  In  ihre  Mitte,  beorüfste  sie,  und 
seigle  ihnen  —  wahrscheinlich  biofs  dem  Gesicht  —  seine 
iiände  und  seine  Seite,  um  sich  als  den  Gekreuaigten  kennt» 
lieh  Bu  machen.  Als  Thomas,  der  damals  nicht  sugegen 
gewesen  war,  durch  den  Bericjit  seiner  Mitjtinger  von  der 
Uealitüt  dieser  Erscheinung  sich  nicht  überzeugen  liefs, 
und  £u  dem  Ende  die  Wundenmaie  Jesu  selbst  zu  sehen 
und  BU  betasten  verlangte:  gewührte  ihm  Jesus  bei  einer 
acht  Tage  darauf  unter  denselben  Umstünden  wiederholten 
Erscheinung  auch  diefs,  iii(ietii  vr  ihn  die  ^ägeJroale  in 
seiuea  üftaden  und  die  i^iiklivi  uüdc  iu  seiner  «Seile  bei'üh- 


Digitized  by  Google 


leii  lief».  Endlich  bei  der  Erscheinung  am  j^MilüischM 
See  stand  Jesus  in  der  MorgendiiDiermig,  nnerUaimt  vom 
dm  im  SädM  befindÜclien  JSsfeni,  mm  üf«r,  fiygt»  ile 
M  eia  GerSebt  Fi«ehe,  oad  wurde  hirnnf  mm  dem  ntAtm 
FischKug ,  den  er  ihnen  gewährte,  von  JoliainiM  erkannt, 
doch  «Oy  daCi  die  an«  Laad  ge«tiegenen  Junger  nicht  wa^- 
tMi,  ihn  H  ünigai,  ob  er  et  wirkiidi  mL  flfamnf  y  er» 
tliaÜto  er  Brot  and  FIwAb  onler  lio,  wufon  «rolMe  2w«l-* 
fei  selbst  aaeh  mitgenofs,  ond  hatte  hernach  mit  Johannes 
und  Petras  eine  Unterredung 

2)  Von  demjenigeo  Theü  dieser  Uaterreduag,  wJcImt  dm.  Je- 
bsnaes  betrifft,  ist  schotn  obeo  die  Rede  gewesen.  Dea  Fe» 
trus  «nlingend  besieht  sieb  die  dreimal  wiederholte  Frmgs 
Jesu!  oder  «piitt;  ftt ;  der  gewUhalicbea  Aasicbt  aadi 

•uf  seine  Verleugnung;  dem  ort      rftJrfao;^  Kt^lrrvc  atav"  * 
ror  xa%  ne^tfrtdrti{  Snm  ^^tZe;'    orar  St  yr^Qo'^ni  *  ixTtrfl;  raf 
j^tt^S  09  »a»  ttJtio;  at  t^tSaft  xai  o7(jft  Stth  «  9iJLti9  C^*  IS  f.) 

aber  wird  vom  h^Tangelisten  selbst  die  Deutung  gegebea.  Je* 
sns  bebe  et  an  Petrus  gesprocbea,  #9^«/n»r,  noi^  ^mf^f 
i#s$dbt*  TOT  Mr,  Oiess  ^iisste  auf  die  Hreozlgattg  geben, 
was  der  kircblicben  Sage  sufolge  (TertnlL  de  praeter,  beer. 
36.  Euseb.  H.  R.*2>  25.)  die  Todesart  des' Petrus  wsr,  and 
auf  welche  !m  f^inne  des  Evangelisten  auch  dax  axoU9tt 
V.  20  und  22.  (  A.  h.  folge  mir  in  der  gleichen  Todesart) 
hinzuweisen  scheint.  Allein  gerade  der  Hanptzug  hei  dieser 
Deutung,  das  txrfrtt;  Tai  x^'^^'f»  »«^  ^»^^  *®  gestellt,  dast 
die  Beziehung  auf  die  Kreusigung  onmUglich  wird,  nämlich 
vor  die  Abführung,  wohin  mau  nicht  will;  umgekehrt  das  Gür- 
ten» was  doch  nur  das  Biadeasum  Behuf  der  Abführung  bedeu* 
ten  baaa,  tollte  ror  dem  Antstrecbea  der  ^ado  am  Hrense 
tteben.  Sieht  man  von  der  Deutung  ab «  welche  der  Befe« 
renty  wie  auch  LiTcaa  (S.  703.)  zugesteht,  ex  eveatu,  den 
Worten  Jesu  giebt :  so  scheinen  diese  nichts  als  den  Ge* 
melaplac  von  der  HGlflosigkeit  des  Alters  im  Gegensa«  «u 
der  BUstigkeit  der  Jugend  zu  enthalten  ,  worühcr  auch  da« 
••a««  Ercft  M  94Xn<;  Bieht  hinausgeht.    Der  Verf.  ron  Joh.  21- 

aberj  dem  die  Worte  ,  sei  et  alt  Ausspruch  Jesuj  oder  wie 


Digitized  by  Google 


I 

V.iertea  KapiuL       135.  6^^ 

Sind  nun  die  beiden  Huuptvorstelliingcii,  die  man  von 
dem.  Leben  Jesu  nach  seiner  Aufersteliting  haben  .kanny 
die,  dai«  man  daaeeibe  entweder  als  ein  Jieillriieliee)  veil^ 
ikommen  nentehliehea,  demgemift  anoh  seinen  Leib  fmp^ 
während  den  physischen  ond  organischen  Gesetsen  nnter- 
wDrfen  ,  sich  denkt ,  oder  dais  man  sein  Leben  bereits  als 
^in  höheres,  ühermenschiieheey  und  aeinen  Leih  als  eine« 
ibernatarlidien^  Terldfirten,  tieh  vofeteUli,ao  aind  die  sn» 
•ammengeatellten  Berlehte  ron  Ider  Art,  diife  nnnlelilit  jede 
der  beiden  Vorsteilungswelsen  sich  auf  gewisse  Züge  in 
denselben  berufen  kann*  Die  menschliche  Gestalt  mit  ihren 
aatttriichen  Gliedmafsen,  die  MOgliohkeit,  an  derseibeil 
wieder  ericannt  en  werden,  die  Fortdaaer  der  Wundenaa* 
le,  das  menschliche  Reden,  Gehen,  ßrotbrcchen :  das  Alles 
scheint  für  ein  völlig  natürliches  lieben  Jesu  auch  nacb 
*  der  Auferstehung  nn  sprechen.  Könnte  man  doeh  aoeb 
Zweifel  hegen ,  und  vermatbeii ,  es  möge  wohl  aueh  eine 
höhere,  himmlische  Leiblichkeit  ein  solches  Au»sehen  sich 
geben  nnd  solche  Funktionen  verrichten  können:  so  wer* 
den  doch  alle  Bedenklichkeiten  durch  die  nwei  weiteren 
Züge  niedergeschlagen ,  dafs  Jesus  nach  der  Anieretehnng 
Irdische  Nahrung  genossen  unfl  sich  hat  betasten  lassen. 
Wenn  dergleichen  wohl  in  alten  Mythen  auch  höhe- 
ren Wesen  sugescbrieben  sein  mag^  wie  das  £ssen 
den  drei  bimmliscben  Gestalten,  von  weichen  Abraham 
einen  Besuch  erhiilt  CL  Mos.  18,  8.)f  'ia  Tastbarkeit 
dem  mit  Jakob  ringenden  Gott  (J.  Mos.  32,  24  ff.) :  ^o 
muls  doch  darauf  beharrt  werden,  da(s  ip  dßr  Wii'klich- 
kelt  Beides  nur  bei  Wesen  mit  materiellem,  erganlsehem 
Leibe  vorkommen  kann.  Daher  finden  denn  nicht  allein 
die  rationalistischen  j  sondern  auch  orthodoxe  Ausleger  in 


tonst,  bekannt  waren,  glaubte  sie  In  der  Welse  des  vlerleB 

Evangeliums  als  verdeckte  Weissagung  auf  den  Kreuzestod 
des  Feirua  verwenden  au  können. 


Digitized  by  Google 


Drüter  Ab«cbuict. 


diesem  Zo^eu  den  aiiQni8tör«lichen  Beweis,  dnf:»  Leib  un4 
LebM  Je»u  nach  der  Auferstehung  noch  immer  als  natür* 
lieh  MiMchlicba  gedMiit  werdaB  sOtMB  3>  DieMBehwp- 
f»Bg  ■MtinHiit  muok  Doeb  doreh  die  BeawrkoRg ,  da6  fa 
dem  Befinden  des  Auferstandenen  sieh  cunx  derjenige  Feit- 
•cbiitt  weicher  bei  der  allmühiigen  natüriiciien  tt- 

«n>«g  eiac«  aebwer  VerwimdeteB  so  crwaran  tci*  bi 
4m  trrte«  8anid«i  nach  der  AafenCehwi^  vlMe  er  dcb 
Meh  in  der  Nähe  des  Grabes  halten ;  am  Naehmictag  rei- 
chen seine  krafte  ku  einem  Gang  nach  dem  benachbarten 
Emmw  ;  erst  später  finde  er  sieli  im  Stande^  die  weitere 
Reiae  neeli  Gaiilfia  su  onternehmea.  0aao  aoeh  ia  dum 
Betastenlassen  ünde  der  bemerlientwertbe  Fertaeliritt  ttatl^ 
dafs  am  AuferäiehungsiDurgen  ewar  Jesus  der  Maria  Mi^ 
dalena  verbiete ,  ihn  ansurOhren ,  weil  sein  verwundeter 
Leib  aeeli  bq  leidend  und  empfindlich  war:  acht  Tsge 
A  spiter  aber,  nachdem  seine  Heilung  weiter  fertgeschritlta 
war,  fordre  er  selber  den  Thumas  stur  Berührung  seiner 
Wunden  auf«  Selbst  auch  das,  da£i  Jesus  nach  seiner 
Aaferetebunf  so  selten  ond  kars  mit  seinen  JAngera  aa* 
aamoMH  war,  sengt  nach  dfosen  ErklXrmi  daflir,  dafii  er 
seinen  natCirlichen  menschlichen  Leib  aus  dem  Grabe  wie- 
dergebracht hatte,  indem  eben  ein  soidier  von  der  Vertun* 
dang  and  Qual  am  Kreuse  her  sich  so  sehwach  fuhld 
mofste,  um  nach  koraen  Momenten  der  ThJitigkeit  inuatf 
wieder  längere  Zu  ischenperiuden  ruhiger  Zurückgesogeii- 
heit  nöthig  zu  haben. 

Da  indefii,  wie  wir  fesehen  haben,  die  N.  TJicben 
£rsihlaagen  ebenso  auch  Zage  enthalten,  welche  die  cal- 
fegengeieate  Vorstellung  von  der  Leibliehkeit  JeMi  nach  der 
Auferstehung  begünstigen:  so  mufs  die  bisher  dargelegte 


3)  Piuiut,  cx.  Handb.  5,  b,  S.  8^4  ff.    L.  J.  1,  b,  S.  265  ff. 
Vgl.  Habe,  L.  J.  §.  149.  —  Micuakus,  a.  a.  0.  S.  261 
Thojacx,  S.  ddlt« 


Digitized  by  Google 


Viertas  Kapitel.  $• 


Aiiisicht  es  über  sich  oelimeii,  auch  diese,   Ihr  scheinbar 
f  'iiKilichen  Züge  so       deuten  ,  dafs  «in  ibi*  niclit  uieUv 
>vider«prechen.  Hier  nun  aoheinen  aebou  din 
dvreh  welche  die  Erscheinungen  'Jeaa  eingefOhrt  sa  Wttr> 
den  j)fle^'en,  namentlich  (jjtf  (}r^,  wodurch  auch  die  Erächei- 
iiuitg  im  feurigen  Busch,  2  Mos.  3,  2.  LXA;  QjizaWfUPOS^ 
wie  die  Ülrachcinang  des  Engels  Tob.  12|  19.^  i^AfTj  ^  wie 
die  Gn|{eleracheiniiiigen  MaUh.  1.  und  S«  heseiehnel  aind|  Mif 
etwas  Ubermehschiiches  hinzuweisen.  Bestimmter  aber  steht 
dein  natürlichen  Gehen  und  Kummen  j  welche«,  bei  ei|ilgen 
Scenen  voraosgesezt  werden  kann,  in  andern  ein.pitall* 
ches  Erscheinen  and  Versühwindon ;  der  Aimahip«  eiiMM^ 
gewöhnlichen  menschlichen  Körpers  das  öftere  Nlohter» 
kannlwerden,  ja  die  au;»driicUiiche  Erwähnung  einer  tztQa 
fiOQfft]  y  entgegen  :  hauptsfichh'ch  aber  scheint  der  iieCast* 
barkeit  des  Leibes  Jesn  die  Eigenschaft  su  wideretrahai^, 
V  eiche  Ihm  «lohamies,  dem  ersten  Eindruck  seiner  Worte 
zufolge ,  leiht,    durcii  verschlussene  Thüren  einzugehen. 
Allein,  dafs  Maria  Magdalena  Jesuui  Anfungs  fUr  deii 
xr^TsaQog  hielt,  davon  glauben  selbst  solche  AuaU^pBr,  wel- 
che sich  sonst  vor  dem  Wanderharen  keineswegs  scheuen, 
den  Grund  darin  suchen  zu  dürfen,  daCs  Jesus  von  dem 
Gärtner,  der  wohl  in  der  Mähe  der  Gruft  seine  Wohnung 
gehabt  haben  möge,  sich  einen  Anaag  habe  geben  lassen; 
wosa  sowohl  hier  als  bei  dem  Gang  nach  fimnaus  die 
Entstellung  des   Angesichts  Jesu  durch  die   dualen  der 
Kreuzigung  beigetrnc^'un  Jiabcn  möge,  und  eben  nur  diese^i 
beides  soll  auch  durch  die  iziifa  giOQ^  bei  Markos  ana- 
gedrflckt  werden  ^>   Denselben  fimmaoatlsohen  JOofDrn 
habe  sich  Jesos  sofort  in  der  freodlgen  Bestürzung,  wel- 
che das  plösliche  Wiedererkennen  des  Todtgegiaubten  ver- 


4)  Tmoluck  t,  d.  St.,    vgl.  Paii.us,  exeg.  Handb.  3,  b,  S.  8C6. 
881.    Kino  ähnliche  natürliche  Erklärung  hat  ncucskcnf  LU- 


636 


Dritter  Abüciiuitt. 


ursachte,  leicht  auf  die  nat(lrlich<te  Weise  «nbemerkt  enu 
sielieii  iLönnen,  wm  dano  Ton  ibnen,  denen  die  ganw 
Saehe  mit  Jesu  Wiederbelebong  ein  Wander  war,  ftr 

ein  fiberirdUcbet  Verschwinden  gehalten  worden  sei 
Anch  in  dem  igjj  iy  fiioi^f  (xvttJV  oder  itg  ro  fjtnnv  iiegej 
Bomai  bei  Jobannetf  wo  daa  ordentliehe  ^Idiv  und  tQxßrta 
dabeistehe  f  niehts  Cbematflrliehes«  sondern  nur  die  Aber- 
raschende  Anicunft  eines  Solchen,  von  dem  man  gemde  ge- 
sprochen hat ,  ohne  ihn  au  erwarten ,  und  ftUr  ein  nvtv^a 
haben  ihn  die  Ven3immelten  gehalten^  niebt  weil  er  aaf 
wnnderbare  Weise  eingetreten  war,  sondern  weii  sie  aa 
die  wirklirfie  Wiederbelebung  des  Gestorbenen  nieht  glae- 
ben  konnten         Selbst  der  Zug  endlich ,   Ton  welchem 
man  meinen  sollte  ^  er  sei  gegen,  die  Ansicht  von  dem  Lie- 
hen des  Auferstandenen  als  einem  natOrlieh  menseblichen 
enCselMtdendy  das  {(r^ßo^ai  d'VQuh  nenXtiaftivm  bei  Johan- 
nes, Ist  längst  sogar  ron  orthodoxen  Theologen  so  gedeutet 
worden ,  dal^  es  Jener  Ansicht  nicht  mehr  entgegen  ist. 
Abgesehen  von  £rklimngent  wie  die  UsoiuNii'schey  die 
^tgai  seinen  nIeht  die  des  Versammlungshauses  der  «l6n- 
ger,  sondern  Uberhaupt  die  Thflren  in  Jerusalem,  und  die 
Allgabe y  dafs  sie  verschlossen  gewesen,  sei  eine  Bej&eich- 
BOng  derjenigen  Stunde  in  der  Hachti  in  welcher  man  die 
Thoren  sn  seUieften  gepflegt  habe,  der  g^oßog  %wv  ^liidaium 
aber  gebe  nicht  den  Grand  des  Thiirschliefsens ,  sondern 
des  Zusammenseins  der  Jänger  an,  —  so  bezeichnet  selbst 
CaIiTIM  die  Meinung 9  da(s  der  Leib  des  Auferstandenen 
per  medium  ferrum  ei  aeeeree  hindurehgedmngen  sei,  nie 
pnerjies  argutiae^  mu  welehen  der  Text  keine  TeranMs- 
sanggebei  welcher  nieht  sage,  Jesus  sei  ptr  junua\-  clau- 
sas  eingedmngen^  sondern  nu^i  er  sei  plözlich  unter  seine 
J6nger  getvefeen,  cum  clauioe  exsent  januae  7>  Dennoch 

5)  PAULVty  a.  a.  O.,  S.  882. 

6)  Paulus,  a.  a.  O.,  S.  885.  93.  Luckr,  2,  S.  684  f. 

7)  Galtix,  Cornau  ia  Joli.  s.  d.  St.  p.  565  f.  ed*  Taeujcn. 


üiyiiized  by  Google 


viertes  KapiteL       135.  tfg 

hült  Calvin  den  Eintritt  Jesn ,  von  iPFelehem  hier  Joh«»> 
nes  spricht  9  alt  «in  Woiider  fest^  welchfs  dann  j^Aut 
dahin  nn  beatimnien  wär»^  Jasos  aei  ainfHratany  eumfo^ 
res  claugae  fuittentf  sed  quae  Domino  venienle  subito 

patuerunt  ad  nutum  divinae  majestatis  ejus  Wfih- 
rend  neuere  Orthodoxe  nur  das  Unbestimmte  festhalten,  da£» 
bei  diesem  Eintritt  Jesu  etwas  Wnnderbnrea<—  «nansgemaclity 
welcher  Art  —  stattgefunden  habe  ^:  hat  der  Ra  ionaUi» 
mus  ans  demselben  das  Wunderbare  vollends  ganz  zu  vei^ 
bannen  gewufst.  Die  verschlossenen  Tliüren  seiey 
yon  Bienschenhünden  geöffnet  worden ,  was  Johaniies  nnr 
defswegen  nn  berichten  unterlasse,  weil  es  sich  von  scIImI 
verstehe,  fa  abgeschmackt  gewesen  wäre,  wenn  er  gesagt 
liütte :  sie  machten  ihm  die  Thüren  auf,  und  er  gieng 
hinein 

- 

Allein  bei  dieser  Deutung  des  t^am  %&f  ^ugw  if^T 
yhtofih'oiv  sind  die  Theologen  iieineswegs  unbefangen  gewe- 
iten.   Am  wenigsten  Calvin;  denn  wenn  er  sagt,  die  Pa^ 
pisten  behaupten  ein  wirkliches  Durchdringen  des  Lejlbeis 
Jesu  durch  geschlossene  Thflren  defswegen,   ut  oorpu$ 
Christi  immensum  esse  nulloque  loco  contineri  ohiine- 
ant :  so  sträubt  er  sich  mithin  gegen  jene  Auslegung  der 
johanneischen  Worte  nur  defswegen  so,  um  der  ihm  an« 
stftfsigen  Lehre  Ton  der  Ubiquitlit  des  Leibes  Jesu  iLcino 
StOtse  SU  geben«    Dip  neueren  Ausleger  dagegen  hatten 
das  Interesse,  dem  Widerspruch  auszuweichen  ,  weichet* 
nach  unsern  Einsichten  darin  liegt,  dafs  ein  Körper  zu- 
gleich aus  fester  Materie  bestehen,  und  doch  durch  andre 
feste  Materie  ungehindert  sollte  hindurchgehen  ktf nnen ; 
nilein,  da  wir  nicht  wissen,  ob  diefs  auch  auf  dem  Stand* 


8)  So  SoicsA,  Thei«  t.  t.  ^^a.   Vgl.  Micmaius,  S.  26S» 

9)  TholOCK  und  Olskaosiv  s.  d.  St. 

10}  («missBACH,  Vorlesungen  Uber  HermeaetttUi ,  S.  30i«  Pams; 
8.  8SS.  VgL  LOom,  3,  S.  68$  & 


MS  Dritter  Abtehiiite. 

'ponkt  der  N.  T.liehen  Schriftttelier  ein  Widersproch  war, 
•o  ijMyt  OOS  >iiie  Seliette  vor  elneiii  8olcheB  keiii  Recht,  je- 
ner Deutung ,   sofern  sie  als  die  textgemfifse  sich  Keinen 
lollto,  uns  EU  entziehen.    Hier  könnte  man  non  nllerdiii<^s 
das  fctfr  O^if^nZv  xixXuaftiinav  sonfiehst  lediglich  als  Beseieh- 
'nnng  det  ICngstlieben  Zastandes  la&aeu,  in  welchen  die 
Jünger  durch  die  Hinrichtung  Jesu  verseht  wnren.  Doi.Ii, 
*schon  dnfs  dicäe  Notiz  bei  der  Erscheinung  Jesu  vor  T!io« 
mat  wiederiiolt  ist  |  erregt  Bedeniien  9  da ,  wenn  darcli  die- 
telite  welter  nichts 9  als  das  Angegebene,  gesagt  sein  soll, 
es  sich  kaum  verlohnte,  sie  eu  wiederholen  ").  Wenn 
nun  bei  diesem  Eueltea  FaU  jener  Grujul^  Marum  die  Thu- 
Sren  Tersehlossen  waren ,  weggelassen,  dagegen  mit  dea 
tah  ^v'fjf^  xfxXeta/iirwv  diu  ifix^tai  onmittelbar  verbunden 
ist:  so  wird  der  Schein  cur  Wahrscheinlichkeit,  da  Ts  durch 
Jene  Notiz  Eugleich  die  Art  des  Kommens  Jesu  nälier  be- 
stimmt  ^Verden  solle  '       Ist  ferner  mit  der  wiederhol- 
t^ii  Angab«,  Jesus  sei  bei  Ferschlossenen  Thiiren  gekois- 
inen,  wiederholt  das  egr^  elg  tu  ftiaop  verbunden  ^  was, 
auch  in  Verbindung  mit  jjli}tv  ^  wozu  es  sicli  als  n^ihcre 
Bestimmung  verlifilt ,  immer  ein  plöslicbes  Dastehen  Jesu, 
ohne  dafs  man  ihn  hatte  iiommen  sehen,  ausdrOckt:  so  er<> 
hellt  aus  diesen  Zügen  susammen  unleugbar  wenigstens  so 
viel,  dafs  hier  von  einem  Kommen  ohne  die  gewöiuili- 
^  chen  Vermittlungen,  mithin  von  einem  wunderbaren,  die 
Rede  ist»   Dals  aber  dieses  Wunder  nicht  in  einem  Drin* 
gen  durch  die  Dielen  der  ThOre  bestanden  habe,  daf&r 
berufen  sich  auch  die  Wunderfreunde  unter  den  Auslegern 
selir  Euvertiichtlich  darauf,  dafs  es  ja  nirgends  heiise  ^  er 
sei  dia  tdtv  ^vqwv  xexXeiofdvm  hereingekommen  '  Al- 
lein das  m  ollen  die  Evangelisten  auch  gar  nicht  bestimmen. 


11)  s.  Tuoi.rcic,  X.  d.  St.* 

12)  Vgl.  OisaAVSSK,  tf  S.  531.  Aam. 

15)  S0|  ausser  CMvm,  LOckb,  a.  s.  O.;  Olshaosbh,  SSO  f. 


üiyiiized  by  Google 


Viertes  KupiteL  f.  J35. 


dafd  Jesus  9  wie  M1CI14UI8  sieh  sesdHIekt,  gemkie  dbreik 
die  Poren  des  Halses  SN  der  Tbiire  In  des  Zlmner 

diningen  sei ,  sondern  ihre  IMelnang  ist  viiir^  die  Thttreli 
.seien  verschlossen  gewesen  und  gehlieben,  und  doch  habe 
Jesus  auf  £iniDai  Im  Zimmer  gestanden ,  welchem  aise 
-  Wände,  Thoren,  knrs  alle  materleUen  Zwlselmiliii;eii,!lLela 
Hindemifs  gewesen  seien^  hereinenlftnmmen.  Statt,  ilirdr  tm^ 
billigen  Forderung  an  uns  also,  ihnen  im  'I'e\te  des  Jo* 
hannes  eine  Bestimmung  nachzuweisen 9  weiahe  dieser  gar 
nieht  geben  \füif  nfissen  wir  vielmehr  iron  Ihnen  "vergangen, 
lins  WM  erklären,  warum  er  das  wnnderbare  Anfgeheh 
der  TliüreUj  wenn  er  ein  solohrs  voraiis.Nczte  .   nicht  her* 
vorgehub^  hat?  In  dieser  Hinsicht  ist  es  sehr  unglücklich^ 
dafs.  Calvin  sich  aof  A»  G.  ]2|     ff«  beruft ,  wo  von  As* 
trus  eriBühlt  werde,  erjaei  ans  dem  verscbknaeaen  Kbrkeb 
entkommen,   olmc  dafs  jemand  daran  denke,  die  Tli(iren 
seien  verscliios&en  geblichen,  und  er  durch  die  Bretter  iiin» 
durchgedrungen*  .  Natttriidi  nicht ^  weil  hier  von  der  eU 
sernen  GeDKngnlfspforte,  wdohe  nor  Stadt  fahrte,  ansdrfiek^ 
lieh  gesagt  wird:  jjng  avTOudtr^  7jvolx')^J]  avrotg  (V,  10)^ 
eine  Bemerkung^  weiche,  weil  sie  eine  sciione  Anschaucjug 
des  Wunders  giebt,  gewifs  anch  unter  liifvangeiist  nicht 
beldenuile  weggelnssen  kabea  würde,  wenn  er  an  ein  wui^ 
derberes  Aufspringen  der  ThOre  gedaoht  bitte.  ^  So  we-' 
nig  aber  in  dieser  johanneischen  Erzählung  das  Überna- 
türliche sich  beseitigen  oder  vermindern  läfst:  so  wenig* 
will  die  natttrilche  £rklXmng  der  Ansdrdcke  genügen,  mit 
vvelehen  Lukas  das  Kommen  nnd  Gehen  Jesu  beeeiehnei. 
Denn  wenn  nach  diesem  li)vani;elisten  sein  Kommen  ein 
igaa&ai  iv  fUm^  tuv  ^al^iyiuiv^  sein  Gehen  «ein  uq^anog 
ylrea^ai  an  aivm  war:  so  Ittlst  das  Zusammentreffen  die» 
ser  Znge ,  niiteingereehnet  noch  der  Schrecken  der  Jün* 
ger  und  ihren  Wahn,  er  sei  ein  Gesj>cjist ,  schwerlich  an 
etwas  Anderes,  als  an  ein  wunderbares  Ersciieineii  den- 
ken. Ohnehin,  wenn  man  sich  das  swar  etwa  noch  vorstel- 


üiyilizeQ  by  ^üOglc 


MO  DriUer  Abschnitt. 

Im  kannte,  wie  Jm«  In  alo  ?oii  Menschen  erfülltet  ZimoM» 
tmt  nntariloht  Welse  ttnbeawrkl  binelnkenmen  konnte:  so 
lifst  sich  doek  doi*  «vf  k^e  Weise  ensehsttllch  mnchon, 

wie  es  ihm  sollte  möglich  gewesen  sein,  den  zwei  Emron« 
ontischen  Jüngern,  mit  welchen  er,  wie  es  scheint,  allein 
eti  Tlseke  sels,  nnbenMrkt  nnd  ohne  dels  sie  ihsi  neefage» 
ken  kennten  slck  sn  entsiehen  i^). 

Dafs  Markos  unter  der  ersQa  fio^q^r^  eine  wunderbar 
Tcrinderte  Gestsit  verstehe,  hätte  man  niemals  leugnen 
tollen  *^>;  doeh  hat  diefii  weniger  Gewicht,  weil  es  nur 
des  Referenten  eigene  firkifrong  des  Umstandes  Ist,  wel- 
chen Lukas,  aber  anders  erklärt,  an  die  Hand  gab,  dafs 
Hie  beiden  Wanderer  Jesom  nicht  erkannt  haben«  Dals 
Maria  Magdalena  Jesuni  fiSr  den  Gärtner  hielt ,  war  nach 
der  Ansicht  des  Evangelisten  seliwerliek  Folge  enttehnter 
Glirtncrkleider:  sondern,  dafs  sie  ihn  nicht  kannte,  wird 
man  sich  dem  Geist  der  £riftählung  ^emhTs  entweder  durch 
ein  TtQawtia^Nu  der  Augen  Magdalenas,  oder  ans  einer 
hiQa  finQ(ff^  JosQ  eriditen  müssen ;  dals  sie  ihn  aber  fUr 
den  GA'rtner  ansah ,  kam  dann  einfach  daher,  dafs  sie  Ihn 
im  Garten  traf.     Auch  eine  Entstellung  Jesu  durch  die 
IjP^  Opalen  der  Kreuaignng,  nnd  ein  ailmfihliges  Ueiien  seiner 
Wanden  annnnehnien,  sind  wir  dnroh  die  evangelischen 
Machrichten  nicht  berechtigt.  Das  Johanneisehe  fijj  a^rra, 
wenn  es  Abwehr  einer  schmerzlichen  Berührung  sein  soll- 
te ,  stünde  im  Widerspruch  nicht  blofs  mit  Matthäus,  nach 
weiclieni  Jesas  an  deoselben  Aüferstehnngsmoffen  dureh 
die  Frauen  seine  Fäfse  umfassen  llefs,  sondern  auch  mit 
Lukas,  welchem  SBufolge  er  noch  am  nämlichen  Tage  die 
Janger  auffordert,  ihn  au  betasten,  und  es  früge  sich  als* 
danui   weiohe  Darstellung  die  richtige  wäre  ?   Aber  es 
liegt  ja  im  ZnsaaiiBenbang  gar  nlehtii  was  darauf  bin- 


14)  t)LfaAVtBS|  a«  a.  O»  S*  530. 

15)  vgL  Famscasi  ia  Msre«,  p.  7SS. 


üiyiiized  by  Google 


Viertes  Kapitel.'  S-  1219^  64i 

wiese,  diifs  Jesos  sieh  das  amea^ai  eben  als  etwas  Sehmcrs- 

haftes  \ erbitte,  sondern  diefs  kann  aus  verscliiedenen 
<rrUnden  geschehen  sein:  aus  wclcbeio,  bei  <Ier  Dun* 
lieiheit  der  Stelle  bis  Jest  nleht  aar  Entscheidung  ge- 
braeht  <^ 

Die  wunderlichste  Verkehrung  aber  ist  es ,  wenn  ge- 
sagt wird,  die  seltenen  und  kurzen  Zusammenkünfte  Jesu 
«it  seinen  Jflngem  nach  der  Auferstehung  beweisen,  dafs 
er  -  fitlr  Jüngere  und  häufigere  Anstrengungen  noch  an 
schwach,  also  ein  natürlich  Genesender,  gewesen  sei.  Eben 
wenn  er  auf  diese  Weise  körperlicher  Fliege  bedürftig 
war ,  se  sollte  er  nicht  selten ,  sondern  Immer  bei  seinen 
Jüngern  gewesen  sein,  welche  die  nfichsten  waren,  von 
denen  er  eine  solche  Pflege  zu  erwarten  hatte.    Denn  wo 
soll  er  nnn  in  den  langen  Zwischenzeiten  zwisclien  seinen 
Erscheinungen  sich  aufgehalten  haben?  in  der  Einsamkeit? 
im  Freien  ?  In  der  Wflste  und  auf  Bergen  ?  Das  war  kein 
Aufenthalt  für  einen  Kranken ,  und*  es  bleibt  nichts  übrig, 
als  er  mUfste  bei  geheimen  Verbündeten,   von  welchen 
selbst  seine  Jünger  nichts  wufsten,  verborgen  gewesen 
sein*  Ein  solches  Gehelmhaiten  seines  ri||entlichen  Aufent- 
halts aber  selbst  vor  seinen  Schillern ,  denen  er  nur  sel- 
ten, und  mit  Absicht  plüzlich  sich  einstellend  und  wieder 
entfernend,  sich  neigte,  wäre  ein  Spielen  unter  der  Decke, 
ein  falscher  Sehein  des  Übernatflrilchen  gewesen,  welchen 
er  ihnen  vorgemacht  hfitte,   der  uns  Jesum  und  seine 
ganze  Sache  In   einem  Lichte  erscheinen  liefse ,  welches 
dem  Gegenstand  selbst,    wie  er   in   den    Quellen  vor 
uns  liegt,  fremd,  nur  durch  die  Blendlaterne  knoderner, 
übrigens  bereits  wieder  verschollener  Vorstellungen  auf 
denselben  geworfen  ist.    Die  Ansicht  der  Evant^elisten  ist 
keine  andere,  als  dals  der  Auferstandene  nach  jenen  kur- 


16)  Die  vcrflchiedenen  BrIiDlmngcn  s.  bei  TaotvcK  und  Lücrb 

welcher  Iczltr».'  i  l.ic  Änderung  der  Lcftart  nothig  findet. 

JJai  LebM  Jtta  iL  Jiand,  41 


Digitized  by  Google 


Dritter  Abschnitt* 


«en  Endieifittiigtn  unter  den  Seiuigen  ticJi  w'ic  eni  höhe- 
VM  Weien  fai  ille  UndcbtlNurkeit  sorilekmeBOfeii  Imbe,  nm4 
HU8  dieser  wieder,  wo  «od  WMIIl  CT  es  mwtekwUUig  f«nd, 
hervorgetreten  sei. 

Endlieh,  wie  will  man  sich  bei  der  VorauMet/.iing, 
daft  Jetas  dvreh  die  Anferstehnng  in  ein  rein  natOriirhes 
Leben  «arückgekehrt  ael,  det  Ende  desselben  denbeH  ? 
Conseqnenterweise  roufs  man  ihn,  sei  es  Ifingere  oder 
kflrsereZeit  naeb  seiner  Wieder beiebong  eines  nRtni  liehen 
Todee  sterben  lassen,  wie  aoeh  Pauli»  andeutet,  da(s  der 
allzu  heftig  afficirte  Leib  Jesu,  nneraehtet  er  sich  von  der 
todtühnllcheii  Erstarrung  am  Kreuz  wieder  erholt  hatte, 
doeh  durch  natürliches  KrÄnkeln  und  verzehrendes  Fieber 
Tollends  anfgerleben  worden  sei  Dafs  diefii  wenigstens 
die  Ansicht  der  Evangelisten  vom  Ende  ihres  Christas  nlehl 
sei,  ist  offenbar,  da  ihn  die  einen  von  ihnen  wie  einen 
Unsterblichen  von  den  Jüngern  Abschied  nehmen,  die  an- 
dern Ihn  siehtbar  in  den  Himmel  sich  erheben  iassen.  Vor 
der  HiinroelfahrC  also  splkestens  rnüfste ,  w  nn  bis  dabia 
Jesns'einen  natürlich  menschlichen  Leib  beibehalten  hatte 
eine  Veränderung  mit  demselben  vorgegangen  sein,  welche^ 
ihn  mam  Anfentbalt  In  den  himmlisehen  Regionen  belühigte^ 
es  rnüfste  die  Sehlaeke  der  groben  Leibllehkeit  nieder» 
gefallen,  und  nur  etwa  der  feinste  Extrakt  derselben  init- 
enporgestiegen  sein.  Davon  aber,  dafs^von  dem  zum  Him- 
mel sieh  ei^hebenden  Jesns  Irgend  ein  materieller  Überrest 
zurückgeblieben,  melden  die  Evangelisten  nichts,  nnd  da 
es  die  zuschauenden  Jünger  doch  bemerkt  haben  müfsten, 
so  bleibt  für  diese  Ansicht  am  Ende  nichts,  als  die  Aus- 
kunft jenes  Theologen  ans  der  Tübinger  Schule^  das  Resl- 


17)  Basimaa»,  bibliteher  Beweit,  dass  Jetut  nach  seiner  Aufer- 
stehung noch  27  Jahre  leibhaftig  auf  Erden  gelebt,  und  snm 
Wohle  der  Menschheit  in  der  Stille  fortgewirkt  habe.  S810. 

18)  a.  a.  O«  S.  79$.  925.  ^ 


by  GoOgl 


VieWes  KapIteL  %  '64$ 

4 

ilunm  Toii  Jesn  Leiblichkeit  sei  Jene  Wolke  gewesen  ^  die 

Üiii  bei  tlei'  iliiumeliahrt  umhüllte,  in  welche  sich,  was 
materiell  an  ihm  war,  aufgelöst  habe  und  gleichsam  ver- 
pufft sei  De  somit  die  £Fangeiistej|  das  Kniie  des  iiv 
diseheu  Wandels  Jesn  nach  der  Auferstehung  weder  ele* 
einen  natürlichen  Tod  sich  vorstellen,  noch  bei  der  Him- 
melfahrt irgend  einer  mit  seinem  Körper  vorgegangenen 
Veränderung  gedenken,  tfberdieis  aus  der  Zeit  awischea 
der  Auferstehung  und  flimmellahrt  Dinge  von  Jesn  bericL* 
teil ,  welche  von  einem  natürlichen  Leib  undenkbar  sind : 
so  können  sie  sich  sein  Leben  seit  der  Auferstehung  nicht 
als  ein  natariiches^  sondern  •  nur  als  ein  tthernatttrlichesy 
und  aeinen  Leib  nicht  als  einen  organiscih  -  mateiiellea^ 
sondern  nur  als  einen  verklärten  vorgestellt  haben. 

Dieser   Vorstellung  widersprechen  auf  dem  Stand-, 
punkt  der  Evangelisten  auch  diejenigen  Züge  nicht,  weK 
ehe  die  Freunde  4®r  rein  natürlichen  Ansicht^ vom  Lehen, 
des  Auferstandenen  für  sich  geltend  au  machen  pÜegen« 
Unis  Jesus  afs  und  trank,  das  sezte  in  dem  bezeichneten 
Vorateliungskreise  so  wenig  ein  wirkliches  Bedttrfni^is  bei 
ihm  voraus  9  als  das  Mahl|  welches  Jehova  mit  awei  En- 
geln bei  Abraham  einnahm:  Essenkdnnen  Ist  hier  kein  Be- 
weis für  Essenmüssen.    Dafs  er  sich  betasten  iiefs,  war 
der  einzig  mögliche  Beweis  gegen  die  Vermuthuug)  jeiu 
lidrperloses  Gespenst  möge  den  Jüngern  erschienen  .sein; 
auch  Götterwesen  erschienen  In  altertham(icher ,  'Uicht. 
blola   griechischer,   sondern  (nnch  der  oben  angeführten 

mm  ^ 

Steile,  1  Mos.  32,  24.)  auch  hebrüischer  Voj;&tellung,  bis- 
i^ellen  bcitastbar,  im  Unterschied  von  wesenlosen  Schatten^ 
unerachtet  sie  sonst  an  die  Gesetae  der  Materialitfit  so  we- 


i9)  Noch  etwas  ttber  die  Frage;  wsrnm  haben  dicf  Apostel  Mat- 

thüMS  imd  Johannes  nicht  ebenso  wie  die  zwei  Evangelisten 
MarJAii'J  und  Lukas  die  Himmelfahrt  autdriicklich  erzählt? 
In  SüSKwi)  s  Magazin,  17,  S.  if. 

4i  ♦ 


AU  Driffer  AbschnSff« 

tilg  gdbonilea  sieh  selEtrn,  mh  der  beCfttAiii«  Jetot,  wnm  * 

er  doch  plözlich  vcrsdiwinden ,  und  in  versclilossene  Zita- 
»er  ohne  Hindernifi  eindringen  konnte  ^^). 

Eine  fpME  andere  Frage  ob  «neb  mui  piieere«, 
dereh  genenera  Netnrkenntnlfe  gebildecen  Standpunkt  Jene 
beiderlei  ZOge  sich  vertrugen?  Und  da  werden  wir  fret- 
iich  sagen  müssen:  ein  Leib,  der  sichtbare  Speise  geniefst, 
mala  aoeh  aelbst  ein  aichtbare^  aein;  der  Gennfa  der  8pet- 
ae  aest  elneii  Orgatiiamoa  Tonioa,  d^  Organlanma  aber  iat 
organiiirte  Materie,  und  diese  hat  die  fiigensefiaft  nicht, 
in  beliebigem  Wechsel  verschwinden  und  wieder  sichtbar 
werden  ißu  können.  Ganz  besonders  aber,  wenn  der  Leib 
Jesn  aieh  betaaCen  lieft  •  und  fleiaeh  nnd  Knoehen  sa  fth- 
len  gab,  ao' eeigte  er  damit  die  Wideratandafcraft  der 
Materie,  und  zwar  wie  sie  ihr  als  fester  eigenthümiich 
iat:  wenn  er  dagegen  in  verschlossene  Hfiiiser  und  Ziaunary 
«ngehlndert  dnreh  daswiaebenJlegende  Wände  nnd  TbÜreOf 
efnangehen  im  Stande  war,  ao  bewiea  er  hlednreh,  dala 
eben  diese  Widerstandskraft  der  festen  Materie  ihm  nicht 
Bukam;  indem  er  also  nach  den  evangelischen  Berichten 
dieaelbe  fiigenaehaft  um  dieaelbe  Zeit  gehabt  nnd  nieht  ge- 
habt haben  nfffate;  ao  aeigt  sieh  die  evangeÜsehe  Daratel- 
Inng  der  Leiblichkeit  Jesu  nach  der  Auferstehung  als  eine 
in  sich  widersprechende.  Und  awar  ist  dieser  Wieder- 
apmeb  nielit  etwa  ron  der  Art,  daCi  er  aieh  unter  die  Ter* 
aehiedenen  Berlehteratalter  yertbeilte,  aondem  der  Be» 
rieht  Eines  und  desselben  Evfingelisten  schliefst  jene  wider- 
sprechenden Züge  in  sich.  Der  kurae  Bericht  des  Mat- 
thioa  Bwar  enthftitin  deai  iMQow^OixifaitHtignodagC^.fky 


90)  Das  Unbestimmte  der  lüer  zum.  Grunde  liegenden  Vorstel* 
-  long  drückt  Origenat  gut  aus,  wenn  er,  e.  Celt.  2,  62.  von 
Jesu  tagt :   ««l  fr  yt  /ctt«  rfr  «rrfpnr«»  Wtlr  ^ant^X  Ir 

yv^y^y  zot^r*»  aoi/daTOf  ^{yta^at  V'Vjjf^V. 


Digitized  by  Googl 


I  Vierte«  Kapital.  >  ißii.  64& 

iiiii*  (las  Moiuciit  der  ßetasrbnrkelt,  ohne  dafs  ebenso  ein 
etttffagengese^tes  hervorgehoben  wiii*e;   bei  Markus  aiuge- 
kehrt  spHctit  «ela     Mg^  /<o^S,(V*  1^)  Air  etwM  Uber- 
.  natarltcItMy*  ohne  d»ti  «ndrerMits  «iieli  wieder  dbs  G«g«A- 

^theil  bestimmt   vorausgesest  würde:  dagegen  s])richt  bei 
Lukas  d<is  Sichbetastenlassen  und  Essen  ebenso  bestimmt 

•   luid  iVertdiwiiideii  gegen  eine  selche ;  gans  besondere  hart 

aber  stofsen  die  Glieder  dieses  Widerspruchs  im  vierten 
.Jkvaiigeiloai  i&usaai»eii|  wo  Jesas,  unmittelbar  nachdem  er 
- '  flu'  das  veMeUessene  ttemaeh  iinberfibrt  dorch  Wände  und 
.'Jjhfiren  eingedriiDgen'  isl*>>|  sieh  voa  dem  awellblndeii 

'i  homa^.beriUiren  liilst. 

'.A%JM|atte  Uber  die  Realität  des  Todes  and  der  Aufer- 
*.•»'.  ''%>■>♦  •  stchutt«  Jesu. 

Der.Sae:  ein  Xodter  ist  wiederbelebt  worden ,  ist 
aof  aw^i '.  wifterj p|Pe(chenden  üestandtheilen  Eusamneii- 
gesesl^  daft  ilnlBef^j|^l'^w.c^n,  ma  den  einen  festhalten  will, 
der  andere  an  T^rsehwinden  droht.-  Ist  er  wlrklieh  wie- 
der  anm  Leben  gekommen 3  so  If^gt  es  nahe,  an  denken, 
er  werde  nicht  gaiia  |o€k.gewefen  sein;  war  er  aber  wirk- 
lieh todt^  se.b|lU,w<scbw^»  *sa.gUubra  dals  er  wieder 
lebendig  gewonten  sei.         ;    ..  «  ^  ^ 

'  ßei  einer  rjohtigen  Ansicht  üb^r  das  Veorhiltnirs  van 
Seele  und  Leib). welelie  diese  beiden  nicht  abstrakt  aiisain- 

_  « 

21)  filit\«kv«f1A^k^il>le8u,  durch- verscUasm  sndrla- 
gjsn^  fanden  .laaache  ,HireheaTXter  und  orlhodoae  Theelagen 

das  nicht  recht  vereinbar,  das»  zum  Behuf  der  Auferttchung 

Jesu  vorher  der  Stein  vom  (irabo  ^cwäizl  wordt-n  stin  solle, 
und  behaupteten  daher  :  resurrcxit  Cliristus  clause  scpulcro, 
sivc  nonduin  ab  ostio  scpulcri  revoluto  per  angeium  iapidc. 
^^ssMisaT^  tbsui«.didacU  polen.  3^  p.  642« 


Digitized  by  Google 


646  Drilter  AbieiiBlit* 

alg  die  Innerlichkeit  des  Leibs,  den  Leib  als  die  Jlusserltcb- 
kait  der  Seele  hetrr^ift^  weUs  omn  schon  gar  nicht,  wie 
mmn  sieh.  d«i>  ^•V'tiNlerlielebBiif  «Ia^  Todtm  n«p  ▼»rstpIlM, 
creseWolire  denn  sie  vereti^eii  seile.   Ilebeii  die  Krüfte 
nnd  ThlHitxkpitpn  des  Leibes  einmal  aDfe^ehört,  in  denjento^pn 
reefierenden  Mittelpunkt  stiMiBneiisiiJeofflD,  welebcn  ifvir  die 
8eele  nennen,  deren  ThSHfflieU,  eder  vielaelir  eie  eefheCy 
In  der  nnonleriiroelienen  Niederhwltnn^  «Her  '  end«»m  im 
Körper  möglichen    Procesae  onter  der   höheren  Einheit 
det  nr|rani<$chen  Lebentproeestes,  welche  bei'm  Meneehen 
sngleioh  die  Beste  dee  GeUHfen  ist,  heeteht:«    no  tre- 
ten In  den  rerseWedenen  Theilen  des  Körpers  jene  «ndpm, 
niedriß^ern  Prlnclpien  als  herrschend  auf,  deren  Gesohüft 
In  seiner  Fortsetznng  die  Verwesnnif  ist.  Heben  diese  da- 
nel  die  Herrschaft  anffetreten :  so  werden  sie  nicht  fpeneigt 
sein,  sie  an  den  Torieen  Herrn,  die  Seele,  enHIelcsnirehen ; 
oder  vieiraehr  ist  diefs  defsweßfen  unmöfflirh,   veil,  gnnz 
ahgresehen  von  der  Fraire  Aber  die  Unsterblichkeit  des  mensch- 
licheo  Geistes,  mit  Ihrer  Herrschaft  und  Thlti^keit,  wel- 
ehe  Ihre  ETlsten«  Ist,  die  Seele  als  solche  r.n  sein  anfhM:, 
mithin  bei  einer  Wledcrholehnnfif ,   selbst  wenn  man  sich 
auf  ein  Wunder  berufen  wollte,  diefs  freradesn  in  der  Er- 
schaffung einer  neuen  Seele  bestehen  tottf^te. 

Nor  der  popufffrsrewordene  Dnallsmos  In  Besag  anf 
'  d«8  VerhRftnifg  von  Loib  nnd  Seele  hcffiinstifift  die  Mei- 
■ung  yon  der  Mönrllolikeit  einer  eigentlichen  Wlederhelc- 
bnng.  Da  wird  die  Seele  in  ihrem  TerhXltnlfs  Bvn  Kör- 
per wie  der  Vogel  rorgestellt,  welcher,  wenn  auch  eine 
Weile  aas  dem  Kaficr  entflonrpn  ,  doch  wieder  einffefangren 
u»»d  in  denselben  eiiriickfirehrncht  werden  kann,  und  an  der- 
r^clchen  Bilder  h«lt  sich  ein  Imaginirendes  Denken^  nm  die 
TorstellQng  der  Wlederbelebnni^  lestsnhalten.  Doch  selbst 
a*^  dem  Standpan'cte  dieses  Dnalismns  versteckt  sich  die 
Undenkbarkeit  eines  solchen  Vorgangs  mehr,  als  dals  sie 


Digitized  by  Google 


647 


älvh  (Mgeiitllch  verringerte.  Deiiii  so  gleicligfilti|^  und  an- 
iel»eiidig,  wie  bei  einer  Schachtel  und  deren  Inhalt,  darf 
imiu  flieh  doch  das  Zuflaninenaein  des.  Leibfl  ond  der  Seele 
«ueh  bei  der  abelnikceflleii  Trennung  nicht  denken,  scmi- 
dern  die  Gegenwart  der  Seele  bringt  im  Körper  Wirkun- 
|;ca  hervor,  welche  hinwiederum  die  Möglichkeit  jener  Ge- 
genwart der  Seele  in  ihm  bedingen*  Sebald  also  die  Seele 
den  Kftrper  verlaaten  hat,  werden  In  dieaeni  diejenigen 
Tb/itigkeiten  stille  stehen ,  welche  nach  der  dualistischen 
Vorateliungs weise  die  unmittelbarsten  Äusserungen  des  Elii«- 
iliissea  der  Seele  waren,  ebendanit  werden  die  Offene 
iiieaer  Thätigkeiten,  Gehirn,  fiiut  n.  f.,  so  etoeken  nnd 
atarr  2u  werden  beginnen,  und  swar  wird  diese  VerKnde- 
j'bng  mit  dem  Augenbilek  des  wirklichen  Todes  ihren  An- 
lang nehmen.  Könnte  et  alto  auch  der  entflohenen  Seele  % 
einfallen,  o4er  aie  dureh  einen  Andern  dann  genMilgt  wer- 
den, ihren  vorigen  Wohnsis,  den  Körper,  wieder  aufsv- 
.anehen:  so  würde  sie  ihn  doch  nach  den  ersten  Augenbli- 
cken aehon  in  aeiiien  edelsten  Theilen  unbewohnbar  und 
für  ihren  Dienst  nntanglteh  finden.  Wiederherstellen  aller, 
wie  ein  kranket  Glied,  kdnnte  tle  die  nnbranehbar  gewor* 
denen  unmittelbarsten  Organe  ihrer  Wirksamkeit  auf  kei- 
ne Weise,  da  sie,  um  irgend  etwas  im  Körper  an  wirken, 
det  Oienttet  eben  dieter  Organe  bedarf:  aie  mttitte  altt^ 
ob  «nek  wieder  in  den  Leih  Burtfckgebannt,  dentelhen 
doch  geradezu  vermodern  lassen,  well  sie  keinen  Einflufs 
auf  ihn  auszuüben  im  Stande  würe;  oder  es  müfste  au 
dem  Wunder  ihrer  Znrttekfahmng  in  den  Körper  da8»swei- 
te  einer  Rettaurirung  ihrer  abgestorbenen  k6rperliohen  Or* 
gane  hinzukommen  —  ein  unmittelbares  Eingreifen  Gottet 
in  den  gesezlichen  Verlauf  des  Naturlebens,  wie  es  geiHu« 
terten  Antiehten  von  dem  Verhältnift  Gottet  avr  Weit  wi- 
der^rieht. 

Sehr  bestimmt  hat  daher  die  neuere  Bildung  In  Be- 
nug  auf  «letnm  da«  Dilemma  aufjgeftteilt ,  da£i  er  cniwecier 


Digitized  by  Google 


nUiawiMkh  gtstarbea ,  oder  aidbl  wirUfalg  aoferstAii- 
4»  fei. 

AmmImm  imcvwMHlei.   Die  km  Zeit,  ipeldbe  Jeew  «■ 

Krenz«  hieng,  zusammens^enommen  mit  der  .«on^t  bf*kann- 
t/>n  Langj^amkeit  de«  ikreuzettodefy  die  ongewUse  Beschaf- 
fefideü  aiül  WiriaM|r  dm  f  ■■■■■UlBhi  (welebai  wir  aiefat 
•tniMil  Dir  kUtorleeli  hake«  kemtea),  tehieMi  4Se  Wirk- 
lichkeit de«  Todeg  rweifelhaft  zn  machen.  Dafs  die  Voll- 
strecker Her  KreuzÄggngf  wie  die  Jünjg^er  seUMty  ke&neai 
atieilf  2Welfei  iUra  ge fcwi,  wflr4e  eieb  der  att- 

H^Bairfaea  Sehnv  leri^tietty  tiefe  OluMMadbles  ud  eyaticptbefte 
Er«tjirrnncren  vom  wirklichen  Tode  ea  onterscheiden  ,  aas 
deai  niedrigen  Stande  der  awdicinieelien  Kenntnisse  in  je- 
mr  Zeit  erkllrea;  wogegen  weaigsteae  Eia  Beispiel,  dals 
«Iii  vaai  Kveaa  Abgeiioaiiewer  wieder  ganae,  «In  «rMg^ 
te»  Wieder» ri flehen  «ach  bei  Jesu  denkbar  zu  machen 
•chien.  Dieses  Beispiel  findet  sich  bei  Josephos,  welcher 
Wriehtat,^  daie  van  drei  galLreoaigtan  Beiiaantan,  dia  er 
vali  Titae  lo^gabatea  habe,  naeh  der  AbnehaM  voai  Kreaae 
awe!  gestorben,  einer  aber  mit  dem  Leben  davonsfekom- 
men  sei.  Wie  lans^e  diese  Leate  am  Kreaa  gehangen 
battea,  beiarkt  Josephas  sieht;  doek  da  er  eia  aiit  sei- 
iier  Expeditiaa  naeh  Tkekoa  in  der  Art  in  Verlrfndaaf 
bringt  I  da(s  er  sie  bei  seiner  Rflckkehr  von  da  erblickt 

i)  Joseph.  Vita,  75 :  ntßn^tU  3h  fni  Tin  XmUm^^  0^  KtffUm 

T#4f vr  Jmt  ^if Mr«irtf«#r0«,  i  r^frot  IC9«tr«  Aus  dieser  Stelle 
sTfooMoHrt  bessadert  Vmnt,  ex«  Hsadb.  3,  b^  S.  786,  und 
im  Aaksog,  8.  929  IT. 


Digitized  by  Google 


hübe,  M  iBttaMn  üb  wohl  eben  wfihmd  dleierJhpadiHtai 
g^limsift  wmbii'  eelii)  und  ilieety  wwfcHf  dar  gsfkir« 
gea  Bmfemiing  de«  genenaten  Om  van  JeiMile%  fli%r 

licherwei^e  in  Einem  Tage  beendigt  lein  konnte,  so  h«ti>« 
ten  sie  wohl  nicht  über  liiinei»  Teg^  Tielleicht  nochkiinwi» 
mm  Krem  gebengen«    Wenn  min  vom  drei  GelireNSigieii^ : 
welehe  aebWerlidi  Tiel  länger  gehangen  hatlM  ^  ale  JhM% 
der  nach  Marlene  von  Morgens  9  Uhr,bie  Abends  gegen  6  Uhr. 
am  Ki^eoee  sich  befand,  und  welcboy  wie  es  scheint,  noch 
mit  den  ZeicJien  des  Leiwens  herabgenoanMn  Warden,  iieli 
der  eei^gfidtigeten  Jrfetliehen  Pflege  nnr  Kiaer  daran  haau. 
wie  anwahrseheinlieb  oMile  es  werden^  dafs  Jesos,  vrelcherf 
liereits  mit  allen  Zeichen  des  Todes  vom  Kreiise  gcnom« 
mea  worden  war,  ohne  Anwendung  Amtlicher  Mittel goM. 
Tiaa  aalbel  wieder  warn  Lefaaa.gakaaiMo  talf 

IMeea  beiden  Mommlas.  ein  Rest  dea  bewpfeten  La»« 
bans,  and  sorgfältige  KrEtliche  Behandlung,  haben  indefs« 
naeii  einer  gewissen  Ansicht  auch  bei  Jeans  nich$  gefehlt . 
wana  eie  gleieb  van  dea  l&rangellttaa  vamabwlegea  war-i 
duu  Hienaeh  hat  Jeeae^  well  er  lmiae»  andira  Weg  .aah^ 
die  herrschende  Messiasidee  von  ihren  si»iiiiich  -  politischen. 
Beiaisc hangen  au  reinigen ,  sieh  der  Kreuzigung  ansge«. 
aaat)  «Ubei  abeiv.eieb  daraaf  vevlaitaRy  dareb  ala  ffAhaal^. 
tigas.  Nelgea  dee.  Haaplee  eelaa-  baldige  Abaataet  vaai& 
KreuE  KU  bewirlien,  und  hernach  von  heilkundigen  MCn^«- 
neen  imtri  srinnn  geheimen  Verbündeten  wiederhergestellt - 
8a<  werden',  an  auglaicb  durek  den  Sehein  einer  Wiederr- 
batabnng  das^VallL  an  begeletam:').  Von  diaeer  Ahelik^ 
lichkeit  haben  Andere  wenigstens  Jeeum  frelgespraailan^^ 

^JX)  B«)(TSCHAKiDSR,  Ubef.den  aQgebHchen  Scheintod  Jesu  am  Kreu- 
.se,  in  Uu.MANii*j  ued.UmvRKiT's  Studien,   1832,  S>  S.  625  ff^ 
Hut,  Beiträge  zur  Geschichte  des  Verfahrens  bei  der  Todes* 
strafe  der  Hreusigung,  Freiburger  Zeitschr.  7,  S.  M  S. 
S)  BAMaoTi  AuslUiraargdes-Fians'and-ZweekeJosar  VgL  d^g«» 
gen  Pavivs,  ei.  Haadb.  ^h^79I^L 


Mtized  by  Google 

RotfpnA«  u*a  iJAA-  lusA  »imKutcbaeideiiu«  dieses  Aisttciosubiadea* 


UritUF  Abschnilt; 


ottd  ihn  wirklich  in  todftlinlichea  Schlammer  versinkea 
bmen^  seinen  Anhliugern  aber  ron  v'era  kereia  den  Pimm 
wagBmhMbmn,  den  doreb  ^eiaae  TrMik  «cbeintoile  geauieh- 
ten  and  frtba  vom  Krens  nbgenoamenen  in  das  Leben 
nnröckzurufen  Allein  Ton  allem  dem  denCen  die  Uuei- 
Inn  nichts  an^  nnd  et  nn  Termutben,  haben  wir  lieine« 
Grttnd«  Verütodige  Frennde  der  nntfirlieben  KMSnng^ 
welchen  derglefeben  Ausgebnrten  eines  eOgeilosen  Prag- 
niAtisirens  zuwider  sind,  haben  daher  zur  Erklärung  von 
Jeen  Wiederbelebung,  statt  eines  Rests  yon  bewnlstem  La» 
ben  In  Ibm^  mU  der  Lebenskraft  eieb»  begnOgt,  weicba 
aneh  nacb  dem  Sebwlnden  dee  Bewufttselne  ini  Innersten 
des  jugendkraftigen  Körpers  Jesu  zurückgeblieben  war^ 
nnd  statt  absichtlicher  Püege  durch  Meiiscbenbände  auf  den 
wobllhitigen  fiinUdls  auliMrfcsaa  gemaefat,  webdien  die  am 
•einen  Leib  gelegten  snm  Thell  wohl  -uligten  Snbetansen 
auf  Heilung  seiner  Wunden  ,  und ,  zusammengenommen 
mit  der  von  dem  Dufte  der  Specereien  geschwängerten 
Lttft  in  der  Btfble,  anf  Wiedemrwaeknng  des  Gefiibis  und 
Beflnfiitielne  Joeu  gehabt  haben  aHaeen  ^) ;  woan  amn  wohl 
'  atich  noch  als  entscheidendes  Moment  die  Erschütterung  und 
den  Blizstrabl  fügte,  welcher  am  Auferstebungsmor^en  das 
Grabmal  Josa  eröffnet  iiabe  ^>  iiiegegan  haban  jedoeh 
Andere  daf«nf  aafmerksaat  gemacht,  wie  die  kalte  Lnft 
in  einiüp  Höhle  am  wenigsten  etwas  Belebendes  haben 
konnte;  wie  starke  Arome  in  einem  verschlossenen  Aauope 
vielmehr  betäubend  und  erstickend  wirken  die  gleiche 
Wlriiang  mftfiice  ein  in  die  Gruft  sohlageader  BUntrahl 


4}  Xenodoxien  (nicht  Xenodochlcn,  wie  Wuksr  und  Hasb  citi* 
* rea )  >  in  der  Abh. :  Joseph  und  Nikodemus.   Vgl.  dagegen 
HLAnsa^t  Studien  der  würtemb.  Geistlichkeit,  2,  2,  S.  84  IT. 

S)  Favlus,  ex.  Uandb.  3,  h,  S.  78S  ff.   L.  J.  1,  b,  S.  281  ff. 

.   .  6)  ScuvtTsai  in  is^iomioiui^s  s*  üihL      3«  lUdi» 

.    7}  yfam,  h.  Bcilw.     8.  674. 


j^hAbt  J^skoA^  W9Mi  dktMv  stelii  Utffts  AndlbliMhi^ 
Mitolbelier  Aflii^^tr  wiM 

UnerachteC  aller  dieser  Unwahrtcheinlichkeiten  j^oc^, 
Welche  die  Ansicht  gegen  «ich  hat,  dafs  Jem  Hua  elnm 
bloCMn  Sckeintode  fhmli  mufirüdie  UmidMn  wk4^  tai 
Leben  gekeMen  iei,  bleibt  sie  ileeb  fmeweil  »ögliebt 
dafs,  wenn  ans  die  Wiederbelebfing  Jesu  sicher  yerlyOi^ 
wfire,  wir  ans  der  Entschiedenheit  des  Erfolgs  die  Lttekea 
der  Berifihle  aber  den  Uergeng  der  Secbe  eigSnMn^  mid 
der  bisher  vorgetragenen  Aneielil)   mit  'AbweiMmg  JedeA 
Aller  bestfnimten  Vermuehnngen ,  beitreten  kdnnten.  Ver- 
bürgt wäre  «ns  die  Auferstehung  Jesu^  wenn  sie  t&n  un- 
parteiischeo  Zengen  «of  iieelioMBle  «nd  AosanflkemlSeiMeii- 
de  Weise  besrkniidet  wire.  Aber  eben  die  UnpeiteiUeh«' 
beit  der  engebUeben  Zeagen  fttr  die  Attferstehnng  J^m  bsts- 
ben  die  Gegner  des  Christenthums  ron  Celsns  bis  anf  den 
Wolfenbattier  Fmgmentislen  liereb  in  Anspmeh  genon»- 
■lem   Mur  eeinen  Anbingem  beiie  sieir  Jcsne  geneigte* 
tfverom  nicht  euch  seinen  Feinden  y  nm  eneh  sie  nn  flhw» 
eeogen,  und  durch  ihr  Zeugnifs  der  JNachwelt  Jede  Ver- 
niuthuiig  einer  absichtlichen  Täuschung  von  Selten  seiner 
Jünger  nn  benehmen  ?      So  wenig  ieb  nm  eneh  Ten  den 
Erwiederungen  der  Apologeten  anf  diesen  Einwand  helten 
ki«nn,  von  dem  Origeneischen  iq^Biötto  yaQ  xui  la  xcrra— 
dixuaaviog  xai  %utv  inr^Qeaaa^tiDv  o  Xf^goßf  &o  li^  funax^ 
^üHßiv  iolfüBaif  ^)  an^  bis  anf  die  Meinttngtn  Aat  Menere^ 


8)  Orig«  4.  Üelt.  1^  63!   J&rJ  tmiftm  6  Küao§  im  ^dturrffor^^ 

SJvapitv  iitfUrtn  ij^fltr  ^  V,,  mvroiq  roig  ffttjQfaaMt  ttni 
TW  Mararftxadavrt  »oi  oZtog  nBatr  o(p07,¥at.  —  67  !   S  yoq  — 
T«r"*  ivf^ipi^ii  tijv  an/tjVf  'ira  ielOtj.     Vgl.  dm  AVolfenbiillltT, 
bei  Lms9ii%0y  S.  450.  60»  02  ff.    Wool^tok,  Disc.  6*  SmosAy 
ep.  23.  ad  Oldenburg,  p.  558  f.  ed.  Gsatfasa« 

9)  a.  a.  O.  67. 


J  by  Google 

Bogen  4J .  ist  S.  651  u. 6^2 sussuidiAeiden u. «Uc»r6gJ|ti  e;nzuLiAdco. 


üi  DriUer  Absehaitt* 

waAtbe  dmnk  das  Sefawanben  mmhuWen  der  Behaoptiifi^y 
durch  eine  soldie  Enebeiiiiiiig  wiren  die  Feinde  Jeni  'nm 

Ginuben  ifezwon^en  worden,  and  der  andern,  sie  wurden 
Stich  Aaf  eine  solche  hin  nicht  geglaubt  haben,  sich  selbst 
wldei*leg|<tii         so  kann  doeh  jenem  Einwarf  das  entge* 
gengehaften  werden ,  daft  die  Anhinger  Jetn  dardi  Um 
floffnonorsIonIgkeiN  welche,  wie  sie  aus  der  Zosammenstim- 
Binng  der  Berichte  erhellt,  so  der  Nator  der  Sache  toU- 
JumuMD  angemessen  bl,  hier  snm  Range  nnparteüscher 
Zengtn  sieh  erheben.   HStten  sie  eine  Anfersfehnng  Jem 
erwartet,  and  sollten  wir  diese  nun  allein  auf  ihr  Zea^* 
nifs  hin  glauben:  so  wUre  allerdings  die  Möglichkeit,  and 
TieUeieht  WalirseheinÜchkeit ,  wenn  nicht  eines  absichtÜ* 
eben  Betrags,  doeh  anwiJIkOhrlicher  Selbsttlnsehang  tos 
liirer  Seite  Torhanden;  diese  verschwindet  aber  In  dem 
Grade,  als  die  Jünger  Jesu  narh  seinem  Tode  alle  Hoff- 
nong  Terloren  hatten.   Zwar  rtthrt  nnn  nach  den  Krc^eli- 
idfien  «rarer  bisherigen  Dntersnchnngen  keines  der  ETan- 
g eilen  anmHtelbar  von  einem  JOn^er  Jesa  her:  doch,  da 
«US  den  panliniRchen  Briefen  und  der  Apostelgeschichte 
gewifs  ist,  dsHt  die  Apostel  selbst  die  Übersengong  hatten, 
den  AttfefMadenen  gesehen  en  haben,  so  konnten  wir  ans 
Ml  den  N.  TJIehen  Zeft^nissen  fiHr  die  Anferstehnng  immer- 
hin genügen  lassen,  w^nn  nur  diese  Zeugnis«;o  theils  be- 
stimmt geimir  wffren,  tbeiU  anter  einander,  und  jedes  mit  sieb 
•ellMli  sasaoimnitimmten.  Nnn  aber  ist  da«  in  sicheinatiaH 
mige  and  aneh  «otist  ge-^iehficrgte  Zengnifs  des  Panlns  aa 
allgemein  und  nnhesf Im    f.  dnfs  es  ffirsioh  uns  lil'prdie  sub* 
jektive  Thatsache,  die  Jünger  seien  von  der  Auferstelt ung 
Jestt  ftberaeugt  gewesen,  nicht  binaasfUhK;  die  bestimm* 
feren  Erclhlnngen  der  Evangollen  dagegen,  in  welchen  die 


IG)  Vgl.  Mosttsi«,  in  seiner  Übertctcung  der  Schrift  des  Orige* 
aes  gegen  den  Celsus,  s.  d.  sngef.  St.  Bbcaisiis,  Aam.  %vm 
lilafleii   rsgment,  S.  407. 

V 


Digitizi:  oglc 


< 


Viertes  Kapitel.   $•  136»^'  6da- 

Anferstehong  Jesu  als  objektire  Timtoach^  erscheint,  «ind, 
ihrer  a4fgeseigten  Wiider8|frUctie  wagen  nicht  fla*  2j6ng- 
niaae  so  gebranehen  ^  flberhanpt  iat  ihr  Bericht  Ober  den 
Wandel  Jesu  nach  seiner  Auferstehung  kein  in  sfch  zu- 
aammenhüngender  9  der  uns  eine  klare  iiistoriiche  An- 
aehannng  der£^acheg8be,  sondern  ein  fragmentarischer  ^^)| 
der  nna  mehr  eine  Eeihe  iron  Viaionen  y  als  eine  fertian- 
fende  Geschichte  cur  Ansehannng  bringt. 

Vergleiciit  man  mit  diesem  Bericht  über  die  Wieder* 
belebung  Jesu  den  bestimmten  in  sich  einstimmigen  über 
seinen  Tod:  so  mnfs  man  in  dem  oben  gestellten  Uülemm« 
aof  die  andre  Seite  sieh  neigen ,  und  eher  die  Realität  der 
Auferstehung 5  als  die  des  Todes  in  Anspruch  zu  nehmen 
sich  veraniaü»t  finden.    Auf  diese  Seite  ist  daher  schon  Gel- 
aus  getreten,  indem  er  die  angeblichen  Erscheinungen  Jesu 
naeh  der  Anferatehung  entweder  aus  Selbsttffnschnng  sei«* 
ner  Anhänger,   namentlich  der  Weibfer,   im  Traum  oder« 
Wachen,  oder  was  ihm  noch  wahrscheinlicher  war,  aus  ab- 
aichtlichem  Betrug  ableitete  ^-j^  und  ^Neuere,   wie  nä* 
mentlieh  der  Wolfenbattler  Fragmentist,  haben  sich,  an  die 
jttdisehe  Besehnldlgung  bei  Matthäus  angesehlosscfn ,  dafii 
die  Jünger  den  Leichnam  Jesu  gestohlen,  und  hernach 
die  £rntthlungen  von  seiner  Auferstehung  und  den  Erschei- 
mmgen  naeh  derselben  auf  übel  snaanimenstiittmende.W<eiie 


11)  Ejm,  h.  J.  149. 

12)  Bei  Orig.  c.  Cels.  2,  55:  t/;  thto  tlSt',  (die  durclibolirtm 
Hände  Jesu,  und  Uberhaupt  seine  Erscheinungen  nach  der  Aui- 
erstchung)  ptv^  nof^oi^^of,  c$s  y«ri,  mal  tl  nt  alio<;  rwv  ttt 
rilf  avT^i  yoijTtiaii  irot  nard  tkpa  i$d9tonf  ortt^tS^aSy  uard 

reuc  Tavrtj  9ei^aa;  j   xat  dta  ri  x^tixtt  y/eua/iarog  afoq/^t^r  Sl^ 


Digitized  by  Google 


ftiifMil  IKeMv  Verdficht    ist  schon  «forch  Mb 

ihputniig  4#i  OrigcaM  niedergotohltigen ,  dtktk  «ine  •eiWt- 
«teMbni  LOf»  die  JSiiger  MnOgllch  wi-  «iMer-  •»  «tMl* 
hAftefi  VerkSndigtjng  dfo»  Anferscdiang  Jm  mMier  4m 
giH>f»ten  Gefahren   liHite  begeistern  können  oim!  mit 

RfttiU  bestehen  noch  jest  die  Apalugeten  darauf,  dmCs  der 
ttHfvhenre  Uasehwaitg       dev-tieÜBn  Nicrfavi^eaelilagenheit 
und  gMnslicheii  Hoftnvtigslosi^ kell  der- Jfinger  M  dem  Tuda 
Jesu  SU  der  Glauben.^krnft  und  Begeisterung,  mit  welcher 
sie  am  folgenden  Pfingstfest  ihn  als  Messias  Terkündigteii, 
•ioli  niehl  •rklfiren.  iielaa,  wenn  nicht-  iis  der  Zwischen- 
nelt  etuuw  gan«  unssererdentUeh  firmathlgendee  wyfal 
len  wäre,  und  rwar  nfiher  etwas,  das  sie  WMi  •lur  WW» 
derbelebung  des  gekrenaigten  Jesus  fibereeugte  ' 
aber  dieses  Überseugende  gerade  eine  wirklklw  Kreehen 
nttug  dea  Aoieretandeiien , '  daia  es  Oiierhavpt  ete  lusiurir 
Vorgang  gewesen  sein  nflsse,  ist  dauill  neeb  keineeenge  k^ 
wiesen.    Man  könnte,  wenn  man  auf  supranaturaleai-Bodeu 
bieikeU'WoUte,  etwa  mit  Spinoza,  eine  im  Innern  dur- Jün- 
ger', mit  wunderbare  Weise  bei^irkte  Viaioii  — nehwiuj 
weiche,  dbu  Zweek  gehabt  hf cte ,  ifaneu  naehF  fkrer  Vn^ 
sungskraft  und  der  Vorstelliiiigsweise  ihrer  Zeit  aiischau- 
lieh.  uu.  machen,    dafs  Jesus  durch  sein  tngeiidhaftea-Le- 
beia  veoi^feiatifeii  Tode- aufertcandeii  ael,  uud  deuepj  i|el» 
che  aeinen  Beispiet  folgen,  eine  ShnlSehe  Äuferatehnng 
Terleihe  '^j.    Lm  aus  dem  Zauberkreis  des  Supraaatura« 


i%,I^M9(^;a|  4^m.,Qc^fgw  yfomm^H 

14)  a,  t.  ü.  56. 

i3)  VLLMkKVy  was  sett,dijS  Stiftung  der  chritilichen  Kirche  durch 

einen  Gekreuzigten  voraus?    In  s.  Studien,  1S52,  3,  S.  5i>9  f. 
(i\öuR)  Bricic  iibt-r  den  i\ationalisinus,  S.  2$.  23t>.  V^vuCBf 
ex.  HanJb.  5,  b,  S.  826  f.    Ha8k,  146. 
16)  SriHOZA,  a.  a.  O. :  Apostolos  omucs  omnino  crcdiditse^  ^mod 
Clurittus  s  morte  resurrexerit|  et  ad  codum  rcvcra  asceade- 


Digitized  by  Googl« 


Vierte«  Kepitel.   {•  lii6.  «55 

liMPS  in  Betreff  dieoer  ErschelnaAgfii  limMslBekinRitimiy 
haben  Anilere  andi  natAriiolien  Xniseren  Vemnlesstf ngen 
gesucht  j  welche  die  Meinung  erregen  '  lionnreii ,  Jesu« 
sei  auferstnnden  und  als  Auferstandener  gesehen  worden^ 
Den  ersten  Anetofs ,  vermuthete  man ,  habe  dae  gegebehy 
ciAili  am  zweiten  Morgen  neeh  dem  Begräbnifs  sein  Drab 
leer  gefonden  wurde ,  dessen  IieintBeher  suerit  filr  En^el, 
dann  für  eine  Erscheinung  des  Auferstandenen  seihst  gel. al- 
len \^urden  seien :  allein,  wenn  der  Leib  Jesu  nieiit 
oeubeiebt  ans  dem  Grabe  hervorgegangen  ist,  wie  soll'  eip 
denn  herausgekommen  sein?  Da  mttfste  man  Ja  wieder 
an  Diebstahl  denken:  wenn  man  nicht  aus  der  Andeutung 
bei  JohnniieSy  dafs  Jesus  der  Eile  wegen  in  ein  fremdes 
Grab  gelegt  worden,  die  VermntlMUBf  herMteh  wlli|  daib 
vielleieht  der  Eigenth)lmer  der  Groll  den  Leiehnam  habe 
entfernen  lassen,  was  aber  die  Jünger  nachträglich  heilten 
erfahren  müssen,  und  was  in  jedem  Fall  an  der  vereinael- 
len  Angabe  des  vierten  EvaageÜiuna  eine  am  sdiwaoke 
Grundlage  iuil.     ^  . 

Ungleich  fruchtbarer  ist  die  Uinweisnng  auf  die  pau- 
linische  Stelle  1.  Kor.  15^  d  ff^  als  den  geeignetsten  Aus- 

rit  —  ego  nen  nego.  Nsm  ipte  etSam  Abrabsmus  crcdidit, 
<|uod  Dens  spud  ipium  prantut  fuerit  —  cum  timea  bsec  et 
plura  alia  bujuamodi  apparitionet  aen  revelatioeea  fnerint^ 
captui  et  opinionibua  eorum  hominum  accommodatae,  quibua 
Deus  mcntcA  suam  iitdem  revelare  voluif.   Concludo  itaquc 
Christi  a  mortuis  rcsiirrcctioncm  rcvcra  spiritualem ,  et  so- 
lis  iidclibus  ad  corum  captiim  revclatam  fuisse ,  ncmpe  quod 
Christus  aeternitate  donatus  fuit,  et  a  mortuis  (mortuos  hic 
intcUigo  eo  aeaauy  quo  Christus  dixit:  sinite  mortuos  scp«}* 
lire  mortuoa  aaoa)  surrexit«  aimulatqoe  vita  et  morte  singu- 
laria  sanctitatia  exemplum  dedit,  et  eatenua  diacipuloa  suoa 
a  mertuia  auacitat,  qnatenua  ipai  hoc  vitae  ejus  et  mortis 
exemplum  aequuatur« 
17)  Versuch  Uber  die  Aulnratehung  Jetu^  in  Seunur's  BibUethek^ 
2,  4,  S.  545  ff.  ' 


Digitized  by  Google 


'  OrltUw  ilfc«ebiiScr« 


ilisten  AoApruch  liaiieii.  Die  cwei  ersten  Krun^elien,  nn4 
iler  flaiipCgew&brtiiuuiii  in  dieser  Sache,  der  ApoeCel  Pne- 
laty  •mihi—  SM  TM  .4«rgleicbeii  ProlM  nicbct,  «mI  et 
ist  gßnm  iMtarfieli,  dufii  die  Chrisfofiliiiiiieen,  welebe^  nie 
sie  den  Frauen  und  Agoftteln  wirklich  vorgeschwebe  bat- 
CeAy  laehr  da«  visionäre  Gepräge  derjenigen  gehabt  habe« 
■flgoo ,  welelie  F^alot  auf  deM  Wege  necb  DeBmtktts  hmt- 
*te)  efiiMiiI  in  die  Tradition  enfgenoMien,  sieb  fennu^e  dee 
ajiologeUtchen  Bestrebens,  alleZueifel  an  der  Realirjit  der- 
•elben  absaicbneiden.  immer  mehr  consolidirfen.  von  «tum- 
anen  £Mheinnngen  sv  redenden  |'  von  geisterhefien  m  ct- 
eende  I ,  von  aiebtbnren'  mm  bendgreiflieben  wnrdenl 

liier  kehrt  sich  jedoch  ein  Unterschied  heraus,  \mU 
eber  den  Voi^aiiii  mit  Paulus  zur  Erklärung  jeuer  frohe- 
ren Ertebeinnnoen  mit  Einein  Meie  unbmnebbnr  mt^ 
eben  scbeinl.  Demi  Apostel  Penine  nteileh  wer  die 
Stellung,  dafs  Jesu^  auferstanden  und  mehreren  Personen 
encbienen  sei.  als  Glaube  der  Sekte,  die  er  «erfolete,  £e- 
g^beni  er  bette  sie  nur  noch  in  seine  Uberaengung'  «nnn- 
neluBen*  nnd  ^uneii  ^ie*  Pbantasie'  bis  nur  eigeneir  BirtmH^ 
rung  au  belebenj:  die  älteren  Jünger  hingegen  hatten  le- 
diglich den  Tod  ihres  Measias  als  Faktum  vor  sich^  die 
Ansieht  einer  Auferstehung  desselben  Ikonnten'  sie 
gendslier  nehmen^  sondern  niufsten  dieselbe,  naeK  niistfrer 
Vorstellung  von  der  Sache,  erst  produciren ;  eine  Aufga- 
boi  welche  über  alle  Vergleichung  hinaus  schuieriger  zu 
sein  eebeinl,  als  die,  welehe  sich  später  dem  Apostel  Pau« 
Ins  stellte»  Dm  liierttber  richtig  urtbellen  aii  kdnned^  mlOs« 
sen  wir  uns  noch  genauer  in  die  Lage  und  Stimmung  der 
Jünger  Jesu  nach  seinem  Tode  hineindenken.  Er  hatte 
während  seines  mehrjährigen  Zusaanienseins  mit  Ihnen  imn 
mer  mehr  und  entschi^'ener  dien  Eindruck  des  Ulesstne 
auf  sie  gemacht:  sein  Tod  aber,  den  sie  mit  ihren  Mes- 
siasbegriiTen  nicht  reimen  konnten,  hatte  diesen  Eiiubruck 
fttr  den  Augenblick  wieder  Ternichtet.  Wie  sich  noii,  uneb- 


Digitized  by  Googl 


I 


Viertes  Kapitel.  $• 

dem  Her  erste  Schrecken  vorüber  war,  der  frflhere  Kln- 
dnick  wieder  su  regen  begann:  entstand  in  ihnen  vonteiii<l 
da«  psyclioiogiiche  B^dürfnifs,  den  WidersprucJi  der  Jes« 
ten  Schicksale  Jesu  mit  ihrer  früheren  Ansicht  von  ihm 
aufzulösen,  in  ihren  Begriff  vom  Messias  das  Merkmal  des 
Leidens  und  Todes  mitaut'zunithmen.    Da  aber  Be^reilen 
bei  den  «Inden  jener  Zeit  eben  nur  biei«,  etwas  aus  den 
heiligen  Schriften  ableiten:  so  waren  sie  an  diese  geviie* 
sen,  ub  nicht  in  ihnen  vielleicht  Andrufungeit  eiiiv»  It^i- 
denden  und  sterbenden  Messias  sich  landen.  Dergleichen 
Andeatungen  mufsten  sieb  den  J  Ungern  Jesu^  welche  sie 
SU  finden  -wllnaehten,  so  frexd  auch  die  Idee  eines  solchen 
Messias  dem  A.  T.  ist,  dennoch  in  allen  denjeiti^t  n  poeti- 
schen und  prophetischen  Stellen  dai*bieten,  w eiche ,  wie 
Jes.  63)  Ps.  2t f  die  Männer  Gottes  als  ge|.lagt  und  ge- 
bengt bis  Bom  Tode  darstellten.'  Da»  Ist  es  auch,  wsh  LiV 
kas   als  das  Hanptgeschfift  des  anferstat  dt> neu  Je^us  lu-i 
seinen  Zusammenkünften  mit  den  Jüngern  Lfrausl.cbt,  du 's 
er  a^aftivog  ind  Miaoitag  xal  and  stdnm  ttuv  nQoqr^iun'^ 
dir^{>uflvevev  avttHg      naoaig  %tug  y^acpaTg  tu  n^^i  uviüj 
dafs  nämlich  tuvta  iöei  7iai}s7vtdv  X()ignv  (24,     t*.  44tf.j. 
Hatten  sie  auf  diese  Weise  iSchmach,  Leiiicn  und  Tod  ia 
ihre  Messiasidee  aufgenomitaen :  so  war  ihnen  der  schniaeb- 
Toii  getödtete  Jesus  nicht  verloren ,  sondern  geblieben ,  er 
war  durch  den  Tod  nur  in  seine  messianihche  Ou-u  einge- 
gangen (^Luc.  24,  26.)>  i'i  welcher  er. unsichtbar  mit  iiineu 
war  näaag  tag  ^/u^(w$9  ^f»fS         ovvttktiag  tö  aiwrog 
(Matth.  28,  SO«).   Aus  dieser  Herrlichkeit  aber,  in  welcher 
er  lebte,  wie  konnte  er  es  unterlassen,  den  Seini^^en  Kun- 
de von  sich  zu  geben?  und  wie  konnten  sir.  v^tiui  ihnen 
der  Sinn  für  die  bisher  verborgene  Lehre  der  hcitiift  vom 
sterbenden  Messiaa  aufgieng,  und  in  ungewohnter  Begei» 
.  Störung  ihre  xaQÖia  xuwfthTj  war  ( Luc.  24,  32.  j ,  umhin, 
diefs  als  £inwirjkung  ihres  verherrlichten  Christus  auf  bie, 
als  ein  von  ihn  ausgehendes  dicanAytiV  %w  tuv  CV.  45.),  ja 

411  ♦ 


Uiyiiized  by 


I 


Dritter  Abschnitt. 

«IS  aia  RtfVff"  mit  Ihnen  «ufsufiiMen  ?  wie  denkbar  end- 
Uk  iit  Mf  4iete  Einilracke  bisweileii  bei  EuiBeiiiea, 
HuMOiifllrh  FnMwa^  «nd  bei  gmiSM  Vwwhi^tm  bb 

sar  wirklichen  \U\on  sich  steigerten,  eine  BXhe  dee  froM- 
■Mfli  l^nthasiasiBus ,  weiche  auch  sonst  bei  religiösen  Ge- 
wilgtihefUi«  9  batoiiders  gedrfickten  und  yerfolgten  ,  von«» 
iLwmctn  pflegt.  Solite  aber  der  gelmMsigte  MessiM  wabr- 
h^ft  in  Hie  höchste  Form  des  seflgen  Lebens  eint^^egangen 
sein:  so  durfte  er  seinen  Leib  nicht  im  Grabe  gelassen 
hnlien^  «nd  wann  non  gerade  in  solciiea  A.  T.  liehen  Srrl« 
len,  weieba  aina  varbiidüalia  BaaiahMi^  auf  daa  Leiden  des 
Messias  Euliefsen,  sugleieh  die  Holfoang  sieh  anagespra- 
eben  fand;  izi  i»  ifxceialtiipui  «Jr  V^Z'J»'  i"«  «'V  f<^a> 
ddi  dtaattg  top  oatow  oh  Uu»  duup^Qav  (Ps.  16,  10.  A.  G. 
%  f7.);  SebiaabtbaalL  Gefübr- 

ten,  Get5dteten  und  Bagrabanan  naebber  naeb  ein  langfs 
Leben  verheifsen  war:  was  lag  den  Jüngern  nüher,  als 
Ibra  ^rfibare  Jftdiselia  Vorstellung,  o%t  6  Xqigog  ftivu  m 
aar  mmm  (Job.  11,  34.)»  die  ihnen  in  Tode  Jean  nntcr- 
gegangen  war,  dnrcb  Vemiltlang  das  Gadanbena  eiasr 
wirklichen  Wiederbelebung  des  GetöHreten  wiederherica« 
atwMefi|  md  swar,  da  es  nessianisches  Attribut  war,  eiuat 
die  Tadten  leibiieb  au  erweebeui  ihn  gieiebfaUa  In  Fora 
dar  aragaoig  in  daa  Leben  nnrOekbehren  an  laasan  ? 

Indefs,  wenn  doch  der  Leichnam  Jesu  an  einem  be- 
kannten Piatxe  beigesest  war,  nnd  an  diesem  (sofern  wir 
weder  einen  IMebstahi,  noch  eine  sniWige  Entfernung  des* 
selben  postnliren  mögen)  aufgesnebt  und  naebgewieMn 
werden  konnte ,  ist  es  schwer  zu  begreifen ,  wie  die  Jfla» 
gar  In  Jemsalen  selbst ,  and  nicht  volle  awei  Tage  nach 
der  Beerdigung,  meinen  nnd  anssagen  kannten,  Jesns  sei 
auferstanden ,  ahne  dnreb  den  Angensebeln  am  Grabe  sieb 
selbst  SU  widerlegen ,  und  von  ihren  Widersachern  (de- 
nen sie  freilich  erst  an  Pfingsten  etwas  von  der  Auferste- 
knag  Ihraa  Bfassiaa  eröffnet  sn  haben  scheinen);  widerlegt 


üiyiiized  by  Google 


Viersfrs  KiipileL  f.  136.  Ml 

WM  werden  ^').  Hier  Ut  et  nun,  wo  der  mit  Unreeht  sii- 
rttckgeneste  Bericht  des  ertten  Evmigelittnit  lösend  nnd  be- 
friedigend eintritt.    Auch  nach  diesem  Evangelium  erscheint  ^ 
«war  der  Auferitandene  einmal  noch  in  Jernsaleni ,  aber 
Dar  den  Weibern,  und  «o  «ehr  blofe  nnf  eine  folgende  Zu- 
oeniinenlLmfty  nnd  swnr  nof  flIierflOssige  Welse,  vorbereitend, 
dofs  schon  oben  diese  Erscheinung  bezweifelt,  und  nur  als  ei- 
ne spfitere  Umgestaltung  der  Sage  von  der  Engelserscheinangy 
welche  Mnttbine  .  neben  ihr  noch  nofonha,  liingettelll  wur- 
de ^^).   Die  Eine  Hanptertcbelnnng  Jeea  neeh  der  Anfer- 
stehiing  f^llt  bei  Matthäus  nach  (laliJfia,  wohin  ein  En- 
gel und  Jesni  selbst  am  iezten  Abend  seines  Lebens  und 
mm  Aufersiehangsmorgen'nnf  s  Angelegendiehste  verweisen, 
and  wollin  aneh  das  vierte  Evangellnni  Im  Kaeiitmg  eine 
^pavi(Hi>ots  des  Wiederbelebten  verlegt.  Dafs  sich  die  durch 
den  Schrecken  über  die  Hinrichtung  ihres  Messias  ver- 
sprengton Jünger  in  ihre  Ueisiath  GalUin  nnrieknogen, 
wo  sie  nicht,  wie  In  der  Baaptstadf  Jodln's,  dem  Sin  der 
Feinde  ihres  gekreuzigten  Christus ,  ndthig  hatten,  did  %ov 
q:6ßov  %LJV  ^Judaiw  die  Thüren  nn  verschliefsen ,  war  na-  ^ 
tflrllch;   hier  war  der  Ort,    wo  sie  niiaiAhllg  wieder 
freier  nnfathmon,  nhd  Ihr  damledefgeschlagener  Olaubo 
an  Jesum  sich  wieder  in  den  ersten  Regungen  erheben 
koiinte;  hier  aber  auch,  wo  kein  im  Grabe  nachzuweisen- 
der Lekhnnfli  die  liahnen  Voraossettnngen  widerlegte, 
lionnte  sieh  allafthlig  die  Vorstellnng  von  der  Aoferstehang 
Jesu  bilden,  nnd  bis  diese  Überzeugung  den  Muth  und  die 
Begeisterung  seitier  Anhänger  so  weit  gehoben  hatte,  dafs 
sie  es  wagten.  In  der  Hauptstadt  mit  derselben  aufEUtro» 
ten ,  war  es  nicht  mehr  mdglich,  durch  den  Leldinani 
sn  sich  selbst  au  überffihren,  oder  von  Andern  llberlllbrt 
nu  werden« 


9$)  Vgl«  FaiiaaicM ,  ia  BtamoaaN  lUbtletheli,  7,  S.  82S. 
24)  Vgl.  ScaMuiv*s  Bibl.  3,  8.  548. 


Digitized  by  Google 


Dritter  Abse'hnitr.  . 


Nnrh  Her  Apofitplfi^eschichte  rwur  «ind  die  Jffngrer  »difin 
AID  näch<fen  PfingsffoRf,  tieben  Wochen  nach  dem  Tode 
Jpi>a ,  mit  der  Verkflndigmig  seiner  Aofenttehang  in  Jem- 
Mileai  henrorifetreten ,  nnd  iinf  die  eigene  Übereeagonr  vom 
derselben  borelfs  am  zweiten  Morgen  nach  seiner  Grahle- 
gnngr,  durch  Erscheinungen  ^  die  sie  hatfen,  gekomneii. 
Allein  wie  lange  wird  es  noch  enstehen,  bis  die  Art,  wie 
die  A.  O.  den  ersten  RerrorCritt  der  Jflneer  Jesu  mit 
VprUiindIgung  der  neoen  Lehre  gerade  auf  das  Fest  der 
Verkündigung  des  alten  Gesetzes  verlegt,  als  eine  solche 
erkannt  wird .  welche  iediglich  aaf  degnaHflchem  Grunde 
ruht ,   mithin  historisch  werthlos ,  uns  auf  keine  Weise 
bindet,  jene  ZoU  der  stillen   Vorbereitoner  in  GalilaA  so 
knr«  En  setzen?  Was  aber  das  Andere  betrifft  —  wenn 
•leb  aueh  die  Stimmung  der  Jünger  erst  nmsh  Verflnfs  eini- 
ger Zeit  bis.  Bu  der  Höhe  erheben  hatte ,  welche  dam  ge- 
hörte, dafs  dieser  oder  jener  Einzelne  und  <rnnze  bes^ei- 
•terte  Versa mmtungen  den.  erstandenen  Christus  sich  auf« 
▼islonXre  Weise  rergegenwXrtigten :  so  mufste  mau  sicli 
doch  denken,   daP«  er,  xa^^nri  ix  f(y  Simtrnr  tefutrfTtf^h» 
ftSrnv  V!tn  th  f^r^vr^ra  QA.  G.  %,  24.)-   nur  t'iry.e  Zeit  im 
Grabe  cngebrac'it  habe.    Zur  nüheren  Bestimmung  diV^e^ 
Zeitraums  y  wenn*  man  sich  nleht  damit  beirnfigen  will,  daf« 
dle^solenie  Drei'  iM  von  Tagen  am  nUchsten  !a^,  mochte 
sie*' ,   nrmsr  CS  n  i'i  hi<torI*?ch   sein  oder  niolif.  dnC«?  Je<!iis 
•Ol  Abend         »»Inem  Sabbat  begraben  wor  Ion ,  dio  Vor- 
'  ««c**  '«vg  btetem«  dafs  er  Im  Grab  nur  eine  Sabbatruhe  fgb* 
halfen  habe,  alei  rro'ot  Tooirr}  trafUforrtfv  auferstanden  sei, 
Was  mit  der  m  iden  Zahl  von  drei  Ta^en  durch  die  be- 
eiymle  Z^hipng  reretnigt  werden  konAt^  ' 

S5)  l«t  elvrt  auch  ier  dreitägige  Aufenlhalt  des  Jonas  im  Wali- 
fitek  Toa  Kitiftu«!  auf  diese  Xcitbcslimmung  gewesen  ,  wcl- 
cker  frelltok  aiur  in  Einem  ETangeUum  in  Beziehung  mit  dr^- 
seilMa  geieU  wird?  nad  die,  Ubrifses  im  ^.  T.  gar  ak^t 


uiyitized  by  Google 


MS 


Hütte  «ieh  muf  dtew  Webe  die  VontellaRg  efawp  Auf- 
erstehung Jesu  gebildet,  so  konnte  liieFe  nicht  so  einfach 
Yor  sich  gegangen  »ein  ,  sondern  laufste  mit  allem  Geprüft*  . 
ge,  welcliM  dib  jadis«h#  V^omteUci^g^cii«  bot,  nmgebea 
and  verherrlieht  werden«  Der  HeoptBiermChi  weieher  im 
diesem  Behuf  eu  Gebote  stand,  waren  Engel:  diese  mofs- 
ten  daher  da«  Grab  Jesu  eröffnet,  nachdem  er  hervorge- 
•tlegen  war  |  an  der  leeren  ^  Stfftte  Wache  gehaiten ,  mid 
den  Weibern  9  welche  »'  gleiehaam  alt  der  beweglichere 
Vortrab  der  AnhängeriKfhaft  Jesu,  nnd  weil  ohne  Zweifel 
Weiber  die  ersten  Visionen  gehabt  hatten ,  cuerst  aum 
Grabe  gehen  anraten,  %'on  dem  Vorgefallenen  Nachricht 
gegeben  haben«  J)a  es  Gälillla  war,  wo  ihnen  aplter  Je- 
ans erechlen ,  so  wurde  die  Reise  der  Jünger  dabin ,  wei- 
che nichts  Anderes,  als  ihre  durch  Furcht  beschleunigte 
Rückkehr  in  die  Ueimath  war^  Ton  der  Weianng  eines 
£ngela  abgeleliet,  ja  ^een«  eelbat  nnfato  aclion  Yor  «einem 
Todoi  nnd ,  wie  ^atttifius  gar  an  eifrig  hinauf <igt ,  auch 
nach  der  Auferstehung  noch  einmal,  die  Jünger  dahin  ge- 
wiesen haben.  Je  weiter  sich  aber  diese  Craählumron  in 
der  Uberliefemng  fortpflansten ,  desto  mehr  antäte  die 
Vertchiedenheir  der  Loltalität  der  Anferstehung  selbst  nnd 
der  Erscheinungen  des  Auferstandenen  als  unbequem  ver- 
schwinden ^  nnd|  da  die  Ot'tlichkeit  des  Todes  nnd  der 
Anferstehnng  festetandy  die  firscheinungeh  aliaählig  in 
diesellie  Loltalitlt  att  der  Anferstehnng,  nach  JerosaleB| 
Tcrlegt  werden,  welches  als  der  glänzendere  Schauplae  und 
als  Sic  der  erstien  christlichen  Gemeinde  besonders  daan 
geeignet  war« 

%  ■  •  •  •  • 

■     ■        Uli  ' 

beaiUte»  Stella»  Hos.  ^  1»  LXX  :|^«Vt»  |/rif  fmm  4^  hi^- 
nier  mhi-l  . 


.     V.,  • 


Oigitized  by 


IM4  Dritter  Abiohnitt.  ■ 

t 

* 

Die  Himmelfahrt.  . 


'  S.  137. 

Die  leitem  AMfdmiefeii  ued  Vetiieittvigeii  Jet«. 

Bei  der '  lesten  ZosMieenkanft  mit  nbim  Jüngeriiy 
welche  iieeh  Merkot  und  Lnkee  mit  der'HimnelMifft 

•chloFs,  lassen  die  drei  ersten  Evangelisten  (der  vierte  liiit 
etwae  Ähnliches  schon  bei  der  .ersten  Zusammenkonft)  Je- 
Mm  lesiwillige  Verordnungen  ond  V^rhebtnnfei^  g^beni^ 
welche  sieh  anf  die  Stiftung  und  Vierbrettnng  dec  messla* 
ntschen  Reichs  auf  Erden  besogen.  —  Was  die  Verord- 
nungen betrilR,  so  ernennt  bei  Lnkas,  24,  47.  f.  A.  G.  1, 
&)  Jeitti  eeheldend  eelno  Jdnger  so  Zßogtn  eelfier  Met* 
•Innttlty  nnä  jkeauftpagt  sie,  von  Jerusalem  an  bis  an  diu 
Enden  der  Erde  In  seinem  Namen  ittsrdvotctv  xat  ufpeaiv 
afia^ruh  sn  rerkrindigen.  Bei  Markus  (16,  15.  f.)  weist 
er  «tu  ai^i^  in  alle  Welt  antsngelieny  und  die  frohe  Bo^ 
■ohaft  des  4nreh  Ihn  gesCifleCen  Meinfaeretehe  aller  Creu> 
tur  Bu  bringen  ;  wer  glaube  und  sich  taufen  lasse,  wer- 
jd&  gerettet,  wer  aber  nicht  glaobey  (im  bevorstehenden 
m*»«^lanlsehea  Guriehft)  remriheile.werdeii.  Bei  Matth««« 
(IH,  10.f,>  werden  die  Jflnger  ebenfalls  beaufitragt,  mryfo 
ta  Sfhij  SU  SchQlern  Jesu  sa  machen  ,  und  dabei  wird  die 
Teufe  nicht  blofs  beiläufig',  wie  bei  Markus ,  erwfthnt,  son* 
dfim  uls  mMdrflokiiehe  Vererdnuni^  Jesu  herrt>rgohobeHf 
md  nook  dami  ule  Twh  tlg  ri  tSpöfia  vi  wvqog  mi  fS 
rflö  xai  fa  ayla  Ttnvjuctrog  nfiher  bestimmt. 

Wun  hiebe!  der  unirersellen  Tendenu,  welche  Jesus 
n^BT  Tinfo  «nd  aetnem  Roloka  gefeben  haben  aoü,  Im 


Digitized  by  Googl« 


/ 


Fttntiet  Kapilel.  ^.  117.  Mft 

WetfF  stehty  and  wie  sie  Umltirt  werden  miiOi,  Ut  tcheii 
frnher  beMerkHeh  gemaehl  worden  >>  Aber  «neb  der  imlesl 

angegebenen  nffheren  Besh'mmnnar  der  Taiifo  steht  das  ent- 
gegen, dnCa  sie  im  gansen  N,  T.  einsig  in  der  angenihr- 
ten  Stelie  des  ersten  Erengelinms  ansatreffen  Ist,  wftfafrend  )l  ... 
In  den  apoetolisehen  Briefen  and  der  A*  6.  die  Tanf»  nur  ab  ^4 1  t 
ßccTtil^ftv  eig  Xqicov  ^[rauv  oder  flq  to  ovofia  tu  KvQia 
^Tr^au  und  auf  fihnliche  Weise  bezeichnet  wird  (A.  6.  2, 
38.  8,  16.  10,  48.  19,  5.    R5m.  6,  S.   GaK      STOt  «nd 
erat  bei  Kirchenschriftstellem,  wie  Jattfn  ')f  dieselbe  drei- 
faehe  Beslebong  auf  Gott , ''Jesoni  nnd  den  Geist  rfeb 
findet.     Auch  lautet  die  Formel  bei  MatthXos  schon  so 
gans  wie  aus  dem  kircliÜchen  Ritnal ,  dafs  es  niebt  wenig 
Wabrseheinliebfcelt  bal^  sie  ans  dietea  in  Jesn  Mand 
übergetragen  so  denben.    Defswegen  aber  diese  Stelle  als 
Interpolation  aas  dem  Text  an  werfen         ist  man  nicht 
bereclitigt,  da,  wenn  man  Alles  dasjenige  in  den  fivange* 
tien,  was  Jeao  nieht  begegnet  ^  Ton  Ihm  nieht  ao  gethan 
vnd  gesprooben  sein  bann ,  filr  eingescboben  erbltren  well» 
te,    der  Interpolationen  leicht  zu   viele  werden  dürften« 
Insofern  ist  mit  Recht  von  Anderen  die  Ächtheit  der  Tauf- 
JPoraiel  vertlieidlgt  worden       aber  Indem  ihre  Grande  für 
die  Behaoptnng,  dieselbe  aei  aehon  Ton  Jean  aelbat  anf 
diese  Weise  vorgetragen  worden,  nicht  ausreichen:  ver- 
einigen sich  beide  Ansichten  in  der  dritten,  dafs  diese  nü* 
bere  Beatimmnng  der  Taufe  «war  dem  ursprftngiiehen  Coa^ 
text  ilea  ersten  fivarigellnms'angebtfre,  ebne  Jedoeh  sehen 
TOB  Jesa  so  vorgetragen  worden  an  sein«   Überhaupt  ^  sei  • 


1)  Bd.  1.  64. 

2)  Apol.  I,  6i« 

S}  Wie  TiLUR,  im  OMors«  2«  ad  Burnett  L  de  fide  et  oiBc« 
Chntt.  p.  S62. 

4)  Die  Schrill  von  Baeaam,  Ober  die  Xchtheil  der  sog.  Tsol- 
iennety  I794|  luid  allgsmslne  gwstlawmng« 


uiyitized  by  Google 


MI 


ft^  AA  bat  das  Herten  Svenfriivne  dim  Jingw  eefcew 

Lebeeitea  Jesu  Uttften ,  oder  daft  sie  eret  mieli  eeltieai  T«J 

diesen  Ritus  xiim  Zeichen  der  AufnAhnie  in  die  neue  ine«- 
eiMiieclie  GenelUcluift  amchten:  Jedenfiill«  w«r  et  |^«nx  im 
der  Art  der  SSage  ^  die  Anwebung  des« ,  wie  stifli  Att- 
gang  tu  alle  Weit,  dem  aelieideiiden  Chrietiie  ele  lesle 

WiilenserkUrung  in  den  Mund  zu  legen. 

Die  Verheissungen ,  weiche  Jesus  scheidend  den  Seip 
idlgien  giebt,  Kieeebrinlien  eij(h  l»ei  MatthXaa^  wo  eie 
eehliefilich  an  die  Kilfe  gerichtet  sind,  etnfaeli  darauf,  daft 
er,  dem  nU  Messias  nlle  Gewalt  im  Himmel  und  auf  Er- 
den übertragen  worden,  auch  wälirend  des  gegenwärtigen 
abiv  immer  uneiehtbar  bei  ihnen  sei ,  bis  er  mit  der  atmi- 
Itia  desseilien  in  liestftndige  sichtbare  Gemeinschaft  mit  Sli- 
nen  treten  werde:  ganz  der  Ausdruck  des  BewuTstseins 
wie  es  sich  nach  Ausgleichung  der  Schwankungen  ,  welche 
der  Ted  Jesu  erregt  imtte,  in  der  ersten  Gemeinde  bil- 
dete» —  Bei  Marlins  erscheinen  die  leeten  ^erheissungen 
Jesu  ans  der  Volksmeinung  genommen ,  wie  sie  zur  Zeit 
der  Abfassung  dieses  i^vangeiinms  über  die  wunderbarea 
Gaben  der  Christen  gangbar  war.  Von  den  m^fuSoig^  wel- 
ehe  den  Gliubigen  dberhaopt  hier  rerheifsen  sind ,  mag 
das  laleJv  yh  )aauig  xaivalg  im  Sinne  von  I  Kor.  J4.,  nur 
Aiicbt  In  dem  bereits  mythischen  von  A.  G.  2.  in  der 
ersten  {Bemeinde  wirliiieh  vorgekommen  sein,  ebenso  das 
imftovut  itßakXjfiv,  nnd  auch  dafs  Kranke  durch  den.  Glan- 
ben an  die  Kraft  der  tniO^iatg  xfiQiTiv  eines  Christen  gena- 
sen,  Ififst  sich  auf  natürliche  Weise  denken:  dagegen  hat 
das  o^jisi^  ^ÜQU^  (vgl.  Lue«  10|  19»)  und  der  Genufs  tödiit* 
efter  Getrinke^-  ohne  Sehaden  sn  nehmen,  wohl  fmsMr  mm 
in  der  abergliiabischen  Volksmeinung  eine  Steile  gehabt, 
•nd  am  wenigsten  hätte  Jesus  auf  dergieioben  Dinge  alt 

S>  Vgl.  Bavk,  ia  der  TüMager  Zeitschrift  Ittr  Theologie ,  Jähr 
gang  iSSO,  2,  S.  75  ff. 


üiyiiized  by  Google 


FOnfte«  KüpiteJ.       137.  tgl 

Zeichen  »einer  Jüngergchaft  enipn  Werfh  gclej^t.  —  Bei 
Lukas  Ut  der  Gegenstand  der  legten  Verhei^suHg  «fe«i  dif 
dvrafttg  «|  üy^t  weiche  er,  geiRäfs  di*r  imty/tUa  tS 
natQog,  den  Aposteln  tehioken^  mid  deren  Mlfth^nni» 
sie  IM  JerusAlem  abwarten  sollten  f24,  49.)>  und  A.  G.  1- 
5.  IT.  beKtimmt  Jesus  diese  Kraftmiteheiiung  näher  als  eine 
Teofe  mit  dem  mevfra  SyiOTf  welche  nach  wenigen  Tegeo 
den  Jfingern  sn  Tbeil  werden ,  nnd  sie  nnr  Verkllndlt/ung 
des  £vnn£reliuuis  befähigen  werde.  - —  Mit  diesen  Stollen 
des  Lukas )  welche  die  Mitrheilung  des  heiligen  (•cIst/*<<  ui 
die  Tage  nach  der  Himmelfahrt  eetsen,  scheint  die  ]iaeJv> 
riebt  des  vierten  £vaiigelittms-  Im  Widerspruch  sv  stehen, 
dafs  Jes!i8  schon  in  den  Tagen  seiner  Aufersfohang ,  und 
Itwar  bei  der  ersten  Erscheinung  im  Kreise  der  Eilfe,  ih- 
nen den  heiligen  Geist  mitgeth'eilt  hsbe^  Jeh.  ^ 
lesen  wir  nAmlich,  dafs  Jesns,  bei  verschlessenen  ThOren 
erscheinend,  die  Jünger  an^ebfasrn  und  ^espiochen  habe: 
Xd^$%e  nvtif^ta  üyiov^  womit  er  dio  Befuguili^,  SSilndeA  av 
erlasien  nnd  su  behalten,  verbunden  imbe» 

Hatte  man  ttber  die  Mittheiln ng  des  nmftm  blels  «IlfMe 
Stelle,  so  würde  jedermann  glauben  ,  die  JOnger  haben 
es  schon,  damals  von  dem  persönlich  gegcnwürtigen  Jesus, 
nnd  nicht  erst  später  nach  seiner  Erhebang  aum  lümoMl, 
mltgetheiit  beliommen*  Aber  In  barmonlstisehem  Interee^s 
hat  schon  Theodor  von  Mopsvestia ,  wie  Jest  Troluck  ,  ge- 
schlossen, das  ld߀te  bei  Johannes  müsse  inderBeden- 
tnng  von  hjiffta^e  genommen  werden^  weil  ja  nach  Lukas 
der  heilige  Geist  den  Jüngern  erst  «|>iter,  am  f  fiiigttftat^ 
mitgethdlt  worden  seL  Allein,  wie  wenn  er  einer  selchen 
Verdrehung  vorbeugen  wölke,  fi'igt  der  johanneische  Jesus 
seinen  Worten  die  sinnbildliche  Handlang  jdes.  Anbandet 
-  hlnmi)  Welche  aufs  UnTerkennberste  das  läfißaniv  das 
nnvfia  eie  «in  gegenwirtiges  darsüHt        Dfo  Annleger 


6)  Löcas,  Cooun.  s.  Job.  2,  S.  686. 


Digitized  by  Google 


MB  Driller  Abicliiiiic 

freilleh  wissen  anch  dieses  Anblasen  so  eladiren ,  indem 
•ie  ihm  den  Sinn  unterlegen:  so  gewifs  sie  Jesoa  Jesl  ao- 
fcMMlM,  ao  gewila  aellen  aia  künftig  den  heiligen  6elat  he- 
kommmt  Allein  daa  Anhlaaen  ist  ehen  ao  entaeUe» 

«den  Symbol  einer  gegenwärtigen  Mittheilung,  als  die  Hand- 

"autlegung,  and  wie  also  diejenigen^  anf  welche  die  ApcMlsl 
die  flinde  legten,  auf  der  Stalle  voai  nnSfia  erfBllt  wvnlan: 
ao  anA  aieh  dleaer  Stelle  snfolge  der  Verfasaerdea  yiertaa 
JBTangellums  gedacht  haben,  die  Apostel  haben  eben  damaU 
Ton  Jesu  den  Geist  mitgetheilt  bekommen.  Um  nnn  weder 
gogon  den  klaren  Sinn  dea  ^ohannea  lengnen  wn  müasea, 
dafa  wirklieh  aehon  naoh  der  Auferatehong  eine  GelalN-  , 
mitthellung  an  die  Jünger  stattgefunden  |    noch  auch  mit 

.  JLnkaa  in  Widersprach  an  kommen,  welcher'  dte  Aosgies-  j 
mng  dea  Heiataa  apätor  aest  t  nehmen  Jeat  die  Analagw 
gewMinlieh  Beidea  an,  dalk  aowohl  daauda  ala  apitor  dea 
Aposteln  nvBv^a  verliehen,  die  frühere  Mittheilong  am 
Pfingstfest  nur  vermehrt  und  vollendet  worden  seL  *)  Oder 
nAhoTi  indem  aehon  Blattti.  ltt,10.  von  dem  miev/<a  w  tmfof 
die  Rede  lal,  wolchea  die  Apostel  hei  ihrer  eraton  Mlesiaa^ 
reise  unterätüteen  sollte:  so  wird  angenommen,  einige  ho-  I 
here  Kraft  haben  aie  aehon  vor  Jener  Reise,  bei  Lebaeitea 
Jean,  hokommen;  Uer,  naeh  der  Anferatehnng,  habe  ar 
Ihnen  dioM  Kraft  erhöht  ;  die  gomo  Falle  dea  Geiatoa  aber 
ael  erst  am  Pfingstfest  Ober  sie  ausgegossen  worden  ^ 
Aber  was  nun  die  Unterschiede  dieser  Stufen  gewesen  seien^ 
«nd  worin  namentlieh  die  dielämallge  Vermehrung  der  Geitlei- 
gahoa  bestanden  haben  aolle,  lat,  wie  sahen  HicMAiua  le> 
Merkt  hat,  nieht  abaasehen.  War  den  Aposteln  das  o^ 
atemal  die  Wnnderkraft  (Matth.  10,  1.  8.)  nebst  der  Gab« 
der  Parrhoaio  ror  Gerieht  CV«  20.)  mitgetheilt  worden,  sa 

7)  Lisss,  AaferstahoogsgeschiclMla,  f^.  »ii  HmaVa,  a.  d.  8t. 
«  0)  LOoai,  687. 

8)  s«  hei  BlicNABus,  BegrVbniss-  «ad  Aaferstehnagsgascbldrts, 
S.  J68«  OuBSVSaa,  2* 


Digitized  by  Google 


Fünftem  KilpiteL   S- .137«  H» 

könnte  es  nur  etwa  noch  die  richtigere  Einsicht  In  die 
Geistigkeit  seines.  Reichs  gewesen  sein,  um  ihnen  Jesne 
dnreh  das  Anblaeen  verlieh :  «Hein  diete  Junten  sie  Ja  nn» 
mittelbar  yer  der  HlmmelfHhrc  noeh  nichts  wo  sie  nach 
A.  6.  1,  0.  fragten,  ob  mit  der  Geistesmittheilung  in  den 
nächsten  Tagen  die  Wiederherstellnng.  des  Reichs  Israel 
Terbnndea  fein  werde  I  ^inial  man  aber  an  j  nicht  nene 
Vermögen  seien  den  J tingern  bei  Jeder  folgenden  Iveittee- 
mittheilung  verliehen,  sondern  das  mit  allen  Vermögen  schon 
in  ihnen  Vorhandene  nur  erhöht  wurden:  so  mui's  es  doch 
.  anffalleiiy  dafe  kein  Kvangellat  neben  einer  .fraberen  Blil» 
thellung  noeh  einer  epileren  Vernehrung  gedenke,  ton* 
dern,  ausser  einer  beiläufigen  Erwähnung  des  apologetischen 
nrtvfia  bei  Lukas  (12,  12.),  welche,  weil  fi^  hier  nich^ 
wie  bei  Matthänfi  mit  einer  Anttendanf  rasaaunenbängti 
nor  alt  Hinweliung  auf  die  Zeil  naeh  der  tpSteren  Ane*^ 
giefsung  des  Geistes  erscheinen  kann ,  gedenkt  jeder  hlofs 
£iner  solchen ,  und  läfst  diese  die  erste  und  ieste  sein  t 
mmm  deutlieben  Beweis ,  dafs  jene  Zusaauieneleliung  dreier 
derselben,  als  versebiedener  Stufen,  nur  durch  das  bar* 
Mnlstlsche  Bestreben  in  die  Urkunden  hineingetragen  ist. 

Drei  verschiedene  Ansichten  also  über  die  MittheiJung 
des  trHVfia  an  die  Jünger  Jesu  finden  sich  im  N.  1\,  wel- 
ehe  In  uweifaeber  Hinsiebl  einen  Kllnuis  bilden.  Oer  Zek 
nach  niaüleh  seat  M attbius  die  Mitthrflung  am  frflhsten : 
noeb  in  die  Periode  des  natürlichen  Lebens  Jesu ;  Lukas 
am  spätesten  :  in  die  Zelt  nach  seinem  völligen  Abschied 
von  der  Erde;  Jobannes  in  eine  mittlere  Zeit:  In  die  Tage 
der  Auferstebang.  Die  Fassung  des  Faktums  dieser  Mll» 
thellung  aber  ist  bei  Matthfius  die  einfachste,  am  wenig« 
aten  sinnliche,  indem  er  keinen  hesondem  und  äosseriicb 
ansebaulieben  Mittbellungsakt  bat;  Jobannes  bat  bereits 
einen  solchen  In  der  Handlung  des  Anblasens;  bei  Lukas 
in  der  A.  G.  ist  das  sanfte  Anhauchen  aum  heftigen  Stur- 
me geworden,  der  das  Raus  bewegt,  und  mit  welchem 


Digitized  by  Google 


•7«  '  Dritter  'Abtehnitt 

ilehf  iHieh  niiilore  nvsnderlMire  ErMheinongen  verbinden. 
Yen  flietrii  bellen  Scafenveihen  steht  die  eine  snr  fiUtori* 

sehen  Wahrscheinlichkeit  in  amgekehrtem  Verh/iltniftf  als 
die  andere.    Dnfs  so  frOh  ^  wie  Matthfios  berichtet ,  des 
ffFft^ttf  welches )  Abernetllrlich  oder  netfirlieb  gefiirsl, 
doch  Inmep  die  begeisternde  Kreffc  des  ehrlstllch  modlli- 
cirten  Metuiiaiiii»mu8  ist,  den  Anh^ingern  Jesu  zu  Theil  ge- 
worden sei  9  wir<l  durch  seine  eigene  weitere  Dnrsrellang 
'widerlegt,  leut  welcher  sie  eben  Jene  christliche  Modlfiee- 
tioii ,  das  Moment  des  Leidens  und  Todes  im  Begriff  des 
Messias )    noch  hinge  nacli  jener  Aussendung  I^latth.  10. 
sieht  begriffen  hatten ,  und, da  Jene  Instrukiionsrede  nueh 
sonst  Bestandtheile  enthilJtj  welche  erst  anf  spfttere  Zelten 
und  VerhfilrnUite  fNissen,  so  kann  leicht  auch  die  fragliche 
Verheifäung  ans  dein  späteren  Erfolg  in  jene  frühe  Zeit 
Burllekgetmgen  sein.    Erst  nach  dem  Tod  und  der  Auf- 
erstehung Jesu  lüfst  sieh  die  Entwicklung  de!<sen ,  was  das 
N*  T«  das  nvfviiu  aytov  nennt,  In  den  Jüngern  denken, 
und  insofern  steht  die  johaiineische  Darstellung  der  \\  ahr- 
heit.n&her«  als  die  des  Matthäus;  doch|  da  gewlfs  nicht 
'schon  Bwel  Tage  nach  dem  Kreuaestode  Jesu  der  Im  vori- 
gen       beschriebene  Umschwung  in  der  Stimmung  seiner 
Anhänger  erfolgt  war,  so  trifft  auch  der  Bericht  des  Jo- 
hannes die  Wahrheit  nicht  so  nabe^  wie  der  des  LokaS| 
welcher  doch  wenigstens  50  Tage  cur  Ausbildung  der 
neuen  Ansichten  in  den  Jüngern  Frist  giebt.  -  Umgekehrt 
stellen  sich  die  KraAhlungen  zur  geschichtliehen  Wahrheit 
durch  den  andern  Klimaz*    Denn  Je  sinnlicher  uns  dis 
Mlttheiluiig  euier  geistigen  Kraft ,  Je  mlraknldser  die  Aus- 
bildung einer  Stimmung,  welche  auf  natffrliehe  Welse  ent- 
stehen  konnte,  je  moroentauer  eiuilich  die  Entt»tehung  ei- 
ner Tfichtigkeit,   welche  nur  ailmählig  sich  ausgebildet 
haben  kanU)  dargestellt  Ist:  desto  weiter  liegt  eine  solehs 
Darstellung  von  der  Wahrheit  ab,  und  in  dieser  Hinsicht 
Stünde  ihr  also  Matthäus  am  aächwteu^  Lukas  am  entfern- 


Digitized  by  Google 


fftlcfk  ErkeiiiMii  Wh»  mMüt  ki  dcrDuntcMoiif  di»  IcaMMi 
«Ife  «n  weitesten  fbrtgesehrttltoiiefrriNKtioti)  »olmin  esWui^ 

der  nehmen,  wie  hienach  die  Überlieferung  in  entgrgeii^e- 
Bester  WeUe  gewirkt  haben  mfilete:  in  Besug  auf  die  ße» 
ittnniiing  iler  Art  and  Fom  Jentt*  Mltdieikinf  von  der 
WnMiett  entfernend ,  In  Betreff  der  Zekbettimninng  «ber 
den  Richtigen  annähernd.  Doch  dleft  erkllirt  sich,  sobald 
van  bemerkt  ,  dafs  auch  sn  den  Änderungen  in  der  Zeii- 
bettlinniillig  die  Tmditlon  nieht  doreh  kritieehee  Fererken 
naeh  Wahrheit ,  weichet  freiJich  an  ihr  befremden  inOfiite, 
sondern  durch  dieselbe  Tendenz,  jene  Mittheilung  aU  ein- 
selnen  Wunderakt  binsustellen ,  verleitet  wurde,  wie  wm 
der  andern  Abindemng.  Seilte  ntollek  Jeeoe  diireli  ei- 
nen besondem  Alit  seinen  JOngem  das  nvevfia  verliehen 
haben:  so  mufste  es  angemessen  erscheinen^  diesen  Aktj  in 
den  Stand  seiner  Verberrlichnng',  d.  h.  alao  entweder  mit  Je» 
bannet  In  die  Zeh  naeh  der  Anlkratehung,  eder  noeli  bes- 
ser mit  Lnkat  aveb'  noch  naeh  der  Himmelfahrt  ku  ver- 
setzen,  wie  ja  das  vierte  Evangelium  aosdrücküch  bemerkt^ 
SU'  Jesu  Lebseiten  habe  es  noch  kein'  rnivpa  äytw  g«gB* 
ben  9  on  ^ir^dSg  "idima  idoSuaSr^  (7,  Z9). 

Diese  Fassung  der  Ansicht  des  vierten  Evangeliums 
ttber  die  Mittheilung  des  Geistes  an  die  Jünger  bewährt 
sieh'  als  dbo  richtige  noch  dadurch ,  dait  sie  auf  eine  ftü* 
her  nnenttclileden.  gelassene  Dünkelheil  in  dietem  Evange« 
lltfv  ein  unerwartetes  Licht  EnrOckwirft.    In  den  Abschieds« 
reden  Jesu  nämlich  konnta  der  Streit  nicht  geschlichtet 
werden,  ob  das,  wai  Jetut  dort  von  teiner  Wiederkunft 
tagt,  auf  die  Tage  seiner  Auferstehung,  oder  auf  die  Ans« 
giefsung  des  Geistes  ku  beziehen  sei,  weil  für  das  Erstere 
die  Beschreibung  jener  Wiederkunft  als  eines  Wiederse- 
hens, fttr  das  Lästere  die  Bemerkung,  dalt  sie  in  Jeuer 
Zeit  ihn  nichts  mehr  fragen,  ihn  gans  verstehen  würden,  gleich 
entscheidend  su  sprechen  schien:  ein  ZMiespalt,  der  nufs 
Erwünschteste  geschlichtet  ist,  wenn  nach  der  Ansicht  des 


Oigitized  by 


f7S  Dritter  AbaebiiitU 

Aafeveaten  di«  GelstesnUtheilang  in  die  Tage  der  Anfer- 
«tebang  i«L  ZmiHditt  swar  sciüte  maii  freilich  deiOie«| 
4foM  Mlftthellnng,  mmI  nit  datMilm  M  Joluuum  dit 
fttrinliche  Ernennung  der  Jdnger  so  seinen  Abgesandteii 
und  die  Ertheilung  der  Vollmacht  zur  Vergebnng  und  Be- 
Utang  der  Sttoden  verbunden  ist  (vgl.  Matth.  18 , 
jBöge  sieh  eher  an  den  Sehials ,  de  iBr  den  Ai^eag  der 
Erscheinungen  des  Auferstandenen ,  and  In  rine  Pleneiw 
veVsanuttiung  der  Apostel  eher^  als  In  eine,  wo  Thomas 
«iildte)  geeignet  haben;  allein  deswegen  mit  OLSHAoau 
«nsunehnen,  der  fi¥engeÜtt  hinge  nur  der  Kttme  wegen 
die  Geistesinittheilu ng  gleich  der  ersten  Ersehebiong  an, 
führend  sie  eigentlich  in  eine  splitere  Zufiammenkunft  ge- 
jMire»  Ueibt  iaioier  eine  a%erla|ibte  Wiilkühr,  statt  deren 
.num  Tlelaiehr  anerhenneii  Binlef  dab  der  Vei^frsser  des 
vierten  Evangeliums  diese  erste  Erscheinung  Jesu  als 
die  Hanpterscheiunngt  die  nach  acht  Tagen  nur  als  eine 
.Maehhelnng  nn  Onntten  des  TbeoMt  angesehen  liat.  Dia 
Knehelnttng  Kap.  tU  Itl  ehnehln  eitt  JNaehtragi  .der  de« 
Verfasser,  als  er  das  Evangeliam  schrieb,  entweder  neeh 
nicht  K»ekannt|  oder  doch  nicht  gegenwärtig  war. 

IHe  sogeasaate  Himmelfsbrl  als  libemstttrllches  uad  sIs  na- 

tUrüchei  Ereigniss. 

Über  die  Himmelfahrt  Jesu  haben  wir  im  N.  T.  drei 
Berichte ,  welche  In  Uinaleht  der  AnefiDhrllehhelt  nnd  Ai^ 
schanliclikeit  eine  Sfufenreihe  bilden.  Markus,  in  seinem 
leaten  Abschnitt  Uberhaupt  sehr  kurs  und  abgebrochen, 
aagt  aar,  nachdem  Jesne  anm  leatenmai  eilt  seinen  dfln* 
gern  gesprochen  hatte,  sei  er  In  den  HlB»el  aufgehoben 
worden  iunhlqi/t;^  und  habe  sich  zur  Rechten  Gottes  ge- 
•eat  (16,  lU.).  Kaum  anschaulicher  heifst  e^  im  Lukas- 
•fangeUum:  Jesus  liabe  seine  Jüii^er  s^'m  ß^i^tmair 
.  hinaaigefiBhrt,  nnd  wAhrend  er  himr  alt  aufgehobenen 


Digitized  by  Googl 


Ftanftes  Kapitel,   i.  138,  «673 

Hilnden  ihnen  den  Segen  ertheilte,  habe  er  sich  von  ihnen 
entfernt  C^egj;),  und  sei  enm  Himmel  erhobenivoi'den  («yt* 
'^infniiif  ^0  JttMfAr  »nbtteml  *  nicdtrfifliüaii  ^  will 
•ofeirt  ttit*fVmi4leii  "nüA  imvmihm  «mgefeeNrl!  Mhii 
50  i)'.)*  Eingang  det*  Apostelgeschiehte  f&hrt  diefs  Lu- 
•käs  weiter  nus.  Auf  dem  Oiberg,  w0  J^tus  seinen  Jttt|* 
g«ni  dto  liMt«ni  «BefeMe'  uhd^  Verh^aiMiilgm4j[«b)«9foiMb  ür 
▼tfr  ihren  *Aiigeft  nnfgehohm  iinr;ff9fjy  \  ' 
nahm  ihn  auf,  die  ihn  ihren  Blicken  entzog.  Die  Jünger 
schauten  ihm  nach,  wie  er  auf  de^  Wolke  iir  tieh  sUimmai 
hinein  aieh  eniferntoi  'da'  MmdeH  unri^  UftfiMif  i  ih 

welfeen  CtowMnderti  bbllhiAn,  nndr  bratfeWtev^^al^  »voin  IUmb 
Ntiehsehen  durch  die  Versioherang  ah,  -dafs  der  ihnen 
entnommene  Jesus  auf  dieselbe  Weise^  ^ivieier*  aoikiien  im 
«den  HteiBiei  sieh  eriiobeny  ^wieder  i^in^lliBnel« J«M|p»if 

(1^  1— 12.).        •«  '       't'-.  •♦•..^i  mi  r  (  :• 

Mr  erste  Eindruck  dieser  Kmlihlinig  :l^t<'  ofiienbari 
dafii  siA  einen  wnnderbmn  Vorgang  y  '  einet  wirfiM»  Mk^ 
'btobunf  •  Jeto  In  *<hMi  Binin«i^  nkr«Ueh  %iFidlnieln?ttoMe%Mite4 
i0lne  BeslMgintg  desaelben' dOTichctfingd  'beilelffeiißii^Dlle^,  - 
wie  filtere  und  neuere  Orthodoxe  mit  Retht  Ubaupten« 
£•  fragt  sich  nur,  eb  sie  un»  anchl  libeei'dfaii&Gliwierjl^ 
kelten  IMlberheiftnf  timieni  welcbr  ee  het^  nitumtdlehnn 
Vorgang  sich  denkbar  en  neehem  -  Die  eine 'Hanpt^f^wie-^ 
•i^gkeit  ist,  wie  ein  tastbarer  Leib,  welcher  tnbchi  c^Ma  xa) 
'S^ta  hat,  und  materielle  Mabrnnf  geniefiil^.liür^elvmFr4Ml»t9r 
frdisehen  Anfentbak  tenge,  wt^  er'eteb.niloU  lünejbttbiigy 
•es  der  Sehwere  so  weit  nn  encnliben»fe»a(ige,f!«Miije>nea 
Aufsteigens  durch  die  Lüfte  fähige  an  seinen  nodiwie.  Gott 
eine,  so  wideritatAriicbe  Fühi^keit^demiJLeilriJttiqijtorchi'ein 
Wmider  kAe  geben"  mUgM        Daenfilbng^i.  -iiM  nnü^ 

i)  GABLBa»  Ip  neuesten  tfaeöl/ Jöumal  3^"9.''4I7,  inid-4n  «te 
Vorrede  ra  -GantaACiifs  0^Ulc.-  iciAi^|^;''XGVi;  Vigh  Sl^:nitVf   ,  ^ 
in  Marc.  p.  222.  *         '  '  '      1  • 

Das  Lü&tf/i  Jgtu  II,  Hand,  43 


Digitized  by  Google 

L.'         .  •  ft 


.1  ,PrUtmr.  Ar>iieJi|«ji^^ 


Uirettni  Mcb  MfM  kann,  Ut,  die  grfl|w»on  TMk,  wd- 

che  der  Leib  Jesu  auch  nach  der  Aufer8tehun|[  noph  biic- 
•te»  seien  vor  der  Himmelfahrt  noch  . entfernt  worden,  und 
UV  dtm  MtU^.J&strakt  mMp«  M9|HvrlM4bBlt  «1«  Hilb 
4»  Bade       gM.  BiaiaMl  gefniuw?).   Allein  da  die  Jan- 
ger,  welche-  beL  der  Himmelfahrt  Jesu  ijogegan  w^reii| 
nickt«  ida von  benierk,ten ,  dal«  von  seinem  Leibi  ein  ftati» 
fhinai  siuHiakgahli^ii  v^Ara:  ao.  fldirt  dMa  ^twader  aaf  ' 
dl»  olen  6i*w«liiila.Ab«wndMt  aSmir  Vardimttiing  des  Leibs 
Jeso  in  Form  der  Wollte ,  orier  auf  den  ÜLSHAusEN^scbea 
Lästerung äprooe£ii  we^bariAttcb  nach  der  Auferstehnag 
•aaht  nicht  .^sandam .  -  artt  in^  •  Anganbli^  tdar  HhamalftilMr 
trallbadai»gal«b8anfseij.ialn  FpoeafS).  arelaliar  nor  wundai^ 
lieh  schnell  in  dieser  lezten  Zeit  adit  retrograden  Bewfr' 
gangen'' gewechselt  haben  millsta^  .wann  idooh  JasHa.baÜM 
Klwdri^iwi'in  4iaa  4eriaMo<tane  YmnumimgßfOmmm  dar 
Jünger  einen  immateriellen,  nnnittelbar  hierauf,  ala  Tii^ 
raat  ihn  befühlte,  einen  materiellen,  endlich  bei  der  Hin- 
OMdfahrt  fwieder  einen  immateriellen  Leib  gehabt  habea 
Mlta^'4«.  Hie  andehb  8«»hwtiec|gfcalr  liagt;*darin^>ll^a:iiaab 
riahtigen*Mreltadrdlelln*|^  imt  Sla.  Gottes  nnd  da«  Seligen, 
au  weichem  Jesus  sich  erlioben  haben  soll,  keineswegs  im 
oberen  Lnftraum^  überhaupt  an  keinejpi  Jiestimmten  Orti 
m  -mmlbmt  iwiy  aander».  dled  .fehlfit  «nr»  mr  idiadlieh 
•alHFlnlatfn  .'Voi«telliülgsweStoe  ,der  altm  We^^    Wer  aa 
OetC  and  in  den  Bezirk  der  »Seligen  Koramen  will,  der,  das 
wissen  wir,  macht  einen  Überflüssigen  Umweg,  wenqi  er 
B«*dlaiilni  0eliaf  in  die'  böberea*l4iift«QbiohteA  #ieh  empor- 
aeliwingen  an  mttssen  aüinty  «nd. 'diesen -.wbpd .  Jeaoa^ 
vertrauter  er  mit  Gottvund  göttlichen  Dingen  war.  gcwila 
nicht  geaMioht  haben,  noch  Gott  ihni  d^^nsalban  haben  lua- 
aheM  Ia«ien  ^>  ^  Mmn  AttAta  aiap  .m v^lwa  4iai»  ^öulkeim 

i)  SiibBR,  bei  KuifibLi  a.  a.  O.,  S.  225.         ^  ' 
Vgl.  Pauujs,  ex.  llandb,  a,  bf      921.   aa  Wltra^  l\cligioa 
nnd  Theologie,  S.  161. 


Digitized  by  Google 


F  « II  f  r  ^  r  Rh  jji  It « I.*  •  f !  ^  138..  *  6f 5 


Accommodation  an  die  damalige^  W^IhrM^^lung^  aHnt^Hiiiefty 
und  8ni>eii ,  um  die  Jünger  von  dem  ZurOckgailg  Jesviti 
die  bollere  Welt  su  .überaetffirtf^  iMilie  4i«>l^'»lgteich'die(^ 
tW«ll  ^  «WMÜohkeit  iiaek  t^isil^e^if  'tMt'iibMit*  Lsfl- 
räum  zu  suchen  sei^'doek  das  Bpictftkd'^^ei'  ftöt^tn  -Kr- 
iiebung  .yeranstairet :  was  aber  OoU  zum  taaschenden  {Sckau- 
tpielef  «ladien  haflSitv  '  -  '  'if. 

Als  «ine«  Versnob,  •oiobeR*8eli^ri||k^ltt»ii"iiiid"IJii- 
gereSmtbeiten  vns  so  entheben ,  ittUMett' itü* '^e  n«rt<ll*lidl|B 
Erklärung  dieses  Faktums  willkommen  heiisen '^j;**  «liie  on- 
llerscbeidec  in  den  evangeÜteben  &iEi&hiang^if  ^bH^de^'iyiK- 
-Mlfabrt  dae  Angesebaiiile*  v«W  llifii  ><dnrdi^)ftf|{bdlHiMeMt 
firsehloseenen.   Preilieh,  ihdem^  ^  'in  *4^^Al  'O.«  heirel»: 
ßktnövtiov  avzwv  inriQ^i'  «ö  scheint  hier  eben  die  Erh4- 
•bbng  in-  den  Himmei  al«  a^j|eeehAliiee''l^ktM  dtf^Mleik 
stt  werden.   Hier  aoll-'nnn'  'abei^^|;r]f^^77^i«lM'*eliitf*£ii^ 
-bnng  Uber  den  Boden  ^  sondern' Mr'*diclil'*bddMiten  ,'  dMik 
Jesus )  um  die  Jünger  eu  segnen^   sich  hoch  aufgerichtet 
•habe,  und  ihnen  dadurch  erhabener  eM^bieneh  'aeif.  ' 'S!!- 
fMrt        aiM'deaiSebMk  dea'Lnkateiranil^ndle-das-ii^ 
'iwrabergeholt,  itf  der  Bededltthg,  daft"Je)in^,  inlleitf  er  tleh 
von  seinen  Jüngern  verabschic(li,*te,  sich  entfernter  Von  ih- 
nen gesteilt  habe*  'iüeraai  aei  in  äbliUeher  Weise^  «He^kilf 
^den  Verkilrnngsbeigi  ^Gew«ik  'MlMbey»*'dneani"ii«/d 
'dlle  Jenger  getreten,  ofidMlkabb'^Ihny  in'VeirfrtiMlali^i*iti>)den 
•nahlreichen  Ölbäumen  deä  i^rgs,  ihren  Blicken  entzogen, 
waa  sie  'dann  auf  -  die  Vtertieherung  'zweier  '  unkiekannteii 
.Bfünnei«  tdn  Hr  tHast  Aiifndhme  'J^u'inp  dei»  ttaMnei  gehai- 
«en  haben.*  'Allein,  wenn  Lukas  ivr  'der  A.  O;«  d*e  eVrif^^?/ 
unmittelbar  mit  der  An^jabe  verbindet:  xal  VKft'k?^  xmtXa- 
ß$v  atStiv  :  i6  aoil  doch  wohl  Jene  Erhebung  die  üiinlelinng 
nn  den^AufgenAnunenwerden  dnt^lrdie  Wolke*  sein,  w«s 


4)  Wie  sie  namentlich  Paulus  ^icbt,  a.  a.  O.   S.  910  IT«  '^L.  J« 
if  h,  S.  31S  m  ... 

4.1  ♦ 

Digitized  by  Google 


iOritUr  Ab^ehnllt. 


ai»,  nUil  Ut,  mm^'^ln  nmr  eis  Si^hMofiMiteii ,  atndewi 

nur,  ^enn  sie  eine  Erhebung  über  den  Boden  war,  du 
nur  in  diesem  Faiie  eine  Wolkesich  ihm  tragend  und  ver- 
iMlUosd  jttntomiohiebe^  ioyintey  was  in  vatimßt»  MtballMi 
iÜ.  ,t  WMiW^hMÜWPl»  Jbi  ImkasevMigQliaa  «Im  Jiecjr  m  ov- 
%^  als  etwa«  tV  »c^>  tvXoyeiv  avzov  avtug  Vorgegangenes 
dargestellt  wird ,  so  wird  doch  KieflMUuif  während  er  ci- 
4icln  j9ai4«rA  i^a^i^i^a  ertbeik,  Ton  ibm  woggeliea:  w*- 
gegen  m.       •9«ps||i|f|  «wclisiiit ,  dafs  Jcms  wXbiwkl  dtr 
Ü4*theilung  des  Segens  an  die  Jünger  in  die  Höhe  gehoben 
.Hriurd9»>  upd  so  noch  von  oben  herab  die  segnenden  Hände 
4khw^  4l»  J>r#iteO,  JM6,4iitia«Ualie.firiaäriii^  des  VmchwiiH 
cImis  in  iUr  ,Wi||ke  jßük,  UM»,  vo»  mUmI  liinweg ;  &i  dsr 
Voraussetzung  abeif,  dafs  die  zwei  WeiCsgekleideten  natür- 
liche Menseln  .gewesen  9^ieA,  tritt  sohlieislich  noch  ein* 
jmßk  b««#9dsi^  (itarji  dif  BAWl^Tiseli- VsiiT wvisehei  Pa9* 
MTB  Rur  Tetfdeekte,  Apsidit  licwnror,  dafs  mehrere  Haupt- 
epochen im  Leben  Jesu,  besonders  seit  seiner  Kreuzigung, 
dwoh  geheiiae  Verbündete  bewirkt  gewesen  seien.  Uod 
Jeevs.selhaly.  wie  si^l  m  ibm  dwi  dieser  VerscaUnag  ^ 
a^tfa  «aeb  Jeaer  leplaii  Entfonrang  von  seinen  jAnfem 
weiter  ergangen  sein?    Wollen  wir  mit  Bahrdt  eine  Es* 
senerloge  träomeny.  in  welche  er  sieh  nach  foUbrachteai 
Wank  «arUdkgasogan  liaba?.nari  asil  Baaimii»  dalür, 
daft  «lesns  neob  IXngere  Zeil*      Stillen  anm  Besten  dsr 
Menschheit  fortgewirkt  habe  9  auf  seine  Erscheinung  zum 
Behuf  der  Bekehrung  des  Paulus  uns  berufen ,  weiche 
deob  I  die  BraHblnng.  dar  A*  G«  .geseUebMßb  isenaamea, 
mit  Uaistlnden  vnd  Wirkungen  Terbnnden  war,  die  liein 
natürlicher  Mensch ,  wenn  auch  Mitglied  eines  geheimen 
Ordens,  hervorbringen  konnte«    Oder  will  man  mit  I^ac- 
m  annabmefi,  bald  naeb  dieser  ieaten  Znaammenkonüt  aai 
der  angegriffene  ^ib  Jesu  den  erhaltenen  Verletnnn^en 
erlegen :  so  kann  diefs  doch  nicht  vvuhi  in  den  nächstiMi 
Augenblickeni  nachdem  er  so  eben  noch  rüstig  mit  seiuen 


Digitized  by  Google 


FiBfta«  Kapilet  f.  189.  m 


JflngeHi  — iWBwn  gvweieti  war,  geschehen  «ein,  so 

die  zwei  luiixutreteiideii  Mfinnor  Zpugeii  seines  VerscFiPi- 
den«  gewesen  wäreii)  welche  übi*i|{en8  auch  in  die«ein  Füll 
gfir  flieht  der  Wahrheit  gemlifa  gecproehen  hätten;  leht«f 
er  aber  nooh  längere  Zeit^  se  nfifiee  er  die  Ahsleht  gehabt 
Indien,  voll  jenem  Zeitpunkt  an  bis  sn  «einem  ICnde  in 
der  Verliorgenheit  einer  geheimen  Gesellsehaft  cu  leben  ^ 
der  dann  wohl  aneh  die  awei  Welfiigekieideten  angehftr- 
totty  weleiie  den  Jtingern,  ohne  Zweifel  mit  eeinem  ^or« 
wissen )  seine  Erhebung  Kum  Himmel  einredeten  j  —  eine 
Vorstellung,  von  weicher  sich  auch  hler^  wieimaiery  der 
geaiuida  8inn  aüt  Widerwillen  abvi  endet. 

Das  UogcnUgendc  der  Nachrichten  über  Jesu  Iliflu&elfalirt. 

Deren  mythische  Auffassung* 

An  wenigsten  «nter  allen  T.  liehen  Wunderge- 
schichten war  bei  der  Himmelfahrt  ein  solcher  Aufwand  on* 
iiAtOrlichen  Scharfsiiiiis  nöthig,  da  die  historische  Geltung 
dieser  EmAhlung  ao  Jbeaonders  aehwaeh  verbürgt  ist»  Mat- 
thias nnd  Johannes,  der  gewdhnllehea  Vorstelinag  naeh  die 
beiden  Augenzeugen  unter  den  Ii y  angeÜsf en ,  erwlhnen 
ihrer  nicht;  nur  Markus  und  Lukas  berichten  dieselbe; 
wfihrend  auch  in  den  übrigen  T*  liehen  Schriften  be- 
atiaaita  Hinweisungen  «nf  sie  fehlen.  Deeh  eben  dieses 
l'ehlen  der  Himmelfahrt  Im  übrigen  N.  T.  leugnen  die  WS 
thodoxen  Ausleger.  Wenn  Jesus  Lei  Alatthlius  (20,  64.) 
Tor  Gericht  versichere,  von  Jost  an  werde  man  des  Man- 
sehen  Sohn  nur  Raehtra  der  Kraft  Gottea  altsen  aahen :  so 
sei  hiebet  doch  wohl  auch  eine  Erhebung  dahin ,  mithin 
eine  HimmeÜahrtj  vorausgesezt ;  wtiin  er  bei  Johannes  (3> 
IX)  sage,  keiner  .sei  in  den  Himmel  gestiegen,  ausser  dem 
vom  Ilimmel  gefcommened  Hensehensohn ,  und  ein  andere 
niai  ü2.)  die  Jünger  darauf  ver%Tc  Ise,  dafs  sie  ihn  einst 
dahin  wünica  ai^fsteigien  sehen,  uo  er  \ui'hcr  gcMcseu  sei' 


Digitized  by  Google 


ferner,  wenn  er  am  Morgen  niieb  4er  Anfaralelwitiy  «rklS- 

tf^  nocJi  nicht  z'i  seinem  Vater  niif«je«tie^pn  zn  «ein,  nber 
ilrn|nlfchftt  8ici|^,idiihin  «d  erheben  f20,  17.>:  so  könne  ^ 
deatliehare  Hinw^iMitV^eii  «■£  die  Himmelfuhit  niefat  woM 
ff^ben:  ebenso,  wenn  die  Apostel- In  den  Akten  ee  oft  tm 
42)rh(ihuqg  Jesu  zur  Rechten  Gottes  sprechen  (2,  31. 
Tgl*.  7)  4MK>i)|:iiiifi  PjiuIbs  ihn  aU  avmßag  imoim  advmp 
%m  HQom»  CB|>ll.  4,  lO.X  Petras  nie  mimvMg  elg  s^oiw 
darstelle  (1  Fett*.  3,  22.):  so  k#nne  kein  Zweifel  sein, 
dlld  sie  'nicht  alle  von  seiner  Himmelfahrt  gewofst   ha-  ' 
ben%  AUe  diese  Steilen  jedoeh,  ndt  Ansnahaie  etw*  der 
eineigen  Job.  II,        welehe  von  einem  ^ 
vninra  rov  rlnv  t5  di  f>Qr'')mi  spricht,  enthalten  nur  überhaupt 
eine  Erhebung  in  den  Himmel,  ohne  Andeutung ,  dals  sie 
ein  inaserBS,  eielitbaret,  nnd  swar  ron  den  Jlingeni  niitan* 
gesehaates  Falitom  gewesen.    Vfelmefir,  wenn  wir  1  Kor. 
13,  5 (F.  finden,  wie  Paulos  die  ihm  ea  Theil  gewordene 
Erscheinung  Jesu,  welche  lange  nach  der  vorausseslichen 
Hlamelfallrt' stattfand  I  mit  den  Christopimnieen  Tor  dieser 
Epeehe  so  oline  alle  Unterbreehang  oder  Andentong  Ir- 
gend  eines   Unterschieds   zusammenstellt:    so  mnfs  man 
•weif ein,  nicht  b'ofs,  ob  alle  Erscheinungen,  die  er  aosser 
der  seinigen  anfs'ihlt,  vor  die  Himmelfahrt  fallen  ^1  •  son-* 
dem,  ob  der  Afiostel  fiberhaopt  von  einer  Himmelfaiirt 
als  Äusserem ,  dß'i  irdischen  Wandel  des  Auferstandenen 
besnhliersenden  Fuktnrn  etwas  gewufst  haben  könne?  in 
Beeng  auf  den  Verfasser  des  yierten  -  Evangeliums  aber 
iMringt  «ns  bei  seiner  Bildersprache  das  ^nQt^ft  schwer» 
itch|  ihm  ein  Wissen  am  die  sichtbare  Himmelfahrt  Jesu 


5)  Skilkr,  bei  Kur\(iL,  a.  a.  O.,  S.  221.    Olshaüskii,  S.  591  f. 
Vgl.  GaiBSBACif ,  locorum  N.  T.  ad  atceosionem  Christi  ia 
coclum  «pcctantiiim  tylloge.  In  s.  oputc»  acad«  ed.  Gabum,  < 
VoL  2,  S.  484  if.  I 

10  SeaasoaBRMiaaiR,  ftber  den  0rspr.  u«  t.  f.  8.  19* 


Digitized  by  Google 


«iHHMlvetbcbi,  da  er  von  iitner'«DlfJieii.iiQi,j^9l}|uf«p  JN^P^ 

Kvuiigelluins  nichts  er/.ähit.  *  ^ 

Dia  AiMleger  freilich  haben  sich  alle  erannitoh«  IVIÜ- 
Um  gBg^lbifn  9  du«  FeUeii  eiver  tiiu^hlung  vpn  der  Hi4Qii|«i- 
imhvt  im  ertten  .and  vieHtn  Evangdinm  Aiif  eine,  der  A«- 
ctoritHt  dieser  Schriften,  wie  der  Iiistorischen  Geltung  Jenes 
Faktum.  iiii»chjidiiche  Weise  £u  erkllu'eii.,  ..Die  iliminel- 
fiibrl  Jm.  sn  «niüileiiy  «oU  de»  Kvangel^eeiii.  wde|i«  «9 
Terieipweigeni  theile  ale  ii|in$tbig}  tbeil^,ab  anfli5g||)eh  er- 
schienen sein.  Als  nnnöthig  entweder  nn  und  ^f(ir  sich^  He- 
gen der  minderen  Wichtigkeit  de.«  Kreigujlssps  odj^i*  mit 
Uacksieht  iml  die  evaageii^he  lJbfriieferpn|^9  ,diijPtih  wel- 
che sie  Allgemein  bekennt  ninr*);  Jobeones  inebje^ondrf 
soll  sie  aus  Markus  und  Lukas  ToraussetEen  ^) ;  oder  end- 
lich 4(i^ileji  sie  dieselbe,  als  nicht  ^ehr  ^nm  ird|bcbeii  Le- 
lieii  Jesu  gehörig,  In  ihren  {Schriften)  die  juir  der  Uesofayceir 
bong  dieses  Lebens  gewidmet  waren.  Abfangen  liajien'**)» 
Allein  sum  Leben  Jesn,  undiswar  namenflieb  en  dem  radi» 
seihaflen,  nie  er  es  nach  der  lliickkehr  aus  iiein  Cirabe  ' 
gefiUhrt  haben  soll ,  gehörte  die  Himmelfahrt  so  nothw.en- 
dig  «Is  |^hltt(spuiikt|  dafii  dieselbe,  gleiehviss^,  9b  allgemein 
bekannt  oder  nicht,  ob  wichtig  oder  onwlclillg,  schon  nm 
d^s  üstheti^chen  Interesses  uillen,  das  auch  der  ungebildete 
&brift)iteUer  bat,  seiner  Ery.iihlung  einen  SdiiiiÜBc  cu  ge- 
b^n,  Ton  jedem  .£vangeliensclurelber»  der  ' von  derselben 
wnlste,  am  finde  seines  üerichts,  v^enn  anch  npoh  so  snm- 
marisch)  erwälmt,  werden  muistej  um  den  sonderbaren  Kjn- 

•  •  » 

7)  OueAVSBir,     fi93  f. 

O  Selbst  Fatnscn,  ermattet  am  Scblutse  seines  GescliXfts, 
schreibt  In  Matth,  p.  8S5 :  Matthi«  ut  Jesu  in  cocium  abitum 

non  contmcmoravit,  quippc  ncniiiä  ignotiun. 
9)  MiCHAKLis,  a.  a.  O.  S.  352. 

10}  nie  Alhandlung:  Warimi  haben  nicht  ahc  Evangclistm  dn- 
Uinuue  falirt  Jesu  aiasdrückUch  miavsaliUif  in  FitAiTa  Idi^a- 
sia,  8,      67,      .  - 


Digitized  by  Google 


/ 

'^vwimMmI)  vpdftli^ii  4ci  snitoy        MMfc  wttik^ 

das  vierte  Evangelium ,  als  In's  Ünbestimmfe  an.<lRtifpfif)e 
Rrz£hliin^on ,  machen.  Daher  sollen  nun  Her  erste  und  \ 
*  <ipi«  Tiefte  EyangeUst  einen  Bericht  «ber  die  iÜnunelfiibrt 
ifcf8a*aac4i"^ar*'nfeht 'fir  mS^lüch  gehalten  haben,  hn4em 
die  Ao^^iiised^n ,  so  lange  sie  ihm  anch  nachsahen,  doch 
nur  sein  Emporsch weben  auf  der  Wolke,  nicht  aber  aei* 
nen  Eingang''  In  den  Himmei  and  sein  Plasnefamen  nr 
Rechten  'Üetttes  hahen  mit  ansehen  können  '  *)•  Allein  In 
der  Vorsfellun'gsweise  der  alten  Welt,  welcher  der  Him- 
mel nfiher  war  als  uns,  galt  ein  Auffahren  in  die  Wolken 
lehon  flBr  eine  wirkliche  Himmelfahrt  y  wto  wir  an  Rom»» 
lut  und  Bflat' sehen« 

Das  hienaoh  unleng^bare  Nichtwissen  der  genannten 
Evangelien  am  die  Himaiel fahrt  nun  aber  mit  der  neueren  { 
Kritik  dea  ersten  Efangeilnma  diesem  als  Zelehen  alelit 
|ipost6llsehen  Ursprungs  nnm* Vorwarf  «a  machen  lit 
hier  utn  so  weniger  am  Ort,  da  das  fragliche  Ereig^nifs 
nicht  biofs  durch  das  Stillschweigen  eweier  Evangeliaten^ 
sondern  anoh  durch  die  Nichtllbereinstimmttng' derer,  dto 
es  boriehton,  YofdXehiig  wird.  Markos  atfanmt  ntofcf  mH 
Lnkas,  ja  dieser  nicht  mit  sich  selbst  flherein.  Nach  dem 
Bericht  dea  erstercn  bat  es  den  Anschein ,  als  hätte  Je- 
sus unmittelbar  von  dem  Mahle ,  bei  welchem  er  den  £il- 
fen  erochlen  y  aho  yen  einem  Hanse  In  Jemaalem  aoa,  aSch 
1h  den  Hlmibel  erhöben ;  denn  das  ävaxeiftivoig  —  iq^tzve" 
Qo't^i^*  xai  (iveldias  —  xal  elnev  — .  *0  fuev  ev  KvQiog ,  //fzo 
?o  Xcd^cu  cn)roijp9  äpal^Sij  ».  t.  L  hingt  «nmitteihor 
■HsaBMien,  und  os  llfst  sieh  hier  nor  mit  Gewalt  ^no 
Ortsverffnderonv  nnd  Zwischeneelt  einschieben  Frei- 
lich ist  eine  Himmelfahrt  vom  Zimmer  aus  nicht  gut  sich 


11)  Die  sulest  Angeführte  Abb.  des  FLArr'tcben  MaguioS« 

12)  SCHNaCHITIBUHßKR,  «.  «.  O.  S.  19  f. 

t3)  Wie  s.  B.  Kratfi.  thut ,  p.  208  f.  J17. 


Digitized  by  Google 


VorsoitaUttiy  i^hßv  läüt  sie  Lakaa  im  l^wim  vvr  fit^  g«- 
licifi.   Die  Differeus  ia  der  Ortsangabe,  diirf  er  lm,E?«i^ 

gelium  Je^um  mit  den  Jüngern  nog  eig  Br^Oaviav  hinausge« 
hen  läfac,  in  den  Akten  aber  die  Scene  auf  das  cqog  %q 
müüiuww  ilmma  verJegt,  kann  dem  Lokas  nicht  al«  Wl* 
;imp.n«h  .ngerm^hmt  werden,  d.  Bethani.»  •«  Ölb«« 
lag ;  woLl  aber  die  bedentcnde  Abweichung  in  der  Zeit* 
ai^he^  dafa  in  seinem  Kvangelium ,  wie  bei  Markus^  as  ^ 
dan  Aaaehain  hat,  als  wflre  die  flimmeifahrt  noeh  aai 
nftadlohan  Tag  mit  der  Anferstehnng  erfolgt:  wogegen  in 
der  A.  G.  ausdrücklich  bemerkt  ist,  dafs  beide  Erfolge 
durch  eine  Frist  von  40  Tagen  getrennt  gewesen.     £s  ist 
schon  angamarkt  worden,  dals  die  leatere  Zeithesümmnog 
dem  Lukas  in  der  Zwisehenselt  nwisehen  der  AbAisainig 
des  Evangeliums  und  der  A.  G.  zugekommen  sein  mois.  ' 
Von  je  mehreren  Erscheinungen  des  Auferstandenen  man 
sich  eraüiitey  und  an  Je  verschiedenere  Orte  man  sie  vevf 
legte,  desto  weniger  reichte  fernerhin  die  korae  frist  ei« 
nes  Tags  für  den  irdischen  Wandel  des  Auferstandenen 
MA\  dafs  aber  die  nothweudig  gewordene  iängere  Zeit  ge- 
rade auf  40  Tage  festgesast  wurde,  hatte  in  der  ßoiie  sei- 
pan  finuid,  welche  bekanntlieb  diese  Zahl  in  der  Jttdi* 
sehen  und  bereits  auch  in  der  christlichen  Sage  spielte. 
Wie  das  Volk  Israel  40  Jahre  in  der  Wüste,  Moses  40 
Tage  auf  dem  Sinai  gewesen  war,  er  und  £lias  40  Ti^ 
gefastet,  und  Jesus  selbst  vor  der  Versuchung  so  lango  in 
der  Wüste   ohne  Nahrung  sich  aufgehalteil   hatte,  wie 
alle  diese  gelieioinifsvolieu  Mittelzuatiinde  und  Durchgangs« 
Perioden  durch  die  Zahl  40  bestimmt  waren:  so  Iwt  ai» 
sich  gans  basondera  auch  nur  Bestimmung  der  myateriftsoii 
Zwischensdt  zwischen  Jesu  Auferstehung  und  Himmelfahrt 
dar 


'  14)  Die  Rücksicht  auf  eine  Danielischc  Rechnung  bei  FadlVS, 
ex*  Usadb.  3|  1>,  S«  923.  scheint  mir  su  künUlich« 


Digitized  by  Google 


Was  die  Schilflerung  de»  Vörgvings  selber  betrHRy  so 
konnte  man  das  Schweifen  des  Markos  und  Lukas  im 
EvAngieUnin  von  Wolke  und  Engeln  led;glic!i  der  Kdrae  ib. 
rih-  Brsfihluiigen  nutchreiben  wollen;  doch  du  Lukas  nm 
Schlüsse  seines  Evangeliums  da«  Verhalten  der  Junger, 
wie  sie  dem  in  den  Himmel  entrückten  Jesus  fufsfüllige  Vereb- 
rung  gebmekl  and  mit  grofter  Frende  sieb  nach  der  Scadt 
sorüekbegeben  baben,  nnelindliob  genug  «rsflldt:  eo  wflr> 
de  er  ohne  Zweifel  die  ihnen  durch  Engel  eu  Tkeil  ge- 
wordne Kunde  als  nächsten  Grund  ihrer  Freude  bemerk- 
lieh  gemacht  haben  ^  wenn  er  schon  bei  Abfassung  seiner 
ersten  Sehrift  etWss  von  derselben  gewofst  hütte,  welebe 
sieb  hiernach  vielmehr  allmfihlig  in  der  Überliefermig  mvs- 
gebildet  zu  haben  scheint,  um  auch  diesem  lezten  Punkt 
des  Lebens  Jesu  seine  Ehre  ansnthnni  und  das  unzuling- 
Uchö  menschliche  Zeugnlfs  Aber  seine  Erhebung  in  den 
Himmel  durch  sweier  himmlischen  Zeugen  Mnnd  bekrif 
tigt  werden  zu  lassen.    Endlich  auch  in  der  Angabe  (Iber 
die  RHekkehr  der  JUnger  und  was  sie  nach  derselben  Tor- 
genemmen,  findet  eine  DIserepans  der  Berichte  statt.  Vn* 
gerechnet  nfimlich ,  dafs  man  nach  dem  Schlüsse  des  Mar- 
kus: ixHvoi      i^tli/oiif^g  txrjQV^av  x.  r.  iL,  glauben  könnte, 
die  JOnger  seien  unmittelbar  von  dem  Schauspiel  der 
Himmelfahrt  aur  Verkttndigung  in  alle  Welt  ansgegangen, 
was*  doch  vielleicht  nur  ein  Schein  ist ,  der  aus  der  Klircr 
und  Abgebrochenheit  des  Schlusses  am  zweiten  Evangi^ 
ilum  entsteht:  bestimmt  Lukas  den  Aufenthalt  der  Jcinger 
von  der  Himmelfahrt  bis  sum  Pfingstfest  In  seinen  beide« 
Sehriften  auf  verschiedene  Weise.   Nach  dem  Scblnfs  des 
Evangeliums  nämlich  waren  die  aurttckgekehrten  Jünger 
tumcevTog  ir      iBQfj^j  tdimmg  nci  BvtoySvrig  %w  ^iw: 
Bseb  dem  Eingang  der  A.  G*  dagegen  ioßißrjaa»  €lg  vis»- 
Q<(iov ,  5  ^acey  xutafiivotteg»   Diese  Abweichung  könnte  man 
durch  die  Bemerkung  ausgleichen  wollen,   dsSa  ja  der 
Aofenlhall  im  Tempel  den  im  oberen  Steelmpvk  eines 


I 


Digitized  by  Google 


Fünftes  Küpitei.  $•  m. 


üaoses  nicht  AUHschliefse :  aber,  die  meiste  Zeit  im  Ten^ 
pei  tein  (liietli  tagt  dook  •  wokl' dua  dioyri»rn}s)9'-irti4,  ge» 
wfihiiiieii  Im  oberen  :Scol»kwe#k4ieh  Mrflmlten  («ttrcr/zeii^ 
TC^)  schliefst  einander  ans.  Man  kann  in  dieser  Dlff^renie 
ein  Fortschreiten  der  christlichen  Seib«tst^indlflrkeit  erbli- 
dieft*  Znnidiet  fand  man  kein  Arget  ^rin ,  die  4(knger 
iweh  der  Rttekkehr  to«i  Jesii  HlmmelMirr  liii  alten  Matio« 
nalheiligthum  ihre  and^chrioren  Zusammenkünfte  halten  eu 
iasseo;  bald  aber  erschien  dieis  sa  jüdisch,  «nd  sie  mnfs- 
%m  sä- dem  JBUide  ein  eigenes  ydti9Q(^  beniehent  Ton  de«b 
jidieehen  Tempel  trennte  sieh  der  ohHslliohe  VersaitanH 
lungssaal.  «  •  •  • 

■  Wie  btenach  diejenigen ,  welche  von  einer  Himmel^ 
fbliH  Jettt  wußten»  dieee  in  Bentg  nof  die*  nUberen  Vn* 
alinde  eidh  keineswegs  adf  dieselbe  Welse  vorstellten :  so 
uiufs  es  überhaupt  vom  lezten  Schlufs  des  Lebens  Jesu 
eweieriei  Vorstellnngsweisen  gegeben  haben,  indem  die  Einen 
diesen  Sehlnfii  als  eine  siebtbare  Himmelfahrt  daehten,  die 
Anilem  niefat  Wenn  MatthJlus  Jesom  vor  Oerletit 

seine  Erhebung  Eur  Rechten  der  gottlichen  Kraft  vorher- 
sagen (26,  64.)  9  und  nach  seiner  Auferstehung  ihn  versi- 
chern lüfirt,  daia  ibm  min  Ttuaa  i^Hoia  i»  ägwt^  nal.ifü  y^g  ge* 
geben  sei  (28,  IS.)^  dennoeh  aber  von  einer  sIehtbsTen  Hirn* 
meifahrt  nichts  hat,  vielmehr  Jesu  die  Versicherung  In 
den  Mund  legt :  iyai  fisd^  vftwv  elfu  nacag  rag  r^ftfQag  F(af 
tfjs'  avn€lsiag  %6  tdvivog  (V.  fO.);  so  liegt  hier  «Sienbar 
die  yorsteliong  so  Oronde,  dafs  Jesos,  ohne  ZwMfel 
schon  bei  der  Auferstehung,  unsichtbar  zum  Vater  aufge- 
stiegen, eugleich  unsichtbar  immer  um  die  Seinigen  sei, 
lind  ans  dieser  Verborgenheit  herans  sieh  )  so  oft  er  es 
ütfthig  finde,  In Cbvistopbanlen  oftobsve;  aoeh der  Verfaa- 


15)  ffierliber  vgl/  besonders  Amhos,  Atcensus  S,  C.  in  coelmn 
bistoria  biblica.  In  s.  opuss.  aot.  p.  43  It ;  soch  Kuiia, 

bibi.  TheoL  1,  S.  83  IT. 


Digitized  by  Google 


ter  des  vierten  Evangeiinms  und  die  übrigen  N.  T.licheii 
Sritrifutelier  setzen  nur.  das  voraus,  was  nach  ileiii  mesaia- 
laiadiQii  ytiC^'^K  ih§Hir  -fWy  P«>  1.  ToraiMgesase  wer- 
daa  aafita,  dk(k  latui  aidi  «wBaebtaii  Gottat  erhohM 
habe,  ohne  über  das  Wie  etwas  r.n  bestimmen,  oder  sieb 
die  Auffahrt  dabin  als  eine  sichtbare  vorsustellen.  Doeb 
BMfata  #•  4er.  uvabütotUdfaM  Piiaiilaaie  aehr  nahe  liege«» 
4iete  Brhebaiif  .aeak  svm  gUneendaii  Sehaospiela  aeaM» 
aalan.  Lfefs  man  den  Messias  Jesus  an  einem  so  erhabe- 
-  Vae  Ziele  angekommen  aeie:  so  wollte  man  ihm  auch  auf 
deoi  Wage  dahin  glaiabaani  naehtabae«  fimrartela  eMie  aaiwe 
elnatlfe  Wiederkenft  tobi  Htminel  naah  Daniel  ala  ciehtba« 
res  Hernbkommen  in  den  Wolken :  so  ergab  es  sich  von 
aeibat,  seinen  Uingang  aum  Himaiel  ala  aiabtbares  Aufatei- 
gen  anf  einer  Wolke  vereiraMen  ^  und  wenn  Lnkaa  sUe 
beiden  Weifscre  kleideten ,  welehe  naek  der  Wegnahne  lean 
an  den  Jüngern  traten,  sagen  läfst:  5zag  6  ^If^OHg^  o  ava* 
Xr^tf&Eig  d(p  vfiöiv  uß  %6p  HQoifOVj  ÜTwg  ikevaerat ,  ov  tgonm 
i&^igaade  avwop  mftviftevw  etß  tiv  SQoifiw  (A.  G.  1,  II«): 
ae  darf  man  dleft  nnr  nmkekren,'  um  die  Geneaia  der  Ver» 
ateliung  von  der  Himmelfahrt  Jesu  zu  haben,  Indem  nA'mlich 
geschlossen  wurde:  wie  Jesus  dereinst  ¥om  Himoiel  wie- 
derkoainMn  wird:  ee  wird  -er  weU  anek  dabin  gegangen 
nein 

Neben  diesem  Ilauptmoment  treten  die  A.  T.iichen 
Vorgänge ,  welche  die  Himmelfahrt  Jesu  an  der  Hinweg- 
•nabuM  des  Henoeb  (I.  Moa.  6,  5MU  vgL  Sir.  44,  lg.  49, 
16.  Hebr.  11,  5.)  und  keaondera  an  der  Hiiaaielfiikrl  des 
£lia  (2.  Kon.  2,  11.  vgl.  8ir.  48,  9.  I.  Macc.  2,  58.)  hat, 
sammt  den  griechischen  und  römischen  Apotheosen  eines 
UerakJea  nnd  |lomnlna ,  In  den  Himetgrund  anrOck.  Ob 
ven  den  ieateren  die  Verfasser  dea  nweilen  nnd  dritten 
£vangeiinm9  Kunde  hatten j|  steht  dahin  ^  die  Notia  von 

16)  80  auch  Hssa,  L.  J.  150. 


Digitized  by  Google 


f ttnftes  KapiteL   i,  ^ 

Heiiooh  itl  an  anbestimmt ;  bei  £lia  aber  ei^ete  sich  der 
Flennenwagen  mit  den  Feaerroesen  liBr  den  müdereii  Geiet 
Christi  nieiit,  tCiitt  dessen  die  Wolke  ans  der  spjfteren 

Darstellung  der  Wegnahme  des  Moses  genommen  zu  sein 
scheinen  könnte ^  wenn  diese  nur  sonst  nicht  sa  verschie- 
den wttre  Mnr  £in  2ug  In  der  firnihiimg  der  A.  6. 
erklärt  sich  vielleicht  ans  der  Geschichte  des  Elias.  Als 
nftmlich  dieser  vor  seiner  Hinwegnahme  von  seinem  Die- 
ner Elisa  gebeten  würfle  y  ihm  sein  ftvavfia  in  verdoppel- 
tem Maalse  snriicksulassen:  knBpfte  der  Prophet  die  Ge- 
wJlhrong  dieses  Wunsches  an  die  Bedingung :  iav  tdr^g  //a 
ava^aft^iavofteyov  ano  aa,  xal  tgai  oot  liiiog'  xai  idv  ftrj,  u  /i^ 
yivr/saL  (V.  9.  f.  LXX.)  9  woraus  erhellen  könnte ,  waruia 
iinkas  (A.  G.  I9  90  ^»f  das  filwai/na»  aitä»  ia^^ih}  6er 
wicht  legt,  weil  nXmllch  gemlle  dem  Vorgang  mit  Elia  dida 
erfordert  zu  werden  schien,  wenn  die.  Schüler  d^i  Ifplst 
des  Meisters  bekoiQjnen  aoUten« 


17)  Joseph.  Antiq.  4,  8,  48.  helftst  es  von  Metes*  r/pw^  al^vtSiop 
tt^8  fi^rrof  aftn^tvai  »«ml  nro«  yrffgyyggy  er  häkt  aber 
■bsichtllck  getchriebsny  er  sei  gestorben  |  damit' asa  alokt 
•einer  TrefÜchheit  wegen  bebanptea  «Mite»  er  iisbe  •i€h 
n^of  Mop  begeben.  Pane  sber,  .ds  Vita  yqsls,  üpp.  od. 
Mangcy,  Vol.  2y  p.  179,  IMsst  bloss  dif  Sepie  des  Moses 
•ich  in  den  Himmel  erheben. 

« 

.   •  * 

■ 


Oigitized 


» 


..   ,*  .XA  •»!  »«f ;  '   .  »  ♦*  ' 

i       »    •     M  ♦  »    Ul».#     ♦       *      •  .  1    '  • 

'  $chlussabhandlung:. 

Die  dogmatische  Bedeutung  des 

Lebens  Jesu. 

Nothwcndigcr  Übergang  der  Kritik  in  das  Dogma. 

Dnreh  die  firgebnitee  de(r  bisherigen  Ontersuehang  iat 
^an,  wie  es  seheint,  Allee,  wAe  'der  Christ  von  «einem  Je* 
flU8  glaubt,  vernichtet,  alle  Ermunterungen,  die  er  aus  die- 
Sem  Giftuben  schöpft,  sind  ihm  entzogen,  alle  Tröstungen 
gereubl.  Der  unendliche  Schm  Ton  Wahrheit  nnd  lieben, 
an  weichein  seit  achtsehn  Jahrhunderten  die  Mensehheit 
sich  grofsgentihrt,  scheint  hieinit  verwüstet,  das  Erhaben* 
•sta  In  den  Staub  gestürzt^  tiott  seine, Gnade ,  dem  Men- 
^sehen  seine  Würde  genommen ,  das  fitnd  nwlsdiett  Uim- 
iael  und  ürde  nerrissen  «in  sein       Mit  Abschen  wendet 
sich  von  so  ungeheurem  Frevel  die  Frömmigkeit  ab,  und 
aus  der  unendlichen  Selbstgewilsheit  ihres  Glaubens  herans 
thnt  sie  den  Machtspruch:  eine  ireche  Kritik' möge  rersn- 
chen ,  was  sie  wolle,  dennoch  bleibe  Alles,  was  yon  Chri- 
sto die  8cliritt  aussage  und  die  Kirche  glaube,  ewig  vi^ahr^ 
und  ddrfe  ikcin  Jota  davon  fallen  gelassen  Vierden.  Socr- 
giebt  sich  Ilm  Schlüsse  der  Kritik  Ton  Jesu  Lebensge»chichle 
die  Aufgabe,  das  kritisch  Vernichtete  dogmatisch  wieder- 
hersustelien. 


I)  Theologen,  welche  etwa  jhnli(  hc  >\  ('n<!tiiji;rn  j.;(*f:en  ii.ich  in 
Bereitschaft  haben,  sehen  hier,  dass  icli  düs  iicibci  wcibj», 
und  nicbt  erst  durch  sie  darin  erinnert  zu  werden  i>raucbe. 


Digitized  by  Google 


•  |>ieae  .Aii%ibe.ai»h«iiit  Mi^Xehst  nvr  ei w  Füirfiipiig 
da»  GlXobigen  «n  den  Kritiker  sn  sein,  jedeni  dieeer «bei- 
den für  8ich  aber  sich  nicht  zu  stellen:  der  Glliubige  als 
solcher,  scheint  es,  bedarf  keiner  Wjederherstellung  d^s 
6i«tlbeiis',  vreil  dieser  in  ihm  durch  lieine  Kritik  vernich- 
tel  worden  bt;  der  Kritiker  «Is  solcher  nichts  weit  ir 
ee  Vernichtong  ertragen  kann.    So  gewinnt  es  das  Anse- 
hen ,  als  ob  der  Kritiker,  \^enn  er  aus  dem  Brande,  den 
'ieino  Krilik  angerichtet,  doch  des  Dogma  nocli  retten  wiU^ 
'lllr  eeiindft  Standpunkt  etwas  Unwahres  untemHlioie,  so* 
'Hern  er,  was  ihm  selbst  kein  Kleinod  ist,  aas  Accommo- 
dation  an  den  Glauben  als  solches  behandelt;  in  Bezug  auf 
den  Standpunkt  des  Glliobigen  aber  etwas  Uberflllssigesy 
indem  er  äleh  aüt  de^  Rettung  von.  etwas  bemflhl^  was  fittr 
'den,  welchem  es  angehört,  gar  nicht  geföhrdet  ist. 

Dennoch  verhfilt  es  sich  bei  näherer  Betrachtonff  an- 
'den.  Wenn  gleich  nicht  entwickelt,  so  ist  doch  an  eich 
fn  Jedem" Glauben ,  der  noch  nicht  Wissen  ist,  der  Zwei- 
fel mitgesezt;  der  gläubigste  Christ  hat  doch  die  Kritik  als 
Verborgenen  Rest  des  Unglaubens,  oder  besser  als  negati« 
>en  Keim' des  Wiisene,  in  sich,  und  'nur  aus  dessen  be« 
etftndiger  Niederhaltung  geht  ihm  der  Glaube  hervor,  der 
also  auch  in  iiim  wesentlich  ein  wiederliergestellter  ist. 
Ebenso  aber  wie  der  Gläubige  an  sich  Zweifler  oder  Kri- 
tiker, iet  auch  umgekehrt  der  Kridker  an  sich  der  Glllu- 
Mge.  Sofern  er  ileh  nIAnHch'vom  Naturalisten  und.  Frei- 
geist untcrsciieidet,  sofern  seine  Kritik  im  Geiste  des  neun- 
sehenten  Jahrhunderts  wurzelt  und  nicht  in  frUheren ,  ist 
er  mit  Aehtitog  vor  Jeder  Religion  erfüjlt,  und  namentlich 
des  Inhalts  der  höchst^  Religion,  der  christliclien,  als  ideiK 
tisch  mit  der  höchsten  pliilosophlschen  W  ahrheit  sieh  be- 
Wnfet^  Wid  wird  also,  naeiidem  er  im  Verlauf  der  Kritik 
durchaue  nur  dieiSei^.  dee  Untersehieds  seiner  Überceu- 
giiiig  ?0A  ijiristlicben  CUaehlehtsglauben  liuitwgehehrt  hat, 


Digitized  by  Google 


tes  SelilariftblimiidUiig.  i  140. 

•dMäBtinMA  fMibn^  non  ebentö  aneh  dieSeite  der  Iden« 
Ütät  ma  ihren  Rechte  sa  bringen«  ' 

ZunXchtti  Indem  unere  Kritik  swar  In  aller  Analdbr- 

liehkeit  vollKogen  worden,  aber  nunmehr  an  demRefrufat- 
aein  TorQ bergegangen  ist,  fällt  sie  demselben  wieder 
£infaehbeit  des  unentwickelten  Zweifel«  soaammeiii 
welelien  sieh  das  gläubige  Bewufttsein  mit  einem  ebena» 
einfachen  Veto  kehrt,  und  nach  Zurfickweisong  desselben 
das  Geglaubte  in  unverkUmmerter  Fülle  wieder  ausbreitet* 
Indem  aber  hiemit  die  Kritik  nur  beseitigt|  nich(  ttberwiUH 
den  Ist^  wird  das  Geglaubte  nicht  wahrhaft  vermittele  eoi^ 
dern  bleibt  in  seiner  Unmittelbarkeit.  Seheint  so,  .Indem 
gegen  diese  Unmittelbarkeit  abermals  die  Kriti^  sich  kel^ 
ren  mnfs,  der  eben  vollendete  Procefs  sich  s||  vir^derhole^ 
ond  wir  sum  Anfang  der  Untersuchung  nurllekgeworfea 
SU  sein:  so  thnt  sieh  doch  sogleich  eine  Differens  iieryor, 
welche  die  Sache  weiter  führt.  Bisher  war  Gegenstand 
der  Kririk  der  christliche  Inhalt,  wie  er  in  den  orange 
lisehen  Urkunden  als  Geschichte  Jesu  Torllegt:  nua  dieser 
durch  den  Zweifel  in  Anspruch  genommen  ist,  reflectirt  er 
sich  in  sich ,  suclit  eine  Freistätte  im  Innern  der  Giaubi- 
geoi  wo  er  aber  nicht  als  Idofse  Geschichte,  sondern  als 
'In  sieli  reflectirte  Gesebicbte  ^  d.  b*  als  Bekenntpils  und 
Do'gma ,  vorhanden  Ist*  £rwaeht<  daher  allerdings  auch  ge* 
gen  das  in  seiner  Unmittelbarkeit  auftretende  Dogma,  wie 
gegen  Jede  Un  mittel  barkeit  ^  die  Kritik  als  ^egatirit£t  and 
Streben  naeh  Vermittlung:  so  Ist  diese  doch  nicht  mehr, 
wie  bisher,  historische,  sondern  dogmatische  Kritik,  und 
erst  durch  beide  hindurchgegangen,  ist  der  Glaube  wahr- 
liaft  vernutteltj  oder  sum  Wissen  geworden. 

Dieses  s weite  Stadium,  welches  der  Glaube  sn  durch- 
laufen bat,  mttiate  eigentlich  ebenso  Wie  das  erste  Ge- 
genstand eines  eigenen  Werkes  sein:  *  hier  soll  es  nur  In 
seinen  GrundsAgen  rerseichnet  werden^  um  die  historische 


Digitized  by  Google 


KHtIk  Mkt  ^me  AimmMü  mmt  ttr  leMsZIel  dbmbmhen, 

%fveiches  erst  jenseits  der  dogmatischen  Üegt. 

$.  141. 

Die  Cliristolegle  des  orlbodoien  SysteoM. 

Der  dogmntische  Gehalt  des  Lebens  Jesa  in  seiner  13 n- 
nittelbarkeit  festgehalten  und  aaf  diesem  Boden  ausgebil» 
dst^  ist  die  orthodoxe  Lehre  ron  Christo.  ^  ^ 

Ihren  Grandsttgen  neeh  findet  sie  deh  sehon  Im  N.  T» 
Die  Wurzel  des  Glaubens  an  Jesum  war  die  Uberzeugung 
▼oa  seiner  Auferstehung.   Der  Getödtete ,  schien  es ,  wenn 
Mch  noeh  ao  grefs  einst  im  Leben ,  könne  der .  Messias 
•nieht  gewesen  sein:  die  wnndenrolle  Wied^rbelehang  he» 
wies  um  so  stärker,  dafs  er  es  war.    Durch  die  Aufer- 
weckung  aus  dem  Schattenreich  befreit  ^  and  eugleichüber 
die  Sphäre  irdischer  Mensehheit  liinaosgehoben  ^  war  er 
ana  In  die  hlmmlisehen  Regionen  Terseatf  hatte  seinen 
nessianischen  Siz  zur  Rechten  Gottes  eingenommen  (A.  G. 
2,  32.  ff.  3,  15.  ff.  5,  30.  ff.  und  sonst).     iNun  ersoiiien 
aein  Ted  als  Haupttheii  seiner  nessianischen  Bestimmung: 
nach  Jes.  SS.  hatte  er  ihn  für  die  Sflnden  des  Volks  und 
der  Menschheit  erlitten  ( A.  G.  6,  32.  ff.  vgl.  Matth.  20,  28.  ' 
Joh.  1,  29.  36.  1  Joh.  2,  2.);  sein  am  Kreus  vergossenes 
Blut  wirkte 9  wie  dasjenige,  welches  am  Versöhnungsfest 
der  Hohepriester  gegen  den  Deckel  der  Bundeslade  sprengte 
CRüm.  3,  25.);  er  war  das  reine  Lamm ,  durch  dessen 
Blnt  die  Gläubigen  losgekauft  sind  (1  Petr.  1,  18.  f.);  der 
ewige )  sttndlose  Hohepriester ,  der  durch  Darbringung  sei* 
nes  eigenen  Leihas  mit  Elnemmale  bewirkt  hat,  was  die 
jadischen  Priester  durch  unendlich  wiederholte  Thieropfer 
nicht  aussnrichten  im  Stande  waren  (llebr.  10,  10.  f).  u.  s.j. 
Aber  auch  ron  Jeher  schon  konnte  der  jeat  •  nur  Rechten 
Gottes  erhöhte  Messias  kein  gewdhnlioher  B|ensch  gewe- 
sen sein :  nicht  blofs  war  er  mit   dem  göttlichen  Geiste 
in  höherem  Maais,  als  je  ein  Prophet,  gesalbt  (A.  G.  4,  27. 

D«f  Ltbm  J4tu  II.  Band.  44 

* 

/ 

Digitized  by  Google 


61HI  SohiuisabbAiifiUiig.  141« 

lUy  nnd  hatte  fiurcli  Wunder  und  Zeiciieii  aieh  «J« 

gttttliclMii  GetuMbtn  enrlMan  lü»  %  SS.),  uondun^iriu 
mnn  es  sieh  nun  ▼orttellen  mochte ,  war  er  entweder  übema* 

tUrlich  durch  den  heiligen  Geist  erzeugt  (Matth,  u.  Luc.  ].), 
oder  als  Gottes  Weisheit  und  Wort  in  einen  irdischen 
Leib  iierabgekoanien  (Job,  !•)•  Ba  er  aeboa  vor  autneiA 
menschllcben  Auftreten  In  SehooTa  des  Vaters,  in  gdttiieher 
Mafestät,  gewesen  war  (Joh.  17,  5.):  so  war  sein  Herab- 
koinmen  iii  die  Menschenwelt  und  besonders  seine  Uiogabe 
in  den  sehmaebTollen  Tod  eine  fimiedrigmig,'  die  er  mm 
freiem  Triebe  anm  Beaten  der  Menschen  auf  aieh  nahm 
{Vha.  2,  5  If.)-  J^ci*  Auferstandene  nnd  zum  Himmel  Ge- 
fahrene, wie  er  einst  ^ur  Auferweckung  der  Todten  und 
Bum  Gerichte  wiederkehren  wird  (A*  G.  1»  11.  17,  ^Uyz 
so  nimmt  er  auch  jeat  achon  ala  TlwÜhaber  an  dar 
Weltregierung  (Matth.  28, 180  Gemeinde  sich  an  (Rom. 
Sf  34«  1  Joh.  2,  L)  9  und  wie  jezt  an  der  Weltregierui^ 
so  hat  er  auch  achon  an  der  Weitachöpfung  Theii  genom* 
mea  (Job.  1,  3,  10.  Kol.  1,  I«.). 

Welche  Fülle  vun  beseligenden  und  erhabenen,  er- 
munternden, und  trüstiicben  Gedanken  Üofs  der  ersten  Ge- 
meinde ans  diesen  Vorsteliungen  über  ihren  Cliriatual 
Duroh  die  Sendung  des  Sohnes  Gottes  in  die  Welt,  dvreh 
seine  Hingabc  für  die  VV^elt  in  den  Tod,  i>iri(i  Himmel  und 
Erde  versühnt  (2  Kor.  5,  18  ff.  Lph.  1,  10.  Kol.  1,  20.); 
durch  diese  höchste  Aufopferung  ist  den  Menschen  die  Lie- 
be Gottes  sicher  verbürgt  (Höm.  ft,  8if.  8,  Slffi*  1  Job. 
4,  9.),  und  die  freudigste  Hoffnung  ihnen  eröfinet.  Ist  Her 
Sohn  Gottes  Mensch  geworden :  so  sind  die  Menschen  sei- 
'  ne  Brader,  ais  aoiche  gleiclifaUa  Kinder  Gottes  ^  und  Mit- 
erben Christi  an  dem  Sehatae  göttlicher  Seligkeit  (Rom. 

16  f.  29.).  Das  knechtische  Verhältnifs  der  Mensehen 
Mtt  Gott,  wie  es  unter  dem  Gesea  stattfand ,  hat  aufgehört, 
an  die  Stalle  der  Furcht  vor  den  Strafen,  mit  welehea 
das  GescK  drohte^  ist  tiebe  getreten  (ilöm.  89  IS.  Gal.  4| 


Digitized  by  Google 


Schlnfsabhandlang.  $•  141*  G91 

I  fr.)*    Vom  Fluch  des  Gesetzes  sind  die  Gläubigen  dadurch 
losgekauft)  dnCs  Christus  sich  für  sie  demselben  hingab« 
Inciem-er  eine  Todeaart  erduldete)  auf  welche  das  f^eeei 
den  Pineh  gelegt  hat  (Gal.     IS»)»  Nun  haben  mht  nksht 
mehr  das  Unmögliche  au  leisten  ^  dafs  wir  alle  Forderun- 
gen des  Gesetzes  erfüllen  müfsten  (GaL      10  f.)  —  eine 
Aufgabe^  welche  der  fir&hrung  nnfolf»  kein  Mensch  Ittsl 
(Rdm.  1)  18--3,  20.) )  seiner  sandigen  Natur  nach  4einer 
lösen  kann  (^Röm.  5^  12  ff*))  und  welche  den^  der  sie  bu 
lösen  strebt,  nur  immer  tiefer  in  den  unseligsten  Kampf 
mit  sich  selbst  varwiekelt  (ftta*  7^  7ft)t  aondern  wer  an 
Christum  glaubt,  der  -versUhnenden  Kraft  seines  Todes  ver» 
traut,  der  ist  von  Gott  begnadigt;  nicht  durch  Werke  und 
eigene  Leistungen ,  sondern  umsonst  durch  die  freie  Gna- 
de Gottes  wird  der  Menscii|  der  sieh  ilir  bingiebt^  Vor  Gott 
gerecht,  wodurch  nugleieh  aUo  Selbsterhebimg  aosgesohlos» 
sen  ist  (Röm.  3,  Slff.)»    Indem  das  mosaische  Gesee,  dem 
er  mit  Christo  gestorben  ist^  den  Gläubigen  nicht  mehr 
mbinden  kann  (Röm»  7,  Iff.)»  itidem  namentlich  durch 
das  ewige  nnd  roligHitige  Opfer  Christi  der  jÜdiBehe  Opfitt^ 
und  Priesterdienst  aufgehoben  ist  (Hebr.))  ist  die  Schei- 
dewand gefallen,  welche  Juden  und  Heiden  trennte:  diese^ 
sonst  fern  und  fremd  der  Theokratie ,  gottverlassen  nnd 
'  hoffiiungslos  in  der  Welty  sind  nur  Theiinahme  an  dem  nenen 
Gottesbunde  herbeigerufen,  und  ihnen  freier  Zutritt  aum 
väterlichen  Gott  verschafft  worden;  so  dafs  nunmehr  die 
beiden,  sonst  feindlich  getrennten  Theile  der  Menschheit 
•   In  Frieden  miteinander  Glieder  am  Leibe  Christi^  am  gel« 
stigen  Bau  seiner  Gemeinde  sind  (£ph«  2,  11  ff*).  Jener 
rechtfertigende  Glaube  an  den  Tod  Christi  aber  ist  we* 
ientlich  sogleich  ein  geistiges,  mit  ihm  Sterben  5  nümlieh 
dn  Absterben  der  Stfndoy  nnd  wie  Christus  ans  dem  Tode 
eu  neuem  unsterblichem  Leben  auferstanden  ist :  so  soll 
auch  der  an  ihn  Gläubige  aus  dem  Tod  der  Sünde  au  ei« 
nem  nenen  Leben  der  Gerechtigkeit  nnd  Heiligkeit  anfer* 

44* 


Digitized  by 


SehluUlikhciiillttiig«  %  14] 


«taSeii)  den  Alten  MefMehen  abthnn  iiiid  einen  neoen  an* 
sieben  CRöm«  6,  1  ff.)*   Dam  etebt  Ihm  Christvs  selbst  mit 

fieinein  Geiste  bei,  welcher  diejenigen,  die  er  beseelt ^  mit 
geistigem  Streben  erfüllt  und  immei*  mehr  von  der  Knecht» 
iehaft  der  Sftnde  frei  maebl  (Röm.  8, 1  ff.>  Ja  niebt  blofs 
geistig  jeet,  sondern  einst  aoeh  lelblieh  werden  diejenigen, 
in  welchen  der  Geist  Christi  wohnt,  durch  ihn  belebt,  in- 
dem ijoU  durch  Christum  am  £nde  dieses  Weltlaufa  ilm 
Leiber  auferwecken  wird,  wie  er  den  Leib  Christi  aote- 
wecitt  bst  (Röm.  S,  II.)*  Christus,  den  die  Bande  des  To* 
des  und  der  Unterwelt  nicht  halten  konnten  (A.  G. 
iiat  beide  auch  fflr  uns  besiegt,  und  den  GlHubigen  die 
Fnrd(t  vor  diesen  hfiehsten  MXcbten  der  EndÜehkelt  bu- 
nommen  (R5m.  89  S8f.   1  Kor.  19,  55  ff.  Hebr.  t,  14  f.  \ 
Seine  Auferweckung,  wie  sie  seinem  Tod  erst  die  versdh* 
•nende  Kraft  verleibt  ^Rdm.  4  9  25. so  Ist  sie  sugleleli  die 
ßftrgtehaft  untrer  eigenen  kAnftIgen  Aulentelning,  mmgm 
Antbeilf  an  Christo  in  einem  kllnftfgen  Leihen,  in  seinem 
messianischen  Reiche,  eu  dessen  Seligkeit  er  bei  seiner  Wie- 
derkunft alle  die  Seiuigen  einfiibren  wird  (1  Kor.  I5.>. 
Inswisehen  aber  dflrfen  wir  uns  getrtfsteni  an  Iba  rineu 
Fürsprecher  bei  Gott  au  heben,  der  aus  eigener  Erfah- 
rung von  der  Schwäche  und  Gebrechlichkeit  der  Menschen- 
natar,  die  er  selbst  angelogen  hatte  ^  und  in  der  er  in  al* 
loa  Stfieken  versueht  wurde,  doch  ohne  HAnde,  weUsy 
wlo  rieler  Neehsicht  und  NaehhAllb  wir  bedOrfen  (Hebr. 
S,  17  f.  4,  15  f.). 

Den  Ralehthnm  dessen ,  was  der  Glaube  an  Christo 
hatte  I  In  beatimmte  Formeln  ausammensnfassen,  war  ed- 
nen  Anbingem  sehen  frOhe  BedOrffilfs.  Sie  firielben  Iba 
als  Xgigog  6  anol>avtaVf  fiäkkov  de  xai  iy€Q%^fiSf  <'>är  ^oi 
i^iP  i»  6eSif  tö  ^ctf  f  cg  xot  invyx^vH  vniQ  ( Rom. 
8,  S4.);  oder  genauer  biefs  er  X  o  migioß^  yfvd/atvog  it 
oniQficeiog  Javiö  xctia  aaQxcty  6()ia!)f}^  riog  0<it  tv  di  vu'^ 

s 

t 


Digitized  by  Goog 


iieiiiolViibiiAndluiig.  $.  141« 

ond  als  das  ofioloyofthiog  fiiya  rr^  iiaeßiiag  fivc((iiov 
if»«flliil  dte  Wahrheiten  hingestellt:  ^Bog  i^avfQti^i^  «V 
vanxt^  idutmm^fj  b  ftmifiaii,  ui(px>j]  uyyiXotgj  ixr^Qvxl>i^  iv 

AnaohJiAbend  an  die  TiMifibrmel  (Meltb.  18»  19.),  wel- 
che durah  die  Zoflemnensleilling  ren  Veter,  Sehn  and  Geist 

gleichsam  ein  Fachwerk  darbot,  um  den  neuen  Glauben  in 
dasselbe  einzuordnen,  bildete  sich  in  der  Kirche  der  er- 
ettp  dehrbvoderie  .die  segeeemafe  regula  jMcl  eat»  welche 
in  veieehledepen  FerMii,  bald  eiinuBMrieeher,  bald  aatfdiir- 
Ueher,  populfirer  oder  subtiler,  sich  bei  den  yerschiedcnea 
YAt«)rA  findet  und  nach  ihrer  populären  Form  endlich 
im  eegeMnuM  apoftelisebeii  Syiabol  ser  Ruhe  fcaai|  wel« 
eitee,  in  der  Qeetelt,  in  weleher  es  aneia  von  der  evange- 
lischen Kirche  aufgenommen  worden  ist ,  im  zweiten,  niis- 
ftthrlichsten».  Artikel  vom  Sohn  folgende  Glafibensmomi^nte 
iierrerbelii:  et  (credo}  in  Jesfun  ChrUtum^  ßUum  €juß 
(DHpaMs)  unieum^  Dominum  nostrum;  qui  canoeiim 
tus  est  de  spiritu  sanctOy  natus  ex  Maria  i'irgine;  pa^- 
sus  sub  Pontio  PilatQj,  crucißxusf  mortuu*  et  sepuUuji, 
dMSC€ndit  ad  it^rnai  tertia  die  re^arrexU  a  mortui^it 
üMomndit  ad  coelost  sedel  md  dexlram  Dei.  patris  omni» 
potentis;  inde  venturus  est  y  judicare  vh^ös  et  mortuoM, 
Neben  dieser  volksrafifslgen  Form  des  filaubensbekennt- 
nisses  in  Bei^g  auf  Christum  gieng  aber  nugieieh  die  Aue» 
bÜdnng  einer  selilU^brett  tiieelogiseben  Fiistung  desselben 
iMr,  verenlefst  derch  die  Dlffereneen  und  Streitigkeiten, 
welche  sich  frühseitig  über  elnaelne  Punkte  desselben  her- 
Torthaten.  Das  Grnndthema  des  ehristÜchen  Glaubens,  das: 
t  koyogaagS  fytntOf  eder:  ^eo$  i(i  fne(w)&fj  ipcaitxiy  war 
Tou  allen  Selten  gefährdet,  indem  bald  die  Gottheit,  bald 


I)  Iren.  adr.  baer.  1,  lO.  Tertull.  de  pracscr.  hacr.  1$,  adv. 
l'raji.  2f  de  veland.  virg.  1.   (Jrig.  de  pri»€ipp..(|i;iovcm.  4« 


Oigitized 


die  9fensohhelt,  bald  die  wahre  Verelnl|^ii|(  beider  in  An- 
#|iriich  genomnien  wqrde,  0le|eiiigen  «war,  welche,  wie 
iHe  EbtonHeiH  die  Gotlbelt,  «de«^  wie  Ae  deketieeben  Sar 
•tikeis  dl^MenathbeliC^fiitl  dorehaiia  aofbehen  ^  aoMo*> 

aen  sich  eu  entschieden  von  der  christlichen  Gemeinschnft 
aus,  welche  ihreneita  den  Grandaas  festhielt:  daft 
f)^'/fecift^'Mi  tB  icai  i^S^mtm  diu  tdkiQ  ngag  laori^ 

ytlv^  «Ofi  ^eij  fih  TVCeQacijüai  rov  Sv^Quinnv^  avS'Qionot;  61 
yiM^fm  TOT  ^edr  'X  Aber  weaa  etwa  bloOi  die  Veliieia> 
digfccffc  «fer  «tuen  'oder  Imdern  KiiHir  gelettgnat  wmdai 
wenn  Arloa  vroKI  ein  iftfttHehea,  aber  geaflliallenea  ondlitt 
'bächsten  Gott  untergeordnete«  Weten  In  Chrlato  Mensch 
fje^orden  sein  liel^i  ^^ji  wenn  derselbe  ChHalai  «war  einen 
fMuaehdeheai  Lelb'misehrieby  Ki  welobe«  *db^*  die  Mb  | 
der  Seefe  eben  Jenes  htfhere  Wesen  <lngeneiafcni»n  haiie^)) 
vnd  Apolilnarla  a  iaser  dem  Leih  auch  noch  die  Seele  Jesn 
wahrhaft  menaohlloh  aeln,  nnd  nnr  an  die  Stelle  des  drit> 
tau  Prln6i|w  im  -Nenaohen,  dea  ifSg$  daa  gttulklie  Wem 
treten  lleAi^);  sa  konnte  aelehen  Analohfen  sohon  eher  «Ii 
Schein  des  ChrUtliohen  gegeben  werden.  Dennoch  wlet 
da«  BewiilklBein  der  Kirche  sowohl  die  arianlsche  Venlfli- 
Innif  ehiMi^tn'  Jean  Menaoh  fawordnen  OaforgqitM* 
^ben  andern  minder  weaendlehen  QrOnden  anoh  deftwegM 
aoHlok,  wotl  anf  «ilese  Weise  in  Christo  nicht  das  anschao- 
bare  Ebenbild  der  G  >ttbeH  er«ohiaiten  wlii«  7) ;  al«  di« 
arianlaeb«apoiltnnrlaliaehe  tqq  elrier  der  menaehildhen  ^Hft^ 
odier,  de«  menadhllohen  eresanfvelnden  Bfenaehanaatw 
Ghriatt  nnter  An^lreoi  na«  dem  Groodes  weil  nur  durch 


f)  t.  MtfNftCHKR*t  Boga»enge«alu9  ii«rwnpf»  T«a  Ohu^  Is 
O  Irtn«  «dr*  batr,  8|  ta,  7« 

4)  ««  MOasaiwa»  f «  Hfl  t«  ^ 

I)  Sbendas.  |,  79«  Am,  t, 

40  Bheadas.  Anm«  9%  '  ' 


Digitized  by  Google 


I 

ScbliirsAbliaudlung.   $•  141 


die.  Veraiiiigung  mit  einer  gany.eii  und  voUstMiicligeii  IVIen- 
•clMniiatiir  duite  juvok  alleA  Xiudieu  habe  erlöst  iv€V«Un 

Doeh  et  konnte  nleht  Uofs  die  eine  eder  andere  SUSH9 

im  Wesen  Christi  zarückgestellt ,  sondern  nuch  in  Bezug 
ml  ihre  Vereinigung  in  ihm ,  und  zwar  wieder  auf  entge- 
gengneite  Weite  9  gefehlt  werden.  Die  andftebtige  Beg^ 
etmiinf  Vieler  glaubte,  das  neugetohlungeife  Band  nwiachen 
Himmel  und  Erde  nicht  eng  genug  anziehen  zu  liönnen : 
in  Christo  wollten  sie  Gottheit  und  Mensoliheit  nicht  mehr- 
vnterscbeiden,  and  erkennten  In  ihuu  wie  er  alaJÜne  Per* 
•Oll  ertehienen  war,  aneh  nor  Eine  Natur,  die  do«:fleiteli> 
gewordenen  Gottessuhnes,  an  Der  Besonnenheit  Ände* 
ri*r wer  eine  solche  Vermischung  des Göttlicheniuui A^eiiach- 
Jioheni  anttöaelgi  ea  eeblen- ihnen  frevelbaflt||sn'p#gfi|i9  4füa 
eine  Mentehllehe  Matter  Gott  geboren  haiie;  nar  den 
sehen  habe  sie  geboren,  welchen  sirh  der  Sofin  Gottes  zum 
Tempel  auserwählt  hatte,  und  es  seien  in  Christo  zwei  Na- 
turen nwar  der  Merehranj|  naeh  veriuitt|ift,  aber  den  We- 
sen nach  neehjBoier  rerechieden  '^).  Her  kirelie  aetdea 
auf  beide  Weise  das  Mysterium  der  Menschwerdung  ge- 
fälirdet:  wurden  beide  Maturen  bleihend  getrennt  gehalteOf 
eo  war  die  Vereioigang  des  Göttliehen  imd  M^iffoUieheo» 
der  innertte  Lebenapankt  dea  Cfarl»tentbnaia,  oiraMKrt^  war> 
de  eine  Vermischung  angenommen  ,  so  war  keine  von  bei- 
den Naturen  als  solche  einer  Vereinigung  mit  der  andern 
l&big,  somit  gieiehlalU  keine' Walire  Kiaheit  beider  emieht. 
Beide  Meinungen  worden  daher)  die  lestere  In  Entyches, 
für  die  erstere  nicht  ebenso  mit  iieeht  Nestorius,  ver- 


h)  Gregor.  Naz.  Or.  51.  p.  740.  B.    (iti  Mi)»sciiKR,   S.  275^) : 

9}  Ii.  M0asaiifa»i..80«:  ... 
10)  Ebcadas.' 


Oigitized  by 


dämmt y  und  nnchdem  schon  im  nlcfinischen  Symbol  fife 
wabre  Gottheit  Christi  festgetest  worden  wnr,  naninehr  in 
•tifilr#ilonensi«chen  «neh  telne  wahre  oiifl  foU«limllg<B 
'  Meiiaehhell^,  und  iNe  Verelnl^n^  beider  Naturen  In  Einer 
iinzerfrpnnfen  Person,  festjs^estellt  * Und  Als  «Ich  spÄter  ^ 
Uber  den  Willen  in' Christo  eine  äbnliehe  Differenz  her- 
Terstotfte,  wie  filier  seine  Natur:  eo  wurde  auf  dieeeihe 
VTette  enttehleden,'  daf«  In  Christo  als  deei  Ootttoeneellen 
rwel  nnterschipflone  Willen,  aber  nicht  iineins,  sondern 
der  menschliche  dem  göttlieben  sich  unterordnend ,  anstf- 
«ehmen' i^teil  > 

De«t  Streitigkelten  über  das  Sein  und  Wesen  Cbrleli 
gegenüber  gfien^  die  Entwicklung^  der  andern  Seite ,  der 
{jehre  von  seinem  Thun  and  Wiriten,  rerhXltnUsmKsig 
flüU  und  fkiedlieh  vor  sieh.  Did  umibnendtle  AnnohBrnng 


^  Ji)      tra  val  j^r  mStop  Sft9iof§tr  vier  r3r  «if(i«r  ißt^r  ^.  X* 

ma\  riXttor  r^r  avror  tr  arS^Qtmdrrjrtj  &§or  al^9tSs  arar«  Sr&^m» 
nor  altjStSf  roy  avroy  t*  y^^X*}^  ioytjtij;  Mal  atiftQtOi^  6fto4ator 
rß  narqk  xara  ri^r  ^§Stijra,  araV  6ßtoi!aiov  ror  ttvtov  ^fttr  ttari 

Itfjjra'rMT  9h  Hh  ij/ui^tSi^       m9tir  St  ijfiSq  tnii  M  r^r  >7««t^ 

^fmdrtjta}  trm  xo\  rir  avror  X^tgor ,  wor^  jrt/^ior,  ftor^tr%^ 
9m  iJo  fifwtmp  i9VfX^*Hf  mrfdnwg^  odiaip/riap,  J^rüf/gtic  y^m- 
fiC^f^^w'^  i40f»8  «ff        fiift«r  l  dnyo^aj  ivffiif^f  Stm 

§U  tr  fffdat^op  mi>  fiiar  üno^aotr  «orr^ix^fvift'   3m  tig  9v% 

n^dattTxa  /uf^tt^durroy  ij  Siat^it/mtrov^  aXjC  Vra  Mal  ror  avror  vlor 
ma\  fioyoytyfi  ^    &f6y  loyoy ,  xvqtor  V.  X. 

iX)  Die  6te  ökumeniicbe  Synode  sn  Gonstantinopel  texte  fest: 


Digitized  by  Google 


ächlufsahliAiiiiiiag.  S-  141.  mS 

davon  war  die ,  dafs  der  S<iKn  Gottes  durch  Aonaiinie  der 
ÜMMobamMtur  diese  geheiligt  wmd  vtl^uUtbl  h«JM.^^]b 
w«M  üMMOtiicli  JSMmÜiiiv  der  Bniterhliehteir  hm- 
vorgehoben  wurde  '  ^) ,  und  In  gemüthlicher  Weise  fafste 
man  dieia  Verhältnifs  auch  so,  Gott  habe  dui*ch  den  an- 
varkooMMMMbn  Liabesbaweiay  ilar  in  dar  Settdarig  splnt 
.SaluM  litg«9  dia  Hanaehea  aafa  kriftigste  .aar  fiaganll^- 
be  erweclit*^).  An  dieser  Einen  grofsen  Wirkung  des  £r« 
acheinens  Christi  wurden  aber  auch  einaelne  Seiten  her- 
Targakobaa:  auf  saiaa  heilsaaM  Labrai  aafai  arhabanea  BitU 
apial  aafsarktam  gaanaht«*),  baaandara  ab«r  a«£  dt«  ge- 
waltsamen Tod,  den  er  erduldet  hatte,  Gewicht  gelegt. 
Der  .Begriff  der  Stellvertretung ,  der  schon  im  N.  T.  gege* 
bau  war  9  wurde  weiter  aosgafilbflt:  der  Tod  Jaa«  bald 
ab  aia  Lgsegeld  balraohlal,  wakhaa  ar  daai.TevM  dIa 
durch  die  Sünde  seiner  Gewalt  verfallene  Menschheit  »-be- 
gaben habe,  bald  sollte  iiott  dadurch  die  Schuld  abgetra* 
gaRji  nad  er  in  den  Stand  geseat  worden  sein,  nnbeselllh» 
jdal  idnar  W^ahrhaftigkell  dia  dar  Saude  gedfobcfn  fttma« 
fen  der  Mensehbeit  au  erlassen,  well  Christus  sie  auf  sieh 
genommen  hatte  Diese  lestere  Vorstellung  wurde  durilb 
.▲vaaLM  in  aainar  Schrift:  Cur  Deus  hamoy  ander  bekaiuH 
«an  SatSslkbliaoadleafia  aaagebildae^  dweli  walithaaaglaWi 
die  Lehre  von  dem  Erlüsungsgeschlift  Christi  mit  der  voo 


13)  Albanstl  de  lacsrn.  54:  avros  Irrjt^QciTrtiatr  y  lya  tj/utTs  9to^ 
not^i^wfJtr.  HiUr.  Pictav.  de  trin.  2y  24:  huxnani  gencris 
caas«  Dei  filiiis  natus  et  virgine  est  —  ut  homo  factus  ex 
virginc  naturam  in  sc  carnis  acciperet ,  perque  hujut  admix- 
lioaU  secietatem  sanctificatuia  ia  ea  aaiversi  generis  humani 
corpus  eaifterel.  Andere  Xasseraagea  dar  Art  bei  Mite* 
scuaa,     97«  Aam.  10« 

14)  Mfbrscaaa,  $•  96»  Aaau  5* 

15)  i.  ebendas.  8«  AtU 

16)  Ebendas.  §.  96. 

17}  Ebendas.      97.  '  ' 


Digitized  by 


im  SohliifsAbhaiiiiiiiog.   S*  141. 

Feiner  Person  in  die  engste  Verbinduno^  ^esezC  wurde.  Uer 
kfeiisoh  UtGott  ▼ollstündigen  Gehorsam  sohnidig;  der  5ün. 
4er  aber  —  mnd  diefr  «ind  aUe  Mtiimfcan  —  eiitsMt  6«tt 
die  iehaldige  Letdivag  und  Ehre.  Da  iHm  fielt  «ine  Be> 
letdigung  seiner  Khre  veraiöge  seiner  Gerechtiglieit  ntciiC 
tlolden  kann :  ao  muf»  eatvpodar  dar  Mansch  freiwiiiig  Gott 
wiedarfabaiiy  waa  Qkiltof  J«  sar  fanitiwag.  Ikm 
-Boob  mehr  leisten^  ala  ar  Ihm  eataagen  bat,  odap  »»feOstt 
dem  Menschen  mit  Gewalt  nehmen,  was  de»  Menschen  ist, 
d.  h.  dia  Glückseligkeit,  au  der  er  geschaffen  ist,  ihm  rar 
flcnfb  antsiahan«  Janas  sv  tbim  Im  dar  Mamak  nicht  Im 
Ikande;  dann  da  ar  alias  CInta,  laaa  «r  thun  kann,  Gatt 
schuldig  ist,  um  nicht  in  Sünde  zu  verfallen,  so  kann  er 
nichts  Gntaa  äbrig  haben,  um  durch  diesen  überschals  dIa  | 
bagnnfana  Sfinda  «i  dachen»  Halb  amdrarsaim  Gott  dwnb 
ewige  Stmlbn  aiebflenngthoung  wachafib,  dagegen  Ist  sei- 
ne unrerfinderliche  Güte,  kraft  weicher  er  den  zur  Seiig- 
heit  bestimmten  Menschen  anch  wirklich  au  dieser  fahren 
uHU«  Web  bann  aber  Termtfge  der  gttttUehan  Geracbtif- 
holt  nicht  gesehalian,  wenn  nteht  Genagthnnag  Ar  den 
Menschen  geleistet,  und  nach  Maafsgabe  dessen,  was  Gott 
entaogen  worden  Ist,  ihm  etwas  gegeben  wirdy  das  grKfiiar 
•isti  nie  Alhm  ansscr  Gott.  IHsiä  aber  lat  nnr  Gern  aelbs^ 
«ad  da  nndrsrsella  Ilh>  d0n  Mnttschen  «inb  der  Mensch  ge- 
nngthnn  kann:  so  mnfs  es  ein  Gottmensch  sein,  der  die 
Genngthuang  leistet»  Diese  kann  nfther  nicht  In  thütigem 
Gaharaam»  In  aflndlosam  Leben«  bestehen,  well  diefs  jedes 
Tcmanf^ige  Wesen  Gott  für  sich  selbst  schon  schuldig  ist; 
aber  den  Tod,  der  Sünden  Sold,  auf  sich  eu  nehmen,  ist 
der  Sündlose  nicht  schuldig ,  und  besteht  also  die  Gennf> 
thnnng  fttr  die  Sünde  der  Menschen  Im  Tod  des  Gottmen> 
sehen,  dessen  Belohnung,  weil  er  als  Eins  mit  Gott  nicht 
selbst  belohnt  werden  kann,  der  Menschheit  au  Gute  kommt 
Dieses  altkirchliche  Lehrsystem  über  die  Fefaoa  und 
Th&cigkoit  Chrisa  gieng  auch  In  die  Bekehntpjlsqdirlftmi 


Digitized  by  Google 


der  iatherbchen  Kirche  aber,  «nil  ivfHrdft.rvip.  d»n,Tht^ 
Ugm  denalbo«  Koeh  fciwitltdMr  wiig^Mbi '  t)>  * 
•on  ChrisH  betvtfl^dl  wiird»  mm  4mt  V«teinigvng  der  gött- 
lichen und  inenachiichen  Natur  in  Einer  P^r^of^  {ettgehair 
ten:  im  Akte  ü^me^^M^  dim  umtiapßrsontUUf  Mtebhe  «1$ 
«kr  EmpAliignift  staiMuMaiM,!  wm  4h  fWfiebe  BfaMp 
•dbt  Sfllmet  Gottes,  welche  die  inenwiliiohe  sur  £inheit  ih- 
rer PmttniiohJieit  «afiiahin ;  der  Zustand  d»s  Vereinigt* 
-Mint»  die  unia  pgrjoiieto.,!aellie.  wede»  ^ine  w^eetUehe, 
Meh  ' flieh  eliie  blefe  ee^idtmeUe,-  iaek  Mse  joyttliobe » 

oder  moralische,  am  wenigsten  eine  nur  verbale,  sondern 
eine  reale  und  (Ihematürliohe,  ihrer  Dauer  nach  aller  eine 
#wige  Vertio^sng  ecia.  Vemilge  .dieeer  VerMndwg  mt/^ 
der  götdMMn  kemmen  der  ilMMUleheo  Udler  gewieee 
etgenthUmliche  Vor£ttgesn,  namentlich,  was  eonücbst  als 
Mangel  erscheint y  lAr  sich  unpersönlich  su  sein,  und  nur 
kl  der  Vereinlganf  irsit  der  ftfttliehen  MMr-Berüleaek- 
kelt'm  tmkkm^  ftmeh  Stodknigkeit,  .«ed  die.Möglichkelly 
nicht  EU  sterben.  Doch  ausser  diesen  eigenthamliohen., 
hat  die  menschliche  :Natur  Christi  li^  ihrer .  Vereinigoiig 
fldt  der  gdtdiehen  eoeb  gew^  von  dieetfe  g^jUeheM'  Vor- 
'sOge.  Dm  VeiUkeile  der  keides.  NnkM  lft.:B««liflb 
nicht  ein  todtea  und  fiusseriiches,  sondern  eine  gegenseiti- 
ge Dorckdringangj  neQtxoj(yriatg%  ■  aieht^  die  Verbindung 
awelir  »ek— pm^feMten  Arettofv  e0admMeiMife«ir 
nd*  Mfeiill  If  glakewden  Eieen»,  oder  «vie  lü  IMtMehiii 
TOn  liCib  und  Seele.  Diese  cammunio  naturarum  Sussert 
sich  als  communicatio  idiomatum^  kraft  welcher  die  mensch- 

18}  y$U  Venu  Concorde,  E|»lt«  und  toL  deä,.VI|I*  p.6eslt' und 
'  761 C  ed.  HssB.  Cwaotn»  de  dusbus  asturis  üi'  dbHsle  11^ 
'  bellus,  und  loci  IbeoL^'toe.  2,  de  fifio.  'OKaiuuui,'  'tt.'lb«  1» 
p.  640  IT.  (ed.  16150*   Quehstidt,  theol.  didaci.  pol.  P.  S* 
«•  9«  Vgh  et  Wnr«!  bibU-  pogm.  ^.  ^ff«        •<•'  i  ''Ui  ii 


Digitized  by 


900 


äcitiui:««bli«ttdiuiig.   S-  Ul 


«n  den  die  EFlöBolig  betreffenden  Tbüti^keiten  der  menscli 
ttehen  Tbeil  iilMmCw   OiiM  Verbältnifii  •priekt  üek  iu 
dfon  pr^poiiU&ki^Mi  petsimaMur  imd  idioinaUeU 
Jenes  Stifse,  In  wetehen  das  Concreedn  der  einen  Natur, 

,  d.  h.  die  eine  JNatiir, ^sofern  sie  in  Hei*  Person  tlirUti  be- 
griffen iiif)  röm  difuh  dar  «ndem  pridieirt  wird,  wie  1  Ke«. 
1S|  47:  4ler  «froite'JIdMn.lse  dar  Sebn  des  fliksiMtwi;  die- 
ses SffCee,  in  welchen  theils  Bestimtnungen  der  einen  oder 
andern  Natur  auf  die'  gsnae  Person  igttnwt  idiomatic-um)^ 
theils  ThXdgfceltan  dar.  gänsen  Barsän  auf  die  abaa  «der 
•ndara  Jitdw^  -  (^emus,  apoUieimaHcum) ,  ]tbdUa  andlidi 
Attribute  der  einen  Natur  auf  die  andre  übergetragen  wer» 

-  -den,  waa  aber  nur  von  der  göttiichan  anf  die  inenschUclini 
wkit  mngakahrt,  nOgUali  ist  (genus.  amohetmaUcum}, 

In  der  Bewegung  sainar  Paraaii  aftf  fhmm  s#ai  Hn- 
taren  durch  die  verschiedenen  Momente  des  £rlöäongs- 
warks  hat  Christus  nach  dem  an  PhiL  ^  6  ff.  anschUelsen- 
den  AnsdmaiL  dar  -Dagmatikar  ainan  sweifiMhan  Zustand, 
jaolum  twimtmManU  und  exaltmHoni^y  ditrohlaiifon.  Sa- 
fern  seine  menschliche  Natur  in  ihrer  Vereinigung  mit  der 
göttlichen  gleich  bei  der  EmpfiingnÜs  in  den  Mitbesix  gütt- 
liahar  filganaelinDton  kan^  aber*  van  diasan  «rilnaad  seinta 
-IManlaliana  kaina«  «asasMcitkinglmden  Qakranak  maak- 
te,  so  wird  dieses  Irdische  Leben  Jesu  bis  cum  Tod  und 
BegHibnifs  als  ein  Stand  der  ttniiadrlgong  mit  ▼ei-schic* 
danan  StatUnen  katraaktat^  wogegen  mit  dar  AntmleliMg, 
-adar  selian  «M^dar^  ttallwiAikrt,  der  Stand  der  Sriilihnng 
eintrat,  welcher  imt  der  ses4io  ad  dextran^  pa/rM  .seine 
Vaüenduitg  erreichte. 

^  Was  das  Werk  Christi  katriffit,  aa  aakreikt  ika  dia 
Dogma  tik  nnsrar  Kirche  ein  drailaehea  Amt  sv.  Ais  Pro- 
phet hat  er  die  höchste  Wahrheit,  den  göttlichen  Grlosungs* 
rat^scblnfs,  unter  Bekräftigung  dur/ch  Wunder,  derHenseh- 
fcail  gaoSanliart,  und  .ist  fiPlr.  Jeron  VefkOnd^gnng  noeh 
Immer  kasorgt ;  ab  Hahapfriaalv,  hat,  or  thallf  uk  aainaa 


Digitized  by  Google 


Schlnftakkiuidiaii«,      148.  Itf 

ttnstrKflitheii  Wand«!  das  GaMs  w  .«umt  .Statt  erfQJlt 
iabedi9ntia  activa")^  theik  in  atlnasa  Lekkn  «nd*  Tod  dla 

Strafe  getragen,  die  ons  gebohrte  (obedientia  pat/tiva)^ 
und  vertritt  ans  nun  fortwährend  bei  dem  Vater;  ^Is  Kö- 
nig endlich  re^ert  er  die  Welt  und  inabesondre  die  Kirche, 
welche  er  ana.  den  Klaipfen  der  fivda  snr  Herrlichkeit  dea 
HioiBela  führen,  and  dnrch  Aaferstehiing  and  Wahgeriahl 
Tollenden  wird. 

t.  142. 

Bestreitiuig  der  hirchlichen  Lehre  von  Christo. 

In  der  Lehre  von  dar  Person  Christi  giengen  schon 
die  RafamiirtaB  nicht  aa  weit  wie  die  Latheranar  adt,  im» 
dew.aia  deren  ieata,  itOhnMa  Fdgerang  ana  dar  Varainl» 

gung  des  Göttlichen  und  Menschlichen  in  ihr,  die  conitnu» 
nicatio  idiomatum,  nicht  zugaben.  Die  lutheritohen  Dog- 
■wtiher  aelbet  lieiaan  die  fiigenechaftan  der  meniehtichen 
Katar  eich  nicht  an  die  göttUcha,  nnd  Ton  dleaer  wenig» 
stens  nicht  alle  Eigenschaften ,  wie  z,  B.  nicht  die  Ewig- 
keit, an  die  menschliche  sich  asittheilen  was  die  Kc« 
fomiirten  an  der  £inwandang  t eranlaiata :  die  MittiMÜaing 
der  £Igentehaflen  mflata  eine  gegenseitige  nnd  roliatXndige 
sein,  oder  sei  sie  gar  lieine;  Übrigens  werde  auch  schon 
durch  die  blofs  einseitige  Mittheil ang  von  Eigenschalten  ei* 
nar  nnandiichen  Natnr  an  eine  andliaha  diata  nidit  aünder 
in  ihren  Wesen  anfgehaban,  ab  Jiena,  wann  da  mn  die* 
aar  Eigenschaften  annehmen  müfste  *).  Wenn  sich  hlege- 
gen  die  lutherischen  Dogmatilier  dadurch  zu  decken  such- 
ten |  dafa  aie  die  eine  JNatnr  die  Eigenaehirfiten  der  andern 
nar  aa  weit  nitbealtaan  liefaen^  uH  per  suam  indoUm 


I)  s.  die  dem  loeus  de  pers«  et  elllc.  Chr.  angehXagte  Oratio 

bei  GniBAaB,  a«  a.  O.  p.  7i9  f. 
D^s.  GsacAa»,  II.  th.  1^  p.  (iSSff«    MsiaannRa,  iastit.  symb.' 
71 U 


Digitized  by  Google 


m  8«ii4«(Ji«bli«nilliinf.  f.  141. 

poiest to  war  hiednreh  dlfe  ^onmmicatio  iäiamatum 
hk  der  Thiit  ««fgebob«ii|  wi6  sie  d^n  «neli  tefb^t  ron  4em 

lApthoilowiir  DogmAtikmi  nach  Rbikhard  fast  dorchaas  auf- 

gegeben  worden  Ist. 

Aber  atich  die  einfache  Warsel  dlem  vemiekeflea 
Idlonentauschea,  die  Vereiiiigiiiigdergtfitlleheii  und  menscli. 
Ilüheii  Nafyr     Bfner  Person,  traf  der  Widerspruch.  *  Schoo 
•die  Sücinianer  leugneten  sie,  weil  awei  Naturen,  deren  Je- 
de far  aich  aohon  eine  Person  ansMaehe,  namal  wenn  flb- 
nen  ad  entgegengeeeste  Efgeniehallten  nnkomnen,  wie  hier 
die  eine  nntterblieh,  die  andere  sterblich,  die  eine  anfungi- 
•los,  die  andere  entstanden  sein  solle,  aioh  nicht  an  einer 
-Peraon  bereinigen  können^),  nnd  ihnen  actamen  dte  R*. 
ttonaltaten  bei,  Uiden  aie  noeh  beaondera  hervorheben, 
liieila  daft  die  kit%hHehen  Formeln,  durch  welche  jene  Ver- 
einigung bestimmt  werden  solle,  fast  darchaus  nur  vernei- 
nend seien,  und  die  Sache  nieht  anachaniidi  nmehen,  thedi 
dnfii  an  einem  Chrietna,  der  milHflifii  einer  einwohnenden 
g6ttliehen  Natnr  dem  Bosen  widerstanden  und  sich  ohne 
'8inde  erhalten  hätte,  der  von  solcher  Hülfe  verlaaaeM 
'  Menach  kein  wahrhafte!  Yorhiid  haben  könnte  ^> 


3)  Reinhard,  Vöries,  über  die  Dogm.,  S.  354.  Gemäss  dem  tob 
den  Rcformirlen  gegen  die  Lutheraner  geltend  gemachten 
Grundiaz :  nulla  natura  in  sc  ipsam  recipit  oontradadeija» 
Puma,  Getck.  des  protast«  Lahrb.  fid.  \L  S. 

4)  Ftasli  Soom  de  Christi  aatura  disputilio.  Opp.  Bibl.  Fr. 
FtoL  i ,  p.  784.  Catech.  Racov.  Q.  %  IT.  Vgl.  Marhk»kks, 
instit.  symb.  96.  Auch  Spinoza,  ep.  21.  ad  Oldenburg. 
Opp.  cd.  Gfrörkr,  p.  55G,  sagt :  quod  quacdam  ecclesiae  his 
addunt,  quod  Dcus  naturam  humanam  aisumpserit^  aonol 
exprease,  me,  quid  dicant,  aescire;  ini0|  tit  vernai  faleary 
noa  »iaus  absurde  aühi  loqui  fidentnr,  quam  si  qoia  aihi 
diceret ,  quod  drculns  aaturam  quadvati  iadaerit. 

5)  (Röhr)  Briefe  über  den  Rationalismus,  S.  578  ff.  Wkgschki- 
PSA|  last,  theol.  ^.  128*   BaiTSCHMSXoaa  |  Handb.  der 


Digitized  by  Google 


Das  Wesentliche  und  Hiiltbare  der  mHonnllstislshefi 

MkcmM,  — MiBiangwtfiit»  >  wd  mwb  Merliiy.  wie  In  vIibImi 
»Stücken ,  die  negative  Kritik  des  kirchlichen  Dogma  ßnm 
Abschlufs  geführt  Vor  Allem  findet  er  bedenklich,  dafa 
durch  den  Ausdruck:  göttUcbe^andmensQUicheMiilar^ 
Uehei  wd  MeusekUiihei  mler  £ine  Kulagerie  gesollt  wioh' 
de,  und  swar  anter  die  Ketegovie  roit  Netur,  was  doeh 
wesentlich  nur  ein  beschränktes ^  im  Gegensaz  begriffenes 
Seia  hedeate«  l>enn  aberi  suu  dafii  soaet  kaue  Netur  ne- 
len  Elfiaelweeea  oder  Peneaea  geaielaeaai  eel»-  aeile  Udr 
umgekehrt  £ine  Person  an  awet  verschiedenen  Nntaren 
.  Theil  haben.  Sei  nun  Person  eine  stetige  Lebenseinheit, 
Katlir  ebec  der  labegriff  voa  fleMtaea»  aaeb  wekbea  die 
Lebeneaaetiade  eieh  veriaa&ai  eo  eei  aiekt.aa  begreifea» 
i¥ie  zwei  darcbatis  verschiedene  Systeme  von  Ltebenssustan« 
den  in  Einen  Mittelpunkt  zusammenlaufen  können,  ßeson« 
dcrs  klar  wird  neeh  2kBLaiaRiiACHER  diese  Uadenklierkeit 
la  der  BohaapCaag  elaet  aweifaohea  Wiileas  la  CMete, 
weichem  man  folgerichtig  anch  einen  doppelten  Verstand 
zur  Seite  steilen  müfste,  wobei  dann,  wie  Verstand  und 
Wille  die  PeradaiiehkeUeoBstiluiiea^  die  Zerspaitang.Ckri» 
ati  ia  Bwei  Penonea  aataehiedea  triia.  Zwar  aolfea  die 


tf  V  t$7C;  anck  Rsjiti  Rellg*  InaerkalB  der  Grenten  der 
blossea  VerniiBll,  2tes  Stttck,  2ter  Absch«  b). 
6)  Glankeiislekre ,  2 ,  §§.  96-^98.  — '  ladcm  Ick  diese  Seaumm- 

MACHKK^sche  Kritik  als  vollkommen  berechtigt  anerkenne,  stel- 
le ich  mich  in  direkten  Widerspruch  mit  dem  Urtheil  von  - 
RosKAKRAKX,  wclcher  (Jahrb.  für  wiss.  Kritik,  18S1«  Dec. 
S.  955—41.)  „seinen  Unwillen  nicht  zurückhalten  kann  über 
die  theologisch  seichte  und  philologisch  kleinlichte  Manier^ 
aiit  welcher  ScmjiiiaHACiisa  in  diesem  Lehrstück  das  Haupt« 
dogma  des  ckristUcken  Glanbeas  toa  der  Mfensckwerdung 
Gottes  IQ  tmtergrsben  snckt.*^  Die  Verweekslong ,  auf  wel- 
cker  dieses  Urtheil  bernkti  wird  tick  weiter  «aleaaniieckett« 


Digitized  by 


704  Scbiiir«abbaiidiang.  142. 


beiden  Willen  Immer  dasselbe  wollen :  allein  theil«  giebt 
diefii  INHP  mmUeebe,  nieblt  fMNöaboho  EkilMli,  tbcüi  iit 
von  götdlcbeai  und  mmtMlAem  Wille»  «Mt  cIumI 
möglich^  indem  ein  roenseblicher  Wille,  der  wesentlich  nur 
Eineelnc«  «nd  eines  am  des  andern  willen  will,  mit  einem 
giltliebeift,  imum  GegeaetAmi  dee  Ummt  In  ediwr 
wfeklang  bt,  eo  wenig  iIm  Gleielie  weile«  keiiii,  nie  «in 
discuvi>>ver  tnenschllcbcr  Verstand  mit  dem  intoitiven  gött- 
iiehea  dasselbe  denlien ;  woraos  Eugleich  von  aelbst  ber> 
WfaiUi  M  «im  Milthcilung  der  £igeMebeAeii  swiedmi 
4m  Mitm  HeMmi  eieli  nlelM  lumokMea  lifrt. 

Einer  fiholichen  Kritik  entgieng  auch  die  Lehre  von 
der  Tbäiigkeit  Chrleti  nicht    Abgesehen  von  dem,  was  in 
imtHer  JUneiebt  gegen  die  fiantbeilmig  dereelben  in  die 
dffei  Anüereingewendet  woide,  waren  «e  im  propbeliseim 
bauptjiächücb  die  Begriffe  von  Offenbarung  und  Wunder, 
die  man  in  Anspruch  fmbrn,  weil  sie  weder  objektiv  mit 
rftelMlgen  VonteUangea  Ten  Gott  ond  Weit  in  ibrea  gegen  I 
ieltigefi  yeHtfUtniTe,  aoeh  subjektiv  mit  den  Getetaen  dci 
menachlicheo  Krkenntnifsvermögens  sich  eu  vertragen  schie- 
nen«   Unmöglich  könne  der  vollkommene  Gott  eine  ^atnr 
geeeheffen  beben,  <lie  von  Zeil  an.Zelt  einer  ameerordent» 
lieheft  KaeidMMB  dee  8eh«|ileM  bedOrfte,  neeh  inebeeende- 
re  eine  menschliche  Natur,  die  nicht  durch  Entfaltung  ih-  ' 
rar  mitgegebenen  Anlagen  ihre  Bestimmung  zu  erreichea 
Tenagelite ;  nnmögÜeb  könne  der  ünverinderüeiie  baid  anf 
dleee,  liald  anf  Jene  Wdee^  das  einemal  mittelbar,  daa  aa- 
dremal  unmittelbar,  auf  die  Welt  einwirken,  sondern  im-  ' 
mer  nur  auf  die  gleiche^  nämlich  an  sich  und  auf  das  Ganze  | 
unmittelbar,  für  ans  aber  ond  anf  das  fiinaelne  nüttelbar» 
Eine  Unterbrechong  des  Natnrcnsammenbengs  ond  der 
Entwicklung  (ier  Meiischliclt  durch  unmittelbares  Eingrei- 
fen Gattes  «nsunehraen ,  hiefse  allem  verndnftigen  Denkea 
anftsagen ;  im  einaelnen  Fall  aber  sei  eine  Ofbnbamag  ond 
Woodar  als  eoioba  nialit  einmal  «nrerUTsig  an  erkannea, 


Digitized  by  Google 


Sehlur«ii>bhandlniig«  $•  142.  '  Ttfft 

weil,  Din  tlchcr  ra  Miii|  düb  gewiaia  ßrsohdnnngvir  niokl 
MM  4en  KrMen  NniQir  »mI  den  Aiiliig«n>  dee  «mnaeh- 
lieben  Gattes  henrorgegan|[en  seien,  eine  rolltMUidiKe  Kennt- 
nifs  von  diesen ,  and  wie  weit  sie  reichen ,  erfordert  wür- 
de« deren  der  Mensch  sieh  nicht  rflhmen  kann  ^> 

Dock  der  liiiü|ilaRtlefs  wurde  an  dem  hohenprMterÜ- 
clien  Ante  Jesn,  an  der  Lehre  ton  der  Versöhnung,  ge- 
iiuiiiinen.  Zunfichst  war  es  die  anthropopathische  Fürbungi 
reiche  dem  Verhältniis  Gottes  mur  Sünde  der  Menschen 
Sfltt  Anselnileehen  Sytitem  gegeben  war,  was  £lnwirfo  her* 
Yormfen  oralste.    Wie  et  dem  Mensehen  wohl  anstehe, 
Beleidigungen  ohne  Rache  eu  verEcihen :  so,  meinte  Socin, 
könne  auch  Gott  ohne  Genngthaong  die  Belekligungen, 
welche  Ihm  die  Meneehen  dnroh  Ihre  Sflnden  anfügen, 
▼ergehen  *)•    Dfeeer  Einwurf  -warde  ton  Bugo  Grotiüs 
durch  die  Wendung  beseitigt,  dafs  nicht  gleichsam  in  Folge 
persönlicher  Beleidigung,  sondern  um  die  Ordnung  der 
moralischen  Welt  nnrerleat  so  erbaltien,  oder  rerrnttgo 
ariner  fuMtifiü  reotoria ,  Gott  die  Sgaden  nicht  ohne: 
nugthuung  vergeben  liönne         Indefs,  die  Nothwendig- 
keit  einer  Genugthuung  auch  sugegeben,  schien  doch  der 
Tod  Jesu  eine  aolche  nicht  sein  an  können»  Während 
Ansatii,  und  noch  entschiedener  Tuomas  ron  A^ulno 
Ton  einer  salhfuctio  superabundans  sprachen ,  leugnete 
SociN,  dafs  Christus  auch  nur  gleichviel  Strafe  getragen 
habe,  als  die  Menschen  verdient  hätten ^  denn  die  Men- 
eehen hätten,  jeder  einaelne,  den  ewigen  Tod  rerdleii^ 


7^  Sfinoza,  tract.  theol.  polit.  c.  6.  p«  133.  ed.  Gfkörir,  und  ep. 
23.  ad  Oldenburg,  p.  558  f.  Briefe  Uber  den  Bat«»  4ter,  5ter, 
6ter,  12ter«  WasscasuiBii ,        II.  12«  Sca&nssHACasa, 
1*.  47. 

8)  Prselect«  fhcol«  c  15. 

9)  In  dem  Werk:  defsaslo  ädel  estk  de  sstislictloae  Chr.  sdv. 
F.  Sosimvm. 

.  10)  Smma,  P.  3.  Q.  48.  A.  2. 

Dai  Lebgn  Jggu  II.  Band,  45 


Oigitized 


TIS  S«iilttl'sii  bhimflittfif.  ti  MS. 

folgUoh  hatteti  ebeiiM»«Mfai  SteUrertrctar  jOs  Staiirr  lU 
ewIfM  T«d  irbithn  *itteii  t '  wogagwi  niM  ibr  cittsige 
CkrMit  Ud«  ikii  acitlfolwii  fAefdkls  ab  fiii>«3ii« 

Eur  höchsten  Herrlichkeit,  erduldet  habe,  und  suar  niclu 
■ul  seiner  güttliobea  ^atar ,  dafs  man  Mgen  küpiitey 
M  Leiden  liabe  antntteben  Werlb^  Mndeni  Mit  eeiMr 
aentehlichen.    Wenn  hiegegen  eebon  Mber  dem  TnonAS 
gegenüber  Ddns  Scotus^'),  and  nun  wieder  E\%i«cheii  den 
Orthodoxen  and  den  Soelnienern  Geotids  und  die  Armin iaarr 
den  Atttweg  eryiffan,  en  sieh  war  ael  Gbrisli  ¥'erdieai4 
endiieh  geweten^  wie  daa  Snhjekt  desselben)  seine  wmm%mfk» 
liehe  Natur,  und  daher  Eur  Geiiugthuung  ftir  die  Sündeu 
der  Welt  ansureichend^  aber  Gott  habe  es  aua  Irekr 
Gnade  littr  anreiebend  aeaeplirt  x  ae  folgte  ana  der  £iiirin- 
■inng ,  data  Gott  mit  ttnanlfinglicber  Genugtbuung  sieb  b^ 
gnOgen,  also  einen  Theil  der  Schuld  ohne  Genugthuong 
■vergeben  könne ,  nothwendig ,  dal«  er  auch  die  ganze  m 
an  rergfben  im  Stande  sein  artkse»  l>eeh  aneb  abgsscbta 
von  allen  diesen  nffheren  Bestimmungen  wnrde  die  Graad- 
Torstellung  selbst ,  dafs  Jemand  für  Andere  Sündenstia- 
fen  auf  sich  nehmen  könne,  als  eine  rohe  Ühertragang 
niedrigerer  Verhältnisse  anf  iiftbeie  angegriffisa.  SittÜcU 
Vefeehnldnngen  seien  keine  transmissible  VerbindÜebkeV 
ten,  es  verhalte  sich  mit  Ihnen  nicht,  wie  mit  Geldifchul- 
den  9  wo  es  dem  Gläubiger  gleichgültig  ist,  wer  sie  be- 
^aablt,  wen»  sie  nur  4lberban|it  beaalilt  werden;  der  Sie- 
denstrafe sei  es  rieJmebr  wesentiieb,  eben  n«r  Aber  dm 
verhängt  zu  werden ,  der  sich  ihrer  schuldig  gemacht  hat 
Kann  hienaoh  der  sogenannte  leidende  Gehorsam  Christi 
lieia  stellvertretender  gewesen  sein :  eo  naeh  weniger  dar 


11)  Comm«  in  Seatt.  L.  3.  Oitt.  19. 

IS)     sttsier  Socor  besonders  Hakt,  ReKg.  innerlialb  der  Grca- 
sea  der  klasieA  Vernunft,  2tes  Stück,  iter  Absdui.,  c). 


Digitized  by  Googl 


fteklsftabhttmillttiig.'  1.^141»  NT 

'  tMtige,  im     illefm  di  MeMcli  Ittr  steh  srffctft  iehon  m' 
Jiialen  'tehddfg  war 

In  Betreff  de^  königlichen  Amtes  Christi  tmt  die 
Uoffmmg  auf  seine  eiiMlige  Wiederkunft  suni  Gericht  im . 
Bcfraleiwiii'  der  deMlmle  In  de«  MaaAe  siirllek)  als  die 
Anheilt  Tan  einer  gleich  naeb  4mA  Tade  j<[dea  Eineeinen 

irollständig   eintretenden    Vergeltung  erstarkte  ^  wodurcli 

•  Jeiier  aligeoMina  Oariobtaaki  ala  tthertUlM^  araclielnan 

I.  MI. 

Die  Cliristologie  des  J^tioiuUsnnit» 

*  An  die  Steile  des  kirchlichen  Dogma  ron  Christas, 
seiner  i^erson  and  seiner  Wiriisamkeit,  weiches  sie  als  in 
•ieii  widerspreehendeai  naslosea^  Ja  der  waluran  norali« 
achen  Religiusitit  acliXdliehea  verwarfan»  aesten  niin  die 
Rationalisten,  eine  Lehre,  welche,  mit  Vermeidung  jener 
W  idersprüclie ,  Jesum  doch  noch  als  eine  in  gewissem 
Sinne  göttliche  Erscheinung  festhalten,  ja,  recht  erwogen^ 
Hin  weit  erhabener  hinatellen,  und  dabei  die  kriftigatan 
Antriebe  su  praktischer  Frömmigkeit  enthalten  sollte 

Ein  göttlicher  Gesandter,  ein  besonderer  Liebling  und 
Pflegling  der  Gottheit  ^  sollte  Jesus  bleiben ,  sofern  er 
durch  die  Vcfranstaltung  der  Voraahung  mit  einem  aoago- 
nelehneten  Maafsa  geistiger  Vorsüge  ausgerüstet,  unter dn 
Volk  und  in  ein  Zeitalter  rersezt,  und  sein  Lebensgang  so 
geleitet  wurde ,  wie  es  seiner  Entwicklung  an  dem^  was 
er  werden  aoUte,  am  gHoatigaten  war;  aofera  namanlÜeh 
gerade  diejenige  Todesart  fiber  ihn  hefbeigefilbrt  Wurde, 
welche  die  Wiederbelebung,  ?on  der  das  Gedeihen  seines 

IS)  TtfLuin,  der  thSUge  GeBorssm  Christi  untersudt«  176S* 
14)  WssscaamsM,      199.  ' 
•    i)  \  gl.  tll>er  das'  Folgende  betoaders  dle  'BHefe  ttber-  den  Rat. 

'    S.  372  ff.   WttscuaiDKR,        128.  133«:  140. 

4«  * 


Digitized  by  Google 


7«S  i&chlyr««bli«»4tang.   |.  liS. 

gMum  Werbet  «bhSetrgp  fliö^cb,  «ihI  ÜMtiiMle,  welriM 
dieeelbe  wivklldi  «Mehleik  Dlaubt  hiMril,  mwt  eeine  » 
tiirliohe  Begabun|(  m¥ä  Mliie  iMeren  SelileliMlB  genelM, 

die  rationalistische  Vorstellong  von  Christo  hinter  Her  or- 
ihttdoien  niebC  imentlich  BurQeksubleiben,  indem  er  «aob 
ihr  der  erhebemte  MeMeh  iiC,  iler  Je  ILt&tm  lebte, 
ein  Rer  iä,  In  detien  Seblekaelen  eleh  Ale  VoreelraMi!  be 
höcheten  (imde  verherrlichte:  so  glauhr  sie,  wenn  auf  die 
innere  lüntwicklonsr  und  freie  rhütit^keit  Jp^q  gesehen 
*  wird  9  die  kirehliehe  Lehre  w^ntlieh  sq  ftberbieten.  Wäh- 
rend der  kirehliehe  Chrlefm  ein  onlreiet  AnCenet  eef,  Ae^ 
seil  Men<)chheit  todtes  Organ  des  Göttlichen  sich  ve^ 
halte y  sittlich  yollkommen  handle,  weil  sie  nicht  sOndigee 
kttnnei  and  ebender»w^en  weder  tittliebes  Verdienst  habe% 
neeh  Gegenstand  der  Aehtting  vnd  Verehrung  sein  fcHnnet 
habe  nach  rationalisrij.cher  Aiii»icht  die  Gottheit  in  Je^um 
nar  die  natürlichen  ßedingnngen  dessen,  was  er  werden  soü- 
te,  gelegt I  dal's  er  es  aber  wirklich  wurde,  sei  das  Re- 
sultat seiner  freien  Selbstthütigkelt  gewesen.  Seine  be» 
wundermij^s würdige  Weisheit  habe  er  sich  durch  eweckmi- 
fsige  Anwendung  seiner  Verstandeskrüfte  und  gewissenhaf- 
te Bentttsung  der  ihm  sn  Gebot  stehenden  Halfsmittel,  sei* 
ne  sittttehe  Grölse  dureh  eifrige  Ausbildung  seiner  meraB- 
schen  Anlagen,  Bezähmung  seiner  sinnlichen  Neigungen  und 
Leidenschaften,  und  carte  Folgsamkeit  gegen  die  Stimme  sei- 
nee  GewistenS|  erworben,  und  eben  nur  hierauf  lierohe 
das  Erhabene  seiner  Persönllehkeit,  das  Emuntemde  sei- 
nes Vorbildes. 

Die  Thtttigkeit  Jesu  anlangend,  hat  er  sich  um  die 
Menschheit  vor  Allem  dadurch  verdient  gemacht,  dals  er 
Ihr  eine  Rellglonslehre  mitthellte,  welcher  um  Ihrer  Rein- 
heit und  Trefflichkeit  willen  mit  Recht  eine  gewisse  gört- 
liehe  Kraft  und  Würde  xuge^chrieben  wird,  und  dnfs  er 
diese  durch  das  glün sende  tteisyiei  seines  eigenen  Wnndels 
anf  die  wirksamste  Weite  enUnterle  und  bekniaigte.  Die* 


Digitized  by  Google 


SM  prophetitche  Amt  Christi  ist  bei  Socininnern  and  Ra- 
cimiaiiatMi  «br  Mklei|iiiiikt  Mln«r  TlüUigkei^  «ilf  «eldwn 
•ie  «Um  Andere,  iieiurNtlieli  wm  die  KlrebenltlM.'ttiilev 
dem  hoheiipriei^terliclien  Amte  begre  ft  ^  iaioier  wieder  eu« 
.  rflckfiihren«  Der  sugeiiannte  ihiieiide.  tieborflAm  hat  hier 
ohnehin  nur  aIs  Beispiel  Werth  j  aber  ench  deii  Ted  Je» 
eil  ieUte  die  SAndeaverfebiiiig  «uur  dovob  Verailtlleaf  der 
Beuernng  bewirken,  entweder  so,  d^iOf^.fyf  eis  ßesiegelan|^ 
seiner  Lehre,  und  Vorbild  iKlfp|iferndeF  PAiohterfüilung^ 
den  Tugeiideifer  belebe,,  ofijer  im,  .^eri^,e|??f)e  Qeiceii.de» 
JLiebe  Gottee  m  den  Menacben  j.  .«eii|fur  ^tM^filgtbeitf :  depi, 
Cletiesserfen  stt  vergeben,  den  sittlichen  IMnfh  ephehe^,*^. 

Wenn  Christus  nicht  mehr  gewesen  ist  und  gethan 
fallt,  eU  diese  retionelistische  Lehre  .ihn  sein  und  tbun  lüel; 
ee  siebl  ann  nleht,  wie  die  FvAiiiaiii^kelf  deea  kepiMl^  Ihn 
•«  ihrrni  besondem  Gegenstand  su  mechen,  und  die  Dug- 
niatikj^  eigene  Sütze  über  ihn  eufstiKi eilen.  Wirklieh  hadeii 
daher  eonsequente  Ratieiialisiei|  9rkiürt^.«vitas  die  orthoiloie 
Def  aatik  Christei^gie  i|eiifie|  ti^te  im  radofiaiislisehen  8/7 
ete«  gar  nlohc  nie  ein  iategrlrender  Thell  deteelbeii  aof/on 
dieses  System  ewar  ans  einer  Religion  bestehe,  die  Christus 
gelehrt  habe,  nicht  aber  aus  einer,  der«A  Objekt  « r  fflbst 
wireb  Heilee  Christelegie  Messietlehre  t  ee  eel  diese  ii«r 
eine  Halfelehre  fülr  die  Jipden  gewesen;  eher  eoeh  hm  ed- 
leren Sinn,  als  Lehre  ton  dem  Leben,  den  Tbaten  und 
Schicksalen  deeil  als  göttlichen  Gesandten,  gehöre  sie  nicht 

mum  Giaubenaeyateeit  aligettehi«  religiö  se  WahrheiCeo 
Büt  den  Veratellnngen  ttber  die  iPerseii  dessen,'  der  sie  av* 

erst  aiisgesprochen,  ebensowenig  Eu.'nuiinenhffiigen,  als  man 
in  dem  iS^htem  der  LEiBNiz-WoLFlMhen ,  oder  KANTischen, 
eder  Fican'eeheii  and  ScHBLUNq'sel.en  Phi^sephie  als  phL 
lesopfütehe  SHtee  dasjenige  aafstel.e,  was  man  feu  der ' 


Jf>     die  versddedeaca  Aasiehtea  Jbti  BaBTSouiamaa,  Degm.  2, 
8.  SSS,  sjrstemsüssh^  Entwicklung,  ^  107« 


Digitized  by  Google 


710  SSoiiUfsübhaiKlIttiig.   $•  144. 

Pi»rg8nllohke!t  Ihr^r  fTrheher  kq  h»lf*»n  hnhe.  Nur  «or  Re- 

llglont(Stf8ohlohtey  nic^t  wmv  Religion  k'inm»  dus  Hie  Ppr«ii« 

ml  WMsmnlii^H '4Mr  Befreffwida  ffihBr^ni  nnA  iIm»  R«> 

l!ir(oni>f#tii^  nifr<«h*W«d«f»  uls  ^M^hMiflfche  Etnl^htitf  wp- 

angesohlokt^  oder  als  erlftaternder  Nachtrag  beigegeben 
werden      •  >  -  ^ .  -i  . 

'  Rfemft  Mit  min'  mhtif  4«r  Ratfotialtmita  fn  öflWtiMi 

Wfi^erstreit  mit  dem  christlichen  Glfliihen,  indem  er  dasl^ 
nlg^e,  WAS  diesem  der  Mittelpunkt  and  Eckstein  ist,  di« 
L^hre  Chti^ii  in  >  d4»n'  Hintercrrtind  *  mi  rSeken  ,  ja 
fltif  deW'TlbfffiiAinl  kd''ii4»rbannen  mwtht  Ük^ndamff  nfier 
Ist  auch  die  ün«'dÄnfirfiohUeit  des  rationalistischen  Systems 
^ntsehtpdon,  we*t  es  das  nicht  leistet,  was  fede  Glaobens- 
J^hre  leisten  anll:  dein  Glaoben^  der  Ihr  Oegmahind  ift» 
erstltoh  dfen  adlV«f*i'ntp'n' Atisdmetc  so  ireben,  snd  Ihn  nwM- 
tent  mit  der  Wi^'^enschaft  in  ein  —  «et  es  positive«,  oder 
nea^atives  ^  Verh^ltnlfg  an  setzen.  Hier  nun  ist  Aber  dem 
Beiftrebent  den  Olaoben  mit  der  WIsaensebaft  In  Einklang 
mi  brincren,  der  AnsdHiek  diNAelb^*  Tet^kllmm^r^:  it^nn  da 
rhrista»,  nur  als  atisfi^ezeichneter  Mensch,  macht  rwar  deia 
Be^ifen  keine  Schwieriekeit,  al»er  lat  niobt  derjenige j 
lui  weloliea  die  Klrehe 


Ffne  eklektiftche  ChH^toloele.  ScMtniMiAcaam. 

* 

Beide Übaiatilnde  nn  vermelden«  nnd  die  Lehre 

f Christo  ohne  Bee-nträchtigfanor  des  (iinnhens  so  an  fa«^#n, 
daPt  die  Wissens'^hafr  ihr  nicht  den  Krie^  r.n  erklürcn 
branobt>),  ist  nnn  das  Bestreben  drsfeniiren  Theoloi^n  fe- 
wesen,  welcher  elfimeltä  die  negatlire  Kritik  des  Ratlona- 
Hsnins  gegen  die  Kirobenlehre  vollständig  in  sich  aofge* 

S)  Rllaa»  BHefe,  S.  1t».  405  It^ 

•  *      ■  * 

0  SftaliaMi«tcn«\,"1Vbar  seine  ntrabeasTeM«,  aid  1H*.  Li7i 
Zweites  Seadsdkrelbea.  Studie«,  2,  3,  S.  48f 


Digitized  byX^OOgle 


ii€liliiis«bbiLii4UagK  S*  144.  711 


MMinen ,  Ja  noch  geschürft ,  andrerseits  aber  doch  noch 
dM  WesaiMiUcbe  iks  pocitiv  cbriatiichen  (i  ehalte«^  der  deiu 
IUii«iii4llHMni4rtfloiiMi  gegaagMi  wiii^  feafmb^lt^  ?4;rtnebt 
ImiI)  imd  iMiMP  VielMi  in  der  leslan  Zeit  der  Reiter  ent 
der  Cn^^e  iles  Saiiraiiaturalisintis  und  der  Leere  des  Ratio- 
naii)$inii8  gewcMpdea  iat.  Jene  Vereinfachung  dea  Glaubene 
briiigt^ScmWMacHKifc^iMtareb  so  Stimde^  dele  er  ffe4er]Nro» 
teilen  tiaek  ven.der  Sebriftlebre«  neeh  «ach  betboJiseh  ron 
den  BestimiDungen  der  Kirche  aiiRgeht,  da  er  auf  beide 
Weise  einen  beatiinmt  entwickelten  Inhalt  bekommen  w(irde| 
der»  In  frttbiM^  Jebrbonderfen  rntalendeo«  ait  lier  beutir 
gen  WiipeiMMibef^^eieb  mitbweiulig  verwlekehi  nureterisoii** 
dern  er  geht  vom  christlichen  Bewufstsein,  von  der  inneren 
fc4*febrafig  aus^  di^  jeder  Ober  daa,  was  er  tm  Christen- 
Ibiim  lMKt».ifi  eieb  aelber  neeht»  und  bekpom^  ae.eiiieii 
Sieff ,  der  ele  CUftUütee  ein  Minder  Beetiaortoi  Ist ,  dea 
daher  durch  dialektische  Entwieklm  g  leichter  eine  Form 
isegeben  werden  kanui  welche  den  ForderiMifsn  der  Wis- 
eeneobeft  ^änngtbnt» 

Ale.  Glied  der  dupfalUeben  tieminde  dielii  Ist  der 
■Ansgangspanbt  der  SciiLEiEBiiAC0KR*sohf?n  Christologle ^ 
bin  ich  mir  der  Autliebung  meiner  bttiidhaftigkeit  und  der 
Miltbeiliuif  sebleebtblnlger  VollkoinRienhelt  Iwwulst)  d«  lu 
Ml  robk  in  dieser  6eneinseh|dl  die  SinflOsse  eines  sftndp 
Insen  nnd  vollkoDiiDenen  Princips  auf  .  mich.  Diese  £inllllsse 
biinneii  von  der  christlichen  Gemeinschaft  nicht  in  der  Art 
ensgehen,  dale  die  Weebselwirkung .  ihrer  Mitglieder  sie 
berforlräelrte;  dsnn  In  Jedm  einigen  yon  diesen  Ist 
Sftnde  nnd  Onr»UkoB.nienbelt  gesest,  nnd  das  Znaanioen- 
wirken  von  Llni^einen  hat  nie  etwas  Reines  cum  lleäultat 
•  gebebt«  Sondern  der  £influfs  einest  solchen  muls  es  sein, 
dar  elneslbeüs  Jene  UnsAndUebkeit  nnd.  VollkonHaenheit  als 
.feraMlehe  Elgenaohnften  besaliiy  nnd  anderirtheils  mit  der* 


a)  Gisnhaiwlahri^  J,  $V 


Digitized  by  Google 


7U  8okl  u  rsabhandiiiiigr«  144. 

rlirlstlichen  Gemeinschaft  in  einein  Vprli/titiiirs  steht,  rer- 
iD{jge  detten  diese  Eigensohnflcn  von  ihm  sich  ihr  mitthei* 
len  kdimen}  d.  k.,  da  rsr  dkmt  MktkMiukig  ^rtt»-  ^rtotlidM 
CrnnetvMPeliftft  alt  aotelie  triebt  m*haiideii  gew«lMtf 'telii  kaiNiy 
jhr  Stifter  W«r.  Was  wir  in  uns  nU  Christen  bewirkt 
linden,  darans  acbllefsen  wir,  wie  immer  von  der  Wirkmig 
aaf  die- Ur«Mke  gesebtoMn  wird»  auf  diii  Wiffkaaaakait 
Cbrfiti  miHlek,  tmd  ««•  aetner  WlrkaHiakalt  auf  «ciw 
Ferson ,  welche  die  Fähigkeit  gehabt  haben  mu(a  ^  aolchet 
n  bewirken. 

Aiher  tat  ami,  wea  wftr  in  der  ehrhidtoken  Oeiehi 
Ulla  ^htdeii)  eide  KrSflt|i(Bfi|^  dni  0  etleebewii  fbiaetaa 

In  seinem  Verh?Jffnlf«  rum  sinnlichen  ,  d.  h.  wir  finden  es 
uns  erleichtert,  die  Uhermacht  der  &innliekkeit  In  nnc  aa 
kreehaii,  aüa  fiindrac^ke,  die  wir  empfang,  auf  daa  »a» 
Ugiöea  Gelllbl  mi  besiehcn*,  und  hffnwiedmiai  alle  Thllti|^ 
kelten  ans  demselben  hervorgehen  eu  lassen.  Nach  den 
Obigen  Ut  diefs  die  Wirkung  Christi  auf  uns,  welekar  die 
UMti^keh  eainet  Gottoebewuretaelna  nna  oiHthettt,  -vim  dar 
Kaeomaehaft  dar  Stnnllekfcelt  vnd  Sünde  nna  berrett  *  vnd 

bieinit  der  Erlöser  ist.  In  dem  Geffthl  des  gekrffftigten  GoC- 
teabewolatieins ,  .welches  der  Christ  in  der  Gemetnsclialt 
«It  aainaai  firlSeer'  bat ,  wardan  *die  HammiiBgan  aetnei 
milftrttabaii  «nd  feaeflfgvn  liebaiha  nfobt  migffeieli  ala  Oaai^ 
ainngen  dea  Ootfesbewufstselns  empfunden ;  sie  nnterbre- 
eben  nicht  die  Seligkeit,  welche  er  in  seinem  innersten  re- 
JigiAaan  lieben  ganieiät;  wae  maii  aonat  Obel  nnd  ^tcUake 
StrAfba  aannty  tet  ee  Ittr  Ihn  niefct,  ttnd  inablkm  ea  Cbrl- 
afna  ist,  der  Ihn  durch  Aufnahme  in  die  Gemelfischaft  sei- 
ner  Seligkeit  hieron  befreit,  kommt  diesem  neben  der  er- 
Iffseaden  auch  die  versöhnende  ThfftigkeH  M.  —  Hienadi 
allein  ist  denn  anek  die  klrehKeke  Lehre  reti  dem  draiCi- 
afcan  Aaita  Cbrtefl  an  Teratehen.  Prophet  isf  er,  sofVm  er 
nickt  anders,  als  durch  das  Wort,  durch  Selbstdarsrei- 
lang  nbarkanpii  die  Hamebkail  an.alak  aiakaa  kaaata;  «a 

Y 


Digitized  by  Google 


1 


*  4t4k  fbr  Hlinp(/re^iijiUtui  tflnfir  Lffamt  eben.  Mlae^  ^^Tif®* 
war  ;  Hoher)ji*ieJiter  und  »ugleieh  Opfer  ist  er^  ^of^/]^et*, 
dtr  S^iulloa^t  MM.  dqncn  Uaseiii  wiak  daher  ajioi^iJ|fiji  ubd^ 
entwiekoln  konnte,  In  ilie  G«Miat«Wft  4m  .  ]||||4itebei» 
ligfcuBt  der  MeMobhcIl  etiitni*,  und  dii*  iu  .deq^i^lVn  «r- 
Beugten  Übel  auf  sich  nahm,  um  sofort  uns  in  die  (Jeuieior 
•ehaft  «eine«  adndlosen  und  seiigiBn  Lebens  «ttfBQV|f?Muio% 
Al  k.,  -fliade  MnA  Übel  nvob  I»  «nd  filr  «pe  etifsampn, 
Mid  .Ime  «per  €eftt  rein  derEiisteUen ;  KSnig  endlleb  iet  CTt 
•ofeni  er  diese  Segnungen  eben  in  Form  eines  Gemeinif^ 
eeiis,  dessen  Bmupt  er  isl|  an  die  Mensebbeit  bringt 

Ane  diesen  nnn,  «res  Chiistae  wirkl^,  ei^gfebt  sie|i| 
IMS  er  geifeeen  Irt.  Verdenbeii  «rtr  timi  die  tener  stel* 
gende  Kräftigung  unsres  Gottesbewufstseins :  so  mors  dief« 
In  ihm  in  absoluter  Krüftiglteit  gewesen  sein ,  so  dais  es» 
•der  Gete  ilt  fem  dee  iewfiitseitte»  dee  elMit  Wlrksasie 
i«  ilMn  wer  9  and  diele  ies  der"  Sinn  des  blrebliebeit  Aoe» 
di'uclis,  dafs  Gott  in  Christo  Mensch  geworden  ist.  Wirkt 
Ceriier  Christus  in  uns  die  immer  veltstündigere  tIberMiin- 
M^i  der  ttinnüebkeil;  so  iniifii  diese  bi  ihei  e^Mecbtb«n 
überirnndsü  gnweeen.  eein,  in  helneei  AugenbUek  eelaee 
Lebens  kann  das  sinnliche  Bewufstsein  dem  Gottesbewofst- 
sein  den  Sieg  streitig  gemacht,.  Jile  ein  Sriiwfoken  und 
limm^  bt  Ibee  sMtgefunden  bebei»|  d«  k  die  aenseiiUobe 
ilMnr  I»  ibsi  «per  unsandlleb,  «nd  s%vMir  In  deas  strnngs 
ren  Sinn,  dafs  er,  vermöge  des  wesentlichen  Übergewichts 
•der  höheren  Kräfte  in  ihm  über  die  niederen,  nnniö^tich 
Sündigen  kennte,  ist  er  doech  diese  EigenlhaeUii^bkeit  seV- 
nse  Weeen»  des  Urbild,  saelebeM  eelne  Gemeinde  sieb  1» 
mer  nur  annfihern,  nie  über  dasselbe  hinauskoeimen  kann: 
so  mu£i  er  doch  -  sonst  könnte  ewiüchen  ihm  und  Ulis 
keine  wehrhafte  Gemeinsebeflt  stattfinden  —  enter  d^n  ge- 
wöhnlichen Bedingungen  des  mensebUeben  Lebeiia  sieb  eti^ 
wickelt  haben,  das  Urbildliche  mnfs  in  ihm  vollkommen  ge- 
seiuebtliiob  jiewttrden  seiu^  jeder  seiner gescbichtiichen  Mo* 


Digitized  by  Google 


714 


Sohlui'sabh  and  lang«  $•144.' 


mente  Euglelch  das  UrbUdlicbe  in  sich  |^etragen  haben,  ond 
die(^'1sr  der  eigentliche  Sinn  der  kivehii«bMi  Pormfl,  dmCt 
die  ^'«titlfbb<»  Und  metitebliebe  Jtmtmr  in  ÜMi  s«  Einer  Pier> 
•on  veH^ge  g^wemt  üel^n. 

Nur^^o  weit  lüfst  sich  die  Lehre  von  Christo  aus  der 
inneren  Erfahrung  des  Christen  ableiton^  und  so  weit  wl* 
derstt^eMt  nneh  ScBLBiiftMAOHift,  MMih  dtr  WiMen 
•eürft'nldiC;  wa«'  im  ktreMidien  Dogmn  dartihn  hlMiiia» 
geht,  —  und  gerade  das  ist  es,  was  die  Wissenschaft  an- 
Ibchten  niaGi^  -  wie  namentlich  die  a)iernatüriiche  Barmtm» 
gang  Jmu  nnd  seine  Wander^  nnek  die  Thntaeehen  4cr 
Atiferstehnny  «nd  Hinnnelflifcpl ,  so  wie  die  Verlierrtiignn- 
gen  von  seiner  Wiederkunft  Rum  Gericht ,  können  nicht 
aJs  eigentliche  Bestandtheile  der  Lehre  von  Christo  aofge- 
itellt  werden.  i>enn  derjenige,  veil  dessen  Eimwkrkmt^ 
vns  «ile  Rrlftigung  nneras  OettietmwfsSieins  kenMnt,  Iuuhi 
Christus  gewesen  sein ,  auch  wenn  er  nicht  leiblich  aofer- 
stand  und  in  den  Himmel  sich  erhob  u.  a»  X:  so  da£s  war 
'diese  Tbatsaeiieii  nieln  delesregen  gieniienj  weil  sie  in  nn- 
ierer  inneren  KrAiiiHRig  mitgeeeal  wJWen,  eendem  nur  weil 
sie  in  der  Schrifc  stehen,  also  nicht  sowohl  auf  religitee 
und  dogmatische,  als  vielmehr  nar  auf  historiscbe  Weise. 

Gewiis  ist  diese  ChrisSeiegie  eine  eehr  sehfinn  Km- 
wieblnng,  nnd  in  ilir,  wie  wir  epiter  sehen  werden,  des 
Möglichste  geleistet,  um  die  Vereinigung  des  Göttlichen  und 
Bleiischiichen  in  Christo  als  einem  Individunn  aea^liaaÜete 
m  maehen  allein  wenn  dieseibn  Beidee»  aeweld  4m 
tilanben  nnrerlUlm^  eis  die  Wissenseinift  unveriem  mm  er- 
llalten  meint :  so  mufs  gesagt  werdeoi  dais  sie  sich  in  Bei- 
deia  täuscht 

3^  Auch  hier  befinde  ich  mich  im  Gegcnsaz  gecen  Bo!l|i:^KllA}vx, 
.  welcher  t.  a.  O.  die  SeHLSucMiACiiaji^sche  Chrittologie  eiae 
gequälte  Entwicklung  nennt. 
4)  Dicst  ist  such  bereits  in  dea  aaadiallsslea  Beortbeilm^ 
des  ScHbaisaHJicata*sdiea  Systems  amn  Bewusstssin  gebeai- 


Digitized  by  GopgI( 


behlnraa^baiidioiit.       144/  7lft 

Der  Wiflersfreif  mit  der  Wl8tmfeHfrf^"'!(^^9ll  iU^b  bo- 
nffulMit  nn  dit  F*iwl'^  lü  Gliriiiffift  tri  ilns  UHUHMiA^ 

Punkt  tei,  ist  ScHl'BiRKiKACHER*n  selhf^i  Stellt  entgangen.- 
Katim  hat  er  den  beseiehiieten  Sas  auf^eiifellt ,  »n  .«pot  er 
Hieb  Mieb  iieh^n,  wie  mUmmp  W'isa  detik^ew  iil^,^iifii  ilfiM 
UMdMeli»  in  einenr  fUMhlebiKelieii  BHnmIh^ii  •  tdUmm- 
dig  enr  Wirklicbkeit  gekoiitilien >  fehl  sollte^  da  wir  daf 
Urbild  sonst  nie  in  einer  einselnen  Ertebeinnng,  ReYidern 
nar  In  eineai  gunseti  Krebi«  ren  mMm^  4i»  'iiei^'g»^!^ 
«i4ll^  ergffnmn,  vemlrklMit^'AlNieii.  übM  'nwi  -^l« 

Urbildliehkeit  Christi  keineswegs  enf  düe  tnnsenderlei  Be^ 
yiebnngen  des  inensrhlichen  Leliens  sieb  erstrecken,  so  dafs 
«r  MHdi'liHr  «lies  WiM«n>  «difl^  «He  Kunst  und  fSMohiek- 
ftebfc^lr,  iHe  alKh  in  dn-  mnnMbUeiien  <i wMsiiWill  wntwüii 
kelt,  iirbifdlicb  seinmOftf»;  ^somltfm  nur  lir  füis  Gebiel 
des  Gottes bewufstseinr:  Allein  dlefs  linderC,  wie  SoiMID 
mit  Reebt  bemerkt,  niebts,  da  auch  das  GottesbewnfiiCaelil 
in  tcflner  'BiltwiebInnf  nnil  £Meheinnng(  ilen  üedlngvngtfll 
ilrr  findÜekMl  nnd  PnfeMhemnicnheit  *  nnterweribn  lif^ 
nnd  wenn  Rveh  nur  In  diesem  Gebiete  das  Ideai  in  einer 
einselneo  historischen  Person  als  wirJiilch  anerkannt  wef^ 
den  mMf  diele  ntebt  geeebebcii  ^n',*  ebne*  die' Geeeiie 
der  MiMar  dnreli  Annabara  einee  Wvnden  Mi  dnidib>e» 
eben.  Doch  dlefs  schi«eekt  Schleiermacher'h  keineswegs 
aaHtek,  sondern  eben  hier,  meint  er,  sei  der  einzige  Oi^ 
WO'  die  ebristüebe  Glanbenalebre  dem  Wimder  in  sieb-  ftenm. 

» 

neben  nrfiese.  indem  die  Ifinfsieho ng  der  Persen  OknlBii 

tiur  als  Resultat  eines  schöpferischen  göttlielien  Akts  be- 
griffen werden  könne.  Zwar  soll  nun  das  Wunderbare 
Mor  enf  den  ereien  Eintritt  Umleti  in  lU^-fteibe  dee  Dft- 


neily  Tgl.  BnANist,  über  ScHLKiKRaucaaii^s  Gtaubrnslehre;  H. 
ScNMiei  ttber  Raa».  GUmbensi*  S«  Mit*  Bao«,  die  dnistt. 
Gaesls,  8.  618  ft>  nad  die  ili§sl.-RseeM#'««n  ilsse»ftaun<. 


Digitized  by  Google 


Mlend«ü  ^«iMtiriiikc  werden,  ond  seine  ganse  weitere  fiat- 
iviQlüili|g^4{||Mi;  Bediogungea  dee  endlichen  PM^f^in«  nttter- 
W4irte  ig^yfmen  ^Hß^,  aber  difib  Z^ffeUndnilii  lumn  im 
dir  diMli  Jßm  Abmfttmg  in  die  geiuw  wteMi» 

•ehafldicb«  Weltansicht  geeiaoht  ist,  niehl  heilen,  nnd  mm 
weniifTsten  lipiiiien  vage.  Analogiecn  etwa«  helfen,  ««ie  die: 
••.fttl  .fs  noch  jest  mtfglidi  jei,  <Ui«  Mutevia  eleii  JbaUe 
•nl  iü'ttiiliidlkk»!!  Bif  sii  iNitlm  beginne»  «a«e»  die 
Wiigenschafl.  aseli  einHImnen  y  es  gebe  eine  Eineheinancr 
im  Geblf t  des  geistigen  Lehens ,  die  wir  eben  so  i^ur  aU 
reinen  AnfSang  einer  hfibeiipa  |itiftig«i  iielMnaeiilwielÜMif 

Znml!  me«  dnnoli  Horn » Vergleiebang  an  dae  eriniwrt 
wird,  was  Br\niss  besonders  geltend  gemacht  hat,  dafs  es 
dep»  Gi|iafsa  aller  KntwtcMlung  sawider  würe,  den  A»* 
ffiiigiipiiilkt  aiaer  Meiba  aia  ein  Brftftiat  Mi  .denbani  mmi 
alaa  Mev  in  Cbriato,  dem  Slifter  dee  Qeaanuatiabeaay  das 
die  Kräftigong  des  Gotteshewafstseins  eum  Zwecke  hat, 
die  lirliftigbaili  dessalben  als  sehlechthlnige  varaaateiieny 
wsn  daeh  nnr  das  pn^diiahe  Ziel  der  fintfiümng  daa  van 
Ihm  getCiileean  OaeaaMnllabana  lalbZwargiebeaiiahSesueii»- 
MACH  RR  in  gewissem  Sinn  eine  Perfektibilitiit  des  Christen- 
tbaaiS' aii4  aber  nicht  über  das  Wesen  Christi  hinaus,  son» 
daHt.nn»  ttbar  .aaina  Kraaiieinnnfr  IK  h«,  die  Sadingibait 
•nd  UnraMkaaiHMlieil  der  Verbillnlsse  Clirlsii,  der  8|MPtt- 
che,  in  welcher  er  sich  ausdrückte,  der  Natioiialitiic,  inne^ 
halb  daran  er  stand,  habe  anab.aain  Danken  nnd  Tban 
nfBairti  aber  nur  die  Anssanaellaa  dar  inneta  Kam  dh^ 
aelban  sei  dannaah  wahrkafe  nrbÜdlioii  ge^reswn,  nnd  wenn 
non  die  Christenheit  in  ihrer  Fortentwicklung  in  Lehre 
nnd  Leben  immer  mehr  jene  temporellen  und  nationalen 
Schranken  niederwerfei  in  welehen  Jesu  Thun  nnd  Raden 
fleh  bewegte :  sa  aei  diei«  kein  Hinausgehen  iber  Cfariatnai 


Im  Ma  Seodsebtalban* 


Digitized  by  Google 


Seliliir«Abli«itdI»ng.  f»  144;  ^117 

•omleni  nar  eine  um  «o  ToUstAndigere  DnrJegvng  seinet 
Ifinerai  Wetona.  Allein,  wle^mtl»  grimMieb'^ebgdWto» 
oeii  bei,  ein  geiehkMIebee  IndMdMto  itf  '^ftbiMi  «er  düf 
mm  Ton  Ibn  eriebMnt,  seift  ieneres  Weeen  whni  In  spinen 
Reden  and  HanHInngen  erkannt,  ea  seiner  £igenthüiiilich* 
keit  gebttrf  die  Bedinglheit  dmrch  Zeit*  «ad  Volksverbfilf. 
aiste  nit,  and  wee  bini^  dieser  fireebelnnng  «Is  An  sfeb 
nvrffkHegt,  Ist  irfebt  d«e  Wtieen  diese*  Individnums,  son- 
dern die  allgemeine  menschliche  Kator  iiberhaa|ir,  uelcho 
in  den  filnaeinen  darch  IfidtridiielllAt, 'Zeit  und  Umttllfitlo 
beeebrinkt,  nur  WirkHehklrtfr  koaint  Über  die  geeebirhi- 
Hebe  ISnekcinang  Cbriell*-  bfneosgehen ,  heifst  also  nicht 
esen  Christi  sich  erheben  ^  sondern  sur  Idee  dei*. 
Meneebbeit  Überhaupt,  und  wenn  es  Cbristna  noeb  sein 
eoll,  deesen  Weeen  eieb  wenn  ilile  Wegwer» 

fung  des  TeroporeNen-  md  Nettonelen  das  Wesentlicfte 
a'as  seiner  Lehre  und  seinem  Leben  fortgebildet  wird:  «o 
könnte  es  nicht  eehwer  fallen,  dorch  Ähnliche  Abstraktion 
noeb  einen  Sekrntea  nie  denjenigen  datHtttateilen,  *Übir  wel- 
eben  in  dleaer  Weiae*  lilebi  liinaosgegangen  werden  könne. 

Wie  aber  weder  überhaupt  ein  Individuum,  noch  ins- 
besondre ein  geacbiditlicher  Anfangspunkt  nugieicb  urbild- 
•Üeb  aeln  lüinnt  ae  will  eneb,  Cbrlacuni  beatintat  «la  Men»  , 
aeben  geftifat,  die  nrbÜdllebe  Entwiekhing  und  Beschaf- 
fenheit,  welche  ihm  Schlkiermacher  Euschrelbt,  mit  den 
Geseteen  des  menschlichen  Daseins  sich  nicht  vertragen« 
Die  UnattndHebkell,  «la  «Aaillgllebkeit  dea  Sandigens  ge- 
itkkitf  wie  aie  in  Cbriafo  geweaen  aelb 'soll,  ist  eine  mit 
der  menschlichen  Natur  ganz  unvereinbare  Eigenschaft, 
da  dem  Menschen  vermöge  seiner  von  sinnlichen  wie  ver- 
nünltigen  Antrieben  bewegten*  Freiheit  die  Möglicbk'eic  dea 
Sündigena  weaentiieb  ist.  Und  w^nn 'Christus  sogar  von 
allem  Innern  Kampf,  von  jeder  Schwankung  des  geistigen 
Lebens  zwischen  Cut  und  Böse,  frei  gewesen  aein  soiJs 
ao  könnte  er  foUenda  knin  Menaeb  wie  wbr  goweadn  aein^ 


Digitized  by  Google 


7(8  ^chUr^abhaitdlnüg.  .  (.  144. 


da  ;die  Weohaelwirkang ,  ii|  welcher  berm  Menschen 
«owohl  ,42ci  laaeri  di^Mienkraft  überhaupt  mit  der  auf  A.e 

•lebt  9  Botbweiidig  aU  Kampf  cur  Erscheinung  kooimt 

So  ^^nig  aber  auf  dieser  Seite  der  Wissenschaft,  bo 
wetAg  Ibiit  diß  in  Bade  ■tohand»  jükaUlalqgia  aaf  dar  mm» 
^rn  Saite  4m  Glaaban  ^enug.  Uoi-tmi  denjenigen  PluilLiaa 
abftuseheii|  wo  sie  iür  <lie  kircbiicJien  ßestiiuuiungen  %venig* 
lana  aonehmiiohe  Surrogate  au  bletaa  weifd,  über  weiche 
iiab  Ja4a%  gtaifhlalU  «imÜP»  IMm»  ab^  aia  vfiUig^ 
aaa  gewihran  ^)  ^  tiitt  diüb  am  adweiamlilafi  in  dar  Jk* 
hauptung  hervor,  die  Ihatsachen  der  Aufersteliung  uad 
Hlmmeifahrt  gehören  nicht  wesendiab  som  christlichen 
Claabaii.  W4lirai|d  doch  dar  (Uaaba  aadia  Auferatehaii^ 
Chrieti  der  OraadstaiB  itt,*  akae  «vakkeii  die  abritftlidie 
Gemeinde  sich  niciit  liürte  aufhauen  iLönnen,  auch  jest 
noch  der  chrbtliche  Festcyclns ,  die  äussere  Darstellung 
das  chrisliiohefi  Sawtii«ti«ii|ei  .  keine  tädiüehere  Ver«riUa> 
Mlang  erleiden  iUtnafa,  ala  weün  aaadeai^clben  das  Oeter> 
fest  ausgebrochen  >%'üi*de;  iiberhaupt  im  Glauben  der  Ge- 
BMiinde  der  geiytorbene  Christus  nicht  sein  könnte)  was 
er  iei»  wenn  er.  iiielil  %^giaioli  dej».  Wiedareniandene 
wira» 

Zeigt  tlch  an  der  ScKLEiKRiiAOHiii'schen  Lehre  von  der 
Person  und  den  Zustünden  Christi  besonders  ihre  doppelt« 
Unsulünglichkeit  y,  in  Bezog  aitf  Kjreliengiaiiben  nnd  Wit- 
•elwfi:  fo  wird  ane  der  Lelire  ve»  der  Wir^easkak  CM- 
ed  erheiieii,  dafii,  um  dem  ersteren  nur  to  weit  genug  sa 
thun,  als  hier  geschieht,  ein  solcher  Wider^rneh  g^eo 
die  Grundsätze  der  ieateren  gar  nicht  nöthig,  sondern  eis 
ieiehteres  Ver£siirfn  m^ifliah  waiw  Ntaliah  biala  auf  dm 


6)  Scnuoy  a»  ••  O* 

7)  .VgL  Aoi^wuMl.a.  «..Ob  S.  Mifll  / 


\ 


Digitized  by  GoogI( 


Aückschlofa  von  der  inn^ni  Krfaknuig  des  Chrlste%  iil«,fh|r 
Wirkung,  auf  die  Person  CJiritiü,  «Js  die  IVsaclie,  gegrin* 
der»  steht  dto  SkHijttfiMACHK&'iichc  CJiri^tologie  m^t,B^UwBl» 

,  Am  F^fttn«  Mmk  aldit  ktmimm  wenfui.  Imim»  4ll|b 
jene  innere  Erfalurung  uar  dnnn  ^ch  erklären  lasse,  w^f^n 
ein  solcher  Christus  wirklich  gelebt  hat.  ScHUCiBRMAciypa 

.  mih&t  bmi  dMi  Agsiveg  bemerkt^  ibiä  man  ja  sagen  könn* 
Uf  mat  fmiiJaltt  dank  Jmi  nlntiv«  Vortrtfiiiabkeit  liilia 
die  fvemeind«  da  Idenl  nhtoliiter  VoilkoMinefilieit  entiiHiP* 
ian,  und  auf  den  historischen  Christus  Ubergetragen,  aus 
ifelcbem  sie  nun  fortwährend  ihr  ti^tteabewuistsein  stfirka 
«imI  um  M*h«:  doeb  diwMi  Ausweg  «oU  die  Jleaieriuiiig 
•bichnaiden ,  die  aflndhafta  Meotehlwlt  linlie  vmndge  des 
Zusammenhangs  von  Willen  und  Verstand  gar  niciit  das 
Vmii^en,  ein  lleckeaiosts  Urbild  su  erseugen*  AUfin^f 
wie  treffend  benerkl  wevden  ist»  wenn  ScHUHmucmca 
Ulr  die  Entstehung  seines  wirUielien  diristns  ein  Wunder  * 
postulirt :  so  könnten  ja  wir  für  die  Entstehung  des  Ifieitls 
von  einem  Christus  in  der  menschlichen  8eele  dssseüie 
Reehl  1»  Auspmoli  nebmefi  Judefiiy  es  is^  fer  nieht 
einmal  wahr^  dafs  die  sflndliafte  Menseliliehe  Matur  aor 
isrzeugung  eines  sllndiosen  Urbilds  unftihig  ist.  W  irtl  un- 
ter diesem  I^eal  nur  die  allgemeine  Vorstellung  vcrstan« 
den:  se  Ist  vielawhr  jmit  dem  Bewnfslsebi  der  UnveiUMim« 
BMnhelt  und  Sflndballtiglieit  die  Vorstellung  des  Voilkem- 
menen  und  Sündlosen  ebenso  notliwendig  gegeben ,  wie 
mit  dem  def  Endlichkeit  die  des  Unendlichen ,  indem  beide 
Vorstellungen  aicli  gegenseitig  liedingen,  die  eine  ohne  die 
andere  gar  nieht  adglieh  ist.  Ist  aber  die  eonerete  Aus* 
führting  des  Bildes  mit  den  einzelnen  Zügen  gemeint:  so 
kann  man  zugeben,  dafs  einem  sündhaften  Individuum  und 
Zeitalter  diese  Ausmalung  nieht  fleekenlos  gelingen,  kfyan; 
allein  dessen  Ist  ein  solches  Zeitalter ,  weil  ea  selbst  afcht 


S)  Bava,  a.  a.  O.  W. 


üiyiiized  by  Google 


^0  -Schlursabhandlang.   $.  145. 

tfiirOber  hinaus  ist,  sich  nicht  bew^fsC,  und  wenn  dat 
WM  mw  skisMnhaft  auügefitthrt  Ist ,  «nd  der  Belecielrtwg 
-mll'  viel  S|ileinin  'lilkt  «o  luum  m  iieieht  «mIi  mh  «i- 

ner  spfiteren,  scharfflichti^r  |^wordenen  Zelt,  so  innge 
Me  den  guten  Willen  der  ganstigstenBelenchtang  hat,  noch 
^Ifii  Eeokanlot  betnehtet  werden. 

Hlemit  sehen  wir,  wet  «n  Atm  Vorwoif  itt,  Abt 
BcHLEiERMACHBR'n  80  Ungehalten  machte,  dafs  sein  Ck4> 
•loa  kein  historischer,  sondern  ein  idealer  sei:  er  ist  nn- 
gereehl,  wenn  auf  die  Meiming  Schlbibrmacher^s  geechen 
wird 9  denn  er  glaubte  steif  und  fest,  der  Chrbtosy  wie 
er  Ihn  construirte,  habe  wirklich  so  gelebt;  aber  gereekt 
ist  er  einerjieits  in  Berug  auf  den  geschichtlichen  l  liAibe- 
*  stand  I  weil  ein  solcher  Christos  imilier  nor  In  der  Idee 
vorhanden  ge%resen  ist,  In  welehen  Sinn  üreilieh  dSB 
'  kfrekHelien  System  derselbe  Vorwurf  noeh  stUrker  gemacht 
werden  inüfste ,  well  sein  Christus  noch  viel  weniger  exi^ 
'•Urt  liaben  kann;  gerecht  endlich  rilcksichtllch  der  Coa- 
seqiteiis  des  Systems,  Indem,  um  das  su  bewiHien,  wss 
SentmiiMACMEa  Ihn'  bewirken  llfst,  'kein  anderer  Christus 
norhig ,  und   nach  den   ScuLEi£RMACHER*8chen  Grundsfitcen 
Ober  das  Verhültnifif  liottes  Bur  Welt,  des  Übemactirii» 
eben  sum  NatArllehen,  auch  kein  andrer  mdglleh  ist,  als 
N      ebi  Idealer  —  und  In  diesem  Sinne  triflit  der  Vorwurf  die 
Schlei KRMACHER*srhe  Ginnbenslehre  specifisch,  da  nach  dea 
Prämissen  der  Kirchenlehi*e  allerdings  ein  historiscbsr 
Chrlstua  sowohl  mtfglieh  als  nothweiidig  war. ' 

« 

Die  Christologie ,  symboliücb  gewendet.   I-Unt.   dk  Wsxts. 

Ist  hiemit  der  Versneh  gescheitere,  das  UrbildBeks 
fai  Christo  mit  dem  fiesehiehtlieben  nosammencohalten :  so 
scheiden  sirli  diese  beiden  Elemente,  das  lestere  fällt  «is 
natilrüche^  Residuum  au  Boden,  das  erstere  aber  steigt  s'f 
voiaea  Sabiimat  lu  den  Äther  der  ideenweil  empor»  <jc> 


Digitized  by  Google 


Schi  ai'sabh  and  iung.  {• 


721 


schichtlich  kann  Jesns  nichts  Anderes  gewesen  «ein,  al« 
eine  zwar  sehr  ausgezeichnete,  aber  damoi-  doeh  der  Be* 
•ebrüiiktlieit  alles  £iidüeheii  unterworfene  Pertdniiehkelt : 
venndge  dieser .  aQt|ifeBeichneten  PertJönliolikeit  nber  reß^te 
er  das  religiöse  Gefühl  so  mächtig  an ,  dafs  diocs  in  ihm 
ein  Ideal  der  Frömmigkeit  anerkannte;  wie  denn  flber- 
iiaopt  eine  bktorisebe  Tbatsacbe  oder  Perton  nur  dadurch 
Grundlage  einer  posillTen  Religion  werden  kann,  dafs  «ie 
in  die  Sphäre  des  Idealen  erhoben  wird  *). 

Schon  i^PUiozA  hatte  diese  Unterscheidung  gemaehl  In 
der  Bebauptung,  den  bistorischen  Christus  uu  kennen,  so 
Bur  Seligkeit  nicht  nothwendig,  wohl  aber  den  idealen 
die  ewige  Weisheit  Gottes  nümiich ,  welche  sich  in  allen 
Dingen,  im  Besondem  im  menschüehen  Gemtttb,  und  ai- 
lurdlngs  in  ausgeselchnetem  Grad  li|  Jesu  Christo  geoffen-« 
hart  habe,  nnd  %Telche  allein  den  Menschen  belehre,  was 
wahr  und  falsch  ,  ^ut  und  böse  sei  -). 

Auch  nach  Kant  darf  es  nicht  uur  Bedingung  der 
Seligkeit  gemacht  werden,  dals  man  glnnb^,  es  habe  ein- 
mal einen  Mensehen  gegeben,  der,  durch  seine  Heiligkeit 
und  «ein  Verdienst  sowohl  für  sich  als  auch  für  alle  an- 
dern genuggethan  habej  denn  da?on  sage  uns  die  Ver- 
nunft niehtt;  wohl  aber  sei  es  allgemeine  Menschenpflicht, 
BU  dem  Ideal  der  moralischen  Vollkommenheit ,  welches  in 
der  Vernunft  liege ,  sich  zu  erheben ,  und  durch  dessen 
Vorhaltung  sich  sittlich  kri&ftigen  sn  lassen:  nur  eu  diesem 


1)  So  SciiMiD,  a.  a.  O.    S.  267. 

2)  Ep.  21.  ad  Oldenburg;.  Opp.  od.  Gfrörkr,  p.  556  :  —  dico, 
ad  salutem  non  esse  omnino  nccessc^  Christum  sccundum 
carnem  noscure^  ted  de  aeterno  illo  filio  Dei,  h.  c.  Dci  ile- 
tema  sspieAtia,  quae  aeae  in  omnibua  rebus,  et  maxime  in 
mente  bumaiui,  et  oauiium  maxime  in  Chriato  Jesu  manife- 
atavit,'  longe  aliter  aenticndmn.  Nam  nemo  abaque  hac  ad 
slatum  beaUtudinii  polest  penrenire,  utpote  quae  aola  docct, 
quid  verum  et  falium ,  bonum  et  malum  Sit« 

Düt  Lßb€n  Jua  IL  ßand^  *  4G 


Digitized  by  Google 


Sehltifsabliiincilung.   $•  14Sb 


moralischen,  niehr  7.11  Jenem  historisehen  Ginnben  «et  ikr 
•NenMli  verpflichret 

Auf  diesem  Ideal  tfieht  nun  Kaut  die  efnsetnen  Zii^e 
tier  biblischen  und  kirclilichen   Lehre  vop  Christo  unuuh 
deuten«    Die  Mensohlieit  oder  das  vernfl nfrige  Weltwean 
•Aberhaupr  in  «einer  i^ancen  slrtliehen  Vollkoainienheil  kl 
es  allein ,  was  eine  Welt  sum  Gesfenstande  des  g6ttlickce 
llathsclihisscs   und   ztiin   Zuerk   der    Schöpfung  machen 
kann;  diese  Idee  der  gottvrohigefÄÜigen  Menschheit  iel-k 
Gott  Ton  Ewigkeit  hrr,  sie  geht  von  seinem  Wesen  am^ 
ntid  ist  insofern  kein  erschaffenes  Ding,  sondern  mein  eia* 
gebonier  Sohn,  das  Wort,  durch  welches,  d.  h.  um  det- 
sen  willen,  Alles  gemacht  ist,  in  welchem  Gott  die  Wfk 
geliebt  hat.   Sofern  von  dieser  Idee  der  moraliechen  Vett- 
kommenlieit  der  Mensch  nicht  seihst  der  Urheher  ist,  son- 
dern sie  in  ihm  i'laz  genoutnien  hat,  ohne  daf«  man  be- 
grififci  wie  seine  Natur  für  sie  habe  empftfnglich  aeinköa» 
taen :  so  iliCit  sich  sagen ,  dafs  Jenes  Urbild  vom  BubomI 
KU  uns  hernbgekommen  sei,  dafs  es  die  Rfenschheit  nnsi^ 
iiominen  habe,  und  diese  Vereltii«>tirig  mit  uns  kann  ali 
ein  Stand  der  Erniedrigung  des  Soimes  Gottes  nngcsehts 
werden«     Dieses  Ideal  der  moralischen  VoUkommenbeil^ 
wie  sie  in  einem  von  ßedfirfuissen  und  Neigungen  ahhia* 
gigen  Weitwesen  möglirh  ist ,    können  wir  uns  nicht  aa* 
dert  vorstellen  I  als  in  Form  eines  Menschen  ^  ond  swar, 
weil  wir  uns  von  der  Stärke  einer  Kraft,  und  so  mmtk 
der  sittlichen  Gesinnung,  keinen  Begriff  machen  können, 
als  wenn  wir  ^ie  mit  Hindernissen  ringend,  und  unter 
den  gröfsten  Anfechtungen  dennoch  lil>erwindend  nne  vor 
•tollen  •  eines  solchen  Menschen ,  der  nicht  aliein  «lle  Mc» 
schonpilieht  selbst  aussuliben,  nnd- durch  Lehre  ttud  Bei- 
spiel  das  Gute  in  grüfstmüglichem  üuifang  um  sich  her 


^  Religion  innerhtlb  derCrensca  der  blossen  Vernunft,  drittfi 
Stück,  Itv  Ablhl.  VII. 


Digitized  by  Googl 


Bohlnfsiibbiinilliiiig.  %  UlL  723 

«afmilireiteii ,  tondern  Auch,  obgleich  durch  die  stärksten 
Anlockungen  versucht,  dennoch  alle  Leiden  bis  zum 
aobmfihlicbaten  Tode  am  de«  Weltbesten  willen  ra  über» 
Mlimen  bereitwillig  wire. 

Diese  Idee  hiit  ihre  Realitflt  in  praktischer  Bexie* 
hung  volUttfndig  in  sich  selbst ,  und  es  bedarf  keines  Bei« 
•pieis  in  der  üdrfabrung,  om  dieselbe  sam  verbindenden 
Vorbild  für  ont  ma  machen  y  da  sie  als  solches  schon  in 
unserer  Vernunft  liegt.    Auch  bleibt  dieses  Urbild  wesent- 
lich nur  in  der  Vernunft,  weil  ihm  kein  Beispiel  in  der 
äusseren  Erfabrong  adüqoat  sein  lianU)  als  welche  das 
Innere  der  Gesinnung  nicht  aufdeckt  9  sondern  darauf  nur 
mit  schwankender  Gewifsheit  schllcfsen  llifst.    Da  jedoch 
diesem  Urbilde  alle  Menschen  gemäfs  sein  sollten ,  und 
folglich  es  auch  können  müssen ;  so  bleibf  immer  möglich^ 
dafs  in  der  Erfahrung  ein  Mensch  vorkomme,  der  durch 
Lehre  ,  Lebenswandel  und  Leiden  das  Beispiel  eines  gott* 
wohlgefUlligen  Menschen  gebe;   doch  auch  in  dieser  Er* 
seheinung  des  Gottmei.sshen  wäre   nicht  eigentlich  das, 
was  von  ihm  in  die  Sinne  flült,  oder  durch  Erfahrung 
erkannt  werden  kann,  Objekt  des  sei  ig  machenden  Glau- 
bens) sondern  das  in  unsrer  Vernunft  liegende  Urbild, 
weiches  wir  Jener  Erscheinung  unterlegten ,  weil  wir  sie 
demsellien  gemfifs  ftCnden^  aber  freilich  immer  nnr4n  so- 
weit ,  als  diefs  in  Süsserer  Erfahrung  erkannt  werden  kann« 
Weil  wir  alle,  obwohl  natürlich  erzeugte  Menschen,  uns 
verbunden  und  daher  im  Stande  fühlen,  selbst  solche  Bei- 
spiele absugeben;  so  haben- wir  keine  Ursache  >  in  Jenem 
ninsterhaften  Menschen  einen  übernatürlich  eraeugten  an 
erbÜckeu;   ebensowenig  hat  er  au  seiner  Beglaublt^nTig 
Wunder  ndthig^  sondern  neben  dem*  moralischen  Glauben 
an  die  Idee  ist  nor  noch  die  historische  Wahrnehmung  erfor- 
derlich ,  dafs  sein  Lebenswandel  ihr  gemäls  sei^  um  Ihn 
als  Beispiel  derselben  zu  beglaubigen. 

Derjenige  nun,  Welcher  sich  einer  solchen  morali« 

46« 


Digitized  by  Google 


fi4  SchUfaiibliAndlang.  f.  14». 

sehen  Getinnang  bewnfst  ist,  dmU  er  gcgHlndetee  Vc^ 
traven  enf  tleh  «efcen  kmnn^  er  wflrde  unter  Xhnliebee 

Versuchungen  iinii  Luiden ,  wie  sie  an  dem  Urbilcte  der 
Menschiieit  aU  Prubierstein  seiner  moralischen  Gesinnong 
vorgestellt  werden ,  diesem  onwendelber  enbingi^  iiii4  in 
trener  Maehfolge  lihnlieh  bleiben  ^  ein  soleher  Menseb  al» 

i   lein   ist   befugt^    sich  iür  eilten  Gegenstand  des  göttlichen 
Woblgefaiiens  eu  halten.     Um  su  solcher  Gesinnung  sidi 
sa  erbeben,  mofs  der  Mensch  vom  Bösen  eosgehen,  dee 
nlten  Menschen  ensitlehen ,  sein  Fleisch  fcreoBigen ;  eine  I 
Umänderung,    welche   wesentlich  mit    einer   Reihe  Ton 
Schmersen  unil  Leiden  verbunden  ist.    Diese  hat  der  alte 
Mensch  «Is  Strafen  verdient:  sie  treffen  aber  den  aeM% 
indem  der  Wiedergeborene,  der  sie  anf  sich  nimmt,  nnr 
noch  physisch,  seinem  emjiirischen  Charakter  nach,  als  Sin- 
nenwesen, der  alte  bleibt,  moralisch  aber,  als  inteiligib- 
les  Wesen,  In  feiner  veränderten  Gesinnnng,  eio  never 
Mensch  geworden  ist    i^fern  er  nnn  in  der  Slnneetnde- 
rung  die  Gesinnung  des  Sohnes  Gottes  in  sich  nufgenooH 
men  hat ,  so  kann ,  was  eigentlich  ein  Stell  vertreten  des 
alten  Menschen  fttr  den  neuen  Ist,  als  Stellvertretung  des 
Sohnes  Gottes,  wenn  man  die  Idee  personificirt ,  vorf^e- 
stellt  und  gesagt  werden,  dieser  selbst  trage  fUr  den  I^Ien« 
sehen,  für  alle,  die  an  ihn  praktisch  glauben,  als  SteJIveiw 
freier  die  Sandenschuld ,  thue  durch  Leiden  rnid  Tod  der 
hliehsten  Gerecfitigkeit  als  Erlöser   genug,   und  mache 
als  Sachverwalter,  dafs  sie  hoffen  können,  vor  dem  Rich- 
ter als  gerechtfertigt  eu  ersriieinen,  indem  das  Leiden,  wd- 
ches  der  nene  Mensch,  indem  er  dem  alten  abstirbt,  im 

•  Leben  fortwührend  fibernelimen  mofs,  an  dem  ReprAsen- 
tauten  der  i^lensehheit  als  ein  für  allemal  erlittener  Tod 
vorgestellt  wird 


4)  a.  a.  O.  2tet  Stück;  Iter  Abscbn.  3tct  Stück,  Ite  Abthig. 
f 


Digitized  by  Google 


öchlttTf «bhandinug.  $.  146.  7SUft 

Auch  Kant,  wie  Schleiermach  er,  dessen  ChrUtologie 
Überhaupt  in  manchen  Beziehungen  an  die  KANTische  er- 
innert ^)|  keoml  In  der  Aneignung  der  kirchiicben  €hri- 
etolof|[le  nnr  bis  nnni  Tod  Christi:  von  seiner  Auferstehung 
und  llimmelfHhrt  aber  sagt  er,  sie  liünnen  zur  Religion  , 
innerhalb  der  Grenzen  der  blofsen  Vernunft  nicht  benüst 
werden  I  weil  sie  auf  Materialität  aller  Weltwesen  flBhren 
wfirden.  Wie  er  indefs  auf  der  andern  Seite  diese  Thal* 
Sachen  doch  wieder  als  Symbole  von  Vernunftideen ,  als 
Bilder  des  Eingangs  in  den  Sic  der  Seligkeit,  d«  h«  In  die 
(veneinschaft  mit  allen  Guten,  gelten  läfst:  so  hat  noch 
bestimmter  TiBPTRimK  erlilKrt,  ohne  die  Auferstehung  wür- 
de die  Geschichte  Jesu  sich  in  ein  widriges  £nde  verlie* 
ren,  das  Auge  sich  mit  Wehmuth  und  Widerwillen  ?on 
einer  Begebenheit  abwenden,  In  welcher  das  Muster  der 
Menschheit  als  Opfer  nnheiliger  Wuth  fiele,  und  die 
•Scene  sich  mit  seinem  ebenso  unschuldigen ,  als  schmerzli- 
chen Tod  beschlöfse;  es  müsse  der  Ausgang  dieser  Geschich- 

A%  mit  der  Erfttllui^  der  Erwartung  gekrdnt  sein,  nn  wel- 
cher sich  die  moralische  Betrachtung  eines  Jeden  unwider- 
stehlich hillgezogen  fühle;  mit  dem  Übergang  In  eine  ?er- 

^  geltende  Unsterblichkeit 

Auf  ihnllche  Weise  schrieb  nt  WsTfiy  wie  Jeder 
Geschichte,  und  insbesondere  der  Rellglonsgesehlehte,  so 
auch  der  evangelischen ,  einen  symbolischen ,  ideflfen  Cha- 
rakter HU,  vermöge  dessen  sie  Ausdrucli  und  Abbild  des 
menschlichen  Geistes  und  seiner  Thätigkelten  seL  Die  Ge^ 
achichce  Von  der  wunderbaren  Erseugung  Jesu  stelle  den 
göttlichen  Ursprung  der  Religion  dar ;  die  Erzählungen 
von  seinen  Wunderthaten  die  selbststündige  Kraft  des 
Menschengeistes  und  die  erhabene  Lehre  des  geistigen 
Selbstrertmuens ;  seine  Auferstehung  sd  das  Bild  des 


5)  Wie  disst  Bavr  nschweist,  chritti.  GnosiSy  S,  660  ff. 
^  ü)  Censur  des  christL  protefttsntisebcn  Ldirbsgrifl«^  3 ,  S.  ISO. 


Digitized  by  Google 


7^  Sohlufaabhandiung. 


Sl0gf  der  Wahrheit  I  das  Voraeiohen  des  künftig  sa  Tott- 
endenden  Triomphs  des  Guten  Über  des  ß^ise;  seine  Hi» 

Mi^lfnhrt  das  Symbol  <ler  ewigen  Herrlichkeit  der  Religion. 
Die  religiösen  Grinulideen  ,  welche  Jesus  in  seiner  Lehn 
aasgesprochen,  drücken  sieh  ebenso  klar  in  seiner  Ge- 
schichte ans.  Sie  Ist  Ausdruck  der  Begelsteron^ ,  in  im 
mathvollen  Wirken  Jesn  nncl  der  slegreiohen  Gewalt  s«- 
ner  Erscheinung;  der  Resignation,  in  seinem  Kampf  mit 
der  Bosheit  der  Menschen ,  der  Wehmnth  setner  wamea» 
den  Reden,  und  vor  Afleni  in  seinem  Tode;  Chpiataa  an 
Kreoe  ist  das  BÜd  der  dui*ch  Aufopferung  geläutertei 
Menschheit:  wir  sollen  uns  alle  mit  ihm  ki*euzigen ,  xm 
mit  ihm  ma  neuem  Leben  anfsnstehen.  Endlich  die  Idcs 
der  Andaoht  ist  der  Orundton  der  Oesehiehte  Jeeo,  indes 
Jeder  Moment  seines  Lebens  dein  Gedanken  an  seinen  hinua- 
lischen  Vater  gewidmet  ist  7> 

Bsionders  klar  hatte  schon  früher  Horst  diese  ty» 
bolisehe  Ansteht  ron  der  Geschieh te  Jesu  ausgesprochen. 
Ob  Alles,  was  ron  Christo  er/fihlt  wird,  sagt  er,  genau  >o 
als  Geschichte  rorgefallen  ist^  das  kann  uns  jezt  eiemliek 
gleiehgdltig  aeln|  auob  kdnnen  wir  es  nicht  mehr  nasaul- 
feln.  Ja ,  wenn  wir  es  uns  gestehen  wollen ,  so  ist  de« 
gebildeten  Thell  der  Zeitgenossen  dasjenige ,  was  den  alt- 
gläubigen Christen  hellige  Geschichte  war,  nur  noch  Fabel: 
die  EraAhInngeo  Ton  Christi  abematarlicber  Gebart,  vaa 
seinsii  WündeTOy  seiner  Auferstehung  und  Hlmmelfahit, 
müssen ,  als  den  Ge^set^-en  nnsres  ErLenntnifsvennöfjen? 
widersprechend  ,  rerw&rfen  werden.  Aber  man  fasse  aie 
nur  aicht  mehr  blofs  teratäiidlg,  als  Geschichte,  sondera 
mit  Gefllhl  und  Phantasie,  als  Dichtung,  auf:  so  wtW 
man  finden,  dafs  nichts  in  diesen  Erzfihivngeii  willkühr- 
lieh  gemacht  ist»  sondern  Alles  seine  Aaknflpfungspjuikte 


7)  RelSgion  und  Theologie,  Her  Abachnftt,  Kap.  3.  Vgl.  biU. 
Dogmatik,  §.  255^  kirchiichu,  $.  64  (F. 


Digitized  by  Googl 


ScblB/sabliiuidlttiig.   §.  145.       '  7S7 


in  dem  Tiefsten  nnd  Gottverwandten  des  meiischiielieii  Ge- 
mOthes  hst.  Von  diesem  2^tniic(|ittniic  aus  betrachtet,  iüüt 
•Ich  an  die  Geschichte  Christi  Alles  anknOplen ,  was  flür 
das  religiöse  Vertrauen  wichtig,  für  den  reinen  Sinn  hele- 
Jbeud,  für  das  zarte  Gefühl  anziehend  ist.  Ks  ist  jene 
fveschichtc  eine  heilig  schöne  Dichtung  des  alii^emeinen 
Menscliengeschlechts ,  in  der  steh  alle  ßedfirfnisse  unseres 
religiösen  Triebs  vereinigen ,  und  diei's  ist  eben  die  höchste 
Kl.re  und  der  {stärkste  Beweis  für  die  nilgemeine  Gültige 
keic  des  Christenibnms.  Die  Geschichte  des  £vangeiiuui8 
i»t  Im  Grunde  die  Geschichte  der  idealiseli  gedachten  ali- 
geuieinen  Menschennatur,  und  zei^^ir  uns  in  dem  i.eben  des 
Kinaigen,  was  der  Mensch  sein  soll,  und  mit  ihm  verhun- 
zten durch  Befolgung  seiner  Lehi-e  nnd  seines  Beispiels 
wirklich  werden  kann.  Oaiiel  wird  nicht  geleugnet,  daft 
tlem  Paulus,  Johannes,  Matthüus  und  Lukas  das  That- 
sache  und  gewisse  Geschichte  war,  was  uns  jestnur  noch 
•la  lieiüge  Dichtung  erscheinen  kann.  Aber  es  war  ihnen 
auf  ihrem  Standpunkt  ans  eben  dem  Inneren  Grunde  heill* 
ge  Thatsschc  und  Geschichte,  aus  welchem  es  uns  jezt  auf 
unserem  Standpunkt  heilige  1\1  ythe  und  Dichtung  ist.  Nur 
die  Ansirhten  sind  verschieden :  die  mense hliehe  Natur, 
nnd  In  Ihr  der  religiöse  Trieb,  bleibt  Immer  derselbe.  Jene 
l^lanner  beduriten  in  ihrer  Welt,  zur  ßelebun^  der  rciigiöheji 
und  muraiischen  Anlagen  in  den  Menschen  ihrer  Zeit,  Ge« 
schiebten  nnd  Thatsacheii,  deren  innersten  Kern  aber  Ideen 
bildeten ;  uns  sind  die  Thatsaehen  veraltet  nnd  ewelfelhafit 
geworden,  und  nur  noch  um  der  zum  Grunde  liegenden 
Ideen  willen  die  Eraählungen  da>un  ein  Ge^^enstand  der 
Verehrung  • 

Diese  Ansicht  traf  snnffchst  von  Selten  des  kirchlichen 
BewulbUeins  der  Vorwurf,  dal's  sie  btait  de^  iicichthuiu» 


8)  Ideen  Uber  Mythologie  u.  s.  w.  in  Hbakb^s  neuem  Msgsfc&u, 
6,  S.  434  ff.  vgl.  Ubnss^s  Museum,  3^  S.  455. 


Digitized  by  Google 


* 


728  8«liiorsAbbandlong.  {.  145. 

göttlicher  Realität ,  wie  sie  der  Glaube  in  der  GeschScbte 
Christi  iinde^  eioe  Swinlang  leerer  Ideen  ond  Ideale  m- 
tortehiebe)  etalt  ein  trostreiehee  Sein  n  gewihiw^  «i 

bei  in  »Irückcnden  Sollen  bewenden  lasse«    Pflr  die  Oewils- 
heit,  dafs  Gott  s'icb  einmal  wirklich  mit  der  menschlichen 
Malar  yereinigt  hat^  bietet  die  Anasabnang  ecblechten  Er» 
MB,  daft  der  Menseh  göttliehen  SInnea  werden  «eile;  Ar 
die  Bertihigungr,  welche  dem  Glfiabigen  die  dareb  Gfaii* 
atum  vollbrachte  Erlösung  gewährt,  ist  ihm  die  Veran- 
•chaoliehang  der  PHicht  kein  Äquivalent,  sieb  selbst  roa 
der  Sünde  losBamachen*  Ana  der  TeraSbnten -Welt,  in 
welehe  ihn  das  Christen tham  versezt,  wird  der  Bfeneeb 
durch  diese  Ansicht  in  eine  unversöhnte  Eurückgeworfen, 
Ana  einer  seligen  in  eine  «nselige ;  denn  wo  die  Versob- 
nnng  erat  nu  Tollbringen ,  die  Seligkeit  erat  bd  erringen 
ist ,  da  ist  vor  der  Hand  noeh  Feindsekafit  und  ünaelif- 
keit.    Und  zwar  ist  die  Hoffnung,  aus  dieser  je  ganz  her- 
ensKukommen,  nach  den  Principien  dieaer  Ansicht,  weicba 
nur  Idee  nur  eine  unendllehe  Ann&berung  kennt,  eine 
tlCusehende;  denn  das  nor  im  endloaen  Progrela  sa  £rrsi- 
cheude  ist  in  der  That  ein  Unerreichbares. 

Doch  nicht  allein  der  Glaube,  aondörn  auch  die  Wi$- 
•enaebaft  in  ihrer  neuesten  Entwicklung  hat  dieaen  Stand- 
punkt nnaureiehend  befunden.  Sie  hat  erkannt,  dafa,  die 
Ideen  enm  blofsen  Sollen  machen  ,  dem  kein  Sein  entspre- 
che,  sie  auflieben  heifse:  wie  das  Unendliche  als  bleiben- 
des Jenseite  des  Kndliehen  feathalten ,  es  verendliehen  ;  sie 
liat  begriffen ,  dala  das  Onendliehe  im  Setaen  und  Wie» 
deraufliebeij  des  Endliclien  sich  selbst  erhält,  die  lilec  in 
der  Gesammtheit  ihrer  Erseheinungen  sich  verwirklicht, 
«iafa  nichts  werden  kann ,  Was  nicht  an  aicb  aobon  ist: 
also  auch  vom  Mensoheo  sieh  nicht  rerlangen  Ififst,  aiek 
mit  Gott  SU  versöhnen  und  gottlichen  Sinnes  zu  werden, 
wenn  diese  Versöhnung  und  Vereinigung  nicht  an  aieh 
achon  vollbracht  iat. 


Digitized  by  Google 


Soiilnaabliandlaai^  S*  146.  310 

« 

^  $.  14Ö. 

Die  tpeciiUtive  Cbristologie» 

Schon  Kant  hatte  gesagt ,  das  gute  PrincSp  tei  nieht 

bloCi  au  einer  gewissen  Zeit,    sondern   vom  Ursprung 

des  nantohUchen  Geschleebtt  an'  unaiahtbararweiae  wom 

Hiauael  In  dia  ManaeUMÜ  JiaralifekaBuiian  and  Sohl» 

LiNG   Stellte   den  Sas  auf:  die  Menschwerdung  Gottes 

ist  eine  Menschwerdung  von  £wigkeit  ' )•    Aber  wüb-  * 

rcnd  dar  eralara  nnter  Janen  Ausdruck  nur  die  morall- 

aehe  Anlage  veratanden  hatte ,  welche  mit  Ihrem  Ideal  nnd 

ihrem  Süllen  von  jeher  dem  Menschen  eingepflnnat  gewe* 

aan  sei :  verstand  der  ieztere  unter  dem  menschgeworde« 

nen  Sohn  Gottea  daa  £ndiiche  aeibat,  wie  es  im  Menachen^ 

cum  Bewttfstseln  kommt,  nnd  In  seinem  UnCeraehIed  von 

dem  Unendlichen,  mit  dem  es  doch  Eins  ist,  als  ein  lel* 

dander  und  den  Verhältnissen  der  Zeit  unterworfener  Gott 

I 

erMheInt* 

In  der  neneaten  PhUoaophle  Iftt  dlefa  weiter  ao  apa* 

gefiBhrt  woi*den  Wenn  Gott  als  Geist  ausgesprochen 
wird|  80  liegt  darin,  da  auch  der  Mensch  Geist  ist,  be- 
reite,  dafs  beide  an  sich  nicht  verschieden  sind.  Mäher 
tat  In  der  ErkenntnUa  Oottea  ala  Geiatet,  da  der  Gelat  we- 
sentlich diefs  ist,  in  der  Unterscheidung  seiner  von  sich 
idcntiscli  mit  sich  zu  bleiben,  im  Ändern  seiner  sich  selbst 
mi  haben ,  diela  enthalten ,  dafs  Gott  nicht  ala  aprüdea 
Unendliche  anaser  nnd  aber  dem  Endliehen  rerharrt,  aun- 
dern  In  dasselbe  eingeht,  die , Endlichkeit ,  die  Natur  und 
den  menschlichen  Geist,  nur  als  seine  Entfiusserung  sezt, 
•na  der  er  ebenao  ewig  wieder  In  die  Einheit  oüt  eich 

1)  Voriesungen  Uber  die  Methode  des  acadeouschea  Stadium  ^ 
S.  192. 

9  Hasit^^FltiCnoaienologie  ^s  Geistes,  8. 501  tt ;  desseUben  Vor- 
Icsuagea  Uber  die  Fhilos.  dar  Relig.  1 ,  8.  234  ff«  Msaais» 
fm»,  Gruadlebren  der  eMstL  Dogmatlh,  8«  174  ff*  Ros«* 

RüAMZ,  EncyUopädie  der  th^ol.  WiMeoschaften,  S.38ii^l4SiL 


Digitized  by 


7aa  SchlaUabhaudluiig.   $•  146. 

■elbtt  mtrOckkehrC«  So  wenig  der  Mensch  als  blofs  eiid- 
lieher  und  en  feiner  Endlichkeit  festhnicender  lieictt  Wahr- 
heit hef :  to  wenlf  hat  Gott  eis  blofe  nnendlleber  »  In  eet-> 
ner  Unendlichkeit  sich  absohliefsender  Geist  Wirklichkeit: 
eondern  wirklicher  Geist  Ist  der  unendliche  nur,  wenn  er 
EQ  endlichen  Geistern  sich  erschliefiit:  wie  der  endliehe 
Geist  nur  dann  wahrer  Ist,  wenn  er  in  den  nnendliehen 
'sich  vertieft.  Das  wahre  und  wirkliche  Dasein  des  Ivel« 
stes  iilso  ist  weder  .Gott  ffir  sich,  noch  der  Mensch  für 
sich,  sondern  der  Gottmenseh;  weder  allein  seine  Unend- 
lichkeit, noch  allein  seine  Endlichkeit,  sondern  die  Be- 
we((ung  des  Sichhingebens  und  ZurHcknehmons  r.wischen 
l>eiden ,  welche  von  ^ttlicher  Seite  Offenbarung ,  Toa 
menschlicher  Rell||[lon  ist. 

Sind  Gott  find  Mensch  an  steh  Eins,  und  Ist  die  Re- 
ligion die  meuichliche  Seite,  das  werdende  ßev% iifätstMU 
dieser  Einheit:  so  mufs  diese  In  der  Religion  auch  für  den 
Menschen  werden ,  in  ihm  snm  Bewafstseln  und  rar  Wirk- 
lichkeit kommen.   Freilich,  so  lange  der  Mensch  eich  seihst 
noch  nicht  als  Geist  weifs,  kann  er  auch  Gott  noch  nicht 
als  Menschen  wissen;  ist  er  noch  natürlicher  Geist,  se 
wird  er  die  Natur  Tcrgtfttem;  als  geseclicher  Geist ,  der 
seine  NsKIrllchkelt  nur  erst  auf  iusserllehe  Weise  benwi- 
stert,   wird  er  Gott  als  Geser.geber  sich  gegentibersi eilen; 
aber  sind  nur  einmal  im  GcdrXnge  der  Weltgeschichts 
heide.  Jene  Matllrliehkeit  ihres  Verderbens,  diese  Gesen- 
llchkeit  Ihres  Unglficks ,  Inne  geworden  $  so  wird  sowohl 
jene  das  ßedfirfnifs  empfinden,  einen  Gott  eo  haben,  der 
sie  Aber  sich  erhebe,  als  diese  einen,  der  sich  su  ihr  her> 
'Unterlasse.  Ist.  die  Menschheit  einmal  reif  dasu ,  die  Wahr» 
heit ,  defs  Gott  Mensch ,  der  Mensch  göttlichen  Geschlech- 
tes ist,  al4  ihre  Religion  au  haben:  so  mufs,  da  die  Ueli- 
giott  die  Form  ist ,  in  weicher  die  Wahrheit  für  das  ge> 
meine  Bewufstseln  iivird,  Jene  Wahrheit  auf  eine  geseia» 
veretändliehe  Weise,  als  sinnliehe -Gewilsheit ,  erscheineo, 


Digitized  by  Google 


'    Schla.riabhandlnng.   $.  146.  -731 


d.  h.  es  maf«  ein  meMchliehes  iiidlfidiMiai'iiiiflrreteiii  wd» 
ehes  iilft  der  gegenwlrtt^e  Gott  gewufiit  wird.  BöH^ntdle- 
*ser  Gottmensch  das  jenseitige  göttliche  Wesen  und  das 
diesseitige  mcnsohliclie  Selbst  in  Eins  Eusammcnschiiefst, 
kann  Ton  ihm  ge^sj^t  werden ,  dafs  er  den  göttliehen  Geist 
mum  Vster,  und  eine  menschliche  Mutter  hebe;  sofern 
sein  Selbstsich  nicht  in  sich,  sondern  in  dieslisoIuteSubstiins 
reflektirt ,  nichts  für  sich  ,  sondern  nur  für  Gott  sein  will} 
ist  er  der  Siindlose  nnd  VollJLommene ;  als  Mensch  von 
göttlichem  Wesen  ist  er  die  Hecht  aber  die  Netar  «nil 
Wunderthäter ;  aber  als  Gutt  In  menscliiicher  Erscheinung 
Ist  er  von  der  Natur  ahhlinn^ig,  ihren  Bedürfnissen  und 
Leiden  unterworfen ,  befindet  sich  im  Stand  der  Erniedri- 
gung.  Wird  er  der  Platur  auch  den  leiiten  Tribut  besab- 
len  müssen  ?  Hebt  die  Thatsache ,  daTs  die  menschliche 
Natur  dem  Tod  verfallt ,  nicht  die  Meinung  wieder  auf, 
dafs  sie  an  sich  Eins  mit  der  göttlichen  sei  ?  Nein :  der 
Gottmensch  stirbt ,  und  seigt  dadurch ,  dafs  es  Gott'  mit 
seiner  Menschwerdung  Ernst  ist;  dafs  er  ru  den  unter« 
sten   Tiefen  der  Endlichkeit   berabxusteigen   nicht  ver- 
echm&ht,  weil  er  auch  aus  diesen  den  Rttckwe|^  so  sich 
SU  finden  weilb ,  auch  in  der  völligsten  Entümserunit  mit 
sich  identisch  zu  bleiben  vermag.    Nfiher,  sofern  der  Gott- 
mensch als  der  in  seine  Unendlichkeit  reflektlrfe  Geist 
den  Menschen  als  an  ihrer  EndliehlLeit  festhaltenden  ge- 
genObereleht:  Ist  hiemit  ein  Gegeasas  ond  Kam;»!  getieft, 
und  der  Tod  des  Gottmenschen  als  gewaltsamer,  durch 
der  Sünder  Hfinde^  bestimmt,  wodurch  eu  der  physischen 
Koth  noeh  die  moralische  der  Schmach  ud .  ßeeobuidl- • 
gun^  des  Verlireehens  liommt.  Findet  eo  Gelt  den  ^  rg 
vom  Himmel  bis  eum  Grabe :  so  mufs  fiUr  den  Menschen 
auch  aus  dem  Grabe  der  Weg  cum  Himmel  sn  finden  sein ; 
das  Sterben  dea  LebenafttMlen  ist  das  Leben  dee.  Sterbli« 
eben.    Sebon  durch  sein  Blngeben  in  die  WuU  eis  GoCh 
■Masch  neigte  sich  Gott  mit  der  Welt  veraöbot:  nüber 


Digitized  by 


73%  8ehlar«abhandUttg.   $•  147. 

•beri  indem  er  sterbend  seine  NAtOrlichkeit  «lisCreifte, 
Beigte  er  den  Weg ,  wie  er  die  Versöhanng  ewig  ku  Stan- 
de Mmgtf  ataileh  darch  £nlä«Menu^  Mr  MatOriidÜMfl 
«ad  Wiadeniafhebmg  denelben  idealiseh  mit  sieh  mm  Uei* 

ben.  Insofern  der  Tod  des  Guttmenschen  nur  Anfhebung 
seiner  £nt£asterang  und  Niedrigkeit  ist ^  ist  er  in  der 
Tbat  firböbimg  aad  Kflekkebr  aa  Gott,  aad  ao  fo^  aaf 
daa  Tod  wataatlieh  die  Aaferstehang  and  Hiamalfaki«. 

Indem  der  Gottmensch,  welcher  während  seines  Le- 
bens, den  mit  ihm  Lebenden  sinnlich  als  ein  Andrer  gegen- 
ilberttandy  dareh  den  Tod  ilirea  Sinnea  eataoai«en  wird, 
gebt  er  ia  ibro  Vorttellong  aad  Erinnerung  ein,  wird  aa* 
mit  die  in  ihm  geseste  Einheit  des  Göttlichen  und  Mensch- 
liehen  aligemeines  Bewufstsein,  und  die  Gemeinde  mufs  die 
Moamte  seiaae  Lebeae,  welche  er  Susserlleb  darcblief ,  ia 
•leb  aaf  geistige  Weite  wSedorboiea. .  Im  MatOrlioben  «lali 
schun  vorfuiilend,  mufs  der  Glaubige,  wie  Christus,  dem 
Ii^atilrlioben  —  aber  nur  innerlich,  wie  er  äusserUcb  — 
•terbfn^  geistig,  wie  Christa«  leibliob,  sieh  kreaalgen  aad 
hegrabea  laatea,  an  dareb  Aafbe^ang  der  Natdrlichkeit 
mit  sich  als  Geist  identisch  zu  sein ,  and  an  Christi  Selig- 
keit und  UerrÜohkeit  Antbeil  au  bekosuaea* 

f.  147. 

Lestes  Dilemma« 

Hieait  eeheiae  aaf  hihera  Wete,  aae  deai  Begriff 

Gottes  und  des  Mensehen  Ia  Ikraai  gegenseitigen  Verblli- 
nifs  heraus,  die  Wahrheit  der  kirchlichen  Vorstellung  Ton 
Cbrietae  iiostätigt,  and  so  auM  orthodoxen  Standpunkt, 
wiewohl  aaf  aaigekelnrtaai  Wega»  aarückgalaakt  aa  eela; 
wie  nXmIicb  dort  «ot  der  Rlehtigkeil  der  eeangelisehea 
•  Geschichte  die  Wahrheit  der  kirchlichen  Begriffe  von  Chri* 
eto  deducirt  wurde :  so  hier  aae  der  Wahrheit  der  Begrif- 
üi  die  Riehtigkait  der  Historie.  Das  VarkOamge  Ut  aaeh 
wiriüiob,  die  Idee  nicht  ein  KAiiTiscbea  Solieu  iilols,  «oa- 


Digitized  by  Google 


Sehlufsablmiidlang.   %  147«  79M 


dern  ebenso  ein  Sein;  als  Vernnnftidee  nachgewiesen  al- 
so mufs  die  Idee  der  Einheit  der  göttlichen  und  menscbli* 
eilen  Detter  «nch  ein  geeeliiebtlieliee  Dasein  heben»  Die 
Einheit  Gottes  mit  dem  Mensehen ,  sagt  daher  Marhkiiib* 
U  ist  in  der  Person  Jesu  Christi  offenbar  und  wirk« 
Jich  als  ein  Geschehensein ;  in  ihm  war^  nach  Rossnk&anz-)^ 
die  gdttlielie  Macht  ttber  die  fiatnr  coneentrirt,  er  lionnte 
nleht  anders  wirlten,  als  wonderbar^  ond  das  Wnnderthnn, 
WH8  uns  befremdet,  war  ihm  nntdrilch  ;  seine  Auferstehung, 
sagt  CoMRAOi^))  ist  die  noth wendige  Folue  der  Vollendung 
seiner  Pei*s6nli€hkeit,  und  darf  so  wenig  beiremden^^dalä 
es  vielmehr  befremden  mdlste,  wenn  sie  nleht  erfolgt  wfive. 

Allein  sind  denn  durch  diese  Deduktion  die  Wider- 
eprllche  gelöst,  welche  an  der  kirchlichen  Lehre  ?on  der 
Person  und  Wirksamkeit  Christi  sieh  heransgesteUl  ha- 
ben? Man  darf  nnr  mit  dem  Tadel  9  welehen  gegen  die 
8cHLEiERMACHER*8che  Kritik  der  kirchlichen  Christologie 
RosKNKEANZ  in  seiner  Recension  ansgespröehen  hat,  dasje- 
»ige  ▼ergleiehen,  was  der  lentere  In  seiner  EneyklopXdie  an 
lUe  Stelle  seat :  so  wird  man  finden ,  dafs  dnreh  die  allge- 
meinen Sft'tze  von  Einheit  der  göttlichen  und  menschlichen 
I9atur  die  Erscheinung  einer  Person,  in  welcher  diese 
JÜnheil  auf  ansschlieCiende  ViTeise  individuell  vorhanden 
gewesen  wire,  nleht  Im  Mindesten  denkbarer  wird.  Wenn 
ich  mir  denken  kann,  dafs  der  göttliche  Geist  in  seiner 
Entäusserung  und  Erniedrigung  der  menschliche,  und  der 
mensehllehe  In  seiner  Kinkehl*  in  sieh  und  Erhebung  über 
sieh  der  göttllebe  Ist:  so  kann  Ich  mirdefswegen  noch  nicht 
vorstellen,  wie  göttliche  und  menschliche  Natur  die  verschie- 
denen i/nd  doc^  verbundenen  Bestandtheiie  ^iner  geschicht- 
lichen Person  aoigemacht  haben  können;   wenn  ich  den 


1)  Dogmatik ,  326. 

2)  Encyklopädie,  S.  160. 

ö)  Sclbfttbcwussttein  und  OfTenharung ,  S»  295  f« 


Digilized  by  Google 


Sdklufi  Abb  «nd  lang.   $•  147 


Geist  der  MengrMieit  in  seiner  Einheit  mit  dem  göttlichen 
im  VerUiif  der  'VVHt^eschichte  immer  yoll«tfindiger  als  die 
Miieiit  aber  die  Natur  eich  beihäligen  eelie:  eo  imt  tliafe 
«twet  gen»  And^r^s.  nie  pfn^n  c4nKeliieii  MenM*hen  fnr  ria- 
seine  willkülirliche  IIaii<iluii<^cn  mit  sulcher  Macht  ausge* 
rüstet  KU  dtMiLen:  voHlmkU  au:i  der  Wahrltelt,  du!«  die  auf- 
gehobene NaHIrliehkeit  daa  Auferateben  dea  Geiatea  aei,  vrird 
die  leibliehe  Aoferstebang  einea  IndividunaM  iiiemala  foigeiu 
Hiemit  wft'ren   wir  also  wieder  nuf  den  KAKTixelien 
Standpunkt  zurückgesunken,  den  wir  selbst  nngetiügeud 
beftiiideu  babeii;   deuu  vrenn  der  Idee  keine  Wirkliebkeil 
«nkoninit,  so  Ist  sie  l^erea  Sollen  und  Ideal*   Aber  heben 
wir  denn  alle  Wirklichkeit  der  Idee  auf?  Keiiie&weg«, 
sondern  nur  fitpjenl«:e,  Melrhe  aas  den  Prämiaaen  nicht 
folgt.  Wenn  der  Idee  der  Einheit  von  göttlicher  und  menaeli- 
lieber  Natvr  Realitllt  sugeschrieben  wird,  hellst  diel«»  sii- 
viel,  dnfs  ak»  einmal  in  einem  IndiviHiinm,  wie  vorher  ond 
hernach  nicht  mehr,  wirklich  gewurden  sein  mllaael  llaa 
ist  ja  gar  nicht  die  Arf,  wie  die  Idee  sieh  reallairt,  in  Ein 
Exemjilnr  Ihre  ganne  Fülle  aoasnschQffen ,  nnd  gegen  alle 
andern  7.n  geixen,  f«ondern  in  einer  Manchfaitigkeit  von 
Exemplaren,  die  aich  gegenseitig  erg^naen,  im  Wccfaaei 
aleh  aetsender  ond  wiederanfhebender  Individuen,  liebt  aie 
ihren  Reichthnm  ausxubreiten.    Und  d.i«  .«oll  keine  \5:ilire 
Wirklichkeit  der  Idee  sein?  die  Idee  der  Einheit  von  gött» 
lieber  und  menschlicher  Katur  wiire  nicht  vielmehr  in  nn- 
endlleh  htfherem  Sinn  eine  reale,  wenn  Ich  die  ganae  Ulenaeb- 
helt  als  Ihre  Verwirklichung  betjreif'e ,  als  wenn  ich  ei- 
nen ein/einen  Menschen   als   solche   aussondere?  iJaof 
Menschwerdung  Gottes  von  Ewigkeit  nicht  eine  wahrere, 
nia  eine  In  einem  abgeschloaaenen  Punkt  der  Zeit? 

Das  ist  der  Schlüssel  der  ganzen  Christolo^ie,  Hafs  als 
Subjekt  der  Fr^idikate,  welche  die  Kirche  Christo  beilegt, 
statt  etnea  Individunma  eine  Idee ,  aber  eine  reale,  nicht 
lUmiaeh  onwirUlehe,  geaest  wird.    In  einem  Individnom, 


Digitized  by  Google 


Schlnrtabliiindliing.  i.  147*  %i$ 

einem  fiottmenschen ,  gedaclit,  wiilefRpvwhen  sich  die  Ei- 
genschnfteii  und  Funktionen,  welche  «ii«  Klrcbenlebr« 
Chrif  sntebrelbt :  In  der  Idee  der  tiaiuuig  ellnnta  ale 
Rotenimen.  Bie  Mentehbeit  Ut  die  Verelnlgong  der  bei* 
den  Nfitui*en,  der  menschgewordene  Gott,  der  Kur  End- 
lichkeit entüusserte  unendliche,  und  der  seiner  Unendiicb- 
keit  Sieb  erinnernde  endliebe  GeUt;  sie  Ut  das  Kind  der 
elebtberen  Mutter  tind  des  onsiebtberen  Vetert:  des  GeU 
8tes  und  der  Natur;  sie  ist  der  WunderthMtcr :  sofern  Im 
Verlauf  der  Menschengeschichte  der  Geist  sich  immer  voll* 
•ftündiger  der  Netnr  bemüobtigt,  diese  ihm  gegenflber  suai 
»nebtlosen  HeteriAl  seiner  TbStigbeit  bernntergese et  wird ; 
sie  ist  der  UnsUndiiche :  sofern  der  Gang  ihrer  Ent%virk* 
lang  ein  tadelloser  ist,  die  Verunreinigung  iromrr  nur  am 
Individonin  klebt,  in  der  Gattung  aber  und  ibrer  Gesebieiile 
«nfgehoben  ikt;  sie  Ut  der  Sterbende ,  *Aiiferttebende  imcl 
gen  Himmel  Fahrende :  sofern  ihr  aus  der  Negation  ihrer  Na- 
türlichkeit immer  höheres  geistiges  Leben,  aus  der  Aufhebung 
ihrer  Endllcbkeit  als  persönlicben,  nationalen  und  weltU- 
eben  Geistes  ibre  Einigkeit  mit  dem  nnendlicben  Geiste  de« 
Himmels  hervorgeht.  Durch  den  Glniihen  an  diesen  Chri- 
stus, nnmentlich  an  seinen  Tod  und  seine  Auferstehung, 
wird  der  Menseh  vor  Gott  gcreebt:  d.  h.  dureb  die  Bele- 
bung der  Idee  der  Mensebheit  In  sieh,  namentlich  nach 
dem  Momente,  dafs  die  Negation  der  Natürlichkeit^  wel- 
che selbst  schon  Negation  iles  Geistes  ist,  also  die  Nega« 
tion  der  Negation ,  der  elninge  Weg  sum  wahren  geistigen 
Leben  fOr  den  Meneeben  sei,  wird  auch  der  elnselno  dea 
'  gottmenscbllchen  Lebens  der  Gattung  theilhaftig. 

Diefs  allein  ist  der  absolute  Inhalt  Her  (Niristolosie : 
dafa  derselbe  an  die  Feraon  nnd  Gescbiclite  eines  Einael- 
nen  gelinjipft  erscheint,  hat  nar  den  subjektiven  Grund| 
dafs  dieses  Individuum  durch  seine  Persönlichkeit  und  seine 
»Schicksale  Anlafs  wurde,  jenen  Inhalt  in  das  aligemeine 
Bewnfstsein  so  ertieben^  und  dala  die  Geiateistufe  der  al« 


Digitized  by  Google 


fM 


S«hl vftabhanfllang.  Iff. 


teil  Welti  «imI  dM  Vollr«  bo  jeder  Zeit|    dfe  Hee  4fr 

Menschheit  nur  in  der  concrefen  Figur  eines  IndividuosM 
anzoschnueii  ?eriiing.  In  einer  Zeit  der  tiefsten  7iniimi 
heil,  (ter  kSehtten  leibliehen  und  geistigen  Noth,  mtfiikk 
ein  reines ,  ele  gOff Ifeber  Geiandeer  verekrtes  IndiTidmi 
in  Leiden  ond  Tod,  und  bildet  sich  in  Kursem  der  GIsnito 
an  e^ne  Wiederbelebung:  da  mafste  Jedem  das  tua  m  ' 
agitur  einfiiüen  ^  und  Cbritlna  alc  derfenige  ereefacinei, 
weteiier,  wie  Glenens  Ton  Alexandrien  in  etwas  aadmn  I 
Sinne  sagt,  td  öfiäfta  rijg  av^Qomorijiog  vnexQivaio.  VVtr 
In  seinem  Leiden  die  finssere  Noth,  wclehe  die  Mensdh 
fielt  iiedriiekte,  eoneentrirt^  und  die  innere  «bgebildet:  m 
lag  in  seiner  Wiederbelebung  der  Trost,  dafs  in  solchen 
Leiden  der  Geist  sich  nicht  verliere,  sondern  erhalte) 
dnreli  die  Negation  d**r  Natürlichkeit  sich  niclit  verneis«| 
«andern  In  bttherer  Weise  affirmire.  Hatte  Gott  seiaea  A«-  ! 
pbeten ,  Ja  seinen  Liebling  nnd  Sohn ,  in  solehee  Elead  4- 
lüngegeben  um  der  Sflnde  der  Menschen  willen  :  so  vv.ir 
aneh  diese  fiusserste  Grense  der  Endlichkeit  als  Mninpnt 
Im  gdttiieken  Leben  erkannt^  und  lernte  der  von  Notk  wi  i 
Sfinde  damiedergedHIekte  Menseh  sieh  in  die  g6ctlldn 
.Freiheit  aufgenommen  fühlen.  ^  Wie  der  Gott  des  Pinto 
auf  die  Ideen  hinscliaoend  die  Welt  bildete :  so  list  dar 
Gemeinde 9  Inden  sie,  Tminlafst  durch  die  Person  sid 
Schicksale  Jesu ,  das  Bild  Ihres  Christus  entwarf,  aahs- 
wufst  die  Idee  der  Menschheit  in  ihrem  Verh&ltmls  zur 
Gottheit  vorgeschwebt. 

Die  Wissensehaf^  nnsrer  Zeit  aber  kann  das  Bewalil- 
sein  nicht  iNnger  mehr  anterdrOcken ,  dafs  die  Bestehest 
auf  ein  Individuum  nur  zur  zeit-  und  vulksmäfsigen  t'urm 
"  dieser  Lehre  gebort.  Schukuamacher  hat  gans  recht  ge- 
liabt,  wenn  er  sagfe,  es  ahne  ihm,  dalli  bei  der  speealati- 
Tcn  Ansicht  für  die  geschichtliche  Person  des  KriMn 
nicht  viel  mehr  als  bei  der  cthionitischea  übrig  bleibe  ^>  ^ 

4)  Zweites  Scndtchr.  I 


Digilized  by  Google 


Sthlnfsabhandliing.  i.  147.  737 


'  Die  sinnliche  Geschichte  rfet  IfiifMdaanit,  sagt  Iiiott,  Iii 
nur  der  Ausgangspunkt  flUr  den  Geist.  Indem  der  Glaube 
von  der  sinnlichen  Welse  anfängt,  hat  er  eine  aeitliche 
Geseiüehte  vor  sich;  was  er  fiBr  wahr  bilr,  ist  losiMBray 
gewöhnliche  Begebenheil |  und  die  Beglaubigung  ist  die 
historische,  juristische  Weise,  ein  Faktum  durch  sinnliche 
GewiPsheit  und  moralische  Zuverlufäigkeit  der  Zeugen  an 
beglaubigen.  Indem  nnn  aber  der  Gelsl  Ton  diesem  Ana* 
seren  Veraniessong  nimmt,  die  Idee  der  mit  Gott. einigen 
Menschheit  sich  zum  ßewnfstsein  zu  bringen,  und  nun  in 
Jener  Geschichte  die  Bewegung  dieser  Idee  anschaut:  hat 
aich  der  Gegenstand  vollkommen  Torwandei^i  ist  ans  ai» 
nem*  sinnlich  empirisehen  an  einem  geistigen  und  ggttllchan 
geworden ,  der  nicht  mehr  in  der  Geschichte ,  sondern  in 
der  PiiUosophie  seine  ßeglanbigung  hat.  Durch  dieses 
.Hin aasgehen  Ober  die  sinnliche  Geschichte  aar  absoluten 
wird  Jene  als  das  Wesentliehe  aufgehoben  |  sum  Unterge* 
ordneten  herabgesezt ,  über  welchem  die  geistige  Wahrheit 
auf  eigenem  Boden  steht,  zum  fernen  Traumbild,  das  nur 
noch  in  der  Vergangenheit,  nnd  nicht  wie  die  Idee  in  dem 
aieh  schleehthln  gegenwirtigen  Geiste  Torhanden  kl  ^> 
Schon  Luther  hat  die  leiblichen  Wunder  gegen  die  geistll- 
chen,2als  die  rechten  hohen  Mirakel,  herabgesezt :  und  wir 
aollten  ans  fär  einige  Krankenheilungen  in  Galiläa  auf  hö« 
Imre  Welse  Interessiren  kdnneti ,  als  liHr  die  Wunder  der 
Weitgeschichte,  fÄr  die  In's  Unglanbllehe  steigendö  Ge- 
walt des  Menschen  über  die  Natur,  für  die  unwider- 
etehliche  Macht  der  Idee,  welcher  noch  so  grofse  Massen 
des  Ideenlosen  keinen  Widerstand  entgegenausetEen  ver-' 
mögen?  ans  sollten  Torelnaeke,  ihrer  Materie  nach  unbe- 
deutende Begebnisse  mehr  sein,  als  das  universellste  Ge- 
schehen, eineig  deüswegen,  weil  wir  bei  diesem  die  Nn- 
tSrlicbkeit  des  Hergangs,  wenn  nicht  begreifen,  doch  vorw 


5)  iVA.  rhii.  2,  s.  2  :>  rr. 

Vm  L$b€ii  Xiu  IL  Band.  47 


Digitized  by 


73S  ScIiliifiiAbkiinfiliiii^.   {.  147. 

murMtsen ,  bei  Jenen«  über  diis  Gegentheii  ?  DmM  wire  4w 
besneren  BewoHtruein  onierer  Zeit  in*«  Ange^ht  wkli^ 

sjirochen,  welches  Schleiermacher  richtig  and  absehlicfspnH 
so  ausgedrückt  hat :   aus  dem  Interesse  der  Fronunigkeit 
lifinne  nie  mehr  das  BeddrfnÜe  entstehen  ^  eine  Thatsarbe 
•o  anfsttfAMen,  dafs  durch  ihre  Abhängigkeit  ron  Gott  ihr 
Bedingtseiii    durch   den  Naturxnsammenhang  aufgehoben 
würde,  da  wir  üher  die  Meinung  hinausseien,  aU  ob  die 
güttlicbe  Allmacht  sich  griifser  seigte  in  der  Unterbrechung 
des  Natursttsamnenhangs ,  als  in  dem  geordneten  Verlauf 
desselben  ' ).    Ebenso,  w^enn  wir  das  Menschwerden,  Ster- 
ben und  Wiederauferstehen,  das:  duplex  ne^atio  (fjjirtntitf 
als  den  ewigen  Kreislauf,  den  endlos  sich  wiederholenden 
Pulssehlag  des  göttlichen  Lebens  wissen :  was  kann  an 
einem  einzdnen  Falttom,    welelies  diesen  Preeels  dacn 
hlofs  sinnlich  darstelle,  noch  besonders  gelegen  sein?  Zur 
Idee  im  Faktum,  zur  Gattung  im  Individuum,  will  nnsns 
Zeit  in  der  Chrit|oiogie  geführt  sein:  eine  Oogniatik|  wel« 
che  im  Locus  von  Christo  i>ei  ihm  als  Individaam  atehcs 
bleibt,  ist  keine  DooniHtik,  sondern  eine  Predigt. 

Aber  eben  die  iVedigt,  wie  diese  sich  dann  sur  Dog- 
natili  verhalten  solle^  und  wie  überhaupt  noch  eine  ehris^ 
liehe  Predigt  möglich  sei ,  wenn  die  Dogmatik  jene  Ire» 
stalt  angenommen,  ist  die  bedeiikliciic  Fritge  ,  fiie  sich  uns 
hier  sciiÜersiich  noch  entgegenstellt.  &culei£rmaciirr  hat 
gesagt)  wenn  er  sich  die  immer  mehr  herannahende  Krt« 
sis  in  der  Theologie  denke,  und  stelle  sich  vor,  er  nOfs* 
te  dann  zwischen  einem  von  beiden  wühlen  ,  entweder  die 
christliche  Urgeschichte  wie  jede  gemeine  üescliiclite  der 
Kritik  preifssugeben ,  oder  seinen  Olauben  von  der  Specn- 
Jation  SU  Lehen  sn  nehmen :  so  wttrde  er  fOr  sich  allein 
Ewar  das  Lestere  wühlen;  betrachte  er  sich  nber  in  der 
Gemeinde j  und  vorzüglich  als  Lehrer  derselben:  so  werde 


6}  Glaubsatlelirc,  1,  f.  47* 


Digitized  by  Googl« 


Schlaff  ab  ha  n  diu  ng,   S*  147« 


799 


er  von  dieser  Seite  fort  und  auf  die  enf gegengeteilte  hin* 
llbergesogen.  Denn  der  Begriff  der  Idee  ^ottee  und  des 
Meniehen ,  «nf  welehem  nach  der  apeeulaclf en  Ansieht  die 

Wahrheit  des  christlichen  (jlniibens  beruht,    sei  freilich 
ein  iiöatÜcheB  Kleinod,  nlior  nur  Wenige   können  es  be* 
eitsen,  nnd  ein  solcher  Privilegirter  wolle  er  nicht  sein  lii 
der  Gemeinde,  dafs  er  unter  Tansenden  den  Grund  des 
Glaubens  allein  hätte,    liier  könne  ihm  nur  wohl  sein  in 
der  völligen  Gleichheit,  in  dem  Bewofstscin,  dafs  wir  alle 
auf  diesislbe  Weise  von  dem  £inen  nehmen  und  dasselbe 
an  ihm  haben*    Und  als  Wortführer  und  Lehrer  fn  der 
Gemeinde  könnte  er  sich  doch  unmöglich  die  Aufgabe  stei* 
len,  Alt  und  Jung  ohne  Unterschied  den  ßegrÜT  der  Idee 
Gottes  nnd  des  Menschen  beiaubringen :  vielmehr  müfstu 
er  ihren  Glaolien  als  einen  grundlosen  In  Ans|imch  neli» 
roen ,  und  könnte  ihn  auch  nur  als  einen  solchen  stMrken 
nnd  befestigen  wollen,    indem  so  in  der  gemeinsamen  An- 
gelegenheit der  i^eligion  eine  nniibersteigliche  Kluft  befe- 
stigt werde,  bedrohe  uns  die  speculative  Theologie  ndt 
einem  Gegensas  von  esoterischer  und  exoteriseher  Lehre, 
welcher  den  Äusserungen  (>Iiristi ,  es  sollen  AJIe  von  Gott 
gelehrt  sein,  gar  nicht  gomäls  sei:  die  Wissenden  haben 
•Hein  den  Grund  des  Glaubens ,  die  Nichtwissenden  imben 
nur  den  Glaulien ,  und  erhalten  ihn  nur  auf  dem  Weg  der 
Überlieferang.     Lasse  hingegen   die  ebionitische  Ansicht 
nur  wenig  von  Christo  übrig,  so  sei  diefs  Wenige  doch 
Allen  gleich  ragingUch  nnd  erreichbar,  und  wir  bleiben 
dabei  bewahr!  vor  Jeder  immer  doch  in's  Rdmische  hin* 
überspielenden  Hierarchie  der  Sjieculation  Hier  ist 

auf  gebildete  Weise  dasjenige  ausgesprochen,  was  man 
Jen!  Ton  Vielen,  nur  in  ihrer  Art  ungebildet,  su  hören  be- 
kommt, dafs  der  speculatire  und  nugleich  kritische  Theo- 
log der  Gemeinde  gegenüber  sum  Lügner  werde«  Der 


7)  Im  swcitea  Sendschreiben. 

47* 


Oigitized  by 


740  ScIiliirsabhAndlang.   $.  147. 


\Tirkltc1ie  Tiintbe^rnnd  ist  hiebe!  dieser.  Die  Gemeinde 
bMittbt  die  kircbiicht  Cbristologia  auf  ein  tu  gev^  ieeer  /jeit 
getchichdieb  das^ewt^seiiet  Individauoi:  der  epeeulativa  Tb*» 
oluifittif  eine  Idee,  di;  nur  in  der  Gesuninitheitder  Indiridae« 
«um  Dasein  gelangt;  der  Gemeinde  gelten  die  evangeli- 
acben  £ralUilttngen  alt  Geschichte :  dem  kritiscben  Tlicolo- 
gen  guten  TbeÜi  nnr  als  Mythe.  Soli  er  sieb  »ob  der 
Gemeinde  roitthetlen ,  so  stehen  ihm  vier  Wege  offen : 

Krstlich  der  schon  in  den  obigen  Äusserungen  Schlei- 
xuiacbsr's  abgeschnittene  Versuch,  die  Gemeinde  auf  «ei- 
nen Standpunkt  sn  erbeben,  das  Geeebicbtlicbe  «tieh  fUr 
sie  in  Ideen  anfaulSsen  —  ein  Versacb,der  nothwendig  felil- 
schlngen  mufs,  weil  der  Gemeinde  alle  l^rämissen  felilni,. 
durch  welche  in  dem  Theologen  seine  speeulative  Anairbt 
vermittelt  worden  ist,  den  ebendeiswegen  nnr  ein  Dumh 
tisch  gewordener  Anfklimngstrieb  maelien  litfnnte. 

Der  Eweite,  entgegengesezte  Ausweg  wäre,  sich 
-durchaus  auf  den  Standpunkt  der  Gemeinde  au  versetzen, 
und  fdr  die  kirebliebeMittbeilung  sieb  aus  der  Spbtfre  des 
Begriffs  gans4n  die  Region  der  yolkUhOmliehen  Vorstel- 
lung herabzulassen.  Dieser  Ausweg  wird  gewöhnlich  zu 
roh  gefaist  und  heurtheilt.  Die  Differenz  zwisch^  dem 
Tbeoiogen  und  der  Gemeinde  wird  für  eine  totale  angese- 
hen: er  mllfste,  meint  man,  aof  die  Frage,  ob  er  an  die 
Geschichte  Christi  glaube,  eigentlich  nein  «»agen,  sage  aber 
ja  ,  und  diefs  sei  eine  Lüge.  Allerdings ,  wenn  bei  m  gei&t- 
iicben  Vortivig  und  Unterriebt  das  Interesse  ein  geschicbt- 
liebea  wAro,  retbielte  es  sieh  so:  nnn  aber  ist  das  Intev» 
esse  ein  reUgiüse«,  es  ist  wesentlich  Religion,  was  hier 
mitgetheilt  wird,  erscheinend  in  Form  von  Geschichte,  und 
da  kann ,  wer  cwar  an  die  Geschichte  als  solche  nicht 
glaubt  I  deek  daa  Religllise  in  ihr  ebensogut  anerkennen, 
wie  wer  auch  die  Geschichte  als  solctie  annimmt;  es  Ut 
nur  ein  Unterschied  der  Form,  von  welchem  der  Inhalt 
anbertthrt  bleibt*   Delswegeir  ist  es  un^ebiidet,  es  scUceht* 


Digitized  by  Googl 


SeliliirtaJllittnilliiug.  $.  147. 


741 


vreg  Lüge  mm  nennen ,  wenn  etn  6  •hfl'oVier  e.  B.  von  der 
Auferstehung  Christi  predigt,  indem  er  diese  zwar  als 
einzelnes  sinnliche«  Factum  nicht  für  wirklich  ^  über  doch 
die  Aneohauung  dei  geistigen  Lebensprocettet  i  welche 
darin  liegt ,  fiBr  wahr  hilt  Näher  jedoch  Ist  diese  Iden- 
titiit  des  Inhalt;!  nur  für  denjenigen  vorhanden ,  welcher 
Inhalt  und  Form  der  Religion  zu  unterscheiden  wei(s>  d»  b» 
Idr.  den  Theologen,  nicht  aber  für  die  Gemeinde  ,  sn  w^l* 
eher  er  spricht:  diese  kann  sich  keinen  Glanben  an  die 
dogmatische  Wahrheit  s.  B.  der  Auferstehung  Christi  den* 
keil  f  ohne  Überzeugung  von  ihrer  historischen  Wlrklici^ 
keit)  und  konmt  sie  dahinter,  dafs  der  Geistliehe  die  len*' 
tere  nicht  annimmt ,  und  doefi  noch  von  Anferstehnng  pre* 
digt,  so  mufs  er  ihr  als  LOgner  erscheinen,  \i  odurch  das  gan 
se  Verhältnifs  swischen  ihm  und  der  Gemeinde  eerrfssen  ist. 

So  fttr  'sleh  swar  kein  Lagner ,  aber  der  Gemeinde 
ab  solcher  cvsehelnend'  nnd  sieh  dessen  bewnftt,  mafste. 
der  Geistliche ,  wenn  er  demunerachtet  eu  der  Gemeinde 
in  der  Form  ihres  Bewufstseins  zu  reden  fortführt,  am 
£nde  doch  auch  sich  selbst  als  Lügner  erscheinen,  und  sähe 
sirh  somit  auf  den  dritten,  Tersweifelten  Answeg  binge- 
trieben,  den   geistlichen  Stand  so  verlassen.     £s  hälfe 
iiichts,  zu  sagen  ,  er  solle  nur  von  der  Kanzel  herab,  und 
statt  dessen  auf  den  Katheder  steigen,  wo  er  vor  solchen, 
die  Bum  Wissen  bestimmt  sind,  seine  wissenschafÜlehe 
Ansicht  nicht  surflckBuhalten  brauche ;  denn  wenn  derje» 
nige ,  welchen  der  Gang  seiner  Bildung  nöthigte,  diegeist« 
liehe  Praxis  aufzugeben,  nun  viele  solche  heranzubilden 
bekäme,  die  durch  ihn  nur  geistlichen  Praxis  unfähig 
wOrden,  so  wäre  diefs  ans  Cbel  nur  ärger  gemacht.  Den- 
noch könnte  es  andrerseits  nicht  gut  für  die  Kirche  gesorgt 
.  heifseii,  wenn  alle  diejenigen,  welche  der  Kritik  und^Sjie- 
enlation  bis  sn  den  oben  dargelrgten  Krgebnissen  In  sich 
Ranm  versfatten ,  ans  Ihrem  Lehrstai.de  heraustreten  soll» 
teil.   Daun  da  würde  sich  bald  kein  Geistlicher  mehr  mit 


Dl 


941  S^lilartabhandUag.  {•  147. 

•oMieii  FonehonfBii  «bgvlwii  wollen,  wemi  er  dadneli  Ge- 
fahr liefe,  auf  Resultate  gefOhrt  eo  werden,  weleha  ihm 
flSthigten ,  aas  dem  geistlichen  Stand  zu  treten ;    die  Kri* 
tik  und  Philosophie  würde  £igenthaai  der  !Nichttheologea 
werden I  den  Theoloj^en  aber  bliebe  nnr  der  Glaube»  wd- 
•her  dann  den  Angriffen  der  lirltifehen  nnd  speealaHreH 
Laien  unmöglich  in  die  Länge  widerstehen  könnte.  Doch 
der  nUigÜohe  £rfol|;  hat  da,  wo  es  Wahrheit  gilt,  kein 
6ewieht|  und  eo  foll  dai  eben  Gesagte  nicht  getagt  aeüi» 
Dae  aber  bleibt  doch ,  wenn  wir  auf  die  Sache  telbet  le- 
ben I    dafs,    wen  seine  theologischen  Studien  auf  einen 
Standpunkt  gefuhrt  haben,  auf  welchem  er  glauben  muCk^ 
binter  die  Wahrheit  gekommen ,  In  das  Inaerste  Hjsterium 
der  Theologie  eingedrungen  an  eeln,  der  sieh  nicht  ge- 
neigt oder  verpflichtet  fühlen  kann,  nun  gerade  die  Theolo- 
gie zu  quittlren,  dafs  diefc  vielmehr  {ür  einen  solchen  eine 
onnatllrllohe  Znmuthnngi  Ja  geradesu  unmdgüeh  sein  mnfib 
Er  wird  also  nach  einem  andern  Ausweg  suchen, 
und  als  solcher  bietet  sich  ein  vierter,  der,  wie  die  zwei 
•raten  einseitig,  der  dritte  nur  eine  negative  Vermittlung 
waTi  so  eine  positive  Vermittlung  awischea  den  beiden 
Extremen,  dem  Bewnrstseln  des  Theologen  und  der  Ge- 
meinde, ist    Er  wird  sich  in  seiner  Mittheilnng  an  die 
Gemeinde  zwar  In  den  Formen  der  populären  Vorstellung 
halfen,  aber  so,  dafs  er  bei  jeder  Gelegenheit  den  geistigen 
Inhalt,  der  ihm  die  einsige  Wahrheit  der  Sache  ist,  durch* 
scheinen  Ifffst,  und  so  die  allmihlige  Auflösung  jener  For- 
men auch  im  Bewtifstsein  der  Gemeinde  vorbereitet.  Er 
wird  also,  um  hei  dem  gewählten  Beispiel  au  bleibe n ,  am 
Osterfest  «war  von  dem  sinnlichen  Faktum  der  Auferste- 
hung Christi  ausgehen,  aber  als  die  Hauptsacbd  jenes  mit 
Christo  Begrabenwerden    und  Auferstehen  iiervorheben, 
worauf  schon  der  Apostel  dringt.   Diesen  Gang  nimmt  ei- 
gentlich Jeder  Prediger,  auch  der  rechtgläubigste,  so  oft 
er  aoa  der  evangelischea  Perikope,  Aber  welche  er  predigt, 


Oigitized  by  Google 


\ 


2icliluiiialiliA  JiiUajig.        147.  743 

eine  Moral  zieht:  auch  darin  Ist  der  Lber^aiig  von  etwas 
äuMerlicb  UistorUcheni  eu  einem  inneren,  Geistigen,  Tor- 
bandea.  Freilich  itt  der  Unterschied  nieht  so  Obersehen , 
dele  der  orthodote  Prediger  die  sogenannte  Moral  derge- 
stalt auf  die  Historie  seines  Textes  baut,  dn(8  diese  als 
gescliichtlicbe  Grundlage  liegen  bleibt:  wogegen  bei  dem 
speenlatiren  Prediger  der  Übergang  von  der  biblischen  Ge- 
eehlehte  oder  kirehllchen  Lehre  so  der  Wahrheit,  die  er 
daraus  ableitet,  die  negatl?e  Bedeutung  einer  Aufhebung 
Moii  jener  hat.  Genau  betrachtet  jedoch  feiilt  auch  im  Uber- 
gang des  orthodoxen  Predigers  vom  evangelischen  Text  ssr 
Nntnanwendung  dieses  negative  Moment  nicht ;  Inden  er 
Ton  der  Geschichte  nur  Lehre  fortschreitet ,  sagt  er  damit 
wenigstens  so  viel :  mit  der  Geschichte  ist  es  nicht  gethan, 
sie  ist  die  Wahrheit  noch  nicht,  sie  mufs  von  einer  ver- 
gangenen snr  gegenwärtigen,  von  einem  euch  fremden, 
Süsseren  Geschehen  an  eurer  eigensten  Inneren  That  wer- 
den  :  so  dafs  es  sich  mit  diesem  Ubergang  auf  ühnliche  Wei- 
se verhält,  wie  mit  den  Beweisen  für  das  Dasein  Goites, 
yßfo  das  weltliche  DuKinj  von  welchem  ausgegangen  wird, 
auch  scheinbar  cum  Grunde  liegen  bleibt,  in  der  That  aber 
ais  das  vtatirc  Sein  negirt,  und  zum  Abüuiuten  aufj^chohen 
wird.  Immerhin  indes;ien  bleibt  es  noch  ein  merklicher 
Unterschied}  ob  ich  sage:  da  und  sofern  diefs  geschehen 
i^t,  habt  ihr  das  so  thnn  nnd  euch  dessen  su  getrdsten,  — 
oder:  diefs  ist  zwar  erzählt  als  einmal  geschehen,  das 
Wahre  aber  ist,  dafs  es  immer  so  geschieht,  und  auch  an 
und  durch  euch  geschehen  soll*  Wenigstens  wird  die  Ge- 
meinde beides  nicht  Iflr  dassellm  nehmen,  nnd  es  kehrt 
somit  auch  hier  die  Gefahr  snrifck,  dafs  sie  hinter  diese 
Diflferen/  komme,  und  der  Prediger  ihr,  und  dadurch  auch 
aiuh  selbst,  als  Lügner  erscheine« 

Von  hier  ans  kann  dann  der  Geistliche  sich  wieder  ge- 
trlelien  finden,  entweder  direkt  mit  der  Sprache  herausmi- 
geheu,  und  das  Volk  «u  seineu  Begriffen  erheben  an  woi- 

\ 

Digitized  by  Google 


I 


744  Scbiiiftabliaadiiiog.  f.  147. 

Im;  oder,  dä  dk&  aofthwendlg  arfftglfleken  moA,  Mk 

behutsam  ganz  an  die  Tontelfungswette  der  GeMlnde  aii- 
soschmlegen ;  oder  endlich,  sofern  er  auch  hier  sich  leicht 
Terrfith ,  am  £nde  doch  aus  der  GeitUiohkeit  mu  treten. 

Hlenlt  itl  die  SchwierigfceU  eingettanden,  welche  die 
krititoh  -  tpeeiilatlTe  Auslebt  in  der  Theologie  filr  das  Ter» 
hfiltnifs  des  Geistlichen  zur  Gemeinde  mit  sich  führt:  die 
Collision  dargelegt y  In  welche  der  Theoiog  gerjith,  wena 
et  sieb  fragt,  was  nun  für  ihni  sofern  er  auf  solche  Ab* 
siebten  gekommen,  weiter  an  than  sei?  and  geseigt,  wie 
unsere  Zeit  hierüber  noch  nioht  £ur  sichern  Entscheidung 
gekommen  ist.  Aber  diese  Coliision  ist  nicht  durch  den 
Fdrwis  eines  Einzelnen  gemacht,  sondern  dureh  den  Gang 
der  Zeit  and  die  fintwieklung  der  ehrlstlichen  Tbeologit 
notbwendig  herbeigeftthrt ;  sie  kommt  an  das  IndlTidaam 
heran  und  bemliohtigt  sich  seiner,  ohne  dafs  es  sich  ihrer 
erwehren  könnte.  Oder  vielmehr,  es  knnn  diels  mit  feich» 
ler  Mobei  wenn  es  sich  nämlieh  des  Stndirens  und  Den* 
kern  enthilt,  oder  wenn  dieses  nicht,  doch  des  freien  fCe- 
drns  und  Schreibens.  Und  deren  ^iebt  es  schon  genug 
in  unserer  Zeit,  und  man  brauchte  sich  nicht  cu  bemühen, 
Ihrer  lihmer  mehrere  sa  maehca  dHrch  Veraagllmpfaag 
derer,  welche  sieh  im  Geiste  der  fortgeschrittenen  Wissen- 
Schaft  vernehmen  lassen.  Aber  auch  deren  giebt  es  noch, 
welche  unerachtet  solcher  Anfechtungen  doch  frei  bekennen, 
was  nicht  mehr  verborgen  werden  iuina  —  and  die  Zeit 
wird  lehren,  ob  mit  diesen  oder  mit  jenen  der  Klreha^ 
Uenschheit,  der  Wahrheit  besser  gedient  ist. 


Digitized  by  GoogI( 


Register 

der  erlfiaterteo  evangeliseheii  Absdbnitto. 


CDie  fVmltche  Zifller  bedeutet  den  Baad,  die  erabUche  die 

Sdlentehi.) 


Matthüu  t. 

I»  1—17     I,  105—128.156—166. 

lö— 25  l,  129—156.  166—191. 

22  f.  1,  143-151. 

25.  I,  180—191. 

81  i— 23.  1,  220-259. 

'  22.  23.  I,  265  -  278. 

9y  U  1»  S09-319. 

2-12  I|  319-331-355-363. 


t3-l7 
4>  l-lt 
12. 

15-17 
18-22 
23. 

24. 

5-7. 

5,  17. 
61  1—18 

«1-4 
8—13 
14.  18 

18-20 


I»  369.  396. 
Ii  396-428. 
I,  353  f. 
I,  429.  445  f.  474. 
I,  520-526. 

I,   429  ff. 
II,  5.  88. 
If  569-587. 
I9  497  ff. 

I»  49S. 
n,  62-57. 
JI|  103—122. 
U»  50. 
1}  29d. 


8>  21.  22. 
23-27 
28-34 

9,  l-Ö 
9-13 
14-17 


II,  173-180. 

11^    17  f.  25-40. 
11,  ÖÖ-93.. 
1,  541-547 
I,  359-361. 


Ifl.  19.  23-26   11,  133-140. 

153-156.  171-173. 
11»  94—103. 
Uf  65-69. 
1,  686  ff.  If,  6. 
I,  678. 
.   1,  589. 
I,  548-566. 
1,  5ü2-5i9.. 
1,  5Ö7-591. 
'  I,   465.  467. 
.  I9   587  f.  678. 
I,  331—355. 
I9  359-361. 
I,  SOl  f. 
I»  592  t. 


20-22 

27-  31 

32-34 

35 

56-38 
10,  1-4 

5.  6. 

7-42 

23 
11»  1. 

2-6 

7-19 
20-24 

28-  30 


12,  1  -8  I,  498.  645  f.  II»  122. 

9-13  l,  495.  U,  122-129. 


Digitized  by  Google 


71t  ftefttfm 


It.  974  # 

f  A7A 

■f  000— Oy*. 

So*  >y 

II      9  K 

«■>  0—0. 

II  DA—llT 

**>  7— 

«|0— iHl 

I)     092 — OVO. 

Mf    1  — 

Mf  ■•  SN 

Ii»     II  >. 

ff 

904  908. 

VI  *      Mm/»  man 

iif  lyj— '»19. 

34 

I  A#&n 

39 

36 

II     0^  f 

99t  f — *" 

t       AOO  f 

21  — ao 

1 
•1 

3iM  >•     't>  Hl* 

ff     •nA_f  fO 
Aiy    IVO— aiy. 

SO»  1—4 

i»  ooy"^oy3. 

•  ■  

D— W 

11  Ai<..A«K 
llf  3ltf'~319« 

A9_AA 

•i|  4iiy**'4//* 

Alf    909— 911« 

A^  Aft 

r 

AJCC       II  9Cd 
405.     Ity  99l« 

II       ACf%  IL 

Il|  252—2/4* 

• 

t 

I,   557  f. 

1 

II,  40-47. 

21 

II,  7. 

*    22.  23 

II,    303  ff. 

24-27 

H,  194-197. 

189  t-aa  1«  613— ^17.696-701. 

9I-3S 

I»  S98. 

O,  37S  f. 

I9  6t7-*6l9. 

I>'  701  f. 

16-^36 

A 

I,  605. 

«7-30 

I,   4«9  f. 

30«  f  —  46 

I,   598  f. 

17-19 

II,   303  ff. 

30-ad 

I|  697-699. 

Ai&_9A 

II» 

60  -  691 

21, 

1—11 

u, 

381—900. 

12.  U 

I, 

703—709. 

14     '  / 

II,  297  u 

18-22 

II, 

336-251. 

23-27 

I,  619. 

35—33 

I»  599. 

33-M 

• 

1»  606. 

45.  46 

II»  nsu 

23»  l—H 

I» 

609-613. 

15-46 

1, 

619—635. 

23, 

1-36 

I, 

6^-680. 

37 

I,  444. 

24i 

1— 5i.  25,  1—13.  31—46. 

34I-373. 

25, 

14-30 

II» 

606—609. 

26, 

1  —5 

II,  376. 

6—13 

I, 

709—731. 

I4-*I6 

u, 

380-396. 

17—19 

n, 

396-401. 

30-39 

II» 

402-442. 

30-35 

n, 

434-436. 

36-46 

II, 

445-454. 

47-56 

II, 

472-480. 

57-68 

n, 

4fl0— 4rt9. 

69-75 

II, 

489-498. 

27, 

1 

II.  485. 

2 

IT,  5lt. 

3-10 

II, 

498-511. 

11-31 

II, 

511-5^7. 

33-50. 55. 56.  II 

,  527-553. 

SO-54 

II 

,  554-565. 

57—61  * 

II» 

574-583. 

62-66.  38, 

4.  11-13.  II, 

582-590. 

28,  1-10 

59Ü-609. 

16.  l7 

II, 

609-  629. 

lö-ao 

666  fi. 

Digitized  by  Google 


Regiater«  Mt 


Markus. 

1,  690.  II,  4i 

flA  «ff 

14.  to« 

II, 

Ii  2-8 

h  319- 

-331.  355—363. 

10 '  au 

II,  199. 

9—1 1 

ly    369  —396. 

32—20 

n 

I,  69-76. 

12.  13 

I,   396— 42o. 

3/ ■—50 

i> 

469— 4T7. 

14«  «5 

• 

J,    429.  474. 

51  IX. 

II,    303  ff. 

10  3U 

if  520—526. 

Vj  1—13 

252-274- 

1t             f%A  AB 

11>  21—25. 

14    2  7 

II 

,  40-47. 

AA  9« 

Iff  Bt\ 

Ilf  50. 

oU — a2 

II»  303  0; 

0  4«  M 

I>  Oo2« 

aJ— 00  *f 

878C  613C  69601 

h 

Mf99  ff 

475*  JI)  83. 

•ü>    ■— I» 

l>  881 1  6l7-6t0. 

40—41 

ff      ■*  wt 

M>   59— 57« 

■3—10 

it  901  r. 

1.  s 

I,  6o9. 



I,  Wii 

0 — 14 

Tff        OD  /-t<* 
II,      80  —  93. 

28-^31 

t 

I,  4«9f. 

5 

• 

II,  fi3-rt8. 

32-34 

II,   303  IT. 

13—17 

35-45 

K, 

697  —699.  ^ 

18-22 

I,  360. 

46-52 

II 

f    oO— o9. 

23-20 

495  H.  645  I. 

11,  1— It 

n, 

2ol  — 31X1. 

99 

l-S 

11}  122—129. 

12-14.  90-96  II, 

230 — 251*. 

6. 

II,  375. 

15-17 

i> 

/v4— #U»» 

00 

54»**SOO» 
1>  W9» 

18.  19. 
^7*33 

11,  375. 

Il  619. 

31.  31—3$ 

093— "^KNI« 

1^  1-19 

I,  606. 

29<-»30 

13-40 

I, 

619—635. 

1-34 

1,    596  t. 

13,  1-37 

». 

341-373. 

85-41 

TT         J  ^  '9       j  Ort 

11,    1/3  — loO. 

i4>  i*  2. 

II,  377. 

K 
«>> 

1-20 

11,    25 — 40. 

3-9 

I, 

709-731. 

2i-23,  35^ 

ii,  133—140. 

10.  11 

II, 

380-396. 

153—173. 

12—16 

II, 

396-401. 

24-34 

ii>  94—103. 

17—21 

II, 

425-^. 

äL 

1-6 

*j.  447— 451  • 

99-^ 

n. 

436-449. 

7-13 

*>   007  — 591« 

96-31 

II» 

434-436. . 

14-99 

I9  304— SOo* 

39-^ 

n. 

443-454. 

30-44 

43-59 

II, 

479-480. 

45-53 

II»  180-191. 

83-65 

II, 

480-4ß9. 

54-56 

II,  93. 

66-72 

w, 

4Ö9-498. 

7, 

1—23 

I,    628  f. 

15,  1-20 

II, 

511—527. 

24-30 

1,  5ü3 

21-37  40.41  II> 

527-553. 

31-37 

II,  69-76. 

38.  39 

II, 

554-565. 

198-203» 

574-689. 

Digitized  by  Google 


748.  Reglaler. 


••f   vyu  uuy. 

7  9  11—17  n,  140—142.  153— CS6 

9— a 

MMf   uuy  "u«y. 

15-18 

My  OIID^"VI<|. 

18—23 

I*  331—336. 

19.  20 

IL  tf7A.— 68<%. 

24  -35 

I,  359—361. 

36-50 

1,  709—731. 

• 

Ö,  4-15 

I,  593-597. 

.  Luk 

a  t. 

16-1Ö 

I,  579. 

19-21 

I,   692.  696. 

ly  5-25 

I,  79-J04. 

22—25 

II,  173-1ÖO. 

26,  38  h 

129—156. 166 -l8ü. 

26—39 

II,    25  —  40. 

39-56 

I,  191-197. 

40— 4S.  49t56  l33-14a 

57-ao 

I,  79  —  104. 

1S3 

-155.  162.  170—173. 

Si  1-5 

If  198—207. 

43—48 

II,  93—103. 

6-20 

l,  208-219. 

9i  1—6 

ly  587—591. 

21 

f,   219  f. 

7—9 

II«  11  U   vpI.  516. 

22-30.  40. 

I,  254-265. 

10 — 17 

II>  197-219. 

39 

I,  265-270. 

lft-21 

I,    469  ff. 

41-52 

I,  279-294. 

22 

II.   3ü4  ff. 

3,  1 

I,  309-319. 

27 

II,  351. 

519- 

-331.  355—363. 

28—36 

II»  232—274. 

21*  22 

I,  369-396. 

37—43 

II.    40  —  50. 

23 

I,  313-319» 

44.  45 

Ut  30411. 

04-35  ly  105—128. 156-166. 

46—50 

h  613—615.  696—702 

I,  396  -418. 

51-56 

ly     507  C 

14.  15 

I,  429.  474. 

67-62 

1,  526.' 

16-30 

I,   446  -  453. 

IO9  f.  17 

Ii  566-561 

31-37 

II,   21  —  25. 

2—12 

I,   589  f. 

5Ö.  39 

II,  50. 

13—15 

I,    5;i  f. 

5»  i-«i 

I,  532-541. 

22-24 

1,    592  f. 

12—14 

II,   52  -  57. 

,  25—29 

I,  623-625. 

18-26 

II,   öö  -  93. 

30-37 

I»  599. 

10 

U,  83 -8d. 

3Ö-42 

I,  727-731. 

27-32 

1,  541-547. 

41,  1-4 

I,  582-534« 

33-39 

1,  560. 

5-8 

h  599. 

6»  1-6 

h 

495  Ii:  6^  fl^ 

9-13 

I«  585. 

6«-l0 

lli  122-129« 

14-32 

I»  687ff: 

11 

II,  375. 

24-26 

lli  7-9. 

12-16 

I,  548-566. 

27.  28 

1,  694-6?)6. 

20-49 

I,  569-587. 

29.  30 

II,  334-536. 

7f  1-10 

iiy  1P3-122. 

33-36 

1,  579,  5Ö4 

Digitized  by  Google 


Register.  .74f 


11 9 

I>  626^629. 

21»  5-36 

U>  341-373. 

63.  S4 

n«  875  C 

999  1—6 

Uf  374-396. 

iSU  1 

I»  681 

7-13 

n,  396—401« 

16—21 

Ii  S99* 

I4-.20 

415  ff.  436-44X 

I,   584  t 

21—25 

Ii,  425-434. 

35-48 

n,  314. 

24-38  1,  699  f.  U,  423-425. 

49—59 

1«   691  f. 

39-46 

11,  443-472. 

13,  1—5 

II,   Ö7  f. 

47-53 

u,  472-480. 

6—9 

II.  249—251. 

54-63 

11,  489-498. 

10—17 

II,  128. 

63-71 

U,  480-^489. 

16-21 

!•  597  f. 

23,  1-25. 

Uf  SU— 5i7. 

23—27 

It  587  f. 

96-49 

II,  527-553. 

28*  29 

I«    502  ff. 

44.  45 

U,  554-565. 

31-33 

IL  375. 

50-56 

U,  574-»592. 

34.  3S 

Ii  ti^. 

24f  1*12 

11,  590-609. 

IL     4  27  f 

13-49 

11,  609—629. 

7—11 

L   626  f 

16.  31.  39- 

42   11,  629-645. 

16—21 

25-27.  32.  45  f.     11,  661  f. 

15«  1—32 

1,     5QO  f. 

47-49 

U,  666-674. 

l6t  1—13 

I»   6üO— 6ü3. 

60—53 

11»  674-685. 

14—31 

I«   6o3— 6o5. 

l7»  6 

il*  251. 

• 

Ii 

II.  976. 

12—19 

II«  57—60. 

90—37 

lit  341  ff« 

1}  14 

1,  ISS. 

101  1—8 

I*  irf599. 

15.97.30  1, 

340  ff.  483  -487. 

9-*i4 

I,  599. 

19—30.  36 

1,  331-358. 

15—17 

I,  701  f. 

29.  33  f.  1, 

337-339.  34Ö  f. 

1Ö-27 

I»  605. 

U,  3i7  f. 

31-34 

Ilt   303  if 

31.  33 

1,  325—331. 

35-43 

•  II«    60—69.  1 

32-34 

1,  369-396. 

19,  1—10 

1*    5ä7  1. 

37-59 

I9  520—531. 

U-27 

I,   606— 609* 

2,  1—11 

919  -936. 

28—40 

II»  281—300. 

19 

1,  431.  44s. 

42-44 

11^  342.  362. 

13-47 

1,  702—709. 

45-48 

I,  702—709. 

18—29 

Ii»  329-334. 

90^  1-8 

I,  358. 

93-25 

1,   324.  631. 

9-19 

II,   375  f. 

3,  1—21 

1,    631— Ö45. 

20—44 

I,  619—622. 

22-36 

1,  341-345. 

45-47 

I>   625  f. 

4,  1-3 

437* 

Digitized  by  Google 


RogUler. 


4. 

1» 

511-819. 

w 

• 

i>  469  li: 

13—45 

1,  657-660.  663  i. 

103—123. 

5.  1 

1,   454  f. 

U,  85  f. 

129—133. 

i6.  lA 

375—377. 

17—17 

1, 

645-649. 

6»  1—13 

197—219. 

14«  if 

if  491. 

l6-a5 

160-191. 

06 -»1 

>> 

649-652. 

6» 

1,  4(U. 

«4.  70.  71  11, 

384-309. 

68.  69 

I, 

854*  S58. 

7.  1 

l,  43«. 

a— 9 

L 

f 

166.  441. 

1,  684. 

14»  l5 

1 

l,  300. 

16-36 

1,    652  f. 

19  ^• 

Ii,  376. 

31 

33--36 

II,   1  tf. 
li  652  f. 

39 

• 

L  668  f. 

40—46 

1,  684 

41*  4S 

1,  274. 

•  47-53 

l,   631  ff. 

d>  l-ii 

723-731. 

12—59 

l,   652  f. 

4at 

11,  5. 

57 

sa 

1|  457. 
1,  4Ö5. 

89 

Uy  376. 

9,  l-S 

82  -  88. 

4-4t 

76  -  82. 

1,  683  f. 

17  f. 

II,  311. 

li  654 

10,  30-39  If  480.  684.  376. 


1»  432. 
U»  3. 
U,  I42-^173. 

11,  378-3t)0. 
1»  432. 

U,  297.  377. 

1,  709  (t 
11,  261— 300. 
11,    461  -472. 

Ü,  304. 
1,  632.  635. 
l,  655—65 

u>  402—415. 

U,  415-425. 
10.  18.  21-38  U,  425-436. 
30  1,  660  t 

23-26  1,  59I 

14—17  11,  456—460.  467  -472. 
14,  18  ff.  16,  1611.     U,   337  f. 

673  f. 


40-42 
4t 

11,  1-44 

45-53 

54 

55-87 

12,  l-ö 
9—19 
20—30 
31-36 
37-43 
44-50 

13,  i.  2 
3-20 


14/ 

31 

1, 

661— üöi. 

15, 

1-5 

1,  654. 

17, 

6 

l,   4Ö3  f. 

18, 

1-11 

u. 

472—480. 

12-27 

II, 

481 -498b 

28-40 

11, 

511— 52a 

19, 

1-16 

524-827. 

17-30 

u, 

527  *  553. 

31-37 

1», 

565-574. 

3Ö-42 

w, 

574-5Ö2. 

20, 

I-IÖ 

Ii, 

590—604. 

19-29 

609—629. 

21-23 

669  -674. 

21,  1-14  1, 

639-541.  191 

-193. 

15—19 

U,  6S2l 

20-23 

U,  369  t 

Digitized  by  Google 


Dmokfehler  und  ZusäUe. 


Seite  Linie 


statt 


I 

6 

19 

25 
27 
31 

los 

166 
225 
252 
255 
330 
355 
366 
377 
440 


625 

630 

658 
6SJ 
642 
644 
648 
664 


J3 

26 
4 
,  4il. 


I 
1 


dem 

Abwcichiuig  * 

erktaat 

nichfolgend 
Heikraft 
1  d«  Anin.  Annot.  2.  d.  St« 
23  ol  vor 

12  welche 
31  Mottet 
6  und  7  TemgebSCttde 
30  Ttbleaut 

6  vorautgeteste 

7  11,  46 

die  Sei. 
tenxahl  '  444 


32 

15 
51 
5 
12 
24 
11 
12 


Erzühluog 
sei 


liet 
Beweit 
den 

AJbweituag 

erkennt 
nachholend 
Heilkraft 
Aanot.  t.  d.  Sl. 
plror 

welcher 
Alotet  ' 
TempelgebMiid« 
Tableatt*t 

vorausgesagte 
11,  46  If. 

440 

Zählung 

habe 


wollen  die  Evangelitten  will  der  SvaageU«! 
ibre  teine 
todtäbniiche»  ^  tcdübalichea 
^Wiedertprudb  Wdertpriicb 
geben  gaben 
I'OltM,  24,  I^at  (24, 

Zu  8.  581.  TJn.  7—9.  Genauere  Auskunft  über  die  Abttaa* 
mtg  det  \  crräthert  weUt  OiJJuutM  lu  geben,  wenn  er  bibl. 


Digitized  by  Google 


Comm*  3>  458  Ann.  tagt :  Vielleiclil  tot  1  Mot.  49,  17.  [:Dm 
%rird  eine  SeMkage  sein  auf  dem  Wege,  ein  Cerait  auf  dem  FD«t- 
fttcigo ,  der  das  Pferd  in  die  Hufen  sticht ,  dass  sein  Heiter  rück- 
wärt«  fillt]  der  V'errath  des  Judas  prophetisch  angedeutet ,  wor- 
aach  aaA  ac^iUettca  k^fkaiCf  data  er  aus  dem  SUmme  Daa  war/^ 


I 

f 

Oigitized  by  GüO^I 


Vitttat  m       iP.  4l0tatt)»Viiii  Vttfltlt(|Ctl 

finb  folgende  @(!()tiften  etfc^unen  unb  In  aOe»  ^\xii* 

nacb  ten  iQu^Uen  neu  untc(G»c6t  iml  nMdiH 

[0  0  n 

Serbinanb  S^rifliatt  Q3aur, 

•tbenlL  Vrofcffor  ^cr  CY)ang.  ^tcologic  an  t>tt  Unlmfit^t  in  Wiltingen. 
Mu  gv«  8.  4  f •  13  fr.  ober  2  ^Ir«  5  01, 


©icfe  (Scftrift  cntbält  tticfjt  niir  eine  üellflanbißc  (intiricflung  ^c3 
ninnicl)ätftl)cn  ignftcmo,  fon^crll  \iul)t  aud)  ^ic  gan^c  €rfd}cinunij  tc6 
cD^antct)aijnuisJ  in  i)cr  Q3cbcutuug,  Mc  Dcrfclbc  fowobl  für  Die  0c» 
fcbict}tc  M  ^bnfuutl^um^  aucf)  für  bie  alte  Sieligion«^  ^  0cfil;:cl}t( 
h<it,  bon  einem  neuen  6tantpunft  ou^  oufpfnifcn.  ^ai  lauall 
(efännte  URtcrfn4un0en  für  vemanMc  $(»ciU  Altern  ifttrc()enoe* 
Micftte  genorben  ftnb/  foOtc  biefe  ^c^rift  für  ben  in  oiclfacbcr 
^InMt  f»  mcrf»9rbt0(ii  ^onicbfiilmud  »erben.  S)af  0e  ibre  Zuf» 
0abe  ntcbt  oerfei)lt  l)at/  bciveifen  bie  gunjitscn  Qenrtbcilnngen  /  bie 
fic  fcitbem  in  ben  onocfcbcnfrcn,  in  t>er  ^nerfcnnung  ibre«  SQ3ertbe* 
eiuflimmigen,  Uterarifdjcn  3ctti'd;riftcn  öcfimtcn  bat-  5i?an  ücrgl.  Q)crl. 
3al;rl>.  für  njiHenfcbaftl.  ^ritif  i832.  9iro.  i86  f.  3un.  ©.  R4t  f. 
857  f.  S)a\ki  >2iag.  £it.  Jcit.  i832.  «Dlcr.j  ?nr.  54-  ©.426  f.  Z\)Co\. 
etub.  u.  .ierit.  IÖ33.       Ö75f.  e.  l2Uf.  eUU  tllt|. 

11.  f.  »• 


Digitized  by 


m  •  • 

•Nt 

llt  9«i»Mllti«f*  It«  Mfttl«  f «■!«<  « 

r 

ÜOII 

IT,  a  m  m»  544        3  f.  ao  ic  iHi  a  xifi; 


15ricfe  an  ^itui  unb  ^imofM<  fo  bar^ulrgen ,  nie  il)re  Sebent* 
famfctt  für  <bxiftUdit  ttt^xc,  6ittf  nnh  @efcbid^te  erfordern  fdjtea. 
S)n  Su^legung  talber  tjl  ia  9U»fd^a  |fie(()if4e  Urtcrt,  loß 
tcilifctK  itif 4ni » Ucbcf fdiüvg  ttMP  «ine  $fna«f  »cntMc  HfbmniiaH 
MfaageMitft.  IDer  (Eomuitntav  grünet  |i*  aaf  bcn  gevifTcataft  k« 
(gftbdtcii  Zctt,  ftnteriaft  el  itbec»  nid^l/  bic  übrigrii,  tag  Set» 
(8»^if  Mterjitt^entoi  nnh  fict)ernben,  ()!))omcnfe  ^ülfc  in  rnfcR, 
nimmt  ouf  bie  Altere  neuere  Literatur  geeignete  9mtifid}t/  unb 
«atbSlt  in  Solgc  bcr  anKivcnbeten  «DJetboDe  aun'cblüjfe  unb  vfrßrter» 
nngen,  bencn  man  ibre  Q5cDeu:ung  fon»obl  für  bie  >]BiiTenfd)aft/  aU 
9wU  M  4«iAUc()ca  iCbcologca  nidli  nirb  obff ucbctt  (dosou 


Digitized  by  Google 


Digitized  by  Google 


Digitized  by  Google 


TONShKVED 

HARVARD  COLLEGE 
[JRRARY 


Google